112 29 788KB
German Pages 163 Year 2008
Studien zu Finanzen, Geld und Kapital Band 16
Der stochastische Diskontfaktor Eine neuartige Spezifikation im Rahmen eines konsumbasierten Modells zur Preisbildung von Kapitalanlagen
Von
Bernd Brückmann
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
BERND BRÜCKMANN
Der stochastische Diskontfaktor
Studien zu Finanzen, Geld und Kapital Band 16
Der stochastische Diskontfaktor Eine neuartige Spezifikation im Rahmen eines konsumbasierten Modells zur Preisbildung von Kapitalanlagen
Von
Bernd Brückmann
asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin
Die Wirtschafts- und Verhaltenswissenschaftliche Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg hat diese Arbeit im Jahre 2007 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten # 2008 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0939-5113 ISBN 978-3-428-12548-7 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *
Internet: http://www.duncker-humblot.de
Vorwort Im Januar 2007 wurde die vorliegende Arbeit als Dissertation an der Wirtschafts- und Verhaltenswissenschaftlichen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg angenommen. Die Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Herrn Professor Dr. Wolfgang Patzig am Fachbereich Wirtschaft der Hochschule Magdeburg-Stendal (FH) sowie während meiner Tätigkeit als externer Lehrbeauftragter am Fachbereich Wirtschaft der Hochschule Magdeburg-Stendal (FH), an der Akademie Deutscher Genossenschaften (ADG) in Montabaur sowie am Fachbereich Gesundheitswesen der Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel. Auf meinem Weg zur Promotion begleiteten mich Personen, bei denen ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken möchte. Mein Dank geht an meinen Doktorvater Herrn Professor Dr. Siegfried Hauser. Seinem Glauben an mich habe ich es zu verdanken, dass ich das Abenteuer Promotion in die Tat umsetzen konnte. In Erinnerung wird mir die freundschaftliche Atmosphäre am Institut für Empirische Wirtschaftsforschung und Ökonometrie der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg bleiben. Gleichfalls geht mein Dank an Herrn Professor Dr. Wolfgang Patzig, der mir die Tür zum Abenteuer Promotion öffnete. Er begeisterte mich als Student in seinen volkswirtschaftlichen Vorlesungen und weckte hierdurch mein Interesse zur wissenschaftlichen Arbeit. Während meiner Zeit als Promovend werden mir die gemeinsam gehaltenen Lehrveranstaltungen sowie die vielen Diskussionen über Themen, die nicht selten über das Forschungsgebiet der Finanz- und Volkswirtschaft hinausgingen, angenehm in Erinnerung bleiben. Ich danke sehr der Hans und Eugenia Jütting Stiftung in Stendal, da ohne deren Stipendien der Abschluss meiner Promotion in weite Ferne gerückt wäre. Mein ganz besonderer Dank gilt meinen Eltern, die mir während der gesamten Zeit der Promotion Rückhalt gaben. Denise – danke, dass du immer an mich geglaubt hast. Bismark, im März 2007
Bernd Brückmann
Inhaltsverzeichnis A. Einleitung.........................................................................................................
15
B. Stochastischer Diskontfaktor .........................................................................
19
I.
Preisbildung von Anlagen .........................................................................
19
1.
Preisgleichung....................................................................................
19
2.
Renditegleichung ...............................................................................
23
3.
Anlagen mit mehrmaligen Auszahlungen ..........................................
25
4.
Vollständiger Kapitalmarkt ................................................................
27
5.
Elementaranlage.................................................................................
28
6.
Zustandsbedingter Diskontfaktor .......................................................
30
II. Möglichkeiten zur Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors .........
32
1.
Grenzwert intertemporalen Vermögens .............................................
32
2.
Finanzwirtschaftliche Modelle ...........................................................
34
3.
Makroökonomische Modelle..............................................................
36
4.
Empirische Befunde zum konsumbasierten Standardmodell .............
38
5.
Modifikationen des konsumbasierten Standardmodells auf Basis von Untrennbarkeiten im intertemporalen Nutzen .............................
41
Empirische Relevanz des Zinses und der Risikoprämie .....................
47
C. Das neuartige konsumbasierte Modell zur Preisbildung von Kapitalanlagen ................................................................................................
50
6.
I.
Neuartigkeit ...............................................................................................
50
II. Annahmen .................................................................................................
52
1.
Tauschwirtschaft ................................................................................
52
2.
Ausstattung ........................................................................................
53
3.
Konsumplan .......................................................................................
54
III. Präferenzen und Restriktionen...................................................................
56
1.
Präferenzen im neuartigen konsumbasierten Modell..........................
56
2.
Restriktionen im neuartigen konsumbasierten Modell .......................
58
IV. Optimierung............................................................................................... 1.
Intratemporale Optimierung...............................................................
59 59
8
Inhaltsverzeichnis 2.
Ausgangspunkt der intertemporalen Optimierung..............................
65
3.
Analyse der konstanten Zeitpräferenzrate ..........................................
66
4.
Analyse der intertemporalen Optimierung .........................................
69
V. Die neuartige Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors.................
73
VI. Gleichgewichtsanalyse ..............................................................................
78
1.
Gleichgewicht ....................................................................................
78
2.
Repräsentatives Wirtschaftssubjekt....................................................
80
3.
Gleichgewichtiger Zins ......................................................................
83
4.
Gleichgewichtige Risikoprämie .........................................................
87
D. Empirische Datenanalyse ...............................................................................
90
I.
Auswahl empirischer Repräsentanten und Methoden zur Renditeberechnung ....................................................................................
90
II. Empirische Repräsentanten der theoretischen Renditegrößen ...................
92
1.
Stichprobe realer Jahresrenditen ........................................................
92
2.
Mittlere Jahresrenditen.......................................................................
98
3.
Mittlere Jahresüberschussrenditen ..................................................... 100
4.
Mittlerer realer Zins ........................................................................... 106
III. Empirische Repräsentanten der theoretischen Konsumgrößen .................. 109 1.
Die beiden theoretischen Konsumgrößen........................................... 109
2.
Konstruktion der beiden empirischen Repräsentanten ....................... 109
3.
Jahreswachstumsraten absoluter und relativer Pro-Kopf-Konsumausgaben ............................................................... 112
E. Schätzung der stochastischen Euler-Gleichung sowie Prognose des Zinses und der Risikoprämie ......................................................................... 117 I.
Vorgehensweise......................................................................................... 117
II. Die Verallgemeinerte Momentenmethode ................................................. 117 1.
Allgemeines ....................................................................................... 117
2.
Verfahrensweise der GMM................................................................ 118
III. Schätzung .................................................................................................. 120 1.
Formulierung der Orthogonalbedingungen ........................................ 120
2.
Optimale Gewichtungsmatrix ............................................................ 124
3.
Teststatistik ........................................................................................ 126
4.
Rechnergestützter Lösungsprozess..................................................... 129
5.
Ergebnisse der GMM-Schätzung ....................................................... 130
IV. Prognose .................................................................................................... 134
Inhaltsverzeichnis
F.
9
1.
Grundlagen zur Logarithmierung der stochastischen Euler-Gleichung ................................................................................. 134
2.
Logarithmischer Zins und logarithmische Risikoprämie im neuartigen konsumbasierten Modell .................................................. 135
3.
Logarithmischer Zins und logarithmische Risikoprämie im konsumbasierten Standardmodell....................................................... 139
4.
Langfristiger logarithmischer Zins und langfristige logarithmische Risikoprämie ...................................................................................... 141
Ansatzpunkte zur Verringerung der Diskrepanz zwischen Theorie und Empirie....................................................................................... 145 I.
Modellbezogene Ansatzpunkte.................................................................. 145
II. Ansatzpunkte in der Empirie ..................................................................... 149 G. Zusammenfassung........................................................................................... 151 Literaturverzeichnis ............................................................................................... 154 Personen- und Sachregister ................................................................................... 161
Tabellenverzeichnis Tabelle 1:
Empirische Mittelwerte und Standardabweichungen der realen Jahresrenditen von 1971 bis 2005.............................................................99
Tabelle 2:
Empirische Mittelwerte und Standardabweichungen der Jahresüberschussrenditen von CDax und Dax von 1971 bis 2005..........101
Tabelle 3:
Test auf Gleichheit der Stichprobenvarianzen ........................................102
Tabelle 4:
Geschätzte Parameter der Normalverteilungsfunktion der jährlichen Risikoprämie des CDax .........................................................103
Tabelle 5:
Geschätzte Parameter der Normalverteilungsfunktion des realen Zinses ...........................................................................................107
Tabelle 6:
Zuordnung der verwendungszweckbezogenen Konsumausgaben....................................................................................110
Tabelle 7:
Empirische Mittelwerte und Standardabweichungen der Jahreswachstumsraten der realen Pro-Kopf-Konsumausgaben für das einmalig und mehrmalig Nutzen stiftende Gut ...........................112
Tabelle 8:
Empirische Mittelwerte und Standardabweichungen der Jahreswachstumsraten der absoluten und relativen Pro-KopfKonsumausgaben für das einmalig Nutzen stiftende Gut .......................113
Tabelle 9:
Empirische Kovarianzen von CDax und Dax mit den absoluten und relativen Pro-Kopf-Konsumausgaben..............................................115
Tabelle 10: Schätzergebnisse von CDax und Festzinsanlage ....................................130 Tabelle 11: Schätzergebnisse von CDax und Anleihen .............................................131 Tabelle 12: Schätzergebnisse von Dax und Festzinsanlage .......................................133 Tabelle 13: Schätzergebnisse von Dax und Anleihen................................................134 Tabelle 14: Prognosen des langfristigen logarithmischen Zinses und der langfristigen logarithmischen Risikoprämie .....................................142
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1:
Intratemporale Indifferenzkurvenverläufe ..........................................61
Abbildung 2:
Optimaler intratemporaler Konsumplan .............................................63
Abbildung 3:
Zeitdiskontfaktorenverläufe................................................................68
Abbildung 4:
Gleichgewichtiger realer Zins.............................................................84
Abbildung 5:
Gleichgewichtiger realer Zins infolge einer Verringerung der intertemporalen Substitutionselastizität ..............................................86
Abbildung 6:
Gleichgewichtiger realer Zins infolge einer Erhöhung der intratemporalen Substitutionselastizität ..............................................87
Abbildung 7:
Empirische Korrelationskoeffizienten des CDax und Dax .................94
Abbildung 8:
Reale Jahresrenditen des CDax von 1971 bis 2005 ............................95
Abbildung 9:
Reale Jahresrenditen des Dax von 1971 bis 2005...............................95
Abbildung 10:
Empirische Korrelationskoeffizienten der Festzinsanlage zum Dreimonatszins und der Anleihen der öffentlichen Hand...................96
Abbildung 11:
Reale Jahresrenditen der Festzinsanlage zum Dreimonatszins von 1971 bis 2005 ..............................................................................97
Abbildung 12:
Reale Jahresrenditen der Anleihen der öffentlichen Hand von 1971 bis 2005 ..............................................................................97
Abbildung 13:
Reale Jahresrenditen der Junistichprobe von 1971 bis 2005...............98
Abbildung 14:
Mittlere Jahresüberschussrendite des CDax für die einzelnen Monatsstichproben von 1971 bis 2005 .............................................100
Abbildung 15:
Verlauf der geschätzten Normalverteilung der jährlichen Risikoprämie des CDax ....................................................................105
Abbildung 16:
Mittlere reale Jahresrendite der Festzinsanlage für die einzelnen Monatsstichproben von 1971 bis 2005 .............................................106
Abbildung 17:
Verlauf der geschätzten Normalverteilung des realen Zinses ...........107
Abbildung 18:
Jahreswachstumsraten der realen Pro-Kopf-Konsumausgaben für das einmalig und mehrmalig Nutzen stiftende Gut .....................111
12
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 19:
Jahreswachstumsraten der absoluten und relativen Pro-KopfKonsumausgaben für das einmalig Nutzen stiftende Gut .................113
Abbildung 20:
Verläufe des logarithmischen Zinses................................................144
Abkürzungsverzeichnis Indizes
a
Wertmäßiger Anteil riskanter Anlagen im Anlageportfolio
f
Index für risikolos
I
Anzahl von Wirtschaftssubjekten
i
Wirtschaftssubjekt, 1, , I
J
Anzahl von Anlagen
j
Anlage, 1, , J
S
Anzahl von Umweltzuständen
s
Umweltzustand, 1, , S
T
Anzahl der Zeitpunkte aller Perioden
t 1
Zeitpunkt einer t (unmittelbar) vorausgehenden Periode
t
Zeitpunkt einer gegenwärtigen Periode
t 1
Zeitpunkt einer t (unmittelbar) nachfolgenden Periode
Parameter
D
Gewicht des einmalig Nutzen stiftenden Gutes im Güterbündel
J
Relative Risikoaversion
G
Zeitdiskontfaktor
H
Intratemporale Substitutionselastizität
S
Wahrscheinlichkeit für den Eintritt eines Umweltzustandes
U
Zeitpräferenzrate
V
Intertemporale Substitutionselastizität
Variablen B
Konsum des einperiodig Nutzen stiftenden Güterbündels
C
Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes
G
Konsum des mehrmalig Nutzen stiftenden Gutes
M
Stochastischer Diskontfaktor
Ms
Zustandsbedingter Diskontfaktor
PV
Barwert
14
Abkürzungsverzeichnis
pf
Preis einer risikolosen Anlage
p
Preis einer (riskanten) Anlage
qs
Zustandspreis einer Elementaranlage
Rf
Risikoloser Zins (risikolose Rendite)
R
Riskante Rendite
W
Vermögen
X
Auszahlungsmatrix aller Anlagen
X
Auszahlung einer Anlage
Y
Einkommen
Funktionen e
Stichprobenfehler
f
Intratemporaler Nutzen
v
Intertemporaler Wert (indirekter intertemporaler Nutzen)
u
E
Intertemporaler Nutzen Erwartungswert einer Zufallsvariable
Var
Varianz einer Zufallsvariable
Std
Standardabweichung einer Zufallsvariable
Cov,
Kovarianz zweier Zufallsvariablen
A. Einleitung Die theoretischen Größen risikoloser Zins 1 und Risikoprämie 2 begegnen einem sowohl in der Betriebswirtschaftslehre als auch in der Volkswirtschaftslehre und unterstreichen damit ihre allgemeine Bedeutung innerhalb der Wirtschaftswissenschaft. Empirische Beobachtungen des Dreimonatszinses, der Umlaufsrenditen von Anleihen der öffentlichen Hand oder der zeitlichen Kursverläufe deutscher Aktienindizes fordern die Forschung in beiden nationalen Lehrgebäuden zu einer Erklärung heraus. 3 Dies mündet in einer gemeinsamen Suche nach einer Theorie zur Preisbildung von Anlagen auf Kapitalmärkten, also in einer Suche nach einer Kapitalmarkttheorie. Im Kern liegt einer jeden Anlagebewertung durch Wirtschaftssubjekte, welche auf dem Barwertansatz basiert, ein stochastischer Diskontfaktor zugrunde. Dass die wirkliche Herausforderung in einer Erklärung des stochastischen Diskontfaktors besteht, ist ein Ergebnis der Arbeiten von Robert J. Shiller (1981) 4 sowie von Stephan F. LeRoy und Richard D. Porter (1981) 5, in denen sie zeigen, dass die Preisindizes US-amerikanischer Aktien weitaus stärker schwanken als es ihre zukünftigen Dividendenzahlungen, unter rationalen Erwartungen, vermuten lassen, was sich, so ihre Schlussfolgerung, nur mit einem stark ___________ 1 Der risikolose Zins verkörpert die Rendite einer risikolosen Anlage und wird im weiteren Verlauf dieser Arbeit als Zins bezeichnet. Auch wird der risikolose Zinsfaktor in dieser Arbeit als Zinsfaktor bezeichnet. 2 Die Risikoprämie misst die Differenz zwischen der erwarteten Rendite einer riskanten Anlage und dem risikolosen Zins und verkörpert somit die erwartete Überschussrendite einer riskanten Anlage. 3 Bereits an dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass mit dieser Arbeit keine Erklärung verwirklichter Renditen auf individueller Ebene bezweckt wird, da diese maßgeblich von der Einkommensteuer eines Wirtschaftssubjektes abhängen und auf einem Markt nicht beobachtbar sind. Im Zentrum stehen hingegen beobachtbare Renditen von Anlagen auf dem deutschen Kapitalmarkt, wodurch steuerliche Anreize, die zweifelsohne Anlageentscheidungen beeinflussen können, ausgeblendet bleiben. 4 Shiller, Robert J.: Do Stock Prices Move Too Much to be Justified by Subsequent Changes in Dividends. In: The American Economic Review, 71 (1981), 3, 421-436. 5 LeRoy, Stephen F. / Porter, Richard D.: The Present Value Relation: Test Based on Implied Variance Bounds. In: Econometrica, 49 (1981), 555-574.
16
A. Einleitung
schwankenden stochastischen Diskontfaktor erklären lässt. Dies war der Startschuss der Forschung zur Erklärung des stochastischen Diskontfaktors. Mittlerweile lässt sich sowohl für ein monetär geprägtes finanzwirtschaftliches Modell als auch für ein realseitig geprägtes makroökonomisches Modell zur Preisbildung von Kapitalanlagen 6 zeigen, dass beide Modelle im Innersten ein gemeinsames Ziel verfolgen – die Suche nach einem Ansatz zur Erklärung des stochastischen Diskontfaktors. Mit der Akzeptanz dieser Zielkongruenz ist die kategorische Trennung von monetärer und realer Seite aufzuheben. Unter der Vielzahl realwirtschaftlicher Modelle zur Erklärung des stochastischen Diskontfaktors dominiert das konsumbasierte Modell zur Preisbildung von Anlagen (Consumption-Based Capital Asset Pricing Model (C-CAPM)) 7, das in einer neuartig modifizierten Fassung das zentrale Analyseobjekt in dieser Arbeit ist. Die Motivation hierzu rührt aus den als nicht zufrieden stellend erachteten empirischen Befunden über das konsumbasierte Standardmodell, ausgehend von der Arbeit von Rajnish Mehra und Edward C. Prescott (1985) 8, sowie über ausgewählte richtungsweisende Abwandlungen dieses Modells. Das konsumbasierte Standardmodell erfährt in der vorliegenden Arbeit eine neuartige Modifizierung. Durch diese Modifikation geht eine neuartige Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors hervor, wonach dieser nicht mehr einzig von dem originären absoluten Konsum sondern zudem von einem relativen Konsum determiniert wird. Die Erklärungskraft spezifizierter stochastischer Diskontfaktoren wird in dieser Arbeit unter Verwendung der stochastischen EulerGleichung eines repräsentativen Wirtschaftssubjektes überprüft. Hierfür sind vorab die Parameter zu schätzen. Zur Schätzung kam in jüngerer Vergangenheit überwiegend die Verallgemeinerte Momentenmethode (Generalized Method of Moments (GMM)) zur Anwendung. Deren theoretische Grundlage wurde von Lars Peter Hansen (1982) 9 entwickelt und erstmals von Lars Peter Hansen und Kenneth J. Singleton (1982) zur Schätzung von Parametern einer nicht linearen stochastischen Euler-Gleichung angewendet. 10 ___________ 6
Die Anlagen auf Kapitalmärkten – Kapitalanlagen – werden im weiteren Verlauf dieser Arbeit als Anlagen bezeichnet. 7 Das konsumbasierte Modell zur Preisbildung von Anlagen wird im weiteren Verlauf dieser Arbeit als konsumbasiertes Standardmodell bezeichnet. 8 Mehra, Rajnish / Prescott, Edward C.: The Equity Premium: A Puzzle. In: Journal of Monetary Economics, 15 (1985), 145-161. 9 Hansen, Lars Peter: Large Sample Properties of Generalized Method of Moments Estimators. In: Econometrica, 50 (1982), 4, 1029-1054. 10 Hansen, Lars Peter / Singleton, Kenneth J.: Generalized Instrument Variables Estimation of Nonlinear Rational Expectations Models. In: Econometrica, 50 (1982), 5, 1269-1286.
A. Einleitung
17
Der Verfasser verfolgt mit dieser Arbeit die folgenden Ziele: Er möchte zeigen, dass die Suche nach einer Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors als notwendige Folge seiner Unbestimmtheit im Rahmen der Preisbildung von Anlagen sowie der Bewertung von Anlagen durch Wirtschaftssubjekte angesehen werden sollte. Er möchte eine neuartige Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors auf Basis eines konsumbasierten Modells vorstellen, wofür nicht zufrieden stellende empirische Befunde des konsumbasierten Standardmodells sowie ausgewählte richtungsweisende Modifikationen dieses Modells den Anlass gaben. Er möchte in der empirischen Überprüfung die Erklärungskraft der neuartigen Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors, unter Verwendung der stochastischen Euler-Gleichung und verwirklichter Renditen auf dem deutschen Kapitalmarkt, aufzeigen. Darüber hinaus möchte er die erhaltenen Ergebnisse denen des konsumbasierten Standardmodells vergleichend gegenüberstellen, um hierüber eine Möglichkeit zur Urteilsbildung hinsichtlich einer Erklärungsverbesserung anzubieten. Er möchte eine Ermittlung für den Prognosewert des langfristigen realen Zinses sowie der langfristigen Risikoprämie, unter Verwertung der empirischen Ergebnisse, präsentieren und hiermit die enge Verbundenheit zwischen diesen beiden Renditegrößen und den auf Konsum basierenden Größen verdeutlichen. Die Vorgehensweise in den einzelnen Kapiteln: Nach dem einleitenden Kapitel wird im zweiten Kapital der allgemeine stochastische Diskontfaktor theoretisch analysiert. Daran schließt sich die Analyse eines möglichen Weges zur Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors an, welche in der Verwendung eines konsumbasierten Modells zur Spezifikation dieses mündet. Im dritten Kapitel steht das modifizierte konsumbasierte Modell mit der daraus resultierenden neuartigen Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors im Zentrum der Betrachtungen. Die theoretische Analyse beinhaltet vorrangig die neuartige Spezifizierung des stochastischen Diskontfaktors sowie neben der, den Wirtschaftssubjekten zugrunde gelegten, Präferenzfunktion auch die Herleitung der stochastischen Euler-Gleichung und die Bedingungen für die Existenz eines repräsentativen Wirtschaftssubjektes. Im vierten Kapitel erfolgt die empirische Analyse von verwirklichten Jahresrenditen ausgewählter repräsentativer Anlagen auf dem deutschen Kapitalmarkt, welche der Schätzung der stochastischen Euler-Gleichung zugrunde gelegt werden. Zudem werden die Konsumausgaben der privaten Haushalte empirisch analysiert, da diese als Basis für die Konstruktion der Jahresdatenrei-
18
A. Einleitung
hen der nicht beobachtbaren Erklärungsvariablen des spezifizierten stochastischen Diskontfaktors dienen. Im fünften Kapitel wird die neuartige Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors empirisch überprüft. Hierzu werden die Parameter der stochastischen Euler-Gleichung, unter Anwendung der Verallgemeinerten Momentenmethode, geschätzt und anschließend auf ihre statistische Signifikanz hin getestet. Die Ergebnisse der neuartigen Spezifikation werden denen der standardmäßigen vergleichend gegenübergestellt. Abschließend erfolgt die Ermittlung von Prognosewerten für den langfristigen realen Zins und für die langfristige Risikoprämie. Im sechsten Kapitel werden Ansatzpunkte aufgezeigt, die als geeignet erachtet werden, um die bestehende Diskrepanz zwischen den Ergebnissen der Theorie und Empirie zu verringern. Die zentralen Ergebnisse, welche durch diese Arbeit hervorgebracht wurden, erfahren im Schlusskapitel eine Reflexion.
B. Stochastischer Diskontfaktor I. Preisbildung von Anlagen 1. Preisgleichung An einer Börse wird der Preis (Kurs) einer Anlage (Wertpapier) grundsätzlich von den mengenmäßigen Kauf- sowie Verkaufsgeboten der dort Bietenden determiniert. Dort, wo die preisabhängigen Mengengebote den Umsatz maximal werden lassen, notiert der Marktpreis (Börsenkurs). Dem Bieterverhalten liegt ebenso wie dem Urteil über einen „fehlerhaften Preis“ einer Anlage ein bestimmtes Kalkül zur Bewertung von Anlagen zugrunde, sodass sich die Frage nach dem verwendeten Bewertungsansatz stellt. Eine Antwort hierauf gibt die Kapitalmarkttheorie, wonach der Preis einer Anlage zum Zeitpunkt einer gegenwärtigen Periode dem Barwert ihrer Auszahlungen zu den Zeitpunkten zukünftiger Perioden gleichgesetzt wird. 11, 12 Der Barwert setzt sich aus den Einzelbarwerten der Auszahlungen zu den Zeitpunkten zukünftiger Perioden zusammen, wobei der Diskontfaktor eine zeitpunktbezogene zukünftige Auszahlung in einen Gegenwartswert oder Barwert transformiert. Im Folgenden wird eine Anlage j analysiert, die eine einmalige Auszahlung zum Zeitpunkt t 1 in Aussicht stellt sowie einen Preis zum Zeitpunkt t besitzt. Die hierbei getroffenen Aussagen beziehen sich auf einen gleichgewichtigen Preis. 13 ___________ 11 Kruschwitz, Lutz: Finanzierung und Investition. 3. Auflage. München: Oldenbourg, 2002, 5 ff. 12 Die exakte Formulierung lautet: Auszahlung [Konsum, Vermögen] zum Zeitpunkt einer zukünftigen (gegenwärtigen) Periode. Doch werden in dieser Arbeit aus Gründen der Fokussierung die folgenden Formulierungen synonym verwendet: zukünftige (gegenwärtige) Auszahlung [zukünftiger (gegenwärtiger) Konsum, zukünftiges (gegenwärtiges) Vermögen] und Auszahlung [Konsum, Vermögen] zum Zeitpunkt t 1 (zum Zeitpunkt t). 13 Liegt ein Gleichgewicht auf einem Kapitalmarkt vor, so ist der Preis einer Anlage gleich dem Wert, der ihr beigemessen wird. In diesem Fall werden dieser Anlage subjektiv Werte zugeordnet, das heißt, sie wird individuell so bewertet, wie der Preis dieser Anlage auf einem Markt ist. Im Gleichgewicht stimmen nachgefragte und angebotene
20
B. Stochastischer Diskontfaktor
Basierend auf dem Barwertansatz resultiert für den Preis dieser Anlage die allgemeine Gleichung: 14 (1)
p j ,t
PV j ,t
Et M t 1 X j ,t 1 .
Danach ist der Preis p j ,t einer Anlage j zum Zeitpunkt t gleich dem bedingten Barwert PVt dieser Anlage und folglich mit dem bedingten Erwartungswert Et des Produktes von Auszahlung X j ,t 1 und stochastischem Diskontfaktor M t 1 identisch. Der stochastische Diskontfaktor bewerkstelligt also die Transformation einer zukünftigen Auszahlung in einen Gegenwartswert. Hierzu sollte ein streng positiver stochastischer Diskontfaktor, M t 1 ! 0 , existieren, da andernfalls eine positive zukünftige Auszahlung keinen positiven Preis besitzt und sich somit eine Gelegenheit zur Arbitrage bietet. Die Bedingtheit der Erwartungen 15 zeigt, dass Wirtschaftssubjekte zur Bewertung einer Anlage ausschließlich Informationen zum Zeitpunkt t verwenden. Werden hierbei konform der allgemeinen Preisgleichung alle Informationen hinsichtlich der Bewertungsdeterminanten systematisch verwertet, sodass Marktpreise zustande kommen, die mit den Erwartungen der Wirtschaftssubjekte übereinstimmen, so ist diese Erwartungsbildung als rational zu bezeichnen. 16 Dies impliziert, dass bei einer Retrospektion ein rationales oder irrationales Verhalten von Wirtschaftssubjekten oder ein „fehlerhafter Preis“ einer An___________ Mengen einer Anlage überein. Dies setzt Annahmen bezüglich des zugrunde gelegten Kapitalmarktes voraus. Der vollkommene Kapitalmarkt generiert, unter der Annahme der These der Informationseffizienz und dem dort eingeschlossenen Konzept rationaler Erwartungen, ein Gleichgewicht; vgl. Schmidt, Reinhard H. / Terberger, Eva: Grundzüge der Investitions- und Finanzierungstheorie. 4. Auflage. Wiesbaden: Gabler, 1997, 199-218. 14 Die allgemeine Preisgleichung ist unter anderem zu finden in: Cochrane, John H.: Asset Pricing. Princeton, New Jersey: Princeton University Press, Revised Edition, 2005, XV. 15 Den Erwartungen zum Zeitpunkt t liegt eine Menge an Informationen : t zugrunde; die ausführliche Schreibweise hierzu lautet: p j ,t E | : t . Gleiches gilt für den Preis p j ,t 1 E | : t 1 zum Zeitpunkt t 1 . Für diesen Preis gilt aus Sicht zum Zeitpunkt t : Et p j ,t 1 Et >Et 1 @ E >E . | : t 1 | : t @ . Hierbei ist die Menge gegenwärtiger Informationen : t eine Teilmenge der Menge zukünftiger Informationen : t 1 , weshalb zum Zeitpunkt t gilt: E >E . | :t | :t @ . Zudem besitzt das Gesetz iterativer Erwartungen Gültigkeit, welches für bedingte Erwartungen im Laufe der Zeit besagt: Et Et 1 Et . Dieses Gesetz stimmt mit der von John F. Muth formulierten Hypothese rationaler Erwartungen überein; vgl. Muth, John F.: Rational Expectations and the Theory of Price Movements. In: Econometrica, 29 (1961), 315-335. 16 Schmidt, Reinhard H. / Terberger, Eva: Grundzüge der Investitions- und Finanzierungstheorie. 4. Auflage. Wiesbaden: Gabler, 1997, 209-211.
I. Preisbildung von Anlagen
21
lage nur unter Beachtung der zum Zeitpunkt einer Entscheidung zur Verfügung gestandenen Informationen zu beurteilen ist. Die Einordnung einer Anlage in riskant oder risikolos basiert hierbei auf dem Kriterium der Bestimmtheit einer zukünftigen Auszahlungshöhe zum Zeitpunkt t. Eine riskante Anlage ist unter anderem die in Aktien, da diese zum Zeitpunkt t 1 eine Auszahlung in Gestalt einer Dividende und einen Verkaufspreis in Aussicht stellt, deren wirkliche Höhen zum Zeitpunkt t unbestimmt und somit riskant sind. Zum Zeitpunkt t erscheinen eine riskante zukünftige Auszahlung und der stochastische Diskontfaktor als Zufallsvariablen, weil ihre wirklichen Ausprägungen erst zum Zeitpunkt t 1 eine Bestimmung erfahren. Für den Erwartungswert des Produktes zweier Zufallsvariablen gilt unter Verwendung der Definition der Kovarianz 17: E MX E M E X CovM , X . Auf den Preis einer Anlage übertragen, führt dies zu der folgenden allgemeinen Gleichung: 18 (2)
p j ,t
Et M t 1 Et X j ,t 1 Covt M t 1 , X j ,t 1 .
Demgemäß wird der Preis p j ,t einer riskanten Anlage j zum Zeitpunkt t durch zwei Terme bestimmt. Das Produkt der bedingten Erwartungswerte von stochastischem Diskontfaktor Et M t 1 und zukünftiger Auszahlung Et X j ,t 1 bildet einen Term. Der andere ist die bedingte Kovarianz zwischen stochastischem Diskontfaktor und zukünftiger Auszahlung Covt M t 1 , X j ,t 1 . Beide Terme zusammen bestimmen den Barwert und hierüber den Preis einer riskanten Anlage. Die allgemeine Preisgleichung verdeutlicht eine fundamentale Gesetzmäßigkeit der Kapitalmarkttheorie, wonach Anlagen, die einen identischen Erwartungswert bezüglich ihrer zukünftigen Auszahlungen aufweisen, durchaus unterschiedliche Preise besitzen können. Ursächlich hierfür ist eine unterschiedliche Kovarianz beider Anlagen. Inwieweit eine riskante Anlage vergleichend zu einer risikolosen Anlage mit einer Kovarianz von null, unter der Voraussetzung, dass beide Anlagen eine identische (erwartete) Auszahlung in Aussicht stellen, ein Agio oder Disagio erfährt, hängt demgemäß ausschließlich vom ___________ 17 Durch die Kovarianz, Cov X , X E XY E X E Y , wird ein linearer stochastischer Zusammenhang zwischen zwei unabhängigen Zufallsvariablen X und Y beschrieben; vgl. Sachs, Lothar: Angewandte Statistik: Anwendung statistischer Methoden. 10. Auflage. Berlin: Springer, 2002, 496 ff. 18 Cochrane, John H.: Asset Pricing. Princeton, New Jersey: Princeton University Press, Revised Edition, 2005, 13.
22
B. Stochastischer Diskontfaktor
Vorzeichen der Kovarianz einer riskanten Anlage ab. Der Preis einer riskanten Anlage enthält ein Abgeld, wenn die Kovarianz negativ ist. Im Fall einer positiven Kovarianz übersteigt der Preis den einer risikolosen Anlage. Die zentrale Erkenntnis hieraus ist, dass das relevante Risiko auf einem Kapitalmarkt nicht durch die Varianz einer zukünftigen Auszahlung, sondern durch die Kovarianz zwischen zukünftiger Auszahlung und stochastischem Diskontfaktor erfasst wird. Abermals wird die besondere Rolle des stochastischen Diskontfaktors augenscheinlich, auch wenn vorerst ungeklärt bleibt, was sich hinter diesem verbirgt. Ein Spezialfall der allgemeinen Preisgleichung wird durch die folgende Gleichung veranschaulicht: p f ,t Et M t 1 X f ,t 1 . Sie zeigt den Preis einer risikolosen Anlage, die eine zum Zeitpunkt t bestimmte zeitpunktbezogene zukünftige Auszahlung verspricht. Ausgehend von dieser speziellen Preisgleichung lässt sich Folgendes für den einperiodigen Zinsfaktor ableiten:19 1 R f ,t 1
(3)
1 . Et M t 1
Die Gleichung besagt, dass der um eins erhöhte einperiodige Zins R f ,t 1 gleich dem reziproken bedingten Erwartungswert des stochastischen Diskontfaktors Et M t 1 im Anlagezeitraum von t bis t 1 ist. In einem Gleichgewicht auf einem Kapitalmarkt offenbart sich demgemäß zwischen dem einperiodigen Zinsfaktor und dem stochastischen Diskontfaktor ein reziproker Zusammenhang. Eine Verwertung dieser Erkenntnis führt zur folgenden verallgemeinerten Gleichung für den Preis einer Anlage:20
(4)
p j ,t
Et X j ,t 1 1 R f ,t 1 Covt M t 1, X j,t 1 .
Diese Verallgemeinerung besagt, dass der Preis einer riskanten Anlage weiterhin durch zwei Terme bestimmt wird. Zum einen erfolgt die Bestimmung durch den Barwert Et X j ,t 1 1 R f ,t 1 , der nun unter Verwendung des einperiodigen Zinses ermittelt wird; zum anderen durch das bereits betrachtete Kovarianzrisiko. Die hier beschriebene Gleichung besitzt den Vorteil, dass ein Preis ___________ 19 Cochrane, John H.: Asset Pricing. Princeton, New Jersey: Princeton University Press, Revised Edition, 2005, 11. 20 Cochrane, John H.: Asset Pricing. Princeton, New Jersey: Princeton University Press, Revised Edition, 2005, 13.
I. Preisbildung von Anlagen
23
durch die Diskontierung einer zukünftigen Auszahlung unter Verwendung des einperiodigen Zinsfaktors bestimmt werden kann, sobald das Kovarianzrisiko null ist.
2. Renditegleichung Eine Anlage mit einer einmaligen positiven zukünftigen Auszahlung sowie einem positiven gegenwärtigen Preis besitzt eine positive erwartete Rendite. Die Division der allgemeinen Preisgleichung durch den Preis führt zu der folgenden allgemeinen Gleichung: 21 1 Et >M t 1 1 Rt 1 @ .
(5)
Diese Gleichung besagt, dass in einem Gleichgewicht auf einem Kapitalmarkt der bedingte Erwartungswert des Produktes von stochastischem Diskontfaktor und einperiodigem Renditefaktor stets eins ist. Es handelt sich hierbei um einen bedingten Erwartungswert zweier Zufallsvariablen, sodass abermals die Definition der Kovarianz verwertet werden kann. Aus dieser Verwertung entsteht die folgende allgemeine Gleichung für den bedingten Erwartungswert des einperiodigen Renditefaktors, welche als allgemeine Renditegleichung bezeichnet wird:
(6)
Et 1 R j ,t 1
1 Covt M t 1, R j ,t 1 Et M t 1
.
Danach wird der bedingte Erwartungswert der um eins erhöhten einperiodigen Rendite R j ,t 1 einer riskanten Anlage j zum Zeitpunkt t durch den bedingten Erwartungswert des stochastischen Diskontfaktors und durch die bedingte Kovarianz zwischen stochastischem Diskontfaktor und einperiodiger riskanter Rendite determiniert. Ausgehend von der allgemeinen Renditegleichung und dem bedingten Erwartungswert des stochastischen Diskontfaktors in einem Gleichgewicht, Et M t 1 1 R f ,t 1 1 , geht folgende allgemeine Gleichung für den bedingten Erwartungswert des einperiodigen riskanten Renditefaktors hervor: ___________ 21 Cochrane, John H.: Asset Pricing. Princeton, New Jersey: Princeton University Press, Revised Edition, 2005, 14.
24 (7)
B. Stochastischer Diskontfaktor
Et 1 R j ,t 1
1 R f ,t 1 1 R f ,t 1 Covt M t 1, R j,t 1 .
Diese Gleichung besagt, dass der bedingte Erwartungswert der um eins erhöhten einperiodigen riskanten Rendite einer Anlage j zum Zeitpunkt t durch zwei Terme determiniert wird, wobei dem ersten Term der einperiodige Zins zugrunde liegt und der zweite Term die einperiodige Risikoprämie erfasst. Die einperiodige Risikoprämie ist hierbei eine multiplikative Verknüpfung zwischen dem einperiodigen Zinsfaktor und der bedingten Kovarianz zwischen stochastischem Diskontfaktor und einperiodiger riskanter Rendite, 1 R f ,t 1 Covt M t 1 , R j,t 1 . Zur theoretischen Analyse der Risikoprämie riskanter Anlagen bedarf es einer geringfügigen Umstellung, woraus die folgende Gleichung für den bedingten Erwartungswert der einperiodigen Risikoprämie hervorgeht: 22 (8)
Et R j ,t 1 R f ,t 1
1 R f ,t 1 Covt M t 1 , R j ,t 1 .
Der Gleichung ist zu entnehmen, dass der bedingte Erwartungswert der einperiodigen Risikoprämie Et R j ,t 1 R f ,t 1 einer riskanten Anlage j zum Zeitpunkt t einzig von der bedingten Kovarianz zwischen stochastischem Diskontfaktor und einperiodiger riskanter Rendite determiniert wird. Die Risikoprämie misst die Renditedifferenz zwischen riskanter und risikoloser Anlage und zeigt das Ausmaß einer Zusatzrendite, welche eine riskante Anlage in einem Gleichgewicht auf einem Kapitalmarkt erwarten lässt. Nochmals wird somit bestätigt, dass das marktrelevante Risiko nicht durch die Varianz der einperiodigen riskanten Rendite, sondern einzig durch die Kovarianz zwischen stochastischem Diskontfaktor und einperiodiger riskanter Rendite bestimmt wird. In einem Gleichgewicht auf einem Kapitalmarkt ist der Erwartungswert einer positiven einperiodigen Risikoprämie einer riskanten Anlage das Ergebnis einer negativen Kovarianz, woraus eine negative Korrelation zwischen stochastischem Diskontfaktor und einperiodiger riskanter Rendite resultiert. Hierbei steht die Erwartung über eine relativ hohe (niedrige) riskante Rendite im Zusammenhang mit der über eine relativ hohe (niedrige) zukünftige Auszahlung, sodass Anlagen mit einer positiven Risikoprämie immer dann eine verhältnismäßig niedrige (hohe) zukünftige Auszahlung in Aussicht stellen, wenn gerade der stochastische Diskontfaktor einen verhältnismäßig hohen (niedrigen) Wert aufweist. Eine Anlage, deren Rendite mit dem stochastischen Diskontfaktor positiv korreliert, verspricht immer dann eine verhältnismäßig hohe (niedri___________ 22 Cochrane, John H.: Asset Pricing. Princeton, New Jersey: Princeton University Press, Revised Edition, 2005, 14.
I. Preisbildung von Anlagen
25
ge) zukünftige Auszahlung, wenn gerade der Wert des stochastischen Diskontfaktors verhältnismäßig hoch (niedrig) ist, was dazu führt, dass eine solche Anlage in einem Gleichgewicht eine negative Risikoprämie besitzt. An dieser Stelle soll eindringlich darauf hingewiesen werden, dass sowohl Preise als auch daraus erwachsene Risikoprämien riskanter Anlagen aus einem Gleichgewicht auf einem Kapitalmarkt hervorgehen. Die bedeutsame Konsequenz dessen ist, dass auf der Grundlage divergierender Risikoprämien weder von vornherein auf eine gewisse Attraktivität noch auf einen „fehlerhaften Preis“ einer riskanten Anlage geschlossen werden darf, da jene Risikoprämien gerade einen Ausgleich ihres marktrelevanten Risikos, gemessen durch die Kovarianz zwischen stochastischem Diskontfaktor und riskanter Rendite, zum Ausdruck bringen. Die Risikoprämie einer riskanten Anlage gewährt einen Ausgleich für das jener Anlage innewohnende Risiko und gleicht demzufolge unterschiedliche Anlagequalitäten in einem Gleichgewicht auf einem Kapitalmarkt aus. Deshalb darf aus divergierenden Preisen sowie aus divergierenden Risikoprämien weder von vornherein auf eine „gewisse Attraktivität“ noch auf einen „fehlerhaften Preis“ einer Anlage geschlossen werden. 23 Die zentrale Erkenntnis hieraus ist, dass sich anhand von Risikoprämien in einem Gleichgewicht auf einem Kapitalmarkt weder attraktive noch unattraktive Anlagen aufspüren lassen, da solche Risikoprämien einzig den Ausgleich unterschiedlicher Anlagequalitäten ausdrücken.
3. Anlagen mit mehrmaligen Auszahlungen Im Folgenden wird eine Anlage mit einem Anspruch auf eine mehrmalige zukünftige Auszahlung analysiert. Ein Unterscheidungsmerkmal zwischen einem festverzinslichen Wertpapier und einer Aktie ist das der Häufigkeit einer zukünftigen Auszahlung, welche bei einem festverzinslichen Wertpapier im Allgemeinen als endlich 24 sowie bei einer Aktie als unendlich anzusehen ist. Eine Anlage mit endlich vielen zukünftigen Auszahlungen kann ebenfalls unter Verwendung des Barwertansatzes bewertet werden. Die dazugehörige allgemeine Gleichung für den Preis einer solchen Anlage lautet: ___________ 23 Cochrane, John H.: Financial Markets and the Real Economy. In: NBER Working Paper 11193, 2005, 1-2. 24 Ausgenommen hiervon ist ein festverzinsliches Wertpapier mit einer unendlichen Laufzeit, welches auch als Konsol bezeichnet wird.
26 (9)
B. Stochastischer Diskontfaktor p j ,t
§N · Et ¨¨ ¦ M t n X j ,t n ¸¸ . ©n 1 ¹
Der Preis einer Anlage j zum Zeitpunkt t ist gleich der Summe der Einzelbarwerte ihrer zukünftigen Auszahlungen zu den Zeitpunkten t n , mit n 1,, N . Auch hier transformiert der stochastische Diskontfaktor M t n im Zeitraum von t bis t n eine zeitpunktbezogene zukünftige Auszahlung in einen entsprechenden Gegenwartswert. Für Anlagen mit unendlich vielen zukünftigen Auszahlungen, was unter anderem auch für Aktien kennzeichnend ist, sieht die allgemeine Preisgleichung wie folgt aus: 25
(10)
p j ,t
· §f Et ¨¨ ¦ M t n X j ,t n ¸¸ . ¹ ©n 1
Eine Anlage dieser Art wirft das Problem hinsichtlich der Bestimmung eines zukünftigen Verkaufspreises auf, da auch der Preis zu einem zukünftigen Zeitpunkt von den in jenem Zeitpunkt erwarteten zukünftigen Auszahlungen determiniert wird. Unter der Voraussetzung, dass eine solche Anlage an sequentiell geöffneten Märkten handelbar ist, ist die Möglichkeit des Entstehens einer spekulativen Blase im Preis gegeben. Im Fall einer spekulativen Blase bei einer Anlage ist es für Wirtschaftssubjekte rational, diese aus einem Spekulationsmotiv heraus zu kaufen. 26 Der Anreiz besteht darin, für die gekaufte Anlage in der Zukunft einen höheren Verkaufspreis zu erzielen. Das Problem des Entstehens einer spekulativen Blase, welche neben dem Barwert zukünftiger Auszahlungen zu einem Bestandteil des gegenwärtigen Preises wird, wird durch die Auferlegung einer transversalen Bedingung gelöst: 27 (11)
lim Et M N p N 0 .
N of
___________ 25 Cochrane, John H.: Asset Pricing. Princeton, New Jersey: Princeton University Press, Revised Edition, 2005, 24. 26 Das Problem rationaler Blasen wird unter anderem thematisiert in: Campbell, John Y. / Lo, Andrew W. / MacKinlay, A. Craig: The Econometrics of Financial Markets. Princeton, New Jersey: Princeton University Press, 1997, 258-260. 27 Cochrane, John H.: Asset Pricing. Princeton, New Jersey: Princeton University Press, Revised Edition, 2005, 24-25.
I. Preisbildung von Anlagen
27
Somit fließen nur zukünftige Auszahlungen in eine Bewertung ein und determinieren, unter Beachtung des stochastischen Diskontfaktors, den Preis einer Anlage frei von einer spekulativen Komponente. Insbesondere eine Verletzung dieser transversalen Bedingung wird oft als Quelle für das Entstehen spekulativer Preisprozesse auf einem Markt angesehen. 28 Eine Missachtung der transversalen Bedingung mündet in einen unendlich wachsenden positiven Wert einer Anlage mit unendlich vielen zukünftigen Auszahlungen, der in einem „aufgeblasenen Preis“ auf einem Markt zu Tage tritt.
4. Vollständiger Kapitalmarkt Im Folgenden wird mit dem vollständigen Kapitalmarkt ein besonderer Markt analysiert, auf dem Elementaranlagen zu einem Zustandspreis gehandelt werden. Bedeutsam hieran ist, dass diese Zustandspreise in einer engen Verbindung zu dem stochastischen Diskontfaktor stehen, sodass sich hieraus wichtige Aussagen über den stochastischen Diskontfaktor auf dem vollständigen Markt ableiten lassen. Eine zukünftige Auszahlung wird nun dadurch konkretisiert, dass sich für jeden möglichen Umweltzustand, welcher in der Zukunft mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit eintritt, eine dann zustandsbedingte zukünftige Auszahlung angeben lässt. Für eine Anlage können somit zustandsbedingte zukünftige Auszahlungen angeben werden, welche durch einen Auszahlungsvektor erfasst werden. Das Risiko zum Zeitpunkt t besteht nun darin, dass ein jeder Umweltzustand in der Zukunft eintreten könnte, wofür sich eine jeweilige objektive Eintrittswahrscheinlichkeit angeben lässt. Eine Anlage wird als risikolos bezeichnet, wenn sie in einem jeden zukünftigen Umweltzustand eine zustandsbedingte Auszahlung in identischer Höhe aufweist. Fallen hingegen zustandsbedingte Auszahlungen in mindestens zwei zukünftigen Umweltzuständen unterschiedlich hoch aus, so wird eine Anlage als riskant bezeichnet. Die Gesamtheit aller zustandsbedingten zukünftigen Auszahlungen von einperiodigen Anlagen auf dem vollständigen Kapitalmarkt lässt sich durch die folgende Matrix abbilden, wobei die Zeilen die einzelnen zukünftigen Umweltzustände und die Spalten die einzelnen Anlagen erfassen: ___________ 28 Ausführlich nimmt Yvan Lengwiler hierzu Stellung. Er zeigt, dass eine spekulative Preisblase sowohl von Aktien als auch von Konsols ausgehen kann; vgl. Lengwiler, Yvan: Microfoundations of Financial Economics: An Introduction to General Equilibrium Asset Pricing. Princeton: Princeton University Press, 2004, 155-157.
28
B. Stochastischer Diskontfaktor
(12)
§ X 1,1 X 1, j X 1, J · ¨ ¸ ¸ ¨ ¨ ¸ X ¨ X s ,1 X s , j X s , J ¸ . ¨ ¸ ¨¨ ¸¸ © X S ,1 X S , j X S , J ¹
Ein Kapitalmarkt wird dann als vollständig bezeichnet, wenn die Matrix zustandsbedingter zukünftiger Auszahlungen invertierbar ist. 29 Eine invertierbare Auszahlungsmatrix ermöglicht eine Konstruktion von Anlageportfolios für jeden zukünftigen Umweltzustand, wobei ein jedes Portfolio in dem ihm zugeordneten Umweltzustand eine Auszahlung von eins hervorbringt und in allen anderen eine von null erzeugt. Die Konsequenz dessen ist, dass sich auf dem vollständigen Kapitalmarkt jede gewünschte Struktur zustandsbedingter zukünftiger Auszahlungen verwirklichen lässt und somit das Risiko eliminiert werden kann. Wird für jeden zukünftigen Umweltzustand das entsprechende Portfolio genau einmal gehalten, so erzeugt dies in der Gesamtheit aller Portfolios eine Struktur zustandsbedingter zukünftiger Auszahlungen in Höhe von eins.
5. Elementaranlage Eine Anlage, die nur in einem zukünftigen Umweltzustand eine Auszahlung von eins leistet und sonst eine von null, wird als Elementaranlage bezeichnet. 30 Elementaranlagen existieren auf dem vollständigen Kapitalmarkt und erzeugen in ihrer Gesamtheit eine Auszahlungsstruktur in Gestalt einer Einheitsmatrix:
___________ 29
Eine inverse Matrix existiert nur für eine reguläre quadratische Matrix, eine Matrix deren Determinante ungleich null ist. Aus finanzwirtschaftlicher Sicht bedeutet dies, dass zum einen die Anzahl der Anlagen mit der Anzahl aller zukünftigen Umweltzustände übereinstimmen muss. Zum anderen dürfen die Anlagen keine redundanten zustandsbedingten zukünftigen Auszahlungen aufweisen; auch muss ein Leerverkauf der Anlagen möglich sein. 30 In der Literatur werden neben dem Begriff Elementaranlagen (elementary claims) gleichbedeutend die Begriffe Arrow-Debreu-Wertpapiere (Arrow-Debreu-securities), reine Wertpapiere (primitive securities) oder auch Zustands-Wertpapiere (state securities) verwendet.
I. Preisbildung von Anlagen
(13)
I
29
§1 0 0· ¨ ¸ 0¸ ¨0 1 . ¨ ¸ ¨ ¸ ¨0 0 1 ¸¹ ©
Aufgrund der Zustandsbedingtheit einer zukünftigen Auszahlung einer Elementaranlage wird deren Preis als Zustandspreis bezeichnet. Der Zustandspreis qs gibt an, auf wie viele Zahlungseinheiten ein Wirtschaftssubjekt gegenwärtig verzichten muss, um lediglich in einem bestimmten zukünftigen Umweltzustand s genau eine zusätzliche Zahlungseinheit zu erhalten. Für jeden zukünftigen Umweltzustand existiert auf dem vollständigen Kapitalmarkt eine Elementaranlage mit einem Zustandspreis, worüber sich der Preis anderer Anlagen im Kern bestimmen lässt. 31 „Elementaranlagen sind gewissermaßen die Atome, aus denen sich sämtliche Anlagen zusammensetzen lassen.“32 Auf dem vollständigen Kapitalmarkt mit Zustandspreisen lautet die allgemeine Gleichung für die Bestimmung des Preises einer Anlage folgendermaßen: 33 S
(14)
p j ,t
¦ qs,t X j , s ,t 1 . s 1
Die Gleichung besagt, dass der Preis p j ,t einer einperiodigen Anlage j zum Zeitpunkt t gleich der Summe zustandspreisgewichteter zustandsbedingter zukünftiger Auszahlungen ist. Hierbei steht X j , s,t 1 für eine zustandsbedingte zukünftige Auszahlung einer Anlage j im Umweltzustand s zum Zeit___________ 31
Die Auszahlungsstruktur einer risikolosen Anlage, welche eine zukünftige Auszahlung von 100 Geldeinheiten in jedem zukünftigen Umweltzustand leistet, lässt sich hierüber replizieren. Wird eine jede Elementaranlage einmal gekauft, so entsteht aufgrund ihrer zustandsbedingten zukünftigen Auszahlung von eins eine risikolose zukünftige Auszahlung von eins. Der Preis für diese Auszahlung ergibt sich dann über die Summe der Zustandspreise jener Elementaranlagen. Für die risikolose Anlage mit einer zukünftigen Auszahlung von 100 bedeutet dies, dass sich über einen Kauf von 100 Elementaranlagen für jeden Zustand die originäre Auszahlungsstruktur replizieren lässt. Dies bedeutet für den Preis dieser risikolosen Anlage, dass er der Summe hundertfacher Zustandspreise entspricht. Auf die gleiche Art und Weise lassen sich Preise von riskanten Anlagen bestimmen. Auch hierzu ist eine jede zustandsbedingte zukünftige Auszahlung mit dem entsprechenden Zustandspreis zu multiplizieren und anschließend zu summieren. 32 Zimmermann, Heinz: State-Preference Theorie und Asset Pricing: Eine Einführung. Heidelberg: Physica-Verlag, 1998, 12. 33 Cochrane, John H.: Asset Pricing. Princeton, New Jersey: Princeton University Press, Revised Edition, 2005, 50.
30
B. Stochastischer Diskontfaktor
punkt t 1 . Dies bedeutet für den Preis einer Anlage, dass dieser im Innersten aus der Summe von Zustandspreisen hervorgeht. In diesem Zusammenhang soll auf zwei bedeutsame Kapitalmarkttheoreme Bezug genommen werden. Eines der beiden Theoreme besagt, gestützt auf dem Prinzip der Unterschiedslosigkeit von Preisen, dass auf dem vollständigen Kapitalmarkt ein einheitlicher Zustandspreis für jeden Umweltzustand existiert. Das zweite Theorem besagt, dass auf dem arbitragefreien Kapitalmarkt durchweg positive Zustandspreise, q s ! 0 , existieren. 34 Aus beiden Theoremen folgend existiert auf dem vollständigen und arbitragefreien Kapitalmarkt ein einheitlicher Vektor positiver Zustandspreise. Die Konsequenz dessen ist, dass auf dem vollständigen und arbitragefreien Kapitalmarkt die Bewertung einer Anlage unter Verwendung positiver einheitlicher Zustandspreise zwangsläufig zu identischen Werten führt, ohne dass dabei die Präferenzen von Wirtschaftssubjekten eine Berücksichtigung erfahren. Eine Anlage mit einer positiven zustandsbedingten zukünftigen Auszahlung und einem positiven gegenwärtigen Preis erzeugt eine positive einperiodige zustandsbedingte Rendite Rs ,t 1 im Umweltzustand s zum Zeitpunkt t 1 . Es gilt folgende Gleichung für einperiodige zustandsbedingte Renditefaktoren:
¦ qs,t 1 R j ,s,t 1 . S
(15)
1
s 1
Die Gleichung besagt, dass auf dem vollständigen und arbitragefreien Kapitalmarkt zustandspreisgewichtete einperiodige zustandsbedingte Renditefaktoren einer Anlage j zum Zeitpunkt t in der Summe den Wert eins ergeben.
6. Zustandsbedingter Diskontfaktor Zur weiteren Analyse des stochastischen Diskontfaktors wird ein einheitlicher Vektor positiver Zustandspreise hinzugezogen. Ein Zustandspreis wird einem wahrscheinlichkeitsgewichteten zustandsbedingten Diskontfaktor gleichgesetzt, sodass ein zustandsbedingter Diskontfak___________ 34 Eine Möglichkeit zur Arbitrage besteht, wenn eine Anlage in der Gegenwart keine positiven Kosten verursacht sowie in der Zukunft keine negative Auszahlung und in mindestens einem Umweltzustand eine strikt positive Auszahlung leistet; vgl. Campbell, John Y. / Lo, Andrew W. / MacKinlay, A. Craig: The Econometrics of Financial Markets. Princeton, New Jersey: Princeton University Press, 1997, 295.
I. Preisbildung von Anlagen
31
tor nun durch M s q s S s definiert wird. 35 Ein positiver Zustandspreis q s zum Zeitpunkt t sowie eine positive Eintrittswahrscheinlichkeit S s für einen zukünftigen Umweltzustand s bewirken die Existenz eines positiven zustandsbedingten Diskontfaktors M s,t 1 für einen jeden zukünftigen Umweltzustand zum Zeitpunkt t . Ein verhältnismäßig hoher (niedriger) zustandsbedingter Diskontfaktor, M s ,t 1 qs,t S s , existiert, unter der Annahme gleich verteilter Wahrscheinlichkeiten, bei einem verhältnismäßig hohen (niedrigen) Zustandspreis, sodass einer zustandsbedingten zukünftigen Auszahlung in Höhe von eins eine verhältnismäßig hohe (niedrige) Wertschätzung beigemessen wird. Ein relativ hoher (niedriger) zustandsbedingter Diskontfaktor offenbart demnach eine relativ hohe (niedrige) Wertschätzung für eine zustandsbedingte zukünftige Auszahlung. Für den Erwartungswert eines stochastischen Diskontfaktors gilt auf dem vollständigen und arbitragefreien Kapitalmarkt:
Et M t 1
(16)
S
S
s 1
s 1
¦ S s M s,t 1 ¦ qs,t .
Die Gleichung besagt, dass der Erwartungswert eines stochastischen Diskontfaktors gleich der Summe wahrscheinlichkeitsgewichteter zustandsbedingter Diskontfaktoren und gleich der Summe von Zustandspreisen ist. Auf einem solchen Markt existiert ein stochastischer Diskontfaktor, der positiv und einheitlich ist. Wird dies auf den Erwartungswert des Produktes von einperiodigem Renditefaktor und stochastischem Diskontfaktor übertragen, so gelten folgende Gleichheitsbeziehungen: 36
(17)
>
1 Et M t 1 1 R j ,t 1
@
¦ S s M s,t 1 1 R j ,s,t 1 ¦ qs,t 1 R j ,s,t 1 . S
S
s 1
s 1
Mit dieser Erkenntnis lässt sich nun verdeutlichen, weshalb eine zuvor analysierte positive Risikoprämie eine negative Kovarianz zwischen stochastischem Diskontfaktor und einperiodiger riskanter Rendite voraussetzt. Eine negative Kovarianz liegt dann vor, wenn zustandsbedingte Diskontfaktoren und einperiodige zustandsbedingte Renditen negativ korrelieren. Das bedeutet, dass eine Anlage gerade in den zukünftigen Umweltzuständen eine verhältnismäßig ___________ 35 Cochrane, John H.: Asset Pricing. Princeton, New Jersey: Princeton University Press, Revised Edition, 2005, 50. 36 Campbell, John Y. / Lo, Andrew W. / MacKinlay, A. Craig: The Econometrics of Financial Markets. Princeton, New Jersey: Princeton University Press, 1997, 295.
32
B. Stochastischer Diskontfaktor
niedrige (hohe) Rendite in Aussicht stellt, in denen ein zustandsbedingter Diskontfaktor verhältnismäßig hoch (niedrig) ist, was wiederum in jenen Umweltzuständen der Fall ist, in denen eine zustandsbedingte zukünftige Auszahlung eine verhältnismäßig hohe (niedrige) Wertschätzung erfährt. Somit bewirkt die Gegenläufigkeit von zustandsbedingtem Diskontfaktor und zustandsbedingter Rendite eine negative Kovarianz, durch die bekanntlich das marktrelevante Risiko erfasst wird. Bewerten Wirtschaftssubjekte eine Anlage auf Grundlage des Barwertes, impliziert dies nicht, dass alle zu einem einheitlichen Wert gelangen, wodurch die hieraus divergierenden Vorstellungen über einen Preis zur Folge hätten, dass sich ein Gleichgewicht auf einem Kapitalmarkt nicht einstellt. Zur Lösung dieses Problems bedarf es zusätzlicher Annahmen, die sowohl hinsichtlich der Präferenzen und Erwartungsbildung von Wirtschaftssubjekten als auch hinsichtlich eines Marktes zu treffen sind. So bewirkt unter anderem erst die Annahme des vollständigen und arbitragefreien Kapitalmarktes einen positiven einheitlichen stochastischen Diskontfaktor, welcher die Basis für einen einheitlichen Wert und somit für einen gleichgewichtigen Preis ist. Gleiches wird über die Annahme des vollkommenen Kapitalmarktes, unter Bildung rationaler Erwartungen, erreicht. Als Fazit dieses Abschnittes ist festzuhalten, dass: der stochastische Diskontfaktor zukünftige Zahlungen in Gegenwartswerte transformiert und hierüber den Preis von Anlagen in einem Gleichgewicht auf einem Kapitalmarkt bestimmt; ein positiver einheitlicher Erwartungswert des stochastischen Diskontfaktors auf dem vollständigen und arbitragefreien Kapitalmarkt existiert; noch nicht betrachtet wurde, worüber sich der stochastische Diskontfaktor spezifizieren lässt.
II. Möglichkeiten zur Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors 1. Grenzwert intertemporalen Vermögens Aufbauend auf einer Verdeutlichung dessen, was durch den stochastischen Diskontfaktor gemessen wird, werden im Folgenden ausgewählte richtungsweisende Modelle zur Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors aufgezeigt, von denen ein konsumbasiertes Modell die Grundlage in dieser Arbeit bilden wird. Bei einer Bewertung von Anlagen wird durch den stochastischen Diskontfaktor eine Verknüpfung zwischen gegenwärtigem Preis und zukünftigen Auszahlungen bewerkstelligt und auf diesem Wege gegenwärtiges Vermögen mit
II. Möglichkeiten zur Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors
33
zukünftigem Vermögen, also zwei intertemporale Vermögenspositionen, miteinander verbunden. Eine von einem Wirtschaftssubjekt geplante intertemporale Aufteilung von Vermögen wird als optimal bezeichnet, sofern sie die Optimalitätsbedingung erfüllt, die besagt, dass in einem Optimum der Grenzwert gegenwärtigen Vermögens mit dem Grenzwert zukünftigen Vermögens übereinstimmt. Durch den stochastischen Diskontfaktor werden die Grenzwerte von gegenwärtigem und zukünftigem Vermögen vereint. Er verkörpert demnach eine intertemporale Größe, welche in einem Optimum einen Ausgleich zwischenzeitlicher Vermögenspositionen schafft. Hinter dem stochastischen Diskontfaktor steht die folgende Beziehung: 37 (18)
M t 1
vcWt 1 vcWt .
Durch den stochastischen Diskontfaktor M t 1 wird der Grenzwert zukünftigen Vermögens vcWt 1 zum Grenzwert gegenwärtigen Vermögens vcWt ins Verhältnis gesetzt. Er verkörpert somit im Kern den Wachstumsfaktor intertemporalen Vermögens. Es wird ersichtlich, dass der stochastische Diskontfaktor immer dann verhältnismäßig hoch (niedrig) ist, wenn einer marginalen Einheit zukünftigen Vermögens ein verhältnismäßig hoher (niedriger) Wert beigemessen wird. Hiermit lässt sich eine oft gemachte Beobachtung erklären, wonach eine Anlage trotz unveränderter zukünftiger Auszahlung im Laufe der Zeit deutlich divergierende Preise auf einem Kapitalmarkt aufweist. Zu Zeiten eines relativ hohen (niedrigen) Preises wirkt ein relativ hoher (niedriger) stochastischer Diskontfaktor, was bedeutet, dass jener zukünftigen Auszahlung ein relativ hoher (niedriger) Grenzwert beigemessen wird. Somit ist ein divergierender relativer Grenzwert zukünftigen Vermögens ursächlich dafür, dass der Preis divergiert, obwohl jene zukünftige Auszahlung unverändert bleibt. Des Weiteren lässt sich hierüber verdeutlichen, warum eine riskante Anlage, deren Rendite eine negative Korrelation mit dem stochastischen Diskontfaktor aufweist, in einem Gleichgewicht eine positive Risikoprämie besitzt: In den Augen eines Wirtschaftssubjektes ist diese Anlage, verglichen mit einer risikolosen, auch bei einer übereinstimmenden (erwarteten) zukünftigen Auszahlung, weniger wertvoll, da sie gerade dann eine verhältnismäßig niedrige (hohe) Rendite verspricht, wenn eine marginale Einheit zukünftigen Vermögens eine verhältnismäßig hohe (niedrige) Wertschätzung erfährt oder der Grenzwert zukünftigen Vermögens verhältnismäßig hoch (niedrig) ist. ___________ 37 Cochrane, John H.: Financial Markets and the Real Economy. In: NBER Working Paper 11193, 2005, 1-2.
34
B. Stochastischer Diskontfaktor
Eine Erkenntnis hieraus ist, dass Anlagen, die gerade dann eine relativ hohe (niedrige) zukünftige Auszahlung versprechen, wenn einer marginalen Einheit zukünftigen Vermögens eine relativ hohe (niedrige) Wertschätzung beigemessen wird, in einem Gleichgewicht auf einem Kapitalmarkt einen relativ hohen (niedrigen) Preis beziehungsweise eine relativ niedrige (hohe) erwartete Rendite besitzen. Eine weitere Erkenntnis ist, dass die Frage nach den Determinanten des stochastischen Diskontfaktors auch immer mit der Frage nach den Determinanten des Wachstums intertemporalen Vermögens verbunden ist. Weiterhin gilt es, den stochastischen Diskontfaktor zu präzisieren, da dieser noch immer eine nicht operationale Größe darstellt. Nachfolgend werden daher mit monetär geprägten portfoliobasierten Modellen sowie realseitig geprägten makroökonomischen Modellen zwei grundsätzliche Wege mit ihren richtungsweisenden Ansätzen zur Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors aufgezeigt.
2. Finanzwirtschaftliche Modelle Ein tiefgründiger Blick auf zwei populäre finanzwirtschaftliche Modelle zur Preisbildung von Anlagen – das Capital Asset Pricing Model (CAPM), welches aus den theoretischen Arbeiten von William F. Sharpe (1964) 38, John Lintner (1965) 39 und Jan Mossin (1966) 40 hervorging, und die Arbitrage Pricing Theory (APT), die auf Stephan A. Ross (1976) 41 zurückgeht – zeigt, dass beide übereinstimmend den stochastischen Diskontfaktor durch portfoliobasierte Erklärungsgrößen spezifizieren. Grundsätzlich begründet das CAPM den Erwartungswert einer positiven Risikoprämie mit dem Potential einer riskanten Anlage, immer dann (überproportional) im Preis zu sinken, wenn es zu einem Preisrückgang des Marktportfolios kommt. Dieses Risiko wird durch den Betafaktor erfasst, welcher bei jener Anlage einen Wert größer eins aufweist. Das CAPM offeriert im Kern die Möglichkeit, den stochastischen Diskontfaktor durch die erwartete Rendite des Marktportfolios RM ,t 1 zu spezifizieren: M t 1 mRM ,t 1 . ___________ 38 Sharpe, William F.: Capital Asset Prices: A Theory of Market Equilibrium under Conditions of Risk. In: The Journal of Finance, 19 (1964), 3, 425-442. 39 Lintner, John: The Valuation of Risk Assets and the Selection of Risky Investments in Stock Portfolios and Capital Budgets. In: The Review of Economics and Statistics, 47 (1965), 1, 13-37. 40 Mossin, Jan: Equilibrium in a Capital Asset Market. In: Econometrica, 34 (1966), 4, 768-783. 41 Ross, Stephan A.: The Arbitrage Theory of Capital Asset Pricing. In: Journal of Economic Theory, 13 (1976), 341-360.
II. Möglichkeiten zur Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors
35
In dem Dreifaktorenmodell von Eugene F. Fama und Kenneth R. French (1993) 42, welches der APT zugeordnet wird, werden zusätzlich zur Rendite des Marktportfolios zwei Renditedifferenzen von Aktienportfolios als Erklärungsgrößen einer Risikoprämie verwendet. Eine Renditedifferenz RSMB,t 1 wird hierbei aus der Rendite eines Portfolios kleiner Aktiengesellschaften und der eines Portfolios großer Aktiengesellschaften gebildet; die zweite Renditedifferenz RHML,t 1 wird aus der Rendite eines Portfolios von Aktiengesellschaften mit einem hohen Buch-Marktwert-Verhältnis und der Rendite eines Portfolios von Aktiengesellschaften mit einem niedrigen Buch-Marktwert-Verhältnis ermittelt. In diesem Modell wird demgemäß die Risikoprämie einer riskanten Anlage durch drei portfoliobasierte Renditegrößen bestimmt. 43 Über diese drei Renditegrößen eröffnet sich zugleich die Möglichkeit, den stochastischen Diskontfaktor zu spezifizieren: M t 1 mRM ,t 1 , RSMB,t 1 , RHML,t 1 . 44 Die Erklärungskraft des Dreifaktorenmodells für den deutschen Kapitalmarkt wird unter anderem von Martin Wallmeier (2002) empirisch überprüft, wobei er in seiner Arbeit diese Beziehung zum stochastischen Diskontfaktor unerwähnt lässt. 45 Eine Gemeinsamkeit beider Modelle ist, dass die erwartete Rendite einer riskanten Anlage durch die Rendite eines oder mehrerer riskanter Portfolios determiniert wird. Der Preis einer Anlage wird also durch den anderer Anlagen bestimmt. Mithilfe beider Modelle wird demnach der stochastische Diskontfaktor durch die Rendite eines oder mehrerer Portfolios determiniert. Ein portfoliobasiertes Modell erweist sich als wenig hilfreich, wenn es um die Frage geht, ob ein Kapitalmarkt „effizient“ wirkt, das heißt, inwieweit Preise ökonomische Gegebenheiten „korrekt“ widerspiegeln. Hierauf lässt sich keine Antwort geben, wenn dies, wie im CAPM der Fall, allein auf einer Beobachtung zweier Anlagepreise basiert. Stattdessen sollte gefragt werden, inwieweit der über Preise offenkundig werdende stochastische Diskontfaktor ökonomische Gegebenheiten „einwandfrei“ widerspiegelt, sodass ein Kapitalmarkt „effizient“ wirkt. Ein reiner Vergleich der Preise von riskanter Anlage und Marktportfolio liefert hierzu keine Antwort. Inwieweit ein Kapitalmarkt ___________ 42 Fama, Eugene F. / French, Kenneth R.: Common Risk Factors in the Returns on Stocks and Bonds. In: Journal of Financial Economics, 33 (1993), 3-56. 43 Fama, Eugene F. / French, Kenneth R.: Multifactor Explanations of Asset Pricing Anomalies. In: The Journal of Finance, 51 (1996), 1, 55-84. 44 Cochrane, John H.: Financial Markets and the Real Economy. In: NBER Working Paper 11193, 2005, 2. 45 Wallmeier, Martin: Determinanten erwarteter Renditen am deutschen Aktienmarkt – Eine empirische Untersuchung anhand ausgewählter Kennzahlen. In: Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, 52 (2002), 27-57.
36
B. Stochastischer Diskontfaktor
„effizient“ wirkt, so lautet die zentrale Erkenntnis, lässt sich nur über ein realseitiges Modell beantworten. 46
3. Makroökonomische Modelle Ein Modell, welches durch reale Größen den stochastischen Diskontfaktor determiniert, ist nicht nur von finanzwirtschaftlichem Interesse, sondern auch aus makroökonomischer Sicht bedeutsam. Die Makroökonomie beschäftigt sich unter anderem mit dem Investitionsverhalten von Unternehmen sowie dem Konsumverhalten von Haushalten. Zentrale Größen sind hierbei die Grenzrate der Substitution zwischen gegenwärtigem und zukünftigem Konsum sowie die Grenzrate der Transformation zwischen gegenwärtiger und zukünftiger Produktion konsumierbarer Güter. 47 Ein Ausgleich zwischen beiden Grenzraten wird durch den auf einem Kapitalmarkt wirkenden stochastischen Diskontfaktor geschaffen. Dies liefert zum einen eine Begründung für das makroökonomische Interesse an einer Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors, da andernfalls ungeklärt bleibt, wie die Grenzrate der intertemporalen Substitution von Konsum und die Grenzrate der intertemporalen Transformation der Produktion konsumierbarer Güter in Übereinstimmung gelangen. 48 Dies liefert zum anderen eine Begründung dafür, weshalb in dieser Arbeit realseitig fundierte Modelle zur Preisbildung von Anlagen sowie zur Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors zugrunde gelegt werden. Diese Modelle sind an der Grenze zwischen Finanzwirtschaft und Makroökonomie anzusiedeln. Im Folgenden werden ausgewählte makroökonomische Modelle vorgestellt, welche als eine Gemeinsamkeit das Aufspüren von fundamentalen ökonomischen Determinanten des stochastischen Diskontfaktors beinhalten. Hierbei überwiegen Modelle, mit welchen das Konsumverhalten von Haushalten analysiert wird und die auf der Annahme eines partiellen Gleichgewichtes fußen.
___________ 46 Cochrane, John H.: Financial Markets and the Real Economy. In: NBER Working Paper 11193, 2005, 4-5. 47 Auf den intertemporalen Handel angewendet, siehe: Krugman, Paul R. / Obstfeld, Maurice: Internationale Wirtschaft: Theorie und Empirie der Außenwirtschaft. 6. Auflage. München: Pearson, 2004, 247-250. 48 Cochrane, John H.: Financial Markets and the Real Economy. In: NBER Working Paper 11193, 2005, 3.
II. Möglichkeiten zur Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors
37
Eine Ausnahme hiervon stellen jüngere theoretische Arbeiten von Michele Boldrin, Lawrence J. Cristiano und Jonas D. M. Fisher (1997) 49 sowie von Urban J. Jermann (1998) 50 dar. Jermann modelliert zusätzlich zum Konsumverhalten eines repräsentativen Haushaltes das Investitions- und Produktionsverhalten eines repräsentativen Unternehmens. Hierbei wird durch eine von Unternehmenseigentümern bestimmte Grenzrate (intertemporaler) Substitution der stochastische Diskontfaktor spezifiziert. Jermann zeigt, dass sein der Real Business Cycle Theorie zuzuordnendes Modell in der Lage ist, neben bedeutenden Indikatoren der USamerikanischen Konjunktur auch die mittlere Risikoprämie und den mittleren Zins des US-amerikanischen Kapitalmarktes nachzubilden. Ein makroökonomisches Modell, durch welches ausschließlich das Investitions- und Produktionsverhalten eines repräsentativen Unternehmens analysiert wird, stellt John H. Cochrane (1991) vor. 51 Er spezifiziert den stochastischen Diskontfaktor durch die Grenzrate intertemporaler Transformation, die ihrerseits aus der Bedingung erster Ordnung für eine optimale Investitionsentscheidung jenes Unternehmens hervorgeht. Durch das so genannte „ProductionBased Asset Pricing Model“ soll ein positiver Zusammenhang zwischen der erwarteten Rendite von Aktienanlagen und der realen Rendite von Investitionen, unter Ausschluss von Präferenzen, aufgezeigt werden. Nach einer empirischen Überprüfung des Modells durch Cochrane lehnt dieser dieses nicht ab und gelangt zur folgenden Einschätzung: „... it performs substantially better than the simple consumption-based model.“ 52 In einer Vielzahl von makroökonomischen Modellen wird sich ausschließlich auf die Präferenzen von Wirtschaftssubjekten konzentriert und hierüber das (zeitliche) Konsumverhalten von Haushalten analysiert. Sofern konsumierende Haushalte beziehungsweise konsumierende Wirtschaftssubjekte die zahlenmäßig größte Gruppe von Marktteilnehmern darstellen, die auf direktem oder indirektem Wege Anlagen auf einem Kapitalmarkt handeln, lässt sich die Wahl für ein konsumbasiertes Modell begründen. Wird diese Begründung akzeptiert, ___________ 49 Boldrin, Michele / Cristiano, Lawrence J. / Fisher, Jonas D. M.: Habit Persistence and Asset Returns in a Exchange Economy. In: Macroeconomic Dynamics, 1 (1997), 312-332. 50 Jermann, Urban J.: Asset Pricing in Production Economies. In: Journal of Monetary Economics, 41 (1998), 257-275. 51 Cochrane, John H.: Production-Based Asset Pricing and the Link Between Stock Returns and Economic Fluctuations. In: Journal of Finance, 41 (1991), 1, 209-237. 52 Cochrane, John H.: A Cross-Sectional Test of an Investment-Based Asset Pricing Model. In: Journal of Political Economy, 104 (1996), 572.
38
B. Stochastischer Diskontfaktor
so mündet dies zwangsläufig in ein konsumbasiertes Modell zur Preisbildung von Anlagen. Im Konsum sieht John H. Cochrane (2005) die zentrale Größe, die einen gewünschten oder unerwünschten Umweltzustand zu einer Zeit offensichtlich macht. Er schreibt: „Asset should give a high premium if they pay off badly in ‚bad times‘. What better measure of ‚bad times‘ than consumption? … More formally, consumption subsumes or reveals all we need to know about wealth, income prospects, ect. in a wide class of models starting with the Permanent Income Hypothesis. In every formal deviation of CAPM, ICAPM, and every other factor model (at least all the ones I know of), the marginal utility of consumption growth is a single factor that should subsume all the others. They are all special cases of the consumption-based model, not alternatives to it.“ 53
Insbesondere die Feststellung von Cochrane, dass populäre finanzwirtschaftliche Modelle lediglich Spezialfälle des konsumbasierten (Standard-)Modells sind, ist als zentral herauszuheben. Auch wird hierdurch rückblickend der Entschluss des Verfassers dieser Arbeit für ein konsumbasiertes Modell untermauert.
4. Empirische Befunde zum konsumbasierten Standardmodell Die theoretischen Grundlagen konsumbasierter Modelle zur Preisbildung von Anlagen schufen Robert E. Lucas Jr. (1978) 54 sowie Douglas T. Breeden (1979) 55. Hierbei werden sowohl Annahmen über Wirtschaftssubjekte als auch Annahmen über einen Markt getroffen. 56 In der vorliegenden Arbeit sind es hingegen ausschließlich die Präferenzen konsumierender Wirtschaftssubjekte, welche im Rahmen eines konsumbasierten Modells tiefgründig analysiert werden. Konsumierende Wirtschaftssubjekte verfolgen das Ziel, unter Beachtung eines ausgabefähigen Budgets, den intertemporalen Erwartungsnutzen U t über ___________ 53
Cochrane, John H.: Financial Markets and the Real Economy. In: NBER Working Paper 11193, 2005. 54 Lucas, Jr., Robert E.: Asset Prices in an Exchange Economy. In: Econometrica, 46 (1978), 6, 1429-1445. 55 Breeden, Douglas T.: An Intertemporal Asset Pricing Model with Stochastic Consumption and Investment Opportunities. In: Journal of Financial Economics, 7 (1979), 265-296. 56 Hinsichtlich des Kapitalmarktes gilt die Annahme der vollkommenen Konkurrenz und der Vollständigkeit; vgl. Kocherlakota, Narayana R.: The Equity Premium: It´s Still a Puzzle. In: Journal of Economic Literature, 34 (1996), 1, 43-44.
II. Möglichkeiten zur Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors
39
eine verbleibende Lebenszeit zu maximieren. Der intertemporale Erwartungsnutzen wird durch folgende Funktion abgebildet: 57
(19)
Ut
ªf º Et « ¦ 1 U n u Ct n » . ¬n 0 ¼
Der intertemporale Erwartungsnutzen zum Zeitpunkt t wird durch den bedingten Erwartungswert summierter Barwerte intertemporalen Nutzens determiniert, wobei der zukünftige Nutzen unter Verwendung einer konstanten Zeitpräferenzrate U in einen Barwert transformiert wird. Die intertemporale Erwartungsnutzenfunktion erfasst somit die summierten Einzelbarwerte intertemporalen Nutzens von Konsum. Der intertemporale Nutzen wird durch den Konsum zum Zeitpunkt t determiniert: 58
(20)
u Ct
1
1
Ct V 1 . 1 1
V
Die intertemporale Nutzenfunktion zeichnet sich durch eine Isoelastizität sowie durch eine güter-, zeit- und zustandsbezogene Separierbarkeit aus. Die auferlegte Separierbarkeit ermöglicht eine Abbildung von Präferenzen auf Basis der Erwartungsnutzentheorie von John von Neumann und Oskar Morgenstern. 59 Die Isoelastizität jener, auch als Powernutzenfunktion bezeichneten, Abbildung beruht auf der Annahme einer konstanten intertemporalen Substitutionselastizität V . Durch das konsumbasierte Standardmodell wird in einem Gleichgewicht der stochastische Diskontfaktor eines repräsentativen Wirtschaftssubjektes folgendermaßen spezifiziert: 60 ___________ 57 Campbell, John Y. / Lo, Andrew W. / MacKinlay, A. Craig: The Econometrics of Financial Markets. Princeton, New Jersey: Princeton University Press, 1997, 293. 58 Campbell, John Y. / Lo, Andrew W. / MacKinlay, A. Craig: The Econometrics of Financial Markets. Princeton, New Jersey: Princeton University Press, 1997, 305. 59 Neumann, John von / Morgenstern, Oskar: Theory of Games and Economic Behavior. Princeton, New Jersey: Princeton University Press, 1944. 60 Campbell, John Y. / Lo, Andrew W. / MacKinlay, A. Craig: The Econometrics of Financial Markets. Princeton, New Jersey: Princeton University Press, 1997, 305.
40
B. Stochastischer Diskontfaktor
(21)
1 U
M t 1
1
u cCt 1 u cCt
1 U
1
· V ¸ ¨ C ¸ . © t ¹
1 §¨ Ct 1
Danach wird der stochastische Diskontfaktor durch den Zeitdiskontfaktor
1 U 1 sowie durch den Grenznutzen zukünftigen und gegenwärtigen Konsums Ct 1 Ct 1 V determiniert, was in der Gesamtheit die Grenzrate der intertemporalen Substitution von Konsum darstellt. Für die Variabilität des stochastischen Diskontfaktors zeigt sich der Grenznutzen zukünftigen Konsums verantwortlich, da zum Zeitpunkt t einerseits Zeitpräferenzrate sowie intertemporale Substitutionselastizität konstant sind und andererseits der Grenznutzen gegenwärtigen Konsums als bestimmt gilt.
Dass eine Anlage mit einer unveränderten zukünftigen Auszahlung zu verschiedenen Zeitpunkten einen unterschiedlichen Preis besitzt, geht bekanntermaßen auf den variierenden stochastischen Diskontfaktor zurück, dessen Variabilität hier durch den variierenden Grenznutzen zukünftigen Konsums verursacht wird. Durch einen relativ hohen (niedrigen) Preis wird signalisiert, dass einer marginalen Einheit zukünftigen Konsums ein verhältnismäßig hoher (niedriger) Nutzen beigemessen wird. Da zukünftiger Konsum grundsätzlich über zukünftige Auszahlungen bestritten wird, weist eine unveränderte zukünftige Auszahlung im Fall eines verhältnismäßig hohen (niedrigen) Grenznutzens zukünftigen Konsums einen relativ hohen (niedrigen) Preis auf. Dass die Risikoprämie positiv ausfällt, ist darauf zurückzuführen, dass eine Anlage immer dann eine relativ niedrige (hohe) Rendite in Aussicht stellt, wenn eine marginale Einheit zukünftigen Konsums einen verhältnismäßig hohen (niedrigen) Nutzen erfährt. Sofern Wirtschaftssubjekte eine solche Anlage halten, wird ihr zukünftiger Konsum riskanter, weshalb sie jene Anlage nur halten werden, wenn diese einen relativ niedrigen Preis besitzt beziehungsweise eine positive Risikoprämie erwarten lässt. Eine empirische Arbeit, die erstmals eine Rendite US-amerikanischer Aktienpreisindizes mit der Grenzrate intertemporaler Substitution verknüpft, liefern Stanford J. Grossman und Robert J. Shiller (1982). 61 In der Arbeit von Grossman und Shiller steht folgendes geschrieben: „Recent work by Shiller, and Stephen LeRoy and Richard Porter, has shown evidence that the variability of stock price indices cannot be accounted for information regarding future dividends since dividends just do not seem to vary enough to justify the price ___________ 61 Grossman, Stanford J. / Shiller, Robert J.: The Determinants of the Variability of Stock Market Prices. In: American Economic Review, 71 (1981), 2, 222-227.
II. Möglichkeiten zur Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors
41
movement.“ 62 Hieraus sollte geschlussfolgert werden, dass ein konstanter Diskontfaktor zugunsten eines variierenden stochastischen Diskontfaktors zu verwerfen ist, damit ein Modell zur Preisbildung von Anlagen auf Grundlage des Barwertes zukünftiger Auszahlungen, unter rationalen Erwartungen, weiterhin Gültigkeit besitzt. Wesentlich mehr Aufmerksamkeit wurde der Arbeit von Rajnish Mehra und Edward C. Prescott (1985) zuteil, da in ihr erstmals das empirische Phänomen des so genannten „Equity Premium Puzzle“ aufgezeigt wurde. 63 Ein zentrales Ergebnis ihrer Arbeit ist, dass die Risikoprämie des konsumbasierten Standardmodells und die Risikoprämie des US-amerikanischen Aktienmarktes nur dann in Einklang stehen, wenn ein als unplausibel erachteter hoher Wert für die relative Risikoaversion J , die in einer reziproken Beziehung zur intertemporalen Substitutionselastizität, J V 1 , steht, angenommen wird. Andernfalls wäre die Risikoprämie des Modells deutlich geringer als die empirisch beobachtbare, was die Autoren dazu veranlasste, das aufgedeckte Phänomen, die Diskrepanz von theoretisch erklärter und empirisch beobachtbarer Risikoprämie, als „Equity-Premium-Puzzle“ zu bezeichnen. Bedeutsam für das Verständnis ist hierbei, dass das konsumbasierte Standardmodell grundsätzlich eine positive Risikoprämie voraussagt, die jedoch signifikant unter der empirischen liegt, weshalb schließlich von einem empirischen Phänomen gesprochen wird. Zugleich war die Arbeit von Mehra und Prescott die Initialzündung zu einer noch andauernden Forschung über ein konsumbasiertes Modell zur Preisbildung von Anlagen.
5. Modifikationen des konsumbasierten Standardmodells auf Basis von Untrennbarkeiten im intertemporalen Nutzen Ein Forschungszweig beschäftigt sich im Rahmen konsumbasierter Modelle schwerpunktmäßig mit Präferenzen von Wirtschaftssubjekten. Den Verfassern dieser Modelle wohnt die Überzeugung inne, dass die Abbildung des intertemporalen Erwartungsnutzens durch separierbare isoelastische intertemporale Nutzenfunktionen zu kurz greift. Eine tiefgründige Analyse dieser unterschiedlichen Modelle bringt als ein übereinstimmendes Merkmal eine bestimmte Form der Untrennbarkeit im intertemporalen Nutzen hervor, sodass die bisherige Separation teilweise aufgegeben wird. Eine Konsequenz dessen ist, dass der
___________ 62 Grossman, Stanford J. / Shiller, Robert J.: The Determinants of the Variability of Stock Market Prices. In: American Economic Review, 71 (1981), 2, 222. 63 Mehra, Rajnish / Prescott, Edward C.: The Equity Premium: A Puzzle. In: Journal of Monetary Economics, 15 (1985), 145-161.
42
B. Stochastischer Diskontfaktor
stochastische Diskontfaktor nicht mehr nur einseitig durch den absoluten Konsum eines Gutes determiniert wird. In Anbetracht der zahlreichen Arbeiten zeichnet sich die folgende Grundstruktur, auf die auch die neuartige Spezifikation in der vorliegenden Arbeit fußt, für eine Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors ab:
(22)
M t 1
ª c Ct 1 , X t 1 º 1 uC «1 U ». uCc Ct , X t ¼ ¬
Mit dieser Gleichung wird zum Ausdruck gebracht, dass der intertemporale Grenznutzen zusätzlich zum konsumierbaren Gut C noch durch ein Gut X determiniert wird, dessen Bestimmung die Forschenden herausfordert. Ursächlich hierfür ist die Auferlegung einer Untrennbarkeit im intertemporalen Nutzen. Zum Zwecke einer Systematisierung lassen sich diese Modelle in güterbezogene, zeitbezogene und zustandsbezogene Untrennbarkeiten im intertemporalen Nutzen unterteilen. 64 Für eine jede Form der Untrennbarkeit wird im Folgenden der grundlegende Ansatz kurz vorgestellt und durch ausgewählte empirische Arbeiten untermauert. Durch diese Einteilung soll eine Möglichkeit zur Einordnung verschiedener Modifikationen des konsumbasierten Standardmodells – einschließlich der in dieser Arbeit vorgestellten Modifikation – geboten werden. Güterbezogene Untrennbarkeit. Bei einer güterbezogenen Untrennbarkeit wird der intertemporale Nutzen zum Zeitpunkt t neben dem konsumierbaren Gut Ct , das in empirischen Arbeiten durch die Pro-Kopf-Konsumausgaben für Verbrauchsgüter und Dienstleistungen repräsentiert wird, auch durch ein zweites Gegenwartsgut X t determiniert. Eine entsprechende intertemporale Nutzenfunktion besitzt folgendes Aussehen:
(23)
Ut
CT X T t
1 t
1J
1 J
1
.
Durch die Erfassung einer güterbezogenen Untrennbarkeit in dieser funktionalen Form wird der intertemporale Grenznutzen von Konsum uCc nun neben dem konsumierbaren Gut Ct zudem durch ein zweites Gegenwartsgut X t de___________ 64 Cochrane, John H.: Financial Markets and the Real Economy. In: NBER Working Paper 11193, 2005, 25-26.
II. Möglichkeiten zur Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors
43
terminiert. Diesen Ansatz verwerten recht früh Martin Eichenbaum, Lars Peter Hansen und Kenneth Singleton (1988). In ihrer empirischen Arbeit spezifizieren sie jenes zweite Gegenwartsgut als Freizeit. 65 Zeitbezogene Untrennbarkeit. Bei einer zeitbezogenen Untrennbarkeit kommt, zusätzlich zum konsumierbaren Gut in der Gegenwart, ein vergangenheitsbezogener Konsum als Determinante des intertemporalen Nutzens zum Zeitpunkt t hinzu, wobei zwei Formen zeitbezogener Untrennbarkeit zur Anwendung kommen: die Dauerhaftigkeit eines Gutes und die Konsumgewohnheit hinsichtlich eines Gutes. Im Gegensatz zu einem Verbrauchsgut ist für ein langlebiges Gut eine mehrperiodige Nutzenabgabe kennzeichnend, womit es einem dauerhaften Gut gleicht. Dies führt dazu, dass der intertemporale Nutzen neben dem konsumierbaren Gut zudem durch eine in der Vergangenheit getätigte Ausgabe für ein langlebiges Gut determiniert wird, welche auch die Determinanten des intertemporalen Grenznutzens von Konsum uCc darstellen. Demgegenüber können Wirtschaftssubjekte im Laufe der Zeit eine gewisse Gewohnheit im Konsum herausbilden, sodass der intertemporale Nutzen zusätzlich durch eine, als Vergleichsgröße fungierende, Konsumgewohnheit determiniert wird. Die Konsumgewohnheit kann sowohl intern, das heißt durch eine individuell gebildete Gewohnheit im Konsum, als auch extern, das bedeutet durch eine gesellschaftlich gebildete Gewohnheit, eine Bestimmung erfahren. Der intertemporale Nutzen wird somit neben dem konsumierbaren Gut C auch durch eine interne oder externe Konsumgewohnheit X determiniert, welche innerhalb der Nutzenfunktion entweder in einem Verhältnis oder in einer Differenz zu jenem konsumierbaren Gut steht:
(24)
Ut
Ct
X t 1J oder U t 1 J
Ct X t 1J 1 J
.
Der intertemporale Grenznutzen von Konsum uCc zum Zeitpunkt t wird somit neben dem konsumierbaren Gut Ct durch die Konsumgewohnheit X t determiniert. Eine empirische Überprüfung eines konsumbasierten Modells unter Auferlegung einer zeitbezogenen Untrennbarkeit zwischen dauerhaften und nicht dauerhaften Gütern enthält die Arbeit von Martin Eichenbaum und Lars Peter Han___________ 65
Eichenbaum, Martin / Hansen, Lars Peter / Singleton, Kenneth J.: A Time Series Analysis of Representive Agent Models of Consumption and Leisure Choice under Uncertainty. In: Quarterly Journal of Economics, 103 (1988), 51-78.
44
B. Stochastischer Diskontfaktor
sen (1990). 66 Hierin wird gezeigt, dass auch mit der Aufnahme des Konsums dauerhafter Güter als zusätzliche Variable das Niveau der empirischen Risikoprämie auf dem US-amerikanischen Aktienmarkt nicht zufrieden stellend erklärt werden kann. George M. Constantinides (1990) sieht im Effekt der Gewohnheitsbildung im Konsum eine Lösung für das „Equity Premium Puzzle“, welche er als Differenz einer intern gebildeten Gewohnheit modelliert. 67 Ein Modell basierend auf einer extern gebildeten Konsumgewohnheit verwenden Andrew A. Abel (1990) 68 sowie John Y. Campbell und John H. Cochrane (1999) 69 in ihren empirischen Arbeiten, wobei Ersterer hierzu eine Powernutzenfunktion in Form eines Verhältnisses und Letztere eine in Form einer Differenz einsetzen. Ein gemeinsames Merkmal dieser beiden externen Ansätze ist eine getrennte Modellierung von relativer Risikoaversion und intertemporaler Substitutionselastizität aufgrund der Integration der Konsumgewohnheit in die intertemporale Nutzenfunktion. Über jene zeitbezogene Untrennbarkeit im intertemporalen Nutzen gelingt es, die, durch das konsumbasierte Standardmodell erklärte, gleichgerichtete Entwicklung von Zins und Risikoprämie zu unterbrechen, mit der Folge, dass eine relativ hohe Risikoprämie und ein relativ niedriger Zins zugleich erklärt werden können. Zustandsbezogene Untrennbarkeit. Bei einer zustandsbezogenen Untrennbarkeit ist es, neben dem konsumierbaren Gut in der Gegenwart, der Erwartungswert eines zukünftigen Nutzens, durch welchen der intertemporale Nutzen zum Zeitpunkt t determiniert wird. Larry G. Epstein und Stanley E. Zin (1989) verfolgen dies in einer theoretischen Arbeit, 70 in der sie die von David M. Kreps und Evan L. Porteus (1967) 71 abgeleitete Verallgemeinerung der Erwartungsnutzentheorie von John von ___________ 66
Eichenbaum, Martin / Hansen, Lars Peter: Estimating Models with Intertemporal Substitution using Aggregate Time Series Data. In: Journal of Business and Economic Statistics, 8 (1990), 1, 53-69. 67 Constantinides, George M.: Habit Formation: A Resolution of the Equity Premium Puzzle. In: The Journal of Political Economy, 98 (1990), 3, 519-543. 68 Abel, Andrew B.: Asset Prices under Habit Formation and Catching up with the Joneses. In: The American Economic Review, 80 (1990), 2, 38-42. 69 Campbell, John Y. / Cochrane, John H.: By Force of Habit: A Consumption-Based Explanation of Aggregate Stock Market Behavior. In: Journal of Political Economy, 107 (1999), 2, 205-251. 70 Epstein, Larry G. / Zin, Stanley E.: Substitution, Risk Aversion, and the Temporal Behavior of Consumption and Asset Returns: An Theoretical Framework. In: Econometrica, 57 (1989), 4, 937-969. 71 Kreps, David M. / Porteus, Evan L.: Temporal Resolution of Uncertainty and Dynamic Choice Theory. In: Econometrica, 46 (1978), 1, 185-200.
II. Möglichkeiten zur Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors
45
Neumann und Oskar Morgenstern aufgreifen und in erweiterter Form in ein konsumbasiertes Modell integrieren. Der intertemporale Nutzen zum Zeitpunkt t wird hierbei durch eine rekursive Funktion abgebildet, welche folgendes Aussehen besitzt: T
(25)
Ut
1J 1 º 1J ª «1 G Ct T GEt U 1J T » . t 1 « » ¬ ¼
Hierbei ist es der Parameter T , T 1 J 1 1 / V , durch welchen eine Trennung jener Reziprozität zwischen relativer Risikoaversion J und intertemporaler Substitutionselastizität V ermöglicht wird. Gilt J 1 / V , so ist T 1 und die zuvor rekursive Funktion erscheint, aufgrund der aufgehobenen zustandsbezogenen Untrennbarkeit im Nutzen, als lineare Funktion, welche mit der Powernutzenfunktion im Standardmodell übereinstimmt. Dies begründet, weshalb das konsumbasierte Standardmodell als ein Spezialfall des konsumbasierten Epstein-Zin-Modells bezeichnet wird. Der im Epstein-Zin-Modell spezifizierte stochastische Diskontfaktor wird zusätzlich zum konsumierbaren Gut durch eine Vermögensgröße, welche sich aus Humankapital und Kapitalanlagen zusammensetzt, determiniert. In empirischen Analysen wird als Repräsentant der einperiodigen Rendite dieses Vermögens überwiegend die einperiodige Rendite eines Aktienmarktindizes verwendet, mit der Konsequenz, dass die Rendite einer Anlage teilweise durch die Rendite einer anderen Anlage erklärt wird, was der Aussage des CAPM gleicht. Dies führt zu der Feststellung, dass der spezifizierte stochastische Diskontfaktor im konsumbasierten Epstein-Zin-Modell, da dieser eine unterschiedliche Gewichtung der determinierenden Größen Konsum und Vermögen ermöglicht, sowohl die Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors im konsumbasierten Standardmodell als auch die des stochastischen Diskontfaktors im CAPM beinhaltet. 72 Larry G. Epstein und Stanley E. Zin (1991) 73 analysieren den von ihnen spezifizierten stochastischen Diskontfaktor empirisch und erhalten als Resultat, im Vergleich zur Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors im konsumba___________ 72 Campbell, John Y.: Consumption-Based Asset Pricing. In: Constantinides, George M. / Harris, Milton / Stulz, René M. (Hrsg.): Handbook of the Economics of Finance. Volume 1B, Financial Markets and Asset Pricing. Amsterdam: Elsevier, 2003, 831. 73 Epstein, Larry G. / Zin, Stanley E.: Substitution, Risk Aversion, and the Temporal Behavior of Consumption and Asset Returns: An Empirical Analysis. In: The Journal of Political Economy, 99 (1991), 2, 263-286.
46
B. Stochastischer Diskontfaktor
sierten Standardmodell, keine wesentlich verbesserte Erklärungskraft für die Rendite ausgewählter Anlagen des US-amerikanischen Kapitalmarktes. Auch Philippe Weil (1989) 74 überprüft die Epstein-Zin-Spezifikation und kommt zu der Erkenntnis, dass unter der Annahme plausibel erachteter Werte für die relative Risikoaversion und intertemporale Substitutionselastizität, der theoretische Zins über dem empirisch beobachtbaren liegt. Dieses Phänomen bezeichnet Weil als „Risk-free Rate Puzzle“ und stellt sich hierbei die Frage: „... why is it, if consumers are as averse to intertemporal substitution as some recent estimates suggest, that the risk-free rate is so low?“ 75 Den Mangel an empirischer Evidenz von spezifizierten stochastischen Diskontfaktoren, im Rahmen konsumbasierter Modelle, dokumentieren die Überblicksarbeiten von Narayana R. Kocherlakota (1996) 76 und John H. Cochrane (1997) 77 für den US-amerikanischen Kapitalmarkt sowie die Überblicksarbeit von John Y. Campbell (2003) 78 für den internationalen Kapitalmarkt. Innerhalb der nationalen finanzwirtschaftlichen Forschung fristen konsumbasierte Modelle ein Schattendasein. Eine Ausnahme hiervon stellt die empirische Arbeit von Bernd Meyer (1999) dar, in deren Einleitung geschrieben steht: „While there exist numerous studies empirically investigating asset pricing models such as the CAPM and the APT for Germany, there is a lack of empirical evidence on intertemporal equilibrium asset pricing.“ 79 Eine zweite Ausnahme ist die empirische Arbeit von Martin Missong (1994), in der er sich unter anderem zum Ziel setzt, die enge Verbindung von Konsum- und Kapitalmarkttheorie zu verdeutlichen. 80 Dabei konzentriert er sich auf konsumbasierte Modelle mit unterschiedlichen Präferenzfunktionen und unterzieht das konsumbasierte Standardmodell, das auf eine zeitbezogene ___________ 74 Weil, Philippe: The Equity Premium Puzzle and the Risk-Free Rate Puzzle. In: Journal of Monetary Economics, 24 (1989), 401-421. 75 Weil, Philippe: The Equity Premium Puzzle and the Risk-Free Rate Puzzle. In: Journal of Monetary Economics, 24 (1989), 403. 76 Kocherlakota, Narayana R.: The Equity Premium: It´s Still a Puzzle. In: Journal of Economic Literature, 34 (1996), 1, 42-71. 77 Cochrane, John H.: Where is the market going? Uncertain facts and novel theories. In: Economic Perspectives Federal Reserve Bank of Chicago, 21 (1997), 3-37. 78 Campbell, John Y.: Consumption-Based Asset Pricing. In: Constantinides, George M. / Harris, Milton / Stulz, René M. (Hrsg.): Handbook of the Economics of Finance. Volume 1B, Financial Markets and Asset Pricing. Amsterdam: Elsevier, 2003. 79 Meyer, Bernd: Intertemporal Asset Pricing: Evidence from Germany. Heidelberg: Physica-Verlag, 1999, 2. 80 Missong, Martin: Intertemporale Substitution und stochastische Eulergleichungsmodelle: Eine theoretische und empirische Untersuchung. Frankfurt am Main: Haag und Herchen Verlag, 1994, 4.
II. Möglichkeiten zur Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors
47
Untrennbarkeit gründende Modell von Dauerhaftigkeit und Konsumgewohnheit von Wayne E. Ferson und George M. Constantinides (1991) 81 sowie das auf eine zustandsbezogene Untrennbarkeit fußende Epstein-Zin-Modell einer empirischen Überprüfung. Zur Schätzung verwendet Missong neben der Verallgemeinerten Momentenmethode die Methode der Kleinsten-Quadrate, die als ein linearer Schätzansatz eine Logarithmierung der (nicht linearen) stochastischen Euler-Gleichung voraussetzt. Die Basis zur Schätzung eines jeden Modells stellen verwirklichte Renditen auf dem deutschen Kapitalmarkt dar. Hierbei gelangt Missong 82 zu dem Fazit, dass das konsumbasierte Standardmodell mit den deutschen Daten unvereinbar ist sowie das Epstein-Zin-Modell die empirischen Analysemöglichkeiten kaum bereichert. Meyer, der im Gegensatz zu Missong konsumbasierte Modelle kalibriert, gelangt zu der Schlussfolgerung, dass das Epstein-Zin-Modell, im Vergleich zum konsumbasierten Standardmodell, unter plausibel erachteten Werten für die intertemporale Substitutionselastizität und relative Risikoaversion durchaus bedeutende Eigenschaften historischer Renditen auf dem deutschen Markt zu erklären vermag. Dennoch schreibt er als Fazit: „This study neither claims to solve the Equity Premium Puzzle and the Risk-free Rate Puzzle nor to produce a generally accepted model of the market pricing kernel [gleichbedeutend dem stochastischen Diskontfaktor].“ 83 Sowohl die unzufrieden stellenden empirischen Befunde spezifizierter stochastischer Diskontfaktoren als auch das nationale Schattendasein konsumbasierter Modelle bestärken den Verfasser dieser Arbeit, das konsumbasierte Standardmodell zur Preisbildung von Anlagen in der Art zu modifizieren, dass daraus eine neuartige Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors hervorgeht.
6. Empirische Relevanz des Zinses und der Risikoprämie Welche praktische Relevanz die durch den stochastischen Diskontfaktor bestimmbaren Größen Zins und Risikoprämie besitzen, ist Gegenstand der folgenden Analyse. ___________ 81 Ferson, Wayne E. / Constantinides, George M.: Habit Persistence and Durability in Aggregate Consumption: Empirical Tests. In: Journal of Financial Economics, 29 (1991), 199-240. 82 Missong, Martin: Intertemporale Substitution und stochastische Eulergleichungsmodelle: Eine theoretische und empirische Untersuchung. Frankfurt am Main: Haag und Herchen, 1994, 115-116. 83 Meyer, Bernd: Intertemporal Asset Pricing: Evidence from Germany. Heidelberg: Physica-Verlag, 1999, 247.
48
B. Stochastischer Diskontfaktor
Eine erste Antwort hierauf gibt die von John R. Graham und Campbell R. Harvey (2001) durchgeführte Befragung von Finanzvorständen in den USA und in Kanada, wonach von 392 Finanzvorständen ausschließlich oder fast ausschließlich 73,5 % das CAPM zur Bestimmung des Kostensatzes für Eigenkapital verwenden. 84 Jedoch erfahren im CAPM der Zins und die Risikoprämie des Marktportfolios eine exogene Bestimmung. 85 Einige finanzwirtschaftliche Lehrbücher empfehlen zur Lösung dieses Bestimmungsproblems die Verwendung von empirischen Daten. 86 Hierbei gilt es zu beachten, dass der Stichprobenmittelwert einjähriger Risikoprämien, welcher als Schätzwert der Risikoprämie dient, oftmals einen nicht unerheblichen Standardfehler aufweist. Um dieses Problem zu umgehen, sollte sich einem Modell zugewendet werden, durch welches beide Größen – Zins und Risikoprämie – eine Bestimmung erfahren. Somit rückt erneut ein konsumbasiertes Modell ins Zentrum der Betrachtungen, wodurch dessen praktische Bedeutung eindrucksvoll unterstrichen wird. Auch die akademische Welt misst der Risikoprämie eine hohe Bedeutung bei, wie es die von Ivo Welch (2000) veröffentlichte Befragung unter 226 Akademikern der Finanzwirtschaft in den USA zeigt. 87 Ein interessantes Ergebnis bringt die Umfrage zu Tage, wonach den antwortenden Befragten einerseits die Bedeutung der theoretischen Risikoprämie bewusst ist, es aber andererseits weder einen Konsens über die Definition der empirischen Risikoprämie noch einen Konsens über deren Schätzung gibt. Dies ist nicht unproblematisch, da unterschiedliche Definitionen zwangsläufig verschiedene Repräsentanten bewirken, welche die Eindeutigkeit hinsichtlich der zu verwendenden empirischen Risikoprämie aufheben. Derartige Probleme thematisiert Thomas Albrecht (1997) im Zusammenhang mit der Bestimmung der Marktrisikoprämie auf dem deutschen Kapital___________ 84
Graham, John R. / Harvey, Campbell R.: The Theory and Practice of Corporate Finance: Evidence from the Field. In: Journal of Financial Economics, (2001), 187-243. 85 Vgl. hierzu die Einleitung zum Kapitel 8 in: Campbell, John Y. / Lo, Andrew W. / MacKinlay, A. Craig: The Econometrics of Financial Markets. Princeton, New Jersey: Princeton University Press, 1997, 291. 86 Einige Autoren verweisen auf die Risikoprämie im Jahrbuch von Ibbotson Associates; vgl. Ross, Stephen A. / Westerfield, Randolph W. / Jaffe, Jeffrey: Corporate Finance. 6th Edition. New York: McGraw-Hill, 2002, 272-273. 87 Ivo Welch schreibt hierzu: „The main reason for the scarcity of good justifications and recommendations for a ‚good practical estimate‘ is, of course, that neither do financial economists know what the correct equity premium is nor is there a consensus on how it should be estimated. … Unfortunately, there is neither a uniformly accepted precise definition nor agreement on how the equity premium should be computed and applied.“ Welch, Ivo: Views of Financial Economists on the Equity Premium and on Professional Controversies. In: Journal of Business, 73 (2000), 4, 501-502.
II. Möglichkeiten zur Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors
49
markt. 88 Im Ergebnis lehnt er die Verwendung von historischen Renditen zur Ermittlung der Risikoprämie ab und gibt stattdessen entweder einem Modell basierend auf Risikopräferenzen oder einer Befragung von Wirtschaftssubjekten den Vorzug. Gleichwohl ist festzuhalten, dass sowohl historische Renditen als auch Befragungen grundsätzlich keinen Ansatz zur Erklärung liefern. Da aber die Erklärung als solches ein, wenn nicht sogar das zentrale, Ziel finanzwirtschaftlicher Forschung ist, muss zwangsläufig einem Modell der Vorrang gegeben werden. Der Verfasser dieser Arbeit entschied sich für ein konsumbasiertes Modell zur Preisbildung von Anlagen. Durch die neuartige Modifikation des konsumbasierten Standardmodells wird ein neuartig spezifizierter stochastischer Diskontfaktor hervorgebracht, welcher eine Möglichkeit zur Bestimmung des Zinses und der Risikoprämie bietet. Im folgenden Kapitel wird das neuartige konsumbasierte Modell sowie die hieraus hervorgehende neuartige Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors vorgestellt.
___________ 88 Albrecht, Thomas: Was wissen wir über die Höhe der Marktrisikoprämie bei Aktien? Überlegungen zur Ermittlung sinnvoller Eigenkapitalkosten im Rahmen von Shareholder-Value-Konzepten. In: Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis, 5 (1997), 570-575.
C. Das neuartige konsumbasierte Modell zur Preisbildung von Kapitalanlagen I. Neuartigkeit Im Folgenden steht das neuartige konsumbasierte Modell zur Preisbildung von Anlagen, welches aus einer Modifikation des konsumbasierten Standardmodells 89 hervorgeht, im Zentrum der Analyse. Die theoretische Analyse dieses neuartigen konsumbasierten Modells erstreckt sich unter anderem auf die den Wirtschaftssubjekten zugrunde gelegten Präferenzen, auf die optimalen Bedingungen für einen geplanten intertemporalen und intratemporalen Konsum sowie auf die stochastische Euler-Gleichung einzelner Wirtschaftssubjekte und auf die, in einem Gleichgewicht bestehende, stochastische Euler-Gleichung eines repräsentativen Wirtschaftssubjektes. In dem neuartigen konsumbasierten Modell stellt sich das originäre konsumierbare Gut des konsumbasierten Standardmodells als ein Güterbündel dar, welches aus zwei konsumierbaren Gütern besteht, die wiederum, wie im Standardmodell, einen einperiodigen Nutzen stiften. Diese beiden konsumierbaren Güter unterscheiden sich durch die Häufigkeit ihrer innerperiodigen Nutzenabgabe. Eines der beiden Güter stiftet einen einmaligen Nutzen, was implizit auch für das konsumierbare Gut im Standardmodell gilt; das zweite Gut stiftet hingegen einen mehrmaligen Nutzen in einer Periode. Es wird also die Häufigkeit einer innerperiodigen Nutzenabgabe von grundsätzlich einperiodig Nutzen stiftenden Gütern berücksichtigt. Mit der Einführung des Güterbündels aus einmalig Nutzen stiftendem Gut und mehrmalig Nutzen stiftendem Gut ist die Auferlegung einer güterbezogenen Untrennbarkeit im intertemporalen Nutzen von Konsum verbunden. Das neuartige konsumbasierte Modell steht in enger Verwandtschaft zu einem Modell von Monika Piazzesi, Martin Schneider und Selale Tuzel (2005) 90, in dem der intertemporale Nutzen ebenfalls durch ein Bündel konsumierbarer Güter determiniert wird. Das Bündel konsumierbarer ___________ 89
Das konsumbasierte Standardmodell ist unter anderem zu finden in: Danthine, Jean-Pierre / Donaldson, John B.: Intermediate Financial Theory. Upper Saddle River, New Jersey: Prentice Hall, 2002, 196 ff. 90 Piazzesi, Monika / Schneider, Martin / Tuzel, Selale: Housing, Consumption and Asset Pricing. In: NBER Working Paper 12036, 2006.
I. Neuartigkeit
51
Güter setzt sich hierbei aus einem nicht dauerhaften Gut und einer ImmobilienDienstleistung zusammen. Auch im neuartigen konsumbasierten Modell bleibt die Periodizität eines Nutzens nicht unbeachtet, da bezüglich der beiden konsumierbaren Güter gilt, dass sie einen einperiodigen Nutzen stiften. Sofern die Periode ein Jahr umfasst, impliziert dies für ein mehrmalig Nutzen stiftendes Gut eine vollständige Entwertung nach einem Jahr, sodass es über ein Jahr hinaus einem Wirtschaftssubjekt keinen Nutzen mehr stiftet. 91 In der vorliegenden Arbeit wird durch eine neuartige Modifikation des konsumbasierten Standardmodells eine neuartige Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors hervorgebracht. Dieser neuartig spezifizierte stochastische Diskontfaktor wird, wie im konsumbasierten Standardmodell, maßgeblich durch den Grenznutzen intertemporalen Konsums eines einmalig Nutzen stiftenden Gutes determiniert. Hierbei zeigt sich, dass jener Grenznutzen intertemporalen Konsums neben dem absoluten Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes zusätzlich durch den relativen Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes determiniert wird. Dies führt nun dazu, dass der neuartig spezifizierte stochastische Diskontfaktor neben dem Wachstumsfaktor des absoluten Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes zusätzlich durch den Wachstumsfaktor des relativen Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes determiniert wird. Die theoretische Analyse im zweiten Kapitel zeigte, dass der stochastische Diskontfaktor dann relativ hoch (niedrig) ist, wenn ein relativ hoher (niedriger) intertemporaler Grenznutzen zukünftigen Konsums existiert, was im konsumbasierten Standardmodell der Fall ist, sofern ein relativ niedriges (hohes) Wachstum beim Konsum erwartet wird. Die neuartige Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors offenbart, dass ein außergewöhnlich hoher (niedriger) stochastischer Diskontfaktor existiert, wenn zugleich ein relativ niedriges (hohes) Wachstum beim absoluten Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes und ein verhältnismäßig hohes (niedriges) Wachstum beim relativen Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes erwartet wird. Dass der relative Konsum vom einmalig Nutzen stiften___________ 91
Es gilt die Periodizität eines Nutzens von Konsum – einperiodig (nicht dauerhaft) oder mehrperiodig (dauerhaft) – von der Häufigkeit einer Nutzenabgabe durch Konsumgüter – einmalig oder mehrmalig – zu unterscheiden. Dies soll am Beispiel eines Computers verdeutlicht werden: Rasante technologische Veränderungen führen zu der vollständigen Entwertung eines Computers nach einem Jahr, mit der Folge, dass dieser über ein Jahr hinaus keinen Nutzen mehr stiftet. Da die Periode ein Jahr umfasst, wird durch den Computer ein einperiodiger Nutzen geleistet. Dieser Nutzen ist jedoch von einem mehrmaligen Nutzen zu unterscheiden, weil der Computer innerhalb eines Jahres mehrmalig einen Nutzen stiftet.
52
C. Das neuartige konsumbasierte Modell zur Preisbildung von Kapitalanlagen
dem Gut steigt, trotz dessen der absolute Konsum vom einmalig Nutzen stiftendem Gut sinkt, ist der Fall, wenn neben einem niedrigen Wachstum beim Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes ein noch wesentlich niedrigeres Wachstum beim Konsum des mehrmalig Nutzen stiftenden Gutes erwartet wird. Durch die neuartige Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors wird, wie auch durch die im konsumbasierten Standardmodell, die relative Wertschätzung zukünftigen Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes angezeigt. Die neuartige Spezifikation bringt zu Tage, dass einerseits ein relativ hoher (niedriger) stochastischer Diskontfaktor existiert, wenn ein relativ niedriges (hohes) Wachstum beim absoluten Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes erwartet wird, sodass in der Gegenwart dem zukünftigen Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes ein relativ hoher (niedriger) Wert beigemessen wird. Andererseits wird durch die neuartige Spezifikation ein außergewöhnlich hoher (niedriger) stochastischer Diskontfaktor hervorgebracht, wenn neben dem relativ niedrigen (hohen) Wachstum beim absoluten Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes ein verhältnismäßig hohes (niedriges) Wachstum beim relativen Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes erwartet wird. Hierzu kommt es, wenn neben einem niedrigen (hohen) Wachstum beim Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes ein noch wesentlich niedrigeres (höheres) Wachstum beim Konsum des mehrmalig Nutzen stiftenden Gutes erwartet wird, wodurch der Wunsch hervorgerufen wird, das mehrmalig Nutzen stiftende Gut durch das einmalig Nutzen stiftende Gut zu ersetzen. In Verbindung mit der Erwartung eines niedrigen (hohen) Wachstums beim absoluten Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes bewirkt dies, dass Wirtschaftssubjekte dem zukünftigen Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes einen außergewöhnlich hohen (niedrigen) Wert beimessen, welcher schließlich durch den außergewöhnlich hohen (niedrigen) stochastischen Diskontfaktor zum Ausdruck kommt.
II. Annahmen 1. Tauschwirtschaft Dem neuartigen konsumbasierten Modell liegen die Annahmen des vollkommenen Konkurrenzmarktes und der Vollständigkeit des Marktes zugrunde. Analog dem Modell von Robert E. Lucas Jr. (1978) und dem konsumbasierten Standardmodell fußt das neuartige konsumbasierte Modell auf einer reinen Tauschwirtschaft, in der endlich viele konsumierende Wirtschaftssubjekte i leben. Ein Wirtschaftssubjekt besitzt, unabhängig auf welcher Marktseite es
II. Annahmen
53
sich bewegt, einen marginalen Marktanteil. Es erachtet die Preise auf dem Markt als gegeben und setzt auf Grundlage der gegebenen Preise Mengen. Der Markt erweist sich als transparent, sodass Wirtschaftssubjekte über das Zustandekommen der Marktpreise unterrichtet sind. Der Tausch auf dem Markt erfolgt reibungslos. Wirtschaftssubjekte treffen Entscheidungen über eine Sequenz diskreter Zeitpunkte gegenwärtiger Perioden t , mit t 0,, f . In den Zeitpunkten zukünftiger Perioden, t ! 0 , verwirklichen sich zustandsbedingte Größen, welche zum Zeitpunkt einer gegenwärtigen Periode, t 0 , als riskante Größen erscheinen. Das Risiko besteht darin, dass abhängig von diskreten zukünftigen Umweltzuständen s eine zustandsbedingte Größe eine bestimmte Ausprägung annimmt, wobei zu jedem Zeitpunkt zukünftiger Perioden grundsätzlich nur ein Umweltzustand und somit eine zustandsbedingte Ausprägung eintritt. Für jeden Umweltzustand zu einem Zeitpunkt einer zukünftigen Periode existiert eine objektive Wahrscheinlichkeit S s für den Eintritt eines jeweiligen Zustandes. 92 Ein Zustandsraum zu einem Zeitpunkt einer zukünftigen Periode ist vollständig erfasst, wenn ¦ s S s 1 gilt.
2. Ausstattung Ein jedes Wirtschaftssubjekt ist anfänglich mit ausgabefähigem Vermögen 93 Hierhinter stehen, wie im Modell von Robert E. Lucas Jr. (1978), Anteilsrechte an produktivem Kapital 94 einer Volkswirtschaft, welche mit einem riskanten oder fixen Anspruch am gesamtwirtschaftlichen Output ausgestattet sind. Letzterer Anspruch steht für eine Anlage mit einer risikolosen Auszahlung; ersterer für eine Anlage, deren Auszahlung riskant ist. Die Anteilsrechte sind vollkommen teilbar und werden auf einem sequentiell geöffneten Markt getauscht. W0 ausgestattet, welches sich aus Anteilsrechten zusammensetzt.
Den Anteilen wohnt eine Technologie inne, welche als eine Art Blackbox im Modell erscheint. Jene Technologie lässt einen gesamtwirtschaftlichen Output ___________ 92 Die Wahrscheinlichkeiten für den Eintritt von Umweltzuständen zu einem Zeitpunkt einer zukünftigen Periode sind objektiver Natur. Dies impliziert, dass Wirtschaftssubjekte in der Gegenwart die Verteilung von Umweltzuständen zu den Zeitpunkten zukünftiger Perioden kennen, sodass die Verteilung eine Art öffentliche Information darstellt. 93 Grundsätzlich verfügt ein Wirtschaftssubjekt über humanes Vermögen, welches aus der Aneignung von Wissen resultiert, sowie über finanzielles und reales Vermögen, das beispielsweise aus Wertpapieren und Immobilien bestehen könnte. 94 Unter dem Begriff „produktives Kapital“ wird sowohl Sachkapital als auch Humankapital von Wirtschaftssubjekten subsumiert.
54
C. Das neuartige konsumbasierte Modell zur Preisbildung von Kapitalanlagen
als eine stochastische exogene Größe erscheinen. Die einzige Inputgröße im Modell ist produktives Kapital. Wirtschaftssubjekte partizipieren über ihre Anteilsrechte am gesamtwirtschaftlichen Output, sodass sich der gesamtwirtschaftliche Output über jene Anteile auf die einzelnen Wirtschaftssubjekte verteilt.
3. Konsumplan Ein jedes Wirtschaftssubjekt ist in der Lage, eine individuelle Präferenzordnung für Sequenzen zeitlich geplanten Konsums anzugeben, welche sich durch eine Erwartungsnutzenfunktion abbilden lässt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein konsumierbares Gut, abhängig vom Zeitpunkt und Umweltzustand, eine unterschiedliche Wertschätzung erfahren kann. Wirtschaftssubjekte werden im Modell als ungeduldig bezeichnet, da sie einem konsumierbaren Gut in der Gegenwart einen höheren Wert beimessen als einem identischen konsumierbaren Gut in der Zukunft. Angesichts eines zu planenden zeitlichen Konsums präferieren Wirtschaftssubjekte gegenwärtigen Konsum gegenüber zukünftigem. Zum Ausdruck kommt diese Ungeduld bezüglich gegenwärtigen Konsums beziehungsweise die Höherschätzung für Gegenwartskonsum durch eine positive Zeitpräferenzrate, U t 0 . 95 Wirtschaftssubjekte werden im Modell als risikoscheu bezeichnet, da sie Abweichungen im geplanten zeitlichen Konsum abgeneigt gegenüberstehen. Angesichts möglicher Abweichungen im geplanten zeitlichen Konsum können risikoaverse Wirtschaftssubjekte einem identischen Konsumgut, abhängig vom eingetretenen Umweltzustand zu einem Zeitpunkt, unterschiedliche Werte beimessen. Sofern die Möglichkeit besteht, das Risiko von Abweichungen im geplanten zeitlichen Konsum durch eine Versicherung abzufedern oder gänzlich auszu___________ 95 Dieser Gedanke liegt den Zinstheorien von Irving Fisher (Ungeduld) und Eugen von Böhm-Bawerk (Höherschätzung) zugrunde. Auf dieser Grundlage verkörpert der Zins eine Entschädigung für den Konsumverzicht von Gegenwartsgütern zugunsten von Zukunftsgütern. Dass der (nominale) Zins positiv ist, wird darauf zurückgeführt, dass Individuen gegenwärtige Güter gegenüber zukünftigen Gütern präferieren und für einen Verzicht auf gegenwärtige Güter zugunsten zukünftiger Güter eine Entschädigung in Form eines positiven Zinses einfordern; vgl. die Darstellung im III. Buch, III. Abschnitt „Gegenwart und Zukunft in der Wirthschaft“ in: Böhm-Bawerk, Eugen von: Positive Theorie des Kapitals. Innsbruck: Verlag der Wagner´schen Universitäts-Buchhandlung, 1889, 248-299 sowie die Abhandlung im Kapitel 6 zur Zeitpräferenzrate in: Fisher, Irving: The Rate of Interest: Its Nature, Determination and Relation to Economic Phenomena. New York: Macmillan, 1907, 87-116.
II. Annahmen
55
schalten, werden risikoscheue Wirtschaftssubjekte bereit sein, hierfür eine positive Prämie zu zahlen. 96 Ein optimaler geplanter Konsum von gegenwärtigen Gütern lässt sich durch Tauschgeschäfte auf einem Kassamarkt verwirklichen. Die Verwirklichung eines optimalen intertemporalen Konsumplans setzt die Möglichkeit zum Tausch von Gütern zum Zeitpunkt einer gegenwärtigen Periode durch Güter zum Zeitpunkt einer zukünftigen Periode und vice versa voraus. Derartige Tauschgeschäfte kennzeichnen einen Terminmarkt. Terminmärkte für konsumierbare Güter sind heutzutage überwiegend nicht zu beobachten. 97 Eine Konsequenz dessen ist, dass sich ein optimaler intertemporaler Konsumplan durch direkte Tauschgeschäfte nicht verwirklichen lässt. Abhilfe leistet der Kapitalmarkt. In diesem Modell können Anlagen auf dem Kapitalmarkt getauscht werden, welche einen gegenwärtigen Preis in Einheiten von Konsum besitzen und zukünftige Auszahlungen in Einheiten von Konsum versprechen. Als Numéraire dient hierbei der Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes. Mithilfe von Anlagen kann auf indirektem Wege gegenwärtiger Konsum durch zukünftigen Konsum und vice versa getauscht werden. Dies unterstreicht, dass Anlagen zur Verwirklichung eines optimalen intertemporalen Konsumplans eine zentrale Funktion einnehmen. 98
___________ 96 Eine Versicherung stellt eine Möglichkeit dar, Abweichungen im geplanten zeitlichen Konsum abzufedern oder gänzlich auszuschalten. Abhängig von einem bestimmten, nicht vorsätzlich herbeigeführten, Ereignis (eingetretener Umweltzustand zu einem Zeitpunkt) kann eine Versicherung in Anspruch genommen werden. Heutzutage werden Versicherungen sowohl privatwirtschaftlich als auch durch die öffentliche Hand angeboten. Besteht die Gefahr, dass risikoscheue Wirtschaftssubjekte ihre existenziellen Risiken im Konsum verzerrt wahrnehmen, so wird dies mitunter als Rechtfertigung für den Eingriff eines Staates in die Entscheidungssouveränität von Konsumierenden angesehen. Damit einher geht die Auferlegung einer obligatorischen Versicherung wie beispielsweise die der Sozialversicherung. 97 Eine Ausnahme hiervon ist die Warenterminbörse, an der unter anderem konsumierbare Güter, überwiegend Güter aus dem Agrarbereich, getauscht werden. 98 Auf einem Kapitalmarkt werden im Allgemeinen Zahlungsmittel getauscht. Personen, welche gegenwärtig einen Überschuss (ein Defizit) an Zahlungsmitteln besitzen, verleihen (leihen sich) diesen gegen zukünftige Rückzahlung dieser Zahlungsmittel einschließlich der Zinsen. Es wird hierbei gegenwärtiges Geld durch zukünftiges Geld und vice versa getauscht. Im Kern erfolgt durch diesen Geldtausch indirekt ein Tausch von gegenwärtigem Konsum gegen zukünftigen Konsum und vice versa.
56
C. Das neuartige konsumbasierte Modell zur Preisbildung von Kapitalanlagen
III. Präferenzen und Restriktionen 1. Präferenzen im neuartigen konsumbasierten Modell Ein konsumierendes Wirtschaftssubjekt plant zu einem Zeitpunkt einer gegenwärtigen Periode den intertemporalen Erwartungsnutzen U 0 über eine verbleibende Lebenszeit zu maximieren. Der intertemporale Erwartungsnutzen 99 wird durch die folgende Funktion abgebildet:
(26)
U0
ªf º Et « ¦ 1 U t u Bt » . ¬t 0 ¼
Dabei ist u . die intertemporale Nutzenfunktion und 1 U t der zeitliche Diskontfaktor, welcher sich zum Zeitpunkt t aus der um eins erhöhten Zeitpräferenzrate U ergibt. Der intertemporale Nutzen zum Zeitpunkt t wird durch das konsumierbare Gut Bt determiniert, welches im Kern ein Bündel aus zwei konsumierbaren Gütern darstellt, von denen ein Gut einen einmaligen Nutzen in einer Periode stiftet und das zweite Gut einen mehrmaligen Nutzen in einer Periode stiftet. Hierdurch wird ermöglicht, dem intertemporalen Nutzen eine Form von güterbezogener Untrennbarkeit aufzuerlegen. Zum Zeitpunkt t wird der intertemporale Nutzen durch die folgende Funktion abgebildet:
(27)
u Bt
1
1
Bt V 1 . 1 1
V
Der intertemporale Nutzen wird durch das Bündel Bt zweier konsumierbarer Güter determiniert und durch eine isoelastische Funktion abgebildet. Hierbei wird mithilfe des Parameters V eine konstante intertemporale Substitutionselastizität erfasst. Auch im neuartigen konsumbasierten Modell wird die ___________ 99 John von Neumann und Oskar Morgenstern erarbeiteten die theoretischen Grundlagen, die es ermöglichen, beruhend auf Axiomen, Präferenzen durch den Erwartungsnutzen abzubilden. Die Axiome fußen im Kern auf einer atemporalen Lotterie und wurden auf Risiken im Rahmen intertemporaler Probleme übertragen. Letzteres setzt Restriktionen voraus, welche unter anderem von Mark J. Machina kritisch beurteilt wurden; vgl. Machina, Mark J.: Choice under Uncertainty: Problems Solved and Unsolved. In: Economic Perspectives, 1 (1987), 1, 121-154.
III. Präferenzen und Restriktionen
57
reziproke Verbundenheit von intertemporaler Substitutionselastizität und relativer Risikoaversion aufrechterhalten. 100 Neuartig im konsumbasierten Modell ist die Einführung eines intratemporalen Nutzens, welcher zum Zeitpunkt t durch folgende Funktion abgebildet wird: 1
(28)
Bt
f Ct , Gt
1 1 1 § 1 1 · 1 ¨ H G H ¸ H . D C t t ¨¨ ¸¸ © ¹
Der intratemporale Nutzen wird durch zwei Güter determiniert: zum einen durch das konsumierbare Gut Ct , welches einen einmaligen Nutzen in einer Periode stiftet; zum anderen durch das konsumierbare Gut Gt , welches einen mehrmaligen Nutzen in einer Periode stiftet. Durch den Parameter D , welcher einen positiven Wert besitzt, wird die relative Gewichtung des einmalig Nutzen stiftenden Gutes im innerperiodigen Nutzen erfasst. Der intratemporale Nutzen wird durch die CES-Funktion abgebildet, deren konstanter Parameter H die intratemporale Substitutionselastizität verkörpert. Durch die intratemporale Substitutionselastizität H wird erfasst, inwieweit ein Wirtschaftssubjekt gewillt ist, unter Beibehaltung eines erreichten intratemporalen Nutzenniveaus, eine Abweichung im geplanten intratemporalen Konsum in Kauf zu nehmen. Die intratemporale Substitutionselastizität wird als niedrig (hoch) bezeichnet, wenn es infolge einer geringfügigen prozentualen Änderung im Grenznutzenverhältnis von mehrmalig Nutzen stiftendem Gut zu einmalig Nutzen stiftendem Gut zu einer verhältnismäßig niedrigen (hohen) ___________ 100 Eine hohe intertemporale Substitutionselastizität besagt, dass eine geringfügige prozentuale Änderung im Grenznutzenverhältnis von zukünftigem Konsum zu gegenwärtigem Konsum eine relativ hohe prozentuale Änderung im Gütermengenverhältnis von gegenwärtigem Konsum zu zukünftigem bewirkt und hierüber eine Änderung im intertemporalen Konsumplan verursacht. Der reziproke Verbund von intertemporaler Substitutionselastizität und relativer Risikoaversion bedingt in diesem Fall eine niedrige relative Risikoaversion und ermöglicht eine Umkehrung in der Argumentation. Hiernach bewirkt eine geringfügige prozentuale Änderung im Gütermengenverhältnis von gegenwärtigem Konsum zu zukünftigem eine relativ niedrige prozentuale Änderung im Grenznutzenverhältnis von zukünftigem Konsum zu gegenwärtigem. Letzteres bedeutet, dass eine geringfügige prozentuale Änderung im Verhältnis der beiden Gütermengen mit einer verhältnismäßig niedrigen prozentualen Änderung im umgekehrten Verhältnis der beiden Güterpreise (der Rendite) einhergeht oder Ersteres besagt, dass eine geringfügige prozentuale Änderung im Verhältnis der beiden Güterpreise (der Rendite) mit einer relativ hohen prozentualen Änderung im umgekehrten Verhältnis jener Gütermengen einhergeht.
58
C. Das neuartige konsumbasierte Modell zur Preisbildung von Kapitalanlagen
prozentualen Änderung im Mengenverhältnis von einmalig Nutzen stiftendem Gut zu mehrmalig Nutzen stiftendem Gut kommt. Durch die CES-Funktion eröffnet sich die Möglichkeit, abhängig von der Höhe des unbestimmten Parameters H , verschiedene Güterbeziehungen zu erfassen, das heißt, wie ein Wirtschaftssubjekt das einmalig Nutzen stiftende Gut und das mehrmalig Nutzen stiftende Gut in Beziehung zueinander setzt. Grundsätzlich kann ein Wirtschaftssubjekt das einmalig Nutzen stiftende Gut und das mehrmalig Nutzen stiftende Gut als gegenseitig substituierbar oder als gegenseitig komplementär erachten. Ein Wirtschaftssubjekt erachtet die beiden konsumierbaren Güter C und G als vollkommen gegenseitig ersetzbar, wenn H o f . Sofern H o 0 , werden beide konsumierbaren Güter als vollkommen gegenseitig ergänzend erachtet. Wenn H o 1 , so ähnelt der Verlauf der intratemporalen Indifferenzkurven der CES-Funktion dem der Indifferenzkurven der Cobb-Douglas-Funktion. Einen speziellen Fall stellt die Parameterkonstellation H V 1 / J dar, welche besagt, dass sowohl die intratemporale und intertemporale Substitutionselastizität als auch der reziproke Wert der relativen Risikoaversion übereinstimmen. In diesem Fall wird die güterbezogene Untrennbarkeit im intertemporalen Nutzen aufgehoben, was zur Folge hat, dass der intertemporale Grenznutzen des Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes nur noch vom Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes also nicht mehr vom Konsum des mehrmalig Nutzen stiftenden Gutes beeinflusst wird. In dieser Situation wird der stochastische Diskontfaktor allein durch den Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes bestimmt, was wiederum implizit der Situation im konsumbasierten Standardmodell entspricht. Dass die Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors im konsumbasierten Standardmodell in der neuartigen Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors im neuartigen konsumbasierten Modell genestet ist, ist die zentrale Erkenntnis, welche sich hieraus ableitet.
2. Restriktionen im neuartigen konsumbasierten Modell Die Maximierung des intertemporalen Erwartungsnutzens über eine verbleibende Lebenszeit erfolgt unter Beachtung der Restriktion in der Ausstattung mit Vermögen, dessen Höhe die Höhe möglicher Ausgaben beschränkt. Es wirkt zu einem jeden Zeitpunkt eine intratemporale Beschränkung sowie zwischen zwei Zeitpunkten eine intertemporale Beschränkung. Zum Zeitpunkt t gilt folgende intratemporale Restriktion: (29)
Ct Gt Pt
Wt .
IV. Optimierung
59
Danach kann das Vermögen für die beiden konsumierbaren Güter Ct und Gt sowie für das Anlageportfolio Pt innerperiodig verwendet werden, wobei die Summe aller Verwendungen mit dem Vermögen Wt übereinstimmt. Zwischen dem Zeitpunkt einer gegenwärtigen Periode, t , und dem einer (unmittelbar) nachfolgenden Periode, t 1 , gilt für das Vermögen zum Zeitpunkt t 1 folgende intertemporale Beschränkung: (30)
Wt 1
Wt Ct Gt 1 Rt 1 .
Die intertemporale Beschränkung besagt, dass das Vermögen zum Zeitpunkt t 1 , Wt 1 , zum einen durch die zwischenzeitlich verwirklichte reale Rendite einer (riskanten) Anlageform zum selbigen Zeitpunkt, Rt 1 , und zum anderen durch das gegebene reale Nettovermögen zum Zeitpunkt t , Wt Ct Gt ,
determiniert wird. Dies bedeutet, dass das zukünftige Vermögen und damit die Möglichkeiten zukünftigen Konsums durch jenen Teil des gegenwärtigen Vermögens determiniert werden, welcher nicht für gegenwärtigen Konsum ausgegeben wird. Somit werden die Möglichkeiten des zukünftigen Konsums der beiden Güter durch den gegenwärtigen Konsum jener beiden Güter beschränkt. Das Anlageportfolio eines Wirtschaftssubjektes kann Anlagen beinhalten, welche sowohl risikolose Auszahlungen als auch riskante Auszahlungen leisten. Die um eins erhöhte Rendite eines solchen Anlageportfolios wird mithilfe der folgenden Gleichung ermittelt: (31)
1 Rt 1
at 1 R j ,t 1 1 at 1 R f ,t 1 .
Gemäß dieser Gleichung wird die (riskante) Rendite einer Anlageform durch die anteilige Rendite von Anlagen mit riskanter Auszahlung sowie durch die anteilige Rendite von Anlagen mit risikoloser Auszahlung determiniert. Durch at wird hierbei der wertmäßige Anteil riskanter Anlagen im Anlageportfolio zum Zeitpunkt t erfasst.
IV. Optimierung 1. Intratemporale Optimierung Neben einem optimalen intertemporalen Konsum plant ein Wirtschaftssubjekt einen optimalen intratemporalen Konsum. Im Folgenden wird analysiert, unter welcher Bedingung eine Entscheidung über einen geplanten intratemporalen Konsum von einmalig Nutzen stiftendem Gut und mehrmalig Nutzen stif-
60
C. Das neuartige konsumbasierte Modell zur Preisbildung von Kapitalanlagen
tendem Gut als optimal zu bezeichnen ist. Die Analyse dieser optimalen Bedingung ist von Bedeutung, da sie im Rahmen der neuartigen Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors eine Verwertung erfährt. Die Präferenzen eines Wirtschaftssubjektes bezüglich einmalig Nutzen stiftendem Gut und mehrmalig Nutzen stiftendem Gut werden durch eine intratemporale Nutzenfunktion f C , G abgebildet, welche zweimal stetig differenzierbar ist. Durch ein Wirtschaftssubjekt wird ein zusätzlicher Konsum sowohl des einmalig Nutzen stiftenden Gutes als auch des mehrmalig Nutzen stiftenden Gutes präferiert, weshalb es als nicht gesättigt zu bezeichnen ist. Über die intratemporale Nutzenfunktion wird dies in Form eines stetig positiven Grenznutzens eines jeden Gutes abgebildet: wf C , G wC ! 0 , wf C , G wG ! 0 . Durch ein Wirtschaftssubjekt wird einem jeden zusätzlichen Mehr an Konsum, sei es für das einmalig Nutzen stiftende Gut oder für das mehrmalig Nutzen stiftende Gut, ein geringerer Wert beigemessen. Über die intratemporale Nutzenfunktion wird dies jeweils in Form eines stetig abnehmenden positiven Grenznutzens von beiden Gütern abgebildet: w 2 f (C , G ) wC 2 0 , 101 w 2 f (C , G ) wG 2 0 . Beide funktionalen Eigenschaften bedingen einen konkaven Verlauf der intratemporalen Nutzenfunktion und ermöglichen es, Präferenzen durch ein System von intratemporalen Indifferenzkurven abzubilden. Durch die intratemporale Indifferenzkurve werden alle mengenmäßigen Kombinationen von einmalig Nutzen stiftendem Gut und mehrmalig Nutzen stiftendem Gut abgebildet, welche ein identisches innerperiodiges Nutzenniveau ergeben. Des Weiteren lässt sich entlang einer intratemporalen Indifferenzkurve die Grenzrate der Substitution von einmalig Nutzen stiftendem Gut und mehrmalig Nutzen stiftendem Gut ablesen, welche beschreibt, inwieweit ein Wirtschaftssubjekt gewillt ist, unter Beibehaltung eines erreichten intratemporalen Nutzenniveaus, beide Güter gegenseitig zu ersetzen. Die folgende Abbildung zeigt, abhängig von der Höhe der intratemporalen Substitutionselastizität H , drei mögliche Indifferenzkurvenverläufe.
___________ 101 Hinsichtlich der zweiten indirekten partiellen Ableitung (Kreuzableitung) wird keine explizite Annahme getroffen.
IV. Optimierung einmalig Nutzen stiftendes Gut, Ct
I1
61
I0
I2 intratemporale Indifferenzkurven
H o0 H o1
H of mehrmalig Nutzen stiftendes Gut, Gt
Abbildung 1: Intratemporale Indifferenzkurvenverläufe
Die Abbildung spiegelt nochmals das zuvor Beschriebene wider, wonach, sofern H o f , beide Güter als vollkommen gegenseitig ersetzbar erachtet werden und dass, sofern H o 0 , beide Güter als vollkommen gegenseitig ergänzend erachtet werden. Es zeigt sich, dass mit zunehmender Krümmung einer intratemporalen Indifferenzkurve die intratemporale Substitutionselastizität abnimmt. Im neuartigen konsumbasierten Modell sollte die intratemporale Substitutionselastizität in ihrer Höhe größer eins sein, damit von ihr eine bedeutsame Wirkung auf den stochastischen Diskontfaktor ausgeht. Für 1 H f verläuft die intratemporale Indifferenzkurve konvex zum Ursprungspunkt, welche eine stetig abnehmende Grenzrate der intratemporalen Substitution ersichtlich macht. Letzteres bedeutet, dass ein Wirtschaftssubjekt gewillt ist, im Zuge einer stetig fortschreitenden Substitution von einmalig Nutzen stiftendem Gut durch das mehrmalig Nutzen stiftende Gut, immer weniger Einheiten vom einmalig Nutzen stiftendem Gut zugunsten einer zusätzlichen Einheit vom mehrmalig Nutzen stiftendem Gut zu ersetzen. Nun wird die Bedingung erster Ordnung analysiert, die beschreibt, unter welchen Gegebenheiten eine Entscheidung über einen geplanten intratemporalen Konsum von einmalig Nutzen stiftendem Gut und mehrmalig Nutzen stiftendem Gut als optimal zu bezeichnen ist. Gemäß der Bedingung erster Ordnung gilt eine Entscheidung als optimal, wenn die Grenzrate der Substitution von Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes durch das mehrmalig Nutzen stiftende Gut mit dem umgekehrten Verhältnis dieser beiden Güterpreise übereinstimmt.
62
C. Das neuartige konsumbasierte Modell zur Preisbildung von Kapitalanlagen
Die Grenzrate der intratemporalen Substitution lässt sich durch die Steigung einer Tangente entlang einer intratemporalen Indifferenzkurve messen, 102 wobei in jedem Berührungspunkt gilt:
(32)
dCt dGt
wf Ct , Gt wGt . wf Ct , Gt wCt
Des Weiteren gilt, unter Beachtung der gegebenen Preise für die beiden konsumierbaren Güter sowie unter Beachtung der Beschränkung der innerperiodigen Ausgaben für diese beiden Güter: Yt ptC Ct ptG Gt , für die Grenzrate der intratemporalen Substitution:
dCt dGt
(33)
ptG ptC
.
Beides zusammen führt dazu, dass eine Entscheidung über einen geplanten intratemporalen Konsum von einmalig Nutzen stiftendem Gut und mehrmalig Nutzen stiftendem Gut als optimal zu bezeichnen ist, wenn gilt:
(34)
dCt dGt
wf Ct , Gt wGt wf Ct , Gt wCt
PtG PtC
.
Durch die folgende Abbildung wird diese Bedingung grafisch wiedergegeben. ___________ 102
Es wird das totale Differential einer intratemporalen Nutzenfunktion unter der Bedingung eines konstanten intratemporalen Nutzens, df Ct , Gt ! wf . wCt dCt wf . wGt dGt 0 , gebildet.
IV. Optimierung
63
einmalig Nutzen stiftendes Gut, Ct I1 intratemporale Indifferenzkurve wf Ct ,Gt dCt wCt wf Ct ,Gt dGt wGt
ptG ptC
mehrmalig Nutzen stiftendes Gut, Gt
Abbildung 2: Optimaler intratemporaler Konsumplan
Die Abbildung zeigt, dass sich das Optimum dort befindet, wo sich die Isowertgerade der möglichen innerperiodigen Ausgaben und die intratemporale Indifferenzkurve tangieren. In diesem Berührungspunkt stimmen betragsmäßig die Grenzrate der Substitution von Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes durch das mehrmalig Nutzen stiftende Gut und das umgekehrte Verhältnis dieser beiden Güterpreise überein. Nun wird die Bedingung erster Ordnung für eine optimale Entscheidung über einen geplanten intratemporalen Konsum auf das neuartige konsumbasierte Modell übertragen und auf die intratemporale CES-Nutzenfunktion angewendet. Hierbei wird die CES-Funktion partiell nach dem einmalig Nutzen stiftenden Gut und dem mehrmalig Nutzen stiftenden Gut abgeleitet, was zu folgenden Ergebnissen führt: 1
(35)
wf Ct , Gt wGt
H 1 H 1 · H 1 1 § H ¨ H 1 H H G H ¸ C G D t t t ¸¸ H 1 ¨¨ H © ¹
sowie 1
(36)
wf Ct , Gt wCt
H 1 H 1 · H 1 1 § H ¨ H 1 ¸ H H H D Ct Gt ¸ D Ct . H 1 ¨¨ H ¸ © ¹
64
C. Das neuartige konsumbasierte Modell zur Preisbildung von Kapitalanlagen
Für das neuartige konsumbasierte Modell ergibt sich die folgende Bedingung erster Ordnung für die optimale Entscheidung über einen geplanten intratemporalen Konsum von einmalig Nutzen stiftendem Gut und mehrmalig Nutzen stiftendem Gut: 1
(37)
ptG ptC
H 1 H 1 · H 1 1 § H ¨ H 1 H H G H ¸ C G D t t ¸¸ H 1 ¨¨ t H © ¹
§
H ¨
H 1 ¨¨
H 1 DC H t
1
H 1 · H 1 ¸ G H t
©
¸¸ ¹
1
H 1 D Ct H H
§G D 1 ¨¨ t © Ct
1
· H ¸ . ¸ ¹
Demnach stimmen in diesem Modell bei der optimalen Entscheidung das Verhältnis ptG ptC und der Term D 1 Gt Ct 1 H überein. Dies bedeutet, dass sich, wegen einer grundsätzlich positiven intratemporalen Substitutionselastizität H und unabhängig vom positiven Wert der relativen Gewichtung D , das Preisverhältnis von mehrmalig Nutzen stiftendem Gut zu einmalig Nutzen stiftendem Gut diametral zum Mengenverhältnis von mehrmalig Nutzen stiftendem Gut zu einmalig Nutzen stiftendem Gut entwickelt. Jetzt wird die durch das neuartige konsumbasierte Modell hervorgebrachte Gleichung der optimalen Entscheidung über einen geplanten intratemporalen Konsum erweitert. Diese Erweiterung erweist sich im Rahmen der neuartigen Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors als nützlich. Hierzu wird die Gleichung mit dem Gütermengenverhältnis Gt Ct auf beiden Seiten multipliziert, woraus sich die Gleichung für das Ausgabenverhältnis von mehrmalig Nutzen stiftendem Gut zu einmalig Nutzen stiftendem Gut ergibt:
ptG Gt
(38)
ptC Ct
1 §¨ Gt
1
1
· H D ¨ ¸¸ . © Ct ¹
Anschließend wird diese Gleichung auf beiden Seiten mit 1 additiv erweitert, sodass folgende Gleichung resultiert:
(39)
1
ptG Gt ptC Ct
1 §¨ Gt
1
1
· H . 1 D ¨ ¸¸ C © t¹
IV. Optimierung
65
Durch diese Gleichung, welche auf der Optimalitätsbedingung für einen geplanten intratemporalen Konsum beruht, werden die relativen Ausgaben für das einmalig Nutzen stiftende Gut erfasst. Diese Gleichung wird im Rahmen der neuartigen Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors verwertet.
2. Ausgangspunkt der intertemporalen Optimierung Folgend wird analysiert, unter welcher Bedingung eine Entscheidung über einen geplanten intertemporalen Konsum als optimal zu bezeichnen ist. Im neuartigen konsumbasierten Modell plant ein jedes Wirtschaftssubjekt den Erwartungswert der folgenden Zielfunktion zu maximieren:
(40)
ªf º E0 « ¦ 1 U t u f Ct , Gt » . ^Ct ,,Cf ;Gt ,,Gf ` ¬t 0 ¼ max
Dies bedeutet, dass die, durch ein Wirtschaftssubjekt geplante, intertemporale Komposition der beiden konsumierbaren Güter so gewählt wird, dass diese den Erwartungswert der Summe von diskontiertem intertemporalem Nutzen maximiert. Dabei wird durch den Zeitdiskontfaktor, welcher auf einer konstanten Zeitpräferenzrate beruht, zukünftiger intertemporaler Nutzen in die Gegenwart transformiert. Ein Wirtschaftssubjekt bildet hierbei rationale Erwartungen, welche auf einer öffentlich verfügbaren Menge an Informationen zum Zeitpunkt t 0 basieren. Ein Wirtschaftssubjekt präferiert grundsätzlich einen zusätzlichen Konsum von Gütern, wobei es einem jeden zusätzlichen Mehr an Konsum einen geringeren Wert beimisst. Beides zusammen bedingt, dass eine zweimal stetig differenzierbare intertemporale Nutzenfunktion einen stetig positiven Grenznutzen, uc() ! 0 , besitzt, welcher stetig abnimmt, ucc() 0 , sodass sich für die intertemporale Nutzenfunktion ein konkaver Verlauf ergibt. Des Weiteren erfüllt die intertemporale Nutzenfunktion die InadaBedingungen: limC ,G o0 u c f und limC ,G of u c 0 . Diese besagen, dass der intertemporale Grenznutzen gegen unendlich (null) strebt, sobald der Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes sowie der des mehrmalig Nutzen stiftenden Gutes gegen null (unendlich) strebt. Dies soll sicherstellen, dass durch ein Wirtschaftssubjekt in jeder Periode ein positiver Konsum bevorzugt wird. Die Maximierung des Erwartungswertes geht unter Beachtung der Restriktion in der Ausstattung mit zustandsbedingtem Vermögen vonstatten. Wie sich
66
C. Das neuartige konsumbasierte Modell zur Preisbildung von Kapitalanlagen
das zustandsbedingte Vermögen, beginnend mit dem anfänglichen Vermögen W0 , im Laufe der Zeit entwickelt, wird durch die folgende Sequenz erfasst: Wt
(41)
W0
Wt Ct Gt 1 Rt 1 . Wt 1 Ct 1 Gt 1 1 Rt 2
Wt 1 Wt 2
Es zeigt sich, dass zukünftiges Vermögen durch jenen Teil gegenwärtigen Vermögens determiniert wird, welcher nicht für gegenwärtigen Konsum verwendet wird. Somit werden zu jedem Zeitpunkt die Möglichkeiten zukünftigen Konsums durch die Entscheidung über gegenwärtigen Konsum von einmalig Nutzen stiftendem Gut und mehrmalig Nutzen stiftendem Gut determiniert. Auch wird zukünftiges Vermögen durch die zukünftig verwirklichte Rendite einer Anlage bestimmt, welche ihrerseits durch eine Entscheidung über ein Anlageportfolio in der Gegenwart determiniert wird.
3. Analyse der konstanten Zeitpräferenzrate Im neuartigen konsumbasierten Modell erfolgt die Diskontierung zukünftigen intertemporalen Nutzens mithilfe eines konstanten Zeitdiskontfaktors. Der konstante Zeitdiskontfaktor G , G 1 U 1 , fußt auf der Annahme einer konstanten positiven Zeitpräferenzrate U von Wirtschaftssubjekten. Durch die Zeitpräferenzrate wird die Präferenz von Wirtschaftssubjekten für gegenwärtigen Konsum wiedergegeben. Die Höherschätzung gegenwärtigen Konsums begründet Eugen von Böhm-Bawerk unter anderem mit der systematischen Unterschätzung zukünftiger Bedürfnisse und der Mittel, die zu ihrer Befriedigung dienen. 103 Eine systematische Höherschätzung für gegenwärtigen Konsum (systematische Minderschätzung für zukünftigen Konsum) wird durch eine streng positive Zeitpräferenzrate, U ! 0 , erfasst. 104 Aus diesem Grund liegt die Höhe des Zeitdiskontfaktors im Intervall von 0 G 1 . Wirtschaftssubjekte weisen einer diskreten Folge intertemporalen Nutzens von Konsum, welche in der Gegenwart beginnt und sich von Periode zu Perio___________ 103
Böhm-Bawerk, Eugen von: Positive Theorie des Kapitals. Innsbruck: Verlag der Wagner´schen Universitäts-Buchhandlung, 1889, 248-299. 104 Ausführlich beschreibt Manfred Neumann die individuelle Zeitpräferenzrate und begründet die Positivität dieser; vgl. Neumann, Manfred: Zukunftsperspektiven im Wandel: Lange Wellen in Wirtschaft und Politik. Tübingen: Mohr, 1990, 34-55.
IV. Optimierung
67
de in die Zukunft fortentwickelt, die folgenden Zeitdiskontfaktoren zu: 1 ! G 1 t G 2 t G f t 0 . Danach sinkt der Zeitdiskontfaktor, je weiter entfernt ein Zeitpunkt in der Zukunft liegt. Durch das Modell wird die Zeit als relative Größe abgebildet, sodass, unabhängig vom Alter eines Wirtschaftssubjektes, mit t der Zeitpunkt einer gegenwärtigen Periode und mit t n , mit n 1,2, , der Zeitpunkt einer zukünftigen Periode erfasst wird. Dies bedingt eine restriktive Struktur für den Zeitdiskontfaktor. Die von Wirtschaftssubjekten getroffenen Entscheidungen kennzeichnen eine zeitliche Konsistenz. Zeitkonsistente Entscheidungen verlangen, unter der Bedingung eines zwischen zwei Perioden unveränderten Informationsstandes, dass ein in der Vorperiode geplanter optimaler intertemporaler Konsum auch in der gegenwärtigen Periode als optimal angesehen wird. Bei zeitlich inkonsistenten Entscheidungen kommt es zu einer Revision eines geplanten optimalen intertemporalen Konsums, obwohl der Informationsstand zwischen zwei Perioden unverändert geblieben ist. Vor allem Arbeiten auf dem Gebiet der experimentellen Wirtschaftsforschung dokumentieren eine zeitliche Inkonsistenz der Entscheidungen von Wirtschaftssubjekten. 105 Eine Funktion, welche Diskontfaktoren für zeitlich inkonsistente Entscheidungen abbildet, stammt von David I. Laibson (1997) und wird von ihm als quasi-hyperbolische Diskontierungsfunktion bezeichnet. 106 Dass durch die intertemporale Erwartungsnutzenfunktion des neuartigen konsumbasierten Modells zeitlich widerspruchsfreie Präferenzen abgebildet werden, bedarf der Annahme einer konstanten Zeitpräferenzrate. Eine konstante Zeitpräferenzrate setzt wiederum eine exponentielle Diskontierungsfunktion voraus, welche die Betrachtung eines stetigen Zeitverlaufes ermöglicht. Durch die folgende exponentielle Funktion wird der Verlauf von Diskontfaktoren stetig abgebildet: f t G t exp U t , G { exp U . Hierbei misst die Zeitdiskontrate U mit welcher Rate die Funktion des Zeitdiskontfaktors zu einem Zeitpunkt sinkt. Die Zeitdiskontrate lässt sich durch das Verhältnis von abgeleiteter Diskontierungsfunktion hinsichtlich der Zeit zu Diskontierungsfunktion bestimmen. Für die exponentielle Diskontierungsfunktion ergibt dieses Verhältnis die Zeitdiskontrate, was bedeutet, dass die exponentielle Diskontierungsfunktion jederzeit mit einer konstanten Rate sinkt. Im neuartigen konsumbasierten Modell wird jene konstante Rate durch die Zeitpräferenzrate erfasst. ___________ 105
Frederick, Shane / Loewenstein, George / O´Donoghue, Ted: Time Discounting and Time Preference: A Critical Review. In: Journal of Economic Literature, 40 (2002), 351-401. 106 Laibson, David I.: Golden Eggs and Hyperbolic Discounting. In: The Quarterly Journal of Economics, 122 (1997), 2, 443-477.
68
C. Das neuartige konsumbasierte Modell zur Preisbildung von Kapitalanlagen
Die folgende Abbildung zeigt die Zeitdiskontfaktoren für eine exponentielle Funktion und für die quasi-hyperbolische Funktion von Laibson. Zeitdiskontfaktoren 1 0,9
Zeitdiskontfakor
0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0 0
2
4
6
8
10
12
14 16 18 Zeitpunkt
exponentielle Funktion
20
22
24
26
28
30
quasi-hyperbolische Funktion
Abbildung 3: Zeitdiskontfaktorenverläufe
Ein Kennzeichen dieser exponentiellen Funktion ist eine konstante Rate, mit welcher die Funktion in jedem Zeitpunkt sinkt. Der Vergleich mit den Diskontfaktoren der quasi-hyperbolischen Funktion zeigt,107 dass die Diskontfaktoren dieser Funktion in der nahen Zukunft mit einer wesentlich höheren Rate sinken, welche nicht konstant ist, sondern stetig zurückgeht, je weiter entfernt ein Zeitpunkt in der Zukunft liegt. Letzteres ist ursächlich dafür, weshalb durch die quasi-hyperbolische Funktion verzerrte Präferenzen abgebildet werden können. ___________ 107
Beispielsweise stellt sich die folgende Frage: Soll eine Investitionsgelegenheit verfolgt werden, die in 10 Jahren eine Auszahlung von 100 € erfordert und im Folgejahr eine sichere Einzahlung von 110 € erzielt? Hierbei erfolgt die exponentielle Diskontierung mit G 0,97 und die quasi-hyperbolische Diskontierung mit dem Parameter N 0,9 und mit G 0,975 . Die Bewertung ergibt für die in zehn Jahren geplante Investition den nutzenbezogenen Barwert von 4,88 bei exponentieller Diskontierung, G 10 u (100) G 11u (110) , und den Wert von 5,03 bei quasi-hyperbolischer Diskontierung, NG 10u (100) NG 11u (110) , sodass in beiden Fällen die Investition als vorteilhaft erscheint und weiter verfolgt würde. Nach zehn Jahren stellt sich die Frage nach der Vorteilhaftigkeit der Investition erneut, wobei annahmegemäß eine unveränderte Informationsmenge unterstellt wird. Die Bewertung ergibt nun den Wert von 6,65 bei exponentieller Diskontierung, u (100) Gu (110) , und den von -3,51 bei quasi-hyperbolischer Diskontierung, u (100) NGu (110) , sodass im entscheidungsrelevanten Jahr die Investition auf Grundlage der quasi-hyperbolischen Diskontierung abgelehnt würde. Die Problematik bei einer quasi-hyperbolischen Diskontierung besteht darin, dass mit dieser die Stationaritätsannahme von Entscheidungen verletzt wird, wodurch im Grunde vorteilhafte Entscheidungen immer wieder in die Zukunft verschoben werden würden.
IV. Optimierung
69
Im neuartigen konsumbasierten Modell wird durch die konstante Zeitpräferenzrate und die hierhinter stehende geometrische Diskontierung sichergestellt, dass durch die intertemporale Erwartungsnutzenfunktion zeitkonsistente Entscheidungen von Wirtschaftssubjekten abgebildet werden. Jetzt wird analysiert, welche Bedingung einen geplanten intertemporalen Konsum von einmalig Nutzen stiftendem Gut und mehrmalig Nutzen stiftendem Gut als optimal kennzeichnet. Zur Analyse dieses intertemporalen Optimierungsproblems wird die Methode der dynamischen Programmierung angewendet.
4. Analyse der intertemporalen Optimierung Die dynamische Programmierung 108 fußt auf dem Bellman´schen Optimalitätsprinzip 109, welches auf den amerikanischen Mathematiker Richard Bellman zurückgeht. Das Optimalitätsprinzip wird im Rahmen der dynamischen Programmierung durch die so genannte Bellman-Gleichung umgesetzt. Durch die Bellman-Gleichung eröffnet sich die Möglichkeit, ein Optimierungsproblem, welches sich über unendlich viele Perioden erstreckt, in eine Sequenz gleich strukturierter Optimierungsprobleme über zwei Perioden zu zerlegen. Die Bellman-Gleichung ergibt sich durch Aufstellung der Wertfunktion. Im neuartigen konsumbasierten Modell besitzt die Wertfunktion folgendes Aussehen:
(42)
^
`
vWt max u > f Ct , Gt @ 1 U 1 Et >vWt 1 @ . Ct ,Gt
Durch die Funktion vWt wird ein optimaler Wert, im Grunde ein maximaler indirekter Nutzen, erfasst, den ein Wirtschaftssubjekt mit dem Vermögen zum Zeitpunkt einer gegenwärtigen Periode erreichen kann. Dieser Wert ist gleich dem maximierten Nutzen des gegenwärtigen Konsums von einmalig und ___________ 108
Eine Einführung in die Grundlagen und Methoden der dynamischen Programmierung bietet: Ljungqvist, Lars / Sargent, Thomas J.: Recursive Macroeconomic Theory. 2nd Edition. Cambridge, Massachusetts: MIT Press, 2004, 85-94. 109 Das Optimalitätsprinzip geht von zeitlicher Konsistenz optimaler Abfolgen von Entscheidungen bezüglich kontrollierbarer Variablen aus. Dies bedeutet, dass im Rahmen optimaler Entscheidungen, unabhängig von einem anfänglichen Zustand bezüglich einer Zustandsvariable und anfänglichen Entscheidungen bezüglich kontrollierbarer Variablen, alle nachfolgenden Entscheidungen wiederum optimale Entscheidungen ergeben; vgl. Krüger, Jens: Das Bellman´sche Optimalitätsprinzip. In: WiSt – Wirtschaftswissenschaftliches Studium, 34 (2005), 3, 155-158.
70
C. Das neuartige konsumbasierte Modell zur Preisbildung von Kapitalanlagen
mehrmalig Nutzen stiftendem Gut zum Zeitpunkt einer gegenwärtigen Periode zuzüglich des diskontierten erwarteten maximalen Wertes des Vermögens zum Zeitpunkt einer unmittelbar nachfolgenden Periode. Für das Vermögen zum Zeitpunkt einer unmittelbar nachfolgenden Periode gilt folgende intertemporale Beschränkung: (43)
Wt 1
Wt Ct Gt 1 Rt 1 .
Wiederum zeigt sich, dass dieses Vermögen durch die Rendite zum Zeitpunkt einer unmittelbar nachfolgenden Periode sowie durch den Konsum beider Güter zum Zeitpunkt einer gegenwärtigen Periode determiniert wird. Das Vermögen zum Zeitpunkt einer unmittelbar nachfolgenden Periode erscheint zum Zeitpunkt einer gegenwärtigen Periode als Zufallsvariable, da dessen tatsächliche Ausprägung von der verwirklichten Rendite zum Zeitpunkt einer unmittelbar nachfolgenden Periode abhängt. Die intertemporale Beschränkung wird nun in die Wertfunktion integriert:
(44)
^
`
vWt max u > f Ct , Gt @ 1 U 1 Et >vWt Ct Gt 1 Rt 1 @ . Ct ,Gt
Um die Bellman-Gleichung zu maximieren, werden, wie üblich bei der Lösung von Optimierungsproblemen, die Bedingungen erster Ordnung aufgestellt. Hierzu wird die Wertfunktion nach den kontrollierbaren Größen abgeleitet:
(45)
ª wv º! wvWt 1 Rt 1 » 0 uC f c 1 U 1 Et « wCt ¬ wCt ¼
sowie
(46)
º! ª wv wvWt 1 Rt 1 » 0 . uG f c 1 U 1 Et « wGt ¼ ¬ wGt
Nach einer Resubstitution des Vermögens in die Bedingungen erster Ordnung entstehen die folgenden beiden Gleichungen: (47)
uC f Ct , Gt c
1 U 1 Et >vcWt 1 1 Rt 1 @
IV. Optimierung
71
sowie uG f Ct , Gt c
(48)
1 U 1 Et >vcWt 1 1 Rt 1 @ .
Zur Ermittlung des unbekannten Terms vcWt 1 wird das UmhüllendenTheorem angewendet, welches besagt, dass die Ableitung der Wertfunktion nach einem Parameter gleich der Ableitung der Zielfunktion nach diesem Parameter ist, ohne dass hierbei Effekte zweiter Ordnung berücksichtigt werden müssen. 110 Wird nun das Vermögen zum Zeitpunkt t als ein solcher Parameter aufgefasst, so kann mithilfe des Umhüllenden-Theorems folgende Umhüllenden-Bedingung aufgestellt werden:
(49)
vcWt uC f Wt Gt Wt 1 1 Rt 1 1 , Gt
c
uC f Ct , Gt c .
Durch Anwendung dieser Umhüllenden-Bedingung zum Zeitpunkt t 1 gelingt es, die Bedingung erster Ordnung für den Numéraire-Konsum wie folgt zu schreiben:
(50)
uC f Ct , Gt c
1 U 1 Et ª«¬uC f Ct 1, Gt 1 c 1 Rt 1 º»¼ .
Durch diese Gleichung wird der intertemporale Grenznutzen von Konsum, wie auch implizit im konsumbasierten Standardmodell, durch den Grenznutzen des Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes erfasst. Hieraus ergibt sich die folgende bekannte Struktur der stochastischen Euler-Gleichung:
(51)
º ª u f Ct 1 , Gt 1 c 1 Rt 1 » . 1 Et «1 U 1 C c »¼ «¬ uC f Ct , Gt
Gemäß dieser Gleichung besitzt das Produkt aus der Grenzrate der intertemporalen Substitution von Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes und der um eins erhöhten Rendite einer Anlage zum Zeitpunkt t 1 im Optimum den Erwartungswert von eins. Durch diese Grenzrate der intertemporalen Substitution wird abgebildet, inwieweit ein Wirtschaftssubjekt unter Risiko gewillt ist, den Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes zum Zeitpunkt t durch den ___________ 110 Krüger, Jens: Das Bellman´sche Optimalitätsprinzip. In: WiSt – Wirtschaftswissenschaftliches Studium, 34 (2005), 3, 156.
72
C. Das neuartige konsumbasierte Modell zur Preisbildung von Kapitalanlagen
Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes zum Zeitpunkt t 1 nutzenneutral zu ersetzen. Hierdurch wird die Möglichkeit eröffnet, den stochastischen Diskontfaktor neuartig zu spezifizieren. Durch die stochastische Euler-Gleichung wird eine empirisch überprüfbare Restriktion gesetzt. Jedoch bleibt durch diese Gleichung grundsätzlich eine Kausalbeziehung offen. 111 Die Euler-Gleichung gestattet zwei Möglichkeiten der Interpretation, wonach zum einen die Rendite einer Anlage durch die Grenzrate intertemporaler Substitution von Konsum determiniert wird und zum anderen der geplante intertemporale Konsum durch die Rendite einer Anlage determiniert wird. Dieser Arbeit liegt die zuerst formulierte Interpretationsmöglichkeit zugrunde. Durch den neuartig spezifizierten stochastischen Diskontfaktor wird demnach die gleichgewichtige Rendite von Anlagen bestimmt. Im neuartigen konsumbasierten Modell dient der Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes als Numéraire, sodass Preise und Renditen in Konsumeinheiten des einmalig Nutzen stiftenden Gutes angegeben werden. Unter Verwendung der, durch das neuartige konsumbasierte Modell hervorgebrachten, stochastischen Euler-Gleichung ergibt sich die folgende Gleichung zur Bestimmung des um eins erhöhten realen Zinses:
1 R f ,t 1
(52)
Et M t 1
1
c º 1 ª 1 uC f Ct 1 , Gt 1 » . Et «1 U «¬ uC f Ct , Gt c »¼
Es resultiert die folgende Gleichung zur Bestimmung der Risikoprämie riskanter Anlagen:
(53)
Et R j ,t 1 R f ,t 1
c
1 R f ,t 1 Covt «1 U 1 uC f Ct 1, Gt 1c , R j,t 1 » . ª «¬
uC f Ct , Gt
º »¼
Mithilfe der beiden Gleichungen wird ersichtlich, dass zur Bestimmung des realen Zinses sowie der Risikoprämie riskanter Anlagen die Grenzrate der intertemporalen Substitution von Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes eine zentrale Rolle einnimmt. Daher wird in dem nun folgenden Abschnitt die explizite Form jener Grenzrate abgeleitet. ___________ 111
Missong, Martin: Intertemporale Substitution und stochastische Eulergleichungsmodelle: Eine theoretische und empirische Untersuchung. Frankfurt am Main: Haag und Herchen, 1994, 38-39.
V. Die neuartige Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors
73
V. Die neuartige Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors Den Ausgangspunkt der Analyse der neuartigen Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors bildet die Ableitung der intertemporalen Nutzenfunktion hinsichtlich des Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes. Daran schließt sich eine Integration der Bedingung erster Ordnung für den optimalen geplanten intratemporalen Konsum an. Der intertemporale Nutzen zum Zeitpunkt t wird durch die folgende Funktion abgebildet:
(54)
ut
1 § ¨§ 1 1· 1 1 1 1 ¨ ¨D C H G H ¸ H t t ¸¸ ¨ ¨¨ ¨¨ © ¹ © 1 1
1
1
· V ¸ ¸ 1 ¸ ¸¸ ¹
V
1
1
H · V § ¨§ H 1 H 1 · H 1 ¸ ¸ ¨ ¨D C H G H ¸ 1 t t ¸¸ ¸ ¨ ¨¨ ¸¸ ¨¨ © ¹ ¹ © . 1 1
V
Durch die intertemporale Nutzenfunktion im neuartigen konsumbasierten Modell wird, unter Aufrechterhaltung von zeit- und zustandsbezogener Trennbarkeit, eine güterbezogene Untrennbarkeit im intertemporalen Nutzen erfasst. Somit unterscheidet sich die intertemporale Nutzenfunktion im neuartigen konsumbasierten Modell von der im konsumbasierten Standardmodell durch genau jene güterbezogene Untrennbarkeit. Im Zuge der Optimierung eines geplanten intertemporalen Konsums erweist sich der intertemporale Grenznutzen von Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes als bedeutsam. Nun wird die intertemporale Nutzenfunktion partiell nach dem Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes zum Zeitpunkt t abgeleitet:
(55)
wu f Ct , Gt wCt
wut wf t . wf t wCt
74
C. Das neuartige konsumbasierte Modell zur Preisbildung von Kapitalanlagen
Die äußere Ableitung ergibt:
(56)
wut wf t
1
Bt V
1
H · V § ¨§ H 1 H 1 · H 1 ¸ ¨¨ ¸ H G H ¸ ; t ¸¸ ¨ ¨¨ D Ct ¸ ¨¨ © ¸ ¹ ¸ © ¹
das Ergebnis der inneren Ableitung lautet:
wf Ct , Gt wCt (57)
§
H ¨
H 1 ¨¨
H 1 DC H t
1
H 1 · H 1 ¸ G H
¸¸ ¹
t
©
1
H 1 D Ct H H
1
H 1 H 1 · H 1 1 § ¨ H G H ¸ H . D C D C t t t ¨¨ ¸¸ © ¹
Hieraus ergibt sich für den intertemporalen Grenznutzen von Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes die folgende (zusammengefasste) Gleichung:
H
wu f Ct , Gt wCt
V H
(58)
1
1 H 1 H 1 · V H 1 § H 1 H 1 · H 1 § ¨ ¸ ¨ ¸ H H H H H Gt ¸ ¨¨ D Ct ¨¨ D Ct Gt ¸¸ D Ct ¸ © ¹ © ¹ 1 H 1 H 1 · V H 1 § ¨ H G H ¸ H C C D D t t t ¨¨ ¸¸ © ¹
V H
1 1 1 § 1 1 · V H 1 ¨ H . H G H ¸ D C D C t t t ¨¨ ¸¸ © ¹
V. Die neuartige Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors
75
Diese Gleichung lässt sich nun wie folgt vereinfachen:
wu f Ct , Gt wCt
1 1 § 1 1 ¨ H G H D C t t ¨¨ ©
V H
1 · V H 1 ¸ H D C t ¸¸ ¹
§ 1§ ¨ 1 ¨ § ¨ D Ct H ¨1 D 1 ¨ Gt ¨C ¨ ¨¨ © t ¨ © ©
(59)
HV H 2 V H HV H 1
D Ct
V H
· · V H 1 1 · H ¸¸ H ¸ ¸ ¸ D Ct ¸ ¸¸ ¸ ¹ ¸ ¹¹ 1
1
1§
¨
HV H 2 V H HV V HV H 1
D Ct
§ ¨ §G V D Ct ¨1 D 1 ¨¨ t ¨¨ © Ct ©
§ ¨ §G ¨1 D 1 ¨¨ t ¨¨ © Ct © 1
V H 1 · V H 1
§ Gt · H ¸ ¸ ¸ ¸ ¸¸ © Ct ¹ ¹
D Ct H ¨1 D 1 ¨¨ ¨¨ ©
1
1
1
V H 1 · V H 1
· H¸ ¸ ¸ ¸ ¸¸ ¹ ¹
V H 1 · V H 1
· H¸ ¸ ¸ ¸ ¸¸ ¹ ¹
.
Ein Ergebnis der partiellen Ableitung ist, dass der intertemporale Grenznutzen von Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes neben dem absoluten Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes auch durch einen relativen Konsum, durch das Verhältnis von mehrmalig Nutzen stiftendem Gut zu einmalig Nutzen stiftendem Gut, determiniert wird. Des Weiteren wird durch den Term 1 D 1 Gt Ct 11 H jene Bedingung erfasst, welche sich im Zuge der Erweiterung der optimalen Bedingung für einen geplanten intratemporalen Konsum ergibt. Durch Einsetzen dieser Erweiterung in die Gleichung des intertemporalen Grenznutzens von Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes entsteht die folgende (umgestellte) Gleichung:
76
C. Das neuartige konsumbasierte Modell zur Preisbildung von Kapitalanlagen wu f Ct , Gt wCt
1
1 D Ct V
(60)
V H
§ § p G G · · V H 1 D Ct V ¨1 ¨ tC t ¸ ¸ ¨ ¨ p C ¸¸ © © t t ¹¹
D Ct
1
V
§ ptC Ct ¨ C ¨ p C pGG t t © t
H V
· V H 1 ¸ ¸ ¹
H V
AtV H 1 .
Mit dieser Umstellung ist die Einführung der neuen Variable A verbunden, welche zum Zeitpunkt t die innerperiodigen Ausgaben für den Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes zu den Ausgaben für den Konsum von einmalig und mehrmalig Nutzen stiftendem Gut in Beziehung setzt: At { ptC C ptC Ct PtG Gt . Hierdurch wird offensichtlich, dass der intertemporale Grenznutzen von Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes zum einen durch den absoluten Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes und zum anderen durch den relativen Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes determiniert wird.
Abschließend wird die Gleichung für den intertemporalen Grenznutzen von Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes, welche im Rahmen des neuartigen konsumbasierten Modells entsteht, in die Struktur des stochastischen Diskontfaktors integriert. Dies führt zur folgenden neuartigen Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors: c
M t 1 (61)
1 U 1 uC f Ct 1 , Gt 1c uC f Ct , Gt 1 U
1
H V
· V § At 1 · V H 1 ¸ ¸ ¨ . ¨ C ¸ ¨ A ¸ © t ¹ © t ¹
1 §¨ Ct 1
Erkenntnisse aus der neuartigen Spezifikation. Durch die neuartige Spezifikation wird zutage gebracht, dass der neuartig spezifizierte stochastische Diskontfaktor durch zwei Wachstumsfaktoren determiniert wird. Zum einen ist es das Wachstum des absoluten Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes und zum anderen das Wachstum des relativen Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes, durch welches der stochastische Diskontfaktor neuartig spezifiziert wird. Somit unterscheidet sich die neuartige Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors von der Spezifikation im konsumbasierten Standardmodell durch das Wachstum des relativen Konsums des einmalig Nutzen stiften-
V. Die neuartige Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors
77
den Gutes als zusätzlich erklärende Variable. Das Wachstum des relativen Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes spiegelt die zeitliche Veränderung des Anteils von innerperiodigen Ausgaben für den Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes zu den innerperiodigen Gesamtausgaben für Konsum wider. Die Parameterkonstellation H ! V impliziert, dass ein Wirtschaftssubjekt vergleichsweise eher gewillt ist, den innerperiodigen Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes durch das mehrmalig Nutzen stiftende Gut und vice versa zu ersetzen als den intertemporalen Konsum dieser beiden Güter. Durch die neuartige Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors wird deutlich, dass ein relativ hoher (niedriger) stochastischer Diskontfaktor existiert, wenn entweder ein relativ niedriges (hohes) Wachstum beim absoluten Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes oder ein verhältnismäßig hohes (niedriges) Wachstum beim relativen Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes erwartet wird. Auch zeigt sich, dass bei der Existenz eines außergewöhnlich hohen (niedrigen) stochastischen Diskontfaktors zugleich ein relativ niedriges (hohes) Wachstum beim absoluten Konsum und ein verhältnismäßig hohes (niedriges) Wachstum beim relativen Konsum erwartet wird. Alles zusammen bewirkt eine erhöhte Schwankungsbreite des neuartig spezifizierten stochastischen Diskontfaktors. Durch den neuartig spezifizierten stochastischen Diskontfaktor wird erfasst, welchen (relativen) Wert Wirtschaftssubjekte dem Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes zum Zeitpunkt einer zukünftigen Periode beimessen. Erwarten Wirtschaftssubjekte ein niedriges (hohes) Wachstum beim Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes, so werden sie dem Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes zum Zeitpunkt t 1 einen relativ hohen (niedrigen) Wert beimessen, wodurch ein relativ hoher (niedriger) stochastischer Diskontfaktor zum Zeitpunkt t resultiert. Zusätzlich zu der Erwartung über ein niedriges (hohes) Wachstum planen Wirtschaftssubjekte den Konsum des mehrmalig (einmalig) Nutzen stiftenden Gutes durch den des einmalig (mehrmalig) Nutzen stiftenden Gutes zum Zeitpunkt t 1 zu ersetzen, infolgedessen sie dem Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes zum Zeitpunkt t 1 einen außergewöhnlich hohen (niedrigen) Wert beimessen, wodurch schließlich ein außergewöhnlich hoher (niedriger) stochastischer Diskontfaktor zum Zeitpunkt t resultiert. Durch die neuartige Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors wird deutlich, dass der reale Zins sowie die Risikoprämie riskanter Anlagen durch die Wachstumsfaktoren des absoluten Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes und des relativen Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes determiniert werden. Dies bedeutet zugleich, dass im neuartigen konsumbasierten
78
C. Das neuartige konsumbasierte Modell zur Preisbildung von Kapitalanlagen
Modell das marktrelevante Risiko durch zwei Konsumgrößen erfasst wird. Hierbei ist eine Größe, welche das marktrelevante Risiko erfasst, der absolute Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes, da sich Wirtschaftssubjekte um die zeitliche Veränderung des Numéraire sorgen. Die zweite Risikogröße ist der relative Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes, da sich Wirtschaftssubjekte darüber hinaus um die zeitliche Veränderung der innerperiodigen Komposition aus einmalig und mehrmalig Nutzen stiftendem Gut sorgen. Gemäß dem neuartigen konsumbasierten Modell werden durch Wirtschaftssubjekte solche Anlagen als ausgesprochen wertvoll erachtet, welche immer dann eine relativ hohe Auszahlung in Aussicht stellen, wenn der absolute Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes vergleichsweise niedrig ist und zugleich der relative Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes verhältnismäßig hoch ist. Für die neuartige Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors stellt die Parameterkonstellation H V einen Spezialfall dar, da der Term At 1 At H V V H 1 eins ergibt, sodass der neuartig spezifizierte stochastische Diskontfaktor mit dem spezifizierten stochastischen Diskontfaktor im konsumbasierten Standardmodell übereinstimmt: 1 U 1 Ct 1 Ct 1 V . Durch diesen Spezialfall wird offenbart, dass die Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors im konsumbasierten Standardmodell in der Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors im neuartigen konsumbasierten Modell genestet ist. Die Überprüfung des neuartig spezifizierten stochastischen Diskontfaktors auf Grundlage makroökonomischer Daten setzt die Existenz eines Gleichgewichtes voraus. Aus diesem Grund werden im folgenden Abschnitt Bedingungen analysiert, welche ein Gleichgewicht im neuartigen konsumbasierten Modell kennzeichnen. Darüber hinaus bedarf es der Annahme der Existenz eines repräsentativen Wirtschaftssubjektes, weshalb folgend auch die Bedingungen analysiert werden, unter denen ein repräsentatives Wirtschaftssubjekt existiert. Mit der Analyse des gleichgewichtigen Zinses und der gleichgewichtigen Risikoprämie findet die Gleichgewichtsanalyse ihren Abschluss.
VI. Gleichgewichtsanalyse 1. Gleichgewicht Durch das neuartige konsumbasierte Modell wird eine Tauschwirtschaft abgebildet, in der endlich viele Wirtschaftssubjekte i , mit i 1,, I , leben, deren Präferenzen durch ui , f i , vi , U i erfasst werden und deren gegebene anfängliche Ausstattung durch Wi,t erfasst wird.
VI. Gleichgewichtsanalyse
79
Wirtschaftssubjekte maximieren ihren intertemporalen Erwartungsnutzen, indem sie, zu gegebenen Preisen sowie Preiserwartungen, den intertemporalen Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes und des mehrmalig Nutzen stiftenden Gutes, unter Beachtung ihres intratemporalen Konsums, so planen, dass dieser die optimalen Bedingungen erfüllt. Ein Gleichgewicht im neuartigen konsumbasierten Modell liegt vor, wenn zu gegebenen Preisen eine Allokation von beiden konsumierbaren Gütern und von Anlagen zustande kommt, durch welche erstens der intertemporale Erwartungsnutzen eines jeden Wirtschaftssubjektes maximiert wird, zweitens der gesamtwirtschaftliche Konsum beider Güter und die gesamtwirtschaftliche Ausstattung mit beiden Gütern zum Ausgleich gebracht wird und drittens ein Nettoangebot von null für alle Anlagen des Kapitalmarktes erzeugt wird. 112 Ein Gleichgewicht ist darüber hinaus als pareto-optimal zu bezeichnen, wenn es keine andere Allokation gibt, welche Wirtschaftssubjekte, die den intertemporalen Erwartungsnutzen maximieren, in ihrer Gesamtheit auf ein höheres Nutzenniveau führt, ohne dass auch nur ein Wirtschaftssubjekt, im Vergleich zur vorangegangenen Allokation, im intertemporalen Erwartungsnutzen schlechter gestellt wird. In einem Gleichgewicht existiert für jede Anlage ein Nettoangebot von null, das bedeutet: Die von Wirtschaftssubjekten emittierte Menge von Anlagen wird im vollen Umfang durch Wirtschaftssubjekte gehalten, sodass kein überschüssiges Angebot von auch nur einer Anlage auf dem Kapitalmarkt besteht. Dass ein solches Gleichgewicht zustande kommt, erfordert neben einer bestimmten Allokation zu gegebenen Preisen auch bestimmte Erwartungen von Wirtschaftssubjekten, wodurch zum einen die Märkte geräumt werden und zum anderen keines der Wirtschaftssubjekte einen Anreiz verspürt, seine Erwartungen zu revidieren. Um das Problem der Revision von Erwartungen auszublenden, wird im einfachsten Fall unterstellt, dass alle Wirtschaftssubjekte über identische Erwartungen verfügen (rationale Erwartungen bilden), sodass in diesem Fall gleichgewichtige Preise mit den Erwartungen der Wirtschaftsubjekte in Übereinstimmung stehen und es somit keinen Grund gibt, die Erwartungen zu revidieren. Ohne diese Annahme bedarf es andernfalls eine besondere Anforderung an die auf Märkten beobachtbaren Preise. Preise müssen hierbei zwei Funktionen erfüllen: Sie müssen zum einen die Knappheit von Gütern messen sowie die Allokation knapper Güter steuern und zum anderen die privaten Informationen von Wirtschaftssubjekten den anderen Wirtschaftssubjekten publik machen. Wenn durch Preise alle relevanten Informationen öffentlich ___________ 112 Etwaige Fragen bezüglich der Existenz, Eindeutigkeit und Stabilität eines Gleichgewichtes werden in dieser Arbeit ausgeblendet.
80
C. Das neuartige konsumbasierte Modell zur Preisbildung von Kapitalanlagen
werden, so können Wirtschaftssubjekte unter Beachtung dieser Preise, ohne Rückgriff auf private Informationen, optimale Entscheidungen treffen. 113 Im neuartigen konsumbasierten Modell wird unterstellt, dass Wirtschaftssubjekte über identische Erwartungen verfügen, was impliziert, dass sie für den Eintritt eines Umweltzustandes zum Zeitpunkt einer zukünftigen Periode identische Wahrscheinlichkeiten verwenden, sodass die Verteilungsfunktion dieser Zustände objektiver Natur ist und somit als öffentlich anzusehen ist. Durch die Formulierung eines Gleichgewichtes im neuartigen konsumbasierten Modell ist es möglich, die durch die stochastische Euler-Gleichung hervorgebrachte Restriktion auf Grundlage gleichgewichtiger Renditen zu überprüfen. Zur empirischen Überprüfung dieser stochastischen Euler-Gleichung bedarf es der Verwendung von individuellen Daten über den absoluten Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes sowie über den relativen Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes. Es sind mikroökonomische Daten zu verwenden, da die stochastische Euler-Gleichung in der bisher erfolgten Analyse einzig für einzelne Wirtschaftssubjekte in einem Gleichgewicht Gültigkeit besitzt. In dieser Form werden individuelle Daten gegenwärtig nicht veröffentlicht. Veröffentlicht werden hingegen aggregierte individuelle Daten, weshalb, um die Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors empirisch überprüfen zu können, in einem Gleichgewicht ein repräsentatives Wirtschaftssubjekt existieren muss. Im Folgenden wird analysiert, welche Bedingungen herrschen müssen, um in einem Gleichgewicht auch von einem repräsentativen Wirtschaftssubjekt sprechen zu können.
2. Repräsentatives Wirtschaftssubjekt Ein repräsentatives Wirtschaftssubjekt wird durch Aggregation einzelner Wirtschaftssubjekte gebildet. Unter welchen Bedingungen es möglich ist, ein repräsentatives Wirtschaftssubjekt durch ein Aggregat abzubilden, analysierte Mark Rubinstein (1974) in einer theoretischen Arbeit. 114 Hierin verweist er auf sechs Homogenitätsbedin___________ 113
Allerdings ruft dies ein Paradox hervor, welches Standford J. Grossman aufzeigte. Hiernach stellt sich die Frage: Wenn alle Wirtschaftssubjekte ihre privaten Informationen ignorieren, auf welchem Wege gelangen dann private Informationen in Marktpreise? Vgl. Grossman, Stanford J.: On the Efficiency of Competitive Stock Markets Where Trades Have Diverse Information. In: Journal of Finance, 31 (1976), 2, 573-585. 114 Rubinstein, Mark: An Aggregation Theorem for Securities Markets. In: Journal of Financial Economics, 1 (1974), 225-244.
VI. Gleichgewichtsanalyse
81
gungen, 115 von denen jede für sich eine Möglichkeit bietet, durch ein Aggregat aus einzelnen Wirtschaftssubjekten ein repräsentatives Wirtschaftssubjekt zu erfassen. Eine der sechs Bedingungen besagt, dass, sofern Wirtschaftssubjekte über identische Ausstattungen mit Vermögen, identische Präferenzen und identische Wahrscheinlichkeiten für den Eintritt von Umweltzuständen zum Zeitpunkt einer zukünftigen Periode verfügen, ein Aggregat aus einzelnen Wirtschaftssubjekten ein repräsentatives Wirtschaftssubjekt abbildet. Wird diese (restriktive) Homogenitätsbedingung auf das neuartige konsumbasierte Modell übertragen, so bedeutet dies, dass Wirtschaftssubjekte i , mit i 1, , I , über identische Ausstattungen mit Vermögen Wi , identische Präferenzen ui , f i , vi , U i und identische Wahrscheinlichkeiten S s für den Eintritt von Umweltzuständen zum Zeitpunkt einer zukünftigen Periode verfügen, mit der Folge, dass in einem Gleichgewicht durch ein Aggregat aus einzelnen Wirtschaftssubjekten ein repräsentatives Wirtschaftssubjekt lokal abgebildet wird. Somit ist für dieses repräsentative Wirtschaftssubjekt eine Ausstattung mit Vermögen W , W ¦ i Wi I , Präferenzen u ui , f f i , v vi , U Ui und Wahrscheinlichkeiten S s kennzeichnend. In einem Gleichgewicht wird also durch das Aggregat aus einzelnen Wirtschaftssubjekten, welche jeweils ihren intertemporalen Erwartungsnutzen maximieren, das repräsentative Wirtschaftssubjekt abgebildet, welches ebenfalls seinen intertemporalen Erwartungsnutzen maximiert. Die Maximierung des repräsentativen Wirtschaftssubjektes basiert auf dessen stochastischer Euler-Gleichung und somit auf der optimalen Bedingung für einen geplanten intertemporalen Konsum, welcher sich im neuartigen konsumbasierten Modell bekanntlich aus einmalig Nutzen stiftendem Gut und mehrmalig Nutzen stiftendem Gut zusammensetzt. Da das repräsentative Wirtschaftssubjekt aus dem Aggregat einzelner Wirtschaftssubjekte hervorgeht, ergibt sich der geplante Konsum des repräsentativen Wirtschaftssubjektes aus dem ProKopf-Konsum beider Güter: Ct ¦ i Ci,t I und Gt ¦ i Gi ,t I . Durch die stochastische Euler-Gleichung des repräsentativen Wirtschaftssubjektes besitzt die folgende bekannte Restriktion weiterhin Gültigkeit:
___________ 115 Es werden Restriktionen gesetzt, welche die Ausstattung mit Ressourcen, die individuelle Zeitpräferenzrate, die individuellen Präferenzen, die Wahrscheinlichkeiten für den Eintritt zukünftiger Umweltzustände sowie die Vollkommenheit des Marktes betreffen; vgl. Rubinstein, Mark: An Aggregation Theorem for Securities Markets. In: Journal of Financial Economics, 1 (1974), 232.
82
(62)
C. Das neuartige konsumbasierte Modell zur Preisbildung von Kapitalanlagen 1 H V º ª « 1 §¨ Ct 1 ·¸ V §¨ At 1 ·¸ V H 1 » 1 Et «1 Rt 1 1 U ¨ ». ¸ ¨ ¸ © Ct ¹ © At ¹ « » ¬ ¼
Diese empirisch überprüfbare Restriktion besagt, dass im Optimum der bedingte Erwartungswert des Produktes von gleichgewichtigem Renditefaktor und dem neuartig spezifizierten stochastischen Diskontfaktor den Wert eins ergibt. Der stochastischen Euler-Gleichung des repräsentativen Wirtschaftssubjektes liegen, im Gegensatz zur stochastischen Euler-Gleichung einzelner Wirtschaftssubjekte, ausschließlich makroökonomische Größen zugrunde, da der hierin enthaltende stochastische Diskontfaktor durch makroökonomische Größen des Pro-Kopf-Konsums determiniert wird. Für den neuartig spezifizierten stochastischen Diskontfaktor ist dies der Wachstumsfaktor des absoluten ProKopf-Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes sowie der des relativen Pro-Kopf-Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes. Hierbei wird der relative Pro-Kopf-Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes durch das Verhältnis von Pro-Kopf-Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes zum gesamten Pro-Kopf-Konsum aus einmalig und mehrmalig Nutzen stiftendem Gut abgebildet. Als ein Ergebnis ist festzuhalten, dass sich durch die Existenz des repräsentativen Wirtschaftssubjektes sowie dessen stochastischen Diskontfaktors die Möglichkeit eröffnet, die neuartige Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors, unter Verwendung von makroökonomischen Daten, empirisch zu überprüfen. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass sich durch diese makroökonomischen Größen die Möglichkeit bietet, da sie den neuartig spezifizierten stochastischen Diskontfaktor determinieren, den gleichgewichtigen Preis einer Anlage sowie deren gleichgewichtige Rendite zu bestimmen. Dies schließt die Bestimmung des realen Zinses sowie der Risikoprämie mit ein. Unter der Vorgabe bestimmter Präferenzparameter für das repräsentative Wirtschaftssubjekt wird im folgenden Abschnitt analysiert, wie die Wachstumsfaktoren des absoluten und relativen Pro-Kopf-Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes den gleichgewichtigen realen Zins beeinflussen. Daran schließt sich die Analyse der gleichgewichtigen Risikoprämie an.
VI. Gleichgewichtsanalyse
83
3. Gleichgewichtiger Zins Durch die stochastische Euler-Gleichung des repräsentativen Wirtschaftssubjektes wird die folgende Gleichung zur Bestimmung des gleichgewichtigen realen Zinsfaktors hervorgebracht:
(63)
1 R f ,t 1
1 H V º ª « 1 §¨ Ct 1 ·¸ V §¨ At 1 ·¸ V H 1 » Et «1 U ¨ » ¸ ¨ ¸ © Ct ¹ © At ¹ « » ¬ ¼
1
.
Diese Gleichung besagt, dass der gleichgewichtige reale Zinsfaktor durch die Wachstumsfaktoren des absoluten und relativen Pro-Kopf-Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes determiniert wird. Den beiden Wachstumsfaktoren liegt der geplante intertemporale Pro-Kopf-Konsum des repräsentativen Wirtschaftssubjektes zugrunde. Somit wird im neuartigen konsumbasierten Modell der Zins, eine eher monetär geprägte Größe, durch zwei realseitig geprägte Größen des Pro-Kopf-Konsums determiniert. Inwieweit die Wachstumsfaktoren des absoluten und relativen Pro-KopfKonsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes den realen Zins beeinflussen, ist darüber hinaus von den konstanten Parametern intertemporale Substitutionselastizität und intratemporale Substitutionselastizität abhängig. Im Vorfeld der Analyse des gleichgewichtigen realen Zinses sind die drei Parameter Zeitpräferenzrate sowie intertemporale und intratemporale Substitutionselastizität festzulegen. Aufgrund der systematischen Vorliebe des repräsentativen Wirtschaftssubjektes für gegenwärtigen Konsum ist die Zeitpräferenzrate positiv, U ! 0 . Für die intertemporale Substitutionselastizität gilt V 1 , da das repräsentative Wirtschaftssubjekt verhältnismäßig stark risikoavers ist, was, infolge der durch das neuartige konsumbasierte Modell aufrechterhaltenen inversen Beziehung J V 1 , eine relative Risikoaversion größer eins, J ! 1 , impliziert. Dies bedeutet, dass das repräsentative Wirtschaftssubjekt eine relativ geringe intertemporale Substitutionselastizität besitzt, sodass es, im Zuge einer geringfügigen relativen Änderung der (erwarteten) Rendite, unter Beibehaltung eines konstanten intertemporalen Nutzenniveaus, zu einer relativ geringen prozentualen Änderung des Verhältnisses von Konsum zum Zeitpunkt t zu Konsum zum Zeitpunkt t 1 kommt. Da nach John R. Hicks zwei Güter nur dann gegenseitig substituiert werden, wenn H ! 1 ist, wird dieses für die intratemporale Substitutionselastizität ange-
84
C. Das neuartige konsumbasierte Modell zur Preisbildung von Kapitalanlagen
nommen. 116 Demnach besitzt das repräsentative Wirtschaftssubjekt eine relativ hohe intratemporale Substitutionselastizität, sodass es, im Zuge einer geringfügigen prozentualen Änderung im Preisverhältnis der beiden Güter, unter Beibehaltung eines konstanten intratemporalen Nutzenniveaus, zu einer relativ hohen prozentualen Änderung des Verhältnisses von einmalig Nutzen stiftendem Gut zu mehrmalig Nutzen stiftendem Gut kommt. Analyse des gleichgewichtigen realen Zinses. Die festgelegten Parameter werden durch Plausibilitätsüberlegungen zahlenmäßig konkretisiert, sodass die Präferenzparameter zur Analyse des gleichgewichtigen realen Zinses wie folgt angenommen werden: U 0,01 ; V 0,9 und H 1,1 . Unter Verwendung der zuvor betrachteten Gleichung zur Bestimmung des gleichgewichtigen realen Zinsfaktors wird nun der gleichgewichtige reale Zins berechnet. Die berechneten Werte des realen Zinses werden in der sich anschließenden Abbildung ersichtlich. Gleichgewichtiger realer Zins auf Grundlage der neuartigen Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors im neuartigen konsumbasierten Modell 0,2 0,15
0,05 0
Realer Zins
0,1
-0,05
0,15-0,2 0,1-0,15 0,05-0,1 0-0,05 -0,05-0 -0,1--0,05 -0,15--0,1
-0,1
0,95
0,97
Wachstumsfaktor des relativen Pro-Kopf-Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes
0,99
1,01
1,03
1,05
0,95
0,97
0,99
1,01
1,03
-0,15 1,05
Wachstumsfaktor des absoluten Pro-KopfKonsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes
Abbildung 4: Gleichgewichtiger realer Zins
Die abgebildete Fläche kennzeichnet Werte des gleichgewichtigen realen Zinses, welche sich, unter Verwendung der angenommenen Parameter, in Ab-
___________ 116 Piazzesi, Monika / Schneider, Martin / Tuzel, Selale: Housing, Consumption and Asset Pricing. In: NBER Working Paper 12036, 2006, 9.
VI. Gleichgewichtsanalyse
85
hängigkeit angenommener Wachstumsfaktoren 117 des absoluten und relativen Pro-Kopf-Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes ergeben. Es zeigt sich, dass in einem Gleichgewicht ein relativ hoher realer Zins existiert, wenn der Wachstumsfaktor des absoluten Pro-Kopf-Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes relativ hoch ist oder wenn der Wachstumsfaktor des relativen Pro-Kopf-Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes verhältnismäßig niedrig ist. Ein außergewöhnlich hoher realer Zins existiert, wenn gleichzeitig der Wachstumsfaktor des absoluten Pro-Kopf-Konsums relativ hoch und der des relativen Pro-Kopf-Konsums verhältnismäßig niedrig ist. Dies beruht auf einer vermuteten Gegenläufigkeit der beiden Wachstumsfaktoren, da empirisch zu beobachten ist, dass das Wachstum des absoluten Pro-Kopf-Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes mit dem Wachstum des relativen Pro-KopfKonsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes negativ kovariiert. Grundsätzlich besteht zwischen dem gleichgewichtigen realen Zinsfaktor und dem neuartig spezifizierten stochastischen Diskontfaktor ein inverser Zusammenhang, wobei die Ursache für einen relativ hohen (niedrigen) Zins in einem relativ niedrigen (hohen) stochastischen Diskontfaktor liegt. Der neuartig spezifizierte stochastische Diskontfaktor ist dann außergewöhnlich hoch (niedrig), wenn gleichzeitig ein relativ niedriges (hohes) Wachstum beim absoluten Pro-Kopf-Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes und ein verhältnismäßig hohes (niedriges) Wachstum beim relativen Pro-KopfKonsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes erwartet wird. Beides zusammen bewirkt, dass in dieser Situation das repräsentative Wirtschaftssubjekt dem Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes zum Zeitpunkt t 1 einen relativ hohen (niedrigen) Wert zum Zeitpunkt t beimisst. Genau diese Wertschätzung wird durch den neuartig spezifizierten stochastischen Diskontfaktor zum Zeitpunkt t gemessen, sodass dieser den relativen Wert des Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes zum Zeitpunkt t 1 erfasst. In dieser Situation wird eine Anlage, welche eine risikolose Auszahlung in Form von NuméraireKonsum leistet, durch das repräsentative Wirtschaftssubjekt als ausgesprochen wertvoll erachtet, weshalb diese Anlage in einem Gleichgewicht einen relativ hohen (niedrigen) Preis und zugleich eine relativ niedrige (hohe) risikolose Verzinsung aufweist. Es wird nun analysiert, wie sich eine Verringerung der intertemporalen Substitutionselastizität von 0,9 auf 0,8 auf den gleichgewichtigen realen Zins aus___________ 117 Es werden Wachstumsfaktoren im Intervall von 0,95 bis 1,05 angenommen, da diese auch empirisch um eins schwanken.
86
C. Das neuartige konsumbasierte Modell zur Preisbildung von Kapitalanlagen
wirkt. Es werden hierbei die Präferenzparameter: U 0,01 ; V angenommen.
0,8 und H
1,1
Mithilfe der folgenden Abbildung werden die berechneten Werte des realen Zinses grafisch verdeutlicht. Gleichgewichtiger realer Zins auf Grundlage der neuartigen Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors im neuartigen konsumbasierten Modell 0,4 0,3
0,1 0
Realer Zins
0,2
-0,1
0,3-0,4 0,2-0,3 0,1-0,2 0-0,1 -0,1-0 -0,2--0,1 -0,3--0,2
-0,2
0,95
0,97
Wachstumsfaktor des relativen Pro-Kopf-Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes
0,99
1,01
1,03
1,05
0,95
0,97
0,99
1,01
1,03
-0,3 1,05
Wachstumsfaktor des absoluten Pro-KopfKonsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes
Abbildung 5: Gleichgewichtiger realer Zins infolge einer Verringerung der intertemporalen Substitutionselastizität
Der Abbildung ist zu entnehmen, dass die Werte des realen Zinses, im Vergleich zur vorherigen Abbildung, stärker variieren. Infolge eines Rückgangs der intertemporalen Substitutionselastizität ist für eine Änderung des Verhältnisses von Konsum zum Zeitpunkt t zu Konsum zum Zeitpunkt t 1 , unter Beibehaltung eines intertemporalen Nutzenniveaus, ein zusätzlicher Anreiz zu setzen, um die gesunkene Bereitschaft zur intertemporalen Substitution zu kompensieren. Dieser zusätzliche Anreiz kommt durch stärker variierende Werte (betragsmäßiges Steigen) des realen Zinses zum Ausdruck. Wie sich ein Anstieg der intratemporalen Substitutionselastizität von 1,1 auf 1,5 auswirkt, ist Gegenstand der jetzigen Analyse. Es werden hierbei folgende Präferenzparameter angenommen: U 0,01 ; V 0,9 und H 1,5 . Durch die sich anschließende Abbildung werden die berechneten Werte des gleichgewichtigen realen Zinses grafisch erfasst.
VI. Gleichgewichtsanalyse
87
Gleichgewichtiger realer Zins auf Grundlage der neuartigen Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors im neuartigen konsumbasierten Modell 0,15
0,1
0
Realer Zins
0,05
-0,05
0,1-0,15 0,05-0,1 0-0,05 -0,05-0 -0,1--0,05 -0,15--0,1
-0,1
0,95
0,97
Wachstumsfaktor des relativen Pro-Kopf-Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes
0,99
1,01
1,03
1,05
0,95
0,97
0,99
1,01
1,03
-0,15 1,05
Wachstumsfaktor des absoluten Pro-KopfKonsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes
Abbildung 6: Gleichgewichtiger realer Zins infolge einer Erhöhung der intratemporalen Substitutionselastizität
Die Abbildung zeigt, dass die Werte des realen Zinses nun, im Vergleich zu den beiden vorherigen Abbildungen, geringer variieren. Infolge einer Erhöhung der intratemporalen Substitutionselastizität kommt es dazu, dass eine geringfügige Änderung im Preisverhältnis der beiden Güter, unter Beibehaltung eines intratemporalen Nutzenniveaus, eine relativ hohe Änderung des Verhältnisses von einmalig Nutzen stiftendem Gut zu mehrmalig Nutzen stiftendem Gut bewirkt. Dies wirkt sich nach der neuartigen Spezifikation auch auf den stochastischen Diskontfaktor aus, wodurch schließlich die Werte des realen Zinses geringer variieren (betragsmäßig sinken).
4. Gleichgewichtige Risikoprämie Durch die stochastische Euler-Gleichung wird neben der Bestimmungsgleichung für den realen Zinsfaktor die folgende Gleichung zur Bestimmung der gleichgewichtigen Risikoprämie hervorgebracht:
(64) Et R j ,t 1 R f ,t 1
H V 1 º ª » « 1 §¨ Ct 1 ·¸ V §¨ At 1 ·¸ V H 1 , R Covt «1 U ¨ j ,t 1 » . ¸ ¨ A ¸ C © t ¹ © t ¹ » « ¼ ¬
1 R f ,t 1
88
C. Das neuartige konsumbasierte Modell zur Preisbildung von Kapitalanlagen
Die Gleichung zeigt, dass in einem Gleichgewicht durch die Kovarianz zwischen neuartig spezifiziertem stochastischem Diskontfaktor und riskanter Rendite das Ausmaß der Risikoprämie determiniert wird. Da es sich auch hierbei um den stochastischen Diskontfaktor des repräsentativen Wirtschaftssubjektes handelt, liegt der Spezifikation sowohl der absolute als auch der relative ProKopf-Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes zugrunde. Somit wird neben dem realen Zins auch die Risikoprämie riskanter Anlagen durch makroökonomische Größen des Pro-Kopf-Konsums determiniert. Eine positive Risikoprämie setzt eine negative Kovarianz zwischen neuartig spezifiziertem stochastischem Diskontfaktor und riskanter Rendite voraus. Grundsätzlich liegt ein relativ hoher stochastischer Diskontfaktor in der neuartigen Spezifikation vor, wenn ein relativ niedriges Wachstum beim absoluten Pro-Kopf-Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes sowie ein verhältnismäßig hohes Wachstum beim relativen Pro-Kopf-Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes erwartet wird. Eine negative Kovarianz zwischen neuartig spezifiziertem stochastischem Diskontfaktor und riskanter Rendite setzt voraus, dass die riskante Rendite mit dem Wachstumsfaktor des absoluten Pro-KopfKonsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes positiv kovariiert und zugleich mit dem Wachstumsfaktor des relativen Pro-Kopf-Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes negativ kovariiert. Dass eine riskante Anlage in einem Gleichgewicht eine positive Risikoprämie besitzt, wird, wie in der Analyse gezeigt, damit begründet, dass jene riskante Anlage immer dann eine verhältnismäßig hohe (niedrige) Auszahlung erwarten lässt, wenn der stochastische Diskontfaktor relativ niedrig (hoch) ist. Übertragen auf die neuartige Spezifikation bedeutet dies, dass eine riskante Anlage in einem Gleichgewicht eine positive Risikoprämie besitzt, weil jene riskante Anlage immer dann eine relativ hohe (niedrige) Auszahlung in Form von Numéraire-Konsum erwarten lässt, wenn gleichzeitig ein relativ hohes (niedriges) Wachstum beim absoluten Pro-Kopf-Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes sowie ein verhältnismäßig niedriges (hohes) Wachstum beim relativen Pro-Kopf-Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes auftritt. Das repräsentative Wirtschaftssubjekt erachtet eine solche riskante Anlage, im Gegensatz zu einer risikolosen, als weniger wertvoll. Aus diesem Grund werden in einem Gleichgewicht riskante Anlagen dieser Art zugleich einen relativ niedrigen Preis und eine relativ hohe positive Risikoprämie aufweisen, um gehalten zu werden. Es zeigt sich darüber hinaus, dass eine riskante Anlage, deren Auszahlung mit dem Wachstum des absoluten Pro-Kopf-Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes negativ kovariiert und zugleich mit dem Wachstum des relativen Pro-Kopf-Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes positiv kovariiert, in einem Gleichgewicht eine negative Risikoprämie besitzt. Eine derartige
VI. Gleichgewichtsanalyse
89
Anlage kann somit, trotz ihrer riskanten Auszahlung, in einem Gleichgewicht eine reale Rendite aufweisen, welche unterhalb des gleichgewichtigen realen Zinses liegt. Durch die neuartige Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors wird offenbart, dass auf dem Kapitalmarkt das Risiko durch zwei Konsumgrößen determiniert wird. Bewertungsrelevant ist auf dem Markt einerseits das Risiko des absoluten Pro-Kopf-Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes und zum anderen das Risiko des relativen Pro-Kopf-Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes. Bei beiden Pro-Kopf-Größen handelt es sich um makroökonomische Größen, sodass das Risiko durch gesamtwirtschaftliche Pro-Kopf-Konsumgrößen erfasst wird. Im Gegensatz zum konsumbasierten Standardmodell wird somit im neuartigen konsumbasierten Modell das bewertungsrelevante Risiko auf dem Kapitalmarkt neben dem absoluten Pro-Kopf-Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes auch durch den relativen Pro-Kopf-Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes determiniert. Resümee zur theoretischen Analyse. Zusammenfassend bringt die theoretische Analyse des neuartigen konsumbasierten Modells ein zentrales Ergebnis zu Tage: Es gibt zwei Arten makroökonomischer Konsumrisiken, welche auf dem Kapitalmarkt bewertungsrelevant sind und sowohl den gleichgewichtigen Zins als auch die gleichgewichtige Risikoprämie bestimmen. Dies ist erstens das originäre Konsumrisiko, welches sich aus einer zeitlichen Veränderung des absoluten gesamtwirtschaftlichen Konsums ableitet. Zweitens ist es das neu hinzugekommene Risiko der Konsumkomposition, welches aus einer zeitlichen Veränderung des relativen gesamtwirtschaftlichen Konsums resultiert. Durch diesen relativen gesamtwirtschaftlichen Konsum wird auf das Risiko hinsichtlich der innerperiodigen Zusammensetzung des Konsums aus einmalig sowie mehrmalig Nutzen stiftendem Gut abgezielt. Nach der erfolgten Herleitung der neuartigen Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors stellt sich die Frage nach deren empirischen Erklärungsgehalt. Im Vorfeld der empirischen Überprüfung ist zu klären, durch welche empirischen Größen sich die theoretischen Eingangsgrößen der stochastischen Euler-Gleichung approximativ repräsentieren lassen. Aus diesem Grund werden im folgenden Kapitel empirische Daten bezüglich verschiedener Kapitalanlagen auf dem deutschen Kapitalmarkt sowie des Konsums in der Bundesrepublik Deutschland analysiert. Hieraus werden empirische Repräsentanten für den Zins, für die riskante Rendite und Risikoprämie sowie für den absoluten und relativen Pro-Kopf-Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes ermittelt, welche die Grundlage der Schätzung der stochastischen Euler-Gleichung bilden.
D. Empirische Datenanalyse I. Auswahl empirischer Repräsentanten und Methoden zur Renditeberechnung Im Vorfeld der Schätzung der stochastischen Euler-Gleichung und Überprüfung der darin enthaltenen neuartigen Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors bedarf es einer Auswahl geeigneter empirischer Repräsentanten der theoretischen Größen: (realer) Zins, (reale) riskante Rendite und Risikoprämie sowie Pro-Kopf-Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes und des mehrmalig Nutzen stiftenden Gutes. Eine derartige Auswahl ist notwendig, da für die theoretischen Größen keine entsprechenden empirischen Daten veröffentlicht werden. Daher werden in diesem Kapitel geeignete empirische Repräsentanten analysiert, welche approximativ diese theoretischen Größen verkörpern. Durch den Zins wird die Verzinsung einer risikolosen Anlage mit einjähriger Restlaufzeit erfasst. Als Repräsentanten einer solchen Anlage werden für die empirische Analyse die einjährige Festzinsanlage zum Dreimonats-Geldmarktzins 118 sowie die Anleihen der öffentlichen Hand mit einer mittleren Restlaufzeit von einem Jahr bis zu zwei Jahren 119 verwendet. Die riskante Rendite und die Risikoprämie werden durch die reale Jahresrendite und die Überschussrendite von deutschen Aktienindizes repräsentiert. Hierzu stehen die Aktienindizes Dax und CDax zur Auswahl, 120 wobei in der nachfolgenden Schätzung dem CDax der Vorzug gegeben wird, da dieser den deutschen Aktienmarkt in seiner Gesamtheit abbildet und deshalb zum Zweck ___________ 118 Die einjährige Festzinsanlage zum Dreimonats-Geldmarktzins wird im weiteren Verlauf dieser Arbeit auch als Festzinsanlage oder Festzinsanlage zum Dreimonatszins bezeichnet. 119 Die Anleihen der öffentlichen Hand mit einer mittleren Restlaufzeit von einem Jahr bis zu zwei Jahren werden im weiteren Verlauf dieser Arbeit auch als Anleihen oder Anleihen der öffentlichen Hand bezeichnet. 120 Im Leitfaden zu den Aktienindizes der Deutschen Börse steht unter dem Gliederungspunkt 1.3.4 geschrieben: „Der CDAX®-Index besteht aus allen deutschen Werten des Prime und General Standard. CDAX® misst also die Entwicklung des gesamten deutschen Aktienmarktes und eignet sich somit gut zu Analysezwecken.“ Vgl. Deutsche Börse AG: Leitfaden zu den Aktienindizes der Deutschen Börse. Version 5.10, April 2006, S. 8, erhältlich unter: http://deutsche-boerse.com.
I. Auswahl empirischer Repräsentanten und Methoden zur Renditeberechnung
91
von Analysen besonders geeignet erscheint. Ungeachtet dessen wird neben dem CDax auch der Dax analysiert, welcher die dreißig größten und umsatzstärksten deutschen Unternehmen an der Frankfurter Wertpapierbörse erfasst. 121 Die empirischen Daten für die theoretischen Größen des Pro-Kopf-Konsums des einmalig sowie mehrmalig Nutzen stiftenden Gutes werden auf der Grundlage verwendungszweckbezogener Konsumausgaben konstruiert. Gegenstand der folgenden Analyse sind die Methoden zur Berechnung einer Rendite (Wachstumsrate), da diese der stochastischen Euler-Gleichung zugrunde liegt und zu ermitteln ist. Grundsätzlich stehen zwei Methoden zur Auswahl, um eine Rendite (Rate) berechnen zu können. Im Hinblick auf Anlagen ist als Berechnungsmethode, abhängig von der Häufigkeit ihrer Verzinsung im Anlagezeitraum, entweder die diskrete Rendite oder die stetige Rendite zu verwenden. Durch die diskrete Rendite Rt 1 wird eine einmalige Verzinsung einer einjährigen Anlage vom Zeitpunkt t bis t 1 gemessen. Sie ist Ausdruck für jene einjährige Verzinsung, die bei einer einmaligen Verzinsung des anfänglich angelegten Betrages K t zum Zeitpunkt t geradewegs zum Betrag K t 1 zum Zeitpunkt t 1 führt, sodass K t 1 1 Rt 1 K t gilt. Durch die stetige Rendite rt 1 wird hingegen eine kontinuierliche Verzinsung einer einjährigen Anlage vom Zeitpunkt t bis t 1 gemessen. Sie gibt jene einjährige Verzinsung an, die bei einer kontinuierlichen Verzinsung des anfänglich angelegten Betrages K t zum Zeitpunkt t unmittelbar zum Betrag K t 1 zum Zeitpunkt t 1 führt, sodass K t 1 exprt 1 K t beziehungsweise ln K t 1 rt 1 ln K t Gültigkeit besitzt. Durch die stetige Rendite wird zugleich der Zinseszinseffekt berücksichtigt, wodurch, da sowohl der diskreten als auch der stetigen Rendite identische Kapitalbeträge am Anfang und am Ende des Anlagezeitraumes zugrunde liegen, die stetige Rendite stets unterhalb der diskreten Rendite notiert. Dass in diesem Kapitel durchweg stetige Renditen (Wachstumsraten) analysiert werden, ist damit zu begründen, dass diese, im Gegensatz zu diskreten, oftmals den statistischen Eigenschaften von normalverteilten Zufallsvariablen genügen und zudem die Berechnung der durchschnittlichen Rendite auf Basis des arithmetischen Mittels gestatten, welches zugleich der Berechnung der Varianz und Standardabweichung zugrunde liegt. ___________ 121 Deutsche Börse AG: Leitfaden zu den Aktienindizes der Deutschen Börse. Version 5.10, April 2006, S. 6, erhältlich unter: http://deutsche-boerse.com.
92
D. Empirische Datenanalyse
Durch die stetigen Renditen werden verwirklichte Renditen gemessen, welche oftmals nicht mit den erwarteten Renditen übereinstimmen und deshalb voneinander zu unterscheiden sind. In diesem Zusammenhang gilt es, zwischen dem Zeitpunkt der Beobachtung und dem der Verwirklichung zu differenzieren. Beispielsweise werden zum Zeitpunkt t zwei Renditen auf dem Markt beobachtet. Dies ist zum einen die Rendite des CDax und zum anderen die der Festzinsanlage zum Dreimonatszins. Hierbei bezieht sich die CDax-Rendite auf die CDax-Anlage vom Zeitpunkt t 1 bis t , hingegen die Rendite der einjährigen Festzinsanlage zum Dreimonatszins auf diese Festzinsanlage vom Zeitpunkt t bis t 1 . Wird nach der verwirklichten Rendite einer Anlage von t bis t 1 gefragt, so ist gemäß diesem Vorgehen einerseits die Beobachtung des Dreimonatszinses zum Zeitpunkt t und andererseits die Beobachtung der CDax-Rendite zum Zeitpunkt t 1 zu verwenden. Da jedoch nach der verwirklichten realen Rendite gefragt wird, ist anschließend von beiden Renditen die zum Zeitpunkt t 1 verwirklichte (beobachtbare) Inflationsrate von t bis t 1 abzuziehen, sodass schließlich durch die stetige Rendite eine reale Jahresrendite 122 von Anlagen gemessen wird. Durch diese Darstellung wird deutlich, dass die verwirklichte reale Jahresrendite von Anlagen von t bis t 1 grundsätzlich erst zum Zeitpunkt t 1 messbar ist. 123 Es schließt sich nun die empirische Analyse der realen Renditen repräsentativer Kapitalanlagen auf dem deutschen Kapitalmarkt an.
II. Empirische Repräsentanten der theoretischen Renditegrößen 1. Stichprobe realer Jahresrenditen Für die empirische Analyse der riskanten Rendite werden die realen Jahresrenditen der Aktienindizes CDax und Dax verwendet. Die Berechnung der Jahresrenditen erfolgt auf der Grundlage von monatlichen Schlusskursen der beiden Aktienindizes im Zeitraum von 1970 bis 2005. Die ermittelten monatsbezogenen Jahresrenditen ermöglichen eine Analyse dieser im Längsschnitt sowie im Querschnitt.
___________ 122
Eine auf diesem Wege berechnete reale Jahresrendite entspricht einer realen Rendite vor Steuern, welche inländische einkommensteuerpflichtige Wirtschaftssubjekte vereinnahmen würden, sollten sie im Anlagezeitraum dem marginalen Einkommensteuersatz von 0 % unterliegen und sollten darüber hinaus keine Transaktionskosten anfallen. 123 Hiervon ausgenommen sind inflationsgeschützte Anlagen.
II. Empirische Repräsentanten der theoretischen Renditegrößen
93
Der Längsschnittsanalyse liegen so genannte Monatsstichproben zugrunde. Eine Monatsstichprobe beinhaltet hierbei die realen Jahresrenditen eines bestimmten Kalendermonats in den Kalenderjahren von 1971 bis 2005. Hieraus ergeben sich insgesamt zwölf Monatsstichproben, wobei jede Monatsstichprobe 35 reale Jahresrenditen umfasst. Beispielsweise liegen der Januarstichprobe die realen Jahresrenditen im Monat Januar zugrunde, welche sich für den CDax und Dax auf Grundlage von Schlusskursen der beiden Aktienindizes im Monat Januar in den Kalenderjahren von 1970 bis 2005 berechnen. Mithilfe der im Rahmen der Längsschnittsanalyse verwendeten Monatsstichproben werden Mittelwerte für die realen Jahresrenditen der Festzinsanlage zum Dreimonatszins und der Anleihen der öffentlichen Hand sowie für die realen Jahresrenditen und Überschussrenditen des CDax und des Dax berechnet. 124 Diese empirischen Mittelwerte bilden die Grundlage der Prognose für den langfristigen realen Zins sowie für die langfristige Risikoprämie. Des Weiteren wird eine Querschnittsanalyse durchgeführt, der so genannte Jahresstichproben zugrunde liegen. Eine Jahresstichprobe beinhaltet hierbei die realen Jahresrenditen der zwölf Kalendermonate eines Kalenderjahres. Hieraus ergeben sich 35 Jahresstichproben für jede der vier Kapitalanlagen, wobei jede Jahresstichprobe zwölf reale Jahresrenditen umfasst. Mithilfe der Querschnittsanalyse wird für jede Jahresstichprobe der Stichprobenmittelwert berechnet, welcher die mittlere reale Jahresrendite in einem Kalenderjahr angibt. Die mittlere reale Jahresrendite eines Kalenderjahres ist insofern bedeutsam, da sie im Rahmen der Längsschnittsanalyse die Intensität des Zusammenhangs zwischen den realen Jahresrenditen einer bestimmten Monatsstichprobe und den mittleren realen Jahresrenditen der einzelnen Jahre aufzeigt. CDax und Dax. Der Zusammenhang zwischen den realen Jahresrenditen einer bestimmten Monatsstichprobe und den mittleren realen Jahresrenditen wird in der sich anschließenden Abbildung für beide Aktienindizes, mithilfe der empirischen Korrelationskoeffizienten, dargestellt. Die hierin ausgewiesenen Werte der Korrelationskoeffizienten geben die des CDax wieder.
___________ 124 Die Normalverteilungsannahme hinsichtlich der realen Jahresrenditen sowie der Jahresüberschussrenditen der zwölf Monatsstichproben wurde mithilfe des Jarque-BeraTests überprüft. Aus allen Überprüfungen resultierte eine Beibehaltung der Nullhypothese „normalverteilte Renditen“. Die Ermittlung der Jarque-Bera-Prüfgröße sowie des kritischen Wertes erfolgte gemäß: Poddig, Thorsten / Dichtl, Hubert / Petersmeier, Kerstin: Statistik, Ökonometrie, Optimierung: Methoden und ihre praktischen Anwendungen in Finanzanalyse und Portfoliomanagement. 3. Auflage. Bad Soden/Ts.: Uhlenbruch, 2003, 336-337.
94
D. Empirische Datenanalyse Empirische Korrelationskoeffizienten von realen Jahresrenditen aus unterschiedlichen Monatsstichproben mit mittleren realen Jahresrenditen in den Kalenderjahren von 1971 bis 2005 1
Korrelationskoeffizient
0,95 0,92
0,9 0,85
0,84
0,8 0,75
0,94
0,89
0,93 0,89
0,83
0,81 CDax Dax
0,77
0,75
0,72
0,7 0,65 0,6
0,56
0,55 0,5 Jan Feb Mrz Apr Mai Jun
Jul Aug Sep Okt Nov Dez
Monatsstichprobe
Abbildung 7: Empirische Korrelationskoeffizienten des CDax und Dax
Die Analyse der empirischen Korrelationskoeffizienten bringt zu Tage, dass die realen Jahresrenditen der Dezemberstichprobe mit den mittleren realen Jahresrenditen eine vergleichsweise niedrige positive Korrelation aufweisen. Eine relativ hohe positive Korrelation zeigt sich dagegen zwischen den realen Jahresrenditen der Junistichprobe und den mittleren realen Jahresrenditen. Grundsätzlich ist sowohl für den Dax als auch für den CDax, auf Grundlage der empirischen Korrelationskoeffizienten, ein positiver Zusammenhang zwischen den realen Jahresrenditen einer bestimmten Monatsstichprobe und den mittleren realen Jahresrenditen ersichtlich, welcher jedoch in Abhängigkeit von der Monatsstichprobe unterschiedlich hoch ausfällt. Den höchsten positiven Zusammenhang offenbart bei beiden Indizes die Junistichprobe. Wie sich die realen Jahresrenditen der Junistichprobe sowie die der Dezemberstichprobe im Vergleich zu den mittleren realen Jahresrenditen in den betrachteten Kalenderjahren im Laufe der Zeit entwickelt haben, zeigen die beiden folgenden Abbildungen, wobei der ersten der CDax und der zweiten der Dax zugrunde liegt. In beiden Abbildungen zeigt sich, dass die realen Jahresrenditen im Beobachtungszeitraum erheblich streuen. Des Weiteren wird der relativ hohe positive Zusammenhang zwischen den realen Jahresrenditen der Junistichprobe und den mittleren realen Jahresrenditen offensichtlich.
II. Empirische Repräsentanten der theoretischen Renditegrößen
95
Reale Jahresrenditen des CDax auf Grundlage der Junistichprobe und der Dezemberstichprobe sowie mittlere reale Jahresrenditen des CDax in den Kalenderjahren von 1971 bis 2005 0,6 0,4
2005
2003
2001
1999
1997
1995
1993
1991
1989
1987
1985
1983
1981
1979
1977
1975
-0,2
1973
0 1971
Rendite
0,2
-0,4 -0,6 Juni
Dezember
Mittlere reale Jahresrenditen
Abbildung 8: Reale Jahresrenditen des CDax von 1971 bis 2005 Reale Jahresrenditen des Dax auf Grundlage der Junistichprobe und der Dezemberstichprobe sowie mittlere reale Jahresrenditen des Dax in den Kalenderjahren von 1971 bis 2005 0,6 0,4
2005
2003
2001
1999
1997
1995
1993
1991
1989
1987
1985
1983
1981
1979
1977
1975
1973
0 1971
Rendite
0,2
-0,2 -0,4 -0,6 Juni
Dezember
Mittlere reale Jahresrenditen
Abbildung 9: Reale Jahresrenditen des Dax von 1971 bis 2005
Festzinsanlage und Anleihen. Nun wird sich in der empirischen Analyse dem Zins beziehungsweise der risikolosen Rendite gewidmet. Als repräsentative Anlagen fungieren hierbei die Festzinsanlage zum Dreimonatszins sowie die Anleihen der öffentlichen Hand. Insbesondere für die Festzinsanlage gilt, dass diese, auch bei der Ausgrenzung des Bonitätsrisikos, nicht wirklich risikolos ist. Dies resultiert daraus, da zum Zeitpunkt des Anlagebeginns lediglich der nominale Zinssatz für den ersten dreimonatigen Anlagezeitraum von insgesamt vier dreimonatigen Anlagezeiträumen bekannt ist. Für die Anleihen der öffent-
96
D. Empirische Datenanalyse
lichen Hand gilt, dass diese eine Restlaufzeit von genau einem Jahr aufweisen und dass diese bis zum Zeitpunkt der Fälligkeit in genau einem Jahr auch gehalten werden, sodass das Kursrisiko der Anleihen vernachlässigt werden kann. Ob ein Zusammenhang zwischen den realen Jahresrenditen einer bestimmten Monatsstichprobe und den mittleren realen Jahresrenditen in den Kalenderjahren, welche die Querschnittsanalyse hervorbringt, existiert und wenn ja, wie stark dieser ist, wird im Folgenden analysiert. Die hierzu berechneten Korrelationskoeffizienten für die Festzinsanlage sowie für die Anleihen werden in der sich anschließenden Abbildung dargestellt, wobei die Werte der Festzinsanlage ausgewiesen sind. Empirische Korrelationskoeffizienten von realen Jahresrenditen aus unterschiedlichen Monatsstichproben mit mittleren realen Jahresrenditen in den Kalenderjahren von 1971 bis 2005
Korrelationskoeffizient
1 0,95
0,95
0,96 0,97 0,96 0,96
0,95 0,91
0,91
0,9
0,88 0,86
0,85
0,84
0,8 0,77 0,75 Jan
Feb
Mrz
Apr
Mai Jun Jul Aug Monatsstichprobe
Festzinsanlage zum Dreimonatszins
Sep
Okt
Nov Dez
Anleihen der öffentlichen Hand
Abbildung 10: Empirische Korrelationskoeffizienten der Festzinsanlage zum Dreimonatszins und der Anleihen der öffentlichen Hand
Für beide Anlagen wird ein positiver Zusammenhang zwischen den realen Jahresrenditen einer bestimmten Monatsstichprobe und den mittleren realen Jahresrenditen offensichtlich, welcher jedoch in Abhängigkeit von der Monatsstichprobe unterschiedlich hoch ausfällt. Ein relativ hoher Zusammenhang zeigt sich hierbei für die Junistichprobe beider Anlagen. Die beiden folgenden Abbildungen zeigen wie sich im Betrachtungszeitraum die realen Jahresrenditen der Junistichprobe und die der Dezemberstichprobe sowie die mittleren realen Jahresrenditen entwickelt haben, wobei zunächst die Festzinsanlage und im Anschluss daran die Anleihen grafisch betrachtet werden.
II. Empirische Repräsentanten der theoretischen Renditegrößen
97
Reale Jahresrenditen der Festzinsanlage zum Dreimonatszins auf Grundlage der Juni- und der Dezemberstichprobe sowie mittlere reale Jahresrenditen der Festzinsanlage zum Dreimonatszins in den Jahren von 1971 bis 2005 0,08 0,06
Rendite
0,04 0,02
2005
2003
2001
1999
1997
1995
1993
1991
1989
1987
1985
1983
1981
1979
1977
1975
1973
-0,02
1971
0
-0,04 Juni
Dezember
Mittlere reale Jahresrenditen
Abbildung 11: Reale Jahresrenditen der Festzinsanlage zum Dreimonatszins von 1971 bis 2005 Reale Jahresrenditen der Anleihen der öffentlichen Hand auf Grundlage der Juni- und der Dezemberstichprobe sowie mittlere reale Jahresrenditen der Anleihen der öffentlichen Hand in den Jahren von 1971 bis 2005 0,07 0,06 0,05
Rendite
0,04 0,03 0,02 0,01 2005
2003
2001
1999
1997
1995
1993
1991
1989
1987
1985
1983
1981
1979
1977
1975
1973
1971
0 -0,01 -0,02 Juni
Dezember
Mittlere reale Jahresrenditen
Abbildung 12: Reale Jahresrenditen der Anleihen der öffentlichen Hand von 1971 bis 2005
Beiden Abbildungen ist zu entnehmen, dass, obwohl beide Anlagen als approximativ risikolos eingestuft werden, die realen Jahresrenditen streuen und mitunter negativ ausfallen. Im Vergleich zu den realen Jahresrenditen des CDax und des Dax zeigen die realen Jahresrenditen der Festzinsanlage und die der Anleihen jedoch eine deutlich niedrigere Streuung.
98
D. Empirische Datenanalyse
Vergleich der Korrelationskoeffizienten. Ein Vergleich zwischen den zuvor abgebildeten Korrelationskoeffizienten von Festzinsanlage und Anleihen sowie denen von CDax und Dax offenbart Übereinstimmungen im Verlaufsmuster der Korrelationskoeffizienten. Die Verläufe in beiden Abbildungen zeigen einen relativ hohen positiven Zusammenhang bezüglich der Junistichproben und einen relativ niedrigen positiven Zusammenhang hinsichtlich der Januarstichproben sowie Dezemberstichproben. Für die mittlere reale Jahresrendite in den Jahren von 1971 bis 2005 besitzt demnach die reale Jahresrendite im Monat Juni bei allen betrachteten Anlagen eine gewisse Repräsentativität, weshalb die realen Jahresrenditen der Junistichprobe der Schätzung der stochastischen Euler-Gleichung zugrunde gelegt werden. Nachfolgend werden die realen Jahresrenditen der Junistichprobe der vier repräsentativen Kapitalanlagen abgebildet. Reale Jahresrenditen repräsentativer Anlagen auf Grundlage der Junistichprobe
0,5 0,4 0,3
0,1 2005
2003
2001
1999
1997
1995
1993
1991
1989
1987
1985
1983
1981
1979
1977
1975
-0,1
1973
0 1971
Rendite
0,2
-0,2 -0,3 -0,4 Festzinsanlage zum Dreimonatszins
Anleihen der öffentlichen Hand
CDax
Dax
Abbildung 13: Reale Jahresrenditen der Junistichprobe von 1971 bis 2005
Diese realen Jahresrenditen werden im fünften Kapitel unter anderem der Schätzung der stochastischen Euler-Gleichung des neuartigen konsumbasierten Modells zugrunde gelegt.
2. Mittlere Jahresrenditen In diesem Abschnitt werden, auf Grundlage der im Rahmen der Längsschnittsanalyse verwendeten Monatsstichproben, die mittleren realen Jahresrenditen der vier repräsentativen Anlagen berechnet.
II. Empirische Repräsentanten der theoretischen Renditegrößen
99
Wie zuvor erläutert, basiert die Längsschnittsanalyse einer repräsentativen Anlage auf zwölf Monatsstichproben, wobei einer Monatsstichprobe 35 reale Jahresrenditen zugrunde liegen. 125 Für jede Monatsstichprobe werden der Stichprobenmittelwert und die Stichprobenvarianz berechnet, sodass sich für eine Anlage zwölf Stichprobenmittelwerte und zwölf Stichprobenvarianzen ergeben. Die mittlere reale Jahresrendite einer Anlage wird durch den Mittelwert der zwölf Stichprobenmittelwerte x angegeben. Des Weiteren wird die Standardabweichung durch die Wurzel des Mittelwertes der zwölf Stichprobenvarianzen s 2 berechnet; hierdurch wird das Streuungsverhalten der realen Jahresrenditen um die mittlere reale Jahresrendite gemessen. In der nachfolgenden Tabelle sind die berechneten Werte der repräsentativen Anlagen enthalten. Tabelle 1 Empirische Mittelwerte und Standardabweichungen der realen Jahresrenditen von 1971 bis 2005
Reale Jahresrenditen von:
x
Festzinsanlage zum Dreimonats-Geldmarktzins
0,0276
0,02032
Anleihen der öffentlichen Hand
0,03037
0,01587
s2
CDax
0,04645
0,20984
Dax
0,03367
0,22266
Es zeigt sich, dass im betrachteten Anlagezeitraum von 1970 bis 2005 die Festzinsanlage eine mittlere reale Rendite von 2,8 % erzielte. Anleihen der öffentlichen Hand rentierten im Mittel mit 3,1 %. Die mittlere reale Rendite des CDax betrug 4,6 % und die des Dax 3,4 %. Im Mittel erzielten die Repräsentanten der riskanten Anlage, CDax und Dax, eine positive Zusatzrendite gegenüber den beiden Repräsentanten der risikolosen Anlage. Diese Zusatzrendite, welche als Überschussrendite bezeichnet wird, ging mit einem vergleichsweise höheren Risiko einher, wird das Risiko durch die Standardabweichung gemessen. Hinsichtlich des CDax sowie des Dax betrug die Streuung der realen Jahresrenditen um ihren Mittelwert ungefähr das Zehnfache der Streuung der realen Jahresrenditen der Festzinsanlage und auch annähernd das Zehnfache der Streuung der realen Jahresrenditen der Anleihen. ___________ 125 Bei den realen Jahresrenditen handelt es sich um verwirklichte Renditen, welche als stetige Renditen berechnet wurden.
100
D. Empirische Datenanalyse
3. Mittlere Jahresüberschussrenditen Folgend wird die mittlere Jahresüberschussrendite des CDax und die des Dax gegenüber der einjährigen Festzinsanlage zum Dreimonatszins analysiert. Die Grundlage bilden wiederum zwölf Monatsstichproben für den CDax und zwölf für den Dax. Der Stichprobe des jeweiligen Monats liegen nun 35 Jahresüberschussrenditen in den Jahren von 1971 bis 2005 zugrunde, welche aus der realen Jahresrenditedifferenz von jeweiligem Aktienindex und Festzinsanlage ermittelt wurden. Für jede Monatsstichprobe wurden der Stichprobenmittelwert und die Stichprobenvarianz berechnet, welche durch die folgende Abbildung wiedergegeben werden. Mittlere Jahresüberschussrendite des CDax gegenüber der einjährigen Festzinsanlage zum Dreimonatszins für die einzelnen Monatsstichproben im Anlagezeitraum von 1970 bis 2005 0,07 6,0%
Mittelwert / Varianz
0,06 0,05
5,3%
5,1% 5,0%
4,6%
0,04
3,9%
4,1% 3,6%
3,5%
4,0% 3,9% 3,8% 2,5%
0,03 0,02 0,01
1,3% 1,5% 1,4% 1,5%
2,2% 2,0% 2,3% 1,9% 2,0% 2,0% 2,0%
0 Jan
Feb
Mrz
Apr
Mai
Jun
Jul
Aug
Sep
Okt
Nov
Dez
Monatsstichprobe
Stichprobenmittelwert
Stichprobenvarianz
Abbildung 14: Mittlere Jahresüberschussrendite des CDax für die einzelnen Monatsstichproben von 1971 bis 2005
Es ist ersichtlich, dass sowohl die Stichprobenmittelwerte als auch die Stichprobenvarianzen je nach Monatsstichprobe variieren. Die höchste mittlere Jahresüberschussrendite wurde hierbei für die Dezemberstichprobe mit 2,5 % und die niedrigste für die Januarstichprobe mit 1,3 % ermittelt, trotz dessen die dazugehörigen empirischen Varianzen nahezu das gleiche Niveau aufweisen. Die höchste Stichprobenvarianz der Jahresüberschussrenditen ist für die Märzstichprobe mit 6 % und die niedrigste für die Junistichprobe mit 3,5 % festzustellen. Die berechneten Werte der mittleren Jahresüberschussrendite, welche durch den Mittelwert der zwölf Stichprobenmittelwerte x bestimmt wurden, und die der Standardabweichung, welche durch die Wurzel des Mittelwertes der zwölf
II. Empirische Repräsentanten der theoretischen Renditegrößen
Stichprobenvarianzen aus.
101
s 2 berechnet wurde, weist die nachfolgende Tabelle
Tabelle 2 Empirische Mittelwerte und Standardabweichungen der Jahresüberschussrenditen von CDax und Dax von 1971 bis 2005
Jahresüberschussrenditen von:
x
CDax gegenüber Festzinsanlage zum Dreimonatszins
0,01884
0,20988
Dax gegenüber Festzinsanlage zum Dreimonatszins
0,00606
0,22208
s2
Es zeigt sich, dass im betrachteten Anlagezeitraum von 1970 bis 2005 sowohl der CDax als auch der Dax eine positive mittlere Jahresüberschussrendite gegenüber der Festzinsanlage erzielte. Die mittlere Überschussrendite des CDax betrug 1,9 % und die des Dax 0,6 %. Somit konnten Wirtschaftssubjekte in den Jahren von 1970 bis 2005 im Mittel eine Zusatzrendite von 1,9 % gegenüber der Festzinsanlage vereinnahmen, sofern sie die CDax-Anlage wählten. Hingegen konnten sie nur 0,6 % erzielen, wenn sie die Dax-Anlage bevorzugten. Von den berechneten Standardabweichungen ist abzulesen, dass die mittlere Jahresüberschussrendite beider Aktienindizes mit einer beachtlichen Streuung der Jahresüberschussrenditen verbunden ist, die annähernd auf dem Niveau der Standardabweichung der realen Jahresrenditen der entsprechenden Aktienindizes liegt. Homogenitätsprüfung der CDax-Stichproben. Inwieweit die zwölf Monatsstichproben von Jahresüberschussrenditen des CDax als homogen anzusehen sind, wird jetzt analysiert. Hierzu wird angenommen, dass die Jahresüberschussrenditen einer Monatsstichprobe Realisierungen von Zufallsvariablen aus einer unendlichen normalverteilten Grundgesamtheit darstellen, diese Zufallsvariablen voneinander unabhängig sind und eine identische Normalverteilung besitzen. Mithilfe der zwölf Stichprobenvarianzen wird die Nullhypothese „Gleichheit 2 , unter der Irrtumswahrscheinlichkeit von 5 %, der Varianzen“, V 12 V 12 geprüft. Hierzu wurde der Test 126 nach Hartley, der nach Cochran und der nach Barlett durchgeführt, deren berechnete Prüfgrößen und kritische Werte in der folgenden Tabelle enthalten sind. ___________ 126 Die Berechnungsvorschrift der drei Prüfgrößen sowie die kritischen Werte für den Hartley-Test und den Cochran-Test wurden entnommen aus: Sachs, Lothar: Angewandte Statistik: Anwendung statistischer Methoden. 10. Auflage. Berlin: Springer, 2002, 614.
102
D. Empirische Datenanalyse Tabelle 3 Test auf Gleichheit der Stichprobenvarianzen
Test nach ...
Hartley
Prüfgröße
Fˆmax
Kritischer Wert bei D 0,05
Fmax
Cochran
Barlett
1,73
Gˆ max
0,114
Fˆ 2
3,39
Gmax
0,14
2 F11 ;0,05 19,67
5,75
Im Ergebnis führten alle drei Tests, da die Prüfgröße jeweils kleiner als der kritische Wert ist, zur Beibehaltung der Nullhypothese „Gleichheit der Varianzen“. Anhand der Stichprobenmittelwerte und Stichprobenvarianzen sowie des Mittels der Stichprobenmittelwerte wird die Nullhypothese „Gleichheit der Erwartungswerte“, P1 P12 , unter der Irrtumswahrscheinlichkeit von 5 %, geprüft. Bei dem durchgeführten F-Test unterschritt die Prüfgröße, Fˆ 0,011 , den kritischen Wert, F121; 42012; 0,05 1,81 , sodass die Nullhypothese identischer Erwartungswerte beibehalten wird. 127 Die Ergebnisse der beiden Überprüfungen untermauern somit die Vermutung, dass die Monatsstichproben der Jahresüberschussrenditen des CDax als homogen zu erachten sind. Schätzung der Risikoprämie. Wie im zweiten Kapitel dieser Arbeit beschrieben, bedarf es im Vorfeld einer Anwendung des CAPM einer Bestimmung der Risikoprämie, was oftmals durch Schätzung dieser auf Grundlage empirischer Daten geschieht. Im Folgenden wird die Risikoprämie des deutschen Kapitalmarktes auf Grundlage der empirischen Daten der Jahresüberschussrenditen des CDax geschätzt. Wiederum gilt die Annahme einer unabhängigen identischen Normalverteilung, sodass die jährliche Risikoprämie einer unabhängigen normalverteilten Zufallsvariable gleicht, welche auf den identischen Parametern Mittelwert P und Varianz V 2 beziehungsweise Standardabweichung V , V fußt. Da diese Parameter unbekannt sind, müssen sie geschätzt werden.
V2 ,
Zur Schätzung der unbekannten Parameter P und V 2 der jährlichen Risikoprämie werden die zwölf Monatsstichproben der Jahresüberschussrenditen des CDax, bezogen auf die Festzinsanlage, zugrunde gelegt. Da für die Jahresüber___________ 127 Sachs, Lothar: Angewandte Statistik: Anwendung statistischer Methoden. 10. Auflage. Berlin: Springer, 2002, 619-621.
II. Empirische Repräsentanten der theoretischen Renditegrößen
103
schussrenditen gilt, dass die mittlere quadratische Abweichung der einzelnen Stichprobenwerte vom Stichprobenmittelwert größer als die mittlere quadratische Abweichung der einzelnen Stichprobenmittelwerte vom Mittelwert der Stichprobenmittelwerte ist, ist es möglich, die folgenden Schätzer zu verwenden. 128 Für den Schätzer des unbekannten Mittelwertes Pˆ gilt: Pˆ
(65)
x.
Somit ist „der beste Schätzer“ des unbekannten Mittelwertes der jährlichen Risikoprämie der Mittelwert der Stichprobenmittelwerte. Des Weiteren gilt für den Schätzer der unbekannten Varianz und den der unbekannten Standardabweichung: Vˆ 2
(66)
s x2 und Vˆ
s x2 .
Demgemäß ist „der beste Schätzer“ für die unbekannte Varianz der jährlichen Risikoprämie der Mittelwert der Stichprobenvarianzen beziehungsweise für die unbekannte Standardabweichung der jährlichen Risikoprämie die Wurzel des Mittelwertes der Stichprobenvarianzen. Die geschätzten Parameter P ,V 2 der Normalverteilungsfunktion der jährlichen Risikoprämie sind in der sich anschließenden Tabelle aufgeführt. Tabelle 4 Geschätzte Parameter der Normalverteilungsfunktion der jährlichen Risikoprämie des CDax
Geschätzte Parameter der Normalverteilungsfunktion
Pˆ
Vˆ 2
Vˆ
Jährliche Risikoprämie (CDax gegenüber Festzinsanlage zum Dreimonatszins)
0,01884
0,04405
0,20988
Das Ergebnis dieser Schätzung besagt, dass die jährliche Risikoprämie auf dem deutschen Kapitalmarkt einen Erwartungswert von rund 1,9 % und eine Varianz von ungefähr 4,4 % besitzt. Es handelt sich hierbei um die geschätzten ___________ 128 Sachs, Lothar: Angewandte Statistik: Anwendung statistischer Methoden. 10. Auflage. Berlin: Springer, 2002, 621.
104
D. Empirische Datenanalyse
Parameter der Grundgesamtheit, die naturgemäß streuen, da sie auf Stichprobenwerten beruhen, welche einen Ausschnitt aus dieser Grundgesamtheit darstellen. Das Ausmaß der Streuung wird durch die Angabe eines Vertrauensbereiches eines Parameters offensichtlich. Durch einen Vertrauensbereich wird ein Intervall bestimmt, welches den wahren aber unbekannten Parameter mit einer vorzugebenen Wahrscheinlichkeit, der Vertrauenswahrscheinlichkeit, überdeckt. Für den Erwartungswert P ergibt sich, bei der Vertrauenswahrscheinlichkeit von 95 %, der Vertrauensbereich von -0,1 % bis 3,9 % (von -5,4 % bis 9,1 %), welcher den wahren aber unbekannten Erwartungswert überdeckt. 129 Für die Varianz V 2 ergibt sich, bei der Vertrauenswahrscheinlichkeit von 95 %, der Vertrauensbereich von 3,9 % bis 5,1 % (von 2,9 % bis 7,6 %), welcher die wahre aber unbekannte Varianz überdeckt. 130 Die beiden Vertrauensbereiche verdeutlichen ein Problem, welches mit der Schätzung der Parameter verbunden ist: Die Parameter können beachtlich streuen, wodurch, unter der vorgegebenen Vertrauenswahrscheinlichkeit, die wahren aber unbekannten Parameter P ,V 2 deutlich von den geschätzten Parametern Pˆ ,Vˆ 2 abweichen können. Die Abweichungen von den Schätzwerten können hierbei positiv oder negativ ausfallen, sodass schließlich im Hinblick auf die „wahre“ Normalverteilungsfunktion der jährlichen Risikoprämie Unsicherheit besteht. Mithilfe der geschätzten Parameter der theoretischen Normalverteilungsfunktion wurde die Verteilung der jährlichen Risikoprämie konstruiert, welche durch die folgende Abbildung verdeutlicht wird.
___________ 129 Der Vertrauensbereich für den wahren aber unbekannten Erwartungswert wurde, auf Grundlage der Irrtumswahrscheinlichkeit von 5 % und des gesamten Umfangs der
Monatsstichproben, wie folgt ermittelt: x
s x2 420
t420 1; 0,05 / 2 d P d x
s x2 420
t420 1; 0,05 / 2 .
Das in Klammern gefasste Intervall beruht auf dem Umfang einer Monatsstichprobe (n=35). 130 Der Vertrauensbereich für die wahre aber unbekannte Varianz wurde, auf Grundlage der Irrtumswahrscheinlichkeit von 5 % und des gesamten Umfangs der Monatsstichproben, wie folgt ermittelt:
s x2 420 1
F 420 1; 0,05 / 2
dV2 d
s x2 420 1
F 420 1;1 0,05 / 2
gefasste Intervall beruht auf dem Umfang einer Monatsstichprobe.
. Das in Klammern
II. Empirische Repräsentanten der theoretischen Renditegrößen
105
Geschätzte theoretische Verteilungsfunktion der jährlichen Risikoprämie des CDax und die empirische Verteilungsfunktion der Jahresüberschussrenditen des CDax gegenüber der Festzinsanlage zum Dreimonatszins 1 0,9 Kumulierte Wahrscheinlichkeiten
0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0 -0,6
-0,5
-0,4
-0,3
-0,2
-0,1
0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
Risikoprämie (Überschussrendite) empirisch
theoretisch
Abbildung 15: Verlauf der geschätzten Normalverteilung der jährlichen Risikoprämie des CDax
Zusätzlich zur geschätzten theoretischen Verteilung der jährlichen Risikoprämie wird, auf Grundlage der gesamten Stichprobenwerte, die empirische Verteilung der Jahresüberschussrenditen des CDax gegenüber der Festzinsanlage abgebildet. Wahrscheinlichkeit einer positiven Risikoprämie. Es wird nun der Frage nachgegangen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass die jährliche Risikoprämie einen Wert größer null annimmt. Infolge der Standardisierung der normalverteilten Zufallsvariable ist es möglich, die Wahrscheinlichkeit zu ermitteln, inwieweit die jährliche Risikoprämie einen Wert größer null annimmt. Die Wahrscheinlichkeit hierfür beträgt 54 %. 131 Ob die jährliche Risikoprämie, also jene Zusatzrendite, welche die CDax-Anlage gegenüber der Festzinsanlage in einem Jahr erzielt, größer null ist, gleicht nahezu dem Wurf einer fairen Münze. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass die mittlere jährliche Risikoprämie einen Wert größer null annimmt, sofern im zukünftigen Anlagezeitraum alles so verläuft wie im vergangenen Anlagezeitraum, also in dem von 1970 bis 2005? Die hierzu berechnete Wahrscheinlichkeit beträgt 70 %, was bedeutet, dass die mittlere jährliche Risikoprämie in einem zukünftigen 36-jährigen Anlagezeitraum, beispielsweise dem von 2005 bis 2040, mit einer Wahrschein___________ 131
Die Wahrscheinlichkeit wurde wie folgt ermittelt: P^X ! 0` 1 )§¨¨ 0 P ·¸¸ . © Vˆ ¹ ˆ
106
D. Empirische Datenanalyse
lichkeit von 70 % einen Wert größer null annimmt. 132 Somit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass im Mittel eine positive Zusatzrendite erzielt wird. Mithilfe der Statistik wurden nun die Probleme – Streuung der geschätzten Parameter sowie Streuung der (mittleren) jährlichen Risikoprämie – augenscheinlich, welche mit der Bestimmung der jährlichen Risikoprämie unter Verwendung empirischer Daten verbunden sind.
4. Mittlerer realer Zins Nun wird die mittlere reale Jahresrendite der einjährigen Festzinsanlage zum Dreimonatszins analysiert, da diese als Vergleichsgröße bei der Berechnung der Jahresüberschussrendite fungiert. Den Ausgangspunkt bilden die zwölf Monatsstichproben, welche jeweils 35 reale Jahresrenditen beinhalten. Die berechneten Stichprobenmittelwerte und Stichprobenvarianzen einer jeden Monatsstichprobe zeigt die folgende Abbildung. Mittlere reale Jahresrendite der einjährigen Festzinsanlage zum Dreimonatszins auf Grundlage der einzelnen Monatsstichproben im Anlagezeitraum von 1970 bis 2005 0,035
Mittelwert / Varianz
0,03 0,025
2,8% 2,8% 2,8% 2,7% 2,9% 2,8% 2,7% 2,6% 2,7% 2,7% 2,7% 2,8%
0,02 0,015 0,01 0,005 0,04% 0,04% 0,05% 0,04% 0,05% 0,04% 0,04% 0,04% 0,04% 0,04% 0,04% 0,04% 0 Jan
Feb
Mrz
Apr
Mai
Jun
Jul
Aug
Sep
Okt
Nov
Dez
Monatsstichprobe
Stichprobenmittelwert
Stichprobenvarianz
Abbildung 16: Mittlere reale Jahresrendite der Festzinsanlage für die einzelnen Monatsstichproben von 1971 bis 2005
Der Vergleich der Monatsstichproben offenbart, dass die höchste mittlere reale Jahresrendite mit 2,9 % im Oktober und die niedrigste mit 2,6 % im Februar erzielt wurde. Auch ist ein vergleichsweise niedriges Niveau nahezu identischer Stichprobevarianzen festzuhalten. Darüber hinaus variieren in den Monatsstich___________ 132
§ · Die Wahrscheinlichkeit wurde wie folgt ermittelt: P^X ! 0` 1 )¨ 0 Pˆ ¸ . ¨ Vˆ ©
35 ¸¹
II. Empirische Repräsentanten der theoretischen Renditegrößen
107
proben die mittleren realen Jahresrenditen der Festzinsanlage weitaus geringer als die mittleren Jahresüberschussrenditen des CDax. Wahrscheinlichkeit für einen positiven realen Zins. Nun wird für eine jede Monatsstichprobe der Festzinsanlage angenommen, dass deren reale Jahresrenditen Realisierungen von Zufallsvariablen aus einer unendlichen normalverteilten Grundgesamtheit darstellen. Diese Zufallsvariablen sind voneinander unabhängig und gehen aus einer identischen Normalverteilung hervor. Mithilfe der Stichprobenmittelwerte und Stichprobenvarianzen wurden, unter Gültigkeit dieser Annahmen, die unbekannten Parameter P ,V 2 der Normalverteilungsfunktion des realen Zinses geschätzt, welche die folgende Tabelle enthält. Tabelle 5 Geschätzte Parameter der Normalverteilungsfunktion des realen Zinses
Geschätzte Parameter der Normalverteilungsfunktion
Pˆ
Vˆ 2
Vˆ
Realer Zins (einjährige Festzinsanlage zum Dreimonatszins)
0,0276
0,00041
0,02032
Wie der reale Zins, auf Grundlage der geschätzten Parameter der Normalverteilungsfunktion, verläuft, zeigt die anschließende Abbildung. Geschätzte theoretische Verteilungsfunktion des realen Zinses und empirische Verteilungsfunktion der realen Jahresrendite der einjährigen Festzinsanlage zum Dreimonatszins 1
Kumulierte Wahrscheinlichkeiten
0,9 0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0 -0,2
-0,15
-0,1
-0,05
0
0,05
0,1
0,15
0,2
Rendite empirisch
theoretisch
Abbildung 17: Verlauf der geschätzten Normalverteilung des realen Zinses
Neben der theoretischen Verteilung des realen Zinses wird auch, auf Grundlage der gesamten Stichprobenwerte, die empirische Verteilung der realen Jahresrenditen der Festzinsanlage abgebildet.
108
D. Empirische Datenanalyse
Da die Festzinsanlage als annähernd risikolos eingestuft wird, rückt die Frage nach ihrer durchschnittlichen Verzinsung ins Zentrum der Analyse. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass der mittlere reale Zins einen Wert größer null annimmt? Wenn sich in einem 36-jährigen Anlagezeitraum in der Zukunft der Verlauf des Anlagezeitraums von 1970 bis 2005 wiederholt, so ergibt sich die Wahrscheinlichkeit von 100 %. 133 Dies signalisiert in der Tat statistische Sicherheit, die so zu deuten ist, dass der mittlere reale Zins im beispielhaften Anlagezeitraum von 2005 bis 2040 mit einer Wahrscheinlichkeit von 100 % einen Wert größer null annimmt. Im Unterschied zur mittleren jährlichen Risikoprämie besteht somit statistische Sicherheit darüber, dass, unter Beachtung der Irrtumswahrscheinlichkeit von 5 %, der mittlere reale Zins positiv ausfällt. Im Anschluss an die Wahrscheinlichkeitsbetrachtung wurde der Vertrauensbereich für den Erwartungswert des realen Zinses bestimmt. Im Ergebnis liegt der wahre aber unbekannte Erwartungswert, unter Annahme der Vertrauenswahrscheinlichkeit von 95 %, im Intervall von 2,6 % bis 3,0 % (von 2,1 % bis 3,5 %). 134 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich, im Gegensatz zur mittleren Risikoprämie, mithilfe der Statistik und empirischer Daten, der mittlere reale Zins zufrieden stellend bestimmen lässt. Nachdem die realen Jahresrenditen repräsentativer Kapitalanlagen auf dem deutschen Kapitalmarkt analysiert wurden, wird sich in der folgenden empirischen Analyse den Konsumgrößen des neuartigen konsumbasierten Modells gewidmet.
___________ 133
§ · Die Wahrscheinlichkeit wurde wie folgt ermittelt: P^X ! 0` 1 )¨ 0 Pˆ ¸ . Die ¨ Vˆ ©
35 ¸¹
exakte Lösung ist 1 4,44 10 16 und wurde auf 1 gerundet. 134
Der Vertrauensbereich für den wahren aber unbekannten Erwartungswert wurde, auf Grundlage der Irrtumswahrscheinlichkeit von 5 % und des gesamten Umfangs der Monatsstichproben, wie folgt ermittelt: x
s x2 420
t420 1; 0,05 / 2 d P d x
s x2 420
t420 1; 0,05 / 2 .
Das in Klammern gefasste Intervall beruht auf dem Umfang einer Monatsstichprobe.
III. Empirische Repräsentanten der theoretischen Konsumgrößen
109
III. Empirische Repräsentanten der theoretischen Konsumgrößen 1. Die beiden theoretischen Konsumgrößen Das neuartige konsumbasierte Modell fußt, unter der Existenz des repräsentativen Wirtschaftssubjektes, auf den theoretischen Größen Pro-Kopf-Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes und Pro-Kopf-Konsum des mehrmalig Nutzen stiftenden Gutes. Die in der stochastischen Euler-Gleichung enthaltene neuartige Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors beinhaltet den absoluten Pro-Kopf-Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes sowie den relativen Pro-Kopf-Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes. Durch die folgende Analyse werden empirische Repräsentanten des ProKopf-Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes und des Pro-KopfKonsums des mehrmalig Nutzen stiftenden Gutes konstruiert, da gegenwärtig diese theoretischen Größen modellkonform nicht zu beobachten sind. Es wird hierzu eine empirische Datenreihe gebildet, welche als eine geeignete Approximation für diese theoretischen Größen erachtet wird. Die Ausgaben der privaten Haushalte für den Konsum von Verbrauchsgütern und Dienstleistungen werden für den Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes als geeignet erachtet, da diese überwiegend durch Einmaligkeit in ihrer Nutzenstiftung gekennzeichnet sind. Für den Konsum des mehrmalig Nutzen stiftenden Gutes fungieren die Ausgaben der privaten Haushalte für den Konsum von kurz- und langlebigen Gütern, da diese in erster Linie durch Mehrmaligkeit in ihrem Nutzen charakterisiert sind. Ausgegrenzt werden jene Ausgaben für individuellen Konsum, welche von Seiten des Staates getätigt werden, da staatliche Aktivitäten im Modell keine Berücksichtigung erfahren.
2. Konstruktion der beiden empirischen Repräsentanten Die Datengrundlage der empirischen Repräsentanten des Pro-Kopf-Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes und des Pro-Kopf-Konsums des mehrmalig Nutzen stiftenden Gutes bilden zum einen Jahresdaten über die gesamtwirtschaftlichen Konsumausgaben der privaten Haushalte in der Bundesrepublik Deutschland und zum anderen Jahresdurchschnittsdaten über die Bevölkerungsanzahl in der Bundesrepublik Deutschland, welche jeweils vom Statistischen Bundesamt veröffentlicht werden. Die verwendeten Jahresdaten 135 ergeben eine Stichprobe, welche den Jahreszeitraum von 1970 bis 2003 umfasst. Im ___________ 135
Die ab dem Jahr 1970 veröffentlichten Jahresdaten über die verwendungszweckbezogenen Konsumausgaben der privaten Haushalte sind derzeit bis einschließlich des Jahres 2003 beim Statistischen Bundesamt erhältlich.
110
D. Empirische Datenanalyse
betrachteten Zeitraum kam es unter anderem zu zwei bedeutsamen Änderungen bei der Erfassung der Jahresdaten. Zum einen erfolgte die Umstellung des Systems der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) auf das europäische System (ESVG), was eine Neuberechnung der Konsumausgaben mit sich brachte, aus der eine Änderung der Jahresdaten resultierte. Zum anderen vergrößerte sich im Zuge der deutschen Wiedervereinigung der Datenerhebungsraum, mit der Folge eines Niveauanstiegs bei den absoluten Jahresdaten. Die gesamtwirtschaftlichen Konsumausgaben der privaten Haushalte werden durch das Statistische Bundesamt, auf Grundlage ihres Verwendungszwecks, in zehn Kategorien unterteilt. Darüber hinaus bietet die amtliche Statistik die Möglichkeit die Güter, anhand des Kriteriums der Dauerhaftigkeit, in Verbrauchsgüter, kurzlebige Güter, langlebige Güter und Dienstleistungen aufzuteilen. Unter Verwertung der Zuordnungsmöglichkeiten wurden für diese Arbeit zwei Jahresdatenreihen von Konsumausgaben konstruiert. Eine Jahresdatenreihe steht approximativ für den Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes; die zweite für den Konsum des mehrmalig Nutzen stiftenden Gutes. Die Zuordnung erfolgte auf Grundlage des Kriteriums des relativen Gewichtes der Konsumausgaben für Verbrauchsgüter und Dienstleistungen innerhalb der Konsumausgaben eines Verwendungszwecks. Sofern die Konsumausgaben für Verbrauchsgüter und Dienstleistungen ein relativ hohes (niedriges) Gewicht innerhalb der Konsumausgaben eines Verwendungszwecks besitzen, werden die Konsumausgaben dieses Verwendungszwecks dem einmalig Nutzen stiftendem Gut (dem mehrmalig Nutzen stiftendem Gut) zugeordnet. Die in dieser Arbeit verwendete Zuordnung der verwendungszweckbezogenen Konsumausgaben in Konsumausgaben für das einmalig Nutzen stiftende Gut und Konsumausgaben für das mehrmalig Nutzen stiftende Gut gibt die folgende Tabelle wieder. Tabelle 6 Zuordnung der verwendungszweckbezogenen Konsumausgaben
Theoretische Konsumgrößen
Zuordnung der verwendungszweckbezogenen Konsumausgaben
Einmalig Nutzen stiftendes Gut
- Nahrungsmittel und Getränke; Tabakwaren - Wohnung; Wasser; Strom; Gas und andere Brennstoffe - Gesundheitspflege - Nachrichtenübermittlung - Freizeit; Unterhaltung; Kultur und Bildungswesen - Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen - Sonstige Waren und Dienstleistungen
Mehrmalig Nutzen stiftendes Gut
- Bekleidung und Schuhe - Einrichtungsgegenstände; Apparate; Geräte und Ausrüstungen - Verkehr
III. Empirische Repräsentanten der theoretischen Konsumgrößen
111
Den berechneten Pro-Kopf-Konsumausgaben liegen die Jahresdurchschnittswerte der Bevölkerungsanzahl des früheren Bundesgebietes und des gesamten Bundesgebietes zugrunde. Im Ergebnis wurde eine Jahresdatenreihe der Pro-Kopf-Konsumausgaben für das einmalig Nutzen stiftende Gut gebildet, welche approximativ für den Pro-Kopf-Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes steht, und eine Jahresdatenreihe der Pro-Kopf-Konsumausgaben für das mehrmalig Nutzen stiftende Gut konstruiert, welche approximativ den Pro-Kopf-Konsum des mehrmalig Nutzen stiftenden Gutes erfasst. Die Jahresdatenreihen der Pro-Kopf-Konsumausgaben umfassen den Zeitraum von 1970 bis 2003, wobei dem Zeitraum von 1970 bis 1991 das frühere Bundesgebiet zugrunde liegt und der Zeitraum von 1991 bis 2003 auf dem gesamten Bundesgebiet basiert. Auf Grundlage der Pro-Kopf-Konsumausgaben wurden 33 stetige Jahreswachstumsraten für jedes Gut berechnet, von denen sich die 21 Wachstumsraten im Zeitraum von 1970 bis 1991 auf das frühere Bundesgebiet und die 12 Wachstumsraten im Zeitraum von 1991 bis 2003 auf das gesamte Bundesgebiet beziehen. Reale Pro-Kopf-Konsumausgaben für das einmalig und mehrmalig Nutzen stiftendes Gut. Auf Grundlage der realen Pro-Kopf-Konsumausgaben in den einzelnen Jahren wurden stetige Jahreswachstumsraten für das einmalig Nutzen stiftende Gut und für das mehrmalig Nutzen stiftende Gut berechnet, welche in der sich anschließenden Abbildung dargestellt sind. Jahreswachstumsraten der realen Pro-Kopf-Konsumausgaben für das einmalig Nutzen stiftende Gut und für das mehrmalig Nutzen stiftende Gut 0,1 0,08
0,04 0,02
2003
2001
1999
1997
1995
1993
1991
1989
1987
1985
1983
1981
1979
1977
1975
-0,02
1973
0 1971
Wachstumsrate
0,06
-0,04 -0,06 einmalig Nutzen stiftendes Gut
mehrmalig Nutzen stiftendes Gut
Abbildung 18: Jahreswachstumsraten der realen Pro-Kopf-Konsumausgaben für das einmalig und mehrmalig Nutzen stiftende Gut
112
D. Empirische Datenanalyse
Die Abbildung zeigt, dass die Jahreswachstumsraten des mehrmalig Nutzen stiftenden Gutes weitaus stärker variieren als die des einmalig Nutzen stiftenden Gutes. Die hierzu berechneten empirischen Mittelwerte und empirischen Standardabweichungen sind in der folgenden Tabelle zu ersehen. Tabelle 7 Empirische Mittelwerte und Standardabweichungen der Jahreswachstumsraten der realen Pro-Kopf-Konsumausgaben für das einmalig und mehrmalig Nutzen stiftende Gut
Jahreswachstumsraten der realen Pro-KopfKonsumausgaben für das:
x
s x2
einmalig Nutzen stiftende Gut
0,02268
0,01252
mehrmalig Nutzen stiftende Gut
0,01462
0,0336
3. Jahreswachstumsraten absoluter und relativer Pro-Kopf-Konsumausgaben Die theoretische Analyse zeigte, dass der neuartig spezifizierte stochastische Diskontfaktor auf zwei konsumbasierten Wachstumsfaktoren – absoluter ProKopf-Konsum einmalig Nutzen stiftendes Gut und relativer Pro-Kopf-Konsum einmalig Nutzen stiftendes Gut – basiert. Die Wachstumsrate des absoluten Pro-Kopf-Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes wird empirisch durch die Jahreswachstumsrate der absoluten (realen) Pro-Kopf-Konsumausgaben für das einmalig Nutzen stiftende Gut erfasst. Die Wachstumsrate des relativen Pro-Kopf-Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes wird empirisch durch die jährliche Wachstumsrate der relativen Pro-Kopf-Konsumausgaben für das einmalig Nutzen stiftende Gut erfasst. Hierbei basieren die relativen Pro-KopfKonsumausgaben für das einmalig Nutzen stiftende Gut auf dem Verhältnis von Pro-Kopf-Konsumausgaben für das einmalig Nutzen stiftende Gut zu den gesamten Pro-Kopf-Konsumausgaben für das einmalig sowie mehrmalig Nutzen stiftende Gut. In der folgenden Abbildung sind die berechneten Jahreswachstumsraten der absoluten Pro-Kopf-Konsumausgaben und die der relativen Pro-Kopf-Konsumausgaben für das einmalig Nutzen stiftende Gut ersichtlich. Der Abbildung ist zu entnehmen, dass die Jahreswachstumsraten der absoluten Pro-Kopf-Konsumausgaben mit nur einer Ausnahme, dem Jahr 2002, durchweg positiv ausfallen. Verglichen mit den Jahreswachstumsraten der relativen Pro-Kopf-Konsumausgaben variieren die der absoluten Pro-Kopf-Konsumausgaben etwas stärker.
III. Empirische Repräsentanten der theoretischen Konsumgrößen
113
Jahreswachstumsraten der absoluten Pro-Kopf-Konsumausgaben und der relativen Pro-Kopf-Konsumausgaben für das einmalig Nutzen stiftende Gut 0,05 0,04
Wachstumsrate
0,03 0,02 0,01
2003
2001
1999
1997
1995
1993
1991
1989
1987
1985
1983
1981
1979
1977
1975
1973
-0,01
1971
0
-0,02 absolute Pro-Kopf-Konsumausgaben
relative Pro-Kopf-Konsumausgaben
Abbildung 19: Jahreswachstumsraten der absoluten und relativen Pro-Kopf-Konsumausgaben für das einmalig Nutzen stiftende Gut
Zudem schwanken die Jahreswachstumsraten der relativen Pro-Kopf-Konsumausgaben, im Gegensatz zu denen der absoluten Pro-Kopf-Konsumausgaben, um das Niveau von null und fallen im Beobachtungszeitraum zu einem Drittel negativ aus. Absolute und relative Pro-Kopf-Konsumausgaben für das einmalig Nutzen stiftende Gut. Für die 33 Jahreswachstumsraten der absoluten sowie für die der relativen Pro-Kopf-Konsumausgaben für das einmalig Nutzen stiftende Gut wurden der Stichprobenmittelwert und die Stichprobenstandardabweichung berechnet, welche die folgende Tabelle enthält. Tabelle 8 Empirische Mittelwerte und Standardabweichungen der Jahreswachstumsraten der absoluten und relativen Pro-Kopf-Konsumausgaben für das einmalig Nutzen stiftende Gut
Jahreswachstumsraten der:
x
absoluten Pro-Kopf-Konsumausgaben für das einmalig Nutzen stiftende Gut
0,02268
0,01252
relativen Pro-Kopf-Konsumausgaben für das einmalig Nutzen stiftende Gut
0,00179
0,00759
s x2
Demgemäß liegt im betrachteten Zeitraum von 1970 bis 2003 die mittlere Jahreswachstumsrate der absoluten Pro-Kopf-Konsumausgaben bei zirka 2,3 % und die der relativen Pro-Kopf-Konsumausgaben bei ungefähr 0,2 %. Die
114
D. Empirische Datenanalyse
Stichprobenstandardabweichung beträgt hierbei annähernd 1,3 % bei den absoluten Pro-Kopf-Konsumausgaben sowie rund 0,8 % bei den relativen Pro-KopfKonsumausgaben. Unter der Voraussetzung, dass die Jahreswachstumsraten jeder dieser beiden Stichproben Realisierungen identisch normalverteilter sowie unabhängiger Zufallsvariablen darstellen, wird, unter Verwendung der Stichprobenmittelwerte, die Nullhypothese „Erwartungswert gleich null“ geprüft. Als Ergebnis ist festzuhalten, dass die Nullhypothese, bei der angenommenen Irrtumswahrscheinlichkeit von 5 %, für den Erwartungswert der Jahreswachstumsrate der absoluten Pro-Kopf-Konsumausgaben zugunsten der Alternativhypothese zu verwerfen ist, hingegen die Nullhypothese für die Jahreswachstumsrate der relativen Pro-Kopf-Konsumausgaben beizubehalten ist. 136 Statistisch gesehen ist somit der Erwartungswert der Jahreswachstumsrate der relativen Pro-KopfKonsumausgaben als nicht von null verschieden zu erachten. Die theoretische Analyse im dritten Kapitel dieser Arbeit ergab, dass der (reale) Zins, auf Grundlage des neuartig spezifizierten stochastischen Diskontfaktors, durch die Erwartungswerte der Wachstumsfaktoren des absoluten und relativen Pro-Kopf-Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes bestimmt wird. Werden jedoch die Ergebnisse der Empirie in diese Betrachtung mit aufgenommen, so muss gemutmaßt werden, dass lediglich der Erwartungswert der Wachstumsrate der absoluten Pro-Kopf-Konsumausgaben für den (realen) Zins bestimmend ist, da nur dieser als statistisch von null verschieden zu erachten ist. Jedoch zeigte die theoretische Analyse auch, dass das Ausmaß der Risikoprämie zugleich von der Kovarianz mit dem Wachstumsfaktor des absoluten Pro-Kopf-Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes sowie von der Kovarianz mit dem Wachstumsfaktor des relativen Pro-Kopf-Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes abhängt. Abhängig von diesen beiden empirischen Kovarianzen besteht nun die Möglichkeit, eine höhere Risikoprämie zu bestimmen, ohne dass hierdurch eine Veränderung des langfristigen (realen) Zinses bewirkt wird. Demnach lässt sich durch die Verbindung von Theorie und Empirie eine höhere langfristige Risikoprämie bei einem unveränderten langfristigen (realen) Zins erzielen. ___________ 136
Die Berechnung der Prüfgröße erfolgte gemäß T
x 0
33 und ergab den Wert
s x2
10,4 für die absoluten Pro-Kopf-Konsumausgaben und den Wert 1,3 für die relativen Pro-Kopf-Konsumausgaben. Bei beiden Prüfungen wurde der kritische Wert von t331; 0,05 / 2 2,03 ermittelt.
III. Empirische Repräsentanten der theoretischen Konsumgrößen
115
Kovarianzanalyse. Die empirische Analyse der jeweils 33 Jahreswachstumsraten der absoluten und der relativen Pro-Kopf-Konsumausgaben für das einmalig Nutzen stiftende Gut bringt einen negativen linearen Zusammenhang zwischen diesen beiden Wachstumsraten zu Tage. Die empirische Kovarianz beträgt -0,00004 und der empirische Korrelationskoeffizient -0,45. Die Nullhypothese „Korrelationskoeffizient größer gleich null“ wurde geprüft und, unter Vorgabe der Irrtumswahrscheinlichkeit von 5 %, zugunsten der Alternativhypothese abgelehnt. 137 Der vermutete negative Zusammenhang zwischen den Jahreswachstumsraten der absoluten und denen der relativen Pro-KopfKonsumausgaben für das einmalig Nutzen stiftende Gut ist somit als statistisch gesichert zu erachten. Demzufolge geht ein Rückgang (Anstieg) der Jahreswachstumsrate der absoluten Pro-Kopf-Konsumausgaben für das einmalig Nutzen stiftende Gut mit einem Anstieg (Rückgang) der Jahreswachstumsrate der relativen Pro-Kopf-Konsumausgaben für das einmalig Nutzen stiftende Gut einher. Durch diese empirische Kovarianz wird gerade jene negative Kovarianz erfasst, welche im dritten Kapitel der theoretischen Analyse der Risikoprämie, unter Verwendung des neuartig spezifizierten stochastischen Diskontfaktors, zugrunde liegt. Abschließend wird analysiert, wie die realen Jahresrenditen des CDax sowie die des Dax, welche als Repräsentanten der riskanten Rendite fungieren, mit den Jahreswachstumsraten der absoluten und denen der relativen Pro-KopfKonsumausgaben für das einmalig Nutzen stiftende Gut kovariieren. Es werden hierbei die realen Jahresrenditen der Junistichprobe verwendet, da diese im fünften Kapitel der Schätzung der stochastischen Euler-Gleichung zugrunde liegen. Die berechneten empirischen Kovarianzen sind in der folgenden Tabelle aufgeführt. Tabelle 9 Empirische Kovarianzen von CDax und Dax mit den absoluten und relativen Pro-Kopf-Konsumausgaben
Empirische Kovarianz zwischen Jahresrenditen und Jahreswachstumsraten
absolute Pro-Kopfrelative Pro-KopfKonsumausgaben einmalig Konsumausgaben einmalig Nutzen stiftendes Gut Nutzen stiftendes Gut
CDax Junistichprobe
0,00031
-0,0004
Dax Junistichprobe
0,00021
-0,00042
___________ 137
Die Berechnung der Prüfgröße erfolgte gemäß T
r 1 r 2
n 2 und ergab für
r 0,45 den Wert -2,83. Für diese einseitige Fragestellung wurde der kritische Wert von t33 2;0,05 1,69 ermittelt.
116
D. Empirische Datenanalyse
Die empirische Analyse bringt zu Tage, dass zum einen die Jahreswachstumsraten der absoluten Pro-Kopf-Konsumausgaben für das einmalig Nutzen stiftende Gut positiv sowohl mit den realen Jahresrenditen des CDax (0,00031) als auch mit denen des Dax (0,00021) kovariieren. Zum anderen zeigt sich, dass die Jahreswachstumsraten der relativen Pro-Kopf-Konsumausgaben für das einmalig Nutzen stiftende Gut negativ sowohl mit den realen Jahresrenditen des CDax (-0,0004) als auch mit denen des Dax (-0,00042) kovariieren. Demnach werden in der Empirie genau jene Vorzeichen der Kovarianz aufgezeigt, auf denen die theoretische Analyse aufsetzt. Auch hier wird von einer positiven Kovarianz zwischen riskanter Rendite und Wachstum des absoluten Pro-KopfKonsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes ausgegangen sowie eine negative Kovarianz zwischen riskanter Rendite und Wachstum des relativen ProKopf-Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes angenommen. Nachdem in diesem Kapitel die empirischen Repräsentanten der theoretischen Größen der stochastischen Euler-Gleichung und der darin enthaltenen neuartigen Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors analysiert wurden, wird sich im folgenden Kapitel schwerpunktmäßig der Schätzung der Parameter der stochastischen Euler-Gleichung zugewendet.
E. Schätzung der stochastischen Euler-Gleichung sowie Prognose des Zinses und der Risikoprämie I. Vorgehensweise In diesem Kapitel werden zunächst die Parameter der stochastischen EulerGleichung des neuartigen konsumbasierten Modells und des konsumbasierten Standardmodells geschätzt. Im Anschluss daran werden die geschätzten Parameter auf ihre Signifikanz hin getestet und vergleichend gegenübergestellt. Des Weiteren werden, unter Verwendung der geschätzten Parameter sowie der empirischen Mittelwerte und empirischen Kovarianzen der Jahreswachstumsraten der absoluten und relativen Pro-Kopf-Konsumausgaben für das einmalig Nutzen stiftende Gut, der langfristige reale Zins und die langfristige Risikoprämie prognostiziert. In einem Vergleich werden die Prognosewerte den empirischen Mittelwerten der Stichprobenmittelwerte gegenübergestellt.
II. Die Verallgemeinerte Momentenmethode 1. Allgemeines Für die Schätzung der Parameter der stochastischen Euler-Gleichung des neuartigen konsumbasierten Modells und des konsumbasierten Standardmodells kommt in dieser Arbeit das Verfahren der Verallgemeinerten Momentenmethode (Generalized Method of Moments (GMM)) 138 zur Anwendung. Die GMM wurde gewählt, da diese eine unmittelbare Schätzung der beiden nicht linearen stochastischen Euler-Gleichungen ermöglicht; eine Linearisierung 139 ___________ 138
Die Verallgemeinerte Momentenmethode ist unter anderem enthalten in: Hamilton, James D.: Time Series Analysis. Princeton, New Jersey: Princeton University Press, 1994, 409-434. 139 Die stochastischen Euler-Gleichungen ließen sich durch Logarithmierung linearisieren. Um dann diese linearen Gleichungen schätzen zu können, bedarf es jedoch empirischer Daten von Varianz und Kovarianz, da diese durch Linearisierung als erklärende Variablen hinzukommen würden. Varianz und Kovarianz sind empirisch nicht beobachtbar, weshalb eine lineare Schätzung nicht gewählt wurde. Würde trotz dessen, dass Varianz und Kovarianz empirisch nicht beobachtbar sind, linear geschätzt werden, so
118
E. Schätzung der stochastischen Euler-Gleichung sowie Prognose
dieser Gleichungen entfällt somit. Gerade in jüngerer Vergangenheit wurde in empirischen Analysen im Bereich der Finanzwirtschaft verstärkt auf die GMM zurückgegriffen. 140 Die Theorie der GMM stammt von Lars Peter Hansen (1982). 141 Sie wurde erstmals durch Lars Peter Hansen und Kenneth Singleton (1982) in einer empirischen Analyse im Bereich der Finanzwirtschaft angewendet.142 Infolge von Weiterentwicklungen der GMM können heutzutage sowohl lineare als auch nicht lineare Modelle, unter der Verwendung von seriell korrelierten, leptokurtischen sowie bedingt heteroskedastischen Variablen, geschätzt werden. 143
2. Verfahrensweise der GMM Im Folgenden wird die Verfahrensweise der GMM kurz dargestellt. Ausgangspunkt ist die Annahme, dass ein statistisches Modell eine Menge von r Orthogonalbedingungen der folgenden Form impliziert: (67)
E >hș 0 , y t @ 0 r .
Hierbei ist y t ein Vektor strikt stationärer Variablen zum Zeitpunkt t , ș 0 der wahre Wert eines Vektors unbekannter Parameter und h eine differenzierbare r -dimensionale Vektorfunktion. Die r Reihen dieser Vektorgleichung werden als Orthogonalbedingungen bezeichnet. Des Weiteren ist YT { y Tc , y Tc 1 ,, y1c c ein Vektor, welcher die Beobachtungen einer Stichprobe vom Umfang T erfasst. Die Vektorfunktion gT ș; YT erfasst den Stichprobenmittelwert der einzelnen Elemente von hș, y t wie folgt: ___________ würde das geschätzte Absolutglied neben der Zeitpräferenzrate auch die Größen Varianz und Kovarianz beinhalten. 140 Einige Möglichkeiten zur Anwendung der GMM im Bereich der Finanzwirtschaft werden aufgezeigt in der Arbeit von: Jagannathan, Ravi / Skoulakis, Geogios / Wang, Zhenyu: Generalized Method of Moments: Applications in Finance. In: Journal of Business and Economic Statistics, 20 (2002), 4, 470-481. 141 Hansen, Lars Peter: Large Sample Properties of Generalized Method of Moments Estimators. In: Econometrica, 50 (1982), 4, 1029-1054. 142 Hansen, Lars Peter / Singleton, Kenneth J.: Stochastic Consumption, Risk Aversion, and the Temporal Behavior of Asset Returns. In: Journal of Political Economy, 91 (1983), 2, 249-265. 143 Jagannathan, Ravi / Skoulakis, Geogios / Wang, Zhenyu: Generalized Method of Moments: Applications in Finance. In: Journal of Business and Economic Statistics, 20 (2002), 4, 470-481.
II. Die Verallgemeinerte Momentenmethode (68)
gT ș; YT
119
1 T ¦ hș, y t . Tt 1
Mithilfe der GMM wird nun der Parametervektor ș ermittelt, welcher das Stichprobenmittel von gT ș; YT so nah wie möglich an das Mittel der Grundgesamtheit von null heranführt. Dies wird durch die Minimierung der folgenden quadratischen Zielfunktion erreicht: (69)
J T ș; YT
>gT ș; YT @ c Sˆ T1>gT ș; YT @ .
Hierbei ist der GMM-Schätzer șˆ T ein „consistent, asymptotically normal, and asymptotically efficient“ Schätzer des Parametervektors ș . 144 Die Quadrierung der Stichprobenmittelwerte erfolgt hierbei auf Grundlage einer vorab zu schätzenden optimalen Gewichtungsmatrix Sˆ T . Im Fall nicht linearer Gleichungen, wie den stochastischen Euler-Gleichungen in dieser Arbeit, ist das Minimierungsproblem unter Zuhilfenahme eines numerischen Verfahrens zu lösen. Mit der Anwendung der GMM wird ein Zirkelschluss offenbart, da zur Schätzung der Gewichtungsmatrix eine Vorabschätzung für ș notwendig ist, hingegen die Schätzung für șˆ T eine Vorabschätzung der Gewichtungsmatrix verlangt. 145 Gelöst wird dieses Zirkelproblem mittels einer zweistufigen Prozedur. In einem ersten Schritt wird, indem die Zielfunktion unter Verwendung einer Einheitsmatrix minimiert wird, ein anfänglicher Schätzer șˆ *T ermittelt. Mithilfe des Schätzers șˆ *T wird die optimale Gewichtungsmatrix Sˆ T geschätzt. Anschließend wird in einem zweiten Schritt, durch Minimierung der Zielfunktion auf Grundlage der zuvor geschätzten optimalen Gewichtungsmatrix, der eigentliche Schätzer șˆ T ermittelt. Die Minimierung der Zielfunktion erfolgt somit zuerst auf Basis der Einheitsmatrix und anschließend auf Grundlage der geschätzten optimalen Gewichtungsmatrix. Die Minimierung wird erreicht, indem die nach den zu schätzenden Parametern partiell abgeleitete Zielfunktion null gesetzt wird, sodass mithilfe des Schätzers șˆ T das anschließende System nicht linearer Gleichungen wie folgt gelöst wird: 146 ___________ 144
Cochrane, John H.: Asset Pricing. Princeton, New Jersey: Princeton University Press, Revised Edition, 2005, 191. 145 Hamilton, James D.: Time Series Analysis. Princeton, New Jersey: Princeton University Press, 1994, 413-414. 146 Hamilton, James D.: Time Series Analysis. Princeton, New Jersey: Princeton University Press, 1994, 414.
120
E. Schätzung der stochastischen Euler-Gleichung sowie Prognose
(70)
ª wg ș; Y T « T wșc «¬ ș
c º » Sˆ T1 gT șˆ T ; YT șˆ T »¼
>
@
0.
Hierbei ist ª wg ș; Y T « T wșc «¬ ș
º » șˆ T »¼
die Matrix partieller Ableitungen der Funktion gT ș; YT nach den zu schätzenden Parametern an der Stelle ș șˆ T , welche durch DT erfasst wird, sodass gilt:
(71)
DcT {
wgT ș; YT wșc
. ș șˆ T
Auf Grundlage dieser Matrix wird der Standardfehler des Schätzers șˆ T ermittelt. Dieser ist bedeutsam, da auf ihn die Signifikanztests der Parameter fußen. Im folgenden Abschnitt werden die Parametervektoren des neuartigen konsumbasierten Modells, ș m U ,V , H c , und des konsumbasierten Standardmodells, ș s U , V c , geschätzt.
III. Schätzung 1. Formulierung der Orthogonalbedingungen Im neuartigen konsumbasierten Modell wird ebenso wie im konsumbasierten Standardmodell angenommen, dass das repräsentative Wirtschaftssubjekt Entscheidungen auf der Grundlage rationaler Erwartungen trifft. Beide theoretischen Modelle fußen auf erwarteten Konsum- und Renditegrößen, welche sich momentan nicht beobachten lassen. Aus diesem Grund werden der empirischen Überprüfung beider Modelle verwirklichte Konsum- und Renditegrößen zugrunde gelegt. Bei der Formulierung der Orthogonalbedingungen wird die Annahme der Bildung von rationalen Erwartungen verwertet. Sofern ein Modell unter der Annahme rationaler Erwartungen Gültigkeit besitzt, sollte der Zufallsfehler des Modells, die Abweichung zwischen erwarteter und verwirklichter Größe, mit
III. Schätzung
121
den Informationsvariablen, welche die Informationsmenge bilden, auf denen die erwartete Größe unter rationalen Erwartungen beruht, unkorreliert sein. Wird die Bestimmung des Zufallsfehlers auf die stochastische Euler-Gleichung des neuartigen konsumbasierten Modells angewendet, so ergibt sich, auf der Grundlage des bedingten Erwartungswertes zum Zeitpunkt t , H V º 1 ª « 1§¨ Ct 1 ·¸ V §¨ At 1 ·¸ V H 1 » Et «1 Rt 1 1 U ¨ » 1, ¸ ¨ ¸ © Ct ¹ © At ¹ « » ¬ ¼
und der hierzu korrespondierenden verwirklichten Größe zum Zeitpunkt t 1 ,
1
H V
§ · V§ · V H 1 1 Rt 1 1 U 1 ¨¨ Ct 1 ¸¸ ¨¨ At 1 ¸¸ , C A © t ¹ © t ¹
der Zufallsfehler zum Zeitpunkt t 1 gemäß der folgenden Gleichung: 147
(72)
et 1
1 H V º ª « 1 §¨ Ct 1 ·¸ V §¨ At 1 ·¸ V H 1 » ». «1 1 Rt 1 1 U ¨ ¸ ¸ ¨ © Ct ¹ © At ¹ » « ¼ ¬
Der Zufallsfehler erfasst hiernach die Differenz zwischen der erwarteten Größe und der verwirklichten Größe der stochastischen Euler-Gleichung des neuartigen konsumbasierten Modells. Die verwirklichte Größe unterliegt dem Einfluss neuer (zufälliger) Informationen, die jedoch zum Zeitpunkt der Bestimmung des Erwartungswertes noch gänzlich unbekannt sind und folglich nicht im Erwartungswert enthalten sein können. Dies ist der Grund dafür, dass trotz Gültigkeit des Modells ein zufälliger Fehler auftreten kann. Zwischen auftretendem Fehler und Informationsvariablen, auf denen der bedingte Erwartungswert beruht, sollte modellkonform kein systematischer Zusammenhang bestehen. Zu untersuchen ist nun, um wel___________ 147 Hamilton, James D.: Time Series Analysis. Princeton, New Jersey: Princeton University Press, 1994, 423.
122
E. Schätzung der stochastischen Euler-Gleichung sowie Prognose
che Informationsvariablen es sich handelt, mit denen der Zufallsfehler unkorreliert zu sein hat. Informationsvariablen. Die Bildung des bedingten Erwartungswertes für das repräsentative Wirtschaftssubjekt zum Zeitpunkt t erfolgt auf Grundlage der Informationsmenge I t . Diese Menge an Informationen ist jedoch durch Dritte nicht vollständig beobachtbar, da Dritte (realitätsnah) lediglich eine Teilmenge von I t , die Informationsmenge I*t , beobachten können. In dieser Arbeit wird eine Informationsmenge z t , welche wiederum eine Teilmenge von I*t darstellt, verwendet, sodass Stichprobenfehler und Teilmenge z t keine Korrelation aufweisen sollten. Im Rahmen von Schätzungen stochastischer Euler-Gleichungen und Überprüfungen spezifizierter stochastischer Diskontfaktoren enthält z t überwiegend Konsum- und Renditegrößen von Vorperioden, die jenen stochastischen EulerGleichungen zugrunde liegen. 148 In dieser Arbeit werden verwirklichte Konsum- und Renditegrößen der unmittelbaren Vorperiode verwendet, sodass Erwartungen zum Zeitpunkt t sowohl im neuartigen konsumbasierten Modell als auch im konsumbasierten Standardmodell auf der Informationsmenge z t beruhen. Diese Informationsmenge ist durch den folgenden Vektor definiert:
(73)
c · § C A z t { ¨¨1, t , t , 1 R f ,t , 1 Rt ¸¸ . ¹ © Ct 1 At 1
Die Informationsmenge zum Zeitpunkt t besteht also aus den verwirklichten Jahreswachstumsfaktoren der absoluten und relativen Pro-Kopf-Konsumausgaben für das einmalig Nutzen stiftende Gut sowie aus den Realisationen der Repräsentanten von realem Zinsfaktor und riskantem Renditefaktor, wobei sich alle vier Größen auf den Zeitraum von t 1 bis t beziehen. Auf Grundlage einer simultanen Verwendung der Repräsentanten für den realen Zins und für die riskante Rendite erfolgt die Schätzung der stochastischen Euler-Gleichung, da durch den hierüber geschätzten stochastischen Diskontfaktor der Zins und die Risikoprämie simultan eine Bestimmung erfahren. Auf Basis dieser beiden Repräsentanten und unter Beachtung des Vektors der In___________ 148 Als Konsum- und Renditegrößen werden in der Arbeit von Hansen und Singleton Größen aus der unmittelbaren Vorperiode beziehungsweise aus zwei, vier oder sechs unmittelbaren Vorperioden verwendet; vgl. Hansen, Lars Peter / Singleton, Kenneth J.: Generalized Instrument Variables Estimation of Nonlinear Rational Expectations Models. In: Econometrica, 50 (1982), 5, 1269-1286.
III. Schätzung
123
formationsvariablen z t ergeben sich insgesamt zehn Orthogonalbedingungen für das neuartige konsumbasierte Modell. Mithilfe der folgenden Gleichung wird der zufällige Stichprobenfehler zum Zeitpunkt t ermittelt:
(74)
h șm , y t
H V º º 1 ªª «« 1 §¨ Ct 1 ·¸ V §¨ At 1 ·¸ V H 1 » » « « 1 1 Rt 1 1 U ¨ » zt » ¸ ¨ ¸ © Ct ¹ © At ¹ «« » » ¼ ». «¬ 1 H V º » «ª «« · V § A · V H 1 » » 1 § C « «1 1 R f ,t 1 1 U ¨¨ t 1 ¸¸ ¨¨ t 1 ¸¸ » zt » C «« © t ¹ © At ¹ » » ¼ ¼» ¬« ¬
Einer jeden der zehn Orthogonalbedingungen liegen 32 Stichprobenfehler zugrunde. 149
Der Stichprobenmittelwert von h ș m , y t wird nun wie folgt ermittelt:
gT ș m ; YT
(75)
1 T ¦ h șm , yt . Tt 1
Auf Grundlage des Stichprobenmittelwertes der Stichprobenfehler des neuartigen konsumbasierten Modells resultiert die folgende zu minimierende Zielfunktion:
(76)
J T ș m ; YT
>g ș T
m
; YT
@c Sˆ >g ș 1 T
T
m
@
; YT .
Aus der Lösung dieses Minimierungsproblems geht șˆ Tm , șˆ Tm Uˆ , Vˆ , Hˆ c , der Schätzer des unbekannten Parameters ș m für das neuartige konsumbasierte Modell, hervor. Die Vorgehensweise, um die stochastische Euler-Gleichung des konsumbasierten Standardmodells zu schätzen, ist analog der des neuartigen konsumbasierten Modells. Der Stichprobenfehler zum Zeitpunkt t wird im konsumbasierten Standardmodell durch die folgende Gleichung ermittelt: ___________ 149 Zwischen den Informationsvariablen und den erwarteten Konsum- und Renditegrößen im Modell besteht ein zeitlicher Abstand von einer Periode, weshalb, ausgehend von den 33 Jahreswachstumsraten der absoluten und relativen Pro-Kopf-Konsumausgaben für das einmalig Nutzen stiftende Gut, insgesamt 32 Stichprobenfehler existieren.
124
(77)
E. Schätzung der stochastischen Euler-Gleichung sowie Prognose
h șs , yt
1 ªª º º «« 1 §¨ Ct 1 ·¸ V » » « « 1 1 Rt 1 1 U ¨ » zt » ¸ © Ct ¹ «« » » ¼ ». «¬ 1 «ª » º «« 1 §¨ Ct 1 ·¸ V » » « «1 1 R f ,t 1 1 U ¨ ¸ » zt » «« © Ct ¹ » » «¬ ¬ ¼ »¼
Der Stichprobenmittelwert von h ș s , y t wird folgendermaßen bestimmt:
gT ș s ; YT
(78)
1 T ¦ h șs , yt . Tt 1
Auf Grundlage des Stichprobenmittelwertes gilt es, die folgende Zielfunktion zu minimieren:
(79)
JT ș s ; YT
>g ș ; Y @c Sˆ >g ș ; Y @. T
s
T
1 T
T
s
T
Durch diese Minimierung wird als Lösung șˆ Ts , șˆ Ts Uˆ , Vˆ c , der Schätzer des unbekannten Parameters ș s für das konsumbasierte Standardmodell, hervorgebracht. Da der stochastischen Euler-Gleichung des konsumbasierten Standardmodells die identischen Informationsvariablen der stochastischen Euler-Gleichung des neuartigen konsumbasierten Modells zugrunde gelegt werden, resultieren auch für das konsumbasierte Standardmodell zehn Orthogonalbedingungen. Anders als im neuartigen konsumbasierten Modell, für das drei Parameter geschätzt werden, werden lediglich zwei Parameter für das konsumbasierte Standardmodell geschätzt. Somit besitzt das Standardmodell, unter Beachtung der zehn Orthogonalbedingungen, eine um eins erhöhte Überidentifizierung gegenüber dem neuartigen Modell. Dies impliziert, dass im Rahmen des Tests der Modelle auf überidentifizierende Restriktionen, wie noch gezeigt wird, der kritische Wert des konsumbasierten Standardmodells im Vergleich zu dem des neuartigen konsumbasierten Modells geringfügig höher ausfällt.
2. Optimale Gewichtungsmatrix Die Zielfunktion bringt, im Rahmen der Minimierung der quadrierten Mittelwerte der Stichprobenfehler, einen effizienten Schätzer ș hervor, sofern hierbei die invertierte Varianz-Kovarianz-Matrix S 1 von hș 0 , y t als Gewich-
III. Schätzung
125
tungsmatrix verwendet wird. 150 Die Varianz-Kovarianz-Matrix ist jedoch unbekannt und muss daher geschätzt werden, wobei nun aber Sˆ T als konsistenter Schätzer für diese Matrix fungiert. Wenn der Vektorprozess von hș 0 , y t unkorreliert und homoskedastisch ist, so ist
>
@>
@
c 1 T Sˆ T { ¦ h șˆ T , y t h șˆ T , y t Tt 1
ein konsistenter Schätzer für die Varianz-Kovarianz-Matrix, wobei șˆ T einen konsistenten Schätzer für ș 0 darstellt. 151 Im Fall von serieller Korrelation und Heteroskedastizität des Vektorprozesses von hș 0 , y t ist ein möglicher Schätzer jener von Newey und West (1987), welcher wie folgt ermittelt wird: 152
(80)
Sˆ T
īˆ 0,T
q
§
v 1©
§ v ·· ˆ ¸¸ ¸ ī v,T īˆ cv,T ¸ © q 1 ¹¹
¦ ¨¨1 ¨¨
und wobei gilt: 153
(81)
īˆ v,T
>
@>
@
c 1 T ˆ ¦ h șT , y t h șˆ T , y t v . T t v 1
Auch in diesem Fall stellt șˆ T einen konsistenten Schätzer für ș 0 dar. Die zu verwendende Länge zeitlichen Abstands q ist hierbei unbestimmt. Für die Schätzung der stochastischen Euler-Gleichung des neuartigen konsumbasierten Modells sowie des konsumbasierten Standardmodells wurde q 2 gewählt, um ___________ 150 Hamilton, James D.: Time Series Analysis. Princeton, New Jersey: Princeton University Press, 1994, 413. 151 Hamilton, James D.: Time Series Analysis. Princeton, New Jersey: Princeton University Press, 1994, 413. 152 Newey, Whitney K. / West, Kenneth D.: A Simple, Positive Semi-definite, Heteroskedasticity and Autocorrelation Consistent Covarince Matrix. In: Econometrica, 55 (1987), 3, 703-708. 153 Hamilton, James D.: Time Series Analysis. Princeton, New Jersey: Princeton University Press, 1994, 414.
126
E. Schätzung der stochastischen Euler-Gleichung sowie Prognose
hierüber einer möglichen Autokorrelation erster und zweiter Ordnung der Stichprobenfehler Rechnung zu tragen.
3. Teststatistik Im Anschluss an die Schätzung des Parametervektors ist die statistische Signifikanz der einzelnen Parameter zu prüfen. Es wird die Annahme getroffen, dass der GMM-Schätzer șˆ T annähernd normalverteilt ist, sodass gilt: 154 ˆ § V șˆ T | N ¨ ș 0 , T ¨ T ©
(82)
· ¸, ¸ ¹
wobei
Dˆ
ˆ V T
T
ˆc Sˆ T1 D T
1
die Matrix partieller Ableitungen der Funktion gT ș; YT nach den zu schätzenden Parametern an der Stelle ș șˆ T ,
ˆc D T
wgș wșc ș
, șˆ T
beinhaltet. Die Bestimmung von Dˆ cT erfolgt in dieser Arbeit gemäß: 155
(83)
ˆc D T
1 T whș, y t ¦ T t 1 wșc ș
. șˆ T
Mithilfe von Dˆ cT wird anschließend die Varianz-Kovarianz-Matrix von șˆ T , ___________ 154 Hamilton, James D.: Time Series Analysis. Princeton, New Jersey: Princeton University Press, 1994, 414-415. 155 Hamilton, James D.: Time Series Analysis. Princeton, New Jersey: Princeton University Press, 1994, 422.
III. Schätzung
T1 Dˆ
Var șˆ T
T
ˆc Sˆ T1 D T
127
1
,
ermittelt. Die geschätzte Varianz-Kovarianz-Matrix dient dazu, die geschätzten Parameter auf ihre Signifikanz hin zu testen. Für den Test, ob ein geschätzter Parameter T i gleich null ist, gilt: 156 Tˆi
(84)
~ N 0,1 .
Var Tˆ
i
Dementsprechend wird die Signifikanz der einzelnen Parameter des neuartigen konsumbasierten Modells sowie des konsumbasierten Standardmodells geprüft. Im Vorfeld der Signifikanztests sind die partiellen Ableitungen für die Vektorfunktion des mittleren Stichprobenfehlers nach den zu schätzenden Parametern zu ermitteln. Für das neuartige konsumbasierte Modell ergeben sich die folgenden partiellen Ableitungen für die Vektorfunktion des mittleren Stichprobenfehlers
wgT ș m ; YT wș m
ª wgT « « wV wg (85) « T « wH « wgT « ¬ wU
º » » » » » » ¼
:
H V 1 ª º § At 1 ·º » « 1 Rt 1 § Ct 1 · V § At 1 · V H 1 ª 1 § Ct 1 · H ¸» » ¸ ¸ ¸ ¨ ¨ ln¨¨ « 2 ln¨¨ « ¸ ¸ ¸ ¸ ¨ ¨ 2 «¬ V © Ct ¹ V H 1 © At ¹»¼ » « 1 U © Ct ¹ © At ¹ H V 1 « » « » § At 1 · 1 §¨ Ct 1 ·¸ V §¨ At 1 ·¸ V H 1 V 1 ¸ 1 Rt 1 1 U ¨ ln¨¨ « » ¸ ¨ ¸ ¸ 2 V H 1 © At ¹ « » © Ct ¹ © At ¹ H V 1 « » « » 2 §¨ Ct 1 ·¸ V §¨ At 1 ·¸ V H 1 1 Rt 1 1 U ¨ « » ¸ ¨ ¸ « » © Ct ¹ © At ¹ ¬« ¼»
Die entsprechenden partiellen Ableitungen der Vektorfunktion des mittleren Stichprobenfehlers des konsumbasierten Standardmodells
___________ 156 Cochrane, John H.: Asset Pricing. Princeton, New Jersey: Princeton University Press, Revised Edition, 2005, 192.
128
E. Schätzung der stochastischen Euler-Gleichung sowie Prognose
wg T ș s ; Y T
wș s
lauten:
ª wg « T « wV « « wg T « wU ¬
(86)
º » » » » » ¼
1 ª º § C · V 1 § C ·» « 1 ¨ t 1 ¸ 1 t ¸ ¨ « 1 Rt 1 1 U » ln ¨ C ¸ V 2 ¨ C ¸» « © t ¹ © t ¹ « ». 1 « » § · V « » 2 ¨ Ct 1 ¸ 1 Rt 1 1 U « » ¨ C ¸ « » © t ¹ ¬ ¼
Um die Modellspezifikation des neuartigen konsumbasierten Modells und die des konsumbasierten Standardmodells überprüfen zu können, wird der von Lars Peter Hansen (1982) 157 entwickelte J T -Test, ein Test auf überidentifizierende Restriktionen, angewendet. In beiden Modellen übersteigt die Anzahl der Orthogonalbedingungen die der zu schätzenden Parameter, weshalb beide Modelle als überidentifiziert zu bezeichnen sind; es werden also zur Schätzung von ș mehr Orthogonalbedingungen verwendet als eigentlich notwendig sind.
Durch den J T -Test wird geprüft, ob die mittleren Stichprobenfehler gT șˆ T so nah bei null liegen wie es zu erwarten wäre, sollten die hierzu korrespondierenden Momente der Grundgesamtheit E >hș0 , y t @ in der Tat null sein. 158 Beim J T -Test wird die Prüfgröße wie folgt bestimmt: 159 (87)
TJ T
> @ > @
c T min g T șˆ T Sˆ T1 g T șˆ T ~ F 2 (Momente – Parameter).
Demnach ergibt sich die Prüfgröße, welche F 2 -verteilt ist, aus dem Produkt von minimiertem Zielwert, nach der zweiten Prozedur, und dem Stichprobenumfang. Die Anzahl der Freiheitsgrade, welche der Bestimmung des kritischen Wertes dienen, sind zu ermitteln, indem die Anzahl der zu schätzenden Parame___________ 157
Hansen, Lars Peter: Large Sample Properties of Generalized Method of Moments Estimators. In: Econometrica, 50 (1982), 4, 1029-1054. 158 Hamilton, James D.: Time Series Analysis. Princeton, New Jersey: Princeton University Press, 1994, 415. 159 Cochrane, John H.: Asset Pricing. Princeton, New Jersey: Princeton University Press, Revised Edition, 2005, 192.
III. Schätzung
129
ter von der Anzahl der Orthogonalbedingungen abgezogen wird. Somit ergeben sich für das neuartige konsumbasierte Modell sieben Freiheitsgrade und für das konsumbasierte Standardmodell acht, infolgedessen sich der kritische Wert des Standardmodells gegenüber dem des neuartigen Modells etwas erhöht. In diesem Zusammenhang ist kritisch anzumerken, dass jener J T -Test bei der Aufdeckung eines statistisch falsch spezifizierten Modells schnell versagen kann. 160
4. Rechnergestützter Lösungsprozess Der rechnergestützte Lösungsprozess, der für diese Arbeit notwendig wurde, da nur hierüber die Minimierung der Zielfunktion und somit die Schätzung der Parameter mittels GMM durchgeführt werden konnte, wird in seiner Vorgehensweise nun kurz beschrieben. Für diese Arbeit erfolgte die rechnergestützte Lösungsfindung unter Verwendung der in der Tabellenkalkulation Excel® enthaltenen Routine „Solver“. Es wurde hierbei die zweistufige Prozedur durchgeführt, die vom „Solver“ jeweils iterativ ausgeführt wurde. Für die Routine „Solver“, die einige Einstellungsmöglichkeiten bietet, wurden im Fenster „Optionen“ die folgenden Einstellungen gewählt: „Höchstzeit: 100 Sekunden“, „Iterationen: 200“, „Genauigkeit: 0,00001“, „Toleranz: 5 %“, „Konvergenz: 0,1“, „Schätzung: quadratisch“, „Differenz: Vorwärts“ und „Suchen: Newton“. Vor dem Durchlauf der ersten Prozedur sind Startwerte für die zu schätzenden Parameter vorzugeben. Aus Plausibilitätsüberlegungen wurden die folgenden Startwerte gewählt: U 0 ; V 0,8 und H 1,2 . Mit dem iterativen Durchlauf der ersten Prozedur wurden, im Zuge der Minimierung der Zielfunktion, unter Verwendung einer Einheitsmatrix als Gewichtungsmatrix, vorläufige Parameter geschätzt. Mithilfe dieser geschätzten Parameter wurde die optimale Gewichtungsmatrix ermittelt, welche anschließend der zweiten Prozedur zu Grunde gelegt wurde. Als Startwerte der zweiten Prozedur dienten die vorläufig geschätzten Parameter. Mit dem iterativen Durchlauf der zweiten Prozedur erfolgte die endgültige Schätzung der Parameter, wobei die Zielfunktion, unter Verwendung der zuvor ermittelten optimalen Gewichtungsmatrix, minimiert wurde. Im An___________ 160 Hamilton, James D.: Time Series Analysis. Princeton, New Jersey: Princeton University Press, 1994, 415.
130
E. Schätzung der stochastischen Euler-Gleichung sowie Prognose
schluss daran wurden, anhand der geschätzten Parameter sowie des minimierten Wertes der Zielfunktion, die entsprechenden Tests durchgeführt.
5. Ergebnisse der GMM-Schätzung Über die zweistufige Prozedur der GMM wurden, auf Grundlage der stochastischen Euler-Gleichung, die Parameter des neuartigen konsumbasierten Modells sowie die des konsumbasierten Standardmodells geschätzt. Insgesamt wurden vier Schätzungen durchgeführt, wobei den Schätzungen neben den Wachstumsfaktoren der absoluten sowie relativen Pro-Kopf-Konsumausgaben für das einmalig Nutzen stiftende Gut die Faktoren realer Jahresrenditen von Anlagen der Junistichprobe zugrunde lagen. Den Schätzungen beider Modelle wurde simultan der Repräsentant für die riskante Rendite – CDax beziehungsweise Dax – und der für den Zins – Festzinsanlage beziehungsweise Anleihen – zugrunde gelegt, sodass sich insgesamt vier Schätzungen ergaben. Schätzungen bezüglich CDax. Die Ergebnisse der ersten beiden Schätzungen der stochastischen Euler-Gleichung, deren Schätzungen auf dem System simultaner nicht linearer Gleichungen basierten sowie auf Grundlage von CDax und Festzinsanlage einerseits und CDax und Anleihen andererseits erfolgten, sind in den sich anschließenden beiden Tabellen enthalten. Tabelle 10 Schätzergebnisse von CDax und Festzinsanlage CDax und Festzinsanlage
neuartiges Modell
Standardmodell
J T ș
0,173375349
0,157056419
Prüfgröße J T -Test
5,548011163
5,025805393
Kritischer Wert ( F -Vert.)
14,06712726
15,50731249
Zeitpräferenzrate Uˆ Prüfgröße H 0 : Uˆ 0
0,00899057
0,01933695
0,155703023
1,965007353
Kritischer Wert (N(0,1))
1,959961082
1,959961082
Intertemp. Substitutionselast. Vˆ Prüfgröße H 0 : Vˆ 0
0,964544405
1,208860905
0,503294011
1,587970533
Kritischer Wert (N(0,1))
1,959961082
1,959961082
Intratemp. Substitutionselast. Hˆ Prüfgröße H 0 : Hˆ 0
1,026254427
Kritischer Wert (N(0,1))
1,959961082
2
0,649625477
III. Schätzung
131
Tabelle 11 Schätzergebnisse von CDax und Anleihen CDax und Anleihen
neuartiges Modell
Standardmodell
J T ș
0,181701415
0,190466181
Prüfgröße J T -Test
5,814445271
6,094917789
Kritischer Wert ( F -Vert.)
14,06712726
15,50731249
Zeitpräferenzrate Uˆ Prüfgröße H 0 : Uˆ 0
0,013156969
0,015956335
0,254149291
1,643390452
Kritischer Wert (N(0,1))
1,959961082
1,959961082
Intertemp. Substitutionselast. Vˆ Prüfgröße H 0 : Vˆ 0
0,920335058
0,886809602
0,592017633
2,461480419
Kritischer Wert (N(0,1))
1,959961082
1,959961082
Intratemp. Substitutionselast. Hˆ Prüfgröße H 0 : Hˆ 0
1,036917254
Kritischer Wert (N(0,1))
1,959961082
2
1,197823457
Für das neuartige konsumbasierte Modell lauten die Schätzergebnisse wie folgt: șˆ Tm1 Uˆ 0,008;Vˆ 0,964; Hˆ 1,026 c ; șˆ Tm2 Uˆ 0,013;Vˆ 0,920; Hˆ 1,036 c . 161 Die folgenden Parametervektoren wurden für das konsumbasierte Standardmodell geschätzt: șˆ Ts 1 Uˆ 0,019;Vˆ 1,208 c ; șˆ Ts 2 Uˆ 0,015;Vˆ 0,886 c . Für alle Schätzungen ergab sich aus dem Test überidentifizierender Restriktionen, unter der Irrtumswahrscheinlichkeit von 5 %, eine Nichtablehnung sowohl des neuartigen konsumbasierten Modells als auch des konsumbasierten Standardmodells. Für die Punktschätzungen resultierte in allen vier Fällen eine positive Zeitpräferenzrate, wodurch die Annahme einer positiven Zeitpräferenzrate im Theorieteil bestärkt wird. Ein Vergleich von Uˆ zeigt, dass die geschätzte Zeitpräferenzrate des neuartigen konsumbasierten Modells unterhalb der des konsumbasierten Standardmodells liegt. Für das neuartige konsumbasierte Modell ist auffällig, dass die Schätzer von V durchweg kleiner eins sind und die Punktschätzungen hierbei nur geringfügig voneinander abweichen. Auch die Punktschätzungen von H weichen nur
geringfügig voneinander ab und liegen jeweils oberhalb von eins. Darüber hinaus liegen die Punktschätzungen von H und die von V für dieses neuartige Modell gerade in den Bereichen, welche auch im Rahmen der theoretischen ___________ 161 Die näher betrachteten Schätzer werden mit drei Nachkommastellen – ohne Rundung – angegeben.
132
E. Schätzung der stochastischen Euler-Gleichung sowie Prognose
Analyse des neuartig spezifizierten stochastischen Diskontfaktors als plausibel erachtet wurden. Beide Resultate zusammen lassen vermuten, dass die Schätzung der intertemporalen Substitutionselastizität nur im Zusammenhang mit der intratemporalen Substitutionselastizität erfolgen sollte, was in enger Verwandtschaft zu dem zentralen Ergebnis der Arbeit von Carmen M. Reinhart und Masao Ogaki (1998) steht. In der Arbeit von Reinhart und Ogaki wurde erstmals, hinsichtlich des US-amerikanischen Marktes, aufgezeigt, dass es notwendig sei, für die Schätzung der intertemporalen Substitutionselastizität die intratemporale Substitutionselastizität mit einzubeziehen. 162 Kritisch ist jedoch anzumerken, dass, unter der Nullhypothese „Parameter gleich null“ und der Irrtumswahrscheinlichkeit von 5 %, die Signifikanztests von H sowie V zur Nichtablehnung der Nullhypothese führen, wofür der relativ hohe Standardfehler der beiden geschätzten Parameter ursächlich ist. Für das konsumbasierte Standardmodell ist festzuhalten, dass die Schätzer von V vergleichsweise stärker voneinander abweichen, wobei ein Schätzer oberhalb von eins und einer unterhalb von eins liegt. Von beiden Schätzern erweist sich jener unterhalb von eins, bei der Irrtumswahrscheinlichkeit von 5 %, als statistisch signifikant von null verschieden. Dies bestärkt die grundsätzliche Vermutung, dass der Parameter der intertemporalen Substitutionselastizität größer null aber kleiner eins sein sollte. Die Schätzergebnisse sowohl des neuartigen konsumbasierten Modells als auch des konsumbasierten Standardmodells signalisieren eine vergleichsweise niedrige intertemporale Substitutionselastizität beziehungsweise, aufgrund der reziproken Verbundenheit mit der relativen Risikoaversion, eine verhältnismäßig hohe relative Risikoaversion, die größer eins aber kleiner zwei ist. Durch das neuartige konsumbasierte Modell ist es möglich, Schätzer von V sowie von H zu ermitteln, welche jeweils für sich, unter kritischer Berücksichtigung des Standardfehlers, geringfügig voneinander abweichen. Hieraus lässt sich im Kern ableiten, dass Wirtschaftssubjekte neben dem absoluten Konsum auch dem relativen Konsum, der im neuartigen konsumbasierten Modell eine Komposition aus einmalig und mehrmalig Nutzen stiftendem Konsumgut darstellt, eine hohe Wertschätzung beimessen, wodurch impliziert wird, dass beide Konsumgrößen zugleich sowohl für die Höhe des (realen) Zinses als auch für die Höhe der Risikoprämie bedeutsam sind.
___________ 162 Ogaki, Masao / Reinhart, Carmen M.: Measuring Intertemporal Substitution: The Role of Durable Goods. In: Journal of Political Economy, 106 (1998), 5, 1078-1098.
III. Schätzung
133
Schätzungen bezüglich Dax. Die Ergebnisse der Schätzungen drei und vier der stochastischen Euler-Gleichung, deren Schätzungen wiederum auf dem System simultaner nicht linearer Gleichungen basierten sowie auf Grundlage von Dax und Festzinsanlage einerseits und Dax und Anleihen andererseits erfolgten, werden nun betrachtet. Für das neuartige konsumbasierte Modell lauten die Schätzergebnisse wie folgt: șˆ Tm3 Uˆ 0,004;Vˆ 0,976; Hˆ 1,009 c ; șˆ Tm4 Uˆ 0,007;Vˆ 0,965; Hˆ 1,010 c . Die folgenden Parametervektoren wurden für das konsumbasierte Standardmodell geschätzt: șˆ Ts 3 Uˆ 0,017;Vˆ 1,368 c ; șˆ Ts 4 Uˆ 0,013;Vˆ 0,910 c . Die Ergebnisse weisen Parallelen zu denen der ersten beiden Schätzungen auf. Hervorzuheben ist, dass wiederum für das neuartige konsumbasierte Modell die Schätzer von V unterhalb von eins und die von H oberhalb von eins liegen und in beiden Schätzungen jeweils nur geringfügig voneinander abweichen. Allerdings weisen die Punktschätzungen von V sowie die von H wiederholt einen hohen Standardfehler auf, sodass in beiden Fällen die Schätzer statistisch als nicht von null verschieden zu erachten sind. Wiederum erweist sich im konsumbasierten Standardmodell lediglich derjenige Schätzer von V als statistisch signifikant von null verschieden, welcher unterhalb von eins liegt. Tabelle 12 Schätzergebnisse von Dax und Festzinsanlage Dax und Festzinsanlage
neuartiges Modell
Standardmodell
0,176086111
0,144066008
Prüfgröße J T -Test
5,634755559
4,610112247
Kritischer Wert ( F -Vert.)
14,06712726
15,50731249
Zeitpräferenzrate Uˆ Prüfgröße H 0 : Uˆ 0
0,004816864
0,01780047
0,073632699
1,543016478
Kritischer Wert (N(0,1))
1,959961082
1,959961082
Intertemp. Substitutionselast. Vˆ Prüfgröße H 0 : Vˆ 0
0,976100221
1,368778696
0,46631136
1,350475359
Kritischer Wert (N(0,1))
1,959961082
1,959961082
Intratemp. Substitutionselast. Hˆ Prüfgröße H 0 : Hˆ 0
1,009700531
Kritischer Wert (N(0,1))
1,959961082
J T ș 2
1,127509736
134
E. Schätzung der stochastischen Euler-Gleichung sowie Prognose Tabelle 13 Schätzergebnisse von Dax und Anleihen
Dax und Anleihen
neuartiges Modell
Standardmodell
J T ș
0,186174421
0,178694303
Prüfgröße J T -Test
5,957581465
5,718217687
Kritischer Wert ( F -Vert.)
14,06712726
15,50731249
Zeitpräferenzrate Uˆ Prüfgröße H 0 : Uˆ 0
0,007070455
0,013132792
0,101787779
1,250181624
Kritischer Wert (N(0,1))
1,959961082
1,959961082
Intertemp. Substitutionselast. Vˆ Prüfgröße H 0 : Vˆ 0
0,965212906
0,910177694
0,444390159
2,272900331
Kritischer Wert (N(0,1))
1,959961082
1,959961082
Intratemp. Substitutionselast. Hˆ Prüfgröße H 0 : Hˆ 0
1,010840436
Kritischer Wert (N(0,1))
1,959961082
2
1,396274957
Ungeachtet der fehlenden Signifikanz der Parameter führen die Tests auf überidentifizierende Restriktionen, unter der Irrtumswahrscheinlichkeit von 5 %, zu einer Nichtablehnung sowohl des neuartigen konsumbasierten Modells als auch des konsumbasierten Standardmodells. Der geschätzte Parametervektor des neuartigen konsumbasierten Modells sowie der des konsumbasierten Standardmodells bildet die Grundlage der sich hieran anschließenden Prognose des langfristigen realen Zinses und der langfristigen Risikoprämie.
IV. Prognose 1. Grundlagen zur Logarithmierung der stochastischen Euler-Gleichung Im Vorfeld der Prognostizierung des langfristigen logarithmischen realen Zinses und der langfristigen logarithmischen Risikoprämie ist die Logarithmierung der stochastischen Euler-Gleichung erforderlich. In Anlehnung an die Arbeit von Lars Peter Hansen und Kenneth J. Singleton (1983) 163 wird hierzu ___________ 163
Hansen, Lars Peter / Singleton, Kenneth J.: Stochastic Consumption, Risk Aversion, and the Temporal Behavior of Asset Returns. In: Journal of Political Economy, 91 (1983), 2, 249-265.
IV. Prognose
135
angenommen, dass die gemeinsame bedingte Verteilung von Rendite und Konsumwachstum sowie implizit von Rendite und stochastischem Diskontfaktor logarithmisch normalverteilt ist. Allgemein gilt für eine Zufallsvariable X , die eine bedingte logarithmische Normalverteilung besitzt:
(88)
1 ln Et X Et ln X Vart ln X . 2
In dieser Arbeit hat sich bestätigt, dass die Hypothese, wonach der logarithmische (stetige) Zins und die logarithmische (stetige) Rendite (logarithmierte Zins- und Renditefaktoren) sowie die logarithmischen (stetigen) Wachstumsraten der absoluten und relativen Pro-Kopf-Konsumausgaben Realisationen von Zufallsvariablen darstellen, die voneinander unabhängig und identisch normalverteilt sind, nicht verworfen werden kann. Da im neuartigen konsumbasierten Modell der stochastische Diskontfaktor durch die Wachstumsfaktoren des absoluten und relativen Pro-Kopf-Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes spezifiziert wird, wurde die Annahme getroffen, dass die gemeinsame bedingte Verteilung von Renditefaktor (Zinsfaktor) und neuartig spezifiziertem stochastischem Diskontfaktor logarithmisch normalverteilt ist.
2. Logarithmischer Zins und logarithmische Risikoprämie im neuartigen konsumbasierten Modell Infolge der Logarithmierung der stochastischen Euler-Gleichung des neuartigen konsumbasierten Modells eröffnet sich die Möglichkeit zur Bestimmung des logarithmischen realen Zinses und des Erwartungswertes der logarithmischen Risikoprämie, die ihrerseits Prognosen für den langfristigen realen Zins und für die langfristige Risikoprämie darstellen. Die logarithmierte stochastische Euler-Gleichung des neuartigen konsumbasierten Modells lautet: 1 H V º · § ª ¨ « § Ct 1 · V § At 1 · V H 1 » ¸ 1 ¸ ¨ ¸ 0 ln¨ Et «1 Rt 1 1 U ¨¨ »¸ . Ct ¸¹ ¨© At ¸¹ ¨ « © » ¸¸ ¨ ¼¹ © ¬
136
E. Schätzung der stochastischen Euler-Gleichung sowie Prognose
Diese Gleichung lässt sich, unter der Verwendung logarithmierter Größen und der Annahme von Normalverteilung, wie folgt auflösen: § 1 · ª § C ·º § H V · ª §¨ At 1 ·¸º ¸¸ Et «ln 0 Et >ln 1 Rt 1 @ ln 1 U ¨ ¸ Et «ln¨¨ t 1 ¸¸» ¨¨ » © V ¹ «¬ © Ct ¹»¼ © V H 1 ¹ «¬ ¨© At ¸¹»¼
(89)
1§ 1 1 Vart >ln 1 Rt 1 @ ¨¨ 2 2 ©V 2
ª § A ·º ª § C ·º 1 § H V · 2 · ¸¸ Vart «ln¨¨ t 1 ¸¸» ¸¸Vart «ln¨¨ t 1 ¸¸» ¨¨ C 2 1 V H ¹ © ¹ ¬« © At ¹¼» ¬« © t ¹¼»
ª ª § A ·º § C ·º § H V · §1· ¸¸Covt «ln 1 Rt 1 , ln¨¨ t 1 ¸¸» ¨ ¸Covt «ln 1 Rt 1 , ln¨¨ t 1 ¸¸» ¨¨ ©V ¹ «¬ «¬ © At ¹»¼ © Ct ¹»¼ © V H 1 ¹ ª § § H V · · § ·º ¸Covt «ln¨ Ct 1 ¸, ln¨ At 1 ¸ ». ¨ ¨ C ¸ ¨ A ¸ ¨ V 2 H 1 ¸ © ¹ ¬« © t ¹ © t ¹ ¼»
Logarithmischer Zins. Aus dieser Auflösung resultiert die folgende Gleichung zur Bestimmung des logarithmischen realen Zinses des neuartigen konsumbasierten Modells:
ln 1 R f ,t 1
§ 1 · ª § C ·º ln 1 U ¨ ¸ Et «ln¨¨ t 1 ¸¸» © V ¹ «¬ © Ct ¹¼» § H V · ª § At 1 ·º ¸» ¨¨ ¸¸ Et «ln¨¨ ¸ © V H 1 ¹ ¬« © At ¹¼»
(90)
ª § C ·º 1§ 1 · ¨¨ 2 ¸¸Vart «ln¨¨ t 1 ¸¸» 2©V ¹ ¬« © Ct ¹¼» 2 ª § A ·º 1 § H V · ¸¸ Vart «ln¨¨ t 1 ¸¸» ¨¨ 2 © V H 1 ¹ «¬ © At ¹¼»
ª § § H V · · § ·º ¸Covt «ln¨ Ct 1 ¸, ln¨ At 1 ¸». ¨ 2 ¨ C ¸ ¨ A ¸ ¨ V H 1 ¸ © ¹ ¬« © t ¹ © t ¹¼»
Es wird deutlich, dass der logarithmische Zins nun in linearer Abhängigkeit zu logarithmierten Größen steht, welche neben der konstanten Zeitpräferenzrate und den bedingten Erwartungswerten der Wachstumsfaktoren des absoluten und relativen Pro-Kopf-Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes auch die bedingten Varianzen der Wachstumsfaktoren des absoluten und relativen Pro-Kopf-Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes und die bedingte Kovarianz zwischen den Wachstumsfaktoren des absoluten und relativen ProKopf-Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes beinhaltet.
IV. Prognose
137
Für das neuartige konsumbasierte Modell zeigt sich, dass, unter Verwendung von Hˆ und Vˆ , ein erwarteter marginaler Anstieg (Rückgang) der logarithmischen Wachstumsrate des absoluten Pro-Kopf-Konsums den logarithmischen Zins erhöht (verringert), hingegen ein erwarteter marginaler Anstieg (Rückgang) der logarithmischen Wachstumsrate des relativen Pro-Kopf-Konsums den logarithmischen Zins senkt (erhöht). Darüber hinaus bewirkt ein marginaler Anstieg (Rückgang) der bedingten Varianzen jeweils einen Rückgang (Anstieg) des logarithmischen Zinses. Gleiches ruft die, empirisch untermauerte, negative Kovarianz hervor, sollte die bedingte Kovarianz dem Betrag nach marginal steigen (sinken). Im neuartigen konsumbasierten Modell liegt, auf Grundlage der geschätzten intratemporalen sowie intertemporalen Substitutionselastizität, Hˆ sowie Vˆ , der Koeffizient H V V H 1 im Minimum bei 2,436 und im Maximum bei 4,360 sowie der Koeffizient 1 V im Minimum bei 1,024 und im Maximum bei 1,086. Mithilfe dieser beiden Koeffizienten lässt sich die besondere Bedeutung des relativen Pro-Kopf-Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes, also jene Größe, die in das konsumbasierte Modell neu integriert wurde, verdeutlichen. Ein erwarteter marginaler Anstieg (Rückgang) der logarithmischen Wachstumsraten des absoluten und relativen Pro-Kopf-Konsums bewirkt nun stets einen Rückgang (Anstieg) des logarithmischen Zinses, da der Koeffizient der logarithmischen Wachstumsrate des relativen Pro-Kopf-Konsums das 2,4bis 4,3-fache des Koeffizienten der logarithmischen Wachstumsrate des absoluten Pro-Kopf-Konsums beträgt. Es dominiert folglich die logarithmische Wachstumsrate des relativen Pro-Kopf-Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes, wodurch die besondere Bedeutung des relativen Pro-Kopf-Konsums offensichtlich wird, also genau jene Größe, die im konsumbasierten Standardmodell keine Berücksichtigung erfährt. Unter Beachtung der, empirisch untermauerten, negativen Kovarianz zwischen den logarithmischen Wachstumsraten des absoluten und relativen ProKopf-Konsums ist eine zeitlich diametrale Entwicklung dieser beiden Wachstumsraten eher wahrscheinlich, infolgedessen der logarithmische Zins wesentlich stärker variiert. Kommt es gleichzeitig zu einem erwarteten marginalen Anstieg (Rückgang) der logarithmischen Wachstumsrate des absoluten ProKopf-Konsums und einem erwarteten marginalen Rückgang (Anstieg) der logarithmischen Wachstumsrate des relativen Pro-Kopf-Konsums, so wird dadurch eine vergleichsweise starke Erhöhung (Reduktion) des logarithmischen Zinses bewirkt, sodass die Zinshöhe wesentlich stärker variiert. Logarithmische Risikoprämie. Im neuartigen konsumbasierten Modell ergibt sich, unter Berücksichtigung der Gleichung zur Bestimmung des logarithmi-
138
E. Schätzung der stochastischen Euler-Gleichung sowie Prognose
schen realen Zinses, für den Erwartungswert der logarithmischen Risikoprämie die folgende Gleichung: 164
(91)
1 Et >ln 1 Rt 1 @ ln 1 R f ,t 1 Vart >ln 1 Rt 1 @ 2 ª § C ·º §1· ¨ ¸Covt «ln 1 Rt 1 , ln¨¨ t 1 ¸¸» V © ¹ © Ct ¹¼» ¬« ª § A ·º § H V · ¸¸Covt «ln 1 Rt 1 , ln¨¨ t 1 ¸¸». ¨¨ 1 V H © ¹ © At ¹¼» ¬«
Es ist ersichtlich, dass, unter Verwendung logarithmierter Größen, der Erwartungswert der logarithmischen Risikoprämie nun in linearer Abhängigkeit zu zwei bedingten Kovarianzen steht. Dies ist erstens die Kovarianz von logarithmischer riskanter Rendite (logarithmierter riskanter Renditefaktor) und logarithmischer Wachstumsrate (logarithmierter Wachstumsfaktor) des absoluten Pro-Kopf-Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes und zweitens die Kovarianz von logarithmischer riskanter Rendite und logarithmischer Wachstumsrate des relativen Pro-Kopf-Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes. Im neuartigen konsumbasierten Modell bewirkt, unter Verwendung von Hˆ und Vˆ , ein betragsmäßiger marginaler Anstieg (Rückgang) der beiden bedingten Kovarianzen jeweils einen Anstieg (Rückgang) der logarithmischen Risikoprämie, da, wie empirisch untermauert, die erstgenannte Kovarianz positiv und die letztgenannte negativ ist. Kommt es dem Betrag nach zu einem gleichzeitigen marginalen Anstieg (Rückgang) beider bedingter Kovarianzen, so bewirkt dies eine Erhöhung (Reduzierung) der logarithmischen Risikoprämie, wobei auch hier die bedingte Kovarianz von logarithmischer riskanter Rendite und logarithmischer Wachstumsrate des relativen Pro-Kopf-Konsums die logarithmische Risikoprämie um das 2,4- bis 4,3-fache, im Gegensatz zur bedingten Kovarianz von logarithmischer riskanter Rendite und logarithmischer Wachstumsrate des absoluten Pro-Kopf-Konsums, erhöht (reduziert). Ursächlich hier___________ 164 Als Folge der Anpassung der Ungleichheit nach Jensen steht die bedingte Varianz der logarithmischen Rendite links vom Gleichheitszeichen. Diese Anpassung ist erforderlich, da der Erwartungswert der logarithmischen Risikoprämie und nicht der logarithmierte Erwartungswert der Risikoprämie ermittelt wird; vgl. Campbell, John Y.: Consumption-Based Asset Pricing. In: Constantinides, George M. / Harris, Milton / Stulz, René M. (Hrsg.): Handbook of the Economics of Finance. Volume 1B, Financial Markets and Asset Pricing. Amsterdam: Elsevier, 2003, 818.
IV. Prognose
139
für sind die unterschiedlichen Koeffizienten. Abermals zeigt sich die besondere Bedeutung des relativen Pro-Kopf-Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes. Hinter diesem verbirgt sich, neben dem Pro-Kopf-Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes, der Pro-Kopf-Konsum des mehrmalig Nutzen stiftenden Gutes. Jener Pro-Kopf-Konsum des mehrmalig Nutzen stiftenden Gutes, der sich im relativen Pro-Kopf-Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes wieder findet, und die intratemporale Substitutionselastizität sind es im Kern, welche zusätzlich in das neuartige konsumbasierte Modell integriert wurden.
3. Logarithmischer Zins und logarithmische Risikoprämie im konsumbasierten Standardmodell Für das konsumbasierte Standardmodell wurden der logarithmische reale Zins und der Erwartungswert der logarithmischen Risikoprämie konform der Vorgehensweise für das neuartige konsumbasierte Modell ermittelt. Den Ausgangspunkt bildet die stochastische Euler-Gleichung des konsumbasierten Standardmodells, deren Logarithmierung 1 § ª ¨ « § Ct 1 · V 1 ¸ 0 ln¨ Et «1 Rt 1 1 U ¨¨ ¸ ¨ « © Ct ¹ ¨ © ¬
º· »¸ »¸ » ¸¸ ¼¹
ergibt. Durch Auflösung dieser Gleichung, unter der Verwendung logarithmierter Größen und der Annahme von Normalverteilung, ergibt sich die folgende Gleichung:
0
(92)
§ 1 · ª § C ·º Et >ln 1 Rt 1 @ ln 1 U ¨ ¸ Et «ln¨¨ t 1 ¸¸» © V ¹ ¬« © Ct ¹¼» ª § C ·º 1 1§ 1 · Vart >ln 1 Rt 1 @ ¨¨ 2 ¸¸Vart «ln¨¨ t 1 ¸¸» 2 2©V ¹ ¬« © Ct ¹¼» ª § C ·º §1· ¨ ¸Covt «ln 1 Rt 1 , ln¨¨ t 1 ¸¸» . V © ¹ © Ct ¹¼» ¬«
140
E. Schätzung der stochastischen Euler-Gleichung sowie Prognose
Für das konsumbasierte Standardmodell resultiert aus dieser Auflösung die folgende Gleichung zur Bestimmung des logarithmischen realen Zinses:
ln 1 R f ,t 1 (93)
§ 1 · ª § C ·º ln 1 U ¨ ¸ Et «ln¨¨ t 1 ¸¸» © V ¹ ¬« © Ct ¹¼» ª § C ·º 1§ 1 · ¨¨ 2 ¸¸Vart «ln¨¨ t 1 ¸¸» . 2©V ¹ ¬« © Ct ¹¼»
Wie für das neuartige konsumbasierte Modell zeigt sich auch hier, dass, unter Verwendung logarithmierter Größen, der logarithmische reale Zins in linearer Abhängigkeit zu logarithmierten Größen steht. Hierbei sind es neben der konstanten Zeitpräferenzrate der bedingte Erwartungswert und die bedingte Varianz des Wachstumsfaktors des absoluten Pro-Kopf-Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes, die den logarithmischen Zins bestimmen. Ein erwarteter marginaler Anstieg (Rückgang) der logarithmischen Wachstumsrate führt, unter Verwendung von Vˆ , zu einer Erhöhung (Reduzierung) des logarithmischen Zinses, wogegen ein marginaler Anstieg (Rückgang) der bedingten Varianz einen Rückgang (Anstieg) des logarithmischen Zinses hervorruft. Im konsumbasierten Standardmodell liegt, auf Grundlage der geschätzten intertemporalen Substitutionselastizität Vˆ , der Koeffizient 1 V im Minimum bei 0,730 und im Maximum bei 1,127. Von den Koeffizienten lässt sich ablesen, dass ein erwarteter marginaler Anstieg (Rückgang) der logarithmischen Wachstumsrate des absoluten Pro-Kopf-Konsums einen weitgehend identischen Anstieg (Rückgang) des logarithmischen Zinses bewirkt. Für das konsumbasierte Standardmodell ergibt sich, unter Berücksichtigung der Gleichung zur Ermittlung des logarithmischen realen Zinses, der Erwartungswert der logarithmischen Risikoprämie wie folgt:
(94)
1 Et >ln 1 Rt 1 @ ln 1 R f ,t 1 Vart >ln 1 Rt 1 @ 2 ª § C ·º §1· ¨ ¸Covt «ln1 Rt 1 , ln¨¨ t 1 ¸¸» . ©V ¹ «¬ © Ct ¹»¼
Es ist ersichtlich, dass im Gegensatz zum neuartigen konsumbasierten Modell lediglich die bedingte Kovarianz von logarithmischer riskanter Rendite und logarithmischer Wachstumsrate des absoluten Pro-Kopf-Konsums für die logarithmische Risikoprämie bestimmend ist. Unter Beachtung der positiven Kovarianz und der Verwendung von Vˆ zeigt sich, dass ein marginaler Anstieg
IV. Prognose
141
(Rückgang) der bedingten Kovarianz zu einem weitgehend identischen Anstieg (Rückgang) der logarithmischen Risikoprämie führt, da der Koeffizient 1 V annähernd eins ist. Im konsumbasierten Standardmodell bedarf es für eine identische Änderung der logarithmischen Risikoprämie, im Vergleich zum neuartigen konsumbasierten Modell, einer relativ starken Änderung der Kovarianz. Da jene Kovarianz in der Empirie verhältnismäßig niedrig ist, ist zur Erklärung der empirischen Risikoprämie durch das konsumbasierte Standardmodell eine verhältnismäßig hohe relative Risikoaversion J , J 1 V , beziehungsweise eine, als unplausibel erachtete, niedrige intertemporale Substitutionselastizität V erforderlich. Genau dieses empirische Problem entspricht der Aussage des „Equity Premium Puzzle“. Dieses Problem wird durch das neuartige konsumbasierte Modell gemindert, da mithilfe der geschätzten, als plausibel erachteten, Parameter eine verbesserte Erklärung der logarithmischen Risikoprämie zu beobachten ist.
4. Langfristiger logarithmischer Zins und langfristige logarithmische Risikoprämie Die analysierten Gleichungen für den logarithmischen realen Zins und für die logarithmische Risikoprämie des neuartigen konsumbasierten Modells sowie des konsumbasierten Standardmodells bilden die Basis für die Prognostizierung des langfristigen logarithmischen realen Zinses und der langfristigen logarithmischen Risikoprämie. Für das jeweils zugrunde liegende Modell wurden die geschätzten Parameter sowie die empirischen Mittelwerte und empirischen Varianzen der logarithmischen Wachstumsraten der absoluten und relativen Pro-Kopf-Konsumausgaben des einmalig Nutzen stiftenden Gutes verwendet. Des Weiteren wurden die empirische Kovarianz zwischen den logarithmischen Wachstumsraten der absoluten und relativen Pro-Kopf-Konsumausgaben, die empirische Kovarianz von logarithmischer riskanter Rendite und logarithmischer Wachstumsrate der absoluten Pro-Kopf-Konsumausgaben sowie die empirische Kovarianz von logarithmischer riskanter Rendite und logarithmischer Wachstumsrate der relativen Pro-Kopf-Konsumausgaben verwendet. Anhand dieser Größen wurden langfristige Größen für den logarithmischen Zins und die logarithmische Risikoprämie prognostiziert. Die nachfolgende Tabelle gibt die Resultate, basierend auf den vier Schätzungen, welche jeweils für das neuartige konsumbasierte Modell und das konsumbasierte Standardmodell durchgeführt wurden, wieder.
142
E. Schätzung der stochastischen Euler-Gleichung sowie Prognose Tabelle 14 Prognosen des langfristigen logarithmischen Zinses und der langfristigen logarithmischen Risikoprämie
CDax und Festzinsanlage
neuartiges Modell
Standardmodell
Logarithmischer realer Zins
2,8 %
3,8 %
Logarithmische Risikoprämie
0,13 %
0,03 %
CDax und Anleihen
neuartiges Modell
Standardmodell
Logarithmischer realer Zins
3,1 %
4,1 %
Logarithmische Risikoprämie
0,17 %
0,04 %
Dax und Festzinsanlage
neuartiges Modell
Standardmodell
Logarithmischer realer Zins
2,1 %
3,4 %
Logarithmische Risikoprämie
0,17 %
0,02 %
Dax und Anleihen
neuartiges Modell
Standardmodell
Logarithmischer realer Zins
2,2 %
3,8 %
Logarithmische Risikoprämie
0,21 %
0,02 %
Der Tabelle ist zu entnehmen, dass im neuartigen konsumbasierten Modell der logarithmische Zins minimal 2,1 % sowie maximal 3,1 % und die logarithmische Risikoprämie minimal 0,13 % sowie maximal 0,21 % beträgt. Dagegen beträgt im konsumbasierten Standardmodell der logarithmische Zins minimal 3,4 % sowie maximal 4,1 % und die logarithmische Risikoprämie minimal 0,02 % sowie maximal 0,04 %. Ein Vergleich der Ergebnisse zeigt, dass bei allen vier Schätzungen der logarithmische Zins im neuartigen konsumbasierten Modell mindestens einen Prozentpunkt unter dem im konsumbasierten Standardmodell liegt und sich hierbei in jenem Bereich befindet, in dem sowohl die mittlere reale Jahresrendite der Festzinsanlage (2,8 %) als auch die der Anleihen (3,1 %) liegt. Somit geht durch das neuartige konsumbasierte Modell ein langfristiger logarithmischer Zins hervor, der mit den empirischen Mittelwerten der ausgewählten Repräsentanten der risikolosen Anlage übereinstimmt. Bezüglich der logarithmischen Risikoprämie ist festzustellen, dass durch das neuartige konsumbasierte Modell grundsätzlich eine positive Risikoprämie hervorgebracht wird, welche jedoch mit maximal 0,21 % wesentlich kleiner als die mittlere Jahresüberschussrendite des CDax (1,9 %) sowie die des Dax (0,6 %) ist. Allerdings fällt die Risikoprämie im neuartigen konsumbasierten Modell um das Sechs- bis Zehnfache höher aus als die im konsumbasierten Standardmodell, und zwar in Abhängigkeit davon, welche der vier Schätzungen
IV. Prognose
143
zugrunde gelegt wird. Die langfristige logarithmische Risikoprämie im neuartigen konsumbasierten Modell liegt also wesentlich höher als die im konsumbasierten Standardmodell und nähert sich somit jenen empirischen Mittelwerten der ausgewählten Repräsentanten der theoretischen Risikoprämie. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass durch das neuartige konsumbasierte Modell zum einen ein langfristiger logarithmischer realer Zins vorhergesagt wird, welcher im Bereich der empirischen Mittelwerte realer Jahresrenditen der Festzinsanlage zum Dreimonatszins und der Anleihen der öffentlichen Hand liegt und zum anderen eine langfristige logarithmische Risikoprämie prognostiziert wird, die sich dem Bereich der empirischen Mittelwerte der Jahresüberschussrenditen des CDax und des Dax nähert. Der Vergleich mit dem konsumbasierten Standardmodell zeigte, dass sowohl für den langfristigen logarithmischen realen Zins als auch für die langfristige logarithmische Risikoprämie eine verbesserte Erklärung geliefert werden kann, da, wie zuvor beschrieben, im neuartigen konsumbasierten Modell, entgegen dem konsumbasierten Standardmodell, der Zins im Bereich der empirischen Mittelwerte der entsprechenden Repräsentanten liegt und sich die Risikoprämie tendenziell dem Bereich nähert, in dem die empirischen Mittelwerte der entsprechenden Repräsentanten liegen. Diese Erklärung ist daher als Verbesserung zu deuten und somit positiv zu bewerten. Logarithmischer Zins im Zeitverlauf. Wie sich die, auf Grundlage der Schätzung ermittelten, logarithmischen Größen im zeitlichen Verlauf entwickelten, wird im Folgenden anhand des logarithmischen realen Zinses analysiert.165 Der logarithmische Zins wird hierzu, auf Basis der Schätzung des neuartigen konsumbasierten Modells und der Schätzung des konsumbasierten Standardmodells, den realen Jahresrenditen der Festzinsanlage und denen der Anleihen vergleichend gegenübergestellt. Der hierzu korrespondierende zeitliche Verlauf wird durch die folgende Abbildung erfasst.
___________ 165 Die Ermittlung der logarithmischen Risikoprämie im zeitlichen Verlauf erfordert empirische Varianzen und Kovarianzen im Zeitablauf, die jedoch nicht beobachtbar sind. Aus diesem Grund wurde von einer Ermittlung logarithmischer Risikoprämien im Zeitverlauf Abstand genommen.
144
E. Schätzung der stochastischen Euler-Gleichung sowie Prognose Logarithmischer realer Zins sowie reale Jahresrenditen der Festzinsanlage zum Dreimonatszins und der Anleihen der öffentlichen Hand
0,12 0,1
0,06 0,04 0,02 2003
2001
1999
1997
1995
1993
1991
1989
1987
1985
1983
1981
1979
1977
1975
1973
0 -0,02
1971
Zins, Rendite
0,08
-0,04 -0,06 Neuartiges Modell, CDax u. 3m Standardmodell, CDax u. 3m Festzinsanlage
Neuartiges Modell, CDax u. Anleihen Standardmodell, CDax u. Anleihen Anleihen
Abbildung 20: Verläufe des logarithmischen Zinses
Für jedes Modell werden zwei zeitliche Verläufe des logarithmischen Zinses abgebildet, wobei ein zeitlicher Verlauf auf der Schätzung der jeweiligen stochastischen Euler-Gleichung unter Verwendung von CDax und Festzinsanlage basiert und der andere unter Verwendung von CDax und Anleihen ermittelt wurde. In der Abbildung ist, anhand der beiden am stärksten hervorgehobenen Verläufe, die vergleichsweise hohe Variabilität des logarithmischen Zinses im neuartigen konsumbasierten Modell sichtbar. Kritisch ist anzumerken, dass es mithilfe beider Modelle nicht gelingt, die Entwicklungen der realen Jahresrenditen der Festzinsanlage und der Anleihen im zeitlichen Verlauf zufrieden stellend nachzubilden. Auch wenn durch das neuartige konsumbasierte Modell bezüglich des langfristigen logarithmischen Zinses und der langfristigen logarithmischen Risikoprämie Verbesserungen zu konstatieren sind, können diese für den zeitlichen Verlauf von Zins und Risikoprämie, unter Verweis auf den zuvor betrachteten zeitlichen Verlauf des logarithmischen Zinses, nicht festgestellt werden. Im folgenden Kapitel werden als möglich erachtete Ansatzpunkte aufgezeigt, um die Diskrepanz zwischen Theorie und Empirie hinsichtlich des zeitlichen Verlaufes des logarithmischen realen Zinses und der langfristigen logarithmischen Risikoprämie zu verringern.
F. Ansatzpunkte zur Verringerung der Diskrepanz zwischen Theorie und Empirie Um bestehende Widersprüchlichkeiten zwischen Theorie und Empirie zu verringern, sieht der Verfasser dieser Arbeit neben Ansatzpunkten hinsichtlich der Empirie Ansatzpunkte bezüglich der Annahmen des neuartigen konsumbasierten Modells. Den Anfang bilden modellbezogene Ansatzpunkte.
I. Modellbezogene Ansatzpunkte Das neuartige konsumbasierte Modell gestattet, ebenso wie das konsumbasierte Standardmodell, die Verwendung eines repräsentativen Wirtschaftssubjektes. Hiermit verbunden ist die Annahme einer bestimmten Homogenität der einzelnen Wirtschaftssubjekte hinsichtlich ihrer Präferenzen und Ausstattungen beziehungsweise die Annahme des vollkommenen Konkurrenzmarktes und die der Vollständigkeit des Marktes. Letztere beide Annahmen implizieren, dass Wirtschaftssubjekte erstens den Preis sowie zukünftige Auszahlungen als gegeben erachten und die Menge variieren, zweitens über das Zustandekommen der Preise unterrichtet sind, drittens alle Eventualitäten über den Markt absichern können und dass Wirtschaftssubjekte viertens keine Transaktionskosten tragen. Im neuartigen konsumbasierten Modell werden die Präferenzen des repräsentativen Wirtschaftssubjektes dahin gehend modifiziert, dass zusätzlich zum absoluten Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes auch der relative Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes den intertemporalen Grenznutzen des absoluten Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes bestimmt und hierbei neben der intertemporalen Substitutionselastizität, die reziprok der relativen Risikoaversion ist, auch die intratemporale Substitutionselastizität zu beachten ist. Mithilfe des neuartigen konsumbasierten Modells gelingt es, wenn auch nicht zufrieden stellend, die Diskrepanz zwischen Theorie und Empirie hinsichtlich des langfristigen logarithmischen Zinses und der langfristigen logarithmischen Risikoprämie zu mindern. Eine weitere Verringerung der Diskrepanz zwischen theoretischem und empirischem Zins sowie theoretischer und empirischer Risikoprämie ist nach Ansicht des Verfassers dieser Arbeit zu erreichen, wenn sich von der Existenz eines repräsentativen Wirtschaftssubjektes gelöst wird. Ursächlich für die Los-
146
F. Ansatzpunkte zur Verringerung der Diskrepanz
lösung ist die Ablehnung der Annahmen des vollkommenen und vollständigen Kapitalmarktes. Die als restriktiv erachtete Annahme des vollständigen Kapitalmarktes impliziert eine vollständige Absicherung aller Eventualitäten, was jedoch nicht realistisch erscheint und folglich der unvollständige Markt ins Blickfeld der Betrachtungen rückt. Die Unvollständigkeit des Kapitalmarktes äußert sich darin, dass nicht alle Eventualitäten auf dem Markt abgesichert werden können, wofür der Wegfall einer Marktseite 166 (Marktversagen) ursächlich sein könnte, sodass alle Wirtschaftssubjekte nicht in dem Maße am Kapitalmarkt partizipieren wie bei Vollständigkeit des Marktes. Die restriktive Annahme des vollkommenen Kapitalmarktes impliziert eine reibungslose uneingeschränkte Teilhabe am Kapitalmarkt, was als unrealistisch angesehen wird und wodurch der unvollkommene Kapitalmarkt ins Sichtfeld rückt. Die Unvollkommenheit des Kapitalmarktes äußert sich darin, dass einige Wirtschaftssubjekte auf dem Kapitalmarkt einer Beschränkung unterliegen, beispielsweise der Beschränkung einer Kreditaufnahme, sodass für jene Wirtschaftssubjekte der optimale intertemporale Konsumplan nicht mehr verwirklichbar ist. Sobald Wirtschaftssubjekte nicht mehr alle Eventualitäten wie gewünscht über den Markt absichern können, da der Markt unvollständig ist, tragen sie zusätzlich zum aggregierten (systematischen) Konsumrisiko ein idiosynkratisches (unsystematisches) Konsumrisiko. In diesem Fall erachten Wirtschaftssubjekte den intertemporalen Konsumplan als riskanter, was sich zugleich auf das Anlageverhalten auswirkt. In Anbetracht eines riskanteren Konsumplans werden nun vermehrt risikolose Anlagen und weniger riskante Anlagen nachgefragt, infolgedessen der reale Zins sinkt und die Risikoprämie steigt. Die Ursache einer Unvollständigkeit des Marktes kann zudem in einer asymmetrischen Informationsverteilung zwischen den Marktteilnehmern beider Marktseiten liegen, sodass das Problem des unvollständigen Marktes unter Beachtung des Problems asymmetrischer Informationsverteilung zu analysieren ist. Das Bestehen von asymmetrischer Information ist das Ergebnis mangelhafter Transparenz des Marktes, die durch den vollkommenen und vollständigen Markt ausgeschlossen wird. Hiermit ist, unter der Annahme des unvollständigen Marktes, beruhend auf asymmetrischer Informationsverteilung, eine Abkehr vom repräsentativen Wirtschaftssubjekt hin zu heterogenen Wirtschaftssubjekten zu begründen. ___________ 166
Die Güter, welche infolge des Wegfalls einer Marktseite nicht mehr gehandelt werden, sind grundsätzlich private Güter und weisen demzufolge die Merkmale Ausschließbarkeit im Konsum und Rivalität im Konsum auf.
I. Modellbezogene Ansatzpunkte
147
In einer theoretischen Arbeit analysierten George H. Constantinides und Darrel Duffie (1995), wie sich, als Folge der Annahme des unvollständigen Marktes, die Existenz heterogener Wirtschaftssubjekte, die ein idiosynkratisches Einkommensrisiko tragen, auf den stochastischen Diskontfaktor im konsumbasierten Standardmodell auswirkt. 167 In die stochastische Euler-Gleichung wurde als neue Variable die querschnittsbezogene bedingte Varianz der logarithmischen Wachstumsraten des Konsums der einzelnen Wirtschaftssubjekte integriert. Die theoretische Analyse ergab, dass durch Aufnahme jener bedingten Varianz in die stochastische Euler-Gleichung ein gleichgewichtiger Preis für Aktien und Anleihen erklärt werden kann, der in Einklang mit den beobachtbaren Preisen von Aktien und Anleihen steht. Der spezifizierte stochastische Diskontfaktor ist nun ein Durchschnitt der individuellen stochastischen Diskontfaktoren einzelner Wirtschaftssubjekte. Diese Spezifikation wurde durch Alan Brav, George M. Constantinides und Christopher C. Geczy (2002) empirisch geprüft, mit dem Ergebnis, dass jene Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors mit der empirischen Risikoprämie des US-amerikanischen Marktes im Zeitraum von 1982 bis 1996 im Einklang steht. 168 Auch dem Modell überlappender Generationen von George H. Constantinides, John B. Donaldson und Rajnish Mehra (2002) liegt im Kern der Ansatzpunkt heterogener Wirtschaftssubjekte zugrunde. 169 Anhand des Modells überlappender Generationen wird analysiert, wie sich in einer reinen Tauschwirtschaft mit drei Generationen – jüngere, mittlere, ältere – unterschiedliche Zugangsmöglichkeiten zum Kapitalmarkt auf den realen Zins und die Risikoprämie auswirken. Jede dieser drei Generationen besteht aus konsumierenden Wirtschaftssubjekten eines bestimmten Lebensalters und wird als ein repräsentatives Wirtschaftssubjekt erfasst. Entgegen der Annahmen des vollkommenen und vollständigen Marktes steht die jüngere Generation einem beschränkten Zugang zum Kapitalmarkt gegenüber, der sich in einer eingeschränkten Möglichkeit der Kreditaufnahme äußert. Die mittlere Generation ist diejenige, welche durch den Kauf von risikolosen und riskanten Anlagen die Sparenden verkörpert, wogegen die ältere Generation diejenige ist, welche durch den Verkauf von Anlagen die Entsparenden darstellt. Die empirische Analyse des Modells überlappender Generationen ergab, dass mit Auferlegung des unvollkommenen ___________ 167 Constantinides, George H. / Duffie, Darrell: Asset Pricing with Heterogeneous Consumers. In: The Journal of Political Economy, 104 (1995), 2, 219-240. 168 Brav, Alan / Constantinides, George M. / Geczy, Christopher C.: Asset Pricing with Heterogeneous Consumers and Limit Participation: Empirical Evidence. In: Journal of Political Economy, 110 (2002), 4, 793-824. 169 Constantinides, George H. / Donaldson, John B. / Mehra, Rajnish: Junior Can´t Borrow: A New Perspective on the Equity Premium Puzzle. In: The Quarterly Journal of Economics, 117 (2002), 1, 269-296.
148
F. Ansatzpunkte zur Verringerung der Diskrepanz
Marktes, aufgrund der Beschränkung einer Kreditaufnahme der jüngeren Generation, der reale Zins sinkt und die Risikoprämie steigt. Innerhalb der deutschen Forschung wurden Modelle überlappender Generationen bisher vorwiegend dazu verwendet, Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Faktormärkte und dort insbesondere auf den Lohn- und Zinssatz, auf das Wachstumspotential und das Pro-Kopf-Einkommen sowie auf das Sparverhalten von Wirtschaftssubjekten (Haushalten), einschließlich der Portfoliowahl, zu analysieren. 170 Im Rahmen konsumbasierter Modelle kam bisher noch kein Modell überlappender Generationen zur Analyse des realen Zinses und der Risikoprämie für den deutschen Kapitalmarkt zur Anwendung. Das Hauptaugenmerk der zukünftigen Forschung sollte daher auf jene konsumbasierten Modelle gelegt werden, welche den unvollkommenen sowie unvollständigen Kapitalmarkt als Annahmen zugrunde legen. Die Unvollkommenheit sowie die Unvollständigkeit des Marktes sollte sich dahin gehend äußern, dass (einige) Wirtschaftssubjekte gleichzeitig einem idiosynkratischen Konsumrisiko und einer beschränkten Partizipation am Kapitalmarkt unterliegen. In der Arbeit von Kris Jacobs und Kevin Q. Wang (2004) ist vermerkt: „… it appears that models with uninsurable idiosyncratic consumption risk and potentially limited market participation stand a better chance to explain the data than standard representative-agent models.“ 171 Durch ein derartiges konsumbasiertes Modell ließe sich folglich der stochastische Diskontfaktor sowie der reale Zins und die Risikoprämie, im Rahmen einer Tauschwirtschaft mit heterogenen Wirtschaftssubjekten oder mit mehreren Generationen, analysieren. Mit der Abkehr vom repräsentativen Wirtschaftssubjekt geht zugleich die Abkehr vom stochastischen Diskontfaktor, der auf aggregierten Konsumgrößen basiert, einher. Der stochastische Diskontfaktor ist dann eine gewichtete Größe individueller stochastischer Diskontfaktoren, wobei diese durch den individuellen Konsum bestimmt werden. Für eine empirische Analyse von konsumbasierten Modellen, denen der unvollkommene und unvollständige Kapitalmarkt zugrunde liegt, hätte dies zur Folge, dass der individuelle Konsum als solches zu verwenden ist und nicht mehr das Aggregat.
___________ 170
Börsch-Supan, Axel / Ludwig, Alexander / Winter, Joachim: Aging, Pension Reform, and Capital Flows: A Multi-Country Simulation Model. Mannheim Research Institute for the Economics of Aging, Discussion Paper 64, 2004. 171 Jacobs, Kris / Wang, Kevin Q.: Idiosyncratic Consumption Risk and the Cross Section of Asset Returns. In: The Journal of Finance, 20 (2004), 5, 2211-2252.
II. Ansatzpunkte in der Empirie
149
II. Ansatzpunkte in der Empirie Neben den Annahmen des neuartigen konsumbasierten Modells sowie des konsumbasierten Standardmodells stellen die Auswahl von Stichprobenwerten und Stichprobenzeiträumen sowie die Interpretation von empirischen Ergebnissen weitere Ansatzpunkte dar, um die bestehende Diskrepanz zwischen Theorie und Empirie zu verringern. Grundsätzlich stützt sich die empirische Analyse auf Stichproben. Eine Stichprobe stellt einen Ausschnitt aus einer Grundgesamtheit dar, wodurch diese Gesamtheit niemals vollständig wiedergeben werden kann. So beruht auch der Schätzer des unbekannten Mittelwertes der Risikoprämie auf Stichprobenwerten. Als Schätzer fungiert in dieser Arbeit der Mittelwert der Stichprobenmittelwerte. Dieser weist einen beachtlichen Standardfehler auf. Erst mit wachsendem Stichprobenumfang wird dieser Fehler geringer, sodass für eine Verringerung des Fehlers ein verhältnismäßig langer Beobachtungszeitraum erforderlich ist. Welche Auswirkungen eine Ausweitung des Stichprobenumfangs auf die mittlere empirische Risikoprämie haben kann, soll durch einen Vergleich der Ergebnisse von Rajnish Mehra und Edward C. Prescott (1985) mit denen von Jeremy J. Siegel (1999) am Beispiel des US-amerikanischen Kapitalmarktes verdeutlicht werden. Der bekannten Arbeit von Mehra und Prescott, welcher der Beobachtungszeitraum von 1889 bis 1978 zugrunde liegt, ist der arithmetische Mittelwert von 6,18 % für die empirische Risikoprämie zu entnehmen, wogegen Siegel, dessen Arbeit ein erweiterter Beobachtungszeitraum – von 1802 bis 1998 – zugrunde liegt, die mittlere empirische Risikoprämie von 4,1 % ermittelt. 172 Im Zuge der Erweiterung des Stichprobenumfangs (Stichprobenzeitraums) ist neben dem rückläufigen Standardfehler ein Rückgang der mittleren empirischen Risikoprämie um zwei Prozentpunkte zu verzeichnen. Ursächlich hierfür ist nach Siegel zum einen ein Rückgang der mittleren realen Rendite der risikobehafteten Aktienanlage und andererseits ein Anstieg der mittleren realen Rendite der risikolosen Geldmarktanlage. Im Gegensatz zum US-amerikanischen Markt ist jedoch für den deutschen Kapitalmarkt ein Beobachtungszeitraum, der als eine Stichprobe 200 Jahresrenditen umfasst, gegenwärtig nicht verfügbar. In dieser Arbeit lagen den zwölf Monatsstichproben jeweils 35 Jahresrenditen zugrunde.
___________ 172 Siegel, Jeremy J.: The Shrinking Equity Premium: Historical Facts and Future Forecasts. In: The Journals of Portfolio Management, Fall 1999, 10-17.
150
F. Ansatzpunkte zur Verringerung der Diskrepanz
Ausgangspunkt der Forschung im Bereich der konsumbasierten Modelle war das Ergebnis der Arbeit von Mehra und Prescott, wonach die durch das konsumbasierte Standardmodell unter Annahme plausibler Präferenzparameter hervorgebrachte, mittlere Risikoprämie deutlich unterhalb der mittleren empirischen Risikoprämie des US-amerikanischen Marktes lag, was im Nachhinein auch für den deutschen Kapitalmarkt bestätigt wurde. 173 Dass jene langfristige Risikoprämie im konsumbasierten Standardmodell unterhalb der mittleren empirischen Risikoprämie liegt, lässt sich nach Ansicht von John H. Cochrane damit begründen, dass ein Teil dieser empirischen Risikoprämie auf eine unerwartete positive Risikoprämie zurückzuführen ist. Hierzu schreibt Cochrane: „Was it clear to people in 1945 (or 1871, or whenever the sample starts) and throughout the period that the average return on stocks would be 8 percent greater than that of bonds? If so, one would expect them to have bought more stocks, even considering the risk described by the 17 percent year-to-year variation. But perhaps it was not in fact obvious in 1945, that rather than slipping back into depression, the U.S. would experience a half century of growth never before seen in human history. If so, much of the equity premium was unexpected; good luck.“ 174 Demnach bestehe ein Teil der empirischen Risikoprämie aus einer unerwarteten positiven Prämie, welche seitens Cochrane als „Glück“ gedeutet wird. Jenes Glück bewirke eine Erhöhung der mittleren empirischen Risikoprämie. Ob sich dieses Glück in der Zukunft fortsetzt, bleibt offen. Sofern sich das Glück nicht fortsetzt, sollte sich die empirische Risikoprämie verringern, und somit sollte sich die mittlere empirische Risikoprämie der langfristigen Risikoprämie im neuartigen konsumbasierten Modell sowie im konsumbasierten Standardmodell tendenziell annähern.
___________ 173 Klos, Alexander: Die Risikoprämie am deutschen Kapitalmarkt. In: Kredit und Kapital, 36 (2003), 3, 411-434. 174 Cochrane, John H.: Where is the market going? Uncertain facts and novel theories. In: Economic Perspectives Federal Reserve Bank of Chicago, 21 (1997), 7.
G. Zusammenfassung Das neuartige konsumbasierte Modell zur Preisbildung von Kapitalanlagen – der Schwerpunkt der theoretischen und empirischen Analyse in dieser Arbeit – resultiert aus einer Modifizierung des konsumbasierten Standardmodells. Durch dieses neuartige konsumbasierte Modell geht die stochastische Euler-Gleichung des repräsentativen Wirtschaftssubjektes hervor, welche im Kern eine neuartige Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors beinhaltet. Neuartig an dieser Spezifikation ist, dass durch diese, mit dem relativen Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes und der intratemporalen Substitutionselastizität, zwei Größen berücksichtigt werden, welche durch die Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors im konsumbasierten Standardmodell keine Berücksichtigung erfahren. Im zweiten Kapitel wurde anhand der allgemeinen Preisgleichung gezeigt, dass der stochastische Diskontfaktor für die Preisbildung von Anlagen auf einem Kapitalmarkt bestimmend ist, da Marktpreise und Erwartungen von Wirtschaftssubjekten hinsichtlich dieser Marktpreise nur dann einander entsprechen, wie es die Annahme rationaler Erwartungen impliziert, wenn ein schwankungsintensiver stochastischer Diskontfaktor existiert. Grundsätzlich ist der stochastische Diskontfaktor unbestimmt. Zur Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors werden sowohl finanzwirtschaftliche als auch makroökonomische Modelle als geeignet erachtet. Aufgrund der theoretischen Überlegenheit konsumbasierter (makroökonomischer) Modelle im Allgemeinen und im Speziellen des konsumbasierten Standardmodells wurde dieses der Analyse in dieser Arbeit zugrunde gelegt. Im dritten Kapitel brachte die theoretische Analyse des neuartigen konsumbasierten Modells eine neuartige Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors hervor. Das neuartige konsumbasierte Modell stellt eine Modifikation des konsumbasierten Standardmodells dar, dessen nicht zufrieden stellende empirische Befunde den Anlass zur Modifizierung gaben. Es wurden die Präferenzen von Wirtschaftssubjekten modifiziert, sodass der intertemporale Nutzen nun neben dem Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes auch durch den Konsum des mehrmalig Nutzen stiftenden Gutes determiniert wird. Aus der Modifikation resultierte die neuartige Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors.
152
G. Zusammenfassung
Gemäß dieser Spezifikation wird der stochastische Diskontfaktor nun zusätzlich zum absoluten Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes durch den relativen Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes determiniert. Der relative Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes, der nun eine zweite Determinante zur Bestimmung des stochastischen Diskontfaktors darstellt, bewirkt zugleich, neben der intertemporalen Substitutionselastizität und der Zeitpräferenzrate, die Aufnahme der intratemporalen Substitutionselastizität als dritten konstanten Parameter in die neuartige Spezifikation. Neuartig in dieser Arbeit ist also die Berücksichtigung der intratemporalen Substitutionselastizität und des relativen Konsums des einmalig Nutzen stiftenden Gutes innerhalb der Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors, welche durch die Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors im konsumbasierten Standardmodell keine Berücksichtigung erfahren. Im vierten Kapitel wurden, mit den realen Jahresrenditen der Festzinsanlage zum Dreimonatszins und denen der Anleihen der öffentlichen Hand, Repräsentanten des theoretischen Zinses sowie, mit den Jahresüberschussrenditen des CDax und denen des Dax, Repräsentanten der theoretischen Risikoprämie analysiert. Des Weiteren wurden, auf Grundlage verwendungszweckbezogener Konsumausgaben und deren Zuordnung hinsichtlich Verbrauchsgütern und Dienstleistungen einerseits sowie kurz- und langlebigen Gütern andererseits, empirische Datenreihen für den Pro-Kopf-Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes und des mehrmalig Nutzen stiftenden Gutes sowie für den absoluten und relativen Pro-Kopf-Konsum des einmalig Nutzen stiftenden Gutes konstruiert und anschließend analysiert. Im fünften Kapitel wurde die Erklärungskraft der neuartigen Spezifikation des stochastischen Diskontfaktors überprüft, wobei als Grundlage hierfür die, durch das neuartige konsumbasierte Modell hervorgebrachte, stochastische Euler-Gleichung des repräsentativen Wirtschaftssubjektes diente. Zuerst wurden, mithilfe der Verallgemeinerten Momentenmethode, Schätzer für die Parameter des neuartigen konsumbasierten Modells ermittelt, die in jenem Bereich liegen, welcher in der theoretischen Analyse als plausibel angesehen wurde, obgleich die statistischen Tests ergaben, dass sowohl die intratemporale Substitutionselastizität als auch die intertemporale Substitutionselastizität als nicht verschieden von null zu erachten ist. Anschließend wurde für das neuartige konsumbasierte Modell, unter Verwendung der geschätzten Parameter und der empirischen Momente hinsichtlich der absoluten und relativen Pro-Kopf-Konsumausgaben für das einmalig Nutzen stiftende Gut, ein langfristiger logarithmischer realer Zins ermittelt, der im
G. Zusammenfassung
153
Bereich der mittleren realen Jahresrenditen von Festzinsanlage zum Dreimonatszins und Anleihen der öffentlichen Hand liegt und eine langfristige logarithmische Risikoprämie ermittelt, durch welche, im Vergleich zum konsumbasierten Standardmodell, der Abstand zu den mittleren Jahresüberschussrenditen von CDax und Dax verringert wird. Zusammenfassend ist die Erklärungskraft des stochastischen Diskontfaktors im neuartigen konsumbasierten Modell gegenüber der des stochastischen Diskontfaktors im konsumbasierten Standardmodell als verbessert zu erachten. Doch ist die Erklärungskraft als nicht zufrieden stellend anzusehen. Im sechsten Kapitel wurden Ansatzpunkte für zukünftige Forschungen auf dem Gebiet der konsumbasierten Modelle aufgezeigt, wobei allen Ansätzen der unvollkommene und unvollständige Markt als übereinstimmendes Merkmal zugrunde liegt.
Literaturverzeichnis Abel, Andrew B.: Asset Prices under Habit Formation and Catching up with the Joneses. In: The American Economic Review, 80 (1990), 2, 38-42 Albrecht, Thomas: Was wissen wir über die Höhe der Marktrisikoprämie bei Aktien? Überlegungen zur Ermittlung sinnvoller Eigenkapitalkosten im Rahmen von Shareholder-Value-Konzepten. In: Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis, 5 (1997), 567-579 Arrow, Kenneth J.: The Role of Securities in the Optimal Allocation of Risk-bearing. In: The Review of Economic Studies, 31 (1964), 2, 91-96 Blümle, Gerold / Patzig, Wolfgang: Grundzüge der Makroökonomie. 4. Auflage. Freiburg: Haufe, 1999 Bodie, Zvi / Kane, Alex / Marcus, Alan J.: Investments. 5th Edition. New York: McGraw-Hill, 2002 Böhm-Bawerk, Eugen von: Positive Theorie des Kapitals. Innsbruck: Verlag der Wagner´schen Universitäts-Buchhandlung, 1889 Börsch-Supan, Axel / Ludwig, Alexander / Winter, Joachim: Aging, Pension Reform, and Capital Flows: A Multi-Country Simulation Model. Mannheim Research Institute for the Economics of Aging, Discussion Paper 64, 2004 Boldrin, Michele / Cristiano, Lawrence J. / Fisher, Jonas D. M.: Habit Persistence and Asset Returns in a Exchange Economy. In: Macroeconomic Dynamics, 1 (1997), 312-332 Brav, Alan / Constantinides, George M. / Geczy, Christopher C.: Asset Pricing with Heterogeneous Consumers and Limit Participation: Empirical Evidence. In: Journal of Political Economy, 110 (2002), 4, 793-824 Brealey, Richard A. / Myers, Stewart C.: Corporate Finance. 6th Edition. New York: McGraw-Hill, 2000 Breeden, Douglas T.: An Intertemporal Asset Pricing Model with Stochastic Consumption and Investment Opportunities. In: Journal of Financial Economics, 7 (1979), 265-296 Campbell, John Y.: Asset Pricing at the Millennium. In: The Journal of Finance, 55 (2000), 4, 1515-1568 – Consumption-Based Asset Pricing. In: Constantinides, George M. / Harris, Milton / Stulz, René M. (Hrsg.): Handbook of the Economics of Finance. Volume 1B, Financial Markets and Asset Pricing. Amsterdam: Elsevier, 2003 Campbell, John Y. / Cochrane, John H.: By Force of Habit: A Consumption-Based Explanation of Aggregate Stock Market Behavior. In: Journal of Political Economy, 107 (1999), 2, 205-251
Literaturverzeichnis
155
Campbell, John Y. / Lo, Andrew W. / MacKinlay, A. Craig: The Econometrics of Financial Markets. Princeton, New Jersey: Princeton University Press, 1997 Cochrane, John H.: A Cross-Sectional Test of an Investment-Based Asset Pricing Model. In: Journal of Political Economy, 104 (1996), 3, 572-621 – Asset Pricing. Princeton, New Jersey: Princeton University Press, Revised Edition, 2005 – Financial Markets and the Real Economy. In: NBER Working Paper 11193, 2005 – Production-Based Asset Pricing and the Link Between Stock Returns and Economic Fluctuations. In: Journal of Finance, 41 (1991), 1, 209-237 – Where is the market going? Uncertain facts and novel theories. In: Economic Perspectives Federal Reserve Bank of Chicago, 21 (1997), 3-37 Constantinides, George H.: Rational Asset Prices. In: The Journal of Finance, 57 (2002), 4, 1567-1592 – Habit Formation: A Resolution of the Equity Premium Puzzle. In: The Journal of Political Economy, 98 (1990), 3, 519-543 Constantinides, George H. / Donaldson, John B. / Mehra, Rajnish: Junior Can´t Borrow: A New Perspective on the Equity Premium Puzzle. In: The Quarterly Journal of Economics, 117 (2002), 1, 269-296 Constantinides, George H. / Duffie, Darrell: Asset Pricing with Heterogeneous Consumers. In: The Journal of Political Economy, 104 (1995), 2, 219-240 Copeland, Thomas E. / Weston, Fred J. / Shastri, Kuldeep: Financial Theory and Corporate Policy. 4th Edition. Bosten: Pearson Addison Wesley, 2005 Danthine, Jean-Pierre / Donaldson, John B.: Intermediate Financial Theory. Upper Saddle River, New Jersey: Prentice Hall, 2002 Deutsche Börse AG: Leitfaden zu den Aktienindizes der Deutschen Börse. Version 5.10, April 2006, erhältlich unter: http://deutsche-boerse.com Dorfleitner, Georg: Stetige versus diskrete Renditen – Überlegungen zur richtigen Verwendung beider Begriffe in Theorie und Praxis. In: Kredit und Kapital, 35 (2002), 2, 216-241 Dybvig, Philip H. / Ross, Stephen A.: Arbitrage, State Prices and Portfolio Theory. In: Constantinides, George M. / Harris, Milton / Stulz, René M. (Hrsg.): Handbook of the Economics of Finance. Volume 1B, Financial Markets and Asset Pricing. Amsterdam: Elsevier, 2003 Eichenbaum, Martin / Hansen, Lars Peter: Estimating Models with Intertemporal Substitution using Aggregate Time Series Data. In: Journal of Business and Economic Statistics, 8 (1990), 1, 53-69 Eichenbaum, Martin / Hansen, Lars Peter / Singleton, Kenneth J.: A Time Series Analysis of Representive Agent Models of Consumption and Leisure Choice under Uncertainty. In: Quarterly Journal of Economics, 103 (1988), 51-78 Epstein, Larry G. / Zin, Stanley E.: Substitution, Risk Aversion, and the Temporal Behavior of Consumption and Asset Returns: An Theoretical Framework. In: Econometrica, 57 (1989), 4, 937-969
156
Literaturverzeichnis
– Substitution, Risk Aversion, and the Temporal Behavior of Consumption and Asset Returns: An Empirical Analysis. In: The Journal of Political Economy, 99 (1991), 2, 263-286 Fama, Eugene F. / French, Kenneth R.: Common Risk Factors in the Returns on Stocks and Bonds. In: Journal of Financial Economics, 33 (1993), 3-56 – Multifactor Explanations of Asset Pricing Anomalies. In: The Journal of Finance, 51 (1996), 1, 55-84 Felderer, Bernhard / Homburg, Stefan: Makroökonomik und neue Makroökonomik. 7. Auflage. Berlin: Springer, 1999 Ferson, Wayne E. / Constantinides, George M.: Habit Persistence and Durability in Aggregate Consumption: Empirical Tests. In: Journal of Financial Economics, 29 (1991), 199-240 Fisher, Irving: The Rate of Interest: Its Nature, Determination and Relation to Economic Phenomena. New York: Macmillan, 1907 Frederick, Shane / Loewenstein, George / O´Donoghue, Ted: Time Discounting and Time Preference: A Critical Review. In: Journal of Economic Literature, 40 (2002), 351-401 Graham, John R. / Harvey, Campbell R.: The Theory and Practice of Corporate Finance: Evidence from the Field. In: Journal of Financial Economics, 60 (2001), 187-243 Greene, William H.: Econometric Analysis. 3rd-Edition, Upper Saddle River, New Jersey: Prentice-Hall, 1997 Grossman, Stanford J.: On the Efficiency of Competitive Stock Markets Where Trades Have Diverse Information. In: Journal of Finance, 31 (1976), 2, 573-585 Grossman, Stanford J. / Shiller, Robert J.: The Determinants of the Variability of Stock Market Prices. In: American Economic Review, 71 (1981), 2, 222-227 Hall, Robert E.: Stochastic Implication of the Life Cycle-Permanent Income Hypothesis: Theory and Evidence. In: Journal of Political Economy, 86 (1978), 971-987 – Intertemporale Substitution in Consumption. In: Journal of Political Economy, 96 (1988), 2, 339-357 Hamilton, James D.: Time Series Analysis. Princeton, New Jersey: Princeton University Press, 1994 Hansen, Lars Peter: Large Sample Properties of Generalized Method of Moments Estimators. In: Econometrica, 50 (1982), 4, 1029-1054 Hansen, Lars Peter / Jagannathan, Ravi: Implications of Security Market Data for Models of Dynamic Economies. In: Journal of Political Economy, 99 (1991), 2, 225-262 Hansen, Lars Peter / Singleton, Kenneth J.: Generalized Instrument Variables Estimation of Nonlinear Rational Expectations Models. In: Econometrica, 50 (1982), 5, 12691286 – Stochastic Consumption, Risk Aversion, and the Temporal Behavior of Asset Returns. In: Journal of Political Economy, 91 (1983), 2, 249-265
Literaturverzeichnis
157
Hauser, Siegfried: Wahrscheinlichkeitstheorie und Schließende Statistik. Stuttgart: Kohlhammer, 1979 (Schaeffers Grundriß des Rechts und der Wirtschaft; Bd. 105: Abt. 3, Wirtschaftswissenschaften) Heaton, John / Lucas, Deborah J.: Evaluating the Effects of Incomplete Markets on Risk Sharing and Asset Pricing. In: The Journal of Political Economy, 104 (1996), 3, 443487 Hirshleifer, Jack / Riley, John G.: The Analysis of Uncertainty and Information: An Expository Survey. In: Journal of Economic Literature, 17 (1979), 1375-1421 Ingersoll, Jonathan E.: Theory of Financial Decision Making. Savage, Maryland: Rowmann & Littlefield Publishers, 1987 Jacobs, Kris / Wang, Kevin Q.: Idiosyncratic Consumption Risk and the Cross Section of Asset Returns. In: The Journal of Finance, 20 (2004), 5, 2211-2252 Jagannathan, Ravi / Skoulakis, Geogios / Wang, Zhenyu: Generalized Method of Moments: Applications in Finance. In: Journal of Business and Economic Statistics, 20 (2002), 4, 470-481 – The Analysis of the Cross Section of Security Returns. In: Ait-Sahalia, Yacine / Hansen, Lars-Peter (Hrsg.): forthcoming Handbook of Financial Econometrics. Amsterdam: Elsevier Jermann, Urban J.: Asset pricing in Production Economies. In: Journal of Monetary Economics, 41 (1998), 257-275 Kimball, Miles S.: Precautionary Saving in the Small and in the Large. In: Econometrica, 58 (1990), 1, 53-73 Klos, Alexander: Die Risikoprämie am deutschen Kapitalmarkt. In: Kredit und Kapital, 36 (2003), 3, 411-434 Kocherlakota, Narayana R.: The Equity Premium: It´s Still a Puzzle. In: Journal of Economic Literature, 34 (1996), 1, 42-71 – Bubbles and Constraints on Debt Accumulation. In: Journal of Economic Theory, 57 (1992), 245-256 Kreps, David M. / Porteus, Evan L.: Temporal Resolution of Uncertainty and Dynamic Choice Theory. In: Econometrica, 46 (1978), 1, 185-200 Krüger, Jens: Das Bellman´sche Optimalitätsprinzip. In: WiSt – Wirtschaftswissenschaftliches Studium, 34 (2005), 3, 155-158 Krugman, Paul R. / Obstfeld, Maurice: Internationale Wirtschaft: Theorie und Empirie der Außenwirtschaft. 6. Auflage. München: Pearson, 2004 Kruschwitz, Lutz: Finanzierung und Investition. 3. Auflage. München: Oldenbourg, 2002 Laibson, David I.: Golden Eggs and Hyperbolic Discounting. In: The Quarterly Journal of Economics, 122 (1997), 2, 443-477 Lengwiler, Yvan: Microfoundations of Financial Economics: An Introduction to General Equilibrium Asset Pricing. Princeton, New Jersey: Princeton University Press, 2004
158
Literaturverzeichnis
LeRoy, Stephen F. / Porter, Richard D.: The Present Value Relation: Test Based on Implied Variance Bounds. In: Econometrica, 49 (1981), 555-574 LeRoy, Stephen F. / Werner, Jan: Principles of Financial Economics. Cambridge: Cambridge University Press, 2001 Lintner, John: The Valuation of Risk Assets and the Selection of Risky Investments in Stock Portfolios and Capital Budgets. In: The Review of Economics and Statistics, 47 (1965), 1, 13-37 Ljungqvist, Lars / Sargent, Thomas J.: Recursive Macroeconomic Theory. 2nd Edition. Cambridge, Massachusetts: MIT Press, 2004 Lucas, Jr., Robert E.: Asset Prices in an Exchange Economy. In: Econometrica, 46 (1978), 6, 1429-1445 Machina, Mark J.: Choice under Uncertainty: Problems Solved and Unsolved. In: Economic Perspectives, 1 (1987), 1, 121-154 Magill, Michael / Quinzii, Martine: Incomplete Markets Over an Infinite Horizon: Longlived Securities and Speculative Bubbles. In: Journal of Mathematical Economics, 26 (1996), 133-170 Markowitz, Harry: Portfolio Selection. In: The Journal of Finance, 7 (1952), 1, 77-91 Mehra, Rajnish: The Equity Premium: Why Is It a Puzzle? In: Financial Analysts Journal, 59 (2003), 1, 54-69 Mehra, Rajnish / Prescott, Edward C.: The Equity Premium in Retrospect. In: Constantinides, George M. / Harris, Milton / Stulz, René M. (Hrsg.): Handbook of the Economics of Finance. Volume 1B, Financial Markets and Asset Pricing. Amsterdam: Elsevier, 2003 – The Equity Premium: A Puzzle. In: Journal of Monetary Economics, 15 (1985), 145-161 – The Equity Premium: A Solution? In: Journal of Monetary Economics, 22 (1988), 133-136 Merton, Robert C.: An Intertemporal Asset Pricing Model. In: Econometrica, 41 (1973), 5, 867-887 Meyer, Bernd: Intertemporal Asset Pricing: Evidence from Germany. Heidelberg: Physica-Verlag, 1999 Miller, Merton H. / Modigliani, Franco: Dividend Policy, Growth, and the Valuation of Shares. In: The Journal of Business, 34 (1961), 4, 411-433 Miller, Merton H. / Rock, Kevin: Dividend Policy under Asymmetric Information. In: Journal of Finance, 40 (1985), 4, 1031-1051 Missong, Martin: Intertemporale Substitution und stochastische Eulergleichungsmodelle: Eine theoretische und empirische Untersuchung. Frankfurt am Main: Haag und Herchen, 1994 Mossin, Jan: Equilibrium in a Capital Asset Market. In: Econometrica, 34 (1966), 4, 768-783
Literaturverzeichnis
159
Muth, John F.: Rational Expectations and the Theory of Price Movements. In: Econometrica, 29 (1961), 315-335 Myers, Stewart C.: A Time-State-Preference Model of Security Valuation. In: The Journal of Financial and Quantitative Analysis, 3 (1968), 1, 1-33 Neumann, John von / Morgenstern, Oskar: Theory of Games and Economic Behavior. Princeton: Princeton University Press, 1944 Neumann, Manfred: Zukunftsperspektiven im Wandel: Lange Wellen in Wirtschaft und Politik. Tübingen: Mohr, 1990 Newey, Whitney K. / West, Kenneth D.: A Simple, Positive Semi-definite, Heteroskedasticity and Autocorrelation Consistent Covarince Matrix. In: Econometrica, 55 (1987), 3, 703-708 Ogaki, Masao / Reinhart, Carmen M.: Measuring Intertemporal Substitution: The Role of Durable Goods. In: Journal of Political Economy, 106 (1998), 5, 1078-1098 Piazzesi, Monika / Schneider, Martin / Tuzel, Selale: Housing, Consumption and Asset Pricing. In: NBER Working Paper 12036, 2006 Poddig, Thorsten / Dichtl, Hubert / Petersmeier, Kerstin: Statistik, Ökonometrie, Optimierung: Methoden und ihre praktischen Anwendungen in Finanzanalyse und Portfoliomanagement. 3. Auflage. Bad Soden/Ts.: Uhlenbruch, 2003 Pratt, John W.: Risk Aversion in the Small and in the Large. In: Econometrica, 32 (1964), 1/2, 122-136 Roll, Richard: A Critique of the Asset Pricing Theory´s Tests: Part I: On Past and Potential Testability of the Theory. In: Journal of Financial Economics, 4 (1977), 129-176 Ross, Stephan A.: The Arbitrage Theory of Capital Asset Pricing. In: Journal of Economic Theory, 13 (1976), 341-360 Ross, Stephen A. / Westerfield, Randolph W. / Jaffe, Jeffrey: Corporate Finance. 6th Edition. New York: McGraw-Hill, 2002 Rubinstein, Mark: An Aggregation Theorem for Securities Markets. In: Journal of Financial Economics, 1 (1974), 225-244 – The Valuation of Uncertain Income Streams and the Pricing of Options. In: The Bell Journal of Economics, 7 (1976), 407-425 Sachs, Lothar: Angewandte Statistik: Anwendung statistischer Methoden. 10. Auflage. Berlin: Springer, 2002 Schmidt, Reinhard H. / Terberger, Eva: Grundzüge der Investitions- und Finanzierungstheorie. 4. Auflage. Wiesbaden: Gabler, 1997 Schumann, Jochen / Meyer, Ulrich / Ströbele, Wolfgang: Grundzüge der mikroökonomischen Theorie. 7. Auflage. Berlin: Springer, 1999 Sharpe, William F.: Capital Asset Prices: A Theory of Market Equilibrium under Conditions of Risk. In: The Journal of Finance, 19 (1964), 3, 425-442 – Mutual Fund Performance. In: The Journal of Business, 39 (1966), 1, 119-138 Shiller, Robert J.: Do Stock Prices Move Too Much to be Justified by Subsequent Changes in Dividends. In: The American Economic Review, 71 (1981), 3, 421-436
160
Literaturverzeichnis
Siegel, Jeremy J.: The Shrinking Equity Premium: Historical Facts and Future Forecasts. In: The Journals of Portfolio Management, Fall 1999, 10-17 Spremann, Klaus: Finanzanalyse und Unternehmensbewertung. München: Oldenbourg, 2002 – Portfoliomanagement. München: Oldenbourg, 2000 Stehle, Richard: Renditevergleich von Aktien und festverzinslichen Wertpapieren auf Basis des DAX und des REXP. Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für Bank-, Börsen- und Versicherungswesen, Working Paper, 1999 Stehle, Richard / Huber, Rainer / Maier, Jürgen: Rückberechnung des DAX für die Jahre 1955 bis 1987. In: Kredit und Kapital, 29 (1996), 2, 277-303 Tobin, James: Liquidity Preference as Behavior Toward Risk. In: The Review of Economic Studies, 25 (1958), 2, 65-86 Varian, Hal R.: Mikroökonomie. München: Oldenbourg, 1994 Wallmeier, Martin: Determinanten erwarteter Renditen am deutschen Aktienmarkt – Eine empirische Untersuchung anhand ausgewählter Kennzahlen. In: Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, 52 (2002), 27-57 Weil, Philippe: The Equity Premium Puzzle and the Risk-Free Rate Puzzle. In: Journal of Monetary Economics, 24 (1989), 401-421 Welch, Ivo: Views of Financial Economists on the Equity Premium and on Professional Controversies. In: Journal of Business, 73 (2000), 4, 501-537 Zimmermann, Heinz: State-Preference Theorie und Asset Pricing: Eine Einführung. Heidelberg: Physica-Verlag, 1998
Personen- und Sachregister Abel, Andrew A. 45 Albrecht, Thomas 50
Jacobs, Kris 152 Jerman, Urban J. 37
Bellman-Gleichung 70 Boldrin, Michele 37 Brav, Alan 151 Breeden, Douglas T. 39
Kapitalmarkt 27 Kapitalmarkttheoreme 30 Kocherlakota, Narayana R. 47 Konsum – absolut 77, 83, 86, 89, 117 – relativ 77, 86, 89, 117 Konsumbasiertes Modell – finanzwirtschaftliches Modell 34 – Modifikationen des Standardmodells 42 – neuartiges Modell 51 – Standardmodell 39 Kreps, David M. 45
Campbell, John Y. 45, 47 Ceczy, Christopher C. 151 Cochrane, John H. 38, 45, 47, 154 Constantinides, George M. 44, 48, 151 Cristiano, Lawrence, J. 37 Diskontfaktor – zustandsbedingt 31, 32 Donaldson, John B. 151 Duffie, Darrel 151 Eichenbaum, Martin 43, 44 Elementaranlage 29 Epstein, Larry G. 45, 46 Fama, Eugene F. 35 Ferson, Wayne E. 48 Fisher, Jonas D. M. 37 French, Kenneth R. 35 Graham, John R. 49 Grossman, Stanford J. 41 Hansen, Lars-Peter 16, 43, 44, 121, 131, 138 Harvey, Campbell R. 49 Homogenitätsbedingungen 82 Intertemporaler Nutzen – neuartiges Modell 57 – Untrennbarkeiten 42 Intratemporaler Nutzen 58
LeRoy, Stephan F. 15 Lintner, John 35 Lucas, Robert E. Jr. 39, 53, 54 Mehra, Rajnish 16, 41, 151, 153 Meyer, Bernd 47 Missong, Martin 47 Momentenmethode (Generalized Method of Moments (GMM)) 120 – optimale Gewichtungsmatrix 128 – Teststatistik 129 – Zielfunktion 122 Morgenstern, Oskar 40, 45, 57 Mossin, Jan 35 Neumann, John von 40, 45, 57 Optimierung – intertemporal 70 – intratemporal 60 Orthogonalbedingungen 121, 124 Piazzesi, Monika 51 Porter, Richard D. 15 Porteus, Evan L. 45
162
Personen- und Sachregister
Preisgleichung – allgemein 20 – Spezialfall 22 Prescott, Edward C. 16, 41, 153 Renditeberechnung 93 Renditegleichung 23 Risikoprämie 24 – gleichgewichtige 88 – logarithmsche 141 Ross, Stephan A. 35 Rubinstein, Mark 81 Schneider, Martin 51 Sharpe, William F. 35 Shiller, Robert J. 15, 41 Siegel, Jeremy J. 153 Singleton, Kenneth J. 16, 138 Stochastische Euler-Gleichung 72, 83 – Logarithmierung 138 Stochastischer Diskontfaktor 20, 152
– allgemeine Spezifikation 33 – Grundstruktur 42 – konsumbasiertes Standardmodell 40 – makroökonomisches Modell 36 – neuartiges Modell 74 – portfoliobasiertes Modell 34 Tuzel, Selale 51 Wallmeier, Martin 36 Wang, Kevin Q. 152 Weil, Philippe 47 Welch, Ivo 49 Zeitpräferenzrate 67 Zin, Stanley E. 45, 46 Zins – gleichgewichtiger 84 – logarithmischer 139, 143 Zustandspreis 30, 31