Der Osiandrische Streit (1550-1570) [1 ed.] 9783666500145, 9783525500149


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Der Osiandrische Streit (1550-1570) [1 ed.]
 9783666500145, 9783525500149

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Irene Dingel (Hg.)

Der Osiandrische Streit (1550–1570) Controversia et Confessio Band 7

Vandenhoeck & Ruprecht



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Der Osiandrische Streit (1550–1570)

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de abrufbar. © 2023 Vandenhoeck & Ruprecht, Robert-Bosch-Breite 10, D-37079 Göttingen, ein Imprint der Brill-Gruppe (Koninklijke Brill NV, Leiden, Niederlande; Brill USA Inc., Boston MA, USA; Brill Asia Pte Ltd, Singapore; Brill Deutschland GmbH, Paderborn, Deutschland; Brill Österreich GmbH, Wien, Österreich) Koninklijke Brill NV umfasst die Imprints Brill, Brill Nijhoff, Brill Hotei, Brill Schöningh, Brill Fink, Brill mentis, Vandenhoeck & Ruprecht, Böhlau, V&R unipress und Wageningen Academic. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Satz: Jan Martin Lies und Hans-Otto Schneider

Vandenhoeck & Ruprecht Verlage | www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com ISBN 978-3-666-50014-5

Vorwort Mit dem hier vorliegenden Band 7 zum Osiandrischen Streit erscheint der letzte, noch ausstehende Textband der Reihe „Controversia et Confessio“. Er widmet sich einer Kontroverse, die zwar in das Spektrum der Streitigkeiten gehört, die nach der Veröffentlichung des Interims 1548 aufbrachen. Aber der Osiandrische Streit nimmt insofern eine Sonderstellung ein, als er sich – anders als die anderen Kontroversen – nicht direkt an den Formulierungen jenes kaiserlichen Religionsgesetzes bzw. des als Alternativvorschlag konzipierten Leipziger Landtagsentwurfs entzündete. Im Mittelpunkt stand vielmehr eine von Andreas Osiander d. Ä. formulierte Rechtfertigungslehre, die für den einstigen Nürnberger Reformator und sodann als Interimsgegner in Königsberg wirkenden Professor charakteristisch wurde. Zu Recht trägt daher die Kontroverse Osianders Namen, zumal sich die Schar seiner Anhänger und Gesinnungsgenossen in engen zahlenmäßigen Grenzen hielt. Auffällig ist, dass all jene, die in den anderen, zeitgleich verlaufenden Streitigkeiten sich in verschiedenen Konstellationen in strenge Verfechter der Theologie Luthers, in Anhänger der Lehren Melanchthons oder auch in Sympathisanten einer von Calvin beeinflussten theologischen Richtung aufspalteten, in der Abwehr der Position Osianders jedoch einhellig zusammenstanden. Das isolierte Osiander und auch seinen – ungebrochen zu ihm haltenden – preußischen Landesherrn, Herzog Albrecht, zunehmend und sorgte dafür, dass die Rechtfertigungslehre Osianders kaum eine langfristige Wirkung entfalten konnte. Er selbst hielt sich für einen treuen Sachwalter der von Luther entfalteten Theologie von der gnädigen, allein auf das Wirken Gottes zurückgehenden Rechtfertigung des Menschen. De facto aber erwies er sich in seiner Position, die die Einwohnung der göttlichen Natur und damit der göttlichen Gerechtigkeit Christi im gläubigen Menschen und dessen daraus resultierende „iustitia essentialis“ betonte, als unter den Reformatoren theologisch eigenständig. Der Streitverlauf war nicht nur durch die grundlegenden inhaltlichen Gegensätze geprägt, sondern auch durch politische Verwerfungen, gesellschaftliche Spannungen und Animositäten unter Kollegen. Letzteres ist in der Forschung oft besonders betont worden, darf aber angesichts der profunden theologischen Differenzen nicht überbewertet werden. Die in den Streit hineinwirkenden politischen Oppositionen aber waren ausschlaggebend für die im Zuge des Streits vollzogenen Todesstrafen. Mit insgesamt neun erschienenen Print-Bänden ist die kritische Edition „Controversia et Confessio“ in der regulären Laufzeit des Projekts nun abgeschlossen. Das Langzeitvorhaben der Akademie der Wissenschaften und der Literatur | Mainz hat jene theologischen Streitigkeiten aufgearbeitet, die – in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts – für die Herausbildung der bis

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Vorwort

heute bestehenden konfessionellen Identitäten in Europa ausschlaggebend waren. Dabei wurden in den ausführlichen historischen Einleitungen und sachlichen Kommentierungen – so weit möglich – auch gesellschaftliche und politische Faktoren mit beleuchtet, denn die theologischen Klärungsprozesse jener Jahrzehnte lassen sich nur im Kontext der gleichzeitigen gesellschaftspolitischen Konstellationen, der akademischen Netzwerkbildungen sowie Prägungen durch Ausbildungswege und persönliche Erfahrungen angemessen einordnen und verstehen. Wenn dies gelungen sein sollte und sich über die editorische Bereitstellung der Quellen in Zukunft weitere Untersuchungsperspektiven ergeben, hat das Vorhaben sein Forschungsziel erreicht. Vorgesehen ist noch die Erstellung eines Ergänzungsbandes mit Gesamtregistern sowie der Abdruck jener Vorträge, die auf der Abschlusstagung des Projekts am 4.–6. Mai 2022 in den Räumen der Mainzer Akademie gehalten wurden. Das Thema der Konferenz „Streitkultur, Akteure, Wirkungen. Der lutherische Bekenntnisbildungsprozess in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts“ brachte verschiedene mögliche Auswertungsperspektiven miteinander ins Gespräch. Abschließend ist – wie stets – all jenen zu danken, die die Editionsarbeiten befördert und zur Sicherung ihrer hohen Qualität beigetragen haben. Die Wissenschaftlichen Mitarbeiter Dr. Jan Martin Lies und Dr. Hans-Otto Schneider haben zusammen mit Hedwig Toth-Schmitz als Wissenschaftlicher Hilfskraft auch in Zeiten der COVID19-Pandemie die Arbeiten in Mainz zuverlässig vorangebracht. Dario Kampkaspar und Silke Kalmer vom Zentrum für digitale Editionen der Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt sorgten – und sorgen auch weiterhin – zusammen mit den studentischen Hilfskräften Katharina Gloning und Martin Kupp für eine digitale Bearbeitung der Texte, um die Print-Bände sukzessive mit den Möglichkeiten der Digital Humanities open access verfügbar zu machen. Ihnen allen gebührt hohe Anerkennung und aufrichtiger Dank für ihren gemeinschaftlichen Einsatz im Sinne der Forschungsziele von „Controversia et Confessio“. Mainz, im Advent 2022

Irene Dingel

Inhalt Editionsrichtlinien ..................................................................................... 1 Historische Einleitung: Irene Dingel

........................................................ 3

Edition 1. Andreas Osiander: Disputatio de iustificatione (lateinisch/deutsch) (Königsberg 1550/1551) bearbeitet von Jan Martin Lies ....... .................................................... 18 1.1 Einleitung .................................................................................... 23 1.2 Text .............................................................................................. 32 2. Johannes Funck: Der neunte Psalm, gepredigt und einfältiglich ausgelegt, Vorrede (Königsberg 1551) bearbeitet von Hans-Otto Schneider ................................................... 52 2.1 Einleitung ..................................................................................... 55 2.2 Text . ............................................................................................. 61 3. Michael Roting: Testimonium contra falsam Osiandri de iustificatione sententiam (Nürnberg 1551) bearbeitet von Hans-Otto Schneider ................................................... 66 3.1 Einleitung .................................................................................... 69 3.2 Text . ............................................................................................. 77 4. Herzog Albrecht in Preußen: Auschreiben vom 5. Oktober 1551 (Königsberg 1553) bearbeitet von Jan Martin Lies ...... ................................................... 113 4.1 Einleitung .................................................................................. 115 4.2 Text ............................................................................................ 121

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Inhalt

5. Andreas Osiander: Rechte, wahre und christliche Auslegung über die Worte des Herrn Johannis 16,10 (Königsberg 1551) bearbeitet von Jan Martin Lies ........................................................ 130 5.1 Einleitung .................................................................................. 133 5.2 Text ........................................................................................... 137 6. Erasmus Alber: Wider das Lästerbuch des hochfliegenden Osiandri (Hamburg 1552) bearbeitet von Jan Martin Lies ......................................................... 146 6.1 Einleitung .................................................................................. 149 6.2 Text ........................................................................................... 155 7. Philipp Melanchthon: Antwort auf das Buch Osiandri von der Rechtfertigung des Menschen (Wittenberg 1552) bearbeitet von Jan Martin Lies ......................................................... 204 7.1 Einleitung .................................................................................. 207 7.2 Text ........................................................................................... 215 8. Matthias Flacius Illyricus: Verlegung des Bekenntnisses Osiandri von der Rechtfertigung (lateinisch/deutsch). Mit Unterschreibung Nicolai Galli. (Frankfurt am Main / Magdeburg 1552) bearbeitet von Hans-Otto Schneider ................................................. 234 8.1 Einleitung .................................................................................. 237 8.2 Text . .......................................................................................... 247 9. Pasquillus aus Preußen (1552) bearbeitet von Jan Martin Lies .......................................................... 422 9.1 Einleitung ................................................................................... 425 9.2 Text ........................................................................................... 431 10. Pasquillus. Ein Colloquium oder Gespräch wider die antichristische und verführerische Lehre Osiandri vom Artikel der Rechtfertigung ([Nürnberg] 1552) bearbeitet von Hans-Otto Schneider .................................................. 442 10.1 Einleitung ................................................................................ 445 10.2 Text ......................................................................................... 451

Inhalt

IX

11. Joachim Mörlin / Georg von Venediger / Petrus Hegemon: Von der Rechtfertigung des Glaubens. Gründlicher, wahrhaftiger Bericht aus Gottes Wort (Königsberg 1552) bearbeitet von Hans-Otto Schneider ................................................ 512 11.1 Einleitung ................................................................................ 515 11.2 Text . ......................................................................................... 527 12. Matthias Flacius Illyricus / Nicolaus Gallus (Hg.): Des Herrn Brenz und anderer württembergischer Theologen Declaration über Osianders Disputation von der Rechtfertigungslehre, samt ihres Glaubens Bekenntnis. Mit einer Vorrede der Herausgeber ([Magdeburg 1553]) bearbeitet von Jan Martin Lies ........................................................ 652 12.1 Einleitung ................................................................................ 655 12.2 Text .......................................................................................... 659 13. Johannes Funck: Wahrhaftiger und gründlicher Bericht, wie die Spaltung von der Gerechtigkeit des Glaubens sich erhoben und was davon gehalten werden möge ([Königsberg 1553]) bearbeitet von Jan Martin Lies ......................................................... 696 13.1 Einleitung ................................................................................ 699 13.2 Text . ......................................................................................... 707 14. Matthias Flacius Illyricus: Verlegung des unwahrhaftigen, ungegründeten Berichts Hansen Funckens von der Osiandrischen Schwärmerei ([Magdeburg 1554]) bearbeitet von Jan Martin Lies ......................................................... 786 14.1 Einleitung ................................................................................ 789 14.2 Text . ......................................................................................... 795 15. Herzog Albrecht in Preußen: Abschied vom 24. September 1554 (Königsberg 1554) bearbeitet von Jan Martin Lies ........ ................................................ 820 15.1 Einleitung ................................................................................ 823 15.2 Text .......................................................................................... 829

X

Inhalt

16. Matthias Flacius Illyricus: Dass das teure Blut oder gehorsame Leiden Christi die wahre Gerechtigkeit sei ([Nürnberg 1554]) bearbeitet von Jan Martin Lies ......... ................................................ 832 16.1 Einleitung ................................................................................ 835 16.2 Text ......................................................................................... 839 17. Matthäus Vogel: Dialogus oder Gespräch eines armen Sünders mit Mose und Christo von der Rechtfertigung des Glaubens, samt seinem Bedenken von dem Zwispalt darüber und einer Anwort auf Mörlins Sendbrief ([Königsberg] 1557) bearbeitet von Hans-Otto Schneider ................................................. 866 17.1 Einleitung ................................................................................ 869 17.2 Text ......................................................................................... 873 18. Joachim Mörlin: Treuherziger, gar kurzer und gründlicher Bericht für fromme Herzen, die die Lehre Osiandri noch irre macht (Königsberg 1570) bearbeitet von Jan Martin Lies ..... .................................................... 962 18.1 Einleitung ................................................................................ 965 18.2 Text ......................................................................................... 969

Abkürzungen ........................................................................................... 975 Literatur und Kurztitel ............................................................................. 979 Personenregister ....................................................................................... 985 Geographisches Register . ........................................................................ 993 Bibelstellenregister . ................................................................................ 997 Zitatenregister ........................................................................................ 1009

Editionsrichtlinien

Die Schreibung der Quelle bleibt weitgehend erhalten, Verdoppelungs- und Nasalstriche werden stillschweigend aufgelöst, ebenso lateinische Abbreviaturen. Akzentsetzungen werden nicht wiedergegeben. Ae- und oe-Ligaturen werden stillschweigend aufgelöst, ebenso e-caudata. Das &-Zeichen wird aufgelöst. Die Interpunktion deutscher Texte wird der heutigen Rechtschreibung angepasst. Absätze werden sinngemäß gesetzt. Die Gliederung der Vorlage in Bücher und Kapitel wird beibehalten; Abweichungen der Vorlage, oft druckoder satztechnischer Art, werden nur ausgewiesen, wenn damit ein besonderer Sinngehalt verbunden ist. Zitate werden in doppelte Anführungszeichen gesetzt. Groß- und Kleinschreibung wird übernommen; lediglich zwei Majuskeln am Wortanfang werden normalisiert. Hervorhebungen durch ausschließliche Verwendung von Majuskeln werden, falls sich damit eine besondere Aussageabsicht verbindet, wiedergegeben. Groß- und Kleinschreibung nach Interpunktion folgen den Regeln heutiger Rechtschreibung. Eigennamen werden einheitlich groß geschrieben. Getrennt- und Zusammenschreibung folgen den Regeln der heutigen Rechtschreibung. In Zweifelsfällen folgt die Edition der Schreibung der Quelle. Die Angaben der Bibelstellen richten sich grundsätzlich nach der deutschen Lutherbibel. Bei abweichender Kapitelangabe oder abweichender Verszählung in der Vulgata wird die heutige Angabe hinzugesetzt. Nachweise von Zitaten oder Belegen aus Schriften der Kirchenväter werden durchgehend nach Migne, Patrologia Graeca, Patrologia Latina (PG, PL) vorgenommen. Die neueste bzw. beste verfügbare zitierfähige Ausgabe erscheint in runden Klammern dahinter.

Historische Einleitung Irene Dingel

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In der Gruppe der nach dem Interim von 1548 aufbrechenden theologischen Kontroversen nimmt der Osiandrische Streit (1550 –1570) eine Sonderstellung ein. Zwar vollzog er sich in der Interimssituation, aber im Grunde unabhängig von den durch das Interim und den Leipziger Alternativentwurf aufgeworfenen Streitfragen. Ein Berührungspunkt aber lag darin, dass der Osiandrische Streit – wie alle nachinterimistischen Streitigkeiten – ein zentrales Thema der Reformation in die Diskussion brachte. Mit dem intensiven Ringen um eine Rechtfertigungslehre, die einerseits der Heiligen Schrift gemäß war und andererseits dem theologische Erbe Martin Luthers treu blieb, stand sogar der Kernpunkt der reformatorischen Theologie Wittenberger Prägung schlechthin zur Debatte. Seinen Namen hat der Streit von seinem Urheber und Hauptakteur, dem Nürnberger Reformator und späteren Königsberger Professor, Andreas Osiander d. Ä. (1498–1552). Tatsächlich war der Streitverlauf in hohem Maße geprägt durch seine Persönlichkeit, seine Erfahrungen und sein Umfeld sowie die Kontexte, in denen er und seine Kontrahenten handelten und Entscheidungen trafen. *******

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Andreas Osiander, der nach seinem Studium in Ingolstadt im Jahre 1522 zunächst Priester an St. Lorenz in Nürnberg wurde, sich aber schnell zu einem dezidierten Anhänger der Wittenberger Reformation entwickelte, blieb Zeit seines Lebens, trotz seiner großen Affinität zu Martin Luther und dessen Lehre, in seinen theologischen Positionen vollkommen unabhängig.1 In Nürnberg, wo er entscheidend an der Durchführung der Reformation beteiligt war,2 genoss er hohes Ansehen. Er gehört zu den wenigen herausragenden reformatorisch gesinnten Theologen der ersten Generation, die als Zeugen der großen Wegmarken der Reformationsgeschichte ihren Verlauf mitgestalteten. Im Jahre 1529 hatte er am Marburger Religionsgespräch zwischen Luther und Zwingli teilgenommen.3 Hier hatte er die Wittenberger persönlich kennengelernt. Außerdem war er 1530 bei den Verhandlungen in Augsburg um die Confessio Augustana anwesend. Auch an dem Treffen 1537 in Schmalkalden, wo die für das geplante Konzil zu Mantua erstellten Schmalkaldischen Artikel Martin Luthers unterzeichnet wurden, hatte er teilgenommen, außerdem an dem Religionsgespräch von Hagenau und Worms 1540. Die

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Dies wurde wohl dadurch befördert, dass Osiander – möglicherweise schon während seiner Ingolstädter Zeit – über den Einfluss Johannes Reuchlins auch Giovanni Pico della Mirandola schätzen lernte und sich mit der jüdischen Kabbala beschäftigte. Vgl. dazu Gottfried Seebaß, Das reformatorische Werk des Andreas Osiander, Nürnberg 1967 (EKGB 44), S. 71–90. 2 Vgl. Seebaß, Das reformatorische Werk, S. 174 –247. 3 Vgl. dazu Walter Köhler, Zwingli und Luther II, 65.

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Historische Einleitung

Brandenburg-Nürnbergische Kirchenordnung von 1533 geht federführend auf Andreas Osiander zurück.4 Und auch die Pfalz-Neuburgische Kirchenordnung von 1543 stellte er zusammen.5 Als Kopernikus sein Hauptwerk „De revolutionibus orbium coelestium“ 1543 in Nürnberg drucken ließ, schrieb Osiander ein Vorwort dazu,6 womit er dem Werk – wohl unbewusst – freie Bahn verschaffte. Osiander hatte nämlich die Lehren des Kopernikus in seiner Vorrede als Hypothesen charakterisiert. Und so ließ die päpstliche Kurie die Weltanschauung des Kopernikus unwidersprochen durchgehen. Erst im 17. Jahrhundert erkannte man, dass es sich anders verhielt und Kopernikus selbst seine Lehre keineswegs hypothetisch gemeint hatte, so dass das Buch bis in das 18. Jahrhundert hinein auf dem Index stand. Auch für die Juden setzte sich Osiander ein und nahm sie gegen die ungerechtfertigten Ritualmordvorwürfe seiner Zeit in Schutz, und zwar sowohl in theologischer Argumentation als auch in gesellschaftspolitischer Hinsicht unter Verweis auf den Judenschutzbrief Kaiser Friedrichs III. (1470). Seine Kenntnis des Talmuds und sein Einsatz für eine unvoreingenommene Beurteilung jüdischen Glaubens und Lebens waren beachtlich.7 Mit dem Interim ging Osianders Wirken in Nürnberg zu Ende. Als die Stadt das kaiserliche Religionsgesetz einführte, verließ er aus Gewissensgründen sein Amt und folgte einer Berufung durch Herzog Albrecht von Preußen zum Theologieprofessor an dessen neu gegründeter Universität in Königsberg. Der Herzog fühlte sich dem Nürnberger Reformator in besonderer Weise verbunden, denn durch seine Predigten war er im Jahre 1523, als er sich – damals noch Hochmeister des Deutschen Ordens – in Nürnberg aufhielt, für die Reformation gewonnen worden.8 In Preußen genoss Osiander ein gesichertes, allerdings kein ruhiges Auskommen. Denn seine Rechtfertigungslehre löste einen Streit aus, der noch über Osianders Tod im Jahre 1552 hinaus weiter schwelte und die Gemüter erhitzte. Erst mit der verbindlichen Einführung des Corpus Doctrinae Prutenicum 1568 konnte ein Schlusspunkt unter die Kontroverse gesetzt werden.9 4

Sie ist ediert in OGA 5, (37) 63–181. Sie ist zu finden in OGA 7, (569) 576– 878. 6 Es ist ediert in OGA 7, (556) 564– 568. 7 Vgl. dazu Andreas Osiander, Ob es wahr und glaublich sei. Eine Widerlegung der judenfeindlichen Ritualmordbeschuldigung, hg. v. Matthias Morgenstern und Annie Noblesse-Rocher, Leipzig 2018. 8 Albrecht sah in Osiander daher seinen „geistlichen Vater“; so Tschackert, Die Entstehung der lutherischen und der reformierten Kirchenlehre, S. 490. 9 REPETITIO COR= || PORIS DOCTRINAE || ECCLESIASTICAE. || Oder || Widerholung der Summa || v] jnhalt / der rechten / allgemeynen / Christlichen || Kirchen Lehre / wie die selbige aus Gottes wort / in der Augspurgi= || schen Confession / Apologia / vnd Schmalkaldischen artickeln begriffen / Vnd || von FFrstlicher Durchleuchtigkeit zu Preussen / etc. Auch allen derselbigen ge= || trewen Landtstenden vnd Vnderthanen / Geistlichen vnd Weltlichen / || im Hertzogthumb Preussen / einhellig / vnd bestendiglichen / gewil= || liget vnd angenommen / KFrtzlich zusammen verfasset. || Zum Zeugnis eintrechtiger / bestendiger Bekent= || nus reiner Lehr / Wider allerley Corruptelen, Rotten / vnd Secten / || so hin vnnd wider / vnter dem Scheindeckel der Augspurgischen || Confession / die Kirchen zurrFtten. || Psalm: CXIX. || Jch hasse die Fladder5

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Selbst wenn die theologischen Differenzen zwischen Osiander und der Mehrheit der zeitgenössischen evangelischen Theologen im Mittelpunkt standen, waren auch die politischen und gesellschaftlichen Begleitumstände sowie die alltagsgeschichtlichen Bedingungen für die Entwicklung und Zuspitzung des Streits nicht unwichtig. Die Forschung neigt manchmal dazu, vor allem die persönlichen Konstellationen sowie bestehende und aufkeimende Rivalitäten erklärend in den Vordergrund zu schieben. Diese Faktoren dürfen aber die Anliegen der im Kern theologisch zugeschnittenen Kontroverse nicht überlagern und sollten nicht als vorschnelle Erklärungen für die Positionierung der sich gegenüberstehenden Lager ins Feld geführt werden. Dennoch ist es wichtig, vorbereitende Faktoren und Kontexte mit zu berücksichtigen. Dazu gehörte die rückhaltlos positive Einstellung, die Herzog Albrecht dem Nürnberger Reformator entgegenbrachte. Als Osiander am 27. Januar 1549 in Königsberg eintraf, erhielt er sofort die Pfarrstelle an der Kirche in der Altstadt, die aber ohnehin gerade neu zu besetzen war. Dies war im Grunde noch nichts Besonderes. Als Osiander jedoch bald darauf noch dazu vom Herzog zum Professor der Theologie an der Königsberger Universität ernannt wurde, provozierte dies Animositäten gegen den neuen Kollegen. Ausschlaggebend war nicht nur, dass Osiander diese Stelle erhielt, ohne entsprechende akademische Grade aufweisen zu können, sondern auch, dass ihn der Herzog zudem mit einem doppelten Gehalt ausstattete. Als wenig später der Leibarzt des Herzogs, Andreas Aurifaber, Osianders Tochter Agnes heiratete, richtete der Herzog die Hochzeit der beiden aus. Dies musste allseits den Eindruck erwecken, dass Osiander bei Hofe großen Einfluss besaß und auch ausübte, zumal es ihm wohl tatsächlich gelang, den Herzog das eine oder andere Mal gegen seine theologischen Kollegen und für seine eigenen Interessen einzunehmen. All dies schürte das Misstrauen dem fremden Kollegen gegenüber, stärkte zugleich das ohnehin schon gut ausgeprägte Selbstbewusstsein Osianders, das er vermutlich auch in seinem öffentlichen Auftreten zu Schau trug, und befeuerte die aufkeimenden theologischen Spannungen. Aber nicht nur auf persönlicher, sondern auch auf universitätstheologischer und kollegialer Ebene entstand eine spannungsgeladene Atmosphäre.10 Die Universität Königsberg orientierte sich in ihrer Lehre nämlich an der Universität Wittenberg und der dort vertretenen Theologie, die nach dem Tod Martin Luthers in Philipp Melanchthon ihren herausragenden Reprä-

geister / vnd allen falschen weg / || LFgen bin ich gram / vnd liebe dein Gesetze. || Gedruckt zu K=nigsperg in Preussen / || bey Johann Daubman / Anno 1567. (VD 16 P 4795). 10 Zu diesen Konstellationen vgl. Tschackert, Die Entstehung der lutherischen und der reformierten Kirchenlehre, S. 490f, und ausführlicher Stupperich, Osiander in Preußen, S. 62–109.

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sentanten und führenden Kopf hatte. Osiander aber zeigte wenig Verständnis für einen Wissenschaftsbetrieb, der sich an diesem melanchthonischen Vorbild ausrichtete. Er unterstellte Melanchthon eine leisetreterisch-vermittelnde und inkonsequente Theologie und ein dementsprechendes Verhalten, was er ihm hart und kompromisslos ankreidete. Geringschätzung für Melanchthon und Misstrauen gegen die dominierende Rolle Wittenbergs ließen Osiander also ebenfalls in Gegensatz zu seinen Königsberger Kollegen innerhalb und außerhalb der Universität geraten. Zu ihnen gehörte seit September 1550 mit Joachim Mörlin11 ein – wie Osiander – erst kürzlich als kompromissloser Interimsgegner nach Königsberg berufener Theologe, der etwa zur selben Zeit auch als Gegner der Antinomisten Andreas Poach und Anton Otho in Erscheinung trat.12 Während Mörlin als Prediger am Dom in Königsberg zunächst noch um einen Ausgleich bemüht war, entwickelte er sich bald zu einem der entschiedensten theologischen Gegner Osianders. Seine besonnene Argumentation hob ihn jedoch von anderen Osiander-Gegnern, wie z. B. Matthias Flacius Illyricus, deutlich ab. Osiander seinerseits wusste sich gegen alle Einsprüche und Angriffe seiner Kollegen mit Martin Luther und dessen Theologie einig, auch wenn er von der herrschenden Wittenberger Linie deutlich und allseits wahrnehmbar abwich. Neben diese beiden Faktoren – die Misstrauen erweckenden Begleitumstände von Osianders Karriere einerseits und die sich auf Universität und Kirche auswirkende theologisch unterschiedliche Grundhaltung, die Osiander und seine Kollegen spaltete, andererseits – trat ein dritter Faktor, der in Osianders Ansprüchen selbst begründet lag. Er erwartete offenbar, in Königsberg eine ebenso zentrale Rolle spielen zu können, wie er sie in Nürnberg innegehabt hatte. Daher nutzte er, wann immer es ging, die Freundschaft des Herzogs, um an der Universität und in der Kirchenleitung Einfluss auszuüben. Hinzu kam ein Viertes, nämlich die Verschränkung der kirchlich-theologischen Zerwürfnisse mit politischen Spannungen. Denn nicht nur der überwiegende Teil der Theologenschaft in Preußen positionierte sich – in Übereinstimmung mit dem Kirchenvolk – gegen Osiander, sondern auch die Städte und der Adel bzw. die Landstände. Die Theologen sahen sich mit Mörlin 11

Mörlin war zuvor Prediger an St. Johannis in Göttingen gewesen, wo er öffentlich gegen das kaiserliche Interim gepredigt hatte und dabei nicht nur fürstliche Personen, sondern auch den Rat der Stadt Göttingen angegriffen hatte. Er fürchtete nämlich, dass der Rat Kompromisse mit den „Interimisten“ eingehen würde, zumal er eine offene Konfrontation mit dem Landesherrn, Herzog Erich d. J. von Braunschweig-Lüneburg, zu vermeiden suchte und sich daher weder für, noch gegen das Interim aussprach. Herzog Erich vertrieb deshalb den unbequemen Prediger, der immer heftiger von der Kanzel herab polemisiert hatte. Diese Kanzelpolemik und seine obrigkeitskritische Haltung hatten Mörlin zu Fall gebracht. Durch Vermittlung Herzogin Elisabeths von Braunschweig-Lüneburg erhielt Mörlin einen Ruf nach Preußen und zwar auf die Predigerstelle am Dom. Vgl. Inge Mager, Art. Joachim Mörlin, in: NDB 17 (1994), S. 679–680. 12 Vgl. dazu die Historische Einleitung zu unserer Ausgabe, Bd. 4, Der Antinomistische Streit (1556–1571), S. 11f.

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einig, der 1553 wegen seiner heftigen Kritik an Osiander seines Amtes als Domprediger enthoben worden war. Für die Städte und die Landstände diente die Opposition gegen Osiander dazu, die herzogliche Gewalt in ihre Schranken zu weisen und möglichst wieder auf die eines Deutsch-OrdensHochmeister zu reduzieren. Sie strebten danach, alte Privilegien bzw. Machtbefugnisse zurückzuerhalten, die sie mit der Umwandlung des Ordenslands in ein weltliches Herzogtum Preußen unter polnischer Lehenshoheit verloren hatten. Außerdem war der Herzog dadurch, dass er mit Paul Skalich zwar einen zuvor angesehenen Gelehrten, aber einen Hochstapler zu seinem Berater gemacht hatte, in Misskredit geraten.13 1566 erreichten die Stände, dass eine polnische Kommission eingesetzt wurde, die die politischen und kirchenpolitischen Verhältnisse prüfen sollte. Die Kommission entschied gegen den Herzog und seine Räte. Letztere wurden als Störer des öffentlichen Friedens und damit Hochverräter auf dem Markt von Kneiphof öffentlich enthauptet. Unter ihnen war der Freund und Schwiegersohn14 Osianders, der Theologe Johann Funck.15 *******

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Die Kontroverse, die unter der Bezeichnung „Osiandrischer Streit“ bekannt ist, bezog sich aber nur marginal auf die beschriebenen Konstellationen. Im Mittelpunkt stand vielmehr die von Andreas Osiander entwickelte Rechtfertigungslehre, deren Besonderheit sich am besten von der Trinitätstheologie Osianders her erschließen lässt.16 Denn sein Verständnis der Trinität war für seine gesamte Theologie bestimmend. Es bildete das theologische Zentrum und wirkte sich dementsprechend auch auf die von Osiander gelehrte Christologie aus. Einen besonderen Akzent legte Osiander dabei auf die Einheit und Untrennbarkeit der Dreieinigkeit: Gott ist ein einziges, vollkommenes, unzertrennliches Wesen. Ihm kommt absolute Göttlichkeit und Unteilbarkeit zu. Die von den Wittenberger Reformatoren vertretene Vorstellung, Gott würde die Gerechtigkeit seines Sohnes Jesus Christus auf den glaubenden Menschen durch die in seinem Wort gegebene Zusage einfach übertragen, ihm schenken und ihm anrechnen (imputatio), war für Osiander nicht akzeptabel. Denn dies würde der Gottheit Gottes Abbruch tun. Damit wandte sich Osiander scharf gegen die von den Wittenbergern vertretene Auffassung von der Performativität, d. h. der effektiven Wirksamkeit des Wortes Gottes

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Zu Skalich vgl. Ludwig Theodor Elze, Art. Paul Skalich, in: ADB 34 (1892), S. 443 f; Ludwig von Baczko, Geschichte Preußens, Bd. 3, Königsberg 1794, S. 270 –291; Fligge, Herzog Albrecht, S. 501– 522. 14 Osiander war allerdings bereits verstorben, als Funck dessen Tochter Agnes, Witwe von Andreas Aurifaber, ehelichte. 15 Außerdem die herzoglichen Räte Matthias Horst und Johann Schnell. Vgl. zu dieser spannungsreichen Situation insgesamt Fligge, Herzog Albrecht, S. 449 –525. 16 Zu Osianders Theologie vgl. Fligge, Herzog Albrecht, S. 86–115.

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und die damit in Verbindung stehende Imputationslehre. Beides, die als sakramental verstandene Wirksamkeit des Wortes und den Geschenkcharakter der Gerechtigkeit, konnte er nicht als adäquaten Ausdruck der Rechtfertigungslehre gelten lassen. In seiner Disputation über die Rechtfertigungslehre vom 24. Oktober 1550 konstatierte er: „Es lehren auch diejenigen kelter ding dan das eyse, welche da lehren, das wir allein umb der vergebung der sFnde willen fur gerecht geachtet werden und nicht auch von wegen der gerechtigkeit Christi, der durch den glauben in uns wonet“.17 Nach Osianders Auffassung verhält es sich in der Rechtfertigung eher so, dass mit dem Menschen etwas geschehen muss. Dies geschieht, wenn die göttliche Natur Christi in ihm Wohnung nimmt. Denn dann ist die ganze Gottheit mit ihrer Gerechtigkeit im Menschen anwesend und durchdringt ihn. Daraus folgt, dass sich der Mensch nicht mehr nur auf eine „iustitia formalis“, d. h. auf eine durch die Vergebung der Sünden von außen an ihn herangetragene, fremde Gerechtigkeit berufen kann, sondern wesensmäßig gerecht geworden ist. Nach der Lehre Osianders nämlich erhält der glaubende Mensch durch die Einwohnung der göttlichen Natur Christi eine „iustitia essentialis“, die das ganze Wesen des Menschen grundlegend umfasst. Schlüssel für die Ausbildung dieser Rechtfertigungslehre ist Osianders Begriff des Glaubens.18 Nicht der Glaube an sich bzw. das glaubende Vertrauen ist für ihn in der Rechtfertigung ausschlaggebend, sondern vielmehr der Inhalt und Bezugspunkt des Glaubens. Inhalt und Bezugspunkt ist Jesus Christus. Durch das Medium des Glaubens geht Christus in den Menschen ein und nimmt in ihm Wohnung. Demnach ist es im Grunde nicht der Glaube als Bewegung des Vertrauens, der den Menschen gerecht macht und aufgrund dessen dem Menschen eine fremde Gerechtigkeit, nämlich die Gerechtigkeit Christi angerechnet wird, sondern es ist Christus in seiner Gottheit und göttlichen Gerechtigkeit, der durch den Glauben ergriffen wird. Durch ihn als Person der Trinität fließt so die essentielle Gerechtigkeit der gesamten göttlichen Trinität direkt in den Menschen ein. Der Glaube ist das Instrument, das dies möglich macht. Der als Mensch leidende und sterbende Christus rückt bei Osiander aus dem Blickfeld. Der Mensch – so erklärte Osiander in seinen Disputationsthesen – „ist aber nicht darumb gerecht, das er [scil. Christus] das gesetz erfullet hat, sonder darumb, das er aus dem gerechten Vater von ewigkeit her ein gerechter son geporn ist, wie er dan spricht: ‚Gerechter Vater, die welt kennet dich nicht‘. [...] Darumb ist die gerechtigkeit des Vaters und Sons, – darzu magstu auch, so dirs geliebet, setzen: des heiligen Geists, – einerley gerechtigkeit, mit der er, der gerechte, den gottlosen gerecht macht, nemlich die gerechtigkeit Gottes, welche auch eben selbs die gerechtigkeit des glaubens ist. [...] Dann in Christo wonet die

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OGA 9, 445,8–11. Vgl. dazu Stupperich, Osiander in Preußen, S. 111–114.

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gantze fulle der gottheit leibhaftig [Kol 2,9], und volgends auch in denen, in welchen Christus wohnet.“19 Wenn es also bei Osiander um die Rechtfertigung des Menschen geht, dann ist nicht eine durch Christus erworbene und durch den Glauben an die Sündenvergebung angeeignete, geschenkte Gerechtigkeit gemeint (iustitia imputata) wie dies die Wittenberger Reformatoren – Luther ebenso wie Melanchthon – vertraten, sondern stets die essentielle Gerechtigkeit der Trinität selbst. Sie fließt – so lehrte Osiander – mittels des Glaubens und der Einwohnung des Sohnes in den Menschen wesensmäßig ein. Diese Ausprägung der Rechtfertigungslehre hatte zur Konsequenz, dass Osiander in der weiteren Ausformulierung seiner Theologie zwischen der Erlösung des Menschen und seiner Versöhnung mit Gott unterscheiden musste. Dementsprechend definierte er beides als zwei Phasen im Rechtfertigungsgeschehen, ließ aber schließlich nur noch die Versöhnung als eigentliche Rechtfertigung des Menschen gelten. Der Erlösung kam kaum noch Bedeutung zu. Sie war ihm zufolge lediglich als Voraussetzung der versöhnenden Rechtfertigung einzuordnen, die aber ohne die Einwohnung der göttlichen Gerechtigkeit im Menschen nicht statthaben kann. Unter Erlösung verstand Osiander demgemäß die Sündenvergebung, die Christus aufgrund seines Leidens und Sterbens als Mensch ein für allemal während seiner irdischen Existenz erworben hatte. Erlösung und Versöhnung kommen bei Osiander auf diese Weise relativ unvermittelt nebeneinander zu stehen, so dass sich im Grunde keine theologische Verbindung zwischen diesen beiden Phasen ergibt, außer derjenigen, dass die Erlösung als geschichtliches Datum die Voraussetzung für die eigentliche, sich als Einwohnung der essentiellen Gerechtigkeit Christi20 vollziehende Rechtfertigung im Menschen darstellt. Für die Gegner dieser Lehre war damit klar, dass das, was die Reformation als essentiell herausgearbeitet hatte, nämlich die durch das Leiden und Sterben Christi für den Menschen erworbene Sündenvergebung, bei Osiander nur noch eine untergeordnete Bedeutung hatte. In der von Osiander entwickelten heilsgeschichtlichen Perspektive war das durchaus folgerichtig. Diese basierte nämlich auf der Vorstellung, dass die imago Dei, die auf ewige Weise im göttlichen Logos gezeugt ist, sich auf geschichtliche Weise in der Menschennatur verwirklichen soll. Die Mitteilung der imago Dei an die Kreatur21 geschieht über die Verkündigung des Wortes Gottes. Dadurch, dass dieses Wort, dessen Inhalt das Kommen Gottes zum Menschen in sei19

Vgl. OGA 9, 433,22–435,2; 437,8f. Diese Lehre bringt Osianders Theologie in die Nähe derjenigen der östlichen Orthodoxien, die die fortschreitende Theosis (Vergöttlichung) des Menschen lehren. Auf diese Brücke weist auch Anna Briskina hin. Vgl. dies., Philipp Melanchthon und Andreas Osiander im Ringen um die Rechtfertigungslehre. Ein reformatorischer Streit aus der ostkirchlichen Perspektive, Frankfurt a. M. / Berlin / Bern / Bruxelles / New York / Oxford / Wien 2006 (Europäische Hochschulschriften R. XXIII: Theologie, 821). 21 Denn zum Bilde Gottes war der Mensch laut Gen 1,27 geschaffen. 20

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nem Sohn ist, vom Glauben aufgenommen wird, kommt es zur Vereinigung des Menschen mit Gott. Diese vollzieht sich in der Einwohnung Christi. All dies wurde durch den Sündenfall des ersten Menschen und den damit einhergehenden Verlust der imago Dei notwendig. Aber in Osianders Konzeption hätte Christus auch dann Mensch werden müssen, wenn der Sündenfall nicht geschehen wäre, um die Verwirklichung der imago Dei im Menschen effektiv zu bewirken. Durch den Eintritt des Sündenfalls aber leistete der menschgewordene Logos Genugtuung vor Gott für die Sünden der Menschen und erwarb so die „remissio peccatorum“, d. h. die Sündenvergebung. Dennoch bleiben Sünde und Tod weiter bestehen und müssen dadurch, dass Christus selbst im einzelnen Menschen Wohnung nimmt und in ihm Gerechtigkeit wirkt, überwunden werden. Dieses Geschehen wird von Osiander als ein Prozess begriffen, in dem sich die Rechtfertigung sukzessive und effektiv vollzieht, und zwar in der wachsenden Vereinigung mit Christus. Die durch die Einwohnung Christi real in dem Menschen anwesende göttliche Gerechtigkeit Christi wird sein eigen. Die Gerechtigkeit, die der Gläubige nun besitzt, ist die wesentliche, ewige göttliche Gerechtigkeit. Voraussetzung für dieses Geschehen ist für Osiander die – von seinem historischen Standort aus gerechnet – vor ca. 1500 Jahren von Christus am Kreuz ein für allemal erworbene Sündenvergebung und vollbrachte Erlösung. Erst nach diesem historischen Datum kann Christi wesenhafte Gerechtigkeit auch die Gerechtigkeit des erlösungsbedürftigen Menschen werden. Gemeint ist dabei stets die Gerechtigkeit Christi nach seiner göttlichen Natur und damit die essentielle Gerechtigkeit der Trinität. Denn in Osianders Rechtfertigungslehre geht in erster Linie um die Eingießung bzw. Wohnungnahme dieser wesenhaften Gerechtigkeit Gottes im Menschen; erst zweiter Linie um die Vergebung der Sünden und Befreiung des Einzelnen von der Last des göttlichen Gesetzes. Sündenvergebung und Rechtfertigungsgeschehen kommen bei Osiander also als voneinander getrennte Konzepte in den Blick, während Rechtfertigung und Erneuerung des Einzelnen miteinander verschmolzen werden. Dieses theologische System, in dem das Leiden und Sterben des Gottessohns nur eine historisch-sekundäre Bedeutung hat, rückte Osiander in greifbare Nähe zu spiritualistischen Strömungen, die ebenfalls eine – oft mystisch unterlegte – Einwohnungslehre vertraten.22 Die theologischen Angriffe auf ihn kamen daher von allen Seiten. Der Protest einte sogar die sonst durchaus nicht miteinander sympathisierenden sogenannten „Gnesiolutheraner“, die

22 Insbesondere wurde stets eine Nähe zu der Theologie Caspars von Schwenckfeld gesehen. Vgl. zu ihm Gottfried Maron, Individualismus und Gemeinschaft bei Caspar von Schwenckfeld. Seine Theologie, dargestellt mit besonderer Ausrichtung auf seinen Kirchenbegriff, Stuttgart 1961 (KO.B 2), und Selina Gerhard Schultz, A Course of Study in the Life and Teachings of Caspar Schwenckfeld von Ossig (1489 –1561) and the History of the Schwenckfelder Religious Movement (1518–1964), Göttingen 1964, 21981.

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sich in ausschließlicher Nachfolge Luthers sahen, und die auf die Theologie Melanchthons eingeschworenen „Philippisten“.23 *******

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Die Kontroverse begann bereits kurz nach der Ankunft Osianders in Königsberg.24 Denn am 5. April 1549 gab Osiander seiner Rechtfertigungslehre in einer Disputation „De Lege et Evangelio“ in ersten Ansätzen Ausdruck. Noch hielten sich die Auseinandersetzungen darüber in Grenzen. Aber Osianders Thesen in seiner zweiten Disputation „De Iustificatione“ vom 24. Oktober 1550 (Nr. 1) riefen entschiedenen Widerspruch hervor. Seine Disputationsopponenten waren der Königsberger Theologieprofessor und Melanchthonschüler Melchior Isinder, sowie der damalige herzogliche Bibliothekar und astrologische Berater des Herzogs, Martin Chemnitz. Sie stießen sich an Osianders Ablehnung der von Melanchthon vertretenen „imputatio“ der Gerechtigkeit und griffen ihn besonders in dieser Hinsicht an. Osiander, der daraufhin immer wieder in verschiedenen Schriften seine Rechtfertigungslehre dargelegte,25 vertrat in seinen Disputationsthesen grundsätzlich, dass die Einwohnung Christi im Menschen und das Ergreifen von dessen essentieller göttlicher Gerechtigkeit im Glauben für die Rechtfertigung ausschlaggebend sei.26 Fortan warf man Osiander immer wieder vor, er verbreite Irrlehren. Als erster ging der Melanchthonschüler Michael Roting mit einer Streitschrift in die Öffentlichkeit. In seinem „Testimonium […] contra falsam […] Osiandri de iustificatione sententiam“ von 1551/1552 (Nr. 3) betonte er die Rechtfertigung allein aus Glauben aufgrund des sündentilgenden Leidens und Sterbens Christi und erinnerte an den diesbezüglichen, über die Apostel vermittelten Lehrkonsens der Kirche. Osiander, der u. a. mit seiner polemischen Schrift „Schmeckbier“ antwortete,27 hatte aber auch Gesinnungsgenossen, die sich auf seine Seite stellten, allerdings nur wenige. Zu ihnen gehörte Johannes Funck, zunächst Pfarrer an der Altstädter Kirche in Königsberg, dann, ab Januar 1549, Hofprediger und Rat Herzog Albrechts. Er 23

Zu den Gruppenbezeichnungen vgl. Historische Einleitung in C&C Bd. 1, S. 10f. Vgl. dazu vor allem Wengert, Defending Faith, 2012, und insgesamt Stupperich, Osiander in Preußen, 1973, sowie Jörg Rainer Fligge, Herzog Albrecht von Preußen und der Osiandrismus 1522–1568, Diss. Bonn 1972 [masch.]. 25 Dazu gehören die 1550 in Königsberg gedruckte Schrift „An filius Dei fuerit incarnandus, si peccatum non introivisset in mundum. Item de imagine Dei, quid sit“ [= Ob der Sohn Gottes Mensch geworden, wenn die Sünde nicht in die Welt gekommen wäre, und über das Ebenbild Gottes], die Schrift „Von dem Einigen Mittler Jhesu Christo und Rechtfertigung des Glaubens. Bekantnus“, Königsberg 1551 und die im Jahr darauf herausgebrachte polemische Schrift „Schmeckbier“. Sie sind exzellent ediert in Andreas Osiander Gesamtausgabe, Bd. 10, (49) 78 –300 (Nr. 488 [dt.] / Nr. 496 [lat.]) und Bd. 10, (742), 758–796 (Nr. 538). Daher können wir uns darauf beschränken, auf diese Edition zu verweisen, und verzichten hier auf einen erneuten Abdruck. 26 Zur Theologie Osianders vgl. den vorigen Abschnitt dieser Einleitung, S. 7–11. 27 Sie ist ediert in OGA, Bd. 10, (742) 758 –796. 24

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legte seine pro-osiandrische Position erstmals in der Vorrede zu seiner Schrift „Der Neunde Psalm, gepredigt und einfältiglich ausgelegt“ (Nr. 2) öffentlich dar und vertrat sie noch über den Tod Osianders hinaus. Sein „Wahrhaftiger und gründlicher Bericht“ von 1553 (Nr. 13) ist ein Zeugnis dessen. In der hier von ihm gebotenen Schilderung des Streitverlaufs griff er vor allem Friedrich Staphylus28 und Joachim Mörlin29 als Osiandergegner heftig an, die freilich mit ebenso heftigen Gegenschriften antworteten. 1556 musste er widerrufen. Die Tatsache, dass ihm der Osiander-Freund Herzog Albrecht dennoch nicht seine Gunst entzog, schürte aber das Misstrauen seiner Person gegenüber, so dass er mitten in das Ringen der Landstände mit dem Herzog hineingeriet. Man bezichtigte ihn, mit seiner theologischen Haltung den Landfrieden zu stören. Am 28. Oktober 1566 wurde er zusammen mit zwei weiteren herzoglichen Räten enthauptet. Seine tragische Lebensgeschichte zeigt, dass die schon früh einsetzenden Befriedungsversuche Herzog Albrechts wenig fruchteten. Der Versuch, über den Austausch von Schriften bzw. Stellungnahmen eine theologische Einigung zu erzielen, scheiterte. Osiander hatte in diesem Zusammenhang sein umfangreiches Bekenntnis „Von dem Einigen Mittler Jhesu Christo und Rechtfertigung des Glaubens“30 eingereicht, zu dem der Herzog mittels eines Ausschreibens vom 5. Oktober 1551 (Nr. 4) nun die Stellungnahmen der herausragenden reformatorischen Theologen bzw. der reformatorischen Kirchen im Reich erbat. Aber auch die sich damit verbindende Hoffnung, Osianders Theologie rehabilitieren zu können, wurde nicht erfüllt. Im Gegenteil. Das ursprünglich als ein vertrauliches Vorgehen geplante Verfahren wurde schnell öffentlich, und das Bekenntnis Osianders verbreitete sich in Windeseile in alle Himmelsrichtungen und rief heftige Reaktionen hervor.31 Eine am 20. September 1551 gedruckte weitere Streitschrift Osianders unter dem Titel „Rechte, wahre und christliche Auslegung“ (Nr. 5) beförderte dies. Die Schärfe der Auseinandersetzung spiegelt sich in Erasmus Albers Schrift „Wider das Lästerbuch des hochfliegenden Osiandri“ aus dem Jahr 1552 (Nr. 6). Alber sah – ganz im Sinne der von ihm entwickelten Geschichtstheologie – im Osiandrischen Streit eine Strategie des Teufels, um mit einer gegenüber Luthers Konzeption veränderten Rechtfertigungslehre und mit Hilfe des Interims und der anschließenden Kompromissversuche die wahre Lehre zu vernichten. Auch Melanchthon meldete sich zu Wort. Zu Anfang hatte er noch versucht, einen Ausgleich zustande zu bringen, wandte sich aber im Jahre 1552 mit seiner Schrift „Antwort auf das Buch Herrn Andreae Osiandri von der Rechtferti-

28 Zu Staphylus vgl. Ute Mennecke-Haustein, Art. Friedrich Staphylus, in: TRE 32 (2001), S. 113 –115; dies., Conversio ad ecclesiam. Der Weg des Friedrich Staphylus (1512–1564) zurück zur vortridentinischen katholischen Kirche, Gütersloh 2003 (QFRG 74). 29 Zu Mörlin vgl. Martin Stupperich, Art. Joachim Mörlin, in TRE 23 (1994), S. 193 –196. 30 Ediert in OGA, Bd. 10, (49) 78 –300. 31 Vgl. dazu Stupperich, Osiander in Preußen, S. 206 –211.

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gung des Menschen“ (Nr. 7) unmissverständlich gegen Osiander. Sein Widerspruch richtete sich vor allem auf die Überbetonung der göttlichen Natur Christi durch Osiander. Dagegen legte Melanchthon den Akzent darauf, dass der ganze Christus, Gott und Mensch, Mittler und Erlöser sei. Auch zur Frage der Einwohnung der Gottheit Christi im Menschen nahm er Stellung. Der prominenteste Gegner Osianders aber war Joachim Mörlin. Seine Kritik richtete sich darauf, dass Osiander Christi Leiden und Sterben (die historische Heilstat) von der Rechtfertigung abtrennte und daher das Kreuz Christi im Zusammenhang mit der Rechtfertigung nicht mehr vorkam. Er betonte gegen Osiander ganz entschieden, dass gerade nicht die „iustitia essentialis“ die Gerechtigkeit des Menschen sei, sondern die „iustitia formalis“, d. h. die von Christus erworbene, sozusagen von außen auf die Menschen zukommende Gerechtigkeit. In der federführend von ihm abgefassten, umfangreichen Schrift „Von der Rechtfertigung des Glaubens“ (Nr. 11), die 1552 in Königsberg erschien, gab er diesem, an der Wittenberger Theologie orientierten Gegenentwurf zusammenfassend Ausdruck. Sowohl Mörlin als auch Melanchthon konnten zwar gelten lassen, dass Christus in den Gerechtfertigten Wohnung nehme. Dies aber, so hielten sie fest, bedeute keineswegs eine absolute Durchdringung des Gerechtfertigten mit der göttlichen „iustitia essentialis“ und, letzten Endes, eine Vergottung des Menschen. Gegen die spiritualisierenden Anklänge bei Osiander konstatierte Melanchthon: „Wir nennen gerechtigkeit den Herrn Christum, dadurch wir haben vergebung der sünden und einen gnedigen Gott, und dazu in uns G=ttliche gegenwertigkeit“.32 Daraufhin brachte Osiander seinerseits eine polemische Gegendarstellung heraus. Seine „Widerlegung der ungegründeten, undienstlichen Antwort Philippi Mel. etc“, 1552, gehört zu seinen bedeutendsten Gegenschriften in dieser Kontroverse.33 Natürlich blieb die Kontroverse nicht auf den gelehrten theologischen Bereich beschränkt. In anonym auf den Markt gebrachten Pasquillen wurde der Streit satirisch aufgearbeitet und die Person Osianders als Ketzer dargestellt sowie zugleich als charakterschwacher Opportunist verunglimpft (Nr. 9 und Nr. 10). Es ist interessant zu sehen, wie sehr der Streit theologische Fronten verschob und einstige Gegner in gemeinsamer Opposition zu Osiander einte. Denn auch Matthias Flacius und Nikolaus Gallus meldeten sich im Sinne der von Melanchthon vertretenen Rechtfertigungslehre zu Wort (Nr. 8). Flacius machte darüber hinaus deutlich, mit welcher Einseitigkeit Osiander Belege aus den Schriften Luthers für die Legitimierung seiner Position geltend machte. In seiner polemischen Schrift „Schmeckbier“34 griff Osiander daher auch die Vorwürfe des Flacius auf. Die Einigkeit in der Opposition gegen die Lehre Osianders zeigte sich aber vor allem in den Gutachten der auswärtigen Theologen, die Herzog Albrecht angefordert 32 33 34

Vgl. unserer Ausgabe Nr. 7, S. 221,5–7. Sie ist ediert in OGA, Bd. 10, (561) 571–670. Vgl. oben bei Anm. 27.

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hatte. Sie wandten sich alle gegen Osiander. Nur die beiden württembergischen Gutachten, die unter Federführung von Johannes Brenz entstanden waren, schlugen einen vermittelnden Ton an und versuchten die Gegensätze dahingehend aufzulösen, dass man den gegnerischen Fronten ein gegenseitiges Missverständnis unterstellte und den Streit als „bellum grammaticale“ wertete.35 Von Herzog Albrecht wurden die Württemberger Äußerungen daher als Zustimmung zur Lehre Osianders gewertet, zumal Brenz zu den wenigen gehört hatte, die Verständnis für Osianders Theologie aufbrachten. Dies veranlasste Melanchthon dazu, die unterdessen als drittes württembergisches Dokument abgefasste Declaratio und ein Bekenntnis der Württemberger Theologen in Wittenberg zu publizieren, um deutlich zu machen, dass Brenz der Lehre Osianders inzwischen bei weitem differenzierter gegenüberstand, als es der Herzog glauben machen wollte. Diesen Weg schlugen auch Flacius und Gallus ein, indem sie diese Württemberger Dokumente mit Kommentaren versahen, um so deren Interpretation als Gegenschrift gegen Osiander zu gewährleisten (Nr. 12). Flacius beteiligte sich darüber hinaus mit eigenen Schriften an der Kontroverse. Seine „Verlegung des unwahrhaftigen […] Berichts Hansen Funckens“ aus dem Jahr 1554 (Nr. 14) reagierte sowohl auf den Versuch Herzog Albrechts, die Württemberger Stellungnahmen weiterhin zugunsten der Lehre Osianders zu instrumentalisieren, als auch auf denjenigen Johann Funcks, der zu diesem Zweck nach dem Tode Osianders 1552 den Ablauf des Streits rekapituliert und dokumentiert hatte (Nr. 13). Sogar der preußische Adel unterstützte ihn in seinem Unternehmen, die Anhänger Osianders von der theologischen Haltlosigkeit ihrer Lehre zu überzeugen (vgl. Nr. 16). Durch den Osiandrischen Streit und sein unbeirrbares Festhalten an Osiander geriet auch Herzog Albrecht unter Druck. Theologische Positionen verbanden sich mit politischen Oppositionen. Die anti-osiandrisch gesinnten Landstände wandten sich mehrheitlich gegen ihn, auch nachdem er ein eigenes Bekenntnis veröffentlich hatte und im September 1554 einen Abschied erließ, der festlegte, dass man sich im Land fortan nach der Württemberger Declaratio und dem Bekenntnis der Württemberger Theologen zu halten habe (Nr. 15). Das sich darin ausdrückende vorsichtige Abrücken von Osiander und seiner Lehre vermochte es aber nicht mehr, die Spannungen auszugleichen. Die Kontroverse schwelte auch nach dem Tod Osianders noch lange weiter (vgl. Nr. 17). Erst mit der verbindlichen Einführung des von Joachim Mörlin und Martin Chemnitz erstellten Corpus Doctrinae Prutenicum kehrte allmählich Ruhe ein. Mörlin, der 1553 wegen seiner Opposition zu Osiander sein Amt als Domprediger in Königsberg hatte verlassen müssen, wurde im Jahr 1567 von Herzog Albrecht nach Preußen zurückberufen. Er übernahm das Amt des Bischofs von Samland, dessen geistliche Geschäfte der Herzog einst Osiander zur Verwaltung übertragen hatte.

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Zit. nach Stupperich, Osiander in Preußen, S. 245.

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Mit seinem „Treuherzigen und gar gründlichen Bericht“ (Nr. 18) publizierte Mörlin im Jahr 1570 – zwei Jahre nach dem Tod des Herzogs – eine Entfaltung der an der Theologie Luthers und Melanchthons orientierten Lehre, die gemäß dem Corpus Doctrinae Prutenicum fortan gelten sollte. Neben dieser Kontroverse entfaltete sich eine weitere Auseinandersetzung zwischen Osiander und Franciscus Stancarus,36 die allerdings nicht mehr dem Osiandrischen Streit zuzurechnen ist und sich auf der Schwelle zu den Kontroversen mit antitrinitarischen Strömungen bewegt.37 Sie kann daher in diesem Band nicht dokumentiert werden, soll aber wenigstens kurz Erwähnung finden. Der um 1501 in Mantua geborene Italiener Francesco Stancaro (gestorben 1574 in Stopnica, Polen) kam im Jahre 1551 als Hebräischprofessor an die Universität Königsberg, wechselte aber wenig später nach Frankfurt an der Oder und übertrug den Osiandrischen Streit auch dorthin. Mit seinem Stellenantritt in Königsberg griff auch er in den bereits laufenden Osiandrischen Streit ein. Seine Opposition zu Osiander drückte sich darin aus, dass er genau das Gegenteil von dem vertrat, was Osiander in seiner Rechtfertigungslehre geltend gemacht hatte. Während dieser die Rechtfertigung des Menschen als Einwohnung der göttlichen Gerechtigkeit Christi beschrieben hatte, behauptete Stancaro demgegenüber, dass Christus nach seiner menschlichen Natur die Gerechtigkeit des Menschen sei. Diese Lehre leitete er aus einer scholastisch geprägten und von Petrus Lombardus beeinflussten Trinitätslehre und Christologie her. Stancaro ging dabei von einem unitarischen Begriff der Trinität aus, deren drei Personen in ihrem Sein und ihrem Wirken identisch seien. Sie senden den Heilsmittler, dessen göttliche Natur daher selbst aktiv an dieser Sendung beteiligt ist. Diese Sendung betrifft aber nur die menschliche Natur des Mittlers. Christus in seiner menschlichen Natur versöhnt die Menschen mit Gott, und zwar durch seinen Kreuzestod. „Ergo”, so folgerte Stancaro, „Christus tantum secundum humanam natura[m] est mediator, exclusa divina”.38 Damit kam er tatsächlich auf eine Aussage des Petrus Lombardus zurück.39 Dabei betonte Stancaro, die „unio“ der menschlichen und göttlichen Natur in Christus durchaus festhalten zu 36 Vgl. zu ihm den Art. Stancaro, Francesco d. Ä., in: Controversia et Confessio Digital. Herausgegeben von Irene Dingel. . (Zugriff am 03.10.2022). 37 Vgl. zu diesen Auseinandersetzungen unsere Ausgabe Bd. 9. 38 So jedenfalls hielt Conrad Schlüsselburg den Standpunkt des Stancaro fest: Catalogi Haereticorum || CONRADI || SCHLVSSELBVRGII, || SS. THEOLOGIÆ DOCTO- || RIS ET PROFESSORIS, AC IN EC- || clesia & Gymnasio Stralesundensi, || in Pomerania, Superinten- || dentis, || Liber Nonus. || [...] || FRANCOFVRTI, || Apud viduam Ioannis Collizij, impensis Petri Kopffii. || – || M. D. XCIX. (VD 16 S 3038), S. 233 = https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb 11287106?page=232,233 (Zugriff 03.10.2022). Vgl. dazu Tschackert, Die Entstehung der lutherischen und der reformierten Kirchenlehre, S. 497– 501. 39 Vgl. Sent. Lib. III, dist. 19 : „Christus mediator dicitur secundum humanitatem, non secundum divinitatem“, zitiert nach Tschackert, Die Entstehung der lutherischen und der reformierten Kirchenlehre, S. 498.

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wollen. Dennoch geriet er mit seiner Lehre in auffällige Nähe zu einer nestorianischen Trennung der Naturen in Christus, die bereits das Konzil von Chalkedon 451 als Häresie verworfen hatte. Seine Königsberger Kollegen waren deshalb nicht gerade glücklich, in ihrem Streit mit Osiander ausgerechnet in Stancaro zeitweise einen Bundesgenossen zu haben.

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******* Der Osiandrische Streit, der noch lange über den Tod Osianders am 17. Oktober 1552 fortdauerte, war sowohl in seinen theologischen als auch in seinen politischen Dimensionen hoch komplex. Selbst neuere Studien haben ihn noch nicht in voller Breite und der Interaktion dieser Funktionsebenen erschöpfend erschließen können.40 Da Herzog Albrecht auch nach 1552 noch lange an dem von ihm favorisierten Theologen festhielt, dessen Lehre weiterhin unkritisch folgte und diese in der vor dem Corpus Doctrinae Prutenicum liegenden Phase durchzusetzen versuchte, wirkte sich die lehrmäßige Polarisierung schließlich auch in gesellschaftspolitischen Spannungen aus. Erst mit dem Corpus Doctrinae Prutenicum und und der Konkordienformel von 1577 fand die Kontroverse ein Ende. Letztere traf in Art. III „Von der Gerechtigkeit des Glaubens vor Gott“ theologische Entscheidungen, die die Theologie des Luthertums bis heute prägen.

40 Wengert bietet allerdings ein unter theologischer Perspektive äußert detailreiches Panorama. Vgl. ders. Defending Faith, 2012.

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Stadtbibliothek Nürnberg: 6 an Theol. 406 4°

DISPVTATIO DE IVSTIFI= CATIONE

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PR&SIDENTE D. ANDREA Osiandro Theologi# prima= rio Professore.

Regiomonte Prussi# Die XXIIII Octobris Anno M. D. L.

Bayerische Staatsbibliothek München: 4 Polem. 2267 m#Beibd.1

Ein Disputation Von der Rechtfertigung des Glaubens / 5

Gehalten am 24. Octobris. 1550 Andreas Osiander.

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Vber diser meiner Disputation / hat sich das greulich Liegen vnd Lestern / wider mich er= hebt / darwider ich mein Bekantnus von dem Einigen Mitler Jhesu CHristo vnd der Rechtfertigung des Glaubens / jn Truck ge= geben hab. K=nigsperg in Preussen. Den 12. Septembris. 1551.

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Aufgrund seiner Ablehnung des Augsburger Interims und der Maßnahmen des Nürnberger Rats, der sich dem kaiserlichen Befehl nach Umsetzung desselben nicht zu entziehen wusste und darum für Nürnberg eine neue Gottesdienstordnung verordnete, verließ Osiander 1549 aus Protest die Reichsstadt, in der er seit 1522 gewirkt hatte.1 Er wandte sich nach Preußen, da er den dortigen Herzog, Albrecht von Brandenburg, seit den frühen 1520er Jahren kannte und an dessen Hinwendung zur Reformation einen nicht unmaßgeblichen Anteil hatte.2 Am 27. Januar 1549 kam Osiander in Königsberg an, nachdem ihm der Herzog auf sein Bewerbungsschreiben (2. Dezember 1549) in einer Antwort (4. Januar 1549) eine Stelle im Herzogtum zugesagt hatte.3 Doch von Beginn seiner Tätigkeit in Königsberg an, entwickelten sich Konflikte um Osiander. Dies hatte unterschiedliche Ursachen, die sich in der Folge verbinden sollten: Zum einen besaß Osiander einen engen Kontakt zu Herzog Albrecht. Daraus resultierte eine besondere Vertrauensstellung Osianders beim Herzog und er wurde von diesem außerordentlich protegiert,4 was unter der Pfarrer- und Professorenschaft unangenehm auffiel. Zum anderen wurde bereits die Antrittsdisputation Osianders „De Lege et Evangelio“ an der Universität Königsberg vom 5. April 1549 zum Ausgangspunkt eines ersten theologischen Streits mit Matthias Lauterwald um die Bußvorstellung Osianders.5 Doch diese erste Phase der Auseinandersetzungen war weniger von einer reichsweiten Publizistik als von innerpreußischen Diskussionen geprägt. Neben Johannes Briesmann, dem Präsidenten des Bistums von Samland, und Friedrich Staphylus, Professor für Theologie an der Universität Königsberg, entwickelte sich der Pfarrer am Dom zu Königsberg, Dr. Peter Hegemon, rasch zu einem erklärten Gegner Osianders,6 und in der Universität wurden von Studenten handschriftlich verfasste, anonyme Schmähschriften und Schmähgedichte ausgehängt.7 Osiander reagierte darauf einerseits mit eigenen Schmähversen und andrerseits indem er sich bei Herzog Albrecht über die Vorgänge an der Universität

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Vgl. Engelhardt, Die Reformation in Nürnberg III, 119–124. Vgl. Fligge, Osiandrismus, 16 –22; Seebaß, Das reformatorische Werk, 93f. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 23–27. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 62–66. Vgl. dazu Stupperich, Osiander in Preussen, 36– 61; Fligge, Osiandrismus, 56– 60. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 69–73. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 77–79.

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beklagte.8 Der Herzog versprach Aufklärung und ein Eingreifen in die inneruniversitären Debatten.9 Es kam zur Verhören und Bestrafungen von verschiedenen Studenten.10 Eine Beruhigung der Situation konnte so aber nicht erreicht werden. Vielmehr zeigte sich damit abermals, welch herausragende Stellung Osiander bei Herzog Albrecht genoss, und der Verdacht, Osiander vertrete in der Frage der Rechtfertigung von Luther abweichende Positionen, war keineswegs ausgeräumt. Darum erkannte Osiander selbst die Notwendigkeit, seine Position deutlicher zu erklären. Zu diesem Zweck veranstaltete er am 24. Oktober 1550 eine neuerliche Disputation in der Universität, bei der Herzog Albrecht, alle Professoren, Prediger und Kapläne Königsbergs, viele Studenten und auch Bürger der Stadt anwesend waren.11 Die hier edierten Thesen der Disputation ließ Osiander drucken12 und späterhin übersetzen. Die Übersetzung erschien erst im Jahr 1551, und Osiander nutzte bei deren Veröffentlichung die Möglichkeit, seinen Kritiker der ersten Streitphase bereits öffentlich zu antworten.13

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2. Der Autor Über die Kindheit und Jugendzeit von Andreas Osiander ist wenig bekannt.14 Sogar über sein Geburtsdatum besteht Uneinigkeit. Es wird entweder mit dem 14. Dezember 1496 oder mit dem 19. Dezember 1498 angegeben. Osiander wurde mutmaßlich in Gunzenhausen als Sohn eines Schmieds, Andreas Hosander und seiner Frau Anna, geboren. Seinen Nachnamen habe er in Humanistenmanier später in Osiander gräzisiert. Über seine Schulzeit ist nichts bekannt. Das erste verlässliche Datum in seinem Lebenslauf ist die Immatrikulation an der Universität Ingolstadt vom 9. Juli 1515. Einen akademischen Abschluss erlangte er dort nicht. Während seiner wohl humanistisch geprägten Studienzeit lernte er Griechisch sowie Hebräisch und beschäftigte sich, wohl von Johannes Reuchlin beeinflusst, mit dem Aramäischen und der Kabbala. Im Jahr 1520 wurde er zum Priester geweiht und erhielt eine Stelle als Hebräischlehrer im Nürnberger Augustinerkloster. Wann er in Kontakt mit Luthers Lehre kam, lässt sich nicht eindeutig nachweisen, doch als Prediger an der St. Lorenzkirche in Nürnberg, wo er seit 1522 wirkte, trat er für die

8 Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 77; Andreas Osiander an Herzog Albrecht von Preußen. 15. November 1549, in: OGA 9, Nr. 392, S. 249–251; Ders. an dens. 15. November 1549, in: OGA 9, Nr. 393, S. 252–254. 9 Vgl. Herzog Albrecht von Preußen an Andreas Osiander. 22. November 1549, in: OGA 9, Nr. 395, S. 261f. 10 Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 77f. 11 Vgl. OGA 9, 422. 12 Vgl. die lateinische Thesenreihe. 13 Vgl. die die Vorrede zu der deutschen Thesenreihe. 14 Zum Folgenden vgl. Möller, Osiander; Seebaß, Werk; Zimmermann, Prediger der Freiheit, Fligge, Osiandrismus.

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Lehren des Wittenberger Professors ein. In der fränkischen Reichsstadt fanden zu dieser Zeit in rascher Folge drei Reichstage statt (1522, 1523, 1524), und Osiander profilierte sich als mitreißender und polemischer Prediger. Seine Predigten zeitigen anscheinend große Wirkung auf die Schwester Karls V., Isabella, die sich von Osiander angeblich das Abendmahl unter beiderlei Gestalt reichen ließ, sowie auf den Hochmeister des deutschen Ordens und nachmaligen Herzog von Preußen, Albrecht von Brandenburg. Daraus sollte sich eine enge Verbindung zwischen beiden ergeben, so dass Albrecht von Osiander als seinem „geistlichen Vater“ sprach und dieser wiederum den Herzog als seinen „Vater im Zeitlichen“ bezeichnete. Auch in Nürnberg selbst erlangte Osiander zusehends an Einfluss und avancierte zu dem bedeutendsten Theologen der Stadt. So trat er gegenüber dem Nürnberger Rat und dem Bischof als Sprecher der Evangelischen auf und war der Wortführer bei einem 1525 vom Rat veranstalteten Religionsgespräch. In der Folge erlangte er maßgeblichen Einfluss auf die Umgestaltung des Kirchenwesens in Nürnberg entsprechend der reformatischen Vorstellungen. Dies geschah mit einer Visitation im Jahr 1528/29 und der von Osiander und Johannes Brenz federführend verfassten brandenburgisch-nürnbergischen Kirchenordnung aus dem Jahr 1533.15 In den späteren dreißiger Jahren ging seine Bedeutung für Nürnberg allerdings zurück. Stattdessen wurde Osiander zunehmend zum Ziel von Attacken, deren Ursache in seinem persönlichen Temperament, seinen Heiraten16 und seiner judenfreundlichen Haltung zu suchen ist. In den 1530er Jahren kühlten zudem seine Beziehungen zu den Wittenberger Theologen merklich ab. In dieser Zeit arbeitete er weiterhin an theologischen Werken, etwa seiner Evangelienharmonie. Außerdem gab er 1543 die Schrift „De revolutionibus orbium coelestium“ des Nikolaus Kopernikus mit einem anonymen Vorwort heraus. Im selben Jahr erarbeitete er im Auftrag von Pfalzgraf Ottheinrich von Pfalz-Neuburg eine evangelische Kirchenordnung für dessen Territorium,17 in der er sich an den Kirchenordnungen von Brandenburg-Nürnberg 153318 und Brandenburg 153919 orientierte. Da er das Augsburger Interim 1548 scharf kritisierte und die vom Rat Nürnbergs erlassene neue Gottesdienstordnung ablehnte, verließ er die Reichs-

Die Kirchenordnung ist abgedruckt in: OGA 5, Nr. 176, S. 37–177. Die Eheschlüsse boten darum Anlass zu Angriffen auf Osiander, da er durch sie in die städtische Oberschicht gelangte und größere Vermögen erwarb. Denn nach dem Tod seiner ersten Ehefrau Catherine Preu im Jahr 1537 heiratete Osiander 1538 mit Helene Künhofer eine vermögende Witwe und 1546 schließlich Helene Magenbuch, die Tochter des Nürnberger Arztes Johannes Magenbuch. Bekannt sind aus seiner ersten Ehe fünf Kinder (Lucas, Agnes, Veronika, Katharina und Clara), aus der zweiten Ehe drei Kinder (Susanne, Katharina sowie eine nicht namentlich bekannte Tochter) und aus der dritten Ehe zwei (Ursula und Elisabeth). 17 Vgl. OGA 7, Nr. 293, S. 569– 878. 18 Vgl. Anm. 15. 19 Vgl. Sehling III, 39– 90. 15 16

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stadt. Aufgrund seiner seit dem Beginn der 1520er Jahre vorhandenen Kontakte zu Herzog Albrecht von Preußen, wandte er sich nach Königsberg. Dort erhielt er die Pfarrstelle an der Altstädter Kirche. Ohne universitären Abschluss wurde er außerdem von dem Herzog zum Professor primarius der theologischen Fakultät der Universität Königsberg ernannt. Dies führte zu Konflikten mit den anderen Professoren, die zusätzlich verstärkt wurden, nachdem Osiander in seiner ersten öffentlichen Disputation über die Buße 1549 den Widerspruch Matthias Lauterwalds hervorgerufen hatte. Die theologische Kontroverse der beiden weitete sich rasch aus. Denn die Thesen Osianders wurden an Melanchthon in Wittenberg zur Begutachtung gesendet, der sie approbierte und in Aussicht stellte, seine Schüler zu mahnen, zukünftig auf Streit um bloße Worte zu verzichten.20 Allerdings erkannten auch der Königsberger Theologieprofessor Friedrich Staphylus und der Präsident des Samlands Johannes Briesmann schnell Unterschiede zwischen der lutherischen und der osiandrischen Vorstellung von der Rechtfertigung.21 Außerdem unterstützte Bernhard Ziegler, der Leipziger Professor für Hebräisch, den in Wittenberg ausgebildeten Lauterwald, was Osiander zu Attacken auf Ziegler motivierte, da dieser die kursächsischen Bemühungen zum diplomatischen Umgang mit dem Augsburger Interim in der Leipziger Landtagsvorlage („Leipziger Interim“) mitgetragen hatte.22 Der Streit verschärfte sich im Herzogtum Preußen und an der Universität Königsberg 1549/1550 zusehends und Osiander vertrat am 24. Oktober 1550 in einer weiteren Disputation, deren Thesen hier ediert sind, seine Ansichten zur Rechtfertigungslehre. Diese Disputation, insbesondere die Drucklegung der Thesen und deren Übersetzung ins deutsche und polnische, befeuerte den Konflikt zusätzlich. Sämtliche Versuche des Herzogs zur Beilegung des Konflikts scheiterten in der Folge, da er sich selbst eindeutig auf Seiten Osianders positionierte und dessen Gegner teils aus ihren Ämtern entfernen ließ. Die Verbreitung seiner Positionen durch Druckschriften 1550/51, führte zu einer fast einhelligen Parteinahme gegen Osiander. Durch die offizielle Versendung von Osianders Schrift „Von dem einigen Mittler“ 1551 ließ Herzog Albrecht die Gutachten führender Theologen aus dem ganzen Reich einholen, deren Stellungnahmen durchgängig negativ ausfielen. Lediglich die Württemberger Theologen unter Führung von Johannes Brenz versuchten, zwischen Osiander und seinen Gegnern auszugleichen. Bevor Herzog Albrecht seinen Plan, auf Grundlage des Württemberger Gutachtens eine Theologensynode über die Streitfragen einzuberufen, umsetzen konnte, starb Osiander am 17. Oktober 1552. Der Streit um seine Theologie wurde noch lange Zeit fortgesetzt, endete letztlich aber mit dem Sturz der Osiandristen in Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 38. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 39, mit Anm. 14. 22 Vgl. zu dem Streit mit Ziegler: Stupperich, Osiander in Preussen, 53– 61. Zu den Vorgängen in Kursachsen 1548/49 vgl. unsere Edition Bd. 2. 20 21

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Preußen und der Verurteilung der osiandrischen Lehre in der Konkordienformel 1577. 3. Inhalt 5

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Der deutschen Übersetzung seiner hier edierten Thesenreihe über die Rechtfertigung aus dem Jahr 1551 stellte Osiander ein kurzes Vorwort voran. Darin macht er deutlich, dass er zur Drucklegung seiner lateinisch verfassten Thesen sowie zu deren Übersetzungen ins deutsche und polnische durch die zwischenzeitlich, seit Veröffentlichung der lateinischen Thesen 1550, vorgetragenen Angriffe seiner Gegner gezwungen worden sei, um falsche Interpretationen bzw. böswillige Verdrehungen seiner Ansichten über die Rechtfertigung des Menschen zukünftig zu verunmöglichen. In 81 Thesen entfaltet Osiander seine Rechtfertigungslehre. Dabei geht er von der Position aus, dass die Rechtfertigung lebendig mache, während die Sünde zum Tod führe. Osiander wendet sich gegen die Vorstellung, dass der Glaube des Menschen rechtfertige. An dieser Stelle greift er die Wittenberger (vor allem in den Thesen 6 und 73) massiv an. Es sei vielmehr Christus selbst, so stellt Osiander dar, der die Rechtfertigung bewirke, da er im Glauben vom Gläubigen ergriffen werde. Ausgehend von der Trinitätslehre entwickelt Osiander seine Vorstellung, dass mit dem Ergreifen Christi im Glauben, die essentielle göttliche Gerechtigkeit der göttlichen Trinität in den so Gerechtfertigten einfließt und in ihm Wirksamkeit erlangt. Osiander führt weiterhin aus, dass die Rechtfertigung mit der Sündenvergebung und der Versöhnung aus zwei Bestandteilen bestehe. Das Hauptaugenmerk richtet Osiander aber eindeutig auf die Versöhnung, während die Sündenvergebung lediglich in den Thesen 29, 58 und 66 zur Sprache kommt. Die Versöhnung hingegen wird ausführlich erörtert und von Osiander als Vermählung des Gerechtfertigten mit Christus (These 32) bzw. als Einwohnung Christi im Gerechten beschrieben (z. B. These 73 [hier explizit gegen die Wittenberger] und 75). Diese Sichtweise versucht er mithilfe zahlreicher Bibelstellen, insbesondere aus den johanneischen Schriften sowie mit II Kor 5,21 abzustützen. Zum Ende seiner Darlegung stellt Osiander einen Zusammenhang zwischen einer Ablehnung seiner Rechtfertigungslehre und einer zwinglischen Auffassung in der Abendmahlslehre her (These 70). Er folgert schlussendlich, dass es keine Form der Rechtfertigungslehre gebe, die den Menschen so sehr zu einem wahrhaft christlichen Leben anhalte, wie seine.

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4. Ausgaben Nachgewiesen werden können drei Separatausgaben: lateinisch: A:

DISPVTATIO || DE IVSTIFI= || CATIONE || PR&SIDENTE D. ANDREA || Osiandro Theologi# prima= || rio Professore. || Regiomonte Prussi# || Die XXIIII Octobris || Anno M. D. L. || [Königsberg: Hans Lufft, 1550] (VD 16 O 1001).

Vorhanden in: NÜRNBERG, Stadtbibliothek: 6 an Theol. 406 4° [benutztes Exemplar] WOLFENBÜTTEL, Herzog August Bibliothek: S 229.4 Helmst.(3), S 230d.4 Helmst.(4)

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deutsch: B:

Ein Disputation || Von der || Rechtfertigung || des Glaubens / || Gehalten am 24. Octobris. || 1550 || Andreas Osiander. || Vber diser meiner Disputation / hat sich das || greulich Liegen vnd Lestern / wider mich er= || hebt / || darwider ich mein Bekantnus von || dem Einigen Mitler Jhesu Christo vnd der Rechtfertigung des || Glaubens / jn Truck ge= || geben hab. || K=nigsperg in || Preussen. || Den 12. Septembris. || 1551. [Königsberg: Hans Lufft, 1551] (VD 16 O 1005).

Vorhanden in: BERLIN, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz: Dm 1 R DRESDEN, Sächsische Landes- und Universitätsbibliothek: Hist.eccl.E.335,6 MÜNCHEN, Bayerische Staatsbibliothek: 4 Polem. 2267 m#Beibd.1 [benutztes Exemplar] MÜNCHEN, Bibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität: 4 Theol.643:3 WIEN, Österreichische Nationalbibliothek: 20.Dd.402 WITTENBERG, Reformationsgeschichtliche Forschungsbibliothek: Kn A 152/852 WOLFENBÜTTEL, Herzog August Bibliothek: 183.20 Theol.(1), 216.13 Theol.(3), 235.12 Theol.(3)

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polnisch: C:

Artikuly Chrzeciaı= || skie O vsprawiedliwieniu || práwdziwych chrzes̃cjanow / na || polski iezyk przelożone / a w Col= || legium Krolewieckiem na gáda= || niu pospolitem pilnie rozbierané || i iako práwdziwé dostatecznie || obronioné / od tego kto= || ry ié la^́ iıskiem ie= || zykiem napisáł || Na imie ọd || D: ANDRZEIA OSIAN= || DRA, czlowieka wielmi ̣ zácne ̊ i vczo || ne ̊ / A nauki paıskiéi / cnotliwe ̊ ka= || znodzieie / i wświetem pismie || ṕ rzedniego Doctóra Kro= ||

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liewieckiego. || Disputowané w Krolewcu || roku M.D.L: || KSIEZYCA PAZDZIER= || NIKA DNIA XXIIII. || [Königsberg: Alexander Augezdecki, 1552] (VD 16 O 1006).

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Nachgewiesen in: Seebaß, Bibliographia Osiandrica, Nr. 57.2, S. 166f. Der lateinische Text ist außerdem enthalten in: D:

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Vorhanden in: LEIPZIG, Universitätsbibliothek: Syst.Theol.678-d/1 E:

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D. ANDREAE || OSIANDRI || Sacr# Theologi# in Schola Regio || montana Prussi#, Primarii || Professoris, || DISPVTATIO || NES DV&. || VNA, || DE LEGE ET EVAN= || GELIO, HABITA NO= || nis Aprilis. 1549. || ALTERA, || DE IVSTIFICATIO= || NE, HABITA 9. CAL. || Nouembris 1550. || Matth. IX. [sic: Mt 16,18] || Port# inferorum non pr#ualebunt || aduersus eam. || Regiomonte Prussi# || 1550. || [Königsberg: Hans Lufft, 1550] (VD 16 O 1003).

Vorhanden in: DRESDEN, Sächsische Landes- und Universitätsbibliothek: 3.A.9271 WOLFENBÜTTEL, Herzog August Bibliothek: 216.13 Theol.(2), 317.43 Theol.(2) F:

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D. ANDREAE || OSIANDRI || Sacr# Theologi# in Schola Regio || montana Prussi#, Primarii || Professoris, || DISPVTATIO || NES DV&. || VNA, || DE LEGE ET EVAN= || GELIO, HABITA NO= || nis Aprilis. 1549. || ALTERA, || DE IVSTIFICATIO= || NE, HABITA 9. CAL. || Nouembris 1550. || Matth. IX. [sic: Mt 16,18] || Port# inferorum non pr#ualebunt || aduersus eam. || Regiomonte Prussi# || 1550. || [Königsberg: Hans Lufft, 1550] (VD 16 O 1002/1007).

D. ANDRE& || OSIANDRI || Sacr# Theologi# in Schola regio= || montana Prussi#, Primarii || Professoris, || DISPVTATIO= || NES DV&. || VNA, || DE LEGE ET EVAN= || GELIO, HABITA NO= || nis Aprilis. 1549. || ALTERA, || DE IVSTIFICATIO= || NE, HABITA 9. CAL. || Nouembris 1550. || Matth. XVI. [Mt 16,18] || Port# inferorum non pr#ualebunt || aduersus eam. || Regiomonte Prussi#, iterum excusse || ANNO 1553. || [Königsberg: Hans Lufft, 1553] (VD 16 O 1004).

Vorhanden in: KRAKÓW, Biblioteka Jagiellońska: Cm O 1125

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Editionen: Eine Edition der Thesenreihe Osianders bot Gottfried Arnold in seiner „Unparteiischen Kirchen- und Ketzerhistorie“ im I. Band, 2. Teil, Buch XVI, Kapitel XXVI (= I/2, S. 806f). Aufgrund eines Fehlers wurde dort jedoch nur ein Teil der Thesen (1, 39 – 81) abgedruckt. In der zweiten Auflage des Werkes wurden die ausgelassenen Thesen (2–38) im II. Band unter den „Additamenta“, als 10. Zusatz veröffentlicht (= II, S. 1194f). Eine Berücksichtigung dieser Edition im textkritischen Apparat konnte wegen der darin enthaltenen Anpassungen an den Sprachstand um 1700 unterbleiben. Eine moderne Edition liegt vor: OGA 9, Nr. 425/490, S. 425 – 447. Unsere Edition des lateinischen Texts erfolgt nach Ausgabe A; diejenige der deutschen Übersetzung nach Ausgabe B.

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[A 1v:] DISPVTATIO DE IVSTIFICATIONE.a

Galat. 31.

1. Sanctus Paulus, quum ad Galatas inqui: „Si data esset Lex, quae posset uiuificare, uere ex Lege esset iusticia“, totam iustificationis nostrae uim breuissime simul et absolutissime complexus est. 2. Nihil enim iustificat, quod non et uiuificat.b Nihilque uicissim uiuificat, quod non simul etiam iustificet.

a b 1

In D, E, F folgt: Habita 9. Cal. Nouembris. 1550. D, E, F: uiuificet. Vgl. Gal 3,21.

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[A 1v:] Andreas Osiander dem Christlichen Leser. Gnad vnd Frid von GOtt dem Vater vnd Jesu Christo vnserm Herren Amen.

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ICH hab nicht gemeint,1 das dise meine Disputation solt in die Teutsche sprach kommen – jch hette sie sonst etwas einfeltiger2 vnd weitleuftiger3 gestellet –, sonder gedacht, ich wurd allein mit den Gelerten in der Schul darFber zu thun gewinnen,4 welche doch nichts grundtlichs5 in dem offentlichen Disputirn darwider auffgepracht haben.6 Aber hernach ist sie im gantzen Teutschland durch meine feind, schrifftlich vnd mFndlich, auffs allerschendlichst gelestert worden,7 welche auch bey denen, so nicht Latein verstehn, allerley darzu gelogen, das nicht darinnen ist, vnd das beste, das darinnen ist, gleich als stund es nicht darinnen, verschwigen, vntergeschlagen8 vnd verdrFckt9 haben, welcher schalckheit10 ich nicht besser auff zu decken vnd zu straffen gewist, dan das ich die Disputation Polnisch11 vnd Teutsch in Truck gebe, auff das ein jeder selbs sehe, was er wares vnd gelogens dauon geh=rt hab, wiewol ichs bald hernach in widerlegung etlicher bekantnus, die sie von der Rechtfertigung des Glaubens von sich gegeben, mit Gottes hFlff selbs auch an tag bringen12 wil.13 [A 2r:] Ein Disputation von der Rechtfertigung des Glaubens, gehalten am 24. Octobris 1550. Andreas Osiander.

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1 Da der heilige Paulus (zun Galatern) spricht, „wenn ein Gesetz gegeben were, das da lebendig machen kont, so keme warlich die Gerechtigkeit aus dem Gesetz“, da hat er die gantzen krafft vnserer Rechtfertigung auffs aller kurtzest vnd auffs aller volkommenist15 zusamen gefast. 2 Dan es Rechtfertigt vns nichts, das vns nicht auch lebendig mach, vnd widerumb macht vns nichts lebendig, das vns nicht zugleich auch Rechtfertige.

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beabsichtigt. Vgl. Art. meinen 4), in: DWb 12, 1926. einfacher. Vgl. Art. einfältig 1), in: DWb 3, 173. 3 ausführlicher, genauer. Vgl. Art. weitläufig 2.a), in: DWb 28, 1302. 4 hier: diskutieren, streiten. Vgl. Art. gewinnen II.2.d.δ.1)) , in: DWb 6, 6051f. 5 gut begründetes. 6 Den beiden Opponenten, Melchior Isinder und Peter Hegemon, gelang es weder in der Disputation selbst, noch in einer daran anschließenden während eines gemeinsamen Essens weiter geführten Diskussion in Osianders Haus, die Argumente Osianders überzeugend zu widerlegen. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 113. 7 Zu der Ausweitung des Streits um Osianders Rechtfertigungslehre im Anschluss an diese Disputation vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 116–194. 8 unterschlagen. 9 verheimlicht. Vgl. Art. verdrücken 4), in: DWb 25, 254. 10 Bosheit, Hinterhältigkeit. Vgl. Art. Schalkheit 2), in: DWb 14, 2079. 11 Vgl. Seebass, Bibliographia Osiandrica, 168 (Nr. 57.2). 12 veröffentlichen, publizieren. 13 Es handelt es sich wohl um einen Hinweis auf Osianders „Rechte, wahre Auslegung“, die ebenfalls im September 1551 erschien. Vgl. unsere Ausgabe Nr. 5, S. 137–145. 14 Vgl. Gal 3,21. 15 auf die allervollkomenste Art und Weise. 2

Galat. 3.14

34 Hab. 2,2 Rom. 1,3 Galat. 3.4

Nr. 1: Osiander, Disputatio de Iustificatione (1550)

3. Ita ut recte dicamur iustificari fide, „quia iustus fide uiuit.“5 4. Iustificare enim propria et primaria institutione significat ex impio iustum facere, hoc est, mortuum ad uitam reuocare.

Rom. 3.6

Rom. 7,8 Rom. 4,9 2. Cor. 3.10

Colos. 2.11 Hebre. 11.12

5. Id quod proprium opus est omnipotentiae, sapientiae et bonitatis diuinae non minus quam creare. 6. Transfertur tamen saepe ad aliam significationem, in qua idem ualet, quod iustum existimare, confiteri, testari uel pronunciare.7 7. Lex autem peccatum ostendens et iram operans, cum ministerium sit mortis, tantum abest a iustificandi efficacia, quantum mors abest ab ipsa uita. [A 2r:]8. Non loquimur autem hic de uita et morte corporis, sed de uita et morte animae.c 9. Anima enim ut peccato dominante mortua est, ita Christo per fidem inhabitante uiuit. 10. Fidem autem uocamus, non carnalem humanae mentis assensum, quo cuiuis quid uis credimus, sed motum spiritualem, quem Deus per uerbum praedicatum et spiritum suum sanctum in cordibus nostris excitat, ut in Iesum Christum filium eius unigenitum credamus. 11. Et haec fides recte describitur ad hebraeos, quod sit hypostatis rerum sperandarum, argumentum non apparentium. 12. Facile autem sobrie philosophantibus concedimus hanc fidem esse qualitatem, modo ipsi nobis uicissim concedant non esse physicam aut Aristotelicam,13 sed supernaturalem diuinitus in nobis excitatam.

c–c 2

F: Fehlt.

Vgl. Hab 2,4. Vgl. Röm 1,17. 4 Vgl. Gal 3,11. 5 Vgl. Hebr 10,38. 6 Vgl. Röm 3,21. 7 Kann als Angriff auf Osianders Gegner in Königsberg und ihrer melanchthonisch geprägten forensischen Rechtfertigungslehre verstanden werden. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 111. 8 Vgl. Röm 4,15. 9 Vgl. Röm 7,6. 10 Vgl. II Kor 3,6. 11 Vgl. Kol 2,5. 12 Vgl. Hebr 11,1. 13 philosophicam. 3

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3 Also, das es recht gesagt ist, das wir durch den Glauben gerechtfertigt werden, „dan der gerecht wirt seines Glaubens leben.“19 4 Dan das w=rtlein „Rechtfertigen“, in seinem eignen vrsprFnglichen verstand,20 heist aus einem Gottlosen ein Gerechten machen, das ist, ein todten widerumb zum leben bringen. 5 Welchs dann ist ein eigen Werck der G=ttlichen Almechtigkeit, Weisheit vnd gF-[A 2v:]te nicht weniger, dan etwas von newem erschaffen. 6 Doch wirt es offt gezogen23 in ein andre deutung, in der es eben so vil gilt als „halten, bekennen, bezeugen oder vrteilen, das einer gerecht sey“.24 7 Das Gesetz aber, das die SFnd anzeiget vnd Zorn anrichtet, dieweil es ein ambt des Todts ist, ist es so ferne daruon, das es solt Rechtfertigen k=nnen, als ferne der todt vom leben vnterschiden ist. 8 Wir reden aber hie nicht vom leben vnd todt des Leibes, sonder von dem leben vnd Todt der Seelen. 9 Dann wie die Seel, so die SFnd herschet,29 Todt ist, also, wen30 Christus durch den Glauben darinne wonet, so lebet sie. 10 Wir nennen aber den Glauben nicht ein fleischlich zufallen,31 darmit wir einem jeden allerley glauben, sonder ein bewegung des Geists, die Gott durch die Predig seines Worts vnd sein heiligen Geist in vnsern hertzen erwecket, das wir an JHESVM CHRistum, seinen einigen33 Son, glauben. 11 Vnd diser Glaub wirt recht beschriben zun Hebreern, das er sey das Wesen der ding, die man hoffet, vnd ein bezeugung der ding, die man nicht sihet. 12 Wir lassen aber denen, die sich bescheidenlich35 in der Philosophia vben, leichtlich36 zu, das diser Glaub sey ein qualitas (das ist: ein geschicklicheit), doch das sie vns wider-[A 3r:]umb zulassen, das sie nicht sey NatFrlich oder Aristotelisch,37 sonder vbernatFrlich, von Gott in vns erwecket.

16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37

Vgl. Hab 2,4. Vgl. Röm 1,17. Vgl. Gal 3,11. Vgl. Hebr 10,38. Auffassung, Auslegung. Vgl. Art. Verstand B.5.c), In: DWb 25, 1546. Vgl. Röm 3,30. Vgl. Röm 3,21. verwendet, verstanden. Vgl. Anm. 7 im lateinischen Text. Vg. Röm 3,5. Vgl. Röm 4,15. Vgl. Röm 7,6. Vgl. II Kor 3,6. herrscht. wenn. zustimmen. Vgl. Art. zufallen 2.c), in: DWb 32, 347. Vgl. Kol 2,5. einzigen. Vgl. Hebr 11,1. angemessen. Vgl. Art. bescheidentlich, in: DWb 1 1558. gern, nachgiebig. Vgl. Art. leichtlich 1), in: DWb 12, 647. philosophisch.

Habac. 2,16 Rom. 1,17 Galat. 3.18 Rom. 3.21

Rom. 3.22

Rom. 325 et 4,26 7,27 2. Cor. 3.28

Colos. 2.32 Hebrae. 11.34

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Nr. 1: Osiander, Disputatio de Iustificatione (1550)

13. Nec eosdem reprehendimus, cum dicunt eam relatiue sese habere ad uerbum Euangelij, cum recte intellectum non nihil lucis afferre queat. Esa. 9.14

Iohan. 1.15

Psalmo 23.17

1. Corin. 1.18

Actorum 15,19 Rom. 3.20

14. Obiectum enim fidei, ad quod et fides refertur, est Iesus Christus, Dei et Mariae filius, per uerbum Euangelij nobis ob-[A 2v:]latus et Donatus fideque a nobis apprehensus, 15. Et sicut seruus, qui dicitur, cum dominum non habeat, reuera seruus non est, ita fides, quae Christum non apprehendit, complectitur et possidet, reuera Christiana fides non est, sed assensus carnalis uel ex sanguinibus uel ex uoluntate carnis uel ex uoluntate uiri ortum habens. 16. Quare fides iustificans in sacris literis semper intelligenda est per Synecdochen,16 ut scilicet includat obiectum suum, dominum nostrum Iesum Christum. 17. Sicut enim Regius Propheta Calicem suum uocat inebriantem, cum non calix ipse, sed uinum in calice contentum possit inebriare, ita scriptura sacra uocat fidem iustificantem, cum tamen non fides, sed Christus fide comprehensus possit uiuificare et iustificare. 18. Ipse enim factus est nobis a Deo Sapientia, iustitia, sanctificatio et redemptio. 19. Hinc magna fiducia et constanter asserimus fidem neque qua qualitas est neque qua relatio neque qua eximiad uirtus neque ulla sua dignitate nos iustificare, sed tan-[A 3r:]tum qua obiectum suum Christum apprehendit et nobis unit. 20. Fides itaque corda nostra praeparans et purificans iustificat accipiendo et possidendo, Deus autem iustus et iustificans eum, qui est ex fide Iesu Christi, iustificat iustitiam suam nobis in Christo donando et conferendo. 21. Cum enim duplex Iustitia sit, Dei scilicet et hominum, fide non hanc humanam, sed illam Dei Iustitiam apprehendimus.

d 14

Konjiziert aus: eximina. D, E, F: eximia.

Vgl. Jes 9,5. Vgl. Joh 1,12f. 16 Eine rhetorische Figur: Eine Benennung erfolgt pars pro toto (Segel für Schiff) oder totum pro parte (Amerika für USA) usw. Vgl. Peter Koch, Esme Winter-Froelmel, Art. Syneckdoche, in: HWRh 9, 356–366; Quintilian, Institutio oratoria, VIII 6,19–21. 17 Vgl. Ps 23,5. 18 Vgl. I Kor 1,30. 19 Vgl. Act 15,9. 20 Vgl. Röm 3,26. 15

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13 Wir tadeln sie auch nicht, wan sie sagen, er halt sich Relatiue gegen dem Wort des Euangelions, dieweil es, wan mans recht versteht, den handel38 etwas liechter39 machen kan. 14 Dan der gegenwurff40 des Glaubens, gegen dem er sich Relatiue helt, jst Jhesus Christus, Gottes vnd Marie Son, durch das Wort des Euangelions vns furgetragen vnd geschenckt vnd durch den Glauben von vns ergriffen. 15 Vnd gleich wie der, so man ein Knecht nennet, wan er kein Herrn hat, in der warheit kein Knecht ist, also auch der Glaub, der Christum nicht ergreifft, empfahet vnd hat, ist in der warheit kein Christlicher Glaub, sonder ein fleischlich zufallen, das eintweder aus dem geblFt oder aus dem willen des fleischs oder aus dem willen eins Mannes sein vrsprung hat. 16 Derhalben ist der Glaub, der da gerecht macht, in der heiligen Schrifft alweg mit einer Synecdoche43 zu uerstehn. Nemlich, das er seinen gegenwurff, vnsern HERRN Jhesum Christum, in sich schleust. 17 Dan wie der KFniglich Prophet seinen Kelch nennet ein Kelch, der da truncken mache, so doch nicht der Kelch an im selbs, sonder nur der Wein, der darinnen ist, kan [A 3v:] truncken machen, also nennet auch die Schrifft den Glauben, der da Gerecht macht, so doch nicht der Glaube, sonder Christus durch den Glauben ergriffen, kan lebendig vnd gerecht machen. 18 Dan er ist vns worden zur Weisheit von Gott vnd zur Gerechtigkeit, zur Heiligung vnd zur Erl=sung. 19 Daher wir mit grosser freidigkeit46 vnd bestendigklich verteidigen, das der Glaub nicht damit, das er ein geschicklicheit, auch nicht, das er ein Relatio, auch nicht, das er ein furtreffenliche tugent ist, auch nicht mit jrgen einer seiner wirdigkeit, vns Gerecht mache, sonder allein damit, das er Christum, der sein gegenwurff ist, ergreifft vnd mit vns vereinigt. 20 Derhalben der Glaub, der vnsere hertzen bereitet vnd reiniget, macht vns gerecht damit, das er empfehet vnd hat. Gott aber, der da gerecht ist vnd gerecht machta den, der da ist des Glaubens an Jhesu, der macht gerecht damit, das er vns sein Gerechtigkeit schenckt vnd dar reicht.49 21 Dann dieweil zweierley Gerechtigkeit ist, nemlich Gottes vnd der Menschen, so ergreiffen wir durch den Glauben nicht dise Menschliche, sonder jene G=ttliche Gerechtigkeit. a 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49

Konjiziert aus: gemacht. Angelegenheit. Vgl. Art. Handel 2), in: DWb 10, 369f. einsichtiger. Gegenstand. Vgl. Art. Gegenwurf 1.a), in: DWb 5, 2302. Vgl. Jes 9,5. Vgl. Joh 1,12f. Vgl. Anm. 16 im lateinischen Text. Vgl. Ps 23,5. Vgl. I Kor 1,30. Munterkeit, Kühnheit. Vgl. Art. Freidigkeit, in: DWb 4, 103. Vgl. Act 15,9. Vgl. Röm 3,26. darreicht = gibt.

Esaiae. 9.41

Ioan. 1.42

Psal. 23.44

1. Cor. 1.45

Acto. 15.47 Rom. 3.48

38

Rom. 9.21 Psal. 13.22 et 53,23 Rom. 3.24 Ibidem Ibidem25 Mat. 4. et 5.26

Iohan. 1728 Rom. 4.29

Ephes. 2,30 Colos. 2.31

Nr. 1: Osiander, Disputatio de Iustificatione (1550)

22. Quae non ideo tantum dicitur Iustitia Dei, quod coram Deo ualeat et accepta sit, sed quod reuera est Iustitia Dei, nempe Domini nostri Iesu Christi, qui est Deus benedictus in secula. Amen. 23. Dominus enim de coelo prospexit super filios hominum, ut uideat, si est intelligens aut requirens Deum. 24. Verum non est iustus quisquam aut intelligens aut requirens Deum. 25. „Omnes enim declinauerunt, simul inutiles facti sunt, non est, qui faciat bonum, non est usque ad unum.“ 26. Sed solus Dominus noster Iesus Christus, qui legem et omnem iustitiam [A 3v:] adimpleuit, iustus est iuxta illud Zachariae 9: „Ecce rex tuus uenit tibi Iustus.“27 27.e Neque uero ideo Iustus est, quia legem adimpleuit, sed quia e Iusto patre ab aeterno Iustus filius natus est iuxta illud: „Pater iuste, mundus te non cognouit.“ 28. Eadem igitur est iusticia patris et filij, adde, si libet, et spiritus sancti, qua iustus ipse iustificat impium, nempe Iustitia Dei, quae eadem est et Iustitia fidei. 29. Quia uero extra Christum nemo Iustus est, sed omnes mortui delictis natura sunt filij irae,32 non confertur cuipiam Iustitia Dei et uita aeterna, nisi prius ei remissa fuerint peccata per sanguinem Christi. 30. Vnde iustificationis duas partes libenter agnoscimus: Remissionem uidelicet peccatorum et Reconciliationem. 31. Reconciliationem uero non illo uulgari modo accipimus, quo homo reconciliatur homini, sed theologice, ut Deo reconciliari idem sit, quod Christo uniri, ex eo renasci, illum in nobis et nos in illo esse,33 per illum uiuere eiusdemque in nobis inhabitantis Iusticia iustos censeri.

e 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33

F: 26 [sic]. Vgl. Röm 9,5. Vgl. Ps 13,2 (Vg). Vgl. Ps 53,3. Vgl. Röm 3,11. Vgl. Ps 14,3. Vgl. Mt 3,15; 5,17. Vgl. Sach 9,9. Vgl. Joh 17,25. Vgl. Röm 4,13. Vgl. Eph 2,1 Vgl. Kol 2,13. Vgl. Eph 2,3. Vgl. I Joh 4,13.

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22 Welche nicht allein darumb Gottes Gerechtigkeit genennet wirt, das sie vor Got gilt vnd angenem ist, sonder das sie Warhafftigklich Gottes Gerechtigkeit ist, nem-[A 4r:]lich vnsers HERRN Jhesu Christi, der da ist Gott vber alles, gelobt in ewigkeit. Amen. 23 Dan der HErr schawet vom Himmel auff der Menschen Kinder, das er sehe, ob jemand klug sey vnd nach Gottt frage. 24 Aber da ist keiner, der da gerecht oder klug ist oder nach Gott frage. 25 „Dan sie sein all abgewichen vnd alle sampt vntFchtig; da ist keiner der guts thue, auch nicht einer.“53 26 Sonder allein vnser HERR Jhesus Christus, der das Gesetz vnd alle Gerechtigkeit erfullet hat, der ist gerecht, wie Zacharias sagt: „Sihe dein kFnig kombt dir ein gerechter.“ 27 Er ist aber nicht darumb gerecht, das er das Gesetz erfullet hat, sonder darumb, das er aus dem Gerechten Vater von ewigkeit her ein gerechter son geporn ist, wie er dan spricht: „Gerechter Vater die Welt kennet dich nicht.“ 28 Darumb ist die Gerechtigkeit des Vaters vnd Sons, darzu magstu auch, so dirs geliebet, setzen:56 des heiligen Geists, einerley Gerechtigkeit mit der er, der Gerechte, den Gottlosen gerecht macht, nemlich die Gerechtigkeit Gottes, welche auch eben selbs die Gerechtigkeit des Glaubens57 ist. 29 Dieweil aber ausserhalb Christo niemand gerecht ist, sonder alle tod durch vbertrettung vnd von Natur Kinder desb Zorns58 sein, so wirt niemand die Gerechtigkeit Gottes vnd das ewig leben dargereicht, es werden jm61 dan zuuor die SFnd vergeben durch das Blut Christi. [A 4v:] 30 Daher wir dan zwen Teil vnserer Rechtfertigung gern erkennen, nemlich vergebung der SFnde vnd die versonung.c 31 Die versonung aber verstehn wir nicht auff die gemeinen62 Weiss, wie ein Mensch mit dem andern versonet wirt, sonder Theologisch. Also, das mit Gott versonet werden so vil sey als mit Christo vereinigt vnd aus jm63 wider geporn werden, das er in vns vnd wir in jm seien64 vnd durch jn leben vnd

b c 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64

Konjiziert aus: das. Konjiziert aus: versonug. Vgl. Röm 9,5. Vgl. Ps 14,2. Vgl. Ps 53,3. Vgl. Ps 14,3. Vgl. Sach 9,9. Vgl. Joh 17,25. hinzufügen. Vgl. Röm 4,13. Vgl. Eph 2,3. Vgl. Eph 2,1. Vgl. Kol 2,13. ihm. allgemeine. ihm. Vgl. I Joh 4,13.

Rom. 9.50 Psal. 14.51 et 53.52

Zach. 9.54

Ioan. 17.55

Ephe. 2,59 Colos. 2.60

40

Ioha. 3.34 2. Corin. 11.35 Oseae 2.36 Ephes. 5.37 Ibidem38

Iohan. 3,39 1. Petri. 1.40

1. Iohan. 3,42 Galat. 3,43 2. Pet. 1,44 1. Cor. 6.45

Ephes. 3.46 Coloss. 2.47 Iohan. 17.48

Nr. 1: Osiander, Disputatio de Iustificatione (1550)

32. Christus enim sponsus noster, desponsat nos sibi, uirginem castam, hoc est, nulla [A 4r:] idololatrica doctrina corruptam, et desponsat nos sibi in sempiternum, in iusticia et iudicio, in misericordia et miserationibus, et desponsat nos sibi FIDE. 33. Vnde cum eo sumus una caro, membra scilicet corporis eius, caro de carne eius et os ex ossibus eius. 34. „Propter hoc relinquet homo patrem et matrem et adhaerebit uxori suae et erunt duo in carnem unam. Hoc misteriumf magnum est in Christo et ecclesia.“ 35. Hinc renascimur in illo et ex illo, ex aqua et spiritu, non ex corruptibili, sed incorruptibili semine per uiuum uerbum Dei et permanens in aeternum.41 36. Porro hoc semen Dei in credentibus et electis manet. Vnde et filij Dei ac diuinae naturae consortes efficimur, qui enim Deo adhaeret, fit unus spiritus cum eo. 37. Nunquam tamen cum Deo unus spiritus fieremus, nisi prius cum Christo una caro essemus. 38. Habitat itaque Christus per fidem in cordibus nostris, ut Paulus uult, et per consequens etiam Pater et Spiritus sanctus. 39. Quia in Christo inhabitat omnis plenitudo diuinitatis corporaliter et per con-[A 4v:]sequens etiam in ijs, in quibus Christus habitat. 40.g Quod, ut fieret, Christus a patre precibus obtinuit dicens: „Non pro eis tantum rogo, sed eth pro ijs, qui per uerbum eorum credituri sunt in me, ut omnes unum sint sicut tu, pater, in me et ego in te, ut et ipsi in nobis unum sint, sicut nos unum sumus. EGO IN EIS et TV IN ME, ut sint consummati in unum.“

f g h 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48

Mysterium, so: D, E, F. F: 24 [sic]. D, E, F: Fehlt. Vgl. Joh 3,29. Vgl. II Kor 11,2. Vgl. Hos 2,19f. Vgl. Eph 5,30. Vgl. Eph 5,31f. Vgl. Joh 3,5. Vgl. I Petr 1,23. Vgl. I Petr 1,25. Vgl. I Joh 3,9. Vgl. Gal 3,26. Vgl. II Petr 1,4. Vgl. I Kor 6,17. Vgl. Eph 3,17. Vgl. Kol 2,2. Vgl. Joh 17,20–23.

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von desselben Gerechtigkeit wegen, der in vns wohnet, gerecht geschetzt werden. 32 Dan Christus, vnser Breutigam, vermahelt vns jme66 ein reine Jungfrawen, das ist: die mit keiner Abg=ttischen Lehr verrFckt67 ist, vnd vermahelt vns jm ewiglich in Gerechtigkeit vnd Gericht, in Gnad vnd barmhertzigkeit, vnd vermahelt vns jme durch den Glauben. 33 Daher sein wir mit jm ein fleisch, glider seines Leibs, fleisch vond seinem fleisch vnd gepein von seineme gepein. 34 „Darumb wirt der Mensch verlassen Vater vnd Muter vnd seinem Weib anhangen, vnd werden zwey ein fleisch sein. Das geheimnus ist gross; jch sag aber von Christo vnd der Gemeine“ 35 Daher werden wir newgeporn in jm vnd aus jm, aus Wasser vnd Geist, nicht aus vergenglichen, sonder aus vnuergengklichem Samen, nemlich: aus dem lebendigen Wort Gottes, das Ewigklich bleibet.74 [B 1r:] 36 Diser Samen Gottes bleibt in den Gleubigen ausserwelten, daher wir den Gottes Kinder vnd der G=ttlichen Natur teilhafftig werden, dan wer Gott anhangt, der wirt ein Geist mit jm. 37 Doch wurden wir nimmermehr mit GOTT ein Geist, wan wir nicht zuuor mit Christo ein fleisch weren. 38 So wonet nun Christus durch den Glauben in vns, als Paulus sagt, vnd volgends auch der Vater vnd heilige Geist. 39 Dann jn Christo wonet die gantze fulle der Gottheit leibhafftig, vnd volgends auch in denen, in welchen Christus wonet. 40 Vnd das solchs geschehe, das hat Christus mit seinem Gepet vom Vater erlangt, da er spricht: „Jch bit nicht fur die allein, sonder auch fur die, so durch jr Wort an mich gleuben werden, auff das sie alle eins seien, wie du, Vater, jn mir vnd Jch in dir; das auch sie in vns eins seien, wie wir eins seien, jch in jnen vnd du in mir, auff das sie volkommen seien in eins.“

d e 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81

Konjiziert aus: vom. Konjiziert aus: seien. Vgl. Joh 3,29. sich. verführt. Vgl. Art. verrücken 3.b), in: DWb 25, 1022f. Vgl. II Kor 11,2. Vgl. Hos 2,19f. Vgl. Eph 5,30. Vgl. Eph 5,31f. Vgl. Joh 3,5. Vgl. I Petr 1,23. Vgl. I Petr 1,25. Vgl. I Joh 3,9. Vgl. Gal 3,26. Vgl. II Petr 1,4. Vgl. I Kor 6,17. Vgl. Eph 3,17. Vgl. Kol 2,2. Vgl. Joh 17,20–23.

Ioan. 3.65 2. Co. 11,68 Osee. 2.69

Ephe. 5.70 Ephe. 571

Ioan. 3,72 1. Pet. 1.73 Ioan. 3,75 Galat. 3,76 2. Pet. 1,77 1. Cor. 6.78

Ephe. 3.79

Colos. 2.80 Ioan. 17.81

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Nr. 1: Osiander, Disputatio de Iustificatione (1550)

Iohan. 6.49

41. Praeterea id ita futurum, nobis promisit inquiens: „Qui manducat meam carnem et bibit meum sanguinem, in me manet et EGO IN ILLO.“

Iohan. 14.50

42. Item: „Si quis diligit me, sermonem meum seruabit et pater meus diliget eum et ad eum ueniemus et MANSIONEM APVD EVM FACIEMVS.“

Ibidem51

43. Item: „Rogabo patrem et alium paracletum dabit uobis, ut MANEAT VOBISCVM IN AETERNVM, Spiritum ueritatis, quem mundus non potest accipere.“ Qui autem spiritum Christi non habet hic non est eius.

Rom. 8.52 Iohan. 14.53 Iohan. 15.54

Colos. 1.55

44. Item: In illo die cognoscetis, quia ego sum in patre meo et uos in me ET EGO IN VOBIS. [B 1r:] 45. Ac diligenter hortatur, ut ita in ipso perseueremus, dicens: „Uos mundi estis propter sermonem, quem loquutus sum uobis: Manete in me et EGO IN VOBIS.“ 46. Hinc Paulus in domino sancte gloriatu, se ministrum a Deo constitutum ad praedicandum uerbum Dei, quod sit mysterium a saeculis absconditum, nunc autem patefactum sanctis, quibus uoluerit Deus notum facere, quae sint diuitiae gloriae mysterij huius, quod est CHRISTVS IN NOBIS.

Galat. 2.56

47. Hinc audet et dicit: „Viuo, iam non ego, VIVIT VERO IN ME CHRISTVS. Quod autem nunc uiuo in carne, in fide uiuo filij Dei.“

2. Corin. 13.57

48. Item: „An experimentum quaeritis eius, qui IN ME LOQVITVR, CHRISTVS?“ 49. Hinc Corinthios hortatur inquiens: „Uos ipsos tentate, num sitis in fide, uos ipsos probate. An non cognoscitis uosmet ipsos, quod IESVS CHRISTVS IN VOBIS EST? Nisi forte reprobi estis.“

Ibidem58

49

Vgl. Joh 6,57. Vgl. Joh 14,23. 51 Vgl. Joh 14,16f. 52 Vgl. Röm 8,9. 53 Vgl. Joh 14,20 54 Vgl. Joh 15,3f. 55 Vgl. Kol 1,25–27. 56 Vgl. Gal 2,20. 57 Vgl. II Kor 13,3. 58 Vgl. II Kor 13,5. 50

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41 Vber das hat er vns, das es also geschehen sol, zugesagt vnd gesprochen: „Wer mein fleisch isset vnd trinckt mein blut, der bleibt Jn mir vnd Jch jn Jm.“ 42 Jtem: „So mich jemand liebet, der wirt mein wort behalten, vnd mein Vater wirt jn lieben vnd wir werden zu jm kommen vnd Wonung bey jm machen.“ 43 Jtem: Jch wil den Vater bitten vnd [B 1v:] Er wirt euch ein andern Tr=ster geben, das er bey euch bleib ewigklich, den Geist der Warheit, den die welt nicht kan empfahen.“ Wer aber den Geist Christi nicht hat der ist nicht sein. 44 Jtem: „Am selben tag werdt jr erkennen,f das Jch im Vater bin vnd jr jn Mir vnd ich Jn Euch.“86 45 Er vermanet vns auch fleissig, das wir also in jm bleiben vnd spricht: „Jr seit rein vmb des Worts willen, das ich euch gesagt hab: Bleibt in Mir vnd ich in Euch.“ 46 Daher rFhmet sich der heilig Paulus, er sey ein Diener, von GOTT geordnet,88 zu predigen das wort Gottes, welchs sey ein geheimnus, von der Welt her verborgen, nun aber geoffenbaret den heiligen, welchen Gott hat wollen kund thun, welchs da sey der Herrlich reichthumb dises geheimnuss, welchs ist Christus in Vns. 47 Daher ist er kFn90 vnd spricht: „Jch lebe; aber nun nicht ich, sonder Chritus lebt in mir. Den was ich itz leb im fleisch, das leb ich in dem Glauben des Sons Gottes.“ 48 Jtem: „Jr sucht,92 das jr ein mal gewar93 werdet des,95 der jn mir redet, nemlich Christus.“ 49 Daher vermanet er die Corinthier vnd spricht: „Versucht euch selbs, ob jr im Glauben seit; oder erkennet jr euch selbs nicht, das Jhesus Christus jn euch ist? Es sey dan das jr vntuchtig seit.“96

f 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96

Konjiziert aus: erkennes. Vgl. Joh 6,57. Vgl. Joh 14,23. Vgl. Joh 14,16f. Vgl. Röm 8,9. Vgl. Joh 14,20. Vgl. Joh 15,3f. ausersehen, dazu bestimmt. Vgl. Art. ordnen 4.b), in: DWb 13, 1329f. Vgl. Kol 1,25–27. wagemutig im Denken. Vgl. Art. kühn II.3.a), in: DWb 11, 2578. Vgl. Gal 2,20. trachtet danach. erkennen. Vgl. II Kor 13,3. denjenigen. Vgl. II Kor 13,5.

Ioan. 6.82

Ioan. 14.83 Ioan. 14.84 Rom. 8.85

Ioan. 15.87

Colos. 1.89

Galat. 2.91

2. Co. 13.94

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Nr. 1: Osiander, Disputatio de Iustificatione (1550)

1. Cor. 3. et 6,59 2. Corin. 6.60

50. Item: „Templum Dei sanctum est, quod estis uos, sicut dicit Deus: ‚Inhabitabo in illis et inambulabo et ero illorum Deus‘.“

Rom. 8.61

[B 1v:] 51. Proprio filio suo non pepercit Deus, sed pro nobis omnibus tradidit illum. Igitur fieri nequit, ut non etiam omnia cum illo nobis donet.

Hiere. 23.63

Iohan. 6.65 1. Iohan. ult.66 Iohan. 6.67

1. Petri 2,68 Mathei 36.69 Apoca. 1.70

52. Qui autem omnia nobis cum illo donat, multo magis ipsum filium totum, quicquid is est, nobis ante donauit iuxta illud: „Puer natus est nobis et filius datus est nobis.“62 53. Hinc iustitia eius essentiali iusti sumus iuxta illud: „Hoc est nomen, quod uocabunt eum: DOMINVS Iusticia nostra.“ 54.i DOMINVS enim, ut illic in hebraeo ponitur, nomen Dei ineffabile est et nulli creaturae communicabile unicamque diuinam essentia, tribus personis, Patri, Filio et Spiritui sancto communem cum respectu ad incarnationem filij significat. 55. Itaque periculose deprauant sanctam scripturam, qui contendunt64 hic legendum esse: Dominus Iustificator noster, contra manifestam linguae sanctae proprietatem, quam nec Iudaei negare audent.

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56. Hinc uita eius essentiali uiuimus et uiuemus Iuxta illud: „Sicut misit me uiuens pater et ego uiuo propter patrem, ita et qui manducat me, ipse quoque uiuet prop-[B 2r:]ter me.“ Christus enim est uerus Deus et uita aeterna. 57. Ac nisi manducauerimus carnem filij hominis et biberimus eius sanguinem, non habebimus uitam in Nobis. 58. Manducare autem eius carnem et bibere eius sanguinem, hic dumtaxat nihil aliud est quam credere ipsum, peccata nostra pertulisse in corpore suo et sanguinem suum effudisse in remissionem peccatorum nostrorum, sed ita, ut hac fide cum illo una caro fiamus et sanguine eius a peccatis lauemur.

i 59

F: 52 [sic].

Vgl. I Kor 3,16; 6,19. Vgl. II Kor 6,16. 61 Vgl. Röm 8,32. 62 Vgl. Jes 9,5. 63 Vgl. Jer 23,6. 64 Die Gegner Osianders in Königsberg scheinen gemeint zu sein. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 111. 65 Vgl. Joh 6,58. 66 Vgl. I Joh 5,20. 67 Vgl. Joh 6,53. 68 Vgl. I Petr 2,24. 69 Vgl. Mt 26,28. 70 Vgl. Apk 1,5. 60

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50 Jtem: „Der Tempel Gottes ist heilig, der seit jr, wie GOTT, der HERR, spricht: ‚Jch wil jn jnen wonen vnd wil in jnen wan-[B 2r:]deln vnd wil jr Gott sein‘.“ 51 Gott hat seines eignen Sons nicht verschonet, sonder hat in99 fur vns alle dahin geben. Darumb kans nicht sein das er vns nicht alles mit im101 schenckt. 52 Der vns aber alles mit im schenckt, der hat vns vil mehr den Son gantz vnd gar, wie er ist, zuuor geschenckt, wie geschriben ist: „Ein Kind ist vns geporn, ein Son ist vns gegeben.“ 53 Daher sein wir mit seiner wesenlichen Gerechtigkeit Gerecht, wie geschriben ist: „Man wirt jn nennen ‫יהוה‬, der vnser Gerechtigkeit ist.“ 54 Dan ‫יהוה‬, wie es da selbst im Hebreischen steht, ist Gottes vnaussprechlicher Name, den man keiner Creatur zu legen kan, vnd heist das einig G=tlich wesen der drey Personen, des Vaters, Sons vnd heiligen Geists, mit anzeigung, das der Son solt mensch werden. 55 Derhalben verfelschen die die heiligen Schrifft farlich,104 die da wollen,105 man soll alda lesen ‫יהוה‬, der vnser Rechtfertiger ist, vnd das wider die offenbarn eigenschafft der heiligen sprach, welche auch die JFden selbs nicht verneinen thuren. 56 Daher leben wir mit seinem wesenlichen Leben vnd werden auch furo leben, wie er spricht: „Gleich wie mich der lebendig Vater gesandt hat vnd ich lebe vmb des Vaters willen, also auch, wer mich isset, der wirt leben vmb meinet willen.“ Dan Christus ist der wahre Gott vnd das ewig Leben. [B 2v:] 57 Vnd wan wir nicht werden essen das fleisch des Menschen Sons vnd sein Blut trincken, so werden wir das Leben nichtg in vns haben.108 58 Aber sein fleisch essen vnd sein Blut trincken heist alhie an disem ort nichts anders dan glauben, das er vnser SFnd an seinem Leibe geopffert hab vnd sein Blut vergossen zur vergebung vnserer SFnde, aber also, das wir durch disen Glauben mit jm ein fleisch werden vnd mit seinem Blut von den SFnden gereinigt werden. g 97

Konjiziert aus. nich.

Vgl. I Kor 3,16; 6,19. Vgl. II Kor 6,16. 99 ihn. 100 Vgl. Röm 8,32. 101 ihm. 102 Vgl. Jes 9,5. 103 Vgl. Jer 23,6; 33,16. 104 gefährlich. 105 Vgl. Anm. 62 zum lateinischen Text. 106 Vgl. Joh 6,58. 107 Vgl. I Joh 5,20. 108 Vgl. Joh 6,53. 109 Vgl. I Petr 2,24. 110 Vgl. Mt 26,28. 111 Vgl. Eph 5,32. 112 Vgl. Apk 1,5. 98

1 Co. 3. et 6,97 2. Cor. 6.98

Rom. 8.100

Esaie 9.102 Iere. 23. et 33.103

Ioan. 6.106 1. Ioan. 5.107

1. Pet. 2,109 Matt. 26110 Ephe. 5,111 Apo. 1.112

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Nr. 1: Osiander, Disputatio de Iustificatione (1550)

Iohan. 17.71

59. Hinc gloria eius essentiali glorificati sumus, quia, qui orat: „Pater, clarifica me claritate, quam habui apud te, priusquam mundus fieret.“ Ille etiam dicit: „Et ego claritatem, quam dedisti mihi, dedi eis.“72

Rom. 8.73

60. Nam quos uocauit, eos et iustificauit, quos autem iustificauit, eos et glorificauit. 61. Et nos omnes reuelata facie gloriam domini speculantes in eandem imaginem transformamur a claritate in claritatem tanquam a Domini spiritu.

2. Corin. 3.74

1. Iohan. 3.75

Rom. 5.76 1. Iohan. 4.77 2. Cor. 4.78 Rom. 6.79 Ephes. 4,80 Colos. 3,81 Rom. 8.82

1. Iohan. 4.83 Ibidem84

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62. Sumus itaque filij Dei, nec dum apparuit, quid futuri simus. Scimus autem, quod, cum apparuerit, similes ei erimus. [B 2v:] 63. Hinc etiam essentiali Caritate illius inflammamur ad diligendum ipsum, et proximum propter ipsum: Caritas enim Dei diffusa est in cordibus nostris per Spiritum sanctum, qui datus est nobis. 64. Deus enim Caritas est, et qui manet in Caritate, in Deo manet et Deus in eo. 65. Habemus autem hunc thesaurum inuasis fictilibus, ut sublimitas sit uirtutis Dei et non ex nobis. 66. Quin etiam mors Christi, in quam per baptismum complantati sumus, in nobis efficax est ad destruendum corpus peccati et mortificandum ueterem hominem iuxta illud: „SI CHRISTVS IN VOBIS est, corpus quidem mortuum est propter peccatum, Spiritus autem uita est propter iustificationem.“ 67. Omnis spiritus, qui confitetur Iesum Christum ad hunc modum uenisse et uenire in carnem nostram, ex Deo est. 68. Et omnis spiritus, qui non confitetur Iesum Christum ad hunc modum uenisse in carnem nostram, ex Deo non est. Et hic est spiritus Antichristi, de quo audiuistis, quod uenit et iam nunc est in mundo.

71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84

Vgl. Joh 17,5. Vgl. Joh 17,22. Vgl. Röm 8,30. Vgl. II Kor 3,18. Vgl. I Joh 3,2. Vgl. Röm 5,5. Vgl. I Joh 4,16. Vgl. II Kor 4,7. Vgl. Röm 6,5. Vgl. Eph 4,22. Vgl. Kol 3,9. Vgl. Röm 8,10. Vgl. I Joh 4,2. Vgl. I Joh 4,3.

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59 Daher sein wir mit seiner wesenlichen Herlicheit herrlich, dann der da bitet: „Vater, mach mich herrlich mit der herrlicheit, die ich bey dir gehabt hab, eh114 dan die Welt war“, der selbig spricht auch: „Jch hab jnen gegeben die herrlicheit, die du mir geben hast.“115 60 Dan welche er hat beruffen, die hat er auch Gerecht gemacht, welche er aber hat Gerecht gemacht, die hat er auch herrlich gemacht. 61 Vnd es spiegelt sich in vns allen des HERRN Klarheit mit auffgedechtem Angesicht, vnd wir werden verkleret in dasselbige Bild von einer klarheit zu der andern als vom Geist des HERRN. 62 So sein wir nun Gottes Kinder, vnd ist noch nicht erschinen, was wir sein werden; wir wissen aber, wan es erscheinen wirt, das wir jm gleich sein werden. 63 Daher werden wir auch mit seiner [B 3r:] wesentlichen Lieb entbrant, zu lieben jn119 vnd den Nechsten, vmb seinen willen, dann die Liebe Gottes ist ausgegossen in vnsere hertzen durch den heiligen Geist, der vns gegeben ist. 64 Dan Gott ist die Lieb, vnd wer in der Liebe bleibet, der bleibt in Gott vnd Gott in jm. 65 Wir haben aber solchen Schatz jn jrdischen gefessen, auff das die vberschwengkliche krafft sey Gottes vnd nicht von vns. 66 Ja, der Tod Christi, in den wir durch die Tauff gepflantzt sein, ist auch krefftig jn vns, zu uerst=ren123 den Leib der SFnde vnd abzut=dten den alten Menschen, wie geschriben ist: „So Christus in euch ist, so ist der Leib zwar Todt vmb der SFnde willen, der Geist aber ist Leben vmb der Gerechtigkeit willen. 67 Ein jeder Geist, der da bekennet das Jesus Christus auff dise weise kommen sey vnd noch komme in vnser fleisch, der ist aus GOTT. 68 Vnd ein jeder Geist, der nicht bekennet, das Jhesus Christus auff dise weiss kommen sey in vnser fleisch, der ist nicht aus Gott, vnd das ist der Geist des Antichrists, von dem jr geh=rt habt, das er kombt, vnd er ist schon jtzo jn der Welt.129

113 114 115 116 117 118 119 120 121 122 123 124 125 126 127 128 129

Vgl. Joh 17,5. bevor. Vgl. Joh 17,22. Vgl. Röm 8,30. Vgl. II Kor 3,18. Vgl. I Joh 3,2. ihn. Vgl. Röm 5,5. Vgl. I Joh 4,16. Vgl. II Kor 4,7. zerstören, vernichten. Vgl. Art. verstören 1), in: DWb 25, 1772. Vgl. Röm 6,5. Vgl. Eph 4,22. Vgl. Kol 3,9. Vgl. Röm 8,10. Vgl. I Joh 4,2. Vgl. I Joh 4,3.

Ioan. 17.113

Rom. 8.116 2. Cor. 3.117

1. Ioan. 3.118

Rom. 5.120 1. Ioan. 4.121 2. Cor. 4122 Rom. 6.124 Ephe. 4,125 Colos. 3,126 Rom. 8.127 1. Ioan. 4128

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69. Errant itaque toto coelo nec theologi-[B 3r:]co nomine ulla ratione digni sunt, quotcunque et quanticunque sunt, qui putant alia re quam solo uero et uiuo Deo, patre, filio incarnato et spiritu sancto nos posse iustificari, uiuificari, glorificari. 70. Et quisquis hanc iustificationis nostrae rationem non tenet, quicquid profiteatur ore, certum tamen est eum esse Zuinglianum85 in corde. 71. Impossibile enim est, ut credat uerum corpus Christi in pane et uerum sanguinem eius in Calice, qui non credit Christum reuera habitare in Christiano homine. 72. Quisquis autem hanc iustificationis nostrae rationem a Deo doctus probe tenet, is facile intelligit non panem et uinum, sed uerum corpus et sanguinem Christi sacramentum huius mysterij esse oportere, etiamsi pane et uino tegantur. 73. Glacie quoque frigidiora docent, quicunque docent nos tantum propter remissionem peccatorum reputari iustos et non etiam propter iustitiam Christi per fidem in nobis inhabitantis.86 Psal. 5.87

Rom. 8.88 Rom. 6.89 Mathei. 6.90

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74. Non enim tam iniquus est Deus aut iniquitatis amans, ut eum pro iusto habeat, in quo uerae iusticiae prorsus nihil sit iuxta [B 3v:] illud: „Quoniam non Deus uolens iniquitatem tu es.“ 75. Et tales non iusticiam Dei praedicant, sed multitudini peccatis ita contaminatae, ut Deus in eis inhabitare nec uelit nec debeat, turpiter blandiuntur et adulantur, ne animaduertant se longissime adhuc abesse a regno Dei. 76. Iusticia enim Christi nobis quidem imputatur, sed non nisi, quum in nobis est, iuxta illud: „Deus eum, qui peccatum non nouerat, pro nobis peccatum fecit, ut nos efficeremur iusticia Dei per illum.“ 77. Huic iusticiae Christi perfectam obedientiam debemus, ut exhibeamus membra nostra arma iustitiae Deo, in sanctificationem, quam, quia in hac uita non perfecte praestamus, orandum est, ut dimittantur nobis debita nostra, sicut et nos dimittimus.

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Osiander versucht hier die Ablehnung der Realpräsenz Christi in den beiden Elementen des Abendmahls durch Zwingli mit einer Ablehnung der von ihm, Osiander, konstruierten Realpräsenz Christi im Gerechtfertigen zu vergleichen. Zu Zwinglis Abendmahlsverständnis im Gegensatz zu der lutherischen Vorstellung vgl. Köhler, Zwingli und Luther. 86 Attacke auf die Ansichten seiner Königsberger Gegner. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 111. 87 Vgl. Ps 5,5. 88 Vgl. II Kor 5,21 (!). 89 Vgl. Röm 6,13. 90 Vgl. Mt 6,12.

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69 Derhalben jrren die, so weit der Himmel ist, sein auch in keinem Weg eins Theologen Namen wirdig, wie vil jr vnd wie gross sie sein, die da meinen, wir k=nnen mit [B 3v:] einem andern ding dan mit dem einigen,130 waren vnd lebendigen Gott – Vater, Son (der Mensch ist worden) vnd heiligen Geist – Gerecht, lebendig vnd herrlich gemacht werden. 70 Vnd wer dise weiss vnserer Rechtfertigung nicht helt, er bekenne gleich mit dem mund, was er wolle, so ist doch gewis, das er Zwinglisch131 ist jm hertzen. 71 Dan es ist vnmFglich, das der solt glauben, das der ware leib Christi im brot vnd sein wahres blut im Kelch sey, der nicht glaubet, das Jhesus Christus warhafftiglich in dem Christlichen menschen wone. 72 Welcher aber dise weiss vnserer Rechtfertigung als ein Gotts gelerter fest helt,132 der verstet leichtlich, das nicht Brodt vnd Wein, sonder der ware Leib vnd das ware Blut Christi das Sacrament dises geheimnus sein muss, ob sie gleich mit Brot vnd Wein zugedeckt133 sein. 73 Es lehren auch die jenigen kelter134 ding dan das eyse, welche da lehren, das wir allein vmb der vergebung der SFnde willen fur gerecht geachtet werden vnd nicht auch von wegen der Gerechtigkeit Christi, der durch den Glauben in vns wonet.135 74 Dan Gott ist nicht so vngerecht noch ein solcher liebhaber der vngerechtigkeit, das er den fur gerecht halt, in dem gantz vnd gar von der waren Gerechtigkeit nichts ist, wie geschriben steht: „Du bist nicht ein Gott dem Gottloses wesen gefalle.“137 75 Vnd solche Predigen nicht die Gerech-[B 4r:]chtigkeit Gottes, sonder sie liebkosen138 vnd heucheln schendlich dem hauffen,139 der mit sunden also befleckt ist, das Got in jnen wonen weder wil noch soll, damit sie nicht gewar werden, das sie noch auffs aller weitest vom Reich Gottes sein. 76 Dann die Gerechtigkeit Christi wirt vns ja zugerechnet, aber doch nicht, dann wan sie jn vns ist, wie geschriben ist: „Gott hat den, der von keiner SFnd wFste zur SFnde gemacht, auff das wir in jm wurden die Gerechtigkeit Gottes.“ 77 Diser Gerechtigkeit Christi sein wir volkommenen gehorsam schFldig, das wir vnser glider dargeben zu waffen der Gerechtigkeit Gott dem HERRN zu vnserer heiligung. Dieweil wir aber die selbigen in disem leben nicht vol-

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einzigen. Vgl. Anm. 82 zum lateinischen Text. bstätigt, lehrt. verborgen. Vgl. Art. zudecken 2.a), in: DWb 32, 318f. kältere. Vgl. Anm. 83 zum lateinischen Text. Vgl. Eph 3,16f. Vgl. Ps 5,5. schmeicheln. Vgl. Art. liebkosen 2), in: DWb 12, 965f. Pöbel. Vgl. Haufe, Haufen 5), in: DWb 10, 585. Vgl. II Kor 5,21. Vgl. Röm 6,13.

Ephe. 3.136

2. Cor. 5140

Rom. 6.141

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Mat. 7 et 1291 Apocali. 22.92 Ephes.

4.93

Rom. 8.94

Nr. 1: Osiander, Disputatio de Iustificatione (1550)

78. Opera nostra quantumuis bona neque iustificant neque uiuificant neque glorificant (haec enim solius Dei sunt), sed fiunt a iustificatis, uiuificatis et glorificatis, quia arbor mala non potest bonos fructus ferre. 79. Et quanquam qui iustificatus est, iustifi-[B 4r:]cari debeat adhuc, hoc tamen non fit operibus nostris, sed cognitione filij Dei per fidem, per quam ei de die in diem magis unimur, donec omnes occuramus in uirum perfectum et in mensuram aetatis plenitudinis Christi.

80. Nulla doctrina magis impellit homines ad bene operandum quam haec coelestis de iustificatione nostri doctrina. 81. Nam Deus per Spiritum suum, a quo aguntur filij Dei, efficax est in credentibus et ipsi ex animo obediunt uerentes offendere Deum, quem sibi credunt ad hunc modum esse praesentissimum et intimum, ne ab eo deserti iterum moriantur.

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FINIS.j EX OFFICINA HAEREDVM Ioannis Lufftij.k

j E: Fehlt. Stattdessen steht: erratum typographi in frontispicio lege. Matth. XVI. In F folgt: Regiomonte Prussi# III. Iunij Anno. M. D. LIII. k In D folgt: Erratum typographi in frontispicio lege. Matth. XVI. 91 92 93 94

Vgl. Mt 7,18; 12,33. Vgl. Apk 22,11. Vgl. Eph 4,13. Vgl. Röm 8,14.

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Nr. 1: Osiander, Disputatio de Iustificatione, deutsch (1551)

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kommenlich leisten, sollen wir Bitten, das vns vnser schuld vergeben werden, als auch wir vergeben.142 78 Vnsere Werck, wie gut sie auch sein, machen weder Gerecht noch lebendig noch herrlich, dan das geh=rt Gott allein zu, sonder geschehen von denen, die schon Gerecht, lebendig vnd herrlich gemacht sein, dan ein b=ser Baum kan nicht gute Frucht tragen. 79 Vnd wiewol der, so da Gerechtfertigt ist, soll noch weiter Gerechtfertigt werden, so geschicht es doch nicht durch vnsere werck, sonder mit dem Erkentnus des Sons Gottes durch den glauben, durch den wir im von tag [B4 v] hzu tagh je lenger je mehr vereinigt werden, bis wir all hinan kommen145 vnd ein volkommen man146 werden, der da sey der masse des volkommenen alters Christi.147 80 Es ist kein Lehr, die den Menschen mer148 treibet149 guts zu thun, dan dise Himelische Lehr von vnserer Rechtfertigung. 81 Dan GOTT ist durch sein heiligen Geist, von dem die Kinder Gottes getriben werden,150 krefftig in den gleubigen, vnd sie sein von hertzen gehorsam vnd forchten sich, Gott zu beleidigen, weil sie glauben, das er jnen151 so gantz gegenwertig vnd jnnerlich sey, damit sie nicht, von jm verlassen, widerumb jn tod fallen. ENDE.

h–h

Aus Kustode von Blatt B 4r ergänzt, da fehlt auf Blatt B 4v.

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Vgl. Mt 6,12; Lk 11,4. Vgl. Mt 7,18; 12,33. Vgl. Apk 22,11. dahin kommen. Mann. Vgl. Eph 4,13. mehr. mahnt, anhält. Vgl. Art. treiben I.C.3.c.α), in: DWb 22, 28. Vgl. Röm 8,14. ihnen.

143 144 145 146 147 148 149 150 151

Matt. 7. et 12,143 Apo. 22144

Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel: 317.43 Th. (6)

Der Neunde Psalm / geprediget vnd einfeltiglich ausge= leget. 5

Ein Gebet der Christlichen Kirchen in gegenwertiger Not / aus dem selben neunden Psalm ge= stellet. durch Johan Funck.

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Mit einem kurtzen Be= kentnis / wie wir fFr Gott gerecht werden / in der Vorrede mit eingefFret. K=nigsberg. Jn Preussen. 1551.

Nr. 2: Funck, Der 9. Psalm gepredigt und ausgelegt, Vorwort (1551) – Einleitung

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Einleitung 1. Historische Einleitung

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Mit der hier edierten Vorrede zu seiner Auslegung des Neunten Psalms bezog Johann Funck erstmals in einer gedruckten Veröffentlichung positiv Stellung zur spezifischen Soteriologie Osianders.1 Nachdem Johann Funck im Herbst 1547 nach Königsberg gekommen war, hatte ihn der Herzog zunächst nach Litauen entsandt und ihm nach seiner Rückkehr die kommissarische Verwaltung der Altstädtischen Kirche übertragen; Funck erfreute sich wachsender Gunst des Herzogs, und anscheinend sah Osiander, als er im Januar 1549 nach Königsberg kam, in Funck zunächst einen Konkurrenten. Osiander, der schon seit den frühen 1520er Jahren in Verbindung zu Albrecht stand,2 erhielt neben der Altstädtischen Pfarrei auch einen theologischen Lehrauftrag an der 1544 gegründeten Universität,3 Funck wurde Hofprediger.4 Anfänglich noch schwankend in seiner Haltung zu Osiander, machte er sich dessen Rechtfertigungslehre schließlich doch zu eigen und wurde ein entschiedener Verteidiger der osiandrischen Position, auch über den Tod ihres Urhebers hinaus. Zuvor schon warb er für Osianders Position im Druck, so widmete er die hier edierte Auslegung des 9. Psalms mit Datum vom 1. Juni 1551 der Schwiegermutter des Herzogs, Gräfin Elisabeth von Henneberg,5 die sich um eine Befriedung der Kirche bemühte. Im August desselben Jahres sandte Funck der Herzogin Anna Maria6 eine Predigt Bernardino Ochinos,7 die er im Osiandrischen Sinn interpretierte.8 1

Vgl. Wengert, Defending Faith, 170 (mit Anm. 244). Dies geht hervor aus einer Bemerkung Osianders in der Widmung an Albrecht in folgender Schrift: CONIECTV- || RAE DE VLTIMIS TEMPORI || BVS, AC DE FINE MVNDI, EX || Sacris literis. || Authore || ANDREA OSIANDRO. || [Verlagsssignet Joh. Petreius: Im Kreis ein Flammenschwert, von Hand aus Wolken aufrecht gehalten, daneben ligiertes Monogramm IP, Umschrift: SERMO . DEI . IGNITVS . ET . PENETRANTIOR . QvOVIS GLADIO . ANCiPiTi. {Hebr 4,12}] || Norimbergae apud Iohan. Petreium, || Anno Christi M. D. XLIIII. (VD 16 O 995); dort heißt es, Bl. a2r: „Deinde facile sperabam, huius libelli lectionem illustrissimae tuae Celsitudini non ingratam fore quod multa de quibus ante uiginti annos inter nos contulimus, in eo esset recognitura.“ 3 Dass Osiander, der zu diesem Zeitpunkt noch nicht promoviert war, unter Übergehung sämtlicher seiner Kollegen alsbald als Professor primarius auftrat, sorgte für Verstimmungen. Vgl. Möller, 313f. 4 Vgl. Möller, 307f. 5 Vgl. unten S. 61 die Anm. 1 zum Text. 6 Anna Maria von Braunschweig-Calenberg-Göttingen (*23. April 1532; †20. März 1568), Elisabeths Tochter aus erster Ehe, war seit dem 16. Februar 1550 die zweite Ehefrau Herzog Albrechts. 7 Ochino hielt sich zu jener Zeit in England auf, nachdem er infolge des Schmalkaldischen Kriegs hatte aus dem Reich fliehen müssen. Auf die Fürsprache Thomas Cranmers hin bezog er seit Mai 1548 eine Pension von König Edward VI., hatte ein Kanonikat an der Kathedrale von Canterbury inne, das ihm auf Lebenszeit verliehen worden war, und war als Prediger der italienischsprachigen evangelischen Flüchtlingsgemeinde in London tätig. Nach der Thronbesteigung Mary Tudors musste Ochino 1553 mit seiner Familie aus England fliehen. Zu seinem bewegten Leben vgl. Umberto Mazzone, Art. Ochino, in: TRE 25 (1995), 1–6. 8 Vgl. dazu Stupperich, Osiander in Preußen, 222. 2

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Nr. 2: Funck, Der 9. Psalm gepredigt und ausgelegt, Vorwort (1551) – Einleitung

2. Der Autor Johann Funck9 wurde am 7. Februar 151810 in Wöhrd bei Nürnberg11 als Sohn eines Fischers geboren. Im Wintersemester 1536/37 wurde er in Wittenberg immatrikuliert.12 1539 erwarb er den theologischen Magistergrad und wurde im Januar 1541 zum Pfarrer ordiniert. Nach kurzer Wirksamkeit in Seyda und Oschatz13 wurde er 1542 von Nürnberg her, wo er sich kurz zuvor mit Margarethe Goltz verheiratet hatte,14 nach Regensburg berufen. Dort wurde ihm jedoch das öffentliche Predigen verwehrt,15 und so kehrte Funck 1543 nach Nürnberg zurück und wurde Pfarrer in seinem Heimatort Wöhrd. Dort blieb ihm offenbar Zeit, um neben den Amtsgeschäften schriftstellerisch tätig

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Zu Funcks Vita vgl. Paul Tschackert (W. Möller), Art. Funck, Johann, in: RE³ 6 (1899), 320–323; Friedrich Wilhelm Bautz, Art. Funck, Johann, in: BBKL II (1990), 154f; Carl Alfred Hase, Herzog Albrecht von Preussen und sein Hofprediger. Eine Königsberger Tragödie aus dem Zeitalter der Reformation, Leipzig 1879. 10 G. A. Will, Nürnbergisches Gelehrten-Lexicon, Bd. 1 (1755), S. 503, nennt als alternatives Datum den 25. Februar. 11 Den Ort hatte die Reichsstadt Nürnberg 1427 erworben, so dass die Pfarrei dem Nürnberger Rat unterstand. Vgl. G. A. Will, Der Nürnbergischen Münz-Belustigungen Dritter Theil, 48. Stück (29. 11. 1766), S. 379. 12 Matrikelnr. 1536/37-Nr. 207 (Förstemann S. 165, Sp. b). 13 Außerdem hielt Funck sich anscheinend zumindest kurze Zeit in Lüneburg auf, denn die Vorrede seiner Schrift „Sanct Anshel= || mus frage / Auff ein Christ: || liche Ordenung gestellet / || Die krafft vnd ehre Got= || tes vnd seiner heiligen || belangende. || [...]“ (VD 16 F 3387) [im Kolophon: „Gedruckt zu Magdeburgk durch || Hans Walther. M. D. XLI.“] ist datiert: „LFneburg am dage Petri et Pauli. [= 29.06.] Anno. M. D. XLI.“ 14 So C. A. Hase, Hofprediger (wie Anm. 1), S. 95. Margarethe (von der?) Goltz müsste dann spätestens 1560 gestorben sein, denn in jenem Jahr heiratete Funck Agnes Osiander, die Witwe Andreas Aurifabers. – Vgl. dazu auch Möller, Osiander, S. 544, Anm. 6. – Die Inschrift des Epitaphs, das sich in der Altstädtischen Pfarrkirche befand, wird mitgeteilt in: Erleutertes Preußen, Tomvs II, Königsberg 1725, S. 54: „Margaris hic tegitur Funci charissima conjunx, | Golziadum celebri, quae sata stirpe fuit. | Bis denos annos juncta trieteride vixit | Conjugii primum vincula quando tulit. | Filiolos peperit binos noviesque puellam | Quarum solis adhuc lumina quinque vident. | Adde novem lustris annum cursumque tenebis | Vitae, corpus humum, spiritus astra colit.“ – Demnach hätte Margarethe Goltz mit etwa 23 Jahren geheiratet und wäre mit etwa 46 Jahren (?) verstorben, also ca. 1563/4, letzteres passt allerdings nicht zur Wiederheirat Johann Funcks 1560. 15 Er veröffentlichte daraufhin einen Katechismus: Vnterrichtung || gemeiner v] rechter Christ= || licher Lere / nach den furnembsten || stucken / so eim jeden Christen menschen am || h=chsten von n=ten sein / fur die armen || vnberichten vnd einfeltigen Chris= || ten / vnd in sonderheit fur die || gemeinen Jugent / be= || schriben durch || M. Johan Funck von || Nurenberg. || [Vignette: Regensburger Stadtwappen (gekreuzte Schlüssel weiß auf rotem Grund) in einem floralen Kranz] [im Kolophon: „Gedruckt zu Regenspurg durch || Hansen Khol.“] (VD 16 F 3390) Die Widmungsvorrede an Kämmerer und Rat der Freien Reichsstadt Regensburg datiert vom 3. November 1542. Bezeichnend angesichts der spezifischen Situation ist die Schlussbemerkung an den christlichen Leser: „[...] Vnd was dir ferner zur Christlichen vnd höhern verstendnuß von nöten sein wird / wöllest aus der teglichen Predig / so dir in sonderheit befolhen sein soll / mit fleis lernen / denn es vnmüglich ist alles in solcher einfeltigen weise vnd vnterrrichtung zuuerfassen.“

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Nr. 2: Funck, Der 9. Psalm gepredigt und ausgelegt, Vorwort (1551) – Einleitung

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zu werden. So veröffentlichte er 1545 eine „Chronologia“.16 Das geschätzte Werk gab anscheinend Anlass, Funck zur Fortschreibung der „Chronica Carionis“ aufzufordern.17 Während des Schmalkaldischen Kriegs predigte er gegen den Kaiser und wurde deshalb im Mai 1547 vom Rat entlassen, als sich die kaiserlichen Truppen näherten; er hielt sich zunächst noch in Nürnberg auf, ehe er auf Empfehlung Veit Dietrichs nach Königsberg zu Herzog Albrecht ging; dort traf er am 28. Oktober 1547 ein. Albrecht übertrug ihm die einstweilige Verwaltung der Altstädtischen Kirche in Königsberg und nahm ihn auch 1548 als geistlichen Begleiter mit auf seine Reise nach Polen zur Bestattung König Sigismunds und zur Feier des Thronwechsels. Als Osiander im Januar 1549 nach Königsberg gekommen war, erhielt dieser bald darauf die Altstädter Pfarre, und Funck wurde Hofprediger. In den Streitigkeiten schlug sich Funck – nach zeitweiligem Schwanken – auf die Seite Osianders; nach dessen Tod 1552 wurde er zum bedeutendsten Verfechter von dessen Lehre. Vermittlungsversuchen, etwa von sächsischer oder Württemberger Seite, verschlossen sich Funck wie Herzog Albrecht. Eine Unterdrückung der Streitigkeiten durch herzogliche Mandate gelang nicht. Die Erbitterung insbesondere gegen Funck als Hofprediger mit erheblichem Einfluss auf den Herzog wuchs. Schließlich gelang es Herzog Johann Albrecht zu Mecklenburg,18 seinen Schwiegervater zu einer Änderung seiner Haltung zu bewegen, so dass Funck sich auf der Synode zu Riesenburg19 im Frühjahr 16

CHRONOLOGIA || HOC EST. || OMNIVM TEMPORVM ET || ANNORVM AB INITIO MVNDI VSQVE || AD RESVRRECTIONEM DOMINI NOSTRI IESV CHRISTI, || computatio. || In qua methodice enumerantur omnium populorum, Regnorumque memorabilium || origines ac successiones. Item omnes eorum Reges, quando quisque coeperit, quam || diu regnarit, quid memoria dignum gesserit. Quique eodem tempore simul diuer- || sis locis imperarint. Quis status Populi Dei fuerit. Ac quemadmodum summum Im || perium ab uno populo ad alterum sit translatum, donec tandem omnia Romanorum potentiae sunt subiecta. Et si qui uiri illustres, quae facinora egregia, ac si quid am- || plius memoratu dignum extitit, ea omnia breuiter suis locis referuntur. || Suntque in hac computatione omnia tempora, tum ex Sacris Biblijs, cum ex || optimis quibusque autorib. historicis, et Astronomorum obseruatio- || nibus summa fide ac diligentia conciliata. || ITEM COMMENTARIORVM Liber unus. || Autore IOANNE FVNCCIO NORIBERGENSI. || [griech. Verse des Hieronymus Wolf] || CVM GRATIA ET PRIVILEGIO || Imperiali ad septem annos. || — || M. D. XLV. [Am Schluss datiert: „VVerdae Noricae ex Parochia, Anno salutis M.D.XLV. Calend. Martijs.“ – Kolophon: „Impressum Norimbergae apud Georgium VVachterum, || expensis Ciriaci Iacobi ciuis Franco= || fordiensis.“] (VD 16 F 3381). Es gab in den folgenden Jahrzehnten zahlreiche erweiterte Auflagen, bis an die jeweilige Gegenwart weitergeführt, vgl. z. B. VD 16 F 3385 (Wittenberg 1578). 17 Vgl.: CHronica || Durch Magistrum Johan || Carion / fleissig zusamen ge / || zogen / meniglich nützlich zulesen. || Sampt eynem Register / || [...] Volstreckung dieser Chronica / || vom 32. Jar der mindern zal / biß in || 46. Durch M. Johan Fun= || cken zusamen getragen. [Frankfurt/M., 1546] (VD 16 C 1003; Titelaufnahme nach BSB-Online-Katalog). In den Folgejahren ergänzte Funck die Chronik immer wieder, vgl. etwa VD 16 C 1006 (1552), VD 16 C 1009 (1555), VD 16 C 1010 (1556), VD 16 ZV 2948 (1558), VD 16 C 1013 (niederdt., Magdeburg 1547). 18 Er hatte am 24. Februar 1555 Anna Sophie von Preußen geheiratet, die älteste Tochter Herzog Albrechts und dessen erster Ehefrau Dorothea von Dänemark und Norwegen. 19 Riesenburg in Westpreußen, ehemals Residenz der Bischöfe von Pomesanien; heute Prabuty, Woiwodschaft Pommern, Polen.

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Nr. 2: Funck, Der 9. Psalm gepredigt und ausgelegt, Vorwort (1551) – Einleitung

1556 zum Widerruf etlicher aus seinen Schriften zusammengetragener „Irrlehren“ bereit erklären musste und versprach, bei dem Augsburger Bekenntnis und den Loci Melanchthons bleiben zu wollen. Der versprochene Widerruf vor der Gemeinde unterblieb zunächst, mit Duldung Herzog Albrechts. Funck wurde in der Folgezeit als einflussreichster Berater des Herzogs auch für Entwicklungen und Maßnahmen verantwortlich gemacht, die auf andere zurückgingen, etwa die Einführung der Kirchenordnung von 1558, die im wesentlichen von Johann Aurifaber20 und Matthäus Vogel21 entworfen worden war. Nach dem Tod Andreas Aurifabers,22 der herzoglicher Leibarzt gewesen war, heiratete Funck dessen Witwe Agnes, eine Tochter Osianders. Die Opposition gegen den Herzog, die auch politische Ursachen hatte, wuchs und richtete sich auch gegen Funck, obwohl dieser schließlich mehr und mehr von Osianders Sonderlehren abrückte; 1561 ließ er sich von den Theologen in Wittenberg und Leipzig aufgrund eines vorgelegten Bekenntnisses seine Rechtgläubigkeit bestätigen. Dennoch musste er schließlich 1563 den 1556 unterlassenen Widerruf leisten. Dies erfolgte in vier Predigten vor seiner Königsberger Gemeinde.23 Im August 1566 entsandte der polnische König Sigismund II. August als Oberlehnsherr24 aufgrund von Beschwerden der Stände eine Untersuchungskommission nach Königsberg. Einige Verantwortliche hatten sich durch Flucht der Verfolgung entzogen. Aber der Hofprediger Funck und die herzoglichen Räte Matthias Horst, Johann Schnell und Johann Steinbach wurden als Störer der öffentlichen Ordnung angeklagt, Funck auch als Irr-

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(Vratislaviensis, d. h. aus Breslau). Er war im Mai 1554 als Theologieprofessor, Domprediger und (ab Oktober) Präsident des Bistums Samland nach Königsberg gegangen, und zwar auf Wunsch Herzog Albrechts, der sich von ihm vergeblich eine Beilegung des Osiandrischen Streits erhoffte. Aurifaber leitete u. a. die Riesenburger Synode im Februar 1556. Der Auseinandersetzungen müde, ging er (nach Mai 1565) in seine Heimatstadt Breslau, wo er ab Mai 1567 als Superintendent und Pfarrer an der Elisabethkirche tätig war. Er starb dort am 19. Oktober 1568 im Alter von 51 Jahren. Vgl. G[ustav] Kawerau ([Julius August] Wagenmann †), Art. Aurifaber 2. Johannes, Vratislaviensis, in: RE³ 2 (1897), 288–290. 21 Vgl. unten Nr. 17, S. 870f. 22 Geboren 1514 in Breslau, gestorben am 12. Dezember 1559 in Königsberg. Vgl. G[ustav] Kawerau ([Julius August] Wagenmann †), Art. Aurifaber 1. Andreas, in: RE³ 2 (1897), 287f. 23 Vier Predigt. || Von der Rechtferti= || gung des SFnders / durch den || Glauben fFr GOTT. || Jn welchen / der gantze Artickel / nach den fFrnembsten vmbstenden / GrFndtlich aus || Heyliger G=ttlicher Schrifft erkleret wirdt / Geschrieben vnd Gepredigt zu K=nigs= || perg in Preussen / im Monat Febru= || ario diß 1 5 6 3. Jars. || Jtem || Kurtze Bekentnus vnnd Erkle= || rung desselben Artickels / den Herrn Theologen beder Hohen schulen || Leipzig / vnd Wittenberg zu= || gestellet Anno 1561. || Durch || M. Johann. Funck. || Gedruckt zu K=nigßperg in Preussen || bey Johann Daubman. (anscheinend bislang ohne VD-16-Nr.). 24 Herzog Albrecht hatte infolge des Friedens von Krakau vom 8. April 1525 als letzter Hochmeister des Deutschen Ordens das Ordensland Preußen mit Einführung der Reformation in ein weltliches Herzogtum umgewandelt und der polnischen Krone zu Lehen angetragen, so dass das Territorium nicht Teil des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation war und nicht der Botmäßigkeit des Kaisers unterstand. Vgl. Stephan Herbert Dolezel: Das preußisch-polnische Lehnsverhältnis unter Herzog Albrecht von Preußen (1525-1568), Köln, Berlin 1968 (Studien zur Geschichte Preußens 14).

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lehrer, der an der Vertreibung vieler rechtschaffener Kirchendiener mitgewirkt habe. Die gerichtliche Untersuchung überließ die königlich-polnische Kommission dem örtlichen Kneiphöfischen Gericht, dessen Mitglieder Gegner der Angeklagten waren. Steinbach wurde mit Landesverweisung bestraft, die anderen zum Tode verurteilt; eine Appellation nach Polen wurde ausgeschlossen. Am 28. Oktober 1566 wurde Johann Funck in Königsberg auf dem Markt im Kneiphof zusammen mit den herzoglichen Räten Horst und Schnell enthauptet. 3. Inhalt

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Funck löst mit der Veröffentlichung seiner Auslegung von Psalm 9 eine Zusage ein, die er der Gräfin Elisabeth zu Henneberg, der Schwiegermutter seines Landesherrn, gegeben hatte, vermittelt durch deren Hofprediger Martin Listrius. Er hat bislang aus Bescheidenheit und aus Furcht vor missgünstiger Kritik mit der Veröffentlichung gezögert, wurde aber von Herzog Albrecht umgestimmt. Dabei sieht Funck einen besonderen Vorteil darin, dass die Abfassung und Predigt der Auslegung schon eine Weile zurückliegt, so dass sie die Beständigkeit seiner Position in der Rechtfertigungslehre belegen können: Alle Menschen sind in Sünden verderbt und tot, Gott hat sich ihrer erbarmt und ihnen seinen Sohn geschenkt, damit er sie von Sünden, Tod und Verdammnis erlöse und zum ewigen Leben führe. Dazu hat Gott die Sünden der Menschen auf seinen Sohn gelegt, der durch seine göttliche Gerechtigkeit und Heiligkeit das Fleisch der sündigen Menschen gerechtfertigt und geheiligt habe in seinem sündlosen Leib. Christus habe das Gesetz vollkommen erfüllt, durch sein Kreuzesleiden und seinen Tod für die menschliche Sünde bezahlt, die Menschen aus der Hölle befreit, Tod und Teufel besiegt. Wer an Christus als seinen Heiland glaube, dem seien alle Sünden vergeben, Gott nehme Wohnung in ihm und reinige ihn durch den Heiligen Geist, so dass der Mensch immer mehr der Sünde absterbe und der Gerechtigkeit lebe, bis er durch den leiblichen Tod gänzlich von der Sünde befreit werde. Bis dahin wird der Mensch, in dem Christus durch den Glauben wohnt, vor Gott dem Vater für gerecht geachtet, weil Christi Gerechtigkeit die verbliebene Sünde des Menschen bedecke. Was der Mensch im Glauben Gutes tue, sei Christi Werk in ihm, so dass sich niemand eigener Verdienste vor Gott rühmen könne. Funck sieht sich wegen dieser Lehrmeinung zu Unrecht angegriffen, er fordert seine Kritiker auf, ihre eigene Auffassung öffentlich im Druck darzulegen, damit er sich dazu verhalten könne. Er wolle keine Irrtümer verteidigen und habe bislang nach bestem Wissen und Gewissen gelehrt. Funck stellt der Fürstin anheim, über seine Lehre zu urteilen bzw. urteilen zu lassen; sie möge ihn nötigenfalls zurechtweisen, aber auch sein Büchlein gegen Lästerer verteidigen, sofern sie die Ausführungen sachgemäß finde. Abschließend emp-

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fiehlt Funck sich der fürstlichen Gnade und die Fürstin und ihre Untertanen dem Schutz Gottes, damit sie die Kirche noch lange fördern könne. 4. Ausgabe Nachgewiesen werden kann eine Ausgabe: A: Der Neunde || Psalm / geprediget vnd || einfeltiglich ausge= || leget. || Ein Gebet der Christlichen || Kirchen in gegenwertiger Not / aus || dem selben neunden Psalm ge= || stellet. durch || Johan Funck. || Mit einem kurtzen Be= || kentnis / wie wir fFr Gott gerecht || werden / in der Vorrede mit || eingefFret. || K=nigsberg || Jn Preussen. || 1551. [Hans Lufft] 77 Bl. 4° (VD 16 F 3386) Vorhanden: GREIFSWALD, Universitätsbibliothek: 4 Ft 99[Ft 236](BW 505) WOLFENBÜTTEL, Herzog August Bibliothek: 280.47 Theol.(5); 317.43 Theol.(6) [benutztes Exemplar] ; S 228.4 Helmst.(5)

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[A 2r:] Der durchleuchtigen Hochgebornen Fürstin vnd Frawen, Frawen Elisabethen, Geborne aus dem ChurfFrstlichen haus Brandenburg etc., Grefin vnd Frawen zu Henneberg etc.1 Meiner Gnedigen FFrstin vnd Frawen. Gnade, Fried vnd Barmhertzigkeit von Gott dem Vater vnd vnserm HERRN Jhesu Christo wFnsch ich E. F. G. allezeit zuuorn.

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Hochgeborne Fürstin, gnedige Fraw! Es wil nu einmal zeit werden, das ich E. F. G. meine zusag erfFlle, welche ich etwo2 weis wie durch E. F. G. getrewena Prediger Ern3 Martinum Listrium4 gethan habe, der mich auch vielfeltiglich gemanet, solche verheissung ins werck zu bringen. Vnd wiewol ich a 1

aus: gtrewen.

Elisabeth von Brandenburg war am 24. August 1510 als Tochter des Kurfürsten Joachim I. Nestor von Brandenburg (1484–1535) und Elisabeths von Dänemark (1485–1555) vermutlich in Cölln an der Spree geboren worden. Am 7. Juli 1525 wurde sie mit dem verwitweten Herzog Erich I. von Braunschweig-Calenberg-Göttingen (1470–1540) verheiratet; nach dessen Tod verehelichte sie sich Ende Mai 1546 mit Graf Poppo XII. zu Henneberg (1513–1574). Sie behielt dabei die Regentschaft über (Hannoversch) Münden. 1553 wurde sie durch Herzog Heinrich von Braunschweig-Wolfenbüttel von dort vertrieben und flüchtete zunächst nach Hannover, 1555 dann nach Ilmenau, das zur Grafschaft Henneberg gehörte. Dort starb sie am 25. Mai 1558. Elisabeth von Brandenburg förderte die Reformation in Calenberg-Göttingen und berief Antonius Corvinus als Superintendenten. Ihr Sohn Erich II. wandte sich massiv gegen die entsprechenden Bestrebungen seiner Mutter, insbesondere nach dem Augsburger Interim. Vgl. allgemein Mager, Laientheologin (VIEG.B 104, S. 150–167). 2 irgendwo. Vgl. Art. etwo, in: DWb 3, 1187f. 3 Ehren, Titel für Geistliche. 4 Martin Listrius (Leister), geb. um 1500 (in Geisa/Rhön?), immatr. Wittenberg 16. März 1520 [vgl. Förstemann I, S. 88(a): „Martinus leyster de geysa dioc. Herbipo. 16. die marcij“], erwarb am 11. März 1521 an der Leucorea das Bakkalaureat. 1523 wurde er Pfarrer in Stadtlengsfeld. Nach seiner Vertreibung fand er Aufnahme bei Landgraf Philipp von Hessen, der ihm 1530 die Pfarrei Immenhausen übertrug, die er bis 1541 innehatte. Zwischenzeitlich hatte der Landgraf ihn im Dezember 1531 nach Hildesheim entsandt, um dort im Sinne der Reformation zu predigen; der Rat der Stadt wies ihn jedoch aus. Listrius wandte sich später gegen die Doppelehe Philipps und floh um die Jahreswende 1541/42 nach Münden, wo er seit 1542 als Hofprediger Elisabeths von Brandenburg wirkte. In dieser Funktion kam er mit ihr nach Hannover. 1554 wurde er als Nachfolger des am 14. August 1553 verstorbenen M. Johannes Crammius als Pfarrer an die dortige Marktkirche St. Georgii et Jacobi berufen. Am 22. Oktober 1556 unterzeichnete er (neben anderen Hannoveraner Theologen) die Niedersächsische Confessio vom Abendmahl (bzw. deren hannoversche Variante), bald darauf aber wurde er wegen eines Streits mit dem Syndicus Andreas Crusius (Krause) zusammen mit diesem entlassen. Über sein weiteres Schicksal ist nichts zu ermitteln. Vgl. Oskar Hütteroth, Die althessischen Pfarrer der Reformationszeit, Marburg 1953, S. 201f; Otto Jürgens (Hg.), Hannoversche Chronik, Hannover 1907 (Veröffentlichungen zur niedersächsischen Geschichte 6), S. 192, 194, 198. – Vgl. Chr. Gotth. Neudecker, Geschichte des Evangelischen Protestantismus in Deutschland Bd. 1 (Leipzig 1844), 359. – Salig, Vollst. Historie, 2. Theil (VII. Buch, III. Cap.), Halle 1733, S. 1125 Anm. f: Niedersächsische Confession vom heiligen Abendmahl, 1556 unterzeichnet für Hannover (22. Oct. 1556) durch M. Bartholomäus Wolfhardt, Superintendent Georg Scarabäus, M. Walther Hoker [anderwärts auch Hoiker, Hocker], Martin Listrius, Heinrich Bruccamp, Johann Grelle, Johann Hofmeister.

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fur lengst gern solchem nachkummen were, so haben mich doch manchfeltige vrsachen bis anher abgehalten. Erstlich, das diese meine Erklerung sehr einfeltig, schlecht5 vnd gering ist gegen der hohen Materi, so sonst in diesem herrlichen Psalm ge-[A 2v:]handelt, derhalben ich sie lieber daheim6 behalten, denn also in gemeinem7 Truck an tag gegeben. Zum andern, das ich auch nicht alle zeit hab mFgen in der TrFckerey gefFrdert werden. FFrnemlich aber, das der Teuffel itzt in seinen glidern so gifftig vnd boshafftig ist, das, ob schon etwas guts, tr=stlichs vnd nFtzlichs geschrieben oder geredt wird, er dennoch immerdar Leut erwecket, die solchs auffs h=chste lestern, schenden vnd verdammen. Welche vrsach mich beynahe bewogen, das ich mir fFrgesetzt hette, mein lebenlang nichts mehr aus heiliger Schrifft der gestalt ans liecht zu geben. Dieweil mich aber der DFrchleuchtigste Hochgeborne FFrst vnd Herr, Herr Albrecht der Elter, Marggraff zu Brandenburg vnd Hertzog in Preussen etc., mein gnedigster FFrst vnd Herr, E. F. G. Vetter,8 so manichfeltig vermanet vnd (wie denn sein F. G. sonderlich von Gott mit hohem verstand der G=ttlichen Schrifft begnadet) mich durch Gottes Wort von solchem meinen fFrsatz abgewendet, hab ichs geschehen lassen, das diese meine einfeltige Erklerung gedrFckt wFrde, vnd solchs sonderlich des so viel lieber, dieweil sie fFr der zeit beide gepredigt vnd geschrieben worden sind, ehe denn mich etzliche, der dazumal im Lande Preussen noch nicht viel gedacht ware, das sie der gestalt darein kummen solten, des fFrnemsten Artickels halben haben verdechtig wollen machen, nemlich als solt ich itzt anders [A 3r:] leren von der Rechtfertigung, denn ich zuuorn gethan hette. Solches sollen diese einfeltige Predigten sampt andern, so zuuor von mir an tag gegeben, bezeugen, wie warhafftiglich es mir zu gemessen were. Denn das bin ich mir fFr Gott bewust, das ich von solchem Artickel nie anders geleret habe denn auff diese weise, wiewol einmal weitleufftiger, etwo kurtzer, etwo stFckweis, wie es denn die zeit vnd text mit bringen. Nemlich: Dieweil wir alle in SFnden verderbt vnd Tod sind vnd vns nicht helffen mFgen, So hat sich Gott vber vns erbarmet vnd hat vns geschencket seinen Son, vnsern H E R R N Jhesum Christum, das er vnser heiland were, vns von 5

schlicht. im Verborgenen, für mich. 7 allgemeinem, öffentlichem. 8 „Vetter“ wird nicht nur im strengen Sinne als Bezeichnung für den Neffen eines Elternteils gebraucht, sondern auch in einem sehr viel allgemeineren Sinn für nicht näher definierte inner- und interfamiliäre Beziehungen, die auch durch wechselseitige Patenschaften konstituiert oder verstärkt sein können. Im konkreten Fall war Kurfürst Albrecht III. Achilles von Brandenburg (1414–1486) der gemeinsame Vorfahr beider Hoheiten. Er war nämlich ein Großvater des preußischen Herzogs Albrecht von Brandenburg(-Ansbach) und ein Urgroßvater der Herzogin Elisabeth von Braunschweig-Calenberg-Göttingen bzw. Gräfin zu Henneberg, geb. Prinzessin von Brandenburg (s. Anm. 1). Außerdem war Herzog Albrecht seit Februar 1550 in zweiter Ehe mit Anna Maria von Braunschweig-Calenberg-Göttingen (1532–1568), einer Tochter Elisabeths aus erster Ehe, verheiratet, so dass Elisabeth zugleich auch Albrechts Schwiegermutter war. 6

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SFnden, Tod vnd ewigem verdamnis erl=sete vnd zum ewigen leben brechte, Vnd hat auff denselben alle vnser SFnde gelegt; der hat durch seine G=ttliche gerechtigkeit vnd heiligkeit vnser fleisch gerechtfertigt vnd geheiligt in seinem Leibe, den er on SFnde von der reinen vnd hochgelobten JFngfrawen Marien an sich genomen, Vnd hat also das Gesetz Gottes volkummen erfFllet vnd durch sein creutz vnd Tod fFr vnser SFnde bezalet vnd durch sein nidersteigen zur hellen vns von der Hellen bant erl=set vnd durch sein aufferstehung Tod vnd Teuffel vnter seine fFsse getretten vnd ist Auffgefahrn gen himel vnd hat vnser Gefengnis, das vns der SFnden halben gefangen hielte, gefangen9 vnd ist ein HERR vber alles vnd wil allen Menschen gern helf[A 3v:]fen,10 das sie selig werden vnd zu jm in sein reich kummen. Vnd hat derhalben das Euangelion gesand in die gantze Welt, zu predigen allen Creaturen,11 vnd wer also durch dasselbe den HERRN Christum mit festem glauben fasset als seinen HERrn vnd heiland, dem sind alle seine SFnde vergeben vnd in demselben wil der HERR Christus wonen mit seinem Vater12 vnd jn durch seinen Geist reinigen von aller vntugent,13 also das er von tag zu tag je mehr der SFnde absterbe vnd je mehr vnd mehr der gerechtigkeit lebe,14 bis das durch den leiblichen Tod die SFnde in vns gar abgerFget15 wird. Vnd vnterdes werden wir vmb seinent willen, weil Er durch den glauben vnser ist vnd in vns wonet, fFr Gott dem Vater fFr frumb vnd gerecht geschetzet, denn seine frFmbkeit vnd gerechtikeit etc. ist vnser vnd bedeckt alle vnser SFnde, vnd was wir also im glauben durch wirckung des heiligen Geistes guttes thun vnd dem HERRN gehorsam sind mit lust, das ist sein, nicht vnser werck, wird vns doch auch von Got zugerechnet, als hetten wirs gethan, dieweil sie Christus durch seinen Geist im glauben in vns wircket, auff das also alle Ehre vnd alles lob des Herrn allein sey vnd sich niemand rhumen kFnde, er rhume sich denn des HErrn, wie geschrieben steht 1. Cor. 1.16 Vnd vber diesem Artickel werd ich nun neben andern beschFldiget; mit was Grund aber, mag ein jder Christ selbs leichtlich ermessen. Jch m=cht aber wol leiden, das die selben [A 4r:] klugen Vrteiler der lere selbs auch eins mals, wie es denn nit lang von jnen begeret ist, jre meinung an Tag geben, damit man der sach zum ausgang helffen m=chte. Dieweil sie aber bisher verzogen17 vnd noch verziehen vnd doch nichts desteweniger diese meine lere schmehen vnd lestern, bin ichs wol zu frieden, wie obgemelt, das es menig-

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Vgl. Eph 4,8. Vgl. I Tim 2,4. 11 Vgl. Mk 16,15. 12 Vgl. Joh 14,23. 13 Vgl. I Joh 1,9. 14 Vgl. I Petr 2,24. 15 abgeschafft, entfernt. Vgl. Art. abrücken 1)–3), in: Fnhd. Wb. 1, 297. 16 Vgl. I Kor 1,31. 17 auf sich haben warten lassen. Vgl. Art. verziehen A.2.d), in: Dwb 25, 2602. 10

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lich18 wisse, lese, verneme vnd, so es jemand nicht gefelt, gleich auch straffe vnd verdamme, allein das solchs geschehe offentlich am tag in freiem druck, damit ichs neben andern auch lesen vnd entweder, wo mir vnrecht geschehe, verantworten oder aber, wo ich straffwirdig erkant, dasselbe abbitten m=chte. Denn ich je mit wissen, noch viel weniger mit willen, keinen jrthumb verteidingen wil. Verhoff aber, ich hab bisher also gehandelt, sonderlich was das gewissen belanget, das mich keiner mit einigem warem grund G=ttlicher Schrifft in meiner lere beschFldigen kFnde. So aber ja jemand etwas vermeint an mir zu haben, der tret ans licht, wie ich thu, so wollen wir mit Gottes genaden vnd hilff entlich offenbar machen, wer Gottes oder wer seine eigene Ehre vnd Namen suche. Was ich nun hierinnen, Gnedige FFrstin vnd Fraw, meinen einfeltigem verstand nach durch Gottes genade in dieses Psalms erklerung gehandelt habe, das vbergib ich E. F. G. als einer hochberFmbten verstendigen vnd Christlichen FFrstin gantz vnd gar zu eigen, Dasselbe zu richten vnd richten zu lassen, vnd bitte vn-[A 4v:]tertheniglich, so je was straffwirdig, sonderlich den obgedachten Artickel belangend, hierinnen gefunden, E. F. G. wollen mich desselben in genaden verstendigen, wo es aber, als ich gentzlich getrawe, also gehandelt, wie recht ist, sie wollen vmb der gerechtigkeit vnd warheit willen dis arme BFchlin schFtzen vnd verteidigen helffen wider dieselben vnuerschempte lesterer, Damit sie durch E. F. G. zeugnis (welchs denn als einer Christlichen vnd l=blichen FFrstin viel bey solchen leuten gelten mag) bewegt werden vnd einmal des lesterns ein ende machen. S=lchs wil ich in aller vnterthenikeit nach meinem armen vermFgen vmb E. F. G. vnd alle derselben zugethanen von hertzen gern verschulden, bitte auch, E. F. G. wollen also mit meiner einfalt vnd peurischen19 weise in gnaden zu gut nemen vnd mich jnen als einen armen diener Christi in gnaden lassen befohlen sein. Der Vater aller Barmhertzikeit wolle E. F. G. mit allen jren zugeh=renden genediglichen in seinem erkentnis vnd in genedigem schutz lange zeit erhalten vnd bewaren, damit E. F. G. seiner armen Kirchen lange mFgen tr=stlich vnd fFrderlich sein durch vnsern lieben Herrn Jhesum Christum, seinen Son, der mit dem Vater vnd heilgem Geist lebet vnd regiret, warer Gott von ewikeit zu ewikeit. Amen. Geben zu K=nigsperg in Preussen, 1. Junij Anno 1551

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E. F. G. vnterthenigerb vnd alzeit williger Johan Funck.

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aus: vntheniger. jedermann. Vgl. Art. männiglich 2), in: DWb 12, 1591f. bäurischen, ungeschliffenen, uneleganten.

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Österreichische Nationalbibliothek Wien: 79.W.72

TESTIMONIVM OPTIMI AC DOCTISSIMI VIRI D. Michaelis Rotingi unius e populo Eccle= siastico contra falsam Andreae Osiandri de IVSTIFICATIONE sen= tentiam, quam in Prussia libel= lis ac propositionibus spargit.

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1. Ioannis. 2.1 Filioli nouissimum tempus est, et sicut audiuistis, quod Antichristus uenturus sit, etiam nunc Antichristi multi coeperunt esse.

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Vgl. I Joh 2,18.

Nr. 3: Roting, Testimonium contra falsam Osiandri sententiam (1551) – Einleitung

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Einleitung 1. Historische Einleitung

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Hans Fürstenauer, Schachtelmacher1 in Nürnberg, blieb auch nach Osianders Wegzug nach Königsberg in brieflichem Kontakt mit seinem früheren Gemeindepfarrer. Osiander hatte sich in einem Brief vom 9. September 1551 aus Königsberg bei Fürstenauer erkundigt, „wie ein erbar rath gegen Röting gesinnet ist, der das henckermessig lesterbuch wider mich meuchlich hat lassen aussgehen.“2 Damit ist Michael Rotings hier edierte Schrift gemeint, eine der ersten, die sich im Druck gegen Osianders Theologie wandte.3 Anscheinend hatte Osiander vom Erscheinen der Schrift und von ihrer inhaltlichen Tendenz Kenntnis erhalten4 und fürchtete die Zerstörung seiner Reputation in Nürnberg, seiner langjährigen Wirkungsstätte, wo er sich maßgeblich für die Einführung der Reformation eingesetzt hatte. So droht er auch im Vorwort zu seiner Schrift „Von dem einigen Mittler“,5 unterzeichnet am 8. September 1551 in Königsberg: „Die jungen unzeitigen schreiber aber wil ich hiemit gewarnet haben, sie wolten mich mit unrechtmessigen lesterschrifften, dermassen Michel Roting neulich wider mich hat ausgegeben, unangetastet lassen, dan ich gedenk den eseln die lewenhaut also abzuziehen, das sie niemand mer zu schrecken unterstehn, sonder von yderman gespottet werden sollen.“6 Allerdings scheint er zunächst noch kein Exemplar in Händen gehabt zu haben, denn Fürstenauer sandte mit einem Brief vom 18. Oktober drei Exemplare von Rotings Schrift nach Königsberg, je eines für Osiander, Johann

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Ein Schachtelmacher verfertigte Spanschachteln und Kästchen aus Weichholz als Verpackungen für den Handel oder – dann gern auch bemalt oder mit Papierornamenten beklebt – zur Aufbewahrung von Gegenständen, Kleidungsstücken (z. B. Hauben) etc. im Haushalt; die Schachteln waren außerdem als Geschenke (und Geschenkverpackungen) beliebt. Ein Beispiel aus der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg unter Inventarnr. HG9974 (https://objektkatalog.gnm.de/wisski/navigate/34195/view [zuletzt besucht 05.07.2022]). 2 OGA 10, 305,3–5 (Nr. 489). 3 Möglicherweise erfolgte der Druck bereits in der zweiten Junihälfte 1551, jedenfalls sandte Melanchthon den Text (gedruckt oder doch abschriftlich?) als Beilage zu einem Brief mit Datum vom 7. Juli 1551 an Johann Brettschneider in Danzig, vgl. MBW 6121 (CR 7, 804f, Nr. 4918) (Hinweis bei Wengert, Defending Faith, 29). 4 Möglicherweise durch das nicht erhaltene „Klagschreiben“ Fürstenauers und einiger anderer, auf das Osiander mit seinem Schreiben vom 9. September 1551 antwortet. Vgl. OGA 10, 302,1–5: „Lieber freundt und bruder in Christo! Ich hab euer und etlicher erbarer frauen clagschreiben vernomen und mit grosem hertzenleidt beseuftzet und beweinet, und jamert mich von hertzen der herde, die keinen getreuen hirten hatt, und wolte Gott, das ich kont doch in abwesen noch ein hirt sein, wils auch fleissig versuchen und an mir nicht fehlen lassen.“ Osiander legte seinem Schreiben einige Exemplare seines gerade erschienenen Bekenntnisses „Von dem einigen Mittler“ bei. 5 Vgl. OGA 10, (49) 78–300 (Nr. 488 Von dem einigen Mittler / Nr. 496 De unico mediatore). 6 OGA 10, 96,20–24.

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Nr. 3: Roting, Testimonium contra falsam Osiandri sententiam (1551) – Einleitung

Funck7 und Ulrich Fischer.8 Fürstenauer wusste zu berichten, dass der Schulmeister an St. Egidien Joachim Heller9 und der Drucker Johann Daubmann10 jeweils zu einer Woche Turmhaft verurteilt worden waren, weil Heller unter Umgehung der Zensur des Nürnberger Rats Rotings Schrift von Daubmann habe drucken lassen. Roting hingegen sei unbestraft geblieben und nach wie vor beim Rat wohlgelitten, weil er sich zwar zur Verfasserschaft des Texts bekannt, jedoch die Verantwortung für die Drucklegung (wie auch für die Titelformulierung) von sich gewiesen habe. Dazu habe im übrigen auch die Unterstützung durch Osianders Schwiegersohn Hieronymus Besold beigetragen.11 Gegen den Vorwurf, er verbreite Irrlehren, der nicht nur von Roting erhoben wurde, wehrte sich Osiander mit der Schrift „Beweisung: || Das ich nun vber || die dreisig jar / alweg einerley || Lehr / Von der || Gerechtigkeit des Glau-

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Vgl. unsere Ausgabe Nr. 2, Einleitung, S. 56–59. Ulrich Fischer aus Nördlingen, immatrikuliert 1538 in Ingolstadt, 1540 in Wittenberg, war am 29. Mai 1544 auf die nürnbergische Pfarrei Offenhausen berufen, im Juli 1545 entlassen worden; anschließend war er Prediger am Neuen Spital in Nürnberg, gab jedoch wegen des Interims 1548 seine Stelle auf. Ende 1549 erhielt er die Pfarrstelle Germau in Preußen (heute Русское [Russkoje], Oblast Kaliningrad, Russ. Föderation), die er bis 1565 innehatte. Vgl. OGA 10, 345, Anm. 109; Stupperich, Osiander, 64f; https://de.wikipedia.org/wiki/Kirche_Germau (zuletzt besucht 05.07.2022); https://de.wikipedia.org/wiki/Russkoje_(Kaliningrad) (zuletzt besucht 13.07.2022). – Gustav Wulz, Der Sonnenwirtssohn Ulrich Vischer von Nördlingen, Andreas Osianders letzter Getreuer, in: Der Daniel. Heimatkundlich-kulturelle Vierteljahrsschrift für das Ries und Umgebung, Jg. 6 (1970), Heft 1, S. 26–33. 9 Joachim Heller, geb. um 1518/20 in Weißenfels, im Mai 1536 an der Leucorea immatrikuliert, kam 1543 auf Empfehlung Melanchthons als Rektor (Nachfolger Michael Rotings) ans Nürnberger Egidiengymnasium; dort lehrte er zunächst Latein und Griechisch, ab 1546 zusätzlich Mathematik. Ab 1551 betrieb er eine Druckerei und veröffentlichte u. a. Schulbücher und Kalender. Mehrmals geriet er mit dem Rat in Konflikt. Er reduzierte allmählich seine Lehrtätigkeit und druckte bis 1560 in Nürnberg. Im März 1563 wurde er mit seiner Familie aus der Stadt gewiesen. Begründet wurde dies mit seinem Lebenswandel, mit der Einmischung in Religionsstreitigkeiten und mit seiner Parteinahme für Flacius und seine Lehre. Die Familie übersiedelte nach Eisleben. Dort betrieb Heller bis etwa 1567 eine Druckerei; später veröffentlichte er als „kursächsischer Astronom“ neue „Praktiken“, die er in Leipzig und Schneeberg drucken ließ, die letzte 1580. Er starb wohl um 1590. Vgl. Will, Gelehrtenlexikon, Bd. 2, 84–86; Reske 682f, 187f. – In VD 16 R 3323 (s. Anm. 16) unterzeichnet er 1555 als „Ioachimus Hellerus Leucopetraeus [= aus Weißenfels], Mathematicus et Ludimagister ac Typographus“. 10 Johann(es) bzw. Hans Daubmann aus Torgau erlangte am 23.12.1545 das Nürnberger Bürgerrecht, nachdem er anscheinend in jenem Jahr zu drucken begonnen hatte, eindeutig nachweisbar seit 1548. Einige Male wurde er wegen Druckvergehen arretiert. Am 25. Mai 1554 erteilte ihm der Nürnberger Rat auf Fürsprache Herzog Albrechts die Erlaubnis, für zunächst drei Jahre in Preußen tätig zu werden, ohne sein Nürnberger Bürgerrecht aufgeben zu müssen. Anscheinend befand Daubmann sich zu dieser Zeit bereits in Königsberg, jedenfalls ist Daubmanns Druck von Osianders „Catechismus oder kinderpredig“ (VD 16 O 1057) auf Februar 1554 datiert. Daubmann blieb in Königsberg. Er führte seine Druckerei bis 1573. Nach dem 26. August 1573 starb er; seine Erben firmierten noch bis 1575. Vgl. Reske 484f, 679f. 11 Vgl. OGA 10, 350,14–351,2 [mit Anm. 171] (Nr. 495). Heller hatte den Titel formuliert und anscheinend auch das Manuskript für den Druck vorbereitet, außerdem soll er Exemplare zum Verkauf auf den Markt nach Neuburg/Donau gebracht haben. Der Beschluss des Rats datiert vom 24. September 1551. 8

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bens / || gehalten / vnd gelehret hab / Nem= || lich / das vnser HERR Jhesus Chri= || stus / Gottes vnd Marie Son / wa= || rer Gott vnd Mensch / nach seiner || G=tlichen Natur / vnser / der || rechtgleubigen Ge= || rechtigkeit sey. || Andreas Osiander. || Matthei 10 || Haben sie den Hausuatter Belzebul geheis= || sen? wievil mer werden sie seine Hausge= || nossen also heissen? Darumb furchtet || euch nicht vor jnen. || Künigsperg in Preussen. || Den 24. Januarij. || 1552“.12 Dagegen richtete sich wiederum: „Etlicher Jungen Pre= || diger zu NFrnberg verantwor= || tung gegen der anklag Andreae Osiandri / so || newlich im druck widder sie ist aus= || gangen.“13 Ausdrücklich gegen Rotings hier edierte Schrift – neben anderen zwischenzeitlich veröffentlichten gegnerischen Texten – wandte sich Osiander wiederum in seinem „Schmeckbier. || Aus D. Joachim M=rleins Buch. || Aus M. Michael R=tings Buch. || Aus des NFrmbergischen Vhu Buch. || Aus Justi Menij Buch. || Aus Mathiae Jllirici / vnd Nicolai Galli Buch. || Aus Johannis Policarij Buch. || Aus Alexandri Halesij Buch. || Aus Nicolaj Amsdorffs Buch. || Aus Johannis Knipstro Buch. || Das sein kurtze Anzaigung / etlicher furnemlicher Stuck / || vnd Artickeln / Die in Jren Buchern wider mich begriffen || sein / aus denen man leichtlich Jren Gaist / Glauben vnd || Kunst kan pruefen / Gleich wie man aus einem Trunck / || was im Faß fur Bier ist / kan schmecken. || Andreas Osiander. || [II Tim 3,8f] || Konigsperg in Preussen. || MDLij.“14 Osiander führt darin eine Menge von „Kostproben“ aus gegnerischen Schriften an und setzt sich mit ihnen auseinander.15 12

(VD 16 O 994; OGA 10, Nr. 508). Auf dem Titel außerdem: Spr 16,5 (Luther 1545); Hebr 10,28–30. Magdeburg: Christian Rödinger, [1552] (VD 16 R 3325). Der Druckort wurde vmtl. gewählt, um die Zensur des Nürnberger Rats zu umgehen. Roting wird auch die Autorschaft an diesem Text zugeschrieben. Allerdings weist der Text selbst eher auf Wolfgang Waldner als Verfasser, ganz abgesehen davon, dass Roting im Jahr 1552 allenfalls ironisch oder uneigentlich als „junger Prediger“ hätte gelten können, denn er war weder Pediger noch jung, sondern immerhin bereits etwa 58 Jahre alt und Gymnasiallehrer/Rektor. Wengert, Defending Faith, 376, zieht aufgrund entsprechender Überlegungen Osianders Schwiegersohn Hieronymus Besold als Mitautor Waldners in Betracht. 14 (VD 16 O 1094; OGA 10, Nr. 538; Kolophon: „Gedruckt zu K=nigßperg in Preussen durch Hanns Weynreich am 24. des Brachmons [Juni] im jahr 1552.“ [OGA 10, 796,7f]). 15 Dieses „Schmeckbier“ hatte Osiander schon am Schluss seiner „Widerlegung der Antwort Philipp Melanchthons“ angekündigt und auch dort Rotings Schrift erwähnt: „Es haben ihr etwo vil wider mich geschriben. Ein thail sind gefragt worden, was sie von meiner lehr halten, und haben ihr urtail wol von sich, aber noch nicht in truck geben. Got woll, das sie sich furo noch weyßlicher halten! Ein thail haben geeylet und sein durch den truck herausgefahrn, als Philippus Melanthon, doctor Johan Bugenhagius Pomer und doctor Forster, wie man alhie sihet. Ettlich aber haben sich selbs zu mir und wider mich genöttigt, als Michel Roting und ein andrer uhu zu Nürmberg [= Wolfgang Waldner], darnach auch magister Matthias Flacius Illiricus, der nicht allain ain puch in truck gegeben, sonder auch dasselb mit einem unwarhafftigen, gifftigen lesterbrieff wider mich F. D. in PreFssen, meinem gnedigen herrn, zugefertigt hat, villeycht der hoffnung, ich soll sein nicht innenwerden, was er im selben auff und wider mich liege. So ligt doctor Joachim Moerlein jetz auch in kindsn=ten und gepirt ein lang, dick puch wider mich. Was aber in denen allen fur offenliche, greyffliche unwarheit, schwirmerey, verfelschung der heyligen schrifft, ketzerey und gotslesterung begriffen seyen, wil ich, ob Gott will, bald mit kurtz anzeygen, die feßlin anzepfen und jederman auffs wenigst schmeckpier daraus zu versuchen geben, damit man merck, 13

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1555 gehörte Roting zu den Unterzeichnern der Kundgebung „Das der Mensch in der Bekerung in diesem Leben Gerecht werde für Gott, von wegen des Gehorsams des MITTLERS, durch Glauben, nicht von wegen der Wesentlichen Gerechtigkeyt“:16 „Michael Rotingus subscripsit, contra impium dogma Osiandri, iuxta meum testimonium ante annos quatuor.“ Damit nahm Roting nochmals ausdrücklich Bezug auf sein „Testimonium“ von 1551.

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2. Der Autor Michael Roting17 wurde 1494 in Sulzfeld am Main18 als Sohn des Winzers Hans Röting geboren. Nach Schulbesuch in Ochsenfurt und Studien in Leipzig,19 Ingolstadt,20 und Wittenberg21 wurde der Melanchthonschüler 1526 Lehrer für Rhetorik und Dialektik am neu gegründeten humanistischen Gym-

das nichts guts darin sey, und jederman sein urthail auffhalt, biß ich mit meiner rechten, volligen antwort hernachkom.“ (OGA 10, 668,1–17; Kolophon: „Gedruckt zu K=nigßperg in PreFssen durch Hanns Weynreich anno 1552, den 21. Aprilis.“ [OGA 10, 670,9f]). 16 Abgedruckt in: Das der Mensch in der || Bekerung zu Gott / in diesem Leben Ge= || recht werde fFr Gott / von wegen des || Gehorsams des MITTLERS, durch || Glauben / nicht von wegen der || Wesentlichen Ge= || rechtigkeyt. || Geschrieben zu NFrnberg / Anno || M. D. LV. Vnd vnterschrieben von den || Personen / welcher namen zu ende || verzeichnet sind. || Ein Predigt Jacobi || Rungij Pomerani / von der Ge= || rechtigkeyt / zu NFrnberg gepredigt. || Gedruckt zu NFrnberg durch Jo= || hann vom Berg / vnd Vlrich Newber. (VD 16 R 3323), Bl. A 2r–C 4r; Rotings Unterschrift dort C 3r. – Hinsichtlich der mutmaßlichen Verfasserschaft des Textes ist zu beachten, dass an der Spitze der Unterzeichner „Alexander Alesius D. & Professor Theologiae in Academia Lipsica“ und „Philippus Melanthon“ stehen. Eine zweite Ausgabe erschien 1555 in Wittenberg bei Peter Seitz Erben (VD 16 R 3324). Beide Ausgaben enthalten neben den im Titel genannten Schriften noch zusätzlich eine „ADHORATIO AD EOS QVI DOCENT IN ECCLESIA NORIBERGENSI.“ 17 Zum folgenden vgl. v. a. Georg Andreas Will, Nürnbergisches Gelehrten-Lexicon, Bd. 3 (1757), 410–414, u. Bd. 7 (1806), 325–327. 18 Heute zur Verwaltungsgemeinschaft Kitzingen (Landkreis Kitzingen, Unterfranken) gehörig; nicht zu verwechseln mit Sulzfeld im Grabfeld (Verwaltungsgemeinschaft Bad Königshofen im Grabfeld, Landkreis Rhön-Grabfeld, Unterfanken), Sülzfeld in Oberfranken (Stadtteil von Bad Rodach, Landkreis Coburg) oder Sülzfeld in Thüringen (Landkreis Schmalkalden-Meiningen). 19 Immatrikuliert im Sommersemester 1515 als „Michael Rotting de Sulczfelt“ [Matrikel Leipzig I, 541(b), B 84; am 13. Sept. 1518 erwarb er hier das Bakkalaureat [Marikel Leipzig II, 529: „Michael Roting de Sultzfelt“]. 20 Rotings Onkel mütterlicherseits, der Humanist Veit Werler (vgl. Karl Hartfelder, Art. Werler, Veit, in: ADB 42 [1897], 14f) hielt sich dort ab der Jahreswende 1516/17 als Hofmeister und Reisebegleiter eines Neffen des Bamberger Fürstbischofs Georg III. Schenk von Limpurg auf. [Vgl. Friedrich Ritschl, Bio-bibliographisches zu Camerarius’ Plautusstudien. (Schluss), in: Rheinisches Museum für Philologie N. F. 28 (1873), 151–170, der die Angaben bei Will, GelehrtenLexicon (s. Anm. 17) in einigen Punkten korrigiert.] 21 Immatrikuliert am 04. Oktober 1520 als „Michael Roeting de Sultzfeld Herbipo. dio. [= Diözese Würzburg]“ [Förstemann, AAV I, 98(a); Sommersemester 1520 Nr. 292].

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nasium in Nürnberg.22 Am 27. Februar 1527 heiratete er Katharina Leys, eine Tochter des Nürnberger Bürgers und Fingerhutmachers Heinrich Leys.23 1543 wurde Roting in seiner Eigenschaft als Rektor des Egidiengymnasiums pensioniert, da es den Anschein hatte, als könne er krankheitsbedingt die volle Belastung seiner Ämter nicht mehr tragen. Wider Erwarten erholte er sich aber einigermaßen, lebte noch 45 Jahre und widmete sich den Studien, nicht zuletzt der Mathematik und besonders der Astronomie.24 Roting bereitete die lateinische Übersetzung von Luthers Hauspostille vor und gab sie 1545 in den Druck.25 Außerdem war er an der Veröffentlichung von Luthers Genesis-Vorlesung beteiligt und unterzeichnete das Vorwort zum zweiten Teil.26 Er veröffentlichte mit der hier edierten Schrift 1551 den ersten Druck gegen Osianders Rechtfertigungslehre. 1576 sollte Roting als Professor an das neu gegründete Gymnasium in Altdorf wechseln, was er aber mit Hinweis auf sein hohes Alter ablehnte. Er wurde daraufhin – mit den Altdorfer Bezügen – in den Ruhestand versetzt und starb 94jährig am 20./22. Mai 1588.27

22 Zur – wenig überzeugenden – These, Albrecht Dürer habe in seiner bekannten Darstellung der vier Apostel von 1526 Petrus den Zügen Rotings nachgestaltet, vgl. Karl Arndt, Bernd Moeller, Albrecht Dürers „Vier Apostel“. Eine kirchen- und kunsthistorische Untersuchung, Gütersloh 2003 (SVRG 202), bes. Exkurs II, S. 61–66. – Ein vermutlich authentisches Altersbildnis Rotings von Jakob Lucius d. Ä. bei Walter L. Strauss, The German Single-leaf Woodcut 1550–1600, vol. 2 (1975), 641. Weitere Fassungen und spätere Bilder im Digitalen Portraitindex unter „Roting, Michael“. 23 Deren Schwester Kunigunda heiratete am 27. Dezember 1535 Veit Dietrich, den Prediger an der Sebalduskirche. Rotings Ehefrau Katharina starb 1573, nachdem sie 15 Kinder geboren hatte. 24 Roting soll – laut Will, Münzbelustigungen (wie Anm. 27), S. 176 – auch frühzeitig auf die Supernova von 1572 im Sternbild Cassiopeia aufmerksam gemacht haben, die Tycho Brahe beschrieb: TYCHONIS BRAHE, DANI || DE || NOVA ET NVLLIVS || AEVI MEMORIA PRIVS VISA || Stella, iam pridem Anno à nato CHRI= || STO 1572. mense Nouem= || brj primum Con= || specta, || CONTEMPLATIO MATHEMATICA. || [...] || HAFNIAE, || IMPRESSIT LAVRENTIVS || Benedictj. || 1 5 7 3. 25 Vgl.: SIMPLEX || ET PIA EVANGE= || LIORVM, QVAE DOMINICIS || DIEBVS, ET IN PRAECIPVIS || Festis legi solent, explicatio. || Per Reuerendum Dominum, Doctorem || MART. LVTHERVM. || Nunc primum ex Germanico uersa, per || MICHAELEM ROTINGIVM. || [...] || Impressum Norimbergae, in Officina Ioannis Montani, || & Vlrici Neuber. Anno M. D. XLV. (VD 16 L 4888). 26 Vgl. WA 44, XII. XXI–XXIII. 27 Die Unterschriften des Gedenkbildes von Jakob Lucius d. Ä. [vgl. Anm. 22] (anscheinend beide Drucke von 1588) geben in der deutschen („Warhafftige Abcontrafactur [...] Michaelis Rotingi des Eltern“) und in einer lateinischen Version („VIVA IMAGO [...] MICHAELIS ROTINGI senioris“) als Todestag den 20. Mai an, in der zweiten lateinischen („EPITAPHIVM MEMORIAE [...] MICHAELIS ROTINGI“ 1589; Porträtsammlung HAB: A 17847) XI. cal. Juni. (= 22. Mai). – Georg Andreas Will, Nürnbergische Münzbelustigungen, 4. Theil, 22. Stück (30. Mai 1767), S. 171–178, hier S. 171, zeigt „Ein schönes einseitiges Schaustück auf den gelehrten 94 jährigen Michael Röting“ mit der Umschrift „M. MICHAEL . ROTING . AETATIS . SVAE . XCIIII . OBIIT . XX . MAII . MDLXXXVIII .“

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3. Inhalt Osiander hätte, wenn er theologisch korrekt arbeiten wollte, zunächst einmal darlegen müssen, mit welchem Recht und in welcher Hinsicht er den bisherigen Lehrkonsens der Kirche zurückweise und inwiefern seine nun neu ans Licht gebrachte Auffassung mit der Wahrheit des Evangeliums übereinstimme. Stattdessen trage er eine gänzlich neue Rechtfertigungslehre vor. Die Lehre von der Rechtfertigung allein aus Glauben aufgrund der Sündenvergebung durch Christi Leiden und Sterben sei der Kirche über die Apostel von Christus her im Heiligen Geist übermittelt worden. Der Teufel aber habe immer wieder mit Hilfe falscher Lehrer auf mancherlei Weise versucht, die Lehre zu verdunkeln und Verwirrung zu stiften, zunächst mit der Opfervorstellung der altgläubigen Sakramentenlehre, nun auch mit Osianders Vorstellung von der Rechtfertigung als Einwohnung der göttlichen Natur Christi im sündigen Menschen, die kein Apostel je gelehrt habe. Luthers Rede von essentialer Gerechtigkeit diene zur Unterscheidung von einer Rechtfertigung aus Werken. Die Einwohnung Gottes könne erst infolge der Rechtfertigung geschehen, die zuvor im Glauben angenommen werden müsse. Dieser Glaube mache Menschen zum Tempel Gottes und lasse die Kirche als Gottes Haus entstehen. Wenn Osiander die Zurechnung der Gerechtigkeit wegen der Vergebung, die allein im Glauben empfangen werde, für nichts achte, gelte dies folgerichtig auch für die Gerechtigkeit gemäß der Lehre der Apostel, für die Heiligung und für die Rechtfertigung, und von einem Tempel Gottes könne in diesem Zusammenhang auch nicht die Rede sein. Gleichfalls abzulehnen sei Osianders Auffassung, Christi Inkarnation sei auch ohne die menschliche Sünde notwendig gewesen. Die Gottesebenbildlichkeit des Menschen werde vielmehr erst nach der Annahme der Sündenvergebung in Christus wiederhergestellt. Diese Sündenvergebung sei Nichtzurechnung und Bedeckung der Sünde im Glauben um Christi willen.

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4. Ausgabe Nachgewiesen werden kann eine Ausgabe: A: TESTIMONIVM || OPTIMI AC DOCTISSIMI VIRI || D. Michaelis Rotingi unius e populo Eccle= || siastico contra falsam Andreae Osiandri || de IVSTIFICATIONE sen= || tentiam, quam in Prussia libel= || lis ac propositionibus || spargit. || 1. Ioannis .2. || Filioli nouissimum tempus est, et sicut audiuistis, || quod Antichristus uenturus sit, etiam nunc || Antichristi multi coeperunt esse. [Nürnberg: Hans Daubmann, 1551] [25] Bl. 4° (VD 16 R 3326) Vorhanden: BERLIN, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz: Dm 1026

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DRESDEN, Sächsische Landes- und Universitätsbibliothek: Hist.eccl.E 343,6 GOTHA, Forschungsbibliothek: Hist. 5275(9); Th 2723(3); Theol.4 238-239 (19)R HANNOVER, Stadtbibliothek: 3 an: Ratsbibl. 8 Nr. 68 LEIPZIG, Universitätsbibliothek: Syst.Theol.678-d/26 LUTHERSTADT WITTENBERG, Reformationsgeschichtliche Forschungsbibliothek: LC627/3 MÜNCHEN, Bayerische Staatsbibliothek: 4 L.impr.c.n.mss. 1036#Beibd.1 MÜNCHEN, Ludwig-Maximilians-Universität: 4 Theol.1228:11 RÖHRSDORF-KLIPPHAUSEN, Kirchenbibliothek: 1568,16 WEIMAR, Herzogin Anna Amalia Bibliothek: Aut.ben.Aut.Roting,M.(15) WIEN, Österreichische Nationalbibliothek: 79.W.72 [benutztes Exemplar] WOLFENBÜTTEL, Herzog August Bibliothek: 511.57 Theol.(19); G 676.4 Helmst.(2); Li Sammelbd.19(34); S 206.4 Helmst.(13); S 229.4 Helmst.(12); S 230.4 Helmst.(8)

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[A 2r:] Si Arctous iste dogmatista uere et candide agere uoluisset, Primum omnium dogma eorum diserte posuisset et refutasset, quos ante Ecclesia Dei docentes audiuit, et causam sibi certam esse putauit, cur id uerum et Euangelio Dei consentaneum iudicaret, ut nunc ea, quam scilicet ignaram ueri hactenus in tenebris fuisse diceret, propter nouam salutis lucem merito sibi gratularetur. Non enim fuit ea doctrina, per collationem apostolicarum scripturarum, cum alia sententia habita, quam quod nulla ibi ὑποστολὴ esset facta τῶν συμφερόντων iuxta Apostolum,1 et omnium quae ad salutem essent necessaria. Quamobrem ea doctrina poenitentiae in Deum, et fidei in dominum nostrum Iesum sic in medium producta est, ut haec Apostolica lux contra Antichristum Apostolicae doctrinae aduersantem iam sine controuersia in Ecclesia Dei agnoscatur. Et est hoc testimonium Spiritus sancti, quod Deus per hanc lucem ultimam Ecclesiam respexerit, priusquam ueniat et terram anathemate percutiat. Neque iam alium Spiritum oris Christi esse credit, quo sit Antichristusa conficiendus, sicut nunc confectus est, quam hoc Euangeliumb Iesu Christi ex Apostolicis scriptis per Spiritum sanctum erutum, per quod omnes papisticae abominationes in doctrina et cultibus iudicantur et damnantur. Recte igitur (inquam) et ordine fecisset, si hanc doctrinam non ueram, uel in partibus quibusdam uitiosam iudicasset, sententia aut propositione categorica constituisset, ut Ecclesia Dei cum suis doctoribus sciret, in quo uel errasset, uel de suis rebus aliquid melius cogitandum porro haberet. Nunc uero id solum prae se fert, se preferre dogma de IVSTIFICATIONE, quod hactenus Ecclesia Dei non habuerit, aut saltem non sic integrum nouerit, Sicut fuerunt in actis, qui solum Ioannis baptisma sciebant, et a S. Paulo deinde de Euangelij doctrina melius eruditi et instituti sunt.2 Quod si hic dog-[A 2v:]matista quoque faceret, ut Ecclesiae palam de suis erroribus patefaceret, nemo ipsius uoluntatem et studium prius improbandum putaret, quam de hoc prius Spiritu in Ecclesia iudicium factum fuisset. Sed non dicit quid desideret, quid requirendum putet, quod nouum mysterium ipse afferat, ut per id Ecclesia et eius doctores suum errorem corrigant, uel id quod hactenus Ecclesia imperfectum habuit, integrum per hanc nouam reuelationem faciat. Nam est Ecclesia certa, hactenus sibi per suos doctores nihil omnino, quod ex Apostolicis scriptis ad salutem necessarium contra uastatorem Ecclesiae sciendum sit, subtractum esse. Quia recte docuerunt de poenitentia in Deum et fide in dominum nostrum Iesum, quod Iesus Christus in mundum uenerit peccatores saluos facere,3 ut poenitentiam agerent, ad Deum conuerterentur, et digna opera poenitentia facerent. Proinde docuerunt contra doctrinas daemoniorum de uarijs iustifica-

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aus: Antchristus. aus: Evangtlium. Vgl. Act 20,20. Vgl. Act 19,1–7. Vgl. I Tim 1,15.

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tionibus per traditiones et omnis generis obseruationes, de solius fidei iusticia, quae tantum ueram remissionem peccatorum et iusticiam accipit. Quia credit Euangelio, in quo iusticia Dei reuelatur ex fide in fidem,4 ut sic per eam fidem sit uita iusti, iuxta Prophetam et Apostolum: Iustus ex fide sua uiuet.5 Semper enim hoc uerum est: Iustus ex fide uiuit. Quia homo uiuit ex omni uerbo quod procedit de ore Dei.6 Et Iesu Christo filio Dei uerba Dei in os posita sunt, ut haec uerba uitae in Euangelio ex ipso audirentur. Quia ipse primus annunciat ex resurrectione mortuorum lucem gentibus et populo, Iudaeis et Graecis, sapientibus et stultis. Haec doctrina de fidei iusticia sic est Ecclesiae Dei tradita, et ex Apostolis collecta, ac cum sua integra summa constituta, ut nunc Ecclesia Dei nihil inter suum et Apostolorum Euangelium ad iusticiam per fidem in Christum Iesum interesse cernat. Agnoscit bene hoc Charisma Spirituale ex Spiritu Apostolico. Quia [A 3r:] confirmatur et consolationem certam habet ex eo, quia eadem sua fides est ad salutem, quae fuit Apostolorum et omnium sanctorum a principio mundi ad finem eius. Habet igitur Charisma ex doctrina Apostolica nunc ad suas res apprime necessarium, contra uarietatem falsarum iustificationum in traditionibus et cultibus falsis sub papatu, de sola fide iustificante. Quia solius istius fidei a principio fuit iusticia, cum Sathan in falsis doctoribus semper in alio uitam et iusticiam statuere uoluit quam in uerbo Dei, quod Deus cum sua iusticia proponit, ut ij quibus proponitur id uerbum credant, et per eam fidem remissionem peccatorum accipiant, iustificentur et uiuant, Semper igitur per hanc fidem solam, in uerbum Dei de iusticia propositum, fuit iusticia et salus. Hic nunc quasi proprius articulus de solius fidei iusticia in Ecclesia, contra infinitas et impudentissimas abominationes, quae contra doctrinam Apostolicam de iusticia sunt, necessario factus est. Et non est maius periculum Ecclesiae Dei, quam circa hoc caput, propter insidias, quae a Sophistis, Philosophis, Hypocritis, et omnis generis cauillatoribus Euangelio Dei et saluti Ecclesiae fiunt. Quicunque igitur in alia re quam in fide Iesu Christi iusticiam et sanctificationem Ecclesiae statuunt, hi statim cum suo spiritu ad Apostolicam traditionem adhibendi sunt. Apostolica traditio in summa sic habet: Arbitramur fide iustificari hominem sine operibus legis.7 Quae sententia simpliciter omnibus opponenda est, qui non solum Euangelium Christi negant, uerum iuxta Apostolum ἑτεροδιδασκαλεῖν8 de isto articulo instituunt, postquam is est cum confessione Ecclesiae integer et solidus ex Apostolica traditione propositus, ut iam de potentia Dei ex Euangelio ad salutem hominum, per iusticiam Dei in Euangelio per fidem

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Vgl. Röm 1,17. Vgl. Hab 2,4; Röm 1,17; Gal 3,11. Vgl. Dtn 8,3; Mt 4,4. Röm 3,28. Vgl. I Tim 6,3.

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in Christum Iesum, de quo est Euangelium, recte constet, si haec omnia recte traduntur, sicut Apostoli suas bre-[A 3v:]ues sententias ad hoc ueluti insignia monumenta constituerunt, ne Ecclesia Dei cum opinione iusticiae ad aliud se abduci patiatur. Timotheo Paulus praestituit, in quod summum Euangelium intueatur: Memento Iesum Christum resuscitatum ex mortuis, ex semine Dauidis secundum Euangelium meum.9 Item ad Roma. 1. in Euangelium Dei etc. de filio Dei, nato ex semine Dauidis secundum carnem, declarato filio Dei in potentia secundum Spiritum sanctificationis et resurrectione mortuorum Iesu Christi domini nostri.10 Et quid Apostoli per hasce accurate positas sententias de Euangelioc uelint, declarant, cum qua de causa Euangelium hominibus datum sit, ipsi pro Apostolico suo officio summo tradunt. Cuiusmodi praesertim Pauli Apostoli sunt luculentissimae atque ex eo Apostolico Spiritu propositae, ut hasce ultimas contra Euangelium Christi Iesu blasphemias respexisse uideatur, quae hoc de fide in iusticia Christiana potissimum exacturae de Apostolica auctoritate in testimonio Ecclesiae essent, ut fidei et soli quidem propter Spiritus ἀντικειμένου καὶd ὑπεραιρομένου contra omnem dictum Deum11 improbitatem, iusticia in remissione peccatorum uendicaretur. Nam ea est Euangelij ἐναργεία12 ut fidem iustificantem nemo sanus aut qui eiusmodi uideri uelit, negare audeat. In eo uero solo Spiritus aduersarius se contra fidem causam suam iustam probare posse confidit, quia id insolens Ecclesiae ibi statuatur de solius fidei iusticia, cum incauti id facile doceri possint de inusitatoe uocabulo: SOLA. Sed id nequam Spiritus sedulo dissimulat, quod fidem in iustificatione necessariam esse neget, quo cum suis abominationibus iterum in templum Dei irrepere possit. Magnas tragedias olim de uocabulo ὁμοούσιος suscitauit in Ecclesia,13 non quod uocabulum paucarum syllabarum tanti faceret, uerum ut per istius ex Ecclesia exterminationem, suum [A 4r:] Idolum de diuinitate Christi expugnata statueret. Ita non iam de SOLA: nouo uocabulo in dogmate potissimum laborat, uerum quod id Ecclesia contra abominationes Monacho-

c d e 9

aus: Euaagelio. Akzent ergänzt. aus: inusitatio.

Vgl. II Tim 2,8. Vgl. Röm 1,3f. 11 Vgl. II Thes 2,4. 12 Klarheit, Deutlichkeit. Vgl. Passow I/2, 918[b] s. v. 13 Der sog. Arianische Streit – benannt nach einem seiner Protagonisten, dem im 4. Jahrhundert in Alexandria wirkenden Presbyter Arius – entspann sich um trinitätstheologische und christologische Fragen, nicht zuletzt darum, ob Christus im Verhältnis zu Gott dem Vater zutreffender als wesensähnlich (ὁμοιούσιος) oder eher als wesenseins (ὁμοούσιος) zu beschreiben sei. In letzterem Sinne entschieden die Synoden von Nicaea 325 und Konstantinopel 381. Arius dagegen vertrat die Position, Christus, der Logos, gehöre zu den Geschöpfen Gottes und sei dem Wesen Gottes daher unähnlich. Vgl. Hans Christof Brennecke, Art. Arius/Arianismus, in: RGG4 1 (1998), 738–743; Adolf Martin Ritter, Art. Arianismus, in: TRE 3 (1978), 692–719. 10

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rum in doctrina necessario usurpauit: Sicut in ὁμοουσίῳf contra Arium id Spiritus ἀντικείμενος impugnat. Nunquam enim doctrinam fidei ne sub Prophetis quidem a principio ferre potuit. Haec enim sola doctrina salutis per potentiam Dei est, sicut S. Paulus describit Euangelium, secundum quod peccatores iustificantur, cum credunt remissionem peccatorum in Iesum Christum.14 Nam aliter iustificari non possunt, sed in omnibus, quae extra hanc solam rationem instituuntur ad iusticiam coram Deo, ueritas captiua in iusticia detinetur. Quia hoc iugum oneris est, quod ab humanisg uiribus iustitiam exigit, Quod a principio nullus in populo ferre potuit, neque ullus a principio in tota gentilitate repertus est, qui non huius sacrilegij reus sit. Omnis enim peccauerunt et de eo palam conuincuntur, quod ueritatem in iniusticia captiuam detineant. Ideo Deus semper contra sapientes et Hypocritas in lege uincit, cum secundum suos sermones hominum impietatem et iusticiam arguit. Iudicatur ipse quidem, sed uerbum arguens hoc peccatum potissimum τῆς κατοχῆς τῆς ἀληθείας ἐν ἀδικίᾳh15 superiores obtinet. Et non possunt hic omnes sapientes in mundo cum suis cultibus et σεβάσμασι,16 neque Hypocritae in aut sub lege cum suis obseruationibus et sacrificijs contra hoc uerbum arguens impietatem iet iniusticiami quicquam obtinere. Quia ut supra dictum est, quicquid ab humanis uiribus exigitur, ferri a nullo unquam potuit sicut uerbum legis sonat: Diliges dominum Deum tuum ex toto corde, mente etc.17 Haec scilicet ueritas legis est, quae etiam in tota natura hominum non alia auditur, quam esse Deum inuisibilem, aeternum, omnipotentem, ex toto corde, mente, uiribus, anima diligendum, hoc principium et hanc ueritatem omnium cultuum faciendum esse. [A 4v:] Sed iuxta Prophetam expectat Deus in ijs omnibus iudicium et iusticiam, expectat scilicet ueritatem, ut homines Deum super omnia diligant et proximum sicut seipsos. Sed pro iudicio praestatur caluitium, pro iusticia clamor.18 Omnia scilicet in cultibus non nata ex spiritu, qui in hominibus et eorum uiribus non est, sed ex carne et eius impietate atque iniusticia etc. Proinde ueritatem spiritus captiuam tenent, et impietas haec et iusticia ueritatem spiritus iudicare non dubitat, quasi hi cultus ueri sint, quos Deus per suam ueritatem exigit. Sed manet impietas et iniusticia, ac Deus arguens hoc peccatum per suum uerbum iustificatur, et uincit contra omnes in iniusticia ueritatem detinentes. Quia omnes peccauerunt et egent gloria Dei.19 Cum igif

aus: ὁμοουσίω. aus: hunanis. h aus: ἀδικία. i–i aus: etin iusticiam. g

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Vgl. Röm 1,16; 3,21–24. „Niederhaltung der Wahrheit durch Ungerechtigkeit“, vgl. Röm 1,18. σέβασμα = Heiligtum; pl. σεβάσματα = Kult, Gottesdienst. Vgl. Dtn 6,5; Mt 22,37; Lk 10,27. Vgl. Jes 5,7. Vgl. Röm 3,23.

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tur hac doctrina de iudicio et iusticia hominum coram Deo nihil ad salutem hominum proficiatur, reuelat Deus aliud uerbum e coelo, quod Euangelium Dei dicitur, a principio promissum per Prophetas in scripturis sanctis de filio Dei nato ex semine Dauidis secundum carnem declarato filio Dei in potentia secundum spiritum sanctificationis ex resurrectione mortuorum Iesu Christi domini nostri.20 In hoc scilicet Euangelio reuelatur iusticia Dei cum potentia eius ad salutem credentium. Nam sicut Euangelium Dei non hominum est commentum et inuentum: ita iusticia Dei in eo ad salutem hominum per potentiam Dei, non hominum reuelatur. Quia ibi nulla propterea condemnatio peccatorum esse potest, quia Deus iustificat per hoc, quod Christus mortuus est, magis autem quia a mortuis resuscitatus est, qui et est in dextra patris, qui et intercedit pro nobis.21 Haec iustificatio Dei in Euangelio reuelatur tamen [B 1r:] cum iustificatione et santificatione peccatorum per fidem in Christum Iesum. Sicut hoc apostolus ubique addit: ex fide in fidem.22 Quod ideo cum pleniore forma effert apostolus, ut Ecclesiae Dei hoc demonstret, circa quod caput rerum diabolus praesertim sub Antichristo sit molestiam et uexationem maximam exhibiturus Ecclesiae Dei. Et additur propheticum ad Apostolicum testimonium: Iustus ex fide uiuet.23 Quia idem Spiritus in Prophetis et apostolis a principio semper de fidei iusticia docuit, ex qua propter potentiam Dei, quae in fide declaratur uita iusti sequitur, cum fides ad iusticiam reputatur, et peccatum non imputatur τοῖς πιστεύουσι,24 credentibus in eum, qui Iesum Dominum nostrum a mortuis suscitauit, qui traditus est propter peccata nostra et suscitatus est propter iustitiam nostram.25 Et est in eo Apostolicae proprietatis mysterium insigne, cum in potentia Dei potentiam fidei eandem facit, cum de Abraham omnium credentium patre dicit: ἐνεδυναμώθη τῇ πίστει.26 Quia quae potentia iustitiae Dei est in salutem peccatorum per Christum mortuum et resuscitatum, fit iusticia nostra per fidem in remissione peccatorum, propter quae est Christus traditus, et propter iusticiam nostram resuscitatus. Quae igitur fides hoc credit, ἐνδυναμεῖς iuxta cum Deo facit, ut iusticia et salus propter fidem in promissionem Euangelij sequatur. Quia statuit omnino, quod Deus hoc quod promisit potens sit facere.27 Non est haec potentia fidei in homine, quia naturaliter est in carne διάκρισιςj τῆς ἀπιστίας:28 fides autem potentia Dei est,

j 20 21 22 23 24 25 26 27 28

aus: διακρισία. Vgl. Röm 1,2–4.18. Vgl. Röm 8,34. Vgl. Röm 1,17. Vgl. Hab 2,4; Röm 1,17. den Glaubenden (credentibus). Vgl. Röm 4,24f. Vgl. Röm 4,20 („er wurde stark im Glauben“). Vgl. Röm 4,21. Widerstreit des Unglaubens. Vgl. Passow I/1, 643[a] s. v. διάκρισις.

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quia credit remissionem peccatorum supra omnem potentiam humanam, et facit, ut iusticia Dei in Christo fiat iusticia nostra. Quia Deus per hoc iustificat credentes contra omnem accusationem et damnationem. Quia Christus Iesus est mortuus, imo qui et resurrexit, qui est ad dextram Dei, qui interpellat pro nobis.29 Hoc uniuersum in iusticia fidei attri[B 1v:]buitur. Quia haec sola δικαίωμα30 Dei in Euangelio Iesu Christi ad δικαίωσιν31 uitae cum applicatione facit. Neque potest aliter iusticia et potentia Dei nostram salutem operari, quam cum δικαίωμα Dei in Christo ad δικαίωσιν nostram per fidem adiungitur, et fidei diuina potentia secundum promissionem Euangelij salutem efficit. Sicut est sententia Christi: Fides tua te saluam fecit.32 Et est Apostolica cautio ubique, sicut Petri et Pauli contiones in actis apostolicis testantur. Act. 2: Poenitentiam agite, et baptizetur unusquisque uestrum in nomine Iesu Christi in remissione peccatorum, et accipietis donum Spiritus sancti.33 Idem est (baptizetur unusquisque) ac si diceret: Credite Euangelio de remissione peccatorum. Acto. 3: Vobis primum Deus resuscitans filium suum Iesum, misit ipsum benedicentem uos per hoc, cum unusquisquam facit conuersionem a nequitijs suis,34 hoc est, sicut supra dixit, poenitentiam agite et remissionem peccatorum et Spiritum sanctum per fidem accipite. Quod deinde sententiae planius aperient actorum 4:35 Hoc uobis notum sit, et omni populo Israel, quod in nomine Iesu Nazarei etc. in hoc ille coram uobis sanus adstitit, et non est in alio ullo salus etc. Actorum 8:36 Si credis ex toto corde, licet, respondit ille et dixit, credo filium Dei esse Iesum Christum. Acto. 9:37 dominus misit me, qui tibi in uia uisus est, qua uenisti, ut respicias et implearis Spiritu sancto. Act. 10:38 Huic omnes Prophetae testimonium perhibent remissionem peccatorum accipere in nomine eius omnem credentem in ipsum. Nusquam enim quicquam de hoc salutis misterio agitur in Ecclesia uera, quin semper hoc fastigium rebus constituatur: accipere remissionem peccatorum credentem in ipsum. Nam Spiritus sanctus in apostolis, etiam antea in prophetis satis uidit, in eo Sathanam suam γοητείαν39 deprompturum esse, si non possit Euangelium impellere, id saltem acturum esse, ut id Euangelium Ecclesiae Dei sit inutile. Vix coenae domini uiolatores in sacrificio et alijs abominationibus confe-[B 2r:]cit, ecce nouae praestigiae in alijs, qui iam non superstitiones sed stulticiam in Sacramento uolunt corrigere: Et di-

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Vgl. Röm 8,34. Urteil, Freispruch. Vgl. Georges I/1, 688[b] s. v. δικαίωμα. Rechtfertigung. Vgl. Georges I/1, 688[b] s. v. δικαίωσις 1). Vgl. Lk 7,50. Vgl. Act 2,38. Vgl. Act 3,26. Vgl. Act 4,10.12. Vgl. Act 8,37. Vgl. Act 9,17. Vgl. Act 10,43. Gaukelei, Blendwerk. Vgl. Passow I/1, 567[a] s. v. γοητεία.

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cunt non eam stulticiam rei esse sed persuasionis ecclesiasticae, quod stulte ibi corpus et sanguine Christi esse sentiant. Sapientia haec Ecclesiae contra stultam superstitionem necessaria fuit, ut Ecclesia suum integrum sacramentum haberet, et ea usum eius proprium et solum per fidem sciret, sicut in ea contradictione de fide in ui sacramentorum contra Lutherum apostolicae doctrinae uindicem satis declarauit, ubi potissimum suis rebus periculum metueret. Nam cum Caritanus40 Augustae contra Lutherum hoc CREDEREk de ui Sacramentorum ferre non potuit, satis significatum est super, qua re praecipua dimicatio futura esset. Est igitur per Lutherum in Ecclesiam ex apostolis doctrina de iusticia Dei reuocata recta, integra et uera. Atque ea recte et uere contra uerae Euangelicae doctrinae hostes sic tradita est, quod prorsus haec omnia, quae pro iusticia et remissione peccatorum in uarijs superstitionibus et doctrinis daemoniorum tradita essent, Ecclesiae Dei sint abijcienda, et solius fidei iusticia, sicut Christus et apostoli tradiderunt et docuerunt, sit suscipienda. Non enim ibi ullum meritum coram Deo statuitur, quam quod est in morte et sanguine Christi. Hoc meritum Chriti est gratia Dei ad nostrorum peccatorum remissionem et santificationem per fidem. Haec igitur impietas maxima ex abusu Sacramentorum prophanissimo per doctrinam fidei repurgata est, et recte deinceps ac uere secundum apostolicam traditionem in Ecclesia Euangelij doctrina proposita fuit de iusticia fidei ac uero usu sacramentorum in fide contra persuasionem operis operati. Et ceptum est quasi post longam et profundam nocte in Ecclesia iterum in luce, et ueritate nomen domini inuocari in Christo Iesu uero mediatore et saluatore omnium credentium in nomen eius de remissione peccatorum suorum per fidem in ipsum, quam fidem Deus omnibus pro iusticia reputat, atque ipsis propterea sua peccata non imputat. Et doctrina haec syncera et absoluta fuit de iusticia. [B 2v:] Sicut Ecclesia Dei eam in confessione sua Augustae suis persecutoribus proposuit, atque ibi syncere suae fidei rationem reddidit.41 Sicut hoc postea communi sensu approbauit, et tenuit hanc integram apostolicam doctrinam esse, et nihil ibi prorsus desyderari τῶν συμφερόντων aut δεόντων42 ad regnum Dei k

aus: CERDERE.

40 Gemeint ist anscheinend Kardinal Thomas de Vio, genannt Cajetan bzw. Caietanus (nach seinem Herkunftsort Gaëta). Dieser suchte im Rahmen eines Verhörs, das er im Auftrag von Papst Leo X. im Oktober 1518 im Umfeld des Reichstags in Augsburg durchführte, Luther zum Widerruf seiner Ablassthesen zu bewegen. Luther verweigerte den geforderten Widerruf und verwickelte den päpstlichen Legaten stattdessen in eine theologische Diskussion über die Gnadenlehre. Vgl. allgemein Brecht, Luther I, 237–255; Danilo Arguzzi-Barbagli, Art. Cajetanus, in: Contemporaries of Erasmus I, 239–242; Erwin Iserloh/Barbara Hallensleben, Art. Cajetan de Vio, in: TRE 7 (1981), 538–546. 41 Auf dem Augsburger Reichstag 1530 übergaben die reformatorisch gesinnten Stände Wittenberger Prägung dem Kaiser die Confessio Augustana; daneben wurden die Confessio Tetrapolitana (seitens der oberdeutschen Reichsstädte Straßburg, Lindau, Memmingen und Konstanz) und Zwinglis Fidei Ratio übergeben. 42 was nützlich wäre oder etwa fehlen könnte (betreffs der Gottesherrschaft und unseres Heils); d. h. die Lehre der CA ist suffizient.

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et salutem nostram. Et fuit Ecclesia Dei magnifica cum suo nomine Dei magnifico, ut destructio inimici et ultoris palam sentiretur. Quia Ecclesia cum Simeone43 Deo gratias egit, cum salutare Dei in Euangelio Iesu Christi agnouit, quod tantum suorum peccatorum remissionem acciperet, et sortem in sanctificatis per fidem in Christum Iesum. Neque nunc sane aliud agit, cum contra Papistas et totam illam cohortem exprobrantium et persequentium eam confitetur, non esse scilicet aliud nomen hominibus datum, in quo oporteat nos salutari,44 quam hoc solum, quia uenit Christus Iesus in mundum peccatores saluos facere per fidem in ipsum,45 per quam solam accipitur remissio peccatorum et sors in sanctificatis.46 Fuit in hac luce sua gloriosa, Ecclesia et manebit gloriosa, quia gloriatur de remissione peccatorum, contra omnes portas inferorum.47 Quia hoc uerbum Christi tenet: Qui crediderit et baptizatus fuerit saluus erit, qui uero non crediderit condemnabitur.48 Hoc uerbum nunc ex apostolica reuelatione accepit, omnia mysteria salutis sibi cum salute per fidem esse. Nihil etiam quasuis humanae sapientiae rationes curans, quae alia ad fidem quasi adminicula fidei, sed reuera eius pestes, intrudunt. Est uerbum Christi satis euidens, etiam ab omnibus Apostolis strictissime obseruatum: Qui crediderit et baptizatus fuerit, saluus erit. Non aliud nomen in hominibus datum est, etc. Hoc uerbum fidei contra inimicum et ultorem productum est. Credendum est, quod morte Christi et sanguine solo remissionem peccatorum accipiamus. Credendum est, quod [B 3r:] propter resurrectionem Iesu Christi iusti et salui sumus. Propter hanc fidem ualet Baptismus, eucharistia, et omnia quae in officijs pietatis aguntur coram Deo in Ecclesia. Sicut est longior enumeratio ueluti in catalogo Ecclesiastico, quid semper Ecclesia Dei in fide egerit, Hebre. 11.49 Ac tandem Iesum τελείωτην καὶ ἀρχηγὸν τοῦς πίστεως50 Ecclesiae proponit, ut nouerit sibi totam dimicationem circa hoc caput fore et semper fuisse, ut fidei doctrinam sibi conspurcari et contaminari non patiatur. Sunt μεθοδίαι Sathanicae51 in hac re mirificae, cum uix eorum stulticia, qui contra fidem in uarijs superstitionibus docuerunt, atque Ecclesiae Dei pro luce, et uerbo lucis tenebras et traditiones hominum proposuerunt, deleta est, ac iam sapiens Ecclesia Deo pro hac sapientia gratias agit, noua machinamenta ad hanc sapientiam labefactandam a Sathana per falsos doctores excogitata sunt, cum stulticiam operis operati in Sacramentis defendere non potuit, cum schemate sapientiae

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Vgl. Lk 2,25–32. Vgl. Act 4,12. Vgl. I Tim 1,15. Vgl. Act 26,18. Vgl. Mt 16,18. Vgl. Mk 16,16. Vgl. Hebr 11,2–40. Vgl. Hebr 12,2. Vgl. Eph 6,11.

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magnae iterum labem in usu Sacramentorum instituit. Si inquit stulticia operis operati et sacrificij de humana traditione non placet, ac sapientam requiris contra hanc stulticiam: En tibi haec cum bene probabili sapientia. Quid omnino haec ablutio quae prosit, quam tu cum fide esse oportere confiteris? Haec igitur tibi cum sapientia fides placeat, quam adulti cum Spiritualibus reuelationibus et illuminationibus sentire possunt. Nequam hoc praetermittit et dissimulat, quod haec uere sapiens fides sit in Ecclesia, cum iuxta mandatum Christi, perditum ad salutem Christi Iesu adhibetur. Quia dixit: sinite paruulos uenire ad me, talium est regnum coelorum.52 Quia Christus etiam paruulos ut perditum amplectitur, atque in societate suae salutis esse praecipit. Cum in Ecclesia baptizantur, est haec eorum uocatio per Deum ad regnum Dei. Nec habet ista res quaestionem in Ecclesia, cur uocentur pueri Christianorum, Turcarum uero et Iudaeorum non uo-[B 3v:]centur. Tantum hoc docet Ecclesia esse uocationem ad salutem respiciendam. Cur autem Deus hos uocet? alios non uocet. Respondet Ecclesia omnes uocari per Euangelium, sicut Turcae etiam suam uocationem per Euangelium confitentur, cum Ecclesiam propter Christum persequuntur. Sed cur ipsorum pueri non possunt ad baptismum adhiberi? Respondetur, Deus propagationem generis humani propter impietatem hominum non mutat. Nascuntur igitur ex impijs, quia Deo non uidentur uocari. Sed sicut parentes uocantur, ita qui ex eis nascuntur uocantur, et non est culpa Dei, cur pereant. Sicut hoc non est meritum hominum, quod uocantur et saluantur Christianorum pueri. Hoc in sapientia uera occultat, atque interim fictitiam sapientiam in anabaptistis ostentat, atque eam nomine fidei induit, propter quam soli adulti sint baptisandi. Atque hoc in primo Ecclesiae Sacramento per ostentationem nouae sapientiae contra ueram fidei sapientiam in medium profert. Deinde ipsi Ecclesiae stulticia multiplex in coena domini non ferenda uisa est, quin eam fidei sapientiam ibi quoque reuocaret, ac uarias superstitiones et abominationes ex domo Dei eijceret. Si sapientia quaeritur, quid ni etiam hoc sapientiae maximae et inauditae mysterium uideri possit, superstitionem ex Ecclesia repurgare, qua hactenus sibi per maximam suam facilitatem persuaderi passa est sibi corpus et sanguinem Christi in pane et uino exhiberi? Si uis sapere, quid inquit, hoc stultius esse potest, quam cum panem et uinum accipis, credere te corpus Christi et sanguinem eius accipere, quod in cruce oblatum est, et nunc sedet ad dextram patris? Ac quia fides hactenus desiderata fuit, haec scilicet fides uera est, quae spirituale hoc corpus et spiritualem sanguinem manducat et bibit. Nam quid tu in istis corporalibus spiritualis salutis posueris? Scrip[B 4r:]tum est, caro nihil prodest. Sed non seruatur ab isto spiritu regula sapientiae spiritualis uerae in Ecclesia. Nam ibi hoc sonat ad legem et testimonium, nihil spirituale ibi ex imaginatione humana est, sed secundum uerbum. Hoc uerbum cum est a Deo propositum, fides sibi in eo non curiosius agen52

Vgl. Mk 10,14; Lk 18,16.

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dum putat. Nam scit potentiam Dei una cum uerbo cogitandam. Nihil enim cum uerbo proponitur, quod ad regulas rationis de effectibus conuenire possit. Credit igitur hoc primum, quod Christus dicit: „Hoc est corpus meum, et hic est calix noui testamenti in meo sanguine,“53 et sapientiam suam in eo praestat. Quia quod ibi contra iudicium rationis est, ipsa secundum testimonium Dei certo tenet. Neque fuit hoc, quod in Ecclesia cum stulticia et superstitione argueretur, cum secundum Christi institutionem corpus et sanguis Christi in pane et uino tractata sunt. Non potest Ecclesia secundum regulam fidei uere sapere, nisi certo statuerit, se ibi corpus et sanguinem Christi accipere, quicquid etiam sit de transubstantiatione.54 Nam substantia rerum in rebus fidei alia est, quam in rebus physicis et Philosophicis. Neque sequitur, si transubstantiatio recipitur, non posse propterea superstitiones confutari ex papistica transubstantiatione ortas. Est ibi corpus et sanguis Christi substantialiter seu realiter, cum iuxta mandatum Christi: „Accipite, hoc est corpus meum“ etc. hoc seruatur in Ecclesia. Substantia et res est: hoc est corpus meum etc.; usus eius non alius est, quam cum Ecclesia edit et bibit iuxta mandatum Christi. Quae postea per superstitionem et incredibilem impietatem adhibita sunt in papistica Ecclesia, Quia sunt sine uerbo et mandato Christi, imo contra uerbum et mandatum Christi, non ibi est corpus Christi, quod inclusum seruatur aut circumgestatur,l55 aut in alijs superstitionibus usurpat. Non igitur est uera sapientia, quam ibi Spiritus per imposturam ostentat, [B 4v:] quia ridiculum sit credere in pane et uino corpus et sanguinem Christi. Et cum praestigias suas Sathan cum hoc fuco sapientiae suae proposuit, postea fidem illam magnificam Ecclesiae ostentat, quae credit pro se corpus traditum et sanguinem fusum. Ibi dicit reuera accipi corpus et sanguinem, qui credunt pro se oblatum, etc. Sed neque ea sapientia secundum regulam est. Nam uera fides hoc primum credit: Hoc est corpus meum, et hic est sanguis. Deinde hoc credit, quod pro uobis datur, et qui pro uobis funditur. Non accipit corpus Christi, cum id pro se oblatum credit. Sed tum accipit corpus et sanguinem, cum hoc dicitur: Accipite, hoc est corpus meum, etc. Habet praeceptum fides περὶ τῆς ὀρθοτομίας τοῦ λόγουm τῆς ἀληθείας.56 Non igitur accipit corpus et sangui-

l m 53

aus: circungestatur. aus: λογοῦ.

Vgl. I Kor 11,24f. Der Terminus transsubstantiatio ist hier offenbar in allgemeinerem Sinn im Hinblick auf die Gegenwart Christi in den Abendmahlselementen gebraucht, denn Roting unterscheidet davon im folgenden die papistica transsubstantiatio mit den daraus erwachsenen abergläubischen Anschauungen. Vgl. Johann Anselm Steiger, Art. Konsubstantiation, in: RGG4 4 (2001), 1639f; ders., Art. Transsubstantiation, in: RGG4 8 (2005), 539. 55 Hier werden insbesondere die Aufbewahrung der gewandelten Hostien im Tabernakel, das Umhertragen einer gewandelten Hostie in einer Monstranz, etwa während der Fronleichnamsprozession, und die Verehrung dieser Hostien außerhalb der Mahlfeier verworfen. 56 Vgl. II Tim 2,15. 54

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nem, quia dicitur: quod pro uobis traditur, etc.57 sed propterea quia dicitur: accipite, hoc est corpus, hic est sanguis meus.58 Quae deinde etiam cum uocabulo sapientiae cuiusdam nouae Ecclesiae Dei obtrusa sunt per pictores quosdam ueterum abominationum cum quibusdam nouis coloribus, et eos Sophistas in Ecclesia qui cum impietati contradicendum esset, ipsi uolentibus hoc aduersarijs quasi confessiones de erroribus obtulerunt. Qui cum Sathanae in tentatione „ὕπαγε Sathanas“59 dicendum esset, potius in eo huic se quasi supplices fecerunt, et dixerunt, quid me uis facere, ut pacem habeamus. Pacem Ecclesia Dei semper amat, sed cum Sathana et impietate nullam. Haec praepostera sapientia propter metum nunc ab Ecclesia cum stulticia arguitur. Proinde eam nunc missam facio, ac me conferam ad institutum praesens. Hoc scilicet unicum nunc ad summas et ultimas uexationes miserae Ecclesiae deerat, ut nunc in eo eius labes quaereretur, in quo solo hactenus per Euangelium de remissione peccatorum contra omnes μεθοδείας Sathanicas munita60 et extra periculum stetit. Quia in hoc clypeo, omnia igni-[C 1r:]ta Sathanae tela excutere potuit.61 Quia fide secundum uerbum omnia mysteria salutis ualent, neque quicquam cum imaginatione fidei praeterea recipiendum est. Non enim omnia fidem definiunt, quae cum ea sententia a quibusuis in medium afferuntur. Nunc Sathan suas copias ad oppugnationem Ecclesiae tam propinquas constituit, ut ubi Ecclesia in sua ueteri apostolica ciuitate se continet, Sathan ueluti in noua ciuitate iuxta murum et moenia eius quasi in foribus stabuletur. Quid enim magis propinquum facere possit? quam cum a Sacramentis Ecclesiae iam ad ipsum Deum uenit, propter cuius inhabitationem cum suo Spiritu Ecclesia est templum Dei? Neque potest omnino honorem hoc ipso maiorem adipisci, quam est templum Dei, et habet promissionem, quod quicunque templum destruxerit, uelit eum Deus destruere. Quod faciet et puniet hoc peccatum aut sacrilegium reliquis omnibus atrocius. Quis igitur in eo aut insidias aut periculum metuere possit, ubi tota professio est de templo Dei extruendo, et illo uero quidem et spirituali, ubi tota diuinitas inhabitet in Ecclesia Deus pater, filius incarnatus,n et spiritus sanctus. Nam hoc hactenus maxime in controuersijs contra papisticas abominationes et papisticam superbiam actum est, ut haec gloria Ecclesiae summa uindicaretur, quod ipsa sit domina rerum supra ministerium, etiam cuius nomine pontifex sibi primatum in Ecclesia arrogat. Quia Paulus dicit 1. Corinth. 3: „Siue Cephas, siue Apollo etc. Omnia uestra sunt, uos autem Christi. Christus autem Dei.“62 Et Episcopus tantum minister est, per quem credit Ecclesia, ac fit temn 57 58 59 60 61 62

aus: incarantus. Vgl. Lk 22,19f. Vgl. Mt 26,26f. Vgl. Mt 4,10; 16,23; Mk 8,33. Vgl. Eph 6,11. Vgl. Eph 6,16. Vgl. I Kor 3,22f.

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plum Dei, continens intra se Deum et Christum cum suo spiritu, tamen quasi nunc nihil amplius spacij reliquum futurum sit, ut sua uenena Ecclesiae per ludibrium suum propinet, hoc ultimum iam machinatur de templo Dei, post templum Dei per doctrinam fidei ab antichristo uindicatum. Quis enim hoc ad destructionem templi Dei esse arbitret, ubi is, qui hoc docet se maximum hostem [C 1v:] antichristo propter templum Dei prophanatum, profitetur? Est in eo similitudo cum reliquis pestibus, quae iuxta cum Euangelio quasi contra antichristum emerserunt, et tamen Sathan iterum nouas insidias Ecclesiae contra suum Euangelium et salutem struxit. Sed haec omnia hactenus per Ecclesiam et Ministerium eius sunt confossa. Haec pestis nunc maxime contra Euangelium et iusticiam eius seu remissionem peccatorum per fidem reliqua facta est, cum simulatur ibi id Mysterium nunc proferri, quod hactenus in reuelatione Mysteriorum Ecclesiae desideratum fuerit, in quo scilicet uera iusticia Ecclesiae constituenda sit. Nam id statim Sathanam olet, cum doctrinam apostolicam, quae ex apostolis tradita sit, non syncere traditam cauillatur. Atque ut maiore fuco rem agere possit, Lutherum uindicem apostolicae doctrinae de iusticia contra antichristum suum ὁμόψηφονo63 esse fingit de triplici iusticia. Nam quod ibi Lutherus se essentiali iusticia constituit, quae scilicet propria Ecclesiae habenda sit, in qua remissionem peccatorem propter fidem habeat, id Sathan, qui tamen labefactationem fidei quaerit, pro se esse contendit. Si uiueret Lutherus nequaquam hoc faceret, imo nondum hic Spiritus contra Euangelium Iesu Christi blasphemus in medium uenire ausus fuisset. Nam Lutherus eam tum iustitiam essentialem esse statuit, in qua scilicet sola salus et remissio peccatorum Ecclesiae continetur, contra figmenta uaria de iusticia in obseruationibus traditionum et bonorum operum. Res enim, quae tunc acta est, proponatur in medium, et facile intelligetur, quae causa sit appellationis iusticiae essentialis Lutheri. Omnia reliqua quasi accidentalia et impropria taxat, quae de iusticia in traditionibus et operibus uulgo Ecclesiae proposita sunt. Hanc autem solam apostolicam et ueram iusticiam ad salutem et remissionem peccatorum esse contendit, quae scilicet sit per fidem in Christum. Quomodo igitur hoc commentum de iustitia essentiali ualuerit, quasi Lutherus primum uerae iusti-[C 2r:]ciae meminerit, ac postea cum socios in doctrina inuenit, non eam doctrinam explicauerit, sed se ad nouos magistros contulerit, ac Mysterium prius missum fecerit. Nam si non se socium illorum in Ministerio postea professus esset, qui doctrinam de fide iustificante tradiderunt sine querela, imo cum consensu Apostolicae ueritatis hoc dici posset, ipsum semper sua seorsim de sua iusticia essentiali habuisse. Verum cum postea confessionem Augustanam et reliquas explicationes de iusticia fidei approbauerit, et pro sua et apostolica doctrina receperit, quid nunc iste impostor Lutheri auctoritatem pro se allegat? quasi aliam iusticiam docuerit, quam o 63

aus: ὁμοψὴφον. übereinstimmend, zustimmend.

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quae est ex Euangelicis monumentis cum uera sententia in confessione et Ecclesijs Saxonicis passim cum magna approbatione Ecclesiae Dei tradita. Essentialis igitur iusticia Lutheri contra Monachorum doctrinam de iusticia in traditionibus haec est, quam postea per explicationem definiuit, ex symbolo Apostolico de remissione peccatorum, cum Ecclesia dicit: „Credo remissionem peccatorum.“64 Nam sic apostoli a principio docueruntp de iusticia. Quia peccatum irremissibile sine fide in Euangelio maneat, ideo remissionem peccatorum Ecclesiae Dei proponi, ut iustitiam Dei, quae in Euangelio reuelatur per fidem amplectatur, atque sic per fidem in Euangelium de remissione peccatorum iustificetur. Hanc remissionem peccatorum credit Ecclesia, et haec fides ei sicut Abrahae reputatur ad iustitiam.65 Sic iustificatur et remissionem peccatorum accipit Ecclesia, et sortem consequitur in sanctificatis Dei. Et qui sic credunt iustificantur, remissionem peccatorum accipiunt, fiunt templum Dei. Quia fides haec purificat corda, et sanctificantur credentes, ut deinde ibi diuinitas ueluti in suo templo habitet. Sed non est causa iustificationis in inhabitatione Dei constituenda, sed symboli apostolici ratio simpliciter sequenda est. Symbolum dicit: Credo remissionem peccatorum [C 2v:] Et sine hac fide neque est Ecclesia sancta catholica, neque uita aeterna accipitur. Fide enim, quae credit remissionem peccatorum, purificantur corda, et domus Dei, quae est Ecclesia Dei uiuentis, constituitur. Et hoc est templum Dei uiuentis, sicut dicit Deus: Quia inhabitabo in eis, et ambulabo in mediorum, et ero eorum Deus, et ipsi erunt mihi populus, διὸ, ἐξέλθατεq ex medio eorum et ἀφορίσθητε dicit Dominus, immundum ne tetigeritis, et ego suscipiam uos, et ero uobis in patrem, et uos eritis mihi in filios et filias, dicit Dominus omnipotens.66 Prius scilicet hoc templum construendum est, quam Deus in eo habitet. Templi constructio est, in quo peccatores sanctificantur et iustificantur. Sanctificatio et iustificatio est per fidem in Christum, quae consequitur remissionem peccatorum. Sicut symbolum dicit: „Credo remissionem peccatorum.“67 Quia sine hac fide sancta et catholica Ecclesia esse non potest, neque Deus pater, filius, et Spiritus sanctus in suo templo, quod est Ecclesia credens remissionem peccatorum, habitare. Non igitur est iustificatio et sanctificatio propter in habitationem. Sed quia est Ecclesia sancta et iusta propter fidem in Christum de remissione peccatorum, inhabitat Deus in suo templo per fidem et remissionem peccatorum consructo et sanctificato, Deus suum templum ingreditur, Sicut Christus dicit: Et ad eum ueniemus et mansionem

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aus: douerunt. (nach II Kor 6,17) aus: δεσέθετε [δεσ evtl. verlesen für ἐξ (jeweils in Ligaturen geschrieben); λ fehlt]; evtl. wäre auch zu lesen διέθετε. q

64 65 66 67

Vgl. Apostolicum, BSELK 43,1–4. Vgl. Röm 4,9. Vgl. II Kor 6,16–18; Ez 37,27; Jes 52,11. Vgl. Apostolicum, BSELK 43,1–4.

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apud eum faciemus,68 sed qui prius diligit Christum, et uerbum eius seruat, hoc est sicut in principio contionis dicit: Si creditis in Deum, et in me credite.69 Quia fides haec eadem est: credere in Deum, qui mortuos uiuificat, et in Christum, in cuius uerbo peccatores iustificantur et uiuificantur. Verbum enim hoc patris Christi uerbum est, quod est ueritas, et sanctificatio est in ueritate.70 Non igitur templum Dei esse potest, in quo Deus habitet,71 nisi sanctificatio prius fuerit constituta, quae est per fidem de remissione peccatorum propter Iesum Christum. Quid igitur hic spiritus moliatur, qui iustificationem et [C 3r:] sanctificationem in eo constituere nititur, quod est ad ipsam iustificationem et sanctificationem consequens, non potest hoc in Ecclesia Dei obscurum esse. Verbo id quidem prae se fert, quasi de templo Dei uero laboret et sollicitus sit. Verum si ad rem contuleris est hoc eius consilium, ut destruat templum Dei. Nam cum eas res destruit, ex quibus templum Dei construitur, in quo constructo, ut in sua domo, quae est Ecclesia Dei uiuentis, Deus habitet, id palam moliri ipsum constat, ut templum Dei uocabulo magnifice iactetur, et re tamen nullum sit. Atque ut ista res non suspitionibus et coniecturis agi uideatur, quamuis haec peruersitas rerum, de qua supra dictum est, cum inhabitatio Dei iactatur, et per quid fiat, ut Deus inhabitet, excluditur, satis argumenti est, in Ecclesia ipsum Spiritum ad destructionem templi Dei tendere, tamen quaedam argumenta, de ipsiusr absurdissimis sententijs colligamus. Ex quibus omnibus de hoc palam depraehendi potest, quod hoc solum agat, ut per destructionem fidei, remissionis peccatorum, poenitentiae Ecclesiasticae, templum Dei in terris Ecclesiam prorsus disiectum et euersum reddat. Quod molitur Sathan per hunc νεόφυτον72 in Ecclesia, qui doctrinam Ecclesiae longo tempore professus est, et tamen ex illis sententijs satis declarat, quod semper nesciuerit, de quibus loqueretur et adfirmaret. Ac primum omnium cum in sua disputatione negauit de hoc nunc necessario dogmate in Ecclesia ultima, ut in doctrina poenitentiae, doctrina fidei necessaria iudicetur, satis ostendit, quo etiam reliqua, quae contra regulam Ecclesiasticam profert, accipienda sint. Imo cum ibi fidem, sicut Scholastici loquuntur, partem paenitentiae negat, reliqua cum hoc collata satis ostendunt, quod non poenitentiae partem, sed fidem in uniuersum negat. Nam ideo pars poenitentiae fides facta est, quia tantam uim poenitentiae doctrina in Ecclesia passa est, ut contra impiam deprauationem r 68

aus: ipsiius.

Vgl. Joh 14,23. Vgl. Joh 14,1. 70 Vgl. Joh 17,17 71 Vgl. I Kor 3,16. 72 νεόφυτος = Neubekehrter, Neugetaufter. – Roting gebraucht diese Vokabel im uneigentlichen Sinne (wie seine anschließenden Ausführungen zeigen); er stellt damit eine Assoziation zu I Tim 3,6 her: Ein Bischof „soll kein Neugetaufter sein, damit er sich nicht aufblase und dem Urteil des Teufels verfalle.“ – Möglicherweise spielt Roting damit auch auf die angebliche jüdische Herkunft Osianders an und will ihn so gleichsam als „Christen in erster Generation“ qualifizieren. 69

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ex Apostolica traditione, hoc quasi cum articulo contra impietatem statuendum fuerit, esse poenitentiae partem fidem. Quic-[C 3v:]quid enim in definitionibus patrum sit de hac re, tamen impietas nunc tradentium poenitentiam, et audacter eam doctrinam salutis a salute, ad impiam potentiam et oppressionem Ecclesiae per omnis generis superstitiones rapientum, fecit, ut necessario nunc quasi pars poenitentiae fides fieret. Poenitentiam uere agentes necessario salus sequi debet, Sed sine fide in Christum nulla salus prorsus est. Quod fuit nunc docentibus poenitentiam, nullo modo dissimulandum, ne quod in poenitentia praecipuum est, id ipsi cum impijs doctoribus praeterijsse uiderentur. Sicut soli fidei contra blasphemiam Euangelij in pontificia Ecclesia necessario fuit arroganda iusticia. Neque hoc quicquam refert. Quia hoc nunc cum noua forma sermonis in Ecclesia uidetur. Quia Euangelij synceritas hoc nunc sic postulat, ut solius fidei iusticia, contra uaria hominum commenta et traditiones de iusticia et remissione peccatorum, adferatur. Neque est quaerela eorum uera, qui sic dicunt: Non esse „Sola“ uocabulum in Scriptura. Imo non est Euangelium aliud contra Antichristum et hostem Euangelij, quam hoc de sola fide iustificante, repudiatis omnibus delicijs et superstitionibus de iusticia et indulgentijs peccatorum per uaria opera et obseruationes, quarum in traditionibus hominum et licentia nefaria docentium tanta impietas fuit, ut Euangelij synceritas in hoc dicto adserenda fuerit: Sola fides iustificat. Spiritus hic libenter hoc diceret, non solum fidem iustificare, Sicut in propositionibus73 de Synecdoche in fidei iusticia mussitat. Sed tamen nondum ausus fuit blasphemiam suam contra caput, quod maxime petet, proferre. Quia Lutheri autoritatem uult a se stare. Interim hoc negat, quod est cum eadem sententia, ne in poenitentiae definitione fides cum poenitentia recipienda sit. [C 4r:] Cur igitur dissimulat, contra quos hoc dogma in Ecclesia positum sit? Imo cum hoc de impietate summa in omnibus suis disputationibus et sententijs non profert in medium, quam impietas et blasphemia hisce nouis in Ecclesia definitionibus causam dederit, palam testatur, quod ipse quoque ex Spiritu immundo, Spiritum Sanctum in uero Ministerio Euangelico contra Antichristum et eius blasphemiam oppugnat. Coniungitur nunc recte poenitentiae fides, Quia qui hactenus poenitentiam docuerunt, tantum eam ex traditionibus de commenticia aut ficticia contritione, confessione, satisfactione definierunt. Et res tota operum et obseruationum humanarum facta est contra Apostolicam descriptionem, qui hanc Spiritus sancti doctrinam tradiderunt. Nam quae prior pars ex syncera doctrina esse potuisset cum confessione, quae cum ipsa contritione non aliud esse potest iuxta Apostolicam traditionem, tamen cum ex Ecclesiastica catechesi et disciplina de traditionis confessione et satisfactione 73 Osiander, OGA 9, 430,15f: „Quare fides iustificans in sacris literis semper intelligenda est per synecdochen, ut scilicet includat obiectum suum, dominum nostrum Iesum Christum.“ (Disputatio de iustificatione, Königsberg, 24. Okt. 1550, Propositio 16).

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est ad res uerae poenitentiae, in contritione uera et confessione additum, ex hac impari et dissimili ratione et coniunctione corruptio et deprauatio utrinque cum impietate constituta est. Nam contritio et confessio uera cum ritibus traditionum et disciplinae coniungi non debuerunt. Et res disciplinae Ecclesiasticae cum Mysterijs regni Dei diuinitus ad salutem ordinatis et reuelatis non fuerunt commiscendae, ne in ijs persuasio salutis et pietatis coram Deo existeret. Sicut haec uitia capitalia horribiliter Ecclesiam Dei exercuerunt, cum primum ibi homines non aliter de contritione didicerunt, quam est ea in quadam humana imaginatione et commenticia electione. Quia confessio et satisfactio eius rationis fuerunt, cum tamen de uera contritione et confessione longe aliter se res habeat. Sicut exempla declarant omnium, quia Christo sanantur et absoluuntur. Nam ibi nisi pauperes [C 4v:] sint in sensu malorum iudicij et irae Dei et peccatorum uero constituti, non auditur hoc uerbum: Fides tua saluum te fecit.74 Item: fili, remittuntur tibi peccata.75 Item: Crede in dominum Iesum, et tu et domus tua saluaberis.76 Haec scilicet quae sunt postea in tota ratione ministerij non aliter ualent, quam cum sunt uere contriti, cum uero sensu et dolore peccatorum et pauore irae et iudicij Dei. Deinde cum ea quae cuiusdam Ecclesiasticae παιδεύσεως77 sunt, in enumeratione peccatorum coram ministro et ἐπιτιμίοιςs78 suscipiendis pro delictis ad poenitentiam ueram et Apostolicam adiuncta sunt, cum opinione salutaris et spiritualis effectus in salute, ea lues in Ecclesiam Dei recepta est, ut postea Ecclesia ueram poenitentiam ad salutem et uitam aeternam non agnouerit. Ex ijs igiturt satis apparet, quae causa fuerit, cur ad contritionem fides in poenitentiae descriptione addita sit. Non enim a contritione ad enumerationem et satisfactionem nostri operis descendendum est. Sed ideo poenitentia contritionis traditur, ut fides eorum peccatorum, quae in contritione desperationem operata sunt, remissionem accipiat, et per hoc sors in sanctificatis fiat. Quae doctrina in poenitentia quasi completio ἀντιπλήρωσιςu79 necessaria contra monachorum impiam definitionem fuit, ut Ecclesia iustam et propriam relationem in dogmate Apostolico non amitteret. Non enim contritio in enumerationem et satisfactionem nostri operis desinere debet, Verum si est uera μετάνοιαv80 quam tantum an-

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aus: ἐπιτημίοις (letztes Jota im Druck kaum erkennbar; η vmtl. infolge von vermeintlichem Iotazismus eingesetzt). t aus: igitu. u aus: ἀυτπγῄρρωσις. v aus: μετανοία. 74

Vgl. Lk 17,19; 18,42. Vgl. Mt 9,2. 76 Vgl. Act 16,31. 77 Erziehung, Bildung(smittel), Unterweisung, Züchtigung. Vgl. Georges II/1, 623[b] s. v. παίδευσις. 78 Strafen. Vgl. Georges I/2, 1127[a] s. v. ἐπιτίμιον. 79 (Wieder-Er)füllung, Vervollständigung (completio). Vgl. Georges I/1, 272[a] s. v. ἀντιπληρόω a). 80 Buße, Umkehr. 75

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nunciat apostolicum ministerium, usque dum Christum aduenerit iudicare uiuos et mortuos, ideo hic stimulus et κατάνυξιςw81 cordis quaeritur, ut deinde uerbum hoc salutis audiatur: μετανοήσατε et baptizetur unusquisque uestrum in nomine Iesu Christi in remissionem peccatorum, et accipietis donum Spiritus sancti.82 Quis igitur nunc in hoc summo Ecclesiae tempore, contra maximam blasphemiam doctrinae de poenitentia, hanc eius restaurationem, aut ueram et integram restitutionem in controuersiam uocans, aut quod contra impietatem recuperatum est ex Apostolica [D 1r:] luce negans, cum Ecclesiae Spiritu bono et uero omnino coniunctus uideri potest? Veretur is potius nunc, qui in Spiritus sancti ministerio est, ne si Apostolico testimonio contra Antichristum aduersetur in Ecclesia, suspectus de praeuaricatione habeatur, cum uerbo Ecclesiae Dei contra suum capitalem hostem, socium se profitetur, caeterum re ipsa Ecclesiam a suo praesidio praecipuo, quod nunc ex Apostolica doctrina constituit sibi contra os blasphemum Satanae aduersus benedictum filium Dei Iesum Christum nostrum saluatorem, deijcere nititur, ut potius Apostolicae Ecclesiae inimicus et papisticae ac blasphemantis Synagogae contra Christum amicus et socius uideatur. Quin id potius nunc cum uera Ecclesia coniunctus facit, quod semper ad Apostolica testimonia praesentia ex Spiritu uero facere cum officio uero ipsa solita fuit, ut quod Spiritus praesens contra abominationem praesentem cum diuino testimonio constituit, id ipsa Ecclesia ex Propheticis et Apostolicis scripturis, an id sic habeat scrutetur, et dijudicatione accuratiore constituat. Sicut dominus noster Iesus Christus iubet facere Ioan. 5: Scrutamini scripturas, quia uos uidemini in ijs uitam aeternam habere.83 Item S. Paulus Apostolus cum sua doctrina, ad Prophetas et Moysen appellat: οὐδὲν ἐκτὸς λέγων etc.84 Idem faciunt Actorum 17: τὸ καθ’x ἡμέραν ἀνακρίνοντες τὰς γραφάς εἰ ἔχει ταῦτα οὕτως.85 Num igitur haec omnia quae nunc cum Apostolica doctrina contra ultimam abominationem et doctrinam Monachorum blasphemam et demoniacam de poenitentia constituta sunt, uidelicet fidem de remissione peccatorum propter Christum Iesum non esse omittendam, imo poenitentiam id non efficere, quod tamen in eius uirtute praecipua ponatur de salute et uita aeterna, nisi fides in hac doctrina cum contritione propter peccata coniungatur. Imo id Apostolica testimonia omnia consensu quodam id palam prae se ferunt, quod hanc ultimam abominationem respexerint, quae esse cum Spiritu Antichristi de poenitentia sine tamen fide de remissione peccatorum prop-[D 1v:]ter Christum in Ecclesia traditura. Fidem igitur pleraque omnia testimonia diserte addunt, ut haec w x 81 82 83 84 85

aus: κατανύξις. aus: καθα. Verstockung, Betäubung. Vgl. Menge-Güthling 372[a] s. v.; Röm 11,8. Vgl. Act 2,38. Vgl. Joh 5,39. Vgl. Act 26,22. Vgl. Act 17,11.

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Spiritus impostoris et diabolici deprauatio tanto ante notetur, Qui poenitentiam uocabulo non re in Ecclesia docturus sit, cum qua nulla fides in Christum cum remissione peccatorum uentura sit, sed omnia in traditionibus hominum suam autoritatem in Ecclesia de poenitentia et remissione peccatorum habitura esse. Adscripserunt igitur hoc Apostoli et Christus ipse, ut in ipsius nomine annunciaretur poenitentia et remissio peccatorum. Item Mar.: Agite poenitentiam et credite Euangelio.86 Et plenus est praesentim liber τῶν πράξεων τῶν ἀποστόλων87 et Epistolae Apostolorum eiusmodi testimonijs, ut sunt praeter superiora Acto. 20, Vbi Paulus συμφέροντα salutis constituit,88 et haec in summa facit, poenitentiam in Deum et fidem in dominum nostrum Iesum Christum. Quae sit poenitentia in Deum 2. Corinth. 7 interpraetantur, ubi tristitiam ad poenitentiam et secundum Deum a tristicia mundi discernit,89 ut ostendat, non simpliciter contritionem propter peccata docendam esse, sed quae sit contritio et tristicia ad poenitentiam et secundum Deum, quae operetur salutem non poenitendam ἀμεταμέλητον.y90 Nam tristicia mundi tantum mortem et desperationem operatur.91 Atque haec poenitentia in Deum aut tristicia aut contritio ad poenitentiam et secundum Deum cum sit, ut salus ad eam necessario consequatur, tamen Apostolus fidem huic in dominum nostrum Iesum addit. Non quod haec fides unquam a uera poenitentia absit. Verum quia Spiritus Antichristi sic ueram poenitentiam in Ecclesia labefacturus esset, ut poenitentia ibi sine fide in Christum traderetur. Proinde hoc Spiritus in Apostolo ascribit, et fidem in dominum Iesum. Et ualet testimonium Apostolicum de fide in poenitentia addenda, contra uiciosam de poenitentia doctrinam Monachorum, et contra hunc nouum Spiritum Antichristi, qui ubique ad labem fidei uiam [D 2r:] affectat, ut peccatores neque ad salutem suam poenitentiam agere possint, neque per fidem remissionem peccatorum et fortem in sanctificatis accipere. Adscriberem plura presertim ex Pauli Apostoli epistolis et contionibus Apostolorum testimonia, nisi tota scriptura et traditio Apostolorum nihil aliud esset, quam hoc quod Paulus dicit: poenitentia in Deum et fides in dominum nostrum Iesum.92 At hoc solum est, quod huius Spiritus et noui doctoris dolum et fraudem contra salutis de poenitentia uera doctrinam arguit. Quanquam autem hoc in Ecclesia ex recenti ueluti naufragio collecta atque cum luce uera contra abominabiles tenebras aut potius blasphemias constituta, ferendum non sit, ut quisquam eius luci et saluti in dogmate contra diabolum y 86 87 88 89 90 91 92

Schluss-Ny anscheinend im Druck defekt (oder doch fälschlich Iota gesetzt?). Vgl. Mk 1,15. die neutestamentliche Apostelgeschichte des Lukas. Vgl. Act 20,20. Vgl. II Kor 7,10. keine Reue verursachend (vgl. II Kor 7,10a). Vgl. Passow I/1, 127[b] s. v. ἀμεταμέλητος. Vgl. II Kor 7,10b. Vgl. Act 20,21.

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insultet, tamen alia nunc quoque uideamus, quae hoc negocio non humanam leuitatem aut stulticiam quandam, sed spiritualem nequitiam atque insigne regni Christi odium arguunt. Os facit Ecclesiae Dei, quasi eius honorem maximum in occulto esse ferre non possit. Imaginem (inquit) suam non debet ignorare, ad quam est principio homo factus, cum ipsum Deus creator ad suam imaginem et similitudinem fecit.93 Haec imago scilicet est, cum filius Dei est homo factus. Nam eam imaginem etiam habiturus erat filius Dei, etiamsi peccatum in mundum non introiuisset.94 Si quaeras, quod nomen homo factus habiturus fuerit. Nam Christus Iesus non fuisset, Quid respondeat ipse uiderit. Ponit hic primarius professor imaginem ad alterius posterioris similitudinem, priorem, quasi hoc non prius uerum fuerit, faciamus hominem ad imaginem et similitudinem nostram, quam si filius Dei fuisset homo factus. Tam crudeli odio fertur daemon contra hanc gloriam summam in homine, quod est ad imaginem Dei factus, ut coram Deo λατρείαν95 in sanctitate et iusticia praestat,96 atque aeternam uitam in regno Dei uiuat. Interim de imagine [D 2v:] commenticia adfert tantum, ut homines nunquam ad hanc ueram Dei imaginem respiciant, atque eius sanctitatis et iusticiae in Christo Iesu curam habeant, quae nunc faciunt ut Ecclesia Dei in sanctitate et iusticia uera coram Deo in Christo Iesu adoret, et Deo suo, ad cuius similitudinem et imaginem facta est, seruiat. Haec imago Dei ueri cultus in sanctitate et iusticia, fuisset iuxta conditionem hominis, si is non peccasset, ac sanctitatem suam et iusticiam non amisisset. Verum cum propter peccatum sanctitas et iusticia euanuerint, Deus per filium incarnatum et hominem factum sanctitatem et iusticiam restituit, quae est iusticia Dei secundum Apostolum, quae reuelatur in Euangelio.97 Iusticia Dei per fidem Iesu Christi in omnes et super omnes credentes.98 Et est haec iusticia cum sanctitate. Quia accipiunt credentes in Iesum Christum sortem in sanctificatis et sunt sacerdotes induti iusticiam,99 ut uiuentes et omnibus diebus uitae suae domino benedicant. Quia mortui in peccato non laudabunt dominum.100 Sunt enim sine sanctitate et iusticia per fidem in Iesum Christum, et coram Deo uiuere non possunt.

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Vgl. Gen 1,27. Vgl. D. ANDREAE || OSIANDRI SACRAE || THEOLOGIAE IN SCHO= || la Regiomontana Pri= || marij Professoris. || AN FILIVS DEI FVE= || RIT INCARNANDVS, SI || peccatum non introiuisset || in mundum. || ITEM. || DE IMAGINE DEI || QVID SIT. || EX CERTIS ET EVIDEN= || tibus sacrae scripturae testimonijs, || et non ex philosophicis et hu= || manae rationis cogitatio= || nibus, deprompta || explicatio. || MONTEREGIO PRVSSIAE. || 1550 [im Kolophon: EX OFFICINA HAEREDVM || IOANNIS LVFFT. || 18. Decembris. || ANNO 1550.] (VD 16 O 986) [OGA 9, (450) 456–491 (Nr. 427)]. 95 Dienst, Gottesdienst. 96 Vgl. Lk 1,75. 97 Vgl. Röm 1,17. 98 Vgl. Röm 1,16f. 99 Vgl. Ps 132,9. 100 Vgl. Jes 38,18. 94

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Sed magnam huius Spiritus superbiam et arrogantiam esse oportet, quod cum sua primaria professione tantum Ecclesiae Dei insultare audet, quasi ipsa sine hoc ministerio nouo de imagine Dei, similitudinem et imaginem Dei nesciuerit, cum tamen Ecclesia Dei hoc solum in luce sua praecipua semper habuerit ut secundum hanc imaginem ipsa Ecclesia Deum suum patrem agnoscat, ipsam imaginem secundum quam est creata sibi proponat, ut Deum ex toto corde, anima, mente diligat et proximum sicut seipsum.101 Ac quia homines diabolo locum fecerunt, ut contra Spiritum Dei, quae est imago Dei in homine, incurrerent, ipsi quidem uident quae sit imago Dei ex Prophetica descriptione: Sed nisi poenitentiam egerint, gloriam, honorem, pacem, immortalitatem coram Deo habere non possunt, ut secundum imagi-[D 3r:]nem Dei aeternam uitam uiuant.102 Sed est a Deo potestas omnibus poenitentiae facta, ut nunc iterum ad eam lucem emergant, atque in uera sanctitate et iusticia propter Iesum Christum coram Deo adstent et dicant: Credo in Deum patrem, ad cuius imaginem factus sum, ut uerus filius Dei, ut ipsum in spiritu et ueritate adorem et inuocem. Quia simul credo in Iesum Christum, qui me expertem Spiritus propter peccatum, facit iterum cum Spiritu sancto per fidem, ut propter remissionem peccatorum sim iustus et sanctus, atque cum uera imagine Dei patrem meum in coelis in Spiritu et ueritate inuocem. Ob quam causam etiam credo in Spiritum sanctum, Quia quorum imago Dei est, etiam Spiritus sanctus est, a quo sanctificantur, in Ecclesia per remissionem peccatorum in fide Iesu, ut tanquam ueri filij Dei, cum carne et corporibus suis resurgant et uitam aeternam uiuant. Non est omnium Prophetarum et Apostolorum aliud officium in Ecclesia Dei, quam ut homines de imagine Dei ad uitam aeternam in omnibus partibus doctrinae Christianae recte instituant et doceant. Non aliud est Euangelium et uniuersa doctrina cum salute nostra, etiam cum rudis Ecclesia in sua catechesi doctrinam salutis et uitae aeternae audit et discit. Et doceret nos ille professor e suo gurgustio de imagine Dei, quam Ecclesiam Dei de ipsius mysterio nunc primum cognoscerez oporteret? Imo cum ibi aliud, sicut supra de poenitentia dictum est contra ueram et receptam doctrinam de imagine Dei in medium affert, cui Spiritui in Ecclesia Dei se opponat satis conspicitur. Spiritus uerus in Ecclesia est imago Dei, secundum quam uiuit Ecclesia, contra hunc Spiritum iste professor superbit, et cum blasphemia prorumpit. Sonat igitur quidem imaginem Dei, uerum quia Spiritui sancto in Ecclesia aduersatur, est inimicus et hostis imaginis Dei uerae, secundum quam homines, ut filij Dei per fidem in [D 3v:] in Christum Iesum, et inuocationem nominis Dei uiuunt, ac λατρείαν ut Zacharias dicit:103 coram ipso omnibus diebus uitae suae in sanctitate et iusticia

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aus: cognogscere.

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Vgl. Lk 10,27. Vgl. Röm 2,4–10. Vgl. Lk 1,75.

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praestant et persoluunt. Ad hunc modum loquitur de imagine Apostolus, quae a principio fuit in homine propter Spiritum cum libertate 2. Corinth. 3.104 Sed postea propter peccatum amissa est, ut Deum sine mediatore intueri non possit. Quia sine mediatore homo sine Spiritu est, sub inimicis seruit sine sanctitate et iuticia. Sed mediator dominus cum spiritu est, et ubi spiritus est ibi est libertas, quae liberat per ueritatem a peccato et eius seruitute, ut nunc sine timore ex manu inimicorum nostrorum liberati seruiamus illi in sanctitate et iusticia coram ipso omnibus diebus uitae nostrae. Sic scilicet omnes Euangelio de mediatore credentes et retecta facie gloriam domini in Christo Iesu contemplantes, in eandem imaginem transformamur a gloria in gloriam tanquam a Domini Spiritu.105 Nam quia primus homo Adam, qui est factus in animam uiuentem, cum est Deo inobediens factus, Spiritum sanctum amisit, et cum peccato Spiritum malum accepit, ac postea sine imagine Spiritus Dei in homine uiuere non potuit. Deus autem statim ultimum Adam promisit: Semen mulieris conteret caput serpentis,106 qui ueniret scilicet e coelo cum spiritu uiuificante ac quicquid e terreno propter peccatum cum morte est, id ipse secundus homo qui est dominus e coelo uiuificaret, atque sic imaginem coelestis gestaremus, sicut terreni gestauimus. Nam secundum terreni imaginem omnibus moriendum fuit, qui uero coelestis imaginem recipiunt, quam primus homo habuit, sed propter peccatum amisit, uidelicet retecta facie gloriam Domini contemplantes, in eandem imaginem transformantur.a Sed hoc diligenter obseruandum est, tanquam a Domini Spiritu, quia caro et sanguis regnum Dei haereditate accipere non possunt.107 Quod hic Spiritus impudenter Ecclesiae Dei obtrudere niti-[D 4r:]tur, quasi id sit Christum uenisse in carnem, sicut ob eam causam addit ipse nostram, quasi ista carnalis et corporalis subitio sit in nobis imago Dei, cum nostra iusticia et uita. Sanctus Paulus dicit: transformamur in eandem imaginem a gloria in gloriam tanquam a Domini Spiritu.108 Ergo haec imago Spiritualis est, sicut dicit Christus ipse Ioannis 6:109 Spiritus est qui uiuificat, caro non prodest quicquam. Verba quae ego loquor uobis Spiritus sunt et uita. Et Paulus hoc satis diserte definit, caro et sanguis regnum Dei haereditate non accipiunt.110 Non igitur hoc aliud est negare Christum uenisse in carnem, quam negare Euangelium, hoc est quod sola fides in Christum consequatur aut accipiat remissionem peccatorum et sortem in sanctificatis. Sicut hoc in summa Apostolus a

aus: trasformantur.

104 105 106 107 108 109 110

Vgl. II Kor 3,17. Vgl. II Kor 3,18. Vgl. Gen 3,15. Vgl. I Kor 15,50. Vgl. II Kor 3,18. Vgl. Joh 6,63. Vgl. I Kor 15,50.

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constituit 2. ad Timot. 2: Memento Iesum Christum suscitatum a mortuis ex semine Dauidis secundum Euangelium meum,111 uidelicet ipse suscitatus a mortuis primus annunciat lucem ex resurrectione mortuorum populo et gentibus, Acto. 26.112 Haec ergo imago Spiritualis est ad uitam omnium retecta facie per fidem gloriam domini contemplari tanquam in speculo imaginem Iesu Christi, quae exhibetur omnibus cum spiritu uitae, ut ipsi per fidem contemplantes, in eandem imaginem transformentur tanquam a Domini Spiritu.113 Est haec doctrina Apostolica et Euangelij, Christum uenisse in carnem,114 ut ibi de peccato peccatum damnaret,115 omnium in tenebris mortis uersantiumb lux fieret,116 ut omnes sequentes hanc lucem non ambularent in tenebris, sed haberent lucem uitae.117 Et hanc lucem hactenus Ecclesia Dei secuta est, atque iterum nunc contra Antichristum aut spiritum Antichristi ex Apostolico uerbo istam lucem amplexa est. Quia docet sola fide in Christum Iesum iustificari et sanctificari peccatores. Qui igitur in eo contradicit, quod non sola fide fiet remissio peccatorum, est spiritus Antichristi. [D 4v:] Cum quo se coniungit hic Spiritus. Quia negat Christum Iesum ideo uenisse in carnem ut ipse παθητός118 fieret, et primus ex resurrectione mortuorum annunciaret omnibus, ut in hoc Euangelio omnium oculi aperirentur, fieret conuersio a potestate Sathanae ad Deum per fidem in dominum Iesum. Qui aliud de corporali commixtione cum carne nostra imaginatur, est cum Spiritu Antichristi coniunctus. Quia Euangelium tollit quod est esse in Christum Iesum resuscitatum a mortuis, natum ex semine Dauidis, credendum, ut remissio peccatorum et sors in sanctificatis per hanc fidem accipiatur. Hoc Euangelium qui negauerit, hic sicut Ioannes dicit,119 est spiritus Antichristi. Nam Antichristus proprie est contra Christum. Christus uero est a mortuis resuscitatus, ex semine Dauidis natus, sicut nostrum symbolum dicit: natus ex Maria uirgine.120 Nemo uero potest Christum in carnem uenisse negare, nisi Antichristus. Quia Christus uenit in carnem et in hunc mundum peccatores saluos facere,121 sicut symbolum dicit: Natus ex maria Virgine etc., ut sit Ecclesia sancta credens remissionem peccatorum, resurrectionem carnis et uitam aeternam propter Christum Iesum resuscitatum ex mortuis, ex semine Dauidis iuxta promissiob

aus: uersantum.

111 112 113 114 115 116 117 118 119 120 121

Vgl. II Tim 2,8. Vgl. Act 26,23. Vgl. II Kor 3,18. Vgl. Joh 1,14 Vgl. Röm 8,3. Vgl. Jes 9,1. Vgl. Joh 8,12. dem Leiden unterworfen, vgl. Passow II/1, 620[a] s. v. παθητός 1.b). Vgl. I Joh 4,3. Vgl. Apostolicum, BSELK 42,16f. Vgl. I Tim 1,15.

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nem, ut semen mulieris testimonium haberet, quod idem Spiritus Propheticus ex semine Dauidis et filium Dauidis tandem prouenturum celebraret, secundum promissionem ex semine Dauidis, quod ex Maria Virgine producitur, quae filia Abrahae et Dauidis est. Sed est mulier iuxta promissionem primam ut saluator ex ipsa natus ad omnes ex mulieribus natos pertinere iudicetur. Sicut res ipsa, quod ad salutem attinet sine discrimine est, tantum genus certum circumcisum est, ut de persona saluatoris ex Prophetico testimonio certo constaret. Et fuit ista series patrum, ex quibus Christus oriretur ne-[E 1r:]cessaria, ut Spiritus Propheticus semper diceret, ex hoc semine proueniet semen mulieris. Patrum scilicet cathalogus est certus non matrum, Quia Deus in uiris genealogiam non in mulieribus esse uoluit. Et tamen iuxta promissionem primam semen mulieris est. Ex patribus uero certis Abraham et Dauid describitur propterea, ut tandem mulier certi generis sit et testimonium Propheticum secundum patres habeat, quod ibi promissio Dei praestetur, cum haec mulier ex patribus ac maxime ex Dauide oriunda semen illud, quod pro omnibus ex mulieribus natis caput serpentis conterat, cum Christus Iesus ex muliere sub legem factus, ut eos qui sub legem sunt redimeret, quo ius filiorum Dei acciperent natus est. Nam ipse ideo παθητος factus est, et ex mortuis resuscitatus est ut primus lucem populo et gentibus, id est omnibus ex mulieribus natis, annunciaret et omnes credentes in hunc Christum παθητον et tertia die a mortuis resuscitatum habeant remissionem peccatorum et uitam aeternam in sanctificatis Dei. Hic Christus est qui secundum promissionem, cum plenitudo temporis uenisset in carnem uenit, ex Maria uirgine natus est, ut omnes per ipsum ius filiorum Dei consequerentur per fidem in ipsius mortem et sanguinem. Qui igitur hoc negat de morte et sanguine Christi, quod tantum sit peccatum remissio et salus propter haec credenda, est hic Antichristus, et negat Christum uenisse in carnem. Nominat uero Ioannes non simpliciter Antichristum, sed spiritum Antichristi, ut potissimum spiritum ipsam blasphemiam fore significaret. Spiritus Apostolicus est, qui Christum in carnem uenisse secundum Prophetas παθητον primum ex resurrectione mortuorum lucem annunciantem praedicat. Ei spiritui Antichristi Spiritus resistis et in alijs rebus quam in morte et sanguine Christi iusticiam et salutem esse dicit. [E 1v:] Quae causa fuit, ut abominationibus papisticis et Monachorum et in doctrina uarijs blasphemijs contradiceretur, secundum Euangelium Iesu Christi. Et nunc ex eodem Euangelio huic Spiritui contradicitur. Quia per hoc quod dicit Christum uenisse in carnem, in carnem eum uenisse negat. Quia negat hoc Euangelium quod per solam fidem in Christum Iesum sit remissio peccatorum et uita aeterna. Si hoc se dicere negat, cur igitur his contradicit, qui testimonium eius Ecclesiae habent, quae nunc ad suam lucem Euangelij Apostolici contra Antichristum emersit, quod Euangelium de remissione peccatorum et iusticia Dei per fidem Iesu Christi recte et uere doceant.

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Aut igitur illos non uere de Euangelio et aduentu Christi in carnem docuisse demonstret, quibus contradicit, aut suum locum apud spiritum Antichristi agnoscat, si haec confessio uera est de aduentu Christi in carnem, quia Christus Iesus uenit in hunc mundum peccatores saluos facere,122 et sic isti docent, quibus ille dogmatista contradicit. Ipse scilicet recte pro eo habetur, qui Christum in carnem uenisse negans sit cum spiritu Antichristi. Non enim hoc loco quicquam ad rem est, quod nonnunquam Apostolicas sententias sonare potest. Sed cui contradicat uidendum est. Nam si ibi est Spiritus Apostolicus, sicut est de eo testimonium Ecclesiae sanctae, necesse est in contradicente Spiritum aduersarium et Antichristi esse. Non est hoc loco dissimulanda historia quae huius blasphemiae ortum continere uidetur. Nam cum principes foederis Schmalcaldi123 in eo oppido,124 cum suis Theologis conuenissent et Theologi quasi Prophetae domini diurnas λειτουργειας125 docendo praestarent, fuit primus quasi ordo suo loco reuerendo patri Luthero. Is haud dubie non tam humano consilio, quam Spiritus gubernatione sententiam ex prima Ioannis de Euangelio Apostolico per [E 2r:] hunc uirum nunc iterum uindicato, et de officio proprio contra spiritum Antichristi sibi enarrandam in Ecclesia delegit: Et omnis spiritus, qui non confitetur Iesum Christum in carnem uenisse, ex Deo non est.126 Et hic est spiritus Antichristi, quem audiuistis quod ueniat et nunc est in mundo.127 In hac sententia cum sanctus uir Euangelium Iesu Christi docuisset, ac de Antichristo coram Ecclesia Dei et abominationibus papisticis contra Euangelium proposuisset, est ueluti sequens ταξις128 Osiandro facta. Qui ut tum etiam de suo Spiritu nouae luci contrario profiteretur, eandem sententiam Apostoli sibi docendam publice delegit, ut omnes in Ecclesia admirarentur, quid sibi ille Luthero succedens, in eadem materia quasi nouae palmae quaereret. Audita uero haec sunt etiam cum magno gemitu τῶν δοκούντων,129 Lutheri et Amsdorfij et aliorum, quae palam synceram et Apostolicam recens in Ecclesia reuocatam

122

Vgl. I Tim 1,15. Zum Schmalkaldischen Bund vgl. allgemein Gabriele Haug-Moritz, Der Schmalkaldische Bund 1530–1541/42. Eine Studie zu den genossenschaftlichen Strukturelementen der politischen Ordnung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, Leinfelden-Echterdingen 2002; Jan Martin Lies, Stefan Michel (Hgg.), Politik – Religion – Kommunikation. Die schmalkaldischen Bundestage als politische Gesprächsplattform, Göttingen 2022 (VIEG.B 137); zur Bundestagung 10.–24.02.1537 vgl. Volz 96–175. 124 Schmalkalden. 125 Gottesdienste. 126 Vgl. I Joh 4,2. 127 Vgl. I Joh 4,3. 128 Ordnung. 129 der Angesehenen. Vgl. Gal 2,6. 123

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doctrinam labefactarent noua quadam argutia, quae hominibus leuibus propter insolentiam non ingrata futura essent.130 Ea enim semper huius hominis φιλονεικία131 fuit, ut nisi autoritate prohiberetur, nihil unquam ab alio etiam optime traditum sine calumnia et uexatione esse pateretur. Docuit postea eadem in Ecclesia, cum hanc integram Apostoli Epistolam ibi interpretaretur.132 Verum nondum audebat suos ἀντιδίκους133 nominare, neque διαῤῥήδηνc134 hoc dicebat, quod moliebatur. Erat Spiritus Lutheri κατέχων135 hunc pseudoapostolum, ut quamuis blasphemiam contra Euangelium mussitaret, tamen eam palam proferre non auderet, neque unquam uiuo Luthero ac non turbatis rebus Ecclesiae per horribilia dissidia inter eius doctores cum suo nouo dogmate hic publice uolitare ausus fuisset. Est hic Spiritus audax, sed non nisi reliquis sic iacentibus, ut prorsus non metuendi uideantur, si saltem hoc adiaphoristicum non incidisset, et Ecclesia Dei in eo consensum tenere potuisset, [E 2v:] haec bestia ex suo antro prorepere nondum fuisset ausa. Luit igitur Ecclesia Dei nunc suam stulticiam, quia suis hostibus per suas dissensiones res faciliores et commodiores reddidet. Nam quid omnino facilius est, quam etiam nunc offendere fructibus ipsis prodeuntibus, quae tum ἐνέργειαd huius nouae deprauationis fuerit? Quae sit Apostolica doctrina de aduentu Iesu Christi in carnem in Ecclesia Dei notissimum est. Natus est enim Iesus Christus secundum promissionem ex semine Dauidis, et dedit illi dominus Deus sedem Dauid patris sui ut regnaret in domo Iacob in perpetuum.136 Conceptus est in Maria uirgine per Spiritum sanctum, ut hic benedictus fructus uentris mulieris137 de perdito maledictionis restitueret om-

c d

aus: διαῤῥηδήν. aus: ενεργεία.

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Mitte Februar 1537 predigte Osiander während des Bundestages in Schmalkalden und legte denselben Text (I Joh 4,1–3), über den tags zuvor Luther gepredigt hatte, erneut und abweichend aus, was zu einiger Missstimmung führte (Möller, Osiander, 212, argumentiert allerdings, dass diese Verstimmung nicht anhaltend oder sonderlich schwerwiegend gewesen sein könne). – Vgl. WA.TR 4, 478, 14–20 (aus Nr. 4764); 634,27–635,3 (aus Nr. 5047). – Sebastian Fröschel schildert die Vorgänge, auch Amsdorfs kritische Reaktion, in der Rückschau: Vom Priesterthumb || der rechten / warhafftigen / Christlichen || Kirchen / der Christen gr=sten / h=hesten vnd n== || tigesten trost / des Herrn Philippi Melan= || thonis / drey Definitiones oder || erklerung. || [...] || Wittemberg. || Gedruckt durch Peter Seitz. || 1565. (VD 16 F 3095) Bl. D1v (zitiert in WA 45, S. XVI). – Osianders Schilderung in: Beweisung: || Das ich nun vber || die dreisig jar / alweg einerley || Lehr / Von der || Gerechtigkeit des Glaubens / || gehalten / vnd gelehret hab / [...] Künigsperg in Preussen. || Den 24. Januarij. || 1552 (VD 16 O 994), Bl. C3v–C4v (s. OGA 10, 442f). – Vgl. Seebaß, Das reformatorische Werk des Andreas Osiander, 154f. 131 Streitsucht. 132 Möglicherweise kannte Roting die Reihenpredigten Osianders aus eigenem Erleben. 133 Gegner, Widersacher. 134 ausdrücklich. Vgl. Passow I/1, 660[a] s. v. 135 aufhaltend, abwehrend. Vgl. II Thess 2,7. 136 Vgl. Lk 1,32f. 137 Vgl. das Avemaria: „... benedicta tu in mulieribus, et benedictus fructus ventris tui Iesu ...“

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nes maledictos ex mulieribus natos. Sicut etiam symbolum: Qui propter nos homines et propter nostram salutem descendit de coelis.138 Non enim ibi de duobus causis loquuntur patres, cum Christus homo factus sit aut futurus fuerit. Sed simpliciter haec causa sola est Apostolocae doctrinae, quod Christus in hinc mundum uenerit peccatores saluos facere.139 Venit igitur aut descendit de coelis propter nos homines et propter nostram salutem, hoc est iuxta Apostolum, peccatores saluos facere. Sunt enim homines iuxta phrasim Apostolicam peccatores. Sicut Pauli doctrina est ad Romanos 3, quod omnes, Iudaei et Graeci, sint sub peccatum,140 et quod omnes peccarint et sint expertes gloriae Dei. Iustificentur autem gratis gratia Dei per liberationem in Iesu Christo, quem proposuit Deus propiciatorium per fidem in ipsius sanguinem.141 Non igitur aliud est iuxta Apostolos Christum Iesum in carnem uenisse, quam ut ipse fieret per suum sanguinem agnus pro mundi peccatis,142 ut ipse per suam mortem iram Dei contra nos placaret.143 Ipse enim eam iram, quae contra omnes homines ferebatur, in suam carnem excepit, et iuxta Apostolum inimicitiam in sua carne soluit, [E 3r:] legem praeceptorum in decretis abrogauit, ut duos in seipso in unum hominem conderet faciens pacem, et reconciliaret ambos in uno corpore Deo per crucem, perimens inimicitiam in ipso et ueniens.144 Euangelizaret pacem remotis et propinquis.145 Hoc igitur de carne Christi sciendum est, quod per ipsum in cruce inimicitia sublata est, quam lex Dei omnibus hominibus ostendit, et irae Dei subijcit. Atque huic irato Deo omnes peccatores reconciliantur per unum corpus et carnem Christi in carne, cum ibi Cherographum contrarium nobis expunxit, atque ipsum sustulit e medio, cum cruci affixit.146 Ad haec scilicet efficienda carne et corpore Christi opus fuit, ut semen mulieris esset, ac filius Dei in similitudine carnis peccatis occultatus est, ut sit in carne, sicut diabolus in serpente hominem in peccatum et mortem traxit, ipse de peccato damnaret peccatum ac per Spiritum uitae in Christo Iesu homo a lege peccati et mortis liberaret. Atque ideo carnem Christi cibum et sanguinem eius potum Euangelium proponit,147 ut credentes in hunc filium hominis Christum Iesum hanc suam fidem in Christum Spiritum uiuificantem aut uitae habeant, qui ipsos obsignet et filios Dei uere faciat, quo coram Deo abba pater clament et saluentur.148 Id scilicet est Iesum Christum in carnem uenisse, et confitetur hoc Ecclesia uera, quod non

138 139 140 141 142 143 144 145 146 147 148

Vgl. Symbolum Nicaeno-Constantinopolitanum, BSELK 49,14–17. Vgl. I Tim 1,15. Vgl. Röm 3,9. Vgl. Röm 3,23–25. Vgl. Joh 1,29. Vgl. Röm 5,9f. Vgl. Eph 2,14–17. Vgl. Jes 57,19; Eph 2,17. Vgl. Kol 2,14. Vgl. Joh 6,15f. Vgl. Röm 8,15.

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per aliud, quam per carnem Christi et eius sanguinem, cum in cruce, sicut serpens in desertoe exaltatus fuit, ut omnes in ipsum credentes, contra mortem et peccatum defenderet.149 Quia est ideo meus homo Christus Iesus crucifixus, ut sicut Propheta dicit nos liuore eius sanaremur,150 ac nostrae pacis disciplina super hunc leprosum et percussum, ac humiliatum a Deo esset. Quia ipse in sua carne inimicitiam Dei contra nos expiauit, atque ex irato Deo nobis propicium reddidit, cum ipse est propiciatorium nostrum per suum sanguinem factus,151 ut omnes credentes in hunc crucifixum sint iustificati ipsius gratia per redemptionem in Iesu Christo. Ideo enim descendit de coelis, qui est in coelis [E 3v:] homo factus est, exaltatus est in cruce, ut omnia ad se traheret,152 quae prius in Paradiso tracta sunt ad Sathanam sub specie serpentis, ut serpens iste nocens contra se exemplum suum haberet, sicut Christus typum serpentis in deserto interpretatur. Nam Christus cum mundi peccatis exaltatus est in cruce, ut ipse in similitudine carnis peccati,153 omnium hominum peccatum expiaret, Deum patrem nobis placaret, atque sic omnia ad se traheret, quae prius Sathan, qui est princeps mundi,154 ad se tracta habuit. Quod iam Apostolice loquendo est Christum in carnem uenisse.155 Et confiteri eum sic uenisse, non aliud est, quam credere, quod Iesus Christus sit pro mundi peccatis crucifixus, mortuus etc. Sicut dicit Ioannis 3, ut omnis credens in eum non pereat, sed habeat uitam aeternam.156 Vnigenitus filius Dei ideo a Deo traditus est, in similitudinem carnis peccati missus est, ut crucifigeretur cum iniquis,157 aut maleficis reputaretur,158 ut hanc eius sacerdotalem operationem respicientes, quomodo hoc sacrificium sit oblatum pro suis peccatis et sanguinem Christi innocentem esse pro nocentis mundi peccatis nocentissimum in cruce factum credentes, non pereant sed habeant uitam aeternam.159 Filius scilicet Dei est missus in carnem ad salutem mundi, sed eam salutem non nisi credens accipit. Nam qui non credit iam iudicatus est.160 Quia non credit in nomen unigeniti pro se crucifixi, mortui et a mortuis resuscitati. Haec enim sola lux lucens est ad uitam aeternam, cum accipitur per fidem in Iesum Christum crucifixum remissio peccatorum et sors in sanctificatis. Hae

e

aus: desetro.

149 150 151 152 153 154 155 156 157 158 159 160

Vgl. Joh 3,14–16. Vgl. Jes 53,5. Vgl. Röm 3,25f. Vgl. Joh 12,32. Vgl. Röm 8,3. Vgl. Joh 12,31; 14,30; 16,11. Vgl. I Joh 4,2. Vgl. Joh 3,16. Vgl. Lk 23,33 Vgl. Jes 53,12; Mk 15,28; Lk 22,37. Vgl. Joh 3,16. Vgl. Joh 3,18.

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doctrina contra spiritum Antichristi proposita est ex Apostolis in sententijs: Sola fides iustificat, et fides est pars poenitentiae. Nam ideo poenitentia uitae et ad uitam est, Actorum II.161 Quia a poenitentibus accipitur remissio peccatorum et Spiritus sanctus per fidem in Christum crucifixum, cum ipse in cruce in sua carne inimi-[E 4r:]citiam sustulit, et omnes homines in uno corpore reconciliauit Deo.162 Haec igitur fides ueram poenitentiam ad uitam constituit. Et quod absque ea fide fit, quicquid contritionis, confessionis etc. fuerit, omnia non ad uitam sed ad mortem sunt, Solus enim qui credit in unigenitum filium Dei, qui est exaltatus in cruce, ut omnes ad se traheret,163 non perit, sed habet uitam aeternam. Et haec fides sola sine ullo nostro meritorio aut propiciatorio opere coram Deo iustificat. Haec cum sic sincere et uere tradita doctrina sit contra spiritum Antichristi ex Apostolicis monumentis sine querela in Ecclesia Dei de aduentu Iesu Christi in carnem de fide et confessione Ecclesiae eius aduentus (Quia uenit Iesus Christus πρᾷοςf164 et παθητόςg165 iuxta Mosen et Prophetas,166 ut Euangelium lucis de ipsius salute in remissione peccatorum per fidem audiatur et iudicium Dei, quod erit super omnes non credentes, caueatur). Tamen hic nouus dogmatista nescio quid insoliti comminiscitur de aduentu Christi in carnem nostram, sicut ipse hoc quasi cum Apostolica autoritate attexit uerbis Apostoli, quod tamen si Apostolicam sententiam de Euangelio teneret, non repraehenderetur. Verum cum labem Apostolicae doctrinae per hoc, sicut palam depraehenditur, quaerat, est in eo eius sacrilegium arguendum, quod tam audacter „NOSTRAM“ Apostolicae doctrinae adfingit. Sicut in Sacramentarijs non fertur, quod sententiam: „Caro non prodest quicquam“167 ad Christi carnem referunt. Nam quamuis etiam hoc uerum sit, Christi carnem sine fide et Spiritu uiuificante nemini prodesse, tamen quia hoc genus prophanum uerum intellectum Ecclesiae non curat, Sed Sathan in eius carnis, corporis, sanguinis, prophanatione. Ecclesiae fidei et eius salutis defunctionem quaerit. Ecclesia recte prohibet eos hoc dictum Christi ad carnem Christi referre. Neque dat Ecclesia hoc huic nouatori, ut addat carnem [E 4v:] nostram. Quia non sic uenit in carnem nostram, ut nobis propter hanc eius commenticiam subitionem aut commixtionem esset iusticia et sanctificatio ac uiuificatio coram Deo. Imo id ex dogmate Apostolico palam depraehenditur, quod Sathan in didascalo quidem de iusticia sanctificatione praetexat, uerum prorsus id

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aus: πραος. aus: παθητος.

161 162 163 164 165 166 167

Vgl Act 2,38. Vgl. Eph 2,16. Vgl. Joh 12,32. sanftmütig. leidensfähig, gefühlvoll. Vgl. Mt 11,25; Lk 24,26f; Dtn 18,15; Jes 52,39–53,12. Vgl. Joh 6,63.

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moliatur, ut uniuersa iusticia et uiuificatio destruatur. Quid enim iusticia uel reliquum esse potest, si de hac carnali inhabitatione patris, filij incarnati, Spiritus sancti ad iusticiam credendum est? cum Apostolica doctrina id tradat propter eam fidem, quae credat remissionem peccatorum propter Christum nos iustos reputari, Sicut est Roman. 3: Arbitramur igitur fide iustificari homines etc.,168 fide scilicet quae credit remissionem peccatorum propter Iesum Christum. Non faciunt Apostoli, cum causam iusticiae ueram constituunt, mentionem inhabitationis Dei. Quia est id in effectu iusticiae ponendum, sicut supra de templo Dei dictum est. Neque potest omnino hic eiusmodi aliqua interpretatio constitui, quasi necessario inhabitatio Dei in suo templo cum iusticia, et quicquid iusticiam efficit cohaereat non male hanc inhabitationem iustificationem dici, fuit huic dogmatistae primum contradicendum, cum hoc nouum de iustificante causa contra apostolos locutus est. Non enim iustificat inhabitatio Dei, sed fides in Iesum Christum, quae cum hoc precium redemptionis in Christo appraehendit, cum diuina efficatia salutis constituitur. Sicut Christus dicit: „Mulier, fides tua te saluam fecit.“169 Sic λόγια θεοῦ170 tractat Spiritus sanctus in Apostolis, et non est aliud usurpandum aut exagitandum Ecclesiae post Apostolos quam sic sola fide in Iesum Christum iustificari, sanctificari, uiuificari homines peccatores, Sicut omnes semper Apostoli docuerunt et non aliter. Deinde in eo fraus Sathanica obseruanda est, cum quidem inhabitationem Dei sonat, uerum quia inhabitationem causam facit sanctificationis et iustificationis, quae tamen ipsa ex iustificatione sequitur. [F 1r:] Namh credentes et iustificati fiunt templum Dei.171 Quid de ea fide sentiendum sit, per quam Christus in nobis habitat satis intelligitur, nempe ut nihil sit, per quod possit in nobis habitare. Si enim imputatio iusticiae propter remissionem, quae sola fide accipitur, nulla est, nulla est iuxta Apostolus iusticia, nulla sanctificatio, nulla uiuificatio, et per consequens nullum templum Dei ibi existere potest. Quid igitur de fide sentiat, cuius tam frequentem mentionem in propositionibus172 facit, hinc satis intelligitur scilicet sentire Deum in nobis habitare, qui tamen nondum simus templum Dei facti, quod sicut diximus sola reputatione iusticiae propter fidem de remissione peccatorum efficitur. Et deinde sumus propter inhabitantem Spiritum Christi in nobis templum Dei, sed non sumus iusti propterea aut sancti, quia qui sic templum Dei facti sunt, cum est per digitum Dei Spiritus immundus pulsus,173 cum credentes in Christum iustificati et sanctificati sunt, atque sic templum Dei sanctum constituti, cum non ad suam sanctificationem attenh

Auch in der letzten regulären Zeile von Blatt E4v (Kustode: credentes).

168 169 170 171 172 173

Vgl. Röm 3,28. Vgl. Mk 5,34; Lk 7,50. Worte Gottes (acc. pl. neutr.). Vgl. I Kor 3,16f; 6,19; Eph 2,19–22. Vgl. oben Anm. 73. Vgl. Lk 11,20.

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dunt, quomodo per fidem in Christum sint sanctificati et iustificati credentes remissionem peccatorum in eius nomine, tum iterum templum Dei esse desinunt, et fiunt templum diaboli longe turpius et tetrius, quam antea fuerunt, cum nondum sic fide iustificati et sanctificati fuerunt. Haec igitur omnino ab Ecclesia propter hasce causas explodenda essent, si non insuper ex petulantia huius spiritus haec adderentur: haec glacie frigidiora in Ecclesia doceri, non tantum propter remissionem peccatorum reputari iustos et non etiam propter iusticiam Christi per fidem in nobis habitantis. Simulat hic spiritus magnam παῤῥησίαν,174 sed uiuo Luthero id nunquam ausus fuisset proloqui, quod in hac sententia nunc quasi sublato τοῦ κατέχοντος175 ipsum ponit, imo uix in publicum cum ea prodire ausus fuisset, si Ecclesia in [F 1v:] eo statu, in quo sub initium belli176 fuit, mansisset, ac non eo infirmitatis redacta fuisset per uiolentam ueteris impietatis impulsionem, ut nunc ab eiusmodi leuioribus Sannionibus177 et deridentibus ipsam pro delectamento habeatur. Et tamen Lutherum nunc mortuum, quem uirum acerrimum aduersarium habuisset, suum ὁμόψηφος178 impudentissime contendit. Lutheri doctrina fuit, quam Ecclesia nunc ad suam lucem ex Apostolica traditione a tenebris, et abominationibus pontificijs ac Monachorum reuocata, cum ipso in confessione celebrauit, quod non in istis commentis Monachorum et alijs quam plurimis superstitionibus de obseruationibus traditionum humanarum (Sicut ipsa doctrina recuperata a repudio indulgentiarum initium habuit) iusticia et remissio peccatorum statuenda sit, uerum in morte et sanguine Christi, quae fidei Ecclesiae proposita sunt, ut haec fides ad iusticiam, sicut Abrahae,179 reputetur et peccatum ipsum propter hanc fidem non imputetur, quae est in Apostolica doctrina peccatorum remissio. Haec Lutheri doctrina ex Apostolis de iusticia et remissione peccatorum semper fuit, ac non docet aut confitetur etiam nunc post ipsum Ecclesia Dei aliud, quam reputari fidem in Deum iustificantem impium ad iustitiam et salutem coram Deo, nihil aliud esse quam tegi peccatum per Deum et id non imputari, ea non imputatio est peccatorum propter Christum remissio, et fides, quae hanc remissionem peccatorum in Euangelio Christi accipit, est ipsa iusticia, quia Deus qui hoc modo iustificat impium, cum ei peccatum propter Christum non imputat, peccatum remittit, et fidem ipsam ad iusticiam reputat. Non aliud Apostoli, non aliud Lutherus uindex doctrinae contra Spiritum Antichristi, non aliud Ecclesia etiam suam lucem contra tenebras Antichristi retinens de iusti-

174

Freimut; Unverschämtheit. Vgl. oben Anm. 135 (hier im gen. sg.). 176 Gemeint ist der Schmalkaldische Krieg 1546/47, dessen Ausgang die protestantische Position im Reich erheblich geschwächt hatte. 177 Grimassenschneider. Vgl. Georges II, 2484 s. v. sannio. 178 übereinstimmend, zustimmend. 179 Vgl. Röm 4,3.23–25. 175

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cia docet. Et tamen hic spiritus ἀλαζώνi καὶ προπετής180 hanc doctrinam glacie frigidiorem dicit.181 Ac ne etiam diabolus non sit genus sermonis Apostolici, in quadam transpositione cum absurditate constituere [F 2r:] nititur. Quod enim Propheticus spiritus et Apostolicus dicit, iustos reputari propter fidem in Christum, et esse hanc remissionem peccatorum, cum fides credit remissionem peccatorum propter Christum non imputari peccatum, et tegi sua peccata propter fidem in Christum. Hoc sic quasi ineptius transposuit, qui docent propter remissionem peccatorum iustos reputari, cum accipitur remissio peccatorum, est haec iusticia coram Deo. Sed fides credit remissionem peccatorum propter Christum, et haec fides ad iusticiam reputatur182 et remissio peccatorum est ipsa iusticia, quia peccatum credenti in eum, qui iustificat impium, non reputatur sed tegitur et remittitur. Quicquid igitur ipse spiritus per hanc, ut uidetur, absurdiorem transpositionem quaerat, de eo palam coniuncitur, quia simul reputationis iusticiae et remissionis peccatorum meminit, atque de istis doctrinam in Ecclesia glacie frigidiorem dicit, quod fidem abijciat, quae reputatur credenti ad iusticiam, ac quia in remissione peccatorum non uult esse iusticiam, quae tamen non est alia, quam cum per fidem in Christum accipitur remissio peccatorum, negat hanc esse remissionem peccatorum cum propter fidem in Christum peccatum tegitur et non imputatur. Haec Apostolica doctrina est, et uniuersa Ecclesia hactenus cum ostiario eius doctoribus aperiente amplexa est, neque adhuc aliud audit pro Euangelio iusticiae suae, quam quod propter Christum Iesum peccatum suum non imputetur. Quia si dominus iniquitates obseruet, hoc est, non tegat aut imputet quis omnino sustinuerit. Nemo enim uiuens in conspectu Dei iustificatur, etsi uelit dominus cum seruo suo iudicium intrare, ad scilicet omnibus propter peccatum intollerabile est. Quare nisi esset ut dominus non imputaret peccatum, atque credentibus suam fidem ad iusticiam reputaret, nulla esset remissio peccatorum, Ecclesia Dei sancta catholica frustra remissionem peccatorum crederet. Sunt igitur in remissione [F 2v:] peccatorum et reputatione iusticiae omnia, et qui hanc frigidam in Ecclesia doctrinam nunc audet pronunciare suam impietatem contra Euangelium Iesu Christi declarat, ac se de iusticia fidei nihil unquam recte sensisse ostendit. Ac facile ex hoc primo stulticia ac peruersitas secundae sententiae arguitur. Nam cum hoc addit: Et non etiam propter iusticiam Christi per fidem in nobis inhabitantis, quae est Christi iusticia alia, quam cum dominus propter Christum non imputat peccatum et propter fidem in Christum nos reputat iustos? Quo igitur hic spiritus tendat i

aus: ἀλάξων.

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großtuerische und unbesonnene. Vgl. Osiander, OGA 9, 444,7–9: „Glacie quoque frigidiora docent, quicunque docent nos tantum propter remissionem peccatorum reputari iustos et non etiam propter iustitiam Christi per fidem in nobis inhabitantis.“ (Disputatio de iustificatione, Königsberg 24. Okt. 1550, These 73). 182 Vgl. Röm 4,5. 181

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satis apparet. Nempe ut fidem aliud esse doceat et iusticiam, quam id est proditum in Apostolica doctrina. Si enim est frigida doctrina de remissione peccatorum et reputatione iusticiae, quae est illa fides, quae credit Christum cum sua iusticia in nobis habitare? Si non iustificamur propter fidem de remissione peccatorum in Christo, quae est Christi iusticia in nobis, aut quae fides, qua reputemur scilicet iusti? Scilicet hoc loco prodit mysterium tantae sapientiae ut inter fidem et iusticiam ponatur Christus inhabitans. Sed quis Apostolorum unquam sic docuit? Ac quis non uidet hoc Sathanicum commentum esse ad fidei et iusticiae Dei per fidem destructionem. Per fidem hoc quaeritur, ut conscientia nostra de remissione et iusticia coram Deo certa sit, sicut Apostolus ait: fide iustificati pacem habemus erga Deum.183 Si uero hoc de inhabitante Christo addendum est, quando credens pacem habebit? Nam ut maxime uelit hoc dicere esse hoc concomitans, ut Christus in credentibus habitet, tamen nunc non est quaestio quid concomitetur, sed quid iustificet. De iustificatione est doctrina Apostolica per fidem, quae reputatur ad iusticiam et accipit remissionem peccatorum et fortem in sanctificatis. Sed hic professor dicit hanc doctrinam de reputatione iusticiae et remissione peccatorum glacie frigidiorem esse. Quid igitur per hanc parentesin [F 3r:] inhabitationis Dei moliatur palam est, nempe ut uera fides de remissione peccatorum et reputatione iusticiae tollatur, hoc nouum de inhabitatione recipitur, quae omnino nulla esse potest, nisi prius peccatores per fidem in dominum Iesum remissionem peccatorum acceperint et iustificati fuerint, ut sic fortem in sanctificatis habeant et templum Dei fiant. Est id omnino inter argutissima Sathanae artificia, ut si non potest lituras articulorum facere saltem eis pestem per suas interpunctiones et parentheses machinetur. Vt cum concedit sacrificium Christi esse ad redemptionem Ecclesiae, sed Ecclesiam eius facere applicationem, cum ipsa sacrificat. Sicut in suis traditionibus de missa habet, ut corpus et sanguis Christi a sacerdote Deo patri offerantur. Fingit haec Sathan recte cohaerere propter applicationem, sed quod per hoc humanum commentum uera salus ex sacrificio Christi pereat id sedulo dissimulat. Et tamen si hic alia applicatio sacrificij Christi recipitur, quam quae est per fidem cuiusque pro quo est id sacrificium Christi in cruce oblatum, fit omnibus id sacrificium inutile. Nam ideo sacrificium hoc inter Deum et homines interpositum est, ut homines per id ad Deum perueniant. Non est quaestio, quo alio sacrificio nobis id sacrificium Christi applicemus, sed utrum hoc solum sit, quo peccatores Deo reconcilientur. Et ibi est uera doctrina, hoc sacrificium Christi solum in medium ponendum, atque id fide appraehendendum esse, ut habeas Deum propicium. Et ob eam causam omnibus Christus sui corporis et sanguinis coenam instituit, pro quibus est hoc corpus in cruce oblatum et sanguis eius fusus. Factum autem hoc est pro mundi peccatis sicut dicit: Ecce agnus Dei qui tol183

Vgl. Röm 5,1.

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lit peccata mundi.184 Non igitur aliud in huius rei scientia propria est, quam hoc nouisse, quod Christi sacrificium sit pro totius mundi peccatis oblatum, et hoc solum coram Deo facere, ut nobis propter peccata nostra non irascatur, sed nos in morte et sanguine filij sui suscipiat nobis propterea [F 3v:] peccatum nostrum condonet, non imputet, tegat et nos propter fidem in Iesum Christum iustos reputet. Ex quo iam satis apparet, quid Diabolus per hoc commentum moliatur, esse aliud sacrificium inter sacrificium Christi et nostram fidem statuendum. Non enim id est quod praetexit de facilitate, ut facilius credamus tanquam in re magis propinqua, uerum ut suum commentum fidem peccatoris excipiat, atque ea in sacrificium Christi pertingere non possit. Nam fides obedientia est, ac tantum in mandato et uerbo Dei acquiescere potest. Si igitur mandatum humanum, (quantumuis cum diuina specie, sicut id humanis traditionibus, Sathanica fraude et arte facile conciliari potest, ut formam pietatis habeant, et tamen reipsa prorsus omnis uerae pietatis sint expertes) si inquam humanum mandatum tali fuco inseritur, quasi ibi mysterium necessarium ad salutem contineatur, statim fidei fornicatio exhibetur. Nam si mandatum aut praescriptum humanum suscipit iam non solum Sathanam prae Deo audit: uerum per hanc daemoniacam doctrinam eo redigitur, ut doctrinam Dei amplius audire non possit. Qui enim in sacrificio missae confidit propter eius auctorem Deo contrarium in sacrificio Christi, quod solum a Deo huc ordinatum est, ut per hoc peccatores Deo reconcilientur et propter hoc solum Deum propitium habeant, confidere non potest. Autor enim qui alienum infersit non permittit. Sicut iste autor de iusticia per fidem inhabitationis Dei non permittit, ut fide iusticiam accipias secundum remissionem peccatorum propter Iesum Christum. Quia in hac inhabitatione propter hanc causam, ut eam fides amplectatur, et ideo se iustificari credat, commentum humanum est. Christus enim crucifixus cum remissione peccatorum propter eius mortem et sanguinem est ex mandato Dei in Euangelio fidei propositus etc., ut sic propter causam solam iusticiam accipiat. Et haec uera iusticia Dei in Euangelio patefacta est, qua peccatores per fidem iustificantur [F 4r:] et iusticia Christi, quam cum propter mortem et crucem Christi credunt, remissionem suorum peccatorum accipiunt. Non quis nunc in nobis inhabitet, sed qui in medio positus sit, ut ex filijs irae,185 filij gratiae fiamus, ista res scilicet proprie in Euangelio agitur. Proinde recte Ecclesia Dei hunc nouum doctorem cum sua impostura explodit et suum Euangelium syncerum retinet de remissione peccatorum propter fidem in Iesum Christum, qui est traditus propter peccata nostra et resuscitatus propter iusticiam nostram. Ex quo porro facile iudicatur, quid de eo sentiendum sit, quod dicit: eum Zuinglianum esse in corde, quisquis hanc iustificationis ipsius rationem non teneat. Sunt multi qui non modo ipsius rationem non tenent, sed ueram doc-

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Vgl. Joh 1,29. Vgl. Eph 2,3.

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trinam de iustificatione nesciunt aut non tenent. Et tamen non sunt Zuingliani in corde, imo detestantur Zuinglianum propter absurdissimam nouitatem in Ecclesia, quod corpus et sanguis Christi non sit iuxta uerba Christi expressa in Sacramento et detestantur etiam Osiandrum, quod per similem audaciam nouum et inauditum promulgat in Ecclesia Dei de humanitate Christi si peccatum non accidisset. Abhorrent ab hisce delirijs etiam ij, qui ueram Apostolicam de iustificatione doctrinam nesciunt. Quia id Ecclesia Dei in maximis suis cladibus sub Antichristo tamen in symbolis tenuit de Christi corpore in pane et sanguine eius in calice et uino. Item quod propter nos homines et propter nostram salutem de coelis descenderit et homo factus sit.186 Hoc Symbolum, quia delirio Osiandri contrarium est per calumniam sic deprauare nititur, sicut Sacramentarij uerba coenae. Item papa: Tu es Petrus et super hanc Petram etc.187 Hoc scilicet Diaboli usitatum et callidissimum artificium est, ut quae in scripturis et symbolis Ecclesiae euidentissima sunt contra ea ipse prior occupet, et ibi suam calumniam constituat, sed non est hoc ei credendum. [F 4v:] Quid enim est euidentius contra Antichristum, quam uerba Christi ad confessionem Petri: Tu es Christus, filius Dei uiuentis, caro et sanguis hoc tibi non reuelauit, sed pater meus, qui in coelis est. Tu es Petrus et super hanc Petram etc.188 Item quid est manifestus contra Zuinglium, quam uerba Christi: Hoc est corpus meum etc.189 Item quid est clarius contra Osiandrum? Qui propter nos homines et propter nostram salutem descendit de coelis.190 Nam Ecclesia Dei ibi causam ueram et solam cur Christus homo factus sit, statuit. Nam propter nos homines peccatores, et qui nisi homo factus esset, salutem habere non potuimus, est ipse de Spiritu sancto conceptus, ex Maria uirgine natus, crucifixus sub Pontio Pilato, mortuus et sepultus, ad inferna descendit, tertia die resurrexit a mortuis etc.191 Venit enim, sicut dicit Apostolus, Christus Iesus peccatores saluos facere.192 Recte igitur facit Ecclesia Dei, cum ex Symbolo Niceno detestatur huius nouatoris delirium. Quia nequaquam hoc uerum est, quod dicit: propter nos homines si non peccassemus. Conatur hic Spiritus per hasce praestigias uerae poenitentiae fundamentum subruere, ne id solum secundum Apostolicam doctrinam in causa incarnationis Christi teneatur. Quia nos alioqui mori propter peccatum nostrum oportuisset, ac ne quidem lege propter pestem peccati in nobis sanari potuimus. Sicut id euidenter ponit Apostolus Roma. 8: Ex quo enim legi impossibile fuit nobis salutem dare propter infirmitatem carnis, quae infirmitas est ipsum

186 187 188 189 190 191 192

Vgl. Symbolum Nicaeno-Constantinopolitanum, BSELK 49[a],14–19. Vgl. Mt 16,18. Vgl. Mt 16,16–18. Vgl. Mt 26,26. Vgl. Symbolum Nicaeno-Constantinopolitanum, BSELK 49[a],14–17. Vgl. Symbolum Apostolicum, BSELK 42[a],15–20. Vgl. I Tim 1,15.

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peccatum, Deus misiti suum filium in similitudine carnis peccati et de peccato damnauit peccatum in carne, ut iusticia legis impleretur in nobis.193 Hoc solum nouit Ecclesia de necessaria causa salutis in humanitate Christi, et idem dicit Symbolum: Qui propter nos homines et nostram salutem descendit de coelis et homo factus est.194 Sunt doctrinae daemoniorum, quae Eccle-[G 1r:] siam Dei a suis catechisticis sententijs in symbolis Apostolorum et Ecclesiarum abducunt. Sunt ea symbola nata contra certas deprauationes mysteriorum sacrorum. Non enim sentiendum est, quod pueri in baptismum cacent aut boues bibant. Quia est lauacrum regenerationis.195 Neque est hoc de corpore et sanguine Christi sentiendum, quod aliter in pane et uino sit, quam cum iuxta institutionem Christi editur et bibitur in conuentu Ecclesiastico cum annunciatione mortis domini donec ueniat.196 Non disijcitur uento, non cadit in terram, non reponitur, non gestatur, non trasmittitur hospitibus, non ostenditur etc. sed simpliciter editur et bibitur. Hoc in Symbolo Ecclesiae uero est. Symbolum Ecclesiae est, quod filius Pilato crucifixus et mortuus sit, quod uictor mortis et inferorum ad inferna descenderit, totam potestatem inferorum prostrauerit. Item quod in tribunali sessurus sit iudex uiuorum et mortuorum etc.197 Haec et similia recte in Symbolis Ecclesiae tenentur et quasi per manus succedentibus in Ecclesiae traduntur. Cuius generis etiam hoc est, quod iste perturbator Ecclesiae conuellere nititur, qui propter nos homines et propter nostram salutem descendit de coelis.198 Loquitur enim Symbolum de re gesta, et homines propter quos descendit sunt peccatores. Si hoc uoluisset quod hic dogmatista interpretatur, qui propter integros homines descensurus fuerat, imo tum nihil descensione opus fuit. Quia tum demum descensio intelligitur, cum homo propter peccatum est ex paradyso eiectus.199 Sicut Christus in cruce hanc solam rem per suam mortem et resurrectionem agi ostendit, cum dicit ad Latronem: hodie mecum eris in paradyso.200 Si homines fuissent in Paradyso, nihil opus fuisset Christum descendere aut hominem fieri. Descendit igitur ob hanc causam solam, ut homines pulsi ex paradyso in eum iterum recipiantur, et qui salutem propter suum peccatum amiserunt, eam iterum per Christum morientem et re-[G 1v:]surgentem recuperent. Quae comminiscitur hic σπερμολόγοςj201 de causis huius inauditi mysterij propter imaginem Dei j

aus: σπερμόλογος.

193

Vgl. Röm 8,3f. Vgl. Symbolum Nicaeno-Constantinopolitanum, BSELK 49[a],14–19. 195 Vgl. Tit 3,5. 196 Vgl. I Kor 11,23–26. Vgl. die entsprechende Passage in der Abendmahlsliturgie: „Geheimnis des Glaubens: Deinen Tod, o Herr, verkünden wir, und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit.“ 197 Vgl. Symbolum Apostolicum, BSELK 42[a],13–24. 198 Vgl. Symbolum Nicaeno-Constantinopolitanum, BSELK 49[a],14–17. 199 Vgl. Gen 3,23f. 200 Vgl. Lk 23,43. 201 Schwätzer. 194

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Nr. 3: Roting, Testimonium contra falsam Osiandri sententiam (1551)

in homine, sunt merae κενοφωνίαι καὶ ἀντιθέσεις τῆς ψευδονύμου γνώσεως.202 Et facit haec παράγνωσις203 aut scientia cum falso nomine, ut hoc naufragium circa fidem faciat et sic a fide et uera pietate exorbitet. Videntur quidem haec prima specie cum aliqua γνώσει. Sed est ψευδώνυμοςk204 sic falso nomine dicta scientia et mera χρηστολογία205 et εὐλογία206 est, per quam simplicium et non cautorum corda decipiuntur. Non igitur hoc uerum est, quod illi, qui ipsius commentitiam de iustificatione rationem non teneant, sint Zuingliani in corde. Imo si hoc est esse Zuinglianum sine uerbo Dei dogmata et articulos in Ecclesia Dei condere, ipse est Zuinglianus. Cur enim contra uniuersam doctrinam Apostolicam reputationem iusticiae propter fidem, quae in non imputatione peccati accipitur remissio peccatorum, frigidiam doctrinam audet dicere, et inauditum Apostolicis Ecclesijs, iustos reputari propter iustitiam Christi per fidem in nobis inhabitantis. Quomodo enim Christus per fidem in nobis potest habitare ubi non est uerbum? de eo uerbum Dei et ea unica sententia Euangelij est, qui credat in Iesum Christum traditum propter peccata nostra et resuscitatum ad nostram iusticiam, eum esse iustum et accipere remissionem peccatorum, atque sortem in sanctificatis per fidem. Quae doctrina hactenus in Ecclesia tradita est et adhuc traditur per eos qui docent hanc iusticiam esse, quae credentibus in Christum Iesum reputatur et eam esse sanctificationem ac salutem, quae per eandem fidem accipitur cum remissione peccatorum, quae omnino talis est, quia propter Christum Iesum non imputantur peccata, sed teguntur.

k

aus: ψευδωνυμὸς.

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Vgl. I Tim 6,20. Scheinwissenschaft (?) (scientia cum falso nomine). – Die Vokabel erscheint nicht bei Passow, dort (II/1, 675[a]) nur das zugehörige Verb παραγιγνώσκω: „eigtl. am Recht vorbei erkennen od. entscheiden [...]; dah. falsch od. ungerecht entscheiden, einen ungerechten Ausspruch thun, schlecht od. falsch urtheilen“; daraus ergäbe sich als Bedeutung eher „Fehlurteil“. 204 unter falschem Namen, pseudonym. 205 Schönrednerei, heuchlerische Rede. 206 Lobpreisung; Schönrednerei. 203

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Ausschreiben Herzog Albrechts 1551

Nr. 4: Ausschreiben Herzog Albrechts (1551) – Einleitung

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Einleitung 1. Historische Einleitung

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Im Anschluss an Disputation vom 24. Oktober 1550 entbrannte die Kontroverse um die Rechtfertigungslehre Andreas Osianders.1 Denn im Nachgang zu der Disputation formierte sich rasch eine Gruppe von entschiedenen Gegnern Osianders, zu denen der Pfarrer am Dom zu Köngsberg, Joachim Mörlin, der Pfarrer von Löbenich, Dr. Peter Hegemon, sowie die beiden Königsberger Theologieprofessoren, Georg von Venediger und Friedrich Staphylus, zählten. Herzog Albrecht von Preußen suchte Wege, um den Streit unter seinen Theologen über diese Frage zu beenden. Da jedoch all seine Bemühungen scheiterten, erteilte der Herzog im Mai 1551 Osiander und seinen Gegnern den Befehl, jegliche öffentliche Polemik umgehend einzustellen. Überdies solle Osiander seine Lehrauffassung innerhalb von acht bis vierzehn Tagen in deutscher Sprache vorlegen. Die Gegner Osianders sollten dessen Ausführungen zur Einsichtnahme erhalten und darauf antworten, ebenfalls auf deutsch und in acht bis vierzehn Tagen. Der Plan des Herzogs sah vor, solch einen schriftlichen Austausch solange weiter zu führen, bis Einigkeit erzielt würde.2 Osiander teilte dem Herzog daraufhin zwar seine grundsätzliche Bereitschaft mit, den Befehl gehorsam auszuführen, doch äußerte er gleichzeitig Bedenken gegenüber einem solchen Verfahren. Er wisse bislang nicht, welche Positionen seine Gegner eigentlich verteten würden, und mit der vom Herzog geplanten Verfahrensweise ließen sich deren Ansichten letztlich nicht eruieren, da sie auf der Grundlage von seinen, Osianders, Äußerungen stets nur seine angeblich falschen Lehraussagen kritisieren würden. Er habe es ohnehin von Beginn an für sinnvoller erachtet, wenn es ihm gestattet worden wäre, sein Ansichten zu publizieren, da er dann bessere, gelehrtere Richter bzw. Gegner als die in Königsberg gefunden hätte. Diese, in ihrem Kern höchst anmaßende Antwort Osianders veranlasste Herzog Albrecht zur Änderung seines zunächst intendierten Vorgehens. Am 3. Juni 1551 teilte der Herzog Joachim Mörlin mit, dass er seine Position wie Osiander vorlegen solle. Auf Mörlins Einspruch, dass dies nicht dem ursprünglichen Befehl entspreche, wurde ihm am 6. Juni ein verändertes Mandat zugestellt, welches er an die anderen Gegner Osianders weiterleiten sollte. Mörlin tat dies, womit nun an alle Gegner Osianders die Aufforderung ergangen war, nicht nachträglich auf Osianders Positionen zu reagieren, sondern zeitgleich mit ihm ihre Lehre darzustellen.

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Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 110–119; Fligge, Osiandrismus, 60 –64. Zu den Disputationsthesen vgl. unsere Ausgabe Nr. 1. 2 Vgl. dazu und zum Folgenden Stupperich, Osiander in Preussen, 151–154, hier: 151.

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Mörlin kam dieser Aufgabe unverzüglich nach. Bereits am nächsten Tag ließ er dem Herzog seine Antwort zustellen, die knapp auf die Confessio Augustana als seine Lehrgrundlage verwies. Ähnlich äußerte sich Peter Hegemon. Der Herzog zeigte sich damit unzufrieden und forderte Nachbesserungen. Die Theologen sollten mit ihren eigenen Worten ihre Lehrauffassungen darlegen und nicht einfach auf andere Dokumente verweisen. Daraufhin reichten Mörlin am 9. Juni, Hegemon und Georg von Venediger am 10. Juni ihre Stellungnahmen ein. Friedrich Staphylus hatte zu diesem Zeitpunkt seine Auffassung dem Herzog ebenfalls übermittelt. Damit waren die Gegner Osianders den Forderungen des Herzogs nachgekommen. Einzig Osiander, der sich nach dem ursprünglichen Plan des Herzogs eigentlich als Erster hätte erklären sollen, präsentierte seine sehr umfangreiche Schrift „Von dem einigen Mittler“ erst am 9. Juli. Aus deren Vorrede lässt sich ersehen, dass Osiander Kenntnis von den Glaubenszeugnissen seiner Gegner erhalten hatte.3 Die im Mai 1551 vom Herzog intendierte Vorgehensweise war damit im Juli in ihr Gegenteil verkehrt worden. Mitte Juli 1551 wandte sich Herzog Albrecht mit Briefen an die Wittenberger Theologen, in denen er ihnen mitteilte, dass er den Gegnern Osianders in Preußen dessen Schrift zustellen und von ihnen einen Gegenbericht erwarte. Sollte auf diese Weise keine Einigung zu erzielen sein, wolle er Osianders Schrift an die Theologen im Reich versenden lassen, um auf diese Weise das Urteil der reformatorischen Kirche einzuholen.4 Tatsächlich erfolgte keine Einigung der Theologen innerhalb Preußens. Die Gegner Osianders misstrauten nämlich dem nunmehrigen Vorgehen. Sie meinten, Osiander würde seine Aussagen glätten und seine Lehre beschönigen, nachdem er wisse, dass seine Schrift auch anderen vorgelegt würde. Sie beharrten daher darauf, die bisher bekannten Äußerungen und Veröffentlichungen Osianders als Urteilsgrundlage heranzuziehen.5 Aus diesem Grund wurde die Schrift Osianders seit Ende Juli gedruckt6 und von den herzoglichen Beratern Überlegungen angestellt, diese zusammen mit einer Darstellung des Herzogs über die bisher vorgenommen Einigungsversuche zu versenden. Dies unterblieb letzten Endes, da bereits das hier edierte Ausschreiben Albrechts eine Dokumentation der herzoglichen Bemühungen enthält. Anfang Oktober wurde Osianders Schrift mit dem Ausschreiben Albrechts versendet.7 Während Osianders Schrift gedruckt ver3

Vgl. z. B. Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), Vorrede 1v, in: OGA 10, Nr. 488, S. 88. Vgl. Herzog Albrecht von Preußen an Philipp Melanchthon. 13. Juli 1551, in: MBW 6131; vgl. zudem Stupperich, Osiander in Preussen, 204. Das Regest des Briefes, auf den Stupperich verweist, von Albrecht an Johannes Bugenhagen vom 15. Juli 1551 und das in dessen gedruckten Briefwechsel gefunden werden kann (Voigt, Bugenhagens Briefwechsel, Nr. 250, S. 501) enthält keinerlei Angaben über den Plan Albrechts, das Bekenntnis Osianders versenden zu wollen. 5 Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 205. 6 Vgl. OGA 10, Nr. 488/496, S. 49 –300. 7 Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 207. 4

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sandt wurde, legte man das herzogliche Ausschreiben in handschriftlicher Fassung bei. Dessen Drucklegung erfolgte erst im Januar 1553, als Herzog Albrecht mit einem Mandat weiteren Streit unter den Theologen zu untersagen versuchte.8 Denn zusammen mit diesem Mandat wurden weitere 5 Schriftstücke aus der Historie des Streits, unter anderem das hier edierte Dokument. 2. Der Autor

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Maßgeblichen Einfluss auf den Plan, Osianders Schrift zu versenden, scheint der herzogliche Berater Wolf von Köteritz ausgeübt zu haben. In der Forschung wird er sogar als der eigentliche Kopf hinter dieser Unternehmung angesehen.9 Wenn hier dennoch Herzog Albrecht als Haupturheber des Ausschreibens angesehen wird, so geschieht dies aus dem Grund, dass es in seinem Namen veröffentlicht wurde. Auch wenn sich ein konkreter Beitrag Herzog Albrechts an der Abfassung nicht nachweisen lässt und Albrecht wohl während des Verfahrens gelegentlich Zweifel an dessen Fortführung kamen, scheint seine Beteiligung doch maßgeblich gewesen zu sein. Herzog Albrecht von Brandenburg-Preußen wurde am 17. Mai 1490 in Ansbach als neuntes Kind und dritter Sohn Markgraf Friedrichs V. von Brandenburg-Ansbach und seiner Frau Sofia Jagiellonka, der Tochter des polnischen Königs Kasimir IV. Jagiello, geboren.10 Aufgrund seiner nachrangigen Geburt wurde er früh für den geistlichen Stand bestimmt. Im April 1501 wurde er zum Akoluthen geweiht. Noch im selben Jahr ging er zur Ausbildung an den Hof des Erzbischofs und Kurfürsten Hermann IV. von Köln. Dort erlangte er im Jahr 1506 ein Kanonikat als Domherr. Ein Jahr später erhielt er zusätzlich eine Domherrenpfründe im Bistum Würzburg. Im Jahr 1508 wurde er Dechant in Hof und bekam eine Pfründe am Bamberger Dom. Wohl aufgrund des Todes seines Förderers, Kurfürst Hermann IV., wandte sich Albrecht seit 1508 zunächst vermehrt kriegerischen Aktivitäten zu. Am

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Vgl. VON Gottes Gnaden Vnser || Albrecht) des Eltern / Marggraffen zu Bran || denburg / in Preussen / zu Stettin ... || Hertzogen / || Burggraffen zu N=renberg vnd || FFrsten zu Rugen etc. || Ausschreiben || An vnsere alle liebe getrew) vnd || Landschafften ... || dari] grFnd || lich vnd =rdentlich / wie sich die ergerliche zwispalt || vber dem Artickel von vnser armen SFnder Recht= || fertigung / vnd warer ewiger Gerechtigkeit / erha= || ben / vnd was wir vns mit grossen sorgen einigkeit || zumachen / bemFhet / dargethan ... || [Königsberg: Hans Lufft, 1553] (VD 16 P 4780); vgl. zudem Fligge, Osiandrismus, 184 –187; Wengert, Defendig Faith, 156. 9 Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 209. 10 Zu seiner Biographie vgl. Art. Albrecht, Markgraf von Brandenburg-Ansbach, Herzog von Preußen, in: http://www.controversia-et-confessio.de/ccdigital/personen/register/eintraege/a/ albrechtmarkgraf-von-brandenburg-ansbach-herzog-in-preussen.html; Tschackert, Herzog Albrecht; Hubatsch, Herzog Albrecht; Deflers, Albrecht von Brandenburg-Ansbach; Karl Lohmeyer, Art. Albrecht, Markgraf von Brandenburg-Ansbach, in: ADB 1 (1875), 293 –310; Walther Hubatsch, Art. Albrecht der Ältere, in: NDB 1 (1953), 171–173; Friedrich Wilhelm Bautz, Art. Albrecht von Preußen, in: BBKL 1 (1975), 93f.

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13. Februar 1511 trat er in der Deutschorden-Propstei Zschillen dem Deutschen Orden bei und erhielt gleichzeitig die Zusicherung des Hochmeisteramtes, das er am 6. Juli 1511 tatsächlich übernahm. Als Hochmeister versuchte er das Deutschordensgebiet zu konsolidieren. In solchen politischen Motiven, verbunden mit der persönlichen Frömmigkeit des Fürsten und seinem Interesse an theologischen Fragen, sind wohl die Gründe für die Entwicklungen des Jahres 1525 zu suchen. Albrecht legte das Hochmeisteramt nieder und leistete König Sigismund I. von Polen am 10. April 1525 den Huldigungseid als Herzog von Preußen. Das Deutschordensgebiet wurde säkularisiert und Albrecht führte als Herzog von Preußen die Reformation in seinem Land ein. Er tat dies in enger Abstimmung mit Martin Luther und Philipp Melanchthon sowie mit Andreas Osiander. Alle drei hatte Albrecht 1523/24 kennengelernt und unterhielt seitdem Kontakte nach Wittenberg und Nürnberg. Die Einführung der Reformation eröffnete dem Herzog neue Möglichkeiten zur Konsolidierung der eigenen Herrschaft. An der Umsetzung der reformatorischen Maßnahmen in seinem Land nahm der Herzog persönlich regen Anteil, indem er sich z. B. selbst an Visitationen beteiligte. Außerdem besuchte er theologische Vorlesungen an der von ihm 1544 neugegründeten Universität Königsberg. Albrecht gewährte im Jahr 1549 Andreas Osiander den Aufenthalt in seinem Herzogtum und machte ihn zum Professor primarius an der theologischen Fakultät der Universität Königsberg. In der Kontroverse um dessen Rechtfertigungslehre versuchte der Herzog mit obrigkeitlichen Maßnahmen, die Lehreinheit in seinem Land aufrechtzuerhalten. Dafür stellt die Versendung von Osianders Schrift „Von dem einigen Mittler“ zusammen mit dem hier edierten herzoglichen Ausschreiben einen Beweis dar. Auch nach Osianders Tod 1552 bemühte sich Albrecht weiter um Ausgleich ohne der Lehre Osianders abzuschwören.11 Zum Ende seiner Regierungszeit entglitten dem Herzog krankheitsbedingt die Regierungsgeschäfte; zum einen durch äußere Einmischungen, z. B. durch seinen Schwiegersohn Herzog Johann Albrecht I. von Mecklenburg, zum anderen durch den Aufstieg Paul Scalichs zum einflussreichsten Berater des Herzogs seit 1561 und den damit einhergehenden Verwerfungen in der preußischen Politik.12 Im Jahr 1566 griff daher der König von Polen als Oberlehnsherr in Preußen ein, was zum Sturz Scalichs und der bedeutendsten Anhänger Osianders, voran dem Hofprediger Johann Funck,13 führte. Am 20. März 1568 verstarb Herzog Albrecht auf Burg Tapiau und wurde im Dom zu Königsberg beigesetzt. 11

Zu Albrechts Rolle in der Kontroverse um Osianders Rechtfertigungslehre vgl. Stupperich, Osiander in Preussen; Fligge, Osiandrismus. 12 Vgl. Fligge, Osiandrismus, 474– 512; Krabbel, Leben. 13 Zu ihm vgl. unsere Ausgabe Nr. 2, S. 56–59.

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3. Inhalt

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Nach der Intitulatio nennt das Ausschreiben den Streit um die Rechtfertigungslehre Osianders als Grund für dessen Abfassung. Es seien Klagen geäußert worden, dass Osianders Position nicht mit der Lehre der Kirchenväter sowie der Lehre der Confessio Augustana und reformatorischer Theologen übereinstimme. Osiander habe sich daraufhin mit der Begründung verteidigt, dass er seit Beginn seines Einsatzes für die Reformation nie etwas anders gelehrt habe, als das, was er auch jetzt in der Frage der Rechtfertigung des Menschen noch vertrete. Diese Lehre habe in all den Jahren keinen Widerspruch hervorgerufen, sondern nur Beifall gefunden. Sie stimme mit der Lehre Martin Luthers überein, was er, Osiander, mit allen seinen bisherigen Äußerungen zum Thema belegen könne. Seine Ankläger hingegen verträten angeblich eine falsche Lehre und er, Osiander, sei jederzeit bereit, ein Urteil der Kirche, das ihn aus Gottes Wort heraus widerlege, gehorsam zu akzeptieren. Danach berichtet das Ausschreiben von den Ausgleichsbemühungen des Herzogs. So habe er Andeas Aurifaber und Joachim Mörlin als Vermittler bestellt. Doch seien dadurch die Angriffe auf Osiander nicht eingestellt worden. Im Gegenteil, Mörlin, der zuerst Osiander unterstützt habe, sei ins gegnerische Lager gewechselt und die Gegner Osianders hätte ihm, dem Herzog, die Legitimation als Richter in dieser Angelegenheit bestritten. Stattdessen hätten sie auf dem Urteil der Kirche bestanden. Er habe daraufhin Osiander bewegen können, seine Lehre von der Rechtfertigung umfänglich darzustellen. Er habe auch dessen Bitte, diese Darstellung drucken zu lassen, stattgegeben, damit nicht allein die Kirche, sondern jeder Christ sich seine eigene Meinung bilden könne, ob er, Osiander, oder seine Gegner im Recht seien. Osianders Darlegungen seien seinen Gegner ausgehändigt worden, um darauf zu antworten und ihre Position darzulegen. Doch sein, des Herzogs, Plan, mittels des Austausches von Schriften zu einer Einigung zu gelangen, sei durch die Forderungen der Gegner Osianders nach einer Disputation oder der Einberufung einer Synode zunichte gemacht worden. Zudem habe Mörlin, trotz Verbots, Osiander von der Kanzel aus weiterhin öffentlich angegriffen, verurteilt und exkommuniziert. Nachdem die Gegner Osianders es verweigert hätten, zu Osianders Schrift Stellung zu nehmen und stattdessen auf der Veröffentlichung auch ihrer Glaubenszeugnisse bestanden hätten und somit alle seine, des Herzogs, Vermittlungsbemühungen fehlgeschlagen seien, wende er sich nun an die Gesamtheit der reformatorischen Kirche, um ein Urteil zu erlangen, auf dessen Grundlage sich die Einheit der Lehre in seinem Land wieder herstellen lasse. Es folgt eine formalisierte, direkte Ansprache an den jeweiligen Empfänger des Schreibens, in der dieser als Verteidiger des reinen Lehre bezeichnet und

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die Bitte geäußert wird, zu der Beilegung der Kontroverse in Preußen beizutragen. Die Schrift Osianders, die in zwei Kopien mitgesendet werde, solle an die Theologen des jeweiligen Empfängers weitergeleitet und um deren Beurteilung in einem Gutachten nachgesucht werden. Das Gutachten solle dann durch vertrauenswürdige Personen nach Preußen gebracht werden und 5 zunächst vier Monate lang unveröffentlicht bleiben, damit der Herzog es zur Beilegung des Streits verwenden könne. Das Ausschreiben schließt mit der Bitte des Herzogs an den jeweiligen Empfänger, keinen Gerüchten über ihn oder über die Vorgänge in seinem Land Glauben zu schenken. 10 4. Ausgabe Nachgewiesen werden kann eine Ausgabe: A: VON Gottes Gnaden Vnser || Albrecht) des Eltern / Marggraffen zu Bran || denburg / in Preussen / zu Stettin / Pomern / der Cassuben vnd Wenden Hertzogen / || Burggraffen zu N=renberg vnd || FFrsten zu Rugen etc. || Ausschreiben || An vnsere alle liebe getrew) vnd || Landschafften ... || dari] grFnd || lich vnd =rdentlich / wie sich die ergerliche zwispalt || vber dem Artickel von vnser armen SFnder Recht= || fertigung / vnd warer ewiger Gerechtigkeit / erha= || ben / vnd was wir vns mit grossen sorgen einigkeit || zumachen / bemFhet / dargethan ... || [Königsberg: Hans Lufft, 1553] (VD 16 P 4780)

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Vorhanden in: BERLIN, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz: 1 an: Dm 900 R; 3 an: Dm 1 R [benutztes Exemplar] GOTHA, Forschungsbibliothek: Theol.4 684/1(2) WIEN, Österreichische Nationalbibliothek: 20.Dd.1208 WOLFENBÜTTEL, Herzog August Bibliothek: 280.47 Theol.(17); 298.2 Theol.(1); S 230d.4 Helmst.(8)

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[E 1v:] Vnser, von Gottes gnaden, Albrechten des Eltern, Marggraffen zu Brandenburg in Preussen etc., Hertzogen etc., an der Augspurgischen Confession verwanten, Ausschreiben.

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Ewer liebe bitten wir freundlich zu wissen, das sich kurtz verschiener1 zeit, zwischen den Ehrwirdigen vnd hochgelarten, vnsern lieben getrewen der heiligen Schrifft Doctoribus vnd Magistris alhie zu K=nigsperg, klagern an einem vnd hernn Andrea Osiandro, Pfarherrn an der Altenstad K=nigsperg vnd verwaltern der Praesidentz vnserer Bisch=fflichen Samlendischen Kirchen,2 sampt seinem beistand, beklagten am andern teil, hochwichtige jrrung vnd gebrechen3 zugetragen, in sachen den vornemlichen4 vnd heiligen Artickel vnser Rechtfertigung fur Gott betreffent. Vnd beruhet des klagenden teils =ffentliche vnd beharliche5 beschFldigung kFrtzlich hierauff, als hab der beklagte die zeit vber, so er in diesen Landen gewesen, viel anders von itzt gedachtem6 Artickel geleret vnd durch =ffentlichen druck an tag geben,7 denn die Christliche Kirche bis anher8 geglaubet vnd bekant vnd der selben alte vnd newe bewerte9 Doctores geleret vnd in der Augspurgischen Confession von den protestirenden stenden so viel jar lang, mit darstreckung10 leibs vnd lebens, were verfochten vnd defendirt worden.11 Vnd haben sich derwegen auff des beschFldigten Predigten,

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vergangener. Vgl. Art. verscheinen 2), in: DWb 25, 1064f. Das Präsidenten- bzw. Adminitratorenamt der samländischen Kirche war geschaffen worden, um Bischof Georg von Polentz zu entlasten. Nachdem der Bischof im Jahr 1550 gestorben war, wurde das Bischofsamt nicht mehr besetzt, sondern lediglich ein Verwalter bestellt. Im Frühjahr 1551 wurde Osiander dieses Amt übertragen. Damit übte er im Auftrag Herzog Albrechts die geistlichen Amtsgeschäfte im Bistum Samland aus, war an der Examination und der Ordination der Pfarramtskandidaten beteiligt und übte ebenfalls in Vertretung des nichtbesetzten Bischofsstuhls das Amt eines Conservators der Universität Königsberg aus. Vgl. Hubatsch, Geschichte der evangelischen Kirche I, 109; Kaufmann, Theologische Auseinandersetzungen, 272f. 3 Streitigkeiten. Vgl. Art. Gebrech, gebrechen II.3.c.γ), in: DWb 4, 1845. 4 besonders wichtigen. Vgl. Art. vornehmlich 3.a), in: DWb 26, 1361. 5 konstante, fortgesetzte. 6 von dem erwähnten. 7 publiziert habe. Vgl. Art. Tag II.B.3.f), in: DWb 21, 40f. 8 bis anher = bisher, bis jetzt. Vgl. Art. anher, in: DWb 1, 375. 9 bewährte. 10 unter Einsatz ihres, unter Opferung ihres. Vgl. Art. Darstreckung, in: DWb 2, 794. 11 Die Gegner Osianders machten dies in ihrer Schrift „Antilogia seu contraria doctrina inter Lutherum et Osiandrum“ Anfang März 1551 deutlich. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 130. Die Schrift ist abgedruckt in HISTORIA || Welcher gestalt sich || die Osiandrische schwermerey im || lande zu Preussen erhaben / vnd wie die= || selbige verhandelt ist / mit allen || actis / beschrieben || Durch || Joachim M=rlin D. vnd Superinten= || dent zu Brunschwig. || ... || [Magdeburg: Michael Lotter, 1554] (VD 16 M 5879), F 4v–G 2v. 2

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Lectiones, Disputa-[E 2r:]tiones vnd =ffentlichen druck gezogen.12 Hierauff der beschFldigte herr Osiander sich widerumb vernemen lassen, das er vom obbemeltem Artickel der Rechtfertigung in diesem vnd draussen zu lande nie anders geleret, denn er zu N=rnberg bis in 28 jar daruon gepredigt vnd docirt.13 Vnd weil er damals aus heiliger, g=ttlicher schrifft sein lere dermassen14 ergrFndet15 vnd vnuerleglich16 erweiset, das jme von den fFrnemsten Theologen, so die zeit im leben gewesen, keine widerfechtung begegnet vnd itzo eben die v=rigen grFnde der heiligen Schrifft zu bewerung seiner lere von der Rechtfertigung inducirt vnd gebraucht vnd keiner newerung k=nte vberfFndig17 gemacht werden, so wolte er verhoffen, seine ankleger wFrden wider jn bey gelerten vnd erfarnen Theologis keinen beifal haben. Jn sonderheit, weil des Erwirdigen herrn Doctoris Martini Lutheri seligen lere von der Rechtfertigung mit seiner [Osianders] lere concordirt vnd vbereinkumt, wie er [Osiander] solches mit seinen Auslegungen aus vielen =rtern gnugsamlich zu begleubigen18 vnd daraus erweisen kFnte, das seine ankleger vnuolkomen19 von der Rechtfertigung leren thetten. Vnd were jm nicht entgegen, das die Christliche Kirche jr =rdentlich erkantnus20 aus Gottes wort vber diese spaltung ergehen liesse, vnd do er aus solchem erkantnus aus Gottes wort vberzeuget, das er von der Rechtfertigung dena vnrechten verstand bis anhero geleret vnd defendirt, wolte er sich mit gebFrlichem gehorsam vnd reuerentz darauff vnseumlich zu erzeigen vnd zu verhalten wissen. Als nun solche zwispalt, beschFldigung vnd ge-[E 2v:]genbericht zuuormalen21 nicht on besondere vnd hohe betrFbung vnsers gemFts an vns gelanget,

a 12

Konjiziert aus: Ven.

bezogen. Gemeint ist damit z. B. die Disputation vom 24. Oktober 1550 (vgl. unsere Ausgabe Nr. 1), die zum Ausgangspunkt des Streits wurde (vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 110–114). Zudem ist die Veröffentlichungen von Lutherzitaten durch Osiander im März 1551 (OGA 9, Nr. 447, S. 574 –581; Nr. 448, S. 582– 601) gemeint, mit denen er auf die „Antilogia“ seiner Gegner (vgl. Anm. 11) reagierte und seine Lehre stützen wollte, sowie Osianders Veröffentlichung „Bericht und Trostschrift“ (OGA 9, Nr. 434, S. 519 –530), deren Verbreitung der Herzog zwar verboten hatte, woran sich Osiander jedoch nicht hielt. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 124f. 13 Osiander wurde mit Beschluss des Rats der Reichsstadt Nürnberg am 29. März 1522 zum Prediger an St. Lorenz bestimmt. Vgl. Zimmermann, Prediger der Freiheit, 25f. 14 so sehr, so intensiv. Vgl. Art. dermaszen 3), in: DWb 2, 1020. 15 kundig gemacht. Vgl. Art. ergründen 2), in: DWb 3, 832. 16 unwiderlegbar. 17 überführt. Vg. Art. überfündig 1), in: DWb 23, 242. 18 Vgl. z. B. Osianders Schrift „Etliche schöne Sprüche von der Rechtfertigung des Glaubens des ehrwürdigen, hochgelehrten D. Martin Luther“ aus dem Jahr 1551 (OGA 9, Nr. 448, S. 582–601), in der er zahlreiche Aussagen Luthers aus dessen Schriften zusammenstellte, um damit die Übereinstimmung zwischen Luthers Rechtfertigungslehre und seinen Ansichten zu beweisen. 19 mangelhaft, fehlerhaft. Vgl. Art. unvollkommen d), in: DWb 24, 2140. 20 Urteil. Vgl. Art. erkennen 5), in: DWb 3, 868f. 21 einst, damals. Vgl. Art. zuvormals, in: DWb 32, 891.

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vnd wir die ergernus vnd den schaden, so der Restaurirten Christlichen kirchen daraus erfolgen m=chten, zu sampt dem frolocken, so der Christlichen kirchen feinde vnd vnsere abgFnstigen22 dieser spaltung halben wFrden an tag23 geben, mit gebFrlicher sorgfeltigkeit vnd mitleidlichkeit zu gemFte gefFret vnd erwogen, haben wir beide teil gnediglichen vermanet vnd zum offtermalen begeret, das sie sich eines eintrechtigen vnd Christlichen verstands vber die streittigen =rtere der schrifft vnd wolgedachten herrn Lutheri seligen Jnterpretationes, dero sie sich von beiden teilen, ein jeder zu ergrFndung seiner meinung, bis anhero gebraucht vnd damit defendirt, brFderlich mit einander vergleichen wolten.24 Vnd als sie solchs in vnterthenigkeit gewillige, haben wir jnen die Achtbarn vnd hochgelarten Doctorem Andream Aurifabrum, die zeit Rectorem,25 vnd Doctor Joachimum M=rlein, als den new beruffenen Pfarhern in vnser Stad Kneiphoff, auff seine selbst vnterthenige bitte vnd erbieten26 zu Commissarien verordnet, die haben vns widerumb referirt, das des Osiandri widerpart ausserhalb gerichtlichs Process sich jn nicht einlassen wollen vnd darFber protestirt.27 Nichts dester weniger aber hetten sie D. Osiandro auffs feindseligste zugesetzt vnd gleichwol zu keiner vngedult28 jn bewegen m=gen, vnd were also die gFtliche handlung zwischen jnen entstanden. Demnach haben wir den parteien ferner aufferlegt, das sie gegen einander priuatim schreiben vnd sich [E 3r:] fleissigen solten, die fFrgefallenen jrrungen Christlich zu uergleichen.29 Aber diesem vnsern befehlich ist auch keine =rdentliche volge geleistet worden. Vnd hat sich bemelter30 D. M=rlein, vngeachtet, das er ein eben31 zeitlang (jedoch vnparteischer weise) dem Osiandro beifallen32 gegeben, dem klagen22

Feinde. Vgl. Art. abgünstig, in: DWb 1, 52. deutlich zeigen. 24 Zu den Vermittlungsbemühungen Herzog Albrechts vgl. z. B. Stupperich, Osiander in Preussen, 124 –129. 25 Gemeint ist die erste Jahreshälfte 1551. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 125. 26 Nach Stupperich, der sich auf Mörlins „Historia“ aus dem 1554 beruft, wurde Mörlin von Herzog Albrecht um Vermittlung gebeten. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 124f. 27 Die Verhandlungen zwischen Osiander und seinen Gegnern, unter Vermittlung von Aurifaber und Mörlin fanden am 13. und 17. Februar 1551 statt. Vgl. dazu Stupperich, Osiander in Preussen, 124 –129. 28 Heftigkeit, Erbitterung. Vgl. Art. Ungeduld 1.b), in: DWb 24, 642 29 Herzog Albrecht und Joachim Mörlin hatten sich vor der zweiten Verhandlungsrunde am 17. Februar 1551 schon auf ein solches Vorgehen geeinigt, sofern in den Verhandlungen zwischen den Kontrahenten keine Einigkeit erzielt werden könnte. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 129. Am 8. Mai 1551 erließ der Herzog ein Mandat an den Rektor und den Senat der Universität Königsberg, in dem er weitere öffentliche Kontroversen über die Rechtfertigungslehre untersagte und stattdessen dazu aufforderte, dass die Kontrahenten ihre Positionen schriftlich austauschen sollten. Vgl. OGA 9, Nr. 470, S. 675 –679. 30 genannter. 31 gewisse. Vgl. Art. eben 1), in: DWb 3, 9. 32 Zustimmung. Vgl. Art. beifallen 2), in: DWb 1, 1369. 23

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den vnd gr=ssern teile endlich anhengig gemacht vnd Osiandrum =ffentlich vom Predigstul fur einen Ketzer ausgeruffen vnd jn viel hefftiger denn die anfenger selbst angetastet33.34 Dardurch er denn vnser vorige betrFbnus, die vns der erstandenen spaltung halben anligen, nicht wenig gemehret vnd vns verursachet, mit gnedigem verwarnen, begeren vnd ernstlichen befehlen vnnachleslich zu uorfaren, ob wir das angezFndete fewr im anfang dempffen vnd lesschen m=chten. Aber je mehr wir vns gebFrlicher sorgfeltigkeit, mFhe vnd arbeit angemasset,35 je weniger volge haben wir bey dem klagenden teil erhalten m=gen, vnd endlich die antwort von jnen bekomen, das diese jrrung vnter der Christlichen Kirchen erkantnus geh=rig vnd vns zu entscheiden nicht gebFrete.36 Welche antwort wir in jrem werde vnd vnwerde beruhen lassen, beuoraus37 weil wir vns keins erkantnus in berFrter spaltung vnterfangen, sonder allein wege vnd bedencken fFrgeschlagen, dardurch wir verhoffet, es solte vermittelst G=ttlicher hFlffe widerumb eintrechtigkeit zwischen jnen bestendiger weise gestiffet werden. Vnd haben demnach Osiandrum verm=cht,38 das er, seiner lere von der Rechtfertigung einen volkomen bericht zu stellen, verwilliget, der gestalt, das wir jme auff seine vnterthenigste bitt widerumb zu-[E 3v:]gelassen, solchen bericht in =ffentlichen druck zu geben,39 damit nicht allein das =rdentliche erkantnus der Christlichen Kirchen, sondern auch eines jeden Christen bey- oder abfal40 aus Gottes wort darFber ergehen vnd an tag komen m=ge, vnd endlich befunden werde, ob seine ankleger aus liebe der warheit oder fFrgesetztem41 widerwillen jm [sic] alhie vnd ausserhalb vnsers Landes dermassen, wie geschehen, hochbeschwerlich vnd hefftig ausgetra-

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angegriffen, attackiert. Vgl. Art. antasten, in: DWb 1, 496. Am 27. Mai 1551 hielt Mörlin eine Predigt, in der er angeblich gesagt hatte, „das die gerechtigkait Gottis vaters, sons und heiligen gaists nicht kon unser gerechtigkait sein, die gerechtigkait Christi als eines menschen auch nicht, sonder es sey ein mittele gerechtigkait. Und die da sagen, das die gerechtigkait Got vaters, sons und heiligen gaists unser gerechtgkait sey, die irren, und es sey teufelslehre, und der teufel woll inen mit dieser lehr ins pad scheyssen, das ist, die lehr von der rechtfertigung unrain machen, und mit diser lehr werde der son Gottis mit fussen getretten.“ Vgl. Andreas Osiander an Herzog Albrecht von Preußen. 31. Mai 1551, in: OGA 9, Nr. 473, S. 685– 687, hier: 685,9–15. Zur Wendung Mörlins gegen Osiander und dem Streit zwischen beiden vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 137–165. Zur Polemik Osianders gegen Mörlin vgl. Kaufmann, Theologische Auseinandersetzungen, 294. 35 unterzogen. Vgl. Art. anmaszen, in: DWb 1, 405f. 36 Mörlin verwies auf seine Verpflichtung vor Gott, seine Gemeinde vor falscher Lehre zu schützen. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 161f. Der Plan, die kontroversen Lehrmeinungen der Kirche insgesamt zur Entscheidung vorzulegen, stammt wohl vom herzoglichen Rat Wolf von Köteritz. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 209. 37 besonders, vor allem. Vgl. Art. bevoraus, in: DWb 1, 1760. 38 dazu bewegen können. 39 Damit ist Osianders Schrift „Von dem einigen Mittler / De unico mediatore“ (OGA 10, Nr. 488/496, S. 49–300) aus dem Jahr 1551 gemeint. 40 Zu- oder Widerspruch. 41 vorgefasstem. 34

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gen,42 veracht vnd angetastet. Als vns nun solcher bericht zu vnsern handen vberantwortet,43 haben wir dem klagenden teil (hindan gesetzt jre vorige abschlegige antwort) ware abschrifft daruon zugeschicket vnd begeret, sie wollen darauff jre gegen antwort stellen vnd mit dem beklagten durch schriffte wechsels weise conferirn vnd sich befleissigen, durch dis mittel die schwebenden44 jrrungen in gFte zu entscheiden vnd beyzulegen. Wir haben aber bey jnen solchs nicht erhalten m=gen vnd ist von jnen auff Disputationes vnd Synodum prouociret45 worden,46 die wir jnen aus nachfolgenden vrsachen nicht gestatten wollen: Das diese jrrung aus den gehaltenen Disputationibus sonderlich hergeflossen47 vnd die gemFte nicht gering schetzig48 gegen einander verbittert vnd itziger zeit mehr gezencks denn vergleichung aus den Disputationibus gemeiniglich erfolget. Vnd denn, weil beide vnsere Landbischoffe kurtzuerschiener49 zeit in Gott entschlaffen,50 wFsten wir mit vnsern Pfarherrn auffm Lande aus allerley bewegenden51 vrsachen den Synodum nicht zu bestellen, viel weniger, sie als die ankleger darzu zu uerordnen vnd jrenthalben zu gewarten,52 das vns vom beklagten bey menniglich53 nach gerFget54 wFrde, wie wir gestattet, das seine ankleger weren gezeugen vnd Richter vber jm gewesen. [E 4r:] Aber vngeachtet dieser vnser erheblichen vorwendunge55 hat sich bemelter D. M=rlein, sampt seinem anhange, eigener tFrst56 angemasset vnd den beklagten =ffentlich vom Predigstul seines gefallens beschFldigt, verurteilt vnd excommunicirt, vnd darneben, vngeachtet vnserer manichfeltigen befelich, sich vnauffh=rliche schmahe- vnd scheltwort h=ren lassen,57 welche

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beschuldigt. Vgl. Art. austragen 2), in: DWb 1, 1001. Der Herzog erhielt Osianders Schrift „Von dem einigen Mittler / De unico mediatore“ am 9. Juli 1551. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 204. 44 strittigen, nicht entschiedenen. Vgl. Art. schweben 9.a), in: DWb 15, 2378f. 45 appelliert. 46 Vgl. dazu Stupperich, Osiander in Preussen, 203–206. 47 hervorgegangen. Vgl. Art. herflieszen 2), in: DWb 10, 1091. 48 wenig. Vgl. Art. geringschätzig 1), in: DWb 5, 3706. 49 vor kurzer, kurz zurückliegender. 50 Georg von Polentz, der Bischof von Samland verstarb 1550 und Paul Speratus, der Bischof von Pomesanien, starb am 12. August 1551. 51 zu bedenkenden. 52 erwarten, hinzunehmen. 53 vor jedermann, öffentlich. 54 nachgesagt. 55 gewichtiger Argumente. 56 Frechheit, Kühnheit. Vgl. Art. durren, in: DWb 2, 1743–1745. 57 Seit dem Frühjahr 1551 war die Auseinandersetzung zwischen Mörlin und Osiander nicht mehr nur in Verhandlungsrunden und Schriften, sondern in zunehmendem Maße auch von der Kanzel und dem Universitätskatheder herab geführt worden. Herzog Albrecht hatte daher schon in einem Mandat vom 8. Mai 1551 (vgl. Anm. 29) gefordert, Eingkeit herzustellen und zukünftig gegenseitige Schmähungen zu unterlassen, um die Pfarrkinder und Studenten nicht weiter zu verwirren. Vgl. Anm. 34; Stupperich, Osiander in Preussen, 154 –161; Kaufmann, Theologische Auseinandersetzungen, 280 –282; Diestelmann, Joachim Mörlin, 135f. 43

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er vnter vermeintem58 schein vnd vorsetziglich zu defendirn vnd verteidigen sich h=chstes fleisses bemFhet vnd anmasset. Vnd hat vns damit verursacht, das wir jme vnd seinem anhange zu erkennen geben, sie m=chten jre vermeinte anklag anstellen59 vnd volfFren, da es stad hette vnd sich gebFrte, so wolten wir fFr vnser interesse der Christlichen Kirchen ordentliche erkantnus aus Gottes wort vber diese spaltungen vns auffs f=rderlichste zu erholen vnd diese jrrungen dardurch endlich zu entscheiden vnd vber solchem erkantnus gebFrlich zu halten wissen. Damit wir aber grFndliche60 wissenschafft61 empfangen m=chten, was doch jre endliche vnd eintrechtige meinung were von obgedachten Artickel, solten sie vns das einen schrifftlichen bericht thun vnd darinnen des Osiandri Confessionem, die wir abermals jnen zuschicken theten, nach jrem besten verm=gen widerfechten vnd confutirn.62 Hierauff haben sie zur entschFldigung fFrgewandt, weil des beklagten bericht solte jn =ffentlichen druck ausgehen, wFsten sie sich mit jm in kein priuat schreiben einzulassen, vnd haben vns die vberschickte Copei vner=ffnet widerumb vberantworten lassen, die wir jnen widerumb zugefertigt vnd zwey mal jren gegen bericht erfordert.63 [E 4v:] Wir haben aber den selben bis an diesen tag von jnen nicht erlangen m=gen, vnd haben in stehender64 handlung jrer zwen, aus jnen nicht die geringscherzigsten,65 da sie gemercket, das jnen nicht gestatet wolte werden, diese sache nach jrem willen zu tractiren, jren abschied aus vermeinten vrsachen gebeten vnd erlanget,66 vnd sollen (wie wir berichtet) in fFrhaben sein, diese Theologische jrrungen in frembden Landen noch beschwerlicher67 zu spargirn68 vnd Vns vnd vnsere Rethe, die wir zu diesen sachen gezogen, bey menniglichen zu uerunglimpffen.

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eingebildetem. Vgl. Art. vermeinen, in: DWb 25, 853. ordentlich vorbringen. Vgl. Art. anstellen, in: DWb 1, 484. 60 vollständige. 61 Kenntnis. Vgl. Art. Wissenschaft A.2.b), in: DWb 30, 784. 62 Nach der Weigerung der Gegner Osianders, dessen Schrift „Von dem einigen Mittler / De unico mediatore“ anzunehmen, sandte Herzog Albrecht ihnen die Schrift unverzüglich nochmals zu und verlangte von ihnen, ihm ihre Reaktionen darauf in deutscher Sprache mitzuteilen. Insbesondere sollten sie die von Osiander vorbrachten Lutherzitate im Verhältnis zu Osianders Rechtfertigungslehre beurteilen. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 206. 63 Vgl. dazu Anm. 46 und 62. 64 anhengiger, nicht voranschreitender. Vgl. Art. stehend 4.i), in: DWb 17, 1728. 65 unbedeutendsten. 66 Gemeint ist zum einen vermutlich Francesco Stancaro, der dem Herzog im August 1551 Osianders Schrift „Von dem einigen Mittler / De unico mediatore“ im Auftrag aller anderen Gegner Osianders im Herzogtum ungeöffnet zurückgab und dabei zugleich sein Abschiedsgesuch überreichte. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 205. Zum anderen dürfte Herzog Albrecht damit wohl auf Friedrich Staphylus anspielen, der zu den entschiedenen Gegnern Osianders zählte und ebenfalls im August 1551 Königsberg verließ. Vgl. Paul Tschackert, Art. Staphylus, Friedrich, in: RE 18 (1906), 771–776, bes. 773f. 67 lästiger. Vgl. Art. beschwerlich, in: DWb 1, 1604f. 68 auszubreiten. Vgl. Art. spargo, in: Georges II, 2741. 59

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Weil wir vns denn dergleichen zu den Andern auch versehen mussen vnd sie, hindan gesetzet alle billiche69 mittel vnd =rdentliche process, sich vntereinander vnausfFrlich70 beschFldigen vnd condemnirn, daraus endlich allerley vnrat71 erfolgen, der vns vnd jnen vntreglich vnd beschwerlich sein m=chte. Haben wir vns vnsers gethanen erbietens erinnert vnd nach gehabten bedencken72 dahin geschlossen, das wir vns zum f=rderlichsten der Christlichen Kirchen vrteil vber diesen Theologischen spaltungen erholen73 wolten, in hoffnung, es solle dardurch zwischen vnsern Theologis eintrechtigkeit gemacht vnd vnser glimpff,74 den man derwegen bey vielen zu uerletzen sich angemasset, solle von der vermeinten aufflag75 erledigt76 werden. Sintemal77 denn E. Liebe auch ein bekenner vnd defensor der reinen lere, des heiligen, g=ttlichen worts ist vnd des zu vrkund78 vnd zeugnus in jren Landen durch Gottes gnade die Kirchen restaurirn lassen vnd mit GottsfFrchtigen gelerten [F 1r:] vnd geFbten Theologis vnd Predigern sonder79 zweifel nottFrfftiglich80 versehen sein, tragen wir zu E. L. freundlich zuuersicht, E. L. haben mit vns, dieser Theologischen spaltung halben, ein gebFrlich mitleiden vnd geneigten willen zu befordern, das die selbigen durch alle mFgliche wege f=rderlich vnd Christlich entscheiden [sic] vnd beigelegt m=gen werden. Vbersenden derhalben E. L. hiebey zwey Exemplaria von des beklagten teils Confession, vnd ist an E. L. vnser freundliche bitte, E. L. wollen zu f=rderlichster81 gelegenheit jre fFrnemlichen82 Theologos vnd Predicanten darFber fleissige vnd notwendige beratschlagung =rdentlicher weise vnd in gestalt eines Synodi halten vnd jr erkantnus aus Gottes wort schrifftlich stellen vnd jeden in sonderheit seinen namen vnterschreiben lassen vnd vns dasselbige zum f=rderlichsten bey eigener vnd gewisser botschafft zu vnsern eigenen handen vberschicken. Vnd hierFber die verfFgunge mit jren Predicanten, so dem Ratschlag subscribirt, thun, das sie jr gestellet erkantnus auff vier Monat lang vner=ffnet83 (ausserhalb E. L. vnd vns) s=llen vnd w=llen bleiben lassen, damit wir die Execution darauff souil geruhlicher vnd beqwemer

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angemessene, gerechte. Vgl. Art. billich, in: DWb 2, 27. unvollständig, ohne klare Angabe von Gründen. Vgl. Art. unausführlich 2), in: DWb 24, 220. Verwerfliches, hier gemeint: Irrlehren, Spaltungen. Vgl. Art. Unrat 1.a.ζ, in: DWb 24, 1231. eingeholten Ratschlägen. einholen. Vgl. Art. erholen 3), in: DWb 3, 853. Ehre, Ansehen. Vgl. Art. Glimpf 1.b), in: DWb 8, 105. Anschuldigung. Vgl. Art. Auflage 3), in: DWb 1, 680. befreit. Weil. Beweis. Vgl. Art. Urkund A.3.a), in: DWb 24, 2456f. ohne. allen Erfordernissen nach. Vgl. Artl. Nothdurft 3), in: DWb 13, 927. schnellstmöglicher. Vgl. Art. förderlich 2), in: DWb 3, 1890. hervorragendsten, bedeutendsten. unveröffentlicht.

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Nr. 4: Ausschreiben Herzog Albrechts (1551)

m=gen ins werck bringen vnd dieser hohen sache vnd allem vnrat, so albereit84 daraus erfolget, mit guter bescheidenheit m=gen abhelffen lassen, in massen, wie wir vns schFldig erkennen vnd zum h=chsten darzu gemeiget sein. E. L. wollen vns in dem freundlich wilfahren vnd wider diesen vnsern ergrFndten85 bericht niemands keinen beifal noch glauben geben vnd der aufflage, ob der einige vber vns an [F 1v:] E. L. albereit gelanget oder kFnfftig gelangen wFrde, vns freundlich entschFldiget nemen. Denn E. L. widerumb freundlich zu dienen sein wir geneiget. Datum K=nigsperg den 5. Octobris Anno 1551.

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schon jetzt. gut begründeten.

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Bayerische Staatsbibliothek München: 4 Polem. 2267 m

Rechte ware vnd Christliche Auslegung vber die Wort des HERRN. Johannis am 16. Jch geh zu meinem Va= ter / vnd ir sehet mich fort1 nicht mehr.2

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Wider die newen Ketze= rey / die / die G=ttlichen Gerechtigkeit / vnsers HERRN Jhesu Christi verwirfft / vnd verlestert / als sey sie nicht / durch den Glauben vnser / vnd jn vns.

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Andreas Osiander. K=nigsperg Jn Preussen / den 20. Septembris. 1551.

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hinfort. Vgl. Joh 16,10.

Nr. 5: Osiander, Rechte, wahre Auslegung (1551) – Einleitung

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Einleitung 1. Historische Einleitung

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Ende des Jahres 1550 spitzte sich die Kontroverse um die Rechtfertigungslehre Andreas Osianders in Königsberg zu und weitete sich gleichzeitig über die Grenzen Preußens hinaus. Dies lag zunächst an der Weigerung von Friedrich Staphylus zu einer Einigung mit Osiander zu gelangen. An der theologischen Fakultät in Königsberg herrschte damit offener Dissens in einer für die Evangelischen zentralen Frage.1 Überdies erhielt Osiander Nachrichten von Hieronymus Besold, seinem Schwiegersohn, dass in Nürnberg das Gerücht verbreitet würde, er vertrete eine falsche Lehre.2 Diese Nachricht beunruhigte Osiander offensichtlich sehr. Schließlich hatte er über Jahrzehnte in Nürnberg gewirkt und war dort bestens bekannt.3 Er verfasste umgehend eine Verteidigungsschrift, in der er selbst offensiv wurde, indem er die Übereinstimmung seiner Lehre mit derjenigen Luthers propagierte und gleichzeitig den Wittenberger Theologen, allen voran Philipp Melanchthon, vorwarf, von Luther abgefallen zu sein und falsch zu lehren.4 Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen beauftragte Herzog Albrecht im Januar 1551 Joachim Mörlin damit, zwischen Osiander und seinen Gegnern in Königsberg zu vermitteln. Doch die Bemühungen Mörlins scheiterten nicht nur, sondern die intensive Auseinandersetzung mit Osianders Lehre und Schriften führten bei Mörlin dazu, dass er schließlich zu dem schärfsten Gegner Osianders in Preußen wurde. Bevor es aber dazu kam, hatte Herzog Albrecht Mörlin aufgetragen, Osiander nicht eher zu verurteilen, als bis er zwei Vorlesungen von diesem angehört habe, in denen er seine Lehre klar und einfach darstellen wolle. Am 16./17. April 1551 hörte Mörlin darum die Ausführungen Osianders, die ihn aber in seiner Beurteilung bestärkten. Der sich daran anschließende, kurze, aber intensive Briefwechsel zwischen den beiden Theologen in der zweiten Hälfte des April endete mit dem endgültigen Bruch und mündete in erste Kanzelpolemiken Mörlins.5 Abermals griff daraufhin Herzog Albrecht Anfang Mai in die Kontroverse ein. Er verlangte, dass die gegenseitigen Verdammungen sofort zu unterlassen seien. Osiander solle innerhalb der nächsten acht bis vierzehn Tage seine Lehre unpolemisch, aber in Abgrenzung von derjenigen seiner Gegner 1

Zur Haltung von Staphylus vgl. Mennecke-Haustein, Conversio ad Ecclesiam, 117–152; Stupperich, Osiander in Preussen, 80– 84, 116 –119. 2 Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 119. 3 Vgl. dazu Seebaß, Werk. 4 Bericht vnd Trost= || schrifft: an alle die: so || durch das falsch / heimlich || schreiben / schreien vnd affterreden / || etlicher meiner feinde / als solt ich von || der Rechtfertigung des Glaubens / || nicht recht halten vnd leren / ge= || ergert / oder betrFbet || worden sein. || Andreas Osiander. || [Königsberg: Hans Lufft, 1551] (VD 16 O 993). Vgl. zu der Schrift Stupperich, Osiander in Preussen, 122–124, Wengert, Defending Faith, 15f. 5 Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 124 –129, 137–141, 144 –147.

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Nr. 5: Osiander, Rechte, wahre Auslegung (1551) – Einleitung

schriftlich darlegen. Diese Ausführungen Osianders sollten jene zur Einsichtnahme erhalten und sollten ihrerseits darauf in acht bis vierzehn Tagen antworten. Daraus solle sich ein Austausch der Positionen ergeben, der sodann einem Gremium von noch näher zu bestimmenden Personen zur endgültigen Entscheidung vorgelegt werden könne. Die Gegner Osianders erklärten sich mit diesem Verfahren einverstanden. Doch Osiander gelang es, Herzog Albrecht zu einer Änderung dieses Vorgehens zu bewegen. Osiander und seine Gegner sollten nun gleichzeitig ihre Glaubenszeugnisse in deutscher Sprache vorlegen. Vom Herzog zur Eile gedrängt, präsentierten Joachim Mörlin, Georg von Venediger, Friedrich Staphylus und Peter Hegemon am 9./10. Juni 1551 ihre Positionen.6 Osiander hingegen reichte seine sehr umfangreiche Schrift „Von dem einigen Mittler“7 erst am 9. Juli bei Herzog Albrecht ein. Deren Drucklegung war am 9. September fertig, um sie an unterschiedliche evangelische Theologen im Reich zur Begutachtung zu versenden.8 Osiander scheint noch vor der Fertigstellung seiner Schrift Einsicht in die Ausführungen seiner Gegner erhalten zu haben, denn er bezog sich gelegentlich auf deren Argumente.9 So hatten sie z. B. zur Erklärung des Begriffs der Gerechtigkeit besonders auf Joh 16,10 verwiesen.10 Speziell gegen ihre Interpretation dieser Bibelstelle wendete sich Osiander im September 1551 mit der hier edierten Schrift.

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2. Der Autor Osiander11

geriet im Laufe des Jahres 1551 zunehmend unter Andreas Druck. Die im Reich umlaufenden Gerüchte, die ihn als einen Irrlehrer erscheinen ließen und die teils sehr polemischen Angriffe seiner Gegner im Herzogtum Preußen, führten bei ihm zu der Überzeugung, seine Positionen ebenfalls schärfer verteidigen zu müssen. Aufgrund der Vertrauensstellung, die er bei Herzog Albrecht genoss, konnte er seine Ansichten unbehelligt veröffentlichen. Diese Sonderbehandlung führte jedoch nur zu einer Verstetigung des Streits und zu dessen weiterer Eskalation. 6

Die Bekenntnisse wurde veröffentlich in VON Gottes Gnaden Vnser || Albrecht) des Eltern / Marggraffen zu Bran || denburg / in Preussen / zu Stettin ... || Hertzogen / || Burggraffen zu N=renberg vnd || FFrsten zu Rugen etc. || Ausschreiben || An vnsere alle liebe getrew) vnd || Landschafften ... || dari] grFnd || lich vnd =rdentlich / wie sich die ergerliche zwispalt || vber dem Artickel von vnser armen SFnder Recht= || fertigung / vnd warer ewiger Gerechtigkeit / erha= || ben / vnd was wir vns mit grossen sorgen einigkeit || zumachen / bemFhet / dargethan ... || [Königsberg: Hans Lufft, 1553] (VD 16 P 4780), B 3v–E 1r: B 3v–C 2r (Staphylus), C 2r–C 3v (Mörlin), C 3v–D 3r (Georg von Venediger), D 3r–D 3v (Erstes Bekenntnis von Peter Hegemon), D 4r–E 1r (Zweites Bekenntnis von Peter Hegemon). 7 Vgl. OGA 10, Nr. 488/496, S. 49–300. 8 Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 151–154, 195 –211. 9 Vgl. z. B. OGA Nr. 488, S. 110,31–112,3, mit Anm 152; 228,23f, mit Anm. 522. 10 Vgl. OGA 10, Nr. 491, S. 307. 11 Zu ihm vgl. oben die Einleitung zu Nr. 1.

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Nr. 5: Osiander, Rechte, wahre Auslegung (1551) – Einleitung

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3. Inhalt

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Osiander beginnt seine Ausführungen mit dem Verweis darauf, dass Ketzer zu allen Zeiten die biblische Botschaft durch Fehlinterpretationen völlig verfälscht hätten. In der eigenen Gegenwart erkannte Osiander die Entstehung einer neuen Ketzerei, die durch falsche Auslegungen von Joh 16,10 die göttliche Gerechtigkeit der göttlichen Natur Christi schändlich lästere. Im Anschluss daran beschreibt Osiander zunächst sein Verständnis der Rede in Joh 16,8 –11, dass der heilige Geist die Welt strafe. Das „strafen“ bedeute „streitig überzeugen, in einer Disputation überwinden“. Dies habe der heilige Geist durch die Apostel getan und tue dies weiterhin zu allen Zeiten durch „andre geistreiche leut“ (A 3 r). Darum sei Streit über Auslegungen ein unabschließbarer Prozess. Denn „die Welt“ widerspreche beständig; darum müsse der heilige Geist beständig „strafen“. Nach diesen einleitenden Darlegungen, beginnt die eigentliche Auslegung Osianders von Joh 16,10. Wenn Christus spricht: „Ich gehe zum Vater“, so sei zunächst das Wort „Ich“ von zentraler Bedeutung. Denn es zeige klar, dass allein Christus zum Vater gegangen sei. Des Weiteren erklärt Osiander sein Verständnis der Rede vom „zum-Vater-gehen“. Dies heiße, dass Christus, und nur er allein, die Fähigkeit besessen habe, zum Himmel aufzufahren und zur Hölle hinabzusteigen. Den Grund dafür erkennt Osiander in der göttlichen Natur Christi. Durch Verweis auf das augustinische Axiom „opera trinitatis ad extra sunt indivsa“ (A 4r) wird das Handeln Christi nach seiner Gottheit oder seiner Menschheit stets der gesamten Person der Trinität gleichermaßen zugeschrieben. Daran anschließend führt Osiander verschiedene Bibelstellen an, um seine Position zu untermauern. Von besonderer Bedeutung wird dabei der Verweis auf Joh 3,13. Denn daraus folgert Osiander, dass Christus allein nach seiner göttlichen Natur vom Himmel herabgestiegen sei und darum auch nur nach dieser göttlichen Natur dorthin wieder aufsteigen könne. Die menschliche Natur Christi sei in Maria gebildet worden. Daraus zieht Osiander weitreichende Konsequenzen für die Auslegung von Joh 16,10: Der Mensch könne nur dann die ewige, himmlische Seligkeit erlangen, wenn er durch den Glauben und die Sakramente der göttlichen Natur und Gerechtigkeit Christi teilhaftig werde. Denn durch die im Glauben und in den Sakramenten vollzogenen Vereinigung mit Christus werde es dem Menschen möglich, mit Christus in den Himmel aufzusteigen, entsprechend I Thess 4,17. Osiander erklärt dann in aller Deutlichkeit, dass nur diejenigen, die daran glaubten, die ewige Seligkeit erlangen würden. Diejenigen jedoch, die bestritten, dass die göttliche Gerechtigkeit in der göttlichen Natur Christi liege, werden von Osiander der Verdammnis übergeben. Zum Abschluss führt Osiander aus, dass die Einwohnung der göttlichen Natur Christi und damit der göttlichen Gerechtigkeit im Menschen nicht

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Nr. 5: Osiander, Rechte, wahre Auslegung (1551) – Einleitung

sichtbar, sondern „heimlich“ (B 4r–v), d. h. verborgen, geschehe und allein im Glauben faßbar sei. 4. Ausgabe Nachgewiesen werden kann eine Ausgabe. A:

Rechte ware vnd || Christliche Auslegung || vber die Wort des HERRN. || Johannis am 16. || Jch geh zu meinem Va= || ter / vnd ir sehet mich fort || nicht mehr. || Wider die newen Ketze= || rey / die / die G=ttlichen Gerechtigkeit / vnsers || HERRN Jhesu Christi verwirfft / vnd || verlestert / als sey sie nicht / durch || den Glauben vnser / vnd jn vns. || Andreas Osiander. || K=nigsperg || Jn Preussen / den 20. || Septembris. || 1551. || (VD 16 O 1092.)

Vorhanden in: DRESDEN, Sächsische Landes- und Universitätsbibliothek: Hist.eccl.E 335,8 LEIPZIG, Universitätsbibliothek: Syst.Theol.678-d/16; Syst.Theol.678-d/5 MÜNCHEN, Bayerische Staatsbibliothek: 4 Polem. 2267 m [benutztes Exemplar] MÜNCHEN, Bibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität: 4 Theol.643:7 WOLFENBÜTTEL, Herzog August Bibliothek: 243.24 Quod; S 229.4 Helmst.(8) Eine moderne Edition der Schrift liegt vor in: OGA 10, Nr. 491, S. 307–316.

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[A 2r:] Rechte, ware vnd Christliche Auslegung vber die Wort des HERRN, Johan. am 16. Cap. „Jch geh zu meinem Vater vnd jr sehet mich fort1 nicht mehr.“2 Andreas Osiander. 5

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Wjewol ich durch lange erfarung vnd vil lesens wol vermerckt vnd verstanden hab, wie mancherley weis vnd wie wunderbarlich3 die heilig Schrifft von denn Ketzern4 verkert vnd felschlich Ausgelegt wirt, sonderlich jtzt in disen letzten zeiten5 von den newen Ketzern,6 die die G=tlichen [sic] Gerechtigkeit der G=tlichen Natur jn JHEsu CHRisto, vnserm Herrn, verwerffen vnd verlestern vnd sie nicht wollen lassen die Gerechtigkeit sein, die vns durch den Glauben zugerechnet, vnser vnd jn vns sey. So hab ich mich doch noch nie versehen,7 das sie so kFn8 vnd vnuerschampt solten sein, das sie sich vnterstunden, die gemelten9 Wort Christi auff jren [A 2v:] Ketzerischen sinn vnd falschen verstand zu ziehen,10 bis ichs in jren schrifften gelesen, aus jren predigen erfarn vnd desselben durch vil gute freund bericht worden bin.11 Dann es sein in der gantzen heiligen Schrifft nicht Wort, die jrer Ketzerey gewaltiger12 widerstehn, dan eben dise wort, die Johannes in seinem Euangelio also gefasset vnd geschriben hat: „Wann der Tr=ster kombt, so wirt er die Welt straffen vmb die SFnd vnd vmb die Gerechtigkeit vnd vmb das Gericht; vmb die SFnd, das sie nicht gleuben an mich; vmb die Gerechtigkeit, das Jch zu meinem Vater gehe vnd jr mich fort13 nicht sehet; vmb das Gericht, das der FFrst diser Welt14 schon gerichtet ist.“15 1

hinfort. Vgl. Joh 16,10. 3 exzentrisch, verschroben. Vgl. Art. wunderbarlich 5.f), in: DWb 30, 1856. 4 Zu Osianders Erfahrungen mit abweichenden Lehrmeinungen zu seiner Zeit vgl. Seebaß, Osiander, 111–135. 5 Zur Endzeiterwartung der Zeit vgl. Leppin, Antichrist und Jüngster Tag. 6 Damit meint Osiander seine Gegner, vornehmlich in Königsberg selbst: Mörlin, Hegemon, Venediger. Vgl. dazu unsere Ausgabe Nr. 9. 7 hätte ich nie gedacht, angenommen. Vgl. Art. versehen 9.a), in: DWb 25, 1247f. 8 vermessen, dummdreist. Vgl. Art. kühn II.2.e), in: DWb 11, 2576f. 9 zitierten. 10 in ihrem flaschen, verkehrten Sinn auslegen. Vgl. Art. ziehen I.E.3.b), in: DWb 31, 984. 11 Anfang Juni 1551 hatten die Gegner Osiander in Königsberg nach Aufforderung durch Herzog Albrecht ihre Bekenntnisse in der Frage der Rechtfertigungslehre eingereicht (vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 152f; Fligge, Osiandrismus, 69 –71). Es scheint, als seien diese Dokumente Osiander zugespielt worden, denn auf diese bezog er sich in seinem eigenen Bekenntnis „Von dem einigen Mittler“ (vgl. bes. OGA 10, Nr. 488, 228,23f, mit Anm. 522), welches er einen Monat nach seinen Gegnern, am 9. Juli 1551, dem Herzog übermittelte. Auf diese Texte bezieht sich Osiander hier wohl erneut. Vgl. auch OGA 10, 50. 12 deutlicher, klarer, eindeutiger. 13 fortan. 14 Der Satan. 15 Vgl. Joh 16,8 –11. 2

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Jn disen Worten zeuget der HERR Christus, das die Welt gantz vnd gar nichts verstehe, was SFnd, Gerechtigkeit vnd G=ttlich Gericht im Reich Christi sey, sonder der heilig Geist, von [sic] Himel herab gesandt, muss es die Welt lehren; vnd nicht allein lehren, sonder auch mit jr darFber gleich hadern16 vnd zancken, als die es nicht gern glauben wil, sonder allerley einred17 furpringt vnd hefftig Widerpart18 helt vnd schlechts19 von jrem blinden sinn vnd jrrigen verstand nicht wil abweichen, dan das w=rtlein „Straffen“ heist alhie eigentlich „vberdisputirn“, „vberwinden“, [A 3r:] „mit guten gegrFndten Argumenten vberzeugen“, wie man in den Schulen thut, vnd also die jrthum straffen, das sie erkennet vnd hingelegt20 werden. Nun ist aber gewiss, das der heilig Geist solches straffen nicht fur sich selbs vbet,21 sonder durch die Aposteln vnd andre geistreiche Leut treybt22 vnd vbet er solche straff, derhalben ist offenbar, das, weil23 die Welt steht vnd noch geistreiche leut in der Welt sein, dises hadern, zancken, disputirn vnd straffen nicht auffh=ren wirt, noch auffh=ren kan, dann der heilig Geist lest seines straffens nicht, so lest die Welt jres widersprechens auch nicht. Wann nun der heilig Geist kombt vnd die Welt strafft, als die nicht weis, was Gerechtigkeit ist, wiewol sie meint, sie wisse es gar wol, Lieber,24 wie strafft er sie? Warmit vberzeugt er sie? Was lehret er sie fur ein wunderliche25 Gerechtigkeit? Die kein Mensch verstehn kan, es vberwinde jn26 dann der heilig Geist? Antwort: Er lehret vnd zeuget, das vnser HERR Jhesus Christus zum Vater geh, vnd aus dem selben sollen wir verstehn, was die ware vnd ewige Gerechtigkeit sey, dardurch wir mussen selig werden. Wir mussen aber fleissig acht haben auff das w=rtlein „JCH“, da Christus spricht: „Jch geh zu meinem Vater.“ „Jch“, spricht Er, [A 3v:] das ist, „jch“ vnd kein andrer, „jch“ vnd sonst niemand, wie er das auffs aller klerist bezeugt Johan. am 3. vnd spricht: „Niemand fehret gehn Himel, dann der vom Himel hernider komen ist, nemlich des Menschen Son, der im Himel ist.“27 Dieweil aber CHRJSTus, der HERRN [sic], allein gen Himel fehret vnd zum Vater geht, so wil von n=ten sein, das wir eigentlich28 wissen, was

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streiten. Vgl. Art. hadern 1.a), in: DWb 10, 117f. Einsprüche. Vgl. Art. Einrede 2), in: DWb 3, 247. 18 Widerstand leisten, Gegenrede führen. Vgl. Art. Widerpart 5.c), in: DWb 29, 1137f. 19 schlicht. 20 Hier analog zu „Streit schlichten“ im Sinne von: überwunden. Vgl. Art. hinlegen 4), in: DWb 10, 1453. 21 ausübt, ausführt. 22 vollzieht. 23 so lange. 24 Direkte Anrede des Lesers in Schmeichelform. Vgl. Art. lieb IV.9), in: DWb 12, 911. 25 seltsame, sonderbare. Vgl. Art. wunderlich A.4.a.γ), in: DWb 30, 1911. 26 ihn. 27 Vgl. Joh 3,13. 28 genau, sorgfältig. Vgl. Art. eigentlich, in: DWb 3, 102f. 17

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es sey,29 das er zum Vater geht. Es ist aber nichts anders, dann, nach dem er aller Welt SFnd auff sich genomen hat,30 das er durch sein Leiden vnd sterben genug dafur thue31 vnd durch sein aufferstehung vnd Himelfart sich auch nach seiner Menschlichen Natur zur gerechten32 Gottes Vaters setze.33 Vnd darinne sein zwen sondre Heubtpunct fleissig zu mercken vnd hoch zu uerwundern: Erstlich das, wiewol aller Welt SFnd auff im gelegen vnd er darumb hat mFssen sterben vnd gen aHelle farn,a34 das er dannoch35 nicht darinne bleibt, sonder SFnd, Todt vnd Helle vnd allen Zorn Gottes also vberwindet, das er dannoch36 wider zum Vater geht vnd sich zu seiner rechten setzt als ein HERR vber alles;37 dan daher haben wir vergebung der SFnd.38 Zum andern, das er allein vnd sonst niemand gen Himel fehret vnd zum Vater geht; dann daraus kombt der recht, rein39 verstand, was die ware, ewige Gerechtigkeit sey, die der heilig Geist mit Hadern vnd Zancken [A 4r:] wider die Heiden vnd Ketzer in der Welt erhalten40 muss. Wollen wir nun dise Gerechtigkeit recht verstehn, was sie sey, so mussen wir wissen, dieweil Christus warer Gott vnd Mensch ist, woher er die krafft hab, das er allein gen Himel feret vnd zum Vater geht, dieweil ja sonst niemand gen Himel feret dan Er, das ist, ob er aus krafft seiner G=ttlichen Natur oder aus krafft seiner menschlichen Natur gen Himel far vnd zum Vater gehe? Vnd da ist als bald die heilig Schrifft lauter41 vnd klar mit vnzelichen gezeugnussen, das es allein aus krafft seiner G=ttlichen Natur geschicht. Solchs recht zu uerstehn, muss man wissen, das, wan Christus etwas von wercken seiner G=ttlichen Natur sagen wil, so schreibt ers gemeinigklich dem Vater zu, dann daraus volget als bald, das es auch Werck des Sons sein, wie er spricht Johan. 5: „Was der Vater thut, das thut zugleich auch der Son“,42 ja auch der heilig Geist nach der gemeinen Regel: „Opera Trinitatis ad extra sunt indiuisa.“43

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Konjiziert aus Hellefarn.

bedeute. Vgl. Jes 53,5. 31 Vgl. I Petr 2,24. 32 Rechten. 33 Vgl. Mk 16,19; Act 7,55; Röm 8,34; Eph 1,20; Hebr 1,3. 34 Vgl. Eph 4,9; I Petr 3,18. Vgl. außerdem Osianders Gutachten zur Höllenfahrt Christi in OGA 9, Nr. 412, S. 324 –327. 35 dennoch, gleichwohl. 36 noch zu der Zeit. Vgl. Art. dannoch, in: DWb 2, 748. 37 Vgl. Eph 1,20 –22. 38 Vgl. Eph 1,7. 39 wahrhaftige. Vgl. Art. rein II.2.g), in: DWb 14, 688f. 40 bewahren. Vgl. Art. erhalten 3), in: DWb 3, 835. 41 deutlich. Vgl. Art. lauter 13), in: DWb 12, 382. 42 Vgl. Joh 5,19. 43 Hierbei handelt es um einen Grundsatz der Trinitätstheologie Augustins. Vgl. Marschler, Opera trinitatis. 30

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Das er aber allein aus krafft seiner G=tlichen Natur vnd nicht aus krafft seiner Menschlichen Natur gen Himel far vnd zum Vater gehe, das zeuget die Schrifft in allen stFcken gewaltigklich.44 Den Gott, der Vater, hat sein45 Seel aus der Helle erl=set, wie Er spricht Jm Sechzenden Psalm [A 4v:] vnd Acto. am 2: „Du wirst mein Seele nicht in der Helle lassen“,46 vnd Psalm 86: „Du hast mich erl=set aus der vntersten Helle.“47 GOTt, der Vater, hat in48 vom Tod aufferweckt, wie geschriben ist in den Geschichten am 2: „Disen Christum hat GOTt aufferweckt vnd auffgel=set die schmertzen des Tods.“49 Jtem am 3: „Jr habt den FFrsten des lebens get=dtet; den hat Gott aufferweckt von den Todten.“50 Jtem 1. Cor. 6: „GOtt hat den HERRN aufferweckt vnd wirt vns auch aufferwecken durch sein krafft.“51 Gott, der Vater, hat in auch in Himel genomen, wie Petrus Acto. 2. zeugt vnd spricht: „Nun er durch die rechten Gottes erh=het ist etc.“,52 vnd Paulus zun Philipp. am 2: „Gott hat in53 erh=het vnd jm54 ein Namen geben vber alle Namen.“55 So aber GOTT, der Vater, die Seel Christi aus der Helle erl=set vnd sein gantze Menschliche Natur vom Todt auffweckt vnd jn erh=het hat bis zu seiner Gerechten,56 so ist vngezweiffelt, der Son vnd heilig Geist habens auch gethon; dan sie drey sein ein einigs57 G=ttlichs wesen vnd G=ttliche Natur; darumb ist gewiss, das Christus in krafft seiner G=ttlichen Natur aus der Helle geht, vom Tod auff steht vnd gen Himel zu seinem Vater fehret. Das ists auch, das Christus selbs sagt Johan. 3: „Niemand fehret gen Himel, dan [B 1r:] der vom Himel hernider kommen ist, nemlich des Menschen Son, der im Himel ist.“58 Christus aber ist allein nach seiner G=ttlichen Natur von Himel hernider kommen, dan sein Menschliche Natur hat aller erst in dem reinen leib der hochgelobten alweg59 Jungfrawen Marie durch wirckung des heiligen Geists angefangen60 vnd ist nicht von Himel herab kommen, wie

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überdeutlich. Christi. 46 Vgl. Ps 16,10; Act 2,27. 47 Vgl. Ps 86,13. 48 ihn (Christus). 49 Vgl. Act 2,24. 50 Vgl. Act 3,15. 51 Vgl. I Kor 6,14. 52 Vgl. Act 2,33. 53 ihn. 54 ihm. 55 Vgl. Phil 2,9. 56 Rechten im Himmel. 57 einziges, einheitliches. 58 Vgl. Joh 3,13. 59 immerwährenden. Vgl. die Beschlüsse des 2. Constantinopolitanums im Jahr 553 (DS 422, 427). Vgl. zudem Franz Courth, Art. Maria/Marienfömmigkeit III/2: Katholisch, in: TRE 22 (1992), 143–148, bes. 144f. 60 erhalten. 45

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etliche Ketzer genarret haben;61 darumb fehret Christus auch jn krafft der selbigen G=ttlichen Natur wider gen Himel. Des gleichen, da er das redet, da war er allein nach seiner G=ttlichen Natur jm Himel, nach der Menschlichen aber auff Erden; darumb fehret er eben in Krafft der selbigen G=ttlichen Natur gen Himel, nach der er im Himel ist; dan seine Wort sein lauter vnd klar: „Niemand feret gen Himel, dan der vom Himel kommen ist vnd im Himel ist. NVN wolten wir ja auch gern in Himel kommen vnd im Reich der Himmel ewigklich bey dem Vater, Son vnd heiligen Geist bleiben. Das geschicht aber nicht, wir werden dan vorhin62 Gerecht, wie Christus zeuget Matt. 5 vnd spricht: „Es sey dan ewr Gerechtigkeit besser dan der Schrifftgelerten vnd Phariseer, so wert jr nicht in das Himmelreich kommen“;63 darumb mFssen wir nicht allein Gerecht sein, sonder auch [B 1v:] ein pessere Gerechtigkeit haben dan die Schrifftgelerten vnd Phariseer; das kan aber kein andre sein dan die G=ttliche Gerechtigkeit Christi, welche ist sein G=ttliche Natur vnd G=ttlich wesen selbs. Dann wan er durch den Glauben in vns wohnet,64 so haben wir sein Gerechtigkeit in vns, die wirt vns auch zugerechnet vnd geschenckt vnd wirckt allerley gute FrFcht in vns,65 wan wir vnsere glider jr zu Waffen der Gerechtigkeit dargeben,66 bis wir jm gehorsam volkommen werden in der Aufferstehung. Wan wir nun gehn Himel wollen fahren vnd fragen nach der Gerechtigkeit, die vns in Himel bringen sol, so steht Christus da vnd spricht: „Niemand fehret gen Himel, dan der vom Himel herab kommen ist, nemlich des Menschen Son, der im Himel ist“,67 vnd ist eben so vil geredt, als da er spricht: „Jch geh zum Vater.“68 Da last vns nun, liebe Christen, die ohren des Geists auff thun vnd recht h=ren vnd verstehn,69 wie Christus dise wort meinet vnd verstanden haben wil. Dann es ist eben so vil gesagt, als sprech er: ‚Jch bin als warer Gottes Son vnd Gott selbs, dazumal70 noch nicht Mensch, von Himel kommen vnd hab auff Erden Menschliche Natur an mich genomen vnd bin doch bey vnd mit dem Vater vnd heiligen Geist im Himel ein G=ttlich wesen bliben; vnd nach dem ich Mensch bin worden, bin ich [B 2r:] 61

Osiander verweist damit wohl auf den Streit, den der Priester und Archimandrit des Hiobklosters von Konstantinopel, Eutyches, auslöste, der für seine monophysitischen Ansichten während des Konzils von Chalcedon im Jahr 451 verurteilt wurde. Vgl. Hanns Christof Brennecke, Art. Eutyches, in: RGG4 2 (1999), 1686; ders., Eutychianischer Streit, in: RGG4 2 (1999), 1686f. 62 vorher. Vgl. Art. vorhin 2.c), in: DWb 26, 1203. 63 Vgl, Mt 5,20. 64 Vgl. Eph 3,17. 65 Vgl. Phil 1,11; Röm 3,22. 66 Vgl. Röm 6,13. 67 Vgl. Joh 3,13. 68 Vgl. Joh 16,10. 69 Vgl. Mt 11,15; Mt 13,9.43; Mk 4,9.12.23; Lk 8,8; 14,35; Apk 2,7.11.17.29; 3,6. 70 damals. Vgl. Art. dazumal, in: DWb 2, 876.

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eben der vorig wareb Gott, wider gen Himel gefaren, gleich wie ich als warer Gott bin hernider kommen, vnd hab doch mein Menschliche Natur nicht verlassen, sonder, warer GOTT vnd Mensch, mich zur Gerechten meins Vaters gesetzt; vnd fehret sonst niemand gen Himel aus eigner krafft dan ich, der einige Son Gottes, warer Gott. Darumb, wolt jr auch gen Himel faren, so must jr durch den Glauben vnd die Tauff in mich eingeleibt71 vnd glider meines Leibs werden, fleisch von meinem fleisch vnd gepein von meinem gepein,72 vnd in mir meiner G=ttlichen Natur auch theilhafftig werden,73 die wirt dann in euch wohnen; vnd wan die SFnd durch den Todt aussgefeget vnd vertilget wirt,74 so wirt mein G=ttliche Natur, die da durch das mittel meiner Menschlichen Natur in euch wohnet, euch mit Leib vnd Seel auch gen Himel fFren vnd erh=hen vnd zum Vater bringen; dan wo mein G=tliche Natur nicht ist, die von Himel hinab gestigen vnd wider hinauff gefarn ist, da wirt kein Mensch ewigklich gen Himel k=nnen fahren.‘ Hierauff hat auch der heilig Paulus gesehen, da er 1. Thesselo.c am 4. Cap. spricht; [B 2v:] „Die Todten in Christo werden anfferstehn zu erst, darnach wir, die wir leben vnd vberbleiben, werden zugleich mit den selben hingezuckt75 werden in den Wolcken, dem HErrn entgegen.“76 Dann da h=ren wir, das alle ausserwelte nicht auss eigner krafft gen Himel faren, sonder durch ein andre krafft dem HERRN Christo entgegen hingezuckt werden, ja, sagt er, hingezuckt werden. S=lches hinzucken aber wirt durch keinen Engel geschehen, sonder die G=ttliche Natur vnsers HERRN JHEsu Christi, der durch Glauben in vns wonet, wirt vns hinzucken, fFren vnd erh=hen, gleich wie der Geist Philippum vom Kammerer aus Morenland hinweg rucket, das in der Kammerer nicht mer sahe, vnd bracht in gen Assdod, Acto. 8.77 Aus dem versteht man nun leichtlich, was es fur ein Gerechtigkeit ist, vmb der willen der heilige Geist in seinen Aposteln vnd Predigern mit der Welt muss Disputirn, hadern, zancken vnd sie straffen, nemlich die G=ttlich Gerechtigkeit, welche auch ist die G=ttlich Natur CHRJsti, der durch den Glauben in vns wonet.78 Vnd ist gleich, als sprech der heilig Geist durch jrgen [sic] einen seiner Prediger: ‚Jr arme, elende, blinde, verfurte Menschen, was sucht, tichtet79 vnd lehret jr doch so mancherley Gerechtigkeit? Wolt jr nicht

b c 71 72 73 74 75 76 77 78 79

Konjziert aus: wvre. Thessalonicher. Vgl. Röm 6,4; Kol 2,12. Vgl. Eph 5,30. Vgl. II Petr 1,4. Vgl. I Kor 5,7. hingerissen, entrückt, aufgenommen. Vgl. Art. hinzucken 1), in: DWb 10, 1551. Vgl. I Thess 4,16f (Luther 1534). Vgl. Act 8,39f. Vgl. Eph 3,17. erfindet. Vgl. Art. dichten 5), in: DWb 12, 1060f.

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h=ren, glauben, verstehn, das [B 3r:] Christus allein der man,80 ist der zum Vater geht? Last jr euch dan nicht sagen, das niemand gen Himel fehret, dan der herab ist kommen? Wolt jr Gerecht sein vnd das Reich Gottes ererben,81 so muss warlich der in euch sein, der allein gehn Himel feret vnd zum Vater geht, das ist Gottes Son, Gott selbs, der von Himel kommen ist, sonst werdt jr nimmer mehr gen Himel farn noch zum Vater kommen. Was hFlffe es dan euch, wan jr gleich alle Gerechtigkeit hett, die Menschen vnd Engel erdencken k=nten, vnd hettet dise einige,82 ewige Gerechtigkeit nicht, die der Son Gottes nach seiner G=ttlichen Natur mit dem Vater vnd heiligen Geist selbst ist, dieweil euch kein andre Gerechtigkeit in Himel erheben vnd zum Vater bringen kan? Wan jr aber dise Gerechtigkeit durch den Glauben ergreifft vnd Christus in euch ist, was kan euch doch mangeln, das jr nicht in seiner Gottheit reichlich, vberflFssig83 vnd vnentlich genug habt? Herwiderumb, in welchem CHRistus durch den Glauben nicht wonet, der ist vntFchtig vnd verworffen, 2. Cor. 13.84 Wer den Geist Christi, das ist, den heiligen Geist, der Gott selbs vnd das gantz G=ttlich wesen ist, nicht hat, der ist nicht Christi; ist er nicht CHRisti, so ist er auch nicht gerecht; vnd auff dise weiss Disputirt, Hadert vnd Zanckt der heilig Geist mit der Welt vber [B 3v:] der waren, ewigen Gerechtigkeit, die GOTt selbs ist, vnd strafft sie vmb jren vnuerstand, das sie so gar nichts darumb weis noch versteht, vnd vber zeuget sie mit disem kurtzen w=rtlein85 allein, das Christus gesagt hat: „Jch geh zum Vater“, das kein andre Gerechtigkeit vor Gott gilt dan86 die G=ttlich Gerechtigkeit Jhesu Christi, seines lieben Sons, die er vom Vater vnd mit dem Vater vnd heiligen Geist gemein hat,87 das ist, sein G=ttlich wesen selbs, das von Himel kommen, menschliche Natur an sich genomen, wider gen Himel gefarn vnd zum Vater gangen ist; vnd wan die menschen ein andre Gerechtigkeit tichten, so helt er jn88 das w=rtlein jmmer fur die Nasen: ‚Christus geht zum Vater‘; dise ewr89 getichte Gerechtigkeit ist nicht Christus, Gottes Son, der vom Himel herab gestigen ist, darumb wirt sie auch nicht hinauff fahren, vil weniger euch hinauff furen; sie ist nicht Christus, der zum Vater geht, darumb wirt sie euch auch nicht zum Vater furen.

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Mann. Vgl. I Kor 6,9f. einzige. Hendiadiyon: reichlich, im Überfluss. Vgl. II Kor 13,5. Ausspruch. Vgl. Art. Wörtchen 1.a), in: DWb 30, 1553. als. zusammen besitzt. ihnen. eure.

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Aber das alles hilfft bey der tollen90 Welt nichts, sie wil schlechts91 diser G=ttlichen Gerechtigkeit, daruon der heilig Geist mit jr disputirt, nicht haben noch h=ren, sonder verwirffts, verleugts vnd verlesterts auffs aller greulichst, wie es jrem FFrsten, dem Teuffel,92 nur wol gefellet. Aber sie hat jr vrteil; dan wer dise Gerechtigkeit nicht hat, der ist [B 4r:] nicht Christi, sonder des Teuffels;93 wer sie verlestert, der redet nicht aus dem heiligen Geist,94 sonder der Teuffel redet aus im;95 wer sie verflucht vnd spricht: ‚Der Teuffel sol sie holen‘,96 ist zu besorgen, er SFndig in97 den heiligen Geist vnd hab kein vergebung,98 weder hie noch dort,99 sonder sey schFldig eins ewigen Gerichts. Doch ist dises disputirn, zancken vnd hadern des heiligen Geists nicht on frucht, dan es finden sich jmmer dar etlich, die dise G=ttliche Gerechtigkeit nicht verwerffen noch verachten – dan sie hat Christum, vnsern HERN [sic], sein leiden, sterben vnd blutuergissen kostet, darmit er sie vns verdienet vnd erworben hat –, sonder nemens an, haltens fest im Glauben vnd begeben100 jr101 jre102 glider zu waffen der Gerechtigkeit, das sie geheiligt werden.103 So ergreifft sie dise Gerechtigkeit, der Son Gottes, auch vnd nimbt sie an zu glidern seiner heiligen Menscheit, wonet in jnen vnd furet sie in krafft seiner G=ttlichen Natur entlich104 gen Himel vnd bringt sie auch zum Vater, da105 sie dan jmmer vnd ewig selig sein. Dann wir sein alle einer jn Jhesu Christo, wie Paulus zeuget Galat. 3.106 Das alles aber geht heimlich im Glauben zu, das wirs nicht sehen noch empfinden, darumb ergert sich auch die welt so grewlich daran.d [B 4v:] Aber gleich wie wir Christo gleuben, wann der spricht: „Das ist mein Leib, das ist mein Blut“,107 ob wirs wol nicht sehen, schmecken, richen, greiffen d 90

Nur in Kustode B 4r: daran.

verrückten, närrischen. Vgl. Art. toll I.1.e), in: DWb 21, 634f. schlicht, einfach. 92 Vgl. Joh 12,31; 14,30; 16,11. 93 Vgl. I Joh 3,10. 94 Vgl. Mt 10,20. 95 ihm. 96 Anspielung auf eine angebliche Aussage Mörlins in einer Predigt. Osiander kommt darauf auch in seinem Bekenntnis „Von dem einigen Mittler“ zu sprechen. Vgl. OGA 10, Nr. 488, S. 92,15 –19. Zur Polemik Mörlins gegen Osiander vgl. zudem Stupperich, Osiander in Preussen, 154 –158. 97 gegen. 98 Vgl. Mt 12,31f; Mk 3,29. 99 Weder im Diesseits noch im Jenseits. 100 überlassen. Vgl. Art. begeben 1.a), in: DWb 1, 1279. 101 ihr: der göttlichen Gerechtigkeit. 102 ihre. Gemeint sind diejenigen, die nach Osianders Ansicht die göttliche Gerechtigkeit richtig verstehen. 103 Vgl. Röm 6,19. 104 schließlich, am Ende der Zeiten. 105 wo. 106 Vgl. Gal 3,28. 107 Vgl. Mt 26,26 –28; Mk 14,22–24; Lk 22,19f. 91

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oder empfinden, also sollen wir jm hie auch gleuben, das er in vns vnd wir in jm seinen,108 das er nach seiner G=ttlichen Natur vnser Gerechtigkeit sey, die vns gen Himel fFren vnd zum Vater bringen werdt; vnd darumb spricht er auch: „Jch gehe zum Vater vnd jr sehet mich furo109 nicht“, gleich als spreche er: ‚Wie ich fur mich selbs in G=tlicher krafft zum Vater gehe vnd mein menschliche Natur mit fFre, also wil ich auch in euch sein vnd Jn EVCH auch zum Vater gehn vnd euch mit fFren; das soll ewr Gerechtigkeit sein; aber jr werdt mich nicht sehen, sonder must es gleuben; dan eben darumb geh ich hinweg, das jr das sehen vnd empfinden must faren lassen110 vnd euch an den Glauben halten. Dan: Selig sein, die da nicht sehen vnd dannoch glauben‘;111 das ist der recht verstand diser wort Christi, vnd wer ein andern bringt, der verfurt die einfeltigen112 vnd wirt sein vrteil mFssen tragen. Ende.

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ihm. Vgl. Joh 17,22f. forthin. aufgeben. Vgl. Art. fahren 13), in: DWb 3, 1255f. Vgl. Joh 20,29. redlichen, unschuldigen Gemüts sind. Vgl. Art. einfältig 2), in: DWb 3, 173.

Staatsbibliothek zu Berlin Berlin – PK, Abteilung Handschriften und Historische Drucke, Signatur Dm 858

Widder das Lesterbuch des hochfliehenden Osiandri / darinnen er das Gerechte Blut vnsers Herrn Jesu Christi verwirfft / als vn= tFchtig zu vnser Ge= rechtigkeit etc.

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An den Hertzogen in preussen geschrieben / Durch Erasmum Alberum D. Gala: 5. Wer euch irre macht / Der wirt sein vrteyl tragen / er sei wer er wolle.1

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I. Timo: 6. So iemand anders leret / vnd bleibt nicht bei den heylsamen wor= ten vnsers Herrn Jesu Christi / Vnd bei der lere van der Gotseligkeyt / der ist in seinen gedancken ersoffen / vnd weys nichts / ist seuchtig in fragen vnd wortkriegen etc.2

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Gal 5,10. I Tim 6,3f.

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Einleitung 1. Historische Einleitung

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Am 8. September 1551 erschien Osianders Schrift „Von dem einigen Mittler“1 und wurde Anfang Oktober an alle Fürsten und Städte versendet, die der Confessio Augustana anhingen.2 Auf diesem Wege gelangte Osianders Schrift nach Magdeburg. Die Stadt stand zu dieser Zeit noch unter Belagerung durch Kurfürst Moritz von Sachsen, der seit Ende des Jahres 1550 die Exekution der Reichsacht im Namen des Kaisers vollzog, in die Magdeburg aufgrund des Widerstands gegen das Augsburger Interim von Karl V. erklärt worden war.3 Die harten offiziellen Übergabebedingungen wurden durch geheimgehaltene Zusicherungen des Kurfürsten abgemildert.4 Daraufhin wurden Moritz von Sachsen Anfang November 1551 die Tore der Stadt nach dreizehnmonatiger Belagerung geöffnet. Anders als Theologen wie Matthias Flacius oder Nikolaus Gallus, die wegen ihres publizistischen Widerstands gegen das Augsburger Interim und die Lehre von den Adiaphora nicht zur Rechenschaft gezogen wurden, musste Erasmus Alber aufgrund seiner besonders scharfzüngigen Polemiken gegen den Kaiser und den sächsischen Kurfürsten die Stadt verlassen.5 Noch bevor Alber wohl Anfang November fortzog, muss er jedoch in Magdeburg Einblick in Osianders Schrift erhalten haben.6 Denn noch dort begann er mit der Arbeit an einer Widerlegung, die er auf seiner Reise nach Hamburg (über Stendal, Salzwedel [dort traf er am 16. November ein], Lüneburg)7 fortsetzte.8 In Hamburg, wo er im Dezember anlangte, vollendete er die hier edierte Schrift. Darum darf wohl von einer Drucklegung und Veröffentlichung im Januar oder Februar des Jahres 1552 ausgegangen werden.9

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Vgl. OGA 10, Nr. 488/496, S. 49–300; zum Erscheinungszeitpunkt der Schrift vgl. ebd., 51. Vgl. das Ausschreiben Herzog Albrechts, in: unsere Ausgabe Nr. 4, S. 121–128. 3 Vgl. zur Belagerung Magdeburgs Ißleib, Belagerung. Kurfürst Moritz nutzte die Gelegenheit, um Truppen zu sammeln, die er im Frühling 1552 zu einem Überraschungsangriff gegen Karl V. (Fürstenaufstand) nutzte, der mit dem Abschluss des Passauer Vertrages endete. Vgl. dazu Rabe, Deutsche Geschichte 1500 –1600, 431–439; Ißleib, Moritz von Sachsen gegen Karl V. 1552; Drecoll, Passauer Vertrag. 4 Vgl. dazu PKMS 5, 25f und bes. Nr. 240, S. 459– 461; Nr. 243, S. 465– 469; Nr. 299, S. 554f. 5 Vgl. Körner, Alber 112–130. 6 Vgl. dazu unten im Text Anm. 1. 7 Zu der Reiseroute vgl. Körner, Alber, 131–133. 8 Er unterzeichnete das an Herzog Albrecht von Preußen gerichtete Vorwort der hier edierten Schrift mit: „Datum, vff der reyse meines exilii im Wintermonat Anno Domini 1551.“ Vgl. unten A 3r, S. 157,17. 9 Anders Wengert, Defending Faith, 363f, bes. Anm. 41. 2

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2. Der Autor Erasmus Alber10 wurde um 1500 wohl in Windecken an der Nidder geboren. Nach dem Schulbesuch in Nidda und Weilburg immatrikulierte er sich 1520 an der Universität Wittenberg. Nachdem er zunächst ein Anhänger Karlstadts gewesen war, rückte er jedoch allmählich von ihm ab und begann, sich immer mehr an der Lehre Luthers zu orientieren. Ab Ende 1521 war Alber als Lehrer in Büdingen (Wetterau) tätig, in den Jahren 1522–1527 in Oberursel. In der Zeit von 1528 bis 1540 war er Pfarrer in Sprendlingen in Dreieich. Im Jahr 1541 wurde er von Joachim II. Hektor von Brandenburg zum Pfarrer in Brandenburg-Neustadt ernannt, jedoch schon im Sommer 1542 wegen seiner Kritik an der Steuerpolitik des Kurfürsten wieder entlassen. Im nächsten Jahr wurde Alber Pfarrer in Staden in der Wetterau. Am 24. August 1543 wurde er in Wittenberg zum Lizentiaten, am 15. Oktober 1543 schließlich zum Doktor der Theologie promoviert. Von November 1544 bis Oktober 1545 war er Pfarrer in den Diensten Graf Philipps IV. von Hanau-Lichtenberg in Babenhausen. Nach seiner Entlassung ging Alber zunächst nach Wittenberg. Im Sommer 1546 musste er wieder von dort fliehen, da inzwischen der Schmalkaldische Krieg begonnen hatte und man den Angriff der albertinischen Truppen befürchtete. Alber floh mit seiner Familie nach Brandenburg, wo er Georg von Minckwitz kennenlernte, der ihm eine Unterkunft in Leipzig anbot. Dort erlebte er im Januar 1547 die Belagerung der Stadt durch den Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen. Von 1548 bis 1551 arbeitete Alber in „unsers Herrgotts Kanzlei“ Magdeburg als Hilfsprediger und kämpfte dort zusammen mit Flacius und Gallus gegen das Augsburger Interim und die Lehre von den Adiaphora der Wittenberger Theologen. Alber zeigte sich dabei als besonders engagierter Verteidiger Martin Luthers, dessen Lehre er durch das kaiserliche Religionsgesetz sowie durch die Wittenberger Theologen verraten fühlte. Das Gefühl des Verrats an Luther führte bei Alber zum Einsatz einer besonders scharfen Polemik gegenüber den Gegnern in seinem publizistischen Kampf, die auch vor Kaiser und sächsischem Kurfürst nicht haltmachte. Als die Belagerung Magdeburgs am 5. November 1551 beendet war, forderte Kurfürst Moritz von Sachsen darum, dass Alber als einziger der Theologen die Stadt verlassen müsse. Alber ging zunächst nach Hamburg (Dezember 1551 bis August 1552). Dort vollendete er die hier edierte Schrift. Auch in ihr wird das mit harter Polemik, nun gegenüber der Person Osianders, vorgetragene Hauptanliegen sei-

10 Zu ihm vgl. Körner, Alber; Ernst-Wilhelm Kohls, Art. Alber, Erasmus, in: TRE 2 (1978), 167–170; Steinhauer, Erasmus Alberus; Heinz Scheible, Art. Alber(us), Erasmus, in: RGG4 1 (1998), 266.

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nes Engagements in den nachinterimistischen Kontroversen, die kompromisslose Verteidigung der Lehre Luthers, überdeutlich. Ab August 1552 wandte er sich nach Lübeck, um für den Winter 1552/1553 wieder nach Hamburg zurückzukehren. Im März 1553 folgte Alber der Berufung zum Superintendenten an St. Marien in Neubrandenburg durch Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg, wo er am 5. Mai 1553 an einer Halserkrankung verstarb. 3. Inhalt

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Die hier edierte Schrift gliedert sich in zwei Teile. Der erste, deutlich kürzere Teil (A 2r–A 3r) ist eine Widmung an Herzog Albrecht von Preußen. Alber kontrastiert darin die Einführung der Reformation in Preußen, durch die das Herzogtum zu einem „Paradeis Gottes“ (A 2r) geworden sei, mit der gegenwärtigen Situation, in der das Land und der Herzog selbst in der Gefahr stünden, sich durch die schädliche Lehre Osianders von der Wahrheit und damit von Gott selbst abzuwenden. Alber verweist auf seine Kenntnis der Schriften Martin Luthers und seinen persönlichen Umgang mit dem Reformator als Beleg dafür, dass Osiander sich fälschlich auf Luther berufe. Dem Wittenberger Reformator, der in seiner Verteidigung die Lehre der Apostel wieder verkündigt habe, gelte es zu folgen. Darum solle Herzog Albrecht sein (Albers) Buch lesen und dann eine Entscheidung treffen. Der zweite, umfänglichere Teil der Schrift (A 3v–H 4v) ist eine teils sehr polemische Widerlegung Osianders. Wie in einer Hinführung zum Thema wird der zweite Teil (A 3v–C 1r) von Alber mit einer Klage über die gegenwärtige Zwietracht unter den evangelischen Theologen eröffnet, die nach seiner Ansicht daher rühre, dass einige Theologen das absurde Vorhaben ausführten, Christus und Belial mit einander zu versöhnen. Auch wenn Gott solche Zustände aufgrund der Undankbarkeit der Menschen, und um deren Standhaftigkeit im Glauben zu prüfen, gelegentlich gestatte, so lasse er doch sein Wort immer wieder durch gute Lehrer predigen. Durch Martin Luther habe Gott zu den eigenen Zeiten das Evangelium predigen lassen. Alber verweist sodann auf die Auseinandersetzungen zwischen Luther, Zwingli und Karlstadt, in denen er (Alber) stets die Meinung vertreten habe, dass man sich unbedingt an Luther ausrichten müsse, da dieser das reine Gotteswort lehre. Als Beipiele für die negativen Konsequenzen eines Abfalls von der reinen Lehre, führt Alber diverse biblische Personen und Gestalten aus der Kirchengeschichte an: Adam, Cain, Ham, Korah, Gegner der Apostel, Cerinthus. Ein zentrales Anliegen Albers wird hier bereits deutlich: die beständige Wiederholung des Hinweises auf die Bedeutung Martin Luthers als Gottes Werkzeug. Luther sei von Gott gesandt worden, da die Welt durch Mohammed und den Papst verführt worden sei. Karlstadt, Zwingli und andere hätten es dann noch besser als Luther machen wollen, aber nur einen fragwürdigen

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Abklatsch seiner Lehre geboten. Man trinke Wasser ja auch aus der frischen Quelle und nicht aus „Cisternen vnd Kr=ten pfFtzen“ (B 2r). Der Satan habe daraufhin, weil Luther in so hohem Ansehen stehe, zunächst Johann Agricola mit seinem Interim als Werkzeug der Verwirrung eingesetzt. Danach habe er es mit der Lehre der Adiaphora versucht. Nun bediene er sich Osianders, um die Kirche zu spalten. So verfolge der Satan eine perfide Strategie, da die Rechtfertigungslehre Osianders vordergründig die Gerechtigkeit Gottes besonders hoch lobe, nur um tatsächlich aber die Bedeutung des Blutes Christi schändlich zu verunehren. Dies sei ein Versuch des Satans, Streit unter den „Luterischen Lerer[n]“ (B 3v) hervorzurufen, um sie „bei den vngleubigen verdechtig [zu] machen“ (B 3v). Denn er wisse genau um die Bedeutung der Rechtfertigungslehre und versuche daher, gerade diese zu beschädigen. In dieser Situation gelte es, sich unbedingt an Luthers Lehre zu halten. Denn allein derjenige, der Luther folge, sei auf dem rechten Wege. Darum wolle er (Alber) aus Gottes Wort den arianischen Geist Osianders belegen. An dieser Stelle beginnt die eigentliche inhaltliche Auseinandersetzung Albers mit der Lehre Osianders. Alber hebt die Mittlerrolle Christi hervor, indem er ihn einen Hohenpriester nennet, da er mit seinem Kreuzestod für die Sündhaftigkeit der Menschheit in und mit seinem Blut Vergebung bei Gott erworben habe. Der listenreiche Satan verweise nun mit Osiander auf die ewige Gerechtigkeit Gottes anstatt auf die Versöhnungstat des Hohenpriesters Christus. Dies bedeute aber, das Verdammungsurteil Gottes in den Vordergrund zu stellen und die Versöhnung mit Gott in Christi Blut auszuschlagen. Alber wendet sich sodann gegen Osianders Vorstellung von der ewigen Gerechtigkeit Gottes als Grundlage für die Rechtfertigung des Menschen. Die ewige Gerechtigkeit vergebe nichts, sonder strafe die Sünder entsprechend dem Gesetz. Da Christus das Gesetz erfüllt habe, gelte es für den Sünder, an das stellvertretende Versöhnungswerk Christi zu glauben, um der Rechtfertigung teilhaftig zu werden. Es sei darum ein „[t]euffelischer mutwill] (C 4r), wenn Osiander die Vergebung der Sünden von der Gerechtigkeit Christi unterscheide. Die vollkommene Gerechtigkeit, von der Osiander rede, erlange der Mensch erst im Jenseits. Der Mensch, auch der Gläubige, bleibe im Diesseits stets Sünder. Darum müsse er sterben; denn wo Sünde sei, da sei auch der Tod. Wäre er vollkommen gerecht, so würde er ewig leben. Doch dies sei die Verheißung des Jenseits. Im Diesseits bestehe die Gerechtigkeit aus der Vergebung der Sünden. Für diese Sichtweise führt Alber zahlreiche Bibelstellen als Beleg an und verweist auf Augustinus und Luther als Gewährsleute. Alber attackiert dann Osianders Behauptung, seine Lehre stimme mit der Luthers überein. Dies sei eine Lüge, und Luther habe derlei Versuche, seine Lehre späterhin für Ketzereien zu vereinnahmen, vorhergesehen.

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Im Anschluss daran kommt Alber auf die Bedeutung der menschlichen Natur Christi zu sprechen. Eben weil Gott in Christus Mensch geworden sei, habe er durch sein Leiden und Sterben den Satan und die Sünde besiegen können. Der Teufel versuche diese Erkenntnis zu verdrängen, indem er die menschliche Natur Christi als unnütz im Versöhnungswerk darstellen wolle. Um dies auszuführen, bediene er sich nun Osianders. Alber zitiert diesen daraufhin und widerlegt dessen Argumente mit dem neuerlichen Verweis auf die Bedeutung des Blutes Christi für die Vergebung der Sünden. Er nennt Osianders Rede von der Kreatürlichkeit des Blutes Christi, die auf Karlstadt verweise, arianisch, denn es sei im Grunde Gottes Blut. Alber tradiert dabei die Unterstellung, Osiander sei ein Jude. Er wendet sich zudem scharf gegen Osianders Versuche, Luther für diese Lehre als Autorität anzugeben und bringt in diesem Zusammenhang die Christologische Zwei-Naturen-Lehre ins Spiel. Luther habe die beiden Naturen Christi nicht voneinander geschieden und die Gerechtigkeit allein der göttlichen Natur zugeschrieben. Alber belegt seine Ansicht unter Bezugnahme auf zahlreiche Bibelstellen und vergleicht Osiander mit Nestorius, der im 5. Jahrhundert die Trennung der Naturen vertreten habe. Alber dagegen betont immer wieder aufs Neue, dass die beiden Naturen Christi nicht voneinander getrennt werden dürften und, dass das Blut Christi, d. h. der Kreuzestod, die Gerechtigkeit für den Sünder bringe, nicht allein die göttliche Natur Christi oder die Gottheit im Blute Christi, wie Osiander lehre. Alber polemisiert sodann gegen die Behauptung, Christi Leiden und Sterben könne nicht gerecht machen, da es vor langer Zeit geschehen sei. Alber nennt dies schlicht törichtes Geschwätz, denn der Kreuzestod Christi besäße eine zeitlose Geltung und überzeitliche rechtfertigende Wirkung. Ebenso scharf setzt sich Alber mit Osianders Auslegung von Röm 5,8 –11 auseinander und vergleicht ihn erneut mit Zwingli und Karlstadt. Er nennt ihn einen halbgebildeten Studenten (Bachant, G 4r) und zieht Vergleiche zu Personen, die Titel kaufen, anstatt sie durch Studien und Arbeiten an Universitäten zu erwerben. Osianders Darlegungen seien kaum verständlich, und er widerspreche sich selbst, wie aus seiner Schrift „Von dem einigen Mittler“ hervorgehe. Auch wirft er Osiander vor, die Confessio Augustana in Zweifel zu ziehen, die Osianders Lehre zufolge nicht mit der Bibel übereinstimmen könne. Zum Abschluss zitiert Alber eine Passage aus einer Tischrede Luthers, in der dieser sich zurückhaltend über Osiander äußert. 4. Ausgabe Nachgewiesen werden kann eine Ausgabe:

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A:

Widder das Lesterbuch des || hochfliehenden Osiandri / darinnen er das || Gerechte Blut vnsers Herrn Jesu || Christi verwirfft / als vn= ||

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tFchtig zu vnser Ge= || rechtigkeit etc. || An den Hertzogen in preussen geschrieben / || Durch Erasmum Alberum D. || Gala: 5. || Wer euch irre macht Der wirt sein vrteyl tragen er sei wer er wolle. || I. Timo: 6. || So iemand anders leret / vnd bleibt nicht bei den heylsamen wor= || ten vnsers Herrn Jesu Christi / Vnd bei der lere van der Gotseligkeyt / || der ist in seinen gedancken ersoffen / vnd weys nichts / ist seuchtig || in fragen vnd wortkriegen etc. [Hamburg: Joachim Löw, 1552] (VD 16 A 1561). Vorhanden in: BERLIN, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz: Dm 858 [benutztes Exemplar] HANNOVER, Stadtbibliothek: 9 an: Ratsbibl. 8 Nr. 31 LEIPZIG, Universitätsbibliothek: Syst.Th.678d/18, Syst.Theol.678-d/18 WITTENBERG, Reformationsgeschichtliche Forschungsbibliothek: SS 3124 WOLFENBÜTTEL, Herzog August Bibliothek: 502.3 Theol.(4), H 143b.4 Helmst.(2), H 148.4 Helmst.(6), S 228.4 Helmst.(9)

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[A 1v:] Virginis et lunae scripta est pars vrbe libelli. Quod reliquum, Alberus scripsit in vrbe Iouis.1

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[A 2r:] Dem Durchleuchtigen, hochgebornen Fursten vnd Herrn, Herrn Albrecht, Marggraffen zu Brandenburg, zu Stetin, Pommern, der Cassuben, Wenden vnd in Preussen Hertzogen, Burggraffen zu Nornberg vnd Fursten zu Rugen, meinem gnedigen Herrn. Durchleuchtiger, hochgeborner Furst, gnediger Herr. Vnser Herr Gott hat dem lande zu Preussen grosse barmhertzigkeyt erzeygt vnd E. F. G. als sein heyliges werckzeug vnd desselben Landes vater erwelet, das Euangelium darinnen zu pflantzen, von den KirchengFtern die Pfarren, Predigempter, Schulen vnd Spitale ehrlich zu uersehen,2 bessern vnd zu erhalten, darzu auch ein Vniuersitet von newen vffzurichten. Also ist das Land zu Preussen ein schones, lustiges3 Paradeis Gottes worden, welchs der alten Schlangen4 sehr wehe thut, vnd wolt gerne dasselb Paradeis verwFsten vnnd also zurichten, wie er itzt mit dem Teutschen Lande vmbghet.5 Es mus furwar ein b=ser, gifftiger, stoltzer, neydischer geyst sein, der nit zufrieden ist, das er durch den Mahometh neun hundert Jar die Orientalische Kirchen vorwustet vnd die warheit zu bodem getretten hat,6 lest sich auch nit benugen,7 das er in den Occidentalischen Kirchen durchs Bapsthumb vnzeliche Selen ermordet vnd noch heutigs tags viel lender, dem Bepstischem Grewel vnterworffen, vnter im hat. Darzu ist er nit zu frieden damit, das er itzt durch sein Jnterim8 [A 2v:] vnd Adiaphora9 schier alle FurstenthFme Deutsches landes an sich bracht hat, sonder wolt auch gern E. F. G. furstenthumb an sich reissen vnd E. F. G. sinn, in ihrem alter,10 von der eynfeltig-

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Alber gibt damit eine kurze Beschreibung der Entstehungsgeschichte seines Werks. In Magdeburg (Virginis: Anspielung auf die Jungfrau im Stadtwappen der Stadt) begann er mit der Abfassung, arbeitete während eines Aufenthalts in Lüneburg (Luna: mythologische Vorstellung, dass Lüneburg von der Göttin Luna gegründet worden sei) daran weiter und vollendete das Werk in Hamburg (Iovis: mythologische Vorstellung, dass Hamburg von Iupiter Hammon als seine Burg gegründet worden sei). Vgl. Beckmann, Historie des FFrstenthums Anhalt V, 2; Körner, Alber, 134. 2 auszustatten, einzurichten. Vgl. Art. versehen 6), in: DWb 25, 1243. 3 anmutiges, liebliches. Vgl. Art. lustig 4.b), in: DWb 12, 1341. 4 dem Teufel. Vgl. Apk 12,9. 5 Anspielung auf die politisch-militärische sowie die religiöse Lage der Evangelischen in Deutschland nach dem Schmalkaldischen Krieg 1546/47 und dem kaiserlichen Religionsedikt (Augsburger Interim) von 1548. Vgl. dazu unsere Edition Bd. 1. 6 Polemische Anspielung auf Muhammads Wirken in Mekka und Medina im 7. nachchristlichen Jahrhundert und auf die Ausbreitung des Islam. Vgl. dazu Anton Schall, Art. Islam I. Religionsgeschichtlich, in: TRE 16 (1987), 315 –336. 7 daran genügen. Vgl. Art. benügen 1.a), in: DWb 1, 1475. 8 Vgl. dazu unsere Edition Bd. 1. 9 Vgl. dazu unsere Editon Bd. 2. 10 Im Jahr 1551 war Herzog Albrecht 61 Jahre alt.

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Nr. 6: Alber, Wider das Lästerbuch Osiandri (1551)

keyt11 in Christo verrFcken,12 welchs mich hertzlich iamert vnd bewegt, E. F. G. dissen klaren vnd waren bericht vntertheniglich mitzuteylen, vnd bitte den barmhertzigen Vater vnsers Herrn Jhesu Christi, er wolt doch dem grimmigen Satan nit so viel willens lassen, auch vber E. F. G. vnd ihre herrschafft die vberhand zu gewinnen. Jch bin bei Doctore Martino, vnserm lieben Elia,14 vor drei vnd dreissig Jaren gewest15 vnd die lebendige Stim D: Martini (Gott lob) offt mit freuden gehoret, welchs Osiandro nit gepuret vnd er auch, als von ihm selbst gelert gnug, nit begert hat, habe auch in dreien iaren fur seinem [Luthers] tode, als ich durch den hellischen Cardinal zweymal veriagt,16 den Man Gottes offt geh=ret, vnd bin von ihm beherberget vnd teglich sein lieber gast gewest. Zuletzt, so hat er freilich nie keyn Buch gemacht, das ich nit gelesen hett, habe aber nie vermerckt, das er also vom Blute vnd Gerechtigkeyt vnsers Herrn Christi geredt oder geschrieben habe wie Osiander.17 Vnd ob wol Osiander seine lesterung mit D. Martini Schrifften vntersteht zu beweisen,18 so thut ers doch nit, vnd wirts nimer mehr in ewigkeyt thun, wie E. F. G. in dissem Buchlin sehen wirt.

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Kindlichkeit, dem schlichten Vertrauen auf. abbringen. Vgl. Art. verrücken 3.b), in: DWb 25, 1022f. 13 Vgl. II Kor 11,3. 14 Zu den Epitheta Luthers (Elia, Mann Gottes, Held usw.) vgl. Kolb, Luther. 15 Alber war Student in Wittenberg. Inskribiert wurde er an der dortigen Universität allerdings erst am 19. Juni 1520. Vgl. Körner, Alber, 9. 16 Gemeint ist Erzbischof und Kurfürst Albrecht von Mainz. Ihm wies Alber die Schuld zu, dass er 1541 die Stelle als Superintendent in Brandenburg/Neustadt sowie 1543 in Staden/Wetterau verlor. Vgl. Körner, Alber, 61–71, 75 –88. 17 Vgl. Andreas Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), G 3v–G 4r, in: OGA 10, 152,18–156,4: „(...), dweil sie Christum unser Gerechtigkeit bekennen und doch die g=ttliche natur in der rechtfertigung von ihm trennen, werden sie alle erschrecklicherweiss irr, k=nnen weder sagen noch wissen, was an Christo oder in Christo sey, das sie unser gerechtigkeit sollen setzen oder sprechen. Einer sagt, es sey ein werck Gottes, das Gott in Christo wirck [Staphylus]; ein ander sagt, es sey ein mittele gerechtigkeit, nicht die g=tlich, auch nicht die menschliche gerechtigkeit [Mörlin]; ein ander sagt, es sey das blut Christi [Mörlin]; ein ander sagt, die wesentliche gerechtigkeit erschaffe ein neue creatFrliche gerechtigkeit in uns, gleichwie er auch weiter narret und sagt, das wesentliche leben Gottes erschaffe in uns ein neues, creatFrliches leben [Melanchthon]; ein ander sagt ein anders, und wollen, wie Paulus I. Tim 1 [Vers 7] spricht, der schrifft meister sein und verstehen nicht, was sie sagen oder was sie setzen.‘ Dann sie tichten uns eine gerechtigkeit, die sol Christus sein und doch nicht Gott sein. Das heist aus Christo ein pur lautere creatur gemacht. Dieweil aber kein Christus ist weder im himel noch auff erden, der ein pur lautere creatur ist, so volgt, das ir Christus auch ein pur lauter nichts ist. Wie kan aber ein solche pur lautere, gedichte creatur, die auch ein pur lauter nichts ist, unser gerechtigkeit sein? Ja, wol ein solche gerechtigkeit, die mit neid, hass, lFgen, lestern, zFrnen, treuen [drohen] und auffrur schwanger gehet und solche frFcht den meisten teil teglich gebirt.“ 18 Vgl. Osianders Schrift „Etliche schöne Sprüche von der Rechtfertigung“ (OGA 9, Nr. 448, S. 582– 601) aus dem Jahr 1551. 12

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Der lugenhafftige Grickel Jsleben,19 der grosse spotter beyde, Gottes vnd aller menschen, rhumet sich auch D. Martinus sei seiner meinung vnd ein Jnterimist, desgleichen thun die Adiaphoristen, die Mammelucken.20 Dann der Satan schemet sich in seinen Propheten keiner lugen. [A 3r:] Haben doch alle Ketzer ihre lere aus der heyligen Schrifft vnterstanden zu beweisen, ists dann wunder, das solchs D. Martino widderfert? Jn der Kirchen Historia steht geschrieben, das der Apostel discipel keyn ander wort noch weisse von Christo zu reden horen noch annehmen wolten, dann wie die liebe Apostelln dauon geredt hatten.21 Also sollen wir auch niemand h=ren, der vff eynander22 weisse von vnser Religion redet, dann Doctor Martinus, vnser Apostel vnd praeceptor, geredt hat. Dann dissen thewern Man hatt Gott zu vns gesandt, den Romischen widderchrist gewaltiglich zu sturtzen vnd von allen Artickeln vnser Religion recht zu reden, dabei gepurt vns zu bleiben vnd vnserm Hern Gott hertzlich dafur zu dancken. E. F. G. wolt diss Buchlin von mir gnediglich annehmen, lesen vnd darnach richten, darzu vnser Herr Gott E. F. G. seinen heyligen Geist gebe. Amen. Datum, vff der reyse meines exilii im Wintermonat Anno Domini 1551. E. F. G. Vntertheniger Erasmus Alberus, exul Christi.23 [A 3v:] Widder den hochfarenden24 Geyst, der das Gerechte Blut

vnsers Herrn Jhesu Christi lestert als vntuchtig zu vnser Gerechtigkeyt.

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Es ergern sich viel LeFte vber der Gelerten zwitracht vnnd vorwundern sich, wie es doch zughet [sic], so die Gelerten einerley Schrifft haben, doch so mancherley opiniones draus fassen. Dergleichen ergernis ist vorzeiten ge-

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Spottbezeichnung für Johann Agricola. Als „Grickel“ bezeichnete man eine launische, wählerische, nie zufriedene Personen. Vgl. Art. grickeln, in: DWb 9, 249. Eisleben wurde verwendet, da Johann Agricola aus Eisleben stammte. Vgl. zu dieser Spottbezeichnung auch Albers Lied „Vom Grickel Interim“ aus dem Jahr 1548, in: unsere Edition, Bd. 1, Nr. 18, S. 887–892. 20 Glaubensabtrünnigen. Vgl. Jan Martin Lies, Art. Mameluck (Mammeluck), in: Lies, Schneider, 95 Schimpfwörter, 127f. Zu der Auseinandersetzung, wer sich in der Frage des Umgangs mit dem Augsburger Interim und der Lwhre von den Adiaphora rechtmäßig auf Luther berufen können vgl. unsere Edition Bd. 1 und 2. 21 Mit Blick auf den Apostelschüler Polykarp berichtet z. B. Irenaeus von Lyon: „[Polycarpus] haec docuit semper quae ab apostolis didicerat, quae et ecclesiae tradidit, et sola sunt vera. [...] unam et solam hanc veritatem adnuntians ab apostolis percepisse se quam et ecclesiae tradidit.“ Irenaeus von Lyon, Adversus haereses III, 3, 4 (FChr 8/3, 34,15f, 36,3f; PG 7, 852f). Die griechische Originalversion des Irenaeus-Texts ist erhalten als Zitat bei Eusebius von Caesarea, Historia ecclesiastica IV, 14,4f: „ταῦτα διδάξας ἀεὶ ἃ καὶ παρὰ τῶν ἀποστόλων ἔμαθεν, ἃ καὶ ἡ ἐκκλησία παραδίδωσιν, ἃ καὶ μόνα ἐστὶν ἀληθῆ. [...] μίαν καὶ μόνην ταύτην ἀλήθειαν κηρύξας ὑπὸ τῶν ἀποστόλων παρειληφέναι τὴν ὑπὸ τῆς ἐκκλησίας παραδεδομένην.“ (GCS 9/1, 332,15–17.22–24; PG 20, 337B.C). 22 eine andere. 23 Selbstbezeichnung im Sinne von: Märtyrer. Vgl. Osten-Sacken, Exul Christi. 24 anmaßenden, überheblichen. Vgl. Art. hochfahren, in: DWb 10, 1613.

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Nr. 6: Alber, Wider das Lästerbuch Osiandri (1551)

west bei den Heyden, da sie sahen, das vnter den Christen so viel Secten vnd gezenck war.25 Nun ist es nit wunder, das menschen irren vnd verfFren konnen, dann s=lchs ist vns angeborn. Ein sonderlich gros gnade aber ist es, das ein mensch bei dem rechten verstand der heiligen Schrifft bleiben kan. Dann wir sind nit allein von natur zu irthum vnd lugen geneyget, sonder haben dar zu [sic] auch noch einen tausent kunstigen26 versucher vnd verfurer, einen grossen gewaltigen widdersacher, den TeFffel, der vmbher ghet vnd suchet, welchen er verschlinge.27 Weill nun die Gelerten andern leFten den rechten weg zeygen sollen vnd darFmb in der heiligen schrifft studiern, so ghet der Satan den selben viel mehr nach weder28 andern leFten, das er ihr hertz verblende vnd inn irthum fFre. Wenn er denn die Gelerten vff seiner seiten hat, so stehts wol vmb sein Reich. Darumb richten die Leyhen gar selten kerzerei an, sonder, wie man spricht,a die Gelerten die verkerten.29 Vnser Herr Gott hat im Paradeiss gesagt, der Satan werd Christum vnd sein Reich verfolgen bis an der [A 4r:] welt ende.30 Dann weill Christus ein fFrst des lebens vnd prediger der warheyt,31 dagegen der Satan ein furst des Tods vnd lugen prediger ist,32 so ists gut zu mercken, das zwischen dissen beyden fursten keyn fried nimmermehr sein wirt. Darumb itzt etliche Theologi toll33 vnd toricht, rasend vnd vnsinnig, tobend vnd wutend sind, die da vnterstehn, zwischen Christo vnd dem Widderchrist frieden zu machen, vnd vnterwerffen sich dem Bapst vnd gotlosen Bischoffen,34 guter zuuersicht, dieselbige werden inn der Christenheyt also regieren

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Im Original steht hier eine Klammer, anstelle einer Virgel.

Eine Anspielung auf die zahlreichen Streitigkeiten in der Alten Kirche und die Reaktionen darauf. Vgl. dazu Hauschild, Lehrbuch I. 26 Ein tausendfach geübter Meister der Verstellung. Vgl. Art. künster, in DWb 11, 2691. Luther verwandte dieses Bild häufig. Vgl. Martin Luther, Großer Katechismus, in: BSLK, 550,12f; Martin Luther WA 23, 64 (Das diese Wort Christi, 1527). 27 Vgl. I Petr 5,8. 28 als. Vgl. Art. weder III.1), in: DWb 27, 2842f. 29 Sprichwörtlich. Vgl. zu diesem populären Spruch der Reformationszeit, zu der impliziten Bildungsfeindlichkeit sowie zu dessen Vorgeschichte im Antiklerikalismus des 15. Jahrhunderts Gilly, Sprichwort; Oberman, Impact, 201–224. 30 Gen 3,15; Apk 12,4f.15–17. 31 Vgl. Joh 14,6. 32 Vgl. Joh 8,44. 33 wahnsinnig, verrückt. Vgl. Art. toll I.1.a), in: DWb 21, 632. 34 Anspielung auf die Lehre von den Adiaphora der Wittenberger Theologen, mit deren Hilfe die kursächsische Politik den Versuch unternahm, die zentralen Elemente des evangelischen Glaubens zu bewahren und gleichzeitig dem Kaiser und seiner Forderung nach Umsetzung des Augsburger Interims zu gehorchen. Vgl. dazu unsere Edition Bd. 2.

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wie die Wolffe vnter den Schaffen35. Warumb aber vnser Herr Gott dem Satan verhengt,36 das er falsche prediger aussendet,37 sind zwo vrsachen: Die erste, das er seine Schuler examinier vnd probier, was sie gelernet, vnd ob sie auch sein wort mit ernst angenommen haben vnd darbei bleiben w=llen. Disser vrsach wirt gedacht Deutero. 13: „Der Herr, ewer Gott, versucht euch, das er erfhar, ob ihr ihn von hertzen vnd von gantzer selen lieb habt.“38 Also schreibt auch S. Paulus. 1 Corin. 11: „Es mussen rotten39 vnter euch sein, vff40 das die, so rechtschaffen sind, offenbar vnter euch werden.“41 Die ander vrsach ist der menschen vndanckbarkeyt, dann wenn die leute vnserm Herrn Gott vmb sein wort nit dancken, sonder noch wol erger42 werden dann zuuor (wie wir itzund leider sehen, das bei dissem hellen liecht des Euangelii alle bose stucke43 vnd wercke der finsternis vberhand nehmen), so nimpt Gott das wort widder von ihnen, wie der Herr spricht Luce 8: „Wer da hat, [A 4v:] dem wirt gegeben, wer aber nit hat, von dem wirt genommen auch das, [was] er meynet zu haben.“44 Wann nun Gottes wort hinweg ist, so hat der Teuffel das regiment vber den menschen, vnd wirt mit im erger denn vorhin, wie Christus spricht Luce 11.45 Dauon schreibt auch S. Paulus 2. Thessa. 2: „Gott wirt ihnen krefftige irthumen senden, das sie gleuben der lugen, weill sie lust haben zur vngerechtigkeyt vnnd nichts nach der lieben warheyt fragen.“46 Doch hat vnser lieber Herr Gott der Welt alzeit disse Gnade erzeiget, das er sein wort nit gar hinweg genummen, sonder immer gute Lerer erweckt hat, dadurch etliche irrigen widder vff die richtige bahn47 kummen sind. Also hat Gott auch etliche frumme Lerer im Bapstumb gegeben, die dem Romischen Widderchrist widerstanden haben. Endlich aber, weil der Jungste tag fur handen,48 hat er vns mit seiner Gnade vberschuttet. Dann durch den thewern Man vnd trewen Propheten49 D. Martinum hat er vns sein wort so reichlich,

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Vgl. Joh 10,12. zulässt. gestattet. Vgl. Art. verhängen 3), in: DWb 25, 524. 37 Vgl II Kor 11,13–15. 38 Deut 13,4. 39 Von Luther häufig verwendete polemische Bezeichnung für Gruppen mit abweichenden Lehrinhalten. Vgl. Diekmannshenke, Schlagwörter der Radikalen, 340–347. 40 auf. 41 I Kor 11,19. 42 schlimmer. 43 Taten, Handlungen. Vgl. Ar. Stück II.D.2.f.β), in: DWb 20, 221. 44 Luk 8,18. 45 Vgl. Luk 11,26. 46 II Thess 2,11f. 47 Weg. 48 kurz bevorsteht. Vgl. Art. fürhanden 5), in: DWb 4, 742f. 49 Zu den Epitheta auf Luther vgl. Kolb, Luther. 36

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so reyn, so klar vnd lauter,50 offenbaret vnd gegeben, das einer ia gern51 zum Teuffel faren mus, der sich itzt verfuren lest. Als die Sacramentschender52 widder das Euangelium anfingen zu toben, gab ich allwege53 dissen rat: Wer den rechten weg treffen54 will, der halte sich an D. Martini lere. Dann dissen Man hat vns Gott aus sondern55 gnaden beschert,56 das er vns den rechten weg zum ewigen leben weise. Solchen rat gebe ich noch heutiges tags vnnd sage also: Wer da vnuerfurt sein vnd selig werden will, [B 1r:] der habe sein lust57 in D. Martini Buchern. So einer dieselbige weniger acht, so58 er ehe verfurt wirt. Is sciat se in Dei cognitione plurimum profecisse, cui Lutherus valde placet. Disse Regel gebe ich allen menschen, die da gedencken selig zu werden vnd ist ein gewisse59 Regel. Wenn vnser Herr Gott sein Wort durch iemand offenbaret, so sehe man vff den selben man, den Gott erwecket vnd berufft, sein wort zu predigen, vnd bleibe bei demselbigen vnd kere sich nicht an die ihenen, die nach ihm kummen vnd wollens besser machen. Jmmer bei dem born60 vnd vrsprung geblieben. Des will ich etliche exempel setzen: Adam empfing von Gott das reyne wort. Darnach kam die heylige Schlang mit einer Munchskappen61 vnd bracht auch ein predigt, die laut62 viel anders weder63 vnsers Herrn Gottis wort.64 Wie solt sich da Adam gehalten haben? Hett er disse Regel gemercket,65 so were er bei dem ersten wort blieben. Weill er aber das erste verlies vnd nam das ander an, so folget daraus der grosse iamer, den wir noch fur augen sehen vnd teglich fulen, daraus vns niemand denn Christus helffen kan. Noch ein Exempel: Adam bracht aus dem Paradis die reyne Lere von der frawen Samen, die der Schlangen kopff zutretten66 solt,67 das ist, niemand wirt selig on durch den Glauben an Christum. Widder disse lere bracht Cain 50

deutlich. leicht. Vgl. Art. gern 10), in: DWb 5, 3726f. 52 Polemische Bezeichnung, die von Luther auf Andreas Bodenstein, nach seinem Geburtsort genannt Karlstadt, und Huldrych Zwingli und dessen Anhänger gewendet wurde. Vgl. Art. Sakramentsschänder, in: DWb 14, 1677; Lepp, Schlagwörter des Reformationszeitalters, 5, 107. Zum Streit über das Abendmahl vgl. Köhler, Luther und Zwingli. 53 immer, beständig. Vgl. Art. allweg, in: DWb 1, 241f. 54 gehen, einschlagen. Vgl. Art. treffen III.1.b.β), in: DWb 21, 1619. 55 besonderen. 56 gegeben, geschenkt. Vgl. Art. bescheren 1), in: DWb 1, 1563. 57 Freude, Vergnügen. Vgl. Art. Lust 4.h), in: DWb 12, 1324. 58 desto. 59 sichere. Vgl. Art. gewiss 1.b), in: DWb 6, 6212f. 60 Quelle. Vgl. Art. Born, in: DWb 2, 243. 61 Polemisch gegen die römische Kirche. 62 klang, besagte. 63 als. 64 Vgl. Gen 3. 65 befolgt. 66 zertreten. 67 Vgl. Gen 3,15. 51

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vff die wercklere, das ist, das man durch eygen verdienste vnd gute werck must selig werden, vnd vmb disser verfluchten lere willen ermordet er seinen frummen Bruder Habel,68 der es mit Adam hielt. Welches lere war nu recht? Adams oder Cains? [B 1v:] On zweiuel69 Adams lere war recht. Cains lere war falsch, denn Adam war fur Cain als der born vnd vrsprung. Noch ein Exempel: Nach der Sindflut war Noe der Born vnd vrsprung vnd der rechte Prediger Gottes worts. Nach ihm kam sein Sone Ham, der bracht ein newe lere vff erden vnd richt viel abg=tterei an.70 Wer nun zur selben zeit nicht wolt des Teuffels sein, der bleybe bei Noe predigt. Das vierde Exempel: Mose hatte die rechte lere von Gott empfangen. Nach ihm vnd widder ihn erhub sich Korah sampt seiner geselschafft vnd hernach viel falscher Propheten.71 Welcher da nit wolt zum Teuffel faren, der bleybe bei dem born vnd vrsprung, das ist, bei Mose vnd lies die Rotten faren.72 Das funffte Exempel: Vnser Herr Christus gab sein wort den Apostelln. Nach den Apostelln kamen andere lerer, die es besser machen wolten. Wer da nit wolt mutwilliglich zum Teuffel faren, der bleybe bei der Apostell lere. S. Johannes der Euangelist hatte die rechte lere von Christo selbst empfangen. Nach ihm neben ihm vnd widder ihn war Cerinthus.73 Wenn du nu zur selben zeit gelebt hettest, zu welchem woltestu dich gehalten haben? Jch were bei Johanne blieben vnd hett Cerinthum lassen faren. S. Paulus hatte die Galater recht gelert, nach ihm kamen andere, die es besser machen wolten.74 Hetten nun die Galater disse Regel gemercket, so weren sie bei dem Born vnd vrsprung blieben vnd hetten die lacunas75 vnd cisternas76 lassen faren.77 Da die gantze Welt durch Mahomath vnd Bapst verfuret war, erwecket vnser Herr Gott seinen auserweleten werckzeug D. Martinum vnd offenbaret vns [B 2r:] durch denselbigen, seinen trewen Diener, sein heyliges Wort. Nach ihm aber kamen Carlstad, Zwingel78 vnd andere die es besser machen wolten. Bei welchem sol ich nun bleiben? Soll ich den Born vnd vrsprung ver68

Vgl. Gen 4. Zweifel. 70 Vgl. Gen 9,20–26. 71 Vgl. Num 16. 72 gab die Abweichler auf, ließ sie fallen. Vgl. Art. fahren 13), in: DWb 3, 1255f. 73 Kerinth lebte im ersten nachchristlichen Jahrhundert und lehrte gnostische Vorstellungen. So sollte die Welt von einer Kraft erschaffen worden sein, die vom Ursprung des Alls weit entfernt sei. Jesus sei der Sohn Josefs und Marias gewesen. Auf ihn sei nach der Taufe das Urprinzip Christos herabgekommen. Danach habe er Wunder vollbracht und den unbekannten Vater verkündet. Christos sei schließlich wieder von ihm gewichen und Jesus habe gelitten und sei von den Toten auferweckt worden. Christos hingegen sei vom Leiden unberührt geblieben, da er rein geistig war. Vgl. Josef Frickel, Art. Kerinthos, Kerinthianer, in: LTHK4 5 (1996) 1402f. 74 Vgl. Gal 1,6 –10. 75 Sümpfe. 76 Zisternen, Brunnen. 77 Vgl. Joh 4,10–14. 78 Andreas Bodenstein von Karlstadt und Huldrych Zwingli. Vgl. Anm. 52. 69

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lassen vnd aus den Cisternen vnd Kr=ten pfFtzen sauffen? Das las ich wol. Aber die leute sind furwitzig,79 newer dinge begirig vnd der reinen lere vberdrussig, es eckelt ihnen fur dem Himmelbrodt80, drumb geschicht ihnen recht, das sie verfurt werden vnd zum Teuffel faren. So mercke nun lieber Christ disse Regel vnd las sie dir nicht nehmen, denn sie ist gewiss, wie ein iglicher, der nicht widder sein eygen gewissen reden will, bekennen mus: Rectum est quodcunque primum fuit, posterius adulterinum, sagt Tertullianus.81 Es hat aber itzt der Satan ein newe list erdacht, die leute zu betriegen. Denn weil er sihet, das D. Martinus bei vns in grossem ansehen ist, so braucht er eyn recht bubenstuck,82 das seine Propheten ihre lugen mit D. Martini buchern schmucken, wie wir sehen an dem verfluchten Buben Magister Jnterim zu Berlin83 vnd an den schendlichen Bauchknechten,84 den Adiaphoristen,85 desgleichen am Osiander. Grickel,86 des Teuffels Kind, voll aller list vnd aller schalckeyt vnd feind aller gerechtigkeyt, der nicht vffh=ret, abzuwenden die rechte Wege des Herrn, rhumet, wenn D. Martinus itzt lebt vnd sehe das schone Jnterim, er wurde fur freuden vffspringen vnd noch zehen Jahre lenger leben.88 Der heylose spotter beyde, Gottes vnd der Menschen, soll seinen woluerdienten lohn noch wol empfahen vnd mit dem Teuffel circuitum89 im hellischen fewer halten. Er ist auch noch in D. Martinus Banne,90 darin gedenckt er zu

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abenteuerlustig in einem unbesonnen, übermütigen und lüsternen Sinn. Vgl. Art. voritzig b), in: DWb 26, 1957. 80 Vgl. Ex 16. 81 Tertullian, Adversus Praxean 2,2 (PL 2, 157B; FChr 34, 104f). 82 ausgemachten Schurkenstreich. Vgl. Hans-Otto Schneider, Art. Bube, Bubenstück, buben, in: Lies, Schneider, 95 Schimpfwörter, 34f. 83 Johann Agricola. Dieser verfasste nach Fertigstellung des Augsburger Interims für den kursächsischen Rat Christoph von Carlowitz einen Ratschlag, in dem er anhand von Luther-, Melanchthon- und Bucerzitaten das kompromissbereite Verhalten gegenüber dem Kaiser in Religionsfragen zu rechtfertigen suchte. Vgl. Kawerau, Agricola, 262. Vgl. zu Agricolas Rolle überdies unsere Edition Bd. 1. 84 Vgl. Röm 16,17f; Phil 3,18f. Vgl. zudem Hans-Otto Schneider, Art. Bauchknecht, in: Lies, Schneider, 95 Schimpfwörter, 26–28. 85 Vgl. dazu unsere Edition Bd. 2. 86 Johann Agrcola. Vgl. Anm. 19. 87 Vgl. Act 13,10. 88 In Verhandlungen mit Markgraf Johann von Brandenburg-Küstrin empfahl Agricola die Annahme des Augsburger Interims vor allem dadurch, dass er behauptete, Luther sei zu den größten Zugeständnissen gegenüber der römischen Kirche bereit gewesen, solange der Artikel von der Rechtfertigung rein gelehrt würde. Er bezeichnte dabei Luther als seinen geistlichen Vater und führte aus, dass Luther, wenn er „diesen Tag noch erlebt hätte, er Herz, Augen und Hände gegen Gott aufgehoben und für solches ‚Jubeljahr‘ Gott gedankt haben würde. Ja, er hätte wol noch zehn Jahre länger gelebt.“ Kawerau, Agricola, 263f, bes. 264. 89 Polemische Anspielung auf das Recht auf freie Bewirtung (Circuitio) von Visitatoren, die von Bischöfen zu einer Visitation der Landgemeinden bestellt waren. Vgl. Franz Michael Permaneder, Art. Circuitores, in WWKL2 3 (1884), 367. 90 Vermutlich eine Anspielung auf die Entzweiung zwischen Agricola und Luther im (ersten) antinomistischen Streit 1537–1540. Vgl. Richter, Gesetz und Heil, 60 –66.

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sterben, drumb mus [B 2v:] er ewiglich verderben. Vnd wer ihn horet, der ist mit ihm ein kind des hellischen fewers. Warlich der Satan ist nicht faul noch seumig, braucht allerley tucke,91 sein Reich zu stercken. Vnd weil er itzt des Herrn zukunfft92 fulet vnd das er schier inn den feurigen Pful soll geworffen werden,93 so gedenckt er, ein grossen Hauffen grosser Hansen94 mit sich in die Helle zu furen. Denn er ist eyn hoher, stoltzer Geyst vnd hat gern hohe leute in seinem hofe. Er hat vnter ihm viel vnd grosse Lender dem Mahometh vnterworffen, er hat vnter ihm die Muscowiten,95 darnach in Europa die meyste Konigreiche, Vnd will dannoch damit der greuliche Wolff nicht gesetiget sein. Dann weill er ein Furst der welt ist,96 so hett er auch gern das vbrige kleyne heufflin, so des Herrn Jesu stimme h=ret, vnd darzu braucht er itzt furnemlich drei wege: Der erste heyst Jnterim (die Bawern nennens Quenterim97 oder Luntherus98), damit hat ers so weit bracht, das sich viel Fursten vnd Stedte demselben wusten Grewel99 vmb eines armen, elenden, siechen, stinckenden, wurmessigen,100 sterbenden, gotlosen, verfluchten vnd verdampten menschen101 willn vnterworffen vnd die erkandte warheyt verleugnet haben. O, ein greuliche sunde widder den heyligen Geystb102 vnd ein gros, schrecklich zeychen vor dem Jungsten tage.103 Der ander weg heyst Adiaphora (die Bawern nennens Quadiaphora104 vnd Quadenteuffel105), da hat der Satan die hochgelerten an sich gezohen,106 die helffen ihm ein heuchelkirch anrichten vnd hindern den lauff des Euangelii, b 91

Konjiziert aus: Gryst.

Tücke = Listen, Hinterhältigkeiten. Ankunft. 93 Vgl. Apk 20,10. 94 einflussreiche Leute; vgl. Art. grosz I.F.1.c.β), in: DWb 9, 481f; Art. Groszhans, in: DWb 9, 541f. 95 Moskowiter. Zeitübliche Bezeichnung für das Großfürstentum Moskau, bzw. das russische Zarenreich. 96 Vgl. Joh 12,31. 97 Polemisches Wortspiel, welches das Interim als faule Angelegenheit abwerten soll, durch die Verbindung der Worte „Que“ und „Interim“, vgl. Art. que, in: DWb 13, 2334. 98 Tagedieb. Vgl. Art. Lunterus, in: DWb 12, 1309; zugleich ein polemisches Wortspiel, um die Differenz zwischen Luther und dem Interim (Lunterus) aufzuzeigen. 99 Gräuel. 100 wurmstichigen. Vgl. Art. wurmäszigen, in: DWb 30, 2259. 101 Gemeint ist wohl Kaiser Karl V., auf dessen Geheiß das Augsburger Interim 1548 erstellt und erlassen wurde. Vgl. unsere Edition Bd. 1. 102 Vgl. Mt 12,31f; Mk 3,28 –30; Lk 12,10. 103 Vgl. Apk 13,13f; 16,13f. 104 Polemisches Spiel mit den Worten „quad, quat = schlecht, böse“ und „Adiaphora“. Damit sollte die Lehre von den Adiaphora als unrecht und widergöttlich diskreditiert werden. Vgl. Art. quad, quat, in: DWb 13, 2294. 105 Wohl: Erzteufel. Verbindung des Wortes „quad, quat“ mit „Teufel“. Zur Intention vgl. Anm. 104. 106 gezogen. 92

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dann ihr falsches, vnbestendiges107 hertz thut draun108 grossen schaden vnter vns, weil sie ein gros ansehens haben. Was sie zuuor beyd, offentlich vnd sonderlich, ver-[B 3r:]dampt haben, das widderuffen sie itzt mit vnuerschampten huhrnstirn.109 O, wie viel leute hindern sie, der warheyt zu gehorchen. Vnser Herr Christus lobt Johannem den Teuffer, weill er vff einer rede bestendig bleybe vnd weder Herodem noch keynen Gotlosen achtet, wie der heylige Geist Psal. 15 befihlt,110 war nit ein rhur,111 das der wird hin vnd her webt, hatte nicht weyche, adiaphoristische kleyder an.112 Wie nun Johannes der Teuffer vmb seines bestendigen gemuts willn lobens werd ist, also sind vnser Thalerologen113 werd, das sie wie das tumme114 Saltz mit fussen zutretten werden, wie der Herr sagt, Matth. 5.115 Ja, es were ihnen besser, das eyn Mulstein an ihren hals gehenckt vnd gewurffen wurden inns Meer, da es am tieffsten ist. Der dritte weg ist die newe ketzerei Osiandri, da wil vns der Satan des aller hohesten Artickels vnser Religion (daher wir Christen heissen) vberdrussig vnd mude machen vnd hindern, das Gottes wort nit auch in Polen vnd Reussen geprediget werde. Die arme Christenheit ist nicht geplaget gnug, Osiander mus sie noch mehr betruben, vff das er die Schrifft helffe erfullen: Et super dolorem vulnerum meorum addiderunt. Psal: 69.117 O, wie lobt derselbe schone Teuffel die ewige Gerechtigkeyt Gottes,118 vff das er mit demselben schein das gerechte Blut vnsers Herrn Christi vnder die fusse trette vnd vns vnser hohste ehre beraube.119 Dann des menschlichen Geschlechts hohste ehre ist, das das WORT Fleysch worden ist.120 So streittet nun der bose Geist darob,121 das vns das Blut Jhesu Christi nit gerecht 107

treuloses. Vgl. Art. unbeständig 5), in: DWb 24, 365f. wahrlich. Vgl. Art. traun 4), in: DWb 21, 1530f. 109 frecher Schamlosigkeit. Vgl. Art. Hurenstirn, in: DWb 10, 1964; Art. Stirn 2.c.α), in: DWb 18, 3192. 110 Vgl. Ps 15,2–4. 111 Rohr. 112 Vgl. Mt 11,7f; Lk 7,24f. 113 Polemisches Wortspiel, dass Alber nutzt, um den Wittenberger Theologen wegen ihrer Lehre von den Adiaphora Käuflichkeit (Taler) zu unterstellen. Beispiele dafür sind auch die Bezeichnungen „Dr. Geiz“ für Georg Major (vgl. Amsdorfs Schrift „Wider den Evangelisten des Chorrocks D. Geiz Major“, unsere Edition Bd. 3, Nr. 3) und „Dompropst“, d. h. in diesem Fall „Pfründenjäger“, für Johann Pfeffinger, vgl. dazu Jan Martin Lies, Art. Dompropst/Propst/Domherr, in: Lies, Schneider, 95 Schimpfwörter, 47f. 114 eigentlich: dumme, törichte. Hier jedoch wohl im Sinne von: schlechte, unnütze. Vgl. Art. tumm, in: DWb 22, 1717. 115 Vgl. Mt 5,13; Mk 9,50; Lk 14,34f. 116 Vgl. Mt 18,6; Mk 9,42; Lk 17,2. 117 Ps 68,27 (Vg). 118 Vgl. z. B. Andreas Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), in: OGA 10, 240,19 –246,26. 119 Vgl. Anm. 17. 120 Vgl. Joh 1,14. 121 darüber. 108

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mache, vnd weiset vns ghen122 Himel, die Gerechtigkeyt Gottes [B 3v:] zu suchen, so doch die Gerechtigkeyt Gottes zu vns vom himel kummen vnd mit vnserm fleisch vnd blut in der Jungfrawen Maria leib ein Person worden ist, da wir sie suchen vnd gewiss finden sollen. Der Teuffel wolt gern vnser lere bei den vngleubigen verdechtig machen vnd viel leute an der erkentnis Christi hindern. Dann wann die vnuerstendigen horen, das die Lutherischen Lerer vnternander vneyns sind, so haben sie ein abschewens furm Euangelio, wiewol sie nit entschuldiget sind. Dann (wie vnser Herr Christus spricht), so iemand will des Vaters willn thun, der wirt innen124 werden, ob disse lere von Gott sei. Da sind viel schoner Bucher D. Martini furhanden, daran halte sich ein iglicher, der da will recht thun vnd kere sich nichts an das gezenck der vbelgelerten.125 D. Martinus hat so klar von vnser Religion geschrieben, das ich nit weys, wie ein mensch irren konne, der sich an seine lere helt. Wer nun dieselbige heylsame lere angenummen hat, der dancke Gott von gantzem hertzen vnd kere126 sich an keynen andern Geyst, er prange127 auch so doch mit worten als wolle, vnd wann er gleich wunderwerck thet, so verachte du ihn doch, dann der Teuffel kan auch zeychen thun. Bleibe du, lieber Christ, auff dem Wege, den du ghest, vnd bitte Gott teglich vmb Gnade, das dich der schone Engel129 nit dauon fure, vnd bete mit Dauid also: „O, das mein leben deine rechte mit gantzem hertzen hielt. Wann ich schaw130 vff dein Gepott, so werde ich nit zu schanden.131 Jch dancke dir von rech[B 4r:]tem hertzen, das du mich lerest die Rechte deiner Gerechtigkeyt, verlas mich nimer mehr.“132 „Jch suche dich von gantzem hertzen, las mich nit feilen133 deiner Gepott.“134 „Jch frewe mich des wegs deiner zeugnis, als135 vber allerley reichthumb.“136 „Das Gesetz deines mundes ist mir lieber, dann viel tausent stucke Gold vnd Silber.“137 Das ist meyn Schatz, das ich dein befehl halte. Das sol mein erbe sein, das ich deine wege halte.“138 „Lugen 122

in Richtung. Vgl. Joh 7,17. 124 sich bewusst. 125 Irrlehrer. In Anlehnung an die Verwendung des Worts „übel“ im Sinne von: sündhaft, schlecht, böse usw. Vgl. Art. übel 6.b und c), in: DWb 23, 16. 126 wende. 127 glänze, beeindrucke. prahle. Vgl. prangen 2), in: DWb 13, 2065. 128 Vgl. Mt 24,24. 129 „(...), denn er selbst, der Satan, verstellt sich als Engel des Lichts.“ II Kor 11,14. 130 schaue. 131 verderben. 132 Ps 119,5 –8. 133 verfehlen, abirren von. 134 Ps 119,10. 135 wie. 136 Ps 119,14. 137 Ps 119,72. 138 Ps 119,56f. 123

Johan. 7.123

Matt. 24.128

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bin ich gram vnd habe grewel daran, aber dein Gesetz habe ich lieb.“139 „Jch habe lust zu deinen zeugnissen, die sind meine Ratsleute“,140 „deine rechte sind mein lied inn meinem hause.“141 „Jch habe den weg der warheit erwelet, deine rechte hab ich fur mich gestelt“,142 „fure mich vff dem steige143 deiner gepott, dann ich habe lust darzu“,144 „wende von mir den falschen weg vnd ghunne mir dein Gesetz.“145 „Lasse meinen gang gewiss sein in deinem wort vnd lasse keyn vnrecht vber mich herschen [sic].“146 „Mein hertz bleibe rechtschaffenc in deinen Rechten, das ich nit zuschanden werd“,147 „vnd nim ia nit von meinem munde das wort der warheyt etc.“148 Lieber Christ, du woltest in dissem hundert vnnd neunzehnden Psalmen offt mit fleis lesen, so wirstu reichlich finden, wie dein hertz gegen Gott stehen soll, vnd habe eyn hertzlich wolgefallens an Doctoris Martini buchern, vnd sonderlich liese gern inn seiner Hauspostill149 vnd inn der Auslegung des vierzehnden, funff-[B 4v:]zehnden, sechszehnden vnd siebenzehnden Capitels Johannis.150 Wer D. Martini Lere lieb hat, vmb den selben Menschen stets wol. Wer aber sein lere gering acht, der ist falsch151 vnd weys nichts von Gott. Mit denen aber stets ser vbel, die gar nichts vom Euangelio wissen vnd h=ren, das die Lutherischen lerer vneyns sind, die gedencken bei ihrem alten irthumb zu bleiben, bis die Gelerten der sachen eyns werden vnd kummen also nummermehr zur erkendnis der warheit. Denselben geschicht aber recht, weill sie nicht mit ernst152 nach dem Reich Gottes gedracht vnd die gnadenreiche zeit153 des offenbarten Euangelii schendlich verseumet haben. Vnd weil sie warten wollen, bis die Gelerten der sachen eins werden, so mussen sie ewiglich warten. Es sind alzeit falsche Lerer gewest vnd werden falsche Lerer bleiben bis an der welt ende.154

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Konjiziert aus: rechtschvffen.

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Ps 119,163. Ps 119,24. 141 Ps 119,54. 142 Ps 119,30. 143 Wege. Vgl. Art. Steig 2.a), in: DWb 18, 1863. 144 Ps 119,35. 145 Ps 119,29. 146 Ps 119,133. 147 Ps 119,80. 148 Ps 119,43. 149 Veit Dietrich, einer von Luthers engsten Mitarbeiter, publizierte 1544 seine Mitschriften von Luthers Hauspredigten, die sogenannte „Hauspostille“. Vgl. WA 52. 150 Vgl. dazu WA 28, 45 und 46. 151 untreu. Vgl. Art. falsch 2), in: DWb 3, 1292. 152 Eifer, Nachdruck. Vgl. Art. Ernst 5), in: DWb 3, 924f. 153 Vgl. Lk 4,19; II Kor 6,2. 154 Vgl. Mt 24,24. 140

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Weill aber viel leute sich an der Prediger zwispalt ergern vnd das Euangelium fur ein zenckische vnd argwonige lere halten vnd also in ihren sunden verderben, spricht deshalben vnser Herr Christus: „Wehe dem menschen durch welchen ergernis kumpt.“ Weill vnser Herr Christus wust, das der Satan die Christenheyt mit Secten plagen wurde, so vermanet er seine Junger, sunderlich als er von hinnen scheyden wolt, ser vleissig, das sie eins sein vnd das Band der liebe nicht zutrennen wolten156 (denn aus hoffart vnd verachtung wechst alle Ketzerei), vnd stellet ihnen fur das exempel seiner vnaussprechlichen liebe gegen vns menschen, waschet ihnen zu warzeychen157 vnd gedechtnis die fusse.158 [C 1r:] O, wie steinhart Hertzen sind es, die sich s=lche liebliche, freundliche, holdselige predigt vnd vetterliche vermanung des HERN, sampt seinem demFtigen exempel des fFswaschens vnd darzu seines Blutvergiessens, nicht bewegen noch erweychen lassen vnd richten Secten an. Hetten sie Christum lieb, so weydeten sie seine Schafe vnd hielten sie zusamen. Der Satan fFlet wol, was ihm vnser Heubtartickel Justificationis, durch D. Martinum erleuchtet,160 fur ein grossen abbruch an seinem Reich thut, drumb versucht er sich am selben vff mancherley weise, vff das wir ihn widderumb verliessen. So will ich nu mit Gottes hFlffe den einfeltigen161 Christen einen grFndlichen,162 klaren vnd lautern Bericht thun vff Osianders Buch,163 welchs funff vnd xx. Quatern164 hat, darin er vnsers lieben Herrn Christi Blut lestert als vntuchtig zu vnser Gerechtigkeit, verkleynet das heylige, theure Blut Gottis vnd nennets nach Arrianischer165 weise ein Creatur,166 vff das er ihm abschneide die krafft zu rechtfertigen, trennet vns den Herrn Christum vnd wFlet in der heyligen Schrifft, wie ein wilde Sawe in eym Weinberge.167

155

Mt 18,7. Vgl. Joh 15,9 –17. 157 sichtbaren Erinnerung. Vgl. Art. Wahrzeichen II.3.i), in: DWb 27, 1025. 158 Vgl. Joh 13,1–20. 159 Vgl. Joh 21,15 –17. 160 klar dargestellt. 161 aufrichtigen, redlichen. Vgl. Art. einfältig 2), in: DWb 3, 173. 162 ausführlichen, vollständigen. Vgl. Art. gründlich B.2.a.β), in: DWb 9, 848f. 163 Osianders Schrift „Von dem einigen Mittler“. 164 Quart ist ein Papierformat, bei dem der Bogen zweimal gefaltet wird, daher vier (lat. quartus) Blätter, das sind acht Seiten pro Bogen, ergibt. 165 Der Presbyter Arius (um 260 –336) verleugnete im vierten Jahrhundert die Wesenseinheit Gott Vaters und des Sohnes. Seine Lehre, die Christus wohl als göttlich, jedoch als aus dem Vater geboren und damit als Geschöpf begriff, wurde auf den Konzilien von Nizäa im Jahr 325 und Konstantinopel im Jahr 381 ausdrücklich verworfen. Vgl. Hans Christof Brennecke, Art. Arius/Arianismus, in: RGG4 1 (1998), 738 –743; Adolf Martin Ritter, Art. Arianismus, in: TRE 3 (1978), 692–719. 166 Vgl. Anm. 17. 167 Vgl. Ps 79,14 (Vg); vgl. zudem die Ähnlichkeit dieser Passage mit dem Beginn der Bannandrohungsbulle Leos X. gegen Luther, bei: Fabisch/Iserloh 2, 364f. 156

Matth. 18155

Johan. 21.159

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Joh. 1.d,169 1. Joh. 1.170 Ebre. 9.171

Jesa. 53.173

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Schrecklich vnd greulich ist es, das der HohmFtige Geyst schreibt, es sey ein greulicher irthumb vnd lauter gedicht,168 das wir sagen (ia die heylige Schrifft sagt es), Christus habe vns mit seinem Blute gerechtfertiget. Das heyst die Menscheit Christi gelestert, die G=tliche warheit lugenstrafft, Gottes Rat verachtet vnd seine Weisheit fur narrheit gehalten. [C 1v:] Der gute Johannes der Euangelist mus auch zum lFgener werden, der da geschrieben hat, das WORT sei Fleisch worden vnd das Blut Jhesu Christi Gottes S=nes reynige vns von aller SFnde. Vnd der frumme Paulus mus dem Osiander auch liegen, da er schreibt, Christus sei gestorben vmb vnser sFnden willen, vnd vfferstanden vmb vnser Gerechtigkeit willn. Denn darumb ist ia Gottes S=ne172 Mensch worden, das er dem Gesetz an vnser stat gnug thet vnd die straff, so wir vmb vnsers vngehorsams willen verdienet hatten, durch seinen gehorsam vff sich lFde vnd sich als vnser Hoherpriester vnd Mitteler fur vns opffert, dem Vater einen sFssen gerFch zu vergebung vnser SFnden.174 Disses Hohenpriesters ampts wolt vns gern der Satan berauben vnd weisen dorthin zu der ewigen Gerechtigkeit Gottes, im schein, als meyne ers ser gut mit vns nach der alten, listigen Schlangen175 art. Ja, du sch=ner Engel,176 du hasts wol troffen. Gottes ewige Gerechtigkeit hat beyde, dich vnd vns, verdampt, vnd solten wir Gerecht werden, so mFst Gottes S=ne vnser Natur an sich nehmen, fFr vns das Gesetz erfFllen vnd vnsere schmertzen vff sich laden, sunst were vns die ewige Gerechtigkeit nicht allein nicht nFtze noch f=rderlich, sonder auch verdamlich gewest, weill wir Gottes feinde177 vnd kinder des Zorns178 waren.

d

Im Original steht: 1. Joh.

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Lügen. Vgl. Art. Gedicht 5.b.α), in: DWb 4, 2015. Vgl. Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), G 4r–v, in: OGA 10, 156, 5–15: „S=lche irren all sehr greulich, erstlich das sie das w=rtlein ‚rechtfertigen‘ verstehen und auslegen allein fur ‚gerecht halten und sprechen‘, und nicht ‚mit der that und in der warheit gerecht machen‘, darnach auch in dem, das sie dar kein unterscheid halten zwischen der erl=sung und zwischen der rechtfertigung, so doch ein grosser unterscheid ist, (...), ferner auch in dem, das sie nichts bestendigs k=nnen setzen, was doch die gerechtigkeit Christi sey, die durch den glauben in uns mFss sein und uns zugerechnet werden, und entlich irren sie auch in dem am allergrobsten, das sie die g=ttliche natur Christi von der gerechtigkeit absundern und Christum zertrennen und auffl=sen, welchs gewislich des leidigen teuffels werk ist.“ 169 Vgl. Joh 1,14. 170 Vgl. I Joh 1,7. 171 Röm 4,25. 172 Sohn. 173 Vgl. Jes 53,4f. 174 Vgl. Eph 5,2. 175 Vgl. Anm. 4. 176 Vgl. Anm. 129. 177 Vgl. Röm 5,10. 178 Vgl. Eph 2,3.

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Solten wir von SFnden los vnd gerecht werden, so [C 2r:] mFst Gottes Son mensch werden, das Gesetz fFr vns erfFllen, vnsere wol verdiente straff durch sein leiden von vns nemen. Darumb ist des Herrn Christi Gepurt, Gehorsam, Leiden, Sterben vnd Vfferstehung vnser Gerechtigkeit vnd seligkeit. Gott sey lob in ewigkeit fFr seine grosse barmhertzigkeit. O du vberschwengliche GFtigkeit vnd herligkeit, vns armen menschen widerfaren, soltu noch durch menschen veracht, verworffen vnd gelestert werden, denen doch solche ehre widerfaren ist. O du schendtliche, schreckliche, greuliche vndanckbarkeit solcher menschen, die ihre himmelische schetze vnd ewige Reichtumme nicht erkennen noch achten. Das heylige vnd Gerechte Blut vnsers Herrn Christi will vns der Osiander nichtig, vnnFtz vnd vntFchtig zu vnser gerechtigkeit machen, vnd fFret ein newe weise, vom Blute Christi zu reden, der heyligen Schrifft gar vnbekand vnd spricht, wir werden gerecht durch Gottes Gerechtigkeit vnnd nicht dFrch vnsers Herrn Christi Blut,179 will also das Wort vom Fleisch vnd die Gerechtigkeyt vom Blute Christi scheyden. Wir keren vns aber nicht an des LFgengeystes gep=lter, sonder gleuben, sagen vnd bekennen von gantzem hertzen, mit allen freuden, das WORT sei Fleysch worden,180 vnd dancken dem allergFtigsten Gott vmb seine G=tliche ehre vns menschen geschehen vnd sFchen181 vnser Gerechtigkeit nirgend anders, denn im Fleysch vnd Blute Jhesu Christi. [C 2v:] Wenn man nu den Osiander fragt, warumb sagestu, das wir durch das Blut Christi nicht Gerecht werden, so ist diss sein Antwort: Christus blut ist ein Creatur. Wie kan vns ein Creatur rechtfertigen?182 Sihestu da den Arrium183 herfur ghucken? Ja, wenn es mein oder eins andern SFnders blut were, oder wenn es KFhe oder Bocks blut were, das kundt vnns freilich nicht gerecht machen. Aber S. Paulus spricht, wir seyen dFrch Gottis Blut erworben, vnd volkummen in Christo, als in dem die gantze fFlle der Gotheit leibhafftig wonet. DFrch sein Blut sind wir gerecht worden, Ro. 5.187 Christus Blut ist nicht ein schlecht188 Menschen blut, sonder (wie es S. Paulus nennet) Gottis Blut, denn in dissem Blute sind verborgen alle Schetze der weissheit vnd erkendniss.

179 180 181 182 183 184 185 186 187 188 189

Vgl. Anm. 17. Vgl. Joh 1,14. suchen. Vgl. Anm. 17. Vgl. Anm. 165. Vgl. Hebr 10,4. Vgl. Act 10,43. Vgl. Kol 2,9. Vgl. Röm 5,9. schlichtes, einfaches. Vgl. Kol 2,3.

Ebr. 10.,184 Ac. 10.,185 Coloss. 2.186

Colos. 2.189

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2. Timo 2.191

Ro. 8.192

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Das Gott von natur vnd ewigkeit gerecht vnd die Gerechtigkeit selbst ist, das macht vns nicht gerecht, sonder also heyst es: „Were vns das Kindlin nit geborn, so weren wir allzumal verlorn.“190 DrFmb spricht S. Paulus: Halt in gedechtnis Jhesum Christum, der von den Todten vfferstanden ist, aus dem Samen Dauid, nach meinem Euangelio. Das Gottes S=ne ist Dauid S=ne vnd mensch worden, dadurch werden wir allein gerecht. Sunst weren wir nymmermehr gerecht worden. Gott hat seines eingebornen S=nes nicht verschonet, sonder denselben [C 3r:] (Non tantum filium Mariae, verumetiam Dei filium) fFr vns gegeben vnd vns mit ihm alles (on zweiuel auch die Gerechtigkeit) geschencket. Durch des Herrn Christi gehorsam sind wir Gerecht worden, Roma 5.193 Das Christus fFr vns zur sFnden gemacht ist, dadurch sind wir gerecht, 2. Cor. 5.194 Nemand [sic] kundt das Gesetz halten, drumb war niemand gerecht. Christus allein hat das Gesetz fFr vns gehalten, daher sind wir gerecht. Sein gehorsam vnd volkummenheit ist vnser Gerechtigkeit. Es must ein bezalung vnd gnugthuung fFr vnsere SFnde geschehen. Vnd mFst das Gesetz in menschlicher natur gehalten sein, weill es aber niemand halten kundt, ward Gottes S=ne selbst mensch vnd erfFllet das Gesetz an vnser stat, dieselbige erfFllung ist vnser Gerechtigkeit. Denn wer das Gesetz helt, der ist gerecht, Roma. 2.195 Weill wir das Gesetz nicht erfFllen kundten, ward Gottes S=ne Mensch vnd erfFllet fFr vns das Gesetz, das wir nun fFr Gott dFrch Christum gerecht sind, Roma. 8.196 Christus ist des Gesetzes ende vnd erfFllung, wer an den gleubt, der ist gerecht, Roma. 10,197 Acto. 13.198 Also steht auch Jesa. 53: „DFrch sein erkendnis, das ist, durch den Glauben an Christum, wirt er, mein Knecht, viel gerecht machen, denn er tregt ire sFnde.“199 Sihe da, das Christus vnser sFnde tregt, dasselb ist vnser Gerechtigkeit. Drumb spricht er Jesa. 43: „Mir hastu erbeit gemacht in deinen SFnden, vnd hast mir mFhe gemacht in dei[C 3v:]nen missethaten. Jch, Jch tilge deine vbertrettung vmb meinen willen vnd gedencke deiner SFnde nicht.“200 Christus hat vns mit seiner sawern201 erbeyt, das ist, mit seinem leiden vnd sterben die Gerechtigkeit vnd der SFnde vergebung erworben. Christus hat fFr202 vnaussprechlicher angst, vmb vn190 191 192 193 194 195 196 197 198 199 200 201 202

Lied: Ein Kindelein so löbelich, Strophe 1, in: Wackernagel II, Nr. 697, S. 525. II Tim 2,8. Vgl. Röm 8,32. Vgl. Röm 5,19. Vgl. II Kor 5,21. Vgl. Röm 2,13. Vgl. Röm 8,1– 4. Vgl. Röm 10,4. Vgl. Act 13,39. Vgl. Jes 53,12. Jes 43,24f. mühevollen. Vgl. Art. sauer II.3.b.β), in: DWb 14, 1865. vor, aus.

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ser sFnden willn, blFtigen schweys geschwitzt203 vnd sein Blut vergossen zu vergebung vnser sFnden. Drumb last vns, Gott zu ehren, vns zu trost vnd dem Teuffel zu trotz sagen: O du heyliges Blut Gottes, du bist mein Gerechtigkeit. Du hast mich gereyniget von meinen sFnden, dir sei lob vnd danck in ewigkeit. Das Christus fFr sich gerecht ist, das were vns nicht nFtze gewest, wenn er vns nicht mit seinem Blut von sFnden gereiniget vnd gerechtfertiget hett. „DFrch seine Wunden sind wir geheylet worden“, Jesa. 53.204 Vnd Zacha. 9: „Du lest aus deine Gefangene, dFrchs Blut deines Bundes.“205 Das mag ie ein grosse Gnade vnd hehrligkeit sein, damit vns Gott verehret hat. Er warff vnsere sFnde vff Christum, die hat Christus vertilget dFrch seinen gehorsam leiden vnd sterben. Gottes S=n hat das Gesetz in menschlicher natur gehalten vnd erfFllet. Denn die ewige Gerechtigkeit Gottes (welche Christus selbst ist) macht vns nicht ge-[C 4r:]recht on seinen gehorsam, Blutuergiessen, leiden vnd sterben. Drumb ists ein Teuffelischer mutwill,206 das Osiander die erl=sung vnd vergebung der sFnden von des Herrn Christi Gerechtigkeit vnd Blut absondert. S. Johannes schreibt, Christus sey die vers=nning [sic] fFr vnsere sFnde.207 Jst die SFnde vers=net, so sind wir gerecht, das felet nimmermehr. Vnser Herr Christus spricht, sein Gang zum Vater, das ist, das er dFrch den Todt vnd vfferstehung zum Vater ghet, sei vnser Gerechtigkeit. Also schreibt auch sein trewer diener Paulus, Roma. 5, vnd spricht, „der Tod vnd vfferstehung Christi sei vnser Gerechtigkeit.“209 Vnd Phil. 3. spricht er, „die krafft der vfferstehung Christi vnd gemeinschafft seiner leiden sei vnser Gerechtigkeit.“210 Vnd Titum 1. & 3., „wir werden gerecht dFrch Christus gnade.“211 Vnd disse Gnade nennet S. Paulus Roma. 5.212 die Gnade des menschen Jhesu Christi, vff das wir viel mehr sehen vff seine Gnade vnd Menscheit, weder213 vff seine ewige Gerechtigkeit vnd Gotheit, welche vns ausser des Herrn Christi menscheit schrecklich vnnd nicht tr=stlich ist. Denn were er nicht Mensch worden, so hett vns seine Gerechtigkeit nimmermehr gehulffen. Wir wollen vnser Gerechtigkeit nirgend anders sFchen, denn214 in Marien

203 204 205 206 207 208 209 210 211 212 213 214

Vgl. Lk 22,44. Jes 53,5. Vgl. Sach 9,11. Frevel. Vgl. Art. Mutwille 3), in: DWb 12, 2833. Vgl. I Joh 2,2. Vgl. Joh 16,10. Vgl. Röm 5,8 –11. Vgl. Phil 3,10. Vgl. Tit 1,9; 3,7. Vgl. Röm 5,1f. als. als.

Johan. 16.208

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Gene. 28.215

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schos, an ihren BrFsten, in der [C 4v:] Krippen vnd windeln vnserse Herrn Christi, vnd nicht ghen Himmel darnach ghaffen. Des Herrn Christi menscheit ist vnser leyter hie vff erden, die rhFret mit der spitzen bis an himmel, daran halten wir vns, dadurch steigen wir inn himmel. Ebre. 9. steht geschrieben: „Vnser Herr Christus habe vns mit seinem Blute ewige erl=sung erworben.“216 Dieselbige erl=sung halten wir fFr vnsere Gerechtigkeit. Jn dissem leben haben wir nicht die volkummene Gerechtigkeit, dauon Osiander schreibt,217 weill noch sFnde in vns ist, als S. Paulus auch von ihme selbst sage vnd klaget, Roma. 7.218 Sonder gleich wie wir in dissem sterblichen leben des ewigen lebens warten, also warten wir in dissem sFndlichem leben der ewigen Gerechtigkeit, wie S. Paulus sagt, Gala. 5: „Wir warten im Geyst durch den Glauben der Gerechtigkeit, der219 man hoffen mus.“220 Wie nun itzt SFnde vnd Todt bei einander sind, also werden wir hernach ewige Gerechtigkeit vnd ewiges leben mit einander haben. Was wir itzt haben, das haben wir in hoffnung, wie S. Johannes sagt: „Wir sind Gottes Kinder, vnd ist noch nicht erschienen, was wir sein werden, wir wissen aber, wenn es erscheinen wirt, das wir ihm gleich sein werden“, 1. Johan. 3.221 Wo SFnde ist, da ist auch der Todt. Wo volkummene Gerechtigkeit ist, das ist ewiges leben. Weill [D 1r:] wir hie noch SFnde haben, so mFssen wir sterben. Hetten wir hie volkummene Gerechtigkeit, so stFrben wir nicht. Weill die sFnde noch an vnser verdirbten natur klebet vnd wir derselben in dissem leben nicht los werden, so mus die verdirbte natur sterben vnd am JFngsten tage durch den heyligen Geyst widder ernewet werden zum ewigen leben, da werden wir allererst die ewige Gerechtigkeit empfahen, dere wir hie warten wie S. Paulus sagt.222 So lang wir aber in dissem leben sind, so ist vnser Gerechtigkeit nichts anders denn vergebung der sFnden. Hetten wir die volkummene vnd ewige Gerechtigkeit, so kundten wir nicht sFndigen. Weill

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Konjiziert aus: vnses.

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Vgl. Gen 28,12. Vgl. Hebr 9,12. 217 Vgl. Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), P 2r, in: OGA 10, 216,2–13: „So ist nun Vater, Son und heiliger Geist, das gantz g=ttliche wesen in uns, und der Vater gebirt uns durch seinen samen wider von neuen, das ist, er verneuet unsern alten menschen gantz und gar, das wir eine neue creatur werden. Ein creatur sein wir und bleiben wol ein creatur, wie k=stlich wir auch verneuert werden, aber der same Gottes und das gantze g=ttliche wesen, das also aus ganden in uns ist wie in Christo von natur und bleibt ewigklich in uns, das ist Gott selbs und kein creatur, wirt auch in uns oder von unsernwegen nimmermehr kein creatur werden, sonder wol warer Gott ewigklich in uns bleiben. Derhalben haben wir nun aus gnaden auch beide naturn, nemlich nicht allein die menschlichen (...), sonder wir sein auch der g=ttlichen natur teilhafftig (...).“ 218 Vgl. Röm 7,14 –25. 219 auf die. 220 Gal 5,5. 221 I Joh 3,2. 222 Vgl. Gal 5,5. 216

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aber die SFnde itzt in vns wohnet, als S. Paulus sagt,223 vnd wir selbst on vnterlas fFlen, so ist vergebung der sFnden, durch Christum erworben, vnser Gerechtigkeit. Daher sprechen wir: „Jch gleube an den heyligen Geyst, ein heylige Gemeine, vergebung der sFnden.“224 Das ist: Jch gleube, das der heylige Geyst vns heyliget mit vergebung der SFnden, so lang wir hie leben. Gott gibt vns wol gnade, vnser leben zu bessern, dasselb ist aber nicht ein volkummene, sonder ein angefangene Gerechtigkeit, die aller erst nach dissem leben volkummen wirt, da werden wir vnserm Herrn Christo gleich sein, 1. Johan. 3.225 Jtzt aber ist vergebung der sFnden vnser Gerechtigkeit, welchs S. Paulus beweiset226 aus dem 32. Psalm: „Wol dem, dem die vbertrettung vergeben sind, dem die SFnde bedeckt ist. Wol dem [D 1v:] Menschen, dem der Herr die missethat nicht zurechnet.“227 Mit dissen worten weiset vns der heylige Geist zur vergebung der SFnden vnd nicht zu ihener Gerechtigkeit, daruff wir hoffen, Gala. 5.228 Also spricht auch Gott, Exo: 34: „Du bist der Gott, der sFnde vergibt, vnd ist niemand fFr dir vnschFldig“,229 das ist, niemandt helt dein Gesetz, niemand hat volkummene Gerechtigkeit, sonder vergebung der sFnden ist itzt vnser Gerechtigkeit. S. Paulus spricht, Christus mache die SFnder selig, 1. Timo. 1.230 SFnder sind sie vnd bleiben SFnder ir leben lang, drumb bitten sie auch Gott vmb vergebung der sFnden, so lang sie leben. Selig sind sie aber darumb, das ihnen ire sFnde vmb Christus willn nicht zugerechnet werden, wie der 32. Psalm zeuget.231 Hetten sie die ewige Gerechtigkeit empfangen, wie Osiander sagt, so weren sie nicht SFnder, kundten auch nicht mehr sFndigen. Gleich aber wie Hanania, Misael vnd Asaria im glFenden Ofen von des fewers flammen nicht verderben kundten, Danie. 3,232 vnd Daniel vnter den Lewen lebendig bleibe, Daniel. 6,233 Alber verwendet denn Christus war mit ihnen, also sind wir itzt mitten vnter den SFnden vnd sFndigen teglich, noch hat die SFnde keyne krafft noch macht vns zu uerdammen, denn Christus ist Jmmanuel.234 Ro. 8: „Wer will vns verdammen? Christus ist hie, der ge-

223

Vgl. Röm 7,14–25. 3. Artikel des Apostolischen Glaubensbekenntnisses: „Ich glaube an den heiligen Geist, die heilige christliche Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben, in: BSELK, 43. 225 Vgl. I Joh 3,2. 226 Vgl. Röm 4,6 –8. 227 Ps 32,1f. 228 Vgl. Gal 5,5. 229 Vgl. Ex 34,7. 230 Vgl. I Tim 1,15. 231 Vgl. Ps 32,1f. 232 Vgl. Dan 3,21–26. Alber verwendet hier die jüdischen Namen, während in der biblischen Überlieferung in Dan 3 die babylonischen Namen erscheinen: Schadrach, Meschach, AbedNego. Vgl. dazu Dan 1,7. 233 Vgl. Dan 6,17–23. 234 Vgl. Jes 7,14; Mt 1,23. 224

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storben ist etc.“235 Aber gleich wie nach dissem leben keyn todt mehr, sonder ewiges leben sein wirt, also werden wir auch alssden keyn sFnde mehr, sonder ewige Gerechtigkeit haben. [D 2r:] Wir sind hie noch vff dem wege zur ewigen Gerechtigkeit vnd wallen236 dem Herrn, „wandeln im Glauben vnd nicht im schawen“, 2. Cor. 5.237 Wir habens noch nicht ergriffen, sind noch nit volkummen, wir iagen ihm aber nach, das wirs ergreiffen m=gen, wie wir von Christo ergriffen sind etc., Philip. 3.238 Wenn das volkummen kummen wirt, so wirt das stFckwerck vffh=ren.239 Hie mit stimmet240 auch S. Augustinus vnd spricht: Die heylige Altuetter haben gegleubet als wir.241 Waruff haben die Altuetter nun gewart? Das Christus solt die wesentliche Gerechtigkeit werden?242 O nein. Denn er ist die wesendliche Gerechtigkeit von ewigkeit her. Was haben dann die Vetter gegleubt? Sie haben gegleubt, Christus wFrde mensch vnd ein opffer fFr der gantzen welt sFnde werden. Also hat auch D. Martinus Luther gelert. Vnd ist eitel,243 los244 geschwetz, damit Osiander vff D. Martinum so ser pochet, als sei er vff seiner seiten.245 Jch will ihm aber das widderspiel zeygen, quod illum mordeat. Jn der Summarien des obgedachten246 32. Psalmen schreibt D. Martinus, vnser Gerechtigkeit sei nichts anders, denn vergebung der sFnden.247 Jtem, in der Summarien des 130. Psal. schreibt er disse wort: „Dauid bekent, das fFr Gott niemand gerecht sei noch sein m=ge, on allein durch gnade vnd vergebung der sFnden.“248 Desgleichen schreibt er in der Auslegung des 51. Psal.

235

Röm 8,34. wandern zu. 237 II Kor 5,7. 238 Vgl. Phil 3,12. 239 Vgl. I Kor 13,10. 240 Dem entspricht. 241 Konnte leider bislang nicht verifiziert werden. 242 Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), G 3r–v, in: OGA 10, 152,6–13: „Dan sie bekennen mit dem munde, Gott wone durch den glauben in uns, und schreien doch daneben darwider und streitten, Gottes wesentliche Gerechtigkeit, die Gott selbs ist, sey nicht unser gerechtigkeit, k=nn es auch nicht sein, dan sie sey uns zu hoch, und wir k=nnens nicht ergreiffen noch leiden. Ist aber Gottes wesentliche gerechtigkeit, die Gott selbs ist, nicht unser noch in uns, so ist auch in der warheit der ware Gott nicht unser noch in uns. Darumb m=gen sie wol zusehen, wer der Gott sey, der in inen wonet und doch die wesentliche gerechtigkeit Gottes, die Gott selbs ist, nicht neben sich leiden kan.“ 243 leeres. Vgl. Art. eitel 1), in: DWb 3, 383f. 244 nichtsnutzige, bösartiges. Vgl. Art. lose II.5), in: DWb 12, 1184. 245 Vgl. Anm. 18. 246 erwähnten. 247 Martin Luther, WA 38, 28,19 (Summarien über die Psalmen und Ursachen des Dolmetschens 1531–1533): „Summa: Unser gerechtigkeit heisst auf deudsch Vergebung unser sunde, (...).“ 248 Vgl. Martin Luther, WA 38, 60,32–61,2 (Summarien über die Psalmen und Ursachen des Dolmetschens 1531–1533). 236

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vber den dritten vers.249 Jtem, in der Postill prima do-[D 2v:]minica Aduentus.250 Jn Hoseam fo. 105, 248, 249 etc.,251 vnd an mehr orten seiner BFcher. Ja, in der grossen Postill warnet vnd vermanet er, das man sich ia fFrsehe vnd das wort Gerechtigkeit nicht verstehe fFr252 die wesendliche vnd ewige Gerechtigkeit, denn dieselbige sei vns erschrecklich, sonder verstehe dafFr vergebung der sFnden.253 Noch darff Osiander disse lere ein greulich irthumb vnd lauter Gedicht heyssen vnd berFffet sich des vff D. Martinum, das mag mir ie ein vnuerschampter Loser254 man sein. Weill du aber, lieber Christen, den Osiander vff einer offentlichen, wissentlichen255 lFgen findest, so hFte dich fFr ihm vnd lasse dich ia nicht irre machen, halte ihm disse Schrifften D. Martini getrost fFr die nasen et par pari referto. Vexiere256 ihn widder mit der warheit, wie er vns mit lFgen vexieret vnd des Herrn Christi Blut mit fFssen tritt. Wann einer vff offentlicher lFgen funden wirt, so gleubt man ihm nit mehr, oder helt ihn ia verdechtig, wann er schon die warheit sagt. Si mentiris, etiam quod uerum dicis mentiris.257 Jch rede aber von solchen lFgen, die zeitliche ehre vnd gFter betreffen. Viel weniger sol man von dem halten, der fFr Gott vnd der gantzen Welt leugt in den dingen, die Gottes ehre vnd der menschen seligkeit betreffen. Weill nun Osiander vff D. Martini lere offentlich leuget vnd seine lFgen trFcken258 lest vnd alle menschen [D 3r:] vntersteht zu betriegen mit dem namen D. Martini, als eines hochberFmpten Propheten (von dem er doch selbst im hertzen nichts helt), vnd du bleibst gleich wol an seiner falschen lere hangen, die er vff lFgen bawet, so mustu entweder ein Narr oder Schalcksnarr259 vnd ein s=lcher mensch sein, der auch lust zu lFgen hat vnd dem nichts an der warheit vnd seligkeit gelegen. Denn hie sihstu, das er mit lFgen vmbghet, vnd lFgen ist seiner lere Fundament.

249 Martin Luther, WA 40II, 340,33–36 (Enarratio Psalmi LI [1532], 1538): „Ad eundem modum facimus legem per Spiritum sanctum, et tamen manet verbum ‚Miserere‘, hoc est, nos manemus peccatores et opus habemus gratuita remissione peccatorum per Christi meritum.“ 250 Martin Luther, WA 52, 13,14–16 (Predigt am ersten Advent 1533 über Mt 21,1– 9, Hauspostille 1544): „Den sein [Christus] heyligkeyt und gerechtigkeyt will er dir anhengen, das du von den sünden ledig seyst, und sein leben wil er für dich lassen, das du durch seinen todt vom ewigen tod solst erl=set sein.“ 251 Vgl. IN HOSEAM || PROPHETAM || Reurendi D. Martini Lu / || theri Doctoris Theologiae Enarratio, ab ipso et in publicis praelectionibus || tradita, et postea recognita, || Collecta per Vitum Theo / || dorum Noribergensem, || Plena piae doctrinae et salu || tarium consolationum. || [Wittenberg: Hans Lufft, 1545] (VD B 3850), 105v, 248r, 249v. 252 als. 253 Konnte bislang nicht verifiziert werden. 254 Nichtsnutz. In Anlehnung an Art. los 5), in: DWb 12, 1184. 255 vorsätzlichen. 256 Verspotte, Foppe. Vgl. Art. vexieren 2.b), in: DWb 26, 39f. 257 Sprichwort, geprägt wohl von dem griechischen Philosophen Chrysippos von Soloi. Vgl. Art. lügen 175), in: TPMA 8 (1999), 68. 258 drucken. 259 hinterhältiger, untreuer Mensch. Vgl. Art. Schalksnarr 2), in: DWb 14, 2086.

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D. Martinus hat sichs wol vorsehen260 vnd zuuor gesagt,261 es wurden noch262 seinem tode falsche lerer vffstehn vnnd ihre Schwermerey mit seinen BF chern flicken.263 Welchs wir itzt sehen am vnuerschampten LFgener Meister Grickel Jnterim, an den Adaphoristen vnd am Osiander. Es hat auch D. Martinus geschrieben, das gleich wie der Teuffel bald im anfang der ketzerien [sic] nach des Herrn himmelfart widder die menscheit Christi tobet, also werden auch disse Ketzerei die letzte sein fFrm Jungstentag.264 Drumb kumme doch bald, lieber Herr Christe, vnd mache es mit dissem vnd allen Greweln ein ende. Amen. Der Satan fFlet noch wol die predigt, die vnser lieber Herr Gott widder ihn im Paradis gethan hat. Der FRAWEN SAMEN soll dir den Kopff zutretten.265 Drumb wFtet er also greulich widder der Frawen Samen, will ihn nit lassen vnser Gerechtigkeit sein. Satan ist ein stoltzer, neidischer Geyst, hett sich des [D 3v:] nimmermehr versehen, das Gottes eingeborner S=n sich vmb des menschen sFnde vnd verdamnis willn so treff demFtigen vnd in der Frawen leibe neun Monde verborgen ligen vnd ein kleines, armes, schwaches Kindlin werden, fFr das menschliche Geschlecht so viel leiden vnd so eins schendlichen Todes sterben wFrde, dadurch wir zu gr=sser hehrligkeit kummen sind, weder266 wir im Paradiss verlorn hatten, weill Gottis eingeborner S=ne Mensch vnd mit Menschlicher natur ein Person worden ist. O, welch ein vnaussprechliche hehrligkeit, die weder von menschen noch Engeln kan gnugsam ausgesprochen werden, daruber sich auch die Engle nicht gnug verwundern vnd frewen konnen vnd vns Menschen viel hoher achten weder sich selbst, weil vnser Natur mit der Gotheit ein Person ist vnd von allen Creaturen geehrt vnd angebet267 wirt, Philip. 2,268 vnd wir dadurch vnserm Herrn Gott viel neher verwand sind weder die Engel, denn Gottes S=ne hat nicht Engelische, sonder menschliche natur an sich genummen. Das thut dem hoffertigen, neidischen, b=sen Geyst draun sehr wehe, das wir so vber die massen hoch verehret vnd erhaben sind. Furwar, die menschliche natur in Christo ist in des Teuffels hertzen ein brennend fewr, dafFr er nimmer rugen kan, drumb tobet vnd wFtet er also dawidder, vnd weill ihm

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geahnt, befürchtet. Vgl. Art. versehen 9), in: DWb 25, 1247. Martin Luther, WA 26, 499,15–19 (Vom Abendmahl Christi. Bekenntnis 1528): „Weil ich sehe, das des rottens und yrrens yhe lenger yhe mehr wird, und kein auffh=ren ist des tobens und wuetens des Satans: Damit nicht hinfurt bey meym leben oder nach meinem tod der ettliche zukFnfftig sich mit mir behelffen und meine schrifft, yhr yrthum zu stercken, felschlich furen m=chten, wie die Sacraments und Tauffs schwermer anfiengen zu thun, (...).“ 262 nach. 263 zusammenschustern. Vgl. Art. flicken, in: DWb 3, 1774f. 264 Konnte bislang nicht verfiziert werden. 265 Vgl. Gen 3,15. 266 als. 267 wohl: angebetet. 268 Vgl. Phil 2, 9f. 261

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Osianders hoffart269 wol bewust, so braucht er ihn als ein bequemes270 werckzeug, des Herrn Christi demut vnd Menscheit anzutasten. Vnd daruber wirt Osiander so irre, das er nicht weys, wo er daheym ist, vergisset offt seiner eygen wort vnd schreibt widder sich selbst. [D 4r:] Jch h=re fFrwar sagen, Osiander sei vnsers Herrn Christi Vetter vnd von dem edeln geblute der JFden geborn,271 darumb solt er ia billich das edle Blut Jhesu Christi nicht so gering achten, denn das wir durch Christus Blut gerecht werden, ist allen gleubgen JFden ein ehre, wie Simeon sagt.272 Weill aber Osiander Christus Blut veracht, so ists ein zeychen das ers in seinem hertzen mit den vngleubigen JFden helt vnd Christo feind ist. Jm 23. Quatern seines Buchs schreibt er, Christus sei vnser Heyligkeit nach seiner Gotlichen natur, vnd nicht nach der Menschlichen natur.273 (Diss ist ein Arrianischer gestanckf) vnd spricht weiter: Ob wol die menschliche natur in Christo heylig ist, so ist sie doch nicht die Heyligkeit selbst.274 Lieber, was ist doch das gesagt? oder wo findt ers geschrieben? Sind disse zwey nicht gerad widder einander? Er bekent auch, die menschliche natur in Christo sei wol heylig, aber vns sei sie nicht heylig, noch vnser heyligkeit. Hat dann Osiander nicht in der kirchen mit gesungen oder singen h=ren: Nobis natus, nobis datus, ex intacta virgine.275 Welchs genummen ist aus Jesa. 9: „Ein Kind ist vns geborn, ein S=n ist vns gegeben.“276 Was hFlffe es vns, wenn Christus ihm allein heylig were? Quid est, si haec contumelia non est, humanitari Christi et nobis hominibus facta? Das ist beide, vnserm Herrn Christo an seine ehr vnd vns Christen an vnser seligkeit, allzunahe geredet.

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Konjiziert aus: getank.

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Hochmut. Vgl. Art. Hoffahrt, in: DWb 10, 1666f. passendes. Vgl. Art. bequem 1), in: DWb 1, 1481f. 271 Polemisches Gerücht, was seinen Ursprung wohl in der strikten Positionierung Osianders gegen jeden Antijudaismus besitzt. Vgl. z. B. Osianders Gutachten „Über die Blutbeschuldigung“, das er vor 1540 verfasste, OGA 7, Nr. 257, S. 216 –248. Auch Mörlin verlästerte ihn als Juden und Judengenossen, vgl. Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), P 4r, in: OGA 10, 220,17f, mit Anm. 502. 272 Vgl. Lk 2,29 –35. 273 Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), S 2r, in: OGA 10, 240,18f: „(...) Christus ist nach seiner g=ttlichen natur unser gerechtigkeit.“ 274 Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), Q 3v– 4r, in: OGA 10, 228,8–11: „Darumb kan die menschliche natur an Christo wol gerecht sein, dieweil sie die g=ttlichen gerechtigkeit hat, aber die gerechtigkeit selbs ist sie nicht – sondern allein seine g=ttliche natur ist die recht, war und ewig gerechtigkeit.“ 275 Zitat aus dem eucharistischen Hymnus „Pange lingua“ des Thomas von Aquin, in festo corporis Christi, ad vesperas. Vgl. Wackernagel I, Nr. 233, S. 145 (1. Strophe). 276 Jes 9,5. 270

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Arrianisat.

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Haec verba non Osiandro, sed Losiandro et Asebelandro digna sunt.277 Einen s=lchen losen man solt man mit Hunden zum Lande hinaus hetzen, oder mit gluenden Zangen pfetzen.278 [D 4v:] O du arme Menscheit Christi, ob du wol heylig bist, so kanstu doch niemand heyligen. Vnd disser vnheylige man sagt, du seist nicht die Heyligkeit. Schreibt doch S. Paulus 2. Cor. 5, wir Christen seine in Christo nicht alleyn gerecht, sonder auch die Gerechtigkeit selbst.279 Wie kan denn nicht Christus, von dem wir alles guts haben, die Heyligkeit selbst sein? Doch Gott sei gelobt, lFgen strafft sich disser Loseman280 darnach in seinem Buch selbst vnd schreibt: Christus habe die Heyligung durch sein leiden blutuergiessen vnd sterben erworben, wie er vns auch die Gerechtigkeit erworben hat etc.281 Er ist gar irre vnd weys nicht, was er saget. Er arbeit282 sich ser, die klare SprFche, so widder ihn sind, zu glosieren vnd zu obscuriern.283 Des Herrn wort: „Jch bin das Brod des lebens“,284 deutet er vff die Gotheyt vnd nicht vff die menscheit Christi.285 Wir aber verstehns recht vom gantzen Christo beide, Gott vnd menschen, vnd wollen ausser des Herrn Christi menscheyt von keynem leben wissen. Osiander sihet des Herrn Christi menscheit an, nur als ein Gefees, darin die Gotheyt sei, vnd nicht dafFr, das sie mit Gott ein person sei, gleich wie ein Erdengefees nicht ein person oder Substantz ist mit dem Golde, das drinnen ist, drumb schleust er die Gerechtigkeit aus des Herrn Christi Blute. Vnd weill er dem Blute Christi die Gerechtigkeit nimpt, so nimpt er ihm auch die Gotheit, sintemal er selbst bekent, Gottes Gerechtigkeit sei Gott selbst.286 Darumb ist Osiander des Arrii [E 1r:] Bruder. Denn gleich wie Arrius dem 277 Alber spielt hier mit dem Namen Osianders einerseits und anderserseits mit dem deutschen Wort „lose“ [1.] und dem griechischen Wort ἀσεβής [2.]. Entsprechend einer Bedeutung des Wortes „lose“ ließe sich das erste Wortspiel mit „Sittenlosiander“ und das zweite mit „Pietätlosiander, Gottlosiandro“ übertragen. Vgl. Art. lose 4), in: DWb 12, 1183f; Art. ἀσεβής, in: Passow I/1, 412[a]. Zu denken wäre zugleich an eine Anspielung auf die alttestamentliche Königin Isebel, die fremden Göttern huldigte und umgebracht wurde. Vgl. II Kön 9,33 –37. 278 kneifen. Vgl. Art. pfetzen 1), in: DWb 13, 1694. 279 Vgl. II Kor 5,21. 280 lose Mann = hinterhältiger, nichtsnutziger, böser Kerl. Vgl. Art. lose 4), in: DWb 12, 1183f. 281 Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), V 1r, in: OGA 10, 254,17–23: „Darumb ist das eigentlich die meinung Pauli, das, wie uns Christus durch sein gehorsam, leiden, sterben und blutvergiessen freiheit vom gesetz und vergebung der sFnde verdienet, erworben und teur erkaufft hat, also hat er uns durch dasselbig sein blutvergiessen auch erworben und erkaufft, das uns Gott die g=ttlichen gerechtigkeit Christi durch den glauben geben will und teglichs gibt, und dasselig eben durch das euangelion, welchs uns verkFndigt, das Christus sein blut fur unser sFnde vergossen hat.“ 282 müht. 283 verdunkeln. 284 Joh 6,35. 285 Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), Bb1r, in: OGA 10, 294,17–19: „Wan er spricht: „Ich bin das brot des lebens“, so mus man verstehen seine gottheit, die durch seine menscheit in uns kompt und unser leben ist.“ 286 Vgl. Anm. 241.

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Herrn Christo die Gotheit nehmen wolt, also will Osiander dem Blute vnsers Herrn Christi die Gerechtigkeit nehmen. Vnd wie die Arrianer Christum pflegten ein Creatur zu nennen, also nennet Osiander des Herrn Christi Blut ein Creatur.288 Aber S. Paulus redet von des Herrn Blut viel anders vnd spricht, es sei Gottes Blut, Acto. 20.289 Also spricht auch S. Johannes, Gottes Sones Blut macht vns rein von aller SFnde, 1. Johan. 1.290 Desgleichen spricht S. Peter, die JFden haben den FFrsten des lebens getodt.291 Spricht nicht, sie haben ein Creatur getodt, sonder den Fursten des lebens, das ist, Gott selbst. Also singt man auch in der Kirchen: „Vita in ligno moritur.“292 Es heyst „Vita“, non Creatura. Das leben ist am Creutze gestorben. Also spricht auch S. Hilarius li. 9. de Trinitate: „Viuens moritur, Deus moritur.“293 Gott selbst must fFr vns sterben, sunst were des Menschen Christi sterben vns menschen nicht nutz gewest. Gott selbst must sterben, vff das wir menschen lebten, so gros war vnser sFnde, das sie keyne Creatur vertilgen kund, sonder Got selbst, der auch warer mensch ist, must fur vnser sFnde sterben. Gott must sein Blut fFr vns vergiessen. Gott hat vns mit seinem Blute erworben, spricht S. Paulus.294 Vnd Got hat seins eingebornen Sones nicht verschonet,295 spricht nicht, Got hat der Creatur nicht vorschonet. Ob sich wol die tolle vernunfft an s=lcher rede ergert, da ligt nicht an. Christus heyst puer admirabilis.296 [E 1v:] Mein hertz lachet fFr freuden, wann ich h=re, Gott habe sein Blut fFr mich vergossen vnd sei fFr mich gestorben. Denn diss ist der Christen hochster vnd ewiger rhum freude vnd seligkeit, damit sie trotzen297 widder der Hellenpforten. An disser Rede, „Got hat sein Blut vor vns vergossen“, ergern sich die JFden, TFrcken vnd ihr BrFder Osiander vnd sprechen: Durus est hic sermo.298 Quomodo mori potest Deus? Wie kan Got sein Blut vergiessen? Hat doch Got keyn Blut. Ja, der JFden vnd TFrcken Gott hat kein blut, dann ihr Gott (nemlich der Teuffel) ist nicht Mensch worden. Aber vnser Herr Gott ist Mensch worden, drumb hat er Blut. Es m=gen sich JFden, TFrcken vnd beyde, alte vnd newe Arianer, immer hin ergern. Denn was sollen die Schweine mit Perlen thun?299 Wir 287

Vgl. Sozomenos, Historia Ecclesiastica I, 15,3 (FChr 73/1, 163). Vgl. Anm. 17. 289 Vgl. Act 20,28. 290 Vgl. I Joh 1,7. 291 Vgl. Act 3,15. 292 Vgl. Corpus Antiphonalium Officii 4, Nr. 8449. 293 Vgl. Hilarius, De Trinitate IX,7, in: PL 10, Sp. 286 [263B]. 294 Vgl. Act 20,28. 295 Vgl. Röm 8,32. 296 Aus dem dem Lobgesang „Dies est laetitiae in ortu regali“ zu Weihnachten. Vgl. Wackernagel I, Nr. 332, S. 206 (1. Strophe). 297 zuversichtlich Widerstand leisten. Vgl. Art. trotzen 1), in: DWb 22, 1115f. 298 Vgl. Joh 6,60 (Vg). 299 Vgl. Mt 7,6. 288

2. Trip. 22.287

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Ein Zwinglischer Syllogismus.303

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dancken vnserm Herrn Got fFr seine verehrung, das seine Gotliche Maiestet, Rex gloriae,300 fFr vns gestorben ist. Weill nu Osiander des Herrn Christi Blut ein Creatur nennet, so sehen wir ia wol, was er im Schilde301 fFret, vnd wo er hinaus will. Der Teuffel speiet solche wort aus seinem hellischen Rachen, als der keynem Artickel vnser Religion so feind ist als dissem der da heyst: VERBVM CARO FACTUM EST.302 Rechte Christen reden nicht also von vnsers Herrn Christi Blute wie Osiander. Es heyst vns nicht Creatur blut, sonder Gottes Blut. [E 2r:] Christliche ohren konnen nicht leiden, das Christus vnd sein Blut ein Creatur genennet wirt, vnd das man spricht, ein Creatur habe fFr vns gelitten, denn es ist ein Arrianischer gestanck aus des Teuffels hindern. Vnd weil Osiander des Herrn Christi Blut ein Creatur nennet, so ist er nicht ferrn [sic] von der Zwinglischen ketzerei. Ein Creatur kan nicht zugleich allenthalben sein. Des Herrn Christi Blut ist ein Creatur. Darumb kan sein Blut nicht allenthalben sein.304 Osiander bringt vns auch mit seiner newen ketzerei des Carlstads vocabel gwidder herfFrg nemlich „Creaturalis“,305 creaturlich, barbara vox est barbarorum haereticorum. Vnd nennet die Gerechtigkeit, die wir im Blute Christi haben, ein creatFrliche gerechtigkeit. Arriana et Iudaica perfidia ghuckt da herfFr.h Er will vns immer von des Herrn Christi menscheit vff die Gotheit weisen, das wir Christum trennen sollen. Dawidder sagen wir also: „Was Gott zusamen gefFget hat, das soll niemand scheyden.“306 Drumb lassen wir das Blut Christi nicht von seiner Gotheit trennen, quia VERBVM CARO FACTVM EST.307 Vnd das Heylige von Maria geborn, ist Gottes sone, Lu-

g–g h

Konjiziert aus: widderherfFr. Konjiziert aus: daherfFr.

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Vgl. Ps 23 (24),10 (Vg). Sprichwörtlich: Wissen, was jemand tun will, plant. Vgl. Art. Schild 34), in: Wander 4 (1876), 179. 302 Joh 1,14. 303 Ein Syllogismus ist eine logische Schlussfolgerung, die entsprechend der aristolelischen Logik aus einem Ober- und einem Untersatz gezogen wird. 304 Zwingli lehnte die Realpräsenz Christi im Abendmahl ab, da er das „est“ [dt.: ist] in den Einsetzungsworten „hoc est corpus meum“ [dt. Dies ist mein Leib] im Sinne von „significat“ [dt. bedeutet] verstand. Außerdem – so Zwingli später – schlössen Himmelfahrt und Erhöhung zur Rechten Gottes eine reale Präsenz der Menschheit Christi in den Abendmahlselementen aus. Vgl. dazu und zu seiner Auseinandersetzung mit Luther: Köhler, Zwingli und Luther. 305 Andreas Bodenstein, nach seinem fränkischen Herkunftsort Karlstadt genannt, unterschied zwischen der geistlichen Speise im Abendmahl, nämlich Christus, und den kreatürlichen Früchten darin, nämlich Brot und Wein. Vgl. Barge, Andreas Bodenstein von Karlstadt II, 86f; ausführlich zu Karlstadts Abendmahlslehre vgl. ebd., 144 –296. 306 Mt 19,6. 307 Joh 1,14. 301

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cae 1.308 Diss ist vnser hohste ehre vnd Schatz. HFtet euch, lieben Christen, vnd last euch nicht ewers lieben Herrn Christi Blut von der Gotheit trennen. Osiander wolt vns gern die Gerechtigkeit von vnsers [E 2v:] Herrn Christi menscheit reissen vnd vntersteht, solchs mit des Herrn Christi eygen worten zu beweisen, denn Christus spricht, Matth. 6: „Trachtet nach Gottes Gerechtigkeit“,309 spricht nicht: „Trachtet nach meiner Gerechtigkeit.“310 Valde friuolum et frigidum, ia bacchanticum est hoc. O, es ghet schale311 aus. Es heyst: „Custos virgas in plurali“,312 vnd den Bacchanten313 wol gestrichen.314 Ja, im hellischen fewer soll disse Gottslesterungi gestrafft werden. Sehet, lieben Christen, welch ein gerumpel macht vns disser Poltergeyst315 in der heyligen Schrifft. Wie gr=blich316 lest er sich mercken, wo er her kumme vnd wer ihn ausgesand habe, sagt vnuerschampt heraus, wie ein Gotloser JFde, Gottes Gerechtigkeit sei nicht Christus Gerechtigkeit, wolt vns gern ein blosen Menschen in Christo on Gerechtigkeit dar stellen. BehFt vns Gott fFr solchem Christo, der kein Gerechtigkeit hat. Wenn Christus schon gesagt hett: Trachtet nach meiner Gerechtigkeit, hett er drumb vnrecht geredt? Er pflegt aber offt dergleichen zu reden, wenn er sich als ein mensch vnd knecht, vom Vater gesandt, demFtiget vnd spricht: „Meine wort sind nicht mein, sonder meines Vaters.“317 Jtem: „Niemand ist gut, on318 allein Gott etc.“319 Hie mFst Christus Osianders meynung nach weder Gott noch Gut sein. Den SprFch Pauli Ro. 8.: „Wer nicht Christus geyst hat, der ist nicht sein“,320 zeucht auch Osiander offt an, zu beweisen, das die Gerechtigkeit nicht sei in des [E 3r:] Herrn Christi blut,321 vnd beweiset doch

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Konjiziert aus: Gottolesterung

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Vgl. Lk 1,30 –33. Vgl. Mt 6,33. 310 Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), S 3v, in: OGA 10, 244,3–7: „Dieweil aber Christus alhie selbst redet und spricht doch nicht: Trachtet nach meiner gerechtigkeit, sonder: nach der gerechtigkeit Gottes, so ist gewiss, das er die gerechtigkeit Gottes, seines vaters, meinet, die auch die gerechtigkeit des Sons und des heiligen Geistes im g=ttlichen wesen ist.“ 311 abgeschmackt. Vgl. Art. schal 2), in: DWb 14, 2057f. 312 Der Mentor solle die Ruten verwenden. 313 als Ba(c)chanten bezeichnete man angehende Studenten. Vgl. Art. Bachant, in: DWb 1, 1060. 314 gezüchtigt. Vgl. Art. streichen B.7.a.α), in: DWb 19, 1213f. 315 lärmendes Nachtgespenst. Vgl. Art. Poltergeist, in: DWb 13, 1990; Mengis, Art. Geist 2), in: HWDA 3 (1927), 480f. 316 drastisch, deutlich, plump. Vgl. Art. grob D.4.a und b), in: DWb 9, 397f. 317 Vgl. Joh 14,24. 318 außer. Vgl. Art. ohne, ohn III.2.α), in: DWb 13, 1217. 319 Vgl. Lk 18,19. 320 Röm 8,9. 321 In direkter Verbindung mit Ausführungen zur Wirkung des Blutes Christi lässt sich Röm 8,9 in Osianders Schrift „Von dem einigen Mittler“ nicht auffinden. Tatsächlich wird diese Bibelstelle mehrfach in der Schrift verwendet, um zu betonen, dass die göttliche Natur Christi die Rechtfertigung im Menschen bewirke. Vgl. OGA 10, 198,1–14; 276,13–278,25; 284,5–15; 296,13 –28. 309

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Matth. 9.327

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gar nichts, damit sperret nur den leuten das maul vff,322 als wolt er k=stlich323 ding fFrgeben, vnd ghet ihm nach dem Sprichwort: „Parturiunt montes, nascetur ridiculus mus.“324 Sein Buch ist voller SprFche von Gottes Gerechtigkeit, die er alle fFret widder das Blut vnsers Herrn Jesu Christi, vnd versiegelt die schone SprFche mit Teuffels dreck vnd beschmeyst sie mit Arrianischem gifft. Was hat ihm vnsers Heren Christi Blut zu leyd gethan hat, das er ihm so feind ist? Er vntersteht seine lere mit D. Martino zu beweisen. Denn also schreibt D. Martinus:j „Man soll nicht der blossen menscheyt Christi zu schreiben, das sie vns lebendig mache, sonder in dem wort ist das leben, welchs im fleysche wohnet.“325 D. Martinus hat recht geschrieben. Der blossen menscheit, das ist, allein der menscheit, ausser326 der Gotheyt, soll man das leben nit zuschreiben, sonder man soll beyde, Gotliche vnd menschliche, natur bei eynander lassen vnd nit von einander trennen. D. Martinus beraubt nit die Menscheit Christi ihrer ehre, nemlich der Gerechtigkeit, wie Osiander thut. Wann in Christo nur die blosse menscheit were, so kFnd er weder ihm noch vns helffen, vnd were auch ein armer SFnder gleich wie wir, vnd seine menscheit were nit allein vnnutz, sonder auch verdampt. Weill aber Christus beyde, Gott vnd mensch, ist, so hat er auch, der menscheit nach zu reden, macht vnd [E 3v:] krafft, sFnde zu uergeben, Gerechtigkeit zu geben, Teuffel zu uertreiben vnd das ewige leben zu schencken, darumb spricht er: „Des Menschen Son hat macht, vff erden sunde zu uergeben.“ Spricht nit, Gottes Son, sonder menschen Son, schleust aber drumb die Gotheit nit aus. Die Schrifftgelerten gaben dem Herrn Christo schuld, er lestert Gott,328 weill er zu dem GichtbrFchtigen sprach: „Sei getrost mein Son, dir sind deine sFnde vergeben.“329 Dagegen spricht Christus: „Jhr solt wissen, das des Menschen Son (nit alleyn Gottes Son) macht hat, vff erden sunde zu uergeben.“330 Wie nun dieselbigen Schrifftgelerten sagen: Christus lestert Gott, weill er, als ein Menschen Sohn, vntersteht sunde zu uergeben, also spricht auch der Schrifftgelerte in Preussen, es sei ein greulicher irthum,331 das wir gleuben, Christus j

Konjiziert aus: Martinue.

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macht er falsche Hoffnung, führt auf falsche Wege. Vgl. Art. aufsperren, in: DWb 1, 742; Art. Maul 360), in: Wander 3 (1873), 515. 323 kostbare, hochwertige. 324 Sprichwort. Vgl. Horaz, De arte poetica, 139; vgl. zudem ADAGIORVM OPVS || DES. ERASMI ROTERODAMI PER EVNDEM || exquisitiore quàm antehac unquam cura recogni / || tum, cui ... || accesse / || runt ferè quin[que] Centuriae. || ... || [Basel: Hieronymus Froben d. Ä., Nikolaus Episcopius d. Ä., 1533] (VD 16 E 1940), 300. 325 WA 10I,1, 199,13 –16. 326 ohne. 327 Mt 9,6. 328 Vgl. Mt 9,3. 329 Mt 9,2. 330 Mt 9,6. 331 Vgl. Anm. 168.

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mache vns Gerecht durch sein Blut. Also reden ihene Schrifftgelerten vnd disser Schrifftgelerte aus einem geyst. Jtem, Christus spricht Matth. 18: „Des menschen Sohn ist kummen, selig zu machen, das verloren ist.332“ Des menschen Son (spricht er), nit allein Gottes Sohn. Vnd Matth. 11: „Alle dinge sind mir vbergeben von meinem Vater.“333 Sind ihm alle dinge vbergeben so ist ihm freilich auch die Gerechtigkeit vbergeben. Jtem, Matth. 28. spricht der Herr: „Mir ist gegeben alle gewalt in himel vnd erden.“334 Data est mihi omnis potestas iustificandi, sanctificandi, saluandi etc. [E 4r:] Mir (spricht er), nit allein als Gott, sonder auch als menschen. Dann nach der G=tlichen natur hat er vom Vater solche gewalt von ewigkeit her. Hat er als ein mensch allen gewalt, nit allein vff erden, sonder auch im himel, so hat er auch die Gerechtigkeit in syner gewalt. Drumb spricht S. Johannes recht, „das Blut Jhesu Christi, des Sohns Gottes, macht vns rein von allen sFnden.“335 Wer rein von sFnden ist, der ist Gerecht. So ist nun Christus nit allein in der Gotheit, sonder auch in der menscheit almechtig. Dann es heyst: „Mir ist gegeben.“ Was Christo gegeben ist, das wirt ihm Osiander nit nehmen. Darumb ruffen wir Christum an, nit allein als Gott, sonder auch als menschen vnd treiben dannoch damit kein abgotterey. Dann der Mensch Christus ist warer Gott vnd seine Menscheit wirt von der Gotheit nimmer mehr zurtrennet. Drumb beten wir den gantzen Christum an. Die Arrianer wolten nit singen „Gloria patri et filio“, Sonder sungen „Gloria patri in filio, vel, per filium“, besorgten337 aus teuffelischer andacht, sie beten ein Creatur an vnd trieben abgotterei. Also thut auch Osiander, besorget, er treibe abgotterei, wann er dem Blut Christi, als einer Creatur, die Gerechtigkeit Gottes zuschreibe, will also dem Menschen Christo nehmen, das ihm der vater gegeben vnd vns menschen damit verehret hat. Jst das nit ein grosser mutwill vnd Gottes raub? Als vnser Herr Christus geborn war, haben die Engel, Maria, Joseph, die Hirten etc. das liebe Kindlin [E 4v:] Jhesum angebet338 vnd doch kein abgotterei getrieben. Sie haben ihn nit allein nach der Gotheit, sonder auch nach der menscheit angebet, quia Verbum Caro factum est.339 Gotliche ehre vnd Maiestat ist dem fleisch vnsers Herrn Christi widderfaren. Welchs dem Teuffel nit ein geringer schmertz ist, drumb tobet er also widder das Fleisch Christi durch seine Arrianer. Die Gotheit hat sich mit der menscheit in Christo also 332 333 334 335 336 337 338 339

Lk 19,10. Mt 11,27. Mt 28,18. I Joh 1,7. Vgl. Cassiodor, Historia tripartita V,32 [Lyon: Jacobus Giuncti, 1534], F 6r. befürchteten, sorgten sich. Vg. Lk 2,13–20. Joh 1,14.

5. Tripar. 32.336

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vereyniget, das sie on vnd ausser der menscheit nit will angebetet sein, wie gefelt dir das, du Arrianischer Osiander? O, wie ein greuliche Gotslesterung ist es, die Gerechtigkeit Gottes aus dem Blute vnnd Menscheit Christi schliessen. Jst das der danck fFr die wolthat Gottes, das er vmb vnser ehre vnd seligkeit willn seinen eingebornen Sohn hat lassen mensch werden, sein Blut vergiessen, leiden vnd sterben? Thun wir ihm kein ander ehre fFr seine verehrung, das er vns durch seines eingebornen Sohns Blut die Gerechtigkeit schenckt? Da wir allein durch die Gerechtigkeit Gottes kundten gerecht werden, war es on not, das Gottes Sohn mensch wFrde, so kundten wir auch keine freude an des Herrn Christi gepurt haben, vnd were vergeblich, das wir singen: „Were vns das Kindlin nit geborn, so wern wir alzumal verlorn.“340 Sihe, also ghets zu, wenn Fraw Hulda,341 die vernunfft, vber die heylige Schrifft kumpt, so macht sie ein solch gerumpel vnd wirfft alles vber ein hauffen. Vorzeiten war ein Pfarnherr zu Constantinopel der hies Nestorius, eben ein s=lcher Gesel wie Osiander, der viel von ihm selbst hielt vnd doch nicht sonderlich [F 1r:] gelert war, vnd so stoltz, das er sich nicht demFtigen wolt, der Gelerten BFcher zu lesen, vnd von ihm selbst gelert sein, war wol beschwetzt, daruff verlies er sich auch vnd achtet niemand. Drumb brauchet seines diensts der Gott der hoffart, welcher ihn so weit treibe, das er was sonderlichs in der Kirchen anfing, vnd ging eben mit s=lchen gedancken vnd schwermerei vmb, damit Osiander vmbghet, wolt nicht h=ren, das man Mariam „Gottes gebererin“ oder „Gottes Mutter“ nennet, rieffe vnd schreye, es were vnm=glich, das Gott kundt von eim menschen geborn werden.342 Nun ist es dennoch war, das Maria vnsern Herrn Gott geboren hat, wie der Engel zu ir saget: „Das Heylige, das von dir geborn wirt, wirt Gottes Sone

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Vgl. Anm. 190. Frau Holle. In Verbindung mit der „Vernunft“, wie hier, wird sie vor allem bei Luther genannt. Vgl. Art. Hulda, hulde, in: DWb 10, 1887f. Zu der Gestalt der „Frau Holle“, ihren Attributen sowie den ihr zugeschriebenen Fähigkeiten vgl. Schwarz, Art. Perhta, in: HWDA 6 (1935), 1478–1492. 342 Nestorius (ca. 381 – 451/453) wurde als Patriarch von Konstantinopel (428– 431) in einen Streit um die Frage verwickelt, ob Maria als „Gottesgebärerin“ bezeichnet werden könne, wie dies in der Volksfrömmigkeit häufig getan, jedoch von dem Presbyter Anastasius zurückgewiesen wurde. Nestorius brachte daraufhin den Begriff „Christusgebärerin“ für Maria als Vermittlungsvorschlag in die Kontroverse ein. Statt einer Beruhigung führte dies im Gegenteil zu einer Verschärfung der Auseinandersetzungen. Seine Gegner unterstellten Nestorius zu Unrecht, er lehre adoptianische Vorstellungen und verstehe die Einheit der zwei Naturen Christi rein äußerlich, ja er trenne die Gottheit und die Menschheit Christi radikal voneinander. Sie wandten sich daher an den Bischof von Rom um Unterstützung. Eine römische Synode ermächtigte im Anschluss daran Bischof Cyrill von Alexandrien dazu, Nestorius zwölf Thesen vorzulegen, die dieser verwerfen sollte. Nestorius verweigerte dies und wurde schließlich durch Kaiser Theodosius II. Vgl. Thomas Böhm, Art. Nestorianischer Streit, in: RGG4 6 (2003), 202–204; Christoph Markschies, Art. Nestorianismus, in: RGG4 6 (2003), 204–206; Thomas Böhm, Art. Nestorius, in: RGG4 6 (2003), 206f; Lionel R. Wickham, Art Nestorius/Nestorianischer Streit, in: TRE 24 (1994), 276–286. 341

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genent werden.“343 Sie hat nicht ein schlechten344 menschen geborn, sonder einen s=lchen menschen, der Gott ist, drumb ists recht geredet vnd laut345 vns menschen ser tr=stlich vnd ehrlich, wenn Maria „Gottes mutter“ genennet wirt, welchs vnser hohste hehrligkeit ist, das Gottes Son vmb vnsert willn von einer Jungfraw vnd von vnserm Fleysch vnd blute geborn vnd das WORT Fleisch oder mensch worden ist.346 Also ists auch vnser hohste ehre, freude vnd lust, wenn wir h=ren die schrifft, die da saget: „Wir seien duch Gottes Blut gerecht worden.“347 Darumb mFssenk das lose Tropffen348 sein, die vns menschen vnsere ehre w=llen zu schanden machen vnd vnsere hehrligkeit nemen, damit vns der liebe Gott fFr allen Creaturen, auch fFr den Engeln, verehret hat? Sie sind ia auch menschen, drumb solten sie sampt vns [F 1v:] Gott dancken vmb die gemeine349 ehre, allen Menschen widderfarn, so faren sie zu vnd verachten die hehrliche wunderthaten Gottes vnd berauben sich selbst ihrer hehrligkeit. Indignos semet iudicant diuina gloria. Alles was in Christo ist vnd was er gethan hat, ist vnser vnd vns zur seligkeit geschehn. Sein Empfengnis, Gepurt, leiden, blutuergiessen, todt, hellefart, vfferstehung, himelfart ist vnser reynigung, heyligung, erl=sung, gerechtigkeit, ewiges leben vnd Seligkeit, wie S. Paulus sagt 1. Corin. 1: „Christus ist vns von Gott gemacht zur weyscheit,350 gerechtigkeit, heyligung vnd erlosung.351 Es kundt vns weder das G=tliche wesen in Christo allein, noch seine menscheit allein, gerecht machen. Dann vnser Herr Gott hatte es als ein weiser Gott, vnd der allein weise ist, also beschlossen vnd verheyssen, das Christus beyde, Gott vnd mensch, vns die Sunde vergeben vnd vnser Gerechtigkeit sein solt. Jere. 23: „Das GERECHTE GEWECHS Dauids ist vnser Gerechtigkeit.“354 Mercke diss SprFchlin wol, welchs allein sterck gnug ist, den Osiander zu vberwinden. Ja, die erste verheyssung Gottes im Paradeis schreibt des Teuffels vberwindung der Menscheit vnsers Herrn Christi zu (schleust aber drumb die Gotheit Christi nit aus) vnd spricht: „Der Frawen Same soll dir Teuffel den kopff zu-

k

Konjiziert aus: mFsseen.

343 344 345 346 347 348 349 350 351 352 353 354

Lk 1,35. schlichten, einfachen. klingt für. Vgl. Joh 1,14. Vgl. Act 20,28. liederlicher, verkommener Geselle. Vgl. Art. Tropf 3.b), in: DWb 22, 856. allgemeine. Weisheit. I Kor 1,30. Vgl. Röm 16,27. Vgl. I Tim 1,15. Vgl. Jer 23,5f.

Roma. 16,352 1. Timo. 1.353

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Lu. 18.361

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tretten.“355 Dann Christus mFst dannoch fFr die sFnde leiden vnd sterben. Welchs leiden vnd sterben vns nichts gehulffen het, wenn der mensch Christus nit auch Gottes Sohn were. [F 2r:] Darumb lasse man beide, Gotliche vnd menschlichs Natur, vnzurtrennet vnd schreibe die Gerechtigkeit dem gantzen Christo zu. Dann es hat Christus beyde, Gottes vnd Menschen Sohn, fFr vns gelitten. Die Engel beten Jhesum Christum nit allein als Gott, sonder auch als menschen an. Denn die G=tliche natur ist mit der Menschlicher natur also vereyniget, das sie nimmermehr zutrennet, noch ein natur on die ander angebet werden kan. Nach der Gotheit haben die Engel Christum, ehe er mensch ward, angebetet, das sie ihn aber auch nach der menscheit anbeten werden, hat die Heylige Schrifft zuuor bezeuget.356 Wie nun die Engel Christum nit allein als Gott, sondern auch als ein menschen anbeten, also werden wir nicht allein gerecht durch Christum als Gott, sonder auch als menschen. Drumb ists ser wol vnd recht geredt, wenn wir sagen: „Durch des Herrn Christi Blut werden wir Gerecht.“357 Denn in des Herrn Christi Blut ist die Gerechtigkeit, nit aber also wie Geld im beutel,358 auch nit wie im Abendmal des Herrn Leib im brode vnd sein Blut im Wein, sonder wie das WORT ist FLEJSCH worden,359 also ist im Blute Christi die Gerechtigkeit Gottes pers=nlich vnd ewiglich. Dagegen sagt Osiander das Blut Christi sei nit vnser Gerechtigkeit, sonder die Gotliche Natur in Christo sei vnser Gerechtigkeit. Das ist ein Arrianische vnd Gots lesterische rede, dadurch die menschliche natur in Christo sampt seinem leiden vnd sterben verkleinert, veracht vnd verworffen [F 2v:] vnd Gottes Rat fFr narheit gehalten wirt. O, wehe dir, Osiander, wehe dir, du widderrruffest denn disse Gottes lesterung. Jtem, er spricht, es sei ein greulicher irthumb, zu sagen, vnsere Gerechtigkeit sei vergebung der SFnden.360 Dagegen sagen wir: Teuffel, du leugst. Were Christus nit gerecht, so kundt er vns die SFnde nit vergeben. Seine Gerechtigkeit tilget vnser sFnde, doch nit on sein leiden vnd sterben. Der Zolner, dem seine sFnde vergeben sind, ghet gerecht heym inn sein haus. Woher ist er anders Gerecht, dann das ihm seine sFnde vergeben sind? wie daselbst Christus, die ewige warheyt, selbst sagt.

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Gen 3,15. Vgl. Ps 97,7; Hebr 1,5–14. 357 Vgl. Röm 5,9. 358 Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), V 1r, in: OGA 10, 254,7–12: „(...), dan daraus [aus Röm 5,8f] wollen sie schliessen, das das blut Christi unser gerechtigkeit sey, aber es volgt gar nicht! Dan man kan auch wol sagen: Der ist doctor worden durchs gelt, es volgt aber nicht, das darumb das gelt die doctorey sey; wir musten sonst bekennen, das, die das gelt empfangen, die hetten auch die doctorey, und der das gelt het ausgeben, der hette kein doctorey, sonder nur ein lehren beuthel.“ 359 Vgl. Joh 1,14. 360 Vgl. Anm. 168. 361 Vgl. Lk 18,14. 356

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So gleube du nun, lieber Christ, deinem Herrn vnd Bruder Christo der da spricht, welchem seine sFnde vergeben sind, der sei gerecht. Vnd gleube dem heyligen Geist, der durch Jesaia spricht, dadurch werden wir gerecht, das Christus vnser sFnde tregt. Vnd hFte dich fFr dem lFgen geist Osiander. Vnd das363 er greulichen irthumb heyst, das halte du fFr den rechten weg zum ewigen leben. Weill aber S. Johannes Spruch (das Blut Jhesu Christi macht vns rein von aller Sunde)364 den Osiander fFr den Kopff st=st, so legt ihn Osiander also aus: Das Blut, das ist die Gotheit im Blute (ecce nequiciam mali spiritus). Leugt auch weiter vnd spricht, Johannes rede nit vom Blute Christi vie [sic] es am Creutze vergossen ist.365 Osiander ist gar toll366 vnd der Teuffel spottet vnser durch dissen heillosen Man. Jch weys von keynem andern Blute Christi, denn das er fFr vns vergossen hat, doch nicht allein am Creu-[F 3r:]tze, sonder auch im Garten,367 im Richthause,368 item, da er beschnitten369 ward. Dasselbe Blut Christi, es sei vergossen, wie, wo oder wenn, so ists vmb vnsert willn vnd zu vergebung vnser sFnden vergossen. Malus spiritus hanc crassam et barbaram blasphemiam suam vocat subtilitatem, sapientiam reconditam et mysterium: Ja, mysterium iniquitatis. Der LFgengeyst rhFmet, diss sein heylos geschwetz, sei ein Geheymnis vnd hoch ding,370 dann er wolt gern hoch inn die Gotheit faren, ein Gemsensteiger371 ist er worden, vnd versteiget sich, feret alzu hoch, wie der Jcarus mit seinen wechsern FlFgeln, drumb zusmeltzen sie ihm.372 Es heyst aber: Inter vtrumque vola, medio tutissimus ibis.373 Es ist fFrwar ein verwegener, vnuerschampter Geyst, der die klare vnd helle wort Johannis noch glosiern will. Johannes wort sind klar gnug, bedurffen gar keyner glosen, eben so wenig

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Vgl. Jes 53,5. was. 364 Vgl. I Joh 1,7. 365 Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), Bb 1r, in: OGA 10, 294, 25 –28: „(...), da mus man auch verstehen die gottheit Christi, die im blut ist, dan Johannes redet hie nicht vom blut Christi, wie es am creutz vergossen ist, sonder wie es im glauben sampt dem fleisch Christi unser himlische speise und tranck ist.“ 366 verrückt, wahnsinnig. 367 Vgl. Lk 22,44. 368 Vgl. Mt 27,27–30; Mk 15,16 –20. 369 Vgl. Lk 2,21. 370 Vgl. Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), Bb1r, in: OGA 10, 294,28. 371 Neunmalkluger, der sich mit seinen übersteigernden Ideen verrennt. Vgl. Art. Gemsensteiger, in: DWb 5, 3288f. 372 Ikaros ist eine Gestalt aus der griechischen Mythologie. Zusammen mit seinem Vater Daidalos entfloh er angeblich dem kretischen König Minos, indem sie von Daidalos gebaute Flügel (aus Federn, die mit Wachs an einem Gestänge befestigt worden waren) nutzten. Ikaros wurde während des Flugs jedoch übermütig und kam der Sonne zu nahe, so dass das Wachs an seinen Flügeln schmolz und er abstürzte. Vgl. Fritz Graf, Art. Ikaros, in: NP 5 (2003), 929. 373 Der Ratschlag des Daidalos an seinen Sohn Ikaros soll gelautet haben, nicht zu hoch und nicht zu tief, sondern in der Mitte zu fliegen. Vgl. zudem Ovid Metamorphosen 2, 137. 363

Jesa. 53.362

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als die wort: „Hoc est corpus meum“374 der Schwarmer glosen bedurffen.375 Johannes hett auch sagen konnen: „Christus Gotheit in seinem Blute macht vns rein von aller SFnde“, das will aber S. Johannes nit thun, sonder also setzt er seine rede, wie ihn der heylige geist geleret hat: „Das Blut Jhesu Christi, Gottes Sones, macht vns rein von aller Sunde“, da bei bleibe es. Lieber, lere du Johannem, wie er reden soll. Er hat seine wort gesogen aus der brust vnsers Herrn Jesu Christi, so hastu deine glose gesogen aus Fraw Hulda376 brFsten. [F 3v:] Die Schrifft redet nit also von Christo wie Osiander, spricht nit, die Gotheit im blute Christi macht vns rein von aller sFnde, sonder also: „Das Blut Jhesu Christi macht vns rein etc.“ Dem blute Christi gibt sie die ehre. Dann das Blut Jhesu Christi ist mit der Gotlichen Natur vereiniget, drumb thusts eben das ihenige, das Gott selbst thut vnd reiniget vns von aller sFnde. Es hindert auch den Osiander an seiner opinion des Herrn Jhesu SprFch Iohann. 6: „Mein fleisch ist die rechte speise, vnd mein blut, ist der rechte tranck.“377 Drumb meystert er ihn also: Fleisch (spricht er) heyst die Gotheit im fleische etc.378 Der grosse Redener wolt gern Christum leren, wie er seine wort setzen solt. Doch nemen wir von ihm an, das er bekennet, die Gotheit sei im fleisch Christi, vnd sagen daruff also: Jst die Gotheit im fleisch Christi, so ist auch die Gerechtigkeit im fleisch Christi. Jst die Gerechtigkeit im fleisch Christi, so ist sie auch on zweiuel im Blute Christi. Demnach, so ists ia noch recht geredt: „Meyn fleysch ist die rechte speise, vnd mein Blut ist der rechte tranck“, vnd bedarff gar keyner glosen. Johannes 17. steht: „Den Vater vnd Christum erkennen, sei das ewige leben.“379 Da mercke lieber Christ, das nit allein den Vater erkennen, sonder auch Christum erkennen, sei das ewige leben. Christum erkennen setzt der Herr fFrnemlich darzu, vmb seiner Menscheit willen, die mit der Gotlichen Natur in dem Sone, vnd nit im Vater, ein person ist. So wollen wir nun vnserm lieben Herrn Christo die [F 4r:] ehre thun vnd mit grossem dancke gern gleuben, das er sein Blut zu vergebung vnser SFnde vergossen habe, wollen auch gleuben, das dieselbige vergebung der SFnden sei vnser Gerechtigkeit. Ob schon der stoltze Geist sehr druber zFrnet, da ligt nit an. Wenn mir meine sFnde vergeben sind, so habe ich gerechtigkeit gnug

374

Vgl. Mt 26,26; Mk 14,22; Lk 22,19. Alber spielt hier auf den Streit um das rechte Abendmahlsverständins zwischen Luther und Zwingli an. Vgl. Anm. 304. 376 Vgl. Anm. 341. 377 Joh 6,55. 378 Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), Bb 1r, in: OGA 10, 294, 19–21: „Wan er spricht: ‚Mein fleisch ist die rechte speis, und mein blut ist der rechte tranck‘, so mus man verstehen, das uns seine gottheit, die im fleisch und blut ist, speise und trencke.“ 379 Vgl. Joh 17,3. 375

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vnd voll vff, trotze,380 der mich verdamme als einen vngerechten. Wenn ich durch das Blut Christi von meinen SFnden gereiniget bin, so ists on not, das ich nach einer andern Gerechtigkeit im Himel gaffe. Meine Gerechtigkeit ist das liebe Blut Jhesu Christi. Deo gratias. Aller Heyligen Blut wirt von Christo ein gerecht blut genennet, Matth. 23.381 Jst der Heiligen Blut gerecht, so ist viel mehr das Blut Christi gerecht, denn alle Heyligen haben ihre Gerechtigkeit von Christo. Jst das Blut Jhesu gerecht, so macht es auch alle menschen Gerecht, die an ihn gleuben. Dann Christus blut ist nit allein in sich oder fFr sich allein, sonder auch VNS gerecht, macht VNS gerecht vnd ist vnser Gerechtigkeit. Denn ein Kind ist VNS geborn, ein Sohn ist VNS gegeben. So ist vns gewislich auch sein Blut gegeben. Warzu ists vns aber gegeben? freilich nit darumb, das wir dadurch vngerecht, sonder Gerecht werden. Osiander rhFmet sich, er wisse wol, wie es sich halt vmb die Communication idiomatum.383 Weys ers, warumb trennet er denn das WORT vom Fleische, das ist, die Gerechtigkeit vom Blute Christi? vnnd will die [F 4v:] Gerechtigkeit nit im Blute haben? Jst doch das Wort Fleysch worden vnd wohnet vnter vns.384 Ausser dem Blute Christi will Gott von keyner Gerechtigkeit wissen, dadurch wir gerecht werden. Weil nun Osiander nit h=ren will, das wir bekennen, die Gerechtigkeit Christi werde vns durch sein Blut geschencket, so thut er damit eben so viel, als wann er saget, Christus were nit inns fleysch kummen, vnd das ist der Geyst des widderchrists, dauon S. Johannes sagt. Jn der Ebreer Epistel steht geschriebe: „Wenn iemand das Gesetz Mosi bricht, der mus sterben on barmhertzigkeit, wie viel, meinet ihr, erger straffe wirt der verdienen, der den Son Gottes mit fFssen tritt vnd das Blut des Testaments, dadurch er geheyliget ist, vnrein achtet vnd den Geyst der gnaden schmehet?“ Jn dissem SprFch sehen wir, das wir durch Christus Blut geheyliget werden. Vnd weill Osiander nein darzu saget, den Son Gottes mit 380

biete demjenigen die Stirn, trete demjenigen entgegen, widerstehe demjenigen. Vgl. Art. trotzen B.1.b.β), in: DWb 22, 1126. 381 Vgl. Mt 23,35. 382 Vgl. Jes 9,5. 383 Die wechselseitige Durchdringung und Mitteilung der Eigenschaften der göttlichen und menschlichen Natur in der Person Christi. Vgl. Notger Slenczka, Art. Communicatio idiomatum, in: RGG4 1 (1999), 433f. Zu Osianders Auffassung vgl. Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), bes. N 1v–O 2v, in: OGA 10, 200,6 –208,31. Hier vertrat er die Auffassung, dass der Person Christi die Eigenschaften beider Naturen innewohnen. Man müsse aber die unterschiedlichen Eigenschaften sehr deutlich der jeweiligen Natur zuordnen und dies mit der heiligen Schrift beweisen. Daher müsse die Antwort auf die Frage, welche Natur Christi uns gerecht mache, eindeutig beantwortet werden: mit seiner göttlichen Natur. Denn niemand könne den Nachweis führen, dass Christus seine göttliche Natur hintangesetzt habe und allein nach seiner menschlichen Natur die Rechtfertigung bewirken könne. 384 Vgl. Joh 1,14. 385 Vgl. I Joh 4,2f. 386 Vgl. Hebr 10,28f.

Jesa. 9.382

1. Johan. 4.385 Ebre. 10.386

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Sic Aetius, non credit supra captum rationis. 10. Eccle. 20. etc.

2. Cor. 10.393

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fFssen tritt vnd das Blut des Testaments, dadurch er geheyliget ist, vnrein achtet vnd den Geyst der gnaden schmehet, so ist er nicht allein werdt, das er on barmhertzigkeit sterbe, sonder hat auch ewige straff verdient. Spricht er aber, er sei nicht dawidder, das wir durch Christus Blut geheyliget werden,387 warumb ist er denn dawidder, das wir mit S. Paulo vnd Johanne leren, wir werden durch des Herrn Blut gerecht? Hat das Blut Christi die krafft zu heyligen, so hats auch krafft zu rechtfertigen. Denn in Christo ist beyde, Heyligkeit vnd Gerechtigkeit, gleicher krafft. Vnd er ist beyde, vnser Heiligkeit vnd Gerechtigkeit, durch sein Blut worden. 1. Cor. 1.388 [G 1r:] Wo will Osiander nun hinaus? er mus entweder ein subtiles, ia ein schales Gloslin erfinden oder sagen, epistola ad Ebreos non est ex libris Canonicis. Das wir sagen, Christus habe vns mit seinem blute sFnden erloset, kan Osiander leiden, das wir aber sagen, Christus habe vns mit seinem Blute gerechtfertiget, das will er nicht h=ren. Schreibt auch, er habe nie gelesen, k=nne es auch nicht begreiffen, das die erfFllung des Gesetzes sampt dem leiden vnd sterben Christi vnser Gerechtigkeit sei.389 Daruff sagen wir: „Es tu magister in Israel et haec ignoras?“390 Hat er xxx. Jahre das Euangelium geprediget, wie er sich rhFmet,391 vnd das nicht gelesen? vnd verstehts nicht? Hat ers nicht gelesen, so haben wirs aber gelesen vnd predigens (Gott lob) teglich, vnd alle Christen gleubens vnd dancken vnserm HERRN Gott von hertzen drumb. Kans ers nit begreiffen, da ligt nit an, wir konnens auch nit begreiffen, gleubens aber, weill wir wissen, das Gott nit leugt noch liegen kan.392 Die vernunfft kan keinen Artickel Christlicher Religion begreiffen, sie mus sich vnter den gehorsam Jesu Christi gefangen geben. Alle Propheten zeugen von Christo, er sei vnser Gerechtigkeit. Jst Christus vnser Gerechtigkeit, so ist auch sein Blut, Sterben, Vfferstehung, vnd alles, was er vmb vnser seligkeit willn gethan hat, vnser Gerechtigkeit. Man spricht: Alles, was am Schafe ist, das sei nutz vnd gut,394 also sagen wir auch vom Lamme Gottis, 387 Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), V 1r, in: OGA 10, 254, 12–14: „Also spricht auch Paulus recht: Wir sein durchs blut Christi gerecht worden, es volgt aber darumb auch keineswegs, das das blut die gerechtigkeit sey (...).“ 388 Vgl. I Kor 1,30. 389 Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), B 2v, in: OGA 10, 110,31–112,3: „Das aber die erfullung des gesetzs und das leiden und sterben unsers herren Jhesu Christi als ein werck solten unser rechtfertigung oder gerechtigkeit sein, das hab ich in der heiligen schrifft meines wissens all mein tage noch nie gefunden, kan auch nicht begreiffen, das es sich nach rechter eigenschafft der sprachen also reden las.“ 390 Joh 3,10 (Vg). 391 Vgl. die Widmung Osianders an Herzog Albrecht von Preußen, Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), :: 2r, in: OGA 10, 78,16–18. 392 A*tius war der Führer der Anhomöer, die die Ansicht vertraten, dass Christus der Substanz nach dem Vater unähnlich sei. Vgl. Richard P. Vaggione, Art. A*tius, in: RGG4 1 (1999), 133. 392 Vgl. Tit 1,2. 393 Vgl. Röm 1,1–3. 394 Sprichwörtlich: An dieser Sache stimmt alles.

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vnserm Herrn Christo: alles, was an ihm ist, das ist vns nutz vnd gut zur heyligkeit, gerechtigkeit vnd seligkeit.395 Sein empfengnis, sein Gepurt, sein Beschneidung, veriagung in [G 1v:] Egypten, sein beten, fasten, reysen leiden, sterben, blutuergiessen, vfferstehung, himmelfart etc. macht vns gerecht, heylig, selig. Vnd ob wol sein blutuergiessen vnd todt vffgehort hat, so bleibt doch die frucht desselben, nemlich erl=sung vom Tode, vergebung der sunden vnd ewige Seligkeit. Der Poltergeyst macht vns ein vnnotigen vnterscheyd zwischen der Gerechtigkeit vnd vergebung der sFnden. Facit nae intelligendo, vt nihil intelligat, spricht darzu, es sei ein greulicher irthum, zu sagen, vergebung der sFnden sei vnser Gerechtigkeit.396 Jst das ein greulicher Jrthum? O des heyligen Jrthumbs, dabei vns der liebe Gott ia erhalten vnd nit anders dann in solchem irthumb sterben lassen wolt. Amen. Darumb mag sich der LFgengeist wol verkriechen mit seiner spitzfundigkeit vnd subtilen Stincktzion (distinction,397 wolt ich sagen). Warzu ist der Spitzfund398 not oder nutz, das er die erl=sung des menschlichen geschlechts absondert von der Rechtfertigung, so es doch ein ding ist, on das er gern was newes vff die ban bringen wolt, dadurch ein grossen namen zu vberkummen,399 wie Erostratus?400 Dann also schreibt der newe Ketzermeyster,401 das wir durch das ihenige so Christus von vnsert wegen durch erfullung des Gesetzs vnd durch sein leiden mit Gott dem Vater gehandelt hat, nit gerecht, sonder erl=set werden etc.402 H=re aber, lieber Christ, was er des fFr ein vrsach gibt; Denn zu der zeit (spricht er), da Christus leyde, waren wir noch nit geborn.403 Wie gefelt dir abermal disse Consequentz? Zur zeyt des leidens Christi waren wir noch nit 395

Vgl. I Kor 1,30. Vgl. Anm. 168. 397 In der Scholastik wurde die distinctio als Methode zur Behebung von Schwierigkeiten durch Zergliederung bzw. Unterscheidung verwendet. Vgl. O. Muck, Art. Distinktion, in: HWPh 2 (1972), 271f. 398 trügerische theologische Argumentation. Vgl. Art. Spitzfund 1), in: DWb 16, 2621. 399 zu erhalten. 400 Herostratos setzte im Jahr 356 v. Chr. den Tempel der Artemis in Ephesos in Brand, um unsterblichen Ruhm zu erlangen. Vgl. Konrad Wicker, Art. Herostratos, in: KP 2 (1979), 1110. 401 Erzketzer. Vgl. Art. Ketzermeister 1), in: DWb 11, 644. 402 Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), B 2r, in: OGA 10, 110,4 –15: „Darumb kan es, eigentlich zu reden, nicht unser rechtfertigung gewest sein, noch genennet werden, sonder nur unser erl=sung und genugthuung fur uns und unser sFnde. Denn wer gerechtfertigt sol werden, der mus glauben; sol er glauben, so mus er schon geporen sein und leben. Darumb hat Christus uns, die wir itzo leben, und andere vor uns durch erfullung des gesetzes und sein leiden und sterben nicht gerechtfertigt; aber erl=set sein wir dardurch von Gotts zorn, todt und helle. Dann man kan ein menschen wol erl=sen und befreien, der auch noch nicht geboren ist (...). Aber man kan keinen gerecht und from machen, ehe dann er geporen ist.“ 403 Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), B 1v–B 2r, in: OGA 10, 110,1–4: „Es ist aber offenbar, das alles dasjenig, das Christum als der getreue mitler von unsernwegen durch erfullung des gesetzes und durch sein leiden und sterben mit Gott, seinem himlischen vater, gehandelt hat, das ist fur funfzehnhundert jaren und lenger geschehen, da wir noch nicht geporen sein.“ 396

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geborn, drumb macht vns Christus leiden nit gerecht. Jst das nit ein sch=ne folge? In qua dialectica? in [G 2r:] qua figura? „Quorsum haec tam putida tendunt?“404 Das ist mir ein abentheurliche Consequentz, hat sie doch weder hende noch fFsse,405 weder saltz noch schmaltz.406 Christus hat gelitten (spricht er) vnd dem Gesetz gnug gethan, ehe wir geborn waren, drumb werden wir nit gerecht durch Christus leiden, sterben vnd gnugthun. Jst das die heilige Schrifft, damit er sein opinion beweiset? Das mag ia heyssen „percutiat te Deus amentia et caecitate.“407 Also soll es denen ghen, so den heyligen Geyst in seinen worten meystern vnd alle Euangelische predigten, so im 33. iaren geschehen,408 vnd dadurch viel tausent Selen erhalten sind, zuschanden machen will. Dann das er sich rFmet, D. Martinus sei vff seiner seiten,409 ist ein lugendeckel, darunter der b=se Geist seine falsche wahr410 gern verkeuffen wolt. Also laut des Schwermers Enthymema:411 Da Christus leyde, war ich noch nit geborn. Drumb macht mich sein leiden nicht Gerecht. Daraus mus folgen, das allein die ihenen, so zur zeit des leidens Christi gelebt haben, durch sein leiden gerecht werden. Wir andern arme tropfen sind eyns teyls zu langsam, eyns teyls zu bald geborn. Vnd hindert vns nichts mehr an der Gerechtigkeit, dann das wir zu langsam (nemlich, noch412 der zeit des leidens Christi), oder zu bald (das ist, ehe Christus gelitten hat) geborn sind. So werden allein die ienen, so zur zeit des leidens Christi gelebt vnd gegleubt haben, durch sein leiden gerecht. Nun, wie wol diss tolle geschwetz des lestergeysts keiner antwort werdt ist, so sagen wir dannoch also: Christus leiden fasset alle Gleubigen zusamen, die vor ihm, die zu seiner zeit gewest, vnd die nach ihm kummen. Einer hat eben so viel teyls an ihm, als [G 2v:] der ander, drumb heysts Sanctorum communio.413 Die vmb die elffte stunde in des Herrn Weinberg kummen, empfahen eben denselben lohn, den die ersten empfangen.414 Macht Christus leiden die ihenen gerecht, so zur zeit Christi gelebt vnd gegleubt haben, so macht es auch gerecht beyde, die Gleubigen, so fFr ihm ge-

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Horaz, Satiren 2, 7, 21. Sprichwörtlich: Es ist unnütz. Vgl. Art. Hand *741), in: Wander 2 (1870), 322. 406 Vgl. Art. Salz *69), in: Wander 3 (1876), 1853. 407 Dtn 28,28 (Vg). 408 Alber rechnet von Beginn der Reformation 1517 an. 409 Vgl. Anm. 18. Auch in der Schrift „Von dem einigen Mittler“ finden sich immer wieder Zitate aus Luthers Schriften, vgl. z. B. OGA 10, 142,8–28; am ausführlichsten ebd., 170,30– 190,16. 410 Ware. 411 Ein Enthymem bezeichnte in der Rhethorik nach Aristoteles einen Schluss mit nicht ausgesprochenen Prämissen. Vgl. Manfred Kraus, Art. Enthymem, in: HWRh 2 (1994), 1197–1222. 412 nach. 413 Die Kirche als Gemeinschaft der Heiligen. Vgl. den 3. Artikel des Apostolischen Glaubensbekenntnisses. Vgl. BSELK, 43. 414 Vgl. Mt 20,9. 405

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west vnd nach ihm kummen. Abraham ward froh (spricht Christus), das er meinen tag sehen solt, vnd er sahe ihn vnd frewet sich.415 Deßgleichen haben die Christen, so nach Christo kummen sind, auch des HERRN tag gesehen, vnd die heutiges tags leben vnd gleuben, sehen des Herrn tag vnd frewen sich desselben von gantzem hertzen, vnd singen: „Christ ist erstanden von seiner marter alle, des sollen wir alle froh sein, Christ will vnser trost sein.“416 Gleich wie wir durch des Herrn tod sind lebendig worden, ob wir wol zur zeit seines sterbens nit geborn waren, also sind wir durch Christum gerecht worden, ob wir wol zur zeit Christi noch nit geborn waren. Da hindert kein zeit, allein der vnglaub hindert. Christus leiden vnd sterben sihet hinder sich vnd fFr sich, vnd fasset alles zusamen, so an in gleubt, es sei vor im oder zu seiner zeit gewest, oder nach ihm kummen. Er ist praeteriti, praesentis et futuri temporis. „Jhesus Christus, gestern vnd heut, vnd derselbe auch in ewigkeit.“417 „Last euch nit mit mancherley vnd frembden leren vmbtreiben“, Ebre. 13.418 Jtem, Apoca. 13: „das Lamme ist erwurget von anfang der Welt.“419 „Wann ich erh=het werd von der erden (spricht der Herr), will ich sie alle zu mir ziehen.“ Drumb reckt er seine arme am Creutze aus, als wolt er alles zusammen fassen. [G 3r:] Ghets doch in der welt auch also zu, das offt ein Kind, so noch soll geborn werden, ein erb ist der gFter, die vor langer zeit durch seine Voreltern erworben sind. Das kind ist noch nicht geborn vnd seine erbgFter sind gleichwol fFrhanden. Also hat vns vnser lieber Herr Christus vor funfftzehnhundert iaren421 fFrgeerbeyt, was wir itzt irben,422 vnd fFr vns gesorget, ehe wir geborn waren. Dem gFtigen Herrn sei lob, preis vnd danck in ewigkeit. Amen. Der Schindelgeyst423 treibt diß Argument noch weiter vnd nerrichter, vnd spricht: Der Gehorsam Christi macht vns nit gerecht, sunst mFst folgen, wir weren funfftzehn hundert iar gerecht gewest.424 Antwort: Toll vnd torich425 bistu. Wir kundten nicht ehe gerecht werden, wir weren dann zuuor geborn. Der Gehorsam vnsers Herrn Christi, dem himlischen Vater vor funfftzhen hundert iaren geleystet, wirt allen Gleubigen beyd, vor vnd nach Christi geburt, mit geteylt, bis an der welt ende. Ach, der heylose Geyst spottet vnsers Glaubens mit seinen tollen Consequentzen.

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Vgl. Joh 8,56. Ein Lobgesang zu Ostern. Vgl. Wackernagel V, Nr. 1305, S. 1031 (1. Strophe). Hebr 13,8. Hebr 13,9. Vgl. Apk 13,8. Joh 12,32. Vgl. Anm. 403. erben. Phantast. Vgl. Art. Schwindelgeist 2), in: DWb 15, 2659. Vgl. Anm. 403. töricht.

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Aber also mFssen die ihenen schwermen vnd rasen,426 so ihr eigen ehre suchen vnd was newes vff die bahn427 bringen wollen. Weiter, das S. Paulus schreibt, wir werden gerecht durch die vfferstehung Christi,428 da sagt disser Ketzermeister auch nein zu, spricht, wir verstehn Paulum nit recht. S. Paulus rede aber darumb also, denn wo Christus nit vfferstanden were, so kundten wir nit gleuben, das wir vom tode erl=set weren.429 Vide, quomodo eludat et obscuret iste Pauli clarissimam sententiam, vt ne ipse quidem, quid dicat, intelligat. Nisi, inquit, [G 3v:] Christus resurrexisset, non potuissemus credere, nos esse liberatos a morte etc. Respondeo: imo, nisi etiam Christus natus et mortuus fuisset, non, potuissemus credere, nos esse liberatos a morte. Quomodo enim potuissemus credere, quod nondum euulgatum erat? Quia ignoti nulla cupido.430 Sed quid hoc ad propositum? Et quomodo cohaerent ista? Das mag ia redlich431 geschwermet heissen, kFnds eym doch im traum kaum so nerricht fFrkummen. Jch dancke vnserm Herrn Gott, das der Schwindelgeyst432 so tunckele vnd vngereimete wort fFret, das man nit wol verstehn kan, was er meynet, so kan er auch niemand verfFren, es ist eitel433 confusum, Cahos, was er fFrgibt. Carlstads vnd Zwingels bFcher waren auch so tunckel vnd t=lpisch, das D. Martinus druber klagt, er k=nne schwerlich vernehmen, was sie meyneten.434 Dann Gott strafft also seine feinde, das sie nit k=nnen haben eruditam linguam, wie des heyligen Geysts schFler. Doctor Martinus ist ein feiner lerer, des lere leuchtet so helle vnd klar, das auch die kinder vnd einfeltige leute seine meynung wol vernehmen k=nnen vnd vnserm Hern Gott dafFr dancken. Das wir durch des Herrn Christi Blut nicht gerecht werden, beweiset Osiander mit einer aus den bunden435 sch=nen Gleichnis. So h=ret zu, lieben Leute, vnd lachet nicht, est similitudo insulsissima (elegantissima solt ich sagen), also lautet die Gleichnis: Gleich wie einer Doctor wirt durch geld vnd folget doch nit daraus, das dasselbe geld vnd doctorat ein ding sei, also, wenn wir sprechen (wir werden durchs Blut Christi gerecht), folget nit daraus, das das Blut Christi vnser Gerechtigkeit sei.436

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toben. etwas Neues vorbringen. Vgl. Art. Bahn 6), in: DWb 1, 1077f. 428 Vgl. Röm 5,8–11. 429 Vgl. Anm. 281. 430 Sprichwörtlich: Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß. 431 polemisch: mächtig, ordentlich. 432 Dämon, der falsche Lehren von sich gibt. Vgl. Art. Schwindelgeist 1), in: DWb 15, 2658. 433 reine. 434 Wohl eine Anspielung auf den Abendmahlstreit der 1520er Jahre. Vgl. dazu Äußerungen Luthers in seine Argumentation in der Schrift „Vom Abendmahl Christi. Bekenntnis“, die dahingehend gedeutet werden könnten. Vgl. Martin Luther, WA 26, 261– 509 (Vom Abendmahl Christi. Bekenntnis, 1528). 435 polemisch: köstlichen, herrlichen. 436 Vgl. Anm. 358. 427

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[G 4r:] Es ghet warlich schale aus. Si dicas: Hic est Doctor insignitus per pecuniam, non sequitur, pecuniam esse ipsa insignia. Sic, vbi Paulus dicit,437 nos per sanguinem Christi iustificari, non sequitur, quod sanguis Christi sit nostra iusticia. Nimpt efficientem Causam pro formali, ist lauter Sophisterei438 vnd Sycophanterei.439 Er ist eben ein Dialecticus vnd selbst gewachsener440 Doctor wie Zwingel. Lieber, geld ist nit alleyn die vrsach, das einer Doctor wirt, es sind wol andere vrsachen. Mit der heiligen Schrifft solt der Meyster von hohen sinnen beweisen, das S. Paulus klare wort nicht also zu uerstehen weren, so kumpt er daher getrolt mit einer losen gleichnis vom Gelde vnd doctorat. Wenn ein Theologus beweisen will, das ein Spruch der Schrifft anders zu uerstehen sei denn441 er lautet, so mus ers mit der heyligen Schrifft thun, darnach mag er auch seine beweisung mit Gleichnissen schmucken. Jch h=re sagen, Osiander sei noch nicht deponiert,442 vnd sei noch ein Beanus443 vnd Bachant, habe die h=rner noch nicht abgestossen,444 sei in keiner Vniuersitet nie gewest,445 darumb spottet er den Gradibus vnd sticht vff die ihenen,446 so Magistri oder Doctores werden, vnd gibt den Promotoribus schuld, das sie vmb gelds willn Doctores machen, welchs doch nicht zu Wittemberg, sonder zu Rom geschicht, da macht man Doctores Bullatos.447 Vnd etliche Romanisten schreiben sich Pfaltzgreuen,448 die von der Babilonischen

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Vgl. Röm 5,8–11. Der altgriechischen Philosophenschule der Sophisten wurde nachgesagt, auf argumentativem Wege Tatsachen beliebig zu verdrehen. Vgl. Margarita Kranz, Art. Philosophie, in: NP 15/2 (2002), 339 –343 (343f); Lepp, Schlagwörter, 83f. 439 Verleumderei. Vgl. Art. Sykophanterei, in: DWb 20, 1368. 440 selbst ernannter, autodidaktischer. Vgl. Art. gewachsen 2.a.β.5)), in: DWb 6, 4732. 441 als. 442 Die „Depositio“ erfolgte vor der Immatrikulation und war für den neuen Studenten mit mancherlei unangenehmen Initationsriten verbunden. Vgl. Hautz, Geschichte der Universität Heidelberg 1, 85f. 443 Aus dem Französischen: bec jeune = Gelbschnabel. Gemeint ist damit ein neu immatrikulierter Student. Vgl. Hautz, Geschichte, 85. 444 Sprichwörtlich: hat noch keine ausreichenden Erfahrungen gemacht. Vgl. Art. Horn *46), in: Wander 2 (1870), 784. 445 Osiander hatte kein Universitätsstudium abgeschlossen und akademische Grade erworben. Dies wurde ihm gerade bei seiner Berufung zum Professor primarius an der Theologischen Fakultät der Universität Königsberg von Gegnern vorgehalten. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 29 –33. 446 bekämpft. 447 Bezeichnung für einen Gelehrten, der sein Doktordiplom nicht durch Studium an einer Universität, sondern durch einen Herrscher, hier vom Papst, verliehen bekam. Damit ging häufig der Vorwurf des Titelkaufs, sowie die Qualifizierung als Narr oder Quacksalber einher. Vgl. Art. kurzweilig 2.b), in: DWb 11, 2863; Art. auskaufen 1, 890. 448 Als Pfalzgrafen bezeichnete man z. B. Richter an kaiserlichen bzw. königlichen Gerichten. Außerdem war „Pfalzgraf“ ein Titel, mit dem bestimmte Rechte und Regalien veliehen wurden. Vgl. Art. Pfalzgraf 3 und 4), in: DWb 13, 1602. 438

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Huhrn449 gewalt haben, Doctores zu machen, ein solcher Doctor war Carion, der Teuffelsfenger vnd Cristallenghucker.450 Solchen Bullendoctoribus vnd Comitibus palatinis solt Osiander spotten. Zu Wittemberg macht man s=lche Doctors nicht. [G 4v:] Es gibt aber disser sp=ttische Geist nit allein eyn Gleichnis vom Doctorat, sonder auch von einem Diebe, zu beweren, das die Erl=sung von Sunden nit vnser Gerechtigkeit sei. Einen Dieb (spricht er) kan man wol vom Galgen erl=sen vnd doch nit gerecht machen.451 Ja, lieber Schwermer, die Menschen konnens freilich nicht thun, aber vnser HERR Christus kans wol thun, wie gefelt dir das, du b=ser Geist? Deus iustificat impium, Ro. 4.,452 vt publicanos,453 meretrices,454 latronem in cruce455 etc. Der stoltze Geyst saget vns wol viel von des glaubens Gerechtigkeit, zu beweisen, das sie aus Gott vnd ein ewige Gerechtigkeit sei, wer leugnet aber dasselb? Wo soll sie anders her kummen, dann von Gott? Das aber daraus folge, des Herrn Christi blut sei vns nit nFtz zur Gerechtigkeit, das gilt beweisens. Ja, es heyst schendlich gelogen vnd gelestert. Bekent er doch selbst, die Gotheit

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Vgl. Apk 17,5. In der Vollbibel von 1534 findet sich ein kolorierter Holzschnitt Lucas Cranachs d. Ä., der das Papsttum als Hure Babylon zeigt. 450 Johannes Nägelin (1499 –1537). Er studierte in Tübingen und schloss dort wohl bereits Bekanntschaft mit Philipp Melanchthon. Seit 1522 war er Hofastronom bei Kurfürst Joachim I. Nestor von Brandenburg und seit 1527 auch Berater Herzog Albrechts von Preußen. Er fertigte aufgrund seiner astronomischen Studien auch astrologische Vorhersagen über zukünftige Entwicklungen und Ereignisse an. Zudem verfasste er eine Weltchronik, die nach senem Tod von Melanchthon überarbeitet herausgegeben wurde. Vgl. Johannes Schultze, Art. Carion, Johannes, in: NDB 3 (1957), 138f. Im selben Jahr, 1552, in dem Alber diese Schrift publizierte, veröffentlichte Johann Funck, ein Parteigänger Osianders, eine Weiterführung der Chronik des Johann Carion: Chronica || Durch M. Johann || Carion fleißig zusamen gezogen / || menniglich nFtzlich zu lesen. || Volstreckung diser Chronica vom || 32 Jar der mindern zal / biß inn das 52. || Sampt eym kurtzen außzug des grossen ... || kriegß / so Kei. Carolus V. mitt || den Protestierenden gefurt / im Jar 46. || Auch was sich in ... || Magdeburg zu= || getragen hat. || [Frankfurt/Main: o. Druckerangabe in VD 16,1552] (VD 16 C 1006). 451 Osiander wählt als Beispiel die Scipionenprozesse aus dem Jahr 188 v. Chr. und führt dazu dann aus (Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), G 2v, in: OGA 10, 150,7–18): „ (...), dan wie der Scipio zu Rom durch des r=mischen volcks urteil gerechtfertigt worden ist, der muss aus not also gedencken: Ist der Scipio gerecht und from gewest, so hat im das r=mische volck kein gnad oder wolthat bewisen; ist er aber ungerecht und untreu gewest, so hat im das r=mische volck mit seinem urteil und ledigzelen wol aus einer gefahr geholfen, hat in aber keineswegs gerecht und from gemacht, sonder einen schalck und dieb lassen bleiben, wie er vorhin war – dan es ist unm=glich, das sie ine mit irem urteil solten gerecht und from gemacht haben! Nun k=nnen wir nicht sprechen, das wir fur Gott gerecht und from gewest sein, wie Scipio sprechen m=cht, er were dem r=mischen recht nach from gewest. Darumb volgt aus obgedachter lehre, das wir durch den glauben allein fur gerecht und from gehalten und gesprochen, aber keineswegs durch den glauben mit der that und in der warheit gerecht und from gemacht werden.“ 452 Vgl. Röm 4,5 (Vg). 453 Vgl. Mt 9,13; Mk 2,17; Lk 5,32. 454 Vgl. Lk 7,48–50; Joh 8,7–11. 455 Vgl. Lk 23,43.

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sei im Blut Christi.456 Jst die Gotheit im Blute Christi, so ist auch die Gerechtigkeit Gottes im blute Christi, weil er selbst bekent, Gottes Gerechtigkeit sei seine Gotheit.457 Sehet doch, lieben Christen, wie disser Rumpelgeist widder sich selbst schnacket458 vnd nicht weys, wo er daheym ist. Darumb redet S. Paulus recht, das wir durchs blut Christi gerecht werden,459 vnd bedarff keyner losen glosen noch Gleichniss vom Doctorat vnd Dieben. Der lFgengeist wil vns die Gerechtigkeit vom Blute Christi trennen, vnd bekent doch selbst, die Gotheit sei im Blute vnd die Gerechtigkeit sei die Gotheit. Heyst das nicht geschwermet vnd widder sich selbst geredt? Ja, im Sechsten Quatern bekent er, das vns Christus mit seinem leiden, blutuergiessen vnd ster-[H 1r:]ben die Gerechtigkeit erworben habe,460 darnach sagt er das widderspiel.461 Ach, er wolt gern newe vnd grosse kunst fFrgeben vnd ihm ein namen in der welt machen, wie Witzel,462 Grickel463 vnd Jeckel,464 vnd wirt daruber so irre, das er nicht weys, was er sagt.465 Er bekennet die Gotheit sei im Blute Christi vnd will gleichwol die Gerechtigkeit nit drinnen leiden, vnd sagt doch daneben, Gottes Gerechtigkeit sei Gott selbst. Jst das nit widdereinander? Jtem, er bekent, Christus habe vns mit seinem blute geheyliget, vnd wil doch nicht, das wir auch dadurch gerecht werden. Bekent auch, das die Got-

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Vgl. Anm. 365 und 378. Vgl. Anm. 242. 458 schwatzt. Vgl. Art. schnacken 2), in: DWb 15, 1156f. 459 Vgl. Röm 5,8f. 460 Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), H 2v–H 3r, in: OGA 10, 162,6–16: „Die g=ttliche fr=mmigkeit oder gerechtigkeit aber ist die, die Gott selber hat, ja die Gott selbst ist, nemlich die, die er von ewigkeit her bey und in sich gehabt und beschlossen hat, dieselbigen im wort, das Gott selbs ist, wan es mensch wirt, mit seiner menscheit zu vereinigen und also dieselbigen allerheiligsten menscheit unsers herren Jhesu Christi mit solcher seiner ewigen gerechtigkeit und frommkeit gerecht zu machen, zu bewegen, zu leiten und zu furen zu allem gehorsam und guten wercken biss zu volkomner erfullung des gantzen gesetzes und zu aller gedult, fur uns und unser sFnde zu leiden, sein blut zu vergissen, zu sterben des allerschmehlichsten tods am creutz und entlich auch gen helle zu fahren, das er uns erl=sete, und dan umb unser rechtfertigung willen wider erstunde.“ 461 Gegenteil. 462 Georg Witzel war, nachdem er sich der Reformation zugewandt und auf Empfehlung Luthers Pfarrstellen im Kurfürstentum Sachsen bekleidet hatte, wieder zum alten Glauben zurückgekehrt und zeichnete sich durch seine zahlreichen Veröffentlichungen gegen die Reformation aus. Unter anderem griff er auch Melanchthon direkt an, so dessen Gutachten zum Interim. Vgl. dazu mit weiterführender Literatur unsere Edition Bd. 1, Nr. 17, S. 795 –870. 463 Anspielung auf Johann Agricola. 464 Anspielung auf D. Jakob Schenk, von Luther meist Jeckel genannt. Er wurde um 1508 in Waldsee an der Aach (Württemberg) geboren. Im Jahr 1536 war er Hofprediger Heinrichs von Sachsen in Freiberg und wurde des Antinomismus verdächtig. Seit 1538 versah er die Hofpredigerstelle in Weimar. Ab 1541 war er Prediger und Professor in Leipzig. Danach (1544– 46) bekleidete er das Amt des Hofpredigers von Kurfürst Joachims II. Hektor von Brandenburg in Berlin. Vgl. Walter Delius, Art. Schen(c)k, Jakob, in: RGG3 5 (1961), 562. 465 Alber fasst in den folgenden Sätzen jene aus seiner Sicht widersprüchlichen Lehraussagen Osianders zusammen, die er zuvor in seiner Schrift näher erörtert hat. 457

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liche Natur Christi durch seine Menscheyt in vns als seine Glieder kumme vnd er also gantz vnd vnzutrent vnser leben, weischeyt, gerechtigkeit vnd heyligkeit sei. Jst das nit fein vnd wol geredt? noch bleibt er nit dabei, vergist wie ein Narr vnd Trunckenpolt seiner eygen vorigen rede vnd setzt gerade das widderspiel, spricht, Christus sei vnser weissheit nach der Gotlichen Natur vnnd nicht nach der Menschlichen Natur, desgleichen sei er vnser Gerechtigkeit nach der Gotlichen vnd nicht nach menschlicher Natur, wiewol (spricht er) wir solche Gotliche Gerechtigkeit ausser halb seiner Menscheit nit k=nnen finden, macht zwischen der Menschlichen vnd G=tlichen Natur keyn andern vnterscheyd, denn zwischen dem Beutel vnd Geld, oder zwischen dem Wein vnd Becher, so doch die G=tliche vnd Menschliche Natur in Christo neher zusamen geh=ren weder Beutel vnd Geld Wein vnd Becher. Quia Verbum Caro factum est,466 sed pecunia non est facta marsupium, Vinum non est factum poculum. Beutel vnd geld ist nit ein Person, Wein vnd Becher [H 1v:] sind nit ein Person, wie das Wort vnd Fleysch ein Person worden ist. O, du elender Schwermer. Fatetur etiam nos iustificari per Euangelium, et tamen non concedit, nos iustificari per sanguinem Christi praedicatum in Euangelio. Jst der Geyst nit toll vnd t=richt? Imo credentes iustificantur sanguine Christi oblato nobis per Euangelium. Die erl=sung des Menschlichen geschlechts schreibt er zu der Menschlichen natur in Christo, aber die Rechtfertigung will er der Menschlichen Natur nicht zuschreiben, so doch die erl=sung eben so wol der Almechtigkeit Gottis werck ist als das werck der Rechtfertigung. Last vns dem barmhertzigen Gott dancken, das er seinen feind also strafft vnd blendet, das er widder sich selbst reden vnd die Leute damit warnen mus, das sie sich fFr ihm hFten, quia manefeste pugnantia dicit. Man sagt: „Oportet mendacem esse memorem“,467 ein LFgener mus ein gut gedechtnis haben. Aber disser LFgener hat ein b=s468 gedechtnis, vff das er vber seiner Gotslesterung zu schanden werde. Er schreibt auch, wir erlangen die Gerechtigkeit durch den Glauben vnd nit durchs leiden Christi, noch durch die erfFllung des Gesetzs. Was nFtzen doch s=lche wort, die man nirgend in der heyligen Schrifft findt? Welcher Prophet, welcher Apostel redet also? S. Paulus befihlt den Predigern, zu meiden das vngeystliche lose geschwetz vnd das gezenck der falschberFmpten kunst.469 Es ist alles eitel schwermerei, fantasei vnd verworren ding, was disser Geist fFrgibt. Warumb reisst er des Herrn Blut leiden, erfFllung des Gesetzs vnd gnugthun fFr vnser sFnde von der Gerechtigkeit? [H 2r:] Warumb redet er nit lieber von dissem [sic] G=tlichen dingen, wie S. Paulus, warumb braucht er nit desselben weise von der Gerechtigkeit zu reden? will 466 467 468 469

Vgl. Joh 1,14. Vgl. Quintilian, De Institutione Oratoria IV,2, 91; Art. lügen, in: TPMA 8, 66. schlechtes. Vgl. I Tim 6,20.

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ers denn besser machen weder470 S. Paulus, welcher vom Glauben, von der gerechtigkeit, von der erlosung vnd blute Christi also schreibt: „Wir werden on verdienst Gerecht, aus Gottes gnade, durch die erl=sung, so durch Christum Jhesum geschehen ist, den Got hat fFr gestelt zu eym gnaden stule, durch den Glauben, in seinem Blute, vff das er die Gerechtigkeit, die fFr ihm gilt, dar biete, in dem, das er die Sunde vergibt.“ Sihe, also soll man von dissen hohen dingen reden, wie hie Paulus thut, der reist nit die Erl=sung von der Gerechtigkeit, wie Osiander, trennet keyn stFck vom andern, helts fein zusamen, lest Gnade, Glauben, Gerechtigkeit, Gnadenstul, Blut vnd Erl=sung beieinander. Jtem, der Schwermer lest Gleuben vnd vertrawen nit ein ding sein, vileicht hat sein hertz nie erfaren, was gleuben vnd vertrawen sei. Dann die reichen Theologi, so stets gute tage haben, kummen schwerlich darzu, das sie erfaren, was Gleuben vnd vertrawen sei. Es bringt auch Osiander herfFr, seine irthume zu bestetigen, den Spruch Christi, Johan. 6: „Fleysch ist kein nutz“,472 verstehe (spricht er), on die Gotheit.473 Wiewol aber der Herr Christus am selben ort nit von seinem Fleisch redet, so ists doch recht gesagt, das des Herrn Christi Fleysch, on seine Gotheit, nit nutze ist, dann welcher Christen hat ie anders gesagt? oder wie kan das Fleysch Christi on die Gotheit sein? Weill dann Osiander bekent, das die Gotheit im im fleysche Christi sei, so folget ie daraus, das vns das [H 2v:] fleisch vnd Blut Christi nFtze sei, Gerechtigkeit vnd alles guts bringe. Drumb redet Osiander widder sich selbst vnd sturtzet vber dissem Spruch den hals entzwey. Er bekent, das wir durch des Herrn Christi Menscheyt seiner G=tlichen Natur teilhafftig werden, noch474 lest er nicht zu, das wir durch des Herrn menscheit die Gerechtigkeit empfahen. Jst das nicht toll ding vnd widdereinander? Es ist lauter gesp=tt, das der Satan mit vnser Religion treibt. Jch h=re sagen, der Meister disser newen lere sei ser reich vnd habe viel tausent Gulden.475 Weill nu Christus sagt, ein Reicher kumme schwerlich inns himelreich,476 so ist zu besorgen, die liebe zum gelde mache dissen Propheten so toll, wie die Adiaphoristen auch reich vnd geldsuchtig sind, 470

als. Vgl. Röm 3,24f. 472 Vgl. Joh 6,63 473 Vgl. Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), Bb 1r, in: OGA 10, 294,22. 474 aber. 475 Während seiner Tätigkeit in Nürnberg hatte Osiander ein beträchtliches Vermögen angesammelt und es gab offenbar Kritik daran, wie Osiander seinen Reichtum zur Schau stellte. In Preußen erhielt er 200 Gulden auf seiner Pfarrstelle und weitere 100 Gulden für die theologische Lektur. Osiander teilte Verwandten, z. B. seinem Schwiegersohn, nach seiner Ankunft in Preußen mit, dass sich sein Gehalt aufgrund niedriger Lebenshaltungskosten im Herzogtum nun im Vergleich zu seiner Zeit in Nürnberg fast verdoppelt habe. Vg. Seebaß, Werk, 209–216; Stupperich, Osiander in Preussen, 28. 476 Vgl. Mt 19,24; Mk 10,25; Lk 18,25. 471

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vnd ihr Nothulffer477 heyst Sanctus Talerus, der itzt grosse wunder in der welt thut, macht die sehenden blind, krum schlecht,478 recht vnrecht. Solchen Thalertheologen wolt ich raten, das sie sich der schweren last des Mammons entladeten vnd armen Leuten, SchFlern vnd Studenten mitteileten, das sie nicht vnter der schweren last der Ducaten, Kronen, Nobeln vnd Thaler niddersincken zur hellen zu. Es gibt Osiander etlichen schuld, das sie die G=tliche Natur in Christo von seiner Menscheit reissen479 vnd er ist doch selbst der rechschuldige, der solchs thut,480 eben als wenn ein Dieb, vff frischer that ergriffen, feindlich schrie: Dieb io,481 Dieb io, wie man von einem sagt, der gestolen hatte vnd als man ihm nacheylet, schreye er die leute an, so ihm entkegen kamen: halt mir den Dieb, halt mir den Dieb. Das er auch etlichen schuld gibt, sie ertichten ein [H 3r:] mittel gerechtigkeit, die weder Gotlich noch menschlich sei, vnd etlichen, die da sagen, Christus warer Gott vnd Mensch wohne nicht durch den Glauben in vns etc.,482 dieselbigen m=gen fFr sich selbst antworten. Das er aber der Augßburgischen Confession ein stich gibt, als stimme sie nit mit der heyligen Schrifft,483 das ist ser vnredlich gehandelt vnd den Papisten 477

Seit dem 14. Jahrhundert verehrt, entwickelte sich die Anrufung von 14 Nothelfern im 15. und 16. Jahrhundert zur allgemeinen Volksfrömmigkeit im deutschsprachigen Bereich, die ihren Ausdruck in festen Nothelfergebeten und Messbüchern mit einem Nothelferformular fand. Bei den 14 Nothelfern handelte es sich mit Ausnahme des Aegidius (7./8. Jhd.) um Märtyrer und Märtyrerinnen des 2. bis 4. Jahrhunderts, deren Historizität nicht in allen Fällen gesichert ist. Vgl. Georg Kraus, Art. Nothelfer, in: RGG4 6 (2003), 399f. Alber verwendet diesen Terminus hier in polemischer Absicht, da er die angebliche Korrumpierbarkeit Osianders und der Wittenberger Theologen (Adiaphoristen) durch „den heiligen Taler“ behauptet. 478 gerade. 479 Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), G 3r, in: OGA 10, 152,1–6: „Etliche aber, wan sie mit heiliger schrifft gedrungen werden, so bekennen sie, das Christus selbs unser gerechtigkeit und in uns sey [gemeint scheinen Georg v. Venediger und Peter Hegemon]. Sie wollen in aber nach seiner g=ttlichen natur nicht unser gerechtigkeit lassen sein, sonder trennen in der rechtfertigung die g=ttliche natur Christi von seiner menschichen natur und lassen uns nur ein stFck von Christo, ja, das noch vil erger ist, sie trennen auch die gottheit voneinander und machen zwen g=tter.“ 480 Gegen diesen Vorwurf hatte sich Osiander in seiner Schrift „Von dem einigen Mittler“ bereits verteidigt (OGA 10, 138,8 –16): „Es sol aber neimandt hie gedencken, das wan wir sagen, das wort, das ist die g=ttliche natur in Christo, sey unser leben, das wir darumb wolten die menschliche natur absundern und ausschliessen, als hette sie nichts darzu, das wir durch sein g=ttliche natur lebendig werden. Das sey ferne von uns!“ 481 Ausruf, um andere aufzufordern, einen Dieb festzuhalten. Vgl. Art. Diebio, in: DWb 2, 1092. 482 Vgl. Anm. 17. 483 Die einzige Stelle, an der sich Osiander in seiner Schrift „Von dem einigen Mittler“ auf die Confessio Augustana bezieht, findet sich in der Widmung an Herzog Albrecht (OGA 10, 88,13–15): „Als aber E. F. D. [Eure Fürstliche Durchlaucht] von inen [Osianders Gegnern] gleicherweis bekantnus forderte, suchten sie abermals ausflucht: Erstlich wolten sie nicht, daranach zogen sich etlich auff die Augsburgische Confession (...).“ Mörlin und Osiander thematisierten in ihrem Briefwechsel im April 1551 die Frage der Bedeutung der Confessio Augustana und ob diese ebenso als kanonisch zu gelten habe, wie die biblischen Texte selbst. Vgl. Joachim Mörlin an Andreas Osiander. 18. April 1551, in: OGA 9, Nr. 454, S. 618 –622;

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vrsach gegeben, vns mit vnser Religion zu uerspotten. Heyst das, seine mutter, die Christliche Kirche, geehrt? Ja, es heist beyde, Gott vnd seine Kirche, geschendet vnd dem Teuffel hoffiert. Wirt ihm das vnser Herr Gott schencken484 vnd nit ein mal dran gedencken. Wie ehrlich solchs dem Osiander anstehe, das er der Augsburgischen Confession verwandter ist vnd gleichwol dieselbige strafft, ist gut zu mercken. Hat er gewust, das die Augßburgische Confession nit rechtschaffen ist vnd doch solchs nit allein nit angezeygt, noch andere leute fFr irthumb gewarnet, sonder auch selbst widder sein Gewissen in die Confession bewilliget, so ist er ein bauchknecht,485 ein heyloser glaubloser vnd liebloser man, von dem man gar nichts mehr halten kan. Vnd die Papisten werden selbst den Osiander fFr ein falschen menschen halten, der in sein eygen nest hoffiert, der sein eygen mutter (die Christliche Kirche) betrubet, schendet vnd fFr ein Huhr ausrufft. Jn summa: hie sihet man, das er nie gut Lutherisch noch Euangelisch gewest, wie fast486 er sich auch des Luthers rhumet. Vnd doch vnter dem Lutherischen namen grossen reichthumb zusamen bracht hat. Auch soll er wissen, das er improprie redet, da er etlich mal schreibt (die in den Tod Christi bewilligen, [H 3v:] haben vergebung der sFnden)487 sonder also solt er reden: Die inn die predigt vom Todt Christi bewilligen vnd dran gleuben etc. Die ihenen, so in des Herrn Christi todt bewilligeten, waren Gotlos. Joseph von Arimathia war ein frummer man, der wolt nit in den tod Christi bewilligen, bewilliget aber in die predigt von der frucht des Tods Christi. Doch wolten wir mit dem Osiander disses stucks halben (weill es nur widder die Grammatica ist) gern zufrieden sein, wenn er seine irthume erkennen wolt, da gebe ihm Gott gnade zu vnd beware vns alle fFr dem vbel. AMEN. Lutherus si iam viueret, Osander [sic] haec non scriberet.

Andreas Osiander an Joachim Mörlin. 18. April 1551, in: ebd., Nr. 455, S. 623f; Joachim Mörlin an Andreas Osiander. 19. April 1551, in: ebd., Nr. 456, 625f; Andreas Osiander an Joachim Mörlin. 23. April 1551, in: ebd., Nr. 460, 641–644; Joachim Mörlin an Osiander. 25. Aprl 1551, in: ebd., Nr. 462, 647– 652. 484 zulassen. 485 Ein allein an materiellen, irdischen Dingen orientierter Mensch. Vgl. Röm 16,17f; Phil 3,18f; Hans-Otto Schneider, Art. Bauchknecht/Bauchprediger, in: Lies, Schneider, 95 Schimpfwörter, 26–28. 486 sehr. Vgl. Art. fast, in: DWb 3, 1348f. 487 Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), B 1r–v, in: OGA 10, 108,17–23: „(...) also wendet er [Christus] sich auch herumb zu uns und handelt von Gottes, seine himlischen vaters, wegen als ein getreuer mitler durch die predigt der puss und seins heiligen euangelions und durch die heilige sacrament, nemlich die tauffe, schlFssel und abentmal, auch mit uns und schaffet bey uns, das wir durch die puss, vergebung der sFnde anzunehmen, begirig und, in todt Christi zu bewilligen, geneigt werden, desgleichen durch den glauben und die tauff vom tod der sFnde wider lebendig, gerecht, neugeborne kinder Gottes mit Gott versonet werden.“ 488 Vgl. Lk 23,50f.

Luce Xxiij.488

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Si semper ita docuit, Semper docendo nocuit. Et tempus male perdidit, Nec vnquam recte credidit. Pestisque fuit Norica,489 Nec dignus est pecunia. Quam acquisiuit nequiter, Ciues fallendo turpiter. Osander [sic] scribit valde vana. In eo non est fides sana, Nec illi virtus est Germana, Quaecumque dicit, non sunt plana, Sed curua, fatua, prophana, In summa, prorsus Arriana. Proinde lector tibi caue, Haeretico ne dicas, aue. Lutheri scriptis semper saue, [H 4r:] Nam quicquid scribit est suaue, Iucundum et conditum sale. In Christo Ihesu lector vale, In Christo non valebis male. EX EPISTOLA MARTINI LVTHERI ad D. Vuencelaum Lincum, de Osiandro: „Non credidissem istum hominem tot cogitationibus occupatum et tam procul a sinceritate nostrae doctrinae positum esse. Sed, vt dixi, si magis irritaretur, effunderet maiora scandala, per quae etiamsi non vinceret, tamen turbas moueret et negocia faceret, quae melius esset praecaueri etc.“ 8. Octobris, Anno 33.490 Jtem, D. Martinus sagt vom Osiandro: „Jr werdet sehen, er wirt sich mit seinem hohen Geyst versteigen vnd damit offentlich zu schanden werden.“491 Item dixit D. Martinus: „Es werden noch viel Secten kummen, vnd Osiander wirt auch noch eine anrichten. Denn illud ingenium nihil potest quam reprehendere alios. Nos vertimus Biblia et ille vnum atque alterum vocabulum accipit, et oppugnat

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Nürnberg. Martin Luther an Wenzelaus Linck. 8. Oktober 1533, in: WA.B 6, 533,11–16: „Non credidissem ego (hoc neque iactabis, neque disseminabis in publicum) istum hominem tot cogitationibus occupatum et, ut ex suo scripto intelligo, tam procul a sinceritate nostrae doctrinae positum; sed, vt dixi, si magis irritaretur, effunderet maiora scandala, per quae, etiamsi non vinceret, tamen turbas moveret et negotia faceret, quae melius esset praecavere.“ 491 Vgl. WA.TR 5, 373 (Nr. 5825). 490

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nos. Vnd ligt doch der Christenheit nichts dran, vnd er probierts dannoch auch nicht et offendit ecclesiam. Poterat illa res priuatim agi et disputari. Sed ille non potest se et artem suam continere. Schmalcaldiae492 praedicaui locum Iohannis. Christus habitat in nobis per fidem et gratiam, et operatur in nobis, defendit ac subleuat nos. Statim vt ego incidi in morbum, palam sed non nominatim me reprehendit coram omnibus eruditis. Christus, inquit, habitat in nobis essentialiter. Et male habuit omnes ea res, et maxime Brentium. Eer hat seine Eloquentiam vnd disponiert vnd rhetoriciert et non docet vulgum, die andern zwen docent tamen, et hodie bene placuit M. M=rlin, docuit vulgum de officio vxoris, ancillae etc. [H 4v:] Vxor cogitet se esse in sancto statu, virum esse donum Dei etc. Ancilla cogitet suum statum esse sanctum, opera esse sancta etc. Das tragen die leutlin heym, turgida, abdita, alta non intelligunt. De hac re loquutus sum Bucero, vt is et Osiander abstinerent ab ambitione. Philippus non est docendus, nec ego propter illum doceo aut lego, propter simplices docemus publice. Christus hett auch wol k=nnen hoch leren, sed voluit simplicissima tradere, vt vilgus intelligeret. Lieber Gott, veniunt in Ecclesiam puellae 16. annorum, mulieres et senes. Et simplices illi non intelligunt sublimia, sed si quis aptas et notas similitudines proferre potest (vt eius rei magister est ipse Linck494), id intelligit vulgus et retinet. Quare, qui simpliciter, pueriliter, populariter et triuialiter potest docere, is est optimus praedicator. Jch wills gern gering vnd schlecht495 machen. Wenn es aber disputierens gilt, so kumme eyner inn die Schule zu mir, ich wills scharff gnug machen vnd ihm antworten, er machs wie kraus496 er w=lle. Jch mus noch einmal ein Buch widder die klugen Prediger schreiben etc.“497 Ex officina Ioachimi Leonis.498

492 Gemeint ist der Bundestag des Schmalkaldischen Bundes in Schmalkalden im Februar/März 1537. 493 Wenzelaus Link und Veit Dietrich. 494 Wenzelaus Link. 495 schlicht. 496 wirr. Vgl. Art. kraus II.5.b), in: DWb 11, 2091. 497 Eine deutsche Variante findet sich in: Tischreden || Oder || COLLOQVIA DOCT. || Mart: Luthers / So er in vielen || Jaren / gegen gelarten Leuten / auch frembden Ge= || sten / vnd seinen Tischgesellen gefFret / Nach || den HeubtstFcken vnserer Christli= || chen Lere / zusammen || getragen. || ... || [Hrsg. v. (Joannes Aurifaber.||)]. [Eisleben: Urban Gaubisch, 1566] (VD 16 L 6748), 269r; vgl. WA.TR 4, 478; Nr. 5074, S. 634f. 498 Joachim Löw, ngw. 1547–1590, vgl. Reske, Buchdrucker, 334, 768.

Lincus et Vitus.493

Bayerische Staatsbibliothek München: 4 Polem. 2035

Antwort auff das Buch herrn Andreae Osi= andri von der Rechtfertigung des Menschen. Philip: Melanth:

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Gedruckt zu Witteberg / Durch Veit Creutzer.1 1552.

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Zu ihm vgl. Reske, Buchdrucker, 1000.

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Einleitung 1. Historische Einleitung

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Durch den Einspruch Matthias Lauterwalds gegen Andreas Osianders Bußvorstellungen bei dessen erster Disputation 15491 war bereits eine Frontstellung zwischen diesem und den Wittenberger Schülern angeklungen. Denn Lauterwald berief sich in seinen Äußerungen auf den Doktoreid an der Universität Wittenberg, der die Promovierten u. a. auf die Confessio Augustana verpflichtete.2 In der Folge griff Osiander die Wittenberger und speziell Melanchthon in verschiedenen Schriften an. So verfasste er im August 1550 ein Gutachten für Herzog Albrecht zur Frage der Adiaphora3 und beschuldigte die Wittenberger, andere zu bevormunden: sie ließen es sich gerne gefallen, wenn man sie „preceptores schelte“; sie würden „die andern all fur ire discipulos [halten], wolten aller welt lehr richten und von nymand nichts annehmen.“4 Osiander warf ihnen Inkonsequenz und Unbeständigkeit in ihren Aussagen vor und machte sie verantwortlich für allerhand Lehrirrtümer. In diesem Zusammenhang kam er auch auf den von Lauterwald angesprochenen Wittenberger Doktoreid zurück: Die Wittenberger „(...) fingen an, ire magistros und doctores mit aidspflichten zu verstricken, das sie nichts wider ir lehre lehren, sonder ir ehr und lehr vertaidigen wolten.“5 Im Januar 1551 führte Osiander in seinem „Bericht und Trostschrift“ weitere schwere Attacken gegen die Wittenberger aus.6 Melanchthon wurde daraufhin von seinem Schwiegersohn Georg Sabinus, dem langjährigen Rektor der Universität Königsberg, aufgefordert, unbedingt gegen Osiander Stellung zu beziehen.7 Zwar hegte Melanchthon zu diesem Zeitpunkt bereits eine deutliche Abneigung gegen Osianders Lehre,8 doch schlug er in einem Brief an Herzog Albrecht sowie in zwei Schreiben an Osiander, die alle drei auf den 1. Mai

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Vgl. dazu Stupperich, Osiander in Preussen, 36 –61; Fligge, Osiandrismus, 56– 60. Hier schworen die Doktoranden, bei den Lehren der Confessio Augustana und den altkirchlichen Symbolen zu bleiben und in ihrer Lehre auch altkirchliche Autoritäten zu Rate zu ziehen. Osiander kritisierte dies massiv. Vgl. Andreas Osiander, Widerlegung Philipp Melanchthons (1551), in: OGA 10, Nr. 522, 575,4– 576,2. 3 Vgl. OGA 9, Nr. 418, S. 369 –401. 4 Ebd., 398,3– 5. 5 Ebd., 398,11–399,1. 6 Vgl. OGA 9, Nr. 434, S. 519 –530. 7 Georg Sabinus an Philipp Melanchthon. 10. März 1551, in: MBW.T 21, Nr. 6015, S. 94 –96. 8 So versendete er z. B. das Buch Rotings (unsere Ausgabe Nr. 2) gegen Osiander, vgl. Philipp Melanchthon an Johannes Bretschneider. 7. Juli 1551, in: MBW 6121; vgl. zudem Philipp Melanchthon an Georg Fabricius. 9. April 1551, in: MBW 6049; Philipp Melanchthon an David Chytraeus. 24. Juni 1551, in: MBW 6108; Philipp Melanchthon an Hieronymus Baumgartner. 26. Juli 1551, in: MBW 6130 u. öfter; vgl. dazu auch Stupperich, Osiander in Preussen, 183f. 2

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1551 datieren, zunächst versöhnliche Töne an.9 Er forderte Osiander zu einer genaueren Darlegung seiner Lehrauffassungen auf, um einen Konsens erzielen zu können. Diese Haltung Melanchthons stieß bei anderen Königsberger Theologen auf Unverständnis und Ablehnung. Georg von Venediger konfrontierte Melanchthon daraufhin mit den Auswirkungen seiner Schreiben vom 1. Mai 1551: Osiander zeige die Schreiben in Königsberg und deute sie dahingehend, dass Melanchthon mit ihm übereinstimme. Dies werde Einfluss auf die Haltung Herzog Albrechts haben. Venediger mahnte Melanchthon daher zu entschiedener Opposition gegen Osiander.10 Der Wittenberger Professor erfuhr aus diesem Schreiben Venedigers endgültig, dass die Kontroverse zwischen Osiander und dem Großteil der Königsberger Pfarrer und Universitätsprofessoren keineswegs allein eine theologische Streitfrage darstellte, sondern durch die Unterstützung Herzog Albrechts für Osiander erhebliche politische Implikationen besaß. Als Herzog Albrecht dann die im September 1551 erschienene Schrift Osianders „Von dem einigen Mittler“11 versenden ließ und nicht zuletzt die Wittenberger Theologen um eine Stellungnahme bat,12 drängten andere Theologen und Politiker Melanchthon zu einer klaren Meinungsäußerung.13 Daraufhin verfasste Melanchthon um den Jahreswechsel 1551/52 die hier edierte Schrift.

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2. Der Autor Philipp Melanchthon14 wurde am 16. Februar 1497 als Sohn des Waffenschmieds Georg Schwarzerdt im kurpfälzischen Bretten geboren. Nach der Lateinschule in Pforzheim, wo ihm Johannes Reuchlin den Humanistennamen Melanchthon (gräzisiert für: Schwarzerdt) verlieh, besuchte er die Universitäten Heidelberg und Tübingen. Hier erwarb er am 25. Januar 1514 den Magistergrad. Von Reuchlin empfohlen berief Kurfürst Friedrich III., der Weise, von Sachsen Melanchthon auf den neugestifteten Lehrstuhl für Griechisch an der Universität Wittenberg. Dort traf er am 25. August 1518 ein und hielt am 28. August seine Antrittsrede „De corrigendis adulescentiae studiis“,15 die allgemein beeindruckte. Trotz der sehr unterschiedlichen Tem9

Vgl. Philipp Melanchthon an Herzog Albrecht von Preußen. 1. Mai 1551, in: MBW 6072; Philipp Melanchthon an Andreas Osiander. 1. Mai 1550, in: MBW 6075; Ders. an. dens. 1. Mai 1551, in: MBW 6076; vgl. zudem OGA 9, Nr. 469, S. 670– 674. 10 Vgl. Georg von Venediger an Philipp Melanchthon. 15. Juli 1551, in: ebd., Nr. 6133, S. 249–251. 11 Vgl. OGA 10, Nr. 488/496, S. 49–300. 12 Vgl. das Ausschreiben Herzog Albrechts, in: unsere Ausgabe Nr. 4, S. 113 –128. 13 Vgl. Erhard Schnepf an Philipp Melanchthon. 4. November 1551, in: ebd., Nr. 6253, S. 407–409; Johannes Aepin an Philipp Melanchton. 10. Dezember 1551, in: ebd., Nr. 6275, S. 440– 442; Markgraf Johann von Brandenburg-Küstrin an Philipp Melanchthon. 31. Dezember 1551, in: ebd., Nr. 6288, S. 454f. 14 Zu ihm vgl. Scheible, Melanchthon. 15 CR 11, 15–25; MWA 3, 29 –42; vgl. Melanchthon deutsch I, 41–63.

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peramente und Charaktere und daraus resultierender gelegentlicher Verstimmungen, entwickelte sich in Wittenberg eine lebenslange Freundschaft und enge berufliche Kooperation zwischen Melanchthon und Martin Luther.16 Luther war es, der Melanchthon zur Ehe mit Katharina Krapp, einer Tochter des Wittenberger Tuchhändlers und Bürgermeisters Hans Krapp, riet und sogar in dessen Namen als Brautwerber bei der Familie Krapp vorstellig wurde. Am 26. November 1520 wurden Melanchthon und Katharina Krapp wohl von Luther getraut; aus der Ehe gingen vier Kinder17 hervor. Melanchthon verfasste mit den „Loci communes“18 von 1521 das wichtigste theologische Lehrbuch der Reformationszeit; er vertrat Luther auf dem Augsburger Reichstag 1530 und formulierte dort mit der Confessio Augustana19 und deren Apologie20 sowie mit dem Tractatus „De potestate et primatu papae“21 aus dem Jahr 1537 zudem Werke, die bis in die Gegenwart hinein zum Kernbestand der lutherischen Bekenntnisschriften zählen. Aufgrund des Schmalkaldischen Krieges 1546/47 musste Melanchthon kurzzeitig aus Wittenberg fliehen. Den Krieg selbst betrachtete er aus Sicht der Evangelischen als legitime Verteidigung und unterfütterte durch seine Bearbeitung des Buchs „Von der Notwehr“ von Justus Menius die politischen und militärischen Maßnahmen der Evangelischen mit wichtigen theoretischen Argumentationen.22 Nach Kriegsende kehrte Melanchthon nach Wittenberg zurück und leistete damit einen essentiellen Beitrag zum Fortbestand der dortigen Universität und der Ablehnung des Augsburger Interims23 durch den neuen sächsischalbertinischen Kurfürsten Moritz. Dass er diese Ablehnung jedoch aus politischer Rücksichtnahme durch die Lehre der Adiaphora im Leipziger Landtagsentwurf diplomatisch verbrämte, trug ihm massive Kritik von Gegnern wie Matthias Flacius, Nikolaus Gallus oder Nikolaus von Amsdorf ein.24 In den nach dem Augsburger Interim und dem Leipziger Alternativvorschlag ausbrechenden theologischen Streitigkeiten, in denen um das theologische Erbe Luthers erbittert gerungen wurde, vertrat Melanchthon zumeist gemäßigte Positionen. In diesen Zusammenhang ordnet sich auch seine Stellungnahme zu Osianders Schrift „Von dem einigen Mittler“ in der hier edierten Antwort ein. Auch darin stellt Melanchton eine Haltung unter Beweis, die sich durch ein klares Bekenntnis zur reformatorischen Lehre einerseits

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Vgl. dazu Dingel, Freunde und Feinde. Anna (1522–1546), Philipp (1525–1605), Georg (1527–1529), Magdalena (1531–1576). Melanchthon, Loci 1521. BSELK, 65 –225. BSELK, 229–709. BSELK 789–837. Menius, Von der Notwehr. Augsburger Interim. Vgl. dazu unsere Edition Bd. 2.

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sowie durch einen weitgehenden Verzicht auf polemische Angriffe auf den Gegner andererseits auszeichnet. In seinen letzten Lebensjahren wurde verstärkt der Verdacht geäußert, Melanchthon neige dem Calvinismus zu. Genährt wurde diese Vermutung durch die von ihm 1540 veränderte Fassung der Confessio Augustana (Confessio Augustana variata), in der er Formulierungen zur Abendmahlslehre verwendet hatte, die späterhin für Reformierte annehmbar erschienen und es etwa der reformierten Kurpfalz ermöglichten, nach dem Augsburger Religionsfrieden von 1555 auch für sich den Status der Augsburger Religionsverwandte zu reklarmieren. Dass Luther diese Formulierungen bis zu seinem Tod 1546 nicht beanstandet hatte, änderte an den späteren Verdächtigungen gegen Melanchthon nichts. Am 19. April 1560 verstarb Melanchthon in Wittenberg und wurde aus den „rabies theologorum“25 gerissen, unter denen er zeitlebens gelitten hatte. 3. Inhalt Melanchthon beginnt seine Ausführungen mit einem einleitenden Abschnitt (A 2r–A 3r). Darin befürwortet er zuerst, dass Osianders Schrift „Von dem einigen Mittler“ nicht allein von ihm, sondern auch von anderen begutachtet werden solle, da Osiander ihn, Melanchthon, direkt angreife. Er aber unterwerfe sich und seine Schriften dem Urteil der reformatorischen Theologen und Kirchen. Erst auf Befehl und Bitten zahlreicher Personen habe er mit der Abfassung seines Gutachtens begonnen. Dieses wolle er bewusst kurz und von jeglicher Polemik frei halten, damit es denen, die durch den Streit in ihren Ansichten unsicher geworden seien, zur Orientierung dienen könne. Melanchthon betont ausrücklich, dass er niemals von Luthers Lehre abweichen wolle, denn diese sei in der Bibel recht gegründet. Osiander schmähe ihn darum zu Unrecht. Er, Melanchthon, habe niemals den Streit gesucht, und sein Bestreben sei allezeit gewesen, die rechte Lehre zu aller Nutzen, gerade der Jugend, darzustellen. Daran anschließend beginnt die inhaltliche Auseinandersetzung Melanchthons mit Osianders Rechtfertigungslehre. Ausgehend von Röm 5,15 hebt er die Sündenvergebung für und die Gegenwart Gottes im Menschen hervor. Beides, Sündenvergebung wie Gegenwart Gottes, werde dem Menschen durch das Verdienst Christi zuteil. Angeeignet werde es durch den Glauben, der in der Bekehrung des Menschen entsteht. Diese Argumentation wiederholt Melanchthon anhand von Joh 1,17. Der Glaube müsse dabei auf den ganzen Christus als Mittler und Erlöser vertrauen. Denn auch wenn allein die menschliche Natur Christi gelitten habe, so bedürfe es für die Erlösung des Menschen doch auch der göttlichen Natur Christi, die ihn die Sünde überwinden ließ. Melanchthon bekennt, man 25

Vgl. CR 9, 1098.

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habe in Wittenberg stets gelehrt, dass im Menschen eine Veränderung geschehen müsse, dass der dreieinige Gott in der Bekehrung Trost und Leben im Menschen bewirke und, dass er im Menschen wohne, wenn dieser das Evangelium im Glauben annehme. Auf diese Weise versammele der Sohn Gottes, als das lebendige Wort, seine Kirche. Von der Gegenwart Christi im Menschen spreche auch Osiander, und darüber herrsche kein Streit. Gleichwohl erhebe er den Vorwurf, als würde man in Wittenberg dies nicht lehren. Damit tue Osiander ihnen Unrecht. Melanchthon unterscheidet sodann zwischen den „Heiligen“, d. h. Gläubigen, vor und nach der Auferstehung. Auch wenn die Heiligen im Jenseits Gott „gleichförmig“ (B 1r) würden, so seien sie im Diesseits doch weiterhin des Trostes bedürftig, da ihre menschliche Natur noch sündhaft sei. Dieser Trost werde den Gerechtfertigten entsprechend Röm 3,24 durch das Verdienst Christi zuteil. Melanchthon wendet sich hier gegen Osianders Rede von der wesentlichen Gerechtigkeit Gottes, die dem Menschen durch Christus eingegossen würde. Stattdessen betont Melanchthon, dass die Sündenvergebung und die Gnade im Rechtfertigungsgeschehen die wesentliche Rolle spielen. Darum sei das Verdienst des Erlösers Jesus Christus zu unterscheiden von Gottvater und dem Heiligen Geist. Um diese Position zu belegen, führt Melanchthon diverse Bibelstellen an, inbesondere Röm 5,19 und konstatiert, dass Osiander diese missdeute, wenn er sie einzig auf die Gottheit Christi und nicht auf den ganzen Christus in beiden Naturen, als wahrer Mensch und wahrer Gott, beziehe. Melanchthon insistiert dabei abermals auf der Sündenvergebung als Verdienst Christi und der Trostbedürftigkeit auch des Gerechtfertigten aufgrund von dessen sündhafter menschlicher Natur. Daraufhin beanstandet Melanchthon, dass in Osianders Definition von Gerechtigkeit jeglicher Verweis auf die Vergebung der Sünden fehle. Dem entgegen verweist Melanchthon abermals auf den Glauben an Christus und das Gebet. Glauben und Gebet trösteten, nicht aber Osianders Vorstellung von der wesentlichen Gerechtigkeit Gottes im Gerechtfertigten. Er erkennt in Osianders Lehre eine Nähe zu Lehren der römischen Kirche und wendet sich gegen Osianders Vorwurf, dass eine solche Rechtfertigungslehre, wie er (Melanchthon) sie vortrage, die Menschen in einer falschen Sicherheit wiege. Dem stellt Melanchthon ein selbst verfasstes Gebet (C 1r–v) entgegen. Im Anschluss daran definiert er den Glauben als Vertrauen in die Barmherzigkeit Gottes. Zum Ende seiner Schrift erklärt Melanchthon, dass er nur die Hauptsache behandelt habe, um weiteren Streit zu vermeiden und um verunsicherte Personen darauf hinzuweisen, dass Trost nur im Glauben an Christus zu finden sei. Zudem verweist er auf verschiedene Schriften Luthers, in denen man mehr zu dem Thema erfahren könne.

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Nr. 7: Melanchthon, Antwort (1552) – Einleitung

An das Gutachten Melanchthons angehängt sind Erklärungen von Johannes Bugenhagen und Johann Forster, in denen sie Melanchthons Ausführungen approbieren und Osianders Rechtfertigungslehre dezidiert verwerfen. Den Abschluss der Publikation bildet eine verschriftliche Diskussion über Fragen der Rechtfertigung und der guten Werke, die Melanchthon und Luther 16 Jahre vor dem Erscheinen der hier edierten Schrift (ca. 1536) führten. Diese Diskussion hatte seit dem Streit zwischen Osiander und Friedrich Staphylus 1550 erhebliche Bedeutung in Preußen erlangt, da Staphylus sie in einer Disputation mit Osiander vor Herzog Albrecht verwendet und damit den Herzog so beeindruckt hatte, dass Staphylus im Anschluss Melanchthon sogar um die Zusendung des Autographs bat.26

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4. Ausgaben Nachgewiesen werden können zwei Ausgaben: A: Antwort auff das || Buch herrn Andreae Osi= || andri von der Rechtfertigung || des Menschen. || Philip: Melanth: || Gedruckt zu Witteberg / || Durch Veit Creutzer. || 1552. || (VD 16 M 2501). Vorhanden in: BERLIN, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz: 3 an: Dm 938a, Cu 4381a R, Cu 4381 R DRESDEN, Sächsische Landes- und Universitätsbibliothek: 3.A.9271,angeb.2 ERFURT, Universitätsbibliothek, Depositum Erfurt (ehemals Stadt- und Regionalbibliothek): 2 an Hs 196 HANNOVER, Stadtbibliothek: Ratsbibl. 8 Nr. 31 HEIDELBERG, Universitätsbibliothek: Salem 72,33 RES JENA, Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek: 4 Hist.eccl.IV,2(26), 4 Theol.XLIII,5(7) LEIPZIG, Universitätsbibliothek: Syst.Theol.2266-du LÜNEBURG, Ratsbücherei: Th 882(4), Th 913(3) MÜNCHEN, Bayerische Staatsbibliothek: 4 Polem. 2035 [benutztes Exemplar] NÜRNBERG, Stadtbibliothek: Strob. 8. 1401a WEIMAR, Herzogin Anna Amalia Bibliothek: Aut.ben.Aut.Melanchthon,P.(35) WOLFENBÜTTEL, Herzog August Bibliothek: 231.155 Theol.(6), 386.32 Theol.(25), F 1367 Helmst.(10), G 676.4 Helmst.(16), S 229.4 Helmst.(16), YH Kapsel 1.4 Helmst.(2), Yv 1572.8 Helmst, Yv 745.8 Helmst.(6) WIEN, Österreichische Nationalbibliothek: 20.Dd.407

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Vgl. Friedrich Staphylus an Philipp Melanchthon. 1. August 1550, in: MBW 5866.

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WITTENBERG, Reformationsgeschichtliche Forschungsbibliothek: Kn A 178/1187 B: 5

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Antwort auff das || Buch Herren An= || dreae Osiandri von der recht= || fertigung des menschen. || Philip. Melanch. || Wittemberg || 1552 || [Nürnberg: Johann VomBerg und Ulrich Neuber, 1552] (VD 16 M 2500).

Vorhanden in: BERLIN, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz: Cu 4383 R BUDAPEST, Országos Széchényi Könyvtár (Nationalbibliothek): Ant. 2633 HALLE, Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt: Vg 3486 MÜNCHEN, Bayerische Staatsbibliothek: 4 Hom. 88#Beibd.5, 4 Polem. 2036 MÜNCHEN, Bibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität: 4 Melan.37 NÜRNBERG, Stadtbibliothek: Strob. 8. 1402 NEW YORK, Union Theological Seminary: D 939 (jetzt YALE, Beinecke) WEIMAR, Herzogin Anna Amalia Bibliothek: Aut.ben.Aut.Melanchthon,P.(35b) WITTENBERG, Reformationsgeschichtliche Forschungsbibliothek: Kn A 166/956 WOLFENBÜTTEL, Herzog August Bibliothek: 184.10 Theol.(4), 456 Theol.(15) ZÜRICH, Zentralbibliothek: 28.452/3 Der Text der hier edierten Schrift ist ohne die beiden persönlichen Zustätze von Johannes Bugenhagen und Johann Forster sowie ohne die Fragen Melanchthons und die Antworten Luthers abgedruckt in: MSA 6, 452– 461 und MBW.T 22, Nr. 6294, S. 29 –38. Ein Abdruck mit den beiden Zusätzen, doch ohne die Fragen Melanchthons und die Antworten Luthers, findet sich in: CR 7, Nr. 5017, Sp. 892– 902. Die Fragen Melanchthons sowie die Antworten Luthers liegen mit leichten Varianten in der Textkomposition als Edition vor in: WA.B 12, Nr. 4259a, S. 189 –195. Die dort ausgewiesenen Abweichungen in der Textkomposition konnten hier unberücksichtigt bleiben, da diese sich auf ungedruckte handschriftliche Vorlagen beziehen. Unsere Edition folgt Ausgabe A, da es sich bei ihr um den Erstdruck handelt.

Nr. 7: Melanchthon, Antwort (1552)

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[A 2r:] Dem Christlichen Leser wünscht Philippus Melanthon1 Gottes gnad durch Jhesum Christum2 vnsern einigen Mittler vnd Heiland.

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Ich habe seer gerne vernomen, das bey vielen rechten Kirchen, darinne durch Gottes gnade one zweifel viel Predicanten vnd andere Personen warhafftige gliedmas Christi3 sind, gesucht4 wird, das sie jhr bedencken5 von Osiandri Buch6 anzeigen w=llen. Denn dieweil ich in sonderheit7 von jm8 mit namen vnd hessiglich9 angriffen bin,10 ist mir lieb, das andere, christliche verstendige Menner gleich als richter sind,11 wie ich allezeit mich vnd alle meine schrifften den warhafftigen Kirchen diser Landen vnd Stedten, da reine lehre des Euangelij geprediget wird, vnterworffen habe vnd noch also wil vnterworffen sein; habe derwegen biss anher stille gehalten vnd Gott gebeten, vnd bitte noch teglich, er w=lle vmb seiner ehr willen seine warheit erkleren vnd erhalten,12 das wir jn recht anruffen13 vnd preisen, vnd w=lle jm vnter vns, [A 2v:] für vnd für,14 gnediglich eine ewige Kirche samlen. Nach dem ich aber nu befelh15 habe,16 auch dazu zu reden,17 vnd von vielen hohen vnd andern Personen angesucht18 würde,19 habe ich dieses klare vnd 1

1509 erhielt der junge Philipp Schwartzerdt von seinem Lehrer Johann Reuchlin den gräzisierten Humanistennamen ‚Melanchthon‘, ab 1531 gebrauchte er die vereinfachte, auch von ihm selbst leichter aussprechbare Form ‚Melanthon‘. Vgl. Heinz Scheible, Art. Melanchthon, in: RGG4 5 (2002), 1002–1012. 2 Vgl. Röm 1,7; I Kor 1,2; II Kor 1,2. 3 Vgl. Röm 12,5; I Kor 6,15; 12,27. 4 beabsichtigt, geplant. Vgl. Art. suchen 5.a), in: DWb 20, 846f. 5 Gutachten. 6 Osianders Schrift „Von dem einigen Mittler“: OGA 10, Nr. 488/496, S. 49–300. 7 speziell. 8 ihm. 9 voll Feindschaft. Vgl. Art. hässiglich 1), in: DWb 10, 552. 10 Osiander griff Melanchthon wegen dessen Überarbeitung der „Loci“ zwischen 1521 und 1535 an (OGA 10, Nr. 488, S. 276,13 –278,25). Denn in der Fassung des Jahres 1535 hatte Melanchthon seine Rechtfertigungskre neu formuliert und Hinweise zur effektiven Gerechtigkeit getilgt (vgl. dazu OGA 10, Nr. 488/496, S. 63, mit Anm. 102). Osiander erhob darum den Vorwurf, dass die Wittenberger von Luthers Lehre abgefallen seien, während er, Osiander, sie weiterhin bewahre. Er behauptete, dass wenn Luther noch leben würde, die Wittenberger ihn, Osiander, und seine Lehre von der Rechtfertigung nicht attackiert hätten (OGA 10, Nr. 488, S. 280,7–282,3). Darum verglich Osiander Melanchthon mit dem Verräter Judas (OGA 10, Nr. 488, S. 158,17– 160,10). 11 ebenfalls Richter sind. 12 bewahren. Vgl. Art. erhalten 3), in: DWb 3, 835. 13 anbeten. 14 immerfort, fortwährend. Vgl. Art. für II.5.b.α), in: DWb 4, 651f. 15 den Auftrag. Vgl. Art. Befehl 1), in: DWb 1, 1252. 16 Zu Beginn des Jahres 1552 wollte man eine offizielle Antwort auf Osianders Bekenntnis „Von dem einigen Mittler“ geben. Die Äußerung Melanchthons hier deutet darauf hin, dass er das Gutachten, welches er für Ambrosius Moibanus (Breslau) über Osianders Lehre verfasst hatte, vor diesem Hintergrund umarbeitete, bevor er sich auf die Reise zum Konzil von Trient begab. Vgl. oben die Einleitung, S. 208. 17 mich dazu zu äußern. 18 gebeten. Vgl. Art. ansuchen, in: DWb 1, 494f.

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einfeltige20 bedencken nicht lang vnd nicht zenckisch gestellet,21 sondern zur anleittung vieler, die durch diesen streit in dieser hochwichtigen sache in grosse betrübnis vnd zweifel komen, das sie mercken, wo von der streit sey vnd was jnen zu jrer Seelen trost n=ttig sey. Vnd sprich aber mal, das mein gemüt nie gewesen ist, in meinen schrifften, vnd sonderlich in diesem hochwichtigen Artikel,22 anders zu leren, denn des Ernwirdigen Herrn Doctoris Martini Lutheri meinung vnd der gemeine verstand bey den verstendigen in disen Kirchen ist; habe auch nicht zweifel, diese lere ist die einige,23 warhafftige lere durch den Son Gottes geoffenbaret vnd in der Propheten vnd Aposteln schrifften ausgedruckt. Das aber Osiandri mich mit hochbeschwerlichen reden schmehet, daran er mir vnrecht thut, das wil ich Gott befehlen, der aller Menschen hertzen sihet24 vnd richter ist. Jch habe jhn allezeit geliebet vnd geehret, wie [A 3r:] meniglich25 weiss, vnd wundert mich, wo von diese grosse bitterkeit26 her fleusset. Jch bin zu disen grossen sachen wider meinen willen gezogen27 worden vnd erkenne mich viel zu gering; habe also die zeit, da viel vngereumpter28 opiniones jrre geloffen,29 fleis gethan, die summa rechter vnd n=ttiger lere zusamen zu zihen30 vnd, so viel mir müglich gewesen, eigentlich31 dauon zu reden; das habe ich trewlich gemeint, der armen jugent zu gute, vnd weiss wol, das alle meine schrifften viel zu gering vnd zu schwach sind, darumb ich sie auch vnserer Kirchen vrteil allezeit vnterworffen, vnd were dauon viel zu reden, das ich jetzund vnterlassen wil, vnd wil im namen Gottes von disem streit reden. S. Paulus spricht Rom. 5, die Gnade Gottes vnd die Gabe durch die liebe gegen einem Menschen, Jhesu Christo, ist gegen vielen mechtiger gewesen, 19

Die Königsberger Theologen und mit ihnen Georg Sabinus, der Schwiegersohn Melanchthons und langjährige Rektor der Universität Königsberg, hatten bereits vor der Veröffentlichung von Osianders Bekenntnis um eine Stellungnahme Melanchthons zu dessen Rechtfertigungslehre gebeten. Vgl. Georg Sabinus an Philipp Melanchthon. 10. März 1551, in: MBW.T 21, Nr. 6015, S. 94– 96; Georg von Venediger an Philipp Melanchthon. 15. Juli 1551, in: ebd., Nr. 6133, S. 249–251. Nach der Veröffentlichung von Osianders Bekenntnis wandten sich an Melanchthon: Erhard Schnepf an Philipp Melanchthon. 4. November 1551, in: ebd., Nr. 6253, S. 407–409; Johannes Aepin an Philipp Melanchton. 10. Dezember 1551, in: ebd., Nr. 6275, S. 440 –442; Markgraf Johann von Brandenburg-Küstrin an Philipp Melanchthon. 31. Dezember 1551, in: ebd., Nr. 6288, S. 454f. 20 schlichte. Vgl. Art. einfältig 2), in: DWb 3, 173f. 21 verfasst. 22 von der Rechtfertigung. 23 einzige. 24 Vgl. I Sam 16,7; Spr 24,12. 25 jedermann. 26 Zorn, Ärger. Vgl. Art. Bitterkeit, in: DWb 2, 56. 27 hinzu gezogen. 28 widersprüchlicher, gegensätzlicher. Vgl. Art. reimen 3.c), in: DWb 14, 673. 29 nicht zusammenpassten. 30 zusammen zu stellen. 31 das Wesentliche.

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denn die Sünd.32 Hie fasset33 S. Paulus zwey ding: Die Gnade, das ist, gnedige vergebung der sünden vnd annemung vnser Person bey Gott. Vnd zugleich wird mit gegeben die Gabe, das ist, die g=ttliche gegenwertigkeit in vns, dadurch wir vernewet werden vnd fülen trost vnd anfang des Ewigen lebens. [A 3v:] Vnd diese beide haben wir durch das verdienst Jhesu Christi, wie dieser Text offentlich34 saget, das wir solchs haben von wegen der liebe, die der ewige Vater zu diesem Son hatt, welchen S. Paulus hie nennet den Menschen Jhesum Christum,35 vnd wird solches nicht durch vnsere werck verdienet, sondern allein durch glauben an den Herrn Jhesum Christum erlanget, welcher glaube in vns in rechter bekerung angezundet wird, so wir das Euangelium h=ren, damit36 der HErr Christus selbs wircket. Denn Gott wird durch sein ewiges Wort vnd den heiligen Geist geoffenbaret. Vnd dieser glaube mus für vnd für beides annemen vnd behalten, Gratiam et Donum, vmb des mitlers Christi willen, auch wenn gleich die widergeburt angefangen ist. Gleich also redet Johannes auch: „Die gnade vnd die warheit ist worden durch den Herrn Jhesum Christum.“37 Gnade heisset gewislich gnedige vergebung der sünden vnd gnedige annemung der person one vnser verdinst vmb Jhesu Christi willen. Aber warheit heisset hernach die G=ttliche gegenwertigkeit, ewiges leben, ewige herrligkeit, seligkeit vnd freude in vns, als wolt er [A 4r:] sprechen das Euangelium bringet nicht schaten38a vnd sterbliche gaben, sondern warhafftige, vnuergengliche güter. Vnd dieses mus mit glauben angenomen werden, wie zuuor gesagt ist, vnd vertrawet dieser glaube für vnd für auff den gantzen Herrn Christum, Gott vnd Menschen, wie auch derselbige HErr Christus Gott vnd mensch, Mitler vnd Erl=ser, ist nach beiden Naturen.39 Denn ob gleich allein die menschlich Natur wunden vnd leiden gefühlet hat, so ist doch der gantze Christus Mittler vnd Erl=ser. Denn dieses leiden were nicht die bezalung gewesen, wenn der Erl=ser nicht zu gleich auch Gott were. Auch sol dieser Mittler leben vnd seligkeit wider geben vnd der Schlangen den kopff zu tredten,40 darumb ist er auch Gott etc.

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schaden: B.

Vgl. Röm 5,15–18. begreift. versteht. Vgl. Art. fassen B.13), in: DWb 13, 1346. 34 deutlich, allgemein verständlich. Vgl. Art. öffentlich 1), in: DWb 13, 1180. 35 Vgl. Röm 5,15. 36 wodurch. 37 Vgl. Joh 1,17. 38 Schatten = Nichtigkeiten. Vgl. Art. Schatten II.1.g), in: DWb 14, 2235. Vmtl. jedoch gemeint: schaden, vgl. Anm. a. 39 Zur Zwei-Naturen-Lehre in der Christologie vgl. John Macquarrie, Art. Jesus Christus VII. Dogmatisch, in: TRE 17 (1988), 42–64. Zum christologischen Problemstellung im Streit um Osianders Rechtfertigungslehre vgl. zudem Mahlmann, Das neue Dogma, 93–124. 40 zertreten. Vgl. Gen 3,15. 33

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Also bekennen wir klar vnd haben dises allezeit geleret, wie alle Kirchen zeugen m=gen, das war41 ist, das in vns verenderung geschehen müsse vnd das gewisslich Gott Vatter, Son vnd heiliger Geist den trost vnd leben in der bekerung in vns wircken vnd also in vns sind vnd wonen, so das Euangelium mit glauben angenomen wird, dadurch das Ewige Wort, der Son Got[A 4v:]tes,42 wircket vnd jm43 eine Kirchen samlet, als da erstlich der Son Gottes das Euangelium im Paradis er=ffnet hatt, vnd gesprochen, des Weibes same wird der Schlangen den kopff zutretten,44 hat er zu gleich in Adams vnd Heua hertzen trost vnd leben gewirckt vnd den Vater jnen geoffenbaret, wie Johannes spricht: „Der Son, der in des Vatters schos ist, der hat es ausgesprochen.“45 Jtem: „In jm war das Leben, vnd das leben war das liecht der menschen.“46 Also für vnd für samlet dieser Son Jhesus Christus eine ewige kirchen, erhelt47 das Predig ampt vnd wircket dadurch, vnd gibet den Heiligen Geist, der trost, anrufffung vnd stercke bringet, wie j. Joh. iiij. geschriben ist: „Dabey erkennen wir, das wir in jm bleiben vnd er in vns, denn er gibet vns von seinem Geist.“48 Jtem Psal. 18: „Soli posuit tabernaculum in eis.“49 Er ist die Sonne in seiner Kirchen vnd gibet licht vnd leben allen, die in rechter bekerung zuflucht zu jm haben mit glauben. Jtem Ephe. iij: „Das Christus durch den glauben in ewern hertzen wone.“50 Jtem: „Er ist warhafftig Emmanuel, das ist: Gott mit vns.“51 Von dieser gegenwertigkeit saget Osiander, dauon zwischen vns kein streit ist,52 vnd [B 1r:] beschweret53 vnsere Kirchen gleich,54 als reden sie nichts von der gegenwertigkeit Gottes in vns,55 daran er vns offentlich vnrecht thut. Wie wol nu war ist, das Gott in den bekerten wonet, wie Joh. xiiij. geschrieben ist: „Veniemus ad eum, et mansionem apud eum faciemus“,56 vnd das Ewige leben – welches der Herr Christus wircket, wie er spricht: „Jch gebe 41

wahr. Vgl. Joh 1,14. 43 ihm. 44 zertreten. Vgl. Gen 3,15. 45 Vgl. Joh 1,18 – Heua = Eva. 46 Joh 1,4. 47 bewahr, beschützt. Vgl. Art. erhalten 3), in: DWb 3, 835. 48 Vgl. I Joh 4,13. 49 Vgl. Ps 18,6 (Vg). 50 Vgl. Eph 3,17. 51 Vgl. Jes 7,14; Mt 1,23. 52 Andreas Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), in: OGA 10, Nr. 488, S. 266,1–6: „Nun bekennen meine widersacher, mFssens auch on iren danck bekennen, das Cristus, warer Gott und mensch, durch den glauben in uns wone – Gott gebe, das es ir ernst sey! Das aber etliche schreien, es hab mirs niemand je widersprochen, das wissen vil frommer leute vil anderst. Auch was des Philippi schrifft, der etliche alhie warnet, sie sollen nicht widerfechten, das Gott in uns wone, fur anzeigung und zeugnus gibt, werden verstendige leut wol wissen zu urteilen.“ 53 attackiert, beleidigt. Vgl. Art. beschweren 3), in: DWb 1, 1603f. 54 gleichwohl, dennoch. 55 Vgl. Anm. 7. 56 Vgl. Joh 14,23 (Vg). 42

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jnen ewiges leben“57 – in disem jetzigen leben anfahen mus, so ist dennoch vnterscheid zwischen den heiligen nach der aufferstehung vnd heiligen in diesem jetzigen leben, dauon S. Paulus redet Gal. v: „Durch den Geist aus glauben warten wir auff die hoffnung der gerechtigkeit.“58 Die gerechtigkeit, die wir noch hoffen vnd darauff wir warten, ist nicht vergebung der sünden, sondern ist, das Gott alles in alles sein wird,59 vnd wie j. Joh. iij. geschrieben ist: „Wir werden jm gleichf=rmig sein.“60 Aber in diesem jetzigen leben, ob gleich Gott in den heiligen wonet, so ist dennoch vnser aller natur noch vol grosser vnreinigkeit vnd suntlicher61 gebrechen62 vnd neigungen, wie der Psalm spricht: „Vor dir ist kein lebendiger gerecht.“63 Hie müssen nu auch die heiligen trost ha-[B 1v:]ben vnd wissen, wie sie vergebung der sünden vnd gnade haben, das ist: wie sie Gott gefellig sind. Diesen ist diser trost fürgestelt, das sie auch nach der widergeburt, für vnd für, vergebung der sünden vnd gnade empfahen vnd behalten vmb des Mittlers Jhesu Christi willen durch verdienst seines gehorsams, darin er ein Opfer fur vns worden ist, von welchem gehorsam dise wort reden im xl. Psalm: „Jm Buch ist geschrieben von mir: Deinen willen, mein Gott, thue ich gern.“64 Vnd geh=rt dieser heubtspruch, Rom. iij, auff alle menschen in der bekerung vnd hernach: „Wir werden gerecht one vnsere verdienst vmb seiner gnaden willen durch die erl=sung, die do ist durch Christum Jhesum, welchen Gott zum versüner fürgestellet hat durch glauben in seinem blut.“65 Nu ist offentlich, das der Text hie redet vom gehorsam vnd verdienst Christi in menschlicher natur, wie auch das wort „bezalung“ ἀπολύτρωσις hie stehet, das offt erholet66 wird.67 Vnd kan in wort „wir werden gerecht“ nicht allein dieser verstand sein: „wir werden [B 2r:] gerecht durch die wesentliche gerechtigkeit des Vaters, Sons vnd heilgen Geists“, sondern: wir müssen vergebung der sünd vnd gnad mit fassen68 vnd den verdienst des Sons, der da ist zum Erl=ser gestalt,69 vnterscheiden vom Vater vnd heiligen Geist. Vnd dieweil etliche auch von diser rede merito Christi disputirn vnd sagen, es sey nicht in der Schrifft,70 darauff gebe ich antwort, das viel ein stercker wort in

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Vgl. Joh 10,28. Vgl. Gal 5,5. 59 Vgl. I Kor 15,28. 60 Vgl. I Joh 3,2. 61 sündhafter. 62 Schulden, Fehler. Vgl. Art. Gebrechen III.4.b), in: DWb 4, 1849. 63 Vgl. Ps 143,2. 64 Vgl. Ps 40,8f. 65 Vgl. Röm 3,24f. 66 wiederholt. Vgl. Art. erholen 1), in: DWb 3, 853. 67 Vgl. Röm 3,24; I Kor 1,30; Eph 1,7. 68 verstehen. 69 bestimmt. Vgl. Art. stellen IV.3), in: DWb 15, 2255. 70 Vgl. dazu Andreas Osiander, Von dem einigen Mittler, G 2v–G 3r, M 3v–M 4r, in: OGA 10, Nr. 488, S. 150, 196. Vgl. zudem Anm. 69. 58

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der schrifft offt erholet wirt λύτρον, ἀντίλυτρον, ἀπολύτρωσις,71 welches eigentlich heisset: „eine bezalung, da man etwas gibet zu jemands erl=sung.“ Vnd die Ehre Christi zu verstehen, mus man beides wissen, seinen verdienst vnd seine wirckung. Er ist seligmacher merito et communicatione sui. Vom verdienst reden diese sprüche offentlich. Rom. v: „Wir sind gerecht worden durch sein blut.“72 Jtem: „Durch eines gehorsam werden viel gerecht.“73 Wiewol nu Osiander diesen vnd der gleichen sprüch viel anders deutet, nemlich: [B 2v:] durch eines gehorsam, das macht er, durch die Gottheit, die jn hat gehorsam gemacht, werden andere auch gehorsam,74 so ist doch offentlich, das hie vom verdienst geredt ist; vnd mag ein jeder verstendiger selbst bedencken, so diese frembde deutung recht were, hette Paulus nichts von der menscheit Christi geredt, so er austrucklich spricht: durch gehorsam eines menschen. j. Joh. j: „Das blut Jhesu Christi reinigt vns von allen sünden.“75 Ebr. x: „Wir sind geheiliget durch das Opfer des leibs Jhesu Christi auff ein mal.76“77 Esa. liij: „Durch seine wunden sind wir geheilet.“78 Welches alles muss also verstanden werden, das wir vergebung der sünden haben vnd angenem sind vor Gott durch den verdienst Christi, so wir mit warhafftigem glauben den Herrn Christum annemen vnd gleuben, das vns Gott vmb dieses Mittlers willen sünd vergeben vnd gnedig sein w=lle. Vnd ist zu gleich war,79 das als denn Gott in vns wohnet, so wir durch diesen trost aus rechter angst erret80 werden. Diese leer vnd dieser trost, wie die heiligen auch nach der widergepurt klagen vber die vorigen sünd vnd angeborne vnreinigkeit [B 3r:] vnd trost suchen an dem mittler durch glauben, ist von anfang, für vnd für, durch die Propheten geprediget in allen sprüchen, darinne sie zuflucht zur Barmhertzigkeit leren. Denn die Barmhertzigkeit ist verheissen vmb des Mittlers willen vnd von wegen seiner verdienst, vnd vertrawen also die Propheten auff den versüner, Gott vnd samen Abrahe.81 Also spricht Daniel: „Erh=re vns nicht von wegen vnser gerechtigkeit, sondern durch deine grosse barmhert-

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Vgl. Mt 20,28, I Tim 2,6; Röm 3,24, I Kor 1,30; Eph 1,7. Vgl. Röm 5,9. 73 Vgl. Röm 5,19. 74 Vgl. zur Auslegung dieser Passage aus dem Römerbrief durch Osiander z. B. Andreas Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), in: OGA 10, Nr. 488, S, 248,24 –250,19. 75 Vgl. I Joh 1,7. 76 ein für allemal. 77 Vgl. Hebr 10,10. 78 Jes 53,5. 79 wahr. 80 errettet. 81 Abrahams. 72

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zigkeit“82 vmb des Herrn willen. Jtem: „selig sind die, welchen die sünd gedeckt sind.“83 Nu spricht Osiander offt also: Jch heisse gerechtigkeit dieses, das vns macht recht thun.84 Jn diesen worten ist nichts geredt von vergebung der sünden. Dagegen sagen wir also: Wir nennen gerechtigkeit den Herrn Christum, dadurch wir haben vergebung der sünden vnd einen gnedigen Gott vnd dazu in vns G=ttliche gegenwertigkeit, welches alles S. Paulus fasset in seinem heubtspruch, Rom. iij: „Iustificamur gratis per gratiam Christi, quem posuit propiciatorem fide per sanguinem etc.“85 Vnd Esa. liij: „Vnd mein knecht, der gerechte, wird durch seine erkentnus viel [B 3v:] gerecht machen.“86 Hie fasset er one zweifel beides, gratiam et donum, wie droben gesaget ist. Vnd betrachte ein jeder den grossen ernst vnd die angst selb. So jemand im todt ist vnd Gottes zorn fület, dieser ist zum HErrn Christo zu weisen, der für vnd für, auch nach der widergepurt, Mittler, hoher Priester vnd furbitter bleibet, vnnd ist das umbraculum,87 darunder wir Gnad vnd trost finden. Also leret vns der Herr selb, da ehr spricht: „Kommet zu mir alle, die jr in engsten seit.“88 Also leren vns beten alle Propheten. Dauid schreiet: „Domine ne in furore tuo arguas me. Saluum me fac propter misericordiam.“89 Vnd wiewol auch die zeit90 Gott in jm ist, so leuchtet doch die G=ttliche freud nicht allezeit gleich, da er verjagt wird vnd fület Gottes zorn, wieder seine vorige sünd vnd die jetzige ergernus, da Absolon die auffrhur erreget hatt vnnd schendet jhm seine frawen,91 deren one zweifel ettliche heilige Personen waren etc. Bedarff er trost durch den verheissen Heyland, daher92 mus sich das hertz wenden. [B 4r:] Also wir alle in teglichem Gebet, so wir anfahen zu betten, müssen wir den Mittler Jhesum Christum, Gott vnd Mensch, ansehen vnd vns gleich93 als in seine wunden legen vnd diesen warhafftigen trost fassen: Wir haben 82

Vgl. Dan 9,18. Vgl. Ps 32,1f; Röm 4,7. 84 Vgl. z. B.: Andreas Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), H 2v in: OGA 10, Nr. 488, S. 160,23f: „Gerechtigkeit ist eben das, das den gerechten, recht zu thun, bewegt und on das er weder gerecht sein, noch recht thun kann.“ Andreas Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), H 4r, T 1v, in: ebd., 164,18–22; 246,28 –30: „Noch eins ist not zu wissen, nemlich das das w=rtlein ‚gerechtigkeit‘ zuzeiten gepraucht wirt fur die werck und frucht der gerechtigkeit, so doch die gerechtigkeit kein werck, kein thun, kein leiden ist noch sein kan, sonder sie ist die art, die denjenigen, der sie bekFmpt und hat, gerecht macht und, recht thun und zu leiden, bewegt (...).“ 85 Vgl. Röm 3,24f. 86 Vgl. Jes 53,11. 87 Schatten. Vgl. Jes 1,8 (Vg); 25,4 (Vg). 88 Vgl. Mt 11,28. 89 Vgl. Ps 6,2.5 (Vg). 90 zu der Zeit, als er dies schreibt. 91 Vgl. II Sam 15–18. 92 dorthin, zu ihm. 93 sozusagen. 83

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vergebung der sünden vnd werden erh=rt vmb dieses Mittlers willen. Vnd wiewol als denn in solchem trost Gott in vns ist vnd wirckt, wie der spruch auch sagt: „Spiritus interpellat pro nobis gemitibus inenarrabilibus“,94 so ist dennoch der glawbe gegründet auff den Herrn Christum, Gott vnd Menschen, vnnd vff seinen verdienst vnd fürbitte; wie der spruch sagt: „Was jhr den Vatter bittet in meinem Namen, das wird er euch geben.“95 Also leren vns beten der Herr Christus selbs vnd die Propheten. Was nu folget, so man diesen Trost aus den augen thuet96 vnd weiset dich zur wesentlichen gerechtigkeit in dir, das w=lle ein jeder selbs betrachten. Diese reden: Gerechtigkeit ist dieses, das vns macht, recht thun vnd Nouitate sumus [B 4v:] iusti, sind reden, die nicht fern von einander sind vnd ist ein wechsel causae et effectus. Das aber Osiander sagt, diese leer mache sichere leute, so man spricht, wir sind gerecht,97 das ist: Gott angeneme allein vmb des Herrn Christi willen durch glauben,98 darauff ist diese antwort: man sol recht leren, Gott seine ehr geben vnd sünde straffen vnd dagegen den erschrocknen hertzen warhafftigen trost furhalten, ob gleich die zuh=rer nicht alle gleich sind, seine99 zuh=rer sind auch nicht alle gleich. Der sch=ne spruch Jere. xxiij. redet vom gantzen Herrn Christo vnd von der gantzen wolthat, da er spricht: „Jch wil Dauid ein gerecht gewechs erwecken etc. Vnd dieses wird sein name sein, das man jn nennen wird Jehoua, vnser gerechtigkeit.“100 Er sagt von einer person, die vom geblüt Dauids herkomet vnd ist zu gleich warhafftiger Gott. Diese Person, spricht er, ist vnser gerechtigkeit. Hie sollen wir ja nicht vergebung der Sünde vnd den verdienst Christi ausschliessen, sondern „gerechtigkeit“ also verstehen, das wir durch jn haben gratiam et donum, wie droben gesagt ist. Das ist dieses alles: vergebung der sünden, heiligung, ewiges leben vnd ewige seligkeit, wie S. Paulus dieses alles zusamen fasset, da er spricht j. Corin. j. [C 1r:] „Christus ist vns geborn von Gott, das er sey vnser weisheit, gerechtigkeit, heiligung vnd erl=sung“,101 welche wort auch von der gantzen Person reden vnd fassen den verdienst vnd vergebung der sünden, denn er nennet jn102 die „Erl=sung“. Also sind diese sprüche tr=stlich, 94

Vgl. Röm 8,26 (Vg). Vgl. Joh 16,23. 96 aus den Augen verliert. 97 Andreas Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), in: OGA 10, Nr. 488, S. 82,15–21: „Aber damit man sie dannoch auch fur christen halt, sehen sie gern, das man ein solche lehr predige, unter der sie sich auch fur gute christen m=gen dargeben und verkauffen, und h=ren derhalben gern, wan die heuchler predigen, unser gerechtigkeit sey nichts anders, dan das uns Gott fur gerecht halt, ob wir gleich b=se buben seien, und das unser gerechtigkeit ausserhalb unser und nicht in uns sey. Dan bey diser lehr k=nnen sie auch wol fur heilige leut gehalten werden.“ 98 Vgl. Röm 3,24f. 99 Osianders. 100 Vgl. Jer 33,15f. 101 Vgl. I Kor 1,30. 102 ihn. 95

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so man vergebung der sünd darin erkennet. Denn one diesen trost k=nnen wir nicht fur Gott tretten, wir müssen erstlich den Artickel desb glaubens (Credo remissionem peccatorum)103 betrachten vnd mit glauben fassen; vnd so wir vns also tr=sten, als denn ist dieses auch war,104 das Gott warhafftiglich in vns wonet vnd der HErr Christus selbs in vns wircket, wie er spricht: „Ego uitam aeternam do eis.“105 Item: „Nemo rapiet eos ex manibus meis.“106 Aus diesem allem schliesse ich, das ich den verdienst Christi vnd vergebung der sünden nicht ausschliesse, so S. Paulus spricht: „wir werden gerecht durch glauben an Christum“,107 vnd halte diese form in meinem gebet: „Almechtiger, warhafftiger Gott, ewiger vnd Einiger Vatter Jhesu Christi, schaffer Himels vnd der Erden, Engeln vnd Menschen vnd aller Creaturn, sampt deinem Eingebornen Son108 Jhesu Christo vnd heiligem Geist, erbarm dich mein, vergibe mir meine [C 1v:] sünde vnd mache mich gerecht vmb deines Sons Jhesu Christi willen, vnd durch jn, vnd heilige mich mit deinem heiligen Geist etc.“109 Auch spricht Augustinus: „Totius fiduciae certitudo est in precioso sanguine Christi.“110 Mich wundert auch, warumb Osiander diese erklerung verwirfft, das wir in vnsern Kirchen sprechen, der Glaub, dauon Paulus spricht: „Iustificati fide pacem habemus“,111 sey fiducia misericordiae propter mediatorem promissae.112 Es mus ja vnterschied sein zwischen dem glauben, den auch die Teuffel haben, vnd diesem glauben, der die Verheissung annimet vnd dadurch das hertz, trost vnd freud erlanget, welcher gewislich ist erkentnis der barmhertzigkeit vnd ein vertrawen auff Christum, dauon Psal. ij. geschrieben ist: „Selig sind alle, die auff jn113 vertrawen“,114 auch wo die Propheten von der Barmhertzigkeit reden,115 fordern sie diesen glauben.

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des: B; das: A.

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Vgl. das Apostolische Glaubensbekenntnis, in: BSELK, 42. wahr. 105 Vgl. Joh 10,28 (Vg). 106 Vgl. Joh 10,28 (Vg). 107 Vgl. Röm 3,24f. 108 Vgl. Joh 1,14. 109 Vgl. Philipp Melanchthon, Heubtartickel Christlicher Lere (1553), 125. 110 Vgl. Ps.-Augustinus, Liber meditationum, cap. XIV: „Omnis namque spes et totius fiduciae certitudo mihi est in pretioso sanguine ejus, qui effusus est propter nos et propter nostram salutem. In ipso respiro, et in ipso confisus, ad te pervenire desidero: non habens meam justitiam, sed eam quae est in Filio tuo Domino nostro Jesu Christo“ (PL 40, 910). 111 Vgl. Röm 5,1 (Vg). 112 In der Auflistung der aus Osianders Sicht irrtümlichen Vorstellungen von der Gerechtigkeit, findet sich die Rede vom Vertrauen auf die Barmherzigkeit Gottes. Vgl. Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), in: OGA 10, Nr. 488, S. 150,22. Vgl. zudem CA IV, in BSELK 98f; Apologie der CA IV, in: ebd., 284. 113 ihn. 114 Vgl. Ps 2,12. 115 Vgl. z. B. Jes 63,7; Jer 9,23; 42,12; Thr 3,22; Dan 9,9.18; Hos 2,21. 104

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Das sey in diser Eile gnug, zu erinnerung vieler betrübter Leute, das sie wissen, das man trost am Herrn Christo, Gott vnd Menschen, suchen sol durch glauben, vnd das in solchem trost Gott gewislich in vns wonen vnd wircken w=lle; wer diese ordnung mercket,116 der kan besser verstehen, wo von man streittet vnd wird nicht jrre in diesen frembden117 disputationibus. [C 2r:] Jch hab auch viel stücke vbergangen, gr=sser gezenck zu uerhüten. Der Herr Jhesus Christus wolle vns gnediglich regiern. Amen. Et quia citat D. Osiander Lutheri dicta,118 sciant lectores alibi eum de effectione alibi de consolatione loqui. Inspiciantur ergo enarrationes Psalmi Miserere119 et de profundis.120 Item argumentum Psalmi: „Beati quorum remissae sunt iniquitates.“121 Item conciones capitis 16. Iohannis. Item propositiones contra Antinomos.122 Et ante annos sedecim ego ipse ei quaestiones proposui ac petiui, ut diserte sua manu adscriberet responsiones. Etsi autem tunc tantum erat certamen cum Papistis, tamen ex illis responsionibus intelligi potest, quid senserit Lutherus.

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PHILIPPVS MELANTHON. Manu propria subscripsit. Ego, Ioannes Bugenhagen Pomeranus, Doctor et Pastor Ecclesiae VVitebergensis perpetuo precor patrem in nomine Filij per Spiritum sanctum, cum gratiarum actione, ut seruet nos in hac doctrina et confessione de Christo Mediatore et iusticia nostra, usque in illum diem, quando similes erimus Filio Dei et erit Deus omnia in omnibus in aeternum etc. Quam doctrinam et confessionem hic scribit et publice [C 2v:] fatetur uenerandus Praeceptor noster, Philippus Melanthon, ad gloriam magni Saluatoris nostri Iesu Christi, in salutem multorum contra nouas dubitationes Osiandri. Hanc doctrinam certam per Spiritum sanctum post patrem Lutherum publice hactenus docuimus in Ecclesijs et scholis nostris, quae sunt in Christo, et defendimus scriptis nostris sit Christo gratia tota Ecclesia Christi, testificatur hoc de nobis, et

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beachtet. Vgl. Art. merken 5.c), in: DWb 12, 2099f. seltsamen. Vgl Art. fremd 6), in: DWb 4, 127f. 118 Etlich schöne Sprüche / von der || Rechtfertigung || des Glaubens / || Des Ehrwirdigen / Hochgelertē || D. Martini Luther || heiliger gedechtnis || Welche aus den vornemisten || vnd besten desselben BFchern zusamen gezogen / || vnd verdeudscht hat / || Andreas Osiander. || Nütz vnd gut wider allerley jrthum vnd verfürung / || ... || [Königsberg: Hans Lufft, 1551] (VD 16 L 3472). 119 Ps 51 [50 Vg]. 120 Ps 130 [129 Vg]. 121 Ps 32,1. 122 Zu den hier genannten Werken Luthers: Martin Luther, WA 1, 166–174, 184–194, 206–211 (Die sieben Bußpsalmen, 1517); ders., WA 18,484 –491, 498– 507, 516– 521 (Die sieben Bußpsalmen 1525); ders., WA 40II, 313 –480 (Enarratio Psalmi LI, 1532); WA 40III, 335–376 (Vorlesung über die Stufenpsalmen 1532–1533 [Ps 130]); ders, WA 46 1–111 (Das XVI. Kapitel S. Johannis gepredigt und ausgelegt, 1538); ders., WA 39I, 334– 584 und 39II, 124–144 (Thesen gegen die Antinomer 1537–1540). 117

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Diabolus cum toto suo mundo propter hoc nos persequitur. Christus Dominus per Spiritum sanctum suum conseruet me et nos omnes in hac salutari doctrina et sancta confessione in aeternum. Obsecro omnes sanctos, id est, uere Christianos filios Dei, ut hoc ipsum orent pro nobis. Cupimus enim per Spiritum Christi manere in communione sanctorum. Christe fili Dei uiui, qui natus de uirgine Maria et passus pronobis, sedes ad dexteram patris et intercedis pro nobis, miserere nobis, aufer opprobrium nostrum. Amen. Scripsi mea manu et corde meo in conspectu Christi et Angelorum eius. [C 3r:] Et ego, Iohannes Forsterus, sacrae Theologiae Doctor et Haebraeae linguae in Academia Vuitebergensi professor hoc meo autographo testor, clarissimi uiri D. Philippi Melanthonis de iustificatione doctrinam in hoc libello comprehensam et piam esse et ueram. Nec tantum cum Reuerendissimi Patris nostri D. Martini Lutheri, foelicissimae memoriae, sententia et scriptis, sed etiam cum omnium Prophetarum et Apostolorum doctrina consentire. Quod non tam ex confessione Augustana Caesareae Maiestati et totius Imperij ordinibus exhibita, quam ex eiusdem Philippi Praeceptoris nostri obseruandissimi Apologia manifestum et Luce meridiana clarius est. Nec uero nos ab ista semel agnita et recepta puriori doctrina latum (quod aiunt) unguem in hunc usque diem, DEI beneficio, discessimus, sed frementibus etiam et undique nos impugnantibus maleuolorum hominum odijs et calumnijs unice id studuimus, ut patefacta et prolata per CHRISTVM ex sinu aeterni patris salutaris doctrina, et in scholis et Ecclesijs nostris incorrupta sonaret et ad posteritatem propagaretur. Quod autem in his turbulentissimis temporibus quibus propter imminentia grauissima pe-[C 3v:]ricula pij Doctores ad concordiam Christianam accendi debebant. Osiander nostram, praecipue de iustificationis articulo, doctrinam impugnat, et tetris praestigijs ac Sophistica, quibus simplices et rudiores animos fascinat, euertere conatur, id non tam sinistro sacrae scripturae intellectu et peruersa scriptorum Doctoris Martini aliorumque piorum uirorum detorsione facit, quam quod ostentatione ingenij et ambitione flagrans antiquo suo obsequitur ingenio. Praeterquam etiam quod plurima rabiosissimaque conuicia in innocentes nos superbe et contumeliose ingerit, petulanter quoque et impie, multa contra uerbi DEI efficaciam et contra passionis et mortis filij DEI meritum euomit. Atque adeo in articulo iustificationis, ex merac Hebraeae linguae ignorantia, cuius tamen excellentem prae alijs impudenter sibi arrogat cognitionem, horribiliter impias suas defendere et stabilire conatur opiniones. Profiteor itaque bona fide, recte ac iuste hic reprehendi, et ueris ac firmis argumentis, nostra etiam approbatione et consensu refutari Osiandri errores.

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mera: B; mora: A.

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Hortor denique omnes pios cordatos et tranquillitatis Ecclesiae amantes, ut rabiem et furores Osiandri auersentur et fugiant, et nobiscum ueris et ardentibus gemitibus DEVM [C 4r:] aeternum patrem Domini nostri IESV CHRISTI toto pectore orent, ut omnium hostium Ecclesiae furores opprimat, portentosa ista et his similia scandala pro sua misericordia tollat, et accensam Euangelij Lucem propter CHRISTVM mediatorem in his Ecclesijs conseruet et reliquorum piorum Doctorum animos in pia et salutari unitate perpetuo Spiritu suo sancto stabiliat et confirmet. AMEN. DISPVTATIO PHILIPPI Melanthonis cum D. Martino Luthero Anno 1536.

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VERBA PHILIPPI. Augustinus, ut apparet, extra disputationem commodius sensit, quam loquitur in disputationibus. Sic enim loquitur,123 quasi iudicare debeamus, nos iustos esse fide, hoc est, nouitate nostra.124 Quod si est uerum, iusti sumus non sola fide, sed omnibus donis ac uirtutibus; idque sane uult Augustinus. Et hinc orta est scholasticorum Gratia gratum faciens.125 Vos uero, utrum sentitis hominem iustum esse illa nouitate, ut Augustinus, an uero imputatione gratuita, quae est extra nos, et fide, id est, fiducia, quae oritur ex uerbo? RESPONSIO D. Martini Luth.

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Sic sentio et persuasissimus sum ac certus, hanc [C 4v:] esse ueram sententiam Euangelij et Apostolorum, quod sola imputatione gratuita sumus iusti apud Deum. Oppositiones Philippi. An homo sola illa misericordia iustus est?126 Quod non sit sola illa misericordia iustus, uidetur, quia necessaria est iusticia nostra, hoc est, bona conscientia in operibus. An non uultis concedere, ut dicatur: hominem esse iustum principaliter fide et minus principaliter operibus? Si tamen fides significet fiduciam et ut illa fiducia maneat certa, intelligatur, quod non requiratur perfectio legis, sed quod fides suppleat ea, quae desunt legi. Vos conceditis duplicem iusticiam et quidem coram Deo necessariam esse, scilicet fidei et illam alteram, uidelicet bonae conscientiae, in qua hoc, quod deest legi, supplet fides. Hoc quid aliud est quam dicere, quod homo iusti-

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Konnte bislang nicht verifiziert werden. Vgl. Röm 6,4. Vgl. Thomas von Aquin, Summa Theologia I/II q 111 a.1; a.5 c. Vgl. Tit 3,5.

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ficetur non sola fide? Certe enim iustificari non intelligitis Augustini more de principio regenerationis. Augustinus non hoc sentit gratis saluari hominem, sed saluari propter donatas uirtutes. Quid uobis de hac Augustini sententia uidetur? Tota ratio Augustini de meritis alia est quam uestra nec tollit nisi meritum impij. RESPONSIO D. Lutheri ad omnia praedicta.

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Hominem sentio fieri, esse et manere iustum seu iustam personam simpliciter sola misericor-[D 1r:]dia. Haec est enim iusticia perfecta, quae opponitur irae, morti, peccato etc. et absorbet omnia. Et reddit hominem simpliciter sanctum et innocentem, ac si reuera nullum in eo esset peccatum. Quia reputatio gratuita Dei nullum uult ibi esse peccatum, sicut Ioan. dicit: „Qui natus est ex Deo, non peccat.“127 Pugnat enim „esse ex Deo natum“ et simul esse peccatorem. Post hanc iusticiam homo est et dicitur iustus opere seu fructibus, quos et ipsos requirit Deus et remunerat. Hanc ego externam et operum iusticiam uoco,128 quae simpliciter sancta esse non potest in hac carne et uita etc. Ideo neque tollit mortem neque peccatum nec illis resistere potest, sed tantum cauet futura et maiora peccata. VERBA PHILIPPI.

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Quaero de Paulo renato: Qua re Paulus, postquam renatus est, iam deinceps iustus, id est, acceptus sit?129 RESPONSIO D. LVTH. Scilicet nulla re alia, sed sola illa renascentia per fidem, qua iustus factus est, permanet iustus perpetuo et acceptus. OBIECTA PHILIPPI.

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An tantum iustus est propter misericordiam? An uero principaliter propter misericordiam, et minus principaliter propter suas uirtutes seu opera?130 [D 1v:] RESPONSIO D. LVTH. 30

Non, sed uirtutes et opera sunt iusta propter Paulum iustum, sicut opus propter personam placet uel displicet, ut etiam in Terentio dicitur.131 Quia bonum opus a malo factum ne hominibus quidem placet.

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Vgl. I Joh 3,9. Vgl. Martin Luther, WA 39I, 93,8 –14 (Disputatio de iustificatione, 1536). Vgl. Tit 3,5; Eph 5,26; I Petr 3,23; Joh 3,23. Vgl. oben die „Oppositiones Philippi“. Vgl. Terenz, Ad., 823 –825.

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VERBA PHILIPPI. Videtur, quod non sola Misericordia, quia uos ipsi docetis, quod iusticia operum sit necessaria et quidem coram Deo. Et Paulus credens et faciens placet, non faciens non placeret. Ergo saltem est aliqua partialis causa nostra iusticia.

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RESPONSIO D. LVTHERI. Necessaria est, sed non necessitate legali seu coactionis, sed necessitate gratuita seu consequentiae seu Immutabilitatis. Sicut sol necessario lucet, si est sol, et tamen lucet non ex lege, sed ex natura seu uoluntate (ut sic dicam) immutabili, quia sic creatus est, ut luceat, sic iustus creatura noua132 facit opera necessitate immutabili, non lege seu coactione, „iusto enim non est lex posita.“133 Deinde creati sumus (ait Paulus) in opera bona.134 Caeterum, cum dicis, non faciens non placet, est implicite dictum, quia impossibile est dare credentem et non facientem. PHILIPPVS.

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Ideo Sadoletus135 ait nos pugnantia dicere, quod dicamus „sola fide“; et tamen dicamus: iusticia operum est necessaria.136 [D 2r:] LVTHERVS. fratres137

Videlicet quia falsi et hypocritae fingunt sese credere, ideo exiguntur opera, ut confundantur in sua hypocrisi. Sicut Elias exigit opera a sacerdotibus Baal, ubi Baal fuit confusus.138 Sic enim et Deus necessario facit nihil nisi bonum et tamen sine lege etc.

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PHILIPPVS. Cum dicitis, sola fide iustificamur, an intelligitis tantum de principio,139 scilicet de remissione peccatorum. An uero uultis, quod Paulus renatus etiam 132

Vgl. II Kor 5,17: Gal 6,15. Vgl. I Tim 1,9. 134 Vgl. Eph 2,10. 135 Jacopo Sadoleto war 1513 Sekretär Papst Leos X .und seit 1517 Bischof von Carpentras. Im Jahr 1536 wurde ihm die Kardinalswürde verliehen. Ein Jahr später wurde er in die Kommssion zur Vorbereitung des Trienter Konzils berufen. Sadoleto zeichnete sich durch eine große humanistische Bildung aus und setzte sich für eine Einigung mit den Protestanten ein, indem er versuchte, diese für die römische Kirche zurück zu gewinnen. Vgl. Douglas, Jacopo Sadoleto; Lauchert, Gegner Luthers, 385– 411, zu dem hier zitierten Römerbriefkommentar Sadoletos vgl. bes. 389 –399. Zu Melanchthon und Sadoleto vgl. Kawerau, Melanchthon, bes. 34 –50. 136 „Nam qui dicunt ex fide saluos nos fieri, neque ad salutem bonas operationes requiri, ipsi se impediunt, suum ipsi dictum repellunt et redarguunt.“ Jacobi Sadole= | ti Episcopi [...] || In Pav= || li Epistolam ad Roma= || nos Commentario= || rum Libri || Tres || [...] ||. [Lyon: Sebastian Gryphius, 1535], 100. 137 Vgl. Gal 2,4. 138 Vgl. I Reg 18,25–40. 139 Vgl. Martin Luther, WA 39I, 93,26 –94,11 (Disputatio de iustificatione, 1536). 133

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postea placeat, non propter propriam obedientiam seu uirtutes saltem partialiter, sed tantum propter misericordiam? LVTHERVS. 5

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Imo obedientia placet propter Paulum credentem, alioqui non placeret eius obedientia. Et quia persona iusta est, iusta est perpetuo, et tam diu iusta ex fide, quam diu fides manet. Mala ergo diuisio est personam diuidered in principium, medium et finem. Opera igitur fulgent radijs fidei et propter fidem placent, non econtra. Alioqui sequentia opera fidem excellerent iustificando, quia diutius (ut medio et fine uitae)e iustificarent, et ita fides tantum esset in principio iustificatrix, postea abiens uel cessans operibus relinqueret gloriam et ita fieret inanis et praeterita. [D 2v:] PHILIPPVS.

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Paulus est iustus, id est, acceptus ad uitam aeternam sola misericordia. Contra, si non accederet partialis causa, scilicet illa obedientia, non fieret saluus,140 iuxta illud: „Uae mihi, si non Euangelizem.“141 LVTHERVS. Nulla partialis causa accedit, quia fides est semper efficax uel non est fides.142 Ideo quicquid opera sunt aut ualent, hoc sunt et ualent gloria et uirtute fidei,143 quae est Sol istorum radiorum ineuitabiliter. PHILIPPVS.

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Apud Augustinum sola fide tantum excludit opera praecedentia.144 LVTHERVS.

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Sit hoc uel non, tamen ista uox Augustini satis ostendit eum nobiscum sentire, ubi dicit: „Turbabor, sed non perturbabor, quia uulnerum Domini recordabor.“145 Hic enim clare sentit fidem ualere principio, medio, fine, et perpetuo, sicut ait Dauid: „Apud te propiciatio est.“146 Item: „Non intres in iudicium cum seruo tuo.“147

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deuidere: B; diuidere: A. ): B; (: A.

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Vgl. Martin Luther, WA 39I, 93,18f (Disputatio de iustificatione, 1536). Vgl. I Kor 9,16. 142 Vgl. Martin Luther, WA 39I, 93,4 –9; 97,11; 106,25 (Disputatio de iustificatione, 1536). 143 Vgl. Martin Luther, WA 39I, 124,4f (Disputatio de iustificatione, 1536). 144 Vgl. Augustinus, Enarrationes in Psalmos, Ps 31, II,5, in: PL 36, 260; Augustinus, De diversis Quaestionibus ad Simplicianum libri II, Quaestio II,2, in: PL 40, 111f. 145 Vgl. Bernhard von Clairvaux, Sermones in Cantica Canticorum, 61,3, in: PL 183, 1072. 146 Vgl. Ps 129,4 (Vg). 147 Vgl. Ps 142,2 (Vg). 141

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PHILIPPVS. Vtrum haec propositio sit uera: Iusticia operum est necessaria ad salutem? LVTHERVS.148 Non quod operentur seu impetrent salu-[D 3r:]tem, sed quod fidei impetranti praesentes seu coram sunt, sicut ego necessario adero ad salutem meam. Jch werde auch da bey sein, sagt jhener gesel.149 Imaginatio Sadoleti fortassis haec est, quod fides sit opus150 exactum lege diuina, sicut et charitas, obedientia, castitas etc. Ergo qui credit, impleuit unam uel primam partemf legis et sic habet principium iustificationis seu iusticiae, sed principio habito requiruntur et alia praecepta opera post fidem.

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Hic Vides. Sadoletum nihil intelligere de ista causa. Nam si fides esset opus praeceptum, tunc recte omnia Sadoletus et tunc fides sic renouaret initio hominem, sicut alia opera bona postea renouarent. At nos dicimus, fidem esse opus promissionis seu donum Spiritus sancti,151 quod quidem ad legem faciendam necessarium est, sed per legem et opera non impetratur. Donatum autem hoc donum facit personam nouam perpetuo, quae persona tamen facit opera noua, non econtra, opera noua faciunt personam nouam. Ita placent opera Pauli, non quia bona sunt, sed quia Paulus placens ea facit, non placitura, nisi Paulus placeret. Nulla ergo iusticia personalis debeturg operibus coram Deo, licet accidentaliter glo-[D 3v:]rificabunt personam praemijs certis. Sed personam non iustificant, omnes enim aequaliter iusti sumus in uno Christo, omnes aequaliter dilecti et placentes secundum personam, tamen differt stella a stella per claritatem. Sed Deus non minus diliget stellam saturni quam solem et lunam.152

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Summa. Credentes sunt noua creatura,153 noua arbor, ideo istae phrases legales non pertinent huc, scilicet fidelis debet opera bona facere,154 sicut non recte dicitur, sol debet lucere, arbor bona debet bonos fructus ferre, 3 et 7 debent esse 10. Quia Sol lucet de facto, arbor facit de facto, 3 et 7 sunt 10 de facto,155 f g

patrem: B; partem: A. Seitenumbruch D 3r–v: B.

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Vgl. Martin Luther, WA 39I, 96,4–14 (Disputatio de iustificatione, 1536). Vgl. WA.T 6,152,20f. 150 Vgl. Martin Luther, WA 39I, 90,11–16; 98,24–29; 120,14 –20 (Disputatio de iustificatione, 1536). 151 Vgl. Martin Luther, WA 39I, 90,15 –20; 91,5f (Disputatio de iustificatione, 1536). 152 Vgl. Augustinus, De diversis Quaestionibus ad Simplicianum libri II, Quaestio II,8, in: PL 40, 116. 153 Vgl. II Kor 5,17; Gal 6,15. 154 Vgl. Martin Luther, WA 39I, 90,1–10 (Disputatio de iustificatione, 1536). 155 Vgl. Augustinus, De libero arbitrio II,8,21, in: PL 32, 1252 (CSEL 74, 57,21–23). 149

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Nr. 7: Melanchthon, Antwort (1552)

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non sunt in fieri uel debere, sed in facto esse. Nisi conditionaliter et hypothetice intelligas ita, si Sol est, tunc debet lucere, si uis fidelis esse, oportet ut opereris, sed hoc dicitur contra fucatum Solem et fidem, de uera fide et Sole ridicule dicuntur.h

h

B: Impressum apud Ioannem Montanum et Vlricum Neuberum. Anno M.D.LII.

Bayerische Staatsbibliothek München: 4 Hom. 47#Beibd.3

CONFESSIONIS AN. OSIANDRI DE IVSTIFICATIONE, IN QVA ACERBE ET IMPIE INSECTA 5

tur adflictas Ecclesias, earumque ministros, qui hacte nus doctrinam in Augustana confessione compraehensam sonuerunt, Refutatio erudita & pia, scripta Magdeburgi a Mathia Flaccio Illyrico. F R A N C O F O RT I

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apud Petrum Brubachium, Anno 1552.

Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz Berlin: Dm 989

Verlegung des Be= kentnis Osiandri von der Rechtfer= tigung der armen sFnder durch die wesentliche Gerechtigkeit der Hohen Maiestet Gottes allein.

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Durch Matth. Fla. Jllyr. Mit vnterschreibung Nicolai Galj / darin der grund des jrthums Osiandri sampt seiner verlegung auffs kFrzest verfast ist.

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Acto. 20. Es werden aus euch selbst aufferstehen Menner die da verkerete lehre reden / die jFnger an sich zu ziehen. Dar= umb seid wacker vnd dencket daran / das ich nicht abge= lassen habe drey jar / tag vnd nacht einen jglichen mit thre= nen zu vermanen.1 Ja gedencket freilich / jhr lieben Christen / das euch Gott durch D. Martinum vnd andere fromme Lehrer nicht drey / sondern drey vnd dreißig jar mit Predigen / Schreiben / Malen / vnd singen gnugsam vermanet vnd ge= warnet hat. Wer nu wil bey der warheit bleiben / der mag es thun in Gotts namen / Wer aber nicht wil / sondern die ohren jucken jhm nach etwas newes / der mag ins Teuffels namen dahin faren.

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Acta 20,30f.

Nr. 8: Flacius, Verlegung des Bekenntnisses (1558) – Einleitung

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Einleitung 1. Historische Einleitung

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Mit der hier edierten Arbeit legte Flacius eine der ersten, wenn nicht die erste gründliche Auseinandersetzung mit Osianders Bekenntnis „Von dem einigen Mittler“ vor.1 Anscheinend hatte er eine frühe lateinische Fassung zunächst handschriftlich im Bekanntenkreis kursieren lassen. Dieser Entwurf wurde ohne seine ausdrückliche Einwilligung und ohne sein Wissen, noch dazu „unvollständig und unverbessert“2, in Frankfurt am Main bei Peter Braubach gedruckt.3 Etwa um dieselbe Zeit4 beförderte Flacius die weiter ausgearbeitete deutsche Version selbst zum Druck, ergänzt durch einen Beitrag seines Kollegen und Mitstreiters Nikolaus Gallus.5 Die Widmungsvorrede an Herzog Albrecht ist datiert auf den 1. März 1552,6 der Druck erfolgte in der Magdeburger Offizin von Christian Rödinger. Es lag Flacius offenbar sehr daran, die ausführlichere deutsche Fassung als die einzig authentische und maßgebliche bekanntzumachen. Darum wies er auf den Titelblättern einer weiteren, offenbar zeitnah in deutscher und lateinischer Sprache veröffentlichten Schrift auf die Differenz der beiden Fassungen hin, verbunden mit der Aufforderung an die Leserschaft, sich an die deutsche Ausgabe zu halten.7 1

So Wengerts Einschätzung, vgl. ders. Defending Faith, 375. Er bespricht den hier edierten Text ausführlich auf den Seiten 113 –118, weitere antiosiandrische Schriften von Flacius und Gallus referiert er auf den Seiten 118–146. 2 Vgl. Anm. 6: „sic mutilam et inemendatam, ut eam initio quibusdam amicis petentibus exhibueram“. 3 Vgl. unten Ausgabe A. Es wäre vorstellbar, dass Braubach die Druckvorlage von dem Frankfurter Prediger Hartmann Beyer erhielt; dieser gehörte zumindest ab 1553 nachweislich zum Korrespondentennetzwerk des Flacius. – Bemerkenswert erscheint, dass auf dem Titel dieser in Frankfurt/M. gedruckten Ausgabe dezidiert auf Magdeburg als Ort der Abfassung hingewiesen wird, möglicherweise wegen des inzwischen erworbenen Rufes als „unseres Herrgotts Kanzlei“. 4 Das ist daraus zu schließen, dass Flacius nicht unmittelbar in der deutschen Version auf die unautorisierte lateinische hinweist bzw. vor ihr warnt, sondern dazu das Titelblatt einer anscheinend wenig später gedruckten Schrift nutzt. Vgl. Anm. 7. 5 Vgl. unten die Ausgabe B, bald darauf erschien dann C. – Wengert rekonstruiert anscheinend die Abfolge der Veröffentlichungen anders; er schreibt (Defending Faith, 375): „[...] This time two of the most notorious opponents of Philip Melanchthon, Matthias Flacius and Nicholas Gallus, entered the ring with the first thoroughgoing refutation of Osiander’s Confession to hit the bookstalls of the Empire. No wonder that it was quickly translated into Latin and printed in Frankfurt am Main! Later, Flacius would discount rumors that the original German was printed without his final approval but admitted that the unauthorized Latin translation did non please him at all.“ 6 Vgl. unten S. 254,28. 7 Vgl. CONTRA HAERETICVM DIKAEVSIA- || stam de dicto Ioannis: Spiritus arguet mun- || [dum] de iustitia, quia uado ad Patrem. [Joh 16,8] || Authore Matt. Fla. Illyr. || Audio editam esse meam Confutationem confes= || sionis Osiandri latine, sic mutilam et inemendatam, ut || eam initio quibusdam amicis petentibus exhibueram, || Quae editio quoniam sine meo iussu facta est, ideo remit= || to lectorem ad Germanicum exemplar quod et inte= || grum est et meo iussu editum. Quod facere me neces= || se est, ut aduersarij cauillationes cauere possum. [Kolophon: MAGDEBVRGI EXCVDEBAT || Christianus Rhodius.] (VD 16 F 1322). – Wider die newe ketze= || rey der Dikaeusisten / vom spruch || Christi Joan. am XVI. Der heilig Geist || wird die

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Nr. 8: Flacius, Verlegung des Bekenntnisses (1558) – Einleitung

Flacius wollte mit der Veröffentlichung nach eigenem Bekunden8 zeigen, dass er zwar in einigen wichtigen Punkten anders lehre als die Wittenberger Theologen, nicht zuletzt Melanchthon, dass dieser Dissens in einzelnen theologischen Sachfragen aber keineswegs mit einer prinzipiellen Fundamentalopposition zu verwechseln sei, vielmehr stimme man in der Ablehnung der Rechtfertigungslehre Osianders im wesentlichen überein. Flacius übersandte ein Exemplar des Druckes B mit einem Begleitschreiben vom 20. März 1552 an Herzog Albrecht, worin er noch einmal deutlich gegen Osiander Stellung bezog.9 Der Herzog sah sich in seiner Erwartung getäuscht, Flacius als Gegner der Wittenberger Theologen werde für Osiander Partei ergreifen. Er sandte ihm gleichwohl ein Ehrengeschenk in Höhe von einhundert Talern für die Widmung der gesammelten antiadiaphoristischen Schriften des Flacius,10 verbunden mit der Bitte, das Geld nicht gegen Osiander einzusetzen, sondern lieber nach Wegen zur Verständigung zu suchen.11 Flacius antwortete darauf, er halte es für seine Pflicht, die Feinde Christi zu bekämpfen, und er müsse dem Herzog deshalb auch einige unbequeme Wahrheiten sagen, so gern er ihn seiner Verdienste wegen damit verschont hätte. Wenn das Geldgeschenk als Schweigegeld gedacht sei, könne er es nicht annehmen, so nötig er es auch habe.12 Der Herzog anwortete versöhnlich und wohlwollend, mahnte aber auch, die Kirche erwarte von den Theologen nicht Streitereien, sondern Versöhnung und Trost.13 Die Erstveröffentlichung der deutschen Fassung der hier edierten Texte fällt in eine Phase des Streits, als noch etliche Stellungnahmen von Theologen aus einflussreichen Territorien – etwa aus den Hansestädten Hamburg und Lüneburg oder aus Württemberg – ausstanden und Herzog Albrecht noch darauf hoffen konnte, dass Osianders Position bei den protestantischen Kirchen innerhalb und außerhalb des Reiches Gehör und Aufnahme finden werde.

Welt straffen vmb die Gerechtigkeit / || das ich zum Vater gehe. || Durch Matth. Flac. Illyr. || Jch werde berichtet / das meine Verlegung des Be= || kentnis Osiandri / wie ich sie am ersten vngefehrlich ent= || worffen / vnd guten freunden auff jhr bitt zu lesen mitge= || teilet hab / also sey vnuolkomen vnd vnemendirt etwa im || druck ausgangen. Welchs weil es on mein befehl vnd || wissen geschehen / so wil ich gleichwol hiemit den Christ= || lichen leser auffs Deudsche gewiesen haben / das da gantz || ist / mit meinem rat vnd willen gedruckt. Mus aber solche || erinnerung auch darumb thun / mich gegen dem widerteil || dester mehr zuuerwaren. [Kolophon: Gedruckt zu Magde= || burg / bey Christian R== || dinger.] (VD 16 F 1323). Dazu vgl. Wengert, Defending Faith, 391f. 8 Vgl. unten Bl. b2r–v. 9 Vgl Stupperich, Osiander in Preußen, 276f. Der Brief erreichte den Herzog mit aufgebrochenem Siegel, was zu einigen Irritationen führte. 10 Vgl.: OMNIA || LATINA SCRIPTA || Matthiae Flacij Illyrici, hactenus spar- || sim contra Adiaphoricas fraudes et || errores aedita, et quaedam pri- || us non excusa, catalogum || uersa pagina indi- || cabit. || Omnia correcta et aucta. || [...] || (VD 16 F 1296). 11 Der Herzog schrieb am 5. Mai 1552 an Flacius; vgl. Stupperich, Osiander in Preußen, 277f. 12 Flacius an den Herzog mit Datum vom 6. Juli 1552; vgl. Stupperich, Osiander in Preußen, 278f. 13 Der Herzog an Flacius mit Datum vom 30. Juli 1552; vgl. Stupperich, Osiander in Preußen, 279.

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2. Die Autoren 2.1 Matthias Flacius Illyricus

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Matthias Flacius Illyricus14 wurde als Matija Vlačić, alias Franković, am 3. März 1520 im venezianischen Albona15 auf der Halbinsel Istrien an der illyrischen Adriaküste geboren. Nach Elementarunterricht durch den früh verstorbenen Vater und nach dem Besuch der Schule an San Marco in Venedig folgte er dem Rat eines Verwandten, des Franziskanerprovinzials Baldo Lupetina, der den Ideen der Reformation aufgeschlossen gegenüberstand, und bezog die Universitäten in Basel, Tübingen und – ab 1541 – Wittenberg. Dank Luthers Seelsorge wurde Flacius von schweren Anfechtungen befreit, und die Lehre von der Rechtfertigung des Sünders allein aus Gnaden wurde und blieb zeitlebens der Zentralartikel seiner Theologie. 1544 erhielt Flacius eine Professur für Hebräisch an der Universität Wittenberg. Im Herbst 1545 heiratete er Elisabeth Faust, eine Tochter des Dabrunner Pfarrers Michael Faustus.16 1546 wurde Flacius Magister. Als er es nicht vermochte, die Wittenberger Fakultät zu einer gemeinsamen Abwehr des Interims zu bewegen, wandte sich Flacius 1548 als einer der ersten öffentlich gegen das Interim.17 In den Jahren 1549 bis 1557 engagierte sich Flacius intensiv in Magdeburg und veröffentlichte zahlreiche Schriften in den theologischen Auseinandersetzungen um die Bewahrung des authentischen Erbes Martin Luthers. So wandte er sich auch ab 1552 mehrfach öffentlich gegen Osianders Rechtfertigungslehre.18 Bis 1561 wirkte Flacius an der neugegründeten Universität Jena,19 die so zu einem Hort des unverfälschten Luthertums und Gegenpol zur Universität Wittenberg wurde. In den Folgejahren lebten Flacius und seine Familie in Regensburg (1562–1566), wo er von seinem langjährigen Mitstreiter aus Magdeburger Tagen, dem Superintendenten Nikolaus Gallus, unterstützt wurde. Von Oktober 1566 bis Februar 1567 hielt er sich in Antwerpen auf, wohin er berufen worden war, um das dortigen Kirchenwesen ordnen zu helfen;21 in den Folgejahren wohnte er – immer wieder durch Reisen unter-

14 Zum folgenden vgl. allgemein Preger, Flacius; Oliver K. Olson, Art. Flacius Illyricus, in: TRE 11 (1983), 206 –214; Ilić, Theologian of Sin and Grace. 15 Heute Albona, Kroatien. 16 Vgl. Ilić, Theologian of Sin and Grace, 64, 184; Preger (Flacius I, 24 und II, 232) nennt ihren Namen nicht; Anfang 1564 starb sie bei der zwölften Geburt. Am 23. Oktober 1564 verheiratete sich Flacius mit Magdalena Ilbeck, die mit ihrer Mutter, einer Pfarrerswitwe, in Regensburg wohnte (Preger, Flacius II, 233). 17 Vgl. unsere Ausgabe Bd. 1, Nr. 1: Melanchthon, Bedenken aufs Interim (1548), S 44f; Nr. 3 Theodorus Henetus [= M. Flacius], Ein kurzer Bericht vom Interim (1548); Nr. 5: Johannes Wahrmund [= M. Flacius], Eine gemeine Protestation und Klagschrift (1548). 18 Vgl. Wengert, Defending Faith, 118 –146, und die Liste aaO 434 –436. 19 Vgl. Eberhard H. Pältz, Art. Jena, in: TRE 16 (1987), 559 – 563. 21 Vgl. Brall, Konfessionelle Theologie und Migration.

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brochen – mit seiner Familie in Straßburg (1567–1573) und Frankfurt am Main,22 wo er am 11. März 1575, erneut von Ausweisung bedroht, starb. 2.2 Nikolaus Gallus23 1516 in Köthen geboren als Sohn des fürstlich-anhaltischen Rats und Bürgermeisters Petrus Hahn und dessen Ehefrau Anna, bezog Nikolaus Gallus im Juni 1530 die Universität Wittenberg, wo er 1537 zum Magister artium promoviert wurde. Am 24. Januar 1540 beendete er seine theologischen Studien mit einer Disputation über die Erbsünde. Nach beinahe dreijähriger Tätigkeit als Rektor der Stadtschule in Mansfeld wurde Gallus Ende 1542 auf Empfehlung Luthers und Melanchthons als Diakon nach Regensburg berufen, wo der Rat der Stadt die Einführung der Reformation beschlossen hatte. Am 11. April 1543 wurde Gallus von Johannes Bugenhagen in Wittenberg ordiniert, ehe er im Mai 1543 seinen Dienst in Regensburg antrat. Zur gleichen Zeit übernahm Hieronymus Noppus dort das Amt des Superintendenten, und beide betrieben den Aufbau des evangelischen Kirchenwesens. Als der Rat unter dem Druck der militärischen Macht des Kaisers das Interim am 30. Juni bedingungslos annahm, verließen die evangelischen Prediger am 1. Juli 1548 die Stadt. Seine schwangere Frau24 ließ Gallus zunächst unter dem Schutz von Freunden in Regensburg zurück, später brachte er sie zu seiner Mutter nach Köthen. Ehe er im November 1548 nach Wittenberg übersiedeln konnte, hielt sich Gallus unter anderem in Nürnberg, Köthen, Halle, Magdeburg und Leipzig auf, blieb währenddessen allerdings in enger brieflicher Verbindung mit seiner Regensburger Gemeinde, insbesondere über den Regensburger Ratskonsulenten Johann Hiltner.25 In Wittenberg vertrat Gallus den schwer erkrankten Schlossprediger Caspar Cruciger und führte nach dessen Tod den Predigtauftrag zunächst weiter, außerdem hielt er Vorlesungen an der Universität.26 Eine Rückkehr nach Regensburg war für Gallus auf absehbare Zeit ausgeschlossen, nachdem der Kaiser ein entsprechendes Ansuchen des Rats abschlägig beschieden hatte.27 Zunehmend enttäuscht von

22 Die Priorin des Weißfrauenklosters, Katharina von Meerfeld, hatte ihm und seiner Familie gegen den Willen des Stadtrats, auf den Kurfürst August von Sachsen Druck auszuüben suchte, Aufnahme gewährt. Vgl. Ilić, Theologian of Sin and Grace, 220. 23 Zum folgenden vgl. Voit, Gallus. – Eine ausführlichere Version des Biogramms in unserer Ausgabe Bd. 2, Nr. 4. 24 Am 28. Januar 1544 hatte Gallus die Regensburger Arztochter Eva Opsinger geehelicht. 1558 heiratete er die Witwe Agnes Fischer, 1564 die Witwe Anna Kölacher; vgl. Voit, Gallus, 95, Anm. 2. 25 Der Regensburger Rat hatte den Predigern nicht nur empfehlende Zeugnisse mitgegeben, sondern ließ ihnen auch ihr Gehalt zugehen, mit der Maßgabe, ohne Rücksprache mit dem Rat keine dauerhafte Verpflichtung anderwärts einzugehen; vgl. Voit, Gallus, 92–96, 110f. Dr. jur. Johann Hiltner war von 1523 bis 1567 als Ratskonsulent in Regensburg tätig und von außerordentlicher Bedeutung auch für die kirchliche Entwicklung der Stadt, bereits 1525 hatte er mit Luther wegen eines evangelischen Predigers verhandelt; vgl. Voit, Gallus, 32, Anm. 1. 26 Vgl. Voit, Gallus, 117f. 27 Vgl. Voit, Gallus, 109f.

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der allzu kompromissbereiten Position seines Lehrers Melanchthon und der übrigen Wittenberger Theologen, übersiedelte Gallus mit seiner Familie am 11. November 1549 nach Magdeburg, ins Zentrum des Widerstandes gegen das kaiserliche Interim; dort wirkte er an der Seite von Matthias Flacius, Erasmus Alber, Nikolaus von Amsdorf und anderen. Auch als der Passauer Vertrag es Gallus ermöglichte, 1553 nach Regensburg zurückzukehren, wo er bis zu seinem Tod am 17. Juni 157028 das Superintendentenamt bekleidete, blieb er Flacius freundschaftlich verbunden. Gallus beteiligte sich – immer wieder auch gemeinsam mit Flacius – an den theologischen Streitigkeiten seiner Zeit, so auch am Osiandrischen Streit. In der Erbsündenfrage allerdings stimmte er nicht mit ihm überein.29 3. Inhalt

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Flacius stellt seiner Widerlegung eine grundlegende „Beschreibung der Gerechtigkeit des Glaubens“ voran. Darauf folgt eine Widmungsvorrede an Herzog Albrecht von Preußen, datiert vom 1. März 1552. Darin führt Flacius ein seiner Meinung nach wesentliches Argument gegen Osianders Rechtfertigungslehre an: Erfüllung des Gesetzes sei Gerechtigkeit vor Gott. Osiander bekenne selbst, dass Christus, wahrer Gott und Mensch, durch seinen Gehorsam das Gesetz erfüllt habe. Also sei der Gehorsam Christi die Gerechtigkeit der Gläubigen. Außerdem merkt er an, dass Osiander Luther missbräuchlich zitiere. Osianders Irrlehre schalte Christus als Mittler zwischen Gott und Menschen aus. Flacius möchte mit seiner Arbeit einem Wunsch Herzog Albrechts entgegenkommen, die Gegner Osianders sollten ihre Auffassung ausführlich biblisch begründen. Da Osiander seine Lehre durch den Druck verbreitet habe, müsse auch die Widerlegung öffentlich geschehen. Dabei nehme er keine Rücksicht auf seinen persönlichen Vorteil. Dem Haupttext geht eine umfängliche Vorrede voraus. Wie Gott zum Nutzen der Menschheit immer wieder bedeutende Personen erwecke und in seinen Dienst nehme, so nutze auch der Teufel menschliche Werkzeuge, um Gottes Werk zu entstellen. Anschließend geht Flacius im Hauptteil seines Texts detailliert auf Osianders Schrift „Von dem einigen Mittler“ ein, allerdings konzentriert er sich dabei auf die Kernfrage de causa materiali nostrae iustitiae, worin die Gerechtigkeit des Menschen vor Gott bestehe bzw. wodurch die Rechtfertigung des Menschen vor Gott bewirkt werde. Während Osiander dies auf die wesenseigene Gerechtigkeit Gottes zurückführe, lehrt Flacius, es sei die stellvertretende Gesetzeserfüllung Christi, die dem sündigen Menschen gnadenweise im Glauben zugerechnet werde. Flacius gliedert seine Ausführungen wie folgt: 28 29

Gallus starb in Bad Liebenzell; vgl. Voit, Gallus, 24, Anm. 1. Vgl. Gerhard Simon, Art. Gallus, in: TRE 12 (1984), 21–23.

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[a] Vom Wort ‚rechtfertigen‘. [b] Gegen das Argument, Gott müsse ein unverständiger oder ungerechter Richter sein, wenn er Sünder gerechtspricht. [c] Was christliche Gerechtigkeit sei und wie Osiander die Gerechtigkeit beschreibt. [d] Confirmatio. Bestätigung aus der Schrift. [e] Eine gründliche und klare Beschreibung unserer Rechtfertigung. [f] Das Christus über die wesentliche Gerechtigkeit seiner Gottheit noch eine andere Gerechtigkeit gehabt habe. [g] Confutatio. Widerlegung der Schriftzeugnisse, die Osiander anführt. [h] Widerlegung der Sprüche Luthers, die Osiander anführt. [j] Widerlegung von Kirchenväterzitaten. (Ergänzung gegenüber der lateinischen Fassung) [k] Flacius zur Frage der wesentlichen Gerechtigkeit des Sohnes Gottes. [l] Von den angeblichen Irrtümern in der kirchlichen Lehre von der Rechtfertigung. [m] Über bedenkliche Konsequenzen der Lehre Osianders. [n] Beschluss. Ermahnung zur Standhaftigkeit in der erkannten Wahrheit. Darauf folgt „Eine kurze Erinnerung der vorigen Schrift halben“, worin Flacius möglichen Fehldeutungen vorbeugen möchte. Es schließt eine unterstützende Subscriptio Nicolai Galli an; darin stellt Gallus insbesondere eine gewisse Nähe Osianders zu den von der Alten Kirche als Irrlehrer Verurteilten Nestorius und Eutyches fest. Er bekräftigt ausdrücklich die Definition der Glaubensgerechtigkeit, wie sie Flacius bereits auf der Rückseite des Titelblatts dargeboten hatte. Die zweite Ausgabe der deutschen Fassung umfasst zudem noch einen „Appendix: Worauf der Streit mit Osiander über unsere Rechtfertigung vornehmlich beruhe.“ Genannt werden drei Punkte: 1.) Die iustitia materialis, womit wir vor Gott gerecht und angenehm werden. Osiander lehre, es sei Gottes wesenseigene Gerechtigkeit, die Verfasser hingegen lehren, es sei das Verdienst Christi, seine Gesetzeserfüllung anstelle der sündigen Menschen. 2.) In Übereinstimmung mit den Verfassern lehre Osiander de iustitia formali, die Gerechtigkeit werde den Menschen durch den Glauben zuteil. Allerdings lehre Osiander, durch die Einwohnung Christi mit seinen beiden Naturen in den Glaubenden teile er ihnen auch seine wesenseigene göttliche Gerechtigkeit mit. Die Verfasser hingegen lehren, durch den Glauben werde den sündigen Menschen die von Christus geleistete Gesetzeserfüllung als ihre eigene Gerechtigkeit zugerechnet. 3.) In den Wiedergeborenen beginne zwar auch ein neuer Gehorsam, dieser sei jedoch zu schwach und unrein, als dass damit das Gesetz erfüllt und ein Verdienst vor Gott erworben werden könnte. Osiander hingegen gehe von einer beinahe vollständigen Wiedergeburt noch in diesem Leben aus, wenn er die wesentliche Einwohnung Christi in den Gläubigen postuliere.

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4. Ausgaben lateinisch:

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A: CONFESSIONIS || AN. OSIANDRI DE IVSTIFICA- || TIONE, IN QVA ACERBE ET IMPIE INSECTA || tur adflictas Ecclesias, earumque ministros, qui hacte || nus doctrinam in Augustana confessione || compraehensam sonuerunt, || Refutatio erudita & pia, scripta Magdeburgi || a Mathia Flaccio Illyrico. || FRANCOFORTI || apud Petrum Brubachium, || Anno 1552. [32 Bl. 4°] (VD 16 F 1516). Vorhanden: BERLIN, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz: Dm 992 [benutztes Exemplar] BUDAPEST, Országos Széchényi Könyvtár (Nationalbibliothek): Ant. 2538(13) DRESDEN, Sächsische Landes- und Universitätsbibliothek: Hist.Brit. E.278m,misc.2 HALLE, Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt: AB 153 633(7) HANNOVER, Stadtbibliothek: 1 an: Ratsbibl. 8 Nr. 31 JENA, Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek: 4 Bud.Theol.182(1) LUTHERSTADT WITTENBERG, Bibliothek der Lutherhalle: Kn A 166/971 MÜNCHEN, Bayerische Staatsbibliothek: 4 Hom. 47#Beibd.3 (unvollständig und verbunden: Bl. G4 fehlt, Bl. G5 vor G3 eingebunden) WEIMAR, Herzogin Anna Amalia Bibliothek: Aut.ben.Aut.Flacius(25) WIEN, Österreichische Nationalbibliothek: 20.Dd.1558 WOLFENBÜTTEL, Herzog August Bibliothek: 513.6 Theol.(6)

deutsch: 25

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B: Verlegung des Be= || kentnis Osiandri von der Rechtfer= || tigung der armen sFnder durch die wesentliche || Gerechtigkeit der Hohen Maiestet || Gottes allein. || Durch || Matth. Fla. Jllyr. || Mit vnterschreibung Nicolai || Gallj / darin der grund des jrthums || Osiandri sampt seiner verlegung || auffs kFrtzest verfast ist. || Acto. 20. || Es werden aus euch selbst aufferstehen Menner die || da verkerete lehre reden / die jFnger an sich zu ziehen. Dar= || umb seid wacker vnd dencket daran / das ich nicht abge= || lassen habe drey jar / tag vnd nacht einen jglichen mit thre= || nen zu vermanen. || Ja gedencket freilich / jr lieben Christen / das euch || Gott durch D. Martinum vnd andere fromme Lehrer || nicht drey / sondern drey vnd dreißig jar mit Predigen / || Schreiben / Malen / vnd sing) gnugsam vermanet vnd ge= || warnet hat. Wer nu wil bey der warheit bleiben / der mag || es thun in Gotts namen / Wer aber nicht wil / sondern || die ohren jucken jhm nach etwas newes / der mag ins Teu= || ffels

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namen dahin fahren. [Magdeburg: Christian Rödinger d. Ä., 1552] [74 Bl. 4°] (VD 16 F 1514). Vorhanden: BERLIN, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz: Dm 988; Dm 988â BUDAPEST, Országos Széchényi Könyvtár (Nationalbibliothek): Ant. 2538(16); Ant. 4750 COBURG, Landesbibliothek: Cas A 508:8 DRESDEN, Sächsische Landes- und Universitätsbibliothek: 3.A.10004,angeb.4; 3.A.9271,angeb.5 GOTHA, Forschungsbibliothek: Druck 392(7)R; Th 1582(22); Theol.4 683(11) HALLE, Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt: AB 144 816(2); Ii 4989x HANNOVER, Stadtbibliothek: 3 an: Ratsbibl. 8 Nr. 31 JENA, Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek: 4 Theol.XLIII,5(6); 8 MS 25 494(1) LÜNEBURG, Ratsbücherei: Th 882(6) LUTHERSTADT WITTENBERG, Bibliothek des Evangelischen Predigerseminars: LC434/12 LUTHERSTADT WITTENBERG, Bibliothek der Lutherhalle: Kn A 244/1543 MÜNCHEN, Bayerische Staatsbibliothek: 4 Polem. 1235 MÜNCHEN, Bibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität: 4 Theol.1228:3 NEW HAVEN, Yale University, Beinecke Rare Book and Manuscript Library: Me42 A18; Meg33 2 2 NEW YORK, Union Theological Seminary: D 1221 (jetzt Yale, Beinecke); D 569 WIEN, Österreichische Nationalbibliothek: 20.Dd.577 [benutztes Exemplar] WOLFENBÜTTEL, Herzog August Bibliothek: 140.8 Theol.(6); 235.10 Theol.(2); F 1367 Helmst.(11); G 676.4 Helmst.(13); K 303.4 Helmst.(5); S 230.4 Helmst.(7); Yv 2607.8 Helmst ZWICKAU, Ratsschulbibliothek: 12.8.11.(12); 12.8.12.(3); 20.8.14.(14) C: Verlegung des Be= || kentnis Osiandri von der Rechtfer= || tigung der armen sFnder durch die wesentliche || Gerechtigkeit der Hohen Maiestet || Gottes allein. || Durch || Matth. Fla. Jllyr. || Mit vnterschreibung Nicolai || Galj / darin der grund des jrthums || Osiandri sampt seiner verlegung || auffs kFrzest verfast ist. || Acto. 20. || Es werden aus euch selbst aufferstehen Menner die || da verkerete lehre reden / die jFnger an sich zu ziehen. Dar= || umb seid wacker vnd dencket daran / das ich nicht abge= || lassen habe drey jar / tag vnd nacht einen jglichen mit thre= || nen zu vermanen. || Ja gedencket freilich / jhr lieben Christen / das euch || Gott durch D. Martinum vnd andere fromme Lehrer || nicht drey / son-

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dern drey vnd dreißig jar mit Predigen / || Schreiben / Malen / vnd singen gnugsam vermanet vnd ge= || warnet hat. Wer nu wil bey der warheit bleiben / der mag || es thun in Gotts namen / Wer aber nicht wil / sondern || die ohren juck) jhm nach etwas newes / der mag ins Teuffels || namen dahin faren. [Magdeburg: Christian Rödinger d. Ä., 1552] [76 Bl. 4°] (VD 16 F 1515). Vorhanden: BERLIN, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz: Dm 989 [benutztes Exemplar] DESSAU-ROßLAU, Anhaltische Landesbücherei: Georg 641 (2) LUTHERSTADT WITTENBERG, Bibliothek der Lutherhalle: Kn A 175/1132 WOLFENBÜTTEL, Herzog August Bibliothek: 251.18 Theol.(3); 327.4 Theol.(3); S 229.4 Helmst.(13) Obgleich Flacius die lateinische Version nicht autorisiert hat, wird sie hier, soweit vorhanden, parallel zur deutschen abgedruckt, weil sie zweifellos eine Vorstufe zur deutschen Fassung darstellt. Wir bieten die deutsche Fassung nach C, weil sie einige Ergänzungen und Korrekturen gegenüber B aufweist; Druckfehler in C werden teilweise nach B korrigiert. In A ist der Normaltext in Antiqua gesetzt, die deutschen Zitate in Fraktur; diese Auszeichnungsschrift ist hier durch Kursive wiedergegeben. In C ist der Normaltext in Fraktur gesetzt, die deutschen Zitate wie auch einige lateinische Wörter in Antiqua; auch hier wurde in der Edition die Auszeichnungsschrift durch Kursive wiedergegeben. (In B werden die Zitate in größerer Frakturschrift gesetzt, in Antiqua erscheinen gelegentlich lateinische Termini technici.) Kommentiert wurde die autorisierte deutsche Fassung, die lateinische nur im Ausnahmefall; in aller Regel sind die nötigen Erläuterungen dem Sachapparat zur deutschen Fassung zu entnehmen. Im lateinischen Text sind zahlreiche Abkürzungszeichen enthalten, diese wurden stillschweigend aufgelöst, nicht jedoch Abkürzungen von Wörtern durch Punkt. Obwohl die Ausgaben von Osianders Schrift „Von dem einigen Mittler“ jeweils nur eine Lagenzählung aufweisen, zitiert Flacius meist nach anscheinend von ihm selbst angebrachten Seitenzahlen.30

30 Von den Seitenangaben gelangt man zur Lagenzählung durch Umrechnung, wobei berücksichtigt werden muss, dass die alphabetische Lagenzählung erst mit dem Haupttext beginnt, dass Flacius aber die Seiten vom Titelblatt an durchzählt: (Seitenzahl - 16) : 8 = Lagennummer (1 = A; 2 = B; 3 = C usw. H, J, K, usw. T, V, X, Y, Z), ein eventueller Rest weist auf eine Seite innerhalb der nächsten Lage. Beispiele: 1.) Fa. 27 = (27-16):8 = 11:8 = 1+3/8 = Lage A + 3 Seiten = Blatt B 2r. 2.) Fa. 155 = (155-16):8 = 139:8 = 17+3/8 = Lage R + 3 Seiten = Blatt S 2r.

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[a 1v:] WARE, GRVNDLICHE BESCHREIbung der Gerechtigkeit des Glaubens. aVnsere

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Gerechtigkeit, dadurch wir hie inn diesem leben fFr Gott gerecht vnd angeneme kinder werden, eigentlich zu nennen, ist die ERFVLLVNG des Gesetzes Gottes, welche nicht wir, sondern Christus, warer Gott vnd mensch, durch seinen allervolkomensten gehorsam gantz vberschwencklich vnd vberreichlich geleistet hat, beide mit THVN desienigen, so das Gesetz von vns zu thun hat erfordert, vnd mit LEIDEN des, das wir von wegen vnser SFnden hetten leiden sollen, Vns aber durch den glauben von Gott geschenckt vnd zugerechnet wird, gleich als ob wir selbs, ein ieder fur sich, solches alles gelitten vnd gethan hetten vnd das Gesetz Gottes dermassen1 wie Christus erfFllet, oder der G=ttlichen Gerechtigkeit gnug gethan. Wiewol nu neben der zurechnung dieser Gerechtigkeit zugleich auch mit anfehet der mensch ernewert zu werden durch einwonung des heiligen Geists vnd inn einem newen gehorsam zu leben, so kan oder sol doch niemand mit solchem gantz vnuolkomenen gehorsam vnd ernewerung seiner Natur fur Gott kommen, dadurch fur seinem Gericht zu bestehen, Gerecht vnd Selig zu werden. Derhalben mit allem vleis sich fFrzusehen vnd zu uerhFten ist, das inn disem handel der Rechtfertigung fur Gott die frembde Gerechtigkeit des Glaubens an Christum mit der eignen Gerechtigkeit der ernewerten Natur oder newen gehorsams nicht gemenget, sondern weit uon einander als Himmel und Erden gescheiden werden.a [a 2r:] Dem Durchleuchtigen Hochgebornen FGrsten vnd Herrn, Herrn Albrechten dem Eltern, Marggrauen zu Brandenburg, in Preussen, zu Stetin, Pomern, der Cassuben vnd Wenden Hertzogen, Burggrauen zu NFrnberg vnd FFrsten zu RFgen, meinem Gnedigen Herrn,2 WFndsche ich, Matthias Flacius Jllyricus, bestendigkeit in der waren erkanten Religion vnd Bekentnis Jhesu Christi. Dvrchleuchtiger Hochgeborner FFrst, Gnediger Herr! Wolt Gott, das ewren FFrstlichen Gnaden die auffrichtung der Vniuersitet3 so wol allenthalben geraten vnd die lehr durch bestendige einigkeit der Lerer daselbs so trewlich (welchs zu grossem nutz vnd fromen der kirche wFrde gereicht sein) gehana–a 1

Auch in der Vorlage in Antiqua kursiv gesetzt.

in gleicher Weise. Vgl. Art. dermaszen 1), in: DWb 2, 1020. Albrecht von Brandenburg-Ansbach, Herzog in Preußen, der letzte Hochmeister des Deutschen Ordens in Preußen, hat das Ordensgebiet in ein weltliches Herzogtum unter polnischer Lehenshoheit umgewandelt. 3 Herzog Albrecht gründete 1544 die Universität Königsberg. 2

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delt were, wie E.F.G. aus Christlichem gemFt vnd wolmeinung dieselbe Vniuersitet mit grosser mFhe vnd vnkost, daran kein ehrliebender zweiffelt, auffgericht hat. Die Papisten (die da tag vnd nacht grFbeln, wie sie das heilig Euangelium lestern vnd schenden m=gen) werden on zweiffel schreien, Es sey der Gottlosen lehr schuld, das solche beschwe-[a 2v:]rungen in E.F.G. landen vorfallen. Denn sie wollen mutwilliglich nicht wissen, das der Teuffel nicht widder sich selbs ist vnd das er nicht sein eigen Reich, sondern Christus’ reich jrrig vnd vnrhusam pflegt zu machen.4 Wie denn auch solchs die erfarung leret. Denn vnter Heiden vnd TFrcken vnd jtzigen JFden entstehen keine gezenck, Rotten noch Secten in der Religion, sonder in der waren Kirche Gottes. Derhalben sol eben dis, das genante Vniuersitet vnd Kirch so mancherley weyse vom Teuffel angefochten wird, E.F.G. ein gewis zeichen sein, das die rechte lehr daselbs gepredigt wird Vnd das die auffrichtung solcher Vniuersitet vnter vmbligenden wilden V=lckern ein Christlich werck vnd Gotte dem Almechtigen ein angenemer dienst sey. Aber der Teuffel, dieweil er besorgt,5 das aus E.F.G. Kirchen vnd Schulen die ware Religion in alle Mitnechtische6 Lender allgemehlich m=chte ausgebreitet werden, so ist er toll7 vnd t=richt vnd wolt solch E.F.G. heiliges, Christlichs vornemen gern, so viel jhm jmmer mFglich, verhindern. Gott aber, der die heiligen aus alle jhrer trFbsal, derer sie sehr viel haben (wie der Psalm sagt),8 erl=set, wird E.F.G., gleich wie er sie vnd derselben Vniuersitet zuuor aus vielen beschwerungen errettet hat, auch aus diesen gegenwertigen vnd kFnfftigen beschwerungen erretten. Es sollen sich auch E.F.G. vnd die andern GotfFrchtigen des orts darumb nicht schrecken lassen, das jtziger zeit (wie sichs ansehen lest) gr=ssere be-[a 3r:] schwerung vorfelt, denn zuuor je vorgefallen ist. Doch warlich, so viel ich verstehen kan, verneme ich, das des Osiandri meinung, die er so fleissig vnd kFnstlich vertedingt, on besondere grosse mFhe mit warhafftigem grunde kan verlegt9 werden. Jch wil hie nur ein argument setzen (denn in folgender schrifft werden jhr mehr folgen) durch welchs allein meins verhoffens die warheit der gebreuchlichen lehr beweiset vnd die vnwarheit der newen vngebreuchlichen verlegt kan werden.

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Vgl. Mt 12,22–30; Mk 3,22–27; Lk 11,14–23. befürchtet, sich sorgt. 6 nördlichen, mitternächtlichen. Vgl. Art. mittnächtisch, in: DWb 12, 2426; Art. mittnächtlich, ebd.; Art. Mittnacht 2), ebd. 7 verrückt, wütend. Vgl. Art. toll I.1.a.γ), in: DWb 21, 633. 8 Vgl. II Kor 4,17; Ps 34,20; 94,19; Joh 16,33. 9 widerlegt. Vgl. Art. verlegen 3), in: DWb 25, 758f. 5

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Erstlich ist gewis, das die erfFllung des Gesetzes sey gerechtigkeit fFr Gott, welchs nicht allein aus eins jden vernunfft bekant ist (denn thu, was dich deine Eltern oder Herrn heissen, so wirstu Gerecht sein vor jhnen. Thu, was dich dein Schulmeister oder dein FFrst heist, so wirstu gerecht sein fFr jhnen. Thu, was dich Gott heisset, so wirstu gerecht sein fur jhm.), sonder auch leichtlich aus der Schrifft kan beweiset werden. Rom. 2. stehet klar: Nicht die das Gesetz h=ren, sind gerecht fFr Gott, sondern die das Gesetzb thun, werden gerecht sein.10 Hie h=ren wir deudlich, das dem Gesetz Gottes volk=mlich mit hertzen vnd mit der that gehorsam sein sey Gerechtigkeit fFr Gott. Ja, Christus selbs sagt von seiner Tauffe: Also mFssen wir alle Gerechtigkeit erfFllen.11 Zum andern bekent Osiander am ende des bogens A, das Christus, warer Gott vnd mensch, durch sein thun vnd leiden oder gehorsam das Gesetz erfFllet hab vnd hab es vns zu gut oder vnserthalben erfFllet, welche erfFllung vns zugerechent wird, gleich als were sie vnser eigen.12 [a 3v:] Derhalben erfolgt, das eben derselbe gehorsam Christi, Gottes vnd menschen, vnsere Gerechtigkeit sey. Wiewol diese folge auch sonst on all vnser beweisung im anfang des 8. vnd 10. Cap. zun13 R=mern klerlich ausgedruckt wird. Denn Paulus sagt zun R=mern am 8., das weil wir durch schwacheit vnsers fleisches die sFnde nicht auffheben, noch dem Gesetz Gottes haben gnug thun k=nnen, so habe derhalben Got solchs zu wegen bracht durch menschwerdung seines Sons, das also die Gerechtigkeit, vom Gesetz erfordert, in vns erfFllet wFrde.14 Hie sagt er klerlich, das die Rechtfertigung des sFnders sey die erfFllung des Gesetzes, die Christus fFr vns gethan vnd vns zugerechnet hat. Zun R=mern am 10. sagt er: Das ende – das ist (wie es die Lerer deuten): die erfFllung15 – des Gesetzes ist Christus, zur Gerechtigkeit allen, die da gleuben,16 als wolt er sagen: die erfFllung des Gesetzes, von Christo geschehen, die vns zugerechnet wird durch den glauben, ist vnsere gerechtigkeit. Jch kan warlich nicht sehen, was in diesem Argument falsch oder vnrecht sey. Denn das ist gewis, das volk=mlicher gehorsam kegen17 Gott mit dem hertzen vnd mit der that gerechtigkeit ist fFr Gott. Christus aber, warer mensch vnd Gott, hat dem Gesetz Gottes volk=mlich mit thun vnd leiden, alles was

b 10 11 12 13 14 15 16 17

aus: Gesetzt. Röm 2,13. Vgl. Mt 3,15. Vgl. Osiander, OGA 10, 104,32–106,18 (Von dem einigen Mittler, 1551, Bl. A 4r/v). zu den, an die. Vgl. Röm 8,3f. Im griechischen Original: τέλος = Ziel, Ende. Vgl. Röm 10,4. gegen.

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das Gesetz fodert, gehorsam geleistet oder das Gesetz vberflFssig18 erfFllet, vnd derselbe gehorsam oder erfFllung des gesetzes ist gantz vnd gar vnser. Derhalben ist derselbe gehorsam oder erfFl-[a 4r:]lung des Gesetzes vnsere gerechtigkeit. Durch dis einige Argument, hoff ich, sol die warheit erklert vnd die vnwarheit des Jrthumbs Osiandri verlegt werden. Jch wil noch eins setzen, welchs nicht so fast19 ein Argument als eine anzeigung ist, mit was starcken, festen vnd hellen grFnden Osiander seine meinung von solchen grossen dingen beweiset. Am letzten bletlein des bogens L, am ende nach allen andern angezogenen sprFchen, dadurch er hat beweisen wollen, das D. Luther von der gerechtigkeit, die durch die wesentliche Gottheit des Sons Gottes erlangt ist, lere, Citirt er aus D. Luthers Commentarijs vber die Epistel zun Galatern diesen spruch: „Welcher uon dieser Lehre felt, der felt aus not in unwissenheit Gottes, uerstehet nicht, welches da sey die Christliche Gerechtigkeit und weisheit, Welchs sein die waren Gottesdienste, Er ist ein Abg=ttischer, bleibt unter dem Gesetz, unter der SFnde, unter dem Tode und unter des Teuffels gewalt, und alles, das er thut, ist uerlorn und uerdammet.“20 Mit diesem spruch wil Osiander gleichsam mit einem Beschlus alle vorangezogene zeugnissen beschliessen vnd anzeigen, das D. Luthers meinung sey, das, so jemand von der meinung von der gerechtigkeit durch die wesentliche Gerechtigkeit Gottes fellet, derselbe wisse gar nichts von Gott, So doch D. Luther eigentlich nur dauon Disputiret, das Gott alle selberwelte,21 erdichte Gottesdienste auffs eusserste verflucht, vnd [a 4v:] das allein das die ware Religion sey, die er durch seinen Son der welt offenbart hat. Wer von derselben falle, der jrre gantz vnd ghar etc. E.F.G. wolle den ort in den Lateinischen Commentarijs, in quarto gedruckt, folio 238, selbs lesen,22 so wird E.F.G. bald befinden, das Osiander gar nichts beweiset noch leret, sonder den Leser nur betreugt. Wil jtzund schweigen, wie er das wort Gottes an vielen orten mit lauter gewalt bey den haren her-

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übermäßig, mehr als genug. Vgl. Art. überflüssig B), in: DWb 23, 226f. sehr. Vgl. Art. fast A.5.c), in: DWb 3, 1349. 20 Vgl. Osiander, OGA 10, 188,16–20 (Von dem einigen Mittler, 1551, Bl. L 4r). Zum LutherZitat vgl.: IN EPISTO= || LAM S. PAVLI || AD GALATAS || commentarius ex prae- || lectione D. Mart. Luth. || collectus. Iam denuo || diligenter reco- || gnitus, casti- || gatus etc. || Adiecto etiam Indice. || VITTEBERGAE. || M. D. XXXVIII. || Virtus mea per infirmita- || tem perficitur. (VD 16 B 5082), Bl. CCXXXVIIIv: „Quicunque ab ista doctrina excidit, ille necessario ruit in ignorantiam Dei, non intelligit quae sit Christiana iusticia & sapientia, qui sint ueri cultus Dei, est idolatria, manens sub lege, peccato, morte & diaboli imperio, & omnia quae facit, sunt perdita ac damnata.“ (zu Gal 4,8; vgl. WA 40I 605,19–22 [Druck C]). 21 selbsterwählte, nicht von Gott angeordnete. 22 Vgl. Anm. 20 (VD 16 B 5082).

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umb reisset23 vnd deutet, wie ers haben wil, als das jhm das blut vnd fleisch Christi allein die Gottheit bedeuten mus. Er rFmbt sich auch sehr in einem deudschen bFchlein, wie er diese lehr von der Rechtfertigung vor vielen Jaren zu Schmalkalden fFr den vornemsten Predigern, aus gantzem Deudschland versamlet, in einem Sermon =ffentlich gepredigt habe vnd sey nicht allein von jhnen vngetadelt blieben, sonder auch hoch gelobet.24 Aber von NFrnberg wird mir von einem glaubwirdigen manne viel anders geschrieben, nemlich das M. Vitus25 seliger gedechtnis offt gesagt habe, wie D. Luther vnd andere Theologen ein grossen misfallen dran gehabt haben. Jtem, das noch daselbs ein Ratherr sey, ein fFrtreflicher mann, der sage, das D. Luther vmb derselben newen lehr willen widder den Osiander habe schreiben wollen, wenn sich die Herren nicht drein gelegt hetten.26

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Redensartlich: gewaltsam fehlinterpretiert. Vgl.: Bericht vnd Trost= || schrifft: an alle die: so || durch das falsch / heimlich || schreiben / schreien vnd affterreden / || etlicher meiner feinde / als solt ich von || der Rechtfertigung des Glaubens / nicht recht halten vnd leren / ge || ergert / oder betrFbet || worden sein. || [Kleeblatt] || Andreas Osiander. || K=nigsberg || in Preussen. || 1551. (VD 16 O 993), Bl. A4r: „Zum dritten / Bin ich der guten zuuersicht / das es alle gottsfFrchtige Predicanten mit mir halten / Denn nach den selbgewachsenen Plauderern / Bauchpredigern / Heuchlern vnd Affen / frag ich nichts / Sintemal ich mein Lere von der Rechtfertigung / die ich allzeit / vnuer= || ruckt / =ffentlich vnd bestendiglich gefurt hab / vnd noch fFre / im 1537 jar / zu Schmalkaln / da die gelertesten euangelische Predicanten / in so grosser anzal / als vor vnd nach / bis anher nie geschehen / zu Doctor Martin Luther / vnd andern Wittebergischen Theologen versamlet waren / mit wolbedachtem rat vnd fursetzlich / in ein Predig gefasset / vnd auffs einfeltigst / klarist / vnd deudlichst / =ffentlich in der Kirchen / fur jnen allen / vnd fur meniglich / hab lassen h=ren / vnd ist doch / Gott lob / so viel ich weis / von niemand getadelt / von vielen aber / one rhum zu reden / also gelobt worden / das es mir zuerzelen / dieweil eigen lob nicht wol stehet / dieser zeit / noch zu viel sein wil.“ 25 Veit Dietrich war am 08. Dezember 1506 in Nürnberg geboren; ab 1523 studierte er in Wittenberg, gefördert von Melanchthon und als Hausgenosse und Vertrauter Luthers, den er 1529 zum Marburger Religionsgespräch begleitete; im selben Jahr erwarb er den Magistergrad. 1530 hielt er sich während des Augsburger Reichstages mit Luther auf der Veste Coburg auf. Er lehrte an der Wittenberger Artesfakultät, bis Differenzen mit Katharina von Bora 1535 dazu führten, dass er Wittenberg verließ. Melanchthon empfahl ihn an die Universität Tübingen, doch nahm Veit Dietrich das Angebot des Nürnberger Rates an, als Pfarrer an der Sebalduskirche zu wirken. Er vertrat Nürnberg auf dem Konvent in Schmalkalden 1537 und nahm 1546 am Regensburger Religionsgespräch teil. Da er sich dem Interim nicht beugte und zum Widerstand aufrief, wurde er suspendiert; er starb am 25. März 1549 in Nürnberg. 26 es nicht verhindert hätten. Vgl. Art. legen B.II.9.c), in: DWb 12, 533f. Vgl. MBW 6004 (Hieronymus Besold an Melanchthon, Nürnberg 25. Februar 1551): Hieronymus Baumgartner berichtete, dass Luther eine öffentliche Widerlegung Osianders nur auf Intervention des Nürnberger Rates unterlassen habe. Vgl. a. WA.T 4, 478,6–20 (aus Nr. 4763); ferner Stupperich, 262f. 24

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Es bezeugt auch der Ehrwirdige Herr N. von Amsdorff,27 das D. Luther vnd viel andere Theologen ein grossen misgefallen gehabt ha-[b 1r:]ben an der sonderbarn newen deutung des Osiandri vber den spruch 1. Joan. 4: „Ein iglicher geist, der da nicht bekennet, das Jhesus Christus ist inn das fleisch komen, der ist nicht von Gott.“28 Da seine meinung von der rechtfertigung gleichwol noch nicht ist so gar deudlich vermerckt worden, wie jtzt aus dem gedruckten bekentnis, Welchs sich warlich mit des Osiandri rhum nicht fast wol reimen wil. Aus diesem stFcklein kan man nu von den andern stFcken auch richten. Wir wollen aber von derselben Predigt (wils Gott) auff ein ander mal weiter reden. Denn es ist etwas drinnen, das vns sehr wol widder jhn dienet. Es m=cht aber einer meinen, das an diesem Osiandrischen jrthumb nicht viel gelegen were, so es doch ein solcher grosser Jrthum ist, das er vns dahin bringt, das wir mit Gotte stracks one Mitler handeln. Denn wir mFssen ja durch Gerechtigkeit einen zutrit zu Gott haben vnd mit jm als vnserm Vater handeln. Vnsere Gerechtigkeit aber fFr Gott ist dasjenige, dadurch wir fFr Gott bestehen k=nnen vnd darumb wir jhm als ein kind seinem Vater angenem sein vnd alles, was vns von n=ten ist, heischen29 dFrffen. Osiander aber sagt, das ewige wesen Gottes sey vnsere gerechtigkeit fFr Gott, daraus folgt, das ich mit Gotte durch sein wesen handeln mFsse, das ist: ich mus mit Gott on alle mittel vnd Mitler handeln. Denn obwol war ist, das Christus Gott vnd mensch zur rechten seines Vaters sitzt vnd alda vnser Mitler ist, So ist er doch so weit vnd darumb vnser Mitler, das er den Raub, Reichthumb [b 1v:] vnd schatz bey sich hat, welchen er nach vberwindung der Helle in seinem aufferstehen vnd auffart im Triumph mit sich gen Himel gefurt hat, nemlich die erlesschung vnd zust=rung der SFnde oder vngerechtigkeit vnd die erworbene Gerechtigkeit, Verdienst, Erl=sung vnd versFnung mit Gott oder die vberschwenckliche erfFllung des Gesetzes. Denn mit vnd durch denselbigen schatz ist er bey dem Vater fFr vns mechtig vnd gewaltig vnd hilfft vns aus aller not. Derselbige schatz, vns von Christo zugeeigent, ist vnser Mittel vnd Mitler, dadurch wir alles guts von Gott erlangen. Derhalben, wer dis mittel oder Mitler fFr seine Gerechtig27 Vgl. [Nikolaus v. Amsdorf:] CONFVTATIO: || Das ist / || Widerlegung aus || heiliger Schrifft der || jrthumen. || Andreae Osiandri. || Von dem Articul der || Rechtfertigung. || Anno M. D. LII. (in: VD 16 ZV 10866). – Auff Osianders Be= || kentnis ein Vnterricht vnd zeugnis / || Das die Gerechtigkeit der menscheit Christi / dar= || innen sie entpfangen vnd geboren ist / allen Gleu= || bigen SFndern geschanckt vnd zugerechent || wird / vnd fFr jhr Person hie auff Erden || nimmermehr Gerecht vnd heilig || werden. || Nicolaus von Amsdorff, || EXVL. || In semine tuo (.Christo.) Benedicentur om- || nes Gentes terrae. Ergo semen ipsum est benedictum || & iustum. || ANNO. || 1552. (VD 16 A 2329). 28 Vgl. I Joh 4,2f. 29 erbitten. Vgl. Art. heischen 1) und 2), in: DWb 10, 898f.

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keit fFr Gott nicht haben wil, sonder wil fFr Gott durch sein wesen bestehen vnd gerecht sein, der handelt mit Gott on alle mittel vnd Mitler. Vnd was darffs30 doch viel Disputirens? Jst doch des Osiandri vornempstes argument dieses, das, weil Jehoua allein die Gotheit bedeute vnd Jeremias sagt, Jehoua sey vnsere Gerechtigkeit,31 so mFssen wir notwendig nur durch das G=tliche wesen gerecht werden, so doch Osiander selbs in den Annotationibus vber seine Harmonias diesen namen dem gestorbenen menschen Christo zueigent, daraus klar zu mercken, wie starck seine beweisung sey.32 Dis hab ich, Durchleuchtiger Hochgeborner FFrst, E.F.G. zum anfang anzeigen vnd E.F.G. diese Schrifft zuschreiben wollen, Vornemlich darumb, das der Christlichen kirche viel wil dran gelegen sein, das E.F.G. diese Sach [b 2r:] erkenne. Zudem werde ich auch bericht,33 das E.F.G. bereit lang begert hat, das des Osiandri gegenteil seine meinung widder jhn, aus der schrifft wol gegrFndet, schrifftlich vbergeben solte. Daher ich eine gute hoffnung habe, E.F.G. werde diese meine arbeit nicht allein williglich, sondern auch mit gnaden vnd von hertzen auffnemen. Aber die H=chsten vnd Gelertesten, die da vornemlich anderm vnd diesem vnrath34 in der zeit zuuorkomen35 vnd gesteuret36 vnd, nach dem spruch des Poeten,37 dem anfang des vbels widderstanden solten haben, die sagen jtzt, sie wollen sich in die zeit schicken.38 Darumb weil es die Hohepriester vnd Schrifftgelerte nicht thun wollen, so mFssen wirs vnmFndige vnd Seuglinge thun.39 Denn es gehet doch gemeiniglich also zu in der Kirchen Christi, es sey da ein menschlicher beruff40 oder nicht. Es were auch wol besser gewest, das die sach, ehe Osiander sein Bekentnis hette ausgehen lassen, in sonderheit mFndtlich vnd schrifftlich gehandelt vnd anderer kirchen meinung vnd 30

bedarf es, braucht es. Vgl. Jer 23,6; 33,16 u. ö. 32 Vgl. OGA 6, 320,12–20: „[Ps 68,21] Quibus verbis David hominem quendam non modo mortalem, verum etiam mortuum, hoc sacratissimo Dei nomine ‫ יהוה‬dignatus est eumque a Domino e media morte eripiendum et resuscitandum praedixit. Paulus autem, cum ea de Christo dicta esse certissime sciret ac, quomodo re ipsa impleta essent, videret, pulcherrime nobis explicavit. Primum enim, cum perpenderet, quod esset moriturus, dixit: ‚Cum in forma Dei esset, non rapinam arbitratus est, quod esset aequalis Deo, sed semetipsum inanivit, forma servi sumpta in similitudine hominum constitutus et figura repertus ut homo, humiliavit semetipsum, factus obediens usque ad mortem, mortem autem crucis‘ [Phil 2,6–8].“ (Osiander, Evangelienharmonie, 1537). (Man vergleiche auch den weiteren Kontext.) 33 unterrichtet, informiert. Vgl. Art. berichten 5), in: DWb 1, 1523. 34 Gefahr; Unfug; Unrichtigkeit, Unsinn. Vgl. Art. Unrat 1), in: DWb 24, 1230–1233. 35 entgegengetreten. Vgl. Art. zuvorkommen 3), in: DWb32, 890. 36 gewehrt, Einhalt geboten. Vgl. Art. steuern, in: DWb. 37 Vgl. Ovid, Remedia amoris 91: Principiis obsta. 38 sich den Zeitumständen anpassen. Vgl. Röm 12,11; Eph 5,16; Kol 4,5. 39 Vgl. Mt 16,21; I Kor 3,1f. 40 Berufung, Auftrag, Amt. Vgl. Art. Beruf 2), in: DWb 1, 1530f. 31

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vrteil auch gehort vnd darnach des Osianders meinung geurteilt were worden. Weil aber nu der Jrthumb so statlich41 durch viel =ffentliche schriffte vertedigt ist, so kan man hinfort demselbigen one =ffentliche schrifften nicht wol widderstehen. Die vrsach aber, darumb ich diese schrifft nicht lenger hab vertziehen wollen, ist vornemlich diese, das, weil ich bisher ein schweren zanck gehabt vnd noch habe mit etlichen Theologen dieser lande, viel meinen, ich sey in allen stFcken wid-[b 2v:]der sie.42 Jch wil aber (ob Gott wil) weder vmb meiner freunde noch feinde willen nichts widder die warheit handeln. Wiewol ich jtzund so hart bedrengt werde von wegen der reinen Religion, das etliche schier mit klaren worten sagen (wie Dauid klagt 2. Sam. 26.): „Gehe hin vnd diene andern G=ttern.“43 Derhalben, damit niemand durch mein stillschweigen geergert werde, welchs wir nach der lehr Christi mit h=chstem fleis verhFten sollen, so hab ich meine meinung hieuon =ffentlich mFssen ausgehen lassen. Jch bit auch, E.F.G. wolle dis mein schreiben vnd zuschreibung dieser Schrifft in Gnaden annemen. Jch thu es warlich weder geldes noch guts halben, auch nicht sonst aus mutwillen. Denn ich zum teil wol weis, wie es jtzt hin vnd widder zustehet44 vnd in wie grossen beschwerungen ich jtzund bin, die mich schier gar hinunter drFcken. Vnd bin auch nicht so gar vnuerstendig vnd t=lpisch,45 das ich nicht auch, wenn mich mein gewissen vnd Gottes gebot nicht inhielten,46 desgleichen mit listen trachten vnd dahin erbeiten k=nte, das mir beide, zur sicherheit vnd zu Reichthumb, nFtz vnd dienstlich were, wie jtzt viel grosser Theologen alhie thun. Der Herr wolle E.F.G. bewaren vnd sie vnd die Christliche Schule vnd Kirche aus dieser beschwerung wie bisher aus vielen andern gnediglich erretten. Datum 1. Martij. Anno. 1552.

41 ausgiebig, umfänglich, mit großem Aufwand und Aufsehen. Vgl. Art. stattlich II.4.e), in: DWb 17, 1042. 42 Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung waren insbesondere die Adiaphoristischen Streitigkeiten virulent. Flacius möchte mit der hier edierten Schrift auch dem Eindruck entgegenwirken, er stehe grundsätzlich in Opposition zu den Wittenberger Theologen. 43 I Sam 26,19 [!]. 44 zugeht, welche Zustände herrschen. Vgl. Art. zustehen 10), in: DWb 32, 850. 45 tölpelhaft, ungeschickt. Vgl. Art. tölpisch I.C.2), in: DWb 21, 674. 46 hinderten, zurückhielten. Vgl. Art. inne 1.d), in: DWb 10, 2125.

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[b 3r:] Vorrede.

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Gott, der Ewige brun alles guten, Wie er von Anfang der schepffung die gantze Welt durch wFnderliche gFttigkeit, weißheit vnd Allmechtigkeit erneret vnd erhelt, Also pflegt er auch zu erfindung, bestellung vnd auffrichtung aller ding vnd kFnste dem menschlichen geschlecht nFtzlich, vnd vornemlich der Religion, allezeit etliche besondere, grosse leut zu erwecken vnd dieselben zu volendung solcher Herrlicher, Heilsamer werck mit sonderlichen grossen gaben zu zieren vnd zu rFsten. Daher k=mpts, das solche helden so grosse weisheit vnd tugent vnd so gros glFck haben in jhrem vornemen, das alle vnparteische leut bekennen mFssen, das sie zu solchen grossen wercken von Gott erweckt vnd in jhrem thun so krefftiglich von Got regirt vnd gefurt werden, gleich als gienge Gott selbs pers=nlich fFr jhnen her, thete vnd volendete alles, was sie thun vnd vornemen. Solche gegenwertigkeit Gottes, damit Gott grossen leuten beystehet, haben nicht allein die Christen aus der erfarung vnd aus Heiliger Schrifft erkant (denn Esaie am 45. stehet klerlich: „So spricht der HERR zu seinem gesalbten Cores,c47 den ich bey seiner rechten hand ergreiffe, das ich die Heiden fFr jhm vnterwerffe vnd den K=nigen das Schwert abgFrte, auff das fFr jhm [b 3v:] die thFren ge=ffnet werden vnd die thor nicht beschlossen bleiben: Jch wil fFr dir hergehen vnd die H=cker eben machen. Jch wil die Ehrne thFren zuschlagen vnd die Eiserne rigel zubrechen. Vnd wil dir geben die heimliche schetze vnd die verborgene kleinet“48 etc.49), Sonder es habens auch die Heiden gemarckt.50 Denn Aristoteles sagt, das man solche trefliche Leut pflegt Gottesmenner zu nennen.51 Jtem die Poeten, vnd vornemlich Homerus schreibt, wenn sie einen treflichen helden vnd seine grosse thaten vnd tugende abmalen, thun sie jmmer darzu, wie Got bey jhnen vorn vnd hinden vnd zu allen seiten ist, jhn helffe, sie schFtze vnd jhre wercke fordere vnd volende.52 Also sagt auch Cicero: Grosse leut werden durch G=ttliche anblassung erweckt.53 Es sind auch solcher Leute werck (als durch sonderliche hFlff Gottes zugericht) so gewaltig vnd volkomen, das sie schier nicht gewaltiger noch volc 47

aus: Co-| es.

Kyros. Historischer Bezug: Kyros II. der Große, König des Perserrreiches bis 530 v. Chr. Kleinodien, Kostbarkeiten. Vgl. Art. Kleinod I.e) und II.2.d), in: DWb 11, 1122.1125. 49 Vgl. Jes 45,1–3. 50 gemerkt, wahrgenommen. Vgl. Art. merken 5.a), in: DWb 12, 2099. 51 Θείοι ἄνδρες, sg.: θεῖος ἀνήρ. Vgl. Aristoteles, Nikomachische Ethik VII,1 (1145a); Platon, Menon 99D; Homer, Ilias XXIV, 258f. 52 Vgl. z. B. Homer, Ilias XXII,213–366: Athene unterstützt Achill im Kampf gegen Hektor. 53 Vgl. Cicero, De natura deorum II,167: Nemo igitur vir magnus sine aliquo adflatu divino umquam fuit. 48

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komener sein k=nten vnd niemand jhnen folgen, viel weniger etwas gleichs oder bessers machen kan. Wie man denn auch im Sprichwort pflegt zu sagen: Es wirds jhm niemand nachthun.54 Denn Got hat sie zu volbringung vnd volendung solcher treflicher werck erweckt vnd darzu geschickt gemacht. Was ists denn wunder, das anderer geringen Leutlein werck, welche gleich wie die Affen aus menschlicher vermessenheit sich mit solcher grossen Helden tugenden vnd thaten vergleichen wollen, nicht allein nicht besser, Sonder gemeinlich viel erger werden? Denn wie die schrifft sagt: Es [b 4r:] kan jhm niemands etwas nemen, es sey jhm denn von oben herab gegeben.55 Dagegen aber der Teuffel (wie er denn ein gifftiger feind ist, dem menschlichen geschlecht schaden zu thun) h=rt nicht auff, andere listige, boshafftige vnd verkerte leut zu erwecken, vnter welchen einer aus dieser, der ander aus jener vrsachen wird bewegt, solche k=stliche werck Gottes, die er durch seine sonderliche (wie die schrifft redt) werckzeuge der barmhertzigkeit zu nutz den menschen gemacht hat,56 zu verfelschen vnd entweder gar zu uerkeren oder etwas schedlichs darin anzurichten. Diese beide vrsprFng des b=sen vnd guten, Jtem den vnrath vnd schaden, so daraus entstehet, hat Christus mit einem sehr feinen gleichnis vorgemalet, als er sagt: Das Himelreich – das ist die ware Religion vnd die Kirche – sey gleich einem menschen, der guten samen geseet hatte auff seinen Acker; da er aber geschlaffen, sey der feind komen vnd habe vnkraut vnter den guten samen geseet.57 Dieser fromme Man, der den guten Samen seet, ist der Himlische Vater selbs, von welchem alles gute von oben herab k=mpt, welcher durch etliche seine ausserwelete diener viel Herrliche thaten vnd grossen nutz schafft in diesem leben vnd das b=se verhindert, vornemlich aber in der waren Religion. Der feind aber dieses fromen Mannes ist der Teuffel, welcher alsbald58 er sihet, das Christus ein wenig im Schiflein schlummert59 vnd vnserer [b 4v:] sFnde halben denn jhm etwas durch die finger zusihet,60 so erweckt er bald nicht allein einen Vnkrautseer,61 sonder offtmals viel zugleich, Welche alles, was die trewen Ackerleut Gottes erbawet, geseet, gepflantzt vnd begossen haben,62 besudeln, verterben, vergifften vnd vmbwFlen. 54

Redensartlich: Niemand tut es ihm gleich. Die Leistung ist einzigartig. Vgl. Joh 3,27. 56 Vgl. Act 9,15. 57 Vgl. Mt 13,24f. 58 sobald. 59 Vgl. Mt 8,24. 60 Redensartlich: durch die finger sehen = Nachsicht üben, jemanden mit Zweifelhaftem zunächst gewähren lassen. Vgl. Art. Finger 10), in: DWb 3, 1654. 61 Unkrautsäer. 62 Vgl. I Kor 3,5–17. 55

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Solchs zu beweisen ist one not, die namen treflicher Leut, die durch G=ttliche erregung vnd bewegung die Monarchen, K=nigreiche, Regiment vnd Gesetz, Jtem kunstreiche werck, freien kFnste vnd andere ding vnd werck, sehr nFtzlich dem menschlichen geschlecht, zu wegen gebracht, erfunden vnd verfasset, oder derer, die dasjenige, so andere recht vnd wol zu- vnd auffgericht, entweder aus mutwillen oder sonst aus anregung des Teuffels verterbt vnd verkart63 haben, zu erzelen.64 Denn nach der Religion sind solche merckliche exempel vornemlich in der Philosophia, darin nach absterben Platonis vnd Aristotelis bald etliche andere Ehrgeitzige Leut entstanden sind, welche, damit sie jhnen65 einen namen vnd beyfal66 machten vnd doch nichts bessers, denn zuuor geleret war, vorbringen konten, dasjenige, das von den vorigen treflichen Meistern recht erfunden vnd geleret war, angefangen haben zu verfelschen, habens auch verfelscht vnd jre nerrische, schedliche, Stoische,67 Epicurische68 vnd Academische69 Narrenthedingen70 vnd trewme fFr71 die warhafftige, nFtzliche leer der Peripateticorum72 den leuten auffdrungen73 haben. Wir wollen aber diese faren lassen vnd von [c 1r:] denen allein sagen, die in der Religion rechten, gesunden, reinen Weitzen vnd schedlich, gifftig vnkraut geseet haben. Gott hat erstlich dem Adam offenbart seinen willen, welchen er seinen nachkommen vnd also dem gantzen menschlichen geschlecht verkFnden solte, auff das, die jhn theten, gerecht weren vnd ewiglich dadurch lebten. Diese lehr hat Eua aus anregung des Teuffels vnd jhrer eignen leichtfertigkeit vnd Ehrgeit63

verkehrt, entstellt, ins Gegenteil gewendet, zum Schlechten verändert. Vgl. Art. verkehren 7), in: DWb 25, 629f. 64 aufzuzählen, zu nennen. Vgl. Art. erzählen 2), in: DWb 3, 1077f. 65 sich. 66 Zustimmung, Unterstützung. Vgl. Art. Beifall 2), in: DWb 1, 1368f. 67 Die antike philosophische Schule der Stoiker wurde nach dem urprünglichen Wirkungsort ihres Gründers Zenon von Kition benannt, d. h. nach der ‚bunten Vorhalle‘ (στοὰ ποικίλη) auf der Agora von Athen. Die Stoa suchte zu einem gelassenen, den Widrigkeiten des Schicksals mit Selbstbeherrschung und weitgehender Bedürftnislosigkeit begegnenden Einfügen in eine umfassende Weltordnung anzuleiten. Vgl. Heinrich Dörrie, Art. Stoa 2), in: KP 5 (1975), 377f. 68 Der altgriechische Philosoph Epikur (341–270 v. Chr.) galt in der Frühen Neuzeit als Vertreter eines hedonistischen, weithin prinzipienlosen Materialismus. Vgl. Michael Erler, Art. Epikuros, in: NP 3 (1997), 1130–1140; Tiziano Dorandi, Art. Epikureische Schule, in: NP 3 (1997), 1126–1130. 69 Platon hatte im Hain des Akademos vor den Mauern Athens ein Grundstück erworben und versammelte dort ab ca, 385 v. Chr. seine Schüler um sich. Kaiser Iustinian schloss die Platonische Akademie im Jahre 529 n. Chr. Vgl. Heinrich Dörrie, Art. Akademeia, in: KP 1 (1975), 211–213. 70 Narreteien, Narrengeschwätz. Vgl. Art. Narrentheiding 2), in: DWb 13, 382. 71 anstelle, als. 72 Peripatetiker wurden die Miglieder der Philosophenschule des Aristoteles genannt, nach dessen Eigenart, im Auf- und Abgehen (περιπατεῖν) zu lehren. Vgl. Heinrich Dörrie, Art. Peripatetiker, in: KP 4 (1975), 639f. 73 aufgenötigt, aufgedrungen. Vgl. Art. aufdringen 2), in: DWb 1, 635.

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zigkeit alsbald verkert vnd sich sampt jhrem Manne vnd allen nachkomen in ewigen Todt gestFrtzt.74 Nicht lang darnach ward Abel durch den geist Gottes erweckt, vertedigte die rechte lehr vom glauben vnd war Gotte lieb vnd angenem. Diese ehr gonte75 jhm der ehrgeitzige Cain nicht. Drumb wolte er seinen glauben vnd lehr vmbstossen. Da ers aber nicht enden konte, schlug er jhn zu tod.76 Jn solcher wFterey fuhr die Cainische kirch darnach fort bis zur Sindflut vnd vnterstund sich mit h=chstem vleis, die ware Religion Adams, Abels, Enochs,77 Seths78 vnd anderer heiligen zu verfelschend vnd vmbzukeren. Mit solchem Teuflischen neid vnd ehrgeitzigkeit ward auch Cham79 vnd seine Nachkomen entzFndet vnd verfelschten die ware Religion, die Noah vnd Sem gepflantzt vnd geleret hatten.80 Durch gleiche bosheit haben sich auch Jsmael81 vnd Esau,82 Moab vnd Ammon83 oder jha zum wenigsten jhre nachkommen vnterstanden, die lehr von Gott, die Abraham, Jsaac vnd Jacob, die allerheiligsten, Got geliebten Ertzueter,84 ge-[c 1v:leret hatten, zu verkeren vnd zu verfelschen, haben auch solch vornemen bey den jhren gentzlich ausgerichtet. Aus solcher begier der eiteln ehr haben auch Core, Abyron, Datan,85 Mambres vnd Jannes86 vnd jhrs gleichen sich vnterstanden den befehl Gottes von ausfFrung des JFdischen volcks zu verfelschen vnd verkeren vnd das volck widderumb in87 Egypten zu fFren, damit sie die ehr Mosis, des freundes vnd bekanten Gottes, den Gott sonderlich zu diesem werck erweckt hatte, vertunkelten vnd sie also auch zu grossen ehren vnd zur Herrschafft vnter dem JFdischen Volck kemen.

d 74

aus: verfelscher.

Vgl. Gen 2,15–3,19. gönnte. 76 Vgl. Gen 4,1–8. 77 Es könnte der in Gen 5,18.21–24 erwähnte Henoch gemeint sein, der wegen seiner exemplarischen Frömmigkeit nicht starb, sondern entrückt wurde. Nicht gänzlich auszuschließen ist der gleichnamige Sohn Kains aus Gen 4,17f. Angesichts der Zusammenstellung mit Adam, Abel und Seth könnte man auch an Enosch, den Sohn Seths, denken, der in Gen 4,26; 5,6.9–11 erscheint. 78 Vgl. Gen 4,25f; 5,3.6–8. 79 Vgl. Gen 5,32; 6,10; 7,13; 9,18–27; 10,1.6. 80 Vgl. Gen 6,9; 8,20–22. 81 Vgl. Gen 16,11f; 21,8–21; 25,9.12–18. 82 Vgl. Gen 25,24–34. 83 Vgl. Gen 19,37f. 84 Vgl. Ex 2,24; 3,6.15f; 4,5; 6,3; Dtn 29,12; Mt 22,32; Mk 12,26; Lk 20,37; Act 7,32. 85 Vgl. Num 16. 86 Vgl. II Tim 3,8 (bei einem Teil der Textzeugen findet sich die Form Mambres, vgl. NestleAland z. St.); Ex 7,11.22; 8,3. Vgl. Eduard Lohse, Art. Jannes und Jambres, in: RGG3 3 (1959), 530. 87 nach (wie lat. in c. acc). 75

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Nach Mose aber bis auff Christum hat Gott jmmerdar grosse leut, Richter K=nige vnd Propheten erweckt, welche Christlich vnd nFtzlich das Geistlich vnd Weltlich Regiment des JFdischen volcks ernewert, gebessert, bestelt vnd verordent haben. Dagegen hat der Teuffel jmmer einen falschen Propheten vber den andern in die Kirch geschmissen, die jhres gewinsts vnd ehren halben die erbeit der vorigen Lerer boshafftiglich vnterm schein der Veter vnd grosser GottfFrchtigkeit allezeit verfelscht haben. Solchs ist auch nach Christo offt geschehen, wie aus den Episteln Pauli vnd andern folgenden Kirchenscribenten88 ezu uernemene. Endlich zu diesen letzten jemmerlichen zeiten, da die ware Religion durch Tyranney vnd Gottlosigkeit des Antichrists schier gantz vnd gar von grund verkert vnd vntergedruckt war, hat Gott (nach seiner verheissung, durch den Propheten Malachiam gethan89) fFr dem grossen erschrecklichen [c 2r:] Tage den dritten Eliam,90 der seine Kirche von des Antichrist schwerer Tyranney vnd vnzelichen jrthumen vnd greweln erledigen vnd reinigen solt, erweckt. Dieser ist ein solcher hoher, treflicher Man gewest an GottfFrchtigkeit,f glauben, erkentnis heiliger Schrifft, verstande in auffrichtung der Religion vnd Kirche, ja er hat auch solch wunderlich gros glFck, sieg vnd fortgang gehabt in solchen hohen, wichtigen Sachen widder das toben der gantzen Welt, das kein vernFnfftiger zweiffeln kan, Er sey von Gott sonderlich erweckt vnd zu solchen grossen sachen durch G=ttliche gaben gezieret vnd gerFstet, Endlich auch in solchen trefflichen wercken von Gott gleichsam mit der hand geleitet, regieret vnd geschFtzt worden. Es ist ja die gantze Religion jtzt so klar vnd hell am tage, Die gewissen sind so fein vnd nFtzlich von allen Sachen, zu Christlichem leben n=tig, vntterrichtet, die jrthumb des Antichrists vnd anderer verfFrer sind so gewaltig verlegt, das niemand, der seine schrifften vleissig gelesen hat, an einigem Artickel der Religion hinfort zweyffeln darff. Die warheit ist furwar vornemlich durch jhn so deutlich erkleret vnd offenbart, das itzt die kleinen kinder besser wissen, wie mann soll Selig werden, denn vorzeiten die grossen Doctores vnd Sophisten gewust haben.91 Noch sind eben zur selben zeit, da dieser von Gott erweckter Prophet die ware Religion gereinigt hat, vberaus viel Meister, vom Teuffel erweckt, entstanden, e–e f 88

B: zuuernemen; C: zuuenemen. aus: GottfFrchtigket.

kirchlichen Schriftstellern bzw. deren Werken. Vgl. Mal 3,23. 90 Zu Luther als drittem Elias vgl. Robert Kolb, Martin Luther as Prophet, Teacher, and Hero. Images of the Reformer, 1520–1620, Grand Rapids, MI, 1999, passim. 91 Vgl. Luther, ASm III: „Denn es weis Gott lob ein kind von sieben jaren, was die Kirche sey, Nemlich die heiligen gleubigen und die Scheflin, die ires Hirten stim hören“ (BSELK 776,6–8). 89

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welche, damit sie auch fur gros-[c 2v:]se leut, vnd gr=ssere denn Luther selbs, gehalten wFrden, newe lehr vnd verfelschung der heilsamen lehr erdacht vnd einen Lermen92 vber den andern angericht haben. Vber welche ehrgeitzige Reformatores, klFglingen vnd selbwachsene93 Meister D. Luther offt mFndlich vnd schrifftlich sehr geklagt hat. Von den Widderteuffern, BildenstFrmern, auffrFrischen Pawren, Sacramentirern, Antinomern wil ich jtzt nicht sagen.94 Aber diese jtzige Deformationes der Christlichen Kirche vnd verfelschungen der Religion sind zum gr=sten teil aus ehrgeitzigkeit, rhum vnd das man D. Luthers vnd des fromen Herrn name vnd ehre hat vertunckeln wollen, von etlichen erdacht vnd erfunden, von etlichen angenomen vnd gef=rdert worden. Denn das Augspurgische Jnterim ist nicht so fast von den widersachern als von vnsern falschen brFdern erfunden vnd zusamengeflickt worden.95 Vnd die Adiaphoristen in jhren schrifften, vnd vornemlich in jhrem GrFndlichen bericht,96 reden so schebich97 (wie man pflegt zu sagen) von der gantzen Kirchenordnung, die D. Luther gemacht hat, als hette nicht der heilige Geist diesen trefflichen, GottfFrchtigen, gelerten man erweckt, die Kirche Christi zu reinigen vnd bessern, sonder der b=se, hellische geist einen st=rrigen, zenckischen, aufrFrischen, vnrFigen, aller ordnung, zucht vnd Christliches wandels feind erwecket, die Kirche Gottes zu betrFben vnd alles, was jemals Christlich vnd nFtzlich in der kirche gewesen, durch jhn zu uerkeren. Drumb lassen sie sich auch also vernemen, als [c 3r:] mFsten sie nu endern, heilen, bessern vnd widderauffrichten, was der Teufel durch diesen b=sen, verkerten menschen verterbt hat. Sagen auch, die werden vom Teufel getrieben vnd sein aller zucht vnd guter ordnung feind, die sie in solchem heiligen werck verhindern.

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Aufruhr. Vgl. Art. Lärm 4) u. 5), in: DWb 12, 203f. selbsternannte, ungehobelte. Vgl. Art. selbstwachsen, in: DWb 16, 502. 94 Flacius zählt hier einige Gruppen vornehmlich aus den ersten Jahren der reformatorischen Bewegung auf, die Sonderwege beschritten: die Täufer, die die Säuglingstaufe als ungültig ablehnten; die Bilderstürmer, die Kunstwerke aus den Kirchen entfernten, weil sie nach ihrer Meinung gegen das alttestamentliche Bilderverbot verstießen; die aufständischen Bauern, die vom Evangelium eine reale Verbesserung ihrer Lebensumstände erwarteten, eine Minderung ihrer Abgabenlasten und größere Mitbestimmungsrechte, und die dafür auch Gewalt ausübten; Gegner einer Realpräsenz in der Abendmahlslehre; Verfechter einer gesetzesfreien Evangeliumspredigt. 95 An der Abfassung war neben dem Naumburger Bischof Julius von Pflug und dem Mainzer Weihbischof Michael Helding auch der kurbrandenburgische Generalsuperintendent Johann Agricola beteiligt. Vgl. unsere Ausgabe Bd. 1 (Reaktionen auf das Augsburger Interim). 96 Vgl. Johannes Pfeffinger: Gründlicher und wahrhaftiger Bericht (Leipzig 1550), unsere Ausgabe Bd. 2, Nr. 6, S. 642–730. 97 unangemessen schlecht, niederträchtig, geringschätzig. Vgl. Art. schäbig 2), in: DWb 14, 1954f. 93

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Was wil der lose98 Adiaphorist D. Schmid99 sonst anders, weil er den Luther on vnterlas Reformiret vnd schier keine predigt thun kan, er mus des Luthers verdeudschung der Bibil belachen vnd verholhippeln100? Jch kenne auch sonst noch einen andern grossen Reformatorem, Welcher bald im Anfang des kriegs angefangen hat, Adiaphora vnd Reformation zu schreiben vnd allezeit voll Reformirens gewest ist.101 Jch weis mehr vmb seine hendel, denn er meint. Wird er nicht bald busse thun vnd sich bessern, so wil ich jn so ausstreichen,102 das ers fFlen soll, da soll mir Gott zu helffen. Djs sag ich darumb, das hernachmals immerdar etliche leichtfertige, ehrgeitzige leut auffstehen, oder vielmehr vom Teuffel werden erweckt, welche, damit sie auch fur grosse Doctores vnd trefliche Menner gehalten werden, etliche newe lehr erdencken vnd, was D. Luther Christlich vnd wol geleret hat, verfelschen werden, ob sie sich gleich fur den leuten stellen, als weren sie des Luthers besten freunde. Fur diesen soll sich die kirch auffs vleissigste hFten, sie vermeiden vnd verfluchen. Jhrer viel haben mich auch also beschFldigt, als solte ich grosse ehr vnd gut dadurch zu erlangen gedencken, wenn ich der Wittemberger namen vnd lehr vertunckelte. Es ist aber leicht zu beweisen, das [c 3v:] sie mir gewalt vnd vnrecht thun. Denn zum ersten bring ich nichts newes heruor, verdamme auch nicht, was die Wittemberger zuuor geleret haben, ja ich lobe es vnd folge jhm in alle wege. Vnd damit dasjenige, das bey D. Luthers leben geschrieben vnd geleret ist, nicht vertunckelt noch auffgehoben werde, darFber leide ich vnd thu alles, was ich leide vnd thu. Welchs die erfarung alle, die fur grossem, grimmigem zorn nicht gar blind sein, vberzeuget. Warlich, wer vmb die hendel vnd mancherley Jnterim vergangener drey jar vnd was von vielen gepracticirt103 ist, weis, der mus bekennen, auch wider seinen willen, das, wenn nicht von etlichen wenig armen Baccalarien104 oder Calefactoribus105 durch Christliche vermanung zur bestendigkeit vnd durch

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nichtsnutzige, böse, sittenlose. Vgl. Art. lose II.5), in DWb 12, 1184. Osiander. Vgl. Gottfried Seebaß, Art. Osiander, Andreas, in: TRE 25 (1995), 507–515, hier bes. 508: „Geboren wurde er in Gunzenhausen aus angesehener Familie, die nach ihrer Herkunft Osanner, nach dem Beruf von Vater und Großvater auch Schmid genannt wurde.“ 100 lauthals schmähen, verunglimpfen. Vgl. Art. hohlhippeln, in: DWb 10, 1718f. 101 Philipp Melanchthon. 102 prügeln, schlagen, auspeitschen. Vgl. Art. ausstreichen 4), in: DWb 1, 993. 103 mit Schlauheit und List betrieben (worden), intrigiert (worden). Vgl. Art. practicieren 6), in: DWb 13, 2052. 104 Gelehrte mit der rangniedrigsten akademischen Grad, dem Baccalaureat. 105 Heizern, Stubenheizern, Hauswarten in Schule, Kloster oder Universität; im – hier nicht vorliegenden – übertragenen Gebrauch: Verleumder, Denunziant, Ohrenbläser, Aushorcher. Vgl. Art. Calfacter, in: DWb 2, 602. 99

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verlegung106 so mancherley Jnterim107 vnd newer verfelschungen dawidder gestritten were, so were das gantze Bapstumb fast allenthalben auffgericht. Mag nu ein jglicher lestern, wer Gott dafFr nicht dancken wil. Zudem bringt zu dieser jemmerlicher zeit das bekentnis der warheit vnd ernsthafftige verdammung des Antichrists vnd seiner Malzeichen108 nicht grosse ehr noch gut fFr der Welt. Wers nicht gleuben wil, der mags mit mir versuchen. Jch hoffe er wirds bald sehr williglich bekennen. Zum letzten ist ja das gewis vnd greiflich genug, das, wer einem ding wil zuuorkomen vnd verhindern, das es nicht geschehe,109 der gedenckt ja trawn110 nicht allein nichts grosses, sondern gar nichts dadurch auszurichten. Jch aber bin mit h=ch-[c 4r:]gstem fleis zu rechter zeit damit vmbgangen vnd hab die Adiaphoristen freundlich in besonderheit vermanet, gebeten vnd auch durch andere leut angehalten, das sie den widdersachern ja nichts nachgeben, noch einiger weise in diesem stFck sFndigen solten. Drumb hab ich ja an jhren sFnden vnd weichen111 keinen Triumph, ehr, noch gut gesucht. Hjmit habe ich mich jtzt kFrtzlich entschFldigen wollen. Von Osiander aber, von welchem im folgenden buch vornemlich gehandelt wird, wil ich jtzund nichts sagen, aus was vrsachen er diese newe lehr in vnsere kirchen fFren wil. Denn ich hoff, Er werde noch endern, was er vnrecht gehalten oder geschrieben hat. Sonst weis ich wol, was D. Luther offt von jm gesagt hat vnd was man aus seinen schrifften vnd hendeln von jhm der warheit gemes sagen k=nte. Warlich, so viel seine meinung betrifft, dauon sag ich frey, das sie Gotlos vnd den menschen verterblich ist vnd das die Aposteln vnd D. Luther in jhrer lehr nichts dauon wissen, ja sie ist der kirche zu allen zeiten gantz vnbekant, on allein das sie zum teil mit der Sophisten meinungh vnd sonst mit einem alten Jrthumb kan vergleicht werden, Wie wir darnach beweisen wollen. Dis hab ich jtzt von des Osianders lehr sagen wollen. Denn darnach, im bFchlein, wil ich volk=mlich dauon disputiren. Von der person aber vnd jhrem

g h

in C falsche Blattzählung: b iiij (entsprechend auch in B). aus: minung.

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Widerlegung. Vgl. Art. Verlegung 4), in: DWb 25, 764. Neben dem kaiserlichen Religionsedikt vom 30. Juni 1548, dem sog. Augsburger Interim, wurden auch territoriale Sonderformen, mit denen man den kaiserlichen Forderungen entgegenkommen wollte, jeweils als Interim bezeichnet (z.B. Leipziger Landtagsvorlage 1548/49 = Leipziger Interim). 108 Vgl. Apk 13,16f; 14,9.11; 16,2; 19,20; 20,4. 109 Nach heutigem Sprachgebrauch wäre das „nicht“ überflüssig, da die Negation bereits in „verhindern“ impliziert ist. 110 wahrlich. Vgl. Art. traun 4), in: DWb 21, 1530f. 111 Blößen, angreifbaren Stellen. Vgl. Art. Weiche [I] 2), in: DWb 28, 482f. 107

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vornemen,112 Weil ich noch das beste hoffe (wie gesagt), wil ich jtzt nicht sagen. Derhalben (damit wir widder zur sach komen) weil Gott durch sonderlichen rat trefliche Helden [c 4v:] pflegti zu erwecken, grosse sachen durch sie auszurichten, vnd zu dieser letzten zeit seinen dritten Eliam113 fFr dem grossen erschrecklichen Tage erweckt hat, die Christliche Religion wider auffzurichten vnd die Christliche Kirch zu erledigen114 vom Joch vnd Tyranney des Antichrists, Vnd er aus dem wort Gottes vns Gottes willen, im Gesetz vnd Euangelio verfasset, verkFndigt hat, also das kein verstendiger zweiffeln kan, er habe das werck, das jm Got befohlen hatte, das ist die reinigung der Religion, rechtschaffen, richtig vnd volk=mlich ausgerichtet. So sollen wir vns nu hFten mit allem vleis, das wir vns nicht von einem jden winde der lehr hin vnd wider treiben115 vnd von der erkanten warheit (jwie den Galatern nach S. Paulus abschied geschahe) durch list vnd kFnstlich geschwetz der b=sen vnd listigen leut abfFren lassen.116 Nu wollen wir die Verlegung mit Gottes hFlff anfangen. Ehe ich sie aber anfahe, bitte ich vmb Gottes willen alle, so dis h=ren oder lesen, vnd vornemlich den Osiander – Wil auch diese meine bit alhie, so offt vnd viel von n=ten, widerholet haben – das sie wollen candide, redlich vnd auffrichtig von dieser schrifft vrteiln vnd richten. Denn wie ists mFglich, das sich einer allenthalben so genaw vnd wol fFrsehen kan, das jm nicht etwa bisweilen im schreiben ein wort entfare, welchs ein listiger, weschiger117 mensch nicht erhaschen vnd weis nicht was fur jrthume draus schmeltzen k=nne. Doch wil ich mich solchs zum Osiander noch zur zeit nicht versehen, sonder verhoffen, wenn er antworten wil, so werde er auffrichtig vnd one Sophisterey der sachen vnter augen gehen118 vnd dauon handeln.

i

aus: p egt.

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ihrer Absicht. Vgl. Art. Vornehmen 1), in: DWb 26, 1358. Vgl. oben bei Anm. 90. 114 befreien. Vgl. Art. erledigen 2), in: DWb 3, 896. 115 Vgl. Eph 4,14. 116 Vgl. Gal 3,1; 5,7–10. 117 geschwätziger. Vgl. Art. wäschig, in: DWb 27, 2258f. 118 Redensartlich: (einer Sache) unter Augen gehen = ins Gesicht sehen, sich stellen, damit (ohne Umschweife od. Ausflüchte) auseinandersetzen. Vgl. Art. Auge 5), in: DWb 1, 791. 113

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[A 2r:] CONFVTATIO CONFESSIONIS AN. OSIANDRI, autore M. Mathiae Flaccio ILLYRICO. Omissis plaerisque partim scrupulosis et inutilibus, partim etiam notis ac indubitatis istius confessionis disputationibus, ut de uerbo interno et externo: Quod inhabitet in nobis tota diuinitas: Vtrum iusticia sit creatura an creator: An Christus fuerit in utero matris iustus, et alijs similibus: animaduertimus sententiae Osiandri contra alios istic lectores, imo contra Augustanam confessionem, atque adeo omnes ei adhaerentes Ecclesias et doctores, summam esse: Quid sit iustificatio hominis, qua a Deo iustificatur ob Christum fide appraehensum, et ob quam ei Deus ex iusto seueroque iudice fauens pater fit.

Proponit autem ipse hanc quaestionem, seu controuersiae totius summam 66. facie sui scripti satis incommode ne dicam Sophistice. Haec enim eius sunt uerba: Die frage ist, ob vns Gott allein von wegen des glaubens als vmb eins geschencks oder wercks willen gerecht spreche, so wir doch nicht gerecht sein vnd er vns auch nicht gerecht machet, sondern lest vns bleiben, wie wir vorhin waren, wie die falschen richter thun.

[A 2v:] In hac quaestione, et paulo post sequentibus, uidetur indicare nostras Ecclesias nihil de regeneratione docuisse, cum nunquam in Ecclesia de ea re dubitatum sit. Sed non est quaestio: Ob er vns lasse bleiben wie wir vorhin waren, wie die falschen richter thun. Regenerari enim nos a Deo spiritu sancto per Christum, nunquam dubitatum est, nec etiam docuerunt unquam nostrae Ecclesiae, quod propter Fidem tanquam munus aliquod iustificemur, sicut ille falso eis tribuere uidetur. Verum quaestio est, quid nam sit illa iustificatio, qua nos Deus propter Christum iustificat etc. ut diximus, De ea ut nostram sententiam Tuae Celsitud. patefacere possimus, Primum necesse est nos dicere de ipsa uoce, Iustificare. Duriter enim exagitat usitatam eius uocis nostris Ecclesiis interpretationem, et in contraria eius significatione sui erroris fundamenta iacit.

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[A 1r:] Verlegung des Bekentnis Osiandri von der rechtfertigung durch die wesentliche gerechtigkeit des almechtigen Gottes.

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Jch wil die verworrene, vnnFtze, auch zum teil bekante vngezweifelte Disputation der Bekentnis Osiandri, als: Vom eusserlichen vnd jnnerlichen wort. Das die gantze Gottheit, auch das fleisch Christi, in vns wone. Ob die Gerechtigkeit eine Creatur sey oder nicht. Ob Christus in mutterleibe gerecht sey gewest vnd dergleichen, zum mehrern teil stehen lassen. Jch vermerck, das des Osiandri meinung widder die andern Lehrer des orts, ja widder die Augspurgische Confession vnd widder alle Kirchen vnd Lerer, derselben anhengig, in Summa darauff stehet: Was des menschen Rechtfertigung sey, dadurch er fFr Gotte vmb Christus willen, den er mit glauben ergreifft, gerecht wird geachtet, vnd von welcher wegen Gott aus einem gerechten, ernsten Richter sein gnediger Gott vnd Vater wird. Oder damit ichs ein wenig klerer setze: der hader ist de causa materiali nostrae iustitiae, das ist: was doch das sey, damit wir, so zu reden, geschmFcket, gezieret vnd angethan vor Gott als gerechte bestehen vnd er vns ein gnediger Vater wird. Osiander saget, es sey die wesentliche gerechtigkeit des almechtigen Gottes, wir aber mit der schrifft sagen, es sey das verdienst Christi, mensches vnd Gottes, oder seine erfFllung des gesetzes, wie wir hernach noch weiter mit Gottes hFlff erkleren werden. Diese Frag oder Summa des gantzen handels setzt [A 1v:] er fast vnbequemlich, wil nicht sagen Sophistisch, facie 66. mit diesen worten: „Die Frage ist, ob uns Gott, dieweil wir in sFnden und Gottlos geboren sein, durch den glauben mit der that und der warheit gerecht mache und uon der sFnde reinige, Oder ob er uns allein uon wegen des glaubens, als umb eins geschencks oder wercks willen, gerecht spreche, So wir doch jnicht gerecht sein, und er uns auchj nicht gerecht macht, sondern lest uns bleiben, wie wir uorhin waren, wie die falschen Richter thun.“119 Jn dieser vnd kurtz nachfolgenden Fragen wil er meines erachtens anzeigen, das vnsere kirchen von der widdergeburt nichts geleret, so doch von derselben nie kein zweifel in der Kirch gewest ist. Es ist aber nicht die frage, Ob Gott vns lasse bleiben, wie wir vorhin waren, wie die falsche Richter thun. Denn das wir von Gott durch den heiligen Geist vmb Christus’ willen newgeborn werden, daran ist nie gezweiffelt. Es haben auch vnsere Kirchen nie geleret, das wir des glaubens als eines geschencks halben gerecht werden, wie er vnsern kirchen mit vnwarheit auflegt vnd wir aus seinen worten nicht anders schliessen k=nnen. Sonder das ist die frag, was dieselbe Rechtfertigung sey, dadurch vns Gott vmb Christus willen Rechtfertigt etc. Wie gesagt. Auff

j–j

C; nicht in B. Vgl. unten bei Anm. 433 zum deutschen Text.

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Vgl. Osiander, OGA 10, 148,(1)3–7 (Von dem einigen Mittler).

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Iustificare quid significet.

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Iustificare Hebraea phrasi significat proprie absoluere, siue iniustum. In cuius rei certitudinem, non tantum plurima exempla, sed et regula de multis hebraeis uerbis proponi potest, quam in scripto de fide posui, Quod quaedam uerba apud Hebraeos sunt, quae in prima coniugatione qualitate aliqua praeditum esse quempiam, In tertia uero eam qualitatem alteri suo testimonio tribuere aliquem significant.

Debebat certe Osiander nouam istam significationem uel ex Hebraeo, uel ex Graeco sermone probare, quorum neutrum facit, imo et 73. facie fatetur non obscure, graecam uocem suam illam significationem sua natura non habere. Inquit enim: Darumb hat auch D. Luther fast an allen orten des newen Testaments, da [A 3r:] der rechtfertigung des glaubens meldung geschicht, das wörtlein rechtfertigen nicht lassen bleiben, wie es im Griechischen stehet, Sondern hat an sein stadt gesetzt das wörtlein gerecht machen. Indicat ergo hic Osiander, das es im Griechischen anders stehet, dann es im Teutschen lautet.

Imputatio.

Porro exempla, quae ex Paulo citauit, ipsamet sunt ea loca, de quibus ambigitur, nec ullum ex eis euidenter eam significationem probat, imo uero aliqua ei diserte reclamant. Nam locus Rom. 4, quem primum citat istam significationem probaturus: Non operanti autem, sed credenti in eum, qui iustificat impium, imputatur eius fides ad iusticiam, clare indicat, quod iustificari idem sit, quod imputari peccatori fidem eius ad iusticiam, id est, quoniam non habeat in se iusticiam, qua coram Deo subsistat, ideo fides ei apud Deum loco iusticiae sit. Perinde ac si diceremus, uiro uirtute praestanti eius uirtus imputatur ad nobilitatem. Imputari certe peccatori fidem eius ad iusticiam, non significat iusticiam ei infundi, uel eum re ipsa iustum fieri. Quare nec iustificare id significat. Idem enim illa duo ualent Paulo in eo loco, iustificare scilicet et imputare iusticiam.

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das ich aber meine meinung von dieser frag er=ffnen k=nne, so mus ich erstlich erkleren, was das wort δικαιοῦν,k Iustificare, Rechtfertigen, eigentlich in der Schrifft bedeute. Denn er die gebreuchliche auslegung desselben worts in vnsern Kirchen hart angreiffet, macht eine widderwertige120 deutung, denn er saget, das es bedeute, einen mit der that gerecht machen, vnd legt damit den grund seines Jrthumbs, wir aber sagen, das es bedeute, einen gerecht sprechen. [A 2r:] Vom wort Rechtfertigen.

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Rechtfertigen heist eigentlich in Ebreischer sprache einen absoluiren oder gerecht sprechen, er sey gerecht oder vngerecht. Dis zu beweisen k=nnen nicht allein sehr viel exempel, sonder auch eine Regel von vielen Ebreischen uerbis vorgelegt werden, welche ich in meinem BFchlein vom glauben121 gesatzt habe, das nemlich etliche Verba bey den Ebreern sein, die in prima coniugatione eine qualitatem, das einer eine sonderliche eigenschafft an sich habe, bedeuten. In tertia coniugatione aber bedeuten sie, einem andern solche qualitatem vnd eigenschafft zumessen, vnd ein solch wort ist auch das Ebreisch Zadack,122 iustus fuit, in prima coniugatione, Sed in tertia, Hizdick,123 iustificauit, iustitiam alteri tribuit, einen gerechtsprechen. Wenn Osiander recht handeln wolt, so solt er seine newe deutung entweder aus Ebreischer oder aus Griechischer sprache beweisen. Er thut aber keins, ja er bekent frey, fa. 73, das das Griechische wort die deutung, die er setzt, von natur nicht hat, denn so schreibt er: „Darumb hat auch D. Luther fast an allen orten des newen Testaments, da derl rechtfertigung des glaubens meldung geschicht, das w=rtlein Rechtfertigen,m nicht lassen bleiben, wie es im Griechischen stehet, sondern hat an seine stat gesetzt das w=rtlein gerecht machen.“124 Also zeigt Osiander hie an, das es im Griechischen anders stehet, denn es im Deudschen lautet: gerecht machen. Die SprFch aber, die er aus S. Paulo hat angezogen, sind eben diejenigen, darFber gestritten wird; es beweist auch keiner seine deutung klerlich. Ja, etk

davor einige ungeordnete griechische Typen. aus: de. m aus: Rechfertigen.

l

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gegensätzliche, entgegengesetzte. Vgl. Art. widerwärtig 3.d), in: DWb 29, 1370. DE VOCA= || BVLO FIDEI || ET ALIIS QVIBVSDAM || VOCABVLIS, EXPLICA || tio uera & utilis, sumta ex || fontibus Ebraicis, || Scripta à || Matthia Flacio Illyrico. || Cum praefatione Phil. Mel. || Abacuc. 2. || ‫ || צדיק באמונתו יהיה‬Iustus fide sua uiuet. || VITEBERGÆ. || -- || ANNO. M. D. XLIX. (VD 16 F 1525), S. 13f. 122 ‫ צדק‬im Qal (3. sg. m. pf. ‫ = )צָ דַ ק‬1. gerecht, rechtschaffen sein; 2. Recht haben, im Recht sein; 3. Recht behalten; 4. Recht bekommen (vgl. Gesenius18, 1102f s.v.). 123 ‫ צדק‬im Hiph’il (3. sg. m. pf. ‫ = ) ׅהצְ ׅדּיק‬rechtfertigen: 1. jmdn. zur Gerechtigkeit führen; 2. jmdn. für gerecht erklären, gerechtsprechen; 3. (im Gerichtsverfahren) jmdn. freisprechen; 4. jmdm. zu seinem Recht verhelfen; 5. jmdm. rechtgeben, ihm zustimmen (vgl. Gesenius18, 1103 s.v.). 124 Osiander, OGA 10, 158,4–7 (Von dem einigen Mittler, 1551). 121

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Sic et proxime ante de eadem re disserens, ea uoce Paulus usus est. Inquit enim: Si Abraham ex operibus iustificatus est (id est, iustus habitus, iustus iudicatus) habet gloriationem, sed non apud Deum. Id est, Abraham habuit quidem tam multa et praeclara opera, ut homines eum iudicarent iustum, haberetque apud homines opinionem et gloriam iusticiae, sed non itidem apud Deum, qui longe maiorem probitatem ab hominibus [A 3v:] flagitat, et coram cuius iudicio nemo subsistit. Sequitur statim: Quid ergo dicit scriptura, credidit Deo Abraham, et reputatum est ei in iusticiam? Quod reputari ad iusticiam necesse est idem significare, quod praecedens iustificari. De eadem enim plane re loquitur. Dicit enim Abrahamum non ob sua praeclara opera a Deo iustum habitum et pronunciatum (Sicut ab hominibus) sed ob fidem. Addit mox eandem rem tractans locum ab Osiandro citatum: At operanti merces non imputatur ex gratia, sed ex debito. Ei uero qui non operatur, credit uero in eum, qui iustificat impium, imputatur fides eius in iusticiam.

Sed non tantum ex praecedentibus ac textus collatione apparet, Iustificari, significare pro iusto haberi, seu absolui, sed et ex statim sequentibus. Explicat enim Paulus ex Dauide quod sit iustificari peccatorem, seu imputari fidem in iusticiam, idem esse inquit, quod remitti iniquitates, texta esse peccata, non imputari peccatum. Quae interpretatio profecto non fert istam significationem Osiandri, realiter iustum fieri, seu ut passim loquitur, iusticiam infundi.

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liche sind =ffentlich dawidder. Denn der spruch Ro. 4, den er zur beweisung seiner deutung am ersten anzeucht: „Dem aber, der nicht mit wercken umbgehet, gleubt aber an den, der die [A 2v:] Gotlosen rechfertiget oder gerecht macht, dem wird sein glaube gerechnet zur gerechtigkeit,“125 zeigt klerlich an, das ‚Rechfertigen‘ ebensoviel sey als ‚dem SFnder seinen glauben zurechnen zur gerechtigkeit,‘ das ist: weil er in sich keine gerechtigkeit hat, damit er fFr Gott bestehe, darumb helt jhm Gott seinen glauben fFr gerechtigkeit, gleich als wenn wir sagten von einem tugenthafften, aber vnedlen manne, seine Tugent werde jhm zum Adel gerechnet. Denn wenn Paulus spricht: „dem SFnder wird sein glaube zur gerechtigkeit gerechnet,“ das heist ja trawen nicht, das er an der that gerecht wird. Derhalben heist gerechtfertigt werden solchs auch nicht. Denn diese beide wort ‚Rechtfertigen,‘ und ‚zu gerechtigkeit rechnen,‘ haben beide einerley bedeutung im Paulo am selben ort. Also hat Paulus im negstuorgehenden text eben von diesem handel dis wort auch gebraucht, als er spricht: „Jst Abraham durch die werck gerechtfertiget (das ist fFr gerecht gehalten fFr gerecht geurteilt), so hat er wol rhum, aber nicht fFr Gott,“126 das ist: Es ist wol war, Abraham hat so viel herrlicher thaten vnd guter werck gehabt, das jhn die Leut fur gerecht vnd from hielten vnd er solchen wahn127 vnd ehre bey den leuten hatte, als were er gerecht. FFr Gott aber ists nicht also. Denn Gott erfordert eine viel gr=ssere vnd volkomenere fr=migkeit von den menschen, fFr welches gericht niemand bestehet. Bald darnach folgt: „Was sagt aber die Schrifft? Abraham hat Gotte gegleubt, vnd das ist jhm zur gerechtigkeit gerechnet.“128 Dis rechnen zur gerechtigkeit mus eben so viel heissen, als das er zuuor sagt: gerechtfertiget. Denn er redt gar von einerley ding. Sagt, das Abraham nicht seiner guten werck halben von Gott gerecht geacht vnd gesprochen sey (wie von den menschen), sonder seines glaubens halben. Bald darnach setzt er eben inn derselben meinung den spruch, den Osiander anzeucht: „Dem aber, [A 3r:] der mit wercken vmbgehet, wird der lohn nicht aus gnade zugerechnet, sonder aus pflicht. Dem aber, der nicht mit Wercken vmbgehet, gleubt aber an den, der die Gottlosen rechtfertiget oder gerecht spricht, dem wird sein glaube gerechnet zur gerechtigkeit.“129 Es erscheint aber nicht allein aus den vorgehenden worten vnd zusamenhaltung des texts, das ‚Gerechtfertiget werden‘ heisse ‚fFr gerecht geachtet oder absoluirt werden‘, sonder auch aus den negstfolgenden worten. Denn Paulus erkleret aus dem Propheten Dauid, was da sey, einen sFnder gerechtfertiget werden oder den glauben jhm zugerechent werden. Sagt, es sey ebensoviel als die vngerechtigkeit vergeben sein, die sFnde bedeckt sein, die sFnde nicht 125 126 127 128 129

Röm 4,5. Röm 4,2. Ansehen. Röm 4,3. Röm 4,4f.

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Remißio peccatorum.

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Interponam hic breuiter expositionem locutionis, Remissio peccatorum. Nam ad expositionem uerbi iustificare multum facit. Peccatum est non tantum facere prohibita a lege, Sed et omittere mandata, seu non integre satisfacere ei.

Quare remissio peccati, est non tantum abolitio culpae, quod contra legem aliquid feceris, Sed et imputatio impletionis legis. Cum tibi remittit Deus peccata, non tantum id remittit, quod contra prohibitionem legis fecisti, Sed et quof legi non in[A 4r:]tegre paruisti, id est, Sic de te sentit, sic te amat, ac si legi ipsius integram obedientiam praestitisses. Idem ergo hic Paulus et saepe alias scriptura dicit esse iustificari peccatorem, seu imputari ei iusticiam, ac remitti ei peccata, id est, perinde eum pro iusto haberi, sicut si non tantum nihil contra legem fecisset, sed et legi plene obediuisset.

Sic porro cum Paulus uerbo iustificare hic utatur, ubi tanquam in praecipuo scopo disserit, quonam modo Deus peccatorem iustificet, non dubito idem ei significare, et in alijs locis, de eadem re disserenti, certe non aliter alibi de iustificatione peccatoris sentit ad loquitur, quam hic. Sic locus octauo cap. ad Roma. quem secundo loco Osiander citat, cum ipsius significatione pugnat. Quis accusabit electos dei? Deus est qui iustificat: quis est, qui condemnat? ubi clare apparet S. Paulum facere pios stantes apud tribunal Dei, quos quoniam ipse Deus absoluat, nemo erit tam uehemens accusator, qui ausit instituere accusationem contra eos, nemo item tam seuerus potens quam iudex, qui eos condemnare praesumat. Probatur ergo in hoc loco non Osiandri, sed altera significatio uerbi iustificare, tum ex toto contextu, tum et ex oppositio accusare et damnare. Probata autem significatione uocis cum Osiandro pugnante, probatur et res.

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zugerechnet werden. Welche auslegung Pauli vnd Dauids warlich des Osiandri deutung nicht leidet, das einer mit der that gerecht werde, oder, wie er hin vnd widder redt, das dem armen sFnder die gerechtigkeit eingegossen werde. Jch wil aber kFrtzlich die auslegung des worts ‚Vergebung der sFnde‘ hiemit einbringen. Denn es dienet viel zur auslegung des Worts ‚Rechtfertigen‘. ‚SFnde‘ ist nicht allein etwas thun, das das Gesetz verboten hat, Sonder auch, die gebot des Gesetzes vnterwegen lassen,130 Oder nicht allein widders gesetz thun, sonder auch, das gesetz nicht erfFllen, oder dem gesetz nicht volk=mlich gnug thun. Derhalben ‚Vergebung der sFnde‘ ist auch nicht allein ableschung der schult, das du widders Gesetzt gethan hast, sonder auch zurechnungn der erfFllung des gesetzes. Wenn dir Gott die sFnde vergibt, so vergibt er dir nicht allein, das du widder des gesetzes verbot gethan hast, sonder auch, das du dem gesetz nicht gantz bist gehorsam gewest, das ist: Er helt so von dir, Liebt dich so gleich,131 als hettestu seinem gesetz volk=mlichen gehorsam dein leben lang geleistet. Eben dis heisset hie S. Paulus vnd [A 3v:] die Schrifft an vielen orten ‚ein SFnder wird gerechtfertiget‘ oder ‚dem sFnder zugerechnet werden zur gerechtigkeit‘ vnd ‚die sFnde vergeben werden‘, Das ist, das der SFnder gleichermassen fur gerecht gehalten wird, als hette er nicht allein widders gesetz nichts verbrochen, sonder were dem gesetz auch volk=mlich stetz gehorsam gewest. Weil nu S. Paulus das wort Rechtfertigen an diesem ort also gebraucht, da er den vornempsten punct handelt, wie Gott den SFnder rechtfertiget, So zweifel ich nicht, er gebrauche es an andern orten auch also, da er eben diese sach auch handelt. Denn er freilich an andern orten von Rechtfertigung des sFnders nicht anders reden noch halten wird denn an diesem ort. Also ist auch der spruch Ro. 8, den Osiander zum andern anzeucht, widder seine deutung: „Wer wil die ausserwelten Gottes beschFldigen? Gott ist hie der rechtfertiget. Wer wil verdammen?“132 Daraus klar erscheinet, das Paulus die Christen fFr Gottes richtstul stellet.133 Vnd weil sie Gott selbs absoluiret, so wird auch kein kein Kleger so b=se vnd hefftig sein, der widder sie klagen darff. Es wird auch kein Richter so ernst vnd mechtig sein, der sich vnterstehe, sie zu uerdammen. Darumb wird in diesem spruch nicht des Osiandri, sonder die andere deutung des worts Rechtfertigen beweiset,134 nicht allein aus dem gantzen text, sonder auch aus dem Opposito,135 das er setzt: beschFln

aus: zurechung.

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unterwegen lassen = auf sich beruhen lassen, ignorieren, unterlassen. Vgl. Götze s. v. underwegen. 131 so gleich = ebenso. 132 Röm 8,33f. 133 Vgl. Röm 14,10; II Kor 5,10. 134 bewiesen. 135 Gegenbegriff, Antonym.

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Sic et 3. cap. uerbum iustificare Paulo significare absoluere clare apparet ex adiunctis. Inquit enim, Iustificati gratis eius gratia, per redemptionem quae est in Christo Iesu, id est, quia innocens Christus in cruce pependit, ideo per illam et propter illam redemptionem [A 4v:] et satisfactionem Paulus iam damnandus, iustificatur, seu absoluitur.

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Et paulo post inquit: Ad ostensionem iusticiae suae per remissionem peccatorum, ad hoc ut ipse sit iustus et iustificans impium, Vbi exhibere iusticiam seu iustificare collocat Paulus in remissione peccatorum, id est, in absolutione, et non in reali iusticiae infusione.

Nolo uitandae prolixitatis gratia de omnibus ab Osiandro citatis locis dicere, Satis enim est ex aliquot depraehendisse, tum quam bona fide Osiander pro sua sententia sacras literas adducat, tum quomodo Paulus hoc verbo in descriptione iustificationis peccatorum utatur. Nec poterit sane Osiander, ut spero, uel unicum locum adducere, quo manifeste probet, id uerbum aliquando in illa sua significatione accipi, ne dicam, ut probet, in illis ipsis locis, ubi proprie de isto articulo agitur, sic Paulo significare. Cur porro Lutherus uerterit uerbum iustificare gerecht machen, postea dicetur.

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digen vnd verdammen. Vnd weil beweiset ist, das die deutung des worts wider den Osiander streitet, so ist derhalben die sach, so durch das wort bedeutet wird, auch beweiset. Also auch im 3. Capitel, das Rechtfertigen bey S. Paulo so viel heisset als absoluiren, erscheinet klerlich aus den worten, die darbey stehen, denn er sagt: „Vnd werden on verdienst gerechtfertiget aus seiner gnade durch die erl=sung, so durch Christo Jhesu geschehen ist.“136 Das ist: weil Christus vnschFldig am Creutz gehangen ist, dar-[A 4r:]umb wird Paulus, den mann jtzt bald verdammen solte, durch dieselbe vnd vmb derselben erl=sung vnd gnugthuung willen gerechtfertigt vnd absoluiret. Alhie wirt klerlich die rechtfertigung in die erl=sung gesetzt. Nun ist die erl=sung vergebung der sFnden. Sagt nicht Paulus, wir werden gerechtfertiget durch eingiessung der wesentlichen gerechtigkeit Gottes, Sonder durch die erl=sung, das ist: durch die vergebung der sFnden. Derhalben leuchtet alhie die warheit so klar wie die liebe Sonne, das rechtfertigen Paulo so viel bedeute als ‚lossprechen von sFnden‘ oder ‚Vergeben die sFnden‘ vnd nicht ‚mit der that vnd warheit gerecht machen‘. Vnd bald darnach sagt er: „Das er zu diesen zeiten darb=te die gerechtigkeit durch die vergebung der sFnde, Auff das er alleine gerecht sey vnd rechtfertige den, der da ist des glaubens an Jhesu.“137 Jn welchem spruch Paulus die darbietung der gerechtigkeit oder rechtfertigung setzt in vergebung der sFnden, das ist: in der absolution, vnd nicht in eine wesentliche eingiessung der gerechtigkeit. Derhalben dieser gantzer spruch Pauli auffs deudlichst zeiget an, das das wort ‚Rechtfertigen‘ bedeute ‚rechtsprechen‘ vnd nicht ‚mit der that einen recht machen‘. Jch wil kFrtze halben nicht von allen sprFchen, die Osiander angezogen hat, sagen. Denn es ist genug, das wir etliche gemarckt138 haben, daraus wir vernemen139 k=nnen, wie trewlich Osiander die heilige schrifft, seine meinung zu beweren,140 einfFret, vnd wie Paulus dis wort Rechtfertigen in beschreibung der Rechtfertigung von sFnden gebraucht. Jch halt nicht, das Osiander ein einigen Spruch werde k=nnen darthun, damit er klerlich beweise, das dis wort etwa in solcher deutung, wie er vorgibt, gesatzto werde. Wil geschweigen, das er beweisen solte, das es eben an denen orten, da Paulus vornemlich diesen artickel handelt, solche deutung habe. Warumb auch D. Luther das wort ‚Ju-[A 4v:]stificare‘ oder ‚Rechtfertigen‘ verdeudscht habe ‚gerecht machen‘, wil ich darnach sagen.

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B; C: gesatz.

136 137 138 139 140

Röm 3,24. Röm 3,26. gekennzeichnet, hervorgehoben. Vgl. Art. marken [II], in: DWb 12, 1637. entnehmen, erkennen. Vgl. Art. vernehmen 2) und 4), in: DWb 25, 911–913. belegen, untermauern. Vgl. Art. bewehren 2), in: DWb 1, 1776.

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Hactenus de uerbo iustificare, iam de re ipsa dicemus, in qua tractatione prorsus reijcimus illam humanae sapientiae rationcinationem, qua toties exagitat Osiander Augustanae confessionis sententiam, quod scilicet iustificari peccatorem sit idem quod absolui, seu iustum pronunciari, et non penitus iustum ac realiter effici. Ex qua sequi necessario uult, Deum esse aut caecutientem rudemque iudicem, qui prauitatem hominis non norit, aut esse iniquum, qui iniustum iustum esse statuat.

Fatemur enim, quod si quis humana cogitatione nostrae salutis rationem ponderare uellet, iudicaret haud dubie, Deum esse iniustissimum iudicem, qui nos scele[B 1r:]ratos nebulones, a poenis et ira sua liberat, et interea poenas in suum dilectissimum, iustissimumque filium transfert. Certe si quis iudex sic hic in terris agere uellet, merito uideretur non tantum iniustus, sed et insanus. At Deo uisum est per stulticiam et non sapientiam saluos facere homines. Testatur enim scriptura Deum esse talem iudicem, qui remittat iniquitates, qui tegat reorum peccata, quique non imputet peccatum. Quod, ut dictum est, si quis gubernator in latronibus aut furibus iudicandis faceret, esset non tantum iniustus, sed et eo ipso supplicio dignus, unde fontes eripuisset.

Sequitur etiam ex ista ipsius humana ratiocinatione prorsus nihil amplius peccati in homine restare, atque ideo nos ociose remissionem peccatorum flagitare. Si enim uel pauca peccata remanent, quae certe remanent: Tamen adhuc Deus erit iniustus, qui nos pro iustis habet. Desinamus ergo humana sapientia iudicare et exagitare mysticam omnipotentis Dei liberationem, qui mirabili consilio innocentissimum filium suum fecit maledictum et peccatum, ut nos peccatores imputata nobis eius satisfactione iustos pronunciaret. Contempta ergo ista humanae mentis ratiocinatione, de re ipsa dicamus.

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Widder der menschen klugheit Argument, das Gott entweder ein Vnuerstendiger oder aber vngerechter Richter sein mFsse, so er die SFnder gerechtspricht. 5

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Das sey vom wort Rechtfertigen. Nu wil ich auch den handel selbs fFr mich nemen. Jn diesem stFck verweffe ich gantz vnd gar das bedencken menschlicher weisheit, damit Osiander die meinung der Augspurgischen Confession – nemlich: Das der SFnder gerechtfertiget werde, sey eben so uiel, als das er absoluirt oder gerechtgesprochen werde umb Christus’ willen, und werde doch nicht gantz noch wesentlich gerecht – so offt schmehet vnd saget, das daraus notwendig erfolge, das Gott entweder ein blinder, vnuerstendiger Richter sey, der des menschen bosheit nicht weis, oder sey vngerecht, das er den vngerechten gerecht achtet. Denn ich bekenne trawn, das wenn einer nach menschlichen gedancken vnsere rechtfertigung erwegen wolte, so wFrde er one zweiffel sagen, Gott were der allerungerechtiste Richter, weil er vns verzweifelte,141 b=se buben142 von der straff vnd von seinem zorn erledigt vnd darneben die straff auff seinen allerliebsten allergerechtisten Son legt. Warlich, wenn ein Richter hie auff erden so handeln wolt, wFrde mann jhn nicht allein fFr vngerecht, sondern fFr toll vnd t=richt halten, vnd nicht vnbillich. Gotte aber hat es gefallen, das er die menschen durch torheit vnd nicht durch weisheit selig machte. Denn die Schrifft zeugt, das Gott ein solcher Richter ist, der die vngerechtigkeit vergibt, die sFnde der SFnder bedeckt vnd die sFnde [B 1r:] nicht zurechnet. Welchs (wie gesagt), wenns ein Richter hie auff erden an M=rdern, Reubern oder Dieben thete, so were er nicht allein vngerecht, sonder were werd, das man jhn selbs beim kopff neme143 vnd straffte, wie er die Vbeltheter solte gestrafft haben. Aus gemeltem menschlichem bedencken Osiandri k=nte auch folgen, das gar keine sFnde mehr im menschen sey vnd das wir derhalben nur fFr die lange weil144 vmb vergebung der SFnden bitten. Denn wenn gleich noch ein wenig sFnde bleiben, wie sie denn vngezweiffelt viel bleiben, So ist Gott dennoch vngerecht oder vnuerstendig, sintemal145 er vns fFr gerecht helt. Drumb last vns auffh=ren zu schmehen die wunderbare erl=sung des Almechtigen Gottes, welcher aus sonderlichem rat seinen aller vnschFldigsten Son zum Fluch vnd zur SFnden gemacht hat, auff das er vns SFnder durch zurechnungp seiner gnugthuung Gerecht spreche. Darumb wil ich dis menschliche bedencken faren lassen146 vnd von der Sachen selbs reden. p

aus: zurechung.

141 142 143 144 145 146

verworfene, verdammte. Vgl. Art. verwerfen C.2.a.β) und c.α), in: DWb 25, 2689-2692. Schurken. Vgl. Art. Bube 5), in: DWb 2, 460f. nähme. für die lange weil = aus Langerweile, zum Zeitvertreib, ohne eigentlichen Anlass. da, weil. Vgl. Art. sintemal 2), in: DWb 16, 1211f. fahren lassen = loslassen, freigeben. Vgl. Art. fahren 13), in: DWb 3, 1255f.

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Nr. 8: Flacius, Confutatio Confessionis Osiandri (1552)

Iudicamus nequaquam pie fieri ab Osiandro, qui et Christum ipsum, et per eum generi humano partam salutem in duas partes lacerat, et alteram, nempe redemptionem, humanitati Christi ac eius passioni adscribit, Altera uero, nempe iustificationem, diuinitati eius-[B 1v:]dem tribuit. De qua distractione etiam postea aliquid dicetur.

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Nam scriptura totam nostram cum Deo reconciliationem Christi hominis ac Dei obedientiae et satisfactioni tribuit. IVSTITIA Christianorum.

Definitio Iusticiae Osiandri

Nos enim ex scriptura didicimus iusticiam nostram, qua nos Deus iustificat, quam nobis imputat, et ob quam Deo accepti gratique sumus, esse illam imputationem Dei nobis credentibus filij sui obedientiam in exinanitiones usque in imum infernum, imputantis, qua effectum est, ut quanto ille magis nostris peccatis, iraque Dei depressus sit, tanto nos pondere meriti eius ueluti in altera bilancis lance constituti altius euecti, ac ueluti ex infernis ipsis in coelum subuecti simus.

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Nec hic multum curamus philosophicas istas disputationes, an iusticia sit Qualitas uel actio, in quibus argutijs totius sui aedificij Osiander primariam basim collocat. Nam et philosophi pronunciarunt uirtutem in actione consistere, et scriptura sane crebro admodum uirtutum nomina ipsis bonis operibus tribuit.

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Quanquam porro ex Osiandri definitione iusticiae et illud quoque non satis liquet, quidnam sentiat ipse proprie esse iusticiam. Bis facie nempe 76. et 162. et ita eam definit, ut dicat iusticiam esse proprie id, quod nos ad iuste agendum impellit, ac sine quo iusti esse nequeamus. Quae definitio et ipsi cognitioni rectitudinis, honestorumque ac turpium aptissime tribuitur. Nam sine cognitione iusti ac iniusti nemo iustus fuerit, et id [B 2r:] sanos ad recte agendum impellit. Habent porro cognitionem etiam daemones, non tamen propterea sunt iusti. Impellit quoque ad recte agendum recta educatio, impellunt minae ac promissiones, impellit etiam bona natura, non tamen sunt iusticia.

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Nr. 8: Flacius, Verlegung des Bekenntnisses Osiandri (1552)

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Was Christliche gerechtigkeit sey, vnd wie Osiander die gerechtigkeit beschreibet.

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Jch halt, das Osiander gar nicht Christlich daran thut, das er den HERRn Christum vnd die seligkeit, die er dem menschlichen geschlecht erworben hat, in zwey stFck zureisset vnd das eine, nemlich die erl=sung der menscheit, Christi vnd seinem leiden zuschreibt, das ander aber, nemlich die Rechtfertigung, seiner Gottheit. Von dieser zureissung soll auch darnach etwas gesagt werden. Denn die Schrifft sagt, das Vns durch den gehorsam vnd gnugthuung Christi, Gottes vnd waren menschen, [B 1v:] volk=mliche versFnung mit Gott erworben sey.147 Denn wir haben aus der Schrifft gelernet, das vnsere gerechtigkeit, damit vns Gott rechtfertiget, die vns Gott zurechnet vnd vmb welcher willen wir Gotte angenem sein, sey die zurechnung Gottes, welcher vns gleubigen zurechnet den gehorsam Christi, „Welcher, da er in Gottes gestalt war,“ wie Paulus sagt, „sich ernidriget“148 vnd (damit ichs kurtz mache) sich durch die menschwerdung vnd mancherley ernidrigung herunter gelassen hat von dem h=chsten Himel bis in die vnterste Helle vnd dadurch so viel ausgericht, das, je tieffer er von vnsern SFnden vnd Gottes zorn hinunter gedruckt ist, je h=her wir durch wichtigkeit149 seines verdienstes gleichsam auff der andern schale der wage in die h=he geschwungen vnd aus der Helle150 in Himel gefurt sein. Vnd ist vns hie nicht viel dran gelegen, das die Philosophi Disputiren, ob die Gerechtigkeit eine Qualitas oder Actio sey, mit welchen spitzigen fFndlein Osiander den gantzen Grund legt zu diesem seinem grossen vnd prechtigen gebew.151 Denn es haben auch die Philosophi gesagt, das die Tugent stehe im thun. Wie Aristoteles 5. Ethi. sagt, das Vniuersalis iustitia sey gehorchen allen Gesetzen,152 Vnd zwar die Schrifft auch selbs nennet die gute werck TFgende. Wiewol man aus des Osiandri Definition der Gerechtigkeit nicht gnugsam vernemen kan, was er eigentlich gerechtigkeit heisse. Zweymal, nemlich Fa. 76 vnd 162, beschreibt er sie also: die gerechtigkeit sey proprie vnd eigentlich das, das vns recht zu thun beweget vnd on das wir weder gerecht sein noch recht thun k=nnen.153 Diese Definition reimpt sich sehr wol auffs erkentnis Gottes des rechten, guten vnd b=sen, one welchs erkentnis keiner recht thun wFrde. Denn solch erkentnis bewegt die Leute, recht zu thun. Weiter, so haben auch die Teuffel ein solch er-[B 2r:]kentnis, sind aber darumb nicht ge-

147 148 149 150 151 152 153

Vgl. Röm 5,10f.19; I Joh 4,10. Vgl. Phil 2,6–11. Gewicht. Vgl. Art. Wichtigkeit 2), in: DWb 29, 835. Hölle. Gedankengebäude. Vgl. Art. Gebäu 3.d), in: DWb 4, 1655. Vgl. Aristoteles, Nikomachische Ethik V, 2 (1129a/b). Vgl. OGA 10, 160,22–24; 246,28–30.

Osiandri beschreibung der Gerechtigkeit.

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Iusticia hominis in natura integra.

Nr. 8: Flacius, Confutatio Confessionis Osiandri (1552)

Vnde apparet et ipsam Osiandri definitionem iusticiae, quod totius ipsius disputationis fundamentum est, tam esse ineptam, obscuram, et etiam falsam, quam nullis plane rationibus suffulta probataque ab eo est. Iacente porro praecipuo totius operis fundamento, quam pulchre ipsum quoque aedificium ei fundamento incumbens stabit, perfacile est ratiocinari. Omissis ergo tum philosophorum argutijs, tum Osiandri obscuritate, improprietate, ac etiam falsitate in definitione iusticiae, dicemus quam clarissime uerissimeque poterimus, quid hominis tum in integra natura iusticia fuisset, tum etiam in corrupta sit. Iudicamus integri hominis iusticiam futuram fuisse, et nunc angelorum esse illud perfecte obedire uoluntati ac legi diuinae, mente ac opere. Nec enim Osiandro assentiri possumus, qui dicit legem flagitare diuinam non humanam iusticiam. Flagitat nanque talem obedientiam seu iusticiam, qualem homo in integra natura praestare potuisset, et nunc angeli possunt. Lex enim certe homini, non Deo lata est, Sed homini tali, qualis fuit ante lapsum. Fatemur tamen utrosque, angelos scilicet et homines, gratuito a Deo bonos conditos, dilectos et aeterna uita donatos.

Ex eo gloriae iusticiaeque gradu cum nos homines lapsi sumus, ac [B 2v:] primum gratuitum Dei fauorem, facultatem deo parendi, et uitam aeternam amiserimus. Deinde in iram Dei, corruptelam naturalium potentiarum et aeternum exitium inciderimus, Sentimus illud esse iusticiam nostram (Quicquid id est, siue reuera iusticia est, siue quiddam iusticiae ἀνάλογον.1 Verborum enim ἀκριβολογίας2 hic non curamus, quod nos tamquam proxima efficiens causa, ira Dei, peccato ac aeterna morte liberat, et insuper nobis Dei beneuolentiam aliquam naturalium uirium instaurationem et uitam aeternam acquirit, seu ut breuius dicamus, quo uel propter quid, ex hostibus Deo dilecti fimus, non solum remissionem peccatorum, sed et imputationem magnae cuiusdam bonitatis, iusticiae, et sanctitatis assequimur, (quae tamen in remissione peccatorum sua quadam ratione continentur, ut superius dictum est). Nec id solum in prima reconciliatione, sed et quotidie ac omnibus momentis, quoties remissionem peccatorum, patrisque coelestis fauorem quaerimus.

1 2

Entsprechendes. Vgl. Georges I/1, 182[b] s. v. ἀνάλογος. Spitzfindigkeiten. Vgl. Georges I/1, 84[b] s. v. ἀκριβολογία.

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recht.154 Gute aufferziehung155 bewegt auch, recht zu thun. Drawung vnd verheissung bewegen auch, Gute natur bewegt auch. Jst aber drumb nicht Gerechtigkeit. Hieraus erscheinet, das des Osiandri Definition so t=lpisch,156 so tunckel vnd falsch ist, wie sie mit keinem grunde bekrefftigt noch beweiset ist. Weil aber der grund157 des gantzen bawes darnidder ligt, so ist wol zu dencken, wie fein der baw, der sich drauff halten sol, stehen wird. Drumb wil ich die Philosophische fFndlein158 vnd des Osiandri tunckelheit, Vnrichtigkeit vnd Falscheit in der definition der gerechtigkeit faren lassen, vnd auffs aller deudlichste vnd warhafftigste ich immer kan, betrachten, was des menschen Gerechtigkeit vor dem fall gewest were vnd was sie jtzund sey. Jch halte, das des menschen Gerechtigkeit vor dem fall vnd jtzund der Engele sey ein volk=mlicher, bestendiger, stetiger gehorsam gegen dem Gesetz vnd willen Gottes mit hertzen vnd mit der that. Vnd kan dem Osiander nicht zufallen,159 das er sagt, das Gesetz erfordere eine G=ttliche vnd nicht eine menschliche gerechtigkeit. Denn es erfodert solchen gehorsam oder gerechtigkeit, welchen der Mensch in seiner vnschuld hette leisten k=nnen vnd den die Engele jtzund leisten. Denn das Gesetz ist je nicht Gotte, sonder den menschen gegeben. Aber einem solchen menschen, wie er vor dem fall war. Doch bekennen wir, das beide, nemlich die Engel vnd Menschen, aus gnaden von Gott from geschaffen, geliebt vnd mit ewigem leben von Gott begnadet sein. Nachdem aber wir menschen aus dieser Hoheit der Ehren vnd Gerechtigkeit gefallen sein vnd erstlich Gottes gunst, das vermFgen, Gotte gehorsam zu sein vnd das ewige leben verloren haben, vnd darnach in Gottes zorn, Verterbung aller natFrlichen kreffte vnd Ewiges verter-[B 2v:]ben gefallen sein, So ist gewislich vnsere gerechtigkeit das (es sey nu, was es wil, eine ware gerechtigkeit oder etwas der gerechtigkeit gemes. Denn wir der spitzigen rede nicht achten), das vns als proxima efficiens causa, die negste wirckliche vrsach, von Gottes Zorn, SFnden vnd ewigem Tode erl=set vnd weiter Gottes gunst, zum teil auch alhie widderbringung der natFrlichen kreffte vnd das ewige leben bringt. Oder (das ichs kurtz sage) dadurch oder von welchs wegen wir aus Gottsfeinden seine Geliebten sein vnd nicht allein Vergebung der sFnden, sonder auch zurechnung grosser gerechtigkeit, fr=migkeit vnd heiligkeit, welche doch in Vergebung der sFnden auff jhre sonderliche weise begriffen wird (wie droben gesagt), erlangen, Nicht allein inn der ersten VersFnung, sonder auch

154

Vgl. Jak 2,19. Erziehung. Vgl. Art. Auferziehung, in: DWb 1, 641. 156 tölpelhaft, unbeholfen, ungeschickt, plump. Vgl. Art. tölpisch IV.A), in: DWb 21, 675f. 157 das Fundament, die Basis, die Grundlage. Vgl. Art. Grund IV.A.3.l), in: DWb 9, 710. 158 eine (in ihrem Wert überschätzte) Erkenntnis; kleiner Kunstgriff, Kniff, Trick. Vgl. Art. Fündlein 2) u. 3), in: DWb 4, 544f. 159 beipflichten. Vgl. Art. zufallen 2.c), in: DWb 32, 347. 155

Gerechtigkeit Vor dem fall.

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Nr. 8: Flacius, Confutatio Confessionis Osiandri (1552)

Sentimus uero non nos tantum sic, sed et tota Ecclesia. Quoties enim de iusticia fidei seu iustificatione disserimus, de eo certe dicere uolumus medio, per quod tanquam proximam causam efficientem, ex hoc ut ita dicam inferno in id foelicitatis dignitatisque apud Deum restituimur, unde per peccatum seu iniusticiam in hanc miseriam delapsi sumus, siue iam id sit reuera iusticia, ut philosophi de ea disputant, siue quiddam iusticiae ἀνάλογον, nihil refert. Cum enim mundus per sapientiam saluus fieri non posset, uisum est Deo per mirabilem quandam stulticiam saluos facere credentes.

Hunc porro ipsum effectum Spiritus sanctus in sacris [B 3r:] literis Christi obedientiae et passioni tribuit, ut Colos. 1. Visum est Deo per Christum omnia sibi conciliare et pacificare per sanguinem crucis eius coelestia et terrestria. Hic clare audimus per sacrificium passionis Christi pacem et amicitiam inter terrestria, id est, peccatores homines et coelestia, id est, Deum, factum esse.

Quomodo facta sit instauratio hominis post lapsum.

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Sequitur ibidem statim elegans descriptio effectuum obedientiae et sacrificij, passionis Christi, unde nam nos, et ex quanta miseria, in quantam gloriam transtulerit. Inquit enim: Et uos qui quondam eratis abalienati, (sicilicet a Deo) et inimici mente et operibus malis, nunc tandem reconciliauit in corpore carnis suae, per mortem. quo exhiberet sanctos et irreprehensibiles et inculpatos in conspectu suo. Hic iterum clare audimus Christi satisfactionem nos ex impijs et hostibus Dei, eius dilectos effecisse, nosque inculpabiles irreprehensibilesque coram deo statuisse. Proinde huius loci testimonio aclare uincitur,a nostram iusticiam esse proprie imputationem satisfactionis et meriti Christi, nobis per fidem factam.

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Sed priusquam plura argumenta ad nostrae sententiae probationem afferam, redibo ad expositionem instaurationis hominis. Scriptura inquit: Quod sicut per inobedientiam unius hominis intrauit peccatum, et per peccatum mors, ita contra per obedientiam unius hominis Christi contigerit hominibus iusticia et uita aeterna. Si homo in illa obedientia erga legem ac uoluntatem Dei, ad quam erat initio conditus perstitisset, fuisset ei illa obedientia coram Deo iusticia, ac per eam in uita mansisset.

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a–a

aus: clar euincitur.

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teglich vnd alle augenblick, so offt wir Vergebung der sFnden vnd gnade des himlischen Vaters suchen. Vnd solchs halte nicht allein ich, sonder auch die gantze Kirche. Denn so offt wir von der gerechtigkeit des glaubens oder Rechtfertigung reden, so wollen wir warlich das mittel verstanden haben, durch welchs, als durch die negste wirckliche Vrsach, wir aus dieser (so zu reden) helle160 in die seligkeit vnd wirde161 bey Gott widderumb gesatzt werden, daraus wir durch die sFnde oder vngerechtigkeit in dis elend gefallen sein. Solchs sey nu eine ware gerechtigkeit, wie die Philosophi disputiren, oder etwas der gerechtigkeit gemes, daran ist nichts gelegen. Denn da die Welt durch weisheit nicht konte selig werden, hats Gott gefallen, das er die Gleubigen durch eine wFnderliche torheit selig machte.162 Solchen effect oder nutz, das ist solche VersFnung oder vereinigung des menschen mit Gott, hat Christus durch seinen gehorsam vnd leiden, wie der heilige Geist in der Schrifft bezeuget, zu wegen bracht. Collos. 1: „Es hat Gott wolgefallen, das alles durch Christum versFnet wFrde vnd friede hette, es sey auff erden oder im Hi-[B 3r:]mel, durch das blut an seinem Creutz.“163 Hie h=ren wir klerlich, das durchs Opffer des leidens Christi fried vnd freundschafft zwischen dem, das auff Erden, das ist: zwischen den menschen, die da SFnder sind, vnd zwischen dem, das im Himel ist, das ist: zwischen Gott, gemacht sey. Bald darnach am selben ort folgt eine sehr feine vnd reichliche Beschreibung, was der Gehorsam vnd Opffer des leidens Christi ausgericht habe. Jtem, wo her vnd aus welchem jamer er vns gezogen, vnd zu wie grossen ehren er vns gebracht habe. Denn er sagt: „Vnd euch, die jhr weiland164 frembde vnd feinde (Gottes) waret durch die vernunfft in b=sen wercken, hat er nu endlich versFnet mit dem leibe seines fleisches durch den tod, Auff das er vns darstellet heilig vnd vnstreflich vnd on tadel fFr jhm selbs.“165 Hie h=ren wir aber klerlich, das Christi gnugthuung vns aus Gottlosen vnd feinden Gottes seine Geliebten gemacht hat vnd hat vns vnstreflich vnd one tadel fFr Gott gestellet. Derhalben wird aus zeugnis dieses spruchs erzwungen, das vnsere gerechtigkeit eigentlich ist die zurechnung der gnugthuung vnd verdinstes Christi oder erfFllung des Gesetzes, die vns durch den glauben widderferet. Ehe ich aber mehr angument zur beweisung vnserer meinung einfFre, wil ich zuuor weiter reden, wie der mensch widderumb sey zu recht bracht. Dje Schrifft sagt: „Gleich wie durch eines menschen vngehorsam die sFnde ist kommen in die welt vnd durch die sFnde der Tod, Also ist auch durch

160 161 162 163 164 165

Hölle. Würde. Vgl. I Kor 1,18–25. Vgl. Kol 1,19f. vormals, ehedem, vordem. Vgl. Art. weiland A.2.b), in: DWb 28, 784f. Vgl. Kol 1,21f.

Widderholung der beschreibung der gerechtigkeit.

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Iam porro obedientiam sue iusticiam cum humana natura lapsa per peccatum nec praestiterit, nec iam prae-[B 3v:] stare possit, atque ideo iusticia Dei eam ad aeternas poenas uocarit, misertus nostri Deus, quo et iusticiae et misericordiae suae simul satisfaceret, excitauit mirabilem quandam personam, nec tantum Deum, nec tantum hominem, et tamen simul Deum et hominem, quae nouum quoddam obedientiae genus etiam angelico praeclarius praestaret, quam obedientiam cum Deus nostri causa instituerit,b et nobis uere imputauerit, nostra est ea obedientia, seu iusticia, nosque ob eam Deo placemus.

Quod autem illa Christi obedientia seu iusticia nec humana proprie sit, nec diuina, non est difficile probare. Nam humana certe non est, Homo enim talem praestarenon potest, nec diuina quidem proprie est. Nam contrarium diuinae iusticiae esse uidetur, ut Deus adeo se exinaniat, ut non solum formam serui, sed et formam scelestissimi serui suscipiat, ac ob totius mundi peccata poenas luat, ut non immerito Deus apud Esaiam dixerit: Ecce ego creo coelos nouos et terram nouam. Ideo et Paulus ad Hebrae. inquit: Didicit obedientiam ex ijs, quae passus est, quasi dicat, nouum quoddam genus obedientiae per illas filio non solitas tribulationes discere coactus est.

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Quomodo porro iusticia, sapientia et gloria essentialis Christi ad salutem nostram faciat, postea dicemus, Neque enim eam negligemus.

Sanguis Christi.

Scriptura iustificationem nostri tum obedientiae Christi ut Romanorum 5. Philip. 2. tum passioni Christi, quam Synecdochice saepe per sanguinem denotat, quod praecipua maximeque insignis passionum Chri-[B 4r:]sti pars est ea, quam in cruce pendens ac sanguinem fundens perpessus est.

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aus: iustituerit.

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eines menschen (Christi) gehorsam die gerechtigkeit vnd ewiges leben vber alle menschen komen.“166 Wenn der mensch im gehorsam gegen dem gesetz vnd willen Gottes, darzu er erstlich geschaffen war, blieben were, So were derselbe gehorsam fFr Gott des menschen gerechtigkeit gewest, vnd er were dadurch im ewigen leben blieben. [B 3v:] Weil aber darnach die menschliche natur solchen gehorsam oder gerechtigkeit, jhres fals halben in die sFnde, nicht geleistet hat vnd noch nicht leisten kan vnd derhalben von Gottes gerechtigkeit zur ewigen straff gefodert wird, So hat sich Got vnser erbarmbt. Vnd damit er beiden, seiner gerechtigkeit vnd seiner barmhertzigkeit, gnug thete, so hat er eine wunderliche Person erweckt, die nicht allein Gott, auch nicht allein mensch, vnd doch zugleich Gott vnd mensch ist, Welche einen sonderlichen newen gehorsam, besser, denn der Engele gehorsam ist, leistete vnd dadurch das Gesetz aufs allervolk=mlichste erfFllete. Diesen gehorsam, weil jhn Gott vnserthalben auffgericht vnd vns warhafftiglich zugerechnet hat, So ist derselbe gehorsam vnd gerechtigkeit vnser, vnd wir gefallen Gotte darumb. Es sagt Osiander, das keine dritte gerechtigkeit sey denn entweder lauter Menschlich oder aber lauter G=tlich, welchs nicht war ist. Denn das dieser gehorsam oder gerechtigkeit Christi nicht allein menschlich sey, auch nicht allein G=ttlich, ist leicht zu beweisen. Denn menschlich ist er ja nicht; denn ein mensch kan solchen gehorsam nicht leisten. G=ttlich aber ist er auch nicht proprie, denn es wolte der G=ttlichen gerechtigkeit zuwider sein, das sich Gott so tieff solte ernidrigen, das er nicht allein eine gestalt eins knechtes, sonder auch des allersFndlichsten knechts gestalt an sich nehme vnd vmb aller welt sFnde leiden mFste.167 Darumb Gott im Esaia nicht vnbillich gesagt hat: „Sihe ich mach newe Himel vnd eine newe Erde.“168 Daher sagt auch S. Paulus zun Ebreern: „Er hat an dem, das er leid,169 gehorsam gelernet.“170 als wolt er sagen: „Er hat einen newen gehorsam durch trFbsal, die dem Sone vngew=nlich war, lernen mFssen.“ Wie aber die wesentliche gerechtigkeit, weisheit vnd glori Christi, ja auch seine Gottheit selbs, zu vnserer selig-[B 4r:]keit diene, das wollen wir darnach sagen. Denn wir verachten sie trawen nicht. Dje Schrifft gibt vnsere Rechtfertigung dem gehorsam Christi, Rom. 5, Philip. 2.171 Jtem, dem leiden Christi, welchs sie offt synecdochice172 durchs blut bedeutet darumb, das das leiden, welchs Christus, als er am Creutz hieng vnd

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Vgl. Röm 5,12.18. Vgl. Jes 53,3–5. 168 Vgl. Jes 65,17. 169 erlitt. Vgl. Art. leiden A.3), in: DWb 12, 659. 170 Hebr 5,8. 171 Vgl. Röm 5,19; Phil 2,2.6–8. 172 unter Einsatz des rhetorischen Stilmittels der Synekdoche (hier insbesondere: pars pro toto). Vgl. Peter Koch, Esme Winter-Froemel, Art. Synekdoche, in: HWRh 9 (2009), 356–366. 167

Mit welchen worten das verdienst Christi am aller bequemlichststen kan begriffen werden.

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Nr. 8: Flacius, Confutatio Confessionis Osiandri (1552)

Possunt uero duo haec passio et obedientia Christi per totam eius uitam extendi, inde ab illa priam exinanitione, cum se filius patri submittens nouam quandam, (ut ita dicam) uitam, longe infra diuinam maiestatem inchoauit.

Obedientia Christi

Nam et illud primum exinanire se, cum in forma Dei esset, genus passionis est, et passionum omnium initium, et tota uita eius, una perpetua passio est, usque ad resurrectionem, cuius tamen passionis, quia praecipua uehementissimaque pars in ipsa cruce peracta est, ideo illa passio Synecdochice pro omnibus eius passionibus ponitur: quia item ibi sanguinem suum pro nobis fudit, ideo et sanguinis nomine saepe omnes passiones eius notantur. Sic et obedientiae nomine tota uita Christi notari potest. Nam Paulus inquit, eum se humiliasse, factum obedientem usque ad turpissimam mortem: et ad Hebrae. 5. eum didicisse obedientiam ex ijs quae passus est. Ita ut omnia Christus Deus et homo, quae in hac noua uita, postquam factus est peccatum et maledictum, pro nobis peregit, quo patri animo et opere obediendo nouam quandam iusticiam peccatoribus inueniret, fecerit, passusque sit.

Tota ergo uita filij Dei, postquam in forma Dei existens sese exinanire coepit, tum obedientiae, tum passionis nomine compraehendi potest. Nam et obedientia fuit perpetua quaedam passio, et in passione perpetua obedientia. Nam ad hoc ipsum in passiones coniectus est, ut in eis obedientia [B 4v:] ipsius cerneretur, et ad hoc ipsum filius patri obediuit, ut in obedientia passionis nostrae saluti debitas praestaret. Quanquam porro quidam non inepte distinguere uidentur, qui dicunt Christum sua passione nos ab aeterna inferni passione liberasse, et sua obedientia pro nobis legem impleuisse, atque ita passione remissionem peccatorum, obedientia uero iusticiam quandam, perinde scilicet ac si nos ipsi legi integre obediuissemus, nobis acquisiuisse: Tamen nos, cum imputatio impletio legis in remissione peccatorum contineatur, cumque obedientia Christi sit quiddam cum passione eius commixtum, ut iam indicaui, cumque scriptura utrique promiscue iustificationem salutemque nostram tribuat, ut post ea probabimus, non uolumus alterum ab altero diuellere, Sed utrique simul meritum Christi, totiusque nostrae salutis effectum tribuere.

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sein blut vergos, erlitten hat, das aller vornempste vnd mercklichste stFck ist seines leidens. Vnd diese zwey stFck, nemlich das Leiden vnd der Gehorsam Christi, k=nnen durch sein gantzes leben gezogen werden, anzufahen von seiner allerersten ernidrigung, als er sich dem Vater vnterworffen vnd (so zu reden) ein new leben weit vnter die G=ttliche Maiestet angefangen hat. Denn dieselbe erste ernidrigung, da er in G=ttlicher gestalt war, ist ein stFck vnd anfang all seines leidens. Jtem, sein gantzes leben ist ein stetig leiden bis zur aufferstehung. Doch weil das vornempste stFck seines leidens am Creutz geschehen ist, So wird dasselbe leiden synecdochice fFr alle seine leiden genomen, sintemal er auch sein blut daselbs fur vns vergossen hat. Darumb auch durchs blut offtmals alle seine leiden angezeigt werden. Also kan auch mit dem wort ‚Gehorsam‘ das gantze leben Christi bezeichnet werden. Denn S. Paulus sagt, Er habe sich ernidriget, Sey gehorsam gewest bis zum allerschendlichsten tode des Creutzes.173 Vnd zun Ebreern am 5. stehet, Er habe gehorsam gelernet an dem, das er leid.174 Das also Christus, warer mensch vnd Gott, alles, was er (so zu reden) in diesem newen leben, nach dem er zur sFnde vnd fluch worden ist, gethan vnd gelitten hat, das hat er darumb gethan vnd gelitten, auff das er durch seines hertzen vnd wercks gehorsam gegen Gott den armen sFndern eine newe gerechtigkeit erwerbe. Derhalben das gantze leben des Sons Gottes, als [B 4v:] er in G=ttlicher gestalt war vnd anfieng sich zu ernidrigen, kan vnter dem namen des gehorsams oder vnter dem namen des leidens begriffen werden. Denn in seinem Gehorsam ist ein stetig leiden, vnd im Leiden ein steter gehorsam gewesen. Denn er ist eben darumb ins leiden geworffen, das sein gehorsam darin gesehen wFrde. Vnd darumb ist er dem Vater gehorsam gewest, das er in seinem gehorsam das leiden, welchs vmb vnser seligkeit willen ergehen muste, trFge. Wiewol auch etliche fein deudlich, wie sichs lest ansehen, das ampt Christi vnterscheiden, wenn sie sagen, das vns Christus habe durch sein leiden erl=set von dem ewigen leiden vnd mit seinem gehorsam das gesetz fFr vns erfFllet, Vnd habe also mit seinem leiden vergebung der sFnden, Mit seinem gehorsam aber eine gerechtigkeit, gleichsam175 weren wir dem gesetz volk=mlich gehorsam gewest, erworben. Doch weil die zurechnung der erfFllung des Gesetzes (wie ich zuuor gesagt habe) in der Vergebung der sFnden begriffen ist, Jtem weil der gehorsam Christi (wie jtzt gesagt) mit seinem leiden vermischt ist, Jtem weil die Schrifft diesen beiden stFcken zugleich vnsere Rechtfertigung vnd vnser Heil zulegt (wie wir darnach beweisen wollen), so wollen wir eins vom andern nicht abreissen, sonder beiden zugleich das verdienst Christi vnd erwerbung vnserer gantzen Seligkeit zuschreiben. 173 174 175

Vgl. Phil 2,8. Vgl. Hebr 5,8. als.

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Sed priusquam scripturae testimonia prolixius recenseamus, breuiter summam eorum, quae post uocis iustificare tractationem diximus, repetemus, et quasdam obiectiones Osiandri refellemus. Diximus obedire integre Deo. seu eius legi corde et opere, esse ueram iusticiam, qualem obedientiam et iusticiam iam Angeli habent, et homo in integra natura habuisset, et Deo praestare debuisset. Ex qua tamen per peccatum primi hominis excidit. Diximus quoque, imo et tota scriptura dicit, filium dei, postquam mediatoris officium suscipiens sese exinaniuit etc. nouam quandam obedientiam et uitam longe infra illam diuinam maiestatem incepisse, eamque [C 1r:] suam obedientiam, satisfactionem, meritum, redemptionem, propiciationem seu iusticiam (Hisce enim ferme omnibus uocibus scriptura promiscue utitur) nobis imputasse, nostraque illa perinde facta esse, ac si nos ipsi ea omnia praestitissemus. Refutatio obiectionis Osiandri de Iusticia Christi in utero matris.

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Hic tanquam Aiacis impenetrabilem clypeum Osiander opponit obiectionem, an Christus in utero matris non fuerit iustus, si postea primum noua ista obedientia iusticiam inuenit. Respondemus. In Christo duo sunt consideranda, eius persona et officium. Quod attinet quidem ad eius personam, nunquam ille neque humanitatis neque diuinitatis ratione peccatum nouit.

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Sed quod ad officium, iam mediatoris attinet, in utero matris, et postea usque ad resurrectionem, tantum abfuit, ut esset uere iustus, ut etiam peccatum et maledictum fuerit, id est, ita ei nostra peccata a patre imputata fuerint, priusquam per obedientiam et passionem ea sic deuicit et calcauit, ut in resurrectione de eis triumphare posset, ac si ipsemet reuera totius mundi peccata patrasset.

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Das weiter diese beide dinger, nemlich das gehorsam vom leiden Christi, k=nnen vnd sollen auch vnter dem wort ‚erfFllung des Gesetzes‘ gefasset werden, Das wollen wir mit Gottes hFlff hindennach176 erkleren vnd beweisen. Ehe ich aber mehr zeugnissen aus der schrifft, meine meinung zu beweisen, einfFre, wil ich kFrtzlich in summa widderholen, was ich nach handlung des worts ‚Rechtfertigung‘ gesagt habe, vnd etliche VorwFrff des Osiandri verlegen.177 [C 1r:] Jch habe gesagt, das Gotte oder seinem gesetz volk=mlich von hertzen vnd mit dem werck gehorsam sein, sey warhafftiglich Gerechtigkeit. Dergleichen gehorsam oder Gerechtigkeit jtzund die Engel haben vnd der mensch vor dem fall gehabt vnd Gotte hette leisten k=nnen vnd sollen. Daraus doch der Mensch von wegen des ersten menschen gefallen ist. Jch habe auch gesagt, ja es sagts die gantze Schrifft, das der Christus, nachdem er des Mitlers ampt auff sich genomen vnd sich ernidrigt hat etc., ein newen gehorsam vnd leben weit vnter die hohe G=ttliche Maiestet angefangen habe, vnd habe denselben seinen Gehorsam, ErfFllung des gesetzes, Gnugthuung, Verdienst, Erl=sung, VersFnung (denn fast alle diese wort braucht die Schrifft on vnterscheid) vns zugerechnet, als hetten wir sie selbs alle geleistet. Dis stFck nemlich, was vnsere Gerechtigkeit sey, wollen wir vber etliche blat (wils Gott) noch besser erkleren. Hie k=mpt Osiander her wie Aiax mit seinem siebenfechtigen,178 vnFberwindlichen Schilde179 vnd thut wider all vnsere Argument diesen vorwurf: Ob Christus in mutterleibe nicht gerecht sey gewest, so er darnach allererst durch solchen newen gehorsam die gerechtigkeit erfunden hat? Antwort: Jn Christo mus man zwey ding betrachten, Seine Person vnd sein Ampt. Was seine Person belangt, da hat er weder nach seiner Gottheit, noch nach seiner menscheit nie von keiner180 sFnde gewust. Was aber sein Ampt belangt, sintemal er nu der Mitler ist, der die sFnde der welt auff jhm tregt,181 da hats jhm in mutterleibe vnd darnach die gantze zeit vber bis zu seiner Aufferstehung so viel an gerechtigkeit gemangelt, das er nicht allein nicht gerecht, sonder die SFnde vnd Fluch selbs – nach der Schrifft182 – gewesen ist, das ist: vnsere sFnde sind jhm vom [C 1v:] Vater (ehe er sie durch seinen gehorsam vnd leiden also vberwunden vnd mit fFssen

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später. Vgl. Art. hinten II.2), in: DWb 10, 1486. widerlegen, zurückweisen. Vgl. Art. verlegen 3), in: DWb 25, 758f. 178 siebenfachen. Vgl. Art. siebenfächtig, in: DWb 16, 806. 179 Aias (lat.: Aiax), Sohn des Telamon von Salamis, Held bei der Belagerung von Troja, von überragender Gestalt und Kampfkraft, trug einen großen, mit sieben Schichten Rindsleder verstärkten Schild (σάκος ἑπταβόειον – erwähnt u. a. bei der Schilderung seines Zweikampfes mit Hektor in Ilias VII, 220.222.245.266). Vgl. allg. Hans v. Geisau, Art. Aias 1, in: KP 1 (1964), 153. 180 Dreifache Verneinung hat verstärkenden Charakter; nach heutigem Sprachgebrauch wäre zu formulieren: weder ... noch ... jemals von irgendeiner. 181 Vgl. Joh 1,29. 182 Vgl. II Kor 5,21; Gal 3,13. 177

Widderholung des vorigen.

Verlegung der vorwFrff Osiandri.

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Quare scriptura non tantum nos Deo conciliatos et iustificatos, per eam eius obedientiam et passionem testatur, ut superius probatum est, et postea probabitur, Sed et ipsummet Dei filium ampliorem quandam gloriam propter eam nactum, ut Paulus ad Philip. 2. inquit. Propterea (scilicet propter illam exinanitionem seu passionem, de qua ibidem dicit) superexaltauit eum Deus, et dedit ei nomen super omne nomen etc. Et Hebrae. 5. Didicit ex ijs quae passus est obedientiam et perfectus factus, fuit causa omnibus audientibus sese salutis etc.

[C 1v:] Hic clare audimus Christum per suam obedientiam et passionem factum perfectum. Ergo antea fuit imperfectus, non quidem quod ad suam attinet personam, qui nunquam nouit peccatum, nec dolus inuentus in ore eius fuerat, semperque dilectus patri filius, in quo ei bene complacuit, fuit, Sed quod ad mediatoris attinet officium, quatenus (ut dixi) Christus a nobis in se peccata transtulerat, et tamen nondum chirographum peccatorum nostrorum cruci affixerat, nondum potestates tenebrarum prorsus deuicerat, nec adhuc placato patre aeternam nobis redemptionem inuenerat.

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Eam ergo perfectionem et iusticiam, quam per obedientiam et passionem suam, deuicto tandem peccato, ira Dei, morte et inferis nactus est, nobis applicat, et a patre imputari nobis facit, eaque nostra perfectio et iusticia est. Alia obiectio de iniusto iudice.

Obiectio porro de imprudentia aut iniusticia iudicis, superius reiecta est, quanquam indigna sit confutatione. Sicut enim Deus nec iniustus, nec imprudens est, quod filium innocentissimum, nostra culpa et poena onerauit. Sic quoque nec iniustus est, nec imprudens est, quod nos sceleratissimos imputatione obedientiae et meriti Christi iustificat per fidem, seu fidem nobis ad iusticiam imputat.

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getreten hat, affixo ad crucem Chirographo nostro,183 captaque captivitate,q184 das er inn seiner Aufferstehung dauon Triumphiren k=nte) so hoch zugerechnet gewesen, als hette er selbs warhafftiglich aller Welt SFnde begangen. Aber nach seiner Aufferstehung, da er vber SFnde, Tod vnd Hell gesieget hat, ist er nicht mehr eine sFnde, sonder eitel gerechtigkeit, nicht mehr ein Fluch, sonder eitel Segen worden, vnd das nicht jhm selbs, der jmmer gerecht vnd gebenedeiet185 gewesen ist, sondern denen, die an jhn gleuben. Derhalben zeugt die schrifft, das nicht allein wir durch denselben seinen gehorsam vnd leiden mit Gotte versFnet vnd Gerechtfertigt sein, wie ich droben beweist vnd darnach beweisen wil, Sonder auch das Christus selbs eine gr=ssere ehre dadurch erlangt habe, wie Paulus zun Philippern am andern sagt: „Darumb (verstehe: vmb solche ernidrigung vnd leiden, dauon alda der Apostel redet) hat jhn Gott erh=het vnd hat jhm einen namen gegeben, der vber alle namen ist“186 etc. Vnd zun Ebreern 2: „Er ist gekr=net worden.“187 Jtem am fFnfften: „Er hat gehorsam gelernet an dem, das er leid. Vnd da er ist volendet, ist er worden allen, die jhm gehorsam sind, eine vrsach zur ewigen Seligkeit“188 etc. Hie h=ren wir klerlich, das Christus durch seinen gehorsam vnd leiden volendet ist. Drumb ist er zuuor vnvolendet gewest. Nicht, trawn, seiner person halben. Denn er nie von keiner sFnde gewust, vnd ist kein betrug in seinem munde funden,189 ist auch allezeit des Vaters lieber Son gewest, an welchem der Vater ein wolgefallen gehabt.190 Sonder seines Ampts halben, das er der Mitler ist, sofern (wie gesagt) Christus vnsere SFnde auff sich genomen Vnd gleichwol noch nicht die Handtschrifft vnserer SFnde ans Creutz gehefft, die gewalt der finsternisse noch nicht [C 2r:] gar vberwunden, den Vater noch nicht versFnet vnd vns das ewige leben noch nicht erworben hatte.191 Solche Kron, volkomenheit vnd Gerechtigkeit, die er durch seinen gehorsam vnd leiden vnd endlich durch vberwindung der sFnde, Gottes zorns, Todes vnd Hellen erlangt hat, schenckt er vns vnd machet, das sie vom Vater vns zugerechnet wird. Vnd ist dis vnsere volkommenheit vnd Gerechtigkeit. Das aber vorgeworffen wird von vnuerstande vnd vngerechtigkeit des Richters, das ist droben verlegt, wie wols keiner verlegung werd ist. Denn gleich wie Gott nicht vngerecht noch vnuerstendig ist, das er seinen aller vnschFl-

q

B; C: captifitate.

183 184 185 186 187 188 189 190 191

Vgl. Kol 2,14. Vgl. Eph 4,8. gesegnet. Vgl. Art. benedeien, in: DWb 1, 1468. Phil 2,9. Vgl. Hebr 2,9. Vgl. Hebr 5,8f. Vgl. I Petr 2,22. Vgl. Mt 3,17; Mk 1,11; Lk 3,22. Vgl. I Tim 2,5; Joh 1,29; Kol 2,14; 1,13; Röm 5,10; II Kor 5,19; Joh 10,28.

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Et quoniam uidetur mirum Osiandro quonam modo actiones et passiones Christi, seu eius obedientia, nobis ad iusticiam imputari possit, atque eam iusticiam esse merum commentum dicere audet, Quare collatione alterius loci sacrarum literarum istam imputationem declarabimus. Explicatio phrasis scripturae imputare ad iusticiam.

Psalmo 106 est, quod factum Pineas, qui et orauerit pro [C 2r:] sedatione irae diuinae erga populum, et incensus pio zelo interfecerit Israelitam scortantem cum Midianitide, et ipsum scortum Num. 25. sit ei imputatum ad iusticiam, scilicet eam iusticiam, quam Deus etiam in Ethnicis multo magis in pijs praesentis uitae praemijs remunerat.

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Si unicum peccatoris hominis pium factum est ei ad iusticiam imputatum, nec fuit ea imputatio inane commentum, quid absurdi erit, si totius uitae mortalis Christi obedientia et passio nostra causa praestita nobis ad illam coelestem et coram Deo ualentem iusticiam imputetur.

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Iam ad confirmandam nostram sententiam ex scriptura progrediemur. Quod scilicet iusti simus illa imputatione et passionum et obedientiae Christi, obedientiae uero non solius humanitatis sed et diuinitatis. Non enim uolumus distrahere naturas in paranda nobis coram Deo iusticia. Quandoquidem ipse Deus eo ipso consilio eas copulauit, quod per alteram sine altera iustificatione nostra acquiri non poterat. Ioan. primae. 1. inquit: Sanguis Christi mundat nos ab omni peccato, ubi prorsus aperta uiolentia Osiander per sanguinem Christi uult diuinitatem filij Dei interpretari, ut postea declarabimus. Est enim sensus loci Ioannis, nos perinde mundari sanguine Christi, per Synecdochen passionem eius significante, ac corpora nostra et uestes aqua mundantur.

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digsten Son mit vnser SFnde vnd straff beledet,192 Also ist er auch nicht vngerecht noch vnuerstendig, das er vns verzweiffelte, b=se Buben durch zurechnung des gehorsams vnd verdiensts Christi durch den glauben rechtfertiget, oder den glauben vns zur gerechtigkeit rechnet. Vnd weils den Osiander wFnderlich dFnckt, wie die thaten vnd leiden Christi oder sein gehorsam vns zur gerechtigkeit k=nnen gerechnet werden, vnd sagen darff,193 solche gerechtigkeit sey ein lauter gedicht,194 So wollen wir derhalben einen andern ort der heiligen Schrifft dargegenhalten vnd solche zurechnung erkleren: Jm 106. Psalm195 stehet, das die that Pinehas, welcher Gott bat, das er seinen zorn widder das Volck sincken liesse, vnd aus hitzigem Eiuer den Jsraelitischen mann, der mit der Madianitin196 Hurerey treib, Num. 25, erschlug,197 sey jhm gerechnet zur gerechtigkeit. Verstehe: zu solcher gerechtigkeit, die Gott auch an den Heiden, viel mehr an den Christen mit gaben dieses lebens belonet. Jtem noch ein exempel: Got saget Deut. 24: Wenn einer von seinem schFldiger, der da arm ist, ein pfand nimpt, als vngefehrlich ein rock, vnd jhm denselbigen fFr der nacht widergibt, damit er drauff schlaffe, so werde jhm solchs eine gerechtigkeit fFr Gott.198 [C 2v:] Jst nu eine einige that eines sFndlichen menschen jhm zur gerechtigkeit gerechnet, vnd ist solche zurechnung nicht ein ledig gedicht gewesen – Was ists denn gros wunder, so der gehorsam vnd leiden des gantzen sterblichen lebens Christi, mit welchem er volk=mlich, ja vberschwencklich dem Gesetz vnd Gottes willen gnug gethan hat, vnserthalben geleistet, vns zu einer Himlischen vnd fFr Gott geltenden gerechtigkeit zugerechnet wird? Confirmatio.

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Nv wil ich fortfaren vnd meine meinung aus der schrifft beweisen, nemlich das wir gerecht sein von wegen der zurechnung des leidens vnd gehorsams Christi, des leidens vnd gehorsams (sag ich) Christi, Gottes vnd menschen in einer vnzertrenlichen person. Denn ich wil die Naturen Christi in erwerbung vnserer Gerechtigkeit gegen Gott nicht von einander reissen, sintemal Gott selbs die beide Naturen eben darumb zusamengebunden hat, das durch die eine on die andere vnsere Rechtfertigung nicht konte erlangt werden. Johannes in der ersten Epistel am ersten spricht: „Das Blut Jhesu Christi macht vns rein von aller sFnde.“199 An welchem ort Osiander dem Text =ffentliche gewalt thut, vnd wil durchs Blut Christi die Gottheit des Sons ver192 193 194 195 196 197 198 199

belädt. zu sagen wagt, sich erdreistet. Vgl. Art. dürfen 4), in: DWb 2, 1729. eine bloße Erfindung. Vgl. Art. Gedicht 5.c), in: DWb 4, 2016. Vgl. Ps 106,30f. Midianitin. Die Form „Madianitin“ geht offenbar auf die Vulgataversion zurück: Madianitis. Vgl. Num 25,6–15. Vgl. Dtn 24,10–13. I Joh 1,7.

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Sanguis Christi.

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Qua allusione ad similitudinem satis apte iustificationem nostram pingit. Apoca. 1. paulo clarius ea similitudinem utitur, inquit enim: Christus lauit nos ex peccatis in sanguine suo. Apoca. 7. clarissime et significantissime eam similitudinem exprimit inquiens: Isti sunt, qui dealbarunt stolas suas in sanguine agni, et Apo. ult. Beati qui lauant stolas suas in sanguine agni. [C 2v:] Hebr. 10. legitur, nos sanguine agni sanctificatos. Pro sanguine saepe scriptura ponit sacrificium, ut Hebrae. 10. dicit uno sacrificio nos esse perfectos factos, et quidem confert sanguinem Taurorum et Hircorum, qui peccata non deleuerit, cum sanguine Christi, qui nos a peccatis mundauerit. Vnde manifestum est sanguinem non poni pro diuinitate Christi, Sed pro passionibus eius, quibus nostra peccata expiauit, nec tribuere iusticiam nostram Spiritum S. soli diuinitati Christi, sed passioni, obedientiae seu merito eius. Manifestum etiam hinc est, quomodo sanguis Christi nos iustificet, nempe, sicut quatenus aqua immundo corpori adhibetur, eatenus sordes ab eo discedunt, sic quatenus sanguis seu passiones Christi nobis imputantur, eatenus a nobis omnis immundicies peccatorum et iniusticiae recedit. Puritas uero et iusticia accedit. Ioan. ca. 6. clare affirmat Christus suum sanguinem et carnem esse panem uitae. Fatetur autem Osiander esse uitam idem ferme quod iusticiam, quanquam non uere est. Nam uita est iustificationis consequens et ueluti praemium. Ergo caro et sanguis Christi, id est, non sola humanitas, sed meritum, obedientia, et passio Christi, qui est Deus et homo nobis imputata, est nostra uita et iusticia.

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standen haben, wie ich darnach erkleren wil. Denn die meinung des spruchs Johannis ist diese: Wir werden durch das Blut Christi (welchs durch eine Synecdochen sein leiden bedeutet) rein, gleichermassen wie vnsere leibe vnd kleider mit wasser gereinigt werden. Auff ein solch gleichnis hat er weisen wollen vnd hat dadurch vnsere Rechtfertigung sehr fein abgemalet. Jnn der offenbarung am ersten Capit. braucht er dis [C 3r:] gleichnis ein wenig klerer vnd spricht: Christus hat vns gewaschen von den SFnden in seinem Blut.200 Am siebenden Cap. aber drFckt er dis gleichnis auffs aller klerlichste vnd deutlichste aus vnd spricht: „Diese sinds, die jhre kleider haben gewaschenr vnd helle gemacht im Blut des Lambs.“201 Jtem Apo. vltimo: Beati qui lauant stolas suas in sanguine Agni.202 Ebre. 10 stehet, Das wir durchs Blut des Lambs geheiligen sein.203 FFrs blut setzt die Schrifft sofftmals Opffers – als Ebre. 10: Wir sind durch ein Opffer volkommen gemacht204 – Vnd helt der Ochsen vnd B=cke blut, welchs vnsere sFnde nicht hat weggenomen,205 gegen dem blut Christi, welchs vns von SFnden gereinigt hat. Daher klar ist, das das blut nicht fFr die Gottheit Christi, sonder fFr sein leiden gesatzt wird, dadurch er vnsere SFnde versFnet hat, Vnd das der heilige Geist vnsere gerechtigkeit nicht allein der Gottheit Christi zuschreibt, sonder seinem leiden, gehorsam vnd verdienste. Hieraus ist offenbar, wie das Blut Christi vns gerecht macht, nemlich gleich wie von einem vnreinem leibe der vnflat abgehet, wenn vnd sofern mann wasser dazu nimpt. Also auch sofern das Blut oder leiden Christi vns zugerechnet werden, sofern weichet die vnreinigkeit der sFnden vnd vngerechtigkeit von vns. Dagegen aber k=mpt reinigkeit vnd gerechtigkeit. Johannis am 6. sagt Christus klerlich, das sein Blut vnd sein Fleisch sey das brot des lebens.206 Osiander aber bekent, das Leben sey fast gleich so viel als Gerechtigkeit. (Wiewols doch in der warheit nicht so ist. Denn das leben ist die Folge vnd gleichsam ein lohn der Rechtfertigung.) Derhalben das fleisch vnd blut Christi, das ist nicht allein die menscheit, sonder der verdienst, gehorsam vnd leiden Christi, welcher Gott vnd auch Mensch ist, vns zugerechnet, ist vnser leben vnd gerechtigkeit.

r

B; C: gewachschen. B; C: offmas Opffert.

s–s

200 201 202 203 204 205 206

Vgl. Apk 1,5 (Vg). Vgl. Apk 7,14. Apk 22,14 (Vg). Vgl. Hebr 10,19f. Vgl. Hebr 10,14. Vgl. Hebr 10,4. Vgl. Joh 6,51–58.

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Glossae Osiandri prodigiosae.

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Nec enim uera est eius loci interpretatio Osiandri, qui dicit carnem ibi significare Deitatem Christi. Nam Christus clare exponit ipse, quae caro et quomodo sit nobis uita, addens, quam ego do pro mundi uita, quae additio nequaquam patitur Osiandri scholion. Indicat enim suam carnem et sanguinem eatenus esse uitam peccatorum, quatenus pro eorum salute, seu ut ipse in-[C 3r:]quit, pro mundi uita datur. Sane ut uerum fateamur, istae tam propalam uiolentae Osiandri uerbi Dei glossae nihil nobis bonae spei ostendunt.

Rom. 5 clare Paulus affirmat nos iustificari sanguine Christi, id est, quatenus nobis eius passio seu meritum, seu satisfactio imputatur. Nec magnifacienda est glossula Osiandri, qua eum Pauli locum facie 169. eludere conatur de pecunia qua doctoratus emitur. Prorsus enim idem est cum eo, quod paulo post sequitur, Conciliati sumus Deo per mortem filij eius, et quod superius ex alijs scripturae locis adduximus, nos lauari sanguine Christi. In qua similitudine non semel clare scriptura testatur, nos sic iustificari sanguine Christi, sicut uestes aqua mundantur.

Quamquam locus Apo. cap. 7. uidetur etiam ad eam similitudinem alludere, quod sicut uestes in colorem immersae in se coloris formositatem recipere solent. Sic nos in sanguinem Christi mersos albedine innocentiae seu iusticiae eius exornari. Rom. 5. ait Paulus nos obedientia Christi iustificari. Obedire Deo, eiusque legi corde et opere, ut superius diximus, est omnino iusticia. Quatenus ergo ea obedientia et iusticia nostri iam facta est, et nobis ad Deo per fidem imputatur, eatenus nostra est eaque iusti sumus.

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[C 3v:] Vnd ist des Osiandri deutung dieses orts, da er widder seine eigne auslegung, propositione 58,207 sagt, Fleisch bedeute hie die Gottheit Christi, nicht war.208 Denn Christus selbs legt klerlich aus, was fFr Fleisch vnd waserley209 gestalt es vns das leben sey, als er dranhengt: „Welchs ich geben werde fFr das leben der Welt,“210 welcher zusatz des Osianders gl=slein in keinen weg leidet. Denn er zeigt an, das sein Fleisch vnd Blut so fern das leben der sFnder sey, so fern es fFr jhre seligkeit, oder wie er sagt: fFr das leben der Welt, gegeben wird. Vnd fFrwar, damit ich die warheit sage, so zeigen diese gewaltsame glosen des Osianders im wort Gottes keine gute hoffnung an. Zun R=mern am 5. sagt Paulus klerlich: „Wir sind durch Christus Blut gerecht worden,“211 das ist: so fern vns Christus Leiden oder verdienst oder gnugthuung zugerechnet wird. Vnd ist nicht viel gelegen an Osianders gl=slein vom gelde, damit die Doctorey gekaufft wird, damit er diesen spruch Pauli gern verkeren wolt, Fac. 169.212 Denn er hat gar einerley meinung mit diesem nachfolgenden spruch: Wir sind Gotte versFnet durch den Tod seines Sons.213 Jtem mit dem, das ich droben aus andern =rten der schrifft eingefurt habe, nemlich das wir mit Christus Blut gewaschen werden. Jn welchem gleichnis die schrifft mehr denn einmal klerlich zeuget, das wir mit Christus blut dermassen gerechtfertiget werden, gleich wie die kleider mit wasser gereiniget werden. Wiewol der spruch in der Offenbarung am 7. sich ansehen lest, als wolt er ein solch gleichnis machen, das gleich wie die kleider die sch=nheit der farbe, darein sie getunckt werden, an sich nemen,214 Also werden wir im Blut Christi mit weisser farb der vnschuld oder Gerechtigkeit gezieret.t Paulus zun R=mern am 5. sagt: Wir werden Gerecht durch den gehorsam Christi.215 Gott vnnd sey-[C 4r:]nem Gesetz mit hertzen vnd mit dem werck ge-

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B; C: geziereit.

207 Vgl. Osiander, OGA 9, 440,13–16: „Manducare autem eius carnem et bibere eius sanguinem, hic dumtaxat nihil aliud est quam credere ipsum, peccata nostra pertulisse in corpore suo et sanguinem suum effudisse in remissionem peccatorum nostrorum, sed ita, ut hac fide cum illo una caro fiamus et sanguine eius a peccatis lavemur.“ (Disputatio de iustificatione, 1550, These 58) – OGA 9, 441,15–18: „Aber sein fleisch essen und sein blut trincken heist alhie an disem ort nichts anders dan glauben, das er unser sFnd an seinem leibe geopfert hab und sein blut vergossen zur vergebung unserer sFnde, aber also, das wir durch disen glauben mit im ein fleisch werden und mit seinem blut von den sFnden gereinigt werden.“ (Eine Disputation von der Rechtfertigung, 1551, These 58). 208 wahr. 209 welcher, wie beschaffener (... auch immer). Vgl. Art. waserlei 2), in: DWb 27, 2289f. 210 Vgl. Joh 6,51. 211 Vgl. Röm 5,9. 212 Vgl. OGA 10, 254,12–17. 213 Vgl. Röm 5,10. 214 Vgl. Apk 7,14. 215 Vgl. Röm 5,19.

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Superius prolixe refutata Osiandri sententia de uerbo iustificare, ostendimus, nihil aliud significare nisi absoluere. Osiander reprehensa aliorum sententia de uerbo Imputare, duas ipse recenset, quarum neutra significat reuera aliquid alicui dare.

Quare cum Paulus saepius dicat nobis imputari iusticiam, et non imputari peccatum, necessario non significat reuera nobis iusti-[C 3v:]ciam dari, seu (ut Osiander loquitur) infundi. Non iustificari nos iusticia essentiali sed imputatione obedientiae et paßionum Christi.

Cum ergo iusticia non detur aut infundatur, sed imputetur, Sequitur ergo nos non iusticia essentiali Christi in cor nostrum infusa iustos esse, sed imputatione obedientiae et passionum Christi.

Non negamus autem, imo potius ualde affirmamus, iustificationem Dei et imputationem iusticiae non esse quiddam tam leue, ac cum Iudex ob munera sceleratum absoluit. Ille enim cum non tam ab reatu liberat, quam solum a praesenti poena, idque iniuste. Interea enim manet tamen in eo turpitudo, quam Deus, leges, laesi, ciues et propria eius conscientia accusat, et eum ad poenas uocat.

Sed Deus potest et solet omnia nostra peccata abijcere in profundum maris, elongare ea tam procul a nobis, ac est oriens ab occidente. Sic contra tam efficaciter filio suo nostra peccata imputauit, ac si ea ipsemet patrasset, ita ut scriptura dicat Deum fecisse eum peccatum et maledictum. Eadem efficatia et nobis non imputatis peccatis imputat Christi iusticiamc Deus, perinde plane ac si nos ipsi ea Deo obedientiam praestitissemus, quam ipse patri in hac uita praestitit.

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aus: iu-|ci$.

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horsam sein (wie oben gesagt vnd darnach weiter gesagt wird), ist vngezweiffelt Gerechtigkeit. Derhalben, sofern derselbe gehorsam vnd Gerechtigkeit vnd erfFllung des Gesetzes vnserthalben geschehen vnd von Gott durch den glauben vns zugerechnet wird so fern ist sie vnser eigen vnd wir sind dadurch gerecht. Aber der spruch Pauli ist one das klar vnd hell gnug. Droben, da ich Osianders meinung vom wort ‚Rechtfertigen‘ nach der leng verlegt, hab ich beweiset, das es nicht anders heisse denn ‚Absoluiren,‘ ‚lossprechen‘ oder ‚gerecht sprechen‘. Osiander schildt den verstandt, den die andern haben vom wort ‚Zurechnen,‘ vnd macht zweierley verstand, da doch keiner etwas einem andern mit der that geben warhafftiglich bedeutet, auch seiner meinung nach. Derhalben, weil Paulus offt sagt, Wir werden gerechtfertiget Vnd die gerechtigkeit werde vns zugerechnet Vnd die SFnde werde vns nicht zugerechnet216 – So folgt ia notwendig, das solchs nicht heisse, eine wesentliche gerechtigkeit gegeben oder (wie Osiander redt) eingegossen werden. Weil denn die gerechtigkeit nicht gegeben noch eingegossen, sonder zugerechnet wird, wir auch nicht gentzlich mit der that gerecht gemacht, sondern gerecht gesprochen werden, So folgt derhalben, das wir nicht durch Christus’ wesentliche gerechtigkeit, in vnser hertz gegossen, sonder durch lossprechung vnd zurechnungu seines gehorsams vnd leidens gerecht werden. Wir leugnen aber nicht, sonder sagen viel mehr mit gantzem ernst, das die Rechtfertigung Gottes oder zurechnungv der gerechtigkeit nicht so ein leichtfertig ding sey, als wenn ein Richter einen vbeltheter geschencks halben217 losspricht. Denn er entledigt den vbeltheter nicht so fast218 von der Schuld als nur von der gegenwertigen straff, vnd solchs mit vnrechte, vnd der vbeltheter behelt gleich-[C 4v:]wol die schuld, darumb jhn one vnterlas Gott, die Rechte, die leute, der beleidigte teil219 vnd sein eigen gewissen beschFldigen vnd zur straff fordern. Gott aber kan vnd pflegt all vnsere sFnde wegzuwerffen inn abgrund des Meeres220 vnd so weit von vns hindanzusetzen wie den Aufgang vom Nidergang.221 Vnd hat dagegen seinem Sone vnsere sFnde so krefftiglich zugerechnet, als hette er sie selbs begangen. Darumb auch die schrifft sagt, Gott hab jhn gemacht zur SFnde vnd zum Fluch.222 Eben also kreftiglich rechnet vns u v

B, C: zurechung. B, C: zurechung.

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Vgl. Röm 4,6.8. geschenks halben = als Gegenleistung für ein Bestechungsgeschenk. Vgl. Art. Geschenk 1.a), in: DWb 5, 3853f. 218 sehr. Vgl. Art. fast A.5.b), in: DWb 3, 1349. 219 die Klägerpartei. Vgl. Art. Theil 2.a), in: DWb 21, 351. 220 Vgl. Mi 7,19. 221 Vgl. Ps 103,12. 222 Vgl. II Kor 5,21; Gal 3,13. 217

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Quare et statim fide iustificati tantam cordis pacem sentimus, ac si nullum unquam peccatum patrassemus, de quo nos conscientia reprehendere posset. Atque ob hanc causam Lutherus iustificare uertit gerecht machen ad exprimendam scilicet ingentem efficaciam istius imputationis. Quanquam et illud uerum est, uerbum machen non semper reale quiddam significare, sed saepe esse iudiciale, ut einen frum machen, gut machen etc.

Eodem loco superius, ubi de uerbo iustificare disserui, probaui et Paulo Ro. 4. idem esse aliquem iustificari, quod imputari ei iusticiam. Dixi etiam (quod et alioqui notissi[C 4r:]mum est) Paulum ibidem dicere, Imputari iusticiam esse idem, quod remitti, tegi, et non imputari alicui peccata, quae tria idem sunt, sed efficatiae gratia, more hebraeis solito, saepius repetita, licet Osiander diuersum sentiat. Nam qua tandem alia ueste quotidiana nostra peccata etiam post iustificationem teguntur, quam illo perpetuo, Remitte remitte nobis debita nostra?

Iustificatio nostri est remißio peccatorum.

Si ergo iustificatio nostra est secundum Paulum remissio peccatorum, certe non est aeterna illa filij Dei essentia. Quare et Lut. super 32. psal. in Summis inquit: Vnser gerechtigkeit heist auff deutsch vergebung vnser sunden oder, wie er hie sagt, Sunde nicht zurechen, Sunde bedecken, Sunde nicht sehen wollen. Da stehen die hellen durren wort, das alle heiligen sind Sunder, leben vnnd bleiben Sunder. Aber dauon sind sie heilig, das Gott aus gnaden solche sunde nicht ansehen, noch rechen, Sondern vergessen, vergeben vnd bedeckt haben will.

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Gott vnsere sFnde nicht zu, sonder die gerechtigkeit Christi in aller mas vnd weise, als hetten wir selbs in eigner person Gotte den gehorsam geleistet, welchen Christus dem Vater in diesem leben geleistet hat. Denn es bleibt gewislich war, das die schrifft sagt, das Gott allein die sFnde vergibt.223 Freilich kein schalcksrichter224 kans thun. Derhalben auch, alsbald wir durch den glauben gerechtfertigt werden, so fFlen wir solchen friede im hertzen, als hetten wir vnser lebenlang nie keine sFnde begangen, darumb225 vns das gewissen straffen k=nte. Vnd dis ist nu die vrsach, darumb D. Luther das wort Iustificare ‚gerecht machen‘ verdeudscht hat, nemlich die grosse krafft solcher zurechnungw anzuzeigen. Wiewol dis auch war ist, das das wort machen, nicht allezeit etwas wesentlichs bedeutet, sonder offt gerichtlicher weise gebraucht wird, als das mann spricht: Einen frum machen, Einen gut machen etc. An demselben ort hab ich auch droben, da ich vom wort ‚Rechtfertigen‘ geredt habe, beweiset, Das auch bey S. Paulo zun R=m. am 4. gerechtfertiget werden, eben so viel sey als ‚zugerechnet werden zur gerechtigkeit.‘ Jtem (welchs auch sonst wol bekannt) das ‚gerechtigkeit zugerechnet werden,‘ welchs Paulus am selben ort sagt, eben so viel sey als ‚die SFnde vergeben, bedeckt vnd nicht [D 1r:] zugerechnet werden.‘226 Denn diese drey wort haben einerley deutung. Vnd doch, damit der Text nach Ebreischer art deste gewaltiger laute, so sind sie offt widderholet, ob es gleich Osiander anders meinet. Denn was haben wir doch fFr ein ander kleid, dadurch vnsere sFnde, die wir teglich thun, auch wenn wir sind gerechtfertiget worden, bedeckt werden, denn das stetige ‚Vergib, Vergib vns vnser Schuldt.‘227 Jst nu vnsere Rechtfertigung nach der lehr S. Pauli Vergebung der sFnden, So ist sie ja nicht das Ewige wesen des Sons Gottes. Drumb schreibt auch D. Luther in den Summarien vber den 32. Psalm diese wort: Vnsere Gerechtigkeit heist auff Deudsch Vergebung unser SFnden, oder, wie er hie sagt, SFnde nicht zurechnen, SFnde bedecken, SFnde nicht sehen wollen. Da stehen die hellen dFrren wort, das alle heiligen sind SFnder, leben und bleiben SFnder. Aber dauon sind sie heilig, das Gott aus gnaden solche sFnde nicht ansehen noch rechnen, sondern uergessen, uergeben, und bedeckt haben wil.228 Dargegen sondert Osiander vnsere Rechtfertigung vnd gerechtigkeit von der vergebung der sFnden so weit als der Himmel von der Erden abgesondert ist. Wie stimmet nu das mit Luthero vnd Paulo? w

B, C: zurechung.

223 224 225 226 227 228

Vgl. Mk 2,7. ungerechter, korrupter Richter. Vgl. Art. Schalk II.2.a)–c), in: DWb 14, 2069f. um derentwillen. Vgl. Röm 4,3–8. Vgl. Mt 6,12; Lk 11,4. Luther, WA 38, 28,19–24 (Summarien über die Psalmen, 1531–1533).

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Quem ergo clarissimum Lutheri locum multis alijs obscuris ab Osiandro citatis praepono. Aliud enim est expresserem quam proprijssime definire, aliud inter daclamitandum, quod plerunque aliquatenus improprie fit, obiter rem attingere, quod notissimum est.

Eodem modo et 3. cap. eiusdem epistolae indicat Paulus iusticiam Dei, qua nos iustificat, esse remissionem peccatorum, inquiens, ad ostensionem iusticiae Dei per remissionem peccatorum, ubi clare apparet Paulum id dicere, quod iusticia Dei per remissionem peccatorum nobis exhibeatur et in eo consistat. Qui si Osiandri sententiam exprimere uoluisset, dixisset ad exhibitionem iusticiae suae per infusionem substantiae suae in corda piorum.

Iusticia Dei quid.

[C 4v:] Hinc etiam clare apparet, quid significet phrasis Iusticia Dei (qua tam multum Osiander confidit) in talibus locis, nempe gratuitam imputationem obedientiae et passionum Christi, et non imputationem peccati seu remissionem, quae ad discrimen nostrae humanae iusticiae Dei, iusticia appellatur. Nam et mirabili Dei consilio inuenta est, et per Dei filium acquisita, et in iudicio Dei ualet et subsistit, quorum omnia ferme contraria nostra humana seu operum iusticia habet.

Et quid tandem absurdi est hanc phrasin sic accipi, cum et aliae plurimae ei similes in sacris literis inueniantur, quas Lutherus in praefatione super primum Tomum Latinum, ubi multum de ista iusticia loquitur, enumerat?

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Diesen hellen klaren worten Lutheri gleube ich mehr denn andern viel tunckeln =rtern,229 die Osiander anzeucht. Denn es ist ein ander ding, Wenn einer eine sach klerlich mit ausgedruckten worten, auffs deutlichst er immer kan, dargibt, Vnd ein anders, wenn ers im predigen nur schlecht obenhin230 (welchs gemeinlich etwas vndeudlich et impropriex geschihet) berFret, wie jderman weis. Jch wil aber mit Gottes hFlff darnach beweisen, wie vnbillich er dieselbigen sprFch Lutheri anzeucht. Avff solche weise sagt auch S. Paulus im 3. Cap. derselben Epistel, das die Gerechtigkeit, dadurch vns Got [D 1v:] rechtfertigt, sey vergebung der sFnden, vnd spricht: „Damit er die gerechtigkeit, die fFr jhm gilt, darbiete in dem, das er vergibt die sFnde.“231 Aus welchen worten klerlich erscheinet, das S. Paulus meinung sey, das vns die gerechtigkeit Gottes durch vergebung der sFnden gegeben werde vnd darinne stehe.232 Hette er auff233 Osianders meinung reden wollen, so hette er so sagen mFssen: „Damit er seine gerechtigkeit darbiete in dem, da er die gantze G=ttliche Maiestet eingeusset in die hertzen der gleubigen.“ Hjeraus erscheint auch klerlich, was die Rede ‚Gottes gerechtigkeit‘ (darauff Osiander so sehr trotzt) an solchen =rtern heisset, nemlich gnedige zurechnung des gehorsams vnd leidens Christi vnd nicht-zurechnung der sFnden oder vergebung der sFnden, Welchs (die menschliche gerechtigkeit zu vnterscheiden) Gottes gerechtigkeit genant wird. Denn sie ist durch wunderbaren Rat Gottes erfunden vnd durch den Son Gottes erworben vnd gilt vnd bestehet fFr dem angesicht Gottes. Welchen stFcken vnsere menschliche oder werckgerechtigkeit fast gantz entgegen ist. Darumb auch dieses billich eine menschliche gerechtigkeit zum vnterscheid genennet wird, jene aber, das ist: die gnedige annemung, G=ttlich. Vnd was hindert es, das man dis w=rtlein nicht also verstehen mag, so mann doch desgleichen inn der Schrifft hin vnd wider sehr viel findet, welchs Lutherus in der Vorrede vber den ersten Lateinischen Tomum, da er viel von solcher gerechtigkeit red, erzelet.234 Aber von dieser weise zu reden hernachmals.235 Es ist ja gros wunder vnd vberwunder,236 das Paulus, dieweil sein vornempstes vnd k=stlichstes Buch ist die Epistel zun R=mern vnd er in derselbigen von den h=chsten Artickeln der Christenheit vornemlich alhie in diesem vierx

aus: in proprie.

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dunkle Örter = schwerverständliche Stellen. schlecht obenhin = andeutungsweise, skizzenhaft, oberflächlich, beiläufig. 231 Vgl. Röm 3,25. 232 bestehe. 233 im Sinne von. Vgl. Art. auf II.A.25), in: DWb 1, 613f. 234 Vgl. Luther, WA 54, 186,3–20 (Vorrede zum 1. Band seiner lat. Schriften, Wittenberg 1545). 235 nachher, später, weiter unten im Text. Vgl. Art. hernachmals, in: DWb 10, 1118. 236 unfassbares, unbegreifliches Wunder (Steigerung zu ‚Wunder‘). Vgl. Art. Überwunder, in: DWb 23, 668. 230

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Rom. 8.

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Satis clare, imo potius clarissime ratio iustificationis nostrae pingitur Rom 8. Ibi enim primum Deus sedet pro tribunali. Ad dexteram est propiciator filius. Rei nos homines stamus ante tribunal, omnes sane extremo exitio dignissimi. Alij confugiunt per fidem ad mediatorem, alij non. Pro ijs qui confugiunt fide ad Christum, intercedit ipse supplicans patri, commemorat, ut est eodem capite, Quod quia caro humana legi satisfacere non potuit, atque ita iusticia carens in ira Dei et peccato permansit, Ideo se in carnem missum, ut legi Dei pro hominibus sua perfecta obedientia satisfaceret, eaque obedientia seu iusticia ipsis credentibus imputaretur.

Eius ergo meritis, ac intercessione statim ab illo tanto iudice a culpa et poena iustificamur et absoluimur. Quin et insuper amici domesticique eius reputamur, quotquot fide mediatorem apprehendimus. Cum ue-[D 1r:]ro ille tantus iudex nos iustificat seu absoluit, quis nos audet accusare seu damnare? Si ille ipse iudex iam a nostris partibus stat, quis audet aliquid facere contra, nos accusando uel damnando? Quis ergo (inquit Paulus) nos potest separare ab illa tanta dilectione seu acceptione qua nos in Christo seu propter Christum aduocatum nostrum pater coelestis complectitur?

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den Capitel handelt, so ein vergessener,237 ja so ein falscher Lerer ist. Saget viel von der rechtfertigung vnd zurech-[D 2r:]nung des glaubens zur gerechtigkeit durch das Leiden vnd Aufferstehung Christi vnd beweisets mit dem zeugen Dauid, das vnsere gerechtigkeit sey lauter vergebung der sFnden. Er saget nirgent nicht, das nur die Substanz oder wesen der G=ttlichen Maiestet vnsere gerechtigkeit sey. Er solt fein vnterschiedlich238 geredt haben wie D. Osiander vnd gesagt: „Wir bekennen wol vergebung der SFnden durch das Leiden der menscheit Christi. Aber die Rechtfertigung oder die Gerechtigkeit der sFnder ist allein die G=ttliche Maiestet vnd wird ins hertz eingegossen.“ So verterbet er die sache gantz vnd gar vnd saget, vnsere Gerechtigkeit sey Vergebung der SFnden. Saget auch dazu solchs nicht allein fFr sein person, Sondern fFret den fromen Dauid zum zeugen, damit er seinen jrthumb bestetige, da er sagt, das das vnsere gerechtigkeit sey, wenn vns Gott die sFnde vergibt, bedeckt vnd nicht zurechnen wil. Zvn R=mern am 8. wird klar genug, ja auffs aller klerlichste abgemalet, Wie vnd auff wasserley weise wir gerecht werden.239 Denn am selben ort sitzt Gott auff seinem Richtstul, der Son, vnser Mitler, stehet zu seiner rechten. Wir beklagten stehen fFr dem Richtstul, haben alzugleich einer so wol als der ander das Helsche240 fewr verdienet. Etliche lauffen durch den glauben zum Mitler, Etliche nicht.241 Die mit dem glauben zum Mitler lauffen, dieselben vertrit er,242 Bittet den Vater fFr sie vnd erzelet (wie im selben Cap. stehet): Weil das menschliche fleisch dem Gesetz nicht hat k=nnen gnugthun vnd also one gerechtigkeit in Gottes zorn vnd SFnden blieben ist, Drumb sey Er ins fleisch gesand, auff das er dem Gesetz Gottes fFr die menschen mit seinem v=lligen gehorsam gnugthete vnd solcher gehorsam oder gerechtigkeit den menschen zugerechnet wFrde Vnd die gerechtigkeit des Gesetzes, wie alda stehet, an den armen SFndern erfFllet wFrde.243 [D 2v:] Also werden wir durch seinen verdienst vnd vorbit244 von diesem Richter der Welt alsbald von aller Schuld vnd Pein gerechtfertigt vnd Absoluiret Vnd vber dis alles fFr seine Freunde vnd Hausgenossen gerechnet,245 so viel diesen Mitler mit dem glauben ergreiffen. Weil nu dieser grosser Richter vns rechtfertigt, absoluirt vnd losspricht – Wer wil vns denn, wie daselbst stehet,246 verklagen oder verdammen? So der rich237 gottvergessener, rücksichtsloser, schamloser. Vgl. Art. vergessen 9), in: DWb 25, 420–422; Art. gottvergessen 1.a.α), in: DWb 8, 1420. 238 differenziert. Vgl. Art. unterschiedlich 7.d), in: DWb 24, 1775. 239 Vgl. Röm 8,1.34 (die im folgenden geschilderte Szenerie entwickelt Flacius aus diesem Vers, sie hat keine explizite Entsprechung in Röm 8). 240 höllische. 241 Vgl. Röm 8,28–30. 242 Vgl. Röm 8,34. 243 Vgl. Röm 8,3f. 244 Fürbitte. 245 Vgl. Eph 2,19. 246 Vgl. Röm 8,33.

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Illa ergo gratuita acceptio, dilectio Dei seu iusticia, qua nos reos Deus gratis propter Christum mediatorem amplectitur et ornat, est illa nostra Dei iusticia qua coram eo subsistimus, et per quam saluamur. Satis sane hic clare nostrae iusticiae ratio ab ipso Spiritu Sancto depicta est, nec uideo, quid quisquam amplius desideret aut dubitare possit. Redemptio nostra

Apud Deum nullum discrimen redemptionis et iustificationis

Rom. 3.

Eandem imputatam iusticiam et non essentialem testantur et testimonia, quae redemptionem nostram merito obedientiae seu passionibus Christi tribuunt. Non enim est apud Deum discrimen inter redemptionem et iustificationem, sicut Osiander uult. Dicit ipse posse inde animaduerti, quod ista duo differant, Quia homines bene possint liberare furem a poenis, sed non iustificare, uerum Deus neminem a poenis liberat, qui non sit iustificatus uel sua uel aliena iusticia. Est enim iustus iudex. Tollit prius causam, ut bonus medicus, id est, culpam, postea effectum, id est, poenas, non sicut iniusti iudices, Ac plane sicut eo ipso, quod pro aliquo captiuo numero pecuniam, eum redimo, sic eo ipso Christus nos ab iniusticia seu peccato, inferno et ira Dei liberat et redimit, quo iusticiam obedientiae suae seu satisfactionem passionum pro [D 1v:] nobis, ut ita dicam, patri numerat appenditque, et nobis eam solutionem imputat, nosque eo modo iustificat.

Cum autem redemptio nostra, obedientia, passionibusque Christi perficiatur, ut Osiander 17. facie affirmat, et scriptura saepissime testatur, necesse est et nos iustificari eius obedientia ac passionibus. Sed sine nostra probatione Scriptura id sua sponte clare affirmat Ro. 3. ubi inquit: Iustificati gratis eius gratia, per redemptionem quae est in Christo Iesu. Coniungit enim ita ibi iustificationem cum redemptione, tanquam et eo ipso iustificemur, quod per Christum redimimur, et eo ipso redimamur, quod per Christum iustificamur.

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ter jtzt selbs auff vnser seiten stehet – Wer darff etwas widder vns vornemen mit klagen oder verdammen? Wer kan vns denn (spricht Paulus)247 scheiden von solcher grosser liebe oder annemung, damit vns der himlische Vater in Christo oder vmb Christus’, vnsers Vorsprechers, willen annimpt vnd liebet? Diese Freywillige, Gnedige annemung, liebe Gottes oder gerechtigkeit, damit Gott vns beklagten vmb sonst durch Christum, den Mitler vnd ErfFller des Gesetzes, annimpt vnd zieret, ist vnsere gerechtigkeit, damit wir fFr Gott bestehen vnd dadurch wir selig werden. Hie hat warlich der heilige Geist klar gnug vorgemalet, wie es zugehe mit vnserer gerechtigkeit, vnd kan mich nicht erinnern, was einer mehr begeren solte? Eben diese zugerechenete vnd nicht wesentliche gerechtigkeit bezeugen auch die zeugnissen, die vnsere erl=sung dem verdienst des gehorsams oder leidens Christi zuschreiben. Denn bey Gott ist kein vnterscheid vnter der Erl=sung vnd Rechtfertigung, wie Osiander wil, da er sagt, Es k=nne dabey vermarckt werden, das vnter dem Erl=sen vnd Rechtfertigen ein vnterscheid sey, denn die menschen k=nnen ein Dieb wol entledigen von der straff, aber nicht Rechtfertigen. Es ist aber zu wissen, das Gott keinen von der straff entledigt, der nicht zugleich auch gerechtfertigt oder gerecht gesprochen sey durch seine eigne oder frembde gerechtigkeit. Denn er ist ein gerechter Rich-[D 3r:] ter. Hebt erstlich die Vrsach auff wie ein guter Artzt, das ist: Die schuld, darnach den Effect, das ist: die straff vnd pein. Thut nicht wie die vngerechten Richter. Vnd gleich wie ich eben damit, das ich fFr einen gefangenen gelt gebe, jhn erkeuffe vnd, wie man redet, ranzune,248 Also entledigt vnd erkeufft vns Christus von der Helle vnd Gottes zorn eben damit, das er seinen gehorsam oder gnugthuung vnd leiden oder erfFllung des Gesetzes seinem Vater fFr vns (so zu reden) bezalet vnd zuzelet vnd vns solche bezalung zurechent vnd auff solche weise durch vergebung der sFnden gerecht macht. Weil nu vnsere Erl=sung durch Christus’ gehorsam vnd leiden oder erfFllung des Gesetzes volendet wird, wie Osiander Fa. 27249 bekennet vnd die Schrifft offt bezeuget,y So folgt notwendig, das wir durch seinen gehorsam vnd leiden auch gerechtfertigt werden. Es sagt auch on vnsere beweisung die Schrifft solchs klerlich Rom. 3. mit diesen worten: „Vnd werden on verdienst gerecht aus seiner gnade durch die erl=sung, so durch Christo Jhesu geschehen ist.“250 Hie setzt er die rechtfertigung vnd erl=sung zusammen, Ja er erklert vielmehr die rechtfertigung durch die erl=sung, als wolt er sagen: Eben dadurch werden wir gerecht, das wir durch Christum erl=set werden. Vnd eben dadurch werden wir erl=set, das wir durch Christum gerechtfertigt werden.

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B; C: bezeuger.

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Vgl. Röm 8,35.38f. loskaufe, auslöse. Vgl. Art. ranzaunen, in: DWb 14, 109. Hier liegt die niederdeutsche Form vor. Vgl. OGA 10, 110,1–112,13. Röm 3,24.

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Item Eph. 1. et Colos. 1. inquit Paulus: In quo habemus redemptionem per sanguinem eius, remissionem peccatorum, ubi clare affirmat, redemptionem nostram esse remissionem peccatorum. Diximus autem superius, Paulum Rom. 4. dicere, Iusticiam nostram esse remissionem peccatorum. Dicit enim Paulus, Dauidem describere nostram iustificationem seu iusticiae imputationem Psalmo 32. per uerba, Beati quorum remissa, tecta et non imputata sunt peccata. Est ergo redemptio et iusticia idem, nempe quod Christi obedentia sic in nos transfertur, sicut in eum nostra inobedientia, non realiter scilicet, sed quadam fortissima et plane diuina imputatione. Porro prorsus nullius momenti nobis uidetur illa ratoncinatio Osiandri facie 27. et 164. quod obedientia seu passio Christi non potuerit esse nostri iustificatio, quia tunc non uixerimus, sed bene potuerit esse [D 2r:] redemptio. Quia in captiuo redimendo omnes etiam posteri eius redimantur. Nam nos non sic redimimur, quia maiores nostri tempore Christi pij fuerunt. Quae sententia nimis magnum errorem continere posset. Sed tum cum credimus in Christum, et iustificamur et redimimur. Semel enim tantum ille pontifex sui corporis sacrificio inuenit redemptionem aeternam, sed omnibus horis iustificare et saluare potest ad plenum omnes accedentes ad se, teste Epistola ad Hebraeos.

Osiander nimis et in eo duriter officium Christi secat, cum dicit eum per suam passionem tantum cum patre agere, ab eoque nobis impetrare, ut eius Essentialis iusticia nobis donetur, postea nobiscum agere tantum per praedicationem Euangelij, per quodam nobis creditum in corda nostra influat, nosque sic essentiali sua iusticia iustificet. Facit autem istam tam praecisam distractionem, ne aliquo modo imputatio sanguinis seu passionis Christi possit uideri nostra esse iusticia.

Christi obedientia perpetuus mediator.

Verum scriptura testatur nos sanguine Christi mundari, lauari, dealbari et aspergi, sicut olim in foedere cum Deo, non tantum Deo sacrificabatur, sed et populus eiusdem uictimae sanguine aspergebatur. Testatur item scriptura Hebrae. 10. Sanguine uel per sanguinem eius nos aditum ad Patrem habere, ita ut eius sanguis uere pacem inter coelestia et terrestria fecerit, ut ad Coloss. scriptum est. Est ergo sacrificium Christi et obedientia eius perpetuus quidam Mediator, semper in medio stans, per quem semper habemus [D 2v:] aditum ad patrem, ab eoque omnia bona impetramus, et non sic statim a Christo ad patrem transit, sicut pecunia semel data mercatori pro mercibus.

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Jtem Ephe. 1, Coloss. 1. sagt Paulus: „An welchem wir haben die erl=sung durch sein blut, nemlich die vergebung der SFnde.“251 Wir haben aber droben angezeigt, das Paulus zun R=mern am 4. sagt, vnsere gerechtigkeit sey vergebung der sFnden. Denn er sagt, Dauid beschreibe vnsere rechtfertigung oder zurechnung der gerechtigkeit im 32. Psalm mit diesen worten: „Wol dem, dem die vbertretung vergeben, bedeckt vnd nicht zugerechnet sind.“252 Darumb ist erl=sung vnd rechtfertigung eins, nemlich das Christus [D 3v:] gehorsam oder erfFllung des Gesetzes dermassen vns zugelegt wird gleich wie jhm vnser vngehorsam auffgelegt ist verstehe nicht wesentlich sonder durch eine sehr starcke vnd gantz G=ttliche zurechnung. Weiter: die rechnung, die Osiander macht facie 27253 vnd 164,254 ist lauter Menschentand, nemlich das Christus’ gehorsam oder leiden vnsere gerechtigkeit nicht habe sein k=nnen weil, wir zur zeit seins leidens noch nicht sind geboren gewest. Vnsere erl=sung aber habe er wol k=nnen sein. Gleich wie ein leibeigner knecht, wenn er erledigt255 wird, so werden auch alle seine Nachkommen erledigt. Hie ist zu wissen, das wir darumb nicht erl=set werden, das vnsere Voreltern zu Christus’ zeiten Christen gewesen sein. Welche meinung einen sehr grossen Jrthumb haben m=chte. Sonder wenn wir in Christum gleuben, so werden wir gerechtfertigt vnd erl=set. Denn derselbige Hohe Priester hat auff ein mal durch Opfferung seines Leibs ewige Erl=sung vnd Gerechtigkeit erworben, Kan aber alle stunden volk=mlich gerecht machen alle, die zu jhm kommen, wie die Epistel zun Ebreern zeuget.256 Er zuschneidt das Ampt Christi auch gar zu hart, indem das er sagt, Christus handele allein mit dem Vater durch sein Leyden vnd Sterben vnd erlange dadurch von jhm, das vns seine Wesentliche gerechtigkeit geschenckt wird. Darnach aber handele er mit vns durch die Predigt des Euangelij, vnd so wir demselben gleuben, so fliesse er dadurch in vnsere hertzen vnd mache vns also gerecht durch seine wesentliche gerechtigkeit. Diese zuschneidung aber macht er darumb so scharff vnd strack, auff das ja die zurechnung des gehorsams vnd des Bluts oder Leidens Christi nicht etwa fFr vnsere gerechtigkeit angesehen werde. Die Schrifft aber zeugt, das wir durch Christus’ [D 4r:] Blut gereinigt, gewaschen, weisgemacht vnd besprengt worden,257 gleicherweise wie vorzeiten im Bunde mit Gott Gotte258 nicht allein geopffert ward, Sonder das Volck ward auch mit dem blut des opffers besprenget.259 Sie zeuget auch, das wir 251 252 253 254 255 256 257 258 259

Vgl. Eph 1,7; Kol 1,14. Vgl. Ps 32,1f. Röm 4,6–8; oben bei Anm. 228. Vgl. OGA 10, 110,1–15. Vgl. OGA 10, 248,24–250,3. aus der Leibeigenschaft befreit. Vgl. Art. erledigen 1), in: DWb 3, 896. Vgl. Hebr 10,12–18. Vgl. I Joh 1,7; Apk 1,5; 7,14; Jes 1,18; I Petr 1,2. (Dativ zu ‚Gott‘). Vgl. Ex 24,8.

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Ex praedicto loco ad Hebraeos possumus huiusmodi ualidum argumentum formare. Quicquid id est quo ornati e freri coram Dei tanquam iam patre nostro comparere possumus, id oportet esse iusticiam nostra. Nam Deus iustus nihil aliud uult habere nisi iusticiam, sicut inquit: Estote sancti, Quia et ego sanctus sum. Sed in sanguine seu per sanguinem Christi, id est, per eius passiones habemus ad patrem accessum, Hebrae. 10. Ergo imputatio passionum et obedientiae Christi est nostra iusticia. Non igitur potest, ne hic quidem, secundum istas nouas Grammaticas Osiandri sanguinis diuinitatem Christi significare, ut ex contextu apparet. Alioqui quoniam disputatio praecipua est de iusticia qua coram Deo subsistere, eumque accedere et patrem appellare possumus secundum Osiandrum, oporteret neglecto sanguine Christi tantum cogitare oraturum: Ego scio me habere diuinitatem Christi in meo pectore, ea aeterna maiestas habet essentialem, et aeternam illam iusticiam, quae per incarnationem ac passionem neque diminuta neque aucta est. Ea ergo fretus te omnipotentem Deum coeli, et terrae creatorem accedo, et ob eam, ac per eam in hac uel in illa re tuam opem imploro, quod quam pie fieret Christianus homo perpendat.

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durch Christus’ opffer volendet werden.260 Jtem Heb. 10. Das wir in oder durch sein Blut einen zugang zum Vater haben,261 also das sein Blut warhafftiglich Friede gemacht hat zwischen dem, das auff erden, vnd zwischen dem, das im Himel ist, Wie zun Colossern geschrieben stehet.262 Darumb ist das opffer Christi vnd sein gehorsam ein steter Mitler, Welcher zu allen zeiten zwischen Gott vnd vns stehet, durch welchen wir ein zugang zum Vater haben vnd alles gute von jhm erlangen, Vnd feret nicht so bald vnd gar263 von Christo zum Vater, wie das gelt, das mann dem kauffman fFr die wahr gibt, jhm in die tasche von vns feret. Avs gemeltem ort zun Ebreern k=nnen wir ein solch starck argument schliessen: Was das ist, damit wir also gerFstet, gezieret, erh=het oder geheiliget werden, das wir nu fFr Gotte als vnserm gnedigen Vater erscheinen dFrffen, es sey nu, was es w=lle, das mus vnsere gerechtigkeit sein. Denn weil Gott gerecht ist, so wil er nichts anders haben denn gerechtigkeit. Wie er sehr offt sagt: „Seid heilig, denn ich bin auch heilig.“264 Aber im Blut oder durchs blut Christi, das ist: durch sein leiden, haben wir einen zugang zum Vater, Ebre. 10.265 Drumb ist die zurechnungz des leidens oder des gehorsams Christi vnsere gerechtigkeit Vnd kan derhalben nicht an diesem ort nach der newen Grammatica des Osiandri das blut die Gotheit Christi bedeuten, wie aus dem Text gnugsam erscheinet. Sonst sintemal die vornempste Disputation ist von der gerechtigkeit, dadurch wir fFr Gott bestehen, fFr jhn treten vnd jhn einen Vater nennen k=nnen, So mFste nach Osianders meinung einer, der da beten wolte, das Blut [D 4v:] Christi faren lassen vnd so gedencken: „Jch weis, das ich die Gottheit des Vaters, Sons vnd heiligen Geists inn meinem hertzen hab. Diese ewige Maiestet hat eine wesentliche, ewige gerechtigkeit, welche durch die menschwerdung vnd leiden weder geringert noch vermehret oder verbessert ist. Derhalben verlasse ich mich auff dieselbige vnd trete fFr dich, Almechtiger Gott, Schepffer Himels vnd Erden, von jhrent wegen vnd durch sie begere ich, du wollest mir in diesem oder in jenem behFlflich sein.“ Wie Christlich ein solch gebet sein wFrde, mag ein Christ selbs betrachten. Denn was ist das anders, denn mit Gott one Mitler handeln? Ach, was sol man sich viel zancken, das einige Argument kan die Sach gnugsam266 erkleren vnd beweisen:

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B, C: zurechung.

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Vgl. Hebr 10,14. Vgl. Hebr 10,19–21. Vgl. Kol 1,19f. vollständig. Vgl Art. gar III.2.d.α), in: DWb 4, 1321. Vgl. Lev 19,2; I Petr 1,15f. Vgl. Hebr 10,19–21. hinlänglich, ausreichend. Vgl. Art. genugsam 3.a), in: DWb 5, 3515.

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[D 3r:] Addam adhuc unicum argumentum. Prorsus qua ratione putabantur homines sanctificari et iustificari per Iudaicas uictimas et expiationes, quae erant umbrae et picturae illius uere sanctae et sanctificantis uictimae, et in externa specie coram hominibus sanctificabantur,d Ea ratione reuera per Christi sacrificium et satisfactionem mundantur, purificantur, sanctificantur et iustificantur. Illa enim sacrificia Christi pictura et typus fuerunt. Sed uidebantur (et sane etiam scriptura saepe sic loquitur) sacrificantes ideo sanctificari et iustificari, quia ipsorum quidem peccata et immundicies in uictimam translata, meritum uero seu gratia sacrificij Deo oblati sibi imputata, et in se translata essent. Ergo eodem modo et nos per Christum sancti iustique sumus, quia scilicet tum nostra peccata in eum translata sunt, tum eius obedientia et satisfactio nobis imputata. Hac sane collatione efficaciae typicorum illorum sacrificiorum et ueri sacrificij Christi plurimum Epistola ad Hebrae. utitur, inter alia inquit: Si sanguis taurorum et hircorum et cinis uituli sanctificat: Quanto magis sanguis Christi mundabit nos etc. Vnde certo sciri potest hoc non esse nostrum commentum, sed scripturae ueritatem. [Fortsetzung der lateinischen Version unten S. 330]

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aus: sanctifi-|bantur.

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Jsaias setzt sehr klerlich vnd ausdrFcklich, das die Rechtfertigung der SFnder stehe im wegnemen der sFnden, da er spricht: „Durch sein erkentnis wird er, mein Knecht, der gerechte, viel gerecht machen. Denn er treget jhre SFnde.“267 Wie er denn auch in dem folgenden Text sagt: „durch seine wunden sind wir geheilet.“268 Durch welche wort vnd dergleichen er angezeigt hat, das das leiden vnd gehorsam oder verdienst des leidens vnd gehorsams Christi, welcher das gesetz vberschwenglich erfFllet hat, so vns durch den glauben zugerechnet wird, bringe vnd gebe vns solche gesundheit, durch welche vnd mit welcher wir ewiglich leben k=nnen. Auff diese weise wird sonst sehr offt in der Schrifft gesagt, das wir durch das Blut Christi gereiniget, besprenget, abgewaschen vnd geheiliget werden.269 Gantz gleicherweise, wie man vorzeiten hielt, das die Leut durch die JFdischen versFnungen, welche des rechten, heiligen vnd heiligmachenden opffers nur ein schaten vnd vorbilde waren, gerechtfertiget vnd im eusserlichen schein fFr den menschen geheiligt wFrden, Also werden sie warhafftiglich fFr Gott durch Christus’ Op-[E 1r:]ffer vnd gnugthuung gereinigt, geheiligt vnd gerechtfertigt. Denn jene opffer waren nur gemelde vnd vorbilde des Herrn Christi.270 Vnd ward gleichwol dauor gehalten (Es redet auch die Schrifft offt also), das, die da opfferten, geheiliget vnd gerechtfertigt wFrden, darumb das jhre SFnde vnd vngerechtigkeit auffs opffer gelegt, der verdienst aber oder gnugthuung des opffers, welchs Gotte geopffert ward, jhnen zugerechnet vnd auffgelegt wFrde. Auff solche weise sind wir durch Christum auch heilig vnd gerecht, nemlich darumb, das vnsere SFnde auff Jhn gelegt vnd seine erfFllung des Gesetz, verdienst vnd gnugthuung Vns zugerechnet ist. Dieser vergleichung der FigFrlichen opffer im Alten Testament vnd des Newen opffers Christi braucht die Schrifft offt vnd viel zun Ebreern. Vnter andern worten sagt sie: „So der Ochsen vnd der B=cke blut vnd die Asche von der Kue gesprenget vns heiliget – Wie viel mehr wird das Blut Christi vns reinigen?“271 Daraus man gnugsam schliessen kan, das dis nicht vnser eigen gedicht oder traum, sonder die warheit der heiligen schrifft ist,

267 268 269 270 271

Jes 53,11. Jes 53,5. Vgl. I Joh 1,7; I Petr 1,2; Apk 7,14; Hebr 10,29. Vgl. Hebr 8,5; 9,11–15.24–28; 10,1. Hebr 9,13f.

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Vnd das wir auff die weise geheiliget vnd gerechtfertigt werden, wie itzt gesagt, nemlich das vnsere SFnde Christo, vnd sein verdienst vnd erfFllung des Gesetzes vns zugerechnet werden. Christus, Johan. am 17., spricht: „Jch heilige mich selbs fFr sie, das auch sie geheiliget seien.“272 Paulus zun Ephe. am 5.: „Christus hat sich gegeben fFr die Kirch, auff das er sie heiliget, vnd hat sie gereiniget“273 etc. Ebre. 10: „‚Sie, ich komme, zu thun, Gott, deinen willen.‘ Da hebet er das erste auff, das er das ander einsetze, in welchem willen wir sind geheiliget, ein mal geschehen durch das opffer des leibes Christi“274 etc. Hie gibt die Schrifft die heiligung des SFnders dem gehorsam vnd leiden Christi. Jtem am selben ort: „Mit einem opffer hat er in ewigkeit volendet, die geheiliget werden.“275 [E 1v:] Was k=nt doch klerlicher gesagt werden widder den Osiander, denn das wir von Christo durch ein einigs opffer volendet sein oder volkommen werden? Er sagt nicht, das wir nur angefangen vnd nur ein stFck der rechtfertigung empfangen haben vnd darnach eine andere rechtfertigung nemen werden aus der Gottheit Christi allein, Sonder wir sind mit einem opffer volendet. Jtem, wir sind durchs blut des Testaments geheiliget,276 Ebre. 13: „Darumb auch Jhesus, auff das er heiligte das Volck durch sein eigen blut, hat er gelieden aussen fFr dem thor.“277 Diese sprFch alzumal zeigen an, das wir durchs blut Christi geheiliget sein. Mit dem blut Christi aber geheiliget werden heist ebensoviel als mit dem Blut Christi gerechtfertiget werden. Also bezeugen diese SprFch alzumal, das wir durchs Blut Christi gerechtfertiget werden. Der heilige Geist sagt durch den Altuater Zachariam Lucae am ersten von Joanne dem Teuffer also: „Vnd erkentnis des heils gebest seinem Volck, die da ist in vergebung jhrer SFnden.“278 Alhie h=ren wir klerlich, das vnser heil stehe in vergebung der sFnden. So ich derhalben in vergebung der sFnden eine solche gerechtigkeit habe, dadurch ich warhafftiglich selig werden kan, wil ich mich warlich nicht sehr hoch bekFmmern von wegen der andern des Osiandri gerechtigkeiten, ob sie eine Substantia oder Qualitates, Actiones oder Passiones, Schepffer oder Creaturn sein. Vnd wil auch nicht sehr sorgfeltig279 sein vber das seltzame Wunderthier, das Osiander gerechtigkeit nennet vnd also abmalet, das vns recht zu thun treibe vnd one welchs wir nicht gerecht

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Joh 17,19. Vgl. Eph 5,25f. Vgl. Hebr 10,7.9f. Hebr 10,14. Vgl. a. Mt 26,28. Hebr 13,12. Vgl. Lk 1,77. besorgt, ängstlich. Vgl. Art. sorgfältig 1.a.α), in: DWb 16, 1793.

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sein k=nnen. Ein solch ding ist auch Fides historica vnd die krafft der Seelen, damit sie vrteilet, was recht oder vnrecht, was Gott angenem oder nicht sey. Zv diesem gezeugnis kan man auch recht wol das hinzuthun, das der Engel saget, das Jhesus werde selig [E 2r:] machen sein volck von jhren sFnden.280 Mit welchen worten er anzeigt, das, dieweil Christus die seinen warhafftig von den sFnden erl=set hat, sie alsbald selig werden, vnd jhr Heil stehet in deme, das jhnen die sFnde vergeben werden, Vnd nicht in der wesentlichen gerechtigkeit Gottes des Almechtigen, wie Osiander wil. Eine GrGndliche vnd klare beschreibung vnserer Rechtfertigung.

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Bjsher hab ich mit vielen klaren Argumenten der Schrifft die gew=nliche meinung vnserer Kirchen beweiset, nemlich das die SFnder, so sie gleuben, durch die erfFllung des Gesetzes Gnugthuung vnd verdiensts des gehorsams vnd leidens Christi gerechtfertigt werden. Auff das aber der gantze handel vnserer Seligkeit deste besser gesehen vnd nicht dauor gehalten werde, als wolt ich die gewissen, so dis h=ren oder lesen, mehr verwirren vnd verdrFcken denn leren, So wil ich vber die vorige beschreibung noch zum vberflus mit Christus’ hFlff die gantze sach vnserer seligkeit von der Schepffung her fur mich nemen281 vnd in etliche Artickel verfassen vnd also diese gantze lehr gleichsam in einer Tafel jedermanne fFr augen stellen. Auff das ein jeder, der dieses h=ret oder lieset, die warheit klerlich fFr augen sehen vnd gleichsam mit den henden greiffen m=ge Vnd dieser lehr nicht ehe beyfallen dFrffe, er verstehe sie denn zuuor klerlich vnd sehe, das es die lautere warheit sey. 1 Gott erfodert gehorsam von allen Creaturn, doch von einer jeder nach jhren art vnd mas, dazu er sie erschaffen hat. Wenn sie nu solchen gehorsam leisten, so sind sie auch gerecht fFr Gott, doch eine jede nach jhrer art vnd besondern gerechtigkeit. [E 2v:] 2 Gott hat den menschen erschaffen zum allerh=chsten gehorsam, das er solt heilig vnd gerecht sein, Wie Got selbs ist, nach dem spruch, der so offt in der Schrift widderholet ist: Jhr solt heilig sein, denn ich bin heilig.282 Denn sintemal Got gerecht ist, So fodert er nichts denn gerechtigkeit. Er hat auch den menschen also geschaffen, das er solchen gehorsam oder gerechtigkeit leisten konte. Denn er hat jhn geschaffen nach seinem bilde vnd gleichnis.283 Wenn nu der Mensch solchen gehorsam volk=mlich leistete, so were er warhafftig heilig vnd gerecht, wie Gott selbs ist, doch seiner mas, Were nach

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Vgl. Mt 1,21. fur mich nemen = mir vornehmen, behandeln, durchnehmen. Vgl. Lev 11,45; 19,2; 20,26. Vgl. Gen 1,27.

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dem hertzen des gerechten Gottes, Were seinem bilde ehnlich vnd gantz gerecht, wie jtzt die heiligen Engel sind. 3 Dieses sein Ebenbilde GFtigkeit, Heiligkeit, Gerechtigkeit vnd Gehorsam, den Gott vom menschen erfodert, hat er dem menschen auch im Gesetz vorgemalet. Wer solches thut, dem hat Gott verordent, das er leben sol.284 Wer es nicht thut, der sol des Todes sterben. Drumb h=rt das Gesetz nicht auff, zu schreien jmmerdar: Seid heilig vnd gerecht, wie auch Gott gerecht ist.285 Jtem: Es h=rt nicht auff, die gerechtigkeit, das ist gehorsam, von den menschen zu fodern vnd den vngehorsam mit der straff zu drawen.286 4 Derhalben, nachdem der Mensch gesFndiget, ist er aus dem leben in den ewigen Tod gefallen. Das Gesetz aber – das ist die gerechtigkeit vnd heiligkeit Gottes – h=rt gleichwol nicht auff, heiligkeit vnd gerechtigkeit vom menschen durch das Gesetz zu fordern mit der stim: Seit heilig etc. Vnd ist nu solche pflichtige gerechtigkeit in zwey stFck geteilet. Zum ersten, das wir volkomene straff geben vor die vorige missethat. Zum andern, das wir Gotte hernachmals volk=mlichen gehorsam leisten, wo wir wollen ewiglich leben. [E 3r:] 5 Weil aber kein Mensche dieser Handtschrifft des Gesetzes, Willens, Bildes, Heiligkeit vnd Gerechtigkeit Gottes, welche die bezalung solcher zwifachen schuld erfordert, gnugthun vnd derhalben fur sich weder gerecht sein noch leben kan, So ist Christus komen, welcher beyde stFck auffs aller reichlichste vnd volkommenste nicht allein fur einen menschen, Sonder fur die gantze Welt geleistet hat, Vnd hat also die gerechtigkeit oder heiligkeit oder gehorsam, welcher durchs Gesetz vnd durch Gott erfodert ward vnd von menschen solte geleistet werden, dem menschlichen geschlecht zu gut erworben. 6 Diese seine reiche gnugthuung vnd gerechtigkeit thut vns Christus durch den glauben so krefftiglich zurechnen, gleich als hetten wir sie selbs geleistet. Vnd wenn wir derhalben mit dieser gerechtigkeit Christi begabt vnd gezieret sein, so sind wir gerecht fur Gott durch die h=chste gerechtigkeit werden mit Gotte versFnet vnd gefallen jhm gleich als hetten wir selbs in eigner person diese zweyerley gerechtigkeiten das ist die Gnugthuung fur die sFnde vnd ErfFllung des Gesetzes geleistet. 7 Vnd mit diesem (das ich so rede) Gelde hat vns Christus von Gott, der zuuor mit vns zFrnete, gnad vnd ewigs leben erkaufft. Denn sintemal Gott gerecht ist, so nimpt er (so zu reden) keine andere MFntz denn gerechtigkeit. Diesen Geltschatz aber hat Christus (wie gesagt) gar allein erworben, nach

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Vgl. Lev 18,5; Lk 10,28; Röm 10,5. Vgl. I Petr 1,16. Vgl. Ex 20,5f.

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dem spruch: „Er ist durch sein eigen Blut einmal in das heilige eingegangen vnd hat eine Ewige erl=sung erlanget.“287 8 Vber das aber, das vns Christus diesen seinen gehorsam vnd gerechtigkeit schenckt, So gebiert er auch die gleubigen widerumb new durch schenckung des heiligen Geists. Ja, er auch selbs sampt dem Vater wonet in vns, vnd schenckt vns also Gott seine wesentliche gerechtigkeit, Weisheit vnd sich selbs doch nach seiner maß. Solche [E 3v:] widdergeburt vnd vereinigung mit Got sind warhafftiglich die erstlinge vnd ein pfand des ewigen lebens, wies die schrifft nennet,288 vnd sind nicht die rechtfertigung oder versFnung selbst, dadurch wir erst zu Gott, zum ewigen leben vnd seligkeit widderumb kommen. Dis stFck wil ich hernach besser erkleren vnd beweisen. 9 Hieraus erscheinet auffs aller klerlichste, das vnsere gerechtigkeit, dadurch vnd vmb welcher willen wir aus Gottes abgesagten289 Feinden seine Kinder vnd Hausgenossen werden, nichts anders ist denn der gantze gehorsam Christi, dadurch er auffs allervberflFssigste die straff, die dem Gesetz von wegen der SFnde vom gantzen menschlichen geschlecht solte gegeben werden, bezalet vnd dem Gesetz auffs allervolk=mlichste den gehorsam geleistet hat, vnd also das Gesetz mit seinem leiden vnd gehorsam erfFllet vnd vns dieselbige ERFVLLVNG durch den glauben so krefftiglich vnd volk=mlich zugerechnet, als hetten wir selbs in eigner person solchs ausgerichtet. 10 Drumb ist offenbar, das Osiander gar nicht betracht weder die krafft des Gesetzes, noch den verdienst Christi, weil er leugkent, das der gehorsam vnd Leiden Christi (Welchen gehorsam vnd leiden er darumb ertragen hat, das der gerechtigkeit vnd dem Gesetz Gottes gnug geschege) gerechtigkeit sey vnd vns gegeben werde, auff das sie fFr Gotte vnsere gerechtigkeit vnd vns eine Vrsach des Ewigen lebens sein soll. Diese gerechtigkeit des Mitlers Christi lest er stehen vnd fellet stracks fFr sich dahin290 aus eigner durst291 vnd freuel auff die gerechtigkeit, die da Gott Vater, Son vnd heiliger Geist in jhrer Maiestet ist, Welche durchs leiden Christi wedder gemehret, gebessert noch geringert ist. 11 Denn das Gott vnd das Gesetz gerechtigkeit erfodern (daraus alle diese Artickel fliessen) Vnd das volk=mliche erfFllung des Gesetzes gerechtigkeit sey fFr Got, [E 4r:] wiewols an sich selbs offenbar ist, so k=nnen doch sehr viel beweisungen dargethan werden:

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Hebr 9,12. Vgl. Röm 8,23; II Kor 1,22; 5,5; Eph 1,14. erklärten. Vgl. Art. abgesagt, in: DWb 1, 47. fellet stracks für sich dahin = verfällt unmittelbar darauf. Verwegenheit, Kühnheit, Frechheit. Vgl. Art. Durst [I], in: DWb 2, 1746f.

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Erstlich: Deut. am 6. stehet mit ausgedruckten worten, das es gerechtigkeit fFr Gott sey, wenn einer alle seine Gebot heltet.292 Esaias spricht auch: „Wirstu meine Gebot halten, so wird deine gerechtigkeit sein wie die Wellen des Meeres.“293 Desgleichen zun R=mern am andern stehet klerlich: „Die das Gesetz halten, werden gerecht sein fFr Gott.“294 Rom. 7. sagt Paulus mit klaren worten, das Gesetz sey heilig, gerecht, gut, geistlich. Sey gegeben zum leben. Das es aber nicht gerecht mache, nicht lebendig mache, sey diese Vrsach, das wir fleischlich sind vnd jhm nicht k=nnen gnug thun.295 Desgleichen zun R=mern am 8. stehet, das die rechtfertigung des Gesetzes dadurch in vns sey zuwegen bracht, das Christus dem Gesetz hat gnug gethan, Welchs vnserm fleisch vnmFglich war.296 Roma. 10: „Christus ist des Gesetzes Ende“ – oder ErfFllung (wie es die lerer deuten). „Wer an den gleubt, der ist gerecht.“297 Derhalben, weil das Gesetz (das ist Gottes gerechtigkeit oder der gerechte Got) die volkomene gnugthuung von Christo annimpt, die vns zugerechnet vnd zugeschrieben ist, So vrteilt es vns in der warheit gerecht. Galat. 3: „Wenn ein Gesetz gegeben were, das da k=nte lebendig machen, so keme gerechtigkeit warhafftig aus dem Gesetz.“298 Welchs eben so viel ist, als da zun R=mern am 7. vnd 8. stehet: Wenn wir dem Gesetz volk=mlich k=nten gehorsam sein, so weren wir warhafftig dadurch Selig. Nu aber ist das gesetz durch vnser Fleisch oder von wegen vnsers Fleisches, die wir nicht geistlich, sonder Fleischlich sein, geschwecht. Drumb hat jhm Christus mFssen genug thun, auff das die rechtfertigung des Gesetzes in vns wFrde ausgerichtet.299 Zun Philippern am 3. sagt Paulus, er habe gerechtigkeit aus dem Gesetze, welche [E 4v:] er doch als vnuolkomen verwirfft (denn er das gesetz nicht volk=mlich erfFllet), vnd leufft zur gerechtigkeit Christi, der das Gesetz volk=mlich erfFllet hat.300 12 Die Schrifft zeuget, das Christus, wiewol er fFr seine person allezeit gantz volk=mlich gerecht ist gewest, fFr vns zum Fluch vnd zur SFnde sey worden.301 Derhalben hat Christus durch sein leiden vnd gehorsam entweder das Contrarium erlangt, nemlich das er Gerechtigkeit vnd Segen worden, oder ist gentzlich im Fluch vnd SFnden blieben, Welchs zu sagen gantz Vnchristlich ist. Darumb hat er Gerechtigkeit vnd Segen erworben vnd sich aus dem Fluch 292 293 294 295 296 297 298 299 300 301

Vgl. Dtn 6,25. Jes 48,18. Vgl. Röm 2,13. Vgl. Röm 7,10–16. Vgl. Röm 8,1–4. Röm 10,4. Gal 3,21. Vgl. Röm 7,22f; 8,3f. Vgl. Phil 3,4–9. Vgl. Gal 3,13; II Kor 5,21.

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vnd SFnden ausgewircket. Welche stFck er doch nicht Jhm, sonder Vns erworben hat, gleich wie er auch nicht jhm oder von seinet wegen SFnde vnd ein Fluch gewesen ist, sonder von vnsert wegen. Er hat aber endlich Gerechtigkeit vnd Segen erworben, nachdem er die Handschrifft ans Creutz gehefftet,302 das gefengnis gefangen genommen303 vnd vber SFnde oder vngerechtigkeit, Tod, Teuffel vnd Helle triumphiret304 vnd dis Vnzifer305 alzumal (nach dem ers vberwunden vnd erlegt vnd vmb vnserer gerechtigkeit willen widder aufferstanden vnd in die h=he gefahren ist)306 fFr jederman =ffentlich schawgetragen307 hat. 13 Was Schreiet die gantze Schrifft anders, denn das diejenigen, die Gotte vnd seinem Gesetz gehorsamen, gerecht sein vnd belonung von jhm empfahen werden? On allein das dieser gantz vnuolkomener gehorsam der menschen mehr fur den Leuten denn fFr Gott (wie die schrifft von Abraham sagt)308 fFr gerechtigkeit gehalten wird Vnd mehr eusserliche oder jrdische denn ewige belonung erlanget. 14 Derhalben, weil das Gesetz gerechtigkeit erfodert vnd volkomene erfFllung des Gesetzes ware gerechtigkeit ist fFr Gott Vnd Christus, Gott vnd mensch, durch sei-[F 1r:] nen gehorsam vnd leiden das Gesetz auffs aller volk=mlichste erfFllet vnd vns dieselbe erfFllung, gleichsam hetten wir sie selbs gethan, zugerechnet hat – Wie kan man denn zweifeln, das diese erfFllung des Gesetzes, durch Christum geschehen, vnsere gerechtigkeit sey fur Gott? Durch welche vnd von welcher wegen wir aus der Hellen vnd Tode in Himel vnd Ewiges leben widderumb komen, Durch welche vnd von welcher wegen wir aus Gottes feinden seine Freunde, Hausgenossen309 vnd eins mit jhm werden, Durch welche Er inn vns wonet vnd wir jhn endlich im ewigen leben mit augen sehen werden,310 Durch welche wir teilhafftig werden vnd empfahen die erstlinge aller seiner gFter vnd Gottheit, die wir darnach in jenem leben gantz vnd volk=mlich geniessen vnd gebrauchen werden. 15a Vnd dieweil ich mir inn diesem teil fFrgenomen habe, die weise vnd form vnserer Rechtfertigung vnd vnsers Heils, so klar ich immer kan, zu erkleren, so wil ich derhalben kFrtzlich auch etwas von dem sagen, was wir jezund a

C; nicht in B.

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Vgl. Kol 2,14. Vgl. Eph 4,8 (Luther 1545). 304 Vgl. I Kor 15,54–57. 305 Schädliche, Verderbliche, Widerliche. Vgl. Art. Ungeziefer II.1), in: DWb 24, 945f. 306 Vgl. Röm 4,25; Eph 4,8–10. 307 im Triumph zur Schau gestellt, der Verachtung preisgegeben. Vgl. Art. schautragen, in: DWb 14, 2378f. 308 Vgl. Gen 15,6; Röm 4,3; Jak 2,21–23. 309 Vgl. Eph 2,19. 310 Vgl. I Kor 13,12. 303

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mehr durch Christum bekomen, denn wir durch die SFnde verloren haben, vnd, so Adam nicht gesFndiget hette, gehabt hetten. Von diesem Handel haben auch die Veter geleret, vnd ist furwar viel dran gelegen vnd wol werd, das er auffs aller reichlichste vnd deutlichste erkleret vnd ausgeleget wFrde. Aber ich hab jtzund nicht wol die weil, darumb wil ich kFrtzlich vberhin lauffen. Jch halte es dauor, das zwey ding fFrnemlich sein, die wir volk=mlicher durch Christum bekommen, denn wir sie zuuor durch Adam verloren haben: Das eine ist die gerechtigkeit oder vberschwenckliche erfFllung des Gesetzes, die da stehet im leiden vnd gehorsam Christi, dadurch wir alhie auff erden gerechtfertiget werden. Denn Christus, der nicht allein ein mensch, sondern auch ein geliebter Son Gottes ist, hat viel, viel volk=mlicher fur vns dem Gesetzeb oder Gerechtigkeit Gottes gnug gethan, denn je die menschliche Natur gekont hette, ob sie gleich [F 1v:] nicht gefallen were, oder auch die Engelische jtzund kan. Derhalben, so volgt aus diesem: Dieweil die gerechtigkeit oder erfFllung des Gesetzes, durch Christum geschehen, vnser ist, das wir fur Gott viel gerechter vnd jhm viel angenemer sind, denn die menschliche Natur, so sie nicht durch die SFnde verderbet were, hette sein k=nnen. Das ander ist, das wir jetzund eine gr=ssere vereinigung haben mit Gott, denn wir in der vnuerterbten Natur gehabt hetten oder auch die Engel jtzund haben. Denn Gottes Son hat vnser fleisch an sich genomen, cvnser haubt wordenc vnd hat gewolt, das wir fleisch von fleisch vnd gebein von seinem gebein seien. Welche vereinigung mit Gott, wie gros sie alhie in den erstlingen des Geistes sey Vnd wie volkomen sie in jenem leben werden wird, wir jtzund mit vnsern sinnen nicht begreiffen, viel weniger mit worten ausreden311 k=nnen. Dis hab ich auff dis mal kFrtzlich wollen von dem sagen, das wir mehr vnd gr=ssers durch Christum bekomen, denn wir durch den ersten menschen Adam verloren haben. Welchs ich thue beide312 der kFrtze halben vnd darnach auch, das ich solche vertunckelte313 geheimnis Gelertern vnd Treflichern leuten zu erforschen vnd zu er=ffnen heimstelle. Vnd wird villeicht auch viel besser sein, das wir dis durch den glauben erwarten, denn das wir alzu frech der Sachen nachdencken, bis wir in gr=ssere Jrthume fallen. Welchs Osiandro vnd den Widderteuffern vnd Schwermergeistern widderferet, die alzumal also314 von der widdergeburt der SFnder reden, als weren wir schon eitel G=tter worden.

b

C: Gesetzt; B: Gesetz. C; nicht in B.

c–c 311 312 313 314

aussagen, aussprechen. Vgl. Art. ausreden 1), in: DWb 1, 930. aus zwei Gründen, nämlich zunächst einmal ... schwer erkennbar, schwer erfassbar. Vgl. Art verdunkeln 3.a), in: DWb 25, 259f. auf solche Weise. Vgl. Art. also 1), in: DWb 1, 261.

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Christus vber die wesentliche gerechtigkeit seiner Gottheit noch eine andere gerechtigkeit gehabt habe.d

[F 2r:] Bisher haben wir durch Christus’ hFlff gnugsam (wie ich verhoff) mit vielen klaren zeugnissen der heiligen schrifft beweiset, das wir durch den gehorsam vnd Leiden Christi gerechtfertigt werden. Haben auch den gantzen Handel vnserer seligkeit mit kurtzen worten mehr denn einmal erkleret vnd ausgestrichen, das also ein Christ, so viel diesen handel betrifft, hiedurch gnugsam vnterricht vnd gesterckt kan werden. Weil aber Osiander selbs die Summa dieses gantzen Handels darauff setzt, das die, so es nicht mit jhm halten, beweisen sollen vnd mFssen, das Christus zweierley gerechtigkeit gehabt habe, So wollen wir derhalben mit Christus’ hFlff dasselbe auch zum vberflus beweisen, Auff das, wenn solchs geschehen, Osiander selbs bekennen mFsse, das die gew=nliche meinung vnserer Kirchen gnugsamlich beweiset sey. Solchs aber zu beweisen, were sehr nFtzlich, das wir wissen m=chten, was gerechtigkeit ist. Denn des Osianders Definition, weil sie tunckel vnd falsch ist (denn sie begreiffe den Historischen glauben, Welcher auch bey den Gottlosen vnd Teuffeln ist)315 haben wir droben billich verworffen. Derhalben wollen wirs dabey bleiben lassen, das Gottes gerechtigkeit sey seine wesentliche tugent, dadurch er (wie er sich in den zehen Gebotten erkleret) das gute liebet, thut vnd f=rdert, das b=se aber hasset, vermeidet vnd strafft. Des menschen gerechtigkeit aber sey, mit hertzen vnd mit der that volk=mlich vnd bestendiglich dem Gesetz Gottes gehorsamen316 vnd sich gleichf=rmig vnd anhengig machen dem bilde Gottes, dazu wir geschaffen, vnd die in den zehen Gebotten ausgedruckt ist. Diese warhafftigene Definitiones ist nicht fast n=tig zu beweisen. Denn der gerechte Gott, der die gerechtigkeit liebet, vnd der heilige Got, der vns auch wil heilig haben, hat seinen willen vnd sein hertz in den zehen geboten abgemalet Vnd vermanet, heisset vnd gebeut, das wir vns demselben gleichf=rmig vnd anhengig machen sollen. Die [F 2v:] solchs mit dem hertzen vnd eusserlichen wandel bestendiglich thun, die heisset er gerecht, die widerwertigen aber heisset er vngerecht. Jch wil aber hie nicht viel Disputiren, ob die Tugent eine qualitas oder actio sey. Denn auch die Philosophi setzen die Tugent im thun, vnd die Schrifft nennet die guten werck, die von hertzen gehen vnd bestendiglich vnd verharrlich geschehen, gerechtigkeit.

d–d e

C; nicht in B. B; C: warhafftige.

315 316

Vgl. Jak 2,19. gehorchen, Gehorsam leisten. Vgl. Art. gehorsamen 2), in: DWb 5, 2539f.

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Drumb wollen wir die Sach selbs fFr vns nemen, nemlich Das Christus zweierley gerechtigkeit gehabt habe. Das er nu die G=tliche gerechtigkeit allezeit habe vnd von ewigkeit gehabt habe, welche er auch allezeit gehabt hette, wenn er gleich nymmermehr were mensch worden, Daran zweiffelt kein Christ. Derhalben mFssen wir seine andere gerechtigkeit beweisen, nemlich die er nach seiner menschwerdung vns zu gut erworben hat. Zum ersten schreiet die gantze Schrifft, das gehorsam gegen Gott gerechtigkeit sey, Wie Esaias spricht: „So du wirst halten meine Gebot, so wird deine gerechtigkeit sein wie die Wellen des Meeres.“317 Solchs bezeugen auch andere sehr viel =rter, derer ich etliche droben gesatzt, etliche sonst wol bekannt sein. Vngehorsam ist furwar Vngerechtigkeit – Wie solte denn Gehorsam nicht Gerechtigkeit sein? Gehorsam gegen Gott ist trawn Tugent. Ja es ist Vniuersalis uirtus, eine solche Tugent, die alle andere TFgende begreifft.318 Solche Tugent, sagt Osiander, sey gerechtigkeit, dauon die Schrifft redt. Wie denn gleicherweise Aristoteles Vniuersalem iustitiam auch beschreibet, das sie ein gehorsam sey gegen allen Gesetzen.319 Derhalben ist Vniuersalis iustitia vnd gehorsam gegen den Zehen Gebotten ein ding. Die Schrifft aber bezeugt mit klarer stim an vielen =rten, das Christus dem Vater sey gehorsam worden, als zun Philippern am andern: „Er ward gehorsam bis zum Tode des Creitzes.“320 Ebre. 5: „Er hat gehorsam gelernet an dem, das er leid.“321 Dauid Psalm. 40 Vnd die Epistel zun Ebreern am 10. sagt: „Sihe, ich komme, [F 3r:] zu thun, Gott, deinen willen“322 etc. Hieraus folgt notwendig, das Christus vber seine wesentliche gerechtigkeit auch hie auff erden gleich wie den Gehorsam, also auch die Gerechtigkeit bekommen hat. Aber Osiander lest jhm trewmen, als sey die gerechtigkeit weis nicht was seltzames, welchs weder die Schrifft noch die Philosophi je Gerechtigkeit genant haben. (Denn ich habe keinen zweiffel, das seine Definition weder in der Philosophia noch im Wort Gottes funden wird.) Sagt, dieser gehorsam sey die frucht jener G=ttlichen gerechtigkeit, vnd verkleinert also fein meisterlich den verdienst vnd gehorsam Christi. Solchs aber zu beweisen, setzt er den spruch Johan. 14: „Der Vater, der in mir wonet, thut diese werck.“323 So doch Christus am selben ort von seinen wunderwercken vnd nicht von seinem gehorsam redet. Er setzt auch diesen spruch: „Vater, dein wille geschehe.“324 Allef Christen beten, das Gottes wille geschehe, zeigen gleichwol damit nicht an,

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B; C: Aller.

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Jes 48,18. umfasst, einschließt. Vgl. Art. begreifen 4), in: DWb 1, 1308f. Vgl. Artistoteles, Nikomachische Ethik V, 3 (1129b 25-33). Phil 2,8. Hebr 5,8.

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das sie durch die wesentliche gerechtigkeit Gottes gerecht sein, wie Osiander – weis nicht, durch was fFr ein tFnckele Folge – von Christo beweisen wil. Jch zweiffel nicht, das alle gFter, die bey menschen vnd in allen Creaturen sein, oben herab vom Himlischen Vater herfliessen, vnd gleichwol haben sie – vnd nicht vnbillich – die namen der gFter vnd TFgent; darumb aber volget gar nicht, das, weil die TFgende der person Christi, die beide, Mensch vnd Gott, ist, aus seiner Gottheit zum teil herfliessen, das sie darumb nicht fr=migkeit oder Gerechtigkeit geheissen werden mFgen. Zum andern, mann mus Christo vber das Ewige leben auch ein ander leben geben hie auff erden. Sagt mann nu, das er ein leben habe, dadurch er (so zu reden) wechst vnd zunimpt, isset etc., So mus mann ja bekennen, das er auch TFgende an sich habe. Vnd ist fFrwar ein sehr lecherlich – wil nicht sagen: ein Gottlos – ding, weil [F 3v:] den elenden Leuten, die doch zu zeiten kaum ein schatten einer Tugent haben, nicht allein von vns menschen, sonder auch von der schrifft namen der Tugent zugemessen werden, das wir dem Herrn Christo, der auch seiner menschheit nach mit den allerh=chsten TFgenden auffs h=chst gezieret ist, hie auff erden in diesem sterblichen leben gar keine Tugent zumessen sollen. Zum dritten: Gott vnd das Gesetz erfordern gerechtigkeit von den menschen, wie wir droben beweiset vnd die gantze Schrifft zeuget. Denn der gerechte, heilige Gott liebt vnd erfodert von vns gerechtigkeit vnd heiligkeit. Weil nu Christus dazu komen ist, das er dem Gesetz Gottes solte gnug thun, vnd das gesetz Gottes auffs aller volk=mlichste erfFllet hat, Wie wollen wir denn oder wie k=nnen wir sagen, das er Gotte gar keine gerechtigkeit in erfFllung des Gesetzes gegeben oder geleistet habe? Jst das nicht ebensoviel als leugnen, das Christus das Gesetz erfFllet habe? Jch weis warlich nicht, was die Gerechtigkeit des menschen vor dem fall vnd jtzt der Engele vnd in summa aller vernunfftigen Creaturn gegen jhrem Schepffer anders sey denn die, das sie heilig sein, wie Gott heilig ist. Das sie ehnlich vnd gleichsam gleichf=rmig sein jhrem Schepffer, nach welches bilde sie geschaffen sein. Das sie der ewigen gerechtigkeit Gottes so volk=mlich folgen, gnugthun vnd gehorchen sollen, das Gott volle gnFge habe an jhrem leben vnd jhren gehorsam gegen sich fFr gut erkenne vnd lobe. Solchs alles aber hat Christus auffs aller vberflFssigste fFr das gantz menschlich geschlecht durch seinen gehorsam vnd leiden geleistet – Wie Osiander nicht leugnet. Drumb hat er ja durch diese werck Gotte gerechtigkeit fur vns geleistet. Zum vierden were es one not gewest, das der Son Gottes allein darumb were mensch worden, das er seiner G=ttlichen gerechtigkeit frFchte thete, Welchs er wol im [F 4r:] Himel thun vnd nicht auff erden hette komen dFrffen, Wie denn der Vater vnd heiliger Geist vnd die gantze Gotheit von ewigkeit gethan

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hat. Das er aber vom Himel gestigen, das ist freilich eines newen, grossen wercks halben geschehen. Zum fFnfften: Vergebung der SFnden ist gerechtigkeit, wie droben aus S. Paulo beweiset. Denn welchem Gott die sFnde – das ist nicht allein die Pein,325 sonder auch die Schuld – erlesset, gegen dem bezeugt er, das er jhn liebe vnd daruor halte, als hette er nie aufgehort, Gotte zu gehorsamen, Hette keine Erbliche oder thetliche SFnde auff sich, Ja gleich als hette Adam nie gesFndiget vnd were also derselbige mensch gantz gerecht. Diese Gerechtigkeit aber hat vns Christus hie auff erden erworben durch seinen verdienst vnd gnugthuung. Drumb hat er vber die ewige wesentliche gerechtigkeit der gantzen Gottheit auch hie in diesem sterblichen leben durch seine fr=migkeit, gehorsam vnd leiden eine andere gerechtigkeit erlangt vnd erworben. Zum sechsten: Christus mit seiner gantzen personlichen gerechtigkeit ist gleichwol in mutterleibe vnd bis zu seiner aufferstehung SFnde vnd ein Fluch gewest,326 Wie auch sein Creutz vnd begrebnis bezeuget, Welchs er nicht hette tragen dFrffen, wenn die SFnde nicht da gewest were. Derhalben, so dis anhengende Contrarium, das ist: seine ewige gerechtigkeit, nicht gehindert hat, das er nicht SFnde vnd ein Fluch were, sonder er ist so lang SFnde vnd ein Fluch blieben vnd darFber in solch Leyden kommen, So hat er ja andere Contraria, das ist: eine andere Gerechtigkeit, erlangen mFssen, auff das er einmal auffh=rte, SFnde vnd ein Fluch zu sein, vnd Gerechtigkeit vnd Segen wFrde. Solche Gerechtigkeit aber vnd Segen ist gewest die gnugthuung gegen dem Gesetz oder Gerechtigkeit Gottes, Welche er mit seinem leiden vnd gehorsam ausgerichtet hat. Das er solchs erlangt vnd zuwegen bracht, hat er [F 4v:] darnach beweiset, da er von Todten aufferstanden, vmb vnserer gerechtigkeit willen zum Vater gangen, vnsere handschrifft dem Gesetz abgekaufft vnd zu sich genommen vnd ans Creutz gehefftet vnd das Gefengnis gefangen gefurt, das ist: vber die SFnde oder Vngerechtigkeit, Tod vnd Helle mit vnserm grossen nutz triumphiret hat.327 Zum siebenden: Ein Contrarium oder Widderwertig ding wird on zweiffel durchs ander weggennommen vnd vertrieben. Welcher spruch auch in der heiligen Schrifft raum hat: Christus hat vnsere SFnde weggenomen durch gehorsam vnd leiden, Wie auch Osiander zeuget. SFnde aber vnd vngerechtigkeit ist ein ding, daran ist kein zweifel. Derhalben auch dasjenige, das die sFnde

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Strafe, lateinisch ‚poena‘. Vgl. Art. Pein 1), in: DWb 13, 1524f. Vgl. Ps 40,8f; Hebr 10,7. Vgl. Joh 14,10. Vgl. Mt 6,9f. Vgl. II Kor 5,21; Gal 3,13. Vgl. Kol 2,14; Eph 4,8.

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der Welt wegnimpt, das ist das leiden vnd der gehorsam Christi, ist Gerechtigkeit. Vnd hat also Christus vber seine wesentliche Gerechtigkeit noch eine andere Gerechtigkeit. Zum achten: Was Christus in diesem sterblichen leben gethan hat, das ist gantz Gottseliglich vnd wolgethan. Vnd k=mpt doch solchs nicht eigentlich aus seiner wesentlichen gerechtigkeit, viel weniger ists nur eine frucht derselbigen. Denn die wesentliche gerechtigkeit Gottes erfodert nicht, das sich Gott, die hohe Maiestet, aus jhrer G=tlichen gestalt ernidrigen vnd eines knechtes, Ja eines SFndlichen knechts gestalt annemen vnd die schuld vnd straff fFr die SFnde tragen solte. Zudem, so dieser gehorsam Christi eine frucht were iener G=ttlichen gerechtigkeit, so wFrde erfolgen, das auch der Vater vnd der heilige Geist solche frFchte bringen – das ist: mensch werden – mFsten. Denn die ware Tugent bringt notwendig jhre eigneg frFchte. Es wFrde auch erfolgen, das Christus ins fleisch kommen were, wenn gleich keine werck des Teuffels gewest, das ist: wenn gleich der mensch nicht gefallen were, Wie Osiander sonst in einer Schrifft disputiret.328 Daher [G 1r:] folgt darnach weiter, Das Christus nicht eigentlich dazu kommen sey, das er die Werck des Teuffels zust=re vnd die sFnder selig mache,329 Vnd andere vnzeliche Jrthumb. Derhalben ist notwendig eine andere Gerechtigkeit, die Christus durch den gehorsam dieses sterblichen lebens erworben hat. Vnd ist weit vnterscheiden von jener gerechtigkeit, dadurch er den fromen Gutes, den b=sen B=ses thut. Zum neunden: Es sind zweierley lehren von Gott, sehr weit vnterscheiden, nemlich das Gesetz vnd das Euangelium. Das Gesetz beschreibt vns Gott warhafftig gerecht, wie er denn auch ist vnd in ewigkeit bleibt, Den gerechten wolthut, die vngerechten aber mit verdienter straff straffet. Wie denn auch das bilde Gottes, welchs noch, wiewol sehr schwechlich, in vns ist, on vnterlas schreyet, das er also sey. Derhalben wir auch dem Gesetz viel leichtlicher gleuben denn dem Euangelio. Das Euangelium aber ist eine lehr, die allen Creaturn, nach dem bilde Gottes erschaffen, einen newen, vnuerhoften Rat Gottes vortregt, nemlich das Gott vns armen, verdampten SFndern so gnedig sein wil, das er auch seinen Ein-

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B; C: eine.

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Vgl. D. ANDREAE || OSIANDRI SACRAE || THEOLOGIAE IN SCHO= || la Regiomontana Pri= || marij Professoris. || AN FILIVS DEI FVE= || RIT INCARNANDVS, SI || peccatum non introiuisset || in mundum. || ITEM. || DE IMAGINE DEI || QVID SIT. || ET CERTIS ET EVIDEN= || tibus sacrae scripturae testimonijs, || et non ex philosophicis et hu= || manae rationis cogitatio= || nibus, deprompta || explicatio. || MONTEREGIO PRVSSIAE. || 1550 || [Kleeblatt] (VD 16 O 986). 329 Vgl. I Joh 3,8; I Tim 1,15.

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gebornen330 Son fur vns geben wil.331 Also malet vns das Gesetz vor die Ewige, wesentliche Gerechtigkeit Gottes, dadurch er den frommen wolthut vnd die sFnder ernstlich straffet. Das Euangelium aber malet vns vor den newen wFnderlichen332 vnd gantz heimlichen333 rat Gottes von erl=sung des menschlichen geschlechts durch den allerschmelichsten Tod seines Sons. Derhalben, wie weit das Gesetz vom Euangelio vnterscheiden ist, so weit ist dis newe leben, gehorsam vnd Gerechtigkeit Christi in diesem leben, die SFnder zu erl=sen, geleistet, von jener Ewigen gerechtigkeit seiner Maiestet, welche in ewigkeit vnuerendert bleibt, es sey jrgent ein mensch oder nicht, SFndige oder sFndige nicht, Jtem welche durch seine menschwerdung weder gemehret noch geringert ist, vnterscheiden. [G 1v:] Zum zehenden: Der heilige Geist, Jerem. am 23. vnd 33., sagt, Christus werde recht vnd gerechtigkeit anrichten auff erden.334 Sagt nicht, das er die wesentliche gerechtigkeit der gantzen Gottheit mit sich bringen vnd mit derselben vns rechtfertigen werde, Sonder er werde gerechtigkeit anrichten auff erden vnd dadurchh Jsrael helffen. Drumb zeigt er an, das er hie auff erden eine andere, newe gerechtigkeit angericht habe vber die, die er von ewigkeit gehabt hat. Denn die wesentliche gerechtigkeit der gantzen Gotheit hat er hie auff erden nicht k=nnen noch dFrffen anrichten. Sonst, wenn Israeli durch die gerechtigkeit, die [die]335 Gottlosenj zuuor gehabt, gerecht vnd selig hettek k=nnen werden, so were es one not gewest, das er herunter auff erden gestiegen lvnd mensch wordenl were. Zum eilfften haben wir noch eine klerere schrifft, die da zeuget, das Christus noch eine andere gerechtigkeit gehabt habe. Der Euangelist Lucas am andern Capitel sagt, Christus habe zugenomen an weisheit.336 Hat er nu an weisheit zugenomen, so hat er freilich an andern TFgenden auch zugenomen. Derhalben, gleich wie Christus, wiewol eine G=ttliche wesentliche weisheit von Ewigkeit gehabt, doch auch eine andere gehabt hat, Also hat er auch on zweiffel andere gerechtigkeit vnd andere TFgende gehabt. h

C; nicht in B. C; B: wir. j C; B: er. k C; B: hetten. l–l C; nicht in B. i

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einziggeborenen, einzigen. Vgl. Art. eingeboren [I], in: DWb 3, 185. Vgl. Joh 3,16; Röm 8,31f. wunderbaren. Vgl. Art. wunderlich A.1.a), in: DWb 30, 1903f. geheimen. Vgl. Art. heimlich 4.b), in: DWb 10, 876. Vgl. Jer 23,5f; 33,15f. Sinngemäße Ergänzung. Vgl. Lk 2,52.

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Weiter, wie S. Lucas hie sagt, das Christus habe zugenomen an weisheit, also spricht S. Paulus zun Ebeern am 5., Er habe gehorsam gelernet vnd sey volendet worden.337 Dis zunemen in der weisheit vnd volendung im gehorsam kan nicht verstandenm werden von der G=ttlichen gFtigkeit, fr=mmigkeit vnd gerechtigkeit Christi, in welcher oder in welcher frFchten er nicht zunemenn noch volendet werden kan. Denn sie ist allezeit gantz vnd gar volkommen, das sie nicht volkomener sein k=nne. Sonder von der ander Gerechtigkeit, die er alhie auff erden (wie Jeremias sagt)338 angerichto hat. Hieher geh=rt auch, das [G 2r:] Christus sagt Matth. 3: „Es gebFret vns, alle Gerechtigkeit zu erfFllen.“339 Hie redt er trawn nicht von der wesentlichen gerechtigkeit des Almechtigen Gottes. Denn dieselbe darff nicht erfFllet werden.340 Drumb redt er von einer andern Gerechtigkeit, die er hat erfFllen mFssen. Zum zw=lfften: Es hat nicht geringe vrsach gegeben zu diesem gantzen Jrthumb, das er nicht wissen wil, was Gerechtigkeit sey. Denn (wie droben gesagt) des Osiandri Definition ist gantz tunckel, t=lpisch vnd falsch. Aber Fa. 124, Da er die Gerechtigkeit teilet, da redt er wol ein wenig klerer von der sache, aber doch nicht gantz recht. Denn er sagt, Alle gerechtigkeit sey entweder G=ttliche gerechtigkeit vnd G=ttlich wesen selbs, oder aber eine menschliche gerechtigkeit vnd eine erschaffene Qualitas. Aber in keine weg k=nne es in Thun oder Leiden sein.341 Dagegen aber die gantze schrifft, wenn sie GottfFrchtigkeit vnd fr=migkeit vom menschen erfodert, so schreyet sie nichts anders denn: Lieber, H=re, Sey gehorsam, Merck auff, Thu etc. Jtem: Wenn du horen wirst, Wenn du gehorchen wirst, Wenn du es thun wirst etc. Also auch, so offt sie einen GottfFrchtigen, frommen vnd gerechten menschen beschreiben wil, so schreiet sie:

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B; C: vestanden. B; C: zuuemen. o B; C: angerecht. n

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Vgl Hebr 5,8f. Vgl. Jer 23,5; 33,15. 339 Mt 3,15. 340 braucht nicht erfüllt zu werden, muss nicht erfüllt werden (scil. weil sie vollkommen und eine Eigenschaft Gottes ist). 341 Vgl. OGA 10, 208,21–29: „Dann das ist je gewiss – damit ich sie doch warne, wiewol sie dessen nimmer werdt sein, werdens auch, als ich achte, von mir nicht annehmen – quod omnis iusticia, proprie de iusticia loquendo, aut est divina iusticia et essentia Dei, aut est humana iusticia et qualitas creata, nullo autem modo actio aut passio, das ist, das alle gerechtigkeit, wan man eigentlich von dem wort gerechtigkeit reden wil, ist antweder göttliche gerechtigkeit und göttlich wesen selbs oder aber menschliche gerechtigkeit und ein erschaffne qualitas (die fur sich selbs und ausserhalb des menschen kein wesen hat), aber in keinem weg kans ein thun oder leiden sein“. 338

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Wer das Thut,342 Wer da lust hat am Gesetz des HERRn,343 Wer nicht trit auff den weg der sFnder,344 Wer sein gelt nicht auff Wucher thut,345 Wer nicht schweret,346 Wer den Herrn fFrchtet,347 Wer seine hende wescht,348 Wer Barmhertzig ist vnd gerne leihet,p349 Derselbe (spricht sie) wird gerecht sein vnd belonung empfahen etc.350 Das also die gantze Schrifft alle TFgende vnd die gantze fr=migkeit oder gercchtigkeit nichts anders nennet denn eitel Thun, Tun,q eitel lauter actiones, doch nicht allein eusserlicher oder leibliche actiones vnd thun, sonder das von hertzen bestendiglich vnd verharlich351 gehet, welchs gewislich one Qualitas nicht ist. [G 2v:] Drumb heist Gerechtigkeit in der Schrifft nicht eine mFssige qualitas, Sonder Gotte gehorsam sein nach allen seinen Geboten, volk=mlich vnd von hertzen. Ja es werden auch offt auffs aller deutlichste die namen der TFgende den actionibus in der Schrifft zugesatzt, als: ‚Thut Gerechtigkeit vnd Gericht! Wer die Gerechtigkeit thut, der ist gerecht‘ etc.352 Also redt die Schrifft von der Gerechtigkeit vnd Vrsach des guten. So einer auch den Aristotelem gern hieuon h=ren wolt, der wird befinden, das er auch sagt, foelicitatem seu beatitudinem esse actionem animi,353 vnd das Gerechtigkeit sey, gegen allen gesetzen gehorsam leisten.354 Drumb kan ich hieraus nach der Schrift frey sagen, das Tugent vnd Gerechtigkeit sey, Gotte gehorsam sein mit dem hertzen vnd mit dem werck nach den Zehen geboten. So nu solchs gerechtigkeit ist, so ist kein zweiffel, das Christus auffs aller volk=mlichste Gotte gehorsam ist gewest mit hertzen vnd mit der that Vnd das er derhalben vber seine wesentliche Gerechtigkeit der gantzen Gottheit auch in diesem leben TFgende vnd Gerechtigkeit gethan habe.

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B; C: leiheit. C; B: Thun. r B; C: eusseriche.

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Vgl. Ps 15,5. Vgl. Ps 1,2. Vgl. Ps 1,1. Vgl. Ps 15,5. Vgl. Ps 24,4. Vgl. Ps 25,12–14. Vgl. Ps 26,6. Vgl. Ps 37,26. Vgl. Ps 37,37; Sir 51,38. beharrlich, stetig, ununterbrochen. Vgl. Art. verharrlich, in: DWb 25, 533. Vgl. I Joh 3,7. Vgl. Aristoteles, Nikomachische Ethik I, 6 (1098a 16); I, 11 (1101a 14–16). Vgl. Aristoteles, Nikomachische Ethik V, 3 (1129b 11–19.25–33).

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Zum dreyzehenden: Der gerechte vnd heilige Gott, der (wie der Psalm sagt)355 die gerechtigkeit liebet vnd heiligkeit fodert, gleich wie er vmb der vngerechtigkeit oder vnheiligkeit willen vnser feind ist worden, Also kan er mit keinem andern ding gegen vns versFnet vnd zu frieden gestelt werden denn durch Gerechtigkeit vnd heiligkeit. Denn der spruch bleibt war vnd kan nymmermehr geleugnet werden: Gerechtigkeit erl=set vom Tode.356 Allein die Gerechtigkeit erl=set, wie allein die SFnde oder Vngerechtigkeit t=dtet, vnd nichts anders. Zu dem bekennet die Schrifft hin vnd widder,357 vnd auch Osiander selbs in seinem Bekentnis, das Christus durch seinen gehorsam vnd leiden, dadurch er das gantze Gesetz gantz volk=mlich erfFllet hat, Gotte versFnet [G 3r:] vnd vns ein gnedigen Got gemacht habe. Derhalben mus derselbe gehorsam vnd leiden oder erfFllung des Gesetzes in alle wege auch Gerechtigkeit sein fFr Got, welche, so sie von vns durch den glauben ergriffen wird, auch vnsere Gerechtigkeit ist. Nu ist aber diese Gerechtigkeit ein ander ding denn jene wesentliche vnd ewige gerechtigkeit der gantzen Gotheit. Derhalben hat Christus auch eine andere Gerechtigkeit gehabt, vber die wesentliche gerechtigkeit seiner Gottlicher natur, Welchs wir hie beweisen. Vnd dieselbe ist on zweifel allein vnsere Gerechtigkeit fFr Gott. Denn was ist von n=ten, das ich andere Gerechtigkeit such, wenn ich Gotte zu einem gnedigen Vater habe? On allein das ich mich ernstlich bemFhen mus, das ich mich halte nach dem befehl: Gehe hin vnd sFndige nicht mehr.358 Jtem, weil ich nu bin ein knecht der gerechtigkeit worden (wie Paulus sagt),359 das ich jhr auch gehorsam sey. Endlich sagt die schrifft, Christus sey aufferstanden vmb vnser Gerechtigkeit willen.360 Warlich der Ewigen, wesentlichen Gerechtigkeit halben, die er mit Gotte hat, hat er nicht dFrffen weder sterben nach361 aufferstehen. Denn dieselbe ist allezeit gantz vnd volkomen gewest, ists vnd wirds bleiben von ewigkeit zu ewigkeit. Denn des Osianders glosa, damit er gern beweisen wolt, das derselbe spruch bedeute, das Christus aufferstanden sey vnsers glaubens halben oder vnsern glauben zu stercken (denn dis ist seiner glosa meinung), k=mpt mit dem Text gar nicht vberein, wie ein jeder sihet. Drumb ist er warhafftiglich aufferstanden vmb vnser Gerechtigkeit willen, das ist: er ist SFnde vnd ein Fluch worden, Hat fFr vns durch gehorsam vnd 355

Vgl. Ps 11,7; 33,5; Lk 1,75. Vgl. Prov 11,4. 357 hin und wieder = stellenweise, an manchen Stellen. Vgl. Art. hin adv. [I] I.3.c), in: DWb 10, 1375. 358 Vgl. Joh 8,11. 359 Vgl. Röm 6,18. 360 Vgl. Röm 4,25. 361 noch. 356

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Nr. 8: Flacius: Verlegung des Bekenntnisses Osiandri (1552)

leiden mit der SFnde, Tode, Teuffel vnd Gesetze so lang gestritten, bis er endlich gecreutziget, gestorben, begraben vnd in die Helle gefaren ist. Nachdem er aber alles, was das Gesetz vnd gerechtigkeit Gottes fFr vnsere sFnde foderte, [G 3v:] erlitten vnd sie nu vberflFssig vergnFgets362 hatte, Da ist er endlich nach erlangung des Siegs, verdienstes vnd ewiger erl=sung widderumb aufferstanden vnd hat denselben Raub vnd beutte fFr sich her getrieben vnd in einem Triumph zu seinen schetzen gen Himel gefurt,363 Jst vnser Hoher Priester worden vnd hat sich gesatzt zur rechten seines Vaters.364 Aus diesem Schatze macht er die SFnder, so zu jhm k=mmen, volk=mlich selig vnd neeret sie, wie die Epistel zun Ebreen sagt.365 Derhalben ist er warhafftiglich aufferstanden von wegen des Verdienstes, Gnugthuung, Erl=sung vnd Gerechtigkeit, die er vns erworben hat. Denn wo er nicht were aufferstanden, so were es gleich zugangen, als wenn zween FFrsten miteinander kempffen vnd beyde sampt jhrem Kriegsvolck vmbkommen, das keiner den Raub, Blut oder gewin vnd belonung des Kriegs dauon bringt. Nu aber ist Christus aufferstanden vnd hat inn einem Triumph den Raub, die Beut vnd das Gut, das er im Krieg er=bert, mit sich inn sein Reich gefurt. Diesen Triumph beschreibt S. Paulus Ephe. 4, Coll. 2: Das Christus sey in die h=he gefaren, Habe das gefengnis gefangen gefurt,366 Habe vnsere Handschrifft ans Creutz gehefftet, vnd ausgezogen die FFrstenthumb vnd die Gewaltigen, aus welchem Raub er vns auch geschencket mitteilet.367 Gantz gleicherweise sagt auch Christus: „Der heilige Geist wird die Welt straffen vmb die Gerechtigkeit, das ich zum Vater gehe.“368 Vber welchen spruch D. Luther so viel disputiret,u das der weg Christi zum Vater, das ist (wiev ers auslegt) seine menschwerdung, leiden, aufferstehen vnd Himelfart, vnsere Gerechtigkeit sey. Derhalben, weil Christus vmb der Gerechtigkeit willen ist aufferstanden, vnd doch nicht hat aufferstehen dFrffen von wegen der wesentlichen gerechtigkeit Gottes – Denn dieselbe ist allezeit gantz vnd volkomen gewest – So folgt, das er einer andern Gerechtigkeit halben ist [G 4r:] aufferstanden. Wels

B; C: vernFget. B; C: geschenckt. u B; C: disputires. v B; C: wee. t

362 363 364 365 366 367 368

zufriedengestellt, (ihr) Genüge getan. Vgl. Art. vergnügen 1), in: DWb 25, 463f. Vgl. Eph 4,8–10. Vgl. Hebr 2,17; 8,1f. Vgl. Hebr 7,25. Vgl. Eph 4,8. Vgl. Kol 2,14f. Vgl. Joh 16,10.

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che andere Gerechtigkeit Christi vns von jhm erworben ist, Dauon wir hie handeln vnd aus der Schrifft leren. Bjsher hab ich viertzehen Argument erzelet, zu beweysen, das Christus noch eine andere Gerechtigkeit vber die G=ttliche Ewige Gerechtigkeit habe, Weil Osiander dis ja so hefftig widderficht,369 vnd meinet, sein Gegenteil k=nne gar nichts widder jhn auffbringen, wenn er nicht zweierley gerechtigkeit in Christo beweiset. Wiewol aber dis alles die gerechtigkeit, dadurch wir fFr Gott gerechtfertigt werden, nicht so gantz genaw vnd eigentlich mit allen vmbstenden bezeichnet, das ein spitziger, listiger kopff keine vrsach hie finden k=nte zu zancken, So hab ich doch hie vnd sonst offt an andern =rten gnugsam angezeigt, das ich nach laut der schrifft halte, das vnsere gerechtigkeit eigentlich sey die volkomene, allerreichlichste erfFllung des Gesetzes, welche Christus, Gott vnd Mensch, dem Vater durch seinen gehorsam vnd leiden geleistet hat Vnd dadurch er der G=ttlichen gerechtigkeit dermassen gnug gethan hat, das sie vber vns gar nichts mehr hat zu klagen. Ja sie schetzet vns des ewigen lebens so wirdig vnd tausentmal wirdiger, denn so der mensch nie gefallen, sonder Gotte auffs aller genawiste allezeit gehorsam gewest were. Durch diese Argument, acht ich, sey klerlich gnug beweiset, Das Christus, warhafftiger Gott, nicht allein die Ewige, wesentliche gerechtigkeit habe, sonder auch die, durch welche er das Gesetz erfFllet vnd der Gerechtigkeit Gottes, welche straff vnd gehorsam von den menschen erfodert, auffs reichlichste vnd vberflFssigste fFr vns gnug gethan hat. Derhalben, wie ich verhoff, wird Osiander williglich oder auch mit vnwillen dieser warhafftigen meinung weichen. Warlich, die fromme Christen, wie ich nicht zweiffel, k=nnen hiedurch in der warheit gnugsam gesterckt werden.

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bestreitet. Vgl. Art. widerfechten 3.b), in: DWb 29, 977.

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Nota bene

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[Fortsetzung von S. 310] Quid uero multis opus est? Non obscure profecto sequetur, Quod si substantialis Christi iusticia est nostra iustificatio, frustra filius Dei incarnatus sit. Nam quos duos usus carnis Christi Osiander commemorat, illos non esse necessarios facile monstrari potest. Primum dicit ille per passionem Christi emptam nobis esse a patre filij substantialem iusticiam. Atqui [D3v:] nihil est necesse emere illam iusticiam, cum alioqui nobis pater filium suum ultro donauerit, ut scriptura saepius testatur. Quod alicui donatur, di eum emere, uel alium nomine eius, necesse non est. Si nobis a patre donatus est filius, nosque eius substantiali iusticia iustificari debebamus, poteramus statim omissa incarnatione iusti effici. Diuina enim illa iusticia nobis infusa poterat statim funditus tollere ac abolere peccata, et reddere nobis iusticiam.

Secundo, dicit Christum ideo oportuisse incarnari, quo cum reuera seu re ipsa fieremus os de osse eius, et caro de carne, Tunc Christi diuinitas sic nobis suam iusticiam communicaret, sicut suae carni communicat. Quod itidem non necesse fuisse fieri, inde probatur, Quia Abraham et omnes ante Christum non fuerunt reuera os de osse etc. Nam nondum erat caro Christi, et tamen sunt per Christum iustificari. Non ergo necesse fuit propterea Christum incarnari. Sequitur ergo necessario, quod si diuinitatis Christi essentiali iusticia iustificati sumus, Ergo frustra Christus incarnatus sit.

Hactenus non paucis argumentis, et scripturae testimonijs probaui, nostram iusticiam proprie in eo consistere, quod nostra peccata in Christum transferuntur, et Christi obedientia seu iusticia et satisfactio nobis imputatur. Qua ratione et remissionem peccatorum et ampliorem iusticiam, et denique ipsam adoptionem assequimur. Iam Christo iuuante ad ipsa Osiandri argumenta respondebimus. Primum dicemus de locis scriptura citatis, postea de D. Mart. Luth. testimonijs.

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Vnd was darffs370 doch viel wort? Jst die wesentli-[G 4v:]che gerechtigkeit Christi vnser Rechtfertigung, So folgt vngezweiffelt, das der Son Gottes vergeblich ist mensch worden. Denn das der zweierley nutz, den Osiander erzelet, vnn=tig sey, kan leichtlich beweiset werden. Erstlich sagt er, die wesentliche gerechtigkeit des Sons sey vns durch Christus’ leiden vom Vater erkaufft. Nu ist ja on alle not, das man die gerechtigkeit keuffe, die vns der Vater sonst freiwillig aus gnaden durch den Son geschenckt hat, wie die schrifft offtmals zeuget. Was einem geschenckt wird, das darff367 er oder ein ander von seinetwegen nicht keuffen. Jst vns der Son vom Vater geschenckt Vnd wir solten durch seine wesentliche gerechtigkeit gerecht werden, So hetten wir bald k=nnen gerecht werden, on die menschwerdung Christi. Denn solche G=tliche gerechtigkeit, vns eingegossen, hette alsbald alle SFnde auffheben vnd vertilgen vnd vns die gerechtigkeit geben k=nnen, Wie Osiander schreibt, das die wesentliche gerechtigkeit Gottes, in vnseren hertzen eingegossen, dermassen verfinstere vnd verberge vnsere sFnde, gleich als wenn in einem gantzen Meer nur ein tr=pflein vnreins wassers were.368 Zum andern sagt er, Christus habe darumb mFssen mensch werden, auff das wir mit der that wFrden Bein von seinem Bein vnd fleisch von seinem fleisch, das auch Christi menscheit in vns wone vnd Christi Gottheit jhre gerechtigkeit vns also mitteilete, wie die Gottheit der menscheit Christi mitteilet.a Welchs auch nicht n=tig ist, wie daraus zu sehen. Denn Abraham vnd alle, die vor Christus’ menschwerdung geboren sind, sind nicht mit der that gebein von seinem gebein gewest, etc. Denn Christus’ fleisch war zur selben zeit noch nicht. Vnd sie sind gleichwol durch Christum gerecht worden. Drumb hat Christus dieser Vrsach halben nicht dFrffen mensch werden.369 Vnd folgt derhalben notwendig, wenn wir durch die wesentliche gerechtigkeit der Gottheit Christi sind gerechtfer-[H 1r:]tiget worden vnd nicht durch seinen gehorsam, leiden vnd erfFllung des Gesetzes, So ist Christus vergeblich mensch worden. Bjsher hab ich nicht mit wenig noch vngewissen Argumenten vnd zeugnissen der Schrifft beweiset, das vnsere Gerechtigkeit darinne stehe, das vnsere SFnde auff Christum gelegt vnd Christi gehorsam oder Gerechtigkeit vnd gnugthuung vns zugerechnet wird, dadurch wir vergebung der SFnden, Gerechtigkeit vnd endlich die Kindschafft erlangen. Nu wil ich mit Christus’ hFlff auch auff des Osianders Argument antworten vnd erstlich sagen von den sprFchen, die er aus der Schrifft anzeucht, Darnach von D. Martini Luthers zeugnissen.

a

B; C: mittelet.

370 367 368 369

bedarf es. braucht (er nicht) zu ... Vgl. Osiander, OGA 10, 268,23–270,5 (Von dem einigen Mittler, 1551). ... nicht Mensch zu werden brauchen, nicht Mensch werden müssen.

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Loci Hiere. 23.33

Nomina propria diuinitati toti personae Christi attribuuntur.

Nr. 8: Flacius, Confutatio Confessionis Osiandri (1552)

[D4r:] Praecipue ferme Osiander illi argumento innititur, quod apud Ieremiam 23 et 33 et Paul. Iehoua appellatur iusticia nostra. Quod nomen cum proprie Deum significet, haud dubie indicet Ier. et Paul. diuinitatem Christi esse nostram iusticiam. Ad quod tam ualidum argumentum facilis et uera responsio est. Quod nomina propria toti diuinitati, ut sunt Deus, Iehoua, et propria secundae personae, ut sunt, filius Dei, uerbum etc. postquam uerbum caro factum est, sint toti Christo attributa, sicut in Cap. 23. Ieremias clare germini Dauidis tribuit nomen Iehoua, cum Christus haud dubie non diuinitatem sed humanitatem ex Dauide trahat.

Nequaquam ergo Ieremias soli diuinitati Christi nostram iusticiam tribuit, sed toti Christo. Quin potius illi germini Dauidis 23. et 33. Cap. diserte et expresse iusticiam tribuit, inquiens 23. Ecce dies ueniunt, dicit Dominus, et excitabo Dauidi germen iustum, et regnabit Rex, et prudenter aget, et faciet iudicium et iusticiam in terra. In diebus illis saluabitur Iuda, et Israel habitabit secure, et hoc est nomen quo uocabunt eum Iehoua iusticia nostra. Hic clare non Iehoua tribuitur germini Dauidis, et ipsi tribuitur iusticia, non tam quod ad suam personam attinet, quam quod ad officium et externas actiones, quod in suo regimine et officio iuste aget, et iusticiam promouebit. Eadem ferme prorsus uerba sunt et 33. Cap. nisi quod pro germine iusto ponit germen iusticiae, quae phrasis paulo clarius notat germen Dauidis fore authorem iusticiae, et non proprie inhaerentem, sed effectam iusticiam indicat.

Idem dici prorsus et de loco Paul. 1. Cor. 1. posset. [D4v:] Quod scilicet nomen Iehoua toti Christo tribuatur. Quanquam in loco Pauli, ut qui gloriatur in Domino glorietur, nomen Domini non minus referri potest ad Deum, a quo nobis Christus factus est sapientia, iusticia, sanctificatio, et redemptio quam ad ipsum Christum. Nam et locum Ier. 9. non magis de diuinitate filij, quam de patris aut Spiritus Sancti, aut etiam totius Deitatis intelligi necesse est.

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Confutatio.

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Er grFndet sich fast vornemlich auff dis Argument, das im Jeremia am 23. vnd 33. Cap. vnd in Paulo Jehoua (der HERR) vnsere Gerechtigkeit genant wird,370 Welcher name, weil er Gottes eigner name ist, so werde in zweiffel dadurch angezeigt, das Jeremias vnd S. Paulus die G=ttliche natur Christi fFr vnsere Gerechtigkeit halten. Auff dis schweerfellige Argument, wie Osiander meinet, ist eine leichte vnd warhafftige antwort, das die namen, die eigentlich der gantzen Gottheit zugeh=ren, als da sind ‚Got‘, ‚Jehoua‘, ‚HERR‘, Vnd die der andern Person zugeh=ren, als da sind ‚Gottes Son‘, ‚Das Wort‘ etc., Nachdem das Wort ist fleisch worden, dem gantzen Christo gegeben werden, Wie Jeremias am 23. Cap. dem Gewechs Dauids den namen Jehoua klerlich gibt,371 So doch Christus on zweiffel nicht die Gottheit, sonder die Menscheit von Dauid genomen hat. Drumb thut Jeremias in keinen weg der Gottheit Christi allein vnsere Gerechtigkeit zulegen, sonder dem [H 1v:] gantzen Christo, Ja im 23. vnd 33. Capit. legt er deutlich vnd ausdrFcklich vnsere Gerechtigkeit zu dem Gewechs Dauids vnd spricht Cap. 23: „Sihe, es k=mpt die zeit, spricht der HERR, das ich dem Dauid ein recht Gewechs erwecken wil vnd sol ein K=nig sein, der wol regieren wird vnd Recht vnd Gerechtigkeit auff erden anrichten. Zu desselbigen zeit sol Juda geholffen werden vnd Jsrael sicher wonen. Vnd dis wird sein name sein, das mann jhn nennen wird ‚der HERR vnser Gerechtigkeit‘.“372 Hie wird der name Jehoua (HERR) dem Gewechs Dauids klerlich gegeben vnd jhm wird gerechtigkeit zugelegt, nicht so fast seiner person halben als seines Ampts vnd eusserlichen thaten halben, das er in seinem Regiment vnd Ampt recht handeln vnd die gerechtigkeit f=rdern oder, wie im Text steht, anrichten wird. Diese Wort stehen fast gleicherweise im 33. cap., on allein, das fFr das wort ‚gerecht gewechs‘ an jenem ort stehet ‚gewechs der gerechtigkeit‘,373 Welche rede etwas klerer anzeigt, das das Gewechs Dauids werde sein ein Stifter der gerechtigkeit vnd das der Prophet nicht von einer jhm anhengenden oder, so zu reden: pers=nlichen, sonder von einer erworbenen oder Amptlichen gerechtigkeit redet. Solchs kan von dem spruch Pauli 1. Corint. 1. auch gesagt werden, das nemlich das wort Jehoua (HERR) dem gantzen Christo zugeeignet vnd gegeben wird. Wiewol im spruch „Wer sich rhFmet, der rhFme sich des HERRN“374 das wort HERR (Jehoua) nicht weniger auff Gott, von welchem vns Christus worden ist Weisheit, Gerechtigkeit, Heiligkeit vnd Erl=sung, als auff Christum kan gezogen werden. Denn auch der spruch Jeremie am 9. kan nicht

370 371 372 373 374

Vgl. Jer 23,6; 33,16; I Kor 1,30. Vgl. Jer 23,6. Vgl. Jer 23,5f. Vgl. Jer 33,15f. I Kor 1,31; II Kor 10,17.

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Locus 1Cor. 1.

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Quanquam Osiander et in eo ibi nimium iniustus est, quod uerba sapientia, iusticia, et caetera uult essentialiter praedicari de Christo, et non effectualiter, cum ibi non disserat Paulus de essentia Christi, quid ipse sit uel secundum humanitatem uel diuinitatem, aut etiam quas in se uirtutes habeat, sed quid nobis sit, id est, quem nobis praestet effectum, cuiusque rei nobis causa sit. Non dicit, Christus est iusticia, est sapientia, est sanctificatio, quae posteriora uerba insuper sunt actionum, non qualitatis nomina, ut etiamsi diuinitati tribuerentur, tamen non possent essentialiter de ea dici. Deus enim certe non est actio.

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weniger von der Gottheit des Vaters vnd des heiligen Geistes als von der Gottheit des Sons verstanden werden.375 Aber was ists von n=ten, das ich mich viel darFber bemFhe, zu beweisen, das der name Jehoua nicht [H 2r:] allein der Gotheit, sondern auch dem gantzen Christo zugeeigent wird vnd geh=ret? Hat doch Osiander selber In Annotationibus vber seine Harmonias mit diesen worten klerlich geschrieben vnd gesatzt, das das wort ‚Jehoua‘ der menscheit Christi auch geh=re, da er spricht: „Quibus uerbis Dauid hominem quendam, non modo mortalem, uerum etiam mortuum, hoc sacratissimo Dei nomine Iehoua dignatus est: eumque a Domino e media morte eripiendum et resuscitandum praedixit.“376 Das ist: „mit welchen worten Dauid diesen allerheiligsten namen Jehoua nicht allein einem sterblichen, sondern auch einem gestorbenen menschen zugeeignet vnd zuuor verkFndiget hat, das jhn Gott mitten aus dem Tode erl=sen vnd erwecken wFrde.“ Alhie zeiget Osiander ja klerlich gnug an, das dieser name Jehoua auch die menscheit Christi bedeute vnd begreiffe. Denn was ist eigentlich ein sterblicher vnd todter mensch anders denn menscheit? Es ist ja nicht die G=ttheit allein? Jst derhalben gros wunder, das Osiander jtzt so hefftig fichtet vnd mit vollen wangen schreiet vnd brFllet, der name Jehoua geh=re allein der Gottheit Christi, darumb werden wir auch allein durch das wesen Gottes gerecht. Aber was darff man sich viel verwundern? Osiander ist ein stoltzer, frecher geist, der durch die schrifft hin vnd her leufft wie eine Saw durch einen wolgebauten377 vnd sehr lustigen378 Garten, vnd legtb sie jtzt also, jtzt anders aus, zureist,379 zustFmpelt380 vnd fFret sie, wie es jhm gefellig ist vnd gut dFnckt. Es thut auch Osiander der sachen hierin gar zu viel, das er die wort ‚Weisheit‘, ‚Gerechtigkeit‘, vnd die andern wil dermassen von Christo verstanden haben, wie sie wesentlich in jhm sein, vnd nicht wie sie Christus wirckt vnd macht, So doch S. Paulus am selben ort nicht redt von Christus’ wesen, was er sey nach seiner Gotheit oder nach [H 2v:] seiner menscheit, oder auch was fFr TFgende er an sich habe, Sonder was er Vns sey, das ist: was er Vns ausrichtet, was er als ein Vrsacher vns zuwegen bringt. Sagt nicht: Christus

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C; B: leget.

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Vgl. Jer 9,22f. Vgl. ANNOTATIONVM || IN HARMONIAM EVANGELICAM || LIBER VNVS, IN QVO QVVM ORDINIS IN EO- || dem opere obseruati ratio idoneis argumentis redditur, || tum uero difficilia quaedam loca ante a nemi- || ne satis commode enarrata, γνησίως || explicantur: autore Andrea || Osiandro. [Im Kolophon: BASILEAE EX OFFICINA FROBENIANA PER HIE- || RONYMVM FROBENIVM ET NICOLAVM || EPISCOPIVM MENSE AVGVSTO || M. D. XXXVII.] (VD 16 B 4626), Bl. aa5v (vgl. OGA 6, 320,12–15). 377 wohlangebauten, zweckmäßig angelegten. Vgl. Art. wohlangebaut, in: DWb 30, 1075; „wohlgebaut“ ist in dieser Bedeutung in DWb nicht belegt, vgl. Art. wohlgebaut, in: DWb 30, 1119. 378 ansehnlichen, lieblichen, angenehmen. Vgl. Art. lustig 4.a), in: DWb 12, 1340f. 379 zerreist. 380 verkürzt, verunstaltet. Vgl. Art. zerstümmeln, in: DWb 31, 787. 376

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Obseruandum quoque in hoc Pauli loco et illud est, quod Osiander facie 27. redemptionem nostram passioni Christi tribuit, in huius uero loci explicatione facie 202. diuinitati eandem ascribit. Prorsus uero consimiliter hic est iniquus Osiander, dum quae beneficia Iehoua tribuuntur, soli diuinitati Christi uendicat, ac si quis contenderet, quoniam sanguini et carni, item germini Dauidis, item filio hominis iustificatio et salus nostra tribuitur, eaque nomina Christo proprie secundum eius humanitatem conueniunt, Ergo nos sola humanitate Christi iustificari et saluari, non etiam diuinitate. Atqui haec nomina [E1r:] perinde toti Christo tribuuntur, ac uerbum, filius Dei, et Iehoua, potestque perinde uere dici, Iehoua caro factum est, ut, uerbum caro factum est.

Nimirum non sine causa tanta coniunctione Deus duas naturas in una persona coniunxit ad efficiendum unicum opus, nempe salutem humani generis, seu ut simul salutem nostram operarentur. Non certe ergo debemus nos prophana sapientia in peragenda salute nostra eas distrahere, partemque operis humanitati, partem uero diuiniati tribuere.

Hactenus dixi de argumento sumpto a nomine Iehoua ex loco 1. Corinth. 1. Iere. 9. 23. et 33. petito iam de phrasi justiciaa Dei dicam, de qua tamen et superius dixi. Nam de argumento, Diuinitas Christi est in nobis, et nostra igitur, etc. in fine prorsus dicemus. Osiander facie 155. et aliquot sequentibus multum exaggerat illud suum argumentum, quod scriptura iusticiam, qua coram Deo iusti sumus, appellet iusticiam Dei, et haec phrasis proprie significet iusticiam Essentialem Dei, Ergo etc.

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aus: usticia.

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ist Gerechtigkeit, Christus ist Weisheit, Christus ist Heiligung, Christus ist Erl=sung. Denn diese wort ‚Gerechtigkeit‘, ‚weisheit‘ etc. bedeuten alhie nicht eine qualitatem, was Christus fur eine art an sich habe, Sonder eine actionem oder effectum, was er Thut, Ausrichtet vnd in vns wircket. Ja die zwey w=rter Sanctificatio et Redemptio, heiligung vnd Erl=sung, sunt nomina uerbalia seu actionum, bedeuten That vnd nicht Substantiam oder qualitatem. Das also, wenn sie gleich der Gotheit zugelegt wFrden, so k=nten sie gleichwol nicht wesentlich dauon verstanden werden. Denn Gott ist ja nicht eine Action oder wirckung. Bey diesem spruch Pauli ist auch das zu mercken, das Osiander Fa. 27 vnsere Erl=sung dem Leiden Christi zuschreibt,381 Aber in auslegung dieses orts Facie 202 schreibt er sie der Gottheit zu.382 Eben solcher vnbilligkeit braucht er hie, da er die Gerechtigkeit, die bey dem namen HERR, Jehoua, stehet, allein der Gottheit Christi zuschreibt, Gleich als stritte einer, dieweil dem Fleisch vnd Blut, Jtem dem Gewechs Dauids, Jtem des menschen Sone vnsere Gerechtigkeit vnd heil zugelegt wird vnd diese namen alzumal Christo eigentlich nach seiner Menscheit zugeh=ren, Das wir derhalben allein durch die menscheit Christi Gerecht vnd Selig wurden vnd nicht auch durch seine Gottheit. So doch diese namen gleich so wol dem gantzen Christo gegeben werden als diese: ‚das Wort‘, ‚Gottes Son‘, ‚Jehoua‘, ‚HERR‘, Vnd gleich so warhafftig gesagt wird: ‚Jehoua, der HERR, ist fleisch worden‘ als ‚das Wort ist fleisch worden‘. Gott hat on zweiffel die zwo Naturn nicht on sonderliche vrsach so hart miteinander in einer Person verei-[H 3r:]nigt, das sie das einige werck, nemlich die erl=sung des menschlichen geschlechts, ausrichteten oder beide zugleich vnd zusammen vnser heil erwFrben. Drumb solten wir ja nicht durch menschliche weisheit diese beide naturn in erwerbung vnserer seligkeit von einander reissen vnd ein teil dieses wercks der Menscheit, das ander der Gottheit zuschreiben. Bjsher hab ich gesagt von dem beweis, den er fFrt aus dem wort ‚Jehoua‘ (HERR) aus dem spruch 1. Corint. 1. Jere. 9, 23, 33.383 Nu wil ich auch sagen von der besondern Rede ‚Gottes Gerechtigkeit‘, dauon auch droben meldung geschehen. Denn von dem Argument, die Gottheit Christi ist in vns vnd vnser, Drumb etc., wil ich gar am ende sagen. Facie 155 vnd etlichen folgenden bletlein macht Osiander viel wort von diesem seinem Argument, Das die Schrifft die Gerechtigkeit, dadurch wir fFr Gott gerecht sein, Gottes Gerechtigkeit nennet, vnd das solche Rede eigentlich von der wesentlichen gerechtigkeit Gottes zu uerstehen sey, Derhalben etc.384 381 382 383 384

Vgl. Osiander, OGA 10, 110,8–10 (Von dem einigen Mittler, 1551). Vgl. Osiander, OGA 10, 280,4–6 (Von dem einigen Mittler, 1551). Vgl. I Kor 1,31; Jer 9,22f; 23,5f; 33,15f. Vgl. Osiander, OGA 10, 240,13–35 (Von dem einigen Mittler, 1551).

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Ad quod argumentum iam superius respondimus, cum diximus Paulum Rom. 3. illam Dei iusticiam collocare in remissione peccatorum, cum inquit, ad ostensionem iusticiae Dei per remissionem peccatorum, item Ro. 4. Vbi ostendimus eum dicere, justificareb peccatorem, et iusticiam ei imputare, esse remittere, tegere seu non imputare peccata. Sic et Ieremiaec 23. et 33. clare iusticiam, quae Messiae tempore regnabit, tribuit germini Dauid, et quidem non loquitur de eius personali iusticia, qua ipse sit iustus futurus, uel secundum humanita[E1v:]tem, uel secundum diuinitatem, Sed cuius author erit in suo regimine et officio. Inquit enim in utroque loco Propheta: faciet iudicium et iusticiam. Quae phrasis etsi a politici regis officio desumpta est, Tamen hic proprie spiritualem Christi iusticiam significat, quam ille in suo officio et functione erat exercitaturus, excitaturus, effecturus, et nobis acquisiturus.

Quare cum scriptura ipsa declaret, quid iusticiam Dei et nostram uocet, quid est necesse ex phrasis obscuritate rem ipsam obscurare, haud dubie nemo clarius, ueriusue exponet, quid sit Dei iusticia, qua nos iustificat, quam ipsemet Spiritus Domini. Afferemus de hoc argumento postea Luth. sententiam.

Deus est Charitas.

Multum etiam utitur illo argumento, Deus est charitas essentialiter, ea uero legi satisfacit et est iusticia. Ergo essentiali Dei iusticia iusti sumus. Verum Ioannes cum Deum dicit esse charitatem, non hoc uult, quod essentia Dei sit charitas, Sed id uult quod ibidem inquit, charitatem esse ex Deo, id est, Deum amare charitatem, autorem esse charitatis etc. Quales phrases et apud Hebraeos et omnes gentes plurimae sunt.

b c

aus: ustificare. aus: eremiae.

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Auff dis argument ist bereit droben geantwortet, da ich gesagt habe, das S. Paulus zun R=mern am 3. dieselbe gerechtigkeit Gottes setzt in vergebung der sFnden, als er spricht: „Damit er die gerechtigkeit, die fur jhm gilt, darbiete in dem, das er vergibt die sFnde.“385 Jtem zun R=mern am 4., Da wir angezeigt, das Paulus den sFnder rechtfertigen vnd die gerechtigkeit jhm zurechnen, nichts anders heisse, denn die sFnde vergeben, bedecken vnd nicht zurechnen. Also thut Jeremias Cap. 23 vnd 33 die gerechtigkeit, die zur zeit Messiae regieren wird, dem Gewechs Dauids klerlich zuschreiben Vnd redt trawn nicht von der gerechtigkeit an seiner person, darin er werde gerecht sein nach seiner menscheit oder nach seiner Gotheit, sonder die er stifften vnd anrichten wird in seinem Regiment vnd Ampte. Denn der Prophet sagt an beiden orten: „Er wird [H 3v:] Recht vnd Gerechtigkeit anrichten.“386 Welche Rede, wiewol sie vom regiment einesc Weltlichen K=nigs genommen ist, So bedeut sie doch hie an diesem ort eigentlich die geistliche Gerechtigkeit Christi, die er seinem Ampt solte Fben, anrichten vnd ausrichten. Weil nu die Schrifft selbs erkleret, was sie Gottes vnd vnsere gerechtigkeit heisse, Was ist denn von n=ten, das mann aus tunckelheitd der Rede die Sach verfinstere? Es wird ia gewislich niemand klerlicher noch warhafftiger anzeigen, was Gottes Gerechtigkeit sey, dadurch er vns rechtfertigt, denn der geist des HERRN selbs, der durch Paulum solchs geredt hat. Augustinus sagt im buch de spiritu et litera, das die gerechtigkeit Gottes also genennet werde, gleich wie man sagt, Salus Dei, Das heil Gottes. Denn alles beides werde von Gott gegeben vnd komme von jhm her.387 Auff diese weise redt er auch vber Exodum von der gerechtigkeit Gottes. Hie von wollen wir darnach D. Luthers meinung auch h=ren. Osiander hat auch viel zu schaffen mit diesem Argument: Gott ist die liebe wesentlich. Dieselbe erfFlt das Gesetz vnd ist gerechtigkeit. Drumb sind wir gerecht durch die wesentliche gerechtigkeit Gottes. Aber Johannes, da er spricht: „Got ist die liebe,“388 wil nicht, das Gottes wesen liebe sey, sonder, wie er oben am selben ort sagt, das die liebe aus Gott sey, das ist: das Gott der liebe hold sey vnd ein Stiffter sey der liebe. Jtem, das er auch vns arme SFnder vmb Christus’ willen so sehr liebet, das er vol eitel liebe, ia die liebe selbst billich geheissen mag werden vnd sol, etc., dergleichen Reden bey den JFden vnd in allen sprachen sehr gemein sind.

c d

B, C: eine. B; C: tuckelheit.

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Vgl. Röm 3,25. Vgl. Jer 23,5; 33,15. 387 Vgl. Augustinus, De spiritu et littera XI (18): „Haec est justitia Dei, quae in Testamento Veteri velata, in Novo revelatur: quae ideo justitia Dei dicitur, quod impertiendo eam justos facit; sicut Domini est salus, qua salvos facit.“ 388 Vgl. I Joh 4,16. 386

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Alioqui si sine essentiali charitate Christi non potest legi satisfieri, Sequitur et hominem non lapsum, et etiam ipsos angelos Mediatore indigere, ideoque Christum non uenisse propter destructionem operum diaboli, ut alioqui scriptura testatur. Nam etamsi nullum opus Diaboli esset, tamen uenturus fuisset Christus, ut sentit Osiander in alio quodam libello.

Haec est uita aeterna etc.

Audacia Osiandri in torquendis dictis sacrae scripturae in alienum sensum.

Non absimilis est huic et illa locutio Ioan. 17. Haec est uita, ut te solum agnoscant, et quem misisti Iesum [E2r:] Christum, qua ille itidem non parum fidit, cum proprie significet, haec est causa et medium ad uitam. Quales plurimae sunt, ut illa: Hoc est iudicium, quod lux uenit in mundum. Sed homines magis dilexerunt tenebras, quam lucem, id est, causa iudicij seu damnationis. Esa. 28. Haec est requies, reficite lassum, id est, causa requiei. 1. Ioan. 5. Haec est uictoria quae uincit mundum, fides nostra, id est, causa uictoriae. Sic et saepissime alias per Synecdochen apud Hebraeos nomen noticiae ponitur pro re noticiam sequente. Sicut hic noticia dicitur esse uita.

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Tale infirmissimum argumentum sumptum ex figurata locutione et illud est ex Rom. 10. Sed quid dicit iusticia ex fide? Iusticia loquitur. Ergo oportet esse uiuens quiddam, et personam quandam etc. Cum ibi iusticia ponatur pro doctrina iusticiae, id est, Euangelio, nec quisquam unquam dubitauerit, quin tropus insit.

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In eiusdem loci explicatione facie 175. et illud falso dicitur ab Osiandro: Hie bezeuget Moses, das die gerechtigkeit des glaubens sei das wort Gottes, Gott selbst etc. Quod nos non possumus animaduertere in eo loco uel Mosis uel Pauli dici. Neque enim exponit aut citat locum Mosi Paulus, Sed tantum alludit ad uerbo Mosi. Moses proprie de doctrina legis loquitur, Paulus uero de doctrina Euangelij, quasi dicat Paulus, Moses quidem praedicat facilitatem legis, eo quod Iudaei apud se doctrinam legalem haberent. At doctrina fidei multo iustius illis uerbis posset suae iusticiae facilitatem praedicare. Peccat et in eo Osiander ibidem, quod uerba, Si quis fecerit ea uiuet in eis, politice exponit de politica impletione legis, et politicis [E2v:] poenis, cum proprie de spirituali impletione legis coram Deo, deque uita aeterna loquantur. Si enim quis legi satisfacere posset, ille uere uiueret: opponit enim Paulus possibilitatem Euangelicae iusticiae impossibilitati legali.

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Denn sonst, wenn on die wesentliche liebe Christi dem Gesetz nicht kan gnug geschehen, so wFrde erfolgen, das der Mensch, wenn er gleich nicht gefallen were, ja auch die Engel selbs eines Mitlers bedFrfften, Vnd das [H 4r:] derhalben Christus nicht komen sey, die werck des Teuffels zu uerst=ren, wie sonst die schrifft zeugt.389 Denn wenn gleich kein Teuffels werck were, So were Christus doch kommen, wie sich Osiander in einem andern BFchlein vernemen lest.390 Djesem spruch ist nicht vngleich, der Joannis am 17. stehet: „Das ist aber das ewige leben, das sie dich, das du alleine warer Gott bist, vnd den du gesand hast, Jhesu Christ, erkennen.“391 Darauff Osiander auch sehr trotzt. So doch die eigentliche deutung ist, das solchs, nemlich die erkentnis etc., die Vrsach vnd Mittel sey, dadurch wir zum leben komen. Dergleichen viel sprFche mehr sein, die eben solche Rede gebrauchen, als dieser: „Das ist aber das Gericht, das das Liecht in die Welt komen ist, vnd die menschen haben die Finsternis geliebt mehr denn das Liecht,“392 das ist: dis ist die Vrsach des Gerichts oder der Verdamnis. Esaiae. 28: „Das ist die ruge, Erquicket die mFden“ etc.393 Das ist: dis ist eine Vrsach der ruge. 1. Johan. 5: „Vnser glaube ist der sieg, der die Welt vberwunden hat,“394 das ist: eine vrsach des siegs. Also werden sehr offt in Ebraischer sprach die w=rtere des Erkentnis gebraucht, Synecdochice,395 fFr etwas, das dem erkentnis folgt. Ein solch gantz vnbestendig Argument ist auch dis, aus der verblFmbten rede zun R=mern am 10. genomen: „Was sagt aber die gerechtigkeit aus dem glauben?“396 Die gerechtigkeit redt, saget Osiander. Drumb mus sie etwas lebendiges vnd eine person sein etc. So doch an diesem ort das wort Gerechtigkeit gesatzt wird fFr die lehr der Gerechtigkeit, das ist: fFrs Euangelium, vnd noch niemand jemals dran gezweiffelt hat, das dis eine verblFmbte rede vnd Tropus397 sey. Fa. 175, eben in auslegung dieses spruchs, ist auch dis vnrecht, das Osiander sagt: „Hie bezeugt Moses, das die gerechtigkeit des glaubens sey das wort Gottes Gott selbs“ etc.398 Welchs ich nicht mercken kan, das es Moses [H 4v:] oder Paulus am selben ort sage.399 Denn Paulus legt nicht aus, zeucht auch nicht an den spruch Mose, sonder sihet nur auff die wort Mose. Moses redt e

B; C: w=ter.

389 390 391 392 393 394 395 396 397 398 399

Vgl. I Joh 3,8. Vgl. oben Anm. 328 zum deutschen Text. Joh 17,3. Joh 3,19. Jes 28,12. I Joh 5,4. Vgl. oben Anm. 172 zum deutschen Text. Vgl. Röm 10,6.8. Form uneigentlicher Rede. Vgl. Rudolf Drux, Art. Tropus, in: HWRh 9 (2009), 809-830. Vgl. Osiander, OGA 10, 258,36–260,21 (Von dem einigen Mittler, 1551). Vgl. Röm 10,5–8.

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Satis uehemens est Osiander tum in figurate dictis, tanquam proprie acceptis exponendis, tum contra in proprijs ad figuram trahendis, cuius aliquot exempla superius ostendi, ut cum caro et sanguis ei diuinitatem Christi significant.

Psalmus 7. In iusticia tua libera me.

Iusticia aeternitatum. Dan. 9.

Citat quoque aliquoties Osiander ad suae sententiae confirmationem Psal. 71 in quo saepius petat psaltes, se a Deo liberari in iusticia, uel propter iusticiam, quasi ibi etiam indicetur essentialis Dei iusticia, qua nos iustificet. Verum non agere eum ibi de ea iusticia ex eo apparet, quia flagitat se pium liberari a malis et impijs hominibus, quod per illam, ut ita dicam, iustam iusticiam, seu per iusticiam suum cuique dantem fit, et non per gratis impium iustificantem.

Innititur etiam plurimum dicto Danielis cap. 9: „Afferetur iusticia aeternitatum.“1 Dicit uerbum afferetur haud dubie significare antea eam fuisse, item uocem aternitatum haud dubie indicare illam iusticiam esse aeternam, atque ideo substantialem Deo et ipsum Deum. Resp.2 ad primum: Mirum esse ex tam imbecillibus argumentis tantum uirum, rem tantam probare uelle. Nam in Hebraeo pro ‚afferetur‘ est ‫ְהָ ׅביא‬,3 quod infinitis pene uicibus in sacris literis dicitur de ijs rebus, quae tunc primum fiunt seu oriuntur, ut 1. Regum 1: „adducam malum,“4 saepius est, quod non indicat illud malum seu poenas, quibus Ahabum Deus affecturus erat, ab aeterno fuisse, [E3r:] sed idem significat, ac efficiam, excitabo etc. eadem prorsus locutione ac uerbo et Ieremias aliquoties utitur, et alioqui passim in sacris literis inuenitur, in eodem plane usu. 1 2 3 4

Vgl. Dan 9,24 (nicht Vg). Responsio. Inf. cs. hiph. zu ‫( בוא‬gehen, kommen)= bringen, hineinführen, kommen lassen. Vgl. I Reg 21,21 [!]: ‫ ָרﬠָה‬... (‫מֵ ׅבי )= מֵ ׅביא‬.

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eigentlich von der lehr des Gesetzes, Paulus aber von den lehr des Euangelij, als wolt er sagen: Moses lest sich wol h=ren, das Gesetz sey leicht, darumb das die JFden des gesetzes lehr bey sich hatten. Aber die lehr des Euangelij k=nt mit viel besserm grunde mit solchen worten rhFmen, das jhre gerechtigkeit leicht were. Osiander ist sehr hefftig in verblFmbten worten, gleich als mFste man sie schlecht, einfeltig, on alle verblFmung verstehen, vnd widderumb in einfeltigen, deudlichen worten, als mFste man sie nicht in jrem einfeltigen, sonder in einem andern verblFmbten verstande annemen. Hieuon hab ich droben etliche Exempel gesetzt, als das dem Osiandro fleisch vnd blut die Gottheit Christi bedeuten mus. Fa. 209 seines bekentnis, in den worten Johannis: „Ich bin das Brot des lebens, vnd mein Fleisch ist eine ware speise,“400 will Osiander haben, das das wort Caro, fleisch, die Gotheit bedeute.401 Aber in der disputation, propositione 57 vnd 58, deutet er denselbigen ort auff die menscheit Christi.402 Also sehen wir, das er der schrifft sehr kFnlich vnd freuentlich misbraucht vnd leget sie aus, wie es jhme, seinen Jrthumb zu bestetigen, nFtz vnd bequemlich ist. Er zeucht auch offt an den 71. Psalm, darin der Prophet offt begert, das jhn Gott erretten w=lle in oder von wegen seiner Gerechtigkeit, Gleich als werde daselbs auch angezeigt die wesentliche gerechtigkeit Gottes, damit er vns rechtfertiget. Das aber der Prophet am selben ort von dieser gerechtigkeit nicht handele, erscheinet daraus, denn er begert, das er als ein GotfFrchtiger von b=sen vnd Gottlosen menschen errettet werde, Welchs durch die (so zu reden) rechte Gerechtigkeit oder durch die Legalem iusticiam, die einem jeden das seine gibt, geschihet, vnd nicht durch die Euangelische, die den Gottlosen vmb sonst rechtfertigt. [J 1r:] Er behilfft sich auch sehr viel mit dem spruch Dani. 9: „Die ewige Gerechtigkeit wird gebracht werden.“403 Sagt, die wort gebracht werden zeigen one zweiffel an, das die Gerechtigkeit zuuor jrgent gewesen sey. Jtem, das wort Ewige zeige one zweiffel an, das dieselbe Gerechtigkeit sey, vnd sey derhalben einerley Substantz mit Gotte vnd Gott selbs. Antwort auffs erst: Es ist wunder, das ein solcher grosser man mit solchen losen404 possen405 ein solch gros ding beweisen wil. Denn fur das wort ‚wird gebracht‘ stehet im Ebreischen HABI,406 welchs sehr offt in der Schrifft stehet von solchen dingen, die erstlich anfahen zu sein oder entspringen, als 1. Reg. 1

400

Vgl. Joh 6,35.48.55. Vgl. Osiander, OGA 10, 294,19–21 (Von dem einigen Mittler, 1551). 402 Vgl. Osiander, OGA 9, 440,11–16 (Disputatio de iustificatione, 1550, Thesen 57f) – OGA 9, 441,13–18 (Eine Disputation von der Rechtfertigung, 1551, Thesen 57f). 403 Vgl. Dan 9,24. 404 nichtsnutzigen. Vgl. Art. lose II.4), in: DWb 12, 1183f. 405 Scherzen, Narreteien. Vgl. Art. Posse, m. 2.b), in: DWb 13, 2013f. 406 ‫( הָ ׅביא‬Inf. cs. hiph. zu ‫[ בוא‬gehen] = bringen, hineinführen). 401

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Porro uox ‫עֹ ל ָׅמים‬, non magis aeternitatum quam perpetuitatum uerti debet, ut ex plurimis exemplis probari potest. Esaiae 45 est: „Israel sanabitur salute ‫עֹ ל ָׅמים‬, perpetuitatum, uel perpetua,“5 de omni perpetuitate in posterum, non simpliciter de omni aeternitate loquitur. Sic Psalmo 77.: „Num in secula repellet Dominus, et non addet misereri amplius?“6 Sic ad Hebrae. 9. dicitur: Christus inuenisse redemptionem aeternam,7 non tamen significat redemptionem etiam esse essentiam Dei. Hinc ergo apparet, quam infirmis fundamentis Osiandri sententia innitatur.

Osiander distrahit naturas in Christo.

Vrget quoque uehementer dictum Ioannis: „In uerbo erat uita.“ Ad quem locum credo uerissime responderi posse, quod quoniam scriptura uitam, id est, aeternam salutem, tum humanitati Christi, ut „caro mea est panis uitae,“ Item, „caro mea datur pro mundi uita“ etc. tum et diuinitati tribuat, ergo utrique simul tribuenda sit. Nam uerbum caro factum est, et filius hominis est filius Dei.

Cur ergo nos prophana quadam audacia distractis Christi naturis partem salutis nostrae humanitati et partem diuinitati tribueremus?

5 6 7

Vgl. Jes 45,17: ‫ ְתּשוּﬠַת עֹ ל ָׅמים‬... ‫יׅ ְשׂ ָראֵ ל נוֹ שַׁ ע‬ Vgl. Ps 77,8: ‫לא־יֹ ׅסיף לׅ ְרצוֹ ת עוֹ ד‬ z ְ‫הַ לְ עוֹל ָׅמים יׅ ְזנַח אֲדֹ נָי ו‬ Vgl. Hebr 9,12: ... αἰωνίαν λύτρωσιν εὑράμενος.

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stehet offt: „Jch wil vnglFck bringen.“407 Welchs nicht anzeigt, das das vnglFck oder die straff, die Gott dem Ahab anlegen wolt, ewig gewesen sey. Sonder heist eben so viel als: ‚ich wil schaffen, wil erregen‘. Eben solcher rede vnd wort braucht auch Jeremias an viel orten Vnd stehet auch sonst oft in der heiligen Schrifft gleich auff solche weise. Weiter, das wort OLAMIN408 bedeutet sehr offt ‚stetz‘ oder ‚fFr vnd fFr‘ vnd nicht ‚ewig‘ – Eine zeit, die wol ein anfang hat, aber kein ende, oder doch die lang weret. Wie aus vielen Exempeln kan beweiset werden, als Esaie 45: „Jsrael wird erl=set werden salute perpetuitatum, fFr vnd fFr.“409 Hie redt er nicht schlecht von ewigen zeiten, sonder von allen Nachkommen fFr vnd fFr, als Psalm 77: „Wird denn der Herr ewiglich verstossen vnd keine gnade mehr erzeigen?“410 Also stehet auch Ebre. 9, das Christus eine ewigwerende erl=sung erworben habe.411 Vnd sagt doch nicht, das die erl=sung auch Gottes wesen sey. Drumb ist hieraus zu sehen, wie auff losem grunde Osianders meinung stehet. Er dringt auch hefftig auff den spruch Johannis: „Jm Wort war das leben.“412 Auff diesen spruch kan meines erachtens mit warheit so geantwortet werden, das, [J 1v:] weil die Schrifft das leben, das ist die ewige Seligkeit, nicht allein der menscheit Christi – als in diesen sprFchen: „Mein fleisch ist das brot des lebens.“413 „Mein fleisch wird gegeben fFr das leben der Welt.“414 – sonder auch seiner Gottheit zulegt, so sol mans derhalben beiden zugleich zulegen. Denn das wort ist fleisch worden.415 Vnd des menschen Son ist Gottes Son. Warumb wollen wir denn so kFn sein, das wir aus eignem freuel die zwo Naturn Christi von einander reissen vnd einen teil vnserer erl=ssung der menscheit, den andern der Gottheit zuschreiben? Jm bekentnis Fa. 62416 vnd in den propositionibus417 dringt Osiander hart auff diesen Spruch Gala. 3: „Wenn ein gesetz gegeben were, das da kFnde lebendig machen, so keme die Gerechtigkeit warhafftig aus dem Gesetz.“418 Hieraus vnterstehet er sich zu beweisen, das wer da kan lebendig machen, der kan auch gerecht machen. Weil aber das Gesetz nicht kan lebendig machen, So kan es auch nicht gerecht machen. Vnd sey derhalben die erfFllung des Gesetzes, auch die Christus gethan hat, nicht vnsere Gerechtigkeit. 407

Vgl. I Reg 21,21[!]. ‫ עֹ ל ָׅמים‬. 409 Vgl. Jes 45,17. 410 Vgl. Ps 77,8. 411 Vgl. Hebr 9,12. 412 Vgl. Joh 1,4. 413 Vgl. Joh 6,48.51. 414 Vgl. Joh 6,51. 415 Vgl. Joh 1,14. 416 Vgl. Osiander, OGA 10, 144,6–11 (Von dem einigen Mittler, 1551). 417 Vgl. Osiander, OGA 9, 426,4–428,2 (Disputatio de iustificatione, 1550, Thesen 1f) – OGA 9, 427,24–429,4 (Eine Disputation von der Rechtfertigung, 1551, Thesen 1f). 418 Gal 3,21. 408

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Dagegen bezeuget die Schrifft, das des Gesetzes natur vnd art ist, das es kan lebendig machen, als da sie sagt zun R=mern am 7., Das Gesetz sey gut, gerecht, heilig, geistlich, gegeben zum leben.419 Jtem, das sie so offt widderholet den Spruch: „Wenn du das thust, so wirstu drinne leben.“420 Wie denn, das S. Paulus zun Galat. am 3. sagt: Es k=nne nicht lebendig machen? Antwort: diese widderwertige421 rede l=set er selbs auff, Rom. 8, als er sagt, das das Gesetz sey geschwecht worden durch vnser fleisch, welchs jhm nicht konte genug thun, Vnd Gott habe derhalben seinen Son senden mFssen, das er das Gesetz erfFllete vnd also die Gerechtigkeit des Gesetzes vns gegeben wFrde.422 Jtem Rom. 7 l=set er diesen knoten auch auff [J 2r:] mit diesen worten: „Wir wissen zwar, das das Gesetz geistlich ist. Jch bin aber fleischlich.“423 Drumb k=nnen wir hieraus mit viel warhafftigerm grunde widder den Osiander ein solch argument schliessen: Weil das Gesetz warhafftiglich k=nte lebendig machen, wenn wir jhm genugtheten (wie jtzt bewisen), So kan es auch Gerecht machen – Wie sonst one meine beweisung die gantze Schrifft zeuget. Weil wir aber dem Gesetz nicht k=nnen gnug thun, So ist Christus komen, welcher das Gesetz auffs aller volk=mlichste vnd vberflFssigste fFr vns erfFllet hat. Derhalben ist war vnd kan nymmermehr geleugnet werden, das das Gesetz vmb der vberreichlichen erfFllung Christi willen vns warhafftig gerecht vnd lebendig macht. Vnd was ist doch das Gesetz anders denn die ewige gerechtigkeit Gottes vnd Got selbs, welchem, so wir jhm gantz vnd volk=mlich gehorsam weren, so weren wir ewig reich vnd selig, Wie die Schrifft zeuget. Derhalben, wenn wir sagen, Das Gesetz macht lebendig vnd gerecht, so sagen wir nicht, das die zwo steinerne Tafeln424 solchs thun, sonder Gott, der sich vnd seine Gerechtigkeit in den Zehen geboten hat offenbart. Hjeher geh=rt auch das argument, das Osiander Fa. 65425 so hefftig treibt, nemlich das Gerecht machen Gotte dem HERRN allein zugeh=re vnd wir derhalben allein durch die wesentliche gerechtigkeit gerecht werden. Antwort: Es ist ein ander ding, wenn einer gerechtf macht als ein Herr vnd Richter, vnd ein anders, wenn einer vrsach gibt zur gerechtigkeit. Also zeugt die Schrifft, das Gott allein Richter ist auff erden, das Gotte allein zugeh=re Rechtfertigen oder Absoluiren, SFnde vergeben vnd verdammen. Aber doch, wiewol sein eigen Ampt ist verdammen vnd wir gleichwol durch f

B: gerechtt; C: gerech.

419 420 421 422 423 424 425

Vgl. Röm 7,12.10. Vgl. Lev 18,5; Lk 10,28; Röm 10,5; Gal 3,12. widersprüchliche, gegensätzliche, paradoxe. Vgl. Art. widerwärtig 3.d), in: DWb 29, 1370. Vgl. Röm 8,3f. Vgl. Röm 7,14. Vgl. Ex 24,12; 31,18; 32,15–19; 34,1–4.28. Vgl. Osiander, OGA 10, 146,22–37 (Von dem einigen Mittler, 1551).

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vnsere SFnde vrsach geben zur verdammung, Jtem wiewol Gott allein SFnde vergibt vnd wir doch [J 2v:] etwa vrsach geben zur vergebung der sFnden, nicht allein durch vnser sFndigen, Sonder auch durch begerung der gnade, Also auch wiewol des Almechtigen Gottes in seiner Maiestet Ampt ist Rechtfertigen oder Absoluiren vnd auch Lebendig machen, So hette vns doch gebFret, zur Rechtfertigung, Absolution vnd auch zum Lebendigmachen vrsach zu geben durch steten, volk=mlichen gehorsam gegen dem Gesetz Gottes. Weil wir aber solchs nicht haben thun k=nnen, so ist Christus kommen, Welcher alles fFr vns auffs allervolk=mlichste vnd vberflFssigste ausgericht Vnd also Gotte gantz gerechte vrsach gegeben hat, vns zu rechtfertigen, zu Absoluiren vnd ins ewige leben zu fFren. Also sehen wir, wie starck des Osianders Argument schliessen, wenn man sie nur ein wenig recht ansihet vnd gegen der warheit helt. Jnn einem kleinen BFchlein426 vnd in der Confession, Fa. 173,427 legt er sich sehr auff den Spruch Philip 3: „Auff das ich hab nicht meine Gerechtigkeit, sonder die Gerechtigkeit aus Gott.“428 Will on zweiffel anzeigen, das das w=rtlein ἐκ, ex, aus das G=ttlicheg wesen oder solche Gerechtigkeit, die im G=ttlichen wesen ist, bedeute. Es wird aber das w=rtlein aus, ex uel ἐκ offt der gestalt gebraucht, das es heist Von, a uel ab, als 1. Corint. 8. vnd 11: Omnia sunt ex Deo, Alle ding sind aus Gott.429 An welchem ort trawn nicht gesagt wird, das alle ding aus dem G=ttlichen wesen sein, Sonder das sie von jhm als von jhrem Schepffer herkommen. Also wird auch hie gesagt, das die gerechtigkeit aus Gott sey, nemlich darumb, das vns Christus von Gott gemacht ist zur gerechtigkeit zur Weisheit etc., Wie 1. Cor. 1. stehet.430 Es sind auch sonst vberaus viel exempel solcher deutung dieses W=rtleins, welche zu erzelen allzu lang sein wolt. Am ende des jtztgemelten kleinen bFchleins setzt er drey seiner Argument.431 Lest sich on zweiffel dFncken, das [J 3r:] sie gantz vnFberwindlich sein. Auffs erste wil ich am ende antworten. Auffs ander hab ich jtzt geantwortet, wiewol nicht n=tig ist, drauff zu antworten. Denn wir leugnens nicht. Auffs letzte wil ich itzt wenig sagen. Er sagt: So die gerechtigkeit Gottes nicht Got

g

B; C: m=ttliche.

426 Vgl. Das vnser lieber || HERR Jhesus Christus / || Warer Gott vnd Mensch / sampt dem Vater || vnd heiligen Geist / durch den Glauben in || allen waren Christen wone / Vnd jr || Gerechtigkeit sey. || Gezeugnis der heiligen Schrifft / zu || samen gelesen. Durch || Andream Osiander. || FFr die einfeltigen / VerfFrten || Schefflin. || Johannis am 6. || Von dem an gingen seiner JFnger viel || hindersich / vnd wandelten fort || nicht mehr mit jm. || K=nigsperg || in Preussen. || 1551. [Hans Lufft] (VD 16 O 1000) = OGA 9, Nr. 474, (688) 691–698, hier bes. OGA 9, 694,27–36. 427 Vgl. Osiander, OGA 10, 256,35–258,13 (Von dem einigen Mittler, 1551). 428 Vgl. Phil 3,9. 429 Vgl. I Kor 8,6; 11,12. 430 Vgl. I Kor 1,30. 431 Vgl. Osiander, OGA 9, 697,19–698,7 (Dass unser lieber Herr Jesus Christus ..., 1551 [s. Anm. 426]).

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selbs ist, so k=nnen wir gerechtigkeit haben one Gott – Welchs vnmFglich sey. Denn wer nicht den geist Christi hat, der ist nicht Christi.432 Jch sag aber, das solchs nicht folget. Denn die vergebung der SFnde ist trawn nicht Gott, vnd doch k=nnen wir sie one Gott nicht haben. Aus diesem gleichnis mag man dasselbe Osiandrische Argument weiter richten. Osiander (wie droben gesagt) gibt seine Gegenteil, nemlich allen Kirchen, der Augspurgischen Confession verwand, =ffentlich Schuldt, als solten sie von der Widdergeburt nichts geleret haben. Denn er sagt (wie auch droben angezeigt, Aber aus verseumung der DrFcker inn etlichen Exemplaren nicht volk=mlich gesatzt ist)433 Diese w=rter: „Die Frage ist, ob uns Gott, dieweil wir in SFnden und Gottlos geboren sind, mit der that und der warheit Gerecht mache und uon der SFnde reinige, oder ob er uns allein uon wegen des glaubens, als umb eins geschencks oder wercks willen, Gerecht spreche, so wir doch nicht Gerecht sein, und er uns auch nicht Gerecht mache, sondern lasse uns bleiben, wie wir uorhin waren, wie die falschen Richter thun.“434 Also sagt er auch Fa. 172: „Sie haben die vernewerung des inwendigen menschen, so durch die Widergeburt geschicht, von der Rechtfertigung hinweg geworffen.“435 Welchs eine gantz grobe vnwarheit ist, wie nicht allein die Schrifft, Sondern auch die steten Predigten der Vnsern vberflFssig bezeugen. Vnd ist furwar hoch zu beklagen, das Osiander so viel Kirchen so schendlich on alle vrsach schmehet. Wir hetten aber viel bessere vrsach, vber jhn zu klagen, das er die Widdergeburt mit [J 3v:] der Rechfertigung vermengt, oder vielmehr, das er die Rechtfertigung in die Widdergeburt oder vernewerung des menschen (Denn dis wort streckt sich offt auch weiter vnd bedeutet die gantze bekerung des SFnders) setzt, denn er offt sagt, Gerechtigkeit sey die eingiessung der Gotheit in des menschen hertze, dadurch er in der warheit aus einem Vngerechten Gerecht wird. Denn diese meinung ist der Schrifft nicht allein vngemes, Welche (wie oben geh=rt) die Rechtfertigung des SFnders in vergebung der SFnde vnd zurechnung der gerechtigkeit setzt, Sonder sie ist auch den Gewissen schedlich. Denn etliche sichere Geister, alsbald jhnen etwas ein wenig von der Widdergeburt trewmen wird, so werden sie sich bald dFncken lassen, sie seyen bereit halbe G=tter worden. Dagegen andere, die in anfechtung vnd verzagung stecken, wenn sie keine Tugent des newen lebens bey sich fFlen, So werden sie verzweyffeln. Denn diese Lehr leret stracks an der Widdergeburt hangen Vnd auff die von Gott eingegossene gerechtigkeit vertrawen. Dagegen aber Paulus, wiewol er jhm nichts b=ses bewust ist, so sagt er doch, er 432

Vgl. Röm 8,9. Vgl. oben Bl. A 1v, mit Anm. j (textkritischer Apparat). Die Bemerkung (und das betreffende Versehen) schon in Ausgabe B; in C beibehalten, obwohl das Versehen dort korrigiert wurde. 434 Vgl. Osiander, OGA 10, 148,(1)3–7 (Von dem einigen Mittler); oben bei Anm. 119. 435 Vgl. Osiander, OGA 10, 256,30f (Von dem einigen Mittler). 433

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Hactenus dixi de testimonijs scripturae, quae pro sua sententia Osiander attulit, iam quoniam secundo loco potissimum D. Martini testimonio se tuetur, breuiter ostendam eum Lutheri dictis nequaquam recte uti, imo et Lutherum prorsus ei contrarium esse.

Osiander scelerate deprauat dicta Lutheri.

[E3v:] Facie 86.87.89. sui scripti citat Lutheri § de triplici iusticia, affirmantem nostram iusticiam esse essentialem. Quam uoculum diuersis literis, quo sit magis notabilis, exprimit, uultque indicare Lutherum sensisse nos iustificari essentiali uel substantiali filij Dei iusticia. Verum Lutherus ibi nequaquam de substantiali filij Dei iusticia loquitur, sed diserte indicat cur appellet iusticiam fidei essentialem, nempe quia (ut ipse inquit) manet semper, nec cessat aliquando sicut actualis, id est, quod attinet ad actiones uitae, iam pie, iam impie agimus seu operamur. Verum gratuita illa acceptio seu redemptio aeterna, quam suo sanguine Christus inuenit, est continua ijs, qui fide in Dei bonitate perseuerant. Ac profecto grauiter hic Osiander accusari posset, qui citans eum paragraphum conciunculae illius de industria uerba (Nec cessat aliquando, sicut actualis) ad declarationem sententiae plane necessaria, positis alioqui proximis praecedentibus et sequentibus, omisit.

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sey darumb nicht Gerecht,436 vnd achtet seine gerechtigkeit fFr dreck, auff das er Christus’ Gerechtigkeit haben m=ge,437 vnd scheidet also die gerechtigkeit der widdergeburt von der zugerechenten gerechtigkeit. Also leret auch D. Luther mehr denn an einem ort, das wir die zugerechente gerechtigkeit Christi von der Gerechtigkeit der widdergeburt oder der eingegossenen tFgende so weit scheiden sollen wie Himel vnd Erde. Drumb jrret Osiander, Weil er diese zwo gerechtigkeiten vnternandermengt, oder vielmehr die vorige gentzlich auffhebt, Vnd nicht wir, die wir, den gewissen zugut, ein Christlichen vnterscheid machen. Daran aber thut er gantz vnchristlich, das er diesen Lerern eine solche grosse sFnde auflegt,438 als solten sie von der widergeburt nichts leren, sondern die vernewerunge des inwendigen men-[J 4r:]schen, so durch die widdergeburt geschicht, hinweggeworffen haben, vnd halten, das der SFnder nach der rechtfertigung bleibe, wie er vorhin war. Verlegung der sprFche D. Martini Luthers.

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Bjsher hab ich gesagt von des Osianders zeugnissen, die er, seine meinung zu bestetigen, aus der Schrifft vorgewandt hat. Weil er aber auch zum andern vornemlich auff D. M. Luthers, seliger gedechtnis, Schriffte sich berFfft, so wil ich nu kFrtzlich anzeigen, das er D. Luthers sprFche gar vnrecht gebraucht vnd das D. Luther gantz wider jhn ist. Facie 86, 87, 89 seiner Schrifft439 citirt er Lutherum im Buch von dreyerley gerechtigkeit,440 da er sagt, Vnsere gerechtigkeit sey wesentlich, erblich, Essentialis, Welchs w=rtlein Osiander mit besondern Buchsteblein setzt, damit mans deste besser mercken k=nne, Vnd will anzeigen, D. Luthers meinung sey gewest, das wir durch die wesentliche oder ewige gerechtigkeit Gottes Gerechtfertigt werden. Es redt aber D. Luther am selben ort in keinen weg von der wesentlichen gerechtigkeit Gottes, Sonder zeigt an mit klaren worten, warumb er die Gerechtigkeit des glaubens Essentialem, wesentlich, nenne, nemlich weil (wie gesagt) sie allezeit bleibt vnd nicht auffh=ret wie die actualis, das ist: so viel dis leben betrifft, so thun oder handeln wir zu zeiten recht, zu zeiten vnrecht. Aber die gnedige annemung oder ewige erl=sung, die Christus mit seinem blut erworben hat, ist allezeit bey denen, die mit glauben an Gottes gFte hangen. Vnd hie were Osiander wol scheltens werd, weil er diesen Paragraphum desselben Sermons anzeucht, das er mit wolbedachtem mut diese wort – Sie h=ret nicht auff, wie die actualis – welche zu erklerung dieser meinung n=tig sein, mitten aus [J 4v:] dem Text ausgekratzet, ausgeleschet vnd ausgelassen hat. 436 437 438 439 440

Vgl. I Kor 4,4. Vgl. Phil 3,8f. zuschreibt, nachsagt. Vgl. Osiander, OGA 10, 172,3–174,3 (Von dem einigen Mittler, 1551). Luther, WA 2, 43–47 (Sermo de triplici iustitia, 1518).

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Nota bene.

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Facie. 88. Citat ex libello de duplici iusticia, cum multa alia, tum etiam haec uerba. Haec ergo iusticia datur hominibus in Baptismo et omni tempore uerae poenitentiae. Ita ut homo cum fiducia possit gloriari, in Christo, meum est, quod Christus uixit, egit, dixit, passus est, mortuus est. Non secus, quam si ego illa uixissem, dixissem, egissem, passus et mortuus essem etc. Ex quibus uerbis clarissime apparet, in quo nam Lutherus iusticiam nostram collocet, nempe in uiuere, agere, dicere, pati ac mori Christi. Eam enim affirmat esse nostram iusticiam nobis a Deo da-[E4r:]dtam, de qua gloriari, perinde ac nostra possimus et debeamus. Facie 89. Pergit citare ex eodem libello multa. Sed omittit subinde ea, quae ad Lutheri sententiam declarandam sunt necessaria, ut inter alia hunc paragraphum sequentem, cum tamen proxima praecedentia et sequentia apponat. Vnde et Christus ipse, qui uenisse se dicit, ut hanc pijssimam uoluntatem sui patris faceret, factus est ei obediens, et quicquid fecit nobis fecit, nostrumque esse uoluit, dicens: Ego in medio uestrum sum, sicut qui ministrat, et iterum: Hoc est corpus meum, quod pro uobis traditur. Et Esa. 43. Seruire me fecisti in peccatis tuis, et laborem praebuisti mihi in iniquitatibus tuis. Vnde itidem apparet Lutherum iusticiam nostram in facere et pati Christi nobis donato posuisse, et non in illa substantiali, aeternaque diuiinitatis ipsius seuera iusticia, qua iuste mundum regens bonis facit bene et malis male.

In sequentibus paginis plurima dicta ex commentarijs Lutheri super 14. et 15. et 17. Ioannis citat, sed in nullo prorsus eorum est, quod substantiali filij Dei iusticia iustificemur. Nihil ergo Osiandro patrocinantur, uel nostrae sententiae aduersantur. Quare non est omnino necesse ad ea respondere. Caeterum si genuinam Lutheri sententiam diserte expressam habere ex illis commentarijs uolumus, haec eius uerba super dictum: Spiritus arguet mundum de iusticia, quia uado ad patrem, diligenter perpendamus.

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Fälschlich als E5[r] gezählt.

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Fa. 88 citirt er aus dem Buch von zweyerley Gerechtigkeit441 viel wort, vnd vnter andern auch diese: „Diese Gerechtigkeit wird dem menschen gegeben in der Tauff, und zu ieder zeit der warhafftigen Bus, Also, das der mensch getrost in Christo rhFmen thar, und sprechen: Mein ist, das Christus gelebt, gethan,h gelitten, und gestorben ist, Nicht anderst, denn wenn ichs selbst also gelebt, gethan, geredt und gelitten hette und gestorben were.“442 Aus welchen worten auffs allerklerlichste erscheint, worinn D. Luther vnsere Gerechtigkeit setze, nemlich im leben, thun, reden, leiden vnd sterben des HERRN Christi. Denn diese stFcke (sagt er) sind vnsere Gerechtigkeit, vns von Gott gegeben, der wir vns rhFmen k=nnen vnd sollen, gleichsam weren sie von vns gethan. Fa. 86. citirt er noch viel mehr aus dem selben BFchlein, Lesset aber hin vnd widder die stFck aus, die zu erklerung des Luthers meinung n=tig sein, als vnter anderm diesen folgenden Paragraphum, so er doch den nehesten zuuor vnd den nechstfolgenden setzt: „Daher auch Christus selbs, der da sagt, er sey gekommen, das er diesen allerheyligsteni willen seines Vaters thete, ist ihm gehorsam worden, und was er gethan hat, das hat er uns gethan, und wil das es sol unser sein, denn er spricht, Ich bin mitten unter euch wie ein Diener, Vnd noch ein mal, Das ist mein Leib der fur euch gegeben wird, Vnd Esa. am 43. Du hast mir erbeit gemacht in deinen sFnden, und hast mir mFhe gemacht in deinen Missethaten.“443 Daraus gleichermassen erscheinet, das D. Luther vnsere Gerechtigkeit im thun vnd leiden Christi, welchs vns geschenckt ist, gesetzt hat vnd nicht in der Erblichen, Ewigen, ernsten Gerechtigkeit seiner Gottheit, damit er die Welt als ein gerechter Richter regiret vnd den frommen wol, den b=sen vbel thut. [K 1r:] Jm folgenden Bletlein setzt er viel SprFche aus den Auslegungen Lutheri vber das 14., 15. vnd 17. Capitel Johannis.444 Es stehet aber gar in keinem, das wir durch die wesentliche Gerechtigkeit des Sons Gottes gerechtfertigt werden. Drumb helffen sie den Osiander nicht, schaden vns auch nicht. Vnd ist derhalben one not, das ich drauff antworte. Wer aber des Luthers rechte meinung aus seinen Schrifften haben wil, der mag diese folgende

h i

OGA 10, 174,10: gethan, geredt. B; C: allerheilisten.

441

Luther, WA 2, 145–152 (Sermo de duplici iusticia, 1519). Osiander, OGA 10, 174,8–12 (Von dem einigen Mittler, 1551), vgl. Luther, WA 2, 145,14–18 (Sermo de duplici iustitia, 1519). 443 Vgl. Luther, WA 2, 146,2–7: „Unde et ipse Christus, qui venisse dicit se, ut hanc piissimam voluntatem patris sui faceret, factus est ei obediens, et quicquid fecit, nobis fecit nostrumque esse voluit, dicens: Ego in medio vestrum sum sicut qui ministrat, et iterum: Hoc est corpus meum, quod pro vobis tradetur, et Isaias dicit xliij. Servire me fecisti in peccatis tuis et laborem prebuisti mihi in iniquitatibus tuis.“ (Sermo de duplici iustitia, 1519). 444 Vgl. Luther, WA 45, 465–733 (Das 14. und 15. Kapitel S. Johannes gepredigt und ausgelegt, 1537/38); WA 28, 70–200 (Das [16. und] 17. Kapitel Johannes von dem Gebet Christi, 1530). – Zitate bei Osiander Bl. K2r–K4v (OGA 10, 176,8–182,10). 442

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Denn es ist droben gnug gesagt, wie alle menschen vnter der sunde vnnd verdamnis geworffen, mit [E4v:] alle irem leben, so auch fur aller welt gut und l=blich,e dazu nach den zehen gepoten gethan heisset. So das war ist, wo bleibt denn die gerechtigkeit oder wie sol man dazu komen? Antwort alhie Christus: das ist Gerechtigkeit, das ich zum Vater gehe etc. Da mustu sie suchen vnnd finden, nicht bei dir, noch auff erden bei menschen, sie seien wer und wie sie wollen. Denn die Christen sollen kein ander gerechtigkeit wissen, damit sie fur Got bestehen, vnd gerecht gesprochen werden, vergebung der sunden vnd ewiges leben erlangen, denn diesen gang Christi zum Vatter, welcher ist nichts anders (wie offt gsagt)f denn das er vnser sund auff seinen hals genomen, vnd sich vmb derselbeng willen lassen am creutz t=dten, begraben, und in die helle gefaren, h[Aber nicht unter der SFnde, noch Tod, und Helle blieben,]h sondern, hindurch gangen, durch sein aufferstehung vnd himelfart, vnd nun gewaltiglich herschet, zur rechten handt des Vatters, vber alle creatur. Nun hat er solchen gang oder fart zum Vatter, nicht gethan, vmb sein selbs willen, noch fur seine person, denn damit wer vns nicht geholffen, vnd k=nte nicht vnser gerechtigkeit heissen, sondern, wie er vmb vnsern willen vom himel komen, vnd vnser blut vnd flaisch worden ist, also ist er auch vmb vnsernt willen, wider hinauff gefaren, da er den sig vber sunde, todt vnd helle vollendet, vnd in die herrschafft getretten, dadurch er vns von diesem allen erl=set, vnd vergebung der sFnde, krafft vnd sieg, wider den Teuffel vnd Todt gibt, vnd regieret also, das sein reich oder regiment heisset vnd ist gerechtigkeit, das ist, darin die sFnde vnnd vnrecht fFr Gott mus weggethan, die leut fFr Gott gerecht vnd im gefellig werden. [E5r:] Es ist aber solche gerechtigkeit gar heimlich vnnd verborgen, nicht allein fur der welt vnd vernunfft, sondern auch fur denn heiligen, den sie ist nicht ein gedancken, wort vnndi werckj k[in uns selbs]k (wie die Sophisten von der gnade getreumet haben, das es sei ein eingegossen ding in vnsern hertzen) Sondern gar ausser vnnd uber vns, nemlich der gang Christi zum Vatter (das ist sein leiden vnnd aufferstehen oder himelfart) vnd dasselbige darzu, aus vnsern sinnen vnnd augen gesetzt, das wirs nicht lsehen vnndl fFlen k=nnen. Sondern allein mit glauben mus ergriffen werden des worts so von jm gepredigt wirt, das er selbst sei vnser gerechtigkeit, wie S. Paul. 1. Corinth. 1. e

sic. sic. g sic. h–h Ergänzt nach der deutschen Version. i sic. j aus: weck. k–k Ergänzt nach der deutschen Version. l–l sic. f

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wort vber den Spruch „Der Heilige Geist wird die Welt straffen vmb der gerechtigkeit willen. Denn ich gehe zum Vater“445 etc. fleissig betrachten: „Denn es ist droben gnug gesagt, wie alle menschen unter die SFnde und uerdamnis uerworffen, mit alle ihren leben, so auch fFr aller Welt gut und lieblich, dazu nach den zehen Geboten gethan heisset. So das war ist, Wo bleibt denn die Gerechtigkeit, oder wie sol man dazu komen? Antwort alhie Christus: ‚das ist Gerechtigkeit, das ich zum Vater gehe‘446 etc. Da mustu sie suchen und finden, Nicht bey dir, noch auff erden bey menschen, sie seien wer und wie sie wollen. Denn die Christen sollen keine andere gerechtigkeit wissen, damit sie fFr Gott bestehen und gerecht gesprochen werden, uergebung der SFnden und ewiges leben erlangen, denn diesen Gang Christi zum Vater, welcher ist nichts anders (wie offt gesagt), denn das er unsere SFnde auff seinen hals genommen, und sich umb derselbigen willen lassen am Creutz t=dten, begraben, und in die Helle gefaren, Aber nicht unter der SFnde, noch Tod und Helle blieben, Sondern hindurch gangen durch seine Aufferstehung und Himelfart, und nu gewaltiglich herschet, zur Rechten hand des Vaters, uber alle Creaturn. Nu hat er solchen gang oder fart zum Vater nicht gethan umb sein selbs willen, noch fFr seine person, Denn damit were uns nicht geholffen, und k=nte nicht unsere Gerechtigkeit heissen. Sondern, wie er umb unsern willen [K 1v:] uom Himel komen, und unser blut und fleisch worden ist, Also ist er auch umb unser willen, widder hienauff gefaren, da er den Sieg uber SFnde, Tod und Helle uolendet, und in die Herrschafft getretten, dadurch er uns uon diesem allem erl=set, und uergebung der SFnde, Krafft und Sieg widder den Teuffel und Todt gibt, und Regieret also, das sein Reich oder Regiment heissetj und ist Gerechtigkeit, das ist: darin die SFnde und unrecht fur Got mus weggethan, die leute fFr Gott gerecht und ihm gefellig werden. Es ist aber solche Gerechtigkeit gar heimlich und uerborgen, nicht allein fFr die Welt und uernunfft, sondern auch fFr den Heiligen. Denn sie ist nicht ein gedancken, wort noch werck in uns selbs (wie die Sophisten uon der Gnade getrewmet haben, das es sey ein eingegossen ding in unserm hertzen),447 Sondern gar ausser und uber uns, nemlich der Gang Christi zum Vater (das ist sein Leiden und Aufferstehen oder Himelfart), Vnd dasselbige dazu aus unsern sinnen und augen gesetzt, das wirs nicht fFlen k=nnen, sondern allein mit glauben muss ergriffen werden, des worts, sok uon ihm gepredigt wird, j k

B; C: heisseit. B; C: fo.

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Vgl. Joh 16,8–10. Vgl. Joh 16,10. 447 Gemäß spätmittelalterlicher theologischer Tradition wird die Gnade Gottes vom Heiligen Geist dem Menschen eingegossen („gratia infusa“) und befähigt ihn, mit seiner erneuerten Natur die Gebote Gottes anfangsweise zu halten. Vgl. hierzu auch das „Dekret über die Rechtfertigung“, verabschiedet in der 6. Sitzung des Trienter Konzils am 13. Januar 1547, DH 1520–1583, bes. 1530. 446

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sagt, das er vns worden ist von Gott zur gerechtigkeit vnnd heiligung, etc. auff das wir vns nicht vnser selbst, sondern allein dieses Herren fur Gott rhFmen. Das ist ie ein wunderliche gerechtigkeit, das wir msollen heissenm oder gerechtigkeit haben, welche doch kein werck, kein gedancken, vnd kurtz gar nichts inn vns, sondern gar ausser vns in Christo ist, vnd doch warhafftig vnser wirtn durch sein gnad vnd geschenck, vnd so gar vnser eigen, als wer sie durch vns selbst erlangt vnnd erworben. Diese sprach kFnte freilich keine vernunfft versteen, daß das sol gerechtigkeit heissen, da ich nichts thue noch leide, ia nichts gedenck noch fFle, oder entpfinde, vnd gar nichts in mir ist, vmb des willen ich Gott gefellig vnd selig werde, Sondern ausser mir vnd aller menschen gedancken, wercken vnd verm=gen, mich halte an den Christum (droben zur rechten Gottes sitzend) den ich doch nicht sehe etc. Ex hisce liquidissime cognoscimus Lutherum sen-[E5v:]tire nihil aliud esse iusticiam nostram, nisi meritum et satisfactionem Christi per uitam et mortem eius quaesitum, nobisque per fidem imputatum, et Lutherum nihil minus sensisse, quam illam aeternam filij Dei essentiam esse nostram iusticiam, Plura ex eodem scripto citare possemus, nisi breuitati studeremus.

Facie 96. incipit citare loca Lutheri super Epistolam ad Galat. quorum et si nullus affirmat nos substantiali diuinitatis Christi iusticia iustificari, tamen ooperae preciumo est audire, quid in aliquibus omissum sit.

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In fine primi paragraphi, ex 79. folio adducti, haec omissa sunt. Est ergo formalis nostra iusticia non charitas informans fidem, sed ipsa fides et nebula cordis, hoc est, fiducia in rem, quam non uidemus, hoc est, in Christum, qui ut non uideatur, tamen praesens est.

Citat et statim sequentem paragraphum, in cuius fine iterum haec studiose omissa sunt: Eaque est formalis iusticia (scilicet fiducia in Christum. Nam de ea proxime ante erat locutus) propter quam homo iustificatur, non propter charitatem, ut Sophistae loquuntur.

m–m

sic. sic. o–o aus: ope|r£precium. n

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das er selbs sey unser Gerechtigkeit, wie S. Paulus 1. Corinth. 1. sagt, das er uns worden ist uon Gott zur Gerechtigkeit und zur Heiligung, etc.448 Auff das wir uns nicht unser selbs, sondern allein dieses HErrn fFr Gott rhFmen.449 Das ist ie eine wFnderliche Gerechtigkeit, das wir sollen Gerecht heissen oder Gerechtigkeit haben, welche doch kein werck, kein gedancken, und kurtz gar nichts in uns, sondern gar ausser uns in Christo ist, und doch warhafftig unser ist durch seine gnad und geschenck, Vnd so gar unser eigen, als were sie durch uns selbs erlangt und erworben. Diese sprache kFnde freylich keine uernunfft uerstehen, das das soll Gerechtigkeit heissen, da ich nichts thu noch leide, Ia nichts gedencke, noch fFle oder em-[K 2r:]pfinde, und gar nichts in mir ist, umb des willen ich Gotte gefellig und selig werde, Sondern ausser mir und aller menschen gedancken, wercken und uerm=gen, mich halte an den Christum (droben zur Rechten Gottes sitzend), den ich doch nicht sehe.“450 Hie sehen wir auffs aller klerlichste, das D. Luthers meinung ist, das vnsere Gerechtigkeit nichts anders sey denn der verdienst, vberschwenckliche erfFllung des Gesetzes vnd gnugthuung Christi, durch sein leben vnd Todt erworben vnd vns durch den glauben zugerechnet. Vnd das D. Luthers meinung gar in keinen weg gewesen ist, das das ewige wesen Gottes vnsere Gerechtigkeit sey. Jch k=nt noch viel mehr aus derselben Schrifft vorlegen, wils aber kFrtze halben vnterlassen. Fa. 96 hebt er an zu citirn etliche Spruch Lutheri vber die Epistel zun Gala.451 Wie wol aber keiner vnter allen sagt, das wir durch die wesentliche gerechtigkeit der Gotheit Christi gerecht werden, So ist doch nicht vnnFtzlich, das wir h=ren, was Osiander in etlichen hat ausgelassen. Am ende des ersten Paragraphi, den er aus dem 97.l blat anzeucht, sind diese wort ausgelassen: „Derhalben ist Formalis iusticia, oder die form unserer Gerechtigkeit, nicht die liebe, so dem glauben eine gestalt gibt, charitas informans fidem, sonder der glaube und tunckelheit des hertzen, das ist, die zuuersicht auff das, das wir nicht sehen,452 nemlich auff Christum, welcher, ob er gleich nicht gesehen wird, so ist er doch gegenwertig.“453 Er setzt auch den nechstfolgenden Paragraphum vnd lest abermal am ende vorsetzlich diese wort aussen: „Vnd das ist formalis iusticia, die form der Gerechtigkeit (nemlich die zuuersicht auff Christum, denn uon derselben hat

l

rectius: 79.

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Vgl. I Kor 1,30. Vgl. I Kor 1,31. 450 Luther, WA 46, 43,38–45,3 (Das XVI. Kapitel S. Johannis, 1539). 451 Vgl. Osiander, OGA 10, 182,11–188,20 (aus Luthers Großem Galaterkommentar, 1535, WA 40I). 452 Vgl. Hebr 11,1. 453 Vgl. Luther, WA 40I, 229,18–21: „Est ergo formalis nostra iustitia non charitas informans fidem, sed ipsa fides et nebula cordis, hoc est, fiducia in rem quam non videmus, hoc est, in Christum qui, ut maxime non videatur, tamen praesens est.“ (Großer Galaterkommentar, 1535). 449

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Haec Osiander ideo studiose omittit, quia diserte docent fiduciam in Christum esse nostram formalem iusticiam, seu imputari nobis ad iusticiam, et quia clare damnant eius sententiam, qui dicit Deum, qui est charitas, nobis in cor infundi, eiusque nos praesentia formaliter iustos esse. Haec iusticia apud Iureconsultos crimen falsi appellatur, quae tanto magis hic fugienda detestandaque est, quanto in maiore re adhibetur.

Ex 80. folio adducit quoddam testimonium, quod fides sic apprehendat Christum, sicut annulus gemmam, et [E6r:] qui talem fidem habeat, iudicari a Deo iustum. Quod contra usitatem sententiam non pugnat, nec Osiandro patrocinatur. Caeterum eadem pagina clarissime sententiam nostram Luth. ponit. Ait enim fidem, solum Christum seruatorem appraehendentem, esse iusticiam nostram, et quidem diligenter praecipit, ut cum uolumus appraehendere tali iustificante fide Christum, probe sciamus, quid nam sit Christus definitiue,

et addit porro (adscribam enim integrum paragraphum eius): Christus autem definitiue non est legislator, sed propiciator et Saluator. Hoc fides appraehendit, et sine dubio credit, eum opera et merita congrui et condigni secisse superabundanter: potuisset enim per unicam guttulam suanguinis satisfacere pro peccatis Mundi. Iam autem copiose satisfecit. Ebrae. 9. Per proprium sanguinem intrauit semel in sancta etc. Et Rom. 3. Iustificati gratis per gratiam Dei, per redemtionem, quae est in Christo Iesu, quem proposuit Deus propiciatorium per fidem in sanguine ipsius etc. Ideo magna res est fide appraehendere Christum, portantem peccata mundi. Eaque fides sola reputatur ad iusticiam Rom. 3. et 4.

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er am nechsten zuuor geredt), umb welcher willen der mensch gerechtfertigt wird, Nicht umb der Liebe willen, wie die Sophisten sagen.“454 Diese wort lest Osiander vorsetzlich aussen, darumb [K 2v:] das sie vnterschiedlich leren, das die zuuersicht auff Christum vnsere Formalis iusticia oder form vnserer gerechtigkeit sey. Jtem darumb, das sie seine meinung, darinn er sagt, Gott, der die liebe ist, werde in vnser hertz gegossen vnd wir werden durch seine gegenwertigkeit Formaliter gerecht, =ffentlich verdammen. Diesen betrug nennen die Juristen Crimen falsi, Laster des falsches, Vnd ist alhie darumb so viel mehr zu fliehen vnd zu verfluchen, das solche betriegerey inn sachen vnsere Seligkeit betreffend gebraucht wird. Aus dem 81. blat fFret er ein solch zeugnis D. Luth., das der glaube Christum solcherweise ergreiffe, jhn gegenwertig habe vnd in sich eingeschlossen halte Wie ein gFldener ring einen Edeln stein. Vnd wer erfunden werde in diesem glauben, das er Christum ergriffen hat im hertzen, den halte Gott fFr Gerecht.455 Dis ist widder die gew=nliche meinung nicht. Hilfft den Osiander auch nicht. Aber eben am selben Blat setzt D. Luther vnsere meinung gantz klerlich. Sagt, das der glaub, der Christum, den Heyland, allein ergreifft, vnsere Gerechtigkeit sey, Vnd vermanet daneben gantz fleissig, so wir Christum mit diesem Gerechtmachenden glauben ergreiffen wollen, das wir ja wol wissen sollen, was Christus sey definitiue, wenn man rechtschaffen von jhm redt, Vnd spricht weiter (Jch wil aber seinen gantzen Paragraphum herzusetzen): „Christus aber, ist definitiue wenn man rechtschaffen uon ihm redt, nicht ein Gesetzgeber, sonder ein VersFner und seligmacher. Solchs ergreifft der glaube, und gleubet gewis, das Christus die werck und uerdienst des Congrui und des Condigni, des gebFrlichen, und des rechten gantzen uerdienstes,456 uberschwenglich gethan habe. Denn er hette durch ein einigs blutstr=pflein fur aller Welt sFnde k=nnen gnug thun. Nu aber hat er uberflFssig und uberschwenglich gnug gethan. Ebre. [K 3r:] 9: ‚Er ist durch sein eigen blut ein mal in das Heilige eingegangen‘457 etc. Item Rom. 3: ‚Wir werden on uerdienst Gerecht, aus seiner gnade, durch die erl=sung, so durch Christo Ihesu geschehen ist, Welchen Gott hat fFrgestelt zu einem gnadenstul durch den glauben in seinem Blut‘458 etc. Drumb ists ein gros ding, Christum, der die

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Vgl. Luther, WA 40I, 229,25f: „Eaque est formalis iustitia propter quam homo iustificatur, non propter charitatem, ut Sophistae loquuntur.“ (Großer Galaterkommentar, 1535). 455 Vgl. Osiander, OGA 10, 182,26–29 (WA 40I, 233,17–19). 456 Die scholastische Theologie unterscheidet zwischen einem meritum de condigno, d. h. einem Verdienst, das jemand aufgrund eigener, im Umfang entsprechender, angemessener Leistung erworben hat und das ihm darum gerechterweise zusteht, und einem meritum de congruo, das jemandem gnadenweise zugebilligt wird in Anerkennung eines (an sich unzureichenden) Bemühens. Vgl. Adam Seigfried, Art. Lohn, Verdienst II.5, in: HWPh 5 (1980), 511–513, bes. 511; Kirsten Huxel, Art. Verdienst IV. Dogmengeschichtlich. V. Dogmatisch, in: RGG4 8 (2005), 948–951. 457 Vgl. Hebr 9,12. 458 Vgl. Röm 3,24f.

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Et paulo post. Haec ratio est meritum, quo peruenimus ad remissionem peccatorum et iusticiam. Quia credis, inquit Deus, in me, et fides tua appraehendit Christum, quem tibi donaui, ut esset mediator et pontifex tuus, ideo sis iustus. Itaque Deus acceptat seu reputat nos iustos, solum propter fidem in Christum etc. Hinc clare apparet Luth. sensisse, fidem nos eatenus iustificare, quatenus intuetur et appraehendit opera, merita, satisfactionem, propiciationem et redemptio[E 6v:]nem Christi, non quatenus nobis substantialem Christi iusticiam infundi a Deo impetrat. Sed quid necesse est de singulis locis, ab Osiandro ex illis commentarijs citatis, dubitare? Extat in expositione cap. 3. integra tractatio, Quod iusticia Christiana constet fide cordis et imputatione Dei, in qua tractatione inter caetera dicit haec uerba: Discant ergo studiosi sacrarum literarum ex hoc dicto, Credidit Abraham Deo, et imputatum est illi ad iusticiam, Christianam iusticiam proprie ac diserte sic definire, Quod sit fiduciam in filium Dei, seu fiducia cordis per Christum in Deum. Deinde addant hanc particulam, tanquam differentiam, quae fiducia imputatur ad iusticiam propter Christum, uide sequentia.

Ex quo loco et alijs innumeris eius scriptis euidentissime probari potest Lutherum sensisse, quod iusticia nostra sit illa gratuita acceptatio, et iusticiae imputatio, qua nos Deus complectitur, propter merita et satisfactionem Christi fide appraehensam. Illud uero non caret singulari astucia, quod ultimo loco posuit hunc Lutheri paragaphum:

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sFnde der Welt tregt,459 mit dem glauben ergreiffen, Vnd dieser glaub allein wird zur gerechtigkeit gerechnet, Rom, 3. und 4.460“461 mVnd bald darnach:m „Das ist die weise und uerdienst, dadurch wir zu uergebung der SFnden und zur Gerechtigkeit komen: Weil du an mich gleubest (spricht Gott) und weil dein glaube Christum ergreifft, den ich dir geschenckt habe, das er dein Mitler und hoher Priester sein sol, so sey Gerecht. Darumb nimpt uns Gott an und helt uns fur Gerecht, allein umb des Glaubens willen an Christum, etc.“462 Hieraus erscheinet klerlich, das D. Luthers meinung gewest ist, das vns der glaube Gerecht mache, so fern er die Werck, Verdienst, Gnugthuung vnd Erl=sung Christi ansihet vnd ergreifft, Nicht so fern er von Gott erlangt, das vns die wesentliche Gerechtigkeit Christi eingegossen werde. Was ists aber n=tig, das mann viel zweyfele an den SprFchen, so Osiander aus denselben Commentarijs anzeucht? Jn der Auslegung des dritten Capitels ist ein gantzer Tractat dauon, Das die Christliche Gerechtigkeit auff Glauben des hertzen vnd Zurechnung Gottes stehe. Vnter anderm stehen auch diese wort: „Drumb sollen die ienigen, so die heilige Schrifft studiren, aus diesem Spruch, Abraham hat Gotte gegleubet, und solchs ist ihm gerechnet worden zur Gerechtigkeit, lernen, das sie die Christliche Gerechtigkeit, eigentlich und [K 3v:] unterschiedlich also beschreiben das sie sey, uertrawen in den Son Gottes, oder eine gewisse zuuersicht des hertzen zu Gott durch Christum, Darnach sollen sie dis stFcklein als eine Differentz, auch dazu setzen, Welche zuuersicht gerechent wird zur Gerechtigkeit umb Christus willen.“463 nDen folgenden Text magstu selbs lesen.n Aus diesem vnd andern vielen =rten derselben Schrifft kan auffs aller deudlichste beweiset werden, das vnsere Gerechtigkeit nichts anders sey denn die gnedige annemung vnd zurechnung der Gerechtigkeit, damit vns Gott vmbfehet von wegen des verdienstes vnd gnugthuung Christi oder erfFllung des Gesetzes, die wir mit dem glauben ergreiffen. Das ist aber nicht one sonderlichen betrug vnd geschwindigkeit464 geschehen, das er diesen Paragraphum auffs letzte gesatzt hat, nemlich:

m–m n–n 459

In C wie das Folgende in Antiqua gesetzt. In C wie das Vorangehende in Antiqua gesetzt.

Vgl. Joh 1,29. Vgl. Röm 3,22; 4,5.24f. 461 Vgl. Luther, WA 40I, 232,29–233,15 (Großer Galaterkommentar, 1535). 462 Vgl. Luther, WA 40I, 233,19–24 (Großer Galaterkommentar, 1535). 463 Vgl. Luther, WA 40I, 366,22–27: „‚Et reputatum est illi ad iustitiam‘ dixi, ut studiosi sacrarum literarum intelligerent, Christianam iustitiam proprie ac diserte sic definiendam esse, quod scilicet sit fiducia in filium Dei vel fiducia cordis per Christum in Deum. Ibi addenda est haec particula tanquam differentia: quae fides imputatur ad iustitiam propter Christum.“ (Großer Galaterkommentar, 1535). 464 Betrügerei, List, Arglist. Vgl. Art. Geschwindigkeit 7), in: DWb 5, 4001. 460

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Quicunque ab ista doctrina excidit, ille necessario ruit in ignorantiam Dei, non intelligit, quae sit Christiana iusticia et sapientia, qui sint ueri cultus Dei, est Idolatria, manens sub lege, peccato, morte et Diaboli imperio, et omnia quae facit sunt perdita et damnata. Quod fecit ideo, quo scilicet rudiores, aut etiam negligentiores, non inspicientes locum, putarent Lutherum dixisse, quod qui Osiandri doctrina aberret, seu a doctrina de substantiali Dei iusticia, is sit ignarus Dei, etc. Cum ibi Luth. de hac sententia proprie disputet, [F 1r:] Quod Deus omnes electicias et commenticias religiones extreme detestetur, eaque sola uera sit religio, quam ille per filium suum Mundo reuelauit, a qua qui excidit, toto coelo, aberret etc.

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Sic etiam superius fraudulenter adduxit ex Luth. super 17. Ioannis haec uerba: Jch sage es auff mein seel, so vil ich gesehen vnd erfaren hab, beide, Prediger vnd Schreiber, so itzt die besten sein w=llen vnd s=llen (gar wenig ausgenomen), wissen doch von diesem stFck gar nichts, vnd ob sie gleich wol zuweilen ein mahl hinzGratten vnd treffen, so ists doch als pmit einp traum geredt vnd geh=rt. Bapst, Munch vnnd Pfaffen schelten k=nnen sie wol, aber des rechten grundt, damit man das Babstumb vnd allerley falsche lehr stFrtzen muß, wissen jr warlig wenig etc. Cuius loci adductione conatur persuadere Osiander, quod Luth. uehementer desiderauerit in doctoribus illam cognitionem de iusticia Dei essentiali nos iustificante, cum ille loquatur de eo, quod omnia in Christo et per Christum habeamus, et nihil plane aliunde sicut ipsemet Lutherus suum locum communem, de quo ibi disputat, hisce uerbis recitat: Nemlich das wir alles inn dem Christo haben, was wir haben s=llen, vnd nichts in vns oder einigem menschen. Queritur ibi Lutherus, paucos intelligere, quantum omnium bonorum thesaurum in solo Christo repositum habeamus, et non, paucos scire, quod per substantialem aeternamque diuinitatis Christi iusticiam iusti simus. Apposita quidem ad decipiendos rudiores negligentioresque, sed certe nimis uafra prauaque haec authoris citandi ratio est.

Postremo citat Luth. super secundam Petri, uerum [F 1v:] et Luth. et Petrus ibi agunt, non de ipsa iustificatione seu reconciliatione cum Deo, quam priori epist. Petrus dixerat factam precioso sanguine immaculati agni, Vbi Luth. affirmauerat lauatos nos esse sanguine Agni, sed agitur de bonis seu praemijs

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sic.

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„Welcher uon dieser lere felt, der felt aus not in unwissenheit Gottes, uerstehet nicht, welchs da sey die Christliche Gerechtigkeit und Warheit, Welchs sein die waren Gottesdienst, Er ist ein Abg=ttischer, bleibt unter dem Gesetz, unter der SFnd, unter dem Tod, unter des Teuffels gewalt, Vnd alles das er thut, ist uerloren und uerdampt.“465 Diesen Paragraphum setzt er darumb zuletzt, auff das die Vngelerten oder auch die Vnfleissigen, die den Text nicht recht ansehen, dencken sollen, D. Luther habe gesagt: Wenn einer an des Osianders Lere von der wesentlichen Gerechtigkeit Gottes jrret, Der falle in vnwissenheit Gottes etc., so doch D. Luther am selben ort eigentlich davon Disputiret, das Got alle Selberwelte vnd erdichte Gottesdienste auffs eusserste verfluche vnd allein, das die ware Religion sey, die Got durch seinen Son der Welt offenbaret hat. Vnd derhalben, wer von derselbigen abfellet, der falle in vnwissenheit Gottes etc. Solcher betriegerey hat er auch droben gebraucht, [K 4r:] da er aus D. Luthers auslegung vber das 17. Cap. Johannis diese wort anzeucht: „Ich sage es auff mein Seel, so uiel ich gesehen und erfaren habe, beide, Prediger und Schreiber, so itzt die besten sein wollen und sollen (gar wenig ausgenommen), wissen doch uon diesem stFck gar nichts, Vnd ob sie gleich wol zuweilen einmal hinzuraten und treffen, So ists doch als in eim Trawm geredt. Bapst, MFnch, und Pfaffen schelten k=nnen sie wol, aber des rechten grundes, darmit man das Bapstumb, und allerley falsche Lehre stFrtzen mus, wissen ihr warlich wenig,“ etc.466 Mit diesen worten wolt Osiander gern beweisen, das D. Luther sehr geklagt habe, das die Lerer von der erkentnis der wesentlichen Gerechtigkeit Gottes, die vns gerecht mache, nichts wissen. So er doch hieuon nichts, sonder dauon redet, das wir alles in Christo vnd durch Christum vnd sonst anderwegen her gar nichts haben. Wie er denn denselben Locum communem, dauon er an gemeltem ort handelt, mit diesen worten erzelet: „Nemlich, Das wir alles in dem Christo haben, was wir haben sollen, und nichts in uns, oder einigem menschen,“467 Vnd klagt, das wenig verstehen, wie ein grossen, gewaltigen Schatz aller gFter wir allein an Christo haben. Sagt nicht, das wenig wissen, das wir durch die wesentliche vnd ewige gerechtigkeit der Gottheit Christi gerecht sein. Dis ist wol eine feine weise, die vngelerten vnd vnfleissigen zu betriegen, wenn mann die Authores so anzeucht. Es ist aber eine schalckhafftige, b=se weise. Zum letzten citirt er Lutherum vber die ander Epistel Petri.468 Aber D. Luther vnd S. Peter handeln am selben ort nicht von der Rechtfertigung oder Ver465

Vgl. Osiander, OGA 10, 188,16–20 (Luther, WA 40I, 605,19–22). Vgl. Osiander, OGA 10, 180,20–26 (Luther, WA 28, 185,23–29). 467 Vgl. Osiander, OGA 10, 180,30–182,1 (Luther, WA 28, 185,33f). 468 Vgl. Luther, WA 14, (1) 14–91 (Die ander Epistel S. Petri und eine S. Judas gepredigt und ausgelegt, 1524). 466

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quae reconciliationem seu iustificationem sequuntur, de qua re paulo post clarius.

Ideo super eadem Epistola Luth. paulo ante citatum ab Osiandro locum inquit: Gott haben ist alle gnad, alle barmhertzigkeit haben vnd alles, was man guts haben kan. Christum haben ist den heiland vnd Mitler haben, der vns dahin bracht hat, das Gott vnser ist vnnd vns bey jhm alle gnad erworben. Ita hic diserte Luth. separans docet aliud esse per mediatorem Christum Deo reconciliari seu iustificari eique amicum fieri, aliud esse, posteaquam es iustificatus, Deum habens amicum et patrem, fieri participem eius diuinae naturae, omniumque eius bonorum.

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Quare et in loco ab Osiandro adducto dicit Petrus nos accepisse promissionem, quod erimus participes diuinae naturae, qui sermo facile indicat de promissione sequuturorum bonorum ibi agi, non de praesenti praeteritaue piorum iustificatione, sicut postea clarius exponemus, quorsum illa participatio, fruitio ac uisio diuinitatis proprie pertineat, referendaque sit.

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Sed addemus iam et alia aliquot Lutheri testimonia propalam cum Osiandri sententia pugnantia. Videmus enim eum etiam illud uehementer urgere, quod sententia eius, cum Lutheri sententia prorsus conueniat. Quare ad tuendam ueritatem necesse est pluribus dictis ostendere, quidnam uere Lutherus senserit de hac [F 2r:] re et docuerit. In Postilla maiori prima hebdomada aduentus super dictum, Ecce rex tuus uenit tibi iustus etc. inquit: Merck dieses stFcklein mit vleyß, das wo du in der Schrifft findest das w=rtlein ‚Gottes gerechtigkeit‘, das du dasselbige ia nit von der selbwesenden innerlichen gerechtigkeit Gottes verstehest, wie die Papisten, auch vil heilliger Vetter geirret haben, du wirst sunst darfFr erschrecken. Sondern wisse, das es heist, nach brauch der Schrifft, die ausgosne gnad vnd barmhertzigkeit Gottes, durch Christum in vns, dauon wir fFr ihm frum vnd gerecht werden geacht, vnd heist darumb Gottes gerechtigkeit oder fromkeit, das nit wir, sondern sie wircket in vns mit gnaden, gleich wie auch Gottes werck, Gottes weysheit, Gottes sterck, Gottes wort, gottes mundt heist, das er in vns wircket vnd redet. Dis alles beweist klerlich S. Paulus

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sFnung fur Got, welche geschehen ist (wie Petrus in der vorigen Epistel sagt) mit dem thewren Blut Christi als eines vnschFldigen, vnbefleckten Lammes,469 vber welchen spruch D. Luther also saget, das wir werden gewaschen durch [K 4v:] das Blut des Lambs, Sonder von den gFtern oder belonungen, die nach der versFnung oder Rechfertigung folgen. Dauon wir kFrtzlich hernach klerer reden wollen. Drumb sagt D. Luther eben inn der selben Epistel kurtz vor dem ort, den Osiander anzeucht,470 also: „Gott haben, ist alle gnad, alle barmhertzigkeit haben, und alles was man guts haben kan, Christum haben, ist den Heyland und Mitler haben, der uns dahin bracht hat, das Gott unser ist, und uns bey ime alle gnad erworben.“471 Also leret Doct. Luther alhie klerlich vnd vnterschiedlich, das es ein ander ding sey, durch den Mitler Christum mit Gotte versFnet oder Gerechfertigt vnd Gottes freund werden, Vnd ein anders, nachdem du nu Gerechtfertigt bist vnd Gotte zum freunde vnd Vater hast, das du seiner G=ttlichen Natur vnd aller seiner gFter teilhafftig wirst. Drumb sagt auch S. Peter im Spruch, den Osiander anzeucht: „Wir haben die verheissung empfangen, das wir teilhafftig werden der G=ttlichen Natur.“472 Welche rede gnugsam zu verstehen gibt, das an diesem ort gehandelt wird von der verheissung der kFnfftigen seligkeit vnd nicht von der gegenwertigen oder vergangenen Rechtfertigung der Christen. Wie wir darnach klerlicher anzeigen wollen, wohin solche teilhafftigkeit, geniessung vnd schawung der Gottheit oder teilhafftig sein der G=ttlichen natur eigentlich geh=re vnd zu setzen sey. Bjsher haben wir verleget diejene sprFch, so Osiander aus D. Mart. bFcher, seinen jrthumb zu bestetigen, felschlich angezogen hat. Nu aber wollen wir zum vberflus auch etliche andere zeugnissen D. Luthers setzen, welche =ffentlich widder des Osianders meinung streitten. Denn ich sehe, das Osiander vnter anderm betrug sehr hefftig auch darauff dringt, das seine meinung mit D. Luthers meinung vberein stimme. Drumb mFssen wir, der Warheit zugut, mit etlichen mehr sprFchen anzeigen, was D. Luther grFndlich [L 1r:] vnd in der Warheit von dieser sache gehalten vnd geleret habe. Jn der grossen Postil, auff den ersten Sontag des Aduents, vber den spruch „Sihe dein K=nig k=mpt, Gerecht“473 etc., sagt er: „Merck dieses stFcklein mit fleis, das, wo du in der Schrifft findest das w=rtlein ‚Gottes gerechtigkeit‘, das du dasselbige ia nicht uon der SELBWESENDEN innerlichen GERECHTIGKEIT Gottes uerstehest, wie die Papisten, auch uiel heiliger Veter geirret haben, Du wirst sonst dafFr erschrecken, Sondern wisse, das es heist, nach 469 470 471 472 473

Vgl. I Petr 1,19. Vgl. Osiander, OGA 10, 188,(21)23–190,15 (Luther, WA 14, 18,24–19,15). Vgl. Luther, WA 14, 16,21–23. Vgl. II Petr 1,4. Vgl. Sach 9,9; Mt 21,5.

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Rom. 1: Jch scheme mich des Euangelij nicht, denn es ist ein krafft Gottes (vernim: die in vns wircket vnd vns sterckt) zur seligkeit allen, die daran gleuben, denn es wird gottes gerechtigkeit drinnen offenbaret, als geschriben steht: Der gerechte lebet seines glaubens. Hie sihestu, das er von der gerechtigkeit des glaubens saget, vnd dieselbige nennet er die gerechtigkeit gottes, im Euangelio verkFndiget. Sintemal das Euangelion leret nicht anders, denn wer da gleubt, der hat gnad vnd ist gerecht fFr Gott vnd wird selig.

Hic diserte affirmat Luth. primum, iusticiam Dei, qua per fidem iusti sumus, non esse illam substantialem Dei iusticiam, ut Osiander uult. Secundo, docet illa esse Dei misericordem gratiam et fauorem erga nos propter Christum, id est, illam misericordem acceptationem coelestis patris, illum [F 2v:] amorem, illam beneuolentiam, qua nos amplectitur propter Christi Fide a nobis apprehensi meritum et satisfactionem.

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brauch der Schrifft, die gnade und barmhertzigkeit Gottes, durch Christum in uns, dauon wir fur ihm frum und gerecht werden geacht, Vnd heist darumb Gottes gerechtigkeit, oder fr=migkeit, das nicht wir, sonder sie wircket in uns mit gnaden, gleich wie auch Gottes Werck, Gottes wort, Gottes mund heisset, das er in uns wircket und redet. Dis alles beweiset klerlich S. Paulus Roma. 1: ‚Ich scheme mich des Euangelij nicht. Denn es ist eine krafft Gottes (Vernim: die inn uns wircket und uns stercket) zur seligkeit allen, die dran gleuben, denn es wird Gottes gerechtigkeit drinnen offenbart, als geschrieben stehet: Der gerechte lebet seines glaubens.‘474 Hie sihestu, das er uon der gerechtigkeit des glaubens sagt, und dieselbe nennet er die gerechtigkeit Gottes, im Euangelio uerkFndiget, Sintemal das Euangelion leret nicht anders, denn wer da gleubet, der hat gnade, und ist gerecht fur Got, vnd wird selig.“475 Hie sagt D. Luther vnterschiedlich zum ersten, das die gerechtigkeit Gottes nicht verstanden sol werden von der selbwesenden vnd innerlichen gerechtigkeit Gottes, wie Osiand. wil. Zum andern leret er, das die vberschwengliche gnade vnd barmhertzigkeit Gottes in vns, das ist des himlischen Vaters gnedige annemung, liebe vnd gunst, damit er vns vmbfehet vmb des verdiensts vnd opffers Christi willen, den wir mit glauben ergreiffen, Gerechtigkeit sey. [L 1v:] Vnd aus dieser Predigt wil Osiander Fa. 79476 seine meinung erhalten477 vnd beweisen, So er doch auch widder seinen willen klerlich sehen mus, das Lutherus gantz vnd gar widder jhn ist. Warumb gibt er denn seine meinung vor fFr des Luthers meinung, widder sein gewissen, vnd verfFret die arme Herde Christi mit einem falschen schein? Eben im selben Buch, vber die Epistel am Christag, sagt D. Luther, das die Gerechtigkeit Gottes, damit wir Gerechtfertiget werden, sey die Barmhertzigkeit Gottes, die darumb Gottes Gerechtigkeit genennet wird, das sie vns aus gnaden zugerechnet vnd geschenckt wird: „So mFssen wir nun der Schrifft gewonen,478 die da zweierley gerechtigkeit setzt, Eine menschliche gerechtigkeit, wie sie S. Paulus hie und an uiel mehr =rten nennnet, Die ander eine G=ttliche gerechtigkeit, das ist, die G=ttliche gnade, welche uns Rechtfertiget durch den glauben, wie S. Paulus hie ausdrFcket, und sagt am ende der Epistel also: ‚Auff das wir, durch seine gnade Gerechtigfertiget, Erben seyen des ewigen lebens.‘479 Da sihestu, das Gottes gnade unsere gerechtigkeit ist, Die auch darumb Gottes Gerechtigkeit heisset, das er sie uns aus gnaden gibt, und unser wird, das wir sie empfahen.“480 474

Vgl. Röm 1,16f. Vgl. Luther, Predigt am 1. Advent über Mt 21,1–9, Kirchenpostille (Advent bis Ostern), 1550 (VD 16 L 5615), Bl. 10v; WA 10I.2, 36,22–37,13 (Aventspostille 1522). 476 Vgl. Osiander, OGA 10, 164,7–17 (Von dem einigen Mittler, 1551). 477 belegen, stützen, erhärten. Vgl. Art. erhalten 7), in: DWb 3, 835. 478 uns an den Brauch der Schrift gewöhnen, uns an die Schrift anpassen. 479 Vgl. Tit 3,7. 480 Vgl. Luther, WA 10I.1, 106,1–8 (Kirchenpostille 1522, Epistel in der Früh-Christmess, über Tit 3,4–7). 475

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In eodem libro Dominica 4. post pascha super dictum, Spiritus arguet mundum de iusticia, inquit: Sondern der heilige Geist redt von s=lcher gerechtigkeit, die fFr Gott gilt oder die er fFr gerechtigkeit helt. Was ist nG das vor ein gerechtigkeit, oder warin steht sie? Das ist sie (spricht er) das ich zum Vatter gehe vnd jr mich hinfurt nicht sehet. Das heist ja vndeutsch vnd fFr der welt lecherlich gnug geredt, vnd so das erste frembt vnd tunckel ist, das dis der welt sFnd sey, das sie nit gleubet an jn, so lautet dirq vil seltzamer vnd vnuerstenlicher,r das dis allein gerechtigkeit sey, das er zum Vatters gehet vnd nicht gesehen wird, etc. Et paulo post: Aber das die heiligen nit verdampt werden wie die andern, darin machet allein diß die vnterscheid, daß sie solche straff annehmen, bekennen vnd klagen, daß sie sFnd haben, vnd also die frembde gerechtigkeit haben, welche ist allein gantz vnd gar des Herren Christi eigen werck, krafft vnnd verdinst, welchs er heist zum Vatter gehen. Den dis wort, das ich zum Vatter gehe, begreifft das gantze werck vnser erl=sung vnnd Seligung, dazu Gottes Sohn von himel gesand vnd das er fFr vns gethan hatt vnd noch thut bis ans ende, Nemlich sein leiden, todt vnd Aufferstehung vnd gantzes reich in der kirchen. Denn dieser ganck zum Vatter heist nichts anders, denn das er sich dahingibt zu einem opffer durch sein blGtuergissen vnd sterben, damit fFr die sFnd zu bezalen, vnd [F 3r:] darnach wider durch seine aufferstehung vberwindet vnd vnter seine gwalt bringet SFnd, todt vnd helle vnd sich lebendig setzet zur rechten hand des Vatters, da er vnsichtbar regieret vber alles in himel vnd erden vnd seine Christenheit durch die predigt des Euangelij samlet vnd ausbreittet vnd die, so da gleuben, bey dem Vatter als ein ewiger Mittler vnnd h=hert priester vertrit vnd vorbittet, weil sie noch vberige sFnd vnd schwacheit haben, darzG des heiligen Geistes krafft vnd stercke gibt, die SFnde, Teuffel vnd todt zu uberwinden. Siehe, das heist vnd ist der Christen gerechtigkeit fFr Gott, das Christus zum Vatter geht, das ist: fFr vns leidet, aufferstehet vnnd also vns den Vatter vers=net, das wir vmb seinetwillen vergebung der sFnden vnnd gnad haben, das es gar nicht ist vnsers wercks noch verdiensts, sondern allein seines ganges, den er thFt vmb vnsern willen, das heist eine frembde gerechtigkeit (darumb wir nichts gethan noch verdienet haben noch verdienen k=nnen) vns geschenckt vnd zueigenu geben, daß sie soll vnser gerechtigkeit sein, dadurch wir Gott gefallen vnd seine liebe kinder vnd erben sindt, etc.

q r s t u

sic. sic. aus: Vattrr. sic. aus: zuegen.

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Jtem im selben Buch, den 4. Sontag nach Ostern, vber den Spruch „Der Heilige Geist wirdo die Welt straffen vmb die Gerechtigkeit“481 Sagt er also: „Sondern der heilige Geist redet uon solcher gerechtigkeit, die fur Got gilt, oder die er fFr gerechtigkeit helt. Was ist nu das fFr eine gerechtigkeit, oder worinn stehet sie? ‚Das ist sie (spricht er) das ich zum Vater gehe, und ihr mich hinfort nicht sehet.‘482 Das heisset ia undeudsch und fFr der welt lecherlich gnug gered, und, so das erste fremb und tunckel ist, das dis der Welt sFnde sey, das sie nicht gleubet an ihn, So lautet dis uiel seltzamer und unuerstentlicher, das dis allein gerechtigkeit sey, das er zum Vater ge[L 2r:]het, und nicht gesehen wird.“483 etc. Item baldt darnach: „Aber das die Heiligen nicht uerdampt werden, wie die andern, darinn machet allein dis die unterscheid, das sie solche straffe annemen, bekennen vnd klagen, das sie sFnde haben, Vnd also die frembde gerechtikeit haben, welche ist allein gantz und gar des HErrn Christi eigen werck, krafft, und uerdienst, welchs er heist zum Vater gehen. Denn dis wort, das ich zum Vater gehe, begreifft das gantze werck unserer Erl=sung und Seligung, dazu Gottes Son uom Himel gesand, Vnd das er fFr uns gethan hat und noch thut, bis ans ende, nemlich sein Leyden, Tod, und Aufferstehung und gantzes Reich in der Kirche. Denn dieser gang zum Vater, heist nichts anders, denn das er sich dahin gibt zu einem opffer, durch sein Blutuergiessen und sterben, damit fFr die sFnde zu bezalen, Vnd darnach widder durch seine Aufferstehung uberwindet und unter seine gewalt bringt, SFnde, Todt, und Helle, und sich lebendig setzet zur Rechten hand des Vaters, da er unsichtbar Regiret uber alles in Himmel und Erden, und seine Christenheit durch die Predigt des Euangelij samlet und ausbreitet, und die so da gleuben, bey dem Vater, als ein ewiger Mitler und Hoher Priester uertrit und uorbittet, weil sie noch ubrige Schwacheit und SFnde haben, Darzu des heiligen Geistes krafft und stercke gibt, die SFnde, Teuffel, und Todt zu uberwinden. Sihe, das heist und ist nu der Christen Gerechtigkeit fFr Gott, das Christus zum Vater gehet, das ist, fFr uns Leidet, Aufferstehet, Vnd also uns den Vater uersFnet, das wir umb seinet willet uergebung der SFnden und gnade haben, das es gar nicht ist unsers wercks noch uerdienstes, sondern allein seines Ganges, den er thut umb unsern willen, Das heist eine frembde Gerechtigkeit (Darumb wir nichts gethan noch uerdienet haben, noch uerdienen k=nnen) uns geschenckt und zu eigen gegeben, das sie soll unsere gerechtigkeit sein, Da-

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B; C: wir.

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Vgl. Joh 16,8.10. Joh 16,10. 483 Vgl. Luther, WA 21, 361,27–34 (Crucigers Sommerpostille 1544, Evangelium am 4. Sonntag nach Ostern, über Joh 16,5–15). 482

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Hic prolixe, clare et diserte dicit Lutherus iusticiam nostram esse illud Christi ad Patrem ire. Quod ire complectatur omnes actiones et passiones Christi, ad quas propter nos peragendas a Patre coelitus missus est. Dominica 9. post Trinitatis in postilla maiori tota consumitur in docenda Christiana iusticia, quam, nisi prolixitatem uitaremus, totam hic interponeremus. Tractat ibi tres quaestiones de Christiana iusticia.

Prima, in quo consistat. R.8 in misericordia seu remis-[F 3v:]sione peccatorum. Inquit enim in primo paragrapho, cum ad rem uenit: Vber diese eusserliche fromkeit ist nu ein andere, die nicht auff erden, etc. Sequitur statim: Das ist nu die, so man heisset Gottes gnade oder vergebung der sFnden, etc. Dauon Christus in diesem vnd andern Euang. sagt, etc. Aliquanto post de eadem re loquens ait: Darumb geh=rt kunst vnd verstand darzu, das man diese gerechtigkeit ergreiffe vnd halte, etc. Et aliquanto post: Darumb soll diese lehr gefasset werden, das man gentzlich darfFr halte, das vnser fromkeit fFr Gott heisse vergebung der sFnden, etc. Secundo docet per quam principalem efficientem causam nobis talis iusticia contingat, et ueluti ex quo fonte in nos fluat, nempe ex merito seu satisfactione Christi. Inquit enim initio secundae quaestionis: Das sey fGr das erste gesagt, was die Christliche gerechtigkeit sey vnd warinne sie stehet. Fragstu nG weitter, woher sie komme oder wodurch sie zuwegen bracht oder erworben sey? Antwort: daher kommet sie, das Jesus Christus, gottes Sohn, von himel kommen vnd mensch worden, fFr vnsere sFnd gelitten hat vnd gestorben ist; das ist die vrsache vnd mittel vnd der schatz, durch welchen vnd vmb welches willen vns die vergebung der sGnde vnd Gottes gnade geschenckt ist.

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Respondet.

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durch wir [L 2v:] Gotte gefallen, und seine liebe Kinder und Erben sind.“484 etc. Hie leret er nach der leng klerlich vnd vnterschiedlich, das vnsere Gerechtigkeit sey der Gang Christi zum Vater. Jtem, das dieser gang begreiffe alle, sein Thun vnd Leiden dazu jhn der Vater vom Himel gesand hat, das ers fFr vns volbringen solte. Jn der grossen Postil, den 19. Sontag nach Trinitatis, bringt er die gantze Predigt zu mit der lehr von Christlicher Gerechtigkeit. Wens nicht zu lang wFrde, so wolten wir dieselbe gantze predigt hierein setzen. Sie ist aber jtzt newlich zu NFrnberg in besonderheit gedruckt, mit vielen andern zeugnissen gelerter Leut widder den Osiander.485 Jn derselben predigt handelt er vornemlich drey fragen von Christlicher Gerechtigkeit. Die erste ist, Worinne die Christliche Gerechtigkeit stehe. Hie antwortet er: Jn barmhertzigkeit oder vergebung der sFnden. Denn im ersten Paragrapho, da er nu zur sachen k=mpt, spricht er: „Vber diese eusserliche fr=mkeit ist nu eine andere, die nicht auff Erden.“ etc.486 Vnd bald darnach: „Das ist nu die, so mann heisset Gottes gnade, oder Vergebung der sFnden. Dauon Christus in diesem vnd andern Euangelien sagt,“ etc.487 Nicht lang darnach eben uon diesem handel spricht er also: „Darumb geh=ret kunst und uerstand dazu, das man diese gerechtigkeit ergreiffe und halte“ etc.488 Vnd aber489 ein wenig darnach: „Darumb sol diese lehr gefasset werden, das man gentzlich dafFr halte, unsere fr=mkeit fFr Got heisse Vergebung der sFnde.“ etc.490 Zum andern leret er, was die vornempste Vrsach, proxima efficiens causa, sey, dadurch vns solche Gerechtigkeit zu wegen bracht werde, vnd gleichsam aus welchem brunnen sie auff vns fliesse, nemlich aus dem verdienst vnd gnugthuung Christi. Denn im anfang der andern Frage sagt er also: „Das sey fFr das erste gesagt, was die Christliche gerechtigkeit sey, und worinne sie stehet. Fragstu nu wei-[L 3r:]ter, wo her sie komme oder wodurch sie zu wegen bracht oder erworben sey? Antwort: Daher k=mpt sie, das Jhesus Christus, Gottes Son, uom Himel kommen und mensch worden, fFr unsere SFnde

484 Vgl. Luther, WA 21, 363,4–32 (Crucigers Sommerpostille 1544, Evangelium am 4. Sonntag nach Ostern, über Joh 16,5–15). 485 Gemeint ist wohl: Von Christlich= || er gerechtigkeyt / oder ver || gebung der sünden / ein sch=ne v] || herrliche predigt / sampt andern SprF= || chen / auß der heiligen schrifft / gepre= || digt vnd außgelegt / durch den || Ehrwirdigen Herrn D. || Mart. Luther heyli || ger gedechtnus. || Allen betrFbten vnd engstigen gewissen || heylsam vnnd tr=stlich / Auch zu war= || nung das sie den hohen vnd tr=stlichen || artickel vnsers Christlichen glaubens / || von vergebung der sFnden allein durch || Christum nicht zu kalt noch zu gering || achten. || Jch glaub vergebung der || sünden. [Kolophon: Gedruckt zG NFrnberg durch Joha] || vom Berg vnd Vlrich || Newber.] (VD 16 ZV 30149), darin Bl. A5r–C4r die Predigt über Mt 9,1–8; vgl. WA 29, 564–582. 486 Vgl. Luther, WA 29, 569,25. 487 Vgl. Luther, WA 29, 569,35f. 488 Vgl. Luther, WA 29, 570,28f. 489 wiederum. 490 Vgl. Luther, WA 29, 572,19f.

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Tertio disputat de medio, per quod nobis ea iusticia applicetur, nempe per uerbum et Sacramenta. Nam in principio tertiae quaestionis sic inquit: Das dritte, wie oder wodurch wird vns nu s=lche gerechtigkeit heimgebracht, das wir den schatz durch Christum erworben, empfahen etc. In ea ergo concione dilucidissime totam ma[F 4r:]teriam iusticiae fidei Christi Luth. nobis exponit: ipsam iusticiam dicit esse remissionem peccatorum seu gratiam, id est gratuitam acceptationem. Proximam principalem causam eius dicit esse meritum, obedientiam seu passionem Christi. Instrumentalem uero causam affirmat esse fidem et Verbum ac Sacramenta. Nusquam prorsus peccatores ad illam aeternam substantialemque filij Dei iusticiam remittit.

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Ex quo solo sermone sine ulla dubitatione intelligere possumus, Lutherum nihil minus sensisse, quam iusticiam fidei, qua peccator iustificatur, esse illam aeternam substantialemque Dei iusticiam. In Domestica postilla Dominica 4. post Pascha multum ac diligenter inculcat nostram iusticiam esse illud Christi ire ad patrem, id est, Vitam, Passionem, Resurrectionem et Ascensionem Christi. Quod ut certius lectori constet, adscribam aliquot dicta ex ea concione excerpta. Darumb, wen wir w=llen recht from werden, so mussen wirs mit vnsern wercken nit anfahen. Es wirdts nicht thFn, das du ein Munch werden, so viel fasten vnd betten woltest. Das aber wirdt es thFn, wen du wilt der sFnden los vnd ein Christ werden, daß du weist, daß Christus zG seinem Vatter ist gangen etc. Sequitur statim: Durch guete werck wirstu nit from vnd gerecht fFr Gott, das geschicht allein dardurch, das Christus zum V(tter geht. Der weg allein vnd kein ander ists, dadurch wir von sFnden erl=set vnd gerecht werden. Des Herrn Christi gang aber heist anders nicht, denn das er gelitten vnd am creutz gestorben vnd durch den tod von dieser welt abgescheiden ist vnd zum Vatter gangen, [F 4v:] das ist: gehn himel auffgefaren, da er sitzet zur rechten Gottes vnd regieret; das ist der Schatz gar, dardurch wir frum werden, das also kein gerechtigkeit ist in meiner krafft noch verm=gens, sondern des Hern Christi, das er zum Vatter geht, das ist nu auff deutsch souiel gesagt: Niemandt wird gerecht, selig noch von sFnden loß, den alleine dardurch, das Jesus Christus gelitten hat, gestorben vnd von den todten wider aufferstanden ist. Dieser gang machet gerecht vnd sunst nichts etc.

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gelitten hat und gestorben ist. Das ist die ursach und Mittel und der Schatz, durch welches willen uns die Vergebung der SFnden und Gottes gnade geschenckt ist.“491 Zum dritten disputiret er von dem Mittel, dadurch vns solche Gerechtigkeit heimgebracht wird, nemlich durchs wort vnd die Sacrament. Denn im anfang der dritten Frage sagt er also: „Das dritte, wie oder wodurch wird uns nu solche gerechtigkeit heimgebracht, das wir den Schatz durch Christum erworben, empfahen?“ etc.492 Also leret vns D. Luther inn dieser Predigt auffs allerdeutlichste, Wie es allenthalben in allen stFcken mit der Gerechtigkeit des glaubens zugehe. Die Gerechtigkeit heist er Vergebung der SFnden oder Gnad, das ist: solche annemung des SFnders, die aus gnaden geschihet, heisset nirgent nicht die wesentliche gerechtigkeit Gottes. Die nehste vornempste Vrsach oder proximam principalem causam heist er den verdienst, gehorsam vnd leiden Christi. Die Jnstrument, damit wir solchs ergreiffen, heist er den Glauben, das Wort vnd die Sacrament Vnd weiset die SFnder gar nirgent an keinem ort auff die ewige, wesentliche gerechtigkeit des Sons Gottes. Darumb k=nnen wir aus dieser einigen Predigt reichlich vnd on allen zweyffel verstehen, das D. Luther nichts weniger gehalten habe, denn das die Gerechtigkeit des glaubens, dadurch der SFnder gerechtfertigt wird, die Ewige, wesentliche gerechtigkeit Gottes sey. Jn der Hauspostil, den 4. Sontag nach Ostern, treibt er viel vnd fleissig, das der gang Christi zum Vater, das ist das Leben, Leiden, Aufferstehung vnd Himelfart Christi, vnsere Gerechtigkeit sey. Auff das aber der Le-[L 3v:]ser hieuon deste bessern bericht habe, So wil ich etliche sprFch aus derselben Predigt alhie erzelen, wie folget: „Darumb, wenn wir wollen recht from werden, so mFssen wirs mit unsern wercken nicht anfahen. Es wirds nicht thun, das du ein MFnch werden, So uiel fasten und beten woltest. Das aber wird es thun, wenn du wilt der SFnde los und ein Christ werden, das du weist, das Christus zu seinem Vater ist gangen,“493 etc. Folget bald: „Durch gute werck wirstu nicht from noch gerecht fFr Gott, das geschicht alleine dadurch, das Christus zum Vater gehet; der weg alleine und kein ander ists, dadurch wir uon SFnden erl=set und gerecht werden. Des HERRN Christi gang aber heist anders nicht, denn das er gelitten und am Creutz gestorben und durch den Tod uon dieser Welt abgescheiden ist und zum Vater gangen, das ist: gen Himel auffgefaren, da er sitzt zur Rechten Gottes und regieret. Das ist der Schatz gar, dadurch wir from werden, das also keine Gerechtigkeit ist in meiner krafft noch uerm=gen, sondern des 491

Vgl. Luther, WA 29, 575,37–576,17. Vgl. Luther, WA 29, 578,38f. 493 Vgl. Luther, WA 52, 294,4–8 (Hauspostille 1544, Evangelium am 4. Sonntag nach Ostern, über Joh 16,5–15). 492

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Sequitur statim: Hie stehet, das es alleine der gang vnsers Hern Christi zum Vatter thun vnd ausrichten solle. Solchs ist die rechte vnd ware gerechtigkeit, da die welt nichts von weiß vnd alleine der heilige Geist von lehret, etc. Sequitur statim: Darumb stehet diese meinung fest vndv gewiß, das wir keine ander gerechtigkeit noch ewiges leben k=nnen haben denn diese, das Jesus Christus von dieser welt zum Vatter gangen ist; darbey, sprich, will ich bleiben, vnd soll mir der Teuffel nit nemen noch vmbstossen, etc. Aliquanto post: Den das mus in all wege sein, das man diß werck mit dem glauben fasse; an diesem gang vnd werck Christi hat es keinen mangel. Christus hats ausgerichtet vnd liget fortan nur an dem, das wir es mit glauben annemen vnd vns solches tr=sten. Gleubstu es, so hastu es, gleubstu es aber nicht, so hast du nichts dauon, das also vnser gerechtigkeit rein vnd gar ausser vns genomenw vnd alleine auff Christum vnd sein werck oder seinen ganck gesetzt werde, auff das wir gewys wissen, wo wir endtlich bey bleiben sollen, etc. Darumb hats vnser lieber Herr Christus gantz vnd gar von vns weg genomen vnd auff sich selbs gesetzt, das wir vns darauff grunden sollen, vnser gerechtigkeit heisse [G 1r:] vnd seie sein gang, sein sterben, sein gnug thGung etc. Sequitur statim: Ein Christ aber hat ein sonderliche kunst, da die welt nicht von weis. Nemlich daß es ausser dem glauben alles sFnd sey vnd das die rechte, ewige gerechtigkeit allein auff dem stehe, das Christus zum Vatter gehet vnd wir jn nit sehen etc. Ex hisce dictis clarissime apparet et etiam nolentibus, Lutherum sensisse et docuisse iusticiam nostram esse et consistere in operibus et meritis Christi post incarnationem effectis, nobisque per fidem imputatis, et non in illa eius aeterna diuinaque essentia.

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aus: and. aus: genohnen.

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HErrn Christi, das er zum Vater gehet, das ist nu auff Deudsch so uiel gesagt: Niemand wird gerecht, Selig, noch uon SFnden los, denn alleine dadurch, Das Ihesus Christus gelidden hat, gestorben, und uon den Todten wider aufferstanden ist. Dieser gang machet gerecht und sonst nichts“ etc.494 Folgt bald: „Hie stehet, das es alleine der gang Christi zum Vater thun und ausrichten sol. Solchs ist die gerechte und ware Gerechtigkeit, da die Welt nichts uon weis und allein der heilige Geist uon leret“ etc.495 Folgt bald: „Darumb stehet diese meinung fest und gewis, das wir keinep andere gerechtigkeit noch ewiges leben k=nnen haben, denn diese, Das Ihesus Christus uon dieser Welt zum Vater gangen ist. Dabey, sprich, wil ich bleiben, und sol mirs der Teuffel nicht nemen noch umbstossen,“496 etc. Item ein wenig darnach: „Denn, das mus in alle wege sein, das man dis werck mit dem glauben fasse, An die-[L 4r:]sem gang und werck Christi hat es keinen mangel. Christus hats ausgerichtet, und ligt fortan nur an dem, das wir es mit glauben annemen und uns solchs tr=sten. Gleubstu es, So hastu es, Gleubstu es aber nicht, so hastu nichts daruon. Das also unsere gerechtigkeit rein und gar ausser uns genommen, und allein auff Christum und sein werck oder seinen gang gesetzt werde, auff das wir gewis wissen, wo wir endlich bey sollen bleiben,“ etc.497 Vnd bald darnach: „Darumb hats unser lieber HERR Christus gantz und gar uon uns weggenomen und auff sich selbs gesetzt, das wir uns darauff grFnden sollen, unsere Gerechtigkeit heisse und sey sein Gang, sein Sterben, seine Gnugthuung,“ etc.498 Folgt bald: „Ein Christi aber hat eine sonderliche kunst, da die Welt nicht uon weis, nemlich das es ausser dem glauben alles SFnde sey, und das die rechte, Ewige Gerechtigkeit allein auff dem stehe, das Christus zum Vater gehet und wir ihn nicht sehen,“ etc.499 Aus diesen sprFchen erscheinet hell vnd klar, vnd mus ein ieder auch wider seinen willen bekennen, das D. Luth. geleret vnd gehalten habe, das vnsere gerechtigkeit in den wercken vnd verdiensten Christi, die von jm nach seiner

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B; C: kiene.

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Vgl. Luther, WA 52, 294,10–21 (Hauspostille 1544, Evangelium am 4. Sonntag nach Ostern, über Joh 16,5–15). 495 Vgl. Luther, WA 52, 294,25–28 (Hauspostille 1544, Evangelium am 4. Sonntag nach Ostern, über Joh 16,5–15). 496 Vgl. Luther, WA 52, 294,32–35 (Hauspostille 1544, Evangelium am 4. Sonntag nach Ostern, über Joh 16,5–15). 497 Vgl. Luther, WA 52, 295,1–7 (Hauspostille 1544, Evangelium am 4. Sonntag nach Ostern, über Joh 16,5–15). 498 Vgl. Luther, WA 52, 295,11–14 (Hauspostille 1544, Evangelium am 4. Sonntag nach Ostern, über Joh 16,5–15). 499 Vgl. Luther, WA 52, 295,31–33 (Hauspostille 1544, Evangelium am 4. Sonntag nach Ostern, über Joh 16,5–15).

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In commentario, super Miserere mei, inquit Luth.: Haec autem iusticia (loquitur in praecedentibus de remissione peccatorum per meritum Christi) an non aliena iusticia est, quae tota consistit in alterius indulgentia, et merum donum est Dei miserentis et propter Christum fauentis?

Sequitur statim: Ergo Christianus non est formaliter iustus, non est iustus secundum substantiam aut qualitatem (docendi causa hisce uocabulis utor) sed est iustus secundum praedicamentum ad aliquid, nempe respectu diuinae gratiae tantum et remissionis peccatorum gratuitae, quae contingit agnoscentibus peccatum, et credentibus, quod Deus faueat et ignoscat propter Christum pro peccatis nostris traditum, et a nobis creditum etc.

Super de profundis uero sic scripsit: In hoc uno acquiescit conscientia, quod simpliciter sine ullo additamento propriae dignitatis, nudissima, ut sic dicam, nudissimae misericordiae Dei per Christum se committit, et dicit: O Domine, habeo tuam promissionem, quod ex sola misericordia sit iusticia, quae iusticia nihil aliud est, [G 1v:] quam tua ignoscentia, id est, quod non uis obseruare iniquitates etc. Sequitur statim: Commendo igitur uobis hanc Dauidicam definitionem Christianae iusticiae, Quod obseruare peccatum, est condemnare, econtra non obseruare peccatum, est iustificare eu iustum pronunciare. Et quod iusticia est, quando non obseruantur peccata, sed ignoscuntur, condonantur, et non reputantur, sicut alio in loco beatum definit, et Paulus eam definitionem ualde proprie allegat: Beatus uir, cui non imputauit Dominus peccatum. Non enim dicit, Beatus uir, qui non habet peccatum, sed cui peccatum, quod habet, Dominus non imputauit, sicut hic quoque dicit, Cum obseruantur peccata.

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menschwerdung ausgerichtet vnd vns durch den glauben zugerechnet werden, vnd nicht in seinem ewigen G=tlichen wesen stehe. Jn der auslegung vber den Psalm Miserere mei schreibt D. Luther also: „Diese Gerechtigkeit aber (verstehe die Vergebung der sFnde durch den verdienst Christi, denn von derselben redt er im vorgehenden Text), ist sie nicht eine frembde gerechtigkeit? sintemal sie gantz und gar in eines andern nachlassung stehet und eine lautere gabe Gottes ist, der sich erbarmbt Vnd umb Christus willen gnedig ist?“500 Folgt bald: „Darumb ist ein Christi nicht formaliter gerecht, Ist nicht gerecht secundum substantiam, aut qualitatem (Diese wort brauche ich darumb, das mans deste besser uerstehen m=ge), sonder ist gerecht secun-[L 4v:]dum praedicamentum ad aliquid, nemlich, sofern man Gottes gnad allein und die geschanckte uergebung der SFnden ansihet, welche denen, die ihre SFnde bekennen und gleuben, das ihnen Gott gFnstig sey und die SFnde uergebe umb Christus willen, der fFr unsere sFnde in Tod gegeben ist und uon uns mit glauben ergriffen wird, widerferet,“ etc.501 Vber den Psalm De profundis schreibt er also: „Allein in diesem Artickel hat das gewissen ruge, das es sich schlecht, on alles zuthun seiner eigen wirdigkeit, gantz nacket und blos (das ich so rede) auff die gantz blosse Barmhertzigkeit Gottes durch Christum ergibt und sprich: ‚Ah HERR, ich hab deine Verheissung, das allein deine barmhertzigkeit gerechtigkeit sey, welche gerechtigkeit nichts anders ist, denn deine uergebung,‘ das ist: das du die SFnde nicht rechen wilt, etc.“502 Folgt bald darauff: „Derhalben befele ich euch diese Dauidische beschreibung der gerechtigkeit, das ‚die SFnde rechnen‘ heist Verdammen, Vnd widderumb, ‚die SFnde nicht rechnen‘ heist rechtfertigen oder gerecht sprechen, Vnd das dis gerechtigkeit ist, wenn die sFnde nicht gerechent, sonder uerziehen, uergeben vnd nicht zugerechent werden, Wie er sonst an einem andern ort einen seligen Man beschreibet, und Paulus dieselbe beschreibung gantz eigentlich anzeucht, mit diesen worten: ‚Wol dem, dem der HERR die

500 Vgl. Luther, WA 40II, 353,29–31: „Haec autem iusticia an non aliena iusticia est, quae tota consistit in alterius indulgentia et merum donum est Dei miserentis et propter Christum faventis?“ (Enarratio Psalmi LI, 1532). 501 Vgl. Luther, WA 40II, 353,36–354,19: „Ergo Christianus non est formaliter iustus, non est iustus secundum substantiam aut qualitatem (docendi causa hisce vocabulis utor), sed est iustus secundum praedicamentum ad aliquid, nempe respectu divinae gratiae tantum et remissionis peccatorum gratuitae, quae contingit agnoscentibus peccatum et credentibus, quod Deus faveat et ignoscat propter Christum pro peccatis nostris traditum et a nobis creditum.“ (Enarratio Psalmi LI, 1532). 502 Vgl. Luther, WA 40III, 349,26–31: „In hoc autem uno acquiescit conscientia, quod simpliciter, sine ullo additamento propriae dignitatis, nudissima, ut sic dicam, nudissimae misericordiae Dei per Christum se committit et dicit: O domine, habeo tuam promissionem, quod ex sola misericordia sit iusticia, quae iusticia nihil aliud est quam tua ignoscentia, id est, quod non vis observare iniquitates etc.“ (In XV Psalmos graduum, 1532/33, zu Ps 130,4).

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Haec testimonia diligenter colligenda sunt, ut uideamus, quomodo haec doctrina sit fundata in scriptura sancta, et quomodo omnibus fiducia iusticiae operum et legis in iudicio Dei praecisa sit etc.

Osiander lacerat Christum et eius beneficia.

In hisce dictis Lutherus clare collocat iusticiam nostram, tum in passione, obedientia seu merito Christi, tum et in remissione peccatorum, seu gratuito Dei fauore. Quare inter se non pugnant. Nam quatenus Deus nobis meritum Christi imputat, eatenus peccata remittit (in qua peccatorum remissione, ut superius dictum est, et imputatio legis continetur) nos pro iustis habet, nosterque fauens pater fit, nec usque lacerat Christum et eius beneficium, ut Osiander, humanitati quidem remissionem peccatorum, diuinitati uero iustificationem seu iusticiam nostram tribuit.

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sFnd nicht zurechent‘503 – Sagt nicht: Wol dem, der keine SFnd hat, Sonder: Wol dem, dem der HERR die sFnde, die er hat, nicht zurechent, Wie er auch hie sagt: Dem die sFnde nicht zugerechent werden. Solche zeugnissen sol man fleissig zusammen lesen, auff das wir sehen, wie diese lehr in der heiligen Schrifft gegrFndet, und alles uertrawen auff die gerechtigkeit unserer werck und des Gesetzes, uon Gott abgeschnitten ist,“504 etc. Jn diesen sprFchen setzt D. Luther vnsere gerechtig-[M 1r:]keit klerlich in das leiden, gehorsam oder verdienst Christi vnd in vergebung der sFnden oder Gottes milde, gFte. Welche stFck nicht widdernander sein. Denn so fern vns Gott den verdienst Christi zurechent, so fern vergibt er die sFnde (in welcher vergebung, Wie droben gesagt, auch die erfFllung des Gesetzes begriffen ist), schetzt vns fFr gerecht vnd wird vnser gnediger Vater. Also zureisset er Christum vnd seine wolthat nicht, Wie Osiander thut, da er der menscheit Christi die vergebung der sFnden oder erl=sung, vnd der Gottheit die rechtfertigung oder vnsere Gerechtigkeit zuschreibt. Jch hette wol k=nnen zusammen ziehen vnd lesen einen grossen hauffen der sprFch D. Luthers, die klerlich beweisen vnd anzeigen, das vnsere gerechtigkeit stehe in annemung des sFnders, die aus gnaden geschicht vmb Christi verdienst vnd gnugthuung willen, die mit dem glauben ergriffen vnd gefasset wirdt, Vnd nicht in der ewigen Essentz oder wesen der Gottheit oder ernsten vnd gestrengen Gerechtigkeit. Aber kFrtz halben, vnd das ich dem leser nicht verdrieslich were, hab ichs vnterwegen gelassen,505 Sonderlich weil eine lange schrifft in druck =ffentlich ist ausgangen, in welcher die gezeugnis D. Luthers vnd anderer gelerten widder Osiandrum zusamen gebracht sind.506 Osiander zeucht auch Augustinum an, Epistola 85,507 Vnd wolt gern beweisen das seine meinung von der Aposteln zeit her in der Kirchen gebreuchlich vnd angenommen sey gewesen.

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Vgl. Röm 4,8. Vgl. Luther, WA 40III, 349,32–350,18: „Commendo igitur vobis hanc Davidicam definitionem iusticiae Christianae: Quod observare peccatum est condemnare, econtra non observare peccatum est iustificare seu iustum pronunciare; Et quod iusticia est, quando non observantur peccata, sed ignoscuntur, condonantur et non reputantur, sicut alio in loco beatum definit et Paulus eam definitionem valde proprie allegat: ‚Beatus vir, cui non imputavit Dominus peccatum‘. Non enim dicit: Beatus vir, qui non habet peccatum, sed cui peccatum, quod habet, Dominus non imputavit; sicut hic quoque dicit: Cum non observantur peccata. Haec testimonia diligenter colligenda sunt, ut videamus, quomodo haec doctrina sit fundata in scriptura sancta et quomodo omnis fiducia iusticiae, operum et legis in iudicio Dei praecisa sit.“ (In XV Psalmos graduum, 1532/33, zu Ps 130,4). 505 unterwegen gelassen = unterlassen. Vgl. Art. unterwegs I.6.e), in: DWb 24, 1888. 506 Gemeint ist vermutlich: [Wofgang Waldner (Hg.):] Christlicher vnd GrFndt= || licher bericht / Von der Rechtfertigung des || Glaubens / Einwonung Gottes || vnd Christi in vns. || Der Ehrwirdigen / Gottseligen Herrn || vnnd Euangelischer warheyt Lehrern. || D. Martini Luthers heyliger gedecht= || nuß / Johannis Brentzij / vnnd || Vrbani Regij Se= || ligen. || 1. Thessa. 2. || [...] [Nürnberg 1551: Hans Daubmann] (VD 16 L 4991). 507 Vgl. Osiander, OGA 10, 212,24–214,3 (Von dem einigen Mittler, 1551). Augustinus Consentio ad quaestiones de Trinitate sibi propositas, ep. 120, PL 33, 452–462. 504

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Er thut im aber vnrecht, ja er wil der Kirche Gottes durch jhn vnrecht thun. Denn wiewol es Augustinus mit der gew=nlichen lehr vnserer kirchen gehalten hat, Wie aus vielen orten gnugsam zu vernemen, So hat er doch gemeinlich solcher rede gebraucht, das er sagt „Wir werden gerecht durch vnsern gehorsam gegen dem Gesetz, welchen gehorsam wir, nachdem wir vom heiligen Geist durch den glauben in Christum wider new geboren sind [M 1v:] vnd den heiligen Geist empfangen haben, Gotte leisten.“ Vnd widderholet offt diese wort: „Quod lex praecipit, hoc ut facere possis, praestat Christus.508 – Christus macht, das du halten kanst, was das Gesetz gebeut.“ Also setzt er auch an diesem ort vnsere gerechtigkeit in einem gerechten leben. Denn im Lateinischen text stehet „Cum ei adhaerendo iuste uiuimus509 – Wenn wir an Christo hangen vnd gerecht leben,“ Setzt also das anhangen an Christo in dem, das der mensch recht lebet, das ist: Gotte gehorsam ist. Hette ers mit dem Osiander gehalten, so wFrde er so gesagt haben: „Wenn die gerechtigkeit in vnsern hertzen ist, so sind wir gerecht“ Vnd wFrde die Gerechtigkeit nicht gesatzt haben in einem rechten leben. Denn er leret, das wir der gerechtigkeit Christi denn allererst teilhafftig werden, wenn wir Christo anhangen mit einem gerechten leben. Das es aber Augustinus mit dem Osiander gar nicht helt, ist leicht zu beweisen aus den nechstfolgenden worten, denn er sagt: „Sumus etiam tanto magis minusue iusti, quanto magis minusue Deo adhaeremus,“510 das ist: „Wir sind so viel mehr oder weniger gerecht, je mehr oder je weniger wir Gotte anhangen.“ Was Christo anhangen heisse nach S. Augustinus meinung, haben wir itzt gehort, nemlich gerecht leben. Osianders meinung aber leidet in keinen weg, das wir mehr oder weniger gerecht sein, wie denn die gew=nliche meinung vnserer kirchen solchs auch nicht leidet, ja Osiander sagt: Sobald wir die Gotheit jns hertz fassen, so sind wir volk=mlich gerecht. Derhalben, gleich wie die einwonung Gottes in vns nicht mehr noch weniger wird, sonder wonet in vns oder wonet nicht in vns, Also auch die gerechtigkeit Gottes, die Gott selber ist: so sie in vns ist, wird sie wedder mehr noch weniger. Derhalben Augustinus, weil er vnsere gerechtigkeit darin setzt, das wir Gotte anhangen vnd gerecht leben, so kan er die gerechtigkeit hoch vnd nidrig [M 2r:] ziehen. Denn wir k=nnen mehr oder weniger gerecht leben, k=nnen vnsern gehorsam gegen Gott hoch vnd nidrig ziehen, Osiander aber kan nicht seine gerechtigkeit hoch vnd nidrig ziehen oder spannen. Denn Substantia, das wesen, vornemlich das Gottlich wesen, wird weder mehr noch weniger. Entweder es ist die wesentliche gerechtigkeit Gottes in vns, oder nicht.

508

Bislang nicht nachgewiesen. Vgl. Augustinus, ep. 120, 4 [19] (PL 33, 461): „[...] ita cum in seipsa sit justitia, etiam nobis fit justitia, cum ei cohaerendo juste vivimus; et tanto magis minusve justi sumus, quanto magis illi minusve cohaeremus.“ 510 Vgl. die vorige Anmerkung. 509

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Hactenus, tum ueram usitatamque instauratis Ecclesijs sententiam, de peccatoris iustificatione recitauimus et confirmauimus, tum et Osiandri Argumenta, tam ex sa-[G 2r:]cris literis quam scriptis Lutheri desumpta, Dei ope, refutauimus. Iam breuiter dicemus, quidnam sentiamus de substantiali illa filij Dei iusticia. Nam dicet forte aliquis, nihil ne ergo substantialis illa filij Dei iusticia fecit ad nostri iustificationem, aut et uos estis inimici iusticiae Christi, sicut Osiander suos aduersarios duriter accusat? Quid sentiendum de essentiali Iusticia Christi.

Nos uero nequaquam putamus diuinitatem Christi ab humanitate, quas duas naturas in Christo tantopere Deus coniunxit, ut nostri reconciliatione, distrahendas, sed utriusque naturae, totius Christi obedientia et exinanitione nos iustificari, Deoque reconciliari credimus.

Caeterum substantialis illa filij Dei iusticia, sicut et sapientia, omnipotentia et omnes eius uirtutes, totaque diuinitas, haud dubie non fuit ociosa in mundi redemptione seu reconciliatione. Oportuit enim talem et tantum esse illum nostrum pontificem, si non tantum peccata totius Mundi et iustissimam Dei iram tollere, Diabolum, inferos, mundum et mortem uincere, sed et nos sceleratos nebulones, Dei amicos, domesticos filios et haeredes aeternae uitae omniumque Dei bonorum facere uoluit. Sola enim humanitas Christi nequaquam tantas res efficere potuisset.

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Jst sie in vns, so ist sie gantz vnser. Jst sie nicht in vns, so sind wir gantz Vngerecht. Vnd so redt Osiander hin vnd widder in seinem Bekentnis. Also erscheinet hieraus klerlich, das Augustinus vom Osiander sehr weit vnterscheiden ist. Denn Augustinus setzt die gerechtigkeit im gerechten leben (oder in guten wercken), dadurch wir Gotte anhangen, Osiander aber darin, das wir die Gottheit im hertzen haben. Gleicherweise zeucht er auch Chrysostomum felschlich an. Denn Chrysostomus sagt: „Wir werden gerechtfertigt durch die gerechtigkeit, quae est e supernis, die von oben ist,“ Welchs Osiander fast betrieglich ‚die allerh=chste gerechtigkeit‘ gedeudscht hat Vnd sagt, diese gerechtigkeit sey Gott selbs.511 Es kan aber weder dieses noch der gleichen aus dem text beweiset werden. Denn ob wol alle wolthaten Christi, die er vns durchs Euangelium schenckt (wie auch der glaube selbs ist), nicht irdisch, sonder Himlisch oder von oben sind oder von oben herab komen, so sind sie doch gleichwol nicht das G=tliche wesen. Drumb ist hieraus zu sehen, wie betrieglich Osiander die alten Veter anzeucht vnd wie sie jm zu seinem newen gedicht gar nicht dienen. Bjsher hab ich die ware gew=nliche lehr vnd meinung vnserer Kirchen von der rechtfertigung des SFnders erzelet vnd beweiset vnd des Osianders Argument, die er aus der Heiligen Schrifft vnd aus D. Luthers vnd der Veter schrifft angezogen hat, mit Gottes hFlff verlegt. Nu wil ich auch kFrtzlich sagen, was ich halt [M 2v:] von der Wesentlichen Gerechtigkeit des Sons Gottes. Denn es m=cht vielleicht einer sagen: Hat denn die wesentliche Gerechtigkeit des Sons Gottes nichts gethan zu vnserer Rechtfertigung? Oder seyd jhr auch feinde der Gerechtigkeit Christi? Wie Osiander seine widdersacher hart beschFldigt. Antwort: Wir halten in keinen weg, das die Gottheit Christi von der menscheit, welche beide Naturn Gott in Christo zu vnserer erl=sung so hart512 vereinigt hat, abzuscheiden sey, Sonder gleuben, das wir durch den gantzen gehorsam vnd ernidrigung Christi, der da warer mensch vnd Got ist in einerley person, damit er das Gesetz fFr vns erfFllet hat, Gerechtfertigt vnd mit Gotte versFnet werden. Denn die wesentliche Gerechtigkeit des Sons Gottes, gleich wie auch seine weisheit, Almechtigkeit vnd alle seine tFgende sampt der gantzen Gottheit, ist one zweyfel nicht mFssig gewest in erl=sung oder versFnung der Welt. Vnd dieser vnser hoher Priester hat eine solche hohe vnd gerechte person sein mFssen, sintemal er nicht allein die SFnde der gantzen Welt vnd den gerechten zorn Gottes auffheben, Teuffel, Hell, Welt vnd Todt vberwinden, sonder auch vns verzweiffelte513 b=se Buben vnd feinde Gottes zu Gottes freun511 Vgl. Osiander, OGA 10, 296,16–22, mit Bezug auf Johannes Chrysostomos, Commentarius in epistolam ad Romanos, Homilia 2,6 (PG 60, 409): „[...] δίκαιος τὴν ἀνωτάτω δικαιοσύνην [...].“ 512 fest. Vgl. Art. hart 13), in: DWb 10, 507f. 513 verworfene, verdammte. Vgl. Art. verzweifeln C.2.a.β), in: DWb 25, 2689.

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Nec uero tantum infinitum adiumentum attulit, uel potius extreme necessaria fuit iusticia, sapientia et potentia substantialis filij Dei, atque adeo tota eius diuinitas ad acquirendam olim reconciliationem seu inueniendam redemptionem et iusticiam, sed et iam cum ingenti, planeque necessaria utilitate nostra ad dexteram Patris, pro nobis intercedit.

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Denique et quia in nobis inhabitat, nosque membra filij [G 2v:] Dei capitis nostri sumus, Ideo omnium quoque bonorum eius, iusticiae, sapientiae, omnipotentiae, diuinitatisque participes fimus, et postea etiam magis erimus, cum non fide Deo fruemur, sed et facie ad faciem, teste Paulo, eum uidebimus, cum Christo erimus, eoque fruemur.

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Hinc simul apparet, quomodo sit disputandum ad illud Osiandri argumentum, quod sub finem maxime urget: Totus Christus est noster, et in nobis, item: Spiritus sanctus totaque diuinitas est in nobis. Igitur et eius substantialis iusticia est nostra. Non enim negantur, quin, quandoquidem simus filij et haeredes Dei, omniumque eius bonorum, atque adeo etiam ipsius diuinitatis participes, simul etiam iusticia eius, sapientia eius, omnipotentia eius omnesque uirtutes ac opes eius nostrae sint. Iusticia essentiali non iustificamur.

Verum illud negatur, quod illa iusticia sit, qua uel per quam iustificemur, reconciliemur, seu ex hostibus Dei amici eius fiamus. Haec enim proprie iusticia est, de qua angimur et disputamus, scilicet illud medium, illa uia et ratio, qua et per quam, uel initio in Baptismo, uel postea in singulis reconciliationibus desinit nos Deus propter peccatum odisse, et incipit nos insuper, tanquam filios, amare et complecti, Imo et propter quam nos omnibus horis amat et fouet paterne, et per quam semper inuocantes ad benignum patrem accedimus.

Hanc ergo rationem, medium seu uiam, quam et fidei iusticiam seu iustificationem uocamus, credimus esse proprie meritum, obedientiam seu exinanitionem Christi Dei et hominis nobis per fidem imputatam, eamque et scripturae et D. Martini sententiam esse superius prolixe probauimus

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den, Hausgenossen, Kindern vnd Erben des ewigen lebens vnd aller gFter Gottes machen wolte.514 Denn die menscheit Christi allein hette in keinen weg solche grosse ding k=nnen ausrichten. Es ist auch die wesentliche Gerechtigkeit, weisheit vnd gewalt des Sons Gottes, ja seine gantze Gottheit, nicht allein auffs h=chst von n=ten gewest, vnsere versFnung oder erl=sung zu erlangen, Sondern sie sitzt auch jtzundt mit der menscheit Christi in einerley person zur rechten des Vaters mit vnserm vberaus grossem, n=tigen nutz, vnd ist alda vnser mitler vnd hoher Priester fFr Got. Vnd endlich, sintemal sie (die Gottheit Christi) inn [M 3r:] vns wonet vnd wir Christi als vnsers heupts glieder sein,515 So werden wir derhalben auch theilhafftig seiner Gerechtigkeit, weisheit, almechtigkeit vnd Gottheit Vnd werdens nach diesem leben noch mehr teilhafftig werden, Wenn wir Gottes nu nicht mehr durch den glauben geniessen, sonders Got von angesicht zu angesicht (wie Paulus sagt)516 sehen, mit Christo sein vnd vns seiner frewen werden, ja auch, wie Johannes saget,517 Christo gleich werden. Aus diesem kan man nu lernen, wie auff das argument zu antworten sey, Darauff Osiander am ende seyner Schrifft so sehr pochet, als er sagt, der gantze Christus ist in vns vnd vnser, Jtem, der Heylige Geist vnd die gantze Gotheit ist in vns vnd vnser, Drumb ist jhre wesentliche Gerechtigkeit auch vnser. Denn es wird nicht geleugnet, das, weil wir Kinder vnd Erben sein Gottes vnd aller seiner gFter, Ja auch der Gottheit selbs teilhafftig werden, das auch seine Gerechtigkeit, Weisheit, Allmechtigkeit vnd alle seine TFgende vnd gFter vnser sein. Aber das wird geleugnet, das solchs die Gerechtigkeit sey, durch welche oder von welcher wegen wir Gerechtfertigt, versFnet oder aus Gottes feinden Gottes freunde werden. Denn dis ist proprie die Gerechtigkeit, darFber wir bekFmmert vnd jtzt disputiren, nemlich das mittel, der weg vnd weise, dadurch vnd von welcher wegen entweder anfenglich in der Tauff oder darnach in einer jeden versFnung Got auffh=rt, vns vmb vnserer SFnde willen zu hassen, vnd anfehet, vns als seine liebe kinder lieb vnd werd zu haben, Jtem dadurch er vns zu allen stunden gantz Veterlich liebet vnd erhelt, Jtem dadurch wir allezeit zu jhm kommen vnd jhn bitten als vnsern gnedigen lieben Vater. Diese weise, mittel oder weg, welche wir die Gerechtigkeit des glaubens oder Rechtfertigung nennen, gleuben wir, sey der verdienst, gehorsam oder ernidrigung Christi, Gottes vnd menschen, oder seine erfFllung des Gesetzes, [M 3v:] vns durch den glauben zugerechnet. Vnd das dis der heiligen Schrifft vnd D. Luthers meinung sey, haben wir droben nach der leng gnugsam beweiset. 514 515 516 517

Vgl. Röm 5,6–10; 8,16f; Eph 2,19; I Joh 3,1. Vgl. I Kor 12,27. Vgl. I Kor 13,12. Vgl. I Joh 3,2.

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Caeterum illa haereditas. participa[G 3r:]tio fruitioque diuinitatis et omnium eius bonorum, quae in altera uita nobis demum plene continget, non proprie iustificatio est, sed magis ueluti praemium iustificationis, et ipsa aeterna uita seu foelicitas, ad quam per medium iusticiae fidei seu iustificationis Christi festinamus ac peruenimus.

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Quod pulchre Ioan. 1. cap. indicat, inquiens, uidete qualem charitatem nobis dedit pater, ut filij Dei nominemur, propter hoc mundus non nouit nos, quia non nouit eum. Charissimi nunc Dei filij sumus. Scimus autem si apparuerit, similes ei erimus, quoniam uidebimus eum sicut est. Omnis qui habet hanc spem in eum, purificat se etc.

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ubi clare audimus illam nostram diuinitatem, cuius iam tenues primitias habemus, proprie ad illam futuram foelicitatem fruitionemque Dei pertinere, cum eum uidebimus, sicut est. Inquit enim: similes ei erimus, cum eum uidebimus, sicut est etc.

Osiander confundit doctrinam de iustificatione et glorificatione.

de qua futura beatitudine et Paulus loquitur, cum dissolui cupit, et esse cum Christo, item exuere hoc terrenum tabernaculum, ut illud diuinum induat, diuinitatisque Christi particeps fiat, eaque coram fruatur, sicut alibi inquit: Tum uidebimus facie ad faciem. Valde ergo incommode, imo uero et impie facit Osiander, quod dicta de futura foelicitate ad iustificationem trahit, atque ita doctrina de sequutura nostra beatitudine cum praesenti iustificatione commiscet confunditque. Hinc igitur apparet: quorsum pertineant dicta, uel sacrarum literarum, uel etiam Luth. quae de mirabili consociatione Christi cum homine, et de inhabitatione diuinitatis in homine loquuntur, nempe magis ad ipsam aeternam foelicitatem, quam ad iustificationem seu reconci-[G 3v:]liationem per meritum Christi, per quod medium ad aeternam salutem, ueluti ad Brauium quoddam peruenimus. Ideo etiam primitiae spiritus inhabitantis appellantur arrabo aeternae uitae, quia sint eius initia, sicut arrabo precij initium est. Et quid enim erit omnino aliud illa foelicitas, quam diuisio, fruitio, participatioque diuinitatis, summaque cum Deo coniunctio?

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Aber die erbschafft, teilhafftigkeit vnd geniessung der Gottheit vnd aller jhrer gFter, welche vns endlich in jenem leben volk=mlich widderfaren wird, ist nicht proprie die Rechtfertigung, sonder vielmehr gleichsam eine belonung der Rcchtfertigung vnd das ewige leben oder seligkeit, dazu wir durch das Mittel der gerechtigkeit des glaubens oder der Rechtfertigung Christi eilen vnd kommen. Welchs Johannes in seiner ersten Epistel am 3. capitel mit sch=nen lieblichen worten anzeigt vnd spricht: „Sehet, welch eine liebe hat vns der Vater erzeigt, das wir Gottes kinder sollen heissen. Darumb kennet euch die welt nicht, denn sie kennet jhn nicht. Meine lieben, wir sind nu Gottes kinder, vnd ist nicht erschienen, was wir sein werden. Wir wissen aber, wenn es erscheinen wird, das wir jm gleich sein werden, denn wir werden jhn sehen, wie er ist, Vnd ein iglicher, der solche hoffnung hat zu jhm, der reinigt sich“ etc.518 Hie h=ren wir klerlich, das vnsere (so zu reden) Gottheit oder teilhafftigkeit der Gotheit, von welcher wir itzt nur geringe erstlinge haben, eigentlich zu der kFnfftigen Seligkeit vnd geniessung Gottes geh=ret, wenn wir jhn sehen werden. Denn er spricht: „Denn werden wir jhm gleich sein, wenn wir jhn sehen werden, wer er ist“ etc. Von dieser kFnfftigen seligkeit redet S. Paulus, da er jhm wFndscht, zu sterben vnd bey Christo zu sein,519 Jtem da er begert, diese Jrdische HFtte auszuziehen, das er die G=ttliche anziehe520 vnd der Gottheit teilhafftig werde vnd jhr in Ewigkeit geniesse, wie er an einem andern ort sagt: Denn werden wir jhn sehen von angesicht zu angesicht.521 Drumb thut Osiander sehr vbel vnd Vnchristlich, das er die SprFche, die von der kFnfftigen Seligkeit reden, auff die Rechtfertigung zeucht vnd also die lehr von [M 4r:] der kFnfftigen seligkeit mit der gegenwertigen Rechtfertigung vermischt vnd durcheinander schwadert.522 Hieraus kan man lernen, worauff die SprFche gehen,523 die inn der Heiligen Schrifft oder in D. Luthers schrifft funden werden, von der wFnderlichen vereinigung vnd der einwonung der Gottheit im menschen oder wie wir der Gottheit teilhafftig werden, nemlich mehr auff die ewige seligkeit denn auff die Rechtfertigung oder versFnung durch den verdienst Christi, durch welchs mittel wir zum ewigen leben als zu einem kleinot vnd schatz kommen. Drumb werden auch die erstlingen des Geistes, der in vns wonet, Gotspfenninge524 genant des ewigen lebens.525 Denn sie sind ein anfang des ewigen lebens, gleich wie der Gotspfenning bey den Griechen vnd andern frembden 518 519 520 521 522 523 524 525

Vgl. I Joh 3,1–3. Vgl. Phil 1,23. Vgl. II Kor 5,1–3. Vgl. I Kor 13,12. schwatzt, schwadroniert. Vgl. Art. schwadern 3), in: DWb 15, 2173f. abzielen. Angeld, Handgeld; Unterpfand; Anzahlung. Vgl. Art. Gottespfennig 1), in: DWb 8, 1290f. Vgl. Röm 8,23; II Kor 1,22; 5,5; Eph 1,14.

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Hactenus ferme omnia diximus, quae de Osiandri scripto et sententia dicenda putauimus. Pauca ergo tantum de crassis erratis adijciemus, quae tribuit communi Ecclesiarum sententiae de iustificatione et doctoribus eam sententiam sequentibus. Facie 71. dicit, errare eos primum in eo horribiliter, quod uerbum iustificare, pro absoluere et iustum pronunciare accipiant, et non reipsa iustum facere. Verum iam superius prolixe ostendi, id uerbum eam proprie significationem habere, et Osiandrum suam usitatae contrariam nequaquam probasse. Quanquam et illud superius indicauimus, quod longe fortiorem quandam absolutionem significet, cum Deus iustificare dicitur, qui reuera peccata nostra in profundum maris abijcit, quam cum iniquus iudex facinorosum aliquem propter munus iustificat, qui tamen reuera nec auferre a peccatore peccatum, nec in alium transferre, multo minus alterius iusticiam ei imputare, ac in eum transferre potest. Vera enim regula est, quod omnia uerba ad Deum translata sint significantiora. Secundo dicit eos in eo errare, quod non faciant discrimen inter iustificationem et redemptionem. de eo quoque superius diximus, ea ideo non differre, quia Deus neminem patitur ex carcere et poenis redimi, nisi iustificatum propria uel aliena iusticia. Nullum ille [G 4r:]x effugere patitur poenas, qui adhuc fit iniustus. Proinde, sicut superius ex ca. Ro. 8. diximus, eo ipso redimimur et liberamur, nec est, qui nos uel accuset, uel condemnet, quod ab illo orbis terrarum iudice propter filium intercessorem iustificamur et absoluimur.

Opus Diaboli in Osiandro.

Tertio dicit eos in eo errare, quod nihil certi queant dicere, quid nam fit iusticia fidei, qua coram Deo peccator iustificetur. Ad hoc respondemus, Nos certo et clare posse dicere, et iam non tantum dixisse, sed et probasse, exinanitionem Christi et obedientiam in hac uita propter nos praestitam, nobisque per fidem imputatam, esse nostram iusticiam coram Deo.

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Fälschlich als G5[r] gezählt.

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v=lckern ein anfang gewesen ist vnd noch ist zur folgenden bezalung. Vnd was kan doch die Ewige seligkeit anders sein denn die anschawung, geniessung vnd teilhafftigkeit der Gotheit vnd die h=chste vereinigung mit Got? Wir werden ia nicht dort Maluasier526 trincken vnd Marzapanem527 essen. 5

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Bjsher hab ich fast alles gesagt, was ich von des Osianders Schrifft vnd meinung hab sagen wollen. Drumb wil ich nur noch ein wenig sagen von den groben Jrthumen, die er der gew=nlichen meinung vnd lehr vnserer kirchen von der Rechtfertigung vnd den Lerern, die jhr folgen, auffgelegt. Fo. 71 sagt er, das sie grewlich jrren: Erstlich in dem, das sie das w=rtlein ‚Rechtfertigen‘ verstehen vnd auslegen allein fFr ‚gerecht halten vnd sprechen‘ vnd nicht ‚mit der that vnd in der warheit gerecht machen‘.528 Jch hab aber droben vberflFssig beweiset, das dis wort solche deutung eigentlich habe Vnd das Osiander seine widderwertige deutung in keinen weg beweiset hat. Habe auch angezeigt, das es eine viel sterckere Absolution bedeutet, wenn man sagt: Gott rechtfertigt, welcher in der [M 4v:] warheit alle vnsere SFnde in abgrund des Meeres wirfft, denn wenn ein Vngerechter Richter einen vbeltheter vmb geschencks willen gerecht spricht, so er doch in der warheit die sFnde vom SFnder weder wegnemen, noch auff einen andern legen kan. Viel weniger kan er jhm eines andern gerechtigkeit zurechnen vnd aufflegen. Denn es ist eine ware Regel, das alle wort, wenn sie Gotte zugelegt werden, stercker vnd wichtiger sind. Darnach (sagt er) jrren sie in dem, das sie gar keinen vnterscheid halten zwischen der erl=sungq vnd zwischen der Rechtfertigung.529 Hie von haben wir auch droben gesagt vnd beweiset, das gar kein vnterscheid darzwischen sey. Denn Gott lesset keinen aus dem Kercker vnd straff entgehen, er sey denn zuuor durch seine eigne oder durch frembde gerechtigkeit gerechtfertiget. Er lesst keinen der straff entlauffen, der noch vngerecht ist. Derhalben, wie auch droben gesagt aus dem 8. Cap. zun R=mern, werden wir eben dadurch erl=set, los vnd ledig gemacht, das wir von dem Richter der Welt vmb seines Sons, vnsers fFrsprechers vnd Mitlers, willen gerechtfertigt vnd losgesprochen werden, vnd ist niemand, der vns weiter beschFldige oder verdamme. Zum dritten sagt er, jrren sie darin, das sie nichts bestendiges k=nnen setzen, Was doch die Gerechtigkeit Christi sey, dadurch der SFnder fFr Gotte gerechtfertiget wirdt.530 Antwort: Wir k=nnens gewis vnd klerlich sagen, ja wir q

B; C: erl=sen.

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Bezeichnung für Südweine aus unterschiedlichen Rebsorten; Malvasier galt als besondere Köstlichkeit. Der Name wird auf den Ortsnamen Monemvasia (Μονεμβασία, auch: Napoli di Malvasia) zurückgeführt, einen im Mitteltalter bedeutenden Handelsplatz im Südosten der Peloponnes. Vgl. Art. Malvasier 1), in: DWb 12, 1512f. 527 Marzipan (ital. marzapane). Vgl. Art. Marzipan, in: DWb 12, 1692. 528 Vgl. Osiander, OGA 10, 156,5–7 (Von dem einigen Mittler, 1551). 529 Vgl. Osiander, OGA 10, 156,7f (Von dem einigen Mittler, 1551). 530 Vgl. Osiander, OGA 10, 156,10–12 (Von dem einigen Mittler, 1551).

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habens bereit gesagt vnd beweiset, das die ernidrigung vnd gehorsam Christi – oder das eben so viel ist: seine erfFllung des Gesetzes, inn diesem leben vmb vnsert willen geleistet vnd vns durch den glauben zugerechnet – vnsere gerechtigkeit sey fur Gott. Zum vierden, damit er vnsere Lerer nur wol genug zur banck hawe531 vnd seine newe klugheit als n=tig beweise, so erzelet er Fa. 69 die vngleicheit jhrer meinung vnd lehr von der gerechtigkeit vnd findet derselben sieben.532 [N 1r:] Jch zweiffel nicht wenn er gleicher spitzfFndigkeit in dieser meiner Schrifft oder in D. Luthers Schrifften, ia auch in der Heiligen Schrifft gebrauchen wird, so wird er jhr mehr denn zehen finden. Jch hab aber furwar in vnsern kirchen noch nie von keinem Lerer geh=rt, das vns der blosse glaub an jhm selbs oder (wie Osiander Fa. 66 sagt)533 als ein geschenck oder werck gerecht mache, Welche meinung er am ersten setzt. Die andere, das wir durch das vertrawen auff die Barmhertzigkeit Gottes gerechtfertigt werden. Die dritte durch vergebung der sFnde. Die vierde, das vns Gott zum ewigen leben anneme. Die fFnffte die Gerechtigkeit Christi ausserhalb vnser. Die sechste den gehorsam Christi. Die siebende den verdienst des gehorsams Christi. Jch kan aber in diesen sexerley meinung keine vngleicheit finden. Doch m=cht man sich etwa flicken534 vnd das eine vngleicheit oder improprietatem nennen, das die Prediger, wenn sie der gerechtigkeit gedencken, nicht allezeit so gar deutlich vnd eigentlich reden wie Osiander in seiner seltzamen Definition redet, denn was fFr ein vnterscheid sey zwischen der Gerechtigkeit Christi, die er vns zu gut auff erden erworben hat, vnd zwischen dem gehorsam oder verdienst seines gehorsams, kan ich warlich nicht sehen. Warlich, wenn mann die drey vorgehenden meinungen gegeneinander oder auch gegen den dreyen nachgehenden helt, so ist kein vnterscheid darzwischen. Denn so fern vns die zuuersicht auff Gottes barmherzigkeit, die vns Christus durch seinen verdienst erlangt hat, zur Gerechtigkeit gerechnet wird, so fern werden vns auch die sFnde vergeben, vnd wir werden zum ewigen leben angenommen. Vnd das wir zum leben angenommen werden, ist eben so viel, als das vns die sFnde vergeben wird durch die zuuersicht auff die barmhertzigkeit vmb Christus verdienst oder erfFllung des Gesetzes willen. 531

Redensartlich: zur Bank hauen = eigtl.: (Schlachtvieh) in verkaufsgerechte Stücke zerlegen; im übertragenen Sinn: zugrunde richten, niedermachen, fertigmachen. Vgl. Art. Bank 4), in: DWb 1, 1109. 532 Vgl. Osiander, OGA 10, 150,20–16: „[...] so volgt weiter aus obgedachtem irthumb, das etliche den blossen glauben an im selbs, etliche das vertrauen auff die barmhertzigkeit Gottes, etliche allein die vergebung der sFnde, etliche, das uns Gott zum ewigen leben anneme, etliche die gerechtigkeit Christi ausserhalb unser, etliche den gehorsam Christi, der aus seiner gerechtigkeit hergeflossen ist, etliche den verdienst des gehorsams Christi fur solche gerechtigkeit Gottes, die uns durch den glauben zugerechnet werd, halten und lehren.“ (Von dem einigen Mittler, 1551). 533 Vgl. Osiander, OGA 10, 148,3–8 (Von dem einigen Mittler, 1551). 534 sich zur Not damit behelfen, sich entschuldigen, seine Blöße decken. Vgl. Art. flicken 8), in: DWb 3, 1776.

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Deinde dicit, eos in eo errare turpissime, quod diuinam naturam a iustificatione separent, Nos uero nequaquam separamus, sed utriusque naturae et totius Christi obedientia et exinanitione nobis imputata iustificari peccatorem credimus. Nam de diuina certe natura scriptum est Philip. 2: Qui cum in forma Dei esset, non rapinam arbitratus est se aequalem esse Deo, sed exinaniuit semetipsum etc.9 Quod si est opus diaboli, diuidere naturas in Christo, tum certe uiderit ipse, ne eius peccati reus sit. Nam non loco dicit, nos non esse iustos nisi per solam diuinitatem Christi. Denique accusat Osiander, tum statim in praefatione, et postea, usitatam nostris Ecclesijs sententiam, quod securitatem, ac in bene operando negligentiam pariat. Atqui satis doctrina haec urget homines ad pie uiuendum, dum et statim initio sserio contritionem et desinere male facere inculcat, et postea negat fidem cum malo proposito esse posse, et denique tum diligenter monet, non esse am[G 4v:]plius peccandum, sed potius, quandoquidem Spiritu sancto ad bona opera regenerati sumus, placato iam coelesti patri in noua ista uita sedulo seruiendum, ne denuo in totam Dei iram, in qua antea fuimus, recidamus, nobisque peius aliquid accidat. Quare nihil necesse fuisset huius rei gratia uel nouam aliquam doctrinam excogitare, uel eo nomine usitatam nostris Ecclesijs religionem cum multorum scandalo et impiorum derisione infamare.

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Vgl. Phil 2,6f.

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[N 1v:] Derhalben, so viel die sach an sich selbs betrifft, stimmen die Lerer vnserer Kirchen gantz vberein, ob sie gleich im Predigen, so offt sie der gerechtigkeit gedencken, die Definitiones allezeit so gar eigentlich nicht behawen vnd abfeylen, auch nicht allzumal einerley wort gebrauchen. Hat er lust darzu, so wil ich jhm wol mehr vngleicheiten anzeigen. Denn D. Luther vnd andere sagen offt: Wir werden gerechtfertiget durch die Barmhertzigkeit – Jtem: durch das Leiden, Blut vnd opffer Christi – Jtem: durch Gottes gnade; ja, wil er auch S. Paulum fur einen widdersinnischen vnd jm selbst widderwertigen menschen schelten, so kan er nach solcher klugheit leichtlich vngleiche meinung inn seinen Schrifften finden. Denn schier535 sagt er, der glaube werde vns gerechnet zur gerechtigkeit, schier sagt er: Wir werden gerechtfertiget durch die erl=sung, schier (als Roma. 3)536 durch vergebung der SFnden. Jtzt aus gnaden, itzt durch Christus’ Blut, itzt durch Christus’ gehorsam; jtzt sagt er, Christus sey aufferstandenr vmb vnser gerechtigkeit willen, gleichsam537 wFrden wir durch seine aufferstehung gerechtfertiget. Redet derhalben itzt so, itzt anders mit worten, aber die meinung ist stetz einerley, wie auch in vnseren Kirchen. Zum fFnfften, sagt er, jrren sie in dem am allergr=bsten, das sie die G=ttliche Natur Christi von der gerechtigkeit absondern.538 Wir sondern sie aber inn keinem wege ab, sondern gleuben, das der SFnder vmb des gantzen Christi, waren menschen vnd Gottes, gehorsam vnd ernidrigung gerechtfertiget werde, Wie allbereit oben vberflFssig erkleret vnd beweiset worden ist. Jsts eins Teuffels werck, die Naturn in Christo zutrennen,539 wie Osiander vns lestert, so mag er warlich selber wol zusehen, das er solcher sFnde nicht selbs teilhafftig werde. Denn er sagt mehr denn an einem ort, wir seyen nicht gerecht durch die menscheit, sondern durch die Gottheit Christi allein. [N 2r:] Endlich beschFldiget er bald in der Vorrede vnd auch darnach die gew=nliche meinung vnserer Kirchen, das sie die Leut sicher vnd faul mache zu guten wercken.540 Dagegen aber sagen wir, das diese lehr die leut gnugsam zu Christlichem wandel vnd leben dringt, in dem das sie bald im anfang den Leuten ernstliche Rew vorhelt vnd Ablassung von sFnden Vnd darnach leret, das der glaub bey einem b=sen fFrsatz nicht sein kan, Vnd endlich, das sie fleissig vermanet, man solle nicht mehr sFndigen, sonder viel mehr, sintemal wir durch den heiligen Geist widderumb new geboren sein zu guten wer-

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B; C: auffer=|erstanden.

535 536 537 538 539 540

bald. Vgl. Art. schier adj. [I] II.1.e), in: DWb 15, 23. Vgl. Röm 3,25f. als (ob). Vgl. Art. gleichsam [II] 4.a), in: DWb 7, 8217. Vgl. Osiander, OGA 10, 156,13–15 (Von dem einigen Mittler, 1551). (zu) zertrennen. Vgl. Osiander, OGA 10, 82,11–21 (Von dem einigen Mittler, 1551).

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At si nos uellemus dicere de erroribus et incommodis ex Osiandri sententia orientibus, nimis profecto amplam dicendi materiam haberemus. Verbum internum et externum.

Primum enim cum facit duplex uerbum externum et internum, et facie 36. dicit internum uerbum, illud Dei consilium de redemptione humani generis esse ipsum filium, qui appellatur uerbum, uidendum profecto ei est, ne sicut consilium redemptionis peccatorum sit unum uerbum internum, ita consilium salutis angelorum, item creationis, quoniam sunt diuersa consilia, sint etiam diuersa interna uerba, atque ita sint diuersi filij. Et sicut externum uerbum Dei, quod appellamus Euangelium, habet sibi correspondens internum uerbum, Ita etiam lex, quod idem uerbum Dei est, ab Euangelio plurimum differens, habet suum internum uerbum ab altero differens.

Cohorrescimus profecto cogitantes, qui errores ex istis subtilitatibus sequi possent. Nos iudicamus nihil esse satius, quam nullas subtilitates de diuinitate scrutari, multo minus publice tractare, praeter eas, quae in Dei uerbo comprehensae sunt. Certum autem est non esse reuelatum in scriptura, quare filius appelletur uerbum. Alij quidem aliud diuinat. Plaeraeque tamen illae diuinationes simpliciores, nimisque ista Osiandri periculosae sunt. [G 5r:] Deinde saepe describens, quomodo essentialis iusticia nobis communicetur, docet Christum cum diuinitate et humanitate sua in nobis habitare, et quia sumus os de osse eius et caro de carne eius, ita sicut eius diuinitas humanitati iusticiam substantialem communicat, sic et nobis communicare, quia carnis eius membra sumus. In qua iustificationis descriptione uidendum ei esset, an ea ratio etiam patrum iustificationi conueniret. Nam ante natiuitatem Christi Caro eius non fuit, non ergo potuit illis iusticia Christi per carnem reuera in ipsis existentem communicari. Vnde apparet, quam parum sibi constet ista descriptio, et quod, sicut olim imputatione meritum Christi pijs communicatum est, et non infusione diuinitatis per Christi carnem, in carnem peccatorum, Ita iam quoque res mera imputatione peragatur, et non illa propemodum physica Sympathia connexarum rerum, de qua disputat Osiander. Quanquam non ignoramus interea simul nos et templa Dei, membraque Christi esse.

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cken541 vnd der Himlische Vater nu gegen vns versFnet ist, das wir jhm forthin in solchem newem leben fleissig dienen sollen, auff das wir nicht auffs new in solchen zorn Gottes fallen, darin wir zuuor gewest vnd vns nicht etwas ergers widderfare. Drumb were es on alle not gewest, dieser vrsach halben eine newe lehr zu ertichten oder die gew=nliche Religion vnserer Kirchen mit vieler Leut ergernis vnd spott der gottlosen zu berFchtigen.542 Dagegen aber, wenn wir von den Jrthumen vnd vnrath, so aus des Osianders meinung herfliessen, sagen wolten, so hetten wir warlich Materi gnug vnd mehr, denn vns lieb ist, dauon zu reden. Denn zum ersten, da er zweyerley wort macht, ein eusserlich wort vnd ein jnnerlich wort, Vnd Fa. 37 sagt, das jnnerliche Wort, der Rath, fursatz vnd meinung Gottes von erl=sung des menschlichen geschlechts, sey der son selbs, welcher das wort genandt wird,543 da solt er warlich bedencken, das nicht gleich wie dieser fursatz vnd verstand von erl=sung der SFnde ein jnnerlich Wort ist, also auch der rath fursatz vnd meinung vom heil der Engel, Jtem von der Schepffung, weils zweyerley meinung vnd verstand sein, auch zweierley jnnerliche Wort vnd also zweierley S=ne sein mFsten. Vnd gleich wie das eusserliche wort Gottes, welchs wir das Euan-[N 2v:]gelium nennen, ein jnnerlich wort hat, also auch das Gesetz, welchs auch Gottes wort ist, vom Euangelio sehr vnterscheiden, auch sein jnnerlich wort haben mFste, vom andern vnterscheiden. Es gehen mir die Har zu berge,544 wenn ich nur gedencke, was fFr Jrthume aus solcher subtilitet erfolgen m=chten. Vnd halt, es sey nichts bessers, denn das mann gar keine subtilitet von Got erforsche, viel weniger fFr der Gemein handele, die in Gottes Wort nicht offenbaret ist. Es ist aber gewis, das in der heiligen Schrifft nicht offenbaret ist, warumb der Son Gottes ein Wort genandt wird. Einer meinet dis, der ander das. Doch sind solche meinungen alzumal einfeltiger vnd haben weniger gefahr denn des Osianders. Darnach beschreibt er offt, wie die wesentliche Gerechtigkeit vns mitgeteilet werde, vnd leret, das Christus mit seiner Gottheit vnd menscheit in vns wone. Vnd weil wir sind Fleisch von seinem Fleisch vnd Bein von seinem Bein, Derhalben, gleich wie seine Gottheit jhre wesentliche gerechtigkeit der menscheit mitteilet, also teile er sie auch vns mit, weil wir seines Fleisches glieder sind. Jn dieser beschreibung der Gerechtigkeit solte er sehen, ob sich solche weise auch reimen wolt auff die Rechtfertigung der Veter. Denn ehe Christus geboren ist, ist sein Fleisch nicht gewest. Drumb hat jhnen die gerechtigkeit Christi durch sein Fleisch, welchs in der warheit in jhnen

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Vgl. Eph 2,10. in Verruf zu bringen. Vgl. Art. berüchtigen, in: DWb 1, 1528f. 543 Vgl. Osiander, OGA 10, 120,11–15 (Von dem einigen Mittler, 1551). 544 Redensartlich: es sträuben sich mir die Haare, ich bin entsetzt. Vgl. Art. Haar n. III.4), in: DWb 10, 13f. 542

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Tertio multum sententia Osiandri confirmabit papistas, non eo tantum, quod ille confessionem Augustanam omnesque nostras Ecclesias erroris in summo iustificationis articulo accusat, sed etiam, quod eodem modo cum eis de iustificatione loquitur. Vtrique enim dicunt, charitate, quae Deus est, nobis infusa nos iustos esse, et per fidem nos eatenus iustificari, quatenus fides ea charitate formatur.

Miscet item nouam obedientiam cum illa gratuita acceptatione, et facit eam partem iustificationis. Qua ratione prorsus efficiet, ut homines partim per gratuitam Dei misericordiam, partim per sua opera iustificari saluarique putent. Reuera multum conuenit sententia eius cum papi[G 5v:]stica, quantumuis ipse, ut est homo subtilis, non difficulter aliqua subtilia tenuiaque discrimina excogitabit. Quarto confirmabit multum sententia Osiandri nouorum Anabaptistarum et aliorum fanaticorum errorem. Contendunt enim illi se esse filios Dei, plenos Spiritu sancto, reuera iustos, in quibus nihil supersit peccati, atque ideo, quidquid porro faciiunt, ea Dei, ac Spiritus sancti opera esse aiunt. Quo praetextu nihil non flagiciorum patrant. Sic et Osiander ex nobis tandem non deos facit, nostras actiones Dei in nobis inhabitantis actiones esse dicit, nos reuera, et, ut physici aiunt, actu, esse iustos factos, non tantum imputatione meritorum Christi, peccatumque remanens extenuat.

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hette sein sollen, nicht k=nnen mitgeteilet werden. Hieraus erscheinet,545 wie vnbestendig diese beschreibung ist vnd das, gleich wie vor zeiten der verdienst Christi den GottfFrchtigen mitgeteilet ist durch zurechnung vnd nicht durch eingiessung der Gottheit durchs Fleisch des Herrn jns Fleisch der sFnder, Also auch itzund der gantze handel mit lauter zurechnung volendet wird vnd nicht mit NatFrlicher mitteilung, dauon Osiander disputiret, Wie wol wir wol wissen, das wir dennoch zugleich Tempel Gottes vnd Christi glieder sein. [N 3r:] Zum dritten wird des Osianders meinung die Papisten sehr trotzig machen, nicht allein darumb, das er die Augspurgische Confession vnd alle vnsere Kirchen berFchtiget, als solten sie im vornempsten Artickel von der Rechtfertigung Jrren, Sonder auch darumb, das er auff einerley weise mit jhnen von der rechtfertigung redet. Denn sie sagen beide, das wir durch die eingegossene liebe, die da Gott selbs ist, gerecht sein vnd so fern durch den glauben Gerechtfertigt werden so fern der glaub durch solche liebe eine gestalt bek=mpt. Denn das wort Iustificare rechtfertigen bedeutet beiden dem Osiandro vnd Papisten mit der that gerecht machen Sie sagen beyde das wir gantz vnd gar vnd mit der that gerecht werden vnd verkleinen die ErbsFnde die noch vbrig bleibet. Sie beide reissen den glauben vnd scheiden jhn ab von der Buss. Er vermengt auch den Newens gehorsam mit der Gnedigen annemung vnd macht ein stFck der Rechtfertigung draus Vnd wird endlich gewis hiedurch zu wegen bringen,546 das die leut meinen, sie mFssen zum teil durch die gnedige Barmhertzigkeit Gottes, zum teil durch jhre werck Gerecht vnd Selig werden. Also k=mpt diese meinung inn der warheit mit der Papistischen lehr sehr vberein, Wiewol er (wie er denn ein spitziger kopff ist) leichtlich etliche subtile, finstere vnterscheide erdencken wird. Zum vierden wird des Osianders meinung die Jrthum der newen Widderteuffer vnd anderer Schwermer sehr bestetigen. Denn sie geben vor, sie seyen Gottes Kinder, vol heiliges Geistes, in der warheit gerecht, haben keine sFnde mehr, Vnd derhalben alles, was sie thun vnd was sie gelFstet, das mFssen in jhrem sinn eitel Gottes vnd des heiligen Geistes wercke vnd lFste sein. Vnter diesem schein vben sie alle schand vnd laster. Also macht vns auch Osiander schier gar547 zu G=t-[N 3v:]tern, sagt, vnser thun sey Gottes thun, der in vns wonet, vnd wir seyen in der warheit – oder wie die Physici sagen: actu, im werck – Gerecht worden, nicht allein durch

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B; C: Newet.

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wird deutlich. Vgl. Art. erscheinen 6), in: DWb 3, 957. bewerkstelligen, bewirken, zustande bringen. Vgl. Art. Weg m. II.B.4.a.λ.5.c), in: DWb 27, 2889f. 547 schier gar = geradezu (?); beinahe (?). Vgl. Art. schier adj. [I] II.2.c), in: DWb 15,24f. 546

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Nec tamen hic affirmare uolumus Osiandrum esse Anabaptistam, aut quicquam cum eis coniunctionis habere. Scit enim quomodo ipse in sua confessione scripsit, Diabolum esse astutum architectum, scire per homines nihil tale cogitantes, maximorum errorum fundamenta iacere.

Quinto efficit omnino Osiandri sententia magnam quandam securitatem, non tantum hoc modo, ut iam dixi, dum scilicet nos quosdam iam diuinos homines et reuera, prorsus iustos fingit, nostrasque actiones Dei in nobis inhabitantis esse facit, sed etiam quod dum in nobis iusticiam esse contendit, qua peccata teguntur, facit, ut non simus admodum solliciti in petenda singulis horis a Deo remissione peccatorum. Quid enim necesse est me subinde trepidare et clamare, Remitte remitte debita, ueluti si miserrimus peccator reus subinde peccans coram tribunali iusti alicuius iudicis starem, timens ne protinus carnifici dedar in aeternum cruciandus, cum The-[G 6r:]saurum iusticiae in carne et ossibus meis habeam, quam non ab extra imputatione quaerere me necesse est, sed ab intus propemodum ueluti physicum quoddam accidens per omnes humores, carnem et ossa mea infusa et diffusa mihi est.

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zurechnung der verdienste Christi, Vnd macht also die vbrige sFnde schier gar zu nichte. Doch sag ich nicht, das Osiander ein Widderteuffer sey oder einige verwandnis mit den Widderteuffern habe. Aber er weis gleichwol, wie er in seine Confession geschrieben hat, das der Teuffel ein solcher Bawmeister sey, der die menschen vbereilet vnd verfFret, das sie Jrthumb fassen vnd ausstrewen vnd wissen doch nicht, das es Jrthumb sein, vnd legen doch gleichwol damit den grundstein zu den allergr=sten Jrthumen. Zum fFnfften, des Osianders meinung macht eine grosse sicherheit vornemlich damit (wie jtzt gesagt), das er gantz G=ttliche vnd in der that gerechte menschen aus vns macht vnd sagt, das vnser thun Gottes thun sey, der in vns wonet, welchs, weil ers fFr Gerechtigkeit in vns helt, dadurch die sFnde vergeben werden, so macht er, das wir nicht viel darnach fragen, ob wir gleich nicht alle stunden vergebung der sFnden von Gott bitten. Denn was ists von n=ten, das ich stetz zittere vnd schreie „Vergib, Vergib mir meine Schuldt!“, gleich als were ich ein armer, elender sFnder, der schier alle augenblick sFndigte vnd stFnde da fFr dem Gerichtstul eines gerechten Richters, mFste alle augenblick fFrchten, das er mich dem Diebhencker548 vberantworte vnd in ewigkeit peinigen liesse, so ich doch den gantzen Schatz der Gerechtigkeit in meinem fleisch vnd beinen549 habe? Vnd derhalben die Gerechtigkeit nicht auswendig durch zurechnung suchen darff, sonder sie ist inwendig in mir, gleich als ein NatFrlich accidens, durch alle humores,550 durch fleisch, Bein, marck vnd Blut gegossen vnd geflossen. Zum sechsten setzt er in einem kleinen Deudschen BFchlein551 dis Argument: [N 4r:] „Wenn Gott Vater, Son vnd heiliger Geist nicht vnsere Gerechtigkeit ist, so mus von n=ten552 vnsere gerechtigkeit eine Creatur sein. Daraus folgen so viel grewel, die meine widdersacher jhr lebenlang nicht werden ausstudiren.“553 Was sinds denn fFr grewel, die daraus folgen, so die TFgende vnd die gantze gerechtigkeit der Creaturen eine Creatur ist? Jch halt keine. Was ist der Engel gerechtigkeit anders denn eine Creatur? Was were Adams gerechtigkeit, so er nicht gesFndigt hette, anders gewesen denn eine Creatur? warlich weil die Schrifft so offt schreiet: „So du h=ren wirst, so du wirst gehorsam sein, so du es thun wirst etc., so wirstu gerecht sein,“ So zeigt sie ia klerlich damit an, das die gerechtigkeit eine Creatur sey. Doch wil ich itzt nicht Disputiren, ob die Gerechtigkeit ein Creatur sey oder nicht.

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Henker, Scharfrichter, Folterknecht. Vgl. Art. Diebshenker, in: DWb 2, 1096. Gebeinen, Knochen. Fleisch und Bein = der ganze Leib, Körper. Vgl. Art. Bein A.2), in: DWb 1, 1382. 550 Körpersäfte. 551 Vgl. Anm. 426. 552 von nöten = notwendig, zwingend, unausweichlich. Vgl Art. von 20), in: DWb 26, 773f. 553 Osiander, OGA 9, 697,20–22 (Dass unser lieber Herr ..., 1551). 549

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Denique uehementer periculose Osiander nos a toto Christo ad solam eius diuinitatem traducit, et non contentus satisfactione et obedientia Christi in hac uita praestita ad ipsam substantialem iusticiam omnipotentis Dei prorumpit. Deus ignis consumens est, bonis quidem ille benefacit, Verum nobis peccatoribus parum tutum fuerit, ad illam tantam maiestatem, persilire, quoties aliquid a Deo petere uolumus. Si enim essentialis filij Dei iusticia est illa mea iusticia, per quam Deo reconcilior, eumque, tanquam patrem accedo, oportet me accessurum patrem, ut aliquid ab eo petam, non in sanguinem ac meritum Christi respicere, sed illa omnipotentis Dei iusticia, quae ipsemet Deus in sua maiestate est, niti ac fulciri. Quod non multo aliud est, quam ad Deum sine Mediatore accedere.

Verum scriptura docet, et ipsum Christum in sancta sanctorum ad illum aeternum patrem per suum sanguinem accessisse, et nobis eodem modo faciendum esse. Proinde haud dubie consultissimum fuerit non sapere ultra, quam opus est, sed cum ad aeterni illius patris thronum accedere uolumus, lauemus dealbemusque nos ac omnia nostra uestimenta in sanguine agni, eaque formositate ac iusticia freti, speremus nos Deo gratos acceptosque fore, omniaque ab eo, quae petierimus, impetraturos. F I N I S.

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Es kan aber gleichwol eine grosse menge vieler vnerh=rter, grewlicher Jrthume draus folgen, das Osiander in seinem Bekentnis sagt, das vns durch den Todt der menscheit Christi die wesentliche Gerechtigkeit Gottes oder die gantze Gottheit gekaufft sey. Wer hat sein lebenlang je gr=ber, vnerh=rter, grewlicher ding geh=ret oder gelesen, denn das der Schepffer durch den Todt der Creatur k=nne gekaufft werden? Also, weil Osiander allenthalben seltzame, wil nicht sagen der warheit gemesse, vnerh=rte ding in vnserer lehr vnd meinung erdenckt vnd zusamen sucht, als das das Opffer Christi nicht vnsere Rechtfertigung sey, sintemal wir zur zeit des Leidens Christi nicht gelebt haben, Jtem, so Gott die SFnder losspricht vnd nicht in der warheit gantz gerecht macht, so folge, das er entweder ein vngerechter oder ein vnuerstendiger Richter sein mus, Welchs nicht war ist etc. – Also sag ich, weil Osian. mit fleis nach vnerh=rten dingen in vnserer lehr grFbelt, so fellet er selbs mit grossen schanden in die aller vnerh=rtesten, grewlich-[N 4v:]sten jrthume, die er freilich sein lebenlang nicht ausstudiren wird, Vnd wenn er gleich lenger denn Matusalem554 lebet. Endlich fFret er vns sehr gefehrlich von dem gantzen Christo allein auff seine Gottheit, ja stracks auff das G=ttliche wesen des Vaters, des Sones vnd des heiligen Geistes. Lesset sich nicht genFgen an der genugthuung vnd gehorsam Christi, in diesem leben geleistet, sonder feret dahin auff die wesentliche Gerechtigkeit des Almechtigen Gottes. Gott ist ein verzerend fewer, den sFndern fFrnemlich, wie er sich in seinem Gesetz gnugsam abgemalet hat.555 Vnd ist wol war, den fromen thut er gutes, aber vns SFndern wolte es nicht zu raten sein, das wir fFr solche hohe Maiestet treten solten, so offt wir etwas von Gott bitten wollen, one andere versFnung oder Gerechtigkeit. Denn so die wesentliche Gerechtigkeit Gottes meine Gerechtigkeit ist, dadurch ich mit Gotte versFnet werde vnd zu jhm als zu meinem Vater gehe, So mus ich, wenn ich fFr den Vater wil, etwas von jhm zu bitten, nicht auff das Blut vnd verdienst Christi sehen, sonder auff die Gerechtigkeit des Almechtigen Gottes, welche Gott selbs ist in seiner Maiestet, mich grFnden vnd lehnen, Welchs nichts anders ist, denn fFr Gott komen vnd mit jhm handeln one allen Mitler. Aber die Schrifft sagt, Christus sey in das allerheiligste gegangen zu dem ewigen Vater durch sein Blut, vnd das wir auch also thun sollen.556 Drumb ists warlich das allerbeste, das mann nicht klFger sey, denn von n=ten ist, Sondern wenn wir fFr den Thron des ewigen Vaters gehen wollen, das wir vns vnd vnsere kleider waschen vnd weis machen im Blut des Lammes557 Vnd vns auff dieselbe sch=nheit vnd Gerechtigkeit verlassen vnd hoffen, das wir Gotte lieb vnd angeneme sein vnd alles erlangen werden, was wir von jhm bitten. 554 555 556 557

Vgl. Gen 5,25–27. Vgl. Dtn 4,24. Vgl. Hebr 9,12–14. Vgl. Apk 7,14.

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Aber was ists n=tig, das wir mit dem Osiander viel [O 1r:] Disputiren? So wir doch sehen, das sein vornempster grund, nemlich das zwischen der Erl=sung vnd Rechtfertigung ein vnterscheid sey, =ffentlich558 falsch ist. Diesen seinen grund beweiset er mit zweien gantz lamen559 P=slein,560 aus menschlichem Hirn gespunnen.561 Das erste ist, das er sagt: Wir haben zur zeit des Leidens Christi nicht gelebt. Drumb kan sein Leiden nicht vnsere Rechtfertigung sein, doch kan es vnsere Erl=sung sein. Antwort: Christus ist geschlachtet nach der Schrifft von anfang der Welt.562 Derhalben ist er auch geschlachtet im ende vnd heut vnd gestern, das ist: der verdienst seines gehorsams vnd leidens weret563 vnd wird weren von anfang bis zum ende, ob er gleich in wenig stunden volendet ist. Was aber fFr hesliche Jrthumb aus dieser Osiandrischen fantasey564 erfolgen m=chten, las ich andere erzelen. Das andere ist, das er spricht, Es erscheine daraus, das die Erl=sung von der Rechtfertigung vntterscheiden sey, das die menschen einen von der straff erledigen, aber nicht rechtfertigen k=nnen. Wie vnbestendig aber vnd nichtig dis Argument sey, kan ein jeder leichtlich sehen. Denn Gott hebt die sFnde erstlich auff, darnach hebt sich der Todt selbs auff, vnd thut nicht, wie die falschen Richter thun, die einen Dieb vom galgen erledigen, von der SFnde aber nicht erledigen k=nnen. Derhalben eben damit, das Gott den SFnder von sFnden erledigt vnd jm die GesetzerfFllung seines Sons zurechnet, damit erl=set er jhn auch vom Tode vnd setzt jhn ins Ewige leben. Ja man kan diese Osiandrische gleichnis also billich vmbkeren: Wie ein Richter, eben damit er einen gefangen Rechtfertiget oder gerecht spricht, jhn auch vom galgen vnd straffe erl=set, Also thut auch Gott, der Richter der gantzen Welt: eben damit er vns Rechtfertiget, erl=set vnd erlediget er vns auch von der Ewigen straff. Nur das dieser vnterscheid ist, das ein Richter nicht kan noch sol die SchFldigen rechtfertigen oder sFnde vergeben. Denn [O 1v:] dieses geh=ret Gott dem HErrn alleine. Das also die rechtfertigung vnd Erl=sung bey Gott ein ding ist. Hie magstu, Christlicher Leser, nu betrachten, wie bestendig des Osianders lehr ist, weil er den vornempsten grund seines gantzen Jrthumbs mit solchen lamen z=tlein565 beweisen wil vnd doch gleichwol ander leut schmehet, als haben sie jhre lehr aus fleischlicher vnd Philosophischer weisheit geschepfft.

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offenbar, offensichtlich. Vgl. Art. öffentlich 1), in: DWb 13, 1180. lahmen, wenig zugkräftigen, nicht sonderlich überzeugenden. Vgl. Art. lahm 3.b), in: DWb 12, 73f. 560 (unterhaltenden) Geschichtchen, (lustigen) Einfällen, Albernheiten. Vgl. Art. Pöszlein, in: DWb 13, 2038; Art. Posse m. 2), in: DWb 13, 2013f. 561 gesponnen. Vgl. Art. spinnen I.1) u. III.1.b), in: DWb 16, 2515.2525. 562 Vgl. Apk 13,8. 563 währt, dauert an/fort. 564 Einbildung. Vgl. Art. Fantasei, in: DWb 3, 1318. 565 Albernheiten. Vgl. Art. Zötlein, in: DWb 32, 127; Art. Zote I.5), in: DWb 32, 125. 559

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Es ist aber wunder,566 das die Schrifft, wenn sie von vnserer seligkeit redt, die vergebung der SFnden so offt nennet, gleich als were alles allein daran gelegen, vnd gleichwol der Rechtfertigung durch die wesentliche Gerechtigkeit Gottes nicht ein mal gedenckt. Es ist auch wunder, das sich die gewissen, so sie in verzweifelung oder versuchung stecken, nach der vnendlichen gerechtigkeit Gottes, des Schepfers, so gar nicht senen,567 wie auch nicht nach seiner weisheit, macht, Glori568 etc., Sonder nur auff jhre eigne gerechtigkeit sehen, welche die Creatur fFr jhrem Schepffer haben solte. Vnd ist jhnen leid, das sie dem willen vnd Gesetz Gottes nicht haben gnug gethan, das sie nicht Gott, jhrem Schepffer, volk=mlich gehorsam gewest, ja auch vielmal widder jhn gehandelt haben. Es ist jhnen auch leid, das jhr hertz von Got abgewand ist, das es Gotte nicht liebet, nicht fFrchtet, Vnd zweiffeln derhalben nicht, Gott zFrne mit jhnen vmb dieser vielfeltigen sFnde willen vnd seien der verdamnis schFldig. Wenn sie aber wFsten, das sie selber oder etwa ein ander, Gotte vnd seinem Gesetz von jhrentwegen volk=mlich gnug gethan vnd sie mit Gotte versFnet hette, so wFrden sie sich fFr gerechtfertigt vnd Absoluiret halten vnd wol zu frieden sein. Solchs aber widderferet jhnen vieleicht alles darumb, das sie diese heimliche Osiandrische geheimnissen nicht wissen. Drumb wird die Schrifft hernachmals [O 2r:] anders reden mFssen. Die erschrockene gewissen werden nach anderem trost dencken mFssen. Man wird sich auch anders denn zuuor tr=sten mFssen, ja die gantze Form der Absolution wird mFssen geendert werden. Wenn Christus hernachmals einen Absoluiren wil, so wird er nicht mehr sagen mFssen wie zuuor: „Es sind jhr viel sFnde vergeben“569 oder „Sey getrost, mein Son, deine SFnde sind dir vergeben,“570 oder zu den Aposteln: „Welchen jhr die sFnde erlasset“571 etc., Sonder: „Du bist gerechtfertigt durch die gerechtigkeit des Almechtigen Gottes, in dein hertz gegossen.“ Jtem: „Welche jhr durch die wesentliche Gerechtigkeit rechtfertigen werdet, die werden gerecht sein“ etc. Also wird auch die gantze Kirche die Form der Absolution, die sie von Christo empfangen vnd bisher im gebrauch gehabt, endern mFssen. Denn warumb solte der prediger den beschwerten gewissen allein das geringste stFck der versFnung anzeigen vnd zueignen vnd das beste verschweigen vnd den armen SFnder solches Schatzes, welcher jm durchs Ampt der SchlFssel solte gegeben werden, berauben? Warlich, wenn diese lehr gelten sol, so wird man die Rede, damit der priester dem armen SFnder nach gethaner Beicht Gottes

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verwunderlich, erstaunlich. Vgl. Art. wunder adj. 1), in: DWb 30, 1838. sehnen. Herrlichkeit. Vgl. Art. Glorie 2.a), in: DWb 8, 194f. Vgl. Lk 7,47. Vgl. Mt 9,2. Vgl. Joh 20,23.

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Gnad verkFndigt vnd durchs Ampt der SchlFssel, von Christo gegeben, zueignet, alsbald verendern mFssen. Ja wir werden auch das Vater vnser verendern mFssen. Denn warumb beger ich allein vergebung der sFnde, so sie doch das geringste stFck ist meiner versFnung mit Gott vnd ich viel mehr das vornempste vnd beste begeren solte, nemlich die Rechtfertigung durch die wesentliche Gerechtigkeit Gottes? Drumb mFssen wir hinfort nicht mehr sagen: „Vergib vns vnser Schuld,“ Sonder: „Rechtfertige vns durch deine wesentliche Gerechtigkeit.“ Drumb wird die Christliche Kirche diese schendliche, grobe Jrthume auffs allererst bessern vnd endern [O 2v:] mFssen, wenn sie sampt Christo, den Aposteln vnd Vetern inn jhrem alten vnd schedlichen Jrthum nicht verharren vnd diese newe Himlische, Osiandrische weisheit nicht annemen wil. Welchs, scilicet,572 eine sehr grosse sFnde were.

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Beschluss. Bjsher hab ich angezeigt erstlich den vnterscheid zwischen vnserer Kirchen meinung vnd des Osianders meinung, Nemlich das wir sagen, Der SFnder werde Gerechtfertigt durch den verdienst vnd erfFllung des Gesetzes, welchen Christus, warer mensch vnd Gott, durch sein Leiden vnd gehorsam geleistet hat. Osiander aber sagt, Wir werden Gerecht durch die wesentliche Gerechtigkeit der Gottheit. Zum andern hab ich auch die falsche deutung des worts ‚Rechtfertigen‘, die Osiander widder die warheit erdichtet hat, verlegt. Zum dritten hab ich die weise vnserer Rechtfertigung zu mehr maln573 beschrieben vnd mit vielen warhafftigen Argumenten beweiset. Zum vierden hab ich alle argument aus Gottes Wort, aus Doct. Martini, Augustini vnd Chrysostomi schrifften, dadurch Osiander seinen jrthumb vertedingen vnd beweisen vnd die rechte lehr hat stFrmen574 wollen, verlegt. Endlich hab ich auch den vrsach,575 so aus seiner lehr herfleusset,576 erzelet. Nu were wol raum vnd zeit, das ich die Christen auch vermanete, das sie der erkanten vnd angenomenen Religion Jhesu Christi mit allem h=chsten fleis anhingen vnd dabey verharreten vnd alle verfelschung auffs h=chst vermeideten. Denn die schrifft vnd warlich auch die erfarung selbs zeugt vnd leret, das der Teuffel vmb den Schaffstall des HERRN stetz hergehe wie ein rasender hungeriger Wolff oder Lewe vnd sucht, welchen er verschlingen m=chte,577 [O 3r:] Vnd das er nicht ein Scheflein allein, sonder vnzelich viel zu sich reis-

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versteht sich. zu mehr Malen = mehrmals, öfters, häufig. Vgl. Art. mehrmalen, in: DWb 12, 1897. 574 erobern, überwältigen. Vgl. Art. stürmen B), in: DWb 20, 615. 575 Konsequenz (?). So anscheinend nicht in den Wörterbüchern belegt. Vgl. immerhin Art. Ursache D.2.k), in: DWb 24, 2510. 576 herausfließt, hervorgeht, sich ergibt. Vgl. Art. herflieszen 2), in: DWb 10, 1091. 577 Vgl. I Petr 5,8; Joh 10,1.12. 573

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set vnd aufffrisset, wenn er die ware, Heilsame lehr Christi verfelschet vnd sie also von der heilsamen weide Christi, jhres Hirten,578 zu seinen hellischen abgrFnden, speluncken579 vnd gruben zeucht vnd durch Jrthumb fFret. Wir aber sind rechte tolle,580 nerrische schaff. Denn zum teil lassen wir vns etwa durch ein klein Windlein schrecken,581 das wir in vnser eigen verterben lauffen, vnd weil wir dem vnglFck durch sFnde entgehen wollen (denn diesen einigen weg vnd keinen andern weiset vns der Teuffel), so lauffen wir in alles elend vnd jamer des gegenwertigen vnd kFnfftigen lebens, wie582 wir toll vnd t=richt weren – Zum teil aber, weil wir nicht wissen, wie gut es sey, des einigen guten Hirten stim vnd wege folgen,583 so lauffen wir aus furwitz hin vnd her vnd weiden, wo es vns gut dFncket, vnd lauffen also endlich mutwilliglich dem Wolffe in den rachen. Jch wil aber dis ein wenig klerer sagen: Die Leut verlassen jtzt die warheit des G=ttlichen Worts, zum teil einer geringen, losen584 furcht halben, zum teil werden sie des teglichen liedleins585 von vergebung der SFnden oder annemung des SFnders aus gnaden durch den glauben von wegen des leidens vnd verdienstes Christi vberdrFsssig vnd wollen etwas newes, seltzames, spitzfFndiges, hohes vnd Himlisches haben. Drumb ist auch der Teuffel nicht weit vnd wil vnsern fFrwitz bFssen586 vnd erweckt so viel falscher Aposteln, das wir schier nicht wissen, wo wir mit jhnen aus oder ein sollen. Vnter welchen vns etliche einen richtigen weg weisen, dem vnglFck zu empfliehen,587 nemlich die SFnde. Etliche, als D. Geitz588 mit den andern Adiaphoristen,589 sperren vns das maul auff590 mit Himlischen Reformationibus,a gleichf=rmigkeit vnd zucht. Etliche wollen vns sonderliche hohe lehren vnd offenbarungen, on zweiffel aus dem dritten

a

aus: Reformatiobus.

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Vgl. Joh 10,11. Höhlen. Vgl. Art. Spelunke 1), in DWb 16, 2141. 580 törichte, verrückte. Vgl. Art. toll I.1.a.α), in: DWb 21, 632. 581 Vgl. Eph 4,14. 582 als ob. Vgl. Art. wie III.B.1), in: DWb 29, 1485f. 583 Vgl. Joh 10,27. 584 unbegründeten, grundlosen. Vgl. Art. lose II.3), in: DWb 12, 1183. 585 Redensartlich: der immer gleichen Aussagen. Vgl. Art. Liedlein, in: DWb 12, 993f. 586 befriedigen, stillen. Vgl. Art. büszen 5), in: DWb 2, 573f. 587 entfliehen, entkommen. 588 Georg Major. Zu ihm vgl. bes. unsere Ausgabe Bd. 3. 589 Vertreter der Auffassung, man könne in vielerlei „Mitteldingen“ den kaiserlichen Forderungen nach Wiederherstellung des altgläubigen Ritus willfahren, solange nur die Evangeliumspredigt möglich bleibe. Flacius vertrat demgegenüber die Auffassung, ein solches Vorgehen sei den Gemeinden nicht zu vermitteln und außerdem gebe es in statu confessionis keine Adiaphora. Zum Adiaphoristischen Streit vgl. unsere Ausgabe Bd. 2. 590 Redensartlich: machen uns falsche Hoffnungen. Vgl. Art. aufsperren, in: DWb 1, 741f. 579

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[O 3v:] Himel genomen,591 fFr592 die gew=nliche heilsame Religion mit gewalt auffdringen.593 Drumb were hie wol zeit, das ich die leut zur bestendigkeit in der angenomenen erkanten warheit vermanete. Aber weil dis buch zimlich gros ist worden vnd diese drey jar her594 gnug vermanungen zur bestendigkeit in der erkanten lehr von mir geschehen sein, so will ichs jtzt hiebey bleiben lassen. Allein bitt ich den Christlichen Leser, Er wolle die warheit auch aus dieser Schrifft erkennen vnd, wenn er sie nu erkant hat, wie warlich bisher ein jeder vberflFssig hat thun k=nnen, das er denn bey sich selbs bedencken wolle, ob er lieber durch Gottes Wort zur Ewigen Seligkeit oder durch der menschen, des Bapsts vnd Teuffels jrthume zur Ewigen verdamnis kommen wolle. Der HERR Jhesus wolle seiner armen Kirche vnd allen betrubten hertzen, die seinen Namen anruffen, beystehen! AMEN. Amen. Amen.

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Eine kurtze Erinnerung der vorigen Schrifft halben. Am ende dieser Schrifft hab ich etwas anhengen wollen, dadurch ich etliche stFck, die entweder zu kurtz oder tunckel sein, volk=mlicher deutete, ausstriche595 vnd den vnerfarnen oder auch den Misg=nnern596 nicht etwan eine ansehenliche vrsach597 gebe zu jrren, zu schmehen vnd zancken. Zum ersten, so viel die Definition oder Beschreibung der Gerechtigkeit belanget,598 Folio 1. Fa 2,599 hab ich fFr nFtzlich angesehen, das ein gewis Genus oder name des gantzen verdiensts, welchs Christus fFr vns geleistet hat, oder der Gerechtigkeit, die vns zugerechnet wird, genand wFrde. Derhalben hab ich gesatzt dis wort: die erfFllung des Gesetzes. Denn was der HErr Jhesus gelitten hat, das hat er darumb gelitten, das er dem Gesetze, welches [O 4r:] von vnser SFnde wegen die straff von vns erfodert, gnug thete. Vnd was er gethan hat, das hat er darumb gethan, das er fFr vns dem Gesetz volk=mlich gehorsam were, das also meines erachtens der gantze verdienst Christi auffs aller beste begriffen kan werden vnter dem namen ErfFllung des Gesetzen. Der verdinst Christi aber ist ein solch gewaltig, Herrlich ding, das es mehr eine erseuffung denn eine erfFllung des Gesetzes sol genennet werden. Denn der spruch, den D. Luther vnd die Veter gebrauchen, gefellet mir sehr wol, das der verdienst Christi ein solch k=stlich ding sey, das auch ein einiger

591 592 593 594 595 596 597 598 599

Vgl. II Kor 12,2. anstelle (der). Vgl. Art. für I.A.4.a.α), in: DWb 4, 623f. aufnötigen, aufdrängen, aufzwingen. Vgl. Art. aufdringen 2), in: DWb 1, 635. Seit Beginn des Kampfes gegen das Interim, vgl. unsere Ausgabe Bd. 1. hervorhöbe, verdeutlichte. Vgl. Art. ausstreichen 3), in: DWb 1, 992. Missgünstigen, Gegnern. Vgl. Art. Miszgönner, in: DWb 12, 2292f. auch: Vorwand. Vgl. Art. Ursache D.2.f), in: DWb 24, 2509f. anbetrifft. Vgl. Art. belangen 1), in: DWb 1, 1436. Vgl. oben S. 247.

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Blutstropffen hette gnug thun k=nnen fFr aller Welt SFnde.600 Denn wer wil so kFn sein vnd die gnugthuung vnd gehorsam Christi, der nicht allein der allerheiligst mensch, sonder auch ewiger Gott gewest ist, mit vnsern sFnden vnd schuldigem gehorsam einerley weise601 vergleichen? Derwegen halte ich, das die weise des verdiensts Christi oder die erfFllung des Gesetzes also k=nne am besten erkleret werden: Gottes Gerechtigkeit ist da gestanden mit den Zehen Gebotten als mit einem Schuldregister vnd hat von dem menschlichen geschlecht volkomene straff gefordert vor die begangenen SFnden vnd hernachmals volkomenen gehorsam. Da hat sich der Son Gottes des menschlichen geschlechts (welches der Gerechtigkeit Gottes in keinen weg konte gnug thun vnd derhalben ewiglich solte verdampt werden) erbarmet vnd hat sich von wegen des menschlichen geschlechts in die Schuld gegeben, das er Got bezalen wolte. Darumb da er in G=ttlicher gestalt war, hat er sich selbs ernidriget vnd die gestalt eines Knechtes, ja eines SFndlichen knechtes angenomen, ist zum fluch vnd SFnden worden. Darnach hat er sich in solchem gehorsam je mehr vnd mehr ernidriget, bis er endlich als ein SFnder ans Creutz geschlagen, begraben vnd in die Helle602 gefaren ist.603 [O 4v:] Darumb k=nnen wir mit warheit sagen, das Christus, nachdem er des Mitlers Ampt an sich genomen, durch seinen steten gehorsam vnd leiden dem Schuldhern,604 nemlich der Gerechtigkeit Gottes, alle augenblick grosse Summen (so zu reden) gelts605 vnd in seinem letzten Leiden die aller gr=ste summa zugezelet606 hab. Derhalben, nach dem er jns grab vnd in die Helle als ein SchFldiger gebracht worden ist, hat er Rechenschaft begert desjenigen, das das menschlich geschlecht schFldig war, das er auff sich genomen hatte, vnd des, das er bezalet hatte. Vnd nach dem beiderseits Rechenschafft geschehen, beide: der schult

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Vgl. Petrus Damiani, Sermo XLVII (De exaltatione sanctae crucis): „Sufficeret ad redemptionem orbis, vel una pretiosissimi sanguinis gutta; sed data est copia, ut virtus diligentis in beneficii redundatione clarescat.“ (PL 144, 762C). – Thomas v. Aquin, Fronleichnams- bzw. Abendmahlshymnus „Adoro te devote“, Str. 6: „Pie pellicane, Iesu domine, | me immundum munda tuo sanguine, | Cuius una stilla salvum facere | totum mundum posset omni scelere.“ (Wackernagel, Kirchenlied I, 145f [Nr. 234]). – Luther, WA 12, 291,10–17: „Wilchs ist nun der schatz, damit wyr erl=st sind? Nicht vergenglich golt oder sylber, sondern das thewre blGtt Christi, des son Gottis. Der schatz ist so kostlich und edel, das es keyn menschen synn und vernunfft begreyffen kan, Also das nur eyn tr=pflin von diesem unschuldigen blGtt uberig genGg were gewesen fur aller wellt sund. Noch hatt der vatter seyne gnade so reychlich ubir uns wollen ausschFtten und sichs so viel stehen lassen, das er seynen son Christum hat sein blGt alles vergiessen lassen und uns den schatz gantz geschenckt.“ (Epistel S. Petri gepredigt und ausgelegt, 1. Bearbeitung, 1523, zu I Petr 1,18f). 601 einerlei weise = in irgend einer Weise. Vgl. Art. einerlei 1), in: DWb 3, 166. 602 Hölle. 603 Vgl. Phil 2,6–8. 604 Gläubiger, Inhaber eines Schuldtitels, einer Forderung. Vgl. Art. Schuldherr, in: DWb 15, 1900f. 605 Geldes. 606 zugewiesen, ausgezahlt.

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vnd der bezalung, ist erfunden worden, das Gottes gerechtigkeit weit vnd vnzelich viel mehr von Christo empfangen habe, denn das menschlich geschlecht schFldig war. Darumb hat Christus der G=ttlichen Gerechtigkeit die Handtschrifft vnserer Schuldt, das ist: die Zehen Gebot, angedrungen vnd damit sie die gleubigen nicht verdammen k=nne, an das Creutz gehefftet.607 Ja er hat auch noch eine andere Handschrifft der G=ttlichen Gerechtigkeit abgedrungen, darin sie bekennet, das sie vns gleubigen Gottes gunst vnd das Ewig leben schFldig sey. Also ist Gottes Gerechtigkeit aus einem Schuldherrnb vnser schFldner worden. Solche vnd so grosse erfFllung des Gesetzes vnd bezalung der Schuld hat Christus fFr vns geleistet. Hieraus erscheinet fein, was das ist, das Paulus sagt, Christus ist vmb vnser SFnd willen dahin gegeben vnd vmb vnser Gerechtigkeit willen aufferwecket,608 das ist: vnsere schuld oder sFnd haben Christum ans Creutz vnd gleichsam in den schuldthurn609 gefurt. Weil er aber vberschwencklich inn diesem gefencknis vnd banden der pein vnd des tods mit seiner erfFllung des gesetzs bezalt hat, So hat er zum ersten hiedurch erlanget, das er aus diesem – so zu reden – Kerker gekomen vnd widder aufferstanden ist, vnd weil solche vberschwenckliche bezalung vnsert halben [P 1r:] geschehen ist, so hat er auch mFssen widderumb aufferstehen, das er sie vns auch zueignete vnd gebe. Hiemit wil ich meine beschreibung der Gerechtigkeit erkleret haben vnd halt, das man dis stFck wol k=nne setzen zu dem, das wir droben, E8 vnd F1,610 gehandelt haben, was wir durch Christum mehr erlanget, denn durch Adam verloren haben. Jm anfang dieser schrifft hab ich gesagt, das ich etliche fFrwitzige, vnnFtze Disputation des Osiandri wolt stehen lassen, als vom innerlichen vnd eusserlichen wort.611 Wil aber hiemit in keinem weg diesen jrthumb fFr gering geachtet haben, das er das Wort Gottes, so mans nicht gleubt, einem alten par schuech vergleicht, die man in winckel wirfft, vnd sonst etlicher andern wort sich daselbst vernemen lest.612 Jm quatern B, Fa. 5, hab ich gesagt, Christi gehorsam sey eigentlich weder G=ttlich noch menschlich.613 Solchs habe ich mFssen sagen wider das, das Osiander sagt, Alle gerechtigkeit sey entweder G=ttlich oder menschlich, vnd die menschliche k=nne vns nicht Rechtfertigen. Darumb sey es n=tig, das wir durch die G=tliche, wesentliche gerechtigkeit Gottes gerecht werden. Denn Christus ist nicht allein Gott, auch nicht allein mensch. b

aus: Schudherrn.

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Vgl. Kol 2,14. Vgl. Röm 4,25. Schuldturm, Schuldgefängnis. Vgl. oben S. 317f. Vgl. oben S. 265,4–8. Vgl. Osiander, OGA 10, 116,20–118,25, bes. 118,6–8 (Von dem einigen Mittler, 1551). Vgl. oben S. 283,17–25.

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Das ich weiter am selben ort gesagt habe, Es lasse sich ansehen, als sey es widder die G=ttliche gerechtigkeit, das sich Gottes Son also ernidrige vnd eines knechtes gestalt an sich neme vnd die schuld trage,614 daraus versehe ich mich, kan mit warheit nichts vnerhortes oder Gottlos geschlossen werden, als solte ich lehren, das Gott widder sich selbs were. Denn es ist war nach der Schrifft, das die Gerechtigkeit Gottes erfordert, das wer da gesFndiget hat, der soll seine missethat tragen. Es geschicht aber aus vberschwencklicher barmhertzigkeit Gottes, das wir vnsere missethat nicht tragen dFrffen,615 wie es Gottes gerechtigkeit erfodert, sonder Gottes Son tregt sie fFr vns.

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[P 1v:] Subscriptio Nicolai Galli.

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Jch, Nicolaus Gallus, bekenne, das obgeschriebene erklerung vnd widderlegung des Jrthumbs Osiandri vom Artickel der Rechtfertigung auch meine meinung ist, sampt Jllyrico, meinem lieben mitbruder in Christo. Mit welchem, wie ich der verfelschung reiner lehr vnd dem schrecklichen Abfal zum R=mischen Antichrist durch Jnterim vnd Adiaphora, dieser zeit begangen, aus Gottes wort, meinem Christlichem Beruff vnd geringen verm=gen nach widersprochen habe, Also widerspreche ich auch mit jhm jtzt aus gleichem grund G=tliches worts gegenwertiger verfelschung dieses allerh=chsten Artickels vnsers Christlichen glaubens wider den geist Osiandri. Vnd sage weiter zu bezeugung meines Erkentnis vnd Bekentnis widder die newe lere Osiandri, das er sich damit fast verdechtig machet etlicher alten Ketzereyen der beider Natur halben in Christo. Auch das Ampt Christi, darin er vns von Gott gegeben ist zum Mitler, Erl=ser vnd Seligmacher, im grund vnd in der warheit wider sein selbs eigene gedancken gentzlich auffhebet. Denn erstlich, so viel die lere belanget von vereinigung G=ttlicher vnd menschlicher natur in dem einigen Christo, vergleicht sich Osianders rede in seinem bekentnis fast mit dem Nestorio,616 welcher [P 2r:] fFr 1100 Jaren im grossen Concilio zu Epheso vnter dem Keiser Theodosio dem JFngern verdampt ist, darumb das er Christum getrennet vnd zwo personen oder zween Christos aus jhm gemacht hab, vnangesehen das er solches austrFcklich mit worten also nicht geredt hat (so viel die Historien vngefehrlich ausweisen) oder auch seine meinung villeicht nicht mag gewest sein. Denn wie seine eigene wort in den Actis Concilij,617 auch im Decret. Dist. 16 Cap. prima 614

Vgl. oben S. 283,22–25. nicht tragen dürfen = nicht tragen müssen. 616 Nestorius, seit 428 Patriarch von Konstantinopel, wurde vom Konzil zu Ephesus, einberufen von Kaiser Theodosius II., 431 als Irrlehrer verurteilt. Nestorius hatte die Bezeichnung „Christusgebärerin“ für Maria vorgeschlagen anstelle von „Gottesgebärerin“, wie sie in der Volksfrömmigkeit genannt wurde, und man unterstellte ihm u. a., er vertrete eine adoptianische Christologie. Vgl. Thomas Böhm, Art. Nestorius, in: RGG4 6 (2003), 206f. 617 Vgl. DH 251d (Konzil von Ephesus, 2. Brief des Nestorius an Kyrill, cap. 6); vgl. auch PG 77, 53/54B. 615

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autem,618 und trip. hist. lib. 12. Cap. 4619 zeugen, So hat er fast allein diese rede gestritten: Maria k=nne nicht Gottes Mutter sein oder heissen. Denn weil sie ein mensch gewesen, so sey es vnmFglich, das Gott von einem menschen solte geboren werden. Aus diesen worten, weil sonst keine andere von seinem Jrthumb im Handel gelesen werden, schleust das Concilium, das Nestorius Christum trenne vnd im grund zwo personen oder zween Christos aus jm mache. Vnd es wil sich in der warheit nicht wol anders vrtheilen lassen, nachdem Nestorius auch selbs, wie aus obgedachten =rten der Historien zu sehen, beide Naturn in Christo erkant vnd bekant hat. Denn erstlich das gewis ist, das Christus, Gottes Son, eine person fFr sich ist in seinem G=ttlichen wesen, vom Vater in ewigkeit geborn. Hat nu Maria Christum einen pur menschen, der eben damit, das er ein mensch, auch eine person ist, vnd nicht auch zugleich Gott geborn, so sinds vnwidersprechlich zwo personen vnd zween Christi – Nestorius habe es also gemeint oder nicht. [P 2v:] Vnd neben dem, das mann in diesen sachen reden soll, wie die Schrifft redet, so gibt dis Concilium hiemit fein zu uerstehen die Heuptvrsachen der wechselreden, so man nennet Communicationem idiomatum,620 da beiderley Naturn eigenschafft, der G=ttlichen vnd menschlichen, gegen einander, Christo jtzt als Gott, jtzt als menschen, jtzt als Gott vnd menschen zugleich zugelegt werden, nemlich darumb, das die einige person Christi nicht getrennet vnd zwo personen oder zween Christi wissentlich oder vnwissentlich, wie dem Nestorio widderfaren, aus jhm gemacht werden. Hie sehe nu Osiander wol zu, ob solches nicht auch mit warheit m=chte wider jhn geschlossen werden, das er Christum vnwissentlich oder vnfFrsichtiglich trenne vnd zwo personen oder zween Christos mache damit, das er den menschen Christum nicht will lassen auch vnsern rechtfertiger oder Gerechtigkeit sein, sondern allein Christum, waren Gott. Denn er zeucht mit zur vrsach an, wir k=nnen nicht durch ein Creatur gerecht werden, es sey allein Gottes werck rechtfertigen oder gerecht vnd selig machen, gleich wie Nestorius zum beweis seiner sachen anzeucht, Gott k=nne nicht von einem menschen geborn werden. Das ist also der eine verdacht (damit ichs auffs gelindest nenne) der eine Ketzereyen Osiandri, betreffend die lere von einer person Christi in G=ttlicher vnd menschlicher Natur.

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Vgl. Decretum Gratiani, pars I, dist. XVI, cap. [10] Prima autem, § 2 [ed. Friedberg I, 46]. [Cassiodor] Historia ecclesiastica tripartita, XII, 4 (und 5). (CSEL 71, 663–670 [–671]). 620 Communicatio idiomatum wird eine Redeweise genannt, bei der Eigenschaften einer der Naturen Christi von der jeweils anderen oder von der Person insgesamt ausgesagt werden; während die reformierte Tradition im Gefolge Zwinglis darin lediglich ein rein sprachliches Geschehen sieht, gehen Luther und seine Anhänger davon aus, dass dieses Sprachgeschehen einer Wirklichkeit in der Person Christi entspricht. Vgl. Notger Slenczka, Art. Communicatio idiomatum, in: RGG4 2 (1999), 433f. 619

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Nun ist noch ein ander verdacht, da eben dieses stFcks halben, gleichwol dem vorigen zuent-[P 3r:]gegen,621 darin jhm auch Osiander abermals selbs widderwertig622 ist vnd sich etlicher massen vergleicht mit dem Eutyche,623 welcher etliche vnd 20 jar nach dem Nestorio zu Chalcedon durch ein ander gros Concilium vnter dem Keyser Martiano624 verdampt ist aus vrsachen, das er die vereinigung G=ttlicher vnd menschlicher Natur in Christo also hat verstanden, das, gleich wie Christus nicht mehr denn eine person ist, also nu auch nicht mehr hette denn eine Natur, nemlich die G=ttliche, wie des seine selbs eigne Bekentnis in Ecclesiastica Historia klar stehet,625 als ob die Gottheit hette die menscheit inn dieser vereinigung verwandelt vnd in sich gar vertilget, das nichts denn eitel Gottheit in menschlicher gestalt da vbrig fFrhanden blieben were. Solches sagt Osiander wol nicht so klar mit worten als Eutyches, aber sagt vnd thut, das eben fast so viel vnd widder jhn selbs ist (sintemal er Christum noch wil menschen sein vnd bleiben lassen), gleich wie Nestorius oben wol nicht mit worten gesagt hat (so viel im handel von jhm wird gelesen), das zwo personen oder zween Christi, sondern nur ein Christus sey, aber damit er Mariam nicht wolte lassen Gottes Mutter sein, redete er widder sich selbs, wie jhm solches das Concilium durch seinen Beschlus hat erkleret. Vnd ich stelle alhie das Vrteil der gantzen Christlichen Kirchen heim, auch Osiandro selbs in sein eigen gewissen, ob der nicht die natur selbs mit auffhebe, der jhr nimpt jhre wesentliche eigenschafften, proprietatem essentialem, die jhr also anhanget, das sie gar nicht kan von jhr abgesondert [P 3v:] werden vnd gleich als ein theil jhres wesens ist. Nun hat Gott menschliche Natur geschaffen zu seinem Bilde mit jhrer eignen sonderlichen Gerechtigkeit, das ist mit allen krefften vnd verm=gen, Gott gehorsam zu sein, welche einander also nahend anhangen alle beide, menschliche natur vnd jhre gerechtigkeit, das sie sich mit einander heben oder legen, das ist: eine on die ander nicht sein kan, auch in beyderley stande des menschen, darin er von Gott volkommen ist erschaffen vnd darin er jtzt lebt nach dem falle vnd so fern er lebet, noch allezeit seine Gerechtigkeit hat nach art vnd eigenschafft gegenwertiger verterbter Natur. Hat ers ja nicht in actu, das ist: das ers mit der that erzeiget vnd beweiset, so hat ers doch in potentia, das 621

entgegen. widersprüchlich, sich selbst entgegen, mit sich selbst uneins. 623 Eutyches, Archimandrit des Hiobklosters in Konstantinopel, wurde 448 auf einer Synode in Konstantinopel als Irrlehrer verurteilt, weil er die Auffassung vertrat, die menschliche Natur Christi sei in der göttlichen aufgegangen wie ein Honigtropfen im Meer. Von der sog. „Räubersynode“ (Konzil von Ephesus) 449 wurde er zunächst rehabilitiert, das Konzil von Chalkedon 451 verwarf jedoch den Monophysitismus entschieden und verurteilte Eutyches erneut. Er starb bald nach 454 im Exil. Vgl. Hanns Christof Brennecke, Art. Eutyches, in: RGG4 2 (1999), 1686; ders., Art. Eutychianischer Streit, in: RGG4 2 (1999), 1686f. 624 Flavius Marcianus, oströmischer Kaiser 450–457. 625 Bislang nicht nachzuweisen. Vgl. PL 54, 717f, ein schriftliches Bekenntnis des Eutyches, in dem er seine Rechtgläubigkeit bekundet. 622

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ist: in verm=gen, das er etlicher massen Gerecht fFr der Welt leben m=chte oder zu seiner zeit k=nte. Darumb auch beide, Gott vnd menschen, Gerechtigkeit von menschlicher natur fordern. Vnd das leugnet Osiander selbs gar nicht, das menschliche natur jhr eigne Gerechtigkeit habe, denn er bekennet in seiner Disputation, propositione 12, zweierley Gerechtigkeit, eine Gottes oder G=ttlicher natur, die ander der menschen oder menschlicher natur.626 So wird er ja auch nicht leugnen k=nnen, das die Gerechtigkeit der natur folget, ob sich gleich das wesen des menschen mit der Gerechtigkeit weder mindert noch mehret. Weil denn nu (von Christo zu reden) Osiander jhme nicht mehr gibt, denn die selbwesende Gerechtigkeit G=ttlicher natur, vnd menschlicher natur Gerechtigkeit gar in jhm vertilget, Welche [P 4r:] er als ein warer mensch, der vom heiligen Geist empfangen vnd von der Junckfrawen Maria geborn ist, warhafftig vnd volkomen hat vnd zu vnser erl=sung hat haben sollen, so sehe Osiander wol zu, ob er nicht die menscheit Christi vnd gantze erl=sung mit Eutyche, dem Ketzer, verliere vnd andern, so jhm in seiner lehr, sonderlich nach empfangenem bericht, weiter volgen, auch neme. Vnd hierin ist nu auch die trennung Christi, ausdrFcklich nicht seiner person, sonder beider, der G=ttlichen vnd menschlichen Natur Gerechtigkeit in dem einigen werck vnser erl=sung, Rechtfertigung vnd Seligmachung, daraus wir oben nach der schrifft der person trennung mit dem Concilio zu Epheso geschlossen haben, vnd trifft beiderseits einerley gefahr der selen seligkeit. Hiergegen ist derhalben zu wissen, das gleich wie Gott n=tig geachtet hat zu vnser erl=sung vnd seligkeit, das sein eingeborner Son, Jhesus Christus, inn vnterscheid beider natur, der G=ttlichen vnd menschlichen, eine person wFrde vnd ist, also wird vnd ist in jhm beider natur gehorsam gegen Gott, seinem Himlischen Vater, eine Gerechtigkeit, darinne er vnser Mitler worden ist vnd verdienet hat, das vns solche Gerechtigkeit durch den glauben geschenckt vnd zugerechnet wird. Hieraus erscheinet nu zum andern klar der Jrthumb Osiandri, so das Ampt vnsers lieben HErrn Christi betrifft vnd ware grFndliche Definition oder beschreibung vnser Gerechtigkeit gegen der Definition Osiandri. Denn damit Osiander [P 4v:] vns weiset von dem gehorsam Christi allein auff die wesentliche Gerechtigkeit seiner G=ttlichen natur, welche, wie er bekennet, nichts anders denn Gott selbs ist, dadurch wir allein sollen fur Gott gerecht werden, wenn sie durch den glauben in vns wonet vnd wircket; damit nimpt er Christo schon das Amt des Mitlers gantz vnd gar vnd vns allen trost, den wir an

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Vgl. Osiander, OGA 9, 432,4f: „Cum enim duplex iustitia sit, Dei scilicet et hominum, fide non hanc humanam, sed illam Dei iustitiam apprehendimus.“ (Disputatio de iustificatione, 1550, These 21[!]) – OGA 9, 433,7–9: „Dann dieweil zweierley gerechtigkeit ist, nemlich Gottes und der menschen, so ergreiffen wir durch den glauben nicht dise menschliche, sonder jene g=ttliche gerechtigkeit.“ (Eine Disputation von der Rechtfertigung, 1551, These 21[!]).

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Christo als einem Mitler haben solten, wiewol er solchs selber nicht besinnet oder meinet. Vergleicht sich derhalben Osiander in diesem stFck also auch mit dem geist des R=mischen Antichrists, mit welchem er aus dem Mitler Christo einen Richter machet vnd die armen gewissen weiset auff die eingegebene gerechtigkeit, ob gleich nicht eben auff dieselbe weise. Denn wer fFr Gott kFmpt ausserhalb dieses einigen Mittels des gehorsams Christi, in G=ttlicher vnd menschlicher natur von jhm geleistet vnd vns durch den glauben zugerechnet, der findet an Gott vnd an Christo selbs nichts anders denn einen gestrengen Richter nach seiner G=ttlichen Gerechtigkeit, dafFr der mensch in der anfechtung natFrlich auch nichts anders kan denn erschrecken; erschrickt er nicht, so bleibet er doch im zweiffel, ob er durch die einwonung der wesentlichen gerechtigkeit Christi jtzt gerechtfertiget, das ist, wie es Osiander selbs deutet, mit der that vnd in der warheit aus einem Gottlosen gerecht vnd aus dem Todt der sFnden lebendig gemacht sey, weil es jm in seinem eignen gewissen fast an aller einwonenden gerechtigkeit vnd leben am meisten mangelt vnd nichts denn [Q 1r:] eitel vngerechtigkeit, SFnde vnd Todt fFlet, sonderlich wenn er in der anfechtung ist vnd ernstlicher erkentnis der SFnden. Damit auch vnser verstand, den wir aus Gottes wort haben vnd durch Gottes gnad alle zeit mit der schrifft beweisen wollen, von der gerechtigkeit des glaubens in Christo gantz vnd kurtz beyeinander deudlich gesehen werde, so setze ich alhie zum zeugnis der warheit vnd meines bekentnis wider die verfelschung Osiandri diese Definition, wie sie auch fast am ersten blat dieses Buches also stehet:627 Vnsere gerechtigkeit, dadurch wir itzt in diesem leben fFr Gott gerecht, angeneme kinder vnd Selig werden, ist erfFllung des Gesetzes, geschehen durch Christum, waren Gott vnd menschen, durch den allervolkomensten gehorsam, damit er vberschwencklich gethan hat nach dem eusserlichen vnd innerlichen leben alles, was das Gesetz von vns erfordert, das wir thun vnd wie wir von natur hetten leben sollen, auch gelitten, was vns das Gesetz drewet vnd wir von wegen vnser vngerechtigkeit vnd sFnde ewig hetten leiden sollen. Welche erfFllung Christi vns durch den glauben gantz zu eigen geschenckt, vnd zugerechnet wird, als ob wir die ein jeder fFr sich selbs gethan hetten. Dasselbige aber auch von wegen des verdiensts Christi, da er, in G=tlicher gestalt, Gotte gleich, knechts gestalt hat angenomen vnd dem Vater also gehorsam ist worden bis zum Tode des Creuztes, Phi. 2.628 Diese beschreibung gibt vnser jtzigen gerechtigkeit jhren eigentlichen gebFrlichen namen, hat [Q 1v:] gewisse, klare zeugnis der Schrifft vnd der erfarung Christlicher hertzen. Rom. 2 zeuget Paulus, das erfFllung des Gesetzes gerechtigkeit fFr Gott sey. „Denn fFr Gott,“ spricht er, „sind nicht gerecht,

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Vgl. oben S. 247,3–12. Vgl. Phil 2,6–8.

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die das Gesetz h=ren, sondern die das Gesetz thun, werden gerecht sein.“629 Vnd hernach, Cap. 7, bekennet er, das vns das Gesetz warhafftig sey zum leben gegeben gewesen, wenn wirs nur vnsers sFndlichen fleisches halben selbs hetten halten k=nnen.630 Weil wirs aber der vrsach halben nicht vermochten zu halten vnd darumb hetten ewig mFssen des Todes sein, Da hats Gott aus gnaden auff diese wFnderbarliche weise selbs gehalten, Rom. 8, hat gesand seinen Son in der gestalt des sFndlichen fleisches vnd im fleisch die sFnd verdampt, auff das die gerechtigkeit des Gesetzes oder vom Gesetz erfodert in vns also erfFllet, das ist: vnser, wFrde631 durch die zurechnung um glauben, Cap. 4,632 vnd wir also widderumb bey Gott hetten durch dieselbe erfFllung des Gesetzes beide, Gerechtigkeit vnd leben, vnd noch etwas mehr, wie er spricht Gal. 4: „Da die zeit erfFllet ward, sandte Gott seinen Son, geborn von einem weibe vnd vnter das Gesetz gethan, auff das er die, so vnter dem Gesetz waren, erl=sete und wir die kindschafft empfiengen.“633 Welcher spruch auch deshalben hie in dieser Sachen wol ist zu mercken, das er Christum, Gott vnd menschen, vnter das Gesetz thut. Mit diesen der heiligen Schrifft zeugnissen stimmet nu auch die erfarung Christlicher hertzen, Welche in der anfechtung auffs aller klerest empfinden, das jhnen zur seligkeit von n=ten sey er-[Q 2r:]fFllung des Gesetzes wider das anklagen in jren gewissen, das ist: bezalung fFr die vergangenen sFnde vnd volkomener gehorsam, welche erfFllung, so sie durch den glauben in Christo ergrieffen, das seine erfFllung jhnen nur zugerechnet wird, empfinden sie hinwider trost vnd leben. Vnd leidet niemands deshalben einige anfechtung, das er nicht die selbwesende G=ttliche gerechtigkeit, weisheit vnd Almechtigkeit hat oder selbs ist. Also haben wir nu den eigentlichen Namen vnserer gerechtigkeit vnd trost der gewissen widder die anfechtung, darauff wir fr=lich fFr Gott leben vnd sterben k=nnen. Hierbey ist nu ferner zu wissen, das, wenn Gott dem menschen ein glauben gibt, Jo. 6,634 durch die predigt des Euangelij, Rom. 10,635 vnd durch den glauben also rechtfertiget, das ist: zurechnet die Gerechtigkeit Christi, Rom. 3 vnd 4,636 welche ist die erfFllung des Gesetzes, durch Christum geschehen, Ro. 8,637 So bringt er zugleich auch mit den heiligen Geist in vnsere hertzen, Gal. 3;638 derselbige reiniget, heiliget vnd ernewert vns zu einem newen Gott-

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Röm 2,13. Vgl. Röm 7,10. Vgl. Röm 8,3f. Vgl. Röm 4,5. Gal 4,4f. Vgl. Joh 6,28. Vgl. Röm 10,17. Vgl. Röm 3,26; 4,5. Vgl. Röm 8,3f. Vgl. Gal 3,2.

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seligen leben vnd wandel, Acto. 15, Gal. 5,639 ist das sigil640 vnd pfand, erstling vnd anfang des ewigen lebens vnd zukFnfftiger Herrligkeit, 2. Cor. 1, Ephe. 1, Rom. 8;641 ja die gantze Gottheit k=mpt vnd wonet in vns, Johan. 14,642 machet vns jhr zum lebendigen tempel, 2. Cor. 6,643 vnd vereiniget vns mit jhr selbs, Johan. 17.644 Aus diesem allem ist auch weiter klar, das wir weder die newe geburt, noch die gegenwertigkeit Gottes in vns, wie Osiander vnserer Kirchen [Q 2v:] lerer begert zu uerungelimpffen, bey dem Artickel der Rechtfertigung ausschliessen, Sondern ordnen iedes stFck an seinen ort vnd machen allein vnterscheid nach der schrifft aus noth der gewissen vnd vnser Seelen seligkeit zwischen der selbwesenden G=ttlichen gerechtigkeit Christi (die er mit dem Vater vnd heiligen Geist von ewigkeit her gemeine hat vnd darinn er mit dem Vater vnd heiligen Geist Gott selbs ist, aller sFnden vnd sFnder nichts denn nur ein gestrenger Richter, wie jhn das Gesetz fFrbildet vnd nach derselben gerechtigkeit nichts anders ist noch sein kan) Vnd zwischen der andern seinen gerechtigkeit, Welche nicht des Vaters, noch des heiligen Geists, sondern sein allein ist, darin er gegen der gestrengen Richterlichen gerechtigkeit Gottes vnser Mitler wird, welche nicht sein G=ttlich wesen ist, sondern ist die erfFllung des Gesetzes, wie oben geh=rt, die er, Gott vnd mensch, selbs in eigner person gethan hat vnd vns hie durch den glauben zurechnet, dadurch auch allein inn diesem leben gerecht vnd selig machet. Vnd ferner machen wir damit vnterschied, wie zwischen beider, dieser gerechtigkeit Christi, die er erstlich mit dem Vater vnd heiligen Geist seiner Gotheit nach gemein hat, vnd darnach, die er als Got vnd mensch allein fFr sich hat von vnsern wegen vnd vns durch den glauben allein zurechnet, Also auch zwischen seiner vnd vnser gerechtigkeit, die er neben der zugerechenten gerechtigkeit durch den heiligen geist in vns wircket, dadurch wir auch selbs anfahen, Christlich zu leben (Darumb sie vnser gerechtigkeit genennet wird), zur gerechtig-[Q 3r:]keit aber des lebens fFr Gott nichts vberal645 dienet, 1. Cor. 4,646 Deren frucht vnd zeugnis sie allein ist, Gott nu mit eignem leben vnd wandel in Christo zu preisen, Ephe. 2.647 Zum dritten erscheinet aus oberzeltem allem, das wir den Christen grosse, trefliche Herrligkeit geben von wegen der rechtfertigung des glaubens in Christo, doch so viel jnen aus Gottes wort gebFret vnd wir itzt noch wissen

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Vgl. Act 15,8f; Gal 5,22. Siegel (lat. sigillum), Echtheitszeichen, Garantiezeichen, Bestätigung. Vgl. Art. Siegel 3.d.ε), in: DWb 16, 902. 641 Vgl. II Kor 1,22; Eph 1,13f; Röm 8,23. 642 Vgl. Joh 14,23. 643 Vgl. II Kor 6,16. 644 Vgl. Joh 17,22f. 645 nichts überall = überhaupt nichts. 646 Vgl. I Kor 4,4. 647 Vgl. Eph 2,8f. 640

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m=gen. Denn erstlich haben wir ein solche gerechtigkeit nicht allein wie vnsere erste Eltern im Paradis, sondern wie Christus, warer gerechter mensch vnd Gott selbs, gehabt hat, dadurch er fFr Gott mit vbermessiger erfFllung des gesetzes vnd wir nu durch den glauben in jhm gerechter vnd h=her sind, denn vnsere ersten Eltern in der vnschuld noch sind gewesen. Zum andern preisen wir die gegenwertigkeit Christi in vns als eine frucht oder folge vnser rechtfertigung, dadurch wir auch teilhafftig werden G=tlicher naturc 2. Pe. 1,648 Fleisch von seinem fleisch, Ephe. 5,649 vnd das, hie noch zugedeckt, inn jenem leben erscheinen wird, so werden wir seinem verklerten leib wol ehnlich, ja gleich sein, Philip. 3, 1. Johan. 3,650 aber damit noch nicht eben das, das er ist, nemlich G=tliche natur oder Gott vnd mensch wie er. Bey demselben sollen vnd wollen wirs auch einfeltig bleiben lassen, das wir seines fleisches vnd seiner Gotheit teilhafftig werden, jhm sampt dem Vater vnd heiligen geist fFr solche vnausprechliche gnad dancken vnd mit demFtigem hertzen bitten, das wir durch waren glauben nur dazu komen, darin [O 3v:] bleiben vnd dort ewig anschawen m=gen, was Herrligkeit vns Gott in Christo hat zubereitet, nemlich das, so kein aug noch nie gesehen, kein ohre geh=ret hat, noch in keines menschen hertzen ist kommen, Esa. 64, 1. Cor. 2.651 Derselbige wolle auch Osiandrum bekeren, seiner sch=nen gaben zu erbawung vnd nicht zu mehrer zerrFttung seiner armen, betrFbten Kirchen dieser zeit brauchen lassen. AMEN.

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dAppendix. Warauff der streit mit dem Osiandro, vnserer Rechtfertigung halben, fFrnemlich stehe vnd beruhe.

Der streit ist in Summa de causa materiali et formali nostrae iustitiae, das ist: was eigentlich zu reden vnd fFr das erste dasjenige sey, damit wir fFr Gott, gleich als mit einem newen kleid angethan, getzieret vnd geschmFcket, fFr gerecht bestehen, Er vnser gnediger Vater wird vnd wir seine liebe kinder, nemlich kinder des ewigen lebens, Vnd wie wir zum andern zu solchem kleid vnd schmuck kommen, das wir damit angethan werden.652 De materiali iustitiae, was das kleid vnd die zier sey, damit wir fFr Gott gerecht vnd angeneme kinder werden, leret Osiander, es sey die wesentliche gerechtigkeit Gottes, damit Gott inn seinem wesen gerecht vnd Gott selbs ist. Wir aber leren dargegen mit der Schrifft, es sey Christi, wares Gottes vnd

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aus: tur. C; nicht in B.

d–d 648 649 650 651 652

Vgl. II Petr 1,4. Vgl. Eph 5,31f. Vgl. Phil 3,20f; I Joh 3,2. Vgl. Jes 64,3; I Kor 2,9. Vgl. Lk 15,22; Apk 7,9–17.

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menschen, verdienst, damit er das gantze Gesetz fFr vns volk=mlich hat erfFllet mit thun vnd mit leiden desjenigen, was wir hetten des Gesetzes halben thun vnd leiden sollen vnd nicht kundten. [Q 4r:] De formali iustitiae, wie wir mit der gerechtigkeit Christi bekleidet vnd derselben teilhafftig werden, leren wir zu beiden teilen, das durch den glauben, aber scheiden vns widderumb inn der erklerung also, das Osiander spricht: Weil Christus, warer Gott vnd mensch, durch den glauben inn vns wonet vnd wir dadurch seine glieder werden, Fleisch von seinem Fleisch vnd Bein von seinem Bein, so teile er vns zugleich auch mit seine wesentliche G=ttliche gerechtigkeit, das ist: seine Gotheit selbs, dauon wir gerecht werden, gleich wie er auch spricht, das die Gottheit Christi jre wesentliche gerechtigkeit mitteile seiner menscheit, daher sie allein gerecht werde. Welchs beides vnrecht vnd wider die schrifft ist. Daraus ferner erfolgte, wenn wir also teilhafftig werden G=tlicher gerechtigkeit vnd natur, wie Osiander sagt, das wir auch Gott vnd mensch wFrden gleich dem HErrn Christo. Hiergegen aber leren wir mit grund der schrifft, das wir also durch den glauben allein gerecht werden, wenn vns Christi gerechtigkeit, das ist: das verdienst seines leidens vnd sterbens oder gantze erfFllung des gesetzes, welche Christuse gethan, durch den glauben wird zugerechent. Jst demnach vnser gerechtigkeit, dadurch wir allein in diesem leben fur Gott als gerecht bestehen, nicht in vns, sondern ausserhalb vnser, das ist: ein frembde erfFllung des gesetzes, durch Christum geschehen, vnd nicht durch vns selbs, wiewol mit zurechnung dieser frembden gerechtigkeit oder erfFllung des Gesetzes zugleich auch in den glaubigen durch die Widergeburt mit angehet ein newer gehorsam, dadurch sie selbs anfahen, das Gesetz etlichermassen653 zu erfFllen, aber weil solche erfFllung in diesem leben nicht volk=mlich wird, sondern noch gantz schwach vnd vnrein ist, vermag sie vns fFr Gott nicht gerecht vnd selig zu machen. Hieraus erscheinet zum dritten noch eine vnterscheid, das Osiander inn diesem leben fast setzt ein volkommene [Q 4v:] Widergeburt, seintemahl654 Christus der gestalt durch den glauben inn vns wonet vnd wircket. Wir aber setzen nur alhie noch den anfang des newen vnd ewigen lebens, oder wie Paulus spricht: des geists Erstlinge,655 keine volkommenheit oder auch noch keine zehenden.656 Aus diesem allem hat sich nu ein ieder Christ leichtlich zu

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C: Christs.

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einigermaßen. Vgl. Art. etlichermaszen, in: DWb 3, 1177. zumal, weil. Vgl. Art. sintemal 2) und 3.g), in: DWb 16, 1211–1214. 655 Vgl. Röm 8,23. 656 Während die Erstlinge vom frühesten Ertrag gegeben wurden, war der Zehnte am Ende der Ernte fällig. 654

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Nr. 8: Flacius, Verlegung des Bekenntnisses Osiandri (1552)

berichten657 der fFrnempsten vnterscheid, darinn wir mit Osiander spaltig658 sein im handel der Rechtfertigung. Finis Confutationis contra Haereticos Dikaeusiastas.659d Gedruckt zu Magdeburgf bey Christian R=dinger. 1552.

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C; B: Magdeburgk.

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(sich) unterrichten, (sich) informieren. Vgl. Art. berichten 4), in: DWb 1, 1523. uneins. Vgl. Art. spalticht 3), in: DWb 16, 1859. 659 Anscheinend Neologismus, Verbindung von δικαίωσις = Rechtfertigung und ἐνθουσιαστής = Schwärmer. Flacius verwendet die Vokabel auch im Titel von VD 16 F 1322: CONTRA HAERETICVM DIKAEVSIA- || stam de dicto Ioannis: Spiritus arguet mun- || [dum] de iustitia, quia uado ad Patrem. 658

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Bayerische Staatsbibliothek München: Res/4 H.ref. 805,23

Pasquillus auß Preussen. Anno 1552.

Nr. 9: Pasquillus aus Preußen (1552) – Einleitung

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Einleitung 1. Historische Einleitung und Verfasserfrage

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Durch die Veröffentlichung von Osianders Bekenntnis gewann die Kontroverse um seine Rechtferigungslehre eine neue Dynamik. Denn fortan wurde die gegenseitige Polemik schärfer. Dies führte zum einen zu einer immer heftiger werdenden Kanzelpolemik im Herzogtum Preußen.1 Zum anderen nahm die Schärfe der Auseinandersetzung in den nun in rascher Folge publizierten Schriften zu. In diesen Zusammenhang ordnet sich die hier edierte Schrift ein, die den Streit gerade durch die ihr verwendeten Schmähungen und Verspottungen Osianders auf eine populäre, allgemeinverständliche Ebene transportierte.2 Die hier edierte Schrift „Pasquillus aus Preussen“ wurde ohne Angaben zu Verfasser, Druckort und Erscheinungsjahr veröffentlicht. In ihr wird aber Osianders Schrift „Von dem einigen Mittler“ erwähnt, die im September 1551 gedruckt wurde.3 Darin berief sich der Königsberger Theologe dezidiert auf Luther, um seine Auffassung von der Rechtfertigung des Menschen abzustützen. Dazu präsentierte er über viele Seiten seines Bekenntnisses hinweg eine Sammlung von Lutherzitaten.4 Außerdem wird in der hier edierten Schrift auf eine kleine ebenfalls anonym vorgelegte Schrift verwiesen, die als Reaktion auf Osianders Bekenntnis wohl schon Anfang November vorlag und mit der höchst polemisch die Ungleichheit der Lehraussagen Luthers und Osianders belegt werden sollte.5 Überdies findet sich im „Pasquillus“ ein Hinweis auf Philipp Melanchthons „Antwort“,6 die um den Jahreswechsel 1551/52 verfasst und wohl zu Beginn des Jahres 1552 publiziert wurde.7 Es kann demnach vermutet werden, dass der „Pasquillus“ im Frühjahr 1552 (Februar/März) gedruckt vorlag. Aufgrund der überaus scharfen Polemik ist es wenig verwunderlich, dass die Schrift anonym publiziert wurde. Auch wenn der Pasquillus ohne Nennung des Autors veröffentlicht wurde, so bietet ein Reim am Ende doch einen Hinweis auf den Verfasser: „Pasquillus. Wiltu wissen, wer ich bin? So nim etliche Buchstaben dahin. Die

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Vgl. dazu z. B. Stupperich, Osiander in Preußen, 314–318. Vgl. Thomas Wolf, Art. Pasquill, in: HWRh 6 (2003), 682– 686. 3 Vgl. OGA 10, Nr. 488/496, S. 78 –300. 4 Vgl. z. B. aaO., 170–190. 5 Vgl. Wie fei] der || Rabe Osiander Prima= || rius / mit dem Ehrwirdigen / Hoch= || gelarten Herrn Doctor Martino Lu= || ther / seliger gedechtnis / vberein stim= || met / im Artickel der Rechtfertigung / || Nach dem er rhFmet jnn all seinem || schreiben / des Luthers lehre von der || Rechtfertigung / sey seine lehre / || V] widerumb / seine lehre || sey des Luthers. || [s.l., 1552] (VD 16 W 2558). 6 Vgl. unsere Ausgabe Nr. 7, S. 215 –231. 7 Vgl. die Einleitung zu Nr. 7, S. 208,19f. 2

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andern fFge recht zusamen. So wirstu finden meinen namen.“8 In der neueren Forschung wird darum vermutet, dass Caspar Aquila eventuell der Verfasser sein könne, da der Name Aquila leicht aus „Pasquillus“ herausgelesen werden kann.9 Diese Annahme kann zwar eine hohe Plausibilität für sich beanspruchen. Aber [1.] aufgrund des anzunehmenden Veröffentlichungszeitraums (Dezember 1551 – Februar 1552) und [2.] des Inhalts der Schrift bleiben Zweifel, ob Aquila tatsächlich als Verfasser in Frage kommt. [1.] Im August 1551 wandte sich Caspar Aquila nach Aufforderung durch Herzogin Elisabeth von Brandenburg10 an Herzog Albrecht von Preußen mit der Bitte, nicht zuzulassen, „daß der ehrwürdige Herr Doctor Andreas Osiander neue, ungegründete, unerhörte Artikel der Rechtfertigung lehren und ausbreiten wolle (...).“11 Durch die Herzogin erbat Herzog Albrecht dann von Caspar Aquila eine Stellungnahme in der Kontroverse. Dazu ließ er ihm 13 Artikel (Vorwürfe gegen die Gegner Osianders) zukommen.12 Aquila kam dieser Bitte nach und verurteilte zwar die Lehre Osianders. Doch aufgrund der Unzulänglichkeit der 13 Artikel13 und der Tatsache, dass er bislang (27. September 1551) weder Osianders Bekenntnis noch Mörlins Widerlegung gelesen habe, wollte er letztlich kein abschließendes Urteil fällen.14 Noch im Oktober 1551 ermahnte er den preußischen Herzog, schlicht bei der Lehre „unsers reinigen Catechismi“ zu bleiben. Jeden, der anderes lehre, „soll er meiden wie einen Wolf, er sey Osiander oder D. Mörlin.“15 Anscheinend ließ Herzog Albrecht Aquila Ende des Jahres 1551 erneut eine Liste mit 13 Fragen zur Beantwortung vorlegen. Doch der Theologe entzog sich abermals einer eindeutigen Positionierung.16 Im März 1552 wandte sich der Herzog ein weiteres Mal an Aquila, da er hoffte, dass dieser nun Osianders

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Vgl. unten A 4v, S. 441,12f. Vgl. Wengert, Defending Faith, 54, 371f. 10 Elisabeth hatte nach dem Tod (1540) ihres ersten Mannes, Erich I. von BraunschweigCalenberg-Göttingen, und der sich daran anschließenden Vormundschaftsregierung für ihren Sohn Erich II. (1540 –1545) im Jahr 1546 den Grafen Poppo XII. von Henneberg geheiratet. Aquila befand sich 1551 als Prediger an der Stiftskirche in Schmalkalden in Diensten des Henneberger Grafen. Vgl. zu Aquila in Schmalkalden Biundo, Kaspar Aquila, 60 –63. 11 Caspar Aquila an Herzog Albrecht von Preußen. 18. August 1551, in: Voigt, Briefwechsel, 34f (34). 12 Vgl. Voigt, Briefwechsel, 35; Stupperich, Osiander in Preußen, 193; Biundo, Kaspar Aquila, 101. 13 Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 193. 14 Vgl. Caspar Aquila an Elisabeth von Brandenburg. 27. September 1551, in: Voigt, Briefwechsel. 15 Caspar Aquila an Elisabeth von Brandenburg. 14. Oktober 1551, in: Voigt, Briefwechsel, 36. 16 Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 276. Der dort angegebene Verweis auf eine Signatur des Königsberger Archivs (Anm. 63) lässt den Schluss zu, dass es sich bei den 13 Fragen um ein anderes Dokument handeln muss, als die im Herbst 1551 an Aquila übersandten 13 Artikel (dazu Stupperich, Osiander in Preussen, 193 Anm. 156 mit entsprechenden Archivsignaturen). 9

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Bekenntnis eingesehen habe und bat um ein Urteil „sine affectibus“.17 Erst im Juni 1552 positionierte sich Aquila gegenüber Herzog Albrecht klar als Gegner Osianders.18 Eventuell besaß Aquila tatsächlich, wie aus seinen Korrespondenzen mit Elisabeth von Brandenburg und Herzog Albrecht hervorgeht, zunächst lange Zeit nicht genügend Informationen, um ein eindeutiges Urteil zu fällen. Vielleicht handelte er aber vornehmlich aus Vorsicht, weil Elisabeth von Brandenburg seit dem Eheschluss Herzog Albrechts von Preußen mit Herzogin Anna Maria von Braunschweig-Calenberg-Göttingen im Jahr 1550 dessen Schwiegermutter war und Aquila bei einer frühzeitig geäußerten harschen Kritik an Osiander Nachteile für sich befürchtete. Hatte Aquila doch aufgrund seiner Ablehnung des Augsburger Interims (1548) seine Wirkungsstätte in Saalfeld verlassen müssen und war dann durch das Wohlwollen von Elisabeths Ehemann, Graf Poppo XII. von Henneberg, zum Pfarrer an der Stiftskirche in Schmalkalden berufen geworden.19 Unabhängig von den genauen Beweggründen Aquilas, scheint es jedoch wenig glaubhaft, dass er um den Jahreswechsel 1551/52 ein so listiges Doppelspiel trieb, in dem er einerseits gegenüber Elisabeth von Brandenburg und dem preußischen Herzog zurückhaltend argumentierte, aber andererseits gleichzeitg die hier edierte, höchst polemische, antiosiandrische Schrift verfasste, an deren Ende er sich durch den oben zitierten Reim wiederum einfach als Autor hätte identifizieren lassen. [2.] Aus der hier edierten Schrift geht hervor, dass der Verfasser auch der Autor des lateinischen „Pasquillus ad neminem“ ist.20 Der erste Biograph von Georg Sabinus, Petrus Albinus, vermutete in seiner „Vita Georgij Sabini“ aus dem Jahr 1588, dass Sabinus der Verfasser des „Pasquillus ad neminem“ gewesen sei.21 Dies würde bedeuten, dass Sabinus auch den „Pasquillus aus Preußen“ geschrieben hätte. Tatsächlich war Sabinus ein Gegner Osianders, der seinen Schwiegervater Melanchthon aufforderte, gegen Osi17

Vgl. Herzog Albrecht an Caspar Aquila. 21. März 1552, in: Voigt, Briefwechsel, 37–40, bes. 38. Stupperich und Biundo folgern aus diesem Schreiben des Herzogs, dass dieser mit demselben Osianders Bekenntnis an Aquila gesandt habe (Stupperich, Osiander in Preussen, 276; Biundo, Kaspar Aquila, 103). Die darin enthaltene Formulierung: „Da ich nun hoffe, daß euch Osianders Bekenntniß zu Handen gekommen ist (...)“, lässt diesen Schluss nicht unbedingt zu. Dieses Aussage ließe sich auch dahingehend interpretieren, dass der Herzog hoffe, dass Aquila zwischenzeitlich auf irgendeinem Wege das Bekenntnis Osianders erhalten und die Zeit gefunden habe, dieses zu lesen. 18 Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 276. 19 Vgl. Anm. 9. 20 Vgl. unten Anm. 10 und 77. 21 Vgl. VITA || Georgij Sabini || BRANDEBVR= || GENSIS, IC., POETAE || LAVREATI, ET COMITIS || Palatini in aula Lateranensi, Consiliarij || Illustrissimorum Marchionum Bran= || deburgensium, & ad diuersos proce= || res Legati, Professoris Eloquentiae in || Acad. Francofordiana ad Viadrum, || Viri summi & claris= || simi: || Consignata potissimum ex || ipsius scriptis || à || Petro Albino Niue= || montio. || [Wittenberg: Matthaeus Welack] (VD 16 W 1702), 32.

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ander Stellung zu beziehen. Er, Sabinus, selbst dürfe dies nicht.22 Der Grund für Sabinus’ eigene Zurückhaltung, öffentlich gegen Osiander aufzutreten, darf wohl in seiner Stellung als Rektor der Universität Königsberg vermutet werden. Max Töppen hat eben wegen dieser Zurückhaltung die Behauptung des Albinus für zweifelhaft gehalten.23 Allerdings wurden beide „Pasquille“ anonym veröffentlicht, was im Sinne des Sabinus gewesen wäre. Der im „Pasquillus“ wahrnehmbare Zorn über die Berufung Osianders zum Professor der Theologie in Königsberg, obwohl dieser keine akademischen Grade besaß, der Vorwurf, Osiander sei gegenüber der Universität eidbrüchig geworden, die Polemik gegen eine behauptete Arroganz Osianders und der Bericht über die Inhaftierung von Studenten, die eben diese Arroganz (Osiander halte sich für gelehrter als Luther, Melanchthon und Sabinus) in einem satirischen Gedicht lächerlich gemacht hatten,24 lassen sich zudem als starkes Indiz dafür werten, dass der Verfasser des „Pasquillus“ die Zustände in Königsberg gut kannte. Fligge hat zusätzlich darauf verwiesen, dass die gelehrten Anspielungen auf antike Autoren im „Pasquillus ad neminem“ einen Verfasser mit humanistischer Bildung wahrscheinlich machen.25 Gleichzeitig wandte er gegen die These von der Autorschaft des Sabinus jedoch zurecht ein, dass dann mit Blick auf den Reim am Ende der hier edierten Schrift vom Wort „Pasquillus“ alle Buchstaben bis auf die Endsilbe „us“ getilgt werden müssten, um auf Sabinus als Autor zu kommen. Würde man so vorgehen, könnte letztlich jeder latinisierte Name zutreffen.26 So bleibt die Autorschaft weiterhin unklar. Aufgrund des Inhalt scheint es jedoch am wahrscheinlichsten zu sein, dass der Verfasser aus dem Kontext der Universität Königsberg stammte.

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2. Inhalt Die Schrift präsentiert einen fiktiven Dialog zwischen dem „Pasquillus“ und einem „Laien“. In dem Gespräch übernimmt der „Pasquillus“ die Aufgabe, den „Laien“ über Osiander und die Situation in Preußen genauer zu informieren. Dabei steht weniger eine Kritik an konkreten Lehraussagen Osianders im Fokus, als vielmehr verletzende und ehrabschneidende Attacken auf Andreas Osiander selbst. Zu Beginn gibt der Verfasser zu erkennen, dass er angeblich von anderen aufgefordert wurde, nicht nur in lateinischer, sondern auch in deutscher Sprache die Person Osiander genauer vorzustellen. Der Dialog wird durch das Zusammentreffen des „Pasquillus“ und des „Laien“ eröffnet. Dabei überreicht der „Pasquillus“ dem „Laien“ zwei Ausgaben 22 23 24 25 26

Vgl. Georg Sabinus an Philipp Melanchthon. 10. März 1551 (MBW 6015). Vgl. Töppen, Gründung, 194. Vgl. unten Anm. 69. Vgl. Fligge, Osiandrismus, 82. Vgl. ebd.

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einer lateinischen Schrift gegen Osiander, die er nach Königsberg gebracht habe. Da der „Laie“ kein Latein versteht, aber gerne mehr über Osiander wissen möchte, entspinnt sich ein Gespräch. Zunächst bittet der „Pasquillus“ den „Laien“ darum, dass dieser ihn nicht anzeigt und berichtet dann, dass Osianders Großvater angeblich ein Jude gewesen sei und dass Osiander in Nürnberg durch Heiraten und Wucher versucht habe, Reichtum und Ruhm zu erlangen. Nachdem er dort auf diese Weise alles ihm nur mögliche erreicht und dann die Stadt verlassen habe, sei er mit 30.000 Gulden nach Preußen gekommen, getrieben von der Hoffnung, einen Bischofsstuhl oder andere lukrative Stellen zu erhalten. Er sei dann Pfarrer in der Alten Stadt in Königsberg geworden und habe erwirkt, dass man ihm 400 Gulden als Gehalt zahle. Seinem Wahlspruch „plus ultra“ (über alles hinaus) entsprechend, sei es ihm gelungen, Professor primarius der theologischen Fakultät zu werden, obwohl er keinerlei akademischen Grade besitze, ja diese sogar verachte. Als Theologieprofessor habe er seine Ablehnung gegenüber der Confessio Augustana und gegenüber Philipp Melanchthon zum Ausdruck gebracht und sei darum meineidig geworden, denn als Universitätsangehöriger habe er schwören müssen, nicht von der allgemeinen Lehre der Kirche abzufallen. Im Anschluss an diese zahlreichen Attacken zählt der „Pasquillus“ die Anhänger Osianders in Königsberg auf und erklärt auch sie zu Meineidigen. Er berichtet sodann von Osianders Arroganz, die ihn dazu bringe, Melanchthon und selbst Luther zu verachten, sowie von seiner tyrannischen Reaktion auf satirische Kritik an ihm durch drei Königsberger Studenten. Daran anschließend kommt der „Pasquillus“ kurz auf die Lehre Osianders zur Rechtfertigung des Menschen zu sprechen. Er bezeichnet sie als manichäisch und behauptet, der Satan selbst habe sie ihm eingeflüstert. Da er ein Ketzer sei, wäre es rechtens, ihn an Leib und Gut zu strafen. Abschließend gibt der „Pasquillus“ in kurzen Reimen einen Hinweis auf seine Person. 4. Ausgaben A: Pasquillus auss || Preussen || Anno 1552. || (VD 16 P 837).

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Vorhanden in: BERLIN, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz: Dg 1180; Dg 1180a ERFURT, Universitätsbibliothek, Depositum Erfurt (ehemals Stadt- und Regionalbibliothek): 05 - T.pol. 4 00011 (01) GOTHA, Forschungsbibliothek: Theol.4 683(10) MÜNCHEN, Bayerische Staatsbibliothek: Res/4 H.ref. 805,23 [benutztes Exemplar] MÜNCHEN, Bibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität: 4 Theol.1228:5 WIEN, Österreichische Nationalbibliothek: * 35.F.129

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WOLFENBÜTTEL, Herzog August Bibliothek: 125.34 Quod.(26); 127.10 Theol.(7); 187 Hist.(32); 218.13 Quod.(24) B: Pasquillus auss || Preussen || Anno 1552. || (VD 16 ZV 12 192). Vorhanden in: BERLIN, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz: Dg 1179 WEIMAR, Herzogin Anna Amalia Bibliothek: Aut V (61) WOLFENBÜTTEL, Herzog August Bibliothek: S 228.4 Helmst.(25) Aufgrund von zwei Fehlerkorrekturen in Ausgabe B kann angenommen werden, dass B die spätere Fassung ist. Unsere Edition folgt Ausgabe A.

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[A 1v:] Djeweil wenig in Preussen sindt, die Lateinisch verstehen, bin ich durch etlicher anregen1 verursacht worden, das ich mich auch in Deutscher sprache wol erkleret, auff das Osiander recht vberall bekant vnnd endtlich zuschanden werde, dieweil keine hoffnung der besserung oder Busse an ihm zu spFren oder zu uermercken ist. Ley. Pasquillus.2 Ley: Woher Pasquille? Pasq: Immer daher von K=nigsbergk. Ley: Wz3 hastu da gethan? Pasq: Ich hab jhn4 ein BFchlein gebracht vom Osiander, dem frommen Manne. Ley: Lieber, was ists? Villeicht des Philips antwort5 auff Osianders Buch?6 Pasq: Das haben sie zuuor. Ley: Ists jrgent etwas von den Raben?7 Pasq: Rabin8 soltu sagen. Es ist viel ein anders vnnd bessers. Ley: Was denn? Sage mirs. Pasq: Ich will dirs wol sagen, allein das du mich nicht meldest.9 Ich hab jnen bracht einen Pasquill,10 darinne der Osiander wercklich11 wird abconterfeiet.12 1

Aufforderung. Vgl. Art. Anregen, in: DWb 1, 424f. Die Akteure des folgenden Gesprächs: Laie und Pasquillus. 3 Was. 4 ihnen. 5 Wohl: Philipp Melanchthon, Antwort auff das Buch Herrn Andreae Osiandri, in: unsere Edition, Nr. 7, S. 215 –231. 6 Andreas Osiander, Von dem einigen Mittler / De unico mediatore (1551), in: OGA 10, Nr. 488/496, S. 49–300. 7 In der zweiten Hälfte des Jahres 1551 erschien eine anonyme Schrift gegen Osiander, in der ihm vorgeworfen wurde, dass seine Lehre nicht mit der Luthers übereinstimme. Auch Flacius erhob derlei Vorwürfe: Wie fei] der || Rabe Osiander Prima= || rius / mit dem Ehrwirdigen / Hoch= || gelarten Herrn Doctor Martino Lu= || ther / seliger gedechtnis / vberein stim= || met / im Artickel der Rechtfertigung / || Nach dem er rhFmet jnn all seinem || schreiben / des Luthers lehre von der || Rechtfertigung / sey seine lehre / || V] widerumb / seine lehre || sey des Luthers. || [s.l., 1552] (VD 16 W 2558); Tr=stliche Gegen= || sprFch des Ernwirdigen Her= || ren Doctoris Martini Luthe= || ri / vnd Matthie Jllyrici / wi= || der des Rabe Osiandri || Primarij spruch. || ... || [Magdeburg: Christian Rödinger d.Ä., 1552] (VD 16 L 3476), von der Schrift erschienen mehrere Auflagen: VD 16 L 3477; VD 16 ZV 10062 und 17916. Die schimpfliche Anspielung auf einen Raben fand immer wieder Anwendung auf Osiander. Damit wurde er massiv verunglimpft, da im Volksglauben diverse abergläubische Vorstellung existieren, die im Raben einen dämonischen Vogel erkennen- Vg. dazu Peuckert. Art. Rabe, in: HWDA 7, 427– 457. 8 Anspielung auf einen jüdischen Gelehrten: Rabbi. Osiander wurde von seinen Gegner, wohl aufgrund seiner Kenntnisse des hebräischen und seiner strikten Positionierung gegen jeglichen Antijudismus als Jude und Judengenosse verunglimpft, so z.B, von Joachim Mörlin. Vgl. Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), P 4r, in: OGA 10, 220,17f, mit Anm. 502; vgl. auch Möller, Osiander, 4. 9 verrätst, anzeigst. Vgl. Art. melden 1), in: DWb 12, 1991. 10 Bezeichnung für eine Kampf- oder Spottschrift, die sich durch ihren aggressiven Grundton auszeichnet. Vgl. Thomas Wolf, Art. Pasquill, in: HWRh 6 (2003), 682–686. Gemeint ist hier: Pasquillus. || AD NEMINEM. || Ocia cui, praeceps studium et uariabile || nomen || Dant fatale: 2

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Ley: Hastu jhn bey dir? So gib mirn,13 das ich jhn auch lese. Pasq: Da hastu zwen, die sind mir noch vberbliben, die andern habe ich alle anworden.14 Ley: Ja, es ist lateinisch, das verstehe ich nicht. Darumb bitte ich, wolst mirs deusch [sic] sagen? Pasq: Es ist zu lang. Ich wils bald drFcken lassen, so magstu es lesen. Ley: Ey, lieber, sage mirs. Ich kan so lang nicht warte, doch zeige mir zuuor an, warumb ich dich nicht sol melden. Pasq: Er m=cht sonst ein Libel famos oder Schmebuch15 daraus machen vnd mich peinlich lassen anklagen. Denn er hat gar einen scharffen Juristen, desgleichen weder in Reusserland16 noch in der Moska17 noch in Tartarey18 noch inn der Bodeley19 verhanden ist, wel-[A 2r:]cher newlich in dem bFchlein wider den Nacht Raben20 bald im anfang sein hohen verstand nur ein wenig hat lassen blicken, aber zuuor an den gefangenen Studenten gewaltiglich bewiesen.21 Ley: Lieber, wer ist der? Ich kenne die Doctores jaa fast alle.

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ia: B.

Pium dicito Nemo uirum. || [s.l., nach Nov. 1551] (VD 16 P 836). Die Datierung (nach Nov. 1551, in VD 16 „um das Jahr 1550“ datiert) ergibt sich aus der Erwähnung des publizierten Briefwechsels zwischen Mörlin und Osiander in dem Pasquillus und der angesprochenen Schrift „von den Raben“. Der Briefwechsel der beiden Theologen wurde in Wittenberg 1551 veröffentlicht (VD 16 M 5873 / O 1093). Die Schrift „Wie fein der Rabe Osiander“ (vgl. Anm. 7) wurde zu Beginn des November 1551 publiziert. Vgl. dazu Stupperich, Osiander in Preußen, 238 –243. Aus der hier getroffenen Aussage: „Ich hab jnen bracht einen Pasquill“, kann bereits, wie zudem aus Anm. 88, geschlossen werden, dass die Schrift „Pasquillus ad neminem“ von demselben Autor wie die hier edierte stammt. 11 wirklich = wahrhaftig, getreulich. 12 abgebildet. Vgl. Art. abconterfeien, in: Vgl. DWb 1, 18. 13 ihn mir. 14 an den Mann gebracht. Vgl. Art. anwerden, in: DWb 1, 519f. 15 Strafbar nach Constitutio Criminalis Carolina Art. 110. 16 Hier wohl Ruthenien. 17 Moskau. 18 Großregion in Asien, verbunden mit dem Siedlungsgebiet der Tataren. 19 Mutmaßlich: Podolien, Gebiet im Südwesten der heutigen Ukraine. 20 Andreas Osiander, Wider den flüchtigen Nachtraben (1552), in: OGA 10, Nr. 505, S. 398–413. Nachtrabe bezeichnet bildlich einen Übeltäter und Feind der Wahrheit. Vgl. Art. Nachtrabe 2), in: DWb 13, 204. 21 Bereits im November 1549 kursierten in Königsberg erste Spottgedichte und Schmähverse von Studenten auf Osiander, durch die dieser sich massiv beleidigt fühlte. Der herzogliche Rat Wolf von Köteritz fertigte im Zuge dieser Auseinandersetzungen ein Gutachten für Herzog Albrecht an, in dem er dafür plädierte, einen der Hauptangeklagten unter Folter befragen und hinrichten zu lassen. Später geriet Köteritz jedoch in Streit mit Osiander, mit dem zunächst befreundet war und wurde 1553 aufgrund seiner nun antiosiandrischen Haltung von Herzog Albrecht entlassen. Vgl. Stupperich, Osiander in Preußen, 77–79. Zu Köteritz vgl. Georg Kuhr, Art. Kötteritz, Wolf von, in: NDB 12 (1979), 411f.

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Pasq: Ich weis nicht, wie er mit seinem rechten Namenb heiyst. Allein das habe ich geh=rt, dz man in den B=sen radt nennt. Ley: Ich meint der B=sradt22 were langst zum Teuffel. Aber er sey, werer sey. Sag mir von dem Osiander, woher er komme vnd was sein lehr vnd wandel sey. Pasq: Es ist vorwar zu lang, alles zu erzelen. Ich muss wieder zu haus vnd den deutschen Pasquil inn den truck abfertigen. Ley: Sag mir nur die Summe vom handel, ich werde darnach viel mehr erfaren. Pasq: Ich wils thun, aber ein wenig auff ein ander weis. Andreas Osiander, welchs Grossvater ein Jud,23 ist zu NFrnbergc ein Prediger zu S. Laurentz gewesen. Wieviel jar weiss ich nicht eigentlich.24 Hat grossd gelt mit seinen Weibern bekommen, auch einen Statlichene Sold gehabt darzu mancherley wucher vnd finantzf durch andere seine gute freunde getrieben.25 Ist unter den Predigern der =berst gewest, hat sich statlich26 gehalten vnnd prechtig herein gangen, mit Golde geschmFckt. Vnd dieweil er mercket, das er an dem ort nicht h=her kundt steigen vnnd seine Schaf wol geschorn hatte27

b c d e f 22

namen: B. Nürmberg: B. gros: B. statlich: B. Finantz: B.

Damit könnte Wolf von Köteritz gemeint sein. Denn Köteritz verteidigte Osiander zunächst und forderte harte Bestrafungen seiner Gegner. Vgl. Anm. 21 und 70. Die Aussage, dass der „Böseradt“ „längst zum Teufel“ sei, bezieht sich wohl auf Hans von Biesenroth, im Volksmund Böse-Rath genannt; um 1527 Burggraf in Königsberg. Vgl. Zedlitz-Neukirch, Adelslexicon I, S. 238. 23 Vgl. Anm. 8. 24 Seit 1522 war Osiander Prediger an St. Lorenz in Nürnberg. Vgl. Zimmermann, Prediger der Freiheit, 26. 25 Während seiner Tätigkeit in Nürnberg hatte Osiander ein beträchtliches Vermögen angehäuft und es gab offenbar Kritik, wie Osiander seinen Reichtum zur Schau stellte. Dabei wurde ihm bereits zu dieser Zeit gerade der Vermögensgewinn durch Heirat vorgeworfen. Durch seine erste Ehe mit Katharina Preu (Eheschluss: 2. November 1525) soll er 800 Gulden Mitgift erhalten haben. Die zwete Ehe mit Helena Künhofer (Eheschluss: 1. September 1537) brachte ihm, so hieß es, ein Vermögen von mehreren tausend Gulden ein. In dritter Ehe heirate er 1545 Helena Magenbuch, die Tochter des Nürnberger Arztes Johann Magenbuch Vgl. Seebaß, Werk, 197f; 209 –216; Möller, Osiander, 56, 217f; Gottfried Seebaß, Art. Osiander, Andreas, in: NDB 19 (1999), 608f. Die in dieser längeren Rede des Pasquillus vorgetragenen Vorwürfe erinnern an die Attacken gegen Osiander in der 1544 anonym veröffentlichten Schrift „Speculum Andreae Osiandri, predicatoris Norimbergensi“ (vgl. OGA 8, Nr. 311 Beilage, S. 305 –318). Der Verfasser dieser Schrift konnte mittlerweile mit dem Nürnberger Ratskanzleischreiber Georg Frölich identifiziert werden. Vgl. OGA 8, Nr. 311, S. 282. 26 hat großen Prunk getrieben. Vgl. Art. stattlich II.5.a), in: DWb 17, 1042. 27 Sprichwörtlich: Nachdem er beträchlichen Reibach gemacht hatte. Vgl. Art. Schaf * 347, in: Wander 4 (1876), 67.

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vnnd die leute seines finantzens inne28 worden vnd auch die gefahr des bekentnis verhanden war,29 hat er seine Heuser vnd des gleichen gFter fein seuberlich zu gelde gemacht, welches sich der Funck30 offentlich hat h=ren lassen zu K=nigsberg, ehe er31 ins landt kam.32 Man sagt, das es in die 30000 gFlden sey; unter des getrach33 vnd durch seinen anhang forschen lassen nach einer Stell, wo er m=chte zu grossen dingen kommen vnd auch da[A 2v:]neben sicher sein. Da er nun erfur, das der FFrst inn Preussen nach gelerten Leuten stunde34 vnnd die Bischoue alt vnd schwach weren vnd auff der gruben giengen,35 macht er sich auff vnd volget dem Funcken nach,36 bis er kam, da der selbige Stern still stunde,37 das ist inn die Pfarr in der alteng Stadt zu K=nigsberg.38 Ley: Warumb haben in39 die Herrn zu NFrmberg nicht behalten, sampt dem Funcken? Pasq: Sie dancken Gott, das sie ein mahl solcher gesellen sindt los worden. Ley: Wer wz40h das mahl Pfarrher in der alten Stadt? Pasquil: Der Funck. Aber der Osiander vertrung41 ihn also bald;42 er meinte, es werde die oberstei Pfarr; vnnd do Funck unwillig wurde, das er solt weichen, saget er ihm (on ander zusage, die ich nicht weis) zu, er solt die Pfarr im Kneiphoff bekommen, darzu wolt er ihm helffen. Wie die Herrn mit im handelten des dienstes halben, fragt er balde, was sie geben zu Sold,

g h i 28

Alten: B. was: B. =eberste: B.

bewusst geworden. Vgl. Art. innewerden, in: Fnhd. Wb. 8, 128f. Anspielung auf die kaiserliche Forderung nach Umsetzung der Bestimmungen des Augsburger Interims. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 23 –26. 30 Johannes Funk. 31 Osiander. 32 Auf seiner Reise nach Preußen 1549 führte Osiander nur die wertvollsten Bücher seiner Bibliothek mit sich. Vgl. Stupperich, Osiander in preussen, 26f. 33 danach getrachtet. 34 suchte. Vgl. Art. nachstehen 4), in: DWb 13, 137. 35 bald sterben würden. Vgl. Art. Grube II.B.4.b), in: DWb 9, 608. 36 Johann Funck war bereits am 28. Oktober 1547 in Königsberg eingetroffen. Herzog Albrecht suchte nämlich nach Ersatz für den verstorbenen Pfarrer der Altstadt Königsberg, Christoph Medick. Vgl. Hase, Hofprediger, 114–120. 37 Vgl. Mt 2,9. 38 Herzog Albrecht übertrug Osiander die Pfarrstelle in der Altstadt Königsberg. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 28. 39 ihn. 40 was = war. 41 verdrängte. 42 Es handelte sich um eine Rochade. Osiander erhielt die Stelle Funcks. Dieser wurde Herzog Albrechts Hofprediger, was Osiander zunächst verhindern wollte, um seinen Schwiegersohn Hieronymus Besold auf diese Stelle zu vermitteln. Vgl. Hase, Hofprediger, 132; Stupperich, Osiander in Preussen, 29. 29

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antworten sie, sie hetten dem Poliander43 200 Marckj geben.44 Da sprach er, meint ir, das ich Poliander sey? Also legtem sie ihm 200 M. darzu,45 auff das sie den großen Propheten haben m=chten. Ley: Was geschach denn weiter? Pasq: Du solst wol besser wissen denn ich, du bist ja an dem ort wol bekant. Ley: Ich hab wol viel geh=ret; aber wie weyssk ich, was war46 oder nicht ist. Man pflegt viel zu sagen. Pasq: Er gedacht imer plus ultra,47 das ist, h=her; das maul stanck48 im nach ein Bistumb. Ley: Kann denn ein Pfarherrl wol Bischoff werden? Pasq: Ist doch der Speratus49 Bischoff worden. Ley: Fahr fort. Pasq: Darnach trachtet er, wie er die oberste Stell inm dem Collegio bekem, welchs im on alle mFhe begegnet.50 Darumb er sich auch bald Primarium Theologiae, das ist, den Obersten inn der heyligen Schrifft nennet.51 Ley: Ist er denn ein Doctor? Pasq: Was Doctor? Er [A 3r:] ist noch ein Bacchant.52 Er veracht alle Titel oder Gradus vnnd sagt, sie sind vom Teuffel herkommen. Er wolts beweisen vnd machen, das die Hunde die Titel sollen beseichen.53 Ley: Was leyt dran, was er sey, wenn er nur recht leret.

j

Margk: B. weis: B. l A: Konjiziert aus Sfarherr. B: Pfarherr m inn: B. k

43 Johann Poliander befand sich von 1525 bis zu seinem Tod 1541 in Dienste Herzog Albrechts als Pfarrer, Ratgeber, Visitator und Schulreformer. Vgl. Heribert Smolinsky, Art Poliander, Johann, in: LThK 8 (1999), 384. 44 Die Vorgänger Osianders hatten 140 Gulden erhalten. Osiander erhielt dann 200 Gulden. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 28. 45 Osiander erhielt zusätzlich zu seinem Pfarrgehalt von 200 Gulden weitere 100 Gulden für seine Tätigkeit an der Universität. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 28, 30f. 46 wahr, wahrhaftig. 47 Wahlspruch Karls V. 48 er war begierig, er trachtete gierig nach. Vgl. Art. stincken II.B.3), in: DWb 18, 3156. 49 Paul Speratus war von 1524 an der erste evangelische Hofprediger Herzog Albrechts. Seit 1530 bekleidete er bis zum seinem Tod 1551 das Amt eines Bischofs von Pomesanien. Vgl. Paul Tschackert, Art. Speratur, Paul, in: ADB 25 (1893), 123 –135. 50 gelang. 51 Herzog Albrecht übertrug Osiander 1549 die vakante Stelle eines Professor primarius an der Theologischen Faultät der Universität Königsberg zunächst vertretungshalber, da der Selleninhaber, Friedrich Staphylus, abgereist war. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 29–33. 52 Student. Vgl. Art. Bachant, in: Fnhd. Wb. 2, 1618–1620. Hier pejorativ: ein vagabundierender Halbgebildeter, jugendlicher Flegel. Vgl. Hans-Otto Schneider, Art. Bachant, in: Lies, Schneider, 95 Schimpfwörter, 25. 53 bepissen. Vgl. beseichen 1), in: DWb 1, 1612. Zu der vehementen Kritik an der Berufung eines Kandidaten, der keine akademischen Grade besaß, durch andere Universitätsangehörige in Königsberg vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 29 –33.

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Pasq: Ja, daran leit am meisten. Wiewol keiner in einer Hohenschul kan ein Lector sein, der kein Grad hat. Ley: Haben denn die andern alle einen Grad? Pasq: Ausgenommenn der Jurist, do ich zuuor von gesagt. Ley: Der B=seradt.54 Pasq: Ja. Ley: Wie helt er55 sich denn in der Schul? Pasq: Also, do er sein disputationo thet, lies er sich bald mercken, das er von Philippo vnnd der Augspurgischen Confession nichts hielte vnd saget, der Glaube were nicht ein stFck der Christlichen Busse.56 Ley: Nimpt man denn solche leute auff vnnd weis nicht, was ihr lehr ist? Pasq: Wer hFtte sich dafFr? Ley: Ich meine, ein jeder mFste ein Eyd thun, das er nicht wolt von der gemein lehr der Kirchen abweichen? Auch keine newe lere ertichten?57 Pasq: Er hat ja auch geschworen. Schweren vnd halten ist zweyerley.58 Ley: So h=re ich wol, ist er meineiydig. Pasq: Freilich. Ley: Helt es denn auch jemands mit im? Pasq: Von den gelerten henget ihm an erstlich sein Eidam,59 der Aurifaber,60 der sich zu Wittemberg mit einer von G=rlitz verlobet vnnd nam darnach eine andere, der zu der Neisse vmb seiner Hurerey willen gefangen lag.61

n o

A, B: ausgenommen. Disputation: B.

54 Wolf von Kötteritz wurde 1549 auf Anordnung Herzog Albrechts und gegen den Widerstand der Universität zum Professor secundarius an der Juristischen Fakultät berufen, wiewohl er über keinen akademischen Grad verfügte. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 30. 55 Osiander. 56 Gemeint ist wohl die Antrittsdisputation Osianders in Königsberg vom 5. April 1549. Hier vertrat Osiander die These, dass Christus diejenigen rechtfertige, die an ihn glauben. Dabei verstand Osiander unter „Glaube“ „den Einzug der durch das Evangelium offenbarten Gerechtigkeit Christi in das Herz des Gläubigen“ (OGA 9, 507). Zum Streitpunkt wurde darum die von Melanchthon vertretene Imputationslehre, die besagt, dass Gott dem Menschen die Gerechtigkeit Christi durch den Glauben zurechne. Die Disputationsthesen von 1549 sind abgedruckt in: OGA 9, Nr. 431, S. 508– 513. 57 Anspielung auf Eidesleistungen bei Graduierungen usw. So wurde in der Kontroverse über Osianders Rechtfertigungslehre über die Bedeutung des Wittenberger Doktoreneids heftig gestritten. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 252; vgl. überdies Andreas Osiander, Widerlegung der Antwort Philipp Melanchthons (1552), A 4r–B 1r, in: OGA 10, Nr. 522, S. 574,11– 576,2. 58 Sprichwörtlich, z.B.: Schwören ist ehrlich, halten beschwerlich. Vgl. Art. Schwören 12, in: Wander 4 (1876), 482. 59 Schwiegersohn. 60 Andreas Aurifaber heiratete 1550 Osianders Tochter Agnes. Vgl. Irene Dingel, Art. Aurifaber, (1) Andreas, in: LThK4 1 (1993), 1256f. 61 Aurifaber hatte in Wittenberg Helene Lufft, die Tochter des Buchdruckers Hans Lufft, geheiratet. Nach deren Tod 1549 vermählte er sich mit Agnes Osiander. Vgl. Wagenmann, Gustav Kawerau, Art. Aurifaber, (1) Andreas, in: RE 2 (1897), 287f; Fligge, Osiandrismus, 154.

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Ley: Da weis ich nichts vmb, ich bin an dem ort nicht bekant; allein wie ers zu Dantzig vnnd Elbing62 getrieben ist landkFndig.63 Pasq: Das m=chte ich auch gerne wissen, aber die zeit ist zu kurtz. Darnach helts mit ihm M. Ciurus64, der springt von einer Kirchen zur andern vnnd h=ret was vom Osiander, seinem Abgotp, gesagt wird. Weiter M. Albrecht, der Schulmeister inn der Alten Stadt,65 der gern Hoffprediger [A 3v:] wolt werden, darnach Jagenteuffel66. Ley: So sindt die auch meinedig [sic] wie Osiander. Pasq: Wie der Meister ist, so sind auch seine JFnger. Ley: Was macht der Funck? Pasq: Funck vnnd Osiander, ist ein bub wie der ander.67 Ley: Fahr fort. Sage mir weiter, wie helt er sich denn im lesen? Pasq: Eben wie sunst. Ley: Warumb thut er das? Pasq: Weil er wil andern vorgezogen werden, so mus er auch etwas sonderlichs herfFr bringen, dadurch er ihm einen Namenq mache vnnd sich sehen lasse. Ley: Ist das die ursach? Pasq: Ich weis kein andere. Da aber die Studenten verstunden, das er frembde lehr fFret, der sie zuuor nicht gewonet, Philippum vnnd andere Wittenberger, ja auch den Luther selbst verachtet, wie der brieff an Michel Stiffel,68 von ihm geschriben, klerlich anzeigtr,69 dichtet einer etliche lateinische p q r 62

Abgott: B. namen: B. anzeig: B.

Aurifaber wurde 1539 Rektor der Lateinschule St. Marien in Danzig und übernahm das Rektorat des Gymnasiums in Elbing 1541. Vgl. Julius August Wagenmann, Gustav Kawerau, Art. Aurifaber, (1) Andreas, in: RE 2 (1897), 287; Fligge, Osiandrismus, 154. 63 allgemein bekannt. 64 Johannes Sciurus stammte aus Nürnberg und war zunächst Professor für Mathematik, danach Professor für Griechisch und Ethik an der Universität Königberg und ein entschiedener Anhänger Osianders. Vgl. Stupperich, Osiander in Preußen, 322–324; Fligge, Osiandrismus, 158 –161. 65 Konnte bislang nicht aufgefunden werden. 66 Nikolaus Jagenteufel war von Melanchthon nach seiner Magisterpromotion in Wittenberg 1549 an die Artistenfakultät in Königsberg empfohlen worden. Dort übernahm er 1552 die Professor für Dialektik. Vgl. Fligge, Osiandrismus, S. 169f. 67 Sprichwörtlich: Einer so schlecht wie der andere. Vgl. Art. Bube 47, in: Wander 1 (1867), 494. 68 Michael Stiefel gelangte im Zuge des Schmalkaldischen Krieges nach Preußen und wurde von Herzog Albrecht zunächst als Pfarrer in Memel, danach in Haffstrom bei Königsberg. Er war ein Gegner Osianders. Vgl. Gustav Kawerau, Art. Stiefel, Michael, in: RE3 19 (1907), 24–28, bes. 27f. 69 Dieser Brief gilt als verschollen. Vgl. OGA 9, 27, mit Anm. 59. Mörlin verweist in seiner „Historia“ auf diesen Brief und gibt an, „das [dies] die meinung [darin] gewesen, das D. Philippus Lutherum hette eingenomen, vnd sie beide hetten eine Aristotelicam Theologiam gekochet, die mehr nach dem fleisch, denn nach dem Geist gerochen, (...).“ HISTORIA || Welcher gestalt sich || die Osiandrische schwermerey im || lande zu Preussen erhaben / vnd wie

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Reime wider ihn, die nichts anders in sich hielten, denn das er Philippum vnnd die andere gelerte verachtet vnd wolt allein der klFgeste sein.70 Darumb drey Studenten fFnffzehens wochen in der grossen kelte musten gefangen liegen, welchen er wolte die k=pffe lassen abhawen.71 Ley: Hetten sie denn schuld dran? Pasq: Nein, denn der sie gemacht, thet gleich wie der Osiander zu NFrenbergt; flohe davon, wie er solcher Tyranney inne ward.72 Ley: Waren denn die Reimen angeschlagenu? Pasq: Nein.73 Ley: Warumb wolt er sie denn lassen wFrgen?74 Pasq: Das er den andern beide, Studenten vnnd Preceptorn, ein Exempel fFrstellete, das nachmals niemand wider in dFrffe mucken.75 Denn so hette er gut predigen, lehren vnnd schreiben, wenn jeder manne muste still schweigen? s t u

funffzehen: B. Nüremberg: B. A: Konjiziert aus: anghsclagen. B: angeschlagen.

die= || selbige verhandelt ist / mit allen || actis / beschrieben || Durch || Joachim M=rlin D. vnd Superinten= || dent zu Brunschwig.|| ... || [Magdeburg: Michael Lotther, 1554] (VD 16 M 5879), D 4r. 70 „Zoile quid magnum contemnis inepte Philippum? / Cur in Ziglerum scommata foeda jacis? / Cur vomis in vatem convitia tanta Sabinum? / Cur laceras doctos, livide Mome, viros? / Si divinusadhuc superesset in orde Lutherus, / An queat a nasotutus is esse tuo? / Tu praestas doctis, Tu scilicet omnibus unus, / Et laudare nihil, quam tua sola, potes. / Eja age ventosis Nos poma natamus in undis, / Eja age nos solos nomen habere decet.“ Osiander fühlte sich dadurch so herausgefordert, dass er mit einem eigenen Gedicht antwortete: „Mendax mendaci mendacia carmina mente / Mentiris, Stygio concite daemonio. / Namque ego nec doctum contemno, crede, Philippum, / Sed tu mentiris gutture Tartareo. / Vlla nec in doctum conjeciprobra Sabinum, / Sed tu mentiris gurgulione putri. / Nec doctum a teneris quendam laceravimus annis, / Sed tu mentiris gutture vipereo. / Nec mihi magnanimi violatur fama Lutheri, / Sed tu mentiris faucibus ignivomis. / Nec vere doctis me unqum praeferre cupivi, / Sed tu mentiris ore venenifero. / Nec probrias soleo vecors effundere laudes, / Sed tu mentiris flamine pestifero. / Inter multa tamen quae sunt mendacia, pulcrum / Distichon hoc in te quodque tuosque quadrat; / Eja age ventosis vos poma natatis in undis, / Eja age vols solos nomen habere decet. / Si tamen hoc pergis in nos torquere, maligne, / Possumus en! numeris ists reffere tuis: / Arboris ecce bonae fructus, nos poma natamus: / Vos Deus in Stygia stercora merget aqua. / Mentiris nebulo rabide, impie, teque libellis / Nos ita famosis vincere posse putas. / Daemonis est opus hoc, te fortiter exagitantis, / Hoc capitis poenam te meruisse puta.“ Lilienthal, Erleutertes Preußen III, 855f. 71 Vier Studenten (Bernd Tanner, Josias Menius, Heinrich Möller und Michael Saur) wurde eine Verwicklung in die Angelegenheit vorgeworfen. Sie wurden befragt und in Haft gehalten. Tanner und Möller soll die Flucht gelungen sein. Wolf von Kötteritz plädierte während des Verfahrens gegen die Studenten in einem Gutachten für eine harte Bestrafung (vgl. o. Anm. 19) und auch Osiander machte dafür seinen Einfluss geltend. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 77–80; 93, mit Anm. 57. 72 Gemeint ist Heinrich Möller. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 78. 73 Das Gedicht wurde am 15. November 1549 in Königsberg angeschlagen. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 77. 74 töten, hinrichten. Vgl. Art. würgen I.B.2.b), in: DWb 30, 2202f. 75 widersprechen. Vgl. Art mucken 3), in DWb 12, 2610.

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Ley: Wurden sie auch entheupt? Pasq: Nein, vmb etlicher FFrsten vnnd Hernn fFrbit willen.76 Aber der B=seradt hat ihn den hals schon abgesprochen,77 doch ward dem einen die [A 4r:] Stadtv verboten, der ander ward mit den BFteln ausgefFhret vnd verweiset.78 Ley: Pflegt man also mit den Studenten vmbzugehen? Pasq: Ich hette dir noch wol mehr zu sagen, wieuiel Magistri vnnd Doctores des Osianders halben haben mFssen reumen,79 aber es ist itzt zu lang. Ley: Was lehret er denn, das tadelns wert ist? Pasq: Eins hastu geh=rt von der Busse;80 das ander ist, das Chrjstus hette mFssen Mensch werden, ob Adam schon das Gebot Gottes nicht vbertretten hette.81 Das dritte, das das leyden vnnd sterben Jhesu Christi nicht unser gerechtigkeyt sey, sondern die selbstendige gerechtigkeit Gottes inn vns wonende. Denn wie k=nne vns das Blut Christi, das vor langst verwesen ist, selig machen?82 Ley: Das ist zu grob,83 nach meinem groben,84 einfeltigen85 verstande. Er wil, das die menscheit Christi gar vntFchtig sey zur gerechtigkeit vnnd scheidet sie von der Gotheit ab.

v 76

In der Kustode A 3v: Stat.

Es sollen sich z. B. der Senat der Universität, die Stadträte der drei Srädte Königsbergs und die Ehefrau Herzog Albrechts samt ihren Hofdamen für die Gefangenen eingesetzt haben. Vgl. Lilienthal, Erleutertes Preußen III, 857. 77 Vgl. Anm. 19. 78 Bernd Tanner und Heinrich Möller waren geflohen. Josias Menius wurde auf 10 Jahre des Landes verwiesen. Michael Saur erhielt wohl eine Gefängnisstrafe. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 77f. 79 ausreisen. Vgl. Art räumen 3.c), in DWb 14, 285f. Entlassen wurden z. B. Johann Brettschneider, Professor primarius an der Medizinischen Fakultät (März 1550), Fabian Stosser, Professor für Griechisch (Juli 1550), Matthias Lauterwald, Professor für Mathematik (Juli 1550), Andreas Wesling, Professor für Hebräisch (Mai 1551). Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 84– 94; 167. 80 Vgl. Anm. 54. 81 In seiner Genesisvorlesung scheint Osiander im Laufe des Jahres 1549 die bekannte scholastische Frage erörtert zu haben, ob Christus auch dann hätte geboren müssen, wenn die Sünde nicht in die Welt gekommen wäre (An filius Dei fuerit incarnandus, si peccatum non introivisset in mundum) und veröffentlichte darüber eine eigene Schrift. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 105f; Andreas Osiander, An filius Dei fuerit incarnandus, si peccatum non introivisset in mundum, item: De imagine Dei, quid sit (1550), in: OGA 9, Nr. 427, S. 450– 491. 82 Vgl. dazu die ausführlichen Äußerungen Osianders in seinem „Bekenntnis“. Andreas Osiander, Von dem einigen Mittler / De unico mediatore (1551), in: OGA 10, Nr. 488/496, S. 49 –300. 83 Das geht zu weit. Vgl. Art. grob B.2.e), in: DWb 9, 393. 84 einfachen. Vgl. Art. grob F.1.a), in: DWb 9, 401. 85 schlichten. Vgl. Art. einfältig 2), in: DWb 3, 173f.

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Pasq: Ja, das hat der Ketzer Manicheus86 auch gethan. Ley: Wo hat er solchs alles her? Pasq: Von dem Vater aller lFgen vnnd mordes.87 Darumb ich ihn im Lateinischen Pasquil88 einen LFgner vnnd M=rder nenne. Einen LFgnerw, das er falsche lere fFret, ein M=rderx, das er Tyrannisch und Blutgirig ist vnd wolt, das alle, die im entgegen sind, m=chten umbkomen.89 Ley:Was hat er mehr vor irthumb? Pasq: Die sind die gr=besten, die andern wil ich vmb kurtze willen jez [sic] vngemeldet90 lassen, denn er steckt gar vol schwermerey vnd klugheyt91 vndy gehet gross mit einem Narren schwanger.92 Allein eins wil ich dir in geheimnussz vertrawen, das noch nicht von mir gemeldet. Ley: Was ist das? Pasq: Das er leib vnd gut verfallen93 hette, dieweil er ein Manicheer, wie das volkomlich Doctor Franciscus Stancarus in seiner widerlegnnga der Disputation des Osiandri [A 4v:] erweyset hat,94 befunden wird. Ley: Dzb were ja vnrecht, was k=nnen seine kinderc darzu, das er ein ketzer ist? Pasq: Es ist recht vnnd im rechten gegrFndet.

w x y z a b c 86

lügner: B. mörder: B. vnnd: B. geheimnus: B. Widerlegung: B. Das: B. Kinder: B.

Mani (216 –276/7), der Begründer des gnostisch-dualistischen Manichäismus, lehrte, die Welt sei von einem bösen Demiurgen erschaffen, und die göttliche menschliche Seele müsse sich daraus befreien. Vgl. Johannes van Oort, Art. Mani, in: RGG4 5 (2002), 731f; Ders., Art. Manichäismus, in: ebd., 732–742. 87 Dem Teufel. Vgl. Joh 8,44. 88 Vgl. Anm. 10. 89 Vgl. Pasquillus ad neminem (1550), A 6r. 90 unangezeigt. 91 Arroganz, Besserwisserei. Auch von Luther gerne in diesem polemischen Sinn verwendet. Vgl. Art. Klugheit 2.c), in: DWb 11, 1284. 92 Er steckt voller Narreteien und Unsinnigkeiten. 93 verwirkt. 94 Eine solche Schrift wurde anscheinend nicht gedruckt, denn es findet sich kein Hinweis darauf in VD 16. Francesco Stancaro scheint aber verschiedene Schriften gegen Osiander verfasst zu haben, die wohl handschriftlich kurierten. Einen Hinweis auf fünf Schriften findet sich in einem Brief Stancaros an Georg Buchholzer: „Sunt enim tres libri [diese drei hatte Stancaro zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Briefes bereits verfasst], primus de iustificatione, quem simplicissime scripsi, ut unusquisque relictis suis dicendi modis tropis scripturae uteretur, secundus, de duplici iustitia, tertius, confutatio est disputationis Osiandri, quartum nunc scripsi in confutationem libri, quintum prae manibus habeo etiam contra Osiandrum, quo deus et Christus in nobis et nos in eo simus.“ Francesco Stancaro an Georg Buchholzer. 11. Februar 1552, abgedruckt in: Wotschke, Francesco Stancaro, Beilage VI, 602.

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Ley: Das were ein guter Brate95 inn des Viscals96 KFchen, wenn ers wFste. Er pflegt ja fleissig zu spFren97 vnd nicht etwas zu Fbersehen. Pasq: Also hat sichs. Ley: Wenn er denn schon sein gut verfallen vnnd der Fürst geb jm anders, was ligt jm dran? Pasq: So wer dasselbige auch verfallen. Ley: Ich wolt, das ich Viscal were, so wolt ich bald reich werden. Pasq: Der itzige darff98 es auch wol, er ist ein hungeriger Vogel. Aber was gehets vns an, wir wollens itzd dabey lassen bleiben. Es werden wol andere kommene, die solchs alles an den tag bringen werden. Pasquillus. Wiltu wissen, wer ich bin? So nim etliche Buchstaben dahin.99 Die andern fFge recht zusamen. So wirstu finden meinen namen.

d e 95 96 97 98 99

jtzt: B. komen: B. reiche Beute. Fiscal = Ankläger, Staatsanwalt. nachzuforschen. braucht, benötigt. entferne etliche Buchstaben.

Bayerische Staatsbibliothek München: 4 Polem. 2306

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PASQUILLVS.1 Ein Colloquium oder Gesprech wider die Antichri= stische vnd verfFrische lere / Andree Osiandri / Pfarherren zu K== nigspergk in Preussen / Vom Artickel der Rechtferti= gung etc.

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Anno M. D. LII.

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Personenbezogene, oft anonym veröffentlichte Schmähschrift. Vgl. Thomas Wolf, Art. Pasquill, in: HWRh 6 (2003), 682–686; Gustav Bebermeyer, Art. Schmähschrift (Streitschrift), in: RDL² 3 (1977), 665 –678, bes. 669.

Nr. 10: Pasquillus. Colloquium (1552) – Einleitung

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Einleitung 1. Historische Einleitung

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Der hier edierte anonyme Druck ist nicht exakt datiert, lediglich das Erscheinungsjahr ist mit 1552 angegeben; textimmanente Hinweise lassen jedoch Rückschlüsse auf die genauere Abfassungzeit zu. So wird der Tod von Paul Speratus vorausgesetzt. Der vormalige evangelische Bischof von Pomesanien starb am 12. August 1551 in Marienwerder.1 Seine Ankunft im Himmel gibt Anlass und Rahmen für das im Pasquill formulierte imaginäre Gespräch.2 Zu beachten ist ferner, dass auch Johann Sciurus Ziel der Beschimpfungen im Pasquill ist.3 Sciurus geriet – nach ersten Auseinandersetzungen mit Joachim Mörlin im April 15524 – vor allem im Zusammenhang einer Disputation „De fortitudine“ am 28. Mai 15525 in den Blick der Gegner Osianders; insbesondere die Königsberger Professoren Bartholomäus Wagner6 und Johannes Hoppe7 attackierten Sciurus und warfen ihm vor, Osianders Lehre anzuhängen und sie zu verbreiten. Besonders deutlich wurde dies durch seine

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Heute Kwidzyn, Polen. Insofern erinnert die Szenerie entfernt an den Iulius exclusus des Erasmus von Rotterdam (?) aus dem Jahr 1513 und grundsätzlich an die Totengespräche des Lukian von Samosata aus dem 2. Jahrhundert. Vgl. Gernot Krapinger, Art. Totengespräch, in: HWRh 10 (2012), 1308–1316; Hansjörg Schelle, Art. Totengespräch, in: RDL² 4 (1984, ND 2001), 475–513. 3 Vgl. Pasquill Bl. C 4v; zur Vita des Johann Sciurus (Eichhorn) s. unten S. 49, Anm. 116. 4 Vgl. Stupperich, Osiander in Preußen, 138: „Ein Ausspruch des Osianderanhängers und Gräzisten Johannes Sciurus, daß das Leiden und Sterben Christi nicht ausreiche zur Rechtfertigung des Menschen vor Gott, erregte Mörlin so stark, daß er in der Predigt am 19. April ausrief, diese Lehre dürfe nicht geduldet werden.“ 5 Vgl. Stupperich, Osiander in Preußen, 322–324. Das Datum wird in der Apologia (s. Anm. 8), Bl. A3v, eindeutig genannt; Möller 492f nennt – wohl versehentlich – den 22. Mai (ebenso in der Inhaltsübersicht S. 567). 6 Bartholomäus Wagner, geb. um 1520 in Königsberg, studierte in Frankfurt/Oder und erlangte dort 1541 den philosophischen Magistergrad, nach einer Zeit an der Universität Wittenberg wurde er 1545/46 Mathematikprofessor in Königsberg, im Sommersemester 1549 wurde er Dekan der philosophischen Fakultät, 1551 Rektor der Universität. Wegen des Osiandrischen Streits wurde Wagner 1553 entlassen. Inzwischen zum Doktor der Medizin promoviert, wurde er 1562 Stadtphysikus in Danzig, wo er am 15. Mai 1571 starb. (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Bartho lom%C3%A4us_Wagner [zuletzt besucht 10.11.2022]). 7 Johannes Hoppe, geb. um 1512 in Budissin (Bautzen), wurde im Wintersemester 1529/30 an der Universität Wittenberg immatrikuliert, wo er im Januar 1538 den Magistergrad erwarb, anschließend wurde er Rektor der evangelischen Schule in Freystadt (heute Kożuchów, Polen). 1544 wurde er als Professor für Ethik an die Universität Königsberg berufen, 1549 wurde er deren Rektor. 1553 wurde er seiner Ämter enthoben. Er übernahm das Rektorat der Stadtschule in Kulm (heute Chełmno, Polen) und baute sie zum Gymnasium aus, ehe sie auf Betreiben des Bischofs Stanislaus Hosius geschlossen wurde. Anschließend widmete er sich drei Jahre lang dem Aufbau der Schule in Elbing (heute Elbląg, Polen), bis er auch dort durch den Bischof vertrieben wurde. Er ging zunächst nach Danzig; 1560 heiratete er in Kulm und starb dort 1565 als Senator. (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Hoppe [zuletzt besucht 10.11.2022]). 2

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Nr. 10: Pasquillus. Colloquium (1552) – Einleitung

Apologie, deren Satz am 22. Juli 1552 in Königsberg beendet wurde.8 Vor diesem Hintergrund ist anzunehmen, dass die Abfassung des Pasquills wohl kaum vor Mai 1552 abgeschlossen war, vielleicht auch erst später. Damit ist ein Terminus a quo gegeben. Ein Terminus ad quem ergibt sich daraus, dass Osiander, der am 17. Oktober 1552 starb, zur Zeit der Abfassung noch am Leben war;9 außerdem befand sich Johann Friedrich I. von Sachsen noch in Gefangenschaft,10 was bis zum 28. August 1552 der Fall war. Dementsprechend müsste die Fertigstellung des Texts – wenn auch nicht unbedingt seine Drucklegung – spätestens im August 1552 erfolgt sein. Bedenkt man ferner, dass anscheinend auf die sogenannten „sächsischen Censuren“ Bezug genommen wird,11 und zwar verbunden mit der Hoffnung, Herzog Albrecht möge sich dadurch bewegen lassen, sich von den christologischen und soteriologischen Sondermeinungen Osianders abzuwenden und zum Lehrkonsens der protestantischen Kirchen zurückzukehren, so ist die Abfassung des Texts für Mai 1552 anzunehmen.12 Herzog Albrecht hatte sich zur Beilegung der Streitigkeiten um Osianders Lehre im Oktober 1551 an zahlreiche protestantische Fürsten und Städte gewandt und um Stellungnahmen beziehungsweise Gutachten gebeten.13 Albrechts Anfrage war auch an den gefangenen Herzog und vormaligen Kurfürsten Johann Friedrich I. von Sachsen ergangen. Daraufhin hatte dieser veranlasst, die Angelegenheit durch führende Theologen seines Landes erörtern zu lassen. Die sächsischen Her-

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Vgl. APOLOGIA || oder SchFtzred wie= || der bede / Bartholomaeum Wag= || ner vnd Johannem Hoppium / Magistros / von || denen ich =ffentlich beschFldigt worden bin / || als solt ich in Christo waren GOTT vnd || Menschen / wen wir jn anruffen vnd || anbeten / die Menschliche Natur || ausschlisen / Sampt einem || kurtzen vnd Christlich= || en Bekantnus von || dem Artickel der || Rechtferti= || gung. || M. Johannes Sciurus. || [Ps 7,15–18] || KFnigsberg in Preussen. || M. D. LII. [Im Kolophon: „GedrFckt zu K=nigsberg in Preussen / || am 22. Julij.{? im Druck schlecht erkennbar} 1 5 5 2.“] (VD 16 E 632). 9 Vgl. Pasquill Bl. A1v, A2r u. ö. 10 Vgl. Pasquill Bl. B3r. 11 Vgl. Pasquill Bl. D 3r: „Wird folgen auch dem trewen rath | Den jm der ChurfFrst zu Sachssen hat | Gegeben durch die glerten sein | Des wird er sich erinnern fein.“ 12 Wengert, Defending Faith 373, kommt zu einer früheren Datierung, nicht zuletzt weil er den in Anm. 11 zitierten Passus auf Melanchthons „Antwort“ (unsere Ausgabe Nr. 7) aus dem Januar 1552 bezieht („most likely“). Auf Veranlassung des Kurfürsten Moritz wurde sie als Stellungnahme der Wittenberger Theologen durch Johann Bugenhagen nach Königsberg gesandt, Paul Eber und Johannes Forster hatten sich angeschlossen. – Rein formal spricht für Wengerts Deutung der verwendete Titel ‚Kurfürst‘, den zu dieser Zeit der Albertiner Moritz führte. Allerdings hatte man sich auf ernestinischer Seite mit dem Verlust der Kurwürde noch keineswegs abgefunden, und Herzog Johann Friedrich I. wurde nicht selten als „geborener Kurfürst“ o. ä. bezeichnet bzw. von vielen als der eigentlich rechtmäßige Inhaber der Kurfürstenwürde angesehen, die sein Dresdener Vetter Moritz – „der Judas von Meißen“ – nur usurpiert habe. Dem entspricht, dass auf Bl. B3r Johann Friedrich I. schlicht als „der Churfürst“ bezeichnet wird, woraus man folgern darf, dass er auch in dem zitierten Passus Bl. D3r (s. Anm. 11) gemeint ist. 13 Das Ausschreiben ist datiert auf den 5. Oktober 1551, siehe Albrecht, Ausschreiben (1553) Bl. E1b–F1b (unsere Ausgabe Nr. 4).

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zöge Johann Ernst14 und Johann Friedrich der Mittlere übersandten schließlich mit einem Begleitschreiben vom Osterdienstag, dem 19. April 1552, drei Gutachten an Herzog Albrecht: eines von Justus Menius15 („Erkenntnis aus Gottes Wort ...“), datiert vom 18. Januar 1552, die beiden andern möglicherweise von Victorin Strigel16 („Verlegung ...“) und Erhard Schnepf17 („Confutatio ...“). Ergänzend fügten sie eine Abschrift des Rechtfertigungsartikels aus den Schmalkaldischen Artikeln bei, verbunden mit dem Hinweis, dass Osiander diese selbst unterzeichnet habe.18 Offenbar war dieser Versuch, auf Herzog Albrecht Einfluss zu nehmen, noch nicht gescheitert, so dass die Entstehung des Pasquills – oder doch die Vollendung des Manuskripts – mit einiger Wahrscheinlichkeit in zeitlicher Nähe dazu anzusetzen ist.19 Wie Stupperich20 mitteilt, ist einem Brief des herzoglichen Faktors in Nürnberg, Georg Schultheiß,21 an Herzog Albrecht vom 10. Dezember 1552 zu entnehmen, dass einige Zeit vorher das hier edierte Pasquill in Nürnberg im Druck erschienen sei. Sollte der Druck tatsächlich in Nürnberg erfolgt sein, so kämen etliche Drucker in Betracht, die um diese Zeit in der Reichsstadt tätig waren, darunter auch Hans Daubmann und Joachim Heller, die schon im Zusammenhang mit Rotings „Testimonium“22 in Erscheinung getreten sind.23 Das Pasquill wurde somit in einer Phase veröffentlicht, als immer neue Stellungnahmen und Gutachten auswärtiger Theologen, teilweise von Herzog Albrecht angefordert beziehungsweise erbeten, teilweise auch unverlangt, in Königsberg eintrafen, die sich mit Osianders Rechtfertigungslehre kritisch auseinandersetzten und sie mit mehr oder weniger stichhaltigen Gründen verwarfen.24 Diese Welle der Ablehnung ermutigte und begünstigte anscheinend

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Halbbruder Johann Friedrichs I. des Großmütigen, Sohn Johanns des Beständigen aus dessen zweiter Ehe mit Margarete von Anhalt-Zerbst. 15 Zu Justus Menius vgl. unsere Ausgabe Bd. 4, Nr. 1, S. 24. 16 Zu Victorin Strigel vgl. allg. unsere Ausgabe Bd. 4, Nr. 1, S. 22f. 17 Zu Erhard Schnepf vgl. unsere Ausgabe Bd. 5, Nr. 9, S. 295. 18 Vgl. zu den „sächsischen Censuren“ insgesamt Möller 496f; Stupperich, Osiander in Preußen, 288 mit Anm. 116–118; Titel der Druckversion der Gutachten unten S. 474, Anm. 148. 19 Immerhin mag die Entstehung des Pasquills sich über einige Zeit hingezogen haben, und möglicherweise wurde mit der Formulierung bereits im Frühjahr begonnen. Auf Bl. D1r wird 1551 ausdrücklich als Jahr des Verrats an Christus genannt. Das kann im Sinne der Datierung des Beginns der Ketzerei verstanden werden, aber auch als Hinweis auf eine Gegenwart, in der die Irrlehre noch wirksam ist. In diesem Sinne aufgefasst, spräche die Stelle dafür, dass die Schrift möglicherweise bereits relativ kurze Zeit nach Speratus’ Tod, jedenfalls noch im Jahr 1551, begonnen und allmählich erweitert worden wäre. 20 AaO 293 mit Anm. 149f. Leider teilt Stupperich den genauen Wortlaut des Briefes nicht mit. 21 Georg Schultheiß, der Handelsbevollmächtigte Herzog Albrechts in Nürnberg, war ein Schwager Funcks und ein überzeugter Anhänger Osianders (vgl. Stupperich, Osiander in Preußen, 327, Anm. 142). 22 Vgl. unsere Ausgabe Nr. 3. 23 Vgl. Reske 669f, 676–686. 24 Stupperich, Osiander in Preußen, 286–296.

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die Produktion anonymer Schmähschriften, von denen etliche auch im Druck erschienen, darunter das hier edierte Pasquill.25 Die Veröffentlichung in der Volkssprache zeigt, dass es auf Kreise jenseits der Gelehrtenzirkel abzielte. 2. Der Autor Der Text, vermutlich zwischen Mai/Juni und August 1552 abgeschlossen, wurde ohne Nennung eines Verfassernamens veröffentlicht. Der anonyme Autor zeigt sich über die Entwicklungen in Königsberg wohlinformiert, schont Herzog Albrecht, von dem er sich in der Rechtfertigungslehre eine Rückkehr zum lutherischen Konsens erhofft, und betrachtet den in kaiserlicher Haft befindlichen früheren sächsischen Kurfürsten Johann Friedrich I. als Glaubenszeugen. Der Druckort Nürnberg spricht für einen Verfasser aus den Kreisen der dortigen Gegner Osianders, ohne dass es allerdings bislang gelungen wäre, ihn eindeutig zu identifizieren.

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3. Inhalt Der Text ist gestaltet als Unterredung zwischen dreizehn Personen anlässlich der Ankunft des sterbenden Bischofs von Pomesanien, Paul Speratus, im Himmel; es treten auf: Speratus moriens und – nur kurz – dessen Genius, der Apostel Petrus als Himmelspförtner, Martin Luther, der Erzengel Gabriel, der Urmensch Adam, der Erzvater Abraham, der Prophet Jesaja, der Apostel Paulus, der Erzmärtyrer Stephanus, der Kirchenlehrer Bernhard von Clairvaux, Jesus und der „ungläubige“ Apostel Thomas. Dabei haben Gabriel, Adam, Abraham, Jesaja, Paulus, Stephanus und Bernhard jeweils nur einen einzelnen Redebeitrag. Tenor der Unterhaltung ist die scharfe Zurückweisung der Rechtfertigungslehre und Christologie Osianders, womit der Teufel die Kirche zerstören wolle. Die einzelnen Unterredner reagieren mit Trauer, Zorn und Klage angesichts dieser Umtriebe des Teufels, und sie setzen teilweise positive Aussagen zur allgemein akzeptierten Kirchenlehre dagegen.

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4. Ausgabe Nachgewiesen werden kann eine Ausgabe: A: PASQVILLVS: || Ein Colloquium oder || Gesprech wider die Antichri= || stische vnd verfFrische lere / Andree || Osiandri / Pfarherren zu K== || nigspergk in Preussen / || Vom Artickel der || Rechtferti= || gung etc. || Anno M. D. LII. (VD 16 P 842) [36 Bl. 4°].

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Vgl. Stupperich, Osiander in Preußen, S. 293 mit Anm. 149 u. S. 315 mit Anm. 64.

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Vorhanden: BERLIN, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz: Yh 2526 R ERFURT, Bibliothek des Evangelischen Ministeriums: III c 99; U 569 ERFURT, Universitätsbibliothek, Depositum Erfurt (ehemals Stadt- und Regionalbibliothek): 17 an Hg 11314 m GOTHA, Forschungsbibliothek: Theol.4 683(3) HALLE, Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt: 95 A 1271 LUTHERSTADT WITTENBERG, Reformationsgeschichtliche Forschungsbibliothek: Ag 4 281h MÜNCHEN, Bayerische Staatsbibliothek: 4 Polem. 2269#Beibd.2; 4 Polem. 2306 MÜNCHEN, Bibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität: 4 Theol.643:10 NEW YORK, Union Theological Seminary: D 582 WIEN, Österreichische Nationalbibliothek: 20.Dd.312 [benutztes Exemplar] WOLFENBÜTTEL, Herzog August Bibliothek: S 149b.4 Helmst.(7); Yv 2581.8 Helmst

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[A 1v:] Zum Leser. Wiltu wissen, o mein frommer Christ, Wie itzt der grausam Antichrist, Der Ketzer schwartz, in seinem kindt1 Vnd b=sem Geist gantz leugt2 geschwindt3 Wider Gott vnd sein heilsames wort Von Christi leiden vnd auch todt, So liese diß kleine BFchlein, Wird dich es alles leren fein.

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[A 2r:] Vorrede.

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Edle vnd wolweise Herrn Vnd die jr allzeit h=ret gern Den Herren Christ durch Gottes wort Mit euch reden, das hie vnd dort Vns speisen soll an seel vnd leib, Auff das sie ewig bey vns bleib, Jr w=llet kFrtzlich h=ren an, Wie itzund leugt der schwartze mann4 Von Christi leiden vnd auch todt Wider die Schrifft vnd Gottes wort. Christus, der ware Gottes Son, Auch von Maria Mensch geborn, Den rechten weg gen himel weist, Den Ketzer in die hellen reist. Er spricht: „Zum ersten suchen thut Gotts Gerechtigkeit, das h=chste gut. Vnd auch sein Reich mus darbey sein, Solt jr entlauffen hellisch pein. Das ander euch zufallen wird, Das euch kein leid noch kummer jrt.“5 Darzu kompt nu der hellisch hundt Vnd leuget itzt zu dieser stundt Von einer hohen Gerechtigkeit Die bey Gott bleibt in ewigkeit,

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Osiander als Kind des Antichrists. lügt. 3 tückisch. Vgl. Art. geschwind 10), in: DWb 5, 3997. 4 Osiander wurde immer wieder wegen seiner schwarzen Haare (und eines möglicherweise eher dunkleren, südeuropäischen Teints?) als „schwarzer Mann“, „Nachtrabe“ u. dgl. bezeichnet und dies als Indiz für eine Nähe zum Teufel, zur Hölle etc. angeführt. Vgl. a. oben Zeile 4. 5 Vgl. Mt 6,33. 2

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Wie jr denn werd vornemen6 schir, Wenn auff wird gehn des himels thFr, Von Paul Sperat, dem Bischoff fron,7 Vnd von Martino Luther schon. [A 2v:] Werda auch h=rn, wie das himlisch heer Darzu vns sagt Christus der Herr,8 Vnd was es je vor vrsach sey, Das Gott schickt solche ketzerey, Wird Martin Luther sagen thun. Der hat geglaubt an Gottes Son, Jst kommen an der Engel schar, Mit Gott lebet ewig fFrwar. Der wolt der seele ein selig endt Beschern vnd nemen in sein hendt. AMEN

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Jnterloquutores: SPERATUS MORIENS. GENIUS. PETRUS. MARTINUS. GABRIEL. ADAM. ABRAHAM. ESAIAS. PAULUS. STEPHANUS EX MARTIRIBUS. BERNHARDUS EX PATRIBUS. JESUS. THOMAS. [A 3r:] SPERATUS MORIENS: Jch armer alter, schwacher mann Ein lang zeit nu gelebet han. Jn kommer,9 trFbsall vnd elendt, Bis ich schier kommen bin zum endt,

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Kustode: Werdt.

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vernehmen. (dem) herrlichen (Bischof). Vgl. Art. frohn 1), in: DWb 4, 230–232. Wie uns Christus die Mitgliedschaft im himmlischen Heer verheißt (?). Kummer.

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Das ich sol sehn den bittern todt, Welcher denn ist der SFnden soldt.10 Sol gehen gar ein fehrlich strass, Darauff ist weder laub noch grass, Finster vnd gantz wild vberall. Jch f=rcht, m=cht vnter Dm=rder fall,11 So nicht t=dten den leib allein, FFrn12 auch die seel inn hellisch pein.13 Den Todt sehe ich schon vor mir stan, Vnd auch den Mann so zornig an. Der Teufel ist auch bey der handt, Freß14 lieber auff das gantze landt Wie sol ich denn nu sicher sein, Entkommen scharffen klawen fein? Kein kraut fFrn15 todt gewachsen ist,16 Kein kunst hilfft fFr des Teufels list, Kein golt, kein gelt bezalen thut Mosen, so er sein buch auffthut.17 Wie sol ich denn thun deme all,18 Das ich entwerde dieser fall,19 So mir gestelt die feinde mein, Mich fFren woln in ewig pein? Jch bitt dich, weib von ehren fron, Du wollest zu mir kommen lon20 [A 3v:] Den Priester, so ist Gottes knecht, Das er mir itzt den weg weis recht, Das ich nicht jrr noch fallen mag Vnd also kom in ewig klag. Erst wil ich haben rew vnd leidt FFr meine sFnde vnd bosheit, Wil beichten meinem Herrn vnd Gott Vnd dem Priester hie, so Gottes wort

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Vgl. Röm 6,23. Ich fürchte unter die Mörder zu fallen. 12 (sie) führen. 13 Vgl. Mt 10,28. 14 (er) fräße. 15 für den = gegen den. 16 Vgl. Wander, s. v. Kraut, Nr 33: Es ist kein Kraut vor den todt gewachsen (2, 1592). 17 Vgl. Joh 5,45–47; Dtn 31,24–27; Ex 32,32f; Ps 69,29. Hier erscheint Moses als Ankläger im Endgericht bzw. als „Buchhalter“ des Buches des Lebens bzw. des Gerichtsbuches, in dem die Taten der Menschen verzeichnet sind als Grundlage für das Endgericht. 18 Wie soll ich mich zu alldem verhalten. 19 dass ich der Falle entkomme. Vgl. Art. entwerden, in: DWb 3, 654f. 20 lassen. 11

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Vertrawet ist; der kan allein Mir helffen aus der hellen pein. Mein zuflucht ist allein zu Gott Vnd zu seinem heilsamen Wort, Darinn er mir gentzlich verspricht Den himel, ob ich ghalten nicht Die zehen Gebot vnd lere hart, Welche gibt der Mann im grawen bart. Drumb du Moses nichts schaffen wirst An mir, vnd auch du, Antichrist Jm schwartzen kittel, kenn dich wol, Dir von der beuth nichts werden sol. Denn Gott so hat die welt geliebt, Das er jr auch gantz eigen gibt Sein Son, der weggenomen hat All vnser sFnd vnd missethat; Der an jn glaubt wird nicht verlorn, Sondern zum leben new geborn Durch seinen todt vnd rotes Blut, Welchs vns von sFnden waschen thut.21 Darinn er auch zum Testament Vns geben hat er22 seinem endt [A 4r:] Sein Leib zur speis, sein Blut zum tranck, Damit sich labe der SFnder kranck.23 Gib mir darumb du, Priester, her Die speis, so ich hertzlich beger, Vnd auch den tranck, so stercken thut Mein hertz, mein sinn vnd auch mein mut, Den Leib vnd das Blut CHRJSTJ thewr, Das mir hie schade kein vngehewr, Es sey der Teufel oder Todt. FFr jr wird mich behalten Gott,24 Der denn der recht Triacker25 heist, Daruon des Trachen bauch zureist, Wie Daniel gedeutet hat26 21

Vgl. Joh 3,16. eher, vor. Vgl. Art. ehr, in: DWb 3, 52. 23 Das Abendmahl erscheint hier in der Tradition des Ignatius v. Antiochien als φάρμακον ἀθανασίας (Arznei zur Unsterblichkeit; vgl. IgnEph 20,2). 24 Vor ihnen wird mich Gott bewahren. Vgl. Art. behalten 3), in: DWb 1, 1321f. 25 Medikament (insbes. in Latwergenform), bes. Gegengift, Theriak. Evtl. auch: Triakler = Apotheker, Theriakshersteller od. -händler. Vgl. Art. Triakel 1.b) u. c), in: DWb 22, 399f; Art. Triakler, in: DWb 22, 401f. 26 Vgl. vom Drachen zu Babel (StDan 2,26). 22

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Auff Christum, den ewigen Gott. Las mir derhalben grausen nicht, Ob jrgent keme der b=sewicht, Wolt mich verschlingen, fressen auff. Das leben ist mir schon erkaufft. Denn Christus sagt: „Wer gleubt an mich, Den Todt wird ewig sehen nicht. Ob er schon todt, so lebt er doch. Den himel erbt er gleichwol noch.“27 Darauff ich frisch vnd fr=lich bin, Wil nu mit freuden faren hin Zu meinem Gott vnd Heiland trew, Der mich erschaffen hat auffs new.28 Hab zerung viel, ein beutel schwer, Darmit ich kom durch alle heer, Durch alle strassen, weg vnd thFr, So mir nu m=gen komen fFr. [A 4v:] Gesegne dich Gott, mein hertzes29 weib, Die ich geliebt als meinen leib,30 Dich auch, mein aller liebster Son. Der mutter du bis31 vnderthan, H=r gern Gotts wort, den armen gib, Wie ich in meinem leben trib,32 So wird sich Gott erbarmen dein Vnd dir geben den segen sein, Das du hie zeitlich lebest schon, Vnd denn erbest des himels thron. Ade, ade, zu guter nacht! Befelh euch all in Gottes macht, Der lebt von ewigkeit an33 endt. Mein Seel befelh in seine hendt. A M E N.

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GENIUS: Petre, mach auff, es klopffet an. Ein Gast wil zu dem Herren gan.34

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Vgl. Joh 11,25f. Vgl. Joh 3,3.5; 1,12f. liebes. Vgl. Art. herz, in: DWb 10, 1223. Vgl. Eph 5,21. sei. Vgl. Art. bis [I], in: DWb 2, 41f. wie ich es in meinem Leben getan habe. ohne. gehen.

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Jst erst gescheiden von der welt, Gar trawriglichen er sich helt. PETRUS: Wer ist, den ich einlassen sol? Das solt mir auch bekommen wol, Wenn es ein bub35 vnd Ketzer wer, Zerst=ret mir des himels heer. Den namen ich vor36 wissen wil, Alsdenn auffmachen in der still. [B 1r:] SPERATUS: Kein Ketzer bin ich, glaube mir, Kom aber itzt fFr diese thFr Gefoddert von Gott inns himels thron, Den mir allein schenckt Gottes Son. Mein namen ist dir wol bekannt, PAVLVS SPERAtus bin genant. PETRUS: Dein namen, glauben vnd auch lehr Bekant ist wol dem himlischen heer. Dann Pauli glaub vnd hoffnunge gros Dir hilfft inn Abrahami schoß.37 Eins mus ich aber fragen dich: Was ists, das du so traurig sichst,38 So du vielmehr gantz freudenvoll Mit Christo soltest leben wol? Gehe her, dir stehet der himel auff, Den hat dir Christi blut erkaufft. SPERATUS: Du himelfFrst, o Petre groß, Des Creutzes Christi mitgenoß,39 Die vrsach meines traurens ist, So ich gedenck zu dieser frist Der welt jamer vnd gross elendt, Wie sie der Teufel itzt verblendt Durch einen Ketzer, schwartz vnd langk,

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Verbrecher, Missetäter. Vgl. Art. Bube 5), in: DWb 2, 460f. zuvor. Vgl. Art. vor V.3.a), in: DWb 26, 806f. Vgl. Lk 16,22. blickst. Vgl. Art. sehen 1.c), in: DWb 16, 133–135. Teilhaber. Vgl. Art. Mitgenosse, in: DWb 12, 2347.

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Macht in der Welt ein grossen stanck [B 1v:] Mit grossem schein der heiligkeit Subtiel40 vnd mit behendigkeit, Jedoch sein schwartze klawen scharff ErfFr ragen vnter der larff, Das man jn eigent kennen kan Das er hie baw auffs Teufels ban.

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PETRUS: Solchs lasse du nicht wundern dich, Denn Christus der Herr selber spricht, Do er vns lert vom JFngsten tag, Wie man rechtschaffen kennen mag Die Zeichen, so zuuor gehen her.41 Damit er meint die falsche ler, Die DANJEL ein grewel nent,42 Dardurch wird Gottes wort geschendt. Viel Ketzer alsdenn leben wern,43 Wenn kommen sol Christus der Herr, Das auch der Grecht44 wird leiden not, Wo jneb nicht hielt Gottes wort. Frew dich darumb, du frommer Man, Das du gangen die rechte ban,45 Auch das dich nu der bitter todt Jn jenner welt bestritten hat. DarfFr du ewig itzund lebst Vnd mit Christo in ehren schwebst, Auch mit den lieben Vetern all, Die Sitzen in dem sch=nen saal, Loben Gott Vater vnd den Son, Den heiligen Geist an vnterlohn.46 [B 2r:] Also wird bald dein kommer gros Verkert in grosse freud an47 maß.

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aus: jnen. vorsichtig, sanft, leisetreterisch. Vgl. Art. subtil B.3), in: DWb 20, 829. Vgl. Mk 13,3–23; Mt 24,3–28, bes. V. 15. Vgl. Dan 9,27; 11,31; 12,11. werden. der Gerechte. Bahn, Weg, Straße. an vnterlohn = ohne Unterlass. ohne.

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SPERATUS: Du heilige Dreifaltigkeit, Darzu du G=ttlich Maiestet, Von angesicht zu angesicht Jch sehe, wie solchs Paulus spricht Der Engel schar ich singen h=r Mit grossem schalle lob vnd ehr. Die lieben Veter auch her gehen Zu ehren jrem Gott vnd Herren. PETRUS: Dieweil du bist ein Lerer auch, So schlahe dich zu diesem hauff, Der Gottes wort gepredigt hat, Darumb er auch den ersten grad Jm himel hat vnd leuchtet schon,48 Gleich wie die Sonne vnd der Mon49 Vor andern Sternen glintzen thun, Welchs Daniel lengst saget nun.50 SPERATUS: Gros ist Gotts gnad vnd gFtigkeit, Viel gr=sser sein gerechtigkeit. Treulich helt, was er verspricht. Wunderbarlich sind sein gericht. Das Christus in der welt zusagt Alhier reichlich geleistet hat, [B 2v:] Jnn deme er gibt den Lerern sein Groß lohne fFr jre erbeit klein. Ein Christen, fFr der welt voracht, Jst fFr Gott gar viel mehr geacht Denn ein Keiser mit seiner kron, Ja land, leuten vnd all sein thon. Die welt das aber glaubet nicht, Bis sie ereilet Gotts gericht. Darumb ich dem ewigen Gott Thu dancken fFr sein heiliges wort, Darinn er mir sein Son geweist, Gezeiget auch den heiligen Geist, Mich einen Bischoff hat erwelt,

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schön. Mond. Vgl. Art. Mon 2), in: DWb 12, 2497f. Vgl. Dan 12,3.

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Der da solt weiden seine herdt, Das ich itzund die kron der ehrn Erlangt durch Christum, meinen Herrn. PETRUS: Doctor Martinus kommet her, Wird w=llen h=ren newe mehr,51 Von wann52 du seist vnd was du bringst. Dem sage an, wonach du ringst!

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SPERATUS: Martinum ich gantz kenne wol, Denn ich bin gangen in sein schul, Von jm gelernt das heilsam wort, Domit mich hie vnd dort53 speist Gott.

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[B 3r:] MARTINUS: Sperate, liebster bruder mein, Jch heis dich gantz wilkommen sein! Frewe mich auch von hertzen sehr, Das du bist kommen zu vns her. Daraus ich aber spFren kan, Das es nicht recht mus sein gethan Jn der welt vnd an deme ort, Da du geleret Gottes wort. Denn wenn Gott nimpt die Hirten trew, So kompt alsbald ein grosser grewl, Abg=tterey, streit vnd gross kriegk Vnd all des Teufels vnglFck. Darumb auch bald nach deinem todt Verfolget ist worden Gottes wort. Jm land zu Sachsen gieng es an, Des weinet weib, kindt vnde mann. Der ChurfFrst drumb gefangen leidt.54 Gott verleihe jm hie bstendigkeit Vnd helff jm an55 der Engel schar, Welchs Gott der Herr wird thun fFrwar.

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Mär, Kunde, Nachricht. Vgl. Art. Mär 1), in: DWb 12, 1615. von wann(en) = woher. Vgl. Art. wann VII.2), in: DWb 27, 1882f. 53 hie und dort = im Himmel und auf Erden. Vgl. Art. hie 3), in: DWb 10, 1305f. 54 leit = liegt. Herzog Johann Friedrich I. von Sachsen verlor nach der Niederlage in der Schlacht bei Mühlberg 1547 die Kurwürde an seinen Vetter Moritz vom albertinischen Zweig des Hauses Wettin, er wurde bis Ende August 1552 von Kaiser Karl V. gefangengehalten. 55 zu. 52

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Jch f=rcht, das nicht betrogen sey Der FFrst, so Gottes wort fiel bey, Hertzog Albrecht56 gantz lobesam, Daruon er denn ein guten nahm.57 Jm himel seltzam wildpreth58 ist Ein FFrst, du jr gar wenig sichst.59 SPERATUS: Doctor Martin, du thewer man, [B 3v:] Ein gross liecht hast gezFndet an Durch Gottes wort weit vnde breit, So weit die gantze Christenheit. Jst aber nach absterben dein Ein b=ser Wolff geschlichen ein, Viel erger, denn der Bapst je war, Mit aller menschen pfaffen schar, Den du im leben wol gekent, Andre Osiander er sich nent. MARTINUS: Zu NFrmberg in der werden Stadt Er Gottes wort geleret hat Bey meiner zeit, ich gantz wol weis. Las h=rn, wie er es nu beschmeis.60 Wiewol mich allweg hat gedaucht,61 Er trFge vor stoltz ein grossen bauch, WFrd einmall geberen thun Ein Basilisck,62 so macht vnrhu 56

Herzog Albrecht von Preußen, der sich als Hochmeister des Deutschen Ordens 1525 der Reformation zuwandte. Ich förcht, dass nicht betrogen sei = Ich hoffe, dass (der Fürst) nicht betrogen worden ist. Ich befürchte, dass er betrogen wurde. 57 Namen. 58 d. h. eine außerordentliche Seltenheit. Vgl. Art. Wildbret II.B.5.d.γ), in: DWb 30, 53f. 59 siehst. Vgl. Luther, WA 11, 273,31: „Wer weyß das nicht, das eyn furst wiltprett ym hymel ist?“ (Von weltlicher Obrigkeit, 1523). 60 besudelt. Vgl. Art. beschmeiszen, in: DWb 1, 1582–1584. 61 gedeucht. 62 Ein Fabeltier, das als König der Schlangen gilt. Seinem Gift und seinem Blick wurde tödliche Wirkung zugeschrieben. Seinem Blut sagte man wunderbare Heilkräfte, seiner Asche Hilfe gegen andere giftige Tiere nach. Das angebliche Ei des Basilisken wurde auf Jahrmärkten und in fürstlichen Wunderkammern gezeigt. Heute trägt eine Leguanart diesen Namen. Vgl. Christian Hünemörder, Annemarie Brückner, Art. Basilisk, in: LexMA 1 (1980), 1529f. Beim Basilisken soll es sich um eine Kreuzung aus Hahn und Kröte handeln. Vgl.: Vom Basilisken zu Mag||deburg. Jtem vom Hanen eyhe / daraus || ein Basilisck wirt / mit seiner Bedeutung || aus der heiligen Schrifft. || An den standhafftigen Bekenner Christi || M. Caspar Aquilae geschrieb) / durch || ERASMVM ALBERVM. || [Hamburg: Joachim Löw 1552] (VD 16 A 1538). Vgl. ferner unsere Ausgabe Bd. 2, Nr. 10, S. 903,2–4.

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Der Kirchen Christi vnd auch braut,63 Wie denn deine klagrede laut.64 Denn er auch bey dem leben mein Schon fFret einen falschen schein, Dorfft sich aber nicht vnterstehen, Frey offentlich hereinzugehen, Besorget, ich wFrd schweigen nicht Vnd schelten jn ein b=sewicht.

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SPERATUS: Dieweil du seiner kuntschafft hast65 Vnd kennest wol den b=sen gast, [B 4r:] Von NFrmberg er herkommen ist, Der welt gebirt den Antichrist Jn Preussen, weistu selber wol, Do ich gehabt den Bischoffsstul,66 So acht ich fFr vnn=tig gar, zurzeln67 von seiner falschen lar, Sein gstalt vnd auch greßlich figur, Die gantz ist wider all natur, Wol bis auff die fussolen schwartz, Die sind geschmirt mit Teufels hartz, Darumb er denn so schnell gefarn Jn Preussen auff des Teufels karn. Des FFrsten hertz hat gnomen ein, Bereden will die gantz Gemein Von einer newen Gerechtigkeit, Das ich die andern jrthumb schweig.

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MARTINUS: Den haubtartickel er angreifft, Darinn des Menschen heil gantz leit. Du wolst mir aber sagen nu, Mit was gstalt er das itzt thu. Es wird was newes mFssen sein, Das jm die leute gehen ein.68 Denn auch kein gr=ssern schaden thut

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Vgl. Eph 5,25–32. lautet. 65 Weil du Kenntnis von ihm hast, weil du ihn kennst. Vgl. Art. Kundschaft II.2.c.β), in: DWb 11, 2637. 66 Paul Speratus war ab 1530 bis zu seinem Tod 1551 Bischof von Pomesanien. 67 zu erzählen. 68 damit ihm die Leute auf den Leim gehen, ihm zustimmen und folgen. 64

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Jn aller welt denn newes gut, Das jederman stracks haben wil, Vnd kostets doppel noch so vil. Also es mit der Lehr zugeht; Ein jederman gern newes h=rt, [B 4v:] Das alt verwirfft vnd faren lest, Ob es schon ist das aller best. SPERATUS: Gantz new ist es vnd vnerhort, Dardurch die gantze Schrifft verkort,69 Jn menschen hertz nicht kommen je Das teufflisch er fFrgibet hie. Er spricht, das vnser seligkeit Mit nicht70 in Christi leiden stet, Nicht in seim Blut vnd bittern todt, Den er fFr vns gelitten hat. MARTINUS: Viel Ketzerey gewesen sein, Des gleichen weis ich aber kein,71 So lange die welt gestanden gar, Nu schir bis in Sechstausent Jar.72 Mus aber weiter fragen dich, Worauff beruht73 der b=sewicht Vnd was er fFr ein seligkeit Erdacht hat, so in kurtzer zeit Nach meim tod, h=re ich gar wol, Jst er des b=sen geistes vol. SPERATUS: Er spricht, das vnser seligkeit Allein sey Christi grechtigkeit, Die er mit Gott dem Vater gleich Von ewigkeit im himelreich, [C 1r:] Auch mit dem heiligen Geist gehabt, Ehr denn die welt erschaffen ward.

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verkehrt. mitnichten, keineswegs. 71 Es hat viele Ketzereien gegeben, eine wie diese ist mir aber nicht bekannt. 72 Traditionell rechnete man mit etwa 6000 Jahren seit Erschaffung der Welt. Vgl. Luther, WA 53, (1) 22–184 (Supputatio annorum mundi, 1541). 73 sich stützt. Vgl. Art. beruhen 2), in: DWb 1, 1534f. 70

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MARTINUS: Wil erst der Teufel da hinaus, Stossen dem vaß den boden aus? Das loch ich jm lang hab vormacht,74 So einer nur darauff gibt acht, Wie man wird sehn an orten vil, Mein bFcher vnd Kirchenpostil,75 Do ich mit fleis gescheiden hab Die grechtigkeit, so Gott vns gab, Von dere, so er von ewigkeit Gehabt vnd die jme allein bleibt, Domit er an jme selbst gerecht, Lest vns bleiben der SFnden knecht, Verflucht, verdampt die SFnder gar Vnd st=st sie aus der Engel schar; Die ander, so er vns geschenckt, Zu vns des Vatern hertze wendt, Nimpt vns auch gern zu gnaden an Durch Jhesum Christ, sein lieben Son, Welcher vor vns gestorben ist, Wie man solchs im Propheten list.76 Christus auch solchs pers=nlich sagt Vnd alle welt gewarnet hat, Do er auff erd aus Gottes will Sein G=ttlich macht furt in der still.77 Den Tod vnd Teufel fangen solt, Damit er vns erl=sen wolt [C 1v:] Von Gottes zorn vnd vrtheil schwer Vnd bringen an das himlisch heer. Darumb thu ich verwundern mich, Das der also lest effen78 sich, FFrn mit der nasen hin vnd her Bald in die leng bald in die quer.

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SPERATUS: Jch sage es auff die trewe mein, Das ich hab keine gr=ssere pein

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das Loch habe ich ihm längst verstopft. Vgl. Art. vermachen 1), in: DWb 25, 832f. Luther veröffentlichte 1522 die sogenannte Wartburgpostille mit Musterpredigten für die Advents- und Weihnachtszeit (WA 10I.1; 10I.2, 1–208), 1525 die Fastenpostille (WA 17II, 1–247); beide zusammen bilden die Kirchenpostille. 76 Vgl. Jes 52,13–53,12; Lk 24,25–27. 77 Vgl. Mt 16,21; 17,22f; 20,17–19. 78 äffen, zum Narren halten. Vgl. Art. äffen, in: DWb 1, 183. 75

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Denn vmb den FFrsten lobesan, Der dann viel guts an mir gethan, Das er nicht tracht nach Christi ehr, Dencket auch nicht an deine lehr, Lest sich verfFrn ein jedern windt, Gott gebe79 von wannen das er k=mpt. Jch danck darumb dem ewigen Gott, Das er mich nu erl=set hat Von ketzerey vnd trFbsal groß, So ich erlitten het an80 maß. MARTINUS: Die hohe G=ttliche Maiestat Jn diesem fall kein schuld nicht hat, Dieweil sie reichlich geben hat Der welt jr Wort an allem ort. Das sie es aber glaubet nicht, Vmb jrer sFnde willn geschicht Gross vndanck vnd halsstarrigkeit Welchs jr dann bringt solchs hertzenleid, [C 2r:] Das sie verfurt von Gottes wort Fest in des Teufels strick vnd mord. Kein gr=sser straff auff erden ist, Denn wo mit gewalt des Teufels list Einbricht vnd schleust den himel zu, Damit die seel hab keine rhu. Sag mir aber du, Bischoff fron, Aus was vrsach er das gethan, Mit welcher fard vnd was gestalt Er leugnet nu den glauben alt, Dere Adam vnd all seine kindt Die ewige freud vnd leben bringt. Kein Teufel ist so vnuorschempt, Der sich nicht auch mit schrifft berempt,81 Denn wo die schrifft ein ketzer schilt, Wird bald erkent des Teufels bildt. SPERATUS: Die ketzerey verstanden hast. Nu aber weiter fragen thust,

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Gott gebe = einerlei, gleich. Vgl. Art. geben [II] II.20.d), in: DWb 4, 1709. ohne. verkleidet. Vgl. Art. berämen, in: DWb 1, 1486.

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Womit er solche lFgen groß GeschmFckt hat vber alle maß. Das wil ich kFrtzlich sagen dir. Hett es vor freud vergessen schir. Es ist kein gr=sser Argument, Damit probirt er sein Comment, Denn du vnd deine BFcher gut, Daraus er all gifft saugen thut. Gleich wie die Spin aus rosen rot Zeucht t=dtlich gifft vnd sonst vnflat,82 [C 2v:] Also er aus dem Bibel buch Nicht mehr denn eitel lFgen sucht. Bewert das aus den BFchern dein, VorfFrt das volck im guten schein, Spricht: „Luthers ler ist meine ler. Das wil ich gentzlich thun bewehr.“ Nimpt, was jm dient, das ander bleibt, Was sich nicht mit den lFgen reimbt, Wie auch der Teufel thet nach art, Do er Christum verfFret hart,83 Vnd auch Adam im Paradeis, Den er verfFrt auff gleiche weis.84 Zurissen hat er dir dein lehr, Getrent dein BFcher hin vnd her, Geraubt, gestoln die SprFche dein, Damit er deckt sein bFberey.85 Lest sie drucken vnd publicirn, Darmit er wil die leut verfFrn. Den armen, so nicht lesen kan, Vorstet auch sonst gar nichts daruon, Bereden thut mit worten glind, Das sein lehr vnd dein eines sind. Spricht, du vorstehts vnd weist es gar, Hasts aber nicht w=ln offenbarn. Jedoch er auch an orten viel Halsstarrig helt das widerspiel, Das du nicht recht vordeutscht hast Die Bibel, so der welt du gabst.

Unreinigkeit, Ekel- od. Krankheitserreger. Vgl. Art. Unflat II.B.2.b) und d), in: DWb 24, 548–551. Zur Spinne, die (anders als die Biene) aus Blumen Gift saugt, vgl. Art. Spinne 1.i), in: DWb 16, 2510. 83 Vgl. Mt 4,1–11. 84 Vgl. Gen 3,1–5. 85 Schurkerei, Frevel. Vgl. Art. Büberei, in: DWb 2, 465f.

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Gibt sich aus fFr ein Rabinist,86 Aber vnterm schein, der Antichrist. [C 3r:] Jn deme wird jrr87 der gmeine man, Weis nicht, ob ers sol nemen an. Es zweifeln auch gelerte leut, Die er mit falschem schein betreugt, Ob solches sey die meinunge dein, Oder ob es sey die lFgen sein. Vnd wenn sie diese w=lln erkennen, Sein falsche lehr von deiner trennen, Hats so ein weiten vnterscheidt Als himel vnd erden vonnander leidt. MARTINUS: Kein erger Ketzer gelebet hat Sind88 Gott die welt erschaffen hat. Jch mein, es sey der Teufel schwartz Vnd auch seiner großmutter89 artzt,90 Der alten hurrn zu Babilon, Da vns Johannes schreibet von,91 Darzu der Geist, von jme geborn, Der nun vnd ewig ist verlorn, Den Daniel gesehen hat, Da er vns von dem grewel sagt.92 Kein Ketzer hat betrogen mehr Die welt denn er mit seiner lehr, Jn deme das er sie schmFcken thut Mit meinen BFchern recht vnd gut. Wie k=ndt er bas kommen darbey Vnd bas verfFrn den armen ley93 Denn vnterm schein vnd namen mein, Weil mir all welt gefallen bey, [C 3v:] Auff das er kFndt sein hundes har Mit eintragen von jar zu jar,94 86

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Anhänger, Kenner der rabbinischen Lehre, hier wohl bes. Kenner der hebräischen Sprache. verunsichert. Vgl. Art. irre 3), in: DWb 10, 2161. 88 Seit. 89 des Teufels Großmutter. Vgl. Art. Groszmutter 3), in: DWb 9, 572f. 90 Andreas Aurifaber war Leibarzt des Herzogs Albrecht von Preußen. Vgl. Anm. 113, 123. 91 Vgl. Apk 14,8; 17,3–6; 18,3. 92 Vgl. Dan 9,27; 11,31; 12,11. 93 Laien, Nichttheologen, Ungelehrten. Vgl. Art. Laie 2), in: DWb 12, 78. 94 Redensartlich: Hundshaar eintragen = verfälschen, falsches Material mit einbringen (nach dem Verfälschen von Wolle durch Untermischen von Hundehaaren). Vgl. Art. Hundshaar, in: DWb 10, 1936. 87

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Zu tilgen die Christliche ler, Welchs jme w=l wehren Christ der Her. Jedoch so sch=pffe ich wider trost Von deme, das du gesagt hast, Wie er vorsprech95 die Bibel mein, Jn deme sie nicht Vertirt96 sey rein. Daraus, hoff ich, ein jederman Wird spFren seinen falschen wahn, Jn deme er schilt nicht mich allein, Sondern die Veter all gemein, Die du hie sichst97 im himels tron Mit Gott dem Vater vnd dem Son, Dem heiligen Geist auch leben nu, Darin sie haben ewig rhu. Dennoch so thut er auch gewalt Den gelerten, so noch in der welt, Die warlich auch kein narren sein, Ob er sich dFnckt der klFgst allein, Mit welcher hFlff vnd trewem hort98 Jch hab gedeutscht das G=ttlich wort. Jch gschweig itzt der Propheten zall,99 Die er lFgenstrafft allzumall, Die Apostel vnd Merterer gleich, So itzt leben im himelreich, Die all durch Christi leiden gros Der sFnd vnd straff sind worden los, Darauff ich aber hoffe nu, Das jme die leut nicht fallen zu, [C 4r:] Denn je noch Gott erhalten werdt Noch sieben tausent man auff erdt, So nicht beten den Baal an,100 Folgen auch nicht dem schwartzen Man, Der schlangen, so im Paradeis Vns gantz von Gott vnd himels preis Sondern,101 hertzlich bedencken woll Vorm JFngsten tag, wie es gehen sol,

verwerfe, zurückweise. Vgl. Art. versprechen II.A.3.b), in: DWb 25, 1471. übersetzt. Vgl. Art. vertieren [II], in: DWb 25, 1911 (vgl. lat. vertere). 97 siehst. 98 Unterstützung. Vgl. Art. Hort 4), in: DWb 10, 1835f. 99 Zahl. 100 Vgl. I Reg 19,18. 101 trennen, abbringen. Vgl. Art. sondern verb. 1), in: DWb 16, 1584. Vgl. Gen 3,1–24. 96

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Auch wie Deutschland verdienet hab Gar grosse straff vnd harte plag, Das der Teufel an allem ort Zusetzt dem lieben Gottes wort Mit Jnterim,102 JFdischem thandt, Welch er itzt schickt in alle landt, Welchs ich jn als103 zuuor gesagt, Das sie nicht finge des Teufels wath.104 Hoff auch, sie werden folgen mir Vnd bleiben, Jhesu Christ, bey dir. Jn deinem netz vnd deinem garn Wirstu sie ewiglich bewarn. SPERATUS: Luther, gros ist die weisheit dein, Domit du weist all ding gemein, Was hin, was itzt, was kommen sol,105 Wie ich an deiner red h=r wol. Aus Gottes geist du solchs hast, Der alle ding zusamen fast, Gleich wie ein kleull,106 darauff er windt Die hendel aller menschen kindt.107 [C 4v:] Es wundert mich gentzlich von dir, Das du so eigen sagest mir, Wer der Ketzer vnd schFler sein, Die zurtrennen die lere dein. Drey person du hast genent, So fFrn108 des Teufels regiment,109 Den Vater, Son vnd b=sen geist, Denn man sie billich also heist. 102

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Das Augsburger Interim von 1548 gestand den Protestanten für die Zwischenzeit bis zur endgültigen Entscheidung durch ein allgemeines Konzil den Laienkelch beim Abendmahl und die Priesterehe zu, verlangte ansonsten eine Rückkehr zur altgläubigen Lehre und zum altgläubigen Kultus. Das sog. Leipziger Interim war eine Vorlage für den Leipziger Landtag um die Jahreswende 1548/49, die dazu dienen sollte, den Forderungen des Kaisers nach Umsetzung des Augsburger Interims in Kursachsen möglichst Genüge zu tun, ohne evangelischen Glauben und Lehre zu gefährden. Insbesondere diese Leipziger Landtagsvorlage wurde zum Auslöser zahlreicher innerprotestantischer Streitigkeiten der Folgezeit. Vgl. allg. Joachim Mehlhausen, Art. Interim, in: TRE 16, 230–237; unsere Ausgabe, bes. Bd. 1 u. Bd. 2. 103 alles. 104 Netz, Schleppnetz, Garn. Vgl. Art. Wate [II], in: DWb 27, 2570f. 105 was vergangen, was gegenwärtig, was künftig ist. 106 Knäuel. Vgl. Art. Kläuel 1.b), in: DWb 11, 1031. 107 Wie ein Knäuel, auf das er die Schicksale aller Menschen aufwickelt. 108 führen; hier = ausüben. 109 Herrschaft, Leitung. Vgl. Art. Regiment 1), in: DWb 14, 535–538.

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Jrn namen auch fein geben thun, Was sie im schilde fFren nun, Das sie schmiden ein suppen gut,110 Die jnen macht ein stoltzen mut, Blasen das fewer, schmeltzen woll, Das eisen macht fett jren kholl.111 Vulcanus112 schmit in grosser eil. Der Goltschmidt113 kompt mit seiner feil. Die funcken114 stieben aus der Eß, Machen dem Teufel gut gefreß.115 Das Eichhorn116 glockenspeis117 zufFrt,

Dass sie eine ‚gute‘ Suppe zusammenbrauen. Vgl. Art. Suppenschmied, in: DWb 20, 1240. Zusammenhang nicht ganz deutlich: Sie blasen das Feuer an und schmelzen wohl, damit (erschmolzenes) Eisen ihr Anliegen stärkt (den Kohl fett machen meint eigtl.: einen Eintopf aus Kohl mit fettem Speck o. dgl. nahrhafter machen; im übertragenen Sinn: eine deutliche Stärkung/Verbesserung bewirken; vielleicht wird auch „Kohle“ assoziiert, die ebenfalls als fett oder mager bezeichnet werden kann, allerdings nicht wegen des Eisengehaltes). Wenn man gliedern wollte: „... schmelzen wohl das Eisen,“ dann ergibt sich kein sinnvoller Zuammenhang für den Rest: „macht fett ihren Kohl“. 112 Der römische Gott der Schmiede, hier anscheinend als der Teufel selbst aufgefasst; denn die drei Gehilfen werden in der Folge erst genannt. 113 Andreas Aurifaber, geboren 1514 in Breslau (sein jüngerer Bruder war Johannes A. Vratislaviensis), studierte ab August 1527 an der Leucorea und wurde dort am 28. August 1534 zum Magister promoviert. 1539 wurde er Rektor in Danzig, 1541 in Elbing. 1542 ehelichte er in Wittenberg die Tochter des Druckers Hans Lufft, die 1549 an der Pest starb. Im Sommersemester 1543 wurde Aurifaber Dekan der philosophischen Fakultät. Mit einem Stipendium Herzog Albrechts I. von Brandenburg-Ansbach setzte er seine medizinischen Studien, die er bereits in Wittenberg aufgenommen hatte, in Padua fort, wo er am 1. Dezember 1544 zum Doktor der Medizin promoviert wurde. Im Folgejahr kehrte er nach Preußen zurück und wurde 1546 in Königsberg Leibarzt von Herzog Albrecht, auf den er großen Einfluss gewann; Aurifaber erhielt die Professur für Physik und (zunächst außerordentlich) Medizin an der 1544 gegründeten Universität, 1554 war er ihr Rektor; in den Jahren 1549 bis 1553 leitete er in Königsberg die Filiale der Wittenberger Druckerei von Hans Lufft. 1550 heiratete er in zweiter Ehe Osianders Tochter Agnes. Aurifaber starb am 12. Dezember 1559. – Vgl. (Wagenmann†) Gustav Kawerau, Art. Aurifaber 1, in: RE³ 2 (1897), 287f; Irene Dingel, Art. Aurifaber, 1) Andreas, in: LThK 1 (1993), 1256f. 114 Zu Johannes Funck vgl. die Einleitung zu Nr. 3. 115 Speise, Fressen. Vgl. Art. Gefräsz 1), in: DWb 5, 2153–2155. 116 Magister Johannes Sciurus (Eichhorn), Mathematiker, Philologe, ev. Theologe, geb. um 1518 in Nürnberg als Sohn des Predigers an Allerheiligen Johann Eichhorn d. Ä. († 19. Dez. 1549), besuchte seit 1537 die Universität Wittenberg, ab Sommersemester 1542 die Universität Leipzig, dann wieder Wittenberg, wo er am 1. Sept. 1545 den philosoph. Magistergrad erwarb. Er bekleidete ab Wintersemester 1547 die zweite mathematische Professur in Königsberg, ab 15. Juli 1550 die Professur für Griechisch und Ethik, ab 1554 für Hebräisch und Theologie, zugleich wurde er Hofprediger Herzog Albrechts in Preußen und blieb dies nach der Niederlegung seiner Professuren 1558. Er war einer der Nachlassverwalter Osianders. Am 3. November 1564 starb er in Königsberg an der Pest (vgl. DBA I 1166,68–71; II 1208,351). – Der Drucker Johann Eichhorn (d. Ä.), Frankfurt/Oder, ist von dem Königsberger Theologen zu unterscheiden, obwohl Eichhorn auch Beiträge im osiandrischen Streit gedruckt hat. Beide dürften verwandt gewesen sein, denn der Drucker wurde in Nürnberg geboren, im Jahr 1524; er starb am 21. Aug. 1583 in Frankfurt/O.; vgl. Reske, 269f. 111

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Das man dem Teufel salsen118 rFrt. Der vater pfeifft, der sone, der tantzt, Der b=se geist gibt seinen glantz. Das Eichhorn springt, ein nFßlin findt, Gab es zu beissen seinem kindt. Denn je billich der jrdisch Gott119 Auch seinen eignen boten hat, Des Teufels Eichhorn, wie man sagt,120 Das er auff allen strassen jagt, Das fleissig ist im colligirn.121 Was drey person hie geben fFr, [D 1r:] Der Ketzer Losiander122 schwartz Vnd sein Eidem, der hundes artzt,123 Darzu auch Fungk,124 ein loser man, Die Christum, den Herrn, verraten han 117

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eigtl. (flüssiges) Metall (in der Regel Bronze) für den Glockenguss; übertragen auch: eine Versammlung (allgemein oder von [geistlichen] Würdenträgern). Vgl. Art. Glockenspeise 1) und 3), in: DWb 8, 180f. 118 Brühen, Suppen, Soßen. Vgl. Art. Salse, in: DWb 14, 1702f. 119 der irdische Gott = der Teufel. Vgl. II Kor 4,4. 120 Die Vorstellung vom Eichhörnchen als Bote oder Zuträger des Teufels, wie sie hier als bekannt vorausgesetzt wird, konnte bislang andernorts nicht nachgewiesen werden. Eine Verbindung von Eichhörnchen und Teufel ist allerdings in volkskundlichen Kontexten geläufig und wird mit der roten Fellfarbe und der Geschwindigkeit des Tiers begründet. Im HWDA (II, 655–659) wird das Eichhörnchen v. a. als Gewitter- und Orakeltier behandelt. Vgl. außerdem die Redewendung „Gott einen guten Mann sein lassen und den Teufel ein Eichhörnchen“ (vgl. HWDA II, 658; Verwandlung des Teufels in ein Eichhörnchen s. HWDA VIII, 835). 121 sammeln, zusammentragen. 122 Osiander, mit Anspielung auf „lose“ = nichtsnutzig, sittenlos, böse. Vgl. Anm. 140. 123 Eidam = Schwiegersohn. Agnes Osiander (* 1530 Nürnberg) war in erster Ehe mit Andreas Aurifaber verheiratet (vgl. oben Anm. 113) (in zweiter Ehe dann mit Johann Funck). – Hundesarzt: Aurifaber hatte 1545 die Schrift De cura canum herausgegeben: PHAEMONIS || ueteris Philosophi, Cynoso- || phion, seu de cura canum li- || ber, graece ac latine, ante hunc || diem nusquam alibi excu= || sus, interprete || ANDREA AVRIFABro || Vratislauiense, Me- || dico. || Accesserunt annotationes, quibus consilij ra- || tionem exponit, quare quaedam in codice || graeco, quo unico primum est || usus, mutarit. || VITENBERGAE APVD || Iohannem Lufft. [Im Kolophon: EXCVDEBAT IO- || annes Lufft Vitebergae || Anno Salutis M. D. || XLV. Calendis || Octobribus.] (VD 16 ZV 4335); seit 1546 war Aurifaber der Leibarzt Herzog Albrechts; diesem hatte er die Schrift auch gewidmet, nicht zuletzt weil er die Möglichkeit zum Medizinstudium einem Stipendium Albrechts verdankte: „Non etenim satis habuit C.[elsitudo] T.[ua] ut me liberaliter in Germania aliquot annis cum familia aleret, sed in Italiam etiam grauibus impensis misit, ut ibi ad utilitatem publicam audirem Medicos doctissimos, et artis Medicae uaria exempla uiderem, denique coram uarietatem remediorum contemplarer in solo uberrimo. Libenter itaque profiteor, quicquid in me est, id omne C.[Celsitudini] T.[uae] Illustrissimae deberi.“ (AaO Bl. A3v–A4r). – Eine andere lateinische Fassung des Texts (ohne die griechische Vorlage) war bereits 1535 in Wien erschienen: KYNOSOPHION || AC OPVSCVLVM PHEMONIS, || de Cura et conseruatione Canum, per Nobilem et || excellentissimum virum, DominH Rudbertum a || Moshaim, DecanH Patauiensem, Grec£ et Lati= || n£ eruditissimum, I. V. Doctorem, Regium con= || siliarium, ) graeco in latinum translatum. || [...] || Viennae per Io. Singrenium (VD 16 D 468). 124 Johann Funck. Zu seiner Vita vgl. Einleitung zu Nr. 2, S. 56–59.

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Jm tausent vnd fFnffhundert jar Ein vnd funffzig, sag ich fFrwar, Leugnen sein tod vnd Rotes blut, Welchs er vor vns vergossen hat. DFrffen frey sagen offentlich: „Wie sol Christi tod helffen dich? Denn er hat vor gantz so viel jarn Gelitten, du nicht warst geborn, Du warst mit sampt den Eltern dein Viel weniger denn ein schatt vnd schein. Jtzund vor funffzenhundert jar Vnd neunzenthalbs125 sag ich fFrwar, Wie kan sein blut deiner seel Jtzund erst bringen trost vnd heil? Wie kan, das so vorgangen ist, Helffen dir mehr zu dieser frist?“ MARTINUS: O wehe dem Ketzer ewiglich! Dem Teufel hat cer gebenc sich,126 Der Teufel hat die ketten gar Zurissen,127 ist in jn gefarn.128 O wehe, o wehe der seelen sein, So leiden wird viel schwerer pein Denn Judas, der Verreter Christ, Den auch betrug des Teufels list.129 [D 1v:] Viel schwerer sFnd vnd m=rderey Bringt dieses menschen ketzerey, Jn deme er nicht ein seel allein VerfFrt vnd bringt in hellisch pein. Darumb er auch sein marter gros Vormehren thut an alle maß Solchs als130 geh=ret haben an Die lieben Veter, so da stan,131

aus: ergeben.

achtzehneinhalb. dem Teufel hat er sich ergeben. 127 zerrissen. Zur Vorstellung, der Teufel sei in Ketten gelegt und werde in der Endzeit für eine bestimmte Zeit frei, vgl. II Petr 2,4; Apk 20,1–3. 128 Zur Besessenheit durch den Teufel vgl. allgemein z. B. Mk 1,34; Mt 12,43–45. 129 Vgl. Lk 22,3; Joh 13,2. 130 alles. 131 stehen. 126

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Verwundern sich mit mir zugleich, Wie jmmer wachs des Teufels reich, Wie vnuorschempt er liegen132 thu, Das er der Kirchen mach vnrhu, So Christi Blut erbawet hat Vnd sie vom todt zum leben bracht. Kein gr=sser lFgen je sein kan, Denn so itzt leugt der gottlos Man Von Christi leiden vnd auch todt, Das vns nicht helffen sol in nodt Sein schweis, sein blut vnd grosser schmertz, So er trug an seim leib vnd hertz. Mich wundert, das du hellischer fFrst Jtzund so gar vorgessen wirst, Zeuchst aus Judea in Deutsch landt Vnd kommest mit deim narrentandt. Jtz glaub ich, das du gantz sinlos Dich flickest mit der JFden glos.133 Auffs lFgenmaul gibstu nicht acht, Damit zureistu dein eigen macht. Machs alzu grob vnd widern sin, Das all dein macht felt itzt do hin [D 2r:] Als sprew vnd staub, vom windt geweht. Jtzund dein Reich gantz vntergeht. Jst das denn nu ein wunder nicht, Das itzundt felt der B=sewicht, Sein list, sein kunst, sein triegerey, Domit er vor hat mancherley Die leut gefurt, geblendet gar, Nimpt nicht seins eigen schadens war. An tag ist er nicht kommen mehr Mit lFgen vnd mit falscher lehr Denn eben itzt zu dieser frist, So in der welt der Antichrist Lebt vnd regirt gewaltiglich. Vormeint, man sol es mercken nicht, so es doch m=cht ein blinder Man Greiffen, ob ers nicht sehen kan.134 Was nu hieraus erfolgen wil Vnd wie er selbst vorterb sein spil, 132 133 134

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lügen. dich entschuldigst mit der jüdischen Auslegungstradition. Vgl. Art. flicken 8), in: DWb 3, 1776. Redensartlich, vgl. Art. greifen II.B.2), in: DWb 9, 26f.

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Sich schlegt ins maul135 vnd liegen heist, Wie er denn ist ein lFgengeist. Denn sol nicht helffen Christi todt, Was wird es auch alhier sein not, Die ErbsFnd hoch zu ziehen an, So Adam erbt an alle Man? SPERATUS: Luther, du thust erinnern mich Der red, so droben h=ret ich Starcker hoffnung vnd trostes vol, Wie es gantz nicht gelingen sol [D 2v:] Dem Ketzer, so itzt leugt geschwindt Vnd als des Teufels hoffgesindt Wolt dir auch bald gesaget han, Wie es darumb itzt wer136 gethan Jn der welt vnd Preussen landt, Do dann der Kertzer lebt zuhandt,137 Wo nicht die tr=stlich rede dein Verzogen138 het die meinung mein, Dieselb gesterckt, gebessert auch, Das mich dunckt, so du lebest noch, Dem Ketzer wFrdest wehren wol, Ob er sey th=richt oder toll. Denn itzt in gantzem Preusser landt Niemandt glaubt, annimpt seinen thandt,139 Allein der FFrst, gantz hochgeborn, Losander140 kraut jn hintern ohrn141 Mit seinen gesellen vmb jn her. Hoff aber, Gott sol jn bekern, Das er dem schelmen142 also gram, So lieb als jm ist Gottes nam,

sich selbst Lügen straft, sich selbst als Lügner zu erkennen gibt. Redensartlich, vgl. Art. Maul 7.o), in: DWb 12, 1793. 136 wäre. 137 sogleich, sofort; hier: gegenwärtig, zur Zeit. Vgl. Art. zuhand, in: DWb 32, 450. 138 verändert. Vgl. Art. verziehen D.6), in: DWb 25, 2611. Evtl. auch: meine Meinungsäußerung verzögert, hinausgezögert (?). 139 gehalt-, wertloses, täuschendes Gerede. Vgl. Art. Tand 2.b), in: DWb 21, 104. 140 Osiander. Entstellt unter Anspielung auf „lose“ = nichtsnutzig, sittenlos, böse. Vgl. Art. lose II.5), in: DWb 12, 1184. 141 schmeichelt ihm, beschwatzt ihn. Vgl. Art. krauen II.2.b), in: DWb 11, 2087; Art. Ohrenkrauer, in: DWb 13, 1256f. 142 Schurken. Vgl. Art. Schelm 3), in: DWb 14, 2507f.

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Sol werden143 vnd sie jagen all, Das jn dhosen144 vnd schue entfaln. Sol folgen dem getrewen rath, So Gott der Herr jm geben hat Durch die FFrstin gantz hoch geborn, Die jm zum gmahl ist auserkorn.145 Denn sie ein FFrstin tugentreich, Die armen liebt, Gott fFrcht zugleich, Die Ketzer sie wil h=ren nicht, Glaubt, was Got durch sein wort vorspricht.146 [D 3r:] Des gleichen auch sein Tochter zart Aus hertzen grundt liebt Gottes wort.147 Wird folgen auch dem trewen rath, Den jm der ChurfFrst zu Sachssen hat Gegeben durch die glerten sein.148 Des wird er sich erinnern fein Vnd folgen auch der Ritterschafft,

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... dass er dem Schelm ebenso gram werden soll, wie ihm Gottes Name lieb ist, ... die Hosen. 145 auserwählt, ausersehen. Vgl. Art. auserkiesen, in: DWb 1, 851. Am 16. Februar 1550 hatte Albrecht in zweiter Ehe Anna Maria von Braunschweig-Calenberg-Göttingen geheiratet, geb. 23. April 1532 in Münden, gest. 20. März 1568 [sic] in Neuhausen (heute Гурьевск [Gurjewsk]) bei Königsberg. Sie verfasste 1563 einen Fürstenspiegel für ihren Sohn Albrecht Friedrich. Vgl. Ruth Scheller, Die Frau am preußischen Herzogshof (1550–1625), Köln 1966 (Studien zur Geschichte Preußens 13), S. 29–71. 146 verspricht, verheißt. 147 Hier muss die Tochter Albrechts aus erster Ehe (mit Dorothea von Dänemark und Norwegen), Anna Sophie, geb. 11. Juni 1527 Königsberg, gemeint sein; am 24. Februar 1555 heiratete sie in Wismar Herzog Johann Albrecht I. zu Mecklenburg (gest. 12. Februar 1576 in Schwerin); sie starb am 6. Februar 1591 auf ihrem Witwensitz in Lübz und wurde im Schweriner Dom bestattet. (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Anna_Sophie_von_Preu%C3%9Fen, zuletzt besucht 10.10.2022) Martin Stupperich vermerkt (Osiander in Preußen, S. 183, Anm. 98): „Der preußische Student in Wittenberg Erhard von Kunheim wagte es sogar, Anna Sophia, die Tochter des Herzogs, vor den Umtrieben des Satans zu warnen, die augenblicklich in Preußen zu beobachten seien.“ – Albrechts Tochter aus zweiter Ehe, Elisabeth, wurde am 20. Mai 1551 geboren und starb am 19. Februar 1596. (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Albrecht_(Preu%C3%9Fen) zuletzt besucht 10.10.2022). 148 Vgl. CENSVRAE || Der FFrstlichen || Sechsischen Theologen zu || Weimar vnd Koburg. || Auff die Bekendtnis des || Andreae Osiandri. || Von der Rechtfertigung || des Glaubens. || Zu Erffurd / bey || Geruasius Sthürmer / Gedrückt. || Anno M. D. LII. [114 Bl. 4°] (VD 16 ZV 10866). Darin sind drei Gutachten enthalten, das eine verfasst von Justus Menius, der auch das Vorwort schrieb, die beiden andern vermutlich von Viktorin Striegel und Erhard Schnepf. (Stupperich, Osiander in Preußen, S. 288, mit Anm. 116–118). Möller, 496f, bemerkt zu den Vorgängen in Sachsen: „Zu einer synodalen Verhandlung kam es auch hier nicht, sondern es wurden den Herzögen drei Gutachten eingereicht. Die bedeutendsten herzoglich sächsischen Theologen, darunter auch Amsdorf, bekannten sich aber durch Unterschrift zu allen dreien. [...] Obgleich es in diesen Gutachten nicht an schiefen Auffassungen und ungerechten Urtheilen über Osiander fehlt, halten sie sich – namentlich das des Menius – im Ganzen ziemlich sachlich. Sie treten aber durchaus auf die Seite der Gegner Osianders“. – Vgl. oben die Einleitung 1, S. 446f. 144

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Die bestendig ist aus Gottes krafft,149 Den Ketzern widersprechen thut, Vnd solt es kosten leib vnd blut. Es sol jn auch bewegen thu Der gemeine Man, so h=ret zu. Wenn M=rlin predigt Gottes wort, Das man vorhFt auffrhur vnd mordt, Darumb es auff die rede dein Jtzundt kompt, liebster bruder mein. Vnd weil es also Gott der Herr Geschicket hat, so wolt ich gern H=ren von dir, wie jme zu thun, Das man den Ketzer finge nun Mit seinem netz vnd stricken arg, Das es jme gieng durch bein vnd marck. Wie du denn angefangen hast, Zu erweisen seine lFgen fast. MARTINUS: Sperate, von dir h=re ich itzt, Das aldo sey ein Lerer nutz, Jochim M=rlin, ein glerter Man, Dem Ketzer thut verhawen150 die ban, [D 3v:] Wie er denn that im leben mein.151 Danck Gott, das er bstendig sey Nach vnglFck, viel verfolgunge schwer, Die er erlitten vmb die lehr. Darin sihestu, wie wunderbar Der Herr Gott mit den seinen fahr,152 Das, ob er schon den Ketzer b=ß Raum geben, gleichwol er erl=ß Die Christen vnd die Kirchen sein, Die Christi blut erkaufft allein, Darneben auch gibt Lerer trew, So fort farn an153 alle schew. Lehrn Christum, der am Creutze hing, Den Tod, den Teufel er da fieng,

149 Er wird sich als „Miles Christianus“ bewähren. Vgl. entsprechende biblische Motive in II Kor 10,3–6; Eph 6,13–17; I Thess 5,8; II Tim 2,3–5; ferner das „Enchiridion militis Christiani“ des Erasmus von Rotterdam. 150 versperren, verbarrikadieren. Vgl. verhauen 5), in: DWb 25, 540. 151 im Leben mein = zu meinen Lebzeiten. 152 verfahre. Vgl. Art. fahren 12), in: DWb 3, 1253–1255. 153 ohne.

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Welchs ist der weg zum himel schlecht, Die warheit vnd das leben recht,154 Wie all Propheten sagen thun Vnd auch das himlisch heer darzu, Das von nu an in ewigkeit Dancke Gott vnd lobe in ewigkeit FFr sein demut vnd gFte groß Jn deme er ist geboren bloß, Ein mensch von einer Jungfraw rein, Vnd hat erl=st das gsch=pffe sein. Darumb ich dir von hertzen gern Wil sagen nach all deim begern Wie vnuorschemt der Teufel leugt Vnd der Ketzer die leut betreugt, Jn dem das er das leiden Christ Gentzlich vorwirfft zu dieser frist, [D 4r:] Darumb, das es nu lang ist geschen, Sols vnser heil gar nichts angehn. So frag ich nu den Teufel klug, Den Ketzer auch, der ist sein pflug,155 Daran er keilet156 tag vnd nacht, Das itzt himel vnd erden kracht, Ob nicht alhier auch gelten wolt, Das die ErbsFnd vnd auch jr soldt157 Auch schaden k=nnen Menschen kindt. Denn es nu gantz viel jare sind,158 Da Eua brach den apffelbeiß,d159 Denn da Christus von blut lies schweis. Solt solches denn nicht helffen mich So wird mir jens auch schaden nicht, Wie viel es nu gantz lenger ist Vier tausent jar, das ist gewis. Sieh, wie stelt sich der B=se geist, Der Gott den Herrn itzt liegen heist.

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aus: apfel beiß.

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Vgl. Joh 14,6. Werkzeug, Handlanger. Vgl. Art. Pflug 3), in: DWb 13, 1776f. intensiv arbeitet; nach immer mehr strebt. Vgl. Art. keilen 2.b), in: DWb 11, 449f. der Tod, vgl. Röm 6,23. Denn es ist noch viel länger her ... Apfelbissen. Vgl. Art. beis 1), in: Fnhd. Wb. 3, 984.

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Er kr=mpt160 sich, wind161 sich wie ein schlang. Erst wird jm nu rechtschaffen bang. Denn wie es jme gelingen sol, Das wird er kFrtzlich fFlen wol, Das er mutwillig vnd gantz frech Ein lFgener schilt vnd vngerecht Gott, seinen Herrn, ins himels thron. Der wird jm geben rechten lohn. Denn solt man hie dem lFgen-Vogt162 Folgen, so wird auch vnser Gott Geschendt, geschmecht,163 gelestert sehr Vnd jme genomen all sein ehr. [D 4v:] Die Bibel auch, der warheit buch, Wird nicht mehr gelten als ein tuch, So man die schuh an wischen thut. Mit fFssen trit man Christi blut. Viel besser es dem Teufel wehr, So er leugnet Christum, den Herrn, Gentzlich vnd gar, wie TFrcken thun, Ließ jm kein ehr vnd keinen rhum, Oder mit Epicuro164 freß,165 Ob166 gar kein Gott im himel seß, Denn das der hellisch hundt itzt bilt,167 Gott ehren wil vnd Christum schilt, Sein ehr vnd sein gerechtigkeit, Damit den Menschen er gefreit Von SFnd, von Tod, Teufel darzu, Das kan der Schelm168 nicht leiden nu, Darumb er denn so vngereimpt169 Jtzt leuget, das die erde greint,170 Der himel kracht vnd brechen wil. Die Creatur thut schweigen stil, Rufft stets zu Gott vnd seinem Son,

krümmt. Zur Form vgl. Art. krümmen 1.b), in: DWb 11, 2457. windet. 162 Vogt = Anwalt, Advokat. Vgl. Art. Vogt 1), in: DWb 26, 437f. 163 geschmäht. 164 Der altgriechische Philosoph Epikur galt in der Vulgärrezeption als Vertreter eines atheistischen Hedonismus. 165 fräße, sich irdischen Genüssen hingäbe. 166 als ob. Vgl. Art. ob coniunction II.A.2.a), in: DWb 13, 1052f. 167 bellt. Vgl. Art. bellen 1), in: DWb 1, 1451f. 168 verworfener Mensch, Verführer, Betrüger. Vgl. Art. Schelm 3.a.α), in: DWb 14, 2508. 169 konfus, absurd. Vgl. Art. ungereimt 2.a.γ), in: DWb 24, 814f. 170 weint. Vgl. Art. greinen I.C.6), in: DWb 9, 61. 161

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Das er sie wolt erl=sen thun Mit seinem gricht vnd JFngsten tag, Wie er jn solchs hat zugesagt.171 SPERATUS: Das heist dem Teufel treug geschorn172 Vnd dem Ketzern, von jm geborn, Jn deme das er nicht liegen kan. Die ErbsFndt, so ein jederman [E 1r:] Von mutter leib bringt in die welt, Wie Dauid sagt, der trewe held.173 Auch Moses, von Gott auserkorn, Spricht, das daher kom Gottes zorn, Wie solchs alles der Teufel weis. Denn er die SFnd im Paradeis Geschaffen hat vnd kriget recht174 Vber das gantze Menschlich gschlecht, Darumb man jm gantz recht einhelt Die ErbsFnd vnd jn darmit felt. MARTINUS: Du sagest recht, vnd ist auch war. Denn wo die kranckheit geht zuuor, Die ertzney auch bald folgen mus, Das nicht draus werd ein b=ser flus.175 Die kranckheit gibt der Teufel zu, Ertzney er vns mus lassen nu. Da steht die SFnd vnd Gottes zorn, Sagen, all menschen sind verlorn Von Adam bis zum letzten kindt, So die mutter im leib empfindt. Da steht auch Gottes grechtigkeit, Vordampt Menschen in ewigkeit, Verurteilt jn zur straff vnd pein, Die ewig vnd an176 endt sol sein, Vnd wil, das er gantz gnug thun sol

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Vgl. Röm 8,19–22. trocken geschoren (ohne zuvor einzuseifen), geprellt, übervorteilt. Vgl. Art. scheren I.4.h.β), in: DWb 14, 2576f. 173 Vgl. Ps 51,7. 174 Verfügungsgewalt, Verfügungsrecht. Vgl. Art. Recht I.4.f), in: DWb 14, 370f. 175 böser Fluss = chronische Krankheit, von Eiter o. dgl. begleitet. Vgl. Art. Flusz 3.c), in: DWb 3, 1856. 176 ohne. 172

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Vnd bFssen vor die SFnde wol, Wil auch jr recht nicht lassen nach, Er werde denn gestraffet auch [E 1v:] An leib vnd seel, wie er vordient. Solt ewig sein des Teufels kindt. Vnd solt solch zorn Gotts sein gestilt, So muste vor das werden wild,177 Das Gott auch an dem fleisch vnd blut Wolt straffen solchen vbermut, Vngehorsam vnd auch SFnde gros, Solt er des vrteils werden los. Dieweil denn solchs vnmFglich war, Das man solt in der Menschen schar Ein Man finden, der Gottes zorn Tragen solt vnd sein geborn Von Adam, dere nu sFnden vol, Da bdachte Gott der Herr gantz wol, Das alda were kein ander rath, Dardurch er hFlff des Menschen not, Denn so sein Son quem178 in die welt, An denen sich der SFnder helt, Nem an sich das menschliche fleisch. Darzu jn trieb die liebe heis, Die er zu vns getragen hat, Ehe denn die welt gegrFndet wardt, Vnd lide179 auch den bittern todt, Dardurch er hat vers=net Gott; Den Tod, den Teufel vnd die Hell Dardurch gebracht in gross vngfel,180 Das sie nu gantz verlorn jr recht. Gott liebet das Menschlich gschlecht Vmb seines Sones wiln allein, Dieweil er auch hat fleisch vnd bein [E 2r:] Vnd blut, so er genomen hat Von der Jungfraw Maria zart, Das also Gott in ewigkeit Vnd seine gstrenge gerechtigkeit Genug than vnd bezalet hat Christus, der ware Mensch vnd Gott,

so musste (der Zorn) zuvor ausbrechen, wirksam werden. (?) käme. erlitt. Schaden, Verderben, Widerwärtigkeit. Vgl. Art. Ungefall II.2.a), in: DWb 24, 665.

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Was der mensch hat verbrochen all, Da jn der Teufel bracht zu fall. Vnd also gantz gerochen181 ist Des Teufels mord vnd b=se list. Ob er den Menschen btrogen sehr, So macht jm Christus solchs zu schwer Durch sein Menscheit vnd bittern todt, Das er vns hFlff aus aller not. Johannes Christi Teuffer ist,182 Entdecket auch des Teufels list, Jn deme er gentzlich zeugen thut, Das vns rein macht Christi blut.183 Christo dem Herrn den weg bereit Vnd jn darzu mit fingern zeigt Das der Manne Gottes Lemlin184 sey, Das vns von allen sFnden frey.185 Jst also endlich zum beschluß Christus der Mensch die rechte buß, Das recht opffer, so Gott gefelt. Hat jm vers=nt die gantze welt, Das die Natur, der Gott war feindt, Jtzunder ist sein liebster freundt.186 Der er zuuor verboten het, Das sie ins Paradeis nicht tret,187 [E 2v:] Die setzt er zu der rechten sein,188 Gibt jr den himel ewig ein. Das fleisch, so er dann werden wolt, Dem wird nu Gott der Herr gantz holdt, Das er jme gentzlich vbergeb All gewalt im himel vnd auff erd.189 Solchs alles kanstu lFgengeist Nicht leugnen, denn du es wol weist. Hast auch erfarn mit schaden gros,

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aus: Mam.

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gerächt, geahndet. Vgl. Art. rächen II.2), in: DWb 14, 22f. Vgl. Mt 3,13–17; Mk 1,9–11. Vgl. Apk 1,5. Lämmchen. Vgl. Art. Lämmlein, in: DWb 12, 86f. befreie, frei mache. Vgl. Art. freien [I], in: DWb 4, 104f. Vgl. Joh 1,29.36. Vgl. Röm 5,6–10. Vgl. Gen 3,23f. Vgl. Mt 26,64. Vgl. Mt 28,18.

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Da er dir gab einen harten stos Vor deinen kopff, das gentzlich kracht Die Helle vnd Teufflische macht. Wust nicht, wo du solt fliehen hin, Das du m=chts diesem Held entgehn. Die Helle dir zu enge war, Des freut sich der Altueter190 schar, Die dann Christus mit jme zugleich FFrt in seins Vaters ewig reich. Die thun sich itzt verwundern sehr, Das du bringst newe lFgen her von einer newen gerechtigkeit, Die ausser Christi menscheit bleibt. Allein bey Gott sie niemandt erbt, Der nicht mit Christi blut geferbt. Sein leiden steckst vnter die banck191 Vnd bringst zu marckt dein Teufelsstanck. Meinstu, es werde schencken dir Solchs Gott, wenn er zum gericht schir Wird kommen vnd zuknirschen gar Dein kopff, das glob192 ich dir fFrwar, [E 3r:] Vnd mit den Ketzern stossen wol Jn ewig fewer vnd hellisch pful.193 SPERATUS: Dein red ich hab geh=ret an, Martine, theurer Gottes Man. Wie du mit gutem grundt vnd schrifft Gewaltig all des Teufels gifft Erleget194 vnd zu nicht gemacht, Vnd auch den Ketzer dahin bracht, Das er schamrot sich schlagen mus Jns lFgenmaul195 vnd Jude196 kuß197 Bekennen thun, damit er hat Verkaufft die G=ttlich Maiestat, Die Menscheit Christi mein ich itzt,

Patriarchen. Vgl. Art. Altvater, in: DWb 1, 274. lässt du unter den Tisch fallen. Vgl. Art. Bank 1), in: DWb 1, 1106–1108, bes. 1107. gelobe, verspreche. Vgl. Apk 19,20; 20,10.14f; 21,8. unwirksam gemacht, abgetötet. Vgl. Art. erlegen 3), in: DWb 3, 898. sich selbst für die eigenen Lügen öffentlich strafen. Vgl. Art. Maul 7.o), in: DWb 12, 1793. Judae, des Judas. Vgl. Mt 26,47–50; Mk 14,43–46; Lk 22,47f.

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Die Gott zu seiner rechten sitzt Vnd vns inn himel bringen thut Durch sein Marter vnd rotes blut, Wie du denn gentzlich hast erklert Vnd solchs mit Gottes wort bewert. Des wir auch, liebster Bruder mein, Nu in erfarunge kommen sein, Leben mit Gott in ewigkeit Vnd preisen seine gFtigkeit Mit allen auserwelten schon, So leben in des himels thron. MARTINUS: Sperate, du bald h=ren wirst, Was sagen wird der himelfFrst, [E 3v:] So tregt den Zepter vnd die kron, Die Jhesus Christus, Gottes Son, Auffsetzen solt, nachdem er het Den SFnder von dem Tod erret. GABRIEL: Von aller Engel wegen ich, Herr Jhesu Christ, bekenne dich, Ein waren Gott vnd Mensch darzu. Ob solchs die welt nicht glauben thu, So zeuget solchs das himlisch heer, Erkent dich jren Gott vnd Herrn. Recht bin ich Gabriel198 genant, Denn mich Gott in die welt gesandt Mit Gottes sterck, mit Gottes krafft Zu einer Jungfraw tugenthafft, Die ein Mutter solt werden schon, Geberen Gottes lieben Son Von jrem zarten fleisch vnd blut, Dem SFnder arm allein zu gut.199 Der Herr vnd Heilandt Jhesus Christ Jn Mutter leib entpfangen ist, Geboren in der letzten frist,200 Vnd solchs allein vom heiligen Geist, Das er im fleisch erl=st das fleisch,

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Der Name des Erzengels Gabriel (‫ )גּ ְַב ׅריאֵ ל‬bedeutet „Gott ist meine Stärke“. Vgl. Lk 1,26–38. Vgl. I Petr 1,18–21; Hebr 1,1–4.

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So Adam hett mit sFndt beschmeist.201 Darumb er tregt die kron der ehrn, Gegeben jme von Gott dem Herrn. All Creatur sich wundern thut, Das Gott, der ist das ewig gut, [E 4r:] Die menscheit angenomen hat Aus Gottes willen vnd auch rath, Das nu Mensch worden Gottes Son, Den Menschen bracht ins himels thron, Das Gott vnd Mensch ein ding nu sey, Vom Tod, Teufel vnd Helle frey. Christus, der Mensch, ein Heilandt ist Der Engel heut zu dieser frist. Englisch202 natur kein vortheil hat Jm himel, denn den Menschen Gott Jm gleich gemacht gantz vberall. Darumb wir nu mit grossem schall Gott loben, ehren, preisen thun Jn ewigkeit an vnterlohn,203 Das er erl=se das gesch=pffe sein Vom tod, auch von ewiger pein, Vmb Christi Menscheit mir zuhandt204 Geschenckt das ewig Vaterlandt.205 MARTINUS: Sperate, kom, lass vns auch gehn, Das wir Gott, vnsern Herren, sehn, Die Patriarchen freudenvol. Mit den Altuetern h=re ich wol Apostel vnd auch Merterer trewe Bekennen Christum all auffs newe, Das er, der ware Gottes Son, Ein warer Mensch auch sey geborn. Der Christen Sabbath nicht vorgeht206 So lang das ewig leben steht. [E 4v:] Darinn sie sehn mit wunder groß,207 Wie sie der Son Gotts hat erlost

beschmutzt, besudelt. Vgl. Art. beschmeiszen, in: DWb 1, 1582–1584. engelhafte, den Engeln eigene. Vgl. Art. englisch 1), in: DWb 3, 481. ohne Unterlass. sogleich. Vgl. Art. zuhand, in: DWb 32, 450. Vgl. Phil 3,20. vergeht. mit großer Verwunderung. Vgl. Art. Wunder I.2.a.β), in: DWb 30, 1785f.

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DemFtig, nidrig gantz vnd gar, Denn solchs des Vatern wille war. Des gFtigkeit sie loben schon208 Mit den Engeln ins himels thron. Den Geist, heilig vnd tugentreich, Sie loben vnd ehrn innigleich.209 ADAM: Nach deme ich in dem Paradeis Mit meinem weib den apffel beiß, Fiel ich in SFndt vnd Gottes zorn. Das ich vnd all mein kindt verlorn, Wohe210 sich Gott nicht erbarmet mein, Der mir gab die verheissunge sein Von weibes Samen, ist gewis.211 Domit er meint den Herren Christ. Sein Son, der ware Gott von art, Jnn ewigkeit geboren ward, Der solt mir helffen aus der not, Durch sein Menscheit die SFnd vnd todt Auffheben vnd vortilgen gar, Mich bringen an der Engel schar, Welch er denn als ein trewer Gott Gehalten vnd erfFllet hat. Denn nu vom weib geboren ist Der Herr vnd Heilandt Jhesus Christ; Des weibes fall gerochen hat, Jn deme er, warer Mensch vnd Gott, [F 1r:] Der schlangen kopff zurtretten gantz,212 Leucht heller als der Sonnen glantz.213 Der ist allein heilig, gerecht, Erl=set hat das Menschlich gschlecht. Darumb lacht mir mein hertz im leib, Das ich nu sehe mit meinem weib Mein fleisch, mein blut ins himels thron Regiren, das ist Gottes Son, Vom heiligen Geist heilig vnd rein

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208 schön (adv.). Vgl. Art. schon, in: DWb 15, 1459f. Vgl. Luthers Dichtung: „Christum wir sollen loben schon“, AWA 4, Nr. 16, S. (74f) 210–213. 209 von Herzen. Vgl. Art. inniglich 2), in: DWb 10, 2136. 210 wo, sofern, wenn. 211 Vgl. Gen 3,15 (im Kontext). 212 Vgl. Gen 3,15. 213 Vgl. Mal 3,20; Lk 1,78.

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Empfangen in Marie leib, Geboren vnd ans Creutzes stam Mir widerbracht all meinen sam, All meine kindt, so glauben thun An Jhesum Christum, Gottes Son. Deme sey lob, ehre in ewigkeit FFr sein grosse barmhertzigkeit. ABRAHAM: Von Adam bin geboren ich. Die ErbsFnd auch vordammet mich, Vnd mein nachkommen alzumal Warn ins Teufels strick gefalln, Das sie verloren in ewigkeit, Trugen schwer pein vnd hertzenleidt. Das kondt die G=ttlich Maiestet Nicht sehen, mir vorsprechen thet Durch einen Segen gnadenreich, Der war der ersten zusage gleich: „All V=lcker, so auff erden sein, Die segne ich im namen dein,“214 [F 1v:] Sprach Gott der Herr durch seinen mundt, Das heil werde der SFnder wundt.215 „So sol kommen der starcke Helt, Der selig macht die gantze welt, Aus deinem Samen, blut vnd fleisch, Des armen SFnders rechte speis. Dein Samen wil ich so vormehrn, Wie viel im himel sein der stern.“216 Das er mir bald zum zeichen gab Mein namen, denen ich noch hab. „Abram,“ sagt er, „groß hoheit heist.217 Du heist nu Abraham im geist, Dieweil du aller v=lcker solt

Gen 12,3; 18,18. damit die Wunde der Sünder heil werde. 216 Vgl. Gen 15,5; Gen 22,17f. 217 Der Name ‫ אַ בְ ָרם‬ist wahrscheinlich auf die Komponenten ‫ =( אָ ב‬Vater) und ‫ =( רום‬hoch, erhaben sein) zurückzuführen. Die Bedeutung ist nicht eindeutig geklärt, vgl. R[onald] E[rnest] Clements, Art. ‫אַ בְ ָרהָ ם‬, in: ThWAT 1 (1973), 53–62, bes. I, Sp. 54f; Thomas Hieke, Art. Abraham, in: WiBiLex (https://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/12288/; zuletzt besucht 17.09.2020); Erhard Blum, Art. Abraham I. Altes Testament, in: RGG4 1 (1998), 70–74, bes. 70. 215

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Ein vater, das jnf Gott werd holdt, Werden vnd sie auch leren fein Glauben an Gott, den Herren dein.“218 Des Heldes, der all SFnd nimmet hin, Geboren von Maria zart, Das mich dann der ewige Gott Reichlichen nu gewehret hat, Das ich ein Vater worden bin Des Heldes, der all SFnd nimmet hin, Geboren von Maria zart, Der aller Menschen Tr=ster wardt, Am Creutz beweist die liebe sein. Sein blut macht alle SFnder rein, Das ich nu sehe ein menge groß Der glaubigen in meinem schoß, So gleuben in den Samen mein, Der Jhesus Christus ist allein, Ewiger Gott, dem Vater gleich, Lebt vnd regiert im himelreich. [F 2r:] Dem sag ich danck, lob vnd auch preis, Darzu auch dem heiligen Geist FFr seine gnad vnd wolthatg gros, Das er das Menschlich gschlecht erlost, Lest es leben ewig mit jm, Das es jn lobe mit heller stim: Heilig, gerecht ist vnser Gott, Barmhertzig durch sein ewig Wort, Den heiligen Geist er vns geschenckt, Der vns tr=stet ewig an219 endt. ESAIAS: Was Gott Adam vnd Abraham Zusaget von des weibes Sam, Do ers wolt als ein trewer Gott Halten nach seim G=ttlichen wort Vnd schicken nu den Risen starck, Der vmbrechte die Schlangen argk, Offenbart mir der heilige Geist

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aus: jm. aus: wothat.

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Vgl. Gen 17,4–7. ohne.

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Des hohen wercks weg vnde weis Vom empfengnis vnd der geburt, Bey menschen kindt vor220 nicht erhort,221 Auch von leiden vnd marter gros, So die arm schwache Menscheit blos Nicht tragen kundt,222 verzweifelt baldt Vnd wurd zuteil der schlangen alt, So er nicht auch wer Gottes Son, Der kFndte tragen Gottes zorn, Die SFndt, Teufel vnd auch den Todt, Tilgen vnd stillen vnser nodt, [F 2v:] Welchs werck ein gros geheimnus hat Das alleine Gottes Maiestat Vorstehet vnd volnbringen kan Vnd sonst auff erden nie kein Man. Auch die wir itzt den Engeln gleich Christum sehen im himelreich Verwundern vns in ewigkeit Gottes grosser barmhertzigkeit, Das er inn seim G=ttlichen rath, Ehe denn die welt, beschlossen hat Zu kommen in das Menschlich fleisch, Wie mir gesagt der heilig Geist: Empfangen wird ein Jungfraw rein Geberen auch ein S=nelein. Emanuel sein namen ist.223 Der Mensch vnd Gott ist Jhesus Christ. ‚Gott mit vns‘ er heisset recht, Denn er Erl=st der SFnden knecht. Wunderlich er sie gefreit224 Durch trewen Rath, so er mitteilt, Ein Vater vnd ein starcker Gott, Der ewig leben in sich hat, Welches er gibt ewig an endt. Die er mit seinem blut besprengt, Denn wir an leib vnd seel verwundt, Durch sein Blut sein worden gesundt,

zuvor, vorher. Vgl. Jes 7,14. Vgl. Jes 53,4f. Vgl. Jes 7,14. Immanuel = Mit uns Gott. befreit.

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Jn deme das liebe Lemelein225 Vor vns bezalt die schwere pein, So vns Gott auffgeleget hat FFr vnser SFnd vnd missethat. [F 3r:] Das opffer ist er worden gern, Domit vorsFnet Gott den Herrn, Wers gleubet vnd bekennet jn. Den himel Gott wil geben jm Vmb Christi willen, seines knecht, Der fFr jme ist allein gerecht. Darumb dem aller h=chsten Gott FFr sein gnad vnd groß wolthat Sey lob vnd danck zu aller frist, Das du, O Herre Jhesu Christ, Geboren bist, gelitten hast, Darzu erwFrgt den b=sen gast, Die SFndt, den Teufel vnd die Hell, Das der Mensch nu sey dein gesel, Lebe mit dir gantz BrFderlich Vnd mit dem Vater ewiglich, Auch mit dem heiligen Geiste schon Sey fr=lich in des himels thron. Lobt Gott vnd singt mit grossem schall, Wie thun die lieben Vater all: Heilig, heilig ist vnser Gott, Ewig bleibt sein G=ttlich wort! PETRUS: Christus der Herr mir geben hat Die schlFssel zu des himels pfort, Dieweil er noch auff erden ging Vnd ehe denn er am Creutze hieng, Da ich sein JFnger war zuhandt. Vertraut mir auch das h=chste pfandt. [F 3v:] „So du mich liebst,“ sprach er zu mir, „Mein Schafe weid, befelh ich dir.“226 Sagt das dreymal vorgebens nicht, Denn er kendt wol den B=sewicht, Den Teufel, so wurd schleichen nach Den Schaffen, sie stecken in rach.227 225 226 227

Lämmlein, Lämmchen. Vgl. Joh 21,15–17. Vgl. I Petr 5,8.

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Vnd das er auch von mir erfFr, Ob ich wolt gehen ein zur thFr Jn Schaffstal vnd nicht brechen ein, Wie alle Dieb thun in gemein,228 So fragt er mich vmb seine lehr Vnd von wannen das er wol wer. Darauff ich jme die antwort gab, Die ich noch denck auff diesen tag. Jch sage aus meins hertzen grundt: „Du bist Christus zu dieser stundt, Des lebendigen Gottes Son, Von jme in ewigkeit geborn.“ – „Das saget dir nicht fleisch vnd bein, Es leret dich der Vater mein,“ Sprach er, „Petre, der fels solst sein, Darauff ich bawe die Kirche mein, Mein reich vnd die himlische lehr, Das sich der SFnder zu mir ker.“229 Dieweil denn aus G=ttlichen Rath Der Herre Gott beschlossen hat, Das er seins Sones liebste Braut230 Allein auff diesen felsen baut, Auff Jhesum Christum, seinen Son, Den die Bawleut verworffen han,231 [F 4r:] Vnd mir Christus vertrawet hat Die schlFssel seins G=ttlichen worts,232 So mus ich itzt beklagen sehr Des b=sen Ketzers falsche lehr, Den er hat je gesehen wol, Das er mir sagt ein ding dreymal. Jch mein den langen, schwartzen schalck,233 Der Teufel schFtt234 jm seinen balck, Auch seinen Son, mit ertzeney Dem Ketzer vberal steht bey,235 Den b=sen Geist, der Funck genant.236

Vgl. Joh 10,1. Vgl. Mt 16,15–19. Vgl. Apk 19,7; 21,9–22,5.17; Mt 9,15; Joh 3,29. Vgl. Mt 21,42; I Kor 3,11; Eph 2,20f. Vgl. Mt 18,19. Gemeint ist Osiander. schüttle. Vgl. Art. schütten 2), in: DWb 15, 2111–2113. Die Bemerkung zielt wohl wieder auf den Arzt Aurifaber, Osianders Schwiegersohn. Johann Funck. Zu seiner Vita vgl. Einleitung zu Nr. 2, S. 56–59.

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Christo hat er sein Kirch verbrandt,237 Wie itzt Speratus hat vermeldt, Der erst238 ist komen aus der welt. Jch mus alhier bedencken thun, Was mich mein nam erinnert nun. Denn Christi reich vnd seiner lehr, damit ich je dem Ketzer wehr: Petrus von ‚petra‘ kommen ist.239 Der fels allein ist Jhesus Christ, Von dem ich Petrus bin genant, Die Kirch auff jme sol han bstandt.240 Petra ist gar ein harter stein, Wer widern ist, melht241 nimmer klein. Mein Peterskopff behalt ich wol, Jtzund ist er hmir grillenvoll.h242 Kan ich denn mit dem Herren mein Jm himel nicht zufriden sein243 FFr dem244 gottlosen b=sewicht, Der nu erst newe lFgen ticht.245 [F 4v:] Wer noth,246 ich schlFg mit feusten drein, Hies mich nicht Christus stecken ein.247 Judas, der miti in garten kam, Am Holderbaum248 nam seinen lohn.249 Malcho ich auch ein ohr abschneidt.250 Den Ketzer hengen ist hoch zeit

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aus: mir grillen voll. Evtl. auch zu lesen: mit grillen voll. aus: mir.

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„verbrannt“ hier metaphorisch wegen des Namens Funck = Feuerfunke. gerade erst, erst vor kurzem. 239 griech. πέτρα = Fels. Vgl. Mt 16,18; Joh 1,42. 240 Vgl. Mt 16,18. 241 mahlt. Vgl. Art. mahlen 2.a), in: DWb 12, 1454f; dort auch das Sprichwort: „zwene harte steine malen selten kleine.“ (metaphorisch von Mühlsteinen auf menschliche Charaktere bezogen). 242 voller grüblerischer, sorgenvoller Gedanken. Vgl. Art. grillenvoll, in: DWb 9, 333. 243 zufrieden sein = meine Ruhe haben. Vgl. Art. zufrieden 1.a–c), in: DWb 32, 366. 244 für dem = vor dem, wegen des (Bösewichts). 245 erfindet. 246 Es wäre nötig. 247 Vgl. Joh 18,11. 248 Holunder. Im biblischen Text ist der Baum nicht näher charakterisiert; die Legende will wissen, dass es sich um einen Holunder gehandelt habe. Vgl. [Heinrich] Marzell, Art. Holunder 6), in: HWDA 4 (1932), 267f. Eine Pilzart, die besonders häufig an Holunderstämmen wächst, wird deshalb auch „Judasohr“ genannt (Auricularia auricula-judae). Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/ Judasohr (zuletzt besucht 22.09.2020). 249 Vgl. Mt 27,5. 250 Vgl. Joh 18,10. 238

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An den baum der vorzweifflunge gar, Denn er zutrennet Christi schar. Sol er in himel komen nu? Ja, wie ins meusloch eine khw,251 Ein Kamel durch ein nadel klein.252 Des Teufels mus er ewig sein. Der himel ist geschlossen fest, Gott wil nicht haben solche gest. Halt mir, O Jhesu Christ, zu gut, Das ich bin schellig253 vmb dein blut, Domit du hast die SFnder arm Erkauffet an des Creutzes stam. Am dritten tag bist von dem todt Erstanden widerumb durch Gott. Zur rechten sitzt dem Vater dein, Von dem wirst komen in der eil Mit wolcken schon bekleidet gar, Zu richten aller Menschen schar Durch G=ttlich krafft, gerechtigkeit, Wirst lassen sehn dein herligkeit, Alsdenn die Ketzer straffen hart, So leugnen deine Menscheit zart Vnd auch deine grechtigkeit, Domit die SFnder hast gefreit. [G 1r:] Denn je kein ander namen ist Denn deiner, O Herr Jhesu Christ, Der selig macht die SFnder all, Wie singet der Propheten zal.254 Du bist der schlFssel vnd die thFr, Dardurch der SFnder kompt zu dir.255 Die wil der Ketzer leiden nicht; Dein bitter leiden er verspricht. Solt ich denn hie nicht zornig sein Vnd reden vmb die schlFssel mein, Die du mir gabst vnd die ich hab? Solt mir sie steln der schwartze rab,

251 Redensartlich: In den Himmel od. ins Paradies kommen wie die Kuh ins Mauseloch. Vgl. Art. Mäuseloch, in: DWb 6, 1825: „zur bezeichnung von etwas, wohin man nie gelangen könne“. Vgl. Art. Kuh, Nr. 628, in: Wander 2 (1870), 1692. 252 Vgl. Mt 19,24. 253 erregt, aufgebracht, ungehalten. Vgl. Art. schellig 2.b), in: DWb 14, 2502. 254 Vgl. Act 4,12; 10,43. 255 Vgl. Joh 10,9; Act 14,27.

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Das mFste mich gerewen sehr, Vnd wenn er selbst der Teufel wer. Denn du mir als ein warer Gott Versprochen hast in deinem wort: Der Hellen pforten sollen auch Mir schaden nicht in meinem lauff. Drauff ich gtrost einstecken wil Dem Ketzer ein sehr hohes zil, Dein heilig Creutz, darnach er schieß Vnd seiner nimmermehr genieß.256 DarFber er soll fallen schwer, Dieweil er angreifft deine ehr. Sol gantz zubrechen hals vnd bein, Darzu kommen in ewig pein, Darumb das er vorleugnet hat Dich Christum, waren mensch vnd Gott, Den Herrn, der jn mit seinem blut Erkaufft als mit dem h=chsten gut. [G 1v:] Wollest darumb, O Jhesu Christ, Der Kirch beistehen zu dieser frist, Erhalten sie bey deinem wort Vnd strewren dieses Ketzers mordt,257 Auff das dein blut die kirchen dein Von allen SFnden mach gantz rein, Das sie mit dir das himelreich Thu erben vnd auch ehre zu gleich Den Vater, Son vnd heiligen Geist. Dem sey ewig lob, ehr vnd preis. PAULUS: Von Petro hab ich angeh=rt, Wie der Teufel die kirch zurst=rt Mit lFgen groß, mit falscher lehr, Wil rauben Christo seine ehr. Das wird jme aber fehlen258 weit. Christus der Herr vnd Heiland bleibt

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256 Metaphorisch vom Schützenwesen: Er wird das gesteckte Ziel niemals treffen, nicht erreichen, den Preis nicht erringen. Vgl. Art. genieszen 3.b), in: DWb 5, 3457. 257 Vgl. Martin Luther, Ein Kinderlied, zu singen wider die zween Ertzfeinde Christi vnd seiner heiligen Kirchen, den Bapst vnd Türcken, etc., Str. 1: „ERhalt vns, HErr, bey deinem Wort | vnd steur des Bapsts vnd Türcken Mord, | Die Jhesum Christum deinen Son | wolten stürtzen von deinem Thron.“ (Wackernagel, Kirchenlied III, S. 26, Nr. 44). 258 fehlschlagen (auch dies metaphorisch aus dem Schützenwesen genommen: fehlen = das Ziel verfehlen).

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Jn ewigkeit war259 Mensch vnd Gott, Der die SFnde vorsFnet hat Gott, seinem Vater, durch sein blut, Das allein auff den himel thut. Der Ketzer mus sein gar verblendt, Der grewlich Gott, sein Herren, schendt260 Mit tyranney vnd ketzerey. Das sein der grossen stFcke zwey, Daran die G=ttlich Maiestet Gar grossen vngefallen261 tregt. Das ein hab auch versuchet ich, Vorm andern Gott behFt hat mich. [G 2r:] Noch ist besser Tyrannisirn Denn mit ketzerey die leut vorfFrn. Die Tyranney den leib nur nimpt, Durch ketzerey die seel vmbkompt. Ein Tyrann ich gewesen bin Der Kirchen mit vorhertem262 sin;263 Verfolgt ich auch hab Jhesum Christ, Der itzt mein Herr vnd Heilandt ist. Geplaget hab die Christen from Mit marter, spot vnd grossem hon, So lang, bis solchs Gott, der Herr, Nicht wolt sehen mit augen mehr, Schlug mich zu boden durch sein macht, Das der himel vnd erden kracht, Hat mich bekert durch seinen Son, Den ich anbet in himels thron.264 Auff erd hat er mich erwelt, Vnd im dritten himel gelert, Was ich der welt vortragen solt, Das sie erwFrbe Gottes holdt:265 Nicht mehr denn seinen Son allein, Der also liebet sein gemein, Das er fFr sie den bittern todt Am heiligen Creutz gelitten hat.

wahrer. schändet, verunehrt. Missfallen. Vgl. Art. Ungefallen, in: DWb 24, 666f. verhärtetem. Vgl. Act 8,1; 22,20. Vgl. Act 9,1–19; 22,3–21; 26,9–18; Gal 1,11–23. Huld, Wohlwollen. Vgl. Art. Hold f., in: DWb 10, 1736.

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Am dritten tage erstanden ist Der Herr vnd Heilandt Jhesus Christ. Wer das gelaubt vnd ist getrost, Das jn Christus am Creutz erlost, Der ist gerecht durch jn allein, Ewig hat er den himel ein. [G 2v:] Das habe ich gantz trewlich gelert. Dardurch viel SFnder sein bekert Zum Creutz Christi in jrer not Gebrochenj vnd gedancket Gott, Das er jn seinen Son geschenckt, Der sie mit seinem blut getrenckt. Dieweil denn itzt der Ketzer schwartz Bey sich hat gar ein b=sen artzt Vnd auch so gar ein b=sen geist, Der Gottes wort mit gifft beschmeist, So must ich je dem Creutze zu, So Christi Kirch gewinnen thu, Vnd itzundt nu bekennen frey, Das keine ander grundtfest sey, Weder im himel noch auff erdt, Darauff die Kirch erbawet werd, Dann Jhesus Christus, Gottes Son, Der von Maria Mensch geborn, FFr vnser SFnd am Creutze starb Vnd vns seins Vaters gnad erwarb.266 Denn je kein ander Christ nicht ist, Denn der am Creutz gestorben ist, Darumb last rhFmen fr=lich sein Jm Creutze Jhesu Christi fein, Welcher ist vnser seligkeit, Das leben vnd gerechtigkeit, Die aufferstehung auch darzu, Durch den wir selig werden nu, Erl=set aus der gefencknus hart, Allein durch seine Menscheit zart. [G 3r:] Dem Teufel gentzlich wider ist Allein das Creutze Jhesu Christ. Das ist sein todt vnd bitter gall, Das er gantz in verzweifflung fall j

rectius: Gekrochen?

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Vgl. I Kor 3,11.

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Vnd hoff nu keiner seligkeit, Viel weniger der gerechtigkeit. Darumb er gern der Menschen schar Daruon wolt fFren gantz vnd gar, Wolt sie bringen in ewig pein Allein aus neid des herren sein. Richt an groß jamer vnd groß mordt, Wo er mehr kan an allem ort. Wer nur Christum am creutze spot, An dem er wolgefallen hat. Viel feindt des Creutzes machet er, Die Christo abstelen seine ehr. Das ich kleglichen hab beweint, Das so des Teufels sonne scheint. Habe auch verflucht in grundt hinein Die Engel, ob sie heilig sein, Wenn einer wolt ein ander lehr Bringen von Christo, meinem Herrn.267 Verfluch darumb auch billich itzt Dich Ketzer, der du itzundt sitzt An heiliger stet vnd leugest sehr Von gerechtigkeit vnd auch von ehr, Die dir der Teufel hat geweist, Dardurch die leut vom himel reist. O Ketzer, du wirst schaffen nicht, Vergebens wird sein dein gedicht. [G 3v:] Du wilt des Teufels affe268 sein. Leid wird es sein der seele dein. Engels gestalt er fFren thut, Wenn er wil schmehen Christi blut.269 Gibt von sich gar ein heilgen schein Vnd deckt damit die lFgen sein, Wie du itzt thust vnd lerest starck Die b=se gifft der schlangen argk. Darumb ich itzundt wider dich

Vgl. Gal 1,8. Den Affen assoziierte man leicht mit Lastern und mit dem Teufel, vgl. Liselotte WehrhahnStauch, Art. Affe, in: LCI 1 (1968), 76–79. Luther bezeichnet den Teufel mehrfach als Gottes Affen, z. B. WA 14, 434,18 (Predigten über das erste Buch Mose, 1523/24), WA 50, 644,12–647,7 (Von den Konziliis und Kirchen, 1539); vgl. Alfred Adam: Der Teufel als Gottes Affe. Vorgeschichte eines Lutherwortes, in: LuJ 28 (1961), 104–109. Hier erscheint Osiander als Affe des Teufels, d. h. als sein dressierter Gehilfe etc. 269 Vgl. II Kor 11,14. 268

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Als wider ein Ertzb=sewicht,270 Ein feindt des creutzes Christi gantz, Der du fFrest des Teufels glantz, Stehe bey dem creutze Christi frey, Dein lFgen straff vnd m=rderey. „Du leugst, du leugst,“ ich zu dir sag, „Denn du bist je der schwartze Rab, Der aus der Arch geflogen ist.271 Verleugnet hastu Jhesum Christ. All Creatur itzt schreien thut, Das du verleugnet hast sein blut.“ Ach, zeter,272 zeter, ach vnd weh, Dem Ketzer nun vnd jmmer mehr. Den Herrn des lebens schenden thut, Brennen wird er in helscher273 glut. O Jhesu Christe, Gottes Son, Der du aufftregst der Ehren kron, Jch dancke dir gantz inniglich FFr deine gutthat ewiglich, Das du mich wirdig hast gemacht Deins Creutzes vnd in himel bracht. [G 4r:] Erbarme dich der Kirchen dein, Die dein Blut hat erl=st allein. Den Ketzer vnd den Gottesdieb Zurmahlb,274 das er wie asch zerstieb, Das wir ewig vnd jmmerdar Dir sagen alzeit Alleluia. STEPHANUS EX MARTIRIBUS:275 Stephanus ich bin recht genant, Der Mertrer276 kron ich trag zuhandt, Dieweil ich je der erste bin, Der also bald gerichtet hin Vmb Christi lehr vnd auch sein Wort, Das vns sagt von seim Creutz vnd todt,

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270 ein Bösewicht durch und durch, von Grund auf. Das Praefix Erz- steigert die Bedeutung des folgenden Substantivs und geht zurück auf griech. ἀρχι, lat. archi, ital. arci. Vgl. Art. Erz [II] in: DWb 3, 1076. 271 Vgl. Gen 8,7. 272 Ausruf des Schreckens, Wehe- und Schmerzensruf. Vgl. Art. Zeter [II] 3.a), in: DWb 31, 810. 273 höllischer. 274 zermalme, zerkleinere. Ein Verb „zermalben“ findet sich belegt in Texten des 18. Jhdts., insbes. in der Bedeutung „zerkleinern, zerkauen, verdauen“, anscheinend jedoch nicht in DWb. 275 der Erzmärtyrer Stephanus, vgl. Act 6,8–8,1, bes. 7,54ff. 276 Märtyrer = (Blut)Zeugen, von griech. μάρτυς.

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Die er mir beides aufferlegt, So schnel, als ich das maul auffthet Vnd predigt von dem Herren mein, Der Jhesus Christus ist allein, Warer Gott vnd mensch in ewigkeit, Wie solchs die Schrifft gewaltig zeigt. Ein Gott Abraham vnd auch Herr Jsaac, Jacob fFret Er Auff seinen weg, Mosen darzu.277 Der welt das grossen zorn wolt thun. Der Phariseer heiligkeit Jtzundt nu gantz im drecke leit,278 Die morden vnd verraten jn Vnd alle, die nachfolgen jm. Darumb mus ich nu auff die ban Vnd an meins Herren Creutze stan. [G 4v:] Der himel pl=tzlich =ffnet sich, Das ich gantz habe gesehen dich, O Jhesu Christ, du h=chster hort, Zur rechten deines Vatern dort Stehendt in deiner menscheit klar, Die Gottheit mit bekleidet war.279 Darauff ich denn mit frischem mut Gestorben vnd mich deines bluts Gefrewet, das mir geben hat Das leben ewiglich mit Gott Vnd mit viel tausent Mertrern fron, Die alle bekennen Gottes Son, Das er der Heilandt sey gerecht, Der selig macht das menschlich gschlecht.280 Darumb nu Gott dem Vater schon Sey lob durch seinen lieben Son, Darzu auch dem heiligen Geist, Der vns den weg zum himel gweist, Der w=l itzundt die kirchen sein Erleuchten mit dem Worte rein, Das sie nicht hie der jrdisch Gott281 AbfFre von des himels pfort.

Vgl. Ex 3,6. Vgl. Mt 5,20. Vgl. Act 7,55f. Vgl. Act 7,59f. der irdische Gott = der Teufel.

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BERNHARDUS EX PATRIBUS: Kompt, kompt, jr lieben BrFder all, Last vns ehren mit grossem schall Den Herrn vnd Heilandt Jhesum Christ, Der warer Gott vnd Mensch auch ist. Das all die Engel zeugen thun, So viel im himel leben nun, [H 1r:] Vnd das auch die Ertzueter schon Gesungen in des himels thron. Die Propheten des gleichen han Starck zeugnis geben diesem Man. Die Apostel vnd auch Mertrer gut, Die rhFmen all sein theures blut, Das er am Creutz vergossen hat, Domit erseufft den bittern todt, Darumb wir denn mit freuden viel Vormehrn solches Seitenspiel. Dich loben wir, O Jhesu Christ, Das du der Mitler worden bist Zwischen Gott vnd dem Menschen arm, Das er sich seiner nun erbarm. Sehe an dein blut vnd wunden rot, Dein leiden vnd den bittren todt, Das du vmb vnsern willen hast Getragen solche schwere last, Des Teufels mordt vnd Gottes zorn, Den die ErbsFnde hat geborn. Die SFnd, der Todt vnd hellisch pein Sind gangen durch sein marck vnd bein, Wie Dauid vor viel hundert jarn Jm geist gesaget gantz vnd gar, Des schFler vnd nachkommen wir Gros lob vnd danck thun sagen dir, Das du vns an des Creutzes stam Erl=set hast aus helscher flam. Denn du auch, Herre Jhesu Christ, Nirgent sonsten zu finden bist [H 1v:] Jm himel, erdt, wasser vnd landt, Denn an dem heiligen Creutz zuhandt.282 Am Creutz du schleffst vnd ruhest auch, Weidest die Schaff, so du erkaufft 282

sogleich. Vgl. Art. zuhand, in: DWb 32, 450.

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Jn angst vnd hitz der Seelen dein, Als wenn die Sonn am mittag schein. Der dich wil finden, findet dich Allein am Creutz, sonst nirgent nicht. An diesem Creutz die Seele hengt. SFess =ppffel werden jr geschenckt Wol von dem Baum des lebens schon, Der du bist Christus, Gottes Son. Wir loben, preisen, ehren dich. Mit deinem Vater ewiglich Vnd mit dem Geist, so heilig ist, Singen wir dir zu aller frist: Lob, ehr vnd danck sey vnserm Gott, Der vns sein Son geschencket hat! SPERATUS: Jch seh vnd h=r itzt alles das, Was Paulus, das erwelte faß,283 Gesaget hat von freuden viel Vnd von gar manchem seitenspiel, Das in kein hertz nicht kommen wer Solch freud, als gibet Gott der Herr, Wie man im himel itzt erfert, Damit Gott durch sein Son wird geehrt. Das wenn ich erst bedencken thu, Wie es in jenner welt geht zu, [H 2r:] Erbarmet mich von hertzen sehr Der armen welt, so nicht wil ehr284 Die SFnd hassen vnd werden from, Bis gar das letzte stFndtlin285 kom, Viel weniger sie auch glauben wil, Es treff sie denn das letzte zil, Das kein raum in keinem landt Den glauben krieget in die handt. Den himel vmb ein stFcklin brodt Verkauffet sie, vnd darzu Gott. Nach gut, nach gelt, nach ehren gros Tracht sie teglich an286 alle maß. Gott bey jr gantz vorgessen ist.

Gefäß. Vgl. Röm 9,23f. eher, früher. das letzte stündlin = die Todesstunde. ohne.

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Den nechsten treugt mit falscher list. Darumb Gott rechte vrsach hat, Das er jr nem287 sein G=ttlich wort, Schickt jr darfFr b=s ketzerey, Des Teufels lFgen m=rderey. MARTINUS: Es naht sich Christus, vnser Gott, Hat angeh=rt all vnser wort. Las vns h=ren mit reuerentz288 Der hohen Maiestat sententz,289 Was sie nu wird beschlossen han Vber den Ketzerischen Man. JHESUS CHRISTUS: Jch, Jhesus Christus, Gottes Son, Von jme in ewigkeit geborn, [H 2v:] Ein warer Gott vom Vater mein, Vnd auch von einer Jungfraw rein Ein warer Mensch von fleisch vnd blut, Geborn dem SFnder arm zu gut, Ein Herr des himels vnd der erdt, An mir hab Menschliche geberd, Heilig, gerecht vom Vater mein, Selig mach ich die Kirch vnd rein Durch meinen schweis vnd rotes blut, Das ich am Creutze hab verschut,290 Wie denn das gantze himlische heer Vormeldet hat mit grosser ehr, Mit grossem lob vnd danck zu gleich Jn meines Vatern ewig reich. Weil aber itzt ein Ketzer schwartz Erstanden ist vnd b=ser Artzt, Ein b=ser geist von jm ausgeht, Dardurch mein leiden wird geschmecht, Hab auch darzu geh=ret an Die klag, so itzt die Kirch hat than, So kan ich vnterlassen nicht, Mus einen zu dem B=sewicht

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nehme. Reverenz, Verehrung. Urteilsspruch. Vgl. Art. Sentenz 1), in: DWb 16, 613f. verschüttet, vergossen.

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Von den Aposteln schicken thun. Thoma, du wirst sein gut darzu.

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THOMAS: O Jhesu Christ, mein Herr vnd Gott, Billich vorbring ich dein gebot, Ob du mich schickest in die hell, Bistu doch selbst mein mitgesel, [H 3r:] Das mir der Teufel schadet nicht, Viel weniger der b=sewicht, Der ist kein knecht vnd diener trew, Den wird ankommen Jude291 rew, Das er sich selber hengen wird, Wo jn der Teufel nicht weg fFrt. JHESUS: Erstlich du vberwinden kanst Den geitzhals vnd den Teufelswanst Mit meinen worten, schlecht vnd trew, Do ich erinnert gantz auffs new Die JFnger, so giengen nach Emmaus,292 Lieffen, als wer es mit mir aus, Das ich auch jre torheit gros Hefftig straffet vber die maß, Das jr hertz je so trege wer, Zu glauben der Propheten ler293 Vnd auch dem heiligen Psalmist, Der weissagt von mir, Jhesu Christ, Wie ich must leiden, aufferstehn Vnd in mein herrligkeit eingehn. Dasselb du fleissig mercken solt. Das must erwerben Gottes holdt. Darnach auch dein exempel klar Den Ketzer vberwindt fFrwar. Denn das du nicht glaubst Gottes wort, Das ich erstanden wer vom todt, Jst nicht geschehen an gefehr, Auch nicht an grosse heimlich lehr. [H 3v:] Denn du mit deim vnglauben gros Starck zeugest nu vber die maß,

Judae, des Judas. Vgl. Mt 27,3–5. Vgl. Lk 24,13–27. Lehre.

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Das ich vom todt erstanden sey, Hab fleisch vnd bein an meinem leib, Jn deme du mit den fingern dein Gegriffen hast die wunden mein An henden, fFssen vnd der Seidt,294 Jn der das ewig leben leidt, Daraus gantz mild geflossen war Blut vnd wasser,295 der Christen schar Zu waschen von den SFnden rein Vnd machen sie die Schefflin mein. Solchs alles du dem Ketzer dort Wirst sagen gantz von wort zu wort. THOMAS: Dieweil du mein Herr vnd Meister bist, Wahr Gott vnd Mensch, Herr Jhesu Christ, So wil ich nach der lere dein Gantz willig dir gehorsam sein, Wil gehen in die finster welt,296 Ob der Teufel viel netz gstelt, So wird es doch nu fristen nicht Den Ketzer,297 mus fFr dein gericht. JHESUS: Noch eins wirstu mich h=ren an, Wie du den Ketzer greiffest an: Gottes zoren298 vnd vrteil schwer Erstlich du jm must bringen her, [H 4r:] Ob du jme das gewissen sein Kanst rFren mit der helschen299 pein. Dannoch300 so schreib jme wider fFr,301 Was jn fFr302 durch des himels thFr, Nemlich mein blut vnd mein vordienst, Das ander ist alles vmb sonst. Wil er denn nicht, so far er hin 294

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Vgl. Joh 20,24–29. Vgl. Joh 19,34. 296 Vgl. Mk 16,15. 297 dem Ketzer Frist geben, ihm rettenden Aufschub verschaffen. Vgl. Art. fristen 3), in: DWb 4, 218f. 298 Zorn. 299 höllischen. 300 Danach (korrespondiert mit „Erstlich“ drei Zeilen darüber). 301 vor. 302 führe. 295

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Zum Teufel mit vorkertem sin Mit seinem Son vnd b=sen geist, Die er mit sich zur Hellen reist.303

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THOMAS: Jch wil mich fertig machen nu Vnd gehen zu dem Ketzer zu. Das Bibelbuch ich mit mir trag, Darinn ich all mein werckzeug hab. Wil meine pfeilen scherffen auch, Das mir der Ketzer nicht entlauff. Ein platten wil ich scheren jm, Das jm der kopff sol gehen vmb.304 PETRUS: Mein ampt itzundt vorhindert mich, Das ich nicht zu dem b=sewicht Geschicket werd, er m=cht in eil Mir in den himel kommen sein. Mus also fleissig achtunge han, Wenn Thomas aus vnd ein wil ghan, Das er nicht als ein schlange schleich Vnd schlupffe mir ins himelreich. [H 4v:] Das ich nicht rathe dem Ketzer alt, Den kopff ich jme gewis zurspalt! THOMAS: Ob in der welt wil glauben sein, So ist Thomas der name mein. Vnglaubig bin ich gantz genent, Glaubig ich doch Christum erkent.305 Vnd gleubig wil ich bleiben nu, Das mich nicht tret die schwartze khu.306 Einmal glaubt ich, gleub nu nicht mehr, Vnglaubig wil ich bleiben ehr. Dem Herren Christ wil gleubig sein, Dem Ketzer auch vnglaubig fein.

reißt. redensartlich: Jemandem eine Platte (Tonsur) scheren, dass ihm der Kopf dabei Schaden nimmt. Etwa: will ihm gehörig den Kopf waschen, den Kopf zurechtsetzen. Vgl. Art. scheren I.2.c), in: DWb 14, 2572. 305 Vgl. Joh 20,24–29. 306 redensartlich: dass ich es nicht bitter bereue. Vgl. Art. Kuh II.6). in: DWb 11, 2550. 304

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Der Ketzer mit mir reuffet307 sich, Vmb Christum aber ist jms nicht. Ein Christus ist, hat zwo natur. Die ein geh=rt der Creatur, Die ander jm alleine bleibt, Er sie auch niemandt mitteilt. Doher er zwo gerechtigkeit. Mit einer er den Menschen gefreit, Die ander Gott dem Vater gleich Jm bleibet in dem himelreich. Die ein gerechtigkeit ist das, Auff das ich es besehe bas.308 Christus, der Mensch vnd ware Gott, Die gantze welt erl=set hat, FFr sie bezalt, genug gethan, Denn er, der rechte Gottes man, [J 1r:] Durch sein heilig fFnff wunden rot, Der er viel mehr erlitten hat An seinem heubt vnd gantzen leib, Auff das er vns vom tod gefreit Vnd vns dardurch das leben bracht, Den lieben Engeln gleich gemacht. Auch vnser Bruder worden ist Der Herr vnd Heiland Jhesus Christ. Gott, vnser Vater, vnd der Geist Vns seine lieben kinder heist, Dardurch ist selig vnd gerecht Vor Gott das gantz Menschlich geschlecht. Das kan der Teuffel vnd die welt Nicht leiden, sich gar grausam stelt Mit liegen, triegen, morderey Vnd all des Teufels Ketzerey, Mus auff die ban vnd greiffen an Jhesum Christum, den Gottes Man, Beweisen an jm all jr macht, Die er309 doch endtlich gantz vorlacht. Jtzund der Teufel vngehewer SprFht von sich eitel hellisch fewr

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rauft, schlägt. besser. Vgl. Art. basz 1), in: DWb 1, 1153–1155. Christus. Vgl. Ps 2,4.

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Durch Pandaram,310 das sch=ne weib, Verterbt die seel vnd auch den leib. Jch mein die ander gerechtigkeit, Von welcher itzt der Ketzer schreibt, Dardurch er macht die Hellen voll. Der Teufel sol jme lohnen wol. Je das, das, das hett ich sehr gern, Wilkommen bistu meinem herrn [J 1v:] Gleich wie S. Barbara vater klug, Den t=dt, der blix311 vnd donner schlug,312 Vnd Jungfraw titz,313 so hatte nicht Jn jrer lampen =l vnd liecht.314 Das mag ein schwartzer Ketzer sein, Vor schwertz sicht man kein hand noch bein. Jch habe kein schwertzern b=sewicht Mein lebens tag gesehen nicht. Jch glaub auch, das itzund zuhandt Kein gr=sser Ketzer sey im landt, Dieweil er so verwegen315 ist, Leugnet das leiden Jhesu Christ, So doch der Teufel selbst hie mus Zurbeissen vnd auffthun die nuß, Darin verborgen leidt der kern. Mus zeugnis geben Christ dem Herrn, Das er am Creutz gestorben sey, Das macht vns aller SFnden frey,

310 Pandora. Hesiod, Theogonie 571–612, Werke und Tage 60–105, erzählt, Hephaistos habe die schöne Pandora auf Befehl des Göttervaters Zeus aus Lehm geschaffen, um den Diebstahl des Feuers durch Prometheus an den Menschen zu rächen. Pandora, die von den Göttern vielfältig beschenkt wurde, um sie verführerisch zu machen, bringt in ihrer sprichwörtlichen Büchse alle Übel der Welt mit. Epimetheus heiratet Pandora, trotz der Warnung seines Bruders Prometheus, und sie öffnet die Büchse, so dass die Übel sich verbreiten können, nur die Hoffnung bleibt in der Büchse zurück. Vgl. Art. Pandora 3), in: KP 4 (1972), 453f. 311 Blitz. Vgl. Art. Blix, in: DWb 2, 135. 312 Das Satzgefüge ist undurchsichtig. Möglicherweise wäre es folgendermaßen aufzufassen: „Du bist meinem Herrn so willkommen wie der Vater der Heiligen Barbara. Diesen tötete derjenige, der Blitz und Donner verursachte und die Jungfrau abstrafte, die weder Öl noch Licht in ihrer Lampe hatte.“ (alternativ: Und [du bist so willkommen wie] diejenige Jungfrau, die weder Öl noch Licht ...) – Der Legende nach überantwortete Barbaras Vater seine Tochter der Folter, weil sie Christin geworden war, und tötete sie schließlich selbst, woraufhin er vom Blitz erschlagen wurde. Die törichten Jungfrauen, die nicht genügend Öl in ihren Lampen hatten (traditionell auf mangelnden Glauben gedeutet), wurden vom Bräutigam nicht mehr in den Hochzeitssaal eingelassen. 313 triezte, anfuhr, misshandelte (?). Vgl. Art. dauzen [I], in: DWb 2, 858; Art. dutzen, in: DWb 2, 1773. 314 Vgl. Mt 25,1–13. 315 ruchlos, frevelhaft. Vgl. Art. verwegen II.B.3.a), in: DWb 25, 2157.

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Jn deme er offt bekennet hat, Das Christus sey wahr Mensch vnd Gott, Hat geschrien vnd gesperret sich: „Was wiltu aber316 plagen mich, Das du bist Jhesus, Gottes Son, Was hab ich nu mit dir zu thun, Das du mich nu wilst treiben aus Vnd iagen mich aus meinem haus?“317 Solchs, ob ers hat mit grimmer gall Gethan, halffs jn nicht vberall.318 Sein macht beweist Christus der Herr Vnd stFrtzt jn in das tieffe meer.319 [J 2r:] Was wil hiezu der Ketzer nu Sagen, das er entfliehen thu Dem zorn Gottes vnd seim gericht, Das er so vnuorschempt vorspricht Das leiden Christi vnd auch todt, Welchs selbst bekent der jrdisch Gott, Der aller Teufel ist er herr, Sein name heisset Lucifer.320 Jch halt, es sey auch aus mit jm Vnd das jm Gott hat geben hin Jn Teufels strick, wie Arrium, Julianum vnd Cherinthum,321 Das er, verstockt vnd gantz verblendt, Bedenckt nicht jr erschrecklich endt, Das jnen Gott so straffen werd Alhier zeitlich auff dieser erdt Vnd dort322 stossen in ewig pein, 316

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wiederum. Vgl. Mt 8,29; Mk 5,7–9; Lk 8,28. 318 nicht überall = überhaupt nicht. 319 Vgl. Mk 5,13. 320 Seit dem 4. Jahrhundert wird infolge der Verknüpfung von Jes 14,12 mit Lk 10,18 Luzifer mit dem Satan gleichgesetzt. Vgl. Anneliese Felber, Art. Teufel I. Namen und Begriffe 4. Luzifer, in: RGG4 8 (2005), 181. 321 Arius, Presbyter in Alexandria, vertrat eine subordinatianische Christologie, die auf dem Konzil von Nicaea 325 als häretisch verurteilt wurde. Vgl. Hans Christof Brennecke, Art. Arius/Arianismus, in: RGG4 1 (1998), 738–743. – Mit Julian ist vmtl. Bischof Julian von Aeclanum gemeint, ein führender Vertreter des Pelagianismus in der 1. Hälfte des 5. Jahrhunderts. Man könnte auch an den römischen Kaiser Julian, genannt Apostata, denken, der sich vom christlichen Glauben abgewandt hatte und eine Renaissance der alten „heidnischen“ Götterkulte anstrebte. Vgl. Winrich Löhr, Art. Julian von Aeclanum, in: RGG4 4 (2001), 694; Gernot Krapinger, Art. Julian Apostata, in: RGG4 4 (2001), 693. – Kerinth war ein als häretisch bekämpfter (juden)christlicher Lehrer in Kleinasien um 100. Vgl. Roman Hanig, Art. Cerinthus, in: RGG4 2 (1999), 88f. 322 in der Ewigkeit. 317

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Der nimmermehr kein endt wird sein. Also er denn vorstehen wird, Wie jn fraw Holden323 hat vorfFrt, Des Teufels braut, die zart Vernunfft Mit jrer grossen JFdenkunst.324 Wird auch erkennen Jhesum Christ, Das wird jn aber helffen nicht FFr dem gestrengen Richter sein, Vngnad vnd zorn wird jm allein Zuteil werden in ewigkeit. Denn da ist kein barmhertzigkeit. Wer einmale in diek Helle kompt Christus jn nimmerl mehr annimpt [J 2v:] Zu gnaden, wie der Reiche Man Genugsam leidt vnd zeiget an.325 Mein ampt, das wil erfordern hie, Das ich nicht lenger nu verzieh, Gehe in sein haus vnd sprech jn an. Ob er schon ist ein b=ser Man Mit spiessen, bFchsen326 vnd gewehr,327 Jedoch so mus mich dulden er Vnd h=ren, was die Maiestat

aus: dir(kopfstehend: e). aus: nimme (vgl. die vorige Anm.).

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Frau Hulda, Holda, Holle etc., ursprünglich eine Gestalt der germanischen Mythologie bzw. des Volksaberglaubens, vgl. [Ernst?] Schwarz, Art. Perhta, in: HWDA 6 (1934/35), 1478–1492. Bei Luther die als eine Art Hexe personifizierte natürliche Vernunft, die zur Abgötterei verführt; vgl. Art. Hulda, in: DWb 10, 1887f. 324 Osiander wurde immer wieder mit antijüdischen Stereotypen belegt, man unterstellte ihm jüdische Herkunft. Unbezweifelbar ist Osianders Interesse für hebräische (und aramäische) Sprache und Literatur einschließlich kabbalistischer Werke; er war ab 1520 als Hebräischlehrer im Nürnberger Augustinerkloster tätig. Seine gutachterliche Ablehnung der den Juden gegenüber geäußerten Ritualmordbezichtigung trug ihm wüste Beschimpfungen von Seiten Johann Ecks ein. Vgl. [Andreas Osiander:] Ob es war v] glau || blich sey / daß die Juden der Chri || sten kinder heymlich erwürgen / vnd jr blut || gebrauchen / ein treffenliche schrifft / || auff eines yeden vrteyl gestelt. [Nürnberg: Johann Petreius um 1540] (VD 16 O 1079; vgl. OGA 7, 216–248; Matthias Morgenstern, Annie Noblesse-Rocher (Hg.): Andreas Osiander. Ob es wahr und glaublich sei ... Eine Widerlegung der judenfeindlichen Ritualmordbeschuldigung, Leipzig 2018). – Johannes Eck: Ains Judenbüech= || lins verlegung: darin ain Christ / || gantzer Christenhait zG schmach / will || es geschehe den Juden vnrecht in be= || zichtigung der Christen kin= || der mordt. || Durch Doctor Joh. Ecken zG Jngoldstat. || [liegend-rechteckige Vignette mit zwei Wappen unter einer Mitra mit Sonnensymbol] || Hierin findst auch vil histori / was übels vnd || büeberey die Juden in allem teütschen || land / vnd andern künigreichen || gestift haben. || Getruckt zG Jngoldstat durch || Alexander Weissenhorn. || M. D. XXXXI. (VD 16 E 383). 325 Vgl. Lk 16,19–31, bes. V. 26. 326 Schießgewehr, Flinte. Vgl. Art. Büchse 5), in: DWb 2, 477. 327 Waffe(n), bes. Verteidigungswaffen jeglicher Art. Vgl. Art. Gewehr 2.c.α.3), in: DWb 6, 5403f.

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Durch mich jm itzt entboten hat, Wie ers in der legation328 Wird sehen, so mir Gottes Son Hat geben in gantz voller macht. Ob er sie nu schon gar veracht, So hengt daran das Siegel gut Des Lemblins,329 Jhesu Christi blut. Mein nam auch vnterschriben ist Mit seinem blut zu aller frist. SPERATUS: Nu ist es je ein wunder ding, Das itzt die welt ist gar so blindt, Lest sich fFren von Gottes wort Durchs Teufels lFgen vnd seelmord. Gleubt itzundt dis vnd gar bald das, Jst wie ein alt zurrissen faß, Das guten wein nicht halten mag,330 Allein vnflat331 vnd heffen332 tragk. [J 3r:] MARTINUS: Sperate, das ich endlich schlies Mein red vnd dir auch das auffl=s, So mustu erst erinnern dich, Was droben hab gesaget ich Von menschen sFndt vnd jrem lohn, Wie sie verdient hat Gottes zorn, Vmb welcher wiln der Satan hat Den Menschen gplagt vnd gelestert Gott. Je kFrtzer nu die letzte zeit, Je mehr lFgen das er ausspeit. Denn er gentzlich vor augen sicht Das hart verdamnis, so jn sticht. Darumb er nu wird tobens voll, Verlorn ist er, das weis er wol. Darumb er gantz mit zorn entbrendt, Christum je mehr vnd mehr nu schendt. Gotts grechtigkeit jm solchs zulest, 328

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Beglaubigungsschreiben eines Gesandten. Vgl. Art. Legation, in: DRW 8 (1984–1991), 860; Art. Legation 1), in: Fnhd. Wb. 9.1 (1999–2012), 611. 329 Lämmleins, Lämmchens. 330 Vgl. Mt 9,17. 331 Schlamm, Dreck. Vgl. Art. Unflat II.A.1), in: DWb 24, 547. 332 Hefe, Bodensatz. Vgl. Art. Hefe 1) und 3.b), in: DWb 10, 763–765.

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Den gleubigen zum aller best, Das sie munter vnd wacker sein, Stehn fest bey Gottes wort allein, Das sie alhier werden vorklert, Mit Jhesu Christo schon geehrt. Die gottlos welt er straffen thut, Wenn er jr nimbt das beste gut, Sein Wort, das sie verachtet gar. Mit schanden, schaden dahin far Jns Teufels reich vnd in die Hell, Da wird sie ewig sein gesel. [J 3v:] Der Teufel auch das vorteil hat, Je mehr das er erzFrnet Gott, Je herter wird das vrteil sein, Dardurch er kompt in ewig pein. Je mehr vnglFck auff erden ist, Je neher ist zu aller frist Der JFngste tagk vnd letzt gericht. Also denn auch wird helffen nicht Kein ding, alleine der glauben gut, Der sich verlest auff Christi blut. Der sey gelobt, gebenedeit Jtzund vnd auch zu aller zeit Mit dem Vater vnd Tr=ster werd. Der w=ll sein Kirche hie auff erd Erhalten vnd erl=sen schier Durch Jhesum Christum, bitten wir. SPERATUS: Es w=ll die G=ttlich Maiestat Volenden alles, was sie hat Gefangen an inn Christen sein Vnd fFren sie an diesen reihn,333 Geben jn auch des lebens kron334 Durch Jhesum Christum, seinen Son. A M E N.

Reihen, Reigen(tanz). Vgl. Art. Reihen [II] Vgl. Apk 2,10.

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[J 4r:] Beschlus zum Leser. Christlicher Leser, nim vorgut335 Das klein geticht, so leren thut Vom leben vnd gerechtigkeit, Wie die von Gott wird ausgeteilt Durch den glauben an Jhesum Christ, Der fFr die SFnd gestorben ist, Am Creutz erwFrgt den bittern todt, Dardurch er vns vers=net Gott, FFrt vns mit sich ins Himelreich Vnd machet vns den Engeln gleich. Den loben, preisen, ehren wir, Gott Vater, heiliger Geist, mit dir.

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nim vorgut = lass dir freundlich genügen an ..., nimm vorlieb mit ... Vgl. Art. vorgut, in: DWb 26, 1127f; Art. fürlieb, in: DWb 4, 768f; fürgut, in: DWb 4, 738.

Österreichische Nationalbibliothek Wien: 20.Dd.602

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Von der Rechtferti= gung des glaubens: gründtlicher warhafftiger be= richt / auß Gottes Wort / etlicher Theolo= gen zu KFnigsberg jn Preussen.

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Wider die newe verfürische vnd Antichristische Lehr. ANDREAE OSIANDRI, Darinnen er leugnet das Christus jn seinem vnschFldigen Leiden vnd sterben / vn= ser Gerechtigkeit sey. Psalm 10. Sein mund ist voll fluchens / falsches vnd truges / Seine zunge richtet mFhe vnd ar= beit an.1 Psalm 140. Ein b=se Maul wirdt kein glFck haben auff Erden.2

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Gedrückt zu Künigs= berg in Preussen. Den 23 May. 1 5 5 2.

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Ps 10,7. Ps 140,12.

Nr. 11: Mörlin u. a., Von der Rechtfertigung des Glaubens (1552) – Einleitung

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Einleitung 1. Historische Einleitung

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Der hier edierte Text stellt die erste im Druck veröffentlichte Reaktion der Königsberger Kollegen Osianders auf dessen strittige mündliche und schriftliche Äußerungen zur Rechtfertigungslehre und Soteriologie dar, insbesondere auf dessen Bekenntnis „Von dem einigen Mittler“ bzw. „De unico mediatore“.1 Die verschiedenen Datierungen, die der Text selbst aufweist, zeugen von einer längeren Entstehungs- und Druckgeschichte: Vorwort und Haupttext sind jeweils auf den 7. Dezember 1551 datiert, die Widmung an Herzog Albrecht trägt das Datum 27. Februar 1552, und der Satz der Druckausgabe wurde abgeschlossen am 23. Mai 1552, wie das Titelblatt ausweist.2 Die Vorgeschichte des Texts reicht allerdings noch weiter zurück: In einem Mandat vom 6. Juni 1551 hatte Herzog Albrecht angeordnet, dass zur Beilegung der Streitigkeiten um Osianders Rechtfertigungslehre und Christologie dieser ebenso wie seine Gegner jeweils ein schriftliches Bekenntnis vorlegen sollte. Am 10. Juni lagen die Bekenntnisse von Friedrich Staphylus, Joachim Mörlin, Georg v. Venediger und Petrus Hegemon vor,3 am 9. Juli war auch Osianders Arbeit abgeschlossen, und er reichte sein Bekenntnis „Von dem einigen Mittler“ bei Hofe ein.4 Die Abfassung des hier edierten „Berichts von der Rechtfertigung des Glaubens“ wurde veranlasst durch ein Mandat Herzog Albrechts vom 12. August 1551, worin er die Gegner Osianders unter den Königsberger Professoren anwies, zu dessen Bekenntnis „Von dem einigen Mittler“ schriftlich Stellung

1

OGA 10, (49) 78–300 (Nr. 488 Von dem einigen Mittler; Nr. 496 De unico mediatore). Siehe unten S. 539,18; 650,1; 531,11; oben S. 513,19f. 3 Abgedruckt in: VON Gottes Gnaden Vnser || Albrecht) des Eltern / Marggraffen zu Bran || denburg / jn Preussen / zu Stettin / Pomern / || der Cassuben vnd Wenden Herzogen / || Burggraffen zu N=rinberg vnd || FFrsten zu Rugen etc. || Ausschreiben || An vnsere alle liebe getrewen v] || landschafften / wes wirden standes vnd aestimation || ein jeder ist / Vonemlich auch Theologen / Pfar= || hern / Predicanten vnd Kirchendiener / darin grund || lich vnd ordentlich / wie sich die ergerliche zwispalt || vber dem Artickel von vnser armen SFnder Recht= || fertigung / vnd warer ewiger Gerechtigkeit / erha= || ben / vnd was wir vns mit grossen sorgen einigkeit zu machen / bemFhet / dargethan / vnd was wir fer= || ner durch freuntliche befFrderung vnd beuhelich / || des Hochgebornen FFrsten vnsers freundlichen liben Oheims vnd Schwagern / Herrn Christoffs / Hertzo= || gen zu Wirtenberg vnd Teck / Graffen zu Mumpel= || garten etc auff vnser freundlich ansuchen / durch S. || L. Theologos aus G=ttlicher heiliger schrifft / vor= || geschlagenen Mitteln / endlicher sententz vnd mei= || nung erlernet / vnd zu fortstellung der einigkeit vn= || serer Kirchen / gehalten wollen haben. Darnach sich || jdermeniglich vnsers Fürstenthumbs / so wol die || Predicanten als andere stende / zurichten sol= || len wissen / vnd jn vnterthenigkeit zuge= || horsamen. || K=nigsperg in Preussen. [Kolophon: Gedruckt zu K=nigsperg || durch Hans Lufft / Anno 1553. || am 24 des Jenners.] (VD 16 P 3779), Bl. B3v–E1r. 4 Osiander waren die gegnerischen Texte bereits während der Arbeit an seiner eigenen Darstellung zugänglich gemacht worden, so dass er auf die Argumente seiner Gegner eingehen konnte. Vgl. Mörlin, Historia [s. S. 951, Anm. 534] M2v: „[...] vnsere Confessiones Osiandro wol zugestelt / wie wir nu mehr erfahren / Aber von Osiandro vns gar nichts widerumb angebotten [...]“. 2

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Nr. 11: Mörlin u. a., Von der Rechtfertigung des Glaubens (1552) – Einleitung

zu nehmen.5 Das Schreiben Albrechts richtete sich an Joachim Mörlin, Petrus Hegemon, Georg von Venediger, Francisco Stancaro und Friedrich Staphylus. Die beiden letzteren verließen jedoch im selben Monat Königsberg, sie waren vermutlich nicht in nennenswertem Umfang an der Abfassung des „Berichts“ beteiligt und erscheinen deshalb auch nicht als Unterzeichner der Widmung an Herzog Albrecht.6 Nachdem Albrecht zunächst an einen Ausgleich mittels schriftlicher Stellungnahmen unter den Königsberger Theologen gedacht hatte, der durch herzogliche Räte hätte entschieden werden sollen, hatte er sich zwischenzeitlich entschlossen, Osianders Bekenntnis auch an auswärtige Höfe und Universitäten zur Begutachtung zu senden; deshalb wurde alsbald mit der Drucklegung von Osianders Schrift begonnen,7 während die gegnerischen Äußerungen zunächst hätten ungedruckt bleiben sollen.8 Mörlin, Hegemon und Venediger

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Abgedruckt in: Mörlin, Historia, Bl. O1v–P1v; Nachdem die Professoren die Schrift Osianders ungeöffnet wieder zurückgesandt hatten, bekräftigte Herzog Albrecht seinen Befehl in einem Schreiben vom 19. August an Mörlin und Hegemon, vgl. aaO Bl. Q2v–R1r. 6 Vgl. Mörlin, Historia, Bl. O1r/v: „Die sach ist aber von dem an zu vnserm teil / je lenger vnd beschwerlicher worden / alles (wie fur augen) Osiandro zu seinem furhaben zu mercklichem vorteil angestelt vnd furgenomen / Wo wir vns nun demselbigen nicht bequem gemacht vnd raum gegeben / So hat vns kein notwendiges billiges entschFldigen geholffen / sondern das alles dohin gedeutet worden / das wir nun wider FFrstliche hocheit / vnd vnsere ordentliche obrigkeit hetten gehandelt / vnd das gethan / so doch vnser keinem die zeit seines lebens in den sinn / so wol als keinem ehrliebenden fromen man [O1v:] jemals zu gemut komen ist / daraus dennoch der vnsern etliche wFnderliches nachdencken genomen / vnd sich entlich daruon gemacht / etc. bis zu letzt / Doctor Venetus / Doctor Petrus / vnd ich allein geblieben / haben aber einen gewaltigen beystand gehabt / den eingebornen Son Gottes vnd gebenedeiten Samen des Weibes / Auff den wirs allein frisch vnd fr=lich gewaget / jm sey lob in ewigkeit / Amen“. 7 Am 4. August berichtete Aurifaber dem Herzog, der erste Bogen sei bereits gedruckt (Stupperich 206); laut Titelblatt war der Druck fertig am 8. September. Am 9. September schrieb Osiander nach Nürnberg, die Auflage von 1000 Exemplaren werde wohl binnen 14 Tagen vergriffen sein, ein Nachdruck in Nürnberg oder anderswo sei wünschenswert (OGA 10, 303,2– 4). 8 Die Gegner hielten allerdings immer wieder beim Herzog darum an, auch ihre Stellungnahmen veröffentlichen zu dürfen, zumal Osiander im Druck höhne, sie wagten nichts zu erwidern etc. Vgl. Mörlin, Historia, M2v–M3r: „[...] Do ist nu Osiandri heimlichs practicirn ausgebrochen vnd an den tag komen / der gestalt vnd massen / das er sich mit seiner Confession nun nicht priuatim solte mit vns einlassen / Wie man vns bis daher hette maul sperrung gemacht / Sondern er solte die lassen offentlich ausgehen / Zum andern / solte sie das Judicium der Kirchen nicht erwarten / Sondern zuuor vnd ehr denn die daruber erkennete / solte sie bereit im druck in alle Welt spargirt vnd gegeben werden / Das man doch nicht pfleget zu thun / wo mans mit den Judicijs ernstlich meinet / vnd alleine das nicht sucht / das man der sachen damit raum oder lufft geben vnd die in verzug setzen wil / Zum dritten / gleichwol solten wir schuldig sein / vns mit jm priuatim / vnd nicht also bald publice in Schrifften einzulassen / dieser vrsachen / ob wir mit jm mochten vorglichen werden / Do man doch nicht wuste / ob jm die Judicia wurden ab oder zufallen / Zum vierdten / do aber die vorgleichung nicht geschehe kondte / So solte es vns auch frey stehen / durch den druck vnsere Confession heraus zu geben / doch auf besichtigung vnd befindung etc. Zum fFnfften / solten wir auch in priuatschreiben vnd heimlichen Brieffen / Jtem in lesen vnd predigen still sein / vnd keiner feindseligen oder anrürlichen worten vnd reden gebrauchen / Do er doch in seiner Confession gantze wagen / [|] mit groben greifflichen vnuorschampten erdichten lFgen vber vns ausschFttet / vnd vns one vnsere entschFldigung / (die eine zeit lang mit der priuat handlung vnd schreiben solt auffgehalten werden) in aller Welt / am aller meisten aber vor

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sandten allerdings ihren Text abschriftlich nach Magdeburg an Nikolaus von Amsdorf und nach Wittenberg an Melanchthon, Bugenhagen und die gesamte theologische Fakultät,9 noch ehe sie ihn am 1. Januar Herzog Albrecht überreichten, der sich außerordentlich ungnädig zeigte.10 Herzog Albrecht verknüpfte eine von den Autoren erbetene Druckerlaubnis immer wieder mit Änderungsbedingungen, so sollten die Autoren namentlich genannt werden, um den Eindruck zu vermeiden, die gesamte Universität stehe in Opposition zu Osiander, und er verlangte eine sprachliche Entschärfung des Titels. Um den Wünschen des Herzogs entgegenzukommen, unterzeichneten Mörlin, Hegemon und Venediger die Widmungsvorrede mit Datum 27. Februar 1552, der Titel blieb jedoch ungeändert. Dennoch kam es immer weiter zu Verzögerungen, über die sich die Verfasser beschwerten.11 Der Satz war schließlich laut Titelblatt im Mai 1552 abgeschlossen.12

den jenigen spielen trug [= ins Gerede brachte, verleumdete] / die do solten zwischen vns vnd im ordentlicher Richter sein [...].“ 9 Vgl. Mörlin, Historia, S1r/v: „Jch hab mitler weil vnsere Confutationem zugericht vnd gefertiget / daruber wir retig worden / das wir sie zuuor wolten lassen iudicirn, ehe denn sie gedrucht [sic] wFrde. Haben derhalben derselbigen zwey Exemplar bey vnserem eigenen Bothen vberschickt / Eines an den Ehrwirdigen hochgelarten Herrn Nicolaum Ambstorfium etc. das ander an vnser liebe Praeceptores der vniuersitet Wittenberg. Es hat sich aber D. Ambstorfius damit gegen vns entschFldiget / das seine Ehrwirden alt vnd schwach / vns so eilend dismal nicht kundten zugefallen sein.“ Wengert, 384f, schließt aus Reaktionen Rotings und Waldners darauf, dass auch nach Nürnberg Exemplare gesandt wurden. 10 Vgl. Mörlin, Historia, Bl. S1v: „Auff das wir aber bey F. D. mit dem Druck auch nicht geseumbt wurden / wie wir vns wol trewmen liessen / Das die sache durch vnsere widerwertige des orts wurde befordert werden / hab ich den ersten Januarij des 52. jars auff der andern Herrn Theologen begern S. F. D. vnsere Confutationem vntertheniglichen vberreicht / Do mir S. F. D. mit grosser vngedult dieselbige (auch ehe denn sie den Titulum gesehen / oder das Exemplar von mir angenomen) in meinen henden verdampt / als das nichts denn eitel calumniae vnd conuicia weren / Hab ich demFtiglich darauff geantwortet / Es weren keine calumniae, sondern Gottes Wort / vnd der bestendige einhellige consensus der Kirchen Christi von anfang der Welt / bis auff diese vnsere zeit. Vnd do S. F. D. viel klagete / wie wir jre Mandata nicht geachtet / hab ich damit meinen abschied genomen. Hie weren wir / vnd kFndten wir einiges strefflichen vngehorsams vberfFret werden / wir woltens mit der straff bFssen / Darauff das Buch mit erzeigter vntertheniger vnd gebFrlicher reuerentz S. F. D. zu einem glFckseligen Newen jar vberantwortet / vnd gebeten / S. F. D. wolte nun gnediglich zulassen / damit es zum aller forderlichsten mochte in den Druck komen. [/] Wie man vns nun auffgezogen / vnd mit was wFnderlichen practicken / sonderlichen der frome Man Doctor Andres [= Andreas Aurifaber] / den Druck hab wollen verhindern / das wolt alles zu erzelen viel zu lang werden [...]“ 11 Dazu trug offenbar auch Andreas Aurifaber bei, Osianders Schwiegersohn, der die Druckerei von Hans Lufft in Königsberg leitete. Vgl. Anm. 10. 12 Osiander gibt die Auflage der Schrift mit 2000 Exemplaren an; vgl. OGA 10, 709,11–13: „[...] dieweil er nun solchß mit unwarheit durch zwaytausent exemplar wider mich in die weldt außgeust [...].“

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Osiander reagierte umgehend mit einer kleinen Schrift: „Wider den erlogenen, schelmischen, ehrendiebischen Titel auf D. Joachim Mörlins Buch“,13 die er am Sonntag Exaudi, 29. Mai 1552 auf den Toren der Altstadt und der Altstädter Kirche plakatieren ließ.14 Später ging er auch im „Schmeckbier“ auf den „Bericht“ ein.15 Zu der angekündigten ausführlichen Widerlegung16 kam es jedoch nicht.

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2. Die Autoren Hauptautor war Joachim Mörlin.17 Der Text wurde außerdem von Petrus Hegemon und Georg von Venediger verantwortet. 2.1 Joachim Mörlin 151418

Mörlin19

Am 8. April wurde Joachim als Sohn des Magisters und Professors der Metaphysik Jodocus Mörlin in Wittenberg geboren, in sehr 13

Wider den Erlognen Schelmischen || Ehrndiebischen Titel \ auff D. || IOACHIM M=rleins Buch / || V@ der RechtfertigHg des Glaub)s || Zu dem er seinen Namen / ans Liecht zusetzen / || aus P=sem GEWJSSEN / || gescheuhet hat. || Andreas Osiander. || Psalm. X. {Ps 10,7}|| Sein Mund ist vol Fluchens / Falsches vnd Trugs / || Sein Zung richtet MFhe vnd Arbeit an. || Psalm CXL. {Ps 140,12}|| Ein b=ß Maul wirt kein GlFck haben auff Erden. || Gedruckt zu Konigsperg in || Preussen. XXVIII. Maij. || M. D. LII. (VD 16 O 1126; vgl. VD 16 O 1127 [11.06.1552]). Vgl. OGA 10, (698) 701–710 (Nr. 532). 14 Vgl. Mörlin, Historia, Bl. S2v: „Darauff richtet Osiander in der eil einen kleinen druck zu / wider den Titel meiner Confutation, Liesse flugs den 29. eiusdem (welchs war Dominica Exaudi) den Tittel desselbigen seines drecks oder drucks / frFe an alle Thor in der alten Stadt und seiner Kirchen (darinne dieser Thesam [=Moschus] und Weyrauch vberaus wol roch vnd angenem war) ankleistern / Schalt mich vbel / vnd nennet mich mit seinem eigenen namen / Damit aber solche sch=ne frucht dieses Leibs nicht bald vergieng / vnd er seinen lust ja gnugsam bFssen mochte / Lies ers nachmals den 11. Junij noch ein mal drucken / vnd hiessen es die Studenten / so wol als die BFrger / Den schelmen Osiandri.“ 15 Vgl. OGA 10, 760,28–769,9 (Nr. 538, Schmeckbier, 1552). 16 Vgl. OGA 10, 762,21f; 768,32f. 17 Vgl. Mörlin, Historia, Bl. S1r (Anm. 9); wie es dazu kam, dass Mörlin das Gutachten verfasste, schildert er a.a.O. Bl. R1r: „Bey diesem mandato ists geblieben / vnd Osiandri Confession vnter des in der drFckerey fertig / vnd alda nicht allein jedermeniglich also bald verkaufft worden / Sondern er selbs hat sie etlichen seinen guten g=nnern vnd freunden gen NFrnberg geschickt / mit h=chster bitt / das sie wolten vor allen dingen daran sein / damit sie bald daselbst oder anderswo auch mochte nachgedruckt werden etc. Darauff wir vns entschlossen vnsere confutationem dargegen zu stellen / nicht an F. D. allein / wie sie doch begereten vnd von vns haben wolten / Sondern auch durch den offentlichen druck an jedermeniglich / vnd ist solch werck von den andern beiden Theologen darumb mir aufferleget worden / dieweil ich doch one das dieselbige zeit die Epistolam ad Romanos predigte / vnd diese materiam derhalben vnter handen hatte.“ – Gelegentlich wird es auch im Text selbst deutlich, etwa wenn es Bl. D1v heißt: „(...) wie er sich des in einem brieff an mich, D. Morlinum, declariert (...)“; man vgl. ferner die Schilderung einer anonymen Schmähung gegen Mörlin, unten Bl. X3r/v. 18 Als Geburtstag wird auch der 6. April angegeben; Wagenmann/Lezius (s. Anm. 19) nennen in RE³ 13, 238,27f den 8. April mit Bezug auf eine eigene Angabe Mörlins. 19 Zum folgenden vgl. J. Wagenmann, Friedrich Lezius, Art. Mörlin, Joachim, in: RE3 13 (1903), 237–247; Martin Stupperich, Art. Mörlin, Joachim, in: TRE 23 (1994), 193–196; Inge Mager, Art. Mörlin, Joachim, in: NDB 17 (1994), 679f; Heinz Scheible, Art. Mörlin, Joachim, in: RGG4 5 (2002), 1507f; TAV Nr. 49, S. 296 –302. Vgl. a. allg. Diestelmann, Mörlin.

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ärmlichen Verhältnissen. Nach Aufenthalten in Coburg, Marburg und Konstanz, wo er zunächst das Töpferhandwerk erlernte – sein Bruder Maximilian ging in die Schneiderlehre –, kehrte Mörlin nach Coburg zurück, wo er von Wolfgang Höfler20 unterrichtet wurde, und bezog im Wintersemester 1531/32 achtzehnjährig die Universität Wittenberg. Dort erlangte er 1535 den Grad eines Magister Artium; am 18. Januar 1536 heiratete er Anna Cordes, Tochter des Bürgermeisters von Themar bei Schleusingen; am 17. Februar 1538 wurde Mörlin Mitglied der Wittenberger Artesfakultät, am 10. August 1539 erfolgte seine Ordination zum Predigtamt durch Johannes Bugenhagen und seine Berufung als zweiter Diakon an der Wittenberger Stadtkirche. Auf eine Anfrage des Grafen Günther XL. von Schwarzburg empfahl Luther ihn für die Superintendentur in Arnstadt. Am 16. September 1540 wurde Mörlin in Wittenberg zum Doktor der Theologie promoviert, sechs Tage später reiste er nach Arnstadt ab.21 Da Mörlin seiner Gemeinde bis hin zum Grafen bei entsprechenden Anlässen heftig ins Gewissen redete, erhielten er und seine Diakone auf Martini 1543 ihren Absetzungsbescheid, allerdings mit einer üblichen Frist, so dass sie noch bis Ostern 1544 ihr Predigtamt versehen konnten.22 Mörlin folgte im Mai 1544 einer Berufung durch den Göttinger Rat auf die dortige Superintendentur. Mörlins entschiedene Ablehnung des Augsburger Interims hatte zur Folge, dass Herzog Erich II. von Braunschweig-Lüneburg auf seine Entlassung drang, die schließlich am 17. Januar 1550 erfolgte.23 Von Herzog Albrecht von Preußen wurde Mörlin noch im selben Jahr zum Pfarrer und Professor in Königsberg berufen. Im Streit über die Rechtfertigungslehre Andreas Osianders nahm er zunächst eine vermittelnde Position ein. Doch seit dem Frühjahr 1551 griff er Osiander an und später auch Herzog Albrecht, der Osiander schützte. Aufgrund dieser Vorkommnisse verließ Mörlin das Herzogtum im Jahr 1553, um als Superintendent nach Braunschweig zu gehen. Mörlin konnte in der Folgezeit eine reiche Wirksamkeit entfalten, seit 1554 unterstützt durch seinen Koadjutor und späteren Nachfolger Martin Chemnitz. Dabei erstreckte sich sein Wirkungsbereich weit über seinen unmittelbaren Zuständigkeitsbereich Braunschweig 20 Dieser war erst Anfang 1530 aus Wittenberg zurückgekehrt. Vgl. MBW.T 4, Nr. 860 (CR 2, 11, Nr. 657) (Melanchthon am 5. Januar 1530 in Leipzig, an Johannes Fesel in Coburg). Höfler war etwa 30 Jahre in Coburg als Schulmeister tätig und wurde mehrmals (1551, 1555, 1561, 1563) zum Bürgermeister gewählt (vgl. http://www.anton-praetorius.de/downloads/Buergermeister_in_Coburg.pdf. [unidentifizierte Vorlage ca. 1910], S. 171, 174). 21 Versehen mit einem Empfehlungsschreiben Melanchthons an den Gothaer Superintendenten Friedrich Myconius (MBW 3, Nr. 2505, vom 22. September 1540). Bei ihrer Ankunft am 26. September 1540 erhielten Mörlin und Christoph Lasius, der als Diakon an die dortige Barfüßerkirche berufen war (zu seiner Vita vgl. unsere Ausgabe Bd. 6, Nr. 4, Einleitung, S. 168f), vom Arnstädter Rat je ein Fäßchen Wein und eine Fuhre Kohlen; Anfang 1541 – d. h. wohl zu Weihnachten (bzw. schon im Advent) 1540 – erfolgte die offizielle Amtseinführung. Vgl. Noack/Splett, Mark Brandenburg, 334. 22 Vgl. Wagenmann/Lezius (wie Anm. 19), RE³ 13 (1903), 238,54 –239,6. 23 Vgl. Wagenmann/Lezius (wie Anm. 19), RE³ 13 (1903), 239,22–37.

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hinaus; er war an zahlreichen überregionalen Beratungen beteiligt und schaltete sich in die zeitgenössischen theologischen Auseinandersetzungen ein. Am 11. August 1567 erreichte eine preußische Gesandtschaft die Freigabe Mörlins durch den Braunschweiger Rat, und er wurde Bischof von Samland. Am 23. Mai 1571 starb er an den Folgen einer Blasenoperation und wurde im Königsberger Dom beigesetzt.

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2.2 Georg von Venediger Auf24 dem Rittersitz Venedien25 bei Mohrungen26 in Ostpreußen wurde Georg von Venediger (Venetus) als Sohn des Martin von Venediger und seiner Ehefrau Katharina von Rauschke im Jahr 1519 geboren; ehe er sich im Wintersemester 1536/37 an der Leucorea immatrikulierte, besuchte er den Unterricht bei dem Lutherschüler Johann Gramann (Poliander)27 in Königsberg. Über das Wittenberger Studium Venedigers ist nichts Näheres bekannt, er war zeitweilig Stipendiat des preußischen Herzogs Albrecht I. von Brandenburg(-Ansbach). Am 2. Oktober 1550 wurde er unter dem Vorsitz Melanchthons, der ihn schon an Herzog Albrecht empfohlen hatte, zum Doktor der Theologie promoviert. Seit 1552 amtierte Venediger als Theologieprofessor an der Universität Königsberg. Im Osiandrischen Streit trat er auf die Seite Mörlins und Hegemons, Anfang 1556 wurde er darum seines Amtes enthoben bzw. trat zurück. Im Juni 155628 folgte er der Berufung auf eine theologischen Professur an der Universität Rostock; wegen Differenzen mit dem Rat amtierte er, anders als vorgesehen, nicht zugleich auch als Pfarrer an der dortigen Marienkirche, unterstützte aber den Pfarrer an St. Nicolai. 1557 führte von Venediger mit Tilemann Heshusius29 eine Visitation durch; als Gesandter des Herzogs Johann Albrecht I. von Mecklenburg reiste er nach Wittenberg, um bei Melanchthon die Möglichkeiten eines Ausgleichs mit den Anhängern des Flacius auszuloten. Am 8. September 1558 wurde Venediger durch Herzog Philipp von Pommern zum Superintendenten von Kolberg30 im Bistum Cammin31 ernannt und war in dieser Funktion an der Erarbeitung der Kirchenordnung für Pommern beteiligt, die 1563 veröffentlicht wurde. Im selben Jahr wurde Venediger zum Generalsuperintendenten er24

Zum folgenden vgl. TAV Nr. 64, S. 355 –358. Heute: Wenecja. 26 Heute: Morąg, Polen. 27 Vgl. Heinz Scheible, Art. Gramann, in: RGG4 3 (2000), 1245f: „... einer der Reformatoren des Herzogtums Preußen, insbes. auch des Schulwesens.“ 28 Vgl. die Immatrikulation an der Universität Rostock, Sommersemester 1556, Nr. 22 (vgl. http://matrikel.uni-rostock.de/id/100024847, zuletzt besucht 15.11.2021). 29 Zu seiner Vita vgl. unsere Ausgabe Bd. 6, Nr. 12, S. 460f. 30 Heute: Kołobrzeg, Polen. 31 Das Bistum wurde im 12. Jahrhundert gegründet, Hauptort: Cammin in Pommern (heute: Kamień Pomorski, Polen); 1545 wurde der Stettiner Kanzler Bartholomäus Suawe als erster evangelischer Bischof gewählt, er legte 1549 sein Amt wegen des Augsburger Interims nieder. Ab 1556 verwalteten die pommerschen Herzöge das Bistum. 25

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nannt. Bereits am 25. Dezember 1560 hatte er Sophia von Tessmer geheiratet. Am 6. September 1567 wurde Venediger von Herzog Albrecht I. von Brandenburg(-Ansbach) zum Bischof von Pomesanien ernannt und von Joachim Mörlin, inzwischen Bischof von Samland, in sein Amt eingeführt. Am 3. November 1574 starb Georg von Venediger in Liebemühl.32 2.3 Petrus Hegemon Hegemon33

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wurde um 1512/13 in Ansbach (Markgrafschaft BrandenPetrus burg-Ansbach) geboren. Am 29. Oktober 1533 wurde er an der Leucorea immatrikuliert, im Januar 1537 folgte die Promotion zum Magister Artium. Anschließend wirkte er an der Lateinschule in Königsberg (Ludus Kneiphofianus) als Lehrer und Rektor. Am 16. August 1541 erbat er sich eine Freistellung vom Schuldienst, um seine Studien in Wittenberg fortzusetzen; er erhielt ein Stipendium. Am 17. September 1545 wurde Hegemon von Georg Major zum Doktor der Theologie promoviert. Wenige Tage später, am 30. September, wurde er von Johannes Bugenhagen d. Ä. ordiniert und übernahm das Pfarramt am Königsberger Dom sowie eine außerordentliche Professur an der dortigen Universität. Als Joachim Mörlin in das Pfarramt am Dom berufen werden sollte, wechselte Hegemon an die Löbenichtsche Kirche. Hegemon starb als herzoglicher Rat am 26. März 1560 in Königsberg.34 3. Inhalt

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Dem Haupttext gehen einleitend zwei Widmungsschreiben voran. Das erste, datiert auf den 27. Februar 1552, ist an Herzog Albrecht in Preußen gerichtet, den Landesherrn der streitenden Parteien. Unter Hinweis auf den Arianischen Streit in der Alten Kirche stellen die Unterzeichner fest, dass man in der Tat nicht leichtfertig Unruhen in der Kirche verursachen solle, dass es aber andererseits unbedingt erforderlich sei, verderblichen Irrlehren möglichst frühzeitig und entschieden entgegenzutreten. Da Osiander eine schädliche neue Lehre hinsichtlich zentraler Glaubensinhalte propagiere, noch dazu nicht nur in Predigten und Vorlesungen, sondern sogar im Druck, sehe man sich verpflichtet, ihm zu widerstehen. Dabei legen die Verfasser den Gedanken nahe, Herzog Albrecht sei von Osiander in ähnlicher Weise missbraucht worden wie Kaiser Konstantin der Große durch den Ketzer Arius. Die zweite Vorrede, datiert auf den 7. Dezemer 1551, gilt „allen gottseligen, frommen, christlichen Herzen“. Darin identifizieren die Verfasser zwei Strategien des Teufels zur Zerstörung der Kirche: von außen gewaltsame Verfolgungen, von innen Irrlehren und daraus resultierende Spaltungen. Der Teufel 32

Heute: Miłomłyn, Polen. Gräzisiert aus: Herzog. Zum folgenden vgl. TAV Nr. 60, S. 342f. 34 Hartknoch, Preussische Kirchen-Historia, Bd. 1, S. 400 gibt „den 20. Martii“ als Sterbetag an, evtl. handelt es sich dabei aber um einen Druckfehler. 33

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verstärke seine Anstrengungen nun, da das Ende nahe, und dazu bediene er sich auch der Irrlehre Osianders. Dieser schließe Leiden und Sterben Christi aus dem Rechtfertigungsartikel aus und propagiere seine Auffassung in öffentlichem Druck. Dabei verunglimpfe er seine Kollegen und missbrauche überdies das Ansehen des Herzogs Albrecht, den er in die Streitigkeiten verwickelt habe. Die Verfasser betonen, dass sie nicht aufgrund von Ressentiments handelten, sondern aus Gewissensnot, ohne Rücksicht auf ihr persönliches Wohlergehen. Mit einer Disputation habe man den Streit nicht beilegen können, auch die sonstigen Vermittlungsversuche des Herzogs seien fehlgeschlagen, zumal Osiander Verabredungen nicht eingehalten und seine Gegner verächtlich behandelt habe. Wegen der hohen Bedeutung der Angelegenheit habe man die Auseinandersetzung schriftlich führen wollen. Das in diesem Zusammenhang erstellte Bekenntnis lege man nun öffentlich vor, um es Osianders Schrift „Von dem einigen Mittler“ entgegenzusetzen, da es zu einer allgemeinen Synode nicht gekommen sei. Osiander sei im übrigen auch als Konsistorialpräsident untragbar. Haupttext: Lehrbekenntnis zur Rechtfertigung und Widerlegung Osianders Osiander habe den Eindruck erweckt, als leugneten seine Gegner, dass Christus in den Gläubigen wohne, und als zertrennten sie die Person Christi, um seine göttliche Natur von jeglicher Beteiligung am Rechtfertigungsgeschehen auszuschließen. Darum wollen die Verfasser in einem ersten Hauptteil die christliche Lehre von der Rechtfertigung darlegen, wie sie sie bisher gemäß der Heiligen Schrift vertreten haben; der zweite Teil soll der Widerlegung der Kernaussagen Osianders dienen. Die Darlegungen des ersten Hauptteils sind untergliedert in zwei Abschnitte: (I.1) Vom Gesetz und Reich der Sünde. Das Gesetz zeichnet den Menschen, wie er anfangs von Gott geschaffen war. Unter dem Einfluss des Teufels missbrauchte der Urmensch seinen freien Willen zum Ungehorsam gegen Gott, und so verfiel die gesamte Menschheit in Sünde und Schuld. Das Gesetz soll aus innerem Antrieb, von ganzem Herzen, ganzer Seele und allen Kräften erfüllt werden. Dazu ist kein Mensch fähig. (I.2) Vom Evangelio und Reich der Gnade. Um die Menschheit vom Fluch der Sünde zu befreien, wurde Gottes Sohn Mensch und leistete dem Gesetz vollständigen Gehorsam bis zum Tod am Kreuz. Auch wenn er das Leiden in seiner menschlichen Natur ertrug, so war doch die göttliche Natur gleichwohl beteiligt und nahm Tod und Teufel die Macht. Durch diese Erlösung sind diejenigen, die sie im Glauben annehmen, gerechtfertigt, von Sünde und Tod befreit und zum ewigen Heil bestimmt. Dies wurde durch die mündliche Predigt und mittels äußerer Zeremonien bereits vor Christi Menschwerdung den damals Lebenden verkündet, und diese Predigt dauert an bis zum Ende der Welt und lädt alle Menschen an den Tisch der Gnade. Der Glaubende, der sich ganz und gar darauf verlässt,

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wird mit Christus verbunden und von seinem Geist erfüllt. Darin gründet die christliche Hoffnung. Der zweite Hauptteil, der sich insbesondere der Widerlegung der Lehre Osianders widmet, gestützt auf Gottes Wort, ist in sechs Abschnitte unterteilt: (II.1) Dass Rechtfertigung und Erlösung ein Ding sei. Beide Parteien sind sich einig in der Aussage, das Christus, Gott und Mensch, die Gerechtigkeit der Gläubigen sei; unterschiedlich ist die Auffassung, wie dies näherhin zu verstehen sei, denn Osiander schreibt dies nicht der menschlichen, sondern allein der göttlichen Natur Christi zu. Osiander unterscheidet allerdings deutlich zwischen Erlösung und Rechtfertigung. Die Erlösung sei vor 1500 Jahren geschehen, die Rechtfertigung aber geschehe jeweils zu Lebzeiten der Gläubigen. Diese Differenzierung sei aber nicht aus der Schrift zu begründen, vielmehr sei beides gleichermaßen Ergebnis des Leidens und Sterbens Christi. Osiander schätze das mündliche Wort und die Predigt gering, ganz im Gegensatz zu Paulus. (II.2) Dass Christus in uns wohne und nach beiden Naturen unser Leben sei. Osiander lehrt, dass das Evangelium Christus in die Herzen der Gläubigen bringe, wo er mit dem Vater und dem Geist wohne. Dabei konstruiere er künstlich einen Gegensatz zu nicht näher identifizierten Gegnern. Diese Aussage sei jedoch gar nicht strittig. Wohl aber nehme man Anstoß an der Interpretation von I Joh 4,2f in dem Sinne, als müsse man die Einwohnung Gottes im glaubenden Menschen als leibhaftige, persönliche Vereinigung auffassen, so dass auch jeder Gläubige wahrer Gott und wahrer Mensch zugleich würde. Die heilige Schrift gleiche einem Mosaik aus edlen Steinen, dessen Einzelteile Osiander verwende, um das Bild eines Monstrums daraus zu formen. Die göttliche Natur Christi mache die Gläubigen lebendig, allerdings in enger Verbindung mit seiner menschlichen Natur, diese sei nicht nur ein Mittel, sondern die Schrift sage mit Recht, das Fleisch Christi mache lebendig. Es werden unterstützend Zeugnisse von Luther, Johannes Brenz und Kyrill von Jerusalem angeführt. (II.3) Von dem Wörtlein ‚Rechtfertigung‘. Osiander definiere „rechtfertigen“ als „mit der Tat und Wahrheit gerecht machen“ und wende sich gegen ein Verständnis von Rechtfertigung als Gerechtsprechung und Vergebung der Sünden. Osianders Auffassung sei undeutlich, er spreche davon, die Gerechtigkeit werde eingegossen. Dabei sei die eingegossene Gerechtigkeit einmal die göttliche Natur, ein andermal die Frömmigkeit, die alle anderen Tugenden einschließe, oder auch der Heilige Geist. Auf jeden Fall stimme Osiander mit der Wittenberger Lehre nicht überein, rühme er sich doch, schon sieben Jahre vor Luthers Auftreten reformatorische Erkenntnisse besessen zu haben. Allerdings sei es einhellige Meinung aller Heiligen, dass ihre Gerechtigkeit dadurch zustandekomme, dass Gott aus grundloser Güte um seines Sohnes willen die Sünden nicht zurechne. Osiander werfe seinen Gegnern vor, sie trennten die göttliche und die

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menschliche Natur Christi voneinander, dabei sei gerade dies eine logische Folge von Osianders eigener Konzeption. Das Werk der Erlösung und Rechtfertigung sei vielmehr – mit Luther – der ungeteilten Person des Heilandes zuzuschreiben, nicht einer seiner Naturen allein. (II.4) Von der Gerechtigkeit Gottes. Auch hierin sei Osiander schwankend in seinen Definitionen, die Gerechtigkeit des Glaubens bestimme er bald als die Frömmigkeit, bald als ewige göttliche Natur, die in Christus mit der menschlichen Natur vereinigt sei und diese gerecht mache. Dies sei die Gerechtigkeit des Glaubens, durch die nicht nur die Gläubigen gerecht geworden seien, sondern ebenso Christus selbst, seiner menschlichen Natur nach. Osiander biege sich die Schriftzeugnisse zurecht und beschimpfe seine Gegner in Ermangelung echter Argumente. Es gehe ihm darum, mit einer Neuerung Aufsehen zu erregen, deshalb stelle er die „selbwesende Gerechtigkeit Gottes“ ins Zentrum seiner Rechtfertigungslehre. Auf beharrliche Nachfrage nehme er dann seine Ausflucht dahin, er meine nichts anderes als die Gerechtigkeit Gottes, von der Paulus spreche. Mit Luther stimme Osiander keineswegs überein, denn Luther habe „iustitia Dei“ in den paulinischen Briefen bewusst verdeutscht als „die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt“; er folge damit Übersetzungsgrundsätzen, die sich schon bei Hieronymus finden, und suche vor allem den Sinn zu erfassen und angemessen wiederzugeben. Die Gerechtigkeit des Glaubens werde nach Luthers Auffassung einem Menschen in der Taufe und bei ernstlicher Buße durch den Glauben zuteil, nämlich das Verdienst Christi, sein Leben, Leiden, Sterben und Auferstehen, sein Gang zum Vater. Luther rechne dabei die Rechtfertigung dem ganzen Christus als Person nach seinen beiden Naturen und seinem Werk zu. Osiander hingegen zerreiße diesen Zusammenhang; er trenne die Person vom Werk Christi und teile die beiden Naturen auf; er schreibe der göttlichen Natur die Gerechtigkeit zu, die Gott selbst eigen sei, und sehe den Sinn der Menschwerdung Christi nur darin, diese von Ewigkeit her bestehende göttliche Gerechtigkeit mittels der menschlichen Natur des Gottessohns in die Menschheit hineinzubringen. Damit sei allerdings der Gehorsam Christi, sein Leiden und Sterben, entwertet bzw. funktionslos. Osiander behaupte außerdem, das Gesetz fordere vom Menschen die wesentliche, göttliche Gerechtigkeit. Das füge sich jedoch keineswegs zur paulinischen Entgegensetzung von Glaubensgerechtigkeit und Gesetzesgerechtigkeit. (II.5) Von dem Wörtlein ‚imputare‘, zurechnen. Das für das Verständnis des Rechtfertigungsgeschehens zentrale Wort imputare sei mit Paulus (und Luther) so zu verstehen, dass, was nicht wirklich sei, dennoch dafür gehalten und angenommen werde. Osiander hingegen wolle darunter verstanden wissen, dass ein bestimmter Sachverhalt tatsächlich gegeben sei. Doch Paulus illustriere anhand der Beispiele Abrahams und Davids, dass die Gerechtigkeit vor Gott darin bestehe, dass Gott die Sünde nicht zurechne. Die Gerechtigkeit beruhe nicht auf einem Geschehen im Innern

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des glaubenden Menschen, sondern sei „Gottes Gedanke und Werk, nämlich der freundliche, gnädige, geneigte Wille Gottes, der uns mit den Augen seiner grundlosen Güte und Barmherzigkeit ansieht in Christo Jesu, unserem Erlöser,“35 und uns dessen Gehorsam zurechnet, die Sünde vergibt und uns gnädig annimmt. „Rechtfertigen heißt gerechtsprechen, ledig zählen, absolvieren, Sünde vergeben, Sünde nicht zurechnen, für unschuldig halten.“36 Allerdings liege ein entscheidender Unterschied zum Geschehen vor Gericht darin, dass nicht ein tatsächlich Unschuldiger von falschen Beschuldigungen frei- und gerechtgesprochen werde, sondern Gott rechne den sündigen Menschen die Gerechtigkeit seines Sohnes zu. Dieser habe nicht als Privatperson, sondern als persona publica alle Gerechtigkeit erfüllt und den Vater versöhnt, nicht für sich selbst, sondern für alle Sünder. Darum hätten auch die Erzväter bereits auf den Tag Christi gehofft, auf seinen Wandel auf Erden als Mensch, Hoherpriester und Mittler zwischen Gott und der sündigen Menschheit. Wer Christus annehme im Wort durch den Glauben, der sei wahrhaftig gerecht, weil Christus in ihm sei. Dementsprechend sei unter Gerechtigkeit Gottes bei Paulus die Gerechtigkeit zu verstehen, die vor Gott gilt, und diese Bezeichnung komme allein Christus zu. (II.6) Von der communicatione idiomatum und wie Christus unsere Gerechtigkeit sei. Es sind zweierlei Idiomata in Christus zu unterscheiden, zum einen Eigenschaftsaussagen, die den einzelnen Naturen zugehören, und zum andern solche, die seinem Amt oder seiner Person insgesamt zugehören. Osiander möchte die Gerechtigkeit nur der göttlichen, nicht aber der menschlichen Natur Christi zuschreiben. Die Gegner hingegen schreiben sie der unzertrennten Person Christi zu, so dass sie von jeder der beiden Naturen ausgesagt werden könne, ohne jedoch die jeweils andere dabei auszuschließen. Bestimmte Eigenschaften gehörten den jeweiligen Naturen zu – die Wundertaten der göttlichen, das Leiden und Sterben der menschlichen –, aber in der Person Christi sei die jeweils andere Natur beteiligt. Die menschliche Natur allein wäre nicht in der Lage, die Erlösung der Welt zu bewirken, „dieweil aber die Person Christi stirbt, welche gleichwol wahrer Gott ist und bleibt, so ruckt nun die Gottheit in diesem Tod hindurch, tötet die Sünde, würgt vnd ersäuft den Tod in diesem Tod und Blut, darin er die Sünde und unsern Tod getragen hat, gießt damit die Flammen der Hölle aus, besprengt also unsere Herzen im Wort, in der Taufe, im Abendmahl Christi mit dem Blut, damit wir durch diesen Tod und Opfer gereinigt (...) und heilig werden“.37 Diese Auffassung wird mit Zitaten aus der Bibel, Schriften von Kirchenvätern und Luther belegt. Die Vernunft vermöge den Sachverhalt nicht zu erfassen. Osiander miss-

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Unten Bl. Q2r. Unten Bl. Q2v. Unten Bl. S3v.

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deute mutwillig die einschlägigen Schriftworte. Luther habe bereits vor der Entstellung der evangelischen Lehre gewarnt. Abschließend beteuern die Verfasser ihr Festhalten am evangelischen Bekenntnis, erbitten Stellungnahmen christlicher Lehrer und Brüder, beklagen, dass die Kirche auch von Leuten im Stich gelassen werde, die dazu berufen seien, ihr beizustehen, und bitten um ein baldiges Weltende.

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4. Ausgabe Es kann eine Druckausgabe des Texts nachgewiesen werden: A: Von der Rechtferti= || gung des glaubens: || gründtlicher warhafftiger be= || richt / auß Gottes Wort / etlicher Theolo= || gen zu KFnigsberg jn Preussen. || Wider die newe verfürische v] || Antichristische Lehr. ANDREAE OSIANDRI, || Darinnen er leugnet das Christus jn seinem || vnschFldigen Leiden vnd sterben / vn= || ser Gerechtigkeit sey. || Psalm 10. || Sein mund ist voll fluchens / falsches vnd || truges / Seine zunge richtet mFhe vnd ar= || beit an. || Psalm 140. || Ein b=se Maul wirdt kein glFck haben || auff Erden. || Gedrückt zu Künigs= || berg in Preussen. Den 23. May. || 1 5 5 2. (VD 16 V 561) Vorhanden: BERLIN, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz: Dm 1140 R BUDAPEST, Országos Széchényi Könyvtár (Nationalbibliothek): Ant. 2538(18) DESSAU-ROßLAU, Anhaltische Landesbücherei: Georg 1469 (1) DRESDEN, Sächsische Landes- und Universitätsbibliothek: Hist.Brit.E278m, misc.3 GOTHA, Forschungsbibliothek: Theol.4 684/1(3) HALLE, Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt: AB 154 437(4) HANNOVER, Stadtbibliothek: 5 an: Ratsbibl. 8 Nr. 182 LÜNEBURG, Ratsbücherei: Th 882(2) MÜNCHEN, Bayerische Staatsbibliothek: 4 Polem. 2269#Beidb.3; 4 Polem. 362 MÜNCHEN, Bibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität 4 Theol.643:4 WIEN, Österreichische Nationalbibliothek: 20.Dd.602 [benutztes Exemplar] WOLFENBÜTTEL, Herzog August Bibliothek: 140.8 Theol.(3); 231.155 Theol.(2); 235.12 Theol.(7); 251.18 Theol.(2); H 411.4 Helmst.(1); S 228.4 Helmst.(7); S 230d.4 Helmst.(9) Die Ausgabe enthält auf Bl. X4r eine Corrigenda-Liste, deren Einträge im Editionstext berücksichtigt sind.

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[1v:] Dem Durchleuchtigisten hochgebornen Fürsten vnd herrn, herrn Albrechten dem eltern, Marggrafen zu Brandenburg, in Preussen, zu Stetin, Pomern, der Cassuben1 vnd Wenden Hertzog, Burggrafen zu NFrenberg2 vnd FFrsten zu Rugen,3 vnserm Genedigsten herren vnd lieben LandesfFrsten. 5

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Gnadt vnd fried von Gott dem Vater vnd vnserm Herren Jhesu Christo, sampt vnterthenigen erbieten vnsers schuldigen gehorsams vnd fleissigen gebets zuvoran.4 Durchleuchtigster Hochgeborner FFrst, Gnedigster herr! Nachdem Arius5 den greulichen lermen6 wider den fromen Bischoff Alexandrum7 erwecket vnd das schedliche fewer angesteckt hatte, das nachmals mit grosser mFhe vnd saurer arbeit aller fromen Veter in viel hundert jaren vnd bis auff heutigen tag nicht hat kunden gantz vnd gar gelescht werden, lies sich der handel gleich wFnderlichen vnd seltzame ansehen. Also das auch Constantinus,8 der frome Keiser, die sache darfur hielt,9 als were es ein heimlicher groll vnd Alexander fFre10 zu geschwind vnd hefftig. Derhalben [2r:] er auch an beide teil11 schrieb vnd als ein weiser, kluger FFrst sie zum fried vnd einigkeit gleich mit ernstlichen worten vermahnete. Vnd ist nachmals bey grossen verstendigen je vnd allezeit das ansehen gewesen, wo in der Religion vnd Glaubens sachen spaltung wider die jrrige Geister entstanden, das es vernunfftige, kluge leuth fur nichts anderst denn ein wortgezenck vnd mFssigen, vnnFtzen hader gehalten haben. Vnd klaget die Historia Tripartita,12 das die Gothen, die vor derselbigen zeit in rechter Christlicher Religion rechtschaffen bericht13 gewesen, durch Eudoxium,14 einen b=sen buben zur zeit des Keisers Valentis,15 vnter dem schein 1

Kaschuben. Nürnberg. 3 Rügen. 4 vorab, zuerst, zunächst, voran. Vgl. Art. zuvoran, in: DWb 32, 887. 5 Arius, Presbyter in Alexandria und Leiter einer der dortigen Hauptkirchen, vertrat eine subordinatianische Christologie und löste damit (um 318) den sog. Arianischen Streit aus. Vgl. dazu allg. Beyschlag, Grundriß 1 (²1987), § 14 (S. 254–308). 6 Aufruhr. Vgl. Art. Lärm 4), in: DWb 12, 203f. 7 Bischof Alexander von Alexandria amtierte 312–328. Zu seiner Vita vgl. Rowan Williams, Art. Alexander von Alexandrien, in: RGG4 1 (1998), 286f. 8 Konstantin d. Gr., römischer Kaiser, berief für 325 eine Synode nach Nicäa (heute İznik, Türkei) ein, auch um eine Beilegung der innerchristlichen Streitigkeiten zu erreichen. Vgl. Hanns Christof Brennecke, Art. Nicäa, Ökumenische Synoden. I. Ökumenische Synode von 325, in: TRE 24 (1994), 429–441. 9 einschätzte. Vgl. Art. halten B.II.11.f), in: DWb 10, 298. 10 verfahre, gehe vor. Vgl. Art. fahren 12), in: DWb 3, 1253–1255. 11 Streitparteien. Vgl. Art. Theil 2.a), in: DWb 21, 351f. 12 Cassiodor/Epiphanius Scholasticus, Historia ecclesiastica tripartita VIII 13,21–24 (CSEL 71, 488–489). Vgl. Theodoret von Kyrrhos, KG IV, 37 (BKV² 51, 259f); ferner Sozomenos, KG 6, 37,2–12 (FChr 73/3, 816–821). 13 unterrichtet, unterwiesen. Vgl. Art. berichten 5), in: DWb 1, 1523. 14 Vgl. Adolf Lippold, Art. Eudoxios 1., in: KP 2 (1967), 408. 15 Flavius Valens, römischer Kaiser im Osten ab 364, im Gesamtreich 375–378. Vgl. Adolf Lippold, Art. Valens 2. Flavius V., in: KP 5 (1975), 1090f. 2

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Arianisch worden, dieweil er fFergab, es were allein das der handel,16 das ein teil einerley meinung mit andern worten redete dan das ander, sonst were der sachen halben kein streit. Vnter dem nahmen sind die armen leuth heimlich beschlichen17 vnd eingenohmen, das die Arianische gifft bey jnen von dem an hat eingerissen vnd mechtig vberhand genohmen. Wiewol es nu wahr ist, das man vmb geringer vrsachen willen in keinem regiment einigen lermen oder trennung sol leichtfertiglichen anrichten, sonderlichen aber in der Kirchen, da es ohn ergernis vnd grossen mercklichen schaden viel armer gewissen nimmermehr nicht18 abgehet, so ist doch aus angezogenem exempel vnd dergleichen anderer viel mehr das auch wahr, das keine sache so gering sol geschatzt vnd in verachtung gesetzt werden, wo man spFret, das verkleinerung der reinen lere volgen wil vnd die heubtsach schaden leiden, da soll jedermeniglichen, [2v:] vnd in sonderheit vor allen andern die diener des Worts als die getrewen Hirten, fest halten, wachen vnd fleissig zusehen,19 wie Paulus vermanet Acto. 20 vnd er selbst auch thut.20 Der hat gar ein geringschetzigen21 handel vor der handt, wie er jn dan selbst verkleinet, vnd wil, man sol gar keine trennung daraus machen, was man esse oder nicht esse, eine zeit fFr die ander halt oder nicht, Rom. 14.22 Vnd dannoch, dieweil es ein vnrichtikeit (wie ers nennet) vnd der reinen Lehr des Euangelij schaden bringen wil, stehet er hart vnd fest entgegen. Nicht den geringsten vnter den Aposteln, sondern demjenigen, so fur eine seule der Kirchen gehalten wardt, wie er bekennet Gall. 2.23 Vnd das frey offentlichen vor der gantzen Gemein zu Antiochia.24 Vnd werden ohne zweiffel viel klFgling25 vnd vernunfftiger leut gewesen sein, auch vnter denen, die do haben wollen Christen sein, die jenen26 solche vnbescheidenheit27 vnd geschwinde28 handlung wider eine solche treffliche person nicht wenig haben lassen misfallen, dieweil sie diser sache zu einfeltig vnd nicht haben genugsam vernemen kFnden den mercklichen, vnFberwindlichen schaden, so gewislich eruolget were, wo sich Paulus nicht dermassen ernstlich eingelassen. Dieweil aber er es auß Gottes genaden vernimet, so sihet er auch weder Apostel noch

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Streitpunkt, Streitgegenstand. Vgl. Art. Handel 4.b), in: DWb 10, 371. überrumpelt, unbemerkt eingenommen, überwältigt. Vgl. Art. beschleichen 3), in: DWb 1, 1575. Die Metaphorik kommt aus dem Bereich der Militärstrategie, listige Überrumpelung von Verteidigern eines befestigten Platzes, einer Burg o. dgl. 18 nimmermehr nicht: doppelte Verneinung in verstärkendem Sinne = ganz und gar nicht. 19 sich darum kümmern, darauf achten. Vgl. Art. zusehen 4.c) u. e), in: DWb 32, 821f. 20 Vgl. Act 20,28–31. 21 unbedeutenden. Vgl. Art. geringschätzig 1), in: DWb 5, 3706. 22 Vgl. Röm 14,1–6. 23 Vgl. Gal 2,9. 24 Vgl. Gal 2,11–14. 25 Besserwisser. Vgl. Art. Klügling 1), in: DWb 11, 1287. 26 ihnen = sich. 27 Rücksichtslosigkeit. Vgl. Art. Unbescheidenheit 3), in: DWb 24, 340. 28 strenge, scharfe, heftige. Vgl. Art. geschwind 6), in: DWb 5, 3996. 17

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Engel ahn, greifft darein vnd wehret mit allem ernst, Gott geb,29 wem es gefall oder nicht, da fraget er gar nichts nach. Es gefall aber der vernunfft, wie es wolle, so gefelt ohn einigen zweiffel solcher eiferiger ernst dem lieben Gott wol. Sonderlichen wan es vmb die rech[3r:]ten gewaltigen heubtstFck Christlicher Lehr zu tuhn ist. Da wil keines schlaffens noch schlumerns sein, es sey der handel auch wider wen er wolle, sondern ein solcher beherzter mFth, wie Basilius sagete, das man jm lieber lasse alle marter vnd einen schmelich todt anlegen, ehr dan man von Gottes wort auch nur eine silben liesse verkeret oder verrFckt werden.30 Vnd sind das nicht wort, die auß einem leichtfertigen, vnachtsamen hertzen gefallen weren, sondern der teure man hat sie ahne zweiffel auß dem heiligen Geist selbst gered. Dan es ist auch jn Gottes Wort keine silben, ja kein buchstab noch tittel,31 wie Christus lehret Matt. 5., er ist edeler, tewrer, k=stlicher vnd mehr werdt dan himel vnd erden.32 Darumb man auch billich das solte zu hertzen fFren vnd gedencken, wann gleich alle reich vnd regiment der erden solten zu trFmer gehn, wan man einen buchstaben wider falsche Lehr, des Teuffels toben vnd wFtten, behelt (wollen geschweigen den gantzen Catechismum vnd reine Lehr), so ists alles reichlich widerumb vergnFget33 vnd nichts verloren, dan alle Keiser, alle gewaltige KFnige der welt vermFgen mit allem jrem reichthumb keinen Catechismum, keine Predig zu bezalen. Es ist das edele Pernle,34 darFber alles darzusetzen vnd zu uerkauffen, damit wirs mFgen bekommen, Matt. 13.35 Auß dieser vrsach haben wir, Genedigster FFrst vnd herr, vns auch wider die schedliche newe Lehr Andreae Osiandri erstlich gFtlich mit bittlichem, fruntlichem, demFtigem suchen, nachmals mit ernstlichen widerstandt durch Gottes Wort eingelassen, zweiffeln nicht, E. F. D.36 sampt alle denjenigen, was frome, [3v:] rechtschaffene, gleubige hertzen sind, die werden jenen37 solch vnser Christliches, billiches fFrnehmen genediglichen gefallen lassen, denn 29

egal, ungeachtet. Vgl. Art. geben 20.b), in: DWb 4, 1708f. Vgl. Theodoret v. Kyrrhos, Historia ecclesiastica IV, 16 [bei Froben, Stephanus u. Valesius: 19]; er teilt eine Antwort von Basilius d. Gr. an einen Präfekten des Kaisers Valens mit (PG 83, 1160D): „... Οἱ δὲ τοῖς θείοις λόγοις ἐντεθραμμένοι, προέσθαι μὲν τῶν θείων δογμάτων οὐδεμίαν ἀνέχονται συλλαβὴν, ὑπὲρ δὲ τούτων καὶ πάσας, εἰ δέοι, τοῦ θανάτου τὰς ἰδίας ἀσπάζονται. Τὴν δὲ βασιλέως φιλίαν μέγα μὲν ἡγοῦμαι μετ’ εὐσεβείας, δίχα δὲ ταύτης, ὀλεθρίαν ἀποκαλῶ.“ (... at qui sacris Litteris sunt innutriti, ne unam quidem syllabam divinorum dogmatum sperni sinunt; pro his vero, si res poscat, nullum genus mortis refugiunt. Imperatoris porro amicitiam cum pietate conjunctam magni facio: absque hac, perniciosam dixero.) (Vgl. BKV² 51, 232). – Vgl. Sozomenos, Historia ecclesiastica 6, 16,4–6 (FChr 73/3, 722,22–724,14). – Gregor v. Nazianz, Oratio 43,48–50 (Funebris oratio in laudem Basilii Magni) (PG 36, 357–360). 31 Tüpfelchen. Vgl. Art. Tüttel m., in: DWb 22, 1949f. 32 Vgl. Mt 5,18. 33 in Ordnung gebracht. Vgl. Art. vergnügen 4), in: DWb 25, 465f. 34 Perlchen, kleine Perle. Vgl. Art. Perlenkranz, in: DWb 13, 1554. 35 Vgl. Mt 13,45f. 36 Euer Fürstliche Durchlaucht. 37 ihnen = sich. 30

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wir sind darumb hirten vnd wechter, nicht das wir zu dem m=rdlichen fFrnehmen des Teufels solten schweigen oder stil sein, wo wir eine schedliche brunst38 sehen auffgehen, sondern das wir alle welt auffmahnen mit dem glockenschlag vnd hellen schal der Posaunen, wie vns den der frome Gott befohlen hat, Jsai. 58. vnd Ose. 8.39 Vnd solten wir biß daher seumig worden sein, so wehren wir nicht allein als fFr diejenigen, so jres schFldigen gehorsams gegen Gott, sondern auch aller ehr vnd trewe gegen E. F. D. vnd die ehlende arme Kirchen dises gantzen FFrstenthumbs vergessen hetten, vnd also trewlose, flFchtige mietling40 von meniglichen billich darFber gescholten worden. Das haben wir aber von Christo, vnserm geliebten heilandt vnd ertzhirten, nicht, sondern das gegenspiel41 gelernet, das wir dem reissenden Wolff entgegen komen42 sollen, der vns, vnsern fromen vnd lieben LandsfFrsten, vnsere frome Pfarkinderchin Christi auß allerley stenden wFrgen,43 fressen vnd verschlingen wil, vnd wollens, ob Gott wil, hinfFrder noch thun, wan vns auch solt an leib vnd guth wehe geschehen. Dieweil aber Osiander sein newe schFldige schwermerey nicht benFget,44 von der Canzel vnd in Lectionibus außzugeben, sondern auch jn offentlichem druck dieselbige seine gifft außgebreitet hat, als haben wir dargegen auß Gottes wort vnsere Confessionem sampt guter bestendiger widerlegung seines jrr-[4r:] thumbs zusamengetragen, welche wir E. F. D., als vnserm Genedigen lieben LandsfFrsten, jn aller demut zu vntertheniger dancksagung vnd ehrerbitung hiemit thun offerirn45 vnd dedicirn,46 gantz demFtiklichen bittende, E. F. D. wolte dieselbige mit allen gnaden von vns annemen, vnsern gehabten fleis fFr Gottes ehr, jre F. D. vnd arme Land vnd Leut genediklichen gefallen lassen. Dan wir darinnen ja nichts anderst gesucht, dan das die reine Lehr vnd ewige vnFberwindtliche warheit erhalten, falschen jrthumb, damit Gottes namen grausam greulich verlestert, die armen sehlichin,47 so Gott mit seinem tewren blut erworben hat, geergert vnd verfFret, m=chte gestewret werden, wie vns des der liebe frome Gott vnd vnser gewissen zeugniß geben.

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Feuersbrunst; Leidenschaft. Vgl. Art. Brunst 1) u. 9), in: DWb 2, 437–439. Vgl. Jes 58,1; Hos 8,1. 40 Vgl. Joh 10,12. 41 Gegenteil. Vgl. Art. Gegenspiel 1), in: DWb 5, 2262f. 42 entgegen kommen = entgegentreten, bekämpfen. Vgl. Art. gehen II.24.c), in: DWb 11, 1660f. 43 grausam ermorden, hinschlachten, niedermetzeln. Vgl. Art. würgen I.B.2.b) u. c), in: DWb 30, 2202–2204. 44 (es ihm nicht) genügt, (er sich nicht damit) zufrieden gibt. Vgl. Art. benügen 2), in: DWb 1, 1476. 45 darbieten. Vgl. Art. offerieren, in: DWb 13, 1183. 46 widmen, zueignen. Vgl. Art. dedicieren, in: Fnhd. Wb. 5.1, 344. 47 Seelchen. 39

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Haben also auß keiner vermessenheit, sondern in aller GottesfFrcht hierinne gehandelt vnd vns des getrost, das der liebe Gott (des diese sache gantz vnd gar eigen)a die Kirche auch, vnd ahne zweiffel seine vnd seiner Kirchen widerwertigen,48 zu seiner zeit wol finden wird,b der richtet auch auß dem mund der jFngen Kinder vnd seuglinge eine macht zu, damit ER vertilge den feind vnd rachgierigen.49 Demselbigen getrewen fromen Vater jm himel befehlen wir E. F. D. als vnsern lieben LandsfFrsten, mit vntertheniger, demFtiger bitt, E. F. D. wolle vnser Genedigster herr sein vnd bleiben. So sind wir fFr derselbigen langwerige50 gesuntheit, glFckselige regirung [4v:] vnd alle friedliche wolfart zu bitten jn allewege nach schFldiger pflicht bereit vnd von hertzen willig. Datum zu KFnigsberg den 27. Februarij jm 1552. Jar.51 E. F. D. vnterthenige gantz willige Georgius Venetus Academiae Rector. Ioachimus Morlin D. Petrus Hegemon D.

[A 1r:] Allen Gotseligen, fromen, Christlichen hertzen wünschen wir Gnad, barmhertzigkeit vnd friede von Gott dem Vater vnd vnserm lieben Herren Jhesu Christo. Wenn man die historien der Kirchen vleissick lesen wil, so findet man fein, das der leidige52 Teufel mit diesen zweien stFcken je vnd alle zeit geschwindt53 vnd hefftig der armen Kirchen zugesetzt, sie beengstiget mit mayn54 vnd mord vnd also mit betrawung55 der offentlichen gewalt wollen kleinmFtig vnd verzagt machen. Oder, wo er vernohmen, das er damit wenig ausgerichtet, sondern die Christen nur daraus dester ernstlicher bey der erkanten warheit steiff a

im Original hier keine Klammer. Wenn der folgende Teil in die Klammer einzubeziehen ist, wäre hier evtl. (zumindest gedanklich) ein „der“ zu ergänzen, in Parallele zu dem „des“ am Beginn, mit Bezug auf Gott. b im Original hier eine schließende Klammer. 48

Gegner. Vgl. Art. widerwärtig 2.e), in: DWb 29, 1368. Vgl. Ps 8,3. 50 lange währende. Vgl. Art. langwierig 1), in: DWb 12, 185f. 51 Im Jahr 1552 fiel auf den 27. Februar der Samstag vor Estomihi, vgl. Grotefend, S. 196. 52 widerwärtige. Vgl. Art. leidig 3), in: DWb 12, 675f. 53 ungestüm, leidenschaftlich, scharf. Vgl. Art. geschwind 4), in: DWb 5, 3995. 54 Verbrechen. Vgl. Art. Mein, in: DWb 12, 1912: „nur in der allitterierenden formel mein und mord bis in das 16. jahrh. übrig geblieben, eine formel, die zugleich den sinnlichsten und jedenfalls ursprünglichen begriff des wortes bewahrt hat, da es nach dem altnordischen zunächst körperliche verletzung, wunde bedeutet, und erst von da aus in den allgemeinern sinn des verbrechens, frevels, unrechts, auch der falschheit übergeht“. Vgl. a. „Meineid“; ferner lat. „minae, -arum“ = Drohungen. 55 Bedrohung. 49

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vnd vehst gestanden sind, so hat er aus jrem eigenem hauffen vnd mittel56 etwan57 stoltze, freidige58 geister erwecket, die niemand weichen, noch einigen meister haben leiden k=nnen, sondern dahergefaren sind mit jrem eigenem vnd newem schwarm,59 damit sie zwispalt, rotten60 vnd allen jamer angerichtet, die armen, einfeltigen hertzen jrregemacht, viel verfuret, etliche schew gemacht vnd also geergert, das sie dem lieben Euangelio feind worden vnd gestracks61 daruon abgefallen sind. Vnd mit diesem an-[A 1v:]dern stFcklein hat er auch am allermeisten den m=rdlichen62 schaden gethan vnd es aus Gottes vorhengnis63 (der beide, die seinen in jrer bestendigkeit damit probiren, die sich nicht von einem jderm winde lassen wiegen,64 vnd der andern vndanckbarkeit also hat wollen straffen) redelichen65 ausgerichtet an vielen orten. Also das die reine lehr verblichen, das rechte erkentnis Christi verloschen vnd dar jegen66 jmmer ein newer schwarm den andern gegeben, bis zuletzt des Euangelij gantz vnd gar ist vergessen worden. Solches treibet er noch heFt bey tage67 vnd wirt nicht auffh=ren bis zum ende der welt, bis so lang er vmb vnsers schentlichen vndancks willen seinen willen geschaffen hat. Des vnd keines bessern haben wir vns zu jm zu uorsehen, denn er kan das reine liebe liecht vnd die einfeltigkeit in Christo, wie es Paulus nennet ij Cor. xj.,68 nicht dulden noch leiden, weil sein reich dardurch zerst=ret wirt vnd er seine gewalt verlieren mus. Vnd hat er darumb solchen lermen69 bald im anfang der welt angefangen vnd nachmals fort getrieben vnd in den schwanck gebracht,70 nicht allein in der welt allenthalben, sondern auch in der heiligen Veter vnd fFrnembsten Patriarchen, als Abraam, Jsaac vnd Jacobs, vnd jrer nachk=mling eigenen heusern, dieweil dieselbige so ernstlichen ob der verheischung von Christo, dem Sahmen des weibes,71 gehalten haben. Der hat dem Teufel den ewigen todt geschworen vnd er jm widerumb ein ewige feindschafft zugesagt. Diesen hader wird vor dem jFngsten tage

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Mitte, inneren Kreis. Vgl. Art. Mittel 3), in: DWb 12, 2382f. einst; gelegentlich, immer wieder einmal (?). Vgl. Art. etwan 2), in: DWb 3, 1184. 58 kühne, unverschämte. Vgl. Art. freidig 3) u. 4), in: DWb 4, 103. 59 Produkt der Einbildung. Vgl. Art. Schwarm 2.a), in: DWb 15, 2285. 60 separatistische Gruppen, Sekten. Vgl. Art. Rotte f. [II] 3.a), in: DWb 14, 1318. 61 geradezu, ohne weiteres. Vgl. Art. gestracks 1.b) u. f), in: DWb 5, 4245f. 62 mörderischen, todbringenden. Vgl. Art. mordlich, in: DWb 12, 2549f. 63 Zulassung, Erlaubnis. Vgl. Art. Verhängnis 2), in: DWb 25, 527. 64 Redensartlich: keine standhafte Haltung pflegen, sondern sich leicht beeinflussen lassen. Vgl. Eph 4,14. 65 wacker, tüchtig (hier ironisch gebraucht). Vgl. Art. redlich 6.b), in: DWb 14, 481. 66 gegen. Vgl. Art. gegen I.4.a.α), in: DWb 5, 2196f. 67 noch heut bei tage = noch heutigentags, noch heute. 68 Vgl. II Kor 11,3. 69 Aufruhr. Vgl. Art. Lärm 4), in: DWb 12, 203f. 70 in (den) Schwang bringen = fördern; in Bewegung, in Gang, in Umlauf, in Schwung bringen; Interesse an einer Sache wecken. Vgl. Art. Schwang 2.f.ε), in DWb 15, 2226f. 71 Vgl. Gen 3,15. 57

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niemands stillen noch s=hnen,72 das nehme jm keiner in seinen sinn, hier hat aller welt [A 2r:] weisheit vnd grosser verstandt ein ende, kan cwider rathenc noch helffen.73 Er wFthet vnd tobet aber sonderlichen zu dieser letzten zeit74 am aller meisten vnd greuligsten, dieweil er weis, sein stFndlein75 ist nicht weit, er mus entlich gar daran vnd dem Sahmen des weibes, vnserm lieben Herrn Christo, vnter die fFes.76 Da, da wil er sein kr=pfflein zuuor an jm auslassen77 vnd sein mFtlein zu guther letzt kFlen,78 darumb erweckt er so viel gewaltiger Tirannen, denen er das hertz also hart wider die arme Kirchen verbittert, das sie ehr79 TFrcken vnd Juden dulden vnd sich freundlich mit jnen vertragen k=nnen denn das arme, ehlende, verlassene, kleine heufflein, das JHESVM Christum mit einem fr=ligem mFndlein bekennet. Was er aber durch dieselbigen nicht kan ausrichten, das thut er zur andern seitten mit so mancherley newen schwermereien. Vnter denen dieser zeit nicht die geringste ist diejenige, so Andreas Osiander alhier im landt zu Preussen von sich gegeben, in welcher er das vnschuldige leiden vnd sterben vnsers lieben heilands JHESV Christi in dem Artickel der Rechtfertigung ausschleust, wie er solches in seiner Confession durch einen =ffentlichen druck hat lassen ausgehen,80 darinnen er vns als seine widersacher mit viel schmelichen worten vbel aushandelt81 vnd sonderlichen in seinem brieff an FFrstliche Durchlauchtigkeit, vnsern genedigsten herren vnd lieben landes FFrsten,82 vber vns hefftig klaget, mit was grosser vnbilligkeit er allerley beschwerungen von vns hab mFssen [A 2v:] auff sich nehmen, dulden vnd leiden, vnd es dennoch zu keiner richtigen handelung mit vns kunden bringen. Alles darzu, damit er seiner bawfelligen,83 locherigen vnd

c–c 72

Im Druck: wider=|rathen.

versöhnen, beilegen. Vgl. Art. sühnen 2.a), in: DWb 20, 1023f. Redensartlich: weder raten noch helfen können. Vgl. Art. raten 3.b.η), in: DWb 14, 176. 74 Die Verfasser rechnen mit dem nahen Weltende, wie viele Menschen im 16. Jahrhundert. Vgl. allg. Leppin, Antichrist und Jüngster Tag. 75 Todesstunde, Stunde des Gerichts. Vgl. Art. Stündlein 1.b), in: DWb 20, 542f. 76 Vgl. I Kor 15,25–27. 77 Wohl redensartlich: Sein Kröpflein an jemandem auslassen = Seinen Verdruß oder böse Absichten an jemandem abreagieren bzw. seinen Hochmut gegen jemanden wenden. Vgl. Art. Kropf 3.b) und e), in: DWb 11, 2397. 78 Redensartlich: sein Mütlein kühlen = seinen Mutwillen gegen jemanden richten, sich an jemandem abreagieren. Vgl. Art. Mütlein 2), in: DWb 12, 2800. 79 eher, lieber. 80 Osiander, Von dem einigen Mittler, 1551 (OGA 10, Nr. 488, S. [49] 78–300), bzw. De unico mediatore, 1551 (OGA 10, Nr. 496, S. [49] 79–299). 81 schilt, ausschimpft. Vgl. Art. aushandeln 2), in: Fnhd. Wb. 2, 1078. 82 Vgl. den dem Haupttext vorangestellten Brief an Herzog Albrecht v. Brandenburg, in der deutschen Ausgabe datiert auf den 8. Sept. 1551, in der lateinischen auf den 24. Oct. 1551, OGA 10, 78–99 (Von dem einigen Mittler, 1551). 83 schwachen, wenig stichhaltigen. Vgl. Art. baufällig, in: DWb 1, 1185. 73

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b=sen sache eine nahsen mache84 bey einfeltigen fromen leuthen, denen beide, der handel vnd die personen, vnbekand sind. Nu hetten wir wol mFgen leiden, das er des l=blichen, fromen, alten FFrsten, der numehr seine zeit FFrstlichen, in allen ehren vnd in aller Gottseligkeit, Christlichen, mit grossem rhum vnd nahmen vor vielen andern hohen Potentaten schier bis zum ende vnd auff die gruben gebracht,85 darinnen hette verschonet vnd seiner F. D. nahmen nicht mit in vnsern hader vnd zanck gezogen, vnter demselbigen eine solche lesterliche lere vnd greuliche schwermereie lassen in alle welt auskomen.86 Aber er mus gebrauchen vnd suchen, was er kan, damit er seinen vngegrFnten schwarm87 vnter die leut bringe vnd dieselbigen vnter fremden schein mit dem schedlichen gifft heimlichen vberschleiche,88 damit sie es fassen,89 ehr denn sie es gewahr werden. So viel aber die verhandlung dieser sachen belanget, zeugen wir Gott, der aller menschen hertzen ein erkFndiger ist,90 das wir weder auff ander leute verhetzung oder vertr=stung, viel weniger aber aus einiger bitterkeit vnsers hertzens gegen jm oder einigen stoltz, darinnen wir solten nach grosser herrligkeit gestanden sein,91 wie jm der arme, elende man treumen lest, vns wider jn eingelassen haben. Sondern nachdem wir seine jrrige meinung in dem [A 3r:] hauptartickel vnser Christlichen lere von der rechtfertigung vernomen, haben wir aus dringender nod vnsers gewissens, on einige leichtfertigkeit, darein keines weges k=nnen verwilligen, vnd ob wir wol so gar vnuornunfftig nicht gewesen, das wir nicht solten vernomen haben, was vns solches wolte fur grosse beforderung an vnser zeitlichen wolfart bringen, so haben wirs doch den lieben Gott lassen walten vnd vns die vnschuld seines namens sampt der betrFbten Kirchen ewiger wolfart lassen fur all vnser gedeien vnd verterben, wie Christlich vnd billich, zu hertzen gehen. Vnd ist wahr, das er solche seine jrrige meinung erstlich in einer =ffentlichen disputation furgelegt,92 das er aber rhFmet, wie sie jm vnumbgestFrzt93 ge-

84 Redensartlich: seiner Sache eine Nase machen = ihr ein anderes, seriöseres Aussehen geben (mit Hilfe einer wächsernen Nase). Vgl. Art. Nase IV.2.c), in: DWb 13, 408f. 85 Redensartlich: seine Zeit auf die Grube bringen = sein Leben bis ans Grab führen. 86 ausgehen, sich ausbreiten, bekannt werden. Vgl. Art. auskommen 3), in: DWb 1, 895. 87 seine unbegründeten Phantasmen, Irrlehren. Vgl. Art. Schwarm 2.a), in: DWb 15, 2285f. 88 schleichend überfalle, überliste. Vgl. Art. überschleichen A.1.c), in: DWb 23, 507. 89 aufnehmen. Vgl. Art. fassen B.14), in: DWb 3, 1346. 90 Vgl. Act 15,8. 91 gestanden sein (nach etw.) = getrachtet haben. Vgl. Art. stehen II.C.8.a.γ), in: DWb 17, 1598. 92 Vgl. Osiander, Disputatio de iustificatione (24. Okt. 1550), (OGA 9, Nr. 425 [lat. 1550]/ 490 [dt. 1551], S. [422] 426-447; unsere Ausgabe Nr. 1). 93 unwiderlegt. Vgl. Art. umstürzen 2), in: DWb 23, 1205f.

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blieben, noch mit keinem anselichen schein von jemandts angefochten,94 ist alzu frFe vnd viel zu raum,95 vnd solt er diejenigen daruon reden vnd zeugen lassen, die mit vnd bey der Disputation gewesen, des wir vns auch hiemit auff alle gelerte vnd verstendige dieser Schulen wollen gezogen haben, vnd wissen furwahr, das sie sagen werden, das Osiander mit keiner bescheidenheit nach einigem richtigem grund, als sich an dem orth einen solchen man geziemen wil, sondern mit eitel gifftigen scheltworten denen geantwortet, die jn nur redelichen mit guten bestendigen argumenten angetastet haben. Darinnen er auch derjenigen mit seinen angestFmen, gichtzornigen96 stFrmworten97 nicht verschonet, die jm in mancherley wege viel lieb vnd dienst zum offternmael bewiesen. [A 3v:] Dieweil nu aus solchem Disputirn die gewissen nicht geheilet, sondern viel mehr vorsehret, jst nachmals die sach je lenger vnd hefftiger worden, bis so lang das zu einem Colloquio mediatores gegeben sind. Wer nu dasselbige sampt aller friedlicher vnd freuntlicher vnterhandlung turbiret98 vnd zu aller schleuniger beforderung von hertzen bereit gewesen oder nicht, das beweisen seine =ffentliche drFck,99 die er nacheinander in zeit des Colloquij herausser gegeben, vns vnd aller welt das maul auffgespert, als wer es sein lauter ernst, Aber nichts dester weniger mit vnuerschampter vnwarheit vnter solcher handelung in vns gedrungen, als leugneten wir, das Christus in vns wohnete, Zu solchem schein etliche sprFch vnsers lieben herren vnd Vaters seligers in Christo Doctoris Martini lassen ausgehen,100 Darneben auff der Cantzel im predigen vnd lesen vns vor jdermennigklichen mit viel schmelichen lesterworten also angetastet, das wir zuletzt, dieweil keines auffh=rens 94 Vgl. die Einleitung in OGA 9, 423: „In der direkt an den Vortrag anschließenden Diskussion stieß Osiander, der an keiner Stelle für ihn neue Gedanken vorgetragen hatte, auf keinen entscheidenden Widerspruch. Die Hauptopponenten, Melchior Isinder (damals noch zur osiandrischen Partei gehörig) und der Hofbibliothekar Martin Chemnitz, vermißten hauptsächlich eine Darstellung der Imputationslehre. Der Redner verwies dagegen auf seine 76. These, in der der Begriff ‚imputare‘, wenn auch nicht sehr betont, verwandt wird. Isinder wollte diese Erklärung nicht annehmen, war jedoch ebensowenig wie der Domprediger Hegemon in der Lage, Osiander überzeugend zu entgegnen. Der erstere wunderte sich in seiner Antwort über die Vorstellung der ‚einwohnenden Gerechtigkeit Christi‘, von der er in Wittenberg nichts gehört habe, der Domprediger erklärte, der Vortragende habe seine Propositionen so mit der Heiligen Schrift befestigt, daß er nicht zu widersprechen wisse, doch hätten sie in Königsberg bisher anders gelehrt.“ 95 umfassend, weiträumig, weit gefasst, großspurig (?). Vgl. Art. raum, in: DWb 14, 283f. 96 rasenden, äußerst wütenden, grimmigen. Vgl. Art. Gicht [II] 7), in: DWb 7, 7285; gichtig [II] 5), in: DWb 7, 7303f. 97 stürmischen Worten. Vgl. Art. Sturmwort, in: DWb 20, 677. 98 gestört (hat). Vgl. Art. turbieren 1), in: DWb 22, 1843. 99 Drucke, Veröffentlichungen. 100 Etlich sch=ne Sprüche / von der || Rechtfertigung || des Glaubens / || Des Ehrwirdigen / Hochgelert] || D. Martini Luther || heiliger gedechtnis || Welche aus den vornemisten || vnd besten desselben BFchern zusamen gezogen / || vnd verdeudscht hat / || Andreas Osiander. || NFtz vnd gut wider allerley jrthum vnd verfFrung / || Auch tr=stlich in allerley Anfechtung vnd || Verfolgungen || Mit einer kurtzen Vorrede || K=nigsberg in Preussen. || 1551. || 21. Martij. (VD 16 L 3472) (OGA 9, Nr. 448, S. [582] 583–601).

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bey dem vnrugiem man gewesen vnd vnserer beschwerung niemandts hat wollen helffen, vns ferner mit jm dergestalt einzulassen billiche beschwerung gehabt vnd auch dieselbigen ane schew schrifftlichen von vns gegeben. Welcher massen vnd gestalt er aber auff FFrstlicher Durchlauchtigkeit befel nachmals mit freuntlichen, demFtigen schrifften ist ersucht worden, vnd wie sentfftmFtig mit gewaltigem grund der schrifft er darauff geantwortet, beweisen dieselbigen brieff, so zu beidem theil vorhanden; man hat an jm nichts vorgessen, was zu Christlichem vnterricht, vnterhandlung vnd zu freuntlichem demFtigem suchen [A 4r:] einer solchen person geh=rt, sondern alle wege vnd mittel gebraucht, damit zu verhoffen gewesen, das er zu gewinnen wehre, aber lauter nichts ausgericht vnd daruon gebracht denn feindselige wort, gresliches, vnchristliches pochen vnd greuliche lesterungen wieder die vnschuld JHESV Christi, vnsers erl=sers vnd Heilands, daruon hernacher mehr in der widerlegung. Was er nachmals ferner practiciert, bekennet sein eigen schreiben. Nemlichen das er bey keinem richtigen vorgenomenem wege, denn101 er auch selbsteigener person bewilliget vnd eingegangen, geblieben, Sondern vns jmmer, als weren wir sein selbst leibeigen, vnter seine fFsse gethan, von einem itzt angesatztem mittel102 zu dem andern geiecht103 vnd getrieben, in tr=stlicher hoffnung, das er vns wolt des handels verdrossen vnd mFde machen, oder vielleicht, das er eine newe sache wider vns seines gefallens m=chte tichten vnd den vnfletigen stanck, den er in die Kirchen einmael wieder den vnschuldigen tod Christi von sich gegeben, also vnterdrucken vnd zuscharren. Dieweil aber dieser handel wichtig vnd gros, nicht vnser, sondern Gottes vnd seiner lieben Kirchen ist, so haben wir mit demselbigen keinen schertz wollen eingehen noch bewilligen, sondern vns erboten, das wir vormFge seiner eigenen bewilligung mit jm diese sache schrifftlichen gegen einander setzen vnd an das Iudiciumd Ecclesiae stellen wolten,104 was er aber darinnen geschewet oder nicht, das lassen wir sein gewissen reden, er hat gar wol gewFst, was vnser glauben ist, so haben wir vnser Confession, die wir vberantwortet, gantz vnd gar keine schew, ob sie gleich sein Geist [A 4v:] mit fast schlimmen augen ansihet vnd gern nach seiner arth lesterlichen vorkeren wolte. Denn sie stehet auff dem grund, darauff sie nicht allein vor dem armen, vorkarten105 man, sondern auch vor allen pforten der Hellen bleiben wirt.106

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Nach Corrigendaliste, aus: Iudicum.

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den, welchen. Vermittlungstermin, Ausgleichsverhandlung. Vgl. Art. Mittel 9), in: DWb 12, 2386. gescheucht, gejagt. Vgl. Art. jächen, in: DWb 10, 2199. dem Urteil der Kirche unterwerfen wollen. verkehrten, verwirrten. Vgl. Mt 16,18.

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Vnd dieweil er daran nichts redliches hat k=nnen haben, da ist er hinanen gegangen vnd diesen seinen Alcoran107 vnd newen Glauben zusamengetragen.108 Mit dem er abermals an vns setzen lassen vnter dem schein, das er solte an das Iudiciume Ecclesiae gestalt109 werden. Vnd doch solten wir nicht wissen, was vnd wen er mit dem w=rtlein Ecclesia meinete. Zu dem, das er solte =ffentlichen durch den druck ausgebracht werden, ehr110 denn die Kirche darFber iudicirete, ob es gifft vnd eine schedliche oder heilsame G=ttliche gute lere wehre. Wir kunten aber daraus wol vernemen, was die Kirche war, daran er seine schrifft vnd lere stellen wolte, dieweil er mit grimmigem muth zum Doctore Francisco Stancaro111 gesagt: Nolo uinci, nolo uinci. Neque te neque alios ferre possum iudices.112 So hat ers in einen =ffentlichen druck zuuor herausser gestossen, was er von der Kirchen zu Wittenbergk vnd jrer lere helt (wir sagen: von glaubenssachen), da er etliche jre schrifften als fur Sacramentirisch vnd widerteufferisch nach seines Geistes verstand gern wolt verdechtig gemacht haben, darinnen auch derjenigen nicht verschonet, so vnter der erden liegen vnd in dem Herrn entschlaffen sind. Doch wil er itzund die allein fur richter leiden, bey denen er nicht allein das wort Christi, sondern auch seinen Geist wirt h=ren vnd spFren. Denn [B 1r:] an das schlechte,113 blosse wort Christi keret er sich nicht. Es mus alles der Geist sein, den er fFr den Geist Christi schilt vnd damit er die Schrifft vnd helle wort Christi ausleget; den andern drawet114 er bey dem exempel Magistri Rotingi,115 wie er sie striegeln vnd jnen den peltz wolle ausziehen.116 Also haben wir mit seiner newen Confession priuatim gantz vnd gar nichts wollen zu thun haben, sondern begeret einen gemeinen Synodum, darinnen man in =ffentlicher Disputation beide theil vnd den grund jrer lere m=chte h=ren, haben auch darneben angezeigt, wes wir jn aus klarer schrifft zu beklagen hetten, in tr=stlicher hoffnung, dieweil das der wegk, den auch die e

Nach Corrigendaliste, aus: Iudicum.

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Koran; hier im übertragenen Sinne: gleichsam für heilig geachtetes Buch häretischen Inhalts. Osiander, Von dem einigen Mittler/De unico mediatore, s. o. Anm. 80. 109 gestellt: ... dass er dem Urteil der Kirche unterworfen werden solle. 110 ehe. 111 Francesco Stancaro aus Mantua versah im Jahre 1551 für einige Monate in Königsberg die Hebräischprofessur an der Universität; in Auseinandersetzung mit Osiander vertrat er eine subordinatianische Christologie. Zu seinem Lebensgang vgl. unsere Ausgabe Bd. 9, Nr. 5 (Lismanini, Brevis explicatio, 1565), Einleitung, S. 179, Anm. 1; Wacław Urban, Art. Stancaro, Francesco d. Ä., in: TRE 32 (2001), 110–112. 112 Über die Episode aus dem Jahr 1551 bei Stancaros Ankunft in Königsberg berichtet auch Salig, Vollständige Historie der Augspurgischen Confeßion und derselben zugethanen Kirchen, Zweyter Theil (Halle 1733), S. 965. 113 schlichte. 114 dräut, droht. 115 Michael Roting, Lehrer am Nürnberger Gymnasium, wandte sich als erster öffentlich gegen Osiander, vgl. oben unsere Nr. 3. 116 Redensartlich: prügeln (eigtl. [in schmerzhafter Weise] bürsten) und häuten, öffentlich hart kritisieren. Vgl. Art. striegeln 3.a) u. 4), in: DWb 19, 1598–1600. 108

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Apostel vnd nachmals je vnd allewege die liebe Kirche behalten vnd gebraucht, das der liebe Gott mit bey dem werck sein wFrde vnd genade geben, das auch vieleicht durch einfeltige leuth, wie zuuor mehr gescheen, der sache m=cht radt geschaffet werden. Da aber ja sein newer glauben vnd Confession solte ausgehn, so wolten wir auch durch den Druck =ffentlichen darauff antworten, wie billich. Denn wir sind dennoch ja so wol Gottes diener als er, nicht vmb vnsers grossen verstandes willen, sondern daher, das es dem lieben Gott also gefelt vnd vns darzu gesetzt hat, der auch aus dem munde der VnmFndigen sein lob bereitet,117 wissen darinnen das zu rhFmen mit fr=lichem hertzen, das wir jm mit allen trewen vleissig gedienet, bey der einfalt in Christo Jhesu bis auff heFtigen tagk aus seiner gnad geblieben sind, des wir jm mit demFtigem hertzen zum aller h=chsten dancken, [B 1v:] vnd bitten, er wol vns darbey vnuerruckt hinfurder wieder dieses vnd alles schedliches gifft mutig vnd bestendiglichen sampt allen fromen Christlichen hertzen erhalten bis in vnser grFblein.118 Amen. Dieweil wirs aber mit allen billichen erbieten zu keinem richtigen wege mit dem vnrwigen119 man k=nnen bringen, als haben wir jn fur vnsern Praesidenten120 zu erkennen oder anzunemen billiche beschwerungf getragen vnd darneben angezeigt diese vrsach: Dieweil der Wolff kFnte kein hirte sein, so kFnte er viel weniger ein auffseher vnd anweiser sein der andern hirten, die aus Gottes gnaden jr ampt recht vnd treulichen ausrichten, haben also mit keiner eigenen Tiranney, torst121 vnd freuel gefahren, sondern aus vnuormeidlicher nottorfft122 vnser gewissen vnd der andern damit verwahren wollen vnd sollen, die vns mit Gottes wort zu regiren von Gott, dem h=chsten Herren vnd gubernatore,123 ampts halben befohlen sind. Wollen vns des hiemit nicht auff sein schreiben vnd tolles124 schreien (das wir hinfurder mit fr=lichem hertzen verachten wollen), sondern auff alle frome, gottselige, gelerte vnd verstendige leute, inmassen125 zu ende dieser schrifft gemeldet wirt, gezogen haben. Vnd sol ers gewislich darfur halten, das wir jm auff andere seine vnwarheit, die er zu vnser verkleinerung vermeintlicher weise anzeucht, mit gutem bestendigen grund der warheit sehr wol kunten antworten, wenn es allein vmb

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Nach Corrigendaliste, aus: beschwermig.

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Vgl. Mt 21,16; Ps 8,3. Grab. Vgl. Art. Grube II.B.4.d), in: DWb 9, 608. 119 unruhigen, vielgeschäftigen, vorwitzigen. Vgl. Art. unruhig 3.d), in: DWb 24, 1292f. 120 Osiander hatte seit Frühjahr 1551 das Amt eines Präsidenten des Bistums Samland inne, war auch in dieser Position umstritten. Vgl. Stupperich, Osiander in Preußen, 94, 116, 162f, 165 etc. 121 Frechheit, Kühnheit. Vgl. Art. Durst [I], in: DWb 2, 1746f. 122 Notwendigkeit. Vgl. Art. Nothdurft 3), in: DWb 13, 927. 123 Lenker, Gebieter. Vgl. Georges I, 2980, s. v. gubernator II). 124 verrücktes, irrsinniges. Vgl. Art. toll I.1.e), in: DWb 21, 634f. 125 wie. Vgl. Art. inmaszen 1), in: DWb 10, 2122. 118

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zeitliche ehr vnd namen, darnach er zum h=chsten ringet, zu thuen were vnd wir nicht ander bedencken darinnen hetten. [B 2r:] Bitten aber hiemit jdermenigklichen, das sie seinem ruffen vnd schreien keinen glauben geben wolten, sondern da jemands ferner aus seinem schreiben vnserthalben wFrde gedancken bekohmen, der wolle sich des gegen vns schrifftlichen vernehmen lassen, so sind wir erb=tig, vnser richtige, rechtmessige Christliche entschuldigung mit warhafftigem grund in antwort freuntlich vnd willig von vns zu geben. Wolten auch, das wir dieses vnsers schreibens hetten mFgen vertrag haben,126 denn wir wissen sehr wol, das dis vnser gezenck nicht in den haubthandel127 geh=ret. Dieweil aber aus vorigem ansehen, so dieser man nicht allein bey andern leuten, sondern auch bey vns selbst gehabt, da er noch in reiner einhelliger lere vnd mit vns bey der Augspurgischen Confeßion geblieben, mit solchem seinem schreiben bey vielen fromen, vnschuldigen hertzen hette mFgen einen verdacht machen, haben wirs zu jrer vnd vnser nottorfft128 nicht k=nnen vorhalten.129 Vnd sind einem jdern nach vnserm vormFgen willige dienst zu erzeigen geflissen vnd bereit. Geben zu K=nigsberg in Preussen, den 7. decembris Anno 1551.130 Vns zweiffelt nicht, was einfeltige frome leut sind, so die Confessionem Osiandri lesen vnd aber den handel nicht besser verstehen, die werden nicht anderst gedencken, denn wir leugnen,131 das Chri-[B 2v:]stus durch den glauben in vns woene. Zum andern, das wir sein Person trennen, die Gottheit gantz vnd gar im artickel der Rechtfertigung ausschliessen, denn wenn er sonst zu seinem handel keine argumenta hat, so fehet er an, deshalben vber vns felschlich zu ruffen, filtzet132 vnd schild133 vns vbel, als weren wir seine arme fibulisten134 vnd alphabetarij,135 vnd solches alles nicht aus einem stoltzen, hochmFtigen Geist, sondern aus eittel selbwesender G=ttlicher, Geistlicher demut, liebe vnd freundschafft.136 Damit wir nu beide bey jdermenigklichen deshalben entschuldiget sind vnd zugleich auch der reinen lere guten grFndlichen bericht geben den einfeltigen, so wollen wir erstlich die gantze summam der Christlichen lere von

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dass wir auf das Schreiben hätten verzichten können, das wir des Schreibens überhoben gewesen wären. Vgl. Art. Vertrag 4), in: DWb 25, 1923f. 127 zentrale Auseinandersetzung. Vgl. Art. Haupthandel, in: DWb 10, 615. 128 notwendigen Verteidigung. Vgl. Art. 1.d), in: DWb 13, 926. 129 verschweigen. Vgl. Art. vorhalten 3.c), in: DWb 26, 1147. 130 Der 7. Dezember fiel 1551 auf einen Montag, vgl. Grotefend, S. 159. 131 ... als daß wir leugneten ... 132 schilt. Vgl. Art. filzen [I] 4), in: DWb 3, 1635. 133 schilt. 134 Leseanfänger, die als Lehrbuch die Fibel benutzen. Vgl. Art. Fibelist, in: DWb 3, 1612. 135 ABC-Schützen, Anfänger im Lesen und Schreiben. Vgl. Art. alphabetarius II, in: Hoven, 25. 136 (ironisch).

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dem artickel der Rechtfertigung auffs kFrtzt vnd einfeltigst fassen, wie wir dieselbige bisher aus Gottes wort treulichen getrieben, vnd nachmals die fFrnembsten stFck seiner schwermerey angreiffen vnd auch aus Gottes wort widerlegen. Denn also geh=rt sichs zu einem jdern rechtschaffenen diener des worts, das er mechtig sey, zu ermanen durch die heilsame lere vnd zu straffen die widersprecher, ij. Timo. ij. vnd ad Tit. j.137 Vnd stehet nu die lere in zweien stFcken, nemlichen in der lere vom Reich der SFnden vnd Gesetz vnd von dem reich der Gnaden vnd Euangelio.

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[B 3r:] Vom Gesetz vnd reich der Sünden. Es ist das Gesetz vnd zehen Gebot nichts anders denn wie eine liepliche taffel, darinnen ein sch=nes bild abgerissen138 vnd mit lebendigen farben ausgestriechen139 eines solchen menschen, wie Gott im anfang vnsern aller ertzvater140 Adam geschaffen hat; den hat er nicht allein, so viel gemeine vernunfft belanget, von allen andern vnuernunfftigen Thierlein vnterscheiden, sondern auch die gantze natur mit viel hohen G=ttlichen gaben herrlich vnd schon gezieret, also das durch vnd durch geleuchtet hat ein treffliches liecht vnd gewaltiges natFrliches erkentnis Gottes, seiner werck vnd alle seines gFtigen willens, darzu ist Leib vnd Seel sampt allen krefften fein rein, gesund, lustig141 vnd bereit gewesen, solchem allen zu gehorsamen142 vnd allen willen Gottes zu volbringen, darinnen Adam sampt allen seinen nachk=mlingen hette mit Gott ewig gelebet, also das er nichts anderst geret143 noch gethan hette, denn was seinem fromen lieben Gott von hertzen gefellig gewesen vnd in alle seinem wandel vnd wesen Gottes weisheit, wil vnd wolgefallen gleich geleibt vnd gelebet als in seinem bild, darinnen eitel G=ttliche gedancken, G=ttliche werck jmmer vnd ewig hetten geweret.144 [B 3v:] Diesen lieblichen wandel vnd schones wesen des menschen hat der leidige145 teufel wider146 Gott noch dem menschen geg=nnet vnd derhalben dahin geerbeitet, damit er durch die SVNDE Gott vnd menschen trennen vnd den an sich in sein reich bringen m=chte, wie es jm denn auch geratten147 ist, denn er mit felschlichem angeben148 den armen menschen dahin beredet hat, das er seines freien willens misbraucht vnd jemerlich aus dem herlichen seligem stand gestFrtzt vnd damit gefallen, das er Gottes mandat vnd befehl durch 137 138 139 140 141 142 143 144 145 146 147 148

Vgl. II Tim 2,2.15.24–26; Tit 1,9. skizziert, umrissen, gezeichnet. Vgl. Art. abreiszen, in: DWb 1, 88f. ausgemalt, koloriert. Vgl. Art. ausstreichen 2), in: DWb 1, 991. Urvater. geneigt, willig. Vgl. Art. lustig 1), in: DWb 12, 1339. gehorchen, Gehorsam leisten. Vgl. Art. gehorsamen 2), in: DWb 5, 2539f. geredet. gewährt, fortgedauert. widerwärtige. Vgl. Art. leidig 3), in: DWb 12, 675f. weder. gelungen. Vgl. Art. geraten 11.a), in: DWb 5, 3573f. Rat, Beratung. Vgl. Art. Angeben n., in: DWb 1, 338; Art. angeben 7), in: Fnhd. Wb. 1, 1123.

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tedlichen149 VNGEHORSAM vbertretten. Nach dem hat sich also bald alle sache mit Adam gantz vnd gar verkeret, also das er von Gottes huld vnd gunst dardurch komen, an allen krefften seiner natur mercklichen abgenomen. Denn das natFrliche liecht vnd erkentnis ist vorblichen vnd zum theil verloschen; so haben sich die andere kreffte damit abgewant, das sie zu dem guten nicht mehr also tFchtig, sondern ein grosser vnlust vnd vnwillen gefolget zu Gott vnd alle seinem willen. Vnd ist also Adam gleich ein ander mensch worden, ane Gottes gnad, vnter des Teuffels reich, dem gefolget allerley jamer an leib vnd seel zeitlich vnd ewig. Bis er entlich darinnen hette mussen ewiglichen sterben vnd verterben, wenn jm Gott nicht widerumb geholffen. Aus diesem vngehorsam sind wir nu alle zumahl auch sFnder worden vnd des ewigen todes schuldig, nicht als vmb frembder schuldt willen, [B 4r:] das wir derselbigen musten an vnser verdinst150 entgelten, Sondern das wir auch selbst eigener person schuldig sind vnd sFnde haben, ob wir wol noch mit keinem tedlichen vngehorsam eusserlichen wie Adam wider einiges gebot Gottes gehandelt, Rom. 5.151 Denn wir haben sampt dem sFndlichen samen, wie es Dauid nennet Psal. 51,152 die Gifftige vnarth in vns geerbet von Adam her, das wir von arth kinder des zorns, Ephe. 2,153 vnser hertz gantz vnd gar abgewent ist, wie der liebe Gott klaget Gen. 6 vnd 8, Jerem. 17,154 aus dem volget vnd kommet allerley bosheit, wie Christus sagt Mat. 15.155 Nun kan Gott, der da gerecht ist, diesen vnlust in vnser natur nicht dulden noch leiden, darumb hat er, sonderlichen nachdem der Teuffel bey den nachk=mblingen Adae diese gifft vnd b=se vnarth je lenger vnd mehr angezFndet, das gesetz widerumb verneuret, Darinnen er, als in einem gFldenen registerchin, vns fFrhelt, was schoner, herrlicher gaben er an vns im anfang der sch=pffung gewant vnd vns gegeben, die fordert er vnd wil sie alzumahl in vorigem stand, gesund vnd volkomen bey vns wissen, beschuldiget vnd beklagt das hesliche verterben in vnser natur vnd gantzem hertzen, drewet seinen zeitlichen vnd ewigen zorn an leib vnd seel aller welt vnd wil, wir sollen dem Gesetz den schuldigen gehorsam leisten vnd dasselbige halten. [B 4v:] Es heist aber das gesetz halten nicht allein eusserlichen einen scheinbarlichen schonen wandel fFren, wie die Pharisei meineten Math. 5,156 Sondern gantz vnd gar ane sFnde, rein, vnschuldig, from vnd gerecht sein mit allen krefften, aus gantzer seel vnd hertzen, Deut. 6.157 Wo es hie an einem

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tätlichen. an unser Verdienst = ohne dass wir es verdient hätten. Vgl. Röm 5,12–14. Vgl. Ps 51,7. Vgl. Eph 2,3. Vgl. Gen 6,5; 8,21; Jer 17,5. Vgl. Mt 15,19f. Vgl. Mt 5,20. Vgl. Dtn 6,5.

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geringsten feilet, da ists gar gefeilet, denn das ander ist dem ersten gleich, das es der liebe Gott ja so wol fordert vnd haben wil als das aller gr=ste, Mat. 22, vnd Jacob 2.158 Darumb auch Gott ernstlich vnd entlich beschleust, Deut. 27, Gal. 3:159 „verflucht sey jderman, der nicht bleibet in ALLE dem, das geschrieben stehet in diesem buch des Gesetzes, das ers thue.“ Da mus es nicht feilen auch an einem kleinen pFnctichen. Ehr160 mFste himel vnd erden brechen vnd zu trFmmern gehen, Math. 5, Luc. 16.161

Rom. 7. Quod institutum erat ad vitam.

Hie stehet nu vnser vnd aller welt gerichte: ane sFnde mussen wir von GANTZEM hertzen, von GANTZER Seel, aus ALLEN krefften from sein; wer der arth ist, der stehet mit dem Gesetz wol. Jst beide: durch das gesetz gerecht – Rom. 2: „Die das gesetz thuen, werden gerecht sein“162 – vnd hat das ewige leben darinnen, wie Gott durch Moisen sagt, Leui. 18: „Welcher mensch dieselbige meine satzungen thut, er wirt dardurch leben.“163 Vnd diese wort wil Christus vom ewigen leben verstanden haben, Math. 19 vnd Luc. 10.164 Wer aber nicht so rein vnd from ist, der mus bucken165 vnd herhalten,166 dem Gesetz bezalen vnter denn peinigern in ewiger flammen, wie der arme knecht Math. 18167 vnd reicheg man Luc. 16.168 [C 1r:] Nu ist die rechte heuptfrage in diesem handel: wer ist denn in diesem leben aller ding ane sFnde, also rein, das er aus ALLEN krefften seiner seel vnd GANTZEM hertzen vnschuldig sey? Darauff antwortet die schrifft: gar keiner, auch nicht einer, Psal. 14, Rom. 3.169 Vnd ist solches nicht allein von denjenigen gesagt, so im vnglauben stecken ausser der widergeburt, Sondern auch von den aller gr=sten heiligen, so den heiligen Geist haben, die haben noch mit fleisch vnd bluet zu kempffen bis in jre gruben,170 das sie nicht thuen, was sie wollen, Rom. 7, Gal. 5.171 Derhalben sie ahne vnterlas beten „Vergib vns vnsere schuld,“172 Luc. 11, Psal. 32173 vnd Psal. 130: „So du wilt, Herr, sFnd zurechnen, Herr, wer wirt bestehen?“174 Jn summa, Johannes beg

aus: reichem.

158 159 160 161 162 163 164 165 166 167 168 169 170 171 172 173 174

Vgl. Mt 22,38–40; Jak 2,8. Vgl. Dtn 27,26; Gal 3,10. Eher. Vgl. Mt 5,18; Lk 16,10. Röm 2,13. Lev 18,5. Vgl. Mt 19,17.21; Lk 10,25–28. sich bücken. Vgl. Art. bücken [I] 4), in: DWb 2, 487. (Strafe) erdulden. Vgl. Art. herhalten 3), in: DWb 10, 1102f. Vgl. Mt 18,34 (und Kontext). Vgl. Lk 16,19–31. Vgl. Ps 14,1–3; Röm 3,10–12. bis ins Grab, bis zum Tod. Vgl. Art. Grube II.B.4.d), in: DWb 9, 608. Vgl. Röm 7,19; Gal 5,17. Vgl. Mt 6,12; Lk 11,4. Vgl. Ps 32,5. Ps 130,3.

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kennet frey, 1 Cap. 1: „So wir sagen, wir haben keine sFnde, so verfFren wir vns selbst vnd ist die warheit nicht in vns.“175 Darumb bedrewet Paulus alle welt: „Schweiget,“ sagt er, vnd aller mund sey verstofft. Rom. 3.176 Vnd schleust nu Gal. 3, das wir wieder177 aus dem Gesetz k=nnen gerechtfertiget noch lebendig gemacht werden; nicht das er dem Gesetz solches nemen wolte, welches jm Moises, Christus vnd er selbest giebet, wie droben gehort, Sondern da ist der mangel, wie er saget Rom. 7: „Das Gesetz ist Geistlich,“178 wil nicht allein ein eusserliche zucht vnd burgerliche gerechtigkeit, sondern ein gantze reine seel vnd natur haben. So sind wir fleischlich vnter die sFnde verkaufft, das wir nicht k=nnen das jenige volbringen so wir aus eingeben des heiligen Geistes gern wolten thun, Gal. 5.179 Vnd wirt also das Ge-[C 1v:]setz geschwecht durch vnser fleisch, das es jm vnmFglich, vns gerecht vnd selig zu machen Rom. 8.180 WorFber ist nu der gantze hader vnd jamer? Was scheidet vns von Gottes huld vnd gunst? Freilich nichts anderst denn allein die sFnde; von der hat sich der jamer gehoben, wie droben gehort vnd Esai. sagt, cap. 50 vnd 59: „Ewer vntugend scheiden euch vnd ewern Gott von einander.“181 Wenn wir der sFnde kunten los sein, so stFnd alle vnser sache mit dem Gesetz vnd mit Gott wol; dieweil wir aber der nicht k=nnen ledig werden, So volget Gottes gericht vnd grimmiger zorn, das wir mFssen vnter dem fluch des Gesetzes die ewige pein tragen, Auff das also dem Gesetz zu diesem theil dennoch genungk geschehe an vns. Vom Euangelio vnd reich der gnaden.

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Djeweil denn nu das Gesetz in keinem wege ist zu endern gewesen, sintemal es ist der ewige, vnwandelbare radt Gottes, sein gericht vnd gerechtigkeit, wie ers offt nennet, Wir aber vns von der sFnde vnd aus dem reich oder gewalt des Teufels, so vns zu seinem willen an seinem strick gefangen gefuret, Ephe. 2 vnd 2. Timo. 2,182 nicht haben k=nnen frey, ledig vnd los machen, [C 2r:] denn das ist aller Creatur gantz vnd gar vnmFglich gewesen. Sondern der hats thun mussen, der des Teufels vnd aller natur mechtig vnd durch den alles zumahel183 im anfang geschaffen, nemlich der ewige Gottes Son, wie Athanasius sagt, lib. de incarnacione uerbi.184 Also hat sich Gott mit grosser gnad

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I Joh 1,8. Vgl. Röm 3,19.27. 177 weder. 178 Vgl. Röm 7,14. 179 Vgl. Röm 7,14f; Gal 5,17. 180 Vgl. Röm 8,3f. 181 Vgl. Jes 50,1; 59,2. 182 Vgl. Eph 2,1–3; II Tim 2,26. 183 zusammen. Vgl. Art. zumal 1.b), in: DWb 32, 531f. 184 Vgl. Athanasius, De incarnatione verbi 7 (PG 25, 108D–109A) (BKV² I. Reihe, Bd. 31 [München 1917], S. 611 [91]). 176

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vnsers elendts vnd jamers erbarmen lassen vnd das werck vnser befreiung oder erl=sung selbst zu handen genomen in dem selbigen geliebten Son. Der ist, nachdem die zeit erfFllet worden, von Maria, der reinen Junckfrawen, aus wirckung des heiligen Geistes in reiner natwr ein rechter, natFrlicher mensch geboren. Denn dieweil er wolte die sFnde erwFrgen vnd den menschen, der des todes schuldig war, erl=sen, must er das werden, das derselbige war, wie der liebe Jrenaeush sagt lib. 3, cap. 20,185 vnd Augustinus lib. 13, de tri., cap. 10.186 Er hats aber wFnderlichen angegriffen, also das es vor aller menschlicher vornunfft eitel torheit vnd schwachheit scheinet, j. Cor. j.187 Denn nachdem er solte vns vom Gesetz erl=sen vnd frey machen, Gal. 4,188 hat jn der liebe Gott vnter das Gesetz gethan, das er demselbigen seinen volstendigen GEHORSAM geleistet, Rom. 5,189 nicht allein eusserlichen mit allen wercken vnd wehsen, Sondern jnnerlichen, wie denn das Gesetz fordert, also das er aus arth vnd mutterleib her durch wirckung des heiligen Geistes gantz vnd gar rein vnd from gewesen, zu allem guten von gantzem hertzen geneiget vnd also recht mit der that gerecht, aen190 alle sFnd vnd mackel. Jsa. 53, j. Petri 2 vnd j. Johan. 3.191 [C 2v:] Zum andern ist er in solcher seiner vnschuld vnd gerechtigkeit gleichwol fur vns ins mittel getretten, hat vnser vnd aller welt sFnde auff sich genohmen, wie Jsa. sagt cap. 53: „Der Herr warff vnser aller sFnde auff jn,“192 vnd Johannes der Teuffer, Johan. j: „Siehe, das ist Gottes lamb, das der welt sFnde tregt,“193 vnd also fur vnser sFnde ein fluch worden am stamme des Creutzes, wie Paulus aus dem 21. cap. Deute. zu den Galatern am 3. anzeiget.194 Fur dieselbige mit seinem vnschuldigen bittern tod bezalet Rom. 4,195 welcher ist vmb vnser sFnde willen dahin gegeben; 1. Cor. 15: „Er ist gestorben vmb vnser sFnde willen nach der schrifft.“196 Jesai 53: „Er ist vmb vnser missethat willen verwundet vnd vmb vnser sFnde willen zuschlagen“197 etc.

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Nach Corrigendaliste, aus: Jrenus.

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Vgl. Irenaeus, Adversus haereses III, 20,2–4 (PG 7, 943A–945C; FChr 8/3, 246–253). Vgl. Augustinus, De trinitate XIII, 10(13f) (PL 42, 1024f; BKV² II. Reihe, Bd. 14 [München 1936], S. 180–183). 187 Vgl. I Kor 1,18–25. 188 Vgl. Gal 4,4f. 189 Vgl. Röm 5,19. 190 ohne. 191 Vgl. Jes 53; I Petr 2,21–24; I Joh 3,5. 192 Jes 53,6. 193 Joh 1,29. 194 Gal 3,13; Dtn 21,23. 195 Vgl. Röm 4,24f. 196 Vgl. I Kor 15,3. 197 Jes 53,5. 186

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Ob er nu wol solches alles in seiner menschlichen natur gelitten, dennoch dieweil die G=ttliche von jr in dieser person vngetrennet vnd vngescheiden allewege geblieben,198 hat sie, in solchen durchgedrungen, durch solch opffer im fleisch die sFnde verdampt vnd abgethan, wie Paulus zu den R=m. am 8. sagt,199 durch den Todt die macht vnd gewalt genohmen dem Teuffel, der des todes macht vnd gewalt hat, Gen. 3, ad Ebre. 2,200 vnd vns damit in seinem bluet erl=set, Acto. 20, 1. Pet. j,201 von allen sFnden gereiniget, 1. Johan. 1, Ebre. j,202 Mit dem leib seines fleischs durch den tod dem Vater versFenet, Rom. 5, Col. 1,203 durch sein armuth reich, 2. Cor. 8,204 in seinem fluch gesegnet vnd ewig selig, Gal. 3,205 durch seine wunden gesund vnd heil gemacht, Jsa. 53 vnd 1. Petri 2.206 Also ist nu dem gesetz von vnsertwegen ge-[C 3r:]nunck geschehen vnd es gestillet,207 das es vber vns nicht mehr zu klagen hat; denn die sFnde ist bezalet vnd vorgnFget,208 nicht mit vnserm werck, sondern mit dem bluet des vnbefleckten lamb Gottes. Mit diesem vnschuldigen tewren opffer mus es zufrieden sein. Dargegen sind wir auch gereiniget vnd geheiliget mit dem selbigen bluet, wie Johannes sagt, 1. cap. 1: „Das bluet Jhesu Christi, seines Sons, machet vns rein von aller sFnd,“209 vnd zu den Ebreern cap. 10: „Jn welchem willen wir sind geheiliget, ein mael geschehen durch das opffer des leibs Jhesu Christi.“210 Vnd abermals: „denn mit einem opffer hat er in ewigkeit vollendet die geheiliget werden.“211 Jtem cap. 13: „Darumb auch Jhesus, auff das er heiligte das volck durch sein eigen bluet, hat er gelitten“212 etc. Vnd in summa: Wir sind durch diese erl=sung, so durch den todt vnd das bluet Christi geschen, Gerecht gemacht – wie Paulus sagt: „Sie werden ane verdienst gerecht aus seiner gnadt durch die erl=sung, so durch Christum Jhesum geschehen,“213 vnd cap. 5: „So werden wir je viel mehr durch Christum behalten werden fur dem zorn, nach dem wir durch sein bluet gerecht worden

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Vgl. das Bekenntnis des Konzils von Chalkedon (451) zum Verhältnis von göttlicher und menschlicher Natur in Christus: „... ein und derselbe ist Christus, der einziggeborene Sohn und Herr, der in zwei Naturen unvermischt, unveränderlich, ungetrennt (ἀδιαιρέτως) und unteilbar (ἀχωρίστως) erkannt wird ...“ (DH 302). 199 Vgl. Röm 8,3. 200 Vgl. Gen 3,15.19; Hebr 2,14. 201 Vgl. Act 20,28; I Petr 1,18f. 202 Vgl. I Joh 1,7; Hebr 1,3. 203 Vgl. Röm 5,10; Kol 1,19f. 204 Vgl. II Kor 8,9. 205 Vgl. Gal 3,13f. 206 Vgl. Jes 53,5; I Petr 2,24. 207 zum Schweigen gebracht. Vgl. Art. stillen 3), in: DWb 18, 3016f. 208 ihr ist Genüge getan, sie ist abgegolten. Vgl. Art. vergnügen 3), in: DWb 25, 464f. 209 I Joh 1,7. 210 Hebr 10,10. 211 Hebr 10,14. 212 Hebr 13,12. 213 Röm 3,24.

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sind.“214 Vnd abermals: „denn gleich wie durch eines menschen vngehorsam viel sFnder worden sind, Also auch durch eines gehorsam werden viel gerecht.“215 – Das vns nu nichts mehr mangelt, denn wir sint erl=st, gereiniget, versFnet, gesegenet, gesund, heilig vnd gerecht. Alles aber in dem bluet Christi, derhalben vns nu das Gesetz nicht allein alles zorns [C 3v:] vnd straff frey, ledig vnd los zehlen,216 Sondern auch aller verheischung zeitlicher vnd ewiger wolfart mus geniessen vnd dieselbige vns widerfaren lassen, als hetten wirs von vns selbert mit gantzem, reinem gehorsam vmb es verdienet. So wirs doch nicht in vns verschuldet,217 sondern in dem verdienst vnd gehorsam Christi solche reinigkeit aus gnaden erlanget haben, wo wir jn anderst mit rechtschaffenem glauben annehmen. Darzu hat er nu beide, mit der mFndlichen predigt vnd eusserlichen Ceremonien als in schonen figurn vnd bildern, diese gnade denjenigen lassen fFrmalen vnd antragen218 so vor seiner zukunfft219 gewesen sind. Vnd ist das die summa der gantzen heiligen schrifft Moisi, der Psalmen vnd aller Propheten,220 das sie in diesem hohen, wichtigen handel von Gottes gnad vnd gunst, von Gerechtigkeit vnd dem ewigen leben auff Christum gewiesen, wie er selbst saget Johan. 5: „Sucht in der schrifft, denn jr meinet, jr habt das ewige leben darinnen, vnd sie ists, die von mir zeuget.“221 Von dem haben sie aber geleret, das er muste sterben vnd am dritten tage widerumb aufferstehen, Luc. 24.222 Auff das in seinem namen verkFndiget werde vergebung der sFnden, Acto. 10.223 Vnd von alle dem, durch welches wir sonst nicht kFnten im Gesetz gerecht werden, wer an diesen gleubt, der ist gerecht, Acto. 13.224 Diese predig wehret225 noch jmmer fuer vnd fur vnd wird nimmermehr auffh=ren bis zum ende der welt, nicht das Christus noch sterben solte, sondern [C 4r:] nachdem ers einmahl ausgerichtet, lest der frome Gott zu diesem reichen tisch vnd herrlichen malzeit gar genediglichen alle welt laden, heischen vnd fordern, wie es Christus wunder fein in dem gleichnis Math. 22 angezeiget hat,226 beuth allen armen, betrFbten hertzen seinen einigen, lieben Son an mit allen seinen gFthern, die er vns einmahl erworben hat vnd damit selbst worden ist.227 214 215 216 217 218 219 220 221 222 223 224 225 226 227

Röm 5,9. Röm 5,19. ansehen, bewerten, einschätzen. Vgl. Art. zählen 4.a), in: DWb 31, 52. verdient. Vgl. Art. verschulden 3.a), in: DWb 25, 1176. darbieten, nahebringen. Vgl. Art. antragen 2) u. 5), in: DWb 1, 502f. Ankunft, hier insbesondere: Menschwerdung Christi. Vgl. Art. Zukunft I.5), in: DWb 32, 478. Vgl. Lk 24,44. Vgl. Joh 5,39. Vgl. Lk 24,46f. Vgl. Act 10,43. Vgl. Act 13,38f. währt, dauert an. Vgl. Mt 22,2–10. Wohl im Sinne von: und damit selbst unser worden ist, sich uns zueigen gegeben hat.

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Der glaube, der nu in dieser predig Christum annimpt als seinen einigen,228 werden229 schatz vnd mit gantzem vertrawen auff jn bawet, der reiniget vnd heiliget das hertz, wie Petrus sagt Acto. 15230 vnd Paulus cap. 26 (denn er ergreifft Christum, durch welchs blut wir gereiniget vnd geheiliget sind),231 wirt mit jm gleich ein kuchen vnd ein leib, also das er auch alles hinforder232 mit seinem Geist in vns wircket vnd schaffet nach seinem gnedigen willen vnd wolgefallen, widerumb auch allen vnsern jamer fFelet vnd jm233 als seine eigene schmertzen vnd trFbsal lest zu hertzen gehen, wie er denn zu Paulo sagte Acto. 9, da er die arme Kirche beleidigte: „Saule, Saule, was vorfolgestu mich,“234 aber vns in jm tr=stlichen erhalten wirt, Also das vns von seinen henden niemands reissen, Johan. 6 vnd 10,235 von seiner lieb nichts auff dieser erden scheeren236 noch scheiden sol, Rom. 8,237 Bis er entlich mit seiner herrlichen zukunfft238 erscheinen vnd vnsern nichtigen leib verkleren wird, das er ehnlich werde seinem vorklarten leibe, Phil. 3,239 darinnen wir jn sehen werden, wie er ist, j. Johan. 3,240 mit dem Vater vnd heiligen Geist wahrer Gott, gelobet in ewigkeit. Amen. [C 4v:] Das ist kFrtzlich in einer summa vnser glaub, das ist vnser lere, das ist vnser trost vnd entliche241 hoffnung, die wir vns nicht selbst gedichtet,242 sondern wissen, wie genugsam angezeigt, das sie ist die meinung der Propheten vnd Apostolischen schrifft, darzu der fromen Veter, die nach der zeit der Apostel in der Kirchen gelebet vnd geleret haben, welche alzumael diesen felsen vnd festen grund behalten, das kein andere gerechtigkeit sey, dardurch wir kFnten oder vermFgten vor dem Gesetz bestehen vnd durchkohmen,243 denn allein Jhesus Christus, indem da er wahrer Gott vnd mensch, seinen vnschuldigen schweis am Creutz vergossen hat vnd am dritten tage widerumb von den todten ist aufferstanden, wie es Christus selbst die Gerechtigkeit heist, Johan. 16, Das er zum Vater gehet.244 Vnd ob wol jr etliche das stFck einmahel reiner denn das andermal gehandelt, zu zeiten stopffel,245 holtz vnd 228 229 230 231 232 233 234 235 236 237 238 239 240 241 242 243 244 245

einzigen, einzigartigen. werten, wertvollen. Vgl. Act 15,9. Vgl. Act 26,16.22f.29; Phil 3,7–14. fortan. sich. Act 9,4. Vgl. Joh 6,39.47.56; 10,27–30. abtrennen, entfernen, scheiden, ausschließen. Vgl. Art. scheren II.3), in: DWb 14, 2577. Vgl. Röm 8,38f. Wiederkunft (am Ende der Zeit). Vgl. Art. Zukunft I.5), in: DWb 32, 478. Vgl. Phil 3,20f. Vgl. I Joh 3,2. abschließende, letztgültige. Vgl. Art. endlich 3) u. 4), in: DWb 3, 463. erfunden, ausgedacht, erdichtet. Vgl. Art. dichten [II] 5), in: DWb 2, 1060f. (das Gericht) überstehen. Vgl. Art. durchkommen 2.a.), in: DWb 2, 1634. Vgl. Joh 16,10. Stoppeln, (Wurzel)stümpfe von Getreidehalmen. Vgl. Art. Stopfel 1), in: DWb 19, 308.

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hew darneben gebawet haben, wie Paulus sagt 1. Corin. 3,246 So sint sie doch zuletzt, wenn es zu den zFgen gekomen247 vnd die angst des todes wie eine gewaltige brunst248 das hertz gerueret, widerumb zu dem trost gefallen vnd darinnen erhalten worden, vnd ausser dem gewislich keiner nicht. Sintemal ein einiger wegk, ein einiger mitler zum Vater ist, 1. Tim. 2, Johan. 14.249 Wer des feilet, der mus stFrtzen vnd ewiglichen verlohren sein, wie Johannes sagt cap. 3: „Wer dem Son nicht gleubet, der wirt das leben nicht sehen, sondern der zorn Gottes bleibet vber jm.“250 Aber diesen einigen wegk wil vns nu der leidige Teufel widerumb verrennen251 vnd nehmen durch [D 1r:] dissen itzigen newen schwarm252 Osiandri, der vns die menschwerdung Christi sampt seinem vnschuldigen schweis aus dem Artickel der Rechtfertigung nimpt vnd vns an die blosse Gottheit weisen wil, das wir darinnen sollen gerecht sein, wie Gott darinnen gerecht ist, Vnd ist ahne zweifel die lesterung, daruon Petrus sagt, 2. cap. 2,253 Das sie zu der letzten zeit verleugnen werden – nicht Gott, des wollen sie keinen namen haben254 – Aber den HERRN, der sie erkaufft hat; das ist freilich kein anders, denn das sie in den hohen zFgen des gewissen, da man sol dem Gesetz vnd Gottes gericht zur gerechtigkeit fur die sFnde antworten, des vnschuldigen schmertzlichen todes werden vergessen, damit vns nicht ein puhr lauter mensch, sondern der HERR der herrligkeit selbst, das ist Christus, der ewige Gottes Son, erkaufft vnd erl=set hat, wie Paulus sagt Acto. 20.255 Wolan, wir wollen nu seine newe Confessionem, darinnen er seinen schwarm hefftig ausgelassen, auch fur vns nehmen vnd die fFrnembste stFck, darauff der gantze heupthandel von der Rechtfertigung berFte,256 gegen Gottes wort halten vnd sehen, wie ers daraus beweisen wirt. Denn des haben wir nicht allein fur vns grosse, wichtige vrsachen, sondern es ist auch der befehl Gottes, das wir die Geister probiren257 vnd sehen sollen, ob sie aus Gott sind oder nicht, wie Johan. sagt 1. cap. 4.258 Werden wir nu finden, das sie mit dem Euangelio vbereinkomet, wie es Propheten vnd Apostel geleret, so wollen wir sie annehmen. Wo aber nicht, so wollen wir mit dem heiligen Geist beten, 246

Vgl. I Kor 3,12–15. wenn sie in den letzten Zügen lagen, wenn es ans Sterben ging. Vgl. Art. Zug I.B.10.a), in: DWb 32, 381. 248 Glut. Vgl. Art. Brunst [I], in: DWb 2, 437–439. 249 Vgl. I Tim 2,5; Joh 14,6. 250 Joh 3,36. 251 versperren, verrammeln. Vgl. Art. verrennen 2), in: DWb 25, 1007f. 252 Phantasma, Hirngespinst. Vgl. Art. Schwarm 2.a), in: DWb 15, 2285f. 253 Vgl. II Petr 2,1. 254 Als Gottesleugner wollen sie nicht gelten. 255 Vgl. Act 20,28. 256 beruhe, fuße. 257 prüfen. Vgl. Art. probieren 2), in: DWb 13, 2150. 258 Vgl. I Joh 4,1. 247

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Gal. 1, verflucht sey [D 1v:] derjenige, der ein ander Euangelium prediget, wenn er auch ein Apostel oder Engel vom himel wer.259 Das Rechtfertigung vnd Erl=sung ein dinck sey. 5

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Der gantze handel, grund vnd bodem stehet furnemlich auff dem: Wir bekennen zu beidem theil, das Christus, Gott vnd mensch, vnsere Gerechtigkeit sey, wie er rFhmet mit worten. Wenn man nu fraget, wie da? So scheiden wir vns, vnd sprechen wir also: Er ist vnser Gerechtigkeit in dem, wie er, warer Gott vnd mensch, seinen vnschuldigen tod fur vns genomen, darinnen wir haben gnad vnd vergebung der sFnden, wie droben gehort. Dargegen sagt Osiander, sey Christus vnser Gerechtigkeit nicht nach der menscheit (das merck), viel weniger nach demjenigen, so er in seiner menschlichen natur fur vns gelitten hat, sondern nach der Gottheit allein, wie er sich des in einem brieff an mich, D. Morlinum, declariert,260 vnd er selbst vnter andern sonderlichen in seiner Confession im quatern B am andern,261 O am andern262 vnd O am dritten blat schreibet.263 Damit jn aber die sprFch von dem Leiden, Sterben, Blut259

Vgl. Gal 1,8f. Vgl. Osiander, OGA 9, 654,2–8: „Ego vero nunquam somniavi alium Deum quam, qui corporaliter habitat in Christo, esse iusticiam nostram, quod tu mihi tribuis haud dubie contra conscientiam tuam, si modo disputationem meam legisti; si non legisti et sic concitaris in me, vide, quid alii de te iudicaturi sunt. Ego urgeo te per cutem, carnem, ossa, medullas, per cogitationes, per mentem et, si quid tibi tua mente intimius, ut ostendas duplicem in Christo iusticiam; nam hic stabis aut concides. Bene vale et responde de duplici iusticia.“ (Brief an Joachim Mörlin, Königsberg, 25. April 1551). 261 Vgl. Osiander, OGA 10, 110,1–15 (s. u. Anm. 273). 262 Vgl. Osiander, OGA 10, 208,10–31: „Desgleichen, wann man spricht: Christus ist unser gerechtigkeit, so volgt noch vil weniger, das darumb seine menscheit allein und nicht die gottheit unser gerechtigkeit sey. Sonder hierauff geh=rt, wie vor gesagt ist, ein klare, gewaltige und ungezweiffelte beweisung, ja beweisung sag ich und schrey noch immerdar: Beweisung, beweisung, beweisung! Wo bleibt sie dann? Ich hab ja noch kein wort noch sylben noch einigen buchstaben aus der heiligen schrifft hieruber je geh=rt – greulicher scheltwort und ungegründter reden hab ich wol vil bis zum verdrus geh=rt! Ich bin auch gewiss, das weder menschen noch teuffel noch engel vom himmel noch sonst kein creatur werd immer und ewigklich beweisen, das Jhesus Christus, sein g=ttliche natur hindangesetzt, nach seiner menscheit allein, die alsdann ein lautere creatur were, unsere gerechtigkeit sey oder sein k=nne, wie hernach an seinem ort weiter und reichlicher soll bewisen werden. Dann das ist je gewiss – damit ich sie doch warne, wiewol sie dessen nimmer werdt sein, werdens auch, als ich achte, von mir nicht annemen – quod omnis iusticia, proprie de iusticia loquendo, aut est divina iusticia et essentia Dei, aut est humana iusticia et qualitas creata, nullo autem modo actio aut passio, das ist, das alle gerechtigkeit, wan man eigentlich von dem wort gerechtigkeit reden wil, ist antweder g=ttliche gerechtigkeit und g=ttlich wesen selbs oder aber menschliche gerechtigkeit und ein erschaffne qualitas (die fur sich selbs und ausserhalb des menschen kein wesen hat), aber in keinen weg kans ein thun oder leiden sein – sie m=gen hierwider schwirmen, was sie wollen; und hiemit von disem handel auff dismal und an dem ort genug!“ (Von dem einigen Mittler, 1551, Bl. O2a–O2b). 263 Vgl. Osiander, OGA 10, 210,17–212,1: „Gleichwie das euangelion das innerlich, lebendig wort Gottes, das Gott selbs und aus der reinen jungfrauen Maria geborn, fleisch worden, Jhesus Christus, unser herr und heilandt ist, durch unsern glauben also in unser hertz bringt, das wir durch dasselb vom todt der sFnden erweckt, in Gott und aus Gott widerumb leben, ja Gott selbs unser leben ist, also ist eben dasselbig wort Gottes, das Gott selbs, Jhesus Christus, unser herr und heiland ist, auch unser gerechtigkeit selbs und macht uns gerecht durch sich selbs. Dann als einig 260

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vergissen vnd aufferstehung Christi, der die gantze schrifft vol ist, nicht jrren,264 so tichtet er jm ein grossen vnd weiten vnderscheid zwischen der erl=sung vnd Rechtfertigung vnd wil, das dieselbigen sprFch allein zu der Erl=sung, keins wegs aber zu der Rechtfertigung geh=ren. [D 2r:] Wenn er nu dises grFndlichen erhalten265 kFnte, so het er mehr denn die helffte gewonnen vnd musten wir armen meusichen266 vor einen solchem grossen kathart267 zu loch kriechen,268 nicht mit einem w=rtlein pieppen, noch vns mit dem geringsten vernemen lassen vom leiden vnd sterben, blut vnd schweis Christi im artickel der rechtfertigung, welchs doch sonst vnsers hertzen einiger vnd h=chster schatz ist, Sondern musten vns des begeben, als das vor funffzehen hundert jaren lengest vergossen, vertrucknet vnd in der erden verwesen, wie er den 22. Septembris dises 51. jars269 nechsti270 lesterlichen von der Cantzel geruffen vnd ausgegeben271 hat. Wir wollen aber seinen grund sehen, darauff er diesen handel setzet, vnd das argument mit kurtzen worten fassen, so kan man sehen, wo jm das bein entzwei ist.272

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rectius: höchst?

das g=ttlich wesen des worts Gottes ist, als einig sind leben und gerechtigkeit, dardurch wir ewigklich sollen selig sein. Mit der menschlichen gerechtigkeit und unsern naturlichen leben helt es sich vil anderst und ist ein grosser unterschid darzwischen, sintemal wir das natFrlich leben alzumal ehe haben dann die heidnischen oder menschlichen gerechtigkeit, dieweil diselbig durch lehre, zucht, gesetz und straff in uns mus getriben werden. Aber in der rechtfertigung des glaubens ists unmFglich, das Gott solt unser leben sein und solt nicht auch zugleich ein gerechtes leben sein.“ (Von dem einigen Mittler, Bl. O3a–b). 264 abbringen, aus dem Konzept bringen, verwirren. Vgl. Art. irren I.5), in: DWb 10, 2164f. 265 aufrechterhalten, untermauern, belegen. Vgl. Art. erhalten 7), in: DWb 3, 835. 266 Mäuschen, kleinen Mäuse. 267 Kater. 268 uns (ängstlich) in unser Mauseloch zurückziehen. 269 Der 22. September (Mauritiustag) 1551 fiel auf einen Dienstag (Grotefend 159). 270 Falls kein Druckfehler (vgl. textkrit. Apparat), evtl. Hinweis darauf, dass bei Drucklegung das Jahr 1551 bereits seit kurzem verstrichen war. 271 geäußert, von sich gegeben, proklamiert. Vgl. Art. ausgeben 7), in: DWb 1, 867. 272 Wohl redensartlich: wo der Kern des Problems liegt, wo der entscheidende Fehler liegt.

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Also schleust er im quatern B Folio 2:273 Die erl=sung ist geschehen vor 1500 jaren. Vnser Rechtfertigung aber ist nicht geschehen vor 1500 jaren. Derhalben kan erl=sung vnd Rechtfertigung nicht ein dinck sein. Antwort: Die selbwesende Gerechtigkeit Gottes ist wol elter denn funffzehen hundert jar, vnd wer kan jre jar zehlen? Derhalben, schlissen wir mit einerley grunt, kan sie vnser Gerechtigkeit auch nicht sein. Stehet jenes argumentum, so stehet vnsers auch; felt das, so leit jenes zuuor. Das man aber dargegen sagen kan, wenn die erl=sung vnser Gerechtigkeit were, so weren die lieben Veter vor der zukunfft Christi nicht gerecht worden, darumb mus es die selbwesende Gerechtigkeit Gottes sein, die von anfangk der welt gewesen. Darauff sagt [D 2v:] Johan., das lamb sey geschlacht von anfang der welt, Apo. 13,274 vnd Abraham hat bereit zu seiner zeit den tag Christi gesehen, das ist sein trost, wonn vnd freud gewesen, Johan. 8.275 Die selbwesende Gerechtigkeit Gottes (sprechen sie) wehret in ewigkeit. Antwort: Christi erl=sung weret in ewigkeit, zu den Ebre. 9.276 Wir empfahen aber die selbwesende Gerechtigkeit Gottes im mFndlichen wort vnd hochwirdigen Sacramenten. Antwort: Eben also die erl=sung auch, wie wir h=ren wollen. Ey, man kan wol erl=set sein, ehr denn man gleubet, ja ehr man geboren wirt. Als277 wenn man einen leibeigenen man aus der TFrckey mit gelt erl=st,278 so wirt nicht allein er von der leibeigenschafft ledig, sondern auch alle seine kinder, so noch von jm geboren sollen werden, die doch sonst, wenn jr vater in der leibeigenschafft blibe, alle leibeigen geborn werden. Aber man kan keinen gerecht vnd from machen, ehr denn er geborn wirt. haec ille.279

273 Vgl. Osiander, OGA 10, 110,1–15: „Es ist aber offenbar, das allein dasjenig, das Christus als der getreue mitler von unsernwegen durch erfullung des gesetzes und durch sein leiden und sterben mit Gott, seinem himlischen vater, gehandelt hat, das ist fur funfzehenhundert jaren und lenger geschehen, da wir noch nicht geporen gewest sein. Darumb kan es, eigentlich zu reden, nicht unser rechtfertigung gewest sein, noch genennet werden, sonder nur unser erl=sung und gnugthuung fur uns und unser sFnde. Dann wer gerechtfertigt sol werden, der mus glauben; sol er aber glauben, so mus er schon geporen sein und leben. Darumb hat Christus uns, die wir itzo leben, und andere vor uns durch erfullung des gesetzes und sein leiden und sterben nicht gerechtfertigt; aber erl=set sein wir dardurch von Gotts zorn, todt und helle. Dann man kan ein menschen wol erl=sen und befreien, der auch noch nicht geboren ist; als wan man ein leibeignen man aus der TFrckei mit gelt erl=set, so wird nicht allein er von der leibeigenschafft ledig, sonder auch alle seine kinder, so noch von im geboren sollen werden, die doch sonst, wan ir vater in der leibeigenschafft bliebe, alle leibeigen geporen wFrden. Aber man kan keinen gerecht und from machen, ehe dann er geporen wird.“ (Von dem einigen Mittler, Bl. B1b–B2a). 274 Vgl. Apk 13,8. 275 Vgl. Joh 8,56. 276 Vgl. Hebr 9,12. 277 So zum Beispiel. 278 Zum Handel mit christlichen Sklaven vgl. Jan Lucassen / Leo Lucassen, Art. Sklavenverschleppung, in: Enzyklopädie der Neuzeit 12 (2010), 85–88, bes. Sp. 87. – Dem Freikauf christlicher Sklaven aus heidnischer Gefangenschaft widmeten sich mehrere christliche Orden, so die Trinitarier und die Mercedarier. 279 Ende des Osiander-Referats, vgl. oben Anm. 273.

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Da leits,280 da steckts, da habt jrs nu, sprecht morgen mehr, jr widersacher zu K=nigsperg – hatte schier gesagt: jr Theologi – herr Osiander hab seiner schwermerey keinen bestendigen grund aus der schrifft, jch meine ja, es sey grob vnd deutlich genung, das mans greiffen k=nne, vnd ist warlich recht grob vnd greifflich vnd der rechten probation eine, damit der heilige Machomet seinen Alcoran auch bestetiget hat, nemlich ein menschlicher trawm vnd geticht eigener vernunfft. Darauff sol man nu eben [D 3r:] nicht den geringsten, sondern den hauptartickel vnsers glaubens grFnden, Anderung vnd zwispalt in der Religion anrichten, einen lermen281 machen in der Christlichen Kirchen, den l=blichen fromen FFrsten bey seinen alten jaren so hertzlichen betrFben vnd bekFmmert machen, Seiner FFrstlichen durchlauchtigkeit land vnd leut aus dem lieben, sch=nen fried in den vnfrid setzen, die armen, ehlenden gewissen, so ane282 das jamerig283 vnd besturtzt sint, zu dieser geschwinden,284 schweren zeit jrre machen, ergern vnd mehr verwirren. Wo vernunfft? wo scham? wo ehr? wo tugent? denn des gewissen ist doch vergessen. Last vns aber nu das einen kFhnen helden sein, der auff einen solchen starcken, mechtigen, gewaltigen, trefflichen, vnFberwintlichen grund wider die gantze Christenheit seine manheit beweisen darff, frey vnerschrocken, vnbedacht, vnbesunnen die alte bestendige, wolgegrFnte form der lere, wie wir die von den Aposteln her genohmen vnd eintrechtig behalten, stFrmen vnd anlauffen,285 mit viel trotzen, pochen, scharren vnd kratzen darff verkleinern,286 kein schlechter287 puhr lauter menschlicher muet kan es nicht sein, sondern es mus ein anderer Geist darhinder stecken, der einen solchen man hinane fFret.288 Ob es aber der gute Geist sey, ist daraus gewislich zu prFfen vnd abzunehmen, dieweil derselbige nichts von jm selbst redet, wie der Teufel thuet, Johan. 8: ex proprijs loquitur.289 Sondern was er in glaubenssachen fFr hat, das nimpt er von Christo [D 3v:] aus seinem wort, Johan. 16.290 Das wolten wir hir gerne auch sehen, dringen, treiben, bitten vnd flehen: ‚Herr Osiander, gebt schrifft her!‘- ‚Ey ja,‘ spricht er, ‚beweiset zuvor, das dieser mein grund vnrecht sey.‘ Antwort: ‚Das ist vns nicht vonn=ten, denn wie keme ein jder armer Christ darzu, wenn jn der TFrck seines glaubens bereden wolt, das er jm

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da liegt es. Aufruhr, Unruhe. ohne. voller Herzeleid. Vgl. Art. jammerig 1), in: DWb 10, 2255. unruhigen, gefährlichen. Vgl. Art. geschwind 3), in: DWb 5, 3995. angreifen, bestürmen, bedrängen. Vgl. Art. anlaufen, in: DWb 1, 393–395. herabwürdigen, schmähen. Vgl. Art. verkleinern 2.b), in: DWb 25, 662f. schlichter, einfacher. leitet, in den Kampf führt. Vgl. Art. hinan 1), in: DWb 10, 1383f. Vgl. Joh 8,13–18.44. Vgl. Joh 16,13.

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denselbigen aus Gottes wort verlegen must oder must jm flucks also bald beifallen?‘291 Der TFrck vnd schwermer sint sampt jren genossen schuldig, jren fFrgenomen schwarm292 aus klarer, heller, vngezweifelter schrifft der Propheten vnd Apostel, durch welche der geist Christi geredet hat, 1. Petri 1 vnd 2. cap. 1,293 zu beweisen vnd darzuthun; kFnden sie das nicht, so ist jre lere nicht die stimme Christi, sondern ein ander Euangelium, vnd jr glaub einer so gut als der ander, sie sint gleich TFrckisch, Judisch, Heidnisch, Osiandrisch etc., den wir zu fliehen befehl haben, so lieb als wir Christi schefflin sein wollen, Johan. 10.294 „Denn es gebFret vns keines weges nicht,“ sagt der heilige Tertullianus, lib. de praescrip.j aduersus haereticos, „das wir vnserm eigenem wahn nachhengen oder, was auch andere aus jrem eigenem wahn einfFren vnd fFrgeben wolten, annehmen. Wir haben die Apostel des Herren zum exempel, die auch selbst nichts auff jr eigene gedancken geleret, sondern haben die lere, so sie von Christo genomen, aller welt treulichen fFrgetragen. Derhalben wenn auch ein Engel vom himel ein anders predigte, solt er von vns verflucht werden.“295 Das ist der grund vnsers glaubens, darauff wir [D 4r:] bleiben vnd wider alle pforten der hellen bestehen, sie stFrmen mit kunst, weisheit, vernunfftigem fFrgeben, so gewaltig sie jmmer k=nnen, was mit vns den grund trifft, das lest sich nicht wiegen vnd wegen von einem jdern winde vnd lere, die durch schalckheit296 vnd teuscherey297 des Teufels organa298 fFrbringen, auffblasen vnd damit zu vns einstFrmen, auff das sie vns vbereilen oder erschleichen zu verfFren, Eph. 4.299 Vnd daher nennet auch der heilige Apostel die gemeine des lebendigen Gottes einen pfeiler vnd grundfest der warheit, 1. Timo. 3.300 Denn sie ist gegrFndet auff Gottes wort vnd das liebe Euangelium, das ist

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Nach Corrigendaliste, aus: proscrip.

291 Das ist nicht erforderlich, sonst müsste jeder arme Christ, den der Türke zum Islam bekehren wollte, diesen aus Gottes Wort widerlegen oder ihm ungesäumt zustimmen. 292 vorgefasste (irrige) Ansicht. 293 Vgl. I Petr 1,10–12; II Petr 1,20f. 294 Vgl. Joh 16,13–15. 295 Tertullian, De praescriptione haereticorum VI, 3–5: „... Nobis vero nihil ex nostro arbitrio inducere licet sed nec eligere quod aliquis de arbitrio suo induxerit. Apostolos Domini habemus auctores qui nec ipsi quicquam ex suo arbitrio quod inducerent elegerunt, sed acceptam a Christo disciplinam fideliter nationibus adsignauerunt. Itaque etiamsi angelus de caelis aliter evangelizaret, anathema diceretur a nobis.“ (FChr 42, 240,15–21; PL 2, 18B). Vgl. Gal 1,8. 296 Bosheit. Vgl. Art. Schalkheit 2), in: DWb 14, 2079f. 297 Betrug, Täuschung, Blendwerk. Vgl. Art. Täuscherei, in: DWb 21, 212f. 298 Werkzeuge. 299 Vgl. Eph 4,14. 300 Vgl. I Tim 3,15.

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widerumb jr pfeiler vnd grundfest, wie der heilige Jrenaeusk sagt, lib. 3. cap. 11.301 Vnd were also Osiandro auff seinen grind302 oder grund, darauff der gantze haupthandel stehet, vnd damit auff seinen gantzen Alcoran genuncksam geantwortet. Wolten auch, so viel seine person belanget, jm kein wort mehr antworten, sondern trotz bieten,303 wenn wir nicht den armen gewissen zu trost dienen mFsten. Damit wir aber gleichwol den selbigen genunck thuen vnd die zu frieden stellen, So wollen wir erstlich auff diesen seinen traum vnd nachmals auff das ander argumentum auch antworten vnd damit beweisen aus Gottes wort, das beide, erl=sung vnd vnser Rechtfertigung, geh=ren dem bluet, vnschuldigen leiden vnd sterben Christi. Vnd sagen auff das exempel von der erledigung des gefangenen vnd seine nachk=mling also: [D 4v:] Schleust dasselbig gewis, wie es thuen mus, wo diese meinung daraus sol erhalten werden, das wir erl=set sind, aber nicht gerechtfertiget, ehr denn wir gleFben oder geborn werden, So folget entweder, das vns die vergebung der sFnden (denn darauff stehet die erl=sung Eph. 1, lCol. 1),l304 vnser freiheit vom Teufel, tod vnd ewigem hellischen feur auch angeborn ist, dorffen305 wider der Predig, Tauff, noch glaubens darzu, Vnd ist Christus ein kind, Petrus ein vnuerstendiger, grober socius, wie die Wittenbergischen Theologi alzumal, wenn sie sagen von vergebung der sFnden, Luc. 7: Dein glaub hat dir geholffen,306 vnd Acto. 2: last euch TeFffen auff den namen Jhesu Christi zu vergebung der sFnden.307 Jst vns aber die erl=sung nicht dermassen angeboren vnd auff vns geerbet, sondern wir mussen sie durch die mFndliche predigt im glauben aller erst empfahen vnd annehmen, wenn wir geborn sind vnd durchs wort zum erkentnis derselbigen komen, So leit Osiandri exemplum vnd seine proba308 darnider Vnd mussen wir eben so wol jtzund zu vnser zeit durch den glauben die erl=sung vnd erledigung309 von der sFnd empfahen als die rechtfertigung. Ob sie wol beide zu jener zeit, nemlichen vor den 1500 jaren, erworben vnd in dem blut Christim zugerichtet sint, das sie mit demselbigen in der person

k l–l m

aus: Jrenus. aus: Col.) 1. aus: Cgristi.

301 Vgl. Irenäus von Lyon, Adversus haereses III, 11,8: „columna autem et firmamentum ecclesiae est evangelium et spiritus vitae“ (FChr 8/3, 110,1f). 302 Sand, Kies, d. h. als Baugrund wenig taugliches Material. Vgl. Art. Grind 1), in: DWb 9, 368; Mt 7,24–27. 303 „Trotz bieten“ hier anscheinend i. S. v. „trotzig schweigen“. 304 Vgl. Eph 1,7; Kol 1,14. 305 bedürfen. 306 Vgl. Lk 7,50. 307 Vgl. Act 2,38. 308 Beleg, Beweis. 309 Befreiung.

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Christi volgen sollen allen auserwelten, die noch bis zu dem jFngsten tage komen sollen, wenn sie es durch den glauben nur annehmen, wie denn gewislich geschehen wirt vnd mus, auff das Gottes rath bestehe, der die seinen wol kennet.310 [E 1r:] Das ist ein argument, darauff Osiander die heuptsachen gesetzt hat, nemlich das erl=sung viel ein anders sey den vnsere Rechtfertigung Vnd also die sprFch vom Bluet, Leiden vnd sterben Christi nichto in die Rechtfertigung, sondern allein in die erl=sung geh=ren. Wie gewaltig aber das halte311 vnd was er damit eriaget312 habe, das kan nu ein jdes fromes Christliches hertz wol richten vnd vrteilen, es ist ane Gottes wort ein zumal313 grober gedancken, der sich zu dem handel gantz vnd gar nichts nicht schicket. Wollen aber nu sein ander argumentum auch sehen vnd fuer die hand nemen. Viel sprFch zeucht er an, darinnen die erfFllung des gesetzes, das leiden vnd sterben Christi Jhesu, vnsers Herrn, wirt in der heiligen schrifft vnser erl=sung, vers=nung oder genugthuen genennet, schleust aber daraus, das die solte als ein werck vnser rechtfertigung oder gerechtigkeit sein, das hab er in der heiligen schrifft seins wissens all seine tag noch nie gefunden. Darauff antworten wir erstlich also: dieweil die heilige schrifft dem bluet vnd sterben Christi gibet, das wir damit erkaufft, dardurch erl=set, vers=hnet vnd mit dem selbigen fur vnsere sFnde genunck getahn sey, Vnd Osiander daraus verstehet, das derhalben solcher gehorsam, das leiden vnd sterben Christi, vnser erl=sung selbst sey, so g=nnen wir jm das bekentnus von hertzen wol vnd bitten, er wolle dieser seiner wort selbst ingedenck sein. Nicht das vns so viel an seinen worten gelegen vnd wir vnsern Christlichen glauben darauff grFnden wolten, sondern das wir seinem plaudern314 vnd vnnFtzem [E 1v:] schmettern315 gar bald jm selbst wollen antworten lassen. Zum andern: Das die angezogene sprFch von der vers=nung, genungthuung vnd erl=sung reden, wissen wir, Got lob, auch wol vnd ist daruber kein zanck noch hader nicht. Vnd het er sonst nichts anderst an dem orth wollen thuen denn allein das Papier klecken,316 so hett ers wol mFgen vnter wegen lassen,317 denn wirs in der Bibel vnd sonderlichen in den Epistolis Pauli viel reichlicher hetten mFgen lesen. Das solt er aber hiraus beweisen, das darumb erl=sung vnd Rechtfertigung zweierley sey vnd wir durch das blud Christi

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aus: heutpsache. Die Corrigendaliste sieht hier im Anschluss einen Zusatz vor: wil.

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Vgl. II Tim 2,19. welche Bedeutung dies habe (?). erreicht, gewonnen. Vgl. Art. erjagen 2), in: DWb 3, 861f. besonders, sehr. Vgl. Art. zumal 2), in: DWb 32, 532. Schwatzen. Vgl. Art. plaudern 1.a), in: DWb 13, 1929. Schwadronieren, Keifen (mit gellender Stimme). Vgl. Art. schmettern 1), in: DWb 15, 1051. beklecksen. Vgl. klecken 3.c), in: DWb 11, 1055. unter wegen lassen = unterlassen, bleiben lassen. Vgl. Art. unterwegs I.6.e), in: DWb 24, 1888.

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allein erl=set, keines weges aber gerecht werden; das ist der handel, da leit der knoten.318 Da solt er reden, schreiben vnd schreien; so schweiget er alhie wie ein meusichen319 vnd wirfft allein das seuberliche,320 zarte russelchin321 auff vnd wil vns arme seelichin damit stillen:322 ‚Jch, Osiander, der newe Prophet, hab es nie gelesen, darumb ists nichts.‘ Wolan, so sehe vnd lese ers nimmermehr in der schrifft, dieweil er ja mutwilliglichen wil blint sein; wir wollen vleißig nach swchen vnd forschen,323 ob wirs finden k=nten, das erl=sung vnd Rechtfertigung zusamen vnd beide geh=ren dem blud Christi. Also schreibt der heilige Paulus, Roma. 3:324 „Wir werden an vordienst gerecht aus Gottes gnad durch die erl=sung, so durch Christum Jhesum geschehen ist, welchen Gott hat fFrgestelt zu einem gnaden stuel durch den glauben in seinem bluet“ etc. [E 2r:] Alhier nim nu die gantze meinung des heiligen Apostels fur dich vnd siehe, wie fein bescheidlichen325 vnd deutlichen er von dem artickel der Rechtfertigung handelt, wie es zugehet, das wir arme kinderchin vor Gott gerecht, vnschuldig vnd from werden. Alles reumet er erstlich aus dem wege, was menschliche kreffte vormFgen; daran sollen wir nicht gedencken in dem handel vnser rechtfertigung vnd gerechtigkeit vor Gott. Was thuts denn? Nichts, sagt Paulus, denn lauter gnad, veterliche gunst vnd freuntlicher, gnediger wille, die grosse gFte vnd barmhertzigkeit Gottes, vnsers fromen vaters im himel. Das ist seine gerechtigkeit, wie ers hernacher nennet (auff das er gerecht sey etc.)326 Vnd ist recht geredet, denn darumb, das Gott keine sFnde kan dulden noch leiden vnd aber die, so viel vnser natur belanget, gleichwol immer bleibet (denn das Gesetz vormack nicht zu raten, es kan dem armen schwachen blud vnd fleisch nicht helffen, Rom. 8327), Derhalben schickt er ein ander mittel, dardurch dem Teufel der kopff zertretten,328 Sein reich, gewalt vnd regiment wirt auffgehoben, die sFnde vnd alle gewalt des Teufels abgethan. Das er nu also die sFnde nicht duldet, ist seine Gerechtigkeit, das er in dem werck vns auch hilfft ohne verdienst, ja wider vnser verdienst, denn er macht den Gottlosen gerecht etc.; das ist in demselbigen werck seine gunst, gnad, veterliche gFte, gruntlose barmhertigkeit.

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Redensartlich: Da liegt der Kern des Problems. Vgl. Art. Knoten II.14.a.δ), in: DWb 11, 1505. Mäuschen, Mäuslein, niedliche Maus. 320 zierliche. Vgl. Art. säuberlich 1.b), in: DWb 14, 1854f. 321 Rüsselchen, Schnäuzchen. Vgl. Art. Rüssel 1.b), in: DWb 14, 1540. 322 zum Schweigen bringen. Vgl. Art. stillen 2.b.ε), in: DWb 18, 3015f. 323 Evtl. bezieht sich „nach“ auf beide Verben: nachsuchen und nachforschen. 324 Vgl. Röm 3,24f. 325 genau, detailliert. Vgl. Art. bescheidlich, in: DWb 1, 1558; Art. bescheidenlich, in: DWb 1, 1557f. 326 Vgl. Röm 3,26. 327 Vgl. Röm 8,3. 328 Vgl. Gen 3,15. 319

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Wie werden wir denn gerecht? Aus gnaden, sagt [E 2v:] Paulus. Wo durch? mit was arth vnd weis? pDurch die erl=sung,p so durch Christum Jhesum geschehen ist. Die geh=ret hieher, wenn wir sollen gerecht werden, vnd geh=rt nicht allein hieher, sondern die ists, durch die wir gerecht werden. Doch das wir vns zu dem mitler halten, denn bey jm wil Gott solche gunst, solche gnad erzeigen vnd sonst nirgent, wie er allein bey dem gnadenstuel in dem allerheiligsten sich finden lies zu Jerusalem,329 da mussen wir vns hin halten. Wie denn? durch den glauben. Lieber, was sucht denn der glaub in dem gnadenstuel? Wes tr=stet er sich bey Christo in diesem handel der Gerechtigkeit oder Rechtfertigung? Worauff fusset er? qJn seinem bluet,q sagt Paulus, da sihet der glaube nicht aus eigener bewegligkeit, sondern aus Gottes ordenung vnd befehl hin. Vnd freilich mus er dahin sehen, sintemal durch die erl=sung wir gerecht werden, welche stehet auff dem bluet vnd teuren schweis des vnschuldigen lemleins330 Jhesu Christi, wie Petrus sagt, j. cap. j.331 Wer das bluet ergreifft vnd seinen trost lest sein in Christo Jhesu, der ergreifft die erl=sung, in der wir gerecht werden. Wer des bluts vergist oder feilet, der hat an dem gnadenstuel, an der gerechtigkeit Gottes, damit er vns gerecht machet, gantz vnd gar keinen theil. Sihe nu, wer lust zu lesen hat vnd wil nicht mutwilliglichen die augen zudrucken, dem scheinet hie die liebe Sonne, das sch=ne liecht der warheit, gar hel vnd klar. Vnd vernimpstu fein, das die sprFch vom bluet, leiden vnd sterben Christi so gantz vnd [E 3r:] gar zu der Rechtfertigung geh=ren, das auch ausser dem einigen schatz vor Gott keine rechtfertigung ist, sintemal kein erl=sung ist (durch die wir gerecht werden), wo nicht ist das k=stbarliche bluet Christi Jhesu, vnsers Herren. Jn dem sint wir erl=set, in dem sint wir auch gerechtfertiget also das kein vnderscheid darunter ist. Allein das dort Christus das werck gethan vnd den schatz einmal zusamengetragen hat in seiner person, da er den tod auff erden gelitten vnd am dritten tage widerumb aufferstanden ist; hie aber wirt nichts anders denn dasselbige vnser Gerechtigkeit vnd auch vnser erl=sung in der person Christi, das wir dardurch vnschuldig von den sFnden, von der gewalt vnd macht des Teufels vnd ewigen todes frey werden, wenn wir jen durch den glauben annehmen im wort vnd Sacrament. Wollen aber daruon noch mehr sprFch vnd argumenta sehen, auff das wir

p–p q–q

In größerem Schriftgrad gedruckt. In größerem Schriftgrad gedruckt.

Gnadenstuhl ist die Bezeichnung für das Sühnmal (hebr. ‫[ כַּפֹּ ֶרת‬kapporät]), die goldene, von Keruben beschirmte Platte auf der Bundeslade im Allerheiligsten des Jerusalemer Tempels, die den Ort der Gottespräsenz markierte (wobei die Lade wohl schon seit der Plünderung des Salomonischen Tempels durch die Babylonier 587 v. Chr. Geb. verloren war, das Allerheiligste des Herodianischen Tempels in neutestamentlicher Zeit daher leer; vgl. auch II Makk 2,5–7). 330 Lämmleins, Lämmchens. 331 Vgl. I Petr 1,18f. 329

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vnsers glaubens fein gewis sein, nicht aus treumen menschlicher vernunfft, sondern klarer, heller spruch aus Gottes wort. Zu den R=mern am 4. sagt Paulus also: „Das ist aber nicht geschrieben allein vmb seinet (Abrahams) willen, das jm zugerechnet ist, sondern auch vmb vnsert willen, welchen es sol zugerechnet werden, so wir gleuben an den, der vnsern Herrn Jhesum aufferwecket hat von den todten. Welcher ist vmb vnser sFnde willen dahingegeben vnd vmb vnser gerechtigkeit willen aufferwecket.“332 Mit diesen worten schleust er auff das sch=ne exempel der beiderr Ertzveter Abrahae vnd Dauids, [E 3v:] so er aus dem alten Testament furgezogen vnd darbey probirt, das seine lere vom glauben nicht new, sondern der alte glaube vnd lere sey aller Ertzveter, wie Petrus auch Actorum 10 vnd 15.333 Vnd macht Paulus darauff die gemeine lere, das vns Gott keiner andern weise werde selig machen vnd gerecht, denn wie er Abraham gerechtfertiget hat, nemlich durch den glauben. Beschreibet darbey kFrtzlich widerumb, worauff der glauben sol gerichtet sein, das er nirgent hinsehe in diesem handel denn allein auff den fromen Gott, an denselbigen gleube, der den Gottlosen gerecht macht, wie er droben cap. 3 gesagt. Ja, sprichstu, gleuben doch die Juden, TFrcken vnd Heiden auch an Gott; da leret nu Paulus, worauff der rechte Christliche glaube in Gott sehen vnd wie er den lieben Gott in dem handel der rechtfertigung fassen sol, nemlichen in diesem inuolucro334 vnd geheimnis, das er vnsern lieben Herren Jhesum Christum von den todten aufferwecket hat, das wir in diesem handel nicht gehnen335 vnd gaffen336 sollen in die selbwesende Gottheit, Sondern in das werck, das Gott seinen Son gegeben in diese welt, wie der heilige Lutherus so hertzlich vleissig auch vermanet vber die Epistel zu den Galat., vber die wort Pauli „Gnad sey mit euch vnd friede von Gott,

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sic.

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Röm 4,23–25. Vgl. Act 10,43; 15,11(Petrus mit Bezug auf Heidenchristen, könnte auch auf Väter bezogen werden).15–18 (Meinungsäußerung des Jakobus). 334 Hülle, Verhüllung. Vgl. Art. involucrum II), in: Georges II, 436[b]. 335 begierig (und mit offenem Munde) blicken, sehnend verlangen. Vgl. Art. gähnen II.3), in: DWb 4, 1150. „Gähnen und gaffen“ öfters redensartlich verbunden. 336 erwartungsvoll, gierig (oder sorgenvoll) blicken. Vgl. Art. gaffen II.5.a), in: DWb 4, 1139f. 333

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vnserm Vater, vnd dem Herren Jhesu Christo,“337 vnd vber den ersten vers des 51. Psalmen.338 Lieber, warumb sollen wir denn mit dem vertrawen vnsers hertzen in dem handel der Rechtfertigung dahin sehen? Daran ist gelegen, sagt Paulus, denn gedenck von vergebung der sFnden oder gerechtigkeit vnd vnschuld vor Gott, was du wilt, so [E 4r:] wirstu sie ausser der menschwerdung Christi, des ewigen Gottes Son, nu vnd nimmermehr nicht finden. Denn das wir der sFnden los werden, geschicht in dem tod Christi, das wir gerecht vnschuldig vnd ewig selig werden, geschichts in seiner aufferstehung, so mussen sie gewislich wider vorgebung der sFnden noch gerechtigkeit vor Gott haben, welche die menschwerdung Christi in dem handel der rechtfertigung ausschliessen, wirst auch deiner sFnd nu vnd nimmermehr los, viel weniger gerecht vnd ewig selig vor Gott, der du jres glaubens genossen bist. Denn las sie ruffen vnd ein new geschrey hie anrichten, wie sie k=nnen: „Hey ja, Paulus macht hie einen vnderscheid zwischen vorgebung der sFnden vnd vnser gerechtigkeit,“ das hilfft sie gantz vnd gar nichts. Darauff steht der handel, das wir nicht allein erl=sung oder vergebung der sFnden haben aus dem bluet Christi vnd seiner menschwerdung, sondern auch Gerechtigkeit. Vnd wil Paulus, das wir beides nirgent anderswo suchen vor Gott denn in dem tod vnd aufferstehung Christi; darein teilet ers alhie, wie du h=rest, vnd giebet wider vorgebung der sFnden noch gerechtigkeit vns, sie geh=ren beide dem fromen Gott in der person, die war Gott vnd mensch, in dem sie stirbet vnd am dritten tage widerumb aufferstehet, das merck. Gleichwol, sprichstu, wil ein vnderscheid werden aus diesen worten vnter der Erl=sung vnd Rechtfertigung, dieweil Paulus, der heilige Apostel, die erl=sung nicht der aufferstehung, sondern dem tod, vnd widerumb die gerechtigkeit nicht dem tod, sondern der aufferstehung Christi Jhesu giebet. Antwort:

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aus: geschickt.

337 Vgl. Luther, WA 40I, 76,13–23: „Papa, Turcae, Iudaei et omnes sectarii hunc canonem non observant, sed removentes ex oculis Christum Mediatorem de solo Deo loquuntur, coram ipso orant, vivunt et agunt omnia, Ut monachus cogitat: haec opera quae facio, placent Deo, Ista vota mea respiciet Deus et propter ea me salvabit. Sic Turca: Si sic vixero, si sic lavero, acceptabit me Deus et vitam aeternam dabit. Sic Iudaeus: si servavero Legem Moisi habebo Deum propitium, et salvus ero. Sic homines hodie phanatici iactantes spiritum, visiones et nescio quae alia, ambulant in mirabilibus super se. Hi, quia novi Monachi sunt, novam crucem et nova opera excogitant et propter illa se Deo placere putant. In summa: quotquot ignorant articulum iustificationis, tollunt e medio Christum Propitiatorem.“ (Großer Galaterkommentar, 1535, zu Gal 1,3). 338 Vgl. Luther, WA 40II, 329,26–35: „Quare nemo intelligat Davidem loqui cum Deo absoluto, sed loquitur cum Deo vestito et induto verbo et promissionibus suis, ne excludatur a nomine Dei Christus, de quo a Deo est facta promissio ad Adamum et alios Patriarchas. Hunc Deum non nudum, sed vestitum et revelatum verbo suo necesse est nos apprehendere, alioqui certa desperatio nos opprimet. Et est perpetuo faciendum hoc discrimen inter Prophetas loquentes cum Deo et gentes. Gentes enim loquuntur cum Deo extra verbum et promissiones, secundum cogitationes cordis sui, Prophetae autem loquuntur cum Deo induto et revelato promissionibus et verbo suo.“ (Enarratio Psalmi LI, 1538, zu V. 3).

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So wenig wir durch den tod [E 4v:] Christi erl=set weren, wenn er nicht aufferstanden, Also wenig weren wir gerecht durch seine aufferstehung, wenn er nicht gestorben, seinen schweis fur vns gelassen het, vnd bleibt darumb vnser erl=sung der tod Christi, in dem er gesieget durch die aufferstehung, Vnd die Gerechtigkeit im selbigen tod vnd aufferstehung, welche in der person Christi nicht zu trennen noch zu scheiden. Darumb auch Paulus Gal. 2 die gerechtigkeit dem tod Christi zuschreibet, da ers gegen einander setzt, aus dem Gesetz gerecht werden oder durch den tod Christi, vnd spricht: „So durch das Gesetz die gerechtigkeit komet, so ist Christus vergeblich gestorben.“339 So setzet es Christus selber auch zusamen vnd heist vnsere gerechtigkeit, derhalben der heilige Geist mit dieser verdampten welt wirt zu hadern haben, den ganck zum Vater,340 das ist, das er leidet,t stirbet vnd am dritten tage widerumb aufferstehet; daruon hernacher mehr. Also gibts Johannes auch dem bluet Christi, 1. cap. 1, da er spricht: „das bluet Jhesu Christi, seines Sons, macht vns rein von allen sFnden.“341 Machts vns rein von allen sFnden, so seint wir freilich recht rein vnd gerecht, denn rein sein eigentlichen mus auch gerecht sein, sonst wo keine gerechtigkeit ist, kan man vor Gott nicht rein sein. Es hats aber der heilige Apostel freilich darumb also geteilet, das er wil anzeigen, nicht allein was wir hie in diesem leben haben in Christo, da ist [F 1r:] vnsere gerechtigkeit nichts anders denn vorgebung der sFnden, wie wir hernacher beweisen wollen, sondern was wir auch nach diesem leben aus seinem tod vnd aufferstehung behalten werden, wenn er vns nu auch widerumb wirt aufferwecken. Denn dieweil er durch seine aufferstehung in ein ander vnd newes leben getretten ist, wil er anzeigen, das wir durch vnsere rechtfertigung nicht allein hie vergebung der sFnden haben, sondern damit jm auch folgen werden in seines vaters haus, wie ers nennet Joha. 14,342 da wir mit werden in ewiger vnschult vnd gerechtigkeit selig sein, ausser aller sFnd vnd tod. Vnd bleibt also vnser handel noch fest, das wir lesen in klarer heller schrifft, welches die schwermer leugnen, nemlich das vnser gerechtigkeit ist das leiden, sterben vnd bludvergissen nicht des, der im tode wer343 geblieben, sondern widerumb aufferstanden vnd also zum vater gegangen. Also schreibet Paulus ferner zu den R=m. 5: „Gott preiset seine liebe gegen vns, das Christus fur vns gestorben ist, da wir noch sFnder waren, so werden wir je viel mehr durch jn behalten werden fur dem zorn, nachdem wir itzt durch sein bluet gerecht worden sint.“344 t

Nach Corrigendaliste, aus: leider.

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Gal 2,21. Vgl. Joh 16,28. Vgl. I Joh 1,7. Vgl. Joh 14,2. wäre. Vgl. Röm 5,8f.

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Mit diesen worten wil Paulus den trost fest machen, das wir nicht zagen, noch kleinmFtig werden in trFbseligkeit, sondern in vngezweifelter, stetiger hoffnung vns zu dem fromen Gott alles guts reichlich versehen;345 diese hoffnung kan vnd mus vns darumb nu vnd nimmermehr feilen, denn es ist kein schlechter wahn, den wir vns selbst gemacht het-[F 1v:]ten, Sondern der heilige Geist macht vnsere hertz gewis, dieweil er darinnen ausgeust346 die grosse, brFnstige347 liebe Gottes gegen vns in dem schonen bild, das er seinen geliebten Son dahingibet, da wirs nicht allein nicht verdienet haben, sondern auch seine feinde waren. Hat vns nu Gott dort mit solchen gnaden bedacht, O so kan es vns nu nicht feilen, viel weniger wirt er vns nu verlassen, nachdem wir nicht mehr feinde, sondern frome, geliebte kinder worden sind. Wie denn? Wie wirt man Gottes freund? Ohne zweifel die sFnd mus hinweck vnd mussen wir gerecht sein, denn die sFnde ist die feindschafft, so vns zu beidem theil scheidet, wie droben aus dem Propheten Jsaia gehort. Wie wirt man nu, lieber Paule, gerecht? „Jn seinem blud oder durch sein blud,“ spricht er. Vnd bald hernacher im selbigen capitel helt er Adam vnd Christum gegen einander vnd saget, Adam sey ein bilde Christi. Wie da? Also spricht er: „Wie durch eines sFnde die verdamnus vber alle menschen komen ist, Also ist auch durch eines gerechtigkeit die rechtfertigung des lebens vber alle menschen komen. Denn gleich wie durch eines menschen vngehorsam viel sFnder worden sint, Also auch durch eines gehorsam werden viel gerecht.“348 Was kan auff erden bescheidlicher vnd verstentlicher geredt werden? Lieber, woher kompt die sFnde, damit wir alzumael verdampt werden auff erden? Durch die sFnde des einigen menschen [F 2r:] Adae, spricht Paulus. Woher kompt die Rechtfergung, daher wir werden gerecht gemacht zum ewigen leben? Durch die gerechtigkeit eines menschen, Christi Jhesu, vnsers Herren. Denn also redet die schrifft vnd Paulus: Der Sahmen des weibes, der Sahmen Abrahae,349 vnd in diesem capittel kurtz zuuor: „der einige mensch in gnaden.“350 Lieber, fragstu weiter: was ist die sFnde Adae, dardurch wir zur sFnde vnd ewigen verdamnis komen? Es ist sein vngehorsam, sagt Paulus alhie,351 wie es die Historia auch weiset Gen. 3, daruon droben in vnserm bekentnis. Was ist denn die gerechtigkeit Christi, dardurch wir gerecht werden zum ewigen leben? Es ist sein gehorsam, spricht der heilige Paulus. Was ist denn der gehorsam? Der ists, das er, der ewige Gottes Son, gleicher natur vnd Maiestet mit dem Vater vnd heiligen Geist, sich demFtiget vnd in reiner natur aus

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von ihm alles Gute erwarten. Vgl. Art. versehen I.9.c), in: DWb 25, 1250f. ausgießt. brennende, heiße. Vgl. Art. brünstig [I], in: DWb 2, 439f. Röm 5,18f. Vgl. Gen 3,15; Gal 3,16. Röm 5,15. Vgl. Röm 5,19.

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wirckung des heiligen Geistes ein recht natFrlicher mensch wirt, darinnen er dem willen des Vaters allen gehorsam leistet vnter dem Gesetz vnd in aller vnschuld, rein vnd gerecht, dennoch den tod vnd allen jamer willig duldet vnd leidet bis in den tod des Creutzes, auff das er damit vnser sFnde an seinem leibe bezalet vnd in solchen seinem schmertzlichen tod vnd seinen wunden vns heilete, wie die gantze Bibel den gehorsam weitleufftig ferner auslegt, das ist die gerechtigkeit vnd der gehorsam Christi, dardurch wir auch gerecht werden, nemlich sein erl=sung, wie ers capi. 3,352 Sein tod vnd auff[F 2v:]erstehen, cap. 4,353 vnd sein blud, cap. 5,354 geheissen hat. Das du fein sihest, wie jmmer der heilige Paulus bey einer meinung bleibet, ob ers wol mit mancherley worten redet. Vnd ist vns nu das ein hertzlicher trost, wie der heilige Lutherus am rande vber diese wort auch heraus gezeichnet,355 das wir wissen, wie wir in Adam den gehorsam des gesetzes vorloren haben, das wir nicht k=nnen denselbigen leisten volk=mlich, denn vnser natur ist abgewant, wie droben genungsam bewiesen.356 Also haben wir widerumb den gehorsam des gesetz (welches sol vnd mus erfFllet vnd gehalten werden, Math. 5, Luc. 16)357 erlanget vnd vberkomen358 in Christo Jhesu, daraus wir dem Gesetz antworten vnd die gerechtigkeit, von demselbigen erfordert, leisten vnd geben k=nnen, dieweil wir in Christo Jhesu sind vnd erfunden werden, Rom. 8, Phil. 3, Col. 2.359 Des seine Gerechtigkeit, nemlich dieser demFtige gehorsam, ist nu vnser eigen, dieweil er vns durch den glauben wirt zugerechnet, wie Adams sFnd vnser eigen ist vnd widerumb vnser sFnde Christi ist, per imputationem, Jsa. 53, Johan 1.360 Vnd wie Adam vns mit frembder sFnde seines vngehorsams an361 vnser schuld hat verderbet (denn da er durch den vngehorsam felt, ist noch vnser keiner gewesen),362 also hat vns Christus mit fr=mbder gnad vnd gerechtigkeit seines gehorsams an vnser verdinst selig vnd gerecht gemacht. Allein das vns die sFnd in der natur von Adam her gefolget vnd angeboren ist von arth, diese gnad vnd gerechtigkeit aber empfahen wir in Christo Jhesu als eine gabe, vns nu durch [F 3r:] die geistliche widergeburt geschenckt, im glauben vnd hoffnung angenomen, bis solang das sterbliche das vnsterbliche 352

Vgl. Röm 3,24. Vgl. Röm 4,25. 354 Vgl. Röm 5,9. 355 Vgl. die Randglossen in der Biblia Germanica von 1545 (Volz II, 2277) zu Röm 5,14: „(Bilde) Wie Adam vns mit frembder sünde / on vnser schuld verderbet hat. Also hat vns Christus mit frembder Gnade / on vnser verdienst / selig gemacht.“ – Zu Röm 5,18: „Wie Adams sünde vnser eigen worden ist. Also ist Christus gerechtigkeit vnser eigen worden.“ 356 Vgl. oben Bl. B 3v (S. 540f). 357 Vgl. Mt 5,17–19; Lk 16,17. 358 erreicht, erlangt, bekommen, erhalten. Vgl. Art. überkommen I.A.3.b.δ) DWb 23, 346f. 359 Vgl. Röm 8,1; Phil 3,9; Kol 2,6f. 360 Vgl. Jes 53,4f; Joh 1,29. 361 ohne. 362 Vgl. Röm 5,14. 353

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wirt anziehen, 1. Cor. 5;363 als denn wollen wir sampt allen auserwelten, auch in vnser natur widerumb recht mit der that rein, den lieben Engeln als die lieben Gottes kinderchin gleich sein in ewiger freud vnd seligkeit, Luc. 20.364 Amen. Vnter des sind wir auch rein an alle mackel, Eph. 5,365 vnd in summa alle gerechtigkeit Gottes, die er von vns fordern vnd begeren kan, ja in Christo, der fur vns die sFnde worden ist, wie Paulus sagt 2 Cor. 5,366 das ist in diesem gehorsam, darinnen er in aller vnschuld das vnschuldige opffer wirt nach dem willen Gottes, seines himlischen Vaters, fur alle sFnd der gantzen welt. Vnd widerumb sint wir grosse sFnder ja in vns selbst, die wir teglich bitten vmb vergebung der sFnden, Math. 6, Psal. 32.367 Denn wir wallen368 vnd wandern noch im fleisch, das feiret369 nicht, ruet nicht, sondern gelFstet370 wider den Geist, das wir nicht k=nnen thuen, das wir doch hertzlich wFnschen, Rom. 7, Gal. 5.371 Doch mussen wir auch anfahen durch den Geist, dem fleisch widerstehen, dasselbige dempffen, Creutzigen vnd wFrgen,372 damit wir im Gesetz Christi bleiben, 1. Cor. 9;373 daruon an einem andern orth. Es laufft vns ein wenig weit,374 das macht, wir wolten gern, wie wir ampts halben zu thun schuldig vnd von hertzen bereit sint, den armen vnd betrFbten gewissen zu trost den handel vnserer rechtfertigung auff das aller liechste375 vnd klereste machen, Damit sie sehen kFnten aus klarer, heller schrifft, wer vns gerecht mache vnd was die gerechtigkeit sey, [F 3v:] dardurch wir gerecht werden, Nemlich nichts anders denn der gehorsam, das ist der tod, blutige schweis vnd auffersteung vnsers lieben Herren Jhesu Christi, wie wir das in den angezognen sprFchen genugsam gesehen. Je, sprichstu, wie kommet es denn, das der herr Osiander, der primarius376 vnd newe reformator der Kirchen, das nicht auch gelesen? Antwort: Die Juden lasen vnd lesen noch heut zu tag die Bibel teglich, die doch ein Buch ist von Jhesu Christo, wie Christus sagt, Johan. 5.377 Noch378 kunten sie jn darin-

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Vgl. I Kor 15,53; II Kor 5,4. Vgl. Lk 20,36. 365 Vgl. Eph 5,27. 366 Vgl. II Kor 5,21. 367 Vgl. Mt 6,12; Ps 32,5. 368 wandeln, gehen, leben, bewegen uns. Vgl. Art. wallen II 1.e), in: DWb 27, 1290. 369 ruht, hört auf. Vgl. Art. feiern 2), in: DWb 3, 1436f. 370 begehrt auf (mit Präposition: wider = gegen), vgl. Art. gelusten 1.e), in: DWb 5, 3115. 371 Vgl. Röm 7,18f; Gal 5,17. 372 abtöten. Vgl. Art. würgen I.B.2.e), in: DWb 30, 2204. 373 Vgl. I Kor 9,21. 374 Unsere Darlegungen geraten ziemlich ausführlich. 375 lichteste, hellste, deutlichste. 376 Osiander war als Professor primarius an die theologische Fakultät der Universität Königsberg berufen worden bzw. beanspruchte diesen Titel und Rang. 377 Vgl. Joh 5,39. 378 Dennoch. 364

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nen nicht finden, Johan. 12.379 Arrius war vber die massen gelert darinnen, noch kunt er nicht finden, das Christus mit Gott dem Vater einer natur, in gleicher Maiestet mit jm ein Gott were. Die Sacramentarij380 singen, tichten, reden vnd handeln die wort „das ist mein leib“ etc. teglichen, noch kFnten sie nicht finden, das der ware leib Christi im Sacrament sey; wie gehets doch immermehr381 zu? Jch wil dirs sagen, spricht der heilige Paulus 1. Cor. 3: die weisen haschet382 er in jrer klugheit,383 vnd 1. Pet. 5: den demFtigen gibt er gnad.384 Aber hie engstiget sich Osiander vnd schwitzet vber diesem klaren Text vber die massen sehr, erbeit385 vnd lests jm sawr werden, damit er sich jrer mocht erweren. Niemet diese wort „vmb vnser gerechtigkeit willen aufferstanden.“386 Jtem „durch die erl=sung durch sein blud, durch sein gehorsam,“ vnd schleust also: Christus ist vmb vnser gerechtigkeit willen aufferstanden, Darumb mus die gerechtigkeit etwas anders sein denn die aufferweckung. Schilt vns vbel, als hetten wir solches nicht gesehen, bis der grosse [F 4r:] meister von sieben sinnen,387 das newe liecht der welt, in der alten Latern auffgegangen,388 das vns solches gewiesen. Setzet nachmals auch eine treffliche auslegung vnd geschwinde389 glos390 vber den Text, der jn herter brennet391 denn hellisch feur, Rom. 5, „Nach dem wir durch sein blud gerecht worden sint“ etc.392 „Das kan man also verstehen,“ spricht er, „als wenn man sagt: der ist Doctor worden

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Vgl. Joh 12,34.37–39.48. Anhänger der reformierten Abendmahlslehre. 381 nur (in der verwunderten, zweifelnden Frage). Vgl. Art. immermehr 3.b), in: DWb 10, 2077. 382 fängt. Vgl. Art. haschen 2) u. 3), in: DWb 10, 524f. 383 I Kor 3,19; Hiob 5,13. 384 I Petr 5,5. 385 müht sich ab, strengt sich an. Vgl. Art. arbeiten 1), in: Fnhd. Wb. 2, 39f. 386 Vgl. Röm 4,25. 387 Ironische Bezeichnung für einen hervorragenden Universitätslehrer, nach Art der Beinamen für scholastischen Größen wie etwa „Doctor mellifluus“ = Bernhard von Clairvaux, „Magister sententiarum“ = Petrus Lombardus u. dgl.; hier wäre bes. der Mystiker Meister Eckart zu erwähnen mit dem Beinamen „Meister von hohen Sinnen“. Sieben Sinne weisen auf besondere übersinnliche Fähigkeiten, weil die menschliche „Normalausstattung“ fünf Sinne umfasst, der siebte Sinn befähigt zu besonderen Erkenntnissen etwa bzgl. der Zukunft; sieben Sinne können auch scherzhaft auf Sinnesverwirrung weisen. Außerdem kann der Ausdruck für die sieben freien Künste verwendet werden, so dass die Wendung als „Magister artium“ zu verstehen wäre, doch spricht der vorliegende Zusammenhang für ironischen Gebrauch. Vgl. Art. Sinn m. II.18.h.γ) u. δ), in: DWb 16, 1143; Art. Sinn m. 21.a), in: DWb 16, 1146. – Vgl. a. „Etlicher Jungen Pre= || diger zu NFrnberg verantwor= || tung gegen der anklag Andreae Osiandri /so || newlich im druck widder sie ist aus= || gangen.“ (VD 16 R 3325), wo es gleich zu Beginn heißt: „Es hat Osiander (der sich jtzt Primarium professorem Theologiae nennet / der Meister von hohen Sinnen) newlich ein gedruckte schrifft lassen ausgehen [...]“ (aaO Bl. A2r). 388 Ironisch/sarkastisch: Osiander, die alte Laterne, sieht sich als neuen Christus, vgl. Joh 8,12. 389 verschlagene, listige, schlaue. Vgl. Art. geschwind 9), in: DWb 5, 3997. 390 Erläuterung, Deutung. Vgl. Art. Glosse 1.c), in: DWb 8, 211f. 391 der ihn heftiger quält, ihm größere Probleme bereitet. 392 Röm 5,9. 380

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durchs gelt. Es folget aber nicht, das darumb das gelt die Doctorey393 sey; wir mFsten sonst bekennen, das, die das gelt empfangen, die hetten auch die Doctorey, vnd der das gelt het ausgegeben, der hette keine Doctorey, sondern nur einen lehren beutel.“394 haec ille. Wo bleibt jr nu, jr armen Theologi vnd Wittenbergischen Doctores mit ewer Doctorey? Jch mein ja, der meister kunt euch recht vmbschmiden vnd die Gramaticam leren, die jr ewr lebenlang noch nie geh=ret. Vnd ist warlich war, wir hetten es vns nicht treumen lassen, viel weniger in einem pauren gesucht, das es so schleunig vnd frey volgete: ‚Man kan sagen, darumb sol man sagen;‘ ‚das kan man also verstehen, darumb sol vnd mus mans also verstehen.‘ ‚Eine frome fraw kan eine schelckin395 werden, darumb ist sie eine schelkin.‘ ‚Osiander kan aus einem gelerten man ein schwermer werden, darumb ist er ein schwermer,‘ vnd so fortan, a potest, ad debet et existit. Wolan, wir bekennen vnser einfalt in Christo Jhesu, 2. Cor. 11,396 vnd wissen von vns nichts zu rFhmen, denn das wir in der schuel Christi noch kleine kinderchin sint, wie er von vns allen haben wil, Matthei am 18.397 Aber dar fur sol vns der liebe, fro-[F 4v:]me Gott die zeit vnsers lebens ja mit gnaden behFten, das wir so grob, so vnbesonnen, so vnuerschempt in diesem h=chsten handel herausser fahren398 solten vnd die helle klare schrifft mit solchem mutwillen verkehren. Wir wissen, diese sache, die wir handeln, ist Gottes; daran leit nicht das vorterben eines Keiserthumbs, sondern jm seine ehr vnd den armen seelchin, der so viel tausent tausent vnd mit dem k=stbarlichen tewren blut Christi erkaufft sint, jr zeitliche vnd ewige wolfart. Derhalben auch Gott nicht allein sihet, was wir darinnen thun, sondern erforschet auch vnserer hertzen gedancken vnd wirt sie ane zweifel richten zu seiner zeit vor dem angesicht seiner lieben Engelchin vnd aller ausserwelten. Jst vns auch bereit das vrteil insinuirt399 vnd verkFndiget, 1. Cor. 3: „So jemandes den Tempel Gottes verterben wirt, den wirt Gott verterben“400 vnd Gal. 5: „wer euch jrr macht, der wirt sein vrteil tragen, er sey auch, wer er wolle.“401 Damit wir aber kFrtzlich vom handel kommen,402 so lassen wir erstlich alhie Osiandrum jm selbst antworten vnd sich berichten;403 der hat droben selbst also geschlossen vnd bekant, ists auch in seinem gewissen ane zweifel vber393

das Doktorat. Vgl. Osiander, Von dem einigen Mittler, Bl. V1a (OGA 10, 254,8–12). 395 Spitzbübin, Schurkin. Vgl. Art. Schälkin 2), in: DWb 14, 2081. 396 Vgl. II Kor 11,3. 397 Vgl. Mt 18,3. 398 herausfahren = uns (unbedacht und ungehemmt) äußern. Vgl. Art. heraus(fahren) 2), in: DWb 10, 1031. 399 zugestellt, ausgehändigt, verkündet. Vgl. Art. insinuieren, in: DRW online (https://drw-www. adw.uni-heidelberg.de/drw-cgi/zeige?index=lemmata&term=insinuieren) (zuletzt besucht 03.11.2022). 400 I Kor 3,17. 401 Gal 5,10. 402 Damit wir die Angelegenheit schnell zum Abschluss bringen ... 403 sich belehren, sich berichtigen. 394

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furet vnd vberwiesen: dieweil die schrifft dem blud vnd sterben Christi gibet,404 das wir damit erkaufft, dardurch erl=set, vers=hnet vnd mit dem selbigen fur vnsere sFnde sey genug gethan, Derhalben sey solcher gehorsam selbst vnser erl=sung. Des, sagen wir, wol er sich selbst erinnern vnd zusehen, wie er sich in die zungen beist. Denn gilt diese meinung vnd ist dieser verstand recht: wier sint durch das blud Christi erl=set, dar[G 1r:]umb ist das blud Christi vnser erl=sung (wie den kein zweifel), wolan, so gilt auch das: durch die erl=sung vnd das blud Christi sind wir gerecht. Darumb ist die erl=sung vnd das blud vnser Gerechtigkeit. Zum andern, so kan er nicht leugnen, das im spruch Ro. 4405 heist ‚vmb der sFnde willen dahinu gegeben sein‘ nicht, das der tod Christi allein ein verdinst were, damit vns solch erl=sung oder vergebung der sFnden als ein ander dingk were erworben, Sondern in seinem tod vnd blud haben wir zu gleich die erl=sung vnd vergebung der sFnden, Col. 1,406 Also das dasselbige blud vns reiniget, 1. Johan. 1.407 Die weil aber Paulus flucks darauff auch saget, Christus sey vmb vnser Gerechtigkeit willen widerumb aufferstanden,408 so schlissen wir, wie Osiander selbst, Nach dem die wort in einerley handel gesprochen, werden auch billich auff einerley weise vnd art verstanden, Das eben also ‚vmb vnser Gerechtigkeit willen aufferstanden sein‘ heist nichts anderst, denn das wir in der aufferstehung Christi gerecht sind. Vnd das solche glos nicht ein frembder gedancken sey des fleischs, so feldt409 vns Christus selbert darinnen starck vnd gewaltiglich zu vnd saget Johan. 16, Das sey die Christliche gerechtigkeit des glaubens, derhalben der heilige Geist mit der welt werde zu thun haben, das er zum Vater gehet.410 Das ist, wie Osiander selbst bekennet vnd bekennen mus, das er leidet, stirbet vnd am dritten tag widerumb aufferstehet. Jst vnser glos falsch, so ist Christus falsch mit seiner predig, stehet sein wort, wie es stehet vnd stehen wird wider alle pforten der hellen, so stehet diese vnsere meinung vnd ist vnFberwintlichen war: [G 1v:] vmb vnserer Gerechtigkeitv willen ist Christus aufferstanden, auff das vnser Gerechtigkeit sey sein aufferstehung vnd ganck zum Vater. Zum dritten: Wenn es kunst vnd wir Epicurer weren, die kein gewissen hetten, so wolten wir auch dermassen mit der schrifft leichtfertig alfenzen411 vnd u v

Nach Corrigendaliste, aus: gahin. aus: Rerechtigkeit.

404 405 406 407 408 409 410 411

zuschreibt. Vgl. Röm 4,25. Vgl. Kol 1,14. Vgl. I Joh 1,7. Vgl. Röm 4,25. fällt (uns zu) = pflichtet uns bei. Vgl. Joh 16,10. gaukeln, Unfug treiben. Vgl. Art. alfänzen, in: DWb 1, 205; Art. alefanzen, in: DWb 1, 767.

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volgern wie er: Wir sind vers=net durch Christum, Rom. 5.412 Darumb ist er nicht vnsere vers=nung. Jtem: Er hat vns die erl=sung erworben, Ebre. 9.413 Darumb ist er nicht vnser erl=sung. Jtem: Christus hat vns geheiliget durch sein blud, Ebre. 13.414 Darumb ist er nicht vnser heiligung; vnd also fort an. Alle dinck sind durch Christum geschaffen, Johan. 1.415 Darumb ist er nicht der sch=pffer etc. Aber wir fFrchten Gott, in des hende zu fallen schrecklich ist,416 vnd schlissen derhalben mit der schrifft einfeltig, aber gewaltig also: Eben darumb, das wir durch Christum erl=set sind in seinem blud, Acto. 20, 1 Pet. 1,417 Jst Christus vnser erl=sung, 1 Cor. 1.418 Eben darumb, das wir gerechtfertiget werden durch die erl=sung, Rom. 3,419 in seinem blud vnd gehorsam, Rom. 4 vnd 5,420 Jst er vnser Gerechtigkeit, 1 Cor. 1. vnd Jere. 23 vnd 33421 Oder sein ganck zum Vater ist die gerechtigkeit, Johan 16.422 Eben darumb, das er vns nahe, vnd friede gemacht hat durch sich selbst in seinem blud, Eph. 2,423 am Creutz, Col. 2,424 Jst er vnser fried, Ephe. 2.425 Eben darumb, das er vns vers=net hat durch seinen tod, Rom. 5,426 mit dem leibe seines fleisches durch den tod, Col. 1,427 Durch das Creutz, Ephe. 2,428 haben darzu durch jn die vers=nung empfangen, Rom. 5,429 Jst er vnser vers=nung, 1. Johan. 2.430 Eben darumb, das er vns ge-[G 2r:]heiliget mit seinem opffer, Ebre. 10,431 in seinem blud, Ebre. 13,432 Jst er vnser heiligung, 1 Cor. 1.433 Eben darumb, das wir one Christo Gott nicht kennen – wie er sagt Math. 11: „Niemants kennet den Vater denn allein der Son vnd wem es der Son wil offenbaren.“434 – Vnd wir aus solcher offenbarung nichts wissen denn Christum, den gecreuzigten, 1. Cor. 1 vnd 2,435 Jst er vnser weisheit, Auff das, wer

412 413 414 415 416 417 418 419 420 421 422 423 424 425 426 427 428 429 430 431 432 433 434 435

Vgl. Röm 5,10. Vgl. Hebr 9,12. Vgl. Hebr 13,12. Vgl. Joh 1,3. Vgl. Hebr 10,31. Vgl. Act 20,28; I Petr 1,18f. Vgl. I Kor 1,30. Vgl. Röm 3,24. Vgl. Röm 3,25; 5,19. Vgl. I Kor 1,30; Jer 23,6; 33,16. Vgl. Joh 16,10. Vgl. Eph 2,17. Vgl. Kol 2,14. Vgl. Eph 2,14. Vgl. Röm 5,10. Vgl. Kol 1,22. Vgl. Eph 2,16. Vgl. Röm 5,11. Vgl. I Joh 2,2. Vgl. Hebr 10,14. Vgl. Hebr 13,12. Vgl. I Kor 1,30. Mt 11,27. Vgl. I Kor 1,23; 2,2.

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sich rFmet, sich Gottes rFme,436 nicht das er vnser gerechtigkeit, weisheit, heiligung oder erl=sung sey in seiner G=ttlichen natur, Sondern das vns Christus von Gott gemacht ist zur weisheit, Gerechtigkeit etc. Wie denn? das zeugen die klaren, hellen sprFche, droben angezogen. Vnd ist dennoch klar, was der heilige Apostel damit meinet, wenn er saget, durch die erl=sung, durch sein blud, durch Christum etc., nemlich das ers alhie nicht allein heist ein verdienst eines andern dinges, Sondern zugleich rem ipsam. Vnd ist jm eins: an Christo haben wir die erl=sung, Col. 1.437 Er hat vns erl=set, Acto. 20.438 Er hat vns die erl=sung erworben, Ebre. 9.439 Er ist vnser erl=sung, 1. Cor. 1.440 Jtem: Er hat vns versFnet mit dem leibe seines fleisches, Col. 1.441 Wir sind durch seinen tod versFnet, Rom. 5.442 Er ist vnser vers=nung, 1. Johan. 2.443 Durch jn haben wir die vers=nung empfangen, Rom. 5.444 Jtem: wir sind gerecht durch die erl=sung, Rom. 3.445 Wir sind gerecht in seinem blud, Romanorum 5.446 Er ist vnser gerechtigkeit, 1. Corinth. 1.447 Sein leiden vnd sterben oder ganck zum Vater ist vnser gerechtigkeit, Johan. 16.448 [G 2v:] Das sey dismal auff das erste stFck vnd die eiserne mauren449 Osiandri genug, darauff der gantze handel stehet, nemlich das er wil die sprFch von dem leiden vnd sterben Christi allein auff die erl=sung ziehen450 vnd keines weges zu der Rechtfertigung gelten lassen,w fFlet aber ane zweifel wol in seinem gewissen, wie jm die schrifft darinnen zufelt.451 Darumb ist er so kalt, machts kurtz, nimpt einen zulauff452 vnd springt vber hin,453 So doch an diesem stFck sein gantzer handel gelegen ist. Denn nachdem wir das erhalten aus klaren zeugnis der heiligen schrifft, das wir nicht allein durch den tod vnd aufferstehung Christi Jhesu erl=set, sondern eben durch diese erl=sung auch gerecht sind, Vnd also dieser tod vnd aufferstehung in der person Christi vnw

aus: lasse.

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Vgl. I Kor 1,31; II Kor 10,17; Jer 9,22f. Vgl. Kol 1,14. 438 Vgl. Act 20,28. 439 Vgl. Hebr 9,12. 440 Vgl. I Kor 1,30. 441 Vgl. Kol 1,22. 442 Vgl. Röm 5,10. 443 Vgl. I Joh 2,2. 444 Vgl. Röm 5,11. 445 Vgl. Röm 3,24. 446 Vgl. Röm 5,9. 447 Vgl. I Kor 1,30. 448 Vgl. Joh 16,10. 449 Vgl. Jer 1,18f; 15,20; Ez 4,3. 450 beziehen. 451 „wie (wenig) ihm darin die Schrift beipflichtet“ oder „wie sich ihm die Schrift dabei verschließt“. 452 Anlauf. Vgl. Art. Zulauf 1.a), in: DWb 32, 511f. 453 vber hin = darüber hinweg. 437

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ser gerechtigkeit ist, so hilfft nu kein schreien, schreiben, ruffen, stoltziren,454 pochen vnd trotzen, denn wenn gleich alle welt, alle Apostel vnd Engel darzu, darwider bFcher schneieten,455 so stehen vnd bleiben wir doch darbey: Hie ist schrifft, hie stehet der grund vnsers glaubens steiff vnd fest, trotz allen pforten der hellen, die darwider etwas auffbringen. Plaudern456 vnd Gecken457 m=gen sie wol, aber sFnd, schand, hohn vnd ewigen spot sollen sie darfur haben, wo sie nicht busse thun. Vnd solt sich Osiander schemen in sein hertz hinein,458 das er, ein solcher kFner alter held, von dem vor der zeit so viel gerFmet worden, vnd wir jm (das weis Gott) nicht allein solchen seinen alten namen gern g=nnen m=chten, sondern solt vns ein hertzliche freud gewesen sein, wenn wir jm nur viel ehr mit gutem gewissen hetten erzeigen sollen, der sol [G 3r:]x nu zu seinen alten tagen so jrr werden vnd sich den leidigen Teufel also effen459 vnd verfFren lassen, da sich die arme Christenheit seiner vor vielen andern tr=sten solt, Das er alle macht vnd vermFgen eben wider dasjenige keret vnd wendet, so der kirchen hertz vnd einiges460 leben ist. Denn was haben wir armen, ehlenden kinderchin, wenn wir den artickel der rechtfertigung verliesen?461 Wo bleibt aber vnser rechtfertigung vnd gerechtigkeit, wenn es nicht die erl=sung, das blud vnd sterben Christi ist, sampt seiner aufferstehung nach der schrifft? Darumb ists gewis, das vns Osiander mit seiner newen schwermerey den artickel der Rechtfertigung gantz vnd gar hinnimpt, sintemal462 der tod Christi die gantze macht vnd entliche frucht ist des Christlicheny namens, wie Tertullianus sagt, lib. 3. aduersus Marcionem,463 vnd Irenaeus,z lib. 5.: „Durch das fleisch des Herren vnd sein blud sind wir selig worden.“464 Desgleichen Augustinus: „Aller trost,“ spricht er, „vnd sicherheit vnsers glaubens ist in

x y z

Blattzählung original fälschlich: G ij. aus: Christeichen. aus: Iręneus.

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stolze Reden führen. Vgl. Art. stolzieren 1.c), in: DWb 19, 291f. in großer Zahl erscheinen ließen. Vgl. Art. schneien II.3.c), in: DWb 15, 1283f. 456 Unsinn reden. Vgl. Art. plaudern 1.a), in: DWb 13, 1929. 457 vorlaut schreien. Vgl. Art. gecken [II] 3), in: DWb 4, 1922f. 458 in sein hertz hinein = zutiefst (schämen). 459 äffen, narren. 460 einziges, einzigartiges. 461 verlieren. Vgl. Art. verlieren 1), in: DWb 25, 794–796. 462 da doch, weil, zumal. 463 Vgl. Tertullian, Adversus Marcionem 3, 8, 5: „Totum Christiani nominis et pondus et fructus, mors Christi negatur, quando caro Christi negatur, quam tam impresse apostolus demandat, utique veram, summum eam fundamentum evangelii constituens et salutis nostrae et praedicationis suae.“ (PL 2, 332B). 464 Vgl. Irenaeus, Adversus haereses 5, 14, 3: „Et in omni autem epistola manifeste testificatur Apostolus quoniam per carnem Domini nostri et sanguinem eius nos salvati sumus.“ (FChr 8/5, 120,14–17) (PG 7/2, 1163A). 455

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dem blud Christi.“465 Jtem in Manuali cap. 22: „Jn aller meiner widerwertigkeit find ich kein krefftiger ertzney denn die wunden Christi; in denselbigen schlaff ich sicher vnd rwe466 vnerschrocken. Dieweil Christus fur vns gestorben, so ist mir zum tod auff erden nichts also bitter, das der tod Christi nicht kFnte gelindern vnd heilen. Al mein hoffnung ist in dem tod meines Herren. Sein tod ist mein verdinst, mein zuflucht, mein heil, mein leben vnd mein Aufferstehung.“467 Vnd cap. 22: „Er hat seine arm an dem Creutz ausgestrackt, als der da bereit ist, die armen sFnder freundlich zu vmbgeben. Zwischen den armen meines Heilands [G 3v:] wil ich leben vnd sterben, alda wil ich mit fr=licher sicherheit singen: Jch rFme dich, mein Herr, das du mich auffgenomen hast vnd meine feind nicht vber mir erfrewet etc.“468 Vnd Lutherus in der kirchen Postil vber die Epistel ad Tim. 3. am Christag: „in Christi wunden wird die seele behalten.“469 Was aber Osiander nu ferner anzeigt, wie vns Christus seiner gFter durch das wort teilhafftig mache, wollen wir itzunda nicht zu gar genaw suchen,470 zweifeln aber nicht, wenn er ein solch grFmpichin471 vnd groben spahn in vnserer herrn vnd praeceptorum bFcher fFnde, als er einen hawet von dem eusserlichen wort, da ers einen alten, verworffenen schw472 heist, wo es durch den glauben im hertzen nicht wird angenomen, darzu den verstand vnd gedechtnis lest daruber zu rad gehen, ob es anzunemen oder nicht473 – Er wFrde jnen die Orgel vnd pfeiffen recht stimmen, ruffen vnd schreien, das sie widerteuf-

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aus: irzund.

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Vgl. Ps.-Augustinus, Lib. Meditationum, cap. XIV: „Omnis namque spes et totius fiduciae certitudo mihi est in pretioso sanguine ejus [scil. Christi].“ (PL 40, 910). 466 ruhe. 467 Vgl. Ps.-Augustinus, Manuale, cap. XXII: „... In omnibus aduersitatibus non inueni tam efficax remedium, quam vulnera Christi; in illis dormio securus, et requiesco intrepidus. Christus mortuus est pro nobis. Nihil tam ad mortem amarum, quod morte Christi non sanetur. Tota spes mea est in morte Domini mei. Mors eius meritum meum, refugium meum, salus, vita, et resurrectio mea ...“ (zit. nach: D. AVRELII || AVGVSTINI || HIPPONENSIS EPISCOPI, || OPERVM TOMVS IX. || CONTINENS ILLIVS TRACTATVS: || HOC EST, || EXPOSITIONES AD POPVLVM || factas in nouum Testamentum, cum alijs || varij generis opusculis. || A THEOLOGIS aliquot LOVANIENSIBVS diligenter || emendatus ex collatione MS. codicum. || Qui etiam notha, seu falso beato Augustino inscripta, || in Appendicem retulerunt. || [Signet: reich (vor allem mit Lilienemblemen) verziertes, stark mit Kanonen bestücktes dreimastiges Kriegsschiff, das Land im Hintergrund beschriftet: LVTE || TIA] || PARISIIS. || – || M. D. LXXXVI. || CVM PRIVILEGIO., S. 388[Sp. b]C) (vgl. PL 40, 960f, dort cap. XXII–XXIII). 468 Vgl. Ps.-Augustinus, Manuale, cap. XXIII (2): „Extendit brachia sua in cruce, et expandit manus suas paratus in amplexus peccatorum. Inter brachia Salvatoris mei et vivere volo, et mori cupio. Ibi securus decantabo: Exaltabo te, Domine; quoniam suscepisti me, nec delectasti inimicos meos super me [Ps 29,2 Vg = Ps 30,2].“ (PL 40, 961). 469 Vgl. Luther, WA 10I.1, 127,3; Kirchenpostille (1550, VD 16 L 5615), Bl. 79v [Sp. b]. 470 untersuchen. 471 Krümelchen. Vgl. Art. Grumpe, in: DWb 9, 638f. 472 Schuh. 473 Vgl. Osiander, OGA 10, 116,20–118,25, bes. 118,6–8 (Von dem einigen Mittler, 1551).

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fer, schwermer, plauderer474 vnd jrrige geister weren, die da =ffentlichen wider Gottes wort lereten, Vnd thet jnen in diesem fal zwar nicht sehr vnrecht, sintemal vnser glaub oder vnglaub dem mFntlichen wort nichts nimpt, Rom. 3.475 Vnd Paulus Rom. 1476 kein ander wort meinet denn das, so er prediget vnd wir noch predigen, zu dem, das der heilige Apostel so gar vnsern verstand nicht wil vber dem wort zu rath genomen haben, das er auch schleust, 2. Cor. 10,477 wir nemen alle vernunfft gefangen vnter den gehorsam Christi. Vnd mus derhalben ein wunder seltzamer glauben sein, der daher kompt, das menschlicher verstand denselbigen anzunemen beratschla-[G 4r:]get vnd geschlossen hat, So doch gewis, das der rechte Christliche glaub vber allen menschlichen verstand ein wunderwerck Gottes ist, wie Christus sagt Johan. 6.478 Da der heilige Geist in dem mFntlichen wort das hertz rFret, verandert vnd auffthut, Acto. 2 vnd 16,479 das es dasselbige wider alle gedancken fasset, frisch vnd freidig480 hoffet, da aller verstand rufft mit sin vnd aller vernunfft: ‚hoffe nicht, es ist vmbsonst vnd alles vergebens!‘, wie Paulus den glauben ausstreicht481 bey dem sch=nen exempel Abrahae, Rom. 4. vnd Ebre. 11.482 Vnd wer dennoch Osiander wert, das man jn eben des stFckleins halben ein wenig herter zur schuel fFrete, das er beide, das mFntliche wort vnd predig, so verechtlich handelt, als wer es ein loser alter schwch,483 wo man jm nicht glaubet.484 So doch eben darumb Paulus rFmet, es sey Gottes krafft, dardurch Gott selig mache alle, die daran gleuben,485 dieweil es sonst so recht leichtfertig vnd schertzlich von jederman gehalten wirt, Zu dem aus dem Christlichen glauben ein beratten vnd bedencken menschliches verstandes macht, denn ob ers wol balt hernacher selbst andern486 mus vnd dem glauben geben, das er aus keinem beratten des menschlichen verstandes kome, dennoch solt man jn billich erinnern, das er zu hertzen fFrete, mit was schwindel487 Geist er diese hohe wichtige sache handelt, auff das er nicht also leichtfertig mit

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unverständige Schwätzer. Vgl. Art. Plauderer, in: DWb 13, 1927. Vgl. Röm 3,2–4. 476 Vgl. Röm 1,1–6. 477 Vgl. II Kor 10,5. 478 Vgl. Joh 6,29. 479 Vgl. Act 2,37; 16,14. 480 mutig. 481 ausmalt, hervorhebt. 482 Vgl. Röm 4,1–5; Hebr 11,8–10. 483 Schuh. 484 Vgl. Osiander, OGA 10, 116,20–118,25, bes. 118,6–8 (Von dem einigen Mittler, 1551). 485 Vgl. Röm 1,16. 486 verändern. 487 schwindelndem. Vgl. Art. schwindel, in: DWb 15, 2657. Vgl. a. Art. Schwindelgeist 1), in: DWb 15, 2658f; Jes 19,14. 475

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seinen wFnderlichen, sonderlichen, seltzamen treumen,488 der er vol steckt,489 in die kirche vnter die armen einfeltigen rumpelte.490 [G 4v:] Auff solches alles gibt er nu erstlich dem wort, das wir dardurch entpfahen den vnaussprechlichen schatz, den Christus durch seinen gehorsam vnd erfFllung des Gesetz, durch sein leiden vnd sterben, damit wir erl=set vnd vers=net sind, vns hat erworben. Nemlich das wir, vom Gesetz vnd seinem fluch frey gemacht,491 vergebung der sFnden haben, welchen schatz wir durch den glauben entpfahen zu vnser rechtfertigung, k=nnen vns desselbigen in aller anfechtung des gewissen wider alle pforten der hellen492 tr=sten, frewen vnd gebrauchen. Wer wil nu sagen, das Osiander vom blud, leiden vnd sterben Christi nicht viel halte? Jch meine ja, das klingt in die gantze Christenheit wider alle seine widersacher, die jm bis daher schult gegeben, Er trette das blud Christi mit fFssen, achte seines vnschuldigen todes nicht; was kan doch herrlichers vnd tr=stlichers daruon gerFmet werden, denn es mit sFssen, lieplichen worten so fein kurtz vnd rund alhie ist ausgestrichen? Was kan vns doch mangeln, wenn wir haben vergebung der sFnden vnd seine erfFllung des gantzen Gesetzes, so er fur vns dargestreckt bis an den tod des Creutzes?493 Antwort: gar nichts kan vns feilen, denn wenn die sFnd vnd schuld hinweck, so hat Gott nichts zu zFrnen, sintemal er nicht aus art494 bitter vnd b=s gegen vns ist, Sondern allein von vnser sFnde wegen, wie wir droben aus dem Propheten Jesaia gehort haben, cap. 50 vnd 59.495 Vnd weil dargegen wir mit der erfFllung des Gesetzes auch in Christo begnadet werden, so mussen wir ohne zweifel darinnen auch vor Gott gerecht sein. Sintemal von keinem ver-[H 1r:] nunfftigem menschen zu leugnen ist, das der volstendige gehorsam des Gesetzes ein gerechtigkeit ist. Zum dritten, dem gehorsam vnd dieser erfFllung des Gesetzes sol vnd mus nu volgen die verheischung aller gFeter, hie zeitlich vnd dort ewigklich. Denn Gott kan nicht liegen,496 der diese verheischung bey dem Gesetz treulichen zugesagt hat vnd gedenckt zu halten in viel tausent gelid.497 Jst es nu Osiandro ein ernst, das wir in dem blut Christi diese gFter haben, wie er mit sch=nen geschmeidigen worten rFmet, so vorgeb vns Gott vnser sFnde, die wir sagen, er halt von dem blut Christi nichts. Saget er aber, wir sind dar-

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Phantastereien, Phantasmagorien. von denen er angefüllt ist. 490 rücksichtslos und ungeschickt (auf die einfachen Gemeindeglieder ohne theologische Vorbildung) einwirkte, (auf sie zu) stolperte. Vgl. Art. rumpeln 2.a), in: DWb 14, 1490. 491 Vgl. Gal 3,13. 492 Vgl. Mt 16,18. 493 Vgl. Phil 2,8. 494 aus art = seinem grundsätzlichen Wesen nach. 495 Vgl. Jes 50,1; 59,2. 496 lügen. Vgl. Hebr 6,18. 497 Vgl. Ex 20,5f; Dtn 5,9f. 489

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innen noch nicht gerecht vnd selig, so geb jm Gott seine vernunfft vnd sin, das der arme, ehlende, betrFbte man erkennen mFge vnd zu hertzen fFren, wie greulich er sich selbst abermals in die backen hawet,498 vnd verleihe jm ja die gnad, das er m=ge wider nFchtern werden aus den stricken vnd banden des Teufels. Denn da stehet es gantz vnd gar: wir sind durch das blut Christi gereiniget von allen sFnden, haben darinnen die vnschult Christi vnd erfFllung des gantzen gesetzes. Derhalben sind wir nu frey vom tod, Gottes zorn vnd ewiger pein, denn die sFnd ist hinweck, vnd sind dargegen gerecht vnd ewig selig. Denn die erfFllung des gantzen Gesetzes ist vnser gerechtigkeit in Christo Jhesu, der des Gesetzes ende ist, Rom. 10,499 vnd darzu ein opffer worden, auff das die Gerechtigkeit, vom Gesetz erfordert, in vns erfFllet wFrde, Rom. 8 vnd 2. Cor. 5.500 Sind wir aber gleichwol in dem blut Christi nicht gerecht vnd ewig selig, wie Osiander spricht, [H 1v:] So sind wir auch nicht dadurch rein vnd ist die erfFllung des gantzen Gesetzes keine gerechtigkeit. Hirauff fragen wir nu erstlich: Was ist denn die gerechtigkeit des Gesetzes, dauon die gantze Bibel so viel rFmet? Zum andern, sind wir bey dem blut Christi gleichwol noch nicht gerecht, so sind wir darinnen vom todt, Teufel vnd hel501 noch nicht frey, was ist denn vnser erl=sung? Oder man kan dauon frey vnd sehlig sein ahne Gerechtigkeit, Was ist denn vnser rechtfertigung? Das heist das blut Christi rFmen, das ist fein kurtz vnd rein: aus dem wege reFmen.502 Also mFste man dauon schwermen vnd nicht deste weniger mit scheinbarlichen,503 k=stlichen worten den armen leuten das maul auffsperren,504 als hielt man trefflich viel daruon, vnd freilich viel dar von, aber gar wenig darzu.505 Das Christus in vns wohne vnd nach beiden naturn vnser leben sey.

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Zvm andern gibet er dem Euangelio, das es Christum in vnsere hertzen bringe, also das er nu hinfurder sampt dem Vater vnd heiligen Geist in vns wohnet, vnd komet damit auff seinen alten handel, [H 2r:] vber dem er vor der zeit geschwind vnd hefftig mit jm selbst gefochten vnd vnter dem schein vns aller welt mit grober, gedichter, greifflicher vnwarheit angegeben, als weren wir diejenigen, die dasselbige leugneten, So er doch das nu vnd nimmermehrb wird beweisen. Haben aber je vnd alwegen gebeten, er wolte die namhafftig machen, mit denen ers zu thun hette, auff das wir zu vnserm theil, als die vnb

aus: mimmermehr.

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Redensartlich: sich selbst schädigt. Vgl. Röm 10,4. 500 Vgl. Röm 8,4; II Kor 5,21. 501 Hölle. 502 Ironisches Wortspiel: rühmen – aus dem Wege räumen. 503 beeindruckenden, imposanten. Vgl. Art. scheinbarlich 1.c), in: DWb 14, 2438. 504 die armen Leute in Verwunderung versetzen. Vgl. Art. aufsperren 2.a), in: Fnhd. Wb. 2, 719f. 505 Ironisches Wortspiel: viel von etwas halten, eigtl. = etwas hochschätzen; im Sinne der Gegner hier = von etwas abhalten, abziehen, geringschätzen. 499

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schuldigen, m=chten, wie denn billich, verschonet werden. Aber es ist nicht geschehen, sondern des lesterlichen austragens506 in schrifften, in predigen vnd =ffentlichen drucken kein ende gewesen, ane zweifel darumb, das jm507 Osiander damit zu seinem vorgenomenem508 schwarm509 einen scheinbarlichen510 anfang machen kFnte, dieweil dis stFck so gewaltig mit vielen zeugnissen der schrifft zu beweisen ist, das er damit brangete,511 die gewissen der einfeltigen vbereilet vnd einnahm, als dem es ferner in seinem handel nicht kFnte feilen,512 sintemal513 wir das leugneten (wie er furgab), welches so klar in heller schrifft vor augen ist. Es wer jm aber ehrlich vnd wol angestanden, das er denjenigen allein furgenomen, der jm solches geleugnet hett, damit man vornemen514 kFnte, das er nicht gesucht,515 jemands mit falschen lFgen zu beschweren,516 so wFrde jm one zweifel derselbige, von dem ers dichtet, zu seiner notturfft517 haben antwort gegeben. Oder wo er schuldig gewesen vnd den gewaltigen grund der schrifft, damit er seines gefasten jrrthumbs were vberfFret vnd vberwisen518 worden, [H 2v:] vor augen gesehen, wFrde er schamrot worden sein vnd bessern, grFntlichen bericht zu danck angenomen haben. Das ist aber war, das wir an seinem fFrgeben mangel gehabt, nicht deshalben, das er lerete, Christus wonete in vns, sondern an dem, das er eben den spruch, mit welchem die vbernatFrliche vnd aller vernunfft gantz vnd gar vnbegreiffliche vereinigung G=ttlicher vnd menschlicher natur in der person Christi gerFmet wird, 1. Johan. 4,519 t=rstiglichen520 auff diese inhabitation gezogen vnd also geschlossen in seiner disputation Proposi. 67,521 Das „aller Geist, der da bekennet, Das Jhesus Christus auff cdie weisec in dvnser fleischd komen sey

c–c d–d 506

In größerer Type gesetzt. In größerer Type gesetzt.

Anprangerns, Verleumdens. Vgl. Art. austragen 2), in: DWb 1, 1001. sich. 508 beabsichtigten. Vgl. vornehmen 10), in: DWb 26, 1357. 509 Irrlehre. Vgl. Art. Schwarm 2.a), in: DWb 15, 2285f. 510 eindrucksvollen, beeindruckenden. 511 sich großtat, sich rühmte. Vgl. Art. brangen, in: DWb 2, 303f. 512 dass sein Vorhaben nicht fehlschlagen könne. 513 weil. 514 wahrnehmen, verstehen. Vgl. Art. vernehmen 4), in: DWb 25, 912f. 515 versucht, beabsichtigt. Vgl. Art. suchen 5.g), in: DWb 20, 849f. 516 belasten, verleumden. Vgl. Art. beschweren 1), in: DWb 1, 1603. 517 zu seiner hinreichenden Verteidigung. Vgl. Art. Nothdurft 1.d), in: DWb 13, 926. 518 überführen. Vgl. Art. überführen A.2.b.), in: DWb 23, 641. 519 Vgl. I Joh 4,2f. 520 frecherweise. Vgl. Art. durstiglich [I], in: DWb 2, 1755. 521 Vgl. Osiander, Disputatio de iustificatione, These 67: „Omnis spiritus, qui confitetur Iesum Christum ad hunc modum venisse et venire in carnem nostram, ex Deo est.“ (OGA 9, 442,13f). 507

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vnd kome,e der ist aus Gott.“522 Vnd bald darauff:523 „Aller Geist, der da nicht bekent, das Jhesus Christus fauff diese weisef in gvnser fleischg komen sey, der ist nicht aus Gott, vnd das ist der Geist des Antichrists, von dem jr gehort habt, das er in die welt komen vnd itzund schon in der welt ist.“524 Nu ists gewis, das dieser spruch Johannis von der pers=nlichen vnd leibhafftigen vereinigung beider naturn in Christo redet, wie der heilige Apostel zuuor im andern Capitel klerlichen anzeiget vnd saget, der sey ein lFgener, der da leFgnet, das Jhesus sey der Christ, das ist der Messias vnd verheissene heiland aller welt.525 Komet nu die G=ttliche natur auch also in vns, wie Osiander saget vnd so starck wil gegleubet haben aus dem spruch Johannis, Das er alle diejenigen dem reich des Antichrists vnd [H 3r:] Teufels zuzelet,526 die es nicht darfFr festiglichen halten,527 so mussen wir Christo aller ding gleich werden, das wir war Gott vnd mensch (vns gehen die haer gen bergeh528 vber dieser Gottslesterung) in einer pers=nlichen vereinigung sind, gleich wie er ist, Vnd also die Gottheit in vns wohnet, nicht allein als in einem tempel,529 sondern auch leibhafftig, wie Paulus sonst dem vnderscheid mit dem w=rtlein doch fest machen wil, Col. 2.530 Das hat vns gedancken gemacht vnd noch heut zu tage, das wir besorgen, er rede wol die wort mit vns, das Christus in vns wohne, Aber was seine meinung sey oder nicht, das lassen wir aus angezogenen seinen Propositionibus jedermenigklichen richten vnd vrteilen, darinnen er den text mit gewalt auffi seine fFrgenomene fantesey531 vnd lesterung zeucht, So doch gewislich der heilige Apostel vnd Euangelist nicht von dem redet, wie Christus nu mehr in vnsere hertzen komet, sondern wie er nach der verheischung Gottis vnd aller Propheten weissagung in das menschliche fleisch komen ist. Aber Osiander thut alhie, wie der H. Hilarius von allen Ketzern vnd schwermern sagt, lib.

e

In größerer Type gesetzt. In größerer Type gesetzt. g–g In größerer Type gesetzt. h Nach Corrigendaliste, aus: berde. i aus: anff. f–f

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Vgl. I Joh 4,2. Vgl. Osiander, Disputatio de iustificatione, These 68: „Et omnis spiritus, qui non confitetur Iesum Christum ad hunc modum venisse in carnem nostram, ex Deo non est. Et hic est spiritus antichristi, de quo audivistis, quod venit et iam nunc est in mundo.“ (OGA 9, 442,15–17). 524 Vgl. I Joh 4,3. 525 Vgl. I Joh 2,22. 526 zuzählt, zurechnet, zuordnet. 527 die diese Auffassung nicht eindeutig teilen. 528 Redensartlich: uns stehen die Haare zu Berge = wir sind entsetzt. 529 Vgl. I Kor 3,16. 530 Vgl. Kol 2,9f. 531 Einbildung. Vgl. Art. Fantasei, in: DWb 3, 1318f. 523

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10. de Trini.:532 Wenn sie eine meinung gefasset, so mus sich die schrifft wol darzu schicken vnd zihen lassen. Gehen aber damit vmb, wie Jreneus schreibt, lib. 1. contra Valenti. cap. 1.,533 gleich wie ein b=ser bub, der vber ein bild komet, das aus mancherley edelen steinen seuberlichen vnd schon ist zusamengeschnitten, der niemet vnd zerleget die stein vnd versetzt dieselbigen also, das ein greslich monstrum vnd entlich ein hund daraus wirt. Ein solch seuberliches bildichin ist die liebe Bibel vnd Gottes [H 3v:] wort, eine tr=stliche, sch=ne figur; derselben behelffen sich die Ketzer vnd Schwermer auch. Aber wie sie die sprFch versetzen vnd was vngestalt sie daraus machen, das haben wir bis daher erfaren, vnd leret es vns Osiander alhie meisterlichen vnd fein. Was er nachmals ferner anzeucht, wie die Gottheit Christi vns lebendig mache, wissen wir auch wol, habens der puhr lautern menscheit in Christo die zeit vnsers lebens nie nicht zugeschrieben, denn in jm ist kein puhr lautere menscheit, wie Athanasius schreibt, lib. de assumptione hominis,534 Sondern die G=ttliche natur mit der menschlichen also wunderbarlichen in einer person vereiniget, das es nu nicht mehr ein gemeines fleisch, auch nicht als eines heiligen mannes, oder deshalben allein wirdiger, dieweil die Gottheit darinnen wohnet, sondern gewislich darumb ein geistlich fleisch ist, das da lebendig machet (wie Cyrillus schreibet, sampt dem Concilio zu Epheso wider den Ketzer Nestorium),535 das es der G=ttlichen natur eigen vnd mit jr eine person ist, vnd also das brot des lebens selbst, wie Christus sagt Johan. 6,536 Aus welchem wir leben, dieweil wirs essen vnd trincken, durch den glauben im hertzen mit gantzem vertrawen annehmen vnd mit jm ein kuchen werden,537 gleich wie Christus daher lebet, das er vom Vater in ewigkeit geborn vnd mit jm auch ein einiger Gott ist.

532 Vgl. Hilarius von Poitiers, De Trinitate X,2 (PL 10, 345B: „Ubi enim per impietatis studium extra sanae doctrinae patientiam erunt, tunc his quae desiderant coacervabunt magistros, apta scilicet cupiditatibus suis doctrinarum instituta cumulantes, neque doceri se desiderantes, sed doctores ad id quod desiderant congregantes: ut cumulus ipse conquisitorum et coacervatorum magistrorum, aestuantium desideriorum satisfaciat doctrinis ...“ PL 10, 345C: „Et ipsam quidem simulatam pietatem omni verborum mendacio impiam reddunt, falsae doctrinae institutis corrumpentes sanctitatem fidei: dum secundum desideria studiorum potius, quam secundum evangelicam fidem, coacervata doctrina est.“ Vgl. BKV2 VI, 158f). 533 Vgl. Irenaeus von Lyon, Adversus haereses 1, 8, 1 (vgl. bes. FChr 8/1, 174,19–26). 534 Ps.-Athanasius, De assumptione hominis contra Marcellinum haereticum, ad Theophilum liber tertius (gehört in die Reihe der Fragmenta) (vgl. Anm. 978f). Vgl. auch (leicht abweichende Textform) Vigilius Tapsensis, De Trinitate libri duodecim (qui edidit sub nomine S. Athanasii, episcopi Alexandrini), lib. III (De assumptione hominis, contra Marcellinum haereticum), PL 62 (1863), 251ff. 535 Vgl. Anm. 552. 536 Vgl. Joh 6,35. 537 Redensartlich: eng, innig, unauflöslich verbunden werden. Vgl. Art. Kuchen 2.d.α), in: DWb 11, 2499.

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Vnd das wil der liebe Lutherus auch, da er sagt am Christag vber das Euangelium Johan. 1,538 [H 4r:] Das leben sey im wort, welches im fleisch wonet vnd vns durchs fleisch lebendig machet. Nicht als were die menscheit Christi allein ein mittel, durch welche die G=ttliche natur in vns auch getragen vnd vns adpliciert539 wFrde, das wir also dardurch das G=tliche wesentliche leben allein empfingen vnd darinnen also lebeten, wie Christus darinnen lebet, sondern dieweil wir den leib essen vnd mit demselbigen vereiniget werden, welcher voller Gottheit vnd mit derselbigen vnaussprechlicherweise in einer person vereiniget ist, also das er auch dieselbige warhafftiglichen in vns bringet, so werden wir von der G=ttlichen natur lebendig gemacht durchs fleisch, als das nicht der brotkorb, sondern das brot des lebens selbst ist. Denn also schreibet er in seinem andern deuschen Tomo540 im bFchlein ‚das diese wort Christi (das ist mein leib etc.) noch fest stehen‘: „Jst nu Christus fleisch aus allem fleisch abgesondert vnd allein ein Geistlich fleisch fur allen, nicht aus fleisch, sondern aus Geist geboren, so ists auch eine Geistliche speise, die nicht vergehen kan, wie er selbst sagt Johan. 6: ‚Wircket speise, die nicht vergencklich ist, sondern die da bleibet in das ewige leben, welche euch des menschen Son geben wird.‘541 Vnd abermal: ‚Jch bin das lebendige brot, vom himel komen.‘542 Jtem: ‚wer mich isset, der lebet ewiglich.‘543 Vnd so fort an durch das gantze cap. leret er, wie sein fleisch sey die rechte, lebendige, ewige speise, die da lebendig mache vnd behalt544 alle, die sie essen, vnd wer sie nicht isset, der mFsse sterben etc. Warumb das? darumb: Sein [H 4v:] fleisch ist nicht aus fleisch noch fleischlich, sondern Geistlich, darumb kan es nicht verzeret, verdewet,545 verwandelt werden, denn es ist vnuergencklich wie alles, was aus dem Geist ist, Vnd ist eine speise gar vnd gantz ander art denn die vergenckliche speise. Vergenckliche speise verwandelt sich in den leib des, der sie isset; diese speise widerumb wandelt den, der sie isset, in sich vnd macht jn jr selbst gleich, Geistlich lebendig vnd ewig, wie sie ist, als er sagt: ‚dis ist das brot vom himel, das der welt leben gibt.‘546“547

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Vgl. Luther, Kirchenpostille (1550) (VD 16 L 5615), Bl. 95v, Sp. b: „Das wil dieser spruch auch / Jn jm war das leben / Das Wort Gottes im anfang / vnd Gott selbs mus vnser leben / speise / liecht vnd seligkeit sein / Darumb ists nicht der blossen Menscheit Christi zu zu schreiben / das sie vns lebendig mache / sondern in dem Wort ist das leben / welchs in dem Fleisch wonet / vnd durchs Fleisch vns lebendig macht.“ (vgl. WA 10I.1, 199,12–16; Ev. in der hohen Christmesse, Joh 1,1–14, hier zu Joh 1,4). 539 verabreicht. 540 Luther, Wittenberger Ausgabe, deutscher Teil, Bd. 2 (1548 = VD 16 L 3311), Bl. CLv. 541 Joh 6,27. 542 Joh 6,41. 543 Joh 6,51. 544 (am Leben) erhalte. Vgl. Art. behalten 11), in: DWb 1, 1323. 545 verdaut. Vgl. Art. verdauen 1), in: DWb 25, 199f. 546 Vgl. Joh 6,33. 547 Vgl. Luther, WA 23, 203,14–30 (Daß diese Wort Christi „Das ist mein leib“ noch fest stehen, 1527).

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Eben auff diese meinung schreibet Brentius vber diese wort Johan. 6. ‚Mein fleisch ist die rechte speise‘ etc.: „Es ist ein gleichnis, das gleich wie der safft der leiblichen speise vnd trancks sich teilet in alle glieder des menschen vnd verwandelt die art des gantzen leibes in seine natur, als wenn einer der speise geneust, die da sehr feuchter natur, so macht sie den leib auch feuchter natur. Jst die speise kalter natur, so wirt der leib auch kalter natur.548 Also verwandelt auch der leib vnd das blut Christi denjenigen, der jrer geneust, das ist: der da gleubet, in jre art. ‚Wer da mein fleisch isset,‘ spricht Christus, ‚vnd trincket mein blut, der bleibt in mir vnd ich in jm,‘549 das ist: ‚wir werden ein fleisch vnd ein blut, vnd vberkomet er eben die natur, die mein fleisch vnd mein blut haben.‘ Es ist aber das fleisch Christi leben“ etc.550 „Jtem das fleisch Christi hat nicht k=nnen in dem tod verterben, sondern ist widerumb von den todten aufferstanden, vnd sein blut vers=net die sFnd, denn es ist ein gerechtes vnd vnschuldiges blut. Darumb, wer dieser speise vnd getrancks gebraucht, der wirt [J 1r:] beide, vor Gott gerecht geachtet vnd also auch lebendig gemacht, das er nicht im tod verterbe, sondern widerumb aufferstehe vnd hab das ewige leben.“551 Vnd ist dis stFck sonderlichen vor allen andern fleissigk gehandelt worden von dem heiligen Cyrillo, der zur zeit des Concilij zu Epheso sampt den andern Vetern circa annum Christi 431j wider den ketzer Nestorium deshalben viel zu thun gehabt, als man noch aus etlichen actis desselbigen Concilij sehen kan. Vnd haben sie entlich geschlossen, das alle der jenige, der nicht bekennet, das das fleisch Christi lebendig mache, dieweil es des ewigen wort

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aus: 437.

548 Brenz rekurriert hier auf diätetische Vorstellungen des Aristoteles, vgl. De anima II, 3 (414b, 10–12): „Alles Lebendige nährt sich ja von Trockenem und Feuchtem, Warmem und Kaltem ...“ 549 Joh 6,54. 550 Brenz, Evangelion quod inscribitur secundum Ioannem, centum quinquaginta quatuor homiliis explicatum, [Bd. 1], Frankfurt 1551 (VD 16 B 7602), Homilia LVIII (in der Ausgabe von 1569, VD 16 B 7605, S. 301): „Similitudo autem est, quod quemadmodum succus cibi ac potus corporalis transmittitur in omnia hominis humido, efficiatur et corpus humidum, si frigido, efficiatur et corpus frigidum: ita etiam caro et sanguis Christi vertunt sumentem, hoc est, credentem in suam naturam. Qui edit, inquit, meam carnem, et bibit meum sanguinem, in me manet, et ego in eo, hoc est, vna efficimur caro, vnus sanguis. Et quam habent naturam mea caro et meus sanguis, eandem etiam consequitur is, qui me vescitur. Caro autem Christi est vita.“ 551 Brenz, ebd.: „Caro item Christi non potuit perire in morte, sed resurrexit a morte. Et sanguis Christi expiat peccata, quia est iustus et innocens sanguis. Quare qui hoc cibo et potu vtitur, is vt reputatur iustus coram Deo, ita etiam viuificatur, ne pereat in morte, sed resurgat, et habeat aeternam vitam.“

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des Vaters gantz vnd gar eigen worden, welches alle dingk kan lebendig machen, der sol verflucht sein.552 Er handelts aber sonderlichen reichlich in seinen Commentarijs vber das Euangelium Johannis vnd leret beides: Erstlich wie oder warumb das fleisch Christi lebendig mache, vnd schreibet also lib. 4, cap. 12: „Denn nach dem der lebendigmachende Gottes Son im fleisch gewonet, hat er dasselbige zum leben reformiret vnd sich gantz vnd gar (das ich also rede) demselbigen fleisch vnaussprechlicher weise vereiniget vnd also auch lebendig machend gemacht.“553 Vnd cap. 14: „Dieweil das fleisch vnsers Heilandts dem wort des Vaters, das von natur das leben, in einer person vereiniget ist, Jsts nu auch lebendig machend geworden. Wenn wirs denn essen, so haben wir das leben in vns, die weil wir dem selbigen fleisch vereiniget sind, welches das leben worden ist.“554 Jtem cap. 15: „Wir gleuben nicht, obwol der Euan-[J 1v:]gelist saget, Das wort sey fleisch worden, das darumb das ewige wort Gottes in die natur des fleisches verandert sey oder das der mensch in die G=ttliche natur des Worts sey verwandelt, denn ein jede natur bleibt vnuerruckt vnd aus beiden ein einiger Christus, doch ist das ewige wort der menscheit vnaussprechlicherweisek vereiniget vnd wunderbarlicher, denn keine vernunfft verstehen kan, denn es hat die gantze menscheit also gar in sich gezogen, das es die ding, so des lebens mangeln, auch kan lebendig machen. Also hat es den vntergang von der menschlichen natur ausgetrieben vnd den tod, der durch die sFnde mechtig war, abgethan. Darumb wer das fleisch Christi isset, der hat das ewige leben,

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aus: vnvssprechlicher weise.

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Vgl. DH 262 (aus den Anathematismen Kyrills von Alexandrien, die dem Brief der Synode von Alexandrien „Τοῦ σωτῆρος ἡμῶν“ an Nestorius [= 3. Brief Kyrills an Nestorius] beigefügt waren und auf der Synode von Ephesus 431 verlesen wurden): „Wer nicht bekennt, daß das Fleisch des Herrn lebensspendend und dem Wort, das aus Gott, dem Vater, ist, selbst eigen ist, sondern sagt, es sei gleichsam irgendeinem andern neben ihm eigen, der mit ihm der Würde nach verbunden oder aber gleichsam nur im Besitz der göttlichen Einwohnung gewesen sei, und nicht vielmehr lebensspendend ist, wie wir sagten, weil es dem Wort eigen geworden ist, das mächtig ist, alles lebendig zu machen, der sei mit dem Anathema belegt.“ 553 Vgl. [Lindenblatt] DIVI CYRILLI AR= || CHIEPISCOPI ALEXANDRINI OPE= || rum omnium, quibus nunc praeter alia complura noua, || recens accessere vndecim Libri in Genesim, || numquam antea in lucem aediti, || TOMVS PRIMVS‣ || Omnia iam summo tum studio, tum labore integritati suae resti= || tuta, et a mendis, quibus conspurcata erant, repurgata. || [Verlagssignet: abwärtsgerichteter Pfeil, von Aal/Echeneïs (?) umwunden, mit Beischrift: FESTINA LENTE, in Renaissance-Schild] || Coloniae ex officina Melchioris Nouesiani, Anno || M. D. XLVI. Mense Aprili. (VD 16 C 6569 [Bd. 1]), Bl. 170r (In evang. Ioannis, lib. IIII, cap. XII): „Nam quum viuificans Dei filius in carne habitauerit, ad suum bonum eam, id est, ad vitam, reformauit, et totus (vt ita dicam) toti, ineffabili modo vnionis coniunctus, viuificantem ipsam effecit, quia natura viuificans est, propterea participantes haec caro viuificat: eijcit enim mortem ab eis, et interitum penitus expellit.“ (Vgl. PG 73, 565/566D). 554 Vgl. aaO (VD 16 C 6569 [Bd. 1]), Bl. 171v (In evang. Ioannis, lib. IIII, cap. XIIII): „Quoniam igitur saluatoris caro verbo Dei, quod naturaliter vita est, coniuncta, viuifica effecta est, quando eam comedimus, tunc vitam habemus in nobis, illi coniuncti, quae vita effecta est.“

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denn das fleisch hat das wort, welches von natur das leben ist. Darumb spricht er: ich werde jn am JFngsten tage aufferwecken. Jch, spricht er, das ist mein leib, der da gegessen wirt, wirt jn aufferwecken.“555 Desgleichen magstu ferner lesen cap. 23 vnd 24556 vnd lib. 11. cap. 26.557 Denn es wil zu lang sein, alles hie zu erzelen. Zum andern, so weiset er fein, wie wir durch das lebendigmachende fleisch Christi auch lebendig werden. Wir mussen seiner teilhafftig werden, das wirs genissen vnd durch den glauben entpfahen, wie Christus auch leret, Johan. 6, vnd wir aus dem Luthero vnd Brentio gehort. Cyrillus braucht das gleichnis lib. 4, cap. 17,558 [J 2r:] vnd lib. 10. cap. 13,559 das gleich als wenn einer in ein geschmoltzen oder zerlassen wachs ein ander wachs eingeust, menget er gantz vnd gar eines in das ander, Also mus volgen, das derjenige, so den leib vnd blut des Herrn zu sich nimmet, der wirt mit Christo vereiniget, Das Christus in jm vnd er in Christo erfunden wirt – Nicht das die G=ttliche natur vnd wehsen mit vnserm fleisch aller ding wie in Christo pers=nlichen vermischt wFrde, welches nicht sein kan, wie August. Tracta 110. Super Ioan. schreibet,560 Sondern (wie Cyrillus ferner anzeiget lib. 9, cap. 33, vnd lib. 11, cap. 27)561 in seinem lebendigmachendem fleisch wirt er vns vereiniget vnd wir mit jm gleich ein kuchen,562 wie er mit dem Vater nach seinem G=ttlichen wesen natFrlichen auch eins ist. Doch bleibt die G=ttliche natur von seiner menscheit vngescheiden vnd ein einiger Christus, der vns nu in solcher vereinigung in jm auch der G=ttlichen natur teilhafftig machet, das dieselbige durch sein fleisch, in welcher die gantze fFlle der G=ttheit leibhafftig wohnet,563 in vns auch wohnet als in jrem tempel.564 Vnd wie er durch den Vater lebet, das er von jm ewiger warhafftiger Gott von ewigkeit 555 Vgl. aaO (VD 16 C 6569 [Bd. 1]), Bl. 172r (In evang. Ioannis, lib. IIII, cap. XV): „Mire statim incipiens Euangelista clamabit: Et verbum caro factum est. Non enim in carnem ipsum venisse, sed vt mirabilem vnionem ostenderet, carnem factum esse dicere non dubitauit. Nec tamen quoniam ita dictum est, aut verbum in naturam carnis mutatum, aut hominem in naturam verbi transformatum esse credimus. Manet enim inuiolata vtraque natura et vnus ex vtrisque Christus est. Sed ineffabiliter et vltra quam possit mens humana intelligere, verbum humanitati coniunctum, totam in seipsum ita reduxit, vt indigentia vitae possit viuificare: sit interitum a natura humana expulit, et mortem quae peccato plurimum poterat, destruxit. Quare qui carnem Christi manducat, vitam habet aeternam. Habet enim haec caro Dei verbum, quod naturaliter vita est, propterea dicit: Quia ego resuscitabo eum in nouissimo die. Ego enim dixit (id est, corpus meum, quod comedetur) resuscitabo eum.“ 556 Vgl. aaO Bl. 175r. 557 Vgl. aaO Bl. 307r–308v. 558 Vgl. aaO Bl. 172r: „Sicuti enim, si quis liquefactae cerae aliam ceram infuderit, alteram cum altera per totum commisceat: necesse est, si quis carnem et sanguinem domini recipit, cum ipso ita coniungatur, vt Christus in ipso, et ipse in Christo inueniatur.“ 559 Vgl. aaO Bl. 283r–284v. 560 Augustinus, In Iohannis euangelium tractatus CXXIV, tract. CX (vgl. PL 35, 1920–1925). 561 Vgl. aaO [Anm. 553] Bl. 265v–266r; Bl. 308v–309r. 562 Vgl. oben Anm. 537. 563 Vgl. Kol 2,9. 564 Vgl. I Kor 3,16; 6,19.

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geborn ist, Eben also leben wir daher, wie Hilarius schreibet lib. 8. de Trini.,565 Das wir in vnserm fleisch Christum bey vns haben durch sein fleisch. Aus diesem ist nu leichtlich zu uernehmen beide, wie Christus in vns wohnet vnd wie er vns [J 2v:] lebendig machet, das wir in jm, dem ewigen, waren Gott leben durch sein fleisch, welches das rechte himelbrot vnd brot des lebens ist, wie ers selbest rFmet Johan. 6.566 Vnd haben diese frome vnd Gottselige leuth also damit fein den vnterscheid behalten wollen, wie jn Christus selbst gegeben hat, welcher gestalt wir in Gott leben vnd wie Christus in jm lebet. Er lebet in jm wesentlich, darumb das er vom Vater gleicher natur von ewigkeit geborn ist, wie er denn spricht: „Jch lebe vmb des Vaters willen.“567 Wenn wir nu eben also auch in jm lebeten, wie Osiander in seiner Disputation propositione 56 sagt,568 so mFsten wir ja so wol als Christus gleicher natur vnd eines wesens sein mit dem Vater vnd jm, welches eine =ffentliche lesterung vnd vordampter jrrthumb ist, dardurch die menscheit Christi ausgeschlossen vnd ausgesundert wird vnd jr nicht mehr gegeben, denn das sie das mittel ist, dardurch das wesentliche leben in vns getragen (wie das brot im Sacrament des altars ein mittel ist, dardurch wir den leib Christi empfahen, welches gleignisl auch Osiandri discipulus einer569 wider mich, D. M=rlinum, gebraucht) keines weges aber selbst mit der Gottheit vns lebendig macht, welche Ketzerey im Concilio zu Epheso billich verdampt ist.570 Darumb leben wir aus Gott vnd in jm, nicht wesentlichen, Sondern also, das er, der ewige Gottes Son vnd das wesentliche leben, kein anders denn sein fleisch fur vns gegeben vnd sein blut vor vns vergossen, damit den Tod erwFrget vnd sein gifft worden ist, Ebre. 2, Oseae 13.571 Solch gifft des [J 3r:] Todes tragen wir nu in vnserm hertzen, wenn wir durch den glauben diesen FFrsten des lebens annehmen vnd seiner genissen. Also das vns nicht allein der tod nicht schaden kan, Sondern er durch solche speise in vns teglichen erwFrget wirt, bissolang er abgethan vnd vnser leib entlichen auch gantz vnd

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sic.

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Vgl. Hilarius von Poitiers, De Trinitate VIII, 14: „Est ergo in nobis ipse per carnem, et sumus in eo: dum secum, quod nos sumus, in Deo est.“ (PL 10, 247B; BKV² II. Reihe, Bd. 6, S. 22). 566 Vgl. Joh 6,51.55–58. 567 Vgl. Joh 6,57. 568 Vgl. Osiander, OGA 9, 440,8–10: „Hinc vita eius essentiali vivimus et vivemus iuxta illud: Sicut misit me vivens Pater et ego vivo propter Patrem, ita et qui manducat me, ipse quoque vivet propter me. Christus enim est verus Deus et vita aeterna.“ (Disputatio de iustificatione, 1550, These 56) – OGA 9, 441,9–12: „Daher leben wir mit seinem wesenlichen leben und werden auch furo leben, wie er spricht: ‚Gleich wie mich der lebendig Vater gesandt hat, und ich lebe umb des Vaters willen, also auch, wer mich isset, der wirt leben umb meinetwillen‘. Dan Christus ist der wahre Gott und das ewig leben.“ (Eine Disputation von der Rechtfertigung, 1551, These 56). 569 einer der Schüler Osianders. 570 Das 3. ökumenische Konzil von Ephesus im Jahre 431 lehrte die Einheit der göttlichen und menschlichen Natur in Christus. Vgl. DH 250–264. 571 Vgl. Hebr 2,9.14f; Hos 13,14.

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gar Geistlich vnd dem vorklerten leib Christi Jhesu, vnsers einigen heilants, ehnlich werden wirt in jenem leben, 1. Cor. 15, Phil. 3.572 Vnd bleiben vns also beide naturn fein lustig beisamen, lassen vns auch dieselbigen in diesem handel keines weges nicht von einander trennen noch scheiden. Denn sobald sie vns getrennet werden, so ist die Gottheit wol das leben wesentlichen in jr selbst, Jst aber nicht vnser leben, dardurch wir ewig lebeten, denn sie ist vns zu hoch vnd kan an vns nicht komen, viel weniger k=nnen wir dieselbigen dermassen erlangen oder erreichen. Widerumb wenn die menscheit puhr lauter allein ist, so ist sie ohn leben vns auch kein nFtz, kan vns nicht raten noch helffen, wie Cyrillus auch schreibet, lib. 4 super Ioan. cap. 23 vnd 24.573 Darumb behalten wirs beides beisamen vnd sagen, das brot des lebens, darinnen WJR leben, ist das fleisch, fur vns in den tod gegeben, nicht eines jdern, Sondern des, in dem es mit der Gottheit (welche ist der brun vnd qwel des lebens) vereiniget, ein einiger heiland Christus ist, der in seinem tod den Tod zerbrochen vnd abgethan vnd in solchem seinem handel vns zum leben, liecht vnd seligkeit komen ist, Wie Lutherus sagt in der kirchen Postil.574

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[J 3v:] Von dem w=rtlein Rechtfertigung. Zvm dritten komet er nu widerumb auff den heupthandel von der Rechtfertigung, vnd nachdem er mit vielen worten angezeiget, wie vns Christus allein mus gerecht machen, sintemal wir in die sFnd vnter Gottes zorn geraten, dar-

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Vgl. I Kor 15,35–58; Phil 3,7–11.20f. Vgl. Anm. 553, VD 16 C 6569 [Bd. 1], Bl. 175r–v (lib. IIII, cap. XXIII u. XXIIII): „... Nam quoniam cum viuificante verbo caro coniuncta est, tota est effecta viuifica. Non enim ad corruptibilem suam naturam iunctam Dei verbum detraxit, sed ipsa ad melioris virtutem eleuata est. Quamuis ergo natura carnis, ut caro est, viuificare nequeat, facit tamen hoc, quia totam verbi operationem suscepit. Corpus enim est, non cuiusuis hominis, cuius caro prodesse quicquam potest (non enim Pauli aut Petri, aut caeterorum) sed ipsius vitae et saluatoris nostri Iesu Christi corpus, in quo deitatis plenitudo corporaliter habitat, facere hoc potest. Nam si mel, quuam naturaliter dulce sit, ea dulcia facit, quibus immiscetur, nonne stultum erit viuificam verbi naturam putare non dedisse homini, in quo habitat, viuificandi virtutem? Quas ob res caro quidem caeterorum omnium quicquam vere non prodest: caro autem Christi, quia in ipsa vnigenitus Dei filius habitat, sola viuificare potest. Spiritum vero seipsum appellat, quoniam Deus spiritus est, et vt ait Paulus, dominus spiritus est. Nec ista dicimus, quia spiritum sanctum in propria persona subsistere non putemus, sed quia sicut factus homo filium se hominis appellat, sic se a proprio spiritu spiritum nominat. Non est enim alienus a eo spiritus suus. Caput XXIIII. Verba ...“ 574 Vgl. Luther, Auslegung des Evangelii am Christtag: „Denn wer da Christi leben vnd wandel liesse faren / vnd wolt jn itzt auff ein eigen weise suchen / wie er im Himel sitzt / der wFrde abermal feilen / Er mus jn suchen wie er gewesen vnd gewandelt hat / auff erden / da wird er das Leben finden / da ist er vns zum Leben / Liecht vnd seligkeit komen / da ist alles geschehen / das wir gleuben sollen von jm / Das es gar aus der massen eigentlich gesagt ist / Jn jm war das Leben / nicht das er nu nicht sey vnser Leben / sonder das er nu nicht thu / das er dazumal thet.“ (Luther, Kirchen Postilla das ist: Auslegung der Episteln vnd Euangelien vom Aduent an bis auff Ostern. Auffs new corrigiert / vnd gebessert, Wittenberg 1550 [VD 16 L 5615], Bl. 96r; vgl. WA 10I.1, 201,10–17). 573

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neben zceter575 vber den Teufel geschrien, der diesem Artickel von anfangk der welt her durch seine Rotten vnd Secten keine rhw576 gelassen (wie er denn itzund durch jn auch thut), die sprachen vnd schrifft verfelscht, damit den einfeltigen einen nebel gemacht577 vnd sie geblendet, Nimet er das w=rtlein Iustificare fur sich, fehet an, dasselbige zu examiniern, vnd gibt jm entlich diese meinung,578 das rechtfertigen heist, mit der that vnd warheit gerecht machen, Schilt vnd filtzt579 Fbel diejenigen, die da sagen, Rechtfertigen heisse gerecht sprechen, Nimet solche Philosophische, fleischliche, vnbedachte rede, wie er sie nennet, vnd weiset, was vngeschickligkeit580 heraus folge, beide, an jm selbst vnd bey derselbigen lerern, die konden keinen bestendigen bericht geben, zudem das sie die person Christi trennen, sintemal sie sagen, Christus wohnet in vns vnd ist doch vnsere gerechtigkeit nicht nach der Gott-[J 4r:]heit, daraus mFsse volgen, das Gott in vns wohne, aber die wesentliche gerechtigkeit nicht etc. Das heist den donst581 vnd blawen nebel582 von den augen gethan, vnd ist wol ein erbermlicher, jemmerlicher handel, das die grosse finsternis bis daher geweret583 vnd dis mechtige liecht nicht ehr584 in der welt auffgegangen. Denn das reden wir vnd wissens zu beweisen, das es aus allen Vetern vnd Propheten des alten Vnd newen Testaments jr lebenlang keiner nicht gesehen noch also verstanden hat, wie es nu bey diesem klaren Sonnenschein an den tagk komet, nemlichen das da rechtfertigen heist nicht, aus gnaden gerecht sprechen oder ledig zehlen, Wie wir bey dem w=rtlein imputare klerlich beweisen vnd anzeigen wollen, Sondern mit der that vnd warheit einen Gottlosen gerecht machen, ja wir wollen noch mehr sagen vnd beweisen: wenn diese meinung Osiandri bestehet vnd war ist, So ist auch aus allen grossen heiligen keiner gerecht vnd selig worden, wirts auch keiner nimmermehr werden bis zum ende der welt. Also das damit allen armen betrFbten hertzen al jr trost, al jr hoffnung des ewigen lebens zu erlangen rund vnd rein abgeschnitten, abgekFndiget vnd ewigklichen versaget ist. Damit man aber nicht gedenck, wir tichten das vnd reden es dem guten man aus bitterm hertzen, neid oder has zu, So nehmen wirs [J 4v:] aus dem grund, da er jm selbst auff seine frag antwortet vnd hernacher dasselbige weiter han575

Vgl. Art. zeter [II] 2), in: DWb 31, 809f: „förmlicher ruf des anklägers zu beginn der gerichtsverhandlung über mord und totschlag, notzucht, raub und diebstahl“. 576 Ruh. 577 Redensartlich: einen Nebel gemacht = (die Einfältigen) verwirrt, getäuscht. 578 Bedeutung. 579 schilt. Vgl. Art. filzen 4), in: DWb 3, 1635. 580 Ungereimtheit, Unstimmigkeit. Vgl. Art. Ungeschicklichkeit 4), in: DWb 24, 839f. 581 Dunst. 582 Vgl. oben Anm. 577. 583 gewährt, angedauert. 584 eher.

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delt vnd ausstreichet, am blat G. zu letzt vnd H. fol. j. dermassen: Gott leFgt vnd jrret nicht, schreibt er, Heist aber Gott den gerecht vnd helt fur gerecht denjenigen, der doch noch nicht gerecht ist, Sondern hat noch sFnd, So thut er wie ein falscher richter vnd schalckfreund,585 jrret oder leuget, welches ein greFliche lesterung ist, vnd mus derhalben volgen, das Rechtfertigen mus sein vnd heissen mit der taht gerecht machen.586 Das ist sein grund vnd gantzer handel, damit er wider die Imputationem vnd vergebung der sFnden hart ficht, in welchen wir sagen, das die Rechtfertigung stehe, wie wir auch mit gutem grund der schrifft bey dem w=rtlein Imputare ferner h=ren wollen, welches er nicht wol kan dulden noch leiden. Setzet jm derhalben zugegen diese getichte wort: mit der that vnd warheit gerecht machen oder gerechtigkeit eingissen. Was er aber auch damit meine, ist er vieleicht selbert noch vngewis vnd mit jm selbst nicht gar eins. Denn ein mal sagt er, die eingegossene Gerechtigkeit sey die Gottheit. Hernacher sagt er, es sey die fr=migkeit, so alle andere tugent begreifft vnd in sich schleust, oder das Geistlich gesinnet sein, daruon Paulus Rom. 8,587 vnd wil, das, wie Gott from ist – das ist: Er ist gFtig, bramhertzig, wolthetig vnd gelind – also werde diese fr=migkeit Gottes durch sein wort vnd Geist in die gleubigen, dieweil Christus in jnen wonet, auch eingetragen vnd eingepflanzet. Bald wirfft ers widerumb zusa-[K 1r:]men vnd spricht, solch Geistlich gesinnet sein (das φρόνημα spiritus), welches Paulus die frucht des Geistes heist, Gal. 5 vnd Eph. 5,588 sey der heilige Geist selbert, wie wir in lectionibus eigener

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falscher, heuchlerischer Freund. Vgl. Art. Schalksfreund, in: DWb 14, 2084. Hier evtl. auch im Sinne von „Komplize, Freund des Übeltäters“. 586 Vgl. Osiander, OGA 10, Nr. 488 (Von dem einigen Mittler), (Bl. G4b–H1a) 156,14–158,3: „Es wil sich aber in keinen wege leiden, das man das w=rtlin ›rechtfertigen‹ ins glaubens rechtfertigung solt allein fur ›gerecht halten‹ oder fur ›gerecht sprechen‹ und nicht fur ›gerecht machen‹ verstehen und auslegen, dan das were der g=ttlichen majestet zur lesterung und der gantzen schrifft zuwider gesetzt. Dann solt Gott einen gottlosen, den er nicht zugleich mit der that und in der warheit gerecht machet, danoch fur from und gerecht halten und sprechen, er wer gerecht, so must er eintweder irren und nicht wissen, das der gottlos were, – das ist aber unmFglich, dann er weis alle ding, und ist keine creatur vor im unsichtbar, sondern alles blos und entdeckt fur seinen augen, Hebr 4[,13] – oder aber er mFste liegen und ein schalcksfreund sein – das ist auch unmFglich, dan er ist warhafftig und die warheit selbs und kan nicht liegen, Tito 1[,2], ist auch ›nicht ein gott, dem gottlos wesen gefahl‹, psalm 5[,5]. [H1a:] Und ob er schon wolt irren und liegen – Gott verzeih mirs, das ich umb der irrigen leut willen also reden muss –, so k=nte doch aus einer andern ursach nichts daraus werden, dan sein wort ist almechtig und ›er ruffet dem, das nicht ist, das es sey‹, Rom. am 5. [4,17]. Sobald nun Gott einen gottlosen from und gerecht nennete, so mFste er eben umb desselben almechtigen nennens und ruffens wegen alsbald mit der that und in der warheit from und gerecht und nicht mehr gottlos sein. Darumb, wo man von der rechtfertigung des glaubens handelt, sol man das w=rtlein rechtfertigen nicht auff menschliche, juristische und sophistische weis verstehen, sonder auff gottliche weiss, dan Gott spricht uns nicht allein gerecht umb des glaubens willen, sondern macht uns auch mit der that und in der warheit gerecht in Christo Jhesu durch den glauben.“ 587 scil. schreibt, spricht; vgl. Röm 8,5–11. 588 Vgl. Gal 5,22f; Eph 5,9.

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person von jm gehort in enarrationem Psal. 71. vnd mit seiner eigenen hant beweisen k=nnen.

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Aber in summa, es sey, was es sey, so mus es der Wittebergischen Theologorum lere vnd meinung nicht sein, sonst m=chte man gedencken, Osiander wer ein schFler Lutheri vnd het es von jm gelernt; das wer jm ein ewige schande. Denn er hat es sieben jar (wie er sich selben gerFmet) gewFst, ehr denn Lutherus angefangen zu predigen, das ist: Anno domini 1511. Nu ist er geborn Anno 1498.589 Rath zu, wie alt ist er gewesen, da es jm offenbart worden? Rath noch mehr: Hat er des Euangelij wider nachmals vorgessen vnd ist allererst hernacher wider sein gewissen ein Mespfaff worden, oder ist ers schon gewesen? Et quo anno? Aber zur sach: Rechtfertigen heist Osiandro nicht gerechtigkeit zugerechnet werden, die doch nicht in vnser person ist, sondern mit der that vnd warheit gerecht machen; mit der that vnd warheit gerecht machen heist er eigentlichen ahne sFnde sein, denn wer sFnd hat, kan mit der that vnd warheit nicht gerecht sein, vnd hiesse Gott den gerecht, so l=ge er – Gott vorzeihe es vns, das wir mit den jrrigen schwermern also reden mFssen. Nu ist das starck vnd gewaltig widerumb [K 1v:] aus aller grossen heiligen eigenem bekentnis offenbar vnd an dem tag, das der massen kein heilige ist gerechtfertiget worden. Denn ob sie wol einen gnedigen Gott gehabt, den sie mit kintlichem hertzen fFer jren lieben vnd fromen Vater gerFmet, dennoch sind sie mit der that vnd warheit noch sFnder gewesen, haben auch die selbige jre sFnde bekant vnd daraus entlich geschlossen, das jre gerechtigkeit sey, das Gott aus gruntloser gFte vnd barmhertzigkeit vmb seines lieben Sones willen (der darinnen der trost vnd freud jres hertzen gewesen, Johannis 8: Abraham uidit etc.)590 dieselbige sFnd, die noch mit der that vnd warheit in jrem hertzen gesteckt vnd geblieben, nicht zurechnet, wie Dauid sagt Psal 32,591 Das beides die heiligen jre sFnde bekennen, darfur bitten vnd aus dem selig sind, die weil jn Gott die sFnde nicht zurechnet. Vnd Augustinus vber den selbigen Psalmen wunder fein schleust in prefacione, das alle heiligen aus vergebung der sFnden heilig sind vnd sonst nicht.592 Also spricht er auch

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aus: enarrtione.

Simon, Geburtsjahr 113, kommt zu dem Schluss, dass Osiander mit großer Wahrscheinlichkeit im Dezember 1496 (wohl am 14.) geboren sei. 590 Vgl. Joh 8,56. 591 Vgl. Ps 32,1f.5. 592 Vgl. Augustinus, Enarratio in Psalmum XXXI (Vg), enarratio II (sermo ad plebem), praefatio (7): „Quid ergo? Qui sunt beati? Non in quibus non invenerit Deus peccatum: nam in omnibus invenit. Omnes enim peccaverunt, et egent gloria Dei [Röm 3,23]. Si ergo in omnibus peccata inveniuntur, remanet ut non sint beati, nisi quorum remissa sunt peccata.“ (PL 36, 262; CChr.SL 38, 230).

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Psal. 130: „So du wilt, Herr, sFnde zurechnen, Herr, wer wird bestehen?“593 Jtem Psal. 143: „Gehe nicht ins gericht mit deinem knecht, denn vor dir ist kein lebendiger gerecht.“594 Stehet nu die meinung Osiandri, so ligen alle Veter, Patriarchen, Propheten, Apostel, alle heilige martirer vnd in summa die gantze welt im abgrund des ewigen hellischen fewers mit jrem [K 2r:] glauben, lere vnd predigt, vnd ist keiner jemals gerechtfertiget worden; sind sie aber gerechtfertiget worden vnd dennoch alle zeit gleichwol sFnder geblieben, So ist rechtfertigen nicht mit der that gerecht machen, sondern allein das, das Gott aus gnaden die sFnde dem schuldigen vergiebet, der sein vertrawen auff Christum setzet vnd jn frey, ledig vnd los zehlet, fur vnschuldig vnd gerecht helt vmb seines Sons willen, ob er wol noch ein sFnder ist, daruon hernacher mehr. Vnd leit also Osiander mit seiner lFgen vnd schwermerey als ein feind G=ttlicher warheit vnd aller auserwelten darnider. Das heist leuchten, den leuten die augen auffthun, das jr keiner keinen stick mehr sihet.595 Vnd hat er solches nu dreißig jar zu NFrenbergk vnd anderstwo gepredigt, so mus er zumal eine sch=ne kirche gelassen haben. Verhoffen aber vnd zweifeln nicht, das jm solchen rhum diejenigen, so jn recht gehort haben, keines weges gestatten werden, sondern da er mit solchen greifflichen, lesterlichen lFgen herausgefahren, solt es jm wol verbotten worden sein, das er ins land zu Preussen nicht komen.596 Vnd wer jm auch wol das beste gewesen. Sintemal Christus selbst wFnscht vnd saget, es were einem solchen menschen besser vnd zutreglicher, das er einen MFelstein am halse hette vnd ins Meer versenckt were, da es am tieffsten ist, denn das er auch einen der gering[K 2v:]sten, so an jn gleuben, ergert,597 vnd aber dieser verfFrer nicht allein einen ergert, Sondern macht so viel armer besturtzter leut vnd hertzen, die in solcher jrrung dahin gehen, Etliche greuliche lesterung ausgissen, Als: die menscheit Christi sey nicht mehr denn die kafen598 vnd sprewen, durch welche die Gottheit in vns getragen. Etliche sagen, sein leiden vnd sterben sey dahin, Etliche, es sey in seinem leiden die Gottheit nicht bey der menscheit gewesen. Die andern wenden sich von dem erkanten liecht der warheit, wer-

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Ps 130,3. Ps 143,2. 595 Redensartlich: überhaupt nichts mehr sehen. Vgl. Art. Stich [I] A.5.b), in: DWb 18, 2687f; auch stichdunkel, Art. stickdunkel, in: DWb 18, 2732; Art. stockdunkel, in: DWb 19, 58. 596 Wenn Osiander schon während seiner Predigttätigkeit in Nürnberg seine spezielle Christologie und Rechtfertigungslehre verbreitet hätte, wäre zu erwarten, dass sich das verheerend ausgewirkt hätte, man hätte es ihm verboten und ihn nicht nach Preußen berufen. 597 Vgl. Mt 18,6. 598 Getreidehülsen, Spreu. Vgl. Art. Kaff, in: DWb 11, 20. 594

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den Epicurer,599 die von keiner lere vnd glauben mehr halten, vnd ist ein solch betrFbter handel vnter dem armen hauffen, das es Gott im himel erbarmen m=chte. Wollen geschweigen, was fur einen namen bey den widerwertigen600 das liebe vnschuldigen Euangelium darFber bekomet vnd eben itzund zur zeit des angestalten Concilij,601 da sie dester freidiger602 wider vns setzen vnd ane zweifel die lere jres erachtens mit mehren schein verdammen werden, Jubilirn vnd sich darFber lustig vnd leichtsinnig603 machen, das wir vnter vns selbst solche jrrige, greuliche Geister haben, ob sie wol nicht gedencken kFnden, das es kein wunder. „Sie gehen von vns aus,“ sagt Johannes, 1., Cap. 2, „sind aber nicht von vns,“604 ob sie wol von Gott mit viel gaben vor andern gezieret vnd ein reicher pfund vor vielen andern mitknechten entpfangen haben, das sie jm damit solten dienen vnd wol fFrstehen.605 Aber wie Judas mit dem zeitlichen pfenningk, denn er zu der vnterhaltung Christi von jm entpfangen hat, also redlich handeln diese mit jrem entpfangenem guet auch,606 ja, wie der heilige Lutherus schreibt in seiner kirchen Postil, Dominica 20, [K 3r:] noch viel erger.607 Also das wir lieber mit Juda, dem verreter Christi, in der hell brFnnen608 vnd braten wolten, denn mit diesem menschen schuldig sein. Auff das man aber solcher seiner schwermerischen lere deste weniger nachdencke, so ertichtet er ein greFlich, schrecklich laster auff vns, Nemlich das wir die person Christi nicht allein trennen, sondern auch die Gottheit selbst voneinander scheiden, das beweiset er also. Wir bekennen, das Christus in vns wohne vnd gleichwol leugnen wir (Gibt vns Osiander schuld), das er nach der G=ttlichen natur vnser gerechtigkeit sey, vnd lassen also nur ein stFck in Christo. Ferner spricht er, dieweil wir aber gleichwol sagen, Gott wohne durch den glauben in vns, vnd streitten doch dagegen, Gottes wesentliche Gerechtigkeit (die Gott selbst ist) sey nicht vnser gerechtigkeit, darumb

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aus: vnschuldie.

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Epikureer, Hedonisten, Atheisten. Eigtl. Anhänger der Lehre des altgriechischen Philosophen Epikur (341–270 v. Chr.), der in der Vulgärrezeption als Vertreter eines prinzipienlosen Materialismus galt. Vgl. Michael Erler, Art. Epikuros, in: NP 3 (1997), 1130–1140; Tiziano Dorandi, Art. Epikureische Schule, in: NP 3 (1997), 1126–1130. 600 Gegnern. Vgl. Art. widerwärtig 2.e), in: DWb 29, 1368. 601 Die zweite Trienter Tagungsperiode des Tridentinischen Konzils dauerte vom 1. Mai 1551 bis zur Suspension am 28. April 1552. Vgl. Gerhard Müller, Art. Tridentinum (1545–1563), in: TRE 34 (2002), 62–74. 602 kühner, unverfrorener. Vgl. Art. freidig 4), in: DWb 4, 103. 603 fröhlich, lustig. Vgl. Art. leichtsinnig 1), in: DWb 12, 650. 604 Vgl. I Joh 2,19. 605 Vgl. Mt 25,14–30; Lk 19,12–27. 606 Vgl. Joh 12,6; 13,29. 607 Vgl. Luther, Auslegung der Epistel am 20. Sonntag nach Trinitatis über Eph 5,15–21 (VD 16 L 5608, Bl. 328r–331r). 608 durch Hitze braun werden. Vgl. Art. brünnen, in: DWb 2, 435.

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sey auch der ware Gott nicht in vns, damit (schleust er schier zu ende seines Alcorans, folio X 3)609 reissen wir nicht allein das G=ttliche wesen von einandern, sondern machen zwene G=tter, der einer in vns, der ander nicht in vns wohne, schreit vnd rufft, das kein Gottslesterliche Ketzerey auff der welt gewesen etc. Wolan, wie sollen wir jm thun? der man ist vber dem jrr worden, wie Gott in vns wohnet, daraus er schlechts volgert vnd schleust, was er wil, fragt nicht allein nach keiner schrifft, die mus sich wol nach seinem gefasten sinn tehnen610 vnd verstehen lassen, sondern vergisset auch gemeiner vernunfft vnd seiner selbst. Denn erstlich, so bitten wir vmb [K 3v:] Gottes willen alle vernunfftige hertzen, Sie wollen vns doch berichten vnd weisen, woher vnd mit was grund das argumentum schleust?

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Was in vns ist, das ist vnser gerechtigkeit. Die Gotheit ist in vns. Darumb ist die Gottheit vnser gerechtigkeit vnd nicht die menscheit. Wunderlicher seltzamer consequentias haben wir die zeit vnsers lebens nicht geh=ret, vnd niemet vns grosmechtig wunder,611 das sich Osiander nicht vor jm selbst zu tod schemet, sondern also vnbedacht herausser fehret. Vieleicht wirt er auch gleuben, das vnser seel, vernunfft vnd was mehr in vns ist, sonderlichen aber von Geistlichen gaben, als die liebe, freuntligkeit, wie die Papisten etc., Vieleicht auch zorn, neid vnd has, wie die blutfreunde aus der Widertauff etc., vnser gerechtigkeit sey. Denn seine maur stehet fest wie der peltz auff seinen ermeln:612 was in vns ist, das ist vnser gerechtigkeit. Wiewol er sich dieser Proposition schemet vnd sie nicht heraus trucket, sondern schleust allein kurtz per modum enthimematis:613 Christus ist in vns auch nach seiner Gottheit, darumb ist die Gottheit vnser gerechtigkeit vnd nicht die menscheit. Zum andern, so siehe doch, wie er sich abermals hiemit selbst in die zungen vnd backen beist,614 denn [K 4r:] volget aus seinem argumento wider vns: wer da sagt, das Christus nicht vnser gerechtigkeit sey nach der Gottheit, der trennet dieselbige von der menscheit etc., So volget ja so fein: wer da sagt, das Christus nicht vnser gerechtigkeit sey nach der menscheit, der trennet dieselbigen von der Gottheit. Osiander saget, das Christus nicht vnser gerechtigkeit sey nach der menscheit, darumb trennet er dieselbigen von der Gottheit. Vnd weiter: dieweil er bekennet, die menscheit Christi wohnet in vns, ist aber nicht vnser gerechtigkeit, so macht er zweierley menscheit Christi – eine, die 609

Vgl. Osiander, OGA 10, 266,18–23 (Von dem einigen Mittler, 1551). dehnen, verformen. 611 nimmt uns großmächtig wunder = wundert uns sehr. 612 Redensartlich: fest wie der Pelz auf dem Ärmel = schwach, instabil. 613 ἐνθύμημα (enthymema) = verkürzter Syllogismus. Vgl. Manfred Kraus, Art. Enthymem, in: HWdRh 2, 1197–1222. 614 Redensartlich: wie er sich selbst beeinträchtigt, schädigt, sich selbst widerspricht. Vgl. Art. Backe 5), in: DWb 1, 1064; Art. Zunge II.B.7), in: DWb 32, 599f. 610

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in vns, die ander, die ausser vns wohnet. Helff jm hier, wer helffen kan, so wirt er sich seines eigenen schwerts nicht erwehren, sondern mus daran selbst zu recht erwFrgen615 vnd ersticken. Vnd sint wir aus seinem gedancken vnd vermeintem argumento greuliche Ketzer, so ist Osiander viel ein greulicher Ketzer, magk nu vber seinen eigenen hals aus seinem gericht ruffen vnd schreien616 bis an den jFngsten tag. Denn er macht seine meinung so klar, das er sie nicht leugnen kan, vnd spricht frey Exclusiue im quattern Q. 3, da er sich auff seine vorgeschlagene frage, nemlich Wie Christus vnser Gerechtigkeit sey, selbst bescheiden vnd berichten wil, also: „Hie ist nu mein lautere, richtige vnd klare antwort, das er nach seiner G=ttlichen natwr vnser Gerechtigkeit sey vnd NJCHT nach der menschlichen natur.“617 Widerholet diese meinung nachmals offt, damit er die menscheit Christi mit leiden vnd [K 4v:] sterben in der Rechtfertigung ausschleust, vnd wil kurtzumb, das sie darein nicht solle geh=ren, gibt es alles der puhr lautern Gottheit allein, trennet damit die person Christi vnd felt zugleich in die verdampte ketzerey Eutichetiso.618 Zudem dieweil vnser rechtfertigung auff dem blut Christi oder seinem gang zum Vater allein stehet, So nimpt er damit abermals die Rechtfertigung des glaubens gantz vnd gar hinweg vnd hebet damit auff die gantzen Bibel, allen trost vnser armen betrFbten seelen. Vnd er m=cht sich warlich hiemit seinen eigenen Geist wol warnen lassen, sich daran spiegeln vnd bedencken, was er fur ein man ist, das er so vnbesunnen herausser fehret, wil von der rechtfertigung leren vnd reumet damit die rechtfertigung rein hinwegk, verdampt die gantze kirche aller Patriarchen, Propheten, Apostel vnd teuren Marterer, so jren sawren schweis vnd blut darFber mit so viel grosser marter vnd pein, die sie vor jrem end erlitten, gelassen haben. Setzet gleichwol an vns,619 wolt vns gern zu vnterst in die grundsuppen620 der hellen stecken, wenn er nur kFnte. Verdammet aber damit niemandts mehr denn sich selbst. Denn das wollen wir jm trotz geboten haben, das ers auff vns beweise vnd war mache, das wir dermassen, wie er furgibt vnd auff vns tichtet, die person Christi jemals getrennet. Sondern das ist vnser lere je vnd alwegen gewesen o

aus: Entichetis.

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ersticken, zu Tode kommen. Vgl. Art. erwürgen 4), in: DWb 3, 1073f; ferner Art. Schwert II.2), in: DWb 15, 2578f. 616 sein eigenes Todesurteil sprechen. Vgl. Art. Hals I.4.f), in: DWb 10, 247–249. 617 Vgl. Osiander, OGA 10, 226,25–27 (Von dem einigen Mittler, 1551). 618 Eutyches, Archimandrit des Hiobklosters in Konstantinopel, vertrat eine monophysitische Christologie; nach ihm ist der Eutychianische Streit benannt (444–451), endgültig verurteilt auf der Synode von Chalkedon 451. Vgl. Lionel R. Wickham, Art. Eutyches/Eutychianischer Streit, in: TRE 10 (1982), 558–565. 619 Greift uns gleichwohl an. Vgl. Art. ansetzen, in: DWb 1, 459f; Art. setzen II.C.2.b), in: DWb 16, 684f. 620 (unterster) Bodensatz. Vgl. Art. Grundsuppe 1) u. 3.a–c), in: DWb 9, 912–914.

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vnd noch, das Christus vnser gerechtigkeit ist nicht allein nach der Gottheit, Sondern wie er warer Gott vnd mensch [L 1r:] fur vns gestorben vnd am dritten tag widerumb ist aufferstanden. Wollen also das werck der erl=sung vnd rechtfertigung keiner natur allein, Sondern der einigen person, die Gott vnd mensch, vnser einiger Heiland ist, gegeben vnd zugeschrieben haben. Denn wie Lutherus saget in seinem bekentnis von dem abentmal Christi im andern deutschen Tomo fol. 189, so stehet das fest, wo die werck zerteilt vnd gesondert werden, da mus auch die person zutrennet werden, weil alle werck oder leiden nicht den naturn, sondern der person zugeeignet werden, denn die person ist, die alles thut vnd leidet, eines nach dieser natur, das ander nach jener natur etc.621 Daruon hernacher, wenn wir auff die Communicationem idiomatum komen, weiter. Also trennen wir die naturn in Christo nicht, viel weniger machen wir eine puhr lautere creatur aus jm, sondern behalten sie beide beisamen in dem werck, so diese einige person bis in den tod des Creutzes fur vns hat ausgerichtet vnd damit vnser gerechtigkeit worden ist, wie wir droben starck mit klarer schrifft bewiesen haben. Daraus auch wol zu sehen, das wir nicht jrr worden, als kFnten wir nicht wissen, was wir an Christo fur vnsere gerechtigkeit halten, viel weniger ist das war, das wir eine solche gerechtigkeit lereten, die mit neid, has, lFgen, lestern, zFrnen, drewen vnd auffrur schwanger ginge, Sondern wissen das mit warheit zu rFhmen, das wir wider diese vnd alle andere laster die Bues ernstlich treiben, allem auffrur wehren vnd von hertzen feind sein, nimands zu spies vnd stangen zu greiffen vermahnet haben, wie Osiander gethan etc. [L 1v:] Von der Gerechtigkeit Gottes. Nach dem nimpt er nu auch das w=rtlein Gerechtigkeit fur sich, vnd dieweil er den ersten verstand von der gestrengen Richterlichen Gerechtigkeit hat ausgeschlossen vnd nu auch sagen vnd mit gutem, bestendigen grund der 621

Vgl. Luther, WA 26, 324,19–35: „Sie schreyen uber uns, das wir die zwo natur ynn ein wesen mengen, Das ist nicht war, Wir sagen nicht, das Gottheit sey menscheit odder Gottliche natur sey menschliche natur, welches were die natur ynn ein wesen gemenget, Sondern wir mengen die zwo unterschiedliche natur ynn ein einige person und sagen: Gott ist mensch und mensch ist Gott. Wir schreyen aber widderumb uber sie, das sie die person Christi zur trennen als werens zwo personen, Denn wo die Alleosis sol bestehen, wie sie Zwingel furet, so wird Christus zwo personen müssen sein, ein Gottliche und ein menschliche, weil er die sprFche vom leiden allein auff die menschliche natur zeucht und aller dinge von der Gottheit wendet, Denn wo die werck zuteilet und gesondert werden, da mus auch die person zurtrennet werden, Weil alle werck odder leiden nicht den naturen, sondern den personen zugeeigent werden. Denn die person ists, die alles thut und leidet, eins nach dieser natur, das ander nach ihener natur, wie das alles die gelerten wol wissen, Drumb halten wir unsern Herrn Christum also fur Gott und mensch ynn einer person non confundens naturas nec diuidendo personam, das wir die naturn nicht mengen und die person auch nicht trennen.“ (Vom Abendmahl Christi. Bekenntnis, 1528). Die Stellenangabe bezieht sich auf die Wittenberger Ausgabe, deutscher Teil, Band 2 (1548, VD 16 L 3311), Bl. CLXXXIXr (Kk3r).

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schrifft beweisen sol, was die gerechtigkeit des glaubens sey, daran es alles zumahl gelegen ist, Spricht er ein mahl, es sey die fr=migkeit, in welcher alle andere tugent gemeint vnd eingeschlossen seind, bald darauff spricht er, es sey die ewige G=ttliche natur, welche Gott beschlossen hab mit seiner menschlichen natur zu uoreinigen vnd also dieselbige allerheiligste menscheit Christi damit auch gerecht zu machen etc. Dis sol vnd mus der rechte verstand sein von der gerechtigkeit des glaubens, dardurch nicht wir allein, sondern auch Christus ja so wol als wir gerecht worden ist – deren er doch keins mit keinem buchstaben, ja mit keinem tittel622 der schrifft anrFret, Sondern hernacher diesen verstand in die sprFch von der gerechtigkeit Gottes mit gewalt zwingen wil vnd dieselbige aus dieser meinung auslegen. Gleich wie die MFnsterischen widerteuffer623 nicht jr k=nigreich aus der Bibel bewiesen, Sondern die sprFch in der Bi-[L 2r:]bel vom reich Christi aus jrem K=nigreich auslegeten, damit war es denn bestritten, alles gestFrtzt vnd jr ding fest bewiesen. Wie dieser starcke Riese vnd grosse Goliath624 auch trotziglichen hernacher rFmet, seine meinung sey gewis vnd stehe fest, alle andere lere sey gestFrtzt. Vnd wer darzu nicht Amen saget, sondern nur darwider sawr sihet,625 da reist er die wacken626 aus den felsen, die beume aus der erden, vnd wirfft mit himel vnd erden vmb sich. Vnd hat er noch bis auff heutigen tagk mit keinem andern grunt wider vns gehandelt, denn, wenn er gehort, wie gewaltig wir aus den Prophetischen vnd Apostolischen schrifften vnser lere bewiesen, das er vor grossem ach vnd wehmut vns mit ehrenrFrigen, schmehlichen worten ausgeruffen vnd vber vns geschrien, wir sein Schelm, B=sewicht, Ehrendib,627 Ketzer, Schwermer, Jrrige geister. Aber nicht mit einem tittel vnsern warhafftigen grund widerleget, viel weniger das seine bewiesen, Sondern sich geengstiget vnd eine lange zeit hoch bemFhet, was er doch aus der selbstendigen gerechtigkeit Gottes, welche auch die gerechtigkeit des glaubens sein sol, machen wolte. Vnd einmahl ist es die fr=migkeit gewesen sampt allen andern tugenden. Balt ist es Gott selbst geworden in seinem G=ttlichen wesen. Ein ander zeit ist gewesen das geistlich gesinnet sein, das wie Gott from, gnedig, gelind, barmhertzig vnd woltetig ist. Also wird die fr=migkeit auch in vns getragen vnd eingepflantzt. Nicht das diese fr=migkeit, gute628 gelindigkeit etc. in vns ein newer sinn vnd muet oder eine frucht were des Geistes, Sondern [L 2v:] es ist

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Tüpfelchen. Vgl. Art. Tüttel m., in: DWb 22, 1949f. Vgl. James M. Stayer, Art. Täufer/Täuferische Gemeinschaften I, bes. 3.2 Die Täuferherrschaft in Münster, in: TRE 32 (2001), 608,19–610,13. 624 Vgl. I Sam 17. 625 missbilligend blickt. Vgl. Art. sauer II.4.d.α) u. β), in: DWb 14, 1867–1869. 626 Felsblöcke. Vgl. Art. Wacke 5), in: DWb 27, 206. 627 Verleumder. Vgl. Art. Ehrendieb, in: DWb 3, 59. 628 Da Gelindigkeit als Tugend gilt und positiv konnotiert ist, so dass das Epitheton „gut“ im Zusammenhang überflüssig anmutet, könnte hier auch „Güte“ gemeint sein. Allerdings findet sich dahinter im Originaldruck keine Virgel. 623

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der Geist vnd Gott selbst. Diesen verstand hat er hefftig getrieben in frequenti auditorio den 16. vnd 17. Aprilis dieses 51. jars,629 Wie wir vns des auff die herren der Vniuersitet, auch auff FFrstlicher Durchleuchtigkeit l=bliche Rethe, deren etliche die zeit in lectione gewesen, hiemit wollen gezogen haben. Es m=chten guthertzige, frome leute aus dem wol diese gedancken nemen, als mFste er zumal630 ein jrriger Geist sein, der vieleicht ein lange zeit nicht bey jm selbst eins gewesen, was er die selbstendige Gerechtigkeit entlichen heissen wolle. Dieweil aber gleichwol, wie Salomon sagt, Prouerb. 18: „Derjenige, der sich absondert, sucht, was jn gelFstet, vnd setzet sich wider alles, was gut ist,“631 So hat er den vorgesatzten muth auch genomen, er wolle was newes auffbringen, damit einen lermen machen, es sey auch was es sein k=nde etc. Dis lassen wir nu einen jdern nach seinem verstand richten. Das kFnden wir mit warheit sagen, das es vns sawr worden, ehr denn wir sein entlich meinung haben fassen k=nnen. Es ist ein solcher vnfletiger geifer,632 der sich wie hFttenrauch633 vnd Asa fetida634 nicht wol lest einnehmen noch wider geben. Gern hetten wir aber m=gen schrifft h=ren, darinnen diese wort, oder zum wenigsten diese meinung grFntlichen were zu sehen gewesen, das wir durch die selbwesentliche Gerechtigkeit Gottes seiner meinung gerecht werden, aber ja wol schrifft,635 jtzund fehet er an, des w=rtleins, darFber der gantze kampff vnd hader erstanden, sich zu schemen, beken-[L 3r:]net frey, es stehe in der schrifft nirgent nicht, wie er in der Praefation der lateinischen Confession =ffentlichen beichtet.636 Nachdem er aber viel vnschuldiger armer hertzen damit beruckt637 (deren halben er auch sol sein gericht wol finden), wolt er sich gleichwol gern schmucken638 vnd entschuldigen, als hab ers aus grosser getrungener639 not wider diejenigen brauchen mFssen, die die gerechtigkeit des

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Donnerstag und Freitag vor dem Sonntag Jubilate. (Grotefend 158). – Osiander hatte am Freitag, dem 10. April 1551 angekündigt, er werde in seiner Vorlesung am 16. und 17. April zu Ps 71,16 seine Auffassung über das Rechtfertigungsgeschehen so deutlich darlegen, dass auch ein Kind es werde begreifen können. Die Ausführungen Osianders in dieser Vorlesung veranlassten Mörlin, auf die Seite von dessen Gegnern zu wechseln. Vgl. OGA 9, 610–613 (Nr. 452, Äußerungen in der Vorlesung); Stupperich, Osiander in Preußen, 137f. 630 sehr (verstärkend). Vgl. Art. zumal 2), in: DWb 32, 532. 631 Prov 18,1. 632 Ausfluss (eigtl. Speichel). Vgl. Art. Geifer [II] 2), in: DWb 5, 2565. 633 Arsenik, Arsentrioxid (As O ), ein hochgiftiges weißes Pulver, das als Nebenprodukt bei der 2 3 Metallverhüttung entsteht. Vgl. Art. Hüttenrauch 2), in: DWb 10, 1998. 634 As(s)a foetida, auch: Teufelsdreck, das als Gewürz und Arznei eingesetzte Harz der in Mittelasien heimischen Pflanze Ferula assa-foetida (Stink-Asant). 635 Wohl ironisch: ‚Von wegen Schrift!‘ 636 Vgl. Osiander, OGA 10, 99,14–16: „Nam cum iusticia Dei in sacris literis nusquam vocetur essentialis, clamant me nescio quid novi monstri velle inducere.“ (De unico mediatore, 1551). 637 überlistet, verführt, betrogen. Vgl. Art. berücken 2), in: DWb 1, 1529f. 638 sich ducken, sich entschuldigen, sich aus der Affäre ziehen. Vgl. Art. schmücken I.2.g), in: DWb 15, 1121. 639 zwingender. Vgl. Art. gedrungen 2), in: DWb 4, 2041.

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glaubens nicht anders auslegen, denn als sey es der leichtfertige schertz (also lestert er), das vns Gott vmb des glaubens willen fur gerecht schatzet vnd annimpt, ob wir wol an vns selbst noch nicht gerecht, sondern arme sFnder sint. Wil sich mit dem exempel der fromen Veter im Concilio Niceno decken,640 gleich als were Osiander bereit bey aller welt Athanasius vnd die veter im Concilio zu Nicea oder hette den grunt der schrifft zu seiner sache, den dieselbigen Veter gehabt zu jrem handel.641 Zwar er hat einen feinen grund, der ist dieser: Wenn man fraget: „Er642 Osiander, was heist jr die selbwesende gerechtigkeit Gottes? Es ist von anfang der welt her kein Prophet, kein Apostel, kein lerer gewesen, der also gepredigt oder geschrieben hette, vnd ist vns billich diese newerung verdechtig,“ So spricht er: „Jch heis es nichts anders, denn das Paulus einfeltig heist die Gerechtigkeit Gottes, bezeuget des Christum Jhesum, den richter der lebendigen vnd der todten.“ Das heist redlich mit der schrifft handeln vnd vmbgehen, ohn grunt vnd bescheit, aus hohmut vnd mutwillen, die rechte einhellige reine lere lestern, ein newe tichten vnd erdencken, wenn [L 3v:] man alsdenn bescheid fraget,643 das man das maul wFscht644 vnd weiset die wort Pauli, spricht: das ist mein meinung. Es ist nicht new, sondern die art der fromen Geisterchin, wenn die mit jrer lFgen geschossen werden,645 so legen sie sich auff die bubenseiten,646 wie Arrius auch mit seinem hauffen,647 dieweil sie wFnderliche, seltzame schwenck648 fFrgaben, aber sahen, das man jnen mit Gottes wort vberlegen war, vielen sie zuletzt zu,649 sagten, sie meinten jr ding nicht anderst, denn wie es die fromen Veter mit der gantzen Christlichen kirchen aus Gottes wort verstFnden. Bezeugten auch, Gott solte deshalben jr richter sein, vnd bewegten den gueten, fromen Keiser Constantinum dahin, das ers gentzlichen darfur helt, es were

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(sich) rechtfertigen, (sich) reinwaschen, sein Handeln beschönigen. Vgl. Art. decken 5), in: DWb 2, 891. 641 Vgl. Osiander, OGA 10, 99,21–24: „Quod autem voco essentialem, id facio gravissimis et iustissimis de causis atque adeo exemplo patrum, qui in Nicaena synodo ad opprimendam haeresin Arianam filium Dei vocarunt patri homousion, id est consubstantialem sive coessentialem, quamvis scriptura sacra hoc verbum nusquam usurpet.“ (De unico mediatore, 1551) (Vgl. a. die anschließende Passage). 642 Ehr (höfliche Anrede u. a. für einen Geistlichen). Vgl. Art. Ehr, in: DWb 3, 52. 643 Rechenschaft verlangt, eine Auskunft begehrt. Vgl. Art. Bescheid 2), in: DWb 1, 1558. 644 abwischt (wie nach einer Mahlzeit, „n a ch empfangenem genusz; als ausdruck wegwerfender gleichgültigkeit, des undanks, geheuchelter unschuld u. a. sittlichen mangels bes. im frühnhd. allgemein“). Vgl. Art. wischen A.2.b), in: DWb 30, 716f; ferner Prov 30,20. ‚Sich das Maul wischen‘ hier i. S. v. ‚sich aus der Affäre ziehen‘. 645 (an)getroffen, ertappt werden (?). Vgl. Art. schieszen II.1.g), in: DWb 15, 40f. 646 legen sich auf die Bubenseite = verhalten sich betrügerisch. Vgl. Art. Seite II.2), in: DWb 16, 380f. 647 Schar, Gefolgschaft, Truppe, Mannschaft. Vgl. Art. Haufe I.3), in: DWb 10, 584. 648 Schwänke, Finten, Ränke, Geschichten. Vgl. Art. Schwank 1), in: DWb 15, 2243. 649 stimmten sie schließlich zu, pflichteten bei. Vgl. Art. zufallen 2.c), in: DWb 32, 347.

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dem vnschuldigen man Arrio vnrecht vnd viel zu kurtz geschehen.650 Lies sich auch nachmals mit geschwinden lFgen dermassen einnehmen, das er Athanasium, den teuren man Gottes, von Alexandria bis gen Tryer,651 so dieselbige zeit in Gallijs die heuptstad gewesen, ins ehlent652 versties, vnd blieb Arrius mit den seinen gleichwol der Ketzer, der er je vnd alzeit gewesen war. Siehe also handeln diese frome leut jre sachen, geben jrem maul darumb zu essen, das es mus reden, was sie wollen. Richten einen jamer an vnter den vnschuldigen, armen hertzen, damit sie was besonders sein; wenn sie aber fFelen, wo der tham653 brechen wil, da wenden sie sich, wie sie wollen, vnd sind [L 4r:] zu beiden seiten recht. Aber man mFst jnen die ban verrennen654 vnd auff jre bFberey achtung geben, so kan man sehen, was der leidige Teufel durch sie fFer hat vnd wie er gleichwol vnter dem schein sein gifft mit dem sch=nen lieplichen namen der schrifft decket, aber nichts nicht andert noch bessert, wie Osiander auch, der spricht wol, er meinte mit dem w=rtlein ‚die Selbwesende gerechtigkeit‘ nichts anderst denn Paulus mit dem w=rtlein ‚Gerechtigkeit Gottes‘, wenn man aber fraget: „Ja herr, was meinet Paulus mit dem wort Gerechtigkeit Gottes?“ So spricht er: „Nichts anders, denn das ich die fr=migkeit Gottes heis, so Gottes natur vnd wesen ist.“ Hie hat er das w=rtle ‚selbstendige Gerechtigkeit‘ wol fallen lassen, dieweil es jm die sach zu grob machet vnd seinen handel verraten wil, behelt aber gleichwol seine meinung fein heimlich, die solt er aus der schrifft beweisen, so legt er die schrifft aus vnd wil die vorkleren aus seiner meinung. Dieweil jm aber Lutherus auch ins liecht trit mit seiner Version,655 greifft er jm in den mund656 vnd wil auch nachmals Lutherum aus seiner meinung verstanden haben. Wenn nun das beweisen heist, erstlich einen verstand vnd meinung fassen, nachmals den in die schrifft tragen vnd aus dem die sprFche der schrifft auslegen seines gefallens, so ist der Schwermer sachen balt geraten. Vnd kFnten wir itzund allen glauben aus der Bibel beweisen vnd war machen. Denn der TFrck kan sagen, die Ge-[L 4v:]rechtigkeit Gottes heis sein Alcoran. Der

650 es geschieht jmdm. zu kurz = jmd. wird benachteiligt, kommt zu kurz. Vgl. Art. kurz II.5.c.β), in: DWb 11, 2830f. 651 Trier ([Colonia] Augusta Treverorum bzw. Treveris), im 3. und 4. Jhdt. Residenz römischer Kaiser im Westen des Reiches; während der Verbannung des Athanasius unter Konstantin d. Gr. um 335–337 nach Trier residierte dort dessen Sohn Konstantin II. Zu Athanasius allg. vgl. Martin Tetz, Art. Athanasius von Alexandrien, in: TRE 4 (1979), 333–349; Rowan Williams, Art. Athanasius, in: RGG4 1 (1998), 870–873. 652 Exil. Vgl. Art. Elend 1.d), in: DWb 3, 408. 653 Damm. Vgl. Art. Damm 3), in: DWb 2, 706f. 654 den (Flucht)weg versperren. Vgl. Art. verrennen 2), in: DWb 25, 1007f; Art. Bahn 9), in: DWb 1, 1078. 655 ihm die Beleuchtung nimmt, Schatten auf seine Auffassung wirft. Vgl. Art. Licht II.6.g), in: DWb 12, 867f. 656 verdreht er ihm die Worte im Mund. Vgl. Art. greifen III.C.1.e), in: DWb 9, 37f.

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JFde kan sagen, es heisse seine beschneidung. Der Bapst, es sey sein orden, kappen,657 blatten658 etc. Wer wil den lesterungen vnd lFgen allen wehren?

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Wolan, wir bleiben abermals bey dem richtigen weg, den vns der liebe Gott gewiesen, vnd sagen also, wie droben auch im anfang gedacht ist, Osiander sol vnd mus aus klarer heller schrifft zeugnis furlegen vnd geben, darinnen er beweise: Erstlich das die gerechtigkeit des glaubens sey die fr=migkeit mit allen tugenden, vnd diese fr=migkeit mit allen tugenden sey Gott selbst. Zum andern sol er auch beweisen vnd darthun, das nicht allein wir durch diese gerechtigkeit des glaubens Osiandri gerecht werden, Sondern das auch Christus dardurch sey gerecht worden; denn also ist er ane zweifel von art in seiner menschlichen natur nicht rein ane sFnde gewesen, Sintemal Gott den Gottlosen gerecht macht, Rom 4,659 vnd der gesunde keines artzt bedarff, Math. 9.660 Gott vnd alle frome Christliche hertzen wollen es vns vergeben vnd zu guth halten, das wir der lesterlichen meuler greuliche Blasphemien nachreden mFssen, vnser hertz erschrickt vnd entsetzt sich darFber. Diese affirmatiuam sol Osiander neben der negatiua droben (das Christus nicht vnser gerechtigkeit sey nach dem er gestorben vnd aufferstanden) beide beweisen aus Gottes wort, sagen wir. Oder weil er das nicht vermag, auch nu vnd nimmermehr zu ewigen zeiten mit allen seinen krefften wird zu wege [M 1r:] bringen, wollen wir (so fern er nicht bues thut) jn fur den ergsten schwermer auff erden halten, dem ein Christliches hertz an661 verletzung seines gewissen nicht kan einen grus sagen, 2. Johan. 1.662 Dieweil er aber nachmals gleichwol zum schein Lutherum vnd etliche sprFch der schrifft anzeucht vnd dieselbigen aus seiner meinung ausleget, wollen wir nu die fFrnembsten fur vns nehmen vnd weisen aus jnen selbst, wie sie zeter663 vber diese gewalt ruffen vnd schreien. Was er zuuorher, ehr denn er an den Lutherum komet, plaudert vom glauben, wie er nicht blos lere vnd ledig sey, Sondern Christum ergreiff, vnd wie der glauben nichts zu der Rechtfertigung diene ane Christo – Jst alles ein geschrey, damit der ehlende, arme man die Proposicionem „dein glaub hat dir geholffen,“ Math. 8, 9, 15, Luc. 7,664 vnd „durch den glauben werden wir gerecht,“ Rom. 3665 etc. gern wolte vertrucken.666 Denn was gehet jn sonst noth 657 658 659 660 661 662 663 664 665 666

Kutten. Vgl. Art. Kappe f. 1), in: DWb 11, 188f. Tonsuren. Vgl. Art. Blatte 2), in: DWb 2, 77. Vgl. Röm 4,5. Vgl. Mt 9,12. ohne. Vgl. II Joh 10f. Ruf der Anklage od. um Hilfe. Vgl. Art. zeter [II], bes. 2) u. 3), in: DWb 31, 808–811. Vgl. Mt 8,13; 9,22; 15,28; Lk 7,50. Vgl. Röm 3,28. unterdrücken, verdrängen. Vgl. Art. verdrücken 2), in: DWb 25, 252f.

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an, das er nicht allein so hefftig fichtet, der glaube sey ane Christo nichts – so er doch ane zweiffel von keinem Theologo die zeit seines lebens anderst gehort, denn sie sich allezeit fein rein declarirn, durch den glauben, das ist: aus gnaden vmb Christi willen, den wir durch den glauben annehmen vnd empfahen, sein wir gerecht – Sondern vber das alles auch den Locum Ro. 4667 sehr mit schlimmen augen ansicht, weis nicht, was er von jm sol halten, dieweil es ein einiger orth ist vnd die andern alle zeugen nicht, das der glaub an jm selbst ALLEJN (gleich als setzte der Locus allein [M 1v:] an668 Christo) vnser gerechtigkeit sey. Zehlet derhalben etliche sprFch, darinnen dem glauben gegeben wirt, das durch jn, in jm vnd aus jm die gerechtigkeit kome. Aber widerumb, da Paulus die gerechtigkeit Gottes die gerechtigkeit des glaubens nennet,669 schweiget er vnd rauscht fein heimlich furvber.670 Denn er fFelet, wie er auch mehr denn die helfft bekennet im quattern M. an dem ersten blat, das es jm nicht viel forderung zu seinem vorgenomenem handel geben wil,671 Sintemal Gott durch keine solche gerechtigkeit gerecht ist, das er mit allem vertrawen der verheissenen gnade Gottes vnd erl=sung sich tr=sten mFste, wie in vns der glaube Christum fasset in der selbigen verheissung, welche Paulus darumb bey dem glauben sonderlichen gewaltig treibet zu den R=mern vnd Galatern. Aber das fehlet672 jm, das er diese stFck in seinen kopff nicht kan zusamenbringen, die gerechtigkeit des glaubens, die gerechtigkeit durch den glauben, Rom. 4,673 die gerechtigkeit aus dem glauben, Rom. 10,674 vnd der glaube, zu der gerechtigkeit zugerechnet, Rom. 4.675 Das letzte stFcklen jecht676 vnd engstiget jn, macht jm das gantze Corpus seiner lere zu schanden. Darumb wolt ers vns gerne heimlich ausreden, extenuirts677 mehr denn ein mahl als das ein einiger ort der schrifft. Aber wenn wir auch nicht mehr denn einen einigen buchstaben hetten in der Bibel, vnd sonderlich im heiligen Paulo, der ein kern vnd ausbunt678 ist vor allen predigern der gnad oder gerechtigkeit Gottes, wie jn Ambrosius rFhmet excellentissimum graciae praedicatorem, lib. 1. de vocatio[ne] Gencium [M 2r:] cap. 9.679 So ist er vns werder vnd edeler in vnserm hertzen denn tausent ertichte newe schwermereien Osianders

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Vgl. Röm 4,5. ohne. Vgl. Röm 3,22. geht möglichst unauffällig darüber hinweg. Vgl. Art. rauschen 4.l), in: DWb 14, 311f. dass es nicht besonders geeignet ist, seine Absichten zu fördern. misslingt. Vgl. Art. fehlen 1.b), in: DWb 3, 1423f. Vgl. Röm 4,11.16. Vgl. Röm 10,6.10. Vgl. Röm 4,5.9.11. jagt. Vgl. Art. jächen, in: DWb 10, 2199; Art. jechen, in: DWb 10, 2284. verharmlost es. Vgl. lat. extenuare = verdünnen, verkleinern etc. (Georges I, 2630f s. v.). Paradebeispiel. Vgl. Art. Ausbund, in: DWb 1, 840f. Vgl. Prosper v. Aquitanien (?), De vocatione omnium gentium I, 24 (PL 51, 683B).

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vnd seinesgleichen, wollen aber daruon bey dem w=rtlein Imputare mehr handeln. Was er nu von dem Luthero nimet, heist er von einem menschen betteln. Er m=chte es warlich wol heissen680 krFppeln, radebrechen, vierteilen oder mit zangen reissen,681 so jemmerlichen verstFmpelt, verhawet, zufleischt er dem heiligen tewren man Gottes seine lere, zeucht viel seiner sprFch an, wie Christus durch den glauben vnser eigen guet vnd gerechtigkeit werde. Wenn aber Lutherus anzeiget, wie er das wolle verstanden haben, worinnen vnd welcher gestalt Christus vnser gerechtigkeit sey, was wir in Christo haben, darinnen wir gerecht werden, da nimet er einen zulauff,682 springt vberhin oder verkert jm die wort im mund. Was nu diejenigen sind, die Lutherum bey seinem leben gehort haben, die wissen was je vnd alzeit seine meinung von diesem handel gewesen ist. Die andern aber bitten wir vmb Gottes willen, sie wollen eben diese =rter, so Osiander anzeucht, gantz durchaus vnd andere darbey lesen, so werden sie mit fingern greiffen, mit was torst683 vnd freuel Osiander hirinnen handelt. Es klaget der heilige Jeronimus, das es die art der schwermer oder ketzer sey, die schrifften, deren sie gebrauchen, zu verkeren vnd zu verkFrtzen;684 diese art wollen sie wol behalten. Vnd dieweil er sich sonderlichen gern wolte flicken, decken vnd schmucken mit dem w=rtlein, da Lutherus saget, das die Gerechtigkeit des glau-[M 2v:] bens sey wesentliche, So wollen wir den Lutherum selbst h=ren vnd sehen, wie ers wolle verstanden haben vnd ob ers wolle gestendig sein, das Osiander felschlich rFhmet, es sey jrer beide eine lere. Oder ob wir diesen vnsern lermeister, den lieben fromen Lutherum, des wir vns mit freuden rFhmen, nicht verstehen. Zwar Osianders lermeister kan er nicht sein, dieweil ers viel ehr

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Er sollte es zutreffenderweise nennen ... Formen der Folter: martern, rädern, vierteilen, mit eisernen Zangen zerreißen. Vgl. Art. krüppeln 1.b), in: DWb 11, 2477; Art. radebrechen 3.b), in: DWb 14, 45; Art. vierteilen, in: DWb 26, 336; Art. Zange B.I.2.f), in: DWb 31, 220f. 682 Anlauf. Vgl. Art. Zulauf 1.a), in: DWb 32, 505f. 683 Frechheit, Verwegenheit. Vgl. Art. Durst [I], in: DWb 2, 1746f. 684 Vgl. Hieronymus, Biblia iuxta vulgatam versionem, Praefatio in evangelio: „Novum opus facere me cogis ex veteri, ut post exemplaria Scripturarum toto orbe dispersa quasi quidam arbiter sedeam et, quia inter se variant, quae sint illa quae cum graeca consentiant veritate decernam. [...] Si enim latinis exemplaribus fides est adhibenda, respondeant quibus; tot sunt paene quot codices. Sin autem veritas est quaerenda de pluribus, cur non ad graecam originem revertentes ea quae vel a vitiosis interpretibus male edita vel a praesumptoribus inperitis emendata perversius vel a librariis dormitantibus aut addita sunt aut mutata corrigimus?“ (Weber-Gryson, Vulgata, ed. 5., 1515,2–4.9–16; PL 29, 525C.526C–527A). – Vgl. Tertullian, De praescriptione haereticorum 17: „Ista haeresis non recipit quasdam scripturas: et si quas recipit, non recipit integras: adjectionibus et detractionibus ad dispositionem instituti sui intervertit: et si aliquatenus integras praestat, niholominus diversas expositiones commentata convertit. Tantum veritati obstrepit adulter sensus, quantum et corruptor stylus.“ (PL 2 [1844], 30A; vgl. BKV² 24 [Tertullian II], 323). 681

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gewust weder685 Lutherus vnd er allein von jm nichts genohmen.686 Denn also rFhmet der Zwerg, weil er dem Riesen auff der achsel sitzt, da ist er ja so langk vnd viel lenger denn der Riese selbst.687 Erstlich, wenn Lutherus der meinung mit Osiandro were eins gewesen, so hette er zumahl einen greulichen jamer damit begangen vnd gestifftet, nach dem das w=rtlein Iusticia DEI so offt in den Epistolis Pauli widerholet wirt, das ers kein mal die gerechtigkeit Gottes, sondern allezeit gleich mit vorgesatztem vleis verdeutscht hat ‚die gerechtigkeit, so vor Gott gilt,‘ vnd hilfft nicht, wie Osiander sagt, das er hat mFssen sorge tragen, es hette mFgen nach gemeiner weise von der richterlichen gestrengen gerechtigkeit verstanden werden. Ach, Lutherus war kein Osiander noch ein ander leichtfertiger Geist, der dem text darumb nicht allein seine bedeutung oder grammaticam, sondern auch seine Dialecticam oder rem ipsam solte geraubet vnd genomen haben. Es were ja vmb eine kleine erinnerung zu thun gewesen am rande,688 wie er sonst in vielen gethan, damit were aller sache geraten vnd aller misuerstand auffgehoben gewesen, wenn er die ge-[M 3r:]rechtigkeit Gottes in der meinung hette wollen verstanden haben. Darumb magk Osiander vnd sein anhang von jm trawmen, was sie wollen. Es klingt vnd klapt nicht,689 sondern wer nur vbel erger gemacht gewesen, dem regen entlauffen vnd ins wasser gefallen.690 Das war Lutherus, wie auch Jeronimus in einem interprete im dolmetschen haben wil, in Epistola ad Pamachium de optimo interpretandi genere.691 Erstlich fasset er rem ipsam, die meinung vnd den handel an jm selbst behielt er fest, dem lies er nicht ein pFnctichen nehmen, nicht ein tittel685

als. Osiander hatte behauptet, schon vor Luther zur reformatorischen Erkenntnis gelangt zu sein (vgl. oben bei Anm. 589), oder doch unabhängig von ihm. Letzteres schreibt er etwa in OGA 9, 523,24–33 (Nr. 434: Bericht und Trostschrift, 1551). 687 Verbreitete Metapher, bezeugt schon bei Bernhard von Chartres um 1120. Vgl. https://de.wiki pedia.org/wiki/Zwerge_auf_den_Schultern_von_Riesen (zuletzt besucht 10.09.2021). 688 Vgl. die Marginalien in Luthers Biblia Germanica. 689 Redensartlich: Es passt nicht zusammen, harmoniert nicht, fügt sich nicht. Vgl. Art klappen 3.g), in: DWb 11, 963. 690 Redensartlich. Vgl. Art. Regen 5), in: DWb 14, 506f. 691 Vgl. Hieronymus, ep. 57 (ad Pamachium de optimo genere interpretandi), 5: „Ego enim non solum fateor, sed libera voce profiteor, me in interpretatione Graecorum, absque Scripturis sanctis [diese Einschränkung nahm Hieronymus später zurück, vgl. ep. 106,3.54f], ubi et verborum ordo mysterium est, non verbum e verbo, sed sensum exprimere de sensu. Habeoque hujus rei magistrum Tullium ... ‚nec converti, ut interpres, sed ut Orator, sententiis iisdem et earum formis, tam figuris quam verbis ad nostram consuetudinem aptis. In quibus non verbum pro verbo necesse habui reddere: sed genus omne verborum vimque servavi. non enim me annumerare ea lectori putavi oportere, sed tanquam appendere.‘ Rursum in calce sermonis: ‚Quorum ego, ait, orationes, si, ut spero, ita expressero, virtutibus utens illorum omnibus, id est sententiis, et earum figuris, et rerum ordine: verba persequentes eatenus, ut ea non abhorreant amore nostro. Quae si e Graecis omnia conversa non erunt: tamen ut generis ejusdem sint, elaboravimus.‘ [Zitate aus: Cicero, De opt. gen. orat. 5, 13f] Sed et Horatius vir acutus et doctus, hoc idem in Arte Poetica erudito interpreti praecipit: Nec verbum verbo curabis reddere, fidus Interpres. [Horaz, Ep. II 3, 133f] ...“ (PL 22, 571; BKV² II. Reihe: Bd. 18, 270f). 686

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chin verkeren oder verrucken. Nachmals wenn es daran kam, wie mans m=chte deutlichen vnd bescheidlichen692 reden, da legt ers auff die goltwage,693 vnd was den handel am klersten geben wolt, das behielt er. Schobe die erbeit nicht auff ander leut, wie jm Osiander auch schult giebet, als sey er nicht alzeit selbst darbey gewesen, aber thut jm gewalt vnd vnrecht, war darzu kein vnzeittiger kopff, der allein die Raben vnd Coruen694 der Juden gelesen vnd ausgesogen, Sondern da war aus Gottes gnaden ein hohes Judicium, ein getrewes, fromes hertz vnd die gaben reichlich, das ers wFste zu reden vnd zu geben vor vielen andern, wie sichs gebFret. H=rt sich aber gleichwol darneben nicht selbst allein, wie die selbgewachsene695 Doctores vnd Theologi thun, welchen jr gesang am aller besten gefelt. Sondern nam auch andere treffliche leuth zu rath, derer gar ein sch=ner hauffen damals beisamen waren.696 Vnd hat also Lutherus mit seiner dolmetschung nicht allein diesen jrrthumb wehren, sondern auch [M 3v:] den handel an jm selbst in rechtem verstand geben wollen, das die gerechtigkeit des glaubens heist vnd ist nicht die selbstendige innerliche Gerechtigkeit Gottes vnd kans nicht heissen, sonst mFsten wir die selbwesende G=ttliche natur werden, dieweil Paulus spricht, wir werden die gerechtigkeit Gottes in Christo, 2. Cor. 5,697 daruon hernacher, Sondern die gerechtigkeit, so vor Gott gilt, oder wie es Paulus, der heilige Apostel selbst verkleret, damit er den Gottlosen gerecht macht, Rom. 3 vnd 4.698 Wie Augustinus auch sagt, lib. de Spiritu et litera cap. 9: „die gerechtigkeit Gottes (spricht Paulus) ist offenbaret. Er sagt nicht, die gerechtigkeit eines menschen oder die gerechtigkeit des freien willen, Sondern die gerechtigkeit Gottes, nicht in welcher Gott gerecht ist, Sondern damit er den menschen anzeucht, wenn er den Gottlosen gerecht macht“699 etc. haec ille. Zum andern MFst es ja eine grosse plag vnd scheusliche vorgessenheit gewesen sein in diesem grossen man Gottes, das ers weder in predigen priuatim 692

deutlich, eindeutig, unmissverständlich, klar. Vgl. Art. bescheidlich, in: DWb 1, 1558. Redensartlich: ging er mit größter Vorsicht und Subtilität vor. Vgl. Art. Goldwaage, in: DWb 8, 863f. 694 Wortspiel mit Rabini und corvus = Rabe. 695 aus eigener Macht, auf eigene Autorität hin, ohne Unterstützung von außen. 696 Luther beriet sich im Hinblick auf die Übersetzung des Alten Testaments und die Revision des gesamten Bibeltexts mit ausgewiesenen Fachleuten, so mit dem Gräzisten Philipp Melanchthon und dem Hebraisten Matthäus Aurogallus, ferner mit Caspar Cruciger, Justus Jonas, Johannes Bugenhagen, Veit Dietrich und Bernhard Ziegler; seit 1531 protokollierte Georg Rörer die Beratungsergebnisse. Vgl. Stefan Michel, „Luthers Sanhedrin“. Helfer und Mitarbeiter an der Lutherbibel, in: Margot Käßmann/Martin Rösel (Hgg.), Die Bibel Martin Luthers. Ein Buch und seine Geschichte, Leipzig 2016, S. 117–135. 697 Vgl. II Kor 5,21. 698 Vgl. Röm 3,24.26.28; 4,5f.24f. 699 Vgl. Augustinus, De spiritu et littera 9: „Justitia, inquit, Dei manifestata est: non dixit, Justitia hominis, vel justitia propriae voluntatis; sed, justitia Dei, non qua Deus justus est, sed qua induit hominem, cum justificat impium.“ PL 44, 209 (CSEL 60, 167,5–8). 693

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oder publice, noch in =ffentlichen schreiben gemeldet oder gedacht hette, wenn er des sinnes vnd verstandes mit Osiandro eines gewesen wer, Das die gerechtigkeit des glaubens sey die selbwesende innerliche gerechtigkeit Gottes, So er doch diesen einigen artickel teglich handelte vnd nimmermehr von der hant komen lies. Der artickel war sein teglich brot, damit stund er auff vnd ginck zu bette, was er las, das diesen einigen Artickel nicht offt vnd ernstlich trieb, das schmackt jm nicht, in seinem lesen vnd predigen war es der anfang, mittel vnd ende, so balt er denn auff den artickel kam, so wFchsen [M 4r:] die wort nicht im munde, sondern im hertzen; das ging auff wie ein gewaltige brunst, flos alles zu mit sprFchen aus Gottes wort, die dehnet, die kruppelt,700 die martert vnd n=tiget er nicht, sondern sie funden sich willig in jhrem reinen verstand, vnd hat er zeit, so brecht er die sch=nen exempel der lieben Veter darzu, wand vnd drehet aus den lieplichen rosen vnd MeyenblFmichen701 des gFldenen paradis Gottes ein sch=nes krentzlein,702 das setzt er seinen zuh=rern auff jr hertz vnd seelichin, das roch vnd gab krafft durch leib vnd seel, verandert sinn vnd muth. Ach, es ist, wie ein trefflicher, teurer man eine zeit gesaget: Lieber, schweiget, alle Theologi mFssen von dem man Gottes die lehen empfangen.703 Noch ist kein buchstaben, kein wort, kein tittel,704 darinnen er auff diese meinung stimmete, das Gott vnser gerechtigkeit sey nach seiner G=ttlichen selbstendigen innerlichen oder wesentlichen gerechtigkeit vnd nicht nach der menscheit, wie Osiander plerret.705 Zum dritten: Aber ja wol mit Osiandro eins wie Belial vnd Christus, liecht vnd finsternis, lFgen vnd warheit, also ist Osiandri lere vnd Lutheri einig.706 Vnd darff dis wenig disputirens da stehen seine eigene wort, darinnen er vns =ffentlichen vor der meinung Osiandri warnet. Denn also schreibet er vber den 143. Psal.:707 „hie ist zu mercken, das das w=rtlein ‚dein warheit oder glaub‘ vnd ‚dein Gerechtigkeit‘ nicht heist die, da Gott mit gleubt vnd gerecht ist, als etliche viel meinen. Sondern die gnade, damit vns Gott gleubig vnd gerecht macht durch Christum, wie denn der Apostel Paulus Rom. 1 vnd

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verkrüppelte, verstümmelte, entstellte. Vgl. Art. krüppeln 1.b), in: DWb 11, 2477. Maiblümchen, insbes. Maiglöckchen (Convallaria majalis L.). Vgl. Art. Maienblümchen, in: DWb 12, 1476. 702 Vgl. Luther, Eine einfältige Weise zu beten, für einen guten Freund, 1535, WA 38, (351) 358–375, worin er dazu anleitet, aus jedem Katechismusabschnitt ein vierfach gedrehtes Kränzlein – Lehre, Danksagung, Beichte, Gebet – zu machen. 703 Urheber bislang nicht zu ermitteln. 704 Wenn man die Aufzählung als der Länge nach steigernd betrachtet, wäre unter „tittel“ hier eine Überschrift oder eine ganze Schrift (ihr Titel dann pars pro toto) zu verstehen, ansonsten wäre auch an „Tüttel, Pünktchen“ zu denken. Vgl. Art. Titel 1.b), in: DWb 21, 522f; Tüttel m., in: DWb 22, 1949f. 705 schreit, heult. Vgl. Art. plärren 2.a), in: DWb 13, 1898f. 706 Vgl. II Kor 6,15. 707 Vgl. Luther, WA 18, 522,27–32.39f (Die sieben Bußpsalmen, 1525, zu Ps 143,1). 701

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2 [M 4v:] vnd 3 nennet die gerechtigkeit Gottes vnd glauben Gottes, die vns durch die gnade Christi gegeben wirt etc. Gottes ist sie, der die rechte grunt gute gerechtigkeit giebet, welche ist der glauben Christi.“ Vnd noch klerer in der kirchen Postil vber das Euangelium am ersten Sontag des Aduents: „Merck dieses stFcklein,“ spricht er, „mit vleis, das wo, du in der schrifft findest das w=rtlein ‚Gottes gerechtigkeit,‘ das du dasselbige pja nicht von der selbwesenden innerlichen Gerechtigkeit Gottes verstehest.p Sondernq wisse, das es heisset nach brauch der schrifft die ausgegossene gnad vnd barmhertigkeit Gottes durch Christum in vns, dauon wir fur jm from vnd gerecht werden geacht. Vnd heist darumb Gottes gerechtigkeit oder fr=migkeit, das nicht wir, sondern Gott sie wircket in vns mit gnaden“ etc.708 Nicht ists mFglich, wenn Lutherus noch itzunt lebete, das er sich deutlicher kFnde declarirn vnd seine meinung sagen auff Osiandri schwermerey. Noch hat es jn auch nicht geholffen, sundern diese tolle geister haben sich an diese seine wort gemacht vnd mercklichen daran versucht, wie sie dieselbigen jm m=chten im munde verkeren, auff das es ja nicht so gar scheinbarlichen709 an den tag keme, das Lutherus nicht mit jenen eins were, sondern sie gestracks fur schwermer ausrufft vnd vor jrer falscher lere meniglichen warnet. Vnd dieweil jnen sonderlichen die [N 1r:] wort nach dem hertzen griffen, das Lutherus schreibet, man sol es ja nicht verstehen von der wesentlichen innerlichen gerechtigkeit Gottes, zogen sie vber dieselbigen wort einen solchen blawen donst vnd nebel,710 das Lutherus hiemit allein die gestrenge richterliche gerechtigkeit Gottes wolle ausgeschlossen haben. Die heis er aber darumb die innerliche, das sie in Gott noch verborgen vnd nicht in der that, wie die gFtige fr=migkeit, in Christo geoffenbaret ist, sondern wirt aller erst geoffenbaret werden am JFngsten tag, welchen Paulus nennet einen tagk des zorns vnd der offenbarung des gerechten gerichte Gottes, Rom. 2.711 Das heist Lutherum auslegen vnd ein artiges gloslein712 machen, ja wer auch die leuth bereden kFnt, das sie der geschmuckten713 lFgen glauben wolten! Denn was kan doch vnuerschempter auff erden getichtet werden denn das ist, das Gottes gestrenge gerechtigkeit, damit er die sFnde richtet vnd strafft im zorn, noch nicht sol offenbaret sein? Was thut denn Gott im Paradis, da er p–p

In größerem Schriftgrad gedruckt. wie die Papisten / auch viel heiliger Veter geirret haben / du wirst sonst dafur erschrecken / Sondern: VD 16 L 5615 (vgl. Anm. 708). q

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Vgl. Luther, Kirchenpostille (1550; VD 16 L 5615), Ev. z. 1. Advent (Mt 21,1–9), Bl. 10v. deutlich, offensichtlich. Vgl. Art. scheinbarlich 2.b), in: DWb 14, 2438f. 710 Blauer Dunst und Nebel = absichtliche Unklarheit, Undurchsichtigkeit, Verwirrung, falscher Schein, lügenhafte Vorspiegelungen. Vgl. Art. blau 1), in: DWb 2, 81f; Art. Dunst 4), in: DWb 2, 1561f. 711 Vgl. Röm 2,5. 712 kunstreiche, geschickte Auslegung bzw. (Fehl)deutung, auch allgemeiner i. S. v. Betrug. Vgl. Art. artig, in: DWb 1, 573f; Art. Glöszlein 1), in: DWb 8, 218. 713 getarnten, aufgeputzten. Vgl. Art. schmücken II.7), in: DWb 15, 1126. 709

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Adam vnd Euam so ernstlich fFrniemet vnd dem tod vbergiebet?714 Was thet er in der Sindflues?715 Jtem mit Sodoma vnd Gomohrra?716 Mit dem schrecklichen vntergang des Judischen reichs?717 Ja wol? was thut er mit seinem lieben Son, da er vber denselbigen seinen grimmigen, grausamen zorn auff einen hauffen ausschFttet vnd jn damit in der sFnd der gantzen welt schlecht,718 also das auch Paulus sagt, er sey die sFnd vnd der fluch selbst worden?719 Das kein solch grausam, schrecklich exempel G=ttlicher, gestrenger vnd [N 1v:] richterlichen gerechtigkeit in ewigkeit nimmermehr zu gewarten, als an Christo bewiesen ist. Er wirt ja seinen zorn auch offenbaren am tagk des gerichts, wie Paulus saget,720 vber die vnbusfertigen, die itzund Gottes langmFtigkeit – das er so recht lang innen helt vnd mit der straff verzeucht,721 damit er zeit vnd raum gibet zur bues – verachten vnd vergessen; das man aber daraus wil Vniuersaliter schliessen, sein gestrenges gericht wider die sFnde sey noch innerlich, heimlich vnd nicht offenbar, ist ein vnuerschembt geticht wider Gottes wort vnd die erfarung selbst, ja eine lesterliche verkleinerung722 der wolthat Christi Jhesu, des Sons Gottes, der aller vnser schmertzen getragen, wie Esaias sagt cap. 53.723 Darumb bleibt Lutheri meinung fest, damit er vns anzeigt, das ers mit Osiandro die zeit seines lebens nie gehalten vnd nimmermehr halten wil, warnet vns darneben, das wir vns vor der schwermerey auch hFten sollen, als die der schrifft einen fremden verstand machet vnd damit diejenigen, so jr anhangen, gewislichen verfuret. Wer folgen wil, der thue es. Wer nicht wil, fahr immerhin vnd erfahr es. Narren sol man mit kolben lausen.724 Lieber, sprichstu nun: Was heist denn Lutherus die Gerechtigkeit des glaubens? Antwort: Genugsam hat er sich vorwahret vnd bedinget, das er es nicht heist die selbstendige, innerliche gerechtigkeit Gottes, damit er gerecht ist; wer das von jm sagt, der leugt jn an vnter der erden,725 wie er denn zuuor

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Vgl. Gen 2,17; 3,19. Vgl. Gen 6,5–7. 716 Vgl. Gen 18,20f; 19,24f. 717 Vgl. II Reg 24,10–25,30. 718 schlägt. 719 Vgl. Gal 3,13. 720 Vgl. Röm 2,5f. 721 die Strafe hinauszögert, aufschiebt. Vgl. Art. verziehen A.1.a), in: DWb 25, 2596f. 722 Geringschätzung, Herabwürdigung. Vgl. Art. Verkleinerung 2), in: DWb 25, 663f. 723 Vgl. Jes 53,4f. 724 Mit Kolben lausen = mit Keulen den Kopf bearbeiten, prügeln. Vgl. Wander, Sprichwörter 3 (1873), 913[a], s. v. Narr, Nr. 829. 725 leugt ihn an = verleumdet ihn, sagt ihm fälschlich etwas nach (vgl. Art. anlügen, in: DWb 1, 403f); unter der erden = noch im Grab, den schon Verstorbenen. 715

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[N 2r:] offt gesaget, das jm von den jrrigen Geistern widerfahren werde.726 Er heist aber die gerechtigkeit des glaubens Jhesum Christum, den waren Gottes Son, in dem er fur vns mensch worden, gelitten vnd am dritten tagk wider aufferstanden, auff das wir darinnen haben vergebung der sFnden, Gottes gnad vnd gunst, alle, die wir jn mit festem glauben vnd vertrawen annehmen. Also schreibet er eben im selbigen stFck, so Osiander aus dem bFchlein von zweierley gerechtigkeit angezogen: „Diese gerechtigkeit wirt den menschen gegeben in der tauff vnd zu jder zeit der warhafftigen bus, also das der mensch getrost in Christo rhFmen thar727 vnd sprechen: ‚Mein ists, das Christus gelebet, gethan, geret,728 gelitten vnd gestorben ist, nicht anderst, denn wenn ichs selbst also gelebt, gethan, gered, gelitten het vnd gestorben were etc.‘“729 Hie h=restu, was Lutherus die gerechtigkeit heist, die vns in Christo gegeben wirt, das wir darinnen auch gerecht werden vnd der wir vns getrost in Christo rFhmen mFgen: Es ist das, das Christus, Gott vnd mensch, gelebet, gethan, geret, gelitten etc. Jtem vber das 14. cap. Johannis, folio 163: „Sihe, also mustu diesen spruch verstehen, da er spricht: ‚Jr werdet erkennen, das ich im Vater vnd der Vater in mir ist,‘ das ist: jr mFsset nicht allein ansehen mein fleisch vnd blut (welches jr schon itzt sehet, gleich wie es die Juden auch sehen) oder meine substantz vnd wesen, das ich bin Gott vnd mensch, rSondern was ich rede [N 2v:] thue vnd schaffe oder was mein ampt ist vnd warumb ich da bin;r wenn jr solches ansehet, so sehet vnd h=ret jr, das ich zu euch rede vom Vater eitel trost, lieb, gnad vnd barmhertzigkeit vnd darzu mit der that solches beweise, weil ich fur euch sterb vnd aufferstehe. So jr solches an mir sehet, so sehet jr den Vaters etc. Denn dis ist eigentlich des Vaters meinung, hertz vnd wil etc.“730 Jn diesem ort wirts vber die massen klar, das du auch fein sehen kanst, wo es sich mit Osiandro, vnd zwar mit der gantzen schriefft, stost. Lutherus behelt

r–r s

In größerem Schriftgrad gedruckt. Wi dt 4: Vater in mir / vnd mich in dem Vater.

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Vgl. etwa Luther, BSELK 720,7–14: „Denn was sol ich sagen? Wie sol ich klagen? Ich bin noch im leben, schreibe, predige und lese teglich; Noch finden sich solche gifftige Leute nicht allein unter den widersachern, sondern auch falsche Brüder, die unsers teils sein wollen, die sich unterstehen mein schrifft und lere stracks widder mich zu furen, lassen mich zusehen und zuhören, ob sie wol wissen, das ich anders lere, und wollen ire gifft mit meiner erbeit schmücken und die armen leute unter meinem namen verfüren. Was wil doch imer mehr nach meinem tode werden?“ (Schmalkaldische Artikel, 1538, Vorrede). 727 sich zu rühmen wagt. Vgl. Art. durren, in: DWb 2, 1743–1745. 728 geredet. 729 Vgl. Luther, WA 2, 145,14–18: „Haec ergo iusticia datur hominibus in baptismo et omni tempore verae poenitentiae, ita ut homo cum fiducia possit gloriari in Christo et dicere ‚meum est quod Christus vixit, egit, dixit, passus est, mortuus est, non secus quam si ego illa vixissem, egissem, dixissem, passus essem et mortuus essem.‘“ (Sermo de duplici iusticia, 1519). 730 Vgl. Luther, Wi dt 4, Bl. 163v (WA 45, 589,14–24) (Das XIV. und XV. Kapitel S. Johannis gepredigt und ausgelegt, 1538).

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in dem handel vnser rechtfertigung jmer die person gantz vnd vereiniget die mit jrem ampt oder werck. Da blieben jm die verheissungen von dem samen des weibes vnd desselbigen feindlicher handlung wider das reich des Teufels fein rein beisamen.731 Osiander reist erstlich das werck von der person, sagt, das k=nde nicht vnser rechtfertigung sein. Nachmals, do es die person sein sol, trennet er dieselbigen auch, vnd hiemit fFret er dich in die selbwesende blosse Gottheit, das gleich wie Gott in seiner G=ttlichen natur wesentlich gerecht ist von ewigkeit, an732 die menscheit vnd alles leiden oder sterben, also sagt er, wir auch. Rath nu zu, warzu ist dein lieber heiland Christus mensch worden? Darzu, spricht er, auff das die Gottheit durch die menscheit in vns auch kome. Aber wo schrifft, er Osiander?733 im Schlauraffen land, antwort er, wachsen die pauren auff [N 3r:] den beumen.734 Wollen aber noch einen locum oder zwen sehen aus dem Luthero, damit wir klerlichen vernehmen, was doch er die gerechtigkeit des glaubens heisse. Jn der Hauspostil am vierden Sontagk nach Ostern schreibet er also: „diese meinung stehet fest vnd gewis, das wir kein andere gerechtigkeit noch ewiges leben k=nnen haben denn diese, tDas Jhesus Christus von dieser welt zum Vater gegangen ist.t Da, sprich, wil ich bey bleiben, vnd sol mirs der Teufel nicht nehmen noch vmbstossen; schrecken kan er mich vnd mir ein gewissen machen, denn ich weis sehr wol, das meine wege jm zu schwach sind. Aber da ist ein ander wegk, denn nicht ich, sondern Christus gehet in dem h=chsten gehorsam gegen seinen himlischen Vater; denselbigen wird der teufel nimmermehr vngerecht oder zum sFnder machen k=nnen, wenn er mich gleich zum sFnder macht; darumb wil ich mich auch seiner annehmen vnd tr=sten.“735 Jtem zuuorn: „des Herren Christi gang aber heist anders nichts, denn das er gelitten vnd am creutz gestorben vnd durch den tod von dieser welt abgescheit–t 731

In größerem Schriftgrad gedruckt.

Vgl. Gen 3,15. ohne. 733 Wohl folgendermaßen zu verstehen: „Wo findet Ihr das in der Schrift belegt, Ehren Osiander?“ 734 Vgl. Hans Sachs, Das Schlaweraffen Landt (datiert „Anno Salutis. M. D. XXX.“): „EJn gegent haist Schlauraffen Land | Den fawlen lewten wol bekandt | Das ligt drey meyl hinder Weynachten | ... | So wachsen Bawern auff den bawmen | Gleich wie in vnserm Land die pflawmen | Wens zeytig sind so fallens ab | Yeder in ein par Stifel rab | ...“ (zitiert nach: Sehr Herr= || liche Sch=ne || vnd warhaffte Gedicht. || Geistlich vnnd Weltlich / allerley art / als || ernstliche Tragedien / liebliche Comedien / seltzame Spil / kurztweilige || Gesprech / sehnliche Klagreden / wunderbarliche Fabel / sampt an= || dern lecherlichen schwencken vnd bossen etc. Welcher stFck || seind dreyhundert vnnd sechs vnnd sibentzig. || Darundter Hundert vnd sibentzig stück / || die vormals nie im truck außgangen sind / yetzund aber aller welt || zu nutz vnnd frummen inn Truck verfertigt. || Durch den sinreichen vnd weyt berFmbten Hans Sachsen / ein lieb= || haber teudscher Poeterey / vom M. D. XVI. Jar / biß auf diß M. D. LVIII. || Jar / zusamen getragen vnnd volendt. || Getruckt zu NFrnberg bey Christoff Heußler. || Jm Jar / M. D. LVIII. [VD 16 S 142], Bl. CCCCCXLIIIIr). Vgl. Rita Voltmer, Art. Schlaraffenland, in: Enzyklopädie der Neuzeit 11 (2010), 763–767. 735 Vgl. Luther, WA 52, 294,32–40 (Hauspostille 1544, Predigt am So. Cantate, zu Joh 16,5–15). 732

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den ist vnd zum Vater gangen, das ist: gen himel auffgefahren, da er sitzet zur gerechten736 Gottes vnd regiret etc. Das also gerechtigkeitu nicht ist meiner krafft noch vermFgens, sondern des Herren Christi eigenes werck, das er zum Vater gehet.“737 Vnd [N 3v:] hernacher: „Ausser dem glauben ists alles sFnd, vnd stehet die rechte, ewige gerechtigkeit allein auff dem, das Christus zum Vater gehet vnd wir jn nicht mehr sehen.“738 Jtem vber das 16 cap. Johannis: „da mustu die gerechtigkeit suchen vnd finden: Nicht bey dier, noch auff erden bey menschen, sie sein auch, wer vnd wie sie wollen. Denn die Christen sollen kein ander gerechtigkeit wissen, damit sie fur Gott bestehen vnd gerecht gesprochen werden, vergebung der sFnden vnd ewiges leben erlangen, denn diesen gang Christi zum Vater, welcher ist nichts anders (wie offt gesagt), denn das er vnser sFnd auff seinen hals genohmen vnd sich vmb der selben willen lassen am Creutz t=dten, begraben vnd in die helle gefaren. Aber nicht vnter der sFnde, noch tod vnd helle blieben, sondern hindurchgangen durch sein aufferstehung vnd himelfart vnd nu gewaltiglich herschet zur rechten hand des Vaters vber alle creaturn.“739 Jtem: „es ist aber solche gerechtigkeit gar heimlich vnd verborgen, nicht allein fur der welt vnd vernunfft, sondern auch fur den heiligen. Denn sie ist nicht ein gedancken, wort noch werck in vns selbst (wie die Sophisten von der gnade getreumet haben, vDas es sey ein eingegossen ding in vnserm hertzenv), Sondern gar ausser vnd vber vns, nemlich der ganck Christi zum Vater (das ist sein leiden vnd aufferstehen oder himelfart), vnd dasselbige darzu aus vnserm sinnen vnd augen [N 4r:] gesetzet,w das wirs nicht sehen vnd fFlen kFnden, Sondern allein mit glauben mus ergriffen werden des worts, so von jmx geprediget wirt, das er selbst sey vnser gerechtigkeit, wie S. Paulus 1. Cor. 1 sagt: Das er vns gemacht ist von Gott zur weisheit, Gerechtigkeit vnd zur heiligung vnd erl=sung, auff das wir vns nicht vnser selbst, Sondern allein dieses Herrn fur Gott rFhmen. Das ist je eine wFnderliche Gerechtigkeit, das wir sollen gerecht heissen oder gerechtigkeit haben, welche doch kein werck, kein gedancken vnd kurtz gar nichts in vns, sondern gar ausser vns in Christo ist vnd doch warhafftig vnser wirt durch sein gnat740 vnd geschenck vnd so gar vnser eigen, als were sie durch vns selbst erlanget vnd erworben.“741 u

aus: grechtigkeit. In größerem Schriftgrad gedruckt. in der Kustode: gesetzt. aus: jw.

v–v w x

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Rechten, rechten Hand. Vgl. Art. gerecht 2.h), in: DWb 5, 3596f. Vgl. Luther, WA 52, 294,13–18 (Hauspostille 1544, Predigt am So. Cantate, zu Joh 16,5–15). 738 Vgl. Luther, WA 52, 295,31–33 (Hauspostille 1544, Predigt am So. Cantate, zu Joh 16,5–15). 739 Vgl. Luther, WA 46, 44,2–12 (Das XVI. Kapitel S. Johannis gepredigt und ausgelegt, 1539, zu Joh 16,10). 740 Gnade. 741 Vgl. Luther, WA 46, 44,23–38 (Das XVI. Kapitel S. Johannis gepredigt und ausgelegt, 1539, zu Joh 16,10). 737

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Jtem: „Aber hie h=re ich, das Christus sagt, das meine gerechtigkeit sey die, das er einen ganck zum Vater gethan vnd gen himel gefaren; daselbst ist sie hingesetzt, das sie mir der Teufel wol mus bleiben lassen, den er Christum nicht zu einem sFnder machen noch seine gerechtigkeit straffen oder tadeln kan. Bin ich ein sFnder, vnd mein leben vor Gott nicht bestehet, vnd keine Gerechtigkeit in mir finde, so hab ich aber einen andern schatz, welcher ist meine Gerechtigkeit, darauff ich rFme vnd trotze. yDas ist dieser ganck zum Vater,y welchen er mir gegeben vnd geschenckt hat; was mangelt demselbigen Oder was kanstu daran tadeln?“742 [N 4v:] Jtem: „Da ist kein ander trost on allein dieser gangk Christi, zWelcher vnser heuptguet vnd erbe, entlicher trotz vnd ewige gerechtigkeit ist.z“743 Das sint eitel dFrre helle wort, darinnen Lutherus seiner meinung klerlichen guten bescheid gibt vnd anzeigt, das er die gerechtigkeit des glaubens, daruon er offt redet vnd schreibet, kein andere wil verstanden haben denn die, welche ist Christus Jhesus, war Gott vnd mensch, in dem er fur vns gelitten vnd damit zu gnaden gebracht, das wir durch den glauben an jn haben vergebung vnd das ewige leben. Vnd solte Osiander diese stFck aus dem Luthero haben angezogen, dieweil er wolt beweisen, das in der gerechtigkeit des glaubens sie miteinander eins weren. So lest er die aussen vnd brallet744 vnterdes mit einem grossen hauffen der andern sprFch hereinner,745 das Christus in vns wohnet, vnser gerechtigkeit vnd einiges, rechtes heuptgut ist. Ja noch wol mehr, da er fFlet, wie jm dieser einige spruch Christi von seinem gangk zum Vater, den Lutherus so recht schon handelt in den vorigen =rtern, so gewaltig allein sein jrrige meinung stFrmen vnd stFrtzen wil, macht er sich torstiglichen746 an den selbigen mit einem eigenen bFchlein von zweien bogen,747 ringet vnd windet sich damit, vnd da er jn nicht vermagk zu werffen748 – er ist jm zu starck – behengt er jn mit seinen groben, greifflichen, falschen lFgen vnter dem schein, als sey es die rechte, wahre vnd Christ-[O 1r:]liche

y–y z–z 742

In größerem Schriftgrad gedruckt. In größerem Schriftgrad gedruckt.

Vgl. Luther, WA 46, 45,11–20 (Das XVI. Kapitel S. Johannis gepredigt und ausgelegt, 1539, zu Joh 16,10). 743 Vgl. Luther, WA 46, 46,25f (Das XVI. Kapitel S. Johannis gepredigt und ausgelegt, 1539, zu Joh 16,10). 744 brüllt, quasselt. Vgl. Art. brallen, in: DWb 2, 292. 745 herein. Vgl. Art. hereiner, in: DWb 10, 1089. 746 frech, vermessen. Vgl. Art. durstiglich [I], in: DWb 2, 1755. 747 Vgl.: Rechte ware vnd || Christliche Auslegung || vber die Wort des HERRN || Johannis am 16. || Ich geh zu meinem Va= || ter / vnd ir sehet mich fort || nicht mehr. || Wider die newen Ketze= || rey / die / die G=ttlichen Gerechtigkeit / vnsers || HERRN Jhesu Christi verwirfft / vnd || verlestert / als sey sie nicht / durch || den Glauben vnser / v] jn vns. || Andreas Osiander. || K=nigsperg || Jn Preussen / den 20. || Septembris. || 1551. (VD 16 O 1092) 8 Bl. 4° (OGA 9, Nr. 491; unsere Nr. 5). 748 zu Boden zu schleudern, niederzuringen, (auf den Rücken) zu werfen. Vgl. Art. werfen A.1.a.β.αα), in: DWb 29, 281.

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auslegung, macht einen vorkerten sin, denn auch die knaben in schulen aus der gemeinen vernunfft vnd Dialectica greiffen konnen. RFfft nachmals andern leuten vbel nach, sagt, er hab es aus grosser erfarung, das er wisse, wie die Ketzer die schrifft felschlichen auslegen, vnd hats freilich aus seiner erfarung, denn wenn ers nicht wFste, der es teglichen practicirt, was sollen andere wissen? Die erste grobe, greiffliche lFgen Osiandri im selbigen bFchlein vber diese wort Christi ist die, das er spricht, der heilige Geist vberweise749 die welt von der gerechtigkeit damit, das er leret vnd zeuget750 in den geistreichen751 leuten (one zweifel wie er einer ist), Das Christus zum Vater gehet, vnd aus dem selbigen sollen wir verstehen, was die ware vnd ewige gerechtigkeit sey.752 Hie darffs nicht viel kunst, ein jder Christ neme so viel der mussen753 vnd lege die wort Osiandri mit den worten Christi, Johan. 16, gegeneinander vnd frage sich selbst, ob es einerley ist vnd mit guten trewen gehandelt in Gottes wort, Das Christus spricht, Das sey die Gerechtigkeit, darFber der heilige Geist die welt straffen werde, das er zum Vater gehet.754 Osiander spricht: das ist nicht die gerechtigkeit, sondern aus dem sollen wir verstehen, was die gerechtigkeit sey. Wenn ein diener in weltlichen dingen seinem herren nicht in geringen, sondern in wichtigen sachen, daran jm leib, ehr vnd guet gelegen were, also seine wort verkerete, was solte man wol sagen, das ein solcher fr=mbling755 vnd zartes frFchtichin756 verdienet hette? [O 1v:] Zum andern fraget er nach, aus was krafft vnd macht Christus ist gen himel gefaren; dieweil nu solches nicht aus krafft vnd vermFgen menschlicher natur geschehen, sondern es ist ein werck der gantzen Dreifaltigkeit, wie er das starck mit vielen schrifften beweist, darumb bawet er hierauff vnd schleust nu also: ‚Der ganck Christi zum Vater ist vnser gerechtigkeit, die gantze vnzertrenliche Gottheit hat den ganck Christi zum Vater gewirckt. Darumb ist die Gottheit vnser gerechtigkeit, vnd nicht die menscheit.‘ Wunder ists, das sich die seulen am himel nicht biegen gegen einem solchen mechtigen grunt, damit sie auch darauff m=chten ein wenig rwen;757 hangt vnd schleust es doch so fest aneinander wie ein strick aus sande gewunden, 749

überzeuge. Vgl. Art. überweisen A.1.c), in: DWb 23, 640. bezeugt. Vgl. Art. zeugen II.2.c), in: DWb 31, 851. 751 vom Heiligen Geist erfüllten. Vgl. Art. geistreich 1.a), in: DWb 5, 2789f. 752 Vgl. Osiander, Auslegung über Joh 16 (VD 16 O 1092, s. o. Anm. 747, unsere Ausgabe Nr. 5), Bl. A 3r: „Nun ist aber gewiß / das der heilig Geist / solches straffen / nicht fur sich selbs vbet / sonder durch die Aposteln / vnd andre geistreiche Leut / treybt vnd vbet er solche straff / derhalben ist offenbar / das / weil die Welt steht / vnd noch geistreiche leut / in der Welt sein / dises hadern / zancken / disputirn / vnd straffen nicht auffh=ren wirt / noch auffh=ren kan / dan der heilig Geist / lest seines straffens nicht / so lest die Welt jres widersprechens auch nicht.“ 753 nehme sich soviel Zeit (Muße). 754 Vgl. Joh 16,8–11. 755 Frömmler. Vgl. Art. Frömmling, in: DWb 4, 248f. 756 Früchtchen, leichtfertige, ungeratene junge Person. Vgl. Art. Früchtchen 2), in: DWb 4, 269. 757 ruhen. 750

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wie Jreneus sagt von der ketzer argumentis,758 vnd ist nicht mFglich, das einiger vernFnfftiger mensch das solte vmbstossen, eben so wenig als dis: ‚Das haus ist mein wonung, der zimmerman hat das haus gemacht, darumb ist der zimmerman meine wonung vnd nicht das haus.‘ Toll vnd d=richt sint die zu K=nigsberg worden (werden die schFtzen759 in den schwlen760 sagen) wenn sie das lesen, Sonderlichen von vnserm Primario.761 Noch ist es hier gedruckt, vor allen kirchen feil getragen762 vnd fur eine festung gehalten, daraus aller widersacher Osiandri jr ketzerischer verstand der warheit zu trFmer mFste gehn. Vnd eben auff den grunt volgert er noch mehr: Dieweil wir auch wollen gen himel faren vnd zum Vater gehen, so mus die G=ttliche natur durch menscheit Christi in vns wohnen, das ist denn die gerechtigkeit, die vns gen himel bringet; vnd kan das nicht fei-[O 2r:]len, sondern ist gewis aus der 1. Thes. 4,763 da Paulus sagt, wie die auserwelten nicht eigener krafft, sondern durch ein andere dem Herren Christo werden entgegen hingezuckt werden – ja sagt er „hingezuckt werden“! – das wirt durch die G=ttliche natur geschen, so in vns wohnet, darumb ist klar, das die gerechtigkeit, derhalben der heilige Geist straffen wirt, die selbwesende innerliche G=ttlich natwr ist.764 Das ist die newe himlische offenbarung, damit er vor allen andern diesem text sein rechte, wahre vnd Christliche auslegung gibt, das ist: jm seine meinung auch auffseilet765 vnd einzwinget,766 es sey jm lieb oder leid. Aber mehr auch damit nichts erlangt, denn das man sihet, wie jm der ort der schrifft freilich wehe vnd bange macht. Den wollen wir jm auch wider allen seinen schwarm767 gesetzt haben, denselbigen sol er jm allein stFrtzen. Denn da redet kein trunckenboltz,768 kein leichtfertiger man, kein schwermer noch vnzeitiger769 Geist,

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Vgl. Irenaeus von Lyon, Adversus haereses I,8,1 (FChr 8/1, 174,13). ABC-Schützen, Schulanfänger. Vgl. Art. Schütze m. 3), in: DWb 15, 2127. 760 Schulen. 761 Osiander war Professor primarius der theolog. Fakultät Königsberg. 762 feil getragen = zum Verkauf angeboten. 763 Vgl. I Thess 4,17. 764 Vgl. Osiander, Auslegung über Joh 16 (VD 16 O 1092, s. o. Anm. 747, unsere Ausgabe Nr. 5), Bl. B 2r–v: „Hierauff hat auch der heilig Paulus gesehen / da er 1. Thesselo. am 4. Cap. spricht / Die Todten in Christo werden aufferstehn zu erst / darnach wir / die wir leben vnd vberbleiben / werden zugleich mit den selben hingezuckt werden / in den Wolcken / dem HErrn entgegen / Dann da h=ren wir / das alle außerwelte / nicht auß eigner krafft gen Himel faren / sonder durch ein andre krafft / dem HERRN Christo entgegen hingezuckt werden / ja / sagt er / hingezuckt werden. S=lches hinzucken aber / wirt durch keinen Engel geschehen / sonder die G=ttliche Natur / vnsers HERRN JHEsu Christi / der durch den Glauben in vns wonet / wirt vns hinzucken / fFren / vnd erh=hen / gleich wie der heilig Geist Philippum / vom Kammerer aus Morenland / hinweg rucket / das in der Kammerer nicht mer sahe / vnd bracht in gen Aßdod. Acto. 8.“ 765 aufbindet, aufnötigt, aufzwingt. Vgl. Art. aufseilen, in: DWb 1, 734f. 766 gewaltsam einflößt. Vgl. Art. einzwingen, in: DWb 3, 359. 767 abschweifende Einbildung, törichte Vorstellung. Vgl. Art. Schwarm 2.a), in: DWb 15, 2285f. 768 Säufer. Vgl. Art. Trunkenbold, in: DWb 22, 1396–1398. 769 unreifer, unverständiger. Vgl.Art. unzeitig 1.d), in: DWb 24, 2280f. 759

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Sondern der einige Gottes Son, von welchem wir die decretalem770 habena vom himel herab, das wir jn allein vnd keine schwermer noch ketzer sollen h=ren.771 Der spricht, das, gleich wie das die sFnd ist, darumb der heilige Geist die welt straffen werde, das sie an Christum nicht gleuben, Also sey dargegen das auch die gerechtigkeit, darFber der heilige Geist auch mit jr werde zu thuen bekomen, das er zum Vater gehet.772 Den text sol er vns lassen vnuerkert, vnuerruckt, vnuerwandelt vnd keinen danck darzu haben.773 Darbey bekennet vnd mus er bekennen, das dieser gang, so die gerechtigkeit ist, die wir in Christo haben, sey nichts anderst denn sein leiden vnd sterben sampt [O 2v:] seiner aufferstehung; die praemissae sind starck, fest vnd vngezweifelt, daraus folgt auch nu ein starck, fest vnd vngezweifelte Conclusion vnd entlicher schlus: Darumb ist vnser Gerechtigkeit das leiden vnd sterben sampt der aufferstehung Christi. Vnd noch mehr: darumb ist alles dasjenige, so Osiander droben vom vnterscheid der erl=sung vnd rechtfertigung fFrgebracht, ein erdichte lFgen. Vnd noch mehr: dieweil die Gerechtigkeit ist das leiden vnd sterben Christi, Er vns aber das aus dem trost der gerechtigkeit in der rechtfertigung vor Gott niemet, so niemet er zugleich die gerechtigkeit des glaubens vnd hebet die gantz vnd gar auff. Vnd noch mehr: dieweil aber dieser artickel das heuptguet, ohn welches vns Gottes wort kein nFtz ist, So hebet vnd reumet er hinweck, verschluckt auff einen bissen Bibel, Predigt, Sacrament, Tauff, Glauben, Kirchen vnd alles, was zu der kirchen geh=rt, Bawet vnd pflantzet, schafft vnd macht nichts anders denn dem Teufel die hell; aus dem folget sterben vnd ewig verderben; wer mit wil, sitz zu jm, er sol sanfft dahin fahren.774 Lutherus wil nicht mit, darumb hat er sich gewaltig von jm gerissen, wie wir nu gehort, vnd sich des gegen vns bedinget, das jm Osiander vnrecht thut, wenn er sich rFmet mit einigem spruch, das er mit jm eins sey. Einen wFnderlichen, seltzamen schwarm hat auch Osiander vber der gerechtigkeit des gesetzes, das er spricht, es fordere auch von vns die G=ttliche [O 3r:] wesentliche Gerechtigkeit vnd natur. Hie ist nu die frag, weil Paulus die gerechtigkeit des gesetzes in dem handel der rechtfertigung durch vnd durch allenthalben der gerechtigkeit des glaubens entgegensetzt vnd beneben dem, das die Gerechtigkeit des gesetzes weder lebendig noch gerecht mache, auch so gar fest schleust, das der eines mFsse fallen, die verheissung, der glaub vnd tod Christi oder die gerechtigkeit des gesetzes, was ist denn fur ein a

Nach Corrigendaliste, aus: daben.

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Anordnung, Anweisung. Hier offenbar nicht im spezifisch kirchenrechtlichen Sinn gebraucht. Vgl. Mt 17,5; Mk 9,7; Lk 9,35. 772 Vgl. Joh 16,8–10. 773 Vgl. Luther, Ein feste Burg, Str. 4: „Das Wort sie sollen lassen stahn und kein Dank dazu haben.“ Sie sollen kein Dank dazu haben = sie müssen es tun, ob sie wollen oder nicht. 774 Wer mit (ihm ins Verderben) will, nehme bei ihm (auf seinem Wagen) Platz, er wird bequem vorankommen. Vgl. Mt 7,13. 771

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vnderscheid vnter den beiden gerechtigkeiten? Sie seind nach Osiandro beide die G=ttliche natur vnd wesentliche gerechtigkeit, die ist nicht zweierley, Sonst were Gottes natur zweierley vnd also zwene G=tter, da wil Osiander nicht hin. Die gerechtigkeit aber des glaubens vnd gesetzes sind infinitis modis dem heiligen Paulo zweierley, also das eine fallen mus vnd die ander stehen. Noch eins: dieweil wir in Christo haben die erfFllung des gesetzes, wie Osiander bekant, vnd die erfFllung des gesetzes ist doch noch nicht vnser gerechtigkeit, wie er auch saget, was ist denn die erfFllung des gesetzes, die doch die gerechtigkeit des gesetzes nicht ist vnd dennoch gleichwol kein menschliche gerechtigkeit sein kan? Denn die ist nicht die erfFllung des gesetzes, wie Osiander auch bekant; wer gute scharffe negel hette, das er Ern Osiandrum in dem bade krawete, hilff Gott, wie sol er schwitzen!775 Hie weren noch viel mehr fragen, wollen aber nicht mehr denn noch eine fFrnehmen: Dieweil das [O 3v:] gesetz eine reine natur, guete vnd Gott wolgefellige werck fordert vnd haben wil, wie denn Paulus den vnderscheit zwischen dem gesetz vnd der gerechtigkeit des glaubens macht, Gal. 3, das das gesetz nicht des glaubens, sondern mit thun vnd wercken vmbgehet,776 wie auch zu den Rom. 2, factores legis etc.777 So fragt sichs billich, ob denn die reine natur vnd werck in vns Gott selbst sint, oder ob sie Gottes werck vnd creatur sint. Mussen aber itzund Osiandro nicht zu heis machen, er m=chte sonst beschwiemen,778 wollen jn an dem bislein779 wFrgen780 lassen vnd das w=rtlein imputare fFr vns nehmen, damit wir ein mahl von seiner schentlichen mateologia781 komen. Von dem w=rtlein IMPVTARE, zurechnen. Er klaget, das Jeronimus, oder wer der interpres ist, schentlich gefeilet, das er die zwey w=rtlein aus dem Hebreischen vnd Grechischen nicht artig gegeben, sondern reputare fFer imputare gesetzt hab vnd damit einen groben feiler782 gethan. Wenn es nu Osiander besser machte, so were es eine feine meinung. Gewis ists, das Lutherus mit dem w=rtlein reputare zufrieden ist vber das 15 cap. Gene. Denn Gottes gedancke feilet noch jrret nicht, wie die menschen

775 Im Bad gehörte massierendes Reiben der Haut, auch mit Hilfe von Bimsstein etc. zum Reinigungsprogramm und zur Körperpflege. Wenn hier scharfe (Finger-)Nägel zum Einsatz kommen sollen, gerät der Badegast in ziemliche Bedrängnis (wie Osiander angesichts seiner widersprüchlichen Argumentation), der Übergang zur Folter scheint fließend. 776 Vgl. Gal 3,5.12.24. 777 Vgl. Röm 2,13. 778 ohnmächtig werden, in Ohnmacht fallen. Vgl. Art. schwiemen, in: DWb 15, 2618. 779 kleinen Bissen, Happen. Vgl. Art. Biszlein, in: DWb 2, 50. 780 mühevoll schlucken. Vgl. Art. würgen II.B.1), in: DWb 30, 2206f. 781 ματαιολογία = leeres Geschwätz. Vgl. Hoven S. 331, s. v. mataeologia; I Tim 1,6. 782 Fehler, Schnitzer.

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thun. Osian-[O 4r:]der wil aber imputare darfFr haben, das wollen wir jm lassen vnd vber den worten keinen zanck haben. Das ist die frag: Was ist imputare oder reputare? Da gilts, wer die rechte meinung treffe; er nenne es, wie er wil, gewis ists, das es heist einem ein dinck zurechnen. Wie nu, mein herr? Fein gehet Osiander daran, das einer tausent eidt schwFere, wer jm zu der erst783 zuh=ret, er wolte richtig zutreffen.784 „Die gerechtigkeit Christi wirt vns zugerechnet,“ spricht er, „als hetten wirs selbst gethan vnd verdienet, was er gethan vnd verdienet hat, vnd weren selbst gerecht, wie er in vns gerecht ist.“785 Wer kan hie anderst verstehen, denn: die gerechtigkeit Christi (welche sein thun vnd heiliger verdinst ist) werd vns zugerechnet, das wir vmb jrent willen werden fur vnschuldig gehalten, als ob wirs selbst also weren, wie ers doch an jm selbst in der that ist vnd nicht wir. Aber so balt er das blat vmbwendet, wendet er diese meinung auch vmb vnd verdampt den verstand gantz vnd gar, das wir von Gott vmb des glaubens willen an Christum fur from vnd gerecht geacht, geschetzet, gerechenet vnd gehalten werden, so wir doch noch nicht from vnd gerecht sint; das merck, so kanstu so viel dester bas786 verstehen, was er droben heist mit der that vnd warheit Gerecht sein. Fehet787 nachmals seinen krieg widerumb mit her niemants788 an, der jm geleugnet hat, das Christus Gott vnd mensch in vns wohne, zeiget, wie er demselbigen armen Teufel in der grossen schlacht, da so wenig mit dem leben daruonkomen,789 mit seiner Concertatz790 oder disputatz791 die nasen an der fersen zerhawen, die augen auff der kniescheiben ausgestossen hat, komet zuletzt, da der handel ein wenig [O 4v:] gestillet,792 an den lieben Lutherum; den hat seiner kugeln auch eine mit dem gepolder von der brucken gerFret,793 dieweil er dem lerman794 zu nahe komen, das er saget, vnser gerechtigkeit sey nicht in vns. Bindet jm aber eine schweden795 auff vnd heilet jn, das Gott erbarme.

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zu der erst = zuerst, als erstem. das Rechte treffen. Vgl. Art. zutreffen 3.a), in: DWb 32, 871. 785 Vgl. OGA 10, 174,8–13 (Von dem einigen Mittler, 1551). 786 besser, leichter. Vgl. Art. basz 4), in: DWb 1, 1156f. 787 Fängt. 788 Herrn Niemand, d. h. einem erfundenen Gegner. 789 ironisch. 790 Eingedeutschte Version von concertatio, Streitgespräch. 791 Eingedeutschte Version von ‚Disputation‘. Vgl. Art. disputieren, in: Etymolog. Wb., 231f. Die Endung -tatz verweist hier im Zusammenhang eines ironisch geschilderten Schlagabtausches zugleich auf Tatze = Pranke, grobe menschliche Hand. Vgl. Art. Tatze 2), in: DWb 21, 161. 792 beruhigt. 793 Den (Luther) hat eine seiner (Osianders) Kugeln mitsamt manchem Gerümpel (oder doch: mit Getöse?) von der Bühne / vom Brettergerüst (vom Schießstand? von der Kegelbahn?) abgeräumt. Vgl. Art. Gepolter 1.c) u. 2), in: DWb 5, 3534; Art. Brücke 7), in: DWb 2, 415; Art. rühren II.1.a), in: DWb 14, 1459. 794 Aufruhr, Tumult. Vgl. Art. Lärm 4) u. 5), in: DWb 12, 203f. 795 Wundpflaster. Vgl. Art. Schwede f., in: DWb 15, 2383. 784

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Wie sollen wir jm nu thun, das wir gleichwol gewis werden, was imputare oder zurechenen ist? Daran wil der gantze handel von der rechtfertigung gelegen sein. Nu verstehets Osiander nicht, ein dinck darfFr achten vnd auffnemen, ob es gleich an jm selbst nicht dasselbige also ist mit der that, Sondern es mus jm sein re ipsa existere. Wollen Paulum vber diesem hader zu rath nehmen, ob vns der entscheiden kFnte, damit wir gewis vnd vngezweifelt die entliche meinung des heiligen Geistes m=chten vernehmen. Erstlich braucht er das w=rtlein zu den R=mern, cap. 2, vnd spricht also: „Die beschneidung ist wol nFtz, wenn du das gesetz heltest, heltest du aber das gesetz nicht, so ist deine beschneidung schon eine vorhaut worden. So nu die vorhaut das recht im gesetz helt, meinstu nicht, das seine vorhaut werde fur eine beschneidung gerechent?“796 etc. Mit diesen worten wil Paulus den Juden jren stoltz vnd hochmut brechen, die sich vmb das gesetz nicht viel bekFmmerten, wie sie das m=chten halten, pucheten797 allein darauff, das sie beschnitten wahren, vnd verachten darFber die Heiden, wolten gleichwol vmb des willen, das sie beschnitten waren, viel, viel besser sein [P 1r:] denn dieselbigen. Er warnet sie aber vnd spricht, sie sollen sich wol fFersehen. Sie kFnten wol beschnitten vnd dennoch Heiden sein. Gleich wie widerumb die heiden vnbeschnitten die vorhaut sint vnd bleiben, vnd dennoch wol kFnten Juden sein; wie denn? Also sagt Paulus: dieweil sie das recht im gesetz halten, wirt jnen die vorhaut gleichwol fur eine beschneidung gerechent. Hie meinet Paulus nicht, das die Heiden mit der that beschnitten werden, darumb das sie das Gesetz halten. Sie sint vorhaut vnd behalten dieselbige, noch dennoch wirt jnen dieselbige vorhaut, so vorhanden vnd derhalben keine beschneidung ist, wie die Juden beschnitten worden, dahin gerechnet, das ist: Gott lest sie es nicht entgelten, das sie nicht beschnitten sint, Sondern helt es eben darfFr, achtet sie eben, als were die vorhaut hinweck vnd sie weren beschnitten wie die Juden. Aus dem text ist klar vnd vngezweifelt, was zurechnen (imputare) eigentlich bedeut. Es heist nicht, mit der that ein dinck sein; denn also mFsten die Heiden beschnitten worden sein vnd were keine vorhaut vorhanden geblieben, viel weniger die gerechnet fur eine beschneidung Das wil aber Paulus nicht, sondern das widerspiel wil er. Nemlich das die Heiden vorhaut seint vnd bleiben, das ist: nicht mit der that beschnitten werden, vnd dennoch wirt jnen jre vorhaut gerechent, darfur von Gott gehalten vnd sie also angenomen, als weren sie mit der that beschnitten, das jnen also jre vorhaut, die sie doch behalten, nicht schadet, vnd stehet die signification vnd bedeutung des w=rtleins imputare, fur ledig zehlen vnd [P 1v:] dasjenige, das nicht ist, in der that dennoch darfur halten vnd annehmen.

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Vgl. Röm 2,25f. pochten.

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Lieber, nim Osiandri auslegung vnd bedeutung, las sehen, wie wil Paulus dieselbige dulden vnd leiden? Also mus es heissen: die vorhaut wirt fuer eine beschneidung gerechnet, das ist: die vorhaut der Heiden wirt mit der that die beschneidung. Ohne zweifel, so mussen die heiden keine vorhaut mehr behalten, So sint sie auch keine Heiden mehr, sondern selbst rechte Juden. Was ficht denn Paulus, vnd warumb vexiert er die Juden mit den Heiden der beschneidung vnd vorhaut halben, dieweil es alles einerley beschneidung ist? Aber wir wollen Osiandro einen guten rath geben: Er spreche, Paulus rede hernacher von der Geistlichen beschneidung des hertzen; hie schrey vnd ruff er das feld798 vol, so ist gewonnen. Vnd dennoch bleibt der eusserlichen beschneidung vnd vorhaut halben Osiandro vngeraten,799 denn nach der Geistlichen beschneidung haben die Heiden keine vorhaut, darumb kan der ort von der imputacion nicht von der Geistlichen beschneidung verstanden werden. Sintemal er von der vorhaut redet, die da bleibet in den Heiden vnd deshalben sie noch nicht Juden, sondern Heiden sint vnd nach derselbigen nimmermehr Juden werden. Sonst hetten die juden mit jrem trotz vnd hochmFtigem stoltzen rhum wider die Heiden, ja wider den heiligen Apostel Paulum gewunnen. Vnd siehest beides, Osiandri meinung stehet wie ein peltz auff seinen ermeln800 vnd ist ein ertichter eigener verstand vnd jrthumb; dieweil ers nu auch [P 2r:] predigt vnd rFmet wider Gottes wort, Jsts ein verdampte schwermerey. Verharret er halstarriglichen vnd lest sich nicht dis bessern berichten, so ist er ein verdampter Ketzer, nicht vmb eines einigen w=rtleins willen, sondern vmb des greulichen jrrthumbs willen, den er mit der falschen interpretation vnd deutung dieses w=rtleins anrichtet vnd damit den gantzen artickel der rechtfertigung hinnimpt.801 Die ander meinung aber bestehet fest, das zurechnen heist nicht mit der that also sein, sonder von Gott darfur angenomen, gehalten vnd dahin gerechnet werden, als were es eben also, wie es sein solte. Wollen mehr zeugnis der schrifft sehen: Zu den R=mern, cap. 4, nimmet Paulus mit gutem fleis vnd wolbedachtem mut den locum Gen. 5 fFer sich,802 Da der glaube Abrahae gerFmet wirt vnd angezeigt, wie er jm zur gerechtigkeit sey gerechnet worden, Treibet den selbigen als das fFrnemste heuptstFck des gantzen alten Testaments vnd wil jn ernstlich zu ewigen zeitten der gantzen Christenheit vnd warhafftigen kirchen bis zum ende der welt befohlen haben. Denn es ist nicht hie vmb den Abraham aus Mesopotamia allein zu thun, spricht er, Sondern vns allen ist das geschrieben, die wir wollen gerecht vnd selig werden. Den locum examiniert er

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den Kampfplatz. Vgl. Art. Feld 8.a), in: DWb 3, 1477f. dennoch kann man ihm dafür keinen Ratschlag geben, dennoch bleibt er ohne Rat. Redensartlich: Ist äußerst schwach begründet. Vgl. Art. Pelzärmel, in: DWb 13, 1535. wegnimmt, aufhebt. Vgl. Art. hinnehmen 3), in: DWb 10, 1458. Vgl. Röm 4,1–5; Gen 15,6 [sic].

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nu mit grossem vleis vnd leget die w=rtlein auff die goltwag,803 das er vns ja jrer meinung vnd damit des gantzen handels der rechtfertigung gewis mache, denn daruon sol der spruch verstanden werden mit den andern allen in diesem capittel, das merck. Vnd dieweil Abraham ein tewres, werdes804 [P 2v:] exempel war vnter den Juden, als der viel gelitten hat, from, GottfFrchtig, gedultig, eines starcken vertrawens zu Gott, eines gantzen Gottseligen wandels gewesen, Jn summa: in dem alle fr=migkeit mit allen tugenden herrlichen leuchteten, welchs auch sonderlichen die Juden an jm wFsten zu rFhmen, wie noch heut zu tage die Papisten an den lieben heiligen nicht mehr sehen denn jr scheinbarliches leben vnd guten wandel – Dises alles zumahl reumet derhalben Paulus aus dem wege in dem handel, da er weisen wil, wie Abraham ist gerechtfertiget worden, vnd saget, Ein fromer man sey Abraham gewesen, sey auch dar durch gerecht, ja vor der welt, dahin geh=rt diese gerechtigkeit, from sein, gedFltig, Gott gehorsam etc., Aber nicht fur Gott,805 das ist eins von dieser Gerechtigkeit. Wie ist er denn vor Gott from, lieber Paule? hie mus die schrifft raten, sagt er, denn vernunfft vnd die welt kan von dieser gerechtigkeit nichts berichten, sie weis nichts mehr daruon, denn so fern sie der heilige Geist mit der predigt aus der schrifft vnterrichtet, Johan. 16. Schrifft, schrifft, sollen wir vns in dem handel lassen fFrlegen, nicht h=ren, was die schwermer sudeln vnd seiffern,806 brewen807 vnd mengen von fr=migkeit, allen tugenden, selbstendigkeit, wie droben gehort. Last vns die h=ren. „Abraham hat Gott gegleubet,“ spricht Moises, „vnd das ist jm zur gerechtigkeit gerechnet.“808 Hie h=ret Paulus fein leise809 vnd siehet Moisi genaw auff den mund, schleust also: Wenn einer mit der that etwas hat vnd eines dinges wirdig vnd wert ist, so saget man nicht, das [P 3r:] mans jm zurechene, denn zurechnen heist einem aus gnaden ein dinck dahin deuten, darfFr halten vnd annehmen, das doch dasselbige nicht ist, wenn nu Abraham aus dem, das er from, Gottsf=rchtig, gehorsam, demFtig, gedultig etc. vor Gott gerecht were mit der that, so dorfft es jm Gott nicht dahin rechenen, sondern er were es schon, vnd geschehe aus pflicht, das jn Gott lies seiner fr=migkeit genissen vnd vor jm einen frommen, gerechten man sein. Aus dem macht nu Paulus ein gemeine lere, das alle diejenigen, die nicht mit wercken vmbgehen (das heist nicht: gar nichts guts thun, sondern: keinen verdinst zum ewigen leben, keine Gerechtigkeit daraus machen vor Gott, kein ver803

Vgl. Anm. 693. wertes, geschätztes. 805 im Gegensatz zu „vor der welt“ kurz zuvor im Text. 806 geifern. Vgl. Art. seifern, in: DWb 16, 195. 807 (zusammen)brauen, vermischen (auch: Unheil stiften, Gift mischen). Vgl. brauen 3), in: DWb 2, 323. 808 Gen 15,6; Röm 4,3. 809 hört sehr genau, sehr fein. Vgl. Art. hören II.1), in: DWb 10, 1806f. 804

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trawen darzu haben im handel der rechtfertigung etc.) gleuben aber an Gott, der die Gottlosen (das ist die armen sFnder) gerecht macht (wie macht er sie gerecht?), den selbigen wirt jr glaub gerechnet zur gerechtigkeit810 – Osiandriace?811 der glaub eingegossen oder gerechtigkeit mit der that eingepflantzet. Quaestio: Was ist denn dieselbige gerechtigkeit, die dem Abraham eingegossen vnd eingepflantzt ist? dieweil er doch bereit den glauben gehabt, vnd freilich durch den glauben Christum? Kurtz vnd frisch darauff niemet der heilig Apostel Paulus den lieben Dauid auch fur sich,812 vnd nicht ohn vrsach, denn auch Mattheus diese zwen,813 Abraham vnd Dauid, vnter den trefflichsten heiligen des alten Testaments fFrzeucht, cap. 1, Als die die allerfFrnemsten vnter allen grosuetern JHESV [P 3v:] Christi vnsers lieben Heilants vnd die rechten zwen helden seind aller Patriarchen vnd Propheten in dem gantzen alten Testament, die sonderlichen der liebe Gott nicht allein hertzlich geliebet, sondern auch darzu benennet, das der grunt, darauff der gantze handel der rechtfertigung stehet, nemlich Christus JHESVS, solt aus jrem geblFet vnd nachk=mlingen herkomen.814 Dieweil sie nu so gewis vnd von Gott so hoch angezogen, das er sonderlich mit jnen geredet, sich seines Sons halben mit jnen vereiniget, jres geblFets sol er sein, darumb nimpt der heilige Apostel die zwen vnd zeiget an, was sie zu jrer zeit von dem artickel der rechtfertigung gepredigt, geschrieben vnd selbst gegeleubet haben, damit er ja seiner lere den rechten grunt lege vnd beweise, das er kein newer schwermer sey. Was nu der heilige Apostel Gerechtigkeit heist, das heist Dauid die seligkeit; Zacharias, der vater Johannis des Teuffers, heist es das heil, welches stehet in vergebung der sFnden etc. Luc. 1.815 Wer ist denn nu gerecht vnd selig, du lieber Dauid? „Selig sint die,“ spricht er Psal. 32, „welchen jre vngerechtigkeit vergeben sint vnd welchen jre sFnde bedecket sint. Selig ist der man, welchen Gott keine sFnde zurechent.“816 Je, m=cht einer sagen, lieber Dauid, wie also? bistu zu einem kinde worden? Du solt von der gerechtigkeit vor Gott sagen, so antwortestu von vergebung der sFnden; heist es, sFnde zudecken vnd nicht zurechnen. Du soltest vns wol auch zumal ein grober Wittebergischer Doctor sein. Wo bleibt denn die Gerechtigkeit, damit wir vor Gott gerech-[P 4r:]fertiget werden? der denckestu auch nicht mit einem einigen worte; pfu dich mal an, wiltu ein alter, gerFmter Theologus sein vnd kanst nicht anders von dem hohen, wichtigen handel reden? das du doch noch kFntest gen K=nigsberg komen vnd den Primarium817 810 811 812 813 814 815 816 817

Vgl. Röm 4,5. auf osiandrische Weise? (nach dem Modell eines lateinischen Adverbs konstruiert). Vgl. Röm 4,6–8. beiden. Vgl. Mt 1,1.17.21. Vgl. Lk 1,77. Vgl. Ps 32,1f. Professor primarius der theologischen Fakultät Königsberg, Osiander.

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h=ren, der donnert vnd plixt818 mit hellischem fewr daher, wenn er von der gerechtigkeit des glaubens redet. Darzu wiltu ein grob vicium in der Grammatica reissen,819 das wil allererst die drFse820 vnd peulen821 werden.822 Denn imputare (zurechnen) heist einpflantzen, mit der that vnd warheit das ding werden, das es zuuor nicht gewesen. Vnd du grober Geist rumpelst daher: „Selig ist der man, dem Gott keine sFnde zurechnet,“ das ist: eingeust, mit der that vnd warheit sFnde einpflantzet. O das Osiander sein tieff andechtiges, gros ernstliches vnd langes, brFnstiges Paternoster fFr das arme Dauidichin beten wolte, das jm Gott den greulichen jrrthumb vergeben wolte!823 Der leidige, bittere Teufel h=net vnd spottet Gottes wort vnd darinnen vnsern aller geliebsten Herren vnd Heiland JHESVM Christum mit seinem teuren bluet, darumb wollens vns frome Christliche hertzen zu guet halten, das wir jn widerumb h=hnen. Es geschicht aus keiner leichtfertigkeit, das weis Gott, sondern aus grossem wehmut vnsers hertzen, welches vber dem torst824 vnd freuel des leidigen Teufels zerspringen m=cht. Wolan, Dauid bedarff keines heuchlers seines ruhmretigen gebets.825 Er hat alhie einen starcken [P 4v:] helden vnd trefflichen vorsprecher, den heiligen Paulum, der wil sich seiner annehmen vnd jn verteten, als der mit jm eins Geistes ist, der spricht, Dauid hab von der gerechtigkeit des glaubens recht geret vnd das sey der rechte verstand der gerechtigkeit, die zu gerechnet wirt ohne zuthun der werck. Jst das nu war? Wie es on allen zweifel war ist (denn hie stehet die schrifft Rom. 4, Dargegen alle menschen lFgener, Osiander auch)826 – So mus gerechtigkeit, vergebung der sFnden, bedeckung der sFnden, sFnde nicht zugerechnet werden, alles ein dinck sein, solte sich auch der zornige Teufel darFber zerreissen. Denn wenn es zweierley were, so kFnte Paulus die gerechtigkeit aus den sprFchen von vergebung der sFnden nicht beweisen noch erhalten. Ja, spricht Osiander, jr verstehet den text nicht recht, da ist das gantze ampt des mitlers beschrieben. Antwort: Wie denn, mein herr? Erstlich, spricht er, haben wir vergebung der sFnden, darzu geh=rt das leiden vnd sterben Christi. Das heist Dauid: „wol, dem die vbertretung vergebung ist.“ Zum andern sol vns Christus das Euangelium lassen predigen, damit er vns durch den glauben die ewige G=ttliche natur vnd gerechtigkeit anziehe als ein kleit, vnser

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blitzt. einen groben Grammatikfehler begehen. 820 Geschwulst, Pestbeule. Vgl. Art. Drus 2), in: DWb 2, 1458f. 821 Geschwulst, Pestbeule. Vgl. Art. Beule 2), in: DWb 1, 1746. 822 daraus wird sich erst das eigentliche Problem entwickeln. 823 Ironie, im Sinne der vorreformatorischen Verständnisses der Buße, insbes. der Genugtuung für begangene Sünden durch (stellvertretende) Gebetsleistung. Im anschließenden Absatz entschuldigen sich die Verfasser für den Sarkasmus. 824 Verwegenheit, Frechheit. Vgl. Art. Durst [I], in: DWb 2, 1746f. 825 David bedarf keines ruhmredigen Gebetes eines Heuchlers. 826 Vgl. Röm 4,3–5; 3,4. 819

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sFnde damit zu decken, das heist Dauid: „wol, dem die sFnde bedeckt ist.“ Noch ists nicht genunck an der selbwesenden gerechtigkeit. Sondern da sol volgen sein gehorsam, auff das vns die vbrige sFnd nicht zugerechnet werden; das meinet Dauid, da er spricht: „wol dem, welchen der Herr die sFnde nicht zurechnet.“ Entlich sol die sFnde durch den heiligen Geist vnd [Q 1r:] den tod Christi (der komet hie widerumb), darein wir getaufft sint, abgethan werden, das heist: „wol dem, in des Geistes kein falsch ist.“ Fragstu, woher diese meinung Osiandri so fest stehet (one Gottes wort), das sie gleichwol alle ketzer sint, die jr nicht zufallen? Ey, du grober Cuius,827 sihestu nicht, das Osiander im anfang dieser auslegungb von Gottes wegen (der in jm wohnet) ernstlich gebeut, also MVS MAN die wort verstehen? Vnd wenn du es denn also nach seiner meinung verstehest, so gehen dir die augen von dem himlischen liecht auff, das du sihest, wie die allezumal greulich jrren828 (scilicet von deiner vnd Osiandri meinung), die da leren, alles, was man von Christlicher gerechtigkeit gedencken kFnde, sey nichts denn vergebung der sFnden, wie zwar829 Augustinus thut eben in der vorred dieses Psalmen830 vnd Lutherus am selbigen orth in den Summarijs.831 Jtem Psal. 130.832 Jtem den 19. Sontag Trinitatis in der kirchen Postil etc.833 Gleichwol geh=rt viel hirns vnd zumahl ein spitziger834 kopff darzu, der diese lFgen alle mit jnen selbst einig mache, das sie einandern nicht die nasen abbeissen.835 Denn es laut zumahl wFnderlich, das wir vorgebung der sFnden haben vor der predig vnd glauben. So doch Christus die predig zu der vergebung der sFnden verordenet, Luc. 24.836 Darumb ist das die erste lFgen Osi-

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aus: auslegund.

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Mensch, Kerl (eigtl. Genetiv zu lat. quis? = wer?). Ironisches Wortspiel: irren = 1. im Irrtum sein, eine falsche Meinung haben; 2. abweichen (vom Wege, aber auch von einer Meinung). Vgl. Art. irren II.2) u. 3), in: DWb 10, 2166f. 829 insbesondere, allerdings. 830 Vgl. Augustinus, Enarratio in Psalmum XXXI (Vg), enarratio II (sermo ad plebem), praefatio (7): „Quid ergo? Qui sunt beati? Non in quibus non invenerit Deus peccatum: nam in omnibus invenit. Omnes enim peccaverunt, et egent gloria Dei [Röm 3,23]. Si ergo in omnibus peccata inveniuntur, remanet ut non sint beati, nisi quorum remissa sunt peccata.“ (PL 36, 262; CChr.SL 38, 230); vgl. oben Anm. 592. 831 Vgl. Luther, WA 38, 28,19–24 (Summarien über die Psalmen und Ursachen des Dolmetschens, 1531–1533, zu Ps 32). 832 Vgl. Luther, WA 38, 60,31–61,7 (Summarien über die Psalmen und Ursachen des Dolmetschens, 1531–1533, zu Ps 130). 833 Vgl. Luther, Kirchenpostille (1550; VD 16 L 5616), Bl. 330r–334r (Evangelium zum 19. Sonntag nach Trinitatis, zu Mt 9,1–7). 834 spitzfindiger, scharfsinniger. Vgl. Art. spitzig 2.a), in: DWb 16, 2630f. 835 Redensartlich, hier wohl = dass sie einander nicht gegenseitig desavouieren. Bei Grimm in anderem Sinn, als Ausdruck extremer Liebe (vgl. ‚jmdn. zum Fressen gern haben‘), vgl. Art. Nase I.4.a.ι), in: DWb 13, 402; dort aber auch das „sprichwort: wer sin nese afnsnitt, de schendt sin angesicht, von eltern und eheleuten, die ihre kinder oder andere hälfte lästern,“ und Redensarten vom Abbeißen der eigenen Nase im Sinne eines unmöglichen Tuns. 836 Vgl. Lk 24,47. 828

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andri in dieser seiner auslegung. Zum andern: ist die sFnde vergeben vor dem wort vnd glauben, wie kan sie denn allererst bedeckt werden durch die volgende G=ttliche natur in vns? [Q 1v:] Das ist sein andere lFgen. Zum dritten: decket die G=ttliche natur die sFnde in vns, warzu bedFrffen wir denn des gehorsams Christi, das sie vns nicht werde zugerechnet? Das ist seine dritte lFgen. Zum vierden ists einerley gerechtigkeit, damit Gott wesentlich in seiner G=ttliche natur, Christus nach seiner menscheit, vnd wir auch gerecht werden, wie es Osiander festiglichen darfFr helt, vnd ist darnach dis der gantze handel, grunt vnd bodem in der gerechtigkeit des glaubens, das diec sFnde vergeben, bedecket, nicht zugerechenet, sondern teglichen ausgefeget werden – Wie Osiander mit dieser seiner auslegung auch bekent, Dauid vnd Paulus starck zeugen vnd jnen das den Teufel nicht werden nemen lassen. So ist aus solcher lere Osiandri der arme, ehlende Gott, Christus Jhesus, sein Son, vnd der heilige Geist ein greulicher sFnder (Gott vergeb es vns abermals, das wir jre greuliche lesterung in vnsern mund nehmen mussen). Das heist nicht allein eine fette, dicke, petzigte,837 vnuerschempte lFgen, Sondern ein quaderstFck838 von der h=chsten Teufelischen Gottslesterung, so erdacht oder geh=rt ist. Wir zwingen, deprauiern vnd n=tigen nichts, sondern die volge giebet sich von art vnd eigenschafft der sachen, wie auch die kinder in der schwel839 sehen, vnd schleust sich fein runt selbst a definicione ad definitum affirmatiue et negatiue. Allein das der arme man vom Teufel aus Gottes gericht verblendet ist oder aber wider sein eigen gewissen vnd gemeine vernunfft handelt, zwinget vnd dringet seinen vn-[Q 2r:]fletigen verstand in die schrifft vnd wil kurtzumb die n=tigen, sie sol jm denselbigen helffen billichen, flicket vnd decket sich mit lFgen, aber kan sich damit nicht verwahren. Darumb bleibet aus den angezogenen exempeln beides fest wider Osiandrum vnd alle pforten der hellen: Erstlich das vnsere gerechtigkeit kein gedancken, kein werck, keine newerung vnd in summa gantz vnd gar nichts ist in vns, Sondern alles ausser vns, Gottes gedancken vnd werck, Nemlichen der freuntliche, gnedige, geneigte wille Gottes, der vns mit den augen seiner gruntlosen gFte vnd barmhertzigkeit ansiehet in Christo Jhesu, vnserm erl=ser, seiner vnschult vns genissen lest, seine fr=migkeit vnd gehorsam, den er geleistet bis in den tod des Creutzes, vns zurechnet vnd in demselbigen die sFnde verzeihet, vergiebet vnd vns annimpt, als weren wir rein vnd from, so doch wir sFnder vnter die sFnde gefangen sint, wie Paulus sagt Rom. 7.840

c

aus: dis.

837 838 839 840

dicke, fette, arrogante. Vgl. Art. batzig, in: DWb 1, 1160; Art. patzig, in: DWb 1509f. gewichtiger behauener Steinblock. Vgl. Art. Quaderstück, in: DWb 13, 2295. Schule. Vgl. Röm 7,14.23–25.

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Zum andern heist zurechenen nicht, das er vns etwas mit der that eingeust vnd verandert in vns, Sundern das er vns fur diejenigen helt, welche wir doch nicht sint, sondern sein Son, der ists, Aber thut auch solches vmb seines Sones willen. Vnd nicht zurechnen heist das, das er vns dasjenige, so doch mit der that vnd warheit in vns ist, darzu noch gewaltig lebet vnd kempffet in vnsern gliedern, also das es kein trawm vnd nicht ein mFßiger zFnder ist, Sondern ein starckes gesetz vnd gewaltigs angeben oder predig der sFnden, so vns gefencklichen helt, das wir vns daraus so wenig als der arme ge-[Q 2v:]fangene man aus dem kercker helffen vnd entledigen mFgen, vnd vmb seinetwillen nicht kunden, wie wir doch wFnschen, sampt allen heiligen ane sFnde mit der that gerecht sein vnd thun, was wir wollen, Rom. 7. vnd Gal. 5;841 dasselbige alles zumal rechenet er vns nicht zu, das ist: er vergiebts, lests vns nicht entgelten, Zeucht es nicht an in seinem gericht, wie Dauit sagt, Psal. 143,842 hadert nicht, zFrnet nicht, handelt nicht mit vns nach vnsern sFnden, vergilt vns nicht nach vnser missethat, lest vnser vbertretung von vns sein, so fern der morgen vom abent, Psal. 103,843 vnd in summa: er verdampt vns nicht, wie er zu recht thun kFnte. Daher auch nachmals das w=rtlein Iustificare, rechtfertigen, dem wort verdammen wirt entgegen gesetzt in der schrifft, als Deut. 25: „Wenn ein hader ist zwischen mennern, so sol man sie fFr gericht bringen vnd sie richten vnd den gerechten recht sprechen (da stehet das w=rtlein rechtfertigen) vnd den Gottlosen verdammen.“844 Jtem Prouer. 17, Jsai. 5, Rom. 5.845 Vnd sonderlichen Ro. 8: „Gott ist hie, der da gerecht macht, wer wil denn verdammen“ etc.846 Das es fest bleibet: Rechtfertigen heist gerecht sprechen, ledig zehlen, absoluirn, sFnde vergeben, sFnde nicht zurechenen, fFer vnschuldig halten. Es hat aber Lutherus in diesem handel der rechtfertigung des glaubens darumb nicht schlecht wollen verdeutschen ‚gerecht sprechen‘, Auff das er gleichwol den rechten grunt des handels mit behielte, Nemlichen das wir nicht werden schlecht also ge-[Q 3r:]recht gesprochen wie vor gericht, do man des beklagten vnschult findet vnd vmb derselbigen willen jn ledig zehlet,847 dieweil er ein fromer man ist. Dermassen kan vns Gott nicht rechtfertigen, das gesetz auch nicht, denn es findets nicht bey vns, das zu einem recht fromen man vor Gott geh=rt. Theten wir aber das Gesetz, das ist: weren so rein im Geist, gantzer seele vnd allen krefften, wie es fordert (das geh=rt zu einem fromen man vor Gott nach dem gesetz), so rechtfertigete es vns auch, das ist: rFmete vnsere fr=migkeit, Rom. 2,848 Vnd gebe vns darfur das ewige leben, Leui. 8 vnd 841 842 843 844 845 846 847 848

Vgl. Röm 7,15–25; Gal 5,1.17. Vgl. Ps 143,2. Vgl. Ps 103,9–12. Dtn 25,1. Vgl. Prov 17,15; Jes 5,23; Röm 5,18. Röm 8,33. ledig zählen = freisprechen, für frei/unschuldig erklären. Vgl. Art. ledig 1), in: DWb 12, 497f. Vgl. Röm 2,13.

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Math. 19.849 Aber nach art des lieben Euangelij macht vns Gott gerecht, das ist: er giebet vnd schencket vns die vnschult, fr=migkeit vnd gerechtigkeit, darinnen wir gerecht werden. Was ist denn die? Antwort: Des Gesetzes gerechtigkeit ist fr=migkeit mit allen tugenden in vns, vnd in summa die liebe, Deute. 6, Math. 22.850 Diese gerechtigkeit aber des glaubens ist kein fr=migkeit, keine tugent, keine gedancken, keine lieb, kein werck vnd gar nichts in vns, sondern schlechts allein der Son Gottes, den er vns schencket am creutz vnd rechenet vns fur vnsere sFnde seinen todt als eine bezalung, darinnen er das gelitten, welches wir hetten vmb vnser sFnde willen dulden vnd leiden sollen, vnd zur gerechtigkeit seine vnschult zu, nimpt vns vmb der selbigen willen auff, als weren wir selbst je vnd alwegen rein, ohne mackel vnd alle sFnd gewesen. Das heist nicht mit grimmigem geschrey, wie Osiander vnd die vollen,851 t=richten pauren im krueg,852 sondern mit Gottes wort schlahen vnd stFrtzen. [Q 3v:] Vnd ist nu, dieweil wir den rechten verstand des w=rtleins Imputare aus Gottes wort haben vnd darinnen seiner gewis sint, alle seine schwermerey von dem vnderscheid der erl=sung vnd rechtfertigung, von der rechtfertigung, Gerechtigkeit vnd seinem imputare, gewaltiglichen erwiesen, das es eine newe, frembde, jrrige, falsche, teufelische lFgen sey vnd derhalben schon von dem h=chsten richter vnd rechten verdampt, wens auch ein Engel predigte.853 Darneben denjenigen, so da wollen selige schefflein854 Christi JHESV sein, denuncijrt,855 vnd mandiert peremptorie,856 bey verlust jrer Seelen heil vnd seligkeit, bey vermeidung ewiger Gottes vngnad, rach vnd pein, das sie die sollen flihen, Johan. 10 vnd Gal. 1,857 Den stiffter derselbigen, wo er sich nicht bekeret, nicht zu hause nehmen, auch keinen grus sagen, oder sie machen sich seiner sFnde deilhafftig, 2. Johan. 1.858 Denn er ist verbannet zum tod, 1. Cor. 16, Gal. 1.859 Vnd ist er mit aller freuntligkeit vnd sanfftmFtigem Geist von vns genugsam gewarnet, darzu sint jm diese argumenta fast alzumahl in seiner disputation von etlichen herren Theologis fFrgehalten worden. Da er aber solt antworten, da thet er, wie jene b=se mutter jren son lerete: „mein kint,“ sagte sie, „kanstu nicht mehr, wenn du mit den leuten zu thun hast, so trage nur flucks hader

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Vgl. Lev (8,35); 18,5; Mt 19,16f. Vgl. Dtn 6,5; Mt 22,37–40. 851 betrunkenen. Vgl. Art. voll 9.a), in: DWb 26, 560f. 852 Gastwirtschaft, Schenke. Vgl. Art. Krug [II], in: DWb 11, 2434–2436. 853 Vgl. Gal 1,8. 854 Schäflein. 855 befohlen. Vgl. Georges I, 2050(–2052), s. v. denuntiare. 856 endgültig, unverzüglich geboten. Vgl. Art. mandieren I, in: DRW IX, 107; Art. peremptorisch, in: DRW X, 601; Art. peremptorius, peremptorie, in: DRW X, 601. 857 Vgl. Joh 10,5; Gal 1,6–9. 858 Vgl. II Joh 10f. 859 Vgl. I Kor 16,22 (vgl. bes. die alte Lesart u. Deutung „Maharan Mota“); Gal 1,8f. 850

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ein860 vnd behalt immer das letzte wort.“ Noch rFmet er, wie keiner lebendig daruon komen. Sondern er hab sie all mit seiner disputation geschlagen, ja861 mit gichtzornigem862 schelten, schenden vnd lestern, wie er noch thut, die schrifft felscht, seinen rotz vnd geifer863 darein schleudert, wer jm nicht wil recht [Q 4r:] geben, mit frolocken zu einem feind vnd widerwertigen auffniemet, denselbigen mit keinem buchstaben aus Gottes wort berichtet,864 denn das kan er nicht vnd vermagk es nicht, sondern weidelichen865 schilt vnd filtzt,866 schendet867 vnd lestert. Nachmals streicht er die arm auff868 vnd schreiet: „Hen, hen.869 Jch mein, sie sint geschlagen, gestFrtzt vnd zur erden gelegt!“ O, glFck zu, du grosser Rise vnd Goliath,870 das man dich doch wider die TFrcken schickete, man dFrffte871 keinen vnkosten auff krigesleuth wenden, nicht mehr denn todtengreber mitgeschickt, die die erschlagene begrFben, ehr denn sie stFrben.872 Hie wirt er gleichwol one zweifel mit den Papisten sagen: „Die weil denn Imputare heist nicht mit der that vnd warheit gerecht machen, so mus zweierley folgen: Erstlich, was nicht mit der that vnd warheit ist, das ist nichts denn lFgen, darumb mus ewer Christliche gerechtigkeit ein getreumete, falsche, lFgenhafftige Gerechtigkeit vnd damit nichts sein. Zum andern, so mus Gott liegen,873 wenn er vns gerecht schilt vnd heist vnd wir sint es nicht.“ Darauff ist schon droben genugsam vnd richtig geantwortet. Mussens aber ein wenig auffs kFrtzte widerholen vnd den armen, einfeltigen scholarn die Grammaticam weisen. Die vnterscheiden die person nicht, was sollen sie denn von dem handel verstehen? freilich so viel als der Esel von der pfeiffen.874 Jn vnser person ist gantz vnd gar nichts, daher wir m=chten oder solten gerecht sein vor Gott, sondern [Q 4v:] stecken alle zu mahl vnter dem spruch alle stund vnd augenblick Rom. 3: „Sie haben alle gesFndiget.“875 Die sFnd 860

trage Hader ein = stifte Zwietracht, sorge für Unfrieden. vielmehr. Vgl. Art. ja II.5), in DWb 10, 2196. 862 rasendem, äußerst wütendem, grimmigem. Vgl. Art. Gicht [II] 7), in: DWb 7, 7285; gichtig [II] 5), in: DWb 7, 7303f. 863 Speichel. Vgl. Art. Geifer 2), in: DWb 5, 2565. – Zum Sprachgebrauch vgl. unten Anm. 1091. 864 unterweist. Vgl. Art. berichten 2.b), in: DWb 1, 1522. 865 ausgiebig, kräftig, heftig. Vgl. Art. weidlich II.B.1.d), in: DWb 28, 607f. 866 beschimpft. Vgl. Art. filzen 4), in: DWb 3, 1635. 867 schmäht. Vgl. Art. schänden 5.a), in: DWb 14, 2141f. 868 reckt die Arme empor. Vgl. Art. aufstreichen 2), in: Fnhd. Wb. 2, 753; Art. aufstreichen 4)–6), in: DWb 1, 753. 869 Interjektion. Vgl. Art. hen, in: DWb 10, 985. 870 Vgl. I Sam 17,4–7. 871 bräuchte, müsste. 872 Ironisch: Du bist ein so gewaltiger Kämpfer, dass man dich im Krieg gegen die Türken einsetzen sollte, du allein könntest ein ganzes Heer ersetzen (die Kosten dafür könnte man sparen), man müsste nur einige Totengräber als Begleitung mitschicken, damit deine Opfer schleunigst begraben würden – noch ehe sie überhaupt gestorben wären. 873 lügen. 874 Wohl redensartlich, vgl. Art. Esel 5.r), in: DWb 3, 1147. 875 Vgl. Röm 3,23. 861

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erkennen wir ja, haben ein hertzlich misgefallen darFber. Jst vns wehe darbey, haben ein sehnen vnd verlangen darnach, das wir m=chten derselbigen ledig werden. Jst aber noch alles nicht dasjenige, das da heist die gerechtigkeit, die vor Gott gilt, denn auch wol die verdampten jre sFnde erkennen, ist jnen wehe vnd bang darbey, sehen vnd erschrecken darfFr vor Gottes gericht wie Saul vnd Judas, vnd gleichwol sint sie verdampt vnd nicht gerecht. Ein einige person, die ist recht from in allen krefften vnd gantzer reiner natur, nemlich Jhesus Christus, Gottes vnd Mariae Son, dem wirt allein das liedlein gesungen, das er in seiner person mit der that vnd warheit also gerecht vnd rein, das keine sFnd in jm, 1. Johan. 3,876 Kein betrug in seinem mund erfunden worden, Jsai. 53 vnd 1 Pet. 2,877 Sondern gantz heilig von mutter leib geboren ist Math. 1 vnd Luc. 1.878 Der ist aber kein priuat-person vnd man fur sich selbst, Sondern ein solcher man, der darzu komen, alle Gerechtigkeit zu erfFllen, Math. 3,879 auff das sich alle v=lcker auff erden seiner zu tr=sten haben, das sie auch in JHM gesegenet werden, wie die verheissung lautet Gen. 22.880 Vnd Paulus dieselbige von der Gerechtigkeit wil verstanden haben, Gal. 3: „Die schrifft hats zuuor ersehen.“881 Wie er aber alle gerechtigkeit erfFllet habe, das haben wir droben vom Euangelio vnd reich der gnaden gehort. Er ist in seiner grossen vnschult zum Vater gangen, das er seinem willen gehorsamet bis [R 1r:] in den tod des Creutzes, damit fFer die sFnd aller welt abtrag gethan882 vnd vns dem Vater vers=net, das wir nu in solchem allem, darinnen er die gerechtigkeit erfFllet, fur vnschuldig gehalten, vnd angenomen werden von Gott zu kindern vnd erben des ewigen lebens. Wer ist hie vnschuldig? freilich Christus. Was ist die vnschult in dieser publica persona? Antwort: Das er alle gerechtigkeit erfFllet, ane zweifel nicht fFr sich, des darff883 er nichts, denn da feilet es nicht, sondern denjenigen, die der gerechtigkeit mangeln, nemlichen vns armen sFndern. Wenn hat er die gerechtigkeit erfFllet? Antwort: Da fehet ers an, da er wirt der samen des weibes Gen. 3 vnd Gal. 4.884 Da, da ist er derjenige, in dem man gesegenet wirt, nemlichen do er ist der samen Abrahae nach der verheissung Gen. 22885 Vnd nicht wie er ist von ewigkeit vom Vater geborn. Wenn ers da were, so weren wir one einigen mitler selig. Sintemal er in seiner G=ttlichen natur dem Vater gleich, aber da erst vnser mitler worden ist, da er ein recht natFrlich mensch

876 877 878 879 880 881 882 883 884 885

Vgl. I Joh 3,5. Vgl. Jes 53,9; I Petr 2,22. Vgl. Mt 1,18–25; Lk 1,26–38. Vgl. Mt 3,15. Vgl. Gen 22,16–18; 12,1–3. Vgl. Gal 3,8. Abtrag tun = Ersatz leisten, eine Schuld abtragen. bedarf. Vgl. Gen 3,15; Gal 4,4. Vgl. Gen 22,16–18.

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geboren wirt. Wie auch Paulus sagt 1 Timo. 2: „Es ist ein Gott vnd ein mitler zwischen Gott vnd dem menschen, nemlichen der mensch JHESVS Christus.“886 Vnd darumb ist auch – zum trost der Gerechtigkeit vnd ewigen freud der seligkeit – aller Ertzveter glauben vnd vertrawen nicht auff dem blossen Gott gestanden in seiner puhr lautern Gottheit, Sondern der tag Christi, da er anfehet, zeit vnd stund seines wandels auff erden zu zehlen, alle gerechtigkeit zu erfFllen, das ist: da er mensch, hoher priester vnd [R 1v:] mitler wirt, der hat sie fr=lich gemacht. Das ist der glaube Abrahae gewesen, wie Christus sagt, Joha. 8,887 vnd Paulus, Rom. 4. vnd Gal. 3.888 Diesen tack889 vnd zeit hat der frome Gott den lieben Vetern gegenwertig gemacht in der verheissung vnd seinem wort, darinnen sie fest geschlossen. Die jungkfraw ist schwanger, Jesa. 7.890 Das kint ist vns geborn, Jesa. 9.891 Denn dieweil Gottes wort nicht feilen kan vnd er solchen seinen willen jnen darinnen offenbaret hat, haben sie sich das nicht lassen jrren, ob es gleich noch gescheen solt vnd durch die zukunfft Christi vber etlich tausent vnd hundert jar erfFllet werden, sondern haben das wort vnd verheissung mit gantzem glauben gefasset, als wer es alles vor jren augen bereit vorhanden, vnd also ist das lemlein von anfang der welt her geschlachtet, Apoca. 13,892 Christus alle zeit der mitler gewesen zwischen Gott vnd dem menschen. Wie aber nu alle Veter den Christum gesucht vnd bekomen haben in dieser verheissung, Also wirt er vns auch mit solcher erfFllung aller gerechtigkeit Gottes, so er im Gesetz fordert, angetragen vnd angeboten in dem wort vnd hochwirdigen Sacramenten, welches wort nichts anders ist denn die mFntliche predigt, so vns fFr getragen wirt vnd zu den ohren eingehet, Rom. 1 vnd 10, Luc. 8;893 vnd wer nu den Christum dermassen im wort vnd Sacramenten nicht annimpt, der habe von gnaden vnd gaben, was er kan, so ist er darinnen nicht selig noch gerecht, denn der keines ist die erfFllung oder erstattung aller gerechtigkeit, die Gott gantz vnd gar haben wil, vnd kein stFck allein. [R 2r:] Wer aber den annimpt im wort (welches durch den glauben geschen mus, denn derselbige vnd die verheissung geh=ren zusamen, Ro. 4),894 der ist warhafftig mit der that fur Gott gerecht, gesegenet, ane mackel, ane alle sFnde, rein vnd volkomen, Ephe. 5 vnd Col. 2.895 Jn summa, er hat alle gerechtigkeit Gottes, 2. Cor. 5,896 ja897 nicht in seiner person mit einiger newerung, fr=mig886 887 888 889 890 891 892 893 894 895 896 897

I Tim 2,5. Vgl. Joh 8,56–58. Vgl. Röm 4,3; Gal 3,6–9. Tag. Vgl. Jes 7,14. Vgl. Jes 9,5f. Vgl. Apk 13,8. Vgl. Röm 1,15–17; 10,17; Lk 8,15. Vgl. Röm 4,5. Vgl. Eph 5,26f; Kol 2,9f. Vgl. II Kor 5,21. freilich, allerdings.

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keit, gFtigkeit, lindigkeit, wolthetigkeit etc., wie Osiander grillisiert,898 sondern in Christo JHESV, dieweil er den hatt mit seiner erfFllung des gesetzes (das merck), so ist er volkomen in jm, spricht Paulus Col. 2,899 alle gerechtigkeit Gottes, 2. Cor. 5,900 auch in jm, Nemlichen indem er die sFnde worden, das ist: ein vnschuldiges opffer, in summa, da er in aller vnschult leidet vnd stirbet etc. Vnd hieraus ist zugleich fein zu sehen, was Paulus die gerechtigkeit Gottes heist: nicht die innerliche, selbwesende gerechtigkeit, damit Gott gerecht ist von ewigkeit, Gleich wie auch Gottes furcht, der glaube Christi, Gottes gaben etc. nicht heist die furcht, damit Gott jemants fFrchtet, der glaube, damit Christus gleubet, die gaben, damit Gott gezieret ist, sondern diejenigen, die wir von jm aus gnaden haben. Der glaube, damit wir an Christum gleuben, die forcht damit wir Gott vor augen haben. Also auch die gerechtigkeit, die vor Gott gilt, wie es darumb Lutherus also verdeutscht hat,901 ob es wol diesem Geist wenig gefelt. Solchs giebet auch der spruch fein 2. Cor. 5, welchen er zu den R=m. 8 ausleget vnd spricht also: Nachdem es dem Gesetze vnmFglich war, vns ge-[R 2v:] recht zu machen902 – vrsach ist die: Es feilet an vnserm schwachen fleisch, darinnen wonet nichts guts, Rom. 7903 – So hats Gott gethan.904 Wie hat er vns denn gerecht gemacht? Er sante seinen Son in der gestalt des sFntlichen fleischs vnd verdammet die sFnde im fleisch905 vnd vnser b=sen natur durch sFnde, das ist: durch seinen tod, in dem er fur die sFnde stirbet vnd ein opffer wirt. Worzu thut er das, lieber Paule? Darzu, spricht er, auff das die gerechtigkeit, vom gesetz erfordert, in vns erfFllet wFrde.906 Wie er nu alhie saget, das Christus durch sFnde die sFnde abgethan, jr schult mit seinem vnschuldigen tod getragen vnd bezalet, Also sagt er 2. Cor. 5: „Der von keiner sFnde wFste, ist zur sFnde gemacht.“907 Das er aber dort heist die gerechtigkeit Gottes,908 das heist er hie die gerechtigkeit, vom Gesetz erfordert,909 die wirt in vns erfFllet – nicht durch vns oder in vnser person, denn also thet vnd were es Christus nicht mit seinem opffer – Sondern wir werden die gerechtigkeit in JEM; darumb er auch sagt Phil. 3, er begere nicht in seiner gerechtigkeit,

898 899 900 901 902 903 904 905 906 907 908 909

zusammenphantasiert. Vgl. Art. grillisieren, in: DWb 9, 335. Vgl. Kol 2,9. Vgl. II Kor 5,21. Vgl. II Kor 5,21. Vgl. Röm 8,3. Vgl. Röm 7,18. Vgl. Röm 8,3. Vgl. Röm 8,3. Vgl. Röm 8,4. Vgl. II Kor 5,21. Vgl. II Kor 5,21. Vgl. Röm 8,4; Phil 3,6.

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so aus dem Gesetz ist, erfunden zu werden910 – was ist die? freilich die liebe, Deu. 6, Math. 22911 – sondern in Christo. Ey ja, da kumpts! wirt hie Osiander springen, hie stehet die gerechtigkeit aus Gott, das noch keiner denn ich allein recht verdeutscht hab. Was aber aus Gott, das ist Gott selbst. Ach, herr Osiander, springet nicht zu sehr. Ach herr, thut seuberlich912 vnd zFrnet nicht, jr m=cht sonst schwartz werden.913 Alle dinck sint aus Gott, spricht Paulus Rom. 11 vnd 1. Cor. 11.914 Darumb sint alle dinck Gott. Jtem, die ge-[R 3r:]rechtigkeit aus Gott ist Gott selbst, wir werden die gerechtigkeit Gottes, darumb werden wir Gott. Ja, spricht Osiander, du musts verstehen, wir werden die gerechtigkeit Gottes, das ist: er vberschFttet vns mit gerechtigkeit. Antwort: Danck habt, mein lieber meister vnd glosierer. Lieber, wer seit jr, der so balt kan ein gl=slin machen, wenn euch der text nicht schmeckt? Wenn er euch aber gefelt, so treibt vnd dringet jr jm mit aller gewalt, man mFst es euch bestellen. Wir haben aber Paulum selbst gehort, wie wir die gerechtigkeit Gottes werden, nicht in vns, sondern dieweil wir Christum haben, so ist er gerecht mit der that vnd warheit vnd wirt vns nu seine gerechtigkeit mit dem glauben, damit wir jn ergreiffen, zur gerechtigkeit gerechenet Vnd also die gerechtigkeit, vom Gesetz erfordert, in vns erfFllet. Vnd leugt nu Gott nicht, wenn er vns gerecht heist, denn er macht vns also gerecht, das vnser gerechtigkeit sey die warhafftige erl=sung, das blut, der ganck, der gehorsam dieses lieben Sons, durch welche erl=sung, Rom. 3,915 Jn seinem blut, Rom. 5,916 vnd ganck zum Vater, Johan. 16,917 damit er gehorsamet, Rom. 5,918 bis zum tode des Creutzes, Phil. 2,919 wir mit der that vnd warheit gerecht vnd ewig selig sint in JEM. Jn summa, da stehets fest vnd ist vngezweifelt war, das dieser name der ‚gerechtigkeit vor Gott‘ geh=ret keiner blossen Creatur im himel noch auff erden, dFrffen jn derhalben weder in vns vnd alle- [R 3v:] dem, das sich in vns reget, fFelet vnd vernehmen lest, noch in einigem menschen suchen, er sey auch, wer er wolle; denn wo wir hinkomen, do ists verderbet, vnd klagen sie alle zumal eben das, so wir klagen, wie Paulus bey seinem exempel thut, Rom. 7920 (Denn er redet von seiner eigenen person, wie auch Augustinus bezeuget, lib. 1. Retrac. cap. 23),921 Das sie in der armen haut vnd sFntlichem fleisch stecken, darinnen es mit jnen diese gestalt hat, Das, wo sie Gott nach jrer wirdigkeit 910 911 912 913 914 915 916 917 918 919 920 921

Vgl. Phil 3,9. Vgl. Dtn 6,5; Mt 22,37–40. sorgfältig, behutsam, vorsichtig. Vgl. Art. säuberlich 2.a) und c), in: DWb 14, 1855f. Redensartlich: vor Ärger schwarz werden. Vgl. Art. schwarz I.2.d.α.εε), in: DWb 15, 2303. Vgl. Röm 11,36; I Kor 11,12. Vgl. Röm 3,24. Vgl. Röm 5,9. Vgl. Joh 16,10. Vgl. Röm 5,19. Vgl. Phil 2,8. Vgl. Röm 7,7–25. Vgl. Augustinus, Retractationes 1, 23,1 (PL 32, 620f).

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vnd verdienst handeln wolte, so mFsten sie mit ALLEM fleisch (gar keines ausgenohmen) verdampt vnd ewig verloren sein, Psal. 130 vnd 143.922 Darumb bleibet der name einem einigen man, einer einigen person, der heist JHESVS Christus, dem geh=ret er so gantz vnd gar eigen, wie jm allein zu eigen gebFret, das er der ewige Son Gottes ist, vnd wer das idioma (gerechtigkeit sein vor Gott) einigem werck, einiger person, einiger zeit, stund, regel, orden, kleid, leiden, dulden, vertragen etc. zuschreibet, der ist ja923 so ein schedlicher Ketzer vnd verdampter Abg=ttischer lesterer, als der da sagete, das sein kleit, werck, regel vnd anders, was er thut oder leidet, Gott sey vnd Gottes ewiger Son.

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[R 4r:] Von der COMMVNICATIONE IDIOMATVM, vnd wie Christus vnser Gerechtigkeit sey. Cyrillus communicatiuas uocat que simul habeant et Deo et homini conuenientia, Ita tamen ut de uno et eodem sint dictae, Et non sicut Nestorius, qui alias Deo uerbo separatim, alias ei qui ex muliere sit adscribit etc. Talis est et Osiander noster.

„Wje nu?,“ sprichstu. „So geh=ret der namen vnser gerchtigkeit der G=ttlichen natur in Christo vnd nicht der menschlichen?“ Hie komen wir auff die Communicationem idiomatum, damit Osiander viel bletter zubringet. Aber so mit grossem zittern vnd zaghafftigem hertzen, das man an seinem zappeln sein b=ses gewissen greiffen mus. FFlet wol, das zweierley idiomata sint in Christo. Etliche sint eigenschafften seiner naturn, die andern seines ampts vnd der gantzen person, das ist: beider naturn, in einer vnzertrenlichen person vereiniget. Noch924 rauschet er hindurch, handelt vns abermals vbel, als die wir der G=ttlichen natur jre ewige gerechtigkeit nemen, Derselbigen feinde sint, die verstossen, trennen, zerreissen, aus der gerechtigkeit des glaubens vnd aus Christo selbst eine blosse creatur machen, vnd den lieben heilant erger handeln denn keine ketzer auff erden jemals gethan haben; kFnt ers noch viel erger auff vns ertichten vnd erdencken, er thet es gern, beweiset aber, Gott lob, nicht einen buchstaben. Wolan, der man ist zornig. Mussen vns aber [R 4v:] vor jm nicht zu tod fFrchten, sondern die reine warheit lehren vnd vertedingen,925 Wenn sich auch der leidige Teufel darFber solte zerreissen. Es ist all sein entlich datum926 mit der Communicatione idiomatum dahin gerichtet, das er der menscheit Christi den titel vnd nahmen der gerechtigkeit nicht wil neben der Gottheit einreumen, die mus heraus vnd dort hinder sich zurFck vber die 1500 jar, als die damals das jrs gethan, numehr aber dasselbige blut verwesen vnd vertruckenet (wie er zum offtern mal von der Canzeld mit greulichen Gottslesterung geschrien) vnd

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Nach Corrigendaliste ergänzt.

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Vgl. Ps 130,3; 143,2. eben, genau, gerade (so). Vgl. Art. ja B.II.8), in: DWb 10, 2197f. Dennoch. verteidigen. Bestreben, Absicht (meist bei verwerflichen Dingen). Vgl. Art. Datum, in: DWb 2, 828f.

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das dasselbige also in dem handel vnser rechtfertigung vnd seligkeit nichts mehr nFtzet noch hilfft. Dieweil denn der leidige Teufel ja so gar erbost vnd ergrimmet, So wollen wir jm frey ane schew also thun, jm zu trotz vnd zu leid nu also sagen vnd sehen, ob wirs mit der Communicatione idiomatum behalten oder ob ers vns damit nemen kFnde. Der mensch JHESVS Christus ist vnser gerechtigkeit, daruon die gantze schrifft saget vnd einhellig zeugnis gibet, derhalben, wenn Paulus der gerechtigkeit, die vor Gott gilt, wehnet927 oder gedenckt, so fal nur flucks vnd bald mit gantzem hertzen vnd allen gedancken auff den, der von Maria, der jungfrawen, geborn, an dem Creutz in grosser, sehnlicher marter schwebet, schreiet vnd rFfft: „O mein Gott, mein Gott, warumb hastu mich verlassen?“928 Denn da ist, da lebet Moises vnd alle Propheten mit vnser gerechtigkeit, da er vorwundet in angst vnd kummer Gottes zorn vnd gericht fFlet. Vnd sey dem Teufel trotz gebotten sampt allen seinen schuppen,929 [S 1r:] das er vnd sie diesen vnsern glauben mit gutem, bestendigem grunt der schrifft oder seiner Communicatione idiomatum tadeln, das wir dardurch verfuret oder einigen falschen glauben haben. Rufft er aber: „Hey, Jehoua930 ist vnser gerechtigkeit!“ so sprich widerumb: „Trotz dir, das du leugnest, das dieser, der da stirbet am Creutz, vnser lieber wahrer vnd ewiger Gott sey.“ Wir rFmen vnd sagen mit dem waren munt des heiligen Geistes in seinen Aposteln, das Gott seine kirche mit SEJNEM blut erarnet931 hat, Acto. 20,932 Das dieser, der von den Juden eines schmelichen todes ist am Creutz erwFrget933 vnd vmbgebracht, der ist der HERR der herligkeit,e 1. Cor. 2,934 vnd nicht eine creatur oder blosser mensch, wie der Teufel schreiet, kein mensch, kein creatur kFnde vnser gerechtigkeit sein, gleich als gleubten vnd lereten wir wie die Juden, Christus wer ein schlechter935 heiliger mensch, wie Johannes oder Elias, oder ein Prophet, Math. 16.936 Aber es fFlet sich fein, wie weit diese leuth von solcher meinung vnd dem alten JFdischen wahn sint.937

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aus: heiligkeit.

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erwähnt. Mk 15,34. 929 Anhängern. Vgl. Art. Schuppe [I] 2.d), in: DWb 15, 2014. 930 Eine seit dem Spätmittelalter gebräuchliche Lesart des hebräischen Gottesnamens, enstanden durch die Verbindung der Konsonanten des Gottesnamens JHWH, der nach jüdischem Brauch gemäß Ex 20,7 nicht ausgesprochen werden soll, mit den Vokalzeichen des Wortes Adonaj (‚[mein] Herr‘), das ersatzweise zu lesen ist. 931 erworben, verdient, erkauft. Vgl. Art. erarnen, in: DWb 3, 697f. 932 Vgl. Act 20,28. 933 getötet. Vgl. Art. erwürgen 1), in: DWb 3, 1072f. 934 I Kor 2,8. 935 bloßer, schlichter. 936 Vgl. Mt 16,14. 937 Ironisch: Die Gegner sonnen sich in dem Gefühl, solche vermeintlich überholten Auffassungen hinter sich gelassen zu haben. 928

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Was sie nachmals ruffen – die Gottheit sterbe nicht, leide nicht etc. – Das ist die alte Geige938 der Ketzer; da kere du dich auch nicht an, sondernf las schreien vnd ruffen. Denn wir wissens auch wol, das man Gott in seine selbwesende G=ttlichen natur keinen nagel, weder durch hende noch fFsse, schlahen wirt, denn sie hat in jr selbst weder hent noch fFsse, Sondern ist ein Geist, Johan. 4.939 Ey ja (rufft der schwer-[S 1v:]mer alhie), so mus je folgen, das allein die menschliche natur leidet vnd dieselbige also vnser gerechtigkeit sein kFnde. Sprich: Teufel, du leugest; denn obs wol wahr, das Christus leidet vnd gecreutziget wirt im fleisch, wie der heilige Petrus sagt,940 So ist er aber, der da stirbet, nicht allein mensch, Sondern die Gottheit ist mit der menscheit in dieser person vereiniget vnd ein941 Christus. Darumb wenn der mensch Christus stirbet, so stirbet Gott, denn die person ist Gott, vnd eben der Gott, der da spricht im ersten gebot (wie der frome Lutherus saget, von den letzten worten Dauids):942 „Du solt kein ander G=tter haben neben mir;“943 darumb auch Paulus so hart wider die Juden klagt, sie haben den HERREN der herligkeit gecreutziget,944 der ist freilich kein puhr lauter mensch oder creatur, Sondern der rechte, einige, ewige, wahre Gott selbst, ausser welchem kein Gott mehr ist. Also bleibet vns die person gantz vnd vngetrennet, vnd ist kein natur allein vnser gerechtigkeit. Reden es aber beides mit guetem fr=lichem hertzen vnd gewissen, der mensch Christus ist mit seinem blut vnser gerechtigkeit. Denn also redet die schrifft: Der samen des weibes, Gen. 3.945 Jn deinem samen sollen gesegenet werden alle v=lcker, Gen. 22.946 Dieser segen vnd samen ist der mensch Christus, Gal. 3.947 Schlissen aber damit die Gottheit nicht aus, son-

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aus: sonden.

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Redensartlich: die alte Leier, die immer gleiche Argumentationsweise. Vgl. Joh 4,24. 940 Vgl. I Petr 4,1. 941 ein einziger, ungeteilter. 942 Vgl. Luther, WA 54, 67,1–14: „Hieraus folget gewaltiglich und unwidersprechlich, das der Gott, der das Volck Jsrael aus Egypten und durchs rote Meer gefuret, in der wusten durch die Wolckseule und Feurseule geleitet, mit Himelbrot geneeret und alle die wunder gethan, so Moses in seinen BFchern beschreibet, Jtem der sie ins land Canaan bracht, und drinnen K=nige und Priesterthum und alles gegeben hat, sey eben der Gott und kein ander, denn Jhesus von Nasareth, Marien der Jungfrawen Son, den wir Christen unsern Gott und Herren nennen, den die JFden gecreutziget haben, und noch heutes Tages lestern und fluchen, Wie Jsaia 8. sagt: ‚Sie werden in jrer angst fluchen jrem K=nige und jrem Gotte‘. Jtem, Er ists, der auff dem Berge Sinai Mose die zehen Gebott gibt und spricht: ‚Jch der HERR bin dein Gott, der dich aus Egypten gefuret hat, Du solt fur mir kein ander G=tter haben‘, Ja Jhesus Nasarenus, am Creutz für uns gestorben, ist der Gott, der in dem Ersten Gebot spricht: ‚Jch der HERR bin dein Gott‘.“ (Von den letzten Worten Davids, 1543). Vgl. Jes 8,21; Ex 20,2f; Dtn 5,6f. 943 Ex 20,3; Dtn 5,7. 944 Vgl. I Kor 2,8. 945 Vgl. Gen 3,15. 946 Vgl. Gen 22,18. 947 Vgl. Gal 3,14.16. 939

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dern starck mit ein, sintemal wir bekennen vnd sagen, das kein schlechter samen des weibes, kein schlechter samen Abrahae der segen ist, sondern allein der samen, der des weibes vnd Abrahae rechter, natFrlicher [S 2r:] samen vnd doch nicht ein puhr lauter samen Abrahae aus Maria, der jungkfrawen, sondern auch ein Son ist des allerh=chsten in einer person, wie denn Paulus die wort in der verheischung Abrahae darumb auff diese einige person so starck treibet, Gal. 3: Jn deinem samen, nicht in vielen etc.948 Vnd widerumb sagen wir, Gott selbst ist vnser gerechtigkeit, nicht der abgesonderte Gott, sondern der Gott, so vom Vater gesant ist, das ist: der aus dem stammen Dauids geborn ein k=nig ist auff erden, wie Jeremias so gar hertzlichen fein die zwue949 naturn vereiniget, cap. 23,950 vnd nachmals so recht deutlich vnd bescheidlichen951 mit dem grossen nahmen Gottes, den er fur vnser gerechtigkeit setzet, die menschliche natur Christi mit der Gottheit in einer person fasset, cap. 33,952 Das er nicht allein saget, wie zuuor cap. 23: Sie werden jn, den K=nig, aus dem stammen Dauids geborn, Gott heissen, der jre gerechtigkeit sey,953 Sondern auch: Eam in foeminino genere, damit er das Virgulamg ex Dauide ja mit fingern weise,954 wie vns Osiander im Hebrehischen vor der zeit das selber bericht hat vnd zu warzeichen955 sagete, jm were vor dem orth956 am allermeisten leide gewesen in seiner disputation, das man jm den wFrde fFrgezogen957 haben, das er jm freilich selbst nichth viel vertrawet. Noch dennoch zerreist er die person, dringet vnd treibet darauff, dieweil der grosse name Gottes niemants kunte gegeben werden denn allein Gott, darumb musse die Gotheit vnser gerechtigkeit vnd nicht die menscheit sein;958 was ist das anders, denn wie Nestorius schwermete, die menscheit Christi kan nicht [S 2v:] Gott sein noch heissen, dieweil nu die menscheit Christi aus Maria geborn ist, so kan nicht Gott aus jr geborn sein, so kan nicht Gott leiden, sterben, sein blut vergissen etc.959

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Nach Corrigendaliste, aus: virgulem. aus: niche.

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Vgl. Gal 3,16. zwei (fem.). Vgl. Art. zwei I.2), in: DWb 32, 973. 950 Vgl. Jer 23,5f. 951 klar. 952 Vgl. Jer 33,15f. 953 Vgl. Jer 23,5f. 954 Die Bemerkung zielt auf eine Variation im Wortlaut des hebräischen Texts zwischen den parallelen Texten Jer 23,5 (‫ )צֶ מַ ח צַ ִדּיק‬und Jer 33,15 (‫)צֶ מַ ח צְ דָ קָ ה‬. An der ersten Stelle ist das Masculinum ‫( צֶ מַ ח‬Spross) mit adjektivischem Attribut ‫( צַ ִדּיק‬gerecht) gebraucht, an der andern aber ist an die Stelle des Attributs das Femininum ‫( צְ דָ קָ ה‬Gerechtigkeit) in einer Constructus-Verbindung getreten. Vgl. Gesenius18 s. v. ‫צֶ מַ ח‬, Sp. 1123[b]. 955 Bestätigung, Bekräftigung. Vgl. Art. Wahrzeichen II.5.b), in: DWb 27, 1028f. 956 vor dieser Schriftstelle. 957 vorgelegt, angeführt, ins Feld geführt. Vgl. Art. fürziehen II.3), in: DWb 4, 956. 958 Vgl. Osiander, OGA 10, 228,27–230,27 (Von dem einigen Mittler, 1551). 959 Vgl. Thomas Böhm, Art. Nestorius, in RGG4 6 (2003), 206f. 949

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Vnd wil hie Osiandrum nicht helffen noch entschFldigen, das er gleich rFmen wil, Er sage auch, das Christus nach der menscheit Gott heisse. Wir h=ren die gueten wort wol, lesens auch in seinem Alcoran,960 Sehen aber widerumb dargegen, wie er jm selbst abermals eine schmarren durch das maul hawet,961 vnd spricht frey, da er Jeremiam anzeucht, cap. 23, Das der name Gottes Nichts anders heisse Denn das blosse G=ttliche wesen in Christo.962 Last nu jn, oder wer da kan, vns die zwey Concilijrn.963 Osiander gleubt, das Gott heist nicht allein die Gottheit, sondern auch die menscheit in Christo. Vnd Osiander gleubt, das Gott inichts anders heissei denn das blosse G=ttliche wesen in Christo, vnd nicht die menscheit, wil darzu das mit einer dicken, bezichten964 lFgen schmucken vnd spricht, Jeremias der heisse vnsere gerechtigkeit Gott den Vater, cap. 33, So doch Jeremias kein wort redet im gantzen capittel, Sondern Gott der Vater redet fFrnemlich von dem handel, wie sein lieber Son sol aus dem stammen vnd geblFet Dauids geboren werden, ein K=nig vnd Heilant seines volcks, dem alsdenn, wenn dieser K=nig auff erden sein werde, durch jn sol geholffen werden, daher jn alle gleubigen werden heissen ‚Gott, der vnser gerechtigkeit ist.‘965 [S 3r:] Helt nu Osiander darfFr, das der name Gottes allein das blosse G=ttliche wesen heisse in Christo, vnd nicht die menscheit, wie er in seinem Alcoran schreibet, so ist er ein anhenger vnd Junger des Ketzers Eutichetis;966 helt er jn aber auch fur Gott nach der menscheit in einigkeit der person, so mus er Christum starck nach dem Jeremia vnsere gerechtigkeit sein lassen auch nach der menscheit vnd keinen danck darzu haben,967 vnd ist er demnoch also wider sich selbst. Ja, was wil aber die alte Z=berin968 vnd Wettermacherin,969 die kluge mutter aller schwermer, die immediata diuisio970 darzu sagen? Die wirt nu wider euch arme Wittebergische Doctores die schwartze wolcken auffzihen, vber euch donnern vnd plixen,971 als die jr die natur in Christo vermischt, darzu eine pur lauter menscheit vnd creatur aus vnser gerechtigkeit macht vnd damit Gott selbst zu einer Creatur. Denn ist vnser gerechtigkeit eine Creatur vnd puhr lauter mensch etc. Vnd vnser gerechtigkeit ist der rechte wahre i–i 960

In größerem Schriftgrad gedruckt.

Osiander, Von dem einigen Mittler/De unico mediatore, 1551. Redensartlich: wie er sich selbst einen Hieb, eine Wunde beibringt, d. h. sich selbst widerspricht. Vgl. Art. Schmarre 7.a), in: DWb 15, 942f. 962 Vgl. Jer 23,6. 963 versöhnen, in Übereinstimmung bringen. 964 angeklagten, geschmähten, längst bekannten und entlarvten. (?) Vgl. Art. bezichten, in: Fnhd. Wb. 3, 2326. 965 Vgl. Jer 33,2.15f. 966 Vgl. oben Anm. 618. 967 Redensartlich: ob er will oder nicht. 968 Zauberin, Hexe. Vgl. Art. Zauberin 2.b), in: DWb 31, 389. 969 Wetterhexe, Zauberin. Vgl. Art. Wettermacherin, in: DWb 29, 752. 970 unmittelbare Trennung (der beiden Naturen Christi). 971 blitzen. Vgl. Art. blixen, in: DWb 2, 135. 961

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Gott, wie Jeremias saget, So ist der rechte wahre Gott eine Creatur vnd puhr lauter mensch. Darauff geben wir diesen bescheid: Wahr ists, Das Christus ein einige person, gleichwol ist zwue vnterschiedliche naturn, Gott vnd mensch. Wahr ists auch, das diese zwue naturn nicht sint in dieser person also vermischt, das aus der G=ttlichen were menschliche oder aus der menschlichen gar eitel Gottheit worden, wie noch zu vnsern zeiten etliche [S 3v:] schwermer fFrgaben. Sondern was Gott ist, das ist Gott geblieben mit aller eigenschafft jrer art vnd natur, Also ist auch in Christo geblieben sein recht, natFrlich, menschliche natur auch nach der aufferstehung, wie der denn weiset Luc. 24, Johan. 20,972 allein in verklertem leibe, Darinnen wir jm auch dort werden gleich sein, Phil. 3, 1. Johan. 3.973 Diese zwue naturn sint aber also974 in einer person vereiniget, das gleichwol keine die ander verlassen hat. Wie nu leib vnd Seel ein mensch, Essen vnd trincken eigenschafften sint des leibes vnd nicht der Seelen. Also ist leiden vnd sterben ein eigenschafft der menscheit vnd nicht der Gottheit. Wie aber der leib nicht isset noch trincket, wo die Seele nicht in dem leibe ist, welchem sie die krafft giebet vnd das leben, Also975 ist weder leiden noch sterben Christi krefftig oder genugsam zu der gerechtigkeit oder erl=sung aller welt, ja wenn die menscheit were allein abgesundert von der Gotheit, dieweil aber die person Christi stirbet, welche gleichwol warer Gott ist vnd bleibet, so rucket nu die Gottheit in diesem tod hindurch, t=dtet die sFnde, wFrget vnd erseufft den tod in diesem tod vnd blut, darinnen er die sFnde vnd vnsern tod getragen hat, Geust darmit die flammen der hellen aus, besprenget also vnsere hertzen im wort, in der Tauff, im Abentmal Christi mit dem blut, das wir durch diesen tod vnd opffer gereiniget, 1. Johan. 1,976 vnd heilig werden, Ebre. 10 vnd 13.977 Auff diese meinung leren nu die lieben Veter [S 4r:] auch, als Athanasius libro de assumptione hominis. Da weiset er fein, wie Christus etlich ding nach der Gottheit, etlich nach der menscheit hat gethan, vnd wil, das wir aus der vrsach alle gewalt der wunderwerck Gott zuschreiben, das ers thut, vnd widerumb alle traurigkeit des leidens der menscheit zurechenen, zeucht vnter andern den schonen spruch an 2. Cor. 13, da Paulus spricht, Christus sey gecreutziget in der schwacheit, lebe aber in der krafft Gottes etc.978 Balt herna972

Vgl. Lk 24,36–43; Joh 20,24–29. Vgl. Phil 3,10f.20f; I Joh 3,2. 974 in solcher Weise, auf solche Art, derartig. 975 ebenso, in gleicher Weise. 976 Vgl. I Joh 1,7. 977 Vgl. Hebr 10,10; 13,12. 978 Vgl. Ps.-Athanasius, De assumptione hominis contra Marcellinum haereticum ad Theophilum, lib. III: „[...] Quapropter omnis potestas signorum vel prodigiorum Deo facienti est adscribenda, et omnis tristicia passionis homini est imputanda. [...] Itaque intellige, quia prior hic homo in nativitate de Maria virgine assumptus est, et in passione permittente potestate ejus traditus est, et post passionem denuo assumptus ab ipso vel acceptus est, sicut scriptum est: Nam etsi crucifixus est ex infirmitate nostra, sed vivit ex virtute Dei. [II Kor 13,4] [...]“ Zitiert nach: ΤΟΥ ΕΝ ΑΓΙΟΙΣ 973

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cher aber tregt er die beiden naturn in eine person zusamen vnd spricht also: „Sag du mir, du ketzer Photine, hat der mensch allein, one die Gottheit, wasser zu wein gemacht? oder in eigenem vertrawen mit trockenen fFssen auff dem Mehr gewandelt? Hat der mensch, so sich vor dem tod entsetzet hat, ane Gott die todten aufferwecket? Hat sich allein aus krafft der menscheit die erde beweget? die felsen gerissen? hat allein die menscheit an die Gottheit die Teufel bedrawet vnd grosse wunder gethan? hat allein die menscheit an die Gotheit die winde bedrawet vnd das mehr gestillet? Hatt allein die menscheit an die Gottheit k=nnen von den todten aufferstehen? oder durch verschlossene thFr mitten vnter die JFnger tretten vnd sie berichten vom reich Gottes? Hat auch allein die menscheit vormocht, ane die Gottheit, vber alle himel von jr selbst auff fahren?“979 Eben auff die meinung schreibet auch der heilige Hilarius lib. 9. trini. nach viel trefflichen schonen sprFchen: „Denn ob wol Christus in [S 4v:] seiner geburt, leiden vnd sterben dasjenige ausgericht, so zu vnser natur geh=rt, So hat er doch dasselbige alles zumal gethan aus krafft seiner (G=tlichen) natur, dieweil er selbst seiner geburt vrsach ist vnd das leiden wil, das er sonst nicht leiden solt, sterben wil, der doch lebet etc.“980 Vnd ist nu aus dem allem leichtlich abzunehmen, mit was bestendigem grunt der warheit vns Osiander ausgibet, als trenneten wir die person Christi vnd machten aus jm vnd vnser gerechtigkeit eine puhr lautere creatur. Gewalt vnd vnrecht thut er vns. Sondern wir reden fein rein vnd bescheidlichen mit allen lieben Vetern nach Gottes wort also vnd dermassen, das wir die einigkeit der

ΠΑΤΡΟΣ ΗΜΩΝ || ΑΘΑΝΑΣΙΟΥ || ΑΡΧΙΕΠΙΣΚΟΠΟΥ || ΑΛΕΞΑΝΔΡΕΙΑΣ || ΤΑ ΕΥΡΙΣΚΟΜΕΝΑ ΑΠΑΝΤΑ. || SANCTI PARTRIS NOSTRI || ATHANASII || ARCHIEPISCOPI || ALEXANDRIAE || OPERA QVAE REPERIVNTVR OMNIA. || EDITIO NOVA || juxta Parisinam ANNI M DC XXVI || adornata, || cum indicibus necessariis. || TOMVS SECVNDVS. || [Verlagssignet (Kupferstich, J. C. Böcklin sculps.): Erd- und Himmelsglobus nebeneinander auf Sockel, gerahmt von Eichenlaubkranz, Schriftband oben: ‚Unus non Sufficit!‘ Schriftband unten: ‚Animo metitur Vtrumque.‘ Darunter im Palmenkranz (?) die verschlungenen Initialen ‚MGW‘.] || COLONIAE, || Sumptibus MAVRITII GEORGII WEIDMANNI. || M DC LXXXVI. (VD 17 3:305395Y), Bl. 559r [Sp. a, A/B, C]. 979 Vgl. Ps.-Athanasius, De assumptione hominis contra Marcellinum haereticum ad Theophilum, lib. III: „Nunquid homo solitarius, Photine Haeretice, sine DEO aquas in vinum transtulit? aut confidentia sua mare pedibus ambulavit? Nunquid homo qui mortem timuisse videtur, sine Deo mortuos suscitasse invenitur? Nunquid per potentiam hominis solitarii terra contremuit? aut rupes et saxa sese illidentia dissiluerunt? Nunquid homo sine Deo ventis imperabat, et placidas aequoris undas compescebat? Nunquid homo solitarius a mortuis resurgere potuit? aut in medio discipulorum januis clausis stetit inter illos, et docuit eos de regno Dei? Nunquid homo solitarius aut super omnes coelos ascendere a semetipso sine Deo valuit?“ (zitiert nach: VD 17 3:305395Y [siehe Anm. 978], Bl. 559r [Sp. a, D – Sp. b, A]) – Vgl. (leicht abweichende Textform) Vigilius Tapsensis, De Trinitate libri duodecim (qui edidit sub nomine S. Athanasii, episcopi Alexandrini), lib. III (De assumptione hominis, contra Marcellinum haereticum), PL 62 (1863), 256 (1848: 224). 980 Vgl. Hilarius von Poitiers, De trinitate 9, 7: „Nam tametsi in partu et passione et morte naturae nostrae res peregerit; res tamen ipsas omnes virtute naturae suae gessit, dum sibi ipse origo nascendi est, dum pati vult, quod eum pati non licet, dum moritur qui vivit.“ (PL 10, 286A; BKV² II. Reihe, Bd. 6, S. 72).

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person in beiden naturn behalten vnd gleichwol die beide naturn nicht vermischen, sondern einer jedern jre eigenschafften auch zuschreiben. Bekennen vnd sagen, das leiden, sterben vnd blut vergissen etc. sint eitel idiomata vnd eigenschafften der menschlichen natur in Christo. Wenn sie aber allein bloes menschlich weren diese Proprietates, so verlueren sie die idiomata, das sie nicht kFnten vns erl=sen rechtfertigen etc., denn es were nicht mFglich, das ein einiger mensch, wie vnschuldig vnd from er jmmer mehr sein kFnte, er thet auch, was zu thun vnd zu leiden mFglich were, solte die sFnd der gantzen welt hinnehmen, den tod verschlingen, die gantze macht vnd gewalt des Teufels zerbrechen, Gottes zorn auffheben, versFnen vnd stillen. Es ist kein leichtfertiger schertz, wenn man die SFnd, Tod, Teufel, Gottes zorn nennet, Sondern sint solche greuliche, grausame, vntregliche [T 1r:] ding darunter, auch Gottes Son in aller reinigkeit mus sterben vnd zerschlagen werden, Jsai. 53.981 So stirbet alle welt, vnd dennoch kan aller welt sterben, mFhseliges leben vnd schmertzliches ehlent, dem wir von mutterleib an vnterworffen sint, weder die sFnde abthun, noch den tod dardurch auffheben. Jn summa, es bleibt, wie Paulus sagt: Das alles leiden dieser zeit der zukFnfftigen herligkeit nicht wirdig noch wert ist, Rom. 8.982 Vnd dennoch hat es mFssen mit einem tod vnd opffer geschehen, solten wir erl=set werden, auff das gleichwol dem G=ttlichen gericht wider die sFnd genunck geschehe. Darumb hat der tod fallen mFssen in ein solche person, die zugleich almechtiger, ewiger gewalt vnd also des todes vnd Teufels mechtig were. Das ist Gott allein. Vnd hat doch widerumb die Gottheit nicht leiden noch sterben mussen, denn das ist vnmFglich. Vnd gleichwol ist die Proposition auch wahr: Gott ist gestorben, Gott hat sein blut vergossen, Gott ist gecreuziget. „Aus der vrsach“ (wie der heilige Athanasius vber die massen schon983 schreibet, lib. de incarnatione uerbi)j „hat sich der son Gottes vnsers jamers erbarmet, vnd dieweil er gewust, das wir des todes nicht anders kFnten entlediget vnd los werden, es were denn, das er, das ewige wort, fur vns stFrbe, vnd aber nicht mFglich war, das es solte sterben als der vnsterbliche Son des Vaters, darumb hat er einen sterblichen leib [T 1v:] an sich genomen, auff das derselbige leib, welcher des worts, so vber alles ist, teilhafftig geworden, also kfFr allek sterben kFnte Vnd doch gleichwol durch das vereinigte wort

j

Klammer ergänzt. Nach Corrigendaliste, aus: fFr aller.

k–k 981 982 983

Vgl. Jes 53,1–12. Vgl. Röm 8,18. über die Maßen schön.

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vnuerweslich bliebe, vnd also die verwesligkeit von allen menschen durch die herligkeit der Aufferstehung außgetrieben wFrde.“984 Vnd bald hernach: „Dieweil durch die menschen der Tod ist mechtig worden aller menschen, Darumb ist der Todt widerumb zerbrochen durch die menschwerdung des worts vnd die Aufferstehung zum Leben widergeben, wie der man Christoferus spricht (also nennet er den heiligen Paulum, als der Christum recht aller welt fFrgetragen): ‚Sintemal durch einen menschen der Todt vnd durch einen menschen die Aufferstehung der todten kumpt.‘“985 Jn Summa, wie auch der liebe Lutherus sagt in seinem BFchlein von den Concilijs vnd der Kirchen: „wo es nicht solt heissen, Gott ist fFr vns gestorben, sondern allein ein mensch, so sind wir verloren. Aber wan Gottes Todt vnd Gott gestorben in der wageschFssel ligt, so sincket er vnter vnd wir fahren entpor als eine leichte, ledige schFssel.986 Aber er kan auch wider emporfahren oder aus seiner schFssel springen. Er kFnt aber nicht in die schFssel sitzen, er mFste vns gleich ein mensch werden, das es heissen kFnte ‚Gott gestorben, Gottes marter, Gottes blut, Gottes Todt.‘ Denn Gott in seiner natur kan nicht sterben. Aber nuhn Gott vnd mensch vereiniget ist in einer person, so heists recht Gottes Todt, wan der mensch stirbet, der mit Gott ein ding oder eine person ist.“987 Vnd in seinem Bekentnis vom Abentmahl [T 2r:] Christi: „Wenn ich das gleub, das allein die menschliche natur fur mich gelitten hat, so ist mir der Christus ein schlechter heilant, vnd bedarff er wol selbst eines heilants.“988 Jtem im selbigen bFchlein: „Wer allein durch menscheit erl=set ist, der ist freilich noch nicht erl=set, wirt auch nimmermehr erl=set“ etc.989 Wunderschon vnd klerlichen gibdt der heilige Epiphanius eben die meinung auch, daraus gar tr=stlichen vnd genugsam abzunehmen, was der fromen Veter lere in diesem handel zu seiner zeit gewesen ist, vnd schreibet derselbige also, lib. 3, Tom. 2, contra Dimaeritas: „Da Christus nach dem fleisch am Creutz gelitten hat, Jst die Gottheit vnd menscheit beisahmen gewesen vnd gleichwol die Gottheit on alles leiden geblieben, Auff das wir die Gerechtigkeit nicht allein im fleisch haben, sondern auch in der Gottheit, vnd vns also die

984

Vgl. Athanasius, De incarnatione verbi, 9: Συνιδὼν γὰρ ὁ Λόγος, ὅτι ἄλλως οὐκ ἂν λυθείη τῶν ἀνθρώπων ἡ φθορὰ, εἰ μὴ διὰ τοῦ πάντως ἀποθανεῖν· οὐχ οἷόν τε δὲ ἦν τὸν Λόγον ἀποθανεῖν ἀθάνατον ὅντα καὶ τοῦ Πατρὸς Υἱόν· τούτου ἕνεκεν τὸ δυνάμενον ἀποθανεῖν ἑαυτῷ λαμβάνει σῶμα, ἵνα τοῦτο τοῦ ἐπὶ πάντων Λόγου μεταλαβὸν, ἀντὶ πάντων ἱκανὸν γένηται τῷ θανάτῳ, καὶ διὰ τὸν ἐνοικήσαντα Λόγον ἄφθαρτον διαμείνῃ, καὶ λοιπὸν ἀπὸ πάντων ἡ φθορὰ παύσηται τῇ τῆς ἀναστάσεως χάριτι. (PG 25, 111/112A; BKV² I. Reihe, Bd. 31, 612f). 985 Vgl. Athanasius, De incarnatione verbi, 10: Ἐπειδὴ γὰρ ἐξ ἀνθρώπων εἰς ἀνθρώπους ὁ θάνατος ἐκράτησε, διὰ τοῦτο πάλιν διὰ τῆς ἐνανθρωπήσεως τοῦ Θεοῦ Λόγου ἡ τοῦ θανάτου κατάλυσις γέγονε, καὶ ἡ τῆς ζωῆς ἀνάστασις, λέγοντος τοῦ χριστοφόρου ἀνδρός· Ἐπειδὴ γὰρ δι’ ἀνθρώπου θάνατος, καὶ δι’ ἀνθρώπου ἀνάστασις νεκρῶν. (PG 25, 113/114C; BKV² I. Reihe, Bd. 31, 615); das Pauluszitat: I Kor 15,21. 986 Den Ausführungen liegt die Vorstellung einer Balkenwaage zugrunde. 987 Luther, WA 50, 590,13–22 (Von den Konziliis und Kirchen, 1539). 988 Luther, WA 26, 319,37–39 (Vom Abendmahl Christi. Bekenntnis, 1528). 989 Luther, WA 26, 342,19f (Vom Abendmahl Christi. Bekenntnis, 1528).

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seligkeit widerfuhr, beide in der Gottheit vnd seinem fleisch. Denn Christus ist vns nicht allein ein blosser mensch, sondern das wort in pers=nlicher vereinigung des fleischs, vnd Gott warhafftiglich mensch worden, Das wir vnser hoffnung also nicht im menschen haben, sondern in der Gottheit, haben auch nicht einen Gott, der da leidet, sondern der ausser allem leiden ist. Vnd gleichwol hat er vnser seligkeit ausser dem leiden nicht volbracht, lSondern dasselbige eben in dem ausgericht,l da er fur vns gestorben vnd sich selbst dem Vatter geopffert fur vnsere Seelen, vns in seinem blut gereiniget, die hantschrifft, so wider vns wahr, zerreissen vnd ans Creutz [T 2v:] gehefft, wie vns denn die schrifft allenthalben leret.“990 Vnd bald hernach: „Das leiden ist nicht in der Gottheit, sondern menschlichen natur geschehen. Es ist aber nicht der menschlichen natur allein zugerechenet – Auff das nicht in vnser seligkeit das an vns erfFllet wFrde, so Jeremias saget: verflucht sey alle derjenige, der sein vertrawen auff einen menschen setzet991 – Sondern ist auch der Gottheit zugerechenet, obwol die Gottheit nicht gelitten, auff das also die seligkeit, so die kirche Gottes in diesem leiden hat,

l–l 990

In größerem Schriftgrad gedruckt.

Vgl. Epiphanius von Salamis, Panarion III, 2 (Contra Dimoeritas), 32 (PG 42, 689/690B.C): „Συνῆν γὰρ καὶ ἡ θεότης, καὶ ἡ ἐνανθρώπησις, ὅτε ἐπὶ τῷ σταυρῷ ἔπασχε μὲν Χριστὸς σαρκὶ, ἀπαθὴς δὲ ἔμεινε θεότητι · ἵνα τὴν δικαίωσιν μηκέτι ἐν σαρκὶ μόνον ἔχωμεν, ἀλλὰ ἐν τῇ θεότητι · καὶ ἵνα ἐν τῇ θεότητι καὶ ἐν τῇ σαρκὶ κατ’ ἀμφοῖν ἡμῖν σωτηρία γένηται. Οὐ γὰρ ψιλὸς ἡμῖν ἄνθρωπος ὁ Χριστὸς, ἀλλ’ ὁ Λόγος ἐνυπόστατος, ἔνσαρκος, καὶ Θεὸς ἄνθρωπος γεγονὼς ἐν ἀληθείᾳ, ἡμῶν μὴ ἐχόντων τὴν ἐλπίδα ἐπ’ ἄνθρωπον, ἀλλ’ ἐν τῇ θεότητι · καὶ ἡμῶν μὴ ἐχόντων Θεὸν πάσχοντα, ἀλλ’ ἀπαθῆ · ἐκτὸς δε πάθους τὴν σωτηρίαν ἡμων μὴ πεποιηκότα, ἀλλ’ ἐν τῷ ὑπερ ἡμῶν ἀποθανεῖν, καὶ ἑαυτὸν προσενέγκαι τῷ Πατρὶ θυσίαν ὑπὲρ τῶν ἡμετέρων ψυχῶν, ἐν τῷ αἵματι αὐτοῦ καθαρίσας ἡμᾶς, σχίσας τὸ καθ’ ἡμῶν χειρόγραφον καὶ προσηλώσας αὐτὸ τῷ σταυρῷ, καθὼς πάντη ἡ Γραφὴ διδάσκει ἡμᾶς.“ – „Tum enim divinitas cum humana natura conjuncta fuit, quando Christus in cruce suffixus carne passus est, nihil ipsa divinitate patiente, quo justificatio nostra non amplius in sola carne, sed etiam in divinitate consisteret, atque ut a divinitate simul et carne salus nostra profisceretur. Etenim Christus non simplex ac nudus homo fuit, sed Verbum subsistens, incarnatum, ad Deus homo revera factus, ut spem nostram non amplius in homine, sed in divinitate collocemus, neque patientem Deum, sed a perpessione omni immunem habeamus. Qui quidem non sine perpessione salutem nobis attulerit, sed in moriendo pro nobis, seque Deo Patri pro nostris animabus sacrificii instar offerendo praestiterit, cum nos sanguine suo repurgavit, ac scriptum contra nos chirographum disciderit, et cruci suae istud affixerit [vgl. Kol 2,14], id quod ubique Scriptura testatur.“ 991 Vgl. Jer 17,5.

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der Gottheit zugerechenet werde“ etc.992 Vide similia apud eundem, lib. 2, To. 2, contra Arriomanitas,993 Et in Ancorato ipsius.994 Also gantz vnd gar stehet dieser Artickel allein auff Gott vnd keiner blossen Creatur, Aber widerumb auch nicht allein auff der puhr lautern Gottheit, Sondern in der einigen person, die da Gott vnd mensch, ein einiger Christus ist. Also das vnsere gerechtigkeit nicht ist ein idioma oder eigenschafft der naturn, Sondern des ampts vnd der gantzen person Christi, in welcher er vnser ertzney hat in im selbst zugerichtet vnd bereitet, damit wir geheilet werden JN DEM, da Gott, der da vnwandelbar ist vnd bleibet, gleichwol ist ein recht natFrlicher mensch worden, vnd mit geberden als ein mensch erfunden, Phil. 2.995 Do das ewige gut, der einige, tewre, werde schatz himels vnd der erden, arm wirt, 2. Cor. 8,996 vnd der ehlendeste vnter allen menschenkindern, Jsai. 53.997 Do der einige Herr des [T 3r:] gesetzes wirt vnter das Gesetz gethan, Gal. 4.998 Do der einige Herr himels vnd der erden aller welt knecht wirt, Jsai. 43, Math. 20.999 Do die ewige gerechtigkeit aller welt sFnde wirt, Rom. 8, 2. Cor. 5.1000 Do der ewige segen wirt der fluch vnd das verdamnis, Gal. 3.1001 mJn summa,m da das ewige leben wirt verwundet vnd stirbet wie ein verdampter Gottloser mensch vnd vbelteter, Jsai. 53.1002 Das sint die speciesn1003 vnd wunderbarliche kreuter, daraus vnser heilpflaster vnd antidotum uitae, wie es Irenaeus nennet, lib. 3, cap. 21,1004 ist zugerichtet,

m–m n

In größerem Schriftgrad gedruckt. aus: speties.

992 Vgl. Epiphanius von Salamis, Panarion III, 2 (Contra Dimoeritas), 33 (PG 42, 689/690D): „... οὕτω καὶ τὸ πάθος τῇ θεότητι μὲν οὐκ ἐνέσκηψεν, ἀλλ’ ἐν τῇ ἐνανθρωπήσει εγένετο · ουκ ελογίσθη δὲ τῇ ἐνανθρωπήσει μόνῃ · ἀλλ’ ἵνα μὴ πληρωθῇ ἐν τῇ σωτηρίᾳ τῆς οἰκονομίας τὸ, Ἐπικατάρατος πᾶς, ὅς ἔχει τὴν ἐλπίδα ἐπ’ ἄνθρωπον. Ἀλλ’ ἐλογίσθη καὶ εἰς τὴν θεότητα, τῆς θεότητος μὴ πασχούσης, ἵνα ἐν τῇ θεότητι λογισθῇ τῇ ἁγίᾳ τοῦ Θεοῦ Ἐκκλησίᾳ τοῦ πάθους ἡ σωτηρία.“ – „... eodem modo licet perpessio in divinitatem non incubuerit, sed humanae duntaxat naturae contigerit, non huic tamen soli tribuendam, verum ne in procuranda per incarnationem Verbi salute nostra, in illam incurramus Scripturae sententiam: Maledictus omnis, qui spem habet in homine [Jer 17,5]. Propterea divinitati etiam imputatur, cum nihil ipsa per sese patiatur, ut humani generis salus per Christi passionem acquisita a sacrosancta Dei Ecclesia divinitati quoque tribuatur.“ 993 Vgl. Epiphanius von Salamis, Panarion II, 2, haeresis LXIX (Contra Ariomanitas) (GCS 37, 189f; PG 42, 267f; BSELK 1629,10–17). 994 Vgl. Epiphanius von Salamis, Ancoratus 93,3–8 (GCS 25, 114f; PG 43, 185D–188B; BKV² 38, 145f). 995 Vgl. Phil 2,7. 996 Vgl. II Kor 8,9. 997 Vgl. Jes 53,3. 998 Vgl. Gal 4,4. 999 Vgl. Jes 43,24f; Mt 20,28. 1000 Vgl. Röm 8,3; II Kor 5,21. 1001 Vgl. Gal 3,13. 1002 Vgl. Jes 53,4f. 1003 Spezereien, Gewürze, Zutaten. Vgl. Art. species 8.β), in: Georges II, 2748. 1004 Irenäus von Lyon, Adversus haereses III, 19,1 (FChr 8/3, 238,2).

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Welches vns nu in der mFntlichen predig des Euangelij vnd den hochwirdigen Sacramenten wirt fFrgetragen, durch welche vns der heilige Geist gegeben wirt, der das hertzlein auffthut vnd durch den glauben diesen k=stbarlichen schatz vnd edele ertzney darein schleust, Das wir nu auch geheilet werden durch diese wunden vnd striemen (wie Jsai. 53 vnd Petrus 1. cap. 2 sagt)1005 vnd alle gerechtigkeit Gottes, so er im Gesetz von vns fordert, Ja in jm, spricht Paulus 2. Cor. 5, nemlichen in Christo, der ane sFnde zur sFnde gemacht ist.1006 Daher branget1007 nu der heilige Apostel Paulus mit seinem lieben Euangelio in der welt so herlichen. Spricht, es sey ein gros geheimnis vnd wunder predigt, darinnen die ewige weisheit Gottes wirt offenbaret, damit er aller welt weisheit zur thorheit vnd zu schanden machet, das sich die Juden ergern, die Heiden stossen vnd alles [T 3v:] darFber dahinportzelt,1008 denn es lest sich mit vernunfft nicht fassen – Sondern sint Impossibilia in rerum natura vnd wie sie es sonst in den schulen heissen, eitel opposita in adiecto, ferner von einander denn himel vnd erden – Das Gott ein mensch, reichtumb arm, herr ein knecht, gerechtigkeit sFnd, segen ein fluch wirt vnd das leben stirbet. Noch1009 bringet sie der liebe Gott in seinem eingebornen son zusamen, der ist Gott vnd bleibet Gott vnd ist mensch vnd bleibet mensch. Nicht zwen, sondern ein einiger Christus. Der besitzt den himel vnd regirt die erden mit seiner almechtigen, ewigen, G=ttlichen gewalt. Vnd gleichwol hanget eben er selbst am Creutz, zaget, jamert in solcher armut, in solchem ehlent, das er auch nicht einen kFlen trunck wassers hette, sein armes, geengstigetes fromes hertzlein zu kFlen. Er ist die ewige gerechtigkeit seines Vaters, Jsai. 51 vnd 60, Dani. 9,1010 vnd gleichwol klagt er Psal. 40, Seiner sFnde sein mehr denn er haer1011 auff seinem heupt hab.1012 Denn aller welt sFnde leit auff jm, das er gleich alle sFnde selbst ist, eben in der person, darinnen er ist die ewige gerechtigkeit Gottes. Er ist das leben, vnd eben dasselbige stirbet am Creutz. Vber dieser t=richten, tollen predigt wFrget die vernunfft, mus daran ersticken vnd sterben. Sie kan das wunderwerck, so vber alle andere hohe Gotteswerck, als sein wunderbare ewige weisheit, nicht verstehen, viel weniger gleuben, das das solte vnsere weisheit vnd gerechtigkeit sein. DarFber stFrtzen die weisen, fallen die gewaltigen vnd gehet zu trFmmer, was nuhr mechtig ist. Denn sie halten es alle zumahl [T 4r:] fur eitel torheit. Vns armen aber, einfeltigen, schwachen vnd albern Jst diese G=ttliche thorheit vnd schwacheit 1005

Vgl. Jes 53,5; I Petr 2,21–25. Vgl. II Kor 5,21. 1007 macht ein Aufhebens, brüstet sich. Vgl. Art. brangen, in: DWb 2, 303f; Art. ²prangen 1, in: Fnhd. Wb. 4, 934f. 1008 dahinpurzelt, sich überstürzt, durcheinanderfällt. Vgl. Art. purzeln, in: DWb 13, 2278. 1009 Dennoch. Vgl. Art. noch adv. II.5.a), in: DWb 13, 871. 1010 Vgl. Jes 51,1; 60,16f; Dan 9,16. 1011 Haare. 1012 Vgl. Ps 40,13. 1006

Proportio finiti ad infinitum et Deus omnium seruus, Res simpliciter racioni incompraehensibilis et incredibilis.

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eitel G=ttliche krafft vnd G=ttliche weisheit, darinnen wir vns auch des fromen Gottes allein rFmen, nicht darumb, das er in seiner G=ttlichen natur allein vnser gerechtigkeit sey, Sondern das er vns diesen lieben gecreutzigten Christum nach der t=richten predig, an der sich die klugen dieser welt ergern vnd stossen, zur weisseit, zur gerechtigkeit, zur heiligung vnd zur erl=sung gemacht hat, 1 Cor. 1.1013 Diese t=richte predig macht Osiandrum auch zu einem narren, das er sich lest vor vberiger vornunfft vnd grosser kunst beduncken, es sey ein vngerFmbtes, vngeschicktes ding, da wir armen, einfeltigen kinderchin vns Paulum lassen das maul auffsperren, das wir gleuben, der gecreutzigte Gott, aus dem stammen Dauits geboren, sey vnser weisheit in dieser thorheit, vnser gerechtigkeit, heiligung vnd erl=sung in dieser schwacheit, wie Paulus diese zwey w=rtlein hefftig treibet. Scheidet derhalben Osiander die schwacheit der menschlichen natur in Christo mit allen jren idiomatibus, als leiden, sterben, blutuergissen, in diesem handel aus, Also das weisheit, Gerechtigkeit, heiligung vnd erl=sung nicht sey der menscheit, Sondern der Gottheit allein, vnd damit ist es denn keine torheit, keine schwacheit mehr, viel weniger die t=richte predig des Euangelij – Sondern des heiligen newen Propheten Osiandri lere. Gleichwol fragen wir alhie mit allen fromen, [T 4v:] Christlichen hertzen. Erstlich: Lieber, was bleibet denn dem blut Christi, vnsers lieben erl=sers, vnd alle dem, das er mensch worden ist, wenn es nicht vnser weisheit, gerechtigkeit, heiligung, noch erl=sung ist? Zum andern: Warumb gibet denn Paulus die erl=sung vnd heiligung vnd darinnen die gerechtigkeit Rom. 3 vnd 5 dem blut Christi, wie droben1014 starck probirt1015 ist? Zum dritten: Jst aber erl=sung vnd heiligung des bluts Christi vnd der gantzen person, nicht der Gottheit allein, wie Osiander bekennet vnd wir droben wider alle pforten der hellen starck bewiesen haben, aus keinem getichtem wahn, Sondern heller, vngezweifelter schrifft, zudem das Christus nicht kan seines Vaters heiligung vnd erl=sung genennet werden, Vnd aber die wort, in einerley handel gesprochen, auch billich auff einerley weise verstanden werden – Warumb sollen denn nicht auch die andern, als nemlichen vnser weisheit vnd gerechtigkeit, sein, dem blut Christi, in der gantzen person gegeben werden? Last hie Osiandrum das schwert abgFrten, den rock schFrtzen vnd so hoch springen, als er kan. Er sol vnd mus halten, darfur sol jn wider schreien noch schelten helffen, das wissen wir fur war.1016

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Vgl. I Kor 1,18–30. Vgl. Bl. C3r (oben S. 545f). 1015 bewiesen. 1016 Osiander mag sich im Hochsprung versuchen, dennoch ist der Spruch unüberwindlich, da hilft weder Schreien noch Schelten. 1014

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Zum vierden: Trotz sey jm abermals geboten. Jst er eines Theologen werth, das er einen einigen spruch aus der gantzen Bibel herfurbringe, damit er beweise, das Christus in seiner G=ttlichen weis-[V 1r:]heit vnd gerechtigkeit auch vnser gerechtigkeit vnd weisheit sey, wie er des Vaters weisheit vnd gerechtigkeit ist, von ewigkeit nach der Gottheit vnd nicht nach der menscheit. Vnd damit sey jm auff sein lang, gros, vnnFtz plaudern kFrtzlich geantwortet, darinnen er starck beweiset, das Christus des Vaters ewige weisheit vnd gerechtigkeit sey. Jtem, das die gerechtigkeit des glaubens geheissen werde Gottes gerechtigkeit, welches alles keinen zweifel hat, eben so wol als das, daruon er, sein vngezifer vnd geschmeis vor der zeit viel geschreies gemacht haben, das Christus gantz vnd gar vnser sey. So wenig aber hieraus volget, das er darumb vnser gerechtigkeit sey nach der menscheit allein vnd nicht auch nach der Gottheit, also wenig volget auch, das er vnser gerechtigkeit sey nach der Gottheit vnd nicht nach der menscheit. Ja, spricht er, Christus kan nach der menscheit nicht weisheit noch gerechtigkeit sein. Antwort: Wer sagt es? vnd warumb, du schones lieb?1017 Wir wollen auch sagen, kein mensch kan finsternis sein vnd liecht; warumb spricht denn Paulus: „jr wart weilend1018 finsternis, nu aber seit jr ein liecht in dem Herren,“ Ephe. 5?1019 Noch mehr: es kan kein mensch die sFnde sein. Warumb sagt denn Paulus, Christus sey zur sFnde gemacht, 2. Cor. 5?1020 Jtem, es kan kein mensch die beschneidung sein. Warumb heist denn Paulus die Juden die beschneidung?1021 etc. Lieber, wer es nicht ein meinung,1022 wir wFrffen auch das schneutzichen1023 auff, schwermeten1024 daraus etwas newes? [V 1v:] Es kan aber Christus nach der blossen menscheit auch nicht aller welt erl=sung vnd heiligung sein, darumb mus ers allein nach der Gottheit vnd keines weges nach der menscheit sein. Was wil denn der menscheit Christi abermals bleiben? freilich gar nichts. Sihestu, fromes Christliches hertz, wo alle b=lzichin1025 bey diesen newen Propheten sind hin gerichtet? der Samen

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Ironisch, wie aus einem Liebeslied zitierend, das ein Zwiegespräch mit der oder dem Geliebten formuliert. 1018 weiland, vormals, früher. Zur Form „weilend“ vgl. Art. weiland form. 1), in: DWb 28, 781. 1019 Vgl. Eph 5,8. 1020 Vgl. II Kor 5,21. 1021 Vgl. Phil 3,2f. 1022 Warum sollten wir nicht auch ...? 1023 Schnäuzchen (einer Maus), vgl. oben bei Anm. 321: Rüsselchen. 1024 phantasierten, äußerten im Wahn. Vgl. Art. schwärmen 4.b), in: DWb 15, 2289. 1025 Bölzchen, kleinen Geschosse (Diminutivform, weil die Geschosse = Argumente, Absichten etc. nicht ernst zu nehmen seien). Vgl. Art. Bolz 1), in: DWb 2, 234f; Art. Bölzlein, in: DWb 2, 236.

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des weibes truckt1026 jm die Seel, vnd seinem Geist den harscheidel,1027 Gen. 3.1028 Es beweist sich aber gleichwol (Spricht Osiander) mit der art, krafft vnd natur der gerechtigkeit, das Christus nach der Gottheit vnd nicht nach der menscheit vnser gerechtigkeit ist. Denn Gerechtigkeit heist, das vns recht zu thun beweget. Antwort: Das ist nicht war, vnd er wirt diese definitionem nimmermehr beweisen. Gott ists ja, der vns durch seinen Geist treibet zu allem guten. Gleich wie widerumb der Teufel, ein anstiffter aller sFnd, die seinen zu allem argem treibet. So wenig aber daraus volget, das darumb der Teufel die sFnde selbst sey, Also wenig folget auch, das Gott aus dieser vrsach vnd dermassen vnsere gerechtigkeit sey. Das ist aber Gerechtigkeit, der gantze, vollige gehorsam des Gesetzes, Wie Paulus die gerechtigkeit Gottes 2. Co. 5 selbst ausleget, zu den R=m. cap. 8.1029 Der gehorsam aber des gesetzes ist anders nichts denn die volstendige vnschult vnd reinigkeit der gantzen natur vnd aller kreffte. Die haben wir verlohren durch die sFndliche, b=se vnart, so vnser fleisch eingenohmen vnd verterbet hat durch den fall Adae, der hat vns zu sFndern gemacht, wie Paulus wider [V 2r:] Osiandrum saget, Rom. 5.1030 Dieweil vns nu das Gesetz nicht hat k=nnen rathen,1031 hat sich Gott vber vns erbarmet vnd seinen Son gesand, der in aller gestalt ein recht, natFrlich mensch von leib vnd Seel worden ist, wie wir armen sFnder alle sind, ausgenomen die sFnd, von welcher er nicht gewust hat, 2. Cor. 5.1032 Mit dem wirt die gerechtigkeit, im Gesetz von vns erfordert, widerumb in vns erstattet vnd erfFllet, das WJER demselbigen kFnden antworten vnd vor jm bestehen, dieweil durch seinen tod vnd vnschuldiges blutiges opffer vnser vnreinigkeit vnd sFnde verdampt, bezalet, vorgnFget1033 vnd abgethan ist, dargegen aber vns seine reinigkeit vnd vnschult zugerechenet wirt. Das wir nu nach der meinung des Gesetzes auch rein, vnschuldig vnd volkomen sint in Christo, dem vnschuldigem opffer, vnd seinem gehorsam, welchen er dem Vater in gantzer, reiner natur geleistet hat bis in den tod des Creuzes. Also ist dieser Jehoua vnd HERR der herligkeit vnser gerechtigkeit in dieser schwacheit, welche er durch die d=richte predig des lieben Euangelij lest fFertragen, das ist kein Gesetz noch todter buchstaben, Sondern das lebendige, 1026 drückt (nieder), bedrückt, ängstigt, verursacht Schmerzen. Vgl. Art. drücken 7.c), in: DWb 2, 1444–1446. 1027 Scheitel. Vgl. Art. Haarscheitel, in: DWb 10, 36. 1028 Vgl. Gen 3,15. Der Same des Weibes wurde auf Christus hin gedeutet. Dass er als Feind und Überwinder der Schlange, d. h. des Teufels, als „Same des Weibes“ bezeichnet wird, stellt gerade die Beteiligung der menschlichen Natur am Erlösungswerk heraus, was der Auffassung Osianders widerspricht. 1029 Vgl. II Kor 5,10.19f; Röm 8,2–4. 1030 Vgl. Röm 5,12–14.18. 1031 Hilfe schaffen. Vgl. Art. raten 2.c), in: DWb 14, 176. 1032 Vgl. II Kor 5,21. 1033 abgefunden, ihr Genüge getan. Vgl. Art. vergnügen 4), in: DWb 25, 465f.

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tedliche1034 wort, dardurch vnsere hertzen verandert werden in rechtem erkentnis Gottes, das sie mit dem glauben diesen Christum annehmen, Gottes kinder werden vnd ewiglichen bleiben, Johan. 1.1035 Denn die verheischung vnd das wort bleibet ewiglich, wie Petrus sagt von dem mFntlichen vnd nicht von dem pers=nlichem wort; „das ist das wort,“ spricht er, „das vnter euch verkFndiget ist,“ 1. cap. 1.1036 Aber Osiander zeucht es mit den haren auff die G=ttliche natur in Christo1037 [V 2v:] Vnd gleich also spilet er auch mit dem loco, den Paulus aus dem fFnfften buch Moisi, cap. 30, anzeucht zu den R=m. am 10.1038 Da wil er alle welt des bereden, Christus, der die gerechtigkeit Gottes ist, der weise vns mit Moise vnd Paulo an seine G=ttliche natur. Denn dieweil er spricht: „Das wort ist dier nahe in deinem mund vnd in deinem hertzen“ etc.1039 Vnd das wort ist die G=ttliche natur in Christo, so ists gewis, das die Gottheit vnser Gerechtigkeit ist vnd nicht die menscheit Christi. Das ist Osiandri auslegung an dem ort. Last vns aber Paulum h=ren, wie er Moisen verstehet, denn hie wollen wir sonderlichen auch bescheiden1040 sehen, was die Gerechtigkeit Gottes ist. Paulus vnterscheidet an diesem ort die gerechtigkeit des gesetzes vnd die Gerechtigkeit des glaubens, so er auch die gerechtigkeit Gottes heist, vnd gibt einer jedern jre definicion, spricht also: Die gerechtigkeit des Gesetzes stehet darauff, das WJER das Gesetz thun vnd volkomen halten, so sind wir darinnen gerecht vnd selig, haben darinnen das ewige leben, wie wir von der Gerechtigkeit des Gesetzes droben genugsam bescheid vnd bericht gegeben vnd zugleich angezeiget, was eigentlichen heisse: das Gesetz thun vnd halten.1041 Die Gerechtigkeit aber des glaubens ist nicht VNSER thun vnd werck, wie die heuchler gedencken, die wollen selbst gehn himel vnd Christum heraber holen, das ist: dasjenige mit eigenen krefften ausrichten vnd jnen selbst zuschreiben, So doch nicht jnen, sondern Christo gebFrt, vnd er ohne sie vnd aller welt zuthun gethan vnd ausgerichtet [V 3r:] hat, vns allen zu gute. Wiltu aber wissen, was die Gerechtigkeit des glaubens ist? So halte dich zu dem wort, so dir geprediget vnd dardurch dier in dein hertz getragen wirt.1042 Das dis der rechte verstand vnd meinung Moisi sey vnd er von dem mFntlichen vnd nicht pers=nlichen1043 wort rede, verstehet ohne zweifel der heilige Apostel Paulus recht vnd tausentmahl besser denn Osiander vnd alle schwer-

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tätige, wirkende, wirksame. Vgl. Art. thätlich 1.c), in: DWb 21, 321. Vgl. Joh 1,12. 1036 Vgl. I Petr 1,25. 1037 Redensartlich: etwas mit den Haaren auf etwas ziehen, gewaltsam eine Verbindung herstellen, den Sinn gewaltsam verbiegen. Vgl. Art. Haar n. III.8), in: DWb 10, 16. 1038 Vgl. Röm 10,6–8; Dtn 30,11–14. 1039 Vgl. Röm 10,8; Dtn 30,14. 1040 erklärt, dargelegt, entschieden. Vgl. Art. bescheiden 3), in: Fnhd. Wb. 3, 1638f. 1041 Vgl. Röm 10,5; Gal 3,10–12; Lev 18,5. 1042 Vgl. Röm 10,6–13; Gal 3,5. 1043 personifizierten, d. h. Christus. 1035

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mer. Darumb leget er jn auch also aus: Das ist das wort vom glauben (spricht Paulus flucks darauff), das wir predigen,1044 in dem werden wirs finden, bey dem mussen wirs auch suchen, sollen wir der Gerechtigkeit des glaubens gewis sein, wie er vns Rom. 3. auch dahin weiset vnd spricht, das im Gesetz vnd Propheten die gerechtigkeit Gottes offenbaret sey, etc.1045 Was saget denn das wort der Propheten vnd Apostel von der Gerechtigkeit des glaubens? Lieber Gott, wie ist doch itzund vnd allezeit der zanck vnd hader so hitzig vnd gros, wer wil vns arme, ehlende, einfeltige kinder des berichten, was doch nu der gantzen schrifft einhelliger verstand vnd meinung darvon sey, damit wier ja nicht feilen? Wolan, das ists, saget Paulus, das wir daruon predigen. Bekennen mustu vnd gleuben, das Christus Jhesus der HERR, das ist: warhafftiger Gott, sey, von den todten aufferweckt.1046 Ohne zweil,1047 so mus er auch gestorben sein, sintemal der von den todten nicht kan aufferwecket werden, der nie nicht gestorben. Jst er aber gestorben, So mus er nicht allein warhafftiger Gott gewesen sein, Sondern auch warhafftiger mensch, denn das G=ttliche wesen vnd natur kan nicht sterben. [V 3v:] H=restu, was Paulus prediget, das vnser gerechtigkeit sey vor Gott? oChristus JHESVS, der HERR, von den todten aufferwecket,o Sagt er.1048 Das er also mit feinen, runden, kurtzen worten beide naturenp in Christo im artickel der Rechtferigung nicht allein vereiniget, sondern auch den vereinigten naturn vnd also der gantzen, einigen person Christi jr ampt, nemlichen Gehorsamen, Leiden, Sterben, Blutuergissen vnd Aufferstehen etc. zueigenet. Da vnd also ist Christus vnser Gerechtigkeit, Spricht Paulus. Ey nein, spricht der Schwermer, die Gottheit vnd nicht die menscheit, viel weniger leiden vnd sterben, ist vnser Gerechtigkeit. Rath zu:1049 Welchem ist vor dem andern zu gleuben? Paulo, dem heiligen Apostel, der da wil, das beide naturnq mit alle dem, das Christus thut, leidet vnd duldet in die Gerechtigkeit geh=rn? Oder dem Schwermer, der die menschliche natur sampt demjenigen, so Christus mit allem gehorsam thut vnd leidet, hieraus schleust vnd spricht, nach dem kunde Christus nicht vnser gerechtigkeit sein? Hie bedenck deine Seele, wenn du von diesem leben scheiden solt vnd fur Gottes gericht komen, bey welcher lere du als denn von nu an bleiben vnd warauff du Gottes angesicht zum ewigen leben oder verderben beschawen wilt? Es gilt dier vnd mier vnd

o–o p q

In größerem Schriftgrad gedruckt. aus: naturun. aus: naturu.

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Vgl. Röm 10,8. Vgl. Röm 3,21–24. Vgl. Röm 10,9. Zweifel. (Druckfehler?). Vgl. Röm 10,9; 8,11. Gib einen Hinweis. Vgl. Art. zuraten 1), in: DWb 32, 636.

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vns allen auff vnsern letzten zueg,1050 wenn das hertz brechen vnd vnser Seele scheiden sol, worauff wir denn vns zu vertr=sten haben.

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[V 4r:] Aber da rucket Osiander zuletzt die rechte maurenbrecherin1051 ins felt,1052 damit er drawet auch allein alle seine widersacher zu stFrtzen. Dieweil der spruch stehet: „Wer den Geist Christi nicht hat, der ist nicht sein.“1053 Zu dem grossen, gewaltigen heuptstFck1054 zeucht er noch ein zimliches1055 Nothschlenglein,1056 das er nennet das gl=slein vnsers Praeceptoris Philippi Melanthonis, der da saget: Man sol den spruch Prouer. 10, „gerechtigkeit erl=set vom tode,“1057 nicht allein vom zeitlichen, Sondern auch vom ewigen tode verstehen.1058 Diese zwey stFck rFstet vnd schickt er zum ernst vnd trowet1059 vns damit den bittern tod. KFnten wir doch nu seine eingegossene, selbstendige barmhertzigkeit erweichen, dieweil er sonst ein sehr sanffmFtiger Geist ist, das er nicht zu sehr eilete, sondern liesse vns zuuor vnsere sFnde beichten, damit wir nicht vngebeicht, vngebFst so jemmerlichen in der lufft zerstFben.1060 Wolan, dieweil keine gnade zu erlangen ist, so mussen wir vns zu der wehre stellen1061 vnd sehen, ob wir vns vor dem m=rdlichen fFrnehmen1062 verwahren kFnten. Paulus schleust fest, das alle gleubigen den heien heligen Geist entpfahen als ein pfand vnd gewisse versicherung der kFnfftigen seligkeit, wie er denn spricht, 2. Cor. 1: „Gott ist, der vns bestetiget sampt euch in Christum vnd vns gesalbet vnd versigelt vnd in vnser hertz das pfand des geistes gegeben hat.“1063 Vnd hernacher, cap. 5,1064 zeiget er an, wie hertzlich er gesinnet were, hie abzuscheiden, allein das jm vnd vns allen dis noch ein grawen vnd furcht macht, dieweil es nicht anderst sein kan: wollen wir dort zu hause, so [V 4v:] mussen wir den alten peltz, die alten haut zuuor alhie auszihen vnd ablegen. Doch gibt er den trost, damit wir dem sehnen vnsers armen alten

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Atemzug. Vgl. Art. Zug I.B.10.a), in: DWb 32, 381. großes Belagerungsgeschütz. Vgl. Art. Mauerbrecherin, in: DWb 12, 1776. 1052 auf den Kampfplatz. Vgl. Art. Feld 8.a), in: DWb 3, 1477f. 1053 Röm 8,9. 1054 Hauptgeschütz. Vgl. Art. Hauptstück 1), in: DWb 10, 633. 1055 passendes, geeignetes. Vgl. Art. ziemlich I.3), in: DWb 31, 1120f. 1056 kleineres Feldgeschütz. Vgl. Art. Nothschlange, in: DWb 13, 951. 1057 Prov 10,2. 1058 Fundort bei Melanchthon bislang nicht nachgewiesen. 1059 droht an. 1060 zerstöben, zerstiebten. Konjunktiv II zu zerstäuben od. zerstieben (jeweils intransitiv): zu Staub zerfielen und verwehten. Vgl. Art. zerstäuben 2), in: DWb 31, 777; Art. zerstieben 1.b), in: DWb 31, 778. 1061 zur Wehr setzen, in Abwehrstellung gehen. Vgl. Art. Wehr f. I.A.1.c.γ.ee), in: DWb 28, 162–164. 1062 mördlichen Fürnehmen = mörderischen Tun, Mordanschlag. Vgl. Art. mordlich, in: DWb 12, 2549f. 1063 II Kor 1,21f. 1064 Vgl. II Kor 5,1–8. 1051

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Adams ein wenig den bittern bissen sFsser machen, das wir wissen: Gott, der vns zum kFnfftigem leben bereitet hat, der hat vns das pfand, den Geist gegeben. Dieweil nu der in vns wohnet, so wirt er vnsern sterblichen leib nicht dahinden1065 lassen sondern auch hinnachen1066 holen, wie er ferner sagt Rom. 8.1067 Also spricht er Ephe. 1: „Jhr seit vorsigelt durch Christum mit dem heiligen Geist, da jr gleubtet, welcher ist das pfant vnsers erbes zu vnser erl=sung, das wir sein eigenthumb werden zu lob seiner herligkeit,“1068 Vnd cap. 4: „BetrFbet ja nicht den heiligen Geist Gottes, damit jr vorsiegelt seit auff den tagk der erl=sung“ etc.1069 Jtem Gal. 4: „Weil jr denn kinder seit, hat Gott gesant den Geist seines Sons in ewere hertzen, der schreiet ‚Abba, du lieber Vater!‘“ etc.1070 Aus dem schleust nu der heilige Apostel Rom. 8 tanquam a posteriori uel a consequente also: Dieweil es kein zweifel ist, das diejenigen, so durch den glauben an Christum Gottes kinder vnd erben werden, den heiligen Geist empfahen vnd nach demselbigen leben, So mus gewislich volgen (ad antecedens negatiue), das diejenigen, so den Geist Christi nicht haben, nicht sein sint.1071 Gleich wie er auch schleust eben auff die weise: Dieweil dem glauben, dardurch wir in Christo vergebung der sFnden entpfahen, gewislich die liebe volget, wie nicht allein Christus, sondern auch der Phariseer aus gemeiner vernunfft schleust, Luc. 7,1072 Vnd also der glaube nicht mFssig [X 1r:] noch faul, Sondern durch die liebe thetig ist, Gal. 5,1073 Darumb, wo die liebe nicht ist, kan auch kein rechter glaube sein, 1. Cor. 13.1074 Solches nimet dieser arme, ehlende man fur die hende, machet ex consequente causam non modo efficientem, uerum etiam formalem,1075 pranget nicht allein mit der schFtzerey,1076 Sondern wil darauff vor vielen andern ein berFmbter Theologus sein vnd newer Prophet, der die gantze lere endern, newe Confessionem schreiben wil, die weit vnd weit die Augspurgische vbertreffen sol, Also das es heist: zuvor ist nicht mehr denn der halbe Christus, nu aber allererst der gantze erkant vnd durch diesen andern Henoch1077 herfFrgebrochen vnd ans liecht gebracht. Dermassen flicken1078 sich die Papisten auch mit

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zurück, im Stich (lassen). Vgl. Art. dahinten 2.b), in: DWb 2, 693f. hinterdrein. Vgl. Art. hinnach 1), in: DWb 10, 1455f; Art. hinnachhin, in: DWb 10, 1456. 1067 Vgl. Röm 8,10f. 1068 Eph 1,13f. 1069 Eph 4,30. 1070 Gal 4,6. 1071 Vgl. Röm 8,9. 1072 Vgl. Lk 7,41–47. 1073 Vgl. Gal 5,6. 1074 Vgl. I Kor 13,2. 1075 D. h. er interpretiert die zeitliche Abfolge im Sinne eines ursächlichen Zusammenhangs. 1076 Stümperei, dem Gebaren eines Anfängers. Vgl. Art. Schützerei, in: DWb 15, 2133. 1077 Henoch wurde nach Gen 5,22–24 in den Himmel entrückt; daran knüpfte die spätere Überlieferung an, dass er besondere esoterische Erkenntnisse erlangt habe etc. Vgl. a. Jud 14f. 1078 behelfen, entschuldigen, bedecken (sich). Vgl. Art. flicken 8), in: DWb 3, 1776. 1066

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dem andern Argumento, Wo man vergebung der sFnden entpfehet, da folget die liebe, darumb ist die vergebung der sFnden aus der liebe. Wer ein miterbe Christi ist, dem volget das Creutz, das er auch mus mit leiden, darumb sind wir durch das Creutz erben vnd kinder. Vnd wo kein busse, da ist keine gerechtigkeit, darumb ist die busse vnser gerechtigkeit. Machen also ex antecedentibus et consequentibus causas efficientes et formales,1079 welches auch gemeine vernunfft nicht duldet noch leiden kan. Denn es ist kein vernunfftiger mensch so grob, er weis, das es ein vngeschichtes1080 fFrgeben ist, Wenn man wil also schlissen: dem feur volget gewislich die hitz, darumb ist die hitze das feur; der Sonnen volget der schein vnd liecht, darumb ist das liecht die Sonne etc. Mit dem andern spruch Prouer. 101081 k=nnen wir nicht wissen, was er machen wil, denn das die ge-[X 1v:]rechtigkeit, so vom ewigen Tod erl=set, nicht ein phur lauter Creatur sein musse, haben wir droben angezeigt vnd gehandelt, das es aber darumb der puhr lautern Gottheit vnd nicht der gantzen person sein solte, das ist vom Osiander nicht vnd sol auch wol von jm nu vnd nimmermehr bewiesen werden, sondern eine verdampte schwermerey sein vnd bleiben, als die vns die heilige menschwerdung Christi gantz vnd gar niemet vnd damit Christum zu grunde, sampt dem Vater vnd dem heiligen Geist, vnterdrucket. Zuletzt, da er nu seinen vnfletigen stanck gar beschliessen wil vnd zum ende bringen, da thut er ein meisterliches, ehrliches stFck, zeucht den schempart1082 frey gar hinwegk1083 vnd lest sich sehen, wer er sey vnd was er suche, womit er vmbgehe, auff das, wehr jn kennen wil, kein entschuldigung hab, vnd gibt eine solche Regel: Wenn du gleich liesest die =ffentliche, helle wort, das Christus, dein fromer Heiland, spricht: „Mein fleisch ist die rechte speise, vnd mein blud ist der rechte dranck,“1084 So MVS mans nicht verstehen vom fleisch vnd blut Christi, wie es doch Christus redet, Sondern von der Gottheit, die im fleisch vnd blut ist. Jtem, da Johannes spricht mit dFrren worten, 1. cap. 1: „Das blud Christi macht vns rein von allen sFnden,“1085 da MVS man verstehen die Gottheit Christi, so im blud ist etc. Wenn wir nu nicht gleuben mFsten, das Osiander von keinem andern seine Religionem gestudiret hette, so schwuren wir tausent eide, er hette das von den Sacramentschwermern gelernet. Vieleicht [X 2r:] ist er etwan vber jren

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D. h. aus einer zeitlichen Abfolge wird ein ursächlicher Zusammenhang konstruiert. fehlerhaftes. Vgl. Art. ungeschicht, in: DWb 24, 835f. Prov 10,2, vgl. o. Anm. 1057. Maske, Larve, eigtl. ‚Schämbart‘. Vgl. Art. Schönbart 5), in: DWb 15, 1488. Wohl redensartlich: lässt die Maske fallen. Joh 6,55. I Joh 1,7.

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Gauckelsack kohmen vnd diese Alleosin1086 vnd Ithipeian1087 (wie sie Lutherus damit vexirt1088 in seinem bekentnis vom Abentmal Christi)1089 herausser genohmen, damit sie auch also die schrifft meistern, das fleisch bey jnen auch mus die Gottheit heissen. Was schadets aber, das nu ein jeder ein eigene religionem machete vnd kerete sich niemands nichts mehr an die hellen, dFrren wort in der Bibel? Denn hie leret es lux mundi vnd der Meister aller Theologen1090 mit seinem treffligem exempel. Es ist doch nur vmb so viel zu thun, das man diese buchstaben in ein buch mahlet: „Du MVST es also verstehen,“ darnach so deutet man frisch vnd fr=lich ane furcht vnd einiges gewissen die wort, wie man wil.1091 Man heist das fleisch die Gottheit, Christum den Machomet,1092 (ach Gott, vergib es vns) Euangelium das Tityre tu patulae im Virgilio.1093 Das gilt gleich viel vnd schadet nichts. Nur darnach das maul gewuscht1094 vnd weidelichen1095 geschriegen1096 „O uictori, uicto-

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ἀλλοίωσις „Veränderung“: eine rhetorische Figur, die Aussagen etwa über die Person Christi oder den dreieinigen Gott erlaubt, die im eigentlichen Sinne nur für eine der beiden Naturen Christi oder eine der Personen der Trinität zutreffen. Vgl. H. J. Scheuer, Art. Alloiosis, in: HWdRh 1, 415–417. Im Unterschied zur Communicatio idiomatum betrifft die Alloiosis nur die Form der Aussage, ohne das Wesen des ausgesagten Sachverhalts zu berühren. 1087 ἠθοποιΐα (lat. ethopoeia, notatio). Rhetorisches Stilmittel: Darstellung von Charakterzügen durch nachahmende Rede. Vgl. Quintilian IX,2,58; IX,3,99 (mit Bezug auf Rutilius). Vgl. Christine Walde, Art. Ethopoeia, in: NP 12/2, 955f; Guido Naschert, Art. Ethopoeia, in: HWdRh 2, 1512–1516. 1088 geplagt, geärgert hat. Vgl. Art. vexieren, in: DWb 26,37–42. 1089 Vgl. Luther, WA 26, 317–326, 332f, bes. 342,28–33: „Summa Summarum, wir lassen hie keine Alleosin noch Heterosin noch Jthipeian zu noch einiges gauckelwerck, das Zwingel aus seinem gauckelsack erfur bringt, Grund wollen wir aus der schrifft haben und nicht kunst aus seinem geticht, Fragen auch nichts darnach, das er so grausam hie tobet und schwewmet, als were er besessen fur grossem zorn, Mit zorn und grym wird man unsern verstand nicht nemen.“ (Vom Abendmahl Christi. Bekenntnis, 1528). 1090 Eigtl. Christus, vgl. Joh 8,12; hier anscheinend ironisch auf Osiander gemünzt. 1091 Zur Argumentation vgl. Luther, WA 26, 323,13–20.25f.30–33: „Jst aber das nicht ein freveler geist, der also tolkFne eraus feret und macht uns Alleosin an diesen =rtern? Wer hats yhm befolhen? Wo mit beweiset ers, das Alleosis hie sey? Nein, das ist nicht von n=ten, Sondern ist gnug, wenn er spricht: Jch Zwingel sage, das hie Alleosis sey, drumb ists also, Denn ich bin gestern ym schos der Gottheit gewest und kom itzt vom hymel, drumb mus man mir gleuben. Er solte zuvor beweisen, das hie Alleosis sey, Das lest er und nympts an, als habe ers fur tausent iaren erstritten, und sey niemand, der dran mFge zweifeln [...] Was ists wunder, ob er aus Christo zu letzt auch einen Belial macht? [...] Wir aber verdamnen und verfluchen die Alleosin an diesem ort bis ynn die helle hinein als des teuffels eigen eingeben, Und wollen sehen, wie er sie wil bestettigen, Denn schrifft und guten grund wollen wir haben, Nicht seinen eigen rotz und geiffer.“ (Vom Abendmahl Christi. Bekenntnis, 1528). 1092 Mohammed, den Begründer des Islam. 1093 Vergil, Bucolica, Beginn von Ekloge 1: „Tityre, tu patulae recubans sub tegmine fagi | silvestrem tenui musam meditaris avena ...“ („Tityrus, unter dem Dach der gebreiteten Buche gelagert, Sinnst du, ein ländliches Lied zarthalmigem Rohr zu entlocken.“ Üs. C[hristian] N[athanael] [v.] Osiander, Stuttgart 1834). 1094 abgewischt. Vgl. oben Anm. 644. 1095 ausgiebig. Vgl. Art. weidlich II.B.1.d), in: DWb 28, 607f. 1096 geschrien. Zur Form vgl. Art. schreien, in: DWb 15, 1711.

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ri,1097 Sie sind geschlagen, gestFrtzt, verschlungen vnd verdawet gantz vnd gar, die nur darwider biten.r“1098 Ja sprichstu, das wil ein grober werden.1099 Antwort: freilich ein grober. Er heist: Reum auff, Hans vnuernunfft1100 komet vnd bringt Claues Olpentrit1101 mit sich, der wil es ausmachen,1102 do es die andern Ketzer, seine vorfaren,1103 gelassen haben, das wir zuletzt nicht wissen, was vnser Bibel, was vnser glauben ist; denn was hilfft es nu, wenn wir lang die wort treiben, singen, predigen, lesen oder gleich auch schnitzen vnd malen, wenn es die meinung hat, das wir den hellen, dFrren worten, wie sie geret1104 sint, nicht dFrffen vertrawen? [X 2v:] Hie komet ein jeder loser, leichtfertiger, mutwilliger bub1105 vnd macht nach diesem exempel einen verstand daraus, welchen er wil. Vnd bleiben vns also von der gantzen Bibel nichts mehr denn die hFlsen, das eusserliche a, b, c vnd buchstaben, die m=gen wir mit roter oder schwartzer dinten schreiben, mit golt oder bley belegen, das gilt dem Teufel gleich viel. Gehen wir mit jm diesen weg ein, so hat er, was er gesucht, vnd lest vns die ledige, lehre1106 taschen. Daraus mFgen wir zehren vnd vns in Nobis kruge1107 lassen gFetlich thuen, schlemmen vnd brassen, wir werden jm nicht entlauffen. Also wil es komen, darfur vns der heilige Lutherus vnd tewre man Gottes schier mit heissen zehren1108 treulichen gewarnet hat. „O last vns bitten,“ sprach er offt, „das Gott vnsere nachkomen mit vns zu sich nehme; was wil noch fuer ein erbermlicher jamer auff dieser welt werden? Sie werden komen, die werdens ausmachen“ etc. Hie greifft es dieser Meister schon an, vnd wer weis, wer sie sind, die noch hernacher volgen werden? Jst das war, das es gilt, also zu deuten: fleisch heist die Gottheit, blut heist die Gottheit etc. Wolan, so last her gehen, wir kFntens auch deuten, wie wir wollen. O, wie sol das eine kirr

aus: bpiten.

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Sieg! Vgl. Art. Viktoria 3) und 4), in: DWb 26, 359. die sich jemals (auch nur) dagegen gewendet haben. (?) 1099 möglicherweise ist zu verstehen: ein grober Rülpser (vgl. zuvor „verschlungen und verdaut“). 1100 die personifizierte Unvernunft. 1101 Klaus Albertritt (?) (in Parallele zu Hans Unvernunft). Vgl. Art. Olbel, in: Rheinhess. Wb. 6, 394; Art. Olbel I u. Art. Olbert, in: Südhess. Wb. 4, 1089; Art. Olbel, Olber, in: Pfälz. Wb. 5, 254; Art. Elbentrötsch, in: DWb 3, 402; Art. Elbentrütsch 1.a), in: Pfälz. Wb. 2, 868–872. 1102 zu Ende bringen, entscheiden (?). Vgl. Art. ausmachen 3), in: DWb 1, 914. 1103 Vorgänger, Vorläufer. Vgl. Art. Vorfahr 2), in: DWb 26, 1014f. 1104 geredet, ausgesprochen. 1105 Schurke. Vgl. Art. Bube 5), in: DWb 2, 460f. Evtl. auch i. S. v. „(Schul-)Knabe“, nicht für wissenschaftlich vollwertig zu nehmender Schüler. 1106 leere. 1107 in Nobis krug = im Wirtshaus der Hölle, vgl. Art. nobis 4.a.β), in: DWb 13, 864f; Art. Krug [II] 1.b), in: DWb 11, 2434. Evtl. auch im Sinne einer Vorhölle. Grimm vermutet Nobis als eine Bezeichnung für einen Dämon od. den Teufel. Zu erwägen wäre, ob eine aus dem Zusammenhang gerissene, missverstandene oder absichtlich verballhornte liturgische Textpassage zugrunde liegt („Ora pro nobis“). 1108 Zähren, Tränen. 1098

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che geben, ja wie sol denn auch auff kFnfftige zeit der liebe Gott mit feusten darein schlahen, wirfft er anders die welt nicht bald gar in einen hauffen mit seinem lieben jFngsten tage, darumb wir teglich seufftzen vnd bitten. Denn sonst wil der glaube dFnne vnd der ausserwelten zumahl wenig werden. Mit den vorigen Ketzern hat man aus der schrifft handeln k=nnen, den vortheil wollen vns diese neh-[X 3r:]men vnd der schrifft jre krafft auffl=sen, das sie sol mit allen worten zu jrer meinung stimmen, wenn sie gleich mit aller gewalt wider sie stFrmet vom himel herab. Wie sie hie thut, da stehet sie fest auff vnser seiten, das blut Christi reiniget vns. Nein (felt jr der schwermer in die gorgel),1109 es heist nicht das blut, sondern die Gottheit, vnd redet Johannis hie nicht vom blut Christi, am Creutz vergossen. Hie fragen wir zu guter nacht:1110 Lieber herr Schwermer, was mus denn das fur ein blut sein, daruon Johannes hier redet, welches doch nicht ist das blut, am Creutz vergossen? Es ist vieleicht ein getreumet, geticht, geschnitzt, gemalt, genethes,1111 gewoben, gestickt, gekocht, gesotten, gebraten, gepflantzt, gesetzt, gebawet, in summa: ein Sacramentirisch blut, darunder ewer andechtige Geistlicheit vns das rechte blut in einen winckel setzen1112 vnd ausreden1113 wil, als das vor 1500 jaren verschut,1114 vertruckenet1115 vnd verwesen ist. „Das ist dahin, ja du verlest dich darauff, es wirt dich helffen,“ hat newlich dieses Meisters jFnger einer geprediget, „Siehe also, wie die pauren die spies tragen.“1116 Vnd dergleichen mussen wir vnzeliche viel lesterung mehr h=ren; mit was grosser freud vnd wollust, k=nnen alle frome Christliche hertzen wol erachten. Es hat noch nechst verschienen1117 den 2. Decembris dieses 51 jars1118 der feinde des bluts Christi einer1119 mir, D. M=rlin, im Thum1120 eine zettel in meinen stuel1121 gelegt, darauff er ein kleines Nerrlein gemahlet mit einem Kelch in der hand, vmb welchen Kelch etliche humelen1122 geflogen, vnd darFber diese wort geschrieben gewesen: „Darinnen leith Doctor M=rlins [X 3v:] Gerechtigkeit verschlossen.“ Dieser zettel ist an vier =rtern1123 mit feur ange-

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Schneidet ihr das Wort ab, nimmt ihr die Luft. Vgl. Art. Gurgel 2.c), in: DWb 9, 1149f. zum Abschied. Vgl. Art. Nacht II.A.6.b), in: DWb 13, 158f. 1111 genähtes. 1112 in einen Winkel setzen = beiseite rücken, wegschaffen. 1113 uns davon abbringen. Vgl. Art. ausreden 4), in: DWb 1, 931. 1114 vergossen, verschüttet. 1115 vertrocknet. 1116 Redensartlich: „Hinter sich, wie die Bauern den Spieß tragen“ = nutzlos, zwecklos, erfolglos, sinnlos. Vgl. Art. Spiesz I.1.k.α), in: DWb 16, 2441–2444. 1117 vor kurzem (das Schreiben ist auf den 7. Dezember datiert). 1118 Der 2. Dezember fiel 1551 auf einen Mittwoch; vgl. Grotefend, 159. 1119 der Feinde des Bluts Christi einer = einer der Feinde des Blutes Christi. 1120 Dom. 1121 separates, reserviertes Kirchengestühl. 1122 Hummeln (Insekten). 1123 Ecken. Vgl. Art. Ort I.3.a), in: DWb 13, 1351. 1110

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steckt gewesen vnd darbey geschrieben, man solle mich als einen Seelm=rder vnd Ketzer verbrennen, ohne zweifel dieweil ich den Kelch vnd das Blut Christi wider diesen Antichrist vnd grimmigen, wFtigen Teufel mit grosser freidigkeit1124 aus Gottes gnaden fur vnsere Gerechtigkeit predige, welches sie fFr hummeln vnd grillen halten. Wolan, wir verhoffen, es sol aus diesem vnserm warhafftigen, grFntlichen bericht beide, vnsere vnschult genugsam an den tag gegeben1125 vnd das vnuerschempte, Teufelische gedicht dieser newen schwermerey aus Gottes wort reichlichen widerleget sein. Wie wir vns denn des auff alle Kirchen, so der Augspurgischen Euangelischen Confession verwant vnd zugethan sind, wollen hiemit gezogen haben, vnd k=nnen jre Iudicia nicht allein wol dulden vnd leiden, Sondern bitten vnd ermahnen auch gantz freuntlich alle vnd jede vnsere herren Praeceptores vnd brFder in Christo, sie wollen jre Iudicia nicht verhalten,1126 Sondern sich des ehlends der armen, betrFbten Kirchen erbarmen vnd jren jamer lassen zu hertzen gehen, Die nicht allein fast1127 vors aller welt an1128 einigen trost verlassen, verfolget vnd mit schmertzlicher viel trFbseligkeit beengstiget ist, Sondern das die h=chste klag: Auch diejenigen, zu denen sie jre arm auswirfft1129 vmb tr=stliche hFlff vnd rettung, welchen sie auch jr fromer, allerliebster breutigam in der marter seines Creutz befohlen hat,1130 die suchen1131 jr die Seele vnd stehen jr nach diesem allerh=chsten guth,1132 darFber sie sonst aller zeitlicher wolfart mit darstreckung jres bluts zu vergessen willig vnd von [X 4r:] hertzen bereit ist. Gott tr=ste sie vnd mach es mit dem grossen Concilio vnd herlichen tag seiner zukunfft ja kurtz, damit wir, von dieser schn=den1133 welt erl=set, in seinem reich den lieben Vater schawen m=gen in der freut vnd herligkeit, die vns sein einiger Son mit seinem schweis erarnet1134 vnd bereit hat. Amen. Amen. Amen. Volendet zu K=nigsberg in Preussen, den 7. Decembris im 1551. jar.1135

s

sic; von?

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Kühnheit, Freimut. Vgl. Art Freidigkeit, in: DWb 4, 103. an den Tag gegeben = ans Licht gebracht, veröffentlicht. Vgl. Art. Tag II.B.3.f), in: DWb 21, 40–42. 1126 zurückhalten, vorenthalten, verschweigen, unveröffentlicht lassen. Vgl. Art. verhalten 5), in: DWb 25, 510–512. 1127 beinahe. 1128 ohne. 1129 ausstreckt. Vgl. Art. auswerfen 4), in: DWb 1, 1016. 1130 Anspielung auf Joh 19,26f, verbunden mit der traditionellen Identifikation von Maria und der ‚Mutter Kirche‘. 1131 bedrücken, bedrohen. Vgl. Art. suchen 4.c), in: DWb 20, 845f. 1132 jmdm. nach etw. stehen = jmdm. etw. wegzunehmen suchen, rauben wollen. Vgl. Art. stehen II.C.8.a.ε), in: DWb 17, 1598f. 1133 armseligen, elenden. Vgl. Art. schnöde 1.b), in: DWb 15, 1372–1374. 1134 verdient, erworben, bezahlt. Vgl. Art. erarnen, in: DWb 3, 697f. 1135 Der 7. Dezember fiel im Jahre 1551 auf einen Montag; vgl. Grotefend, 159. 1125

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CORRECTVR. A. 4 facie 2 Iudicum, liese Iudicium. B. 1 fac. 2 in der 9. zeil beschwermig liese beschwerung. C. 2 fac. 1 in der 16. zeil Jrenus liese Jrenaeus. D. 3 fac. 2 in der 21. zeil proscriptione liese praescriptione. E. 1 fac. 1 in der 4. zeil Leiden vnd sterben Christi nicht (setz darzu) wil. E. 4 fac. 2 in der 17. zeil leider liese leidet. G. 1 fac. 1 in der 6. zeil gahien liese dahin. H. 3 fac. 1 in der 4. zeil berde liese berge. O. 2 fac. 1 in der 20. zeil daben liese haben. R. 4 fac. 2 in der 10. zeil wie er zum offtern mal von der (setz darzu) Canzel. S. 2 fac. 1 uirgulem, liese uirgulam. T. 1 fac. 2 in der 3. zeil fur aller liese fur alle. Was ander gering errata sind, wird ein jeder selbst wol corrigirn.

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Staatsbibliothek zu Berlin – PK, Abteilung Handschriften und Historische Drucke, Signatur Dm 1224.

Des Herrn Johan Brentij vnnd anderer Wirtenbergi= schen Theologen / Declaration vber Osianders Disputation von der Rechtfertigung / sampt ihres glaubens bekentnis.

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Mit einer Vorrede Matth. Fla. Illyrici vnd Nicolai Galli / an die Preussischen Kirchen. Daraus leicht jedem zuuernemen / was Brentius vnd genante Theologen im grunde von Osianders ne= wen lere halten.

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2. Petri. 1.1 Durch Christum sind vns geschenckt die tewre vnd aller grosseste verheissung / nemlich das ihr durch dasselbig teilhafftig werdet der Gottlichen natur. 1. Iohan. 3.2 Sehet welch eine liebe hat vns der Vater erzeigt / das wir Gottes kinder sollen heissen. Wir sind nu kinder Gottes / vnd ist noch nicht er= schienen / was wir sein werden. Wir wissen aber / wenn es erscheinen wird / das wir jm gleich sein werden / denn wir werden jn sehen / wie er ist. Aus dem ist ja klar / das das teilhafftig sein der Gottheit / vnnd jrer wesentlichen gFter / weisheit / gerechtigkeit / lebens / eigentlich geh== re ins ewige leben / Welches alles wir doch hie auch wol die erstlinge entpfangen / Ist aber nicht das wesen vnser gerechtigkeit selbs / wie es Osiander haben wil / Sondern ist nur ein volge / verdienst oder lohn der gerechtigkeit des gehorsams Christi / damit er das Gesetz erfFllet hat / vns vor durch den glauben zugerechnet.

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Vgl. II Petr 1,4. Vgl. I Joh 3,1f.

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Einleitung 1. Historische Einleitung

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Anders als die Theologen aus zahlreichen Reichsterritorien1 hatten die Württemberger auf das Ausschreiben Herzog Albrechts vom September 15512 nicht mit der Einsendung eines umfangreichen Gutachtens über Osianders Bekenntnis „Von dem einigen Mittler“3 geantwortet. Sie hatten stattdessen eine knappe, vermittelnde Stellungnahme abgegeben.4 Im Zuge der weiteren Ausgleichsbemühungen Albrechts Mitte des Jahres 1552 sandten sie ein zweites, wieder auf Vermittlung zielendes Schriftstück nach Preußen, in dem sie die Kontroverse als „bellum grammaticale“ bezeichneten.5 Eben damit enttäuschten sie die Gegner Osianders, die in dem Württemberger Versuch, ausgleichend zu wirken, den maßgeblichen Grund für eine verhärtete Haltung Osianders und Herzog Albrechts zu erkennen glaubten, da diese die Stellungnahmen aus Württemberg als Zuspruch verstünden.6 Die herzoglichen Anstrengungen zur Beilegung des Streits im Jahr 1552 scheiterten ausnahmslos, und so änderte Albrecht sein Vorgehen dahingehend, die Kontroverse durch ein Mandat zu entscheiden und damit endgültig zu beenden. Das Mandat sollte die Streitparteien auf die beiden Württemberger Gutachten verpflichten, die der Herzog tatsächlich als Bestätigung der Lehre Osiandes interpretierte.7 Für sein Vorgehen erbat er sich von Herzog Christoph von Württemberg die neuerliche Unterstützung durch dessen Theologen und forderte von diesen eine weitere Stellungnahme. Daraufhin erarbeiteten die Württemberger die hier edierte „Declaratio“, die sie unter dem Datum des 30. Januar 1553 an ihren Landesherrn, Herzog Christoph, sandten. Wieder argumentierten sie darin differenziert, da sie sowohl Osiander als auch seinen Gegnern in unterschiedlichen Punkten recht gaben und Osianders Lehre nicht gänzlich verur-

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Vgl. zu diesen Stellungnahmen Wengert, Defending Faith, 33 –51. Vgl. unsere Edition Nr. 4, S. 121–128. 3 Vgl. OGA 10, Nr. 488/496, S. 49 –300. 4 Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 265–271; Wengert, Defending Faith, 198–201. 5 Vgl. ebd., 329 –333; 201–205; VON Gottes Gnaden Vnser || Albrecht) des Eltern / Marggraffen zu Bran || denburg / in Preussen / zu Stettin ... || Hertzogen / || Burggraffen zu N=renberg vnd || FFrsten zu Rugen etc. || Ausschreiben || An vnsere alle liebe getrew) vnd || Landschafften ... || dari] grFnd || lich vnd =rdentlich / wie sich die ergerliche zwispalt || vber dem Artickel von vnser armen SFnder Recht= || fertigung / vnd warer ewiger Gerechtigkeit / erha= || ben / vnd was wir vns mit grossen sorgen einigkeit || zumachen / bemFhet / dargethan ... || [Königsberg: Hans Lufft, 1553] (VD 16 P 4780), L 1r. 6 Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 342–346. 7 Vgl. ebd., 355 –357. 2

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teilten. Jedoch bekannten sie sich klar zu der Lehre der Wittenberger Theologen,8 die ihrerseits Osianders Rechtfertigungslehre abgelehnt hatten.9 Es liegt nahe zu vermuten, dass die teils verbitterten Reaktionen der Gegner Osianders nach den ersten beiden Württemberger Gutachten nicht unwesentlich zu dieser Positionierung an der Seite Wittenbergs Anlass gaben. In jedem Fall waren den Württembergern die konkurrierenden Interpretationen ihrer Gutachten durch die Streitparteien und insbesondere die Angriffe der Gegner Osianders auf die vermittelnde württembergische Position nicht unbekannt geblieben.10 Die Verhärtung der Fronten in der Kontroverse, die osianderfreundliche Interpretation der bisherigen Württemberger Gutachten durch Herzog Albrecht und dessen Mandat vom Januar 1553, mit dem er die Württemberger Auslegung im Herzogtum Preußen tatsächlich verbindlich machen wollte,11 werden wahrscheinlich der Anlass für die umgehende Veröffentlichung der „Declaratio“ in Wittenberg durch Philipp Melanchthon gewesen sein.12 Auf welchem Wege die Württemberger Dokumente nach Wittenberg, später auch nach Magdeburg zu Matthias Flacius und Nikolaus Gallus gelangten, muss offen bleiben. Das Ziel der Wittenberger Publikation war wohl, ein rechtes Verständnis der „Declaratio“ zu gewährleisten. Denn das Wittenberger Titelblatt wies darauf hin, dass Brenz in der „Declaratio“ „klar anzeigt“, was er an Osiander „strefflich urteilt“. Der Öffentlichkeit sollte somit deutlich gemacht werden, dass Brenz hier eindeutig gegen Osianders Rechtfertigungslehre Position beziehe und damit gleichzeitig dem Herzog die Möglichkeit entzogen werden,

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„Haben aber wir dieselbe nicht recht erlangt, so wissen wir dennoch durch Gottes gnad, das vnser meinung recht vnd Christlich ist, den Herrn bittend, er wolle vns bey der reinen, einfeltigen LERE des heiligen Evangelij Christi von der RECHTFERTIGVNG des Menschen vnd von allen andern Artickeln vnserer Religion, wie es die heilige Schrifft, vnd FVRNEMLICH S. Paulus, auch vnsere Praeceptores D. D. Lutherus vnd Philippus vor diesem zancken, verm=g Gottes wort verklert haben, gendiglich erhalten.“ S.u. C 4r, S. 687,5–13. 9 Vgl. Philipp Melanchthon, Antwort (1552), unsere Edition Nr. 7, S. 215–231. 10 „Nach dem auch vnsere vorige schrifften, so wir Christlicher meynung zur vorbereitung des friedlichen vertrags gestelt, von etlichen gantz vnfreundtlich angetast vnd gedeutet worden sein, haben wir die fFrsorg tragen mFssen, es m=chte vnsere declaration auch missgebraucht vnd zu erweckung gr=sserer vnrhue gezogen werden.“ S.u. C 1v, S. 683,6–10. 11 Vgl. dazu und zu den ablehnenden Reaktionen darauf Stupperich, Osiander in Preussen, 355–362; Fligge, Osiandrismus, 183 –198. 12 Vgl. Des Ernwirdigen || Herrn Johannis Brentij De= || claratio von Osiandri Di= || sputatio / Darin er klar anzeigt / was || er strefflich vrteilt / geschrieben || zu Tübingen Anno 1553. || Die Januarij 30. || [Wittenberg: Veit Kreutzer, 1553] (VD 16 B 7590); vgl. dazu Wengert, Defending Faith, 209. Wengert gibt an, dass die „Declaratio“ in Wittenberg kurz nach dem 8. März 1553 veröffentlicht worden sei (ebd., 433). Herzog Albrecht empfing die württembergischen Dokumente am 27. März 1553, wie aus einer Nachschrift zu einem Schreiben an Johannes Brenz hervorgeht (Herzog Albrecht von Preußen an Johann Brenz. 27. März 1553, in: Analecta Brentiana Nr. 7, S. 265–268 [267]). Die Wittenberger hätten demnach eher Einblick in die „Declaratio“ erhalten als der preußische Herzog.

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das Württemberger Dokument überzeugend in einer osianderfreundlichen Weise zu interpretieren. In einer späteren Äußerung Melanchthons gegenüber Herzog Albrecht aus dem Jahr 1554 wies dieser darauf hin, dass mit der „Declaratio“ aber immerhin die Chance zu einer Aussöhnung bestanden habe, wenn der Herzog diese nur ergriffen hätte.13 Ganz im Sinne der Gegnerschaft gegen Osiander publizierten Flacius und Gallus im Sommer 1553 in der hier edierten Schrift die „Declaratio“ samt dem „Bekenntnis“ der Württemberger. Das „Bekenntnis“ gaben sie auch separat heraus.14 Denn Flacius und Gallus erweiterten die beiden Texte um ein Vorwort und erläuternde Glossen, die ganz dem Ziel verpflichtet waren, Brenz als Kritiker Osianders vorzustellen. 2. Der Autor und die Herausgeber

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Sowohl an der „Declaratio“ als auch an dem „Bekenntnis“ arbeiteten unterschiedliche Personen in Württemberg mit. Federführend bei der Erstellung beider Dokumente war jedoch Johannes Brenz, wie bereits der Titel der hier edierten Schrift deutlich macht, der ihn eindeutig als den Verfasser ausweist. Dementsprechend werden an dieser Stelle ausschließlich biographische Angaben zu Brenz geboten,15 allerdings ergänzt durch solche zu den beiden Herausgebern, Flacius und Gallus. 2.1 Johannes Brenz

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Johannes Brenz16 wurde am 24. Juni 1499 in der Reichsstadt Weil der Stadt geboren. Er besuchte 1510 die Trivialschule in Heidelberg und 1511 die Lateinschule in Vaihingen/Enz. Ab Oktober 1514 war er an der Universität Heidelberg immatrikuliert. Dort erlangte er im Jahr 1516 den akademischen Grad eines Baccalaureus der via antiqua; 1518 wurde ihm der Grad eines Magister artium verliehen. Im April 1518 lernte er Martin Luther bei dessen Heidelberger Disputation kennen. 1519 wurde er zu einem der Rektoren der Realistenburse in Heidelberg ernannt und avancierte 1520 zum Kanonikus an der dortigen Heiliggeistkirche. Im Jahr 1523 wurde er zum Priester geweiht. Im Herbst 1522 13

Philipp Melanchthon an Herzog Albrecht von Preußen. 24. August 1554, in: CR 8, Nr. 5655, Sp. 332f., bes. 333 (MBW 7268). Die Datierung erfolgt nach MBW; das CR gibt den 20. August 1554 als Abfassungsdatum an. 14 Bekentnis Bren= || tij v] andern Wirtebergisch) || Theologen von der Rechtfertigung. || Mit einer Vorreden M. Illyr. vnd Nic. Galli an die || Preusische Kirchen. || ... || [Magdeburg: Christian Rödinger, 1553] (VD 16 B 7589). 15 Biographische Informationen zu anderen an der Abfassung des Bekenntnisses beteiligten Personen vgl. unten in den Anm. zu S. 691f. 16 Zum Folgenden vgl. Hartmann, Johannes Brenz; Weismann, Johannes Brenz; Brecht, Johannes Brenz; Hermelink, Johannes Brenz; Martin Brecht, Art. Brenz, Johannes, in: TRE 7 (1981), 170–181.

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trat Brenz die Stelle des Predigers an der Michaeliskirche in Schwäbisch Hall an, in der er bis zur Besetzung der Stadt durch Truppen Kaiser Karls V. und der Einführung des Augsburger Interims 1548 tätig blieb. Er heiratete 1530 Margarethe Gräter, die Schwester seines Haller Amtsbruders Michael Gräter. Nach dem Tod seiner Frau 1548, ehelichte er im Jahr 1550 Katharina Isenmann, die Nichte seines Freundes und langjährgen Mitstreiters bei der Reformation Schwäbisch Halls, Johann Isenmann. Brenz besaß aufgrund seiner Tätigkeit in Schwäbisch Hall einen großen Einfluss in der Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach. Andreas Osiander hingegen war als Prediger an St. Lorenz einer der führenden Theologen in Nürnberg. Beide Territorien, die Reichsstadt und das Fürstentum, agierten zu Beginn der 1530er Jahre religionspolitisch in enger Kooperation, was Ausdruck in der gemeinsamen Weigerung, dem Schmalkaldischen Bund beizutreten (1531), und in einer gemeinsamen Kirchenordnung (1533) fand. Diese Kirchenordnung wurde von Osiander und Brenz zusammen erstellt.17 Vor dem Hintergrund dieser persönlichen Bekanntschaft und Wertschätzung erklärt sich die vermittelnde Haltung von Brenz im Osiandrischen Streit zwanzig Jahre später. Brenz’ Positionierung führte zu höchst unterschiedlichen Reaktionen. Während Herzog Albrecht dem süddeutschen Theologen vertraute und ihm mehrfach eine Beschäftigung in Preußen antrug, erhoben die Gegner Osianders den schweren Vorwurf gegen ihn, die Streitigkeiten eher zu befeuern und in die Länge zu ziehen, statt sie beizulegen. Gerade vor und während der Abfassung der „Declaratio“ erreichten Brenz vonseiten einiger Gegner Osianders massiv vorgetragene Forderungen, sich endlich genau und eindeutig zu erklären.18 Freilich verstanden die Gegner Osianders dies dahingehend, dass Brenz endlich eine Verdammung der Rechtfertigungslehre Osianders aussprechen solle. Genau das tat Brenz in seinen Antworten gerade nicht. Er betonte, dass er sich mit den Wittenbergern, vornehmlich mit Luther und Melanchthon, einig sehe, doch könne Osiander sich mit Recht auf einige von deren Äußerungen beziehen, um Aspekte seiner Auffassung von der Rechtfertigung zu stützen. Daher könne Osianders Lehre nicht rundweg verurteilt werden.19 Brenz zeigte sich darum im September 1553 gegenüber dem preußischen Herzog erbost über die Interpretation und die damit einhergehende Vereinnahmung durch Flacius und Gallus in der hier edierten Schrift: „Es ist mir neulicher zeit ein getruckts büchlin in die handt worden,

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Vgl. OGA 5, Nr. 176,37–177. Vgl. Rektor und Senat der Universität Königsberg an Johannes Brenz. 8. November 1552, in: Anecdota Brentiana Nr. 186, S. 341–344; Nikolaus von Amsdorf, Erhard Schnepff, Justus Menius an Johannes Brenz. 14. Januar 1553, in: ebd. Nr. 188, S.345–356. 19 Vgl. Johannes Brenz an die Universität Königsberg. 29. Januar 1553, in: ebd. Nr. 190, S. 357–362; Johannes Brenz an Nikolaus von Amsdorf, Erhard Schnepff, Justus Menius. 13. Februar 1553, in: ebd. Nr. 191, S. 363. 18

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darin Illiricus und Gallus die declaration und Confession der massen glosieren, das Ich wol leiden möcht, sie h#tten die arbeit gesparet und des bapyrs verschonet. Was sie auch in pr#fatione an E. F. D. underthan schreiben, ist mir zu lesen gantz b[e]schwerlich g[e]wesen.“20 Für Brenz war dies umso ärgerlicher, als er wenige Monate zuvor dem Herzog selbst vorgeschlagen hatte, das Bekenntnis drucken zu lassen. Denn seine Hoffnung war, dass dadurch „allen Calumniis et mendaciis malevolorum hominum gewehret“ würden.21 Zur Zeit des Osiandrischen Streits avancierte Brenz zum führenden Theologen des Herzogtums Württemberg, wohin er 1548 von Schwäbisch Hall aus flüchtete. So nahm er Anfang 1552 an der Gesandtschaft zum Konzil von Trient teil und war maßgeblich an der Erstellung der „Confessio Virtenbergensis“ beteiligt. Im Jahr 1553 wurde Brenz zum Propst an der Stuttgarter Stiftskirche und zum herzoglichen Rat berufen. Er gewann durch seine Position einen großen Einfluss auf Herzog Christoph. Dies spiegelte sich wider in dem Vertrauen, dass der Herzog seinem führenden Theologen entgegenbrachte. Er entsandte ihn zum Wormser Religionsgespräch (1557) und zum Frankfurter Fürstentag (1558). Ebenso war es Brenz, der die Neuordnung der württembergischen Kirche zwischen 1553 und 1559 wesentlich mitgestaltete und federführend an der württembergischen Kirchenordnung (1559) arbeitete. Im Jahr 1564 nahm Brenz am Maulbronner Religionsgespräch teil. Dort vertrat sein Schüler Jakob Andreae die von Brenz entwickelte Christologie der Allgegenwart der menschlichen Natur Christi. Am 11. September 1570 starb Brenz und wurde unter der Kanzel der Stuttgarter Stiftskirche beigesetzt. 2.2 Matthias Flacius

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Für Matthias Flacius22 waren die Randbemerkungen sowie das Vorwort zu der hier edierten Publikation hoch notwendig. Denn auch wenn die Württemberger in der „Declaratio“ den Schulterschluss mit Luther und Melanchthon suchten, so enthielt die Schrift weiterhin keine klare Verurteilung von Osianders Lehre. Für Flacius blieb sie darum dringend auslegungsbedürftig: „Aber man hette es [die Differenz zwischen Osianders Lehre und den paulinischen Briefen] gleichwol sollen klerer vnd deudtlicher anzeigen, hette man anders declarationes vnd nicht obscurationes schreiben wollen. Derhalben sagt solche Declaration wol etwas trefflichs vnd gibt doch darneben auch so

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Johannes Brenz an Herzog Albrecht von Preußen. 5. September 1553, in: Anecdota Brentiana Nr. 197, S. 370f, bes. 371. 21 Johannes Brenz an Herzog Albrecht von Preußen. 16. April 1553, in: Anecdota Brentiana, Nr. 193, S. 365f (366). 22 Zu ihm vgl. oben die Einleitung zu Nr. 8, S. 239f.

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finster vnd vndeutlich jre meinung an den tag, das sie wol noch einer langen erklerung vnd eines guten r(thers bedarff.“23 2.3 Nikolaus Gallus Nikolaus Gallus24 gehörte zusammen mit Flacius zum Kern von „unseres Hergots Cantzeley“ in Magdeburg, die sich als Hüterin des Erbes von Martin Luther verstand und darum seit dem Erlass des Augsburger Interims durch Kaiser Karl V. im Jahr 1548 in einer Flut von Kontroversschriften drängende theologische Fragen stellte und diskutierte.25 Im Rahmen der Beteiligung an den unterschiedlichen nachinterimistischen Streitigkeiten gab Gallus zusammen mit Flacius mehrfach ihnen zugespielte Dokumente heraus. Dabei bedienten sie sich häufig des Mittels der Glossierung,26 um damit die eigene Position als rechtgläubig darzustellen und die gegnerische Ansicht zugleich als ketzerisch zu verdammen. In diesem Fall jedoch dient die Glossierung dazu, die Position des Brenz als konform mit der ihren darzustellen. 3. Inhalt Die Schrift besitzt vier Teile. Sie beginnt [1.] mit einem Vorwort von Flacius und Gallus. Darauf folgt [2.] der Abdruck der „Declaratio“ der Württemberger Theologen, ergänzt um Anmerkungen der Herausgeber. Sodann wird [3.] das „Bekenntnis“ der Württemberger geboten, dem eine Inhaltsangabe durch die Herausgeber vorangestellt ist. Das Dokument endet [4.] mit der Widergabe von zwei kürzeren Abschnitten aus den ersten beiden Gutachten der Württemberger Theologen. Das Vorwort [A 2r–B 4v] erweckt den Eindruck eines Sendschreibens, aufgrund der direkten Ansprache aller preußischen Untertanen, die zusammenfassend als „christliche Kirche in Preußen“ adressiert werden. Flacius und Gallus beginnen das Vorwort mit einem Verweis auf ihr bisheriges Engagement in der Kontroverse sowie auf ihre beiden Vorschläge zur Beilegung des Streits: [a.] eine Entscheidung entsprechend der eingeholten Stellungnahmen von auswärtigen Theologen, [b.] die Einberufung einer Synode. Sie kritisieren die Preußen dafür, untätig gewesen und den Anhängern Osianders die Initiative im Streit überlassen zu haben. Darum würden trotz aller anderen Stellungnahmen nun die Württemberger Gutachten als entscheidend angesehen, obwohl diese keine Grundlage für einen Entscheid darstellen könnten. Denn deren Intention sei, eine vermittelnde Position ein-

23 Christliche war= || nunge vnd vermanunge || Matthiae Flacij Illyrici an die || Kirche Christi in Preussen den || nechtsen Abschied belan= || gende. || ... || [Magdeburg, Michael Lotther, 1555] (VD 16 F 1302), A 4v–A 5r. 24 Zu ihm vgl. oben die Einleitung zu Nr. 8, S. 240f. 25 Vgl. bes. unsere Edition Bde. 1 und 2. 26 Vgl. z. B. Flacius, Gallus, Leipziger Interim, 1550, in: unsere Edition Bd. 2, Nr. 4, S. 367–441.

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zunehmen. In zentralen Lehrfragen könne aber niemand unparteiisch bleiben, sondern müsse eindeutig Stellung beziehen. Flacius und Gallus möchten dies nicht als Kritik an den Württembergern verstanden wissen, sondern an der preußischen Kirche, die sich bisher nicht zu einem Urteil habe durchringen können, trotz so vieler Mahnungen. Die beiden Herausgeber schlagen den Preußen daraufhin vor, entweder Gesandte mit einer Supplikation an Herzog Albrecht zu senden oder ihn mit Frauen und Kindern selbst aufzusuchen und fußfällig darum zu bitten, bei der wahren Lehre Luthers bleiben zu dürfen. Denn in der jetzigen Situation sei jedermann aufgerufen, die reine Lehre des göttlichen Wortes klar zu bekennen und die Irrlehre zu verdammen. Wenn darauf mit Gewalt geantwortet würde, so solle die ganze Kirche das Leiden annehmen und sehen, ob durch die gezeigte Opferbereitschaft nicht eine Sinnesänderung bei dem Fürsten bewirkt werden könne. Dies wollen Flacius und Gallus zwar nicht als Aufruf zum Aufruhr verstanden wissen, doch besitze die Obrigkeit kein Recht, die Untertanen zu unterdrücken und mit ihnen willkürlich umzugehen. Daran anschließend erläutern Flacius und Gallus die aus ihrer Sicht entscheidenden Differenzen im Streit, die in der „Declaratio“ und der „Confessio“ der Württemberger deutlich würden. Es gehe um den Unterschied zwischen der Gerechtigkeit in Christo als Weg zum ewigen Leben einerseits und dem ewigen Leben als Folge der Gerechtigkeit andererseits. Man streite sich mit Osiander außerdem um die Frage, was die Gerechtigkeit in Christo eigentlich sei. Flacius und Gallus bieten sodann die möglichen Antworten von unterschiedlichen Gruppen (Juden, Muslimen, Romtreuen, „Interimisten“ und von Osiander) auf diese Frage. Gegen all diese verschiedenen Aussagen behaupten sie, im Einklang mit Paulus und der Confessio Augustana zu stehen: Die Gerechtigkeit sei die Erfüllung des Gesetzes durch den Gehorsam und das Leiden Christi, welche dem Menschen im Glauben zugerechnet würde. Unter Zuhilfenahme eines philosophischen Instrumentariums spezifizieren die beiden Herausgeber dies anhand der Unterscheidung von „causa materialis, causa formalis, causa instrumentalis und causa finalis proxima“. Im Anschluss daran gelangen sie zu der Feststellung, dass im ewigen Leben der Mensch der wesentlichen Gerechtigkeit Gottes aufgrund der zugerechneten Gerechtigkeit des Gehorsams Christi teilhaftig werde. Doch es sei eben nicht, wie Osiander behaupte, diese wesentliche Gerechtigkeit Gottes, die dem Menschen bereits im Diesseits das ewige Leben erwirke. Gegen Osiander lehrten sie zudem, dass der Mensch durch die Einwohnung der wesentlichen Gerechtigkeit Gottes nicht selbst göttlich werde, wie dies bei Christus als wahrer Gott und wahrer Mensch der Fall sei. Zum Ende des Vorworts versuchen Flacius und Gallus den Beweis zu führen, dass die „Declaratio“ der Württemberger Theologen entsprechend der

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vorgetragenen Unterscheidung die wahre Lehre präsentiere und damit die Württemberger mit ihnen gegen Osiander streiten würden. Die „Declaratio“ der Württemberger [C 1r–C 4r] ist in Form eines Briefes der Theologen an Herzog Christoph von Württemberg abgefasst und wird durch Anmerkungen der Herausgeber in deren Sinne erläutert. Die Württemberger beginnen mit der Feststellung, dass man bislang kein Urteil in der Kontroverse gefällt, sondern einzig Gutachten verfasst habe, die dazu dienen sollten, die gegnerischen Seiten zu einen. Auch habe man mit keiner Streitpartei gesonderte Verhandlungen geführt. Die beiden bisher abgegebenen Stellungnahmen seien vielfach angegriffen worden. Im Streit sei Vieles miteinander vermischt worden, so dass es nun kaum möglich sei, klar Position zu beziehen, sondern es müsse differenziert argumentiert werden. Dies wollen sie in diesem Dokument in Bezug auf den Hauptpunkt des Streits tun. Osiander wird insofern recht gegeben, als er Gott als die wesentliche Gerechtigkeit bezeichne; richtig sei ferner, dass Christus durch seinen Kreuzestod die Menschen mit Gott versöhnt habe. Die Württemberger widersprechen sodann der Auslegung der paulinischen Briefe durch Osiander. Denn dort sei nicht von der wesentlichen Gerechtigkeit die Rede, sondern von der Gerechtigkeit, die vor Gott gelte, mithin von der durch das Leiden und Sterben Christi erworbenen Verzeihung der Sünden. Allerdings widersprechen sie den Gegnern Osianders, wenn diese die wesentliche Gerechtigkeit Gottes aus dem Rechtfertigungsgeschehen vollständig heraushalten wollen. Die Württemberger führen daran anschließend aus, dass die Rede von der wesentlichen Gerechtigkeit Gottes mit Blick auf das jenseitige Erbe des Menschen sehr wohl richtig sei und legen nochmals den Fokus auf die Unterscheidung der durch Christus erworbenen Gerechtigkeit und der wesentlichen Gerechtigkeit Gottes. Zum Abschluss betonen sie, dass sie keinen Anlass zum Streit geben wollen und die Lehre Luthers und Melanchthons als richtig ansehen und dabei bleiben werden. Das „Bekenntnis“ der Württemberger [C 4r–D 3v] gliedert sich in sechs Abschnitte, in denen sie ihre Auffassung vom Rechtfertigungsgeschehen, beginnend bei der Beschaffenheit des Menschen vor der Vertreibung aus dem Paradies [1.] und dem Sündenfall [2.], der Verheißung der Erlösung durch Christus [3.], dessen Menschwerdung [4.] und der durch ihn erlangten Rechtfertigung der sündhaften Menschheit [5.] bis zur paulinischen Lehre von der Rechtfertigung [6.] darstellen. Die Schrift endet [D 4r–v] mit der Widergabe von zwei Passagen aus den vorangegangenen württembergischen Gutachten.

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4. Ausgabe In der edierten Form kann eine Ausgabe nachgewiesen werden:

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A: Des Herrn Johan || Brentij vnnd anderer Wirtenbergi= || schen Theologen / Declaration vber Osianders || Disputation von der Rechtfertigung / || sampt ihres glaubens bekentnis. || Mit einer Vorrede Matth. Fla. || Illyrici vnd Nicolai Galli / an die || Preussischen Kirchen. || Daraus leicht jedem zuuernemen / was || Brentius vnd genante Theologen || im grunde von Osianders ne= || wen lere halten. || 2. Petri. 1. || Durch Christum sind vns geschenckt die tewre vnd aller grosseste || verheissung / nemlich das ihr durch dasselbig teilhafftig werdet || der Gottlichen natur. 1. Iohan. 3. || Sehet welch eine liebe hat vns der Vater erzeigt / das wir Gottes || kinder sollen heissen. Wir sind nu kinder Gottes / vnd ist noch nicht er= || schienen / was wir sein werden. Wir wissen aber / wenn es erscheinen || wird / das wir jm gleich sein werden / denn wir werden jn sehen / wie er || ist. || Aus dem ist ja klar / das das teilhafftig sein der Gottheit / vnnd || jrer wesentlichen gFter / weisheit / gerechtigkeit / lebens / eigentlich geh== || re ins ewige leben / Welches alles wir doch hie auch wol die erstlinge || entpfangen / Ist aber nicht das wesen vnser gerechtigkeit selbs / wie es || Osiander haben wil / Sondern ist nur ein volge / verdienst oder lohn der || gerechtigkeit des gehorsams Christi / damit er das Gesetz erfFllet hat / || vns vor durch den glauben zugerechnet. || [Magdeburg: Michael Lotther, 1553] 16 Bl. 4° (VD 16 B 7587). Vorhanden in:

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BERLIN, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz: Dm 1224 [benutztes Exemplar] DESSAU-ROßLAU, ßAnhaltische Landesbücherei: Georg 666 (26) DRESDEN, Sächsische Landes- und Universitätsbibliothek: Hist.Pruss. 208,16 GOTHA, Forschungsbibliothek: Theol.4 189-190(7)R HANNOVER, Stadtbibliothek: 6 an: Ratsbibl. 8 Nr. 31 JENA, Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek: 4 Bud.Theol.182(9.11) KIEL, Universitätsbibliothek: Cb 4364 MAINZ, Stadtbibliothek: V o:4 /897, Nr. 19 (unvollständig: Bogen D fehlt) STUTTGART, Württembergische Landesbibliothek: Theol.qt.1034 WEIMAR, Herzogin Anna Amalia Bibliothek: 2,4:XLI(n.19.) (unvollständig) WIEN, Österreichische Nationalbibliothek: 20.Dd.412 WITTENBERG, Reformationsgeschichtliche Forschungsbibliothek: LC434/13 WOLFENBÜTTEL, Herzog August Bibliothek: 127.10 Theol.(8); S 230d.4 Helmst.(7)

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Das „Bekenntnis“ und die „Declaratio“ der Württemberger wurden überdies in unterschiedlichen Konstellationen veröffentlicht: a:

Bekentnis Bren= || tij v] andern Wirtebergisch) || Theologen von der Rechtfertigung. || Mit einer Vorreden M. Illyr. vnd Nic. Galli an die || Preussische Kirchen. || Daraus ein jglich sich leichtlich in Osi= || andri streit richten kan. || 2. Pet. 1. || Durch Christum sind vns geschenckt die tewre vnd || aller groseste verheissung, nemlich das ihr durch das= || selbig teilhafftig werdet der Gottlichen natur. 1. Io. 3. || Sehet welch eine liebe hat vns der Vater erzeigt das || wir Gottes kinder sollen heissen. Wir sind nu kinder Got= || tes, vnd ist noch nicht erschienen, was wir sein werden. || Wir wissen aber, wenn es erscheinen wird, das wir ihm || gleich sein werden, denn wir werden jn sehen, wie er ist. || Hieraus ist ja klar / das die teilhaffteigkeit [sic] der || Gottheit / vnd seiner wesentlichen GFtter / weisheit / || Gerechtigkeit etc. Eigentlich ins ewige leben geh== || ren, deren wir doch hie auch die erstlinge nur emp= || fangen / vnd nicht in Rechtfertigung / wie es Osian= || der haben will. || [Magdeburg: Christian Rödinger d.Ä, 1553] 8 Bl. 8° (VD 16 B 7589).

Vorhanden in: ROSTOCK, Universitätsbibliothek: Fg-3836.1 b:

Der Ehrnwirdigen || Hoch vnnd Wolgelehrten Herren / || Johannis Brentij vnd anderer jm zuge= || ordneten Theologen vonn der Recht= || fertigung des Menschen / Confes= || sion vnd Declaration, || Wie sie dem Durch= || l(uchtigsten Hochgebornen FFrsten || vnnd HERRN / Herrn Albrechten dem || Eltern / Marggraffen zu Branden= || burg / inn Preussen etc. Hertzo= || gen etc. zugeschickt seind || worden / Anno 1553. || Mense Aprilii. || Gedruckt zu K=nigs || perg in Preussen durch Johann || Daubman / Anno 1554. den || 27. Septembris. || 12 Bl. 4° (VD 16 B 7931).

Vorhanden in: BERLIN, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz: 4 Polem. 746 m DRESDEN, Sächsische Landes- und Universitätsbibliothek: Hist.Pruss. 208,3; 3. A. 10004,angeb. 3; Hist.Pruss. 193,misc. 1 GOTHA, Forschungsbibliothek: Theol.4 189-190(8)R LEIPZIG, DNB, Deutsches Schrift- und Buchmuseum: III:47,3 MÜNCHEN, Bayerische Staatsbibliothek: 4 Polem. 746 m WEIMAR, Herzogin Anna Amalia Bibliothek: Aut.ben.Aut.Brentius,J.3 WIEN, Österreichische Nationalbibliothek: 20.Dd.1099 WITTENBERG, Reformationsgeschichtliche Forschungsbibliothek: LC465/29; Ag 4 235f; Kn A 347/2461; Kn B 50/339

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WOLFENBÜTTEL, Herzog August Bibliothek: S 230b.4 Helmst.(3); 240.15 Quod.(2); 280.47 Theol.(13); Yv 2288.8 Helmst.(1) c: 5

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Der Ernwirdigen || Herrn Johannis Brentij De= || claratio von Osiandri Di= || sputatio / Darin er klar anzeigt / was || er strefflich vrteilt / geschrieben || zu Tübingen Anno 1553. || Die Januarij 30. || Wittemberg || 1553. || [Wittenberg: Veit Kreutzer, 1553] 6 Bl. 4° (VD 16 B 7590).

Vorhanden in: BERLIN, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz: 1 an: Cu 409a R, 2 an: Dm 938â̂ GÖTTINGEN, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek: 8 PATR LAT 274/6(7) MÜNCHEN, Bibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität: 4 Theol.3503:9 STUTTGART, Württembergische Landesbibliothek: Theol.qt.1033 WIEN, Österreichische Nationalbibliothek: * 35.F.29 WITTENBERG, Reformationsgeschichtliche Forschungsbibliothek: Kn A 178/1186 WOLFENBÜTTEL, Herzog August Bibliothek: G 60.4 Helmst.(3); 216.13 Theol.(12); 235.10 Theol.(7) [mit Satzvarianten]; S 206.4 Helmst.(12); Yv 2288.8 Helmst.(2) Da zwischen den verschiedenen Veröffentlichungen der „Declaratio“ und des „Bekenntnisses“ lediglich orthographische Unterschiede feststellbar sind, sind diese im textkritischen Apparat nicht kenntlich gemacht worden. Die Vorrede zu der Veröffentlichung des Bekenntnisses durch Flacius und Gallus (VD 16 B 7589) wurde jedoch mit der hier edierten Vorrede abgeglichen. Denn es zeigen sich deutliche Unterschiede, wiewohl beide Vorreden auf den 1. Mai 1553 datiert sind. Nach dem Abgleich ist jedoch wohl davon auszugehen, dass die Vorrede zu der Separatveröffentlichung des „Bekenntnisses“ zuerst verfasst wurde und die hier edierte Vorrede eine erweiterte Fassung darstellt. Daher könnte die Veröffentlichung der hier edierten Schrift auch später als Mai 1553 erfolgt sein. Wenn Brenz nämlich im September 1553 schreibt, ein Exemplar der hier edierten Schrift erhalten zu haben,27 ist eine Publikation im Sommer 1553 (Juni/Juli) wahrscheinlich. Unsere Edition folgt Ausgabe A. Die Abweichungen in der Vorrede von Flacius und Gallus zu Ausgabe a werden im textkritischen Apparat nachgewiesen.

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Vgl. Anm. 20.

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[A 2r] Der Christlichen Kirchen in Preussen Gottes gnad vnd bestendigkeit in der entpfangnen lere des Euangelij Christi.

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Nach dem wir bissher neben andern Christlichen Lerern mit der gnaden Gottes, anicht ona grosseb mFhe vnnd arbeit, cetliche mehr schrifften1 gestellet2 vnd in druckc verfertigt,3 ewer liebe bey der warheit ddes reinen G=ttlichen wortsd wider Osianders newerung gerne helffen zu erhalten, so haben wir fam newlichstenf, gleichsam zu einem Beschlus gdes vorigen schreibens, euchg ein vermanung hzugeschickt,4 dadurch ermanet,h das jr des Process, wie dieser sachen entlich iein mal gari jabgeholfen m=chtk werden, mit fleis vnd mit ernst wollet gewar nemen. Nemlich, weil F.D.5 vieler Christlichen Kirchen censuras vnd iudicia allbereit drFber zusamen bracht,6 das, so viel mFglich, aus ewrem mittel dazu lverordent wFrden l GottsfFrchtige, gelerte, verstendige menner, welche dieselben eingebrachten censuren der Kirchen,m hindan gesetzt aller frembden affection, nin der furcht Gottesn mit ernstlichem fleis erwegen, vrteilen vnd schliessen7 m=chten, welche mit Gottes wort am besten gegrFndet8 ovnd der streit nach derselben schlechts9o geendet wFrde.

a–a

a: etliche mehr schrifften mit. a: grosser. c – c a: bereitet vnd. d – d a: vnser H. Religion. e a: Fehlt. f – f a: negst. g – g a: an euch geschrieben. h – h a: Fehlt. i – i a: Fehlt. j a: möchte. k a: Fehlt. l – l a: m=chten gegeben werden m In a folgt: in der Furcht Gottes. n – n a: Fehlt. o – o a: were, auff das diese streitigen Religions sachen nach derselben. b

1

Vgl. unsere Nr. 8. konzipiert, verfasst. Vgl. Art. stellen I.A.2.h.γ), in: DWb 18, 2204. 3 gegeben. 4 Vgl. Ermanung an alle || Stende der Christlichen kirchen in || Preussen Osianders lere halben. || Durch Matthium Flacium Jllyricum. || vnd Nicolaum Gallum. || ... || [Magdeburg: Christian Rödinger d. Ä., 1552] (VD 16 F 1377), B 2r–v. 5 Fürstliche Durchlaucht. 6 Herzog Albrecht hatte 1551/52 verschiedene Obrigkeiten gebeten, Osianders großes Bekenntnis „Von dem einigen Mittler“ von ihren Theologen beurteilen zu lassen. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 206 –211; Fligge, Osiandrismus, 73 –80; Wengert, Defending Faith, 33– 62. 7 Hendiadyion: urteilen. 8 begründet. 9 schlicht, einfach. 2

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Oder, so dieser weg zu er=rterung der sachen nicht gefiel oder zu schwach were, das solchs als denn geschehe durch ein zimliche10 versamlung GottesfFrchtiger Lerer, auch anderp tFchtiger, fFrnemerq Personen anderer Lande vnnd Kirchen der Christlichen Augspurgischen Confession, in welcher versamlung erstlich der Kirchen censuren fleissig bewogen vnnd da-[A 2v]neben jederman geh=ret wFrde von beiden teilen, wer etwas zu erforschung der warheit grFndlichs11 fFrbringen k=ndte oder wolte. Vnd also entlich darauff der warheit nach geschlossen vnd ewre Kirchen widerumb zu Christlicher einigkeit gebracht werden m=chten. Solche zween wege rhabenr wir fFr die ordentlichsten, nFtzlichsten vnd bequemsten fast12 hiezu geachtet. sVnnd weil jr dieselben nicht zu bessern gewFst,s hetten wir wol gehoffet, vnser tChristlichs, herzlichs ermanent solte was mehr fruchtu bey euch selbs vnd vdenv Regenten wdazuw gewirckt haben. Ist aber leider anders ergangen, denn wir gehoffet vnnd xdenn recht, xbillich13 yvnd gut isty. Denn jr selbs, lieben BrFder, wiewol jr fast14 weeklaget15 vber diesem jrthumb zvnd spaltung, habt gleichwolz dieser welt avngnada vnnd bso vielb gefahr nicht wollenc auff euch laden,d das jrd zu beforderung gedachter mittel vnd wege etwas mit ernst edazu gethan oder noch thetet, sondern gehet fast16e jedermanf also nachlessig gvnd vnachtsam dabey herg, als ob heuchh entlich daran nicht viel gelegen.

p

a: anderer. a: fFrtrefflicher. r – r a: weil. s – s a: haben. t – t a: christliche, hertzliche vermanung. u a: fruchts. v – v a: bey ewern. w – w a: zu hinlegung der schedlichen spaltung vnd newerung. x – x a: wol. y – y a: were. z – z a: weil jr aber. a – a a: feindschafft. b – b a: Fehlt. c a: wollet. d – d a: geschichts, das niemand. e – e a: thut vnd. f a: fast. g – g a: dabey ist vnd wird. h – h a: ihm. q

10 11 12 13 14 15 16

ansehnliche, ordentliche. Vgl. Art. ziemlich I.1.b) in: DWb 31, 1118. wohl, gut begründetes. genau, exakt. Vgl. Art. fast A.1), in: DWb 3, 1348. angemessen, passend. Vgl. Art. billich, in: Fnhd.Wb. 4, 412. sehr. wehklaget = euch beschwert. beinahe.

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Der ander, ewer gegenteil aber, welcher vber seines Meisters newen lerei bestFrtzt vnnd sich fFr solchen zu erforschung der warheit sehr tFchtigen17 mitteln vnnd wegen fast18 besorget,19 jlests jm desto mehr ernst sein vndj hat sich dieweil nicht geseumet,20 einen warlich fast vnzimlichen nebenweg oder Process wider euch kmit grossem nachteil der warheitk fFrzunemen, dadurch seine sache nurl erhalten21 vnnd weiter fortgesetzt werden m=ge. Denn do er22 zuuor selbs das erkentnis23 auff vnser Kirchen Lerer fast gestellet,24 dasselbig hin vnnd mherm begeret,n auch erlangt hat,25 ovnd jm aber wol wider sein verhoffen, docho mit gutem grunde pder Schrifftp, allenthalben istq abgefallen. So mus alle derselben Christlichen Kirchen erkentnis als Parteisch vnd aus menschlicher affection hergeflossen nur verworffen, sda[A 3r]gegens ein einig tblost bedencken Brentij vnnd der Wirtenbergischen Theologen jnen allen fFrgezogen werden.26 Nicht, das udie Wirtenbergischen durch dasselbig jru bedencken vetwas in der sachen klar erkennet27 oder jr erkentnis besser denn der andern mit Gottes wort gegrFndet were, wie sie selbs hernach dauon bekennen, sie haben sich zuuor keines iudicij vber beider i

a: ghar. a: Fehlt. k – k a: vnd alle kirchen. l a: Fehlt. m – m a: wider. n a: vnd. o – o a: also das es ihm. p – p a: G=ttlichs Worts. q a: Fehlt. r a: Fehlt. s – s a: vnd. t – t a: schlecht. u – u a: derselben. v – v a: allein mit Gottes wort besser denn die andern iudicia vnd Censuren alle gegrFndet were, sondern das sie sich, wie sie in der dritten jhrer schrifft, so newlich zu Wittemberg gedruckt, bekennen, bisher keines iudicij oder erkentnis (wie die Osiandristen jtzt jhre schrifften titeln) vber beider Partei schrifften vnterfangen vnd nur allein glimpfflich wege vnd mittel zu Christlicher einigkeit gesucht haben, vnd derhalben nicht klar Osiandrum, wie die andere Kirche, verdammen. j–j

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nützlichen, tauglichen. sehr. 19 fürchten. Vgl. Art. besorgen 2.b), in: DWb 1, 1636. 20 haben nicht gezögert. Vgl. Art. säumen 2.c), in: DWb 14, 1913. 21 geschützt, bewahrt. Vgl. Art. erhalten 3), in: DWb 3, 835. 22 Osiander. 23 Urteil. Vgl. Art. Erkenntnis, in: DWb 3, 871. 24 das Urteil unseren Kirchenlehrern übertragen. 25 Damit wird erneut auf die Abfrage der Meinungen anderer Kirchen zu Osianders Bekenntnis angespielt. Vgl. Anm. 6. 26 Alle angefragten Gutachten zu Osiander Bekenntnis lauteten ablehnend. Allein die Württemberger versuchten zu vermitteln und fanden darum in Preußen Gehör, da ihre Stellungnahme dort als Osiander zustimmend gewertet wurden. Vgl. die Literatur in Anm. 6. 27 entschieden. Vgl. Art. erkennen 5), in: DWb 3, 868f. 18

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Partey schrifften noch vnterfangen,28 vnnd die Osiandristen jnen derhalben solch bedencken wider jre eigne wort (Wirtenbergisch erkentnis) teuffen vnd titeln, sondern wird allein darumb den andern fFrgezogen, das es Osianders jrthumb nicht so klar, als die andern zum zeugnis der warheit thun, verdammet. Vnd wie sie hernach in der Declaration weiter dauon reden, allein glimpfflich wege vnd mittel gesucht haben zu Christlicher einigkeit.29v wIst derhalbenw Brentij vnd der Wirtenbergischen Theologen meinung xdamit warlichx nichty z(welchs gleichwol drauff eruolget vnd ja gar zuuiel30 ist)z, das die jenigen, welche demselbena bjrem also misbrauchtenb bedencken vber vnnd wider aller andern Kirchen iudicia nicht wFrden beyfallen,31 vnd sich des allein halten,32 mit ernst csolten an gut vnnd an blutc gestraffet werden, beide dLerer vnnd andere, derend darauff eauch etlichee jres Ampts entsetzt vnd des Lands zu Preussen veriagt sind.33 [Die folgenden beiden Absätze unterscheiden sich deutlich von der Vorrede zu der Schrift „Bekenntnis Brentii“ (VD 16 B 7589), vgl. Anm. f]. fVnd

kan hie nu ein jeder Christ, auch geringes verstands, leicht vrteilen, wie solchs nicht allein zu Christlicher einigkeit nicht dienlich, sonder auch schier wider vernunfft von dem gegenteil gehandelt ist, das in solchen grossen

w–w

a: Vber welchs, das noch ja zuuiel, auch. a: ungezwieuelt [ungezweifelt]. y a: ist. z – z a: Fehlt. a a: demselbigen. b – b a: vbel ausgelegten. c – c a: auch am leib solten. d – d a: Prediger vnd zuh=rer, vnd jtzt. e – e a: viel. f – f a: Weil jhr denn nu selbs, lieben brFder, in der sachen ewer vnd der ewern seelen heil vnd seligkeit betreffend so nachlessig seid, das jr euch vnser trewen anzeigung vnd vermanung nach nie mit ernst vnterstanden, durch vntertenige Supplication gegen S.D. vnd ander gebFrliche, christliche, notFrfftige [erfoderliche] wege vnd mittel die sache zu gemelter Christlicher entscheidung eine zu befordern, vnd der gegenteil souiel dester vleissiger vnd ernstlicher fortdringet, sein ding [seine Ansicht, Position im Streit] zu erhalten vnd fort zu setzen [durch zu setzen], so wissen wir schier darauff nicht mehr, wie euch zu rathen vnd zu helffen sein m=ge. Achten auch fast, Gott selbs werde zu solcher nachlessigkeit kein segen geben w=llen. x–x

28 sie haben sich bislang nicht darauf eingelassen, ein Urteil zu fällen. Vgl. Art. unterfahen I.2), in: DWb 24, 1543. Zu der Aussge der Württemberger vgl. unten C 1r. 29 Ebd. 30 völlig übertrieben. 31 zustimmen. Vgl. Art. beifallen 2), in: DWb 1, 1369. 32 und dieses allein gelten lassen wollen. 33 Johann Brettschneider, Professor für Medizin, sowie die Magister Fabian Stosser und Matthias Lauterwald wurden 1550 von Herzog Albrecht aufgrund ihrer Opposition gegen Osianders Lehren entlassen und des Landes verwiesen. Kurz vor Erscheinen der Veröffentlichung der Württemberger Dokumente durch Flacius war zudem Joachim Mörlin seines Amtes enthoben und aus Preußen vertrieben worden. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 89– 94, 359 –363.

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Kirchen- vnd gewissens sachen, ein einig34 blos bedencken mit Gottes wort dahin nicht erwiesen, so vieler Christlichen Kirchen Lerer, als der Sechsischen, Meissnischen, DFringischen, Frenckischen, Merckischen, Mechelburgischen, Pomerischen, NFrnbergischen, Hamburgischen Luneburgischen, Magdeburgischen, auch Wittembergischen, Leipzigschen, vnd ewer Königsbergischen Vniuersitet censuris, iudicijs erkentnis vnd schlFssen,35 [A 3v] mit Gottes wort allen fest vnnd wol gegrFndet, sol fFrgesetzt werden, als allein von dem heiligen Geist hergeflossen, darumb, das es Osianders jrthumb nicht so klar als die andern censuren vnnd iudicia verdammet, welche dargegen als vom b=sen geist hergeflossen36 vnd parteische gescholten, verworffen vnnd wider verdampt werden. So sie doch von anfang als vnparteische vnd tFchtige Richter von jnen selbs dazu erwelet, vmb erkentnis vnnd vrteil vber Osianders lengs zuuor gedruckte bekentnis ersucht sind vnnd sie wol wissen, das in Religions sachen, fFrnemlich die lere vnd heubtstFcke, als hie betreffend, niemand lenger vnparteisch sein kan, denn so lang er die sachen noch nicht gnugsam oder recht erkennet, bald37 sie aber erkant ist, so ist er schFldig, auff eine seiten zu treten, vnd, so er sonderlich darumb gefragt wird, zu bekennen vnnd zu bezeugen, was schwartz oder weis, liecht oder finsternis, recht oder vnrecht ist. Solchs scheiben wir jetzt hie, weis Gott, nicht, das wir damit die hochgelerten, vnsere liebe Herrn vnd BrFder, die Wirtembergischen Theologen, etwas wolten verkleinern,38 mit denen, so sie glimpfflich wege zu Christlicher einigkeit gesucht haben, es seinen bescheid hat, sondern das es ewer Kirchen notturfft39 erfordert vnnd wir euch hiemit anzeigen ewer vnachtsamkeit vnd nachlessigkeit in so guten vnd grossen sachen, ewer vnd der ewern ewig heil vnd seligkeit betreffend, in dem jr euch noch nie mit ernst unterstanden, unser vorigen trewen anzeigung vnd vermanung nach, durch vnterthenige Supplication gegen F. D. vnd ander gebFrliche, notturfftige, christliche mittel vnd wege, die sache zu gemelter Christlicher entscheidung eine zu befordern. Wissen derhalben drauff schier nicht mehr, wie euch ferner zu raten vnnd zu helffen sein m=ge, achten auch fast, Gott selbs werde euch durch unfleis vnnd hinlessigkeit wider sein Wort nicht helffen wollen.f [Ab hier zeigt die Vorrede zu der Schrift „Bekenntnis Brentii“ (VD 16 B 7589) wieder klare Übereinstimmungen mit der edierten Vorrede].

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einziges. Zu den negativen Gutachten und Reaktionen auf Osianders Lehre aus dem Reich vgl. die Literatur in Anm. 6. 36 hervorgebracht. Vgl. Art. herzflieszen 2), in: DWb 10, 1092. 37 solbald. 38 herabsetzen. Vgl. Art. verkleinern 2.a), in: DWb 25, 662f. 39 Notwendigkeit, dringendes Erfordernis. Vgl. Art. Nothdurft 3), in: DWb 3, 927. 35

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doch istg noch jrgents ein ernst vnter euch, die war-[A 4r]heit G=ttlichs worts reine zu erhalten vnd selig zu werden, das jr deshalben fFr euch, ewer weib vnnd kinderlin etwas hwagen vnd thunh wollet, so ist nochmals, wie zuuor, diss vnser trewer vnnd einiger rat, das jr noch einmFtiglich zusamen trettet vnnd F. D. – wo sie abwesens – durch ein ehrliche ansehenliche botschafft40 – wo sie aber gegenwertig – selbs, man vnd weib, alt vnnd jung – zu fFssen fallet, vnterthenigst, demFtigsti ermanet, bittet, flehet durch das leiden Jhesu Christi vnnd vnser erl=sung, das F. D. euchj bey der Lere vnnd derselben trewenk Lerer gnedigst bleiben lassen wollen, welche S. F. D.,41 lbey leben Doctor Luthers seligen, kurtz zuuor vnd ehe Osiander in Preussen komen, lselbs sampt euch, vnd jr sampt mjmm, fFr die einige, rechte warheit erkant vnd bekant, auch alles drFber in gefahr gegen dieser welt, nneben vieler Lande Christlichen Kirchenn, gesetzt hat. Do aber oF. D. oje vermeinte,42 das Osiander etwas noch bessers vnnd heiligers jetzt vber das vorige43 erfFr bracht hette, welches euch S. F. D. mit teilhafftig haben wolte, das darzu solche erkentnis vnd er=rterung, wie zuuor dauon pgeredtp, auffs f=rderlichst m=chte fFrgenomen werden. Wollet qauch nebenq solcher Supplication rvnnd ewerm bekentnis, do es nach dem willen Gottes von n=ten, durch desselben gnade ferner bereit sein, semptlich, neben vnnd mitr ewern trewen Hirten vnnd Lerern, sehe44 alles zu wagen, denn frembde, newe lere lassen auffdringen,45 darins sonderlicht so vieler Christlichen Kirchen erkentnis vnnd uiudicia euch alle eintrechtiglich gAber

g–g

a: Jst derhalben. a: thund vnd wagen. i a: Fehlt. j a: allein. k a: Fehlt. l – l a: kurtz zuuor vnd ehe Osiander in Preussen komen, bey leben Doctor Luthers seligen. m – m a: dem. n – n a: Fehlt. o – o a: S.F.D. p – p a: gesagt. q – q a: auch bereit sein, nicht allein zu. r – r a: sondern auch, do es weiter von n=ten zu solcher bekentnis, das jhr durch die gnaden Gottes semptlich mit einander neben. s – s a: ehe ewer gut vnd blut drFber wagen vnd lassen sollet, denn verenderung der lere vnd newerung darin zu geben. t a: weil. u – u a: vrteil euch darin beystehen. h–h

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Gesandtschaft. Vgl. Art. Botschaft 2), in: DWb 2, 277. Seine Fürstliche Durchlaucht. annehmen, behaupten wollte. Vgl. Art. vermeinen, in: DWb 25, 854f. Gemeint ist damit die Lehre Luthers. eher. aufzwingen, aufnötigen. Vgl. Art. aufdringen 2), in: DWb 1, 635.

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beifallenu vvnd das einige Wirtembergische bedencken nicht sonderlich abfelletv. wVnd damit wir umb notturfft willen der sachen zu dem vorigen noch etwas ein wenig hieuon sagen. Wie der Wirtembergischen Theologen bedencken allezeit allein dahin gerichtet gewesen, wider einigkeit zu machen, die streitigen Personen mit einander zu uersönen46 vnd die sache schlechtes47 zu uerscharren48 vnd [A 4v] zu uerdruckenx, so were solchs wol gut vnnd zu wFnschen gewesen, das es also hette geschehen m=gen, aber ehe denn Osiandri bekentnis vnnd andere seine schrifften =ffentlich im druck ausgangen49 weren. Welchs, so es nu geschehen, vnnd der jrthumb =ffentlich in die Kirche ausgossen,50 gedrungen vnd verteidigt wird, auch so weit schon ausgebreitet ist. So gilts warlich nu nicht mehr mittelns,51 glimpffens52 vnd deckens, sondern sol ein jeder mit seinem bekentnis erfFr,53 reine lere G=ttlichs worts vnnd Christliche gewissens zu erreten, solchen jrthumb mit seinem bekentnis helffen verdammen vnd wider ausfegen,54 gleich wie jederman sol helffen lesschen, wenn ein fewr auffgehet.w ySo denn auff vorgemelte ewre Supplication vnnd bestendige bekentnis der gewalt drauff noch fFrdringen wollte vnd die verfolgung mit Predigern vnnd etlichen andern fFrnemen gliedern der eusserlichen gemeinschafft angefangen werden, so erbiete sich die ganze Kirche zu gleichem leiden, wie zu gleicher bekentnis, ob dadurch noch eines so gFtigen FFrsten hertz erweichet, oder BFttel vnd Hencker, wie vorzeiten in verfolgungen vnter den Heiden wol mehr geschehen, entlich des veriagens, plagens vnd marterns vberdrFssig vnd mFde werden m=chten.y Hiemit (wie ein jeder wol zu uernemen)55 heissen wir zewer liebez nichts vberall vnordentlichs durch auffrhur oder gewalt fFrnemen wieder ewer Oberkeit. Leugnen aber gleichwol auch nicht, das die vnterthanen eben so v–v

a: Fehlt. a: Fehlt. x In der Kustode A 4r: zu uergraben. y – y a: So denn der gewalt daruff noch fFrdringen wolte vnd die verfolgung Prediger vnd andere fFrneme glieder der eusserlichen gemeinschafft angehen, so biete sich die gantze Kirche zu gleichem leiden, ob dadurch so eines gFtigen FFrsten hertz erweichet, oder bFttel vnd Hencker, wie vorzeiten in der verfolgung vnter Heidnischen Tyrannen vor mehr geschehen, entlich des veriagens, plagens vnd marterens vberdrFssig vnd mFde werden m=chten. z – z a: euch. w–w

46 47 48 49 50 51 52 53 54 55

versöhnen. schlicht, einfach. unter den Teppich zu kehren. publiziert. ausgebreitet, verbreitet. Vgl. Art. ausgieszen 6), in: DWb 1, 875. zu vermitteln. zu beschwichtigen. öffentlich hervor treten. beseitigen. Vgl. Art. ausfegen, in: DWb 1, 855f. wie ein jeder wohl verstehen mag.

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wol jr recht fFr Gott avnnd den Menschena haben gegen der Oberkeit, als die Oberkeit gegen jren vnterthanen, vnd mit nicht der Oberkeit von Gott also vnterworffen sein, wie die Schafe dem Metzger, der sie bnach allem seinem gefallenb schlachtet, das ein vnterthan in seiner vnschuld56 dem Herrn nimer so viel wider sagen vnd ordentlich dagegen dencken m=chte, wenn der Herr die wolle nimpt, das jm dennoch haut vnd beine, sonderlich aber das ewige leben bleiben m=ge. [B 1r] Vber gedachten unsern trewen rat cgemeinerc einhelligen Supplication, bekentnis vnd leidens, schicken wir dewer liebed hiemit auch noch edes Herrn Brentij vnnd anderer Wirtenbergischen Theologen Declaration eine vber Osianders Disputation, so newlich hieuor zu Wittemberg gedruckt57 vnnd vnsers wissens jr dritte schrifft ist,58 den FFrsten in dieser sachen vbergeben, sampt ihres glaubens bekentnis, beide semptlich von jnen vnterschrieben, daraus ja auch jre meinung klar vnnd deutlich gnug wird verstanden, was sie im grund vrteilen von Osianders lere oder jrthumb.e fVnd die sache ja wol zu erkleren, so mercket hie zum ersten die n=tige vnterscheid, das vnnd wie GERECHTIGKEIT vnnd LEBEN des menschen, damit er in Christo gerecht vnnd ewig lebend wird vnnd ist, nicht eins, sondern zwey vnterschiedne ding sind, nemlich eben wie VNGERECHTIGKEIT vnnd TOD vnterscheiden sind. Ist derhalben also gerechtigkeit in Christo das verdienst, vrsach vnd weg des ewigen lebens, ewigs LEBEN widerumb die betonung, volge vnd das ende der gerechtigkeit, gleich wie der Tod ist der SFnden sold, belonung, straffe, volge vnnd ende, Vngerechtigkeit oder SFnde ein verdienst, vrsach vnd weg des todes oder zum tode. Das ist alles je so klar vnd gewis, das es keines beweisens bedarff.f a–a

a: Fehlt. a: Fehlt. c – c a: der gemeinen. d – d a: euch. e – e a: ein newe bekentnis vom Artickel vnser rechtfertigung, von Brentio selbs vnd andern Wirtenbergischen Theologen, neben dem dritten oder vierdten jhrem bedencken (so newlich zu Wittenberg gedruckt) geschrieben vnd vnterschrieben, daraus jre meinung vnd Osianders jrthum klar vnd deudlich wird verstanden. f – f a: Denn erstlich bedencket nur, das GERECHTIGKEIT vnd LEBEN des menschen hie zwey vnterschiedliche ding fFr Gott sind, gleich wie vngerechtigkeit oder SFnde vnd Tod vnterscheiden sind. Also, das GERECHTIGKEIT gleich ein verdienst, vrsach vnd weg ist ewiges lebens vnd Seligkeit. LEBEN aber vnd Seligkeit gleich widerumb ein lohn vnd volge der gerechtigkeit. Nicht anders, denn wie vngerechtigkeit vnd SFnde ein verdienst, vrsach vnd weg ist zum Tod, der Tod aber ein belonung vnd volge der SFnden. Das ist je so klar vnd gewis, das es keines beweiss bedarff. b–b

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Rechtschaffenheit, Untadligkeit. Vgl. Art. Unschuld 9), in: DWb 24, 1348f. Des Ernwirdigen || Herrn Johannis Brentij De= || claratio von Osiandri Di= || sputatio / Darin er klar anzeigt / was || er strefflich vrteilt / geschrieben || zu Tübingen Anno 1553. || Die Januarij 30. || [Wittenberg: Veit Kreutzer, 1553] (VD 16 B 7590). 58 Im Dezember 1551 und im Juni 1552 hatten sich die Württemberger Theologen bereits mit vermittelnden Stellungnahmen zu Wort gemeldet. Vgl. Wengert, Defending Faith, 198 –205. 57

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Zum andern gmercketg weiter, wauon [sic] hhier eigentlich der streit sey gegen Osiandroh: Ob man imit jmi disputire von der GERECHTIGKEIT oder aber von ewigem LEBENj. So ist abermals kklar vnd gewisk, das lhie eigentlich nicht gehandelt wird, was fFr ein LEBEN vnnd herligkeit wir hie59 in Christo jetzt haben oder dort60 erlangen werden, sondern das wird eigentlich gehandelt vnnd ist vnser streit, was fFr eine GERECHTIGKEIT darzu [B 1v] geh=re, oder was vnser gerechtigkeit fFr Gott in Christo eigentlich sey, dadurch wir zu demselben leben vnd herligkeit in Christo, hie vnd dort, ewig komen m=gen.l [Die letzten Absätze der hier edierten Vorrede unterscheiden sich von den letzten Absätzen der Vorrede im „Bekenntnis Brentii“ (VD 16 B 7589) insofern, als dass dort theologisch weniger ausführlich argumentiert wird. Aufgrund der daher vorhandenen Abweichungen zwischen den beiden Dokumenten, wird der Schluss der Vorrede aus dem „Bekenntnis Brentii“ im Folgenden in einer Anmerkungen des sachkritischen Apparats komplett geboten, vgl. Anm. m]

g–g

a: dencket. a: der Streit eigentlich ist mit Osiandro. i – i a: Fehlt. j a: (...), was ein jedes sey. k – k a: gewis vnd klar. l – l a: der streit mit Osiandro eigentlich nicht ist von dem, was das ewig LEBEN, sondern, was vnsere GERECHTIGKEIT fFr Gott ist, dadurch wir zum leben kommen. h–h

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im Diesseits. im Jenseits.

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das diese vnterscheid der sache vnnd der fragen ja wol verstanden vnd

m – m a: Vnd das wir die sach noch m=gen klerer anzeigen: Wenn ein mensch durchs Gesetz zu erkentnis seiner SFnden gekomen, jtzt fFlet inn seinen gewissen, das er von wegen seiner SFnden verdampt ist zu Ewigen Tode vnd gern wolte, das er an stad der verdamnis Ewig LEBEN m=chte, da ist denn die heuptfrage, was jhm darzu von n=ten? Antwort: Nichts, denn das er GERECHT sey, oder gerecht werde. Wil er aus der Helle gen Himel steigen, was geh=ret darzu fur ein leiter? GERECHTIGKEIT, spricht nicht allein die schrifft, sondern auch das NatFrlich liecht inn aller menschen hertzen, beide Christen vnd vnchristen. Darauff volget denn die ander frage, was dieselbe GERECHTIGKEIT eigentlich sey, dadurch ein sFndiger mensch gerecht oder gerechtfertigt aus dem ewigen Tod ins LEBEN komme. Hieuon ist der gantze heuptstreit zwischen der waren kirchen Christi vnd zwischen TFrcken, JFden, Papisten, Osiandristen vnd allen falschgleubigen. Ein ieder lerne hie die frage recht, so kan er darnach auch die antwort urteiln. So sagen wir derhalben noch ein mal: Die frage ist von der GERECHTIGKEIT. Was die GERECHTIGKEIT eigentlich sey, dadurch ein armer, verdampter SFnder aus dem Tod ins LEBEN, aus der Helle inn Himel komen m=ge. Hie scheiden sich alle recht- vnd falschgleubigen. Hie ist nicht allein der Christen kampff gegen vnchristen vnd falschen Christen, inn der lere vnd im halten, sondern auch nicht weniger im gewissen wider die anfechtung der SFnden, verdamnis vnd Todes. Hie hat Paulus am meisten zu thun mit allem seinem leren vnd disputirn. So last nu hirauff itzt auch h=ren Brentij vnd der Wirtembergischen Theologen antwort aus nachfolgendem jhrem bekentnis, damit sie ausdrFgklich bekennen im 7. vnd 8. Parag., das die GERECHTIGKEIT, damit der mensch fFr Gott gerecht wird vnd ist, dadurch er aus dem Tod ins LEBEN k=mpt vnd sich der ewigen Seligkeit, inn anfechtung der sFnden, Tods vnd Hellen fFr Gottes Gericht tr=sten kan, allein ist die GERECHTIGKEIT des gehorsams vnd leidens Christi, damit er das Gesetz vnd willen Gottes volk=mlich fFr vns erfFllet hat, nach der lere des Apostels Pauli, vnd gar nicht die WESENTLICHE Gerechtigkeit Gotes. Das ist ja klar vnd deudlich gnug von der sachen geantwortet. Aber hie m=chte nun jemandts widder sagen: Hat doch Brentius sampt andern Wirtembergischen Theologen bisher alweg in allen jhren bedencken klar sich vernehmen lassen von Osianders lehre, das er recht halte vnd lere, das Gott allein sey die ewige weiheit, gerechtigkeit, leben vnd herrligkeit. Item, das er durch den glauben von wegen des verdiensts Christi wesentlich in vns wone. Item, vns teilhaftig mache seiner G=ttlichen natur wesentlicher weisheit, gerechtigkeit, lebens vnd herrligkeit, vnd also vns auch durch seine wesentliche Gerechtigkeit Recht mit der that mache. Hie in diesem leben angefangen spe, primitijs et inchoatione, dort in jhenen leben volk=mlich, re, decimis et perfectione. Antwort: Es ist alles recht vnd wol gered, wird dauon auch nicht weiter mit Osiandro disputirt, den an welchem ort solche teilhafftigkeit G=ttlicher natur vnd seiner wesentlicher gFtter weisheit, herligkeit, Gerechtigkeit, lebens stehen in der seligmachung des menschen, ob sie in das wesen der GERECHTIGKEIT vnd Rechtfertigung geh=ret, dadurch der mensch as dem Todt ins leben gesetzt wird, wie es Osiander haben wil, oder ob in das LEBEN selbs geh=re, darzu der mensch kFmpt durch die gerechtigkeit, wie wirs haben wollen. Brentius sampt seinen mituerwanten setzt sie klar, beide in nachvolgenden bekentnis vnd vorgehenden bedenkcn (so zu Wittemberg gedruckt), nach der GERECHTIGKEIT in das LEBEN vnd erbteil, so wir von Gott in Christo haben, denn das sind seine wort. Vnd dahin setzen wie sie auch in vnser grossen widerlegung des bekentnis Osiandri, Prop. 8 vnd quat. M des letzten drucks, vnd die Hamb. J, K. Osiander aber setzet die Teilhafftigkeit der Gottheit vnd seiner wesnetlichen gFtter weisheit, gerechtigkeit etc., welchs das ewig leben selbs ist, in die erste Gerechtigkeit oder Rechtfertigung, dadurch wir aus dem Todt vnd Helle ins leben komen solten; wil vns also eer selig machen denn gerecht; spannet die pferde hinder den wagen vnd wil vns also in himel fFren. Das wir zumal ein wunderlich faren werden. Ich besorge mich, wir kommen also zu spat zum himelreich, vnd also ausgeschlossen dar [sic] aussen eine b=se herberg, mit Osiandro, vnserm furhman, haben werden.

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eingenomen61 werde, so last auch hernemen die erfarung aller Christlichen gewissen. Wenn ein mensch durchs ampt des gesetzes62 jtzt so weit ist komen, das er seine sFnde warhafftig erkennet vnd ernstlich dafFr erschrickt, die vnterscheid der sFnden vnnd straffe der verdamnis des ewigen tods durch das gericht G=ttlicher gerechtigkeit mit der that beginnet im gewissen zu fFlen, vnd gern wolte aus dem verdamnis des ewigen TODS zu Gott in das ewige LEBEN komen, aus der Helle gen Himel steigen, so ist denn die ERSTE HEVBTFRAGE eins solchen gewissens, was fFr ein weg, mittel vnd leiter jm darzu von n=ten, vnnd findet sich da auffs aller klerest beide die antwort: nemlich, das GERECHTIGKEIT darzu von n=ten sey vnnd zugleich mit die vnterscheid der gerechtigkeit vnd lebens. Vnnd ist dis stFck der ersten Heubtfrage so gar nicht streittig, das neben der schrifft vnd Christlichen gewissen auch Heiden, TFrcken, JFden, Papisten vnnd Vnchristen, Osiander selbs auch nicht leugnet oder leugnen kan, denn das gerechtigkeit sey n=tig zu ewigem leben vnnd sey von dem leben gemelter63 ordnung nach vnterscheiden. Darauff volget nu die ANDER HEVBTFRAGE, nemlich diese: was solche gerechtigkeit eigentlich sey, dadurch oder damit ein armer, sFndiger, verdampter mensch gerechtfertiget, aus dem verdamnis des ewigen tods ins ewig leben kome. Da ist nu der gantze Heubtstreit der waren Kirchen Christi vnd falschen Kirchen, da beginnen wir [B 2r] vns recht zu scheiden mit Heiden, TFrcken, JFden, Papisten, Interimisten, jtzt auch mit den Osiandristen vnd allen falschgleubigen. Als Exempel:

Daraus nun beschlieslich so viel klar wird verstanden, das Brentius sampt andern Wirtenbergischen Theologen im grund mit vnd helt vnd leret widder Osiandrum, nemlich, das die Gerechtigkeit, dadurch ein sFndiger mensch aus dem tod zum leben eingehet, oder wie Paulus redet, fFr Gott gerecht wird durch den glauben, sey nichts, denn die Gerechtigkeit [Konjiziert aus: Gerechigker] des gehorsams vnd leidens Christi, damit Christus das gesetz erfFllet vnd Gotte fFr vns gnug gethan hat, vnd sey in keinen weg die wesentliche Gerechtigkeit Gottes. Wie gleicherweis daraus wird verstanden, mit was grund [Konjiziert aus: grind] die jenige bey euch handeln, welche darauf, da Brentius sampt den andern Wirtembergischen Theologen es mit Osianders lere halten sol, die leut veriagen, plagen, vnd die berge ins Meer versetzen wollen [Konjiziert aus: vollen]. Darumb sie auch genanter Theologen Bedencken getaufft haben, das es sey jr Erkentnis vber Osianders sachen. So sie doch wol wissen, wie oben albereit [Konjiziert aus: abereit] aus den vierde Bedencken Brentij angezogen, das sie sich noch bisanher keines iudicij vber beider part schrifften wollen angemast haben. Der almechtig [Konjiziert aus: alnechtig] Gott vnd Vater vnsers heilands Jhesu Christi, wolle sie ewer, vnser vnd seiner gantzen Kirchen erbarmen vnd den Satan vnter vnser fFsse tretten. Amen. Geben zu Magdeburg, prima Maij, Anno 1553. 61

Hendiadyion: überlegt, verstanden. Vgl. Art. einnehmen 8), in: DWb 3, 239. Der Gesetzespredigt wurde von Luther die Aufgabe zugewiesen, den Menschen zur Buße zu führen. Vgl. dazu und zu dem Streit um das Verhältnis von Gesetz und Evangelium unsere Edition Bd. 4. 63 genannter. 62

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Ein TFrck saget, die seligmachende gerechtigkeit, dadurch er zu Gott kome vnd ewig selig werde, sey, wenn er seinen Alcoran64 halte. Ein Heid vnnd ein JFde saget, es sey viel opffern. Zimlich, ehrbarlich vnd nach Gottes geboten leben. Ein Papist saget, es sey viel Mess lesen oder h=ren, Ablas l=sen vnnd sonst viel gute werck thun, sonderlich vom Bapst geboten vnd von MFnchen ertreumet. Das Interim saget, es sein die eingegebnen guten werck des heiligen Geists in vns.65 Osiander, etwas nach derselben art, spricht, es sey die eingegebne oder eingegossne wesentliche gerechtigkeit Gottes.66 Wider diese vnnd alle andere dergleichen sprechen wir, der Augspurgischen Confession verwandte, mit S. Paulo vnd der gantzen heiligen Schrifft: Es sey die vberreiche vnnd vberschwengliche erfFllung des gesetz Gottes durch den gehorsam vnd leiden Christi geschehen vnd vns durch den glauben zugerechnet.67 Welcher gerechtigkeit Causa efficiens proxima sey Christus, warer Gott vnnd Mensch, mit allen seinen wesentlichen gFtern, essentialibus & accidentarijs, vnnd allem, was an jm ist. Causa materialis sey seine erfFllung des gesetzes, sein verdienst, gehorsam vnd leiden, welchs eben so viel ist. Causa formalis sey das zurechen68 solcher seiner erfFllung gegen dem Gesetz oder, das auch eben so viel ist, die vergebung der SFnden. Denn zurechnung einer fremb-[B 2v]den bezalung ist meiner schulde erleschung. Causa instrumentalis sey das wort G=ttlicher verheissung vnd glaube. Causa finalis proxima, oder die volge vnd belonung, sey ewiges leben vnd herligkeit durch die einwonung Gottes. Hat also die einwonung Gottes, seiner wesentlichen gerechtigkeit, lebens, herligkeit vnd was mehr an Gott ist, hie alles wol sein stat69 nach der zugerechneten gerechtigkeit des gehorsams Christi. Ist aber nicht die gerechtig-

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Koran. Vgl. zum Umgang mit dem Koran in der Reformationszeit Bobzin, Koran. Im Augsburger Interim wurde der Vorgang der Rechtfertigung dahingehend beschrieben, dass Gottes Gnade das Herz des Menschen bewege, sich von Sünden abzuwenden und glaubend auf die Zusagen Gottes durch Christus zu vertrauen. „Und wer sich also durch einen solchen glauben auff die barmhertzigkeit Gottes und den verdienst Christi steuret und bevilcht sich darein, der empfehet die verhaishung des heyligen geists und wirdet also gerechtfertiget durch den glauben an Gott, nach der schriefft. Also das ime nit allein die sünden vergeben werden, sonder derselbig wirdet auch geheylliget und verneuert wurden den heyligen geist, dann dieser glaub erlangt die gabe des heyligen geists, durch welche die liebe Gottes außgegossen wirdt in unsere hertzen; (...).“ Augsburger Interim VI, Von der weise durch welche der mentsch die rechtfertigung bekombt, 50. 66 Vgl. z. B. Osiander, Von dem einigen Mittler (1551). 67 Vgl. z. B. AC IV, in: BSELK 292–298. 68 Zurechnen. 69 Eigentlich: Staat, hier wohl im Sinne: Platz, Ort. Vgl. Art. Stat, in: DWb 17, 932. 65

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keit selbs, dadurch wir komen zum leben vnd herligkeit Gottes, wie Osiander leret.70 Doch sind wir auch dieses stFcks so weit nicht mit jm eins, das er vnns durch die einwonung Gottes gar zu G=ttern selbs machet, Gott vnd Mensch Christo gleich, unio ne personali, sondern sagen auch hie gegen,71 das vnser ewiges leben vnnd erbe nicht sein wird vereinigung vnser menschlichen natur mit G=ttlicher natur in eine person, wie in Christo, sondern die vnaussprechliche, vnbegreiffliche anschawung72 vnd geniessung Gottes oder teilhafftigkeit seiner G=ttlichen natur vnd wesentlichen gFter: weisheit, gerechtigkeit, herligkeit, freuden etc., deren wir hie geringe erstlinge,73 dort aber die fFlle haben werden, vnnd jetzt mit aller demut vnd einfeltigkeit mehr gleuben denn forschen sollen vnd verstehen k=nnen. Wie nu bissher gnug dauon gesagt, lerne ein jeder die frage recht, so kan er darnach auch die antwort vrteilen. Die frage ist, sagen wir noch ein mal, von der gerechtigkeit: was gerechtigkeit eigentlich sey, dadurch ein armer, verdampter SFnder aus dem tod ins leben, aus der Helle in Himel komen m=ge. Hie scheiden sich die rechtgleubigen von den falsch[B 3r]gleubigen. Hie haben Christliche Lerer zu kempffen mit den falschen Lerern, vnnd aller Christen gewissen mit der anfechtung jrer SFnden vnnd verdamnis des todes. Hie hat der Apostel Paulus am meisten zu thun mit allem seinem leren vnd disputieren. Des nemet jtzt nur den einigen Spruch Roma. v.,74 da er Christum vnnd Adam gegeneinander vergleichet, wie Adam durch seine sFnde auff vnns bracht hat das verdamnis des todes, das Christus also durch seine gerechtigkeit widerbracht habe die rechtfertigung des lebens; setzt klerlich alda beide stFck, dauon wir jetzt hie reden. Erstlich, wie gerechtigkeit vnd leben gescheiden sind vnd eins dem andern volget gegen der sFnde vnnd gegen dem tode.

70 Vgl. z. B. Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), in: OGA 10, 136, 25 –29; 138,8 –11 und 13 –18: „Dieweil wir dann durch den glauben das ewig, lebendig wort Gottes, das Gott selbs ist, nemlich den herren Jhesum Christum, sampt dem Vater und heiligen Geist ergreiffen und in uns also wonend haben, so beweiset das euangelion, dem wir glauben, ferner seine krafft also, das wir durch das wort vom todt der sFnden in Gott wider lebenig und erleuchtet werden. (...) Es sol aber niemandt hie gedencken, das wan wir sagen, das wort, das ist die g=ttliche natur in Christo, sey unser leben, das wir darumb wolten die menschliche natur absundern und ausschliessen, als hette sie nichts darzu, das wir durch sein g=ttliche natur lebendig werden. (...) Dann gleichwie die rebe den safft und geist, darvon sie grun und fruchtbar wirt, aus dem weinstock nicht empfangen kan, sie sey dann mit dem stamme und holtz des weinstocks ein leib, also auch wir k=nnen kein g=ttlich leben, gerechtigkeit, herligkeit noch andere g=ttliche krafft in keinen wege aus dem g=ttlichen wesen empfahen noch erlangen, wir sein da zuvor durch den glauben und tauff in den herren Jhesum Christum eingeleibt, (...).“ 71 sondern halten auch hier die Gegenrede. 72 Anschauung. 73 Vgl. Röm 8,23. 74 Vgl. Röm 5,18.

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Darnach definirt vnd beschreibt er sFnde vnd gerechtigkeit auffs aller eigentlichst gegenander. Das gleich wie vnser sFnde in Adam ist sein vngehorsam, vnns zugerechnet, darumb wir alle des todes sind, also sey Christi gehorsam vnser gerechtigkeit, wenn er vnns wird zugerechnet, darumb wir alle widerumb das leben haben. Wollen wir nu Brentium auch hieuon h=ren, so sind seine viel vnnd gute schrifften vorhanden, haben auch wir vnnd andere draus etliche SprFche hiezu sonst angezogen.75 Aber doch darumb wir eben nachfolgende Declaration vber Osianders Disputation sampt dem bekentnis auch jetzt haben in druck geben, so bekennet er, Brentius, sampt den andern Wirtenbergischen Theologen, wie ewer liebe darnach klar darin lesen werden: Erstlich, das die gerechtigkeit, damit ein sFndiger Mensch fFr Gott gerecht wird vnnd ist, aus dem tod ins leben kFmpt, sich auch derselben in anfechtung der sFnden, tods [B 3v] vnd Helle vor dem gericht Gottes annemen vnd tr=sten sol vnd kan, sey die gerechtigkeit des gehorsams Christi, damit er das Gesetz vnd allen willen Gottes volk=mlich erfFllet hat. Dauon auch der heilig Paulus allein rede vnd zu uerstehen sey Roma. j.76 vnd iij.,77 vnd gar nicht von der wesentlichen gerechtigkeit Gottes, wie es Osiander verstehet vnd haben wil.78 Vnd das es Paulus darin halte mit Osianders widerpart vnd sie mit Paulo. Zum andern setzen sie die einwonung Gottes, kind- vnnd erbschafft seiner ewigen, wesentlichen gFter, nach der rechtfertigung vnnd gerechtigkeit des gehorsams Christi, vnnd das dieselbe erbschafft der wesentlichen gFter Gottes kome vnnd gegeben werde von wegen der gerechtigkeit des gehorsams Christi. Das ist ja alles auch klar vnnd deutlich gnug geredt von obgestelten fragen, vnnd wider Osiandrum. Daraus ist nu leicht auch denen zu antworten, welche aus den vorigen oder auch jetzigen Brentii vnnd seiner mituerwandten Wirtenbergischen Theologen bedencken anziehen vnd fFrgeben m=gen, das sie Osiandro seiner lere recht geben, vnnd jm recht zu geben sey, da er auch leret, Gott allein sey die ewige weisheit, gerechtigkeit, leben vnd herligkeit. Item, das er durch den glauben von wegen des verdiensts Christi wesentlich in vns wone, vnns teilhafftig mache seiner G=ttlichen natur vnnd wesentlichen gFter, weisheit, gerechtigkeit, lebens vnd herligkeit, vnd vns also auch durch mitteilung seiner wesentlichen gerechtigkeit recht mit der that gerecht mache,79 hie in diesem leben angefangen, Spe primitiis et inchoatione, dort in jenem leben volk=mlich, re decimis et perfectione.

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zitiert. Vgl. Röm 1,16f. Vgl. Röm 3,21. Vgl. Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), in: OGA 10, 162f. Vgl. unten auf Blatt C 1v.

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Vnnd nemlich ist darauff diss die ware, richtige ant-[B 4r]wort. Es ist diss alles war, recht vnd wol geredt, wird dauon auch nicht weiter mit Osiandro disputirt, denn an welchem ort vnser seligmachung, die einwonung Gottes, teilhafftigkeit G=ttlicher natur vnd wesentlichen gFter, sol gesetzt werden, zu anfang oder zu ende, vor oder nach, in das wesen der gerechtigkeit oder wesen des lebens. Brentius mit den seinen setzts nach der gerechtigkeit in das leben vnd erbe der Christen, wie vor geh=ret vnnd hernach zu sehen. Dahin haben wirs auch gesetzt in vnser grossen widerlegung des bekentnis Osiandri, Prop. 8 vnd quat. M des letzten drucks,80 vnnd die Prediger zu Hamburg quat. I vnd K.81 Osiander aber setzts in das wesen der gerechtigkeit oder rechtfertigung, dadurch wir aus dem tod ins leben, aus der Helle in Himel komen sollen, wil vnns ehr82 selig denn gerecht machen, spannet die pferde hinter den wagen vnd will vns also gen Himel fFhren. Das wird zumal ein wunderlich fahren werden. Jst zu besorgen,83 wir komen so allzu spat ins Himelreich vnnd m=chten draussen verschlossen mit Osiandro, vnserm fuhrman, ein b=se Herberg bekomen. So wird nun beschliesslich souiel aus nachfolgenden schrifften vnd diesem vnserm bericht hie verstanden, das Brentius sampt den andern Wirtenbergischen Theologen im grunde mit vns helt vnnd leret wider Osiandrum: nemlich, das die GERECHTIGKEIT, dadurch ein sFndiger Mensch aus dem tod zum LEBEN eingehet, oder wie Paulus redet, fFr Gott gerecht wird durch den glauben, nichts anders sey, denn die gerechtigkeit des gehorsams Christi, damit Christus das Gesetz erfFllet vnd Gott fFr vns gnug gethan hat, vnd sey in keinen weg die wesentliche gerechtigkeit Gottes. [B 4v] Vnd ob Osianders anhang84 sich hierFber noch Brentii vnd der Wirtenbergischen Theologen beifal85 rhFmen wolte, so hetten wir doch allein an dem gnug wider sie alle, das vns so viel, offt vnd klar gegeben wird, Paulus, da er zun R=mern von gerechtigkeit vnnd rechtfertigung eins armen SFnders durch den glauben handelt, rede nicht von der wesentlichen gerechtigkeit Gottes, sondern von vergebung der SFnden vnnd gerechtigkeit des gehorsams Christi, vnns durch den glauben zugerechnet.

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Vgl. Flacius, Gallus, Verlegung des Bekenntnisses Osiandri (1552), M 1v, unsere Ausgabe Nr. 8 S. 383. 81 Vgl. RESPONSIO MI= || NISTRORVM ECCLESIAE CHRISTI, || QVAE EST HAMBVRGI ET LVNE- || burgi, ad confessionem D. Andreae Osi= || andri, de mediatore Iesu Christo & iu= || stificatione fidei, inclyto Hambur= || gensis & Luneburgensis Reip: || Senatui exhibita, Anno || Do. MDLII. mense || Februario || scripta. || ... || [Magdeburg: Michael Lotther, 1553] (VD 16 R 1193). 82 eher. 83 befürchten. Vgl. Art. besorgen 2.a), in: DWb 1, 1635. 84 Rotte, Gesindel, Spießgesellen. Vgl. Art. Anhang, in: DWb 1, 366f. 85 Zustimmung. Vgl. Art. Beifall 2), in: DWb 1, 1368f.

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Helts nun Paulus mit vns, des schrifften der rechte brun vnd quell sind, daraus wir vnser Theologia (sonderlich von der rechtfertigung des SFnders) schepffen sollen, vnd helts mit vnns eben an dem ort Roma. iii,86 da die Proposition, Heuptspruch, grund vnd hertz ist der gantzen Disputation vnd lere Pauli von der rechtfertigung, so halts mit Osiandro drauff, wer da will, vnnd sehe, was er mache, so er ein Christ sein wil vnnd andere Christen noch drFber hilfft verwirren vnnd beschweren.87 Der Allmechtig Gott vnd Vater vnsers Heilands Jhesu Christi w=lle sich ewer, vnser vnnd seiner gantzen Kirchen erbarmen, dem Satan weren vnd jn entlich vnter vnser fFsse treten.88 Amen.

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Gegeben zu Magdeburgk, prima Maii, Anno 1553.m Ewer Liebe Willige Diener im Herrn Matth. Fla.Illy. Nicolaus Gallus.

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[C 1r] Des Herrn Johan Brentii vnd der andern Wirtenbergischen Theologen Declaration von Osiandri Disputation. Durchleuchtiger, hochgeborner FFrst, gnediger Herr, Ewer F.G. [Hz. Christoph v. Württemberg] hat gnediglich an vnns begert, nach dem sich inn der Preussischen, osiandrischen Sach allerley vnrichtigkeit zutragen w=ll vnnd wir vns bisanher (A) keines iudicium vber beider partey scripta vnderfangen,89 sonder allein glimpfflich weg vnd mittel zur Christlichen Einigkeit gesucht, so sollen gegen E.F.G. wir vnns dermassen declarirn, das daraus vernommen werden m=cht, worin hierin der Heubtstreit hange vnd worin der parteien rechte oder mangelhaffte meinung erscheine.

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(A) Mercke, sie haben sich noch keines iudicii oder vrteils vber die sache vnterfangen.

Hierauff wollen E.F.G. wir in vnterthenigkeit nicht verhalten,90 das wir des handels halb an jme selbst, souiel wir dessen zu dieser zeit noch verstehen, bissanher kein schewen tragen91 hetten, vnsere weitleufftigere erclerung zu thun. Dieweil wir aber vns zuuor in dieser sach sonst mit niemand haben anders eingelassen, denn was E.F.G. wir aus derselben befehl vnd auff beger des Durchleuchtigsten, hochgebornen FFrsten vnnd herrn, Herrn Albrechten des

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Vgl. Röm 3,21. belasten, beleidigen. Vgl. Art. beschweren 3), in: DWb 1, 1603f. 88 Vgl. Röm 16,20. 89 keines Urteils angemaßt. Vgl. Art. unterfangen 4.a), in: DWb 24, 1547; Art. unterfahen I.2), in: DWb 24, 1543. 90 (unsere Ansicht, Meinung) vorbehalten. Vgl. Art. verhalten 5), in: DWb 25, 511f. 91 keine Abneigung verspürt. Vgl. Art. tragen III.D.1.c), in: DWb 21, 1096f. 87

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Eltern, Marggraffen zu Brandenburg, in Preussen, zu Stettin, Pomern, der Cassuben vnnd Wenden Hertzogen, Burggraffen [C 1v] zu NFrnberg vnd FFrsten zu Rugen, vnsern gnedigsten FFrsten vnd Herrn, geschrieben,92 so hat vns vnsers bedenckens nicht wol gebFren wollen, allein mit einer partey sonderliche handlung one vorwissen zu pflegen. Nach dem auch vnsere vorige schrifften, so wir Christlicher meynung zur vorbereitung des friedlichen vertrags gestelt,93 von etlichen gantz vnfreundtlich angetast94 vnd gedeutet worden sein,95 haben wir die fFrsorg tragen mFssen, es m=chte vnsere declaration auch missgebraucht vnd zu erweckung gr=sserer vnrhue gezogen96 werden. So wil vnns beduncken, je lenger je mehr Er97 mit amphibologiis et aequiuocationibus dermassen verwirt vnnd durch einander gemengt werde, das nicht verstentlich vnnd Catigorice daruon, one vnterscheid, zu reden oder zu schreiben sey.98 Jedoch wollen gegen E.F.G. wir gehorsamlich mit Gottes hFlff versuchen, ob wir von dieser verwirten sach einen deutlichen, verstendlichen bericht geben m=chten. Wir wollen aber jetzt umbgehen, was der nebenhendel sein, so entweder der Heubtsach nicht oder gar wenig zugeh=ren, als viel hessiger99 wort, mancherley frembde deutung etlicher sprFch der heiligen Schrifft vnnd vngereimte Consequentias, sondern wollen allein von dem heubt dogmate reden. Denn Osiander hat vnsers bedenckens, vnd souiel wir noch seiner meinung erlangt100 haben, in diesem stFck recht, das er leret, Gott sey allein (so man proprie vnnd eigentlich von der Gerechtigkeit reden wil) die recht ewig wesentlich Gerechtigkeit, von dem alle Gerechtigkeit herkFmpt, wie auch Gott allein die recht ewig weissheit, stercke, leben vnd seligkeit ist. So leret Er auch darinnen nicht vnrecht (haben wir anderst sein meinung recht verstanden), das vnser Herr Jhesus Christus habe mit seinem leiden 92

Gemeint sind die Gutachten, die von den Württembergern 1551 und 1552 verfasst wurden. Vgl. Wengert, Defending Faith, 198–205. 93 verfasst haben. 94 angegriffen. Vgl. Art. antasten, in: DWb 1, 496. 95 Die von den Württembergern als Vermittlungsversuche intendierten Gutachten wurden von beiden Seiten für sich reklamiert, was nur zu weiteren, erbitterten Streitigkeiten führte. Vgl. Wengert, Defending Faith, 205–208. 96 verwendet. 97 Der „Handel“ [vgl. oben S. 682,28], d. h., die Auseinandersetzung um Osianders Lehre. 98 Die Forderung, sich klar und eindeutig, „categorice“, zu erklären, hatten die Königsberger Universitätsangehörigen gegenüber Brenz erhoben, weil Herzog Albrecht unter Verweis auf die zwei vorangegangenen Württemberger Gutachten keine Maßnahmen gegen die Lehre Osianders durchführe, sondern diese für richtig halte: „Cum autem nobis candide tua interpretantibus secus videatur, nihil aliud optamus, quam ut plane et categorice nobis tuam sententiam exprimas.“ Rektor und Senat der Universität Königsberg an Johannes Brenz. 8. November 1552, in: Anecdota Brentiana, Nr. 186, S. 341–344, bes. 342. 99 feindseliger, hasserfüllter. Vgl. Art. hässig 2), in: DWb 10, 549f. 100 verstanden. Vgl. Art. erlangen 5), in: DWb 3, 888.

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vnnd todt verdienet, das [C 2r] Gott mit vns vers=net, selbs in vns durch den glauben wohne, sich sampt allen seinen gFtern VNS ZUM EVVIGEN ERBTEIL schencke, vnnd hernach, gleich wie sein leben, weisheit vnd seligkeit vnser ist, also ist auch sein Gerechtigkeit vnser. (B) (B) Solche meinung Osiandri ist recht, wenn mans setzet nach der gerechtigkeit oder rechtfertigung ins LEBEN oder ERBTEIL der Christen vnnd nicht in die gerechtigkeit oder rechtfertigung selbs, dauon Paulus Roma. i,101 iii,102 iiii103 handelt.

Aber darin thut Osiander vnsers bedenckens der sachen zuuiel, das Er die schrifft des heiligen Apostels Pauli (C) zu den R=mern, vnd fFrnemlich die wort „iustitia Dei“ et „iustificari“, in dem ersten vnnd dritten Capitel anderst deutet, denn die Heuptsach der disputation Pauli auf jme tregt,104 vnd wil mit denselben sprFchen vnd dergleichen seine meinung bestetigen.105 Denn wiewol die obgemelte meinung von der ewigen gerechtigkeit Gottes recht ist, so ist es doch vnsers verstands nicht recht, das Osiander dieselbe meinung mit den gemelten sprFchen Pauli vnnd mit anderer deutung der w=rter Pauli confirmiren will. Aber des Osianders widderpart hat in diesem recht, das sie fest helt ob106 dem rechten verstant der w=rter vnnd sprFche Pauli, Roma 1 vnnd 3: „Iustitia Dei“ et „iustificari“. Denn „IUSTITIA Dei“ heist an den bemelten orten Pauli nicht die VVESENTLICHE GERECHTIGKEIT Gottes, sondern die Gerechtigkeit, SO VOR Gott GILT (das ist), die VERZEIHUNG der sFnden, die der Herr Christus mit seinem gehorsam erworben hat. Vnnd „Iustificari“ heist daselbst nicht wesentlich gerecht werden, sondern von den sFnden absoluirt vnnd ledig gezelt,107 auch fFr gerecht, von wegen des gehorsams Christi, vor Gott gehalten werden. (C) Mercke: Hie ist etwas viel mehr gesagt, denn ein jeder bald verstehen werde. Weil sie bekennen, das Paulus, der auserwelte werckzeug Gottes, da er handelt von der gerechtigkeit vnnd rechtfertigung des [C 2v] armen SFnders, Roma j, iij, ja der er eben die Proposition, Heubtspruch vnd grund des genatzen handels setzet, in keinen weg es mit Osiandro helt, sondern mit seinem widerpart, auch gantz vnnd gar von der wesentlichen gerechtigkeit Gottes da nicht redet etc., so haben sie mehr denn gnug von der sache geurteilet. Denn mit wem es Paulus helt, der hats gar gewunnen, vnnd mit wem es Paulus nicht helt, der hats gar verloren. Summa: Wenn die Kirche Christi von des SFnders gerechtigkeit fFr Gott oder rechtfertigung handel, so handelt sie eben von der gerechtigkeit vnnd rechtfertigung, dauon Paulus schreibet Roma j, iij vnd iiij, vnd von keiner andern, denn sie nimpts vnnd lernets

101

Vgl. Röm 1,16f. Vgl. Röm 3,21–24. 103 Vgl. Röm 4,22–25. 104 mit sich bringt. 105 Osiander zitiert Röm 1,16f und Röm 3,20 –30 in seiner Schrift „Von dem einigen Mittler“ sehr häufig, um seine Argumentation zu stützen. Vgl. das Bibelstellenregister in OGA 10, 1024. 106 dass sie daran festhält, darauf beharrt. Vgl. Art. ob II.4), in: DWb 13, 1049. 107 befreit worden sein. Vgl. Art. ledig, in: DWb 12, 498. 102

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von jm. Derhalben, so Osiander ein ander gerechtigkeit vnnd rechtfertigung, oder ein ander Euangelion bringet denn Paulus, so sey er ANATHEMA Maranatha.108

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Sie haben auch darin recht, das die Gerechtigkeit (das ist), der gehorsam (D) Christi, vnser ist. Nemlich in diesem verstandt, das Christus mit seinem gehorsam vns die ewig Gerechtigkeit vnd seligkeit Gottes verdient habe. Vnd sollen wir vns dieses gehorsams Christi, als der allen willen Gottes, des Vaters, volkommenlich erfFllet hat, in aller vnser not vertr=sten. (D) Mercke: Gerechtigkeit vnd gehorsam Christi ist jnen mit Paulo, Roma v,109 ein ding.

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Aber darin thun sie der sach vnsers bedFnckens zuuiel, das sie des Osianders meinung von der wesentlichen gerechtigkeit Gottes nicht allein von den sprFchen Pauli absondern (daran sie denn recht haben), sondern wollen auch solche gerechtigkeit Gottes in iustificatione peccatoris an jrem gebFrenden ort nicht sein raum lassen haben. (E) (E) Das ist zuuiel. Denn man lest vnnd fordert sie an jrem gebFrenden ort, nemlich nach der gerechtigkeit oder rechtfertigung des SFnders in dem ewigen leben oder Himlischen erbteil, dahin jr sie auch setzet, nicht vor oder in der rechtfertigung, das sie das wesen dieser gerechtigkeit selbs sey.

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So man nu sagt: Der Mensch wird gerecht durch die wesentliche gerechtigkeit Gottes, die Gott selbst ist, so ist es alles gelegen an dem verstand dieses [C 3r] worts (Gerecht werden). Denn wenn es verstanden wird nach der Gerechtigkeit, so vnser HIMELISCH ERBTEIL (F) ist, die wir auch ewiglich haben vnd geniessen werden, vnd die vns Christus mit seinem gehorsam verdient hat, so ist es war, das wir allein durch die wesentliche Gerechtigkeit Gottes, HIE aus erden, spe primitijs et Inchoatione, DORT in jenem leben, re decimis et perfectione gerecht werden.

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(F) Mercke hie jre selbs eigne erklerung, das die lere von der teilhafftigkeit oder geniessung der wesentlichen gFter Gottes, seiner weisheit, gerechtigkeit etc., als denn recht ist, wenn man sie setzt in das Himlische erbteil oder Himlische ewige leben. Wenn man sie aber dringet in die erste rechtfertigung des SFnders, dauon Paulus vnnd die Schrifft handelt, so ist sie gar vnrecht, wie volget.

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Wenn man aber das wort (Gerecht werden) verstehen wil NACH DER LEHR Pauli zu den R=mern fFr die verzeihung der sFnden, die wir durch den glauben an Christum haben, so ist es nicht recht geredt, das wir gerecht werden durch die wesentliche gerechtigkeit Gottes, sondern wir werden GERECHT (das ist), wir empfahen die verzeihung der sFnden, durch den gehorsam Christi, durch das leiden vnd tod Christi. Denn nicht die wesentliche gerechtigkeit Gottes, sondern Jhesus Christus, warer Gott vnd Mensch, ist fFr vnsere sFnd gestorben. Vnd auff diesen verstand wird die (G) LERE PAVLI zu den R=mern vnnd dergleichen Locis von den Widersachern Osiandri recht vnd Christlich verteidingt.

108 109

Vgl. Gal 1,8; I Kor 16,22. Vgl. Röm 5,19.

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(G) Freilich ists der Kirchen vmb die lere Pauli zu thun vnnd nicht Marcolfi.110

Also hat Jhesus Christus, vnser lieber Herr vnd Heyland, warer Gott vnd Mensch in einer Person, nach beiden Naturen sein vnterschiedliche wirckung in iustificatione peccatoris. Nemlich, das Christus nach menschlicher Natur, doch in einiger Person mit Gott, den tod fFr vnsere sFnd gelieten, vns mit dem vater vers=net vnd vns erworben, das [C 3v] wir,n so an jn glauben, haben von seinet wegen verzeihung der sFnden, vnd das sein GERECHTIGKEIT vnd GEHORSAM vns von Gott zugerechnet werde. Das auch der ware, ewig Gott Vater, Son vnnd heiliger Geist in vnns wohne vnnd mache vns seiner ewigen Gerechtigkeit vnd Seligkeit teilhafftig. Vnd kFrtzlich, vnser Herr Jhesus Christus hat vnns mit seinem gehorsam, leiden vnd sterben fFrnemlich ZVVO GVTTHATEN bey seinem himlischen Vater verdient vnnd erlangt. Die EINE ist die VERZEIHVNG der sFnden. Die ANDER ist das EVVIG LEBEN. So nu einer die verzeihung der sFnden durch den glauben empfahet, als den wFrdt er auff folgenden verstand GERECHT, das, vnangesehen, ob er wol noch an jm selbst vngerecht ist, sein vngerechtigkeit jm nicht zugerechnet, sondern er wird von wegen des gehorsams Christi GERECHT (das ist), der vngerechtigkeit ledig vnnd los vor Gottes Gericht gezelet, wie des Osianders widerpart helt vnnd auch ein RECHTE, christenliche meinung ist. So man aber das EVVIG LEBEN durch den glauben empfahet, als denn wird man auff folgenden verstand GERECHT, (H) das Gott selbst, der da ist das ewige Leben, inn dem gleubigen wohne vnnd schencke jm zu einem ERBTEIL sein ewige Gerechtigkeit vnnd seligkeit, also, das dieselbige hie auff Erden in dem gleubigen anfahe jr wirckung zu haben. Nemlich, das die geschenckte Gerechtigkeit fFhre den gleubigen in den gehorsam Gottes gebot etc., vnnd die verhoffte seligkeit tr=ste den gleubigen in aller bekFmmernis vnd widerwertigkeit.111 (H) Hie sihet man ja abermals klar, das Brentius vnd die Wirtenbergischen Theologen die mitteilung oder geniessung der wesentlichen gerechtigkeit in das ewige leben setzen vnd nicht in die vorgehende gerechtigkeit oder rechtfertigung des SFnders.

Das ist, gnediger FFrst vnd Herr, vnser einfeltig,112 vnter-[C 4r]thenig erklerung, souiel wir dieses handels zu dieser zeit verstehen, haben auch E.F.G. dieses stFcks dester vntertheniger vnd klerer berichten sollen, das wir hiemit

n

In der Kustode C 3r: wri.

110

Eine Anspielung auf das im 16. Jahrhundert populäre Spruchgedicht von „Salomo und Markolf“. Die Figur des Markolf zeichnet sich besonders durch bäuerisch listige Hinterhältigkeit aus. Hartmann, Spruchgedicht, 66 –69; Griese, Salomo und Markolf. 111 Unglück, Leid. Vgl. Art. Widerwärtigkeit 5), in: DWb 29, 1376f. 112 redliche. Vgl. Art. einfältig 2), in: DWb 3, 173.

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der Calumnien113 begegnen, so ausgeben114 wird (wie wir bericht), es wolle von etlichen in E.F.G. land humanitas Christi verleugnet werden.115 Wollen hierauff vns, souiel diese erklerung belangt, in kein bitter gezenck mit jemand einlassen, sondern m=gen gantz wol leiden, das es andere besser machen. Haben wir beider parteyen meinung recht erlangt, so dancken wir vnserm Herrn Gott. Haben aber wir dieselbe nicht recht erlangt, so wissen wir dennoch durch Gottes gnad, das vnser meinung recht vnd Christlich ist, den Herrn bittend, er wolle vns bey der reinen, einfeltigen LERE des heiligen Evangelij Christi von der RECHTFERTIGVNG des Menschen vnd von allen andern Artickeln vnserer Religion, wie es die heilige Schrifft, vnd FVRNEMLICH S. Paulus, auch vnsere Praeceptores D. D. Lutherus vnd Philippus vor diesem zancken, verm=g Gottes wort verklert haben, gnediglich erhalten. Wollen E.F.G. vns hiemit vntertheniglich befohlen haben. Actum Tubingae, Die 30. Ianuarij Anno 53. Bekenntnis Brentijo vnd Wirtenbergischen Theologen von der rechtfertigung

In diesem bekentnis erzelet Brentius vnd die Wirtenbergischen Theologen, wiewol kFrtzlich, jedoch fein ordentlich, die lere der seligmachung des Menschen, welche so man fleissig 20 von punct zu punct mercket vnd vernimet, so ist den jrrenden oder zweiffelnden aus Osianders jrthumb bald geholffen. Erst sagen sie von der volkomenheit Menschlicher natur nach der ersten sch=pffung. [C 4v] Darnach von dem ersten fall. Zum dritten von der verheissung des gebendeiten samens, das ist, Christi. Item, vom glau25 ben vnd seligmachung der Altueter. Zum vierden von der zukunfft116 Christi ins fleisch oder Menschwerdung. Zum fFnfften von der gerechtigkeit Christi, damit wir SFnder fFr Gott gerecht werden. Zum letzten von dem ewigen leben oder erbteil, darin sie die mitteilung G=ttlicher natur vnnd seiner wesentlichen gFter: weisheit, gerechtigkeit etc. als das letzt setzen.

Von dem Menschen vor dem fall, vnd seiner volkomenheit.

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Wjr gleuben, bekennen vnd lehren, das Gott im anfang den menschen zu seiner bildung vnnd gleichnis erschaffen117 vnd jn mit dem heiligen Geist, auch mit rechter weisheit, frombkeit, gerechtigkeit vnnd allerley G=ttlichen gFtern vnd tugenden begabt vnd gezieret hat. o

Konjiziert aus: Brertij.

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Betrügereien. Vgl. Art. alumnia, in: Georges I, 938f. behauptet. Vgl. Art. ausgeben 10), in: DWb 1, 867. 115 Bezugnahme auf die Kontroverse mit den Anhängern Caspar von Schwenckfelds in Württemberg. 116 Herabkunft, Menschwerdung. Vgl. Art. Zukunft I.5), in: DWb 32, 478. 117 Vgl. Gen 1,27. 114

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Vnd so der mensch in die SFnd nicht gefallen were,118 so were er nimmermehr gestorben, sondern sein zeit hie auff erden in dem leiblichen leben mit aller Ruhe, sicherheit vnd gesundheit erreichet vnd darnach in das geistliche, himlische wesen ewiglich, in aller volkomener gerechtigkeit vnd seligkeit zu leben, eingesetzt worden sein.

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Von dem ersten fall. Wir gleuben vnd leren: Nach dem der Mensch wider Gottes gebot gesFndigt,119 so ist er in Gottes vngnad vnd zorn gefallen, des heiligen Geistes, der gerechtigkeit beraubt, dem Sathan, der SFnd, zeitlichen vnnd ewigen tod vnd verdamnis verpflicht worden.120

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[D 1r] Von der verheissung des gebenedeieten samens,121 das ist, Christi. Wir gleuben vnnd leren, das Gott, nach dem abfall des Menschen, ha aus lauter gnad vnnd barmhertzigkeit je lenger je klerer, den heiligen Patriarchen122 vnnd durch die Propheten versprochen vnnd zugesagt, er wolle seinen einigen Son, der ewig von jm geborn, in diese Welt zu seiner zeit schicken, das er von einer Jungfrawen warer Mensch geboren werde,123 die SFnd des Menschen mit seinem leiden vnnd tod busse, Gottes Zorn vers=ne, den Sathan vnd den tod vberwFnde vnnd dem Menschen widerumb alle vorhin verlorne gerechtigkeit vnnd seligkeit bey Gott erlangete.124 Wir gleuben vnd leren, das alle, so fFr der ankunfft des Sons Gottes in dieser Welt, obgemelter G=ttlichen zusagung gegleubt, widerumb zu Gottes Gnaden angenomen vnd von wegen des Sons Gottes, an den sie gegleubt, die verzeihung der SFnden empfangen, mit dem heiligen Geist begabt vnd zu erben der ewigen gerechtigkeit vnnd seligkeit gemacht worden sein. Von Christi zukunfft ins fleisch oder Menschwerdung. Wir gleuben vnd leren, das Jhesus Christus, warer, ewiger Gottes Son vnd gleicher Gott mit seinem Vater, sey zu seiner zeit warer Mensch von der Jungfrawen Maria, als er zuuor in jr aus dem heiligen Geist empfangen, in diese Welt geboren, vnnd hab alle menschliche gebrechen,125 ausserhalb der SFnde, an sich genomen, auch al-[D 1v]les mit seiner lehr, wunderwercken, leiden, sterben, aufferstendtnis von den todten, Himelfart, schickung des heiligen Geistes, ausbreitung seines Euangelions in die gantze Welt vnd ver118 119 120 121 122 123 124 125

Vgl. Gen 3. Vgl. Gen 3,6. Vgl. Gen 3,15 –19. Vgl. Gen 3,15. Abrahahm, Isaak, Jakob. Vgl. Jes 7,14. Vgl. Jes 9,5f; 11,1–5; 42,1– 4, 53,1– 6. Unzulänglichkeiten. Vgl. Art. Gebrechen III.3.f), in: DWb 4, 1849.

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samlung seiner Kirchen beide, aus JFden vnd Heiden, durch die predigt seines Euangelions angericht vnnd volbracht, aller ding, wie es zuuor den heiligen Patriarchen verheissen vnd durch die Propheten verkFndiget vnd erkleret worden ist.126 Von gerechtigkeit vnd rechtfertigung des SFnders.

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Wir gleuben vnd leren, das Jhesus Christus, warer Got vnd Mensch, hab mit seinem leiden vnnd sterben verdienet, das der Himlisch Vater alle, so an jn gleuben, zu gnaden anneme, verzeihe inen ihr SFnd vnnd schencke ihnen allen gehorsam, fr=migkeit vnd GERECHTIGKEIT, (I) die sein Son Jhesus Christus GETHAN, vnd damit er den VVILLEN seines Vaters vnnd das G=ttlich GESETZ volk=mentlich ERFVLT hat. Also, das, welcher in Jhesum Christum gleubt, sich des gehorsams vnnd der GERECHTIGKEIT Christi in anfechtung [D 2r] der SFnden, Tod vnd Helle vor dem gericht Gottes nicht anders annemen vnd vertr=sten sol, denn als so er selbs Gottes GEBOT vnnd allen VVILLEN Gottes VOLBRACHT hette.

(I) Hie h=restu, lieber Leser, ja klar, was die gerechtigkeit Christi sey, damit ein armer SFnder durch den glauben gerecht oder gerechtfertiget wird vnnd ist; nemlich, das es sey der gehorsam oder gethane gerechtigkeit Christi, damit er den willen seines Vaters vnnd das G=ttliche Gesetz volk=mlich erfFllet hat. Die wesentliche gerechtigkeit aber werden sie 20 hernach ins ewige leben oder Himlische erbteil setzen.

Pauli Lehr von gerechtigkeit vnnd rechtfertigung.

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Wir halten auch, das Sanct Paulus, da er zu den R=mern im ersten Capitel sagt, das im Euangelio die GERECHTIGKEIT, so vor Gott gilt, geoffenbaret wird;127 vnnd im dritten Capitel, die GERECHTIGKEIT, die fFr Gott gilt, werde on zuthun des Gesetzes geoffenbaret;128 vnnd hernach, der Mensch werde gerecht one des Gesetz werck, allein durch den glauben,129 ZV VERSTEHEN sey NICHT von der VVESENTLI-[D 2v]CHE GERECHTIGKEIT Gottes, die Gott selbs ist, sondern von der VERZEIHVNG der SFnden vnnd von dem GEHORSAM vnd der GERECHTIGKEIT Christi, MIT VVELCHER Gerechtigkeit er das GESETZ vnd Gottes VVILLEN genug GETHAN, VVELCHE gerechtigkeit auch Gott, so wir an Christum gleuben, vns zurechnet, das wir vns derselben als vnsers von Gott geschenckten eigen guts vor Gottes Gericht vertr=sten sollen.

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Vgl. Anm. 121. Vgl. Röm 1,17. Vgl. Röm 3,21. Vgl. Röm 3,28.

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Nr. 12: Brenz, Declaratio und Bekenntnis (1553)

Von dem ewigen leben oder Himlischen erbteil, geniessung oder mitteilung G=ttlicher natur vnnd wesentlichen gFter: weisheit, gerechtigkeit, herligkeit etc. Wir gleuben vnnd leren, das Jhesus Christus vns durch sein leiden vnnd sterben verdienet hab nicht allein, das Gott vns zu gnaden auffneme vnnd verzeihe vns vnsere SFnde, von wegen des gehorsams seines Sons Christi, sondern das er auch sampt seinem Son vnd heiligen Geist in vnns warhafftig wone vnnd neme vns an, an kindes stadt vnnd ERBEN seiner HIMLISCHEN GVTER. Nemlich: das, gleich wie wir, von wegen Jhe-[D 3r]su Christi, ERBEN sein des G=ttlichen, ewigen lebens vnnd seligkeit, also sind wir auch erben der G=ttlichen, ewigen fr=migkeit vnd gerechtigkeit, das wir widerumb das ERBTEIL, so wir vorhin durch die SFnd verloren haben, volk=mlich vnd reichlich erlangen. Vnd wiewol wir in diesem leiblichen leben der ewigen gerechtigkeit Gottes nicht volk=mlich empfinden, so geh=rt sie vns dennoch warhafftig zu vnd ist vnser ERBTEIL, welchs auch hie auff erden sein kraft anfahen, vnser b=se begird t=dten, vns ernewern vnnd den gehorsam gegen Gottes gebot anrichten130 vnnd ein erbar, christlich leben wircken sol, biss wir nach diesem leben dieselb ewige gerechtigkeit volkomenlich empfinden vnnd daran ewig frewd vnd seligkeit haben werden. Vnnd von solcher ewiger gerechtigkeit schreibt der heilige Paulus, da er sagt, Roma viij: „Sind wir kinder, so sind wir auch ERBEN, ja ERBEN Gottes vnnd miterben Christi.“131 Sind wir nu ERBEN Gottes, so sind wir auch gewisslich ERBEN seiner G=ttlichen, ewigen gerechtigkeit, die wir allhie in HOFNVNG vnnd ANFANG der ernewerung vnsers gemFts, dort aber VOLKOMLICH besitzen vnnd empfinden werden. Vnd Roma viij abermals: „Er hat vns mit seinem Son ALLES geschenckt“,132 so folgt gewislich daraus, das, gleich wie er vns sich selbst, sein ewig LEBEN vnnd seligkeit, also auch sein gerechtigkeit schencket. Vnd ij. Petri j: „Es ist vns geschenckt worden, das jr der G=ttlichen natur teilhafftig werdet.“133 So wir nu der G=ttlichen natur teilhafftig worden sind, so haben wir vnsern teil, nicht allein an der verzeihung der SFnden, son[D 3v]dern auch an der G=ttlichen, ewigen gerechtigkeit, das also Gott alles in allem sey, wie sonst Paulus j. Cor. xv133 schreibt. Das ist vnser glaub, bekentnis vnnd lehr von der rechtfertigung des Menschen. Denn also gleubt vnd lehrt die recht, heilig, christlich kirch, wie sie von dem heiligen Geist aus der heiligen Prophetischen vnnd Apostolischen

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aufrichten, stiften. Vgl. Art. anrichten, in: DWb 1, 428. Vgl. Röm 8,17. Vgl. Röm 8,32. Vgl. II Petr 1,3f. Vgl. I Kor 15,28.

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Nr. 12: Brenz, Declaratio und Bekenntnis (1553)

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schrifft berichtet, wie auch solchs in beiden Confession, der Augspurgischen vnd vnsers gnedigen FFrsten vnd Herrn, Hertzog Christoffs,134 erkleret ist. Den Allmechtigen Gott vnnd Vater vnsers lieben HERRN Jhesu Christi bittend, er w=lle vnns in solchem warhafftigen glauben erhalten vnd bewaren. E.F.G.

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Vnterthenige vnd gehorsame, hie vnterschriebene Theologi vnd Pastores Ecclesiae.

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Iohannes Brentius. Mattheus Aulberus,135 Doctor et Ecclesiastes Stutgardianus. Iacobus Beuerlein,136 Doctor et Professor Theologiae in Academia Tubingensi. Iacobus Herbrandus,137 Doctor et Pastor Ecclesiae Herrenbergensis.p Martinus Frechtus,138 Theologiae Licentiatus et Professor Tubingae. p

Konjiziert aus: Nerrenbergensis.

134

Confessio piae doctrinae || quae nomine Illustrissimi || Principis ac Domi= || NI D. CHRISTOPHORI || Ducis Vuirtembergensis & || Teccensis, || ac Comitis Montisbeligardi, per Legatos eius || die XXIIII. mensis Ianuarij, Anno || M.D.LII.congregationi || Tridentini Concilij || proposita est. || [Frankfurt/Main: Peter Braubach, 1552] (VD 16 W 4468). Im selben Jahr erschienen zwei weitere Auflagen, VD 16 W 4469f. 135 Matthäus Alber, geb. am 4. Dezember 1495 in Reutlingen, besuchte als Student in Tübingen Griechischkurse bei Melanchthon und verkehrte im Hause Reuchlins in Stuttgart. Am 8. November 1521 wurde er zum Priester geweiht. Er predigte im reformatorischen Sinne in Freiburg und Reutlingen. 1536 nahm er an den Verhandlungen zur Wittenberger Konkordie teil. Seit dem 13. Juli 1549 war er Pfarrer der Stiftskirche in Stuttgart. 1552 gehörte er zu den Mitverfassern der Confessio Virtembergica. Am 23. Juli 1563 wurde er der erste evangelische Abt des Klosters Blaubeuren. Dort verstarb er am 3. Dezember 1570. Vgl. Hans-Christoph Rublack, Art. Alber, Matthäus, in: TRE 2 (1978), 170–177. 136 Jakob Beurlin, geb. im Jahr 1522, wurde 1541 in Tübingen zum Magister promoviert. 1546 heiratete er eine Tochter Matthäus Albers. Er erwarb den theologischen Doktorgrad und wurde daraufhin 1551 zum Professor in Tübingen berufen. Im selben Jahr entsandte ihn Herzog Christoph zum Konzil von Trient, 1561 wurde er zum Propst und Kanzler der Universität Tübingen ernannt. Zusammen mit Jakob Andreae und Balthasar Bidenbach nahm er an dem Religionsgespräch von Poissy teil. Er starb 1561 in Paris an der Pest. Vgl. Friedrich Wilhelm Bautz, Art. Beurlin, Jakob, in: BBKL 1 (1975), 568. 137 Jacob Heerbrand, geb. am 12. August 1521, studierte zwischen 1538 und 1543 in Wittenberg. Im Zuge der Auseinandersetzungen um das Augsburger Interims wurde er 1548 seines Diakonats in Tübingen enthoben. 1550 zum Doktor der Theologie promoviert, wurde er Superintendent in Herrenberg. Er gehörte 1551 zu den Mitunterzeichnern der Confessio Virtembergica und wurde von Herzog Christoph 1552 zum Konzil von Trient entsandt. Im Jahr 1556 arbeitete er an der Einführung der Reformation in der Markgrafschaft Baden-Durlach. Seit 1557 war er wieder Professor an der Universität Tübingen, deren Kanzler er seit 1590 wurde. Seit dieser Zeit versah er außerdem das Amt eines Propstes der Stiftskirche in Tübingen. Er starb am 22. Mai 1600 in Tübingen. Vgl. Heinrich Fausel, Art. Heerbrand, Jacob, in: NDB 8 (1969), 194f. 138 Martin Frecht, geb. 1494, studierte ab 1514 in Heidelberg und wurde dort 1517 zum Magister promoviert. Um das Jahr 1529 erlangte er den Grad eines Lizenziaten der Theologie und war zwischen 1529 und 1531 Lektor der Heiligen Schrift in Heidelberg. Im Jahr 1531 wurde er als Prediger nach Ulm gerufen und warb dort für die Wittenberger Konkordie. Er war Teilnehmer der Religionsgespräche in den 1540er Jahren und lehnte das Augsburger Interim vehement ab. Aufgrund dieser Opposition wurde er gefangen genommen und dann aus Ulm verbannt. 1550/51

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Iohannes Isemannus,139 Pastor Ecclesiae Tubingensis. M. Casparus Gretherus,140 Concionator Aulicus. Valentinus Vannius,141 Pastor Ecclesiae in Candtstat. Iacobus Andreae,142 Pastor Ecclesiae Goppingensis. Iohannes Engel,143 Concionator Aulicus. Andreas Cellarius,144 Pastor Ecclesiae Vildpergensis. wurde zum Magister Domus des Tübinger Stifts berufen und war dort seit 1552 auch Professor an der Theologischen Fakultät. Er starb am 14. September 1556. Vgl. Hermann Ehmer, Art. Frecht, Martin, in: RGG4 3 (2000), 289. 139 Johann Isenmannus, geb. um 1495, studierte seit 1514 in Heidelberg. Dort wurde er im Jahr 1516 zum Magister pomoviert und erlangte 1523 den Grad eines Baccalaureus Theologiae. Im Jahr 1524 wurde er Stadtpfarrer an St. Michael in Schwäbisch Hall. Seit 1538 war er Superattendent. Infolge des Augsburger Interims musste er sein Amt verlassen und fand in Urach eine neue Anstellung. Im Jahr 1551 wurde er als Pfarrer und Generalsuperintendent nach Tübingen berufen. Seit 1558 war er erster evangelischer Abt des Klosters Anhausen/Brenz und führte gegen den Widerstand der letzten Mönche endgültig die Reformation ein. Er starb dort am 18. Februar 1574. Vgl. Gerd Wunder, Art. Isenmannus, Johann, in: NDB 10 (1974), 196. 140 Kaspar Gräter, geb. um 1501, studierte zwischen 1520 und 1522 in Heidelberg. Danach folgte eine Anstellung als Hauslehrer bei Dietrich von Gemmingen. Seit 1527 war er Schulleiter in Heilbronn. 1533/34 studierte er Theologie in Heidelberg und wurde 1534 Pfarrer in Herrenberg, 1538 in Cannstatt. Seit 1541 war er Hofprediger in Württemberg. Er zählte zu den Mitunterzeichnern der Confessio Virtembergica 1551 und war seit 1553 Mitglied des Kirchenrates. Er starb am 21. April 1557. Vgl. Heinrich Fausel, Art. Gräter, Kaspar, in: NDB 6 (1964), 717f. 141 Valentin Vannius, geb. 1495, trat in das Kloster Maulbronn ein. Er studierte wohl kurzzeitig in Heidelberg. Im Zuge des Bauernkrieges 1525 verließ er das Kloster und erhielt in Löwenstein eine Pfarrstelle. Seit 1532 war er Prediger in Feuchtwangen. Danach war er in Kulmbach und seit 1533 Lektor der Augustiner in Ansbach. 1535 gelangte er als Prediger nach Beilstein, 1537 wurde er nach Backnang versetzt. Noch im selben Jahr wurde Vannius als Prediger an die Leonhardskirche in Stuttgart gerufen. Er lehnte 1548 das Augsburger Interim ab und musste sein Amt aufgeben. Er erhielt stattdessen eine Predigerstelle in Cannstatt. 1551 gehörte er zu der württembergischen Delegation zum Konzil von Trient. 1558 wurde er erster evangelischer Abt des Klosters Maulbronn. Dort starb er am 27. August 1567. Vgl. Hermann Ehmer, Art. Vannius, Valentin, in: BBKL 21 (2003), 1503f. 142 Jakob Andreae, geb. am 25. März 1528, studierte in Tübingen, wo er 1545 zum Magister promoviert wurde. Er ging 1546 als Diakon nach Stuttgart, 1548 nach Tübingen. Dort promovierte er 1553 zum Doktor der Theologie. Im Jahr 1561 wurde Andreae zum Professor, Propst und Kanzler der dortigen Universität ernannt. Er war an der Abfassung zahlreicher Kirchenordnungen in unterschiedlichen Territorien des Reichs beteiligt und bemühte sich darum, die Kontroversen unter den Evangelischen zu beenden. Dies gelang schließlich mit der von ihm maßgeblich mitverfassten Konkordienformel und dem Konkordienbuch (1577/80). Er starb am 7. Januar 1590 in Tübingen. Vgl. Martin Brecht, Art. Andreae, Jakob, in: TRE 2 (1978), 672–680. 143 Es handelt sich möglicherwise um Johannes Engelmann. Er war zwischen 1535 und 1541 Diakon in Schwäbisch Hall, von 1542 bis 1551/53 Hofprediger in Mömpelgard, seitdem Oberhofprediger in Stuttgart. Er starb entweder im Jahr 1562 oder 1569. Vgl. https://www.wlbstuttgart.de/literatursuche/fachinformationen/theologie/links/theologie-in-wuerttemberg/1-stelleoberhofprediger/1-stelle-oberhofprediger-chronologische-abfolge/ [letzter Aufruf: 16.09.2022]. 144 Andreas Keller, geb. 1503, scheint zunächst Mönch gewesen zu sein. Im Jahr 1524 predigte er in seiner Heimatstatdt Rottenburg im Sinn der Reformation. Daraufhin wurde ihm das Predigen untersagt, und er ging nach Straßburg, wo er als Helfer an Alt-Sankt Peter wirkte. Im September 1536 trat er die Stelle des Stadtpfarrers in Wildberg im Schwarzwald an. Seit 1551 war er dort auch Superintendent. Im selben Jahr war er ebenso an den Beratungen zur Confessio Virtembergica beteiligt. Er starb am 18. September 1563 in Wildberg. Vgl. Gunther Franz, Art. Keller (Cellarius), Andreas, in: NDB 11 (1977), 432f.

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Nr. 12: Brenz, Declaratio und Bekenntnis (1553)

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Iohannes Ottmar Meilander,145 Pastor Ecclesiae Nurtingensis [D 4r] Aus dem ersten bedencken der Wirtenbergischen Theologen.146

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Ja, der heilige Paulus nennet selbs diesen GEHORSAM Christi ein GERECHTIGKEIT vnnd spricht, Roma v: „Gleich wie vnser viel durch eines Menschen vngehorsam zu SFnder worden sind, also werden vnser viel durch eines Menschen GEHORSAM GERECHT.“147 Was Paulus hie nennet „vngehorsam“ vnnd „GEHORSAM“, das nennet er gleich darauff „sFnde“ vnd „GERECHTIGKEIT“, vnnd sagt, „wie die sFnde geherschet hat zum todte, also auch herschet die gnade durch die gerechtigkeit zum ewigen leben durch Jhesus Christus“,148 et paulo post. Nach dem aber Paulus selbs nicht schewet, die VERZEIHVNG der SFnden eine GERECHTIGKEIT zu nennen, k=ndten wir niemand, so Paulo in seinem verstand149 nachredet, verdammen. Denn da Paulus Rom. iiij aus dem Dauid von VERGEBVNG der SFnden predigen wil, spricht er: „Nach welcher weise Dauid sagt, das die seligkeit sey allein des Menschen, welchem Gott zurechnet die GERECHTIGKEIT, on zuthun der wercke etc.“150 Was er hie nennet „GERECHTIGKEIT“, das nennet er darnach mit dem Dauid „VERGEBVNG der SFnden“. „Selig sind die“ (spricht er), „welchen jre vngerechtigkeit vergeben vnd welchen jre SFnde bedecket sind. Selig ist der man, welchem Gott keine SFnde zurechnet.“151

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Johannes Ottmar Epple (Epplin), gen. Mailänder, geb. um 1510, versah verschiedene Pfarrstellen (Holzheim 1535, Leipheim 1536, Schalksstetten 1539, Griesingen bei Ehingen 1540, Oberesslingen 1542, Böblingen 1542) und wurde 1547 Superintendent in Böblingen. 1548 wurde er jedoch wegen seiner Ablehnung des Augsburger Interims abgesetzt. Danach wirkte er als Prädikant in Cannstatt (1548) und Pfarrer in Nürtingen (seit 1549), seit 1553 in Urach. Wegen Streitigkeiten musste er auch dort sein Amt räumen und wirkte seit 1561 als Pfarrer in Speyer. Dort starb er am 16. April 1573. Vgl. Württemberger Pfarrerbuch, Nr. 5323, https://www.wkgo.de/ personen/suchedetail?sw=gnd:GNDPFB5309 [letzter Aufruf: 16.09.2022]. 146 Das erste Gutachten der Württemberger war die direkte Antwort auf die Schrift Osianders „Von dem einigen Mittler“ und datiert auf den 5. Dezember 1551. Vgl. dazu Wengert, Defending Faith, 198–201. 147 Vgl. Röm 5,19. 148 Vgl. Röm 5,21. 149 seiner Auslegung. 150 Vgl. Röm 4,6; Ps 32,1f. 151 Vgl. Röm 4,7f; Ps 32,1f.

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Nr. 12: Brenz, Declaratio und Bekenntnis (1553)

Aus dem andern Wirtenbergischen bedencken:152 qActorum

xiij: „Es sey euch kundt, lieben BrFder, das euch verkFndigt wird vergebung der SFnden durch diesen Jhesum vnd von dem allen, von welchem jr nicht kondtet im gesetz Mosi GERECHT werden.“153 [D 4v] Vnd Psalm xxxij: „Selig sind die, welchen jre vngerechtigkeit vergeben sind vnnd welchen jre SFnde bedecket sind. Selig ist der man, welchem Gott keine SFnde zurechnet.“154 Diesen Spruch sihet S. Paulus, Rom. iiij,155 gantz fleissig an, redet dem Dauid nach, das die vergebung der SFnden vnd vngerechtigkeit sey vnser seligkeit. Vnnd das „KEINE SVNDE zurechnen“ sey als viel, als die „GERECHTIGKEIT zurechnen“, vnd spricht also: „Nach welcher weis auch Dauid sagt, das die seligkeit sey allein des Menschen, welchem Gott zurechnet die gerechtigkeit, on zuthun der wercke.“156 Vnnd erzelet gleich darauff den spruch Dauids. Daraus offenbarlich verstanden wird, das die „vngerechtigkeit VERGEBEN“ sey die „GERECHTIGKEIT ZURECHNEN“, vnd demnach „VERGEBUNG der SFnden“ „GERECHTIGKEIT“ genandt wird, wie Paulus auch hernachr sagt: „Wir werden one verdienst gerecht aus seiner gnaden durch den glauben, in seinem blut, damit er seine gerechtigkeit darbiete, in dem, das er SFnde vergibt.“q157 Hiemit gibt dennoch S. Paulus zimlich158 zu uerstehen, das er durch Gottes GERECHTIGKEIT die VERGEBVNG der vngerechtigkeit verstanden wil haben, wie wir auch im VORIGEN scripto159 angezeigt haben.

Gedruckt zu Magdeburgk durch Michael Lotther,160 Anno 1553.

q – q Diese kursiv gesetzte Passage wurde wieder abgedruckt bei: Ausschreiben Albrechts (1553) (VD 16 P 4780), L 4r–v. r Ausschreiben Albrechts (1553) (VD 16 P 4780), L 4v: zuuor. 152

Die Württemberger verfassten auf Bitten Herzog Albrechts noch ein zweites Gutachten, dass auf den 1. Juni 1552 datiert. Vgl. dazu Wengert, Defending Faith, 201–205. 153 Vgl. Act 13,38. 154 Vgl. Ps 32,1f. 155 Vgl. Röm 4,6– 8. 156 Vgl. Röm 4,6. 157 Vgl. Röm 3,24f. 158 in wohl gesetzten Worten. 159 Gemeint ist das Gutachten vom 5. Dezember 1551. Vgl. Anm. 140. 160 Zu ihm vgl. Reske, Buchdrucker, 580.

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Bayerische Staatsbibliothek München: 4 H.ref. 347

Warhafftiger vnd grundlicher Bericht / wie vnd was gestalt die Ergerliche Spaltung / von der Ge= rechtigkeit des Glaubens / sich anfenglich im Lande Preussen erhaben / vnd was eigentlich von der Gerechtigkeit Christlich / nach brauch der heiligen Schrifft / vnd der rechtschaffnen Lehrer alter vnd vnse= rer zeit / gehalten werden mFge.

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Den armen gewissen so di= ser zeit durch mancherley Schreiben / affter= reden / vnd erdicht der vnbestendigen Gei= ster / verirret find zu Trost / den andern jre jrthumb zuerkennen / zur ver= manung geschriben. Durch

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Johan. Funck. 1. Cor. 4. Richtet nicht vor der zeit.1 Künigsperg in Preussen 1553

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I Kor 4,5.

Nr. 13: Funck, Wahrhaftiger und gründlicher Bericht (1553) – Einleitung

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Einleitung 1. Historische Einleitung

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Im Oktober 1552 verstarb Andreas Osiander überraschend. Doch mit seinem Tod endete der Streit um seine Rechtfertigungslehre keineswegs, sondern er trat stattdessen in eine neue Phase ein. Denn Herzog Albrecht versuchte weiterhin, den Streit mit obrigkeitlichen Maßnahmen zu beenden. Zum Jahresende 1552 erarbeitete er darum – anscheinend weitgehend ohne seine Ratgeber1 – ein Mandat, mit dem er die Kontroverse endgültig beilegen wollte. Seine Hoffnung, dieses Ziel erreichen zu können, ruhte auf den vermittelnden Württemberger Gutachten im Streit.2 Das herzogliche Mandat schrieb allen Theologen des Landes bei Strafandrohung vor, die Württemberger Position anzunehmen.3 Zu diesem Schritt wurde der Herzog wohl dadurch bewogen, dass Osiander die Württemberger Ansicht nicht abgelehnt hatte. Der Herzog versuchte demnach, Osiander auch nach dessen Tod nicht fallen zu lassen, sondern eine Lösung für den Streit zu finden, der Osianders Lehre in ihrem Grundbestand erhielt. Schließlich wäre eine vollständige Abkehr von Osianders Lehre auch einem Eingeständnis des eigenen Irrtums gleichgekommen. Im Januar 1553 publizierte Albrecht das Mandat in seinem „Ausschreiben“4 zusammen mit zahlreichen anderen Dokumenten, die im Zuge des Streits entstanden waren. Auch erheblicher Widerstand aus seinem eigenen Beraterkreis, der Theologenschaft seines Landes und dem Adel Preußens gegen das Mandat konnten Albrecht nicht zu einem Umdenken bewegen. Im Gegenteil, es erfolgte die Ausweisung Joachim Mörlins im Februar 1553, da dieser das Mandat von der Kanzel herab scharf verurteilt hatte.5 Ganz ähnliche Gründe zur Verteidigung Osianders wie Herzog Abrecht besaßen diverse Theologen im Herzogtum, die an Osianders Lehre weiterhin festhielten. Der prominenteste Unterstützer Osianders in Preußen, Johann Funck, veröffentlichte im März 1553 die hier edierte Schrift „Wahrhaftiger und gründlicher Bericht“. Eventuell nahm Funck an, dass die Autorität des herzoglichen Mandats tatsächlich zu einem Ende der Auseinandersetzungen 1

Vgl. Fligge, Osiandrismus, 185. Vgl. die Veröffentlichung der Württemberger Gutachten durch Flacius und Gallus, unsere Ausgabe Nr. 12, S. 667–693. 3 Vgl. Fligge, Osiandrismus, 187. 4 VON Gottes Gnaden Vnser || Albrecht) des Eltern / Marggraffen zu Bran || denburg / in Preussen / zu Stettin ... || Hertzogen / || Burggraffen zu N=renberg vnd || FFrsten zu Rugen etc. || Ausschreiben || An vnsere alle liebe getrew) vnd || Landschafften ... || dari] grFnd || lich vnd =rdentlich / wie sich die ergerliche zwispalt || vber dem Artickel von vnser armen SFnder Recht= || fertigung / vnd warer ewiger Gerechtigkeit / erha= || ben / vnd was wir vns mit grossen sorgen einigkeit || zumachen / bemFhet / dargethan ... || [Königsberg: Hans Lufft, 1553] (VD 16 P 4780). 5 Mörlin wurde von Herzog Albrecht am 14. Februar 1553 aus seinen Diensten entlassen und des Landes verwiesen. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 361. Zur Gegnerschaft der Ratgeber, Theologen und des Adels vgl. Fligge, Osiandrismus, 183–198. 2

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Nr. 13: Funck, Wahrhaftiger und gründlicher Bericht (1553) – Einleitung

führen würde. Offensichtlich wollte er den Herzog, der gerade mit seinem „Ausschreiben“ im Januar den Ablauf des Konflikts anhand der darin veröffentlichten Dokumente nachgezeichnet hatte, mit seiner Publikation unterstützen. Das „Ausschreiben“ des Herzogs und die hier edierte Schrift Funcks sind darum in einem Zusammenhang zu sehen. Ob beide Veröffentlichungen zusammen das Ergebnis einer gemeinschaftlichen Publikationsstrategie darstellen, lässt sich ohne eindeutige Quellenbelege nur vermuten. Nimmt man dies jedoch an, so erklärt sich, warum Funck in der Vorrede zu seinem „Wahrhaftigen und gründlichen Bericht“ ausführt, er wolle mit der Darlegung des Streitverlaufs einerseits und seiner Position zur Rechtfertigungslehre andererseits der Streitschlichtung dienen.6 Tatsächlich erreichte seine Schrift durch die darin enthaltenen Polemiken jedoch genau das Gegenteil. Die von Funck besonders angegriffenen Theologen Friedrich Staphylus und Joachim Mörlin verfassten in der Folge Widerlegungen.7 Unterstützung erhielten sie dabei zusätzlich aus Magdeburg von Matthias Flacius und Nikolaus Gallus,8 was die Kontroverse nur immer weiter anheizte.

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2. Der Autor Funck9

gehörte nach einer Phase des Zweifelns zu Beginn des Jahres Johann 1551 zu den engsten Mitstreitern Osianders und nach dessen Tod im Oktober 1552 zu Osianders entschiedensten Verteidigern.10 Funck hielt für ihn die Trauerrede und setzte sich in der Folge vehement für den Erhalt von Osianders Lehre ein. Dabei traf er vor allem auf den Widerstand Joachim Mörlins, was zu gegenseitigen Schmähungen führte.11 Aufgrund seiner Stellung als Hofprediger und Beichtvater Herzog Albrechts gelang es Funck, großen Einfluss auf dessen Entscheidungen zu gewinnen. Diesen nutzte er, um seine Gegner in Misskredit zu bringen bzw. deren Entlassungen zu erreichen. Nach der Entlassung Mörlins im Februar 1553 erschien im März seine hier edierte Schrift, eine der Hauptschriften in der Auseinandersetzung, „Wahrhaftiger und gründlicher Bericht“. Diese stellte eine Abrechnung mit den Gegnern von Osianders Rechtfertigungslehre dar, insbesondere mit Friedrich Staphylus und Joachim Mörlin.

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Vgl. unten A 2v–A 3r, S. 707,18 –708,9. Vgl. die im 16. Jahrhundert ungedruckt gebliebene Schrift „Historia actii negotii“ von Staphylus (gedruckt im 18. Jahrhundert bei Strobel, Miscellaneen I, 219 –248 und ebd., II, 225–252), sowie HISTORIA || Welcher gestalt sich || die Osiandrische schwermerey im || lande zu Preussen erhaben / vnd wie die= || selbige verhandelt ist / mit allen || actis/ beschrieben || Durch || Joachim M=rlin D. vnd Superinten= || dent zu Brunschwig. || ... || [Magdeburg, Michael Lotther, 1554] (VD 16 M 5879). 8 Vgl. Flacius, Verlegung (1554), in: unsere Ausgabe Nr. 14, S. 795– 818. 9 Zu ihm vgl. die Einleitung oben zu Nr. 2, S. 56–59. 10 Vgl. dazu Stupperich, Osiander in Preussen, 120 –122. 11 Vgl. z. B. ein polemisches Lied Funcks auf Mörlin: Hase, Hofprediger, 183. 7

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Die polemische Art seiner Parteinahme zugunsten Osianders verschaffte ihm auch unter den Adligen in Preußen zahlreiche Feinde, die daher Geld sammelten, damit Flacius seine „Verlegung“12 gegen Funcks „Wahrhaftigen und gründlichen Bericht“ veröffentlichen konnte.13 Zwar distanzierte sich Funck zu Beginn der 1560er Jahre von der osiandrischen Rechtfertigungslehre und damit dezidiert auch von der hier edierten Schrift, doch änderte dies nichts mehr an der Wahrnehmung, die man von ihm in Preußen hatte und die ihn zu einer verhassten Person machte.14 3. Inhalt

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Die Schrift beginnt mit einer „Vorrede“ (A 2r–A 3r), die jedoch zum Hauptteil hin nicht klar abgegrenzt ist, sondern mit „Amen“ (A 3r) endet, worauf sich der Hauptteil nahtlos anschließt. In der Vorrede legt Funck seine Beweggründe für die Abfassung der Schrift sowie seine Vorgehensweise dar. So sei er von verschiedenen Personen um eine Schrift gebeten worden, allerdings habe er dem Drängen zunächst nicht nachgegeben. Die unerquickliche Situation des Streits erfordere aber, dass die Entwicklung der Kontroverse dargestellt werde. Dies wolle er tun und gleichzeitig darlegen, wie die Rede von der „göttlichen Gerechtigkeit“ eigentlich zu verstehen sei. Er betont, dass seine Ausführungen dem Frieden und der Eintracht in der Kirche dienen sollen. Der Hauptteil der Schrift zerfällt entsprechend der Ankündigung Funcks in der Vorrede in zwei Abschnitte. Im kürzeren ersten Teil (A 3r–D 1r) berichtet Funck den Streithergang aus seiner Perspektive; im zweiten Teil (D 1r–N 3v) widmet er sich intensiv dem Verständnis und der Redeweise von der „göttlichen Gerechtigkeit“. Funck setzt mit seinen historischen Erörterungen über den Streitverlauf weit vor dem Ausbruch der Kontroverse über Osianders Rechtfertigungslehre ein. So verweist er zunächst auf den Einsatz Herzog Albrechts für die Reformation von Beginn an und die Gründung der Universität in Königsberg. In der Berufung des Friedrich Staphylus als Professor für Theologie in Königsberg erkennt Funck die Ursache für alle Auseinandersetzungen in Preußen, da dieser umgehend in der Universität Zwietracht gesät und Streit begonnen habe. Dem Rat Johannes Bugenhagens folgend, habe er, Funck, sich nach seiner Ankunft in Preußen unparteiisch verhalten, jedoch rasch bemerkt, dass Staphylus falsche Lehren vertrete und sich damit dessen Zorn zugezogen. Nachdem Staphylus erfahren habe, dass auch Osiander nach Preußen kommen werde, habe er sich schlimmer als Arius gebärdet und sei daher verantworlich für den gegenwärtig schlechten Zustand der Universität. 12

Vgl. unsere Ausgabe Nr. 14, S. 795 –818. Vgl. Fligge, Osiandrismus, 218, mit Anm. 174. Vgl. zur Polemik Funcks gegen Kaspar von Nostitz, der sich an einer Geldsammlung beteiligte: Hase, Hofprediger, 198–200. 14 Vgl. Fligge, Osiandrismus, 450 –501. 13

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Funck berichtet sodann, wie er Osiander vor Staphylus gewarnt und wie dieser versucht habe, Osiander listig zu umgarnen. Aufgrund der besseren Griechischkenntnisse Osianders sei es zum Streit zwischen den beiden gekommen, woraufhin Staphylus versucht habe, Osiander zu verleumden, indem er behauptet habe, Osiander lehre nicht zutreffend von der Buße und der Rechtfertigung. Daraufhin sei es im Anschluss an die Eingangsdisputation Osianders „De Lege et Evangelio“ im April 1549 zum Streit mit Matthias Lauterwald gekommen. Staphylus habe im Anschluss daran Osiander und seine Lehre verdächtig gemacht. Diese Verdächtigungen hätten Früchte getragen, denn es sei Osiander unterstellt worden, er habe irrige Lehrsätze aufgestellt. Osiander habe darum am 24. Oktober 1550 eine Disputation gehalten, um die Anschuldigung zu entkräften, er vertrete eine unhaltbare Position in der Frage der Rechtfertigung. Diese Disputation sei auf breites Interesse der Gelehrten, des Hofes und der Bevölkerung in Königsberg gestoßen. Niemand habe dabei der Argumentation Osianders inhaltlich etwas Substanzielles entgegensetzen können; allein Melchior Isinder und Peter Hegemon hätten vage ihr Unbehagen ausgedrückt. An der Disputation habe Staphylus nicht teilgenommen, da er außer Landes gewesen sei. Nach seiner Rückkehr habe er sofort die Ansicht vertreten, dass Osianders Lehre und die der Wittenberger unvereinbar seien. Davon habe er andere in Königsberg überzeugen können, und es sei zum Streit darüber gekommen, ob der Mensch wegen des Glaubens an den Kreuzestod Christi von Gott als gerecht angesehen werde – wie Staphylus und seine Anhänger formuliert hätten –, ober ob der Mensch von Gott bereits im Diesseits gerecht gemacht werde, wie Osiander ausgeführt habe. Herzog Albrecht habe Joachim Mörlin und Andreas Aurifaber um Vermittlung gebeten. Die Bemühungen seien jedoch erfolglos gewesen, da Staphylus eine Einigung verweigert habe. Mörlin sei dann zu einem hochpolemischen Kritiker Osianders geworden, nachdem er mit diesem zunächst einen Kompromiss erzielt habe. An diesem Punkt endet der historische Bericht Funcks und der zweite Abschnitt des Hauptteils seiner Schrift – die Beschäftigung mit der Frage der Rechtfertigung – beginnt. Funck thematisiert zunächst die Bedeutung des Begriffs „Gerechtigkeit“. Dabei versucht er den Nachweis zu führen, dass es den Gegnern Osianders nicht gelungen sei, zu einer einheitlichen Definition von „Gerechtigkeit“ zu kommen, indem er in neun Punkten die variierenden Redeweisen der Gegner darlegt. Daran anschließend unterscheidet Funck zwischen der menschlichen und der göttlichen Natur Christi und ihrer Bedeutung für die Rechtfertigung des Menschen. Die menschliche Natur Christi sei zwar rein von Sünden gewesen, doch die Gerechtigkeit Gottes werde in der Bibel als ewig bezeichnet. Die menschliche Natur Christi könne jedoch nicht als ewig qualifiziert

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werden. Hier wendet sich Funck gegen Mörlin und dessen Argumentation mit unterschiedlichen Möglichkeiten zum Verständnis des Wortes „ewig“. Ausserdem sei die göttliche Gerechtigkeit allmächtig, was ebenfalls nicht von der menschlichen Natur Christi gesagt werden könne. Weiterhin widerlegt Funck die unterschiedlichen Vorstellungen und Redeweisen der Gegner von „Gerechtigkeit“. Alle diese Ansichten würden nicht recht von der wahren göttlichen Gerechtigkeit sprechen, da ihnen allen durch den fehlenden Bezug auf die Ewigkeit und Allmacht der göttlichen Gerechtigkeit das richtige Verständnis fehle. Daraufhin erläutert Funck, wie es aus seiner Sicht zu den unterschiedlichen Interpretationen des Begriffs „Gerechtigkeit“ kommen konnte. Den ersten Grund dafür erkennt Funck in einer Verwendung von „Gerechtigkeit“ in der deutschen Sprache, die „Gerechtigkeit“ im Sinne von „Recht“ verstehe. Als zweiten maßgeblich Grund benennt Funck die juristische Verwendung des Begriffs. Dem hält Funck jedoch die theologische Bedeutung von „Gerechtigkeit“ als „Frömmigkeit“ entgegen. Unter Rückgriff auf Luther unterscheidet Funck sodann zwischen der Barmherzigkeit Gottes, aus der heraus Gott den Menschen die Gerechtigkeit im Glauben zurechne, und der strengen, richtenden Gerechtigkeit Gottes. Davon ausgehend benennt Funck zwei Ämter der Gerechtigkeit, die jedoch genau voneinander zu unterscheiden seien: das Gericht und die Erlösung. In der Bibel werde darum das Wort „Gerechtigkeit“ zum einen „irem wesen“ nach verstanden und zum anderen als „Recht thun“ (G 2v). In der Bedeutung des „Recht tuns“ könnten die Werke Christi als Früchte der Gerechtigkeit „vnsere Gerechtigkeit“ genannt werden (G 3r). Denn Christus habe das Gesetz durch seine Sündlosigkeit erfüllt und das Gericht Gottes auf sich genommen. Durch diese Werke der Gerechtigkeit habe Christus den Menschen das Heil und die ewige Gerechtigkeit erworben. Im Anschluss formuliert Funck, was aus seiner Sicht die richtige Verwendung des Wortes „Gerechtigkeit“ sei. In Abgrenzung zu einer juristisch verstandenen Interpretation, die Gerechtigkeit mit Gesetzlichkeit verwechsele, sei die Gerechtigkeit Gottes, entsprechend den biblischen Schriften Gott selbst, unwandelbar in Ewigkeit und allmächtig. Aus Barmherzigkeit habe er dem vom Teufel zur Sünde verführten Menschen die Rettung aus Sünde und Tod verheißen. Gegen diese Verheißung könne Gott nicht handeln, weil er die Gerechtigkeit selbst sei. Indem nun Christus die Sünde überwunden habe, werde der Mensch gerecht, wie Christus selbst gerecht sei. Aber allein nach der göttlichen Natur könne Christus, das Wort Gottes, den Menschen dieser Gerechtigkeit – und damit Gottes selbst – teilhaftig machen. Diese Argumentation unterfüttert Funck mit zahlreichen, aneinander gereihten Bibelstellen und Zitaten von diversen Autoritäten, von Augustinus und Basilius über Johannes Tauler bis zu Martin Luther und Johannes Bugenhagen.

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Funck legt danach dar, dass der Glaube „die Gerechtigkeit“ genannt werde, weil der Mensch allein durch den Glauben Christus, mithin die wesentliche Gerechtigkeit, ergreifen könne und dadurch gerecht gesprochen werde. Auch hierfür verweist Funck auf Luther und Bugenhagen als Gewährsleute. Einem Fazit gleich verhandelt Funck dann abschließend das Thema der Rechtfertigung direkt. Hier argumentiert er abermals, dass der Mensch durch die Sünde von Gott getrennt worden sei. Durch seine Barmherzigkeit habe Gott dem Menschen jedoch die Rettung verheißen. Diese sei in Gestalt Christi erschienen, der durch seinen Kreuzestod das Gesetz erfüllt sowie Sünde und Tod besiegt habe. Im Glauben ergreife der Mensch Christus und werde dadurch der wesentlichen göttlichen Gerechtigkeit in Christus teilhaftig, was ihm ermögliche, gute Früchte der Gerechtigkeit hervorzubringen. Ganz am Ende seiner Ausführungen betont Funck ein weiteres Mal, dass Christus die wesentliche göttliche Gerechtigkeit sei und all diejenigen verdammt würden, die dies nicht glaubten.

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4. Ausgaben Nachgewiesen werden können zwei Ausgaben: A:

Warhafftiger vnd || grundlicher Bericht / wie vnd || was gestalt die Ergerliche Spaltung / von der Ge= || rechtigkeit des Glaubens / sich anfenglich im || Lande Preussen erhaben / vnd was eigentlich || von der Gerechtigkeit Christlich / nach || brauch der heiligen Schrifft / vnd der || rechtschaffnen Lehrer alter vnd vnse= || rer zeit / gehalten werden mFge. || Den armen gewissen so di= || ser zeit durch mancherley Schreiben / affter= || reden / vnd erdicht der vnbestendigen Gei= || ster / verirret find zu Trost / den andern || jre jrthumb zuerkennen / zur ver= || manung geschriben. Durch || Johan. Funck. || 1. Cor. 4. || Richtet nicht vor der zeit. || Künigsperg in Preussen || 1553 || [Königsberg: Hans Weinreich, 1553] (VD 16 F 3393).

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Vorhanden in: BERLIN, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz: 2 an: Dm 900 R LEIPZIG, Universitätsbibliothek: Syst.Th.678e/8 MÜNCHEN, Bayerische Staatsbibliothek: 4 H.ref. 347 [benutztes Exemplar] WIEN, Österreichische Nationalbibliothek: 20.Dd.575

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B:

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Warhafftiger vnd || grundlicher Bericht / wie vnd || was gestalt die Ergerliche Spaltung / von der Ge= || rechtigkeit des Glaubens / sich anfenglich im || Lande Preussen erhaben / vnd was eigentlich || von der Gerechtigkeit Christlich / nach || brauch der heiligen Schrifft / vnd der || rechtschaffnen Lehrer alter vnd vnse= || rer zeit / gehalten werden mFge. || Den armen gewissen so di= || ser zeit durch

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mancherley Schreiben / affter= || reden / vnd erdicht der vnbestendigen Gei= || ster / verirret find zu Trost / den andern || jre jrthumb zuerkennen / zur ver= || manung geschriben. Durch || Johan. Funck. || 1. Cor. 4. || Richtet nicht vor der zeit. || Künigsperg in Preussen || 1553 || [Königsberg: Hans Weinreich, 1553] (VD 16 F 3392). Vorhanden in: BERLIN, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz: Dm 1238 LEIPZIG, Universitätsbibliothek: Syst.Theol.678-e/8 WOLFENBÜTTEL, Herzog August Bibliothek: 125.12 Quod.(1); 280.47 Theol.(12); 298.2 Theol.(2); 422.1 Theol.(11) ZWICKAU, Ratsschulbibliothek: 12.8.11.(10) Welche Ausgabe die erste war, kann nicht entschieden werden. Denn Seitenund Zeilenumbrüche sind in beiden identisch, auch finden sich in beiden dieselben Schreib- und Satzfehler sowie die Angabe des 28. März 1553 als Druckdatum. Wenn es sich tatsächlich um zwei Ausgaben handelt, liegt die Vermutung nahe, dass der Drucker den Satz stehen ließ und sofort einen Nachdruck anfertigte.

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[A 2r:] Vorede [sic]. Allen Frommen Christen wunschet Johannes Funck Gnade, Frid vnd Barmhertzikeit [sic] von Gott, dem Vater, vnd vnserm Herren JHESV CHRJSTO in der Warheit vnd in der liebe. 5

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Nach dem sich nun ein ebne1 zeit her, viel vnd mancherley gedichts,2 affterredens3 vnd anders vnbilligen vnd Christen vnzimlichs haders vnd gezencks bede, in den Kirchen vnd sonsten, zugetragen vnd doch wenig wissen, woher dasselbe entsprungen, auch der mehrer theil der Richter solcher sachen (wil niemand hiemit verkleinert4 haben), meines armen erwegens, selbs nicht sehen, was oder wo von sie richten, Bin ich vielfeltig von hohen FFrstlichen personen durch Brieffe vnd sonst gebeten, auch von andern Frommen Christen gleicher gestalt ermanet, das ich jnen doch zur freund schafft, dieweil mir der anfang dieses handels fFrnemlich bekand, vnd der gemeinen Christenheit zu gut, schrifftlich kundt thun wolde, wie sich die Ergerliche Spaltung von der wahren, ewigen Gerechtigkeit Gottes im Lande Preussen erhaben hette vnd was doch Christlich, nach laut5 vnd der heiligen schrifft vnd der berFmbten alter vnd vnserer zeit lehrer, von der Gerechtigkeit Gottes m=ge gehalten werden. Die-[A 2v:]weil ich aber mein vnuermFgen wol erkennet, auch die geferligkeit, so mir von den zenckischen, hoffertigen Geistern, welche jre Ehre vnd Rhum viel gr=sser achten denn6 die ehre Gottes vnd den frieden der Christlichen kirchen, begegnen mag, wol vermercket, hab ichs bis daher lassen beruhen Vnd nicht vor der zeit etwas aus vnbedacht richten wollen. Nun aber ietzt die not erf=rdert (dieweil ich sihe, das des verwirrens kein auffh=ren sein wil), hab ich mich vnbeschwerlich,7 der gantzen Christenheit zu gut, in diesem fahl erzeigen wollen vnd die Histori, wie sie sich begeben, zu schreiben fFr mich genomen, welche ich doch auffs kFrtzte erzelet, vnd ob jemand derselben,8 deren darinnen gedacht ist, zFrnen wolt, der betrachte, das ich nichts anders den die warheit geschriben habe, vnd zFrne mit jm selbs, das ers besser nicht gemacht. Nach der Histori aber hab ich nach meinem einfeltigen9 verstand mit fleis angezeiget, was von der G=ttlichen Gerechtigkeit Christlich zu halten, mit andern vmbstenden, so zu berichten die 1

Analog zur abstrakten Bedeutung „ziemlich groß“, daher hier: einige. Vgl. Art. eben 3), in: DWb 3, 7. 2 Lügen. Vgl. Art. Gedicht 5.b.α), in: DWb 4, 2015. 3 Verleumdungen. Vgl. Art. Afterrede, in: DWb 1, 187. 4 herabgesetzt. Vgl. Art. verkleinern 2), in: DWb 25, 662. 5 Formelhaft aus der Rechtssprache: nach Verlautbarung, nach Inhalt. Vgl. Art, Laut 3.a), in: DWb 12, 365. 6 als. 7 Höflichkeitsformel, im Sinne von: ohne Umstände zu machen. Vgl. Art. unbeschwert 4), in: DWb 24, 353. 8 der Darstellung Funcks. 9 schlichten. Vgl. Art. einfältig 2), in: DWb 3, 173.

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verwirten gewissen von n=ten. Vnd so ich hiemit zu fried vnd einigkeit der Kirchen dienen werde, wie ichs denn furnemlich der vrsach halben geschrieben, solle es mir ein hertzlich freud sein. Wird aber jemand solchs mein einfeltig wolmeinen lestern vnd noch weiter gezenck darob anrichten wollen, der sol wissen, das er keinen haderman10 an mir findet, wil er aber ja zancken vnd hadern, so thu ers auff seine abenthewr,11 denn ich fFr meine person (kan es anderst mFglich sein) mich mehr des, so zu frieden, Rhue vnd einigkeit der Kirchen dienet, befleissen wil, denn das ich meine Ehre hefftig [A 3r:] verteidigen solt vnd noch mehr zum Ergernus vrsach geben. Versihe mich auch, es werden sich gleiches falhs die, so Christen namen fFren vnd andere vnterrichten vnd Tr=sten sollen, auch friedlich erzeigen vnd bedencken, das wir entlich12 vnsers haushaltens Rechenschafft geben mFssen.13 Der Almechtige GOTT vnd Vater aller Barmhertzigkeit wolle genediglich alles Ergernus hinweg thun vnd seinem wort krafft geben, das es (wie geschrieben steht Apoca. 19.14) Obsige15 vnd an alle =rter rein vnd rechtschaffen gelehret werde, zu eim zeugnus vber alle V=lcker. Damit die Braut des Lambs Gottes zubereitet werde vnd mit der Seiden der Gerechtigkeit gezieret, das wir wirdiglich den HERRN Jhesum Christum, wenn Er erscheinen wird in seiner herrlichen zukunfft,16 mFgen entpfangen vnd mit jme eingehn in die ewigen Freude. AMEN. Nachdem der Durchleuchtige, hochgeborne FFrst vnd Herr, Herr Albrecht der Elter, Marggraffe zu Brandenburg, in Preussen der erste Hertzog etc., von Gott dem Almechtigen zu dem Erkentnus seines lieben Sons, vnsers HERRN vnd heilandes JESV CHRJsti, genediglichen aus den Bepstlichen stricken vnd grewel gefFret worden,17 haben S. F. G.18 mit hoch-[A 3v:]stem fleis sich alzeit bemFhet, Wie sie das heilige Euangelion von Jesu Christo rein vnd lauter19 bey jren armen Vnterthanen m=chten forsstellen [sic] vnd das selbe also bekrefftigen, das es durch Gottes genedige hFlffe bis an der welt ende reichen vnd in S. F. G. Herrschafften fFrnemlich erhalten werden m=chte. 10

Streitsüchtigen. Vgl. Art. Hadermann, in: DWb 10, 116. sein Risiko. 12 schließlich. 13 Vgl. Mt 25,19; Röm 14,12. 14 Vgl. Apk 19,6–9. 15 triumphiere. Vgl. Art. obsiegen 2), in: DWb 13 1119f. 16 Wiederkehr. Vgl. Art. Zukunft 5), in: DWb 32, 478. 17 Albrecht von Brandenburg war Hochmeister des Deutschen Ordens und durch Kontakt zu Andreas Osiander, den er während eines Reichstags in Nürnberg 1522 kennengelernt hatte, für die evangelische Lehre gewonnen worden. Im Jahr 1525 wandelte Albrecht durch den Krakauer Vertrag mit König Sigismund I. von Polen das Gebiet des Deutschen Ordens in ein weltliches Fürstentum, das Herzogtum Preußen, um und betrieb fortan eine strikt reformatorische, an Luther orientierte Kirchenpolitik. Vgl. Tschackert, Albrecht von Preußen; Luther und die Reformaton im Herzogtum Preußen. 18 Seine Fürstlichen Gnaden. 19 klar, deutlich. 11

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Vnd dieweil S. F. G. viel armer Vnterthanen in jrer Herrschaft haben, welchen mit Teutscher sprache nicht gedienet (denn das grosser theil S. F. D.20 FFrstenthum ist mit Polnischem, Littauischen, Curischen vnd Preuschischem volck besetzet, welche v=lcker ein jedes seine eigne vnd vnterschidne sprach haben), vnd doch dieselben den mehren theil, da zur zeit noch nicht gewonet, jre jugend zur Schule zu halten,21 das man einer jeden gegend nach jrer sprache Predicanten vnd Seelsorger verschaffen hette mFgen, haben S. F. G. nach viel vnd fleissigen Rahtschlagen fFrgenomen, in jren Landen eine hohe Schulen (wie mans nennet) anzurichten22,23 damit die vnterthanen vnd die benachtbarten deste leichter (weil in die kinder nahend, vnd die zerung24 nicht so schwer als in fernen Landen sein wFrden) bewegt, jre jugend dahin zu schicken, das sie Gottes forcht vnd das Erkentnus Christi fFrnemlich neben andern freien KFnsten lerneten, damit sie also tFchtig wFrden, jrem Vaterland in jren natFrlichen sprachen25 zu dienen vnd sie zu gleichem Erkentnus GOTTES, des Vaters, vnd seines Sons Jesu Christi zu bringen. Jst auch vmb solcher vrsach willen die Schul zu KFnigsperg angerichtet mit schwerem vnkosten, vnd sind von F. D. in Preussen aus Teutschen Landen, fFrnemlich aber von Franckfort an der Ader vnd Witenberg, gradirte perso[A 4r:]nen, zu welchen man das vertrawen hette, das sie der Schul wol solten fFrstehn, erf=rdert vnd mit zimlichen26 besoldungen versehen worden.27 Nach dem nu von allen vmbligenden enden sich ein zimliche28 Zal deren, so zu studiren begereten, gen KFnigsperg begeben hetten vnd die erbeit im Weinberg Gottes29 zimlicher30 massen angienge, hat es der feind Gottes nicht lenger mFgen erdulden, sondern bald durch factiones vnd Parteien deren, so der Schul solten fFrstehn, allerley spaltung vnd ergernus angerichtet, besondern aber die, so im wort des HERRN getrewlich dieneten, am hefftigsten bedrenget, also auch, das ein frommer, christlicher Lehrer, Stanislaus genand, der heiligen Schrifft Doctor, vber solchem jamer den Tod gelitten (denn viel

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Seiner Fürstlichen Durchlaucht. in die Schule zu senden. 22 zu stiften, zu gründen. Vgl. Art. anrichten, in: DWb 1, 428. 23 Im Jahr 1544 gründete Herzog Albrecht die Universität Königsberg. Vgl. Tschackert, Urkundenbuch I, 279–318. 24 der Unterhalt, die Finanzierung. Vgl. Art. Zehrung 2), in: DWb 31, 475f. 25 Muttersprachen. 26 angemessenen, genügenden. Vgl. Art. ziemlich II.1.a), in: DWb 31, 1121f. 27 Z. B. Stanislaus Rapagelan, Christoph Jonas, Johann Brettschneider. Vgl. Tschackert, Urkundenbuch I, 279–318. 28 ordentlich, hier im Sinne von: große. 29 Vgl. Mt 20,1. 30 ordentlicher. Vgl. Art. ziemlich I.3), in: DWb 31, 1120f. 21

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meinen, er sey vor leide gestorben).31 Nach abschied32 dises Stanislausa haben die von Witenberg, auff F. D. genediges begeren, sie mit einem gelerten vnd GottsfFrchtigen Manne zu uersorgen, herrein verschrieben33 einen mit Namen Fridrich Staphilus, Magister,34 welcher weit gereist, Rom vnd andere dergleichen heilige =rter gesehen, besondern aber in Littawen zur Wilde35 vnd bey den Polnischen vnd Littawischen Prelaten gFtte kundschafft36 hette; dieser, dieweil er sich als gut Euangelisch stellete, auch mit heucheley sein thun wol zieren vnd decken kFnde vnd zu dem von den von Witenberg, welche er meines erachtens gleicher gestalt betrogen, an den fromen, alten FFrsten verschrieben ware vnd die Littawische sprachen wol kFndte, darzu auch Polnischer sprachen sich rhFmete, wFrde er von F. D. mit allen ehren angenomen vnd zu einem obristen Professorn der heiligen Schrifft verordnetb. Da er nun dise dignitet erlanget, [A 4v:] hat er als bald angefangen, sich vber die andern zu erheben vnd jme einen besondern anhang37 zu machen, vnd dieweil er mit seiner heucheley den frommen FFrsten geblendet, hette er alles recht was er anfienge, brachts auch dahin, das der Achtbar vnd weitberümbte Poet D. Georgius Sabinus, der auff sein lebenlang zum Rectorn bestetiget ware, sich des Rectorats verzeihen38 mFste vnd einer andern Ordnung eingehen,39 daruon hie nicht not zu sagen. Nach dem ich aber gleich zur selben zeit zu Nurnberg meines Predigampts enthaben,40 cdarumb, das ich nicht wolte dem Keiser seines dazumal furgenomenen Kriegs41 Recht geben, sondernd bekennet =ffentlich, das er nichts anders suchet, denn die Reine Lehr des Eua b c d

Konjiziert aus: Stanlslay. Konjiziert aus: verodrnet. Anstatt eine Virgel findet sich hier eine offene Klammer. Konjiziert aus: sonderu.

31 Stanislaus Rapagelan starb kurz nach der Errichtung der Universität am 13. Mai 1545. Vgl. Tschackert, Urkundenbuch I, 293. 32 dem Tod. 33 empfohlen. Vgl. Art. verschreiben 4), in: DWb 25, 1156. 34 Zu Friedrich Staphylus an der Universität Königsberg vgl. Tschackert, Urkundenbuch I, 294–298. 35 Staphylus hatte bei einem Vetter in Canna (Kaunas, Litauen) und in Wilna (Vilnius, Litauen) gelebt und dort litauisch und russisch gelernt, weshalb man ihn gelegentlich für einen Litauer gehalten haben soll. Vgl. Tschackert, Urkundenbuch I, 294. 36 Bekanntschaft, Freundschaft. Vgl. Art. Kundschaft II.3.a), in: DWb 11, 2638f. 37 Gefolgschaft. 38 verzichten. Vgl. Art. verzeihen B.1.c.β), in: DWb 25, 2519f. 39 Sabinus gelang es zunächst, auf Lebenszeit das Amt des Universitätsrektors übertragen zu bekommen. Aufgrund zahlreicher Auseinandersetzungen trat er jedoch 1547 vom Dauerrekorat zurück. Vgl. dazu und zum Leben des Sabinus allgemein Töppen, Gründung. 40 Funck hatte im Frühjahr 1547 aufgrund des Vorrückens kaiserlicher Truppen auf Nürnberg sein Pfarramt verlassen und sich nach Wöhrd begeben. Der Magistrat erklärte ihn für abgesetzt, wohl auch um die drückenden Einquartierungen kaiserlicher Soldaten zu lindern. Vgl. Hase, Hofprediger, 114. Zu den Lasten Nürnbergs 1547 vgl. Engelhardt, Die Reformation in Nürnberg III, 100–102. 41 Der Schmalkaldische Krieg 1546/47.

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angelions vnterzudrFcken, wie sich hernach im werck weiter erfunden, warnet derhalben meniglich,42 das sie dem Teuffel zu dienst sich in solchen krieg nicht begeben wolten noch dem Keiser hierinnen dienen etc., Da ich nu (sage ich) also feieret43 vnd in die zwenzig wochen als ein ander BFrger priuatus also gewohnet, wFrde ich von dem hochgedachtem FFrsten vnd herrn etc. ins Land zu Preussen fFr einen Predicanten durch brieffe beruffen, auff welches ich auch mit weib vnd Kindern bald folget.44 Als ich nun gen KFnigsperg kame wFrde mir viel gesagt (wie es pflegt zu gehn) von diesem, von jenem; ich, als der zuuorn von Doctor Pomern,45 meinem lieben herrn vnd Vatern in Christo, gewarnet ware, das ich mich in jre spaltung nicht mengen wolte, lies rede fFr ohren gehen.46 Nam mich keines theils besonder an, wartet, was mir befohlen ware, bis so lang ich selbs des gemelten Staphili Lectiones eine oder drey geh=ret hette, da merckte ich, das er warlich nicht der [B 1r:] ware, dafFr er wolt gehalten sein. Denn Gott weis es, das ich nicht leuge, ich hab mit allem fleis zugeh=ret; das ich aber einen sententz solt gefasset haben, der nFtzlich were zur Lehre etc., kan ich mit warheit nicht sagen. Viel zierlicher47 wort wahren da, aber im grund keine Lehre. Als ich nun auch andere Magistros, vnd nicht vngeschickte gesellen, die dazumal bey mir zu Tisch giengen vnd ietzt den meisten teil im Kirchen Ampt sind, fragete, was sie doch guts von jme lerneten, bekanten sie mir eben, das ich selbs klaget, sie mFsten aber (sprachen sie) hinein gehn, denn er hette es durch ein Edict zuwegen bracht, das man bey vermeidung Straffe seine Lection h=ren mFste.48 Von der zeit an begund49 ich, besser acht auff sein thun zu haben, bis ich jn entlich aus seinen

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jedermann. ruhte, mein Amt nicht ausübte. Vgl. Art. feiern 2), in: DWb 3, 1436f. 44 Am 25. Mai 1547, einen Tag nach dem Einzug des Karls V. in Nürnberg, bot Funck Herzog Albrecht seine Dienste an. Der Herzog forderte ihn daraufhin mit einem Schreiben vom 12. August 1547 auf, nach Königsberg zu kommen. Im September scheint sich Funck dann mit seiner gesamten Familie auf den Weg nach Preußen begeben zu haben, wo er am 28. Oktober 1547 ankam. Vgl. Hase, Hofprediger, 117–120. 45 Johannes Bugenhagen. Funck war über Wittenberg nach Königsberg gereist. Dort war es zur Begegnung mit Bugenhagen gekommen, für den Funck am 10. Oktober 1547 auch gepredigt hatte. Vgl. Hase, Hofprediger, 119. 46 Sprichwörtlich: Die Ohren auf Durchzug stellen. Vgl. Art. Rede 78), in: Wander 3 (1876), 1551. 47 kunstvolle. Vgl. Art. zierlich IV.2), in: DWb 31, 1203f. 48 Hier handelt es sich wohl um eine Unterstellung, die auf die Rivalitäten in der Universität Königsberg zurück zu führen ist. Die Animositäten zwischen verschiedenen Mitgliedern der Universität geht auf den Streit um die Äußerungen des Wilhelm Gnaphaeus zurück und die Rolle von Staphylus darin, der die Verurteilung von Gnaphaeus betrieb. Vgl. dazu Mennecke-Haustein, Conversio ad Ecclesiam, 65–74. 49 begann. 43

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eignen Schrifften, die er in einem grossen Buch wider das Jnterim50 zusamen geraspelt vnd verwickelt hette, erkennet; da er nun mercket, das ich sein thun nicht lobet, sondern neben andern, so dazumal getrewlicher51 nach der warheit forsten,52 denn hernach in volgender spaltung von jnen geschehen, seine jrthumb verleget53 mit warem bericht der Schrifft, da suchet er, wie er m=chte, das er mich aus dem Lande hFbe.54 Aber Gott, der der Warheit allezeit beisteht, hat mich bis auff disen tag erhalten, wird mich auch nach seinem Veterlichen willen weiter erhalten zu seinen Ehren, dem sey Lob, Ehr vnd preis in ewigkeit. Amen. Da er nun sahe, das er mich seines gefallens nicht heben m=chte, sondern auch das gerFcht kame, wie FFrstliche Durchluchtigkeit Herrn Osiandrum (der gleich der vrsach halben, das er ins Jnterim nicht hette willigene wollen, zu NFrnberg vrlaub55 genumen [B 1v:] vnd sich nach Breslaw begeben)56 hette beruffen vnd denselben beide, in der heubtpfarr des Landes (welche ich darzumal, wie denn auch itzt, als ein gelihner57 diener verwaltet)58 vnd in der Schule als einen primarium Lectoren der heiligen Schrifft gebrauchen wol-

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Konjiziert aus: wiiligen.

Funck bezieht sich hier wohl auf ein Werk, das von Staphylus verfasst, jedoch nicht publiziert wurde und verschollen ist. Vgl. Mennecke-Haustein, Conversio ad Ecclesiam, 117–120. Staphylus verfasste zusammen mit Hegemon, Tetzel und Isinder ein gesondertes Gutachten für Herzog Albrecht über den ersten Teil des Augsburger Interims, das auf den 5. August 1548 datiert. Darin erklärten die Theologen, dass eine umfangreichere Reaktion auf das Interim notwendig wäre. Diese fertigten dann jedoch nicht sie an, sondern der gerade in Preußen erschienene Osiander veröffentlichte eine Schrift gegen das Interim. Vgl. Stupperich, Osiander in Preußen, 34; Bedencken auff das || Jnterim von einem Hochgeler= || ten vnd Ehrwirdigen Herrn || einem Erbarn Radt seiner || Oberkeit vberreicht. || ... || [Magdeburg: Christian Rödinger d. Ä., 1549] (VD 16 O 992). Der Text dieser Schrift ist nicht identisch mit dem „Gutachten zum Interim“, das in Gesamtausgabe der Schriften Osianders abgedruckt ist und bereits von Möller in seiner Biographie Osianders teilweise wiedergegeben wird: vgl. OGA 9, Nr. 377, S. 140–159; Möller, Andreas Osiander, 323–330. 51 sorgfältiger. 52 forschten. 53 widerlegt. Vgl. Art. verlegen 3), in: DWb 25, 758. 54 vertreibe. 55 Nürnberg verlassen. Vgl. Art. Urlaub B.1.a), in: DWb 24, 2472. 56 Osiander weigerte sich in Nürnberg, das Augsburger Interim zu approbieren und suchte Kontakt zu Herzog Albrecht, den er seit 1522 kannte. Über Breslau, wo ihm das Amt eines Predigers an der Magdalenenkirche als Nachfolger von Johann Heß angetragen wurde, gelangte er nach Preußen. Vgl. Stupperich, Osiander in Preußen, 23–28. 57 belehnter, ins Amt eingesetzter. Vgl. Art. leihen 3), in: DWb 12, 690f. 58 Funck wurde nach seiner Ankunft in Königsberg Pfarrer der Altstadt. Vgl. Hase, Hofprediger, 121. Dieses Amt bekleidete er nach Osianders Tod 1552 abermals, zusätzlich zu seinen Aufgaben als Hofprediger und Beichtvater des Herzogs. Vgl. ebd., 208.

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te,59 vbergab er bald sein Lection nicht one vngedult,60 denn61 er sich gegen dem wirdigen Ehrn Johan. Seclutiano, Polnischen Predicanten zu KFnigsperg,62 auch gegen meinem lieben herrn vnd bruder in Christo M. Johan. Sciuro63 der wort vernemen lassen: „Aut ego peribo, aut Schola haec pereat“, das ist (das ichs von der Leien wegen verdeutsche): „Entweder ich wil zu scheitern gehn, oder dise Schul mus zuscheitern gehn.“ Solchs hat er auch mit allem fleis angefangen vnd also angericht (Gott erbarms), das nicht allein er im Elend64 ist mit Weib vnd Kinde, von meniglich,65 die jn kennen, veracht, sondern auch die Schul zu KFnigsperg den meisten theil zerrFttet vnd sampt den meisten kirchen mit ergernus vnd gottslesterung erfFllet, welche sich auch alsof in die gantzen Christenheit ergossen haben, mit liegen vnd lestern, das auch Arius66 mit allem seinem geschwFrm67 nicht so ein gros ergernus vnd verderbnus angerichtet hat, als diser Staphilus mit seinen jFngern, daruon ich nun weiter meldung thun wil. Als nun Herr Osiander, gottseliger gedechtnus,68 zu KFnigsperg ankame vnd sich die gelehrten der Vniuersitet teglich (wie der Brauch ist) zu jme funden,

f

Konjiziert aus: aso.

59 Herzog Albrecht übertrug Osiander das Pfarramt an der Altstädter Kirche in Königsberg und setzte gegen den Senat der Universität durch, dass Osiander die Vertretung von Staphylus als Professor primarius an der Theologischen Fakultät wahrnehmen konnte. Vgl. Stupperich, Osiander in Preußen, 28–33. 60 Bereits vor der Ankunft Osianders in Preußen am 27. Januar 1549 war bei Staphylus im Zuge eines Streits mit Wilhelm Gnaphaeus der Entschluss gereift, seine Lektur an der Theologischen Fakultät niederzulegen. Seit dem 7. Oktober 1548 hielt er darum keine Vorlesungen mehr; offiziell schied er am 26. Februar 1549 aus der Universität aus. Vgl. Stupperich, Osiander in Preußen, 16–23 (zum Gnaphaeischen Streit); 27 (Ankunft Osianders in Preußen); 80–84, bes. 81 mit Anm. 253 (zu Staphylus’ Rolle im Osiandrischen Streit). 61 wie. 62 Nach seiner Vertreibung aus Polen war Seclutian nach Königberg gelangt und wirkte von dort aus auf die Reformation in Polen ein. vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 251, Anm. 3. 63 Johannes Sciurus stammte aus Nürnberg und war zunächst Professor für Mathematik, danach Professor für Griechisch und Ethik an der Universität Königberg. Er entwickelte sich zum Anhänger Osianders und wurde 1552 von der Universität suspendiert, nachdem eine seiner Disputationen Abstoß erregt hatte und er daraufhin Osianders Rechtfertigungslehre verteidigte. Nach Einmischung Herzog Albrechts musste die Universität Sciurus wieder zum Dienst zulassen. Vgl. Stupperich, Osiander in Preußen, 322–324; Freytag, Die Preußen auf der Universität Wittenberg, 94. 64 Exil, Ausland. Vgl. Art. Elend 1.c), in: DWb 3, 407f. 65 jedermann. 66 Arius (um 260 – 336) vertrat die Auffassung, Jesus von Nazareth sei nicht von Ewigkeit her Gottes Sohn, sondern ein sehr besonderes Geschöpf des einen Gottes. Diese Meinung wurde auf den Konzilien von Nicäa (325) und Konstantinopel (381) als Irrlehre verworfen. Vgl. Hans Christof Brennecke, Art. Arius/Arianismus, in: RGG4 1 (1998), 738–743. 67 wilder, wüster Haufen. Vgl. Art. Geschwürm 1.b), in: DWb 5, 4014. 68 Osiander war am 17. Oktober 1552 verstorben.

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hielte sich gemelter Staphilus seiner fuchslistigen69 art nach fürnemlich zu jme, asse fast alle tage mit jme in der herberg; ich, der nu den Staphilum bas70 kennet, denn er mir zu trawere,71 warnere meinen lieben herrn Osian[B 2r:]drum fleissig, er solte sich wol fursehen fur dem Manne, denn er gienge auff nichts guts vmb, erzelet jm etzliche stFck, daraus er jn72 ja solt haben vrteilen kFnden; aber der frome herr meinet, ich thete es etwo vmb des willen, das, weil Staphilus noch in grossem ansehen beim FFrsten were,73 ich jne also verkleinern74 wolte, damit ich m=chte hinfur kummen, welchs ich mir doch mein lebenlang nie gewFnschet, noch jemals begeret habe. Denn ich weis wol, das die, so hoch steigen wollen, wo sie Got nicht selbs hebt, hart wider herunter fallen mFsten, vnd hab es mehr als an einem exempel bede, in Historien vnd erfahrungen, gelernet. Dieweil ich aber das vermercket, lies ich sie mit einander bezemen75 jres gefallens, wartet meines Beruffs76 vnd gedachte, Gott wurde vielleicht durch Osiandrum den Staphilum zum rechten erkentnus Christi bringen, das er sich bekeret vnd noch viel frucht schaffet etc. Aber da sehe einer zu, wie aus geringen vrsachen der Teuffel seine glieder77 erregen78 kan, ein vnleschlich feur in der Christenheit anzurichten, denn fFr dem jFngsten tage halt79 ich nicht, das dis ergernus gar auffgehaben werde. Als nu Staphilus teglich mit Osiandro also vmbgeht,80 begibt sichs, das er einen Grichischen sentenz aus dem Galeno81 gvnter anderng worten mit einfFret (one zweiffel zu beweisen, das er auch Grichisch kFnde), in welchem sententz er ein wort, das auch im Truck falsch vnd doch

g–g 69

Konjiziert aus: vnterandern.

Der Fuchs wird in Fabeln als schlauer und durchtriebener Charakter gezeichnet. Die wohl bekannteste Gestalt war „Reineke Fuchs“, der Protagonist eines gleichnamigen Versepos, das sich im Spätmittelalter und der Reformationszeit großer Beliebtheit erfreute. Vgl. das in hochdeutscher Übertragung erstmals 1545 bei Cyriacus Jacob in Frankfurt am Main erschienene Volksbuch „Reinicken Fuchs“ (VD 16 R 1000). Geschildert wird darin, wie es dem Fuchs durch perfekte Heuchelei immer aufs Neue gelingt, sich aus brenzligen Situationen zu befreien. Vgl. Fritz P. Knapp, Art. Renart III: Deutsche und Niederländische Literatur, in: LexMA 7 (1995), 720–724, bes. 723. 70 genauer. 71 weil er mir vertraute. 72 ihn. 73 Herzog Albrecht hatte sich intensiv darum bemüht, dass Staphylus aus Wittenberg nach Königsberg kam. Vgl. Mennecke-Haustein, Conversio ad Ecclesiam, 59–63. 74 herabsetzen. Vgl. Art. verkleinern 2), in: DWb 25, 662. 75 gewähren. Vgl. Art. bezähmen 5), in: DWb 1, 1794. 76 versah mein Amt nach besten Möglichkeiten. Vgl. Art. warten II.D.5.d), in: DWb 27, 2143. 77 Anhänger, Parteigenossen, Werkzeuge. Vgl. Art. Glied III.A.7), in: DWb 8, 20. 78 anstiften. 79 glaube, denke. 80 Kontakt hat. 81 Galenos, griechischer Arzt aus dem zweiten nachchristlichen Jahrhundert.

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greiflich82 wider die Grammatica gesetzt ware, keatimenos fur kektimenos,83 a fur k ausredet. Als jn D. Osiander fragete, was fur ein wort es were, er wFste in der gantzen Grichischen sprachen kein solch wort, so lidde es die art der sprachen nicht etc., vnd jn also verstricket,84 das sein vnuerstand durch jn selbs am tag lage,85 das hat er von dem selben tage an jmmerdar gesucht, wie er Osiandrum [B 2v:] dempffen86 m=chte, damit man jn allein fFr den gelertesten halten mFste. Da er jm aber offentlich nicht kFnde bey kommen, fienge ers an mit heimlichen87 lFgen vnd verkleckungen,88 der gestalt: Er hette vermerckt, wie Osiander schlecht vnd recht,89 nach laut der heiligen Schrifft, von der Buss vnd von der Rechtfertigung der Christen lehrete, vnd nicht so finster vnd dunckel, noch so geflickter90 weis wie Staphilus (der sein lebenlang nie kein grund diser handlung gehabt,91 wie in seinem Bekentnus mag gelesen werden).92 Dieweil er aber meinete, er hette die Wittenbergischen auff seiner seiten, verkleinert er Osiandrum erstlich bey den Collegiaten zu KFnigsperg, als lehrete er nicht recht von der Buss vnd von der Rechtfertigung, vnd nach dem herr Osiander nach gewohnlichen Brauch der Schulen ein Disputation hielte am 5. Aprilis des 1549 Jars, in welcher er die hauptsumma des Gesetzes vnd Euangelij kurtz zusamen verfasset,93 da richtet sich

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klar erkennbar. Vgl. Art. greiflich 2.a), in: DWb 9, 49f. κεκτημένος (part. perf. zu κτάομαι = sich beschaffen, p. p. substantiviert auch: Eigner, Besitzer). Hintergrund dafür scheinen Auseinandersetzungen zwischen Staphylus und Osiander um die Bedeutung des Hebräischen für die Erkenntnis der biblischen Wahrheit gewesen zu sein. Vgl. dazu Mennecke-Haustein, Conversio ad Ecclesiam, 121–125. 84 in seinen Widersprüchen verwickelte. Vgl. Art. verstricken I.6), in: DWb 25, 1803. 85 durch ihn selbst offenbart wurde. 86 schwächen, besiegen. Vgl. Art. dämpfen 2), in: DWb 2, 717. 87 heimtückischen, boshaften. Vgl. Art. heimlich 10), in: DWb 10, 879. 88 Anschwärzungen, Gerüchten. Vgl. Art. verklecken 2.b), in: DWb 25, 656. 89 Formelhaft: schlicht und einfach. Vgl. Art. schlecht 8.f), in: DWb 15, 526. 90 zusammengeschusterter. 91 der sein ganzes Leben lang kein richtiges Verständnis davon gehabt hat. 92 Herzog Albrecht forderte im Mai und Juni 1551 von seinen Theologen Stellungnahmen an, wie jeder einzelne auf der Kanzel oder auf dem Katheder von der Rechtfertigung predige bzw. lehre. Staphylus hob in seinem Bekenntnis die Lehre von der doppelten Gerechtigkeit hervor: Christus besitzt zwar die wesentliche Gerechtigkeit Gottes, doch der Mensch werde nicht durch diese gerechtfertigt, sondern durch jene Gerechtigkeit, die sich aus dem Werk Gottes in Christus ergebe. Staphylus insistierte daher darauf, dass Gottheit und Menscheit Christi weder getrennt noch vermischt werden dürften. Vgl. Stupperich, Osiander in Preußen, 152f. Das Bekenntnis wurde gedruckt in: VON Gottes Gnaden Vnser || Albrechte des Eltern / Marggraffen zu Bran || denburg / jn Preussen ... || Ausschreiben || An vnsere alle liebe getrewen vñ || Landschafften / wes wirden standes vnd aestimation || ein jeder ist / Vornemlich auch Theologen / Pfar= || hern / Predicanten vnd Kirchendiener / darin grund || lich vnd ordentlich / wie sich die ergerliche zwispalt || vber dem Artickel von vnser armen SFnder Recht= || fertigung ... erha= || ben vnd was wir vns mit grossen sorgen einigkeit || zu machen / bemFhet / dargethan ... || [Königsberg: Hans Lufft, 1553] (VD 16 P 4779), B 3v–C 2r. 93 Gemeint ist Osianders Antrittsdisputation „De Lege et Evangelio“. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 36; OGA 9, Nr. 431, S. 506–513. 83

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als bald ein Newgebackner Wittenbergischer Magister mit Namen Matz Lauterwald vom Elbing94 an jn, vnd nach dem er in der Disputation zenckisch vber die mas gewesen, schlug er des andern Tags offentlich wider Osiandrum an vnd bezeFgete, er muste die von Wittenberg schFtzen bey jhrer lehr, wie er geschworn hette.95 Denn sie lehreten anders von der Buß denn Osiander. Vnd nach dem diser hader ein zeytlang gewehret vnd sich D. Johan Bretschneyder, ein Medicus, vnd Fabian Stosser, ein Magisterlein, der sachen anhengig gemacht, hiltens sies endtlich also mit Disputationen furzunemen vnd anderm, das F. D. inn PreFssen beweget warde, sie nach jhrer ankunfft der dienst zu [B 3r:] entnemen vnd eins theyls des Lands zu verweysen;96 wie sies aber getriben, ist viel zu lang, auch vnn=tig zu erzelen. Wollen weiter sehen, was Staphilus, der anfenger dises haders, hat außgericht. Als nuhn gleich zurselben zeyt vnser liber Vater97 seine vngehorsame Kinder mit der Rutten der Pestilentz heimsuchet, fast durchs gantze landt zu PreFssen, vnd F. D. mit dem Frawenzimmer98 vnd furnembsten Landsrethen sich nach der

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Matthias Lauterwald stammte aus Elbing und war 1549 in Wittenberg zum Magister promoviert worden. In Königsberg übernahm er die Professur für Mathematik. Zu ihm vgl. Julius August Wagenmann, Art. Lauterwald, Matthias, in: ADB 18 (1883), 79f. 95 Matthias Lauterwald attackierte Osianders Auffassung von der Rechtfertigung des Menschen während der Disputation vom 5. April 1549, worauf Osiander ihm riet, den Wissenschaften fern zu bleiben. Am Tag darauf hängte Lauterwald 12 Thesen gegen Osiander öffentlich aus. Lauterwald berief sich dabei auf die Eidesleistung nach erfolgter Promotion an der Universität. Hier schworen die Doktoranden, bei den Lehren der Confessio Augustana und der altkirchlichen Symbolen zu bleiben und die altkirchlichen Lehrer zur Orientierung heranzuziehen. Osiander sprach sich vehement gegen eine solche Argumentation aus, da bei ihm der Eid anscheinend „eine besondere Rolle als Kennzeichen einer antichristischen Verschwörung“ spielte. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 39. Zur Eidfrage: ebd., 252, mit Anm. 12. Zur Disputation vgl. Stupperich, Osiander in Preussen 77. 96 Johann Brettschneider war Professor primarius an der Medizinischen Fakultät der Universität Königsberg. Überdies hatte er 1549 das Amt des Universitätsrektors versehen. Er weigerte sich jedoch, nach seiner Amtszeit die vom Herzog geforderte Rechnungslegung vorzunehmen. Überdies schloss er sich der antiosiandrischen Partei an der Universität Königsberg an. Im Januar 1550 bat er den Herzog um seine Entlassung aus der Universität, der ihm sein Amt jedoch fristlos entzog, was nachträglich gnadenhalber dahingehend verändert wurde, dass ihm eine Frist von einem Quartal eingeräumt wurde, um eine neue Anstellung zu finden. Die offizielle Entlassung erfolgte daher erst am 22. März 1550. Fabian Stosser war Professor für Griechisch an der Universität Königsberg. Bei ihm waren Briefe gefunden worden, die angeblich belegten, dass er die Differenzen unter den Königsberger Professoren maßgeblich gefördert habe. Stosser wurde daraufhin von Herzog Albrecht am 15. Juli 1550 fristlos entlassen. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 84–94. 97 Gott. 98 Die Töchter Herzog Albrechts und deren Dienerinnen. Vgl. Art. Frauenzimmer 2), in: DWb 4, 84f. Albrecht war zu diesem Zeitpunkt (1549) unverheiratet, da seine erste Gemahlin, Dorothea von Dänemark 1547 verstorben war. Er heiratete dann am 26. Februar 1550 Anna Maria von Braunschweig-Calenberg-Göttingen. Vgl. Walter Hubatsch, Art. Albrecht, der Ältere, in: NDB 1 (1953), 171–173.

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Wildnus begabe, auch die Lectiones in der Schul auff gehaben wurden,99 zoge Staphilus ins DeFdschlandt, da er denn den gutten Man hart verklecket hat, wie hernach die erfahrung bewisen.100 Denn von derselben zeyt an, sich Osiander schier inn allen orten, da Staphilus gewesen vnd dahin seine lFgen geschriben wurden, auff den PredigstFlen vnd pulten hat leyden mFssen. Wie denn solchs von vilen seiner gutten gFnner dem herrn Osiander zugeschriben wurde. Damit aber auch inn PreFssen dem Osiandro vnruge gemacht wurde, schrib gemelter Staphilus auch an den hochgedachten Hertzogen inn PreFssen, meinen gnedigsten herrn etc., das S. F. G. wolten vleyssig acht lassen haben auff Osiandrum, denn er lehrete anders von der Rechtfertigung denn die zu Wittenberg.101 Dieweyl aber des sterbens halben102 die sach nicht anders mochte furgenomen werden, bate FFrstliche DurchleFchtigkeit den Osiandrum inn Schrifften, das er wolte, wie der Artickel von der Rechtfertigung zu uerstehn were, grFndlichen bericht S. F. G. zuschicken.103 Wiewol nun zur zeyt herr Osiander von Staphilo heimlichen TFcken nichts weste noch vermutet (denn er jhn auch hernach lenger als ein jahr noch fur seinen freFnde gehalten), schrib er [B 3v:] einenh kurtzen bericht, welcher F. D. zum Poppen vberantwort wurde,104 da ich denn solche Schrifft gesehen, aber nicht durchlesen habe, denn ich besorgete des lermans105 nicht, der hernach gefolget. Es haben aber solche Schrift gelesen der Hochgelerte vnd Ehrnueste106

h 99

Konjiziert aus: eien. In der Kustode B 3r korrekt: einen.

Nach dem Ausbruch der Pest im Juni 1549 reiste der herzogliche Hof aus Königsberg ab und begab sich nach Poppen, einem Forsthaus im Landesinneren. Die Universität wurde geschlossen und die meisten Professoren verließen Königsberg. Osiander jedoch blieb in Königsberg und verfasste auf Bitten des Stadtrats Pestgebete, die in den Gottesdiensten unter Glockenschlag verlesen werden sollten. Dies stellte eine liturgische Neuerung dar, der sich z. B. Peter Hegemon, der Pfarrer am Dom im Kneiphof widersetzte, was zu weiteren Kontroversen führte. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 45, 52f, 69–73. Die Pestegebete sind abgedruckt in: OGA 9, Nr 381/82, S. 202–208. 100 Um die Monatswende von August auf September 1549 befand sich Staphylus in Wittenberg, wo er sich anscheinend gegenüber Melanchthon sehr abwertend über Osianders Rechtfertigungslehre geäußert hat. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 82. 101 Es ist unklar, worauf Funck sich hier bezieht, da bislang ein solches Schreiben von Staphylus nicht aufgefunden werden konnte. Vgl. dazu aber Mennecke-Haustein, Conversio ad Ecclesiam, 125–131. 102 Auf dem Höhepunkt der Pestepidemie (August/September 1549) starben wohl pro Woche fast 700 Menschen. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 52, mit Anm. 94. 103 Es handelte sich hier anscheinend um eine Bitte des Herzogs, die Frage der Rechtfertigung im Zuge der Auseinandersetzungen um das Augsburger Interim zu erörtern. Vgl. dazu MenneckeHaustein, Conversio ad Ecclesiam, 125f. 104 Wohl Osianders Gutachten über das Interim, in: OGA 9, Nr. 377, S. 140–159. 105 Lärmens, Streitens. 106 Formelhafte Anrede hochgestellter Persönlichkeiten: hochgeehrte. Vgl. Art. ehrenfest, in: DWb 3, 59f.

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herr Johan von CreFtzen, F. D. in PreFssen Cantzler,107 vnd der Ehrnueste Aswerus Brandt,108 bey welchem ich auch solchs Schrifft gesehen. Was aber von jnen gevrteilt worden, ist mir vnwissend, allein das weis ich, das F. D. auff solchen Bericht zufriden ware. Nach dem nu Got, der Vater aller Barmhertzikeit, durch seine veterliche gFtte die plage widerumb hinweg genommen vnd F. D. sich widerumb gen KFnigßperg begeben vnd die Lectiones im Collegio wider angegangen, da haben die, so durch Staphili anregen, den Osiandrum [in] verdacht hielten,109 allerley nachforschung seiner lehr gethan, ob sie ettwas m=chten erzwacken,110 das sie straffen kundten. Zu welchem sie denn auch zum gutten theil der heimliche Neidhardt111 raitzte, weil sie gegen Osiandro zu achten, nicht fur so gelehrte gehalten wurden, als sie gern wolten gehalten sein. Vnd dieweil sie sonst nichts kundten erhaschen (denn er allezeyt mit solchem klaren grunde der schrifft redete vnd lehrete, das niemandt widersprechen kundte, er wolte dann die H. schrift verleFgnen), triben sie diss stFck gewaltig, das er etwo den Sommer zuvorn in einer Lection gesagt hette: „Wo schon Adam nicht hette gesündiget, so hette doch der Son Gottes mFssen Mensch werden“112 (darvon denn auch hernach ein BFchlein ausgegangen ist,113 welchem noch keiner von den gelerten mit einigem, waren, bestendigem grunde widersprochen hat,114 das ichs erfaren hette. Aber das einer, nicht geringes ansehens, vil aus solchem gelehrnet habe, ist leichtlich aus seinen schrifften, so er hernach hat lassen ausgehn, zu ersehn). Solches wurde [B 4r:] nu (sage ich) hin vnd wider aufs gifftigste vnd ergerlichste getriben vnd nur schendlich vbel außgeleget, also das auch etzliche hinzu gelogen, er solte gelehret haben: „Wo schon Adam nicht hette gesündiget, so hette doch der Son Gottes

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Langjähriger Kanzler des Herzogs. Vgl. die Einträge zu ihm bei Tschackert, Urkundenbuch III, 343; Hubatsch, Albrecht von Brandenburg-Ansbach, 348; Stupperich, Osiander in Preussen, 182, Anm. 91. 108 Brandt war einer der wichtigsten Berater des Herzogs, der mit bedeutenden Angelegenheiten betraut wurde: z. B. Reisen zu den Reichstagen, Gesandtschaften zum polnischen König usw. Vgl. Erhard Sprengel, Brandt, Ahasverus (Asverus) von, in: NDB 2 (1955), 531f. 109 denen Osiander verdächtig schien. 110 ausfindig machen. Vgl. Art. erzwacken, in: DWb 3, 1103. 111 die personifizierte Missgunst. Vgl. Art. Neidhard/Neidhart 1.a), in: DWb 13, 559f. 112 In seiner Genesisvorlesung scheint Osiander im Laufe des Jahres 1549 die bekannte scholastische Frage erörtert zu haben, ob Christus auch dann hätte geboren werden müssen, wenn die Sünde nicht in die Welt gekommen wäre (An filius Dei fuerit incarnandus, si peccatum non introivisset in mundum). Osiander bejahte die Frage, was zu heftigem Widerspruch führte, offenbar zuerst durch Peter Hegemon. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 105f; OGA 9, 450. 113 Andreas Osiander, An filius Dei fuerit incarnandus, si peccatum non introivisset in mundum, item: De imagine Dei, quid sit (1550), in: OGA 9, Nr. 427, S. 450–491. 114 Widerspruch erfuhr das Buch durch Melanchthon, durch den Breslauer Pfarrer Johann Stigel sowie durch den Pfarrer von Riesenburg, Franz Burchard. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 109, Anm. 148.

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mFssen leyden vnd sterben“,115 vnd dergleichen mehr. Mit diesem gieng nu das fewr an, das man nu nicht mehr verdeckter weys den Osiandrum vernichtet, sondern offentlich jme allenthalben widersprache. Daher er denn verursacht wFrde, obgedachtes BFchlein zu schreiben vom Bilde Gottes vnd obgemelter frage: „Ob Gottes Son hett müssen Mensch werden etc.“ Dieweil aber auch neben dem vil von der Rechtfertigung mit vnterlieffe116 vnd sich der Staphilus auch nicht saumpte,117 allenthalben fewr zu machen wider Osiandrum (denn er schwaiffet dazumal im DeFdschland vmb),118 vnd Osiander gentzlich merckte, das jme der TeFffel allein von des einigen119 Artickels wegen, das er klar vnd ordenlich von der Rechtfertigung lehrete, also zusetzet, stellet er seiner lehr Grund in etzliche proposition vnd lies sie in offnem Truck zu disputirn außgehn. Welche disputatio hernach von jme ist gehalten worden zu KFnigßperg am 24. Octobris, Anno 1550,120 inn gegenwertigkeit des Hochgedachten FFrsten vnd Herrn, H. Albrechten etc., hertzogen in Preussen etc., vnd aller professorn der Vniuersitet, aller Predicanten vnd Caplanen zu KFnigsperg, welche waren Joachim M=rlein,121 Peter Hegemon,122 Melchior Jsinderus,123 alle drey Witenbergische Doctores der heiligen Schrifft,

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Osianders Sohn Lucas schrieb später, sein Vater habe während einer Vorlesung gesagt: „Sperare se, diligenter tractato loco de imagine Dei, efulsurum filium Dei fuisse incarnandum, etiam si homo non peccasset.“ Lucas Osiander, Epitomes Historiae Ecclesiasticae Centuriae XVI. Pars Altera [...]. Tübingen 1610, 554. 116 einfloss. 117 zögerte. Vg. Art. säumen 2.b), in: DWb 14, 1912f. 118 Staphylus hatte im Zuge des Streits mit Wilhelm Gnaphaeus seinen Dienst an der Universität Königsberg aufgegeben und war 1549 aus Preußen nach Breslau abgereist, wo er heiratete. Im selben Jahr traf er Melanchthon in Wittenberg. Vgl. Stupperich, Osiander in Pressen, 80–84. 119 einzigen. 120 Die 81 Thesen seiner Disputation über die Rechtfertigung sind abgedruckt in: OGA 9, Nr. 425/490, S. 422–447, unsere Ausgabe Nr. 1. 121 Joachim Mörlin war bis ins Frühjahr 1550 Prediger an St. Johannis in Göttingen. Da er das Interim strikt ablehnte und in seinen Predigten fürstliche Personen und den Göttinger Stadtrat attackiert hatte, wurde er von Herzog Erich II., dem Jüngeren, von Braunschweig-CalenbergGöttingen vertrieben und gelangte erst kurz vor der Disputation Osianders nach Königsberg. Dort wurde er Pfarrer am Dom im Kneiphof und nahm zunächst noch eine vermittelnde Position zwischen Osiander und seinen Gegnern ein, bis er sich dann ebenfalls entschieden gegen Osiander stellte. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 113–116, 137–165. 122 Peter Hegemon war bis zur Ankunft Joachim Mörlins, kurz vor Osianders Disputation, Pfarrer am Dom im Kneiphof. Er gehörte zu den ersten und entschiedensten Gegnern Osianders in Königsberg. Aufgrund dieser Haltung wurde er an die Stadtkirche in Löbenicht versetzt. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 69–74. 123 Melchior Isinder war zweiter Professor der Theologie an der Universität Königsberg. Zusammen mit Osiander übte er 1549 die Zensur über alle Druckerzeugnisse in Königsberg aus. Im Wintersemester 1549/50 war er Rektor der Universität. Zunächst stand er auf der Seite Osianders, doch die Disputation vom 24. Oktober 1550, in der er als Opponent auftrat, veränderte seine Haltung und er schwenkte in das Lager der Gegner ein. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 45, 67, 94f, 126, Anm. 100.

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Johan. Detzel124 vnd Johan. Funck,125 bede hoffprediger, D. Georgius Sabinus,126 Christoff Jonas,127 der rechten Doctores, vnd Andreas Aurifaber,128 FFrstlicher Medicus. Jtem: Andreas Westlingus,129 der Hebraischen sprachen professor, Johan. Hoppius,130 Bartolomeus Wagner,131 Johan. Sciurus,132 artium professores vnd Magistri, vnd andere, die ietzt alzumal wurden zu lang zuzelen, wo mir jr namen alle bekant weren, [B 4v:] darzu waren gegenwertigi, neben den Studenten, viel von der BFrgerschafft zu KFnigsperg, also, das das grosse Lectorium im Collegio gar vol volcks ware. Alda wFrde nu von etzlichen fFrnemlich, das den haupthandel belanget, angefochten, das Osiander nicht also von der jmputation redete, wie die Wittenbergischen, denn diselben lehreten, es wFrde vns die Gerechtigkeit Christi zugerechnet vnd daher weren wir gerecht fur Gott.133 Es wFrde aber von keinem definirt, was er Gerechtigkeit nennete (denn wo das geschehen, were vielleicht von Osiandro der bericht134 gegeben worden, das viel vbels hette hernach m=gen

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Konjiziert aus: gengewertig.

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Johann Doetschel war Hofprediger. Zu ihm vgl. die Einträge bei Tschackert, Urkundenbuch III, 328. 125 Vgl. oben Einleitung zu Nr. 2, S. 56–59. 126 Sabinus erklärte sich nicht offen gegen Osiander, tat dies jedoch in Briefen. Vgl. Töppen, Gründung, 194; Scheible, Georg Sabinus, 543. 127 Jonas war Jurist und stand innerhalb der Universität auf der Seite der Gegner Osianders. So nahm er z. B. Matthias Lauterwald in Schutz. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 68, 76; Tschackert, Urkundenbuch I, 262. 128 Seit 1546 war Aurifaber der Leibarzt Herzog Albrechts. Überdies versah Aurifaber eine Professur für Medizin und Physik an der Universität Königsberg. Am 19. Januar 1550 heratete er Osianders Tochter Agnes. Zu den Gästen gehörte auch Herzog Albrecht. Vgl. Irene Dingel, Art. Aurifaber, (1) Andreas, in: LThK4 1 (2006),1256f; Stupperich, Osiander in Preussen, 63f. 129 Wesling war seit 1546 Professor für Hebräisch an der Universität Königsberg und entwickelte sich zu einem erklärten Gegner Osianders. Am 8. Mai 1551 wurde daher entlassen. Vgl. Paul Bahlmann, Art. Wesling, Andreas, in: ADB 42 (1897), 139. 130 Zur Gründung der Universität 1544 wurde Hoppe von Herzog Albrecht als Professor für Ethik nach Königsberg berufen. Im Sommersemester 1549 war er Universitätsrektor. Er stand auf der Seite der Gegner Osianders und wurde 1553 entlassen. Vgl. Heinrich Julius Kämmel, Art. Hoppe, Johann, in: ADB 13 (1881), 115. 131 Wagner war seit 1545/46 der erste Professor für Mathematik an der Universität Königsberg. Im Sommersemester 1549 war er Dekan der philosophischen Fakultät und im 1551 Universitätsrektor. Er erklärte sich gegen Osiander und wurde darum 1553 entlassen. Vgl. Freytag, Preußen, 44. 132 Vgl. Anm. 63. 133 Die wesentlich von Melanchthon geprägte Wittenberger Position war, dass Gott dem Menschen die Gerechtigkeit Christi im Glauben zuspreche, Christus hingegen ziehe die menschliche Sünde auf sich (Luthers fröhlicher Wechsel). Eine durch Leistungen und Werke erworbene Gerechtigkeit des Menschen wurde damit ebenso abgelehnt, wie die Vorstellung, dass die neue Gerechtigkeit des Menschen zu dessen Qualität werde. Vielmehr bleibe sie stets auf die Zuwendung Gottes bezogen. Vgl. Ernstpeter Maurer, Art. Zurechnung I. Dogmatisch, in: RGG4 8 (2005), 1923; Martin Luther, WA 7, 25,26–26,12 (Von der Freiheit eines Christenmenschen, 1520). 134 Auskunft, Erklärung. Vgl. Art. Bericht 1), in: DWb 1, 1521.

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vermitten bleiben), auff solchen gegenwurff135 beruffet sich Osiander auff die 76. proposition furgestelter Disputation136 Vnd erkleret mit allem fleis, wie es solte verstanden werden, das vns die Gerechtigkeit Christi zugerechnet wird. Nemlich: das wir Christum mFsten durch den Glauben ergreiffen, das er in vnsern hertzen durch den Glauben wone, als denn: wenn wir also durch den Glauben mit Christo vereiniget weren, so werde vns seine Gerechtigkeit zugerechnet, also das vns Gott der Vater vmb Christi willen als gerechte Kinder anneme vnd erkenne etc. Wie er denn solchs auch klar in andern propositionen dargethan hatte. Vnd dieweil Seine Meinung mit heiliger Schrifft wol gegrFndet vnd bewaret137 ware, gaben sie sich alle, die solchs getrieben, bald zufrieden, one allein Melchior Jsinderus, der kFndte sich in den handel nicht schicken, wiewol er bede, in der Disputation vnd hernach in Osiandri behausung, da wir denn mit einander Malzeit hielten, bey welcher D. M=rlein auch ware, genugsamen be-[C 1r:]richt entpfinge, so gar ware er mit der Reputation verstricket vnd verirret, das er selbs nicht weste, was er weste,j wie er denn auch hernach darFber vnbesind worden ist.138 Got wolle jme genediglichen widerhelffen, denn ich mus bezeugen, das er von hertzen die warheit gesucht hat, ist aber vom Staphilo also betrogen worden, das er zu solcher nicht hat mFgen kummen. Aber von dem etwo ein andermal, wollen wider zur Disputation kummen. Als nun die Ordnung gabe das Peter Hegemon D. auch disputiren solte vnd jn Osiander Bate, er wolte auch etwas fFrbringen (wie denn der Brauch ist in Schulen), sagt er: „Ego nescio, quid debeam opponere vos, ita munistis vestras propositiones Sacris scripturis, vt nihil sciam contradicere. Tamen nos hactenus aliter docuimus.“ Solchs waren seine wort, welche der hochgeborne FFrst vnd herr etc., Hertzog in Preussen, vnd ich selbs, neben allen andern, so da waren, aus Peter Hegemons munde geh=ret habe. Sie lauten aber zu Teutsch also, denn ich mus es von der leihen wegen Teutschen: „Jch weis nicht, was ich dargegen soll auff bringen; jr habt ewre artickel also mit heiliger Schrifft verwaret, das ich nichts weis, darwider zu

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Im Oringinal steht hier eine Klammer anstatt einer Virgel.

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Widerspruch. Vgl. Art. Gegenwurf 2), in: DWb 5, 2304. These 76 lautet in der deutschen Fassung: „Dann die gerechtigkeit Christo wirt uns ja zugerechnet, aber doch nicht, dann wan sie in uns ist, wie geschriben ist: ‚Gott hat den, der von keiner sFnd wFste, zur sFnde gemacht, auff das wir in im wurden die gerechtigkeit Gottes‘ [II Kor 5,21].“ OGA 9, Nr. 490, S. 445,20–23, vgl. oben Nr. 1, S. 49,25–28. 137 befestigt, gestützt. Vgl. Art. bewahren 4), in: DWb, 1, 1763. 138 Isinder soll 1552 „in eine GemFthskrankheit“ verfallen sein, „welche so zunahm, daß er ganz von Sinnen wurde; da ihm denn anfangs auf dem Collegio das erste Gemach einger(umet ward, bis er 1555 in das Hospital in die sogenannte Studentenstube [...] gebracht wurde, woselbst er in solchem elenden Zustande bis 1588 gelebet, da er den 16. Jan. gestorben.“ Arnoldt, Historie II, 172. 136

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sagen. Aber wir haben bisher anderst gelehret.“139 Auff solchs antwort Osiander: „Wenn man bessers vnd gewissers berichtet wFrde, solt man billig140 das vngewisse fahren141 lassen vnd dem gewissern volgen.“ Sonsten wurde auch allerley zur hauptsachen aber nichts sunders dienstlich disputiret Vnd entlich also beschlossen, das sich kein mensch einiger zwispalt dieser sachen halben versahee [sic]. Vnlang nach dieser Disputation kam Stapi-[C 1v:]lus widerumb ins landt PreFssen vnd bracht ein weib mit sich,142 getr=ster hoffnung, er wolte noch ein Bistumb erlangen, wo nur jm143 Osiander nicht im liecht stFnde, welchen er doch verhoffet bald hinweg zu bringen, durch hilff vnnd beystand deren, die er im DeFdschland mit lFgen verfFhret vnd dem Osiandro gehass gemacht hatte. Zoge derhalben seine alte geselschafft D. Petern [Hegemon], D. Melchiorem [Isinder], Westlingum vnd Georgium Venetum,144 der dazumal erst ein iunger Doctor von Wittemberg kummen ware, an sich vnnd fieng an, im winckel145 mit jhnen zu handeln gantz betruglicher weyse, denn er gab fur, wie Osiandri disputatio gantz were wider der Wittenbergischen lehre, zu welcher sie doch geschworn hetten.146 Vnd dieweil sonst alle Proposition so gewaltig inn heiliger schrift gegrFndet waren, das er sich an keine lehnen dorffte, er hette jm denn zuuorn durch verfelschung etzlicher worter einen weg darzu bereitet, griff er erstlich an das wort Justificare vnd deutet es allein, das es hiesse Gerechtsprechen vnd nicht gerecht machen mit der That.147 Vnd dieweil er seiner Meinung einen grund hette aus dem Propheten 139

Diese Ungewissheit, was man von den Anschauungen Osianders zu halten habe, erfasste gerade am Anfang der Kontroverse wohl verschiedene Theologen. So äußerte Johannes Aepin, dass man die Begriffe und Vorstellungen Osianders als fremd empfinde, „ohne diese Fremdheit zunächst näher definieren zu können.“ Stupperich, Osiander in Preussen, 245. 140 angemessener, gerechter Weise. Vgl. Art. billich, in: DWb 2, 27. 141 aufgeben, fallen lassen. Vgl. Art. fahren 13), in: DWb 3, 1255f. 142 Staphylus hatte während seiner Abwesenheit aus Königsberg in Breslau Anna Heß geheiratet, die Tochter des Breslauer Reformators Johann Heß. Vgl. Ute Mennecke-Haustein, Art Staphylus, Friedrich, in: TRE 32 (2001), 113–115, bes 113. 143 ihm. 144 Georg von Venediger. Venediger war am 2. Oktober 1550 von Johannes Bugenhagen in Wittenberg zum Doktor der Theologie promoviert worden. Vgl. Gottfried von Bülow, Art. Venediger, Georg von, in: ADB 39 (1895), 604f. 145 Geheimen, Verborgenen. Vgl. Art. Winkel E.4.a.α), in: DWb 30, 358. 146 Vgl. Anm. 95. 147 Funck spielt hier eventuell auf Staphylus’ Bekenntnis vom Juni 1550 an. Dort argumentierte er mit einem zweifachen Gebrauch des Begriffs „Gerechtigkeit“, denn es sei „ein ander Gerechtigkeit [...], da Gott mit Gerecht ist, vnd ein andere Gerechtigkeit, da Gott den armen ungerechten mit bekleidet vnd fur gerecht achtet, vnd ist zwar diese Gerechtigkeit ein werck Gottes in Christo Jesu, wie denn auch widerumb jene Gott der Sch=pffer selbst.“ „Wenn nu gefraget wird, was die Gerechtigkeit sey, die uns durch den Glauben wird zugerechnet, antwort ich: Das sie sey ein werck Gottes in Christo Jesu.“ „So nun dieses gehorsam bis zum tode des Creutzes [...] weder kan noch sol sein, oder geheissen werden die wesentliche Gerechtigkeit Gottes, so schlies ich festiglich hieraus, das auch nicht die Gerechtigkeit Gottes, damit der mensch gerecht gemacht wird vor Gott, kan die wesentliche Gerechtigkeit genennet werden.“ VON Gottes Gnaden Vnser || Albrechtẽ des Eltern / Marggraffen zu Bran || denburg / in Preussen / zu Stettin ... || Hertzogen / ||

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Jes. 5, da er spricht: „Weh denen, die den Gottlosen gerecht sprechen vmb geschenck willen etc.“,148 wie auch sunst nicht gering schetzige149 Leute auff solche Meinung daruon reden, fielen jme die andern bey. Denn sie hieltens gentzlich darfur, das vns Gott, wenn wir gleubten, das Christus fur vns gestorben vnd wider vmb vnsernt willen aufferweckt sey, nur fur gerecht achte, vmb solches glaubens willes, ob wir gleich keine frumbkeit oder Gerechtigkeit bekemen, daruon wir an vns selbst auch frFmmer oder gerechter wurden. Da aber Osiander mit gewalt dahin drange vnd bewerete,150 das vns Gott [C 2r:] nicht allein fur gerecht hielte vmb solches glaubens willen, sondern vns auch warhafftiglich anfienge hie in disem leben gerecht zu machen durch Jhesum Christum, der die Gerechtigkeit selbst ist, vnd durch den Glauben in vnsern hertzen wonet, lebete vnd regierte, wo wirs gleuben, vnd wFrden auch nur darumb fur gerecht geschetzet, diewiel wir die Gerechtigkeit Gottes, das ist Christum, durch den glauben in vns hetten etc.151 Wie denn in der Disputation weiter zu sehn, auff welche auch Osiander sich Burggraffen zu N=renberg vnd || FFrsten zu Rugen etc. || Ausschreiben || An vnsere alle liebe getrewẽ vnd || Landschafften ... || dariñ grFnd||lich vnd =rdentlich / wie sich die ergerliche zwispalt || vber dem Artickel von vnser armen SFnder Recht= || fertigung / vnd warer ewiger Gerechtigkeit / erha= || ben / vnd was wir vns mit grossen sorgen einigkeit || zumachen / bemFhet / dargethan ... || [Königsberg: Hans Lufft, 1553] (VD 16 P 4780), B 3v–B 4r, C 1r, C 1v. Osiander polemisierte gegen solch ein Verständnis von der Rechtfertigung in seiner Schrift „Von dem einigen Mittler“, indem er eben den von Funck hier behaupteten Unterschied in der Lehre seiner Gegner zwischen „gerecht sprechen“ und „mit der Tat gerecht machen“ verwarf: „S=lche irren all sehr greulich, erstlich das sie das w=rtlein ‚rechtfertigen‘ verstehen und auslegen allein fur ‚gerecht halten und sprechen‘, und nicht ‚mit der that und in der warheit gerecht machen‘, darnach auch in dem, das sie dar kein unterscheid halten zwischen der erl=sung und zwischen der rechtfertigung, so doch ein grosser unterscheid ist, (...), ferner auch in dem, das sie nichts bestendigs k=nnen setzen, was doch die gerechtigkeit Christi sey, die durch den glauben in uns mFss sein und uns zugerechnet werden, und entlich irren sie auch in dem am allergrobsten, das sie die g=ttliche natur Christi von der gerechtigkeit absundern und Christum zertrennen und auffl=sen, welchs gewislich des leidigen teuffels werk ist.“ Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), G 4r–v, in: OGA 10, 156, 5–15. 148 Jes 5,23. Eine Argumentation mit dieser Bibelstelle findet sich in Staphylus’ Bekenntnis nicht. Allerdings führte auch Osiander in seiner Schrift „Von dem einigen Mittler“ diese Bibelstelle an, um die Bedeutung von „Gerechtigkeit“ im Sinne von „gerecht machen mit der Tat“ hervorzuheben, gegenüber einer Vorstellung von „Grechtigkeit“ als „gerecht sprechen“. Vgl. Osiander, Von dem einigen Mittler (1550), G 1v–G 2r, in: OGA 10, 148,1–20. 149 nicht gering geachtete, also: wichtige, bedeutende. 150 bewies. 151 Vgl. z. B. These 21, 22 und 31 in Osianders Disputation von der Rechtfertigung aus dem Jahr 1550, in: OGA 9, Nr. 490, S. 433,7–13; 435,9–13: „Dann dieweil zweierley gerechtigkeit ist, nemlich Gottes und der menschen, so ergreiffen wir durch den glauben nicht dise menschliche, sonder jene g=ttliche gerechtigkeit (These 21). Welche nicht allein darumb Gottes gerechtigkeit genennet wirt, das sie vor Got gilt und angenehm ist, sonder das sie wahrhafftigklich Gottes gerechtigkeit iat, nemlich unsers herrn Jhesu Christi, der da ist Gott uber alles, gelobt in ewigkeit, amen (These 22) [...] Die versonung aber verstehn wir nicht auff die gemeinen weiss, wie ein mensch mit dem andern versonet wirt, sondern theologisch, also das mit Gott versonet werden so vil sey als mit Christo vereinigt und aus im widergeporn werden, das er in uns und wir in im seien und durch in leben und von desselben gerechtigkeit wegen, der in uns wohnet, gerecht geschetzt werden (These 31).“

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stracks beruffte. Da viel Staphilus mit seinem anhange von disem ab vnd gabe fur, Christus wonete nicht wesentlich durch den glauben in vns, sondern effectiue,152 als wie die Sonn am himel steht vnd hat jre wirckung durch die scheinstrimen im Acker etc. Vnd solchs wolten sie damit beweren,153 wie sonst etzlichek auch narren,154 wo Got wesentlich in vns wonete, so mFsten wir auch wesentliche G=tter sein.155 Jtem, Gott wolt seine Ehre keinem andern geben.156 Als sie aber auch gewaltig erleget,157 das sie entlich auch auffs leugnen getrungen, sie hetten solches nicht geredet noch bestetiget, das Christus nicht solte in vns wonen etc.158 Vnd FFrstlicher Durchleuchtikeit [sic] in Preussen etc (fur welcher solche handlung von beiden parteien abwechselndl, das ietzt ienes, ietzt dieses part verh=ret vnd des andern parts meinung berichtet wFrde etc., am meisten getriben) verhoffet, es m=chte nu leichtlich einikeit [sic] zwischen beden parteien anzurichten sein, namen sie die handlung fur, das die, so mit Staphilo waren, sich gFtlich mit Osiandro bereden solten. Vnd wurden zu Mitlern gegeben Joachim M=rlein vnd D. Andreas Aurifaber,159 wie denn solche handlung ferner aus FFrstlicher Durchlechtikeit AVSSCHREJBEN zu uernemen [C 2v:] ist.160 Es wurde aber in dem [sic] beden zusamen kFnfften, welche gehalten worden die erste am Freytag nach Fastnacht des 1551 jars,161 die andere am Dinstag hernach,162 nichts anders ausgerichtet, denn des herr Osiander in der Vorrede seiner Bekantnus gedencket.163 Wiewol sich dazumal D. M=rlein h=chlich bemFhet, einigkeit zu machen, vnd neben den fFrgelegten Artickeln, so in F. D. zu Preussen ausschreiben

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Konjiziert aus: eztliche. Konjiziert aus: abwechslend.

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Vgl. dazu Mennecke-Haustein, Conversio ad Ecclesiam, 137–142. beweisen. 154 närrisch daherschwatzen. Vgl. Art. narren 1), in: DWb 13, 366. 155 Die Aussage konnte bei Staphylus bislang nicht verfiziert werden. Vgl. aber zur ablehnenden Haltung von Staphylus gegenüber Osiander und überdies zu seinen christologischen Vorstellungen Mennecke-Haustein, Conversio ad Ecclesiam, 127f. Zur Kritik des Staphylus vgl. ferner Stupperich, Osiander in Preussen, 116–119. 156 Vgl. Anm. 155. 157 überwunden, besiegt. Hier im Sinne von: einer falschen Lehre überführt wurden. Vgl. Art. erlegen 2), in: DWb 3, 897f. 158 Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 134. 159 Zu den Ausgleichsbemühungen unter Vorsitz Joachim Mörlins im Februar 1551 vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 124–129. 160 Vgl. unsere Ausgabe Nr. 4. 161 13. Februar 1551. Vgl. Grotefend, Zeitrechnung, 158. 162 17. Februar 1551. Vgl. Grotefend, Zeitrechnung, 158. 163 Osiander gibt dort vor allem Staphylus die Schuld am Scheitern der Gespräche. Vgl. Osiander, De unico mediatore (1551), Bl. ..4v, in: OGA 10, Nr. 496, S. 101,2–5. 153

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nicht fern vom Anfang gesetzt sind,164 redet er sehr vnd trefflich wol fur Osiandrum, vnnd damit er den gegenpart deste besser der Meinung Osiandri berichten m=chte, brachte er dise gleichnus ins mittel,165 vngeferlich mit disen worten: „Jch hab mich (sprach er) mit D. Osiandro, meinem gFnstigen166 herrn, beredet vnd verstanden, das seine Meinung also sey, wenn einer gifft getruncken hette, welchs jm167 den gantzen Leib durchgangen, also das man schliessen mFste, er must sterben, vnd wurde im dargegen widerumb ein starcke Ertzney gegeben, welche das gifft nicht allein T=dtet im menschen, sondern auch verzeret vnd der mensch diselben bey sich behielte, so sprech man, der mensch ist genesen, er stirbt nicht etc., ob gleichwol der leib noch schwach were vnd mat von der gifft, so wer doch die Ertzney so krefftig, das sie auch solche schwacheit etc. verzeret vnd den menschen wider zu seinen krefften brechte. „Also“, sprach er, „verstehe ich D. Osiandri meinung auch. Wir sind durch die SFnd vergifftet, das wir ewig sterben mFsten. Gott der Vater aber gibt vns seinen Son, den lieben HERRN Jesum Christum, der ist fFr vnser SFnde gestorben vnd aufferstanden vmb vnser Rechtfertigung willen, den müssen wir durch den [C 3r:] glauben ergreiffen, wenn der inn vns ist, so haben wir ein starck Antidotum wider die gifft der SFnden, denn Er t=dtet inn vns die SFnde vnd vberwindet den Todt vnd macht vns durch seine krafft wider lebendig. Vnd wer nun also Christum ergriffen hat, von dem spricht man: ‚Er ist Gerecht, er ist errettet, jhm schad nichts mehr, ob gleich noch allerley gebrechlikeit da ist etc.‘, so ist doch die Ertznei stercker etc.“ Auff solche meinung bekennet er da,168 Doctor M=rlein, verstunde er Osiandrum vnd were gantz mit jm eins, denn das were auch der rechte verstand, vnd vberantwortet hernach FFrstlicher DurchleFchtikeit zu PreFssen, M. G. H.,169 ein Schrifft,170 fast171 auff gleiche Meinung gestellet, allein das die gleichnus mit mehr worten geschmucket172 war etc. Jm selben andern Gesprech aber wurde endlich beschlossen, das ein jetzlicher seine Meinung von disem handel inn Schrifft verfassen solte,173 welchem ich alßbald gehorchet vnd mein Bekentnus mit disem Tittel „Kurtzer vnd doch grundlicher

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Mörlin stellte 15 Thesen auf, die tatsächlich von Osiander und seinen Gegnern akzeptiert wurden. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 127f. Die Thesen finden sich abgedruckt im Ausschreiben des Herzogs, A 4r–B 2r. 165 verwendet dieses Beispiel um einen Vergleich herzustellen. Vgl. Art. mittel 8.a), in: DWb 12, 2385. 166 wohlgesinnten. Vgl. Art. günstig A.1.a.β), in: DWb 9, 1129f. 167 ihm. 168 der. 169 Meinem Gnädigen Herrn. 170 Gemeint sind wohl die 15 Thesen Mörlins, die er im Zuge seiner Einigungsbemühungen aufstellte. Vgl. Anm. 164. 171 genau. 172 ausgeführt. Vgl. Art. schmücken II.7), in: DWb 15, 1126. 173 Dies war zwischen Mörlin und Herzog Albrecht verabredet worden, sollten die Ausgleichsverhandlungen scheitern. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 129.

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Bericht von der Rechtfertigung, das ist, wie der Mensch fur Gott Gerecht, frum vnd Selig werde aus heyliger G=tlicher schrifft etc.“174 inn Schrifften an tag gegeben vnd am ende obgemelte verfelschung des Staphili vnd seines parts neben andern mehr jrthumen, so mitler zeyt durch sie geborn waren (der denn in obgedachter Osiandri vorrede auch gedacht wird),175 widerleget, vnd hab hernach solche Schrifft F. D. in Preussen, meinem gnedigsten herrn, den 7. Aprilis zu eigner hand vberantwort. Vnd dieweil ich hernach zum andermal kurtze bekentnus hab im druck ausgehn lassen, ist solches erste in Truck noch nicht kommen,176 aber weit [C 3v:] vnnd breith sonsten außgestrewet durch Schrifft. Wes sich aber des Staphili part verhalten, ist aus der vorrede Osiandri177 vnd F. D. Ausschreiben warhaftiglich zu vernemen.178 Vnd nachdem dieselbe part nichts weste auffzubringen, damit sie Osiandrum dempften, name Staphilus das wort „Wesentlich Gerechtikeit“179 fur sich vnd drehet dar aus die Kegel zu disem spil,180 dardurch nu die gantze Christenheit betrFbet vnnd den mehrern theil verjrret ist, vnd fuhre mit disem handel also fort, wie volget. Dieweil das wort „Gerechtigkeit“ inn DeFdscher sprach durch langwirige181 gewonheit in einen grossen mißbrauch kummen ist, also das wenig bißher (das ichs doch mit vergunst rede, weils die That zeuget) inn DeFdscher sprach verstanden haben, was es eigentlich heisse, sondern der Mehrer theil dasselbe nach Juristischem mißbrauch verstehn von dem Rechten, da einer ein ding mit recht hat. Andere aber auff ein ander weise, davon hernach im andern theil sol gesagt werden. Name182 Staphilus das wort inn ietzgedachter meinung an vnd drange darauff, Christus hette zweierlei Gerechtikeit: eine, die wesentlich were, damit er von ewigkeit das Reich Gottes besesse, solche aber gieng vns nichts an, denn wir kFnden auch fFr derselben nicht bestehen,

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Hierbei handelt es sich um eine Handschrift. Funck hat später ein ähnlich betiteltes Buch veröffentlicht: Auszug vnd kurtzer || bericht: von der Ge= || rechtigkeit der Chri= || sten fur Gott / aus einer || predig / vber die wort || Johannis. || ... Johan Funck. || [Königsberg: Hans Lufft, 1552] (VD 16 F 3378). 175 Vgl. Anm. 163. 176 Vgl. Anm. 174. 177 Vgl. Anm. 163. 178 Vgl. unsere Ausgabe Nr. 4, S. 121–128. 179 Staphylus lehnte eine Einigung in den Verhandlungen vom Februar 1551 ab, indem er darauf verwies, dass Osiander lehre, Gott und Mensch seien nach derselben Gerechtigkeit wesentlich gerecht. In seinem Glaubenszeugnis aus dem Juni 1551 nahm Staphylus daran erneut Anstoß und führte aus, dass es eine doppelte Gerechtigkeit Christi gebe. Zwar besitze Christus, gemäß seiner göttlichen Natur, die wesentliche Gerechtigkeit Gottes. Eine andere Gerechtigkeit sei aber diejenige, mit der die Menschen vor Gott gerechtfertigt seien. Diese Gerechtigkeit sei ein Werk Gottes, der in der Person Christi – bestehend aus Gottheit und Menschheit – präsent sei. Denn er habe seinen Sohn in Menschengestalt zum Sünder gemacht Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 127, 152f. Staphylus’ Glaubenszeugnis ist gedruckt in: Ausschreiben, B 3v–C 1v. 180 macht dies zum Anlaß für die Kontroverse. 181 lang hergebrachte, lange währende. Vgl. Art. langwierig 1), in: DWb 12, 185f. 182 Es nahm.

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vnd nam zum schein der beweisung den spruch D. Luthers, denn er doch verhiebe,183 so in der Kirchen Postillen am Sontag des Aduends vber die wort Zach. 9: „Sihe, dein KFnig kompt zu dir, ein gerechter etc.“184 geschrieben ist vnd anfehet: „Merck dis stFcklein mit fleis etc.“185 Die ander Gerechtigkeit aber, die Christus hette, die were nicht wesentlich, sondern wer sein Gehorsam, sein leiden, sterben etc., vnd die mFsten wir haben, wenn wir [C 4r:] wolten gerecht sein etc.186 Vnd damit er also dise zwo Gerechtigkeit Christi auch mit Luthero bewise vnd seinem anhang eine Nasen drehete,187 zog er an188 zum zeugnus den spruch Lutheri, da er in der Vorrede in Danielem, von Bernhardo,189 schreibet, das er sich jn Christus leiden beuohlen habe, mit solchen worten: „Christus habe das himelreich mit zweierley Recht, erstlich ererbet von dem Vater, als der einige,190 ewige Son, das Recht jm allein, zum andern, als verdienet durch sein leiden, dies Recht vnnd verdienst hat er vns geschenckt, denn er hat vmb vnsern willen gelitten.“191 Auff solche wort Lutheri (die doch nicht von der Gerechtigkeit Christi, da er mit frum vnd gerecht ist, sondernm vom Rechte sagen, damit er das himelreich besieze) drang192 er mit seinem Anhang also, das man weder jn193 noch sie von solchem miszuerstand bis auff diesen tag hat mFgen abwenden,194 wiewol mir m 183

Konjiziert aus: Sondren.

hier wohl: zu Unrecht anführte, falsch auslegte. Sach 9,1. 185 Vgl. Martin Luther, WA 10I.2, 36,22 (Adventspostille, 1522 [1. Adventssonntag, Mt 21,1–9]). Funck hielt offensichtlich Staphylus für den Verfasser der Schrift „Antilogia seu contraria doctrina inter Lutherum et Osiandrum“, die am 7. März 1551 Herzog Albrecht von den Gegnern Osianders zugestellt wurde. Denn dort wird das hier erwähnte Lutherzitat gleich zu Beginn gegen Osiander angeführt. Die deutsche Fassung der „Antilogia“ ist abgedruckt in HISTORIA || Welcher gestalt sich || die Osiandrische schwermerey im || lande zu Preussen erhaben / vnd wie die= || selbige verhandelt ist / mit allen || actis / beschrieben || Durch || Joachim M=rlin D. vnd Superinten= || dent zu Brunschwig. || ... || [Magdeburg: Michael Lotther, 1554] (VD 16 M 5879), F 4v–G 2r, hier: F 4v. 186 Vgl. „Antilogia“, in: Mörlin, Historia, G 1r: „Lutherus helts dafur, das Christus nicht darumb vnser gerechtigkeit vnd verdienst sey, das er Gottes Son ist, gerecht von ewigkeit, sondern darumb, das er mit sterben vnd aufferstehen das Gesetz erfFllet hat.“ Vgl. überdies Staphylus’ Glaubenszeugnis vom Juni 1551, in Ausschreiben Albrecht, C 1v:: „So nun dieses gehorsam bis zum tode des Creutzes in der Knechtischen gestalt vnd in dem gerechten knechte Gottes, auch in dem gerechten gewechs Dauids, weder kan noch sol, oder geheissen werden, die wesentliche Gerechtigkeit Gottes, so schlies ich festiglich hieraus, das auch nicht die Gerechtigkeit Gottes, damit der mensch gerecht gemacht wird von Gott, kan die wesentliche Gerechtigkeit genennet werden.“ 187 Sprichwörtlich: an der Nase herumführte. 188 verwies er. 189 Bernhard von Clairvaux. 190 einzige. 191 Martin Luther, Vorrede über den Propheten Daniel (1545), in: Volz II, 1528. Vgl. dazu auch die „Antilogia“, in: Mörlin, Historia, G 1r. 192 bestand, insistierte. 193 ihn. 194 abbringen. 184

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nicht zweiffelt, jr eins teils solten nun mehr gelehrnet haben, was Gerechtigkeit eigentlich hiesse. Vnd da nun herr Osiander offentlich sagete, der Gehorsam Christi, mit seinem leiden etc., were nicht die Gerechtigkeit, sondern es weren der Gerechtigkeit frFchte, denn die Gerechtigkeit musse zuuor da sein, ehe der gehorsam volgete,195 da viel D. M=rlein dem Staphilo zu (denn er hette auch noch nicht gelehrnet, was Gerechtigkeit eigentlich were) vnd fienge hernach =ffentlich auff dem predigstul an, zu lestern vnd ketzern zu uerdammen, vnd zu uerbannen alle, die Osiandrum h=rten (jn welchem er auch des loblichen FFrsten nicht verschonet), vnd gab fur (da er doch kFrtzlich zuuorn auch in =ffentlicher predig gesagt hette, die spaltung, so zwischen Osiandro vnd etzlichen anderen were, were nur ein wort gezenck, sie hetten zu beiden teilen Recht, [C 4v:] wenn sie nur einander recht verstanden),196 nun aber (sage ich) gab er fFr, Osiander schendet das leiden Christi, er trette sein Blut mit fFssen197 vnd weis nicht, was alles vngehewer lesterung, welcher sich auch Osiander in seinem Bekentnüs vnd sonsten beklaget vnd entschFldiget.198 Als nun solchs lestern durch M=rlein auff den Predigstul kame, da breitet sich die sache aus durch die gantze Christenheit, denn da schriebe, wer nur schreiben kFndte, an frembde =rter, wie Osiander so ein verfFrischer Ketzer were.199 Vnd durch solche lesterung vnd lFgen sind die gemFter der menschen, auch vieler gelerter, also verbittert worden, das sie auch hernach, als jnen schon Osiandri Bekentnus200 zuhanden kommen, fur solchem Argwon, so jnen Staphili vnd M=rleins lFgen vnnd verkleckung gemacht, die Warheit nicht haben kFnden erkennen. Denn dieweil sie der person feind waren, ists jnen gangen, wie S. Johannes spricht, 1. Johan. 2: „Wer seinen Bruder hasset, der ist im finsternus, vnd wandelt im finsternus, vnd weis nicht, wo er hin geht, denn die finsternus haben seine augen verblendet.“201 Daher sind auch souiel schrifften wider Osiandrum ausgangen, da doch keine mit jr selbs eins ist, wie denn ein jeder, so nur bey rechtmessiger vernunfft ist, leichtlich sehen kan. „Damit denn offenbar wird, das in jrem Munde 195

Es scheint sich dabei um eine Äußerung Osianders in einer seiner Vorlesungen zu handeln, die Mörlin besuchte, Vgl. Äußerungen in der Vorlesung. 16./17. April 1551, in: OGA 9, Nr. 452, S. 615. 196 Vgl. Mörlins Vermittlungsbemühungen im Februar 1551, in denen er die Differenzen zwischen Osiander und seinen Gegnern als Wortstreit einstufte. Stupperich, Osiander in Preussen, 124–129, bes 127. 197 Zur Kanzelpolemik Mörlins vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 154–158; Hase, Hofprediger, 179f. 198 Vgl. Osianders Beschwerden über die Kanzelpolemik gegen ihn in der Widmungsvorrede an Herzog Albrecht. Andreas Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), ::4v, in: OGA 10, 84,10–86,2; vgl. zudem ebd., 90,3–94,14. 199 Bereits um den Jahreswechsel 1549/50 hatte Melanchthon, nach Gesprächen mit Staphylus im September 1549, gegenüber verschiedenen Korrespondenzpartnern Befürchtungen über neue Streitigkeiten durch die Rechtfertigungslehre Osianders geäußert. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 82f. 200 Vgl. OGA 10, Nr. 488/496, S. 49–300. 201 I Joh 2,11.

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nichts gewis ist“, wie Dauid von etlichen Psalm. 5. klaget etc.202 Also ist nun die handlung mit dem Osiander angangen; was der hochl=bliche FFrst in Preussen fur mFhe vnd Erbeit, einigkeit anzurichten, vnd wie S. F. D. den M=rlein so trewlich verwarnet, ermanet vnd gebeten, durch schrifften vnd sonst, das er wolte betrachten, was endlich volgen wFr-[D 1r:]de etc., so es alles solte hie erzelet werden, wFrde es ein vnmeßlichs werck machen. Ein jeder aber mag das nodtwendigste aus S. F. G. Außschreiben203 am besten vernemen, da die meisten Schrifften vnd gegenschrifften eingeleybet sindt. Das Ander Theil. Also hat sich diese Spaltung von der Gerechtigkeit anfenglich erhaben vnnd in die gantze Christenheit aussgebreitet, wie gesagt ist. Vnd dieweil die handlung zuuorn nie strittig gewesen, sondern ein jeder vermeinet, er verstFnde sehr wol, was „Gerechtigkeit“ were, vnd jhr doch wenig waren (wie die That bezeFget), die der sachen einigen grundt hetten, da hats sich auch begeben,204 das allerley wider Osiandri lehre, auch von etzlichen zuvorn, ehe denn sie wüsten, was er grundlich lehrete (denn jhr eins theils so vermessen, das sie vrteilen dorfften, ehe sie Osiandri bekantnus h=reten oder lasen), geschriben wurde, vnd wolt ein jeder Meister205 an jhm werden. Wie sies aber Ritterlich206 getroffen, las ich andre richten, die mehrers verstands sind denn ich. Allein das mus ich anzeigen, das ich soviel Gerechtikeiten inn jhren Schrifften funden habe, das ich gern einen so gelehret sehen wolte, der mir sie alle zusamen reimet vnd vereiniget mit den eigenschafften, die der Gerechtikeit Gottes in der heiligen Schrifft zugemessen207 wer-[D 1v:] den. Nemlich: das sie sey die Gerechtikeit der ewikeiten [sic], Dan. 9.,208 vnd das sie vom Tod errette, Prou. x.,209 wil jetzt von andern nicht sagen. Vnd ich mus die warheit von mir selbs bekennen, wo dise zwen sprFch mich nicht hetten auffgehalten, das ich fleißiger nachgeforschet hette, was doch gerechtikeit were, m=chte ich warlich mit M=rlein vnd andern auch hart angelauffen210 sein.211 Dieweil mich aber dise sprFch erinnerten, das die Gerechtikeit von ewigkeit zu ewigkeit werete, welche Christus widerbringen solte, jtem, das sie auch muste Almechtig sein, solte sie anders vom Tod erretten, da giengen mir erst die augen auff, das ich sahe, was warhafftig Gerechtikeit were vnd was sie nicht were. Vnd damit ich eben auff die weise andern auch 202

Vgl. Ps 5,10. Vgl. Anm. 92. 204 zugetragen. 205 wollte ein jeder ihn an Kenntnis übertreffen. Vgl. Art. Meister 11.c), in: DWb 12, 1964. 206 Polemisch: so tapfer in der Auseinandersetzung. 207 zugeschrieben. Vgl. Art. zumessen 4.a), in: DWb 32, 538. 208 Vgl. Dan 9,24. 209 Vgl. Prov 10,2. 210 zum Angriff übergegangen. Vgl. Art. anlaufen, in: DWb 1, 393f. 211 Funck zweifelte zwischenzeitlich an Osianders Position in der Rechtfertigungslehre. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 120–122. 203

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helffen mFge, wie mir geholffen ist, will ich erstlichen die heFpt gerechtikeiten deren, so Osiandro widersprochen, erzelen vnd mit obgemelten eigentschafften beweren, das sie nicht die Gerechtigkeit sind, von welcher die Schrifft redet. Vnd will hernach den vrsprung des jrthumbs auch anzeigen vnd erkleren, wie Christus vnser Gerechtikeit sey. Vnd solches, nach dem mir der Herr genad verleihet, also darthun vnd mit heiliger Schrifft vnd aus derselben wolgegrundten argumenten, auch mit der Veter, alter vnd newer, berFmpter lehrer zeugnus beweren, das ein Kind von siben jaren sol vernemen, was warheit oder nicht ist. Endlich auch will ich, vermittelst G=tlicher gnaden, von der Rechtfertigung den armen, verirten [sic] gewissen, so einen richtigen vnd einfeltigen212 weg aus heiliger G=tlicher schrifft anzeigen, das, wo man nicht mutwillig213 den heiligen Geist lestern wil (da doch Got meniglich214 fur beware), ein jetzlich sein gewissen leichtlich zufriden stellen mag. Wil derhalben in Gotes namen eins nach dem andern handeln. [D 2r:] Wie mancherlei Gerechtikeit von den widersachern Osiandri erdacht vnd in schrifften etc. außgebreitet sindt. Wer nun alhie alle die Gerechtigkeiten erzelen solte, so von den Widersachern Osiandri hin- vnnd herwider inn Schrifften vnnd auff den Cantzeln sind gerhFmet vnd als die ewige, ware Gerechtikeit dar gethan215 worden, der mFste wol ein gutte zeyt haben, solche nur zusam zu lesen, sintemal216 selten einer ist, der nicht allein etzliche Gerechtikeit fur die einige, ware Gerechtikeit hette, also Reich sind sie jtzt an Gerechtikeiten worden.217 Nach dem ichs aber fleyssig bewogen, finde ich, das alle solche Gerechtikeiten, die ein ansehen haben, als mFgens gerechtikeit heissen, furnemlich in volgenden puncten oder species mFgen verfasset werden: Vnter welchen die erste ist die Reinikeit der Menschlichen Natur in Christo, das ist, das Christus, ein warer Mensch, on alle Sünde in die weldt geborn ist vnd also aus solcher reinikeit hat vnverhindert kunden dem willen des Vaters gehorsam sein. Vnd dise ist Joachim M=rlein furnemste Gerechtikeit ein zeytlang gewesen, wie er denn vber das fFnffte capitel zun R=mern gepredigt vnd hernach in schrifften hat lassen außgehn,218 welche mir F. D. inn PreFssen anno 1551 im Herbst auff

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redlichen, aufrichtigen. Vgl. Art. einfältig 2), in: DWb 3, 173f. in boshafter Absicht. Vgl. Art. mutwillig 3), in: DWb 12, 2835f. 214 jedermann. 215 vor Augen gestellt, präsentiert. Vgl. Art. darthun 1), in: DWb 2, 794. 216 weil. 217 Funck greift mit dieser Behauptung die Polemik Osianders gegen seine Widersacher auf. Vgl. Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), G 3r–G 4v, in: OGA 10, 150,20–156,4. 218 Funck spielt damit wohl auf die Bedeutung von Röm 5,9 für die Argumentation Mörlins an, dass der Mensch durch Christi Blut gerecht werde. Vgl. dazu auch Mörlin, Von der Rechtfertigung des Glaubens (1552), in: unsere Ausgabe Nr. 11, S. 527–650. Vgl. zu einer Schrift Mörlins, die 1551 ungedruckt blieb und unter den Studenten Königsbergs zirkulierte, Stupperich, Osiander in Preussen, 212–215. 213

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dem Schloss Jnsterburg zu lesen gabe vnd ich noch beihanden habe. Aus disem hat Franciscus Stancarus seinen jrthumb geschepffet,219 den er nicht allein hie, sondern auch zu Stetin vnd Franckfort in der Marck220 gantz halstarriglich bißher verteidigt vnd leret, das alles, so vns Christus zu gut getan, nur aus der menschlichen natur her-[D 2v:]fliesse, wie denn solcher jrthum one zweiffel von denen inn der Marck mit verlegung selbs wird an tag gegeben221 werden. Die ander Gerechtikeit ist der Gehorsam, den er dem Vater vnter dem Gesetz geleistet hat, dise begreifft nun inn sich alle gutthaten des Herrn Christi, wie die Namen haben mFgen,222 dardurch er die Ehre des Vaters vnd des nechsten bestes gesucht vnd außgebreitet hat, vnd dise Gerechtikeit steht im Thun.223

II.

Die dritte Gerechtigkeit ist das Leiden des Herrn Christi, da er vmb vnsernt willen geengstet, das er blFttigen schweis schwitzet,224 geschlagen, verspeiet, verspottet, verwundet vnd am Creutz get=dtet wird.225Jn dise mFgen mit ein geschlossen werden die cognota, die auch von jnen Gerechtigkeit genennet werden, als do sind das Blut Christi, der Todt Christi, die Wunden Christi vnd dergleichen.226

III.

Die Vierde ist der gang Christi zum Vater, welchs sie selbs erkleren, das es sey, das Christus den Todt leidet vnd durch sein aufferstehung vberwindet

IIII.

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Ende April 1551 kam Stancarus als Glaubensflüchting nach Preußen. Dort wurde er umgehend in den Streit über die Lehre Osianders hineingezogen und ergriff gegen Osiander Partei. Bereits im August verließ er darum das Herzogtum wieder und gelangte schließlich nach Frankfurt/Oder. Er vertrat die Auffassung, dass Christus allein aufgrund seiner menschlichen Natur das Mittleramt besitze. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 166–171; Wotschke, Stancaro. 220 Frankfurt/Oder. 221 öffentlich widerlegt. 222 was sie immer sein mögen. 223 Vermutlich wird hier die Auffassung von der doppelten Gerechtigkeit Christi und damit die Unterscheidung von Gottes wesentlicher Gerechtigkeit und der Gerechtigkeit Christi durch seinen Gehorsam widergegeben, wie sie Friedrich Staphylus formulierte, vgl. Anm. 147. Vgl. aber auch das Bekenntnis Joachim Mörlins in Ausschreiben Albrechts (1551), C 2v: „(...) Wie durch eines menschen vngehorsam viel SFnder worden sind, also auch durch eines gehorsam [...] werden viel gerecht [Röm 5,19].“ 224 Vgl. Lk 22,44. 225 Vgl. Mt 27,27–50; Mk 15,16–37; Lk 23,32–46; Joh 19,1–30. 226 Vgl. das Bekenntnis Mörlins im Auschreiben Albrechts (1553), C 2r: „(...) Nemlich vnser Gerechtigkeit, die wir auch nennen, die Gerechtigkeit des Glaubens, ist nichts anderes, denn der schmeliche, bittere Tod, unschFldige schweis vnd aufferstehung meines geliebten Herrn vnd Heilands Jesu Christi (...).“

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V.

VI. VII.

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vnd also zu seiner herrligkeit eingehet.227 Vnd ist dise Gerechtigkeit ein zwifechtige Gerechtigkeit, denn sie begreifft in sich das leiden Christi, welchs jnen sonst eine Gerechtigkeit ist, vnd darzu die aufferstehung Christi, welche etzliche auch jre Gerechtigkeit nennen. Vnd dieweil sie alles thun vnd leiden des HERRN Christi vnd fast ein jeztlichs228 ein Gerechtigkeit nennen, nimt mich wunder das jr keiner (souiel mir [D 3r:] wissend ist) die Hellefart des HERRN Christi seine Gerechtigkeit genennet hat. Aber sie verstehens vielleicht vnter dem Gang zum Vater. Das las ich nu beruhen. Die FFnffte ist vergebung der sFnden. Dise rhFmet M=rlein mit den seinen am allerh=chsten,229 nach dem er der andern nicht trawte zu erhalten,230 vnd ist derhalben nicht zu uerdencken, denn bey solchem lehren vnd leben, als er gethan vnd seine anhenger getriben (Got geb, das sie sich erkennen231 vnd bessern), dFrffen232 sie jhres gedunckens keiner frumkeit, in der sie Got dieneten, sondern nur vergebung der sFnden allein. Die sechste ist nun das werck der Rechtfertigung an sich selbs, welcher anhangt die Erl=sung, so durch Christum geschehen ist.233 Vber dise sind die do meinen, der Glaub sey die ware Gerechtikeit.234 Vnd sind etzliche vnter denen, die es auch verstehen von dem Glauben, der nur etwo was glaubet, das Gott zugesagt hat, das er thun wolle. Vnd vermeinen,235 solche meinung zu beweren mit S. Paulo, Rom. 4, da er das Exempel Abrahams einfFhret,236 wie er nicht angesehen habe seinen Erstorbenen leibe etc.,237 sondern auffs aller gewisest gewust, das was Got verheist, das kan er auch thun; darumb sei es jhme auch zur Gerechtikeit gerechnet.

227 Mörlin hatte in seinem Bekenntnis ausgeführt, in Ausschreiben Albrechts (1553), C 2r : „(...) denn der HERR selbst sagt, das sey Gerechtigkeit, nemlich das er zum Vater gehe, Joh 16 [Joh 16,10].“ Hegemon hatte in seinem zweiten Bekenntnis unter Verweis auf dieselbe Bibelstelle genauso argumentiert, in Ausschreiben Albrechts (1553), D 4v: „Item Christus spricht Johan. 16, da er redet, das der heilige Geist werde die welt straffen, vnter anderm also: ‚Vmb die Gerechtigkeit aber, das ich zum Vater gehe.‘ Hie spricht klerlich vnd deutlich, das das die Gerechtigkeit sey, das er zum Vater gehe, das sie stehe im gehen zum Vater etc.“ 228 alles mögliche, erdenkliche. 229 Vgl. Alber, Widder das Lästerbuch Osiandri (1551), unsere Ausgabe Nr. 6. 230 nicht glaubte, die anderen Argumentationen noch länger aufrechterhalten, verteidigen zu können. 231 sich als sündig ansehen, erkennen. Vgl. Art. erkennen 7.b), in: DWb 3, 869. 232 bedüfen. 233 Vgl. z. B. die Ausführungen Mörlins, Von der Rechtfertigung (1552), in: unsere Ausgabe 11, S. 527–650. 234 Vgl. die Ausführungen von Staphylus in seinem Bekenntnis dazu, dass der Gläubigen wegen seines Glaubens aus Gnade gerechtfertigt werde, in: Ausschreiben Albrechts (1553), C 1r–v. Mörlin sprach in seinem Bekenntnis von „Gerechtigkeit des Glaubens“, in: Ausschreiben Albrechts (1551), C 2r. 235 behaupten. 236 anführt. 237 Vgl. Röm 4,19.

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Auch sind jhr die die zurechnung der Gerechtikeit fur die ware Gerechtikeit halten.238

VIII.

Staphilus aber, als ein Meister aller Meister, hat eine sonderliche239 vber die andern alle, die nennet er ein werck Gottes in Christo,240 was es aber fur ein werck [D 3v:] sey, halt ich wol, werde er selbs noch nicht wissen. Was aber vber dies erzelte gerechtigkeiten andere mehr sind, ist one not zu uermelden,241 sintemal sie alle in oberzelte stFck m=gen gezogen242 werden. Wollen derhalben nun anzeigen, das solcher Gerechtigkeitenn keine die ewige, ware Gerechtigkeit sey, welche die heiligeo Schrifft eigentlich Gerechtigkeit nennet.

IX.

Das ob erzelte Gerechtigkeit (wie man sie nennet) nicht sind die ewige, ware Gerechtigkeit, welche wir haben müssen, sollen wir anders selig werden, Matt 5: „Es sey denn ewr Gerechtigkeit besser etc.“243 Wie droben im eingang dises theils vermeldet, das die heilige Schrifft zwo furnemliche eigenschafft der Gerechtigkeit, die eigentlich die Gerechtigkeit Gottes genennet wird, zulege, nemlich, das sie ewig sey, von ewigkeit zu ewigkeit, Dan. 9,244 vnd das sie vom Tod errettet, Prouerb. 10,245 also mag ein jeder nach solchen eigenschafften selbs richten ob erzelte ding (so Gerechtigkeit genennet werden) sind die ware Gerechtigkeit Gottes oder nicht. Vnd damit ich den einfeltigen246 in die sach helffe,247 wil ich ordentlich schlissen,248 damit ein ieder die volge sehe. Vnd wo etwo ein einrede von jemand geschehen künde, auch einfeltigen bericht thun, das man ja die warheit greiffen249 mFsse; vnd erstlich: Von der reinikeit der Menschlichen natur in Christo, das die nicht sey die G=ttliche Gerechtigkeit etc.

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Konjiziert aus: Getechtigkeiten. Konjiziert aus: heilege.

238 Gemeint ist damit die Imputationslehre, die vor allem von Melanchthon vertreten wurde. Vgl. Ernstpeter Maurer, Art. Zurechnung I., in: RGG4 8 (2005), 1923. Zur Haltung Melanchthons im Osiandrischen Streit vgl. unsere Ausgabe Nr. 7, S. 215–231. 239 spezielle. 240 Vgl. Anm. 147. 241 muss nicht näher ausgeführt werden. 242 einbezogen. 243 Vgl. Mt 5,20. 244 Vgl. Dan 9,24. 245 Vgl. Prov 10,2. 246 Redlichen, Einfachen. 247 klare Auskunft gebe, zum Verständnis der Sache anleite. 248 klar, logisch argumentieren. Vgl. Art. schlieszen II.5.c), in: DWb 15, 706. 249 fassen, verstehen. Vgl. Art. greifen II.B.1), in: DWb 9, 25.

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Die Gerechtigkeit Gottes ist von ewigkeit zu ewikeit [sic], wie die wort des Engels, Dan. 9, da er sie nennet die gerechtigkeit der ewigkeiten, Zaedeck olamim,250 klerlich zeugen. Die reinikeit aber der Menschlichen Natur [D 4r:] Christo ist nicht von ewikeit. Denn der Son Gottes hat je die menschlichen [sic] natur in der zeit an sich genomen, nach dem die welt durch in geschaffen ware vnd gestanden 3962 jar, darumb kan sie nicht die ware Gerechtigkeit sein, von der die Schrifft redet. Hie spricht aber D. M=rlein, das ewig sey nicht also zu uerstehn, das es von ewigkeit zu ewigkeit heisse, sondern dieweil das wort ewig auff dreierley weis gebraucht werde (als erstlich das von ewigkeit zu ewikeit ist vnd weder anfang noch ende hat; zum andern, fur das, so da ein anfang hat vnd kein ende; zum dritten, fur eins menschen leben lang, als wenn man einem ewig ein Land verbeut etc.),251 so sey es hie zu uerstehn von der ewikeit, die da anfehet vnd kein ende nimpt. Darumb sey die reinikeit der menschlichen natur in Christo die Gerechtigkeit, denn die h=re in ewikeit nicht auff. Hier auff ist nu zu mercken, das der Ebreische text im Daniel nicht redet von einer ewikeit, sondern von vielen, denn er nennets Justiciam aeternitatum,252 die Gerechtigkeit der ewikeiten, mit welchem er klerlich wil anzeigen, das sie von ewikeit zu ewikeit sey. Zum andern spricht der Engel solche Gerechtigkeit werde gebracht werden (nemlich vom himel, wie D. Pomer253 daruon redet)254 daraus notwendig volgen wil, das sie zuuor sein mus, ehe sie gebracht werde. Nun hat aber Christus seine Menschliche natur nicht vom himel zu vns bracht, sonder sie auff erden von vnserm fleisch, nemlich von der reinen jFngfrawen Marien an sich genomen. Darumb kan sie nicht die ware Gerechtigkeit sein. Zum dritten ists wunderlich zu h=ren, dieweil die heilige schrifft die Gerechtigkeit (daruon der streit ist) nennet Gottes Gerechtigkeit vnd M=rlein furgibt, solche Gerechtigkeit sey nicht von ewikeit, so wFrde ja volgen, das Got von ewikeit so lang one die waren [sic] Gerechtig-[D 4v:]keit gewesen were, bis Christus Menschliche Natur an sich genommen hat. Wer will aber solches sagen dFrffen vnd Got nicht lestern? BehFtte, liber Got, fur solcher Blindheit. Solche blindheit aber wollen sie decken255 mit dem l=cherichten Mantel, da sie furgeben, es sind zwo Gerechtikeit Gottes oder Christi.256 Solchs hilfft aber nicht, denn wo das war were, wurde bald volgen, weil die eine von ewigkeit zu ewigkeit were vnd die ander, so zu vns gebracht werden solte durch Christum, auch von ewigkeit zu ewigkeit sein mus (wie die wort des Engels klar zeFgen) vnd doch dise nicht were die jenige,257 das zwen G=tter oder zwey 250 251 252 253 254 255 256 257

Vgl. Dan 9,24: ‫צֶ דֶ ק עֹ ל ָׅמים‬. Mörlin, Von der Rechtfertigung des Glaubens (1552), in: unsere Ausgabe Nr. 11, S. 527–650. Vgl. Dan 9,24 (Vg.): iustitia sempiterna. Johannes Bugenhagen. Konnte bislang nicht verifiziert werden. kaschieren, beschönigen. Vgl. die Rede von der zweifachen Gerechtigkeit Gottes bei Staphylus, Anm. 147. und doch nicht identisch wären, woraus volgt.

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G=tliche wesen sein mFsten, denn nichts ist von ewigkeit zu ewigkeit, das ist, on anfang vnd ende, denn Got allein. Darumb ligt nun solche gedichte Gerechtigkeit des M=rleins vnd Stanckars, vnd wer etwo mehr der meinung ist, durch dise einige eigenschafft darnider, das sie nicht ist die ware Gerechtigkeit, denn sie ist nicht von ewigkeit zu ewigkeit. Zum andern beweisets auch die andere eigenschafft der waren Gerechtigkeit, das die Reinikeit der menschlichen natur, oder gleich auch die gantze menschliche Natur, nicht sey die ware Gerechtigkeit Gottes. Denn dieweyl die Gerechtigkeit vom Tod errettet (welchs auch Philipp Melanth. verstanden haben will vom ewigen Tode),258 so mus sie jhe almechtig sein, das ist, sie mus Got selbs sein. Nun ist aber je die Menschliche Natur inn Christo nicht Got selbs oder G=tliche Natur, darumb kan sie auch nicht sein die Gerechtigkeit, darvon der stritt259 ist. Daraus volget, das auch die Reinikeit der Menschlichen Na-[E 1r:]tur nicht sey die Gerechtigkeit, denn wenn man das gantze weg nimpt, so nimpt man auch die stFck weg, die dem gantzen anhangen etc. Aber hie sprechen sie, die Menscheit Christi sey nun Almechtig, vmb des willen, weil sie mit der Gottheit vereiniget ist in personlicher vereinigung, also das Gott vnd mensch ein person, ein Christus ist. Derhalben kFnde sie auch aus dem Todt erretten vnd wol die Gerechtigkeit sein.260 Hie m=chte ich solchen Theologis wol gFnnen, das sie mit fleis achtung hetten auff die zwo naturen, so in der einigen person Christi vereiniget sind. Also das sie erstlich die naturen nicht trenneten vnd doch die eigenschafften derselben nicht vermischten. Denn war ists, das Christus Gott vnd Mensch, ein einige, vnzertrenliche person ist. Aber widerumb ists auch war,261 das die G=ttliche natur andere eigenschafften hat denn die Menschlich, vnd widerumb die Menschlich andere denn die G=ttlich. Daruon bisher von vielen gelehrten mennern trefflich262 wol geschrieben ist. Nun ists je gewis, das Almechtig sein eignet allein der G=ttlichen natur in Christo, so nu jemand solche eigenschafft der menschlichen natur auch zulegen263 wolte, so wFrde er zwo Almechtige naturen jn Christo setzen, das were zwo G=ttliche, vnd keme also ein solcher in die schweresten Ketzerey, so je hette gedacht werden m=gen. Von welchen ich doch jetzt vmb der schwachen willen nicht mehr redenp wil. Denn auch zu meinem furhaben jetzt nicht mehr von n=tten, denn das gesagt ist. Wo aber je jemand fechten wolte, die Menscheit Christi were Almechtig (wie denn etzliche bisher menscherley weis getreiben), de-

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Konjiziert aus: regen.

258 259 260 261 262 263

Zu Melanchthons Vorstellungen vgl. unsere Ausgabe Nr. 7, S. 215–231. Streit. Vgl. Anm. 258. wahr. vorzüglich. beimessen.

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nen las ich Athanasium mit der gantzen [E 1v:] Christlichen Kirchen antworten, die nu mehr denn 1180 jar264 bekennet hat, Christus sey nach der Gotheit dem Vatter gleich aber nach der Menscheit kleiner denn der Vater.265 So denn Christus auch nach der menscheit Almechtig ist, so haben wir zwen almechtig, einen gr=ssern, den andern einen kleinern, das weren nu zwen G=tter, ein gr=sserer vnd ein kleiner. Wer will aber solche Torheit vnter den Christen leiden? Solchs hab ich nun deste weytleFfftiger266 gehandelt darumb, das die einfeltigen sich in die nachuolgenden verlegung267 dessen268 besser schicken269 mFgen, denn dieselbigen wil ich nun eins theils zuhauff270 fassen vnd kurtz schliessen, das sie die ware Gerechtikeit nicht sind, daruon die Schrifft redet vnd der Strit271 ist.

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Das die andern oberzelten Gerechtikeiten auch nicht die ware Gerechtikeit sind. Solchs beweiset sich nun aus obgesetzten beden eigenschafften auch gewaltiglich. Denn so viel den Gehorsam des Herrn Christi vnter dem Gesetz belanget, ists gewiß, das er nicht ewig ist von ewikeit zu ewikeit. Sondern hat angefangen, da er Knechts gestalt272 vnd die Menschlich natur an sich genomen hat. Vnd hat widerumb auffgeh=ret (was sein person belangend, wiewol der Verdienst, so dardurch erworben, ewiglich bleibet), da er inn seine HERRLJKEJT nach der Aufferstehung eingegangen ist. Desgleichen auch ist solcher Gehorsam CHRJSTJ nicht Allmechtig, denn sonst muste er auch GOT sein. [E 2r:] Vnd dieweil der Gehorsam Christi in sich begreifft bede, das, so Christus vnter dem Gesetz fur vns gethan vnd vmb vnser SFnden willen erlitten (welcher keines ewig noch almechtig ist), denn sonst muste Christus ewig vnter dem Gesetz sein, ewig leiden etc., auch mFsten solche seine werck vnd leyden Got selbs sein, dieweil sie almechtig weren vnd aus eigner kraft vom Tod erretteten. So mus noth wegen273 volgen, das deren keines die ware Gerechtikeit ist, darvon die Schrifft redet. Vnd weil weder das Thun noch leiden Christi die ware Gerechtigkeit sind, volget auch, das das Blut Christi (das verstehen sie vom Blutvergiessen), item der Tod Christi, die Wunden Christi, vnd was des mehr ist, nicht sind die ware Gerechtikeit, denn

264 Bezieht sich auf die Auseinandersetzungen um die Lehre des Arius (vgl. o. Anm. 66) seit dem 4. nachchristlichen Jahrhundert. 265 Athanasius war der wohl entschiedenste Gegner arianischer Positionen im 4. Jahrhundert. Vgl. Martin Tetz, Art. Athanasius von Alexandrien, in: TRE 4 (1979), 333–349. 266 ausführlicher. Vgl. Art. weitläufig 2.a), in: DWb 28, 1302. 267 Widerlegung. Vgl. Art. Verlegung 4), in: DWb 25, 764. 268 desto. 269 hineinfinden, verstehen. 270 zusammen. 271 Streit. 272 Vgl. Phil 2,7. 273 zwangsläufig.

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der keines ist von ewikeit zu ewikeit, auch keines Almechtig, das es aus eigner krafft solte oder verm=chte vom Tod erretten. Des gleichen ist es auch mit dem Gang Christi zum Vater, welchem sie das Leiden, Sterben, Aufferstehn vnd Himelfart zu schreiben. Vnd wiewol sie solche Gerechtikeit aus der heiligen Schrifft vermeinen zu grFnden vnd vil sprFche derselben anziehen,274 mit welchen sie beweisen wollen, das solche oberzelte stFck vnsere Gerechtikeit sind, so stehen doch die obgesetzten eigenschafften der waren Gerechtikeit (das sie von ewikeit zu ewikeit vnd Almechtig ist) so gewaltig dargegen, das es ein Kind greiffen m=chte, das solche sprFche, so sie fFhren,275 zu jhrer meinung nicht dienen. Wie aber solche sprFche, die sie fFhren, recht sollen verstanden werden, wird ein jeder mittels verstandes selbs leichlich kFnden vrteiln, wenn er sihet, woher der jrthum kumme, das man so mancherlei Gerechtikeit dichtet276 etc., denn [E 2v:] aus solchem vrsprung kan man one mFhe ermessen,277 was Proprie, das ist, eigentlich, oder was per figuram vel abusum (das ist, inn verwechselter rede oder durch mißbrauch der wort) geredt werde oder nicht. Wollen jetztq die vbrigen Gerechtikeiten auch examinirn, vnd erstlich von Vergebung der Sünden. So vergebung der Sünden von ewikeit zu ewikeit were (wie denn die Gerechtikeit ist), so volgete, das auch Sünde von ewikeit were. Denn wie wolte sie sonst vergeben werden, wenn sie nicht were? Solte aber SFnde von ewigkeit (das ist, vor allen Creaturen) gewesen sein, so muste volgen, das sie inn Got vnd Got selbs gewesen were, denn nichts ist von ewikeit, als Got allein. Wer will aber solches one Gots lesterung reden? vnd nimpt mich wunder, wo doch die leFte hindencken, die so vnbedechtig inn solchen wichtigen sachen, da sie stritig werden, reden vnd streiten. Denn ob schon etwo Vergebung der sünden Gerechtigkeit genennet werden mag (wie hernach sol gesagt werden), so volget doch oberzelter vrsach inn keinen weg,278 das sie die ewige, ware Gerechtikeit selbs sey. Vnd so man solte anzeigen,279 was weiter fur lesterung der G=tlichen Maiestat aus dem volgen wolte, wo man setzet,280 das Vergebung der sünden die ware, ewige Gerechtikeit were, solte sich wol alle Creatur darüber entsetzen. Mir zwar stehn die haer281 gen berg, wenn ichs nur gedenck, wil geschweigen, wenn ichs solte h=ren reden, vnd also, das mans noch wolte fur recht282 verteidigen etc. q

Konjiziert aus: setzt.

274 275 276 277 278 279 280 281 282

zitieren. Vgl. Art. anziehen 5), in: DWb 1, 528. verwenden. erfindet. Vgl. Art. dichten 5), in: DWb 2, 1060f. begreifen. Vgl. Art. ermessen 2), in: DWb 3, 915. auf keinen Fall. melden. Vgl. Art. anzeigen, in: DWb 1, 524. behauptet. Haar. als wahr, als richtig.

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Zum andern, solten denn wir inn ewigkeit vergebung der sünden bedurffen (wie denn die Gerechtikeit [E 3r:] in ewikeit bleibet), so volgete, das wir auch nach disem leben inn der ewigen Seligkeit sünde haben mFsten, denn wenn wir sie nicht hetten, was dorfften wir der Vergebung? Solten wir denn SGnde in jenem leben283 haben, wie würden wir denn Christo dem Herrn gleich sein? wie S. Johannes spricht, Ir Joan. 3.284 Denn wir wissen ja vnd bekennen, das Christus keine sünde hat? Nun glauben wir aber vnd bekennen, das die sünde aus vns wird ausgefeget285 werden (derhalben wir auch keiner Vergebung mehr als denn bedurffen) vnd das wir werden dem Herrn Christo in seinem verklerten leibe gleich sein286 vnd on alle gebrechen, so mus auch diss fals volgen, das Vergebung der sunden nicht die ewige, ware Gerechtikeit ist etc. Wolte aber jemand weitter dringen287 vnd jhe wollen, Vergebung der sünden were die ware Gerechtikeit, von der der strit ist, den bitte ich, er wolde die obgedachte wort wol ermessen288 vnd sehen, was er Christo dem Herrn vnd seinem Euangelio fur Ehre (wils nicht anders nennen) zumesse,289 vnd sehe hernach auff die andere Eigenschafft der waren Gerechtigkeit, ob das werck vergebung der SFnden fur sich selbs so mechtig sey, das es vom Tode errette oder Gott allein, der die SFnde vmb des verdiensts Christi willen vergibet. So wirdt er one zweiffel greiffen, jm sind denn die finger von vielem geschenck nemen taub worden,290 was schwartz oder was weis sey in diesem streit. Aber was mach ich viel wort von dingen, die zuuor klar sind? Wolan, es zwinget die not der armen, verirten gewissen vnd [E 3v:] die halstarrikeit der feinde der ewigen, waren Gerechtigkeit Gottes, das man auff allerley weise, wie man kan, den Einfeltigen der warheit berichte291 vnd der halstarrigen vnuerstand entdecke,292 ob vileicht also dise zur erkentnus jres irrthumbs gebracht vnd sich bekereten, die verirten aber, im rechten Erkentnus der Gerechtigkeit vnterwisen, zu friden im gewissen gestellt werden m=chten. Volget nu von der Rechtfertigung, welche etzliche auch fur die waren Gerechtigkeits halten. r s

Ergänzt gemäß Corrigendaliste unten auf Blatt N 3v. Konjiziert aus: Getechtigkeit.

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dem ewigen Leben. Vgl. I Joh 3,2. 285 ausgetrieben, entfernt. 286 Vgl. Phil 3,21. 287 mit Heftigkeit argumentieren. Vgl. Art. dringen 2.b), in: DWb 2, 1416. 288 erwägen, beurteilen. Vgl. Art. ermessen 2), in: DWb 3, 915. 289 antue. Vgl. Art. zumessen 4.a), in: DWb 32, 538. 290 Polemisches Wortspiel: Taube Finger, die nicht greifen können = Verstand, der nicht verstehen will. 291 unterrichte. 292 aufdecke. Vgl. Art. entdecken 3), in: DWb 3, 507. 284

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Diser meinung aber ist zumal wider den strom, denn sie auch in der gemeinen Rede jrren, denn Gerechtigkeit ist viel ein ander ding denn Rechtfertigung, sintemal Gerechtigkeit ewig vnd Almechtig ist, die Rechtfertigung aber ein werck, welchs in diser welt anfehet vnd mit dem JGngsten tag auff h=ren wird. Darzu gebens die wort vnd die Grammatica, denn das wort Gerechtigkeit ist ein Nomen, das keine bedeutung der wirckung in sich hat. Rechtfertigung aber hat ein bedeutung der wirckung in sich, vnd bedeutet eigentlich die wirckung oder den Actum (denn wir kFnnens deutsch nicht wol reden), durch welchen vns Gott in vnd durch Christum JHESVM gerecht macht, vnd begreifft in sich alles, das Christus vns zu guth gethan, gelitten, erworben vnd erkaufft hat vnd das er noch teglich an vns thut vnnd thun wirdt, bis wir Jme in jenem Leben gleich sein werden, I.t Johan. 3.293 Da wir denn der Rechtfertigung auch nicht mehr dFrffen,294 denn wir werden schon also sein wie wir sein sollen, das ist, wir werden [E 4r:] volkommen gerecht sein, von welchem hernach weiter an gelegnerem ort sol gesagt werden. Wie nun bisher von den oberzelten Gerechtigkeiten gesaget, also ist auch vom Glauben zu schliessen. Denn dieweil er nicht ewig ist, sondern auff h=ren mus, kan er selbs die ware Gerechtigkeit nicht sein, die do ewig bleibet. Warumb aber der Glaube vielmals Gerechtigkeit genennet wird ,sol hernach auch gesagt werden. Das aber etzlich tichten vom Glauben, der nur etwou was gleubet, das Gott zugesaget hat, das er thun wolle vnd sich des spruchs Pauli zum zeugnis missbrauchen,295 ist nicht allein offentlich wider die heilige Schrifft, sondern auch gantz vnd gar Heidnisch, denn die heilige Schrifft zeuget klar an manchem ende, das, wer Christum nicht habe, der habe auch das ewig Leben nicht. Nun kan man aber Christum nicht anders denn durch den Glauben entpfangen, wo nu der Glaub schon alles anders fasset, das Gott zu thun verheissen, vnd fasset doch Christum nicht, das der mensch durch den Glauben mit Christo ein Kuch296 wird (wie D. Luther Gottseliger gedechtnus pflage297 zu reden)298 so hat er kein Leben, sondern ist Todt. Vnd ist vnmFglich, das der Mensch einiger299 verheissung Gottes Glaube, wo er nicht zuuorn erkennet vnd gleubet, das er durch CHRJstum mit GOTT vers=net sey vnd jme GOTT t u

Ergänzt gemäß Corrigendaliste unten auf Blatt N 3v. Konjiziert aus: ewo.

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Vgl. I Joh 3,2. bedürfen, benötigen. 295 Evtl. ist der oben angeführte Vers Röm 4,19 gemeint. Zu der Thematik der Rechtfertigung allein aus Glauben vgl. zudem Röm 1,17; 3,28; 4,5. 296 eine Einheit. Vgl. Art. kuchen, in: LutherStA 6, 104. 297 pflegte. Abwandlung von pflegen. Zu den Nutzungen vgl. Art. pflegen, in: DWb 13, 1736–1747. 298 Vgl. Martin Luther, WA 12, 485,2f (Reihenpredigten, 1523 [Predigt Gründonnerstag]). 299 einer einzigen, irgendeiner. 294

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vmb CHRJSTJ willen, den er durch den Glauben ergriffen, alles guts thun wolle. Einen wohn300 mag jm einer wol tichten als gleube er, aber wenn sich in der Noth das [E 4v:] widerspil301 sehen lest, als wols nicht gehn, wie Gott verheissen, so finds sichs fein, das solcher Glaub ein rauch302 gewesen ist, wie die teglichen exempel beweisen. Wenn aber der Glaube Christum ergreifft vnd in Christo Gott selbs zu eigen hat, als denn volget, das er one beschwerd alles ander, so Gott zusaget, gleuben kan, wie denn Abraham zuuorn Gott gleubete, da er sprach: „FFrchte dich nicht Abraham. Jch bin dein Schilt vnd dein sehr grosser Lohn“,303 in welchen worten sich Gott selbs dem Abraham schencket. Da Er nun solchs gleubet (denn er wFste, das er durch des Weibes Samen, so Gott verheissen, das er von jme solte herkommen,304 Gene. 12,305 mit Gott solte vers=net werden, vnd ware also mit Gott zufrieden etc.), sagt jm Gott zu, das sein Same solt werden wie die Stern am Himel,306 an welchem denn Abrahm auch nicht zweiffelte vnd wurde jm also gerechnet zur Gerechtigkeit.307 Denn wo er nicht zuuorn gegleubet, das Gott sein Gott were vnd jme alles gutes gFnnete, hette er der andern Verheissung von Mehrung des Samens auch nicht kFnden gleuben, sondern were immer im zweiffel gestanden, ob es Gott thun wFrde oder nicht. Darumb ist solches gedicht308 deren, so da treumen, wenn man nur etwas gleube, das Gott thun wolle, so sey man gerecht fur Gott, ob man gleich Christum durch den Glauben nicht ins hertz schliesse, ein falsche heidnische verfFhrung, dafFr sich alle Christen auffs h=chste hütten sollen. Vber dis ist noch (denn des Staphili fantasey verleget309 sich selbs, dieweil nichts gewis mit definirt wirdt) die imputation, das ist, die zurechung, furhan[F 1r:]den, von welcher etzliche also lehren, das wir nicht darumb gerecht sind fur Gott, das Christus, der fur vnser SFnde gestorben vnd vmb vnser Gerechtigkeit willen wider aufferwecket ist vom Tod vnd nun ein HERR ist vber alles vnd alles erfüllet, Rom. 4,310 Matth. vlt,311 Ephes. 4,312 durch den Glauben in vns wone vnd also vnserev Gerechtigkeit sey, sondern das vns nur

v

Konjiziert aus: vusere.

300 301 302 303 304 305 306 307 308 309 310 311 312

Wahn. Einbildung. Gegenteil. eine vergängliche Phantasie, ein Nichts. Vgl. Art. Rauch 5), in: DWb 14, 238. Gen 15,1. Vgl. Gen 3,15. Vgl. Gen 12,3. Vgl. Gen 22,17; 26,4. Vgl. Gen 15,6; Röm 4,3; Gal 3,6. Lüge. Vgl. Art. Gedicht 5.b.α), in: DWb 4, 2015. widerlegt. Vgl. Art. verlegen 3), in: DWb 25, 758. Vgl. Röm 4,23–25. Vgl. Mt 28,18. Vgl. Eph 4,9f.

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schlechts313 von Gott die Gerechtigkeit Christi werde zugerechnet, wenn wir glauben, Christus habe fur vns genug gethan vnd sey vom Tod wideraufferstanden, ob gleich Christus nimmermehr in disem leben in vns wonete vnd wir mit jme vereinigt wurden. Vnd diser wahn ist nu bey vilen so gewaltig, das sie auch biß zur Auffrhur inn der Christenheit darFber kempffen. Wiewol er sich selbs sehr gewaltig verleget. Denn erstlich streitet er wider vnzeliche SprFche der heyligen schrifft, welche alle bezeugen, das Christusw durch den glaubenx mit Got, seinem himlischeny Vater, vnd dem heiligen Geist inn vns wonen wolle, auch inn disem leben, welche jetz zu erzelen (dieweil sie zuvorn inn diser Spaltung gemein314 worden) hie zu lang wurde. Zum andern verlegens auch die Eigenschafften der Gerechtikeit, darvon nu viel vnd schier zum verdrus gehandelt, denn die Jmputatio ist nicht ewig. Denn sie fehet hie an inn disem leben, wenn wir an Christum glauben vnd jhn durch den glauben in vns haben, wie droben im ersten theil gesagt bey der Disputation Osiandri, auch wird sie auffh=ren inn jenem leben,315 denn S. Paulus spricht 1. Corin. 15: Gott werde alles sein in allen,316 da wird man ja keiner zurechnung mehr bedurffen, denn wir werden Christo gleich sein, 1. Joan 3,317 [F 1v:] vnd alles volkomenlich haben, sehen vnd genissen etc. Denn hie ist es stFckwerck, was wir Erkennen, aber als denn werden wirs sehen von Angesicht zu Angesicht etc., 1. Cor. 13.318 Zum dritten, so die jmputatio (welche ein werck Gottes ist, da vns Gott die Gerechtigkeit zu rechnet) solte die ware Gerechtigkeit sein, so mFste sie auch Almechtig sein, das were eben souiel gesagt, das werck were Gott selbs, dieweil aber solchs wider alle schrifft vnd darzu Abg=ttisch ist, eins oder mehr werck Gottes Gott, dem wircker, gleich machen, kan man mit rechtem verstand nicht sagen, das die jmputatio vnser Gerechtigkeit sey, durch die vnd in der wir ewig Leben. So viel sey nu von den mancherleien Gerechtigkeiten gesaget, aus welchem ja (als ich hoffe) ein jtzlicher, der nicht mutwillig319 wider den stachel lecken320 vnd dem heiligen Geist wider sprechen wil, vernemen sol, das der oberzelten stFck keines, so von vielen Gerechtigkeit genennet werden, sey die ware, ewige Gerechtigkeit, von der bisher der strit gewesen ist etc.

w x y

Konjiziert aus: Chriflus. Konjiziert aus: glarben. Konjiziert aus: himlishen.

313 314 315 316 317 318 319 320

schlicht, einfach. allgemein bekannt. dem ewigen Leben. Vgl. I Kor 15,28. Vgl. I Joh 3,2. Vgl. I Kor 13,12. böswillig, eigensinnig. Vgl. Art. mutwillig 3), in: DWb 12, 2836. aufbegehren. Vgl. Art, lecken [II] 3), in: DWb 12, 480f. Vgl. zudem Act 26,14.

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Woher kompt denn die jrrung, das man so mancherley Gerechtikeiten fFrgibt vnd so hartneckisch darFber kempffet. Nach dem nu aus den zweien Eigenschafften, so die heilig Schrifft der Gerechtigkeit zugibet, nach lenge bewisen ist, das oberzelte ding, so etzliche fur die Gerechtigkeit preisen, die ware Gerechtigkeit nicht sind, jsts nun auch von n=ten, das wir bewegen,321 woher der jrthumb entstanden ist, das so mancherley Gerechtigkeiten auff die Ban gebracht322 sind. Vnd wiewol ich droben im ersten theil vermeldet, woher Staphilus [F 2r:] in den jrthumb geraten vnd andere neben jme verfFret sind etc., vnd jemand gedencken323 m=chte, es were da genugsam angezeiget, so erstreckt sich doch die handlung viel weiter, wie bald sol gesaget werden, denn auch vber den selben missbrauch des worts Gerechtigkeit, daruon droben gesagt, noch etzlich andere auch gefunden werden, in Teudscher sprachen fFrnemlich, welche, da sie von etzlichen nicht vnterschieden oder vielleicht nicht verstanden sind worden, entlich zu diesem zanck vnd lermen haben vrsach geben. Vnd dieweil eins theils leut sind von hochtragenden sinnen, denen jre Ehre vnd rhumb viel lieber ist denn324 Gottes Ehre, haben sie hernach, da sie schon der warheit guten bericht entpfangen, von jrer gefasten Meinung, so sie erstlich aus vnuerstand verteidigt, auch nicht wollen abtreten, sondern ehe Himel vnd Erden in einander mengen, denn sie wolten sagen lassen, sie hetten geirret. Aus welchem denn der jamer, sonderlich in Preussen, Got wende es, so gross worden ist, das einer lieber Tausentmal zu sterben begeren solte, denn lang in solchem wilden vnnd Mutwilligen wesen der b=sen leut leben. Aber das klagen geschech325 an seinem ort, wollen kFrtzlich setzen326 die manchfeltige deutung des worts Gerechtigkeit vnd darbey anzeigen, wie obgedachte stFcke in solchen bedeutungen Gerechtigkeit mFgen genennet werden etc., vnd hernach auch, was die rechte, ware Gerechtigkeit sey, vermelden etc. Vnd damit ich die Einfeltigen nicht mehr verirre, denn lehre wil ich keiner figur,327 so in solchen schlichtungen sonst von den gelehrten gebraucht werden, hie gedencken, sintemal sie doch wenigen bekand sind, sondern mit klarem vnd verstendlichen worten daruon reden, damit ein jeder der warheit grund leichtlich sehen vnd verstehen mFge. [F 2v:] Nu ist der Erste missbrauch des worts Gerechtigkeit in Teudscher sprach (wie droben auch gemeldet), das mans brauchet furs Recht, damit einer ein ding besitzet oder von welches wegen einem ein ding gebFret, entweder zu thun oder zu haben. Als wenn einer ein hauss kaufft, so vbergibt

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erwägen. Vgl. Art. bewegen 3), in: DWb 1, 1769. zur Diskussion gestellt, vorgebracht. Vgl. Art. Bahn 6), in: DWb 1, 1078f. annehmen. als. geschehe. darlegen. Fachsprache. Vgl. Art. Figur 4), in: DWb 3, 1630.

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der verkeuffer dem, der do kaufft, alle seine Gerechtigkeit, so er am hauss hat. Vnd der keuffer bekFmpt diese Gerechtigkeit zum hauss vmbs Gelt oder anders, so er fFr das haus ausleget.328 Jtem, wenn einer von eim Herrn ein freiheit329 bekümpt, als das er jn eim Wasser frey fischen mag etc., so spricht man, er hab die Gerechtigkeit zu fischen jm selben wasser etc. Jtem, so man einen, der in =ffentlichem Ampt als einer Stadt BFrgermeister oder dergleichen ist, mit Ehr erbietung vnd Gehorsam ehret, da spricht man, es ist des BFrgermeisters Gerechtigkeit, das man jn also ehre etc. In disem brauch330 aber wirdt das wort Gerechtigkeit, so lateinisch Justicia heiset, gebraucht fFr das wort Recht (wie gesagt ist), welchs lateinisch Jus heisset. Vnd kFmpt solcher mussbrauch vrsprunglich aus vnuerstand der Grammatica, welche lehret die worter vnterscheiden, vnd ist meines erachtens von den vngelehrten MFnchen331 auff die Cantzel gebracht worden, hernach von den Juristen auff die Radtheuser vnd Gerichtsbenck, da es hernach der Gemeine Man genomen vnd jn solche vbung gebrachtz, das es weil332 Teudsche sprach weret, mit not333 mag aussgereutet werden. Sol man aber dem Misuerstand wehren vnd die reinen [sic] lehre von der Gerechtigkeit in der kirchen erhalten,334 so mus man solche rede mit fleis erkleren vnd anzeigen, wo Justicia pro Jure, Gerechtigkeit furs Recht, verstanden werde, so bleiben vnn=tige Schulgezenck vnd Ergernisa vermitten. Denn [F 3r:] so jemandt alle oberzelete Gerechtigkeiten (die doch nicht die ware Gerechtigkeit sind) inn diser meinung Gerechtigkeit nennen wolte, als das wir durch solches Thun vnd leiden Christi widerumb das Recht zum himelreich bekummen haben, welchs Adam mit seiner vbertretung verwircket,335 kundte ich mit keinem darFber zancken, denn es ist jhe die vnleFgbare warheit, das wir kein ander Recht zum himelreich haben, denn das vns Christus durch sein heilige Menschwerdung, Gehorsam, Leiden, Sterben, Hellefart, Aufferstehn vnd himelfart erkaufft vnd erworben hat, vmb welches willen vns denn Gott auch die Sunde vergibt vnd sein ewige Gerechtigkeit in Christo Jesu schencket etc. Aber hie ist zu mercken, das ob man schon obgenante Gerechtigkeiten inn diser bedeFtung furs Recht, das wir zum himelreich haben oder damit wir das himmelreich besitzen, brauchet, so ists dennoch auch nicht Proprie oder eigentlich geredt, denn die Mensch werdung Christi, mit allem seinem thun vnd leiden etc., sind nicht das Recht selbs, sondern das Recht ist vns durch solches erworben vnd z a

Konjiziert aus: gegebracht. Ersetzt für „Erkentnus“ gemäß Corrigendliste unten auf Blatt N 3v.

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aufgewendet hat. Recht, Privileg. Vgl. Art. Freiheit 8), in: DWb 4, 112f. dieser Verwendung, Nutzung. Mönchen. solange. großer Mühe, Schwierigkeiten. bewahren. Vgl. Art. erhalten 3), in: DWb 3, 835. Vgl. Gen 3.

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erkaufft. Aber dennoch mag mans das Recht nennen, als wie einer ein gekaFfft Gut sein Geldt nennen mag, vnd sagen: „Hie ligt mein geldt“, wenn er auffs Gut weiset darumb er das geldt gegeben hat etc., vnd solchs nennet man inn Schulen ponere causam pro effectu etc. Zum andern ist auch diss ein Mißbrauch des worts Gerechtikeit, welcher one zweiffel auch von den vngelerhten [sic] MFnchen vnd Juristen seinen vrsprung hat, das mans brauchet furs Gestrenge Gericht, durch welches man die vbeltheter verurtheilet vnd zum tode [F 3v:] verdammet. Vnd ist solcher mißbrauch so starck eingerissen, das auch D. Luther, gotseliger gedechtnus, offtmals darFber klaget, das es jm sehr saur336 worden sey, solchen falschen verstand zu vberwinden vnd aus dem hertzen zu schlahen,337 da er schon wol verstanden hat, was das wort Gerechtikeit heisse vnd was Gerechtikeit sey. Vnd sind jhr noch heFtiges tages viel, auch vnter denen, so hohe Titel von den Schulen haben, die nicht anders meinen, denn wenn man die wesentliche Gerechtikeit Gottes nennet, so sage man von dem Gericht vnd Zorn Gottes, damit er die SFnde verdampt. Vnangesehen, das sie lesen im Paulo: „Die Gerechtikeit Gottes werde vns offenbaret durchs Euangelion“,338 vnd: „Got biete vns seine Gerechtikeit dar, auff das Er allein Gerecht erkant werde vnd fur den gehalten, der do Gerecht mache den, so da gleubet an Jesum etc.“339 Aus welchem sie ja verstehn solten, das die Gerechtikeit nicht were der Zorn Gottes, dardurch er die Sünde verdammet, sondern seine frumbkeit, dardurch er sich vnsers jamers annimpt vnd vns aus den SFnden, Tod vnd Hellen helffen will durch Jhesum Christum, vnd vns auch also machen, das wir auch gesinnet sind wie Er, so wir nur an Christum Jhesum gleFben. Vnd wo solchs die, so sich des Luthers discipel nennen, aus den worten Pauli nicht kundten vernemen, solten sies doch von jhrem Lehrmeister lernen, der selbs also von der Gerechtikeit schreibet inn der Kirchen Postill, Sontag des Aduendts, vber die wort Zacharie 9: „Dein KFnig kompt dir, ein Gerechter etc.“340: „Das wort ‚Rechtfertig‘ (oder ‚Gerecht‘, spricht Luther) sol hie nicht verstanden werden von der Gerechtikeit damit Got richtet, wie man nennet die Gestrenge Gerechtikeit Gottes, denn so Christus mit der zu vns keme, wer wolt fur jhr bleiben? Wer kunde jhn auffne-[F 4r:]men? So sie auch die heiligen nicht leyden mFgen. Da mit were dises Einreytens FreFde, Lust vnd Liebe gar verkeret inn die allergr=sten Furcht vnd Schrecken. Sondern es soll die gnade heissen, damit er vns rechtfertig machet. Jch wolt auch, das das wortlein ‚Justus‘, ‚Justitia‘ inn der Schrifft noch nie were ins DeFtsch auff den brauch bracht, das es ‚Gerecht‘, ‚Gerechtikeit‘ hiesse, denn es heist eigentlich

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schwer, mühevoll. schlagen. Zu Luthers Klage vgl. Anm. 341. Vgl. Röm 1,16f. Vgl. Röm 3,26. Vgl. Sach 9,9.

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‚Fromm‘ vnd ‚Fromkeit‘. Vnd das wir auf DeFdsch sagen, der ist ein frum man, das saget die Schrift, der ist Justus, Rechtfertig oder gerecht. Aber die Gestreng Gerechtikeit Gottes nennet die Schrifft ‚Ernst‘, ‚Gericht‘ oder ‚Richtikeit‘.“ Vnd bald hernach spricht er, Ro. 1: „‚Die Gerechtikeit Gottes wird im Euangelio offenbart‘,341 das ist auf DeFtsch: ‚Die fromkeit Gottes, nemlich seine Gnade vnd Barmhertzikeit, dar durch er vns fur jm frum machet, wird im Euangelio geprediget, wie du auch sihest inn disem spruch des Propheten, das Christum wird geprediget vns zur frumkeit, das er vns from, vns gerecht kumpt vnd wir durch jhn from vnd gerecht im glauben sollen werden.“342 Vnnd wiewol etzliche (wie droben im ersten theil auch gemeldet) der wort, so Luther, gotseliger, bald setzet zu jrem verderben, mißbrauchen (da er spricht): „Merck dises stFcklein mit fleiß, das wo du inn der schrifft findest das w=rtlein Gottes Gerechtikeit, das du dasselbige ja nicht von der selbwesenden, jnnerlichen Gerechtikeit Gottes verstehest, wie die Papisten, auch vil heiliger Veter geirret haben, du wirst sonst dafur erschrecken“,343b vnd wollen damit beweisen, das kein andere selbwesende Gerechtigkeit Gottes sey denn sein Gericht, ernst vnd zorn, da er die SFnde mit verdampt, so erkleret sich doch D. Luther nicht allein in vorgesezten worten, sondern auch in volgendem also, das man greiffen mag, wie gr=blich solche leut jrren, denn bald344 spricht Doctor Luther auff erzelte wort [F 4v:] wort: „Sondern wisse, das es heist nach brauch der Schrift, die ausgegossene Gnade vnd Barmhertzigkeit Gottes durch Christum inn vns, davon wir fur jme from vnd Gerecht werden geacht etc.“,345 denn es ist jhe gewiss das die Gnade vnd Barmhertzigkeit Gottes, so durch Christum inn vns außgegossen ist, auch ist die selbwesende G=tliche Natur (denn man kan jhe Gott keine eigenschafft zulegen,346 die nicht das g=tlich wesen selbst were, darvon ich doch hie vmb der einfeltigen willen auch nicht viel vmbstende347 machen wil), vnd wo das G=tliche gericht vnd zorn, damit er die Sünde straffet, allein solte das jnnerliche, selbwesende Gottes wesen vnd Natur sein, wo wolte denn bleiben das Got Genedig, barmhertzig, gFttig vnd Trew genennet wird vnd dergleichen etc. Das aber D. Luther den Zorn Gottes nennet die jnnerlichen selbwesende Gerechtikeit gottes, nach Papistischem brauch, geschicht348 darumb, dieweil solcher ernst inn Got verborgen ist vnd noch nicht so klar ist offenbar als die b

Anstatt einer Virgel findet sich eine geschlossene Klammer.

341

Vgl. Röm 1,17. Martin Luther, WA 10I.2, 35,24–36,9; 36,16–21 (Adventspostille, 1522 [1. Adventssonntag, Mt 21,1–9]). 343 Martin Luther, WA 10I.2, 36,22–25 (Adventspostille, 1522 [1. Adventssonntag, Mt 21,1–9]). 344 kurz danach. 345 Martin Luther, WA 10I.2, 36,25–37,2 (Adventspostille, 1522 [1. Adventssonntag, Mt 21,1–9]). 346 beimessen. 347 Gerede. 348 geschieht. 342

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Genade vnd Barmhertzigkeit Gottes, so durch Christum vber vns außgegossen ist. Denn Gott helt den Zorn noch auff, von der außerwelten wegen etc.349 Aber von dem an eim andern ort weitter. Wollen jetzt die vrsach anzeigen, daraus entsprungen350 ist, das man das wort Gerechtikeit Gottes furs gestreng Gericht vnd Zorn Gottes verstanden hat. Wenn man in BFrgerlichen oder Wedtlichen sachen von der Gerechtikeitt redet vnd erkleren will, was es sey, so spricht man gew=nlich, es sey ein solche tugend, durch welche der mensch getriben werde, das Er einem jetzlichen gibt, was jme [G 1r:] von rechts wegen gebFret. Vnd ist recht vnd wol geredt. Dieweil aber die Gewaltigen furnemlich darzu gesetzt351 sind von Gott, das sie darob sein352 sollen, das die leut also nach der Gerechtigkeit leben vnd sich doch allerley bey den Gottlosen begibt,353 dardurch sie wider die billigkeit354 handeln, so gebFret den gewaltigen, das sie den B=sen vbeltheter nach seinem verdienst355 straffen vnd den andern theil, dem vnrecht geschicht, schFtzen vnd bey seinem Recht erhalten etc.356 Auff solches haben nu die, von welchen obgesetzter jrthumb entsprungen, gesehen vnd Gott auch also in jren gedancken abgebildet, als einen Gerechten Richter, dieweil jn auch die schrifft also nennet, Psalm 9,357 dieweil kein mensch fur Gott vnschuldig erfunden wird („denn da ist keiner, der guts thu“, Psalm 14.358 „Sie haben alle gesündigt etc.“, Rom. 3,359 „vnd sind Kinder des zorns von Natur Ephes. 2.360), haben sie auch also gedacht, wenn Gott richten solte nach seiner Gerechtigkeit, so gebFret vns nichts denn eitel361c zorn vnd ewigs verdamnus. Vnd als sie dis gefasset, haben sie stracks362 geschlossen, man kFnde fur der Gerechtigkeit Gottes nicht bestehn, daher ist es auch kummen (wie D. Luther offt klaget), wenn man geh=rt hat die Gerechtigkeit Gottes nennen, das man nicht anders darfur erschrocken ist, als fur dem ewigen Tode selbs.

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Konjiziert aus: eiteil.

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Vgl. Mt 24,22; Mk 13,20. hervorgegangen. Vgl. Art. entspringen 6), in: DWb 3, 630. 351 beauftragt worden. 352 acht haben. Vgl. Art. darob 2), in: DWb 2, 783. 353 vorfällt, geschieht. Vgl. Art. begeben 2.e), in: DWb 1, 1282. 354 das Recht, das Erlaubte. Vgl. Art. Billigkeit, in: DWb 2, 29. 355 seiner Schuld. Vgl. Art. Verdienst 2.b), in: DWb 25, 230. 356 Funck teilt hier das Obrigkeitsverständnis Luthers. Vgl. dazu z. B. Martin Luther, WA 10I.2, 245,12–18 (Predigt am 2. Sonntag nach Ostern [Joh 10,12–16], Roths Sommerpostille 1526). 357 Vgl. Ps 9,5. 358 Vgl. Ps 14,3. 359 Vgl. Röm 3,23. 360 Vgl. Eph 2,3. 361 nur, bloß. Vgl. Art. eitel 1), in: DWb 3, 387f. 362 sogleich. Vgl. Art. stracks 4.b), in: DWb 19, 611f. 350

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Nun ist es ja war,363 das wenn Gott mit vns nach verdienst handeln wolte vnd vns lohnen nach vnsern wercken, so kFnden wir nicht bestehn, wie denn Dauid spricht Psalm 130: „HERR, so du wilt Sünde zu rechnen, wer wil bestehn?“364 Vnd abermals Psalm 143: „Gehe nicht ins Gericht mit deinem [G 1v:] Knecht, denn fFr dir ist kein lebendiger gerecht.“365 Aber dennoch ists mit fleis zu mercken, das die heilig schrifft solchs verdammen nicht zuschreibet der Gerechtigkeitd Gottes, nennet es auch nicht Gerechtigkeit Gottes, sondern schreibets zu dem Zorn vnd nennets Gottes zorn, grim vnd gericht, als Psalm 6: „HERR, straff mich nicht jn deinem zorn vnnd zFchtige mich nicht in deinem Grimme etc.“,366 vnd wie erst gesagt: „Gehe nicht ins Gericht mit deinem Knecht.“367 Johan. 3: „Wer an den Son Gottes gleubet, der kFmpt nicht ins gericht etc.“368 Rom. 1: „Der zorn Gottes wird offenbaret vom himel vber alles Gottlos wesen etc.“369 Der Gerechtigkeit aber wird allenthalben in der Schrifft zugeschriben, das vns Gott durch die selben helffe, errette vnd widerumb zur Gerechtigkeit bringe, das wir auch from, gerecht vnd Gott wolgefellig werden, wie denn in den Psalmen fFrnemlich zu sehen: Psalm 31 vnd 71: „Errette mich durch deine Gerechtigkeit.“370 Psal. 51: „Errette mich von den BlutschFlden, Gott, der du mein Gott vnd heiland bist, das meine zunge deine Gerechtigkeit Rhume.“371 Psalm 72: „Gott, gib dein gericht dem KFnige vnd deine Gerechtigkeit des KFniges Son, das Er dein volck bringe zur Gerechtigkeit vnd deine elenden rette.“372 Psalm 89: „Sie werden vber deinem Namen teglich fr=lich sein vnd in deiner Gerechtigkeit herrlich sein.“373 Jesaie am 45: „Jm HERREN hab ich Gerechtigkeit vnd stercke etc.“374 Vnd wo ich dergleichen sprFche alle zusamen lesen wolte, wFrde es ein zimlich375 Buch machen. Nun ist aus jetzt gesagtem klar zu sehen, wie die heilig Schrifft die beden Empter, so die vernunfft der Gerechtigkeit zuschreibet, so fleissig vn-[G 2r:] terscheidet vnnd gibt das verdammen dem zorn vnd gericht Gottes etc., die errettung aber, oder die Erl=sung etc.e, der Gerechtigkeit. Welchs one zweiffel alles darumb geschehen, auff das wir nicht nach vnsern gedancken von d e

Konjiziert aus: Gerechtigkiet. Konjiziert aus: etr.

363 364 365 366 367 368 369 370 371 372 373 374 375

wahr. Vgl. Ps 130,3. Vgl. Ps 143,2. Vgl. Ps 6,2. Vgl. Ps 143,2. Vgl. Joh 3,18. Vgl. Röm 1,18. Vgl. Ps 31,1; 71,2. Vgl. Ps 51,16. Vgl. Ps 72,1f. Vgl. Ps 89,17. Vgl. Jes 45,24. stattlich, ansehnlich. Vgl. Art. ziemlich III.1.a), in: DWb 31, 1125f.

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der Gerechtigkeit Gottes dichteten,376 denn da mFsten wir verzagen, wie zuuor gesagt, sondern das wir also daruon hielten,377 wie vns der heilig Geist selbs lehret, nemlich: das vns Gott durch solche seine Gerechtigkeit helffen vnd eretten wolle, darumb wir vns derselben viel mehr zu tr=sten denn darfFr zu erschrecken haben. Wiewol man aber auch subtiler weise mag von der Gerechtigkeitf Gottes reden, das sie das B=se straffe vnd das gute schFtze, jtem: das sie den, so gern mutwillig sFndiget, verdammet, vnd den, so gern wolt, das jm geholffen wFrde etc., errette, wie denn solchs in der Schrift viel in verheissungen vnd exempeln gesehen wirdt, besunder aber in dem ersten fahl des Menschen,378 da Gott den Satan, der aus eignem anregen gesFndigt, stracks verdampt,379 dem Menschen aber, so vom Satan verfuret ware, das er SFndigte, hFlff in des Weibes Samen zusagete,380 so ist doch solche Disputation fur die, so erst anfahen,381 die Gerechtigkeit Gottes zu erkennen, so hoch, das sie noch ein gute zeit Milchspeise bedFrffen,382 ehe denn man jnen solche wichtige Disputationes fFrlege; vnd ist nichts bessers (bis man starck wird), denn wir bleiben bey der teilung der Schrifft, welche das verdammen dem zorn, grim vnd gericht zuschreibet, der Gerechtigkeit aber schlecht383 vnd einfeltig384 die Errettung von Sünden,g Todt vnd allem vnglFck etc., wie sonst droben weitleufftig gesagt ist. [G 2v:] Wie vns aber Got durch solche seine Gerechtikeit helffe, wollen wir ans ende sparen,385 wie droben auch verheissen, jetz von den andern gebreuchen des worts Gerechtikeit auch was anzeigen etc. Also hab ich nu zwen starcke mißbreuch des worts Gerechtikeit erkleret, bey welchem zu mercken ist, das das wort Gerechtikeit in der heiligen schrifft nindert386 in diser deFtung eine gefunden wird. Sondern, wie zuvor gesagt, das solche Mißbreuch bede aus vnuerstand des worts Gerechtikeit herkummen sind. Darvmb wir auch solche Mißbreuch, so viel jmmer mFglich, mit vleis meiden sollen vnd

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Konjiziert aus Gerchtigkeit. Konjiziert aus: Sündtn.

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Erfindungen machen. Vgl. Art. dichten 5), in: DWb 2, 1060f. sondern dass wir es so verstehen. 378 dem Sündenfall. Vgl. Gen 3. 379 Vgl. Gen 3,14. 380 Vgl. Gen 3,15. 381 beginnen. 382 Nahrung für die Schwachen, darum hier bildlich zu verstehen, im Sinne von: diejenigen, die sich nicht so intensiv mit den theologischen Fragen der Rechtfertigung beschäftigen, nicht zu überfordern. Das Argument, um der Schwachen willen, Diskussionen hintanzustellen oder manche Änderungen noch nicht vorzunehmen, wurde in der frühen Reformation häufiger vorgetragen. Vgl. z. B. Luthers Ablehnung von Maßnahmen durch Andreas Bodenstein, genannt Karlstadt, zu Beginn der 1520er Jahre in Wittenberg, dazu: Brecht, Martin Luther II, 66–72. 383 schlicht. 384 einfach. 385 bis zum Ende aufsparen, erst am Ende näher erläutern. 386 nirgendwo. Vgl. Art. niener 1), in: DWb 13, 830. 377

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lernen, eigentlich vnd grundlich davon reden, wie die Schrifft thut, von welchem denn volgends soll gesagt werden. Nun ist zu mercken inn der Schrifft, das das wort Gerechtikeit auff zweierley weise gebraucht wird. Ein mal fur die Gerechtikeit, wie sie ist in jrem wesen oder rechter Meinung Gerechtikeit genennet wird, von welcher hernach weiter.387 Zum andern wird es gebraucht fur Recht thun, oder schaffen, was Recht ist, es sey in eignem thun oder in gerichten. Als da Mose spricht Deut. 1 zu den Richtern: „Verh=ret ewre BrFder vnd richtet recht zwischen jderman etc.“,388 da lauts389 im Ebreischen „richtet Gerechtikeit etc.“,390 vnd ist solches sehr gemein391 in der Schrifft vnd wird offt in den Propheten gefunden: „Schaffet Gerechtikeit vnd Gericht etc.“,392 das ist, schafft dem vnterdruckten, was jhm von rechts wegen gebFret vnd strafft den, der Mutwillig schaden thut seinem Nechsten etc. Jm eignen thun aber ists auch gemein,393 das man Gerechtikeit nennet, das einem zu thun bevohlen ist, als da Mose spricht Deut. 6: (wiewol der [G 3r:] text ambiguus ist im Ebreischen,394 doch weil man jn auff dise weise gemeinglich brauchet vnd der Brauch nicht wider die Schrifft ist, wil ich jn zum Exempel fFhren) „vnd es wird (spricht Mose) vnser Gerechtikeit sein fur dem herrn vnserm Got, so wir halten vnd thun dise Gebot, wie er vns geboten hat.“395 Also spricht Christus zu Johanne dem TeFffer: „Also geburt es vns, alle Gerechtikeit zu erfullen.“396 Jtem 1. Johan. 2: „So jhr wisset, das Er gerecht ist, so erkennet auch, das wer Gerechtikeit thut (denn also lauts im griechischen),397 der ist von jme geborn.“398 Vnd ist solcher brauch des worts Gerechtikeit auch in gemeiner rede sehr breuchlich, wie man teglich h=ret, vnd ist doch noch nicht der rechte eigentliche brauch des worts. Sondern, dieweil solche rechte Gericht vnnd werck aus der Gerechtikeit herfliessen, werden sie verblFmbter weise399 Gerechtikeit genennet. So mans aber eigentlich mit rechtem namen solt nennen, so mFste mans heissen, „frFchte der Gerechtikeit“ (wie S. Paul Phil. 1. auch redet)400 oder „Gerechte werck“ oder „Recht thun“ etc. 387

weiter gehandelt werden wird. Vgl. Dtn 1,16. 389 heißt es. Vgl. Art. lauten 7), in: DWb 12, 374. 390 Vgl. Dtn 1,16: ‫ַטתֶּ ם צֶ דֶ ק‬ ְ ‫ ְשׁפ‬. 391 verbreitet, häufig. 392 Vgl. Ps 103,6; Jes 33,5; Jer 21,12; Hos 2,21. 393 üblich. 394 ‫כּאֲשֶׁ ר ׅצוׇּנוּ׃‬ ַ ‫זּאת לִ פְ נֵי יְ הוׇה אֱ�הֵ ינוּ‬ � ַ‫וּצְ דָ קׇ ה ׅתּהְ יֶה־לָּנוּ כּׅ י־נׅ ְשׁמֹ ר ַלﬠֲשׂות אֶ ת־כָּל־הַ ׅמּצְ וׇה ה‬ 395 Vgl. Dtn 6,25. 396 Vgl. Mt 3,15 397 πᾶς ὁ ποιῶν τὴν δικαιοσύνην. 398 Vgl. I Joh 2,29. 399 Dies entspricht Osianders Argumentation, der in der Rede von der Gerechtigkeit ebenfalls einen Tropus (eine bildliche Redeweise) erkannte. Vgl. Andreas Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), H 4r–v, in: OGA 10, Nr. 488, S. 164,18–166,15. Vgl. zudem Rudolf Drux, Art. Tropus, in: HWRh 9 (2009), 809–830. 400 Vgl. Phil 1,11. 388

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Jnn diser bedeFtung des worts Gerechtikeit mFgen die werck des Herrn Christi sampt seinem leiden etc. vnser Gerechtikeit genennet werden, vnd solches auff zweierley weiss: Erstlich, da wir solten sein inn vnser Natur rein vnd on alle Sünde, vnd solten erfFllet sein mit der Herrlikeit Gottes, Rom. 3,401 vnd also das Gesetz Gottes vnbeflecket halten etc., damit wir also erfFlleten, was vns zu thun beuohlen etc., wir aber sind von Natur Kinder des Zorns, Ephe. 2,402 vnd mangeln der Herrlikeit Gottes, Rom. 3.403 KFnen auch an-[G 3v:] ders nichts, denn Sündigen. Psal. 51.404 etc. So trit der Herr Christus an vnser Stad, der solchs fur seine person alles nicht bedorfft vnd gibt sich vns zu eigen, wird Mensch one Sünde, erfFllet das Gesetz volkommenlich vnd schencket vns solche seine Reinikeit vnd ErfFllung des gesetzes, das wir vns der tr=sten sollen, als weren wir selbs also Rein vnd hetten selbs also das Gesetz erfFllet.405 Jtem: wir hetten verdienet zu leiden den Tod vnd hellen etc., wir kündtensh aber nicht vberwinden, sondern hetten ewiglich mFssen darinnen bleiben. Da nimpt Christus selbs das Gericht auff sich, leydet vnd Stirbt fur vnser SGnde vnd fehret zur Hellen, vberwindet Sünde, Tod, TeFffel vnd Hell vnd schencket vns solches auch gantz vnd gar, das wir, so wir an jn glauben vnd getaufft sind, vns auch darfur halten sollen, als hetten wir selbs fur die Sünde gnugthun406 vnd Tod, TeFffel vnd Helle vberwunden vnd also alle Gerechtikeit (das ist, das wir thun vnd leyden solten) erfFllet. Vnd werden also die frFchte der Gerechtigkeit Christi vns zugerechnet, als hetten wirs selbs getragen vnd gewircket. Vnd so mans Gerechtigkeit nennet, so geschichts, wie gemelt, verblFmbter weiß, das man setzt Effectum pro Causa, das ist, das werck fur den wircker etc. Zum andern werden solche Werck des Herrn Christi etc. auch verblFmter weiß Gerechtigkeit genennet, die weil vns der Herr Christus damit verdienet hat, das vns Got die Sunde vergibt vnd vns seine ewige Gerechtigkeit inn Christo Jhesu mitteilet, durch welche wir inn disem leben anfahen, gerechte werck zu lieben vnd zu thun etc., von welcher hernach weiter. [G 4r:] Vnd wird alhie gesetzt Causa pro effectu, oder Precium pro re empta, der lohn fur das, so dardurch erkaufft ist. Vnd so nun jemand auff diese weise oben gedachte ding, so Gerechtikeit genennet werden, Gerechtikeit heisset vnd darbey die waren, ewigen Gerechtikeit nicht verwirfft noch verleFgnet (wie denn leider bißher von vilen geschehen, auch nicht on Gots lesterung), so ist es wol zu dulden. Denn auch viel sprFch der heiligen Schrifft auff solche weise

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Konjiziert aus: kûndtens.

401 402 403 404 405 406

Vgl. Röm 3,23. Vgl. Eph 2,3. Vgl. Röm 3,23. Vgl. Ps 51,3–7. Vgl. Röm 3,22–26; II Kor 5,17–21. genug getan.

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von vilen gelehrten menner werden außgeleget, wie denn der Wirtenbergischen Theologen Rahtschleg, an den Hochloblichen FFrsten inn PreFssen geschriben,407 vilfeltig bezeFgen, davon hie weiter on noth zu handeln. Vom Rechten Brauchi des worts GERECHTJKEJT. 5

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Bjßher ist kFrtzlich erkleret, wie manchfeltiger weiss das wort Gerechtikeit gebraucht wird, besonder bey vns DeFtschen, vnd wie solcher breFch keiner noch der rechte, eigentliche gebrauch des worts sey, sondern sindt entweder mißbreuche (wie die zwen ersten) oder sey auff figurliche oder verblFmbte weiss geredt, wie nechst gehort. So volget, das ich auch den rechten brauch des worts anzeige, welchs ich nu auffs einfeltigste zu erkleren fur die hand nemen will. Vnnd ist auffs erste hie von zu mercken, das der rechte brauch des worts Gerechtikeit ist, da man nicht allein ein ding Gerechtigkeit nennet, sondern eben also nennet, das man zugleich mit anzeiget, [G 4v:] dasselbe, so Gerechtigkeit genennet wird, sey auch in seinem stande oder wesen (wie ichs aussreden sol), oder in seiner natur, die Gerechtigkeit, vnd die selbe entweder die Gerechtigkeit der Vernunfft oder des Gesetzes oder Gottes, denn mehr species werden nicht gefunden vnter dem wort Gerechtigkeit in rechtem brauch, denn dise drey. Weiter ist auch zu mercken, das alle jrecht weisej vnd verstendige leut (wie sie fur der welt gehalten408 sind), wenn sie auffs eigentlichst vnd kFrtzte wollen anzeigen, was Gerechtigkeit sey, so sprechen sie, es sey ein geschicklikeit des gemüts, durch welche wir nicht allein thun, sondern auch wollen die ding, die do Recht sind. Denn also beschreibets Johan. Jouian. Pontanus (welcher von allen gelehrten vnserer zeit allen Philosophis furgezogen wird, vnd nicht vnbillig409) in seinem ersten buch de obedientia cap. 2: „Justicia est habitus animi, per quem et agimus et volumFs [sic] quae iusta sund.“410 Die Juristen aber kummen noch neher mit jrer beschreibung (wiewol sie jr wenig recht erwegen), da sie in jren RechtbFchern sprechen: „Justicia est constans et perpetua voluntas, ius suum cuique tribuendi“,411 das ist: „Die Gerechtigkeit ist ein bestendiger vnd vnwandelbarer Will (der stetz also bleibt) einem jetzlichen zu geben, was im von rechts wegen gebFret.“ Jn gemein aber pflegt man zu sagen, die Gerechtigkeit ist ein Tugend, die einem jeden gibt, was jm gebFret. Vnd sind solche beschreibung alle drey recht fur der vernunfft, wiewol die ander412 vnd dritte mFgen also erkleret werden, das mans nicht vnbequem in heiliger Schrifft ausslegung i

Konjiziert aus: Branch. Konjiziert aus: rechtweise.

j–j

407 408 409 410 411 412

Zu den Gutachten aus Württemberg vgl. unsere Ausgabe Nr. 12, S. 667–94. angesehen. fälschlicher Weise. Konnte leider bislang nicht verifiziert werden. Vgl. Dig. 1, 1, 10; Inst. 1, 1, 1. zweite.

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gebrauchen mag. Denn wenn der Mensch ein solche krafft oder Tugend in seiner Seel hat, oder ein solchen bestendigen vnwandelbaren [H 1r:] Willen (der aus solcher krafft herfleust), durch welche er beweget wird, das er Gott vnd dem Nechsten gebe, was er jnen zu geben schüldig ist, wie denn solchs im Gesetz erfoddert,k so ist er gerecht, denn er hat die Gerechtigkeit in jm, dardurch er recht thut etc. Nu hebt413 sich aber hie die Frag, was ist nu solche krafft oder tugend fur ein ding? vnd woher bekFmpt der mensch dieselben? Hic opus, hic labor est,414 da geht die rechte mFhe an. Die vernunfft, wenn sie h=ret, sie sol also geschickt sein, das sie jederman gebe, was jm gebFret, so felt415 sie bald auff die gedancken: ‚Ey, wenn ich nur wuste, was ich Got vnd dem nechsten zu thun schuldig were, so wolte ichs wol thun‘, denn sie meint nicht anders, denn es sey schon die krafft da, durch welche mans vermFge zu thun. Wo sie nu Gottes wort nicht hat, daraus sie lehrnete, was sie Got vnd den Menschen von rechts wegen schuldig, so dichtet sie jhr selbs eigene Recht vnd werck, mit welchen Sie bede, Gott vnd Menschen, dienen will. Oder aber nimpt fur sich die gemeinen Gesetz, so der Natur eingepflantzt, oder sonst von menschen fur geschriben, das man darnach wandle. Vnd wenn sies durch Fbung so hoch gebracht hat, das sie also eusserlicher weiß thut, was die Gesetz erfodern,416 so lest sie sich beduncken, sie hab die Gerechtikeit ergriffen; daher nennets sies auch ein Geschicklikeit des gemFts, wie die erste beschreibung lautet. Wiewol nu solche der vernunfft Gerechtikeit (die nach dem Gesetz der Natur vnd gemeinen Rechten gericht ist) ein fein ding ist vnd inn disem leben hoch von n=ten, soll man anders gemeinen nutz,417 zucht vnd Erbarkeit [H 1v:] erhalten, so kumpt sie doch nicht hinan, das sie m=chte fur Gott bestehn, denn sie geht nur mit den eusserlichen dingen vmb, in welchen sie entweder jre eigne Ehr vnd Rhumb süchet, wenn sie l=blich handelt, oder die straff schewet, wenn sie das b=se lest, aus welchem denn klar wird, das solche Gerechtigkeitl auch nach der vernunfft vrtheil nicht volkommen ist. Aber dise wil ich den Philosophis vnd Juristen befehlen besser zu erkleren, wollen vns zur heiligen Schrifft wenden vnd sehen, wie die von der Gerechtigkeit redet. Christus, Matth. 5., spricht: „Es sey denn ewer Gerechtigkeit besser denn der Schrifftgelehrten vnd Phariseer, so werdet jr nicht ins himelreich kum-

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Anstatt einer Virgel findet sich hier eine geschlossene Klammer. Konjiziert aus: Gerechtigket.

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stellt. Vgl. Vergil, Aeneis VI, 129. 415 kommt. 416 erfordern. 417 Die Betonung des Gemeinwohls ist ein zentraler Gedanke frühneuzeitlicher Staatsräson, im Gegensatz zum Eigennutz. Vgl. Wolfgang E.J. Weber, Art. Gemeinwohl, in: Enzyklopädie der Neuzeit 4 (2006), 409–415. 414

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men.“418 Was ists nu fur ein Gerechtigkeit, die „der Phariseer“ heist etc.? Hie sihe, was die Phariseer vnd Schrifftgelehrten fur recht hielten, nach welchem sie vrtheilten, wenn sie es theten, so weren sie Gerecht, so wirstu die Gerechtigkeit bald erkennen. Sie hetten das Gesetz Gottes, welchs offenbaret, was man GOT vnd dem Nechsten zu thun schFldig sey, solchs verstFnden sie, es f=dderte nur die eusserlichen werck, das man eusserlich vermide, das419 es verbeut, vnd thete, was es foddert; zu solchem eusserlichen thun vnd lassen wFrden sie gewehnet von Kind auff; durch solche gewonheit vnd vbung bekamen sie eine geschicklikeit, eusserlich nach dem Gesetz zu leben. Solche Geschicklikeit hielten sie fFr die Gerechtigkeit, so im Gesetz erfoddert wFrde. Vnd dieweil sie sahen, das der Mensch in eusserlichen dingen noch wol mehr thun kFnde, denn im Gesetz war fFrgeschrieben, erdichten sie jnen [H 2r:] noch sFnderliche420 Rechte, mit kleidung, fasten vnd andern, damit sie jre Gerechtigkeit wolten verbessern vnd darfur gehalten421 sein, das sie nicht allein ein solche Gerechtigkeit hetten, die Gottes Gesetz genug thete, sondern sie kFndten auch noch wol mehrers thun, denn Gott f=ddert etc. Vnd dieweil sie nicht erkenneten, das das Gesetz nicht allein den eusserlichen wandel, sondern auch den jnwendigen Menschen also haben wil, das er dermassen geschickt sey, das er Gott mFge von gantzem hertzen lieben etc. vnd auch alle b=se lFste meiden (wie denn das Gesetz ferner inhelt), heuchelten sie jnen selbs vnd gefielen jn selbs wol in jrer gedichten Gerechtigkeit, vngeachtet, das jr hertz vol hoffart vnd geitz ware, wie jnen denn Christus offt furwirfft im Euangelio. Vnd dise der Phariseer Gerechtigkeit wirdt auch genennet „die Gerechtigkeit des Gesetzes“. Nicht, das sie das Gesetz also erf=ddere, sondern das der Mensch aus eignen krefften kein bessere aus dem Gesetz bekommen mag. Denn die Gerechtigkeit, so das Gesetz erf=rdert, ist die rechte, ware, ewige Gerechtigkeit, daruon bald sol gesagt werden, aber das Gesetz bringt vns solche nicht ins hertz, sondern f=ddert sie nur vnnd zeiget an, das wir sie haben sollen. Dieweil wir sie aber nicht haben, trewet es vns das verdamnus. Darumb Sanct Paulus spricht: „durchs Gesetze kumpt die Erkentnus der Sünde.“422 Jtem: „das Gesetz richt Zorn an.“423 Nu wolt aber der Mensch gern dem verdamnus entpfliehen [H 2v:] (vnd wenn er von Christo nichts weis), so strecket er all sein vermFgen daran, wie er kunde dem Gesetz genugthun. Er vermag es aber h=her nicht zu bringen, denn das er eusserlich meide, was das Gesetz verbeut, vnd eFsserlich thue, was es foddert. Den jnnwendigen menschen aber, die b=se lust vnd begirde, kan er nicht endern noch 418 419 420 421 422 423

Vgl. Mt 5,20. was. sonstige. angesehen. Vgl. Art. halten B.II.11.b), in: DWb 10, 297. Röm 3,20. Vgl. Röm 4,15.

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wegnehmen. Darumm [sic], weil solche Gerechtikeit nicht volkommen ist, auch das Gesetz nicht volkummen erfullet, kan sie fur Got nicht bestehen. Dieweil nu dise Phariseische vnd des Gesetzes Gerechtikeit (wie gemeldet) fur Got nicht bestehen mag, sondern ist sampt allen jhren frFchten, wie Jesaias 64. cap. spricht, „wie ein vnrein kleid“424, das man fur die lewt nicht tragen darff, von wegen der vnreinikeit. So ists ja von n=ten, das wir eine bessere Gerechtikeit haben denn die Phariseer vnnd Schrifftgelehrten. Solche ist nu die Gerechtikeit Gottes, welche vns der HERR Christus auch zu suchen vnd darnach zu trachten befilhet, Matt. am 6: „Suchet am ersten das Reich Gottes vnd seine (das ist: Gottes) Gerechtikeit, so wird euch das ander alles zu fallen.“425 Was ist nu solche Gerechtikeit fur ein ding? Jsts auch eine Geschicklikeit in Got, wie die Menschliche Gerechtigkeit ein geschicklikeit ist, in den Menschen durch lange vbung hienein gebracht? Nein, mit nichten, denn das wer der G=ttlichen Maiestet viel zu schmelich nachgeredet, wenn man setzen wolte, er hette erst die Gerechtigkeit durch lange vbung bekummen etc. Denn also würde volgen, das Gott nicht von ewikeit gerecht were. Jtem: das er von ewikeit nicht ein volkommener GOTT were, vnnd dergleichen [H 3r:] vnzelig grewel mehr. Darumb, dieweilm Gott in seinem wesen von ewikeit volkommen ist, vnd nicht etwas, das nicht das ewig G=ttlich wesen selbs ist, zu seiner volkummenheit bedarff, haben die alten ein feine regel geben: „Jn deum non cadit accidens“,426 das ist (das ich den sinn der wort gebe), man kan nichts nennen in Gott, das er sey, welchs nicht das G=ttlich wesen selbs were. Als wenn ich von eim weisen Manne redete vnd spreche: „Dieser ist ein weiser Man“, da versteht meniglich427 wol, das die weisheit, von welcher wegen der Man weis geheissen wird, sey ein ander ding, denn der Man selbs. Aber in Gott helt sichs viel anders, denn was man nennet „in Gott“ (merck dise w=rtlein „in Gott“) das ist, das G=ttliche wesen selbs. Denn darumb vermane ich dis (in Gott) zu mercken, dieweil man auch wol etwas nennen mag, das Gott sey, welchs doch nicht das G=ttlich wesen selbs ist, denn es nicht in Gott oder Gottes ist, sondern in vns oder vnser. Als wenn ich sprich: „Gott ist mein hoffnung“, da ist die hoffnung nicht in Gott, sondern in mir; sie ist auch nicht das G=ttlich wesen, sondern ist ein bewegung meines gemüts, durchs wort Gottes in mir gepflantzt, in der ich mich alles guts zu Gott versiehe vnd warte, er werde mirs auch, wie Er verheissen, volgen lassen etc.428 Denn man spricht nicht, „die hoffnung

m 424

Konjiziert aus: diewel.

Vgl. Jes 64,5. Vgl. Mt 6,33. 426 Scholastisches Prinzip, das von den Reformatoren akzeptiert wurde. Vgl. dazu mit Blick auf den Osiandrischen Streit Gottfried Seebaß, Art. Osiander, Andreas, in: TRE 25 (1995), 511. 427 jedermann. 428 Vgl. Ps 23,6. 425

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Gottes“, wie man spricht, „die Gerechtigkeit GOTTES“, denn GOTT hoffet nicht, sondern wir hoffen. Aber von solchen reden etwo ein andermal mehr, so ich leben vnd souiel raums haben werde. Aus solchem schleust sichs nu, das die Gerechtigkeit GOTTES nichts anders ist, denn [H 3v:] das G=ttliche wesen vnd Gott selbs. Wie denn die obengedachte eigenschafften (so die Schrifft der waren Gerechtikeit zugibt) auch bezeugen, denn nichts ist von ewigkeit zu ewigkeit, auch nichts almechtig, das es m=chte vom Tode erretten, denn Got allein. Aber die Schrifft spricht, die Gerechtikeit sey von ewigkeit zu ewigkeit,429 die Christus hat bringen sollen zu vns. Jtem: sie errette vom Tode.430 So mus ihe solche Gerechtikeit Gott selbs sein. Derhalben, wenn ichs auffs DeFtlichst nach allen vmbstenden solte kurtz beschreiben, was die Gerechtikeit Gottes sey, weste ichs ietz nicht klerer zu definirn, denn das es sey das G=ttliche wesen oder Gott selbs, inn welchem er vnwandelbar von ewigkeit zu ewigkeit also ist, das er nicht anders thut noch will, denn was recht ist, vnd wirdt zu solchem von nichten anders,n das nicht sein G=tlichs wesen selbs were, getriben. Vnd ob jemandt hie frageno wolte, weil Gottes Gerechtikeit nichts vnrechts will noch thut, wir aber durch die Sunde also sindt verderbet,p das wir von natur nichts rechts begeren noch thun, wie kFmpts denn, das vns Gott durch seine Gerechtikeit helffen thut vnd nicht viel mehr verdammet? Denn also schleFst die vernunfft, Gott, der Gerecht vnd die Gerechtikeit selbs ist, hasset das b=se; wir sind vnd thun b=ses, darumb hasset er vns auch. Hie merck mit vleiss die vnterschied der Sünde vnnd des Menschen; der Mensch ist von Got geschaffen rein vnd on alle Sünde, vnd erfFllet gewesen mit der Herrlikeit Gottes (wie droben auch gedacht431), das er also Gott inn disem natur-[H 4r:]lichen leben dienete, biß die zal der außerwelten erfFllet, da er denn ins geistlicheq vnd ewige leben wurde genomen sein. Der TeFffel aber, der inn der warheit nicht bestanden,432 sondern ein LFgner vnd M=rder ist vom anfang, Johan 8,433 hat durch seine lFgen den Menschen betrogen, das er Gottes wort verlies vnd die LFgen anname, daher er auch als bald die vbertrettung beginge, aus welcher erfolget, das er nicht allein die Herrlikeit, Gerechtikeit vnd Weißheit Gottes verloren, sondern auch inn allen seinen krefften an Leib vnd Seel also verderbet ist, das er fur sich selbs nichts guts zu thun mehr verm=chte vnd hernach alle, die von jhme gezeFget sein, auch inn solcher b=sen art (daher n o p q

Anstatt einer Virgel findet sich hier eine öffnende Klammer. Konjiziert aus: fragenj. Anstatt einer Virgel findel sich hier eine geschlossene Klammer. Konjiziert aus: geistlche.

429

Vgl. Dan 9,24. Vgl. Prov 10,2. 431 erläutert. 432 verblieb. Dies knüpft an die Vorstellung vom Satan als gefallenem Engel an. Vgl. Wassilios Klein, Art. Teufel I: Religionsgeschichtlich, in: TRE 33 (2002), 113–115. 433 Vgl. Joh 8,44. 430

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vns denn S. Paul Kinder des Zorns von natur nent)434 gezeFget sind vnd werden. Vnd aus disem ist nu erstlich klar, das die SFnde, welche denn das b=se ist, dem Gott feindt ist, jhren vrsprung nicht anfenglich hat von dem Menschen, sondern vom TeFffel. Der Mensch aber ist betrogen; vnd ist die SFnde durch solchen betrug inn den Menschen eingangen. Dieweil nu der Mensch zu Gottes Bilde erschaffen ware,435 jamerte Gott seines verderbens vnd erbarmet sich vber jhn vnd verhies jhme errettung von Sünden vnd Tod durch des Weibes Samen nach seiner grossen Barmhertzigkeit, Genes. 3,436 Ephes. 2.437 Den TeFffel aber verdammete er zum ewigen Gerichte vnd verdamnus nach seiner Strengen Gerechtigkeit.438 Denn dieweil [H 4v:] Gott nicht allein gerecht, sondern auch genedig vnd Barmhertzig ist, gezimmet sichs, das er sich vber den verfFhrten vnd betrognen menschen erbarmet, den Teuffel aber, den vrsprFng alles b=sen, zum Gericht verdammet. Also ist nu aus der Barmhertzigkeit Gottes die verheissung geschehen, das vns Gott durch des Weibs Samen erl=sen wolde. Vnd dieweil er gerecht vnd die Gerechtigkeit selbs ist, kan er wider solche verheissung nicht handeln, denn wenn er dem nicht hFlffe, der seine SFnde erkennet vnd zu jme zuflucht hat, auff seine Verheissung, so thette er vnrecht, welchs jme Gott nimmermehr wirdt zumessen lassen; vnd daher kFmpt es nu, das der Heilig Geist in der Schrifft zeuget:439 „Gott errette vns durch deiner Gerechtigkeit“, Psalm 51440 et 71.441 etc. Vnd auff dise weise redet S. Ambrosiuss von der Gerechtigkeit Gottes Rom. 1 et 3.442 Wiewol er sehr dunckel ist dem, der seiner rede nicht gewohnet. Es wird aber im 51. Psalm auch herrlich gesehen, in dem vers, da Dauid spricht: „Errette mich von den Blutschülden, Gott, der du mein Gott vnd heiland bist, auff das meine Zunge deine Gerechtigkeit rhume.“443 Denn da bekennet Dauid erstlich, das er durch vnschFldig Blutuergiessen (daruon 2. Samu. 11.)444 den Todt verschuldet hette, dieweil aber Gott verheissen, er wolle hFlff schaffen allen, die zu jm flihen vnd wolle

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Konjiziert aus: seine. Konjiziert aus: Abrosius.

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Vgl. Eph 2,3. Vgl. Gen 1,27. 436 Vgl. Gen 3,15. 437 Vgl. Eph 2,4f. 438 Vgl. Gen 3,14. 439 bezeugt. 440 Vgl. Ps 51,16. 441 Vgl. Ps 71,2. 442 Vgl. Ambrosius von Mailand, In Epistolam Beati Pauli ad Romanos I,31f, in: PL 17, 58C–59A; ebd., I,46, in: ebd., 83C–D. 443 Ps 51,16. 444 Vgl. II Sam 11,15–17. 435

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selbs jr Gott vnd Heiland sein vnd sie durch seinen Son erretten, der dem Dauid verheissen ware, das er solt von seinem geblFt die Menscheit annemen etc.,445 so fleucht Dauid auff solche verheissung zu Gott vnd bittet vmb errettung vnd spricht darbey, [J 1r:] wenn jhm Got also helffe, wie er verheissen, so werde seine Zunge Gottes Gerechtigkeit kFnden rhFmen,446t das ist, er werde rhFmen dFrffen vnd mit der that bezeugen, das Gott ein frummer vnd Gerechter Gott sey, der geneiget sey zu helffen allen, die auff seine genadenreiche verheissung zu jhme zuflucht haben. Weitter, wiewol das auch war447 ist, das wir inn SFnden entpfangen vnd geborn sind448 vnd derhalben aus vnsern krefften nichts guts vermFgen, daher wir denn von Natur Kinder des Zorns449 sindt vnd der Straff des ewigen verdamnus wirdig, dennoch, dieweil Gott den Adam (als den betrogenen vom TeFffel), vns aber, als die wir durch frembde schuld zu solchem verderben kummen, wie Rom. 5. S. Paulus lehret,450 aus genaden wider angenomen vnd seine hilff durch Christum verheissen, hat er die Straff, so billich451 solt vber vns gehn, von vns genomen vnd die auff seinen Sohn, des weibes Samen,452 Jhesum Christum, vnsern Herrn geworffen, Jesaia 53,453 das derselbe, der es vermocht zu Fberwinden,454 solchs Gericht fur vns außstunde, damit also in disem theil dem Gericht Gottes (welchs man sonst nennet „die gestrengen gerechtikeit“) auch genug geschehe vnd wir endlich also erkenneten, das Got Warhafftig, frumm vnd Gerecht vnd lauter Barmhertzigkeit vnd Gerechtikeit sey, der vns gern helffen wolle aus allem verderben, darein wir vom TeFffel durch die Sünde vnd Adams vbertretung geführet sind. Vnd dise ist nu die Gerechtikeit Gottes, welche vns Gott im Euangelio offenbaret, Rom. 1,455 vnd auch darbeFt456 Ro. 3,457 das wir auch durch die gerecht werden in Christo Jesu, wie er Gerecht ist. Darvon hernach weiter. [J 1v:] Also ist bißher erkleret, was die Gerechtikeit Gottes sey vnd wie wir sie verstehn sollen, das sie geartet (denn also mus ich von des gemeinen volcks wegen darvon reden), nemlich, das Sie Got selbs sey, der also frumm

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Anstatt einer Virgel findet sich hier eine geschlossene Klammer.

445 446 447 448 449 450 451 452 453 454 455 456 457

Vgl. II Sam 7,12–16. Vgl. Ps 51,16. wahr. Vgl. Ps 51,5. Vgl. Eph 2,3. Vgl. Röm 5,12. rechtmäßig. Vgl. Gen 3,15. Vgl. Jes 53,4f. Vgl. Apk 21,7. Vgl. Röm 1,17. darbietet, schenkt. Vgl. Röm 3,24.

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ist, das Er vns von allem b=sen helffen will vnd wider zu seinem Reich bringen etc. Nun ist aber zu mercken, das wir Got inn seinem wesen nicht erkennen, denn allein durch sein ewigs wort, welchs Got selbs ist, Johan 1.458 Denn Got erkennet sich selbs von ewikeit vnd bildet sich ab in solchem seinem erkentnus; solche bilde ist nu Gottes Son, die ewige Weißheit vnd Gerechtikeit Gottes,459 das ewige Wort, welchs ewig bey Got vnd Got selbs ist vnd doch uein anderu Person denn der Vater. Von welchem viel gelehrte menner viel vnd wol geschriben haben. Vnd weil solche Schrifften gemein460 sind, acht ichs von vnn=ten, hie lenger zu erkleren (denn mein furnemen nicht ist, von der heiligen Trifeltikeit zu schreiben, sondern von Gottes Gerechtikeit). Solchs ewig vnd jnnerliche Wort Gottes wird vns durch das eFsserliche wort, die heiligen Schrifft oder mFndtliche Predig, furgetragen vnd erkleret, wie vns Gott, der Vater, solchs Wort, seinen eingebornen Sohn,461 geschenckt habe, das er Mensch wurde one Sünde vnd vns vom fluch vnd verdamnus erl=sete vnd durch seine Gerechtikeit vns widerbrechte zur Gerechtikeit, wie Psal 72462 gelehret wird etc. Wer nu diss jnnerlich Wort Gottes, Jhesum Christum, durch das eFsserlich wort erkennet, der erkennet auch inn solchem wort Gott, den Vater. Denn er versteht, was463 Got gegen vns gesinnet ist vnd erkennet eine FrFmbkeit, Gerechtikeit, GFttikeit, Barmhertzikeit vnd Gnade, Libe vnd Trew, [J 2r:] welchs alles Gott inn Christo offenbaret vnnd die Gotliche Natur in Christo selbs ist, welche denn mit dem Vater vnd dem heiligen Geist ein einiges, vnzertrentes Gotlichs wesen ist; vnd sind doch drey vnterschidne Person: Vater, Sohn, heiliger Geist, aus welchen der Sohn Mensch worden ist vnd fur vnsere Sünd gestorben etc. Dieweil nu diss ewig wort Gottes, das die Menscheit an sich genomen one Sünde,464 Got selbs ist vnd vns der Vater inn solchem seine Gerechtikeit offenbaret, welche Gerechtikeit sein G=ttlichs wesen, in welchem Vater, Sohn, heiliger Geist ein einiger Got ist, wird solchs wort Gottes genennet „die Gerechtikeit Gottes“, welche vns vom Tod errettet vnd von der Sünden reiniget, bis wir auch durch den leiblichen Tod der Sünden im Fleisch absterben vnd inn der Aufferstehung am JFngsten tage inn Herrlikeit wider auffstehen, da wir denn Christo, dem Herrn, inn seinem verklerten Leibe werden gleich sein etc.465

u–u

Konjiziert aus: einander.

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Vgl. Joh 1,1. Vgl. I Kor 1,30. allgemein bekannt. Vgl. Joh 1,14.18; 3,16.18. Vgl. Ps 72,1f. wie. Vgl. Joh 1,14. Vgl. I Kor 15,42–49; Phil 3,21.

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Vnd aus disem wird nu offenbar, das der Herr Jhesus Christus, der vns von Gott worden ist zur Weißheit vnd Gerechtikeit etc., 1. Corint. 1,466 nach seiner G=ttlichen natur allein die Gerechtikeit ist, der nun vnser Gerechtikeit ist vnd genennet wird, dieweil er vns vom Vater geschenckt ist. Vnd daher spricht auch Jeremias, Cap. 23 vnd 33, das man den Sohn Dauid nennen werde: „Der HERR, der vnser Gerechtikeit ist.“467 Denn wo er nicht der HERR, das ist: warer, wesentlicher Gott were, kundte er nicht die Gerechtikeit sein. Denn GOT ist die Gerechtikeit, wie bißher nach longs468 gehandelt ist. [J 2v:] Nach dem aber viel bisher wider dise Gerechtigkeit Gottes gestritten, wil ich noch etzliche zeugnus der Schrifft hie anzeigen vnd sonsten mit einem oder mehr Argument beweren,469 das Gott, oder das G=ttlich wesen in Christo, die Gerechtigkeit sey, durch welche wir gerecht vnd ewig selig werden, vnd will hernach etzliche helle470 zeugnus der BerFmpten, christlichen lehrer auch mit anhengen, auff das meiniglich471 erkenne, das dise lehre von der G=ttlichen Gerechtigkeit nicht new ist, sondern der gantzen Christlichen Kirchen lehre allezeit gewesen sey. Nach dem wil ich auch anzeigen, das vns Gott mit solcher seiner wesentlichen Gerechtigkeit in Christo Jhesu anzeucht,472 wie er zuuorn verheissen vnd wir one diese Gerechtigkeit Gott nicht mFgen gefallen etc.473 Argument aus der heiligen Schrifft. WJR sind Tod in SFnden vnd vbertrettungen, spricht S. Paul Ephes. 2.474 Solchs ist nu von dem Tod der Seelen zu uerstehen; sollen wir nu gerecht werden, das wir recht thun kFnden, so mFssen wir zuuorn das leben haben; solchs leben ist das ewige wort, der Son Gottes, der Mensch worden ist, Johan. 1.475 Jn jm war das leben, Johan. 14: „Jch bin der Weg, die Warheit vnd das Leben etc.“476 1. Johan. 5: „Das ist das zeugnus, das vns Gott das ewig leben gegeben hat,v vnd solches leben ist in seinem Son; wer den Sohn Gottes hat, der hat das leben etc.“477 Nu bezeuget S. Paul. Gal. 3, das, was vns lebendig macht, das macht vns auch Gerecht, da er [J 3r:] spricht: „Wenn ein Gesetz gegeben were, das do v

Konjiziert aus: ha.

466 467 468 469 470 471 472 473 474 475 476 477

Vgl. I Kor 1,30. Vgl. Jer 23,5f; 33,16. nach Länge = viel, breit, umfänglich. verteidigen. Vgl. Art. bewehren 2), in: DWb 1, 1776. klare, deutliche. Vgl. Art. hell 10.b), in: DWb 10, 966. meniglich = jedermann. anzieht = bekleidet. Vgl. Eph 4,24. Vgl. Röm 8,6–9. Vgl. Eph 2,1. Vgl. Joh 1,14. Joh 14,6. Vgl. I Joh 5,11f.

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III. IIII.

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lebendig machte, so were die Gerechtigkeit warhafftig aus dem Gesetz.“478 So nu das leben allein kumpt aus dem lebendigen wort, dem Son Gottes, der das leben selbs ist, so volget vnwidersprechlich, das auch die Gerechtigkeit allein kumme aus dem Son Gottes vnd das er die Gerchtigkeit selbs ist. Zu mehrer erklerung setz ich dis Argument also, was vns lebendig vnd gerecht macht, das ist leben vnd vnd Gerechtigkeit. Aber Gott macht vns allein lebendig vnd gerecht in Christo Jhesu, darumb ist Gott allein in dem menschen Christo Jhesu das leben vnd die Gerechtigkeit. Der HERR (das ist, das gantze G=tliche wesen) ist vnser leben, Deuteronomij 30.479 Darumb ist er auch vnser Gerechtigkeit. Was vns treibetw durch sein eigne krafft, das wir wollen vnd thun, was recht (das ist, was Gott gefellig ist), das ist die Gerechtikeit. Got aber allein treibet vns durch sein eigne krafft, das wir wollen vnd thun, das jm gefellig ist. Phil. 2: „Gott ist, der in vns wircket bede, das wollen vnd vollbringenx“,480 das etwas geschehe, das jm gefellig ist. Darumb ist Gott allein die Gerechtigkeit. Daher wil auch S. Paul. Phil. 3. nicht, das er erfunden481 werde, als der seine Gerechtigkeit habe, die aus dem Gesetz kFmpt, sondern in Christo Jhesu, vnd habe die Gerechtigkeit, die aus Gott ist, im glauben, die ist das G=ttliche wesen in Christo, das ewige Wort, so von ewigkeit vom Vater geborn wird,482 denn der ist vns worden von Gott zur Weisheit, Gerechtigkeit, Heiligung vnd zur Erl=sung 1. Cor. 1.483 [J 3v:] „Niemand ist Gut denn der einigey Gott“, spricht Christus Matt. 19.484 Darumb ist auch nimand gerecht denn der einig Gott. Es were denn, das „Gerecht sein“ minder485 were, denn „gut sein“ oder dargegen. Jst nu Got allein gerecht, so ist er auch allein die Gerechtigkeit, nach der regel „in deum non cadit accidens“ etc. Dise zeugnus sind klar vnd krefftig, vnd wiewol ich jr noch viel mehr aus altem vnd newen Testamenten wiste anzuzeigen, wil ichs doch vmb kFrtz willen vnterlassen. Denn welchen dise nicht bewegen,486 den werden auch die andern nicht bewegen, wie viel jr auch mFgen fürgebracht werden. Denn solche leut achten der Schrifft nichts, sondern suchen nur jren Rhumb, den

w x y

Konjiziert aus: tteibet. Konjiziert aus: verbringen. Konjiziert aus: enige.

478 479 480 481 482 483 484 485 486

Vgl. Gal 3,21. Vgl. Deut 30,6.16.20. Vgl. Phil 2,13. befunden, entdeckt. Vgl. Art. erfinden 4), in: DWb 3, 798f. Vgl. Phil 3,9. Vgl. I Kor 1,30. Vgl. Mt 19,17; Mk 10,18; Lk 18,19. geringer. Vgl. Art. minder 4.e), in: DWb 12, 2225. überzeugen.

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mFgen sie haben vnd fr=lich mit sein. Aber Gott behFt die frommen einfeltigen darfFr, das sie nicht mehr auff Gottes wort sehen solten denn auff jren eignen Rhumb, der doch zuschanden wird vnd ewigs verdamnus mitbringet. Wil derhalben nur noch eins setzen, welchs auch die vernunfft rechtsprechen487 mus, vnd hernach der berFmpten lehrer zeugnus auch mit anhenge. SFnde vnd Gerechtigkeit, Todt vnd Leben, werden eins dem andern entgegen gesetzt; der Todt herrschet durch die SFnde, Rom. 5, das Leben Herrschet durch die Gerechtigkeit.488 Sol nu das Leben den Tod verschlingen,489 so mus es mechtiger sein denn der Tod, wie es den ist, denn es ist der Eingeborne Son Gottes vnd Gott selbst. Also auch: sol die Gerechtigkeit die SFnde verschlingen, mus sie auch mechtiger vnd gr=sser sein denn die SFnde. Nu helt aber die SFnde die gantze welt, das ist: alle Menschen, gefangen vnd treibet sie zum Tode. Sol nu die Gerechtigkeit der gantzen welt SFn-[J 4r:]de vberwegen,490 vberweltigen vnd verschlingen, so mus sie ja mehr vnd gr=sser sein denn die gantze welt, das ist: sie mus infinita, vnmeslich vnd vnentlich, sein. Solchs ist aber nichts als Got allein; darumb mus die Gerechtigkeit Got sein, wie sie denn ist in Christo Jesu vnserm HERRN. Wiewol nu dis Argument etwas schwer ist vnd noch viel erklerns bedFrffte, hab ichs doch so kurtz lassen bleiben vmb deren willen, die etwas begern zu lernen, das sie vrsach haben, dem handel, jnen zum besten, weiter nachzudencken; wiewol es hernach in den sprFchen, so ich aus Luthero vnd Pomerano etc. anzeigen wil, auch seine ausslegung hat, wie ein fleissiger Leser bald mercken wird, wo er acht auff die wort „SFnde“ vnd „Gerechtigkeit“ geben will. Wollen nu der berFmpten Veter Zeugnus auch setzen. Jreneus, ein Bischoff zu Lugdun491 in Franckreich, Policarpi492 discipel,493 welcher Johannem den Euangelisten geh=ret hat in seinem leben,494 hat gelebt vmbs jar Christi 180. Schreibt im 4. buch am 27. cap. Wie Christus der HERR das Gesetz nicht auffgehaben habe, noch vns gelehret, das dem Gesetz entgegen were vnd es auffl=sete, sondern er hab vns das selbe erkleret vnd seine ErfFllung geleret (nu volgen seine wort), „wie der HERR selbs spricht: ‚Es sey denn, das ewr Gerechtigkeit mehr vberschwencklich sey, denn der

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rechtfertigen, als richtig ansehen. Vgl. Art rechtsprechen 2), in: DWb 14, 436. Vgl. Röm 5,17. 489 Vgl. Jes 25,8; I Kor 15,54. 490 überwiegen, aufwiegen. 491 Lugundum = Lyon. 492 Polycarp von Smyrna. 493 Irenäus berichtet, er habe in seiner Jugend Polycarp noch gesehen, da dieser sehr lange gelebt habe. Vgl. Irenäus von Lyon, Adversus haereses III, 3,4 (FChr (8/3, 34,12–14). 494 Polycarp sei von den Aposteln unterichtet und von diesen als Bischof in Smyrna eingesetzt worden. Eine engere Beziehung Polycarps zu dem Apostel Johannes ließe sich eventuell aus den von Polycarp überlieferten Anekdoten aus dem Leben des Johannes entnehmen. Vgl. Irenäus von Lyon, Adversus haereses III, 3,4 (FChr 8/3, 34, 9–12 [zum Umgang mit den Aposteln]; 36,4–11 [die Anekdoten]). 488

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Schrifftgelerten vnd Phariseer, so werdt jr nicht ins Himelreich kummen.‘ Was war aber das Mehr? Erstlich zwar nicht allein an den Vater gleuben, sondern auch an seinen Son, der jetzt offenbaret ist. Denn der ist es, der den menschen fFret in Gemeinschafft [J 4v:] vnd einikeit mit Gott dem Herrn; vnd nach dem, das man nicht allein rede (vom Gesetz verstehe), sondern es auch thue.“495 Mit disen wortten beschreibet er fein die Gerechtikeit, die wir haben sollen, nemlich, das sie sey Gemeinschafft mit Gott haben vnd mit Gott vereinigt sein, nicht das du allein die gFtter mit Got gemein habest vnd er dein freund sey, sondern das du Gottes theilhafftig werdest vnd mit jhme ein Kuch seiest (wie D Luther gotseliger pflegt zu reden)496; vnd wenn du also mit Got eins vnd sein theilhafftig bist, das du anfahest, durch jhn zu thun, was das Gesetz foddert. Vnd das Jreneus der gestalt von der Gemeinschafft vnd vereinigung mit Got rede, ist aus seinen Schrifften vilfeltig zu sehen, sonderlich im 34. capitel des 4. Buchs, da er spricht: „Gleich wie die, so das Liecht sehen im liecht, sind vnd entpfahen seine klarheit, also sind auch die Got sehen jnnwendig inn Got vnd sind theilhafftig seiner klarheit; die Klarheit aber macht sie lebendig. Derhalben werden die des lebens theilhafftig, die Gott sehen, vnd darumb, da er nicht mochte ergriffen (oder gefast) werden, stelt er sich den menschen sichtbarlich, ergreifflich vnd das er mFg gefast (oder begriffen) werden dar (Nemlich in Christo Jhesu seinem Sohn, wie er vor disen worten lang gelehret hat), auff das er lebendig mache die, so jhn ergreiffen vnd sehen. Denn gleich wie seine gr=sse vnerforschlich ist, also ist seine gFtte vnaussprechlich, durch welche er, wenn er gesehen wird, denen das leben gibt, die jhn sehen. Denn das man lebe on das leben ist vnmFglich; die selbstendikeit aber des Lebens entspringet aus dem, das man Gottes theilhafftig wird. Die theilhaftigwerdung Gottes ist Got sehen vnd [K 1r:] seiner GFtte sich gebrauchen. Derhalben werden die Menschen Got sehen, vnd werden durch das sehen leben vnd vnsterblich gemacht vnd gelangen biß inn Got hinein.“497 So vern Jreneus. Damit dich aber das w=rtlein „Sehen“ nicht jrre, so mercke, das er nach art der Griechischen sprachen

495 Irenäus von Lyon, Adversus haereses IV, 13,1 (FChr 8/4, 96,20–26): „(...), sicut ipse ait: ‚Nisi abundaverit iustitia vestra plus quam scribarum et Pharisaeorum, non intrabitis in rgnum caelorum.‘ Quid autem erat plus? Primo quidem non tantum in patrem, sed et in filium eius iam manifestatum credere: hic est enim qui in communionem et unitatem Dei hominem ducit. Post deinde non solum dicere, sed et facere (...).“ 496 Vgl. Anm. 298. 497 Irenäus von Lyon, Adversus haereses IV, 20,5 (FChr 8/4, 162,14–26): „Quemadmodum enim videntes lumen intra lumen sunt et claritatem eius percipiunt, sic et qui vident Deum intra Deum sunt, percipientes eius claritatem. Vivificat autem Dei claritas: percipiunt ergo vitam qui vident Deum. Et propter hoc incapabilis et incomprehensibilem et invisibilis visibilem se et comprenhensibilem et capacem hominibus preastat, ut vivificet percipientes et videntes se. Quemadmodum enim magnitudo eius investigabilis, sic et benignitas eius inenarrabilis, per quam visus vitam praestat his qui vident eum: quoniam vivere sine vita impossibile est, subsistentia autem vitae de Dei participatione evenit, participatio autem Dei est videre Deum et frui benignitate eius.“

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redet, welche „sehen“ fur „erkennen“ vielfeltig gebrauchen. Jch hab es aber nicht wollen anderst DeFtschen, damit man nicht spreche, jch hett jhm seine wort verkeret, deß die Weldt ietz wol so vergifft vnd verboßt ist.

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Jm FFnfften Buch wider die Ketzer, am 302 blat, schreibt er sehr herrlich, wie der fleischlich mensch geistlich werde, das ist: wie der SFnder Gerecht werde, vnd spricht vnter anderm: „Welche nu das, so da heil macht vnd formiret ins leben, nicht haben, die werden volgents sein, vnd heissen auch fleisch vnd blut, nemlich, die den Geist Gottes nicht in jnen haben. Daher werden auch solche vom HERRN Todte genennet. ‚Last die Todten (spricht er) jre Todten begraben‘,498 denn sie haben nicht den Geist, der den Menschen lebendig machet.499 Wie viel jr aber Gott fFrchten vnd gleuben an die zukunfft500 seines Sons vnd setzen durch den glauben den Geist Gottes in jre hertzen, dieselben die also sind, werden mit recht menschen genennet, vnd reine501 vnd geistliche,502 vnd die, do503 Gott leben,504 denn sie haben den Geist des Vaters, der den Menschen reiniget vnd erhebt in das leben Gottes.“505 Und nicht lang hernach am 303. blat: „Derhalben ist das fleisch on den Geist Gottes tod; vnd weil es das leben nicht hat, kan es das Reich Gottes nicht besitzen etc.“506 Vnd am ende desselben blats: [K 1v:] „Lasst euch nicht verfFren,507 denn es sey, das das wort Gottes [nicht] in euch wone vnd der Geist des Vaters [nicht] in euch sey, so ists vmb sonst,508 wie es auch gehe vnd jr gelebt haben mFgt, denn dieweil jr also nur fleisch vnd blut seid, kFnd jr das reich Gottes nicht besitzen.“509 Vnd solchs (sag ich) darumb, auff das wir nicht dem fleisch zu gefallen, die einpflantzung des Geistes verachten. Wer latein kan, mag den selben ort mit fleis 498

Vgl. Mt 8,22; Lk 9,60. Vgl. Joh 6,63. 500 Wiederkunft. Vgl. Art. Zukunft I.5), in: DWb 32, 478. 501 Vgl. Mt 5,8. 502 Vgl. I Kor 2,5; 3,1. 503 die, welche. 504 Vgl. Röm 6,11. 505 Irenäus von Lyon, Adversus haereses, V, 9,1f (FChr 8/5, 74,18–76,8): „Quotquot ergo id quod salvat et format in vitam non habent, hi consequenter erunt et vocabuntur ‚caro et sanguis‘, quippe qui non habent Spirirtum Dei in se. Propter hoc autem et ‚mortui‘ tales a Domino dicti sunt: ‚Sinite‘ enim, inquit, ‚mortuos sepleire mortuos suos‘, quoniam non habent Spiritum qui vivificat hominem. Quotquot autem timent Deum et credunt in adventum Filii eius et per fidem constituunt in cordibus suis Spiritum Dei, hi tales iuste homines dicentur et mundi et spiritales et viventes Deo, quoniam habent Spiritum Patris qui emundat hominem et sublevat in vitam Dei.“ 506 Irenäus von Lyon, Adversus haereses V, 9,3 (FChr 8/5, 76,24f): „Igitur caro sine Spiritu Dei mortua est, non habens vitam, regnum Dei possidere non potens (...).“ 507 Vgl. I Kor 6,9; 15,33; Gal 6,7. 508 einerlei. 509 Irenäus von Lyon, Adversus haereses V, 9,4 (FChr 8/5, 82,9–12): „Nolite errare, quoniam, nisi verbum Dei inhabitaverit et Spiritus Patris fuerit in vobis, vane autem et prout evenit conversati fueritis, quasi hoc tantum caro et sanguis exsistentes, regnum Dei possidere non poteritis.“ 499

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lesen, denn er zu lang, hieher zu uerdeutschen were, so wird er wol sehen, was die lehre der alten Christlichen Kirchen, bald nach der Apostel zeit, gewesen vnd wer dieselben noch fFre oder nicht. O, cogitare iudicium vestrum, qui hanc respuitis. Wie nun Jreneus schreibet von der Gerechtigkeit vnd Rechtfertigung, also lehret auch Clemens Alexandrinus, der mit Jreneo gelebt, vnd zu Alexandria in Aegypten der fFrnempste lehrer seiner zeit gewesen ist, denn er die Gerechtigkeit auch also beschreibet, das sie sey, das wir Gottes theilhafftig werden.510 Dieweil aber diser scribent noch zur zeit wenigen bekand, wil ich, damit das Büchlein nicht zu lang werde, der bekanten vnd mehr berFmbten Veter zeugnus fur mich nemen vnd Augustinum fFrfassen,511 welches zeugnus allein genug sein solte, den vnuerstendigen zu lehren, wo man nicht mutwillig wolte zanck vnd hader suchen. Aber die zenckischen gehn jren weg, da sie hin wollen; wir wollen sehen, das wir bey der Warheit bleiben. S. Agustinus hat die art an jme, wo er nicht getriben wird durch einen scharffen anhalter,512 ist er (wie leider schier alle lehrer sind, so mit mancherley gesche[K 2r:]fften vnd grossen emptern beladen, daher sie nicht als so eben ermessen) zimlich vnbedacht; wil hiemit keinem sein lob genomen haben, sondern es den bFchern zu bezeugen vnd verstendigen, geFbten Christen zu vrtheilen befehlen; daher es auch kFmpt, das die, so nicht acht auff die vmbstende der zeit, der Personen vnnd der handlungen selbs haben, leichtlich quid pro quo erwischen vnd als bald das ergste als das beste erwelen. Wo er zaber gedrungenz wird, also das er der sach in grunde recht nach sFchen mus, da ist er gewaltig vnd vnFberwindlich. Solchs mus ich melden, auff das man wisse, das volgende Disputation auch dermassen heraus gen=ttiget ist. Denn er sonst an vilen =rtern auch menschlich genug (wils nicht anders nennen) von der Gerechtigkeit redet, wiewol es leichtlich auch mag verteidiget werden, wenn mans vngefehrlich513 auslegen vnd nicht viel mehr zanck vnd hader anrichten wolt. Nu schreibt er in der 85. Epistel an Consentium, welcher ein Bischoff in Africa gewesen vnd jm die Frage fFrleget, wie es keme, das der Mensch lebete durch die Gerechtigkeit, dieweil doch (als die vernunfft von der Gerechtigkeit dichtet) die Gerechtigkeit selbs nicht lebet, denn die vernunfft helts fFr ein geschicklikeit des gemFtz, wie droben erkleret,a oder ob die Gerechtigkeit, dardurch der mensch lebet, fFr Got etwas anders sey denn die

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Konjiziert aus: abergedrungen. Anstatt einer Virgel findet sich hier eine geschlossene Klammer.

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Auf welche Aussage von Clemens sich Funck hier konkret bezieht, bleibt unklar. vornehmen, hier im Sinne von: zitieren. Vgl. Art. vorfassen 4.b), in: DWb 26, 1027f. Fragesteller. Evtl. auch im Sinne: Kontrahent. unparteiisch, redlich. Vgl. Art. ungefährlich 2), in: DWb 24, 661.

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vernunfft daruon helt etc. Auff solche Frage antwortet Augustinus auff volgende weis:

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„Jch halte es darfFr, das dichs vngereumbt514 sein dFncke, das man durchs Leben lebe, so doch das Leben selbs nicht lebete. So aber das Leben selbs fürnemlich [K 2v:] lebet, aus welchem alles lebet, das do lebet, so bedencke, bitt ich, welche Selen nennet die Schrifft todte?515 So wirstu warlich finden, das es sind die Vngerechten, Gottlosen, Vnglaubigen; denn ob gleich wol der gotlosen leybe durch Sie (die Selen) leben, von welchen gesagt ist: das die todten jhre todten begraben sollen,516 vnd daselbs verstanden werden mus, das auch die vngerechten Selen nicht on ein leben, wie es sein mag, sind (denn sonst kundten die leibe von jhnen nicht das leben haben, wo sie nicht ein leben hetten, wie halt das sein mag, des auch die Selen nicht kunden mangeln, daher sie denn auch billich vnsterblich genennet werden). Dennoch werden sie nicht vmb etwas anders willen todt genennet, denn das sie die Gerechtikeit verlorn haben (vnd warumb das?). Denn dieweil auch der Selen (die doch vnsterblich inn einem leben, wie es sein mag, lebend sind) warhafftigers vnd gr=ssers leben ist die Gerechtigkeit, als ein leben alles lebens. Welche (Selen), dieweil sie inn den c=rpern sind, sind auch die c=rper selbstb lebendig, die doch fur sich selbs nicht leben kFnden. Derhalben: so die Selen nicht kunden denn inn sich selbs, wie es sein mag, leben, sintemal aus jnen die leibe leben vnd wenn sie von jhnen verlassen werden sterben, wie viel mehr mus man nu verstehn, das die ware Gerechtikeit auch inn jhr selbs lebe, aus welcher die Selen also leben, das sie, so sie die verlieren, todt genennet werden. Wiewol sie eins lebens, wie es gleich sein mag, nicht auffh=ren zu leben. Aber dieselbe Gerechtigkeit, die inn jhr selbs lebet, ist one zweiffel GOT, vnd lebet vnwandelbar. Wie aber, dieweil Er in jhme selbs das leben ist, auch [K 3r:] vnser leben wird, wenn wir sein theihafftig gemacht werden, also dieweil Er inn jhm selbs ist die Gerechtikeit, wird er auch vnser Gerechtikeit ,wenn wir jhm anhangend recht leben. Vnd so vil mehr oder minder sind wir Gerecht, wievil mehr oder minder wir jhm anhangen. Daher ist geschriben von dem Eingebornen Sohn Gottes, dieweil er jhe ist des Vaters Weißheit vnd Gerechtikeit, vnd ist jmmerdar in sich selbs, ‚das Er vns worden sey von Gott zur Weißheit vnd Gerechtikeit vnd zur Heiligung vnd Erl=sung.‘517 Daher, wie geschriben ist: ‚wer sich rhFmet, der rhFme sich im HERRN.‘518 Welches du zwar selbs gesehen hast, da du hinzu setzest vnd sprichst: ‚Es sey denn villeicht, das man nicht dise der menb

Konjiziert aus: sels.

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ungereimt. Vgl. Mt 8,22; Lk 9,60. Vgl. Mt 8,22; Lk 9,60. Vgl. I Kor 1,30. Vgl. I Kor 1,31; Jer 9,22f.

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schlichen billikeit,519 sondern jene, die GOT ist, allein dafur halte, das sie die Gerechtikeit sey.‘520 Es ist ja der selbe h=chste Gott die ware Gerechtikeit, oder derselbe ware Got die h=chste Gerechtikeit, nach welcher vns warlich hungern vnd dFrsten solle,521 dieselbe ist in disem elende522 (da wir Pilgram523 sind) vnser Gerechtigkeit, mit welcher wir hernach gesetigt werden; dieselbe ist in der ewikeit vnser volkommene Gerechtigkeit. Derhalben sollen wir nicht gedencken, das Gott vnserer (der menschlichen versteh) Gerechtigkeit gleich sey, sondern sollen viel mehr gedencken, das wir souiel mehr Gott gleich sind, wie viel wir, durch das wir sein theilhafftig werden, kFnden Gerechter sein etc.“524 Dis ist nu die lehre Augustini von der Gerechtikeit, in der wir ewig Leben. Es ist aber Augustinus gestorben anno Christi 434.525 Wenn du nu seine meinung mit des Jrenei fleissig bewigest, wirstu wol sehen, wie sch=n vnd herlich sie mit einander stimmen. Wollen nu anderer meinung auch h=ren. [K 3v:] Basilius, ein sehr berFmbter Lehrer vnd Bischoff inn Asia, hat gelebt inn grossem beruff526 vmb die jahre Christi 370 bis in das jar 380 etc.;527 der schreibet von der Gerechtikeit vber den anfang der sprFche Salomonis also: „Es ist aber eine Gerechtikeit, welche zwischen vns im schwang geht, nemlich: die außteilung der billikeit; vnd wiewol wirc die nicht volkommend erlangen, dennoch, wenn wirs mit rechtschaffnem gemFt thun, weichen wir nicht vom ziel. Es ist aber ein andere (Gerechtikeit), welche vom Himel, von dem Gerechten Richter, eingefFrt wird, die do Bessert vnd Vergilt. Welcher528 erforschung gros vnd schwer ist, von wegen der h=he der lehre, welche inn jhr verborgen ligen. Denn das, halt ich, wolle der Psalmist sagen: ‚Deine Gerechtikeit sind wie die Berge Gottes‘.529 Derhalben verheist er (Salomo), das er wolle dise, die warhafftig ist, die ware vnd GOTLJCHE GERECHTJKEJT, offenbaren denen, die sich vben inn der lehre, so inn

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Konjiziert aus: wit. Konjiziert aus: volk@men.

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Rechtmäßigkeit. Vgl. Art. Billigkeit, in DWb 2, 29. „(...) nisi forte non hujus humanae aequitatis, sed illa quae Deus est, sola asseratur esse justitia.“ Augustinus, Epistolae CXIX (Consentius ad Augustinum), 5 (PL 33, 451). 521 Vgl. Mt 5,6. 522 Das Dieseits verstanden als Fremde, als Ausland und Verbannung; im Gegensatz zur himmlischen Heimat. Vgl. Art. Elend 1), in: DWb 3, 406; Joh 14,2. 523 Vgl. Ps 39,13; I Petr 2,11. 524 Vgl. Augustinus, Epistolae CXX (Ad Consentium), IV,18f (PL 33, 461). 525 Augustinus verstarb im Jahr 430. 526 Berufung, Amt. Vgl. Art. Beruf 2), in: DWb 1, 1530. Zu Luthers Verständnis von Beruf und Berufung vgl. Mau, Beruf und Berufung. 527 Basilius von Caesarea war einer der hervorragendsten Theologen des 4. nachchristlichen Jahrhunderts. Er lebte von ca. 329 bis 379. Vgl. Wolf-Dieter Hauschild, Art. Basilius von Caesarea, in: TRE 5 (1980), 301–313. 528 Deren (der Gerechtigkeit). 529 Vgl. Ps 36,6. 520

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seinen sprFchen begriffen530 etc.“531 Dise wort wiewol jhr wenig sind, dennoch zeFgen sie gewaltig, das die ware Gerechtikeit G=tlich sey vnd vom himel kumme.e Jtem: das sie bessere, nemlich den, der sie auffnimpt, vnd vergelte dem, der jhr widerstrebet etc. Welchs alles Gottes allein ist vnd keiner Creatur, wie die heilig Schrifft allenthalben zeFget. Darumb mus die Gerechtigkeit Got selbs sein wie auch Augustinus lehret. Sedulius, ein geborner Schotte, aber ein weit berFmbter man, inn Ebreischer, griechischer vnd Lateinischer sprache wol gelehrt, hat gelebt zur zeit Au[K 4r:]gustini.532 Der fFret einen spruch aus Origene (welcher nicht lang nach Clemente,533 des droben gedacht, inn Aegipten vnd sonst in grossem ansehen gewesen ist)534 Fber die Epistel zun R=mern Cap. 3. Origenes spricht vom Gesetz: „Wie Got selbs die Gerechtikeit ist, aus welchem alle Gerechten werden vnd die Warheit vnd das Leben, aus welchem sie alle leben, also ist er auch selbs das Gesetze ,aus welchem sie alle im gesetze sind etc.“535 Diser spruch, ob er wol ein hohe Disputation vom Gesetz inn sich begreifft, welche von wenigen verstanden, so zeFget er doch klar, das Got selbs die Gerechtikeit, Warheit vnd Leben sey; solchs aber inn Christo Jhesu seinem Sohne. Wie denn Origenes vber den Propheten Jesaiam inn der fFnfften Predig auch darvon redet, da er Christum nennet die lebendigen Gerechtikeit, die do sey „Vnigenitus Dei“ „Der Eingeborne Gottes“. Vnd spricht ferner: „Quia autem non solum ab Apostolo ortum est Christum esse Justitiam et viuentem et subsistentem iustitiam, sed inuenies et a propheticis sermonibus hoc nobis mysterium exhibitum.“536 Das ist: „Dieweil es aber nicht allein von dem Apostol [sic] seinen vrsprung hat, das Christus sey die Gerechtikeit vnd die Lebendige vnd selbstendige (oder selbßwesende) Gerechtikeit, sondern wirst es auch finden, das diss geheimnus auch aus den Prophetischen reden vns ist mitgetheilet etc.“ Vnd bald hernach spricht er: „Vocauit iustitiam. Manifestum est animalem eam esse si ambulet vocata. Vocauit autem Christum Pater, quo ob nostram salutem ad nos iter faceret et e

Konjiziert aus: kHme.

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enthalten. Konnte bislang nicht verfiziert werden. 532 Es ist unklar, auf wen sich Funck hier konkret bezieht. Ein Ire, Sedulius Scotus, verfasste verschiedene Schriften, z. B. über die paulinischen Briefe (Collectanea in omnes B. Pauli epistolas) und die Evangelien (Expositio brevis in Evangelia; Explanationes in Praefationes S. Hieronymi ad Evangelia), lebte jedoch im 9. Jahrhundert. Vgl. PL 103, 9–352; H. Zimmer, Art. Keltische Kirche in Britannien und Irland, in: RE3 10 (1901), 204–243, bes. 211,20–26. Ein christlicher Schriftsteller mit Namen Sedulius und vermutlicher Zeitgenosse Augustins verfasste ein Ostergedicht (Paschale carmen). Vgl. Karla Pollmann, Art. Sedulius, in: RGG4 7 (2004), 1089. 533 Clemens von Alexandrien. 534 Origenes lebte von ca. 185/86 bis ca. 253/254. 535 Vgl. Origenes, Commentarius in epsitolam beati Pauli ad Romanos III,6, in: PG 14, 939C. 536 Vgl. Origenes, Homiliae in Visiones Isaiae V,1, in: PG 13, 234C. 531

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descenderet de coelo ad nos etc“.537 Das ist: „Er hat der Gerechtikeit geruffen. So ists offenbar, das sie mus lebendig sein, so sie wandelt, wenn man jhr ruffet.“ [K 4v:] Es hat aber der Vater Christo geruffen, das er von wegen vnsers heils zu vns gienge vnd stiege herab vom Himel zu vns etc.“ Aus solchem versihe ich mich nu, sol man sehen, was die alten Lehrer von der waren Gerechtigkeit gehalten haben. Vnd wiewol der zeugnus aus andern auch m=chten mit eingefFret werden, jedoch weil mir dis BFchlein lenger wFrde, denn es von mir furgenomen, wil ichs bey disen lassen beruhen. Vnd nu nicht einzeliger lehrer, sondern der gemeinen Christlichen Kirchen zeugnus eins oder zwey anzeigen, vnd hernach deren, so kurtz zuuorn vnd zu vnsern zeiten gelebt vnd zum theil noch leben, zeugnus auch fFren etc. Nach der zeit Augustini, als die Heiden allenthalben das R=misch Reich zurissen,538 wFrden fvnter solchemf wesen viel verduncklung der rechten lehre vnd mehr auff eusserliche heilikeit der Orden etc. gesehen, denn auff den waren grund der Lehre; damit aber dennoch dem HERRN Christo sein theil auch bliebe, ist noch die reine lehre bede, in gesangen vnd gebeten, in der Kirchen gebliben, wiewol viel vntFchtigs darneben eingelauffen,539 doch haben die, so mit fleis die wort der Schrifft, so da gelesen, vnd der gebet sampt der gesenge gebrauchet, leichtlich sehen mFgen, das sie one Gottes Geist vnd krafft nichts verm=chten zu thun, das recht were. Derhalben sie auch on den Geist Gottes Gott nicht kFndten gefallen, haben darumb mit fleis mFssen streben, wie sie durchs wort Gottes den heiligen Geist bekemen, der sie jm Erkentnus Christi vnd alles guten erleuchtet vnd in allen guten wercken leitet etc. Daher denn dise vnd dergleichen gebet in der Kirchen geblieben sind. [L 1r:] Am Pfingstage: „Gott, der da hast am heutigen tage die hertzen der gleubigen durch die erleuchtung des heiligen Geistes gelehret, gib vns in dem selbigen Geist das zu uerstehn, was recht ist, vnd seines trostes alzeit zu frewen durch Jhesum Christum etc.“540 Jtem am V. Sontag nach Ostern: „Gott, von dem alles gute kFmpt, verleihe den gedemFtigten vnter dich, auff das wir durch dein Einsprechen gedencken, was recht ist vnd durch deine regirung dasselbige thun, durch Jhesum Christum etc.541 f–f 537

Konjiziert aus: vntersolchem.

Vgl. Origenes, Homiliae in Visiones Isaiae V,1, in: PG 13, 234D. zerrissen, teilten. 539 aufgebracht, mit unterlaufen. Vgl. Art. einlaufen 4), in: DWb 3, 222. 540 Missale Romanum [Venedig 1570, p. 145r] Dominica Pentecostes, Oratio: Deus qui hodierna die corda fidelium sancti spiritus illustratione docuisti: da nobis, in eodem spiritu recta sapere, et de eius semper consolatione gaudere. Per dominum in vnitate eius. 541 Missale Romanum [Venedig 1570, p. 139v] Dominica quinta post pascha, Oratio: Deus, a quo bona cuncta procedunt: largire supplicibus tuis; vt cogitemus te inspirante qu£ recta sunt: et te gubernante, eadem faciamus. Per do. 538

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Pro pace: „Gott, von welchem herkummen gute begirden, rechter Radt vnd gerechte werck, gib deinen Knechten den friede etc.“542 Jtem am Sonnabent Reminiscere: „Wir bitten dich HERR, kum zuuor mit deinem Einsprechen vnserm thun vnd verbring543 es mit deiner hilffe, auff das alle vnsere werck von dir allzeit werden angefangen vnd durch dich volendet, durch Jhesum Christum etc.“544 Solcher gebete sind nu sehr viel in den MesbFchern, die man durch die gantze R=mische Kirche gebraucht, welche alle bezeugen, das Gott vnser Gerechtigkeit sey. Denn sie bekennen, wir kFnden one jn nichts guts noch rechtes gedencken noch thun, sondern es kumme alles von jme, durch Jesum Christum, vnsern HERREN etc. Das man aber nicht gedencke, Got wirck solches wollen vnd thun in vns effectiue545 vnd bleibe er draussen, also das wir der G=ttlichen Natur nicht auch theihafftig sein mGsten, sollen wir was guts gedencken vnd thun, hats der heilig Geist auch wol furkummen vnd nicht allein in der Bibel, sonder auch in gemeinen Gesengen der Kirchen er=ffnet. Denn also singt man [L 1v:] in dem sequentz zur hohen Messe am Christag: „Christe, du eingeborner des Vaters, der du vmb vnsernt willen menschlich gestalt an dich genomen hast, erquicke widerumb deine vnterthenige Bitter vnd deren du dich theilhafftig zu werden nicht verschmehet hast. Jhesu nim auff jr gebet. Auff das du sie, o Gott, theilhafftig zu machen deiner Gottheit, wirdigest, du einiger Gottes [sic].“546 Desgleichen lautet auch das Gesang „O admirabile commercium“: „O, wie ein wunderbarlicher handel ist das, der Sch=pffer des menschlichen Geschlechts, als er an sich name den lebendigen leib, hat er nicht verschmehet, von einer Jungfrawen geborn zu werden, vnd ist herfGr gangen ein Mensch on Mannes samen, vnd hat vns miltiglich mitteilt seine Gotheit.“547 Das aber der heilig Geist in vns sein mFsse vnd wir on seine gegenwertigkeit nichts vermFgen noch gelten, zeuget das Pfingstgesang „Veni sancte spiritus et emitte caelitusg etc.“, da vnter anderm gesungen wird: „O Lux beatissima, reple cordis intima tuorum fidelium, sine tuo numine nihil est in homine, nihil est innoxium etc.“548 Das ist: „O du allerseligstes Liecht, erfFlle des

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Konjiziert aus: celtus.

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Missale Romanum [Venedig 1570, p. 266r] Missa pro pace, Oratio: Deus, a quo sancta desideria, recta consilia, et iusta sunt opera; da seruis tuis illam quam mundus dare non potest pacem [...]. 543 lass es uns vollbringen, lass es uns ausführen. Vgl. Art. verbringen 2.c), in: DWb 25, 174. 544 Missale Romanum [Venedig 1570, p. 40v] Sabbato Quatuor Temporum Quadragesimae: Actiones nostras quaesumus, Domine, aspirando praeueni, et adiuuando prosequere: ut cuncta nostra oratio et operatio semper a te incipiat, et per te coepta finiatur. Per. 545 Zur effektiven Rechtfertigung entsprechend Osiander vgl. OGA 10, Nr. 488/496, S. 55–62. 546 Konnte leider bislang nicht verifiziert werden. 547 Konnte leider bislang nicht verifiziert werden. 548 Wackernagel I, 105 (Nr. 160).

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hertzen inwendigste deiner gleubigen. On deine Gottheit ist nichts im Menschen (das tauge), nichts ist vnstrefflich etc.“ Vnd dis stimmet alles mit der heiligen Schrifft, die do spricht, wir werden theilhafftig der G=ttlichen Natur durch den glauben an Christum, 2. Pet. 1.549 Vnd wer den Geist Christi nicht hat, der ist nicht Christi, Rom. 8.550 Wo aber der Geist Christi ist, da ist auch Christus mit Gott seinem Vater, denn die Gottheit ist nicht getheilet, daruon die Alten ein feine regel gehalten, das wo man eine Person der Gott-[L 2r:]heit setze, das sie sey oder wircke in der Creatur, da sein sie alle drey zu uerstehn,551 denn die werck der Trifaltikeit, wenn sie sich erstrecken in die Creaturn, so sind sie vngeschiden, also, das wo ein person wircket, da wircket die ander auch, wie Christus spricht Johan 5: „Was der Vater thut, das thut zugleich auch der Son etc.“552 Wer nun dise lehr verdammet, der verdammet ja den heiligen Geist, die Aposteln vnd die gemeine Christliche Kirchen. Darumb vermane ich einen jeden, wer er sein mag, hohes oder nidriges standes, er wolle zuuor wol erwegen, was er vrtheil, ehe denn er also vnbesunnen, wie etzlichen widerfahren, heraus rumple vnd lade damit das ewig Gericht auff sich, „denn mit was Mas jr messet wird man euch wider messen“, spricht die Warheit Matt. 7.553 Wollen nu der nehern zeit lehrer auch h=ren etc. Johannes Taulerus, ein weitberFmpter lehrer vnd Doctor der Schrifft, hat gelebet vmbs jar Christi 1340554 vnd etwas hernach, der hat vberaus gewaltiglich gelehret, wie der Mensch mFsse mit Gott vereinigt werden vnd alles in Gott sFchen etc., vnd ist derhalben von D. Luthero vnd andern Christgelehrten hochgerFmpt worden. Der schreibet von der Gerechtigkeit, heilikeit vnd wie wir vernewert werden in der warheit kFrtzlich also. Vber das Euangelium am 19. Sontag nach Trinitatis am ende: „Alle vnsere heilikeit vnd Gerechtigkeit ist ein vngerechtigkeit, ein vnreinikeit vnd ein vnmFssigs ding, das man nit nennen getar555 vor den augen GOTTES. Es mus aber sein nach seiner Gerechtigkeit vnnd heilikeit, nit in vnseren weisen vnd worten oder ichts des eussern, [L 2v:] sondern in Jhme. Das wir also Jn Jhm inn der Warheit ernewert werden vnd in Jhm funden, das helff vns Got.“556 Wie aber der Mensch darzu kummen mFge, das er inn Gott erfunden werde, lehret Er lieblich in der Predig von eins Christlichen lebens schickung auch am ende. 549

Vgl. II Petr 1,4. Vgl. Röm 8,9. 551 da ist die Trinität vollständig vorhanden. 552 Vgl. Joh 5,19. 553 Vgl. Mt 7,2. 554 Johannes Tauler lebte von ca. 1300 bis 1361. 555 darf. 556 Sermones: des hoch || geleerten in gnaden erleüchten do || ctoris Johannis Thaulerii sannt || dominici ordens die da weißend || auff den n#chesten waren weg im || gaist zů wanderen durch überswe || bendenn syn. von latein in teütsch || gewendt manchem menschenn zů || s#liger fruchtbarkaitt. || [Augsburg: Johann Ottmar, Johann Rynmann, 1508] (VD 16 J 783), 154r. 550

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Vnd wiewol es etwas MFnchisch lautet, wie man denn da ein weiß zu lehren geführet, so ist es doch dahin geredt,557 das sich der Mensch gantz vnd gar verlaugne vnd an Christum henge, das er mit jme vereiniget werde etc. Vnd mag ein jeder Christ die wort wol bewegen, denn sie nicht so leer558 sind, als sie einfeltig lauten, nu spricht er also: „Vnd darumb, so sollen jhr euch sunderbar mit aller ewer andacht aufftragen559 inn die Heiligen, edlen Leibzeichen vnsers Herrn Jhesu Christi. Zum ersten solt jhr ewre begirliche Krafft aufftragen vnd begraben inn die wunden des heiligen Lincken Fuss. Vnd darnach ewre Zornliche krafft inn die wunden des Rechten Fuss. Darnach ewren freien willen legen in die wunden der Lincken Handt. Darnach nemet ewre manchfeltikeit ewer sinnlichen krafft vnd sencket euch zugrund mit der Vernunfft in die wunden der rechten Handt. Darumb, (auff) das der ewig Gottes Sohn, Christus Jhesus, vnser HERR, euch berichte560 vnd regiere eFren jnnwendigen Menschen mit seiner G=tlichen Krafft. Vnd denn fliehet mit ewer liebhaben Krafft in das G=tlich auffgethan liebhabend Hertz vnsers Herren. Darumb, (auff) das er euch gantz mit Jhm vereine vnd ewer lieb vnd meinung zu [L 3r:] grund561 abziehe562 von allem dem, das Er nit Leuterlichen vnd wesentlichen ist. Darumb, (auff) das er euch zumal gantz inn Sich ziehe, mit allen ewren krefften, jnnwendig vnd außwendig.563 Vnd darumb sollet jhr die grosse vbermessung564 der manchfeltigen wunden vnd bittern Leidens vnsers Herrn vnd sein hertes, bitters Sterben alle zeit mit grossem fleiß, jnnwendig vnd außwendig, Fben. Darumb, das wir alle eingefurt werden hie durch, on mittel,565 in die lauteren vereinigung Gottes, das wir hie besitzen das ewig Leben.“566 Was aber fur Herrlikeit der Mensch durch die vereinigung mit Got habe, lehret er an vilen orten gewaltiglich, aber furnemlich inn der Sermon am 15[.] Sontag Trinitatis vom Reich Gottes: „Diß Edel Reich ist eigentlich inn dem aller jnnersten grund des Menschen, das ist also: Wenn der Mensch mit aller Fbung den eFssersten567 menschen zeuhet inn den jnwendigen,568 vernufftigen menschen, vnd dise zwen menschen (das sind die Sinnlichen krefft vnd die vernufftigen krefft) sich zumal einmFtiglich aufftragen inn den aller-

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so ausargumentiert. inhaltslos. Vgl. Art. leer 7), in: DWb 12, 510. 559 anvertrauen, überantworten. Vgl. Art. auftragen 6), in: DWb 1, 762. 560 mit seinem Leib und Blut im Sakrament des Abendmahls versehe. Vgl. Art. 2.c), in: DWb 1, 1522. 561 vollständig. 562 abwende. 563 geistlichen und körperlichen. 564 übergroße Bedeutung. 565 ohne ihrendeine Hinderung. Vgl. Art. Mittel 8.e), in: DWb 12, 2386. 566 Vgl. Tauler, Predigten (1508), 207r. 567 fleischlich, weltlich gesinnten. 568 geistlich gesinnten. 558

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inwendigsten menschen, das ist: inn die verborgenheit des Geistes (da das ware G=tliche bilde inne leidt) vnd sich allezeit erschwinget569 in den G=tlichen abgrund Gottes, inn dem er was570 ewiglich in seiner vnbeschaffenheit. Vnd wenn der Barmhertzig Gott den menschen also findet inn seiner lauterkeit571 (das ist: das er sich gantz fur nicht helt vnd gantz vnd gar Got ergibt) vnd inn der bloßheit572 zu jhm gekeret, so neiget sich der G=tlich, veterlich abgrund vnd sinckt inn den lautern zuge-[L 3v:]kerten grund (der Selen oder des Geistes), vnd dah vberformiert er den geschafnen grund vnd zeFcht in jhn die vngeschaffenheit, das der lautter Geist des menschen also Eins mit jhm wird, m=cht es sein, das sich der Mensch selbs sehen m=chte, so sehe er sich so vber edel in Got, das er gantz wenete,573 er were selbes Gott. Vnd darzu alle gedancken vnd wort vnd werck der menschen, vnd darzu alles, das jhe geschach,574 das solstu darinn alles warlich bekennen vnd sehen, ob du anders in diß Reich m=chtest kummen. Wann575 in disem Adel were alle sorgfeltigkeit aus- vnd abgefallen etc.“576 Vnd in der Predig am Sontag Septuagesimae spricht er von dem Weinstock vnd trauben (das ist: von den Christen vnd den frFchten deren, so durch Christum mit Got vereinigt sind): „Ach, der seinen Weinstock also bereiten577 kundte, das die ewige, g=ttliche Sonne darinn wircken vnd gescheinen m=chte; wie zart, wie Edel, wie wunnigliche frucht solt die ewige Sonne aus dem Menschen ziehen, denn dazumal scheinet die lieblich Sonne vnd wirckt in disen edlen TreFblein vnd thut (das ist: macht) sie denn minniglichen578 vnd sch=n blüehen. Dise Blumen seind vol von disem edlen, gutten geschmack, der alle vergiftnus vertreibet, da die ewig, g=ttlich Sonne disen Grund vnmittenlich579 berFrt, auch inn aller freiheit der FrFchte, die do außgezogen580 wird, jnnwendig vnd außwendig, vnd blFet denn so wunniglich vnd adelich581 in einem lautern Gottes meinen (das ist: das man Gott nur allein suchet vnd seine Ehre), das dann so wunderlicher, adelicher,

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Nach Tauler, Predigten (1508) konjiziert aus: der.

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Eigentlich: aufschwingen (vgl. Art. erschwingen 5), in: DWb 3, 979), hier jedoch eher gemeint: versenken. 570 war. 571 Reinheit der Gesinnung. Vgl. Art. Lauterkeit 2), in: DWb 12, 385; Art. lauter 8), in: DWb 12, 381. 572 Eigentlich: Nacktheit. Hier jedoch eher: vollständigen Hingabe. 573 wähnte, annähme. 574 geschehen ist. 575 Denn. 576 Vgl. Tauler, Predigten (1508), 142v. 577 vorbereiten, bearbeiten. 578 Hendiadyoin: schön, anmutig. Vgl. Art. minniglich 1), in: DWb 12, 2245f. 579 direkt. 580 hervorgebracht. Vgl. Art. ausziehen 10), in: DWb 1, 1039. 581 herrlich.

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lieblicher geschmack vnd geruch davon gehet vnd außdringet, das von [L 4r:] noth582 alle vergifftnus der alten Schlangen583 hinweg flihen mus. Ja, hetten alle TeFffel geschworn, die inn der Hellen seind, vnd darzu alle Menschen, die auff Erdrich584 sind, sie kundten dem lauteren Gottes meinenden (der Got mit ernst sucht etc.) vnd Got liebenden Menschen zumal nicht schaden, jhe mehr sie sich fleissen585 jhm zu schaden, so er jhe tieffer vnd h=her erh=cht wirdt inn Gott, mit allen seinen krefften. Vnd wurde diser Edler Mensch, eins mit diser Adelichen BlFe,i gezogen inn den Grundt der Hellen, es muste da ein Himmelreich vnd Got vnd ewige Selikeit inn der Hellen werden.“586 Es wurde zu lang, solt ich seine wort alle setzen. Jnn Summa schleFst er disen Sententz mit disen wortten: „Dise G=tliche Sonne scheint viel klerer denn alle Sonnen an dem Himel jhe geschienen. Vnnd wird darinnen alle des Menschen Weiß vnd Geberd vnd Werck verg=tet,587 das er keines dings als warlich entpfindt als Gottes, inn einer wesentlichen weise, doch etwanj ferr vber die vernufftig weiß, die doch nicht durch jhn mFgen außgesprochen werden, wann588 es zu tieff vnd zu hoch wer vber aller menschen vernufft zu betrachten vnd zu erkennen etc.“589 Wiewol nu der Mensch, der sich also inn Christum ergibt vnnd durch jhne mit Gott vereinigt wirdt, warhafftig solche Herrlikeit inn dem Glauben bekummet vnd besitzet, so ist es doch inn disem Leben noch verborgen fur der Weldt, vnnd werden die, so sich der Herrligkeit GOTTES rhFmen, gar fur verechtlich inn der Weldt gehalten. [L 4v:] Darumb schreibet auch TAVLERVS von solchen ein sch=ne gleichnus in nechstgedachter590 Predig mit volgenden worten: „Disen hohen, vberedlen menschen geschicht recht als591 dem Weinholtz,592 das ist auswendig schwartz vnd hert vnd durr vnd gar schn=d, vnd ob es dem menschen nit bekand were, so deucht jn, diss holtz wer niemands nFtz noch gut, dann allein in das Fewr zu werffen vnd zu uerbrennen. Aber in disem dFrren holtz der Reben, da sind in dem grund jnne verborgen die lebendigen adern vnd die Edle krafft, da die aller edleste sFssikeit austreufft vnd frFcht auskummet vor allem holtze, das do wechst vnd frucht bringet. Also auch dem inniglichen, versinckten volck (das an jm i j

Nach Tauler, Predigten (1508) konjiziert aus: BlFest. Nach Tauler, Predigten (1508) konjiziert aus: ertwan.

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gezwungen, notwendigerweise. Vgl. Art. Noth B.II.6.a), in: DWb 13, 916. Vgl. Gen 3. der gantzen Welt. Vgl, Art. Erdreich 3), in: DWb 3, 776f. befleißigen, bestrebt sind. Vgl. Tauler, Predigten (1508), 27v. vergöttlicht. da. Vgl. Tauler, Predigten (1508), 27v. eben zitierten. wie. Holz des Rebstocks.

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selbs verzaget) vnd das also allezeit vnd stFnd in Gott versencket ist, das ist auswendig an dem schein als ein verdorben holtz vnd schwartz, vnd scheinet den menschen dFrr vnd vnnFtz, wann dise menschen seind demFtig vnd inwendig vnd auswendig klein vnd vnachtbar, vnd sind auch weder von grossen worten noch wercken, noch von auffsetzen593 mit Geistlichen weisen (wie die MFnch vnd Orden etc.), vnd seind die minsten594 in jrem theil. Aber die lebendigen Adern, die in jnen verborgen liegen, in dem grund der Warheit, das ist: das sie jrem theil entpfallen595 vnd Gott jr theil vnd jr auffenthalt ist jres Lebens vnd jres wesens.“596 So fern aus Taulero. Doctor Martinusk Lutherus schreibt in der Sermon am IIII. Sontag nach Ostern, in der Postil im 1532. jar gedrFckt, vber die wort „Wenn der Tr=ster kumpt, wird er die welt straffen etc.“597: „Was ist aber in Christum gleuben? Es ist nicht gleuben, das er ein [M 1r:] Got ist oder mit Got dem Vater inn gleicher gewalt herschet im Himel, denn das glauben auch viel andere. Sondern das heist inn Christum glauben, wenn ich glaube, das ER MJR ein gnediger Gott sey, meine Sünde auff sich genomen vnd mich mit Gott dem Vater vers=net hat, das meine SFnde sein sind vnd seine Gerechtikeit mein. Das da eine vermischung lvnd wechsell sey, das Christus ein Mitler zwischen mir vnd dem Vater ist. Denn auff dem CHRJSTO ligt aller Weldt SFnde, vnd des Vaters Gerechtikeit, welche inn Christo ist, will alle vnsere Sünde verschlingen. Denn auff disem Christo mag vnd kan keine Sunde bleiben.“598 Also hat er auch etzlichen seinen gutten FreFnden, wie noch mit seiner Handtschrifft zu beweisen, in jhre Psalterlein geschriben Lateinisch, welchs zu DeFtsch also lautet „Einer glaubigen Selen stimme zu Christo. Jch bin deine SFnde, du bist meine Gerechtikeit. Derhalben Triumphir ich sicher. Denn auch mein Sund, deine Gerechtigkeit nicht vberschuten599 mag. Auch wird mich deine Gerechtikeit nicht sein noch bleiben lassen einen Sünder, du Hochgelobter Gott. Amen.“600 Jtem auffs Fest Petri vnd Pauli vber das Euangelion Mat. 16: „Darum heist hie Bawen nichts anders, denn inn Christum gleuben vnd tr=stlich sich auff jhn verlassen, das Er mein Heiland sey vnd mit allen seinen GFttern mein ist.

k l–l

Konjiziert aus: Martinns. Nicht im Originaltext Luthers enthalten.

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geübt in Spitzfindigkeiten. geringsten. 595 Der Welt und der Leiblichkeit entsagen. 596 Vgl. Tauler, Predigten (1508), 26v. 597 Vgl. Joh 16,8. 598 Vgl. Martin Luther, WA 10III, 125,23–32 (Sermon von Sünde, Gerechtigkeit und Urteil, 1522). 599 überlagern. Vgl. Art. überschütten I.3), in: DWb 23, 526. 600 Konnte leider bislang nicht verfiziert werden. 594

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Denn ich stehe auff allem, das er hat vnd vermag. Wenn ich nu auff dem stehe vnd weiß, das Er Gottes Sohn sey, das sein Leben gr=sser sey denn alle T=dte, seine Ehre gr=sser [M 1v:] denn alle schande, seine selikeit gr=sser denn alle trFbselikeit, seine Gerechtigkeit gr=sser denn alle SFnde, da kan nichts wider mich vermügen, wenn gleich alle hellische pforten auff einen hauffen kemen.601 Widerumb aber, wenn ich stehe auff einem andern ding denn auff Dem Grundstein,602 als auff einem werck, ja gleich auff aller heilige werck, auch S. Peters, on den Glauben, so bin ich disem Grundstein entgangen. Denn gegen Dem Liecht ists alles schwartz, gegen Der Weisheit ists alles T=rheit, gegen Der Gerechtigkeit ist alles SFnde. Wenn ich nu da stehe vnd mit jm603 zuhauffen604 lauffe durchs Gericht, so wFrde ich gewislich verstossen in die ewige verdamnus, denn fFr jm kan nichts bestehn. Aber wenn ich Jn erwische605 vnd auff Jn bawe, so ergreiffe ich seine GERECHTJGKEJT, seine GFtikeit vnd alles was sein ist; das erhebt mich fFr606 jme, das ich nicht zuschanden werde Warumb kan ich nicht zuschanden werden? Dann ich bin gebawet auff Gottes Gerechtigkeit, WELCHE GOTT SELBER JST, diselbigen kan er nicht verwerffen, sonst mFste er sich selbs verwerffen. Das ist der einfeltige vnd richtige verstand, daruon last euch nicht fFhren, sonst wirstu von Dem fels gestossen vnd verdampt werden.“607 Jtem von den letzten worten Dauids im bogen F. spricht D. Luther: „Solche ewikeit des Reichs Messia zeuget Esaias an mehr =rtern als cap. 51: ‚Merck auff, mein volck, h=ret mich, meine leute, denn von mir sol ein Gesetz ausgehn vnd mein Recht wil ich zum Liecht der v=lcker stellen. Meine Gerechtigkeit ist nahe vnd mein Heil ist ausgangen.‘608 Vnd bald [M 2r:] hernach: ‚Vnd mein Heil sol ewig bleiben vnd meine Gerechtigkeit sol kein ende haben.‘609 Dis ist dis ewige Gerechtigkeit, dauon auch Daniel sagt, cap. 9: ‚Sibentzig Wochen sind bestimpt, das die ewige Gerechtigkeit kumme.‘610 Vnd ist Messias, wie es alle alten Ebrei verstanden haben. Ewige Gerechtigkeit aber vnd Heil kan kein schlechter611 Mensch noch Engel sein, sondern Mus Gott Selber Sein, vnd doch Dauids Son natFrlicher Mensch, vnd ein

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Vgl. Röm 8,38f. Vgl. Ps 118,22; Mt 21,42; Act 4,11; Eph 2,20; I Petr 2,7. 603 Gemeint sind die Werke und damit eine Werkgerechtigkeit. 604 zusammen. Vgl. Art. zuhafen, zuhauf, in: DWb 32, 452. 605 ergreife. Vgl. Art. erwischen, in: DWb 3, 1068f. 606 vor. 607 Vgl. Martin Luther, WA 17II, 450,11–33 (Roths Festpostille, 1527). Die Hervorhebungen im Text durch Großdruck finden sich nicht im Original. 608 Vgl. Jes 51,4f. 609 Vgl. Jes 51,6. 610 Vgl. Dan 9,24. 611 schlichter, einfacher. 602

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andere612 Person, von dem, der von jm redet vnd jn nennet mein Heil, mein Gerechtigkeit; die dritte Person ist der heilig Geist, der solchs redte von den beden. Also nennet jn das newe Testament auch, I. Cor. I.,: ‚Jesus Christus ist vns von Gott worden eine Weisheit, Gerechtigkeit, Heiligung vnd Erl=sung.‘613 Das reimet sich mit Esaia vnd Esaias mit Paulo.“614 So fern aus Luthero. Wenn ich alle sprFche Lutheri setzen615 solte, in welchen er lehret, wie wir solcher Gerechtigkeit Gottes, die GOTT selbs ist, theilhaltigm mFssen sein etc., wFrde es wol weiter reichen denn alles, so ich in disem BFchlein geschrieben durch vnd durch. Verhoff aber, es sollen in kurtz die sch=nesten vnd fürnembsten SprFche aus seinen BFchern zusamen gezogen, in ein rechte Ordnung gefasset werden vnd dem Gemeinen Man zum besten in Truck gefFrdert, da man denn grFndlich wird sehen mFgen, was der Kern seiner Lehr von disem handel gewesen ist, Gott verleihe nur denen leben vnd gesuntheit, so solchs fFrhaben. Wollen nu auch h=ren, was Pomeranus616 von der Gerechtigkeit saget; denn ob ich auch wol Vrbani Regij617 [M 2v:] vnd anderer, so noch im leben, zeugnus fFren m=chten, wil ichs doch, dieweil dis BFchlein lenger wFrde, denn ichs fFrgenomen, itzt vnterlassen. Vnd verhoffe, wer ohren hat zu h=ren,618 der wird aus disen wol vernemen, so bisher gesetzt, was die einfeltige lehr der Kirchen Christi sey von Gottes Gerechtigkeit; wil derhalben auch nicht mehr als ein zeugnus Pomerani setzen vnd hernach, was noch zu disem handel von n=ten, kFrtzlich anzeigen vnd beschlissen. Doctor Johannes Bugenhagen, mein lieber Vater in Christo, der mich nechst Gott in dises Ampt der Kirchen gef=rdert,619 schreibet vber das ander buch Samuelis im eilfften capitel vnter anderm also: „Darnach, auff das wir nicht

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Vermutlich gemeint: teilhaftig.

unterschiedene. Vgl. I Kor 1,30. 614 Vgl. Martin Luther, WA 54, 46,18–32 (Von den letzten Worten Davis, 1543). 615 zitieren. 616 Johannes Bugenhagen d. Ä. 617 Urbanus Rhegius (1489–1541) wirkte als Reformator vor allem in Augsburg und dem Herzogtum Braunschweig-Lüneburg. Zu ihm vgl. Scott H. Hendrix, Art. Rhegius, Urbanus, in: TRE 29 (1998), 155–157. 618 Vgl. Mt 11,15; 13,9; Mk 4,9.25; Apk 2,7.11. 619 Funck hatte in Wittenberg studiert und dort den Magistergrad erworben. Während dieser Studienzeit trat er anscheinend in nähere Bekanntschaft mit Bugenhagen. Als Funck dann 1547 seine Wirkungsstätte in Nürnberg aufgrund der Umstände nach dem für die Protestanten verlorenen Schmalkaldischen Krieg verließ, reiste er nach Wittenberg, wo er vor Bugenhagen predigte und dieser ihm ein Empfehlungsschreiben für Herzog Albrecht mit auf den Weg nach Königsberg gab. Vgl. Hase, Hofprediger, 82, 119f; Johannes Bugenhagen an Herzog Albrecht von Preußen. 10. Oktober 1547, in: Vogt, Bugenhagens Briefwechsel, Nr. 203, S. 409f. 613

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verzweiffeln, so vns schwere felle begegnen, nach dem wir von Gott angenomen sind, sollen wir wissen, das gleich wie vnsere Gerechtigkeit vns nicht kan selig machen, also kFnde auch die SFnde, die das gewissen drFckt, vns nicht verdammen, sintemal GOT Vnser GERECHTJGKEJT ist durch Christum, so wir nur das gleuben.“620 So viel sey von dem genug, das Gott selbs vnser Gerechtigkeit ist in Christo Jhesu. Warumb wird der Glaub Gerechtigkeit genennet?

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Dieweil dise rede sehr gebreuchlich ist: „Der Glaube an Jhesum Christum sey vnser Gerechtigkeit vnd [M 3r:] mache vns Gerecht“, ists billig,621 das man sie auch recht lerne verstehen. Denn es auch ein verblFmbte rede622 ist; vnd ist dise weise zu reden in allen sprachen so gemein,623 das schir nichts gemeiner, denn das man das, so etwas fasset, fur das, so darinnen gefasset wird, nennet: als wenn einer ein Trinckgeschirr fodert,624 da er doch nicht das ledig625 geschirr,n sondern das Tranck, so darinnen ist, meinet. Wie auch Christus den Kelch nennet das Newe Testament, dieweil das blut des Newen Testaments darinnen ist. Also wird auch der Glaube genennet die Gerechtigkeit, dieweil wir allein mit dem Glauben vnsern HERRN Jesum Christum kunden ergreiffen, der denn wesentlich die Gerechtigkeit ist vnd vns gerecht macht, daruon Doctor Luther viel vnd herrlich geschrieben hat, welches wort du sonderlich in den sprFchen, so vor ozweien jareno aus seinen BFchern zusamen gezogen vnd hie zu KFnigsperg in Truck gegeben,626 wol bewegenp magst, denn es hieher zu langq wFrde. Doctor Pomer aber, der solchs mit Luthero redet, schreibet vber das 13. cap. der ersten zun Corinthernr vom

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Konjiziert aus: geschitr. Konjiziert aus: zweienjaren. Konjiziert aus: bewegeu. Konjiziert aus: zulaug. Konjiziert aus: Corinrhiern.

o–o p q r

620 „Deinde ne desperemus, si nobis contingant graues ruinae, postquam suscepti sumus a deo, ut sciamus, quod sicut nostra iustitia nos salvare non potest, ita peccatum, quod conscientias nostra praemit, nos damnare non poßit, quando quidem nostra iustitia deus est per Christum, modo hoc credamus.“ IOAN||NIS BVGENHAGII || POMERANI ANNO || tationes ab ipso iam emissae. || In Deuteronomium. || In Samuelem prophetã, || id est duos libros Regũ. || Ab eodẽ praeterea con || ciliata ex Euangelistis historia || passi Christi et glorificati, || cũ annotationibus. || Indice Adiecto. || [Basel: Adam Petri 1524] (VD 16 B 9247), 323. 621 nur gerecht, richtig. 622 Vgl. Anm. 398. 623 geläufig. 624 fordert. 625 unbenutzte. 626 Vgl. Andreas Osiander, Excerpta quaedam dictorum de iustificatione fidei (1551), in: OGA 9, Nr. 447, S. 574–581; Ders., Etliche schöne Sprüche von der Rechtfertigung des Glaubens (1551), in: OGA 9, Nr. 448, S. 582–601.

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Glauben also: „Diser glaube in Christum macht gerecht, das ist: er ergreifft vergebung der Sünden durch Christum, den er erwischet. Es rechtfertiget der Glaube nicht darumb, das er ein tugent ist oder etwa vnserer werck eines, sondern darumb, das er erwischet (oder fasset) Christum, der vnser Gerechtigkeit ist, welcher sein volck selig macht, das sind die gleubigen etc.“627 Das sind D. Pomers wort. Wenn man nun die verblFmbte rede: „Der Glaube macht gerecht etc.“ wil recht Teutsch sagen, mus man sprechen: „Christus ist die Gerechtigkeit vnd macht vns Gerecht, wenn wir jn durch den Glauben [M 3v:] ergreiffen vnd mit Jhme vereinigt werden.“ Wie denn solche wort dem D. Luther, gottseliger Gedechtnus, sehr gemein sind inn seinen Schrifften, bevor ab628 vber die Epistel zun Galatern.629 Da ein jeder selbs weiter nach suchen mag, denn es mir ietz zu lang wurde, wie offt gedacht, alles zu erzelen. Will nu kurtz von der Rechtfertigung des Menschen, wie droben im anfang dises Theils verheissen, auch meinen einfeltigen Bericht darthun, aus welchem denn die andern stFck, wie vns Got durch sein Wesentliche Gerechtikeit erl=st vnd mit derselben ziere vnd durch sie Gerecht mache, vns, die do gleFben an Jhesums Christum, werden offenbar werden.

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Von der Rechtfertigung. Das wort Rechtfertigung (wie zu vorn auch vermeldet) begreifft inn sich den gantzen handel, der zwischen Got vnd dem Menschen geschicht, da vns Got durch Christum Jhesum Gerecht macht. „Denn wir sind Sünder allezumal, inn Sünden entpfangen vnd geborn“, Psa 51;630 „vnd sind Kinder des zorns von Natur“, Eph 2.631 Daher kunden wir nichts thun fur Gott. Denn was kan ein Todter Mensch thun, dardurch er lebendig wurde? Derhalben, so viel an vns ist, musten wir ewiglich im Todte vnd Zorn Gottes bleiben. Dieweil aber Gott, der Vater aller Barmhertzigkeit,632 vnsern jamer angesehen vnd ermessen, das wir durch des TeFffels Neid zu solchem verderben kommen, Sap. 2,633 erbarmet Er sich vber [M 4r:] vns vnd schencket vns seinen Eingebornen Sohn,634 seine ewige Weißheit, Gerechtikeit vnd Leben.635 Den hat Er lassen Mensch werden one Sunde, vom heiligen Geist entpfangen vnd von

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Konjiziert aus: Jhlsum

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Konnte leider bislang nicht verifiziert werden. zuvörderst, allem voran. Vgl. Martin Luther, WA 40I und WA 40II (Galaterkommentar, 1535). Vgl. Ps 51,7. Vgl. Eph 2,3. Vgl. II Kor 1,3. Vgl. Sap 2,23. Vgl. Joh 1,14.18; 3,16.18. Vgl. I Kor 1,30.

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der Reinen jungfrawen Marien geborn, Luc. 1.636 et 2.637 vnd hat jhn vnter das Gesetz gethan (welchs vns, nach dem wir durch Adams fahl verderbt sind,638 wie obgesagt, vnmFglich ist zu halten in disem leben), auff das Er die, so vnter dem Gesetz sind erl=sete, Gal. 4.639 Diser Herr Jesus Christus, warer Gott vnd Mensch in einer Person, hat das Gesetz fur vns erfFllet, Math. 5.640 vnd hat diss zeFgnus entpfangen von Got seinem Himlischen Vater: „Diß ist mein liber Son, an dem ich ein wolgefallen habe“,641 oder: „durch den ich befridet bin.“642 Diser Herr Jhesus Christus hat auch der gantzen Weld SFnde auff sich genomen, Jesa 53,643 Joh. 1,644 vnd ist dem Vater gehorsam worden bis in den Tod des creFtzes, Phi. 2,645 vnd hat die Straff vnd das Gericht, das vber der gantzen Weldt Sünde hett gehn sollen (Joh. 12.),646 in seinem Leibe selbs gelitten ist inn seiner Selen betrFbet647 geengstet vnd gequelet worden, das Er auch Bluttigen Schweiß darob vergossen (Luc 22.),648 vnnd ist verspottet, geschlagen, gegeisselt vnd Verspeiet worden vnd endlich als ein Vbeltheter ans CreFtz gehefftet vnd get=dtet,649 da Er denn sein theFres Blut zu Vergebung der Sünden der gantzen Weldt vergossen650 Vnd also Vergebung der sünden, ewiges Leben vnd Gerechtikeit erworben.651 Vnd damit Er vns auch aus des TeFffels der Hellen vnd Todes gewalt errettet, jst Er nider gestigen in die vntersten =rter der Erden vnd hat den TeFffel, der Sünde, Helle vnd Todt jhre macht genomen vnd das Gefengnust gefangen, Eph. 4,652 Col. 2,653 [M 4v:] vnd ist aufferstanden am drittenu tag vom Tod vnd hernach gen Himel auffgefaren, auff das Er alles erfFllet vnd ein Herr sey, Himels vnd der Erden, wie Er spricht, Math. 28: „Mir ist geben aller Gewaldt, im Himel vnd auff Erden.“654 Vnd auff das wir

t u

Konjiziert aus: Gefenguus. Das zweite „t“ wurde vom Setzer falsch herum gesetzt.

636

Vgl. Lk 1,35. Vgl. Lk 2,5–7. 638 Vgl. Gen 3. 639 Vgl. Gal 4,4f. 640 Vgl. Mt 5,17. 641 Vgl. Mt 3,17. 642 Diese Interpretation wurde anscheinend angeregt durch die Bedeutung „zufrieden od. befriedigt sein“ des im Urtext verwendeten Verbs εὐδοκεῖν. 643 Vgl. Jes 53,11. 644 Vgl. Joh 1,29. 645 Vgl. Phil 2,8. 646 Vgl. Joh 12,31. 647 Vgl. Mt 26,38; Mk 14,34, Joh 12,27. 648 Vgl. Lk 22,44. 649 Vgl. Mt 26,27–50; Mk 15,16–37; Lk 23,32–46; Joh 19,1–5.16–30. 650 Vgl. Mt 26,28. 651 Vgl. Eph 1,7. 652 Vgl. Eph 4,8f. 653 Vgl. Kol 2,13f. 654 Mt 28,18. 637

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solcher seiner Wolthat theilhaftig werden m=chten vnd Jhn als vnsern HERRN vnd Gott erkennen, hat Er verordnet das Ampt des heiligen Euangelions welchs die vers=nung verkFndiget, 2. Corint. 5,655 inn welchem alle solche wolthaten des Herren Christi vns furgetragen656 werden. Wer nu solchem Euangelio gleubet, der entpfehet vergebung der Sünden vnd wird auffgenomen ins Reich Gottes. Wolan, so hats der Mensch gar,657 wenn er das erlanget? Zwar viel meinen wenn sie ein wohn,658 den sie glauben nennen,v bekummen, sie haben vergebung der Sunden durchs verdienst Christi erlanget, so sey es genug, sie dFrffen659 nu nichts weiter begeren etc. Aber solche betriegenw sich sehr weith, denn es ist auch von n=ten, das man gedencke, warumb vns die Sünde vergeben werden, so wirds sichs finden, das geschriben stehet, Lucas 1: „Auff das wir, erl=set von vnsern Feinden, Jhme (Got) dineten one forcht vnser lebenlang, inn Heilikeit vnd Gerechtikeit fur Jhme“,660 oder: „die Jhm gefellig ist etc.“661 Sollen wir nu Got dienen vnd wir sind Todt inn Sünden, wie oben gemelt, so mus vns nicht allein die Sunde vergeben werden, das sie vns nicht zugerechnet werde, sondern es mus vns auch gegeben werden das Leben, welches vns lebendig mache, das wir Got dienen kFnden. Nu ist aber Gottes Wort, der Eingeborne Sohn Gottes, das Leben662 wie die [N 1r:] Schrifft offte zeFget vnd 1. Joha 5. stehet: „Wer den Sohn Gottes nicht hat, der hat das Leben nicht etc.“663 Darumb, wenn du h=rest, Got hab dich durch seinen Sohn erl=set von allen Feinden, als do sind Sünde, Todt, TeFffel vnd Helle, vnd habe solchs darumb gethan, auff das du Jhm furohin dienest in Heilikeit vnd Gerechtikeit etc., so bedencke auch, das es von n=ten sey, das das Leben, die Heilikeit vnd Gerechtikeit, das ist: Christus Jhesus, 1. Corin. 1,664 jnn dir sein mFsse vnd du inn Jhme, vnd trachte darnach, wie du mFgest darzu kummen. Denn wo du Jhn nicht hast, so hastu das Leben nicht inn dir; hastu das Leben nicht inn dir, so bringstu keine frucht. Welcher Reben aber keine Frucht bringet, wirdt abgeschnitten vnd ins Fewer geworffen vnd mus brennen, Johan. 15.665 Darumb, ob du schon Vergebung der Sünden durchs verdienst Christi gleFbest vnd doch Christum nicht inn dir hast durch den Glauben, so wirstu verdampt. Warumb

v w

Anstatt einer Virgel findet sich hier eine geschlossene Klammer. Das zweite „e“ des Wortes wurde vom Setzer falsch herum gesetzt.

655 656 657 658 659 660 661 662 663 664 665

Vgl. II Kor 5,18–20. angeboten, dargeboten. Vgl. Art. vortragen 4), in: DWb 26, 1763f. vollständig, ganz. Wahn, Phantasiegebilde. brauchen. Vgl. Lk 1,74f. Vgl. Lk 1,75. Vgl. Joh 1,1–4. Vgl. I Joh 5,12. Vgl. I Kor 1,30. Vgl. Joh 15,6.

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das? Darumb, das du nicht gleFbest an den Namen des Eingebornen Sohns Gottes. Denn er lest nicht allein Predigen im Euangelio, das du durch Jhn solst Vergebung der SFnden haben, sondern lest dir auch sagen, du solst nun gutte FrFcht tragen; das kanstu aber nicht thun, denn666 du bleibest inn Jhme vnd Er inn dir, Johan. 15.667 Solchs wiltu nicht glauben, sondern LFgenstraffest deinen Erl=ser vnd Heiland; darvmb wirstu nicht vnbillig668 verdammet. Wie kumme ich aber darzu, das Christus inn mir sey vnd ich inn Jhme, auff das ich also gutte FrFcht bringen mFge? vnd ewiglich leben? Hie mercke auff. Welche erkennen, das sie Sünder sind vnd ent-[N 1v:]pfinden den Zorn Gottes vber die SFnde, denen wird von hertzen angst, vnd wolten gern der SFnden los sein, damit sie ja den Zorn Gottes nicht tragen dFrfften.669 Die, so sie h=ren das Euangelion predigen, wie Gott seinen Son gesand hat, die SFnder selig zu machen, vnd wie Er allen willen seines Vates erfFllet vnd den Tod fur vns gelitten habe etc. vnd beuohlen, man sol sich teuffen lassen:670 Sihe, so nemen sie solche predig mit freuden an vnd lassen sich gern Teuffen, damit nur die SFnde in jnen get=dtet vnd getilget werde durch den Tod Christi, darein sie getaufft werden, Rom. 6,671 vnd sie widerumb von Christo das leben vnd die Gerechtigkeit entpfahen mFgen, in der sie Gott dienen. Der vrsach halben auch die Christlichen eltern jre Kindlein zur Tauff bringen lassen, dieweil sie wissen, das sie des HERRN Christi bedFrffen etc.; denn welche getaufft sind, die haben Christum angezogen, spricht S. Paul. Gal. 3.672 Vnd die werden also Christo eingeleibet vnd ein Reben an dem Edlen Weinstock, welcher Christus ist, Johan. 15.673 Wenn nu der Mensch also Christo eingeleibt ist, das er ist fleisch von seinem fleisch vnd bein von seinem bein, Ephe. 5,674 so ergeust sich die G=ttliche Natur, die in Christo vnd das Leben, die Gerechtigkeit vnd Heilikeit ist, auch in sein hertz vnd Geist, das er also new geborn wird jn seinem inwendigen Menschen durch den vnuergenglichen Samen, das lebendige wort Gottes, das ewiglich bleibet, 1 Pet. 1,675 vnd durch den heiligen Geist. Vnd wird also der Mensch ein newe Creatur in Christo vnd lebet in Christo, vnd Christus in jme, 2. Cor. 5,676 Gal. 2.677 Wenn er nun also durch den Glauben in Christo bleibet, vnd Christus in jme, wird er durch den Geist Christi getriben, das er dem guten [N 2r:] 666 667 668 669 670 671 672 673 674 675 676 677

außer. Vgl. Joh 15,6. unrechtmäßig. müssten. Vgl. Mt 28,29. Vgl. Röm 6,3f. Vgl. Gal 3,27. Vgl. Joh 15,6. Vgl. Eph 5,30–32. Vgl. I Petr 1,25. Vgl. II Kor 5,17. Vgl. Gal 2,20.

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nachiaget vnd das B=se meidet, vnd dienet also Got in Christo, der denn vnser heilikeit vnnd Gerechtigkeit ist, in der wir Gott wolgefallen. Begibt sichs aber (wie denn geschicht), das der Mensch nach der Teuff in SFnde felt vnd durch vnglauben Christum auss dem hertzen verlest vnd erkennet hernach seine SFnde vnd lest jm die von hertzen leid sein, der Glaube dem Euangelio vnd las sich absoluirn von SFnden xvnd nemex das hochwirdige Sacrament des Leibs vnd Bluts Christi, so wird er widerumb mit Christo vereiniget vnd theilhafftig des lebens vnd Gerechtigkeit, wie vorgesagt, da fahre er denn fort vnd diene Gott nach seinem Beruff etc.

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Vnd wiewol nach678 allerley SFnde vnd gebrechen in vns bleibet, dieweil wir in disem fleisch leben; jedoch wenn der Mensch in Christo bleibet vnd nicht muttwillig der SFnden volget, so werden im solche nicht zugerechnet, denn der HERR Jhesus Christus decket sie mit seiner ewigen, g=tlichen Gerechtigkeit (welche viel gr=sser ist, denn aller welt SFnde) vnd schenckt vns auch mit seine Reinikeit, vnschuld, gehorsam vnd lauterikeit [sic], welches vns alles zugerechnet wird, als were es vnser von Natur, vnd weren wir selbs, wie Christus ist. Daher auch Got, der Vater, fFr679 solcher herrlikeit seines Sones alle SFnde vnd gebrechen nicht sehen wil, vmb welches willen sich der mensch nicht fFrchten darff fFr Gottes Zorn vnd Gericht. Er sehnet sich aber mit verlangen darnach, das er der SFnden gar los werde, Rom. 8,680 damit er doch Gott volkommenlich mFge gehorsam sein, vnd hoffet also, er werde entlich, wenn er jn [N 2v:] Christo abstirbt, gentzlich von der SFnden erl=set,681 vnd wenn er am Jüngsten tage wider aufferweckt wird, in der herrlichen zukunfft682 Jhesu Christi, werde er one alle SFnde in herrlikeit aufferstehn vnd leuchten durch die herrlikeit Gottes, die wir in Christo haben (Johan. 17.),683 wie die Sonne (Matth. 13.),684 da er denn nicht allein Gott der Gerechtigkeit wird volkummenlich gehorsam sein, sondern auch mit dem Vater, Son vnd heiligen Geist – einigen, waren Gott – herschen vnd regiren jn ewigen freuden. Amen.

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Aus disem wirdt nu klar vnd offenbar, wie vns Gott durch seine wesentliche Gerechtigkeit erl=set vnd mit der selben anzeucht,685 das wir jme in der gefallen vnd herrlich sein. Denn dieweil der Son Gottes die wesentlich Gerechtigkeit des Vaters ist (denn er ist je die Gerechtigkeit in seinem G=ttlichem we-

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x–x

Konjiziert aus: v]neme.

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noch, weiterhin. wegen. Vgl. Röm 8,23. Vgl. Röm 6,11. Wiederkunft. Vgl. Joh 17,22. Vgl. Mt 13,43. bekleidet.

679 680 681 682 683 684 685

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sen) vnd mensch wird vnd den Tod fFr vns leidet vnd den selben mit SFnde, Teuffel vnd Helle durch seine G=ttliche krafft vnd Gerechtigkeit vberwindet etc., jsts offenbar, das wir durch Gottes Gerechtigkeit vom Tode errettet sind. Jtem: dieweil wir Christum in der Tauffe anziehen vnd im eingeleibet sind, also das Er vnser schmuck, zier vnd herrligkeit ist, vnd Er ist die wesentliche ewige Gerechtigkeit Gottes, so sind wir ja mit der wesentlichen Gottes Gerechtigkeit angezogen; vnd dieweil Er durch den Glauben in [uns] wonet, haben wir auch die wesentlichen Gerechtikeit Gottes in vns, der wir vnsere glieder zum dienst ergeben sollen auff das sie heilig werden, Rom. 6.686 Vnd in dem wird erfFllet, das geschrieben steht, Psalm 72.,687 das Christus, der Künig das elende volck Gottes durch die Gerech-[N 3r:]tigkeit Gottes solle erretten vnd bringen zur Gerechtigkeit. Vnd im 89. Psalm: „Sie werden vber deinem Namen fr=lich sein vnd in deiner Gerechtigkeit herrlich sein etc.“688 Jn solchem schmucke sollen wir nu Got, dem Vater aller Barmhertzigkeit,689 auch dienen, das sein name durch vns gelobet vnd heiliger geheiliget werde, wie denn der 110. Psalm690 verheissen vnd vns Christus, sampt seinen Aposteln, freundlich hertzlich vermanen. Von welchem ich denn, so mir Gott leben vnd gesundheit mit zimlicher691 rhue in diser welt verleihet, in kurtz klerer wil anzeigen,692 wenn ich mein einfalt693 von der Rechten, waren, christlichen lehre werde vbersehen vnd an tag geben.694 Jn welchem denn alles des, so in disem andern theil gedacht, da ich vmb kFrtze willen der zeit offt hab mFssen kFrtzer sein denn ich gewolt, gewisser vnd bestendiger grund soll angezeigt werden.695 Wiewol ich verhoffe, es soll einem GotfFrchtigen Hertzen, das nit mehr seinen Rhum, denn696 Gottes Ehre suchet, hie inn disem schlechten697 bericht der Weg also eroffnet sein, das er sehen solle, wohin jhme zu gehen sey. Denn ob jemand sich das wort „Wesentlich“ wolte jrren lassen, dem sage ich schlechts698 den spruch Johannis, 1. Johan. 5: „Wer den Sohn Gottes nicht hat, der hat das Leben nicht.“699 Nu ist jhe der 686

Vgl. Röm 6,13. Vgl. Ps 72,1f. 688 Vgl. Ps 89,17. 689 Vgl. II Kor 1,3. 690 Vgl. Ps 110,3. 691 gebührender. 692 Nachricht geben. 693 Reinheit, Redlichkeit. Vgl. Art. Einfalt 1), in: DWb 3, 173. 694 veröffentlichen. 695 Auf welche geplante Veröffentlichung Funck sich hier bezieht, ist unklar. Vgl. aber z. B. Der Patriarchen || Lehre vnd Glaube. || Das ist. || Was die alten Ve= || ter von Adam an biß auf die Zeit || Elie / von vnserm einigen Mitler vnnd || Heyland JHESV CHRJSTO / || gelehret vnnd geglaubet haben. || Auß dem Alten Testament / || ... erkleret / || Durch || M. Johañ Funcken. || [Königsberg: 1554] (VD 16 ZV27171). 696 sondern. 697 einfachen. 698 schlicht. 699 Vgl. I. Joh 5,12. 687

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Sohn Gottes wesentlicher Got vnd derhalben die wesentliche, ewige Gerechtikeit des Vaters, der nu vnser Gerechtikeit ist worden, nach dem Er vns vom Vater geschenckt vnd gegeben ist. Will nu jemand dise Gerechtikeit nicht haben, der mag schawen, wo er ein ewigs Leben finde. Jch bitte Gott, meinen Vater im Himel, das er mich vnd alle ausserwelte ja keine andere Gerechtigkeit suchen noch wissen lasse, in [N 3v:] der ich fFr seinem Gericht erfundeny werden solle, denn disen seinen einigebornen Son Jhesum Christum, der mich mit dem Vater vers=net hat durch sein Blut700 vnd mich mit sich selbs bekleidet, dem sey mit dem Vater vnd dem heiligen Geist – einigem, warem Got – Lob, Preis vnd Ehre, von nu an bis in ewigkeit. Amen.

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Volendet den 22. Martij. anno 1553 Correctur.z Jm bogen E. iij. steth zwir:701 „Johan. 3.“, sol sein „1. Johan. 3.“ F ij an der andern seiten, in der letzten zeil steth: „Erkentnus“, liss: „Ergernus.“ Gedruck zu Künigsperg in Preussen durch Hans Weinreich702 am 28. Martij des 1553. Jares.

y z

Konjiziert aus: erfnnden. Konjiziert aus: Correetur.

700 701 702

Vgl. Röm 5,9f. zwei Mal. Zu ihm vgl. Reske, Buchdrucker, 145f, 482f.

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Bayerische Staatsbibliothek München: Res/4 Polem. 3344,20

Verlegung des vn= warhafftigen vngegrFndten berichts Hansen Funckens von der O= siandrischen schwer= merey.

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durch Matthiam Flacium Jllyricum. Die grewliche vnerhorte schwermerey der Osian= drischen G=tter inn Preussen / so im newen jarstag dieses 1554. jars ist offentlich vom Eichorn1 gepre= digt worden. „Gleich wie der Vater wonet im Son / vnd wider= umb der Son im Vater / Also vnd gleicherweise wonen sie auch in vns / Denn wir seind fleisch von seinem fleisch / vnd beine von seinem bein / etc.“2 Desgleichen schwermet auch Osiander / da er also spricht / „Gleich wie Gott in Christo wonet / also wonet er auch in vns.“3 Vor dieser vberteufflischer schwermerey sol sich hFten / wem seiner seelen heil vnd seligkeit / Gott vnd das ewige leben lieb ist.

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Johann Eichhorn (Sciurus). Die hier zitierte Predigt scheint unveröffentlicht zu sein. Johann Eichhorn (Sciurus) erregte aber während einer Disputation (De fortitudine) vom 18. Mai 1552 bereits heftigen Widerspruch durch Bartholomäus Wagner und Johannes Hoppe. Beide kritisierten die christologischen Ansichten Eichhorns und warfen ihm vor in der Tradition des altkirchlichen Ketzers Nestorius zu stehen, der die beiden Naturen Christi voneinander geschieden hatte. Vgl. zu der Disputation und dem Streit Stupperich, Osiander in Preussen, 322–324. Vgl. zudem APOLOGIA || oder SchFtzred wie= || der bede / Bartolomaeum Wag= || ner vnd Johannem Hoppium / Magistros / von || denen ich =ffentlich beschFldigt worden bin / || ... Sampt einem || kurtzen vnd Christlich= || en Bekantnus von || dem Artickel der || Rechtferti= || gung. || M. Johannes Sciurus. || ... || [Königsberg, 1552] (VD 16 632). Hier bekannte er (F 1r): „(...) das wir durch den Glauben Christum, waren Gott vnd Menschen, in vnser hertz bekumen (...).“ 3 „Gott der vater, von dem das wort [Christus] geboren – und von denen der heilig Geist ausgehet –, wirt auch in uns sein und bey und bleiben, wie Christus sagt Johannis am 14. [23]: ‚Wer mich liebet, der wirt mein wort behalten, und mein Vater wirt in lieben, und wir werden zu im kommen und wohnung by im machen‘, on zweiffel eine ewige wonunge, wie vom wort und Geist bewisen ist. So ist nun Vater, Son und heiliger Geist, das gantz g=ttliche wesen in uns, und der Vater gebirt uns durch seinen samen wider von neuen, das ist, er verneuert unsern alten menschen gantz und gar, das wir eine neue creatur werden.“ Andreas Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), P 1v–P 2r, in: OGA 10, Nr. 488, S. 214,35–216,4. 2

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Einleitung 1. Historische Einleitung

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Nach dem Tod Osianders 1552 übernahm Johann Funck die Führungsrolle unter dessen Anhängern in Preußen. Er veröffentlichte 1553 seinen „Bericht“ in dem er einerseits die Rechtfertigungslehre Osianders verteidigte und andererseits den Streitverlauf ganz im Sinne der osiandrischen Partei deutete.1 Dies provozierte Widerspruch von Joachim Mörlin, der eine „Historia“ der Kontroverse publizierte,2 und Funcks „Bericht“ veranlasste Flacius, die hier edierte „Verlegung“ zu verfassen. Flacius opponierte mit seiner „Verlegung“ jedoch nicht allein gegen Funck, sondern gleichzeitig gegen die Handhabung der Kontroverse durch Herzog Albrecht von Preußen. Dieser hatte 1553 mit seinem „Ausschreiben“,3 mit dem weitere Steitigkeiten auf der Grundlage der Württemberger Gutachten4 unterbunden werden sollten, sowie mit der Entlassung Mörlins5 für erheblichen Unmut unter den Theologen und Adligen in Preußen gesorgt. Ob Flacius von den Gegnern der osiandrischen Rechtfertigungslehre in Preußen zur Abfassung der hier edierten Schrift angeregt wurde, lässt sich nur vermuten. Eindeutig belegbar ist die finanzielle Unterstützung des Druckvorhabens durch preußische Adlige. Kaspar von Nostitz, Burggraf Packmohr, Antonius von Borcke und Wilhelm von Truchsess veranstalteten im Herbst 1553 eine Geldsammlung für Flacius, damit dieser seine „Verlegung“ veröffentlichen konnte.6 Die Preußen wussten somit über die Publikationsabsichten des Flacius auf jeden Fall Bescheid und unterstützten diese tatkräftig, sodass die Schrift vermutlich in den ersten Wochen des Jahres 1554 erscheinen konnte.

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Vgl. unsere Ausgabe Nr. 13, S. 707–784. HISTORIA || Welcher gestalt sich || die Osiandrische schwermerey im || lande zu Preussen erhaben / vnd wie die= || selbige verhandelt ist / mit allen || actis/ beschrieben || Durch || Joachim M=rlin D. vnd Superinten= || dent zu Brunschwig. || ... || [Magdeburg, Michael Lotther, 1554] (VD 16 M 5879). 3 VON Gottes Gnaden Vnser || Albrecht) des Eltern / Marggraffen zu Bran || denburg / in Preussen / zu Stettin ... || Hertzogen / || Burggraffen zu N=renberg vnd || FFrsten zu Rugen etc. || Ausschreiben || An vnsere alle liebe getrew) vnd || Landschafften ... || dari] grFnd || lich vnd =rdentlich / wie sich die ergerliche zwispalt || vber dem Artickel von vnser armen SFnder Recht= || fertigung / vnd warer ewiger Gerechtigkeit / erha= || ben / vnd was wir vns mit grossen sorgen einigkeit || zumachen / bemFhet / dargethan ... || [Königsberg: Hans Lufft, 1553] (VD 16 P 4780). 4 Vgl. dazu unsere Ausgabe Nr. 12, S. 667– 694. 5 Mörlin wurde von Herzog Albrecht am 14. Februar 1553 aus seinen Diensten entlassen und des Landes verwiesen. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 361. 6 Vgl. Fligge, Osiandrismus, 218, mit Anm. 174. 2

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Nr. 14: Flacius, Verlegung des Berichts Hansen Funcks (1554) – Einleitung

2. Der Autor Flacius7 verfügte wohl spätestens seit seiner gemeinsam mit Nikolaus Gallus veröffentlichen Entgegnung8 auf Osianders Bekenntnis „Von dem einigen Mittler“9 1552 über hervorragende Informationskanäle zu den Gegnern Osianders in Preußen und wurde von diesen als wortgewaltiger sowie streiterfahrener Unterstützer offensichtlich hoch geschätzt. Denn die Sammlung von Geldern unter preußischen Adligen als „Druckkostenzuschuss“ für die hier edierte Schrift belegt zum einen die Bedeutung, die eine Intervention des Flacius für die Gegner Osianders in Preußen besaß. Zum anderen wird daran deutlich, dass die antiosiandrische Opposition im Herzogtum durch Publikationen öffentlichen Druck auszuüben versuchte, um so die dortigen politischen Entscheidungsgänge zu beeinflussen und insbesondere Herzog Albrecht zu einem Umdenken zu bewegen.

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3. Inhalt Die Schrift gliedert sich in zwei Teile. Der kürzere erste Teil (A 1v–B 2r) stellt eine Auseinandersetzung mit dem Streitverlauf dar. In dem umfangreicheren zweiten Teil (B 2r–D 2v) setzt sich Flacius inhaltlich mit Funcks Verteidigung der osiandrischen Rechtfertigunglehre auseinander. Den ersten Teil untergliedert Flacius in sieben Punkte, mit denen er den Beweis zu führen versucht, dass Funck und seine Mitstreiter während des gesamten Streits nicht nur inhaltlich geirrt, sondern sich auch unanständig verhalten haben. Zunächst wirft Flacius seinen Gegnern vor (1.), dass sie bei einem so wichtigen Streitgegenstand wie der Rechtfertigungslehre nicht umgehend öffentliche Schriften hätten publizieren sollen, sondern sich zuvor mit anderen Theologen augsburgischer Konfession hätten beratschlagen sollen. Flacius folgert aus diesem Verhalten, dass sie sich bereits ihr Urteil gebildet hatten, bevor man andere Theologen in den Prozess der Wahrheitsfindung eingebunden hatte. Darum schenkt Flacius dem Angebot Osianders und seiner Anhänger, sie würden sich gerne belehren lassen, keinen Glauben und erkennt darin lediglich eine Täuschungsabsicht. Denn es sei zugelassen worden, dass Osiander und seine Anhänger all diejenigen, die sich zur Confessio Augustana bekannt hätten, schwer attackiert und diffamiert hätten. Flacius bemängelt sodann (2.), dass den Gegnern Osianders eine öffentliche Verteidigung ihrer Position lange Zeit nicht zugestanden worden sei, obwohl in der gleichen Zeit Osiander weiter hätte publizieren dürfen. Flacius kritisiert (3.) die Versendung des Bekenntnisses Osianders an verschiedene Kirchen, ohne dass auch Mörlins Bekenntnis mit versendet worden sei. In der herzoglichen Forderung, die Gutachten zu Osianders Bekenntnis vier Mona7 8 9

Zu ihm vgl. die Einleitung zu Nr. 8, S. 239f. Vgl. unsere Ausgabe Nr. 8, S. 247– 420. Vgl. OGA 10, Nr. 488/496, S. 49 –300.

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te lang geheim zu halten, erkennt Flacius die Absicht, die Kirche zu spalten. Weiterhin hinterfragt Flacius (4.) das Vorgehen, das württembergische Gutachten, welches vermittelnd ausfiel, an andere Kirchen senden zu lassen, damit diese Osiander nicht verdammten. Daraufhin attackiert Flacius (5.) das Verfahren, Mörlin erst zu einem Schiedsrichter im Streit zu bestellen, um ihn anschließend unverzüglich für parteiisch zu erklären, als er sich gegen Osiander wandte. Dieses Vorgehen habe sich mit dem Versuch, Gutachten der anderen Kirchen zu Osianders Bekenntnis zu erhalten, wiederholt (6.). Denn zunächst sei erklärt worden, man werde sich deren Urteilen unterwerfen, um diese dann jedoch ebenfalls als parteiisch abzulehnen, nachdem sich herausgestellt habe, dass sie unisono Osianders Lehre verwarfen. Zuletzt fasst Flacius all dies zusammen (7.), indem er Osiander und seinen Mitstreitern vorwirft, dass ihr Ziel stets gewesen sei, allein seine Lehre zu beschützen und zum Sieg zu verhelfen. Die Suche nach der Wahrheit habe hingegen zurückstehen müssen. Dies sei soweit gegangen, dass man sich in Preußen nicht die Mühe gemacht habe, all die negativen Gutachten der anderen Kirchen zu lesen. Flacius führt als Beweis für diese Anschuldigung Osianders Schrift „Schmeckbier“ an. Osiander habe all die Schriften, die er darin unangemessen heftig angreife, nicht so schnell lesen können. Den ersten Teil beschließt eine Klage des Flacius darüber, dass man sich in Preußen nicht auf die rechtgläubigen Gutachten der Gegner Osianders stütze. Flacius verbindet dies mit einem höchst polemischen Angriff auf Andreas Aurifaber, den er als Drahtzieher hinter der Verweigerung, der Wahrheit zu folgen, erkennt. Der zweite Teil der Schrift wird von Flacius ebenfalls in sieben Punkte untergliedert. In ihnen setzt sich Flacius inhaltlich mit den Aussagen Funcks auseinander und widerlegt diese. Zunächst (I.) widerspricht er Funcks Unterstellung, als verträten Osianders Gegner diverse Vorstellungen von dem Begriff „Gerechtigkeit“. Danach (II.) widerlegt Flacius die Auslegungen Funcks zu Dan 9,24 (die Gerechtigkeit sei nicht das Leiden Christi, sondern Gott selbst) und Prov 10,2 (die Erlösung vom Tod sei eine Eigenschaft der Gerechtigkeit). Er kritisiert (III.) Funcks Argumentation mit juristischen und philosophischen Termini, um die Verwendung des Begriffs Gerechtigkeit zu schärfen. Dabei diskutiert er die Frage der „wesentlichen Gerechtigkeit“ Gottes. Hier weist er die Auffassung zurück, als gebe es eine „wesentliche Gerechtigkeit“ Gottes, die man mit Gottes Gnade und Barmhezigkeit gleichsetze und daneben existiere eine weitere, die Gottes Zorn darstelle. Dies hieße zwei Götter zu machen. Flacius fährt (IV.) fort, sich mit den juristischen und philosophischen Argumenten Funcks zu beschäftigen und thematisiert dabei Aussagen Osianders zur Einwohnung der göttlichen Gerechtigkeit Christi im Menschen. Dies heiße nichts weniger, so Flacius, als die Forderung zu erheben, dass der Mensch vergöttlicht werden solle. Demgegenüber verteidigt Flacius die

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Auffassung, dass dem Menschen durch den Glauben an Christus und dessen stellvertretendes Leiden und Sterben die Gerechtigkeit von Gott zugerechnet werde. In vier Unterpunkten erläutert er die Eigenschaft der Gerechtigkeit selbst geht: 1. Durch die Gerechtigkeit erhält der Mensch das ewige Leben. 2. Funcks Argumentation, dass Gott in Christus das Leben und die Gerechtigkeit sei, ist ein Trugschluss. 3. Flacius wendet sich gegen die Ansicht, dass die Erlösung des Menschen und das Wesen Christi in eins gesetzt werden können. 4. Die Gerechtigkeit ist nicht das, was den Menschen zum Guten antreibt, sondern das Gute selbst. Weiterhin (V.) bekräftigt Flacius die Position, dass Paulus unter „Gerechtigkeit“ verstehe, Christus zu erkennen und Anteil zu haben an der Kraft seines Leidens und Sterbens. Daraufhin wendet er sich (VI.) gegen Funcks Darstellung von der Menschheit Christi. Schließlich verwirft er (VII.) die Ansicht, dass die Gerechtigkeit Gott selbst sei, da diese Sünde und Tod, trotz deren Größe und Macht, überwinde. Vielmehr müsse das Gesetz, aus dem Sünde und Tod folgten, überwunden werden, denn ohne dieses gäbe es Sünde und Tod nicht und sie besäßen keine Macht. Indem Christus das Gesetz mit seinem Gehorsam in seinem Leiden und Sterben überwunden habe, sei es ihm gelungen, zugleich Sünde und Tod zu überwältigen. Zuletzt beschäftigt sich Flacius kurz mit von Funck angeführten Zitaten (Irenäus von Lyon, Augustinus, Luther) und legt dar, dass Funck diese Autoritäten ungerechtfertigterweise zu seinen Gunsten anführt, da er sie falsch verstehe. Abschließend bittet Flacius um das Erbarmen Gottes, damit der Streit bald ein Ende finde und polemisiert dabei nochmals gegen Andreas Aurifaber.

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4. Ausgabe Nachgewiesen werden kann eine Ausgabe: A:

Verlegung des vn= || warhafftigen vngegrFndten berichts || Hansen Funckens / von der O= || siandrischen schwer= || merey. || durch || Matthiam Flacium Jllyricum. || Die grewliche vnerhorte schwermerey der Osian= || drischen G=tter inn Preussen / so im newen jarstag || dieses 1554. jars ist offentlich vom Eichorn gepre= || digt worden. || Gleich wie der Vater wonet im Son / vnd wider= || umb der Son im Vater / Also vnd gleicherweise wonen sie || auch in vns / Denn wir seind fleisch von seinem fleisch / vnd || beine von seinem bein / etc. Desgleichen schwermet auch || Osiander / da er also spricht / Gleich wie Gott in Christo || wonet / also wonet er auch in vns. | Vor dieser vberteufflischer schwermerey sol sich || hFten / wem seiner seelen heil vnd seligkeit / Gott vnd das || ewige leben lieb ist. || [Magdeburg: Christian Rödinger d. Ä., 1554] (VD 16 F 1518).

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Vorhanden in: BERLIN, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz: 2 an: Dm 982â̂; Dm 1242 BUDAPEST, Országos Széchényi Könyvtár (Nationalbibliothek): Ant. 2636(2) GOTHA, Forschungsbibliothek: Th 713/145R; Theol.4 683(22) HALLE, Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt: 77 L 1063(8); Ii 4990 MÜNCHEN, Bayerische Staatsbibliothek: 4 Polem. 1236; Res/4 Polem. 3344,20 [benutztes Exemplar] MÜNCHEN, Bibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München: 4 Theol.5362:5 NEW YORK, Union Theological Seminary: D 1220 REGENSBURG, Staatliche Bibliothek: 999/4Theol.syst.559(36; 999/4Theol. syst.533(5 WITTENBERG, Reformationsgeschichtliche Forschungsbibliothek: Kn A 178/1168; LC434/15 WOLFENBÜTTEL, Herzog August Bibliothek: 251.18 Theol.(8)

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[A 1v:] Das erste teil der Verlegung von dem handel oder Process.

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VON dem ersten teil der Schrifft des Funckens, oder von seinem bericht von dem Process oder streidt, wil ich itzt nicht viel sagen, denn solchs stehet denen besser an, so darbey vnd darneben seindt gewesen. Jedoch wil ich nur, so viel ich aus jren gedruckten schrifften habe vernomen, kFrtzlich melden vnd antzeigen: Es mag Funck oder auch andere seine mitschwermer1 von dem handel schreiben, sagen vnnd berichten, was sie nur wollen, jhr widderpart sehr verunglimpffen vnd sich dargegen schmFcken vnd putzen,2 so ist dennoch gewislich war, das von der Osiandrischen part nicht alleine in der sache selbst, sondern auch im Process oder handlung der sachen, nur h=chlich vnd gr=blich sey gesFndiget worden. Denn zum ersten, weil sie auch der Augspurgischen Confession gewesen vnd zwar noch heutiges tages sein wollen,3 vnd klar gesehen, das von dem hohen artickel vnser rechtfertigung sich ein solcher harter vnd hefftiger streit zwischen den gelerten zu K=nigsbergk erhaben, solten sie je billich4 ein wenig sich haben bedacht vnnd beradtschlaget vber solcher wichtiger vnd streitiger sachen, auch mit andern gelerten vnd Kirchen derselbigen Confession anhengig, ehe sie durch offentliche, gedruckte schriffte die newe lehr in die Kirche Gottes hetten ausgestrewet vnd eingedrungen. Auff das sie nicht jrgent den armen, geringen vnnd schwachen Christen einen jrthumb oder gifft oder ergernis furlegeten,5 so nicht alzugleich von solcher spitzfFn-[A 2r:] digkeit k=nnen recht vrteilen, noch sich dafur hFten oder bewaren. ES ist aber billich vnd numahls auch gew=nlich, das man in keiner Kirchen nichts zu drucken nachgibet,6 es sey denn sache, das man von erst gewis weis, das es den Christen gut vnnd nFtz vnd den schwachen, geringen Chri-

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Luther verwendete das Wort „Schwärmer“ häufig, um seine Gegner als Ketzer und Irrlehrer zu brandmarken. Vgl. Diekmannshenke, Schlagwörter der Radikalen, 337–340; Jan Martin Lies, Art. Schwärmer, in: Lies, Schneider, 95 Schmpfwörter, 194f. 2 Tautologie: schmücken. Vgl. Art. putzen 9), in: DWb 2, 594. 3 Osiander wurde von Beginn der Kontroverse an vorgeworfen, von der Confessio Augustana abzuweichen. Er nährte diesen Verdacht, indem er sich nicht klar zu ihr bekannte und stattdessen behauptete, es gebe einen Unterschied zwischen einem Gelehrten und einem Wittenberger Doktor. Der Wittenberger Doktor schwöre nämlich gegen den Sohn Gottes, bei der Confessio Augustana zu bleiben und dass jeder Mensch, außer Melanchthon, ein Lügner sei. (Andreas Osiander an Joachim Mörlin. 19. April 1551, in: OGA 9, Nr. 455, S. 623f, bes. 624). In der Folge des Osiandrischen Streits wurde die rechtmäßige Berufung auf die Confessio Augstana zu einem der Kontroverse inhärenten eigenen Streitpunkt. Vgl. die zahlreichen Belegstellen zur Confessio Augustana bei Stupperich, Osiander in Preussen; OGA 9 und 10. Herzog Albrecht hatte sich selbst und sein Land in der Vergangenheit eindeutig als Teil der „Bekenner der Augsburgischen Konfession“ positioniert. Vgl. Tschackert, Urkundenbuch II, Nr. 1061, S. 348f, bes. 349. 4 rechtmäßiger Weise. 5 Vgl. Mt 18,6. 6 erlaubt. Vgl. Art. nachgeben 1.b.β), in: DWb 13, 58.

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sten nicht ergerlich sey.7 Weil denn nu die Osiandrische in Preussen solche newe lehr mit offentlichen, gedruckten schrifften der Kirchen Christi haben auffgehencket,8 sie weidlich9 fortgetrieben vnd hin vnd wider10 zerstrewet,11 so ists eine gewisse anzeigung,12 das sie alzu mal, sonderlich die Herrn, diese newe lehr haben fur recht n=tig vnd nFtz der gemeine Christi erkennet vnd dafur gehalten. Dieses ist aber aller ding13 wider alle billigkeit vnd gewonheit der Process, das man die sache ehe14 geurteilt, hat ehe sie vor ein ordentlich gericht kommen vnd gebracht ist worden, wil geschweigen, ehe man die widerpart recht angehort vnd vernomen hat. Das aber die Osiandrischen furgeben: Ja, es hat der offentliche druck der lehr Osiandri keine gefahr oder schaden k=nnen bringen, denn er hat sich allezeit erboten, das er gerne wolte weichen von seiner meinung, so er einer bessern aus der h. schrifft wFrde berichtet.15 Darauff antworte ich also: das solchs erbieten nie mehr, weder vom Osiandro noch von seinem teil, hertzlich16 ist gemeinet worden, wie ichs denn hernacher mit Gottes hFlffe wil beweisen. Jtzundt aber sage ich nur so viel, das man das vnkraut nicht so leichtlich kan ausgethen17 als einseen vnnd, das man ehe die gewissen kan verwirren denn zu rechte bringen. Es haben viel Ketzer jre jrthume widderruffen, aber damit ist das Fewr noch nicht auffgehaben,18 gestillet vnd vertilget worden. Was wil man aber daruon sagen, das man dem Osiandro hat zugelassen, im offentlichem drucke nicht [A 2v:] alleine seine lehr auszubreiten,19 sondern auch alle Kirchen vnd Lerer, so sich haben lassen h=ren vnd verheissen, bey der Augspurgische Confession zu beharren, auffs aller grewlichste zu schenden vnd schmehen, als weren sie von Christo vnnd seiner waren lehr abge-

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Zur Aufgabe und Bedeutung von Zensur in der Reformationszeit vgl. z. B. Hasse, Zensur. aufgeladen, aufgenötigt. Vgl. Art. aufhängen 2), in: DWb 1, 662. 9 leidenschaftlich (im negativen Sinn). Vgl. Art. weidlich II.B.1.d), in: DWb 28, 607f. 10 überall hin, überall herum. 11 verteilt. 12 sicheres Zeichen. 13 vollkommen, ganz und gar. Vgl. Art. allerdings, in: DWb 1, 221. 14 schon, bereits. 15 Osiander tat dies z. B. im Vorwort zu seiner Schrift „Von dem einigen Mittler“. Er fügte dem Angebot jedoch gleichzeitig eine Drohung an. Andreas Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), in: OGA 10, Nr. 488, S. 96,20–24: „Die jungen unzeitigen [voreiligen] schreiber aber wil ich hiemit gewarnet haben, sie wolten mich mit unrechtmessigen lesterschrifften, dermassen Michel Roting neulich wider mich hat augegeben [vgl. unsere Ausgabe Nr. 3], unangetastet lassen, dan ich gedenck den eseln die lewenhaut also abzuziehen [Sprichwörtlich: ein Dummkopf, der sich als wichtig und bedeutsam ausgibt. Nach einer Fabel des Äsop, in der ein Esel eine Löwenhaut findet, sie überwirft und daraufhin Mensch und Tier erschreckt, vgl. Röhrich, Lexikon II, 395f], das sie niemand mer zu schrecken unterstehn, sonder von yderman gespottet werden sollen.“ 16 ehrlich, wirklich. Vgl. Art. herzlich 2), in: DWb 10, 1252f. 17 ausjäten. 18 Tautologie: getilgt, in Sinne von: gelöscht. Vgl. Art. aufheben 9), in: DWb 1, 665f. 19 Gemeint ist wohl Osianders Schrift „Von dem einigen Mittler / De unico mediatore“ aus dem Jahr 1551. Vgl. OGA 10, Nr. 488/496. 8

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fallen, vnd solchen jren abfal auch mit einem eide bestetiget vnd bekrefftiget.20 Jst das ein rechter Christlicher Process? Zum andern hat man den andern gelerten in Preussen, so wider Osiandrum gewesen seindt, lang nicht wollen zulassen, das sie was darwider drucken mochten. Denn ob man jhnen solchs wol hat vorheissen, so hat man sie doch im druck dermassen verhindert vnd auffgehalten,21 das fast anderthalbe jar, nach dem Osiander hat angefangen offentlich zu drucken, ist verlauffen, ehe ein einige22 schrifft M=rlini ist in Preussen ausgegangen,23 zuuor aber gantz vnd gar nichts, vnd seind24 der zeit auch nichts, so doch Osiander in der Zeit etliche mehr schrifften hat lassen ausgehen, sonderlich sein Stinckbier,25 welches dermassen, von wegen der vnerhorten Gotteslesterung, grewlicher scheltwort vnd grausamen schmehens, stincket, das wenn der leidige26 Teuffel aus der hellen selbs solte einen gestanck anrichten, ers nicht konte wol erger noch stinckender machen. Vnd die solche vnfletige stinckbier alda lassen drFcken vnd widerdrFcken, predigen vns in dem gleichwol, das wir mit reden fein eingezogen27 vnd bescheiden sein solten. Zum dritten, da man der Kirchen meinung iudicia oder censuras vber Osiandri lehr hat begeret vnd gefodert,28 hat man auch darneben seine bFcher vbersendet, so viel man jr immer gehabt, aber seiner widerpart nicht ein einige schrifft oder bericht. Nu were es ja billich, recht vnnd Christlich gewest, das man auch D. M=rlins bekentnis29 hette mit geschicket, denn es 20 Osiander hatte in seiner Schrift gegen Melanchthon schwere Vorwürfe gegen den Doktoreid in Wittenberg erhoben und behauptet, dass man aus der Confessio Augustana nicht ersehen könne, „wie wir gerechtfertigt werden und was die gerechtigkeit des glaubens sey.“ Vgl. Andreas Osiander, Widerlegung Philippi Melanchthons (1552), in: OGA 10, Nr. 522, S. 571–670 (Zitat: 576,21). 21 Laut herzoglichem Mandat war es allen Theologen untersagt, Streitschriften zu publizieren, doch Osiander hielt sich nicht daran. Allerdings wurde er vom Herzog dafür nicht zur Rechenschaft gezogen. Vgl. Stupperich, Osiander in Preußen, bes. 158–161; Fligge, Osiandrismus, 55, 70, 75. 22 einzige. 23 Vermutlich: EPISTOLAE || QVAEDAM IOACHIMI MORLIN || Doctoris Theologiae, ad D. || Andream Osiandrum, || Et Responsiones. || [Wittenberg: Hans Lufft, 1551] (VD 16 M 5873). 24 seit. 25 Andreas Osiander, Schmeckbier (1552), in: OGA 10, Nr. 538, S. 742–796. 26 klassisches Epithethon des Teufels: widerwärtige, elende. Vgl. Art. leidig 3), in: DWb 675f. 27 ruhig, zurückhaltend. Vgl. Art, einziehen 12.a), in: DWb 3, 355. 28 Herzog Albrecht forderte Gutachten von seinen Theologen über die Position Osianders in der Rechtfertigungslehre an. Vgl. dazu unsere Ausgabe Nr. 4. 29 Gemeint ist Osianders Bekenntnis vom 9. Juni 1551, das dieser nach Aufforderung des Herzogs erstellt hatte. Vgl, dazu Stupperich, Osiander in Preussen, 153. Das Bekenntnis ist abgedruckt in: VON Gottes Gnaden Vnser || Albrecht) des Eltern / Marggraffen zu Bran || denburg / in Preussen / zu Stettin ... || Hertzogen / || Burggraffen zu N=renberg vnd || FFrsten zu Rugen etc. || Ausschreiben || An vnsere alle liebe getrew) vnd || Landschafften ... || dari] grFnd || lich vnd =rdentlich / wie sich die ergerliche zwispalt || vber dem Artickel von vnser armen SFnder Recht= || fertigung / vnd warer ewiger Gerechtigkeit / erha= || ben / vnd was wir vns mit grossen sorgen einigkeit || zumachen / bemFhet / dargethan ... || [Königsberg: Hans Lufft, 1553] (VD 16 P 4780), C 2r–C 3v.

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heist also: Man sol beide teil h=ren.30 Ja, werden sie villeicht sagen, sie war noch nicht gedruckt. Ey lieber, warumb hat man nicht gewar-[A 3r:]tet, bis so lang D. M=rlins buch auch were ausgegangen, welchs nur bald hette k=nnen geschehen? Ja, warumb hat man den druck so offt vorhindert vnd auffgehalten? Jtem: warumb hat man doch nicht zum wenigsten die schrifften der widerpart Osiandri mit vbersendet, so im anfang des F. ausschreibens seindt gedrFcket,31 die dazumal albereit vberantwortet waren. Jst das recht procedirt, wenn man nur auff einer part bericht lesset vrteilen? Jch m=chte furwar auch gerne wissen, warumb man doch begeret hat, auff vier gantzer monat lang heimlich zu haben die Kirchen vrteil?32 Jch halte es aber fur gewis, das solche Osiandrische pracktiken33 dahin sey gericht gewesen, auff das nicht jrgent eine Kirche sich konte oder verm=chte mit der ander vnterreden oder conferiren, cum collatio sit mater ueritatis, auch damit nicht eine Kirche erfaren k=nte, was die ander hette geurteilet von Osiandri lehr vnnd stimmete also jr vrteil mit der ander, auff das sich eine vneinigkeit in den Kirchen vrteilen, wo nicht in der meinung, doch in den worten, zutrFge, welche der Sophist darnach sehr meisterlich zu seinem vorhaben vnd vorteil hette k=nnen gebrauchen etc. Zum vierden so balt man hat vernomen, das die wirtembergische Theologen etwas gelinder von Osiandri lehr vnd seinen jrthumen geredt vnd geurteilet denn andere Kirchen, hat man auch flucks34 widerumb an sie geschrieben, sie sollen jr bedencken auch andern Kirchen der Augspurgischen Confession mitteilen,35 auff das andere gelerte dadurch verursacht wurden, den Osiander nicht zu uerdammen, sondern jm viel mehr beyfal zu geben. Warumb hat man aber nicht viel mehr den andern Theologis geschrieben, das sie jre iudicia vnd meinung vom Osiandro den Wirtenbergern widerumb hetten mitgeteilet, ob sie auch darmit konten bewegt werden, die jr-[A 3v:]thumea Osiandri desto besser vnnd ernster zu uerdammen. Sihe, das mus alles vnparteisch gehandelt sein vnnd heissen. a 30

In der Custode: thFme.

Sprichwörtlich. Vgl. Art. Theil 12), in: Wander 4 (1876), 1144. Die Stellungnahmen von Staphylus, Mörlin, Venediger, Hegemon finden sich im Ausschreiben Albrechts aus dem Jahr 1553 (VD 16 P 4780), B 3v–E 1r. 32 Vgl. Ausschreiben Albrechts (1551), F 1r, in: unsere Ausgabe Nr. 4, S. 127,28f. 33 Intrigen, Anschläge. Vgl, Art, Praktik 3.b), in: DWb 13, 2053. 34 schnell. Vgl. Art. flugs, in: DWb 3, 1847f. 35 Die Württemberger Theologen hatten auf die Übersendung von Osianders Schrift „Von dem einigen Mittler“ mit einem vermittelnden Gutachten reagiert, Herzog Albrecht versuchte auf Grundlage dieses Gutachtens dann zunächst innerhalb seines Landes einen Kompromiss zwischen den streitenden Theologen zu erzielen, womit er jedoch scheiterte. Er wandte sich daraufhin abermals nach Württemberg, übersandte die negative Reaktion der Gegner Osianders und erbat ein neuerliches Gutachten, das die Württemberger nicht allein an ihn, sondern auch an die kursächsischen Theologen senden sollten, damit diese ihr Urteil auf einer breiteren Informationsbasis fällen könnten. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 265–271; Wengert, Defending faith, 196–208. 31

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Zum fFnfften bedenck doch lieber Christ, ob dieses sey parteisch oder vnparteisch gehandelt oder procedirt. Nachdem sich der streidt zwischen Osiandro vnd etlichen andern gelerten in Preussen erhaben,36 ist erstlich D. M=rlin ankomen vnd hat keiner part beyfal gethan, als der sie sache noch nicht recht verstanden. Demselbigen D. M=rlin hat der FFrst beuohlen, er solte sich der sachen annemen, vleissig erkFndigen vnd darauff bedacht sein, ob ers verm=chte zu uerrichten oder zu uertragen, hat jhn also fast zu einem Richter oder Scheidsman37 in der sachen gesetzet.38 Der ist nu seinem Herrn hierinne gehorsam gewesen, hat allen mFglichen vleis (wie aus den gedrFckten episteln Osiandri vnd M=rlini zu sehen)39 furgewendet vnd sich auffs vleissigste erkFndiget, was doch Osiander oder sein widerpart in solchen streitigen sachen lehre, wer bey der Warheit stehe oder der lFgen anhange.40 Nach dem er aber aus G=ttlicher verleihung vornommen, das Osiander einen schedlichen jrthumb inn die Kirche wolte einfFren, ist er der Warheit beygefallen vnnd hat seine meinung beyde, dem FFrsten vnd der Kirchen, angezeiget;41 als bald nu solches geschehen hat man flucks angefangen, den Richter fur parteisch zu halten vnd jm auch endlich vbel darumb gelonet.42 Weiter hat auch F. D.43 der Augspurgischen bekentnis verwandte Kirche vnd lerer h=ren wollen, jhnen derhalben in sonderheit geschrieben vnd des Osiandri bekentnis darneben geschicket44 vnd sie also zu Richter in der sachen gesetzet. Disse alzumal haben nach Gottes schickung fast eintrechtiglich die Confession vnnd lehre Osiandri verdammet,45 ausgenomen die Wirtembergische, so in jrer letzten schrifft an F.D. in Preussen beken-[A 4r:]nen, das

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erhoben hat. Schiedsmann, Schiedsrichter. Vgl. Art. Scheidsmann, in: DWb 14, 2417. 38 Mörlin war aufgrund seiner Kritik am Augsburger Interim aus Göttingen ausgewiesen worden und kam am 13. September 1550 in Königsberg an. Während einer persönlichen Zusammenkunft mit Herzog Albrecht am 14. Januar 1551 eröffnete dieser Mörlin dann seinen Plan, eine gütliche Einigung von Osiander mit seinen Königsberger Gegnern erzielen zu wollen und bat Mörlin, dabei die Rolle des Vermittlers zu übernehmen. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 113f (zur Ankunft Mörlins in Preußen), 124f (zur Bitte des Herzogs um Vermittlung). 39 Vgl. Anm. 22. 40 Zur Vermittlungstätigkeit Mörlins vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 124–136; Fligge, Osiandrismus, 64–67. 41 Am 11. April 1551 äußerte Mörlin in einer Audienz bei Herzog Albrecht erhebliche Zweifel an der Rechtgläubigkeit Osianders. Diese Zweifel wurden für Mörlin nach zwei öffentlichen Vorlesungen Osianders am 16./17. April 1551 zur Gewissheit. Nachdem sein Versuch scheiterte, Osiander zu überzeugen, verurteilte er dessen Rechtfertigungslehre massiv in Briefen und Predigten. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 137f (zur Audienz und den öffentlichen Vorlesungen Osianders), 139–141 (zu Mörlins Versuchen, Osiander zu überzeugen), 144–147 (zum Briefwechsel zwischen Mörlin und Osiander), 154–158 (zur Kanzelpolemik); Fligge, Osiandrismus, 67–73. 42 Mörlin wurde vom Herzog am 14. Februar 1553 aus seinen Diensten entlassen und des Landes verwiesen. Vgl. Stupperich, Osiander in Preussen, 361. 43 Fürstliche Durchlaucht. 44 Vgl. Ausschreiben Herzog Albrechts (1551), unsere Ausgabe Nr. 4. 45 Vgl. die detaillierte Darstellung bei Wengert, Defending faith. 37

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sie zuuor von der sach nicht haben vrteilen wollen, sondern nur mittel vnd wege furgeschlagen zu einer vergleichung.46 Nachdem aber die Osiandrische vermercket, das alle Kirchen vnd gelarten, so vmb das vrteil von F. D. seindt angelanget47 worden, jhre lehre verdammet, so haben sie als bald solche Richter auch als parteisch [sic] verworffen, ja auch mit grewlichen lesterschrifften offentlich als die vngelerteste vnnd gr=bste t=lpel vor der gantzen welt ausgeschrien vnd ausgeruffen.48 Wil man nu also mit der sache procedirn, das man die jenige, so jr vrteil wider vns gefellet (vnangesehen, das man sie zuuor als Richter darFber bestelt, gebeten vnd gesetzt hat), so schentlich, so grob vnd vnuersohnen mit offentlichen gedruckten schrifften sol schenden, schmehen vnnd lestern, nachgeben vnd verhengen. Hilff, lieber Gott, wenn wirdt wol eine sache verrichtet, geurteilet vnd geschlichtet werden? Heist aber das recht in der sache procedirn, so mag der Teuffel auch wol gerecht sein vnd heilig heissen. Jch setze es aber, das noch jrgent villeicht die Osiandrische, die Englische49 oder Schlaurafflendische50 Kirchen werden zu Richter setzen vnd jre Theologos bitten, das sie vber diesen streit ein vrteil fellen; wenn nu diese Schlaurafflendische Theologi rechte Christliche Theologi seindt, welche, wie Christus vnd Paulus gebieten, Ja, Ja oder Nein, Nein51 von einem solchem wichtigem handel oder sachen mFssen sagen oder vrteilen, die werden gewislich auch bald sprechen: ‚Dieser hat vnrecht vnd seine lehre ist falsch, die andern haben recht.‘ Mit diesen halten wirs etc. Thun sie das, so behFte sie Gott vor den Osiandrischen lestermeulern vnd jhren Stinckbieren. Also verwerffen, schenden vnd schmehen mit of-[A 4v:]fentlichen gedruckten schrifften alle Richter noch einander, so Osiandro vnrecht geben. Was ist das anders, denn das man keinen baum kan finden, wie man vom Marcolpho ein sprichwort gemacht, daran man gerne hengen wolte?52

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Vgl. die Literaturangaben in Anm. 35. angefragt. 48 Vgl. z. B. Andreas Osiander, Widerlegung der Antwort Philipp Melanchthons (1552), in: OGA 10, Nr. 522, S. 561–670; Ders., Schmeckbier (1553), in: OGA 10, Nr. 538, S. 742–796. 49 Ironische Bemerkung des Flacius: Osiander werde wohl noch die Engel als Richter anrufen. 50 Die Bezeichnung „Schlaraffenland“ begegnet erstmals 1494 bei dem Straßburger Humanisten Sebastian Brant (Narrenschiff, cap. CVIII); die Vorstellung vom Schlaraffenland wurde vor allem durch eine Dichtung des Nürnberger Schuhmachers und Meistersingers Hans Sachs volkstümlich. Falsche Propheten, so Luther, würden die Menschen nicht auf das Evangelium, sondern auf das Schlaraffenland verweisen. Flacius spielt damit auf die trügerische und lügnerische Komponente an, die der Vorstellung vom Schlaraffenland inhärent ist. Es handelt sich damit um eine Polemik, da von schlaraffenländischen Theologen kaum wahrhaftige Antworten zu erlangen sind. Vgl. Art. Schlaraffenland 1 und 2), in: DWb 15, 495–498. 51 Vgl. Mt 5,37; II Kor 1,17–20; Jak 5,12. 52 Anspielung auf das im 16. Jahrhundert populäre Spruchgedicht von „Salomo und Markolf“. Der zum Tod durch Erhängen verurteilte Markolf darf sich auf Geheiß des Königs den Baum dafür selbst aussuchen. Die Diener des Königs führen ihn zu diesem Zweck durch das „tal Josaphat“ zur Stadt Jericho und schließlich „gen Arabia, || viel der pawm warn da, || der Markolfus keinen erkoß, || die diner auch der mwe [Mühe] verdroß. || Also gepunden furtn sie in || 47

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Letzlich darff ich das mit warheit wol sagen, ja, ich konte es sehr leichtlich beweisen (wiewol es bereit ist bewiesen), das die Osiandristen nie nicht53 in dem gantzen process die warheit haben gemeinet oder gesuchet, sondern daraufff seindt jhre gedancken, hertz, muth vnd sinne gestanden vnd dahin alles gerichtet, so viel jnen immer mFglich, das jres Propheten Schwermerey nur oben schwebete vnd empor ginge, es were durch recht oder vnrecht, gewalt oder betrug. Denn wenn sie von hertzen die warheit gesucht hetten, so hetten sie mit nichten, fur der erkentnis,54 jrem Propheten sollen zulassen, mit so vielen schrifften seine schwermerey als eine offentliche warheit in die Kirche Christi auszustrewen vnd einzudringen. Sonderlich aber hetten sie jm ia nicht gestaten [dürfen], so hefftig zu schreiben wider alle andere lerer in vnsern Kirchen, viel weniger, sie so jemerlich zu schenden vnd aus zu holhipeln.55 Jtem: hette man die warheit gesucht, man hette nicht als bald so leichtfertich so viel vrteil so vieler Kirchen der Augspurgischen Confession, welche man doch von jnen zuuor ernstlich hat begeret, verachtet vnd verworffen, ja, wol dazu nicht nachgegeben, das man sie mit solchen bitterhonischen56 vnd Teufflischen lesterschrifften vnd Stenckbieren auffs aller ausserste hette ausgetragen57 vnd geschendet, sondern also gesaget, sonderlich der N. N.58: ‚Lieber herr Osiander, wir haben an so viel frome gelerte leute geschrieben vnnd von jnen darneben gnediglich vnd freundtlich begeret, sie sollen vns jre meinung fein deutlich vnd klar von diesem streit anzeigen. [B 1r:] Derhalben wollen wir in keinem wege zugeben, das jr sie also bald mit offentlichem druck also schentlich vnd vbel sollet ausrichten59 vnd schenden, sondern wollen jm also thun:60 wir mFssen durch vnd mith rath, beisein vnd verwilligung der Kirchen dieses FFrstenthumbs, etliche GottfFrchtige, verstendige vnnd vnparteische personen bestellen, die sollen solche von vns auffgebrachte61 vrtheil auffs vleissigste vberlesen vnd in Gottes furcht betrachten, oder

dem konig wider heim hin || vnd sagtn im die geschicht, || daz sie funden des pawms nicht, || den Markolfus wolt erwelen“. Vgl. Salomo und Markolf, 1803–1817; zu den lateinischen und deutschen Ausgaben des Gedichtes: VD 16 S 1477–1488; vgl. zudem: Hartmann, Spruchgedicht, 66–69; Griese, Salomo und Markolf; Art. Markolf, in: Wander 3 (1873), 463. 53 „nie nicht“ als besonders starke Verneinung: absolut nicht, überhaupt niemals. Vgl. Art. nie III), in: DWb 13, 740. 54 vor der Beurteilung seiner (Osianders) Lehre durch die Kirche. 55 schmähen, verlästern, verspotten. Vgl. Art. hohlhippeln, in: DWb 10, 1718f. 56 besonders spöttischen. 57 zum Klatsch- und Tratschgespräch gemacht. Vgl. Art. austragen 2), in: DWb 1, 1001. 58 Gemeint ist wohl Herzog Albrecht. Dafür spricht der Inhalt und der autoritative Charakter der folgenden, fiktiven Ansprache an Osiander. Den Herzog offen zu kritisieren und ihm ein Fehlverhalten vorzuwerfen, was Flacius hier intendiert, verbot sich aufgrund seines hohen Standes. Darum verwendete Flacius die Abkürzung „N.N.“ („Nomen nominantum“). 59 abfertigen, aburteilen. Vgl. Art. ausrichten 6), in: DWb 1, 937f. 60 wir wollen vielmehr so verfahren. 61 eingeworbene, angeforderte. Vgl. Art. aufbringen 8), in: DWb 1, 630.

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vleissiglich bewegen,62 ob sie auch gnugsam vnd recht mit Gottes wort vberein stimmen, oder darinnen gegrFndet seindt oder nicht. Befinden wir nu, das sie mit der warheit vnd Gottes wort recht vberein komen, so mussen wir sie annemen. Befinden wir aber anderst, so wollen wir euch zugeben,63 das jr solchen herrn freundtlich mit offentlichen schrifften anzeiget, worinne sie doch neben der warheit seindt hergegangen vnd jr gefeilet64 haben etc.‘ Aber man hat nicht alleine solchs nicht gethan oder also mit guter weil oder raum oder mit besonderm vleis die warheit gesucht, sondern man hat auch vieler kirchen vrteil verachtet, ja auch darzu verdammet, ehe man sie hat gelesen oder nur gesehen, welchs ich nicht alleine vom Osiandro, sondern auch von einem andern konte beweisen.65 Aber es ist gnug, wenn ichs nur vom Osiandro beweise. ES ist aus des Osiandri Stinckbier offentlich zu sehen, das er solch bFchlein so bald geschrieben hat, als er nur die vrteil der Kirchen bekomen. Nu ists vnmFglich, das Osiander hat k=nnen so viel vnd so lange vrteil der Kirchen in einer solchen kurtzen zeit, ja in einem solchem hui vleissiglich betrachten vnnd alle jre argument mit gantzem ernst durchsehen vnd bewegen. Hat aber nichts desto weniger sie greslich vnd vngestimmich66 verdammet vnd verworffen, ja er hat etliche verdammet, die er [B 1v:] auch nicht gesehen, denn er schreibet am ende seines Stenckbiers also: „Jch solte Andream Musculumb auch EMPFANGEN haben (er verstehet das vrteil der Merckischen Kirchen), so hat mir sein Buch nicht zu handen k=nnen gebracht werden.“67 Sihe, das vrteil verdammet er auch. Denn was das wort EMPFANGRN bedeutet, ist menniglich68 wol bekant, vnnd hat es gleichwol nicht gesehen, viel weniger nach notdurfft69 k=nnen betrachten noch bewegen, was recht oder vnrecht darinne were oder nicht. Jst nu das die warheit suchen oder recht procedirn? Jch mochte zwar noch heutiges tages gerne h=ren von den Osiandristen, warumb man doch so viel censuras oder vrteil so vieler Kirchen gefodert70 vnd zusamen gesucht hat? Denn so man dadurch die warheit in der sachen hat wollen suchen, warumb lest man sie also inn einem winckel71 liegen? Warumb hat man nicht Christliche vorstendige vnnd vnparteische leute verordnet, die es vleissig besichtigten vnd beide, dem FFrsten vnd den Kirchen, anzeigeten, was in solchen schrifften stFnde oder verfasset were, vnnd ob sie b 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71

Konjiziert aus: Musiculum. erwägen. Vgl. Art. bewegen 4), in: DWb 1, 1769. gestatten. Vgl. Art. zugeben 4), in: DWb 32, 400. und sie (die Wahrheit) verfehlt. Eventuell eine ironische Anspielung auf Herzog Albrechts Rolle im Streit. unmäßig. Vgl. Art. ungestimmt, in: DWb 24, 875. Andreas Osiander, Schmeckbier (1553), in: OGA 10, 795,5f. jedem. Erfordernis. Vgl. Art. Nothdurft 3), in: DWb 13, 927. gefordert. verborgen, im Geheimen. Vgl. Art. Winkel E.4.a), in: DWb 30, 358.

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recht mit Gottes Wort oder nicht vberein kemen oder damit stimmeten. Warumb nemen sich auch die Christen oder Kirchen in Preussen solcher schrifften so vieler Kirchen nicht an vnd lassen solche censuras mit vleis vbersehen oder vrteilen? Oder ists gnug, wenn nur D. hundartzt72 mit seinem Osiandro von solcher Kirchen vrteil oder censuris ein mal hat geurteilet vnd jr Stinckbier ausgespeiet? Ach, es lest sich leider ansehen, als fodderten73 die rechtgleubigen Christen, kirchen, landt, stete vnd die vom adel nicht viel mehr die warheit als eben die Osiandristen. Denn was were oder konte doch wol leichter oder fuglicher sein, denn zu uorschaffen, das die vrteil der Kirchen so albe-[B 2r:]reit auff eintrechtige begerung des gantzen lands, Herrn vnd vntertanen eingebracht sein, durch gewisse verstendige, eiuerige74 vnd ernsthafftige personen mit grossem vleis vnd ernst vberlesen vnd besichtiget wFrden vnd jrer eintrechtigen meinung nachgesetzt. Sonderlich, weil jtzt alle Kirchen einhellig von der sachen vrteilen, ja dazu die Wirtemberger (von welchen die Osiandristen auch selbs nicht zweiueln, das jr schreiben von dem h. geiste herkome) bezeugen, das Osiandri lehr von der rechtfertigung mit Paulo nicht stimmet.75 Die erste Kirche76 hette solchs zwar vor lengst gethan, wenn sie gleich alle Keiser, K=nige vnnd FFrsten vnnd jre heuchler solten erzFrnet haben. Wir aber, Gott erbarm sich drFber, fFrchten vns fur einem amechtigen hundartz,77 weil wir sehen, das er nu als ein Gott nach seinem wolgefallen absetzet vnd erhohet, wen er nur wil.78 Bis daher habe ich kFrtzlich von dem vnrechtem vnd parteischem process oder handel, wie vnbillich79 vnnd gar vorteilisch80 die Osiandristen mit der sache seindt vmbgangen, geschrieben. Nu wil ich auch mit der hFlffe Gottes vom andern teil der schrifft Funckens, da er von der Gerechtigkeit felschlich disputirt, etwas sagen.

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Anspielung auf Osianders Schwiegersohn Andreas Aurifaber, der Professor für Medizin an der Universität Königsberg sowie herzoglicher Leibarzt und Privatsekretär war. Vgl. auch Fligge, Osiandrismus, 154–156. 73 förderten. 74 eifrige. 75 Flacius stellte eine Veränderung aufseiten der Württemberger Theologen fest. Hätten sie zunächst den Ausgleich gesucht, so würden sie seit der „Declaratio“ des Johannes Brenz (VD 16 B 7590) klar gegen Osiander und seine Parteigänger Stellung beziehen. Flacius publizierte daraufhin Schriften, in denen er die seiner Meinung nach vorhandenen Lehrunterschiede zwischen Brenz und Osiander aufzeigen wollte. Vgl. z. B. Brentij vnd Osian= || dri meinung / vom ampt Christi / || vnd rechtfertigung des || SFnders. || Mit einer vorrede M. Flac. Jllyr. || ... ||. [Magdeburg: Michael Lotther, 1553] (VD 16 B 7588). Vgl. dazu ferner Wengert, Defending faith, 208–220. 76 Die Alte Kirche. Die Kirche der ersten nachchristlichen Jahrhunderte. 77 Vgl. Anm. 72. 78 Anspielung auf die Einflussmöglichkeiten Andreas Aurifabers auf Herzog Albrecht aufgrund seiner Stellung bei diesem. 79 unrechtmäßig. 80 allein auf den eigenen Vorteil bedacht. Vgl. Art. vorteilisch, in: DWb 26, 1741.

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Das ander teil von der lehr. Zvm ersten gibt vns Funck felschlich schuldt, wir leren neunerley gerechtigkeit,81 wie denn auch Osiander vns jtzt sieben, jtzt vierzehen, jtzt zwentzig gerechtigkeit82 (wie es jn gelFstet vnd in sinn kommet) mit vngesparter83 warheit zumist. Darauff jhm nicht alleine ich,84 sondern auch die Hamburger,85 mehr denn gnugsam geantwortet haben vnnd klar beweiset, das alle beschreibung der Gerechtigkeit, so wir aus der h. Schrifft genomen vnd in vnsern kirchen gebreuchlich, recht wol vnd fein vberein [B 2v:] stimmen. Denn die andere, welche sie vns vorsetziglich aufflegen,86 bedFrffen keiner antwort. Solche vnsere antwort hette billich Funck sollen verlegen,87 ist er damit nicht zu frieden gewest vnnd nicht also vberhin rauschen, als h=ret ers nicht. Zum andern setzt er aus der schrifft zwene grFnde oder eigenschafft der rechten gerechtigkeit, vnd nach dieser zweier eigenschafft prFfet er vnd verwirfft die falsche gerechtigkeiten. Auff diese zwen grFnde oder sprFche pochet88 der Funck so sehr, das er frey bekennen darff, er sey eben durch dieselbige Osiandrisch worden, weil sie so klar vnd gewaltiglich Osiandri meinung bekrefftigten.89 Derhalben mercke mit allem vleis, lieber Christ, vnd sperre maul, nasen, ohren vnd augen auff, damit du wol mFgest fassen,90 was doch das fur sprFche wol sein mFgen, dadurch Funck ein solcher trefflicher91 vnd furnemster Apostel Osiandri zum Osiandrischem [sic] Euangelio von dem vorigem jrthumb vnd finsternis der Augspurgischen bekentnis ist bekeret worden. Die erste eigenschafft, grundt oder sprFche, spricht er, sey, da Daniel sagt am ix. cap:92 Es werde gebracht eine gerechtigkeit „OLAMJM“93 „der ewigkeiten,“ das ist, wie es Funck ausleget, die von ewigkeit zu ewigkeit ist vnd blei81

Funck, Wahrhaftiger Bericht (1553), D 2r–D 3v, in: unsere Ausgabe Nr. 13, S. 730,17–733,10. Vgl. Andreas Osiander, Widerlegung Philipp Melanchthons (1552), B 2r, in: OGA 10, Nr. 522, S. 578,5 („vierzehnerley gerechtigkeit“); ebd., 630,28 („zwaintzigerley gerechtigkeit“). Vgl. zu dieser Polemik zudem Andreas Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), G 3v–G 4r, in: OGA 10, Nr. 488, 152,18–153,7; Wider den flüchtigen Nachtraben (1552), in: OGA 10, Nr. 505, S. 410,17–411,12. 83 verleugneter? 84 Vgl. Flacius, Verlegung des Bekenntnis Osiandri (1552), unsere Ausgabe Nr. 8, 247–420. 85 RESPONSIO MI=||NISTRORVM ECCLESIAE CHRISTI, || QVAE EST HAMBVRGI ET LVNE- || burgi, ad confessionem D. Andreae Osi= || andri, de mediatore Iesu Christo & iu= || stificatione fidei, inclyto Hambur= || gensis & Luneburgensis Reip: || Senatui exhibita, Anno || Do. MDLII. mense || Februario || scripta. || ... || [Magdeburg: Michael Lotther, 1553] (VD 16 R 1193). 86 beschuldigen. Vgl. Art. auflegen 3), in: DWb 1, 684. 87 widerlegen. Vgl. Art. verlegen 3), in: DWb 25, 758. 88 trotzig beharrt. Vgl. Art. pochen I.3.d), in: DWb 13, 1959. 89 Funck, Wahrhaftiger und gründlicher Bericht (1553), D 1v, unsere Ausgabe Nr. 13, S. 729,24f. 90 begreifen. 91 polemisch: vorzüglicher, tüchtiger. Vgl. Art. trefflich C.4.a), in: DWb 21, 1694f. 92 Vgl. Dan 9,24. 93 ‫עֹ ל ָׅמים‬. 82

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bet, welche mus sein Gott selbst vnd nicht das leiden vnd sterben Christi, welchs nicht ewig gewest, sondern hat einen anfang vnd ein ende gehabt etc.94 Auff diesen Funckischen vnnd Osiandrischen grundt habe ich in meiner grossen verlegung gnugsam geantwortet, im quatern J,95 vnd aus h. G=ttlicher schrifft klar beweiset, das beide w=rtlein, „GEBRACHT“ vnd „EWJGKEJTEN“ (denn auff diese alleine grFndet, pochet vnd verlest er sich), offt von einem ding geredt oder verstanden werden, das einen anfang vnd ein ende hat, vnd nicht schlecht96 ewig ist, wie j. Reg. xij. zu-[B 3r:]sehen ist, do also geschrieben stehet „ABJ“: „Jch wil vnglFck vber Achab BRJNGEN.“97 Desgleichen findet man auch offt im Jeremia. Daraus folget aber noch nirgent nicht, das die straffe Gottes oder vnglFck were von ewigkeit zu ewigkeit gewesen, oder das sie das wesen Gottes selbs seindt. Jtem: das w=rtlein „OLAMJM“, „Perpetuitatum“ der ewigkeiten bedeutet auch offt ein dinck, das einen anfang hat, als Esa. lxv: „Jsrael wird erl=set werden mit einer erl=sung der EWJGKEJTEN, „OLAMJM“.“98 An welchem ort das wort „DER EWJGKEJTEN“ freilich nicht bedeutet von ewigkeit zu ewigkeit. Denn weder Jsrael noch seine erl=sung ist gewesen von ewigkeit zu ewigkeit. Jtem Psal. lxxvij: „HALEOLAMJM“, „wirdt denn der Herr in EWJGKEJTEN verstossen?“99 ij. Par. vj. spricht Salomon: Er habe Gott ein haus oder Tempel gebawet, darinnenc er soll wonen in EWJGKEJTEN, „OLAMJM“,100 da solch wortlein freilich nicht ausgelegt noch verstanden kan werden „von ewigkeit zu ewigkeit“. Denn Salomon ist je nicht von ewigkeit zu ewigkeit gewesen, viel weniger sein Tempel. Eccles. j: „Geschicht auch etwas, dauon man sagen mochte: Sihe, das ist new? Denn es ist vor auch geschehen in vorigen zeiten (LEOLAMJM), die vor vns gewesen seindt.“101 Was fur vns geschehen ist, das ist freilich nicht von ewigkeit zu ewigkeit. Diese exempel zeigen gnug an, das das w=rtlein „OLAMJM“, „die EWJGKEJTEN“, neque in singulari neque in plurali numero nicht alle zeit bedeute von ewigkeit zu ewigkeit. Ey, wie fein bestehestu nu, lieber Funck, mit deinem sandichtem,102 schlipffrigem vnd nichtigem grunde, darauff du so sehr pochest vnd trotzest? Sihe, c

Konjiziert aus: darinner.

94 Vgl. Funck, Wahrhaftiger und gründlicher Bericht, D 3v–E 2v, unsere Ausgabe Nr. 13,734,1–736,11. 95 Vgl. Flacius, Gallus, Verlegung (1552), J 1r, unsere Ausgabe Nr. 8, S. 343,27–345,15. 96 schlicht, einfach. 97 Vgl. I Reg 21,21. 98 Vgl. Jes 35,17. 99 Vgl. Ps 77,8. 100 Vgl. I Reg 8,13. 101 Vgl. Pred 1,10. 102 sandigem.

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lieber Funck, [B 3v:] hastu keinen bessern noch gewissern grundt oder spruch, der dich vnnd deine mituorwanten zu Osiandristen gemacht hat, so m=chstu noch wol eine Saulitische103 oder Judas busse,104 wie zuuor, anfangen. Wie dFncket euch aber, lieber herr Funck, wenn wir beweiseten, das solcher spruch nicht alleine euch zu ewrem jrthumb wider vns gantz vnd gar nicht dienete, wie wir bisher beweiset haben, sondern das er auch aller ding fur vns vnd strack105 widder euch ist? ES seindt drey vbereinstimmende SprFche der schrifft von den wolthaten Christi. Als erstlich saget Esaias am xlv. cap: „Jsrael wird erl=set werden mit einer erl=sung der EWJGKEJTEN, „OLAMJM“, das er nFmmermehr zuschanden werde.“106 Dani. am ix: „Es wird dem vbertreten geweret vnd die sFnde zugesiegelt vnd die missethat versFnet vnd die ewige (OLAMJM) gerechtigkeit gebracht“,107 vnd Heb. ix: „Christus ist durch sein eigen bludt einmal in das heilige eingegangen vnd hat eine EWJGE erl=sung gefunden.“108 Was Paulus vnd Esaias heiset die erl=sung, „OLAMJM“, der ewigkeiten, das heist Daniel die Gerechtigkeit der ewigkeiten. Denn wenn Christus mit seinem leiden vnd gehorsam fur vns das Gesetz auffs reichlichste erfFllet, jm gnugthut oder bezalet, so hat weder Gott noch sein Gesetz lauter nichts vber vns zu klagen, viel weniger zu straffen, sonder vnser schultregister ist erloschen; wir seindt fur Gott gerecht vnd vnschFldig. Augustinus spricht sehr fein, lib. Retract. 1. cap. 20: „Omnia mandata facta deputantur, quando quicquid non fit ignoscitur.109 Das ist: Vergebung der sFnde ist so viel als ein volkomener gehorsam gegen Gott. Warumb heist aber erl=sung oder gerechtigket [sic] „OLAMJM“ der Ewigkeiten? Antwort Esaias an dem obgedachtem ort: „Sie werden nimmer zu schanden von [B 4r:] ewigkeit zv110 ewigkeit.“111 Das ist, solche wolthat der erl=sung oder gerechtigkeit wirdt vns in stetiger, ewiger gunst Gottes vnd himelreich behalten. Sihe, liebes FFncklein, oder hellebrandt,112 stimme113 also die sprFche, so von den wolthaten Christi reden, so findestu, das „gerechtigkeit der ewigkeiten“ vnd „erl=sung der ewigkeiten“ im Paulo, Esaia vnd Daniele ein ding seindt.

103 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113

Vgl. I Sam 24,17. Vgl. Mt 27,3–5. direkt. Vgl. Jes 45,17. Vgl. Dan 9,24. Vgl. Hebr 9,12. Vgl. Augustinus, Retractationum I, XIX,3 in: PL 32, 615. zu. Vgl. Jes 45,17. zur Hölle Verdammter, das Höllenfeuer Schürender. Vgl. Art. Höllenbrand, in: DWb 10, 1749. vergleiche.

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Vnd wie der erste grundt des Funckens falsch ist vnd sandicht vnd jm114 zu seinem vorhaben lauter nichts taug, ja auch schedlich ist, also ist der folgende gantz vnd gar fur vns vnd wider jn. Denn er vnterstehet sich aus den sprichworten Sal. x. zu beweisen,115 das eine ware eigenschafft sey der gerechtigkeit ERLOSEN vom tode. Solche eigenschafft aber oder wirckung geben sie selbst dem gehorsam, leiden vnd sterben Christi. Denn Osiander spricht ja klar gnug, ists jm anders ein rechter ernst, wir seind erl=set von sFnden vnd ewigem tode durch den gehorsam vnd leiden Christi. Besihe seine bekentnis B.116 Jtem wider Philip. H. iij.117 Jtem: er saget, das leiden Christi ist vnsere erl=sung.118 Derhalben sagen wir nach diesem grundt des Funckens recht, das der gehorsam, leiden vndd sterben Christi vnser gerechtigkeit sey, weil er vns vom todt erl=set, vnd machen daraus ein solch klar vnd gewaltig argument. Was die sFnder vom todt erl=set ist gerechtigkeit, wie Funck vnnd Osiander aus dem x. cap. Pro.119 bezeugen vnd nachgeben. Das leiden Christi erl=set vns von der Helle, ewigem todt vnd allen vnsern sFnden, wie Osiander offt in seinen schrifften vnd die heilige schrifft selbst bezeuget. Daraus folget gewis, das das leiden vnd gehorsam Christi, oder seine erfFllung des Gesetzes, die rechte, ware seligmachende gerechtigkeit der sFnder sey. Was sagstu nu hierzu, lieber Funck? Du kanst ja [B 4v:] zum ersten nicht verneinen, das du zuuor selbst gefragete hast, es sey eine eigenschafft der waren gerechtigkeit erl=sen vom todt.120 Vera autem propria cum suis speciebus conuertuntur.

d e

Konjiziert aus: vn. sic; gesaget?

114

ihm. Vgl. Anm. 94; Prov 10,2. 116 Osiander konstatiert in seiner Schrift „Von dem einigen Mittler“ (1551), B 1v–B 2r, in: OGA 10, Nr. 488, S. 110,1–10, dass Christus „durch erfullung des gesetzes und durch sein leiden und sterben mit Gott, seinem himlischen vater, gehandelt hat“ und bezeichnet dies als Erlösungstat. Davon unterscheidet Osiander jedoch die Rechtfertigung oder Gerechtsprechung des Menschen, „dann wer gerechtfertigt sol werden, der mus glauben; sol er aber glauben, so mus er schon geporen sein und leben. Darumb hat Christus uns, die wir itzo leben, und andere vor uns durch erfullung des gesetzes und sein leiden und sterben nicht gerechtfertigt; aber erl=set sein wir dadurch von Gottes zorn, todt und helle.“ 117 Wie in seiner Schrift „Von dem einigen Mittler“ argumentierte Osiander auch gegen Melanchthon dahingehend, dass Christus die Menschen durch seinen Tod wohl erlöst habe, doch Gott selbst die Gerechtigkeit des Menschen sein wolle. Vgl. Andreas Osiander, Widerlegung Philipp Melanchthons (1552), H 3v, in: OGA 10, Nr. 522, S. 617,16–26. 118 Vgl. Anm. 116. 119 Vgl. Prov 10,2. 120 Funck spricht in seiner Schrift an verschiedenen Stellen davon, dass der Mensch durch Chrstus erlöst worden sei. Z.B.: „(...) wie vns Gott, der Vater, solchs Wort, seinen eingebornen Sohn, geschenckt habe, das er Mensch wurde one Sünde vnd vns vom fluch vnd verdamnus erl=sete vnd durch seine Gerechtikeit vns widerbrechte zur Gerechtikeit, (...).“ Funck, Wahrhaftiger und gründlicher Bericht (1553), J 1v, in: unsere Ausgabe Nr. 13, S. 758,13–16. 115

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Zum andern kanstu auch nicht leugnen, das vns das leiden vnd gehorsam Christi vom todt erl=set. Denn die schrifft widderholet solchs zum offtermal. Jtem: dein eigen prophet Osiander bekennets offt. Sagestu aber, das das leiden vnnd gehorsam Christi nicht von dem ewigen todt erl=set, so bekennestu mit deinem eigen mundt (das wir auch sonst wol wissen), was in deinem hertzen sticket, nemlich, das du gantz vnd gar nichts von Christi leiden vnd Blut heltest. Denn du sprichst: Christi leiden mache vns nicht gerecht, erl=se vns auch nicht von sFnde oder todt. Warzu ists denn guth? Zum dritten bekFmmert er sich sehr, woher wir doch eine vrsache vnsers jrthumbs (wie ers felschlich nennet) gehabt oder genomen haben, treibet viel gewesch vom brauch des w=rtleins gerechtigkeit in gemeiner sprache, bey den Juristen, Sophisten vnd h. schrifft, schleust aber nichts gewisses.121 Es ist aber alhie sonderlich zu mercken vnd in acht zu haben, das er zuuor in einer gedruckten predigt hat beweisen wollen, wir haben den vrsprung vnsers jrthumbs aus dem spruche Bernhardi,122 welchen Doctor Luther in der vorrede Danielis verdeudschet hat: „Christus hat mit zweien gerechtigkeiten etc.“123 Aber jtzt hat er solchen spruch aus der acht gelassen vnd seines gantz vnd gar vergessen, weil er sihet, das er gefeilet124 hat. Weiter, weil Osiander in seinem Nachtraben zwo wesentliche Gerechtigkeit gesatzt125 vnnd ich in meinem BFchlein, das nur eine wesentliche Gerechtigkeit sey, deudlich beweiset habe, vnd darneben angezeiget, das [C 1r:] wer zwo vnterschidene wesentliche gerechtigkeit setzet, der machet auch zwen g=tter.126 So bekennet solchs auch Funck selbst in seiner schrifft, es sey war, das, wer zwo wesentliche gerechtigkeit setzet, der mache auch zwen G=tter.127 Vnd vnterstehet sich, nur eine wesentliche gerechtigkeit zu erweisen, sagende, das sey die ware, rechte vnd einige gerechtigkeit, welche man heis-

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Vgl. Funck, Wahrhaftiger und gründlicher Bericht (1553), G 4r–H 1v, unsere Ausgabe Nr. 13, S. 751,5–752,31. 122 Vgl. Auszug vnd kurtzer || bericht: von der Ge= || rechtigkeit der Chri= || sten fur Gott / aus einer || predig / vber die wort || Johannis. || ... Johan Funck. || [Königsberg: Hans Lufft, 1552] (VD 16 F 3378), A 4r. 123 Martin Luther, Vorrede über den Propheten Daniel (1545), in: Volz II, 1528. Vgl. dazu auch die „Antilogia“, in: Mörlin, Historia, G 1r. 124 damit Fehl gegangen ist. 125 Osiander führte aus, dass Luther bereits zweierlei wesentliche Gerechtigkeiten Gottes unterschieden habe: die richterliche Gerechtigkeit und die gütige Gerechtigkeit Gottes, die auch seine Frömmigkeit genannt werde. Vgl. Andreas Osiander, Wider den flüchtigen Nachtraben (1552), in: OGA 10, Nr. 505, S. 407,6–19. 126 Flacius und Gallus warfen Osiander vor, wie Nestorius in der Alten Kirche zwei Christusse zu lehren. Vgl. Flacius, Gallus, Verlegung (1552), P 1v, unsere Ausgabe Nr. 8, S. 412,8. 127 Funck unterstellte Mörlin, dass es nach dessen Auffassung vom Rechtfertigungsgeschehen eigentlich zwei Götter geben müsse. Vgl. Funck, Wahrhaftiger und gründlicher Bericht (1553), D 4v, unsere Ausgabe Nr. 13, S. 734,36.

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set Gottes fr=mmigkeit, gnade vnd barmhertzigkeit, die aber, dadurch Gott die sFnder straffet, wFrde nur genennet „Gottes zorn“ etc.128 Nu habe ich inn meinem obgedachtem bFchlein wider Osiand. beweiset, das man mus nur die wesentliche gerechtigkeit Gottes setzen vnd leren, welche des Gesetzes gerechtigkeit genennet wirdt.129 Denn Gott hat sich im Gesetze also selbst abgemalet,130 wie er in der warheit ist. Welche gerechtigkeit kan also warhafftiglich beschrieben werden, das sie die sey, durch welche Gott gerecht, guth vnd heilig ist, nach allen tugenden liebet, lobet vnd fordert, was gerecht, heilig, ehrlich vnd guth ist, ist dem gerechten gnedig etc. Dargegen hasset, verdammet vnd zerst=ret er alles, was nur vnrecht vnd b=se ist, nach allen vntugenden, wie er sich in den zehen Gebotten vnd sonst an andern orten mehr abgemalet hat. Diese gerechtigkeit Gottes wird freilich auch seine fr=migkeit sein, vnd mit solcher vnser beschreibung der gerechtigkeit stimmet auch des Funcken iuristische gerechtigkeit, die er so hoch rhFmet vnnd preiset, das nemlich gerechtigkeit sey, welche einem iglichem gibt, das jm von rechts wegen gebFret oder zustehet,131 denn solche gerechtigkeit gibt nach dem Gesetz den gerechten das ewige Leben, den vngerechten aber den ewigen todt. Das er aber viel wort daruon machet vnd schnattert, das der gerechtigkeit nirgent in der h. schrifft solle zugemest werden, das sie richte, sondern solchs pflege die schrifft gemeiniglich nur „zorn“ zu nennen,132 ist nicht [C 1v:] war. Denn im xi. Psalm stehet das gegenspiel geschrieben: „Der Herr wird regenen lassen vber die Gottlosen blitz, fewer vnd schweuel133 vnd wird jhnen ein wetter134 zu lohn geben. Denn der Herr ist gerecht vnd hat gerechtigkeit lieb etc.“135 Wird nicht alhie der gerechtigkeit Gottes zugemessen, das sie straffet? Rom. j: „Die Gottes gerechtigkeit wissen, das, die solchs thun, des todts wirdig seindt etc.“136 Jtem Rom. iij: „Jsts aber also, das vnser gerechtigkeit Got128

Vgl. Funck, Wahrhaftiger und gründlicher Bericht (1553), F 3v, unsere Ausgabe Nr. 13, S. 744,20f. 129 „Also malet vns das Gesetz vor die Ewige, wesentliche Gerechtigkeit Gottes, dadurch er den frommen wolthut vnd die sFnder ernstlich straffet.“ Flacius / Gallus, Verlegung (1552), G 1r, unsere Augabe Nr. 8, S. 324,1–3. „Durch diese Argument, acht ich, sey klerlich gnug beweiset, Das Christus, warhafftiger Gott, nicht allein die Ewige, wesentliche gerechtigkeit habe, sonder auch die, durch welche er das Gesetz erfFllet vnd der Gerechtigkeit Gottes, welche straff vnd gehorsam von den menschen erfodert, auffs reichlichste vnd vberflFssigste fFr vns gnug gethan hat.“ Flacius / Gallus, Verlegung (1552), G 4r, unsere Ausgabe Nr. 8, S. 329,19–23. 130 dargestellt. 131 Vgl. Funck, Wahrhaftiger und Gründlicher Bericht (1553), G 4v, unsere Ausgabe Nr. 13, S. 751,22–31. 132 Vgl. z. B. Anm. 120. 133 Schwefel. 134 Unwetter, Gewitter. Vgl. Art. Wetter I.A.1.c.α), in: DWb 29, 701. 135 Vgl. Ps 11,6f. 136 Vgl. Röm 1,32.

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tes gerechtigkeit preiset etc. Jst denn Gott vngerecht, das er darumb z=rnet oder straffet etc. Das sey ferne, wie k=nte sonst Got die welt richten.“137 Wird nicht alhie abermal der gerechtigkeit Gottes zugegeben, das sie richtet vnd straffet. Jtem Psal. xxxj. vnd lxj, da Dauid von Gott bittet vnd begeret, er wolle jn vmb seiner gerechtigkeit willen von seinen feinden erretten vnd erl=sen.138 Welche sprFche beyde, Osiander vnd Funck, auch anziehen.139 Jsts aber alda nicht auch die richterliche gerechtigkeit? Jch meine ja, es sey des richters ampt, das er die vnschFldigen von der vnrechten gewalt errette, sie beschFtze vnd beschirme. Also bittet auch Salomon im lxxij. Psalm, Gott wolle jm gerechtigkeit geben, auff das er das volck recht richten vnd regieren k=nne.140 Alhie kan auch nichts anders ausgelegt noch verstanden werden denn141 die richterliche gerechtigkeit. Derhalben ist es von dem Funcken vnd Osiandro gantz vnd gar erstuncken vnnd erlogen, das der gerechtigkeit an keinem ort [der] h. schrifft werde zugemessen, als richte oder straffe sie. Solche Gesetzgerechtigkeit aber ist dem armen sFndern ein verzerend fewr.142 Derhalben k=nnen sie dadurch nicht gerechtfertiget werden, sondern verdammet vnnd straffet sie viel mehr, denn sie gibt (wie oben gesagt) einem jeden seinen gebFrlichen lohn oder straff. [C 2r:] Zum vierden weschet143 Funck viel aus der Juristerey vnd Philosophey in dem titel „vom rechten brauch der gerechtigkeit“. Aber er lests anhin zoten vnd beweisets gar nichts, ausgenommen, das er seine zwo eigenschafft der gerechtigkeit (daruon oben) widerholet.144 Eines aber bekennet er selbst, das vns zu erforschung der warheit vberaus sehr nFtzlich vnnd dinstlich ist. Denn er spricht also: „Die gerechtigkeit, so das gesetz erfordert, sey die rechte vnd ware gerechtigkeit, dadurch wir gerechtfertiget werden.“145 Diesen grundt fasse, lieber Christ, erstlich wol vnd vergis seiner nicht. Darnach nim fur dich die gantze Bibel vnd suche vleissig nach vnd besihe, ob irgent das gesetze von dir fordert, du soltest ein Gott werden vnnd eine person mit Gott, als Christus selbst ist, wie Osiander grewlich vnd teufflisch

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Vgl. Röm 3,5f. Vgl. Ps 31,1; Ps 41,1. 139 anführen, verwenden. Vgl. Art. anziehen 5), in: DWb 1, 528. Die Verwendung von Psalm 31 lässt sich bei Osiander z. B. nachweisen in: De unico mediatore (1551), in: OGA 10, Nr. 496, S. 175,26–28; bei Funck: Wahrhaftiger und gründlicher Bericht (1553), G 1v, unsere Ausgabe Nr. 13, S. 747,17; eine Argumentation mit Ps 41 ließ sich bislang nicht nachweisen. 140 Vgl. Ps 72,1f. 141 als. 142 Vgl. Hebr 12,29; Dtn 4,24. 143 schwätzt. Vgl. Art. waschen II.8.b), in: DWb 27, 2243f. 144 Vgl. Funck, Wahrhaftiger und gründlicher Bericht (1553), G 4r–J 2v, unsere Ausgabe Nr. 13, S. 751,5–759,20. 145 Vgl. Funck, Wahrhaftiger und gründlicher Bericht (1553), H 2r, unsere Ausgabe Nr. 13, S. 753,27–30. 138

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schwermet,146 oder ob sie auch von dir begeret vnd haben wil, das du eben also weise wFrdest als Gott, eben also allmechtig als Gott, eben also gerecht als Gott, vnd bekemest eben die gerechtigkeit, weisheit etc., mit welcher der ewige, allmechtige Gott von ewigkeit zu ewigkeit gerecht vnd weise ist vnnd bleibet. Jch habe mein lebenlang solche erforderung oder begeren des Gesetzes nicht k=nnen finden noch in h. schrifft ersehen, so hat mir sie auch nie nicht weder Osiander noch sein Funck geweiset. Das aber finde vnd sehe ich allenthalben, das das gesetz gehorsam fordert, furcht vnd liebe Gottes vnd des nehesten begeret. Jch lese an keinem ort des Gesetzes noch h. schrifft: „H=rstu kerle, wiltu selig werden, so mustu zuuor Gott sein“, sondern das Gesetz schreiet allenthalben also; LJEBE, VERTRAWE. Fac hoc et uiues. Wer das thut der wirdt leben etc. Vnd auff das wir einmahl gewis sein vnd dar-[C 2v:]auff fest fussen vnd stehen k=nnen, was doch das fur eine gerechtigkeit sey, welche das Gesetz von vns erfordert vnnd von welcher wegen vns das ewige leben verheissen wirdt, so h=re Mosen vnd Paulum, Rom. x, da Paulus die gerechtigkeit des Gesetzes vnd Euangelij gegen einander helt vnd sie zusamen stimmet. Denn er spricht also: „Moses schreibet wol von der gerechtigkeit, die aus dem Gesetze k=mmet: ‚Welcher mensch die (Gebot, wie im Leuit. am xviij.147 stehet) helt, der wirdt darinne leben‘.“148 Da zeiget Paulus deutlich an, was das Gesetze fur eine gerechtigkeit fordere, nemlich: thun oder erfFllen die Gebot Gottes. Derhalben mercke es wol vnd bilde es vleissig ein:149 Erstlich, das Paulus spricht, das die gerechtigkeit aus dem Gesetze komme. Nu kommet das wesen Gottes je nicht aus dem Gesetze. Zum andern, das auch Moses sehr hell150 vnd deutlich anzeiget, was er die gerechtigkeit heisse, nemlich: das thun, oder erfFllung des Gesetzes. Letzlich, da Moses spricht, das eben aus dem erfFllen oder thun, die Gebot oder das Gesetz, das leben komme. Also antwortet auch Christus, da er zum offter mahl von der gerechtigkeit gefraget wirdt, dadurch ein mensch seelig oder ewig leben solte, das es sey die erfFllung des Gesetzes.151 Auff diese meinung spricht auch Paulus, das 146

Flacius spielt damit auf Osianders Vorstellung von der Einwohnung der göttlichen Gerechtigkeit Christi im Menschen durch den Glauben an. Osiander verstand die Rechtfertigung als „Gerechtmachung“, als „mit der that und in der warheit gerecht machen“ (OGA 10, Nr. 488, S. 156,6f). Indem der Mensch durch den Glauben Christus in seinem Herzen aufnahm, nahm er, nach Osiander, gemäß der Zwei-Naturen-Lehre auch die göttliche Natur Christi und damit Gott selbst in sich auf. Vgl. Andreas Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), G 3r–H 2r, in: OGA 10, Nr. 488, S. 152,1–160,10. Zum Beleg der Einwohnung der göttlichen Gerechtigkeit Christi im Menschen führte Osiander zudem diverse Bibelstellen an, vgl. ebd., D 4r–E 4r, in: ebd., S. 132,9–138,7. 147 Vgl. Lev 18,5. 148 Röm 10,5. 149 präge es dir sorgfältig ein. 150 klar. Vgl. Art. hell 10.c), in: DWb 10, 966. 151 Vgl. Mt 5,17–20; 19,17; Mk 10,17–19; Lk 16,17; 18,18–20.

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die theter des Gesetzes gerecht werden fur Gott.152 Jtem: Ezechiel sagt auch am xxxiij. cap., das der Mensch vmb der GETHANE, GETHANE, sage ich, vnd nicht vmb der wesentliche gerechtigkeit willen leben werde.153 Also spricht Moses Deut. viij, die erfFllung des Gesetzes sey gerechtigkeit fur Gott.154 Aus dieser disputation fasse,155 lieber Christ, als in einer summa dis argument oder den syllogismum: Das Gesetze fodert die rechte vnd ware gerechtigkeit, wie Funck bekennet.156 Die erfFllung oder volkomen gehorsam des Gesetzes, von Christo geschehen vnd ge-[C 3r:]than, ist eben das, welchs das Gesetz fordert vnd darumb es das ewige leben verheist, wie Moses, Ezechiel, Christus vnd Paulus bezeugen. Darumb, so mus notwendig Christi erfFllung des Gesetzes die rechte vnd ware gerechtigkeit sein. Hie m=chte wol einer sagen: Jch h=re wol, das du viel von erfFllung des Gesetzes vnd gerechtigkeit redest, wie bekomme aber ich armer sFnder solche gerechtigkeit vnnd dadurch das leben? Antwortet Paulus Rom. viij. das, da vnser fleisch vmb der sFndtlichen schwacheit willen nicht konte dem Gesetz gnug thun, [hat] Gott vom Himel herab seinen eingebornen Son ins fleisch gesandt, welcher vns zu guth vberwandt die sFnde oder vngerechtigkeit mit seinem tode vnd erfFllete das Gesetz etc.157 Also bekommen wir durch den glauben an Christum die gerechtigkeit des Gesetzes vnd werden dadurch seelig. Mit diesem spruch Pauli stimmet vberaus fein die Predigt Christi, Matth. v.,158 welche Funck so jemerlich zuradebrecht159 vnd schendtlich verkeret.160 Denn es wird alda von Christo fein deutlich angezeiget, das die jenige (so wollen seelig werden), mFssen eine viel volkommener gerechtigkeit haben denn die Phariseer, vnd ist sehr wol zu mercken, das w=rtlein περισσεύσῃf „volkommener“, „geheuffter“, „vberflFssiger“.161 Denn daraus kan man leichtlich spFren vnd mercken, das der Herr Christus nicht eine andere art der gerechtigkeit begeret oder fordert denn der Phariseer war, sondern eben dieselbige (das ist, den gehorsam gegen dem Gesetze), aber viel geheuffter vnd reichlicher vnnd vberflFssiger oder gr=sser mas etc. f

Konjiziert (nach Mt 5,20) aus: περισεύσῃ.

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Vgl. Röm 2,13. Vgl. Ez 33,16.19. 154 Vgl. Dtn 8,6.11.14.18f. 155 erkenne, schließe. 156 Vgl. Anm. 145. 157 Vgl. Röm 8,3. 158 Vgl. Mt 5,17–20. 159 zurechtbiegt, zusammenreimt, wie er es will. 160 Vgl. Funck, Wahrhaftiger und gründlicher Bericht (1553) H 1v–H 2r, unsere Augabe Nr. 13, S. 752,32–753,23. 161 im Wortsinne: überfließender, d. h.: reichlicher. 153

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Vnd solchs zu erkleren setzet er flucks hinzu aus dem fFnfften, siebenden vnd achten gebot exempel der mangelhafftigen vnd geheufften oder vberflFssigen gerechtigkeit, als setzte er ein mass in der mitten vnd spreche, [C 3v:] sehet lieben leute, so vnd so messen die Phariseer jhre gerechtigkeit oder gehorsam gegen Gott vnd meinen, sie habens k=stlich wol ausgericht vnd Gott damit bezalet, das er jnen darumb das ewige leben schFldig sey. Nicht also, sondern ein solch geheufft, vberflFssig vnd volkommen mas wil Gott von denen haben, so seelig wollen werden etc. Alhie werden flugs die arme sFnder sagen: Wo aber nemen? Wie k=nnen wir solch vberflFsssig mas der gerechtigkeit Gott leisten? Christus antwortet, wie wir auch droben geantwortet haben: Ey, mein lieber Bruder, h=re doch vnd las dir sagen. Habe ich dir nicht im anfang gesagt, das ich kommen bin in die Welt, das Gesetze zu erfFllen vnd solchs nicht mir, sondern euch zu gute? Wer sich nu durch den Glauben solcher meiner volkomener vnd geheuffter gerechtigkeit teilhafftig macht, der hat die rechte, volkomene gerechtigkeit περισσεύουσαν vnd das ewige leben etc.162 Von der gerechtigkeit aber, was sie eigentlich sey, habe ich nach der lenge vnnd mit gutem grunde in meinem bFchlein „von der gerechtigkeit“163 gehandelt, welchs bFchlein Funck noch nicht gebissen,164 geschweigen, das ers gefressen165 hette. Derhalben mag ein iglicher der warheit liebhabender sich doselbst der sachen weiter erforschen vnd erkunden. Nu wil ich mit Gottes hFlff auch kFrtzlich verlegen166 die argument des Funckens, welche er in seiner schrifft erzelet. Zum ersten citirt er den spruch Ephes. ij, welchen D. Martinus recht vnd wol also verdeudtschet hat: „Da jr todt waret durch vbertretung vnd sFnde etc.“167 Welcher spruch eigentlich das inn sich helt, das die sFnde oder vngerechtigkeit ein vrsach seindt des ewigen tods oder verdamnis, wie auch sonst allenthalben die schrifft bezeuget. Es kan aber Funck hieraus nicht mehr beweisen, [C 4r:] denn wie wir durch die sFnde oder vngerechtigkeit den ewigen todt verdienet vnd bekommen, also musten wir auch durch die gerechtigkeit das ewige leben oder die seeligkeit bekommen. Mehr, sage ich, kan Funck mit warheit aus diesem spruche nicht schliessen noch folgern, wenn er sich gleich zu todt daruber hermet.168

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Vgl. Anm. 157. Von der Gerechtigkeit || wider Osiandrum / nFtzlich || zu lesen. || Durch Math. Flacium Jllyr. || ... || [Magdeburg: Christian Rödinger d.Ä,, 1552] (VD 16 F 1538). 164 getadelt, attackiert. Vgl. Art. beiszen 4), in: DWb 1, 1400f. 165 hier: widerlegt, überwunden. 166 widerlegen. Vgl. Art. verlegen 3), in: DWb 25, 758. 167 Vgl. Eph 2,1. Vgl. Funck, Wahrhaftiger und gründlicher Bericht (1553), J 2v, unsere Ausgabe Nr. 13, S. 759,22. 168 grämt, bekümmert. Vgl. Art. härmen 1), in: DWb 10, 482. 163

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Zum andern setzet169 er diesen sch=nen Paralogismum, seinen jrthumb damit zu schmFcken:g Was vns lebendig vnd gerecht machet ist das leben vnnd gerechtigkeit. Gott machet vns allein in Christo lebendig. Derhalben, so ist alleine Gott inn dem Menschen Christo das leben vnd gerechtigkeit.170 Es folget171 aber nicht (wie jtzt gemelt), denn eben also wil vnd kan ich auch beweisen, das M. Funck weder ohren, augen, verstandt noch leben habe: Was vns ohren, augen, verstandt vnd leben schaffet, das hat gewislich gesicht, augen, geh=r, verstandt vnd leben. Gott schaffet allein in vns das leben, augen, geh=r, verstandt, iuxta illud, non ipsi fecimus nos. Darumb, so hat Gott allein leben, geh=r, verstandt, gesicht, augen, oren etc. vnd Funck hat weder oren, nasen, augen, verstant noch leben. Aliud simile. Omnis homo est mortalis. Tantum animal rationale est homo. Ergo tantum animal rationale est mortale. Zum dritten spricht Funck: „der Herr“, das ist, das wesen Gottes, „ist vnser leben“, Deute. xxx,172 darumb ist er auch vnsere gerechtigkeit.173 Antwort: Wenn der Funck nur einen funcken nicht geistliches, sondern nur fleischliches verstands hette, so solte vnd k=nte er sehen aus dem gantzen text, ja klar mercken vnd greiffen,174 das alda nicht gesagt wirdt, das das G=ttliche wesen vnd vnser leben ein ding seindt, sondern das Gott ein vrsach ist des lebens. Denn Moses spricht alda mit klaren worten: „Der herr ist dein [C 4v:] leben vnd die lenge deiner tage, auff das du wonest in diesem verheissenem lande etc.“175 Nu weis ja auch ein kindt, das das wesen Gottes nicht die lenge oder kFrtze sey eines menschen tage oder lebens, sondern man mus an diesem ort Mosen also verstehen vnd auslegen, das Gott alleine sey der meister oder vrsacher, der do kan verschaffen, das wir menschen lange leben oder bald sterben. Besihe, lieber Christ, den text selber vnd halte jn vleissiglich zusamen; du wirst gewislich bald sehen vnd sagen mFssen, das Funck die rechte, ware vnnd klare meinung der h. schrifft mutwilliglich176 verkeret.

g

Konjiziert aus: schmckFen.

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verwendet. Vgl. Funck, Wahrhaftiger und gründlicher Bericht (1553), J 3r, unsere Ausgabe Nr. 13, S. 760,2–4. 171 ist kein logischer Schluss. 172 Vgl. Dtn 30,6.16.20. 173 Vgl. Funck, Wahrhaftiger und gründlicher Bericht (1553), J 3r, unsere Ausgabe Nr. 13, S. 760,10. 174 erkennen, begreifen. Vgl. Art. greifen II.B.1), in: DWb 9, 25f. 175 Vgl. Dtn 30, 20. 176 aus frevelhaftem Eigensinn. Vgl. Art. mutwillig 3), in: DWb 12, 2835f. 170

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Solcher offentlicher sycophantischer177 vnd teufflischer allfantzerey178 vnd bubenstFcke gebrauchet auch Osiander sehr viel, als sonderlich in dem spruch j. Cor. j: „Christus ist vns gemacht zur weisheit, gerechtigkeit, heiligung vnd erl=sung.“179 Dieses wollen sie kurtzumb nicht effectiue, sondern substantialiter verstehen; nicht das Christus oder der Son Gottes mich heiliget vnnd erl=set, sondern, das das wesen Christi vnd meine erl=sung ein ding seindt, so ich doch wol nimmermehr hette k=nnen erl=set, ja auch nicht geboren werden. Aber das wesen Christi, sonderlich das G=ttliche wesen, bleibet gewis von ewigkeit zu ewigkeit.180 Sihe, seindt das nicht offentliche, boshafftige vnd mutwillige verfelscher Gottes worts, so weis ich bey meinem lieben Gott nicht, was doch wol mFgen verfelscher sein oder genennet werden? Zum vierden argumentirt Funck also: was vns treibet, das wir wollen vnd thun, was recht ist, das ist gerechtigkeit. Gott treibet vns recht zu thun, darumb ist er vnser gerechtigkeit.181 JA, lieber Funck, beweise erst klar diesen deinen Philosophischen grundt aus h. G=ttlicher schrifft, das vnser gerechtigkeit sey das, so vns treibet, recht zu thun, [D 1r:] vnd nicht das „recht thun“ oder „recht leben“ selbst, wie wir oben vnd sonst an vielen orten beweiset haben. Es ist auch von diesem argument gnug bis hieher gesaget worden wider die t=lpische definition der gerechtigkeit Osiandri. Zum fFnfften, was den spruch Pauli Philip. iij. belanget, do Paulus nicht seine, sondern Christi gerechtigkeit haben wil,182 erkleret sich S. Paulus bald in volgenden worten selbst, was er fur eine gerechtigkeit meine, als nemlich: Christum erkennen vnnd teilhafftig sein der krafft seines leidens vnd aufferstehens.183 Zum sechsten zeugt er an den spruch Christi: „Niemandt ist guth, denn Gott alleine“,184 welcher spruch eigentlich das in sich helt vnd von Christo dahin geredt vnd gemeinet wirdt, das Gott ein brun,185 quel vnd vrsprung sey alles guten, so in der welt ist oder erfunden186 mag werden. Es folget aber noch nirgent nicht daraus, das die h. menscheit Christi nicht guth sey. Jtem: das der

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verleumderischen. Vgl. Art. sycophanta, in: Georges II, 2988. Nichtsnutzigkeit. Vg. Art. Alfanzerei, in: DWb 1, 205. 179 Vgl. I Kor 1,30. 180 Osiander zitierte I Kor 1,30 häufig, um seine Argumentation zu stützen. Vgl. die zahlreichen Belegstellen im Register zu OGA 10, S. 1026. Auch Funck rekurrierte immer wieder auf diese Stelle. Vgl. Funck, Wahrhaftiger und gründlicher Bericht (1553), J 1v, J 2r, J 3r u. öfter, unsere Ausgabe Nr. 13, S. 759,6f; 759,2, 760,21 u. öfter 181 Vgl. Funck, Wahrhaftiger und gründlicher Bericht (1553), J 3r, unsere Ausgabe Nr. 13, S. 760,12f. 182 Vgl. Phil 3,9. Zitiert bei Funck, Wahrhaftiger und gründlicher Bericht (1553), J 3r, unsere Ausgabe Nr. 13, S. 760,16–19. 183 Vgl. Phil 3,10. 184 Vgl. Mt 19,17; Mk 10,18; Lk 18,19. Zitiert bei Funck, Wahrhaftiger und gründlicher Bericht (1553), J 3v, unsere Ausgabe Nr. 13, S. 760,22. 185 Hendiadyion: Quelle. Vgl. Art. Brunn, in: DWb 2, 431f. 186 gefunden. 178

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theure, werde187 vnd edle schatz des gehorsams, leiden vnd sterbens Christi nicht guth sey. Zum letzten setzet er ein argument, darauff er sehr pochet vnd ein gewonnen spiel zu haben gedencket. Denn er helt die vier ding gegen einander, als do seindt sFnde vnd gerechtigkeit, der todt vnd das leben. Nu spricht er, mus je die gerechtigkeit die sFnde oder vngerechtigkeit vberwinden vnd verschlingen. Weiter gibt er fFr,188 die sFnde sey gr=sser denn die gantze welt, darumb, sol die gerechtigkeit die sFnde verschlingen, mus sie noch gr=sser vnd mechtiger sein, das ist, vnendlich vnd Gott selbst etc.189 Malet vnd beschreibet die sFnde vnd gerechtigkeit also, als werens zwe grosse Walfische oder thier, derer eines das ander verschlingen mFste. Auff diese weise kan er sehr leichtlich gewinnen, denn die gantze weite welt ist ja gros. Nu hat die sFnde [D 1v:] die gantze weite welt verschlungen. Darumb mus volgen, das die sFnde vberaus einen grossen bauch mus haben, wo werden aber in des jhre fFsse stehen, wo wird der kopff bleiben? etc. Sol aber die gerechtigkeit ein solch gros thier (welchs ist die sFnde) verschlingen vnnd vberwinden, hilff, liber Gott, wie ein gros maul, bauch vnd leib mus darzu geh=ren. Derhalben mus die gerechtigkeit ein vnendtlich dingk vnd also Gott selbst sein. Sihe, also narren190 vnd schwermen191 die Osiandrische G=tter in Preussen.192 Man sol aber hierwider wissen, das sFnde vnd gerechtigkeit, todt vnd leben nicht vier grosse kerle oder riesen, oder grosse thier oder Walfische seindt, derer eine die ander auffrisset vnd verschlinget, sondern also soll man den handel kurtz einnemen193 vnd verstehen, wie es Paulus j. Cor. xv. erkleret, da er spricht, der todt sey mechtig vmb der sunde willen; die sFnde aber habe jre gewalt aus dem gesetze.194 Das ist, das gesetz gebieret oder verursachet sie sFnde oder vngerechtigkeit (Denn wo kein Gesetz nicht ist, da ist auch keine sFnde); die sFnde aber verursachet den todt. Wer nu wil die zwey grausame meerwunder,195 das ist, die sFnde oder vngerechtigkeit vnd den todt, vberwinden, fressen oder verschlingen, der bedarff darzu keiner scharffen

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wertvolle. behauptet er. 189 Vgl. Funck, Wahrhaftiger und grümdlicher Bericht (1553), J 3v–J 4r, unsere Ausgabe Nr. 13, S. 761,14–18. 190 närrisch betragen sich. Vgl. Art. narren 1), in: DWb 13, 366. 191 Sowohl als Verb wie auch als Substantiv („Schwärmer“) gern und häufig gebrauchte schimpfliche Bezeichnung Luthers, um Gegner als Ketzer und irregeleitete Unruhestifter zu diskreditierten. Vgl. Diekmannshenke, Schlagwörter der Radikalen, 337–340. 192 Vgl. Wider die G=tter in || Preussen. Das nur eine einige || wesentliche gerechtigkeit Gottes sey / || die nemlich / so inn den Zehen || geboten offenbaret ist || Ein kurtzer / heller vnnd klarer bericht || von verdienst vnd gerechtigkeit Christi. || Durch M. Fla. Jlly. || ... || [Magdeburg: Michael Lotther, 1552] (VD 16 F 1560). S. dazu Wengert, Defending faith, 123–126. 193 bedenken. Vgl. Art. einnehmen 7), in: DWb 3, 238f. 194 Vgl. I Kor 15,56. 195 Hier polemisch: Fabelwesen. Vgl. auch Art. Meerwunder, in: DWb 12, 1862f. 188

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zene oder grossen bauch, wie der tolle196 Funck fast197 schwermet, sondern er mus hingehen zum ersten heubtman, brun oder quell alles jamers, das ist, zum Gesetze, vnd den zum ersten schlagen oder vberwinden. Wenn er solchs nu ausgericht, so ist darnach mit den andern zweien leichtlich zu handeln oder zu streiten. Wie kan man aber das Gesetz schlagen? Antwortet, der es selbst versuchet hat, Matth. v: Man mus es mit einer volkomenen, vberflFssigen gerechtigkeit198 des gehorsams erfFllen vnd bezalen. Denn Himel vnd Erden werden ehe vergehen, denn ein punctlein vom Gesetze etc.199 [D 2r:] Tolle primum causam et sic tollitur effectus. Die sFnde vnd todt seindt gleich als Drabanten200 vnd knechte des Gesetzes. Wiltu nu der Scharganten201 vnd Stockmeister los sein, so richte von erst deine sache recht aus mit dem Herrn, das ist, mit dem Gesetze Gottes. Vnd auff solche weise hat auch Christus die sFnde oder vngerechtigkeit vnnd den todt geschlagen, verschlungen vnd vns daruon erl=set, nemlich: das er (der herr Christus) dem Gesetze mit der gerechtigkeit seines gehorsams im thun vnd leiden fur vns auffs aller reichste vnd vberflFssigste hat bezalet vnnd es erfFllet, wie auch oben im andern Funckischen grundt ist angezeiget worden. Bisdoher habe ich von den Sophistischen202 vnnd t=lpischen argumenten des Funckens nach der lenge gehandelt, nu wil ich auch ghar wenig von den zeugnissen der Veter reden: Er zeucht Irenaeum an, lib. 4. contra haeres. cap. 27.203 Nu ists je gewislich war, das Irenaeus in diesem vnd vorgehenden capittel klar vnd ausdrFcklich die volkomene gerechtigkeit setzet in einen rechten glauben, ins thun die gebot Gottes, vnd sich darwider nichts lassen gelFsten. Hieraus folget nu vnwidersprechlich, das Funck diesem lehrer gewalt vnd vnrecht thut, vnd zeucht jn an wider sein eigen gewissen. Was weiter die sprFche belanget, so Funck aus etlichen andern scribenten, sonderlich aber aus Augustino vnd Luthero anzeucht,204 achte ich, es sey nicht von n=ten, darauff zu antworten Denn, das ich der andern geschweige, jch habe zum teil in meiner grossen Verlegung,205 zum teil in einem sonderlichem 196

verrückte. sehr, so überaus. 198 Vgl. Mt 5,20. 199 Vgl. Mt 5,18. 200 Diener. Vgl. Art. Trabant 5.c), in: DWb 21, 949f. 201 Büttel, Gerichtsdiener, Henkersknechte. Vgl. Art. Schergant, in: DWb 14, 2584. 202 haarspalterische, wortverdreherische. Der antiken Philosophenschule der Sophisten haftete der Ruf an, nach Interessenlage und ohne Rücksicht auf die Wahrheit zu argumentieren. Vgl. Lepp, Schlagwörter, 83f. 203 Vgl. Funck, Wahrhaftiger und gründlicher Bericht (1553), J 4r, unsere Ausgabe Nr. 13, S. 761,26. 204 Zu Augustinus vgl. Funck, Wahrhaftiger und gründlicher Bericht (1553), K 1v–K 3r, unsere Ausgabe Nr.13, S. 764; zu Luther vgl. ebd., L 4v–M 2r, S. 774–776. 205 Vgl. Anm. 84. 197

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Nr. 14: Flacius, Verlegung des Berichts Hansen Funcks (1554)

[sic] bFchlein206 Lutheri vnd Augustini klare sprFche angezogen,207 darinne sie auffs deudtlichste zum offter mahl Osiandri meinung verwerffen, vnd sagen dargegen mit offentlichen ausgedruckten wor-[D 2v:]ten, das wir nicht durch die wesentliche gerechtigkeit Gottes, damit er gerecht ist, gerecht sein vnd seelig werden, sondern die gerechtigkeit Gottes, damit wir gerechtfertiget werden, heisse darumb „die gerechtigkeit Gottes“, das er sie in vns schaffe oder wircke vnd vns schencke als das heil Gottes, der glaub Christi etc. Weil nu die Osiandristen durch solche offentliche gezeugnis auch zum wenigsten nur nicht dahin k=nnen gebracht werden, das sie doch auffh=reten, dieselbigen zwene lehrer fur sich felschlich anzuziehen, so ist hieraus mehr denn klar, das sie in einen verkarten sinn seindt geraten oder gegeben vnd jhre jrthumb widder jhr eigen gewissen zu jhrem vnd vieler leute ewigem verderben, womit sie nur k=nnen, verteidingen oder besch=nen. Wolan, bete Gott, wer nur beten kan, widder den hundtartzt,208 seine Propheten vnd G=tter, die so meisterlich von der inwonung Gottes schwermen. Es solten aber die Kirchen in Preussen billich ein wenig mehr Gott, die ware Religion vnd jre ewige seeligkeit lieben, denn das sie einem amechtigen hundtartzt gestateten, rechtschaffene lerer, leser209 vnd Prediger nach seinem wolgefallen abzusetzen vnd andere tolle schwermer an jre stadt mit gewalt einzudringen.210 Denn die schlFssel seindt ja der Kirchen Gottes vnd nicht dem hundtartzt beuolen. Wenn nu die schaffe Christi also leichtfertig jnen lassen die rechtschaffene Hirten oder Prediger hinweg treiben vnnd dafur reissende Wolffe eindringen,211 so ists zumal ein b=se zeichen. Gott erbarme sich vber die seinen gnediglich. Amen. FINIS.

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Eventuell bezieht sich Flacius hier auf: Tr=stliche Gegen= || sprüch des Ernwirdigen Her= || ren Doctoris Martini Lutheri / vnd || Matthie Illyrici / wider des Ra= || be Osiandri Prima= || rij spruch. || [Wittenberg: Hans Lufft, 1552] (VD 16 L 3477). 207 zitiert. Vgl. Art. anziehen 5), in: DWb 1, 528. 208 Andreas Aurifaber. Vgl. Anm 72. 209 Universitätslehrer. Vgl. Art. Leser 2), in: DWb 12, 787. 210 Andreas Aurifaber besaß aufgrund seiner Stellung als Leibarzt und Privatsekretär des Herzogs bei diesem eine besondere Vertrauensstellung und trat bei Herzog Albrecht unermüdlich für die Lehre Osianders ein. Er nutzte seinen Enfluss, um Albrecht weiter gegen Osianders Gegner einzunehmen. Darum unterstellte man ihm wohl nicht zu Unrecht, an Entlassungen von Gegnern Osianders (Mörlin z. B. wurde im Februar 1553 aus seinem Amt entfernt, vgl. Anm. 42) maßgeblich beteiligt zu sein. Vgl. Fligge, Osiandrismus, 154–156. 211 Vgl. Mt 7,15.

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Bayerische Staatsbibliothek München, Signatur 4 Liturg. 1

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Abschied Des Durchleuchtigsten Hochgebornen FFrsten vnnd Herrn / Herrn Albrechten des Eltern / Marggraffen zu Brandenburg / in Preussen / etc. Hertzogen etc. dar= nach sich alle vnnd jedere jhrer F. G. FFrsten= thumbs Pfarherrn vnwegerlich hal= ten sollen. Gegeben zu Königßperg den 24. Septembris im 1554. Jar.

Nr. 15: Abschied Herzog Albrechts (1554) – Einleitung

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Einleitung 1. Historische Einleitung

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Schon im Jahr 1551 sah sich Herzog Albrecht erstmals genötigt, wenn auch noch anonym, mittels eines veröffentlichten Bekenntnisses deutlich zu machen, dass das Herzogtum Preußen nicht von der Confessio Augustana abgefallen sei.1 Seit 1552 arbeitete der Herzog weiter an diesem Bekenntnis. Der Gedanke war dabei, sein persönliches Bekenntnis zu einer allgemeinen Confessio weiter zu entwicklen, auf deren Grundlage die preußische Kirche wieder geeint werden könnte.2 Johann Brenz erhielt eine erste Fassung der Schrift schon im April 1553 zur Einsichtnahme.3 Später bat Andreas Aurifaber um die Meinung von Brenz, damit das Bekenntnis mit einer Vorrede von ihm veröffentlich werden könne. Im September teilte der Württemberger Reformator daraufhin dem preußischen Herzog mit, dass er das Bekenntnis, mit Anmerkungen versehen, an Herzog Christoph von Württemberg gesendet habe. Dieser wiederum habe es für sinnvoll erachtet, das Exemplar an Philipp Melanchthon weiterzuleiten. Denn es bestand bei den Württembergern und bei Herzog Albrecht zu diesem Zeitpunkt die Hoffnung, dass Verhandlungen zwischen Melanchthon und Brenz den Streit um die Rechtfertigungslehre Osianders beenden könnten.4 Herzog Christoph unterstützte die Maßnahmen zur Wiederherstellung der Lehreinheit in Preußen nach Kräften. Im Mai 1554 entsandte er daher den Tübinger Theologieprofessor Dr. Jakob Beurlin und den herzoglichen Rat Dr. Rupert Dürr nach Preußen, um zwischen den Streitparteien zu vermitteln.5 In der Zwischenzeit hatten durch die Kritik des neu ernannten Präsidenten des Samlandes, Johann Aurifaber, an dem Bekenntnis6 weitere Verhandlungen stattgefunden, so dass bei Ankunft der Württemberger Gesandten zwei weitere Fassungen vorlagen,7 deren letzte von den Württembergern mit

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Bekentnus: einer || Christlich) person: || welche ein zeitlang / mit vn= || grund beschüldiget / als solt || sie / von dem Leiden / Sterben / v] Blutuer= || gissen vnsers HERRN Jesu Christ || nicht recht halten / Gebets weiss ge= || stellet / ... || [Königsberg: Hans Lufft, 1551] (VD 16 B 1535); es erschienen 1551/52 noch zwei weitere Auflagen dieser Schrift (VD 16 B 1536f). Zu den diversen Bekenntnisschriften des Herzogs vgl. auch Spitta, Bekenntnisschriften. 2 Vgl. Fligge, Osiandrismus, 216. 3 Vgl. Johann Brenz an Herzog Albrecht von Preußen. 16. April 1553, in: Anecdota Brentiana Nr. 193, S. 365f (366); Spitta, Bekenntnisschriften, 24f; die erste Fassung ist abgedruckt bei Spitta, Bekenntnisschriften, 30 –41. 4 Vgl. Johann Brenz an Herzog Albrecht von Preußen. 28. September 1553, in: Analecta Brentiana Nr. 11, S. 272f (272); Fligge, Osiandrismus, 220. 5 Vgl. Fligge, Osiandrismus, 229–256. 6 Das Schreiben Aurifabers ist abgedruckt bei Spitta, Bekenntnisschriften, 61–75. 7 Die beiden Dokumente sind abgedruckt bei Spitta, Bekenntnisschriften, 41–61 (zweite Fassung), 85–101 (dritte Fassung).

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Nr. 15: Abschied Herzog Albrechts (1554) – Einleitung

den Theologen der Stadt Königsberg, den Ratgebern Herzog Albrechts und dem Herzog selbst intensiv diskutiert wurde. Das Resultat dieser Beratungen war die Fassung vom 13. Juli 1554,8 die im Juli/August von den Württembergern, Johann Aurifaber sowie von den bisherigen Königsberger Gegnern Osianders, Georg Venediger und Peter Hegemon, approbiert wurde.9 Damit schien ein Erfolg für den Herzog in greifbare Nähe zu rücken. Währenddessen zerschlugen sich die Hoffnungen auf eine Zusammenkunft von Brenz und Melanchthon.10 Der Wittenberger Theologe lehnte dies nämlich ab, ebenso verweigerte er die Approbation des herzoglichen Bekenntnisses. Denn er befürchtete das Entstehen weiterer Streitigkeiten.11 Brenz hingegen griff die Intention des Herzogs auf, die dieser mit dem Bekenntnis verfolgte. Der Württemberger Theologe schlug Herzog Albrecht vor, das Bekenntnis durch die preußischen Theologen bestätigen zu lassen, damit es danach gedruckt werden könne. Durch die Herstellung der Einheit unter den preußischen Theologen auf der Basis des herzoglichen Bekenntnisses könne es gelingen, weitere mögliche Angriffe auf die Lehre Osianders, insbesondere durch Joachim Mörlin, zu unterbinden.12 Herzog Albrecht berief daraufhin die Theologen seines Landes für den 2. September 1554 zu einer Synode nach Königsberg. Die Verhandlungen zwischen den Württemberger Gesandten und den preußischen Theologen während der Synode brachten einzig die Erkenntnis, dass die überragende Mehrheit der preußischen Theologen weiterhin auf der Durchführung („Execution“) der Maßgaben bestanden, die in den 1551 eingeholten Gutachten zu Osianders Bekenntnis „Von dem einigen Mittler“ mitgeteilt worden waren. Mehr noch, die Synode wurde gleich zu Beginn gesprengt, da die Osiandergegner dessen Anhänger unter der Theologenschaft von den Beratungen ausschlossen13 und die Forderung erhoben, dass alle Schriften Osianders, Johann Funcks, Johann Eichhorns und Herzog Albrechts „Ausschreiben“ aus dem Jahr 155314 verbrannt werden sollten.15 Außerdem stellten sich die 8

Diese Fassung ist abgedruckt bei Spitta, Bekenntnischriften, 101–125. Vgl. Fligge, Osiandrismus, 234, 238. 10 Vgl. Johann Brenz an Herzog Albrecht von Preußen. 23. Juni 1554, in: Analecta Brentiana, Nr. 18, S. 289f. 11 Philipp Melanchthon an Herzog Albrecht von Preußen. 24. August 1554, in: CR 8, Nr. 5655, Sp. 332f., bes. 333 (MBW 7268). Die Datierung erfolgt nach MBW; das CR gibt den 20. August 1554 als Abfassungsdatum an. 12 Vgl. Johann Brenz an Herzog Albrecht von Preußen. 23. Juni 1554, in: Analecta Brentiana, Nr. 18, S. 289f. 13 Vgl. Fligge, Osiandrismus, 240. 14 Vgl. VON Gottes Gnaden Vnser || Albrecht) des Eltern / Marggraffen zu Bran || denburg / in Preussen / zu Stettin ... || Hertzogen / || Burggraffen zu N=renberg vnd || FFrsten zu Rugen etc. || Ausschreiben || An vnsere alle liebe getrew) vnd || Landschafften ... || dari] grFnd || lich vnd =rdentlich / wie sich die ergerliche zwispalt || vber dem Artickel von vnser armen SFnder Recht= || fertigung / vnd warer ewiger Gerechtigkeit / erha= || ben / vnd was wir vns mit grossen sorgen einigkeit || zumachen / bemFhet / dargethan ... || [Königsberg: Hans Lufft, 1553] (VD 16 P 4780). 15 Vgl. Fligge, Osiandrismus, 243. 9

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Württemberger Vermittler im Verlauf der Gespräche auf die Seite der Gegner Osianders und wurden damit selbst Teil einer Streitpartei.16 Diese Entwicklungen und Forderungen stellten für den Herzog eine unannehmbare Zumutung dar. In dieser Situation sah er sich genötigt, die Synode aufzulösen und tat dies am 24. September 1554 mit dem hier edierten Abschied. 2. Der Autor

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Herzog Albrecht17 war zunächst an den Beratungen mit den Württemberger Theologen über sein Bekenntnis intensiv beteiligt. In diesen Gesprächen wies er darauf hin, dass er von den Positionen, die er in den 1551/52 veröffentlichten Bekenntnissen sowie in seinem 1553 publizierten „Ausschreiben“ vertreten hatte, nichts zurücknehmen könne, da dies sonst den Anschein erwecke, als würde er widerrufen.18 Durch die eigenen Veröffentlichungen hatte sich der Herzog für ihn deutlich wahrnehmbar in eine problematische Lage gebracht. Denn zum einen war er auf diese Weise Teilnehmer und Partei in der theologischen Kontroverse geworden. Er konnte nicht länger glaubwürdig kommunizieren, dass seine Maßnahmen und Äußerungen auf Vermittlung zielten. Zum anderen hatte er in und mit seinen Publikationen einer ‚Öffentlichkeit‘ seine Argumentationslinien präsentiert, die für ihn schließlich unhintergehbar wurden, je erbitterter die Kontroverse geführt wurde. Denn jegliche Kompromissbereitschaft oder von ihm geduldete Beanstandung an Osianders Lehre von der Rechtfertigung, wäre ihm 1554 als ein Widerruf und damit als ein Schuldeingeständnis ausgelegt worden, was einen für ihn nicht tolerablen Angriff auf seine persönliche Integrität und seine herzogliche Reputation bedeutet hätte. Insofern war es aus seiner Sicht eine logische Konsequenz, wenn er die württembergischen Gesandten nicht länger an seinen Beratungen teilhaben ließ, als diese für die Positionen der Gegner Osianders Partei ergriffen.19 3. Inhalt

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Der Abschied hebt zunächst hervor, dass die Pfarrer des Herzogtums auf der Befolgung der kirchlichen Gutachten, die als Antwort auf Osianders Bekenntnis „Von dem einigen Mittler“ nach Preußen gesendet worden seien, bestanden und schließlich ihn, den Herzog, um eine Entscheidung ersucht hätten.

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Vgl. Acta Prutenica cum Wirtenbergensibus legatis. 1554, in: Analecta Brentiana, Nr. 19, S. 290–311; sowie die Briefe der Gesandten und der Brief Johann Funcks an Herzog Albrecht im Herbst 1554, ebd., Nr. 20 –22, S. 311–314. 17 Zu ihm vgl. die Einleitung zu Nr. 4, S. 119f. 18 Vgl. Fligge, Osiandrismus, 232f. 19 Vgl. Fligge, Osiandrismus, 246f.

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Darum befiehlt der Herzog, dass alle Pfarrer seines Landes entsprechend der Lehre der „Declaratio“ und der „Confessio“ der württembergischen Theologen lehren und predigen sollen. Diese Dokumente folgten nämlich der Lehre Luthers, des Urbanus Rhegius, des Antonius Corvinus und Melanchthons. Zum Vorbild ihrer Gemeindeglieder sollen die Pfarrer zukünftig alle Streitigkeiten unterlassen. Die Präsidenten, Achidiakone und Archipresbyter werden aufgefordert, die Pfarrer dahingehend zu beaufsichtigen und Verstöße gegen das Gebot, Einheit und Frieden zu wahren, zu melden, um diejenigen bestrafen zu können, die sich diesem Gebot widersetzen. Der Herzog behält es sich außerdem vor, gegen Angriffe gegen seine Person vorzugehen. Entsprechend dieser Anordnungen sollen sich alle verhalten und in ihre Gemeinden zurückkehren.

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4. Ausgaben Nachgewiesen werden können zwei deutsche und eine lateinische Ausgabe: A:

Abschied || Des Durchleuchtigsten Hochgebornen FFrsten vnnd || Herrn / Herrn Albrechten des Eltern / || Marggraffen zu Brandenburg / in || Preussen / etc. Hertzogen etc. dar= || nach sich alle vnnd jedere || jhrer F. G. FFrsten= || thumbs Pfarherrn || vnwegerlich hal= || ten sollen. || Gegeben zu Königßperg den 24. || Septembris im 1554. Jar. [Nürnberg: Georg Merckel] (VD 16 P 4777)

Vorhanden in: BERLIN, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz: 2 an: Dm 1 R; Sz 4484 a MÜNCHEN, Bayerische Staatsbibliothek: 4 Liturg. 1 [benutztes Exemplar] REGENSBURG, Staatliche Bibliothek: 999/4Theol.syst.855(4) WITTENBERG, Reformationsgeschichtliche Forschungsbibliothek: Kn A 178/1164 WOLFENBÜTTEL, Herzog August Bibliothek: 106.1 Quod.(9); 198.14 Hist.(80); 523.22 Theol.(8) WÜRZBURG, Universitätsbibliothek: an: Germ.247 B:

Abschied || Des Durchl(uchtig || sten Hochgebornen FFrsten vnnd || Herrn / Herrn Albrechten des Eltern / || Marggraffen zu Brandenburg / in || Preussen etc. Hertzogen etc. dar= || nach sich alle vnnd jedere || jhrer F. G. FFrsten= || thumbs Pfarherrn || vnwegerlich hal= || ten sollen. || Gegeben zu Königßperg den 24. || Septembris im 1554. Jar. || Gedruckt zu K=nigsperg in Preussen durch Johann || Daubman / Anno 1554. den || 27. Septembris. (VD 16 P 4776)

Vorhanden in: BERLIN, Staatsblitothek Preußischer Kulturbesitz: Sz 4483 a

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DRESDEN, Sächsische Landes- und Universitätsbibliothek: Hist.Pruss. 193,misc. 2; Hist.Pruss. 206,2 ROSTOCK, Universitätsbibliothek: Jb 1140 WIEN, Österreichische Nationalbibliothek: 20.Dd.496 WITTENBERG, Reformationsgeschichtliche Forschungsbibliothek: LC465/30 WOLFENBÜTTEL, Herzog August Bibliothek: 216.13 Theol.(11); 240.15 Quod.(1) C:

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Recessus || Illustrissimi || Principis ac Domini, || Domini Alberti Senioris, Marchionis || Brandenburgensis, Prussiae, etc. Ducis, etc. || cui sine recusatione, omes et sin= || guli Ditionis ipsius Parochi || obediant. || Promulagtus Konigsperg#, || XXIIII Septembris. || Anno || M.D.LIIII. || Excusum Regiomonte || Prussi#, in officina Ioannis || Daubmanni. || (VD 16 P 4778).

Vorhanden in: COBURG, Landesbibliothek: P I 5/34:14 LEIPZIG, Universitätsbibliothek: St.Nicolai.628/5 MÜNCHEN, Bayerische Staatsbibliothek: 4 Hom. 47#Beibd.1 WIEN, Österreichische Nationalbibliothek: 79.W.71

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[A 2r:] Abschied. Es haben sich die Pfarhern zu erinnern, welcher gestalt sie von vns, vnsere Christliche Confession1 zu erwegen vnd wie sie vnstreflich zu approbiren, darnach auch der selben gemes zu lehren, damit widerumb inn vnsern Kirchen ein bestendiger frid auffgerichtet, her gefordert2 vnd verschrieben3 sein. Solchem aber vnserm Christlichem begern vnd wolmeinen verschiener zeyt, vber vnser manigfaltig ansuchen keine volge gethan, sondern allein, das nach ergangenen Iuditijs [sic] Ecclesiarum4 exequiret wFrdt, gestritten vnd demnach vmb einen Abschied vns vnderthenigklich ersuchen vnd bitten lassen. Befelen wir derhalben hiemit, ernstlich gebietend, allen vnd jeden vnsern Pfarhern, dasa sie forthin der Wirtenbergischen Kirchen Confession, Declaration5 vnd derselbigen Lehr sich gemeß verhalten, sintemal6 dieser handel von der Rechtfertigung, so inn vnsern Landen ent-[A 2v:]standen, darinnen grFndlich expliciret wirdt vnd der Augspurgischen Confession gantz vnd gar nicht zu wieder ist. Vnd lehren in allen vnsers Fürstenthumbs Pfarren, Vniuersitet vnd Schulen: Erstlich von des armen SFnders rechtfertigung fFr Gottes Gerichte verm=ge7 der Epistel Sanct Pauli zun R=mern. Nemlich, das die vergebung der SFnde, durch vnsers Herrn Jhesu Christi bitter leiden vnd sterben erworben, des armen SFnders Gerechtigkeyt sey fFr Gottes Gerichte, so ers mit glauben annimbtb. Darnach, wie die, so mit Gott also vers=net vnnd Gerechtfertiget seind, auch sollen vernewert werden, jhr leben nach allen Gebotten Gottes zu richten,

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B: dz. B: annimpt.

Herzog Albrecht verfasste wohl zu Beginn des Jahres 1553 ein eigenes Bekenntnis, das Brenz und auch auch Melanchthon begutachten sollen. Brenz approbierte Albrechts Confessio, während Melanchthon ein Urteil verweigerte. Vgl. Fligge, Osiandrismus, 204, 208, 216, 218–221, 228, 230, 234f, 238f, 241f, 246, 249f, 254, 257f; Johann Brenz an Herzog Albrecht von Preußen. 16. April 1553, Anecdota Brentiana Nr. 193, S. 365f (366); Philipp Melanchthon an Herzog Albrecht von Preußen. 24. August 1554, in: CR 8, Nr. 5655, Sp. 332f., bes. 333 (MBW 7268). Die Datierung erfolgt nach MBW; das CR gibt den 20. August 1554 als Abfassungsdatum an. 2 Für den 2. September 1554 hatte Albrecht alle Pfarrer seines Herzogtums zu einer Synode nach Königsberg bestellt, um dort die Confessio zu approbieren und zu unterzeichnen, die unter Vermittlung der Württemberger Theologen erarbeitet worden war. Vgl. Fligge, Osiandrismus, 240f. 3 brieflich einbestellt. Vgl. Art. verschreiben 3 und 9), in: DWb 25, 1155f, 1159. 4 Herzog Albrecht hatte 1551 Osianders Bekenntnis „Von dem einigen Mittler“ versenden lassen und um die Meinung zahlreicher Theologen aus dem Reich darüber gebeten, die letztlich alle ablehnend antworteten. Vgl. Wengert, Defending Faith, 33 –62; Stupperich, Osiander in Preussen, 206–211. 5 Vgl. unsere Ausgabe Nr. 12, S. 667– 694. 6 weil. 7 gemäß, entsprechend.

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welchs dann geschicht durch Gott Vatter, Son vnd heiligen Geyst, die in den Glaubigen mit aller jhrer Gerechtigkeyt, Heyligkeit vnd Weißheit als jrem Tempel wonen8 vnd sie auch fromb vnd heylig zu machen hie anheben,9 inn jenem leben10 aber volenden vnd in der selben volkommenheit Ewigklich erhalten, [A 3r:] Wie [der] Gotselige D. Luther, Regius,11 Coruinus,12 Philippus, Brentius13 vnd andere von solchen stFcken vnterschiedlich vnnd trewlich gelehret haben, auch solchs weitleufftiger in der obgenanten Wirtenbergischen Confession vnd Declaration zu sehen. Solche Lehr aber dester fruchtbarlicher zu fFren vnd zu pflantzen sollen sie sich fFr vnn=tigen, ergerlichem Lestern vnd einiger Personen iniuriren enthalten vnd der hertzen verbitterigkeyt, jrer lehr nach, hin dan setzen,14 christlich vnter einander, jren Pfarkindern zum Exempel, die sie ohn das zu stiller ruhe vnd friedt zu uermanen schuldig, leben vnnd die Liebe also beweisen, das ein jeder dem andern verzeihe vnd vergebe, wie Christus vns auch thut. Vnd damit solchem trewlich nachgelebet, sollen auch neben den Praesidenten, Archidiaconi, vnd Archipresbiteri auff jhre zugethane Pfarherrn ein fleissig auff sehen haben. Wo einer dieses vnser Gebot bey jm ver(chlich erscheinen lassen vnd jhm kein volge thun wFrde, das er, [A 3v:] nach gestalt der sachen, inn die gebFrliche straff erkennet, erkleret vnnd mit weitern notdFrfftigen15 Excutorialnc,16 Processen, Peenen vnd Bussen wider jnen volnfaren vnd Procediret werde. Zum andern, was die Excutiond belangen thut, haben wir sie bewilliget. Weil aber in luditijs Ecclesiarum die Forma excutionise nicht außgedruckt, w=llen wir auffs f=rderlichst die Ecclesias, sich in diesem stFck auff beide Partheien zu erkleren, ersuchen, was da eintrechtig decernieret, w=llen wir demselben volge thun. Zum letzten: Dieweil sich allerley von etlichen wider vnser Person zugetragen, das wir vns den zuuor ad animum reuociret vnd jtzunder auch nichts wenigers, wo sich jemands wider diesen Abschied anders denn gebFret einlassen wFrde, w=llen fFrbehalten haben.

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B: Executorialn. B: execution. B: executionis.

Vgl. I Kor 3,16. beginnen. 10 im Jenseits. 11 Urbanus Rhegius. 12 Antonius Corvinus. 13 Johannes Brenz. 14 hintan setzen = zurück stellen. 15 erforderlichen, notwendigen. Vgl. Art. nothdürftig 1.a), in: DWb 13, 928. 16 Prüfungen, Landesverweisungen. Vgl. Art. excutio, in: Georges I, 2536f. 9

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Hiemit w=llen wir vnsern Pfarhern jhren abschied Gnedigst geben haben vnd sich widerumb zu jhren Kirchen zu uerfFgen erlaubet, ernstlich gebietent, ohn lengern verzug vnd wegerung solchem nach zu kommen vnnd darinn nicht ferner vngehorsam noch seumig erscheinen. Daran thut jr vnser zuuerlessige meinung. [A 4r:] Gedruckt zu K=nigßperg in Preussen durch Johann Daubman,17 Anno 1554, den 27. Septembris. Nachgedruckt auffs treulichst zu NFremberg durch Georg Merckel18 auffm newen baw bey der KalckhFtten.19

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Hans Daubmann, ngw. 1545–1573, vgl. Reske, Buchdrucker, 484f,679f. Georg Merkel, ngw. 1552–1563, vgl. Reske, Buchdrucker, 684f. Druckort.

Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel: 79.L.81

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Das das thewre Bludt oder gehorsamlich lei= den Christi die ware / rechte / vnd ei= nige Gerechtigkeit sey / dadurch wir fur Gott gerecht / jm wolge= fellig / vnd seelig werden. Geschrieben an F. D. in Preussen / durch Matth. Flacium Jllyricum.

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Roma. 5. Wie durch eines SVNDE / die verdamnis vber alle kommen ist. Also ist durch eines GERECHTJGKEJT die rechtfertigung vber alle kommen. Denn wie durch eines VNGEHORSAM viel SFnder worden seindt. Also werden durch eines GEHORSAM viel gerecht. Alhie siehestu / das der heilige Paulus die SFnde oder vngerechtigkeit Adams / als ein Brun alles b== ses / mit der Gerechtigkeit Christi / als einem Brun al= les gutes vergleichet / vnd erkleret darbey / was die sFn= de oder vngerechtigkeit Adams sey / nemlich sein vnge= horsam / vnd was dargegen die gerechtigkeit Christi sey / dadurch wir seelig werden / nemlich sein ge= horsam. Da hastu es / wiltu es haben / wil= tu aber nicht / so magstu es auch lassen.

Nr. 16: Flacius, Dass das teure Blut Christi die Gerechtigkeit sei (1554) – Einleitung

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Einleitung 1. Historische Einleitung

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Matthias Flacius war seit dem Erscheinen von Osianders Bekennntis „Von dem einigen Mittler“ einer der entschiedensten und literarisch produktivsten Gegner der Rechtfertigungslehre des Königsberger Professors.1 Nach dem Tod Osianders 1552 hatte er ebenso klar gegen Johann Funck Stellung bezogen, der die Lehre Osianders weiterhin verteidigte.2 Aus seinen Bemühungen, Osiander und Funck zu widerlegen, sprach die eindeutige Intention, Herzog Albrecht von Preußen und die anderen Theologen des Herzogtums von der in seinen Augen offenkundigen Absurdität und Widergöttlichkeit der osiandrischen Rechtfertigungslehre zu überzeugen. Würde der Herzog die Partei der Osiandristen nicht mehr unterstützen, könnte deren falsche Lehre rasch verdammt und der Streit beendet werden, so die Ansicht des Flacius. Dies stieß auf Zustimmung in weiten Teilen des Adels, der Geldsammlungen vornahm, damit Schriften des Flacius publiziert werden konnten.3 Und der Hofprediger des Herzogs, Christoph Langner, begann einen Briefwechsel mit dem scharfen Gegner Osianders.4 Durch die Kontakte zu Adligen und zu Theologen in Preußen, war Flacius über die dortigen Geschehnisse bestens unterrichtet, auch über die Verhandlungen mit den Württemberger Gesandten über das Bekenntnis des Herzogs im Sommer und Herbst 1554.5 Berichte aus Preußen werden nicht unwesentlich dazu beigetragen haben, dass sich Flacius mit der hier edierten Schrift, deren Vorwort auf den 1. Oktober 1554 datiert, an den Herzog wendete, um diesen endgültig von einer weiteren Unterstützung der osiandrischen Position abzubringen. Flacius6 hatte Kenntnis von dem herzoglichen Bekenntnis erhalten und zeigte sich mit diesem insofern zufrieden, als dort die Sündenvergebung betont wurde. Dass jedoch Osianders Lehre nicht klar verurteilt wurde, missfiel ihm. Mit der hier edierten Schrift wollte er dem Herzog klare Argumente eben für eine solche Verurteilung liefern. Der Publikationszeitpunkt im Oktober 1554, kurz nach der Veröffentlichung des herzoglichen „Abschieds“, kann wohl kaum als Zufall gedeutet werden.

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Vgl. die mit Gallus gemeinsam publizerte Entgegnung auf Osianders Bekenntnis, unsere Ausgabe Nr. 8, S. 247– 420. Vgl. auch die Veröffentlichung der württembergischen „Declaratio“ samt Vorwort, unsere Ausgabe Nr. 12, S. 667–694. 2 Vgl. Johann Funck, Bericht (1553), unsere Ausgabe Nr. 13, S. 707–784; vgl. Flacius, Verlegung (1554), unsere Ausgabe Nr. 14, S. 795 –818. 3 Vgl. die Einleitung zu Nr. 14, S. 789. 4 Vgl. Fligge, Osiandrismus, 231f. 5 Vgl. Fligge, Osandrismus, 258f. Zu den Verhandlungen der Württemberger in Königsberg vgl. die Einleitung zu Nr. 15, S. 823f. 6 Zu ihm vgl. die Einleitung zu Nr. 8, S. 239f.

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Vielmehr steht zu vermuten, dass die Kontakte zwischen Flacius und den preußischen Gegnern Osianders diese Koinzidenz herbeiführten. In derlei Überlegungen gilt es die Veröffentlichung der „Christlichen Warnung“ durch Flacius zu Beginn des Jahres 1555 mit einzubeziehen,7 in der er sich höchst kritisch mit dem herzoglichen „Abschied“ auseinandersetzte.8 Anhand dieser Beobachtungen rund um die Veröffentlichungen des Flacius („Verlegung“, „Dass das Blut Christi“, „Christliche Warnung“), darf wohl von einer Medienstrategie zur Beeinflussung der ‚öffentlichen‘ Meinung in Preußen gesprochen werden, die vom Verfasser in enger Absprache mit der antiosiandrischen Opposition in Preußen 1553 –1555 verfolgt wurde.

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2. Der Autor Flacius war aufgrund seines entschiedenen, öffentlichkeitswirksamen Widerspruchs gegen das Augsburger Interim10 sowie gegen die Lehre der Wittenberger von den Adiaphora,11 als kompromissloser Verteidiger von Luthers Lehre bekannt geworden. Wenn preußische Adlige im Streit um Osianders Rechtfertigungslehre in der ersten Hälfte der 1550er Jahre weniger die Verbindungen nach Wittenberg nutzten, sondern den Kontakt mit Flacius in Magdeburg explizit suchten, um ihm Informationen zukommen zu lassen und sogar mitzuhelfen, die Drucklegung seiner antiosiandrischen Schriften zu finanzieren, so ließe sich dies als ein Autoritätsverlust der Wittenberger deuten, während der Magdeburger Theologe als Verteidiger lutherischer Positionen deutlich aufgewertet erscheint.

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3. Inhalt Die Schrift besitzt zwei Teile. Sie beginnt mit einem Schreiben des Flacius an Herzog Albrecht von Preußen (A 2r–A 8r). In diesem betont Flacius zunächst die Notwendigkeit, die Wahrheit zu bekennen. Darum habe er nun zusätzlich zu den bereits von ihm publizierten Schriften in der Kontroverse um Osianders Rechtfertigungslehre eine Darstellung über die Bedeutung des Blutes Christi verfasst, da gerade diese von den Gegnern verlästert würde. So wolle er Herzog Albrecht auf die Irrtümer Osianders und seiner Anhänger hinweisen, damit der Herzog sich vor ihnen hüten könne. Flacius nennt dann zwei aus seiner Sicht besonders schwerwiegende Irrtümer: Erstens erwähnt Flacius die Ansicht Osianders, dass Gottheit und Menschheit sich im gerechtfertigten Menschen ebenso verbinden würden, wie in Christus selbst. Zweitens lehre Osianders falsch, wenn er behaupte, 7

Christliche war= || nunge vnd vermanunge || Matthiae Flacij Illyrici an die || Kirche Christi in Preussen den || nechtsen Abschied belan= || gende. || ... || [Magdeburg: Michael Lotther, 1555] (VD 16 F 1302). 8 Vgl. Wengert, Defending faith, 159–161; 414. 10 Vgl. unsere Edition Bd. 1. 11 Vgl. unsere Edition Bd. 2.

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dass das Blut Christi nicht die von Gott dem Menschen zugerechnete Gerechtigkeit sei, da Christi Leiden bereits 1500 Jahre zurückliege. Flacius attackiert daraufhin Johann Funck. Während Osiander noch einen eleganten Sophismus vertreten habe, in dem er zwar die Bedeutung des Leidens und Sterbens Christi für die Gerechtigkeit des Menschen abgestritten, sie aber die Erlösung des Menschen genannt habe, lehre Funck einen ganz groben Irrtum, indem er behaupte, das Leiden und Blut Christi sei völlig unnütz im Rechtfertigungsgeschehen. Flacius führt daraufhin zahlreiche Bibelstellen an, um das Gegenteil zu beweisen und stellt die provokante Frage, ob Christus umsonst gestorben sei. Er bittet den preußischen Herzog, seine Schrift ernsthaft zu bedenken und diese Irrlehren zu meiden. Im zweiten Teil (A 8v–C 8r) stellt Flacius die Bedeutung des Leidens und Blutes Christi für die Rechtfertigung des Menschen dar. Dabei verurteilt er Osiander zunächst dafür, dass er seine Lehre mit Philosophie und weltlicher Weisheit unterfüttere und damit im Gegensatz stehe zu der paulinischen Rede von der Torheit des Glaubens an den gekreuzigten Christus. Doch es gelte die Erniedrigung und Demütigung Christi im Tod zu betrachten. Denn der Gehorsam Christi im Leiden und Sterben bringe den Menschen die Gerechtigkeit und Gerechtsprechung, deren sie aufgrund ihres Ungehorsams dringend bedürften. Dies klinge für Personen, die auf die menschliche Vernunft vertrauen närrisch. Damit bezeugten sie aber nur, dass sie von Theologie nichts verstünden. Denn vor Gott sei es unerheblich, wie lange der Tod Christi zurückliege. Die Versöhnung des Menschen mit Gott durch Christi Blut habe in der Vergangenheit gegolten, gelte in der Gegenwart und werde in der Zukunft gelten. Denn Gott rechne Menschen den Glauben an Christus und dessen stellvertretendes Leiden und Sterben als Gerechtigkeit zu. Flacius verweist sodann auf unterschiedliche biblische Gestalten, um seine Position zu belegen, dass vergossenes Blut Menschen als Sünde angerechnet wurde: Er nennt Kain, die Gegner des Pinehas, David und das jüdische Volk in Gänze. Im Anschluss daran versucht Flacius aus der Bibel den Beweis zu führen, dass Christi Blut über all diejenigen kommen werde, die nicht an ihn glaubten und ihn verfolgten. Unter Rückgriff auf den Hebräerbrief des Paulus betont Flacius dann, dass den Menschen durch Christi Blut die Gerechtigkeit vor Gott erworben worden sei und wendet sich gegen die Ansicht, dass mit dieser Lehre der Blick weg geführt werde von der Person Christi. Das Gegenteil sei richtig. Die Gegner Osianders lehrten vielmehr, dass Christus, der Sohn Gottes, gerade darum auf die Welt gekommen sei, um mit seinem Leiden und Sterben, eben durch sein Blut, das er als wahrer Mensch und wahrer Gott vergossen habe, die Gerechtigkeit des Menschen zu erwirken, was Flacius durch Belegstellen aus den paulinischen Briefen und den Evangelien zu erhärten versucht.

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Flacius erklärt daraufhin, dass sich unterschiedliche Redeweisen (die Gerechtigkeit des Menschen sei der Gang Christi zum Vater, sei der Gehorsam Christi, sei dessen Tod, sei dessen Leiden und Sterben, sei dessen Blut, sei die Vergebung der Sünden) letztlich ergänzten und stets dasselbe aussagten, nämlich wie der Mensch vor Gott gerecht würde. Darum widerspricht Flacius dem Vorwurf Osianders und seiner Anhänger, man würde unterschiedliche Gerechtigkeiten lehren. Zum Abschluss behauptet Flacius, dass sich alle Gegner der Wahrheit mit einander verbinden würden: Papstanhänger, Schwenckfelder, Osiandristen. Sie alle würden gegen die Wahrheit, doch nie gegeneinander Stellung beziehen. Flacius bittet Gott darum um seinen Schutz.

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4. Ausgabe Nachgewiesen werden kann eine Ausgabe: A:

Das das thewre || Bludt oder gehorsamlich lei= || den Christi die ware / rechte / vnd ei= || nige Gerechtigkeit sey / dadurch wir || fur Gott gerecht / jm wolge= || fellig / vnd seelig || werden. || Geschrieben an F. D. in Preussen / durch || Matth. Flacium Jllyricum. || Roma. 5. || Wie durch eines SVNDE / die verdamnis vber alle kommen ist. || Also ist durch eines GERECHTJGKEJT || die rechtfertigung vber alle kommen. || Denn wie durch eines VNGEHORSAM viel || SFnder worden seindt. || Also werden durch eines GEHORSAM || viel gerecht. || Alhie siehestu / das der heilige Paulus die SFnde || oder vngerechtigkeit Adams / als ein Brun alles b== || ses / mit der Gerechtigkeit Christi / als einem Brun al= || les gutes vergleichet / vnd erkleret darbey / was die sFn= || de oder vngerechtigkeit Adams sey / nemlich sein vnge= || horsam / vnd was dargegen die gerechtigkeit Christi || sey / dadurch wir seelig werden / nemlich sein ge= || horsam. Da hastu es / wiltu es haben / wil= || tu aber nicht / so magstu es || auch lassen. || [Nürnberg: Johann VomBerg, Ulrich Neuber, 1554] (VD 16 F 1330).

Vorhanden in: GOTHA, Forschungsbibliothek: Theol.316a/1(6)R WIEN, Österreichische Nationalbibliothek: 1187 Theol.(3) WOLFENBÜTTEL, Herzog August Bibliothek: 79.L.81 [benutzte Ausgabe]

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[A 2r:] Dem durchleuchtigen, hochgebornen FFrsten vnd Herrn, herrn Albrecht, dem Eltern, Marggraffen zu Brandenburg, Hertzogen in Preussen etc. wFnsche ich, Matthias Flacius Jllyricus, ein recht erkentnis des heilsamen bludts oder leiden Christi, des einigen lemblein Gottes, welchs allein die SFnde der Welt tregt1 vnd alle SFnder mit seinen wunden heilet. Dvrchleuchtigster, hochgeborner FFrst, gnediger Herr. Nachdem ich mich schFldig erkenne beide, aus vnd nach dem geboth der liebe, vnd auch vmb der entpfangenen oder ertzeigten wolthaten willen, E. F. D.2 zu dienen, so weiss ich keinen andern weg, weise noch mittel solchs zu thun oder auszurichten, denn mit meinem armen Gebedt zu Gott, mit erklerung der Seeligmachenden warheit vnd mit vermanung, dieselbige lieb zu haben. Wiewol aber jtzt die rechte, letzte vnd vnseligste zeit seindt,3 dauon der heilige Geist durch den Heiligen Paulum geweissaget, das die Leute keine lust, liebe [A 2v:] noch begirden zu der gesunden lehr vnnd zu der warheit werden haben,4 sondern suchen, stehen vnd gehen nach ohrenkrawern,5 heuchlern vnd fuchschwentzern,6 wie man leider allenthalben gnugsam fur augen siehet, das man stracks7 solche Prediger wil haben, die da placentia vnnd mollia reden,8 das ist, die fein sFss, sanfft vnnd in GEMEIN predigen, gelinde faren9 vnd sonderlich die gewaltigen (so doch am meisten vnd mit grosserm ergernis vnnd schaden sFndigen) nicht mit einem einigem10 wort erzFrnen noch anrFren. Jedoch k=nnen, mFssen vnd sollen fromme, gottsfFrchtige, eiuerige11 vnnd trewhertzige Lerer oder Prediger nicht anders thun, denn eben das, so Paulus dem getrewen Diener Christi, Timotheo, ernstlich aufferleget vnd gebeudt mit diesen hochwichtigen worten: „So bezeuge ich nu fur Gott vnd dem Herrn Jhesu Christo, der da zukFnfftig ist zu richten die lebendigen vnd die todten, mit seiner erscheinung vnnd seinem reich: predige

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Vgl. Joh 1,29. Eurer Fürstlichen Durchlaucht. 3 Zur Endzeiterwartung der Zeit vgl. Leppin, Antichrist und Jüngster Tag. 4 Vgl. II Thess 2,9–11. 5 Schmeichler. Vgl. Hans-Otto Schneider, Art. Ohrenkrauer, in: Lies, Schneider, 95 Schimpfwörter, 147. 6 heuchlerischer Schöntuer, Schönredner. Vgl. Hans-Otto Schneider, Art. Fuchsschwänzer, in: Lies, Schneider, 95 Schimpfwörter, 81f. 7 ausschließlich, allein. 8 Die gefälliges und mildes, sanftes predigen. Der Vorwurf erinnert an die schimpfliche Bezeichnung „Zuckerprediger“. Vgl. Jan Martin Lies, Art. Zuckerprediger, in: Lies, Schneider, 95 Schimpfwörter, 169f. 9 diplomatisch, zurückhaltend sein. 10 einzigen. 11 eifrige. 2

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das wort, halte an,12 es sey zur rechter zeit oder zur vnzeit, straffe, drawe,13 ermane mit aller gedult vnd lere.“14 Aber ich wil mich zu E. F. D. versehen,15 E. F. D. werde meine Christliche, wolmeinende vnd einfeltige16 erklerung der warheit vnnd trewliche vermanung mit gnaden auffnemen. [A 3r:] Weil ich nu bis hieher etliche mehr schrifften von dem Osiandrischem groben vnnd grewlichem jrthumb offentlich im druck habe lassen ausgehen,17 darinne ich auffs aller einfeltigste vnd deudtlichste, vnd so viel es jmer mFglich gewesen, die warheit habe aus vnd nach Gottes wort erkleret, beweiset vnd gewaltiglich dargethan, vnnd dargegen die lFgen, so Gottes wort zu widder seindt, verleget.18 Damit ich aber noch mehr meinen vleis, die G=ttliche warheit in dem hohem artickel vnserer gerechtfertigung zu erkleren vnnd die einfeltigen19 zu vnterrichten, fur der gantzen Kirchen Christi bezeuge, so habe ich noch zum vberflus20 ein klein BFchlein von dem bludt Christi wollen lassen ausgehen, weil etliche widdersacher alzu schimpfflich, bitterh=nisch vnnd lesterisch dauon reden, das es JFden vnd TFrcken mehr denn zuuiel were. Weiter habe ich mir auch furgenomen, E. F. D. in dieser meiner vorrede vntertheniglich vnd Christlich zu ermanen, das sie doch wolte daran sein, damit solchem grewlichem, vnerhortem jrthume mit zeitlichem vnnd Christlichem rathe mochte geweret werden, sich dafur selbst hFten, dieselbige meiden vnd fliehen, so viel jmmer mFglich. [A 3v:] Avff das aber E. F. D. desto besser verneme vnd bedencke, wie ein grewlicher jrthumb dieser des Osiandri sey, so wil ich E. F. G. nur zum merckzeichen21 kurtzlich zwey grobe22 vnd greiffliche23 stFcke auff dis mal antzeigen, aus welchen E. F. G. auch von den andern leichtlich wirdt k=nnen richten oder vrtheilen. Denn ob sich wol der Teufel bisweilen in einen sch=nen Engel des Liechts verwandelt,24 jedoch lesset er aus Gottes schickung gemei-

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beharre, bleibe standhaft. Vgl. Art. anhalten, in: DWb 1, 365f. drohe. 14 Vgl. II Tim 4,1f. 15 Aber ich erhoffe von Eurer Fürstlichen Durchlaucht. Vgl. Art. versehen 9.a), in: DWb 25, 1247f. 16 schlicht, redliche. Vgl. Art. einfältig 2), in: DWb 3, 173. 17 Vgl. unsere Ausgabe Nr. 8, 14. 18 widerlegt. Vgl. Art. verlegen 3), in. DWb 25, 758f. 19 schlichten Gemüter. Vgl. Art. einfältig 2), in: DWb 3, 173. 20 außerdem. Vgl. Art. überflusz 9.b), in: DWb 23, 222. 21 Kennzeichen. Vgl. Art. Merkzeichen, in: DWb 12, 2108f. 22 drastische, augenfällige. Vgl. Art. grob D.4.a und b), in: DWb 9, 397f. 23 klar erkennbare. Vgl. Art. greiflich 2.a), in: DWb 9, 50. Das Wort „greiflich“ wurde auch gerne als Epitheton für „Lüge“ verwendet. Vgl. Art. greiflich 2.b), in: ebd., 50f. 24 Vgl. II Kor 11,14. 13

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niglich seine klawen, pfoten oder h=rner25 jrgendt an einem ort herfur ragen, darbey man jhn kan kennen, aber zur sache. Die erste klawe, pfoten oder horn, darbey E. F. G. vnd alle einfeltige Christen den Osiandrischen Geist oder Teuffel sol vnnd leichtlich auch kan erkennen ist dis, das Osiander fein runt heraus gesagt, klerlich gelert vnd offenbarlich geschrieben hat, sonderlich in dem BFchlein widder Philippum im quatern E, das die Gottheit eben also wone in vnser Menscheit, wie sie in der Menscheit Christi wonet vnd eben also mit vnser Menscheit eine person sey, wie mit der Menscheit Christi.26 Daraus denn dieses nothwendig folget vnd folgen mus, das man eben also einen jeglichen rechten Christen sol vnd mus anbe-[A 4r:]ten vnd fur den rechten, almechtigen ewig Gott, Sch=pffer himmels vnd der erden, halten vnd anruffen, als Christum, den Son Gottes, selbst. Was das nun fFr ein grewlicher, vnerhorter vnd grosser jrthumb vnd abg=tterey sey, das mag jederman richten, der nur noch einen Christlichen blutstropffen in seinem leibe hat, oder einen eiuer beide, fur Gott vnd sein wort, tregt. Jch m=chte hie wol gerne einen Osiandristen h=ren, er heisse gleich Funck27 oder Eichorn,28 Jagenteuffel29 oder Hundtartz,30 der mir mit klarer, heller31 schrifft beweisete, das solches keine grobe Ketzerey vnnd grewlicher jrthumb were. Jch habe es jnen in einem eigen bFchlein vnter die augen gestossen, in die ohren getrieben vnd noch beim leben Osiandri furgeworffen,32 aber es hat sich noch keiner herfFr gemacht, der mir nur ein w=rtlein darauff hette geantwortet. Das ist, meine ich, ye ein scheFssliche Teuffels klawe, pf=te oder horn, daraus jederman sehr fein kan abnemen,33 mercken vnd gewiss schliessen,34 das der Osiandrische geist, welcher eine solche klawe, pf=te oder horn herfur 25 Der Teufel wurde mit Hörnern als Bocksgestalt und mit Klauen, um den Menschen zu ergreifen, imaginiert. Vgl. Art. Horn 2), in: DWb 10, 1816; Art. Klaue 5), in: DWb 11, 1030. 26 Andreas Osiander, Widerlegung Philippi Melanchthons (1552) E 4v, in: OGA 10, Nr. 522, S. 601,7–10: „Darumb wohnet Gott durch den glauben aus gnaden auch in uns als in den glidern Christi, wie er in Christo als in unserm haubt wonet, und solchs einwohnen wirt genennet ein annehmen, wie man dann spricht, Gott hat menschliche natur angenommen, welchs den engeln diser hohen gestalt nicht widerfehret.“ 27 Johann Funck. 28 Johann Eichhorn (Sciurus). Zunächst Professor für Mathematik, bekleidete er zwischen 1550 und 1554 die Professur für Griechisch und Ethik, schließlich auch Hebräisch. Von 1554 bis 1558 war er Professor für Teologie und seit 1557 auch Hofprediger des Herzogs. Zu ihm vgl. Fligge, Osiandrismus, 158–161. 29 Nikolaus Jagenteufel, seit 1552 Professor für Dialektik an der Universität Königsberg. Zu ihm vgl. Fligge, Osiandrismus, 169f. 30 Andreas Aurifaber, von Flacius aufgrund seiner Tätigkeit als Leibarzt des Herzogs und Professor für Medizin an der Albertina wiederholt als „Hundarzt“ geschmäht. Zu ihm vgl. Fligge, Osiandrismus, 154–156. 31 deutlicher. Vgl. Art. hell 10.b), in: DWb 10, 966. 32 Vgl. z. B. Flacius, Verlegung (1552), in: unsere Ausgabe Nr. 8, S. 247–420. 33 entnehmen, erkennen. Vgl. Art. abnehmen, in: DWb 1, 80. 34 urteilen. Vgl. Art. schlieszen 5.b), in: DWb 15, 704.

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lesset gucken, so weit heraus streckt vnd weiset, sey kein Engel des liechts sampt dem lieben Euangelio, sondern der leidige, leibhafftige Teuffel selbst sampt seinem Alcoran. [A 4v:] Das ist nua die erste Teuffels klawe, pfoten oder horn an dem Osiandrischen geist, die ich E. F. D. habe wollen weisen vnd zeigen, auff das E. F. D. desto besser solchen reissenden, hellischen Wolff35 mFge erkennen, in36 meiden, fliehen vnd verfluchen. Diese klawe aber, oder das vnsauber Teufels horn, hat sich in dem Gottlosen Eichhorn noch viel gewaltiger ereuget,37 herfurgethan vnd gr=blich ausgeweiset. Denn er hat in einer offentlichen predigt also gesagt, das, wie Gott der Vater in dem Son vnd widerumb der Son in dem Vater wonet, also wonen sie auch in vnser Menscheit.38 Reime dich pundt schuch.39 Das heisset nu den Osiandrischen jrthumb (So zu reden) mit grossen Bergen oder hauffen geheuffet, aber er hat also mFssen das Rectorat bey dem Hundtartzt verdienen.40 Dje ander Teuffels klawe des Osiandrischen Geists, lehr oder viel mehr geschmeis ist, das Osiander fast allenthalben in seinen BFchern hat gelehret, das das leiden oder bludt Christi inn keinem wege vnser gerechtigkeit kan sein oder heissen, weil solch leiden fur lengest ist geschehen vnd vergan-

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Konjiziert aus: uu.

Vgl. Mt 7,15. ihn. 37 erwiesen. Vgl. Art. ereugen, in: DWb 3, 787f. 38 Es handelt sich wohl um die Predigt Eichhorns vom Neujahrstag 1554, die Flacius auf dem Titelblatt seiner Schrift „Verlegung des unwahrhaftigen, ungegründeten Berichts Hansen Funckens“ zitiert (vgl. unsere Ausgabe S. 14). Johann Eichhorn (Sciurus) hatte aber bereits während einer Disputation (De fortitudine) vom 18. Mai 1552 heftigen Widerspruch durch Bartholomäus Wagner und Johannes Hoppe erregt. Beide kritisierten die christologischen Ansichten Eichhorns und warfen ihm vor, in der Tradition des altkirchlichen Ketzers Nestorius zu stehen, der die beiden Naturen Christi voneinander geschieden hatte. Vgl. zu der Disputation und dem Streit Stupperich, Osiander in Preussen, 322–324. Vgl. zudem APOLOGIA || oder SchFtzred wie= || der bede / Bartolomaeum Wag= || ner vnd Johannem Hoppium / Magistros / von || denen ich =ffentlich beschFldigt worden bin / || ... Sampt einem || kurtzen vnd Christlich= || en Bekantnus von || dem Artickel der || Rechtferti= || gung. || M. Johannes Sciurus. || ... || [Königsberg, 1552] (VD 16 632). Hier bekannte er (F 1r): „(...) das wir durch den Glauben Christum, waren Gott vnd Menschen, in vnser hertz bekumen (...).“ 39 Der Bundschuh war das Zeichen, das Bauern in Erhebungen als Erkennungszeichen verwandten, welches damit zum reichsweiten Symbol für Aufruhr gegen die Obrigkeit wurde. Vgl. Peter Blickle, Art. Bundschuh, in: LexMA 2 (1983), 936f; es handelt sich dabei um ein besonders in der ersten Hälfte der zwanziger Jahre häufig gebrauchtes Synonym für „Aufruhr“. Vgl. Diekmannshenke, Schlagwörter der Radikalen, 347–350. 40 Eichhorn bekleidete im Sommersemester 1554 das Rektorat. Aufgrund seiner Stellung als Leibarzt wurde Aurifaber immer wieder vorgeworfen eine dezidiert osianderfreundliche Besetzungspolitik bei Herzog Albrecht zu propagieren und Gegner Osianders auszuschalten. Vgl. Fligge, Osiandrismus, 155f; 158. 36

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gen.41 Das heist je, meine ich, sehr schimpfflich vnd verechtlich von dem herben, bittern leiden vnd sterben Christi geredet vnd in der Warheit nichts anders suchen oder sagen, [A 5r:] denn das blut Christi sey vnsert halben vergeblich vnd lauter vmb sonst vergossen, vnd habe vns nichts genFtzet, das Christus, der gebenedeiete Same, der Schlangen jren kopff hat zutretten,42 sondern man vnterstehet sich also, mit der alten Schlangen des gebenedeieten Samens kopff zutretten.b Aber solche Teuffels klawe, pfoten oder horn hat sich durch den Osiandrischen Apostel Hansen Funck noch schrecklicher herfur gethan vnd herausser gestrecket. Denn Osiander hat gleichwol ein fein Sophissma43 erdacht, darmit er den einfeltigen die augen blendete vnd sie mit der nasen herFmmer44 fFrete, vnd also gesaget, das leiden Christi were ja nicht vnser gerechtigkeit, aber gleichwol were es vnser erl=sung.45 Machet also einen vnterscheit zwischen der erl=sung vnd rechtfertigung, da doch inn der Warheit keine ist. Denn gleich wie der gerechte Gott einen Menschen vmb nichts anderst in das gefengnis seines zorns, tods vnd helle wirffet, denn vmb der Schuldt oder vngerechtigkeit willen, also lest er jn46 widerumb daruon,47 nicht durch oder vmb eines andern dings willen, denn nur allein vmb der bezalung der gerechtigkeit willen, es geschehe nu solche bezalung aus seinem eigenem beutel oder eines andern fur jn, als aus des Herrn Christi. [A 5v:] Aber Hans Funck siehet wol, das solch Sophisma keinen bestandt kan haben, darumb speiet48 er kecklich, offentlich vnd gr=blich heraus in seinem Bericht, als ein kFner,49 trunckener Landtsknecht, das jenige, das sie, die Osiandrischen, sampt jrem Propheten lang vnter jrem hertzen getragen vnd verborgen gehabt, das nemlich das blut oder leiden Christi nicht sey vnser ge-

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zu zertreten.

41 Andreas Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), B 1v–B 2r, in: OGA 10, 110,1–6: „Es ist aber offenbar, das alles dasjenig, das Christum als der getreue mitler von unsernwegen durch erfullung des gesetzes und durch sein leiden und sterben mit Gott, seinem himlischen vater, gehandelt hat, das ist fur funfzehnhundert jaren und lenger geschehen, da wir noch nicht geporen sein. Darumb kan es, eigentlich zu reden, nicht unser rechtfertigung gewest sein, noch genennet werden, sonder nur unser erl=sung und genugthuung fur uns und unser sFnde.“ 42 zertreten. Vgl. Gen 3,15. 43 feine wortklauberische Lehre. Der altgriechischen Philosophenschule der Sophisten wurde nachgesagt, auf argumentativem Wege Tatsachen beliebig zu verdrehen. Vgl. Margarita Kranz, Art. Philosophie, in: NP 15/2 (2002), 339–343 (343f); Lepp, Schlagwörter, 83f. 44 herum. 45 Vgl. Anm. 41. 46 ihn. 47 lässt ihn widerum frei, los; gewährt ihm widerum von der Schuld los zu sein. Vgl. Art. lassen 5.c), in: DWb 12, 222. 48 spottet, verhöhnt. Vgl. Art. speien 8), in: DWb 16, 2081f. 49 dummdreister. Vgl. Art. kühn II. 2.c), in: DWb 11, 2576.

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rechtigkeit vnd erl=se vns auch nicht, weder von SFnden noch vom Teuffel, todt oder hellen.50 Ey, das ist ein grober,51 den solte man billich kr=nen. Jch mochte gerne h=ren vnd sehen, womit doch der fromme Funck solch grewlich Teuffels horn oder klawen mochte oder konte verhelen oder bergen, vnd was er doch fur ein Sophisma darzu (das da ein wenig klappen oder ein ansehen haben mochte) erdencken [möchte], oder worzu er doch halte oder meine, das das blut, leiden oder sterben Christi gut oder nFtz sey. Diese ander Teufels klawe oder horn des Osiandrischen geists solte E. F. D. mit allem vleis bedencken, wol zu hertzen fFren vnd jr je nicht vergessen. Denn darmit wil dieser newe Geist die gantze heilige Schrifft vnd Christum den Herrn selbst zureissen,52 schenden vnd zutretten. Denn die heilige Schrifft saget allenthalben, das wir durch Christi bluth aus [A 6r:] dem gefencknis werden erl=set, Zacha. ix;53 geistlich zum ewigen leben getrencket, Johan. vj;54 mit Gott versFnet, Rom. iij,55 Eph. ij,56 Col. j,57 Acto. xx;58 erl?set, Ephe. j,59 Heb. ix;60 besprenget, j. Pet. j,61 Heb. xij;62 geheiliget, Heb. xiij,63 Ephe. v;64 volkommen gemacht, Heb. x;65 von allen sFnden gereiniget, j. Johan. j,66 Heb. ix;67 mit dem tewren Bludt des Lambs erkauffet, j. Pet. j;68 gewaschen, Apo. j;69 weiss gemacht, Apo. vij;70 gesundt gemacht, Esaie. liij;71 gerecht gemacht, Ro. v.72

50 Johann Funck, Wahrhaftiger und gründlicher Bericht (1553), E 2r, unsere Ausgabe Nr. 13, S. 736,28–737,2: „Und weil weder das Thun noch leiden Christi die ware Gerechtigkeit sind, volget auch, das das Blut Christi (das verstehen sie vom Blutvergiessen), item der Tod Christi, die Wunden Christi, vnd was des mehr ist, nicht sind die ware Gerechtikeit, denn der keines ist von ewikeit zu ewikeit, auch keines Almechtig, das es aus eigner krafft solte oder verm=chte vom Tod erretten.“ 51 plumper, trotziger Unfug. 52 zerreißen. 53 Vgl. Sach 9,11. 54 Vgl. Joh 6,54. 55 Vgl Röm 3,24–26. 56 Vgl. Eph 2,13. 57 Vgl. Kol 1,21f. 58 Vgl. Act 20,28. 59 Vgl. Eph 1,7. 60 Vgl. Hebr 9,12. 61 Vgl. I Petr 1,18f. 62 Vgl. Hebr 12,24. 63 Vgl. Hebr 13,12. 64 Vgl. Eph 5,25. 65 Vgl. Hebr 10,19–22. 66 Vgl. I Joh 1,9. 67 Vgl. Hebr 9,14. 68 Vgl. I Petr 1,18f. 69 Vgl. Apk 1,5. 70 Vgl. Apk 7,14. 71 Vgl. Jes 53,5. 72 Vgl. Röm 5,9.

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Ah, was sol ich viel sprFche der heiligen Schrifft erzelen vnd anziehen,73 weisets doch die gantze heilige schrifft beide, alt vnd newe Testament, alle Propheten, alle Apostel, ja auch alle heilige Veter zeugen vnd weisen mit fingern auff das einige opffer oder tewre Blut des vnschuldigen Lemblein Gottes. Derwegen solte E. F. D. billich74 solche Teuffels klawe, pfoten oder horn wol merken vnd daraus leichtlich aberechnen75 vnd lernen, was doch das fFr ein grewlicher jrthumb oder ketzerey sey, die sich mit solchen groben, vnerhorten stFcken lesset mercken vnd vernemen. Denn hilff, lieber Gott, warzu ist doch das tewre, werde76 vnd rosenfarbe Blut Christi guth, oder was nutzets vns doch, weil es vnser gerechtigkeit nicht ist? Erl=set vns auch nicht von SFnden, Todt, Teuffel vnnd [A 6v:] helle? Jst denn Christus vergeblich vnd lauter vmb sonst gestorben, oder ist es jm77 ein schimpff gewesen, solchen bittern todt zu leiden? Aber es ist der Osiandrischen schwermerey78 nicht so gar ein gross wunder oder jrthumb, wenn gleich Christus vergeblich were gestorben. Denn Osiander leret offentlich in einem BFchlein, das Christus nicht eigentlich inn diese Welt kommen sey, die SFnder seelig zu machen, sondern wenn gleich keine SFnde, Todt oder Helle were gewesen auff der Welt, so hette er, der HErr Christus, dennoch mFssen mensch werden, wie er solchs in einem tractetlein, wie gesagt, gehandelt vnd auch mit heiliger Schrifft zu beweisen sich hat vnterstanden.79 Nu leret S. Paulus, Phil. ij., das das nicht das geringste theil der ernidrigung oder demFtigung oder leiden Christi sey, das er, do er in der hohen gestalt Gottes gewesen, eine knechtische gestalt hat angenomen vnd den andern armen Menschen gleich worden ist.80 Weil nu Christus ein gross theil seiner ernidrigung (nemlich, das er fur die herrliche gestalt Gottes eine knechtische gestalt hat angenomen) nicht vmb der SFnde, sondern vmb sonst vnd vieleicht kurtzweil halben furgenommen, so ists fur war kein gross [A 7r:] wunder, das er das ander teil seiner demFtigung, nemlich den todt auch vmb sonst leidete. Derhalben kan es (wie gesagt) keine grosse ketzerey sein bey 73

zitieren. Vgl. Art. anziehen 5), in: DWb 1, 528f. rechtmäßiger Weise. 75 erkennen. 76 wertvolle. 77 ihm. 78 Gern und häufig gebrauchte schimpfliche Bezeichnung Luthers, um Gegner als Ketzer und irregeleitete Unruhestifter zu diskreditierten. Vgl. Diekmannshenke, Schlagwörter der Radikalen, 337–340. 79 Vgl. D. ANDREAE || OSIANDRI SACRAE || THEOLOGIAE IN SCHO= || la Regiomontana Pri= || marij Professoris. || AN FILIVS DEI FVE= || RIT INCARNANDVS, SI || peccatum non introiuisset || in mundum. || ITEM. || DE IMAGINE DEI || QVID SIT. || EX CERTIS ET EVIDEN= || tibus sacrae scripturae testimonijs, || ... explicatio. || [Königsberg: Hans Lufft, 1550] (VD 16 O 986); vgl. zu dieser Schrift Stupperich, Osiander in Preussen, 105–109. 80 Vgl. Phil 2,6–8. 74

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dem Osiandro, wenn man gleich saget, Christus habe vmb sonst gelitten vnd sey vergeblich gestorben. Solche grewliche Schwermerey vnnd Teuffels h=rner des Osiandrischen Geists solte je billich E. F. D. emsiglich behertzigen vnd betrachten, auff das E. F. D. desto besser die ketzerey k=nne erkennen, meiden vnnd verdammen. Also habe ich gnedigster FFrst vnnd Herr E. F. D. vnnd allen frommen Christen zwey grewliche h=rner oder klawen des Osiandrischen Geists (die eine ist, das sie alle rechte Christen zu waren natFrlichen G=tter machen; die ander, das sie gar grob heraussen faren,81 Christi todt sey weder vnser Gerechtigkeit noch erl=se vns, auch nicht vom todt, vnd sey also lauter82 vmb sonst geschehen) schier mit den finger getzeiget oder darauff geweiset, welche furwar mit keinem Sophistischem bettelmantel83 sich lassen verhFllen, bedecken noch verstellen, man suche vnnd nehe die hadderlumpen84 der lFgen zusamen, wie man nur jmmer wil oder kan. Aus solchen Teuffels h=rnern aber kan E. F. D. leichtlich den gantzen schwartzen, vn-[A 7v:]saubern geist Osiandri ausrechnen,85 ja schier fur augen sehen, hergehen, tretten vnnd grewlich widder das einige lamb Gottes vnd seine liebe Braudt die Kirchen86 poltern, wFten vnd toben. Derhalben solten billich alle GottfFrchtige hertzen sich dermassen fur solcher Teufels klawen oder horn entsetzen vnd erschrecken, das, wenn sie nur von der Osiandrischen schwermerey h=reten oder daran gedechten, jnen die harr zu Berge giengen. Bitte demnach vntertheniglich, E. F. D. wolte solchen meinen trewen dienst vnnd Christliche arbeit jhr wol lassen gefallen, zu gnaden annemen vnd die warheit beide, hieraus vnnd aus andern Schrifften, auffs aller vleissigste, wie Salomon vermanet87 vnd einem jedemc rechtschaffen Christen hoch von n=ten ist, erforschen vnd derselbigen inn der furcht Gottes beyfallen vnnd nachuolgen. Denn wenn E. F. D. nur wil ein teil alleine h=ren, so wirdt sie nimmermehr zu einer rechten erkentenis der Warheit in dieser sachen kommen. Darmit wFnsche ich E. F. D. alles gutes, furnemlich aber ein rechtschaffen erkentnis Christi vnd seines heilsamen, thewren, werden vnd rosenfarben bluts, welchs fur vns – fur vns, sage ich – vergossen, das da vns auch [A 8r:] reiniget vnd von allen sFnden weschet, ja es machet vnns fur Gottes c 81

Konjiziert aus: jedern.

heftig zanken. Vgl. Art. fahren 5), in: DWb 3, 1249. vollkommen, völlig. 83 Bettlermäntel zeichneten sich dadurch aus, dass sie aus allerlei verschiedenen Stoffen zusammengeflickt waren. Vgl. Art. Bettlermantel, in: DWb 1, 1737. 84 Fetzen. Häufig in Zusammenhang mit Bettlermäntel erwähnt, auch von Luther. Vgl. Art. Haderlumpe 1), in: DWb 10, 115f. 85 erkennen. 86 Vgl. Apk 21,9. 87 Vgl. I Reg 3,9. 82

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angesicht weisser denn kein schnee ist, Apoca. vij,88 Psal. lj.89 Darumb sagt der liebe Augustinus vberaus sehr fein in soliloquijs: „Omnis namque spes et totius fiduciae certitudo sita est in precioso sanguine Christi.“90 Das ist: Alle vnser hoffnung vnd die gantze zuuersicht stehet in dem thewren, werden Bludt oder leiden Christi. Datum zu Magdeburg, den ersten Octobris im 1554. jare. E. F. D. Williger vntertheniger. Matthias Flacius Jllyricus.

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[A 8v:] Es pfleget Osiander allenthalben in seinen Schrifften vns furzuwerffen, die wir seine jrthume nicht k=nnen billichen, das wir durch die Philosophia dermassen seindt bezaubert vnnd beth=ret, das wir seine geistliche himlische lehr nicht k=nnen verstehen,91 vnd wil vns also bey dem gemeinen Manne gantz vnd gar verdechtig, ja auch verhasset machen, so doch mit der warheit seine gantze Schwermerey nur aus der Philosophia vnd Menschliche vernunfft her entspringet vnd herfleusset. Wie denn auch sein Mitschwermer Hans Funck die grundtfeste seiner meinung aus den Heidnischen Philosophis vnnd Juristen zusamen raspelt vnd sehr darauff bawet.92 Denn weil Osiander diesen Philosophischen gedancken vnd fFndtlein der vernunfft feste helt, das nemlich die Gerechtigkeit vnd alle andere tugende seindt vnd sein mFssen eine inwendige gute art oder natur im Menschen vnd nichts anders,93 so kan sichs in seinen klugen kopff nicht schicken, finden noch leiden, das das Bludt, leiden vnd gantzer volkomener gehorsam Christi

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Vgl. Apk 7,14. Vgl. Ps 51,9. 90 Konnte bislang nicht verfiziert werden. 91 Osiander ereiferte sich z. B. gegen Melanchthon über die „rhetoricken“, in denen der Wittenberger Professor „wol geFbet“ sei „und kan den lesern gar meisterlich mit seiner sophisterey ein plauen dunst fur die augen machen (...).“ Osiander, Widerlegung Philipp Melanchthons (1552), A 3r–v, in: OGA 10, Nr. 522, S. 573,7f. Osiander nahm Luther ganz für seine Lehre in Anspruch und warf seinen Gegnern dafür vor, sie hätten dem Reformator nur „augengedienet und die ohren gefullet und sich gestellet [...], als halten sie seine lehr hoch und sein person in grossen ehren, sein im aber im hertzen gram gewest und noch und unterstehn [sich], sein gantze lehre von der gerechtigkeit des glaubens verdeckterweiss zu verdunckeln und durch ir philosophische und sophistische geucherey [Betrügerei] gantz und gar zu verkeren, villeicht darumb, auff das die papisten unser lehre in irem concilio deste leichter und mit grosserem schein k=nnen verdammen.“ Osiander, Vom dem einigen Mittler (1551), H 1v, in: OGA 10, Nr. 488, S. 158,18–160,1. 92 Vgl. z. B. Funck, Wahrhaftiger und gründlicher Bericht (1553), G 4r–H 1v, unsere Ausgabe Nr. 13, S. 751,18–752,31. 93 Flacius bezieht sich hier auf tradierte Tugendvorstellungen. Vgl. dazu François Renaud, Art. Tugend, in: NP 12/1 (2003), 894–896. 89

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die rechte gerechtigkeit sey, dadurch wir sollen vnd mFssen fur Gott gerecht vnd seelig werden, wie denn nicht allein die JFden, sondern auch alle Philosophi vnd kluge Heiden, als aus dem heiligen Pau-[B 1r:]lo zu sehen, das fur die aller gr=ste thorheit haben gehalten, das die Christen gleuben, sie werden durch das leiden vnd sterben des gekreutzigten Christi seelig,94 vnd das solches leiden vnd sterben jhre gerechtigkeit sey oder fr=mmigkeit fur Gott. Auff das man aber solchem Philosophischem, ja recht Heidnischem jrthume Osiandri k=nte wehren vnd die t=richte predigt von der Seeligkeit oder Gerechtigkeit des bluts des gekreutzigten Christi verteidingen, wil ich jetzt widerumb noch zum vberflus mit Gottes hFlffe darthun95 vnd beweisen, das das blut oder leiden vnd gehorsam Christi die ware, rechte vnd seeligmachende gerechtigkeit oder frommigkeit sey fFr96 Gott, dadurch wir gerecht vnd ewig seelig werden. Wje nu das leiden oder blut Christi in sich fasse oder begreiffe auch den gehorsam vnd die gantze ernidrigung oder demFtigung Christi des Herrn (angefangen von der zeit, dauon Paulus Philip. ij. sagt,97 das, da er noch in Gottes des almechtigen gestalt war, habe er sich ernidriget vnd so tieff gedemFtiget vnd hinab gelassen, das er auch habe menschliche, knechtische gestalt angenommen vnd sey gehorsam worden bis zu seiner herrlichen aufferstehung) etc., hab ich nach der lenge in meiner grossen verlegung wider Osiandrum deutlich erkleret.98 [B 1v:] Weiter habe ich auch in jtzgedachtem vnd andern meinen schrifften deutlich angezeiget vnd mit bestendigem99 grunde der warheit dargethan vnd erkleret, wie vnd warumb die sache dahin ist gerichtet worden, das wir durch das tewre leiden Christi haben mFssen erl=set vnd seelig gemacht werden. Denn gleich wie alle vnser jamer vnd elendt komet allein aus dem gerechten vnd nu durch den vngehorsam oder durch die vngerechtigkeit des menschens beleidigtem vnd erzFrnetem GESETZ, oder wesentlicher gerechtigkeit Gottes, die sich im gesetze hat abgemalet,100 denn S. Paulus sagt j. Cor. xv. also, das das erzFrnete gesetz macht gebe der sFnde, vnd die sFnde oder vngerechtigkeit gebe macht oder schaffe den Todt.101 Wie nu, sage ich, alles vnser vnglFck daher entspringet von dem erzFrnetem gesetze, also widerumb102 hat vns sollen geholffen werden, so hat demselbigen gesetze mit einer volkommenen gerechtigkeit des gehorsams mFssen auffs reichlichste gnug geschehen vnd bezalet werden. Es hat aber solche reichliche, vberschwenckliche 94

Vgl. I Kor 1,22f. darlegen. 96 vor. 97 Vgl. Phil 2,6–8. 98 Vgl. Flacius, Verlegung (1552), unsere Ausgabe Nr. 8. 99 nicht widerlegbarem. Vgl. Art. beständig 4), in: DWb 1, 1654. 100 dargestellt. Vgl. Art. abmahlen, in: DWb 1, 76. 101 Vgl. I Kor 15,56. 102 im Gegenzug. 95

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vnd volkommene bezalung oder erfFllung des gesetzs kein mensch, kein Engel, ja keine Creatur k=nnen ausrichten noch volnbringen. Darumb hat der eingeborne Son Gottes vom himel sich also ernidriget, herab gelassen vnd [B 2r:] ein armer mensch mFssen werden. Denn Paulus sagt Rom. viij: Das weil das erzFrnete gesetz von vns gerechtigkeit, gleich als ein schuldt, erfordert habe vnd vnser schwaches, sFndiges fleisch habe es nicht k=nnen leisten noch thun, so habe Gott seinen eingebornen Son in das fleisch gesandt, der solche gerechtigkeit des gehorsams dem gesetze vns zu gute leistete vnd also vnser sFnde oder vngerechtigkeit tilgete.103 Darumb spricht auch Paulus zun Ro. am v: Das wie durch eines menschen sFnde oder vngerechtigkeit (Die er alda erkleret durch das wort „vngehorsam gegen Gott vnd seinem gesetze“) die sFnde, der todt oder verdamnis in die welt kommen ist, also haben auch die menschen sollen vnd mFssen from, gerecht vnd seelig werden durch eines menschen, Christi, gerechtigkeit oder gehorsam gegen Gott vnd seinem gesetze. Denn Paulus nennet alhie die gerechtigkeit Christi einen gehorsam.104 Derwegen so ist nu alhie wol zu mercken vnd fleissig zu behalten, das in andern meinen schrifften reichlich bissanhero105 erkleret worden ist: Erstlich, was doch das blut vnd leiden Christi bedeute oder begreiffe; nemlich, die gantze ernidrigung vnd demFtigung Christi gegen Gott, vnsert halben im fleisch gesche-[B 2v:]hen. Zum andern, wie es doch darzu gekommen, das Christus mit seinem blute vnd leiden fur vns bezalet vnd vns dardurch from vnd gerecht gemacht habe. Jtzt wil ich mit Gottes hFlff etliche argumenta aus der heiligen schifft herfur bringen vnd klar an den tag geben,106 die kluge menschliche vernunfft vnd Philosophia darmit zu vberweisen,107 das das blut vnd leiden Christi die rechte vnd ware gerechtigkeit sey, dardurch wir fur Gott gerecht, from vnd seelig werden, ob gleich solchs fur zeiten beide, den Heiden vnd jtzt den Osiandristen, ein sehr lecherlich, nerrisch vnd th=richt ding gewesen vnd noch dFncket. Es stehet aber den klugen leuthen, das sie nicht k=nnen gleuben, das das blut oder leiden Christi vnser gerechtigkeit sey, erstlich dis Sophisma im wege, das sie also bey sich gedencken vnd es auch sagen, vnser gerechtigkeit, darmit wir gerecht sollen werden, mFsse nothwendig ein bleibend vnd jmmer werend ding sein. Nu geben sie fur,108 das blut Christi ist wol fur 1550. jharen vergossen vnd verflossen, vnd ist also sein leiden fur lengst geschehen

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Vgl. Röm 8,3f. Vgl. Röm 5,17–21. schon jetzt darüber. öffentlich beweisen. überzeugen. Vgl. Art. überweisen A.1.d), in: DWb 23, 640. behaupten sie.

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vnd volbracht. Derhalben, spricht Osiander, mFsset jhr wol fFr 1550. jharen gerecht worden sein, ehe jhr geborn seidt gewesen.109 [B 3r:] Disses ist sehr lecherlich vnd vnmFglich. Jtem sie sagen (vnd zwar wenn solche wort von einem JFden gesagt wFrden, so were es lesterlich vnd schmelich gnug geredet): ewer gerechtigkeit hat nur drey stunde geweret, nemlich so lange Christus am kreutze gehangen oder gelitten.110 Es bezeugen aber solche leuthe hirmit, das sie nicht verstehen noch wissen, weder was tugent noch vntugent, gerechtigkeit oder vngerechtigkeit, guthe oder b=se wercke fur Gott seindt, sondern das sie gedencken von solchen hohen sachen nicht viel anders, als jhener Landtsknecht, do er auff eine zeit einmahl one gefehr eine predigt von einem MFnche horete, welcher sehr hefftig schalt auff Judam vnd die JFden, das sie den frommen, vnschuldigen man Christum so schendtlich vmbgebracht vnd ermordet hatten, wardt darFber auch so sehr bewogen, das er anfing zu fragen, wenn111 doch solche vbelthat geschehen were, vnd do jhm geantwortet wardt, es weren mehr denn tausent jar, do sich solchs zugetragen, hat er sp=ttisch gelechelt vnd gesagt: „Jst es so lang, das solches geschehen vnd ist noch nicht verricht,112 wil man das noch so lange gedencken vnd sich darFber noch keiffen vnd haddern?“ Ey, lieber freundt, es hat viel eine an-[B 3v:]dere gestalt mit Gott. Er vergisset nicht so baldt der guten vnd b=sen wercke, wie wir menschen pflegen zu thun, sondern der menschen sFnde seindt jhm also im frischem gedechtnis (ausgenommen die vergeben seindt), als wenn sie erst heute begangen wFrden. Es spricht Christus, das blut des gerechten Abels vnd aller Propheten werde vber die Phariseer vnd alle andere verfolger kommen.113 Hie m=chte nu ein Landtsknecht oder Osiandrist fragen vnd fFrgeben:114 „Ey, lieber, das blut Abels ist mehr denn fur fFnfftausent jharen vergossen, in die erden verflossen vnd verwesen,115 oder auch villeicht von den wilden thieren gefressen worden, wie kan es denn vber den Babst vnnd seine mituerfolger schreien,

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Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), B 1v–B 2r, in: OGA 10, 110,1–4: „Es ist aber offenbar, das alles dasjenig, das Christum als der getreue mitler von unsernwegen durch erfullung des gesetzes und durch sein leiden und sterben mit Gott, seinem himlischen vater, gehandelt hat, das ist fur funfzehnhundert jaren und lenger geschehen, da wir noch nicht geporen sein.“ In dem „Bericht“ Mörlins, Venedigers und Hegemons wurde der Vorwurf erhoben, dass Osiander in einer Predigt am 22. September 1551 über das „leiden vnd sterben, blut vnd schweis Christi“ gesagt haben solle, dass es „vor funffzehen hundert jaren lengest vergossen, vertrucknet vnd in der erden verwesen“ sei. Mörlin, Von der Rechtfertigung (1552), D 2r, in: unsere Ausgabe Nr. 11, S. 550,5–13. Osiander wies diese Behauptung entschieden zurück, vgl. Andreas Osiander, Schmeckbier (1552), in: OGA 10, Nr. 538, S. 762,15–763,5. 110 Konnte bislang nicht verifiziert werden. 111 wann. 112 gerichtet, geurteilt. 113 Vgl. Mt 23,35; Lk 11,50f. 114 vorbringen. 115 verwest.

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komen vnd sie verdammen?“ Antwort: „Lieber gesel, du solst dich darumb nicht bekummern noch dir lassen grawe harr des halben wachsen, las Gott darfFr sorgen, wie solch gerechtes blut vber die verfolger kommen werde.“ Auff disse meinung sagt auch die offenbarung Johannis Cap. xiiij, „das den gestorbenenen jhre wercke nachfolgen.“116 Hie m=cht wol ein Osiandrist fragen, ob sie zu fuss oder zu Ross folgeten, weil jr wercke lang geschehen vnd vergangen weren. Das aber das bitter leiden, sterben vnd [B 4r:] blutuergiessen Christi des Herrn nicht alleine nachdem es geschehen, sondern auch ehe den es geschehen ist, gegenwertig vnd verhanden vnd krefftig fur Gott gewesen ist, vnnd die rechtgleubigen von anbegin der welt gerecht vnd seelig gemacht habe, bezeuget S. Johannes inn seiner offenbarung, da er am xiij. Cap. also spricht: „Das Lamb Gottes ist von anfang der welt geschlachtet.“117 Jst es nu von anfang der welt geschlachtet, so ist es auch im ende der welt geschlachtet, ja auch heute, morgen vnd alle tage. Hieraus ist nu offenbar vnd sehr leicht zu schliessen, das, ob wol das leiden Christi zu einer gewissen zeit, ort vnd stunde ist geschehen, es vns doch alle stundt vnnd allenthalben also nFtze, krefftig vnd gut ist, reiniget oder weschet vnd rein, from vnd gerecht fur Gott machet, als wenn es erst heute hie geschehen were, oder als wenn es jtzt erst geschehe. Denn so auch ander menschen guthe vnd b=se thaten fur Gott im frischem gedechtnis seindt vnd bleiben vnd nicht vergehen, ey, so mus hundert tausent mal mehr viel fester das tewre leiden des einigen118 gebornen Sons Gottes fur Gott bleiben? Auff das du es aber, lieber Christlicher leser, desto besser mFgest einnehmen119 vnd behalten, so wil ich noch zum vberflus mehr sprFche anziehen120 vnd [B 4v:] exempel herfFr bringen, darmit zu erkleren vnd zu beweisen, wie das blut Christi vnser gerechtigkeit ist vnd sein kan. Furs erste ists vnleugbar, das das blut oder mordt des Abels eine vngerechtigkeit dem Cain sey.121 Denn auff das du mich ja wol verstehest, halte jchs darfFr vnd bin es auch aus Gottes wort gewis, das vngerechtigkeit sey ein vngehorsam gegen Gott vnd seinem gesetze. Jch sage, vngehorsam des hertzens vnd der hende, inwendig vnnd auswendig. Denn durch ein solch thun verdient der mensch das ewige verdamnis. Solchen vngehorsam nennet S. Paulus die sFnde, als da er zu den Romern am fFnfften spricht, das „durch eines menschen sFnde der todt in die welt kommen sey.“122 Jtem: „der sFnden

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Vgl. Apk 14,13. Vgl. Apk 13,8. einzigen. verstehen. Vgl. Art. einnehmen 7), in: DWb 3, 238f. zitieren. Vgl. Gen 4,8–10. Vgl. Röm 5,12.

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soldt ist der todt.“123 Da one zweiuel durch „vngehorsam“ vnd „sFnde“ die „vngerechtigkeit“ bedeutet124 wirdt. Jst es aber sache, das den Osiandristen die vngerechtigkeit was anders were denn das, darumb wir fur Gott vngerecht seindt vnd verdammet, jtem, das auch die gerechtigkeit was anders, denn das, darumb wir fur Gott als gerechte das ewige leben ererben vnd bekommen, so mFgen sie aufftreten vnnd sich erkleren, auff das man doch der sachen endtlich abhelffen vnnd desto klerer sehen k=nte, das sie gantz vnd gar eine newe Theo-[B r:]logia vnd ein newes Euangelium tichten, leren vnd auffrichten, wie sie denn in der warheit thun. Wir wissen zwar von keiner ander vngerechtigkeit, denn von der, vmb welcher willen vns Gott als vngerechte verdammet vnd ins ewige hellische fewer st=sset. Nu, das wir zur sachen kommen, ist es einmal war, das das vergossene vnschFldige blut Abels oder mordt eine vngerechtigkeit sey des Cains, denn Gott erzFrnet darumb so hefftig vber Cain, st=sset jhn von seinem angesicht hinweg als einen vngerechten vnd verdammet oder verurtheilet jn zum ewigem hellischem fewer.125 Das seindt, meine jch, nach meiner Theologia die rechte proprietates iniustitiae, eigenschaffte der vngerechtigkeit, nemlich, das Gott darumb mit einem zFrnet, jn von seinem angesicht als einen vngerechten st=sset vnd ins ewige hellische fewer wirffet. Hie werden die Osiandristen flucks126 sagen, war denn Cain zuuor nicht vngerecht, ehe er Abel hat erschlagen? Antwort: Ja, er war vngerecht, denn er hat solchs lang zuuor im hertzen bey sich beschlossen vnd ausgericht.127 Denn wir sondern128 vnd scheiden den inwendigen vngehorsam des hertzen von dem auswendigen der hende nicht, sondern fassen dis alles zusammen vnd heissens129 mit der heiligen schrifft „sFnde“ oder „vngerechtigkeit“. [B 5v:] So nu das bludt oder der mordt Abels (weil er wider Gottes willen geschehen) dem Cain eine vngerechtigkeit ist, ja nicht alleine Cain, sondern auch allen verfolgern biss zum ende der welt,130 warumb solte vnd kan denn auch nicht Christi bludt vnnd leiden, fur vns nach G=ttlichem willen geschehen oder vergossen, vns eine ware gerechtigkeit sein? Zum andern: Die Schrifft spricht, es sey dem Pineas das bludt oder mordt des JFdischen FFrsten vnd der Madianitischen huren, die er im Ehebruch mit einander erstach, zur gerechtigkeit zugerechnet worden, Num. xxv,131 Psalm.

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Röm 6,23. gemeint, umschrieben. Vgl. Gen 4,11f. sofort. Vgl. Art. flucks, in: DWb 3, 1836. begangen. trennen. Vgl. Art. sondern 2), in: DWb 15, 1584. nennen es. Vgl. Gen 4,15. Vgl. Num 25,7–13.

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cv.132 Warumb kan vns denn vnser Herr Gott zur Gerechtigkeit nicht zurechnen das bludt oder leiden Christi des Herrn? Zum dritten: Da Dauid in dem lj. Psalm betet: „Errette mich von dem Blute (denn also stehet im Hebraischen),133 Gott, der du mein Gott vnd Heilandt bist, das meine zunge deine gerechtigkeit rhFme.“134 Jsts nicht war,135 das er es gewiss dafur helt, das das bludt oder mordt Vriae136 jm eine solche vngerechtigkeit sey, das Gott darumb mit jm als einem vngerechten zFrnet vnd jn auch darumb in das hellische fewr stossen werde, wo er nicht widerumb durch das bludt Christi daruon abgewaschen vnd schnee weiss, wie er redet,137 wFrde? [B 6r:] Dauid spricht nicht mit dem Funck, das bludt Vriae ist fur lengst inn die erden verflossen oder verlauffen, vnnd er ist von den hunden gefressen worden, was kan mir sein bludt schaden thun?138 Nein, Dauid gedencket nicht also Osiandrisch, sondern er fFlet, das jn solchs bludt nicht anders fur Gott verklaget, engstiget vnd ins ewige hellische few hinein wirffet, als wenn einer mit einem grossen stFcken bley an den hals gehenget in den abgrundt des Meers geworffen vnd gestFrtzet wFrde. So nu das bludt oder mordt Vriae dem Dauid eine solche vngerechtigkeit ist, das es jhm darumb, als einem vngerechtem, Gottes zorn vnnd das ewige hellische fewr auff den kopff heuffet vnd zu wegen bringet, wie solte vnd kan denn nicht auch das tewre, werde vnd vnschFldige blut Christi fur vns vnd vns zu gut vergossen, oder sein bitter leiden vns von Gott zu einer gerechtigkeit zugerechnet werden, obs gleich fur viel hundert jaren geschehen ist? Zum vierdten: Gott zeiget Esaiae am j. cap. klar an, das er mit dem JFdischen volcke darFmb so sehr zFrne, das er sie gantz vnd gar nicht wil erh=ren, sondern auffs hefftigste vnd grewlichste straffen, wenn sie gleich139 lang beten, weil jre hende vol bludts waren.140 Jst [B 6v:] nu nicht das die rechte meinung Gottes alhie, das das vnschFldige blut der Propheten vnd Gottseligen Leute, von den JFden vergossen, jnen zu einer solchen vngerechtigkeit sey geraten vnnd gedeien, das sie Gott hat weder sehen nochd h=ren wollen, vnd

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Konjiziert aus: nocht.

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Vgl. Ps 106,30 (Vg.: Ps 105,30).

‫הַ ׅצּילֵנׅ י ׅמדָּ ׅמים‬ Vgl. Ps 51,16. 135 wahr. 136 Vgl. II Sam 11,14–17. 137 Vgl. Ps 51,9. 138 Flacius scheint sich hier nicht auf eine konkrete Aussage Funcks zu beziehen, sondern er erwähnt Funck hier wohl als den herausragendsten Osiandristen, der eine solche Meinung vor dem Hintergrund von Osianders Ausführungen zum Kreuzestod Christi (vgl. Anm. 109) äußern könnte. 139 auch. 140 Vgl. Jes 1,15. 134

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sie derhalben als vngerechte beide, in diesem vnd auch im zukFnfftigem leben, gestraffet. Jst nu das blut oder mordt der vnschFldigen Propheten den JFden eine solche vngerechtigkeit gewesen, darumb Gott mit jnen als vngerechten hat gezFrnet vnd sie hie zeitlich vnd dort ewiglich gestraffet, ey, wie viel mehr kan das bludt oder leiden Christi, fur vns vergossen, nicht auch vns eine solche gerechtigkeit sein? Darumb vns Gott als Gerechten gnedig ist vnnd das ewige Leben schencket? Bissdoher habe ich etliche Exempel aus der Schrifft angezogen, wie das bludt oder todt ist auch etlichen anderen sFndtlichen Menschen zur vngerechtigkeit geraten vnd gerechnet, weil es widder Gottes willen ist vergossen worden, damit ich die kluge vernunfft vnd grosse, nerrische Philosophia der Osiandristen ein wenig habe wollen vberweisen vnd schier mit den fingern zeigen, das es nicht so gar vnmFglich sey, sie auch nicht so wFnderlich vnnd seltzam sol dFncken, das [B 7r:] das bludt Christi, oder sein leiden, vns nach Gottes ordenung zu gute geschehen, vnser einige, ware gerechtigkeit fur Gott sey. Was werden nun wol die Osiandristen hierzu sagen, wenn ich mit klarer, heller141 schrifft werde beweisen vnd anzeigen, das auch das bludt oder todt Christi denen eine vngerechtigkeit sey, so jn verwerffen vnd verfolgen? Da die JFden schrien, „sein bludt sey vber vns vnd vber vnser Kinder“,142 wie denn auch geschehen, denn Gott vmb das bluts oder mordts willen so grewlich biss auff den heutigen tag mit jnen zFrnet, das er sie als vngerechte darumb straffet, hie vnd dort, zeitlich vnnd ewiglich. Jsts nicht die meinung, das solch bludt oder mordt den vngleubigen JFden geraten sey zu einer waren vngerechtigkeit, darumb sie als vngerechte von Gott zeitlich vnd ewiglich gestraffet worden? Freilich ists die meinung, vnd bezeugets auch Christus der Herr selbst, das es die meinung habe. Denn er saget Johan. am xv. capit. also, das der heilige Geist die Welt straffen sol vm der SVNDE willen, darumb das sie an jhn nicht gegleubet haben.143 Da klar angezeiget wirdt das der vnglaube der JFden, oder jhr verwerffung vnd verfolgung des Messie, sey eben die rechtschFldige SVNDE oder vngerechtigkeit, darumb [B 7v:] sie der heilige Geist als vngerechte straffen, ja Gott mit jnen ewiglich zFrnen vnd sie mit dem hellischen fewr straffen werde. Denn es ist klar aus dem Text, das alda das wordt SVNDE nicht was geringes bedeute, als ein Entzel144 sFnde, sondern es bedeutet eben so viel als das wort „vngerechtigkeit“. Darmit der Herr gewisslich angetzeiget vnd gnug zu uerstehen gibt, das das die furnemliche vnd ware vngerechtigkeit der JFden sey: Jr vnglaube, verwerffung vnnd veruolgung des verheissenen vnd jtztgegebenen Messie. 141 142 143 144

eindeutiger. Mt 27,25. Vgl Joh 15,22.25; 16,8. einzelne. Vgl. Art. enzel, enzeln, in: DWb 3, 677.

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Jtem Johan. xv. sagt der Herr Christus: „So ich nicht kommen were vnd jnen geprediget hette, so hetten sie keine SFnde“,145 gleich als wolte er sagen, das ist die vngerechtigkeit der JFden, darumb sie Gott zeitlich vnd ewiglich wirdt straffen, das sie mich, jren Messiam, nachdem ich laut der verheissung Gottes kommen bin vnd sie gewaltiglich vberweiset, das ich der rechte Messias sey, dennoch verfolgen vnd kurtzumb wollen todt haben vnd ermorden. So nu das bludt oder mordt Christi den verfolgern zu einer waren vngerechtigkeit geret146 oder gereichet, darumb sie Gott als die vngerechten beide, hie vnd dort, zeitlich vnd ewiglich, wirdt straffen, warumb kan auch nicht dasselbige bludt oder leiden den jenigen, [B 8r:] fur welche es geschehen ist vnnd die es mit dem glauben ergreiffen, eine ware gerechtigkeit fur Gott sein, darumb er sie als Gerechte lieb habe, fur Kinder anneme vnd endtlich seelig mache. Diss sey jtzt also kFrtzlich gesagt zur anleitung vnd erklerung, das man es nicht fur ein gros wunder vnd vngleublich ding sol halten, das das bludt Christi vnser gerechtigkeit fur Gott sey, auff das doch die Philosophische heidnische vnd Menschliche kluge vernunfft vnd gedancken der Osiandristen von der gerechtigkeit ein wenig kondte oder mFge zurFck vmbgestossen, zu schanden gemacht vnd verlegt147 werden. Der grundt aber solcher vnser meinung wirdt furnemlich genommen aus den SprFchen, so in der vorrede kurtzlich angezeigt seindt worden, vnd das der heilige Paulus sagt zun Rom. v: „Wir werden gerecht durch das bludt Christi.“148 Jtem. Ro. iij: „Wir werden mit Gott versFnet durch das bludt Christi.“149 Jtem Esaiae. liij: „Wir seindt durch seine wunden geheilet.“150 Vnd auff das nicht jemandt solchs durch eine wFnderliche, seltzame vnd vnerhorte glossa verdrehe oder auslege, als Osiander thut, denn das bludt mus jm die Gottheit Christi bedeuten,151 so erkleret sich der heilige Geist Apo. j.152 vnd vij,153 [B 8v:] das wir mit dem blute Christi gewaschen vnd weiss gemacht werden, wie denn auch Dauid begeret also dadurch zu waschen zu werden,

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Vgl. Joh 15,22. gerät. 147 widerlegt. 148 Vgl. Röm 5,9. 149 Vgl. Röm 3,25. 150 Vgl. Jes 53,5. 151 Dies könnte sich eventuell auf folgende Aussage Osianders beziehen: „(...) wie uns Christus durch sein gehorsam, leiden, sterben und blutvergiessen freiheit vom gesetz und vergebung der sFnde verdienet, erworben und teur erkaufft hat, also hat er uns durch dasselbig sein blutvergiessen auch erworben und erkaufft, das uns Gott die g=ttlichen gerechtigkeit Christi durch den glauben geben will und teglichs gibt, und dasselbig eben durch das euangelion, welchs uns verkFndigt, das Christus sein blut fur unser sFnde vergossen hat.“ Andreas Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), V 1v, in: OGA 10, Nr. 488, S. 254,18–23. 152 Vgl. Apk 1,5. 153 Vgl. Apk 7,14. 146

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das er weisser denn schnee werde.154 Auff diese weise spricht auch Johan.: „Das bludt Christi machet vnns rein von allen vnsern SFnden.“155 Auff das aber die meinung, wie wir durch das bludt Christi gerecht werden, noch klerer vnd heller werde, so malet sie S. Paulus zun Hebreern also abe, als das Christus vnser Priester vnd Mittler droben im Himel eine heilige HFtte habe, alda noch sein Priesterlich ampt ausrichte vnd sonderlich die armen SFnder, so in einem rechten glauben, oder durch ein gebeth des glaubens zu jm kommen vnd von jm gereiniget oder gerecht zu werden begeren, mit seinem blute besprenge, wasche, reinige vnd heilige. Besiehe Heb. vij,156 viij,157 ix,158 x,159 xij,160 xiij.161 Aus allen diesen beschreibungen ist klar, das wir also durch das bludt vnd leiden Christi gerecht werden, als durch die nechste proximam causam, fast gleich, wie ein vnrein kleidt, durchs wasser gewasschen, gereiniget vnd weis gemachet wirdt, vnd nicht also, wie Osiander tichtet, das durch das bludt Christi seine Gottheit erkaufft sey worden vnd wir hernacher durch sie gerecht werden.162 [C 1r:] Es werffen vns aber alhie etliche subtile163 Leute fur vnnd sagen also, das wir sie von Gott hinweg auff ein ander ding weisen.164 Jtem, sie sagen, jst das leiden Christi vnser gerechtigkeit, so ists der Herr Christus nicht?165 Antwordt: Ey, wer hat solchs je in sein hertz oder sinne lassen kommen, das, wenn einer auff eine person weiset vnd spricht: „Siehe, der hat dir so viel gutes erzeiget, gethan vnd fur dich dieses vnd das gelitten etc.“, derselbige denen von jener person hinweg weiset vnnd stracks lernet verachten? Wer hat ye sein leben tage geh=rt, das, wenn man eines meisters werck lobet, jhn darmit schmehete vnnd die leute von jhm hinweg weisete? Wenn einer saget: „Dieses mein ackerlein oder gartlein neret mich sampt meinem gantzem haussgesinde“, ob er gleich nicht darmit meinet, das er die erden des Gartens oder ackers friesset, sondern die frFchte, so herausser wachsen. So verachtet vnnd vernichtiget er darmit den garten gewisslich nicht. Wer hat je geh=ret, das Gottes wolthat preisen, sey ein weg, die leute von Gott zu weisen oder Gott zu uerachten? Wir sagen mit dem heiligen Paulo Philip. ij, das Gottes son, da er noch inn G=ttlicher gestalt vnd Maiestat war, habe sich eben darumb so sehr gedemF154 155 156 157 158 159 160 161 162 163 164 165

Vgl. Ps 51,9. Vgl. I Joh 1,7. Vgl. Hebr 7,23–28. Vgl. Hebr 8,2.6. Vgl. Hebr 9,12.14. Vgl. Hebr 10,19–22. Vgl. Hebr 12,24. Vgl. Hebr 13,12. Vgl. Anm. 151. spitzfindige, tüftlerische. Vgl. Art. subtil B.1.c), in: DWb 20, 828. Vgl. die Argumentationen bei Osiander und Funck. Dazu unsere Ausgabe Nr. 1, 5, 13. Vgl. die Argumentationen bei Osiander und Funck. Dazu unsere Ausgabe Nr. 1, 5, 13.

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tiget, das er [C 1v:] fleisch vnd knechtische gestalt an sich habe genommen, vnd sey dem vater gehorsam gewesen bis in den todt des Creutzes, auff das ehr mit seinem thun vnnd leiden nur dem gesetze Gottes fur vns gnug thete, bezalete vnnd es erfFllete, vnd also die gerechtigkeit, so das gesetze von vns vngerechten fordert, vns zu gut leistete vnd auffrichtete, Rom. viij. Jst das vonn Gott hinweg weisen, oder sagen, das Christi person nichts sey, oder vns vberall nichts gutes schaffe oder zu wegen bringe, oder nur einen halben Christum lehren, wie der Adiaphorist Culmannus pfleget zu sagen,166 der doch kein Osiandrist sein wil, oder villeicht selbst nicht weis, was er ist. So aber das ist vonn Christo hinweg weisen oder Christum verachten oder vernichtigen, wenn man saget, das vns Christus mit seinem leiden oder blut vnd gantzem gehorsam gerecht macht, vnd das solchs sein leiden oder blut vnser gerechtigkeit sey, so mus das auch gewislich von Christo hinweg fFren, weisen oder ableithen heissen, das Osiander hat geleret, Christi leyden sey vnser erl=sung, oder erl=se vns von der sFnde, Todt, Teuffel vnd Helle.167 Wie wol Juncker Funck solchem jrthumb fein meisterlich abhilfft, denn er saget, das vns das blut Christi weder gerecht machet noch erl=set von der sFnde, todt, Teu-[C 2r:]ffel oder Helle,168 welches eben so viel ist, als wenn man spreche, das das blut Christi nicht so viel als ein kliplein169 sey oder gelte. Hieraus ist leichtlich abzunehmen,170 das solche einrede eine lose171 vnd nichtige Calumnia172 oder Sophisterey sey. Denn der Son Gottes ist eben darumb auff erden kommen vnd mensch worden, auff das er fFr vns leidete vnnd das gesetz erfFllete. Darumb, wenn man auff seine wolthat weiset, so weiset man stracks auff jn173 vnd nicht von jm hinweg auff einen andern. Wir wollen aber mit Gottes hFlff noch etliche mehr zeugnis aus der heiligen schrifft herfFr bringen, auff das jederman sehe vnnd schier mit den henden sol greiffen, das das klare, helle vnd G=ttliche wort Gottes bezeuget vnd ge166

Leonhard Culmann war seit 1552 der bedeutendste Anhänger Osianders in der Reichsstadt Nürnberg. Allerdings versuchte er seine Position dezidiert nicht als osiandrisch darzustellen, sondern er dissimulierte dies in seinen Schriften. Melanchthon erhielt daher den Eindruck, dass unterschiedliche Lehrpositionen bei Culmann durcheinander geraten seien. Culmann verwies darauf, dass der ganze Christus, der Gott, Schöpfer und das lebendige Bild der Substanz des Vaters sei, die Rechtfertigung des Menschen dadurch bewirke, dass eben der ganze Christus durch den Glauben dem Menschen appliziert werde, Vgl. Fligge, Osiandrismus, 171–174; Wengert, Defending Faith, 221–224. 167 Andreas Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), B 2r, in: OGA 10, Nr. 488, S. 110,8f: „Darumb hat Christus uns, die wir itzo leben, und andere vor uns durch erfullung des gesetzes und sein leiden und sterben nicht gerechtfertigt; aber erl=set sein wir dardurch von Gottes zorn, todt und helle.“ 168 Vgl. Anm. 50. 169 Bagatelle. Vgl. Art. Klipplein 1), in: DWb 11, 1209. 170 zu erkennen. 171 nutzlose. Vgl. Art. lose II.3), in: DWb 12, 1283. 172 Lügen, Verdrehungen. Vgl. Art. calumnia, in: Georges I, 938f. 173 ihn.

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waltigklich bekrefftiget, das das blut, leiden oder gehorsam Christi vnser ware vnd einige gerechtigkeit sey fFr Gott. Zum ersten seindt die oberzelten sprFche vberaus klar, deFtlich vnd gewaltig, die da im Paulo vnd Johanne stehen vnd klar sagen oder bezeugen, das die sFnder mit dem blute Christi Gewaschen, weiss Gemachet, gereiniget, gesprenget, geheiliget vnd Gerechtfertiget werden etc. Welche sich nun in keinem wege dahin lassen denen,174 deuten oder ziehen, das vnser gerechtigkeit sey etwas anders, denn das blut, leiden vnnd gehorsam [C 2v:] Christi. Es stehet dergleichen ein sch=ner, feiner vnd klarer sprFch auch am liij. Esaie, der also lautet: „Wir seindt durch Christi wunden geheilet.“175 Esaias spricht nicht, das wir durch das wesen Gottes oder die wesentliche gerechtigkeit seindt geheilet worden, „die wunden“, spricht er, seindt die heilsame ertzney, die vns alle heil, gesundt vnd frisch, das ist, gerecht vnd seelig machen. Zum andern, da der heilige Paulus Phi. ij. wil anzeigen, warumb Christus als ein mitler erh=het worden ist, sagt er nicht vonn der wesentlichen gerechtigkeit, sondern von seiner ernidrigung oder demFtigung, das er sich also sehr hat ernidriget vnd bis zum todt gedemFtiget etc.176 „DARVMB“, spricht er, „hat jhm Gott einen namen gegeben etc.“177 Was ist disses „DARVMB“. Lieber, was zeigets doch an? „Darumb“ sagt der Apostel Paulus, das Christus sich also hinab hat gelassen vnd also viel gelitten vnd ist gehorsam gewest etc. Er spricht nicht „darumb“, das er eine wesentliche gerechtigkeit hat etc. Es ist wol war, Christus hat mussen eine solche hohe person sein beide, nach der g=tlichen natur vnd nach der menschlichen von dem Heiligen Geist empfangen, hat anders sein leiden so k=stlich vnnd thewr sein sollen, aber gleichwol ist die ernidrigung oder der [C 3r:] todt das jenige, das die sache verdienet oder ausgerichtet hat. Jst nu Christus vmb seiner ernidrigung vnd leiden erh=het, vnd das ist (so zu reden) die einige stiege oder leither, dadurch er als ein mitler widder gen himmel gestiegen oder widder ist auffgefahren, wie jhn vnser sFnde vom himmel hinab inn die helle gezogen vnd gerissen hatten, so k=nnen wir auch durch eine solche stiege oder leither hinauff steigen. Denn sie ist ja vnsert halben zubereitet vnd gezimmert worden. Das thewre blut oder leiden Christi wirdt in der heiligen schrifft geheissen: das „praecium“,178 das ist, so zu reden, das gelt, darmit wir erkaufft vnnd erl=set seindt von SFnde, Todt, Teuffel vnd Helle, vnd nicht seine wesentliche gerechtigkeit. Er, der herr Christus, ist fFr sich ein warer Gott in ewigkeit, gerecht vnd seelig. Er hat es furwar seint halben gantz vnd gar nicht bedFrfft, das er herab inns leiden, oder durch das leiden hinauff inn die glorien were gefaren. Faren 174 175 176 177 178

dehnen, im Sinne von: auslegen. Vgl. Jes 53,5. Vgl. Phil 2,8. Vgl. Phil 2,9. Vgl. I Kor 6,20; 7,23; I Petr 1,18f.

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wir aber durch eine solche stiege in den himmel, so mus dasselbige gewislich auch vnser gerechtigkeit sein, vnd kurtzumb nichts anders nicht. Denn es ist nur ein einige stiege oder stuffen oder leyter, dadurch wir inn die helle faren, nemlich die vngerechtigkeit, vnd nur eine, dadurch wir in den himmel steigen, nemlich die gerechtigkeit. [C 3v:] Auff diese weise redet auch S. Paulus sehr fein Ephe. iiij, das Christus darumb ist auffgefaren oder auffgestiegen gen himmel, das er zuuor ist hinab in die tieffe der erden gefaren.179 Also sagt auch der Herr Christus selbst Luce am xxiiij: „O jhr thoren vnd trege hertzen, zu gleuben allem dem, das die Propheten geredt haben. Muste nicht Christus solches leiden vnnd zu seiner herrligkeit eingehen?“180 Alhie zeiget der Herr selbst klar an, er habe mFssen durch sein bitter leiden in seine herrligkeit gehen, welcher gang, weil er vns zu gute geschehen vnd nicht jhm, denn er hat solches nicht seinet halben, als ein almechtiger Gott, sondern vnserthalben, als vnser einiger mitler vnd versFner, gelitten vnnd gethan, so mFssen wir auch nothwendig durch solche stiege in den himmel steigen, vnd solchs mus vnser gerechtigkeit sein. Denn, wie gesagt, es bringet vns nichts anders inn den himmel denn gerechtigkeit, vnd st=sset vns auch nichts anders in die helle hienein denn vnser vngerechtigkeit. Zum dritten S. Paulus zeiget sehr klar, das vnser gerechtigkeit sey eben das leiden Christi, Gal. ij., da er also spricht: „Denn so durch das gesetze die gerechtigkeit kommet, so ist Christus vergeblich gestorben“,181 welcher wort eigentlich dieser inhalt vnd warhaffti-[C 4r:]ge meinung ist: so vnser gehorsam gegen dem gesetze gottes vnser gerechtigkeit ist, dadurch wir gerecht werden, wie die falschen Aposteln vnd lose Christen sich rFmen vnnd fFrgeben dFrffen, so ist Christi leiden nicht die ware gerechtigkeit, dardurch wir sollen vnd mFssen seelig werden. Vnd ist derhalben er, Christus, vergeblich vnd vmb sonst gestorben vnd sein leiden taug nirgent zu. Eben ein solch argument vnd meinung (wie diese ist Pauli) ist auch jene vnsers lieben Herrn Jhesu Christi, Johan. am xvj, da also stehet: „Der heilige Geist wirdt die Welt straffen vmb die gerechtigkeit, das ich zum Vater gehe“,182 das ist, der heilige Geist wirdt sagen: Liebe Welt, ist dis, das du meinest oder trewmest, die ware gerechtigkeit, dadurch du gerecht, Gott wolgefellig vnd seelig solst oder wilt werden, so ist es nicht der gang oder leiden Christi. Jst aber der gang vnd leiden Christi nicht die gerechtigkeit, dadurch du gerecht vnd seelig soltest werden, ey, so ist Christus gang oder leiden vmb sonst vnd gantz vnd gar vergeblich. Sein gang aber zum Vater oder leiden ist nicht vergeblich, so mus nu eben derselbige gang oder leiden vnser gerech-

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Vgl. Eph 4,9f. Vgl. Lk 24,25f. Vgl. Gal 2,21. Vgl. Joh 16,8.

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tigkeit sein vnnd heissen, vnd nicht was anders, das du aus deinem kopff vnd toller183 vernunfft tichtest. [C 4v:] Diss Argument Pauli vnd Christi zu beweisen, das das leiden Christi vnser ware vnd einige gerechtigkeit sey, dadurch wir seelig werden vnd sonst auff der weite Welt lauter nichts anders, ist sehr wol zu mercken vnnd zu behalten. Denn der heilige Geist (wie Christus geweissaget) treibets noch heutiges tages widder alle jrrige vnnd verfFrische Geister. Denn er sagt durch den mundt seiner trewen diener: „Lieben JFden, TFrcken, Tartern,184 Anabaptisten, Osiandristen, Papisten etc. Wenn das war were, das das die rechte, ware, einige gerechtigkeit solte sein, dardurch wir gerecht, seelig vnd Gott gefellig solten vnd musten werden, das185 jr tichtet vnd trewmet, vnd nicht der gang Christi zum Vater, leiden oder sterben, so mus gewislich hierausser folgen, das Christus aller ding vmb sonst ist auff die Erden gekommen vnd gestorben. Das ist aber ja nicht war, das Christus vmb sonst solte sein gestorben, denn Gottes Sohn ist kein narre nicht, das er solche grosse ding vergebens vnnd lauter vmb sonst solte gelitten oder gethan haben. Derhalben mus eben der gang oder leiden Christi vnd nichts anders, wie jr gackelt186 oder meinet, die rechte vnnd einige gerechtigkeit sein vnd heissen, dardurch alle Menschen seelig werden, die da gerecht vnd seelig werden sollen vnd mFssen.“ [C 5r:] Zum letzten, was sol man sich viel darvber zancken, beissen vnd streiten, weil zun Rom. v. ein klarer, heller vnd vber aus trefflicher text stehet, „das wir durch das bludt Christi seindt gerecht worden.“187 Seindt wir nu durch das bludt Christi gerecht worden, so mus dasselbige gewisslich vnser gerechtigkeit sein. Vnd darmit ja nicht jemands einen zweiuel daran haben mochte, das das bludt oder leiden Christi vnser gerechtigkeit sey, so erkleret sich Paulus selbst weitleufftiger in diesem Cap., was er heisse „die gerechtigkeit Christi“, dardurch wir gerecht werden, nemlich: den gehorsam Christi.188 Der gehorsam Christi aber ist eben so viel als sein gehorsamlich leiden. Denn er ist dem Vater, wie der heilige Paulus sagt, in seiner gantzen ernidrigung oder demFtigung gehorsam worden, also das er auch den schendtlichen vnd schmelichen todt des Creutzes jm,189 dem Vater, damit zu gehorsamen, hat gelitten, getragen vnd geduldet. Derhalben hat man alda einen sehr klaren vnd gewaltigen text, das das bludt oder gehorsamlich leiden Christi sey die einige, ware vnd rechte gerechtigkeit, dardurch wir fur Gott sollen vnnd mFssen gerecht, seelig, heilig vnd from werden.

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törichten, närrischen. Vgl. Art. toll I.1.e), in: DWb 21, 634f. Tataren. wie. daher schwätzt. Vgl. Art. gackeln 2), in: DWb 4, 1128f. Vgl. Röm 5,9. Vgl. Röm 5,19. ihm.

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[C 5v:] Wjr mFssen hie auch kFrtzlich anzeigen, wie doch das zusamen stimmet, sich mit einander reimet vnd vberein kommet, wenn wir also sagen, jtzt der gang Christi zum Vater sey vnser gerechtigkeit, jtzt der gehorsam, jtzt der todt oder leiden vnd bludt, jtzt die vergebung der sFnden, denn es werffen vns die Osiandristen fur, wir machen viel gerechtigkeit.190 Das bludt Christi ist eben souiel als sein leiden, sein leiden aber fasset vnd begreiffet allen jamer oder ernidrigung in sich, so Christus auff dieser Weldt vnserthalben erlitten vnd getragen hat. Weiter, der gang Christi zum Vater ist auch eben souiel als sein leiden vnd todt, wie der Herr sich selbst erkleret, xvj. Capit. vnd andern ortern Johannis.191 Endtlich, das leiden oder gehorsam Christi ist nichts anders, denn eine bezalung fur vnser schuldt. Nu ist eine frembde bezalung fur mich eben so viel, als meiner schuldt ableschung, derhalben stimmets sehr fein mit einander, das man saget, das leiden Christi ist vnser gerechtigkeit vnd die vergebung der SFnden ist vnser gerechtigkeit, denn das leiden, wie angetzeiget, ist eigentlich eine bezalung fur vns. So ist es nu ein ding, das ein ander fur mich bezalet vnd das meine Schuldt ausgeleschet oder [C 6r:] vergeben wirdt. Denn eben darmit vnd in dem, das mir eines andern, als des Herrn Christi, bezalung wirdt zu gerechnet, wird meine Schuldt ausgeleschet oder abgetilget, nur ein ding vnnd eine actio ist vnnd nicht zwey, derhalben bedeuten alle diese wort nur ein ding vnd nicht mehr, als der gehorsam, die erfFllung des Gesetzes, todt, leiden, blut, gang Christi etc. fur vns geschehen oder vns zugerechnet. Das alles ist nur eine bezalung fur vns oder vns zu gute geschehen, vnd also vnser schuldt vertilgung oder ableschung. Aus dem ist nu klar vnnd offenbar, das wir nicht viel, sondern nur eine ware gerechtigkeit leren, dardurch wir fur Gott gerecht, from, jm wolgefellig vnd seelig werden, ob gleich mancherley reden aus der Schrifft genomen darzu gebrauchet werden. Derhalben thun vns die Osiandristen fur Gott vnd der gantzen Christlichen kirchen vnrecht, das sie vns mancherley Gerechtigkeit zu tichten.192 Aber was k=nnen vnd sollen sie anders thun? Weil sie eine solche Ketzerey einmal haben angefangen, angerichtet, vnd wollen sie noch verteidingen, vnd solchs mit der heiligen G=ttlichen schrifft nicht thun k=nnen, so mFssen sie es mit liegen vnd Sophisterey, ja auch Sycophanterey193 ausrichten vnd beschonen.

190 Vgl. Andreas Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), G 3v–G 4r, in: OGA 10, Nr. 488, 152,18–154,7; Johann Funck, Wahrhaftiger und gründlicher Bericht (1553), D 2r–D 3v, in: unsere Ausgabe Nr. 13, S. 730,17–733,10. 191 Vgl. Joh 16,10. 192 wir würden verschiedene Gerechtigkeiten erfinden. Vgl. Art. dichten 2), in: DWb 2, 1058f. Vgl. zu diesem Vorwurf Osiander, Von dem einigen Mittler (1551), in: OGA 10, Nr. 488, S. 152,18–156,4; Osiander, Wider den flüchtigen Nachtrabe (1552), in: OGA 10, Nr. 505, S. 410,17–411,12. 193 Verleumdung. Vgl. Art. Sykophanterei, in: DWb 20, 1368.

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[C 6v:] Wolan, es bete, wer noch ein wenig beten kan oder wil, denn es ist eine rechte b=se zeit; der schendtliche, grewliche Epicureismus194 nimpt augenscheinlich zu, auch eben bey denen, die noch die ware Religion haben. Man siehet leider wol, das vnser falsche Euangelische nicht anders der seeligmachenden warheit mFde, vberdrFssig vnd gantz vnd gar sat seindt, als die Jsraeliten des himlischen Brots Manna.195 Sie fragen nicht viel darnach; sie bemFhen sich auch lautter nichts. Es bleibe die seeligmachende warheit, wo sie wolle. Man verliere sie oder nicht. Lassen die pfaffen dafFr sorgen, wie sie die diener Christi sp=tlich lestern. Aber was thun die Papisten, alle rotten vnnd secten dargegen? Sie bemFhen sich mit allem vleis vnd seindt darauff abgeeckt,196 das sie nicht alleine jhre jrthumb k=nten oder m=chten erhalten, sondern auch weit vnnd breit ausbreiten vnd fortpflantzen. Zu solchem b=sem fFrnemen sparen sie keinen vleis, keine mFhe, keine gefahr, keine vnkost noch arbeit. Es ist vielen sehr wolbekandt, wie der Empiricus Schleicher oder Streicher,197 wie er heist, sampt seinen Stenckfeldischen198 inn gantzen schwaben vmbher schleichet, gehet [C 7r:] vnd streichet wie ein brFllender Lew, suchendt jrgendt einen, den er mochte beide, am leibe mit b=ser artzney vnd an der seele mit falscher lehr, verderben vnd verschlingen.199 Man siehet klar, das alle rotten vnd secten sich fein mit einander vereinigen vnd verbinden widder Christum, widder die =ffentliche warheit vnd jre Bekenner. Die Osiandristen vnd Schwendtfeldisten seindt jtzt die besten Gesel-

194

Der griechische Philosoph Epikur (341–270 v. Chr.) und seine Nachfolger, galten als Vertreter eines prinzipienlosen Materialismus. Vgl. Michael Erler, Art. Epikuros, in: NP 3 (1997), 1130–1140; Tiziano Dorandi, Art. Epikureische Schule, in: NP 3 (1997), 1126–1130. 195 Vgl. Num 11,6. 196 eigentlich: vollständig mit Ecken versehen, z. B. bei Vierecken; hier wohl davon abgeleitet mit der Bedeutung: begierig. Vgl. Art. abecken, in: DWb 1, 22. 197 Die Verwendung des Names „Empiricus“ deutet auf einen Mediziner hin, da mit „empirici“ im Lateinischen Ärzte bezeichnet werden, die sich auf die Erfahrung stützen. Damit scheint es hier auch um die Abgrenzung der gemeinten Person von studierten Ärzten zu gehen. Dr. med. Hans Augustin Streicher und seine Schwester Agathe Streicher, die über profundes medizinisches Wissen verfügte und als erste Ärztin Deutschlands gilt, führten in Ulm eine Praxis. Hans Augustin weigerte sich jedoch den in Ulm verbindlichen Ärzteeid zu leisten und durfte in der Folge nicht mehr praktizieren. Nachdem Agathe Streicher später den Eid leistete (15. März 1561), wurde sie als nichtakademische Ärztin vom Rat bestallt. Bruder und Schwester galten als Anhänger Schwenckfelds. Schwenckfeld reiste 1561 heimlich nach Ulm (1539 war er aus der Stadt ausgewiesen worden), um sich von Agathe Streicher behandeln zu lassen. Die Theraphie zeitigte jedoch keinen Erfolg und Schwenckfeld starb in Ulm. Vgl. Eberhard J. Wormer, Art. Streicher, Agatha, in: NDB 25 (2013), 533. 198 Häufig verwendete, polemische Verballhornung des Names Caspar Schwenckfelds von Ossig und dessen Anhängern. 199 Vgl. I Petr 5,8.

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len mit einander,200 vnangesehen, das sie in vielen dingen widderwertige201 meinung haben. Sie seindt gute Freunde, wenn man nur Christum kreutzigen sol, eine lest die ander zu frieden vnd das jre warten,202 vnd gleuben streiten allein widder die rechtgleubigen Christen. Jch weiss bey meinen trewen von keiner schrift des Sidonij,203 Pflugs204 oder des schwartzen MFnchs von Augspurg,205 des Marans,206 vnd der gleichen, so sie widder die widderteuffer, Osiandristen oder Schwenckfeldisten haben geschrieben; auch Osiandri nicht, seid der zeit, das er zu schwermen hat angefangen, oder auch des Schweinefeldts widder die Papisten. Vnd hat also in der warheit die ware vnd heilsame Religion vnd rechtschaffene Lerer vberaus sehr viel hefftige Feinde, hat aber gar wenig oder schier auch gar keinen trost mehr, beystandt noch hFlffe von denen, so [C 7v:] man noch fur rechtschaffene Christen helt. Aber der gnedige, gFtige vnnd barmhertzige Gott erhelt noch seine warheit durch wunderbarliche mittel, aller ding on vnsern danck. Wie lang aber solchs wirdt weren, ist leichtlich zu erachten denn ich habe keinen zweiffel daran, Gott wirdt ees entliche lassen gehen nach der Prophecey des heiligen Pauli, das, weil wir keine lust noch liebe zu der heilsamen lehr mehr haben, er vns gnugsam vnd vberflFssig ohrenkrawer wirdt geben, die vns mit krefftigen jrthumen beth=ren, beschleichen, blenden vnd ins ewige, hellische fewer mit sich werden fFren, leiten vnd ziehen.207 Es wirdt die Welt gewislich bald dahin geraten, das das meiste teil der Leute eitel208 Epicurer wirdt werden; das ander vnd geringste teil aber, so noch etwas GottfFrchtig wil sein vnd dafur gehalten werden, wirdt sich von den

e–e 200

Konjiziert aus: esentlich.

Zwischen 1553 und 1559 kam es zwischen Schwenckfeld und Flacius zu einer umfangreichen publizistischen Auseinandersetzung über das Wesen und die Bedeutung des „verbum externum“, da Schwenckfeld die Auffassung vertrat, das Wort Gottes werde über die Einwohnung Christi im Herzen der Menschen vermittelt, und der Buchstabe der Heiligen Schrift betreffe lediglich den äußeren, gläubigen Menschen. Flacius erkannte daher einige Gemeinsamkeiten zwischen den Schwenckfeldern und den Osiandristen. Vgl. Horst Weigelt, Art. Schwenckfeld, Kaspar von / Schwenckfeldianer, in: TRE 30 (1999), 712–719, bes. 716; Preger, Flacius I, 298–353. 201 gegensätzliche. 202 und kümmert sich nur um die eigene Sache. Vgl. Art. warten II.C.5.a), in: DWb 27, 2142. 203 Michael Helding, Mainzer Weihbischof und Titularbischof von Sidon, daher „Sidonius“ genannt. Mitverfasser des Augsburger Interims. Vgl. dazu unsere Edition Bd. 1, S. 43. 204 Julius von Pflug, Bischof von Naumburg, Mitverfasser des Augsburger Interims. Vgl. dazu unsere Edition Bd. 1, S. 43. 205 Wohl: Pedro de Malvenda. Seit 1540 Kaplan am kaiserlichen Hof und mitbeteiligt an der Ausarbeitung des Augsburger Interims. Vgl. Martin H. Jung, Art. Malvenda, in: RGG4 5 (2002), 720. 206 Mar(r)ane ist eine abfällige Bezeichnung für einen zwangsgetauften spanischen Juden, abgeleitet von span. marrano = Schwein. 207 Vgl. I Tim 4,1f. 208 Hier ist wohl eine Bedeutungsvermischung denkbar: reine und falsche. Vgl. Art. eitel 3 und 6), in: DWb 3, 385f, 387f.

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schwermern vnd ohrenkrawern dem Teuffel in den rachen hinein lassen jagen, verfFren vnd treiben, vnd werden gleichwol allbeide den namen, titel vnnd rhum haben wollen, das sie noch rechtschaffen Euangelisch sein vnd bleiben. Wolan, betet, lieben Christen, es ist hoch von n=ten, wer do noch ein wenig kan oder wil beten; wer aber nicht wil, kan noch mag beten, Gott, sein heilsames wort vnd trewe [C 8r:] Diener vnd alle Christliche vermanung verachtet vnd verh=nlechelt,209 den lass sein ebenthewer stehen210 oder warten. Es wirdt baldt wol eine solche zeit kommen, da er solche seine sp=tterey vnd allfantzerey211 wirdt mFssen thewr gnug bezalen. Der liebe getrewe Gott, der ein vater ist aller barmhertzigkeit, beware die seine nach seinem veterlichen wolgefallen, beschFtze vnd beschirme sie fur dem grimmigen Lewen, dem Sathan, welcher nicht schlefft noch schlummert, sondern schleicht vnd streichet vmbher wie ein rechter STREJCHER oder Schleicher, vleissig suchende, wen er m=chte erschnappen, daruon bringen vnd verschlingen,212 vnnd beware sie auch fur der b=sen, ehebrecherischen vnd arglistigen welt. Amen. Amen. Amen.

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verhöhnt, beschimpft. Vgl. Art. verhohnlachen, in: DWb 25, 577. unglückseliges Wagnis unternehmen, in die Gefahr laufen. Vgl. Art. Abenteuer, in: DWb 1, 27f; Art, stehen II.C.7.f.α), in: DWb 17, 1596. 211 Schlechtigkeit, Nichtsnutzigkeit. Vgl. Art. Alfanzerei, in: DWb 1, 205. 212 Vgl. I Petr 5,8. 210

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Bayerische Staatsbibliothek München: 4 Polem. 3260#Beibd.3

DIALOGVS, oder Gesprech eines armen SFnders mit Moyse vnnd Christo / von der Rechtfertigung des Glaubens / auß Heyliger Schrifft gegrFndt vnnd gestelt. durch Mattheum Vogel.

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Sampt seinem Bedencken von der zugetragenen zwispalt vber solchem Artickel. Vnd einer antwort auff D. Joachim M=rlein vnge= stFmmen Sendbrieff.

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Tit. 2.

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Allenthalben aber stelle dich selbst zum fFrbild gFter werck / mit vnuerfelschter lehre / mit erbarkeit / mit heilsamen vnd vntadlichem wort / auff das der widerwer= tig sich scheme / vnd nichts hab das er von vns m=ge b=ses sagen.1 1 5 5 7.

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Vgl. Tit 2,7f.

Nr. 17: Matthäus Vogel, Dialogus von der Rechtfertigung (1557) – Einleitung

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Einleitung 1. Historische Einleitung

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Die hier edierte Schrift fügt sich ein in einen Zusammenhang von mindestens sieben Streitschriften, die in den Jahren 1556 bis 1559 zwischen Joachim Mörlin1 in Braunschweig und Matthäus Vogel in Königsberg gewechselt wurden.2 Mörlin war seit 1550 Prediger am Königsberger Dom und Theologieprofessor an der dortigen Universität gewesen. Hatte er zunächst noch eine vermittelnde Position im Streit über Osianders Rechtfertigungslehre eingenommen, so lehnte er sie seit Frühjahr 1551 entschieden ab und griff Osiander an, später auch den Herzog, weil dieser Osiander und seine Anhänger schützte. Mörlin verließ deshalb das Herzogtum im Jahr 1553 und wurde Superintendent in Braunschweig. Sein Nachfolger als Domprediger wurde Matthäus Vogel. Mörlin blieb an den Vorgängen in seiner ehemaligen Gemeinde weiterhin interessiert und nahm offenbar auch von Braunschweig aus Anteil an den Geschehnissen in Königsberg. Als Herzog Johann Albrecht zu Mecklenburg Einfluss auf seinen Schwiegervater, Herzog Albrecht in Preußen, gewonnen und die Synode von Riesenburg sich im Frühjahr 1556 gegen den Osiandrismus gewandt hatte, hielt Mörlin anscheinend die Zeit für geeignet, seinen Nachfoger öffentlich anzugreifen; der konkrete Anlass waren kritische Äußerungen Vogels über Mörlins Predigten gegen Osiander und über die Hintergründe von Mörlins Weggang aus Königsberg, die ihm der Nürnberger Wolfgang Waldner hinterbracht hatte. Allerdings verhinderte Mörlin mit seinem Angriff nicht, dass Vogel 1557 auch auf eine Professur der Königsberger Universität berufen wurde und weiter großen Einfluss auf die preußische Kirche und den Herzog behielt. Am Anfang der sich entwickelnden publizistischen Fehde stand ein kurzer „Sendbrief“ Joachim Mörlins,3 der in der vorliegenden Schrift vom Jahresanfang 1557 abschnittsweise aufgenommen und von Matthäus Vogel kommentiert wurde.4 Mörlin konterte Vogels hier edierte Schrift mit einer „Ant-

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Zu seiner Vita vgl. oben Nr. 11, S. 518– 520. Zum Verlauf des literarischen Schlagabtauschs vgl. Wengert, Defending Faith, 173–184. 3 Ein Sendt= || brieff D. Doctoris || Joachimi Morlini an den Vo= || gel / eingedrungenen Prediger in || der Stifftkirchen des Knip= || hoffs zu KFnigsberg || in Preussen. || j. Johan. j. || Das blut Jesu Christi Got= || tes Son / machet vns rein von || aller sFnde. || So jemandt zu euch kompt / || vnd bringet diese Lehre nicht / || den nemet nicht zu hause / vnd || grFsset jn auch nicht / Denn wer || jn grFsset / der machet sich || teilhafftig seiner b== || sen wercke. [Magdeburg: Ambrosius Kirchner, 1556; Sendbrief datiert Braunschweig, den 25. Sept. 1556] (VD 16 M 5885). – Wengert hält es für möglich, dass Flacius oder Gallus, denen Mörlin eine Abschrift seines Briefes an Vogel zugesandt hatte, den Druck in Magdeburg veranlasst haben könnten. Vgl. Wengert, Defending Faith, 425. 4 Vgl. unten S. (937) 947–962 (Bl. [k 3r]l 4r– o 3v). 2

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Nr. 17: Matthäus Vogel, Dialogus von der Rechtfertigung (1557) – Einleitung

wort auf das Buch des Osiandrischen Schwärmers“.5 Dagegen setzte Vogel seine „Widerlegung“,6 gegen die wiederum Mörlins „Apologia“7 gerichtet ist. Die Auseinandersetzung wurde fortgesetzt mit Vogels „Antwort auf Mörlins Apologie“8 und einem Text Mörlins „Wider die Antwort Vogels“.9 2. Der Autor Matthäus Vogel10 (gräzisiert Orneus) wurde am 7. September 1519 in Nürnberg als Sohn des Leonhart Vogel geboren. Er besuchte die Schule an St. Sebald; am 20. Dezember 1535 wurde er an der Universität Tübingen immatrikuliert, im Wintersemeser 1536 dann in Wittenberg, wo er Luther und Melanchthon hörte. Danach erhielt Vogel eine gering dortierte Schulstelle in Nürnberg. Die Fürsprache Melanchthons verschaffte ihm jedoch bald zusätzliche Einnahmen, die es ihm erlaubten, seine Studien in Wittenberg fortzusetzen, wo er am 6. April 1541 das Bakkalaureat, am 11. September 1543 den Magistergrad erwarb. Ende 1544 wurde er als Pastor nach Lauf an der Pegnitz berufen, 1548 nach Nürnberg als Diakon an St. Jakob. 1549 gab er dieses Amt des Interims wegen auf und folgte Andreas Osiander nach Preu-

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Antwort auff das || Buch des Osiandrischen schwer= || mers in Preussen / M. Vogels / || darinnen er sein beduncken an= || zeiget von der fFrgefalle= || nen zwispalt / vnd || meinen Brieff || an jn. || Joachimus M=rlin D. || Jtem Matth. Fl. Jllyrici von dem Gebet einer O= || siandrischen Person / vber den lxxj. Psalm. || II. CORINTH. IIII. || Wir gehen nicht mit schalckheit vmb / fel= || schen auch nicht Gottes wort / Sondern mit || =ffentlicher warheit / vnd beweisen vns wol gegen || aller Menschen gewissen fFr Gott. [Magdeburg: Ambrosius Kirchner, 1557] (VD 16 ZV 11072). 6 Widerlegung der || vngegrFndten Antwort D. || M=rlins / auff mein Buch / welchs || ich wider jn zuschreyben durch || seinen Lesterbrieff bin ge || drungen worden. || Mattheus Vogel. || I. Pet. 3. || Seit aber alzeit vrbFtig zur ant= || wortung jederman / der grundt fordert / || der hoffnung die in euch ist / vnnd das mit sanffmF= || tigkeit / vnd forcht / vnd habt ein guts gewissen / auff || das die / so von euch affterreden / als von vbel= || thetern zuschanden werden / das sie ge || schmecht haben ewren guten || wandel in Christo. || 1557. (VD 16 V 2107). 7 APOLOGIA || Auff die vermeinte wi= ||derlegung des Osiandrischen || Schwermers in Preussen / || M. Vogels. || Sampt grFndlichem kurtzen be= || richt / Was der Haubtstreit vnd die Lere || Osiandri gewesen sey / Allen Christen || nFtzlich zu lesen / sich fur || dem Brewel [sic] zu || hFten. || Joachimus M=rlin D. || Prouerb: XVII. || Wer den Gottlosen recht spricht / vnd den || Berechten [sic] verdampt / Die sind beide dem || HERREN ein Brewel. [sic] || Ieremiae XV. || Kanstu das k=stliche vom schn=den schei= || den / Soltu wie mein mundt sein. (VD 16 M 5863). 8 Antwort || M. Matthei Vo= || gels / auff D. Joachim M=rleins || zu Braunschweig nechst auß= || gangene Apologiam || 1558. || I . Corinth. II. || Jst jemandt vnter euch / der lust zu || zancken hat / der wisse / das wir solche wei= || se nicht haben / die Gemeine Gottes auch || nicht. || Gedruckt zu K=nigsperg inn || Preussen / durch Johann || Daubman. || M. D. LVIII. (VD 16 V 2083). 9 Wieder die Antwort || des Osiandrischen Schwermers in || Preussen / M. Vogels / Auff || meine APOLO= || GIAM. || Sampt grFndlichem || Bericht / das zwischen vns vnd || Osiandro kein Grammaticale, sondern || reale certamen gewesen || sey. || Joachimus M=rlin D. || I. COR. III. || So jemandt den Tempel Gottes verder= || bet / den wirdt Gott verderben. || ANNO M. D. LIX. [Magdeburg: Michael Lotther] (VD 16 M 5892). 10 Zum Folgenden vgl. Georg Andreas Will, Nürnbergisches Gelehrten-Lexicon, IV. Theil (1758), 110–114; Württembergische Kirchengeschichte online, Personen, Nr. 8544 (https://www.wkgo.de/ wkgosrc/pfarrbuch/cms/index/8520).

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ßen, wo er zunächst Pastor in Labiau11 wurde, 1550 dann Pfarrer in Wehlau/ Ostpreußen,12 bis er 1554 als Dompfarrer nach Königsberg berufen wurde. 1557 übernahm er außerdem eine Theologieprofessur an der dortigen Universität. Herzog Albrecht beauftragte Vogel mit der Abfassung einer neuen Kirchenordnung für Preußen. Infolge der Osiandrischen Streitigkeiten musste Vogel 1566 Königsberg verlassen und ging nach Württemberg. Dort hielt er sich zunächst in Kirchheim13 auf, unterstützt durch Herzog Christoph, 1567–1570 wirkte er als Pfarrer in Hornberg im Schwarzwald, dann als Spezial in Göppingen, ab 1580 amtierte er als Abt zu Alpirsbach. Dort starb er am 3. Dezember 1591.14 3. Inhalt

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Vogels Schrift besteht aus drei Hauptabschnitten: Am Beginn steht ein einleitendes Vorwort an die christliche Leserschaft. Darin begründet Vogel, dass er wegen der Verleumdungen durch seine Gegner im Hinblick auf seine verunsicherten Pfarrkinder habe schreiben müssen, zumal er von vielen Seiten dazu gedrängt worden sei. Er gibt einen Überblick über den Inhalt der drei Hauptteile: Er habe seine Lehre zur Abwehr der Verleumdungen und zur Orientierung für die Gemeindeglieder in Form eines Dialogs (Α) dargelegt, dem man entnehmen könne, dass er trotz seiner einfachen Sprache der Heiligen Schrift gemäß sei und im Einklang mit der CA stehe. Im „Gespräch eines armen Sünders mit Mose und Christo von der Rechtfertigung des Glaubens“ treten als Unterredner auf: Sünder, Moyses, Christus, Glaubiger Christ, Gott der Vater, Sathan. Um zu zeigen, dass er auch den Irrlehren entgegengetreten sei, füge er (Β) eine Zusammenfassung seiner Meinung zum Streit über die Rechtfertigungslehre an, das „Bedenken vom Zwiespalt über den Artikel von der Rechtfertigung des Glaubens“. Schließlich folge noch (C) die „Antwort Vogels auf Mörlins Sendbrief,“ darin kommentiert Vogel den Wortlaut eines offenen Briefes von Mörlin, der durch Äußerungen Wolfgang Waldners verursacht worden war. Vogel betont

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Heute Полесск (Polessk) in der russischen Oblast Kaliningrad (vormals Königsberg). Heute Знаменск (Snamensk) in der russischen Oblast Kaliningrad (vormals Königsberg). 13 Bei Will und in Württ. KG online (s. Anm. 10) wird nur Kirchheim genannt, es käme also Kirchheim unter Teck, aber auch Kirchheim am Neckar in Betracht. In Kirchheim/Teck hatte Herzog Christoph bis 1556 das Schloss ausbauen lassen. 14 Vogel war dreimal verheiratet (Württ. KG online, Personen, Nr. 8544, gibt nur die beiden letztgenannten Ehen an). Über seine Ehefrauen ist allerdings wenig bekannt. Seine erste Frau starb in Labiau, die zweite Ehefrau war eine Geborene Gnadenseel aus Wehlau, mit ihr hatte er dreizehn Kinder. (Angaben bei Will, Gelehrten-Lexicon IV, 113.) 1589 heiratete er in Stuttgart die Witwe Maria Bonacker. (Württembergische KG online, Personen, Nr. 8544) [zuletzt besucht 05.10.2022]. 12

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die Notwendigkeit, auch um seiner Nächsten willen auf seinen guten Ruf wertlegen zu müssen, ein gutes Gewissen allein genüge nicht. 4. Ausgabe A: DIALOGVS, || oder Gesprech eines || armen SFnders mit Moyse vnnd || Christo / von der Rechtfertigung des || Glaubens / auß Heyliger Schrifft || gegrFndt vnnd gestelt. || durch || Mattheum Vogel. || Sampt seinem Bedencken von der || zugetragenen zwispalt vber solchem || Artickel. || Vnd einer antwort auff D. || Joachim M=rlein vnge= || stFmmen Sendbrieff. || Tit. 2. || Allenthalben aber stelle dich selbst zum fFrbild gFter || werck / mit vnuerfelschter lehre / mit erbarkeit / mit || heilsamen vnd vntadlichem wort / auff das der widerwer= || tig sich scheme / vnd nichts hab das er von vns || m=ge b=ses sagen. || 1 5 5 7. [Königsberg/Pr.: Hans Daubmann] [60 Bl. 4°] (VD 16 V 2085). Vorhanden: BERLIN, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz: 10 an: Dm 1 R (unvollständig: Bogen A4 einschließlich Titelblatt fehlt) GOTHA, Forschungsbibliothek: Theol.4 238-239(16)R MÜNCHEN, Bayerische Staatsbibliothek: 4 Polem. 3260#Beibd.3 WOLFENBÜTTEL, Herzog August Bibliothek: 280.47 Theol.(20); 393.14 Theol.(3); 442.10 Theol.(9); J 198.4 Helmst.(5)

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[A 2r:] Mattheus Vogel Allen fromen Christen Gottes gnad durch Christum vnsern erl=ser zuuor, sambt einem gGten, seligen newen Jar.

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Wje auff ein zeit der weiß vnd HochberFmbte Philosophus Socrates ist gefragt worden, warumb er nicht auch bFcher schrieb vnd außghen ließ, hatt er geantwort: Quia uideo chartam multo preciosiorem, quam scribendaa forent.1 Darumb er auch sein lebenlang nichts geschrieben. Sondern weil sonst genugsam von andern sey vnd fFrthan2 werde geschrieben werden, hatt er sein schreyben fFr vnn=tig vnd auch geringer geacht dann das pappir (wie wir es yetz nennen), welches nur vnnutzer weiß mit solchem schreyben m=cht zugebracht3 werden. Weil sich nun dieser weise vnd gar fFrtreffliche Man zu seiner zeit bucher zu schreiben gescheuhet, hab ich mich billig vnd vilmehr, der ich nichts gegen Socrate vnnd andern dergleichen furtrefflichen leuten zu rechnen bin, bißher alles offentlichen schreybens enthalten, in betrachtung, das sonderlich zu dieser zeit nichts von mir mag geschrieben werden, das nicht lang schon zuuor vnd vil besser durch die Hochbegabte tewre Menner, meine lieben Herren vnd Praeceptores D. Martinum Lutherum, Pomeranum,4 Philippum,5 Brentium,6 Vitum Theodorum,7 vnd andere der gleichen mehr mit allerley reichen segen Gottes vnd h=chstem vberfluß ist geschrieben worden. Dargegen aber hab ich – das mir auch meines erachtens besser gebFret – die reine, warhaffte, Christliche, heilsame lehr, so Gott auß [A 2v:] sondern gnaden durch ytztgedachte seine werckzeug8 aus dem grewlichen finsternuß des Bapstumbs wider an das liecht gnedigst gebracht hatt, vielmehr dann meinen eigen rhum vnnd namen weit außzubreiten vnd aller der gestalt, wie ichs von obgemelten meinen lieben Herren vnd Preceptoribus, oder vielmehr von Gott selbs durch sie, gelernt vnnd gefast hab, auch auff vnsere nachkummen zu bringen, souil mir Got auff mein gebet gnad geben hatt, wo ich gewest bin, neben andern mich beflissen. Weil aber solcher mein fleiß vnd trewer dienst (Got hab lob) in der kirchen Christi bißher, ob er wol stil vnd heimlich, doch nicht also gar vergebens vnd verloren gewest ist, Vntersteht sich nun der Sathan, was nutzlichs daraus erbawet (Sintemal9 jm10 vnd seinem reich dasselbig zum fall gereicht), souil an a 1

Gemäß Errata-Liste aus: describenda.

Stobaios, Anthologium, lib. 3, cap. XXI, no. 9 (edd. Wachsmuth, Hense, Bd. 3, Berlin 1894, S. 558, Z. 4f): Σωκράτης ἐρωτηθεὶς διὰ τί οὐ συγγράφει, »ὅτι« εἶπεν »ὁρῶ τὰ χαρτία πολὺ τῶν γραφησομένων τιμιώτερα«. 2 weiterhin, von da an, künftig. Vgl. Art. furtan 1), in: DWb 4, 901f. 3 verbraucht, vergeudet. Vgl. Art. zubringen 7), in: DWb 32, 252. 4 Johannes Bugenhagen d. Ä. 5 Philipp Melanchthon. 6 Johannes Brenz. 7 Veit Dietrich. 8 Vgl. Luther und die in den Anm. 4 bis 7 Genannten. 9 weil. Vgl. Art. sintemal 2), in: DWb 16, 1211f. 10 ihm.

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Nr. 17: Matthäus Vogel, Dialogus von der Rechtfertigung (1557)

jm gelegen ist, wider abzubrechen vnd zunicht zu machen, indem er mich durch seine gliedmas11 nicht allein mit heimlichen affterreden12 an allen den orten, wo ich gepredigt, sondern auch nun im offentlichen truck durch gantz Teutschlandt als ein Schwermer vnd ketzer beruchtiget.13 Verhofft also der Lugengeist14 alle die, so meine liebe zuh=rer vnd pfarkinder bisher gewest vnd auch noch seind, durch solch berFchtigen meinet, Ja Christi selbst lehr halben in einen zweiffel zu bringen vnnd alles des trosts vnd vnterrichts, so sie darauß jm zuentgegen15 gefast, widerumb zu berauben, die aber, so mich bisher nicht geh=rt, dermassen von mir scheuh zu machen, das sie mich auch fFrthin nicht h=ren sollen, welchs alles jm doch seinen verhoffen nach (Gott hab lob) keines wegs gelinget, dann meine liebe sch(flein vnd zuh=rer, so mich zu NFremberg in meinem Vatterland so wol als die, so mich nun in Preussen bisher geh=rt vnd auch noch mit rechtem ernst h=ren, durch den geist Gottes des meisten teils solchem lFgengeist getrost widersprechen vnd der warheit nach offentlichen bezeugen, das sie kein schwirmerey oder ketzerey ye,16 sondern Gottes heiliges wort lauter vnd rein allwegen von mir predigen geh=rt haben. Noch17 wil der Sathan nicht nachlassen, sondern gibt auff solches bey denen, so anderßwo vnd weit von mir seind vnd mich nicht mehr h=ren k=nnen, auß,18 ich predige nun zu KFnigsberg anders, dann ich zu NFrenberg vnd anderßwo in Preussen bißher gepredigt hab; welche mich aber noch teglich h=ren, nach denselbigen greifft er mit einem sonderlichen gifftigen griff,19 das, wie mir bey jhnen als einfeltigen leuthen falsche lehr mit Gottes heiligen wort, der ketzer art nach, leichtlich zu uermenteln,20 also sey jnen herwiderumb aus einfalt oder das sie zugleich mit mir verblendt sein, solches an mir schwerlich zu mercken. [A 3r:] Ob ich aber wol bißher nicht so gar, wie etliche meinen, vnuersucht geblieben, sondern, wie ich erfahr, zu leiden gemacht bin, Psal. 38,21 vnd also (Gott hab lob) schon mancherley Creutz, hab ich doch noch nie keines, das mir mehr zu hertzen gegangen ist vnd weher gethan hatt als dieses, versucht, das meine arme Scheflein vnnd liebe pfarkinder mir durch solch lFgen zum h=chsten betrFbet vnd schuchtern22 gemacht werden, wie sie mir dann auch, vnnd sonderlich die, so weit von mir sein, solches hertzlichen klagen vnnd 11

Anhänger, Werkzeuge. Vgl. Art. Gliedmasz III.A.1.d), in: DWb 8, 79. Nachreden, Verleumdungen. Vgl. Art. Afterrede, in: DWb 1, 187. 13 in Verruf gebracht, verleumdet. Vgl. Art. berüchtigen, in: DWb 1, 1528f. 14 Teufel. 15 entgegen, zuwider. Vgl. Art. zuentgegen, in: DWb 32, 338. 16 jemals. Vgl. Art. je [III] II.2), in: DWb 10, 2279f. 17 Dennoch. Vgl. Art. noch II.5.a), in: DWb 13, 871. 18 gibt ... aus = behauptet, verbreitet. Vgl. Art. ausgeben 10), in: DWb 1, 867. 19 Kniff, Trick, List. Vgl. Griff II.B.3.a), in. DWb 9, 297f. 20 bemänteln, beschönigen. Vgl. Art. vermänteln, in: DWb 25, 842f. 21 Vgl. Ps 38,18 (Luther 1545). 22 schüchtern, furchtsam, angstvoll, verschreckt, misstrauisch. Vgl. Art. schüchtern, adj. 1.a.γ) u. δ), in: DWb 15, 1826. 12

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vmb waren bericht bitten vnd flehen, welchs auch meine mißgFnner selbst, so solch betrFbnuß vnd ergernus verursacht, nicht vnterlassen, sondern also sehr auff mich, das ich mich offentlichen im truck erkleren soll, dringen, das sie mich auch vber dem, weil ich mich bißher auß obgemelter vrsach mit offentlichem schreiben wie dann auch andere gleicher vrsachen halben stilgehalten, zum ergsten außlestern,23 nicht darumb, das sie der warheit also begirig, wie sie sich stellen, sein, sondern etwas anders suchen, das sie doch nimermehr, ob Gott will, finden werden. Weil ich dann nicht in der still kann bleiben, sondern zugleich von allen seiten zu offentlichem schreiben gedrungen vnd angehalten werd, hab ich keinen zweiffel, alle frumme Christen werden mir dasselbig nicht zu einer vermessenheit deuten, sondern hierauß klar zu erkennen haben, das ich hab mFssen solche schrifft in den truck geben, meine liebe scheflein, so in viel ort zerstrewet, auff jhr begeren, bitten vnnd flehen wider obgemelte lesterung zu vnterrichten vnd tr=sten, herwiderumb auch den lesterern vermittelst g=tlicher gnaden das maul zu stopffen, dergestalt damit wenn sie schon hernachmals (weil jhnen nimermehr genugsam geschehen kann) doch mit keinem rechten schein oder ansehen mehr, viel weniger mit grund, lestern mFgen, vnnd also mit solchem vngegrFndten vnd vnuuerschempten lestern niemand so sehr als sich selbst zu schanden machen, Dargegen aber mein vnschuld, indem sie die vntertrucken w=llen, nur ye lenger ye mehr an das liecht bringen vnd selbst außbreiten helffen, dann auch Diuus Hyeronimus ad Pammachium, aduersus errores Ioannis Hyerosolimitani schreibet: „Nolo in suspitione haereseos quenquam esse patientem, ne apud eos, qui ignorant innocentiam eius, dissimulatio conscientia iudicetur, si taceat.“24 Das ist: „ich will nicht, das yemand, so ketzerey halben verdechtig wirt, gedultig sey, damit nicht bey denen, so seine vnschuld nicht wissen, solch verhelen, wenn er stilschweigt, [A 3v:] geacht werd, als ob er sich in seinem gewissen schuldig find.“ Hab derhalben meine lehr, so ich bißher allenthalben, wo ich gewest, auß grund heiliger schrifft nach meiner vonn Gott vorlihenen gnad gefurt vnd fFrgetragen, auch schrifftlich vnd, damit sie dester verstendlicher vnd tr=stlicher sey, in nachfolgeteb formam eines Dialogi oder gesprechs, darin ein armer SFnder mit Christo, seinem lieben Heiland, redet, verfast, gewisser zuuersicht, alle die, so mich bißher zu NFrmberg vnd auch in Preussen ausser vnd jnnerhalb KFnigsperg predigen geh=rt vnd auch noch h=ren, werden bekennen vnnd bezeugen, das meine lehr solchem Dialogo gemeß alwegen gelautet hab vnd auch noch laute, vnnd damit sie derselbigen halben wider die vnrusamen leut an allen orten Ja wol versichert werden, mFgen sie solchen Dialogum allen frummen Christen, denen sie mer verstands in Gottes wort dann b 23 24

sic A. schmähen, verlästern. Hieronymus, Contra Ioannem Hierosolymitanum ad Pammachium 2 (PL 23, 373A).

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jhnen selbst zuschreiben, fFrlegen, welche, wie gelert sie ymer sein, doch gleichwol, wie ich keinen zweiffel hab, bezeugen werden, das, ob wol solche lehr auffs einfeltigst, doch der heiligen schrifft gemeß vnnd der Augspurgischen Confession keines weges entgegen gestellet sey vnd derhalben niemand, so jhr volget, dadurch verfFret werd, sonder wer ein ander Euangelion predigt, der sey, weil kein anders ist, (als ein verfFrer selbst) billich verflucht.25 Wo nun meine widersacher, als die nicht mein, sondern Gottes wort selbst geschmecht26 haben, auß solchem druck vberwiesen,27 ferner die außflucht suchen vnd furgeben wollen: „Jch hab allein gelehret, aber nicht zugleich auch, wie ein getrewer hirt thun soll, gewehret,“ hab ich obgedachtem Dialogo auch mein sententiam oder entliche meinung von der zwispalt, so in Preussen vber dem Artickel von der Rechtfertigung des glaubens entstanden, weitleufftig28 angehengt, auß welcher das widerspil zu sehen. Dieweil aber solche zwispalt also gar ein verwirter handel gewesen ist, das er den einfeltigen vnd vngeFbten leutten schwerlich mag erklert vnd verstendlich gemacht werden, Bit ich alle die, so durch meine oder anderer erklerung sich auß einfalt in solche subtile zwispalt noch nicht verrichten29 kFnnen, sie wollen dieselben denen, so h=hers verstands dann sie sein, zu urteilen heimstellen vnnd sich keines wegs drFber verwirren vnd jrrig machen, sondern an dem benFgen lassen,30 das sie jhren Catechismum verstehn, welcher, ob er wol kurtz vnd einfeltig, doch alles, was zu jhrer seligkeit von n=ten ist, reichlich begreifft31 vnd in sich einschleust, darumb sie auch, ob sie schon nicht mehr vnd h=her ding verstehn noch begreuffen32 m=gen, doch keines wegs vber solcher [A 4r:] einfalt verdampt, sondern, wenn sie nach solcher n=ttigen einnfeltigen warhafften lehr des Catechismi Christlich glauben vnd leben, werden sie gleichwol vnd nicht weniger dann die allergelertsten vor gott vmb Christi des Mitlers willen alhie in gnaden vnd dort ewig selig sein vnd bleiben. Wie ich dann auch solcher vrsach halben bey den einfeltigen von solchem subtilen streit vnd schulgezenck zugleich auff offentlicher Cantzel vnd anderswo zu reden mich stettigs entsetzt vnd betracht hab, welches Diuus Ambrosius lib. 17. Moralium schreibet: „Non debet praedicator infirmis insi-

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Vgl. Gal 1,8. geschmäht. 27 überführt, entlarvt. Vgl. Art. überweisen 2.a), in. DWb 23, 640f. 28 ausführlich. Vgl. Art. weitläufig 2.a), in: DWb 28, 1302. 29 ein Urteil bilden. Vgl. Art. verrichten 5.b), in: DWb 25, 1011. 30 sich benügen lassen = sich zufrieden geben, sich begnügen. Vgl. Art. benügen 1.a), in: DWb 1, 1475f. 31 umfasst, einschließt. Vgl. Art. begreifen 4), in: DWb 1, 1308f. 32 begreifen, geistig erfassen. Vgl. Art. begreifen 7), in: DWb 1, 1309f. 26

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nuare cuncta quae sentit, nec debet praedicare rudibus quanta cognoscit,“33 das ist: „ein Prediger soll nicht all sein gedancken den schwachen fFrtragen, noch den vngeFbten predigen alles, was vnd wie hoch er ein yegliches versteht.“ Nachdem aber von andern solche zwispalt leider auch vnter die einfeltigen leut gebracht vnd jnen also vnterrichts daruon von n=ten gewest ist, hab ich mich wol, denselben jnen zu geben, meinem ampt nach nicht beschweret, doch darinnen der h=chsten einfalt beflissen vnnd mehr dahin gesehen, das ich jnen wider herauß denn weiter hinein hFlff, vnd stetigs dahin, so viel mir mFglich gewest, neben andern gearbeitet, das mit solcher Disputation der einfeltigen leut verschonet, dargegen aber die einfeltige Christliche lehr wider in rhu, fried vnd einigkeit mit allen andern reformierten Kirchen, so sich zu der Augspurgischen Confession bekennen, lauter vnd rein gepredigt wFrde. Wie ich aber vber solchem meinem getrewen dienst vnd wolmeinen bißher zum h=chsten außgelestert worden sey vnd auch noch werd, beweist neben vilen anderm spot vnnd hohn, den ich doch Gott, des die rach allein ist,34 beuilch, auch sonderlich der getruckte Sendbrieff, welcher von Wolff Waldnern zu NFrnberg in D. M=rlein zu Braunschweig eingedrungen35 vnd mit solcher vngestFmmigkeit vnd bitterkeit wider mich gestelt ist, das ich jn on verletzung vnd vnterdruckung der warheit vnd meines guten gerFchts36 vnd namens, auch viler frommer hertzen ergernuß vnd betrFbnuß, darauß ich jhnen nach meinen h=chsten vermFgen zu helffen schuldig bin, nicht kan offentlich vnuerantwort lassen; dann schreibt Augustinus in ser. 52. ad fratres in heremo: „Duae sunt res, Conscientia et Fama. Conscientia necessaria est tibi, Fama proximo tuo, Qui fidens conscientiae suae, negligit famam suam, crudelis est.“37 Das ist: „Es sind zwey ding, Ein gut gewissen vnd ein gut GerFcht. Eines guten Gewissens bedarffstu fFr dich selbst, Eines guten GerFchts aber von dir bedarff dein nechster. Der sich allein verlest auff sein gut gewissen vnd darneben [A 4v:] nicht acht oder annimpt auch seines guten gerFchts oder namens, der ist ein grausamer38 mensch.“ Bitt derhalben alle

33 Vgl. Gregor d. Gr., Moralia in Job 17, 26 (zu Hiob 26,8): „Sic quippe agere unusquisque praedicator debet, sicut cum illo divinitus agitur, ut nequaquam cuncta quae sentit infirmis insinuet, quia et quousque ipse carne mortalitatis infirmus est, ea quae superna sunt cuncta non sentit. Praedicare ergo rudibus non debet quantum cognoscit, quia et ipse de supernis mysteriis cognoscere non valet quanta sint.“ (PL 76, 28C/D). 34 Vgl. Dtn 32,35; Röm 12,19. 35 (ihm) abgenötigt, aufgedrängt (?). Vgl. Art. eindrängen, in: DWb 3, 162; Art. eindringen 4), in: DWb 3, 163. Vgl. unten S. 937–962. Mörlin waren von Waldner die kritischen Bemerkungen Vogels über Mörlin und dessen Angriffe gegen Osiander hinterbracht worden. Daraufhin schrieb Mörlin seinen „Sendbrief“ an Vogel. 36 Rufes, Leumunds. Vgl. Art. Gerücht II.4.a), in: DWb 5, 3754f. 37 Augustinus, Sermones 355,1,1 (PL 39, 1569A) = Decr. Grat. p. II, C. 12, q. 1, c. 10 (Friedberg I, 680); vgl. a. Augustinus, De bono viduitatis XXII, 27 (PL 40, 448 = CSEL 41, 339,14–17) = Decr. Grat. p. II, C. 11, q. 3, c. 56 (Friedberg I, 659); vgl. a. Serm. 343,5 (PL 39, 1508f). 38 gefühlloser, roher. Vgl. Art. grausam A.3.a.α), in: DWb 8, 2191f.

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frome Christen vnd sonderlich meine allerliebsten scheflein vnd Pfarkinder, sie wollen, nachdem sie auß solcher meiner verantwortung, darzu mich die h=chste noth verursacht, mein vnschuld erkant haben, mich in derselben wider alle vngegrFndte bezychtigung entschuldiget nemen vnnd sich von meiner, Ja Christi selbst lehr, so sie von mir geh=rt vnd zum teil noch h=ren, (welchs der Teuffel durch seine lestergliedmaß fFrnemlich ytzt sucht) nicht abwendig, noch auch drFber jrr vnnd zweiffelhafftig machen lassen, sondern zugleich mit mir von hertzen mit h=chstem ernst bitten vnd den Allmechtigen ewigen Gott vnd vatter vnsers herren Jhesu Christi anruffen, das er vns in solcher seiner erkanten warheit gnedigst biß an vnser end erhalten vnnd also das gute werck, so er in vns auß gnaden angefangen, auch mit seinem geist stercken vnd volfFren39 w=lle bis auff den tag Jhesu Christi. Die gnad des Herren Christi sey mit euch allen. Amen. [a 1r:] Dialogus oder Gesprech eines armen SFnders mit Moyse vnd Christo von der Rechtfertigung des Glaubens, auß heyliger Schrifft gegrFndt vnd gestelt durch Mattheum Vogel.

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SFnder: Was mus ich thun das ich das ewig leben ererb? Luce am 10.40 Moyses: Wiltu zum leben eingehn so halt die zehen gebot Gottes welche lauten also:

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Das Erste. Jch binn der Herr, dein Gott; du solt nicht frembde G=tter neben mir haben.41 Das Ander. Du solt den Namen Gottes deines Herren nicht vergeblich fFhren, dann der Herr wirt den nicht vnschuldig halten, der seinen Namen vergeblich fuhret.42

25

Das Dritt. Gedenck des Sabbats, das du jhn heiligest.43 [a 1v:] Das Vierdt. Du solt deinen vatter vnd deine Mutter ehren, auff das du lang lebest in dem lande, das dir der Herr, dein Gott, geben wirt.44 Das FFnfft. Du solt nicht t=dten.45

39 40 41 42 43 44 45

vollenden. Vgl. Art. vollführen 1), in: DWb 26, 645. Lk 10,25. Vgl. Ex 20,2f. Vgl. Ex 20,7. Vgl. Ex 20,8. Vgl. Ex 20,12. Ex 20,13.

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Das Sechst. Du solt nicht

Ehebrechen.46 Das Siebendt.

Du solt nicht Stelen.47 5

Das Acht. Du solt kein falsche zeugnus geben wider deinen Nechsten.48 Das Neundt. Du solt dich nicht lassen gelFsten deines Nechsten Hauß.49

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Das Zehendt. Du solt dich nicht lassen gelusten deines Nechsten Weibs, Knecht, Magd, Ochsen, Esels, noch alles, was dein Nechster hatt.50 SFnder: [a 2r:] Aus solchen gebotten vnnd gesetz Gottes h=r ich wol, was ich, damit ich in das leben eingehe, thun soll. Aber dieweil ich dasselbig, wie ich in meinem gewissen befinde, nie hab, auch noch nicht thun kan, Act. 15, Rom. 8,51 Vnd aber allein die, so das gesetz thun, vnd nicht, die das gesetz h=ren, fFr Gott gerecht sindt, Rom. 2,52 erkenn ich auß dem gesetz, das kein gerechtigkeit, so vor Gott gilt, sonder nur SFnd in mir ist, Rom. 3, 7.53 Vnnd wirdt also das gesetz meiner SFnden krafft, 1. Cor. 15.54 Moyses: Jst dann das gesetz SFnd? Rom. 7.55 SFnder: Das sey fern, dann das gesetz ist heilig; vnnd eben darumb, das es heilig, recht vnd gut ist, Rom. 7,56 wirdt es nun, nachdem ich mich grossen SFnder dargegen halt, meiner SFnden krafft. Sintemal ich dieselbige nicht also erkant het on durch das gesetz, Rom. 7;57 dann dieweil ich nach dem eusserlichen wandel vor der Welt vnstreflich vnd nicht war wie ander leut, Reuber, vngerechte, Ehebrecher etc., Vermas ich mich selbs, das ich frumb wer, Luc. 18,58 vnnd wuste nichts vonn der lust. Nun ich aber h=re, das das gesetz sagt: 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58

Ex 20,14. Ex 20,15. Vgl. Ex 20,16. Vgl. Ex 20,17. Vgl. Ex 20,18. Vgl. Act 15,1.10.28; Röm 8,3. Vgl. Röm 2,13. Vgl. Röm 3,19–24; 7,17–21. Vgl. I Kor 15,56. Vgl. Röm 7,7. Vgl. Röm 7,12. Vgl. Röm 7,7. Vgl. Lk 18,9–14.

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Du solt dich nicht lassen gelusten, Rom. 7,59 Erkenn ich allererst, das auch gelusten in mir SFnd ist vnnd ich derhalben vmb der eusserlichen werck willen, so ich bißher gethan hab, noch lang nicht also frumb vnnd gerecht bin, wie ich nach dem gesetz Gottes sein soll; sonder wer sich der Gerechtigkeit, so im gesetz erfordert wirdt, will rhFmen, der mus nicht allein nach dem eusserlichen Wandel, son-[a 2v:]dern auch ohn alle b=se lust im hertzen rein vnnd vnstreflich sein. Moyses: Wie du sagest, also will das gesetz nicht mit eusserlichen wercken bezalt sein, sondern erfordert, das du solt Gott, deinen Herren, lieben von gantzem Hertzen, vonn gantzer Seel, vonn allen krefften vnnd von gantzem gemFtte, vnd deinen Nechsten als dich selbst. Deut. 6, Luc. 10.60 SFnder: Solche lieb aber find ich, wenn ich mich selber prFff, in mir nicht; dann siehe, auß SFndtlichem Samen bin ich gezeuget, vnd meine Mutter hat mich in SFnden empfangen, Psalm. 51,61 vnnd mangel also (wie alle menschen) des Rhums, den ich an Gott haben soll, Rom. 3.62 Dann das tichten des Menschlichen hertzens ist b=ß von Jugent auff, Gen. 8,63 Vnd kan in keinen weg ertragen, was alhie im gesetz von volkumlicher lieb gegen Gott vnd dem Nechsten gesagt wirt, Heb. 12,64 Dieweil es fleischlich gesinnet ist. Fleischlich gesinnet sein aber ist ein Feindtschafft wider Gott. Sintemal es dem Gesetz Gottes nicht vntherthan ist, denn es vermag es auch nicht, Rom. 8.65

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Moyses: So sey nun verflucht du vnd yederman, der nicht bleibet in alle dem, das geschrieben stehet im buch des Gesetzs, das ers thue, Deut. 27,c Gal. 3.66

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[a 3r:] SFnder: Siehe, solchen zorn richtet das Gesetz an, Rom. 4.67 Dann nachdem ich bißher on gesetz in sicherheit gelebt, war die SFnd on das gesetz todt, das ist: gab mir, als ob sie nicht in mir wer, nichts zu schaffen. Nun aber das Gesetz kumpt vnd mich meiner SFnden halben anklagt, Gott aber auff solche anklag

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c 59 60 61 62 63 64 65 66 67

Die Errata-Liste sieht hier eine Änderung vor: 21. Vgl. Röm 7,7. Vgl. Dtn 6,5; Lev 19,18; Lk 10,27. Vgl. Ps 51,7. Vgl. Röm 3,23. Vgl. Gen 8,21. Vgl. Hebr 12,20. Vgl. Röm 8,7. Vgl. Dtn 27,26; Gal 3,10. Vgl. Röm 4,15.

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mich verfluchet, wirt die SFnd in mir lebendig, Rom. 7,68 vnnd macht mir so bang, das ich nicht weis, wo ich bleiben soll; dann vmb derselben willen stecken Gottes pfeil nun in mir, vnd seine hand ist wider mich. Es ist nichts gesundes an meinem leib fFr seinem drewen vnd ist kein fried in meinen gebeinen fur meinen SFnden, denn meine SFnd gehen vber mein heubt, wie ein schwere last sein sie mir zu schwer worden, Psalm. 38.69 Moyses: Solches klagst du vber deine sFnde billich. Dann sihe, dieselbige nimbt ferner vrsach am gebott oder Gesetz Gottes vnnd t=dtet dich auch durch das Gebott, Rom. 7,70 weil du dasselbig nicht gehalten hast nach dem beuelch Gottes, Das, wer wider sein Gebott thue, sol des todes sterben, Gen. 2.71 Wenn du aber also get=dtet bist, wirstu wol auß dem grab, durch die stimm Gottes erweckt, am JFngsten tag wider herfFrgehen, aber weil du b=ses gethan hast, zur aufferstehung des Gerichts, Johan. 5,72 nach welchem dein theil sein wirt mit dem Teuffel vnd seinen Engeln, Matth. 25,73 inn dem Pful, der mit fewr vnd schwefel brent, Apoc. 21,74 vnd nimmermehr erleschen mag, Esa. 66,75 Sonder ein ewige pein sein wirdt, Math. 25.76 [a 3v:] SFnder: Ach Gott, wol gar bin ich nach dem Gesetz verloren, sintemal meine sFnd mitnichten dadurch gestillet, sondern nur auffgedecket, Rom. 3, 7,77 mechtiger, Rom. 5,78 vnd vberaus sFndig, Rom. 7,79 Nemlich des fluchs, tods vnd der ewigen pein inn der Hellen80 schuldig vor Gott werden. Wo ist aber jemand, der seine seel errett auß der Hellen band? Psal 89.81 Jn der Hell werd ich ligen wie ein Schaff, der Todt wirdt mich nagen vnd ich also in der Hellen wol bleiben mFssen, Psal. 49.82 Aber, O Herr, im todt gedenckt man dein nicht. Wer wil dir inn der Hell dancken? Psalm. 6.83 Gehe derhalben nicht ins gericht mit deinem knecht. Dann vor dir wirt kein lebendiger gerecht, Psal.

68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83

Vgl. Röm 7,8f. Vgl. Ps 38,3–5. Vgl. Röm 7,11. Vgl. Gen 2,17. Vgl. Joh 5,28f. Vgl. Mt 25,41. Vgl. Apk 21,8. Vgl. Jes 66,24. Vgl. Mt 25,46. Vgl. Röm 3,20; 7,7.13. Vgl. Röm 5,20. Vgl. Röm 7,13. Hölle. Vgl. Ps 89,49. Vgl. Ps 49,15. Vgl. Ps 6,6.

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143.84 So du wilt, Herr, sFnd zurechnen, Herr, wer wirdt bestehen? Psal. 130.85 O Gott, sey mir SFndern gnedig, Luce. 18.86 Moyses: Einen Propheten wie mich wirt der Herr, dein Gott, dir erwecken auß dir vnnd auß deinen BrFdern, dem solstu gehorchen, Deut. 18.87 Christus: Sihe, ich kom, im buch ist von mir geschrieben, Psal. 40.88 H=r derhalben ein warhafftiges, theures, werdes wordt: Jch bin in die Weldt gekommen, die SFnder Selig zu machen, Math. 18, Luc. 15, 1. Timot. 1.89 Dann ob du wol auß SFndtlichem Samen gezeuget bist Vnnd deine Mutter dich in SFnden empfangen hatt, Psalm. 51.90 Vnd durch solch dein SFndtlich Fleisch das Gesetz dermassen geschwecht ist, das es dich nicht Rechtfertigen kann, Rom. 8,91 Sondern nach Gottes vrteil viel mehr verfluchen, T=dten vnnd zur Heell stossen muß, doch was dem Gesetz vnmFglich war, hat Gott gethan vnd [a 4r:] gesandt mich, seinen Sohn, Rom. 8,92 empfangen vom heiligen Geist, Math. 1, Luc. 1,93 Vnd geborn auß Maria, der Jungfrawen, nach der Weissagung Gen. 3, Esa. 7,94 das, ob ich wol gleich wie du vnd ein ander Mensch vnnd an geberden als ein Mensch erfunden, Philip. 2,95 doch on alle SFnde, Esa. 53, 2. Cor. 5, Heb. 5, 1. Joann. 3,96 Vnd auch warer Gott, wie ich von ewigkeyt her gewesen, zugleich mit geblieben bin, Joann. 3, 2. Cor. 5, Coloß. 2, Philip. 2,97 damit ich also, warer Gott vnd Mensch zugleich, Gottes vnd Marie Sohn, als der einige mitler zwischen Gott vnnd den Menschen mich selbst dargeben kundt fFr dich vnd alle Menschen zur Erl=sung, Coloß. 1, 1. Ti. 2,98 wie volget: I. Dieweil das gesetz solt vnd must, Math. 5, Luc. 16,99 vnd doch nicht kundt von dir auß deinen natFrlichen krefften erfFllet werden, Act. 15, Heb. 12,100 alßdann, ob ich wol kein Schuldner, sonder ein Herr des gesetzes war, Math. 84

Vgl. Ps 143,2. Vgl. Ps 130,3. 86 Vgl. Lk 18,13. 87 Vgl. Dtn 18,15. 88 Vgl. Ps 40,8. 89 Vgl. Mt 18,11; Lk 15,7.10; I Tim 1,15. 90 Vgl. Ps 51,7. 91 Vgl. Röm 8,3. 92 Vgl. Röm 8,3. 93 Vgl. Mt 1,18.20; Lk 1,35. 94 Vgl. Gen 3,15; Jes 7,14. 95 Vgl. Phil 2,7. 96 Vgl. Jes 53,4–6; II Kor 5,21; Hebr 5,8; I Joh 3,5. 97 Vgl. Joh 3,16; II Kor 5,19; Kol 2,9; Phil 2,6. 98 Vgl. Kol 1,13–20; I Tim 2,5. 99 Vgl. Mt 5,17f; Lk 16,17. 100 Vgl. Act 15,10; Hebr 12,1f. 85

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12,101 hab ich mich doch vmb deinet vnnd aller Menschen willen vnter das Gesetz gethan, Gal. 4,102 vnd wie ich es allein kunt, also auch an dein statt erfFllet, Math. 5.103 II. Nachdem aber das Gesetz, dieweil es von dir nicht mocht erfFllet werden, dich mit seiner anklag als der SFnden krafft, 1. Corinth 15,104 Vor Gott zu einem SFnder machte, Rom. 7,105 alßdann, ob ich wol an mir selbst kein SFnde hatt, Joan. 8,106 hab ich doch dein vnd aller Welt SFnd zu tragen auff mich genummen, Esa. 53, Joan. 1,107 vnnd blutigen Schweiß darFber geschwitzet, Matthey 26, Luc. 22.108 [a 4v:] III. FFr solche deine sFnde bin ich dann nach dem vnwiderrufflichen vrteil, welches Gott inn seinem Gesetz vber die sFnd, der er als ein gerechter Gott feind ist, Psal. 5,109 außspricht, ein fluch, Deut. 27, Gal. 3,110 vnd nach der weissagung wie ein Wurm vnnd kein Mensch, ein spott der leut vnd verachtung des volcks worden, Psal. 22.111 Jch hab meinen rucken dargehalten denen, so mich schlugen, meine wangen denen, die mich raufften, vnnd mein angesicht nicht verborgen vor schmach vnd speychel, sondern dargebotten als einen kyselstein, Esaie 50.112 Vmb deinetwillen hab ich in einer dornen Kron mit einem purpur Mantel angezogen, Joan. 19, Matth. 27,113 schmach getragen, vnd mein angesicht ist voller schmach gewest, Psal. 69.114 Vnd da der M=rder vnnd AuffrFrer Barrabas loß gesprochen, bin ich vnschuldig zum todt verdampt vnd zwischen zwen M=rder, nach dem Gesetz verflucht, Deut. 27,115 an das Creutz auffgehangen, das man das angesicht vor mir verbarg vnd ich fFr jederman gehalten wurde fFr den, der geplagt vnd von Gott geschlagen vnd zermartert werde, Esaie 53,116 auff das ich dich von dem fluch des Gesetzs erl=set vnnd der segen Abrahe vber dich inn mir, der ich der gesegnete Samen Abrahams bin, k(me, Gall. 3.117

101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115 116 117

Vgl. Mt 12,8. Vgl. Gal 4,4f. Vgl. Mt 5,17. Vgl. I Kor 15,56. Vgl. Röm 7,8f.13. Vgl. Joh 8,12.29. Vgl. Jes 53,4f. Vgl. Mt 26,37–39; Lk 22,44. Vgl. Ps 5,5–7. Vgl. Dtn 27,26; Gal 3,10. Vgl. Ps 22,7. Vgl. Jes 50,6f. Vgl. Joh 19,2; Mt 27,27–30. Vgl. Ps 69,8. Vgl. Dtn 27,24. Vgl. Jes 53,3f. Vgl. Gal 3,13f.

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IIII. Sintemal du aber mit den SFnden vber den fluch des Gesetzs auch den todt, welcher der sFnden solt ist, Rom. 6,118 verschuldet hettest, alsdann, ob ich wol fFr mein person dem todt nichts schuldig, sonder das leben selbst war, hab ich mich doch vmb deiner missethat wil-[b 1r:]len zerschlagen, Esa. 53,119 mein hend vnnd fFß durchgraben, Psal. 22,120 auch entlich t=dten lassen nach dem fleich, 1 Pet. 3,121 welchs ich auch darumb an mich genomen hab, auff das ich mein leben fFr dich zum Schuldopffer geben, Esa. 53,122 vnd durch den todt die macht nemen kundt dem, der des todes gewalt hett, das ist: dem Teuffel, vnd erl=sen dich, so durch forcht des tods im gantzen leben knecht sein mFssest, Heb. 2,123 Vnd bin also als ein Hoherpriester nicht durch der B=ck oder K(lber, sonder mein eigen blut, Heb. 9,124 welches ich als das vnschuldige vnbefleckte Lamb Gottes, Joan. 1, 1. Pet. 1,125 fFr dein vnd aller welt sFnd, 1. Joan. 2,126 Gott meinem Himmlischen Vater zum Opffer vnd sFssen geruch dargesprenget hab, Eph. 5,127 einmal in das Heilige eingegangen vnd hab ein ewige Erl=sung erfunden, Heb. 9.128 V. Bin ferner begraben vnd nach dem verdienst deiner sFnden auch zur Hellen gefaren, Psal. 17, 116, Eph. 4.129 VI. Aber nicht darinnen geblieben, Psal. 16, 86,130 sondern wie ich bißher, da ich gestrafft vnnd gemartert ward, meinen mund nicht auffgethan hab, wie ein Lamb, das zur Schlachtbanck gefFhret, vnnd wie ein schaff, das verstummet vor seinem Scherer, Esa. 53,131 damit ich inn solcher gedult geheim vnd still fFr deine vnd aller welt sFnde genug thet. Aber nach dem solches geschehen war, rieß ich mich durch mein G=ttliche Allmechtigkeit wider auß aller not herauß, nach welcher es auch vnmFglich war, das ich solt lenger darinnen

118 119 120 121 122 123 124 125 126 127 128 129 130 131

Vgl. Röm 6,23. Vgl. Jes 53,5. Vgl. Ps 22,17. Vgl. I Petr 3,18. Vgl. Jes 53,10. Vgl. Hebr 2,14f. Vgl. Hebr 9,12. Vgl. Joh 1,29; I Petr 1,19. Vgl. I Joh 2,2. Vgl. Eph 5,2. Vgl. Hebr 9,12. Vgl. Ps 18,5f; 116,3; Eph 4,9. Vgl. Ps 16,10; 86,13. Vgl. Jes 53,7.

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behalten wer-[b 1v:]den, Act. 2.132 Stundt also mit herrlichemd Sieg vnd Triumpff am dritten tag wider vonn den Todten auff, Rom. 4, 6, 1. Corinth. 15.133

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VII. Darumb, lieber Bruder, sey getrost! Jch hab die welt vberwunden, das du in mir fried habest, Joan. 16.134 Vnnd nachdem alles durch mich volbracht war, was Moyses vnd alle Propheten von mir geweissagt hatten, Luc. 24,135 Bin ich auffgefahren zu meinem Vatter vnnd deinem Vatter vnd zu meinem Gott vnd deinem Gott, Joan. 20,136 welcher mich dann auch gesetzt hatt zu seiner rechten vnnd mir alle ding vnter mein FFß gethan, Ephesern 1, Math. 24, Joan. 3.137 VIII. Damit aber dir vnd aller welt solch Euangelion vnuerborgen blieb, hab ich dasselbig, ehe ich gen Himmel gefahren, meinen JFngern durch die gantze welt zu predigen vnd drauff im namen des Vatters vnnd des Sohns vnd des Heiligen Geistes zu tauffen befohlen, Math. 28, Marci. 16, Luc. 24, Act. 1,138 Vnd als der tag der Pfingsten erfFllet war, Act. 2,139 meiner verheissung nach, Joan. 14, 15, 16, Act. 1,140 auch den heiligen Geist, so sie zu solchem Ampt tFchtig gemacht hat, gesendet, Act. 2.141 IX. Wie ich auch noch heutigs tags den Menschen dadurch gaben gieb, Ephes. 4,142 gleiches Ampt zu fFhren, welches die vers=nung prediget, 2. Cor. 5.143 X. [b 2r:] Sein also die Prediger, so meinem befehl getrewlich nachkummen, Botschafften an meiner stat, durch welche ich selbst verman, bitt vnd sprich zu dir vnd allen Armen SFndern: Last euch vers=nen mit Gott, 2. Cor. 5.144 Thut derhalben Buß vnnd glaubet dem Euangelio, Act. 2.145

d

Gemäß Errata-Liste aus: hertzlichem.

132 133 134 135 136 137 138 139 140 141 142 143 144 145

Vgl. Act 2,25–28.31f. Vgl. Röm 4,25; 6,4; I Kor 15,4. Vgl. Joh 16,33. Vgl. Lk 24,27. Vgl. Joh 20,17. Vgl. Eph 1,20f; Mt 24,27; Joh 3,35. Vgl. Mt 28,18–20; Mk 16,15f; Lk 24,47; Act 1,5.8. Vgl. Act 2,1. Vgl. Joh 14,26; 15,26; 16,13; Act 1,8. Vgl. Act 2,17f; II Kor 3,6. Eph 4,7f. Vgl. II Kor 5,19. Vgl. II Kor 5,20. Vgl. Mk 1,15; Act 2,38.

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XI. Souiel nun dem Euangelio glauben, das ist: mich also, wie mich Gott jhnen zu einem Gnadenstul146 durch den glauben in meinem Blut furgestelt, Rom. 3,147 Vnd in der Tauff durchs Euangelion anbeut, Tit. 3,148 ergreiffen vnd Gott dem Vatter fFrtragen, die werden in solchem glauben der vers=nung, so am Creutz durch mich fFr der gantzen welt SFnde, 1. Joan. 2,149 geschehen ist, teilhafftig, empfangen vergebung der SFnden vnd werden also vor Gottes gericht ohn verdienst auß gnaden gerechtfertiget, Rom. 3,150 da dargegen alle vnglaubige vnter dem zorn Gottes bleiben vnnd verdampt werden, Marci. 16, Joan. 3,151 derhalben gleubstu, so hastu dich auch gleicher gnaden Gottes in mir gewiß zu uertr=sten.

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Glaubiger Christ: Jch glaub, lieber Herr, Hilff meinem vnglauben, Marci. 9,152 dann der glaub ist nicht yedermans ding, 2. Thess. 3.153 Christus: Gott aber ist getrew, der wirt dich stercken vnnd bewaren vor dem argen, 2. Thess. 3,154 Vnnd wo du jhn darumb bittest, den heiligen geist geben, Luc. 11,155 der dich, wie er angefangen hat, ferner in alle warheit leit vnnd mich dir verkler, Joan. 16,156 vnd wie du gebeten hast, den glauben sterck, Luc. 17.157

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[b 2v:] Glaubiger Christ: Nach dem ich gebeten, war mir klugheit gegeben. Jch rieff, vnd mir kam der geist der Weißheit, Sap. 7,158 der geist auß Gott, 1. Corinth. 2,159 das ich nicht allein die geschicht von Christo weis, Jacob. 2,160 sondern auch festiglich glaub, das solches alles von Christo mir zu gut geschehen sey vnnd durch

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146

Luthers Übersetzung für das Sühnmal (hebr. ‫כּ |ַפּ ֶרת‬, griech. ἱλαστήριον), die goldene Platte oberhalb der Bundeslade im Allerheiligsten des Jerusalemer Tempels, die als Ort der Gottespräsenz am Versöhnungstag vom Hohenpriester mit dem Opferblut besprengt wurde, um die durch die Sünde zerstörte Verbindung zwischen Gott und seinem Volk (und letztlich der gesamten Menschheit) wiederherzustellen (vgl. Lev 16), im Neuen Testament bildhaft auf Jesus Christus übertragen. 147 Vgl. Röm 3,25. 148 Vgl. Tit 3,4–7. 149 Vgl. I Joh 2,2. 150 Vgl. Röm 3,24. 151 Vgl. Mk 16,16; Joh 3,36. 152 Vgl. Mk 9,24. 153 Vgl. II Thess 3,2. 154 Vgl. II Thess 3,3. 155 Vgl. Lk 11,13. 156 Vgl. Joh 16,13f. 157 Vgl. Lk 17,5. 158 Vgl. Sap 7,7. 159 Vgl. I Kor 2,12. 160 Vgl. Jak 2,19.

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solchen glauben Christum, meinen getrewen Mitler vnd Heilandt, nicht allein wie die Heuchler in den Mundt auff die Zungen, Math. 15,161 sondern, wie ich sol, durch gewisse, tr=stliche zuuersicht auch in mein hertz gefast, Rom. 10,162 vnd in der heyligen Tauff angezogen hab, Gal. 3,163 dergestalt das ich jhm eingeleibt vnd also aller seiner wolthat vnnd gFter durch solchen glauben teilhafftig worden bin, Ephes. 5, Tit. 3,164 vnnd nun mit Warheit auß solchem glauben sagen kan: Christus ist mein vnd ich bin sein, Cant. 2, 6.165 Das kindt ist mir geboren, der Sohn ist mir gegeben, Esa. 9.166 Christus ist fFr meine SFnd gestorben vnd zu meiner Gerechtigkeit aufferweckt, Rom. 4.167 Bin also seine SFnd, er ist mein Gerechtigkeit, darumb ich auch sicher Triumphir, dann meine SFnd wird sein Gerechtigkeit nicht vberschFtten, noch sein Gerechtigkeit mich einen SFnder sein vnnd bleiben lassen. Derhalben, O Gott, himlischer Vatter, Siehe nicht an meine SFnd, sonder deines lieben Sohns, meines getrewen mitlers, Gerechtigkeit, welche ist sein Heyliger, volkumlicher gehorsam, Leiden, Sterben, Blutuergiessen, Aufferstehung vnnd Himelfart, damit, wie durch Adams SFndt die verdamnus vber mich gekummen ist, also nun durch Christi, des Mitlers, Gerechtigkeit die Rechtfertigung des lebens vber mich kum, vnd das, gleich wie ich durch Adams vngehorsam ein SFnder worden, Also nun durch Christi, deines lieben Sohns, [b 3r:] gehorsam gerechtfertiget, Rom. 5,168 das ist: vor deinem Gericht nicht nach dem verdienst meiner SFnden zum ewigen Todt verdampt, sondern auß gnaden nach dem verdienst vnnd gehorsam Christi, deines lieben Sohns, vonn meinen SFnden zum ewigen leben loß vnd ledig vnd gerecht gesprochen werd. Gott der Vater: Dein glaub ist gros, dir geschehe, wie du wilt, Math. 15,169 dann ob du wol in SFnden empfangen vnd geborn, Psalm. 51,170 vnnd also wie ein kindt des zorns, Ephe. 2,171 schuldig bist des fluchs, Tods vnnd der ewigen verdamnus, doch dieweil du getaufft vnd in der Tauff durch den glauben auß wasser vnd geist widergeborn, Joan. 3, Tit. 3,172 vnd in solcher widergeburt Christo, meinem lieben Sohn, eingeleibt bist, hab ich dich lieb, darumb das du meinen Sohn liebest vnd glaubest, das er von mir außgangen, Joan. 16,173 fur alle 161 162 163 164 165 166 167 168 169 170 171 172 173

Vgl. Mt 15,8. Vgl. Röm 10,9. Vgl. Gal 3,27. Vgl. Eph 5,23; Tit 3,4–7. Vgl. Hld 2,16; 6,3. Vgl. Jes 9,5. Vgl. Röm 4,25. Vgl. Röm 5,18f. Vgl. Mt 15,28. Vgl. Ps 51,7. Vgl. Eph 2,3. Vgl. Joh 3,5; Tit 3,4–7. Vgl. Joh 16,27.

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deine SFnd, durch sein vnschuldig, bitter leiden vnnd sterben, Blutuergiessen vnd Hellfart174 genug gethan hat vnnd auß krafft seiner G=tlichen Allmechtigkeit am dritten Tag wider erstanden vnd auß aller noth frey vnd ledig worden sey, dann vmb solcher volkumlichen bezalung Christi, meines lieben Sohns, willen, welche durch den glauben dein wirt, wil ich dich auch loß lassen, dir dein SFnde nicht zurechnen, sondern auß gnaden vergeben, Psalm. 32, 130, Rom. 4, 2. Corinth. 5,175 derselbigen nicht mehr gedencken, Esa. 43,176 Sondern sie in die Tieffe des Mehres werffen, Micha. 7,177 Vnnd dir also an stat deiner SFnd die Gerechtigkeit Christi, meines lieben Sohns, als ob du selbst das Gesetz so volkumlich, wie es Christus hat, erfFllet hettest, zurechnen, Rom. 5,178 Vnnd dich wider die anklag des [b 3v:] Gesetzs dergestalt rechtfertigen, das, ob wol sFnd inn dir noch vberig, doch nicht mehr verdamlich sey an dir, der du in Christo Jesu, meinem lieben Son, durch den Glauben eingeschlossen bist, Rom. 3, 4, 8,179 welcher des Gesetzes end ist. Wer an jn gleubet, der ist gerecht, Rom. 10, 2. Cor. 5.180 Derhalben sey getrost, mein Son, deine sFnd sind dir vergeben, Vnd inndem ich dir auß lauter V(terlicher, G=ttlicher gFte vnnd barmhertzigkeit ohn all dein verdienst allein vmb Christi, meines lieben Son, verdiensts vnnd gehorsams willen die sund vergib, bitte ich dir die Gerechtigkeit dar, welche fFr mir gilt, Rom. 3,181 vnd der du dich, sofern du im Glauben bleibest, so offt du mit meinem gestrengen Gericht angefochten wirst, hast zu tr=sten vnd zu frewen wider SFnd, Tod, Hell vnd Teuffel. Vnd weil du nun auß gnaden mein Son worden bist, Johan. 1,182 solstu auch mein Erb vnnd ein Miterb Christi, meines Eingebornen Sons, sein, Vnd so du anderst mitleidest, auch mit zur herrligkeit des ewigen Himelreichs erhaben werden, Rom. 8,183 welches dir Christus durch sein vnschuldig bitter Leiden vnd Sterben er=ffnet, Joan. 4,184 vnd mit seinem Blut erkaufft hat. Glaubiger Christ: Nun lob den Herrn, meine Seel, vnd vergieß nicht, was er mir guts gethan hat, der dir all deine sFnd vergibt vnd heilt all deine gebrechen. Der dein leben vom verderben erl=st. Der dich kr=net mit gnaden vnd barmhertzigkeit, etc. Psal. 103.185 Dann was wil ich weiter sagen? Jst Gott fFr mich, wer wil 174 175 176 177 178 179 180 181 182 183 184 185

Höllenfahrt. Vgl. Ps 32,1f; 130,3f.7f; Röm 4,5; II Kor 5,19. Vgl. Jes 43,25. Vgl. Mi 7,19. Vgl. Röm 5,6–10. Vgl. Röm 3,19–24; 4,5; 8,1. Vgl. Röm 10,4; II Kor 5,17–21. Vgl. Röm 3,21–24. Vgl. Joh 1,12. Vgl. Röm 8,17. Vgl. Joh 4,14.23f; 3,36. Vgl. Ps 103,2–4.

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wider mich sein? Welcher auch seines eygnen Sones nicht verschonet hat, sondern hat jn fFr mich vnd alle dahin gegeben, Wie solt er mir mit jhm nicht alles schencken? Wer wil mich Außerwelten Gottes beschuldigen? Gott ist hie, der da gerecht macht. [b 4r:] Wer wil verdammen? Christus ist hie, der gestorben ist. Ja, viel mehr, der auch aufferweckt ist, welcher ist zur rechten Gottes vnd vertritt mich, Rom. 8.186 Der Todt ist verschlungen in den Sieg, Todt wo ist dein stachel? Hell wo ist dein sieg? Gott aber sey gedanckt, der mir den sieg gegeben hat durch meinen Herrn Jhesum Christum, 1. Cor. 15.187 Dann was ich auß mir selbst nicht bin noch vermag, das such, find vnnd nimm ich durch den Glauben auß dem jnwendigsten des hertzens meines lieben Herren Jhesu Christi, welches mit barmhertzigkeit vberschFtt vnd nicht on =ffnung ist, durch welche es sich gegen mir außgeust. Dann sie haben jhm hend vnd fFß durchgraben vnd seine seitten mit einem spehr zerstochen,188 das ich nun durch solche n(gelmal oder wunden saugen mag das h=nig auß dem Fels vnd das =l von dem hartesten stein,189 Das ist: schmecken vnnd fFhlen, wie sFß mein lieber Herr Christus sey.190 Dann wo hab ich armer, schwacher mensch ein sichere vnd feste stet191 vnd rhu anders dann in den wunden meines Heylands? Jnn welchen ich auch so viel sicherer wohne, als er mechtiger ist zu helffen. Die Welt tobet, der Leib truckt, der Teuffel stelt mir nach. Jch aber fall nicht, sonder bestehe noch. Dann ich bin auff einen harten Fels gegrFndet.192 Vnd ob ich schon groß gesFndigt, wirdt mein Gewissen betrFbt, doch sol es nicht gar trostloß werden. Dann ich wil gedencken der Wunden des Herren. Was ist also gar zum tode, dem nit mit dem Todt Christi mag geholffen werden? Vide Bernhardum in Cant. Canticorum, serm. 61.193 Sathan: Wie? so ist nun das Gesetz durch den Glauben auffgehebt? Rom. 3.194 So magstu nun sFndigen, dieweil du nicht vnter dem Gesetz, sonder vnter der Gnade bist, in der sFnd beharren, auff das die Gnade dester mechtiger werde? Rom. 6.195 [b 4v:] Christus: Das sey ferne! Sondern das Gesetz, ob es wol, so vil den fluch vnd das verdamnuß belangt, auffgehebt ist, wirdt es doch, so viel den gehorsam betrifft,

186 187 188 189 190 191 192 193 194 195

Vgl. Röm 8,31–34. Vgl. I Kor 15,57. Vgl. Ps 22,17; Joh 19,34.37; 20,25. Vgl. Dtn 32,13. Vgl. Ps 34,9. Stätte. Vgl. Mt 7,24f. Vgl. Bernhard v. Clairvaux, Sermones super Cantica canticorum, 61. Vgl. Röm 3,31. Vgl. Röm 6,1.

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durch den glauben an mich allererst auffgerichtet, Rom. 3, 8.196 Dann eben darumb hab ich dich auß der hand aller deiner feind erl=set, das du fortan, wie billich, Gott dienest on forcht dein lebenlang in heiligkeit vnd gerechtigkeit, die jm gefellig ist, Luce 1.197 Vnd also je lenger, je neher wider kommest zu der Gerechtigkeit, welche durch Adams fall verloren vnd im Gesetz fFrgebildt ist. Sey derhalben danckbar vnd thu, was dir Gott in seinem Gesetz gebeut. Glaubiger Christ: O Herr, gib, was du gebeutest, vnd gebiete, was du wilt! Vide August. de spiritu et litera,198 dann on dich kan ich nichts thun, Joan. 15.199 Jch bin von mir selber vntFchtig, etwas zu gedencken, als von mir selber, 2. Corint. 3.200 Christus: Wie du bittest, also, nachdem du Gott angenem gemacht bist inn mir, dem geliebten, an welchem du die Erl=sung hast in meinem Blut, Nemlich die Vergebung der sFnden, Ephes. 1,201 will Gott nicht von dir weichen, sonder durch mich, seinen Eingebornen Son, auß gnaden in deinem hertzen, welches mit meinem heiligen blut im glauben besprengt, 1. Pet. 1,202 Vnd also zu einem heiligen Tempel Gottes geweihet ist, 2. Cor. 6,203 warhafftig wohnen, Joan. 14, 1. Cor. 3, 6, 2. Cor. 6, Ephes. 3,204 Vnd den heiligen Geist außgiessen, Rom. 5,205 das du auß vnd inn [c 1r:] demselben, als auß dem Weinstock die reben safftig, lebendig vnd heilig gemacht, Johan. 15,206 vnd der massen im geist deines gemFts vernewert werdest, etc. Jere. 17, 2. Cor. 4, Ephes. 4,207 das du Gott, dem du zuuor zu allem gutem todt gewest, lebest, herwiderumb der sFnden, welcher du zuuor lebest, absterbest, Rom. 6, Gal. 3,208 Vnd also nicht mehr durch das Gesetz als die b=sen knecht auß forcht der straff oder zum schein wie die Phariseer, doch mit verdruß, heimlichem vnlust vnd murren deines hertzens dich zu einer eusserlichen fr=mbkeit zwin-

196

Vgl. Röm 3,19f.31; 8,1–4. Vgl. Lk 1,74f. 198 Augustinus, De spiritu et littera, 22: „Da quod iubes.“ Die Langform – „Da quod iubes et iube quod vis.“ – erscheint fünfmal im Werk Augustins, davon viermal in den Confessiones, einmal in De perseverantia. Vgl. Cornelius Petrus Mayer, Art. Da quod iubes et iube quod uis, auf der Homepage des Zentrums für Augustinus-Forschung Würzburg, („Ausgewählte Texte Augustins, Aphorismen“) https://www.augustinus.de/einfuehrung/texte-von-augustinus-mit-online-uebers/ aphorismen/227-da-quod-iubes-et-iube-quod-uis (zuletzt besucht 31.01.2022). 199 Vgl. Joh 15,5. 200 Vgl. II Kor 3,5. 201 Vgl. Eph 1,4–8. 202 Vgl. I Petr 1,2. 203 Vgl. II Kor 6,16. 204 Vgl. Joh 14,16f.26; I Kor 3,16; 6,19; II Kor 6,16; Eph 3,14–17. 205 Vgl. Röm 5,5. 206 Vgl. Joh 15,5. 207 Vgl. Jer 17,14; II Kor 4,6; Eph 4,23f. 208 Vgl. Röm 6,11; Gal 3,26. 197

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gen vnnd tringen lassest, eGal. 3,e209 sondern, wie das Gesetz erfordert, freywillig vnnd selbst begierig werdest von hertzen, Psalm. 51, Rom. 7,210 nach dem geyst wie die frommen kinder Gott zu dienen vnnd gehorsam zu leysten, Rom. 6, Gal. 4,211 vnd derhalben seyest wie ein Baum, gepflantzet an den Wasserb(chen, der seine frucht bringt zu seiner zeit, vnnd seine bl(tter verwelcken nicht, vnd was du thust, wolgerate, Psal. 1, Jere. 17.212 Glaubiger Christ: Jch dancke Gott durch Christum, meinen Herrn. Dann ausser Christo zeiget mir das Gesetz wol an, was ich thun solt. Es gab mir aber weder die lust, noch das vermFgen zu thun. Vnnd weil ich auch derselben keines in mir selbst hett, erkennt ich durch das Gesetz nur mein schwacheit vnd kranckheit, darein ich durch Adam gefallen. Nun ich aber durch Christum im Glauben Gott vers=net vnd vor seinem Gericht gerechtfertiget vnd des heiligen geistes teilhafftig worden bin, hab ich nach demselben wol lust an Gottes Gesetz nach dem jnnwendigen Menschen. Jch sehe aber noch ein ander Gesetz inn meinen gliedern, das da widerstreittet dem Gesetz inn meinem gemFt vnd nimbt mich gefangen in der sFnden Gesetz, welches ist in meinen gliedern, Rom. 7.213 [c 1v:] Christus: Ob wol das fleisch gelFstet wider den geyst etc., so wandel doch, wie du solt, im geyst, so wirst du die lust des fleisches nicht volbringen, sondern das fleisch sampt den lFsten vnd begierden creutzigen vnd t=dten, Gal. 5, Col. 3,214 das die sFnd nicht vber dich, Rom. 6,215 sondern du vber die sFnd herrschest vnd jhr jhren willen nicht lassest, Gen. 4,216 sondern durch den geyst des fleischs geschefft t=dest, damit du lebest, Rom. 6, 8.217 Glaubiger Christ: Die sFnd wil sich aber nicht gar t=dten lassen, sondern klebt noch jmmer an vnd macht mich tr(g, Heb. 12.218 W=llen hab ich wol, aber volbringen das gute, finde ich nicht. Denn das gut, das ich will, das thu ich nicht, sonder das b=ß, so ich nicht will, das thu ich. Jch elender Mensch, wer wirt mich erl=sen von dem leib dieses tods? Rom. 7.219 e–e

Gemäß Errata-Liste aus: Esa. 9, Zach. 9, 1. Tit. 3.

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Vgl. Gal 3,23–27. Vgl. Ps 51,12; Röm 7,6. Vgl. Röm 6,11–13; Gal 4,1–7. Vgl. Ps 1,3; Jer 17,8. Vgl. Röm 7,22f. Vgl. Gal 5,16f.24f; Kol 3,9f. Vgl. Röm 6,12–14. Vgl. Gen 4,7. Vgl. Röm 6,11; 8,13. Vgl. Hebr 12,1. Vgl. Röm 7,18f.24.

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Christus: Laß in solchen streit deine hend nicht laß werden. Dann ich, der Herr dein Gott, bin bey dir, ein starcker Heyland, Zeph. 3,220 durch welchen du dich nicht mehr wie ein knecht vnter dem Gesetz, ob du es schon nit volk=mlich erfFllest, vor Gottes zorn, fluch, tod vnd Hellen fFrchten darffst, sondern als ein kind Gottes dem Gesetz frey getrost vnter die augen sehen kanst, 2. Cor. 3,221 vmb meinet willen, der ich das Gesetz volk=mlich erfFllet vnd nun im glauben dir mein erfFllung, welche vor Gottes Gericht bestehen kan, geschencket hab, auch ferner, wo du von mir durch den vnglauben nicht wider abfellst, von dir nicht lassen, sondern inn deinem hertzen mit meinem geyst wohnen [c 2r:] vnd jmmer fort wircken wil, biß du inn jenem ewigen leben, wie du allhie nur angefangen, auch volk=mlich inn aller gestalt, wie das Gesetz von dir erfordert, mit der that gerecht vnd ewig selig werdest, Rom. 8.222 Glaubiger Christ: Sihe, ich bin des Herren knecht, mir geschehe, wie du gesagt hast, Luce 1.223 O Gott, der du in mir wirckest beide, das w=llen vnd thun nach deinem wolgefallen, Philip. 2,224 fFr auß, das du in mir hast angefangen, Psal. 67.225 Christus: Du solt sein in guter zuuersicht, das, der in dir angefangen hat das gute werck, der wirts auch volfFren etc., Philip. 1.226 Doch halte an mit wachen vnd beten, das du nicht in anfechtung fallest, Matth. 26, Eph. 6,227 dann sihe, dein Widersacher, der Teuffel, geht vmb dich her wie ein brFllender L=w vnd sucht, wie er dich verschling, 1. Pet. 5.228 Sathan: Jch bin von diesem menschen außgefahren vnd hab durchwandelt dFrre stet, rhu gesucht vnd find jhr nicht. Jch wil wider vmbkeren inn mein Hauß, darauß ich gegangen bin, Matth. 9, Luce. 11.229 Glaubiger Christ: Heb dich, Teuffel, Jch bin nicht mehr dein, sondern, wie ich mich in der Tauff verpflicht hab, Christi knecht. Denn da ich dein knecht zur sFnd war, was hett ich zu der zeit fFr frFcht, welches ich mich jetzt scheme. Dann das ende desselben ist der Tod. Nun ich aber durch Christum [c 2v:] von der 220 221 222 223 224 225 226 227 228 229

Vgl. Zeph 3,16f. Vgl. II Kor 3,12–16. Vgl. Röm 8,27–30. Vgl. Lk 1,38. Vgl. Phil 2,13. Vgl. Ps 67,2f.5; 66,5.20. Vgl. Phil 1,6. Vgl. Mt 26,41; Eph 6,18–20. Vgl. I Petr 5,8. Vgl. Mt 12,43f (!); Lk 11,24.

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SFnden frey vnd Gottes knecht bin worden, hab ich meine frucht, das ich heilig werde, das ende aber ist das ewige leben Rom. 6.230

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Sathan: Siehe, das Haus ist mit Besen gekeret vnd geschmuckt, ich wil hingehen vnd sieben geister zu mir nemen, die erger seind denn ich selbst, Math. 9, Luc. 11.231 Glaubiger Christ: O, Das ist ein harter streit, Job. 41,232 in welchem ich nicht allein mit Fleisch vnd Blut zu kempffen hab, sonder mit FFrsten vnnd gewaltigen, Nemlich mit den Herren der Welt, die in der Finsternis dieser Welt herschen mit den b=sen geistern vnter dem Himmel, Ephes. 6.233 Christus: Vmb des willen, so ziech an den Harnisch Gottes, auff das du bestehen kFnnest wieder die listige anschleg des Teuffels vnd allenthalben bestendiglich fort dringen mFgest. Vmbgurt derhalben deine Lenden mit Warheit vnd sey angezogen mit dem Krebs234 der Gerechtigkeit vnd Gestiffelt235 an FFssen mit dem Euangelio des friedes, vor allen dingen aber ergreiff den Schilt236 des Glaubens, mit welchen du außleschen kFnnest alle Feurige Pfeil des B=ßwichts, vnnd nim den Helm des Heils vnnd das Schwert des geists, welches ist das Wort Gottes, vnd bete stets in allen anligen mit bitten vnd flehen im geist etc., Ephes. 6.237 Glaubiger Christ: [c 3r:] Jch hab gestritten, das mir meine hende tropffen mit Myrrhen etc., Cant. 5.238 Aber dieweil der Sathan, ob er wol etlichmal veriagt wirt, doch nicht aussen bleybt, sondern kumpt ymmer ye lenger, ye hefftiger wider, bin ich auß schwacheit meines Fleischs von dem Sathan in solchem steten, langwirigem streit letzlich vbereilet239 vnd in SFnd listigerweis wider eingeworffen240 worden, welche mir nun also wehe thut, das, ob ich wol nicht wie die Heuchler mein kleid, doch mein hertz drFber zerreis, bitterlichen weine,

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Vgl. Röm 6,20–22. Vgl. Mt 12,44f (!); Lk 11,25f. 232 Vgl. Hiob 40,32; nach anderer Zählung Hiob 40,27; in Biblia Germanica 1545 in cap. XLI: „Wenn du deine hand an jn legest / so gedencke / das ein streit sey / den du nicht ausfüren wirst“ (Volz I, 961). 233 Vgl. Eph 6,12. 234 Brustpanzer, Brustharnisch. Vgl. Art. Krebs II.5.b), in: DWb 11, 2130. 235 mit Stiefeln bekleidet, gerüstet (an den Beinen). Vgl. Art. stiefeln 1.b), in: DWb 18, 2792f. 236 Schild, Verteidigungswaffe. Vgl. Art. Schild II.1.a), in: DWb 15, 110. 237 Vgl. Eph 6,13–18. 238 Vgl. Hhld 5,5. 239 überwältigt; übervorteilt. Vgl. Art. übereilen A.2) u. 3), in: DWb 23, 171f. 240 [in Sünde] (hinein)gestürzt. Vgl. Art. einwerfen 1), in: DWb 3, 340f. 231

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Math. 26, Joel. 2,241 vnd meine augen dauor gen Himmel nicht wol darff auffheben, noch mich enthalten kan, das ich nicht auß grosser wehmut an mein brust schlag, Luc. 18,f242 vnnd mich selbst solcher SFnden halben verklag, doch verzweiffel ich nicht, sondern gedenck deiner Wort, O Jhesu Christ, Math. 26,243 do du sprachst: Jch bin kummen, die SFnder zur Buß zu ruffen vnd nicht die Frummen, Math. 9.244 Jtem: Selig zu machen, was verloren ist.245 Nim derhalben als ein guter Hirt, dem du dich selbst vergleicht hast, mich, dein verlornes Schefflein, auff deine Achsel vnd trag mich deinem Himlischen vatter zu, das er mir vmb deinetwillen widerumb gnedig vnd Barmhertzig werd, Luc. 15.246 Christus: Wer zu mir kumpt, den werd ich nicht hinaußstossen, Joan. 6,247 sondern nim jhn mit freuden auff, sag dir derhalben, weil du Buß thust, das vber dir im Himmel freud ist fFr248 Neun vnd neuntzig gerechten, die der Buß nicht bedFrffen, Luc. 15.249 Gehe nun auff solch dein Buß vnnd glauben hin zu deinem Kirchendiener,250 vnd wenn er dir nach meinem beuelich die Absolution spricht oder die Sund vergibt, so glaub festiglich, daß sie dir Warhafftig auß krafft meiner Wort auch im Himmel verge-[c 3v:]ben sein, Joan. 20.251 Dann Gott, mein Vatter im Himmel, spricht durch den mund deines Kirchendieners selbst zu dir: Sey getrost, mein Sohn, dein Sünd sein dir vergeben, Marci. 2.252 Vnd damit du ja solcher vergebung aller deiner SFnd gantz gewiß vnd auch mit dem h=chsten pfand, so ich dir jmmer geben kan, derselben halben versichert werdest, alß dann nim hin vnnd iß ohn allen zweiffel nach meiner einsetzung in dem Heiligen Hochwirdigen Sacrament vnter der gestalt des Brots meinen warhafftigen Leib, so fFr dich gegeben, vnd trinck vnter der gestalt des Weins mein Blut, das zu vergebung deiner SFnd vergossen ist worden, Math. 26, Marc. 14, Luc. 22, 1. Cor. 11.253 Solst also wider in mir wie ich in dir sein vnnd bleiben, Joan. 6,254 Jch dein Weinstock, du aber mein

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Gemäß Errata-Liste aus: 17.

241 242 243 244 245 246 247 248 249 250 251 252 253 254

Vgl. Mt 26,65; Joel 2,13. Vgl. Lk 18,13. Vgl. Mt 26,26–28. Vgl. Mt 9,13. Vgl. Lk 19,10. Vgl. Lk 15,2–7. Vgl. Joh 6,37. vor; hier = „mehr als über“. Vgl. Lk 15,7. Pfarrer, Pastor, Prediger. Vgl. Joh 20,21–23. Vgl. Mk 2,5. Vgl. Mt 26,26–28; Mk 14,22–24; Lk 22,19f; I Kor 11,23–25. Vgl. Joh 6,56.

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Reben, Joan. 15.255 Vnd ob ich dich schon bißweilen durch Creutz vnd leiden Beschneit,256 zFrn ich doch nicht mit dir, sondern thu es darumb, das ich dich erhalt bey deiner krafft als einen fruchtbaren Reben, Esa. 27.257 Dann weil in dir, das ist: in deinem Fleisch vnd Blut, wonet nichts guts, Rom. 7,258 darff dasselbig tegliches beschneidtens, damit es nicht zu frech werd vnd auß solcher frecheit mit seinen SFndtlichen lFsten vnd begirden den geist in dir, der zum gutten lust hat, vberwachs,259 dempff vnd ersteck,260 Math. 13,261 vnd du also letzlich wie ein dFrrer Reben ins fewr geworffen, Joan. 15,262 das ist: mit der welt verdampt werdest, 1. Cor. 11.263 Glaubiger Christ: ZFchtige mich, Herr, doch mit maß vnd nicht in deinem grim, auff das du mich nicht auffreibest, Jere. 10.264 Christus: [c 4r:] Gott ist getrew, der dich nicht wirt lassen versuchen vber dein vermFgen, Sondern machen, das die versuchung so ein end gewinn, das du sie kunnest ertragen, 1. Cor. 10.265 Glaubiger Christ: Es ist mir lieb, das du mich gezFchtiget hast, das ich deine rechte lern, Psalm. 119.266 Du hast mich gezFchtiget wie ein geil kalb, Jere. 31.267 Ehe ich gedemFtiget war, jrret ich, nun aber halt ich dein wort, Psal. 119.268 Christus: Noch gleichwol klebt die SFnd deinem Fleisch vnd Blut an, weil es alhie lebet, Heb. 12,269 vnd verhindert mit seiner widerspenstigkeit, das ich das werck, so ich in dir angefangen hab mit meinem geist, alhie nicht volenden kann, nemlich dich volkummen, wie das gesetz erfordert, mit der that frumb vnd gerecht zu machen vnd in das ewige himmelreich, weil es Sundlich Fleisch vnnd Blut nicht ererben mag, 1. Cor. 15,270 einzusetzen. Wenn du 255 256 257 258 259 260 261 262 263 264 265 266 267 268 269 270

Vgl. Joh 15,5. beschneide (metaphorisch von den Reben am Weinstock). Vgl. Jes 27,3f. Vgl. Röm 7,18. überwuchere, überwachse. Vgl. Art. überwachsen I.B.1), in: DWb 23, 623f. ersticke (verbum transitivum). Vgl. Art. erstecken, in: DWb 3, 1005f. Vgl. Mt 13,7. Vgl. Joh 15,6. Vgl. I Kor 11,32. Vgl. Jer 10,24. Vgl. I Kor 10,13. Vgl. Ps 119,71. Vgl. Jer 31,18. Vgl. Ps 119,67. Vgl. Hebr 12,1. Vgl. I Kor 15,50.

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aber im glauben biß an das end verharrest, Math. 24,271 hinweg stirbst, wirstu gerechtfertiget von den SFnden, Rom. 6,272 von allem vbel erl=st vnnd der ewigen Himlischen freuden teilhafftig werden. Glaubiger Christ: So laß nun, Herr, deinen diener im Friede fahren, dann meine augen haben gesehen deinen Heiland, Luc. 2;273 dann ich weis, das derselbig, mein erl=ser, lebet, vnnd er wirt mich hernach auß der erden aufferwecken vnd werde [c 4v:] darnach mit dieser meiner haut vmbgeben werden vnd werde in meinem fleisch Gott sehen, denselbigen werde ich mir sehen, vnd meine augen werden jn schawen vnd kein frembder, Hiob. 19.g274 Jst also Christus mein leben vnd sterben mein gewinn, Philip. 1.275 Sathan: Du machest dich sehr kFn gegen dem Tod. Aber du wirst noch daran winseln wie ein Kranch276 vnnd girren wie ein Taub. Deine augen sollen dir brechen, Esa. 38.277 Glaubiger Christ: O Todt, wol bitter bistu meinem fleisch vnnd blut? Syrach 41.h278 Es zittert vnd zagt daruor, Matth. 26.279 Aber es geschicht jhm nicht vnrecht. Dann es hat nichts bessers, sonder solches vnnd noch viel gr=ssers leiden wol verdienet mit seinen teglichen b=sen anreitzungen vnd begierden wider Gott vnnd sein gebott, von welchen es nie hat w=llen, nun aber, get=dtet, wirdt mFssen (Gott hab lob) nachlassen.280 Der geyst ist willig, das fleisch aber ist schwach, Matth. 26.281 O Vatter, hilff mir auß dieser stund, Johan. 12,282 das ich solch leiden, so ein kleine zeit weret,283 vberwind vnnd darnach des ewigen lebens nach deiner verheissung inn Christo, meinem lieben Heyland, teilhafftig werde.

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Gemäß Errata-Liste aus: 15. Gemäß Errata-Liste aus: 4.

271 272 273 274 275 276 277 278 279 280 281 282 283

Vgl. Mt 24,13. Vgl. Röm 6,7.11. Vgl. Lk 2,29f. Vgl. Hiob 19,25–27. Vgl. Phil 1,21. Kranich (Zugvogel). Vgl. Art. Kranich II.1.a), in: DWb 11, 2021. Vgl. Jes 38,14. Vgl. Sir 41,1. Vgl. Mt 26,37. ablassen (von etw.), (etw.) unterlassen. Vgl. Art. nachlassen 2.c), in: DWb 13, 86. Vgl. Mt 26,41. Vgl. Joh 12,27. Vgl. II Kor 4,17.

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Sathan: Was tr=stu dich des ewigen lebens, weil du ein sFnder bist? SFnder geh=ren zur Hellen vnnd nicht gehn Himmel.

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Glaubiger Christ: [d 1r:] Jch weis on dich wol, das ich von natur ein SFnder bin, aber das ich darumb in die Hellen faren vnnd verdampt sein mus, solstu mich nicht vberreden. Jch weis (Gott hab lob) es besser: Christus Jhesus, Gottes Eingeborner Sohn, ist nach dem willen seines Himlischen Vatters Mensch worden, der hat mein SFnd von mir auff sich genomen vnd ist nach derselben verdienst am Creutz ein fluch worden, gestorben vnnd also wieder dauon abgenummen vnd begraben worden, gen Hellen gefahren vnd am dritten tag wider mit herlichem Sieg vnd Triumpff von dem Tod aufferstanden vnd gen Himel gefahren, hab also an seiner Aufferstehung vnd Himelfart ein gewisses Zeugnus, das er fur mein Sund durch sein bitter vnschuldig leiden, Blutuergiessen, Sterben vnd Heelfart284 nach dem vrteil Gottes genug gethan hat, dann wo noch schuld hinderstellig285 blieben wer, weis ich dich, Teuffel, wol so b=ß, das du jhn, weil er alle meine Schuld von mir vber sich zu bezalen genummen hat, wol wFrdest in deinen Schuldthurn286 des tods vnd der Hellen behalten haben vnnd nimmermehr wider lassen aufferstehen vnd gen Himmel fahren; weil du aber, durch Christi Aufferstehung vnnd Himmelfart vberzeugt,287 meiner SFnden halben bist volkumlich bezalt worden, was manestu noch viel schon langst abgezalte Schuld? kanst du oder wiltu aber ye auß boßheit solches vnbilliges manen nicht vnterlassen, so mane Christum, der alle meine Schuld vber sich zu bezalen genumen hat, vnnd nicht mich drumb, der ich nun nichts mehr mit dir, sondern allein mit Christo, des eigenthumb ich worden bin, zu thun hab, kann derhalben deiner vnnFtzen Schreckwort nicht lenger gewarten, sondern muß nun gedencken, wie mich Christus durch sein Blut auß deiner handt errettet, nuhn ferner durch den glauben mit seinem [d 1v:] geist, als er angefangen hatt, auch mit der that volkumlich gerecht vnd frum machen vnnd in himel als mein rechtes Vaterland288 zu sich nemen will. Sathan: Du wirst mich nicht also gar von dir abweisen, dieweil noch deinem fleisch SFnd anklebt, Heb. 12,289 welche des tods schuldig ist.

284 285 286 287 288 289

Höllenfahrt. zurück, übrig. Vgl. Art. hinterstellig 1), in: DWb 10, 1518. Schuldturm, Schuldgefängnis. überführt. Vgl. Phil 3,20. Vgl. Hebr 12,1.

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Glaubiger Christ: Der leib ist zwar tod vmb der SFnd willen, der geist aber ist das leben vmb der Gerechtigkeit willen. So nun der geist des, der Jhesum von den todten aufferweckt hat, in mir wonet, so wirt auch derselbige, der Christum von den todten aufferweckt hat, meinen sterblichen leib lebendig machen vmb des willen, das sein geist in mir wonet, Rom. 8,290 welcher dann in solcher Aufferstehung das werck, so er in der Tauff an mir angefangen vnd durch mein gantzes leben getriben vnnd doch der anklebeten SFnd halben, welche du, tod, yetzt gar abt=dten wirst, nie hat volenden k=nnen, letzlichen zum seligen end bringen, nemlich mich zugleich, wie das gesetz erfordert, nach seel vnd leib volkumlich mit der that gerecht vnd frum machen vnd in das ewige himelreich, so mir Christus mit seinem Blut erkaufft hat, wirt einsetzen. Darumb, O Jhesu Christ, gedenck mein in deinem Reich, Luc. 23,291 vnnd der du Blutigen schweis im Gartten vmb meiner SFnd willen geschwitzet hast, Math. 26, Luc. 22,292 Erbarm dich mein, der ich nun alhie lig im todtschweis, vnd weil du, gleich als Moses [d 2r:] in der wFsten eine Schlangen erh=cht hatt, also auch am Creutz erh=cht bist worden, auff das alle die, so an dich gleuben, nicht verloren werden, sondern das ewig leben haben, Joan. 3,293 Ruff vnnd schrey ich zu dir auch auß meiner tods not, du wollest mich in solchem tod nicht verloren bleiben lassen, sondern vmb deines bittern vnschuldigen leiden, sterbens vnd Blutuergiessens willen, so fFr mein SFnd geschehen ist, von solchem tod, gleich wie du, mein heupt, am dritten tag erstanden bist, also auch mich, dein gliedmas, am JFngsten tag zum ewigen leben wider aufferwecken.294 Befilch derhalben in deine hende meinen geist, du hast mich erl=set, Herr, du getrewer Gott, Psal. 31.295 Christus: Warlich, ich sage dir: Heut wirstu mit mir im Paradeis sein, Luc. 23,296 nach der Seel, welche von den Engeln in Gottes hand verwartet297 wirt, Luc. 16;298 der leib aber wirt in das grab als in ein Schlaffkammer, Esa. 26,299 zur rhue gelegt, Sap. 4,300 Schlefft alda vnd ist nicht gestorben, Math. 9, Luc. 8, Joan. 11,301 bis auff den JFngsten tag, an welchem du im grab meine Stim wirst

290 291 292 293 294 295 296 297 298 299 300 301

Vgl. Röm 8,10f. Vgl. Lk 23,42. Vgl. Mt 26,37–39; Lk 22,44. Vgl. Joh 3,14–16. Vgl. Kol 1,18; Joh 12,32. Vgl. Ps 31,6. Vgl. Lk 23,43. behütet. Vgl. Art. verwarten 3), in: DWb 25, 2135. Vgl. Lk 16,22; Sap 3,1. Vgl. Jes 26,20. Vgl. Sap 4,7. Vgl. Mt 9,24; Lk 8,52; Joh 11,11–15.

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h=ren vnd wider herfFrgehen zur Aufferstehung des lebens, Joan. 5, 6, 10,302 mit deinem leib der gestalt, das, welcher geseet303 ist verweßlich in vnehr, schwacheit vnd als ein natFrlicher leib, in der Aufferstehung sey ein vnuerweßlicher, herrlicher, krefftiger vnd geistlicher leib, 1. Cor. 15,304 der da, verkleret vnnd ehnlich gemacht meinem verklerten leib nach der wFrckung, damit ich mir kann alle dinge vnterthenig machen, Philip. 3,305 Leuchte wie die Sonne, Math. 13,306 vnd du also mir gleich seiest; dann du wirst mich sehen, wie ich bin, 1. Joan. 3;307 ytzt sihestu durch einen Spigel in einem tunckeln wort, denn aber von angesicht zu angesicht, 1. Cor. 13;308 damit wirt dan, welches [d 2v:] alhie im glauben vnd der hoffnung, wiewol gewiß, doch noch verborgen gewest ist, erscheinen vnd offenbar werden, Rom. 8,309 vnd also nicht allein das verdamnuß vmb meines Verdiensts vnd Gehorsams willen durch vergebung der sFnden, Sondern auch die sFndhaffte Natur vnd art sampt allen jamer vnd elend, so drauß alhie erfolget, gantz vnd gar in dir auffgehebt sein, Dargegen aber die volk=mliche Lieb vnd Gerechtigkeit, welche durch Adams Fall verloren vnd im Gesetz wider erfoddert wirdt, endlichen, wie sie alhie nur angefangen, an dir volbracht vnd wider erstatt werden, das du also auß vnd in Gott, der als die Ewige Weißheit, Krafft, Leben, Gerechtigkeit vnd Herrligkeit in dir ewig wohnen, leuchten, leben vnd weben wirdt,310 zugleich nach Seel vnd Leib nicht allein hertzliche lust vnd begier, sondern auch das vermFgen haben wirst, Gott vnd deinen Nechsten volk=mlich zu lieben,311 inn welcher volkommenheit du dann auch dermassen wirst bekrefftigt312 sein, das du nimmermehr drauß wider fallen, sondern von Gott ewiglichen darinnen wirst erhalten, getr=st vnd ergetzt werden mit vnaußsprechlichen Himmlischen freuden, welche kein Aug gesehen vnd kein Ohr geh=rt hat vnd in keiner menschen hertz gekommen ist, Esaie 64, 1. Cor. 2.313 AMEN.

302 303 304 305 306 307 308 309 310 311 312 313

Vgl. Joh 5,28f; 6,39f.44.54; 10,27f; 11,25f. gesät. Vgl. I Kor 15,42–44. Vgl. Phil 3,21. Vgl. Mt 13,43. Vgl. I Joh 3,2. Vgl. I Kor 13,12. Vgl. Röm 8,19. Vgl. Act 1,28. Vgl. Mt 22,36–40. bestärkt. Vgl. Jes 64,3; I Kor 2,9.

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[d 3r:] Bedencken Matthei Vogel von der zugetragenen zwispalt vber dem Artickel von der Rechtfertigung des Glaubens. Es befilcht der heilig Apostel Paulus seinen JFnger, Tito am 1. Capitel,314 Er sol fest halten ob dem Wort, das gewiß ist vnd lehren kan, auff das er mechtig sey, zu ermanen durch die heylsame Lehr vnd zu straffen die Widersprecher. Auß welchem befelch Pauli klar ist, das ein Prediger nicht allein lehren, sondern auch wehren sol, doch also, das er zugleich lehre vnd wehre, nicht wie es jn oder andere menschen gut deucht, sondern allein auß Gottes Wort oder heiliger Schrifft. Dann weil dieselbige nicht von Menschen, sondern von dem heiligen Geist selbst durch den Mund der heiligen Propheten vnd Apostel dargetahn, 1. Pet. 1,315 Vnd derhalben nicht wie menschen Lehr zweiffelhafftig, sondern gewiß ist, kan auch kein Prediger denn allein auß grundt vnd wahrem verstandt derselben mechtig sein, die Gewissen zu lehren, wie herwiderumb auch nicht anderer weiß den Widersprechern zu wehren. Dann solch wehren, welches neben dem lehren in der Kirchen Gottes sein vnd bleiben sol, ist nicht mit einem jeglichen grossen geschrey, lestern vnd gepolter außgericht, sondern damit ein Kirchendiener inn dem wehren nicht weniger dann inn dem lehren mechtig sey, sol er sich meines erachtens fFrnemlich dieser folgenden sieben stFck befleissigen: [d 3v:] I. Erstlich sol er nicht vnbedachtsam sein, sondern sich wol fFrsehen, damit er jhm von keinem etwas einbilde oder durch andere einbilden laß, das sich nicht also in der warheit verhalt. Dann einem ein frembde meynung andichten vnd drauff jn bald verdammen ist nicht allein vor der Welt vnrecht, sonder auch verdamlich. Darumb auch D. Luther in dem BFchlein von den Concilijs vnd Kirchen schreibt, Er hab sorg, das etliche Ketzer am JFngsten tag richter vnd die Richterbischoff verdampt sein werden.316 II. Wenn er aber eines meinung grFndtlich vnnd recht eingenomen hat, als dann, wo sie frembd vnd ergerlich scheinet, halt ers gegen heiliger Schrifft vnnd betracht fleissig, wie sie mit der selben vberein kFmpt. Dann wie auch Augustinus de doctrina Christiana, lib. 2. cap. ult., schreibet: „Was ein mensch anderßwo gelehrnt hat, ist es schedlich, wirdt es in der heiligen Schrifft verdampt. Jst es aber nFtzlich, wirdt es daselbst gefunden. Vnd weil er alles, was 314

Vgl. Tit 1,9. Vgl. I Petr 1,10–12. 316 Vgl. Luther, WA 50, 601,27–602,4: „Hie solt man zulauffen, mit sanfftmut unterrichten, und nicht mit stoltz die jrrigen verdamnen. Gott gebe, das ich liege, Jch sorge, das etliche Ketzer am JFngsten tage richter, und die Richterbisschove verdampt sein werden. Gott ist ‚wFnderlich und unbegreifflich in seinen gerichten‘ [Röm 11,33], on das man weis, Er sey ‚gnedig den demFtigen und feind den hoffertigen‘ [I Petr 5,5], Und sonderlich in den Concilien und Kirchen stenden solt man nichts aus Zelo, neid oder stoltz handeln, denn Gott kans nicht leiden.“ (Von den Konziliis und Kirchen, 1539). 315

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er anderßwo nFtzlichs gelernet hat, daselbst finden kan, wirdt er auch viel reichlicher daselbst finden, das er anderßwo niendert317 hat finden k=nnen“ etc.318 III. So nun jemands meinung mit der heiligen Schrifft streitig vnd also sch(dlich ist, als dann widerspreche er jr,319 so weit vnd nicht mehr oder weniger, dann wie weit derselbigen durch die heilige Schrifft widersprochen wirdt, das also ein jeglicher jrrtumb vnd ergernuß in seiner maß auß heiliger Schrifft geurteilt vnd nicht auß einem pri-[d 4r:]uat affect mit lesterworten vnd Calumnijs gescherpfft vnd gr=sser gemacht, wie auch herwiderumb nicht auß gunst geringer, dann er an ihm selbst ist, gemacht werd. Dann weil solches auch inn weltlichen Gerichten von Gott verbotten ist, Leuit. 19,320 sol man sich sonderlich inn den Concilijs vnd Kirchenstenden hFten, das man, wie auch D. Luther in obgemelten BFchlein vermanet,321 nichts darinnen auß neid oder stoltz handel. Denn Gott kans nicht leiden. IIII. Damit aber ein Kirchendiener einen jeglichen jrrthumb, wie er an jm selbst ist, mechtig sey zu straffen, sol er sich viel mehr der heiligen Schrifft dann seiner eygen wort befleissigen. Dann ob man schon lang mit menschen worten gegen einander ficht, viel lestert vnd schreyet, kan man doch jmmer wort vmb wort geben, vnnd was geschwinder weiß fFrgeworffen, durch geschwinde anweisung der Redkunst leichtlich wider verlegen. Wenn man aber wider menschenwort Gottes wort herfFrsucht, alßdann, weil dasselbig Gottes Krafft ist, Rom. 1, wirdt man dadurch allererst recht mechtig, zu straffen die Widersprecher. Dann sie k=nnen mit jren blossen menschlichen worten vnd griffen322 (wie auch jener geschwinde323 Dialecticus, durch einen alten, einfeltigen, frommen Mann im Concilio Nicaeno mit Gottes Wort vberwunden, bekannt. Vide Ruffini Historiam, lib. 1. cap. 3.)324 vor solcher Krafft Gottes 317

nirgends; auf keine Weise. Vgl. Art. niener 1) u. 3), in: DWb 13, 830f. Vgl. Augustin, De doctrina Christiana II, 42,63: „Nam quidquid homo extra didicerit, si noxium est, ibi damnatur; si utile est, ibi invenitur. Et cum ibi quisque invenerit omnia quae utiliter alibi didicit, multo abundantius ibi inveniet ea quae nusquam omnino alibi, sed in illarum tantummodo Scripturarum mirabili altitudine et mirabili humilitate discuntur.“ (PL 34, 65f). 319 der Meinung. 320 Vgl. Lev 19,15. 321 Vgl. Anm. 316. 322 Kniffen, Tricks. 323 verschlagene. 324 Rufin von Aquileia, Historia ecclesiastica II,3: „Sed ut ostenderet deus, quia non in sermone regnum dei, sed in uirtute consistit, quidam ex confessoribus simplicissimae naturae uir, et nihil aliud sciens, nisi Iesum Christum, et hunc crucifixum, inter caeteros auditores episcopos aderat. Quiquum uidisset philosophum insultantem nostris, et callida se disputationis arte iactantem, poscit ab omnibus locum, uelle se paucis cum philosopho sermocinari. Tum uero nostri, qui simplicitatem uiri et imperitiam de sermone duntaxat nossent, pauere, et uelut pudorem quendam pati, ne forte apud callidos homines risui efficeretur sancta simplicitas. Persistit tamen senior: et hinc mouit sermonis exordium: In nomine, inquit, Iesu Christi philosophe audi quae uera sunt. 318

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nicht bestehen, sondern werden mit dem geyst des G=ttlichen Munds, 2. Thessal. 2,325 wie Goliath vom Dauid, der nicht mit Schwerdt, Spieß vnd Schilt, sondern inn dem Namen des Herren Zebaoths zu Goliath getretten kam, 1. Reg. 17,326 niderschlagen vnd vberwunden. [d 4v:] V. Es soll auch ein Kirchendiener in solchem wehren wie auch in dem lehren nicht sein eigen ehr vnnd nutz suchen, derhalben nicht yemandt zu lieb vnd zu gefallen, oder das er darFber bey einem ehr vnd gunst bekum vnnd sein in dem zeitlichen geniessen m=g, einen andern lesterlichen außschreyen, vnnd bißweilen auch wider sein gewissen vnnd on alle noth, sondern wie er, was recht ist lehren, also sol er, was vnrecht ist, demselben mit grund vnnd gebFrlicher bescheidenheit, wie obgemelt, wehren, allein darumb, weil es die not erfordert, damit Gottes wort nicht verdunckelt vnd sein gemein nicht geergert, dargegen aber all eigen ehr vnd genies hindan gesetzt werd, damit er also in der warheit, wie er sol sein, ernsthafft, vnd nicht vnter dem schein des ernsts ein Heuchler vnd Pauchdiener327 sey. VI. Darumb er auch nicht alles alßbald auff die Cantzel bringen, sondern wo ein mensch etwa von einem feel in der lehr oder in dem leben vbereilt wirt, soll er jhn vnterweisen in geheim mit sanfftmFtigem geist, Gal. 6,328 damit des polterns auff der Cantzel wider ihn nicht von n=ten sey. Vnd wo er also durch solche freundtliche mittel einem Jrthumb oder ergernus abgeholffen, hat er gnugsam, wie er soll, gewehret, ob er schon auff der Cantzel daruon stilschweiget.

Deus unus est qui fecit coelum et terram, quique homini quem de terrae limo formauerat, spiritum dedit: uniuersa quae uidentur et quae non uidentur, uirtute uerbi sui creauit, et spiritus sui sanctificatione firmauit. Hoc uerbum ac sapientia, quem nos filium dicimus, humanos miseratus errores, ex uirgine nascitur, et per passionem mortis a perpetua nos morte liberauit, ac resurrectione sua aeternam nobis con-[237:]tulit uitam. Quem et expectamus iudicem omnium quae gerimus esse uenturum. Credis hoc ita esse philosophe? At ille uelut si nunquam ullum sermonem contradicendi didicisset, ita obstupefactus uirtute dictorum, mutus ad omnia, hoc solum potuit respondere, ita sibi uideri, nec aliud uerum esse quam quod dixerat. Tum senior: Si haec, inquit, ita esse credis, surge et sequere me ad Dominicum, et huius fidei signaculum suscipe. Et philosophus conuersus ad discipulos suos, uel ad eos qui audiendi gratia conuenerant: Audite, inquit, o eruditi uiri. Donec uerbis mecum gesta res est, uerba uerbis opposui, et quae dicebantur, dicendi arte subuerti: ubi uero pro uerbis uirtus processit ex ore dicentis, non potuerunt resistere uerba uirtuti, nec homo aduersari potuit deo. Et ideo si quis uestrum potuit in his quae dicta sunt sentire quae sensi, credat Christo, et sequatur hunc senem, in quo loquutus est deus. Ita philosophus Christianus effectus, tandem se gratulatus est uictum.“ (Quelle: ECCLESIASTICAE || HISTORIAE AVTORES ‣ || [Inhaltsübersicht] || [Verlagssignet: Caduceus mit Taube, umwunden von zwei gekrönten Schlangen, gehalten von zwei Händen, die aus Wolken hervorkommen, Beischrift: FRO || BEN] || BASILEAE M‣ D‣ LXII‣ [VD 16 E 4281], p. 236s). 325 Vgl. II Thess 2,8. 326 Vgl. I Sam 17,45. 327 Vgl. Röm 16,18. Vgl. Lepp, Schlagwörter, 131–134. 328 Vgl. Gal 6,1; Mt 18,15.

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VII. [e 1r:] Wo aber kein sanfftmFtige vnterweissung helffen will, sondern vber dieselbige ein Jrthumb in der lehr oder Ergernus im leben offentlichen einreist, sol er demselben auch offentlich mit predigen auß heyliger schrift wie ein getrewer Wechter begegnen, doch also das, inndem er die reine lehr verficht, er selbst nicht auß vnbedacht oder hitz derselben in etwa einem punct widerspreche, wie es leichtlich in Confutationibus mag geschehen. Weil dann solche zwey stFck n=ttigerweis zusammengeh=ren, hab ich mich auch bißher diese 10 Jhar, so lang ich im Kirchenampt gewest, nicht allein zu lehren, sonder auch allen dem, was der reinen, vnuerfelschten lehr entgegen fFrgefallen ist, zu weren obgemelter gestalt, souiel mir Gott auff mein gepet Gnad geben hat, zum h=chsten befliessen, wie ich mich dann auch vber dem Jnterim329 nicht in geringes leiden begeben, vnd als ich vonn dem Durchlauchtigsten Hochgebornen FFrsten vnd Herren, Herren Albrechten dem Eltern, Marggraffen zu Brandenburg, in Preussen etc. Hertzogen etc., meinem Gnedigsten FFrsten vnd Herren,330 auch gen K=nigsberg in Preussen zum Predigamt beruffen vnd verordnet worden binn, hab ich mir die zwispalt, welche daselbst zwischen H.331 Osiandro vnnd den andern Theologis vber dem Artickel der Rechtfertigung des glaubens, ehe ich dahin gekummen, entstanden war, nicht weniger dann sie yrgent einem andern angelegen sein mag, anligen lassen, wie ich mich aber in dieselbige eingelassen hab, will ich nach allen vmbstenden auffs kFrtzt erzelen vnnd nim Gott zu zeugen, das solches also vnd nicht anders geschehen, damit alle frome Christen draus zu richten haben, das ich nicht allein geleret, sondern auch, souil mir mFglich gewest ist, [e 1v:] meinem ampt nach also, wie oben erkleret, gewehret hab, wil auch hiemit niemandt anders beschuldigt, sondern allein mich fur mein person verantwort haben.

I. 30

35

Dann wie ich erstlich gen K=nigsberg gekummen, ist D. Osiander von vielen gegen mir beschuldigt worden, das er den SFnder ausser Christo zu Gott gewiesen, nichts von Christi leiden vnd sterben gehalten vnd sein Blut mit fFssen getretten hab, vnd ein solcher feindt Christi gewesen sey, der da, wenn er gekunt, jhm einen Pfeil durchs hertz geschossen hett etc. Wenn nun Osiander solches gethan het, wer er billich einem vnglaubigen JFden gleich zu uerdammen, wie ich aber, als billich gewest, in seinen BFchern nachgesucht, ob

329

Das Religionsedikt Kaiser Karls V., erlassen auf dem Augsburger Reichstag 1548, sollte die Kultuseinheit im Reich wiederherstellen und gestand den Protestanten bis zur endgültigen Entscheidung durch ein Konzil lediglich die Priesterehe und den Laienkelch beim Abendmahl zu. Vgl. Joachim Mehlhausen, Art. Interim, in: TRE 16, 230–237. Vogel musste deswegen seine Stelle als Diakon an St. Jakob in Nürnberg verlassen und wechselte nach Preußen. 330 Zur Vita Herzog Albrechts siehe oben Seite 117f. 331 Hochwürden (?).

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er also gelert, hab ichs viel anders, wie aus den volgenden zeugnussen zu uersehen, gefunden. In Confessione A.332 iEs

ist n=ttig zu wissen, das wir nur diesen einigen Mitler, den Herren Jhesum Christum, allein haben vnd sonst kein anderer Mitler mehr zwischen Gott vnd vns zu vnserer vers=nung vnd Rechtfertigung sein kan.i

5

In Confessione A. iiij.333 jVnnd

zu dem allen hatt er warer Gott vnnd Mensch sein mFssen, dann wer er nicht ein warer Mensch gewest, so hett er, was wir SFndige Menschen verschuldet hetten, nicht leiden kFnnen, vnd wer er nicht warer Gott gewest, het ers nicht vberwinden noch außstehen kFnnen. Vide kintegros duosk priores Arcus, A. B. in Confessio:j

10

[e 2r:] In Confessione A. iij.334 lDann

dieweil wir weder die straff der SFnden ertragen, noch das gesetz aus eigen krefften erfFllen kunten, so ist vnser lieber Herr Jhesus Christus, der einige Mitler, fFr vns an vnser stat getretten vnd hat zum ersten aller welt SFnd auff sich genummen, wie Joannes der Teuffer zeuget, Joan. am 1.:335 Siehe das ist Gottes Lamb, das der welt SFnde tregt, vnd Esaias am 53.:336 der Herr warff vnser aller SFnd auff jhn. Deßgleichen Paulus, 2. Cor. 5:337 Gott hat den, der von keiner SFnde wust, fur vns zur SFnd gemacht, etc. vnd hat also fFr vnser SFnd gelitten alles, das wir damit verschuldet hetten, wie geschriben stehet zun R=m. 4:338 Er ist vmb vnser SFnd willen dahin gegeben; 1. Cor. 15:339 Er ist gestorben vmb der SFnd willen nach der schrifft; Jesaie am 53.:340 Er ist vmb vnser Missethat willen verwundet vnd vmb vnser SFnd willen zuschlagen, vnd abermal: Er ist von dem Land der Lebendigen gerissen, da er vmb die Missethat meines volcks geschlagen ward, vnd ist abgestigen zur Hellen, wie geschriben steht Psalm. 17: Es vmbfiengen mich des Todes band,m vnnd die Beche Belial erschreckten mich, der Hellen Band vmbfiengen mich, vnd des Todes strick vberweltigten mich. Er ist aber nicht in der Hell geblieben, wie geschrieben ist

i–i

In der Vorlage in kleinerer Type gedruckt. In der Vorlage in kleinerer Type gedruckt. k–k Gemäß Errata-Liste aus: integras duas. l–l In der Vorlage in kleinerer Type gedruckt. m OGA 10, 106,8: bande. j–j

332 333 334 335 336 337 338 339 340

Vgl. OGA 10, 102,12–14 (Von dem einigen Mittler, 1551). Vgl. OGA 10, 106,14–18 (Von dem einigen Mittler, 1551). Vgl. OGA 10, 104,32–106,12 (Von dem einigen Mittler, 1551). Vgl. Joh 1,29. Vgl. Jes 53,6. Vgl. II Kor 5,21. Vgl. Röm 4,25. Vgl. I Kor 15,3. Vgl. Jes 53,5.8.

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Psalm. 16 vnnd Actorum 2:341 Du wirst mein Seel nicht in der Hell lassen, vnnd Psalm. 86:342 Du hast michn erret auß der tieffen Hell etc.l

5

Solche vnd dergleichen viel zeugnus haben mich gehindert, das ich keineswegs, wie jhr viel gern gesehen vnnd geh=rt hetten, obgemelte Gotteslesterung Osiandro hab kFnnen vnnd w=llen zumessen. Dann, spricht Gott, Du solt nicht der meng folgen zum b=sen vnd nicht antworten vor gericht, das du der meng nach vom rechten weichest, Exod. 23.343

II. 10

15

Gleicherweis ist auch Osiander von vielen bey mir angegeben,344 er hab geschriben vnd gelehret, wir werden nicht vmb des gehorsams Christi, des Mitlers, willen, Sondern allein von der Jnwonenden, wesentlichen Gerechtigkeit Gottes wegen Gott angenehm vnd wolgefellig oder von Gott zu Gnaden angenummen. [e 2v:] Darauff protestier ich vor Gott vnd aller Welt, das ich solcher Gottlosen Lehr, welche stracks dem Euangelio Christi entgegengesetzt ist, keinen beyfall geb. Das ich sie aber bißher Osiandro nicht zugerechnet, haben mir diese seine selbst eygene wort gewehret etc.: In Confess. A a j. ij.345 oEinen

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25

gnedigen Gott hat vns Christus damit gemacht, das er, vnter das Gesetz gethan, das Gesetz fFr vns erfFllet hat, auff das, so wirs auch nach der Widergeburt nicht rein vnd volkommen erfFllen, das vns solcher mangel, gebrech vnd schuld nicht zugerechnet, sondern vns vergeben vnd die erfFllung Christi fFr vns dargesetzt werd, darnach aller Welt sFnd auff sich genomen, fFr dieselben gelitten, gestorben, sein blut vergossen vnd fFr die vbeltheter gebeten vnd also den zorn Gottes, vnter dem wir von der sFnden wegen lagen, gestillet, vers=net vnnd gantz auffgehaben, Also das wir, die wir an jn glauben, vmb keiner sFnd willen verdampt werden. Dann er ist die Vers=nung fFr vnser sFnd, vnd nicht allein fFr die vnsern, sondern fFr der gantzen welt, 1. Joan. 2.346o

Jn der Widerlegung etc.347 pChristus

30

must vnser sFnd auff sich nemen, dafFr leiden, sterben vnnd sein Blut vergiessen, auff das er Gottes zorn stillet, gnad vnd vergebung der SFnden erwFrb. Deßgleichen must er auch das Gesetz erfFllen vnd nach dem Gesetz ein Fluch am Holtz werden, auff das er vns vom Fluch vnd von der bFrd des Gesetze erl=set.p n

OGA 10, 106,11f: meine seele. In der Vorlage in kleinerer Type gedruckt. p–p In der Vorlage in kleinerer Type gedruckt.

o–o

341 342 343 344 345 346 347

Vgl. Ps 16,10; Act 2,27. Vgl. Ps 86,13. Vgl. Ex 23,2. verleumdet. Vgl. OGA 10, 288,15–25 (Von dem einigen Mittler, 1551). Vgl. I Joh 2,2. Vgl. OGA 10, 614,25–29 (Widerlegung der Antwort Philipp Melanchthons, 1552).

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Aus der Predig Phil. 2. Ein jeglicher sey gesinnet etc. B ij.348 qAlso

haben wir durch Christir Gehorsam erstlich vergebung der sFnden. Darnach auch, das vns vnsere gebrechligkeit nicht zugerechnet wirdt, dieweil er das Gesetz fFr vns erfFllet hat vnd vns nun Gott gnedig ist vnd wir mit jm vers=net, das er vns nun zu Kindern annimbt. Das ist der wahre vnd erstliche grundt vnsers Christlichen Glaubens.q

[e 3r:] III. Auch haben mich etliche bereden w=llen, das Osiander allen menschen, auch denen, so nicht glauben, die vergebung der sFnden gemeyn gemacht hab. Ob ich aber wol solcher Gottlosen meinung billich abfall vnd klar sprich, Das wer also lehret, der kFndt mit gutem grundt vnter die ergsten Ketzer – als der den fFrnembsten Artickel vnsers Christlichen Glaubens: Credo Remissionem Peccatorum, verleugnet – gerechnet werden. Jedoch hab ich denen auch nicht zufallen k=nnen, welche solche vnchristliche meynung Osiandro aufferlegt haben. Dann wer diese seine nachfolgende eigene wort cum candore list, findt darinn vil anders, vnd das widerspiel.

5

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Jn der Widerlegung, H iij.349 sChristus

ist selbst der Gnadenstul oder gFlden Altar, wie Paulus alhie350 sagt. Vnd hat vnser sFnd selbst geopffert an seinem Leib, wie Petrus 1. Pet. 2,351 schreibet. Welchs alles vns armen sFndern, die wir der Erl=sung bedFrffen vnd begeren, durch vnsern Glauben zu gut k=mpt. Dann wenn wir nicht glauben, so ist vns solche Erl=sung kein nutz etc.s

20

Jn der Widerlegung, O ij352 tMan

sol ja die Vergebung der sFnden nicht außschliessen auß dem Glauben. Dann sie muß geglaubt sein, dieweil Christus befilcht: Man sol Buß vnd Vergebung der sFnden predigen in seinem Namen.353t

25

Vber der Außlegung des Vatter Vnsers, Matth. 6. B iij.354 uDieweil

der Herr Christus durch sein Leiden vnd Sterben vns Vergebung der sFnden erworben hat vnd es dahin gebracht, das das Euangelion in aller Welt gepredigt wirt, das wer an Christum glaubet, dem w=ll Gott sein sFnd vergeben.u q–q

In der Vorlage in kleinerer Type gedruckt. OGA 10, 551,15: seinen. s–s In der Vorlage in kleinerer Type gedruckt. t–t In der Vorlage in kleinerer Type gedruckt. u–u In der Vorlage in kleinerer Type gedruckt. r

348

Vgl. OGA 10, 551,15–19 (Zwei Predigten über Phil 2,5–11 [aus der ersten Predigt über Phil 2,5–8], April 1552). 349 Vgl. OGA 10, 617,31–618,3 (Widerlegung der Antwort Philipp Melanchthons, 1552). 350 Vgl. Hebr 9,5.11–15; Röm 3,25. 351 Vgl. I Petr 2,24. 352 Vgl. OGA 10, 649,23–25 (Widerlegung der Antwort Philipp Melanchthons, 1552). 353 Vgl. Lk 24,47. 354 Vgl. OGA 10, 883,5–8 (Predigt über Mt 6,9–15, Okt. 1552).

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Nr. 17: Matthäus Vogel, Dialogus von der Rechtfertigung (1557)

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[e 3v:] Ibidem. B iiij.355 vGott

5

hats von Ewigkeit in sinn, das er vmb des Herrn Christi willen die sFnd vergeben w=ll. Wir wissen aber das nicht. Wenn ers vns aber zusagt vnd wir glauben, so bekummen wirß auch. Denn man muß vns Vergebung der sFnden predigen, vnnd wir mFssens auch glauben. Dann wenn wirs nicht glauben, so haben wirß auch nicht, sondern bleiben im vnfried.v

Ibidem B v.356 wWilt

du Vergebung der sFnden haben, so must du es glauben.w

Jn der Predig vber den Spruch Rom. 6: So wir mit jm gepflantzt werden, B iij.357

10 xDann

der nicht gleubet vber dem bleibt der zorn Gottes, vnd die Erl=sung ist jm kein nutz.x

IIII. 15

20

Deßgleichen ist mir von vielen fFrgehalten, das Osiander mit seiner Lehr den Gewissen den trost entzogen vnnd gelehret hab, das man nicht den Gehorsam Christi, des Mitlers, sondern die Wesentliche Gerechtigkeit Gottes Gericht sol fFrtragen. Darauff ich geantwort: Das wenn Osiander also gelehrt, hab er nicht allein verkert, sondern auch gantz vnnd gar die Lehr des Euangelij auffgehebt. Wie ich aber in seinen Schrifften nachgelesen, hab ich anders gefunden vnd derhalben jhn auch nicht w=llen dergestalt wider mein Gewissen außschreyen vnd verdammen. [e 4r:] In Confessione D iij.358 yNun zvns

25

aber Vergebung der sFnden als ein edler schatzz auß solcher Schatzkammer herfFrbracht vnnd im eusserlichen Wort fFrgetragen wirdt, so empfahen wir jhn durch den Glauben zu vnser Rechtfertigung vnd wissen, das wir jhn also in jnnerlichen Wort, das in vnserm hertzen bleibt, gewißlich haben, k=nnen vns auch desselben in aller anfechtung des Gewissens wider alle Pforten der Hellen tr=sten, frewen vnd gebrauchen.y

v–v w–w x–x y–y z–z 355 356 357 358

In der Vorlage in kleinerer Type gedruckt. In der Vorlage in kleinerer Type gedruckt. In der Vorlage in kleinerer Type gedruckt. In der Vorlage in kleinerer Type gedruckt. OGA 10, 130,6: er uns aber. Vgl. OGA 10, 884,32–885,4 (Predigt über Mt 6,9–15, Okt. 1552). Vgl. OGA 10, 885,32f (Predigt über Mt 6,9–15, Okt. 1552). Vgl. OGA 10, 396,22f (Predigt über Röm 6,5–7, Dez. 1551). Vgl. OGA 10, 130,6–10 (Von dem einigen Mittler, 1551).

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Nr. 17: Matthäus Vogel, Dialogus von der Rechtfertigung (1557)

Jn der Predig vber den Spruch Roman. 8: So ist nun nichts verdamlichs, etc., B359 abWo

vns die sFndb w=llen schrecken vnd zur verzweifflung treiben, so ist alsbald der heilige Geist da vnnd tr=st vns vnd spricht: Thut rechtschaffene Buß vnnd glaubet,360 das Christus fFr euch genug gethan hab, das euch ewere sFnd vergeben sein vnd jhr nicht verzagen solt. Also wehret der heiligc Geist mit seinem Gesetz, das wir nicht verzweiffeln.a

5

Jn der Außlegung des Vater vnsers Matth. 6, B iiij.361 deWenn

wir glaubene so haben wir nicht allein Vergebung der sFnden, sondern haben auch Trost vnd Fried im Gewissen, das wir k=nnen fr=lich sein vnnd die SFnd vns nicht kan anklagen.d

10

Jn FFrst. Durchleucht. zu Preussen Außschreiben, stehet in einer Epistel Osiandri, Z iij. iiij.362 [e 4v:] fDas gaber die Wirtenbergischen Theologig setzen, wenn meine meinung wehr, dash wir vns des leidens vnnd sterbens Christi nicht solten vertr=sten,i so kFndten sie mir nicht jbeyfallen etc,. daranj thun sie recht; sie sollen keinem menschen darinnen

a–a

In der Vorlage in kleinerer Type gedruckt. OGA 10, 493,23: Ferner aber, wo wir sFnde haben, die uns. c Nicht in OGA 10, 493,26. d–d In der Vorlage in kleinerer Type gedruckt. e–e OGA 10, 884,23: Wan wir den das gleuben. f–f In der Vorlage in kleinerer Type gedruckt. g–g VD 16 P 4780 [s. Anm. 362], Bl. Z 3v: sie aber. h VD 16 P 4780 [s. Anm. 362], Bl. Z 3v: das wir NatFrliche G=tter wFrd) / oder das. i VD 16 P 4780 [s. Anm. 362], Bl. Z 3v: vertr=sten etc. j–j VD 16 P 4780 [s. Anm. 361], Bl. Z 3v: beifallen / wie der. [/] Denn so des Osiandri schrifft etc. nach lengs vermeldet / Daran. b–b

359

Vgl. OGA 10, 493,23–27 (Predigt über Röm 8,1–4, Febr. 1552). Vgl. Mt 3,8; Mk 1,15. 361 Vgl. OGA 10, 884,23–25 (Predigt über Mt 6,9–15, Okt. 1552). 362 Vgl. Von Gottes Gnaden Vnser || Albrecht) des Eltern / Marggraffen zu Bran || denburg / in Preussen / zu Stettin / Pomern / || der Cassuben vnd Wenden Hertzogen / || Burggraffen zu N=renberg vnd || FFrsten zu Rugen etc. || Ausschreiben || An vnsere alle liebe getrew) vnd || Landschafften / wes wirden standes v] aestimation || ein jeder ist / Vornemlich auch Theologen / Pfar= || herrn / Predicanten vnd Kirchendiener / dari] grFnd || lich vnd =rdentlich / wie sich die ergerliche zwispalt || vber dem Artickel von vnser armen SFnder Recht= || fertigung / vnd warer ewiger Gerechtigkeit / erha= || ben / vnd was wir vns mit grossen sorgen einigkeit || zumachen / bemFhet / dargethan / vnd was wir fer= || ner durch freuntliche befFrderung vnd befehlich / des || Hochgebornen FFrsten / vnsers freuntlichen lieben || Oheims vnd Schwagern / Herrn Christoffs / Hertzo || gen zu Wirtenberg vnd Teck / Graffen zu MFmpel= || garten etc. auff vnser freundlich an suchen / durch S. || L. Theologos aus G=ttlicher heiliger Schrifft / vor= || geschlagenen Mitteln / endlicher sententz vnd mei= || nung erlernet / vnd zu fortstellung der einigkeit vn= || serer Kirchen / gehalten wollen haben. Darnach sich || jedermeniglich vnsers FFrstenthumbs / so wol die || Predicanten als andere stende / zurichten sollen wissen / || vnd in vnterthenigkeit || zugehorsamen. || K=nigsperg in Preussen. [1553: Hans Lufft] (VD 16 P 4780; eine weitere Ausgabe: VD 16 P 4779). Darin Bl. Z 3r–Aa 3r: Antwort herrn Andreae Osiandri auff der Wirtenbergischen Theologen letztes bedencken. (gerichtet an Herzog Albrecht, datiert vom 1. Sept. 1552). 360

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Nr. 17: Matthäus Vogel, Dialogus von der Rechtfertigung (1557)

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beyfallen; mich wundert aber, mit was geschwindigkeit363 die Hoch- vnd Wolgelerte Menner in diese gedancken gefFrt sein, als solt ich so vngehewr ding lehren, so ichs doch mein lebenlang knie in sinn genummenk vnnd das widerspil in meiner Confession B. j. vnd P. ij.364 gesetztl hab.f

Vide plura in der Widerlegung, M. iij. N. ij.365

5

V. Gleicherweis hab ich auch nicht in seinen schrifften finden kFnnen, das er, wie etlich mich bericht, die Jnwonung Gottes der vergebung der SFnden fFrgesetzt hab. Dann also schreibt er: Jn der Widerlegung, L. ij.366

10 mJch

bekenn vnnd lehr auch, das es vnmFglich gewest wer, on Christi verdienst gnad vnnd Barmhertzigkeit zu erlangen, viel weniger wFrde Gott in vns gewont haben.m

k–k

VD 16 P 4780 [s. Anm. 362], Bl. Z 4r: in sinn nie genomen. VD 16 P 4780 [s. Anm. 362], Bl. Z 4r: klerlich gesetzt. m–m In der Vorlage in kleinerer Type gedruckt.

l

363

List, Arglist, Betrügerei. Vgl. Art. Geschwindigkeit 6) und 7), in: DWb 5, 4000f. Vgl. OGA 10, 108,12–23: „Wie er [scil. Christus] nun als ein getreuer mitler durch die volkommene erfullung des gesetzes und durch sein leiden und sterben fur unser sFnde gegen Got, seinem himlischen vater, von unserswegen gehandelt und erworben hat, das er uns die sFnde vergeben und nicht mehr darumb verdammen wil, uns auch unser schwacheit und schuld, das wir das gesetz in diesem leben keineswegs erfullen, dieweil es Christus fur uns erfullet hat, nicht zurechnet, also wendet er sich auch herumb zu uns und handelt von Gottes, seines himlischen vaters, wegen als ein getreuer mitler durch die predigt der puss und seins heiligen euangelions und durch seine heilige sacrament, nemlich die tauffe, schlFssel und abentmal, auch mit uns und schaffet bey uns, das wir durch die puss, vergebung der sFnde anzunemen, begirig und, in todt Christi zu bewilligen, geneigt werden, desgleichen durch den glauben und die tauff vom tod der sFnde wider lebendig, gerecht, neugeborne kinder Gottes mit Gott versonet werden.“ (Von dem einigen Mittler, 1551, Bl. B1). – OGA 10, 218,11–16: „Und dieweil ich aus solcher lesterung spürete, das die lesterer nicht recht vom heiligen sacrament hielten, trib ich auch die lehr vom heiligen sacrament des leibs und bluts Christi fleissig und bezeugte, das es warlich der ware leib Christi, fur uns in todt gegeben, und warlich das wahre blut Christi, zur vergebung unser sünden vergossen, wer und sein müste“ (Von dem einigen Mittler, 1551 Bl. P3v[sic]). 365 Vgl. OGA 10, 637,16–27 (Widerlegung der Antwort Philipp Melanchthons, 1552, Bl. M2v); 640,34–641,6: „Das nun Christus fur uns hat gelitten, fur unser sund genug gethon, das gesetz fur uns erfullet, uns ein gnedigen Gott gemacht, der uns die sund vergibt, das ist die gnad. Das er aber durch den glauben sich selb uns gibt und in uns wonet, unser leben, gerechtigkait und herrligkait ist, das ist die gabe. Die fasse ich also zusamen, das mans baide glauben soll, aber nicht, das sie baide zugleich miteinander die gerechtigkait sein sollen (aaO, Bl. N1r). 366 Vgl. OGA 10, 631,20–24: „Dan spricht jemand, wir konnen an disen verdienst nicht selig werden, so bekenn und lehr ich auch, das es unmuglich gewest were on disen verdienst gnad und vergebung zu erlangen. Vil weniger wurd Gott in uns gewonet haben und unser gerechtigkait worden sein, wann diser verdienst, auff den Got von anfang der welt her hat gesehen, uns nicht ein gnedigen Gott gemacht hett.“ (Widerlegung der Antwort Philipp Melanchthons, 1552). 364

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Nr. 17: Matthäus Vogel, Dialogus von der Rechtfertigung (1557)

Jn der Widerlegung, H. ij.367 nSolt

sich Gott widerumb zu vns thun, in vns Wohnen etc., so must fFrwar zuuor ein Mitler, vers=ner vnd Heiland fFrsehen vnnd verordnet sein, der vnser SFnd auff sich nem,368 dafFr litte, stFrb, sein Blut verguß vnnd also fFr vnser SFnd gnug thet etc., auff das sich Gott wider zu vns als zu den vers=nten gnediglich, freundlich vnd V(terlichen, oon verletzungo seines gerechten Gerichts, m=cht wenden vndp in vns wohnen.n

5

[f 1r:] Jn der Predigt vber die wort Rom. 8: Jr aber seid nicht Fleischlich. B.369 qDer

Herr Christus hat vns durch sein bitter leiden, sterben, Blutuergiessen vnd gantzen gehorsam das verdient vnnd erworben, das vns Gott erstlich die SFnd vergibt vnnd das er darnach durch den glauben zu vns kommen will vnnd wonung bey vnns machen.q

10

VI. Auch haben viel gegen mir Osiandrum den Papisten vergleicht, als der gleich wie sie gelert hab, das wir nicht durch den glauben allein, sondern durch die werck gerecht, das ist: Gott angenem vnd wolgefellig, werden, darauff ich auch offtmals gesagt, wenn Osiander also gelehrt, sey er ein rechter Apostata vnd Antichrist worden. Nachdem ich aber dergleichen in seinen schrifften nicht gefunden, hab ich sein auch mit solcher bezichtigung der billigkeit nach verschonet.

15

20

Jn der widerlegung. G. iij.370 rJn

diesem leben sein alle vnsere gutte werck vnd aller gehorsam vnuolkommen, darumb wir vor Gottes gericht nicht mit bestehen kFnnen etc.r

Jn der Widerlegung J. iij.371

25

sDu

must dich in diesem leben nicht auff dein gehorsam noch auff dein reinigkeit verlassen, sondern auff den gehorsam vnd reynigkeit meines Sohns, der das Gesetz volkumlich fFr dich erfFllet hatt etc.s

VII. [f 1v:] Letzlich ist mir etlich mal furgehalten, das nach Osiandri lehr Gott in den glaubigen wonent, auch weil sie alhie leben, einen volkumlichen gehorn–n

In der Vorlage in kleinerer Type gedruckt. Gemäß Errata-Liste aus: verletzung on. p Nicht in OGA 10, 616,20. q–q In der Vorlage in kleinerer Type gedruckt. r–r In der Vorlage in kleinerer Type gedruckt. s–s In der Vorlage in kleinerer Type gedruckt. o–o

367 368 369 370 371

Vgl. OGA 10, 616,7–11.18–20 (Widerlegung der Antwort Philipp Melanchthons, 1552). nähme. Vgl. OGA 10, 505,13–16 (Predigt über Röm 8,9–11, Febr. 1552). Vgl. OGA 10, 611,20f (Widerlegung der Antwort Philipp Melanchthons, 1552). Vgl. OGA 10, 622,6–8 (Widerlegung der Antwort Philipp Melanchthons, 1552).

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Nr. 17: Matthäus Vogel, Dialogus von der Rechtfertigung (1557)

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sam anricht, dadurch dann die glaubigen g=tter vnd Christo in allem gleich werden. Auff solche klag hab ich abermals nicht alßbald glauben vnd verdammen wollen, sonder zuuor auch Osiandri nachuolgente antwort auff solchen Artickel gesucht, welche mich anderst bericht vnnd von solchem verdammen Jnnen gehalten hatt. In Disputationis propositione 77.372 tDieser

10

Gerechtigkeit Christi sein wir volkummenen gehorsam schuldig, das wir vnser glieder dargeben zu waffen der Gerechtigkeit,373 Gott dem Herren zu vnser heiligung, dieweil wir aber dieselbigen in diesem leben nicht volkumlich leisten, sollen wir bitten, das vns vnser Schuld vergeben werden, als374 auch wir vergeben.375t

In Confessione Bb.376 uDas

15

ist aber auch noth zu wissen, das, ob wir wol durch den glauben alles schon volkumlich in vns haben, was zu vnser Rechtfertigung vnd Erl=sung geh=rt, so wirckt es doch nicht volkumlich in vns, dann wir sein der Gerechtigkeit Gottes, die in vns ist, noch nicht gar gehorsam, vnd die SFnd, die in vnserem Fleisch wohnet, ist noch nicht gar gestorben, sondern es nimbt beides von tag zu tag zu, ye lenger ye mehr, vnd wirt allererst volkhummen, wann wir nun sterben vnd durch die krafft des, der in vns wohnet, vom todt wider auffstehn.u

20

vWann

wir durch den glauben seine lebendige glieder werden, so werden wir solcher seiner Wesentlichen gerechtigkeit auch teilhafftig, dann er wohnet in vns, aber wir sein jr nicht volkhFmlich gehorsam, Ja der gehorsam hatt kaum ein wenig angehebt, er [f 2r:] sol aber von tage zu tag zunemen vnd in der Aufferstehung volkummen werden etc.v

25

Also hoff ich, sey genugsam klar, das ich keines weges solche greuliche Jrthumb vnnd lesterung, so in den obgesetzten 7 Artickel verfast sind, verteidig, sondern allein schreib, das ich dieselben Jrthumb vnd lesterung in Osiandri BFchern bißher nicht hab sehen k=nnen vnnd derhalben jhn auch nicht damit beschuldigen wollen; kan sie einer aber mit waren grund auff Jn beweisen, will ich weder Osiandrum noch yemandt anders, wens schon ein Engel von Himel wer, Gall. 1,378 darinnen entschuldigen, sondern zugleich, wie ich soll, neben andern verdammen helffen.

Jn der Widerlegung. O ij.377

30

t–t

In der Vorlage in kleinerer Type gedruckt. In der Vorlage in kleinerer Type gedruckt. v–v In der Vorlage in kleinerer Type gedruckt. u–u

372 373 374 375 376 377 378

Vgl. OGA 9, 445,23–27 (Eine Disputation von der Rechtfertigung, 1551; unsere Nr. 1). Vgl. Röm 6,13. wie. Vgl. Mt 6,12. Vgl. OGA 10, 296,1–7 (Von dem einigen Mittler, 1551). Vgl. OGA 10, 648,20–24 (Widerlegung der Antwort Philipp Melanchthons, 1552). Vgl. Gal 1,8.

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Nr. 17: Matthäus Vogel, Dialogus von der Rechtfertigung (1557)

Wie ich aber Osiandri entlicher, grundtlicher vnd eigentlicher meinung, welche er in dem Artickel von der Rechtfertigung gehabt, mit h=chstem fleiß on all Priuat affect, vnnd (wie Gott weis) allein auß begird der warheit nachgeforscht, hab ich dieselben aller dergestalt gefunden, wie ichs alhie auß seinen schrifften in ein kurtze Summa zusamengezogen, vnd zweiffel nicht, andere, so gleicherweiß nachlesen vnd -forschen, werdens auch nicht anders finden. Wir waren durch Adam allezumal in SFnd gefallen vnd solcher SFnden halben durch das gesetz verklagt, schuldig des fluchs, tods, der Hellen vnnd ewigen verdamnus, dorfften derhalben eines Mitlers, welcher zugleich Gott vnd Mensch wer, welcher ist Christus Jhesus, Gottes vnd Marie Sohn, der zwischen Gott vnnd vns Sundige Menschen eingetretten ist vnnd das Gesetz, so wir solten vnnd nicht kunten erfFllen, an vnser statt erfFllet, vnnd dieweil wir es selber nicht erfFllet vnnd damit den fluch, Todt vnnd die Hellen verschuldet hetten, ist er ein fluch fFr vns worden, des Tods am Creutz gestorben, zur hellen gefahren vnnd [f 2v:] am dritten tag wider vom Tod aufferstanden vnd gen Himmel gefahren. Solches alles wirdt vns im heiligen Euangelio geprediget. Wenn wirs nun glauben, werden wir vmb solches heiligen volk=mlichen Gehorsams Christi, des Mitlers, willen, der vns im Glauben zugerechnet wirdt, von Gott zu gnaden angenomen, jhm angenem vnd wolgefellig gemacht, vnnd empfangen vergebung der sFnden, der wir vns auch vor Gott wider SFnd, Tod, Hell vnd Teuffel zu vertr=sten haben. Doch welche also vergebung der sFnden empfangen haben, sein vnd heissen darumb noch nicht (proprie loquendo) gerechtfertigt, Das ist nach seinem verstandt: mit der that gerecht vnd fromm gemacht oder vernewert, sondern mFssen allererst gerechtfertigt (das ist: vernewert) werden. Solchs aber geschicht durch die Wesentliche Gerechtigkeit, welche Gott selbst ist vnd allein rechtfertigen, das ist: mit der that gerecht machen, kan. Dann nachdem wir vmb Christi Gehorsams willen im glauben vor Gott zu gnaden angenomen, die vergebung der sFnden empfangen haben, wohnet solche Wesentliche Gerechtigkeit, das ist: Gott selbst, durch den Glauben nicht schlechterweiß379 wie die Sonn im Acker,380 sondern wesentlich oder warhafftig in vnsern hertzen als einem Tempel auß Gnaden. Vnd ist also dieselbige Wesentliche Gerechtigkeit oder Christus, wahrer Gott vnnd Mensch, nach seiner G=ttlichen Natur allein vnser einige, wahre, Ewige Gerechtigkeit, durch welche wir der vbrigen sFnd in vnserm fleisch oder dem alten Adam je lenger je mehr abget=det, vnd dargegen zu allem guten getrieben vnd bewegt vnd dergestalt gerechtfertigt, das ist: auch mit der that, wiewol in diesem leben nur anfenglich, gerecht vnd fromm gemacht werden.w Dann dieweil wir solcher Wesentlichen Gerechtigkeit Gottes, so inn vns durch den Glauben wohnet vnd wircket, nicht, wie wir sollen, ob w

Gemäß Errata-Liste ergänzt.

379 380

schlicht, einfach. durch seine Wirkung, wie die Sonne in ihren Strahlen präsent ist.

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wir schon nach dem [f 3r:] geyst w=llen, doch nach dem fleisch nicht k=nnen, volk=mlich gehorsam sein, werden wir nimmermehr, weil381 dieses leben wheret, sondern allererst in jenem ewigen leben volkommen. Darumb wir vns auch nicht inn diesem leben auff solchen angefangen, vnuolkommenen gehorsam oder vernewerung verlassen sollen, sondern haben vns allein des heiligen vnd volk=mlichen Gehorsams Christi, vnd inn demselben der vergebung der sFnden, so offt wir auß schwacheit vnsers fleischs vnd steter anreitzung des Sathans gefallen, durch den Glauben zu vertr=sten. Wenn wir aber in solchem trost durch den zeitlichen tod der sFnden gar abgestorben vnd am jFngsten tag wider mit verklertem leib aufferstanden sein, werden wir durch die Wesentliche Gerechtigkeit nicht allein wie alhie anfenglich, sondern auch volk=mlich mit der that gerecht vnd ewig selig sein vnd in derselben, als vnser wahren, ewigen Gerechtigkeit, welche das Leben ist, leben vnd regieren mit vnaußsprechlichen Himmlischen Freuden. Nachdem ich nun solche formam doctrinae, welche Osiander eigentlich in dem Artickel vnser Rechtfertigung gefFrt, gegen der Epistel Pauli zun R=mern vnd der Augßpurgischen Confession, wie ich schuldig gewest, gehalten, Hab ich, was ich inn der warheit nach meinem h=chsten verstandt strittigs gefunden, keineswegs verschwigen, sondern zugleich priuatim, vnnd publice, wie mir bede Part zeugen mFssen, demselbigen ohn scheuhen widersprochen, doch mit gebFrlicher bescheydenheit vnd auß solchem grundt Heiliger Schrifft, wie folget:

I. 25

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35

Erstlich weil das w=rtlein Iustificare oder Rechtfertigen ambiguum ist vnd nicht allein nach Hebraischer [f 3v:] Sprach art von sFnden absoluiern oder loßsprechen heist, sondern auch Latino more offtmals fFr Iustum facere, das ist: mit der that gerecht machen oder vernewern, gebraucht wirdt, hab ich gefunden, das D. Osiander, ob er wol bede deutung dieses w=rtleins zugelassen, doch die ander bedeutung, als die fFrnembst, vber die erst erhaben vnd gelehrt hat, Iustificare oder rechtfertigen heiß fFrnemlich vnd eigentlich auch in Paulo zun R=mern, wenn er von der Rechtfertigung des Glaubens redet, mit der that gerecht machen, welchs wir sonst gemeiner weiß vnd auch nach der Paulina phrasi heissen vernewern oder heiligen. Vide Osiandri Confessio: F. iiij. G. ij. H.382 Bin derhalben in solchem verstandt dieses w=rtleins, so viel die Epistel Pauli zun R=mern belangt, Osiandro nicht beygefallen, sondern hab ex Antithesi klar angezeigt, das Paulus eben darumb das w=rtlein Iustificare dem w=rtlein Accusare et Condemnare entgegen gesetzt hab, Rom. 5, 8,383 damit, wie Accusare ‚rechtlich verklagen‘, Condemnare ‚auff genugsame

381

solange. Vgl. OGA 10,144,29–146,37; 150,15–18; 156,33–158,3 (Osiander, Von dem einigen Mittler, 1551). 383 Vgl. Röm 5,16–18; 8,33f. 382

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bewiesene klag zum todt verurteiln‘ heist, Also dargegen ex natura contrariorum Iustificare fFr ‚absoluiern‘ oder ‚loßsprechen‘ verstanden werd. Doch wer die Patres oder alte Lehrer der Christlichen Kirchen lißt, der wirdt darinnen befinden, das sie gemeiniglich das w=rtlein Iustificare auch dergestalt wie Osiander fFr ‚gerecht mit der that machen‘ gebraucht haben. Dann also schreibt Augustinus, lib. 1. de peccatorum meritis et remissione, cap. 13: Gratia ex multis delictis remissis, hoc est, non solum illo originali, uerum etiam omnibus caeteris ad Iustificationem perducit.

5

Idem de ecclesiast. dogmatibus Lib. Cap. 28.384 xQuicunque

dixerit gratiam Dei, qua Iustificamur per Iesum Christum ad solam remissionem peccatorum ualere, quae iam [f 4r:] commissa sunt, non etiam ad adiutorium gratiae ut non committantur, anathema sit.x

10

Idem in exposit. quarundam propositio ex Epistola Pauli ad Rom. proposit. 22.385 yQuod

autem ait. Qui Iustificat Impium, hoc est, de impio pium facit, ut de caetero in ipsa pietate permaneat, atque Iustitia, Quia ideo Iustificatus est, ut iustis sit, non ut peccare sibi licere arbitretur.y

15

Chrysostomus sermone 8.,cap. 4. Rom.386 zQuemadmodum

enim ipse magna de Deo sentiens Deum diligit, id enim dilectionisa argumentum est, ita rursus ipsum Deus licet innumeris modis reum diligit, non solum a supplicio liberans, sed et Iustum efficiens.z x–x

In der Vorlage in kleinerer Type gedruckt. In der Vorlage in kleinerer Type gedruckt. z–z In der Vorlage in kleinerer Type gedruckt. a aus: delectionis. y–y

384

(Ps.-Augustin), De ecclesiasticis dogmatibus, 28 (PL 58, 987C). Das Werk wurde im Spätmittelalter dem Kirchenvater Augustin zugeschrieben, inzwischen nimmt man an, es gehe auf Gennadius von Marseille zurück. – Vgl. auch die Beschlüsse der 15. Synode von Karthago aus dem Jahr 418, can. 4 (PL 45, 1729; DH 226). 385 Augustin, Expositio quarundam propositionum ex epistola ad Romanos, 22 (PL 35, 2066f). 386 Vgl. Johannes Chrysostomos, In epistula ad Romanos commentarius, sermo 8. Der Wortlaut des Zitats entspricht der Textfassung in: D. Ioannis Chry= || SOSTOMI ARCHIEPI- || scopi Constantinopolitani in omnes D. Pauli || epistolas commentarij, quotquot apud Grae- || cos extant, Latinitate donati, à multis men || dis purgati, et recens in tres tomos diuisi: || quorum vnicuique accessit index rerum o- || mnium insignium locupletißimus, vt nihil || sit quod in eo desiderari possis. || [Tomus I. (?)] || PARISIIS || Apud Viuantium Gaultherot, sub intersignio || Sancti Martini, Via ad D. Iacobum. || 1 5 4 5. , Bl. 44(B). Vgl. PG 60, gr. 455, lat. 456 [die Spalten von griechischem Urtext und lateinischer Übersetzung sind separat gezählt]: Ὥσπερ γὰρ αὐτὸς αὐτὸν ἠγάπησε μεγάλα περὶ αὐτοῦ φαντασθείς· τοῦτο γὰρ ἀγάπης δεῖγμα· οὕτω καὶ ὁ θεὸς αὐτὸν ἐφίλησε μυρίοις ὑπεύθυνον ὄντα, οὐχὶ κολάσεως ἀπαλλάξας μόνον, ἀλλὰ καὶ δίκαιον ἐργασάμενος. – „Sicut enim ipse illum amavit, magna de illo imaginatus (hoc enim amoris argumentum est): sic et Deus illum amavit sexcentis peccatis obnoxium, nex modo a supplicio liberavit, sed etiam justum effecit.“ – BKV² 39, S. b130f, übersetzt: „Wie er [der Gläubige] selbst Gott liebt, indem er sich eine große Vorstellung von ihm macht – das ist ja das Wesen der Liebe –, so liebt Gott wieder ihn, indem er ihn, den tausendfach Schuldigen, nicht nur von den Strafen freispricht, sondern ihn auch zum Gerechten macht.“

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Idem paulo post.387 bSi

enim beatus est, qui remissionem peccatorum gratuito accipit, multo magis qui Iustificatus etiam est, fidemque ostendit.b

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II. Zum andern hat Osiander auß solcher seiner bedeutung des w=rtleins Iustificare oder Rechtfertigen das wort ‚Gerechtigkeit‘ in Paulo auch allein fFr das verstanden, das vns, nachdem wir vmb Christi, des Mitlers, willen auß dem Gericht genomen vnd zu gnaden Gottes kommen sein, treibt vnd bewegt, recht zu thun, vnd also mit der that [f 4v:] gerecht macht oder (wie man sonst spricht) vernewert (Vide Confessio H. ij. iij. T. O. ij.)388 Vnd nicht, wie es Paulus in der Epistel zun R=mern des meisten teils vnd fFrnemlich gebraucht hat, fFr diß, so vns arme SFnder von vnsern SFnden absoluirt, also vor Gottes gericht erhelt vnnd auß dem Gericht in die genad Gottes nimbt. Wie dann Abermal auß der Anthitesi klar zu sehen, dann eben darumb wirt die Gerechtigkeyt Rom. 1389 dem zorn Gottes entgegen gesetzt, das, wie der zorn die Richterliche gestrengigkeit, so die SFnd nach jhrem verdienst strafft vnd verdampt vnnd im Gesetz geoffenbart wirt, bedeut, also dargegen durch das w=rtlein ‚Gerechtigkeit‘ daselbst vnnd auch hernachmals in Paulo Rom. 3, 4, 5,390 widerumb vnd sonderlich die gnad vnnd Barmhertzigkeit Gottes, welche vns vmb Christi, des Mitlers, willen im glauben ergriffen vonn den SFnden absoluirt vnd also vor Gottes gericht erhelt vnd im Euangelio offenbart wirt, fFrnemlichen verstanden werde, doch also, das solcher gnad alßbaldt auch volg die gab der g=ttlichen Gerechtigkeit, welche Osiander allein vnter dem w=rtlein ‚Gerechtigkeit‘ verstanden vnd nichts anders ist dann der heilig geist oder Gott selbst, welcher in denen, so also vmb des mitlers Christi willen begnadet sein, durch den glauben wohnet vnd sie ferner treibt vnd bewegt, recht zu thun, wie dann auch die Patres in solchem verstandt Gott selbst anc vielen orten das w=rtlein ‚Gerechtigkeit‘ zugelegt haben, fFrnemlich aber Augustinus, lib. 2. de peccatorum meritisd et remiss., Cap. 10: Deus, qui lux est hominis interioris adiuuat nostrae mentis obtutum, ut non secundum nostram, sed secundum eius Iusticiam boni aliquid operemur.391 b–b c d

In der Vorlage in kleinerer Type gedruckt. aus: on. aus: merisis.

387

AaO Bl. 44(D). Vgl. PG 60, gr. 456, lat. 456: Εἰ γὰρ μακάριος οὕτος ὁ λαβὼν ἄφεσιν ἀπὸ χάριτος, πολλῷ μᾶλλον ὁ δικαιωθεὶς, καὶ ὁ πίστιν ἐπιδειξάμενος. – „Si enim beatus est hic, qui remissionem accepit per gratiam; multo magis qui justificatus est, qui fidem exhibuit.“ – BKV² 39, S. b132: „Denn wenn der schon selig ist, der Vergebung durch Gnade empfangen hat, so ist es noch viel mehr der Gerechtfertigte, der den Glauben an den Tag gelegt hat.“ 388 Vgl. OGA 10, 160,11–164,17; 208,21–31 (Osiander, Von dem einigen Mittler, 1551). 389 Vgl. Röm 1,17f. 390 Vgl. Röm 3,28; 4,5; 5,1. 391 Augustin, De peccatorum meritis et remissione et de baptismo paruulorum ad Marcellinum II 5,5 (PL 44, 153 ; CSEL 60, 75,15–17).

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[g 1r:]e Idem in epistola ad consentium.392 fEadem

porro Iustitia, quae uiuit in seipsa procul dubio Deus est, atque incommutabiliter uiuit. Sicut autem cum sit in seipsa uita, etiam nostra fit uita, cum eius efficimur participes, ita cum in seipsa sit Iustitia, etiam nobis sit Iustitia, cum ei cohaerendo iuste uiuimus, et tanto magis, minusue iusti sumus, quanto magis minusue illi cohaeremus, etc. ui de totam epistolam.f

5

Idem in Sermone 12. super Psalmum 118.393 g‚Ecce

(inquit) concupiui mandata tua: in tua Iustitia uiuifica me.‘394 Ecce concupiui ex toto corde, et ex tota anima, et ex tota mente diligere te, et proximum sicut me. Non in mea, sed in tua Iustitia uiuifica me, hoc est, illa charitate, quam concupiui, imple me. Adiuua me, ut faciam, quod commendas, dona ipse, quod mandas, In tua Iustitia uiuifica me, quia in me, unde morerer habui. Vnde autem uiuam non inuenio nisi in te, etc. Iusticia tua Christus est, ‚qui factus est nobis sapientia a Deo, et Iusticia, et Sanctificatio, et Rademptio, ut quem admodum scriptum est, qui gloriatur, glorietur in domino,‘395 et in illo inuenio mandata tua quae concupiui, ut in tua Iusticia, hoc est, in illo uiuifices me, ipse est enim uerbum Deus, et uerbum caro factum est, ut esset et proximus meus,396 lege totum Psalmum.g

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Chrysostomus in Sermone 7: cap. 3. Rom.397 hQuod

cum dicit patris hoc esse quidem opus ostendit, ita tamen, ut et filij esse declaret. Pater enim proposuit quidem, filius uero sanguine suo totum perfecit. ‚Ad ostensionem Iusticiae suae.‘398 Quemadmodum uera diuitiarum ostensio non in hoc tantum est, ut diues sit, sed quod et alios, diuites efficiat, et uitae non solum in eo, quod per se uiuat, sed quod mortuos uiuificet, potentiae non ut ipse potens sit tantum, sed ut et infirmos potentes faciat. Ad eum omnino modum et Iustitiae declaratio non in hoc est tantum, quod iustus sit, sed quod et alios, nimirum qui in peccatum inciderunt confestim iustos reddat.h

e

In der Kustode auf Bl. f 4v: In Epistolis. In der Vorlage in kleinerer Type gedruckt. g–g In der Vorlage in kleinerer Type gedruckt. h–h In der Vorlage in kleinerer Type gedruckt.

f–f

392

Augustin, Epist. 120, 4, 19 (PL 33, 461) (CSEL 34 II, 720–721). Augustin, Enarr. in psal. 118, sermo XII (PL 37, 1535) (zu Ps 118,40 Vg). 394 Vgl. Ps 118,40 Vg. 395 Vgl. I Kor 1,30f. 396 Vgl. Joh 1,14. 397 Chrysostomus, Homiliae XXXII in ep. ad Romanos, cap. 3, sermo 7,2 (PG 60, 444): „... καὶ δείξας τοῦ Πατρὸς τὸ κατόρθωμα, τὸ αὐτὸ δείκνυσι καὶ τοῦ Υἱοῦ ὄν· ὁ μὲν γὰρ Πατὴρ προέθετο, ὁ δὲ Χριστὸς ἐν τῷ αὐτοῦ αἵματι τὸ πᾶν κατώρθωσεν. Εἰς ἔνδειξιν τῆς δικαιοσύνης αὐτοῦ. Τί ἐστιν, Ἔνδειξις τῆς δικαιοσύνης; Ὥσπερ ἔνδειξις πλούτου, τὸ μὴ μόνον αὐτὸν εἶναι πλούσιον, ἀλλὰ καὶ ἑτέρους πλουσίους ποιεῖν· καὶ ζωῆς, τὸ μὴ μόνον αὐτὸν εἶναι ζῶντα, ἀλλὰ καὶ νεκροὺς ζωοποιεῖν· καὶ δυνάμεως, τὸ μὴ μόνον αὐτὸν εἶναι δυνατὸν, ἀλλὰ καὶ τοὺς ἀσθενεῖς δυναμοῦν· οὕτω καὶ δικαιοσύνης ἔνδειξις. τὸ μὴ μόνον αὐτὸν εἶναι δίκαιον, ἀλλὰ καὶ τὸ ἑτέρους ἐν ἁμαρτίαις κατασαπέντας ἐξαίφνης δικαίους ποιεῖν.“ 398 Vgl. Röm 3,26. 393

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[g 1v:] III. Wie nun Paulus obgemelter gestalt diese 2 w=rtlein, ‚Gerechtigkeit‘ vnnd ‚Rechtfertigen‘, fFrnemlich in der lehr von der vergebung der SFnden, welche auch darumb der Artickel vnser Rechtfertigung heist, gebraucht hat, also befind ich, das dargegen Osiander solche 2 w=rtlein in der lehr von der vergebung der SFnden, weil sie sich in seinem verstandt nicht dahin schicken, gar ausgelassen, yedoch sonst ausserhalb solcher 2 w=rtlein rechter vnnd einerley meinung mit Paulo von der vergebung der SFnden geschrieben hat, wie leichtlich kann erkleret werden. Dann dieweil Osiander das w=rtlein ‚Rechtfertigen‘ nicht braucht wie Paulus fFr ‚absoluirn‘ oder ‚von SFnden loßsprechen‘, sondern fFr ‚vernewern‘, alsdann, ob er woll nicht weniger dann Paulus lehret, das wir allein vmb Christi gehorsams willen im glauben von dem verdamnus aller vnser SFnden loß vnnd ledig gesprochen werden vnd vergebung der SFnden empfangen, streit er doch, das wir darumb, proprie zu reden, nicht gerechtfertige leut heissen. Vide Confessio. G,399 Jn der widerlegung O. iij,400 welche doch auß ytztgemelter vrsach von Paulo also genent werden, da er spricht Rom. 5:401 „Nun wir sindt gerecht worden,“ das ist: vergebung der SFnden empfangen haben, „durch den glauben, haben wir fried mit Gott,“ dann weil vergebung der SFnden muß vorgehn, wo fried im gewissen soll volgen, soll vnd mus durch das w=rtlein ‚Gerecht werden‘, welchs alhie dem fried des gewissens fFrgesetzt wirt, auff die empfangene vergebung der SFnden vnd nicht auff die vernewerung, welche dem fried nicht vorgehet, sondern nachuolget, n=ttiger weiß verstanden werden. [g 2r:] Vnd ob er wol nicht allein zulest, sondern auch an vilfeltigen orten, welche eines teils oben erzelt sein, gewaltig vnd weitleufftig mit Paulo lert vnd rhFmet, das allein der gehorsam Christi, des Mitlers, Nemlich sein pitter leiden vnd sterben, Blutuergissen, Aufferstehung vnd himelfart, so fern wirs arme SFnder im glauben annemen vnnd Gott fFrtragen, vns bey Gott zu gnaden bring vnd also vergebung der SFnd erlang, yedoch aignet er darumb dem gehorsam Christi nicht, wie Paulus, das w=rtlein ‚Gerechtigkeit‘ zu. Vide Confess. B. ij. h. iiij.402 Wils auch von andern, im gegeben, nicht anderst denn allein tropice403 verstanden haben. Dann Gerechtigkeit verstet er nicht wie Paulus Rom. 3, 4, 5,404 auch fFr das, vmb welches willen wir vor Gott zu gnaden kummen vnd das vns also vor Gottes gericht erhelt, sonder allein fFr diß, so vns nach empfangner vergebung der SFnden treibt vnd bewegt, recht zu thun;

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Vgl. OGA 10, 156 (Osiander, Von dem einigen Mittler, 1551). Vgl. OGA 10, 649f (Osiander, Widerlegung der Antwort Melanchthons, 1552). 401 Vgl. Röm 5,1. 402 Vgl. OGA 10, 110–112; 164–166 (Osiander, Von dem einigen Mittler, 1551). 403 in uneigentlicher Verwendung, als Form uneigentlicher Rede. Vgl. Rudolf Drux, Art. Tropus, in: HWRh 9 (2009), 809–830. 404 Vgl. Röm 3,28; 4,5; 5,1. 400

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weil aber Gott allein wFrckt in vns zugleich das w=llen vnd thun nach seinem wolgefallen, Phil. 2,405 schreibt Osiander solch wort in dem verstandt auch allein Gott zu vnnd heist jn darumb, wie in den Schulen gebreuchlich vnnd er auch in der warheit ist, die wesentliche Gerechtigkeit. Hierauff hab ich gesagt, das das w=rtlein ‚Gerechtigkeit‘ keines wegs uniuocum, wie es Osiander gebraucht, sonder aequiuocum sey, das ist: nicht eynerley, sonder mehr bedeutung hab. Derhalben, ob es woll allein GOTT zugeh=ret, in dem es heist treiben vnd bewegen, recht zu thun, sey doch dem heiligen Paulo keineswegs zu widersprechen, der es in einem andern verstandt, wie obgemelt, auch dem gehorsam Christi klar zuschreibet, Rom. 5, do er spricht: „wie nun durch eines SFnd die verdamnus vber alle menschen kummen ist, also ist auch durch eines Gerechtigkeit die Rechtfertigung des lebens vber alle [g 2v:] menschen kommen. Denn gleich wie durch eines Menschen vngehorsam viel SFnder worden sind, Also auch durch eines gehorsam werden vil gerechten.“406 Dann was S. Paulo hie oben Gerechtigkeit, das heiß vnd sey jhm alsbald vnten herab Christi Gehorsam vnnd zeige fein an, was derselbige fFr ein Gerechtigkeit sey, Nemlich durch welche die Rechtfertigung des lebens, das ist: das vrteil zum leben, vber vns kompt, wie durch Adams sFnd die verdamnuß oder das vrteil zum todt. Hab derhalben offtmals gesagt vnd sag auch noch, das der Gehorsam Christi nicht allein m=g vnnd sol genent werden, sonder sey auch, wiewol nicht die Wesentliche, doch warhafftig die Gerechtigkeit des Mitlers, welche der arme SFnder durch den Glauben fassen vnnd Gott fFrtragen sol vnd muß, wo er anders vor jhm vnnd seinem gestrengen Gericht bestehen wil vnd vergebung der sFnden empfangen. Doch hab ich darbey auch vermeldet, das der Gehorsam Christi nicht ausserhalb, sonder in der person vnsere Gerechtigkeit dergestalt sol werden gerhFmet. Dann in solchem verstandt were er schon nicht mehr der Gehorsam Christi, welcher fFr der gantzen Welt sFnd gnug gethan hat.407 Sintemal in keiner andren, sondern allein in Christi, des Mitlers, person, welche zugleich Gott vnd Mensch ist, ein solcher volk=mlicher Gehorsam hett k=nnen geleistet werden.408 Dargegen sol auch, wenn man geschrieben findt oder selbst sagen wil, das Christus vnser Gerechtigkeit sey, in der wir vor Gottes Gericht bestehn, Christus nicht ausserhalb, sondern in seinem Gehorsam als ein Mitler durch den Glauben von vns ergriffen vnd in das hertz dergestalt gefast, das es sich sein409 allein vor Gottes Gericht vertr=st, verstanden werden. Dann wie ich gesagt, also ist, wenn mans jetziger erklerung nach recht ver-[g 3r:] stehet, kein vnterscheyd, sondern einerley verstand in den zweierley Reden vnd gilt gleich, 405 406 407 408 409

Vgl. Phil 2,13. Vgl. Röm 5,18f. Vgl. Joh 1,29. Vgl. Anselm von Canterbury, Cur deus homo. seiner (Christi, des Mittlers).

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man sag, Christus als ein Mitler oder der Gehorsam Christi ist vnser Gerechtigkeit, in welcher wir fFr Gottes Gericht tretten sollen vnd auch bestehn k=nnen. Vber das hab ich auch angezeigt, das zugleich inn der heiligen Schrifft vnd den heiligen V(tern, sonderlich aber D. Luthero, nicht allweg der gantze Gehorsam vnd Verdienst Christi, weil er sehr weitleufftig ist, sondern bißweilen nur stFck weiß beschrieben vnd als vnser Trost, Heil vnd Seligkeit gerhFmet werd. Christus sprech: Der heilig Geyst wirdt die Welt straffen vmb die Gerechtigkeit, das ich zum Vater gehe vnd jr mich fort nicht sehet, Johan. 16.410 Paulus schreib: Gott hat Christum fFrgestelt zu einem Gnadenstul durch den Glauben in seinem blut, Rom. 3.411 Jtem: Wir sind durch sein Blut gerecht worden, Rom. 5.412 Johannes sprech: Das Blut Christi macht vns rein von aller sFnd, 1. Johan. 1.413 Jtem Augustinus in Manuali, cap. 22: „Jnn aller meiner widerwertigkeit find ich kein krefftiger Artzney dann die Wunden Christi, in denselben schlaff ich sicher vnnd rhue vnerschrocken.“414 Ambrosius: Mors Christi est Iustificatio peccatoris.415 Bernhardus super Cantica: „Dein Leiden ist die letzte zuflucht, die best Artzney vnd vnFberwindtliche Weißheit.“416 Lutherus: „Der Todt vnd Aufferstehung Christi ist vnser Leben vnd Gerechtigkeit.“417 Jtem: „Jn Christi wunden wirdt die Seel behalten.“418 Werd derhalben inn solchen vnd andern dergleichen viel mehr SprFchen der Ge-

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Vgl. Joh 16,8.10. Vgl. Röm 3,25. 412 Vgl. Röm 5,9. 413 Vgl. I Joh 1,7. 414 Vgl. Ps.-Augustinus, Manuale, cap. XXII: „... In omnibus aduersitatibus non inueni tam efficax remedium, quam vulnera Christi; in illis dormio securus, et requiesco intrepidus.“ (zit. nach: D. AVRELII || AVGVSTINI || HIPPONENSIS EPISCOPI, || OPERVM TOMVS IX. || CONTINENS ILLIVS TRACTATVS: || HOC EST, || EXPOSITIONES AD POPVLVM || factas in nouum Testamentum, cum alijs || varij generis opusculis. || A THEOLOGIS aliquot LOVANIENSIBVS diligenter || emendatus ex collatione MS. codicum. || Qui etiam notha, seu falso beato Augustino inscripta, || in Appendicem retulerunt. || [Signet: reich (vor allem mit Lilienemblemen) verziertes, stark mit Kanonen bestücktes dreimastiges Kriegsschiff, das Land im Hintergrund beschriftet: LVTE || TIA] || PARISIIS. || – || M. D. LXXXVI. || CVM PRIVILEGIO., S. 388[Sp. b]C) (vgl. PL 40, 960f, dort cap. XXII–XXIII). 415 Vgl. Ambrosiaster, Commentarius in epistulas Paulinas, in Gal 2,21: „Nil tam apertum est, quia, si per legem potuisset homo iustificari, Christum non oportuerat mori. Sed quia lex dare remissionem peccatorum non poterat neque secundam mortem detriumphans expoliare captivis, quos tenebat caussa peccati, idcirco Christus mortuus est, ut ea praestaret, quae lex non poterat, ac per hoc non gratis mortuus est. Mors enim eius iustificatio peccatorum est.“ (CSEL 81/3, 29,18–24). 416 Vgl. Bernhard von Clairvaux, In Cantica sermo 22, 8: „... Passio tua ultimum refugium, singulare remedium. Deficiente sapientia, iustitia non sufficiente, sanctitatis succumbentibus meritis, illa succurrit. ...“ 417 Vgl. Luther, WA 56, 296,17–22: „Mors Christi Est mors peccati Et resurrectio eius Vita Iustitie, quia per mortem suam satisfecit pro peccato et per resurrectionem suam contulit nobis Iustitiam. Et sic sufficientissima. Et resurrectio eius non tantum est sacramentum Iustitie nostre, Sed etiam efficit eam in nobis, si eam credimus, et est causa“ (Römerbrief-Auslegung 1515/16). 418 Vgl. Luther, WA 10I.1, 127,3 (Kirchenpostille, 1522, Epistel in der Früh-Christmesse, Tit 3,4–7, hier zu 3,7f). 411

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horsam Christi in keinem weg zertrent, noch mancherley, sondern die einige Gerechtigkeit oder der Gehorsam Christi, so vor Gottes Gericht sol von vns gebracht werden, dadurch eingefFrt vnnd bestetiget. Dann ob schon viel stFck, so zum Verdienst vnnd Gehorsam Christi geh=ren, in solcher weiß zu reden verschwiegen, werden sie doch [g 3v:] nicht außgeschlossen, sondern vnter dem einigen punct, so gemelt wirdt, zugleich verstanden. Werden also in solcher Lehr von dem Gehorsam Christi die armen Gewissen nicht von, sondern zu Christo gewiesen, dergestalt das sie sich sein warhafftig im Glauben vertr=sten k=nnen. Dann ausserhalb des Gehorsams ist vnns armen sFndern die gerechte Person Christi nicht, sondern wirdt vns allererst, vnnd fFrnemlich vmb des Gehorsams willen, darmit sie sich vnser not angenomen hat, wider sFnd, Todt, Hell vnd Teuffel tr=stlich. Darumb, obwol Osiander nicht weniger dann alle andere Christliche Lehrer an vielen orten weitleufftig lehret, das wir vns der vergebung der sFnden, welche wir allein vmb Christi Gehorsams willen im Glauben von Gott empfangen, wider SFnd, Todt, Hell vnnd Teuffel zu tr=sten vnd zu frewen haben. Jedoch wil er jr deßhalben auch nicht, wie zuuor vom Gehorsam Christi gesagt, das w=rtlein ‚Gerechtigkeit‘ zulegen. Sintemal jhm Gerechtigkeit nicht heist wie Paulo zun R=mern, das vor Gottes Gericht tr=st vnnd erfrewet, sondern allein diß, wie zum offtern mal gemeldet ist, welches denn, so auß dem Gericht Gottes schon genomen ist, ferner treibt vnd bewegt, recht zu thun. Hab derhalben hie abermals Osiandro keinen beyfall gegeben, sondern wie der Gehorsam Christi die Gerechtigkeit des Mitlers ist, so man dem Gericht Gottes allein fFrtragen sol, Also, hab ich gesagt, verstehe ich durch das w=rtlein Gerechtigkeit Gottes vnnd Gerechtigkeit des Glaubens, Rom. 1, 3, 4,419 die Gnad vnd Barmhertzigkeit Gottes, welche vns ohn all verdienst vnserer werck allein vmb Christi Verdiensts vnd Gehorsams willen, im Glauben fFrgetragen, all vnser sFnd vergibt vnd der gestalt rechtfertigt, das, ob wol sFnd in vns vberig, doch vor Gottes Gericht nicht [g 4r:] mehr verdamlich sein. Darumb auch solch vergebung der sFnden, durch vnsers Herrn Jhesu Christi bitter Leiden vnd Sterben erworben, des armen SFnders Gerechtigkeit vor Gottes Gericht, so fern ers mit Glauben annimbt, gemeiner vnd rechter weise, wie sie es auch in der warheit ist, werde gerhFmet. Solches hab ich nicht allein auß dem text Pauli, da er spricht, Rom. 3,420 Gott biete die Gerechtigkeit dar, die vor jhm gilt, inn dem er sFnd vergibt etc., sondern auch auß Luthero erkleret, welcher vber den 5. Psalm421 wie auch in der 419

Vgl. Röm 1,17; 3,21f.25f; 4,3.5.9.11.16. Vgl. Röm 3,25f. 421 Vgl. Luther, WA 5,144,1–16: „‚Iustitiam dei‘, quam infra saepius habebimus, oportet, ut assuescamus vere canonica significatione intelligere, non eam, qua deus iustus est ipse, qua et impios damnat, ut vulgatissime accipitur. Sed, ut B. Augustinus de spiritu et litera dicit, qua induit hominem, dum eum iustificat: Ipsam scilicet misericordiam seu gratiam iustificantem, qua apud deum iusti reputamur, de qua Apostolus Ro. i. ‚Iustitia dei revelatur in Euangelio, sicut scriptum est: Iustus ex fide vivit‘. Et Ro. iij. ‚Nunc autem sine lege manifestata est iustitia dei, testificata per 420

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Kirchenpostill vber das Euangelion des ersten Sontags im Aduent422 schreibt, das man das w=rtlein iGerechtigkeit Gottesi inn Paulo, Rom. 1, 3 etc., vnd anderßwo inn der heiligen Schrifft nicht von der selbstwesenden jnnerlichen Gerechtigkeit, sondern vonn der außgegossenenj Gnad vnd Barmhertzigkeit durch Christum in vns verstehn sol, daruon wir vor jm Fromb vnd Gerecht geacht werden. Was ist aber solche außgegossene gnad Gottes anders dann fFrnemlich vergebung der sFnden vmb Christi, des Mitlers, willen, im Glauben empfangen? Von welcher doch nimmermehr, wie oben gemelt, die gab der G=ttlichen Gerechtigkeit oder des heiligen Geists sol zertrent, sondern allein vnterschieden werden. Wie denn auch Augustinus in ciuitate Dei, lib. 19, cap. 27, solches bezeuget vnd spricht: Ipsa quoque nostra Iustitia, quamuis uera sit, propter ueri boni finem, ad quem refertur, tamen tanta est in hac uita, ut potius remissione peccatorum constet quam perfectione uirtutum. Testis est oratio totius ciuitatis Dei, quae peregrinatur in terris; per omnia quippe membra sua clamat ad Deum: Dimitte nobis debita nostra, sicut et nos dimittimus debitoribus nostris.423 Darumb dann auch Lutherus vber den Psalm De profundis etc. solche phrasin inn der kirchen Gottes zu behalten ernstlich befilhet vnd spricht: [g 4v:] „Derhalben befehl ich euch, das jhr auff diese beschreibung der Christlichen Gerechtigkeit, so Dauid alhie thut, wol achtk gebet vnd fleissig dieselbige mercket, das das zurechnen der SFnden nichts anders sey dann verdammen vnd verurteilen, widerumb aber die SFnd nicht zurechnen nichts anders sey den loßsprechen vnd fFr frum vnd gerecht erkennen vnd achten, vnnd das das die Christliche Gerechtigkeit sey, wenn vns vnser SFnd nicht werden zugerechnet, Sondern vergeben vnnd zugedeckt, wie lim 32. Psalml Dauid die Seligkeit beschreibet, welchem beschreibung S. Paulus zun R=mern am 4. gedenckt, da er spricht: Selig sind die,

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In der Vorlage in größerer Type gedruckt. aus: ausgegoss nen. k Wit dt 8: achtung. l–l Wit dt 8: an eim andern ort. m Wit dt 8: welcher. j

legem et prophetas‘. Vocatur autem iustitia dei et nostra, quod illius gratia nobis donata sit, sicut opus dei, quod in nobis operatur, sicut verbum dei, quod in nobis loquitur, sicut virtutes dei, quas in nobis operatur et multa alia.“ (Operationes in psalmos, 1519–1521, zu Ps 5,9). 422 Luther, Kirchenpostille (Ep. u. Ev. Advent–Ostern, 1550, VD 16 L 5615), Bl. 10v [Sp. a]: „MErck dieses stFcklin mit vleis / das / wo du in der Schrifft findest / das w=rtlin / Gottes gerechtigkeit / das du dasselbige ja nicht von der selbwesenden jnnerlichen gerechtigkeit Gottes verstehest / wie die Papisten / auch viel heiliger Veter geirret haben / du wirst sonst dafur erschrecken / Sondern wisse / das es heisst nach brauch der Schrifft / die ausgegossene gnade vnd barmhertzigkeit Gottes / durch Christum in vns / dauon wir fur jm from vnd gerecht werden geacht.“ (Predigt über das Ev. am 1. Advent, Mt 21,1–9; vgl. WA 10I.2, 36,22–37,2). 423 Vgl. Augustin, De civitate Dei XIX, 27 (PL 41, 657).

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welchen jhre vngerechtigkeit vergeben sind“ etc.424 Vnd in den Summario desselbigen ytztgemelten 32. Psalms setzt Luth. die klare helle wort: „Summa vnser Gerechtigkeit heist auff Teutsch vergebung der SFnden, oder wie er hie sagt: SFnd nicht zurechnen, SFnd zudecken, SFnd nicht sehen wollen.“425 Hactenus Lutherus. Doch sol solche vergebung der SFnden, als bißher genugsam erklert ist, nicht als ein werck, von Gott abgesondert, wie sie auch nicht rechter weis kann, sondern also verstanden werden, als die aus Gottes wesentlicher frumbkeit, gnad vnd Barmhertzigkeit herfließ. Dann wo Gott nicht ein warhafftiger, fromer, gnediger, Barmhertziger Gott wer, hett er vns nicht zuuor, ehe wir jhn liebten, geliebet, noch seinen Sohn gesandt zur vers=nung fFr vnser SFnd; vber das ist auch kein Engel, viel weniger ein Mensch, sondern allein Gott der, welcher allein ein SFnd warhafftig kan vnnd auch will allen denen, so an seinen Sohn gleuben, vergeben. Wie nun die vergebung der SFnden nicht ausserhalb Gott, also wirt herwiderumb Gottes frumbkeit, gnad vnd Barmhertzigkeit nicht ausserhalb, sondern eben in dem, das sie die SFnd vergibet, als vnser Gerechtigkeit vor Got-[h 1r:]tes gericht in obgemelter phrasi Paulina Rom. 3 gerFmet auß vrsach. Dann wenn wir schon wissen vnd glauben, das Gott, wie er warhafftig ist, in seinem Jnnerlichen G=tlichen wesen from vnd gFttig sey, ist vns armen SFndern doch solche wesentliche Jnnerliche frumkeit, nach welcher Gott selbst fFr sein person frum vnnd gerecht ist, noch nicht, sondern wirt vns allererst tr=stlich, in dem sie sich gegen vns offenbart, vnser not annimbt, den Sohn zum Mitler sendt vnd vns vmb desselben willen allein die SFnd vergibt. Darumb auch Paulus vnd Lutherus auff die offenbarte vnd außgegossene gnad Gottes so seer dringen, welcher gnad Gottes alßdann auch volghafft ist die gab vnd herrligkeit, das derselbige frumme Gott vnd Vatter in denen, so er also begnadet vnd vor seinem gericht vmb Christi, des Mitlers, willen allein gerechtfertiget hatt durch den glauben, ferner selbst wohnet vnd wFrcket, das sie auch vernewert werden etc. Jst derhalben hiemit gnugsam erkleret, in dem man noch verm=g der Epistel Pauli zun R=mern gemelter gestalt lehret, das die vergebung der SFnden, durch vnsers Herren Jhesu Christi pitter leiden vnd sterben erworben, des Armen SFnders Gerechtigkeit vor Gottes gericht sey, so ers mit glauben animbt, das durch solche lehr die leut keines wegs von, sondern zu Gott, das sie sich sein vertr=sten kunnen, gewiesen werden.

424 Vgl. Luther, WA 40III, 349,32–350,13: „Commendo igitur vobis hanc Davidicam definitionem iusticiae Christianae: Quod observare peccatum est iustificare seu iustum pronunciare; Et quod iusticia est, quando non observantur peccata, sed ignoscuntur, condonantur et non reputantur, sicut alio in loco beatum definit et Paulus eam definitionem valde proprie allegat: ‚Beatus vir, cui non imputavit Dominus peccatum‘ [Röm 4,8].“ (In XV Psalmos graduum, 1532/33 [1540], zu Ps 130,4). Hier in der Übersetzung von Georg Major, vgl. Wit dt 8 (1556: VD 16 L 3328), 111r/v. 425 Vgl. Luther, WA 38, 28,19–21 (Summarien über die Psalmen und Ursachen des Dolmetschens, 1531–1533, zu Ps 32).

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IIII. Wie nun D. Osiander offtgemelte 2 w=rtlein ‚Gerechtigkeit‘ vnd ‚rechtfertigen‘ bißher in der lehr von vergebung der SFnden gar außgelassen, also zeucht ers nun gar in seinem verstand auff die vernewerung, weil sie sich auch in dem selben allein dahin schicken, vnd lehret von derselben in einer Summa also, das nach empfan-[h 1v:]gener vergebung der SFnden die wesentliche Gerechtigkeit, das ist: Gott selbst, durch den glauben auß gnaden wesentlich, das ist: warhafftig, in vnsern hertzen won, vnd sey also in vns wonent auch allein vnsere waren ewige Gerechtigkeit, die vns, nachdem wir nun vmb Christi gehorsams willen allein zu gnaden Gottes kummen sein, ferner treibt vnd bewegt, recht zu thun, das wir auch gerechtfertigt, das ist nach seinen vnd der patrum verstandt an vilen orten: mit der that, wie alhie anfenglich, also dort volkomlich gerecht vnd frum gemacht werden, versteht also Osiander, der vnter solcher weis zu reden, wenn sie seiner meynung nach dergestalt erklert wirt, abermal nichts anders, dann was sonst Paulus von der vernewerung oder heiligung lehret, nemlich das der heilig Geist durch Christum in der glaubigen hertz warhafftig ausgegossen werd, daselbst als in seinem Tempel won vnd als jr heiligmacher wFrck, das sie, nachdem sie nun vmb des Mitlers willen vor Gottes gericht gerechtfertigt sein, auch verneuwert werden etc. V. Weil dann Osiander die 2 w=rter ‚Gerechtigkeit‘ vnd ‚Rechtfertigen‘ latino more gebraucht vnd in solchem gebrauch allein auff die vernewerung gezogen vnd in der vernewerung allein der wesentlichen Gerechtigkeit oder der G=tlichen natur zugeschrieben, hat er auch die locos Pauli Ro. 3, 4, 5 vnd andere dergleichen mehr orter, jn welchen sonderlich solch 2 w=rtlein getrieben werden, auff die vernewrung improprie verstanden vnd außgelegt. Vide Confess. T. iij. Jn der widerlegung H. iiij, so doch Paulus daselbst fFrnemlich von vergebung der SFnden schreibet, oder von dem, wie der SFnder vmb Christi gehorsams willen jm glauben vor Gott zu gnaden kom, [h 2r:] vnd hernachmals aller erst Rom. 6, 7, 8, Die lehr von der vernewerung oder heiligung mit gewalt zu treiben fFrnimbt. Darumb ich auch Osiandro nie beigefallen bin, in dem er den Hauptspruch „Christus ist vnser Gerechtigkeit“426 allein auff die G=ttliche natur, welche jm allein Gerechtigkeit ist, wil verstanden haben vnd spricht, Es sey eben souil gesagt als: der heilig Geist oder Gott der Vatter ist vnser Gerechtigkeit. Vide contionem de Sententia Pauli. Nulla Condemnatio in his, etc Ro. 9. A. iiij; Confessio Q. iiij.427 Dann obwol solches in dem verstandt Osiandri, wenn n

aus: wore.

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Vgl. I Kor 1,30. Vgl. OGA 10, 491,25–492,3 (Predigt über Röm 8,1–4 vom 9. Febr. 1552, 1553); OGA 10, 269,35–39 (De unico mediatore, 1551). 427

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man von der ewigen Gerechtigkeit redet, durch welche wir nach empfangener vergebung der SFnden vernewert werden, war ist, kan doch solcher weitleufftige Spruch nicht allein auff die ewige, sondern soll vielmehr, ja fFrnemlich dem armen SFnder zu trost auff die Gerechtigkeit gezogen werden, welche vor Gottes gestrengen gericht jn vertrit, tr=ste vnd erhelt. Solche Gerechtigkeit aber ist Christi gehorsam oder Christus, nicht allein nach seiner G=ttlichen natur, Sondern wie er zugleich warer Gott vnd Mensch vnd als ein Mitler fFr vns vnter dem Gesetz ein fluch worden,428 gelitten, gestorben, zur hellen gefahren vnd wider aufferstanden vnnd gen Himel gefahren ist Vnd nun also, wie er sich jm Euangelio anpeut durch den glauben, von vns ergrieffen vnd Gott dem vatter furgetragen wirt, das wir in jhm vergebung der SFnde empfangen. Letzlich dieweil Osiander in der meinung fest steht, das allein in die g=tliche natur, durch welche wir vernewert werden, proprie zu reden, Gerechtigkeit heiß vnd allenthalben in der heiligen schrifft, sonderlich aber in S. Paulo zun R=. gefunden wirt, das Gerechtigkeit vns durch den glauben [h 2v:] zugerechnet werde, als dann wirdt Osiander durch seine jetzt gemelte meinung auch das w=rtlein ‚Zurechnen‘o, welchs doch allein inn der Lehr von vergebung der sFnden dem Gehorsam Christi geh=ret, inn die vernewerung zu ziehen vnd endlichen dahin gedrungen, das er schreibt, solche zugerechnete Gerechtigkeit sey die G=ttliche Natur, in vns wonend. Vide Confessio. O ij. Jn der Widerlegung M. ij, O. ij. Schmeckbier G. iiij. Concionem, Rom. 8. de dicto Pauli: Nulla condemnatio etc. B. vj.429 Bin derhalben abermals, vnnd sonderlich inn dieser phrasi vnd Außlegung, Osiandro nicht beygefallen, sondern hab alwegen durch die Gerechtigkeit, welche vns nach der lehr Pauli, Rom. 3, 4,430 durch den Glauben zugerechnet wirdt, die Gerechtigkeit des Mitlers oder den Gehorsam Christi, vmb welcher willen wir vor Gott zu gnaden kommen, verstanden vnd keineswegs die Wesentliche Gerechtigkeit oder G=ttliche Natur, welcher wir allererst teilhafftig werden, nachdem wir schon in gnaden Gottes sein, damit wir dadurch vernewert werden. Vnd damit solche zwo Gerechtigkeit nicht vermengt, sondern fein, wie sie sollen sein, als das praemium vom merito vnterschieden werden vnnd bleiben, hab ich erkleret, das meines verstands, nach der heiligen Schrifft eigentlich zu reden, die Wesentliche oder G=ttliche Gerechtigkeit vns nicht wie der Gehorsam Christi zugerechnet, sondern geschenckt vnd wir derselben teilhafftig gemacht werden. Rom. 5, 8, 2. Pet. 1.431 o

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Vgl. Gal 3,13. Vgl. OGA 10, 243,40–247,3 (De unico mediatore, 1551); OGA 10, 637,1–13; 648,7–15 (Widerlegung der Antwort Philipp Melanchthons, 1552); OGA 10, 789,19–790,3 (Schmeckbier, 1552); OGA 10, 498,31–499,11 (Predigt über Röm 8,1–4, 9. Febr. 1552). 430 Vgl. Röm 3,22; 4,5. 431 Vgl. Röm 5,1; 8,1–4; II Petr 1,1. 429

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Also hab ich zu solcher Zwispalt, wie ich von vielen meinen MißgFnnern mit h=chstem vngrundt bezichtigt wird, keines wegs still geschwiegen, sondern wie mir alle fromme Christen, so mich bißher inn solcher Zwispalt zu K=nigßberg geh=rt haben, zeugen werden, soweit ich D. Osiandrum mit Paulo zun R=mern vnd andren =rtern mehr inn der heiligen Schrifft gemelter gestalt inn den [h 3r:] phrasibus oder weisen zu reden strittig gefunden, also weit, vnd nicht mehr oder weniger, hab ich mich wider jhn auch meinem Ampt nach (vnangesehen, was von beden Parten m=cht von mir geredt werden) priuatim vnd publice, als432 ein getrewer Wechter inn der Kirchen Gottes thun sol, erkleret, keineswegs aber auch auß solchen seinen dieser zeit frembden phrasibus oder vngewonlichen worten etwas ergers, dann ich vermerckt, das er darunter verstanden, wider mein Gewissen w=llen schliessen. Dann ob man wol viel arges vnnd alle obgesetzte gar grobe Antichristische jrrthumb vnd Ketzerey auß Osiandri phrasibus et explicationibus multorum locorum scripturae, wenn man wil, calumniose mag schliessen, hab ich doch befunden, das Osiander, inn dem ich seiner eigentlichen meinung mit fleiß nachgesucht, nichts weniger dann das, so etwa wider jn geschlossen, inn der warheit gelehrt noch bedacht hat. Darumb ich auch fFr vnbillich geacht vnd mir ein Gewissen genommen hab, jn auff ein frembde vnnd solche meinung, so er vnter seinen worten nicht gehabt noch verstanden, der gestalt, wie in etlichen Argumenten hernach folget, als den ergsten Ketzer zu verdammen. Sintemal auch Hilarius schreibet, lib. 2. de Trinit: De intelligentia haeresis, non de scriptura est, et sensus, non sermo fit crimen.433 Das ist: „Ketzerey steht in dem verstandt vnd nicht im buchstaben, vnd nicht auß dem wortlaut, sondern meinung erwechst ein laster.“ Wie dann auch Lutherus hiemit fein vbereinstimpt, Tomo. 1., fol. 414, Disputatione, Quod in Christo duae naturae sint:434 Positio: 34, 35, f. 415. Sceleratum est, cum noueris pium et sanum esse alicuius sensum, ex uerbis incommode dictis statuere errorem.

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[h 3v:] 35. Posit. Nulli enim punquam fuerep Patres, aut Doctores, qui non improprie sint locuti, si dicta eorum cauillari uelis.

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Wit lat 1: fuerunt unquam.

wie. Vgl. Hilarius von Poitiers, De trinitate II,3: „Haeresis e Scriptura perperam intellecta nascitur. Exstiterunt enim plures, qui coelestium verborum simplicitatem pro voluntatis suae sensu, non pro veritatis ipsius absolutione susciperent, aliter interpretantes quam dictorum virtus postularet. De intelligentia enim haeresis, non de Scriptura est: et sensus, non sermo fit crimen.“ (PL 10, 51f). 434 Vgl. Luther, WA 39II, 95,7–10; 96,23–28 (Disputatio theologica de divinitate et humanitate Christi, 1540). Die Stellenangabe bezieht sich auf Bd. 1 des lat. Teils der Wittenberger Ausgabe (1545: VD 16 L 3413), dort finden sich die zitierten Passagen auf Bl. 415r/v, der Text beginnt auf Bl. 414v. 433

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57. Posit. Igitur in sensu, non in uerbis est haeresis, ut recte quoqueq dixit S. Hieronymus,435 a suis calumniatoribus exagitatus. 58. Posit. Alioqui maximus sit haereticus Moyses, qui Decalogum ipsum diuersa forma recitat, Exod. 20, Deut. 5.436 59. Posit. Econtra si quis reprobus sensu etiam commode locutus fuerit, ipsamque scripturam iactarit, tollerandus non est. Das ist: 34. Posit. Es ist vnerbar, wenn du weißt, das jemands meynung Christlich vnnd gesundt ist, auß seinen worten, so etwas vnbequem437 lauten, einen jrrthumb zu schliessen. 35. Posit. Dann es sein nie solche Patres oder Lehrer gewest, die nicht vnbequem geredt haben, wenn du wilt in jhren worten scharpff grFbeln. 57. Posit. Stehet derhalben die Ketzerey inn der meinung vnd nicht inn den worten. Wie auch S. Hieronymus, von seinen Lesterern angefochten, recht gesagt hat. 58. Posit. Sonst mFste Moyses der gr=ste Ketzer sein, der nicht auff einerley weiß die Zehen Gebott erzelet, Exod. 20. Deut. 5. 59. Posit. Herwiderumb: Wenn jemands meinung verwerfflich ist vnd schon bequeme wort braucht vnd die Schrifft hoch rhFmet, ist er doch nicht zu leiden.

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[h 4r:] Nun mag wider Osiandrum also geschlossen werden: Osiander hat gelehret, das vns nicht der Gehorsam Christi, sondern die Wesentliche Gerechtigkeit Gottes, so durch den Glauben in vns wonet, rechtfertig. q

nicht in Wit lat 1.

435 Vgl. Isidor von Sevilla, Sententiae 3, XII, 4: „Scripturas haeretici sano sensu non sapiunt, sed eas ad errorem pravae intelligentiae ducunt; neque semetipsos earum sensibus subdunt, sed eas perverse ad errorem proprium pertrahunt.“ (PL 83, 684A) Anmerkung dazu (in PL 83, 684B): „[...] Hinc Hieronymus illud: De sensu est haeresis, non de Scriptura.“ – Vgl. Hieronymus, Commentariorum in epistolam ad Galatas liber III., cap. V (PL 26, 417A): „Nonnumquam evenit, ut et in expositionibus Scripturarum oriatur dissensio: e quibus haereses quoque quae nunc in carnis opere ponuntur, ebulliunt. [...] Quicumque igitur aliter Scripturam intelligit, quam sensus Spiritus sancti flagitat, quo conscripta est: licet de Ecclesia non recesserit, tamen haereticus appellari potest, et de carnis operibus est, eligens quae pejora sunt.“ (zu Gal 5,19–21). – Vgl. a. Decretum Gratiani p. II, C. XXIV, q. III, c. 27 (Friedberg II, 997f). 436 Vgl. Ex 20,2–17; Dtn 5,6–21. 437 ungeeignet, unpassend.

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Rechtfertigen aber ist vnd heist: Gott vers=nen, angenem vnd wolgefellig machen. Hat derhalben Osiander gelehrt, das vns nicht der Gehorsam Christi, sondern die einwonende Wesentliche Gerechtigkeit Gott vers=n vnd wolgefellig mach, Welches warlich ein erschr=ckliche Ketzerey ist. Darauff antwort ich kurtz, wie man in den Schulen pfleget: Non ualet Argumentum, Sunt enim quatuor termini.438 Dann obwol Osiander gelehret, das vns nicht der Gehorsam Christi, sondern die einwonende Wesentliche Gerechtigkeit rechtfertige, versteht er doch daselbst das wort ‚Rechtfertigen‘ nicht gemeiner weiß vnd wie es alhie erklert wirdt, fFr ‚vers=nen vnd Gott angenem vnd wolgefellig machen‘, sonder, wie bißher offtmals gemelt, fFr ‚vernewern‘. Vnd wil sagen, Das der Mensch, nach dem er allein vmb Christi Gehorsams willen Gott vers=net ist, wie er an vilen orten außdrucklich bekent, durch die Wesentliche Gerechtigkeit, das ist: Gott selbst, so durch den glauben in jm wonet, auch ferner gerechtfertigt, das ist: vernewert, werde. Jst also inn solcher phrasi die meynung Christlich, Aber die wort lauten sonderlich zu dieser zeit frembd vnnd seltzam welche ich auch wie ich offtmals protestiert vnnd auch hernachmals als ferner sagen wil keines wegs das man sie inn =ffentlichen Predigten vnd bey den Einfeltigen noch brauchen solle verteidig. [h 4v:] II. Argumentum. Osiander entzeucht dem Heiligen Blut vnd Tod Christi das w=rtlein Gerechtigkeit. Gerechtigkeit aber ist vnnd heist die krafft, darin der SFnder vor Gottes gericht bestehen kann. Derhalben will Osiander dem heiligen Blut vnnd Todt Christi alle krafft entziehen, als ob der arme SFnder nicht dadurch im glauben vor Gottes gericht bestehn kun, vnd indem er solche krafft entziehen will, was thut er anders, dann das er das heilige blut, leiden vnd sterben mit fFssen trit? Solch Argumentum ist auch leichtlich zu refutirn. Est enim in eo ut in priori Aequiuocatio; dann war ist es, Osiander entzeucht in seinen Schrifften dem heiligen Blut vnnd Todt Christi das w=rtlein Gerechtigkeit, aber doch gar in einer andern bedeutung, dann welche alhie gesetzt vnd namhafftig gemachtr wirt, dann Gerechtigkeit heist jhm daselbst das, welches den Menschen, nach dem er vmb des Bluts vnnd Tods Christi willen im glauben schon auß dem gericht in die gnad Gottes genummen ist, ferner treibt vnd bewegt, recht zu thun. Solches schreibet er allein, wie auch war ist, Gott zu, weil Paulus spricht: Gott r

aus: gemache.

438 Um einen gültigen Schluss zu ergeben, dürfte es sich nur um drei Begriffe handeln, zwei unterschiedliche, die in einem dritten übereinkommen. Da aber „rechtfertigen“ hier in unterschiedlicher Weise aufgefasst werden müsse, lägen de facto vier Begriffe vor und es fehle das verbindende Glied für die Schlussfolgerung. Vgl. unten bei Anm. 454.

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ist, der da wFrcket zugleich das wollen vnd thun nach seinem wolgefallen, Philip. 2.439 Dargegen aber lest er dem heiligen Blut vnnd Todt Christi die krafft, welche jm die heilige schrifft gibt, Nemlich das der arme SFnder im glauben dadurch vor Gottes gericht besteh vnd vmb desselben willen allein vergebung der SFnden empfang (Vide Confessio D. H. ij. iij. T.),440 wie auß den obgesetzten worten Osiandri [i 1r:] klar zu ersehen; das er jm aber nicht auß solcher bedeutung das w=rtlein Gerechtigkeit zugelegt hat, ist geschehen, weil er solch wort nicht also, sondern anders, wie obgemelt, verstanden vnd es allein in demselben vnnd keinen andern verstandt, als ob es uniuocum441 were, so es doch aequiuocum seu ambiguum442 ist, außgelegt hat. III. Argumentum. Osiander schreibt, das das blut, leiden vnnd sterben Christi nicht vnser Rechtfertigung sey. Vide Confess. B. ij. iij.443 Rechtfertigen ist vnd heist nach der lehr Pauli, Ro. 3, 4,444 von SFnden absoluieren. Derhalben werden wir nach Osiandri lehr vmb des Blut, leiden vnd sterben Christi willen nicht von vnsern SFnden absoluirt. Hierauff muß man abermals wie auff das nechst Argumentum antworten. Est Amphibologia.445 Dann Osiander braucht das wort ‚Rechtfertigen‘ nicht wie Paulus, Ro. 4,446 fFr ‚absoluirn‘ (Jn welchem ich jn dann nicht vertedige), sondern fFr ‚gerecht mit der that machen‘ oder ‚vernewern‘, leugnet derhalben in solcher red keines wegs, sondern bekent, wie auch an vielen andern orten, das allein das Blut, leiden vnnd sterben Christi, jm glauben fFrgetragen, vns loß vnd ledig mach von dem verdamnus vnser SFnden, das wir hernachmals auch gerechtfertigt, das ist nach seiner mainung: durch Gott selbst, so in vns durch den glauben wohnet, vernewert werden. [i 1v:] IIII. Argumentum. Wenn wir vor 1500 Jaren, als Christus am Creutz gehangen, erl=st sein vnd vns Gott dazumal die SFnd vergeben hat, haben wir die vergebung der SFnden on glauben empfangen, dann wir sein daselbst nicht geboren gewest, haben derhalben auch nicht glauben k=nnen. Nun lehret Osiander, das wir vor 1500 Jahren, als Christus am Creutz gehangen, erl=st sein vnd vns auch dazumal Gott die SFnd vergeben hab. Vide Con-

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Vgl. Phil 2,13. Vgl. OGA 10, 122,33–38; 162,1–20; 248,8–16 (Osiander, Von dem einigen Mittler, 1551). eindeutig. mehrdeutig. Vgl. OGA 10, 110,1–15 (Osiander, Von dem einigen Mittler, 1551). Vgl. Röm 3,24.26.28.30; 4,5. Doppeldeutigkeit. Vgl. Georges I, 392[b], s. v. Vgl. Röm 4,5.

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fess. B. iij.447 Jn der widerlegung. J. iiij.448 Derhalben werden wir nach Osiandri lehr Christi erl=sung teilhafftig vnd empfangen vergebung der SFnden, wenn wir schon nicht glauben. Auff solche angezogne Spruch erklert sich Osiander im Schmeckbier B. j. ij. iiij,449 das er daselbst absolute red von dem werck der Erl=sung vnd heist vns darumb erl=st, dieweil das werck der erl=sung am Creutz durch Christum vor 1500 Jaren fur vns geschehen ist, wie dann auch Joannes schreibt, das Christus die vers=nung fFr der gantzen welt Sund sey,450 weil solches werck der erl=sung fFr der gantzen welt SFnd geschehen vnd Gott der vatter dadurch dermassen vers=net ist, das er auch dazumal verwilligt vnd beschlossen hat, vns vnd allen, so sich des im glauben tr=sten werden, vmb desselben willen die SFnd zu uergeben. Jst derhalben ein Calumnia, solche vngeheure mainung auß obgemelten Spruchen zu ziehen, Darauff Osiander nie gedacht, sondern das widerspiel, wie oben erklert ist, gelehret hatt.

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V. Argumentum. Osiander setzt die inwonung Gottes der Rechtfertigung des Menschen vor. [i 2r:] Rechtfertigung heist vergebung der SFnd. Darumb setzt Osiander die einwonung Gottes der vergebung der SFnden vor vnnd keret also gar vmb die ordnung Christlicher lehr.

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Hie muß man bekennen, das solches wol wider Osiandrum recht volget, wenn er die Rechtfertigung also fFr die vergebung der SFnden, wie alhie in minori451 gesagt wirt, verstunde, dieweil er aber dadurch nicht die vergebung der SFnd, sondern die vernewerung verstehet vnnd in solchem verstandt nach empfangener vergebung der SFnd die einwonung Gottts der Rechtfertigung, das ist: vernewerung oder heiligung, fFrsetzt, behelt er vnter solchen frembden worten nicht allein die gemeine ordnung, sondern auch die rechte, Christliche lehr, weil die vernewerung durch die inwonung Gottes geschicht vnd angericht wird, das derhalben, wer die inwonung Gottes an diesem jrem gebFrendem ort leugnen wil, der muß nicht allein der heiligen schrifft, in welcher sie gegrFndt ist, Joan. 6, 14, 15, 17; Rom. 8; 1. Cor. 3, 6, 14; 2. Cor. 6, 13; Gal. 2; Ephe. 3; Col. 2; 2. Ti. 1; 1. Pet. 4; 2. Pet. 1; 1. Jo. 3, 4,452 widersprechen, sondern auch zugleich mit die heiligung, welche ausserhalb solcher inwonung Gottes nicht geschehen kan, verleugnen vnnd lestern vnnd also des dritten Artickels vnsers Christlichen glaubens beraubet werden, damit er denn auch

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Vgl. OGA 10, 112,4–13 (Osiander, Von dem einigen Mittler, 1551). Vgl. OGA 10, 623,15–30 (Osiander, Widerlegung der Antwort Melanchthons, 1552). 449 Vgl. OGA 10, 763,11–764,11; 765,22–766,26 (Osiander, Schmeckbier, 1552). 450 Vgl. Joh 1,29; 3,16; I Joh 2,2. 451 Im Untersatz des Syllgismus. 452 Vgl. Joh 6,54; 14,23; 15,5; 17,21–23; Röm 8,1; I Kor 3,16; 6,15; 14,25 (Luther 1545); II Kor 6,16; 13,5; Gal 2,20; Eph 3,17; Kol 2,9f; II Tim 1,1.14; I Petr 4,6; II Petr 1,4; I Joh 3,2.6.9f.23f; 4,16. 448

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den andern Artickel von der erl=sung nicht wirt behalten vnd also ein warhafftiger Christ sein k=nnen. VI. Argumentum. [i 2v:] Wenn Christus allein nach der G=ttlichen Natur vnser Gerechtigkeit ist, wirdt in der Rechtfertigung des armen sFnders der gehorsam des Mitlers außgeschlossen. Nun ist Christus, wahrer Gott vnnd Mensch, wie Osiander lehret, allein nach der G=ttlichen Natur vnser Gerechtigkeit. Derhalben wirdt auch nach seiner Lehr der Gehorsam Christi, des Mitlers, in der Rechtfertigung des sFnders außgeschlossen. Hie ist vnterscheid von n=ten. Dann solches wer recht geschlossen, wenn Osiander in der Proposition ‚Christus ist nach seiner G=ttlichen Natur vnser Gerechtigkeit‘ redet von der Gerechtigkeit, welche Gottes gericht sol fFrgetragen werden vnd allein ist der thewre, werde Gehorsam Christi, des Mitlers. Dieweil Osiander aber nicht von der, sonder von dieser Gerechtigkeit daselbst handelt, welche vns, nachdem wir durch Christi Gehorsam vor Gottes Gericht schon bestanden vnd drauß inn die gnad Gottes genommen sein, vns ferner treibt vnnd bewegt, recht zu thun, ist offenbarlich, das der Gehorsam Christi hiemit nicht außgeschlossen, weil er außtrFcklich vorher gesetzt vnd gerhFmet wirdt, als der allein vns einen gnedigen Gott im Glauben mach, vnnd solcher empfangenen gnad allererst folghafftig gemacht wirdt die gab der G=ttlichen Gerechtigkeit, welche Christus als ein eingeborner Son Gottes in Ewigkeit mit dem Vatter vnd heiligem Geist gewesen ist, durch welcher Jnwonung der begnadte mensch auch ferner vnwidersprechlicherweiß vernewert wirdt, jedoch weil solcher Spruch jetziger zeit nach den worten nicht allein sehr frembd lautet, sondern auch den Einfeltigen zu anderm verstandt [i 3r:] vrsach gibt, halt ich abermals dafFr, das mit demselben der einfalt billich verschont vnnd dargegen einfeltigerweiß gelehrt solle werden, das der heilig Geist, welchem auch von der heiligen Schrifft die Heiligung fFrnemlich zugeschrieben wirdt, warhafftig nach empfangener vergebung der sFnden in den Glaubigen wohn vnd krefftig sey, das sie durch jn vernewert vnnd geheiliget werden, wie oben dauon genugsam gesagt ist. VII. Argumentum. Osiander lehret, das wir durch die Wesentliche Gerechtigkeit gerechtfertigt, das ist: nicht allein gerecht gesprochen, sondern auch mit der that gerecht gemacht, werden. Macht derhalben Osiander mit seiner Lehr die Glaubigen zu G=ttern. Dann Gott ist allein warhafftig vnd mit der that gerecht. Solches ist leichtlich zu soluiern. Dann es folgt so wenig, als wenn jemand schliessen w=lt: Spiritu sancto sanctificamur. Ergo, Sumus Spiritus sanctus.

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Oder. Der Reb wirdt auß dem Weinstock safftig. Darumb wirdt auß dem Reb der Weinstock. Der Ofen wirdt vom fewer warm. Darumb wirdt der Ofen das fewer. Vnd darff453 solches nicht weiter erklerens, dieweil auch Osiander außtrucklich vermeldt, das wir alhie nur anfenglich vnd nicht ehe biß in jenem leben allererst volk=mlich mit der that gerecht werden, doch nicht wie Gott allein ist vnd bleibet die Gerechtigkeit selbst. [i 3v:] VIII. Argumentum. Wir werden nach Osiandri Lehr gerecht durch die Wesentliche Gerechtigkeit, so inn vns wohnet vnd gute werck wircket. Gerecht werden heist, Gott vers=nt, angenem vnd wolgefellig werden. Darumb werden wir nach Osiandri wie aller Papisten Lehr durch Werck, vnnd nicht allein durch den Glauben an Christum, Gott angenem vnd wolgefellig. Solch Argument taug auch nicht. Sunt enim in eo, sicut in plaerisque hactenus recitatis, quatuor termini.454 Dann obwol Osiander lehret, das wir durch die Wesentliche Gerechtigkeit, so in vns wohnet vnd gute Werck wircket, gerechtfertigt werden, versteht er doch das w=rtlein ‚Rechtfertigen‘ nicht, wie es in Minori gesetzt wirdt, fFr vers=nt, sondern, wie zum offtern mal bißher gedacht ist, fFr fromm vnnd gerecht mit der that oder vernewert werden. Vnd obwol die wort, wie bißher offtmals vermeldet, sehr frembd lauten, hat doch Osiander keine andere meinung darinnen, dann das, nach dem wir allein vmb des Gehorsams Christi, des Mitlers, willen im Glauben Gott vers=nt vnd angenem seind worden, (welchs er wider die Papisten mit h=chstem ernst streittet) folgends auch durch die Wesentliche Gerechtigkeit, welche auß gnaden in vns wohnet vnd wFrcket, ferner der gestalt gerechtfertigt, das ist: vernewert, werden, das wir auch gute werck thun, nicht das wir damit, welche wir schon durch Christi Gehorsam im Glauben empfangen haben, Gottes huld verdienen, sondern allein vns gegen empfangener vergebung der sFnden, Gottes huld vnd [i 4r:] gnad danckbar, wie billich, erzeigen. Welches alles stracks wider die Papisten ist. IX. Argumentum. Die Wesentliche Gerechtigkeit erl=st nach Osiandri Lehr vom Tod. Erl=sen vom Tod ist vor Gottes Gericht vom Tod zum ewigen Leben loßsprechen. Derhalben wirdt nach Osiandri Lehr die Wesentliche Gerechtigkeit dem Gericht Gottes entgegengesetzt vnnd gelehret, das wir vmb der Wesentlichen Gerechtigkeit Gottes willen vor Gottes Gericht vom Tod zum ewigen Leben loßgesprochen werden. 453 454

bedarf. Vgl. oben Anm. 438.

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Solch Argumentum ist auch nichts anderst dann ein Calumnia. Dann indem Osiander der Wesentlichen Gerechtigkeit zuschreibt, das sie vom Tod erl=s, versteht er solchs nicht de absolutione, sed extirpatione mortis, seu uiuificatione spiritus, quae absolutionem seu remissionem peccatorum sequitur. Das ist: Nicht von dem, wie man vmb Christi Aufferstehung willen vor Gottes Gericht vom tod dergestalt absoluiert wirdt, das er nicht ewig mehr t=dten kan, sondern wie der tod nach solcher absolution ferner gedempfft vnd auffgehaben wirdt, indem der glaubige mensch auß krafft des heiligen Geists, so in jm wonet, der sFnden je lenger je mehr abstirbt vnd dargegen Gott zu dienen lebendig gemacht wirt. Dann also lauten Osiandri wort: „Darnach, dieweil die sFnd noch in vnserm fleisch wonet vnd wir derselben halben noch in gefahr sein, wFrget er die sFnd in vns vnd t=dtet den tod, das wir durch die Aufferstehung von aller gefahr ledig werden, darinn wir jetzts noch stehen. Vnd das ist die Erl=sung, daruon wir jetzot handeln.“ Vide Confes. Aa ij.455 [i 4v:] Weil ich dann klar vermercket, das Osiander vnter seinen Phrasibus oder weisen zu reden keineswegs solche frembde, vngeheure meinung vnd gar grobe jrthumb in der warheit gehabt, noch verstanden hab, ich jm dieselben auch nicht andichten vnd darauff wider mein gewissen jn verketzern wollen, sondern mich auff D. Lutheri obgesetzte warnung vor dem JFngsten gericht gefFrchtet, damit ich nicht, wenn ich Osiandrum vnd andere wissentlich mehr vnd h=her, dann sie in der warheit schuldig sein, vor der welt, ymandt zu gefallen, beschuldig vnd verdamme, widerumb daselbst auch vor Got verdamet vnd zum ewigen fewr gewiesen werde, dargegen aber hab ich seine vngewonliche Phrasin oder weiß zu reden auch keineswegs anders, dan das er darumb nach Hilarij, Hieronymi vnd Lutheri oben eingefurete SprFchen kein ketzer sey, verteidigt, sondern allwegen fFr gut angesehen, das man sich derselbigen billig auff offentlicher Cantzel vnd bey den Einfeltigen eussern456 soll, wie ichs dann die zeit meines lebens in meinen Predigten nie gebraucht, auch fortan nicht zu gebrauchen gedenck, werd auch von vilen warhafften leuten bericht, das sie Osiander selbst allein in der Schul gebraucht vnd inn offentlichen Predigampt allweg vnterlassen hab, biß sie jm in diesen streit, nachdem er weit eingerissen, seyen auffgedrungenu worden. Dann wie er anv etlichen orten seiner schrifften sich erklert, dieweil etliche Prediger dazumal allein die vergebungw der SFnden, vnd dargegen die heiligung nichts, oder aber gar wenig vnd schwach getrieben, vnnd damit nicht

s

OGA 10, 288,30: itzo. OGA 10, 288,31: itzo. u aus: außgedrungen. v aus: on. w aus: vergebuns. t

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Vgl. OGA 10, 288,27–31(Von dem einigen Mittler, 1551). entäußern, enthalten, darauf verzichten. Vgl. Art. äuszern 4), in: DWb 1, 1036f.

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geringe sicherheit457 angericht haben, hat er, derselben zu wheren, das w=rtlein Iustificare im Artickel von der Rechtfertigung nicht gemeinem gebrauch nach fFr ‚loß vnd ledig von SFnden sprechen‘ gebrauchen wollen, sondern den patribus nach, welcher er sich auch sonderlich [k 1r:] alweg befliessen, geleret, Justificare oder rechtfertigen heiß furnemlich vnd eigentlich auch in Paulo, wenn er von der Rechtfertigung des glaubens redet, mit der that gerecht vnd fromb machen, da dargegen die erste bedeutung dieses w=rtleins fur loß vnd ledig sprechen, so fern sie an458 die ander bedeutung allein gebraucht werd, sey ein Philosophische, fleischliche vnnd vnbedachte rede. Es het aber Osiander meines verstandts vil besser vnnd dienstlicher gethon, wenn er die erste bedeutungen dieses w=rtleins in den spruchen Pauli behalten vnnd keineswegs getadelt, vnd sonst on verenderung solcher Phrasium Pauli ytztgemelter vrsach halben gewaltig vnnd weitleufftig auff die vernewerung vnnd heiligung gedrungen vnnd dieselben mit vnterschiedlichen namen von der Rechtfertigung oder vergebung der SFnden vnterschieden vnd mit D. Luthero ernstlichen vermanet het, das ein yeder jm Predigampt sich befleissigen soll, das er nicht allein ein guter Osterprediger, sondern auch Pfingstprediger sey; liß Lutherum in dem buchlein von den kirchen vnd Concilijs.459 Darumb, obwol dergleichen Phrases, welche Osiander gebraucht, auch inn den heiligen vetern Augustino, Chrysostomo vnnd andern dergleichen mehr (Wie eben bewiesen) gefunden werden, Jedoch weil dieselben der Phrasi Paulinae in der Epistel zunx R=mern an vilen orten (wie oben erklert) entgegen, die Patres aber keineswegs der heiligen Propheten vnnd Aposteln schrifft furzusetzen sein, Vide Augustinum in prologo librorum de Trinitate,460 hab ich x

aus: zum.

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Sicherheit (securitas) ist – im Unterschied zu (Glaubens)gewissheit (certitudo) – theologisch bei Luther in der Regel negativ konnotiert und bezeichnet eine vermeintlich von Gott unabhängige Position der Autarkie und Autonomie des Menschen. In diesem Sinne auch hier gebraucht. 458 ohne. 459 Vgl. insbes. Luther, WA 50, 599,25–35: „... Und sind wol feine Oster prediger, aber schendliche Pfingst prediger, Denn sie predigen nichts de sanctificatione & vivificatione Spiritus sancti, von der heiligung des Heiligen Geists, Sondern allein von der Erl=sung Christi, So doch Christus (den sie hoch predigen, wie billich) darumb Christus ist oder erl=sunge von sunden und tod erworben hat, das uns der Heilige Geist sol zu neuen menschen machen aus dem alten Adam, das wir der sunden tod und der gerechtigkeit leben, wie S. Paulus leret, hie auff erden anfahen und zunehmen und dort volbringen. Denn Christus hat uns nicht allein gratiam, die gnade, sondern auch donum, die gabe des Heiligen geists, verdienet, das wir nicht allein vergebung der sunden, sondern auch auffh=ren von den sunden hetten.“ (Von den Conciliis und Kirchen, 1539). 460 Hier ist anscheinend weder der in manchen Ausgaben vorangestellte Passus aus den Retractationen (2,15) noch der Brief an den Bischof Aurelius von Karthago (vgl. Diui Aurelij Au- || gustini Hipponensis episcopi || de summa Trinitate que deus: Ad Aurelium Carthaginensem || episcopum: Libri quindecim: [...] [Basel: Adam Petri für Johannes Koberger, 1515; VD 16 A 4245], a2r) gemeint, sondern De trinitate III, prooemium 2, wo Augustin seinem potentiellen Leser sagt: „Noli meis litteris quasi Scripturis canonicis inservire; sed in illis et quod non credebas, cum inveneris, incunctanter crede, in istis autem quod certum non habebas, nisi certum intellexeris, noli firmiter retinere“ (PL 42, 869) – BKV² XIII, 103: „Verlaß dich auf meine Schriften nicht, wie

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stettigs auff den waren verstandt dieser zweyer w=rtlein ‚Gerechtigkeit‘ vnnd ‚Rechtfertigen‘, welchen [k 1v:] Paulus in der Epistel zun R=mern gehabt, gedrungen, vnd also mich nicht allein einerley verstands, sondern auch eynerley wort vnnd Phrasium mit Paulo in solchem heuptartickel stettigs beflissen. Dargegen aber nach außweisung meines Dialogi461 aller solcher vngewonlichen wort vnnd Phrasium, so uil mir mFglich gewest ist, auff offentlicher Cantzel enthalten, darauß die, so zum gezenck von natur lust haben oder sonst mit priuat affecten wider yemandt eingenumen sein, nur vrsach m=chten nemen, zu zancken vnnd ergers zu schliessen, dann darunter wFrde gemeint oder verstanden, wie man in dieser zwispalt genugsam gesehen vnnd erfaren hat. Darneben hab ich auch die einfalt meiner zuh=rer betracht nach der lehr Diui Ambrosij, welcher vber das 29. Capitel Job also schreybt: Debet subtiliter is, qui docet prospicere ne plus audeaty quam ad audiente capitur, praedicare, debet ad infirmitatem audientium semetipsum contrahendo abscinderez, ne dum paruis sublimia, et idcirco non profutura loquitur, se magis curet ostendere, quam auditoribus prodesse;462 das ist: „Es sol sich ein Prediger genaw fFrsehen, das er sich nicht vnterstehe, h=her ding zu predigen, dann seine zuh=rer begreyffen m=gen. Er sol sich nach der schwacheit der, so jn h=ren, selbst innen halten, damit er, in dem er den Einfeltigen scharpffe oder hohe vnd derhalben nicht nFtzliche lehr fFrtregt, sich sebst nicht mehr befleissigen herfurzuthun, dann seinen zuh=rern zu nutzen.“ Darumb, ob ich schon villeicht in diesem meinem suffragio vber der zwispalt nicht mit yderman [k 2r:] vbereinstim, werden doch alle GottsfFrchtige Christliche Lehrer vnnd fromme Christen zugleich auß meinem Dialogo vnnd diesem angehengten bedencken der warheit nach, wie ich nicht zweiffel, genugsam erkennen, das ich mit jhnen nicht allein in reiner Christlicher lehr, sondern auch in der gemeinen einfeltigen Phrasi oder weiß zu lehren alweg einhellig gewest bin, wie ich auch mit Gottes hFlff forthan, so lang ich leb, bis in mein gruben bleiben wil, vnnd weil auch in allen Weltlichen Rethen vnnd gerichten nicht allein frey zugelassen, sondern auch ernstlich aufferlegt wirt, das ein yeder von dem, was zu richten fFrfelt, nach seinem hochsten verstandt vnnd wie ers weiß, mit gutten gewissen vor Gott zu uerantworten, sein suffragium oder vmbstimm463 von sich geb vnnd keiner darumb, wenn er schon in y z

PL 76: studeat. PL: descendere.

wenn sie kanonisch wären; wenn du vielmehr in den letzteren etwas findest, was du bisher nicht glaubtest, dann nimm es ohne Zaudern gläubig an; wenn du in den meinigen etwas findest, was dir nicht gewiß zu sein scheint, dann nimm es als sichere Wahrheit erst an, wenn dir seine Gewißheit einleuchtet“. 461 Anscheinend ist der Dialog am Anfang des vorliegenden Textes, S. 878–899, gemeint, vgl. a. unten Z. 24f. 462 Vgl. Gregor d. Gr., Moralia XX, 2,4 (in Job 29,22) (PL 76, 137 A). 463 Einzelvotum im Rahmen einer (reihum erfolgenden offenen) Abstimmung. Vgl. Art. umstimmen 1), in: DWb 23, 1190.

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demselben nicht mit allen seinen beysitzern vbereinstimbt, auß dem Rath oder gericht wirt gestossen, hoff ich, sollen alle gotsfurchtige gelerte menner, vnd sonderlich die, so mich bey meinen gewissen vnnd h=chsten ehren von solcher zweyspalt zu iudiceren gedrungen haben, mir auch keineswegs verargen, vil weniger mich drFber als einen ketzer auß der kirchen Christi stossen vnnd verdammen, das ich in solchem kirchengericht mein gewissen, weil ich solche zwispalt bißher nicht anderst verstanden nicht hab, beschweren, noch etwas anders daruon iudiciren wollen, dann was ich fFr Gott vnd seinem Jungsten gericht verhoff zu uerantworten, sehen sie aber als die Hochuerstendigen in solcher meiner erklerung yrgent einen mißuerstandt, werden sie mir auß Christlicher lieb vnd trew jhr Christliche vnterricht, darumb ich sie auch zum h=chsten vnnd vmb Gottes willen bitt, keineswegs entziehen, sondern dieselbige mit guten, waren grundt auß heiliger schrifft gern mittheilen, welche ich auch, wie ich [k 2v:] sol, mit h=chstem danck von jnen wil annemen vnd mich dermassen gegen jnen, ob Gott wil, verhalten, das jhr gehabter fleiß vnnd trew an mir nicht sol vergebens vnd verloren gewest sein. Der Allmechtige Gott vnd Vatter vnsers Herrn Jhesu Christi w=ll in vns, seinen schwachen Werckzeugen, die gaben, die er vns durch seinen heiligen Geist mitgeteilt hat, gnedigst erhalten, mehren vnd seinen segen darzu verleihen, das wir dieselbigen nicht wider einander zu eignen rhumm vnnd weltlichem genieß, sondern mit einander allein zu Gottes lob vnd preiß vnd seiner betrFbten Kirchen erbawung eintrechtig in diesen letzten zeiten Christlich vnd wol gebrauchen. Amen.

[k 3r:] Antwort Matthei Vogelij auff D. Joachimi M=rlein Sendbrieff.464 25

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Weil nichts feiner vnd lieblicher ist, dann wenn sonderlich die Lehrer als BrFder eintrechtig inn der Kirchen Gottes bey einander wohnen, Psal. 133,465 Vntersteht sich nun der Sathan inn diesen letzten zeiten nichts also sehr, dann eben solche feine, liebliche eintracht der Lehrer oder Prediger, so bißher ein zeitlang gewest vnd grossen nutz inn der Kirchen Christi geschafft hat, wider zu zertrennen vnnd, so viel an jhm gelegen ist, gar auffzuheben. Dann wenn er die Christliche Lehrer, so jm am meisten schaden k=nnen, zertrent, gedenckt er vnterdeß, weil sie selbst miteinander streitten, nicht wenig seinem Reich wider auffzuhelffen, dargegen aber Gottes Reich vnnd Kirchen abzu-

464 Der Brief ist unten (Bll. l 4r – o 3v) abschnittsweise abgedruckt und kommentiert; er erschien zuvor bereits im Druck: Ein Sendt= || brieff D. Doctoris || Joachimi Morlini an den Vo= || gel / eingedrungenen Prediger in || der Stifftkirchen des Knip= || hoffs zu KFnigsberg || in Preussen. || j. Johan. j. || Das blut Jesu Christi Got= || tes Son / machet vns rein von || aller sFnde. || So jemandt zu euch kompt / || vnd bringet diese Lehre nicht / || den nemet nicht zu hause / vnd grFsset jn auch nicht / Denn wer jn grFsset / der machet sich || teilhafftig seiner b== || sen wercke. (VD 16 M 5885). 465 Vgl. Ps 133,1.

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brechen, welches auch leider schon genugsam vor augen. Darumb sich billich die Prediger G=ttliches Worts besser fFrsehen vnnd nicht so leichtlich vom Sathan wider einander solten mit h=chster bitterkeit einnemen, treiben vnd verhetzen lassen. Wie ich dann jetzt mit schmertzen erfahren muß, das auch Wolff Waldner,466 so zu NFrmberg im Prediger-Kloster467 ein Prediger ist, durch solchen vnrhusamen geist on alle vrsach sich nicht allein wider mich treiben, sondern auch gebrauchen hat lassen zu einem Werckzeug, das andere mehr, vnd sonderlich D. M=rlein wider mich verhetzt ist worden, einen solchen ehrenrFrischen Lesterbrieff wider [k 3v:] mich zu schreiben vnd inn offentlichen Truck zu geben, das ich nun, ob ich wol gern wolt, wie bißher, doch nicht kan lenger vnd mehr sein verschonen, sondern gedrungen werd, zu rettung Gottes vnd auch meiner ehren, die warheit herwiderumb dermassen offentlichen wider jhn anzuzeigen, darauß zu ersehen sey, das er nicht allein aller Christlicher lieb gegen mir, sondern auch gegen jm selbst weit vergessen. Nun aber ist derselbige Wolff Waldner, so lang ich zu NFrmberg gepredigt, also gar mein guter Freund gewesen, das ich ihn nicht anderst geliebet hab dann mein eigen hertz.468 Wie er sich dann auch gleicherweiß gegen mir gestelt. Vnnd weil er dazumal allererst auß der MFnchskappen geschloffen469 vnnd inn derselben, wie er selbst klagt, dermassen versaumet ward, das er, wie auch noch heutigs tags, keinen Lateinischen brieff nur Grammatice schreiben kan, hat er sich vmb besser vnterrichts willen dermassen zu mir gedrungen, das er fast alle tage bey mir gewest, vnd also ein jeglicher, so vns dazumal gekant, von vns zweyen wol hat sagen mFgen, wie Aristoteles die Freundschafft beschreibet: Vna anima in duobus corporibus cohabitat.470 Hab derhalben mich mein lebenlang nichts wenigers versehen, dann das dieser Wolff Waldner also w=rffisch vnnd hinterlistig im NFrmbergischen Wald mit mir handlen vnnd einen solchen Lermen,471 weil er der Mann nicht darnach ist, in der Kirchen Gottes drFber anrichten solte.

466 Wolfgang Waldner war wohl zunächst Konventual im Benediktinerkloster Garsten (Österreich) und wurde um 1545 Pfarrer in Steyr, dort fiel er durch Predigten protestantischer Richtung auf, 1548 verehelichte er sich mit seiner Magd; als er daraufhin zum Bischof nach Passau einbestellt wurde, floh er mit seiner Ehefrau nach Augsburg, erhielt eine Stelle als Prediger am Dominikanerkloster in Nürnberg. Ab 1552 wandte er sich gegen Osianders Rechtfertigungslehre, nach einer Unterredung mit M. Vogel 1556 berichtete er an Joachim Mörlin in Braunschweig darüber, so dass es zu neuerlichen Unruhen in Preußen kam; ab 1557 polemisierte Waldner auch gegen Calvin und dessen Anhänger, wegen der heftigen Kanzelpolemik kam es zu seiner Entlassung in Nürnberg; 1558 wurde er in Regensburg anstelle des im Verdacht des Kryptocalvinismus entlassenen Martin Schalling in Dienst genommen. Dort wurde er ab 1572 auch im Erbsündenstreit aktiv. Am 1. Januar 1583 starb Waldner in Regensburg. (Quelle: DBA online). 467 Dominikanerkloster. 468 Vgl. I Sam 18,1.3. 469 geschlüpft. 470 Vgl. Diogenes Laertius, Leben und Meinungen berühmter Philosophen V, 1,20. 471 Aufruhr; Getöse. Vgl. Art. Lärm 4) u. 5), in: DWb 12, 203f.

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Dann wie ich inn dem vergangnen Summer des 1556. Jars durch NFrmberg etlicher geschefft halben nach Jngolstat verreiset, hat er mir sampt M. Beslero472 vnd sonst zweyen Erbarn vnnd Namhafften Burgern auß NFrmberg fast durch lauter Wald 3 meil weit biß [k 4r:] in den Flecken Alberspach473 das gleyd474 geben vnd sich vor allen andern jetztgedachten475 meinen gefertten als der beste freund zu mir, seiner vorigen weiß nach, gedrungen, das er stetigs vnd des meysten teils allein neben mir geritten ist. Wie er nun bedingte, das er, weil er viel von Preussen geh=rt, daruon mit mir, als sich vnter BrFdern gebFret, reden wolt vnd mich fraget, Was ich nun in Preussen prediget, Antwort ich: Eben das, so ich mit euch vnd andern meinen lieben Herren vnnd BrFdern zu NFrmberg gepredigt hab. Danck auch meinem lieben Gott dafFr, der mich biß her inn seiner warheit (Dann sein wort ist die Warheit)476 also erhalten hat, das solcher meiner Lehr weder in dem K=nigßpergischen Synodo noch in nechster Handlung der fFrnembsten Theologen in Preussen, so dieses 1556. Jars zu Risenburg im Monat Februario gehalten,477 mit keinem wort, ob ich mich wol gegen meniglich478 zu offentlicher verantwortung daselbst erbotten, offenbarlich ist widersprochen worden. Wie mir auch die Durchleuchtigsten Hochgebornen FFrsten vnnd Herrn, Herr Albrecht der Elter, Marggraff zu Brandenburg, Hertzog in Preussen etc.,479 vnd Herr Johann Albrecht, Hertzog in Mechelburg etc.,480 mein aGnedigster a–a

Gemäß Errata-Liste geändert aus: Gnedigste vnd Gnedige.

472 Michael Besler, geb. 1512 in Nürnberg, studierte in Wittenberg und erwarb 1541 die Magisterwürde, 1542 wurde er Pfarrer zu Sprottau in Schlesien, anschließend in Wöhrd, bis er 1547 Prediger an der Frauenkirche in Nürnberg wurde, er machte sich auch um das Schulwesen verdient, um 1569 (oder erst 1576?) wurde er nach Wien zur Ordnung des dortigen Schulwesens gerufen, 1576/77 starb er in Nürnberg. 473 Die Meile ist mit etwa 7,4 km anzunehmen (1 bayer. Meile = 5 röm. Meilen), das ergibt eine Entfernung von etwa 22 km. Ein Ort dieses Namens war im fraglichen Gebiet nicht auszumachen. Es könnte Allersberg (PLZ 90584) gemeint sein oder der Weiler Wallersbach (zu 91154 Roth) bei Hilpoltstein. Vielleicht liegt überdies eine Namensverwechslung mit Alpirsbach (PLZ 72275) im Schwarzwald vor, oder mit Aldersbach (PLZ 94501) bei Vilshofen a. d. Donau. – Freundliche Auskunft von Frau Dr. Antonia Landois, Stadtarchiv Nürnberg, vom 11.07.2022: „... leider konnten auch wir diese Angabe nicht eindeutig zuordnen, auch aus unserer Sicht muss also offen bleiben, welcher Ort tatsächlich gemeint war.“ 474 Weggeleit. Vgl. Art. Geleite 1.a.α), in: DWb 5, 2982. 475 gerade erwähnten. 476 Vgl. Joh 17,17. 477 Auf der Synode zu Riesenburg im Februar 1556 erlangten seine Gegner einen Widerruf von Johann Funck, den dieser in der Folge allerdings wieder relativierte; der zugesagte öffentliche Widerruf und die Abkehr von Osianders Lehre erfolgte erst 1561. Vogel stand nicht im Zentrum der Verhandlungen, aber auch er tat Abbitte und bekannte sich zur CA und zu Melanchthons Loci. Zur Synode vgl. Hase, Herzog Albrecht und sein Hofprediger, bes. 248–256, 275–278, zu Vogel bes. 255. 478 jedermann. 479 Herzog Albrecht in Preußen, Markgraf v. Brandenburg. 480 Johann Albrecht I., Herzog v. Mecklenburg, geb. 23. Dez. 1525 in Güstrow, gest. am 12. Februar 1576 in Schwerin; seine Mutter war Anna von Brandenburg, deren Vater, Kurfürst Joachim I. Nestor v. Brandenburg, war ein Vetter des Herzogs Albrecht in Preußen.

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vnnd Gnedigera FFrsten vnnd Herrn, welche zu Risenburg selbst gewest vnd alle handlung zwischen vns angeh=rt, neben den Herrn Theologis gnedigst der h=chsten warheit nach zeugen werden. Nach dem nun Waldner zum vberfluß auch ein weitleufftige erklerung meiner Lehr von mir geh=rt, welcher er gleiches falls zufallen must, verwundert er sich doch, wie ich solche Christliche lehr predigen kundt, so doch D. M=rlein eben solcher lehr halben von dem ort, da ich jtzt were, hett weichen mFssen, Vnd fieng an, F. D.481 in Preussen, [k 4v:] M.b G.482 FFrsten vnnd H.,483 mit sehr b=sen vnnd vnchristlichen namen zu nennen etc., Weil er D. M=rlein vnnd ander vil Gottfurchtige vnnd gelerte Menner auß Preussen mit weib vnnd kind in das Elendt (wie er sagt) veriagt hett. Dieweil mir aber als einem getrewen diener keineswegs zu solchem still zu schweigen gebFrt, bin ich gedrungen worden, das ich zugleich F. D. in Preussen vnnd auch meine vnschuld der h=chsten warheit nach wider solche vngegrundte bezichtigung verteidiget, des Morleins, welchs ich sonst lieber geschwiegen hett, zu gedencken, hab aber sein gedacht vngeferlich mit solchen worten: Lieber H. Wolffgang! Jch siehe, das es euch an warhafften vnnd grundtlichem bericht mangelt; wo jhr den h=ren werdt, zweiffel ich nicht, jr werdt euch solcher vnbescheidenen wort wider meinen Gnedigen Herren, den alten frummen, l=blichen FFrsten in Preussen, gerewen vnnd nicht weiter damit vernhemen lassen, will derhalben auff ewer beding mit euch als mit meinem Bruder, der auch im kirchen ampt ist, von solcher sachen libere vnd auß dem grund reden. Dann sonst mit andern vnd sonderlich einfeltigen leuten viel daruon zu reden, nicht mein gewonheit ist, vieler vrsach halben. D. M=rlein soltc gleichwol mit mehr bedacht vnnd bescheidenheit in solcher zwispalt gehandelt haben. Dann ob er woll in dem recht gelehret vnnd gestritten, das der blutige schweiß, schmelige484 todt vnnd die fr=liche Aufferstehung Christi sampt der vergebung der SFnden, so wir vmb solches verdienstes vnnd gehorsams Christi willen im glauben empfangen, vnser Gerechtigkeit vor Gottes gericht vnd die Gerechtigkeit sey, von welcher Paulus Rom. 3, 4,485 fFrnemlich disputiert, solt er doch vber dem die Wesentliche Gerechtigkeit, von der [l 1r:] Osiander gelehret, nicht also gar on all vnterscheid verworffen vnd verdampt haben. Sintemal Osiander dieselbige nicht dem gericht Gottes fFrgetragen,486 sondern allein gelehret hatt, das nach empfangner vergebung der SFnden vmb Christi gehorsams willen auch solche Wesentliche Gerechtigkeit, b c

In der Kustode auf Bl. k 4r: meinen. aus: sol.

481 482 483 484 485 486

Fürstliche Durchlaucht. Meinen Gnädigen. Herrn. schmähliche. Vgl. Röm 3,19–4,25. vorgezogen, vorangestellt. Vgl. Art. fürtragen 9), in: DWb 4, 909f.

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das ist: Got selbst, durch den glauben auß gnaden in vnsern hertzen wone, vnd sey also, in vns wonent, vnser Gerechtigkeit, nicht die vns Got vers=n vnd angenem mach, sondern die vns, nachdem wir schon vmb Christi gehorsams willen allein Gott vers=nt vnd angenehm sein worden, vns ferner treibtd vnnd bewegt, recht zu thun, an welchem ort vnnd in welchem verstandt dann die Wesentliche Gerechtigkeit mag geduldet werden, weil dadurch nichts anders gelehret wirt, Dann das Gott in vns, wie Paulus schreibet, Philip. 2,487 wurck zugleich das w=llen vnnd thun nach seinem wolgefallen. Wie dan auch D. Philippus in dem scripto, darunter jhr Predicanten zu Nurmberg euch allzumal miteinander vnterschrieben habt,488 solche erklerung von der Wesentlichen Gerechtigkeit nicht durchauß verwirfft, sondern, ob sie sich woll nicht reim zu den Spruchen Pauli Rom. 3, 4, 5, bekent er doch, das sie die lehr des gesetzt sey. S=ndert sie also von den Spruchen Pauli ab, darauff sie auch Osiander Improprie gezogen, aber keines wegs, wie D. M=rlein, von Himel vnnd Erden, der sie, wie ich von vylen warhafften personen, so noch leben, bericht bin worden, einen trawm in offentlichen Predigten gehaissen vnd gern hatt wissen wollen, ob man sie vonn hinden oder oben durch einen filtzhut eingiessen oder eintrichtern solte. Dann kein solche Gerechtigkeit sey weder jm himmel noch auff erden. Derhalben er dann auch auff Osiandrum gescholten: pfu dich du Schwartzer Teuffel mit deiner [l 1v:] Gerechtigkeit, GOTT sturtz dich in abgrundt der hellen etc.489 d

in der Vorlage Schluss-t anscheinend ausgefallen bzw. sehr schwach abgedruckt.

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Vgl. Phil 2,13. Vgl.: Das der Mensch in der || Bekerung zu Gott / in disem leben Ge= || recht werde fFr Gott / von wegen des || Gehorsams des MITTLERS, durch || Glauben / nicht von wegen der || Wesentlichen Ge= || rechtigkeyt. || Geschrieben zu NFrnberg / Anno || M. D. LV. Vnd vnterschrieben von den || Personen / welcher namen zu ende || verzeichnet sind. || Ein Predigt Jacobi || Rungij Pomerani / von der Ge= || rechtigkeyt / zu NFrnberg gepredigt. || Gedruckt zu NFrnberg durch Jo= | hann vom Berg / vnd Vlrich Newber. (VD 16 R 3323), darin Bl. A 2r – C 3r: Das der Mensch in der || Bekerung in diesem Leben Gerecht || werde für Gott / von wegen des Gehorsams || des MITTLERS, durch Glauben / || nicht von wegen der We= || sentlichen Gerech= || tigkeyt. – Auf Bl. C 2v – C4r ist der Text wie folgt unterzeichnet: Haec iudicamus uera esse, et sic Deo iuuante semper docebimus, et non dubitamus, hanc esse sententiam omnium Ecclesiarum, quae uocem Euangelij incorruptam amplectuntur, quarum consensum Deo iuuante semper tuebimur. [/] Alexander Alesius D. et Professor Theologiae in Academia Lipsica. [/] Philippus Melanthon manu propria subscripsit. [/] Iacobus Rungius Pomeranus, Pastor et Professor doctrinae Euangelij, in Ecclesia Gryphisuualdensi. [/] Mauricius Heling, manu propria subscripsit. [/] Ego Ioachimus Camerarius Pabeberg, haec esse uera credo, et his assentior. [/] Hieronymus Pesolt. [/] Michael Rotingus subscripsit, contra impium dogma Osiandri, iuxta meum testimonium ante annos quatuor. [/] Michael Besler subscripsit. [/] Iohannes Fabricius. [/] Vuolffgangus Vualdnerus. [/] Conradus Klingenbeck. [/ ... 48 weitere Nürnberger Prediger und Lehrer]. – Weitere Ausgabe: VD 16 R 3324, Wittenberg, Peter Seitz Erben, 1555. – Vgl. a. MBW 7592 (vgl. CR 8, 555–564). 489 Vgl. OGA 10, 92,15–19: „[...] Dan es ist einer, der, mein lehr von der gerechtigkeit Gottes zu tadeln, hat fragen thFren, ob man uns die wesenlichen gerechtigkeit Gottes in eim filtzhFtlein pring, ob man sie uns durch ein triechter eingiess, ob man sie uns hinten oder fornen eingiessen muss, und ferner gesagt, der teuffel hole dise gerechtigkeit, ich nicht.“ (Osiander, Von dem einigen Mittler, 1551). – OGA 10, 319,5–8: „Incredibile autem revera, incredibile inquam, quam fu488

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Weil aber M=rlein als ein Hochgelerter Doctor der heiligen schriefft on zweiffel wol verstanden, vnnd wo ers nicht verstanden, hett sich doch Osiander genugsam in dem gegen jm erklert, das Gott selbst, wie man in den Schulen pflegt zu reden, die wesentliche Gerechtigkeit sey, so solt D. M=rlein warlich dieselbige, das ist: Gott selbst, nicht also gar vernichtet haben, als ob Gott selbst ein traum oder geticht, vnd also weder in hiemel noch auff erden wer. Darumb er dann auch solcher wesentlichen Gerechtigkeit mit keinem grundt wie Elias der getichten, getraumbten G=tter der Baalitischen pfaffen spottet.490 Vnnd weil solche wesentliche Gerechtigkeit, oder wie sich Osiander etwa gemeiner weiß erkleret: der heilige Geist, welcher warlich das G=ttliche wesen ist, durch den glauben auß gnaden warhafftig in vnsere hertzen nach der schrifft außgegossen wirt, warumb hatt dann M=rlein gesagt, er weste491 nicht, wie vns dieselbige von hinden oder oben durch ein filtzhFtlein eingetrichtet werde.492 Jst dann der glaub ein filtzhFtlein? Desgleichen, indem er solche Wesentliche Gerechtigkeit in abgrundt der hellen verdampt, was ist es anders gewest, dan den ewigen, warhafften Gott, der allein die Seligkeit ist, selbst verdammen? Wil derhalben euch selbst fragen, ob nicht solche worte vnbescheiden vnd, wenn man wil, sie auch fur lesterung kan anziehen, mit denen Doctor M=rlein der warheit, welche er hat verfechten wollen, auß vnbedacht selbst widersprochen vnnd also die zwispalt gr=sser, dann sie an jr selbst gewest ist, gemacht hat. Dann daruber hat er Osiandrum jrr gemacht [l 2r:] vnd auffs hefftigest nur verpittert, das Osiander hernachmals wider jn als einen verleugner vnnd schendter der Gottlichen gerechtigkeit mit h=chsten ernst gestritten, welchs er sonst nimmermehr wurde gethon haben, wie er etwas von sich selbst schreibt: „ich

riat mendaciis et blasphemiis Mörlinus, qui per ludibrium in publica concione interrogare non erubuit, ‚an iustitia Dei nobis ante vel retro infundatur‘!“ (Osiander an Caspar Zeuner, 21. Sept. 1551). 490 Vgl. I Reg 18,27. 491 wisse, wüßte. 492 Vgl. oben (bei) Anm. 489. Der Rekurs auf das Filzhütlein dürfte nicht allein durch die bäuerliche Alltagskleidung motiviert sein, sondern könnte mit alchimistischen Verfahren bzw. Hilfsmitteln zusammenhängen: So bediente man sich als ‚filtrum‘ mehrerer länglicher dreieckiger Filzstücke, deren breite Seite in ein Gefäß mit zu filtrierender Flüssigkeit getaucht wurde, die Spitzen ließ man außen herabhängen und fing die Flüssigkeit, die (infolge der Kapillarwirkung) durch das Filtrum tropfte, in einem zweiten Gefäß unterhalb auf. Vgl. [Hieronymus Brunschwig, Kleines Destillierbuch, 1500:] Liber de arte distillandi. de Simplicibus. || Das buch der rechten kunst || zü distilieren die eintzig) ding || von Hieronymo brunschwygk / bürtig v] wund artzot der keiserlich) fry) statt straßburg. [Im Kolophon: „Hie mit volendt das bGch genant lyber de arte dystillandi de simplicibus von Jeronimo brunschwyg wundt artzot der keiserlichen fryen statt Straßburg / vnd getruckt durch den wol geachten Johannem grüeninger zG straßburg in dem achten tag des meyen. Als man zalt von der geburt Christi fünfftzehenhundert. Lob sy got.“] (GW 5595), Bl. 6v[b]–7r[a] (Das VIII. capitel dis ersten buchs ist leren wie man distillieren soll durch filtz genant per filtrum distillationem). – Dagegen spricht auch nicht wirklich, dass in der lateinischen Fassung ‚Filzhütlein‘ mit ‚pileolus‘ bzw. ‚pileolum‘ wiedergegeben ist (vgl. OGA 10, 93,15), denn die Übersetzung stammt nicht von Mörlin.

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sage warlich, das ich mein tag mit keinem gezanckte, noch zu zancken begert, der da bekent hat, das die G=tliche natur Christi vnser ewige ware Gerechtigkeit vnd in vns sey, obgleich darneben etliche red, der eigenschafft dieses handels vngemeß, neben eingefallen sein“ (liß F. D. zu Preussen ausschreiben H. ij).493 Vber das hat Doctor M=rlein mit solcher vnbescheidenheit auch zugleich den Adel vnnd die Landtschafft dermassen eingenhummen, das, weil die guten frommen leute der meisten teils vermeint haben, Osiandri lehr von der Wesentlichen Gerechtigkeit sey also gar (welchs sie doch nicht ist) ein geticht vnnd Teuffels lehr, sein sie auß einem einfeltigen eifer drFber jemerlicherweis zertrent vnd vntereinander selbst mehr, dan ymandt, so es nicht in Preussen selbst ansicht vnnd hort, glauben kan, vnrhusam worden. Wie dann Doctor M=rlein zu solcher zertrennung vnnd vnrhu redlichen auch geholffen hatt, in dem er die armen Einfeltigen leut, so nur Osiandri Predig etwas gehort, von der Tauff vnnd dem Sacrament des Altars verstossen vnnd geschrien hat, man sol sie nicht grussen, mit jhnen weder essen noch trincken, darauß dann auch breuchlich worden ist vnnd noch nicht gar auffhoren wil, das auch von vnnd vnter denen, so bruder, vettern oder aber sonst die aller besten nachtbarn vnd freundt zuuor mit einander gewest sein, einer nun dem andern auff offentlicher gassen in die fFßstapffen nachgespien vnnd geschrien hatt: „pfu dich vnnd troll [l 2v:] dich von mir, du Teuffel, Osiandrischer Schwermer, Ketzer, Verr(ter, Bub, Schelm oder B=ßwicht,“ das, wo Gott nicht gnedigst behFtet hett, langst auch ein Auffruhr drauß entstanden were;494 wil jetzund des geschweigen, wie sich D. M=rlein gegen F. D. zu Preussen per-

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aus: gezanck (gemäß VD 16 P 4779).

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Vgl.: VON Gottes Gnaden Vnser || Albrecht) des Eltern / Marggraffen zu Bran || denburg / jn Preussen / zu Stettin / Pomern / || der Cassuben vnd Wenden Herzogen / || Burggraffen zu N=rinberg vnd || FFrsten zu Rugen etc. || Ausschreiben || An vnser alle liebe getrewen v] || Landschafften / wes wirden standes vnd aestimation || ein jeder ist / Vornemlich auch Theologen / Pfar= || hern / Predicanten vnd Kirchendiener / darin grund || lich vnd ordentlich / wie sich die ergerliche zwispalt || vber dem Artickel von vnser armen SFnder Recht= || fertigung / vnd warer ewiger Gerechtigkeit / erha= || ben / vnd was wir vns mit grossen sorgen einigkeit || zu machen / bemFhet / dargethan / vnd was wir fer= || ner durch freuntliche befFrderung vnd beuhelich / || des Hochgebornen FFrsten vnsers freundlichen liben || Oheims vnd Schwagern / Herrn Christoffs / Hertzo= || gen zu Wirtenberg vnd Teck / Graffen zu Mumpel= || garten etc auff vnser freundlich ansuchen / durch S. || L. Theologos aus G=ttlicher heiliger schrifft / vor= || geschlagenen Mitteln / endlicher sententz vnd mei= || nung erlernet / vnd zu fortstellung der einigkeit vn= || serer Kirchen / gehalten wollen haben. Darnach sich || jdermeniglich vnsers FFrstenthumbs / so wol die || Predicanten als andere stende / zurichten sol= || len wissen / vnd jn vnterthenigkeit zuge= || horsamen. || K=nigsperg in Preussen. [Kolophon: Gedruckt zu K=nigsperg || durch Hans Lufft / Anno 1553. || am 24 des Jenners.] (VD 16 P 4779), Bl. H 2r (D. Andreae Osiandri seliger in das Wirtenbergissche Erkantnus verwilligung). 494 Stupperich, Osiander in Preußen, 157 bei Anm. 79, referiert aus brieflichen Berichten über Predigtaussagen Mörlins: „Die Bücher der Osiandristen sollen nicht gelesen werden, sie selbst nicht gegrüßt werden; im Gegenteil man soll in ihre Fußtapfen spucken. Jegliche Gemeinschaft mit ihnen soll unbedingt gemieden werden. Jedem, der sich mit den Osiandristen einläßt, und sei es auch nur, daß er eine Predigt Osianders besucht, kündigt Mörlin den Entzug der Sakramente an.“

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son selbst gehalten vnnd was derselben, welchs sie am besten weiß, auß D. M=rleins poltern auff der Cantzel begegnet ist.495 Darumb auch F. D. allein solch vnbescheyden, vngestumm vnd gantz vndienstliches schreyen vnnd poltern auff offentlicher Cantzel, welches warlich auch kein FFrst oder Stadt im R=mischen Reich von jhm leiden wFrd, jm vntersagt vnd verboten hat, keineswegs aber, das er nicht der heiligen Schrifft vnd Augßpurgischen Confession gemeß predigen solte. Wie aber D. M=rlein auff solches verbott solch schreyen vnnd poltern nur je lenger, je mehr getrieben, hat jn F. D., wie sie es lang gnug von jhm geduldet, endtlichen gar abgeschafft,496 welches nimmermehr geschehen wer, wie ich zum offtern mal auß F. D. mund selbst geh=rt hab, wenn D. M=rlein schon wider Osiandrum, doch mit gebFrlicher bescheydenheit, sich erkleret vnnd nicht die zwyspalt gr=sser, dann sie an jhr selbst gewesen ist, gemacht hett. Das aber etliche Pfarrherrn mehr nach D. M=rleins abschied auß dem Land Preussen gezogen, ist wissentlich, das sie F. D. nicht veriagt, sondern sie sich selbst veriagt vnnd daruon gemacht haben, vber F. D. nechst außgegangen 495 Hase, Herzog Albrecht und sein Hofprediger, 209–211, berichtet von der Reaktion Mörlins auf das Mandat Albrechts vom 14. Januar 1553, mit dem dieser nach Osianders Tod die Streitigkeiten beilegen wollte, indem er gegenseitige Verdammungen untersagte: „... Mörlin nannte das Mandat ein Teufelsmandat. Am Sonntag Estomihi [12.(sic) Februar] hielt er aus Anlass des Sonntagsevangeliums Luc. 18 eine scharfe Predigt. Weil im Evangelium der Herr dreimal sagt, dass die Jünger der Reden Christi keine verstanden, so zeigte er an, was das Geheimniss der ganzen heiligen Schrift sei, nämlich dass Christus leidet und am dritten Tag aufersteht. Sodann erinnerte er seine Zuhörer daran, wie treulich er sie solches gelehrt und wie treulich er der neuen verführerischen Lehre gewehrt. Nun wolle es gehen, dass man Solches unter dem fürstlichen Namen wolle fortsetzen wider alle Iudicien der Theologen. Er bat seine Zuhörer in allen bürgerlichen Dingen der Obrigkeit den Gehorsam zu leisten, auch mit Verstreckung des Leibes und Lebens; aber was die Annehmung des Mandats betreffe, sollten sie bei Gottes ewiger Ungnad nicht gehorchen, sondern Gott geben, was Gottes ist. Sie sollten thun, wie er: weichen wolle er nicht; das Mandat annehmen wolle er auch nicht, denn dasselbe sei weder vernünftig noch menschlich, sondern vom Teufel selbst eingegeben; unerschrocken wolle er dawider reden und predigen, so lang er seinen Mund regen könne, wenn ihm auch die Obrigkeit sein Hab und Gut, sein Weib und Kind, ja sein Leben nehmen wolle. Der Herzog hörte von der aufrührerischen Predigt unmittelbar darauf, als er selbst von der Predigt Funcks aus der Altstädtischen Kirche kam. Er befahl dem Oberburggrafen Christoph von Creytz, Mörlin zu sagen, dass er sich der Kanzel zu enthalten und das Herzogthum zu verlassen habe, eilend, damit der Herzog bei seiner Rückkehr ihn nicht mehr finde. Dann setzte er sich in seinen Schlitten und fuhr nach seinem Schloss Neuhausen. Er war so tief erregt, dass er davon krank wurde ... Der Oberburggraf hatte den Befehl nicht ausgerichtet. Er wagte dem Herzog zu schreiben, Mörlin habe nur gelehrt, was der heiligen Schrift gemäss sei. Der Herzog forderte unverzügliche Ausführung seines Befehls; der Oberburggraf erklärte, lieber Alles über sich ergehen lassen zu wollen. Inzwischen war Mörlin gewarnt worden vor dem Zorn des Herzogs. Er bat den Rath des Kneiphofs um seine Entlassung, weil ihn Christus nicht geheissen, wider des Herzogs Willen in seinem Fürstenthum zu sitzen, sondern befohlen, wenn man ihn in einer Stadt verfolge, in eine andere zu fliehen; er wolle also in Gottes Willen sich fügen und dem Zorn Raum lassen. – Der Rath beschloss, Mörlin nur zeitweilig zu beurlauben, auf gemeine Kosten ihn nach Danzig reisen zu lassen, dort ihn zu unterhalten und abzuwarten, ob Gott das Gebet erhöre, Mittel und Wege schicken wolle, ihn wieder nach Königsberg zu bringen. So zog Mörlin fort, sein Weib krank zurücklassend und seine Gemeinde dem höchsten Erzhirten befehlend, der ihrer pflegen und warten wolle in Ewigkeit.“ 496 abgesetzt, seines Amtes enthoben. Vgl. Art. abschaffen, in: DWb 1, 94f.

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Mandat,497 auß welchem dann auch jr flucht, wie Christlich sie gewest, allen frommen vnnd verstendigen Christen offenbar steht zu erkennen. Wie dann auch herwiderumb die vrsach, vmb welcher willen ich vnd andere noch in Preussen bißher geblieben etc. Sintemal vns inn solchen Mandat die reine Christliche Lehr, wie sie in heiliger G=ttlicher schrifft vnd der Gottseligen hochbegabten [l 3r:] thewren Menner D. Lutheri, Vrbani Regij, Coruini, Philippi, Brentij498 bFchern erklert vnd in allen reformierten Kirchen, so sich zu der Augßpurgischen Confession bekennen, einhelliger weiß gelehret wirt, auch gleicher weiß zu predigen nicht allein erleubet, sondern auch bey vermeidung h=chster vngnad ernstlich befolhen vnd keineswegs gewehret ist, den rechten wahren verstandt der SprFch Pauli in der Epistel zun R=m. vnd anderer =rter der heiligen schrifft, so in diser Zwispalt etwa strittig gewesen sind, mit gebFrlicher bescheidenheit klar anzuzeigen. Wie Waldner solchen Bericht vernomen,499 ließ er sich vermercken, das er jhn gern geh=rt vnd auch nicht wenig drFber erfrewet werde. Kamen also mit solchen worten fast inn die herberg, darinnen ich weiter nichts von solcher Zwyspalt hab, ergernuß zu vermeiden, vor frembden Leuten mehr gedencken w=llen, sondern ob ich schon darzu von etlichen angehalten, ist mein antwort gewest, es schicke sich nicht allein an dem ort nicht, sonder sey auch vnn=tig, dieweil gnugsam auff dem weg zwischen vns dauon gesagt sey worden. Haben also den handel nach der zeit vnd des orts gelegenheit gar lassen fahren vnd sind sonst mit einander, als gute Freund pflegen, so lang nicht bey einander gewesen vnd auch bald wider sich von einander scheyden mFssen vnd vieleicht jhr lebenlang nicht mehr zusammen kommen mFgen, recht fr=lich vnd lustig gewesen, doch inn solcher weiß, wie sichs sonderlich Kirchendienern gebFret. Bin auch des folgenden morgens in h=chster Freundtschafft von jnen geritten mit solcher zusag, das ich sie auff jhr bitt im heimziehen wider besuchen wolt, welchs ich auch gehalten. Hab aber Waldnern (dann ich der andern geschweig), wie ich wider kam, viel anders befunden, dann ich jn gelassen hett. Welcher bald vnter anderem vnbescheydener [l 3v:] weiß anfieng vnd fraget, ob ich mich noch nicht hett bekeret. Darauff ich jhn erinnert, das er billich, ehe er mich solches fraget, zuuor beweisen solt, das ich geirret. Da macht er viel geschwetz, verdampt ohn allen grundt auß lauter calumnijs Osiandrum als den ergsten Ketzer, rhFmet dargegen vnd rechtfertiget

497 Vgl.: Des Durchleüchtig= || sten Hochgebornen FFrsten vnnd || Herrn / Herrn Albrechten des Eltern / Marg= || graffen zu Brandenburg / inn Preussen / || zu Stettin / Pommern / der Cassuben || vnnd Wenden Hertzogen / Burg= || graffen zu NFrmberg / vnnd || FFrsten zu RFgen / etc. || Mandat || An jhr FFrstlichen DurchleFchtig= || keyt Vnderthanen außgangen den 11 || Augusti / || ANNO. M. D. LV. || Gedruckt zu K=nigsperg inn || Preussen / durch Johann || Daubman. || [Lindenblatt] (VD 16 P 4793). 498 Martin Luther, Urbanus Rhegius, Antonius Corvinus, Philipp Melanchthon, Johannes Brenz. 499 Hier wird die Rahmenerzählung von Vogels Reise über Nürnberg nach Ingolstadt 1556 wieder aufgenommen; vgl. oben S. 937.

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Nr. 17: Matthäus Vogel, Dialogus von der Rechtfertigung (1557)

durchauß D. M=rlein. Schendet500 derhalben abermal F. D. zu Preussen als einen Tyrannen, das er M=rlein veriagt. Mich aber beklagt er, als der zu NFrmberg ein ernsthaffter Prediger gewest, nun aber ein heuchler in Preussen worden wer, das ich mich an solches fromen Manns stat gebrauchen ließ etc.501 Welchs alles lang zu erzelen wer. Jch aber sagt, Er hett am nechsten von dem allen meine meinung geh=rt, bey der thet ich noch, wie auch billich, weil ich nichts bessers vnd grFndlichers von jm h=ren kundt, beruhen. Wenn er aber je meinet, das er den handel, dem er doch viel zu wenig were, so wol verstFnde, so m=cht er Osiandrum auff sein eygen gefahr verketzern vnd verdammen. Solt dargegen mein Gewissen vnbeschweret lassen. Hierauff sagt er mir alle freundschafft auff vnd fragt mich, ob auch solches D. M=rlein, was ich von jm gesagt, m=cht geschrieben werden. Jch antwort, das ich jn solches nicht hieß schreiben, wie ichs dann auch nicht dergestalt, wie er weste, geredt. Dann ich D. M=rleins noch jmmer verschonet vnd auch sein mit keinem wort bey meiner Gemeyn je =ffentlichen vmb Christlicher rhu willen gedacht hett, welche doch von jm wider mich stetigs verhetzt wurde. Wenn es jhm aber schon geschrieben wFrde, so wer es gleichwol also vnd nicht anders. Damit schied ich von jhm. Dann ich mich mit einem solchen Schwetzer nicht mehr zancken wolt, damit ich nicht holtz zutrFg zu seinem fewer, Syr. 8.502 Noch hat er nicht rhuen k=nnen, biß er ein fewer selbst auffgeblasen vnd D. M=rlein verreitzt hat, das er nach seinem gefallen einen Lesterbrieff wider mich geschrie-[l 4r:]ben. Schickt mir derhalben denselben auch gedruckt in einem andern Deutschen Bachantischen, vnd der noch gifftiger dann des M=rleins ist, mit grossen frolocken zu, das das fewer, so er angelegt, also wol ist auffgegangen, vnd trohet als ein Mordbrenner, der nur in der Kirchen Gottes lust zu brennen hat, er w=ll der fewer mehr machen. Weil aber derselbige Brieff nicht gedruckt, wil ich auch hie im Druck nicht mehr dauon melden, sondern allein D. M=rleins gedruckten Sendtbrieff wider mich fFrnemen vnnd von wort zu wort verantworten, doch auff das kFrtzst. Sintemal er auß erzelter Historia des meisten teils schon erkleret ist. FOLGET DER TITEL:503

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Schilt, schmäht, verleumdet. Vgl. Art. schänden 5.c), in: DWb 14, 2142f. Vogel war 1554 auf die Stelle des Dompfarrers in Königsberg berufen worden, nachdem Mörlin 1553 als Superintendent nach Braunschweig gewechselt hatte. 502 Vgl. Sir 8,4. 503 Ein Sendt= || brieff D. Doctoris || Joachimi Morlini an den Vo= || gel / eingedrungenen Prediger in || der Stifftkirchen des Knip= || hoffs zu KFnigsberg || in Preussen. || j. Johan. j. || Das blut Jesu Christi Got= || tes Son / machet vns rein von || aller sFnde. || So jemandt zu euch kompt / || vnd bringet diese Lehre nicht / den nemet nicht zu hause / vnd || grFsset jn auch nicht / Denn wer || jn grFsset / der machet sich || teilhafftig seiner b== || sen wercke. (VD 16 M 5885). 501

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Ein Sendtbrieff D. Doctoris Joachimi M=rlini an den Vogel, eingedrungenen Prediger in der Stifftkirchen des Kniphoffs zu K=nigßberg in Preussen.f I. Johan. I. Das Blut Jesu Christi, Gottes Sons, machet vns rein von aller sFnde.504

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So jemand zu euch k=mpt vnd bringet diese Lehr nicht, den nemet nicht zu hause vnd grFsset jn auch nicht. Denn wer jn grFsset, der machet sich teilhafftig seiner b=sen wercke.505 10

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[l 4v:] MATTHEI VOGELIJ ANTWORT: Was von diesem Sendtbrieff zuhalten sey, zeiget dieser vngegrundte Tittel meisterlich an, schendet derhalben D. M=rlein, so fern er jn gestelt hat, sich selbst vnnd nicht mich damit. Dann was soll vnnd kan man einem glauben, der baldt im anfang mehr redet oder schreibet, dan er mit grundt vnnd warheit beweisen kan? Er schreibet mich in solchem Tittel durch einen offentlichen truck auß als einen eingedrungnen Prediger in der Stifftkirchen des Kniphoffs zu KFnigsberg. Nun aber ist mit F. D. zu Preussen selbst neben vilen GotfFrchtigen warhafften person, so vmb solchen meinen beruff wissen zu bezeugen, das ich mich keineswegs zu solchem standt selbst gedrungen vnd eingebeten, sondern schwerlich darzu hab bewegen vnd erpitten lassen. Das ich auch von F. D. herwiderumb nicht meiner gemein sey eingedrungen worden, ist gleicherweis offenbar, dann nach dem die Erbarn vnd Weisen Burgermeister vnnd Rath im Kneiphoff, meine großgFnstige Herren, vmb einen Pfarherren dazumal bitlich angesucht vnnd ich jnen auff jr vntertheniges begeren von F. D. furgeschlagen vnd zugeschickt worden bin, haben sie mit willen vnd wissen der Eltesten jrer gemein mich willigklich vnd mit solchem Christlichen verheissen angenumen, das, wenn ich jhnen F. D. schreiben nach der heiligen schrifft vnnd Augspurgischen Confession gemes predigen wurde, wolten sie mich nicht allein fur jren Pfarherren halten, sondern auch als eine vatter ehren. Weil ich jhnen nun solches angelobt vnnd bis auff diese Stund, Gott hab lob, der die gnad geben hatt, vnd wie mit inen selbst zu bezeugen, gehalten hab, vnnd doch gleichwol noch [m 1r:] bey solchem allem, wie mich D. M=rlein bezichtiget, ein eingedrungner Prediger bin, wirt er vor mir auch einer selbst im gleichen standt mFssen gewest sein, dann er so wenig gewest ist als ich nun bin immediate von Gott selbst auß den wolcken, sondern wirt on zweiffel so wol als ich durch obgemelte mittel on506 solches ort zum pref

Im folgenden sind im Originaldruck die Passagen aus Mörlins Brief jeweils in etwas größerer Type gesetzt, Vogels Antworten in kleinerer, die jeweiligen Verfasserangaben sind in noch deutlich größeren Typen in der Regel mittig gesetzt. 504 505 506

Vgl. I Joh 1,7. II Joh 10f. an.

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Nr. 17: Matthäus Vogel, Dialogus von der Rechtfertigung (1557)

digampt beruffen vnnd angenumen sein worden, vnnd ob er mir fFrwerffen wolt, ich laß mich vnbilligerweis on sein stadt gebrauchen, frag ich jhn dargegen, warumb er sich on Doctoris Petri Hegemonis507 stadt hab gebrauchen lassen, welcher jm hat weichen mussen, so er dargegen mir nicht gewichen, sondern auß vrsach, die er am besten weiß vnd oben eines teils von mir erzelt sein, ein gantzs Jhar zuuor von K=nigsberg ist gekumen, ehe ich on sein stadt, wie obgemelt, bin verordnet worden; solt er derhalben D. M=rlein als ein getrewer Pfarherr vnd Seelsorger gern sehen, das solche seine alte pfarkinder, weil jn Gott on ein andern ort gefordert, gleichwol mit einem andern, der jnen nicht weniger als er selbst das Euangelion lauter vnnd rein predigte, versehen werden, vnnd nicht begeren, das sie seinethalben als die Schaff an508 einen hirten stettigs bleiben solten, sondern vielmehr darzu helffen, das sie mit solcher verenderung, als die von Gott herkumpt, gzu frieden wereng vnd keines wegs mit Gott streiten oder zFrnen, derh jn zu Braunschweig, mich aber zu K=nigsberg noch zur zeit haben wil, noch den eingedrungen heissen, den Gott durch sein ordentliche mittel beruffen, denn was heist vnd ist das anders, dann als ob D. M=rlein sich an Gottes stadt setzen vnd der orteri vnd beruff wider Gott mechtig sein wolte?509 Was die zwen Spruch auß Johannis Epistel belanget, kunt ich nicht wissen, warumb er dieselbigen baldt vnter den Tittel vorn an gesetzt hett, dann das er mich [m 1v:] mit dem ersten als einen schender des bluts Christi wil verdechtig machen, vnnd baldt darauff mit dem andern vnter solchem schein mein gemein vnnd alle Welt, souil am jm gelegen ist, dermassen wider mich verpittern,j das sie mich weder grussen, hausen vnd hoffen,510 vielweniger fFr einen kirchendiener vnd Prediger auffnhemen sollen, vnd was er hie offentlich jm truck thut, hab ich aus der zerstrewung meiner gemein bißher genugsam gefFlet vnnd vermerckt, das er es schon langst mit heimlichen brieffen vnd practiciren gethan hatt. Weil aber D. M=rlein mit mir sein lebenlang nie geredt, meiner predig auch keine geh=rt, mir nichts geschrieben, wie ich auch jhm,511 noch meine schriefft, weil die nie in druck gekhummen, gelesen, vnd mich doch gleichwol nur yrget auß etlicher leichtfertiger leut falsches ange-

g–g h i j

Gemäß Errata-Liste aus: zu frieden der weren. Gemäß Errata-Liste ergänzt. aus: ortet. Gemäß Errata-Liste aus: verpittert.

507

Petrus Hegemon war von 1545 bis 1550 Pfarrer am Dom in Königsberg; als Mörlin dorthin berufen wurde, wurde Hegemon an die Löbenichtsche Kirche versetzt. 508 ohne. 509 Im Hintergrund der Erörterungen steht CA XIV: „Vom kirchen regiment wirt gelert, das niemant inn der kirchen öffentlich leren odder predigen odder Sacrament reichen sol on ordentlichen beruff.“ (BSELK 108,13–15). 510 hausen und hofen = in Haus und Hof aufnehmen. Vgl. Art. hausen II.), in: DWb 10, 660; Art. hofen 2), in: DWb 10, 1664. 511 scil. nichts geschrieben habe.

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ben512 also vnuerhorter513 freuenlicherk weiß in offentlichen druck durch gantz Deutschland als einen ketzer verdampt vnd außschreibt, hat er warlich der Regel Christi, Matth. 18,514 weit vergessen vnd mit solcher vnzeitigen excommunication, was er fur ein frummer Doctor sey, genugsam angezeigt, also jm selbst mehr dann mir geschadet, dann wie auch Augustinus schreibet in sermone Domini in monte: Temerarium iudicium plerunque nihil nocet ei de quo temere iudicatur, ei autem qui temere iudicat ipsa temeritas necesse est, ut noceat,515 das ist: „Ein freuentlich, vngegrund vrtheil schadet gemeiniglich nicht dem, von dem es geschicht, dem aber selbst, der also freuelich vrteilet, muß sein freuel schaden,“ wie ich dan nicht zweiffel, alle fromme Christen, so bißher meine predig geh=rt, oder welche sie nicht gehort, doch ytzundt auß diesem meinem gedruckten Dialogo mein lehr zu uernehmen haben, werden mich fFr keinen solchen blutschender516 vnnd ketzer k=nnen halten, wie mich M=rlein in seinem Sendtbrieff ausgeschrieben,517 sondern nunmehr [m 2r:] versehen lernen, das der fromme D. Morlein sein frumbkeit hierin wenig bewisen vnnd zu lestern vnnd schmehen muß also grossen lust haben, das ers auch nicht vnterlassen, sondern, wo er nicht kan mit grundt, doch mit h=chsten vngrundt musse lestern. Darumb sie mich auch nicht so sehr als jn selbst, wo er nicht von solchem vngegrundten lestern abstehet, mit der zeit werden fliehen lernen; volget die vberschrifft: Dem Magister Vogel im Thum zu KFnigsberg in Preussen zu seinen selbs eigenen handen.

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M. VOGEL: Weil dieser Brieff zu meinen selbst eignen handen vberschrieben vnd hernachmals mit D. M=rleyns handschrifft vnterschrieben ist, solt D. M=rlein, solchem vber- vnnd vnterschreiben nach, sein handtschrifft mir billich langst vnd ehe ers publicirt, wie es jm an getreuen botten vnd guten freunden hierinnen nicht gemangelt, haben zu meinen selbst eigen handen lassen zustellen, damit er nicht allein sein wort hielt, sondern auch dem getreuen rath Jesus Syrach volget, der da spricht: hastu was gehort, spricht deinen freundt drumb an

k

aus: freunenlicher.

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Anzeigen, Verleumden. Vgl. Art. Angeben, in: DWb 1, 338. unverhörter(weise) = ohne vorangegangenes Verhör, ohne dem Beschuldigten Gelegenheit zur Verteidigung gegeben zu haben. 514 Vgl. Mt 18,15–17. 515 Vgl. Augustin, De sermone Domini in monte II, 18, 62 (PL 34, 1297f); vgl. a. Decretum Gratiani p. II, c. XI, q III, c 49. (Friedberg I, 657). 516 „Blutschänder“ hier möglicherweise in allgemeinerem Sinn: „moralisch völlig verkommenes Subjekt“. Vgl. Art. blutschande 2), in: Fnhd. Wb. 4, 689. Wahrscheinlicher aber im Sinne von „Schänder des Blutes Christi“, der die Heilswirkung des Kreuzestodes Christi in Abrede stellt. Vgl. oben Blatt m 1v, S. 946,21. 517 öffentlich schriftlich verleumdet. Vgl. Art. ausschreiben 3), in: DWb 1, 960. 513

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denn man leugt gern auff die leut etc.518 Sprich deinen Nechsten drumb an, ehe du mit jhm pochest,519 Syrach 19.520 Solches raths Syrach aber, wie auch seiner eignen wort, hat M=rlein weit vergessen, indem er mir mit eigner handtschriefft einen Brieff zu meinen selbst handen zuschreibt, Schickt jn aber nicht meinen, sondern anderer leut handen, denen er nicht ist zugeschrieben zu, das er ge-[m 2v:]druckt vnd allenthalben inn Deudtschland wider mich außgestrewet wirdt, ehe ich ein wort dauon gewust, viel weniger mich drauff gegen jhm hab verantworten k=nnen. Auch hab ich mein lebenlang wider M=rlein, mit namen specificiert oder namhafftig gemachet, publice auff der Cantzel oder im Truck nichts geredt oder geschrieben, sondern allein von Wolff Waldnern gedrungen, wie obgemelt, priuatim sein gedacht. Solt derhalben D. M=rlein der billigkeit nach herwiderumb, weil er ein Christlicher Lehrer wil gerhFmbt sein, im offentlichen Truck mein verschonet, vnd vilmehr, wie ich priuatim von jm geredt, also auch mir priuatim geschrieben vnd mein antwort zuuor geh=rt haben, ehe er etwas weiter wider mich fFrgenomen. Vnnd ob er schon fFrgeben wolt, der Brieff wer nicht mit seinem willen gedruckt worden, ist er doch damit nicht entschuldigt, weil er mir, wie auch noch biß auff den heutigen tag, solche seine Handschrifft, dem sie doch seinem vber- vnnd vnterschreiben nach billich vor allen andern hett geh=ret, verhalten521 vnd dieselbige leichtfertigen Leuten, so sie haben drucken lassen, zugeschickt hat.

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D. M=RLEIN: Lieber M. Vogel. M. VOGELIJ ANTWORT: Lieber D. M=rlein, weil522 mich Christus, der getrewe Hirt vnd Heyland, so sein heilig Blut fFr mich armen SFnder am Creutz vergossen hat, nur grFsset vnd zu mir in seinem heiligen Euangelio spricht: „Sey getrost, ich hab die Welt vberwunden,“ Johan. 16523 – Was ligt daran, ob jhr mich schon, als ein auffgeblasener, hoffertiger [m 3r:] geyst, nicht grFsset, jhr werdt mir die Absolution, so mir Gott vmb Christi, des Mitlers, seines lieben Sons, bitter Leiden vnnd Sterben willen gnedigst gesprochen hat, mit ewer Excommunication so wenig als der Babst zu Rom wider k=nnen entziehen. Deß bin ich gewiß. D. M=RLEIN: Es hat mir Herr Wolff Waldner von NFrmberg mit ewerem wissen vnd willen geschrieben.

518 519 520 521 522 523

Vgl. Sir 19,15. streitest. Vgl. Sir 19,17. vorenthalten. Vgl. Art. verhalten 4), in: DWb 25,509. solange. Vgl. Art. weil I.B.1.a), in: DWb 28, 764f. Vgl. Joh 16,33.

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M. VOGEL: Solcher punct stimpt mit meiner obgesetzten Historia bald nicht vberein. Dann Wolff Waldner hat erstlich als ein listiger wolff im NFrmbergischen Wald sich zu mir gesellet vnnd mit mir bedingt, das, was zwischen vns geredt werde, sol als zwischen BrFdern geredt sein vnd bleiben. Fengt auff solches bald vom M=rlein an vnd vmb seinetwillen meinen Gnedigen FFrsten vnd Herren zum h=chsten zu lestern. Wie er mir nun als einen getrewen Diener, der seines Herrn Ehr vnd Vnschuld der warheit nach nicht kan noch sol vnuerteydiget lassen, außgedrungen hat, das ich des M=rleins gedacht vnd drauff wider zu jm gen NFrmberg komm, ist er, weil er zuuor so viel außgelockt, als er begeret, kein Bruder mehr, sondern sagt mir on alle vrsach alle Freundschafft auff, setzt, was ich vom M=rlein gesagt, in einen zweiffel, als ob es nicht wahr wer, vnd fragt, Ob es auch dem M=rlein m=cht geschrieben werden. Jch erinnert jhn, welcher gestalt ichs gegen jhm gesagt vnd warumb ich mit D. M=rlein gern zu frieden bleib, heiß jm keineswegs solches [m 3v:] schreiben, sondern sprich allein, als ein warhafftiger: Wenn es jm dann schon geschrieben wFrd, so wer es doch also vnd nicht anders. Nichts dester weniger gibt dieser Waldner wider vnsern vertrag mich bey D. M=rlein nicht anders an, dann der sich zu jm gen=tigt, selbst nit hab k=nnen ruhen, sondern gew=lt vnd befolhen hab, das jm meinethalben geschrieben werde. Aber wie Christus gew=lt hat, das jhn Judas verraten solt, da er sprach: „Was du thust, das thu bald,“524 Also hab ich auch gew=lt, das dieser Wolff solches von mir dem M=rlein schreiben solt. Erfahr derhalben allererst, wie wahr vnnd weißlich der Poet Theocritus, als er auff ein zeit ist gefragt worden, Welchs die aller grausamsten wildesten Thier weren, hat geantwort: „Jn dem Wald oder Gebirg seinds die L=wen vnd Beren. Aber in den Steten die Publicani, das ist: die Z=lner, oder wie man nach jetziger zeit gelegenheit sagen mag: die Wucherer, vnd die Calumniatores, das ist: die Lesterer.“525 Dann mir viel besser gewest wer, einem Bern526 zu begegnen, dem die jungen beraubet seind, dann diesem Wolff Waldnarren527 zu NFrmberg inn seiner narrheit, Prouerb. 17.528 [D. M=RLEIN:] Wie lustig vnd fr=lich jr euch daselbst vber mich gemacht, vnd sonderlich was jr meiner Person halben gedacht, als er vnnd M. Beslerus euch biß auff das nachtleger das geleydt gegeben.

524

Vgl. Joh 13,27. Vgl. Theokrit bei Stobaios, anth. I, 66; vgl. a. Diogenes Laertius, Leben und Meinungen berühmter Philosophen VI, 2, 51: Diogenes von Sinope, „gefragt, welches Tier am gefährlichsten beiße, sagte er: ‚Unter den wilden Tieren der Sykophant, unter den zahmen der Schmeichler.‘“ 526 Bären. 527 Polemische Entstellung des Namens Waldner. 528 Vgl. Prov 17,12. 525

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M. VOGEL: Das ich zu NFrmberg vnnd auch sonderlich zu Alberspach, dahin mir Waldner vnnd andere gute Freund das gleyt gegeben, recht fr=lich vnnd lustig gewesen sey, [m 4r:] hab ich auch oben in meiner Historia schon bekant.529 Dann weil ich in sieben Jaren zu NFrmberg in meinem Vaterland nicht gewesen, mFst ich ein vnmensch gewest sein, das ich mich nicht von hertzen gefrewet solt haben, einmal daselbst mit meiner Freundschafft530 vnd auch denen, so von jugend auff mit mir erzogen, Schulgesellen vnd auch sonst mir bekant gewest, gegenwertig zu reden. Vnd muß warlich Wolff Waldner gar einer w=lffischen, vntrewen art sein, der mir solche freud, so Gott selbst der menschlichen natur eingepflantzt, nicht gFnnet, sondern mir dieselbige in ein Teuffelische freud verkeren wil, als der ich mich vber M=rlein, das ich jhm vbel nachreden m=cht, gefrewet, so ich doch in der Herberg gar sein, wie obgemelt, geschwigen, vnd auch inn dem Wald nichts von jm, dann was mir dieser Wolff Waldner außgen=tigt zu warhaffter entschuldigung F. D. zu Preussen vnd auch meiner ehren, vnnd wie Gott weiß, auch dasselbig mit traurigkeit (weil mir mit keines schand wol ist), gesagt hab. Thut mir derhalben Wolff Waldner alhie den andern wolffsbiß. [D. M=RLEIN:] Als nemlich, Jch sey ein Lesterer vnd habe geprediget: Wo sol man die Wesentliche Gerechtigkeit (Merck, was ich schreibe!) eingiessen, hinden oder fornen? M. VOGEL: Hie hat Waldner zum drittenmal anders geschrieben, dann er geh=ret. Dann ich der bescheidenheit mich noch stetigs gegen D. M=rlein gebraucht, das ich jhn selbst [m 4v:] nicht einen lesterer geheissen, sondern, wie ich als oben in der historia vermeldt vnd nicht anders gesagt, Nemlich das M=rlein die wesentliche Gerechtigkeit einen traum genent vnd gern hab wissen wollen, ob man sie von hinden oder oben durch ein filtzhut eingiessen oder eintrichtern solt, dann kein solche Gerechtigkeit wider in himel vnd erden etc. Hab ich darauff Waldnern gefragt, ob nicht solche wort von ymandt, der sie genaw examinirn solt, weil die wesentliche Gerechtigkeit Gott selbst sey, auch fFr lesterung k=nten angezogen vnnd bewiesen werden; das aber M=rlein alhie mich weiter erinnert, ich soll mercken, was er schreibe, kan ich nicht gewiß wissen, was er damit meint, im fahl, das er dadurch, als der ytzt erzelte wort nicht geredt, wil, kann ers doch nicht leugnen. Sintemal sie bey vns in Preussen landtruchtig531 vnnd auch in offentlichenl truck gegeben sein vnnd von

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aus: offen lichen (t anscheinend ausgefallen).

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Vgl. oben S. 943,21–26. Verwandtschaft. Vgl. Art. Freundschaft 3), in: DWb 4, 168. landkundig, allgemein bekannt. Vgl. Art. landrüchtig, in: DWb 12, 129.

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seinem eignen part532 nicht geleugnet werden. Vnnd was begerdt D. M=rlein alhie viel beweisung, so ers doch selbst bekent, vnnd da ers am meisten will, doch nicht anders kan verglimpffen533 in seiner historia, R. ij,534 Dann das er willig vnd mit gutem fFrsatz der wesentlichen Gerechtigkeit, daruon Osiander gelehret, gespottet hab als einer ertichten vnd getreumbten Gerechtigkeit, die vns, weiß nicht wie, mit einem filtzhFtlein eingetrichtert werd, dann kein solche Gerechtigkeit, weder in himel noch auff erden,535 gleich wie Elias der getichten, getreumbten G=tter der Baalitischen pfaffen spott;536 gib derhalben allen verstendigen zu erkennen, ob nicht D. M=rlein hiemit sein vnbescheidenheit, indem ers verglimpffen will, selbst mehr vnnd gr=ber, dann ichs von jm bey Waldnern gesagt hab, in offentlichen truck von sich maus geschrieben,m bin also gewis, das er sich nimmermehr solcher offtgedachter vnbescheidenheit wirt entledigen konnen. Dann auch viel Erbar vnd glaubwirdig person noch vorhanden, die solche wort [n 1r:] auß seinem mundt selbst geh=rt vnnd sich auch nicht schewen, dieselbigen, wie sie mirs von jm gesagt, also jhm auch selbst, wenn es vonn=ten, vnter die augen zu sagen,537 wie auch viel andere dergleichen vnbescheidene vnd leichtfertige wort, mit denen er auff Osiandrum gescholten. Nemlich das er in seinem pfantastischen kopff speculirt vnd erticht hab ein Gerechtigkeit, die Gott selbst sei, die vns eingegossen werd, das wir von stund an mit gen himel fahren wie ein khu in ein meußloch,538 dann wenn es speculierens gilt, hatt er ferner, wie viel bezeugen, gesagt: „Mocht auch ein Narr dergleichen ertichten vnnd außdencken. Ey, der Balbierer539 hatt ein krumb schermesser, da durch ist ein schnur gezogen, vnd an der schnur hengt ein schell, vnnd wenn man am messer zeucht, so klingt die schell. Ergo Deus est nostra Iustitia, etc. Dann wie kan doch die wesentliche Gerechtigkeit, wie der schwartze Teuffel540 sagt, vnser gerechtig-

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aus: ausgeschrieben.

532 Teil, Anhang, (seiner eigenen) Partei, (seinen) Unterstützern. Vgl. Art. Parte 2), in: DWb 13, 1466. 533 beschönigen, abmildern. Vgl. Art. verglimpfen, in: DWb 25, 462. 534 HISTORIA || Welcher gestalt sich || die Osiandrische schwermerey im || lande zu Preussen erhaben / vnd wie die= || selbige verhandelt ist / mit allen || actis / beschrieben || Durch || Joachim Mörlin D. vnd Superinten= || dent zu Brunschwig. || 1. Pet. 3. || Habt ein gut gewissen / auff das die / so von euch || affterreden / als von vbelthetern / zu schanden wer= || den / das sie geschmehet haben ewern guten wandel || in Christo. [Magdeburg: Michael Lotter, 1554] (VD 16 M 5879). Die obige Stellenangabe ist in ihrem inhaltlichen Bezug unklar, vmtl. ist Bl. R3v gemeint. 535 scil. zu finden sei. 536 Vgl. I Reg 18,27. 537 ins Gesicht zu sagen. Vgl. Art. Auge 5), in: DWb 1, 791–793. 538 Redensartlich: wie eine Kuh in ein Mauseloch = gar nicht. Die Wendung beschreibt etwas Unmögliches. Vgl. Art. Mäuseloch, in: DWb 12, 1825. 539 Barbier, Bartscherer, Friseur, der auch kleinere Wunden versorgen und kleinere medizinische Eingriffe (z. B. Aderlass) vornehmen konnte. Vgl. Art. Balbier, in: DWb 1, 1080; Sabine Sander, Art. Bader, in: Enzyklopädie der Neuzeit 1 (2005), 916–921. 540 Invektive gegen Osiander, mit Bezug auf seine Haarfarbe und seinen dunklen Teint.

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keit sein, dieweil sie, wie die schriefft sagt, ein verzerent feur ist,541 holl der Teuffel die Gerechtigkeit, ich will sie nicht holen, behFt vns Gott dafFr;“ darumb er auch gesagt: „wenn man dich fragt: Jst Gott der vatter dein Gerechtigkeit? sprich: nein; ist der heilig Geist dein Gerechtigkeit? sprich auch: nein. Was ist dann dein Gerechtigkeit? antwort: allein der blutige schweiß vnd der schmeliche Todt Jesu Christi etc. Dann Christus ist weder nach seiner G=ttlichen noch nach seiner Menschlichen natur, noch nach seiner person vnsere Gerechtigkeit, sondern allein in seinem ampt, do er stirbt vnd leidet etc.“542 Also ist D. M=rleins vnbescheidenheit, wie er begert, genugsam, meinem erachten nach, bewiesen, welcher ich doch sonst viel lieber wolt geschwigen haben. Sintemal sie keinem Theologo, sonderlich auff offentlicher Cantzel, geburet, noch wol ansteht. Wo aber, indem er mich vermant, ich sol mercken, was er schreib, sich entschuldigen wil, das, ob er schon solche [n 1v:] wort gered, sey er doch kein lesterer, mocht ich im fur mein person wol verg=nnen, das er sich solcher wort enthalten, vnd also durch solche wort nicht von denen, so in543 derselben nicht vberheben wollen, lesterung halben kunte vberwiesen544 werden; dann wie schwach sein entschuldigung sey, laß ich alle verstendige richten, weil gar kein gleicheit ist, wie er machen wil, zwischen der wesentlichen Gerechtigkeit, welche Gott selbst ist, vnd der Baalitischen pfaffen getreumbten G=ttern, darumb er auch nicht der wesentlichen Gerechtigkeit also wie Elias der Baalitischen G=tter hatt spotten kFnnen. Zum andern, ob wol nach der heiligen schrifft die wesentliche Gerechtigkeit, wie M=rlein schreibt, einem verzerentenn feur vergleicht wirt, ist sie doch allein gegen den vnbußfertigen vnd vnglaubigen, keineswegs aber gegen den busfertigen glaubigen vnd vers=nten Menschen, so vergebung der SFnd vmb Christi, des Mitlers, willen empfangen haben, ein verzerent, sondern, wie Osiander hierinnen recht gelehret, ein angenhem, lieblich vnnd recht freudenfewr, durch welchs wir, so von natur gar erkalt sein, zugleich gegen Gott vnd vnsern Nechsten wider erwermet, vnd also keineswegs verzert, sondern erquickt vnd ye lenger, ye mehr wider zu den krefften, welche Adam im Paradis durch die SFnd verloren hat, gebracht werden, welchs doch nicht ehe biß allererst in jenem leben volkumlich geschehen wirt. Darumb wir dann auch in der Pfingstprosa545 den heiligen Geist, welcher warlich das G=ttliche wesen ist, anruffen vnd bitten, das er solches fewr in vns sein wol, indem wir singen: O lux beatissima, reple cordis intima tuorum fidelium. Sine tuo nun

aus: verzereten.

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Vgl. Ex 24,17; Hebr 12,29. Zu den Aussagen Mörlins vgl. oben Anm. 492, 494 und 495. 543 ihn (Mörlin). 544 überführt. Vgl. Art. überweisen A.2.b), in: DWb 23, 641. 545 Pfingstsequenz, lateinische rhythmische Dichtung zur Musik. Vgl. Art. Prosa 1), in: DWb 13, 2170. 542

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mine, nihil est in homine, etc.546 Wie nun D. M=rlein mit solchen Pfingstgesang vbereinstim, in dem er geschryen, der Teuffel sol die Gerechtigkeit holen, er wol sie nicht holen, Got sol jn dauor behFten, laß ich jn selbst verantworten. [n 2r:] Zum dritten lauten seine wort, in denen er Got selbst vnd die person Christi von vnser Gerechtigkeit gar ausschleust, nicht viel anders, als ob er auff die blossen abgesonderten werck Christi, das sie also vnser Gerechtigkeit weren, gedrungen het. Doch hab ich bey solchem allen aus Christlicher lieb des D. M=rleins bißher stetigs, wie auch gegen den Waldnern, verschonet vnd jm auß ytzt erzelten seinen worten kein wissentliche, fFrgesetzte547 lesterung wollen zumessen, sondern alwegen gesagt, das es vnbescheidene vnnd vnbedachte red gewesen sein, in welchen er, ob er wol, wie ich verhoff, nichts wenigers hab thun wollen, doch vnwissentlich Gott selbst gelestert hab. Sintemal solche wort fFr lesterung mFgen angezogen vnd auch mit grund bewiesen werden, wenn man sie scharpff examiniret. D. M=RLEIN: Jch hab nie geleret noch einig wort von der Wesentlichen Gerechtigkeit, worzu sie nutz sey.

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M. VOGEL: Solchen Artickel bekenn ich, wie er gesetzt ist; dann weil D. M=rlein geschryen, das die wesentliche Gerechtigkeit weder jm himel noch auff erden sey, wie kan er dann gesagt haben, das sie, so nach seiner meinung nicht in rerum natura ist, vns zu etwas nutz sey? Ja, spricht er, also ist sie nicht in hiemel vnd auff erden, wie Osiander dauon gelehrt. Nun aber lehr Osiander, das sie nach empfangner vergebung der SFnden vmb Christi willen in den glaubigen [n 2v:] wohne vnd sie ferner treibe vnd bewege, recht zu thun, an welchem ort dann die Wesentliche Gerechtigkeit auch allein warhafftig statt hat vnnd vns darzu nutzet, das wir vernewert werden. Dieweil derhalben M=rlein sie auch an dem ort nicht haben wil, kan ich noch nicht anders schliessen, dann das er sie durchauß verwerff, als die vns nicht nFtzlich zur Seligkeit, sondern allein sch(dlich vnd verdamlich sey. Darumb er auch gebeten, das jn Gott dafFr behFten w=ll, weil sie nichts anders dann ein verzerend Fewer sey.

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Vgl. die Pfingstsequenz „Veni sancte spiritus (et emitte caelitus lucis tuae radium)“, darin heißt es: „O lux beatissima, reple cordis intima tuorum fidelium. Sine tuo numine, nihil est in homine, nihil est innoxium.“ Der Text wird Stephen Langton zugeschrieben. Vgl. Stefan K. Langenbahn, Art. Veni, Sancte Spiritus, in: LThK³ 10 (2001), 592f [bes. Nr. 4]. – Der Text wurde auch von Luther geschätzt, vgl. WA 12, 211,1f (Formula missae et communionis, 1523). 547 absichtliche, vorsätzliche. Vgl. Art. fürsetzen II.2), in: DWb 4, 814f.

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D. M=RLEIN: Jch sey nicht der Lehr halben, sondern von wegen weltlichen vngehorsams vom FFrsten veriagt, Das ich ein AuffrFhrer gewesen vnnd das Land wider den FFrsten vngehorsam gemacht vnd viel b=ses stifften w=llen. M. VOGEL: Solcher Artickel ist von dem Waldner also ambigue gestelt, das wer jn lißt, den verstandt drauß nimpt, als ob ich D. M=rlein bezychtiget, das er die Vnterthanen abgehalten, jrer von Got verordneten Obrigkeit zinß, stewer oder schatzung548 vnd ander dergleichen weltliche gebFr zu geben, welchs ich nicht gethan, sondern hab gesagt, Das er nicht der reynen Lehr des Euangelij halben, sondern von wegen seiner grossen vnbescheydenheit auff der Cantzel, auß welcher allerley vnrhu vnnd zertrennung, nicht allein in der Kirchen, sondern auch inn weltlicher [n 3r:] Policey,549 zugleich vnter dem Adel vnd gemeiner Burgerschafft erfolget, vnd, wo Gott nicht verhFtet, auch ein Auffruhr im Land daruon langst entstanden wer, von F. D. nach vielfeltiger vermanung vnd warnung sey abgeschafft worden. Weil aber solches alles auff jhn leichtlich vnd mit wahrem, guten grundt kan bewiesen werden, hett er sein trutziges vnnd ehrenrFriges aufffordern gegen mir wol vnterlassen mFgen. Dann viel warhafftige Erbare Personen noch vorhanden, die neben seinen andern obgesetzten absurditatibus auch folgende wort auß seinem mund geh=rt haben: „Thut darzu, Thut darzu, lieben Kindlein, vnd leidet diesen Grewel nicht in dem Land. Thut darzu, nicht vmb ewer, sondern vmb der kleinen Kinderichen willen, die in den Wiegichen ligen, vnd viel mehr vmb der willen, die jhr noch in den lenden thut tragen, das sie mit dieser Teuffelischen Ketzereyen nicht vergifft werden. Denn es wer euch tausendmal nFtzer, das jhr inn dem blut wadet vber die knie, das der TFrck vor der Stadt wer vnd euch erm=rdet, Ja es wer euch nFtzer, das jhr selbst JFden vnd Heyden weret, dann das jhr solches leidet.550 Dann jhr seid eben so wol mit der Lehr verdampt als die Heyden. Jch wil euch gewarnet haben, welcher sich warnen wil lassen. Welcher aber nicht wil, der fahr hin zum Teuffel; ich darff551 sie nicht dem Teufel geben, Dann sie sind vor552 sein, alle, die diese Lehr annemen, vnd wil es offentlich anzeigen, das ich derselbigen keinen, der die Lehr annimpt oder inn seine Predig gehet, zu dem Sacrament gehen wil lassen. Sie

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(Auferlegungvon) Abgaben. Vgl. Art. Schatzung [II] 3), in: DWb 14, 2290. öffentlicher Ordnung. Vgl. Art. Polizei [II] 1.a), in: DWb 13, 1981f. 550 Vgl. OGA 10, 764,26–765,6: „Was hats auch anders bedeFtet, da M=rlein auff der cantzel lesteret, mein lehr thet grossern schaden, dann wann der kaiser, babst und Turck mit drey grossen heern vor der stadt legen, und schrie darnach: Thut darzu, thut darzu, wo nicht umb euernwillen, doch umb eurer kleinen kindlein willen, wie er dann sinther offt in seinen predigen solchs widerholet und getriben hat, dann das er gern unfrid und aufruhr angerichtet und angestifftet hett?“ (Osiander, Schmeckbier, 1552). 551 muss, brauche (nicht). Vgl. I Kor 5,5. 552 zuvor schon, ohnehin. Vgl. Art. vor V.3.c), in: DWb 26, 808. 549

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lauffen hin, wo sie w=llen. Jhr solt sie auch nicht grFssen, kein gemeynschafft mit jnen haben, sonder als den Teuffel selbst fliehen etc.“ Ob nun nicht solche wort, wo Gott nicht sonderlich verhFtet vnd die Leut mehr dann er553 zum fried geneigt gewest, zu einer Auffruhr solten gereicht haben, laß ich alle verstendige [n 3v:] richten. Doch ist es nicht abgegangen on viel heimliche b=se anschleg554 vnd practicken,555 welche F. D. eines guten teils am besten weiß vnd Gott allein, dem auch dafFr zu dancken, gnedigst verhindert. Vber das ist offenbar, das dadurch zwischen Vater vnd Son, Mutter vnd Tochter, Bruder vnd Schwester, die lieb also gar, als ob sie nicht mehr an einander kenten, auffgehaben, auch zwischen Eheleuten die h=chste vneinigkeit entstanden, gute Nachtbarschafft zertrennet, Burgerliche rhu, zucht vnd beywonung556 der massen zerrFtt, das man nicht allein vngegrFsset, wo man sich zuuor wol an einander gekant, fFr einander gegangen,557 sondern auch vber einander außgespiehen, nachgeschryen vnd einer auch dem andern, so etwa nur inn Osiandri Predig gegangen, nicht mehr hat w=llen abkauffen, noch zu kauffen geben. Auß welcher bitterigkeit, neid vnd haß, so D. M=rlein mit seinem steten poltern vnd geschrey auff der Cantzel also in die hertzen eingepflantzt, dann auch allerley offentliche lesterung, nachred, haddero vnd zanck vnter den leuten allenthalben erwachsen, vnd auch F. D. selbst nicht hierinnen ist verschonet worden. Wie dann D. Morlein heutigs tags nit ruhen kan, sondern noch stetigs im offentlichen Truck vnd mit heimlichen Brieffen solche vnrhu vnd zertrennung in Preussen stercket, wider F. D. Christliches Mandat558 vnd angestelte Amnistiam,559 so nach bewegung560 aller vmbstend offtgemelter Zwispalt, vnd sonderlich inn solcher gar erschrecklichen vnnd schier vnglaubligen verbitterung vnd zertrennung der Personen, von den fFrnembsten vnd berFmbsten Kirchen vnd Schulen allein als ein mittel, Christlichen fried vnnd einigkeit inn dieser Landtkirchen wider anzurichten, erfunden vnnd trewlichen gerathen worden ist. [n 4r:] Ob nun D. M=rlein hierinn wol gethan vnd auch noch thu, kan ich nicht sehen. Dann erstlich die Lehr Osiandri nicht also ein gedicht vnd Teuffels Lehr, wie oben erklert, gewest ist, das er die armen Leut also gar darFber excommuniciern, zertrennen vnnd vnrhusam machen, sondern sich viel mehr, sonderlich gegen den einfeltigen, des Spruchs Pauli solte befliessen haben: o

aus: habder.

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scil. Mörlin. Pläne. Vgl. Art. Anschlag, in: DWb 1, 440. 555 Intrigen, Ränke. Vgl. Art. Practik 3.b), in: DWb 13, 2053. 556 Zusammenleben, gesellschaftlicher Umgang. Vgl. Art. Beiwohnung 2), in. DWb 1, 1409f. 557 aneinander vorbeigegangen. Vgl. Art. voreinander, in: DWb 26, 995. 558 Vgl. oben Anm. 497. 559 Das Mandat Albrechts sah vor, dass beide Seiten auf weitere Verunglimpfungen verzichten und vergangene Übergriffe nicht geahndet werden sollten. 560 Erwägung, Berücksichtigung. Vgl. Art. bewegen 4), in: DWb 1, 1769. 554

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„So ein mensch etwa von einem fehl vbereilet wirdt, so vnterweist jhn mit sanfftmFtigem geist, die jhr geistlich seidt,“ Gal. 6.561 Vnnd ob schon viel Leut D. M=rleins vnbescheidenheit, welche er auff offentlicher Cantzel getrieben, nicht zugefallen, seind sie doch vmb des willen nicht von der Lehr Christi abgefallen vnnd derhalben auch keineswegs durch den Spruch Johannis „So jemand zu euch k=mpt vnd bringt dise Lehr nicht, den nemet nit zu hause vnd grFsset jhn auch nicht etc.“562 zu excommuniciern gewest. Dann wie mild vnd vnbedacht D. M=rlein mit seinem excommunicieren oder bannen gewest, beweist er auch gegen mir jetzt genugsam, weil er inn seinem Lesterbrieff wider mich jetztgemelten Spruch Johannis bald vornan zur Vberschrifft setzt vnd demselben nach mich drauff nicht grFsset, als einen solchen, der ein frembde Lehr bring, welche er nimmermehr mit grundt auff mich wirdt beweisen k=nnen. Vnnd wie kan er doch so tollkFn sein, das er mir solche im offentlichen Druck zumessen darff, so er doch meine Lehr weder inn Predigten noch Schrifften je erkant hat? Solch freuelich, vnbedacht vnnd vnzeitig bannen hat er warlich nicht von Christo, Matth. 18,563 noch vonn Paulo, Tit. 3,564 Sondern vom Babst vnd Antichrist zu Rom gelehrnt. D. M=RLEIN: [n 4v:] Wiewol ich mich nun dieses namens, sage nicht bey ehrliebenden, frommen vnnd warhafftigen Biderleuten, sondern bey euch vnnd ewers gleichen, nicht schemen mus, wie Dauid sagt, Psalm. 18.565 Damit sich aber gleichwol der arme Teuffel nicht zu todt kFtzele,566 so bitte vnd ermane ich euch bey ewren ehren, so viel jr vermeint, das jhr derselbigen habt, das jhr solche stuck auff mich vnnd zum teil auff die arme Landschafft in Preussen zu recht beweiset. M. VOGEL: Hie lest sich auch D. M=rlein von mir abermal etwas h=ren, des er sich, ob Gott will, bey allen ehrliebenden, frommen vnd warhafftigen Biderleuten sein lebenlang schemen muß, mocht derhalben dem frommen D. M=rlein, wie er sich beduncken lest, aber nicht an mir beweist, wol vergunt haben, das er seiner selbst verschonet, vnnd weder mich, noch yemandt anders von ehrliebenden, fromen vnd warhafftigen Biderleuten in offentlichem truck außschluß, auff den er nimermehr mit grundt etwas beweisen wirt kunnen, das nicht einem ehrliebenden, fromen vnnd warhafften Biderman zugeh=ret, vnnd damit sich der stoltze lesterteuffel nicht zu todt kFtzele, so bitt vnnd erman 561

Vgl. Gal 6,1. Vgl. II Joh 10. 563 Vgl. Mt 18,15–17. 564 Vgl.Tit 3,10f. 565 Vgl. Ps 18,26f (Luther 1545: „Bey den Heiligen bistu heilig / vnd bey den Fromen bistu from / Vnd bey den Reinen bistu rein / Vnd bey den Verkereten bistu verkeret.“).44.49. 566 sich (vor Begeisterung am Erfolg der eigenen Intrigen und Bosheiten) nicht tödlich überreize. Vgl. Art. kützeln II.6.d), in: DWb 11, 881f. 562

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ich auch D. M=rlein bey seinen ehren, so [o 1r:] vil er derselbigen hat, das er, wo er kan, solche vnehr, damit er mich offentlichen beschuldiget, zurecht auff mich beweiß, wie ich auff jn nach seinem begeren das, vnnd nicht mehr, dann was ich von jhm geredt, als sichs geburt, bewiesen hab. Das ich auff die arme Lantschafft in Preussen auch etwas zu recht beweisen sol, ist nicht von n=ten, weil ich sie mit keinem wort, weder publice noch priuatim, yemals angeklagt oder beschuldigt, sondern vielmehr auch bey F. D. vnd gegen meniglich, vnnd sonderlich gegen offt gemelten Waldnern, entschuldigt hab, das die guten, fromen leut des meisten teils selbst nicht wissen, was sie thun, sondern eben durch D. M=rlein vnd andere seines gleichen zu vil zertrennung vnnd vnrhu auß einem einfeltigen Eifer bißher getryben sein vnd auch noch werden, der567 sie mit gutem gewissen wol hetten gekundt vnd auch noch sonderlich ytzt m=chten vberhaben sein, weil jnen die zwispalt genugsam vnd dermassen erklert ist, das yderman, der da wil, wissen kan, was recht vnd vnrecht darinnen gewest, vnd vber das das heilige Euangelion Jhesu Christi nach F. D. nechst außgegangen Christlichem Mandat lauter vnd rein, der heiligen schrifft vnnd Augspurgischen Confession gemeß, einhellig gepredigt vnd die heiligen Sacrament aller vnd vnzertrenter weiß nach Christi einsetzung gereicht werden, dann sag ich, warlich viel armer leut an andern orten vnter Tyrannischer, Abg=ttischen Obrigkeit wolten gern horen, das man (Gott lob) ytzt in Preussen nicht weniger dann in allen andern reformirten kirchen, so sich zu der Augspurgischen Confession,p h=ren mag, vnnd kunnens nicht, sondern mussen an stat Gottes heiligen worts des Teuf-[o 1v:]fels lFgen vnnd Abg=tterey in jhren kirchen sehen, h=ren vnnd anbetten, oder aber sich mit weib vnnd kindern von hauß vnd hoff veriagen vnnd auch wol jemmerlich st=cken,568 martern vnnd gar T=dten lassen; wie vil gluckseliger aber sein die vnterthan in Preussen, die vber Gottes reinem heiligen wort vnd rechtem gebrauch der hochwirdigen Sacrament Christi gar kein gefahr, weder am gut oder leib, d=rffen außstehen, sondern ye mehr sie sich zu Gottes wort vnd dem warhafften Gottesdienst halten, ye grosser gnad, gunst vnd allen geneygten willen sie von jrer Christlichen Obrigkeit zu gewarten haben, kunnen auch herwiderumb bey derselben nicht ehe in vngenad kummen, dann wenn sie Gottes wort vnd diener verachten vnd vnehren. Beweist derhalben D. M=rlein auch hierinn den Geist, von dem er wider mich getrieben wirdt. Sintemal er, nachdem er mich vnschuldiglich genugsam gelestert, mir auch die Landtschafft in Preussen auff den hals laden vnnd also, wo er kunt, durch sie mich auch in leibsgefahr bringen vnnd gern erm=rden wolt. Gott aber w=l demselben lesterhafften vnd m=rdischen geist wehren.

p

ergänze: halten.

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scil. Unruhe und Zertrennung. quälen. Vgl. Art. stocken 3), in: DWb 19, 83.

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D. M=RLEIN: So wil ich, lieber (mit vrlaub)569 fromer Magister, nicht allein, wie jr durch den Herrn Waldner begeret, nach wunsch ewers hertzen re-[o 2r:]uociren, Sondern auch, wie ich mich gegen FFrstlicher durchleuchtigkeit in gegenwertigkeit frey vnter augen vnd in schriefften mehrmals offentlichen erbotten vnd nachmals hiemit erbiete, als einer solchen person gehort,570 zu recht alle billiche straff, wie die jmmermehr zu erdencken ist, on einige gnad gedultig leiden. M. VOGEL: Hie hat Wolff Waldner zum fFnfften mal mich mit vngrundt angegeben, dann obwol in nechst gehaltner versamlung der Theologen zu Risenburg in Preussen von des M=rlischen parts wegen der Ehrwirdig, Achtbar vnd Hochgelarte Herr Joannes Aurifaber, der heiligen schrifft Doctor vnd Praesident der kirchen auff Samlandt, hart auff die reuocation gedrungen vnd vnter andern klar gesagt hat, das auch D. M=rlein, wenn er gegenwertig wer, muste seine vnbescheidene red reuociren, hab ich doch fur mein person nie, wie auch nicht durch Wolff Waldnern, begert, das M=rlein, den ich biß her fur fromer, dann ich nun auß diesem lesterbrieff in571 erkenn, gehalten hab, reuociren sol, Sondern hab viel mehr auff die Amnistiam gedrungen, welche nicht auß eignen gutduncken, sondern auß der berumbsten kirchen vnd Schulen rathlichen bedencken von F. D. zu Preussen in jrem nechst außgegangenen Mandat angestelt vnnd auch, [o 2v:] meines einfeltigen erachtens, nach bewegung aller vmbstend das beste mittel sey, inn solcher obgemelten gar grossen verbitterung der personen vermittelst G=ttlicher gnaden dieser ergerlichen Zwispalt einmal wider abzuhelffen. Wie aber Waldner auff das572 wider mich die Reuocation zum h=chsten trieb, hab ich vnter andern gesagt, weil offenbar sey, das bede Part sich in dieser Zwispalt versehen, wFrd der billigkeit nach, wenn, wie er begert, ein Reuocation geschehen solt, nicht allein das Osiandrisch Part, sondern auch D. M=rlein obgemelte absurditates reuociern mFssen. Hab also nicht ich, sondern Waldner auff die Reuocation gedrungen. Weil aber M=rlein ohn mein begeren sich allhie verwilligt vnd hoch verspricht zu reuociern, wenn ich auff jhn, was ich von jm geredt hab, beweiß, mag er nun, weil ich auff jhn solchs mit grundt bewiesen, seiner verwilligung nach, als ein warhaffter Mann jmmerhin reuocieren. Dann mir an seiner Reuocation nichts gelegen. D. M=RLEIN: Werdt jhr aber hierzu stillschweigen? 569

mit Erlaubnis (zu reden), der Ausdruck sei mir gestattet. Vgl. Art. Urlaub A.1.c), in: DWb 24, 2468f. 570 wie mit einer solchen Person (der Irrlehren nachgewiesen sind) ordentlicherweise verfahren werden soll. 571 ihn. 572 auf das = daraufhin (?).

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M. VOGEL: Weil dann D. M=rlein sein eygen selbst schand nicht wil verschwiegen haben, mag er nun mit jm selbst vnd nicht mit mir zFrnen, den er darzu gedrungen vnnd bey seinen h=chsten ehren auffgefordert hat, das ich solche seine schand hab mFssen offenbaren, welcher ich sonst, wie bißher stetigs also auch noch, vnd wol so lang ich [o 3r:] gelebt hett, auß Christlicher lieb, so des Nechsten schand zudeckt, gern vnd viel lieber wolte verschwiegen haben, Deßgleichen seinem Waldnern dafFr dancken, der jhn zu solcher kFnheit verursacht, wie ich jm dann fFr mein person fleissig danck, das er mir durch solch sein gifftig angeben also fein, wider seinen willen, zu dem geholffen hat, das mein vnschuld, welche bißher sonst stetigs durch meuchlings573 schreiben vnd affterreden574 vnterdruckt gewest, einmal offenbar werde, Deßgleichen mich auch fFr jm selbst fortan zu hFten gewarnet. Dann ob er wol ein MFnch im Kloster gewesen,575 hab ich mich doch darumb nichts vor jm befahret,576 sondern weil viel fromme Christliche hertzen vnd sch=ne ingenia in die Kl=ster von jhren Eltern versteckt vnd verseumpt werden, hab ich jn auch vnter dieselbigen gezelet vnd derhalben mit allen trewen mich sein angenommen vnd, wie er selbst bekennen muß, jm nicht wenig mit lehren vnnd vnterweisen, so viel mir mFglich gewest ist, gedienet. Nun aber erfahr ich allererst auß solcher erzeygten vntrew, welchs ich zuuor nie geglaubt hab, das dieser Wolff Waldner ein rechter vntrewer vnd beyssiger577 wolff im Kloster gewesen vnd auch noch ist. Dann wie man im Sprichwort sagt: Ein wolff lest von art nicht, sondern ob er wol die har, verwandelt er doch das gemFt nicht.578 Also auch kan dieser Wolff Waldner seines neidens, zanckens, beissens, bannens vnd reissens nicht lassen, weil er deß im Kloster als ein reissender wolff gewont vnd auch von natur darzu geneigt ist. Doch hab ich keinen zweiffel, seine lesterung werden so wenig inn den frommen Christlichen hertzen, so mit Gottes heiligem Wort verwaret sein vnd mein vnschuld zugleich auß meinem Dialogo vnd angehengter Apologia erkennen werden,579 so wenig hafften als ein pfeyl, der, wenn er auff ein harten stahel580 geschossen wirt, nicht hafften kan, sondern widerschnelt581 vnd bißweilen selbst [o 3v:] in den, so jhn abgeschossen hat, fehret. Wie dann auch Diuus Hierony. in Epistola ad Rusticum Monachum solch gleichnuß fFret vnd schreibt: „Sicut sagitta si mittatur contra du-

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heimtückisches, böswilliges, intrigantes. Vgl. Art. meuchling, in: DWb 12, 2163. Verleumden. Vgl. Art. afterreden, in: DWb 1, 187. 575 Vgl. zu Waldners Vita oben Anm. 466. 576 habe ich gleichwohl keine Gefahr von seiner Seite befürchtet. Vgl. Art. befahren, praet. befahrte 1), in: DWb 1, 1246f. 577 bissiger. 578 Vgl. Wander, Sprichwörterlexikon 5 (1880), 352, s. v. Wolf, Nr. 59: Der Wolf ändert wol sein Haar, aber er bleibt, wie er war. 579 Anscheinend nimmt Vogel hier Bezug auf den vorderen Teil des vorliegenden Texts. 580 Stahl. Vgl. Art. Stahl [I] II.1.g) und 2.a), in: DWb 17, 544, 546. 581 zurückprallt, zurückspringt. Vgl. Art. wi(e)derschnellen, in: DWb 29, 1191. 574

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Nr. 17: Matthäus Vogel, Dialogus von der Rechtfertigung (1557)

ram materiam, nonnunquam in mittentem reuertitur, uulneratq uulnerantem, ita detractor, cum tristem faciem uiderit audientis (rimo non audientisr) sed obturantis aures suas, ne audiat sanguinem,s illico conticescit, pallet uultus, haerent labia, saliua siccatur,“ etc.582 D. M=RLEIN: Datum zu Braunschweig den fFnff vnd zwentzigsten Septemb., an dem ich Herrn Waldners Brieff bekommen, Anno 1556.583 Joachimus M=rlein Doctor zu Braunschweig, mein eigene hand.

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M. VOGEL: Solchen rhumm solt D. M=rlein billich vnterlassen haben. Sintemal solch eylen nicht wol stehet, sonder besser bedacht, were jm als einem weisen Mann ehrlicher angestanden vnd auch viel nFtzer gewest. Dann wie Syrach schreibt: Ein j(her W(scher wirdt zuschanden.584 Amen. Mattheus Vogel.

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[o 4r:] ERRATA. Jn der Vorred facie j. describenda, Ließ scribenda. a j. facie ij. verflucht Deut. 27. Ließ: Deut. 21. b j. facie ij. hertzlichem. Ließ: herrlichem. c j. facie j. zwingen vnd dringen lassen Esai. 9. Zach. 9. 1. Tit. 3. Ließ: Gal. 3. c iij. facie j. brust schlug Luce 17. Ließ: Luce 18. c iiij. facie ij. frembder Hiob 15. Ließ: 19. Jbid. vnd blut Syrach 4. Ließ: Syr. 41. e j. facie ij. integras duas. Ließ: integros duos. e iiij. facie ij. verletzung on. Ließ: on verletzung. f ij. facie ij. fromm gemacht. Ließ: fromm gemacht werden. f iij. facie ij. iustificantur. Ließ: iustificamur. k iiij. facie j. Gnedigste vnd Gnedige. Ließ: Gnedigster vnd Gnediger. m j. facie j. zu frieden der weren. Ließ: zu frieden weren. Jtem: zürnen jn zu Braunschweig. Ließ: der jn zu Braunschweig. m ij. verbittert. Ließ: verbittern.

q

CSEL 56, 139,8f: et uulnerat. CSEL 56, 139,12: immo ne audientis quidem. CSEL 56, 139,13: iudicium sanguinis.

r–r s

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Hieronymus, ep. 125,19,3 (PL 22, 1083; CSEL 56, 139,7–14). Der 25. September fiel 1556 auf einen Freitag. Sir 9,25 (Luther 1545, dort am Beginn von cap. 10).

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Forschungsbibliothek Gotha: Th 713/169 R

Trewhertziger / gar kurtzer vnd grFntlicher Bericht / fFr fromme einfeltige1 hertzen / welche die Lehr Osiandri noch jrr machet. Joachimus M=rlin Doctor/ Bischoff auff Samland.

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Psal: 25. HERR zeige mir deine Wege / vnd lehre mich deine steige / Leite mich in deiner warheit etc.2

Gedruckt zu K=nigsperg bey Johann Daubman3 /Anno 1570.

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redliche, unschuldige. Vgl Art. einfeltig 2), in: DWb 3, 173f. Ps 25,4f. Zu ihm vgl. Reske, Buchdrucker, 484f, 679f.

Nr. 18: Mörlin, Treuherziger Bericht (1570) – Einleitung

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Einleitung 1. Historische Einleitung

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Zu Beginn des Jahres 1558 gab Herzog Albrecht die Anweisung, eine neue Kirchenordnung für das Herzogtum auszuarbeiten. Der Plan des Herzogs war, auf Grundlage seiner Confessio aus dem Jahr 1554,1 der gewährten Amnestie und einer neuen Kirchenordnung die Einheit der preußischen Kirche herzustellen. Doch gegen die Idee, das herzoglich Bekenntnis weiter als Dokument des Ausgleichs zu verwenden, erhob sich Widerspruch, da dies von den Gegnern Osianders als ungeeignet angesehen wurde. Verhandlungen unter den preußischen Theologen blieben erfolglos, da es Funck gelang, einen von ihm geforderten öffentlichen Widerruf hinaus zu zögern und dieser schließlich nicht veröffentlich wurde, wie eigentlich geplant.2 Stattdessen arbeiteten der Königsberger Professor Matthäus Vogel und er federführend an der Ausarbeitung der neuen Kirchenordnung. Da beide in der Öffentlichkeit als vehemente Verteidiger Osianders galten, stieß die Kirchenordnung, wiewohl zu ihr auswärtige Gutachten – unter anderem von Johannes Brenz und Philipp Melanchthon – eingeholt worden waren,3 auf Ablehnung unter den preußischen Theologen, unmittelbar nachdem sie am 25. November 1558 in Kraft gesetzt worden war. Aufgrund des Widerstands von Teilen der Pfarrerschaft kam es in der folgenden Zeit, wie in der Vergangenheit schon häufiger geschehen, zu Amtsenthebungen und Landesverweisungen der Opponenten.4 Obwohl Funck während einer Reise in Wittenberg 1561 einen vollständigen Widerruf leistete, den Theologen der Universitäten Wittenberg und Leipzig seine Lehre darlegte, die von beiden Universitäten approbiert wurde und anschließend, nach seiner Rückkehr nach Preußen, in Königsberg auf Drängen seiner Gegner 1562 nochmals öffentlich widerrief und vier Predigten über Psalm 73 ganz in diesem Sinne verlas,5 kam es zu keiner wirklichen Verbesserung der Lage im Herzogtum. Die vielen Jahre des Streits, in denen Funck sich massiv für Osianders Lehre eingesetzt und dementsprechend auf Herzog Albrecht ein- und an diversen Maßnahmen gegen seine Gegner mitgewirkt hatte, ließen ihn eine suspekte, ja gar verhasste Persönlichkeit bleiben.6 In dieser weiterhin aufgewühlten Situation kam mit Paul Scalich 1562 ein Abenteurer nach Preußen, der mithilfe seiner offensichtlich großen rhetorischen Begabung bereits in Württemberg und am Kaiserhof in Wien reüssiert

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Vgl. dazu Spitta, Bekenntnisschriften. Vgl. Fligge, Osiandrismus, 304 –310. 3 Vgl. Fligge, Osiandrismus, 310–316. 4 Vgl. Fligge, Osiandrismus, z.B. 452, 471. 5 Vgl. Fligge, Osiandrismus, 468f. In Wittenberg hatte er auch den theologischen Teil seines „Berichts“ aus dem Jahr 1553 widerrufen. 6 Vgl. Fligge, Osiandrismus, 486f. 2

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hatte.7 In Königsberg erwarb er sich rasch das Vertrauen von Herzog Albrecht und gewann erheblichen Einfluss auf die preußische Politik. Die Ausweitung der Befugnisse Scalichs wurde vermutlich stark begünstigt dadurch, dass Herzog Albrecht am 22. September 1563 einen Schlaganfall erlitt. Seitdem entglitten ihm die Zügel der Regierung zusehends. Denn auch sein Schwiegesohn, Herzog Johann Albrecht I. von Mecklenburg, mischte sich durch Mittelsmänner, die er in der Regierung Preußens installieren konnte, immer stärker in die Belange des Herzogtums und des Herzogs selbst ein und es wurde der Versuch unternommen, das Testament des Herzogs zu verändern.8 All diese politischen Verwicklungen veranlassten den preußischen Adel, der durch Scalichs Aufstieg und durch die Mecklenburger Initiativen aus Regierungsämtern verdrängt wurde,9 zum Eingreifen. Man wandte sich an den Lehnsherrn Herzog Albrechts, den polnischen König Sigismund II., um Hilfe.10 Der polnische König entsandte daraufhin 1566 eine Senatskommission nach Preußen, die massiv in die inneren Verhältnisse Preußens eingriff. Es kam zur Ausweitung der ständischen Privilegien und zur Verurteilung von mehreren Räten, die vor allem in mecklenburgischem Interesse gehandelt hatten. Scalich hatten fliehen können,11 doch Funck wurde aufgrund seiner Verwicklungen in die Vorgänge der vergangenen Jahre wegen Hochverrats angeklagt und am 28. Oktober 1566 hingerichtet.12 In diesem Zusammenhang kam es zu weitreichenden Veränderungen in der Religionspolitik. Bereits in den Jahren 1564/65 waren die für die Kirche in Preußen bedeutsamen beiden Bischofstühle von Pomesanien und Samland vakant geworden. Funck hatte sich noch als Bischofskandidat ins Spiel gebracht.13 Doch vor seinem Tod wurden auf einem Landtag zu Beginn des Oktober 1566 Georg von Venediger und Joachim Mörlin als potenzielle Bischofskandidaten ins Auge gefasst. Venediger wurde dann auch auf den pomesanischen Bischofstuhl berufen und setzte sich seinerseits bei Mörlin dafür ein, dass dieser nach Preußen zurückkehrte. Mörlin erklärte sich trotz einiger Bedenken bereit, bei der Neuordnung der Kirchen in Preußen mit zu helfen. So wurde er Bischof von Samland, und Martin Chemnitz wurde sein Koadjutor. Gemeinsam erarbeiteten sie 1567 für Herzog Albrecht die „Repe-

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Vgl. dazu und zum Folgenden Krabbel, Aus Paul Skalichs Leben; Hase, Hofprediger, 287–330; Fligge, Osiandrismus, 474– 512. 8 Vgl. Fligge, Osiandrismus, 499. 9 Vgl. Fligge, Osiandrismus, 496f. 10 Vgl. Fligge, Osiandrismus, 499f. 11 Vgl. Fligge, Osiandrismus, 499f. 12 Vgl. Hase, Hofprediger, 331–373; Fligge, Osiandrismus, 512–518. 13 Vgl. Fligge, Osiandrismus, 498.

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titio Corporis Doctrinae“,14 die an Melanchthons Lehre anknüpfte. Mit der Erstellung dieses später „Corpus Doctrinae Prutenticum“ genannten Werks verbunden war die endgültige Distanzierung des Herzogs von der Lehre Osianders.15 In der hier edierten Schrift fasste Mörlin dann zusammen, welche Lehre fortan im Herzogtum Preußen gelten sollte. 2. Der Autor Mörlin16

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war 1554 aufgrund seiner notorischen Gegnerschaft zu Joachim Osiander seines Amtes in Königsberg enthoben und aus dem Herzogtum Preußen ausgewiesen worden. Mit den Prozessen des Jahres 1566 veränderte sich die (kirchen)politische Lage in Preußen grundsätzlich und Mörlin wurde von Herzog Albrecht nach Preußen das Amt eines Bischofs von Samland angetragen. Nach seiner Rückkehr nach Preußen ordnete Mörlin die dortige Kirche auf der Basis des „Corpus Doctrinae Prutenticum“ vollständig neu. So wurde eine neue Kirchenordnung für das Herzogtum erstellt, und Mörlin führte in den Pfarreien des Herzogtums Visitationen durch. Sein hier edierter „Treuherziger Bericht“ darf wohl als Reaktion auf Erfahrungen während dieser Visitationen angesehen werden. 3. Inhalt

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Die Schrift gliedert sich in drei Teile. Zunächst stellt Mörlin die aus seiner Sicht richtige Weise dar, über die Gerechtigkeit zu sprechen. Hier nennt Mörlin das eindeutige Bekenntnis zum christologischen Dogma der ZweiNaturen-Lehre als Grundvoraussetzung. Christus, als wahrer Mensch und wahrer Gott, habe den Menschen die Gerechtigkeit durch seinen Gehorsam, durch sein Leiden und Sterben erworben und die Erlösung in seinem Blut ermöglicht. Im zweiten Teil erkennt Mörlin die entscheidenden Irrtümer Osianders darin, dass er die Einheit der beiden Naturen Christi aufhebe und die Gerechtigkeit

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REPETITIO COR= || PORIS DOCTRINAE || ECCLESIASTICAE. || Oder || Widerholung der Summa || v] jnhalt / der rechten / allgemeynen / Christlichen || Kirchen Lehre / wie die selbige ... in der Augspurgi= || schen Confession / Apologia / vnd Schmalkaldischen artickeln begriffen / Vnd || ... im Hertzogthumb Preussen / ... || angenommen / KFrtzlich zusammen verfasset. || ... || (CONFESSIO || Oder bekentnus des Glau= || bens ... || Vberantwort Keyserlicher Mayestat: || zu Augspurg. || Anno M.D.XXX. || Sambt der Apologia. ||) [v. (Philippus Melanchton / ||)] (Aus dem Latein ver= || deutschet / durch || Justum Jonam. ||) (Artickel / so da hetten sollen || auffs Concilium / zu Mantua ... || vberantwort werden ... || Durch D. Mart. Luth. geschrieben / vnd erstlich || im Druck ausgangen / Anno M.D.XXXVIII. ||) (Von der Gewalt vnd || Oberkeit des Bapsts ... ||) [v. Philipp Melanchthon] (Von der Bischoffen Ge= || walt vnd Jurisdiction. ||) [v. Philipp Melanchthon] [Königsberg: Johann Daubmann, 1567] (VD 16 P 4795). Im selben Jahr erschien eine weitere Auflage der Schrift in Eisleben bei Andreas Petri (VD 16 P 4794). 15 Vgl. Wengert, Defending Faith, 430. 16 Zu ihm vgl. Einleitung zu unserer Ausgabe Nr. 9.

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allein der göttlichen Natur Christi zubillige. Darum missachte er die Bedeutung des Gehorsams, des Leidens und Sterbens sowie des Blutes Christi. Im dritten Abschnitt nennt Mörlin zunächst fünf Vergehen, deren sich die Anhänger Osianders schuldig gemacht hätten. Sie seien (1.) von der wahren Lehre abgefallen und hätten (2.) eine falsche Lehre gefördert. Sie hätten sich (3.) von den wahren Kirchen abgesondert und (4.) auf diese Weise den Gegnern ein schlechtes Beispiel gegeben. Mit all dem hätten sie (5.) Gott gelästert. Im Anschluss an diese Auflistung erstellt Mörlin einen Katalog mit Maßnahmen, die von den Anhängern Osianders vorzunehmen seien, damit sie wieder in die wahre Kirche aufgenommen werden könnten. Um dies zu ermöglichen, müssten sie (1.) ihre Schuld bekennen und Buße tun. Danach sei es notwendig, sich (2.) mit ihren Brüdern in der Kirche auszusöhnen. Schließlich müsste (3.) die falsche Lehre verdammt werden. Mörlin insistiert auf diesem Vorgehen, indem er die Argumentation, Osiander sei der Urheber der Lehre gewesen und darum der Schuldige, als Ausrede brandmarkt, die von Gott nicht anerkannt werde. Jeder einzelne Anhänger Osianders trage selbst die Verantwortung dafür, dass er einer falschen Lehre gefolgt sei. Wer jedoch die Verantwortung nicht übernehme und nicht entsprechend des geschilderten Maßnahmenkatalogs handele, dem werde Gott nicht vergeben und der stehe weiterhin außerhalb der Kirche. Darum könnten ihm keine Sakramente gespendet werden.

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4. Ausgabe Nachgewiesen werden kann eine Ausgabe: A: Trewhertziger / gar || kurtzer vnd grFntlicher Bericht / || fFr fromme einfeltige hertzen / welche die || Lehr Osiandri noch jrr machet. || Joachimus M=rlin Doctor / || Bischoff auff Samland. || Psal: 25. || HERR zeige mir deine Wege / vnd lehre || mich deine steige / Leite mich in deiner warheit etc. || Gedruckt zu K=nigsperg bey || Johann Daubman / Anno || 1570. || (VD 16 ZV 11077). Vorhanden in: GOTHA, Forschungsbibliothek: Th 713/169 R [benutztes Exemplar]

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[A 2r:] Von der Gerechtigkeit des Glaubens, rechte meinung aus Gottes Wort.

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Recht ist es geredet, wann man also saget: Christus, warer Gott vnnd Mensch, ist meine Gerechtigkeit. Dann also redet die Schrifft 1. Cor. 1: „Christus ist vns gemacht vom Vater zur Weißheit, zur Gerechtigkeit, zur Heiligung vnd zur Erl=sung.“1 Wann man aber nun fraget: Wie ist Christus vnsere Gerechtigkeit. Darauff geh=ret guter, grFndtlicher bescheid2 aus Gottes Wort, domit wir den rechten Christum treffen3 vnd vns keinen besondern,4 ausser5 der Schrifft, dichten6 oder mahlen7 lassen. Wie dann sonst viel Christi, mancherley Geister vnnd Euangelia, geprediget werden, 2. Cor. 11,8 deren wir keiner nicht9 achten, Matt. 24,10 sondern alle fliehen11 vnd verdammen mFssen, Gal. 1.12 Vnd ist darauff die rechte antwort: Christus ist vnsere Gerechtigkeit, in dem, oder also, das er dem Vater den vnschuldigen gehorsam geleistet, Rom. 5,13 biß in den Todt des Creutzes, Philip. 2.14 [A 2v:] Domit er mir erworben, vergebung meiner sFnden in seinem Blut, Ephe. 1,15 jn welchem ich gerecht, Rom. 4,16 vnd Gott angenem bin zum ewigen leben. Dieser Glaube ist recht, dann die heilige Schrifft ist recht. Vnd feilet17 der Glaube nicht, dann die Schrifft feilet nicht, welche die Gerechtigkeit des glaubens nicht gibet einiger18 Natur in Christo, gibet sie auch Christo nicht von wegen der Person allein, sondern also, das die Person, Gott vnd Mensch, gegen vnsere SFnd vnd vngehorsam from, gerecht vnd gehorsam worden ist, wie es Paulus gegen einandern setzet, Rom. 5,19 hat das Gesetz erfFllet, Gal. 4,20 mit seinem vnschuldigen todt fFr vnser SFnd bezahlet, das Gott vnsere SFnd zu decket vnd vergibet, Rom. 4.21 1

Vgl. I Kor 1,30. Auskunft, Unterweisung. Vgl. Art. Bescheid 2), in: DWb 1, 1551. 3 erkennen. Vgl. Art. treffen III.A.1.c), in: DWb 212, 1621. 4 eigenen. Vgl. Art. besonder, in: DWb 1, 1631f. 5 jenseits, abseits. 6 erfinden. Vgl. Art. dichten 5), in: DWb 2, 1060f. 7 schildern, hier aber in negativem Sinne: vortäuschen. Vgl. Art. malen 5.a), in: DWb 12, 1503f. 8 Vgl. II Kor 11,4. 9 Die doppelte Verneinung dient hier als Stilmittel zur Verstärkung der Aussage. 10 Vgl. Mt 24,23 –26. 11 meiden. Vgl. Art. fliehen 5), in: DWb 3, 1791f. 12 Vgl. Gal 1,8f. 13 Vgl. Röm 5,19. 14 Vgl. Phil 2,8. 15 Vgl. Eph 1,7. 16 Vgl. Röm 4,5.24f. 17 irrt. 18 einer einzigen. 19 Vgl. Röm 5,12–21. 20 Vgl. Gal 4,4f. 21 Vgl. Röm 4,6f; Ps 32,1f. 2

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Darumb heist die Schrifft vnsere Gerechtigkeit auch den gang Christi zum Vater, Joan. 16,22 das ist, sein Leiden vnd sterben, spricht wir sind gerecht in seinem Blut, Rom. 5.23 Ja, Paulus saget rundt vnd klar, vnsere Gerechtigkeit sey zudeckung vnd vergebung der SFnden, Rom. 4.24 Aber alles in Christo Jesu vnserm lieben Heilandt, welchen, dieweil er dieses alles, darinnen wir fFr Gott gerecht, jm25 angenem vnd seelig sind, [A 3r:] selbst an seinem Leib verrichtet hat, darumm wird er, vnd also Gott selbst (weil er Gott von art vnd natur ist), vnsere Gerechtigkeit, so wol auch vnsere Erl=sung genennet, sintemal26 wir gerecht [sind] durch die Erl=sung, so in seinem Blut geschehen Rom. 3,27 darinnen wir haben die vergebung der SFnden, Ephe. 1,28 das ist, Gerechtigkeit vnd Seeligkeit Rom. 4.29 etc.

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Falsche, jrrige vnd Widerwertige30 Lehr Osiandri. DER bekent, Christus sey ware31 Gott vnd Mensch. Aber wann man fraget, wie er vnsere Gerechtigkeit sey, so trennet er erstlichen die Naturn Vnd saget, er sey vnsere Gerechtigkeit nach der G=ttlichen vnd nicht Menschlichen Natur, jn seiner Confession fol. O. 3.32 Das ist eins. Will solchs fFrnemlich beweisen aus dem Hieremia Cap. 23. vnd 33.33 Vnd bekent doch selbst, Jeremias rede daselbst im gantzen Text, so fern er nicht zerrissen34 oder zergentzet35 wird, von keiner Natur alleine, sondern von der gantzen Person sampt jhrem Leiden vnnd Sterben, in der wi-[A 3v:]derlegung wider Philippum fol. O. j.36 Das ist das ander. Zum Dritten schleust37 er wider die schrifft, weil die G=ttliche Natur in der Person Christi vnsere Gerechtigkeit sey. So sey es nicht der Gehorsam, das Leiden vnd sterben Christi, vielweniger vergebung der SFnden, wie seine

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Vgl. Joh 16,10. Vgl. Röm 5,9. 24 Vgl. Röm 4,6f; Ps 32,1f. 25 ihm. 26 weil. 27 Vgl. Röm 3,24f. 28 Vgl. Eph 1,7. 29 Vgl. Röm 4,5 –7. 30 feindliche, widersetzliche, hier darum: widergöttliche, abgöttische. Vgl. Art. widerwärtig 5.d), in: DWb 29, 1370. 31 wahrer. 32 Vgl. Andreas Osiander, Von dem einigen Mittler (1551) O 3r–v, in: OGA 10, Nr. 488, S. 210,9 –211,10. 33 Vgl. Jer 23,5f; 33,15f. 34 aus dem Zusammenhang gerissen. 35 falsch interpretiert. 36 Vgl. Andreas Osiander, Widerlegung Philipp Melanchthons (1552), O 1r, O 1v–O 2r, in: OGA 10, Nr. 522, S. 646,12–26; 648,1–26. 37 folgert. Vgl. Art. schlieszen II.5.b.β), in: DWb 15, 704f. 23

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grewliche, schreckliche lesterungen In repetitione Corporis doctrinae klar von blat zu blat, aus seinen eigenen BFchern verzeichnet, sind.38

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Also leugnet er, was Christus saget, Joan. 16,39 von seinem gang zum Vater, das er vnsere Gerechtigkeit sey. Leugnet, was der heilige Geist durch Dauid vnd Paulum saget, Rom. 4, aus dem 32. Psalmen,40 zerreist die heilige schrifft im Jeremia wider sein eigen gewissen vnd den klaren Text. etc. Ob nun das der rechte Christus, die ware Gerechtigkeit, auch rechter Glaube sey, der erstlich die person trennet. Zum andern die person vom ampt reist vnd entlich leugnet, lestert vnd zerreisset, was Gott in Christo vnd durch seinen Geist in den Propheten vnd Aposteln gelehret. Das lassen wir alle Gottsf=rchtige hertzen richten. [A 4r:] Von Denen, so sich solcher falscher jrrigen vnd Gottes Wort widerwertigen Lehr anhengig gemacht.

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Djeselbigen sind erstlich von reiner Lehr vnd Gottes Wort leichtfertig abgefallen, eins theils auch ehr41 dann sie Osiandri lehr verstanden haben, auch noch nicht verstehen. Zum andern haben sie dieselbigen jrrigen, verdampten Lehr helffen f=rdern. Zum dritten, sich von der rechten Kirchen selbst abgesondert vnd außgeschlossen, welche bey reiner Lehr bestendig geblieben ist. Zum vierden, den hauffen der widerwertigen42 helffen stercken vnd mehren vnd mit jhrem ergerlichen Exempel auch andern zu gleichem fall43 anreitzung vnd vrsach gegeben, helffen die rechtschaffenen, bestendigen, frommen Christen trucken vnd in jhnen den heiligen Geist betrFben. Zum fFnfften, damit Gott gelestert vnd vrsach gegeben, das Gottes Name auch gelestert worden vnder den Heiden oder Vngleubigen vnd Papisten, wie man aus einer hohen person in Polen eigenem munde geh=rt,44 was es in dem Reich auffgehalten habe45 etc.

38 REPETITIO CORPO= || RIS DOCTRINAE ECCLE- || SIASTICAE || Oder || Widerholung der Summa vnd Jnhalt || der ... Kirchen || Lehre / wie dieselbige ... in der Augspurgi= || schen Confession / Apologia / vnd Schmalkaldischen Arti= || ckeln begriffen / Vnd von FFrstlicher Durchleuchtigkeit zu Preussen || etc. Auch allen ... Landtstenden vnd Vn= || terthanen ... || gewil= || liget vnd angenomen / KFrtzlich zu= || sammen verfasset. || ... || [Eִisleben: Andreas Petri, 1567] (VD 16 P 4794), bes. das Kap. „Von vereinigung beider Naturen in Christo / von der Communicatione Idiomatum“, C 4v–E 2r. In Königsberg erschien im selben Jahr eine weitere Ausgabe (VD 16 P 4795). 39 Vgl. Joh 16,10. 40 Vgl. Röm 4,6f; Ps 32,1f. 41 ehe. 42 Gegner, Feinde. Vgl. Art. widerwärtig 2.e), in: DWb 29, 1368. 43 Vergehen, Sündenfall. Vgl. Art. Fall 2.b), in: DWb 3, 1273. 44 Zu denken wäre hier evtl. an Stanislaus Bojanowski, Sekretär am polnischen Hof, der in Osiander den inkarnierten Teufel erkannte. Vgl. Fligge, Osiandrismus, 118. 45 dass der Streit um Osianders Lehre der Ausbreitung reformatorischen Gedankenguts im Königreich Polen abträglich gewesen sei.

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[A 4v:] Diß sind HeuptstFcke von den gr=sten, grewlichsten SFnden auff Erden, sonderlich der Ersten taffel,46 die mit außgetruckten47 worten jhr gericht haben vnd verdampt sind in heiliger schrifft. Wer weichen wird, spricht Gott, an dem wird mein Seel kein gefallen haben, Ebre. 10.48 Wer den Tempel Gottes verderbet, den wird Gott verderben, 1. Cor. 3.49 Wer euch jrr machet, wird sein vrtheil tragen; er sey, wer er w=lle, Gal. 5.50 Wer der geringsten einen ergert aus den meinen, dem were besser, das er einen MFhlstein an dem halse hette vnd wehre versencket mitten in das Meer, do es am tieffsten ist, Matth. 18.51 Jtem: Wer euch anrFret, meine gleubigen, der rFret meinen augapffel an, Zacharie 2.52 Jhr schendet Gott, vnnd ewert halben wird Gottes Name gelestert, Rom. 2.53 Wer aber Gott schendet vnd vnehret, den will er widerumb vnehren, 1. Samuelis 2.54 etc. Das aber solche leuth meinen, damit der sachen abzukommen,55 das sie gleichwol jtzund richtige bekentnus fFrbringen, gehet jhnen fFr Gott nicht an.56 Der will zuuor solche schreckliche SFnd erkant57 haben, weil on erkentnusa derselbigen keine Buß, darumb keine Vergebung noch Seeligkeit zu hoffen ist, Luce 13.58 [B 1r:] Zum andern will er zuuor haben die BrFderliche versFnung mit der lieben Kirchen, die do mit solchem ergernus vnd offentlichem abfall59 grewlich offendirt ist Vnd sich solche Leut von jr mit der that60 zuuor abgesondert haben. Darumb will Gott weder Opffer noch Gebet annemen. Gehe zuuor hin, versFne dich mit deinem Bruder, spricht Christus Matth. 5.61

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Konjiziert aus: erkentuus.

46 Entsprechend der Darstellung in den fünf Büchern Mose wurden die Zehn Gebote von dem Finger Gottes auf zwei steinerne Tafeln geschrieben (Ex 31,18; Deut 4,13; 9,9). Die ersten drei Gebote werden als die Gebote der ersten Tafel bezeichnet und regeln das Verhältnis zwischen Gott und dem Menschen. 47 eindeutigen, unmissverständlichen, klaren. Vgl. Art. ausdrücken 2), in: DWb 1, 847. 48 Vgl. Hebr 10,38; Hab 2,3f. 49 Vgl. I Kor 3,17. 50 Vgl. Gal 5,10. 51 Vgl. Mt 18,6. 52 Vgl. Sach 2,12. 53 Vgl. Röm 2,24. 54 Vgl. I Sam 2,30. 55 auf diese Weise freigesprochen zu werden. Vgl. Art. abkommen, in: DWb 1, 63. 56 lässt ihnen Gott nicht durchgehen. 57 anerkannt, bekannt. Vgl. Art. erkennen 4), in: DWb 3, 868. 58 Vgl. Lk 13,3.5. 59 Treuebruch gegen Gott. Vgl. Art. Abfall, in: DWb 1, 36. 60 mit Vorsatz. Vgl. Art. That 4.d.ζ), in: DWb 21, 310. 61 Vgl. Mt 5,24.

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Zum dritten ist Gott nicht zufrieden, das man allein seine Stimme h=re, reine lehr bekenne, sondern will haben, das man frembde falsche Lehr verdamme vnd fliehe, Joh. 10,62 Gal. 1.63 etc. Das ist Gottes Wort vnd der einige64 weg, von jm65 vns fFrgeschrieben, darinnen er anzeiget, wie solchen armen hertzen, die gefallen66 sindt vnd gejrret haben, fFr jhm zu helffen sey. Als nemlich, das sie jhren fall vnd jrthumb erkennen, lassen von hertzen leid sein, die falschen lehr widerumb verwerffen vnd verdammen, andere darfFr67 hinfFrder warnen vnd in reiner Lehr bey dem hauffen der rechtglaubigen allein fest bleiben vnd verharren. Hilfft auch das nicht, damit sich etliche w=llen schon68 machen, was Osiander gelehret, ob es gut oder b=se, lassen sie jn69 verantworten etc. Du bist solcher lehr zu gefallen70 mit solchem grewlichen er-[B 1v:]gernus, wie droben geh=ret, das wird der Gott, so ein starcker Eyfferer71 vnd auch alle vnnFtze wort will zu rechnung bringen, Matt. 12,72 zu Gericht von dir fordern. Dann das wort, so du verleugnet, mit ergernus vnd lesterung gehindert etc., wird die Welt richten, Johan. 12.73 Wehe nun dir, wo du nicht Busse thust. Dann also kan dir Gott nicht helffen noch gnedig sein, wie er spricht Jere. 5. vnd 8.74 Keiner ist dem seine boßheit leid were vnd spreche: Was mache ich doch? Sondern bleiben verstockt in jrem vngehorsam. Wie soll ich dann gnedig sein? Darumb kan dir auch kein rechtschaffener Prediger einiges Sacrament reichen, dich der gnade Gottes vertr=sten. Thut ers aber, so thut ers, wie du h=rest, wider Gott, hilfft dir derhalben nichts, ja macht dein Gericht fFr Gott nur schwerer vnd vntreglicher, weil du es vnwirdig empfehest, 1. Co. 11.75 Sich aber selbst macht er deiner SFnde teilhafftig, 1. Tim. 5.76 etc. Rom. 2. Verachtestu, o Mensch, den Reichthumb der gFte, geduld vnd langmFtigkeit Gottes? Weissestu nicht, das dich Gottes gFte zur Busse leitet? etc.77

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Vgl. Joh 10,5. Vgl. Gal 1,8f. einzige. ihm. den Bund mit Gott gebrochen haben. davor. sich rein waschen, in ein günstiges Licht setzen. Vgl. Art. schön 1.c), in: DWb 15, 1467. ihn. Du hast solcher Lehre zugestimmt... Vgl. Ex 34,14. Vgl. Mt 12,36. Vgl. Joh 12,48. Vgl. Jer 5,6; 8,6. Vgl. I Kor 11,27–29. Vgl. I Tim 5,22. Vgl. Röm 2,3.4.

Abkürzungen aaO AC ADB

am (in der vorangehenden Anmerkung) angegebenen Ort Apologia Confessionis Augustanae Allgemeine Deutsche Biographie, 56 Bde. Leipzig 1875–1912, 2., unv. Aufl. Berlin 1967–1971. ADRG 3 Akten der deutschen Reichsreligionsgespräche im 16. Jahrhundert. Dritter Band [in 2 Teilbänden]: Das Regensburger Religionsgespräch (1541), Göttingen 2007. Art. Artikel ASm Schmalkaldische Artikel AWA Archiv zur Weimarer Ausgabe der Werke Luthers (vgl. unten WA) BBKL Biographisch-bibliographisches Kirchenlexikon, bisher 41 Bde., Hamm, Herzberg, Nordhausen 1990ff. BDS Martin Bucers Deutsche Schriften, 18 Bde., Gütersloh 1960–2015. Bibliothek der Kirchenväter, 2. Ausgabe (in 2 Reihen), 81 Bde., Kempten, München BKV2 1911–1938. Bl. Batt, Blätter BSELK Irene Dingel (Hg.): Die Bekenntnisschriften der Evangelisch-Lutherischen Kirche. Vollständige Neuedition, Göttingen 2014. – QuM – Quellen und Materialien, 2 Bde., Göttingen 2014. C&C Controversia et Confessio (unsere Ausgabe) CA Confessio Augustana CChr.SL Corpus Christianorum, Series Latina CERL Consortium of European Research Libraries cj. konjiziert COR Calvini Opera omnia denuo recognita et adnotatione critica instructa notisque illustrata, Bd. 1ff, Genève 1992ff. CR Corpus Reformatorum. Bd. 1–28: Philipp Melanchthon, Opera quae supersunt omnia, hg. v. Carl Gottlieb Bretschneider / Heinrich Ernst Bindseil, Braunschweig u. a. 1834–1869. CSEL Corpus Scriptorum Ecclesiasticorum Latinorum dgl. dergleichen DRW Deutsches Rechtswörterbuch, Wörterbuch der älteren deutschen Rechtsprache, hg. v. der Königlich-Preußischen Akademie der Wissenschaften. Ab Bd. 6 hg. v. der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Weimar 1914ff. DWb Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm. 16 Bde., Leipzig 1854–1960. EAS Erasmus von Rotterdam, Ausgewählte Schriften, hg. v. Werner Welzig. Mit einem neuen Vorwort von Peter Walter, 8 Bde. lat./dt., 4./5. Aufl. Darmstadt 2016 (ND d. Sonderausgabe 1995, auf der Grundlage der 2. Aufl. 1990). EG Evangelisches Gesangbuch (1994ff) Ep. Epistel Ev. Evangelium FC Formula Concordiae FChr Fontes Christiani Fnhd. Wb. Frühneuhochdeutsches Wörterbuch. Begründet von Robert R. Anderson, Ulrich Goebel, Oskar Reichmann, Band 1– , Berlin, New York 1989ff. ggb. gegenüber

976 HAB hg. Hg. HWDA

Abkürzungsverzeichnis

Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel herausgegeben Herausgeber/in/nen Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, hg. v. Eduard Hoffmann-Krayer/ Hanns Bächtold-Stäubli, Berlin u. a. 1927–1942. HWPh Historisches Wörterbuch der Philosophie, hg. v. Joachim Ritter u.a., 13 Bde., Basel 1971–2007 (Lizenzausgabe Darmstadt 1971–2007). HWRh Historisches Wörterbuch der Rhetorik, hg. v. Gert Ueding, 12 Bde., Tübingen; Berlin/ Boston 1992–2015 (Lizenzausgabe Darmstadt 1992–2015). i. S. v. im Sinne von KP Der Kleine Pauly. Lexikon der Antike auf der Grundlage von Pauly’s Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaften unter Mitwirkung zahlreicher Fachgelehrter bearbeitet und herausgegeben von Konrat Ziegler, Walther Sontheimer, Hans Gärtner, 5 Bde., München 1964 –1975. LexMA Lexikon des Mittelalters, 9 Bde. u. Reg., (1977)1980–1999 u. ö. (ND Darmstadt 2009). LStRLO Leucorea-Studien zur Geschichte der Reformation und der Lutherischen Orthodoxie LThK³ Lexikon für Theologie und Kirche, begründet von Michael Buchberger. Dritte, völlig neu bearbeitete Auflage, hg. v. Walter Kasper u. a., 11 Bde, Freiburg, Basel, Wien 1993–2001 (Sonderausgabe 2009). MBW Melanchthon Briefwechsel, hg. v. Heinz Scheible, Stuttgart 1977ff. MWA Philipp Melanchthon, Werke in Auswahl, hg. v. Robert Stupperich, Gütersloh 1951–1975 (Neubearbeitung Bd. II/1 u. II/2, Gütersloh 1976, 1978). ND Nachdruck NDB Neue Deutsche Biographie, Bd. 1ff, Berlin 1953ff. ngw. nachgewiesen NP Der Neue Pauly. Enzyklopädie der Antike, hg. v. Hubert Cancik u. a., Stuttgart u. a. 1996–2003. OGA Andreas Osiander d. Ä., Gesamtausgabe, hg. von Gerhard Müller und Gottfried Seebaß, 10 Bde., Gütersloh 1975–1994. OS Johannes Calvin, Opera selecta, hg. v. Petrus Barth / Wilhelm Niesel, München 1926–1936. Pfb. KPS Pfarrerbuch der Kirchenprovinz Sachsen, 10 Bde. Leipzig 2003–2009. PG Migne, Patrologia Graeca PKMS Politische Korrespondenz des Herzogs und Kurfürsten Moritz von Sachsen, Bd. 1–2, Leipzig 1900–1904 [ND Berlin 1982–1983]; Bd. 3– 6, Berlin 1978 –2006. PL Migne, Patrologia Latina Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte, begründet von Paul Merker und WolfRDL2 gang Stammler, 2. Auflage, Berlin/New York 1958 –1988. RE³ Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche. Begründet von Johann Jakob Herzog. In dritter verbesserter und vermehrter Auflage ... herausgegeben von D. Albert Hauck. 24 Bde. Leipzig 1896–1913. reg. regierte Religion in Geschichte und Gegenwart, Handwörterbuch für Theologie und ReliRGG4 gionswissenschaft, 4., völlig neu bearbeitete Auflage, hg. v. Hans Dieter Betz u. a., Tübingen 1998–2007. s. a. sine anno SBO Sancti Bernardi Opera, 9 Bde., Rom, Turnhout 1972–1998. SC Sources Chréstiennes SD Solida Declaratio (der Konkordienformel) s. l. sine loco (ohne Angabe des Verlags-/Druckortes)

Abkürzungsverzeichnis

SPB s. v. TAV

ThürPfb TRE Üs. VD 16

Vg vgl. vmtl. W² WA WA.B WA.DB WA.TR Wit dt Wit lat WWKL²

Z

977

Sächsisches Pfarrerbuch. Die Parochien und Pfarrer der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens (1539 –1939), bearb. v. Reinhold Grünberg, 2 Bde. (in 3), Freiberg i. S. 1939/40. sub voce (unter dem genannten Stichwort) Daniel Bohnert / Markus Wriedt, Theologiae Alumni Vitebergenses (TAV). Die graduierten Absolventen der Wittenberger Theologischen Fakultät (1502–1648), Leipzig 2020 (LStRLO 38). Thüringer Pfarrerbuch, Bd. 1–3 Neustadt/Aisch 1995–2000; Bd. 4– Leipzig 2004ff. Theologische Realenzyklopädie, hg. v. Gerhard Krause u. Gerhard Müller, 36 Bde. u. 2 Registerbde., Berlin und New York 1977–2010. Übersetzung Verzeichnis der im deutschen Sprachbereich erschienenen Drucke des 16. Jahrhunderts: VD 16, hg. v. der Bayerischen Staatsbibliothek in München, Stuttgart 1983 –2000 und elektronisches Zusatzverzeichnis, vgl. https://www.bsb-muenchen.de/sammlungen/ historische-drucke/recherche/vd-16/ Vulgata vergleiche vermutlich Dr. Martin Luthers Sämtliche Schriften, hg. v. Dr. Johann Georg Walch, 2., überarb. Aufl., St. Louis, Missouri, USA 1880–1910 (ND Groß-Oesingen 1987). D. Martin Luthers Werke. Kritische Gesam[m]tausgabe, Abteilung Schriften, Weimar 1883–2011. – Abteilung Briefwechsel – Abteilung Deutsche Bibel – Abteilung Tischreden Wittenberger Ausgabe der Werke Luthers, deutscher Teil, 12 Bde. 1539–1559 (u. ö.) ------- , lateinischer Teil, 7 Bde. 1545–1558 (u. ö.) Wetzer und Welte’s Kirchenlexikon oder Encyklopädie der katholischen Theologie und ihrer Hülfswissenschaften. Zweite Auflage, in neuer Bearbeitung ... begonnen von Joseph Cardinal Hergenröther, fortgesetzt von Dr. Franz Kaulen, 12 Bde. und Registerband, Freiburg i. Br. 1882–1903. Huldreich Zwinglis sämtliche Werke, unter Mitwirkung des Zwingli-Vereins in Zürich hg. v. Emil Egli / Walter Köhler / Fritz Blanke / Georg Finsler / Oskar Farner / Leonhard von Muralt (= CR 88 –101), Berlin 1905, Leipzig 1908ff, Zürich 1961ff.

Literatur und Kurztitel Die im Literaturverzeichnis verwendeten Abkürzungen richten sich nach Siegfried Schwertner, Internationales Abkürzungsverzeichnis für Theologie und Grenzgebiete (IATG), Berlin u. a. 19922. Darin nicht enthaltene Abkürzungen werden ausgeschrieben oder im Abkürzungsverzeichnis aufgelöst. Aland, Hilfsbuch = Kurt Aland, Hilfsbuch zum Lutherstudium. Vierte, durchgesehene und erweiterte Auflage, Bielefeld 1996. Analecta Brentiana = Analecta Brentiana, mitgeteilt von D. Ernst Bizer, in: BWKG 57/58 (1957/58). 253 –373. Anecdota Brentiana = Anecdota Brentiana. Ungedruckte Briefe und Bedenken von Johannes Brenz, hg. v. Theodor Pressel, Tübingen 1868. Bachmann, Selbstherrlichkeit = Claus Bachmann, Die Selbstherrlichkeit Gottes. Studien zur Theologie des Nürnberger Reformators Andreas Osiander, Neukirchn-Vluyn 1996. Baczko, Geschichte = Ludwig von Baczko, Geschichte Preußens, Bd. 3, Königsberg 1794. Barge, Karlstadt = Hermann Barge, Andreas Bodenstein von Karlstadt, 2 Bde., Leipzig 1905. Beckmann, Historie = Johann Christoph Beckmann, Historie des FFrstentums Anhalt. Von dessen alten Einwohnern und einigen annoch vorhandenen alten Monumenten, NatFrlicher GFtigkeit, Eintheilung, FlFssen, St(ten, Flecken und D=rfern, fFrstl. Hoheit, Geschichten der fFrstl. Personen, Religions=Handlungen, FFrstlichen Ministris, adelichen Geschlechtern, Gelehrten und andern BFrger=Standes vornehmen Leuten, Zerbst 1710. Biundo, Kaspar Aquila = Georg Biundo, Kaspar Aquila. Ein Kämpfer für das Evangelium in Sachsen und in der Pfalz, in Sachsen und Thüringen, Grünstadt/Pfalz 1963. Brall, Konfessionelle Theologie und Migration = Carsten Brall, Konfessionelle Theologie und Migration. Die Antwerpener Gemeinde Augsburger Konfession im 16. Jahrhundert, Göttingen 2017 (VIEG 249). Bugenhagen, Briefwechsel = Dr. Johannes Bugenhagens Briefwechsel, gesammelt u. hg. durch Otto Vogt. Mit einem Vorwort u. Nachträgen von Eike Wolgast unter Mitarbeit von Hans Volz, Hildesheim 1966 (großenteils ND der Ausgaben Stettin 1888–1899 u. Gotha 1910). Deflers, Albrecht von Brandenburg-Ansbach = Isabelle Deflers, Albrecht von BrandenburgAnsbach (1490–1568), in: Susan Richter / Armin Kohnle (Hg.), Herrschaft und Glaubenswechsel. Die Fürstenreformation im Reich und in Europa in 28 Biographien, Heidelberg 2016, 89– 99. Diekmannshenke, Schlagwörter der Radikalen = Hans-Joachim Diekamnnshenke, Die Schlagwörter der Radikalen der Reformationszeit (1520–1536). Spuren utopischen Bewußtseins, Diss. Bonn 1992, Frankfurt/Main u. a. 1994 (EHS.DS 1445). Diestelmann, Mörlin = Jürgen Diestelmann, Joachim Mörlin. Luthers Kaplan – „Papst der Lutheraner“. Ein Zeit- und Lebensbild aus dem 16. Jahrundert, Neuendettesau 2003. Drecoll, Passauer Vertrag = Volker Henning Drecoll, Der Passauer Vertrag (1552). Einleitung und Edition, Berlin 2000 (AKG 79). Engelhardt, Reformation III = Adolf Engelhardt, Die Reformation in Nürnberg, III. Band, Nürnberg 1939 (Mitteilungen des Vereins für die Geschichte der Stadt Nürnberg 36). Fabisch/Iserloh, Dokumente II = Peter Fabisch / Erwin Iserloh (Hg.), Dokumente zur Causa Lutheri (1517–1521). 2. Teil: Vom Augsburger Reichstag 1518 bis zum Wormser Edikt 1521, Münster 1991 (CCath 42). Fligge, Osiandrismus = Jörg Rainer Fligge, Herzog Albrecht von Preußen und der Osiandrismus 1522–1568, Bonn 1972.

980

Literatur und Kurztitel

Förstemann = Karl Eduard Förstemann: Album Academiae Vitebergensis [Ältere Reihe], Band 1: 1502–1560, Leipzig 1841. Freytag, Die Preußen auf der Universität Wittenberg = Hermann Freytag, Die Preußen auf der Universität Wittenberg und die nichtpreußischen Schüler Wittenbergs in Preußen von 1502 bis 1602. Eine Festgabe zur 400jährigen Gedächtnisfeier der Gründung der Universität Wittenberg, Leipzig 1909 (Publikationen des Vereins für die Geschichte von Ost- und Westpreußen 17). Georges = Karl Ernst Georges, Ausführliches lateinisch-deutsches Handwörterbuch. Aus den Quellen zusammengetragen und mit besonderer Bezugnahme auf Synonymik und Antiquitäten unter Berücksichtigung der besten Hilfsmittel. 2 Bd., Hannover 19188 (ND: Darmstadt 1988).[Neuausgabe in Antiquaschrift: Der Neue Georges, hg. von Thomas Baier, bearb. von Tobias Dänzer, Darmstadt 2013]. Gilly, Sprichwort = Carlos Gilly, Das Sprichwort „Die Gelehrten, die Verkehrten“, oder der Verrat der Intellektuellen im Zeitaler der Glaubensspaltung, Florenz 1991. Griese, Salomo und Markolf = Sabine Griese, Salomo und Markolf – ein literarischer Komplex im Mittelalter und der frühen Neuzeit. Studien zu Überlieferung und Interpretation, Diss. Regensburg 1995, Tübingen 1999. Grotefend = Hermann Grotefend, Taschenbuch der Zeitrechnung des deutschen Mittelalters und der Neuzeit, 14. Auflage, Hannover 2007. Hartmann, Spruchgedicht = Walter Hartmann, Salomo und Markolf. Das Spruchgedicht, Diss. Marburg 1928, Gräfenhainichen 1934. Hase, Hofprediger = Carl Alfred Hase, Herzog Albrecht von Preussen und sein Hofprediger. Eine Königsberger Tragödie aus dem Zeitalter der Reformation, Leipzig 1879. Hauke, Gott-Haben = Rainer Hauke, Gott-Haben – um Gottes Willen. Andreas Osianders Theosisgedanke und die Diskussion um die Grundlagen der evangelisch verstandenen Rechtfertigung. Versuch einer Neubewertung eines umstrittenen Gedankens, Frankfurt/M. u. a. 1999 (Kontexte 30). Hautz, Heidelberg I = Johann Friedrich Hautz, Geschichte der Universität Heidelberg, Band 1, hg. v. Karl Alexander Frh. v. Reichlin-Meldegg, Mannheim 1862. Hirsch, Theologie = Emanuel Hirsch, Die Theologie des Andreas Osiander und ihre geschichtlichen Voraussetzungen. Mit einer Einführung von Gottfried Seebaß neu herausgegeben von Albrecht Beutel, Waltrop 2003 (Emanuel Hirsch Gesammelte Werke 4). Hubatsch, Albrecht = Walther Hubatsch, Albrecht von Brandenburg-Ansbach. DeutschordensHochmeister und Herzog in Preußen 1490 –1568, Heidelberg 1960. Hubatsch, Geschichte = Walther Hubatsch, Geschichte der evangelischen Kirche Ostpreußens, Band I, Göttingen 1968. Hütteroth = Oskar Hütteroth, Die althessischen Pfarrer der Reformationszeit, 2., unveränderte Aufl. Marburg 1966 (VHKH 22). Ilić, Theologian of Sin and Grace = Luka Ilić, Theologian of Sin and Grace. The Process of Radicalization in the Theology of Matthias Flacius Illyricus, Göttingen 2014 (VIEG 225). Ißleib, Magdeburgs Belagerung = Simon Ißleib, Magdeburgs Belagerung durch Moritz von Sachsen 1550–1551, in: NASG 5 (1884), 177–226, 273–308. Wieder in: Simon Ißleib, Aufsätze und Beiträge zu Kurfürst Moritz von Sachsen (1877–1907), Bd. 2, Leipzig 1989, 619 –704. Ißleib, Moritz von Sachsen gegen Karl V. = Simon Ißleib, Moritz von Sachsen gegen Karl V. 1552, in: NASG 7 (1886), 1–59. Wieder in: Simon Ißleib, Aufsätze und Beiträge zu Kurfürst Moritz von Sachsen (1877–1907), Bd. 2, Leipzig 1989, 747–805. Jürgens, Hannoversche Chronik = Otto Jürgens (Hg.), Hannoversche Chronik, Hannover 1907 (Veröffentlichungen zur niedersächsischen Geschichte 6). Kaufmann, Theologische Auseinandersetzungen = Thomas Kaufmann, Theologische Auseinandersetzungen an der Universität Königsberg im 16. und 17. Jahrhundert, in: Klaus Garber / Manfred Komorowski / Axel E. Walter (Hg.), Kulturgeschichte Ostpreußens in der Frühen Neuzeit, Tübingen 2001 (Frühe Neuzeit 56), 243 –318. Kawerau, Agricola = Gustav Kawerau, Johann Agricola von Eisleben. Ein Beitrag zur Reformationsgeschichte, Berlin 1881 (ND: Hildesheim u. a. 1977).

Literatur und Kurztitel

981

Köhler, Zwingli und Luther I–II= Walther Köhler, Zwingli und Luther. Ihr Streit über das Abendmahl nach seinen politischen und religiösen Beziehungen. 2 Bde., Gütersloh 1924, 1953 (QFRG 6,7). Kolb, Luther = Robert Kolb, Martin Luther as Prophet, Teacher, and Hero. Images of the Reformer 1520 –1620, Grand Rapids, MI (USA) / Carlisle, Cumbria (UK) 1999. Körner, Alber = Emil Körner, Erasmus Alber. Das Kämpferleben eines Gottesgelehrten aus Luthers Schule, nach den Quellen dargestellt, Leipzig 1910 (QDGR 15). Krabbel, Leben = Gerta Krabbel, Aus Paul Skalichs Leben, Münster, 1914. Lepp, Schlagwörter = Friedrich Lepp, Schlagwörter des Reformationszeitalters. Diss. Freiburg. Leipzig 1908. Leppin, Antichrist und Jüngster Tag = Volker Leppin, Antichrist und Jüngster Tag. Das Profil apokalyptischer Flugschriftenpublizistik im deutschen Luthertum 1548 –1618, Gütersloh 1999 (QFRG 69). Lies, Schneider, 95 Schimpfwörter = Jan Martin Lies / Hans-Otto Schneider, 95 Schimpfwörter. Perlen frühneuzeitlicher Streitkultur. Mit Illustrationen von Ulrike Selders, Leipzig 2021. Lilienthal, Erleutertes Preußen III = Michael Lilienthal, Erleutertes Preußen oder auserlesene Anmerckungen ueber verdiene zur preußischen Kirchen-, Civil-, und Gelehrten=Historie geh=rige besondere Dinge, woraus die bißherigen Historien=Schreiber theils erg(ntzet, theils verbessert, auch viele unbekannte historische Wahrheiten an Licht gebracht werden, Tomus III, Königsberg 1726. Mager, Laientheologin = Inge Mager, Das Vermächtnis der Laientheologin Elisabeth von Calenberg-Göttingen (1510–1558) für ihre Untertanen und für ihre Kinder, in: Daniel Gerth / Vera von der Osten-Sacken (Hg.), Fürstinnen und Konfession. Beiträge hochadliger Frauen zur Reichspolitik und Bekenntnisbildung, Göttingen 2015 (VIEG.B 104), S. 150 –167. Marschler, Opera trinitatis = Thomas Marschler, Opera trinitatis ad extra indivisa sunt. Ein Grundaxiom der Trinitätstheologie in augustinischer Tradition, in: Benedikt Paul Göcke / Ruben Schneider (Hg.), Gottes Handeln in der Welt. Probleme und Möglichkeiten aus Sicht der Theologie und analytischen Religionsphilosophie, Regensburg 2017, 73–109. Melanchthon deutsch = Melanchthon deutsch, begründet von Michael Beyer, Stefan Rhein und Günther Wartenberg (†), bisher 6 Bde., Leipzig (1997) 2011–2020. Melanchthon, Heubtartikel (1553) = Philipp Melanchthon, Heubtartikel Christlicher Lere. Melanchthons deutsche Fassung der Loci Theologici, nach dem Autograph und dem Originaldruck von 1553, hg. v. Ralf Jenett / Johannes Schilling, Leipzig 22010. Menius, Von der Notwehr = Hans-Otto Schneider (Hg.), Politischer Widerstand als protestantische Option. Philipp Melanchthon und Justus Menius: Von der Notwehr (1547), Lateinisch – Deutsch, Leipzig 2014. Mennecke-Haustein, Conversio ad ecclesiam = Ute Mennecke-Haustein, Conversio ad Ecclesiam. Der Weg des Friedrich Staphylus zurück zur vortrindentinischen katholischen Kirche, Heidelberg 2003 (QFRG 74). Möller, Andreas Osiander = Wilhelm Ernst Möller, Andreas Osiander. Leben und ausgewählte Schriften, Elberfeld 1870 (Leben und ausgewählte Schriften der Väter und Begründer der lutherischen Kirche V). Mörlin, Historia = HISTORIA || Welcher gestalt sich || die Osiandrische schwermerey im || lande zu Preussen erhaben / vnd wie die= || selbige verhandelt ist / mit allen || actis / beschrieben || Durch || Joachim Mörlin D. vnd Superinten= || dent zu Brunschwig. || 1. Pet. 3. || Habt ein gut gewissen / auff das die / so von euch || affterreden / als von vbelthetern / zu schanden wer= || den / das sie geschmehet haben ewern guten wandel || in Christo. [Magdeburg: Michael Lotter, 1554] (VD 16 M 5879). Nestle-Aland = Nestle-Aland, Novum Testamentum Graece. Begründet von Eberhard und Erwin Nestle. Hg. v. Barbara u. Kurt Aland, Johannes Karavidopoulos, Carlo M. Martini, Bruce M. Metzger. 28. revidierte Aufl. Hg. v. Institut für Neutestamentliche Textforschung Münster/Westfalen unter der Leitung von Holger Strutwolf, Stuttgart 2012.

982

Literatur und Kurztitel

Neudecker = Christian Gotthold Neudecker, Geschichte des Evangelischen Protestantismus in Deutschland für denkende und prüfende Christen, 2 Bde., Leipzig 1844–1845. Oberman, Impact = Heiko Augustinus Oberman, The Impact of the Reformation. Essays, Grand Rapids 1994. Osiander, Widerlegung = Andreas Osiander, Ob es wahr und glaublich sei. Eine Widerlegung der judenfeindlichen Ritualmordbeschuldigung, hg. v. Matthias Morgenstern und Annie Noblesse-Rocher, Leipzig 2018. Passow = Franz Passow, Handwörterbuch der Griechischen Sprache. Neu bearbeitet und zeitgemäß umgestaltet von Val. Chr. Fr. Rost und Friedrich Palm, 5. Aufl. Leipzig 1841 (ND Darmstadt 2008). Preger, Flacius = Wilhelm Preger, Matthias Flacius Illyricus und seine Zeit, 2 Bde. Erlangen 1859–1861 (ND Hildesheim, Nieuwkoop 1964). Professorenbuch Wittenberg = Armin Kohnle / Beate Kusche (Hg.), Professorenbuch der Theologischen Fakultät der Universität Wittenberg 1502 bis 1815/17, Leipzig 2016 (LStRLO 27). Rabe, Deutsche Geschichte 1500–1600 = Horst Rabe, Deutsche Geschichte 1500–1600. Das Jahrhundert der Glaubensspaltung, München 1991. RDL2 = Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte, begründet von Paul Merker und Wolfgang Stammler, 2. Auflage, Berlin/New York 1958–1988. Reske = Christoph Reske, Die Buchdrucker des 16. und 17. Jahrhunderts im deutschen Sprachgebiet. Auf der Grundlage des gleichnamigen Werkes von Josef Benzing, Wiesbaden 2007 (BBBW 51). Richter, Gesetz und Heil = Matthias Richter, Gesetz und Heil. Eine Untersuchung zur Vorgeschichte und zum Verlauf des sogenannten Zweiten Antinomistischen Streits, Göttingen 1996 (FKDG 67). Röhrich, Lexikon II = Lutz Röhrich, Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten. Band 2: Easy–Holzweg, Freiburg, Basel, Wien 1994. Salig, Vollständige Historie = Christian August Saligs Vollständige Historie Der Augspurgischen Confeßion und derselben zugethanen Kirchen; Zweyter Theil: Aus bewährten Scribenten, und gedruckten, zum Theil auch ungedruckten, Documenten genommen, [...] Die Historie der Reformation in Spanien, Italien, Franckreich, Engelland, Pohlen, Ungarn, Siebenbürgen und Preussen; wie auch den Osiandristischen und Sacrament-Streitigkeiten, biß auf das Jahr 1556. begreiffend, Und am Ende Mit einigen LITTERARIIS wiederum versehen, Als ein Beytrag, zur Fortsetzung der Seckendorfischen Historie des Lutherthums, Mitgetheilet Aus der Wolfenbüttelschen Bibliotec, Halle 1733. Seebaß, Bibliographia Osiandrica = Gotfried Seebaß, Bibliographia Osiandrica. Bibliographie der gedruckten Schriften Andreas Osianders d. Ä. (1496–1552), Nieuwkoop 1971. Seebaß, Osiandrischer Streit = Gottfried Seebaß, Andreas Osiander d. Ä. und der Osiandrische Streit. Ein Stück preußischer Landes- und reformatorischer Theologiegeschichte, in: Dietrich Rauschning / Donata v. Nerée (Hg.), Die Albertus-Universität zu Königsberg und ihre Professoren. Aus Anlaß der Gründung der Albertus-Universität vor 450 Jahren herausgegeben, Berlin 1995 (JAUK 29 [1994]), S. 33 –47. Seebaß, Werk = Gottfried Seebaß, Das reformatorische Werk des Andreas Osiander. Anhang: Portraits von Andreas Osiander, Nürnberg 1967 (EKGB XLIV). Simon, Geburtsjahr = Gerhard Simon, Das Geburtsjahr Andreas Osianders, in: ZBKG 84 (2015), S. 101–113. Spitta, Bekenntnisschriften = Friedrich Spitta, Die Bekenntnisschriften des Herzogs Albrecht von Preußen, in: ARG 6 (1908/09), S. 1–155. Strobel, Miscellaneen I–II = Georg Theodor Strobel, Miscellaneen literarischen Innhalts, gröstentheils aus ungedruckten Quellen. Bände 1 und 2, Nürnberg 1778 und 1779. Stupperich, Osiander in Preussen = Martin Stupperich, Osiander in Preussen 1549 –1552, Berlin, New York 1973 (AKG 44).

Literatur und Kurztitel

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TAV = Daniel Bohnert / Markus Wriedt, Theologiae Alumni Vitebergenses (TAV). Die graduierten Absolventen der Wittenberger Theologischen Fakultät (1502–1648), Leipzig 2020 (LStRLO 38). Töppen, Gründung = Max Töppen, Die Gründung der Universität zu Königsberg und das Leben ihres ersten Rectors Georg Sabinus. Nach gedruckten und ungedruckten Quellen dargestellt, und bei Gelegenheit der dritten Säcularfeier der Universität mitgetheilt, Königsberg 1844. TPMA 8 = Thesaurus Proverbii Medii Aevii. Lexikon der Sprichwörter des romanisch-germanischen Mittelalters. Begründet von Samuel Singer. Hg. v. Kuratorium Singer der Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften. Band 8: Linke – Niere, Berlin, New York 1999. Tschackert, Herzog Albrecht = Paul Tschackert, Herzog Albrecht von Preußen als reformatorische Persönlichkeit, Halle 1894 (SVRG 45). Tschackert, Urkundenbuch I–III = Paul Tschackert, Urkundenbuch zur Reformationsgeschichte des Herzogthums Preußen, 3 Bde., Leipzig 1890 (PPSA 43, 44, 45). Voigt, Briefwechsel = Johannes Voigt, Briefwechsel der berühmtesten Gelehrten des Zeitalters der Reformation mit Herzog Albrecht von Preussen. Beitr(ge zur Gelehrten=, Kirchen= und politischen Geschichte des sechzehnten Jahrhunderts, aus Originalbriefen dieser Zeit, Königsberg 1841. Voit, Gallus = Hartmut Voit, Nikolaus Gallus. Ein Beitrag zur Reformationsgeschichte der nachlutherischen Zeit (EKGB 54), Neustadt/Aisch 1977. Volz = Martin Luther, Die gantze Heilige Schrifft Deudsch. Wittenberg 1545. Letzte zu Luthers Lebzeiten erschienene Ausgabe, hg. v. Hans Volz und Heinz Blanke, München 1972. Wackernagel = Philipp Wackernagel, Das deutsche Kirchenlied. Von der ältesten Zeit bis zu Anfang des XVII. Jahrhunderts, mit Berücksichtigung der deutschen kirchlichen Liederdichtung im weiteren Sinne und der lateinischen von Hilarius bis Georg Friedrich Fabricius und Wolfgang Ammonius, 5 Bde., Leipzig 1864–1877 (ND Hildesheim 1964). Wander = Karl Friedrich Wilhelm Wander, Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Ein Hausschatz für das deutsche Volk, 5 Bde., Leipzig 1867–1880 (ND Darmstadt 2007). Wengert, Defending Faith = Wengert, Timothy, Defending Faith. Lutheran Responses to Andreas Osiander‘ s Doctrine of Justification, 1551–1559, Tübingen 2012 (Spätmittelalter, Humanismus, Reformation 65). Will, Gelehrten-Lexicon = Nürnbergisches Gelehrten-Lexicon oder Beschreibung aller Nürnbergischen Gelehrten beyderley Geschlechtes nach Jhrem Leben / Verdiensten und Schrifften zur Erweiterung der gelehrten Geschichtkunde und Verbesserung vieler darinnen vorgefallenen Fehler aus den besten Quellen in alphabetischer Ordnung verfasset von Georg Andreas Will [...] Erster [- Achter] Theil [...], Nürnberg und Altdorf 1755[–1808]. Will, Münz-Belustigungen = Der Nürnbergischen Münz-Belustigungen Erster [–Vierter] Theil / in welchem so seltne, als merkwürdige Schau- und Geld-Münzen sauber in Kupfer gestochen, beschrieben und aus der Geschichte erläutert worden, nebst einem Vorbericht, die Sammlung der Nürnbergischen Goldgülden enthaltend, herausgegeben von Georg Andreas Will [...], Altdorf 1764[–1767]. Wotschke, Francesco Stancaro = Theodor Wotschke, Francesco Stancaro, in: Altpreußische Monatsschriften 47 (1910), 465 –498, 570 –613. Zedlitz-Neukirch, Adels-Lexicon = Leopold von Zedlitz-Neukirch (Hg.): Neues Preussisches Adels-Lexicon oder genealogische und diplomatische Nachrichten von den in der preussischen Monarchie ansässigen oder zu derselben in Beziehung stehenden fürstlichen, gräflichen, freiherrlichen und adeligen Häusern mit der Angabe ihrer Abstammung, ihres Besitzthums, ihres Wappens und der aus ihnen hervorgegangenen Civil- und Militärpersonen, Helden, Gelehrten und Künstler, 1. Bd., Leipzig 1836. Zimmermann, Prediger der Freiheit = Gunter Zimmermann, Prediger der Freiheit. Andreas Osiander und der Nürnberger Rat 1522–1548, Mannheim 1999 (Mannheimer Historische Forschungen 15).

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Personenregister

Das Personenregister berücksichtigt nicht die Autoren wissenschaftlicher Sekundärliteratur. Ebenfalls nicht enthalten sind die Namen biblischer Personen. Kursive Ziffern bezeichnen Seiten mit Personennamen, die nur im Anmerkungstext enthalten sind. Aepin, Johannes (1499–1553) 208, 216, 722 Aëtius v. Antiochia († 367) 190 Agricola, Johann (1494 –1566) 152, 157, 162, 197, 260 Alber, Erasmus (um 1500 – 1553) 12, 147, 149–155, 156, 157, 173, 178, 188, 197, 241 Alber, Matthäus (1495 –1570) 691 Albinus, Petrus (Peter von Weiße) (1543 – 1598) 427 Albrecht, Erzbischof u. Kurfürst von Mainz, (1490–1545, reg. 1514–1545) 156 Albrecht I. von Brandenburg-Ansbach, Herzog in Preußen (1490–1568, reg. 1525 –1568) 4f, 12–14, 16, 23–26, 57, 58, 59, 62, 70, 113, 115–117, 120f, 123, 125f, 133f, 137, 151, 155, 190, 196, 207f, 212, 237f, 241, 247, 426f, 432, 434–437, 439, 446–448, 460, 466, 469f, 474, 515–517, 519–522, 527, 533, 655–658, 659, 661, 664, 667, 670, 682f, 694, 699–702, 708, 709, 711–713, 715f, 719, 720, 725, 728, 776, 789f, 795, 798f, 801, 803, 818, 821, 823f, 829, 835f, 839, 869, 871, 903, 908, 937, 942, 965–967 Albrecht III. Achilles, Kurfürst von Brandenburg (1414 –1486, ab 1440 Mgf. Ansbach, 1464 Kulmbach, 1470 Mgf. u. Kf. Brandenburg) 62 Albrecht Friedrich, Herzog in Preußen (1553 –1618, reg. 1568) 474 Alesius, Alexander (1500 –1565) 71, 72, 939 Alexander, Bischof von Alexandria (reg. 312/313 –328) 527 Ambrosius von Mailand (333/4 –397) 596, 756, 876, 919, 934 Amsdorf, Nikolaus von (1483 –1565) 71, 100, 101, 209, 241, 252, 474, 517, 658 Anastasius (Presbyter in Konstantinopel, 1. H. 5. Jhdt.) 184

Andreae, Jakob (1528 –1590) 659, 691, 692 Anna von Mecklenburg, geb. Markgräfin von Brandenburg (1507–1567) 937 Anna Maria von Braunschweig-Calenberg-Göttingen, Herzogin in Preußen (1532–1568) 55, 62, 427, 474, 716 Anna Sophie von Mecklenburg, geb. v. Preußen (1527–1591) 57, 474 Aquila, Caspar (1488–1560) 426f Aristoteles (384 –322 v. Chr.) 192, 255, 257, 277, 320, 326, 578, 936 Arius (um 280 – 336) 79, 167, 169, 178, 506, 521, 527, 564, 594, 701, 713, 736 Arnold, Gottfried (1666 –1714) 30 Athanasius (299 –373) 543, 593f, 631, 633, 736 Augezdecki, Alexander (Drucker) (1495 – 1577) 29 August, Kurfürst von Sachsen (1526 – 1586, reg. 1553 –1586) 240 Augustin (Aurelius Augustinus), Bischof von Hippo, Kirchenvater (354 – 430) 174, 339, 381, 383, 385, 406, 544, 569, 580, 585, 599, 617, 625, 703, 764–766, 767, 792, 806, 817f, 847, 877, 890, 900, 914f, 919, 921, 933, 947 Aurifaber (Goldschmidt), Andreas (1514 – 1559) 5, 7, 58, 119, 123, 436, 466, 469f, 489, 516f, 702, 720, 724, 791f, 803, 818, 823, 841 Aurifaber (Goldschmidt) Vratislaviensis, Johannes (1517–1568) 58, 469, 823f, 842, 958 Aurogallus (Goldhahn), Matthäus (um 1490 – 1543) 599 Basilius der Große, Bischof von Caesarea, Kirchenlehrer (329/30–379) 529, 703, 766 Baumgartner, Hieronymus (1498 –1565) 207, 251

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Register

Benedicti, Laurentius (Drucker) 73 Berg (Montanus), Johann vom (Drucker) († 1563) 72f, 213, 231, 373, 838, 939 Bernhard von Chartres († nach 1124) 598 Bernhard von Clairvaux (um 1090 – 1153) 448, 452, 498, 564, 727, 808, 889, 919 Besler, Michael (1512–1577) 937, 939, 949 Besold, Hieronymus (1522–1562) 70, 133, 251, 434, 939 Beurlin, Jakob (1520 –1561) 691, 823 Bidenbach (Bidembach), Balthasar (1533– 1578) 691 Biesenroth, Hans von (um 1527 Burggraf in Königsberg) 433 Bodenstein siehe Karlstadt Bojanowski, Stanislaus (poln. Sekretär) (1507–1555) 971 Bonacker, Maria 871 Bora, Katharina von (1499–1552) 251 Borcke, Antonius von (1501–1575) 789 Brahe, Tycho (1546–1601) 73 Brandt, Ahasverus von (um 1508 – um 1560) 718 Brant, Sebastian (1457/58 –1521) 800 Braubach, Peter (Drucker) (um 1500 – 1567) 233, 237, 243, 691 Brenz, Johannes (1499–1570) 14, 25f, 203, 523, 578, 653, 656–660, 663–665, 669f, 674, 676f, 680–682, 683, 686f, 691, 803, 823f, 829, 830, 873, 943, 965 Brettschneider (Placotomus), Johann (1514– 1577) 69, 207, 439, 670, 709, 716 Briesmann, Johannes (1488–1549) 23, 26 Bruccamp, Heinrich (ngw. 1556) 61 Buchholzer, Georg (um 1503 – 1566) 440 Bugenhagen, Johannes (1484–1558) 71, 212f, 224, 446, 517, 519, 521, 599, 701, 703f, 711, 722, 732, 761, 776–778, 873 Burchard, Franz (ngw. 1551) 718 C siehe auch K Cajetan siehe Thomas de Vio Calvin, Johannes (1509 –1564) 936 Camerarius, Joachim (1500 –1574) 939 Carion (Nägelin), Johannes (1499–1537) 196 Carlowitz, Christoph von, kursächsischer Rat (1507–1578) 162 Chemnitz, Martin (1522–1586) 11, 14, 519, 535, 966 Christoph, Herzog von Württemberg (1515 –1568, reg. 1550 –1568) 655, 659, 662, 691, 823, 871 Chrysippos von Soloi (281/276–208/204 v. Chr.) 175

Chytraeus, David (1530 –1600) 207 Cicero, Marcus Tullius (106 – 43 v. Chr.) 255 Clemens von Alexandrien (um 150 – um 215) 764, 767 Collizius (Kollitz), Johannes (Drucker) († 1599) 15 Cordes (Cordus), Anna (1518–1570) 519 Corvinus, Antonius (1501–1553) 61, 826, 830, 943 Crammius, Johannes († 1553) 61 Cranach, Lucas d. Ä. (1472–1553) 196 Cranmer, Thomas, Erzbischof von Canterbury (1489 –1556, reg. 1532–1556) 55 Creytz(en) s. Kreytzen Cruciger, Caspar d. Ä. (1504 –1548) 240, 599 Crusius (Krause), Andreas († 1575) 61 Culmann, Leonhard (1497/98–1562) 857 Daubmann, Johann (Drucker) († 1573) 5, 58, 70, 74, 381, 447, 664, 826f, 831, 870, 872, 943, 963, 967, 968 Dietrich, Veit (1506 –1549) 57, 73, 167, 203, 251, 599, 873 Diogenes von Sinope (um 413 – um 323 v. Chr.) 949 Doetschel, Johann 720 Dorothea, Herzogin in Preußen, geb. Prinzessin von Dänemark und Norwegen (1504–1547) 57, 474, 716 Dürer, Albrecht (1471–1528) 73 Dürr, Rupert (württemb. Rat) 823 Eber, Paul (1511–1569) 446 Eck, Johann (1486 –1543) 507 Eckhart v. Hochheim (gen. Meister Eckhart) (um 1260 – vor Mai 1328) 564 Edward VI., König von England (1537– 1553, reg. 1547–1553) 55 Eichhorn siehe auch Sciurus Eichhorn, Johann d. Ä. († 19. Dez. 1549) 469, 824, 841f Eichhorn, Johann d. Ä. (Drucker) (1524– 1583) 469 Elisabeth von Dänemark, Kurfürstin von Brandenburg (1485 –1555) 61 Elisabeth, Herzogin von BraunschweigLüneburg, Gräfin von Henneberg (1510–1558) 6, 55, 59, 61, 62, 426f, 474 Engelmann, Johannes († 1562/69) 692 Epikur (um 341 – um 270 v. Chr.) 257, 477, 587, 862 Epiphanius von Salamis (um 315 – 403/4) 634 Episcopius, Nikolaus d. Ä. (Drucker) (1501–1564) 182, 335 Epple, gen. Mailänder, Johannes Ottmar (um 1510 – 1573) 693

Personenregister

Erasmus von Rotterdam (1466/69 –1536) 445, 475 Erich I. d. Ä., Herzog von BraunschweigLüneburg, Fürst von Calenberg-Göttingen (1470–1540, reg. um 1495–1540) 61, 426 Erich II. d. J. Herzog von BraunschweigLüneburg, Fürst von Calenberg-Göttingen (1528–1584, reg. 1540–1584) 6, 61, 426, 519, 719 Eudoxios von Antiochia, Bischof von Germanicia, von Antiochia, von Konstantinopel (um 300 – 370) 527 Eutyches (um 378 – nach 454) 141, 242, 413, 589 Fabricius, Georg (1516–1571) 207 Fabricius, Johannes 939 Faust(us), Elisabeth, verehl. Flacius († 1564) 239 Faustus, Michael (1483–1561) 239 Fesel, Johannes (ngw. 1530) 519 Fischer, Agnes († um 1563) 240 Fischer, Ulrich († nach 1564) 70 Flacius, Matthias (1520 –1575) 6, 13f, 70, 71, 149f, 209, 233, 235, 237–239, 241–245, 247, 254, 260, 407, 411, 420, 520, 653, 656–661, 663, 665, 670, 682, 699, 700f, 787, 789–791, 803, 808, 811, 835–839, 842, 847, 853, 863, 869 Forster, Johann (1496 –1556) 71, 212f, 225, 446 Frecht, Martin (1494 –1556) 691 Friedrich III. (1415–1493, römisch-deutscher König ab 1440, Kaiser ab 1452) 4 Friedrich III., der Weise, Kurfürst von Sachsen (1463–1525, reg. 1486–1525) 208 Friedrich V., d. Ä., Markgraf von Brandenburg-Ansbach-Kulmbach (1460–1536, reg. 1486/1495–1515) 117 Froben, Hieronymus d. Ä. (Drucker) (wohl 1501–1563) 182, 335 Frölich, Georg (um 1500 – um 1554) 433 Fröschel, Sebastian (1497–1570) 101 Funck, Johann (1518–1566) 7, 11, 14, 53, 55–60, 64, 69f, 118, 196, 434, 437, 447, 469f, 489, 697, 699–704, 707, 711f, 720, 722f, 776, 787, 789–792, 795, 803f, 806–815, 817, 824, 835, 837, 841, 843, 844, 847, 853, 857, 937, 942, 965f Fürstenauer, Hans (Schachtelmacher, ngw. 1551) 69f Galen(os) von Pergamon (128/131–199/216) 714 Gallus, Nikolaus (1516 –1570) 13f, 71, 149f, 209, 235, 237, 240–242, 411,

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653, 656–661, 663, 665, 682, 699, 700, 790, 808, 835, 869 Gemmingen, Dietrich v. († 1526) 692 Gennadius von Marseille (2. Hälfte 5. Jh.) 914 Georg III. Schenk von Limpurg, Fürstbischof von Bamberg († 1522) 72 Gnadenseel, N. N., verehl. Vogel († vor 1589) 871 Gnaphaeus, Wilhelm (1493–1568) 711, 713, 719 Goltz, Margarethe, verehl. Funck († um 1560) 56 Gramann siehe Poliander Gräter, Kaspar (um 1501 – 1557) 692 Gräter, Margarethe, verehl. Brenz († 1548) 658 Gräter, Michael (1492–1562) 658 Grelle, Johann (ngw. 1566) 61 Gryphius, Sebastian (Drucker) (1492–1556) 228 Günther XL., genannt der Reiche od. der mit dem fetten Maule, Graf von Schwarzburg (1499–1552) 519 Hahn, Anna (1483 – nach 1533) 240 Hahn, Petrus († 1525) 240 Hegemon, Petrus (1512–1560) 23, 33, 115f, 134, 515–518, 520f, 531, 535, 702, 712, 718, 719, 721f, 798, 824, 946 Heinrich II., d. J., Herzog von Braunschweig-Lüneburg, Fürst von Braunschweig-Wolfenbüttel (1489–1568, reg. 1514–1568) 61 Heinrich d. Fromme, Herzog von Sachsen (1473–1541, reg. 1539–1541) 197 Helding (Sidonius), Michael, Bischof von Merseburg (1506 –1561, reg. 1550 – 1561) 260, 863 Heling (Hollinger), Moritz (1522–1595) 939 Heller, Joachim (um 1518/1520 – um 1590) 70, 447 Hermann IV., Ldgf. v. Hessen, Erzbischof und Kurfürst von Köln (1449/50–1508, reg. 1480–1508) 117 Herostratos († um 356 v. Chr.) 191 Heshusius (Heshusen), Tilemann (1527– 1588) 520 Heß, Anna, verehl. Staphylus (um 1531– 1564) 722 Heß, Johann (1490–1547) 712, 722 Heußler, Christoph (Drucker) († 1578) 604 Hieronymus (Sophronius Eusebius Hieronymus, Kirchenvater) (um 347 – 419/420) 524, 597f, 610, 875, 926, 932, 959

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Register

Hilarius von Poitiers (um 315 – 367) 575, 581, 632, 925, 932 Hiltner, Johann(es), Ratskonsulent in Regensburg (1485 –1567) 240 Hobsinger siehe Opsinger Höfler, Wolfgang († 1564) 519 Hofmeister, Johann (ngw. 1556) 61 Hoker (Hoiker, Hoeker), Walther (ngw. 1556) 61 Homer (um 800 v. Chr.) 255 Hoppe, Johannes (um 1512 – 1565) 445, 720, 787, 842 Horst, Matthias († 1566) 7, 58f Hosander, Andreas 24 Hosander, Anna 24 Hosius, Stanislaus (1504–1579) 445 Ignatius von Antiochien († 2. Jhdt. n. Chr.) 454 Ilbeck, Magdalena, verehl. Flacius († 1579) 239 Irenaeus von Lyon (um 135 – um 200) 544, 554, 569, 576, 608, 636, 650, 761f, 764, 766, 792, 817 Isabella von Österreich, Königin von Dänemark, Schweden und Norwegen (1501–1526) 25 Isenmann, Johann (1495–1574) 658, 692 Isenmann, Katharina, verehl. Brenz (um 1532 – 1587) 658 Isinder, Melchior (um 1520 – 1588) 11, 33, 535, 702, 712, 719, 721f Jacob, Cyriacus (Verleger) († 1551) 57, 714 Jagenteufel, Nikolaus (1526–1583) 437, 841 Joachim I. Nestor, Markgraf und Kurfürst von Brandenburg (1484–1535, reg. 1499–1535) 61, 196, 937 Joachim II. Hektor, Markgraf und Kurfürst von Brandenburg (1505–1571, reg. 1535–1571) 150, 197 Johann der Beständige, Kurfürst von Sachsen (1468–1532, reg. 1525–1532) 447 Johann, Markgraf von Brandenburg-Küstrin (1513–1571, reg. 1535–1571) 162, 208, 216 Johann Albrecht I., Herzog von Mecklenburg (1525 –1576 reg. 1547/52–1576) 57, 118, 151, 474, 520, 869, 937, 966 Johann Ernst, Herzog von Sachsen-Coburg (1521– 1553, reg. 1541–1553) 447 Johann Friedrich (I.), der Großmütige, Kurfürst von Sachsen, ab 1547 Herzog von Sachsen (1503 –1554, reg. 1532– 1554) 150, 446, 448, 459

Johann Friedrich II., der Mittlere, Herzog zu Sachsen (1529–1595, reg. 1554/55– 1566/7) 447 Johannes Chrysostomos (349?– 407) 385, 406, 915f, 933 Jonas, Christoph (um 1510 – 1582) 709, 720 Jonas, Justus d. Ä. (1493 –1555) 599 Julian Apostata (Flavius Claudius Iulianus), römischer Kaiser (331/32–363, reg. 360/61–363) 506 Justinian I. (Flavius Petrus Sabbatius Iustinianus) (römischer Kaiser) (um 482 – 565, reg. 527–565) 57 Karl V., römisch-deutscher Kaiser, König von Spanien (1500–1558, reg. 1516/ 1519– 1556) 25, 149, 163, 435, 459, 658, 660, 711, 903 Karlstadt, Andreas Rudolf, gen. Bodenstein (1486 –1541) 150f, 153, 160, 161, 180, 748 Kasimir IV. Andreas Jagiello, Großfürst von Litauen, König von Polen (1427– 1492, reg. 1440/1447–1492) 117 Keller (Cellarius), Andreas (1503–1563) 692 Kerinth(os) (um 100 n. Chr.) 161, 506 Kirchner, Ambrosius (Drucker) (1560) 869f Klingenbeck, Conrad (1526–1567) 939 Knipstro, Johannes (1497–1556) 71 Koberger, Johannes (Hans) d. Ä. (Verleger) (um 1454 – 1543) 933 Kohl, Hans (Drucker) (um 1500 – 1558/59) 56 Kölacher, Anna (ngw. 1564) 240 Konstantin I., der Große (Flavius Valerius Constantinus), römischer Kaiser (270/88–337, reg. 306/324 –337) 521, 527, 593, 594 Konstantin II. (Flavius Claudius Constantinus), römischer Kaiser (316–340, reg. 337–340) 594 Kopernikus, Nikolaus (1473–1543) 4, 25 Kopffius, Petrus (Verleger) († 1635) 15 Köteritz, Wolf von (1516–1575) 117, 432f, 436, 438 Krapp, Hans (1469–1515) 209 Krapp, Katharina (1497–1557) 209 Kreutzer, Veit (Drucker) († 1578) 205, 212, 656, 665, 674 Kreytzen, Christoph von (1512–1578) (Oberburggraf) 942 Kreytzen, Johann von (1516–1575) (preuß. Kanzler) 718 Kunheim, Erhard von (* um 1530) 474

Personenregister

Künhofer, Helene, verehl. Osiander (1519–1545) 25, 433 Kyrill, Bischof von Alexandrien (um 375/80 – 444) 184, 576, 578, 579, 580, 582, 626 Kyrill, Bischof von Jerusalem (313–386, reg. 351–386) 523 Kyros II., der Große, persischer König († 530 v. Chr.) 255 Langner (Longinus), Christoph (preuß. Hofprediger 1554/55) 835 Langton, Stephen, Erzbischof von Canterbury (um 1150 – 1228) 953 Lasius, Christoph (1504–1572) 519 Lauterwald, Matthias (1520 – nach 1551) 23, 26, 207, 439, 670, 702, 716, 720 Leo X., Bischof von Rom (reg. 1513 – 1521) 83, 167, 228 Leys, Heinrich 73 Leys, Katharina, verehl. Roting († 1573) 73 Leys, Kunigunda, verehl. Dietrich (um 1511 – 1579) 73 Linck, Wenzeslaus (1483–1547) 202f Listrius (Leister), Martin (um 1500 – nach 1556) 59, 61 Lott(h)er, Michael, Drucker (1499 –1556) 121, 438, 660, 663, 681, 694, 700, 727, 789, 803f, 816, 836, 870, 951 Löw, Joachim (Jochim Lewe), Drucker (ngw. 1547–1589) 154, 203, 460 Lucius, Jakob d. Ä. (1530–1597) 73 Lufft, Hans (Drucker) (um 1495 –1584) 28f, 50, 60, 95, 117, 120, 133f, 175, 224, 349, 436, 469f, 515, 517, 655, 699, 715, 723, 726, 789, 818, 823f, 845, 908, 941 Lufft, Helene († 1549) 436 Lupetina, Baldo (1502–1556) 239 Luther, Martin (1483 –1546) 3, 5f, 9, 11–13, 15, 24, 73, 83, 88f, 100f, 106, 118f, 122f, 133, 150–153, 156f, 159–162, 163, 165–167, 174–176, 182, 188, 192, 194, 201f, 209f, 212f, 215, 216, 224–230, 235, 239f, 242–244, 250–252, 259, 260–262, 266f, 272f, 298–301, 328, 330f, 352–355, 358–369, 372, 374–381, 384–389, 393, 395, 406, 408, 412, 425, 428f, 431, 440, 448, 452, 459–466, 468, 471, 473, 475, 478, 482f, 484, 500, 507, 508, 519, 523–526, 535, 558, 562, 582, 585, 587, 590, 594f, 597–604, 606, 609–611, 617, 619, 624, 628, 634, 646f, 656, 657–662, 672, 687, 703f, 708, 720, 727, 744–746, 748, 761f, 770, 774, 776–778, 792, 795, 800, 808, 813, 816, 817f, 826, 830, 836,

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846f, 870, 873, 886, 900f, 919–922, 925, 932f, 943, 953 Magenbuch, Helene (von Mayenbusch), verw. Osiander, verehl. Ruckher (1523 –1597) 25, 433 Magenbuch, Johannes (von) (1487–1546) 25, 433 Major, Georg (1502–1574) 164, 407, 521, 922 Malvenda, Pedro de (um 1505 – nach 1561) 863 Mani (216 –277) 440 Marcian (Flavius Marcianus), oströmischer Kaiser (um 390 – 457, reg. 450–457) 413 Margarethe von Anhalt-Zerbst, verehl. Herzogin von Sachsen (1494–1521) 447 Maria I., Königin von England (Mary Tudor, gen. „Bloody Mary“) (1516 – 1558, reg. 1553 –1558) 55 Medick, Christoph († vor/um 1547) 434 Meerfeld, Katharina von († 1588) 240 Melanchthon, Anna (1522–1546) 209 Melanchthon, Georg (1527–1529) 209 Melanchthon, Magdalena (1531–1576) 209 Melanchthon, Philipp (1497–1560) 5f, 9, 11f, 14f, 26, 69, 70–72, 118, 133, 196, 203, 205, 207–213, 215, 216, 224–230, 238, 240f, 251, 261, 425, 427–429, 431, 436f, 517, 519, 520, 599, 643, 656–659, 662, 687, 691, 718f, 728, 733, 735, 795, 802, 807, 823f, 826, 829, 830, 841, 847, 857, 870, 873, 937, 939, 943, 965, 967 Melanchthon, Philipp d. J. (1525–1605) 209 Menius, Josias († nach 1564) 438f Menius, Justus (1499 –1558) 71, 209, 447, 474, 658 Merckel, Georg (Drucker) (ngw. 1552– 1563) 826, 831 Minckwitz, Georg von (um 1487 – 1553) 150 Mohammed (islam. Religionsgründer) (um 569 – 632) 151, 155, 161, 163, 552, 646 Moibanus, Ambrosius (1494–1554) 215 Möller, Heinrich (um 1528 – 1567) 438f Montanus siehe Berg Moritz, Herzog, ab 1547 Kurfürst von Sachsen (1521–1553, reg. 1541–1553) 149, 209, 446, 459 Mörlin, Joachim (1514–1571) 6, 12–15, 71, 115f, 119, 123, 124, 125, 133f, 144, 177, 200f, 203, 426, 431f, 437, 445, 475, 515–521, 531, 549, 581, 592,

990

Register

648, 670, 699f, 702f, 719, 721, 724f, 728–730, 731, 732, 734f, 789–791, 795, 798f, 818, 824, 867, 869–872, 877, 935f, 938–942, 944–960, 963, 966–968 Mörlin, Jodocus (um 1490 – 1550) 518 Mörlin, Maximilian (1516–1584) 519 Musculus, Andreas (1514 –1581) 802 Myconius, Friedrich (1490/91–1546) 519 Nägelin siehe Carion Nestorius (ca. 381 – 451/453; Patriarch von Konstantinopel 428 – 431) 184, 242, 411–413, 576, 578, 579, 626, 629f, 787, 808, 842 Neuber, Ulrich (Drucker) († 1571) 72f, 213, 231, 373, 838, 939 Nopp(us), Hieronymus († 1551) 240 Nostitz, Kaspar von, preuß. Kammerrat (1500–1588) 701, 787 Novesianus (von Neuss), Melchior, Drucker († wohl 1551) 579 Ochino, Bernardino (um 1487 – 1564/65) 55 Opsinger (Hobsinger), Eva († vor 1558) 240 Origenes (um 185/86 – um 253/54) 767 Osiander, Agnes, verw. Aurifaber, verehl. Funck (* 1530) 5, 7, 25, 58, 436, 469f, 720 Osiander, Andreas (1496/98–1552) passim Osiander, Clara (* 1537) 25 Osiander, Elisabeth (* nach 1546) 25 Osiander, Katharina, verehl. Besold (*1526) 25 Osiander, Katharina (* nach 1538) 25 Osiander, Lucas (1534–1604) 25, 719 Osiander, Susanne (* nach 1538) 25 Osiander, Ursula (* nach 1546) 25 Osiander, Veronika, verehl. Freudenhammer (* 1533) 25 Otho, Anton (um 1505 – nach 1568) 6 Ottheinrich, Herzog und Pfalzgraf von Neuburg, Kurfürst von der Pfalz (1502–1559, reg. 1522/56 –1559) 25 Ottmar, Johann (Drucker) († um 1514/1517) 770 Packmohr, N. N. (Burggraf) 787 Petreius, Johannes (Drucker) (um 1497 – 1550) 55, 507 Petri, Adam (Drucker) (1454–1527) 777, 933 Petri, Andreas (Drucker) (um 1513 – 1593) 967, 971 Petrus Lombardus (1095/1100 –1160) 15, 564 Pfeffinger, Johann(es) (1493 –1573) 164

Pflug, Julius von, Bischof von NaumburgZeitz (1499 –1564, reg. 1541/1547– 1564) 260, 863 Philipp I., der Großmütige, Landgraf von Hessen (1504–1567, reg. 1509/18– 1567) 61 Philipp I., Herzog von Pommern(-Wolgast) (1515–1560) 520 Philipp IV., Graf von Hanau-Lichtenberg (1514 –1590, reg. 1538 –1590) 150 Photin von Sirmium (1514 –1590, reg. 1538 –1590) 632 Pico della Mirandola, Giovanni (1463–1494) 3 Platon (427–347 v. Chr.) 257 Poach, Andreas (1515/6 –1585) 6 Polentz, Georg von (1478–1550) 125 Poliander (Gramann), Johann (1487–1541) 435, 520 Pollicarius (Daume), Johannes (um 1515/ 1524 – nach 1569) 71 Polykarp v. Smyrna (um 69 – um 155) 157, 761 Pontanus, Johannes Jovianus (1429 –1503) 751 Poppo XII., Graf von Henneberg(-Schleusingen) (1513–1574) 61, 426, 427 Preu, Katharina (1508–1537) 25, 433 Rapagelan, Stanislaus (um 1485 – 1545) 709f Rauschke, Katharina von, verehl. von Venediger (ngw. 1519) 520 Reuchlin, Johannes (1455 –1522) 3, 24, 208, 215, 691 Rhodius siehe Rödinger Rieger siehe Urbanus Rhegius Rödinger (Rhodius), Christian d. Ä. (Drucker) († 1557) 71, 237f, 244, 420, 431, 657, 664, 667, 712, 792, 813 Rörer, Georg (1492–1557) 599 Röting, Hans (ngw. 1494) 72 Roting, Michael (1494–1588) 11, 67, 69–73, 90, 207, 447, 517, 537, 939 Runge (Rungius), Jacob (1527–1595) 939 Rynmann, Johann (Drucker) († 1522) 770 Sabinus (Schuler), Georg (1508–1560) 207, 216, 427f, 710, 720 Sachs, Hans (1494 –1576) 800 Sadoletus, Jacobus (Jacopo Sadoleto) (1477–1547) 228 Saur, Michael (ngw. um 1550) 438f Scarabäus (Scharnekau), Georg (1505– 1558) 61 Schalling, Martin d. J. (1532–1608) 936 Schenk, Jakob (1508 –1546) 197 Schlüsselburg, Conrad (1543 –1619) 15

Personenregister

Schnell, Johann († 1566) 7, 58f Schnepf, Erhard (1495 –1558) 208, 216, 447, 474, 658 Schultheiß, Georg (ngw. 1552) 447 Schwarzerdt, Georg (1459 –1508) 208 Schwenckfeldt von Ossig, Caspar (1489 – 1561) 687, 862f Sciurus siehe auch Eichhorn Sciurus (Eichhorn), Johannes (um 1518 – 1564) 437, 445, 469, 713, 720, 787 Seclutianus, Johann (Jan Seklucjan) (um 1510/15 – 1578) 713 Sedulius (Caelius Sedulius) († um 450) 767 Sedulius Scot(t)us (9. Jhdt.) 767 Seitz, Peter d. Ä., Drucker († 1548) 72, 101, 939 Sigismund I. der Alte, König von Polen (1467–1548, reg. 1507–1548) 57, 118, 708 Sigismund II. August, Großfürst von Litauen, König von Polen (1520–1572, reg. 1529/30/48–1572) 58, 966 Skalich (Scaliger), Paul (Pavao Skalić) (1534–1575) 7, 118, 965 Sokrates (469–399 v. Chr.) 873 Sophia Jagiellonka, Markgräfin von Brandenburg-Ansbach (1464–1512) 117 Speratus, Paul (1484–1551) 125, 435, 445, 448, 452, 456, 458–464, 468, 473, 475, 478, 481–483, 490, 499, 508f Stancaro, Francesco (um 1501 – 1574) 15, 126, 440, 516, 537, 731, 735 Staphylus, Friedrich (1512–1564) 12, 23, 26, 115f, 126, 133f, 212, 435, 515f, 700–702, 710f, 712, 713–719, 721f, 724, 726, 727, 728, 731f, 733, 734, 740, 742, 798 Steinbach, Johann († 1566) 58f Sti(e)fel, Michael (um 1487 – 1567) 437 Stigel, Johann (Pfr. Breslau, ngw. um 1550) 718 Stosser, Fabian (ngw. 1550) 439, 670, 716 Streicher, Agathe (1520–1581) 862 Streicher, Hans Augustin (um 1510 – 1573) 862 Strigel, Victorin (1524 –1569) 447, 474 Stürmer, Gervasius, Drucker (ngw. 1530– 1567) 474 Suawe, Bartholomäus (1494–1566) 520 Tanner, Bernd (ngw. um 1550) 438f Tauler, Johannes (um 1300 – 1361) 703, 770, 774

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Tertullian (Quintus Septimius Florens Tertullianus, um 160/70 – nach 220) 162, 553, 569 Tessmer, Sophia von, verehl. von Venediger (ngw. um 1560) 521 Theodosius II., oströmischer Kaiser (401– 450, reg. 408–450) 184, 411 Theokrit (um 270 v. Chr.) 949 Thomas von Aquin (1224/25 –1274) 177 Thomas de Vio Caietanus (1469 –1534) 83 Truchsess, Wilhelm von (ngw. 1553) 789 Urbanus Rhegius (Urban Rieger) (1489– 1541) 776, 826, 830, 943 Valens (Flavius Valens), römischer Kaiser (328–378, reg. 364/375–378) 527, 529 Vannius, Valentin (1495–1567) 692 Venediger, Georg von (1519–1574) 115f, 134, 208, 216, 515–518, 520f, 531, 722, 798, 824, 966 Venediger, Martin von 520 Vogel, Leonhart (ngw. 1519) 870 Vogel (Orneus), Matthäus (1519–1591) 58, 867, 869–873, 878, 900, 903, 935, 936f, 943f, 945, 947f, 950, 953f, 956, 958–960, 965 Wachter, Georg (Drucker) († 1547) 57 Wagner, Bartholomäus (um 1520 – 1571) 445, 720, 787, 842 Waldner, Wolfgang († 1583) 71, 517, 869, 871, 877, 936, 938, 939, 943, 948–951, 953f, 957–960 Walther, Hans (Drucker) (1500–1560/61) 56 Werler, Veit (um 1485 – nach 1522) 72 Weidmann, Moritz Georg (Verleger) (1658–1693) 632 Weinreich, Hans (Drucker) († 1559/60) 72, 704f, 784 Weissenhorn, Alexander (Drucker) († 1570) 507 Welack, Matthaeus (Drucker) († 1593) 427 Wesling, Andreas († 1577) 439, 720, 722 Witzel, Georg (1501–1573) 197 Wolfhardt, Bartholomäus (ngw.1556) 61 Zenon von Kition (wohl 333/2 – 262/1 v. Chr.) 257 Ziegler von Klipphausen, Bernhard (1496–1551/2) 26, 599 Zwingli, Huldrych (1484 –1531) 3, 83, 109f, 151, 153, 160, 161, 180, 188, 195, 412, 590, 646

993

Geographisches Register Kursive Ziffern bezeichnen Seiten mit Ortsnamen, die nur im Anmerkungstext enthalten sind. Charakterisierungen von Personen, Schriften oder historischen Sachverhalten durch Ortsnamen (z. B. „Wittenberger Theologen“, „Jenaer Stellungnahme“, „Augsburger Interim“) finden in diesem Register keine Berücksichtigung. Africa (römische Provinz) 764 Ägypten 764 Albona (Labin, Kroatien) 239 Aldersbach 937 Alexandria (Ägypten) 79, 506, 594, 764 Allersberg 937 Alpirsbach 871, 937 Altdorf 73 Anhausen/Brenz 692 Ansbach 117, 521, 692 Antiochia (Antakya, Türkei) 528 Arnstadt (Thüringen) 519 Asia (römische Provinz) 766 Athen 257 Augsburg 3, 83, 770, 776, 936 Babenhausen (Hessen) 150 Backnang 692 Baden-Durlach (Mgft.) 691 Basel 182, 239, 335, 777, 902, 933 Bautzen (Budissin) 445 Beilstein (LK Heilbronn) 692 Berlin 197 Blaubeuren 691 Böblingen 693 Brandenburg (Stadt) 150 Brandenburg-Ansbach (Mgft.) 521, 658 Braunschweig 519, 869, 877, 936, 944, 946, 960 Braunschweig-Lüneburg (Hzt.) 776 Breslau (Wrocław, Polen) 58, 215, 469, 712, 719, 722 Bretten (Kraichgau) 208 Büdingen 150 Calenberg-Göttingen (Hzt.) 61 Cammin in Pommern (Kamień Pomorski, Polen) 520 Cannstatt (Stuttgart - Bad Cannstatt) 692, 693 Canterbury 55 Chalkedon 16, 141, 413, 589 Coburg 251, 519

Danzig 436, 445, 469, 942 Deutschland 33, 155, 251, 468, 472, 717, 719, 722, 874, 947f Ehingen (Donau) 693 Eisleben 157, 967, 971 Elbing (Elbląg, Polen) 437, 445, 469, 716 England 55 Ephesus 191, 411, 576, 578, 579, 581 Erfurt 474 Feuchtwangen 692 Frankfurt/Main 57, 196, 233, 237, 240, 243, 691 Frankfurt/Oder 15, 445, 469, 709, 731 Frankreich 761 Freiberg (Sachsen) 197 Freiburg (Breisgau) 691 Freystadt (Kożuchów, Polen) 445 Gaëta (Latium, Italien) 83 Garsten (Österreich) 936 Geisa (Rhön) 61 Germau (Russkoje, Russland) 70 Göppingen 692, 871 Göttingen 6, 719, 799 Griesingen (bei Ehingen/Donau) 693 Güstrow 937 Haffstrom (vormals nahe Königsberg/Pr.) 437 Hagenau (Haguenau, Frankreich) 3 Halle/Saale 240 Hamburg (Hansestadt) 149f, 154, 155, 238, 681 Hannover 61 Hannoversch Münden 61, 474 Heidelberg 208, 657, 691f Heilbronn 692 Henneberg (Gft.) 61 Herrenberg 691f Hildesheim 61 Hilpoltstein 937

994

Register

Holzheim (Göppingen, Baden-Württemberg) 693 Hornberg (Schwarzwald) 871 Ilmenau 61 Immenhausen (Nordhessen) 61 Ingolstadt 3, 24, 70, 72, 507, 937, 943 Jena 239 Jerusalem 557 Karlstadt/Main 180 Kaunas (Litauen) 710 Kirchheim/Neckar 871 Kirchheim/Teck 871 Kitzingen (Unterfranken) 72 Kolberg (Kołobrzeg, Polen) 520 Köln/Rhein 579, 632 Königsberg in Preußen (Kaliningrad, Russland) 4– 6, 13, 15, 19, 21, 23f, 26, 28f, 34, 44, 50, 53, 55, 57f, 60, 64, 69, 70, 71, 72, 95, 101, 107, 115, 118, 120f, 126, 128, 131, 133, 134, 136, 137, 195, 207f, 224, 247, 251, 323, 349, 428f, 431, 432, 434, 435, 437 –439, 443, 445, 446 – 448, 469, 474, 513, 515, 516, 517f, 519 – 521, 526, 531, 535, 537, 539, 552, 563, 608, 615, 649, 658, 664, 683, 697, 699, 701f, 704f, 709, 710, 711, 713, 715, 716, 718 –720, 722f, 726, 776, 783, 784, 787, 789, 795, 799, 821, 823, 824, 826f, 829, 831, 842, 845, 869, 870, 871f, 874f, 908, 925, 941–944, 945– 947, 963, 965 – 968, 971 siehe auch Löbenicht Königshofen (Bad Königshofen im Grabfeld, Unterfranken) 72 Konstantinopel (Istanbul, Türkei) 79, 141, 167, 184, 411, 413, 589, 713 Konstanz 83, 519 Kopenhagen (Hafnia) 73 Köthen (Anhalt) 240 Krakau (Kraków, Polen) 58 Kulm (Chełmno, Polen) 445 Kulmbach (Oberfranken) 692 Kurpfalz 210 Labiau (Polessk, Oblast Kaliningrad, Russland) 871 Lauf a. d. Pegnitz 870 Leipzig 58, 70, 72, 150, 197, 240, 260, 469, 519, 965 Leipheim (Donau) 693 Liebemühl (Miłomłyn, Polen) 521 Bad Liebenzell (Schwarzwald) 241 Lindau (Bodensee) 83 Litauen 55 Löbenicht (zu Königsberg/Pr.) 115, 719 London (Großbritannien) 55

Löwenstein (Landkreis Heilbronn, BadenWürttemberg) 692 Lübeck (Hansestadt) 151 Lübz (Landkreis Ludwigslust-Parchim, Mecklenburg-Vorpommern) 474 Lüneburg 56, 149, 155, 238 Lyon (Frankreich) 228, 761 Magdeburg 56f, 71, 121, 149f, 155, 237f, 239–241, 244, 420, 431, 438, 517, 656, 657, 660, 663f, 667, 677, 681, 694, 700, 712, 727, 789, 792, 803f, 813, 816, 836, 869f, 951 Mansfeld (Stadt) 240 Mantua 3, 15, 537 Marburg/Lahn 519 Marienwerder (Kwidzyn, Polen) 445 Maulbronn 692 Medina (al-Madīna al-munawwara, SaudiArabien) 155 Mekka (Saudi-Arabien) 155 Memmingen 83 Mohrungen (Morąg, Polen) 520 Mömpelgard (Montbéliard, Dépt. Doubs, France) 692 Monemvasia (Griechenland) 391 Moskau (Großft.) 163 Mühlberg/Elbe 459 Napoli di Malvasia 391 Naumburg/Saale 863 Neubrandenburg 151 Neuburg/Donau 70 Neuhausen (Gurjewsk, Oblast Kaliningrad, Russland) 474, 942 Nicaea (İznik, Türkei) 79, 167, 506, 713, 901 Nidda (Wetterau) 150 Nördlingen 70 Nürnberg 3f, 6, 24, 55, 56f, 69, 70, 72, 73f, 122, 133, 199, 213, 240, 251, 373, 381, 429, 433f, 437, 438, 447f, 460f, 469, 507, 516f, 564, 586, 604, 658, 710, 711, 712, 713, 776, 831, 838, 857, 870, 874f, 877, 903, 937, 939, 943, 944, 949, 951 Nürtingen 693 Oberesslingen (Esslingen/Neckar) 693 Oberursel (Taunus) 150 Ochsenfurt (Unterfranken) 72 Offenhausen (Mittelfranken) 70 Oschatz 56 Padua 469 Paris 570, 919 Passau 936 Pforzheim 208 Poissy 691

Geographisches Register

Polen 57, 713, 971 Pommern 520 Poppen (herzogl. preuß. Forsthaus) 717 Preußen (Hzt.) 4, 7, 14, 23, 26f, 53, 58, 60, 62, 67, 70, 71, 101, 120, 131, 133, 151, 182, 199, 247, 423, 425, 429, 431, 434, 437, 443, 448, 461, 469, 473, 474, 513, 518, 521, 526, 533, 539, 586, 655f, 658, 660, 664, 667, 669, 670, 672, 697, 699, 707, 708, 709, 711, 712, 716f, 719, 722, 731, 742, 784, 789f, 799, 803, 816, 818, 823, 831, 836, 870f, 874–876, 903, 908, 936, 937f, 941–945, 947, 950, 955, 957f, 965–967 Regensburg 56, 239f, 936 Reutlingen 691 Riesenburg (Prabuty, Polen) 57, 718, 869, 937f, 958 Bad Rodach 72 Rom 195, 196, 710 Rostock 520 Roth (Mittelfranken) 937 Rottenburg/Neckar 692 Sachsen 459, 474 Salzwedel 149 Schalkstetten (Amstetten, Alb-DonauKreis, Baden-Württemberg) 693 Schleusingen (Thüringen) 519 Schmalkalden 3, 100, 101, 203, 251, 426 Schneeberg (Erzgebirge) 70 Schwäbisch Hall (Hall am Kocher) 658f, 692 Schwerin (Mecklenburg) 474, 937 Seyda (Jessen/Elster, Landkreis Wittenberg, Sachsen-Anhalt) 56 Sidon (Libanon) 863 Speyer 693 Sprendlingen (Dreieich, Wetterau) 150 Sprottau (Szprotawa, Polen) 937 Staden (Wetterau) 150 Stadtlengsfeld (Dermbach, Wartburgkreis, Thüringen) 61 Stendal (Altmark) 149 Stettin (Szczecin, Polen) 731 Steyr (Oberösterreich) 936 Stopnica (Polen) 15 Straßburg (Strasbourg, Frankreich) 83, 240, 692

995

Stuttgart 691, 871 Sülzfeld (Oberfranken) 72 Sülzfeld (Thüringen) 72 Sulzfeld/Main (Kitzingen, Unterfranken) 72 Themar (Landkreis Hildburghausen, Thüringen) 519 Torgau 70 Trient (Südtirol, Italien) 659, 691f Trier 594 Tübingen 196, 208, 239, 251, 691f, 719, 870 Ulm/Donau 691, 862 Urach (Bad Urach) 692f Vaihingen/Enz 657 Venedien (Ostpreußen) (Wenecja, Polen) 520 Venedig (Venezia, Italien) 768f Vilnius (Litauen) 710 Vilshofen/Donau 937 Waldsee (Bad Waldsee, Oberschwaben) 197 Wallersbach (Gemeinde Roth, Mittelfranken) 937 Wehlau in Ostpreußen (Snamensk in der russischen Oblast Kaliningrad) 871 Weil der Stadt (Landkreis Böblingen, Baden-Württemberg) 657 Weilburg/Lahn 150 Weimar (Thüringen) 197 Weißenfels/Saale (Burgenlandkreis, Sachsen-Anhalt) 70 Wien (Österreich) 937, 965 Wildberg (Schwarzwald) 692 Windecken/Nidder (Main-Kinzig-Kreis, Hessen) 150 Wismar (Hansestadt) 474 Wittenberg (Lutherstadt) 5f, 14, 26, 56, 61, 70, 72, 101, 150, 156, 175, 196, 205, 207f, 210–213, 225, 239, 250f, 267, 301, 427, 432, 436, 437, 445, 469f, 474, 517–519, 521, 535, 537, 582, 656, 665, 669, 674, 676, 691, 709f, 711, 714, 716, 717, 719, 722, 748, 776, 818, 836, 870, 937, 939, 965 Wöhrd (Nürnberg) 56, 937 Worms/Rhein 3 Württemberg (Hzt.) 238, 655, 659, 965 Würzburg/Main 117 Zschillen (Sachsen) 118

997

Bibelstellenregister Die Reihenfolge der biblischen Bücher richtet sich nach Siegfried Schwertner, Internationales Abkürzungsverzeichnis für Theologie und Grenzgebiete (IATG), Berlin u. a. 19922, XXXI. Genesis 1,27: 9, 95, 313, 687, 756 2,15 –3,19: 258 2,17: 602, 881 3: 160, 688, 743, 748, 773, 779 3,1– 5: 465 3,1–24: 467 3,6: 688 3,14: 748, 756 3,15 –19: 688 3,15: 97, 158, 160, 176, 186, 217f, 484, 532, 545, 556, 561, 604, 622, 628, 640, 688, 740, 748, 756f, 843, 882 3,19: 545, 602 3,23f: 111, 480 4: 161 4,1– 8: 258 4,7: 891 4,8 –10: 851 4,11: 852 4,15: 852 4,17f: 258 4,25f: 258 4,26: 258 5,3: 258 5,6 – 8: 258 5,6: 258, 614 5,9 –11: 258 5,18: 258 5,21–24: 258 5,22–24: 644 5,25 –27: 403 5,32: 258 6,5 –7: 602 6,5: 541 6,9: 258 6,10: 258 7,13: 258 8,7: 496 8,20 –22: 258 8,21: 541, 880 9,18 –27: 258 9,20–26: 161 10,1: 258 10,6: 258 12,1–3: 622

12,3: 485, 740 15,1: 740 15,5: 485 15,6: 317, 613, 740 16,11f: 258 17,4 –7: 486 18,18: 485 18,20f: 602 19,24f: 602 19,37f: 258 21,8 –21: 258 22,16 –18: 622 22,17f: 485 22,17: 740 22,18: 628 25,9: 258 25,12–18: 258 25,24 –34: 258 26,4: 740 28,12: 172

Exodus 2,24: 258 3,6: 258, 497 3,15f: 258 4,5: 258 6,3: 258 7,11: 258 7,22: 258 8,3: 258 16: 162 20,2–17: 926 20,2f: 628, 878 20,3: 628 20,5f: 314, 572 20,7: 627, 878 20,8: 878 20,12: 878 20,13: 878 20,14: 879 20,15: 879 20,16: 879 20,17: 879 20,18: 879 23,2: 905 24,8: 307 24,12: 347 24,17: 951 31,18: 347

32,15 –19: 347 32,32f: 453 34,1– 4: 347 34,7: 173 34,14: 973 34,28: 347

Leviticus 8,35: 620 11,45: 313 16: 886 18,5: 314, 347, 542, 620, 641, 811 19,2: 309, 313 19,15: 901 19,18: 880 20,26: 313

Numeri 11,6: 862 16: 161, 258 25,6 –15: 291 25,7–13: 852

Deuteronomium 1,16: 749 4,24: 403, 810 5,6-21: 926 5,6f: 628 5,7: 628 5,9f: 572 6,5: 80, 541, 620, 625, 880 6,25: 316, 749 8,3: 78 8,6: 812 8,11: 812 8,14: 812 8,18f: 812 13,4: 158 18,15: 104, 882 21,23: 544 21,24 –27: 453 24,10 –13: 291 25,1: 619 27,24: 883 27,26: 542, 880, 883 28,28 Vg: 192

998

Register

29,12: 258 30,6: 760, 814 30,11–14: 641 30,14: 641 30,16: 760, 814 30,20: 760, 814 32,13: 889 32,35: 877

I. Buch Samuelis 2,30: 972 16,7: 216 17: 591 17,4–7: 621 17,45: 902 18,1: 936 18,3: 936 24,17: 806 26,19: 254 II. Buch Samuelis 7,12–16: 757 11,14 –17: 853 11,15 –17: 756 15 –18: 221

I. Königebuch 3,9: 846 8,13: 805 18,25 – 40: 228 18,27: 940 19,18: 467 21,21: 342, 345, 805

II. Königebuch 24,10 –25,30:

602

Jesaja 1,8 Vg: 221 1,15: 853 1,18: 307 5,7: 80 5,23: 619, 723 7,14: 173, 218, 487, 623, 688, 882 8,21: 628 9,1: 98 9,5f: 623, 688 9,5: 36f, 44f, 177, 189, 887 11,1– 5: 688 14,12: 506 19,14: 571 25,4 Vg: 221 25,8: 761 26,20: 898 27,3f: 895 28,12: 341 33,5: 749 35,17: 805 38,14: 896

38,18: 95 42,1– 4: 688 43,24f: 170, 636 43,25: 888 45,1–3: 255 45,17: 344f, 806 45,24: 747 48,18: 316, 320 50,1: 543, 572 50,6f: 883 51,1: 637 51,4f: 775 51,6: 775 52,11: 89 52,13 – 53,12: 463 52,39–53,12: 104 53: 544 53,1–12: 633 53,1– 6: 688 53,3 – 5: 283 53,3f: 883 53,3: 636 53,4 – 6: 882 53,4f: 168, 487, 562, 602, 636, 757, 883 53,5: 103, 139, 171, 187, 220, 311, 544f, 637, 844, 855, 858, 884, 904 53,6: 544, 904 53,7: 884 53,8: 904 53,9: 622 53,10: 884 53,11: 221, 311, 779 53,12: 103, 170 57,19: 102 58,1: 530 59,2: 543, 572 60,16f: 637 63,7: 223 64,3: 418, 899 64,5: 754 65,17: 283 66,24: 881

Jeremia 5,6: 973 8,6: 973 9,22f: 335, 337, 568, 765 9,23: 223 10,24: 895 17,5: 541, 635f 17,14: 890 17,18: 891 21,12: 749 23,5f: 185, 324, 333, 337, 629, 759, 970 23,5: 325, 339 23,6: 44f, 253, 333, 567, 630 31,18: 895

33,2: 630 33,15f: 222, 324, 333, 337, 629f, 970 33,15: 325, 339 33,16: 45, 253, 333, 567, 759 42,12: 223

Ezechiel 33,16: 812 33,19: 812 37,27: 89

Daniel 1,7: 173 3: 173 3,21–26: 173 6,17–23: 173 9,9: 223 9,16: 637 9,18: 221, 223 9,24: 342f, 729, 733f, 755, 775, 791, 804, 806 9,27: 457, 466 11,31: 457, 466 12,3: 458 12,11: 457, 466

Hosea 2,19f: 40f 2,21: 223, 749 8,1: 530 13,14: 581

Joel 2,13: 894

Micha 7,19:

297, 888

Habakuk 2,3f: 972 2,4: 34, 78, 81

Zephania 3,16: 892

Sacharja 2,12: 972 9,9: 38f, 367, 744 9,11: 171, 844

Maleachi 3,20: 484 3,23: 286

Psalmen 1,1: 326 1,2: 326 1,3: 891

999

Bibelstellenregister

1,6f: 809 2,4: 504 2,12: 223 5,5 –7: 883 5,5: 48f, 584 5,9: 921 5,10: 729 6,2: 747 6,2 Vg: 221 6,5 Vg: 221 6,6: 881 7,15 –18: 446 8,3: 531, 538 9,5: 746 10,7: 513, 518 11,7: 327 13,2 Vg: 38 14,1–3: 542 14,2: 39 14,3: 38f, 746 15,2–4: 164 15,5: 326 16,10: 140, 884, 905 18,5f: 884 18,6 Vg: 218 18,26f: 956 18,44: 956 18,49: 956 22,7: 883 22,17: 884, 889 23,5: 36f 23,6: 754 24,4: 326 24,10: 180 25,4f: 963 25,12–14: 326 26,6: 326 30,2: 570 31,1: 747, 810 31,6: 898 32: 617, 922 32,1f: 173, 221, 307, 585, 615, 693f, 888, 969 – 971 32,1: 224 32,5: 542, 563, 585 33,5: 327 34,9: 889 34,20: 248 36,6: 766 37,26: 326 37,37: 326 38,3 – 5: 881 38,18: 874 39,13: 766 40,8f: 219, 322 40,8: 882 40,13: 637 41,1: 810 49,15: 881 51: 224 51,3 –7: 750

51,3: 559 51,5: 757 51,7: 478, 541, 778, 880, 882, 887 51,9: 847, 853, 856 51,12: 891 51,16: 747, 756f, 853 53,3: 38f 66,5: 892 66,20: 892 67,2f: 892 67,5: 892 68,21: 253 68,27 Vg: 164 69,8: 883 69,29: 453 71,2: 747, 756 71,16: 592 72,1f: 747, 758, 783, 810 77,8: 344f, 805 79,14 Vg: 167 86,13: 140, 884, 905 89,17: 747, 783 89,49: 881 94,19: 248 97,7: 186 103,2– 4: 888 103,6: 749 103,9 –12: 619 103,12: 297 106,30f: 291 106,30: 853 110,3: 783 116,3: 884 118,40 Vg: 916 119,5–8: 165 119,10: 165 119,14: 165 119,24: 166 119,29: 166 119,30: 166 119,35: 166 119,43: 166 119,54: 166 119,56f: 165 119,67: 895 119,71: 895 119,72: 165 119,80: 166 119,133: 166 119,163: 166 128,22: 775 129,4 Vg: 229 130: 224, 617 130,3f: 888 130,3: 542, 586, 626, 747, 882 130,4: 379, 381, 922 130,7f: 888 132,9: 95 133,1: 935

140,12: 513, 518 142,2 Vg: 229 143,1: 600 143,2: 219, 586, 619, 626, 747, 882

Hiob 5,13: 564 19,25 –27: 896 26, 8: 877 29,22: 934 40,32: 893

Proverbia 10,2: 643, 645, 729, 733, 755, 791, 807 11,4: 327 17,12: 949 17,15: 619 18,1: 592 24,12: 216 30,20: 593

Hoheslied 2,16: 887 5,5: 893 6,3: 887

Kohelet 805

1,10:

Klagelieder 3,22: 223

Weisheit 2,23: 778 3,17: 898 4,7: 898 7,7: 886 Jesus Sirach 8,4: 944 9,25: 960 19,15: 948 19,17: 948 41,1: 896 51,38: 326 II. Makkabäer 2,5 –7: 557

Stücke zu Daniel 454

2,26:

Matthäus 1,1–9: 745 1,1: 615 1,17: 615 1,18–25: 622 1,18: 882

1000 1,20: 882 1,21: 313, 615 1,23: 173, 218 3,8: 908 3,13 –17: 480 3,15: 38, 249, 325, 622 3,17: 289, 779 4,1–11: 465 4,4: 78 4,10: 87 5,8: 763 5,13: 164 5,17–20: 811f 5,17–19: 562 5,17f: 882 5,17: 38, 779, 883 5,18: 529, 542, 817 5,20: 141, 497, 541, 733, 753, 817 5,24: 972 5,37: 800 6,9f: 322 6,9 –15: 906 – 908 6,12: 48, 51, 542, 563, 911 6,33: 181, 451, 754 7,2: 770 7,6: 179 7,13: 609 7,15: 818, 842 7,18: 50f 7,24 –27: 554 7,24f: 889 8,13: 595 8,22: 765 8,24: 256 8,29: 506 9,1– 8: 373 9,2: 92, 182, 405 9,3: 182 9,6: 182 9,12: 595 9,13: 196, 894 9,15: 489 9,17: 508 9,22: 595 9,24: 898 10,20: 144 10,28: 453 11,7f: 164 11,15: 141, 776 11,25: 104 11,27: 183, 567 11,28: 221 12,8: 883 12,22–30: 248 12,31f: 144, 163 12,33: 50f 12,36: 973 12,43 – 45: 471 12,43f: 892

Register

12,44f: 893 13,7: 895 13,9: 141, 776 13,24f: 256 13,43: 141, 782, 899 13,45f: 529 15,8: 887 15,19f: 541 15,28: 595, 887 16,14: 627 16,15 –19: 489 16,16 –18: 110 16,18: 84, 110, 490, 536, 572 16,21: 253, 463 16,23: 87 17,5: 609 17,22f: 463 18,3: 565 18,6: 164, 586, 795, 972 18,7: 167 18,11: 882 18,15 –17: 947, 956 18,15: 902 18,19: 489 18,34: 542 19,6: 180 19,16f: 620 19,17: 542, 760, 811, 815 19,21: 542 19,24: 199, 491 20,1: 709 20,9: 192 20,17–19: 463 20,28: 220, 636 21,1– 9: 175, 369, 601, 921 21,5: 367 21,16: 538 21,42: 489, 775 22,2–10: 546 22,32: 258 22,36 – 40: 899 22,37– 40: 620, 625 22,37: 80 22,38 – 40: 542 23,35: 189, 850 24,3 –28: 457 24,13: 896 24,15: 457 24,22: 746 24,23-26: 969 24,24: 165f 24,27: 885 25,1–13: 505 25,14 –30: 587 25,19: 708 25,41: 881 25,46: 881 26,26 –28: 144, 894 26,26f: 87

26,26: 110, 188 26,27– 50: 779 26,28: 44f, 312, 779 26,37–39: 883, 898 26,37: 896 26,38: 779 26,41: 892, 896 26,47– 50: 481 26,64: 480 26,65: 894 27,3 – 5: 501, 806 27,5: 490 27,25: 854 27,27–30: 187, 883 27,27– 50: 731 28,18 –20: 885 28,18: 183, 480, 740, 779 28,29: 781

Markus 1,9 –11: 480 1,11: 289 1,15: 94, 885, 908 1,34: 471 2,5: 894 2,7: 299 2,17: 196 3,22–27: 248 3,28–30: 163 3,29: 144 4,9: 141, 776 4,12: 141 4,23: 141 4,25: 776 5,7– 9: 506 5,13: 506 5,34: 105 6,12: 299 8,22: 763 8,33: 87 9,7: 609 9,24: 886 9,42: 164 9,50: 164 10,14: 85 10,17–19: 811 10,18: 760, 815 10,25: 199 12,26: 258 13,3 –23: 457 13,20: 746 14,22–24: 144, 894 14,22: 188 14,34: 779 14,43 – 46: 481 15,16 –37: 731, 779 15,16–20: 187 15,28: 103

Bibelstellenregister

15,34: 16,15f: 16,15: 16,16: 16,19:

627 885 63, 502 84, 886 139

Lukas 1,26 –38: 482, 622 1,30–33: 181 1,32: 101 1,35: 185, 779, 882 1,38: 892 1,74f: 780, 890 1,75: 95f, 327, 780 1,77: 312, 615 1,78: 484 2,5 –7: 779 2,13–20: 183 2,21: 187 2,25–32: 84 2,29–35: 177 2,29f: 896 2,52: 324 3,22: 289 4,19: 166 5,32: 196 7,24f: 164 7,41– 47: 644 7,47: 405 7,48–50: 196 7,50: 82, 105, 554, 595 8, 8: 141 8,15: 623 8,18: 158 8,28: 506 8,52: 898 9,35: 609 9,60: 763, 765 10,18: 506 10,25 –28: 542 10,25: 878 10,27: 80, 96, 880 10,28: 314, 347 11,4: 51, 299, 542 11,6: 158 11,13: 886 11,14 –23: 248 11,20: 105 11,24: 892 11,25f: 893 11,50f: 850 12,10: 163 13,3: 972 13,5: 972 14,34f: 164 14,35: 141 15,2–7: 894 15,7: 882, 894

15,10: 882 15,22: 418 16,10: 542 16,17: 562, 811, 882 16,19 –31: 507, 542 16,22: 456, 898 16,26: 507 17,2: 164 17,5: 886 17,19: 92 18,9 –14: 879 18,13: 882, 894 18,14: 186 18,16: 85 18,18 –20: 811 18,19: 181, 760, 815 18,25: 199 18,42: 92 19,10: 183, 894 19,12–27: 587 20,36: 563 20,37: 258 22,3: 471 22,19f: 87, 144, 894 22,19: 188 22,37: 103 22,44: 171, 187, 731, 779, 883, 898 22,47f: 481 23,32– 46: 731, 779 23,33: 103 23,42: 898 23,43: 111, 196, 898 23,50f: 201 24,13 –27: 501 24,25 –27: 463 24,25f: 859 24,26f: 104 24,27: 885 24,36 –43: 631 24,44: 546 24,46f: 546 24,47: 617, 885, 906

Johannes 1,1–14: 577 1,1– 4: 780 1,1: 758 1,3: 567 1,4: 218, 345, 577 1,7: 645 1,12f: 36f, 455 1,12: 641, 888 1,14: 98, 164, 168f, 180, 183, 185f, 189, 198, 218, 223, 345, 758f, 778, 916 1,17: 210, 217 1,18: 218, 758, 778

1001 1,29: 102, 109, 287, 289, 363, 480, 544, 562, 779, 839, 884, 904, 918, 929 1,36: 480 1,42: 490 3,3: 455 3,5: 40f, 455, 887 3,10 Vg: 190 3,13: 135, 138, 140f 3,14–16: 103, 898 3,16: 103, 324, 454, 758, 778, 882, 929 3,18: 103, 747, 758, 778 3,19: 341 3,23: 227 3,27: 256 3,29: 40f, 489 3,35: 885 3,36: 548, 886, 888 4,10–14: 161 4,14: 888 4,16f: 890 4,23f: 888 4,24: 628 4,26: 890 5,19: 139, 770 5,28f: 881, 899 5,39: 93, 546, 563 5,45 – 47: 453 6,15f: 102 6,27: 577 6,28: 416 6,29: 571 6,33: 577 6,35: 178, 343 6,37: 894 6,39f: 899 6,39: 547 6,41: 577 6,44: 899 6,47: 547 6,48: 343, 345 6,51– 58: 293 6,51: 295, 345, 577, 581 6,53: 44f, 199 6,54: 578, 844, 899, 929 6,55: 188, 343, 645 6,56: 547, 894 6,57: 42, 681 6,58: 44f 6,60 Vg: 179 6,63: 97, 104, 763 7,17: 165 8,7–11: 196 8,11: 327 8,12: 98, 564, 883 8,13 –18: 552

1002 8,29: 883 8,44: 158, 755 8,56 – 58: 623 8,56: 193, 551, 585 10,1: 406, 489 10,5: 620, 973 10,9: 491 10,11: 407 10,12–16: 746 10,12: 159, 406, 530 10,27–30: 547 10,27f: 899 10,27: 407 10,28: 219, 289 10,28 Vg: 223 11,11–15: 898 11,25f: 455, 899 12,6: 587 12,27: 779, 896 12,31: 103, 144, 163, 779 12,32: 103f, 193, 898 12,34: 564 12,37–39: 564 12,48: 564, 973 13,1–20: 167 13,2: 471 13,27: 949 13,29: 587 14,1: 90 14,2: 560, 766 14,6: 158, 476, 548, 759 14,10: 322 14,16f: 42f 14,20: 42f 14,23: 42f, 63, 90, 417, 787, 929 14,23 Vg: 218 14,24: 181 14,26: 885 14,30: 103, 144 15,3f: 42f 15,5: 890, 895, 929 15,6: 780, 895 15,9–17: 167 15,22: 854f 15,25: 854 15,26: 885 16,5–15: 371, 373, 375, 377, 604f 16,8–11: 135, 137, 607 16,8–10: 357, 609 16,8: 371, 774, 854, 859, 919 16,10: 131, 134f, 137, 141, 171, 328, 357, 371, 547, 566 – 568, 605f, 625, 861, 919, 970f 16,11: 103, 144

Register

16,13 –15: 553 16,13f: 886 16,13: 552, 885 16,23: 222 16,27: 887 16,28: 560 16,33: 248, 885, 948 17,3: 188, 341 17,5: 46, 47 17,17: 90, 937 17,19: 312 17,20–23: 40, 41 17,21–23: 929 17,22f: 145, 417 17,22: 46f, 782 17,25: 38f 18,10: 490 18,11: 490 19,1–13: 731 19,1– 5: 779 19,2: 883 19,16 –30: 779 19,26f: 649 19,34: 502, 889 19,37: 889 20,17: 885 20,21–23: 894 20,23: 405 20,24 –29: 502f, 631 20,25: 889 20,29: 145 21,15–17: 167, 488

Apostelgeschichte 1,5: 885 1,8: 885 1,28: 899 2,1: 885 2,17f: 885 2,24: 140 2,25 –28: 885 2,27: 140, 905 2,31f: 885 2,33: 140 2,37: 571 2,38: 82, 93, 104, 554, 885 3,15: 140, 179 3,26: 82 4,10: 82 4,11: 775 4,12: 82, 84, 491 6,8 – 8,1: 496 7,32: 258 7,54ff: 496 7,55f: 497 7,55: 139 7,59f: 497

8,1: 493 8,37: 82 8,39f: 142 9,1–19: 493 9,4: 547 9,15: 256 9,17: 82 10,43: 82, 169, 491, 558 10,53: 546 13,10: 162 13,38f: 546 13,38: 694 13,39: 170 14,27: 491 15,1: 879 15,8f: 417 15,8: 534 15,9: 36f, 547 15,10: 879, 882 15,11: 558 15,15 –18: 558 15,28: 879 16,14: 571 16,31: 92 17,11: 93 19,1–7: 77 20,20: 77, 94 20,21: 94 20,28: 179, 185, 548, 567f, 627, 844 20,28 –31: 528 21,7: 757 22,3 –21: 493 22,20: 493 26,9 –18: 493 26,14: 741 26,16: 547 26,18: 84 26,22f: 547 26,22: 93 26,23: 98 26,29: 547

Römerbrief 1,1– 6: 571 1,1–3: 190 1,2–4: 81 1,3f: 79 1,7: 215 1,15 –17: 623 1,16f: 95, 369, 684, 744 1,16: 80, 571 1,17f: 915 1,17: 34f, 78, 81, 95, 689, 739, 745, 757, 920 1,18: 80f, 747 1,32: 809 2,3: 973

Bibelstellenregister

2,4–10: 96 2,4: 973 2,5f: 602 2,5: 601 2,13: 170, 249, 316, 416, 542, 610, 619, 812, 879 2,24: 972 2,25f: 612 3,2– 4: 571 3,4: 616 3,5f: 810 3,5: 35 3,9: 102 3,10 –12: 542 3,11: 38 3,19 – 4,25: 938 3,19 –24: 879, 888 3,19f: 890 3,19: 543 3,20 –30: 684 3,20: 753, 881 3,21–24: 80, 642, 684, 888 3,21f: 920 3,21: 34f, 682, 689 3,22–26: 750 3,22: 141, 363, 596, 924 3,23–25: 102 3,23: 80, 585, 617, 621, 746, 750, 880 3,24 –26: 844 3,24f: 199, 219, 221–223, 361, 556, 694, 970 3,24: 211, 219f, 273, 305, 545, 562, 567f, 599, 625, 757, 886, 928 3,25f: 103, 395, 920 3,25: 301, 339, 567, 855, 886, 906, 919 3,26: 36f, 273, 416, 556, 599, 744, 916, 928 3,27: 543 3,28: 78, 105, 595, 599, 689, 739, 915, 917, 928 3,30: 35, 928 3,31: 889f 4,1– 5: 571, 613 4,2: 269 4,3 – 8: 299 4,3 – 5: 616 4,3: 106, 269, 317, 614, 623, 740, 920 4,4f: 269 4,5 –7: 970 4,5f: 599 4,5: 107, 269, 363, 416, 595f, 615, 623, 739, 888,

915, 917, 920, 924, 928, 969 4,5 Vg: 196 4,6–8: 173, 307, 615, 694 4,6f: 969 – 971 4,6: 297, 693f 4,7f: 693 4,7: 221, 584 4,8: 297, 922 4,9: 89, 596, 920 4,11: 596, 920 4,13: 38f 4,15: 34f, 753, 880 4,16: 596, 920 4,19: 732, 739 4,20: 81 4,21: 81 4,22–25: 684 4,23 –27: 558 4,23–25: 106, 740 4,24f: 81, 363, 544, 599, 969 4,25f: 327 4,25: 168, 317, 410, 562, 564, 566, 885, 887, 904 5,1f: 171 5,1: 108, 915, 917, 924 5,1 Vg: 223 5,5: 46f, 890 5,6 –10: 387, 480, 888 5,8–11: 153, 171, 194f 5,8f: 186, 197, 560 5,9f: 102, 784 5,9: 169, 186, 220, 295, 546, 562, 564, 568, 625, 844, 855, 860, 919, 970 5,10f: 277 5,10: 168, 289, 295, 545, 567f 5,11: 567f 5,12–21: 969 5,12–14: 541, 640 5,12: 283, 757, 851 5,14: 562 5,15–18: 217 5,15: 210, 217, 561 5,16 –18: 913 5,17–21: 849 5,17: 761 5,18f: 561, 887, 918 5,18: 283, 562, 619, 640, 679 5,19: 170, 211, 220, 277, 283, 295, 544, 546, 561, 567, 625, 685, 693, 731, 860, 969 5,20: 881

1003 5,21: 693 6,1: 889 6,3f: 781 6,4: 142, 226, 885 6,5 –7: 907 6,5: 46, 47 6,7: 896 6,11–13: 891 6,11: 763, 782, 890f, 896 6,12–14: 891 6,13: 48f, 141, 783, 911 6,18: 327 6,19: 144 6,20 –22: 893 6,23: 453, 476, 852, 884 7,6: 34f, 891 7,7–25: 625 7,7: 879 – 881 7,8f: 881, 883 7,10 –16: 316 7,10: 347, 416 7,11: 881 7,12: 347, 879 7,13: 881, 883 7,14–25: 172f 7,14f: 543 7,14: 347, 543, 618 7,15 –25: 619 7,17–21: 879 7,18f: 563, 891 7,18: 624, 895 7,19: 542 7,22f: 316, 891 7,23 –25: 618 7,24: 891 8,1–4: 170, 316, 890, 908, 923f 8,1: 303, 562, 888, 929 8,2– 4: 640 8,3f: 111, 249, 303, 316, 347, 543, 849 8,3: 98, 103, 545, 556, 624, 636, 812, 879, 882 8,4: 573, 624 8,5 –11: 584 8,6 – 9: 759 8,7: 880 8,9 –11: 910 8,9: 42f, 181, 351, 643f, 770 8,10f: 644, 898 8,10: 46f 8,11: 642 8,13: 891 8,14: 50f 8,15: 102 8,16f: 387

1004 8,17: 690, 888 8,18: 633 8,19 –22: 478 8,19: 899 8,23: 315, 389, 417, 419, 679, 782 8,26 Vg: 222 8,27–30: 892 8,28 –30: 303 8,30: 46f 8,31–34: 889 8,31f: 324 8,32: 44f, 170, 179, 690 8,33f: 271, 913 8,33: 303, 619 8,34: 81f, 139, 174, 303 8,35: 305 8,38f: 305, 547, 775 8,44: 552 9,5: 38f 9,23f: 499 10,4: 170, 249, 316, 573, 888 10,5– 8: 341 10,5: 314, 347, 641, 811 10,6–13: 641 10,6– 8: 641 10,6: 341, 596 10,8: 341, 641f 10,9: 642, 887 10,10: 596 10,17: 416, 623 11,8: 93 11,33: 900 11,36: 625 12,5: 215 12,19: 877 14,1– 6: 528 14,10: 271 14,12: 708 16,17f: 162, 201 16,18: 902 16,20: 682 16,27: 185

I. Korintherbrief 1,2: 215 1,18–30: 638 1,18–25: 281, 544 1,22: 848 1,23: 567 1,30f: 916 1,30: 36f, 185, 190f, 219f, 222, 333, 349, 359, 567f, 758 –760, 765, 776, 778, 780, 815, 923, 969 1,31: 63, 333, 337, 359, 568, 765

Register

2,2: 567 2,5: 763 2,8: 627f 2,9 : 418, 899 2,12: 886 3,1–11: 253 3,1: 763 3,5 –17: 256 3,11: 489, 494 3,12–15: 548 3,16f: 105 3,16: 44f, 90, 575, 580, 890, 929 3,17: 565, 972 3,19: 564 3,22f: 87 4,4: 353, 417 4,5: 697 5,5: 954 5,7: 142 6,9f: 143 6,9: 763 6,14: 140 6,15: 215, 929 6,17: 40f 6,19: 44f, 105, 580, 890 6,20: 858 7,23: 858 8,6: 349 9,16: 229 9,21: 563 10,13: 895 11,12: 349, 625 11,19: 158 11,23–26: 111 11,23 –25: 894 11,24f: 86 11,27–29: 973 11,32: 895 12,27: 215, 387 13,2: 644 13,10: 174 13,12: 317, 387, 389, 741, 899 14,25: 929 15,3: 544, 904 15,4: 885 15,21: 634 15,25 –27: 533 15,28: 219, 690, 741 15,33: 763 15,35 – 58: 582 15,42–44: 899 15,42–49: 758 15,50: 97, 895 15,53: 563 15,54 – 57: 317 15,54: 761

15,56: 15,57: 16,22:

816, 848, 879, 883 889 620, 685

II. Korinterbrief 1,2: 215 1,3: 778, 783 1,17–20: 800 1,21f: 643 1,22: 315, 389, 417 3,5: 890 3,6: 34f, 885 3,12–16: 892 3,17: 97 3,18: 46f, 97f 4,4: 470 4,6: 890 4,7: 46f 4,17: 248, 896 5,1– 8: 643 5,1–3: 389 5,4: 563 5,5: 315, 389 5,7: 174 5,10: 271, 640 5,17–21: 750, 888 5,17: 228, 230, 781 5,18 –20: 780 5,19f: 640 5,19: 289, 882, 885, 888 5,20: 885 5,21: 27, 48f, 170, 178, 287, 297, 316, 322, 563, 573, 599, 623f, 636f, 639f, 721, 882, 904 6,2: 166 6,15: 600 6,16–18: 89 6,16: 44f, 417, 890, 929 7,10: 94 8, 9: 545, 636 10,3 – 6: 475 10,5: 571 10,17: 333, 568 11,2: 40f 11,3: 156, 532, 565 11,4: 969 11,13–15: 158 11,14: 165, 495, 839 12,2: 408 13,3: 42f 13,4: 631 13,5: 42f, 143, 929

Galaterbrief 1,3: 559 1,6–10: 161 1,6 – 9: 620

1005

Bibelstellenregister

1,8f: 549, 620, 685, 969, 973 1,8: 495, 553, 620, 876, 911 1,11–23: 493 2,4: 228 2,9: 528 2,11–14: 528 2,20: 42f, 781, 929 2,21: 560, 859, 919 3,1: 263 3,2: 416 3,5: 610, 641 3,6 – 9: 623 3,6: 740 3,8: 622 3,10: 542, 880, 883 3,10 –12: 641 3,11: 34f, 78 3,12: 347, 610 3,13f: 545, 883 3,13: 287, 297, 316, 322, 544, 572, 602, 636, 924 3,14: 628 3,16: 561, 628f 3,21: 32f, 316, 345, 760 3,23 –27: 891 3,24: 610 3,26: 40f, 890 3,27: 781, 887 3,28: 144 4,1–7: 891 4,4f: 416, 544, 779, 883, 969 4,4: 622, 636 4,6: 644 4,8: 250 5,1: 619 5,5: 172f, 219 5,6: 644 5,7–10: 263 5,10: 147, 565, 972 5,16f: 891 5,17: 542f, 563, 619 5,19 –21: 926 5,22f: 584 5,22: 417 5,24f: 891 6,1: 902, 956 6,7: 763 6,15: 228, 230

Epheserbrief 1,4 – 8: 890 1,7: 139, 219f, 307, 554, 779, 844, 969f 1,13f: 417, 644 1,14: 315, 389

1,20–22: 139 1,20f: 885 1,20: 139 2,1–3: 543 2,1: 38f, 759, 813 2,3: 38f, 109, 168, 541, 746, 750, 756f, 778, 887 2,4f: 756 2,8f: 417 2,10: 228, 397 2,13: 844 2,14–17: 102 2,14: 567 2,16: 104, 567 2,17: 102, 567 2,19–22: 105, 2,19: 303, 317, 387 2,20f: 489 2,20: 775 3,14 –17: 890 3,16f: 49 3,17: 40f, 141f, 218, 929 4,7f: 885 4,8 –10: 317, 328 4,8f: 779 4,8: 63, 289, 317, 322, 328 4,9f: 740 4,9: 859, 884 4,13: 50f 4,14: 263, 407, 532, 553 4,22: 46f 4,23f: 890 4,24: 759 4,30: 644 5,2: 168, 884 5,8: 639 5,9: 584 5,21: 455 5,23: 887 5,25 –32: 461 5,25f: 312 5,25: 844 5,26f: 623 5,26: 227 5,27: 563 5,30 –32: 781 5,30: 40f, 142 5,31f: 40f, 418 5,32: 45 6,11: 84, 87 6,12: 893 6,13 –18: 893 6,13 –17: 475 6,16: 87 6,18 –20: 892

Philipperbrief 1,6: 892 1,11: 141, 749 1,21: 896 1,23: 389 2,2: 283 2,5 –11: 906 2,5 – 8: 906 2,6 –11: 277 2,6 – 8: 253, 283, 409, 415, 845, 848 2,6f: 394 2,6: 882 2,7: 636, 736, 882 2,8: 285, 320, 572, 625, 779, 858, 969 2,9: 140, 176, 289, 858 2,13: 760, 892, 918, 928, 939 3,2f: 639 3,4 – 9: 316 3,6: 624 3,7–11: 582 3,7–14: 547 3,8f: 353 3,9: 349, 562, 625, 760, 815 3,10f: 631 3,10: 171, 815 3,12: 174 3,18f: 201 3,20f: 418, 582, 631 3,20: 483, 897 3,21: 738, 758, 899

Kolosserbrief 1,13–20: 882 1,13: 289 1,14: 307, 554, 566, 568 1,18: 898 1,19f: 281, 309, 545 1,21f: 281, 844 1,22: 567f 1,25–27: 42f 2,2: 40f 2,3: 169 2,5: 34f 2,6f: 562 2,9f: 575, 623, 929 2,9: 9, 169, 580, 624, 882 2,12: 142 2,13f: 779 2,13: 38f 2,14f: 328 2,14: 102, 289, 317, 322, 410, 567, 635 3,9f: 891 3,9: 46f

1006 I. Thessalonicherbrief 4,16f: 142 4,17: 135, 608 5,8: 475

II. Thessalonicherbrief 2,4: 79 2,7: 101 2,8: 902 2,9 –11: 839 2,11f: 158 3,2: 886 3,3: 886

I. Timotheusbrief 1,6: 610 1,9: 228 1,15: 77, 84, 98, 100, 102, 110, 173, 185, 323, 882 2,4: 63 2,5: 289, 548, 623, 882 2,6: 220 3,6: 90 3,15: 553 4,1f: 863 5,22: 973 6,3f: 147 6,3: 78 6,20: 112, 198

II. Timotheusbrief 1,1: 929 1,14: 929 2,2: 540 2,3 – 5: 475 2,8: 79, 98, 170 2,15: 86, 540 2,19: 555 2,24 –26: 540 2,26: 543 3,8: 258 4,1f: 839

Titusbrief 1,2: 190, 584 1,9: 171, 540, 900 2,7f: 867 3,4 –7: 369, 886f, 919 3,5: 111, 226f 3,7f: 919 3,7: 171, 369 3,10f: 956

Register

2,14f: 581, 884 2,14: 545 2,17: 328 4,12: 55 4,13: 584 5,8f: 289, 325 5,8: 283, 285, 320, 882 6,18: 572 7,23 –28: 856 7,25: 328 8,1f: 328 8,2: 856 8,5: 311 8,6: 856 9,5: 906 9,11–15: 311, 906 9,12–14: 403 9,12: 172, 315, 344f, 361, 551, 567f, 806, 844, 856, 884 9,13f: 311 9,14: 844, 856 9,24 –28: 311 10,1: 311 10,4: 169, 293 10,7: 312, 322 10,9f: 312 10,10: 220, 545, 631 10,12–18: 307 10,14: 293, 309, 312, 545, 567 10,19 –22: 844, 856 10,19 –21: 309 10,19f: 293 10,28f: 189 10,29: 311 10,31: 567 10,38: 34f, 972 11,1: 34f, 359 11,2–40: 84 11,8 –10: 571 12,1f: 882 12,1: 891, 895, 897 12,2: 84 12,20: 880 12,24: 844, 856 12,29: 810, 951 13,8: 193 13,9: 193 13,12: 312, 545, 567, 631, 844, 856

Hebräerbrief

Jakobusbrief

1,1–4: 482 1,3: 139, 545 1,5–14: 186 2,9: 289, 581

2,8: 542 2,19: 279, 319, 886 2,21–23: 317 5,12: 800

I. Petrusbrief 1,2: 307, 311, 890 1,10 –12: 553, 900 1,15f: 309 1,16: 314 1,18 –21: 482 1,18f: 409, 557, 567, 844, 858 1,19: 367, 884 1,23: 40f 1,25: 40f, 641, 781 2,7: 775 2,11: 766 2,21–25: 637 2,21–24: 544 2,22: 289, 622 2,24: 44f, 63, 139, 545, 906 3,18: 884 3,23: 227 4,1: 628 4,6: 929 5,5: 564, 900 5,8: 158, 406, 488, 862, 864, 892

II. Petrusbrief 1,1: 924 1,3f: 690 1,4: 40f, 142, 367, 418, 653, 770, 929 1,20f: 553 2,1: 548 2,4: 471

I. Johannesbrief 1,7: 168, 179, 183, 187, 220, 291, 307, 311, 545, 560, 566, 631, 856, 919, 945 1,8: 543 1,9: 63, 844 2,2: 171, 567f, 884, 886, 905, 929 2,11: 728 2,19: 587 2,22: 575 2,29: 749 3,1–3: 389 3,1f: 653 3,1: 387 3,2: 46f, 172f, 219, 387, 418, 547, 631, 738f, 741, 899, 929 3,5: 544, 622, 882 3,6: 929 3,7: 326 3,8: 323, 341

1007

Bibelstellenregister

3,9f: 929 3,9: 40f, 227 3,10: 144 3,23f: 929 4,1–3: 101 4,1: 548 4,2f: 189, 252, 523, 574 4,2: 46f, 100, 103, 575 4,3: 46f, 98, 100, 575 4,10: 277 4,13: 38f, 218 4,16: 46f, 339, 929 5,4: 341 5,11f: 759 5,12: 780, 783 5,20: 44f

II. Johannesbrief 10f: 595, 620, 945 10: 956

Judasbrief 644

14f:

Johannes-Apokalypse 1,5: 44f, 307, 480, 855 1,5 Vg: 293 1,15: 844 2,7: 141, 776 2,10: 509 2,11: 141, 776 2,17: 141 2,29: 141 3,6: 141 7,9 –17: 418 7,14: 293, 295, 307, 311, 403, 844, 847, 855 12,4f: 158 12,9: 155 12,15–17: 158 13,8: 193, 404, 551, 623, 851 13,13f: 163 13,16f: 262 14,8: 466 14,9: 262

14,11: 262 14,13: 851 16,2: 262 16,13f: 163 17,3– 6: 466 17,5: 196 18,3: 466 19,6– 9: 708 19,7: 489 19,20: 262, 481 20,1–3: 471 20,4: 262 20,10: 163, 481 20,14f: 481 21,8: 481, 881 21,9 –22,5: 489 21,9: 846 22,11: 50f 22,14: 293 22,17: 489

1009

Zitatenregister Das Zitatenregister führt die Schriften auf, aus denen in den edierten Stücken zitiert oder auf die angespielt wird. Alber, Vom Basilisken zu Magdeburg (1552) 460 –, Wider das Lästerbuch des hochfliegenden Osiander (unsere Ausgabe Nr. 6) 12, 732 Albinus, Vita Georgii Sabini 427 Albrecht v. Brandenburg, Hz. in Preußen, Ausschreiben (1551) (unsere Ausgabe Nr. 4) 12, 149, 208, 446, 655, 731, 798f –, Ausschreiben (1553) 117, 134, 515, 655, 699, 715, 727, 732, 789, 824f, 908, 941 –, Mandat (1555) 943, 955 Alesius, Melanchthon u. a., Dass der Mensch in der Bekehrung (1555) 72 Ambrosiaster, Commentarius in epistulas Paulinas 919 Ambrosius, In epistulam Pauli ad Romanos 756 Amsdorf, Auf Osianders Bekenntnis ein Unterricht und Zeugnis (1552) 252 –, Confutatio (1552) 252 –, Wider den Evangelisten des Chorrocks (unsere Ausgabe Bd. 3, Nr. 3) 164 anonym: Antilogia seu contraria doctrina inter Lutherum et Osiandrum (1551) 121f –, (Hz. Albrecht?): Bekenntnis einer christlichen Person (1551) 823 –, Tröstliche Gegensprüch (1552) 431, 818 –, Wie fein der Rabe Osiander (1552) 425, 431f Anselm v. Canterbury, Cur deus homo 918 Apologia Confessionis Augustanae 209, 678 Apostolicum 89, 98, 110f, 173, 223 Aristoteles, De anima 578 –, Nikomachische Ethik 255, 277, 320, 326 Athanasius, De incarnatione verbi 543 Ps.-Athanasius, De assumptione hominis 576, 631f Augsburger Interim 678

Augustin, Consentio ad quaestiones de trinitate sibi propositas 381, 383 –, De bono viduitatis 877 –, De civitate dei 921 –, De diversis quaestionibus ad Simplicianum 229f –, De doctrina Christiana 901 –, De libero arbitrio 230 –, De peccatorum meritis et remissione 915 –, De sermone domini in monte 947 –, De spiritu et littera 339, 599, 890 –, De trinitate 544, 933 –, Enarrationes in psalmos 229, 585, 617, 916 –, Epistulae 381, 383, 766, 916 –, Expositio quarundam propositionum ex epistula ad Romanos 914 –, In Ioannis ev. tractatus CXXIV 580 –, Retractationes 625, 806 –, Sermones 877 Ps.-Augustin, De ecclesiasticis dogmatibus 914 –, Liber meditationum 223, 570 –, Manuale 570, 919 Aurifaber (Hg.), Cynosophion (1545) 470 Bernhard v. Clairvaux, Hoheliedpredigten 229, 889, 919 Brahe, De nova ... stella (1573) 73 Brant, Narrenschiff (1494) 800 Brenz, Bekenntnis (1553) 657 –, Declaratio (1553) 656, 674, 803, 835 –, Predigten über das Johannesevangelium (1554) 578 Brunschwick, Kleines Destillierbuch (1500) 940 Bugenhagen, Annotationes (1524) 777 Carion, Chronica 196 Cassiodor, Historia tripartita 183, 412, 527 Censurae der fürstlich sächsischen Theologen (1552) 474 Cicero, De natura deorum 255

1010

Register

–, De optimo genere oratorum 598 Confessio Augustana 209 Corpus doctrinae Prutenicum siehe Repetitio Diogenes Laertios, Leben und Meinungen berühmter Philosophen 936, 949 Eck, Eins Judenbüchlins Verlegung (1541) 507 Epiphanius von Salamis, Ancoratus 636 –, Panarion 635f Erasmus von Rotterdam, Adagia (1533) 182 –, Enchiridion militis Christiani 475 – (?), Iulius exclusus 445 Etlicher junger Prediger zu Nürnberg Verantwortung (1552) 71, 564 Eusebius von Caesarea, Historia ecclesiastica 157 Flacius, Brentii und Osiandri Meinung (1553) 803 –, Christliche Mahnung (1555) 660, 836 –, De vocabulo fidei (1549) 267 –, Eine gemeine Protestation und Klagschrift (1548) (unsere Ausgabe Bd. 1, Nr. 5) 239 –, Ein kurzer Bericht vom Interim (1548) (unsere Ausgabe Bd. 1, Nr. 3) 239 –, Omnia latina scripta contra adiaphoricas fraudes et errores 238 –, Verlegung des unwahrhaftigen Berichts (1554) (unsere Ausgabe Nr. 14) 14, 835, 842 –, Von der Gerechtigkeit wider Osiandrum (1552) 813 –, Wider die Götter in Preußen (1552) 816 –, Wider die neue Ketzerei der Dikaeusisten (dt. u. lat.) 237f, 420 Flacius/Gallus (Hgg.), Bedenken aufs Interim (unsere Ausgabe Bd. 2, Nr. 4) 660 – (Hgg.), Declaratio (1553) (unsere Ausgabe Nr. 12) 14, 699 –, Ermahnung an alle Stände der christlichen Kirchen in Preußen (1552) 667 –, Verlegung (1552) (unsere Ausgabe Nr. 8) 14, 681, 804f, 808f, 835, 841, 848 Formula Concordiae 16 Funck, Auslegung des 9. Psalms, Vorrede (unsere Ausgabe Nr. 2) 12 –, Auszug und kurzer Bericht (1552) 726, 808

–, Chronica Carionis (Forts.) (1546) 57,

196 –, Chronologia (1545) 57 –, Der Patriarchen Lehre und Glaube

(1554) 783 –, Sankt Anshelmus Frage (1541) 56 –, Unterrichtung gemeiner und rechter

christlicher Lehre (1542) 56 –, Vier Predigt von der Rechtfertigung

(1561) 58 –, Wahrhaftiger und gründlicher Bericht

(1553) (unsere Ausgabe Nr. 13) 12, 14, 804f, 807–810, 812–817, 835, 844, 847, 861, 965 Gregor I. der Große, Moralia in Iob 877, 934 Gregor von Nazianz, Orationes 529 Hamburger und lüneburger Prediger, Responsio (1553) 681, 804 Hesiod, Theogonie 505 –, Werke und Tage 505 Hieronymus, Ad Pamachium 875 –, Bibelübersetzung 597 –, Epistulae 598, 960 –, Galaterkommentar 926 Hilarius von Poitiers, De trinitate 179, 576, 581, 632, 925 Homer, Ilias 255, 287 Horaz, De arte poetica 182 –, Epistulae 598 –, Satiren 192 Ignatius von Antiochien, Briefe 454 Irenäus von Lyon, Adversus haereses 157, 544, 554, 569, 576, 608, 636, 761–763 Isidor von Sevilla, Sententiae 926 Johannes Chrysostomos, Commentarius in epistulam ad Romanos 385, 914f –, Homiliae XXXII in epistulam ad Romanos 916 Kirchenordnungen: –, Brandenburg (1539) 25 –, Brandenburg-Nürnberg (1533) 4, 25 –, Pfalz-Neuburg (1543) 4 Kirchenrechtsquellen: –, Decretum Gratiani 412, 877, 926, 947 –, Digesten 751 Konzilien: –, Chalkedon (451) 545 –, Ephesus (431) 411, 578f, 581

1011

Zitatenregister

Ephesus (449, „Räubersynode“) 413 Karthago (418) 914 Konstantinopolitanum II (553) 140 Tridentinum 357 Kyrill von Alexandrien, Kommentar zum Johannesevangelium 579f, 582 Liedtexte: –, Adoro te devote (Thomas von Aquin) 409 –, Christ ist erstanden 193 –, Christum wir sollen loben schon (Luther) 484 –, Dies est laetitiae in ortu regali 179 –, Ein feste Burg (Luther) 609 –, Ein Kindelein so löbelich 170 –, Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort (Luther) 492 –, Pange lingua (Thomas von Aquin) 177 –, Vita in ligno moritur 179 Lukian von Samosata, Totengespräche 445 Luther, Das XIV. u. XV. Kapitel S. Johannis gepredigt und ausgelegt (1537/38) 355, 603 –, Das XVI. Kapitel S. Johannis gepredigt und ausgelegt (1538) 224, 359, 606 –, Das [XVI. u.] XVII. Kapitel S. Johannis von dem Gebet Christi (1530) 355 –, Dass diese Wort Christi (1527) 158, 577 –, Die ander Epistel S. Petri und eine S. Judas gepredigt u. ausgelegt (1524) 365, 367 –, Disputatio de divinitate et humanitate Christi (1540) 925 –, Disputatio de iustificatione (1536) 227–230 –, Eine einfältige Weise zu beten (1535) 600 –, Enarratio psalmi LI (1532/38) 175, 224, 379, 559 –, Epistel S. Petri gepredigt und ausgelegt (1. Bearb. 1523) 409 –, Formula missae et communionis (1523) 953 –, Großer Galaterkommentar (1538) 250, 359, 361, 363, 365, 559, 778 –, Großer Katechismus (1529) 158 –, In Hoseam (1545) 175 –, In XV psalmos graduum (1532/33) 379, 381, 922 –, Liedtexte siehe dort –, –, –, –,

–, Operationes in psalmos (1519 –1521)

920f –, Postillen: –, Adventspostille (1522) 369, 727, 747 –, Fastenpostille (1525)

463

–, Roths Festpostille (1527)

775

–, Hauspostille (1544) 73, 166, 175,

375, 377, 604f –, Kirchenpostille (1522) 369, 463,

570, 577, 582, 587, 601, 617, 919, 921 –, Sommerpostille (1544) 371, 373, 746 –, Wartburgpostille (1522)

463

–, Predigten über das Erste Buch Mose

(1523/ 24) 495 –, Reihenpredigten (1523)

739

–, Römerbriefauslegung (1515/16)

919

–, Schmalkaldische Artikel (1537) 259,

447, 605 –, Sermo de duplici iustitia (1519) 355,

603 –, Sermo de triplici iustitia (1518)

353

–, Sermon von Sünde, Gerechtigkeit und

Urteil (1522) 774 –, Sieben Bußpsalmen (1517)

224 224, 600 –, Summarien über die Psalmen und Ursachen des Dolmetschens (1531–33) 174, 299, 617, 922 –, Supputatio annorum mundi (1541) 462 –, Thesen gegen die Antinomer (1537– 1540) 224 –, Tischreden 202f, 230 –, Vom Abendmahl Christi. Bekenntnis (1528) 176, 194, 590, 634, 646 –, Von christlicher Gerechtigkeit und Vergebung der Sünden 373, 375 –, Von den Conciliis und Kirchen (1539) 495, 634, 900, 933 –, Von den letzten Worten Davids (1543) 628 –, Von der Freiheit eines Christenmenschen (1520) 720 –, Von weltlicher Obrigkeit (1523) 460 –, Vorrede über den Propheten Daniel (1545) 727, 808 –, Vorrede zum 1. Bd. seiner lat. Schriften (1545) 301 –, Vorlesung über die Stufenpsalmen (1532/33) 224 Melanchthon, Antwort (1552) (unsere Ausgabe Nr. 7) 12f, 431, 446, 656 –, Sieben Bußpsalmen (1525)

1012

Register

–, Bedenken aufs Interim (1548) (unsere

Ausgabe Bd. 1, Nr. 1) 239 –, De corrigendis asdolescentiae studiis (1518) 208 –, De potestate et primatu papae (1537) 209 –, Häuptartikel christlicher Lehre (1553) 223 –, Loci (1521) 209, 215 –, Loci (1535) 215 –, Vom Priestertum (1565) 101 Menius, Von der Notwehr (1547) 209 Missale Romanum 768f Mörlin, Antwort (1557) 870 –, Apologia auf die vermeinte Widerlegung 870 –, Historia (1554) 121, 123, 437f, 515 – 518, 700, 727, 789, 808, 951 –, Sendbrief an den Vogel (1556) 869, 935, 944 –, Treuherziger Bericht (1570) (unsere Ausgabe Nr. 18) 15 –, Wider die Antwort (1559) 870 Mörlin u. a., Von der Rechtfertigung des Glaubens (unsere Ausgabe Nr. 11) 13, 730, 732, 850 Nicaeno-Konstantinopolitanum 102, 110f Origenes, Homiliae in visiones Iesaiae 767f –, Römerbriefkommentar 767 Osiander, An filius Dei fuerit incarnandus (1550) 11, 95, 323, 439, 718, 845 –, Bericht und Trostschrift (1551) 122, 133, 207, 251, 598 –, Beweisung (1552) 70f, 101 –, Catechismus oder Kinderpredig (1554) 70 –, Coniecturae de ultimis temporibus (1544) 55 –, Dass unser lieber Herr Jesus Christus (1551) 349, 401 –, Disputatio de iustificatione (1550) (unsere Ausgabe Nr. 1) 8f, 11, 91, 107, 122, 295, 343, 345, 414, 534, 574f, 719, 721, 723, 911 –, Disputatio de lege et evangelio (1549) 11, 23, 702, 715 –, Etliche schöne Sprüche / Excerpta (1551) 122, 156, 224, 535, 777 –, Evangelienharmonie (1537) 253, 335 –, Gutachten zum Interim (1549) 712, 717 –, Ob es wahr und glaublich sei (1540) 507

–, Predigten 906f, 910, 923f –, Rechte, wahre und christliche Ausle-

gung 12, 606 – 608 –, Schmeckbier (1552)

11, 13, 71, 518, 800, 802, 850, 924, 929, 954 –, Speculum (1544) 433 –, Über die Blutbeschuldigung (1540) 177 –, Von dem einigen Mittler (1551) 11f, 26, 69, 115, 118, 124–126, 137, 144, 149, 156, 164, 167f, 172, 174, 177f, 181, 187–192, 196f, 199–201, 208–210, 215, 218–223, 245, 249f, 265, 267, 277, 295, 305, 307, 325, 331, 337, 341, 343, 345, 347, 351, 353, 355, 361, 365, 367, 369, 381, 385, 391, 393, 395, 397, 410, 425, 431, 439, 515, 533, 537, 549– 551, 565, 570f, 584, 588f, 593, 611, 629f, 655, 678–680, 684, 723f, 728, 730, 749, 787, 790, 804, 807, 810f, 843, 850, 855, 857, 861, 904f, 907, 909, 911, 913, 915, 917, 923f, 928f, 932, 939, 970 –, Vorrede zu Kopernikus, De revolutionibus orbium coelestium (1543) 4, 25 –, Wider den erlogenen ... Titel (1552) 518 –, Wider den flüchtigen Nachtraben (1552) 432, 804, 808, 861 –, Widerlegung (1552) 13, 71f, 207, 436, 800, 804, 807, 841, 847, 905f, 909 –911, 917, 924, 929, 970 Osiander, Lucas, Epitomes historiae ecclesiasticae (1610) 719 Ovid, Metamorphosen 187 –, Remedia amoris 253 Pasquill (unsere Ausgabe Nr. 9) 13 Pasquill (unsere Ausgabe Nr. 10) 13 Pasquillus ad neminem (1551) 431f, 440 Petrus Damiani, Sermones 409 Petrus Lombardus, Sentenzen 16 Pfeffinger, Gründlicher und wahrhaftiger Bericht (1550) (unsere Ausgabe Bd. 2, Nr. 6) 260 Platon, Menon 255 Posper von Aquitanien, De vocatione omnium gentium 596 Quintilian, Institutio oratoria 36, 198, 646 Repetitio corporis doctrinae ecclesiasticae (Corpus doctrinae Prutenicum) (1567) 4f, 14, 16, 967, 971 Roting, Testimonium (unsere Ausgabe Nr. 3) 11, 207, 447 Rufin, Historia ecclesiastica 901f Runge, Jakob, Predigt (1555) 939 Sachs, Schlaraffenland (1530) 604

Zitatenregister

Sadoletus, Römerbriefkommentar (1535) 228 Salomo und Markolf 800f Schlüsselburg, Catalogi haereticorum (1599) 15 Sciurus, Apologia (1552) 446, 787 Sozomenos, Historia ecclesiastica 179, 529 Stobaios, Anthologia 873, 949 Tauler, Predigten 770 –774 Tertullian, Adversus Marcionem 569 –, Adversus Praxean 162 –, De praescriptione haereticorum 553, 597 Theodoret von Kyrrhos, Historia ecclesiastica 529

1013

Thomas von Aquin, Summa theologica 226 –, siehe auch Liedtexte Vergil, Aeneis 752 –, Bucolica 646 Vigilius Tapsensis, De trinitate 576 Vogel, Antwort auf Mörlins Apologia (1558) 870 –, Widerlegung der ungegründeten Antwort (1557) 870 Wagner/Hoppe, Apologia 842 Waldner, Christlicher und gründlicher Bericht 381