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German Pages [515] Year 2021
Kirche – Konfession – Religion
Band 82
Herausgegeben vom Konfessionskundlichen Institut des Evangelischen Bundes unter Mitarbeit der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen von Dagmar Heller und Kai Funkschmidt in Verbindung mit Andreas Feldtkeller, Miriam Rose und Gury Schneider-Ludorff
Alexander Stavnichuk
Der Heilige Geist im ökumenischen Gespräch und im Pentekostalismus Eine theologische Annäherung zur Erweiterung des ökumenischen Gespräches
V&R unipress
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de abrufbar. Zgl. Dissertation, Faculte´ de The´ologie Protestante Université de Genève. © 2022 Brill | V&R unipress, Theaterstraße 13, D-37073 Göttingen, ein Imprint der Brill-Gruppe (Koninklijke Brill NV, Leiden, Niederlande; Brill USA Inc., Boston MA, USA; Brill Asia Pte Ltd, Singapore; Brill Deutschland GmbH, Paderborn, Deutschland; Brill Österreich GmbH, Wien, Österreich) Koninklijke Brill NV umfasst die Imprints Brill, Brill Nijhoff, Brill Hotei, Brill Schöningh, Brill Fink, Brill mentis, Vandenhoeck & Ruprecht, Böhlau, Verlag Antike und V&R unipress. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Umschlagabbildung: Ausschnitt aus: Kathedrale von Monreale, Mosaik von der Erschaffung Adams. © Rabe! Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 https://commons.wikimedia.org/wiki/File: Monreale_-_Kathedrale_Mosaik_Adam_01.JPG#filelinks. Vandenhoeck & Ruprecht Verlage | www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com ISSN 2198-1507 ISBN 978-3-7370-1368-0
Dieses Buch ist meiner Frau Olga und meiner Tochter Arina in großer Dankbarkeit für ihre Liebe, Ermutigung und Unterstützung gewidmet.
Inhalt
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Das besondere Merkmal des multilateralen Dialogs . . . . . . . . . B. Bedeutung der Lehre vom Heiligen Geist im ökumenischen Diskurs: ein Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Pentekostalismus und ökumenische Bewegung: eine gegenseitige Herausforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Die Bedeutsamkeit der Betrachtung des pentekostalen Denkansatzes im Verständnis des Heiligen Geistes im Kontext des ökumenischen multilateralen Diskurses . . . . . . . . . . . . . . . E. Was bedeutet »pentekostal«? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Konfessionelle Einordnung und Terminologie . . . . . . . . b. Pentekostale Theologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Forschungsstand: Die Lehre vom Heiligen Geist in den multilateralen Texten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Methodische Vorgehensweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Auswahlkriterien für die Hauptquellen . . . . . . . . . . . . . b. Aufbau der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Der Heilige Geist in ausgewählten Texten des ökumenischen multilateralen Dialogs des ÖRK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.1 Umriss der Untersuchung im ersten Teil . . . . . . . . . . . . 1.1.2 Die pneumatologische Fragestellung im ökumenischen Dialog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Die Lehre vom Heiligen Geist in den frühen multilateralen Texten von F&O und des ÖRK von 1951–1971 . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.1 Der Bericht »Die Kirche« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhalt
1.2.2 Die 3. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung in Lund (1952) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.3 Die Sitzung des Arbeitsausschusses von F&O in Bossey (1953) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.4 Die 3. Vollversammlung des ÖRK in Neu-Delhi (1961) . . . . 1.2.5 Der Heilige Geist in der Studie »Christus und die Kirche« . . 1.2.5.1 Die nordamerikanische Sektion . . . . . . . . . . . . . 1.2.5.2 Die europäische Sektion . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.5.3 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.6 Der Heilige Geist im Leben der Kirche . . . . . . . . . . . . . 1.2.6.1 Geist, Ordnung und Organisation . . . . . . . . . . . . 1.2.6.2 Der Heilige Geist und die Katholizität der Kirche . . . 1.2.6.3 Die pneumatologische Dimension der Katholizität aus einer orthodoxen Sicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.6.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Der Heilige Geist im Kontext der Trinitätslehre . . . . . . . . . . . 1.3.1 Das Verständnis des Heiligen Geistes im Klingenthal-Memorandum (1978–1979) . . . . . . . . . . . . 1.3.1.1 Die Bedeutung der Trinitätslehre für den praktischen Glauben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.1.2 Das Verhältnis zwischen dem Sohn und dem Heiligen Geist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.1.3 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.2 Der Heilige Geist im Studientext »Gemeinsam den einen Glauben bekennen« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.2.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.2.2 Die Beziehung zwischen dem Heiligen Geist und Christus im Studientext »Gemeinsam den einen Glauben bekennen.« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.2.3 Heiliger Geist und Trinität im Studientext »Gemeinsam den einen Glauben bekennen« . . . . . . 1.4 Der Heilige Geist und die Koinonia-Ekklesiologie. Die 5. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung in Santiago de Compostela (1993) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4.1 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5 Der Heilige Geist in den Konvergenz-Texten »Taufe, Eucharistie und Amt« und »Die Kirche: Auf dem Weg zu einer gemeinsamen Vision« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5.1 Der Heilige Geist im TEA-Text . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5.1.1 Taufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhalt
1.5.1.2 Eucharistie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5.1.3 Amt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5.2 Der Heilige Geist im Konvergenztext »Die Kirche: Auf dem Weg zu einer gemeinsamen Vision« (2013) . . . . . . . . . . 1.6 Der Heilige Geist und die Schöpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.6.1 Der Heilige Geist in Texten der 7. Vollversammlung des ÖRK in Canberra (1991) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.6.2 Der Heilige Geist im Studientext »Kirche und Welt« . . . . . 1.6.3 Der Heilige Geist in Texten der 10. Vollversammlung des ÖRK in Busan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.7 Zusammenfassung von Kapitel 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.7.1 Zuordnung der expliziten Betonung der Lehre vom Heiligen Geist zu den konfessionellen Traditionen . . . . . . . . . . . 1.7.2 Beziehung zwischen Ekklesiologie und Pneumatologie . . . . 1.7.3 Die pneumatologische Dimension der Koinonia-Ekklesiologie und das Leben im Heiligen Geist . . 2. Das Verständnis des Lebens im Heiligen Geist in der pentekostalen Tradition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Die Quellenfrage für den vorliegenden Teil der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Das Leben im Heiligen Geist als persönliche Begegnung mit seiner Wirklichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Das Verständnis der Fülle des Lebens im Heiligen Geist im Licht der Beziehung zwischen Christologie und Pneumatologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Die Beziehung zwischen der Erfahrung der Gegenwart Christi und des Heiligen Geistes im Licht des pentekostalen Ansatzes zum Verständnis des Heiligen Geistes . . . . . . . . 2.2.2.1 Der pentekostale Denkansatz zum Verständnis der Begegnung mit Christus und mit dem Heiligen Geist aus ökumenischer Perspektive . . . . . . . . . . . . . 2.2.2.2 Der pentekostale Denkansatz zum Verständnis der Begegnung mit Christus und mit dem Heiligen Geist aus pentekostaler Perspektive . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3 Die Fülle des Lebens im Heiligen Geist im Diskurs der Geist-Christologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3.1 Das theologische Anliegen der Geist – Christologie . .
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10 2.2.3.2 Der pentekostale Denkansatz hinsichtlich der Geist-Christologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3.3 Zusammenfassung und Folgerungen . . . . . . . . . . 2.2.4 Zum Verständnis des Lebens im Heiligen Geist – der Denkansatz in den theologischen Entwürfen einiger pentekostaler Theologen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Das Leben im Heiligen Geist in Bezug auf die Apostolizität und Katholizität der Kirche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2 Der pentekostale Trend zum Restorationismus als Hinwendung zur apostolischen Dimension der Kirche . . . . 2.3.3 Das Verständnis der Apostolizität im ökumenischen und im pentekostalen Diskurs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.3.1 Die Apostolizität in einigen multilateralen und bilateralen Texten des ÖRK . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.3.2 Der pentekostale Denkansatz zum Verständnis der Apostolizität anhand ausgewählter Texte der bilateralen Dialoge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.3.3 Die pentekostale Sicht der Apostolizität in den theologischen Entwürfen ausgewählter pentekostaler Theologen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Zusammenfassung von Kapitel 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der potenzielle Beitrag des pentekostalen Verständnisses vom Leben im Heiligen Geist zum multilateralen ökumenischen Diskurs . . . . . 3.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Das Wirken des Heiligen Geistes als Geist der Koinonia . . . . . . 3.3 Das Leben im Heiligen Geist im ontologischen Paradigma des trinitarischen Personseins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1 Das pentekostale Verständnis der Offenheit für den Heiligen Geist im Licht des Verständnisses des Personseins von Miroslav Volf und John Zizioulas . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1.1 Das Verständnis des Personseins aus der Sicht der protestantischen Tradition . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2 Annäherungspunkte zwischen dem Verständnis des trinitarischen Personseins Gottes und dem pentekostalen Verständnis des Lebens im Heiligen Geist . . . . . . . . . . .
Inhalt
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261 274 279 279 283 285 287
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319 319 324 328
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Inhalt
3.3.3 Die Verknüpfung zwischen dem Verständnis des trinitarischen Personseins und der Liebe im Licht der biblischen Aussagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Verknüpfung der pentekostalen Öffnung für den Heiligen Geist mit dem Personsein als Bewegung zur Koinonia unter dem Gesichtspunkt der Liebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.2 Das Verständnis der Koinonia im Denken pentekostaler Theologen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.3 Herausstellen der einzelnen konvergenten Aspekte der pentekostalen Theologen im Hinblick auf den ökumenischen multilateralen Koinonia-Diskurs . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.3.1 Das menschliche Verlangen nach dem Heiligen Geist: Kritische Hinterfragungen . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.3.2 Das Verständnis der menschlichen Hingabe an Gott als religiöses Bewusstsein im Licht des Verständnisses der Gegenwart des Heiligen Geistes . . . . . . . . . . . 3.4.3.3 Der pentekostale Denkansatz der Öffnung für die Wirklichkeit des Heiligen Geistes im Licht des Denkens von Friedrich Schleiermacher . . . . . . . . . 3.5 Einbeziehen der pentekostalen Öffnung für den Heiligen Geist in den ökumenischen Diskurs der Koinonia-Ekklesiologie . . . . . . 3.5.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.2 Die Lokalisierung der konvergenten Stellen der Koinonia-Ekklesiologie im Studientext »Die Kirche: Auf dem Weg zu einer gemeinsamen Vision« . . . . . . . . . . . . . . 3.5.3 Betrachtung der pentekostalen Vorstellung von der Begegnung mit Gott als persönliche Koinonia im Rahmen der sakramentalen Dimension der Koinonia-Ekklesiologie . . 3.5.3.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.3.2 Die Zungenrede im sakramentalen Kontext im Denken von Frank Macchia . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.3.3 Ein pentekostaler Denkansatz der Sakramentalität von Chris Green . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.3.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.3.5 Das pentekostale Weltbild im Licht der sakramentalen Weltanschauung . . . . . . . . . . . .
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395 395 397 401 402 404
12 3.5.3.6 Die Epiklese als Möglichkeit zur Eingliederung des pentekostalen Denkansatzes zum Verständnis des Heiligen Geistes in den eucharistischen Koinonia -Diskurs der ökumenischen Ekklesiologie . . . . . . . 3.5.3.7 Die persönliche Hinwendung zu Gott als Koinonia im Licht der ökumenischen Deutung der Koinonia . . . . 3.5.4 Modellierung des pentekostalen Denkansatzes der Begegnung mit Gott als persönliche Koinonia im Rahmen des eucharistischen Verständnisses der Koinonia . . . . . . . 3.6 Zusammenfassung von Kapitel 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fallbeispiel: Der pentekostale Denkansatz zum Verständnis der persönlichen Koinonia im Kontext des aktuellen ethischen Paradigmas des ÖRK Economy of Life . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Inhalt
411 419
428 438
442
4. Abschließende Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
465
5. Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Begriffsregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Vorwort
Die vorliegende Dissertation ist aus der freudigen Entdeckung entstanden, dass ich die meisten weiter führenden Erkenntnisse in meiner pastoralen und theologischen Praxis aus den lehrreichen Auseinandersetzungen mit verschiedenen Glaubenstraditionen, denen meine eigene evangelikal-freikirchliche Tradition sehr kritisch gegenüberstand erhalten habe. Ich spürte in mir schon immer eine natürliche wertschätzende Zuneigung zu anderen Glaubenstraditionen, ganz im Sinne des katholischen Theologen Klaus Hemmerle: »Liebe die Kirche des anderen wie deine eigene!« So diente mir die Begegnung mit der Theologie der orthodoxen Kirche als inspirierende Neu-Entdeckung der Lehre vom Heiligen Geist. Beim Nachdenken über Joh 17, 21 erkannte ich, dass Jesus Christus von der »einen Kirche« und zwar als sichtbare und erfahrbare gesprochen hat. Die Auseinandersetzung mit diesem biblischen Text gab mir den entscheidenden Impuls für meine theologische Ausrichtung. Seitdem hat mich die Sehnsucht nach der Einheit aller Christen nicht losgelassen. Meine ehrenamtliche Mitarbeit in der Theologischen Kommission der ACK Baden-Württemberg »Theologie und ökumenische Spiritualität« sowie die Studienzeit am Ökumenischen Institut des Ökumenischen Rates der Kirchen in Bossey (Schweiz) waren für mich unvergessliche Erlebnisse der christlichen Einheit. Am Ökumenischen Institut in Bossey habe ich für mich die praktisch-theologische Relevanz der ökumenischen Texte entdeckt, und in Bossey ist auch die Idee zur vorliegenden Arbeit entstanden. Ein Traum von der Vielfalt und Schönheit der einen Kirche Christi trägt und erfüllt mich bis heute. Genau dieses Interesse an dem faszinierenden und komplexen Mosaik der einen Kirche Christi findet seinen Ausdruck in der vorliegenden Dissertation. Als Vertreter einer der Ökumene gegenüber eher kritischen Glaubenstradition habe ich die ökumenischen Texte der multilateralen und bilateralen Dialoge ernst genommen und aus meiner evangelikal-freikirchlichen Sicht interpretiert. Ich habe versucht, die Lehre vom Heiligen Geist, wie sie im ökumenischen Gespräch Bedeutung erlangt hat, so zu verstehen und zu deuten, dass sie einen Raum für die Inklusion der pentekostalen pneumato-
14
Vorwort
logischen Aspekte öffnen kann. Es war mir ein Anliegen, den traditionellen Denkansatz der pentekostalen Lehre über den Heiligen Geist theologisch-kreativ in das aktuelle ökumenische Gespräch so einzubringen, dass die pentekostalcharismatischen Kirchen den Anschluss an andere historisch gewachsene Glaubenstraditionen finden können. Mit dem Ergebnis dieser Arbeit hoffe ich eine gemeinsame pneumatologische Basis zur Erweiterung des ökumenischen Dialogs zwischen den Kirchen des ökumenischen globalen Diskurses und den pentekostalen Kirchen zu schaffen. Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. Christophe Chalamet von der Faculté de Théologie Protestante der Universität Genf und Frau Dr. Dagmar Heller, der derzeitigen Leiterin des Konfessionskundlichen Instituts des Ev. Bundes in Bensheim, die meine Dissertation betreut und zum guten Gelingen meines Vorhabens beigetragen haben. Unsere Zusammenarbeit war von einer herzlichen und freundschaftlichen Atmosphäre geprägt. Die gegenseitige Sympathie gab mir viel Inspiration. Frau Dr. Heller bereicherte mich durch theologische Präzision und Logik ihrer Gedanken. Ihr aufmerksames Lesen und ihr tiefes Fachwissen in der Geschichte und der Theologie der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung gaben mir ein starkes Gefühl von Sicherheit. Herr Prof. Dr. Christophe Chalamet betreute mich als Designer meiner theologischen Herangehensweise. Er förderte mich durch seine theologisch-pädagogische Kompetenz und seinen sehr menschlichen Umgang. Nicht zu vergessen ist die großzügige und wichtige Unterstützung meiner Untersuchung seitens der Faculté de Théologie Protestante der Universität Genf. Sehr dankbar bin ich für die Finanzierung meiner Studienreisen in den USA, nach Spanien und Dänemark. Dank dieser Förderung konnte ich meine praktischen Erkenntnisse der globalen pentekostalen Tradition aus unmittelbaren Begegnungen mit verschiedenen pentekostalen Gruppen und Projekten sammeln. Sehr herzlich danke ich der Faculte´ de The´ologie Protestante der Universita¨ t Genf sowie der Société des Amis de la Faculté de Théologie (SAFT) und dem Verein fu¨ r Freikirchenforschung fu¨ r Zuschu¨ sse zu den Druckosten und zu anderen Ausgaben fu¨ r die Vero¨ ffentlichung dieser Arbeit. Ebenfalls bin ich dankbar für alle Unterstützungen meiner Freunde und Kollegen, die mir bei Teilkorrekturen meiner Texte, durch Ermutigungen oder kritische Anmerkungen zur Seite standen. Ich schaue dankbar zurück auf die Entwicklung meiner Dissertation. Die größte Herausforderung bestand dabei darin, dass ich die Untersuchung neben meinem vollzeitlichen Pastorendienst durchgeführt habe. Was war für mich der persönliche Gewinn dieser Arbeit? Zum einen: Das Staunen über Gott, die globale Sicht und die Weite des Wirkens Gottes durch
Vorwort
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seine Kirche sowie die Entdeckung des Schatzes Gottes in den irdenen Gefäßen der christlichen Traditionen. Zum andern: Neue Impulse für die Kommunikation des Evangeliums mit der Welt. Denn, wenn man sich mit der Vielfalt der konfessionellen Vorstellungen von Gott und vom Glauben befasst, dann fühlt man sich wie auf einer Entdeckungsreise durch neue und faszinierende Landschaften. Man entdeckt die neuen und inspirierenden Perspektiven, die auf einen einzigen Ursprung, auf Jesus Christus deuten. Zaisenhausen, 28. 07. 2021
Alexander Stavnichuk
Einleitung
Das vorliegende Forschungsprojekt stellt sich der Aufgabe, die Rolle der Pneumatologie in den ökumenischen multilateralen Konversationen unter dem Gesichtspunkt der Inklusion des pentekostalen Ansatzes im Verständnis des Heiligen Geistes zu untersuchen. Diese Untersuchung sieht vor, die theologischen Zusammenhänge und Themen des ökumenischen multilateralen Diskurses herauszustellen, in welchen die Pneumatologie eine zentrale Rolle spielte und spielt oder ihr Denkansatz eine Lösung bzw. eine neue Perspektive in diverse Themen der multilateralen Dialoge bringen könnte. Die Untersuchung zielt nicht darauf, eine kohärente, interkonfessionelle Pneumatologie auszuarbeiten. Das Interesse dieser Forschung liegt vielmehr darin zu analysieren, welches Verständnis des Heiligen Geistes aus den zentralen multilateralen Texten resultiert. Dieser Darstellung wird die Analyse der spezifischen Aspekte der pentekostalen Ansätze zum Verständnis des Heiligen Geistes gegenübergestellt. Im theologischen Vergleich wird reflektiert, welche Aspekte der Lehre über den Heiligen Geist aus der pentekostalen theologischen Tradition im ökumenischen Diskurs noch nicht berücksichtigt wurden und wie sie den ökumenischen multilateralen Diskurs erweitern können. Wie kann ihr besonderes Verständnis des Heiligen Geistes unverkennbar und gleichzeitig gewinnbringend für den ökumenischen multilateralen Diskurs dargestellt werden? Bestätigt die Pneumatologie der pentekostalen Kirche das, was von den anderen Kirchen in pneumatologischer Hinsicht bereits in den ökumenischen theologischen Diskurs eingebracht worden ist? Umgekehrt kann gezeigt werden, ob und in welcher Gestalt die Pentekostalen ihre Vorstellung vom Heiligen Geist anhand der Begegnung mit dem ökumenischen multilateralen Diskurs korrigieren bzw. erweitern können.
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A.
Einleitung
Das besondere Merkmal des multilateralen Dialogs
Der ökumenische multilaterale Diskurs entwickelte sich seit der Gründung des Ökumenischen Rates der Kirchen 1948 unter dem zentralen Anliegen, mehrere Kirchen in einen Dialog zu bringen.1 Einzelne theologische Themen wurden im Laufe der Zeit, je nach Partizipation neuer ökumenischer Partner einschließlich ihrer theologischen Akzente, oder durch die Herausforderungen der aktuellen Situation in der Welt, neu reflektiert, wieder entdeckt und neu formuliert. Folgende Beispiele zeigen dies: Die Erweiterung der christologischen Basis des ÖRK hin zum trinitarischen Paradigma des ökumenischen Denkens ist Impulsen aus den orthodoxen Kirchen zu verdanken.2 Zwar ist das Trinitätsdogma kein spezielles Proprium der orthodoxen Theologie, dennoch ist ihre Schwerpunktlegung auf die Trinitätslehre ein Beispiel dafür, wie ein spezifischer Akzent der konfessionellen Interpretation des Trinitätsdogmas im Zusammenhang mit der Ekklesiologie Einfluss auf das ökumenische Gespräch hat. Zum Beitrag der orthodoxen Kirchen zum ökumenischen Dialog wäre ergänzend die Neu-Entdeckung der Patristik zu erwähnen.3 Die Sitzung der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung in Bristol (1967) erwähnt die Partizipation der orthodoxen Kirchen am ÖRK als einen Faktor, der die Notwendigkeit des gemeinsamen Verständnisses der Patristik erkennen ließ.4 Als nächstes ist der Einfluss des II. Vatikanischen Konzils auf die Studien von F&O (Kommission für Glauben und Kirchenverfassung, künftig in englischer Abkürzung F&O Faith and Order Commission) zu den ersten Ökumenischen Konzilen zu erwähnen.5 Hier ist neben der römisch-katholischen Kirche der Einfluss der orthodoxen Kirchen wichtig. Die Sitzung von F&O in Aarhus (1964) sah einen der Gründe für eine Studie über die Ökumenischen Konzile in der
1 Vgl. Konrad Raiser, The Holy Spirit in Modern Ecumenical Thought, in: ER (1989) 41/3, 375– 387. 2 Konrad Raiser und Mary Tanner weisen auf den Einfluss der orthodoxen Kirchen auf die Erweiterung des christo-zentrischen Selbstverständnisses des ÖRK zum trinitarischen Paradigma hin. Vgl. Konrad, Raiser, Holy Spirit in Ecumenical Thought, in: Dictionary of the Ecumenical Movement, Geneva/Grand Rapids, 1991. 474. Mary Tanner, Pneumatology in Multilateral Settings, in: D. Donnely/A. Denaux A/J. Famerée (eds.), The Holy Spirit, the Church and Christian Unity, Leuven 2005, 226, 242. 3 Vgl. New Directions in Faith and Order. Reports-Minutes-Documents Bristol 1967, Faith and Order Paper No. 50, Geneva 1968, 41. 4 Vgl. New Directions in Faith and Order. Bristol 1967. Faith and Order Paper No. 50, Geneva 1968, 41. 5 Vgl. Minutes of the Meeting of the Faith and Order Commission and Working Committee held at the University of Aarhus, Denmark 15–27 August 1964. Faith and Order Paper No. 44, Geneva 1965, 70.
Bedeutung der Lehre vom Heiligen Geist im ökumenischen Diskurs: ein Überblick
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Schaffung einer produktiven Plattform für den Dialog zwischen den orthodoxen und nicht-orthodoxen Kirchen.6 Auch relativ junge Einflüsse, wie z. B. diejenigen seitens der pentekostalen Kirchen, könnten, obwohl nicht bahnbrechend, für das Thema der Charismenlehre im multilateralen Diskurs wegweisend sein. Eine der Empfehlungen der 7. Vollversammlung in Canberra (1991) fordert die Vertiefung der Charismenlehre des NTs. »Die Kirchen sollten sich bemühen, die neutestamentliche Lehre wiederzuentdecken, dass jeder Christ wenigstens eine Gabe des Heiligen Geistes zur Auferbauung der Kirche besitzt. Die Kirchen sollten sich bemühen, ihr Lehren über die Trinität, die Pneumatologie und die im Neuen Testament beschriebenen Charismen zu vertiefen.«7
Die oben aufgeführten Beispiele zeigen, dass der ökumenische, multilaterale Diskurs im Wandel ist.8 Diese Besonderheit des ökumenischen Diskurses erfordert von Zeit zu Zeit Studien, die darauf abzielen, ein bedeutendes theologisches Thema unter dem Gesichtspunkt der Entwicklung des ökumenischen Dialogs und angesichts der Partizipation neuer Dialogpartner zu betrachten. Der letzte Aspekt zeigt sich für die ökumenische Bewegung als relevant in Anbetracht der vermehrten Verbreitung junger Kirchen der pentekostalen Tradition.
B.
Bedeutung der Lehre vom Heiligen Geist im ökumenischen Diskurs: ein Überblick
Eines der wichtigen theologischen Themen, die in den multilateralen Dialogen und im Prozess der Suche nach der sichtbaren Einheit der Kirche als bedeutsam und zentral bezeichnet wurden, ist die Lehre vom Heiligen Geist. Harding Meyer (luth.) stellte in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts fest, dass die Lehre vom Heiligen Geist wie kein anderes Thema der Theologie vernachlässigt wurde.9 6 »Further, this study should be a fruitful area of dialogue between the Orthodox and other churches.« Minutes of the Meetings of the Faith and Order Commission and Working Committee, Aarhus 1964, 41. 7 Walter Müller-Römheld (Hg.), Im Zeichen des Heiligen Geistes. Bericht aus Canberra 1991, Frankfurt am Main 1991, 112. 8 »Die ökumenischen Prioritäten haben sich verändert. In der Aufbauphase beschäftigte sich der Rat hauptsächlich mit theologischen und lehrmäßigen Fragen. Nach Uppsala wurden besonders Anliegen betont, die sich aus den sozialen, wirtschaftlichen und politischen Problemen des menschlichen Lebens ergaben.« Klaus Wilkens (Hg.), Gemeinsam auf dem Weg. Offizieller Bericht der Achten Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen Harare 1998, Frankfurt am Main 1999, 104. 9 Er schreibt »…daß wir aus einer Epoche der ›Geistvergessenheit‹ herkommen, ist nachgerade ein gängiges Urteil geworden, das man kaum hinterfragt.« Marc Lienhard/Harding meyer (Hg.), Wiederentdeckung des Heiligen Geistes. Ökumenische Perspektive Nr. 6, Frankfurt am
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Einleitung
Meyer sprach von den pneumatischen Herausforderungen an die Theologie, welche drei gemeinsame Merkmale aufweisen: Freiheit und Verfügbarkeit des Heiligen Geistes; Erfahrbarkeit des Heiligen Geistes; Neuakzentuierung des dynamischen Aspektes im Verständnis des Geistes.10 Fragt man nach der ökumenischen Bedeutsamkeit der Lehre über den Heiligen Geist, dann ist die Meinung von Albert Outler (method.) zu erwähnen. Er sah die Wichtigkeit der Lehre über den Heiligen Geist für die ökumenische Bewegung im Aspekt des Einsseins der Kirche im Heiligen Geist. Der Blick auf die Probleme der christlichen Einheit soll aus der pneumatischen Perspektive betrachtet werden.11 Die zahlreichen ökumenischen und konfessionellen Aktivitäten der Gegenwart mit ihrem Fokus auf den Heiligen Geist bestätigen diese These. Hier sind einige davon zu erwähnen. Das neue Missionsverständnis des ÖRK Gemeinsam für das Leben. Mission und Evangelisation in sich wandelnden Kontexten (der englische Titel Together Towards Life, 2013; weiterhin TTL) drückt die Wende des missiologischen Denkens zum Verständnis der Mission als Mission des Heiligen Geistes aus: »The aim is that Together Towards Life will stimulate a movement of missionary thinking and action which will reenergize the churches to engage the world of the 21st century in the power of the Holy Spirit.«12 Die letzte Weltkonferenz des ÖRK für Mission und Evangelisation in Arusha (Tansania) 2018 stand unter dem Titel »Vom Geist bewegt – zu verwandelnder Nachfolge berufen.«13 Der Lutherische Weltbund organisierte vom 23.–28. 10. 2019 in Addis Abeba (Äthiopien) eine Konsultation zum Thema »We Believe in the Holy Spirit: Global Perspectives on Lutheran Identities.«14 Eine Gruppe der internationalen Kommission der theologischen Dialoge zwischen Lutherischem Weltbund und der Orthodoxen Kirche traf sich vom 24.09.–1. 10. 2019 in Tirana (Albanien) zur Vorbereitung der 18. Plenarversammlung unter dem Thema »The
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Main/Butzbach 1974, 7. Vgl. Otto Dilschneider (Hg.), Theologie des Geistes, Gütersloh 1980, Vorwort. Vgl. Marc Lienhard/Harding Meyer, Wiederentdeckung des Heiligen Geistes, 22–24. Vgl. Albert C. Outler, Pneumatologie als neues Gebiet der Ökumene, in: Emilio Castro (Hg.), Dem Wind des Geistes Gottes, Genf 1990, 19–20. Jooseop Keum (ed.), Together Towards Life. Mission and Evangelism in Changing Landscapes, Geneva 2013, 72–73. Das Zitat stammt aus einem Abschnitt der englischen Fassung TTL Conclusion: »Recieve the Holy Spirit«, der in der verfügbaren deutschen Übersetzung von Together Towards Life nicht aufgenommen ist. Vgl. https://www.oikoumene.org/sites/defaul t/files/Document/TogetherTowardsLife_de.pdf. Abgerufen 15. 12. 2018. Vgl. Christoph Anders/ Michael Biehl (Hg.), Vom Geist bewegt – zu verwandelnder Nachfolge berufen: zur Weltmissionskonferenz in Tansania. Weltmission heute, Hamburg 2018. https://www.lutheranworld.org/content/global-perspectives-lutheran-identities. Abgerufen 24. 12. 2019.
Bedeutung der Lehre vom Heiligen Geist im ökumenischen Diskurs: ein Überblick
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Place and the Role of the Holy Spirit in the Life of the Church.«15 Auch aus der evangelikalen Perspektive zeigt sich das aktuelle Interesse am Thema Heiliger Geist. Die Gemeinschaft Europäischer Evangelikaler Theologen / Fellowship of European Evangelical Theologians (FEET) traf sich vom 28.–31. 08. 2020 zu einer Konferenz unter dem Thema »Discerning of the Holy Spirit in and through the Church.«16 Jedoch nicht nur die aktuellen Fragen der ökumenischen Bewegung zeigen das Interesse an der Lehre über den Heiligen Geist. Folgende Beispiele aus der Geschichte der multilateralen Dialoge zeigen in Kürze die Relevanz der Pneumatologie für das ökumenische Gespräch über die Ekklesiologie: Eine der Empfehlungen der 3. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung in Lund (1952) sprach von der Notwendigkeit theologischer Studien über die Beziehung der Ekklesiologie sowohl zur Christologie als auch zur Pneumatologie.17 Der Bericht zum Thema »Unity/Einheit« der 3. Vollversammlung des ÖRK in Neu-Delhi (1961) betonte die entscheidende Rolle des Heiligen Geistes für die Existenz der Kirche. »Die Kirche existiert in Raum und Zeit durch die Kirche des Heiligen Geistes, der in ihrem Leben alle die Elemente schafft, die zu ihrer Einheit, ihrem Zeugnis und ihrem Dienst gehören«.18 Die Sitzung von F&O in Aarhus (1964) hob in Anlehnung an Neu-Delhi die Bedeutung einer Untersuchung der Pneumatologie für das Verständnis der Einheit der Kirche im Licht der biblischen und historischen Lehre über den Heiligen Geist hervor: »The New Delhi Statement suggests that the unity which is God’s will and gift is being made visible as all who are baptized into Jesus Christ and confess him as Lord and Savior are brought by the Holy Spirit into one fully committed fellowship. This understanding of the action of the Holy Spirit in guiding Christians towards unity is important and needs to be fully explored in the light of the biblical and historical doctrine of the Spirit.«19
Allerdings bekam die Pneumatologie unterschiedliche Aufmerksamkeit und Gewichtung je nach der aktuellen Entwicklungslage des ÖRK, wie zum Beispiel im Fall der 7. Vollversammlung in Canberra (1991), bei der das Verständnis des 15 https://www.ecupatria.org/2019/10/05/first-meeting-of-the-preparatory-committee-for-the18th-plenary-session-of-the-international-joint-commission-on-the-theological-dialogue-b etween-the-lutheran-world-federation-and-the-orthodox-church/. Abgerufen 24. 12. 2019. 16 www.feetprague.b2bonline.estec.cz (schriftliche Einladung am 23. 12. 2019). 17 Vgl. Oliver S. Tomkins (ed.), The Third World Conference on Faith and Order held at Lund August 15th to 28th 1952, London 1953, 22. 18 Willem Visser ’t Hooft (Hg.), Neu-Delhi 1961. Dokumentarbericht über die 3. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen, Stuttgart 1962, 133. Vgl. Konrad Raiser (Hg.), Löwen 1971. Studienberichte und Dokumente der Sitzung der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung, Stuttgart 1971, 134. 19 Minutes of the Meeting of the Faith and Order Commission Aarhus 1964, 58.
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Einleitung
Heiligen Geistes im Licht der Beziehung der Kirche zur Schöpfung behandelt wurde. Oder es waren beispielsweise die theologischen Schlussfolgerungen aus den Studien von F&O, welche die Rolle der Pneumatologie aktualisierten. Als Beispiel dafür ist die Studie Geist, Ordnung und Organisation zu nennen. Dort wird als Fazit festgestellt, dass die Frage der Beziehung zwischen der Wirkung des Heiligen Geistes und den Formen des kirchlichen Lebens keine befriedigende Lösung fand. Daraufhin wurde der Wunsch zum Ausdruck gebracht, an durch die Studie aufgeworfenen Fragen zur Pneumatologie weiter zu arbeiten.20 Die erste Bestandsaufnahme einiger Dokumente der multilateralen Dialoge hat einen Mangel an expliziten und vertieften Studien der Pneumatologie gezeigt. Edmund Schlink bemerkte: »one of the main criticisms which had been raised against recent Faith and Order work was the fact that it dealt so little with the doctrine of the Holy Spirit. This element had been lacking in the work of the Commission on Christ and the Church in the period between Lund and Montreal.«21
Im Bericht über die F&O-Studie Christ, the Holy Spirit and the Ministry wurde festgestellt, dass das Thema vom Wirken des Heiligen Geistes eine gründlichere Studie benötige. Konkret bestand Bedarf an einer expliziten theologischen Reflektion über den Zusammenhang zwischen dem Wirken des Heiligen Geistes und der menschlichen Reaktion auf das Wort und Wirken Gottes.22 Jedoch konzentrierte sich die Studiengruppe tendenziell auf das Verständnis der Wirkung des Heiligen Geistes innerhalb der Kirche. Konrad Raiser wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Fokus auf der Wirkung des Heiligen Geistes in den späteren Studien verschwunden ist.23 Es ist auf der anderen Seite nicht zu übersehen, dass die Partizipation der Kirchen am ökumenischen Dialog mit einem spezifischen Fokus auf der Rolle des Heiligen Geistes in der Ekklesiologie das theologische Denken im ökumenischen Diskurs beeinflusst hat. In diesem Zusammenhang ist die Sitzung von F&O in Löwen (1971) zu erwähnen. Dort wurde festgestellt, dass sowohl die Protestanten als auch die Katholiken die Lehre vom Heiligen Geist in gewissem Sinne vernachlässigt haben. Dieser Mangel wurde besonders im Licht der Begegnung mit den orthodoxen Kirchen wie auch in der Konfrontation mit der pentekostalen Bewegung deutlich.24 Die theologische Tradition der orthodoxen Kirchen kann hier maßgebend als Beispiel für eine konfessionelle Sicht auf die Rolle des Heiligen Geistes bei der 20 21 22 23 24
Vgl. Raiser, Löwen 1971, 135, 119. Minutes of the Meeting of the Faith and Order Commission Aarhus 1964, 21. Vgl. Minutes of the Meeting of the Faith and Order Commission Aarhus 1964, 48. Vgl. Raiser, The Holy Spirit in Modern Ecumenical Thought, 375–87. Vgl. Raiser, Löwen 1971, 117.
Bedeutung der Lehre vom Heiligen Geist im ökumenischen Diskurs: ein Überblick
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Suche nach der Einheit der Kirche und ihre Auswirkung auf den ökumenischen Diskurs dienen.25 Unter anderem ist der Beitrag der Orthodoxen zum pneumatologischen Verständnis der Katholizität der Kirche zur 4. Vollversammlung des ÖRK in Uppsala (1968) zu nennen.26 Mary Tanner wies in diesem Zusammenhang auf den Beitrag von Nikos Nissiotis aus dem Jahr 1969 Der pneumatologische Aspekt der Katholizität der Kirche als auf eine perspektivische Wende im trinitarischen Denkansatz der Ekklesiologie hin.27 Die Rolle des Heiligen Geistes in der Eucharistie durch die Verbindung von Anamnese und Epiklese wurde in der Reaktion einiger orthodoxer Kirchen auf den Konvergenztext zu Taufe, Eucharistie und Amt (bekannt auch als Limatext, weiterhin TEA), hervorgehoben.28 Die Filioque-Kontroverse führte zur Debatte um die Pneumatologie der Trinität und schließlich zum Memorandum von Klingenthal (1978–79).29 Als nächstes ist die Auslegung des dritten Artikels des Nizänischen Glaubensbekenntnisses im Studiendokument von F&O Gemeinsam den einen Glauben bekennen zu nennen. In Anlehnung an die Bedeutung der Filioque-Frage für die orthodoxe Tradition wurde die Wichtigkeit der trinitarischen Spiritualität im Leben der Kirchen ausdrücklich betont: »[…] darüber hinaus sind einige Kirchen, die kein großes Gewicht auf eine trinitarische Spiritualität oder das Gebet um die Gabe und das Wirken des Heiligen Geistes gelegt haben, bereit, diese Dimension christlichen Lebens und Gottesdienstes wiederzuentdecken.«30 25 Vgl. Raiser, The Holy Spirit in Modern Ecumenical Thought, 375; Vgl. Tanner, The Holy Spirit, the Church and Christian Unity, 228; Vgl. Kärkkäinen, The Holy Spirit in Ecumenical, International and Contextual Perspective, 12; Vgl. D. Paton, A Montreal Diary, in: P.C. Roger/L.Vischer (eds.), The Fourth World Conference on Faith and Order, London 1963, 11; Vgl. Veli-Matti Kärkkäinen (ed.), Holy Spirit and Salvation: The Sources of Christian Theology, Louisville/Westminster 2010, xi. Kärkkäinen bemerkt, dass die orthodoxen Theologen den westlichen Theologen »Geistvergessenheit« vorwarfen. 26 Vgl. Normann Goodall (Hg.), Bericht aus Uppsala 1968. Offizieller Bericht über die 4. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen Uppsala 4.–20. Juli 1968, Genf 1968, 8–16. 27 Vgl.Tanner, The Holy Spirit, the Church and Christian Unity, 231. Nikos Nissiotis, Der pneumatologische Aspekt der Katholizität der Kirche, in: Reinhard Groscurth (Hg.), Christliche Einheit, Genf 1999, 9–33. 28 Vgl. Die Diskussion über Taufe, Eucharistie und Amt 1982–1990. Stellungnahmen, Auswirkungen, Weiterarbeit, Frankfurt am Main 1990, 63–64. Hier ist anzumerken, dass die Sicht der Orthodoxen, was die Rolle des Heiligen Geistes in der Eucharistie betrifft, auch von einigen Reformierten (Presbyterianische Kirche in Kameron; Presbyterianische Kirche von Irland; Schweizerischer Evangelischer Kirchenbund) geteilt wird. Vgl. Die Diskussion über Taufe, Eucharistie und Amt, Fußnote 34, 76. 29 Vgl. Lukas Vischer (Hg.), Geist Gottes – Geist Christi, Frankfurt am Main 1981, 9ff. Das Memorandum von Klingenthal wurde 1978–1979 von einer Gruppe von Theologen zur Deutung der Filioque-Frage verfasst, die sowohl in der östlichen als auch in mehreren westlichen Traditionen standen. 30 Gemeinsam den einen Glauben bekennen. Eine ökumenische Auslegung des apostolischen Glaubens, wie er im Glaubensbekenntnis von Nizäa-Konstantinopel (381) bekannt wird, [dt.
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Einleitung
Diese Formulierung lässt unter anderem den Akzent des orthodoxen trinitarischen Denkens vermuten, dass die Erfahrung und das Verständnis des Heiligen Geistes in starkem Zusammenhang mit der Trinität betrachtet werden. Diese Vermutung ist ersichtlich aus dem Text des Klingenthal-Memorandums über die Filioque-Frage, der den Mangel des Verständnisses des Heiligen Geistes in der westlichen Tradition in einem Zusammenhang mit dem Verlust der praktischen Bedeutung der Trinität sieht.31 Die Betonung der Reziprozität von Christologie und Pneumatologie gehört auch zu den Impulsen, welche die orthodoxe Kirche aufgrund ihres Verständnisses des Heiligen Geistes in die multilateralen Dialoge eingebracht hat.32 Aus der Sicht der orthodoxen Kirche hat die Christologie keinen Vorrang vor der Pneumatologie, sondern der Heilige Geist spielt die konstitutive Rolle in der Ekklesiologie. Der spezifische Gesichtspunkt des Verständnisses des Heiligen Geistes liegt demzufolge in der beziehungschaffenden und ontologisch-heiligenden Dimension des Heiligen Geistes. Das bedeutet, dass die orthodoxe Pneumatologie dem Heiligen Geist nicht bloß die Rolle des »Agenten« Christi zuweist, sondern, ausgehend vom trinitarischen Gleichgewicht zwischen Sohn und Heiligem Geist, »die pneumatologische Dimension der Christologie und der Verlängerung derselben in der Kirche« hervorhebt.33 Dadurch wird die Kirche als spiritueller Raum der empirischen Begegnung der Christen mit dem dreieinigen Gott verstanden. Bobrinskoy verweist in diesem Zusammenhang auf Basilius den Großen, der diese Erfahrung der illuminierenden und transformierenden Wirkung des Heiligen Geistes im Lobpreis der Christen sieht: »Worship in the Spirit suggests the idea of the operation of our intelligence being carried on in the light […] [that is] in the Spirit as manifesting in himself the Godhead of the Lord.«34 Zizioulas sieht die Synthese zwischen Christologie und Pneumatologie im Beziehungsparadigma:
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Übers.: Sprachendienst des ÖRK und Renate Sbeghen], Frankfurt an Main/Paderborn 1991, 85. Vgl. Lukas Vischer (Hg.), Geist Gottes – Geist Christi, 21. Vgl. John Zizioulas, Die Kirche als Gemeinschaft, in: Günther Gaßmann/Dagmar Heller (Hg.), Santiago de Compostela 1993. Fünfte Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung, Frankfurt am Main 1994, 95–104. Vgl. John Zizioulas, The Holy Spirit and the Unity of the Church. An Orthodox Approach, in: D. Donnely/ A. Denaux/J.Famerée (eds.), The Holy Spirit, the Church and Christian Unity, 36; Boris Bobrinskoy, Das Filioque gestern und heute, in: Lukas Vischer (Hg.), Geist Gottes – Geist Christi, 107–119. Bobrinskoy, Das Filioque, 118. Boris Bobrinskoy, The Indwelling of the Spirit in Christ. Pneumatic Christology in the Cappadocian Fathers, in: SVTQ 1984 28, 57. Bobrinskoy setzt bei der Erfahrbarkeit der Wirkung des Heiligen Geistes durch kontemplatives Anschauen des Lichtes der Trinität während des Lobpreises an.
Pentekostalismus und ökumenische Bewegung: eine gegenseitige Herausforderung
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»Was bedeutet es, wenn es heißt, Christus sei ›pneumatisch‹, ›aus dem Geist geboren‹, ›mit dem Geist gesalbt‹ usw.? Doch wohl, dass er seinem Wesen nach Beziehung ist. Wenn es aber keine Christologie ohne Pneumatologie geben kann, dann müssen wir aufräumen mit unserem individualistischen Christusverständnis und ihn als ›gemeinschaftliche Person‹, als ein integratives Wesen verstehen. […] Die Kirche ist der Leib Christi, weil Christus ein pneumatologisches Wesen ist, geboren aus und gegenwärtig in der Koinonia des Geistes.«35
Mit diesem pneumatologischen Denkansatz begründet Zizioulas den Zusammenhang zwischen der Einheit der einen Kirche Christi und der Selbstständigkeit der lokalen Kirchen. In der Zeit vor der 7. Vollversammlung des ÖRK in Canberra (1991) formulierte Gennadios Limouris den orthodoxen Denkansatz der Symphonie zwischen Christologie und Pneumatologie als Konzept der Beziehung der Kirche zur Welt.36 Für den pneumatologischen Denkansatz der orthodoxen Kirche ist grundlegend und zentral, dass er fest im trinitarischen Paradigma gründet und darum die Kirche als trinitarische Gemeinschaft konstituiert. Die oben aufgeführten Indizien demonstrieren die Aktualität und die Relevanz der Lehre vom Heiligen Geist für die ökumenische Suche nach der Einheit der Kirche und kennzeichnen nicht nur die theologischen Schnittstellen des pneumatologischen Themenkreises, sondern auch die Auswirkungen des Nachdenkens über die Pneumatologie auf den ökumenischen Diskurs.
C.
Pentekostalismus und ökumenische Bewegung: eine gegenseitige Herausforderung
Seit dem Anfang der 1960er Jahre bis heute wird die ökumenische Bewegung der historischen Kirchen mit der schnell wachsenden pentekostal-charismatischen Bewegung konfrontiert. Das markante Kennzeichen der Theologie der pentekostalen Bewegung ist ihr besonderer Fokus auf den Heiligen Geist. Allerdings konnte der pentekostale Denkansatz im Verständnis des Heiligen Geistes sowie die pentekostale theologische Tradition insgesamt aufgrund der Distanzierung vieler pentekostaler Kirchen zur Mitgliedschaft im ÖRK noch keinen diskussionsfähigen Eingang in den ökumenischen multilateralen Dialog finden. Daher konnte auch kein bereichernder Beitrag zur Suche nach der Einheit der Kirche im Rahmen des multilateralen Diskurses des ÖRK zu leisten sein. Trotz der sehr 35 John Zizioulas, Die Kirche als Gemeinschaft, 97. 36 Vgl. Gennadios Limouris, Come, Holy Spirit – Renew the Whole Creation: Pneumatology in Symphony with Christology, in: Gennadios Limoris (ed.), Come, Holy Spirit – Renew the Whole Creation: An Orthodox Approach for the Seventh Assembly of the World Council of Churches, Brookline MA 1990, 7–18.
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Einleitung
zurückhaltenden offiziellen Partizipation der pentekostalen Kirchen an der Arbeit des ÖRK wäre die Frage zu stellen, inwiefern der spezifische pentekostale Ansatz im Verständnis des Heiligen Geistes das ökumenische Denken in der Zukunft ergänzen bzw. beeinflussen könnte. Und umgekehrt: Welche geschichtstheologischen Inhalte der ökumenischen Dialoge können das theologische Denken der pentekostalen Tradition hinsichtlich der aktiven Annährung an die ökumenische Bewegung erweitern bzw. beeinflussen? Das theologische Interesse am Verständnis des pentekostalen Ansatzes gründet sich seitens der Kirchen des multilateralen Diskurses vor allem in ihrer Konfrontation mit den sich schnell und global verbreitenden pentekostalen Kirchen, die kultur- und konfessionsübergreifend sind. Allerdings wird auf der Seite der anderen Kirchen mehr von der Herausforderung als von einer Bereicherung durch den Pentekostalismus gesprochen. Vorsicht und Distanz prägen nach wie vor die Beziehung vieler Kirchen zum Phänomen des globalen Pentekostalismus. Die Gründe, warum das Phänomen des Pentekostalismus eine Herausforderung für die meisten historischen Kirchen darstellt, können je nach der konfessionellen Einordnung des Phänomens des Pentekostalismus sehr unterschiedlich sein. In den 1970er Jahren sprach man von den pneumatischen Herausforderungen für die konventionellen Kirchen im ökumenischen Bereich seitens der pentekostalen Bewegung. Harding Meyer (luth.) bezeichnete die Herausforderung als legitim mit der Berufung auf Lesslie Newbigin, der den pentekostalen Typus der Kirche im Gegensatz zum katholischen und protestantischen Typus (apostolische Verfassung und apostolische Botschaft) auf die Erfahrung der realen Gegenwart des Heiligen Geistes gründet.37 Die pentekostale Vorstellung von dieser Gegenwart stand in kritischer Opposition zum Verständnis der Kirche als Organisation.38 Der evangelische Theologe Peter Zimmerling sieht die Herausforderung seitens der Pentekostalen unter anderem in der Betonung der pneumatozentrischen Frömmigkeit, die eine Spannung zur traditionellen christologischen Ausrichtung im Abendland bildet.39 Zimmerling sieht in der pentekostalen Frömmigkeit das Zurücktreten der Gegenwart Christi hinter die Gegenwart des Heiligen Geistes.40
37 Vgl. Marc Lienhard/Harding meyer (Hg.), Wiederentdeckung des Heiligen Geistes. Ökumenische Perspektive Nr. 6. 1974, Frankfurt am Main/Butzbach, 11–12. Vgl. Lesslie Newbigin, The Household of God, London 1953. 38 Vgl. Walter Hollenweger, Charismatische und pfingstlerische Bewegungen als Frage an die Kirchen heute, in: Lienhard/ Meyer, Wiederentdeckung des Heiligen Geistes, 54. 39 Vgl. Peter Zimmerling, Charismatische Bewegungen. 2. aktualisierte und erweiterte Auflage, Göttingen 2018, 5.237. 40 Vgl. a. a. O., 166. Vgl. Klaus Krämer, Pfingstkirchen – Anfrage und Herausforderungen, in: Klaus Krämer/Klaus Vellguth (Hg.), Pentekostalismus: Pfingstkirchen als Herausforderung in der Ökumene. Theologie der einen Welt, Freiburg /Basel /Wien 2019, 283–295.
Pentekostalismus und ökumenische Bewegung: eine gegenseitige Herausforderung
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Dazu gehören die »Normierung und Schablonisierung« des Geistempfangs.41 Aus katholischer Sicht stellt sich die Herausforderung im Kontext der Beziehung zwischen Ekklesiologie und Pneumatologie. Die Wirkung des Heiligen Geistes wird im Licht dieser Beziehung mit dem Leben der Kirche in Verbindung gebracht.42 Abgesehen von der Diskussion über die direkte Erfahrbarkeit des Heiligen Geistes im persönlichen Leben stellt die Erscheinung des Pentekostalismus beispielsweise in Lateinamerika eine kritische Anfrage an die Institutionalität der römisch-katholischen Kirche.43 Nach der Meinung von Margit Eckholt (kath.) wird die religiöse Subjektivität und Subjekthaftigkeit im Pentekostalismus im Gegensatz zur Delegation der Aufgabe des Religiösen an die Kirche verstanden.44 Dabei richtet Eckholt ihren Blick auf die Einbettung der Charismen ins alltägliche Leben, was aus der katholischen Sicht nur der Institution der Kirche vorbehalten ist. Angesichts der Tatsache, dass der neue Glaubensstil der Pentekostalen eine gewisse Attraktivität für eine ziemlich breite und kulturübergreifende Menschengruppe hat, ist davon auszugehen, dass die meisten Spannungen im ökumenischen Kontext mit den schnell wachsenden pentekostalen Gemeindegründungen und mit der pentekostalen Mission zusammenhängen. Der Schwerpunkt dieser Spannung liegt darin, dass das pentekostale Gemeindewachstum insbesondere in Europa unter anderem dem Kirchenaustrittsphänomen zu verdanken ist. Aus diesem Grund stellt sich nicht nur die Frage nach dem Verständnis des Pentekostalismus, sondern auch, wie sich die traditionellen Kirchen die Ursache der Kirchenaustritte erklären und gleichzeitig die Attraktivität des pentekostalen Glaubensstils vor Augen haben. An dieser Stelle wende ich mich gegen die Tendenz der Zurückführung der Anziehungskraft des Pentekostalismus überwiegend auf das Phänomen einer neuen Religiosität oder auf die Übereinstimmung mit dem postmodernen Lebensgefühl.45 Ich schließe mich der Meinung von Margit Eckholt an: »Diese Aufgabe [Auseinandersetzung mit pfingstlerischen Ekklesiologien] kann nicht an die Religionssoziologie delegiert werden, hier ist die Theologie zutiefst gefragt und angefragt, sich mit dem Phänomen der Globalisierung und der ambivalenten ›Rückkehr der Religion‹ ernsthaft auseinanderzusetzen.«46 41 A. a. O., 237. 42 Vgl. Tobias Keßler/Albert-Peter Rethman (Hg.), Pentekostalismus. Die Pfingstbewegung als Anfrage an Theologie und Kirche, Regensburg 2012, 181. 43 Vgl. Margit Eckholt (kath.) erwähnt in diesem Zusammenhang die These des katholischen Historikers Michael Huhn, dass die Pentekostalen »zu einer vierten Grundform des Christseins herangewachsen sind«. Margit Eckholt, Pentekostalismus: Eine neue ›Grundform‹ des Christseins, in: Keßler/Rethman, 202. 44 Vgl. Margit Eckholt, 209. 45 Vgl. Peter Zimmerling, 43. 46 Margit Eckholt, 207.
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Einleitung
Zu diesem ökumenischen Anliegen im Wortklang von Margit Eckholt will die vorliegende Untersuchung einen Beitrag leisten.
D.
Die Bedeutsamkeit der Betrachtung des pentekostalen Denkansatzes im Verständnis des Heiligen Geistes im Kontext des ökumenischen multilateralen Diskurses
Für die Wahl des ökumenischen multilateralen Diskurses als Rahmen für die theologische Betrachtung des pentekostalen Denkansatzes zum Verständnis des Heiligen Geistes spricht das Argument, dass der theologische Rahmen des multilateralen Diskurses einen offenen Interpretationsraum bietet, um nicht nur die theologischen Inhalte des Pentekostalismus zu verstehen, sondern daraus einen für die ökumenische Bewegung bereichernden Beitrag zu gewinnen. Diese Überzeugung gründet sich zum Teil auf die potenzielle dogmatische Offenheit des ökumenischen Denkens für den Dialog mit neuen konfessionellen Traditionen.47 Auf der anderen Seite liefern die multilateralen Texte des ÖRK ein Ergebnis der langjährigen kontinuierlichen Zusammenarbeit vieler konfessioneller Traditionen, die ein Gesamtbild dafür liefern, welche Schnittstellen sich für die Inklusion der pentekostalen Glaubenstradition anbieten. Ein weiterer Faktor für die Wahl des multilateralen Kontextes ist meine persönliche Begegnung als Pastor einer evangelischen Freikirche (Mülheimer Verband Freikirchlich-Evangelischer Gemeinden) mit einigen ökumenischen Texten, die aus meiner persönlichen Sicht sehr viele inhaltliche Ähnlichkeiten mit dem geistlichen Selbstverständnis des evangelikalen, insbesondere des pentekostalen, Glaubens zeigen. Die Frage, wie diese Ähnlichkeit trotz der inhaltlichen Distanz vieler evangelikaler und pentekostaler Kirchen zum ÖRK zu erklären ist, diente mir als Initialzündung meiner Entscheidung für die vorliegende Untersuchung. Ein wichtiger Faktor, warum es an der Zeit ist, die Theologie der pentekostalen Tradition in den multilateralen Diskurs zu integrieren, ist der rasante Fortschritt in der theologischen Selbstfindung der pentekostalen Bewegung.48 Mit der zunehmenden Etablierung pentekostal denkender Theologen im wissenschaftlichtheologischen Diskurs der Gegenwart (Walter Hollenweger, Veli-Matti Kär47 Treffend bemerkt Peter Zimmerling in diesem Zusammenhang: »Wenn zum Wesen des Geistes Gottes gehört, dass er universelles Verstehen schafft und damit Gemeinschaft stiftet, wird sich dieses Wesen des Geistes in einem entsprechenden kirchlichen Handeln abbilden müssen.« Zimmerling, 236. 48 Angelo Ulisse Cettolin (pentekostal) weist mit Berufung auf die soziologischen Studien auf die Veränderungen innerhalb der pentekostalen Kirchen, was die traditionelle pentekostale Spiritualität angeht. Vgl. Angelo Ulisse Cettolin, Spirit Freedom and Power: Changes in Pentecostal Spirituality, Eugene OR 2016, Conclusion.
Was bedeutet »pentekostal«?
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kkäinen, Frank Macchia, James K.A. Smith, Keith Warrington, Amos Yong etc.) hat die theologische Artikulierung der Glaubensinhalte der Pentekostalen an theologischer Präzision, Aussagbarkeitsqualität und Identifizierbarkeitsgrad immer mehr gewonnen. Da das Phänomen des Pentekostalismus eine kontinuierliche, konfessionelle Selbstfindung darstellt, befindet sich die theologischwissenschaftliche Selbstreflexion des Pentekostalismus ständig im Wandel. Aus diesem Grund ist die Untersuchung der Pneumatologie im ökumenischen multilateralen Diskurs und selbst innerhalb der pentekostalen Bewegung unter Berücksichtigung der neuesten theologischen Schwerpunkte des sich ständig transformierenden Pentekostalismus erforderlich. Insbesondere sollte man die spezifischen Schwerpunkte des pentekostalen theologischen Paradigmas nicht nur als ein spirituelles Phänomen im Kontext des religionswissenschaftlichen Diskurses, sondern in erster Linie im Kontext des theologischen Diskurses betrachten.
E.
Was bedeutet »pentekostal«?
a.
Konfessionelle Einordnung und Terminologie
Womit jeder Forscher im Bereich der pentekostalen Bewegung konfrontiert wird, ist die Tatsache, dass es ein sehr komplexes Feld von unterschiedlichen Ausdifferenzierungen zahlreicher Strömungen gibt, welche die Bezeichnung pentekostal für sich beanspruchen oder sich inhaltlich mit dem Phänomen des Pentekostalismus seelisch verwandt fühlen.49 Claudia Währisch-Oblau weist auf die Uneinigkeit und auf das bleibende Problem hin, wie die Pentekostalen angesichts der Diversität ihrer Entscheidungen konfessionell einzuordnen sind.50 Das Nachschlagwerk The New International Dictionary of Pentecostal and Charismatic Movements unterscheidet zwischen den klassischen Pentekostalen, der Charismatischen Bewegung und Neo-Pentekostalen Gruppen.51 Jedoch verbindet diese Klassifikation all die Ausrichtungen der pentekostalen Bewegung unter 49 Vgl. Allan Anderson/Michael Bergunder (Hg.), Studying Global Pentecostalism: Theories and Methods, Berkeley 2010, 14. 50 Vgl. Claudia Währisch-Oblau, The Missionary Self-Perception of Pentecostal/Charismatic Church Leaders from the Global South in Europe: Bringing Back the Gospel, Leiden 2009, 38–40. 51 Vgl. Stanley M Burgess/Eduard M. van der Maas (eds.), The New International Dictionary of Pentecostal and Charismatic Movements: Revised and Expanded Edition, Grand Rapids 2002, Introduction xviii–xxiii. Vgl. Wolfang Vondey, Beyond Pentecostalism: The Crisis of Global Christianity and the Renewal of the Theological Agenda, Grand Rapids 2010, 8. Vgl. Walter Hollenweger, Charismatische und pfingstlerische Bewegungen, In: Lienhard/ Meyer, Wiederentdeckung des Heiligen Geistes, 55–63.
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Einleitung
dem Gesichtspunkt eines Alleinstellungsmerkmals, das sie miteinander teilen: »a common emphasis on Holy Spirit, spiritual gifts, Pentecostal-like experiences, signs and wonders and power encounters«.52 Allein die Betonung des Heiligen Geistes als Identifikationsmerkmal der Pentekostalen wird jedoch für die Einführung des Pentekostalismus in den ökumenischen Diskurs wenig hilfreich, wenn man sie nicht näher erläutert.53 Wie Wolfgang Vondey in seinem Versuch, das Proprium der pentekostalen Bewegung zu identifizieren, es auf den Punkt bringt, hat das Phänomen der Bewegung seinen Fokus auf der Kontinuität des christlichen Glaubens mit dem historischen Pfingstereignis.54 Das Spezifische der Pentekostalen liegt, wie es im obigen Zitat formuliert wurde, im Nacherleben der Pfingsterfahrung (Apg 2,1–3), wobei nicht die Wiederherstellung des historischen Rahmens, sondern die Erfahrung des Heiligen Geistes und die Bedeutung der Erfüllung mit dem Heiligen Geist für das christliche Leben gemeint sind. Allerdings zeigt die Vielfalt zahlreicher Versuche seitens der Pentekostalen (Insider) als auch seitens außenstehender Forscher (Outsider), den Pentekostalismus und die Kennzeichnung pentekostal zu identifizieren, dass diese Kontinuität zur ursprünglichen Pfingsterfahrung selbst innerhalb der Pentekostalen epistemologisch unterschiedlich gesehen wird. Allan Anderson schlägt vor, den Pentekostalismus unter den vier Kriterien typologisch, soziologisch, historisch und theologisch zu definieren.55 Das theologische Kriterium liegt in unserem Interessenfeld, und zwar aus folgendem Grund: Die lehrmäßige, historische Zuordnung des Pentekostalismus unter der Bezeichnung klassische Pentekostale mit der Zurückführung des Pentekostalismus auf die in den USA erlebten Phänomene der Geistestaufe (Charles Parham, William Seymour, Azusa Street) beschränkt die Identifizierung der Pentekostalen auf die diachronische Sichtweise und auf das klassische Paradigma des nord-amerikanischen Pentekostalimus. Dieser vertritt die Lehre von der Geistestaufe als von einem von der Wiedergeburt zu unterscheidenden Ereignis, das die Erfüllung mit dem Heiligen Geist und die Gabe der Zungenrede als Erkennungsmerkmal des Pentekostalismus definiert. Diese Einseitigkeit sowie die Unterscheidung zwischen klassisch pentekostal und charismatisch nimmt zwar eine Differenzierung des Verständnisses und der Einordnung der Geistestaufe im Glauben der Christen vor, ist jedoch sehr umständlich und nicht gewinnbringend für die Erfassung der globalen Erscheinung des pentekostalen Typus der jungen Kirchen im Kontext des ökumenischen multilateralen Diskurses. Claudia Währisch-Oblau hat am Beispiel der Migran52 The New International Dictionary of Pentecostal and Charismatic Movements, xviii–xxiii. 53 Vgl. Angelo Ulisse Cettolin, Spirit Freedom, 33. 54 Vgl. Wolfgang Vondey, Pentecostal Theology: Living the Full Gospel. First published. Systematic Pentecostal and Charismatic Theology, London /New York 2017, 15. 55 Vgl. Allan Anderson, Studying Global Pentecostalism, 13–29.
Was bedeutet »pentekostal«?
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tenkirchen in Europa gezeigt, dass die meisten Kirchen den pentekostalen Glaubenstypus leben, ohne die Kennzeichnung pentekostal für sich in Anspruch zu nehmen.56 Als Beispiel dafür ist hier ergänzend die deutsche Geschichte der pentekostalen Bewegung zu nennen, deren Ursprünge noch hinter die Zeit des klassischen Pentekostalimus in den USA reichen und andere Erscheinungsformen hatten.57 Im Fall der Mülheimer Bewegung (erste pentekostale Bewegung in Deutschland) wird der Zusammenhang zwischen der Geistestaufe und der Zungenrede anders als im klassischen nordamerikanischen Pentekostalismus verstanden.58 Was jedoch alle Gruppierungen und Schattierungen des pentekostalen Phänomens weltweit und im Licht ihres Verständnisses des Heiligen Geistes verbindet, ist ihre zentrale und spezifische Betonung der Qualität des christlichen Lebens angesichts der Begegnung der Christen mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes. Ich schließe mich der Meinungen von Allan Anderson und Claudia WährischOblau an, die Kennzeichnung pentekostal nicht im Sinne der Zugehörigkeit zu einer konkreten Denomination, sondern im Sinne der globalen Generalisierung der pentekostalen Tradition unter dem theologischen Gesichtspunkt der Praxis des christlichen Glaubens angesichts der Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes zu deuten. Dieser Gesichtspunkt markiert die explizite Seite des theologischen Phänomens des Pentekostalismus nach außen, was seine ökumenische Einordnung erleichtert und gewinnbringend macht. Das Phänomen des Pentekostalismus lässt sich in der Analogie zu dem von Ludwig Wittgenstein eingeführten Konzept der Familienähnlichkeit betrachten. Für die Familie des pentekostalen Glaubensstils ist die Überzeugung grundlegend, dass das christliche Leben in der direkten und expliziten Ausrichtung auf die Wirklichkeit des Heiligen Geistes als Präsenzerfahrung des Heiligen Geistes innerhalb der Schöpfung verstanden wird.59 Der bekannteste zeitgenössische Ökumeniker unter 56 Vgl. Claudia Währisch-Oblau, 42–43. 57 Vgl.Ekkehart Vetter, Jahrhundertbilanz – erweckungsfasziniert und durststreckenerprobt: 100 Jahre Mülheimer Verband Freikirchlich-Evangelischer Gemeinden; ein Beitrag zur Erweckungsgeschichte im 20. Jahrhundert und zur Entstehung der Pfingstbewegung in Deutschland, Bremen 2009, 67. 58 Die Tradition des Mülheimer Verbandes sieht im Vergleich zum klassischen Pentekostalismus keine Notwendigkeit der Evidenz der Zungenrede als Zeichen der Geistestaufe. Vgl. Ekkehart Vetter, 154. 59 Angesichts der Unterschiede in der Geschichte und Gestalt der pentekostalen Kirchen sieht Walter Hollenweger das Verbindende in der Gegenwart des lebendigen Gottes, in der Realität des Heiligen Geistes, »die man in Bekehrung, Heiligung, Geistestaufe und Geistesgaben zu erleben hoffte.« Walter Hollenweger, Charismatische und pfingstlerische Bewegungen, 54. Siehe das Zitat bei Harding Meyer »Bleibt Presbyterianer! Bleibt Methodisten. […] Aber, öffnet euch dem Wirken des Heiligen Geistes.« Harding Meyer, Pneumatische Herausforderungen, 13.
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Einleitung
den pentekostalen Theologen, Cecil Robeck, hat die für alle Kirchen der pentekostalen Tradition zentrale Lehre von der Geistestaufe erweiternd als eine persönliche Begegnung mit dem Heiligen Geist re-formuliert: »The Pentecostal and Charismatic Movements as well as many of the Independent denominations maintain that all Christians today can and should enjoy a personal encounter with the Holy Spirit […]. The language that Pentecostals as well as many Charismatic and Independent congregations of various types have used to describe this encounter is ›Baptism in the Spirit‹.«60
Eine weitere Bestätigung für die Symbolisierung der pentekostalen Bewegung finde ich auf der pentekostalen Seite im Denken von Marc J. Cartledge und Wolfgang Vondey, die von der pentekostalen Identität im Kontext eines Narrativs sprechen. Cartledge setzt die symbolische Beschreibung des Pentekostalismus bei der charismatischen Spiritualität an.61 Er spricht vom zentralen Motiv der charismatischen Spiritualität als Begegnung mit dem Geist (Encounter with the Spirit). Dieses Motiv erläutert er methodologisch mit Hilfe von zwei Konzeptionen: einmal als Paradigma und zum anderen als ein Prozess. Die charismatische Spiritualität als Paradigma kann den Glaubensinhalten eine Struktur geben. Im Paradigma-Konzept lässt sich das Phänomen des Pentekostalismus als Zirkel von Suche-Begegnung-Transformation verstehen.62 Hier beruft sich Cartledge auf Steven Land (pentekostal): »The point of Pentecostal spirituality is to experience life as part of a biblical drama of participation in God’s history.«63 Das Prozess-Konzept hilft die historische Entwicklung des Pentekostalismus nicht aus dem Blick zu verlieren. Die beiden Konzepte sind komplementär zu betrachten. Diese Komplementarität zeigt Cartledge anhand der zwei Zweige der pentekostalen Bewegung. Die Bezeichnung pentekostal geht auf den historischen Ursprung der Bewegung zurück, während die Bezeichnung charismatisch auf Spiritualität und Tradition im Sinne der Formalisierung der Erfahrung der Geistestaufe beruht. Diese Methodologie ist hilfreich für die Identifizierung des Pentekostalismus im Kontext der ökumenischen Hermeneutik. Die Sicht der ökumenischen Hermeneutik, die im ökumenischen Studiendokument Ein Schatz in zerbrechlichen Gefäßen dargestellt wurde, kann der Definition des Pentekostalismus einen legitimen Rahmen geben, um die ihm eigene Grundidee im Licht ihrer aktuellen 60 Doris Donnelly (ed), The Holy Spirit, the Church, and Christian Unity, 362. 61 Vgl. Mark J. Cartledge, Encountering the Spirit: The Charismatic Tradition, Maryknoll, N.Y 2007, 16. Vgl. Wolfgang Vondey, Pentecostal Theology: Living the Full Gospel, 15. 62 Vgl. Mark J. Cartledge, 26. 63 A. a. O., 28. Vgl. Steven J. Land, Pentecostal Spirituality: A Passion for the Kingdom, Sheffield 1994, 74–75.
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globalen Erscheinung sehen zu können.64 Beide Konzepte, Paradigma und Prozess, erfassen das Phänomen des Pentekostalismus nicht nur in einer Retrospektive, sondern als eine dynamische Ganzheit im Ausblick auf die gegenwärtige Erfahrung des Lebens innerhalb der eigenen Tradition. Wolfgang Vondey weist im Zusammenhang mit der Identität des Pentekostalismus auf folgenden Sachverhalt hin: »Yet, while the idea of movement from a sociological or ecclesiological perspective is often applied to Pentecostalism in its relation to other traditions (i. e., Pentecostalism moves through the churches), the reference to its ›transitional‹ character emphasizes that Pentecostalism is itself moved and thereby continues to be transformed.«65
Der Pentekostalismus lässt sich als ein sich in Zeit und Raum transformierendes Phänomen betrachten. Dieser Schluss bringt uns zur Idee einer Familienähnlichkeit zurück, welche die Grundidee des Pentekostalismus nicht nur auf ihren historischen Ursprung in den USA zurückführt, sondern ihre Definition von einer globalen, vielseitigen, transitiven Erscheinung ableitet. Meine persönliche Anwendung des Ansatzes der ökumenischen Hermeneutik auf das Anliegen der vorliegenden Untersuchung lässt sich wie folgt formulieren: Weil der Heilige Geist ein Geist des Lebens und der Kirche ist, lässt sich seine lebensbewirkende und kirchenerhaltende Wirklichkeit an der Vitalität und Aktualität einer konfessionellen Tradition in Raum und Zeit einerseits erkennen.66 Auf der anderen Seite ist diese Wirklichkeit im Prozess des gegenseitigen Ausgerichtetseins und des gegenseitigen Gebens der spezifischen konfessionellen Schwerpunkte erfassbar.
b.
Pentekostale Theologie
Da die vorliegende Untersuchung sich unter anderem auf Quellen aus den einzelnen theologischen Meinungen innerhalb des Pentekostalismus beziehen wird, ist es notwendig, einen Einblick in den Stand der pentekostalen theologischen Wissenschaft zu gewinnen. Durch diesen Einblick ist der aktuelle Entwick64 »Die Kirchen Gottes als lebendige Gemeinschaften, durch den Glauben an Jesus Christus gegründet und vom Heiligen Geist ermächtigt, müssen das Evangelium immer wieder neu empfangen auf eine Art und Weise, die zu ihrer gegenwärtigen Erfahrung des Lebens in Beziehung steht.« Dagmar Heller (Hg.), Ein Schatz in zerbrechlichen Gefäßen, Frankfurt am Main 1999, §§32.26. 65 Wolfgang Vondey, Beyond Pentecostalism: The Crisis of Global Christianity and the Renewal of the Theological Agenda, Grand Rapids 2010, 11–12. 66 Vgl. Anton Houtepen, Hermeneutics and Ecumenism: The Art of Understanding a Communicative God, in: Peter Bouteneff/Dagmar Heller (eds.), Interpreting Together. Faith and Order Paper No. 189, Geneva 2001, 4.
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Einleitung
lungsstand der akademischen Theologie der Pentekostalen und ihr spezifisches Erscheinungsbild wahrnehmbar. Wolfgang Vondey charakterisiert die letzten Entwicklungen innerhalb der theologischen Tradition der Pentekostalen als eine Bemühung, die spezifischen Merkmale ihres Glaubens im Kontext unterschiedlicher theologischer Disziplinen und im Rahmen des wissenschaftlichen Denkens herauszustellen.67 Vondey spricht von einem neuen Gesicht der pentekostalen Theologie. Er sieht vier Eigenschaften der pentekostalen Theologie68: 1) Den Ausgangspunkt und das Anliegen dieser Theologie, die normative Begegnung mit dem Heiligen Geist zu artikulieren.69 2) Die pentekostale Theologie geht über die etablierten Erkenntnisparadigmen hinaus. 3) Die pentekostale Theologie sei »spielerisch« (playful). Sie verwirft nicht die logischen Regeln der kritischen Reflexion, lässt sie aber in ihrem Denken nicht dominieren. 4) Die pentekostale Theologie ist analogisch. Das bedeutet, dass die Pentekostalen die geschichtliche Gegenwart durch die biblischen Texte interpretieren. So wird die pentekostale Erfahrung des Heiligen Geistes im Licht der Geschichte des biblischen Pfingstereignisses interpretiert. In diesem Zusammenhang ist eine Replik aus der Einführungsvorlesung von Wolfgang Vondey zur Professur für Christian Theology and Pentecostal Studies an der Universität Birmingham (30. 09. 2019) zu erwähnen. »Where ›Back to Pentecost!‹ means only ›speak with tongues!‹ ›Seek the miracle!› a theology in the image of the Pentecost has degenerated into isolated practices, at best, often an easy pick for those who wish to discredit the movements, or into an ideology, at worst, disconnected from the behavior of the original Pentecost and neither of them capable to inspire the theology of the entire Christian tradition.«70
Vondey äußert sich selbstkritisch gegen die Einengung der pentekostalen Tradition auf das Phänomen des Zungengebets. Er setzt einen neuen Rahmen zum Verständnis des Pfingstgeschehens. Die Ausgießung des Heiligen Geistes markierte die Geburt eines christlichen, theologischen Verhaltens (a Christian theological behavior). Im Licht dieser Aussage kann angenommen werden, dass die pentekostale Identität ein Hinweis sein will auf die Art und Weise, wie die erste Kirche gelebt hat. Auch Daniel Castelo spricht sich für die Notwendigkeit der
67 Vgl. Wolfgang Vondey/Martin William Mittelstadt, The Theology of Amos Yong and the New Face of Pentecostal Scholarship: Passion for the Spirit, Loewen 2013, 7. 68 Vgl. a. a. O., 9–12. 69 Vgl. a. a. O., 9. Vgl. Steven M Studebaker, From Pentecost to the Triune God: A Pentecostal Trinitarian Theology, Grand Rapids 2012, 202. Vgl. Douglas G. Jacobsen, A Reader in Pentecostal Theology: Voices from the First Generation, Bloomington 2006, 6. 70 https://www.youtube.com/watch?v=0fd7BHzOFbo&feature=youtu.be&fbclid=IwAR3Kvg6f uxsgbBzNecC Xu4WN1SQa0vpstMpQqEy20dCkvewFaUPssYdppKQ. (8:29 min.). Abgerufen 21. 12. 2019.
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Erweiteung des Verständnisses der pentekostalen Identität aus.71 Castelo schlägt mit Berufung auf das Denken von James K.A. Smith (pentekostal) vor, die pentekostale Identität im Kontext der Lebensart (way of life) zu verstehen.72 Die Identität der Pentekostalen drückt sich im geist-getauften Leben aus und lässt sich präziser aus der Sicht der christlichen Mystik erklären.73 Der theologische Schwerpunkt der Pentekostalen ist eine Reflexion über die Begegnung mit Gott, was sie der mystischen Tradition näher bringt. Damit wandert der Fokus von der Lehre über die Geistestaufe auf die Frage des Wozu der Geistestaufe. Frank Macchia weist darauf hin, dass das Thema der Geistestaufe alle pentekostalen Theologen verbindet.74 Was nach Macchia für die pentekostale Theologie der Gegenwart kennzeichnend ist, ist die Tatsache, dass sie versucht, ihre spezifischen Themen im Kontext der globalen ökumenischen Theologie des Heiligen Geistes zu entwickeln.75 Der pentekostale Theologe Terry Cross versucht dieses Dilemma der Geistestaufe in seiner Reaktion auf das Denken eines anderen pentekostal denkenden Theologen, Clark Pinnock, zu lösen.76 Cross geht nämlich neben der trinitarischen Thematik auf das Verständnis der Geistestaufe im Kontext des Heils ein.77 Er relativiert nicht, wie Pinnock, die Erfahrung des Heiligen Geistes in der Geistestaufe auf die spirituelle Erfahrung des christlichen Lebens. Dennoch muss er zugeben, dass es für das Verständnis der Besonderheit der Geistestaufe selbst unter den Pentekostalen an klarer Formulierung mangelt.78 Zu bestimmen, welche Rolle die Geistestaufe in der gegenwärtigen pentekostalen Theologie spielt, bleibt nach Cross für die pentekostal/charismatische Bewegung eine noch nicht gelöste Aufgabe. Die Reaktion von Cross ist für unsere Untersuchung deshalb bedeutsam, weil sie die Besonderheit des pentekostalen Verständnisses des Heiligen Geistes auf die Ursprungsthematik der Geistestaufe zurückführt und gleichzeitig die Offenheit für die Deutung der Geistestaufe zum Ausdruck bringt. Was für Cross und die anderen pentekostalen Theologen im Allgemeinen repräsentativ bleibt, ist der Fokus auf die Erfahrung
71 Daniel Castelo, Pentecostalism as a Christian Mystical Tradition. (Kindle edition) Grand Rapids 2017. 72 Vgl. a. a. O., 127. 73 Vgl. a. a. O., 159–160. 74 Vgl. Frank Macchia, Baptized in the Spirit: A Global Pentecostal Theology, Grand Rapids 2006, 21. 75 A. a. O., 24. 76 Terry L. Cross, pentekostaler Theologe der Lee University (Church of God) in Cleveland, Tennessee, USA. 77 Vgl. Terry L. Cross, A Critical Review of Clark Pinnock’s Flame of Love: A Theology of the Holy Spirit, in: Pneuma 13 (1998), 3–29, 23. 78 Vgl. a. a. O., 23. Vgl. Macchia, Baptized in the Spirit, 20–28.
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Einleitung
der unmittelbaren Begegnung mit Gott.79 Allerdings gibt Cross zu, dass die Pentekostalen nicht genügend reflektiert haben, was mit dieser Erfahrung gemeint ist.80 Ein anderer prominenter pentekostaler Theologe der Gegenwart ist Amos Yong. Er vertritt die Meinung, die pentekostale Theologie mit ihrem Fokus auf die Pneumatologie versuche, die theologischen Themen vom pneumatologischen Standpunkt aus neu zu reflektieren.81 Es ist jedoch wichtig, die pentekostalen Theologen der Gegenwart nicht nur unter dem Aspekt der Vielfalt ihrer Denkansätze und der Prognosen für die Zukunft der pentekostalen Theologie zu betrachten, sondern auch die Typologisierung dieser Vielfalt ins Auge zu fassen. Christopher Stephenson analysierte die systematisch-theologischen Werke der Pentekostalen der Gegenwart und stellt unterschiedliche Typen und Methoden ihrer Theologien fest.82 Simon Chan und Steven Land behandeln ihre Theologie in Bezug auf die Spiritualität. Frank Macchias Thema ist die Offenbarung der Dimension des Reiches Gottes in der Geistausgießung. Amos Yong schreibt seine systematische Theologie als philosophische und fundamentale Theologie aus der pneumatologischen Perspektive. Marc Cartledge fügt einen anderen Aspekt der Vielfalt der pentekostalen Theologien der Gegenwart hinzu. Nach seiner Auffassung suchen die pentekostalen Theologen nicht nur das Selbstverständnis ihrer Identität, sondern auch die kritische Auseinandersetzung mit ihren eigenen theologischen Denkansätzen.83 Darüber hinaus weist Cartledge darauf hin, dass einige theologische Gebiete, wie zum Beispiel die Ekklesiologie, unter den Pentekostalen noch nicht genügend ausgearbeitet sind.84 Die Bestätigung dafür findet man in einer Reihe von theologischen Werken der Pentekostalen.85
79 Vgl. Terry L. Cross, The Divine-Human Encounter Towards a Pentecostal Theology of Experience. In: Pneuma 31 (2009) 3–34. Terry cross, The People of God’s Presence. An Introduction to Ecclesiology, Grand Rapids 2019. 80 Vgl. Terry L. Cross, The Divine-Human Encounter, 7. 81 Vgl. Amos Yong, The Spirit Poured Out on all Flesh: Pentecostalism and the Possibility of Global Theology, Grand Rapids 2005, 28. 82 Vgl. Christopher Stephenson, Types of Pentecostal Theology: Method, System, Spirit, Oxford 2012. 83 Vgl. Marc J. Cartledge, Pentecostal Theology, in: Cecil M. Robeck (ed.), The Cambridge Companion to Pentecostalism. Cambridge Companions to Religion, New York 2014, 266. Nach Cartledge ist der Ansatz unter Pentekostalen nicht durchgehend gesichert, ob die Lehre der Geistestaufe mit dem Zeichen der Glossolalie für alle Pentekostalen zentral ist. 84 Vgl. a. a. O., 267. 85 Vgl. Andy Lord, Network Church: A Pentecostal Ecclesiology Shaped by Mission, Leiden/ Boston 2012, 1; Simon Chan. Pentecostal Ecclesiology: An Essay on the Development of Doctrine, Dorset 2011, 7–9. Veli-Matti Kärkkäinen, Church as Charismatic Fellowship, in: Chris Green (ed.), Pentecostal Ecclesiology: A Reader, Leiden-Boston 2016, 4.
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Es wird innerhalb des pentekostalen theologischen Diskurses die These vertreten, dass die Pentekostalen ihre eigene theologische Identität anhand von Begriffen und Kategorien reflektieren, die nicht aus der pentekostalen Tradition selbst generiert wurden.86 Als Beispiel sind hier Frank Macchia und Veli-Matti Kärkkäinen zu erwähnen, die behaupten, dass das klassische protestantische bzw. evangelikale Paradigma der Soteriologie keinen passenden Rahmen für die Artikulation des pentekostalen Verständnisses der Begegnung mit dem Heiligen Geist bietet.87 Das protestantische Schema Bekehrung-Wiedergeburt-Heiligung lässt kaum Raum für die theologische Erläuterung der initialen Bedeutung der besonderen Erfahrung des Heiligen Geistes im Leben der Christen. Eine gewisse Erklärung für diese Besonderheit des pentekostalen theologischen Denkens findet man im theologischen Proprium der pentekostalen Theologie, nämlich in ihrer Bemühung, die erlebte subjektive Erfahrung des Heiligen Geistes theologisch zu legitimieren und daraus eine Theologie zu entwickeln.88 Der schweizer pentekostale Theologe Jean-Daniel Plüss bringt diesen Zusammenhang auf den Punkt: »In the beginning there was an experience and a testimony; then came an explanation in the form of a theological construct.«89 Giovanni Maltese bemerkt in der Einleitung seiner Untersuchung zum Erfahrungsbegriff in den pentekostalen Theologien von Cross und Yong, dass die Versuche der pentekostalen Theologen, eine Theologie ausgehend von der Erfahrung des Heiligen Geistes zu konzipieren, gescheitert sind.90 Eine andere Beobachtung der pentekostalen theologischen Literatur zeigt, dass angesichts der Betonung auf der Erfahrung des Heiligen Geistes eine pentekostale traditionelle Lehre über den Heiligen Geist immer noch nicht präzise entwickelt wurde.91 86 Vgl. Steven Studebaker, Pfingstliche Soteriologie und Pneumatologie in: Jörg Haustein/ Giovanni Maltese, Handbuch pfingstliche und charismatische Theologie, Göttingen 2014, 212. 87 Vgl. Steven Studebaker, From Pentecost to the Triune God: A Pentecostal Trinitarian Theology, Grand Rapids 2012, 190. 88 »Because we know and experience God in the existential reality of our lives, we are prepared to construct our theological understanding of God with this experiential reality in mind.« Studebaker, From Pentecost to the Triune God, 202. Vgl. Christopher Stephenson, Types of Pentecostal Theology, 3. Vgl. Keith Warrington, Pentecostal Theology: A Theology of Encounter, London 2005, 21. 89 The New Dictionary of Pentecostal and Charismatic Movements, 1123. 90 Vgl. Giovanni Maltese, Geisterfahrer zwischen Transzendenz und Immanenz: die Erfahrungsbegriffe in den pfingstlich-charismatischen Theologien von Terry L. Cross und Amos Yong im Vergleich, Göttingen 2013, 22. Maltese prognostiziert, »ein im engeren Sinne pneumatologisch konzipierter dogmatischer Gesamtentwurf scheint in naher Zukunft jedenfalls kaum denkbar«. A. a. O., 22. 91 Vgl. Keith Warrington. Pentecostal Theology, 44. Vgl. Steven Studebaker, From Pentecost to the Triune God, 189. Studebaker verweist auf Andrew K. Gabriel, nach dem angesichts der Fülle der pentekostalen Werke über den Heiligen Geist und der Geistestaufe
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Einleitung
Dieser kurze Überblick hat gezeigt, dass die pentekostale theologische Wissenschaft sich noch in einer Entwicklungsphase der Selbst-Artikulation und in der Selbstfindung ihrer eigenen theologischen Alleinstellungsmerkmale befindet. Daraus folgt wohl die Tendenz innerhalb der pentekostalen akademischen Theologie, die Pneumatologie in den anderen konfessionellen Traditionen hervorzuheben und in ihnen sowohl die Ansätze zur Begründung der pentekostalen Pneumatologie als auch die theologische Legitimation der pentekostalen Identität innerhalb des universalen theologischen Diskurses zu finden. Darüber hinaus ist für die vorliegende Untersuchung zu berücksichtigen, dass die Entwürfe der pentekostalen Theologen einzelne theologische Sichtweisen darstellen, die für den ökumenischen multilateralen Dialog keinen konfessionell-repräsentativen Wert haben. Anhand dieser einzelnen theologischen Sichtweisen kann nicht eindeutig herausgearbeitet werden, was für die globale Erscheinung der Pentekostalen und für ihre Deutung des spezifischen pneumatologischen Ansatzes allgemeingültig ist. Darum wird die Aufgabe im II. Teil der vorliegenden Dissertation darin bestehen, die pentekostalen Entwürfe der Gegenwart als interpretative Hilfsmittel zu den theologischen Aussagen der Pentekostalen in den ökumenischen Dialogen mit einzubeziehen. Außerdem wird ein Versuch unternommen, darin die weiterführenden Gemeinsamkeiten und die neuen Interpretationen des pentekostalen Ansatzes zum Verständnis des Heiligen Geistes zu entdecken, welche die repräsentativen Aussagen der Pentekostalen in den ökumenischen Dialogen bestätigen und sie auch erweiternd klären können.
F.
Forschungsstand: Die Lehre vom Heiligen Geist in den multilateralen Texten
Angesichts der Argumente für einen Bedarf an weiterführenden Studien zum Thema »Das Verständnis des Heiligen Geistes für die ökumenische Ekklesiologie« ist eine gewisse Zurückhaltung in der Forschung festzustellen, was die Rolle der Pneumatologie in den ökumenischen multilateralen Gesprächen anbetrifft. Zu den wenigen expliziten Untersuchungen der Rolle der Pneumatologie im ökumenischen multilateralen Diskurs zählt das Buch von Michael Putney The Presence and Activity of the Holy Spirit in the Church, in the Studies of the Commission on Faith and Order (1927–1983).92 Aus katholischer Sicht untersucht die eigene Pneumatologie selten behandelt wird. Vgl. Andrew K. Gabriel, The Lord is the Spirit: The Holy Spirit and the Divine Attributes, Eugene 2011, 98–99. 92 Vgl. Michael E. Putney, The Presence and Activity of the Holy Spirit in the Church, in the Studies of the Commission on Faith and Order (1927–1983), Rom 1985. Eine andere Untersuchung der Pneumatologie im multilateralen Diskurs bietet die Dissertation von Eric William Hendry What is the Spirit Saying to the Churches? Toward a Contemporary Ecu-
Forschungsstand: Die Lehre vom Heiligen Geist in den multilateralen Texten
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er die Dokumente von F&O hinsichtlich der Auswirkungen unterschiedlicher Interpretationen des Heiligen Geistes auf das Verständnis des Wesens der Kirche sowie auf unterschiedliche Themen der Ekklesiologie.93 Die Pneumatologie wird hier unter dem Gesichtspunkt ihrer Rolle bei der Entwicklung der ökumenischen ekklesiologischen Konvergenzen betrachtet.94 Diese Studie gibt eine Übersicht über die multilateralen Texte des ÖRK bis zum Jahr 1982 mit dem Schwerpunkt der Rolle der Pneumatologie in diesen Texten. Putney fasst seine Untersuchung mit der These zusammen, dass die Konvergenzen, die unter solchen Themen wie Tradition, Konziliarität, Dienst und Eucharistie erreicht wurden, ohne den Fokus auf die Pneumatologie nicht möglich gewesen wären.95 Jedoch stellt er fest, dass einige zentrale Fragen der Pneumatologie noch offenbleiben. Dazu zählen folgende Fragen: »What is at issue is the degree to which the teaching and action of the Church is expressive of the truth and action of Christ present within it through the Holy Spirit. To what extent has Christ through the Spirit bound himself to the Church? How free from the Church does the Holy Spirit remain?«96
Diese Fragen lassen den Blick eines katholischen Theologen vermuten, der die Vorstellung vom Heiligen Geist in Verbindung mit der Tradition der Kirche betrachtet. In Bezug auf die beiden Werke lässt sich die Beobachtung formulieren, dass das Thema Heiliger Geist für die katholische Seite, insbesondere im Licht der Ekklesiologie, auf offenes Interesse stößt. Es sind auch einige Artikel zum Thema Der Heilige Geist in ökumenischen multilateralen Gesprächen zu nennen: Konrad Raiser The Holy Spirit in Modern Ecumenical Thought97 und Mary Tanner Pneumatology in Multilateral Settings.98
93 94 95 96 97 98
menical Pneumatology. Der Fokus dieser Dissertation liegt auf dem Beitrag von Léon-Joseph Cardinal Suenens zum Verständnis der charismatischen Dimension der Kirche aus einer katholischen Sicht. Hendry betrachtet die Pneumatologie unter dem Gesichtspunkt der Charismen der Kirche. Die Pneumatologie wird auf die Rolle des Amtes, des Dienstes von Frauen und Männern in der Kirche, angewandt. Jedoch befasst sich diese Dissertation nicht primär mit den Theologien des Heiligen Geistes im ökumenischen theologischen Diskurs. Eric William Hendry, What is the Spirit Saying to the Churches? Toward a Contemporary Ecumenical Pneumatology. Duguesne University (Pittsburgh), McAnulty College and Graduate Scholl of Liberal Arts 2011. Vgl. Putney, 18. »Pneumatology provides a key to unlocking its evolving ecumenical and ecclesiological convergence.« A. a. O., 18. Vgl. a. a. O., 552. A. a. O., 550. Vgl. Raiser, The Holy Spirit in Modern Ecumenical Thought, 375–387. Vgl. Tanner, Pneumatology in Multilateral Settings, 225–243.
40
Einleitung
Mary Tanner stellt fest, dass die neuen Fragen über die Beziehung zwischen dem Wirken des Heiligen Geistes in der Kirche und in der Welt im Laufe der Entwicklung des ÖRK aufgekommen sind.99 Nach Tanner führt die Betonung der Pneumatologie im multilateralen Diskurs zur Ekklesiologie der Kommunion. Diese Ekklesiologie bringt die Trinität, die Christologie und die Ekklesiologie zusammen. Diese Zusammenschau sieht die Einheit der Kirche in Beziehung zum schöpferischen Plan Gottes für die ganze Schöpfung. Auf diese Weise bildet die Lehre von der Trinität den Rahmen für die kohärente Theologie. Die Zukunft des multilateralen Dialogs liegt nach Tanner in der Entwicklung der kohärenten trinitarischen Theologie, die Pneumatologie und Christologie zusammenhält.100 Konrad Raiser zieht in der Anlehnung an die Herausforderung der ökumenischen Bewegung seitens der charismatischen Bewegung die These in Betracht, dass der christologische Rahmen des ÖRK mit seinem daraus folgenden Verständnis der Kirche und der Welt dieser Herausforderung wenig entgegen zu kommen scheint.101 Diese kurze Übersicht zeigt, dass die Untersuchung der ökumenischen multilateralen Gespräche hinsichtlich der Pneumatologie, insbesondere was den Bezug zur Theologie der pentekostalen Bewegung anbelangt, noch kein breit diskutiertes Thema zu sein scheint.
G.
Methodische Vorgehensweise
Die Untersuchung der Rolle der Pneumatologie in ökumenischen Gesprächen soll im methodologischen Rahmen der ökumenischen Hermeneutik erfolgen. Die Grundprinzipien der ökumenischen Hermeneutik wurden in den ökumenischen Texten Tradition und Traditionen und Ein Schatz in zerbrechlichen Gefäßen dargestellt.102 Sie bilden die spezifische erkenntnistheoretische Grundlage des ökumenischen theologischen Denkens. Im Rahmen der theologischen Hermeneutik hat die ökumenische Hermeneutik einen besonderen Fokus: »Innerhalb der theologischen Hermeneutik dient die ökumenische Hermeneutik der spezifischen Aufgabe, wie Texte, Symbole und Bräuche in den verschiedenen Kirchen
99 Vgl. Tanner, Pneumatology in Multilateral Settings, 242–243. 100 Vgl. a. a. O., 243. 101 Vgl. Raiser, The Holy Spirit in Modern Ecumenical Thought, 386. Konrad Raiser schrieb diesen Artikel in der Zeit vor der 7. Vollversammlung in Canberra (1991). 102 Vgl. Tradition und Traditionen: Berichte der Theologischen Kommission über Tradition und Traditionen an die Vierte Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung in Montreal, Kanada (1963), Zürich 1963.
Methodische Vorgehensweise
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interpretiert, weitergegeben und gegensetig übernommen werden, wenn die Kirchen miteinander in Dialog treten.«103
Ökumenische Hermeneutik versteht sich in ihrer Zielbestimmung als Hermeneutik der Annäherung unter der pneumatologischen Prämisse der Tradierung einer Tradition Christi (Sie ist »die Geschichte des Immanuel, die Geschichte des Wortes, wie es in dem von Gott erwählten Menschen Fleisch geworden ist, die Geschichte Gottes in der Geschichte, […] in der der Heilige Geist auch heute am Werk ist.«) durch die Vielfalt der historisch-konfessionellen Traditionen.104 Die pneumatologische Dimension der Kontinuität der Kirche im Laufe der Kirchengeschichte sowie die pneumatologische Basis der konfessionellen Traditionen bieten eine erkenntnistheoretische Grundlage zur Gewinnung neuer Erkenntnisse über das Wesen der Kirche. Da sich die Kirche Christi als hermeneutische Gemeinschaft versteht, d. h. als Gemeinschaft der aufeinander eingehenden Interpretationen der Konfessionen, soll das ökumenische Denken eine Offenheit beinhalten, die eigene Tradition im Licht der anderen Tradition zu interpretieren.105 Der andere Aspekt der Methodologie der ökumenischen Hermeneutik liegt in der gemeinsamen Reflexion über die einzelnen Themen in Bezug auf die Einheit der Kirche. Bezogen auf die Gewinnung der theologischen Erkenntnisse aus den ökumenischen multilateralen Texten wäre es nach dem Prinzip der ökumenischen Hermeneutik möglich, die unterschiedlichen, konfessionellen Sichtweisen unter dem Gesichtspunkt ihrer Zugehörigkeit zu der einen Tradition Christi neu zu interpretieren. Aufgrund der gattungsspezifischen Einordnung der Texte der multilateralen Dialoge können diese Texte eine Quelle für die spezifischen theologischen Erkenntnisse sein bzw. ein Bild davon darstellen, nämlich wie die ökumenischen Dialogpartner die unterschiedlichen und zum Teil sich widersprechenden konfessionellen Überzeugungen zueinander in Beziehung setzen. Diese Erkenntnisse bieten ein praktisches, jedoch nicht endgültig fertiges Bild von Konsensus im ökumenischen Denken. Sie sind in ihrem pneumatologischen Bezug zum Wirken des Heiligen Geistes als des Geistes der Einheit ernst zu nehmen. Der Schlüsselpunkt der ökumenischen hermeneutischen Gemeinschaft liegt im ekklesiologischen Kriterium der Einheit der Kirche und ihrer Zugehörigkeit 103 Ein Schatz in zerbrechlichen Gefässen, §5. 104 Tradition und Traditionen, 20–21. 105 »Jede Kirche und Tradition, die sich auf den ökumenischen Dialog einlässt, öffnet sich selbst der Interpretation durch andere Kirchen und Traditionen. Dem anderen zuzuhören, heisst nicht notwendigerweise, zu übernehmen, was die anderen Kirchen sagen, aber mit der Möglichkeit zu rechnen, dass der Heilige Geist in und durch die anderen spricht. Dies könnte als ›Hermeneutik des Vertrauens‹ bezeichnet werden.« Ein Schatz in zerbrechlichen Gefässen §8. Vgl. §33.
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Einleitung
zum Ursprung in Jesus Christus. Dieses Prinzip kann Orientierung in der NeuInterpretation der eigenen Tradition bringen, und zwar so, dass sie im Licht der Betrachtung der Tradition der Dialogpartner unter dem Gesichtspunkt der Kontinuität als eine alle Kirchen verbindende Tradition erkannt und verstanden wird. Dieses Kriterium kann zwar nicht zur Auflösung aller ekklesiologischen Spannungen innerhalb der Kirchengeschichte führen, dennoch kann es als ein Parameter dienen, sich des Verhältnisses von Kontinuität und Diskontinuität der einzelnen Traditionen bewusst zu sein. Gleichzeitig regt dieses hermeneutische Kriterium die Suche nach solchen Artikulierungsformen der eigenen Tradition an. Dabei braucht die eigene Tradition nicht aus dem historisch-diskursiven Denken ausgeschlossen zu werden. Dies betrifft in großem Maße die spezifischen Vorstellungen vom Heiligen Geist und die Praktiken, die der bisherigen Vorstellung vieler Kirchen vom Heiligen Geist und von der Heilsordnung widersprechen oder den Traditionen dieser Kirchen die Intention des wahren Glaubens absprechen. Für den Anschluss der pentekostalen Tradition an den ökumenischen multilateralen Diskurs bedeutet das, dass die Sicht des ökumenischen Diskurses auf die Pneumatologie ein Resultat der gegenseitigen Annäherung unterschiedlicher Traditionen darstellt. Unter diesem Gesichtspunkt können beide Seiten ihre Vorstellung über den Heiligen Geist korrigieren, interpretieren und neu entdecken. Im methodischen Vorgehen dieser Untersuchung wird das Anliegen der ökumenischen Hermeneutik im Zusammenhang mit solchen Denkansätzen wie dem Rezeptiven Ökumenismus (Receptive Ecumenism) verfolgt. Die Grundidee dieses Denkansatzes ruht auf dem Prinzip des gegenseitigen Lernens der Konfessionen voneinander als Austausch der Gaben (Exchange of the Gifts, Risto Saarinen), als Idee des katholischen Lernens (Paul Murray) und als Ökumene des Herzens (Spiritual Ecumenism, Walter Kasper) mit dem Ziel, die Fülle der eigenen Tradition als Kirche Christi im Lernen von den anderen Konfessionen zu entdecken.106 Dabei ist der Denkansatz der Gabe-Theologie von zentraler Bedeutung.107 106 Vgl. Risto Saarinen, God and the Gift. An Ecumenical Theology of Giving, Collegeville 2005. Vgl. Denkansatz von Receptive Ecumenism: Paul D. Murray, Receptive Ecumenism and the Call to Catholic Learning: Exploring a Way for Contemporary Ecumenism, Oxford 2008, 17. Vgl. Antonia Pizzey, Receptive Ecumenism and the Renewal of the Ecumenical Movement: the Path of Ecclesial Conversion, Boston 2019, 12–13. Vgl. David Field/Jutta Koslowski (eds.), Prospects and Challenges for the Ecumenical Movement in the 21st Century, Geneva 2016, 233–246. https://www.globethics.net/documents/4289936/13403236 /GE_Global_12_web.pdf/. Abgerufen 23. 01. 2020. Vgl. Walter Kasper, A Handbook of Spiritual Ecumenism, Hyde Park, NY 2006.Vgl. Myk Habets, Ecumenical Perspectives on the Filioque for the 21st Century, London/New York 2014. xvii–iii. 107 Vgl. Martin Hailer, Gift Exchange: Issues in Ecumenical Theology. ÖR. Beiheft 124, Leipzig 2019. Vgl. Veronika Hoffmann, Die Gabe. Ein ›Urwort‹ der Theologie? Frankfurt
Methodische Vorgehensweise
a.
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Auswahlkriterien für die Hauptquellen
Zwei Kriterien sind für die Auswahl der Hauptquellen der vorliegenden Dissertation entscheidend: Erstens die Dokumente und Vorträge der ÖRK-Vollversammlungen und der Weltkonferenzen für Glauben und Kirchenverfassung, auf denen das Thema Heiliger Geist explizit behandelt wurde. Hier sind auch solche zentralen Texte von F&O zu nennen wie der Konvergenztext zu Taufe, Eucharistie und Amt und der Konvergenztext zur Ekklesiologie Die Kirche: Auf dem Weg zu einer gemeinsamen Vision (weiterhin KWGV) sowie der Studientext Gemeinsam den einen Glauben bekennen (weiterhin GGB). Als zweites sind die Dokumente und Texte von F&O zu nennen, welche die geschichtstheologische Entwicklung der Studien über den multilateralen Diskurs im Hinblick auf die Pneumatologie zu verfolgen halfen. Als Beispiel ist hier unter anderem ein Prozess zu erwähnen: Die Entwicklung der Lunder Empfehlung (3. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung in Lund, Schweden, 1952), die Ekklesiologie im zweifachen Bezug zur Christologie und zur Pneumatologie zu betrachten.
b.
Aufbau der Untersuchung
Im I. Teil wird eine Übersicht der ökumenischen multilateralen Texte unter unterschiedlichen thematischen Schwerpunkten der Pneumatologie gegeben. Die Leitidee des ersten Teils besteht darin, zu untersuchen, wo und in welcher Hinsicht das Thema »Heiliger Geist« in multilateralen Gesprächen in der Arbeit des Ökumenischen Rates der Kirchen sowohl explizit als auch implizit vorkam. Welche Ansätze zum Verständnis des Heiligen Geistes beeinflussten theologisches Denken im ökumenischen multilateralen Diskurs? Welche Aspekte der Lehre vom Heiligen Geist wurden im ökumenischen multilateralen Diskurs noch nicht berücksichtigt, bzw. nicht genügend behandelt? Das Ziel des ersten Teils besteht darin, ein für den multilateralen Diskurs aktuell-relevantes Thema hinsichtlich der Lehre über den Heiligen Geist festzustellen und es aus der Sicht des pentekostalen Denkansatzes zum Verständnis des Heiligen Geistes zur Diskussion zu stellen. Im II. Teil wird der pentekostale Denkansatz zum Verständnis des Heiligen Geistes hinsichtlich der im I. Teil festgestellten pneumatologischen Themen reflektiert. Der Inhalt des II. Teils wird durch den Fokus auf die Ergebnisse des I. Teils limitiert und präzisiert. Die Leitidee des II. Teils besteht darin, nach einer für am Main 2009. Vgl. Michael Böhnke, Gottes Geist im Handeln der Menschen, Freiburg/ Basel/Wien 2017, 170–193.
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Einleitung
den ökumenischen Diskurs gewinnbringenden Interpretation des pentekostalen Denkansatzes im Verständnis des Heiligen Geistes zu suchen. Dieser Teil der Untersuchung wird von der Frage geleitet sein, ob und inwiefern die Pneumatologie der pentekostalen Kirchen das bestätigt, was von den anderen Kirchen bereits in pneumatologischer Hinsicht in den ökumenischen theologischen Diskurs eingebracht worden ist. Daraus folgend wird die Frage von entscheidendem Interesse sein, welche speziellen theologischen Schwerpunkte die pentekostale Tradition setzt. Im III. Teil wird über eine Möglichkeit nachgedacht, wie die Interpretation des pentekostalen Denkansatzes im Verständnis des Heiligen Geistes in den aktuellen ekklesiologischen Diskurs des ÖRK bereichernd und erweiternd integriert werden kann. Inwieweit sind bisherige Ergebnisse des ökumenischen Dialogs zu erweitern, wenn der pentekostale Ansatz zum Heiligen Geist mit einbezogen wird? Umgekehrt, wie lässt sich die pentekostale Pneumatologie in das trinitarische Paradigma der ökumenischen Bewegung integrieren? Wie verhält sich die pentekostale Pneumatologie zum Thema der Einheit der Kirche? Welche Barriere zum ökumenischen Denken weist der pentekostale Denkansatz beim Verständnis des Heiligen Geistes auf ?
1.
Der Heilige Geist in ausgewählten Texten des ökumenischen multilateralen Dialogs des ÖRK
1.1
Einleitung
1.1.1 Umriss der Untersuchung im ersten Teil Die Funktion des ersten Teils im Rahmen der vorliegenden Untersuchung besteht darin, die Rolle der Lehre über den Heiligen Geist sowie ihre einzelnen Aspekte in den ökumenischen multilateralen Texten zu identifizieren und sie aus der Sicht eines Beobachters aus dem freikirchlich-pentekostalen Kontext zu interpretieren. Diese Untersuchung verfolgt das Ziel, die nicht berücksichtigten Themen der Pneumatologie sowie die offenen pneumatologische Fragestellungen als Schnittstellen zum weiteren Dialog mit dem pentekostalen Denkansatz zum Heiligen Geist zu formulieren. Um die Ergebnisse der Untersuchung der Rolle des Heiligen Geistes in den ökumenischen Gesprächen systematisch und gewinnbringend darzustellen, ist eine Vorüberlegung zur Methodologie der Untersuchung der ökumenischen Texte erforderlich. Die ökumenischen multilateralen Texte stellen ein spezifisches Genre theologischer Texte dar und erfordern eine Berücksichtigung ihres spezifischen hermeneutischen Rahmens. Es sind folgende Einflussfaktoren zu nennen, welche die Gattung der ökumenischen Texte geformt haben. Als Erstes ist auf die Vielfalt der unterschiedlichen Textarten innerhalb der Gattung der multilateralen ökumenischen Texte von F&O hinzuweisen. Die multilateralen Konvergenztexte TEA und KWGV dienen hauptsächlich dem deklarierten Zweck der Annäherung zwischen den Kirchen. Sie spiegeln in gewissem Sinne eine Polyphonie der konvergenten theologischen Aussagen. Auch wenn die zentralen theologischen Gedanken in solchen ökumenischen Texten erkennbar sind, fehlt es dort am Zugang zu den theologischen Hintergrundinformationen, weil nicht klar wird, welche Prämissen und Argumente den Textformulierungen zugrunde liegen. Dies gilt wiederum nicht für die anderen Texte des multilateralen Dialogs. Im ökumenischen Studientext zur Auslegung des Nizäno-Konstantinopolitanischen Glaubensbekenntnisses (381) Gemeinsam den ei-
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Der Heilige Geist in ausgewählten Texten des ökumenischen multilateralen Dialogs
nen Glauben bekennen wird eine Auslegung der einzelnen Aussagen konzipiert und dargestellt. Werden jedoch die einzelnen Themen, wie zum Beispiel die Pneumatologie, in den ökumenischen Texten nicht explizit behandelt, wird die Interpretation und das Explizieren der einzelnen Themen von der subjektiven Entscheidung des Lesers abhängig bleiben. Diese Besonderheit der multilateralen ökumenischen Texte zeigt die Grenze ihrer dogmatischen Hermeneutik und der theologischen Schlussfolgerungen. Von den multilateralen, konvergenzorientierten Texten sind die einzelnen Studientexte von F&O zu unterscheiden, welche die theologische Arbeit an konkreten theologischen Themen darstellen. Die theologischen Zusammenhänge sind in diesen Texten klarer zu erkennen und zu interpretieren als in Texten der Vollversammlungen wie Einheitsformeln, Sektionsberichten und Hauptbotschaften. Das theologische Urteil über die ökumenischen Texte fällt im Licht des aktuellen theologisch-akademischen Diskurses schwer, weil die theologischen Aussagen in den ökumenischen Texten eher die Gemeinsamkeiten zwischen den einzelnen konfessionellen Traditionen suchen. Diese Besonderheit formt den theologischen Diskurs, der die Diskussion mit den einzelnen Theologien der Gegenwart nicht immer ermöglicht, vor allem deswegen, weil die ökumenischen Texte nicht immer an einem theologisch nuancierten Tiefgang interessiert sind. Die Aussagen der ökumenischen Texte können an vielen Punkten mit den akademischen Theologien der einzelnen Konfessionen zumindest in der Zielsetzung nicht übereinstimmen. Dieser Sachverhalt erschwert die Inklusion der einzelnen theologischen Meinungen in den ökumenischen Diskurs. Dies betrifft vor allem die Fälle, in denen die theologischen Stellungnahmen zu einem ökumenischen Text im strengen Rahmen ihrer Rezeptionstauglichkeit im laufenden ökumenischen Dialog erfolgen müssen. Ein Beispiel dafür wäre die ökumenische Interpretation der trinitarischen Koinonia, die sich in ihrer dogmatisch-sprachlichen Artikulation vom systematisch-theologischen Diskurs der konfessionell geprägten, akademischen Theologien unterscheidet. Aufgrund der Komplexität der inneren Struktur des ÖRK, die historisch gesehen unterschiedliche ökumenische Bewegungen wie zum Beispiel F&O und Life and Work einschließt, ist die gegenseitige Beeinflussung der Arbeit der Vollversammlungen des ÖRK und der theologischen Studien von F&O zu berücksichtigen. Obwohl F&O sich im Dienst des ökumenischen Anliegens des ÖRK versteht, bildet diese Kommission in ihrer Funktion, ihrer Struktur und ihrer Methode einen anderen theologischen Rahmen als die Arbeit der Vollversammlungen des ÖRK.108 F&O ist vor allem eine theologische Kommission,
108 Vgl. Mary Tanner, What is Faith and Order? §13–14. https://www.oikoumene.org/en/reso
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die durch gemeinsame theologische Studien die Spaltungen im Bekenntnis des christlichen Glaubens zu überwinden sucht. Da F&O eine breitere konfessionelle Mitgliedschaft besitzt als der ÖRK und in ihren Studien einen explizit theologischen Fokus aufweist (die Präsenz akademischer Theologen in der Kommission ist hier zu erwähnen), bietet die Arbeit von F&O ein anderes Niveau der Vollständigkeit und der Qualität der theologischen Aussagen als die Texte der Vollversammlungen des ÖRK.109 Die Texte der Vollversammlungen des ÖRK müssen jedoch in der Untersuchung ebenso vertreten sein, weil sie die gegenseitige Beeinflussung zwischen der Entwicklung der thematischen Schwerpunkte von F&O und der Arbeit des ÖRK verfolgen lassen. Zugleich ist das Studium der Texte der Vollversammlungen des ÖRK deshalb wichtig, weil ihre Inhalte unterschiedliche konfessionelle Ansichten erkennen lassen, welche den multilateralen Diskurs beeinflusst haben. Auch wenn der Einfluss einzelner Texte, wie z. B. der Vorträge zu den Themen der Vollversammlungen, auf die Gesamtentwicklung des ÖRK nicht nachweisbar ist, zeigen solche Texte ein Bild, in welcher Weise und unter welchen Aspekten die pneumatologischen Themen angesprochen und behandelt worden sind. Abgesehen von der fruchtbaren Auswirkung der Studien von F&O auf die Arbeit der Vollversammlungen und umgekehrt ist jedoch auf die Spannung zwischen dem Diskurs der Vollversammlungen des ÖRK und dem theologischen Auftrag von F&O hinzuweisen. Sowohl Mary Tanner (angl.) mit dem Hinweis auf Charles Headlam (angl.) als auch John Zizioulas (orth.) deuten auf die Unterschiede zwischen den theologischen Interessen von F&O und dem sozialen Diskurs des ÖRK hin, was nach Zizioulas zur Nicht-Berücksichtigung wichtiger theologischer Themen geführt hat.110 Darüber hinaus spielte der Prozess der Herausbildung der Mitgliedschaft des ÖRK mit dem Schwerpunkt in den Ländern des globalen Südens eine prägende Rolle in der Formierung der ideologischthematischen Ausrichtung des ÖRK. Klaus Wilkens resümiert in seiner Einführung in den Bericht über die 8. Vollversammlung des ÖRK in Harare (1998), dass für die Kirchen aus der südlichen Hemisphäre »die Frage kirchlicher Gemeinurces/documents/ commissions/faith-and-order/xii-essays/what-is-faith-and-order-marytanner. Abgerufen 28. 01. 2020. 109 Das betrifft vor allem die Teilnahme der römisch-katholischen Kirche an der Arbeit von F&O. Vgl. ebd. §16. Die zunehmende Partizipation von pentekostalen Vertretern in F&O macht dessen Studien zum eigentlichen Zentrum des aktuellen multilateralen Dialogs. Beispiele sind die Teilnahme von Simon Chan und Cecil Robeck jeweils an der Arbeit der 5. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung in Santiago und an der Arbeit des Studiendokumentes von F&O »Ein Schatz in zerbrechlichen Gefäßen.« 110 Vgl. Marry Tanner, What is Faith and Order?, §13; Vgl. John Zizioulas, Faith and Order yesterday, today and tomorrow, I. Heritage. https://www.oikoumene.org/en/resources/documents/commissions/faith-and-order/xii-essays/faith-and-order-yesterday-today-and-tomorrow. Abgerufen 28. 01. 2020.
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Der Heilige Geist in ausgewählten Texten des ökumenischen multilateralen Dialogs
schaft nicht so sehr ein konfessionelles, als vielmehr ein sozialpolitisches Problem« sei.111 Nicht zu unterschätzen sind außerdem die Auswirkungen von Vorschlägen für die weiteren ökumenischen Prozesse, wie z. B. der Vorschlag der 3. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung in Lund (Schweden, 1952). Das Lund-Prinzip stellte einen Versuch dar, »von der Einheit der Person Christi her die Einheit der Kirche auf Erden zu verstehen«.112 Auf der 2. Vollversammlung des ÖRK in Evanston (USA, 1954) wurde das Lund-Prinzip als Grundlage für das gemeinsame Handeln der Kirchen angewandt.113 Als Folge war die Verschiebung von der spezifisch theologischen Auseinandersetzung, um die Einheit der Kirche auf sozial-ethische Themen zu beobachten. Für die Vorgehensweise der vorliegenden Untersuchung im ersten Teil bedeutet dies, dass die ausgewählten Texte von F&O und den Vollversammlungen des ÖRK zwar aufeinander bezogen werden können, jedoch kein einheitliches repräsentatives Bild über die Pneumatologie für den ökumenischen multilateralen Diskurs liefern. Angesichts der oben genannten Besonderheit der ökumenischen multilateralen Texte wird im ersten Teil kein Anspruch erhoben, ein erschöpfendes Bild der Pneumatologie in den ökumenischen Dialogen zu sichern. Aus diesem Grund wird der Inhalt des ersten Teils folgendermaßen strukturiert. Die einzelnen Texte aus den Vollversammlungen des ÖRK und der Studien von F&O werden in Bezug auf die Lehre über den Heiligen Geist aus der Sicht des Verfassers der vorliegenden Untersuchung interpretiert.114 Die Interpretation der Texte steht unter dem Blickwinkel des zentralen Anliegens der pentekostalen Bewegung, welche die direkte Begegnung mit der Gegenwart Christi durch den Heiligen Geistes als Voraussetzung für ein christliches Leben betont.115 Der Blick auf die ökumenischen multilateralen Texte soll dazu dienen, die kognitiven Inhalte der Lehre über den Heiligen Geist und ihre Bedeutung für den ökumenischen Dialog mit dem pentekostalen Denkansatz zum Verständnis des Heiligen Geistes in Dialog zu bringen.
111 Klaus Wilkens (Hg.), Gemeinsam auf dem Weg. Offizieller Bericht der 8. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen Harare 1998, Frankfurt am Main 1999, 20. 112 Wilhelm Stählin (Hg.), Lund. Dritte Weltkonferenz der Kirchen für Glauben und Kirchenverfassung, Witten/Ruhr 1954, Bericht der Sektion I. Kap II, 5. 113 Vgl. Wilkens, 18. 114 Was sich aus dieser Aufführung der einzelnen ökumenischen Texte nicht zurückverfolgen lässt, ist, inwiefern sie eine kontinuierliche theologische Linie des ÖRK darstellt. Dazu gehört die Frage nach der Zuordnung der Texte, die aus der gemeinsamen Arbeit vieler Theologen entstanden sind, zu den einzelnen konfessionellen Theologien bzw. zu den Meinungen der einzelnen Theologen. 115 Vgl. Cecil M. Robeck, Pentecostals and the Apostolic Faith: Implications for Ecumenism, in: Pneuma (1987), 61–84, 63.
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Am Schluss dieses Teils wird resümiert, welche pneumatologischen Themen und warum sie für die Erweiterung des ökumenischen Dialogs bereichernd sein können. Dies geschieht mit dem weiterführenden Ziel, diese Themen als Schnittstellen für die Integrierung des pentekostalen Denkansatzes zum Verständnis des Heiligen Geistes darzustellen.
1.1.2 Die pneumatologische Fragestellung im ökumenischen Dialog Der multilaterale Diskurs weist eine Besonderheit auf, nämlich eine Unterschiedlichkeit in der Schwerpunktlegung auf einen oder mehrere Aspekte der Pneumatologie in den ökumenischen Texten. Diese Besonderheit ist einerseits durch den spezifischen Charakter der ökumenischen Bewegung bedingt, nämlich eine Bewegung der Dialoge zu sein, in denen die unterschiedlichen Themen je nach Dringlichkeiten seitens der Dialogpartner diskutiert oder offengelassen werden können.116 Andererseits liegt der Unterschied in den Wahrnehmungen der pneumatologischen Fragestellungen innerhalb der konfessionellen Traditionen nicht in erster Linie im Verständnis des Heiligen Geistes als solches, sondern in den theologischen Schwerpunktlegungen der Lehre vom Heiligen Geist innerhalb eines dogmatischen Systems der jeweiligen Konfession oder Tradition. Darum wird die These der Geistvergessenheit in einigen konfessionellen Traditionen bzw. die Differenzierung der konfessionellen Traditionen in pneumatologisch und nicht pneumatologisch in dieser Untersuchung nicht vertreten.117 Man kann lediglich von der Vielfalt der Interpretationen und der Gewichtungen des Verständnisses des Heiligen Geistes oder von einem spezifischen konfessionellen Verständnis des Heiligen Geistes in Bezug auf die Ekklesiologie sprechen. Darum liefern die Referenzen in Bezug auf die Rolle der Pneumatologie in den ökumenischen Dialogen ein vielfältiges Bild. Hier sind einige Beispiele dafür:
116 Vgl. Konrad Raiser, The Holy Spirit in Modern Ecumenical Thought, in: ER (1989) 41/ 375–387, 375. 117 Der Begriff ›Geistvergessenheit‹ geht auf die Aussage von Otto Dilschneider zurück. Vgl. Otto Dilschneider, Die Geistvergessenheit der Theologie. Epilog zur Diskussion über den historischen Jesus und kerygmatischen Christus, in: Theologische Literaturzeitung 86, Heft 4. 1961, 255–266. Vgl. Veli-Matti Kärkkäinen (ed.), Holy Spirit and Salvation: the Sources of Christian Theology, Louisville/Westminster 2010, xi. Vgl. Raiser, The Holy Spirit in Modern Ecumenical Thought, 375. Vgl. Tanner, The Holy Spirit, the Church and Christian Unity, 228; »The Holy Spirit as the »Cinderella of Theology«. Kärkkäinen, The Holy Spirit in Ecumenical, International and Contextual Perspective, 12; Vgl. D. Paton, A Montreal Diary, in: P.C. Roger/L. Vischer (eds.), The Fourth World Conference on Faith and Order, London 1963, 11.
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Der Heilige Geist in ausgewählten Texten des ökumenischen multilateralen Dialogs
Die Sitzung von F&O in Löwen (1971) markierte den Abschluss der Arbeit an der Empfehlung von Lund, die Ekklesiologie in zweifachem Bezug zur Christologie und Pneumatologie zu betrachten. Raiser resümiert im Zusammenhang mit dem Ansatz von N. Nissiotis »Der pneumatologische Aspekt der Katholizität der Kirche«, dass die Pneumatologie als »essentielles Element« für die Reflexion über Christus und Kirche nach Uppsala (1968) nicht mehr verfolgt worden ist.118 Der orthodoxe Theologe Zizioulas beklagt seinerseits, dass die Studien über den Heiligen Geist und Ekklesiologie von F&O aus der Zeit 1951 bis 1970 unter anderem immer noch keinen Eingang in die Arbeit des ÖRK gefunden haben.119 Eine andere orthodoxe Reaktion auf die Rezeption der Vision des ÖRK bei der 8. Vollversammlung der ÖRK in Harare bestätigt diesen Mangel: »Nach 35 Jahren engagierter Teilnahme am ökumenischen Dialog hoffe er [Erzbischof Anastasios, Orthodoxe Autokephale Kirche von Albanien] immer noch auf den Heiligen Geist; aber von dem habe der Vorsitzende in seinem Bericht mit keinem Wort gesprochen.«120
Auf der anderen Seite stellte die Explizitheit der Behandlung der Pneumatologie an sich für einige konfessionelle Vertreter eine kognitive Herausforderung dar. Michael Putney (kath.) behauptete im Anschluss an die 7. Vollversammlung des ÖRK in Canberra, dass die besondere Aufmerksamkeit gegenüber dem Heiligen Geist für viele Delegierte herausfordernd war.121 Christian Krust, der als Leiter einer deutschen pentekostalen Freikirche (Mülheimer Verband, Deutschland) bei der 4. Vollversammlung des ÖRK in Uppsala (1968) zur Vollversammlung sprach, sieht Defizite des ÖRK in der Beleuchtung des Lebens im Heiligen Geist: »Die Pfingstbewegung ihrerseits könnte die ökumenische Bewegung dazu anregen, die Vielfalt des geistlichen Lebens durch die Wirksamkeit des Heiligen Geistes und die praktischen Auswirkungen
118 Vgl. Raiser, The Holy Spirit in Modern Ecumenical Thought, 381. 119 Vgl. John Zizioulas, Faith and Order Yesterday, Today and Tomorrow, I. Heritage. John Zizioulas meint vermutlich die Studien von F&O angefangen mit der Studie »Kirche« (1951) und der Empfehlung der 3. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung in Lund (1952), die Ekklesiologie im doppelten Bezug zu Christologie und Pneumatologie zu studieren. In dem Zusammenhang sind solche Studien von F&O wie »Christus und die Kirche« (Montreal 1963) und »Geist, Ordnung und Organisation« (1963–1971), »Der Heilige Geist und Einheit«. Die letzte Studie wurde in »Der Heilige Geist und Katholizität der Kirche« umformuliert und diente als Vorlgae für die Arbeit der 4. Vollversammlung des ÖRK in Uppsala (1968). 120 Klaus Wilkens (Hg.), Gemeinsam auf dem Weg: Harare 1998, 155. 121 Vgl. Michael Putney, Come, Holy Spirit, Renew the Whole Creation: Seventh Assembly of the World Council of Churches, in: TS 52 (1991), 609.
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der Charismata in der Gemeinde Christi mehr als bisher als eine Realität anzusehen.«122 Edmund Schlink (EKD) stellte eine Unterentwicklung der Pneumatologie in der protestantischen Theologie fest, obwohl nach seiner Auffassung Luther und Calvin eine umfassende Pneumatologie hatten.123 José Míguez-Bonino (method.) behauptete, dass die Behandlung der Pneumatologie in den Studien der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung nicht zufriedenstellend sei.124 Albert Outler (method.) plädiert für einen pneumatologischen Ansatz der Einheit der Kirche.125 Das Dokument »Kirche und Welt« erwähnt den Vorschlag aus Indien bei der Konsultation von F&O »Justice, Unity, Renewal« in Singapur (November 1986): »Die Kirche muss vielmehr sich selbst und ihre Mission am Wirken Gottes und des Heiligen Geistes in der Welt orientieren und mit dem Heiligen Geist gehorsam gegenüber dem Ruf Gottes und den Eingebungen des Heiligen Geistes zusammenwirken.«126 Margot Käßmann (EKD) behauptet rückblickend auf die 7. Vollversammlung in Canberra, dass die »Erneuerung der Ökumene und die Überwindung der Krise […] mit Hilfe einer erneuernden Theologie des Heiligen Geistes vorangetrieben werden.«127 Stellt man die Aussage von Käßmann in Zusammenhang mit dem vorausschauenden Gedanken von Raiser vor der 7. Vollversammlung des ÖRK in Canberra, und zwar, dass sich mit dem pneumatologischen Thema von Canberra ein Wechsel im ökumenischen Denken anbahnt, dann lassen sich dabei zwei unterschiedliche pneumatologische Schwerpunkte erkennen.128 Käßmann spricht von neuen Denkweisen der kontextualisierten Anwendung der Pneumatologie, während Raiser den Akzent auf die trinitarische Pneumatologie angesichts des ökumenischen Paradigmenwechsels zum christozentrischen Universalismus setzt.129 122 Walter Müller-Römheld (Hg.), Bericht aus Uppsala 1968: Offizieller Bericht der 4. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen, Uppsala 4.–20. Juli 1968, Genf 1968, 362. 123 Vgl. Aarhus 1964, 21. 124 Vgl. Aarhus 1964, 20. 125 »In den verzweigten Labyrinthen der Ekklesiologie könnte uns eine pneumatologische Optik eine klare Sicht für das Wesen der organischen Einigkeit verschaffen.« Albert Cook Outler, Pneumatologie als neues Gebiet der Oekumene, in: Emilio Castro (Hg.), Dem Wind des Geistes Gottes. Gedanken zum Thema von Canberra, Genf 1990, 23. 126 Zitiert in: Kirche und Welt, 52. Vgl. Felix Wilfred, Action Groups and Struggle for Justice in India, in: ER (1987) 39/3, 291–309. 127 Margot Käßmann, Die Eucharistische Vision, München 1992, 306. 128 Vgl. Raiser, The Holy Spirit in Modern Ecumenical Thought, 375. 129 Vgl. Käßmann, Die Eucharistische Vision, 205ff. Vgl. Raiser, The Holy Spirit in Modern Ecumenical Thought, 375. Klaus Wilkens weist in seiner Einführung in den Bericht zur 8.
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Der Heilige Geist in ausgewählten Texten des ökumenischen multilateralen Dialogs
Veli-Matti Kärkkäinen interpretiert als Experte der pentekostalen Tradition den Beschluss der 8. Vollversammlung in Harare (1998), was die Beziehung zu den pentekostalen Kirchen betrifft, als ein neues Aufmerken gegenüber pneumatologischen Themen.130 Der Beschlusstext der 8. Vollversammlung in Harare »Beziehung zu den Pfingstkirchen« gibt allerdings keinen direkten Hinweis auf ein explizites pneumatologisches Interesse an der pentekostalen Bewegung. Es ging hauptsächlich um die Beziehungen zu den pentekostalen Kirchen.131 Die Wahrnehmung von Veli-Matti Kärkkäinen zeigt, wie die multilateralen Aussagen, obwohl sie in ihrem Grundton etwas anderes ausdrücken, dennoch von den pneumaotlogisch sensiblen Traditionen als Hinweis auf die Betonung der Rolle der Pneumatologie interpretiert werden können. Obwohl all die oben ausgeführten Meinungen vielfältige und zum Teil gegensätzliche Erwartungen an die Rolle der Pneumatologie im multilateralen Diskurs demonstrieren, bleibt die Frage offen, von welchem Verständnis der Pneumatologie sie ausgegangen waren und welche Relevanz die Pneumatologie für den ökumenischen Dialog im Rahmen ihrer Glaubenstraditionen haben wird. Darum stellen sich folgende Fragen: Unter welchem Gesichtspunkt ist die Behandlung der Pneumatologie für die Ekklesiologie von zentraler Bedeutung? Was ist die eigentliche pneumatologische Frage des ökumenischen Dialogs, die geklärt werden muss? Welche Themen der Ekklesiologie, insbesondere in Bezug auf die Einheit der Kirche, erfordern eine weiterführende Reflexion über die Lehre vom Heiligen Geist? Bedingt durch die theologische Zielsetzung der ökumenischen Bewegung, die Ekklesiologie im Fokus des ökumenischen Denkens zu halten, wurde die Pneumatologie nicht explizit, sondern in Bezug auf die Ekklesiologie, behandelt.132 Der ekklesiologische Denkansatz erscheint darum im ökumenischen Denken primär.133 Da in der überwiegenden Zahl der untersuchten Texte der
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Vollversammlung des ÖRK in Harare (1998) auf den Ansatz von Raiser »Ökumene in Übergang« (Konrad Raiser, Ökumene in Übergang – Paradigmenwechsel in der ökumenischen Bewegung? München 1898) hin. Vgl. Klaus Wilkens, Harare 1998, 22. Vgl. Kärkkäinen, Pneumatology, 13. Vgl. Klaus Wilkens, Harare 1998, 229–230. Vgl. Wilkens, Harare 1998, 228–220. Vgl. 41, 81, 146, 154, 189, 206, 224, 229, 232, 239, 241, 247, 420, 422, 425. Unter den Aufgaben der Gemeinsamen Arbeitsgruppe zwischen dem ÖRK und den Pentekostalen werden aufgeführt: a) bestehende Beziehungen zu verstärken; b) die Studien über Fragen gemeinsamen Interesses zu beginnen; c) Formen der Partizipation zu erforschen; d) mögliche Wege der Zsammenarbeit zu untersuchen. Vgl. a. a. O., 229–230. Die Sitzung in Bossey 1953 enthält schon den ersten Hinweis auf die Nicht-Akzeptanz der expliziten Behandlung der Pneumatologie. Die Lunder Empfehlung, die Ekklesiologie im doppelten Bezug zur Christologie und zur Pneumatologie zu untersuchen, formte den Rahmen, in dem die Pneumatologie behandelt wurde.
Einleitung
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Heilige Geist als konstitutives Element der Kirche betrachtet wird, stehen Ekklesiologie und Pneumatologie in einem gegenseitigen Verhältnis zueinander.134 Was sich von den ökumenischen Texten nicht eindeutig ableiten lässt, ist eine zentrale pneumatologische Fragestellung, die für alle Kirchentraditionen gleichermaßen evident und relevant erscheinen kann. Es ist darum in allgemeinen Zügen zu überlegen, von welchem theologischen Standpunkt aus die Frage nach der Rolle der Pneumatologie in den ökumenischen Gesprächen angedacht werden kann. Die Perspektive des Lebens der Kirche gegenüber dem Wirken des Heiligen Geistes wurde zukunftsweisend von Mary Tanner und Konrad Raiser angesprochen. Marry Tanner sah die ökumenische Perspektive der Pneumatologie in der Erläuterung des Verständnisses des Wirkens des Heiligen Geistes sowohl in der Kirche als auch in der Welt.135 Die Pneumatologie wird aus der Sicht von Tanner im Rahmen der trinitarischen Ekklesiologie der Kommunion betrachtet. Der Schwerpunkt dieser Pneumatologie liegt nicht nur im Zusammenhang mit der Erläuterung der Ekklesiologie im ökumenischen Diskurs als solcher, sondern in der Erweiterung der ekklesiologischen Perspektive auf die Beziehung zwischen der Kirche und der Welt.136 Konrad Raiser sah die zukünftige pneumatologische Perspektive der Ekklesiologie im ökumenischen Diskurs in der trinitarischen Ausweitung ihres christozentrischen Denkens.137 Der Schwerpunkt seines Denkens über die Pneumatologie lag in der Interpretation der Christologie in ihrer doppelten Perspektive, 134 Vgl. Andre Birmelé, Ökumenische Überlegungen zu Pneumatologie und Ekklesiologie, in: Joachim Heubach, Der Heilige Geist: Ökumenische und reformatorische Untersuchungen. Veröffentlichungen der Luther-Akademie Ratzeburg. Band 25, Erlangen 1996, 169. 135 Vgl. Tanner, Pneumatology in Multilateral Settings, 242. 136 Diese Sicht erschien in der Zeit vor der 7. Vollversammlung des ÖRK Canberra (1991) für die meisten konfessionellen Traditionen neu. Heinz-Joachim Held, der damalige Moderator des Zentralausschusses des ÖRK, bemerkte, dass die pneumatologische Schwerpunktlegung in Canberra auf die Begegnung mit dem Heiligen Geist in seiner ganzheitlichen schöpferischen Perspektive für ihn und seine theologische Prägung sehr ungewöhnlich war. Die zukünftige Perspektive der Pneumatologie sah er in der Erläuterung der Wirkung des Heiligen Geistes in der Geschichte und in den Weltreligionen. Vgl. Michael Putney, Come, Holy Spirit, Renew the Whole Creation: Seventh Assembly of the World Council of Churches, 609. Vgl. Heinz-Joachim Held, Report of the Moderator, in: ER 42 (1990), 33. 137 Vgl. Raiser, The Holy Spirit in Modern Ecumenical Thought, 386. Vgl. José Míguez Bonino, The Concern for a Vital and Coherent Theology, in: ER (1989) 41/2, 160–176. Bernard Nitsche sagte, dass eine der Hauptaufgaben der Pneumatologie, der Christologie und der Trinitätslehre darin besteht, »das Wirken des Geistes in ein angemessenes Verhältnis zum Wirken des ewigen Sohnes zu setzen. […] Offenkundig gibt es […] unterschiedliche Qualitäten der göttlichen Freisetzung menschlicher Freiheit.« Zitat bei Veronika Hoffmann. Vgl. Veronika Hoffmann, Skizzen zu einer Theologie der Gabe: Rechtfertigung – Opfer – Eucharistie – Gottes- und Nächstenliebe, Freiburg im Breisgau 2013, 536. Fußnote 636. Vgl. Bernhard Nitsche/Erwin Dirscherl (Hg.): Atem des sprechenden Gottes. Einführung in die Lehre vom Heiligen Geist, Regensburg 2003, 9–21, 20.
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Der Heilige Geist in ausgewählten Texten des ökumenischen multilateralen Dialogs
nämlich in Verbindung zum ersten und zum dritten Artikel des Nizänischen Glaubensbekenntnisses. Das sei eine Sicht, wie die Pneumatologie in den Kontext der trinitarischen Theologie der Kommunion gebracht werden könne. Sie wurde nach Raiser schon in der IV. Sektion des Berichtes der 7. Vollversammlung des ÖRK in Canberra (Australien, 1991) vertreten.138 Das Verständnis des Heiligen Geistes wurde dort als Geist des inneren Lebens der Trinität deklariert. Im Hinblick auf die Ekklesiologie im ökumenischen Diskurs kann die Aufgabe der Pneumatologie unter dem Aspekt der trinitarischen Theologie der Kommunion also darin bestehen, den Zusammenhang zwischen Christus, dem Leben der Kirche und der Schöpfung unter dem Gesichtspunkt der Mission des Heiligen Geistes zu betrachten. Dadurch kann sich die pneumatologische Dimension der Kircheneinheit bis auf das Verständnis des gemeinsamen Wirkens der Kirchen in der Schöpfung bzw. der Welt ausweiten. Die interpretierende Rolle der Pneumatologie lässt sich an der Kontinuität der inkarnatorischen Christologie mit dem Verständnis der Weltgeschichte zeigen.139 Aus der Sicht von Raiser kann sich davon eine für den ökumenischen Dialog fruchtbringende Implikation ableiten lassen: Wird das irdische Leben Christi, unter anderem die Menschenwerdung des Logos, unter dem Gesichtspunkt der Mission des Heiligen Geistes verstanden, bekommt die Fortwirkung seiner irdischen Geschichte ihre Kraft und Kontinuität im Wirken des Heiligen Geistes, der zugleich der Geist der Einheit der Kirchen ist. Dadurch können die Kirchen, ihr Dienst in der Welt und das Wirken des Heiligen Geistes in der Welt in einem inneren Zusammenhang betrachtet werden. Oder, symbolisch gedacht, kann das gemeinsame Wirken der Kirchen als Dienst Christi an der Welt im Sinne seiner inkarnatorischen Wirkung und als real gelebte Einheit der Kirchen im Heiligen Geist betrachtet werden. Die universalistische Deutung von Raiser kann auch dazu führen, die Pneumatologie implizit, also im Christus-ähnlichen Dienst der Kirche in der Welt, zu sehen. Daraus kann ein sozial-ethischer Denkansatz der Spiritualität entwickelt werden. Albert Outler sah drei Anwendungsbereiche des ökumenischen Diskurses für die Pneumatologie: Im Kontext der Trinität, im Bereich der Ethik der neuen Schöpfung und im Bereich der Christologie, weil die entscheidenden Antworten auf die christologischen Fragen pneumatologischer Natur sind.140
138 Vgl. Raiser, The Holy Spirit in Modern Ecumenical Thought, 386. 139 Vgl. Konrad Raiser, Confessing the Lord Jesus Christ as God and Saviour, in: ER (1985) 37/ 2, 188. 140 »Die Vollversammlung von Canberra wird von einer trinitarischen Perspektive ausgehen und zu dieser zurückkehren müssen. […] Sie wird die kosmologische Auswirkung der ganz persönlichen Pneumatologie verbinden müssen mit den ganz persönlichen Einwirkungen des Geistes im menschlichen Herzen, beide sind die Kundgebungen des Heiligen Anderen.« Albert Outler, Pneumatologie als neues Gebiet der Oekumene, 20–23.
Einleitung
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Der evangelische Theologe Matthias Haudel sieht die ökumenische Herausforderung in den unterschiedlichen trinitarischen Konzeptionen des Westens und des Ostens, die als Schlussfolgerung den Unterschied im Verständnis des Heiligen Geistes und die strittigen Lehrfragen über die Ekklesiologie implizieren.141 Haudel spricht von der ökumenischen Bedeutung der Pneumatologie im Kontext des Zusammenhanges zwischen der Trinitätslehre und der Ekklesiologie im dritten Artikel des Nizänischen Glaubensbekenntnisse. »Der dritte Artikel definiert die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche als Gemeinschaft der Heiligen im Kontext des Bekenntnisses zum Heiligen Geist, welcher als eine der drei trinitarischen Personen die unauflösliche Verbindung zu den übrigen Artikeln des Glaubensbekenntnisses herstellt.«142
Nach Haudel gehen die Erlösung durch Christus und ihre Vergegenwärtigung durch den Heiligen Geist in Verbindung mit der Kirche ineinander über. Darum ist das Verständnis des Verhältnisses zwischen Christologie und Pneumatologie in ihrer Verbindung mit der Kirche für das ökumenische Gespräch wichtig. Überträgt man diesen Denkansatz in den Kontext der pentekostalen Tradition, wird schnell eine große Hürde sichtbar, weil die pentekostale Tradition weder die dogmatische Wahrnehmung der Historizität des christlichen Glaubens noch die Relevanz des Apostolischen Glaubensbekenntnisses für das Leben der Kirche nachweisen kann. Veli-Matti Kärkkäinen sieht das ökumenische Potenzial der Pneumatologie in ihrer kritischen Rolle innerhalb der Theologie der Koinonia.143 Diese besteht darin, insbesondere mit dem Hinweis auf die orthodoxe Tradition der theosis, dass das Wirken des Heiligen Geistes die erste dem Menschen zugängliche Realität Gottes darstellt. Dies würde für das ökumenische Gespräch über die Ekklesiologie bedeuten, dass das Wesen der Kirche vordergründig unter dem Aspekt der Begegnung mit der Realität des Heiligen Geistes betrachtet werden kann.144 141 Vgl. Matthias Haudel, Die Selbsterschließung des dreieinigen Gottes: Grundlage eines ökumenischen Offenbarungs-, Gottes- und Kirchenverständnisses, Göttingen 2006, 51. 142 Haudel, 55. 143 Vgl. Veli-Matti Kärkkäinen, The Ecumenical Potenzial of Pneumatology in: Gregorianum (1999) 80/1, 121–145, 144. 144 Eine ähnliche Priorisierung des pneumatologischen Aspektes in der Ekklesiologie, wenn auch aus unterschiedlichen Perspektiven, sieht der andere pentekostale Theologe, Simon Chan, im Denken von Ralph Del Colle, Nikos Nissiotis und John Zizioulas. Vgl. Simon Chan, Jesus As Spirit-Baptizer: Its Significance for Pentecostal Ecclesiology, in: John Christopher Thomas, Toward a Pentecostal Ecclesiology: The Church and the Fivefold Gospel, Cleveland, Tennessee 2010. Vgl. Del Colle, Christ und the Spirit. Vgl. Nikos A. Nissiotis, »Pneumatological Christology a Presupposition of Ecclesiology«, in: N.A. Nissiotis, Studies IV, 1967–1968, Geneva 1968, 235–252. Vgl. John Zizioulas, The Pneumatological Dimension of the Church, in: Communio (1974) 1/2.
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Der Heilige Geist in ausgewählten Texten des ökumenischen multilateralen Dialogs
Wie sich die pneumatologische Fragestellung für die ökumenische Ekklesiologie unter dem trinitarischen Gesichtspunkt angehen lässt, zeigt sich ansatzweise im Denken von Yves Congar. Yves Congar sagte im Zusammenhang mit der Frage nach dem Verständnis der Pneumatologie, dass man darunter nicht nur den theologischen Fokus auf die dritte Person der Trinität verstehen sollte.145 Man müsse auch im Blick haben, wie die Betonung des Heiligen Geistes das Denken der Menschen über die Kirche, ihr Leben und ihre Mitglieder beeinflusst. Damit wird zwar nicht das Thema der Pneumatologie an sich, sondern vielmehr die Auswirkung der pneumatologischen Frage auf das Verständnis der Kirche und ihren Platz innerhalb des ekklesiologischen Denkens angesprochen. Dies wäre der Komplex der pneumatologischen Themen, die die Beziehung des Menschen und der Kirche zur Wirklichkeit des Heiligen Geistes betreffen. Die oben aufgeführten Stimmen stellen ein Bild einzelner theologischer Meinungen dar. Obwohl sie zum Nachdenken über die Rolle der Pneumatologie anregen, lassen sie jedoch nicht eindeutig erkennen, welche pneumatologischen Fragestellungen der ökumenische multilaterale Diskurs expliziert. Aus diesem Grund ist die Untersuchung der Texte multilateraler Gespräche erforderlich, um sowohl den pneumatologischen Themen des multilateralen Dialogs als auch dem Bedarf an weiterführenden Studien über den Heiligen Geist näher zu kommen. Dieser Aufgabe ist der Inhalt des ersten Teils gewidmet.
1.2
Die Lehre vom Heiligen Geist in den frühen multilateralen Texten von F&O und des ÖRK von 1951–1971
Dieser Abschnitt stellt sich der Aufgabe, die Entwicklung der pneumatologischen Studien seit der Gründung des ÖRK in Amsterdam 1948 bis zur Sitzung der Kommission für F&O in Löwen (1971) zu verfolgen. Der Sektionsbericht I der 1. Vollversammlung in Amsterdam (1948) deklarierte die Einheit der Kirchen als eine Gegebenheit des Heiligen Geistes. Auf der anderen Seite wird im Bericht die tatsächliche Trennung der Kirchen aufgrund
145 Vgl. Yves Congar, The Spirit of God: Short Writings on the Holy Spirit, Washington D.C 2018, 214. Hier ist der Denkansatz von McDonnell zu erwähnen, der die Lehre vom Heiligen Geist in ihrer Verbindung mit der Christologie unter dem Aspekt der Trinitätslehre betrachtet hat. »The issue is not just Trinity of persons, but the trinitarian dynamic. […] Within this rhythm – the dynamic of life from the Father to the Father – is to be found the extension of trinitarian life beyond the divine self to cosmos and church in the mission of the Son and the Spirit.« Kilian McDonnell, The Other Hand of God: The Holy Spirit as the Universal Touch and Goal, Collegeville 2003, 3.
Die Lehre vom Heiligen Geist in den frühen multilateralen Texten
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der unterschiedlichen Glaubens- und Lebensauffassungen zugegeben.146 Damit wird die Spannung zwischen den zwei Wahrnehmungen der Kirche, nämlich in ihrer Einheit im Heiligen Geist und im Zustand der Trennung als historisches Kontinuum, angedeutet. Es wäre zu erwarten, dass die Frage der Einheit der Kirche bei der Lehre vom Heiligen Geist ansetzt, weil die Diskrepanz zwischen dem Wesen der Kirche im Heiligen Geist und ihrer Kontinuität in der Geschichte durch den Heiligen Geist unvermeidlich zu einer Reflexion über die Pneumatologie in ihrem Bezug zur Ekklesiologie führen wird. Dies wurde in den Texten jedoch nicht thematisiert. Nichtdestotrotz weisen folgende Aussagen aus dem Sektionsbericht auf einen möglichen inklusiven Platz der Lehre vom Heiligen Geist in den ökumenischen Gesprächen hin. Gemeint sind folgende Punkte, deren Klärung laut dem Sektionsbericht zum tieferen Verständnis der Unterschiede zwischen den Konfessionen beitragen können: »1) Das Verhältnis der objektiven Erlösungstat Gottes in Christus und ihrer Vollstreckung im persönlichen Leben des Menschen. 2) Das Verhältnis zwischen der ein für alle Mal geschehenen und der immer wieder zu vollstreckenden Begründung der Kirche durch das Handeln Christi.«147
Diese Punkte bieten in sich Denkansätze zur theologischen Reflexion der Beziehung zwischen den christologischen und pneumatologischen Auffassungen der Kirche. Der erste Punkt betrifft das Nachdenken über die Rolle des Heiligen Geistes in der Vermittlung zwischen dem Heilsgeschehen und dem persönlichen Leben der Christen. Im anderen Punkt birgt sich das Thema des Wirkens Christi durch den Heiligen Geist im Fortbestehen der Kirche in ihrer Kontinuität mit ihrem historischen Ursprung. Auf diese Beziehung zwischen Christologie, Pneu-
146 Vgl. Willem Adolf Visser ’t Hooft (Hg.), Die erste Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Amsterdam vom 22. August bis 4. September 1948, Genf 1948, 63. Es ist bezüglich des hermeneutischen Rahmens des Sektionsberichtes zu erwähnen, dass der Bericht sich hinsichtlich der Unterschiede in den Kirchenverständnissen auf zwei Grundhaltungen beschränkt, nämlich »katholisch« und »evangelisch«. Von diesem Standpunkt aus werden die Kirchenverständnisse anhand solcher Grundkriterien wie apostolische Sukzession des Bischofsamtes und die »sola fide«-Lehre bezeichnet. Es wurde ein Versuch unternommen, einen dritten Kirchentypus hinzuzufügen. Douglas Horton schlug in der Aussprache zum 1. Sektionsbericht vor, einen anderen Kirchentypus neben katholisch und lutherisch einzuführen, nämlich »frei versammelte Kirche, die Bundeskirche, die Kirche der Gemeinschaft des Heiligen Geistes.« Florowski plädierte auch für die Kennzeichnung der Kirchentypen durch den Begriff der apostolischen Sukzession und den Begriff der frei versammelten Kirche. Vgl. Visser ’t Hooft, Die erste Vollversammlung des Ökumenischen Rates, 73. Allerdings wurde der Vorschlag von Horton aufgrund der Gefahr der Überlastung des Textes abgelehnt. Hier ist wichtig zu bemerken, welchen Einfluss die Auswahl der zentralen ekklesiologischen Kirchenverständnisse auf die Theologie der Einheit der Kirche üben kann. Vgl. Visser ’t Hooft, Die erste Vollversammlung, 63–64. 147 Visser ’t Hooft, Die erste Vollversammlung, 65–66.
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Der Heilige Geist in ausgewählten Texten des ökumenischen multilateralen Dialogs
matologie und Ekklesiologie als Schlüssel zum Verständnis der Trennungen der Kirchen verweist Michael Putney.148 Die Liste der in Amsterdam festgestellten spezifischen Uneinigkeiten zwischen den Kirchen enthält auch keine direkten Erwähnungen des Heiligen Geistes. Eine der sechs Uneinigkeiten kann einen möglichen Denkansatz liefern, inwieweit die Lehre vom Heiligen Geist im Zusammenhang mit dem pentekostalen Denkansatz eine wichtige Bedeutung für den ökumenischen Dialog sein kann. Es geht dabei um die Uneinigkeit der Kirchen im Verständnis der Beziehung zwischen der objektiven Erlösung und der persönlichen Rettung.149 Im Licht dieses Verständnisses ist zu erwarten, dass die Kirchen mit der Betonung der Rettung auf dem subjektiven Empfang des Heils durch die persönliche Beziehung zu Gott eine andere pneumatologische Schwerpunktlegung haben können als Kirchen des katholischen und evangelischen Typus.150 Es ist darum in weiteren Schritten zu verfolgen, welche Akzente zur Lehre vom Heiligen Geist die ökumenischen multilateralen Dialoge aufweisen.
1.2.1 Der Bericht »Die Kirche« Der Bericht »Die Kirche« kommt als erster Text nach der 1. Vollversammlung des ÖRK in Amsterdam (1948) aus folgenden Gründen in Betracht.151 Der Text liegt in zeitlicher und inhaltlicher Nähe zur Gründungskonferenz des ÖRK. Er stellt das Ergebnis der Studie der Kommission für F&O »Das Wesen der Kirche« dar, die im Jahr 1938 initiiert wurde.152 In der Einleitung wird das Thema »Wesen und Werk des Heiligen Geistes« als eine der theologischen Aufgaben angedeutet, welche die Gegensätze in der ökumenischen Arbeit »klären und einige von ihnen beseitigen 148 Putney behauptet, dass es nicht zufriedenstellend ist, die Kirchenunterschiede im Unterschied in den Glaubensauffassungen zu suchen (im Fall des Sektionsberichtes I zwischen katholisch und protestantisch). Es ist notwendig, sich in die Richtung der Beziehung zwischen Christus, dem Heiligen Geist und der Kirche zu bewegen. Vgl. Michael Putney, The Presence and Activity of the Holy Spirit in the Church, 73–75. 149 Vgl. Oliver S. Tomkins, The Church in the Purpose of God. Faith and Order Commission Papers No. 3, Chatham 1950, 37. 150 Siehe Fn. 146. 151 Vgl. Kurt Aland (Hg.), Die Kirche. Bericht der theologischen Kommission für Glauben und Kirchenverfassung, Berlin 1955. Die englische Ausgabe: Faith and Order Commission. The Church. Report of A Theological Commission on Faith and Order, Rochester 1951. 152 Vgl. Aland, Vorwort. Der Bericht stützt sich auf die Studie der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung »Das Wesen der Kirche«. World Conference on Faith and Order, The Nature of the Church. A Report of the American Theological Committee, Chicago 1945. Vgl. R. Newton Flew, The Nature of The Church. Papers presented to the Theological Commission Appointed by the Continuation Committee of the World Conference on Faith and Order, London 1952.
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können«.153 Der Text »Die Kirche« diente als Grundlage zur Diskussion bei der 3. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung in Lund (1952). Die ökumenische Bedeutung der Auseinandersetzung mit dem Thema des Heiligen Geistes liegt in der Deklaration der gemeinsamen Bewegung hin zur Einheit der Kirche, die in Abhängigkeit von der Leitung des Heiligen Geistes verstanden wird. Der Bericht »Die Kirche« verknüpft die Leitung des Heiligen Geistes nicht nur mit dem Verständnis des geschriebenen Wortes, sondern auch unter dem Gesichtspunkt der Begegnung mit dem Wirken des Heiligen Geistes in der Welt.154 Damit zeigt sich eine Richtung, wie die explizite Behandlung der Pneumatologie für das Verständnis der Einheit der Kirche von entscheidender Nützlichkeit sein kann. Da das gemeinsame Zeugnis der Kirchen sich im Kontext des Weltgeschehens versteht, stellt die Frage nach der Erkenntnis des Wirkens des Heiligen Geistes und der Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes eine theologische Herausforderung dar. Die Kommission für F&O schlug vor, einen der Schwerpunkte der zukünftigen theologischen Studien auf die Untersuchung der neutestamentlichen Lehre über den Heiligen Geist zu legen, und zwar unter der Fragestellung »wie sich der Heilige Geist und Christus, sowie der Heilige Geist und das Wort und der Heilige Geist und die Kirche im Neuen Testament aufeinander beziehen«.155 Die Wichtigkeit dieser Studie zur Pneumatologie wurde durch zwei Aspekte begründet. Zum einen sei der Lehre über den Heiligen Geist im Laufe der Kirchengeschichte nicht genügend Aufmerksamkeit gewidmet worden. Zum anderen sei die Pneumatologie nicht ausreichend im Verhältnis zur Christologie und zur Trinität behandelt worden.156 Folgende Fragen wurden zur weiteren Untersuchung vorgeschlagen: »Was meint das Neue Testament, wenn es sagt: ›Der Heilige Geist wird euch in alle Wahrheit leiten?‹ Was meint die Verheißung: ›Der Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht, der wird zeugen von mir?‹ Wie verstehen wir die Gegenwart des auferstandenen Christus in der Kirche im Blick auf die neutestamentliche Lehre vom Heiligen Geist?«157
Diese Fragen vermitteln den Verständnisbedarf in den damals aktuellen ökumenischen Studien im Hinblick auf die Erfahrbarkeit der Leitung des Heiligen Geistes in Bezug auf seine Funktion als Geist der Wahrheit. Eine weitere Frage betraf das Verständnis der Gegenwart des auferstandenen Christus in Bezug auf die Lehre über den Heiligen Geist. Darüber hinaus wurde das Thema der Gaben 153 Aland, 8. Vgl. The Church. Report of the Theological Commission on Faith and Order, London 1951, 58. 154 Vgl. The Church, 57. 155 A. a. O., 60. 156 Vgl. a. a. O., 60. 157 A. a. O., 60.
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des Heiligen Geistes unter dem Gesichtspunkt der Fülle der Gnade Christi angesprochen. Diese Fülle fand ihren Ausdruck in der Vielfalt der Gaben des Heiligen Geistes. Allerdings bezog sich dieses Thema nicht so sehr auf die Gaben des Heiligen Geist als solche, sondern auf die Frage des Amtes und der Aktivität aller Gläubigen. Auch wenn der Bedarf nach dem Verständnis des Heiligen Geistes klar definiert wurde, bleibt dennoch unklar, von welchen ekklesiologischen Fragestellungen bzw. theologischen Zusammenhängen er abgeleitet wurde. Wie lässt sich das Interesse an diesen Fragen begründen? Welche Funktion soll die Ergebnisse der Studien über den Heiligen Geist für die Einheit der Kirche spielen? Ich versuche, das Bedürfnis nach dem Verständnis des Heiligen Geistes anhand der Aussagen des Berichtes »Die Kirche« aus meiner evangelikal-pentekostalen Sicht herauszuarbeiten. Als erstes gewinnt man einen Einblick in die vorausgehenden Studien von F&O. Die Frage des Wirkens des Heiligen Geistes in und jenseits der Kirche wurde im Bericht der nordamerikanischen theologischen Sektion der Studie von F&O »Das Wesen der Kirche« angedeutet.158 »To what degree do the results obtained from this study present a norm or standard? Is there some authoritative pattern which has been laid down, or does the Spirit blow where it wills, using varied types of organizational expressions?«159 Die Leitung des Heiligen Geistes wurde im Bericht der nordamerikanischen Sektion als einer der drei Kanäle genannt, die in Verbindung mit der Autorität Christi berücksichtigt werden müssten.160 Obwohl die Führung des Heiligen Geistes im Leben der Kirche als zentrales Merkmal des Wirkens des Heiligen Geistes in allen konfessionellen Traditionen anerkannt wird, werden jedoch Unterschiede in der Bedeutung gesehen, wie sich die Autorität und die Führung des Heiligen Geistes im Leben der Kirche manifestieren.161 Angesichts der Frage nach dem Verständnis der Führung des Heiligen Geistes weist der Text »Die Kirche« zwar in die Richtung eines Verständnisses der fort158 Die Studie »Das Wesen der Kirche« wurde auf der Edinburgher Konferenz der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung (1937) in zwei Sektionen (nordamerikanisch und europäisch) vorgeschlagen. Aufgrund des II. Weltkrieges lief die Studie hauptsächlich in der nordamerikanischen Sektion. Vgl. Oliver Tomkins (Hg.), Um die Einheit der Kirche. Eine Einführung in die Tätigkeit des Ausschusses für Glauben und Kirchenverfassung im Ökumenischen Rat der Kirchen, München 1951, 47. 159 Flew, The Nature of The Church. 239. Clarence T. Graig berichtet diesbezüglich, dass der Sektion die Zuordnung der unterschiedlichen Typen der institutionellen Leitungsmodelle in der Kirche zu den Aussagen der Schrift sehr schwer fiel. Vgl. The Nature of the Church. A Report of the Amerikan Theological Committee of the Continuation Committee on Faith and Order, Chicago/New York 1945, 13. 160 Schrift, Kirche und inneres Zeugnis des Heiligen Geistes, a. a. O., 240. 161 Vgl. Aland, 64.
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dauernden Gegenwart Christi durch den Heiligen Geist in der persönlichen Begegnung mit Gott, dennoch wird das Verständnis dieser Begegnung mit dem Leben der Kirche in Verbindung gebracht. Der Text entdeckt die Kirche als Gemeinschaft von Menschen, die von Christus im Heiligen Geist geleitet werden.162 Auf der anderen Seite wird die Kirche sakramental verstanden, also in dem Sinne, dass das Reich Gottes in der Kirche mittelbar, durchs Wort und die sakramentalen Handlungen, gegenwärtig ist. Die persönliche Begegnung mit Gott, hier als Kommunion bezeichnet, wird im Text anhand der vier Punkte deklariert, welche die Einheit der Kirchen realisieren sollen: »confessional or credal statements, liturgical worship, church order, and Christian action.«163 Damit zeigt sich im ökumenischen Denken deutlich die Neigung, dass das Thema der persönlichen Öffnung für die Wirklichkeit des Heiligen Geistes nicht in Erwägung gezogen wird. Die subjektive, persönliche Haltung der Christen gegenüber Gott wird zwar als eine notwendige Voraussetzung zum Empfang des Wortes und des Sakraments bestätigt, jedoch nicht in Verbindung mit den Wesensmerkmalen der Kirche gebracht. Eine Bestätigung für diese Vermutung sehe ich in der Referenz zum baptistischen Verständnis der historischen Kontinuität der sichtbaren Kirche. Für Baptisten liegt die Betonung auf der direkten persönlichen Beziehung der Christen zu Christus im Heiligen Geist.164 Im Licht dieser Aussage lassen sich zwei Paradigmen des Verständnisses der persönlichen Begegnung mit Gott erkennen, nämlich direkt und mittelbar (sakramental). Eine mögliche Erklärung für die Nicht-Berücksichtigung des persönlichen, inneren Glaubenserlebnisses im Sinne der direkten Beziehung zu Gott wäre die Befürchtung, dass die Gegenwart Christi spiritualisiert würde. Der Bericht von F&O The Church in the Purpose of God enthält einen Hinweis auf die Distanzierung von der Vorstellung, das Wirken des Heiligen Geistes auf die geistliche (über-natürliche) Sphäre zu beschränken.165 Eine andere mögliche Erklärung kann laut Edmund Schlink darin gesehen werden, dass das Wirken des Heiligen Geistes nicht auf »das Herbeiführen der subjektiven Möglichkeiten der Gotteserkenntnis und somit auf die Entstehung des Glaubens« reduziert werden darf.166 Der Bericht von F&O »Ways of Worship« (1951) erwähnt allerdings in Verbindung mit der Wiederentdeckung der ursprunglichen liturgischen Formen des Gottesdienstes eine Reaktion auf die liturgische Festlegung, dass sie als Reaktion die Entstehung der Gottesdienstfor162 163 164 165
Vgl. The Church, 45. The Church, 61. »the direct personal relationship of the Christian to Christ in the Spirit« a. a. O., 63. Vgl. The Church in the Purpose of God, 52. Argumentiert wird mit der objektiven Realität des Glaubens- und Liturgieerlebnisses. 166 Edmund Schlink, Ökumenische Dogmatik: Grundzüge. Michael Plathow (Hg.), Göttingen 2005, 539.
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men mit dem pentekostalen Charakter hervorruft.167 Man hätte unter dem Gesichtspunkt des pentekostalen Charakters der Gottesdienstformen [der Geist leitet, wo er will] dem pentekostalen Modus der direkten Öffnung der Christen für den Heiligen Geist mehr Aufmerksamkeit geben können. Dies wäre als ein neuer theologischer Aspekt in das Nachdenken über die pneumatologische Dimension der Kirche im Kontext des Gottesdienstes aufzunehmen. Ein ähnliches Verständnis haben die Quäker in das ökumenische Gespräch unter dem Gesichtspunkt gebracht, das Zentrum ihres Gottesdienstes sei als Erwartung der direkten Wirkung des Heiligen Geistes zu verstehen.168 Ihre Position bestand darin, den Gottesdienst der Kirche als »pentekostale Versammlung« im Sinne der Anbetung Gottes durch die hingabevolle, selbstlose Haltung der Christen und durch die eucharistische Verehrung zu bezeichnen.169 Mit der pentekostalen Versammlung ist die Versammlung der Christen in Analogie zur Versammlung der Jünger am historischen Pfingsten in der Erwartung des Empfangs des Heiligen Geistes gemeint.170 Im Zusammenhang mit dieser Konzeption der Quäker sowie mit der Referenz aus der Sicht der Baptisten müsste man eine theologische Option zur Erweiterung des pneumatologischen Verständnisses der Kirche im Bereich der geistlichen Erfahrung der direkten Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes angehen. Jedoch argumentiert der Bericht »Ways of Worship« kritisch dagegen, dass die Hingabe des Menschen an Gott das Selbsterlebnis der Christen vor die Verherrlichung Gottes stellt, weil die Christen (Quäker) in der Anbetung ihre transformierende Erfahrung erwarten. Der Text verneint damit nicht die Hingabe an Gott als solche, sondern die Tendenz, die menschliche Erfahrung dem Fokus auf Gott überzuordnen. Die oben erwähnten Anstöße zum Verständnis der direkten Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes zeigen, dass diese Denkrichtung zwar im ökumenischen Kreis schon einmal thematisiert wurde, jedoch aufgrund der Tendenz zur Hervorhebung der Rolle der menschlichen Subjektivität keine breite Akzeptanz fand. Ein anderer Aspekt, warum die Pneumatologie in der frühen Phase der ökumenischen Studien theologisch relevant sein könnte, belegen die zukunftsweisenden Aussagen des Textes »Die Kirche« wie die Ausbreitung des Evangeliums 167 Vgl. Ways of Worship. Report of a Theological Commission of Faith and Order. Faith and Order Commission Papers No. 6, Genf, 1951, 7. Der pentekostale Charakter wurde jedoch als freie Gottesdienstform, ausgehend von der Behauptung, der Geist weht, wo er will, verstanden. 168 Vgl. The Church, 49. »From more than one source we have had testimony to the effect that in the silence of a Quaker Meeting worshippers have experienced the presence of the Spirit of our Lord Jesus Christ as a real presence, corporately present in His earthly body of Church.« Ways of Worship, 18. 169 Vgl. Ways of Worship 18. 170 Vgl. ebd.
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aufgrund der Erfahrung der Wirkung des Heiligen Geistes in der Welt und in der Gemeinschaft der Christen als Geschehen der Gemeinschaft des Heiligen Geistes.171 Laut dieser Aussagen macht sich die Kirche in den Augen der nichtchristlichen Kulturen glaubwürdig, wenn sie das Evangelium als Ausdruck des Lebens einer christlichen Gemeinschaft vermittelt. Auf diese Weise erweist sich die Gemeinschaft der Christen als Gemeinschaft des Heiligen Geistes. Hinter diesem Zusammenhang verbirgt sich der Denkansatz, ein Wirken des Heiligen Geistes mit dem real erfahrbaren Leben der Christen in Verbindung zu bringen. Dieser Ansatz zeigt den Erweiterungsbedarf im Verständnis der Kirche als Raum des Wirkens des Heiligen Geistes. Wird die Vorstellung von der Wirklichkeit des Heiligen Geistes in der Kirche auf die institutionell-objektiven Handlungen der Kirche oder auf das Handeln Gottes an der Kirche beschränkt, dann kann das zur Folge haben, dass die Dimension der persönlichen Zuwendung zur Wirklichkeit Gottes und die Erwartung des transformierenden Wirkens des Evangeliums formalisiert wird. Gerade diese Dimension der neuen Schöpfung kann in dem Text am Beispiel der Erneuerung des ganzen Menschen thematisiert werden. Hier kann der Aspekt der subjektiven Haltung gegenüber der Wirklichkeit Gottes im Heiligen Geist in der Konkretisierung der ganzheitlichen Erfahrung des Heiligen Geistes gesehen werden. Argumentiert wird hier damit, dass der Heilige Geist nicht nur den Geist des Menschen erneuert, sondern den ganzen Menschen.172 Der F&O-Bericht »The Church in the Purpose of God« setzt den Denkansatz der Erneuerung des ganzen Menschen mit dem Heiligen Geist in Verbindung. Damit wird eine sich ausschließende Gegenüberstellung von Wort und Sakrament, oder anders ausgedrückt, geistlich gegen nicht geistlich, vermieden.173 Hier lässt sich die typische Tendenz des ökumenischen Denkens wieder erkennen, die Behandlung der Frage der Erfahrung des Heiligen Geistes angesichts der Gefahr der Spiritualisierung, also im Sinne der Fokussierung auf subjektive seelische Erlebnisse, auszuschließen. Jedoch gerade diese Tendenz kann für die pentekostale Sicht der transformativen Wirkung des Heiligen Geistes bejahende Argumente liefern. Mit der Vermeidung der Reduzierung des Wirkens des Heiligen Geistes auf das innere spirituelle Erlebnis stellt der Text heraus, dass der Glaube durch das Wirken des Heiligen Geistes die reale Veränderung im Leben der Christen bewirkt. Das Wirken des Heiligen Geistes meint, dass Gott das Nicht-Existierende durch den Heiligen Geist in die Existenz ruft.174 Also die Neu-Schöpfung im Heiligen Geist kann, wenn sie nicht zwingend fu-
171 Vgl. The Church, 33. 172 Vgl. The Church in the Purpose of God, 52. Ways of Worship, 15. 173 Vgl. a. a. O., 52. Das Wort geistlich ist hier in Bezug auf die Gefahr der Spiritualisierung gemeint. Darunter wird die Fokussierung auf das innere seelische Leben verstanden. 174 Vgl. ebd.
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turistisch-eschatologisch verstanden wird, die umfassende Wirksamkeit des Heiligen Geistes im Leben des ganzen Menschen bedeuten. Die Verbindung zwischen dieser Sicht und dem Verständnis des Wesens der Kirche kann in einer fundamentalen Aussage des Textes »Die Kirche« entdeckt werden. Dort heißt es, dass die Basis der Kirche, nämlich die Gemeinschaft zwischen Christen, in der Gemeinschaft (Koinonia) des dreieinigen Gottes gründet. Die Natur der Gemeinschaft zwischen Gott und Menschen spiegelt das Wesen des dreieinigen Gottes.175 Gott selbst ist Gemeinschaft. Der Ausdruck dieser Gemeinschaft findet nicht nur im formalen Rahmen einer Heilshandlung Gottes in der Heilsgeschichte statt. Sie drückte sich in der persönlichen Hinwendung Gottes zum Menschen in der totalen Menschwerdung Christi aus, die den ganzen Menschen betrifft, sowie in der Ausgießung des Heiligen Geistes, die den ganzen Menschen real umfasst. Dieser Tatbestand begründet die Heiligkeit des Menschen. Ich sehe darum keinen zwingenden Grund, die Erwartung einer Erfahrung von Gottes Kraft im persönlichen Leben tendenziell mit der Spiritualisierung bzw. kontrollierten Handhabung der Kraft Gottes im materiellen Bereich in Verbindung zu setzen. Der Fokus der Hinwendung zur Wirklichkeit des Heiligen Geistes liegt weniger im magischen Umgang mit der geistlichen Wirklichkeit, sondern mehr in der Neigung zur Erfahrung einer neuen Lebenshaltung des Menschen durch die ganzheitliche Ausrichtung des Menschen auf die Wirklichkeit Gottes in der Welt. Diese Haltung kann als Hingabe an Gott bezeichnet werden. Die Hingabe an Gott als Modus der menschlichen Existenz lässt sich auf den Bereich des persönlichen Glaubens bzw. der personalen Beziehung zu Gott anwenden. Hier sind zwei Gründe zu nennen. Die oben erwähnte Aussage aus dem Text »The Church in the Purpose of God«, die schöpferische Aktivität des Heiligen Geistes bestehe darin, die nicht existierenden Dinge ins Sein der Neu-Schöpfung zu rufen, kann für die Begründung der These gelten, der Heilige Geist bewirkt einen neuen Modus des menschlichen Lebens in der Hinwendung zur Wirklichkeit Gottes in der Welt. Das andere Argument betrifft die Analogie der Kirche mit dem Wesen des dreieinigen Gottes. Wenn das Wesen des dreieinigen Gottes Gemeinschaft ist, die sich in der Hinwendung Gottes zum Menschen als Gegenüber ausdrückt, dann kann das Wesen der Gemeinschaft mit Gott auf der menschlichen Seite genauso in der persönlichen Zuwendung des Menschen zu Gott bestehen. Darum kann diese Art der direkten Gemeinschaft des Menschen mit Gott zur Basis der Kirche neben der Predigt des Wortes und der Verwaltung der Sakramente dazugehören. Es wäre sowohl von der Seite der Quäker als auch von der theologischen Kommission für F&O zu erwarten, dass der Akzent auf das subjektive Erleben der
175 Vgl. The Church, 37.
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Begegnung mit Gott zumindest erweiternd zu den oben genannten vier Fragen des Textes »Die Kirche« hinzugefügt wird.176 Denn gerade die Frage nach der Gegenwart des auferstandenen Christus im Blick auf die Lehre vom Heiligen Geist kann nicht nur in den Kontext der Realpräsenz Christi in den Sakramenten oder im Wort Gottes platziert werden. Der Kontext des Nachdenkens über die Gegenwart Christi, wie es im Ansatz der Quäker zum Ausdruck kam, muss bis auf das Thema des direkten Wirkens des Heiligen Geistes im persönlichen Leben der Christen zu finden sein. Die Aufgabe der Theologie der Versöhnung, die im Bericht zur 3. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung in Lund (1952) als Ziel der Theologie der Einheit bezeichnet wurde, ist schwerlich zu verwirklichen, wenn die lebendige Beziehung zu Gott, die Quelle der Einheit, in Wahrheit nicht im Blick ist und das Wirken des Heiligen Geistes auf den sakramental-mittelbaren Rahmen der Kirche begrenzt wird.177 Im Licht dieser Theologie der Einheit muss der Fokus auch auf die Ganzheit des Lebens jedes einzelnen Menschen gelegt werden.178 Die Ganzheit des Lebens wird in Verbindung mit dem Wirken des Heiligen Geistes in der Welt gebracht.179 Diese Gegenüberstellung des Anliegens der Theologie der Einheit und des Verständnisses der Kirche zeigt die Notwendigkeit der Inklusion des Denkansatzes der persönlichen Rettung in das Nachdenken über die Kirche. Das nächste pneumatologische Thema, das im Bericht »Die Kirche« zur weiteren Studie vorgeschlagen wurde, war die Studie des Heiligen Geistes unter dem Aspekt der Wirkung der Gnade Christi durch die Gaben des Heiligen Geistes.180 Dieses Thema bezieht sich auf das Verständnis von Amt und Charismen, und zwar unter dem Aspekt, dass der Heilige Geist nicht nur allein durch die Amtsträger wirkt, sondern in allen Christen. Da der Bericht »Die Kirche« unter anderen Themen den Fokus auf die Lehre vom Heiligen Geist unter der Fragestellung »Wie verstehen wir die Gegenwart des auferstandenen Christus in der Kirche in Bezug auf die neutestamentliche Lehre über den Heiligen Geist?«181 legte, ist es für die vorliegende Untersuchung von 176 Vgl. Die Kirche, 60. Siehe Fn. 154. 177 Die Theologie der Versöhnung wird seitens der Kommission für F&O durch zwei Aspekte charakterisiert: lebendige Beziehung zu Gott und lebendige Beziehung zwischen den Kirchen. »A living relationship with God, the source of Unity in Truth«, The Church in the Purpose, 36. 178 »So the work of Faith and Order, if it is to be blessed by God, must take place in an atmosphere of prayer and attention to God and of charity between Christians. This is the solemn and sacred obligation that rests upon relatively few indiduals who, by writing and conversation, actually carry out the work. But it rests no less seriously upon the thousands of Christians in local congreations and parishes, in presbyteries und dioceses, in whose name the whole is done.« The Church in the Purpose, 36. 179 Vgl. a. a. O., 36–37. 180 Vgl. Die Kirche, 60. 181 Die Kirche, 60.
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Der Heilige Geist in ausgewählten Texten des ökumenischen multilateralen Dialogs
Bedeutung, die weitere Entwicklung der Studien von F&O über den Heiligen Geist unter dem Aspekt seiner Beziehung zu Christus und zur Kirche zu verfolgen.
1.2.2 Die 3. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung in Lund (1952) Die auf die 1. Vollversammlung des ÖRK in Amsterdam 1948 folgende 3. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung in Lund markierte den Ausgangspunkt der Studien zur Einheit der Kirche unter einem neuen Gesichtspunkt. Das Ergebnis von Lund war, was die Suche nach der Einheit der Kirche betrifft, der Übergang von der konfessionsvergleichenden Methode von F&O zur Methode der Annährung der Kirchen durch eine gemeinsame Blickrichtung auf Christus.182 So wird das Anliegen des Berichtes der II. Sektion der 3. Weltkonferenz »Christus und seine Kirche« als Fortschritt bezeichnet. Im Vergleich zu den früheren Berichten von F&O verfolgte man hier das Ziel, eine Untersuchung über die biblische Lehre von der Beziehung zwischen Christus und der Kirche initiieren.183 Der Fokus der Konferenz lag auf der Christologie, und zwar in ihrem Verhältnis zur Ekklesiologie.184 »Denn sicherlich können wir nur durch gemeinsames tieferes Eindringen in die Geheimnisse des Wesens der Person und des Werkes Christi in die Geheimnisse des Wesens seines Leibes und seiner Braut, der Kirche, gelangen, die sich aus seiner Person und seinem Werk ableiten und beides ergänzen.«185
Der Heilige Geist wird hauptsächlich in seiner Christi Gegenwart wirkenden Funktion erwähnt.186 Der Heilige Geist vergegenwärtigt die Zukunft und verbindet die Kirche mit dem auferstandenen Christus.187 Eine pneumatologische Aussage wäre dort zu erwarten, wo Unterschiede zwischen den Kirchen im Zusammenhang mit dem Verständnis der Kirche im Licht des Todes und der Auferstehung Christi angesprochen wurden:
182 Vgl. Stählin, Lund, 113. Vgl. I. Report to the Churches, Christ and His Church, II. 5. Der Bericht »Die Kirche« sowie der Sektionsbericht I der 1. Vollversammlung sind Beispiele der vor-Lund-Methode, die von der Klärung der Unterschiede der Konfessionen ausging. 183 Vgl. Oliver Tomkins (ed.), The Third World Conference on Faith and Order, London 1953, 12, 20. 184 »Von der Einheit der Person Christis her suchen wir, die Einheit der Kirche auf Erden zu verstehen.« Stählin, 23. Vgl. Christ and the Church. Faith and Order Paper 38, Geneva 1963, 3. 185 Stählin, Lund, 119. 186 Vgl. a. a. O., 237. 187 Vgl. a. a. O., 238.
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»Wir glauben, dass viele unserer Unterschiede aus einem falschen Gegensatz zwischen dem Sein der Kirche in Christus und ihrer Mission in der Welt herkommen, sowie daher, dass wir die Kirche nicht im Lichte Seines Todes und Seiner Auferstehung verstehen.«188 Die pneumatologische Erweiterung dieser Aussage würde darin bestehen, die Kirche Christi aus der Sicht des neuen Lebens durch den Heiligen Geist zu sehen. Der II. Sektionsbericht geht jedoch nicht über die Aussage hinaus, dass die Kirche diese neue Schöpfung durch ihre Verbindung mit dem Auferstandenen Christus durch das Innewohnen des Heiligen Geistes auslebt. Es wäre an dieser Stelle näher anzugehen, was das Leben der Kirche in der neuen Schöpfing unter dem Aspekt des Innewohnens des Heiligen Geistes beinhaltet. Einen möglichen Ansatz zur pneumatologischen Erweiterung des Verständnisses der Kirche kann man aus meiner Sicht im Denken von Florowski finden. Er bringt in seiner Ausführung über das Wesen der Kirche im Hinblick auf die Vollversammlung in Amsterdam das Pfingstereignis mit dem besonderen Kommen Christi in Verbindung: »Und wirklich kommt im Heiligen Geist der verklärte Herr selbst zurück oder kehrt um zu Seiner Herde, um allezeit bei ihnen zu bleiben (Joh. 14, 18 u. 28). Pfingsten war die mystische Weihe, die Taufe der ganzen Kirche.«189 Florowski erfasst das Pfingstereignis nicht nur in der Bedeutung des Kommens Christi im Heiligen Geist, was die Christologie mit der Pneumatologie als zwei miteinander verbundene Themen ganzheitlich bezeichnet, sondern auch als Moment »der Einverleibung der Gläubigen in Christus«.190 Die Pneumatologie ist demzufolge ein Bindeglied zwischen Christologie und Ekklesiologie, wobei das Pfingstereignis als untrennbarer Teil sowohl der Christologie als auch der Ekklesiologie betrachtet werden kann. Durch die Betonung des Pfingstereignisses als konstitutive Dimension der Kirche bekommt die Christologie ihre ekklesiologische Erweiterung über die Pneumatologie, so dass das Verständnis des Wesens der Kirche eine Erweiterung aus der pneumatologischen Perspektive benötigt.191 Im Sektionsbericht »Konti188 189 190 191
Stählin, Lund, 23. Die Kirche in Gottes Heilsplan, 51. Ökumenische Studien, 51. »It is of decisive importance for the advance of ecumenical work that the doctrine of the Church be treated in close relation both to the doctrine of Christ and to the doctrine of the Holy Spirit.« Tomkins, 22. Die Empfehlung der 1. Sektion spricht die Überzeugung aus, dass das Thema des Verhältnisses der Ekklesiologie sowohl zur Christologie als auch zur Pneumatologie den vorrangigen Platz in der zukünftigen Arbeit von F&O besetzen soll. Tomkins nennt in seiner Rede »Implication of the Ecumenical Movement« drei Empfehlungen des Berichtes »The Church« für die weiteren Studien: »The nature and work of the Holy Spirit, eschatology and the various manifestations of the kerygma.« A. a. O., 172. Tomkins drückt die Hoffnung aus, dass diese Studien zum tieferen Verständnis der Person und des Werkes
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nuität und Einheit« wird der Heilige Geist in Verbindung mit der Kontinuität des Handelns Christi in der Geschichte erwähnt.192 Die Mittel seiner Wirkung werden je nach ihrer unterschiedlichen Betonung in den Kirchen in der apostolischen Kontinuität christlichen Lebens, in der Predigt des Evangeliums und in der Verwaltung der Sakramente gesehen.193 Obwohl der Sektionsbericht von Lund »Christus und seine Kirche« einige implizite Aussagen über den Heiligen Geist enthält, zeigt sich darin insgesamt eine Zurückhaltung gegenüber der Empfehlung des Berichtes von F&O »Die Kirche« (1951), die Gegenwart Christi in der Kirche in Beziehung zur neutestamentlichen Lehre vom Heiligen Geist zu betrachten. Es ist jedoch in dem Zusammenhang zu bemerken, dass die Betrachtung der Lehre von der Kirche im Abschluss des Sektionsberichtes »Christus und seine Kirche« unter dem Gesichtspunkt der doppelten Beziehung der Ekklesiologie zur Christologie und zur Pneumatologie empfohlen und als primäre Aufgabe von F&O bezeichnet wurde.194 Es konnte anhand der Textaussagen von »Christus und seine Kirche« nicht festgestellt werden, aufgrund welcher theologischer Aspekte diese Empfehlung explizit in Bezug auf die Lehre vom Heiligen Geist gemacht wurde.195 Man kann lediglich aus der protokollierten Diskussion erschließen, welche Aspekte der Lehre vom Heiligen Geist von einigen Teilnehmern in Bezug auf den Sektionsbericht thematisiert wurden.196 Taito Kantonen (United Lutheran Church) sagte: »There are in the report incidental references to the Spirit, but pneumatology has nowhere received even the attention given to Christology. I therefore propose that the main theme of future work should be ›the doctrine of the Church, in close relation to the doctrine of Christ and the doctrine of the Holy Spirit‹.«197
R.L. Calhoun (Vertreter der Kongregationalistischen Kirche der USA) wies darauf hin, dass das Wirken des Heiligen Geistes in der Kirche nicht als eine Art Assistenz gedacht werden sollte: »The Spirit at work in the Church was not to be
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Christi führen können. Es bleibt allerdings unklar, ob die Empfehlung im Abschluss des Berichtes »Christus und seine Kirche«, eine Untersuchung der Ekklesiologie im engen Verhältnis zur Christologie und zur Pneumatologie durchzuführen, auf die von Florowski angesprochene pneumatologische Dimension der Ekklesiologie zurückzuführen ist. Vgl. Tomkins, 25. Vgl. ebd. Vg. Stählin, Lund. Christus und seine Kirche, IV. Empfehlungen. Vgl. das Protokoll der Sitzung von F&O in Bossey (1953), das erwähnt, dass der pneumatologische Teil der Empfehlung von Lund ganz am Schluss ohne Diskussion angenommen wurde. Vgl., Commission on Faith and Order of the World Council of Churches, Minutes of the meeting held at the Château de Bossey 1953, 18. Diese Reaktionen spiegeln kein vollständiges Meinungsbild aller Teilnehmer. Tomkins, 299
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thought of as a sort of adjunct.«198 Der Vertreter der Methodistischen Kirche in Ceylon D.T. Niles stellte fest, dass der Bericht die Gegenwart des auferstandenen Christus mit dem Innewohnen des Heiligen Geistes in der Kirche verwechselt. Die zweite Person der Trinität lebe dann in der Kirche durch die dritte Person.199 Nach ihm würde diese Verwechslung nicht auf den Glauben an die Trinität, sondern nur auf zwei Trinitätspersonen hindeuten. Conrad Simonson erwähnt in seiner Dissertation über die Christologie in F&O einen Brief von Bishop Anders Nygren (Lutheraner) an die Mitglieder der europäischen Sektion der Kommission, dass diese Ergänzung von Niles [über den Heiligen Geist] keine essentielle Veränderung bringe. Der einzige Denkansatz der Lunder Empfehlung soll christologisch sein.200 Diese einzelnen Stimmen erweitern zwar den Kreis der pneumatologischen Fragen, die im Bericht »Die Kirche« angesprochen wurden, dennoch bleibt es eine Sache der subjektiven Interpretation, auf welche Aspekte der Ekklesiologie die Empfehlung von Lund zurückzuführen ist. Die oben erwähnten Anmerkungen decken mehr die Tendenz der ökumenischen Referenzen zum Verständnis des Heiligen Geistes auf, dessen Wirken im Rahmen der verbindenden Funktion zwischen Christus und der Kirche zu deuten. Die Empfehlung zeigt ebenfalls deutlich, dass das theologische Verständnis der Beziehung der Kirche zu Christus und zum Heiligen Geist ein noch nicht abgeschlossenes Spektrum für die weitere Diskussion um die Rolle des Heiligen Geistes darstellt. Abschließend ist zur Pneumatologie des Berichtes »Christus und seine Kirche« zu bemerken, dass er als Fallbeispiel dienen kann, wie die Beziehung zwischen dem Verständnis der Christologie und dem daraus resultierenden Verständnis der Kirche die pneumatologische Fragestellung tendenziell beeinflussen bzw. limitieren kann. Es ist auffallend, dass der Sektionsbericht »Interkommunion« den Bezug zur Pneumatologie ganz verschweigt. Wird die Gemeinschaft in Christus als eine gegebene Einheit der Kirche und die Rolle des Heiligen Geistes als Verbindung zwischen Christus und der Kirche deklariert, dann könnte die theologische Klarstellung vom Wirken des Heiligen Geistes im Abendmahl als ein wichtiger Beitrag zur Diskussion um die Frage der Interkommunion erscheinen.201 Auch die darauffolgende Sitzung des Arbeitsausschusses der Kommission für F&O in Bossey (1953) berücksichtigt diesen Zusammenhang nicht. Die Nicht-Zulassung der in Christus Getauften zum Abendmahl wird als Verleugnung der transzen198 Tomkins, 244. 199 »Through His Spirit Jesus Christ Himself is present in His Church.« A. a. O., 246. 200 Vgl. Conrad Simonson, The Christology of The Faith and Order Movement, Leiden/Köln 1972, 73. 201 Die Sektion »Formen des Gottesdienstes« spricht die Wirkung des Heiligen Geistes dem liturgischen Leben aller Kirchen zu. Vgl. Stählin, Lund, 43.
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denten Realität der Taufe gesehen. Die Deutung der Sakramente in Bezug auf die Wirkung des Heiligen Geistes würde der Diskussion um die Interkommunion einen kontroversen Denkansatz bieten. Der Denkanstoß könnte dann lauten: Wie verhalten sich die zwei Aussagen, nämlich dass einerseits die Einheit aller Kirchen in Christus durch den Heiligen Geist objektiv als Gabe vor-existiert, und andererseits, dass jede eucharistische Gemeinschaft ihre Bedeutung und ihre Realität durch den Heiligen Geist bekommt? Gleichzeitig wird diese Auffassung der eucharistischen Gemeinschaft zum Trennungspunkt der Kirchen, obwohl sie im Heiligen Geist per definitionem eigentlich eins sind. Die pneumatologische Dimension der eucharistischen Gemeinschaft und der Einheit der Kirche deckt das Spannungsfeld zwischen dem Verständnis des Wesens des Heiligen Geistes und dem tatsächlichen wahrnehmbaren Leben der Kirchen im Heiligen Geist auf. Gerade im Kontext der Interkommunion zeigt die Frage nach dem Wirken des Heiligen Geistes die Notwendigkeit einer Erweiterung des christologischen Denkansatzes durch seine pneumatologische Konkretisierung auf.
1.2.3 Die Sitzung des Arbeitsausschusses von F&O in Bossey (1953) Die Betrachtung der Sitzung in Bossey ist deshalb für die vorliegende Untersuchung interessant, weil sie weiterführende Diskussionen enthält, die der Empfehlung von Lund folgen, die Ekklesiologie im doppelten Bezug zur Christologie und zur Pneumatologie zu untersuchen. Das Protokoll der Sitzung in Bossey vermittelt ein theologisches Bild, wie die Arbeitsgruppe das Thema der Beziehung von Ekklesiologie, Christologie und Pneumatologie angegangen ist. Unser Interesse richtet sich auf die theologischen Aspekte und Vorstellungen, wie die Pneumatologie im Kontext des multilateralen Dialogs über die Ekklesiologie behandelt wurde. Die Bedeutung dieser Untersuchung liegt darin, die Sitzungen von F&O sowie die Sitzung des Arbeitsausschusses in Bossey als Fallbeispiele für das gemeinsame ökumenische Nachdenken über die Rolle der Pneumatologie in der Ekklesiologie zur Gewinnung neuer Erkenntnisse über den Heiligen Geist zu betrachten. Das Protokoll des Arbeitsausschusses in Bossey zeigt aus meiner Perspektive eine Unsicherheit, was die Methode einer expliziten Behandlung der Pneumatologie betrifft.202 Rückblickend auf die 3. Weltkonferenz für Glauben und Kir-
202 Vgl. Bossey 1953, 18.
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chenverfassung in Lund wurde bemängelt, dass die Lehre über den Heiligen Geist dort ganz am Schluss angesprochen und nicht genügend diskutiert wurde.203 Im Sinne des christologischen Denkansatzes von Lund – »wir suchen unsere Trennungen hin zum gemeinsamen Glauben an den einen Herrn zu durchdringen« – setzte man eine Lösung zur Annäherung der Kirchen am Thema der fortdauernden Existenz der Kirche in Christus als Haupt an.204 Die Frage nach dem Heiligen Geist wurde ausgehend von der Frage behandelt, wie Christus mit seiner Kirche verbunden ist. Die Metapher des Leibes Christi wird hier als zentral angesetzt. Zwei Referate dienten als Grundlagen für die Diskussion über die Natur der Verbindung zwischen Christus und seiner Kirche. Der erste Vortrag »Where do we go from Lund« wurde von T.F Torrance (Church of Scotland) gehalten.205 Torrance setzte beim Verständnis der Kirche als Leib Christi an und schlug vor, das Verständnis der ontologischen Relation zwischen Christus und der Kirche nicht nur unkritisch im Rahmen der chalzedonischen Christologie abzuleiten, sondern es im biblischen Kontext der christologischen Heilstaten (Menschenwerdung, Tod, Auferstehung) zu erweitern.206 Die Kirche versteht sich als Leib Christi. Dies ist jedoch nicht nur eine Metapher, sondern eine essenzielle Realität der ontologischen Verbindung zwischen Christus und seiner Kirche. Christus und seine Kirche stehen zueinander in einer analogischen Relation. Diese Relation ist durch die kon-substanzielle Kommunion des Heiligen Geistes zwischen dem Vater und dem Sohn möglich, doch die Verwirklichung (material content) der Relation ist in der Inkarnation Christi gegeben. Torrance sieht das Wesen der Kirche christozentrisch: »The doctrine of the Church must be thought out in terms of a trilingual relation between the Church and the historical Christ, the risen and ascended Mediator, and the Christ who will come again in His full Humanity as well as Deity.«207 Damit versucht Torrance die Kirche in einem immerwährenden dynamischen Prozess des Sterbens und der Auferstehung im Gegensatz zum biologisch statischen Bild des Leibes (nur einseitig bezogen auf die chalzedonensische Formel) zu verstehen. Die einzige Realität der Kirche ist Christus, der Mensch geworden ist. Deshalb bedeutet das Mit-Christus-Verbunden-Sein real in ihn inkorporiert zu sein. Durch den Heiligen Geist sei die Kirche in Christus »inkorporiert«, und zwar im Sinn der Eingliederung in seine Menschenwerdung. Torrance besteht darauf, die Beziehung zwischen Christus und seiner Kirche im Kontext der Lehre 203 Vgl. a. a. O., 18. Percy Bartlett (Gesellschaft der Freunde) erwähnte, dass der Aspekt der Verbindung zwischen der Kirche und dem Heiligen Geist in Lund unter großen Schwierigkeiten zugelassen wurde. 204 Vgl. Tomkins, 18. Vgl. Stählin, Lund, 28. 205 Vgl. Thomas F. Torrance, Where do we go from Lund in: SJTh (1953) 6/1. 206 Vgl. Bossey 1953, 13. 207 Torrance, 58.
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über den Heiligen Geist und der Eschatologie zu betrachten. Er sieht diese eschatologische Ausrichtung als Prozess der eschatologischen Erfüllung der Kirche als Fülle Christi.208 Im Denken von Torrance soll die Aufmerksamkeit der Studien auf die Sakramente als Mittel der Verbindung mit Christus gelegt werden.209 Die Predigt des Wortes, bei der der Heilige Geist wirkt, gibt der Kirche die Konformität mit dem Sinn Christi. Darum ist Torrance die Kombination von Pneumatologie und Eschatologie wichtig, weil die Kirche sich durch die Offenheit gegenüber dem Wort (durch den Heiligen Geist) in einem ständigen, dynamischen Prozess der Erneuerung befindet.210 Die inklusivistische Denkweise über die Inkorporation in Christus bietet zwar einen Beitrag zum multilateralen Verständnis der Kirche als Leib Christi und zum Verständnis der Sakramente, sagt jedoch nichts Weiterführendes über die pneumatologische Denkweise über die Kirche aus. Der Heilige Geist erscheint im ekklesiologischen Denken von Torrance als Stifter der analogischen Union mit Christus. Diese Konstruktion scheint zwei Arten der Union der Kirche mit Christus zu beinhalten. Einmal ist die Kirche mit Christus über die Menschenwerdung Christi ontologisch verbunden. Auf der anderen Seite ist die Kirche mit Christus pneumatologisch über die Subjektivierung der Union Christi durch den Heiligen Geist verbunden. Torrance hält das Verhältnis zwischen Christus und dem Heiligen Geist für korrelativ. Damit verbindet Torrance zwei Konzepte der Union mit Christus, nämlich ein ontologisch-objektives (Christologie) und ein relational-subjektives (Pneumatologie).211 Eine etwas klarere Reaktion auf die Empfehlung von Lund, die Lehre von der Kirche im engen Verhältnis zum Heiligen Geist zu behandeln, zeigt sich im Aufsatz von Taito Kantonen »Der Heilige Geist und die Kirche«.212 Kantonen 208 Vgl. Torrance, 62. 209 Interessant ist, dass der orthodoxe Theologe Florowski, der aufgrund seiner konfessionellen Tradition der Priorisierung der Pneumatologie etwas einwenden sollte, dennoch Torrance für seine Schwerpunktlegung auf den Leib Christi lobte. Insbesondere betont Florowski die Beziehung zwischen Christologie und Sakramenten. Möglicherweise spielte der Bezug auf die Zentralität der Sakramente eine Rolle. 210 Torrance weist hier darauf hin, dass die Orthodoxe Kirche seit der Zeit der ökumenischen Konzile deshalb nicht gewachsen ist, weil sie es versäumt hat, die Lehre vom Heiligen Geist auf die Lehre vom Sohn als dem Gekreuzigten, Wiederkommenden, Auferstandenen und Erhöhten angemessen zu beziehen. Da das Protokoll keinen Einwand seitens der orthodoxen Teilnehmer (Florowski) vermerkt, ist davon auszugehen, dass Torrance mit seiner Aussage recht hatte. Vgl. Torrance, 63. 211 Vgl. Martin davis, T.F. Torrance: Union with Christ through the Communion of the Spirit, in: In Luce Verbi (2017) 51/1. https://indieskriflig.org.za/index.php/skriflig/article/vie w/2313/4872 Abgerufen 18. 04. 2019. Es ist jedoch anzumerken, dass die Kommunion mit dem Heiligen Geist erst im späteren Denken von Torrance vertreten war. 212 Vgl. Taito A. Kantonen, Der Heilige Geist und die Kirche, in: Taito A. Kantonen, Lebendige Gemeinde, Stuttgart 1958. Kantonen geht auf die Verbindung der Kirche mit dem Heiligen Geist im Sinne ihrer Haushalterschhaft ein. Demnach lebt die Kirche ihre Ver-
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erklärte das christologische Wesen der Kirche wie auch ihre institutionelle Seite aus der Sicht des Wirkens des Heiligen Geistes. Das Werk des Heiligen Geistes im Rahmen der Ekklesiologie bestehe darin, Menschen zur Erfahrung zu führen, »dass Christus eine lebendige Wirklichkeit ist«.213 Die Geisteswirkung bewirkt den Glauben an Christus. Die Kirche ist in dem Sinne eine Einheit mit dem Heiligen Geist, dass die Christen durch das Innewohnen des Heiligen Geistes in einer Gemeinschaft vereint sind. Kantonen sieht die Einheit der Kirche nicht in ihrer organisatorisch-institutionellen Form, sondern im Heiligen Geist, der »alleiniger konstitutiver wie einigender Faktor« ist.214 Die Spannung zwischen der Geistesdimension der Kirche und ihrer institutionellen Erscheinungsform löst Kantonen, indem er sich auf Martin Luther und auf die reformatorische Tradition beruft, nach denen die Gemeinde die Sammlung der im Herzen Glaubenden ist. Die Gemeinschaft der Glaubenden geschieht durch die Verkündigung des Wortes, die der Heilige Geist wirkt. In diesem Kontext sei die Kirche prolongatus Christi. Allerdings findet sich die Fortsetzung Christi im Glauben der Christen. Sie seien »die Bestandteile der erweiterten Persönlichkeit Christi selbst«.215 Die intentionellen Instrumente der Kirche gehören zwar nicht zum eigentlichen Werk des Heiligen Geistes, verstehen sich aber als sakramental zugehörend zum irdischen Dasein der Kirche als Gemeinschaft des Heiligen Geistes. Der pneumatologische Fokus von Kantonen liegt auf der glaubenwirkenden Funktion des Heiligen Geistes. Die Diskussion hinsichtlich des letzteren Vortrags ging in eine andere Richtung, als das nach dem Vortrag von Torrance der Fall war. Es ging stärker um die Herangehensweise, und zwar, wie die Pneumatologie ins ekklesiologische Denken zu platzieren sei. Einerseits schlug man vor, das Werk Christi in Relation zum Werk des Heiligen Geistes zu betrachten.216 Auf der anderen Seite bestand man darauf zu untersuchen, wie sich die Kirche zum Heiligen Geist verhält. Dieses Thema müsse mehr Platz in der Betrachtung der Ekklesiologie bekommen. Die Einstellung der orthodoxen Kirchen zu dieser Frage wurde von Florowski als dem Verständnis der Quäker sehr ähnlich empfunden.217 In Anlehnung an Se-
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bindung mit dem Heiligen Geist, indem sie ihren Glauben an Christus und Gemeinschaft um Christus lebt. Vgl. Kantonen, 102. Man wies in der Diskussion über diesen Vortrag darauf hin, dass der Gedanke von Kantonen, die Christologie mit der Ekklesiologie pneumatologisch zu verknüpfen, zu der Diskussion über die Christologie in Lund besser passen würde. Allerdings wollte man in Lund nicht über das ganze Werk des Heiligen Geistes diskutieren. Kantonen, 89. A. a. O., 94. Kantonen zitiert hier Karl Heim. A. a. O., 96. Vgl. Bossey 1953, 18. Florowski weist in dem Zusammenhang auf das Verständnis der Gemeinde als Tempel des Heiligen Geistes hin. Er bringt die Aussage von Athanasius von Alexandria: »Being given to drink of the Holy Spirit, we drink Christ«. A. a. O., 18.
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raphim von Sarow platziert Florowski die Pneumatologie in den Kontext des christlichen Lebens: »What was the aim of Christian life? […] The only aim of Christian life is to acquire the Spirit.«218 In seiner Reaktion auf den Aufsatz von Kantonen bemerkte Percy Bartlett (Gesellschaft der Freunde – Quäker), dass das Thema der Beziehung zwischen der Pneumatologie und der Ekklesiologie mit mehreren Sektionsberichten von Lund korrespondiert, und zwar dort, wo es um die Erkenntnis des fortdauernden Wirkens Gottes im menschlichen Leben geht.219 Obwohl aus dem Diskussionsprotokoll noch kein Ergebnis der Empfehlung von Lund zum Bericht »Christus und seine Kirche« hervorgeht, dient es dennoch unserer Untersuchung als Zeugnis für eine synthetische Herangehensweise, wie sie in Lund vorgeschlagen wurde.220 Die Sitzung in Bossey zeigte in Grundzügen den Prozess der Entstehung eines ökumenischen Nachdenkens über die Kirche aus pneumatologischer Sicht. Das Gesamtbild zeigt nicht unbedingt die Unterschiede im Verständnis des Heiligen Geistes, sondern deckt eher die Unsicherheit im systematisch-methodologischen Umgang mit der Lehre über den Heiligen Geist in Bezug auf die Ekklesiologie auf. Auf der anderen Seite demonstriert die Diskussion die konfessionellen Unterschiede im Verständnis des Verhältnisses von Christologie und Pneumatologie, sowie, positiv gesehen, die theologischen Annäherungsversuche zwischen den Vertretern der konfessionellen Traditionen. Dabei verweise ich auf das Denken von Torrance, der den orthodoxen Denkansatz der hypostatischen Union von Chalzedon mit dem protestantischen bzw. reformierten Denken über Christus in Verbindung bringt. Ein anderes Beispiel bietet das orthodoxe Verständnis von Florowski. Das Verständnis der Kirche sieht er primär in der pneumatologischen Dimension der Christologie. Alle Teilnehmer der Sitzung in Bossey haben sich für die Wichtigkeit der Ausarbeitung einer klaren Pneumatologie der Kirche ausgesprochen, wohl wissend, dass sonst das pneumatologische Verständnis der Kirche Gefahr laufen wird, in eine Vielzahl an Deu218 Bossey 1953, 18. Es ist darum nachvollziehbar, warum Florowski Torrance für seine ontologisch-relationale Christologie gelobt hat. Sie ähnelt insbesondere dem Verständnis der Sakramente in der orthodoxen Tradition. Die Ähnlichkeit ist jedoch nur ansatzweise zu verstehen, weil Torrance die Kommunion des Geistes im subjektiven Glauben gesehen hat. Der Satz von Florowski würde im Sinne von Torrance lauten: »Indem wir glauben, trinken wir Geist, und darum trinken wir Christus.« 219 Vgl. ebd. 220 Die Protokolle zeigen unter anderem, welche Schwerpunkte die Theologen in Bezug auf Christologie und Pneumatologie legten. In der Einleitung des Berichtes »Ein Herr, eine Taufe« wurde angemerkt: »Minutes of the meetings reveal an occasional outburst of impatience on the part of certain men who felt that preoccupation with christological questions spelt procrastination in coming to grips with the Church itself.« Oliver Tomkins (ed.), One Lord, One Baptism, London 1960, 11.
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tungssymbolen zu zerfallen. Dies würde bedeuten, dass die einzelnen Symbole des ekklesiologische Denkens unterschiedlich beeinflusst werden. Allein der Unterschied zwischen dem lutherischen Verständnis der Gemeinschaft des Heiligen Geistes und dem orthodoxen (auch bei der Gesellschaft der Freunde) pneumatologischen Denkansatz macht die Notwendigkeit der Befassung mit der Rolle der Pneumatologie in der Ekklesiologie deutlich. Es ist dabei nicht zu übersehen, dass die methodologische Frage nach der Verbindung zwischen Christus als Haupt und der Kirche als Leib die Richtung für das Verständnis der Pneumatologie bestimmt hat. Einer der möglichen Vorschläge der Sitzung in Bossey sowie der pneumatologische Denkansatz der Gesellschaft der Freunde (Quäker) im Text »Die Kirche« (1951) würden hier eine Hilfe zur Erweiterung des ökumenischen Denkens über die Pneumatologie bieten, und zwar unter dem Aspekt, wie sich der gelebte Bezug der Kirche zum Heiligen Geist versteht.221 Es ist hier zwar theologisch dem zuzustimmen, dass die mittelbare Partizipation an der Wirklichkeit des Heiligen Geistes im Aussprechen des Glaubensbekenntnisses sowie in der Begegnung mit der Schrift und mit den Sakramenten besteht, dennoch wird damit die Frage nach der Begegnung der Christen mit dem unmittelbaren Wirken des Heiligen Geistes sowohl im persönlichen Leben als auch in der Welt nicht beantwortet. Soll die ekklesiologische Fixierung auf der Lehre über den Heiligen Geist im Rahmen der ökumenischen Zielsetzung bleiben, darf der Deutungskreis der ekklesiologischen Leitsymbole nicht nur auf die Kirche als Leib Christi und daraus folgend auf die Aufgabenstellung der Pneumatologie auf die verbindend-vermittelnde Funktion des Heiligen Geistes beschränkt werden. Es sollte zumindest die Gelegenheit zur erweiterten Betrachtung der Kirche unter dem Aspekt der Begegnung mit dem Wirken des Heiligen Geistes gegeben sein. Die Einführung des freikirchlichen Typus der Kirche mit dem Fokus auf dem Erlebnis der persönlichen Hinwendung des Menschen zur Wirklichkeit Gottes würde ebenso die Leitidee der Lunder Ekklesiologie erweitern, weil gerade der freikirchliche Typus die Verbindung zwischen Christus und seiner Kirche im Erlebnis der persönlichen und unmittelbaren Zuwendung zu Christus betont.222 Diese Betrachtungsweise, insbesondere mit Berufung auf Torrance, der zur vertieften Studie des Verhältnisses zwischen der heilsgeschichtlichen Rolle der Menschenwerdung Christi und der Kirche als Leib Christi aufforderte, würde der Perspektive des freikirchlichen Typus der Ekklesiologie, deren Denkansatz die 221 Vgl. Bossey 1953, 18. Torrance sprach sich für die Betrachtung der Beziehung der Kirche zum Heiligen Geist aus. 222 Siehe Fn 146. Zu den weiteren Vorschlägen vgl. Oliver S. Tomkins, The Church in the Purpose of God. An Introduction to the Work of the Commission on Faith and Order of the World Council of Churches, in preparation for the Third World Conference on Faith and Order held in Lund, Sweden in 1952, Chatman 1959, 28.
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Rolle des Heiligen Geistes in Bezug auf die persönliche Beziehung der Christen zu Gott betrachtet, entgegenkommen. Die Pneumatologie des Hebräerbriefes würde hier einen möglichen Schlüssel bieten. Das Heilswerk Christi wird im Hebräerbrief im Licht seiner ganzheitlichen Hingabe in der Opferung seines Leibes beschrieben.223 Die Hingabe wird in Verbindung mit dem Wirken des Heiligen Geistes gebracht (Hebr 9,14). Daraus kann geschlossen werden, dass die soteriologische Konkretisierung der Hingabe Christi in der Rolle des Hohenpriesters den Leib Christi nicht nur als Symbol und Mittel der objektiven Erlösung betrachten lässt, sondern auch die Dimension der subjektiven hingabevollen Zuwendung der Christen zu Christus in ein gegenseitiges Verhältnis zur objektiven Erlösung bringen kann. Diese Sichtweise wird hier andeutungsweise mit dem Zweck eingebracht, sowohl die Grenzen als auch die Möglichkeiten der Verknüpfung des Verständnisses der Kirche mit der Metapher der Kirche als Leib Christi für weitere mögliche Denkansätze zum Einbringen der Pneumatologie ins Gespräch über die Einheit der Kirche aufzuzeigen.
1.2.4 Die 3. Vollversammlung des ÖRK in Neu-Delhi (1961) Es ist erwähnenswert, dass die 3. Vollversammlung des ÖRK in zeitlicher Nähe zu anderen weltweiten großen Kirchenereignissen stattgefunden hat: zum pan-orthodoxen Treffen auf Rhodos (24.09.–01. 10. 1961) und zum Zweiten Vatikanischen Konzil (11. 10. 1962–08. 12. 1965). Visser ’t Hooft bezeichnete diese Periode als »allgemeine ökumenische Mobilmachung«224. Die Erwähnung der Vollversammlung in Neu-Delhi verdient hier unsere Aufmerksamkeit aufgrund folgender Faktoren: Die 3. Vollversammlung des ÖRK in Neu-Delhi markiert eine Erweiterung in der Arbeit des ÖRK durch den Eintritt der orthodoxen Kirchen von Russland, Bulgarien, Rumänien und Polen in die Mitgliedschaft des ÖRK. Das Verständnis der Einheit der Kirche in Neu-Delhi wurde dank der Beteiligung der orthodoxen Kirchen anlehnend an die neue, trinitarische Basis des ÖRK begründet: »Die Liebe des Vaters und des Sohnes in der Einheit des Heiligen Geistes ist die Quelle und das Ziel der Einheit, welche der dreieinige Gott für alle Menschen und die ganze Schöpfung will.«225 223 Vgl. Hebr 10, 5: »Darum spricht er, wenn er in die Welt kommt (Psalm 40,7–9): ›Opfer und Gaben hast du nicht gewollt; einen Leib aber hast du mir geschaffen.‹« 224 Willem A. Visser ’t Hooft (Hg.), Neu-Delhi 1961. Dokumentarbericht über die Dritte Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen, Stuttgart 1962, 527. 225 A. a. O., 130. In Neu-Delhi wurde die Basis des Ökumenischen Rates der Kirchen trinitarisch erweitert: »Der ökumenische Rat der Kirchen ist eine Gemeinschaft von Kirchen, die den Herrn Jesus Christus gemäß der Heiligen Schrift als Gott und Heiland bekennen und darum
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Hier wird deutlich, dass der bisher stark vertretene christologische Fokus des ökumenischen Diskurses auf ein trinitarisches Denken hin erweitert wird.226 Damit wird die Einheit der Kirchen nicht nur in Christus deklariert, sondern unter dem Aspekt der zusammenführenden Wirkung des Heiligen Geistes als Geist der Einheit der Liebe zwischen dem Vater und dem Sohn gesehen. Die Einführung der trinitarischen Ausweitung unter dem Aspekt der Liebe zwischen dem Vater und dem Sohn impliziert den Gedanken, dass das Verständnis des Heiligen Geistes als wirkender Träger der Liebe zwischen dem Vater und dem Sohn in Bezug auf Christus als Haupt der Kirche betrachtet werden muss. Hier wird aus meiner Sicht deutlich, dass das Verständnis des Heiligen Geistes als Träger der Verbindung zwischen Christus und der Kirche in der Analogie zur innertrinitarischen Beziehung eine erweiterte Erläuterung bekommen kann.227 Diese Erweiterung kann darin bestehen, das Verständnis der Pneumatologie nicht zwingend nur auf die Verbindung zwischen Christus und der Kirche zu beschränken, sondern auch auf die Dimension der Wirkung des Heiligen Geistes zur Einheit der Kirche hin zu erweitern. Diese Erweiterung kann im Bereich der aktiven Beziehung der Christen gesehen werden, die die Liebe zwischen dem Vater und dem Sohn als Prinzip der Einheit der Kirche ausleben. Im Bericht der 4. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung in Montreal (1963) wird ein prägender theologischer Einflussfaktor erwähnt, der als Bereicherung für den multilateralen ökumenischen Diskurs betrachtet wird, nämlich die orthodoxe Lehre vom Heiligen Geist.228 Diese Erwähnung ist für gemeinsam zu erfüllen trachten, wozu sie berufen sind, zur Ehre Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.« A. a. O. 170. Konrad Raiser und Mary Tanner weisen auf den Einfluss der orthodoxen Kirchen auf die Erweiterung des christozentrischen Selbstverständnisses des ÖRK zum trinitarischen Paradigma hin. Vgl. Raiser, Holy Spirit in Ecumenical Thought, in: Dictionary of the Ecumenical Movement, Geneva/Grand Rapids 1991, 474. 226 Die Basis des ÖRK, die von der Gründungsversammlung (Amsterdam 1948) angenommen wurde, lautete: »Der Ökumenische Rat der Kirchen ist eine Gemeinschaft von Kirchen, die unseren Herrn Jesus Christus als Gott und Heiland bekennen.« https://www.oikoumene.org /de/about-us/self-understanding-vision/basis Abgerufen 24. 06. 2020. 227 Vor allem deshalb, weil der Heilige Geist in der trinitarischen Segensformel in 2.Kor 13,13 mit der Gemeinschaft in Verbindung gebracht wird. Betrachtet man diese Rolle des Heiligen Geistes mit seiner Funktion als Übermittler der Liebe Gottes ins Herz des Menschen in Verbindung mit seiner kirchenbildenden Funktion, muss das Verständnis der Rolle des Heiligen Geistes unter dem Gesichtspunkt der Liebe Gottes und zwar im Kontext der Trinitätslehre betrachtet werden. 228 Vgl. P.C. Rodger/L. Vischer (eds.), The Fourth World Conference on Faith and Order, London 1964, 11. Vgl. Minutes of the Meeting of the Faith and Order Commission Aarhus 1964, 58: »The New Delhi Statement suggests that the unity which is God’s will and gift is being made visible as all who are baptized into Jesus Christ and confess him as Lord and Savior are brought by the Holy Spirit into one fully committed fellowship. This understanding of the action of the Holy Spirit in guiding Christians towards unity is important and needs to be fully explored in the light of the biblical and historical doctrine of the Spirit.«
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unsere Untersuchung bedeutend, weil sie die Frage aufwirft, welche Rolle das Nachdenken über den Heiligen Geist im ökumenischen Bereich spielen kann. Der Heilige Geist wurde in der Einheitsformel von Neu-Delhi mit dem Verständnis der Kirche als »alle an jedem Ort« in Verbindung gebracht. Alle Christen werden »durch den Heiligen Geist in eine völlig verpflichtete Gemeinschaft« geführt.229 Der Heilige Geist wird auch in Verbindung mit der zeitlichen Dimension als Geber der Vielfalt von Traditionen erwähnt.230 Der Heilige Geist stiftet die Elemente, die diese Einheit »aller an einem Ort« bewirken. »Die Kirche existiert in Raum und Zeit durch die Kraft des Heiligen Geistes, der in ihrem Leben all die Elemente schafft, die zu ihrer Einheit, ihrem Zeugnis und ihrem Dienst gehören. […] Für jeden Schritt vorwärts zu einer volleren Einheit als sie jetzt sichtbar ist, sind wir ganz und gar auf die Gegenwart und Leitung des Heiligen Geistes angewiesen.«231
Das Kriterium der Wirkung des Heiligen Geistes zur Einheit der Kirche kann unter dem Gesichtspunkt der »Elemente«, welche die Einheit der Kirche fördern, betrachtet werden. Diese pneumatologische Konkretisierung der Elemente muss anhand des Hauptkriteriums der Einheit der Kirche als Abbildung der Einheit des dreieinigen Gottes bestimmt werden. Dieses Kriterium kann eine Richtung geben, wie die Leitung des Heiligen Geistes von der Kirche erkannt und in der Kirche erlebt werden kann. In dem Maße, wie das Verständnis der Einheit der Kirche in Verbindung mit der Leitung des Heiligen Geistes weiter entfaltet wird, kann das Erleben der Einheit der Kirche am apostolischen Glauben, an der Verkündigung des Evangeliums, am Abendmahl, am gemeinsamen Gebet und am gemeinsamen Leben der Christen angeknüpft werden. Wie aber diese Einheit in der Vorstellung der Einheitsformel realisiert wird, zeigt, dass der Kreis der Handlungen der Kirche über die Aufzählung der Elemente der Einheit der Kirche hinausgeht. »Der lebendige Christus selbst treibt uns an, dafür zu arbeiten, und zu beten, dass ›die eine Hoffnung, die zu unserer Berufung gehört, unter uns völlig sichtbar wird‹.«232
229 Neu-Delhi. Einheit §1. Vgl. Konrad Raiser, Ökumene im Übergang. Paradigmenwechsel in der ökumenischen Bewegung, München 1989, 62. Raiser verweist auf W.A. Visser ’t Hooft, Wiederentdeckung des christozentrischen Universalismus, in: Ökumenischer Aufbruch. Hauptschriften Bd.2, Stuttgart/Berlin 1967, 107ff. Gottfried North, Jesus Christus das Licht der Welt. Neu-Delhi 1961. Vgl. Reinhard Frieling, Uppsala 1968: Erneuerung der Welt? Göttingen 1968, 22. 230 Vgl., Neu-Delhi. Einheit §31, 141. 231 Neu-Delhi. Einheit §10, 133. 232 Neu-Delhi. Einheit §6, 132.
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Daraus folgt die Frage, wie sich dieses Antreiben des lebendigen Christus in Verbindung mit dem aktiven Handeln der Kirche verstehen lässt. Im Sinne der Schlussfolgerungen aus der Einheitsformel soll die Kirche sich auf den Heiligen Geist verlassen, der ihr die Wege zur Einheit enthüllen wird. Demzufolge wird die Erwartung des Wirkens des Heiligen Geistes an die konkreten Elemente der Einheit der Kirche gebunden. Hier wird deutlich, dass die Vorstellung vom Wirken des Heiligen Geistes an bestimmte ekklesiologische Kriterien gebunden ist. Das Konzept der Einheit der Kirche als alle an einem Ort und als Gemeinschaft derer, die einander gegenseitig »völlig verpflichtet« sind, kann im Licht der Pneumatologie einen weiteren Denkansatz zum Verständnis der Kirche entwickeln. Dieses Verständnis der Kirche kann einen Rahmen dafür bieten, um auf der Suche nach der Einheit der Kirche unter dem Gesichtspunkt des freien Wirkens des Heiligen Geistes neue Wege zu finden. Die Gemeinschaft aller an einem Ort ist die »Gemeinschaft derer, die durch den Heiligen Geist zusammengerufen sind und in der Taufe Christus als Herrn und Heiland bekennen«.233 Hier wird die Kirche mehr als Institution oder Organisation gesehen. Die Betonung liegt auf der Gemeinschaft der Christen. In § 33 der Einheitsformel wird die erste Grundlage für die Koinonia in Christus im apostolischen Zeugnis und im »glaubenden Hören« gesehen.234 Das Element des glaubenden Hörens weist auf den persönlichen Charakter der Koinonia. Eine mögliche Schlussfolgerung aus diesem Verständnis der Einheit der Kirche kann darin gesehen werden, dass diese Gemeinschaft zur Teilnahme an der sichtbaren Gemeinschaft der Christen verpflichtet, welche ihre Basis nicht nur in einer verpflichtenden Gemeinschaft am Tisch des Herrn suchen muss.235 Wenn das Prinzip der Leitung des Heiligen Geistes anhand der zur Einheit führenden Elemente angesprochen wird und die Leitung des Heiligen Geistes vom Prinzip der Liebe zwischen dem Vater und dem Sohn abgeleitet wird, dann ist damit schwerpunktmäßig die Andeutung solcher Elemente der Einheit angesprochen, welche die Liebe zwischen dem Vater und dem Sohn verkörpern. Der Fokus der völlig verpflichtenden Gemeinschaft kann darum auf der Liebe oder auf der Beziehung der Christen zueinander bzw. auf der persönlichen Haltung der Christen liegen. Diese Idee wurde in den Folgerungen des Berichtes »Einheit« zum Ausdruck gebracht: »Hinter jeder Wirkung nach außen steht das Gebot, daß wir einander lieben. Sobald wir diesem Gebot anfangen zu gehorchen, können
233 Neu-Delhi. Einheit. §11, a. a. O., 133. 234 Vgl. Neu-Delhi. Einheit §33. 235 »Nirgendwo sind die Spaltungen unserer Kirchen deutlicher und schmerzlicher als am Tisch des Herrn. Aber es gibt nur einen Tisch des Herrn, nicht viele.« Einheit §14, a. a. O., 134.
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wir einander nicht länger ignorieren.«236 Damit wird der Schwerpunkt der Koinonia auf die Gemeinschaftsdimension gelegt. Der pneumatologische Denkansatz der Pentekostalen, sofern er als persönliche Gemeinschaft mit dem Heiligen Geist verstanden wird, wäre hier als eine Erweiterung zum Verständnis zu platzieren, weil die Gabe der Einheit im Heiligen Geist, welche die trinitarische Liebe zwischen dem Vater und dem Sohn im Leben der Christen als Einheit der Kirche erfahren lässt, sinngemäß auch die Dimension der persönlichen Zuneigung der Christen zu Gott einbeziehen muss. Ein konkreter, glaubender Mensch muss berücksichtigt werden. Um diese Berücksichtigung zu untermauern, erwähne ich den Hinweis auf einen Hinderungsfaktor des menschlichen Gewissens auf der Suche nach der Einheit der Kirche, die sowohl in Lund als auch Neu-Delhi angesprochen wurde: »Die Christen sollen immer versuchen, alles gemeinsam zu tun, was sie nicht – durch ihr Gewissen genötigt – getrennt tun müssen.«237 Der entscheidende Faktor zum Leben der Einheit der Kirche oder zur Trennung liegt damit im inneren Gewissen der Christen, das nach dem Konzept der Einheit »aller an einem Ort« von der Erfahrung der trinitarischen Liebe geprägt werden kann. Die Verbindung zwischen der Lehre über die Trinität und dem Verständnis der Kirche, und zwar unter dem pneumatologischen Gesichtspunkt, kam in NeuDelhi zum Ausdruck im Denkansatz von Nikos Nissiotis.238 Es bietet sich darum eine kurze Betrachtung seiner Sichtweise an. Nikos A. Nissiotis präsentierte seinen Denkansatz im Hinblick auf die Einheit der Kirche auf der Basis einer trinitarisch-kosmischen Sicht der Erlösung:239 »Einheit ist […] Ursprung und Ziel der ganzen Schöpfung in Christus, dargestellt in seiner Kirche. Wir bewegen uns nicht nur auf die Einheit zu, sondern unser Dasein selbst leitet sich aus der untrennbaren Einung zwischen den drei Personen der Heiligen Dreieinigkeit her, die uns zu Pfingsten als geschichtliches Ereignis gegeben worden ist. Darum bildet die Einheit, die das Wesen von Gottes Handeln in Schöpfung, Menschwerdung und Erlösung ist und die sich im gesellschaftlichen Leben der Kirche widerspiegelt, das erste Kapitel einer rechten Lehre von der Kirche.«240
Das Neue dieser Sichtweise für das ökumenische Gespräch besteht aus meiner Sicht darin, dass die Einheit der Kirche nicht das Ziel ist, auf das die Kirchen 236 A. a. O., I. Folgerungen, A. Folgerungen §20, 137. 237 A. a. O., 137. Vgl. Report of the Third World Conference on Faith and Order, Faith and Order Commission Papers No. 15, London 1952, 6. 238 Florowski wies zwar bei der Konsultation in Bossey (1953) auf die orthodoxe pneumatologische Schwerpunktlegung hin, diese fand jedoch bis Neu-Delhi keine weitere Entfaltung. 239 Vgl. Nikos A. Nissiotis, Zeugnis und Dienst der Orthodoxen Christenheit für die eine ungeteilte Kirche, in: Visser ’t Hooft, Neu-Delhi 1961, 543–553. 240 A. a. O., 544. »Das Leben der Kirche an und für sich ist die festeste Autorität, da sich darin das Pfingstereignis fortsetzt.«. A. a. O., 546.
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hinzuarbeiten haben, sondern Einheit ist bereits eine faktische Wirklichkeit, weil die Existenz der Kirche im Leben des dreieinigen Gottes begründet ist. Nissiotis setzt das Verständnis der Kirche beim Wesen des Lebens des dreieinigen Gottes an, der selbst die Einheit verkörpert und durch das Pfingstereignis dem Dasein der Kirche zuteilgeworden ist.241 Der Heilige Geist bekommt hier in Bezug auf das reale Leben der Kirche eine Stellung als Geist, der die Einheit des trinitarischen Lebens verwirklicht. Trinitarisch gesehen gilt: »Einheit unter Christen muss mit der Einung des Vaters mit dem Sohn gleichgesetzt werden. […] Einheit unter Menschen in der Kirche ist die Folge, die Abbildung des Ereignisses der Einung des Vaters und Christus durch seinen Geist, die sich in der geschichtlichen Kirche am ersten Pfingsttag verwirklicht hat.«242
Die Einheit der Kirche liegt außerhalb ihrer selbst, bzw. sie ist durch eigene Bemühungen der Kirchen nicht gestaltbar. Die Kirche lebt ihre Einheit, indem sie am trinitarischen Leben teilnimmt. Damit formuliert Nissiotis einen Denkansatz der dynamischen Verbindung zwischen Christus und seiner Kirche als Leben der »Kirche, in der der Heilige Geist die geschichtlich-charismatische Ordnung einer kirchlichen Institution schafft, heiligt und formt.«243 Demzufolge wird der Heilige Geist mit der dynamisch-existentiellen Dimension der Kirche, nämlich mit der Erfahrung ihres historischen Lebens als eine charismatische, eucharistische und institutionelle Einheit in Verbindung gebracht. Die reale Abbildung der Einheit der Kirche hat sich als Ereignis von Pfingsten verwirklicht. Wie diese orthodoxe pneumatologische Sicht sich vom christomonistischen Ansatz der Einheit unterscheidet, zeigt die Reaktion der Orthodoxen auf das Konzept der Einheit der Kirche in der 2. Vollversammlung des ÖRK in Evanston (USA, 1954). Angesichts des christologischen Verständnisses des Eins-Sein der Kirche im Gegensatz zur organischen Einheit der Kirche in Christus soll die Wiedervereinigung der Kirche aus der orthodoxen Sicht durch die Wiederentdeckung der historischen Dimension des Seins der Kirche (historische Dogmen, apostolisches Amt) geschehen.244 Damit wird der Fokus der Einheit der Kirche auf die Erfah241 »Durch den konkreten Akt Gottes in einem bestimmten Augenblick unserer Geschichte ist alles erschienen und verwirklicht – in dieser geschichtlichen Kirche, in der und aus der wir in dieser Welt unser Leben haben.« A. a. O., 544. Diese Sicht wurde schon in der Reaktion der orthodoxen Kirchen auf den 1. Sektionsbericht der 2. Vollversammlung der ÖRK in Evanston deutlich. Mit Bezug auf das Leben und die Erfahrung der Kirche deuten die Orthodoxen auf die pneumatologische Basis der Kirche. Als Folge können sie die Aussage nicht teilen, dass der Heilige Geist nur durch die Heilige Schrift spricht. Die Orthodoxen betonen die gegenwärtige Wirkung des Heiligen Geistes im Leben der Kirche. In ihrem Verständnis »waltet der Heilige Geist im gesamten Leben und Erfahrung der Kirche und gibt dort Zeugnis«. Focko Lüpsen, Evanston Dokumente, Witten/Ruhr 1954, 130. 242 Nikos A. Nissiotis, Zeugnis und Dienst, a. a. O., 543. 243 A. a. O., 551. 244 Vgl. Lüpsen. 130.
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rung der Einheit der Kirche als historische Realität gelegt.245 Die Erfahrung der Dimension des Heiligen Geistes ist damit der Erfahrung des Lebens der Kirche gleich, weil dieses Leben in sich das fortwirkende Pfingstereignis ist. Der pneumatologisch erweiternde Vorschlag (auch verstanden als Zeugnis der orthodoxen Christenheit) zum Leben der Einheit der Kirche besteht nach Nissiotis darin, die Kirche als geschichtlich-charismatische Ordnung zu verstehen, die der Heilige Geist schafft. Damit sucht Nissiotis das Wesen der Kirche in der Mitte zwischen einer »zentralisierten autoritären Institution« und »der kerygmatischen Botschaft des Evangeliums«.246 Diese Mitte der Einheit liegt, pneumatologisch gesehen, in dem, was der Heilige Geist gibt. Sie ist darum eine charismatische und eucharistische Einheit. Dies wird damit begründet, dass die Kirche ihre Einheit dort lebt, wo sie die Einheit von Gott als Gabe empfängt. Im Sinne von §1 des Berichtes »Einheit« muss die eucharistische Einheit von Nissiotis mit der Liebe des Vaters und des Sohnes in Verbindung gebracht werden. Nissiotis stellt zwar das Leben der Trinität mit der Kirche über die Dimension der Geisteswirkung, dennoch bleibt das Bild der Einheit unklar. Die pneumatologische Konsequenz dieser Einheit wäre eine Bewegung hin zur Gemeinschaft mit der Gnade des dreieinigen Gottes, die durch die Entdeckung der Wichtigkeit der Einheit in den historischen Glaubensbekenntnissen der Kirche inspiriert werden kann. Wenn die Mitte der Einheit der Kirche in der historisch-pneumatologischen Dimension des Seins der Kirche gesucht werden soll, dann stellt sich die Frage, ob die Einigung auf der Basis der historischen Kontinuität der Kirche mit der Offenbarung des dreieinigen Gottes oder auf der Betonung der historischen Offenbarung dieses Gottes in Jesus Christus am sinnvollsten wäre. Die trinitarische Liebe des Vaters und des Sohnes, die der Heilige Geist in die menschliche Wirklichkeit in Gestalt der Kirche hineinbringt, kann als charismatisch-eucharistische Dimension der Einheit der Kirche im Vorbild des Lebens Christi als Offenbarung der trinitarischen Liebe entdeckt werden. Dadurch kann auch die Dimension der kerygmatischen Offenbarung des Evangeliums ihre Berechtigung als pneumatologische Dimension der Kirche bekommen. Der orthodoxe Vorschlag von Nissiotis bietet zwar einen Denkansatz zum Verständnis des pneumatologischen Wesens der Kirche und daraus resultierend einen Beitrag zum Verständnis der Einheit der Kirche, dennoch bleibt diese Sicht im Kreis der Bindung des Geistverständnisses an die Kirche als Institution, auch wenn diese Institution charismatisch-sakral verstanden wird. Aus meiner freikirchlichen Sicht fehlt im Verständnis der Einheit der Kirche von Nissiotis unter dem Aspekt der trinitarischen Liebe die oben vorgeschlagene 245 Vgl. Visser ’t Hooft, Neu-Delhi, 546. 246 Vgl. Visser ’t Hooft, Neu-Delhi, 551–552.
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persönliche Dimension der Erfahrung des Heiligen Geistes als eines Geistes der trinitarischen Liebe. Liebe und Einheit werden bei Nissiotis gleichgesetzt. Wenn jedoch die Quelle und das Ziel der Einheit der Kirchen in der Analogie zur Liebe zwischen den Trinitätspersonen gesehen wird, dann muss auch erläutert werden, wie das Verständnis dieser Liebe mit der Einheit »aller an einem Ort« durch das Wirken des Heiligen Geistes im Handeln der Kirchen und der Menschen in Verbindung gebracht wird.247 Nach der Logik von Nissiotis erfolgt die Erfüllung des Liebesgebotes Christi (Joh 13,35) durch die formell-institutionelle Vereinheitlichung aller Christen in einer Eucharistie. Sowohl der Denkansatz von Nissiotis als auch die Einheitsformel zeigen, dass das ökumenische Denken zwar den pneumatologischen Bedarf in den ekklesiologischen Fragen intuitiv richtig markiert, dennoch zeigt sich seine Grenze darin, dass die explizite Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes in der Dimension des persönlichen Lebens der Christen erweiternd zu diskutieren ist. Der Bedarf an der Einbeziehung der persönlichen Dimension der Erfahrung der Wirklichkeit des Heiligen Geistes ins ökumenische Denken wurde neben der Kontinuität mit der Trinitätslehre indirekt in der Nachfrage nach der Erweiterung des Verständnisses der Begegnung mit dem Heiligen Geist angesichts der wachsenden Bedeutung der universalistischen Christologie für die Wahrnehmung der Themen des Weltgeschehens ausgesprochen. Die Wiederentdeckung der kosmologischen Christologie konnte den Gedanken des Berichtes »Die Kirche« zur Geltung bringen, das Wirken des Heiligen Geistes in der Schöpfung zu erkennen. Im Einleitungsreferat zur Sektion »Einheit« sprach Joseph Sittler von der Notwendigkeit der Neu-Entdeckung der Christologie der Natur: »Wir hatten und haben eine Christologie des sittlichen Gemütes, eine Christologie der Geschichte und, wenn auch nicht eine Christologie des Ontischen, […] Wir haben aber keine wagemutige, durchdringende, lebensbejahende Christologie der Natur – jedenfalls keine von solcher Durchschlagskraft, dass sie sich im Denken im täglichen Umgang aufgeprägt hätte.«248
Mit dieser Erwartung einer Christologie der Natur wird ein Denkansatz einer in den Alltag hineinwirkenden Christologie formuliert, die eine neue Reflexion der Rolle des Heiligen Geistes in Bezug zur universalistischen Christologie erfor247 »Es ist Einheit, die seinem Volk durch seinen Geist und durch alle Gaben des Geistes geschenkt ist, welche die neue Menschheit in Christus lebendig machen, erbauen und kräftigen.« A. a. O., 132. »Für jeden Schritt vorwärts zu einer volleren Einheit, als sie jetzt ist, sind wir ganz und gar auf die Gegenwart und Leitung des Heiligen Geistes angewiesen.« A. a. O., 133. »Aber wir sind der festen Hoffnung, dass Gottes Wille, wie er in der Heiligen Schrift ist, durch den Heiligen Geist für uns und in uns immer mehr enthüllt wird.« A. a. O., 131. 248 Visser ’t Hooft, Neu-Delhi, 518–519.
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dert.249 Leider fehlt hier wie im oben erwähnten Verständnis der Einheit der Kirche in der Einheitsformel die weiterführende Behandlung der Lehre über den Heiligen Geist, obwohl der Heilige Geist in allen bisherigen Dokumenten von Glauben und Kirchenverfassung als wirkende Kraft Christi bzw. als Christus in Wirkung deklariert wurde.250 Wie es schon oben am Denkansatz von Nissiotis gezeigt wurde, kann sowohl die trinitarische als auch die Verknüpfung der Pneumatologie mit dem Leben der Kirche zur Verengung des Verständnisses des Wirkens des Heiligen Geistes führen.251 Die Einbeziehung der persönlichen Dimension der Begegnung mit dem Wirken Christi durch den Heiligen Geist enthält in sich viel Potenzial, um ergänzende Denkansätze zur Einheit der Kirche zu finden. Schon weil die Erkenntnis der Wirkung Christi durch den Heiligen Geist in der Welt nicht nur zeichenhaft, mittelbar und nach Evangelium-artigen Kriterien geschieht, sondern auch in der Art der trinitarischen Liebe als persönliche Zuwendung der Trinitätspersonen zueinander. Diese Denkweise involviert das Verständnis des realen christlichen Lebens im Modus der trinitarischen Liebe, die in der persönlichen Zuwendung des Menschen zur Wirklichkeit Gottes im Heiligen Geist gesehen werden kann. Der Gedanke der persönlichen Zuwendung zur Wirklichkeit des Heiligen Geistes könnte an dieser Stelle einen aufklärenden Beitrag zum Inhalt des Ausdrucks »durch den Heiligen Geist« sowie zum Verständnis des Wesens der Kirche im Heiligen Geist leisten. Es konnte jedoch nicht bestätigt werden, dass eine Studie des Verständnisses des Lebens der Kirche im und durch den Heiligen Geist von der Vollversammlung angeregt wurde. Man blieb bei der Formulierung des Lebens »in Christus«
249 Im Zusammenhang des Themas der 3. Vollversammlung »Jesus Christus, das Licht der Welt« stellt sich die Frage nach dem aktiven Ausdruck der Einheit der Kirche: »Die Kirche hat eine traurig-große Zahl von Wegen gefunden, ihre Vielfalt auszudrücken. Sie fand weniger Wege, ihrer Einheit Ausdruck zu geben.« A. a. O., 523. 250 Als Beispiel ist hier der Bericht »Continuity and Unity« aus Lund zu erwähnen: Christus wirkt durch seinen Heiligen Geist. Vgl. Report on the Third Conference. Continuity and Unity, IV. The Unity We Have and the Unity We Seek, 21. 251 Die Reaktion der Vollversammlung auf die Auffassung von der Einheit bestätigt indirekt die Notwendigkeit der Reflexion über die Auswirkung der Einheit des Vaters mit dem Sohn in der ökumenischen Situation. »Wir glauben, dass wir für solche Einheit beten und arbeiten müssen. Diese kurze Beschreibung unseres Zieles lässt viele Fragen unbeantwortet. Wir sind uns noch nicht darüber einig, wie das eben beschriebene Ziel aufzufassen und mit welchen Mitteln es zu erreichen ist.« Visser ’t Hooft, Neu-Delhi,131. Der Text sieht jedoch eine Bedingung für das Erreichen der Einheit im Sterben und der Wiedergeburt vieler Formen des kirchlichen Lebens. Ebd., 131. Hier sieht man die inhaltliche Nähe zum Vorschlag von Torrance während der Sitzung von F&O in Bossey (1953), die Kirche als Leib Christi mit der Dynamik des heilsgeschichtlichen Lebens Christi in Verbindung zu setzen. Vgl. Bossey 1953, 14.
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stehen. Das erfordert jedoch unvermeidlich eine theologische Konkretisierung der Verbindung dieses Lebens mit dem Heiligen Geist.252 Insgesamt zeigt der Überblick der Referenzen zur Lehre vom Heiligen Geist im Bericht »Einheit« sowie in der inhaltlichen Gesamtausrichtung der Vollversammlung in Neu-Delhi, dass das Verständnis der Einheit der Kirche zentral als Tatsache der Zugehörigkeit zu Christus angedacht wird. Die Kirche ist eins in Christus, wobei die Verwirklichung dieser Einheit dem Wirken des Heiligen Geistes zugesprochen wird. Allerdings wurde die Frage nach der Spannung zwischen der Einheit der Kirche in Christus durch den Heiligen Geist und den realen Trennungen »am Tisch des Herrn« weiterhin nicht näher aufgenommen. Auf die 3. Vollversammlung des ÖRK in Neu-Delhi folgte die Arbeit der 4. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung in Montreal (1963). Es sei darum zu fragen, ob und inwiefern die Veränderung der christologischen Basis hin zur trinitarischen Schwerpunktlegung die Ergebnisse der Studien über das Verhältnis zwischen der Christologie und der Ekklesiologie sowie die Arbeit der 4. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung beeinflusst. Für unsere Untersuchung ist diese Beobachtung von Bedeutung, weil sie zeigen lässt, welche Aspekte der Lehre über den Heiligen Geist die trinitarische Erweiterung des Wesens der Kirche mit sich gebracht hat.
1.2.5 Der Heilige Geist in der Studie »Christus und die Kirche« In Anlehnung an die zwei Schlussfolgerungen aus der Arbeit der 3. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung in Lund, 1) die ekklesiologischen Streitfragen haben ihre Wurzeln in einer divergierenden Christologie, und 2) die Lehre von der Kirche sollte in doppeltem Bezug auf Christologie und Pneumatologie behandelt werden, sollte F&O eine Studie über Christus und die Kirche durchführen. Für die vorliegende Untersuchung hat diese Studie ebenfalls eine Bedeutung, weil sie die Frage nach dem Wesen und dem Wirken des Heiligen Geistes in der Kirche unter dem Gesichtspunkt der Trinität und der Unteilbarkeit ihrer Wirkung betrachtet hat.253 Dieses Anliegen spiegelte der neue Konsensus innerhalb der Kommission für F&O, dass die Studie der Christologie und der 252 Auf diese Konkretisierung wird in der Aussprache nach dem Bericht hingewiesen. »Cannon vermisste den Hinweis auf die christliche Einheit und das christliche Zeugnis, wie sie im Leben der Gläubigen zum Ausdruck kommt. […] Das Dokument sollte einen Aufruf zu christlicher Liebe enthalten.« Visser ’t Hooft, Neu-Delhi, 150. Schlink wies darauf hin, dass die Erklärung formalistisch sei und wenig erklärt, was unter Bekenntnis, dem Evangelium, den Sakramenten und dem Amt verstanden wird. Vgl. ebd. 253 Vgl. Minutes of the Commission Meeting. Held at St. Andrews, Scotland, August 3rd to 8th, 1960, Geneva 1960, 20.
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Pneumatologie keinesfalls die Beziehung zwischen der Gotteslehre und der Einheit der Kirche ignorieren darf.254 Man sprach auf der Sitzung von F&O in St. Andrews (1960) von der Abkehr vom Christozentrismus hin zur Beziehung zwischen der Christologie und der Ekklesiologie, welche die Beziehung des Vaters und des Heiligen Geistes impliziert. Der zur Betrachtung stehende Bericht »Christus und die Kirche« stellt das Ergebnis dieser Arbeit dar. Dieser Bericht lag der Arbeit der 4. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung in Montreal (1963) in der 1. Sektion »Die Kirche in Gottes Plan« zugrunde. Die Studie der Kommission verlief in zwei Sektionen, der nordamerikanischen und der europäischen. Es ist zu bemerken, dass die Arbeit der Kommission nach der »Lunder Methode« noch kein endgültiges Ergebnis darstellt.255 1.2.5.1 Die nordamerikanische Sektion Die Besonderheit an der Methodik der Studiengruppe der nordamerikanischen Sektion bestand darin, dass sie sich hauptsächlich den biblischen Texten zuwandte.256 Diese Konzentration auf die ganze Bibel wurde von der Kommission als »katholische« (ganzheitliche) Methodik bezeichnet.257 Die ganzheitliche Betrachtung der Christologie in der Bibel weckte das Interesse an der Lehre vom Heiligen Geist.258 Diese Aussage ist für die vorliegende Untersuchung deshalb von Bedeutung, weil die Aufmerksamkeit auf die Rolle des Heiligen Geistes aus der Betrachtung der Christologie resultierte.259 Eine weitere methodische Feststellung der Studiengruppe betraf das trinitarische Verständnis des christlichen Glaubens: »Eine Trennung zwischen Christologie und trinitarischem Glauben ist untragbar.«260 Hier wird deutlich klarer 254 Vgl. ebd. 255 »Noch nie zuvor haben Christen so versucht zu prüfen, inwieweit ihre gemeinsamen Traditionen im Hinblick auf die Person und das Werk Jesu Christi, der allein der Herr sein muss, eigene Wege gegangen sind. Dieses Vorhaben ist derart neu und umfassend, dass wir wirklich nicht erwarten können, schon jetzt ein endgültiges Ergebnis zu erhalten.« Ebd. 256 »Die ganze Bibel, und nicht nur einzelne Bruchstücke, muss als Wegweiser zum Glauben und als Schlüssel für die Reflexion der Lehre verwandt werden«. Christus und die Kirche. Berichte der Theologischen Kommission über Christus und die Kirche an die Vierte Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung Montreal, Kanada (1963), Zürich 1963, 12. 257 Vgl. ebd. 258 Vgl. a. a. O., 13. 259 Das explizite Studium der Pneumatologie, wie sie in der Empfehlung von Lund angedeutet war, fand jedoch nicht statt. 260 A. a. O., 14. Hier ist anzumerken, dass das trinitarische Verständnis vom Glauben eine Auswirkung auf die Behandlung des Verhältnisses »Kirche-Welt« haben wird. Die Kommission spricht von den zwei möglichen Reihenfolgen Christus-Welt-Kirche und ChristusKirche-Welt. Für die pneumatologische Fragestellung ergibt die Reihenfolge Christus-Welt-
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der Akzent auf das trinitarische Verständnis des Glaubens gelegt als in vorausgehenden Texten von F&O. In der Betonung auf der Kontinuität der Christologie mit der Lehre über die Trinität sehe ich den Einfluss der wachsenden Präsenz der orthodoxen Kirchen an der Arbeit der 3. Vollversammlung des ÖRK, insbesondere die Tendenz seit der Vollversammlung in Neu-Delhi (1961).261 Der Bezug der Christologie und der Pneumatologie zur Ekklesiologie wird im Bericht der nordamerikanischen Sektion unter dem Gesichtspunkt der Gegenwart Christi und des Heiligen Geistes erwähnt.262 Eine der wichtigsten Prämissen des Berichtes ist, dass keine Trennung zwischen der Person Christi und seinem Werk möglich ist. Dies führte zur Begründung der Ekklesiologie in der Christologie aus der Perspektive des kosmischen (universalen) Sieges Christi.263 Der Heilige Geist wird als Vollender der Gegenwart Christi bezeichnet. »Der Paraklet kommt nicht zu uns, um uns für die Abwesenheit Christi zu entschädigen, sondern um seine Gegenwart zu vollenden.«264 Damit sieht man keine Notwendigkeit, »zwischen dem Heiligen Geist als dem Geist Gottes und dem Geist Jesu zu unterscheiden.«265 Auf der anderen Seite wird die Einheit von Christus und dem Heiligen Geist im trinitarischen Rahmen so betrachtet, dass die Christen Jesus Christus nur in Verbindung mit der Gemeinschaft des Heiligen Geistes kennen.266 Allerdings ist damit nicht die von den Pentekostalen gedachte Richtung von der Kirche zum Heiligen Geist, sondern die ökumenisch traditionelle Richtung vom Heiligen Geist zur Kirche gemeint.267
261
262 263 264 265 266 267
Kirche eine neue Perspektive, in der sich das Wirken des Heiligen Geistes in neuem Bezug zur Kirche denken lässt. Vitaly Borovoy, Vertreter der Russisch-Orthodoxen Kirche sagte auf der 3. Vollversammlung in Neu-Delhi, dass die neue trinitarische Basis des ÖRK die Entscheidung der RussischOrthodoxen Kirche für die Mitgliedschaft im ÖRK positiv beeinflusste. Vgl. Visser ’t Hooft, The New Delhi Report, 157. Vgl. Christus und die Kirche, 10–11. Vgl. a. a. O., 15. A. a. O., 21. Ebd. Vgl. a. a. O., 24. Diese Richtung lässt sich mit dem Satz formulieren: »Die Kirche lebt im Geist, in dem Maße als der Geist in ihr wohnt.« Vgl. a. a. O., 31. Diese Aussage kann unterschiedlich, insbesondere auf die Rolle des aktiven Handelns der Kirche auf die Wirklichkeit des Heiligen Geistes, interpretiert werden. Der zu interpretierende Teil dieses Satzes ist, was man unter dem Wohnen des Heiligen Geistes versteht. Wenn die Art und Weise des Wohnens gemeint ist, dann lebt die Kirche im Geist in dem Maße, als es der Art und Weise des Wohnens des Heiligen Geistes in der Kirche entspricht. Daraus folgen mindestens zwei Denkrichtungen, nämlich das Daseinsverständnis des Heiligen Geistes und die Christus-vermittelnde Rolle des Heiligen Geistes. Im zweiten Fall kann der Satz lauten: Die Kirche lebt im Geist in dem Maße, als sie an Christus partizipiert.
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Der Heilige Geist in ausgewählten Texten des ökumenischen multilateralen Dialogs
Der Gedanke, dass der Heilige Geist die Gegenwart Christi wirkt und mit ihm eine Einheit bildet, kann eine weiterführende Interpretation nicht ausschließen. Daraus folgt, dass das Verständnis der existentiellen und erfahrbaren Wirklichkeit der Kirche im Rahmen der Denkrichtung von der Kirche zum Heiligen Geist, nämlich in der aktiven Zuwendung der Kirche zur Dimension des Heiligen Geistes, begründet werden kann. Dieses erweiterte Nachdenken über das Verständnis der Kirche in ihrer Beziehung zum Wirken des Heiligen Geistes kann Raum für die Einbeziehung des pentekostalen Verständnisses der unmittelbaren Begegnung mit Christus als Erfahrung der Begegnung mit seiner Gegenwart im Heiligen Geist in den ökumenischen multilateralen Diskurs bieten. Die Gemeinschaft mit Christus, wenn sie pneumatologisch als Gemeinschaft des Heiligen Geistes verstanden werden will, bezieht auch die Dimension seiner persönlichen Gegenwart im Heiligen Geist ein. Der Bericht der Sektion konkretisiert zwar das Verständnis des Heiligen Geistes als Geist Christi, dennoch führt diese Konkretisierung zur Vereinheitlichung von beiden Dimensionen, nämlich Christologie und Pneumatologie, zugunsten der Christologie. »Es besteht keine Notwendigkeit, präzise Unterscheidungen hinsichtlich der Bedeutung dieser beiden Sätze [Leben in Christus ist auch Leben im Geiste] vorzunehmen oder zwischen dem Heiligen Geist als dem Geist Gottes und dem Geist Jesu zu unterscheiden.«268
Das explizite und trinitarische Nachdenken über das Verständnis des Heiligen Geistes verliert seinen expliziten, ekklesiologischen Bezug in dem oben formulierten Verhältnis von Christus und dem Heiligen Geist. Der Bericht legt den Fokus auf das Verhältnis von Christologie und Ekklesiologie.269 Dadurch wird die pneumatologische Dimension der Ekklesiologie unter dem Gesichtspunkt der Gegenwart Christi, und zwar im sakramentalen Kontext, betrachtet: »In unserer sakramentalen Vereinigung mit Christus führt uns der Heilige Geist zum Vater.«270 Die andere Konsequenz, die aus der christologischen Fokussierung der Ekklesiologie und der Vereinheitlichung von Pneumatologie und Christologie entsteht, ist die, dass die pneumatologische Dimension der Kirche im Licht des Gegensatzpaares von Ereignis und Institution gedacht wird. »Wir wenden uns jetzt den Konsequenzen zu, die sich aus dieser Christologie und Pneumatologie für die Lehre der Kirche ergeben. Die Übereinstimmung, die wir in dieser Hinsicht erzielt haben, lässt sich unter zwei allgemeine Überschriften zusam-
268 A. a. O., 21. 269 Vgl. a. a. O., 22. 270 A. a. O., 23.
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menfassen: 1) Die Einzigartigkeit der Kirche. 2) Die Kirche als Ereignis und Institution.«271
Die Begriffe Ereignis und Institution wurden eingeführt, um den Weg zu zeigen, wie die Wirkung des Heiligen Geistes in der Kirche verstanden werden kann.272 Ihre Bedeutung korrespondiert dementsprechend mit den Bedeutungen der Wortpaare wie Freiheit und Gestalt, Vielfalt und Ordnung, Dynamik und Struktur.273 Als Ausgangpunkt für die Einführung dieser beiden Begriffe wird das Verständnis der Person Jesu Christi als Ereignis innerhalb der Weltgeschichte angenommen, die sowohl das freie Handeln Gottes verkörpert, als auch eine Form des Handelns Gottes darstellt: »Fleischwerdung und Wiedergutmachung sind darum sowohl ein Bericht, der erzählt werden kann, als auch eine Struktur, die beschrieben werden kann.«274 Hier wird nochmal deutlich, wie das Verständnis des Heiligen Geistes unter dem inkarnatorischen Gesichtspunkt geprägt werden kann. Von der Betrachtung der Inkarnation Christi kommt man auf das Typologisieren des Wirkens des Heiligen Geistes. Diese Dialektik von Handeln und Form des Handelns sowie von Freiheit und Bindung liegt dem Verständnis des Wirkens des Heiligen Geistes zugrunde.275 Das Wirken des Heiligen Geistes in der Kirche wird in zwei Dimensionen verstanden: Als Ereignis – »dynamische Kraftmitteilung, […] den spontanen Charakter der menschlichen Antwort, das Element des ›Fortschreitens‹ im Leben der Gemeinde« und als Institution – »festgelegte Beziehungen und Formen der historischen Ordnung, […] klar umgrenzte Strukturen.«276 Die Einführung der Dimension des Ereignisses als Element des Fortschreitens der Gemeinde kann als Weiterführung der Rolle des Heiligen Geistes im Bericht »Einheit« von Neu-Delhi gesehen werden, in dem die Wirkung des Heiligen Geistes in den Elementen gesehen wurde, welche die Kirchen zur Einheit zusammenführen.277 Allerdings wird das Verständnis der Kirche als Ereignis im Kontext der menschlichen, persönlichen Beziehung zu Gottes Wirklichkeit nicht näher angedacht. Die Freiheit des Geistes wird hier mit dem Ziel thematisiert, das Wirken des Geistes als primäre Wirklichkeit vor der sakramentalen Ordnung zu erklären: »Gott handelt in Christus durch den Heiligen Geist, und der Mensch
271 A. a. O., 24. 272 »Der Gebrauch dieser beiden Bergriffe lässt in besonderer Weise die Frage entstehen, wie das Wirken des Geistes zu verstehen ist.« A. a. O., 30. 273 Vgl. a. a. O., 31. 274 Ebd. 275 Vgl. ebd. 276 A. a. O., 33. 277 Vgl. Neu-Delhi, Einheit §10.
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antwortet auf jenes Handeln. Das Ereignis, das Handeln Christi und das ermächtigende Wirken des Heiligen Geistes gehen der Kirche voraus.«278 Die Betrachtung des Heiligen Geistes unter dem Gesichtspunkt der Ereignisdimension ist dennoch aus pentekostaler Sicht zu würdigen, weil damit indirekt das Verständnis der persönlichen Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes angesprochen wird. Die aktive Bewegung der Kirche im Sinne der persönlichen Öffnung ihrer Glieder für das Wirken des Heiligen Geistes bleibt jedoch in der Ereigniskonstruktion der nordamerikanischen Sektion unterbelichtet: »Die Kirche lebt im Geist, in dem Maße als der Geist in ihr wohnt.«279 Das bedeutet aber, dass damit die persönliche Dimension der menschlichen individuellen Handlung gegenüber dem Wirken des Heiligen Geistes an den Kontext der mittelbar sakramentalen Christusgegenwart angeknüpft ist. In Bezug auf die vermittelnd sakramentale Rolle des Heiligen Geistes kann die oben zitierte Aussage dahingehend interpretiert werden, dass sich das Wohnen des Geistes in der Kirche in seiner Christus-vermittelnden Funktion, eben in den Mitteln seiner Gegenwart, wie im Wort, im Abendmahl oder auch in den existentiellen Strukturen der Kirche versteht. Man kann sagen, dass die Kirche durch das Praktizieren dieser Mittel im Geist lebt. Diese Schlussfolgerung bildet jedoch ein Spannungsverhältnis zur Vorstellung von der Freiheit des Geistes als primäre Wirklichkeit der Kirche. Darum ist für das Verständnis des Wirkens des Heiligen Geistes eine erweiternde Ergänzung erforderlich. Das heißt, dass die Kirche nur soweit im Geist lebt, wie sie sein Wirken direkt und aktiv erlebt und auch danach handelt. Angesichts der oben gezeigten dialektischen Betrachtung des Wesens der Kirche in Bezug auf den Heiligen Geist als Ereignis und Institution wird die starke Entgegensetzung des dynamischen Lebens der Kirche und ihrer Struktur vermieden.280 Auf der anderen Seite zeigt der Text der Studiengruppe eine auffällige Zurückhaltung gegenüber der theologischen Weiterführung der persönlichen Erfahrung der Kirche als Ereignis des Heiligen Geistes. Dies geschieht anscheinend aus der Befürchtung heraus, dass der Heilige Geist mit der Tätigkeit des menschlichen Geistes verwechselt werden kann. »Aber der Geist ist Gottes Geist
278 Christus und die Kirche, 33. Das dialektische Verständnis des Wirkens des Heiligen Geistes in der Freiheit in und über der Kirche als auch die Notwendigkeit des Institutionellen führt zu folgenden Schlussfolgerungen: 1. Die kirchlichen Glaubensbekenntnisse, die rituellen Formen oder die Ordnung des Amtes dürfen nicht absolut betrachtet werden; 2. »die geschichtliche Bestimmtheit Christi und des Geistes erfordert konkreten Ausdruck in der historischen und sozialen Ordnung«. A. a. O., 34. 279 A. a. O., 31. 280 »Schließlich ist zu sagen, dass es keine klare Unterscheidung, keine saubere Abgrenzung, keine letzte Trennung geben kann zwischen der Freiheit, durch die die Kirche als ›Ereignis‹ gekennzeichnet wird, und der Ordnung, durch die sie als ›Institution‹ erscheint.« Ebd.
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und kann niemals identisch werden mit dem menschlichen Geist.«281 Diese Behauptung ist zwar dogmatisch korrekt, will jedoch stark die Wirkung des Geistes vom empirischen Bereich des menschlichen Lebens unterscheiden. Einerseits wird zugestanden, dass das Leben im Geist sich in Liebe, Friede, Geduld, aber auch in der Vielfalt der Gaben ausdrückt, was im Bereich der menschlichen Empfindungen anzusiedeln ist, auf der anderen Seite wird die Beziehung zwischen dem Geist Gottes und dem subjektiven Bereich des menschlichen Lebens nicht erläutert. Ganz im Gegenteil lässt sich hier die Tendenz zum Auseinanderhalten von Geist Gottes und menschlichem Geist beobachten. Folgt man der Logik der Zuordnung der erfahrbaren Dimension des Heiligen Geistes zur institutionellen Dimension der Kirche, kommt man zur Schlussfolgerung, dass die pneumatologische Dimension der Kirche auf das institutionelle Dasein der Kirche bezogen wird.282 Das Begriffspaar Ereignis und Institution bietet einen Rahmen für das pneumatologische Verständnis der Kirche, kann aber die Spannung zwischen dem Primären und dem Sekundären der Kirche, zwischen dem freien Handeln Gottes im Heiligen Geist und dem institutionellen Wesen der Kirche in Bezug auf das Verständnis des Lebens der Kirche im Heiligen Geist nicht lösen. Die sakramental-institutionelle Dimension des Seins der Kirche behält trotz ihrer sekundären Rolle den Absolutheitsanspruch auf das Verständnis der Beziehung der Kirche zum Wirken des Heiligen Geistes. Einen der Gründe für die Verknüpfung des Verständnisses der Wirkung des Heiligen Geistes mit der Kirche als Institution sehe ich in der Spezifik der Entstehung der ökumenischen theologischen Texte als Zusammendenken unterschiedlicher Traditionen, die einfach voraussetzen, dass die Rolle des Heiligen Geistes im institutionellen Rahmen der Kirche zu bleiben hat. Auf der anderen Seite wird das Verständnis des Heiligen Geistes unter dem Aspekt seiner Verbindung mit der Ekklesiologie behandelt. Man versucht den Heiligen Geist vom Wesen der Kirche in Christus her zu verstehen, und zwar unter dem christologisch-ekklesiologischen Konzept Haupt-Leib im Kontext der historischen Kontinuität der Kirche und ihrer empirischen Gestalt. Möglicherweise spiegelt dieses Denken den Gedanken von Neu-Delhi wider, die Veränderungsprozesse im Verständnis der Kirche, ausgehend vom Bild der institutionellen Kirche, unter dem Aspekt des Sterbens und der Wiedergeburt der kirchlichen Formen zu erklären.283 Aus diesem Grund sind die Aussagen über das Wirken des Heiligen 281 A. a. O., 31. 282 »Aus diesen Prinzipien lassen sich bedeutsame Folgerungen ableiten. Indem wir sie hier ziehen, nehmen wir die Diskussion über Wort und Sakrament für die Interpretation des kirchlichen Amtes auf und versuchen auf diese Weise, eine gewisse Handhabe für die Behandlung des Problems der Einheit in diesen Bezirken des kirchlichen Lebens zu geben.« Ebd. 283 Vgl. Neu-Delhi, 131.
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Geistes von der Dialektik zwischen seiner freien Wirkung und der empirischen Gestalt der Kirchen geprägt (event is never without form).284 Das Wirken des Heiligen Geistes wird dann überwiegend unter dem Aspekt der Kontinuität Christi im Leben der Kirche verstanden, und zwar unter der Voraussetzung, dass sich die »Bestimmtheit Christi und des Heiligen Geistes in historischer und sozialer Ordnung ausdrückt.«285 1.2.5.2 Die europäische Sektion Im Vergleich zum Bericht der nordamerikanischen Sektion erwähnt der Text der europäischen Sektion neue Aspekte der Verbindung zwischen Pneumatologie, Christologie und Ekklesiologie. Die Kirche wird hier als Gemeinschaft des Heiligen Geistes angedacht. Diese Gemeinschaft gründet im Ereignis der »Vereinigung von Gott und Menschen in der Inkarnation«.286 Dadurch wird die Frage von zwei Gegenwarten, nämlich der Gegenwart Christi und der des Geistes, in den Blick genommen und thematisiert. Der christologische und der pneumatologische Aspekt der Ekklesiologie werden als eine Einheit betrachtet. »Es gibt nicht zwei Vereinigungen, eine, die Christus durch seine Inkarnation aufrichtete und eine andere, die wir durch den Geist mit ihm haben. Es gibt eine einzige Vereinigung, die Christus zwischen sich und uns hergestellt hat und an der wir durch den Geist, den er uns schenkt, teilhaben.«287
Das Wirken Christi versteht sich hier in zweifacher Weise, einmal als gemeinschaftliche Sammlung der Christen und im Leben der einzelnen Person. Im Vergleich zur nordamerikanischen Sektion kann man bei der Sicht der europäischen Sektion Anhaltspunkte erkennen, die das Wirken des Heiligen Geistes mit der persönlichen Begegnung zwischen Gott und Menschen in Verbindung bringen. Die Verbindung zwischen Christologie und Pneumatologie wird an der Vermittlungsrolle des Heiligen Geistes in der Menschwerdung Christi erkennbar. Der Heilige Geist wirkt die Begegnung des dreieinigen Gottes mit dem Sein des Menschen in der Menschwerdung des Logos. Das bedeutet, dass die Verbindung zwischen Gott und Menschen nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Inkarnation, sondern auch in Verbindung mit dem Wirken des Heiligen Geistes zu betrachten ist. Auf diesen Zusammenhang wies Putney unter Berufung auf Heribert Mühlen hin.288 Der europäische Sektionsbericht macht eine weitere 284 285 286 287 288
Vgl. Christus und die Kirche, 28. A. a. O., 28. A. a. O., 53. A. a. O., 53. Vgl. Putney, The Presence and Activity of the Holy Spirit, 185. Vgl. Heribert Mühlen, Die Ekklesiologie der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung, in: Remigius Bäumer/
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Aussage, aus der man schließen kann, dass das Verständnis der Identität der Kirche neben ihrem christologischen Fokus auch in Bezug zur Dimension des Heiligen Geistes gedacht werden muss: »Durch das Evangelium ist die Kirche zur Gemeinschaft mit Gott berufen und durch die Taufe des Geistes mit ihm vereinigt. […] Die Tatsache, dass zwischen der Inkarnation und der Gründung der Kirche der Kreuzestod und die Ausgießung des Geistes an Pfingsten liegen, zeigt, dass die Kirche nicht als Ausdehnung der Inkarnation […] verstanden werden kann. Sie ist der aus Sündern bestehende Leib.«289
Ich sehe im obigen Zitat einen Denkansatz im Verständnis der Verbindung von Christologie und Ekklesiologie über den Kreuzestod und das Pfingstereignis mit dem Ziel, das Verständnis der Kirche nicht einfach als Ausdehnung der Inkarnation Christi zu formalisieren, sondern ihr Wesen in der Gemeinschaftsdimension zu begründen.290 Das pneumatologische Verständnis der Kirche kann man demzufolge als gemeinschaftliche Versammlung der Sünder um Christus interpretieren. Die Leibwirklichkeit der Kirche wäre demzufolge die Beziehungswirklichkeit der Christen zu Christus unter dem Gesichtspunkt seiner neuen Gegenwartsweise im Heiligen Geist. Die nächste wichtige Referenz zur Lehre vom Heiligen Geist findet sich in der Erklärung des apostolischen Dienstes. Die Kirche lebt eine zweifache Beziehung zu Christus, die erstere historisch durch die Apostel und die zweite übernatürlich, durch die Ausgießung des Heiligen Geistes.291 Die Taufe mit dem Heiligen Geist korrespondiert deshalb mit der apostolischen Gründung der Kirche.292 Das bedeutet, dass sich die historische Kontinuität Christi, vertreten durch seine Apostel, und die transzendente Kontinuität Christi, die durch den Heiligen Geist gewirkt wird, in der Kirche vereinen. Dadurch wird die apostolische Sukzession im Wirken des Heiligen Geistes in der Kirche verankert. Diese Verankerung impliziert konsequenterweise das Leben der Gläubigen im Heiligen Geist als Partizipation an der Kirche, die in der historischen Sukzession der Apostel gegründet ist. Dies hat wiederum zur Folge, dass die Frage der Verbindung zwischen der apostolischen Gründung der Kirche und der Ausgießung des Heiligen Geistes nicht nur als historisches Ereignis, sondern auch aus der Perspektive der heutigen dynamischen Wirkung des Heiligen Geistes erklärt werden muss. Andernfalls müsste sowohl eine historisch identifizierbare Sukzession als auch eine
289 290 291 292
Heimo Dolch (Hg.), Volk Gottes. Zum Verständnis der katholischen, evangelischen und anglikanischen Theologie, Freiburg/Basel/Wien 1967, 608. Christus und die Kirche, 58–59. Vgl. A. a. O., 59. Vgl. a. a. O., 66. Vgl. a. a. O., 54.
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historisch identifizierbare Kirche erfahrbar sein. Dies ist angesichts der Realität der Trennung nicht der Fall. 1.2.5.3 Zusammenfassung Das Ziel der Untersuchung der Studie »Christus und die Kirche« (1963) bestand darin, zu beobachten, wie die Kommission die Empfehlungen der 3. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung in Lund hinsichtlich der Pneumatologie umgesetzt hatte. Es kamen u. a. einige Reaktionen, wie zum Beispiel aus der Sitzung von F&O (Míguez-Bonino, Edmund Schlink), die eine fehlende Behandlung der Pneumatologie von Lund bis Montreal anmahnten. Edmund Schlink betonte, dass die Lehre vom Heiligen Geist gerade in der Zeit zwischen Lund und Montreal wenig behandelt wurde. Schlink richtete seine Besorgnis an die Protestanten angesichts der Tatsache, dass die Lehre über den Heiligen Geist bei Calvin und Luther viel reicher vertreten war.293 Andere zeigten auf, nach den oben betrachteten Studien, dass das Verständnis der Kirche in ihrer Beziehung zur Christologie und zur Pneumatologie angedacht worden war.294 Die Untersuchung der ökumenischen Texte von F&O hinsichtlich der Lehre vom Heiligen Geist brachte folgende Zwischenergebnisse: Der Text »Christus und die Kirche« stellt mehr eine Patchwork-artige Zusammensetzung von einzelnen Aspekten des Heiligen Geistes als eine systematisch aufgebaute explizite Lehre über den Heiligen Geist dar.295 Diese Besonderheit erschwert das Verständnis und die Beurteilung der einzelnen theologischen Aussagen in Bezug auf ihre Zuordnung zu den konfessionellen Theologien.296 Der Ausgangpunkt des methodologischen Denkansatzes der Überlegungen zum Heiligen Geist lag gemäß der Empfehlung von Lund in der Verbindung zwischen der Christologie und der Ekklesiologie. Dies hatte zur Folge, dass erstens das Wesen des Heiligen Geistes hauptsächlich in seiner vermittelndmedialen Funktion auf Christus hin gesehen wurde. Zweitens lag der Schwerpunkt in der Artikulierung der Beziehung des Heiligen Geistes zu Christus und 293 Vgl. Aarhus 1964, 21. 294 Vgl. Aarhus 1964, 20, 40. 295 Auf diese Besonderheit wies Florowski hin, als er über die Arbeit der Sektion »Christ und His Church« berichtete. Vgl. a. a. O., Tomkins, 243. 296 Das Protokoll der Arbeitsgruppe von F&O in St. Andrews (1960) kann in diesem Zusammenhang als Illustration für die gewinnbringende Seite des ökumenischen Gespräches je nach Beteiligung neuer Dialogpartner dienen: »It was hoped to get as clear and frank a response as possible from confessions outside the central stream of Faith and Order work – Roman Catholic and Pentecostal – as well as reaction from those of Orthodox and ›central Protestant‹ background, so that this statement (relationship between Christ, the Church, and the Spirit) would be an attempt to raise the right questions in the right order.« Minutes of the commission meeting held at St. Andrews, 27–28.
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zur Kirche. Die bei der Sitzung in Bossey (1953) erwähnte Beziehung der Kirche zum Heiligen Geist und der Beziehung Christi zum Heiligen Geist wurde ansatzweise in der Inkarnation und in der apostolischen Grundlegung der Kirche gesehen.297 Die Frage der Beziehung zwischen dem Wirken des Heiligen Geistes und menschlichem Handeln wurde anhand der Dialektik von Freiheit und Gestalt beantwortet. Dieses Erklärungsmodell bringt zwar die persönliche Erfahrung des Wirkens des Heiligen Geistes mit den historisch-institutionellen Formen zusammen, bezieht jedoch die Erfahrung des Wirkens des Heiligen Geistes nur auf die institutionell-soziale Wirklichkeit der Kirche. Die Studie bestätigt zwar das freie Wirken des Geistes, hebt jedoch die Verwirklichung der Gegenwart Christi durch institutionell-sakramentale Mittel hervor.298 Das freie und direkte Wirken des Heiligen Geistes wird als begleitend zu den institutionellen-sakramentalen Mitteln der Gegenwart Christi beschrieben. Das Protokoll der Sitzung von F&O in St. Andrews hilft an dieser Stelle, den Hintergrund des Interesses an der Beziehung zwischen dem Heiligen Geist und der Kirche als Institution zu verstehen. Damit suchte man die Spannung zwischen dem Verständnis des Geistes und den Formen des kirchlichen Lebens in der Weise zu überwinden, dass die Vergeistlichung der Kirche nicht ihren wahren Bezug zum Heiligen Geist bedeutet, und auch die Materialisierung durch das Festhalten an den Formen der Kirche nicht ihren wahren Bezug zur Inkarnation kennzeichnet.299 Im Bericht der I. Sektion »Die Kirche in Gottes Plan« der 4. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung in Montreal (1963) zeigen sich einige ergänzende Formulierungen zum Verständnis der Kirche als Ereignis-Institution. Der Bericht der I. Sektion fasst zusammen, dass das Begriffspaar Ereignis-Institution darstellt, wie Christus durch das Wirken des Heiligen Geistes in seiner Kirche gegenwärtig ist.300 Es wird zugestanden, dass Gott zwar an die Mittel seiner Gegenwart nicht gebunden ist, und dass man »Charisma und Institution nicht gegeneinander ausspielen darf«, dennoch wird das freie Wirken des Heiligen Geistes als Begleitung zu den von Gott verheißenen Mitteln verstanden.301 Auf die Frage, wie sich die Gegenwart des Heiligen Geistes zu den Mitteln verhält, durch 297 »Die Gemeinschaft der Kirche in Christus besteht durch den Heiligen Geist. […] Sie entspricht der Vereinigung von Gott und Menschn in der Inkarnation.« Christus und die Kirche, 54. Es ist anzumerken, dass die nordamerikanische Sektion von der zweifachen Weise spricht, wie Christus den Menschen begegnet: in der Gemeinde und im Leben jedes einzelnen. Sie gehören unternnbar zusammen. Vgl. a. a. O., 53. 298 Vgl. Christus und die Kirche, 33–34.37. 299 Vgl. St. Andrews, 23. 300 Vgl. Montreal 1963, 36–37. 301 »Wir glauben, dass Gottes Gebot von seiner Verheißung begleitet wird und dass er diese Verheißung treulich erfüllt, indem er den gehorsamen Gebrauch dieser geschenkten Mittel mit dem freien Wirken seines Geistes begleitet.« A. a. O., 37.
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die er in der Gemeinde gegenwärtig ist, antwortet der Text mit dem Hinweis auf die Analogie zwischen Gabe und Aufgabe: »Es gehört zum Wesen von Gottes Schenken und unseres Glaubens, dass das, was ein für alle Mal und allen gegeben ist, in den Handlungen der gnädigen Selbsthingabe Gottes immer neu gegeben und in der Antwort des lebendigen Glaubens immer wieder neu empfangen werden muss. Daher sind alle Gaben (Einheit, Heiligkeit, Katholizität, und Apostolizität) zugleich Aufgaben. Wenn man das Verhältnis zwischen Gabe und Aufgabe bedenkt, entdeckt man, dass das, was oben über Ereignis und Institution gesagt ist, höchst bedeutsam ist.«302
Damit wird das Verständnis des Wirkens des Heiligen Geistes einerseits in den sakramental-institutionellen Rahmen der Kirche gesetzt. Auf der anderen Seite wird die Wirklichkeit der Kirche gleichzeitig als Gabe und Aufgabe verstanden. Ihre Aufgabe ist, die aktive Handlung der Kirche hin zur Übereinstimmung mit der gegebenen Wirklichkeit (Gabe) zu suchen. Mit dem Bezug der Wirklichkeit der Kirche als Gabe und Aufgabe auf das Begriffspaar Ereignis und Institution wird die Verwirklichung der Gabe (Ereignis) in der Handhabung der von Gott geschenkten Mittel der Gegenwart Christi (Institution) gesehen. Aus der ekklesiologischen Perspektive kann diese Gegenüberstellung von Gabe-Aufgabe und Ereignis-Institution sehr hilfreich sein, um den institutionellen Rahmen der Kirche nicht losgelöst vom Wirken des Heiligen Geistes zu betrachten. Aus der pneumatologischen Perspektive setzt dieser Kontext jedoch einen engen Rahmen, der das Verständnis der Wirkung des Heiligen Geistes sowie die Zuwendung zur Wirklichkeit des Heiligen Geistes auf die Verkündigung des Wortes und die Verwaltung der Sakramente beschränkt. Auch wenn im Montrealer Bericht zugestanden wurde, dass Gottes Gegenwart weder an einen dogmatischen Rahmen noch an einen institutionellen Rahmen gebunden ist, wäre es zu erwarten, dass die Theologie der freien Wirkung des Geistes, und zwar unter dem Gesichtspunkt der Begegnung mit Christus im persönlichen Leben, mehr Aufmerksamkeit bekommt. Für die Kirchen der pentekostalen Tradition wird die Studie »Christus und die Kirche« helfen, ein Denkmodell zu entdecken, wie man die inhaltliche Achse des Geistverständnisses sowie des Verständnisses der Erfahrung des Heiligen Geistes aus der christologische Mitte entwickelt und gleichzeitig die Kirche als Institution unter dem pneumatologischen Gesichtspunkt als Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes betrachten kann.
302 Ebd.
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1.2.6 Der Heilige Geist im Leben der Kirche Dieser Abschnitt hat zum Ziel, eine weitere Entwicklung der Frage nach der Lehre vom Heiligen Geist in Bezug auf die Kirche zu verfolgen. Die Texte der Sitzung von F&O in Aarhus (1964) zeigen die weiteren Aspekte der Lehre vom Heiligen Geist in ihrer Wichtigkeit für die Ekklesiologie. Zwei Themen sind hier zu erwähnen. Das erste ist die Rolle des Heiligen Geistes in der Organisation des kirchlichen Lebens. Die Frage der Organisation kam neu auf wegen der Verbreitung von neuen Formen der christlichen Gemeinschaft.303 Das zweite Thema ist der Heilige Geist und die Einheit der Kirche. Die Frage nach der Rolle des Heiligen Geistes im Leben der Kirche deckte eine weitere methodologische Notwendigkeit auf, denn die Erkenntnis über das Werk des Heiligen Geistes in der Kirche sowie über das Wesen der Kirche kann nicht einfach mit der Hilfe dogmatischen Denkens gewonnen werden.304 Eine empirische Studie über die Situation in der Welt und in den Kirchen sollte zeigen, welche Aspekte im Verständnis der Beziehung zwischen dem Heiligen Geist und der Kirche berücksichtigt werden müssen. Die Ergebnisse dieser soziologischen Studie sollten in Verbindung mit der Lehre über den Heiligen Geist betrachtet werden. Damit verfolgte man das Ziel, die Lehre über den Heiligen Geist anhand dieser empirischen Ergebnisse neu zu reflektieren.305 1.2.6.1 Geist, Ordnung und Organisation Die Studie »Geist, Ordnung und Organisation« verdient in unserer Untersuchung besondere Aufmerksamkeit, nicht nur aufgrund der Rolle der empirischen Studien in der Reflexion über die Lehre vom Heiligen Geist, sondern weil sie die Frage nach dem Heiligen Geist ausgehend vom Verständnis der Einheit der Kirche von Neu-Delhi neu zu reflektieren suchte: »The New Delhi Statement suggests that the unity which is God’s will and gift is being made visible as all who are baptized into Jesus Christ and confess him as Lord and Savior are brought by the Holy Spirit into one fully committed fellowship. This understanding of the action of the Holy Spirit in guiding Christians towards unity is important and needs to be fully explored in the light of the biblical und historical doctrine of the Spirit.«306
Zum Verständnis der Herangehensweise der Studie »Geist, Ordnung und Organisation« muss gesagt werden, dass hier die Beziehung zwischen der Einheit 303 304 305 306
Vgl. Aarhus 1964, 59. Vgl. a. a. O., 59. Vgl. a. a. O., 60. A. a. O., 58.
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der Kirche und dem Wirken des Heiligen Geistes im Denken von F&O konzeptionell in Bezug auf das Weltgeschehen betrachtet wurde: »The Church is not only the sphere of redemption: it is part of creation. The Church is challenged to show forth its unity not only in communion with God through Jesus Christ, but also by sharing in the travail by which the whole creation is finally brought into communion with God.«307
Das Protokoll der Sitzung von F&O in Löwen bestätigt die Bedeutung der Studie »Geist, Ordnung und Organisation« für die Beziehung zwischen der Kirche und dem Heiligen Geist: »Dem Plan dieser Studie liegt die Überzeugung zugrunde, dass wir eine Veränderung der Formen unseres kirchlichen Lebens wahrnehmen werden, sobald wir uns der Führung des Heiligen Geistes in unserer heutigen Welt anvertrauen.«308 Der Heilige Geist wird als richtende und umwandelnde Macht sowohl im permanenten Leben und in den Traditionen der Kirche als auch in ihren Veränderungen in der Gegenwart verstanden. Es wurde in der Diskussion um die Planung der Studie bestätigt, dass es verschiedene Wirkungsweisen des Heiligen Geistes gibt: in der persönlichen Erfahrung, in den stabilen und etablierten Formen des christlichen Lebens, aber auch in der Entdeckung von neuen Gemeinschafts- und Gottesdienstformen.309 In der Folge wurden Fragen nach den Kriterien dieser Wirkung und der neuen Formen gestellt. Diese neue von NeuDelhi herkommende Fragestellung rückte die Wichtigkeit der konkreten Situationen, in denen sich die Kirchen befinden, als empirischen Ausgangspunkt für das dogmatische Denken in den Mittelpunkt.310 Die Untersuchung des Verhältnisses zwischen dem Heiligen Geist und der Kirche erscheint als ein neuer, ergänzender Gesichtspunkt zum bisher angenommenen Modell der Kirche als Leib Christi. Die Methodologie von »Geist, Ordnung und Organisation« bestand darin, neue Organisationsformen der Kirche soziologisch zu untersuchen und sie in Verbindung mit der Lehre über den Heiligen Geist zu bringen.311 Anstatt des Begriffes »Institution« wurde der Begriff »Organisation« vorgeschlagen, weil der Begriff der Institution »mehr mit der Vorstellung von Kontinuität verbunden« war. Der Begriff »Organisation« 307 308 309 310
A. a. O., 40. Konrad Raiser, Löwen 1971, 122. Vgl. Aarhus 1964, 58. »It is clear that the situation in which the Church is placed everywhere, compels us to ask questions about order and organization in the Church, and these questions must in turn be related to a fresh consideration of the doctrine of the Holy Spirit. […] … we cannot accept the idea that a true understanding of the work of the Spirit in the Church and of the nature of the Church can be gained simply by the method of doctrinal dedication.« A. a. O., 59. 311 »The results of this empirical work would then have to be examined in connection with the doctrine of the Holy Spirit.« A. a. O., 60.
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spiegelte dagegen den dynamischen Charakter des Wandels.312 Dieses Vorhaben sollte einen neuen pneumatologischen Denkansatz bilden: die empirischen Untersuchungen neuer historischer Entwicklungen der Kirche, betrachtet durch das Prisma der Lehre über den Heiligen Geist, ergeben ein Bild, durch das man das traditionelle Verständnis des Heiligen Geistes hinterfragen kann; dies alles jedoch mit dem Ziel, die Begegnung mit dem verwandelnden Wirken des Heiligen Geistes in der Geschichte theologisch zu verstehen. Der Leitsatz des empirischen Denkansatzes zum Verständnis des Wirkens des Heiligen Geistes – »der Heilige Geist, das ist Gott, wo er sich empirisch am ehesten greifen lässt« – wurde zum zentralen Bezugspunkt der Studie.313 Man zog die These in Erwägung, dem Verständnis des Heiligen Geistes nicht nur ausgehend von der Lehre vom Heiligen Geist, sondern emprisch auf die Spur zu kommen. Das Interesse an der Studie über den Heiligen Geist lag darin, die organisatorische Erneuerung der Kirche in Verbindung mit dem Wirken des Heiligen Geistes zu betrachten.314 Im Licht von Themen wie Mission, Erneuerung und neue Strukturen kirchlichen Lebens kam ein neues Verständnis der Beziehung zwischen der Lehre vom Heiligen Geist und der Kirche in den Blick.315 Da diese Studie interdisziplinär war, hat man nach relevanten Problemdarstellungen gesucht. Das Wirken des Heiligen Geistes müsse in den Bereichen gesucht werden, wo man es von den theologischen Voraussetzungen am ehesten erwartet.316 Für die Untersuchungen wurden die Bereiche von »Protest« und »Einheit« gewählt.317 Die Wahl des Konzepts »Protest« lässt das Motiv und die Denkweise der Christen erkennen, die gegen bestimmte Formen des kirchlichen Lebens angesichts ihres Gehorsams gegenüber dem Wirken des Heiligen Geistes protestieren.318 Im kritischen Rückblick wird im Studienbericht in der Sitzung von F&O in Löwen zusammengefasst, dass sich der pneumatologische Leitsatz der Studie »Der Heilige Geist, das ist Gott, wo er sich empirisch am ehesten greifen lässt«,319 als nicht hilfreich erwies, weil die Theologen sich nicht darüber einig waren, wie 312 Vgl. Konrad Raiser, Löwen 1971, 122. 313 Vgl. a. a. O., 123. 314 Vgl. ebd. Es fällt auf, dass die Kommission die Begrenzung des pneumatologischen Denkansatzes in der westlichen Tradition eingesteht. Es wird angedeutet, dass sowohl der Katholizismus als auch der Protestantismus den Heiligen Geist ausgespart haben, »abgesehen von den üblichen Versicherungen, dass er beständig am Werk ist.« A. a. O., 118–119. Es wird auch bestätigt, dass die Einengung des Heiligen Geistes in der westlichen Tradition im Zuge der wachsenden Teilnahme der orthodoxen Kirchen an der ökumenischen Bewegung und in der Begegnung mit den Pfingstkirchen offenbar wird. 315 Vgl. Fn. 311. 316 Vgl. Raiser, Löwen 1971, 126. 317 Vgl. a. a. O., 126. 318 Vgl. a. a. O., 127.131. 319 A. a. O., 132.
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sie die Lehre der Kirche »in Richtung auf ihren Erfahrungsgrund hin interpretieren sollten.«320 Die Frage nach Kriterien und Erfahrungsformen des Wirkens des Heiligen Geistes war nicht einstimmig geklärt. Die Ursache dafür lag in der Unfähigkeit, die theologischen Aussagen über den Heiligen Geist so zu interpretieren und umzuformulieren, dass sie »empirisch faßbar sind«.321 Mit anderen Worten zeigte die Studie Defizite in der Artikulierung der Erfahrung der Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes. Dieses Defizit hat meiner Meinung nach eine seiner Ursachen nicht nur im Mangel an expliziten Studien über die Erfahrung der Begegnung mit dem Heiligen Geist, sondern auch im Mangel an der theologischen Auseinandersetzung mit der direkten Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes in den ökumenischen Studien. Man bewegte sich im dualen Gestaltunsgparadigma des kirchlichen Lebens von Institution und Organisation. Die Unsicherheit zeigte sich im Abschlussbericht über die Studie, wo nicht klar war, ob man das Wirken des Heiligen Geistes tatsächlich im Bereich der individuellen Erfahrungen oder der kollektiven Phänomene suchen sollte.322 Was das Verhältnis zwischen dem Heiligen Geist und der Kirche unter empirischem Gesichtspunkt betrifft, so sieht das Protokoll der Sitzung von F&O in Löwen den Grund für die allgemeine Unzulänglichkeit der Studie in der Tradition des Westens, weil dort die Lehre vom Heiligen Geist sowie das »Gespür für seine Gegenwart in der Kirche und Welt wenig ausgeprägt waren und sind.«323 Betrachtet man die Aussage über das Fehlen eines »Gespürs für die aktive Gegenwart des Heiligen Geistes« im Licht der pentekostalen, spezifischen Betonung der Erfahrung der Gegenwart des Heiligen Geistes, kommt man zu dem Schluss, dass der pentekostale Denkansatz zum Verständnis des Heiligen Geistes in dieser Studie sowohl einen erweiternden Beitrag leisten als auch den Ansatz zur Selbstreflexion finden könnte. Dieser Beitrag kann darin bestehen, dem ökumenischen Diskurs eine Denkweise über den Heiligen Geist zu vermitteln, die das Wesen der Kirche ausgehend von der empirisch identifizierbaren Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes verstehen lässt. Es ist für die vorliegende Untersuchung festzuhalten, dass die Studie »Geist, Ordnung und Organisation« einerseits ein neues Format des theologischen Verhältnisses von der Kirche und dem Heiligen Geist durch den Fokus auf die Erfahrung des Heiligen Geistes präsentiert hat. Auf der anderen Seite macht sie offenbar, dass im ökumenischen Dialog kein Konsensus über die Erfahrung des Wirkens des Heiligen Geistes sowie dessen theologische Beurteilung erreicht 320 321 322 323
A. a. O., 133. A. a. O., 132–133. Vgl. a. a. O., 133. A. a. O., 134.
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wurde. Darüber hinaus zeigt das unzulängliche Ergebnis der Studie, dass die Lehre über den Heiligen Geist keine Lösung für die Theologie der Einheit der Kirche bietet, wenn sie primär und stark fokussiert auf das Sein der Kirche abzielt. Das Beispiel dafür ist das Zeugnis der Studie, dass der Antagonismus zwischen zwei ekklesiologischen Konzepten des Verständnisses des Heiligen Geistes, »Protest« und »Ordnung«, nicht überwunden wurde.324 Aus meiner Sicht beruht dieser Antagonismus im Paradigma des ökumenischen Nachdenkens über den Heiligen Geist. Hier werden die Kirche und ihre Daseinsdimension vordergründig als Prioritäts- und Studienobjekt und der Heilige Geist untergeordnet als wirkende Kraft des Daseins der Kirche betrachtet. Dieses vorgeordnete Fokussieren ist zwar durch das Anliegen der Suche nach einer Annäherung der Kirchen gerechtfertigt. Dennoch beschränkt sich dabei die pneumatologische Denkweise auf das Verständnis der Kontinuität der Kirche und ihrer Lebensformen. Als Folge liegt der theologische Fokus auf dem Verständnis dessen, wie sich die Lebensformen der Kirche im Laufe der Geschichte verändern bzw. erneuern. Die Arbeit der Sitzung in Löwen stellte hinsichtlich der Lehre über den Heiligen Geist eine zusammenfassende Bilanz der Arbeit von F&O an der Pneumatologie zwischen Lund (1952) und der 4. Vollversammlung des ÖRK in Uppsala (Schweden, 1968) dar, und zwar unter den neuen Gesichtspunkten der Einheitsformel von Neu-Delhi und des Verständnisses des Heiligen Geistes von Uppsala: »Der Heilige Geist ist nicht nur der Ursprung der Katholizität, sondern auch zugleich die Quelle der konstitutiven Vielfalt im Leben der Kirche.«325 Der Heilige Geist wird als eine alle Kirchen zusammenführende Kraft verstanden. Dabei wird das Verständnis der Lehre über den Heiligen Geist unter folgenden neuen thematischen Aspekten betrachtet: »Mission, Erneuerung, neue Strukturen des kirchlichen Lebens, das Verhältnis zwischen Heiligem Geist und Kirche …«326 Das neue Interesse an der Pneumatologie ist vom missiologischen Anliegen beeinflusst, neue Organisationsstrukturen zu entwickeln und die traditionellen zu erneuern. Welche Rolle das Verständnis vom Heiligen Geistes im Kontext der Erneuerung der Kirche spielen kann, wird im Folgenden anhand des Berichtes der I. Sektion der 4. Vollversammlung der ÖRK in Uppsala »Der Heilige Geist und die Katholizität der Kirche« diskutiert.
324 Vgl. a. a. O., 134. 325 Raiser, Löwen 1971, 134. 326 A. a. O., 121.
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1.2.6.2 Der Heilige Geist und die Katholizität der Kirche Der in Aarhus vorgeschlagene Studientitel »Der Heilige Geist und Einheit« wurde in »Der Heilige Geist und die Katholizität der Kirche« umformuliert. Diese Studie diente als Vorlage für die Arbeit der 4. Vollversammlung des ÖRK in Uppsala (1968).327 Aus dem Protokoll der Diskussion über den Bericht »Der Heilige Geist und die Katholizität der Kirche« folgt, dass die Befassung mit der Lehre vom Heiligen Geist in Bezug auf die Katholizität der Kirche bezweifelt wurde. Der Grund dafür war die Befürchtung, dass die Konzentration auf die Pneumatologie zu viel Gewicht auf das Wirken des Heiligen Geistes legen könnte. Im Gegenzug zu dieser Bemerkung wurde im Protokoll vermerkt, dass die Lehre über das Wort und über die Sakramente nicht genügend Entfaltung bekommen hat.328 Diese Bemerkung lässt eine Spannung zwischen dem Ringen der Studie »Geist, Ordnung und Organisation« um das Verhältnis zwischen dem Heiligen Geist und der Kirche und der Zurückhaltung der Studie »Der Heilige Geist und Katholizität der Kirche«, wenn es um die Konzentration auf den Heiligen Geist geht, erkennen. Dieser Frage soll im folgenden Abschnitt nachgegangen werden. Die 4. Vollversammlung des ÖRK in Uppsala brachte eine weitere Entwicklung des Einheitsverständnisses von Neu-Delhi und folgte auf die 4. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung in Montreal.329 Während Neu-Delhi die Einheit aller an jedem Ort betonte, lag der Schwerpunkt von Uppsala darauf, wie diese Einheit zu leben ist.330 Neben der Frage nach der Einheit der Kirche rückte die Frage nach der Einheit der Menschheit in den Blick.331 Die theologische Tendenz zu dieser Betrachtungsweise zeigte sich in den Aussagen der Sitzung von F&O in Aarhus.332 Diese Denkrichtung war in der ökumenischen Bewegung von Anfang an nicht neu, fand jedoch intensiveren Eingang in die Studien von F&O seit der 4. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung in Montreal.333
327 Vgl. Aarhus 1964, 60. Bristol 1967, 87. Putney, The Presence and Activity of the Holy Spirit, 332. Die meiste Kritik richtete sich gegen die Beschreibung des Heiligen Geistes in seiner Unabhängigkeit von Christus. 328 Vgl. Bristol 1967, 87. Vgl. Putney, 337. 329 Vgl. Normann Goodall, Bericht aus Uppsala 1968. Offizieller Bericht über die Vierte Vollversammlung des ökumenischen Rates der Kirchen Uppsala 4.–20. Juli 1968, Genf 1968, 18. 330 Vgl. Neu-Delhi 1961, 130. Vgl. Goodall, Bericht aus Uppsala 1968, 6. 331 Hier wird an die Neu-Delhi Erklärung über die Einheit der Christen mit der Hervorhebung des Ausdrucks »an jedem Ort in der ganzen Welt« angeknüpft und fortgesetzt. Vgl. a. a. O., 18. 332 Vgl. Aarhus, Conspectus of Faith and Order, §2, 40. 333 Vgl. Aarhus, 41. Hier ist auf die Aussage von Visser ‹t Hooft auf der Vollversammlung in Neu-Delhi über die ökumenische Mobilmachung hinzuweisen. Vgl. Visser ’t Hooft, NeuDelhi 1961, 527. Es besteht eine zeitliche Nähe zum Zweiten Vatikanischen Konzil (11. 10. 1962–08. 12. 1965) und zum pan-orthodoxen Treffen auf Rhodos (24.09–01. 10. 1961).
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In Uppsala wurde der Heilige Geist zum ersten Mal in der Geschichte der Vollversammlungen des ÖRK explizit im Titel eines Berichtes erwähnt.334 Der Bericht der 1. Sektion wurde der Vollversammlung unter dem Titel »Der Heilige Geist und die Katholizität der Kirche« vorgestellt.335 Das Sitzungsprotokoll von F&O in Löwen (1971) bringt den 1. Sektionsbericht »Der Heilige Geist und die Katholizität der Kirche« in Uppsala mit der aufgeworfenen Frage aus der Studie »Geist, Ordnung und Organisation« in Verbindung, wonach der Beziehung zwischen dem Heiligen Geist, der Kirche und ihrer Mission nachgegangen wird.336 Diese Verbindung wurde im Protokoll von Löwen unter anderem angesichts der Feststellung erwähnt, dass »beide Traditionen [Katholizismus und Protestantismus] in ihrer Theologie wie in ihrer kirchlichen Praxis den Heiligen Geist weitgehend ausgespart haben, abgesehen von den üblichen Versicherungen, dass er beständig am Werk ist«.337 Diese Einengung der Pneumatologie in der westlichen Tradition tritt laut dem Protokoll von Löwen im Licht der Partizipation der orthodoxen Kirchen und der Konfrontation mit der pentekostalen Bewegung nun in Erscheinung.338 Es ist darum zu fragen, unter welchen neuen Aspekten das Thema Heiliger Geist im Sektionsbericht angegangen wurde. In welcher Weise der Sektionsbericht die Pneumatologie beurteilt, zeigt sich in den unterschiedlichen Reaktionen auf den Bericht. Putney bezeichnet den dem Thema der Vollversammlung zugrundeliegenden Bericht als ausführlichste Behandlung der Beziehung zwischen dem Wirken des Heiligen Geistes und der Kirche, die von F&O je ausgearbeitet wurde.339 Raiser bezeichnet die Vollversammlung in Uppsala als Höhepunkt des ökumenischen Denkens hinsichtlich des Heiligen Geistes.340 Er bezieht sich auch auf die Vorträge zum Hauptthema der Versammlung von Ignatios Hazim und Hendrikus Berkhof. Frieling behauptet, dass »in Uppsala keine Lehre vom Heiligen Geist entfaltet wurde.«341 Dabei hat er das Anliegen der Vollversammlung im Blick, nur eine Theologie des Heiligen Geistes entfalten zu wollen. Man wollte »etwas Konkretes und
334 335 336 337 338 339 340
Vgl. Konrad Raiser, Holy Spirit in Ecumenical Thought, 535. Vgl. Goodall, Bericht aus Uppsala, 3–18. Vgl. Konrad Raiser, Löwen 1971, 119. A. a. O., 118. Vgl. ebd. Vgl. Putney, 355. »The report from section I of the Uppsala Assembly is the first Assembly document in the history of the WCC to address explicitly the doctrine of the Holy Spirit. […] But it was not only this section report which makes the Uppsala Assembly a high point in ecumenical thinking on the Holy Spirit.« Konrad Raiser, The Holy Spirit in Modern Ecumenical Thought, 375–387. 341 Reinhard Frieling, Uppsala 1968: Erneuerung der Welt? Ergebnis der Vierten Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Uppsala von 4. bis zum 19. Juli 1968, Göttingen 1968, 74.
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Brauchbares für die Gemeinde sagen.«342 Diese Referenz von Frieling wird im Protokoll der Sitzung F&O von Bristol (England 1967) bestätigt. Die Kritik der Teilnehmer an der expliziten Behandlung der Theologie des Heiligen Geistes zeigt, dass nicht die Pneumatologie das Hauptanliegen des Berichtes der 1. Sektion war, sondern die Katholizität.343 Die Unterschiedlichkeit der oben angeführten Beurteilungen spiegelt die ökumenische Situation hinsichtlich der theologischen Wahrnehmung und Interpretation der ökumenischen Texte sowie das Verständnis der Pneumatologie in unterschiedlichen kirchlichen Traditionen wider.344 Das Hauptgewicht des Berichtes liegt auf der neuen Erläuterung der Katholizität der Kirche.345 »Die Katholizität ist die Eigenschaft, durch welche die Kirche die Fülle, die Integrität und die Totalität des Lebens in Christus zum Ausdruck bringt.«346 Sie wird als dynamischer Prozess verstanden, der in eine lebendige und organische Einheit der Kirche mit dem dreieinigen Gott hineinführt.347 Das Neue an dieser Vorstellung der Katholizität war, dass sie im Licht des Wirkens des Heiligen Geistes nicht nur zurückschauend als Kontinuität mit der Vergangenheit, sondern auch vorwärtsschauend, also als Neuschöpfung, verstanden wurde. »Der Heilige Geist hat die Kirche nicht nur in der Kontinuität mit ihrer Vergangenheit bewahrt, er ist auch ständig in der Kirche gegenwärtig und bewirkt ihre innere Erneuerung und Neuschöpfung.«348 Aus meiner Sicht zeigt der Bericht eine neue Denkweise über die Kirche in Hinblick auf die Lehre über den Heiligen Geist. Auf dem Hintergrund des stark betonten Verständnisses der Einheit der Kirche und ausgehend von der eschatologischen Deutung des Heilsplans der Welterlösung als Führung aller Menschen »in eine organische und lebendige Einheit in Christus« wird die Rolle des Heiligen Geistes in Anknüpfung an die Aussage des dritten Artikels des Nizänischen Glaubensbekenntnisses verstanden. »Freudig bekennt die Kirche den Heiligen Geist als ›den Herrn und Lebensspender‹.«349 Der Heilige Geist wird als lebenspendender Geist im Kontext der Hinführung zum Leben der Schöpfung nach dem Rettungsplan Gottes verstanden. Auf diese Weise kann die Verbindung zwischen Pneumatologie, Christologie und Ekkle342 Frieling, Uppsala 1968, 76. 343 Vgl. Bristol 1967, 87. Vgl. Putney, 337. 344 Frielings Reaktion auf die Behandlung der Pneumatologie zeigt eine Sicht der ökumenischen Anwendung der Pneumatologie: »Auf jeden Fall sollte der Heilige Geist endlich nicht mehr der theologische Lückenbüßer sein, wenn man andere, konkrete Qualifikationen nicht wagt.« Frieling, 76. 345 Vgl. Goodall Uppsala 1968, 3. 346 A. a. O., 10. 347 Vgl. a. a. O., 9. 348 A. a. O., 13. 349 A. a. O., 10. Der Hinweis auf die Nizänische Formel fehlt im Bericht.
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siologie aus meiner Sicht neu gedacht werden. Der Bericht entfaltet das universalistische Wesen der Kirche ausgehend von einer endzeitlichen Erfüllung der Einheit der Menschheit, auf die das Wirken des Heiligen Geistes ausgerichtet ist.350 Der christologische Akzent ist hier nicht verschwunden, sondern vom Ziel der Mission Christi her neu definiert. Der Heilige Geist wird nicht wie in bisherigen Formulierungen nur als Vermittler zwischen Christus dem Haupt und der Kirche, sondern als die ausführende Kraft des Vorhabens Gottes gedacht, und zwar, was der Vater durch Christus und seine Mission am Ende erreichen will. Durch dieses Verständnis gelingt es, das doppelte Verständnis der Kirche »in der Welt und nicht von der Welt« plausibel zu erläutern und die Einheit der Kirche im Zusammenhang mit dem Weltgeschehen pneumatologisch-christologisch zu begründen. Demzufolge wird der Heilige Geist im Bericht als innere, zusammenhaltende, führende und vielfältig wirkende Lebenskraft der dynamischen Katholizität betrachtet. In dem Bericht kann die Katholizität als innere Dynamik des Strebens der Kirchen und der Christen nach endzeitlicher Einheit der neuen Menschheit verstanden werden. Das Wirken des Heiligen Geistes vereint demnach in sich die Aktualisierung der Kontinuität der Kirche mit ihrer Vergangenheit. Und zwar geschieht das durch Glauben, durch das liturgische Leben der Kirche und durch »die Sukzession des apostolischen Amtes von Wort und Sakrament, in der Reaktion der Kirche auf die Nöte der Welt, im Zeugnis der Propheten, Märtyrer und Heiligen«.351 Gleichzeitig gibt der Heilige Geist der Kirche die Zukunftsperspektive, indem er die Kirche zur Erneuerung ruft. Die Erneuerung der Kirche ist die Antwort auf den Ruf des Heiligen Geistes »inmitten der Wandlungen der menschlichen Geschichte«.352 Auch hier kann man ähnliche Akzente wie in der Studie »Geist, Ordnung und Organisation« beobachten, nämlich die sichtbare Kontinuität der Kirche mit ihrem Ursprung und ihre Offenheit für die Veränderungen mit dem Wirken des Heiligen Geistes zu verknüpfen. Allerdings bleibt der Akzent der Erneuerung auf der bestehenden Vorstellung von Kirche beschränkt. Als Folge wird das Verständnis des Rufes des Geistes, wie die Studie mit den empirischen Untersuchungen zeigt, im Licht der bestehenden Vorstellungen von der Kirche betrachtet. Die Auffassung von der Kirche unter dem Aspekt des Heiligen Geistes auf der Vollversammlung von Uppsala kann dennoch eine neue Perspektive im Hinblick auf das Verständnis der Kirche unter dem Gesichtspunkt ihrer Begegnung mit dem verborgenen Wirken des Heiligen Geistes bieten. Wenn die vom Heiligen 350 In §8 des Berichtes wird das neue Verständnis der Kirche im Lichte des endzeitlichen Zieles der Errettung und ausgehend vom Heiligen Geist konzipiert. 351 A. a. O., 13. 352 A. a. O., 13.
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Geist gewirkte und auf die Zukunft gerichtete Kontinuität der Kirche in der Bereitschaft der Kirche bestehen soll, auf den Ruf des Geistes zu reagieren, muss das Folgen haben. Die Kirche sollte auch in der geistlichen Dimension ihre Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes bzw. ihre Offenheit für den Heiligen Geist ausdrücken. Darauf ist Ignatios Hazim in seinem Vortrag zum Hauptthema eingegangen. Er sprach von der Kirche im Heiligen Geist als Ausdruck der neuen Schöpfung, die der auferstandene Christus im Heiligen Geist durch das Verhalten der Christen in der Welt in Erscheinung treten lässt.353 Aus den bisherigen Aussagen über das Wirken des Heiligen Geistes, wie sie in den ökumenischen Texten formuliert wurden, betrachtete man jedoch den Heiligen Geist mehr als eine im Hintergrund der Mission Christi und des Lebens der Kirche wirkende Kraft, und zwar grundsätzlich in Verbindung mit der institutionellen Gestalt der Kirche. Obwohl der Katholizität-Bericht von Uppsala den Akzent auf die Katholizität der Kirche als Neuschöpfung im Sinne der Vielfalt des Wirkens des Heiligen Geistes nach 1Kor 12–14 legt, geht dennoch das Verständnis der Leitung durch den Heiligen Geist in der Vielfalt seines Wirkens nicht über die Gestaltungsformen der Kirchen hinaus. »Es gibt heute wie im Neuen Testament eine reiche Vielfalt der charismatischen Gaben, wie sie in 1. Kor 12,12–14 beschrieben wird; es gibt verschiedene Weisen, das Evangelium zu verkündigen und seine Geheimnisse darzustellen; es gibt vielgestaltige Formen, dogmatische Wahrheiten darzustellen und sakramentale und liturgische Ereignisse zu begehen; Kirchen verschiedener Gebiete übernehmen unterschiedliche Organisationsformen.«354
Wenn diese Vielfalt durch ihre gemeinsame Mitte in Christus konstituiert ist, dann ist durchaus nachvollziehbar, warum die Wirkung des Heiligen Geistes in den Gestaltungsformen der Kirchen, in der Verkündigung und im Abendmahl gesehen wird. »Durch solche Vielfalt, die ein Bestandteil der doppelten Bewegung ist, führt uns der Geist vorwärts auf dem Weg zu einer umfassenden katholischen Sendung und einem ihr entsprechenden Dienst.«355 Es ist damit jedoch nicht erklärt, warum die Vielfalt dieser Ausdruckmöglichkeiten einer gemeinsamen Mitte gerade ein großes Hindernis der Einheit 353 »Diese Kraft des Heiligen Geistes bringt in unsere horizontale Welt eine neue Dynamik, die gleichzeitig ganz anders ist und ganz innerlich ist.« Goodall Uppsala, 315. Eine der wichtigen Betonungen von Ignatios war die Zuwendung zur anthropologischen Integration. Darunter versteht er die Wirkung des Heiligen Geistes im Herzen der Christen: »Der Heilige Geist ist nicht eine Superpsychologie, er ist das Leben der ganzen Person.« A. a. O., 318. Das Neue erscheint in der Welt, indem der Heilige Geist »die Kenntnis des Mysteriums, ›die Liebe der Parousie‹ im Herzen des Getauften entzündet«. Ebd. 354 A. a. O., 12. 355 Der Heilige Geist und die Katholizität der Kirche §13.
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darstellt. Der Katholizität-Bericht von Uppsala lässt noch eine Frage unbeantwortet, nämlich was diese eine, alles zusammenführende Wirkung des Heiligen Geistes für die Kirchen und für die Christen angesichts der Kontinuität mit der Vergangenheit und Offenheit für die erneuernde Wirkung des Heiligen Geistes bedeutet. Der unausgesprochene Gedanke, der im Hintergrund dieser Ambivalenz mitschwingt, ist, welche Formen der Beziehung zur apostolischen und »katholischen« Dimension der Wirkung des Heiligen Geistes in der Kirche die Begegnung der Christen mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes ermöglicht. Man betrachtet den Heiligen Geist ekklesiologisch, obwohl der Anspruch auf die Begegnung mit dem heilsorientierten, souveränen und freien Wirken des Heiligen Geist als Person besteht. Hier ist zu bemerken, dass das Nachdenken über den Heiligen Geist als Person fast gar nicht vorkommt.356 Vielleicht liegt der Grund in der Filioque-Diskussion und der Auslegungsstudie zum Nizänum, wo das bereits angedacht worden war.357 Allerdings fehlt in dieser Thematisierung die Erweiterung, welche Auswirkung es auf das Verständnis der Begegnung mit der Wirklichkeit Gottes haben würde, wenn die Betonung auf das Personsein des Heiligen Geistes und auf seine personelle Wirkung in der Welt gelegt würde. Im Rahmen des pentekostalen Kontextes wird die Erweiterung des Nachdenkens über die Begegnung mit dem Ruf des Heiligen Geistes in der Reflexion über sein Personsein und über die Auswirkung dieses Personseins auf die Glaubenspraxis der Kirche zu liegen kommen. Der Aspekt des Wirkens des Heiligen Geistes, der aus pentekostaler Sicht für beide Seiten (ökumenisch und pentekostal) bereichernd sein kann, ist sein Wirken in Verbindung mit der Apostolizität der Kirche. Wie schon oben erwähnt wurde, zeichnet sich diese Verbindung als »ständige Wiedergabe des Evangeliums an alle Menschen und Völker durch gottesdienstliche Handlungen, Zeugnis und menschlichen Dienst in der Welt« ab.358 Wenn das, was die Kirche zur apostolischen Kirche macht, durch ihre apostolische Dimension geschieht, dann sollte der Umfang der Treue zum Glauben und die Sendung der Apostel, die sehr stark an drei Kennzeichen der Kirche wie Taufe, Verkündigung des Evangeliums und das Abendmahl anknüpft, auch das Handeln dieser Apostel und ihren Umgang mit der neuen Wirklichkeit des Heiligen Geistes mit einschließen. Diese Sicht der Apostolizität sollte nicht nur den Glaubensinhalt, sondern auch die Glaubenspraxis der Apostel übernehmen, was aus der ökumenischen Auslegung des Nizänums unter dem Verständnis der apostolischen Kirche hervorgeht: »Die Kirche ist apostolisch, indem sie dem Beispiel der Apostel folgt und deren Sendungsauftrag 356 Die Betonung des Personseins des Heiligen Geistes kam jedoch im Vortrag von Ignatios Hazim vor. Siehe Fn. 353. 362. 357 Vgl. Memorandum von Klingental und die F&O-Studie »Gemeinsam den einen Glauben bekennen.« 358 Der Heilige Geist und die Katholizität der Kirche, §16.
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weiterführt, das Evangelium zu verkündigen, der durch das Wirken und die Gabe des Heiligen Geistes bestätigt wird.«359 Das Beispiel der apostolischen Glaubenspraxis betont in diesem Text die Wirkung der Apostel im Zusammenhang mit der bestätigenden Wirkung des Heiligen Geistes. Dennoch bleibt diese Beschreibung sehr vage. Die Wirkung der Apostel, ihre Verhaltensweise und ihre Glaubenspraxis wurden sehr konkret angesichts der neuen lebendigen Wirklichkeit Christi im Heiligen Geist geprägt. Die Tätigkeiten der Apostel zeichneten sich neben der Treue zur Lehre Christi auch durch Offenheit gegenüber der Gegenwart des Heiligen Geistes oder mindestens durch die aktive Wechselwirkung mit seiner Gegenwart aus.360 Dieser Aspekt des Lebens der Apostel soll für das Verständnis der Apostolizität sowie der Katholizität ergänzend sein. Die kontinuierliche Apostolizität kann unter diesem Gesichtspunkt auch die aktive persönliche Hinwendung bzw. Beziehung zur Wirklichkeit des Heiligen Geistes beinhalten. Aus meiner Sicht würde dieses Verständnis der Apostolizität zum Anliegen der Einheit der Kirche Christi beitragen, indem die Kirche ihr Wesen so versteht und theologisch ausdrückt, dass ihre Begegnung mit der lebendigen und dynamischen Wirklichkeit des Heiligen Geistes zur praktizierten Realität wird. Diese Sicht der Katholizität kann aus der Sicht des pentekostalen Kontextes eine Grundlage für die Beziehung zwischen Pneumatologie und Ekklesiologie schaffen. Diesem möglichen Vorschlag gegenüber steht die Lehrmeinung der orthodoxen Tradition sehr nah. 1.2.6.3 Die pneumatologische Dimension der Katholizität aus einer orthodoxen Sicht Die Begründung der Theologie der Aktivität Gottes ausgehend vom pneumatologischen Denkansatz kam zum Ausdruck in der Ansprache von Bischof Ignatios Hazim (orthodox) zum Hauptthema der Vollversammlung in Uppsala.361 Hazim 359 Gemeinsam den einen Glauben bekennen: eine ökumenische Auslegung des apostolischen Glaubens, wie er im Glaubensbekenntnis von Nizäa-Konstantinopel (381) bekannt wird; Studiendokument der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung, Frankfurt am Main/Paderborn 1991, §241. 360 Vgl. Die Reaktion des Apostels Petrus auf das Geschehen bei Kornelius (Apg 10,44–47); die Selbstwahrnehmung der Apostel beim ersten Apostelkonzil (Apg 15,28); das Kriterium zur Wahl der Diakone »voll Heiligen Geistes« (Apg 6,3); die Missionspraxis der Apostel »der Heilige Geist sprach« (Apg 13,2); die Glaubenspraxis der ersten Gemeinde »strecke deine Hand aus, dass Heilungen und Zeichen und Wunder geschehen durch den Namen deines heiligen Knechtes Jesus. […] und sie wurden alle vom Heiligen Geist erfüllt und redeten das Wort Gottes mit Freimut.« (Apg 4, 30–31). 361 Vgl. Ignatios Hazim, Siehe ich mache alles neu, in: Goodall, Uppsala 1968, 314. Vgl. Jörg Müller. Uppsala II. Erneuerung in der Mission. Eine redaktionsgeschichtliche Studie und
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betrachtete den Heiligen Geist als bewegende Kraft der Vergegenwärtigung des zukünftigen Auferstehungsereignisses. Der Heilige Geist bewirkt die Spannung zwischen der Jetzt-Zeit und der neuen, »parusianischen« Zeit. Er macht die jetzige Zeit »österlich«.362 Durch die Verbindung des Heiligen Geistes mit dem Ereignis der neuen Schöpfung, die aus dem Osterereignis entstand, wird die Rolle der Kirche, insbesondere das Taufereignis, als Beginn und Ort der neuen Schöpfung erklärt. Die auferstehungsartige Wirkung des Heiligen Geistes in der Schöpfung wird vom inneren Leben der Kirche abgeleitet. Daraus kann die Wirkung des Heiligen Geists in dieser Welt radial oder auch strahlend aus dem Dasein der Kirche nach außen verstanden werden. »Die Kirche ist nicht eine objektive Größe, einstufbare soziologische Größe, sie ist eine Macht der Schöpfung, Werkzeug des Heiligen Geistes. Auf dieser Ebene ist sie strukturiert.«363 Einmal sieht Ignatios Hazim die Kirche des Heiligen Geistes nicht in erster Linie als Organisation, sondern in ihrer sakramentalen Struktur, »das heißt das, was der Heiliger Geist als Zeichen und dauernde Kraft des Ereignisses des Herrn einsetzt«.364 Damit wird die Kirche als Ort der Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes beschrieben. Der Heilige Geist soll als Schöpfungsgeist Gottes eine Lebenskultur im Licht der neuen Schöpfung schaffen. Darum geschieht die Erneuerung nicht nur auf der Ebene der Formen, sondern auf der Ebene des Geistes.365 Auf der anderen Seite, wie schon oben erwähnt wurde, bringt Ignatios Hazim den Heiligen Geist als Person mit der Anthropologie in Verbindung, indem der Heilige Geist im Leben des ganzen Menschen wirkt.366 Aus meiner Sicht ordnet Hazim die Wirkung der neuen Schöpfung dem Heiligen Geist zu, der die Existenz der Kirche als Ereignis der neuen Schöpfung innerhalb der alten Schöpfung herbeiführt. Hazim formuliert damit die Pneumatologie der Kirche so, dass die Kirche Ort der erneuernden Wirkung des Heiligen Geistes ist. Darüber hinaus wird die Rolle der Kirche in ihrem Einfluss auf die Welt bei der geistlichen Aktivität innerhalb der Kirche angesetzt. Diese Aktivität sieht Hazim sowohl in der Neu-Erfassung des Wesens der Kirche als Ort der neuen Schöpfung, als auch in der Epiklese des Heiligen Geistes.
362 363 364 365 366
Dokumentation zu Sektion II der 4. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen, Uppsala 1968, Frankfurt am Main/Bern 1977, 18. Ignatios Hazim amtierte von 1970 bis 2012 als Patriarch von Antiochien. Vgl. Goodall, Uppsala 1968, 315. A. a. O., 319. Ebd. Vgl. a. a. O., 320. Siehe Fn. 358.
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Frieling wies darauf hin, dass der pneumatologische Denkansatz von Hazim in den Sektionen kaum Beachtung fand.367 Er erwähnt, dass die 1. Sektion der Vollversammlung des ÖRK in Uppsala die Behandlung der Pneumatologie in der Sektion sogar ausdrücklich abgelehnt hat, mit der Begründung, dies sei die Aufgabe »einer theologisch ausgerichteten Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung«.368 Allerdings ist der Heilige Geist durchaus Thema im Bericht der 1. Sektion. Zwar wird die Rolle des Heiligen Geistes nicht mit dem Vokabular des Auferstehungsereignisses von Hazim erklärt, aber die Rolle des Heiligen Geistes wird in seiner erneuernden Wirkung in der Wandlung der Geschichte verstanden.369 »Derselbe Geist, der uns in der Kirche zusammenhält, lässt uns in der Tat der Nöte der Welt und unserer Solidarität mit der Schöpfung bewusst werden, die ›sich mit uns sehnt‹ […] In einer solchen Zeit ruft uns der Heilige Geist dazu auf, Christi grenzenlose Liebe mit anderen zu teilen.«370
Es ist jedoch Frieling zuzustimmen, wenn er bemängelt, dass die 1. Sektion den Heiligen Geist ohne Bezug auf das Leben und das Lehren Christi behandelt hat. Nissiotis sieht im Denken der Vollversammlung die Gefahr der Nebeneinanderstellung von Heiligem Geist und Kirche. Um den Heiligen Geist methodologisch nicht neben die Kirche zu stellen, müsste man nicht vom »Heiligen Geist und Katholizität«, sondern vom pneumatologischen Aspekt der Katholizität sprechen.371 Hier kommt die Warnung gegenüber einer möglichen Abkoppelung der Wirkung des Heiligen Geistes von der Existenz der Kirche zum Ausdruck. »Wer darum unter Berufung auf den Geist eine universalistische Katholizität behauptet, vergisst, dass das Wirken des Geistes am Ursprung der Existenz der Kirche in der Welt steht. […] Gewiss ist der Geist überall am Werk und kennt keine Grenzen; doch er handelt mittels dessen, was er schafft, nämlich der Kirche, deren Schaffung der Angelpunkt seines Wirkens in der Weltgeschichte ist.«372
Nissiotis spricht hier in Bezug auf die von der kosmischen Christologie her abgeleitete allumfassende Wirkung des Heiligen Geistes in der Schöpfung und damit gegen die Ausweitung des Verständnisses der Katholizität auf die Gesamtschöpfung. Sein Vorschlag lautet: 367 Vgl. Frieling, Uppsala 1968, 25. 368 Ebd. 369 Raiser weist auf die Vorträge von Hazim und Berkhof als Erweiterung der traditionellen christozentrischen Perspektive durch den Aspekt des Wirkens des Heiligen Geistes hin. Vgl. Raiser, The Holy Spirit in Modern Ecumenical Thought, 381. 370 Goodall, Uppsala 1968, 9. 371 Vgl. Nikos Nissiotis, Der pneumatologische Aspekt der Katholizität der Kirche, in: Reinhard Groscurth (Hg.). Christliche Einheit. Forderungen und Folgerungen nach Uppsala, Genf 1969, 19. 372 A. a. O., 19–20.
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»Durch Einbeziehung des Heiligen Geistes in die Christologie und durch den Versuch, die Erneuerung aller Dinge durch dessen charismatisches Wirken zu verstehen, führen wir ein unumgängliches Kriterium in die Christologie und dieses Verständnis der Katholizität im weiteren Sinne ein.«373
Dies würde bedeuten, dass der christologische Denkansatz unter dem Aspekt der Einheit der Kirche in ihrer Beziehung zur Welt neben der ekklesiologischen auch eine pneumatologische Konkretisierung erfordert. Im Licht des orthodoxen Denkansatzes zeigt sich der Mangel der allgemeinen ökumenischen multilateralen Denkweise über das Wirken des Heiligen Geistes in Bezug auf die Katholizität der Kirche. Während die ökumenische Vorstellung (darunter verstehe ich die Aussagen des Berichtes der 1.Sektion) die Wirkung des Heiligen Geistes in doppelter Perspektive, nämlich in der Kirche und in der Welt, sieht, zeigt die orthodoxe Denkweise die Züge einer einheitlichen Wirkung des Heiligen Geistes in einer Welt, deren Mitte (Angelpunkt des Wirkens des Geistes in der Weltgeschichte) die Kirche ist. Der orthodoxe Denkansatz bietet zwar eine pneumatologische Erläuterung der Ekklesiologie als pneumatologisch-charismatische Wirkung ihrer christologischen Dimension, dennoch beantwortet er nicht die Frage nach der konkreten Wirkung der Kirche in der Welt unter dem Gesichtspunkt des Verhaltens der Christen angesichts der Wirklichkeit des Heiligen Geistes.374 Die Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes sieht man schwerpunktmäßig in der Partizipation am Sein der Kirche. Im Rahmen unserer Fragestellung, wie die Kirche in ihrer Katholizität auf den Ruf des Heiligen Geistes reagiert, zeigt sich der aktive Einfluss der Kirche auf die Welt im Heiligen Geist, wie es von Nissiotis her verstanden werden kann, nämlich als Sammlung einer Kirche um Christus. Diese Konzeption wird im Denken des Ökumenischen Patriarchen Bartholomäus I. als »eucharistisches Ethos« bezeichnet.375 Daraus kann man den Schluss ziehen, dass die Zuwendung zum Wirken des Heiligen Geistes in der Welt die Abwendung von der Welt und die einheitliche Hinwendung der Kirche zu ihrer Mitte, zu Christus, oder als Leben nach dem Ebenbild Gottes bedeutet. Die Dimension des aktiven Handelns in der Welt als Ergebnis dieser Begegnung mit Christus wird in der orthodoxen Denkweise zwar im Sinne des eucharistischen
373 A. a. O., 12. 374 Es ist hier zu erwähnen, dass Ignatios Hazim von der Wechselwirkung zwischen der sakramentalen Struktur der Kirche und der Struktur der Welt auf der Ebene der Werte spricht. Vgl. Goodall, Uppsala 1968, 319. 375 Vgl. Bartholomew I., An Ecological Ethos, in: John Chryssavgis (ed.), On Earth as in Heaven. Ecological Vision and Initiatives of Ecumenical Patriarch Bartholomew, New York 2012, 34.
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Der Heilige Geist in ausgewählten Texten des ökumenischen multilateralen Dialogs
Ethos betont, dennoch findet man in diesem Ethos keinen Bezug auf die Begegnung mit dem Wirken des Heiligen Geistes in der Schöpfung.376 Betrachtet man die oben aufgeführten beiden Ansichten von der Katholizität (pentekostal und orthodox) wird man einen Anknüpfungspunkt darin sehen, dass der pentekostale Denkansatz zur persönlichen Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes die einheitliche Sicht sowohl der Katholizität als auch der Apostolizität nicht aufhebt, sondern ein Ethos vorschlägt, das zum Leben der Kirche unabdingbar dazu gehört. Die Trennung in zwei Wirkungsbereiche des Heiligen Geistes kann dadurch aufgehoben werden, indem man den Akzent der Begegnung mit dem Heiligen Geist nicht auf den Moment der gemeinschaftlichen Hinwendung der Christen zu Christus (was die Kirche ausmacht) legt, sondern auf die subjektive persönliche Hinwendung eines einzelnen Menschen zur Wirklichkeit Christi im Heiligen Geist.377 Dies sollte nicht gegen die gemeinschaftliche Sammlung um Christus als Leib Christi ausgespielt werden. Es geht vielmehr darum, eine Balance zwischen den institutionellen Formen der Begegnung mit dem Heiligen Geist und der persönlichen aktiven Hinwendung zur personellen Wirklichkeit des Heiligen Geistes zu schaffen. ›Personell‹ meint hier: in der Art, wie der Heilige Geist in seinem trinitarischen Wesen ist und wirkt. Die Komponente der personellen Art der Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes mit dem Fokus auf die menschliche persönliche Hinwendung zu Gott vereint in sich gleichzeitig sowohl den Bezug zu Christus, zu seinem Leib, zur Kirche, als auch den Bezug zur Welt. Wie der Heilige Geist die Schaffung der hypostatischen Union von Christus dem ewigen Logos und dem Menschen Jesus gewirkt hat, wirkt er auch die neue Einheit im Menschen. Darum kann der inkarnatorische Aspekt der Wirkung des Heiligen Geistes nicht nur auf die Kirche als Leib Christi, sondern auch auf die Glaubenspraxis des einzelnen Christen angewandt werden. Diese Denkweise über die persönliche Dimension der Begegnung mit dem Heiligen Geist kann sowohl das Verständnis der Katholizität der Kirche ergänzen bzw. erweitern als auch die pentekostale Sicht der
376 Das kann an der konfessionell spezifischen Vorstellung vom Handeln aus der Wirklichkeit des Heiligen Geistes liegen. Ein gutes Beispiel wäre hier das Verständnis des ethischen Handelns als Erwerb des Heiligen Geistes in der orthodoxen Tradition. Als ein weiters Beispiel wäre das Denken von Aristotle Papanikolaou zu erwähnen. Er leitet das aktive Handeln der Christen in der Welt vom Prozess der theosis ab. Vgl. Aristotle Papanikolaou, Love, Life and Politics: Comparing Lutheran and Orthodox Political Theologies. Ein unveröffentlichter Vortrag auf der Konferenz »Luther’s Anthropology. Protestant and Orthodox Perspectives.« Chambésy-Universität Genf, 7.–8 Dezember 2017. Papanikolaou bezog sich auf sein Buch: Aristotle Papanikolaou, The Mystical as Political, Notre Dame 2012. 377 Zu Recht wird in der orthodoxen Tradition behauptet, dass die Wüstenväter ihr tiefes geistliches Leben gerade in Einsamkeit gestaltet haben.
Die Lehre vom Heiligen Geist in den frühen multilateralen Texten
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persönlichen Offenheit für den Heiligen Geist als Ethos in den ökumenischen Diskurs integrieren. 1.2.6.4 Zusammenfassung Obwohl die 1. Sektion der Vollversammlung in Uppsala einen pneumatologischen Denkansatz zum Verständnis der Kirche vorgeschlagen hat, deckte dieser Denkansatz, wie oben im Licht der pentekostalen Denkweise gezeigt wurde, nicht das ganze Spektrum der Lehre über den Heiligen Geist ab, und zwar im Kontext der persönlichen Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes.378 Wichtig ist aus meiner Sicht hier die christologisch-eschatologische Begründung der Ekklesiologie und der Pneumatologie, nach der die Einheit der Kirche sowie die Wirkung des Heiligen Geistes vom Ziel des Heils her verstanden werden müssen. »Nur in der Fülle einer erlösten Menschheit werden wir die Fülle der Gaben des Geistes erfahren.«379 Darin sehe ich die Notwendigkeit, das Verständnis des Wirkens des Heiligen Geists in seiner dynamischen und erneuernden Ausrichtung zu formulieren. Das bedeutet, dass das von F&O (seit Lund) angestrebte Verständnis der Beziehungen zwischen Christologie, Ekklesiologie und Pneumatologie im Kontext der Katholizität unter dem Gesichtspunkt der direkten und persönlichen Begegnung des Menschen mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes einen Ausdruck finden kann. Abschließend ist auf Michael Putney hinzuweisen, der sagte, dass die Arbeit am Bericht »Der Heilige Geist und die Katholizität der Kirche« die letzte Studie von F&O gewesen sei, die sich direkt mit der Beziehung zwischen Christus, dem Heiligen Geist und der Kirche befasste.380 Diese Sicht bestätigt Konrad Raiser. Er erklärt abschließend im Zusammenhang mit dem Ansatz von Nissiotis »Der pneumatologische Aspekt der Katholizität der Kirche«, dass die Pneumatologie als »essenzielles Element« für die Reflexion über Christus und Kirche nach Uppsala nicht mehr verfolgt wurde.381 Aus meiner Sicht gilt es, die weiteren ökumenischen multilateralen Texte dennoch zu untersuchen, um weitere Aspekte der Pneumatologie in den erweiterten Aspekten der Ekklesiologie zu entdecken. Dies betrifft das Verhältnis zwischen der Ekklesiologie und der Trinitätstheologie.
378 Dies bestätigen Frieling und Putney. Putney bezeichnet zwar den Bericht als erste umfassende Befassung mit der Pneumatologie, weist jedoch darauf hin, dass man das dort Niedergeschriebene nicht als vollständige Erklärung der Rolle des Heiligen Geistes in der Kirche betrachten kann. Putney, 369. 379 Goodall, Uppsala 1968, 16. 380 Vgl. Putney, 403. 381 Vgl. Raiser, The Holy Spirit in Modern Ecumenical Thought, 381.
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Der Heilige Geist in ausgewählten Texten des ökumenischen multilateralen Dialogs
1.3
Der Heilige Geist im Kontext der Trinitätslehre
Die vorherigen Abschnitte der vorliegenden Untersuchung haben gezeigt, dass die Beziehung zwischen Ekklesiologie und Pneumatologie im Rahmen der Trinitäslehre angedacht werden muss. Außerdem erfordert das Verständnis der Begegnung der Christen mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes eine theologische Konkretisierung der Eigenart des Heiligen Geistes als dritte Person der Trinität. In diesem Kapitel werden die Aspekte der Lehre über den Heiligen Geist dargestellt, die in den multilateralen Texten im Blick auf die Trinitätslehre behandelt wurden und darum für das trinitarische Verständnis des Heiligen Geistes von Interesse sind.
1.3.1 Das Verständnis des Heiligen Geistes im Klingenthal-Memorandum (1978–1979) Das Klingenthal-Memorandum ist das Ergebnis der Zusammenarbeit von Theologen aus unterschiedlichen Konfessionen an der ökumenischen Sicht der Filioque-Frage auf Tagungen auf Schloß Klingenthal bei Straßburg in Frankreich vom 26.–28. 10. 1978 und vom 23.–27. 05. 1979.382 Diese Konsultationen wurden von F&O organisiert. Ihr Anliegen bestand darin, über Wege und Überlegungen zu reflektieren, wie die theologischen Kontroversen um die Filioque-Formel im Nizänischen Glaubensbekenntnis gelöst werden können.383 Die Filioque-Frage gilt im ökumenischen Kontext als ein wichtiges Thema der Pneumatologie und gehört zum ökumenischen theologischen Diskurs vor allem aufgrund ihrer Wichtigkeit im Konflikt zwischen Ost- und Westkirche.384 Die gemeinsame Arbeit an der Filioque-Frage war der Anlass, »die Bedeutung der Trinität gemeinsam zu entwickeln«.385 Die Diskussion über das Filioque zeigte den Unterschied in den theologischen Ansätzen der westlichen und östlichen Traditionen im Verständnis nicht nur der Pneumatologie, sondern auch im Verständnis der Beziehung zwischen Christologie, Pneumatologie und Ekklesiologie.386 382 383 384 385 386
Vgl. Lukas Vischer (Hg.), Geist Gottes – Geist Christi, Das Filioque, 9. Vgl. a. a. O., v. Vgl. a. a. O., Das Filioque, 7–9. A. a. O., 7. Einige konfessionellen Stimmen aus der Klingentaler Konsultatiion sind hier zu erwähen. Während Donald Allchin (angl.) die Frage der Beziehung der zweiten zur dritten Person der Trinität in der inhärenten und gegensetigen Beziehung zwischen Mensch unf Gott sieht, behauptet Bobrinskoy (orthodox), dass die wechselseitige Gegenwart des Geistes in Jesus nicht einfach auf eine Beziehung zu reduzieren, sondern als Koinzidenz des Sohnes und des
Der Heilige Geist im Kontext der Trinitätslehre
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Für die vorliegende Untersuchung hat das Klingenthal-Memorandum eine Bedeutung unter folgendem Gesichtspunkt: Welche theologischen Erkenntnisse ergeben sich aus der ökumenischen Zusammenarbeit an der Filioque-Frage, die für den freikirchlich-pentekostalen Denkansatz zum Heiligen Geist relevant sein können? Eine Erwartung, die bei einem freikirchlichen Leser angesichts der Auseinandersetzung mit dem Thema Filioque entsteht, könnte vermutlich so lauten: Zeigen die theologischen Aspekte der Filioque-Frage eine Relevanz für die praktische Theologie, insbesondere für das Verständnis von Glauben und Kirche?387 Eine weitere Frage würde lauten: Inwiefern können die gewonnenen Erkenntnisse eine Auswirkung auf die bisher traditionelle Vorstellung vom Heiligen Geist, sowohl im freikirchlichen Verständnis als auch im ökumenischen multilateralen Dialog haben? Eine der Relevanzpunkte der Konsultation in Klingenthal hat praktisch-kirchliche Ausrichtung: »In der westlichen christlichen Welt wiederholen die Kirchen zwar weiterhin die trinitarische Formel, aber die Erfahrung der Trinität ist für viele Christen ungreifbar geworden.«388 Alasdair Heron (reformiert) sagte, dass die Mehrheit der Gemeindeglieder reformierter Kirchen an der »ganzen Frage völlig uninteressiert sind.«389 Jedoch konnte die Konsultation bestätigen, dass es eine Wechselbeziehung »zwischen verschiedenen Punkten der Lehre, zwischen Lehre und Glauben, zwischen Lehrformeln und Entwicklung des christlichen Lebens« gibt.390 Das Memorandum nennt in Verbindung mit dem Zugang zum Verständnis der Filioque-Frage die Wichtigkeit des Verhältnisses zwischen dem ewigen Ausgang des Geistes innerhalb der Trinität und der zeitlichen Sendung des Heiligen Geistes. Vier theologische Unterthemen waren im Memorandum wie folgt formuliert: 1) »Der Glaube der Kirche an den dreieinigen Gott«, 2) »Das
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Heiligen Geistes zu verstehen ist. Vgl. Allchin, 87. Bobrinskoy, 115, in: Lukas Vischer (Hg.), Geist Gottes – Geist Christi. Frank Macchia hat aus der pentekostalen Sicht bestätigt, dass das Thema Filioque für den pentekostalen Kontext von Interesse sein könnte, jedoch innerhalb des Pentekostalismus noch keine Enfaltung fand. Vgl. Frank Macchia, Baptized in the Spirit: A Pentecostal Reflection on the Filioque, in: Myk Habets (ed.), Ecumenical Perspectives on the Filioque for the 21st Century, London/New York 2014, 141–142. Lukas Vischer (Hg.), Geist Gottes – Geist Christi, Das Filioque, V. 21. Alasdair Heron, Das Filioque in der neueren reformierten Theologie, in: A. a. O., 101. A. a. O., Das Filioque, V. 21–22. Der Hinweis von Bernd Oberdorfer auf die Unklarheit in der Begründung der Trinitäslehre in den ersten Lehrbekenntnissen der lutherischen Tradition kann eine praktische Bedeutung der Wechselsetigkeit zwischen Lehre und Glauben in Bezug auf die Filique-Frage illustrieren. Einerseits beriefen sich die Lutheraner auf das Wahrheitskriterium der Heiligen Schrift, andererseits auf die Einheit der Kirche. Im ersten Fall kann die Filioque-Formel befürwortet, im zweiten Fall kann dagegen die Nizänum-Formel begründet werden. Vgl. Bernd Oberdorfer, Filioque: Geschichte und Theologie eines ökumenischen Problems. Forschungen zur systematischen und ökumenischen Theologie, Göttingen 2001, 255–266.
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Der Heilige Geist in ausgewählten Texten des ökumenischen multilateralen Dialogs
biblische Zeugnis über den Geist und das Geheimnis Jesu Christi«, 3) »Die Implikationen, die die zeitliche Sendung des Geistes für die Beziehung zwischen den Personen der Trinität hat«, 4) »Die Weise, in der die Kirche immer mit dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist zu tun hat.«391 Blickt man auf diese Unterthemen aus der Perspektive der Frage nach der Erfahrung des Heiligen Geistes, erscheinen die Unterthemen 3) und 4) als vielversprechend für unsere Untersuchung. Das gilt besonders im Hinblick auf das Verständnis solcher Themen wie Trinität und Filioque innerhalb der jungen kirchlichen Tradition, in deren ekklesiologischen Praxis die historischen Glaubensbekenntnisse sowie die Trinitätslehre so gut wie keine Rolle spielen. 1.3.1.1 Die Bedeutung der Trinitätslehre für den praktischen Glauben In Hinführung zum Verständnis der Trinität formuliert das Memorandum die praktische Rolle der Trinitätslehre für den christlichen Glauben wie folgt: Die Lehre von der Trinität sollte »nicht ein Hindernis oder eine abstrakte intellektuelle Hinzufügung zum ›einfachen Glauben‹« sein. »Denn im einfachen Glauben erfuhren die frühen Christen die Gegenwart des dreieinigen Gottes. […] Die Erfahrung der Gläubigen bezog sich – wie auch heute noch – auf die Einheit des dreieinigen Gottes. Die Gabe der Gegenwart Gottes wurde sowohl im Gebet als auch in den Versuchen relationalen Verstehens durch die Rede von seinem dreieinigen Leben und Sein zum Ausdruck gebracht.«392
In diesem Denkansatz wird die Lehre über die Trinität mit dem Verständnis der Erfahrung der Gegenwart Gottes verknüpft, und zwar unter dem Aspekt sowohl der Einheit des dreieinigen Gottes als auch seines dreieinigen Lebens. Daraus folgt die Verbindung sowohl zwischen der Trinitätslehre und dem Leben der Kirche als auch zwischen der Trinitätslehre und der persönlichen christlichen Erfahrung. »Die persönliche christliche Erfahrung versetzt uns in das Zentrum des Geheimnisses Christi: indem wir am Werk der Erlösung teilhaben, werden wir in das göttliche Leben hineingeführt, in das Herz der trinitarischen Beziehungen. Die ganze Erfahrung der Kirche bezeugt, dass das Geheimnis Christi sich in einer trinitarischen Perspektive der Erlösung verwirklicht. Neues Leben in Christus ist untrennbar vom Wirken des Geistes.«393 391 A. a. O., Das Filioque, III. 12. Der Text Gemeinsam den einen Glauben bekennen bennent dazu unter anderem noch: »die Beziehung des göttlichen Geistes zum menschlichen Geist; die Kriterien für das Erkennen des Wirkens des Geistes innerhalb der Kirche und die Frage des Wirkens des Geistes außerhalb der Kirche.« Vgl. Gemeinsam den einen Glauben bekennen, §195. 392 Lukas Vischer (Hg.), Geist Gottes – Geist Christi. Das Filioque, III. A. 12. 393 A. a. O., Das Filioque, III. B. 13.
Der Heilige Geist im Kontext der Trinitätslehre
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Welche Funktion hat der Heilige Geist in dieser Denkkonstruktion? »Im tiefsten Grunde ist die Kirche nichts anderes als die Manifestation des auferstandenen Herrn, den der Heilige Geist in der Feier der Eucharistie der Kirchen gegenwärtig sein lässt.«394 Damit verbindet man die pneumatologische Perspektive der Christologie mit der eucharistischen Ekklesiologie. Allerdings setzt man den Akzent nicht auf die Eucharistie als solche, sondern man versucht auf diese Weise das Verständnis Christi und als Folge die Beziehung der Kirche zu Christus aus der Sicht der Beziehung Christi zum Heiligen Geist zu begründen. Das Leben und Wirken Christi und das Leben der Kirche entsprechen sich gegenseitig.395 Der Heilige Geist überträgt das Leben Christi ins Leben der Christen, indem er ihre Teilnahme an Christus durch die Teilnahme am Leben der Kirche ermöglicht. »Wir werden in den Kirchen ›verchristlicht‹, ›zu Christus gemacht‹ durch das Einwohnen des Heiligen Geistes in uns, der uns das wahrhaftige Leben Christi überträgt.«396 Diese Entsprechung wird durch die Wirkung des Heiligen Geistes aufgrund seiner Wirkung im irdischen Leben Christi verwirklicht. Das Prinzip der Entsprechung stellt das Modell der wechselseitigen Wirkung zwischen dem fleischgewordenen Wort und dem Heiligen Geist dar.397 1.3.1.2 Das Verhältnis zwischen dem Sohn und dem Heiligen Geist Das Verhältnis zwischen dem Heiligen Geist und Jesus Christus wird nicht nur zeitlich linear also im Rahmen der Heilsgeschichte verstanden. »Der ewige Ausgang des Geistes, der die Voraussetzung dafür ist, dass es zu einer zeitlichen Sendung kommen kann, der also gewissermaßen in der zeitlichen Sendung mündet, kann nicht angemessen beschrieben werden, wenn nur ein Aspekt der zeitlichen Sendung in Betracht gezogen wird.«398
Damit wird die Perspektive der gegenseitigen Beziehung zwischen der zeitlichen Sendung und der ewigen Dimension des Heiligen Geistes beschrieben. Das Memorandum wies im Zusammenhang mit dem Verständnis der Sendung des Geistes durch den Sohn darauf hin, dass sich das Verständnis der Trinität nicht nur auf die Sendung des Geistes durch Jesus Christus beschränken darf.399 Die Sendung des Geistes ging dem Leben Christi voraus, da der Heilige Geist schon im Israel des ATs und im Kommen Christi gewirkt hat. Aus diesem Grund kann
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A. a. O., Das Filioque, III. B. 13 Vgl. Gemeinsam den einen Glauben bekennen, §211. Vischer (Hg.), Geist Gottes – Geist Christi, Das Filioque, III. B. 14. »Im Geist und durch den Geist ist Jesus vollständig zum Vater und auch zur Menschheit gewendet.« Lukas Vischer (Hg.), Geist Gottes – Geist Christi, Das Filioque, III. B. 13. 398 A. a. O., Das Filioque, III. C. 15. 399 Vgl. a. a. O., Das Filioque, III. C. 15.
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das Verständnis des ewigen Hervorgehens des Geistes nicht nur aufgrund seiner zeitlichen Sendung an Pfingsten abgeleitet werden. Damit wird der Denkansatz der Offenbarung der Trinität in der Heilsgeschichte im Kontext der gegenseitigen Wirkung des Heiligen Geistes und des Sohnes aufgefasst. Im Rahmen dieses Denkmodells bleiben der Geist und der Sohn in ihrer Beziehung zum Vater, und zwar so, dass sie ihren Ausgang aus dem Vater in einer wechselseitigen Beziehung leben. So gesehen kann das Pfingstgeschehen als zeitliche Offenbarung des dreieinigen Gottes verstanden werden, wobei sich der Heilige Geist in seiner wechselseitigen Beziehung zum Sohn offenbart. Der Sohn tauft die Jünger im Heiligen Geist. Die Geisteserfahrung von Pfingsten ist demnach die Erfahrung des trinitarischen Wesens Gottes und diese Erfahrung ist die Erfahrung der Wechselwirkung zwischen dem Sohn und dem Heiligen Geist. Die Erfahrung des Heiligen Geistes ist die immanente Erfahrung nicht nur des irdischen Christus, sondern auch die des ewigen Logos. Die Neigung zum Explizieren der Erfahrung des Heiligen Geistes aus der Erfahrung Christi wird in diesem Denkmodell durch das trinitarische Denken vermieden. Wenn man im Rahmen dieses Denkens von der immanenten Erfahrung Gottes sprechen will, dann soll die Erfahrung die Analogie zur innertrinitarischen und heilsgeschichtlichen Beziehung zwischen dem Vater, dem Sohn und dem Geist widerspiegeln. Die wechselseitige Beziehung zwischen dem Sohn und dem Heiligen Geist kann darum den hermeneutischen Schlüssel zum Verständnis der Erfahrung des Heiligen Geistes als Erfahrung der Beziehung zwischen dem Heiligen Geist und dem Logos in seiner inkarnatorischen Perspektive bilden. Obwohl sich die Diskussion über den Heiligen Geist hauptsächlich auf die Klärung der Beziehungen des Heiligen Geistes und des Sohnes zum Vater konzentrierte, wird im Memorandum festgehalten, dass das Nizänum nichts über die Beteiligung des Sohnes am Ausgang des Geistes vom Vater sowie über die Beziehung zwischen dem Sohn und dem Heiligen Geist aussagt.400 Die FilioqueFormel war die theologische Antwort auf diese Lücke aus dogmatischer Sicht. Die Reaktion auf die fehlende Klarheit über dieses Verhältnis kennzeichnet zunächst den Punkt der Differenzen zwischen der östlichen und westlichen Trinitätstheologie.401 Jürgen Moltmann wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die »Überwindung der Kirchenspaltung nicht schon durch die Rückkehr zum ursprünglichen Text des Nizäno-Konstantinopolitanum zu erreichen sei, son400 Vgl. a. a. O., Das Filioque, IV. B. 2, 19. Bernd Oberdorfer weist darauf hin, dass die Bestimmung dieses Verhältnisses für die kappadozische Trinitätslehre nicht konstitutiv zu sein scheint. Vgl. Oberdorfer, Das Filioque, 104. 401 Bobrinskoy erwähnt aus orthodoxer Sicht, dass das Filioque-Problem neben dem Inhalt des Filioques auch in der Tatsache der einseitigen Hinzufügung der Formel seitens der römischkatholischen Kirche gesehen werden muss. Vgl. Bobrinskoy, Das Filioque gestern und heute, 112.
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dern erst durch eine gemeinsame Antwort auf die Frage nach dem Verhältnis des Sohnes zum Heiligen Geist und des Heiligen Geistes zum Sohn.«402 Dieser Hinweis wird bestätigt aus der Sicht der Trinitätslehre der Empfehlung der 3. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung in Lund, nämlich die Ekklesiologie im doppelten Verhältnis zur Christologie und Pneumatologie zu betrachten. Dieses Verhältnis beinhaltet die Frage nach der gegenseitigen Beziehung zwischen dem Heiligen Geist und Christus, die im Rahmen der F&OStudien in Bezug auf die Ekklesiologie nicht weiterentwickelt wurde. Dafür könnte der trinitarische Rahmen der Filioque-Debatte einen anderen Spielraum bieten, um das Verhältnis zwischen der Christologie und Pneumatologie neu anzudenken. Man findet im Memorandum, wenn auch indirekt, einen Hinweis auf das Verständnis der Beziehung zwischen dem Sohn und dem Heiligen Geist: »Die Zeugung des Sohnes durch den Vater weist so den Ausgang des Geistes als einen Ausgang vom Vater des Sohnes aus.«403 Die westliche Implikation dieser These sieht die innertrinitarische Beziehung des Heiligen Geistes zum Sohn in der Tatsache, dass der Vater nie ohne den Sohn ist.404 An diesem Punkt öffnet sich eine Plattform für eine gemeinsame Sicht beider Traditionen. Um für die Ost-West-Konflikt-Aussage »Der Geist geht vom Vater allein aus« eine Lösung zu finden, wurde die Formulierung vorgeschlagen, dass der Heilige Geist seine Existenz (hypostasis) allein vom Vater empfängt. Er lebt seine Hypostasis jedoch in Beziehung zum Vater und zum Sohn.405 Übertragen auf das trinitarische Verständnis der Wirkung des Heiligen Geistes bedeutet diese Existenz, dass der Heilige Geist die Beziehung zum Sohn und zum Vater sowie die Beziehung des Vaters zum Sohn und die Beziehung des Sohnes zu ihm, dem Heiligen Geist, in der zeitlichen Dimension der Heilsgeschichte bewirkt. Jürgen Moltmann hat versucht, die Beziehung des Heiligen Geistes zum Vater und zum Sohn jeweils durch das doppelte Modell des Hervorgehens der Existenz und des Empfangs der Gestalt zu lösen: »Der Heilige Geist bekommt vom Vater seine perfekte, göttliche Existenz (hypostasis, haparxis) und empfängt vom Sohn seine relationale Gestalt (eidos, prosopon).«406 Obwohl dieses Modell in den späteren Studien von F&O nicht erwähnt wurde, verdient es dennoch unsere Aufmerksamkeit, vor allem aufgrund des Konzeptes des gegenseitigen Verhältnisses von Christus und dem Heiligen Geist. Nach diesem Modell bekommt der Heilige Geist seine göttliche Existenz und seine 402 Jürgen Moltmann, Dogmatische Vorschläge zur Lösung des Filioque-Streites, in: Lukas Visher (Hg.), Geist Gottes – Geist Christi, 144–145. 403 A. a. O., Das Filioque, IV, B. 2, 20. 404 Vgl. a. a. O., Das Filioque, IV, B. 2, 20. 405 Vgl. a. a. O., Das Filioque, IV, B. 2, 20. 406 Vgl. Jürgen Moltmann, Dogmatische Vorschläge zur Lösung des Filioque-Streites, 148.
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relationale Gestalt vom Vater und vom Sohn, was sich in der Heilsgeschichte mit der vom Heiligen Geist gewirkten Offenbarung Christi als Sohn des Vaters und mit der Ausgießung des Heiligen Geistes als Sendung des Geistes durch den Sohn korrelieren lässt. Denkt man jedoch in die andere Richtung, und zwar vom relationalen Verhältnis des Geistes zum Vater und dem Sohn, dann lässt sich das Wirken des Heiligen Geistes in der Hinwendung zum Vater und zum Sohn erkennen, wie der Sohn und der Vater ihm zugewandt sind. Die Schlussfolgerung aus diesem Modell kann lauten, dass der Heilige Geist in der zeitlichen Dimension die Beziehung zwischen ihm, dem Vater und dem Sohn durch die menschliche Erfahrung der wechselseitigen Hinwendung zwischen Gott und Mensch wirkt. Das Wirken des Heiligen Geistes lässt sich durch die persönliche Hinwendung von Person zu Person versinnbildlichen. Gerade in der Menschenwerdung des Sohnes zeigt sich das Wirken des Geistes als inkarnatorische Hinwendung Gottes zum Menschen. In der Sendung des Geistes an Pfingsten erkennt man die doppelte Perspektive dieser Hinwendung. Der Sohn lebt seine Hinwendung zum Vater und zum Menschen so, dass der Vater den Geist der Zuwendung auf alle Menschen ausgießt. Der Heilige Geist, gesprochen im Rahmen der orthodoxen Tradition der Trinität, gibt sich selbst dem Vater und dem Sohn hin, so dass er durch diese Zuwendung zur Gabe an die Menschen wird. Hier sieht man den Denkansatz zum Verständnis Gottes, der sich gleichzeitig als Gegenüber und Nähe offenbart. Wie die innertrinitarische Existenzweise und das heilsgeschichtliche Wirken des Heiligen Geistes als Zuwendung sich auf das Leben der Kirche und umgekehrt beziehen kann, schlage ich in dem untenstehenden Entwurf vor. Das Memorandum hält fest, dass die trinitarische Wechselwirkung sich in der Bildung des Leibes Christi, der Kirche spiegelt. Fragt man jedoch nach dem biblischen Bild dieser Wechselwirkung, oder genauer gesagt, nach der Weise, wie der Heilige Geist im irdischen Leben Christi gewirkt hat, dann sieht man, dass die Wechselwirkung zwischen Christus und dem Heiligen Geist nicht nur ausschließlich ausgehend vom inkarnatorischen Standpunkt Geist-Logos-Mensch betrachtet werden kann. Die Beobachtung des irdischen Lebens Christi in der biblischen Überlieferung ergibt unter anderem auch die Lebensart des Menschen Christus in seiner transzendenten Perspektive als Zuwendung Gottes zu den Menschen und gleichzeitig in seiner immanent-irdischen Zuwendung zu Gott als zum Vater. Im Licht der Aussage des Memorandums, dass Christus im Geist dem Vater und der Menschheit vollständig zugewandt sei, bekommt diese Ausrichtung zum Vater und zur Menschheit ihre Konkretisierung erst unter dem Gesichtspunkt der Beziehung, und zwar als Zuwendung Christi zu den beiden Dimensionen.407 407 Vgl. Lukas Vischer (Hg.), Geist Gottes – Geist Christi. Das Filioque, III. B. 13.
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Das Wort Zuwendung in seiner modalen Bedeutung muss hier berücksichtigt werden. Die Art der Wirkung des Heiligen Geistes zeigt sich darum nicht nur in der verbindend-vermittelnden oder kommunikativen Funktion, sondern auch in der Funktion der Herbeiführung der persönlichen Hinwendung zum Objekt der Beziehung. Diese Art der Wechselwirkung zwischen dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist im irdischen Leben Christi wurde im Memorandum nicht näher behandelt. Daraus kann jedoch der Ansatz zum Verständnis der Erfahrung des Heiligen Geistes als persönliche Zuwendung zu Gott gewonnen werden. Das Memorandum legt den Fokus der Wechselwirkung mehr auf das Prinzip der wechselseitigen Beziehungen zwischen dem fleischgewordenen Logos und dem Geist. So wie der Heilige Geist zur Menschwerdung Christi führte, führt seine Sendung zur Bildung des Leibes Christi. Dieses christologisch-trinitarische Verständnis vom Wirken des Heiligen Geistes hebt die Bedeutung der Kirche als Ort der Partizipation sowohl am Wirken des Heiligen Geistes als auch am dreieinigen Gott hervor. Diese Auslegung der trinitarischen Wechselwirkung kann allerdings aus pentekostaler Perspektive (bzw. des Kirchentypes des persönlichen Glaubens) aufgrund der Mittelbarkeit der Beziehung zum dreieinigen Gott durch die Kirche als Mittel der Beziehung missverstanden werden. Die persönliche Beziehung zu Gott als Erfahrung der Kirche kann sich jedoch im Prinzip des Wirkens des Heiligen Geistes in der trinitarischen Wechselwirkung als Zuwendung zum Gegenüber entdecken lassen. Der Denkansatz der Wechselwirkung von Christus und dem Heiligen Geist kann den Kirchen der pentekostalen bzw. freikirchlichen Tradition helfen, nicht nur die Theologie der persönlichen Beziehung zu Gott im Rahmen der Trinitätslehre zu begründen, sondern auch den Sinn und die Bedeutung der Kirche als Ort der Eingliederung in Christus in Anlehnung an die Trinitätsfrage zu entdecken. Eine andere Besonderheit der Auswirkung der Filioque-Frage auf das Leben der Kirche wird an der Bedeutung der Anrufung Gottes thematisiert. »In der Anrufung Gottes wird das Geheimnis der Trinität Ereignis«.408 Aus der Logik dieser Aussage kann folgen, dass die Teilhabe an der Trinität sowie die Art des Lebens der Kirche von der Übereinstimmung des Inhaltes der Anrufung Gottes mit dem Verständnis seines Wesens abhängig ist. Dieses Denken weist sehr stark auf die doxologischen Traditionen der orthodoxen Kirchen sowie auf die ekklesiologische Bedeutung der Glaubensbekenntnisse und der gottesdienstlichen Liturgie in den historischen Kirchen hin. Aus diesem doxologischen (liturgi408 A. a. O., Das Filioque, III. D. 16. Damit ist die praktische Seite des doxologischen Aspektes des trinitarischen Glaubensbekenntnisses gemeint. In der Anrufung des dreieinigen Gottes in seiner ökonomischen und immanenten Perspekitve ereignet sich die Realität dessen, was man angerufen hat.
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schen) Kontext der Trinitätslehre folgt, dass ein im Glaubensbekenntnis verkündigtes Gottesbild und das Verständnis der Erfahrung der Gegenwart Gottes im Gottesdienst der Kirche in gegenseitigem Verhältnis zueinanderstehen. Es soll jedoch daraus nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die Abweichung in der sprachlichen Wiedergabe der Wirklichkeit Gottes die Auflösung der Beziehung zur Gegenwart des lebendigen Gottes in einer Kirche zur Folge haben kann.409 Hinsichtlich dieser Anschauung ist zu bemerken, dass das Memorandum hier dennoch zurückhaltend ist, ob ein Zusammenhang zwischen der Lehre über die Trinität und den Entwicklungen in den christlichen Kirchen unbedingt besteht.410 Man spricht allenfalls von einer Wechselbeziehung zwischen den Lehrformeln und der Entwicklung des christlichen Lebens. Beim Ausformulieren der Relevanz der Frage der Trinität für die Praxis des kirchlichen Lebens zeigt sich eine Deutung dieser Wechselbeziehungen etwas indirekter als in der Darstellung der Lehre über den Ausgang des Heiligen Geistes.411 Aus der Sicht der kirchlichen Traditionen, die keinen hohen Wert auf eine Praxis des Sprechens der historischen Bekenntnisse im Gottesdienst legen, wird der Gedanke der Übereinstimmung der trinitarischen Anrufung Gottes mit ihrem Verständnis vom Wesen Gottes zur Folge haben, dass sie ihre Identität als Kirche des dreieinigen Gottes anders begründen oder über den Anschluss an die historischen Bekenntnisse vollziehen müssen. Es kann auch gefragt werden, ob die Bedeutung der Übereinstimmung der Anrufung des dreieinigen Gottes mit dem Verständnis des inneren Wesens Gottes gerade aufgrund des Mangels an schriftlichen Referenzen nicht überhöht ist. Das oben erwähnte Bild der gegenseitigen Zuwendung der Trinitätspersonen bildet eine Analogie, nach der die Erfahrung Gottes nicht nur im liturgischen Übereinstimmungsmodell gesucht werden muss. Sie könnte auch im Verhältnismodell der Beziehungen zwischen dem Heiligen Geist und Jesus Christus, das im Memorandum als »Verhältnis der Gegenseitigkeit und der Wechselwirkung« formuliert wird, gefunden werden.412 Wendet man dieses Verhältnis analog auf die Wechselwirkung zwischen der Kirche und dem dreieinigen Gott an, muss nicht nur der Inhalt der doxologischen Anrufung des dreieinigen Gottes, son409 Auf diesen Sachverhalt weist Bernd Oberdorfer hin. Der Zusammenhang zwischen der Trinitätslehre im Glaubensbekennntis und dem christlichen Leben und der christlichen Erfahrung »trifft dann zu, wenn man die liturgische Verwendung des NC [Nicänum] als entscheidenden Parameter akzeptiert.« Bernd Oberdorfer, Filioque: Geschichte und Theologie eines ökumenischen Problems, 516. 410 Vgl. Lukas Vischer (Hg.), Geist Gottes – Geist Christi, Das Filioque, V. 21. Hier ist zu bemerken, dass Allchin (angl.) die negativen Folgen der Subordinierung dennoch klar bennent. Vgl. Die Filioque-Formel: eine anglikanische Perspektive, in: A. a. O., 87. 411 Vgl. a. a. O., Das Filioque, III., C.D. 412 A. a. O., Das Filioque, III. C. 15.
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dern auch die Praxis der persönlichen Zuwendung der Christen zu Gott und zueinander in Betracht gezogen werden. Diese Denkweise kann meiner Ansicht nach unter dem Gesichtspunkt der Koinonia als Partizipation am dreieinigen Gott in den späteren Texten der multilateralen Dialoge wiederentdeckt werden. Das Memorandum konnte diesen Aspekt noch nicht einbeziehen, weil das Ziel der Studie darin gesehen wurde, den dogmengeschichtlichen Hintergrund der Trennung der Kirchen an der Filioque-Frage vermittelnd zu erläutern. 1.3.1.3 Zusammenfassung Die Tragweite der Filioque-Debatte wurde im Memorandum an zwei inhaltlichen Punkten festgemacht. Die beiden Punkte beziehen sich auf das Verständnis der Beziehung zwischen der Trinitätslehre und der Ekklesiologie. Zum einen wird das Verhältnis zwischen dem Heiligen Geist und Christus durch eine Wechselwirkung charakterisiert. »Der Heilige Geist ist kein anderer als der Geist Christi.«413 Dennoch ist der Geist nicht einseitig von Christus abhängig. Diese Formulierung reguliert die Balance zwischen der Pneumatologie und der Christologie gegen die Überbetonung des Wirkens des Geistes gegenüber Christus und umgekehrt. Was das für die Ekklesiologie bedeutet, wurde anhand des Argumentes der Wechselwirkung an der Wichtigkeit des Sprechens des trinitarischen Glaubensbekenntnisses für das Leben der Kirche festgelegt. Auf der anderen Seite thematisierte das Memorandum die theologische Relevanz und die theologischen Schlussfolgerungen der Nicht-Berücksichtigung des trinitarischen Verhältnisses zwischen der Christologie und der Pneumatologie für die Erfahrung der Geistdimension. Die Unterordnung des Heiligen Geistes unter Christus kann zur Entpersönlichung des Geistes führen, was die Subordination des Geistes unter die Kirche bedeuten kann. Als Folge kann die Kirche nach Meinung des Memorandums in »autoritärem Institutionalismus« erstarren. Andererseits kann die Abkoppelung der Pneumatologie von der Christologie zu einer unkontrollierten »charismatischen Begeisterung« führen.414 Die zweifache negative Schlussfolgerung demonstriert die Notwendigkeit des Verständnisses der Beziehung zwischen dem Heiligen Geist und Christus als wechselseitige Beziehung im Rahmen der Trinitätslehre. Die trinitätstheologische Verknüpfung von Christologie und Pneumatologie bewahrt vor dem Gegensatz zwischen dem institutionellen und charismatischen Wesen der Kirche. Es ist dennoch am Text des Memorandums zu bemängeln, dass es die Frage nach dem Verhältnis zwischen dem Heiligen Geist und dem Sohn noch nicht genügend 413 A. a. O., Das Filioque VI. A. 22. 414 A. a. O., Das Filioque, V. A. 22.
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beantwortet hat, sodass auch die Schlussfolgerungen für die Kirche nicht deutlich herauskamen. Die Untersuchung der Filioque-Frage eröffnete jedoch einen interessanten Zugang zum Thema der Beziehung zwischen Pneumatologie, Christologie und Ekklesiologie, nämlich über das Wechselverhältnis der Trinitätspersonen im Zusammenhang mit der Erfahrung und Praxis der Kirche. Dieser Aspekt der Wechselwirkung zwischen Trinitätslehre und Ekklesiologie kann eine Basis für den Dialog mit den Kirchen der bekenntnislosen Tradition bilden, die ihr Verständnis vom Glauben und von der Kirche im Rahmen der Filioque-Debatte und der Trinitätstheologie neu einordnen können. Eine besondere Bedeutung der Schlussfolgerung der Konsultation von Klingenthal für die pentekostalen Kirchen liegt in der Feststellung, dass die Trinitätstheologie ein praktisches Anliegen für das Leben der Christen beinhaltet, und zwar die Erfahrung Gottes mit der eines dreieinigen Gottes gleichzusetzen. Diese trinitätstheologische Konkretisierung fand eine Erweiterung im Koinonia-Denken des ökumenischen Diskurses.
1.3.2 Der Heilige Geist im Studientext »Gemeinsam den einen Glauben bekennen« 1.3.2.1 Einleitung Was im vorigen Abschnitt angedeutet wurde, dass das trinitarische Verständnis des Heiligen Geistes auf die Vorstellung von der Kirche und der praktischen Erfahrung der Geistdimension eine Auswirkung hat, fand seine Erweiterung in solchen Texten von F&O wie in der ökumenischen Auslegung des apostolischen Glaubens »Gemeinsam den einen Glauben bekennen« (1975/1982–1991) und in der Arbeit der 5. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung in Santiago de Compostela (1993). Der Studientext »Gemeinsam den einen Glauben bekennen« (GGB) stellt das Ergebnis der Arbeit von F&O an der ökumenischen Auslegung des Glaubensbekenntnisses von Nizäa-Konstantinopel aus dem Jahr 381 dar.415 Diese ökumenische Auslegung sollte eine bedeutende Rolle in der Arbeit der 5. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung in Santiago de Compostela (1993) spielen. Der Text des Nizänischen Glaubensbekenntnisses wurde von F&O auf415 Gemeinsam den einen Glauben bekennen: eine ökumenische Auslegung des apostolischen Glaubens, wie er im Glaubensbekenntnis von Nizäa-Konstantinopel (381) bekannt wird; Studiendokument der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung, Frankfurt am Main/Paderborn, 1991, §§8.12. Hier ist anzumerken, dass sich das Dokument als Weiterarbeit an Fragen von TEA versteht. Vgl. a. a. O., §§9.10.
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grund seiner kirchengeschichtlichen Anerkennung in vielen kirchlichen Traditionen als theologische und methodologische Basis verwendet, um die Grundlagen des apostolischen Glaubens zu explizieren. Unter dem apostolischen Glauben wird die dynamische Realität des christlichen Glaubens verstanden.416 Der Begriff dynamisch bezeichnet die Kontinuität des überlieferten Glaubens von der prophetischen Vision des Alten Testamentes über das Zeugnis des Neuen Testamentes hin zum Zeugnis der Apostel und der apostolischen Gemeinde. Dieses Verständnis kann aus der Sicht der pentekostalen Tradition anerkannt werden, weil der Ursprung der pentekostalen Bewegung von einem ähnlichen Anliegen der Wiederentdeckung der Praxis in der apostolischen Urgemeinde geprägt war.417 Das Anliegen der Studie, eine gemeinsame Sicht des christlichen Glaubens zu gewinnen, begründet sich aus der Wichtigkeit der Ausformulierung des christlichen Glaubens neben der gegenseitigen Anerkennung der Taufe, des Abendmahls und des Amtes und der gemeinsamen Struktur des Zeugnisses und Dienstes.418 Da das Glaubensbekenntnis als »Leitfaden für die Erörterung der wesentlichen Themen« diente und seine Auslegung als ein Ausdruck des gemeinsamen Bekenntnisses der Kirchen gedacht war, bietet die ökumenische Auslegung des dritten Artikels »Wir glauben an den Heiligen Geist, die Kirche und das Leben der kommenden Welt« einen Quellentext hinsichtlich des Verständnisses vom Heiligen Geist in den ökumenischen Gesprächen an.419 Bei der Auslegung des apostolischen Glaubens ging es F&O darum, »die grundlegenden Einsichten, die von Christen aus unterschiedlichen Traditionen verstanden und angenommen werden können, aufzunehmen und zu formulieren«.420 Im Vergleich zum TEAText ist die ökumenische Auslegung des Glaubensbekenntnisses kein Konver-
416 Vgl. a. a. O., §7. Der Glaube ist dynamisch, weil er als kontinuierliche Linie von der prophetischen Vision des Alten Testaments über das normative Zeugnis des Neuen Testamentes bis hin zu den Aposteln gesehen wird. 417 Eine ähnliche Frage wurde von der Seite der Pentekostalen auf einer der Konsultationen des Nationalen Rates der christlichen Kirchen in den USA zu »Gemeinsam den einen Glauben bekennen« gestellt. Eines der wichtigen theologischen Anliegen sahen die Pentekostalen in der dynamischen Polarität zwischen der apostolischen Lehre und der apostolischen Praxis. Vgl. Jeffrey Gros, A Pilgrimage, 36. Vgl. Gerald t. Sheppard, The Nicean Creed, Filioque, and Pentecostal Movements in the United States, in: GOTR (1986) 31/3–4, 401–416, 402. Vgl. Cecil M. Robeck, Pentecostals and the Apostolic Faith: Implications for Ecumenism, in: Pneuma (1987) 61–84, 61. Die Sicht der Pentekostalen über die Apostolizität wird im 2. Teil der vorliegenden Untersuchung diskutiert. 418 Vgl. Gemeinsam den einen Glauben bekennen, A.1. 419 Hans-Georg Link (Hg.) Ein Gott – ein Herr – ein Geist: zur Auslegung des apostolischen Glaubens heute, BÖR 56, Frankfurt am Main 1987, 10. Vgl. Gemeinsam den einen Glauben bekennen, 10. 420 A. a. O., 11.
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genztext. Sie stellt vielmehr die Vielfalt der Auslegungsmöglichkeiten des Nizänischen Glaubensbekenntnisses dar.421 Obwohl der Studientext das Ergebnis einer ökumenischen Gemeinschaftsarbeit aller christlichen Traditionen darstellt, dominieren dennoch die Akzente der historisch gewachsenen Kirchentraditionen.422 Das erkennt man hauptsächlich an der Betonung der trinitarischen Theologie und dem Verständnis der sakramentalen Verbindung zwischen dem Heiligen Geist, Christus und der Kirche: »Sie [Die Kirche] ist die Gemeinschaft derjenigen, die durch die Kraft des Geistes an einem vom Wort Gottes und der Eucharistie gestärkten Leben beständig festhalten wollen.«423 Versteht man diese deutsche Übersetzung der englischen Quellaussage desire im Lichte der pentekostalen Offenheit für das Wirken des Heiligen Geistes, können die Formulierung in der Kraft des Heiligen Geistes sowie der Begriff desire (Verlangen, Leidenschaft) von den Pentekostalen anders verstanden werden, weil der Heilige Geist hier nicht nur in seiner Mittlerrolle (wenn auch seiner lebensschaffenden Rolle), sondern auch als Objekt des Verlangens (desire) verstanden wird. Das gestärkte Leben, von dem in §224 die Rede ist, wird im pentekostalen Kontext in erster Linie nicht mittelbar durch Wort und Sakrament, sondern in der persönlichen Hinwendung zur Wirklichkeit des Heiligen Geistes »genährt«. Die Hinwendung zur Wirklichkeit des Heiligen Geistes bedeutet die Art des Lebens in Beziehung zu Gott. Die Sammlung um die Hinwendung zur Gegenwart Christi im Sinne der Erfahrung seiner Gegenwart im Heiligen Geist bildet nämlich den Kern des pentekostalen Denkens. Auch wenn der trinitarische Kontext dabei berücksichtigt werden soll, darf die pentekostale Betonung auf der Erfahrung des Heiligen Geistes nicht zur Aufhebung der Gemeinschaft mit der Trinität führen. Im pentekostalen Kontext handelt es sich um die pneumatologische Konkretisierung der Gegenwart Christi. Bemerkenswert ist, dass die ökumenische Auslegung diese pentekostale Besonderheit nicht berücksichtigt, obwohl die Tradition der pentekostalen Kirchen in einem ergänzenden Kommentar zum Charismen-Abschnitt der Auslegung des Glaubensbekenntnisses erwähnt wird.424 Für die Hermeneutik und die Tragweite der Auslegung des Glaubensbekenntnisses ist auch die weitere Tatsache zu berücksichtigen, dass die Studie auf gewisse Verständnisschwierigkeiten seitens der »nicht bekenntnisgebundenen 421 Vgl. Link, Ein Gott, 13. 422 Vgl. Link, Ein Gott, 12.13. 423 Gemeinsam den einen Glauben bekennen, §224. Die englische Version bringt den emotionalen Aspekt des Verlangens stärker zum Ausdruck, indem sie das Verb desire benutzt: »It is a community of those who desire to persevere by the power of the Spirit in a life nourished by the word of God and the eucharist.« Der deutsche Text übersetzt desire als »beständig festhalten wollen.« 424 Vgl. Gemeinsam den einen Glauben bekennen, 83.
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Kirchen« stoßen könnte.425 Der Grund, warum die jungen Kirchen sowie die historischen Freikirchen innerhalb des Protestantismus die Relevanz der historischen Bekenntnisse für das Leben der Kirche nicht sehen wollen, liegt in ihrer Überzeugung, dass »solche Formeln (Nizänum) leicht zu einem Formalismus auf Kosten des Wesens des Glaubens als persönliches Bekenntnis und persönliche Verpflichtung entarten«.426 Um den Inhalt der Auslegung des Glaubensbekenntnisses aus dem pentekostalen Blickwinkel zu verstehen und sie zur Rezeption innerhalb der Tradition der pentekostalen Kirchen annehmbar zu machen, sind folgende methodologische Aspekte zu bemerken: Die theologische Gewichtung des Nizänischen Glaubensbekenntnisses hat nach dem Auslegungstext für die jungen Kirchen so gut wie keine praktische Bedeutung.427 Aus diesem Grund konnten sie vermutlich, jedenfalls zur Zeit der Arbeit an der Studie »Gemeinsam den einen Glauben bekennen«, die theologische Relevanz der Trinitätstheologie in ihrem Denkparadigma noch nicht einordnen und dementsprechend auch nicht im Rahmen ihrer Tradition theologisch zum Ausdruck bringen. Selbst wenn die Kirchen der »nicht bekenntnisgebundenen« Traditionen sich am Prozess der ökumenischen Auslegung des Nizänums beteiligt hätten, würde ihre Repräsentanz allein aufgrund der paradigmatischen Divergenz im Verständnis der Wichtigkeit der Bekenntnisse für den Glauben eher einen formell-oberflächlichen Charakter gehabt haben.428 Dieser methodologische Aspekt ist für die weitere Untersuchung insofern von Bedeutung, weil die pentekostalen Kirchen mit ihrer Betonung der spezifischen Erfahrung des Heiligen Geistes den hermeneutischen Zugang zur Kontinuität der historischen Glaubensbekenntnisse der Kirchen im spirituellen Bereich des persönlichen Glaubenserlebnisses nicht haben.429 Dennoch können diese Frei425 Vgl. Gemeinsam den einen Glauben bekennen, 12. 426 A. a. O. 12. 427 Die historischen Glaubensbekenntnisse wurden unter Pentekostalen verstanden: a) als Ausdruck des Formalismus, vgl. Gemeinsam den einen Glauben bekennen, §13. Vgl. Gros, A Pilgrimage in the Spirit, 37; b) als geistlicher Tod. Vgl. Gerald T. Sheppard, 404; c) als nicht relevant für die Glaubenspraxis, vgl. Gros, A Pilgrimage in the Spirit, 38. 428 In der Einleitung zum Dokument wird auf diesen Aspekt zwar hingewiesen, jedoch wird die Lösung darin gesehen, dass die Vertreter dieser Kirchen am gottesdienstlichen Aussprechen des Glaubensbekenntnisses als Zeugnis ihrer Gemeinschaft im Glauben der einen, katholischen und apostolischen Kirche teilnehmen. Vgl. Gemeinsam den einen Glauben bekennen §13. Für die Kirchen der an die historischen Glaubensbekenntnisse nicht gebundenen Traditionen, so wie für die Kirchen, in denen die Lehre über die Trinität theologischreflektiv noch nicht in Verbindung mit dem eigenen Denkparadigma gebracht wurde, wird der theologische Dialog mit den Bekenntniskirchen auf der Basis der Trinität aus theologischen Gründen erschwert. 429 Cecil Robeck hat auf diesen Unterschied hingewiesen. Vgl. Robeck, Apostolic Faith, 69. Die Freikirchen legen mehr Wert auf die persönliche, unmittelbare Erfahrung der Beziehung zu
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kirchen in der Zielsetzung der Auslegungsstudie sowie von ihrem theologischen Hintergrund her neue Aspekte der Beziehungen zwischen dem christlichen Glauben im Sinne des persönlichen Glaubens an Gott, dem Wesen der historischen Glaubensbekenntnisse und dem Wirken des Heiligen Geistes entdecken. Die untenstehende Ausführung will zeigen, inwiefern die Trinitätstheologie des Memorandums von Klingenthal insbesondere im Zusammenhang mit dem Verständnis der Beziehung zwischen dem Heiligen Geist und Christus, in der ökumenischen Auslegung des Nizänischen Glaubensbekenntnisses weiter entfaltet wurde. 1.3.2.2 Die Beziehung zwischen dem Heiligen Geist und Christus im Studientext »Gemeinsam den einen Glauben bekennen.« Der Heilige Geist verbindet die Christen mit Christus im Sinne ihrer Partizipation an der persönlichen Beziehung zwischen dem Sohn und dem Vater (GGB §45). Der Nachdruck fällt auf die Beziehung zwischen dem Vater und dem Sohn, um deutlich zu machen, dass diese Beziehung die persönliche Beziehung innerhalb der Trinität ausdrückt und als Vorbild der menschlichen Beziehung zu Gott gilt (GGB §50). Was die gegenseitige Beziehung zwischen dem Geist und dem Sohn betrifft, wird das Verhältnis des Geistes zu Christus anhand des irdischen Lebens Christi erklärt (GGB §§121–122.198.). Der Heilige Geist wirkt die Inkarnation, das irdische Leben und die Heilsmission Christi. Aufs Ganze gesehen offenbart der Heilige Geist die innige Beziehung zwischen dem Sohn und dem Vater in der zeitlichen Dimension. Fragt man jedoch in der anderen Richtung nach dem Verhältnis des Sohnes zum Heiligen Geist weiter, fällt auf, dass die Sendung des Geistes nicht nur als Ausdruck der innertrinitarischen Beziehung zwischen dem Vater und dem Sohn verstanden wird. Die Sendung des Geistes wird im Studientext aus der Perspektive der Himmelfahrt gesehen (GGB §§180–181). Der Heilige Geist wird von Christus, und zwar vom Sohn, sitzend zur Rechten des Vaters, ausgesandt. Der Heilige Geist wird aus dieser Perspektive nicht nur Träger der innertrinitarischen Beziehung zwischen dem Vater und dem Sohn, sondern auch Träger der Beziehung zwischen dem Vater und dem geoffenbarten und erhöhten Christus. Damit muss die inhaltliche Erweiterung und Auswirkung dieser Beziehung auf die Menschen aufgrund der Erhöhung des inkarnierten Christus berücksichtigt werden. Auf dieser Basis wird die Rolle des Heiligen Geistes im Wirken der Kontinuität zwischen Christus und seinem Leib (Kirche) gesehen. Christus und ihre zentrale Rolle im Verständnis des wahren christlichen Lebens und der wahren Kirche. Vgl. Gemeinsam den einen Glauben bekennen, Fußnote 128, 153.
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Allerdings stellt sich eine Frage aus der Sicht der analogischen Betrachtungsweise: Wenn der Geist die innertrinitarische Beziehung zwischen dem Sohn und dem Vater in die zeitliche Dimension als trinitarische Liebe übermittelt, dann muss die Ausgießung des Heiligen Geistes von Christus auch im Licht der Beziehung zwischen dem Vater und dem Heiligen Geist verstanden werden. Angesichts der häufigen Erwähnungen des Beziehungspaares Vater-Sohn und Geist-Sohn sagt die Auslegung des Nizänums nichts über das Beziehungspaar Vater-Geist. Was charakterisiert aber diese Beziehung? Ich wage eine indirekte Ableitung vom Auslegungstext, nach dem die Rollen des Vaters und des Geistes jeweils als Schöpfer und lebenspendender Geist (lebendig-Machender) voneinander unterschieden werden (GGB §39). Wird nun Christus als sendende Trinitätsperson verstanden, welche die Beziehung zwischen dem Vater, dem Schöpfer und dem Geist, dem Lebenserhalter in die zeitliche Dimension bringt, dann lässt sich das Heilswerk Christi aus der Perspektive der neuen Schöpfung deuten (GGB §175). Diese Denkweise bestätigt die Schlussfolgerung aus der Filioque-Debatte, dass der Heilige Geist und Christus in einer Wechselwirkung stehen und das Heilswerk Christi im Licht dieser Wechselwirkung interpretiert werden muss. Aus dieser Perspektive schließen die Christologie und die Soteriologie das Pfingstereignis als zu Christi Werk gehörend mit ein und markieren gleichzeitig Pfingsten als das thematische Grenzgebiet, an dem die gegenseitige Interpretation der Christologie und der Pneumatologie erfolgen kann. Die Ausgießung des Heiligen Geistes interpretiert die Mission Christi und umgekehrt interpretiert die Mission Christi als des Sohnes vom Vater das Ziel der Ausgießung des Heiligen Geistes. 1.3.2.3 Heiliger Geist und Trinität im Studientext »Gemeinsam den einen Glauben bekennen« Die erste wichtige trinitarische Referenz zur Lehre über den Heiligen Geist entdeckt man entgegen der Erwartung nicht in der Auslegung des dritten Artikels, sondern in der Auslegung des ersten Artikels. In §16 wird der Heilige Geist und sein Wirken in der Heilsgeschichte im Rahmen der Trinitätslehre formuliert. Der Heilige Geist ist einerseits die transformierende und in der Welt gegenwärtige Kraft Gottes, die das Leben von Christen sowie die ganze Schöpfung zur endzeitlichen Heilserfüllung führt. Das verwandelnde Wirken des Heiligen Geistes als gegenwärtige Kraft Gottes wird allerdings noch als erleuchtende Kraft erklärt, die durch die Gute Nachricht über die Zukunft der Welt Glaube, Liebe und Hoffnung im Herzen derer weckt, die auf diese Botschaft warten. In dieser Rolle wird das Wirken des Heiligen Geistes mit der Entstehung des Glaubens, der Liebe und der Hoffnung in den Herzen in Verbindung gebracht. Glaube, Liebe und Hoffnung gehören in den
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Erfahrungsbereich des Lebens in Christus, so dass alle diese menschlich-subjektiven Erlebnisse auf das Wirken des Heiligen Geistes zurückgeführt werden. Der Auslegungstext gibt den Rahmen dafür, die trinitätstheologische Deutung des Heiligen Geistes sowie das trinitarische Verständnis seines Wirkens bei dem Begriff Liebe anzusetzen. Rückkehrend zum Memorandum von Klingenthal lässt sich sagen, dass Liebe als Analogie des innertrinitarischen Lebens im Klingenthaler Memorandum noch keinen breiten Eingang fand. Dennoch wurde diese Analogie in einem Vortrag in Klingenthal »Der Ausgang des Heiligen Geistes bei einigen späteren griechischen Kirchenvätern« angesprochen. Die Liebe in der Lehre von Gregor Palamas wurde in diesem Artikel als gemeinsame Energie der Trinität verstanden.430 Der Ausgang des Heiligen Geistes als Hypostase geschieht aus dem Vater und wird als Energie in die Welt durch den Sohn ausgesandt. Es ist allerdings insbesondere im ökumenischen Kontext zu berücksichtigen, dass der Heilige Geist in seiner Person je nach Tradition mit dem Band der gegenseitigen Liebe oder mit der Liebe selbst gleichgesetzt oder anders interpretiert werden kann (West).431 Im orthodoxen trinitarischen Kontext wirken alle drei Trinitätspersonen in gegenseitiger Offenheit und können darum die gegenseitige Liebe wirken.432 Die Liebe wird in der ökumenischen Auslegung des Nizänischen Glaubensbekenntnisses im Kontext der Trinität als göttliches Leben in der gegenseitigen Selbsthingabe und Communio verstanden (GGB §17). Daraus folgt, dass die trinitarische Liebe unter dem Gesichtspunkt einer aktiven Haltung bzw. Handlung auf die Gegenüberperson verstanden werden kann. Diese ewige Liebe zwischen dem Vater und dem Sohn wird durch das Geschehen am Kreuz und durch die Auferstehung Christi in der Kraft des Heiligen Geistes geoffenbart (GGB §17), d. h. der Heilige Geist ist der Träger der trinitarischen gegenseitigen Liebe. Wenn der Heilige Geist die Kirche sammelt, die in der Gemeinschaft (Communio) des dreieinigen Gottes gründet, dann ist die Annahme erlaubt, dass der Heilige Geist die Gemeinschaft der Kirche in der Weise der trinitarischen Liebe bewirkt.433 Diese trinitarische Liebe als Modus der selbsthingebenden Existenz der Trinitätspersonen kann als prototypische Analogie angenommen werden, wie der
430 Vgl. Markos A. Orphanos, Der Ausgang des Heiligen Geistes bei einigen späteren griechischen Kirchenvätern, in: Lukas Vischer (Hg.), Geist Gottes – Geist Christi, 52–53. 431 Vgl. a. a. O., 61. 432 Vgl. a. a. O., 142. 433 »Der Geist Gottes ist heilig, weil er zum ewigen Sein der Trinität, dem völlig anderen gehört und in der Heilsökonomie wirkt, um die Menschheit in die Gemeinschaft mit dem Heiligen Sein des dreieinigen Gottes zu bringen […] Indem sie ›teilhaftig werden der göttlichen Natur‹ (2 Petr 1, 3–4), treten die Gläubigen in die Gemeinschaft mit dem dreieinigen Gott ein.« Gemeinsam den einen Glauben bekennen, §§201. 207.
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Heilige Geist als Geist der Trinität Christen am trinitarischen Leben Gottes teilhaben lässt. Die Vinculum-Funktion des Heiligen Geistes als Seins-Verbindender kann im Wirken-Lassen des Prinzips der trinitarischen Liebe im Menschen gesehen werden. Diese verbindende Funktion des Heiligen Geistes schließt nicht nur das Verständnis des Wirkens des Heiligen Geistes durch Wort und Sakrament, sondern auch sein Wirken im aktiven persönlichen Leben der Christen mit ein. Sie nehmen die trinitarische Art des Heiligen Geistes subjektiv wahr in der Hinwendung zur persönlichen Gegenwart Gottes nach der Analogie der trinitarischen hingebungsvollen Liebe wie sie im GGB-Text erläutert wurde. Diese Hinwendung oder die Offenheit für die persönliche Gegenwart Gottes lässt die Gemeinschaft mit Gott in der Weise der innertrinitarischen Liebe erfahren. Dieser Ansatz kann das Verständnis der trinitarischen Spiritualität auf die Dimension der persönlichen Offenheit gegenüber der persönlichen Gegenwart Gottes im Heiligen Geist erweitern. Unter diesem Aspekt kann die persönliche Offenheit für den Heiligen Geist das Verständnis der trinitarischen Spiritualität ergänzen. Die trinitarische Spiritualität kann dann als Spiritualität bezeichnet werden, die vom Heiligen Geist im Modus der innertrinitarischen Liebe gewirkt ist. Die trinitarische Spiritualität, wie sie in der Auslegung des Nizänums verstanden wurde, bedeutet, dass die Christen beten, »dass der Vater seinen Geist sende, damit sie dem Leben Christi, des Sohnes, in vollkommener Weise gleich werden mögen«.434 Diese liturgische Gebets-Zuwendung soll ihre Kontinuität im Lebensmodus der Christen bekommen. Der Heilige Geist nimmt in diesem Verständnis der trinitarischen Spiritualität aufgrund des Zusammenhanges mit der Epiklese einen zentralen Platz ein. Der Punkt der Ergänzung seitens des pentekostalen Kontextes wäre dann die Erfahrung der persönlichen Hinwendung zur persönlichen Gegenwart Gottes, die im Wirken des Heiligen Geist erfahrbar ist. Dieser Aspekt würde helfen, die in Klingenthal gewünschte Balance zwischen der Freiheit im Geist und dem Wirken des Geistes in der Kirche zu erreichen. Dieses Gleichgewicht wurde in der ökumenischen Auslegung des Nizänums aus meiner Sicht nicht deutlich. Die trinitarische Spiritualität wird in der Auslegung in einem Zusammenhang mit der Teilnahme am trinitarischen Sein der Kirche als Leib Christi betrachtet. »Wenn das Neue Testament von der Kirche als dem Leib Christi spricht … [dann erinnert dies] … an die konstitutive Rolle der Sakramente für die Christen: an die Taufe, die Menschen in den Leib Christi eingliedert (1 Kor 12,13), und das Abendmahl, das das Leben der Glaubenden im Leib Christi ständig erneuert (1 Kor 10, 16).« (GGB §227) 434 A. a. O., §211.
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Das Verständnis der Kirche in trinitarischer Sicht zeigt neben der Filioque-Implikation, dass die Gegenwart der Trinität sich im Wesenszug der Kirche als Leib Christi als Ereignis der Inkarnation spiegelt. Diese Sicht birgt in sich schon die Tendenz, die Unabhängigkeit des Wirkens des Heiligen Geistes dem institutionellen Leben der Kirche zu subordinieren.435 Der Text »Gemeinsam den einen Glauben bekennen« ist zwar bemüht, die Wesensgleichheit von Heiligem Geist und Christus zu betonen (GGB §210), dennoch zeigt die Schlussfolgerung für die Praxis der Begegnung mit der Realität des Heiligen Geistes eine Neigung zur christologischen Bindung der Erfahrung des Heiligen Geistes an die Erfahrung des sakramentalen Lebens der Kirche. Die Reaktion der Pentekostalen auf die Auslegung des Nizänums zeigt, dass ihre Vorstellung von der Theologie des Heiligen Geistes auf dem Aspekt der Erfahrung des Heiligen Geistes liegt: »Moving beyond be question of the filioque the churches should give attention to enlarging the church’s theology of the Holy Spirit. The churches should manifest an openness to the experience of the Spirit, which could lead to actualization of the power of Christ’s resurrection among the whole people of God.«436
Die Offenheit für den Heiligen Geist bedeutet hier das Verlangen nach der Erfahrung der Kraft der Auferstehung Christi. Vergleicht man diese Empfehlung der Pentekostalen jedoch mit der Deutung vom Wirken des Heiligen Geistes als Kraft der Offenbarung der göttlichen Liebe am Kreuz und in der Auferstehung, dann wird man entdecken, dass beide Aussagen eine gemeinsame theologische Basis der Erfahrung des Heiligen Geistes bilden. In beiden Aussagen wird der Heilige Geist als Kraft der Auferstehung verstanden. Würden die Pentekostalen die Wirkung der Kraft der Auferstehung mit der Wirkung der innertrinitarischen Liebe in Verbindung bringen, würden sie die Erfahrung des Heiligen Geistes unter dem Aspekt der innertrinitarischen Liebe sehen. Dies würde die Pentekostalen dazu führen, einen hermeneutischen Rahmen zur pentekostalen Deutung der Erfahrung des Heiligen Geistes in der Erfahrung der trinitarischen Liebe im Sinne der gegenseitigen Offenheit und Beziehungen zu entdecken. Die Erfahrung des Heiligen Geistes wird als Erfahrung der Hinwendung zur persönlichen Gegenwart Christi im Sinne der Teilnahme an der trinitarischen Liebe verstanden, weil der Heilige Geist das Bleiben in der göttlichen Liebe, die sich in Christus geoffenbart hat, bewirkt.437 Der Denkansatz der Erfahrung des Heiligen Geistes unter dem Aspekt der trinitarischen Beziehungen als Liebe kann helfen, das Verständnis der einheitlichen Wirkung des Heiligen Geistes in der Kirche und in der Welt neu zu for435 Vgl. Lukas Vischer (Hg.), Geist Gottes – Geist Christi, Das Filioque, V.B. 22. 436 Gros, A Pilgrimage in the Spirit, 37. 437 Vgl. Gemeinsam den einen Glauben bekennen, §36.
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mulieren. Als Beispiel dafür kann eine Aussage zur Allgegenwart Gottes aus dem Auslegungstext des ersten Glaubensartikels dienen. Die Liebe Gottes »findet ihren Ausdruck in dem gnädigen Warten auf ihre Antwort [Geschöpfe] auf diese Liebe und in der Bereitschaft, Aufbegehren gegen seine Autorität zu erdulden und sie vor dessen Folgen zu bewahren.«438 Hier ist die Rede von der Liebe des Vaters, die in der Sendung des Sohnes zum Zweck der Versöhnung und der Erlösung zum Ausdruck kam. Sie bewahrt die Schöpfung vor der Zerstörung seitens der sündhaften Natur des Menschen.439 Diese bewahrende Liebe kann nicht nur als lebenserhaltende Wirkung des Heiligen Geistes, sondern auch als die aktive Haltung der Christen gedacht werden, die ihr Verhalten in der Welt als Offenheit für die personelle Wirklichkeit Gottes ausüben, was nichts anderes bedeutet, als dass sie den Modus der trinitarischen Liebe ausleben. Aus der Perspektive der Offenheit für den Heiligen Geist als Ausdruck der Liebe zu Gott kann die Kirche ihre Wahrnehmung, was Wirklichkeit und Handlung nach außen als Offenheit für die Wirklichkeit des Heiligen Geist betrifft, im subjektiven Bereich der menschlichen Handlungen entdecken. Auf diese Weise kann die Kirche Christi dem Weltgeschehen als dem Bereich des Wirkens des Heiligen Geistes durch die persönliche Hinwendung der einzelnen Christen zur Wirklichkeit des Heiligen Geistes begegnen. Auf diese Weise nimmt die Liebe des Vaters, die in der Gemeinschaft des Heiligen Geistes greifbar ist, die Kirche in sein Wirken hinein mitten im Weltgeschehen. Dieser Gedanke kommt im Nizänischen Glaubensbekenntnis indirekt im dritten Artikel zum Heiligen Geist als dem lebenspenden Geist zum Ausdruck. Der Heilige Geist ist Gottes lebendige und lebensschaffende Kraft, Wahrheit und Liebe einschließend.440 Dieses Bekenntnis zum Heiligen Geist im Zusammenhang mit seiner lebensschaffenden Wirkung verbunden mit Liebe, kann Anlass sein, das Verständnis von der Erfahrung der Offenheit gegenüber dem Heiligen Geist sowohl im ökumenischen Kontext der Begegnung mit Christus in Wort und Sakrament als auch im pentekostalen Kontext der direkten Begegnung mit dem Heiligen Geist zu formulieren. Das erfordert ein Nachdenken darüber, wie sich das Verständnis der Begegnung mit der Wirklichkeit Christi in Wort und Sakrament sowie das Verständnis der direkten Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes mit dem Verständnis der innertrinitarischen Beziehung als gegenseitige Liebe verknüpfen lässt. Daraus folgt, dass eine weitere Betrachtung der Trinitätstheologie in Bezug auf die Ekklesiologie geschehen muss. Dazu bietet sich der Inhalt der 5. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung in 438 A. a. O., §59. 439 Vgl. a. a. O., §59. 440 Vgl. a. a. O., §220.
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Santiago de Compostela (1993) an, auf der die Ekklesiologie im trinitarischen Rahmen unter dem Aspekt der Koinonia betrachtet wurde. Es wird folglich die Aufgabe sein, das Verständnis der Kirche als Modell des innertrinitarischen Lebens der Koinonia zu erläutern.
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Der Heilige Geist und die Koinonia-Ekklesiologie. Die 5. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung in Santiago de Compostela (1993)
Unter dem Thema der 5. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung »Auf dem Weg zur Koinonia im Glauben, Leben und Zeugnis« wurde das Verständnis der Kirche als Koinonia auf der Basis der innertrinitarischen Einheit vertieft betrachtet. Die 5. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung folgte zeitlich auf die 7. Vollversammlung des ÖRK in Canberra (1991), bei der das Konzept der Einheit der Kirche als Koinonia verabschiedet wurde.441 Es ist jedoch zur zeitlichen und inhaltlichen Zuordnung der 5. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung im theologisch-ökumenischen Diskurs zu bemerken, dass sie auf den Prozess der Analyse der offiziellen Antworten der Kirchen zum Konvergenz-Text von F&O TEA folgte und die dabei zutage tretenden ekklesiologischen Themen zu reflektieren suchte.442 Chronologisch gesehen wäre die Betrachtung von TEA vor die Auseinandersetzung mit den Inhalten der 5. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung zu setzen. Da jedoch die Weltkonferenz neben den TEA-Themen auch die ökumenische Auslegung des Nizänischen Glaubensbekenntnisses Gemeinsam den einen Glauben bekennen im Blick hatte, halte ich die Anknüpfung der Betrachtung der 5. Weltkonferenz an die ökumenische Auslegung des Nizänums aufgrund der Weiterverfolgung des trinitarischen Koinonia-Konzepts für äußerst wichtig.443 Mary Tanner sagte in ihrer Eröffnungsrede zur 5. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung: »Koinonia lenkt unsere Aufmerksamkeit weg von unseren Trennungen und weist uns auf jenes Geben und Empfangen von Liebe und 441 Thomas F. Best (ed.), On the Way to Fuller Koinonia: Official Report of the Fifth World Conference on Faith and Order. Santiago de Compostela, 3 to 14 August 1993, Geneva 1994, 14. Deutsche Ausgabe: Günther Gaßmann/ Dagmar Heller (Hg.), Santiago de Compostela 1993. Fünfte Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung, Frankfurt am Main 1994. Das Verständnis der Einheit der Kirche als Koinonia wurde in der Canberra-Erklärung »Die Einheit der Kirche als Koinonia: Gabe und Berufung« auf der 7. Vollversammlung des ÖRK formuliert. Vgl. Walter Müller-Römheld (Hg.), Im Zeichen des Heiligen Geistes, 173–176. 442 Vgl. Die Kirche: Auf dem Weg zu einer gemeinsamen Vision, 35. 443 Vgl. a. a. O., 35.
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Leben hin, das sich zwischen den Personen der heiligen Trinität abspielt.«444 Im Licht der Einheitserklärung der 7. Vollversammlung des ÖRK in Canberra (Australien, 1991), in welcher der Heilige Geist als »Geist, der die Koinonia schafft«, bezeichnet wurde, rückt das Verständnis des Heiligen Geistes als Übermittler des trinitarischen Lebens ins Zentrum des Nachdenkens über das Wesen der Kirche.445 Tanner zieht darum die Schlussfolgerung: »Wenn sichtbare Einheit bedeutet, dass wir die Gemeinschaft von Gottes Leben in der Welt leben, dann muss unser Bild der sichtbaren Einheit zeigen, dass das Persönliche und der Beziehungsaspekt den instititutionellen und organisatorischen Aspekten vorangestellt werden .«446 Tanners Gedanke demonstriert, aus welcher Perspektive die Pneumatologie das Wesen der Kirche begründen kann. Das Interesse am Verständnis des Heiligen Geistes im Kontext der Trinitätslehre liegt für mich in der Frage, wie der Heilige Geist die Kirche am Leben der Trinität teilhaben lässt, sodass die Kirche das innere Leben der Trinität widerspiegelt. Damit wird der Raum zum Nachdenken über die praktische Bedeutung der Trinitätslehre für das Verständnis der Kirche erweitert. Setzt man den Gedanken von Tanner mit dem Verständnis des Heiligen Geistes von Canberra in Verbindung (der Heilige Geist ermöglicht die Partizipation am Leben der Trinität), dann zeigt der pneumatologische Fokus die sichtbare Einheit der Kirche an ihrer persönlichen und relationalen Dimension der Teilhabe am trinitarischen Leben Gottes. Wie wird die trinitarische Dimension der Koinonia in Santiago de Compostela erläutert? Die Konferenzbotschaft gründet die Einheit der Kirche, der Menschheit und der Schöpfung auf die trinitarische Einheit des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Diese Einheit ist eine Koinonia der Liebe zwischen den Trinitätspersonen.447 Der Heilige Geist wird als bewegende Kraft dieser Koinonia beschrieben. So wie der Text der Konferenzbotschaft die Koinonia der Kirche erläutert, kann sie im Kontext der Glaubenserfahrungen als Erfahrung der Begegnung mit dem auferstanden Christus interpretiert werden. Mit Berufung auf 1.Joh 1,1, die Gemeinschaft mit Christus sei aufgrund der Erfahrung der persönlichen Begegnung mit ihm konstituiert, kann der Akzent der Koinonia der Kirche auch auf einer Erfahrung der Begegnung mit der Wirklichkeit des lebendigen Christus liegen.448 Diese Schlussfolgerung kann aus der oben aufge444 445 446 447 448
Gaßmann /Heller, Santiago 23. Vgl. Canberra-Erklärung. Die Einheit der Kirche als Koinonia: Gabe und Berufung, 4.1. Gaßmann /Heller, Santiago, 24. Vgl. Gaßmann /Heller, Santiago, Botschaft der Weltkonferenz, §4, 214. 1.Joh 1,1 betont den Erfahrungsaspekt der Gemeinschaft mit Christus, der trinitarisch als Wort und gleichzeitig als Leben verstanden wird, das beim Vater war und den Jüngern real erschienen ist. Die Apostel verkündigen, was sie unmittelbar erfahren haben. Die Erfahrungsdimension derer, die an der Gemeinschaft mit den Aposteln teilhaben, liegt in ihrem
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führten Aussage von Tanner gezogen werden. Die persönliche Dimension der Koinonia kommt in der Konferenzbotschaft in Bezug auf die Koinonia des Heiligen Geistes in Verbindung mit der Frage zum Ausdruck, wie die Christen angesichts der Nicht-Übereinstimmungen in Glaubensfragen miteinander leben (§7). Die Erfahrung der Koinonia des Heiligen Geistes wird als Bewegung der Suche nach der Einheit der Kirche beschrieben (§4). Damit kann der Aspekt der Erfahrung des Heiligen Geistes als Koinonia in den Kontext des persönlichen Lebens der Christen integriert werden. Diese Dimension des persönlichen Lebens wird jedoch in der Konferenzbotschaft in Verbindung mit dem institutionellen Leben der Kirche, nämlich mit der Taufe, dem Abendmahl und der gemeinsamen Anerkennung der Ämter, gebracht (§10). Die nähere Betrachtung des trinitarischen Aspekts der Koinonia, wie er in den Texten der Konferenz in Santiago dargestellt wurde, zeigt, dass anhand des Konzepts der Koinonia ein Denkansatz gewonnen werden kann, wie die Einheit der Kirche in der Erfahrungsdimension der persönlichen Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes verstanden werden kann. Die Texte der Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung in Santiago de Compostela bieten dazu umfangreiches Material, um das Verständnis der Gemeinschaft mit dem dreieinigen Gott sowie die Einheit der Kirche als Koinonia über den Ausdruck »Gemeinschaft des Heiligen Geistes« zu entfalten. John Reumann (luth. USA) präsentierte in seinem Vortrag »Koinonia in der Bibel« das Ergebnis seiner Untersuchung des neutestamentlichen Gebrauchs des Begriffes Koinonia.449 Seine Studie sowie seine Schlussfolgerungen zeigen allerdings ein ambivalentes Bild, was die Zurückführung des Begriffs Koinonia auf das innere Leben der Trinität angeht. Einerseits behauptet Reumann aufgrund seiner Untersuchung, dass die Gleichsetzung der Koinonia mit dem inneren Leben der Trinität über den Text des Neuen Testaments hinausgehe: » … keine neutestamentliche Stelle spricht von koinonia des Vaters, des Sohnes und des Geistes miteinander.« (Koinonia in der Bibel, §48) Dabei betont er, dass wir uns davor hüten müssen, die Lehre des Neuen Testaments mit den späteren Aussagen oder Koinonia mit Oikonomia zu verwechseln. Koinonia darf in dieser Hinsicht nicht subjektiven Gehaltsfüllungen überlassen werden. »Wandeln im Licht« (Vers 8). Damit wird die Teilhabe an der Gemeinschaft der Christen mit dem dreieinigen Gott neben der Gemeinschaft mit den Aposteln auch im Handlungsbereich der Christen begründet. 449 Vgl. Gaßmann/Heller, Santiago, §§1–54, 37–69. Die Studie zur Ekklesiologie der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung, deren erstes Ergebnis bei der Sitzung der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung in Moshi (1996) vorgestellt wurde, verweist auf die Notwendigkeit weiterer exegetischer Arbeit am Text von Reumann. Vgl. Alan Falconer (ed.), Faith and Order in Moshi. The 1996 Commission Meeting. Faith and Order Paper No. 177, Geneva 1988, 235.
Der Heilige Geist und die Koinonia-Ekklesiologie
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Auf der anderen Seite lässt Reumann die Möglichkeit offen, dem Begriff Koinonia das Gewicht beizumessen, was hilfreich wäre, um das Verständnis von Gott und der Kirche zu verdeutlichen. Die Übertragung des Begriffes Koinonia auf das Verständnis des inneren Lebens Gottes sei zwar bedenklich, dennoch spricht sich Reumann für eine Koinonia-Theologie und Ekklesiologie aus. Reumann deutet die Gemeinschaft des Heiligen Geistes (1 Kor 13,13) als eine Vereinigung, »die auf einer gemeinsamen Erfahrung des Geistes und der Gnadengaben beruht.« (Koinonia in der Bibel, §50) Unter dieser Perspektive, und zwar in Bezug auf die Erfahrung des Geistes erscheint der Hinweis auf die Koinonia des trinitarischen Lebens als möglich. John Zizioulas bestätigt diese Denkweise. Er behauptet, dass das Inhaltsspektrum der Koinonia nur theologisch gewonnen werden kann.450 Gott ist in seinem Wesen Koinonia. Koinonia ist ein theologisches Konzept. Allerdings ist Reumann zu widersprechen, dass Koinonia als Beschreibung für die innertrinitarischen Beziehungen zwischen dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist keinen schriftlichen Befund hat. Es kommt auf die Frage an, was man unter einem schriftlichen Befund versteht. Die orthodoxe Tradition der Trinitätslehre sieht in Bibelstellen wie Joh 15,26 einen direkten Hinweis auf die innertrinitarischen Beziehungen.451 Das johanneische Verständnis der gegenseitigen Beziehung zwischen dem Sohn und dem Vater bietet die theologische Grundlage, um sich das innere Leben Gottes als Koinonia zu versinnbildlichen. Wenn wir Koinonia im Sinne der Offenbarung Gottes im irdischen Leben Christi, seiner Beziehung als Sohn zum Vater und der reziproken Beziehung als Geben und Nehmen betrachten, findet man im Ausdruck Jesu in Joh 17,21 »wie du Vater in mir und ich in dir« ein sinnverwandtes Bild von Koinonia. Reumann geht allerdings nicht auf diese Bibelstelle ein, weil er mit Berufung auf Schnackenburg behauptet, dass der Begriff Koinonia im Johannesevangelium nicht vorkommt.452 Gerade die schriftliche Passage aus 1. Joh 1,1–4 spricht von der Koinonia der Apostel mit dem Sohn und dem Vater aufgrund der Offenbarung des inneren Lebens der Trinität im irdischen Leben Christi. Diese Ableitung des Inhalts der Koinonia vom biblischen Zeugnis des innertrinitarischen Lebens ist vertretbar, auch wenn der direkte 450 Vgl. John Zizioulas, Die Kirche als Gemeinschaft, in: Gaßmann/ Heller, Santiago, 96– 97. 451 Vgl. Святейшего Патриарха Константинопольского ответы Лютеранам. Перевёл с греческого Архимандрит Нилъ, Москва 1864, 162. Dieser ist der Briefwechsel zwischen dem Patriarchen von Konstantinopel Jeremias und den Tübinger Theologen Jakob Andreae und Martin Crucius (1574–1581). Hiert wird deutlich, dass das innere Leben der Trinität von der orthodoxen Seite biblisch begründet wurde. 452 Dennoch erwähnt Reumann die Bedeutung der Teilhabe an der Liebe Gottes, allerdings durch Christus. Vgl. Gaßmann/ Heller, Santiago, §36, 55.
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Der Heilige Geist in ausgewählten Texten des ökumenischen multilateralen Dialogs
Schriftbefund des Wortes Koinonia in Bezug auf das innere Leben der Trinität fehlt. Im Bericht der I. Sektion in Santiago wird gesagt, dass Koinonia die Erfahrung und die Wirklichkeit des dreieinigen Gottes ist.453 Dieser Gedanke kam auch in den Reaktionen der Kirchen auf den TEA-Text zum Ausdruck: »Koinonia im Leben des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes (vgl. Joh 14,17; 1 Joh 1,2– 10; 2 Ptr 1,4; 1 Kor 1,9; 2 Kor 13,13) ist das Lebenszentrum aller, die Jesus Christus als Herrn und Heiland bekennen.«454 Diese trinitarische Koinonia ist ein Leben von Nehmen und Geben der Liebe, die zwischen den Trinitätspersonen fließt (§7). Wenn der Bericht der I. Sektion betont, dass die Menschen zum Leben in der Atmosphäre dieses göttlichen Lebens geschaffen wurden, dann muss daraus eine Erläuterung folgen, wie diese fließende Liebe als Erfahrung in der gegenseitigen Beziehung zu verstehen ist. Wenn der Heilige Geist der Geist der Koinonia, d. h. der Geist der trinitarischen Liebe ist, dann wäre an dieser Stelle eine explizite Vertiefung zu erwarten, wie diese Liebe sich durch die Wirkung des Heiligen Geistes erfahren lässt. Darüber hinaus birgt diese Aussage eine Andeutung auf das Wesen der Kirche als Koinonia unter dem Aspekt der trinitätsartigen Beziehungen der Liebe. In diesem Sinn erscheint die Liebe zu Gott und zueinander nicht als Beschreibung der Atmosphäre in der Kirche oder als Mittel zum Erreichen der Koinonia der Kirche, sondern als erste konstitutive Wirklichkeit der Kirche. John Ziziuolas hat in seinem Vortrag auf der 5. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung in Santiago diese Wirklichkeit der Kirchen pneumatologisch allerdings unter dem Relationsbegriff erläutert.455 Er demonstriert eine Denkweise, wie die Christologie trinitarisch in Bezug auf die Pneumatologie gedeutet werden kann. Weil Gottes Wesen Sein-in-der-Beziehung, also Koinonia, ist, wird die Person Christi durch die Salbung des Heiligen Geistes als persönliche Beziehung in Person verstanden. Daraus folgt, dass der Heilige Geist das Sein Gottes durch die Person Christi persönlich offenbart. 453 Vgl. Sektionsberichte. Bericht der Sektion I. §2, in: Gaßmann/ Heller, Santiago, 217. Die Erfahrung der Realität des dreieinigen Gottes führt die Christen zusammen. 454 Die Diskussion über Taufe, Eucharistie und Amt, 148. 455 Zizoulas schreibt über die Bedeutung der Pneumatologie: »Die Ekklesiologie muss darum auf trinitarischer Theologie aufbauen […] Was bedeutet es, wenn es heißt, Christus sei ›pneumatisch‹, ›aus dem Geist geboren‹, ›mit dem Geist gesalbt‹ usw.? Doch wohl, dass er seinem Wesen nach Beziehung ist. Der Geist ist ein Geist der Koinonia.« Gaßmann/ Heller, Santiago 97. Der Vortrag von John Zizioulas zum Konferenzthema zeigt den theologischen Denkansatz des Koinonia-Konzepts anhand der Lehre von der Trinität. Außerdem bietet der Text eine Perspektive der anderen pneumatologischen Tradition, die schon im Nachklang auf die Vollversammlung in Uppsala von Nikos Nissiotis erläutert wurde (»Der pneumatologische Aspekt der Katholizität der Kirche«). Vgl. Nikos Nissiotis, Der pneumatologische Aspekt der Katholizität der Kirche, in: Reinhard Groscurth (Hg.), Christliche Einheit, 9–33.
Der Heilige Geist und die Koinonia-Ekklesiologie
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Darauf baut sich das Verständnis der Kirche auf: »Die Tatsache, dass Gott uns seine Existenzweise als Leben (der drei Personen) in der Gemeinschaft offenbart, ist entscheidend für unser Kirchenverständnis.«456 Die pneumatologische Dimension der Kirche drückt sich demzufolge im Konzept der persönlichen Beziehungen aus.457 Zizioulas denkt allerdings an das Persönliche dieser Beziehungen im Rahmen der ontologischen Relation zu Christus, in dem das personale Wesen Gottes offenbart wird. Zizioulas wendet das relationale Beziehungsmodell auf das Verständnis der strukturellen Existenz der Kirche angesichts ihrer Katholizität und der Vielfalt der Ortskirchen an.458 Ihm ist gelungen, die Pneumatologie unter dem Aspekt der Beziehung auf das strukturelle Prinzip der Einheit der Kirche anzuwenden. Führt man jedoch dieses pneumatologische Bild der Kirche auf das Verständnis der trinitarischen Koinonia zurück, wie sie in den Berichten der Weltkonferenz in Santiago, aber auch in den Aussagen von Zizioulas formuliert wurde, zeigt das pneumatologische Modell von Zizioulas eine Tendenz zu einem überhöhten Ontologisieren des Gottesbildes. Diese Tendenz kann zur Folge haben, dass die pneumatologische Dimension der Ekklesiologie im Kontext der ontologischen Relationen und weniger in Begriffen der menschlichen, persönlichen Zuwendung zu Gott, die Liebe ist, gedacht werden kann. Die fließende Liebe der Trinität wird dann als formelle ontologische Relation verstanden, was das Leben in der Wirklichkeit der innertrinitarischen Liebe zum gemeinschaftlichen Sein in der Kirche macht.459 Die Beziehung als Liebe wird dann als gemeinschaftliches Ereignis der Sammlung um Christus verstanden. Als Folge dieses Gedankens verlieren solche Schlüsselbegriffe der trinitarischen Koinonia wie Beziehung, Liebe und Wechselwirkung ihre unmittelbare Aktualität und ihren Wirklichkeitsbezug für den Erfahrungsbereich des persönlichen, menschlichen Lebens. Diese Begriffe behalten zwar ihre ontologische Berechtigung, beeinflussen jedoch das Gottesbild und die Beziehung des Menschen zu Gott dementsprechend. Als Folge wird die Vorstellung von der Koinonia der Kirche sowie von der Erfahrung des Heiligen Geistes einseitig sozial geprägt. Obwohl Zizioulas dazu neigt, das pneumatologische Wesen der Kirche in starker Bindung an das Gegensatzpaar der Begriffe »Individuum-Gemeinschaft« zu erklären, schließt die trinitarische Basis der Koinonia das Verständnis der Koinonia der Kirche ausgehend vom persönlichen Erlebnis der Beziehung zu Gott nicht aus. Soll die Kirche als Koinonia das dreieinige Wesen der göttlichen Koinonia widerspiegeln, kann das Verständnis der Kirche als Gemeinschaft die 456 Gaßmann/ Heller, Santiago 98. 457 »ihr Wesen besteht in Gemeinschaft und persönlichen Beziehungen.« Ebd. 458 »Der Heilige Geist spezifiziert den einen Leib Christi, indem er aus jeder lokalen Kirche eine vollständige und ›katholische‹ Kirche macht.« A. a. O., 100. 459 Vgl. Gaßmann/ Heller, Santiago, Bericht der I. Sektion, §9.
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Der Heilige Geist in ausgewählten Texten des ökumenischen multilateralen Dialogs
Wechselwirkung von sozial-struktureller Dimension der Gemeinschaft der Christen und von der Dimension der Erfahrung des persönlichen Glaubens berücksichtigen. Die Gemeinschaft der Trinitätspersonen ist dank ihres Personseins möglich. Sowohl die menschliche Vorstellung von der trinitarischen Koinonia als fließender Liebe zwischen den Trinitätspersonen, als auch die assoziative Sprache von ihrer gegenseitigen Zuneigung gehen über das relationale Bild der Koinonia hinaus, wie es von Zizioulas dargestellt wurde. Das Wesen der trinitarischen Koinonia als gegenseitige Zuneigung in Liebe spiegelt sich in der menschlichen Erfahrung der Hinwendung zu Gott. Nichts wird in dieser Hinsicht dagegensprechen, wenn die Gemeinschaft der Kirche in der Analogie zur trinitarischen Koinonia als gemeinsame persönliche Hinwendung der Christen zu Gott verstanden wird. Die Erfahrung der persönlichen Beziehung der Menschen zu Gott und zueinander kann in dieser Vorstellung von der Kirche ihre ekklesiologische Legitimation finden und das Wesen der Kirche als Koinonia mit anderen kirchenbildenden Elementen wie Gemeinschaft, Abendmahl und Verkündigung begründen. Im Licht der letzten Aussage kann die Struktur der Kirche als Koinonia der Liebe im direkten und phänomenalen Sinne des Begriffes Liebe angenommen werden. Was Kirche in ihrem Wesen ist, liegt auf der Ebene der Koinonia-artigen, persönlichen Beziehung zu Gott. Simon Chan, der als pentekostaler Theologe an der Arbeit der Weltkonferenz in Santiago teilnahm, hätte diese Sicht der Kirche in Bezug auf die Rolle des Heiligen Geistes thematisieren können. Er bot jedoch eine pentekostale Sicht der Teilhabe an der trinitarischen Koinonia aus einer anderen Perspektive.460 Er setzt das Verständnis der Teilhabe am innertrinitarischen Leben Gottes beim Wort an. Chan bezieht sich auf 1.Joh 1,1–4. Die Annahme des Wortes seitens der Menschen spiegelt die innere Struktur der Trinität, die Chan als Konzept des Verhältnisses zwischen Gebot und Gehorsam beschreibt. Das Gebot wird allerdings als Einladung zur Teilnahme am inneren Gespräch der Trinität verstanden. Gott nimmt die Menschen durch Jesus Christus, das Fleisch-gewordene Wort, in seinen inneren Kreis. Durch das Wort wird der Mensch ein Teil des »himmlischen Familiengesprächs«.461 Wie der Sündenfall der Abbruch des Gespräches mit Gott und der Missbrauch der Sprache für egoistische Zwecke war, so bedeutet Pfingsten die Wiederherstellung des ursprünglichen Gesprächs mit Gott. Hier kommt die Andeutung auf die neue Sprache der Apostel zum Ausdruck, wie Gott sie durch seinen Geist gab. Leider entfaltet Chan seinen Gedanken nicht weiter und es bleibt unklar, was dieses Verständnis der Partizipation an der Koinonia des dreieinigen Gottes für 460 Vgl. Simon Chan, Teilhabe am trinitarischen Leben, in: Gaßmann/ Heller, Santiago, 87– 93. 461 A. a. O., 90. Hier zitiert Chan Raymond Brown.
Der Heilige Geist und die Koinonia-Ekklesiologie
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die Koinonia-Ekklesiologie bedeutet. Es wäre in Bezug auf die Passage aus 1.Joh 1,1–4 zu erwarten, dass der pentekostale Blick auf die Teilhabe am Leben des dreieinigen Gottes nicht nur im und durch das Wort, sondern durch die Erfahrung der Begegnung mit dem Mensch-gewordenen Logos, also mit dem Leben Christi als Offenbarung der Trinität fallen würde. Chan könnte, um im Rahmen der pentekostalen Tradition zu bleiben, den Aspekt der Wechselwirkung der Trinitätspersonen in der gegenseitigen Liebe pneumatologisch als Offenheit gegenüber dem Heiligen Geist deuten. Seine Denkweise lag diesem Gedanken nahe, wenn er den Heiligen Geist als Übermittler des Musters der trinitarischen Koinonia bezeichnete. Allerdings wendet er dann die übermittelnde Funktion des Geistes nicht auf die Erschaffung der trinitarischen Öffnung gegenüber Gott im persönlichen Leben der Christen an. Die Idee der trinitarischen Koinonia als gegenseitige Offenheit in Liebe kam deutlicher im Vortrag von Dorothy A. Lee (Uniting Church of Australia) »Eine Vision von Koinonia« zum Ausdruck. Anhand der Symbolfigur von Maria aus Bethanien (Joh 12,1–8) deutet Lee die Teilhabe an der Koinonia als reziproke Zuwendung zwischen Christus und Maria. Die Salbung durch Maria symbolisiert das dankbare und aufnehmende Erkennen des Todes Christi, das einen Ausdruck der Liebe Gottes bedeutet. Die aktive Handlung Marias drückt damit die Antwort des Menschen auf das Geschenk der Koinonia Gottes aus. Lee schreibt, dass die johanneische Theologie der gegenseitigen Liebe in dieser Aktion symbolisiert wird: »Marias Salbung […] symbolisiert die gegenseitige Liebe zwischen Jesus und der Kirche […] Koinonia beruht auf wechselseitiger Liebe – in erster Linie zwischen uns und Gott, und auch zwischen uns als Kirchen.«462 Die gegenseitige Liebe, auf der die trinitarische Koinonia basiert, sieht Lee vordergründig in der persönlichen Liebe zwischen Gott und dem Menschen. Sie ist die Voraussetzung für die Liebe zwischen Kirchen. Der Gedanke von Mary Tanner (Eröffnungsrede), das Persönliche sei dem Institutionellen vorgeordnet, wird hier bestätigt. Die Liebe kommt von beiden Seiten wie von zwei Verliebten. Folgt man der Logik von Lee, verwirklicht sich die Teilhabe an der trinitarischen Koinonia durch die hingabevolle, gegenseitige Liebe zwischen Gott und dem Menschen. Bringt man dieses Verständnis der Liebe mit der Bedeutung des Heiligen Geistes als Übermittler der Teilhabe am trinitarischen Leben Gottes in Verbindung, ergibt sich der Schluss, dass der Heilige Geist die Teilhabe an der Trinität durch das Wirken der persönlichen Hinwendung des Menschen zu Gott schafft.
462 A. a. O., 85.
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Der Heilige Geist in ausgewählten Texten des ökumenischen multilateralen Dialogs
1.4.1 Zusammenfassung Das Koinonia-Konzept wurde im Bericht der I. Sektion der 5. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung als dynamische Beziehung und als Teilhabe an der Wirklichkeit des trinitarischen Lebens Gottes bezeichnet. Der Heilige Geist verwirklicht diese Teilhabe. Obwohl das trinitarische Leben in Verbindung mit der gegenseitigen Liebe innerhalb der Trinität gebracht wurde, hat man die Wirkung des Heiligen Geistes nicht in Bezug auf die persönliche und unmittelbare Beziehung des Menschen zu Gott, sondern in Bezug auf die Eingliederung in die Koinonia der Kirche als Eingliederung in Christus erklärt. Damit wird das Verständnis des Heiligen Geistes unter der Kategorie der relationalen Wirklichkeit platziert. Die trinitarische Koinonia wird beim Konzept der gegenseitigen Abhängigkeit von Einheit und Verschiedenheit angesetzt. Dadurch wird das Prinzip der Trinität als gegenseitig fließende Liebe in seinem unmittelbaren Bezug auf den persönlichen Bereich des menschlichen Lebens unterbelichtet und der Fokus auf das trinitarische Sein Gottes als Einheit und Verschiedenheit oder Vielfalt gelegt. Der Rolle der persönlichen Hinwendung des Menschen zu Gott im Leben der Kirche wird kein konstitutiver Wert für die Koinonia-Ekklesiologie beigemessen. Die persönliche und unmittelbare Hinwendung des Menschen zur Wirklichkeit des persönlichen Gottes könnte als Analogie zum inneren Leben der Trinität das Verständnis der Kirche als Gemeinschaft des Heiligen Geistes erweitern. John Zizioulas äußerte zwar seine Ansicht dahingehend, dass die von ihm pneumatologisch gedeutete Koinonia die traditionelle Entgegensetzung zwischen der institutionellen und der charismatischen Dimension zu überwinden helfen könnte, dennoch berücksichtigt sein pneumatologisches Modell nur die relationale Seite des Wesens der Kirche.463 Die persönliche, menschliche Hinwendung zu Gott als Ausdruck der trinitarischen Liebe kann genauso wie die Gegenseitigkeit von Einheit und Verschiedenheit dem Dienst des Heiligen Geistes als Verwirklicher der trinitarischen Koinonia im Leben der Kirche zugerechnet werden. Wenn das Verständnis vom Wirken des Heiligen Geistes mit dem Wirken des trinitarischen Lebens Gottes, also Leben-in-Beziehung, in Verbindung gesetzt wird, dann lässt sich das Verständnis der Beziehung zu Gott nicht nur im Rahmen der Sakramentalität oder Relationalität der Kirche, sondern als aktive persönliche und innere Haltung der Christen gegenüber der Wirklichkeit Gottes formulieren.464 463 Vgl. a. a. O., 104. 464 Die Pneumatologie erscheint im Bericht der III. Sektion implizit im Zusammenhang mit dem sakramentalen Handeln. Angesichts der erweiterten Fassung der Sakramentalität der Kirche bleibt das sakramentale Verständnis der Kirche das zentrale Konzept des ökumenischen Denkansatzes. Die Teilhabe an Christus und somit die Wirkung des Heiligen Geistes
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Im Bericht der III. Sektion der 5. Weltkonferenz wird zwar von einem breiten Konzept von Sakramentalität gesprochen, dennoch beziehen sich diese Aussagen auf die vermittelte Wirkung Gottes durch Worte, Zeichen und Handlungen.465 Diese sakramentale Sicht wurde schon im Verständnis der Koinonia in Canberra festgehalten: »Die Einheit, zu der wir berufen sind, ist eine Koinonia, die gegeben ist und zum Ausdruck kommt im gemeinsamen Bekenntnis des apostolischen Glaubens, in einem gemeinsamen sakramentalen Leben […] und in einer gemeinsamen Sendung, in der allen Menschen das Evangelium von Gottes Gnade bezeugt und der ganzen Schöpfung gedient wird.«466
Das Leben der Christen unter dem Aspekt ihrer direkten Hinwendung zur Wirklichkeit Gottes durch den Heiligen Geist als Analogie zur trinitarischen Koinonia wird im sakramentalen Rahmen der Koinonia-Ekklesiologie nicht angedacht. Das Prinzip der trinitarischen Koinonia als gegenseitige Liebe kann jedoch einen theologischen Rahmen bieten, um den jüngeren Kirchen insbesondere aus der pentekostalen Tradition zu ermöglichen, das pneumatologische Wesen der Kirche sowie das Verständnis der persönlichen Beziehung zu Gott im Licht der trinitarischen Koinonia zu betrachten. Beide Aspekte der Beziehung zu Gott und somit Aspekte des Verständnisses des Heiligen Geistes der Koinonia, nämlich die Relationalität und die gegenseitige Zuneigung, stehen in einem wechselseitigen Verhältnis zueinander. Die bewusste Offenheit gegenüber der Wirklichkeit Gottes könnte als partizipierende Wirkung des Heiligen Geistes, und zwar unter dem Gesichtspunkt eines dynamischen Erlebnisses der Beziehung (Koinonia) in Hinwendung zu Gott, verstanden werden. Dass die Wirkung des Heiligen Geistes als Initiieren der menschlichen Hingabe angenommen werden kann, zeigt eine Aussage zum Verständnis des Heiligen Geistes in der Canberra-Erklärung: »Der Heilige Geist, der die Koinonia schafft (2. Kor 13,13), erfüllt die, die noch immer getrennt sind, mit Hunger and Durst nach voller Gemeinschaft.«467 Hier wird die Koinonia-wirkende Aktivität des Heiligen Geistes in der Bewegung der menschlichen Affekte, insbesondere in der Bewegung zur Koinonia (Communio) der Einheit der Kirche, gesehen. Diese Art der Wirkung des Heiligen Geistes steht inhaltlich und analogisch nahe beim Ethos der persönlichen Offenheit des Menschen gegenüber der Wirklichkeit Gottes. So gesehen kann das Ethos der persönlichen Offenheit gegenüber der Wirklichkeit Gottes das Modell der trinitarischen Koinonia bilden. Unter diesem Blickwinkel wäre es legitim, die werden im Kontext der vermittelnden Wirkung der Sakramente betrachtet. Vgl. Gaßmann/ Heller, Santiago, Bericht der III. Sektion, §5–6, 236. 465 Vgl. a. a. O., §5, 236. 466 Canberra – Erklärung. Die Einheit der Kirche als Koinonia: Gabe und Berufung, §2.1. 467 Canberra – Erklärung, §4.1.
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Der Heilige Geist in ausgewählten Texten des ökumenischen multilateralen Dialogs
Realität der Kirche vom korporativen Aspekt der Sammlung um das sakramentale Leben bis zum persönlichen Erlebnisaspekt der Hinwendung zur Gegenwart Gottes zu erweitern. Der dynamische Aspekt der Beziehung zu Gott als aktive Hinwendung zu seiner Gegenwart ermöglicht die gegenseitige Annäherung zwischen den Kirchen mit einem sakramentalen ekklesiologischen Selbstverständnis und den Kirchen, die das Wesen der Kirche in der Gemeinschaft der Christen aufgrund ihrer persönlichen Hinwendung zu Gott sehen. In einem Vortrag der 5. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung von Rena Weller Karefa-Smart (Episcopal Church, USA) wurde dieser Weg mit Hinweis auf die Canberra-Erklärung angedeutet468: »Ich möchte nun auf das sakramentale Leben und auf Möglichkeiten eingehen, neue Formen der Gemeinschaft mit Gott, miteinander und mit der Welt zu entwickeln.«469 Karefa-Smart fragt, ob das Problem der kirchlichen Uneinheit eine unterentwickelte ökumenische Spiritualität sei. Sie verbindet damit den Mangel an innerer Verwandlung des Wesens der Christen.470 Diese Sichtweise kann so interpretiert werden, dass das Koinonia-Konzept einen theologischen Rahmen bietet, um über neue Formen der Koinonia mit Gott, insbesondere in der Erfahrungsdimension des christlichen Lebens im Kontext der Sakramentalität der Kirche nachzudenken. Das Ethos der persönlichen Offenheit für die Gegenwart des Heiligen Geistes bietet einen Ansatz, um den persönlichen und relationalen Aspekt der Beziehung zu Gott im Rahmen der Sakramentalität neu zu artikulieren. Dieser Schritt wird im abschließenden III. Teil dieser Untersuchung unternommen. Was dieses Kapitel gezeigt hat und was sich durch alle bisher betrachteten Texte wie ein roter Faden zieht, ist die Vorstellung, dass die Koinonia-Ekklesiologie vom sakramentalen Verständnis der Partizipation an der trinitarischen Koinonia geprägt ist. Der Heilige Geist wirkt als Geist der Koinonia die Partizipation an der Trinität Gottes. Es geht dabei nicht um das theologische Verständnis der Sakramente als solches, sondern um die sakramentale Dimension der Rettung, der persönlichen Begegnung mit Gott und der Kirche. Was jedoch noch nicht erweiternd bedacht wurde, ist das Verständnis des Heiligen Geistes in Bezug auf die Weise der Teilhabe an der Koinonia des dreieinigen Gottes. Der Heilige Geist ist nicht nur der Vermittler der Koinonia, sondern auch der Überbringer der Art der innertrinitarischen Beziehungen in den Existenzbereich des menschlichen Lebens. Aus diesem Grund ist es notwendig, das Verständnis der Koinonia-Ekklesiologie, wie sie in weiteren ökumenischen multilateralen 468 Rena Weller Karefa-Smart, Die Zukunft der ökumenischen Bewegung, in: Gaßmann/ Heller, Santiago, 164–173. 469 A. a. O., 170. 470 Vgl. a. a. O., 171.
Der Heilige Geist in den Konvergenz-Texten
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Texten über die Ekklesiologie gedeutet wurde, nachzuverfolgen. Dafür bieten sich der Konvergenztext von F&O »Taufe, Eucharistie und Amt«, sowie der jüngste Konvergenztext von F&O zur Ekklesiologie »Die Kirche: Auf dem Weg zu einer gemeinsamen Vision« an.
1.5
Der Heilige Geist in den Konvergenz-Texten »Taufe, Eucharistie und Amt« und »Die Kirche: Auf dem Weg zu einer gemeinsamen Vision«
Das Ziel dieses Teils besteht darin, die zwei wichtigen Ekklesiologie-Texte des multilateralen Dialogs des ÖRK im Hinblick auf die Lehre über den Heiligen Geist zu untersuchen. Der Konvergenztext TEA ist der erste Konvergenztext zu den drei Themen des multilateralen Dialogs des ÖRK, nämlich Taufe, Eucharistie und Amt.471 Dieser Text wurde im Jahr 1982 von F&O den Kirchen zu offizieller Stellungnahme vorgelegt. Der Text stellt einen Versuch dar, das Verständnis von Taufe, Abendmahl und Amt für alle konfessionellen Traditionen gemeinsam zu formulieren.472 Da der TEA-Text einen 50-jährigen Studienprozess von der 1. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung in Lausanne 1927 abgeschlossen hat und gleichzeitig durch die offiziellen Antworten der Kirchen darauf ein Wegbereiter für den Text KWGV war, halte ich es für sinnvoll, diese beiden Texte in einem inhaltlichen Zusammenhang zu betrachten.473 Die Notwendigkeit der Entstehung der neuen Studie zur Ekklesiologie, die in den Text »Die Kirche: Auf dem Weg zu einer gemeinsamen Vision« mündete, ist neben neuen Impulsen aus der Koinonia-Ekklesiologie auch durch die Prozesse des konziliaren Prozesses zu Gerechtigkeit, Frieden und der Bewahrung der Schöpfung veranlasst worden. Dieser Hinweis ist deshalb von Bedeutung für unsere Untersuchung, weil die Studie KWGV sowohl den aktuellen Stand des ökumenischen Denkens widerspiegelt als auch im Zusammenhang mit TEA eine inhaltliche Linie darstellt, an der sich die Entwicklung des ekklesiologischen Denkens im multilateralen Diskurs des ÖRK erkennen lässt.
471 Taufe, Eucharistie und Amt. Konvergenzerklärungen der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung des Ökumenischen Rates der Kirchen, Frankfurt am Main/Paderborn 1982. 472 Es ist die Rede im Dokument von einem »bemerkenswerten Grad an Übereinstimmung«, und »weitgehender Übereinstimmung«. »Der daraus resultierende Text möchte Teil einer treuen und adäquaten Widerspiegelung der gemeinsamen christlichen Tradition in wesentlichen Elementen der christlichen Gemeinschaft werden.« Taufe, Eucharistie und Amt, Vorwort. 473 Vgl. a. a. O., 5.
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Der Heilige Geist in ausgewählten Texten des ökumenischen multilateralen Dialogs
Trotz der zahlreichen Bezüge zum Heiligen Geist ergibt TEA nur das allgemeine Bild vom Heiligen Geist in seiner Wirkung in drei Elementen des Lebens der Kirche. Ich stelle mich deshalb der Aufgabe, exemplarisch zu zeigen, welche Aspekte der Lehre über den Heiligen Geist im Rahmen der Theologie von TEA erwähnt und welche Aspekte nicht berücksichtigt wurden.
1.5.1 Der Heilige Geist im TEA-Text 1.5.1.1 Taufe Der Heilige Geist wird im Themenbereich »Taufe« als Kraft des Lebens des Glaubens und als Kraft der Verwandlung in das Bild Christi bezeichnet.474 Der Empfang des Heiligen Geistes geschieht nach der Analogie der Verbindung zwischen Christi Tod, seiner Auferstehung und der Pfingstgabe des Heiligen Geistes in der Taufe. »Ihrer vollen Bedeutung nach bezeichnet und bewirkt die Taufe beides.«475 Dadurch wird der Empfang des Heiligen Geistes in der Taufe verstanden, bei der man in den Leib Christi eingegliedert wird. 1.5.1.2 Eucharistie Die zentrale Rolle des Heiligen Geistes in der Eucharistie wird im Zusammenhang mit der Epiklese erläutert. »Das Band zwischen der eucharistischen Feier und dem Geheimnis des dreieinigen Gottes enthüllt die Rolle des Heiligen Geistes als die des Einen, der die historischen Worte Jesu gegenwärtig und lebendig werden lässt. […] [Die Kirche] bittet den Vater um die Gabe des Heiligen Geistes, damit das eucharistische Geschehen Wirklichkeit werden möge.«476
Die Resonanz der Kirchen auf TEA hinsichtlich der Epiklese zeigte unterschiedliche pneumatologische Akzente.477 Die Hauptargumente der ablehnenden Re474 Vgl. TEA, Taufe, II. C., §5. 475 A. a. O., Taufe, IV. B., §14. Da die Taufe die Teilhabe an Christi Tod und Auferstehung zum Ausdruck bringt, ist sie mit dem Empfang des Heiligen Geistes genauso verbunden, wie der Tod und die Auferstehung Christi mit Pfingsten. 476 A. a. O., Eucharistie, II. C., §14. 477 Als ein Beispiel für die Sensibilität hinsichtlich der Rolle des Heiligen Geistes in der Epiklese dient hier die Stellungnahme der orthodoxen Kirchen. Die Rolle des Heiligen Geistes in der Eucharistie in der Beziehung zwischen der Anamnese und Epiklese muss nach der Empfehlung des Inter-Orthodoxen Symposiums weiter ausgearbeitet werden. Vgl. Max Thurian (ed.), Churches Respond to BEM. Official Responses to ›Baptism, Eucharist and Ministry‹. Vol. I., Geneva 1986, 125. Die weiteren Reaktionen aus den anderen Kirchen. Vgl. Die Diskussion über Taufe, Eucharistie und Amt, 67–68. Vgl. Max Thurian (ed.), Churches
Der Heilige Geist in den Konvergenz-Texten
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aktionen waren: a) Die Anrufung des Heiligen Geistes muss in einer engen Beziehung zum Gedächtnis Christi betrachtet werden; b) Die Sakramente sind Gebetshandlungen; c) Die Kirche erbittet um die Gegenwart Gottes; d) die Ablehnung einer Form der Epiklese, »die den Heiligen Geist auf die Elemente herabruft.«478 Die Anglikanische Kirche in Canada betonte, dass die Epiklese nicht nur die Rolle des Heiligen Geistes bei der Austeilung der Sakramente unterstreicht. Sie macht deutlich, dass die Sakramente auch Gebetshandlungen sind.479 Die Anrufung des Heiligen Geistes erstreckt sich auf den gesamten Gottesdienst aus.480 Die schärfste Gegenreaktion kam von der Seite der Lutherischen Kirche in den Niederlanden: »Aus unserer Sicht wird das Sakrament jedoch weder durch das Amt noch durch den Geist bestimmt, sondern allein durch das Wort. Dieses ist kein anderes als das ›verbum visible‹. Das Wort ist ein tätiges Wort.«481 Die Resonanz der Kirchen zeigt allerdings kein einheitliches Bild, das konfessionell eindeutig identifizierbar ist. Als Beispiel ist hier die Evangelische Kirche in Bayern zu erwähnen. Obwohl sie, wie die Kirche in den Niederlanden, zur lutherischen Tradition gehört, betont sie in der Epiklese die Bitte der Kirche um die Gegenwart des Heiligen Geistes.482 Während eine Reaktion von evangelikaler Seite sich auf die Betonung des primären Wirkens des Heiligen Geistes durch das Wort bezieht, zeigt die Reaktion einiger reformierter Kirchen, dass sie das orthodoxe Verständnis der Rolle des Heiligen Geistes in der Eucharistie teilen.483 Der TEA-Text geht zwar vom primären Wirken des Heiligen Geistes in der Anamnese durch die sakramentale Handlung in der Eucharistie aus, dennoch enthält das Gesamt-Verständnis der Eucharistie beide Konzepte der Anamnese, nämlich die Handlung der Eucharistie und die Wortverkündigung.484 Die beiden Aspekte können nicht im Widerspruch zueinander gesehen werden. Die eucha-
478 479 480 481 482 483 484
Respond to BEM. Vol. I, II, III, IV, V, VI, Faith and Order, No. 129; 132, 135; 137; 143; 144. Anglican Churches of Australia, II, 34 und Canada, II.43f.; American Lutheran Church ii.82; Lutheran Churches in Austria, IV.18 und Estonia, IV.43f.; Evangelical Churches in Kurhessen-Waldeck, V.99, und Westfalia, IV. 145; Union of Welsh Independents, II.274. Die Diskussion über Taufe, Eucharistie und Amt, 68. Vgl. a. a. O., 68. Vgl. Churches Response to BEM, V., 99. Die Diskussion über Taufe, Eucharistie und Amt, 68. Vgl. a. a. O., 68. Vgl. David Parker, An Evangelical Response to BEM, in: Colloquium (1989) 22/1, 28–36. Vgl. Die Diskussion über Taufe, Eucharistie und Amt, Fußnote 34, 76. »Der biblische Gedanke des Gedächtnisses, angewandt auf die Eucharistie, bezieht sich auf diese gegenwärtige Wirksamkeit des Werkes Gottes, wenn es von seinem Volk in einer Liturgie gefeiert wird. […] Da die ›Anamnese‹ Christi den zentralen Inhalt des gepredigten Wortes wie des eucharistischen Mahles ausmacht, stärkt eines das andere.« TEA, Eucharistie, II. B. §§5.12.
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ristische Konstruktion, wie sie im TEA-Text unter dem Aspekt der Wirkung des Heiligen Geistes dargestellt wurde, lässt es zu, den Aspekt des Wirkens des Heiligen Geistes durch die Handlung der Kirche sowie die reformatorische Betonung des Wirkens des Heiligen Geistes durch das Wort als zwei wechselseitige Elemente zu betrachten. Die Gemeinschaft der Kirche mit Christus in der Eucharistie versteht sich aus der wechselseitigen Wirkung des Wortes, das den Prozess der Anamnese in Gang setzt, der Ausrufung des Heiligen Geistes und der Handlung der Kirche. In der Zusammenwirkung von Anamnese und Epiklese sieht Michael Putney die Wechselseitigkeit von Christologie und Pneumatologie.485 Auch die abschließende Klärung zum TEA-Text, was die Epiklese betrifft, erwähnt dieses Verhältnis (der Geist »ruhte« auf dem Sohn). Sie schließt auch die »zum Herrenmahl versammelte Gemeinschaft« ein und sagt, dass eine Epiklese »einen Hinweis auf Brot und Wein impliziert, die ›die sakramentalen Zeichen des Leibes und Blutes Christi (werden).«486 Durch die Akzentuierung der Rolle des Heiligen Geistes bei der Epiklese und Anamnese wird die Eucharistie unter der Perspektive der Gegenwart Christi, die zugleich die Erfahrung des Heiligen Geistes ist, betrachtet. 1.5.1.3 Amt Einen besonderen Platz nimmt der Heilige Geist im Amtsverständnis ein. Der Heilige Geist wird in seiner konstituierenden Kraft der Gemeinschaft, als Kraft der Befähigung, als Austeiler der Gaben verstanden.487 Die Bedeutung des bischöflichen Dienstes wird unter dem pneumatologischen Aspekt der Kirche als vom Heiligen Geist gewirkte Struktur der Gaben und Dienste gedeutet.488 Unter diesem Aspekt wird die Bedeutung der apostolischen Dimension als Größenordnung des Dienstes verstanden. Obwohl TEA keine explizite Pneumatologie entfaltet, besteht dennoch ein Bezug zum Heiligen Geist. Die theologischen Aspekte, die weiter zu verfolgen wären, sind die Frage des Wirkens des Heiligen Geistes in der Eucharistie und das Amtsverständnis aus der pneumatologischen Perspektive.489 Die Impulse der Kirchen, die auf TEA gefolgt sind, ergaben eine Reihe von Themen, die für unsere Untersuchung in Betracht gezogen werden können. Das Thema Heiliger Geist wurde direkt in Verbindung mit dem Bedarf an weiteren Klärungen im Kontext der Taufe angesprochen. TEA betonte die Wirkung des 485 486 487 488 489
Vgl. Putney, The Presence and Activity of the Holy Spirit, 493–494. Vgl. Die Diskussion über Taufe, Eucharistie und Amt, 117–118. Vgl. TEA, Amt, I. §3. A. a. O., Amt, III. D. §32. Vgl. TEA, Amt, III. A., §23. Dies wird durch die Spezifik der Konvergenztexte bestimmt, die sich auf die Themen der Konvergenz fokussieren.
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Heiligen Geistes in der Hinführung zur Taufe, im Vollzug der Taufe und im Erhalten des Lebens im Glauben.490 Die Reaktionen einiger Kirchen beanstandeten an dieser Aussage, dass sie das Wirken des Heiligen Geistes im Menschen unklar und undifferenziert formuliert habe. Diese Reaktionen, die das persönliche Leben der Christen im Heiligen Geist zum Thema hatten, fanden jedoch keine direkte Aufnahme in die Themen von TEA zur Weiterverfolgung. Aus meiner Sicht fand die explizite Betrachtung des Verständnisses des Wirkens des Heiligen Geistes deshalb nicht statt, weil der Verständnisrahmen des Heiligen Geistes in Bezug auf das Wesen der Kirche von der Theologie der Sakramentalität der Kirche und in Bezug auf ihre Rolle im Verständnis der Partizipation an der Koinonia des dreieinigen Gottes geprägt war. In Anlehnung an das Ergebnis des TEA-Prozesses zeigt das Diskussionspapier von F&O für die 5. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung »Auf dem Weg zur Koinonia im Glauben, Leben und Zeugnis«, welches Verständnis der Sakramentalität von den Vertretern der Kirchen, die am TEA-Prozess beteiligt waren, vertreten wurde: »Konvergierende Betrachtungsweisen in ökumenischen Dialogen zeigen an, dass in einem allgemeinen Sinn der Begriff ›Sakramentalität‹ sich auf Gottes Heilshandeln in der Geschichte bezieht, das durch sichtbare Zeichen vermittelt wird und der Begriff ›Sakrament‹ auf Gottes Heilshandeln durch besondere kirchliche Handlungen, welche die rettende Gegenwart Christi durch die heilige Gegenwart des Heiligen Geistes vergegenwärtigen.«491
Nach dieser Formulierung setzt Gott sein Heilshandeln in Christus durch den Heiligen Geist fort, indem er »in unsere Mitte gegenwärtig und wirksam ist.«492 »Im göttlichen Heilsplan, der in Jesus Christus bereits offenbart wurde, vermittelte jede der kirchlichen Handlungen, später Sakramente genannt, in einer spezifischen Weise die rettende Gegenwart Christi in seiner Kirche.«493 Der Heilige Geist tritt in diesem trinitarischen Kontext in der Funktion einer Christus vergegenwärtigenden Kraft auf. Darüber hinaus wird diese sakramentale (mittelbare) Art des Wirkens Gottes im ökumenischen Diskurs als Modus der Beziehung zu den Menschen verstanden.494 Die Partizipation an der trinitarischen 490 Vgl. TEA, Taufe I, C. §5. Vgl. Die Diskussion über Taufe, Eucharistie und Amt, 108. 112. 491 Auf dem Weg zur Koinonia im Glauben, Leben und Zeugnis. Ein Diskussionspapier. Glauben und Kirchenverfassung Dokument No. 161. Deutsche Übersetzung: Sprachendienst des ÖRK und Dagmar Heller, III.1, §65, 36. Vgl. Die Diskussion über Taufe, Eucharistie und Amt, 141–145. Man sprach von der sakramentalen Sicht der Heilsgeschichte. Vgl. a. a. O., 142. 492 Die Diskussion über Taufe, Eucharistie und Amt, 142. 493 Ebd. 494 Vgl. Die Diskussion über Taufe, Eucharistie und Amt, 143–144.
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Koinonia geschieht dann durch den Empfang und die Dankantwort auf diese von Gott gesetzte Art der Gnadenvermittlung.495 Der Heilige Geist vergegenwärtigt Christus in diesem Verständnis durch das Wort und die Sakramente, wobei das Sakrament als Zeichen, nicht nur als Deutung auf Christi Gegenwart, sondern als Teilhabe an seiner Wirklichkeit verstanden werden soll.496 Es geht beim Sakrament auch um die Partizipation an der transformierenden Realität Gottes.497 Der Ruf zum Heiligen Geist bringt zum Ausdruck, dass die Kirche auf die Wirkung Gottes angewiesen ist.498 Die Bitte um den Heiligen Geist in der Epiklese drückt aus, dass die Kirche die Gegenwart Christi nicht herbeiführen kann, sondern sie nur im Heiligen Geist empfangen kann. Hier liegt der pneumatologische Aspekt der Partizipation an der trinitarischen Koinonia. Im Heiligen Geist und durch Christus bekommt die Kirche Anteil am Vater. Diese festgelegte Sicht über den sakramentalen Modus des Heilshandeln Gottes prägt dementsprechend die Vorstellung über die Beziehung zwischen Gott und dem Menschen. Aus diesem Grund bilden die pentekostalen und evangelikalen Argumente für das Verständnis der unmittelbaren Wirkung Gottes in erster Linie eine Spanunng zur Zuordnung der Wirkung des Heiligen Geistes zum sakramentalen Kontext der Ekklesiologie. Das Problem aus pentekostaler Sicht ist nicht, die sakramentale Wirkung des Heiligen Geistes in den Sakramenten an sich anzuerkennen. Vielmehr wehren sich die Vertreter der Traditionen der persönlichen Zuwendung zu Gott gegen die Beschlagnahmung der freien, unmittelbaren und beziehungsschaffenden Wirkung des Heiligen Geistes im Leben der Christen zugunsten der Partizipation an Gott durch die Sakramente. Die Spannung zwischen dem sakramentalen und nicht-sakramentalen Verständnis der Kirche zeigte sich repräsentativ in der Reaktion der Baptistischen Union von Dänemark sowie der Gesellschaft der Freunde Gottes. Die Einheit der Kirche ist für sie nicht in der Taufe, im Abendmahl und im Amt zu suchen, sondern im Glauben an Christus und in der Gemeinschaft des Geistes zu finden.499 Auch die Sicht der Taufe bei den Quäkern (Freunde Gottes) und der Heilsarmee zeigte eine den Baptisten ähnliche Denkrichtung, dass die Sakramente für die Wirkung der Gnade nicht notwendig sind.500 Die Reaktion von David Parker (Mitglied der Theologischen Kommission der Weltweiten Evangelischen Allianz) bringt aus evangelikaler Sicht eine ähnliche Position gegenüber der Mittelbarkeit der Gnade Gottes zur Sprache. Allerdings richtete sich 495 496 497 498 499 500
Vgl. a. a. O., 142. Vgl. a. a. O., 112. Vgl. a. a. O., 144. Vgl. a. a. O., 117. Vgl. a. a. O., 41. Vgl. a. a. O., 57.
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diese evangelikale Antwort gegen die Notwendigkeit der sakramentalen Zeichen für die Wirkung des Heiligen Geistes und die Begegnung mit Gott.501 Eine Reaktion aus pentekostaler Sicht von Harold Hunter zeigt, dass, obwohl er als Vertreter der Tradition der unmittelbaren Begegnung mit Gott auf das Thema der mittelbaren Begegnung mit der Gegenwart Christi hätte eingehen müssen, er dennoch die Sakramentalität in Bezug auf den Heiligen Geist nicht thematisiert.502 Die oben erwähnten Reaktionen bestreiten nicht die Wirkung des Heiligen Geistes in den Sakramenten an sich, sondern drücken unmittelbar den Klärungsbedarf über das Spektrum der Wirkung des Heiligen Geistes in seiner Bedeutung für das Leben der Christen aus. Wenn die Baptistische Union die Verknüpfung der Einheit der Kirche mit der Taufe, dem Abendmahl und dem Amt konträr zu ihrer Vorstellung vom Glauben an Christus und von der Gemeinschaft des Geistes sieht, dann wird damit der Unterschied im Verständnis des Glaubens und der Gemeinschaft des Heiligen Geistes zwischen den sakramentalen und nicht sakramentalen Kirchen sehr deutlich.503 Dieser Hinweis zeigt exemplarisch die Notwendigkeit zu weiterführenden Erläuterungen des sakramentalen Verständnisses der Kirche für die Kirchen der nicht-sakramentalen Tradition, als auch zur ausbalancierten Erweiterung des Verständnisses der Einheit der Kirche in der Wechselwirkung zwischen dem sakramentalen und nicht-sakramentalen Kontext der Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes.504 Sowohl der sakramentale Kontext von TEA als auch die oben erwähnten Reaktionen auf diesen Kontext lassen einen Diskussionsrahmen erkennen, in dem die Diskussion um die Ekklesiologie in Bezug auf die Pneumatologie geführt werden kann. Was das Verständnis des Heiligen Geistes angeht, wird in Bezug auf die Gemeinschaft des Heiligen Geistes seitens der sakramentalen und nichtsakramentalen Traditionen im Kontrast-Paar von Mittelbar-Unmittelbar ge501 Vgl. David Parker, An Evangelical Response to BEM, 32. 502 Harold Hunter sieht in der Eucharistie die Transformation der Elemente, was nach ihm mit dem System des pentekostalen Glaubens nicht vereinbar ist. Vgl. Harold D. Hunter, Reflections by A Pentecostalist On Aspects of BEM, in: JEC (1992) 29:3–3, 317–345. 503 Hier ist auf die VI. Sektion der 4. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung in Montreal hinzuweisen, die die Teilnahme am Gottesdienst sakramental, nämlich durch Wort und Sakrament in Verbindung mit dem Heiligen Geist, versteht. Die Teilnahme an diesem sakramentalen Leben bedeutet die Teilhabe an der geistlichen Erfahrung des Lebens in Christus. Vgl. Montreal, 72. 504 Aus meiner Sicht verfolgt TEA immer noch die Vorstellung über die Kirche im Rahmen der Denktradition von F&O, in der das Verständnis der Einheit der Kirche im Rahmen eines gemeinsamen Glaubens, des gemeinsamen Amtes und der gemeinsamen Sakramente gesehen wird, wie es zur Zeit der Gründung der Kommission 1927 eine zentrale Rolle spielte. Gemeinsamer Glaube, Amt und Sakramente waren bestimmend für die Arbeit der 1. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung in Lausanne 1927. Vgl. Die Diskussion über Taufe, Eucharistie und Amt, 145.
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dacht. Um der Klarheit willen soll der Verständnisunterschied zwischen dem sakramentalen und nicht-sakramentalen Kontext im Licht des Verständnisses des Wesens Gottes als Koinonia bzw. als Beziehung angesprochen werden. Dafür sollte auf der Seite des multilateralen Diskurses die Betrachtung des Wirkens des Heiligen Geistes, wie es schon oben im Kontext des Verständnisses der trinitarischen Koinonia von Santiago de Compostela gezeigt wurde, unter dem Gesichtspunkt der direkten und persönlichen Beziehung zwischen Gott und dem Christen mehr in den Fokus kommen. Von Seiten der Kirchen mit nicht-sakramentaler Tradition sollte das Verständnis der Sakramentalität nicht ausschließlich im Licht des Gegensatzes von mittelbar und direkt verstanden werden. Die Verbindung zwischen dem relationalen und dem persönlichen Verständnis des Wirkens des Heiligen Geistes muss dabei richtungsgebend sein. Das Diskussionspapier in Santiago »Sharing A Common Belief in Christ«, der die abschließende Zusammenfassung der Reaktionen auf TEA berücksichtigte, zeigt aus meiner Sicht eine Richtung, wie das Verständnis des sakramentalen Kontextes abgesehen vom Gegensatzpaar mittelbar-direkt erweitert werden kann. Das Konzept der trinitarischen Koinonia lässt das Nachdenken über die Sakramentalität nicht vordergründig im Paradigma der Mittelbarkeit der Handlungen Gottes stehen, was für die Kirchen der Tradition des persönlichen Glaubens vor vornherein ein theologisches Problem bedeutet. Man sollte vielmehr von der Betrachtung der Sakramentalität als Partizipation ausgehen und die Dinge so angehen.505 Im Diskussionspapier wurde zum Verständnis der Sakramentalität hinzugefügt, dass das Leben selbst und jede christliche Aktivität als sakramental erkannt werden kann: »In einigen theologischen Sichtweisen können das Leben selbst und jede Aktivität als ›sakramental‹ betrachtet werden, insofern sie Gottes verwandelnde Liebe in unserer Welt gegenwärtig machen.«506 Betrachtet man die Idee vom Leben als Sakrament im Zusammenhang mit dem Standpunkt von TEA, nämlich, dass der Glaube als Antwort auf Gottes Wirken selbst vom Heiligen Geist bewirkt ist, und auch im Zusammenhang mit dem Verständnis des Heiligen Geistes als Schöpfer der Koinonia (CanberraErklärung, 4.1) gesehen wird, kann die aktive und direkte menschliche Handlung auf Gottes Wirklichkeit hin, die in den pentekostalen Kirchen als Öffnung für den Heiligen Geist verstanden wird, im Licht einer sakramentalen Dimension betrachtet werden. Das Leben in persönlicher Hinwendung zur Wirklichkeit Gottes
505 »Wenn wir von Sakrament als Zeichen sprechen, ist dies nicht lediglich als ein Hinweis auf die Wirklichkeit der rettenden Gegenwart Christi zu verstehen, sondern als Teilhabe an dieser Wirklichkeit, die ein verwandelnde Kraft für die Pilgerreise des Gottesvolkes ist.« Auf dem Weg zur Koinonia im Glauben, Leben und Zeugnis, III.1, §65 36. 506 Ebd. Diese Aussage wurde im Zusammenhaung mit den nicht-liturgischen und nicht Ritenorientierten Traditionen gemacht.
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erscheint in dieser Hinsicht selbst als sakramentales Mittel der Partizipation an Gott. Damit kann eine neue Sicht der Sakramentalität über das traditionelle Verständnis der institutionell-bezogenen Sakramentalität hinaus gewonnen werden. Die Dynamik der aktiven Lebenshandlungen als Sakramentalität konnte für die nicht-sakramentalen Kirchen einen Rahmen bieten, um den Zugang für das Verständnis der unmittelbaren Beziehung zu Gott zum sakramentalen Kontext zu verschaffen. Da TEA sowie der Diskussionsbericht von Santiago immer noch die Treue zur Zentralität des institutionellen sakramentalen Lebens aufweisen, wäre von der weiteren Studie zur Ekklesiologie »Die Kirche: auf dem Weg zu einer gemeinsamen Vision« zu erwarten, dass sie den sakramentalen Kontext der Ekklesiologie im Kontext des Koinonia-Denkens erweitert bzw. neu reflektiert.507
1.5.2 Der Heilige Geist im Konvergenztext »Die Kirche: Auf dem Weg zu einer gemeinsamen Vision« (2013) Der Studienprozess, der in den Ekklesiologietext KWGV mündete, geht zurück auf den Beschluss des Plenums von F&O im Jahr 1989. Allerdings wird in der Darstellung des historischen Prozesses der Entstehung von KWGV ausdrücklich betont, dass ein »frischer Impuls« von der 5. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung in Santiago de Compostela kam.508 Dem hier diskutierten Text ging ein erster Entwurf unter dem Titel »Das Wesen und die Bestimmung der Kirche« voraus.509 Der Titel dieses Textes wurde auf Vorschlag der Studiengruppe auf der Plenarsitzung der Kommission in Kuala Lumpur (2004) in »Wesen und Auftrag der Kirche« geändert.510 Auch der gesamte Text wurde überarbeitet. Der Text KWGV stellt durch die erreichte Konvergenz eine »außerordentliche ökumenische Leistung«511 dar. In der Einleitung des Textes wird bemerkt, dass er zwar keinen vollen Konsens zu allen Themen, aber dennoch viel mehr »als nur
507 Vgl. Die Diskussion über Taufe, Eucharistie und Amt, 145. 508 Die Kirche: Auf dem Weg zu einer gemeinsamen Vision, Historische Anmerkung. Die Studie liegt auf der Linie aller vorgängigen Studien über die Ekklesiologie »The Nature of the Church« (1952), »Christus und seine Kirche« (1952), »Kirche im Plan Gottes« (1963), Vgl. a. a. O. Historische Anmerkung. 509 Vgl. Dagmar Heller (Hg.), Das Wesen und die Bestimmung der Kirche, Frankfurt am Main 2000. 510 Vgl. Thomas F. Best (ed.), Faith and Order at the Crossroads. Kuala Lumpur 2004, Geneva 2005, 176. Den Anlass dazu gab das Anliegen der Gruppe, den missionarischen Charakter der Kirchen zu unterstreichen. Die Kirche: Auf dem Weg zu einer gemeinsamen Vision, Historische Anmerkung. 511 Vgl. Die Kirche: Auf dem Weg, Vorwort.
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ein Werkzeug zur Anregung weiterer Studien« anbietet.512 Der Text wird von F&O als Abschluss »einer spezifischen Phase des Nachdenkens von Glauben und Kirchenverfassung zum Thema Kirche« bezeichnet.513 In Anknüpfung an den theologischen Bedarf zur Erweiterung des Verständnisses des Heiligen Geistes im sakramentalen Kontext der Koinonia stellt sich die Aufgabe zu untersuchen, inwieweit die neue Ekklesiologie-Studie die aktuelle Entwicklung in den christlichen Kirchen weltweit berücksichtigt hat. Das Interesse unserer Untersuchung an KWGV liegt vor allem am Weiterverfolgen des Gedankens, inwiefern der ökumenische Diskurs die Spannung zwischen dem sakramentalen und nichtsakramentalen Kontext der Pneumatologie wahrgenommen und unter dem Gesichtspunkt der Koinonia-Ekklesiologie berücksichtigt hat. KWGV setzt die Tradition von TEA, »Gemeinsam den einen Glauben bekennen« und der 5. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung in Santiago fort.514 Die wichtigen Elemente des Lebens der Kirche, in denen die Kirchen Gemeinschaft finden sollen, sind »in der Fülle des apostolischen Glaubens, im sakramentalen Leben, in einem wahrhaft geeinten und wechselseitig anerkannten Amt, in Strukturen konziliarer Verbindungen und Entscheidungsfindung und im gemeinsamen Zeugnis und Dienst in der Welt« zu finden.515 Der Rahmen des ekklesiologischen Denkens bleibt in KWGV sakramental, dennoch mit einer neuen Fokussierung auf dem Zeugnis der Kirche in der Welt. In Anbetracht der Tatsache, dass das Koinonia-Denken in KWGV zentral betont wird, wird die Rolle des Heiligen Geistes im Sinne der Canberra-Erklärung als Schöpfer der Koinonia in Verbindung mit dem Sein in Christus angesprochen. Die Beziehung zum Vater wird als Gemeinschaft der Gläubigen mit Christus durch den Heiligen Geist in der Kirche verstanden (§13). Die Partizipation an Gott geschieht dementsprechend durch die Eingliederung in den Leib Christi (§14).516
512 Vgl. a. a. O., Einleitung. Vgl. Best, Faith and Order at the Crossroads, 186: der Text sollte ein Rahmen sein, um zu zeigen, was auf der multilateralen Ebene gemacht werden kann und diente dem Zweck der Schaffung einer Basis für die bilateralen Dialoge. 513 Die Kirche: Auf dem Weg, Historische Anmerkung. 514 Vgl. a. a. O., §37. 515 Die Kirche: Auf dem Weg, §37. Vgl. The Church: Local and Universal. A Study Document Commissioned and Received by the Joint Working Group of the Roman Catholic Church and the World Council of Churches. Faith and Order Paper No. 150, Geneva 1990, §25. 516 »Die Beziehung zwischen Gott und den Glaubenden und unter den Glaubenden, die durch das Wort Koinonia ausgedrückt wird, wird auch mit anderen Worten beschrieben als Sein ›in Christ‹ (2 Kor 5,17; Kol 1,27–28; vgl. auch Joh 15,1–11) und als Sein Christi in den Gläubigen durch das Innewohnen des Heiligen Geistes (Röm 8,1–11; Gal 2, 20).« Auf dem Weg zur Koinonia im Glauben, Leben und Zeugnis. I.1, §31, 22.
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Die pneumatologische Dimension der Kirche kommt in KWGV in Verbindung mit dem Verständnis der Kirche als Tempel des Heiligen Geistes zum Ausdruck. Die Zusammenführung der Metaphern Leib Christi und Tempel des Heiligen Geistes gehen auf die Anregung der Vertreter der römisch-katholischen Kirche zurück.517 In diesem Zusammenhang ist der Hinweis von Peter de Mey zu erwähnen, dass die Reaktion der inter-orthodoxen Konsultation zum Text »The Nature and Mission of the Church« sich für die Einführung des Ausdruckes »Kirche als Creatura Spiritus« ausgesprochen hat.518 Als Bild für die pneumatologische Dimension der Kirche wurde von der römisch-katholischen Seite (Bill Henn) die Beschriebung Marias vorgeschlagen.519 Interessant an dieser Stelle ist, dass die Offenheit für den Heiligen Geist als Kennzeichen der Kirche von der römisch-katholischen Seite thematisiert wurde. Dieser Aspekt wurde allerdings in der Endfassung von KWGV nicht aufgenommen. Obwohl die Vertreter beider Traditionen, römisch-katholisch und orthodox, die pneumatologische Dimension der Kirche betont haben, gehen sie in ihrer Vorstellung darüber weit auseinander. Während Henn von der Offenheit für den Heiligen Geist in der Kirche spricht, sieht die orthodoxe Tradition die Kirche als gemeinschaftliches Ereignis des Heiligen Geistes.520 In § 26 wird der Kirche aufgrund des Geheimnisses der Verbindung mit Christus eine transzendente Eigenschaft zugesprochen. Die Funktion des Heiligen Geistes wird darum in seiner Wirkung in der Predigt des Evangeliums, in der sakramentalen Gemeinschaft und im Dienst der Ämter gesehen (§16). Die Beziehung zu Christus impliziert auch die Beziehung zum Heiligen Geist (§21). Als Veranschaulichung für diese Verbindung dient der historische Kontext der Ausgießung des Heiligen Geistes im Zusammenhang mit dem Abendmahl der ersten Christen (§21). Einige Reaktionen auf KWGV zeigen aus der evangelikalen und pentekostalen Perspektive zwei theologische Richtungen. Die evangelikale Richtung sieht im sakramentalen Kontext den Gegensatz zum Verständnis der Kirche auf der Basis
517 Vgl. Peter de Mey, The Missing Link between The Nature and Mission of the Church (2005) and The Church: Towards a Common Vision (2013), in: Exchange (2015) 44, 250–269. 518 Vgl. a. a. O., 256. 519 »Catholic co-drafter Bill Henn notes the addition of a paragraph on Mary, seeing her as a model for all believers in her reception of the World in faith and her openness to the work of the Spirit in her life.« A. a. O., 256. 520 »Ecclesiology is a commentary on the operation of the Holy Spirit. Church structure, apostolic ministry and succession have to be interpreted through a charismatic pneumatology.« Nikos Nissiotis, Orthodoxy and Ecumenical Theological Education, in: Pantelis Kalaitzidis/Thomas Fitzgerald/cyril Hovorun/Aikaterini Pekridou/Nikolaos Asproulis/Guy Liagre/Dietrich Werner (eds.), Orthodox Handbook on Ecumenism, Oxford 2014, 936.
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des persönlichen Glaubens.521 Die Kirche ist mehr auf die Individuen und den Prozess ihrer Entscheidungen orientiert.522 Allerdings soll in dieser Hinsicht bemerkt werden, dass die evangelikale Reaktion nicht in erster Linie pneumatologisch begründet ist. Die direkte Beziehung zu Gott als persönlicher Glaube steht im Vordergrund der evangelikalen Position. Einige pentekostale Reaktionen zeigen ein breites Spektrum der Wahrnehmung des sakramentalen Kontextes von KWGV. Cheryl Bridges Johns (Pentekostale Theologin) erkennt die Notwendigkeit, den Sinn der eucharistischen Präsenz in den pentekostalen, sakramentalen Mystizismus zu integrieren.523 Elizabeth Salazar-Sanzana (Pentekostale Theologin aus Chile) differenziert zwischen dem Glauben an Christus und der Salbung mit dem Heiligen Geist.524 Die Salbung mit dem Heiligen Geist bezieht sich auf eine explizite und transzendente Erfahrung des Heiligen Geistes. Mit diesem Hinweis gibt Salazar-Sanzana eine pentekostale Interpretation des §21 von KWGV, das christliche Leben aus der Erfüllung mit dem Heiligen Geist sei in Anbetung, Zeugnis und Dienst zu führen. Den Unterschied zu KWGV sieht Salazar-Sanzan in der Konzeption des Leibes Christi. Beide Reaktionen der Pentekostalen gehen nicht direkt auf die Spannung zwischen direkter und indirekter Beziehung zum Heiligen Geist ein, obwohl die Denkweise der chilenischen Theologin die pentekostale Position der Explizitheit der Erfahrung des Heiligen Geistes klarer zum Ausdruck bringt. Auch die Reaktion solch prominenter pentekostaler Theologen wie Frank Macchia, Wolfang Vondey und Veli-Matti Kärkkäinen (luth.), der als Experte der pentekostalen theologischen Tradition gilt, zeigen keine Wahrnehmung der Differenz zwischen der Pneumatologie der Koinonia-Ekklesiologie im ökumenischen Diskurs und der Pneumatologie der pentekostalen Tradition. Kärkkäinen bemerkt, dass die Koinonia-Ekklesiologie nicht pneumatologisch ist. Er berücksichtigt dabei nicht das sakramentale Verständnis der Wirkung des Heiligen Geistes, der die Partizipation an der Koinonia ermöglicht.525 Macchia sieht zwar das Koinonia-Konzept der Kirche positiv als Partizipation am trinitarischen Leben, dennoch behauptet er, dass das Konzept der Koinonia als Analogie des
521 Vgl. Teun Van Der Leer, The Church: Towards a Common Vision. A Believers Church Response, in: JEBS, (2015) 1 May, 28. 522 Vgl. Thomas P. Rausch. Toward a Common Vision of the Church: Will it Fly?, in: JEC (2015) 50/2, 265–287. 274. Rausch behauptet generell, dass es der Vision der eucharistischen Koinonia an der Übereinstimmung mit der eucharistischen Praxis in den Kirchen mangelt. 523 Hinweis bei Thomas Rausch, 274. 524 Vgl. Elizabeth Salazar-Sanzana, The Church: Towards a Shared Vision. A Contribution from Pentecostalism, in: Exchange (2015) 44, 302–316, 311. 525 Vgl. Veli-Matti Kärkkäinen, The Nature and Purpose of the Church: Theological and Ecumenical Reflections from Pentecostal and Free Churches Perspectives, in: Wolfgang Vondey (ed.) Pentecostalism and Christian Unity, Eugene OR 2010, 241.
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innertrinitarischen Lebens nicht schriftlich bezeugt und abstrakt ist.526 Macchia sieht die Wirkung des Heiligen Geistes nicht im Kontext des Leibes Christi, sondern mehr im pentekostalen Sinne im Kontext der Erfahrung Christi, die vom Heiligen Geist im persönlichen Glauben der Christen und in der charismatischen Struktur der Kirche bewirkt ist. Als Ausgangspunkt zur Bestimmung des Wesens der Kirche schlägt er die Erfahrung der Wirkung des Heiligen Geistes vor. Folgt man seiner Vorstellung, die Kirche dennoch als Partizipation der Christen an der Kommunikation der Liebe zu verstehen, die im trinitarischen Leben verankert ist, dann geschieht die Partizipation an Gott durch die Begegnung mit dem Heiligen Geist. Was in dieser Implikation unterbelichtet ist, ist der Gedanke, dass es beim Verständnis der Kirche als Leib Christi um die Partizipation an Christus geht. Der ökumenische sakramentale Diskurs geht von dem Standpunkt aus, dass die Partizipation am dreieinigen Gott im Leib Christi durch den Heiligen Geist geschieht. Die beiden Standpunkte, der pentekostale von Macchia und der ökumenische, bilden eine Spannung. Sie zeigt sich im Unterschied der Verständnisse der Erfahrung des pneumatologischen Seins der Kirche. Wie Macchia sieht Wolfang Vondey den pneumatologischen Aspekt der Kirche im Bereich der menschlichen Erfahrungen.527 Obwohl Vondey behauptet, dass es keinen Gegensatz zwischen einer ökumenischen und einer pentekostalen Ekklesiologie gibt, ist darauf hinzuweisen, dass dieser Gegensatz sich gerade am Verständnis des Heiligen Geistes im Kontext der sakramentalen Sicht der Heilsgeschichte zeigt. Dennoch erscheint die Gesamtlinie der pentekostalen Reaktionen für das Verständnis der Einheit der Kirche als hilfreich und zugleich herausfordernd. Sie platzieren das Wesen der Kirche in den Bereich des menschlichen, individuellen Glaubenserlebnisses. Dieser Aspekt kam in KWGV im Kontext der Wirkung der Kirche in der Welt zur Erfüllung des Koinonia-Konzepts als Heilsplan Gottes zum Ausdruck. Damit verbindet KWGV den christologischen Fokus der Kirche mit dem schöpfungstheologischen und missiologischen Aspekt der Koinonia. Die Berufung der Kirche besteht darin, Spiegelbild der Gemeinschaft mit dem dreieinigen Gott und Zeugnis des Heilsplanes Gottes zu sein (KWGV §§25.13). Koinonia bedeutet nicht nur das Wesen der Kirche, sondern auch das Ziel des Rettungsplanes Gottes (KWGV §§1.13). Es ist darum notwendig, die Handlung der Kirche im Licht der Aktivität des Heiligen Geistes zur Erfüllung des Heilsplanes Gottes, nämlich der Wiederherstellung der Koinonia, zu deuten. Der Heilige Geist wurde in §33 als der eigentliche Handelnde in der Erfüllung des Heilsplanes Gottes erklärt. Damit wird die Wirkung des Heiligen Geistes jenseits seiner Leib-Christi-wirkenden 526 Vgl. a. a. O., 248–249. 527 Vgl. a. a. O., 265.
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Funktion angesprochen. In diesem Falle stellt sich die Frage, was die Kirche als Leib Christi unter dem Aspekt der Leitung des Heiligen Geistes überhaupt ausmacht. Da das Verständnis der trinitarischen Koinonia in Santiago schwerpunktmäßig im Rahmen der relationalen Verbindung bzw. Vereinigung gesehen wurde, ist nun die pneumatologische Dimension der Koinonia-Ekklesiologie unter dem Aspekt des Verhältnisses zwischen Einheit und Vielfalt, der Ortskirche und der Universalkirche zu verstehen (KWGV §31). Das Verständnis der einigenden Wirkung des Heiligen Geistes steht logischerweise unter dem Kriterium der Einheit des Leibes Christi (KWGV §13.§1). Soll die Kirche als Zeugin und Übermittlerin der Koinonia des dreieinigen Gottes verstanden sein, muss gefragt werden, wie die Kirche als Koinonia unter der Leitung des Heiligen Geistes in der Welt zu verstehen ist, damit sie nicht nur das Wesen der Koinonia durch ihre institutionelle Erscheinung proklamiert, sondern auch unter der Koinonia-artigen Leitung des Heiligen Geistes diese Koinonia nach außen lebt. Diese Frage ergibt sich aus der Beobachtung, dass das Verständnis der Wirkung des Heiligen Geistes sowie der Beziehung zu seiner Wirklichkeit bisher in den ökumenischen Texten unter dem Gesichtspunkt seiner Christus-übermittelnden Aktivität im Sein der Kirche betrachtet wurde. In §33 KWGV wird gesagt, dass das Geheimnis der Kirche durch die Betrachtung der Gegenwart im Licht der Aktivität des Heiligen Geistes zur Erfüllung des Heilsplanes Gottes erkannt werden kann. Damit wird das ökumenische Denken herausgefordert, über das Verständnis der Kirche angesichts des Verständnisses vom Heiligen Geist als Geist der Koinonia nachzudenken. Diese Herausforderung impliziert den Gedanken, dass das Verständnis der Beziehung zur Wirklichkeit des Heiligen Geistes im Rahmen der sakramentalen Sicht der Heilsgeschichte eine Erweiterung benötigt. Das Verständnis des Heiligen Geistes muss in Bezug auf die Ekklesiologie so reflektiert werden, dass die Kirche davon praktische Schlussfolgerungen für die Begegnung mit der Realität des Heiligen Geistes in der Welt ableiten kann. Obwohl KWGV auf dem sakramental-ekklesiologischen Kurs von TEA bleibt, zeigt die schöpfungstheologische Begründung des menschlichen Lebens nach der Art der Koinonia, nämlich in Beziehung zu Gott und zu den Mitmenschen zu leben, dass die relationale Dimension der Koinonia neben dem Fokus auf der Gemeinschaft der Kirchen auch den Fokus auf das persönliche Leben eines konkreten Christen in seinem existentiellen Bezug zu Gott und zu den Mitmenschen mit einschließen sollte. Die Anwendung des Prinzips der trinitarischen Koinonia muss auch in der Wechselwirkung von Ekklesiologie und Anthropologie betrachtet werden. Andernfalls verlieren der Schöpfungsauftrag sowie die lebensspendende Bedeutung der trinitarischen Koinonia ihre Relevanz für die existentialen Erfahrungen des menschlichen Lebens. Soll die Koinonia als Ausdruck der neuen Schöpfung ihre Verkörperung im Rahmen der alten Schöp-
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fung und im Leben der Kirche zeigen, muss das innerhalb der konkreten, aktiven menschlichen Handlungen geschehen. Die Frage nach dem Wie des Zeugnisses der Kirche innerhalb der Schöpfung wurde in einigen Texten von F&O thematisiert. In §58 KWGV wird mit dem Hinweis auf das Studiendokument »Kirche und Welt« gesagt, dass die Kirche den Plan Gottes, die Welt zu verwandeln, umsetzen soll. Sie dient Gott, »indem sie das Evangelium verkündet, die Sakramente feiert, das Neusein des von ihm geschenkten Lebens manifestiert und so das in ihm schon gegenwärtige Reich antizipiert.«528 Der Aspekt des Neu-Seins des von Gott geschenkten Lebens und das Antizipieren der Erfüllung des Heilsplanes meinen die Auswirkung des trinitarischen Lebens der Koinonia auf das Leben der Welt durch die Kirche. Darum stellt sich die Frage, welche Art von Leben die Kirche meint, durch die sie als sichtbares Zeugnis der neuen Schöpfung in Erscheinung tritt. Soll die sichtbare Erscheinung des Neu-Seins eines von Gott geschenkten Lebens auf den relationalen Aspekt der Koinonia als eucharistische Einheit der Kirche beschränkt sein, wird das rückführend auf den schöpferischen Ursprungsplan Gottes bedeuten, dass das Endziel Gottes nur in der Einheit der Menschheit besteht. Was der Inhalt und die Qualität dieser Einheit ist und welche Relevanz diese Einheit für das Leben eines konkreten Individuums als lebenswahrnehmendes Subjekt bedeutet, wird in diesem Bild von Einheit nicht deutlich vermittelt. Die ökumenische Bedeutung der Koinonia ist stark auf die Bedeutung der Gemeinsamkeiten, des Teilens und des Teilnehmens fokussiert (KWGV §13). Wenn jedoch diese Vorstellung von der zukünftigen Einheit der Menschen in Verbindung mit dem Wesen des dreieinigen Gottes als Koinonia betrachtet wird, dann vermittelt die Idee der trinitarischen Koinonia die Vorstellung von der zukünftigen Einheit der Menschen als Einheit der relationalen Beziehungen oder gar des ontologischen Konstruktes der Relationen.529 Das beschränkt die Vorstellung von Gott, der sein Wesen als Liebe und Lebensschöpfer offenbart.530 528 Kirche und Welt: Die Einheit der Kirche und die Erneuerung der menschlichen Gemeinschaft, Studiendokument von Glauben und Kirchenverfassung, Kapitel III, §21. 529 Solche Neigung zur Herausbildung der Vorstellung von der Fülle der Koinonia als Gefüge der Relationen oder Einheit in Vielfalt kam zum Ausdruck in Santiago im Vortrag von John Zizioulas sowie im Diskussionspapier »Auf dem Weg zur Koinonia im Glauben, Leben und Zeugnis« bei der 5. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung. Vgl. Auf dem Weg zur Koinonia im Glauben, Leben und Zeugnis, §35–36. Eine baptistische Reaktion auf KWGV deutet auf den Wunsch, die Koinonia als Ausdruck der Liebe Gottes zu verstehen. Vgl. Joshua Searle, Moving Towards an Ecumenism of Koinonia: A Critical Response to ›The Church: Towards a Common Vision‹ from a Baptistic Perspective, in: JEBS (2015) 1 Januar, 27. 530 An dieser Stelle ist der Hinweis auf die Meinung von Paul Tillich aufschlussreich. Im Hinblick auf das Verständnis Gottes sagt er: »Es ist jedoch deutlich, dass jede Ontologie, die das
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Daraus muss aber nicht folgen, dass Liebe als Erfahrung der Hinwendung zum Gegenüber und Relationalität sich gegenseitig ausschließen. Es stellt sich jedoch die Frage, wie sich der Mensch in seiner subjektiven Vorstellung vom Heil und samt seiner Selbstwahrnehmung als lebende Person in dieser Vorstellung von der relationalen Zukunft wiederfindet? Wie kann diese Vorstellung ihn motivieren, diese Zukunft durch sein Verhalten in der Welt vorwegzunehmen? Gott offenbart sein inneres Wesen als gegenseitige Liebe und Offenheit, was sich seitens der menschlichen Selbsterfahrung des Lebens nicht am Bild der relational-ontologischen Beziehungen, sondern am Bild der real erfahrbaren zwischen-persönlichen Beziehungen des Menschen in seiner Liebe zu Gott und zu den Mitmenschen orientiert. Der Heilige Geist erscheint in diesem Zusammenhang als der, welcher diese Beziehung wirkt. Im Studiendokument »Das Wesen und die Bestimmung der Kirche« (1998) wird dieser individuelle Aspekt der Wirkung des Heiligen Geistes so ausgedrückt, dass sie als Wirkung im Menschen zum Wesen der Kirche dazugehört: »Die Kirche ist dem freien Umgang des Heiligen Geistes mit seiner Macht ausgesetzt (Joh 3,8), der Herzen erleuchtet und Gewissen bindet.«531 Daraus kann ein Denkansatz der persönlichen Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes als ein Wesensmerkmal der Kirche entwickelt werden. Das Verständnis der Kirche als Koinonia, insbesondere im missiologischen und schöpfungstheologischen Kontext der Wirkung des Heiligen Geistes, bietet einen Denkanstoß zur weiterführenden Betrachtung des Themas des menschlichen Lebens in Hinwendung zur Wirklichkeit des Heiligen Geistes. Als richtunggebend für die Einführung des Verständnisses des Lebens im Geist in die Reihe der essenziellen Elemente der Kirche kann die Antwort der Heilsarmee auf KWGV gelten: »We are a sacramental community because our life, our work, and our celebrations center on Christ, the one true Sacrament. Our life together is sacramental because we live by faith in him and our everyday lives reveal and offer unexpected grace, his undeserved gift, again and again.«532
dynamische Element in der Seinsstruktur unterdrückt, das Wesen eines Lebensprozesses nicht erklären und vom göttlichen Leben nicht sinnvoll sprechen kann«. Paul Tillich, Systematische Theologie. 1/2. Berlin, 1987, 212. In der Diskussion mit Albert Einsteins Verwerfung der Idee des persönlichen Gottes spricht Tillich für die Unentbehrlichkeit der Idee des persönlichen Gottes. Vgl. Paul Tillich, Das Problem des persönlichen Gottes, in: Manfred Baumonte (Hg.), Das Neue Sein. Tillich-Auswahl. Band I., Gütersloh 1980, 178– 182. 531 Das Wesen und die Bestimmung der Kirche, §37, 23. 532 https://ctbi.org.uk/responses-to-the-church-towards-a-common-vision/. (Abgerufen 22. 06. 2019). Eine ähnliche Denkweise zeigt der Vortrag »Möglichkeiten einer gemeinsamen Zukunft« von einem Vertreter einer pentekostalen Kirche, Norbert Saracco, auf der 9. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Porto Alegre (2006). Für Saracco ist die Ökumene der Zukunft eine Ökumene des Volkes Gottes, die auf dem gemeinsamen
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Das individuelle Leben im Glauben an Christus wird hier im Rahmen des sakramentalen Denkens als eigentliches sakramentales Element der Kirche abgeleitet von dem einen wahren Sakrament, von Christus, betrachtet. Solche Verknüpfung des persönlichen Lebens im Glauben mit dem sakramentalen Kontext ist für den multilateralen Diskurs wichtig. In diese Richtung deutend spricht KWGV davon, dass im Umgang mit den neuen Kirchen, »die eine neue Art des Kirche-Seins vorschlagen«, seitens anderer Kirchen trotzdem an der ursprünglichen Art der Überlieferung festgehalten werden muss. Hinter der Treue zum Ursprünglichen lässt sich zumindest der sakramentale Kontext des Verständnisses der Taufe, des Abendmahls und des Amtes vermuten. Aus diesem Grund stellt sich die Aufgabe für unsere weitere Untersuchung, die Spannung nicht aus dem Blick zu verlieren, die zwischen dem Verständnis des Heiligen Geistes im christlichen Leben aus der Sicht der pentekostalen Tradition und der sakramentalen Koinonia-Ekklesiologie des multilateralen ökumenischen Diskurses entsteht. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass sowohl die gewinnbringende Inklusion des pentekostalen Ansatzes zum Verständnis des Heiligen Geistes als auch die Öffnung der Pentekostalen gegenüber der sakramentalen Koinonia-Ekklesiologie unter Berücksichtigung der gegenseitigen Wechselwirkung und gegenseitigen Abhängigkeit von den Aspekten der persönlichen und ekklesialen Pneumatologien erfolgen muss.
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Der Heilige Geist und die Schöpfung
In diesem Teil wird das Verständnis des Heiligen Geistes in den multilateralen Texten in Bezug auf seine Wirkung in der Schöpfung untersucht. Das Interesse am Verständnis der Wirkung des Heiligen Geistes in der Schöpfung hat für unsere Untersuchung mehrere Gründe: Erstens führt der trinitarische Ansatz der subjektiven Erlebnis des Glaubens gründet. Vgl. Norberto Saracco, Neue Möglichkeiten auf der Suche nach einer sichtbaren Einheit – Ein Beitrag der evangelikalen Kirchen in Lateinamerika, in: Klaus Wilkens (Hg.), In deiner Gnade, Gott, verwandle die Welt. Offizieller Bericht der Neunten Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen Porto Alegre (2006), Frankfurt am Main 2007, 252–255, 253. Betrachtet man den Beitrag von Saracco unter dem Gesichtspunkt einer pfingstlerischen Sicht der Einheit, wird man in seinem Verständnis der Ökumene eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Denkansatz der Gesellschaft der Freunde Gottes (Quäker) sehen. »We understand the church, not merely as another human institution, but rather as a gathered community of mind and heart, where each soul journeys into the love of God.« A response from the Religious Society of Friends (Quakers) in Britain to World Council of Churches. Faith and Order Paper No 214, The Church: Towards a Common Vision, Geneva 2013, 6. Vgl. Flew, The Nature of the Church, 186–193. Der Zusammenhang mit der Pneumatologie kommt hier in Betracht unter dem Aspekt der Deutung der Einheit der Kirche als ein gemeinsames unmittelbares Erlebnis der Gegenwart Christi durch den Heiligen Geist.
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Der Heilige Geist in ausgewählten Texten des ökumenischen multilateralen Dialogs
Koinonia, in welcher sich die Kirche als Zeichen der eschatologischen Vollendung der ganzen Schöpfung versteht, zu der Frage, inwiefern die Kirche als Gemeinschaft des Heiligen Geistes sich zum Wirken Gottes hinsichtlich der Vollendung seines Heilplanes innerhalb der Gesamtschöpfung verhält. Wenn der Studientext GGB und der Konvergenztext KWGV den Heiligen Geist als Lebensspender auch in Bezug auf das Leben der Schöpfung und den Dienst der Kirche als Teil des göttlichen Plans zur Vollendung der Schöpfung verstehen, dann ist eine Reflexion über das Verständnis des Heiligen Geistes im Rahmen der Beziehung zwischen der Pneumatologie, der Ekklesiologie und der Schöpfungstheologie erforderlich. Damit ist die Frage gemeint, ob der pneumatologische Aspekt der Koinonia und auch das Verständnis des Heiligen Geistes im ökumenischen Diskurs zusammen einen geeigneten Denkrahmen bieten, die Weltwirklichkeit aus der Sicht des Wirkens des Heiligen Geistes zu erkennen und in diesem Licht die Rolle und die Handlung der Kirche gegenüber der Gegenwart des Heiligen Geistes in der Welt theologisch erfassen zu können. Der zweite Grund ergibt sich aus der Beobachtung der aktuellen Thematik und der Sprache sowohl der aktuellen Strategie des ÖRK als Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens wie des aktuellen Diskurses zum Missionsverständnis im ÖRK. Damit beziehe ich mich auf die Inhalte der Arbeit der letzten Weltkonferenz des ÖRK für Mission und Evangelisation in Arusha, Tanzania 2018. Die Weltkonferenz stand unter dem Thema »Moving in the Spirit: Called to Transformative Discipleship«. Mit Bezug auf Gal 5,25 »Wenn wir im Geist leben, so lasst uns auch im Geist wandeln« kündigte die Konferenz ihren Fokus auf die Wirkung des Heiligen Geistes im Leben der Kirche an.533 Dabei steht das Verständnis der Leitung des Heiligen Geistes unter dem inhaltlichen Gesichtspunkt der Botschaft der 10. Vollversammlung des ÖRK in Busan (Südkorea 2013): »Herausgefordert durch unsere Erfahrungen in Busan rufen wir alle Menschen guten Willens dazu auf, ihre von Gott gegebene Gaben für Handlungen einzusetzen, die verwandeln.«534
Der pneumatologische Akzent liegt im Verständnis von verwandelnder Haltung und Wirken der Christen in der Welt, welcher durch das Symbol einer Pilgerreise der Gerechtigkeit und des Friedens zum Ausdruck kam. Die christliche Spiritualität kann im Rahmen dieser Pilgerreise und des ÖRK-Verständnisses der 533 Vgl. Risto Jukko/Jooseop Keum, Moving in the Spirit. Report of the World Council of Chuches Conference on World Mission and Evangelism. Geneva, 2019, xvii–xviii. https:// www.oikoumene.org/en/resources/ publications/MovingintheSpirit.pdf Abgerufen 28. 01. 2020. 534 Botschaft der 10. ÖRK-Vollversammlung, in: Hans-Georg Link/Dagmar Heller/Konrad Raiser/Barbara Rudolf, Gott des Lebens, weise uns den Weg zu Gerechtigkeit und Frieden, Leipzig/Padeborn 2014, §6, 64.
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Kultur des Lebens als verwandelnde Nachfolge Christi angedacht werden. Das Thema der verwandelnden Nachfolge (transforming discipleship) bildete zusammen mit dem Thema der Bewegung im Heiligen Geist (Moving in the Spirit) den thematischen Kern der Missionskonferenz des ÖRK in Arusha.535 Die verwandelnde Nachfolge korrespondiert mit dem Auftrag der Kirche als Zusammenwirken von Gott und Christen zur Verwirklichung des lebensbejahenden Planes Gottes für der Welt.536 Das Verständnis der verwandelnden Nachfolge basiert im Missionsverständnis des ÖRK, das im Text TTL festgehalten wurde. Die pneumatologische Dimension des neuen Missionsverständnisses kommt in der Wende des missiologischen Denkens hin zum Verständnis von Mission unter der Leitung des Heiligen Geistes zum Ausdruck: »The aim is that Together Towards Life will stimulate a movement of missionary thinking and action which will reenergize the churches to engage the world of the 21st century in the power of the Holy Spirit.«537 Die Fragen, die dieses neue Missionsverständnis für das Verständnis der Aktivitäten der Kirchen unter dem Gesichtspunkt der verwandelnden Nachfolge mit sich bringt, werden in Arusha wie folgt formuliert: »What will it mean for us, as individuals and churches, to be transformed in the power of the Holy Spirit? What will it mean to join the Spirit in transforming and healing a broken world?«538 Die Rolle des Heiligen Geistes im Leben der Christen sowie das Nachdenken über das theologische Verständnis der Begegnung der Christen mit dem Wirken des Heiligen Geistes sollen zunehmend in den Fokus des ökumenischen Denkens kommen.539 Angesichts der Zielsetzung des neuen Verständnisses der Nachfolge Christi, nämlich vom Heiligen Geist zu den Orten geleitet zu werden, an welchen Gott am Wirken ist, stellt sich die weitere Aufgabe, ob eine, und wenn, dann welche, theologische Basis dem Nachdenken über den Heiligen Geist in den bisherigen ökumenischen Dialogen zum Verständnis des aktiven christlichen Lebens gegenüber der Gegenwart des Heiligen Geistes in der Schöpfung zugrunde gelegt werden kann.
535 Vgl. Risto Jukko/Jooseop Keum, Moving in the Spirit, xxvi–xxviii. 536 Vgl. Einheitserklärung der 10. Vollversammlung des ÖRK §12, in: Hans-Georg Link/ Dagmar Heller/Konrad Raiser/Barbara Rudolf, Gott des Lebens, 70. 537 Together Towards Life, Conclusion 72–73. 538 Risto Jukko/Jooseop Keum, Moving in the Spirit, xviii. 539 Kirsteen Kim spricht von der Wende im Missionsverständnis. »Mission as joining in with thre Spirit also shifts mission from the category of activism to that of spirituality.« Kirsteen Kim, Mission’s Changing Landscape: Global Flows and Christian Movements, in: Amélé Adamavi-Aho Ekué /Marion Grau/Atola Longkumer (eds), Translating the World, Transforming the World. An Ecumenical Reader, Geneva 2018, 113–114.
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Zwei Vollversammlungen des ÖRK, nämlich die 7. Vollversammlung in Canberra (1991, Australien) und die 10. Vollversammlung in Busan (2013, Südkorea), sowie der Studientext von F&O Kirche und Welt können aus meiner Ansicht als Quellen für diese Untersuchung in Betracht gezogen werden, weil sie die meisten Bezüge zum ökumenischen Verständnis des Wirkens des Heiligen Geistes in der Welt liefern.
1.6.1 Der Heilige Geist in Texten der 7. Vollversammlung des ÖRK in Canberra (1991) Die 7. Vollversammlung des ÖRK in Canberra war die erste Vollversammlung, die sich auf das Wesen und das Wirken des Heiligen Geistes konzentrierte. Das Thema »Komm, Heiliger Geist – erneuere die ganze Schöpfung« zeigte die theologische Ausrichtung der Vollversammlung, insbesondere den Rahmen, in dem man das Verständnis des Heiligen Geistes behandelte.540 Das Besondere an der 7. Vollversammlung des ÖRK war, dass man den Heiligen Geist in Verbindung mit drei theologischen Schwerpunkten betrachtete: 1) in Bezug zur Schöpfung, 2) auf die Einheit der Kirche und 3) auf die Einheit der Kirche mit der Welt bezogen.541 In Canberra wurde die Linie der 6. Vollversammlung des ÖRK in Vancouver (Canada, 1983) unter dem Gesichtspunkt entfaltet, »mehr und mehr in Jesus Christus – das Leben der Welt hineinzuwachsen«.542 Daraus bildete sich eine gedankliche Richtung, die einerseits auf die Lebenspraxis der Kirchen, andererseits auf die Frage, wie die Kirchen angesichts der Nöte der Welt gemeinsam handeln können, abzielte.543 Die in Vancouver 540 Die thematische Richtung der Vollversammlung setzt den Trend des ökumenischen Engagements des ÖRK für Gerechtigkeit und Frieden mit dem Fokus auf die Bewahrung der Schöpfung fort. Vgl. Müller-Römheld, Im Zeichen des Heiligen Geistes, 134. Herkommend vom Thema der 6. Vollversammlung in Vancouver »Jesus Christus, das Leben der Welt« bekommt das Thema »Schöpfung« als drittes Integral der ökumenischen Ethik des Lebens (neben Frieden und Gerechtigkeit) ein theologisches Gewicht. A. a. O., 135. In diesem Jahr fand die erste globale theologische Konferenz der Pentekostalen in Brigthon statt. Harold Hunter berichtet, dass er sich an Emilio Castro mit der Idee gewandt hat, die Vollversammlung in Canberra und die Konferenz in Brigthon zu verlinken. Vgl. Harold Hunter, Pentecostal Reflections on Apostolicity, in: JEPTA 2013 33/1, 1–14, 6. 541 Die vier Sektionen der Vollversammlung stehen repräsentativ für die Breite der Thematik. Selbst die Themen der Spiritualität und des Wandeln im Geist drücken die Verbindung zwischen dem Heiligen Geist, der Welt und sozioökonomischen Aktivitäten der Christen aus. Vgl. Müller-Römheld, Im Zeichen des Heiligen Geistes, 115–116. 124. 542 Müller-Römheld, Im Zeichen des Heiligen Geistes, 129. 543 »Während Einheit der Kirche und Ganzheit ihrer Mission untrennbar sind, müssen wir nicht die sichtbare Einheit der Kirchen schon erreicht haben, ehe wir uns gemeinsam den Nöten der Welt zuwenden. Dieser gemeinsame Einsatz in der Welt kann sogar die Einheit der Kirche fördern.« Müller-Römheld, a. a. O., 104.
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initiierte Idee von einer lebendigen und zusammenhängenden Theologie fand in Canberra im Rahmen der pneumatologischen Thematik ihre weitere Entwicklung.544 Unter diesem Aspekt sollte die Pneumatologie, insbesondere das Bekenntnis zum Wirken des Heiligen Geistes im Hinblick auf die Einheit der Kirche, eine große theologisch-praktische Relevanz bekommen. Inwiefern beziehen sich das Verständnis des Wirkens des Heiligen Geistes als Hineinwachsen in den Lebenszusammenhang mit Christus und das Wirken der Kirche im Weltgeschehen aufeinander? Das Interesse an der Vollversammlung in Canberra für die vorliegende Untersuchung liegt hinsichtlich der weiteren Verfolgung des Koinonia-Konzepts darin, dass die Vollversammlung den Begriff Koinonia deutlicher als den Begriff Einheit betrachtet hat, und zwar als » […] integralles Element im umfassenden Kontext des Heilshandelns Gottes […] dem die Kirche als Zeichen und Instrument dienen soll.«545 Auf der anderen Seite kündigten einige Aussagen wie zum Beispiel aus der IV. Sektion der 7. Vollversammlung die Verbindung zwischem dem Verständnis des christlichen Lebens und dem Heiligen Geist an: » Im Heiligen Geist leben bedeutet, sein Leben auf Gott auszurichten und geistliche Wagnisse eingehen – kurz: aus dem Glauben leben […] Der Heilige Geist leitet die Kirchen dazu, ihr Leben der trinitarischen Beziehung nachzubilden.«546 Auch hier wird die Linie der Trinitäts-Ekklesiologie von GGB deutlich, dass das Wirken des Heiligen Geistes im Schaffen des Koinonia-artigen Lebens besteht. Der Zusammenhang zwischen der Kirche und dem Leben der Schöpfung war unter dem Begriff der ökumenischen Spiritualität schon zur 5. Vollversammlung des ÖRK in Nairobi (1975) angedacht. Der Ausdruck »ökumenische Spiritualität« bezog sich auf die Besinnung der Vollversammlung, die unter anderem ihren Ausdruck in den Gottesdiensten der Vollversammlung fand. Dabei wurden liturgische Formen der verschiedenen Konfessionen (auch die der charismatischen und pentekostalen Bewegung) unter dem Konzept Sharing in Spirituality in die Gottesdienste einbezogen.547 Eine besondere Gewichtung fand das Thema jedoch in der Entscheidung der Vorbereitungsgruppe von F&O, das Thema Spiritualität in einem geschlossenen Workshop »Spiritualität« zu behandeln.548 544 Vgl. Müller-Römheld, Vancouver 83, 259. »…das Hineinwachsen in den gnadenvollen Lebenszusammenhang mit Jesus Christus geschieht nicht anders als durch das Wirken des Heiligen Geistes.« Müller-Römheld, Im Zeichen des Heiligen Geistes, 129. 545 Gassmann/Heller, Santiago, 11. 546 IV. Sektion Heiliger Geist – verwandle und heilige uns!, in: Müller-Römheld, Im Zeichen des Heiligen Geistes, 117. 547 Vgl. Peter Beyerhaus/Ulrich Betz (Hg.), Ökumene im Spiegel von Nairobi 75, Bad Liebenzell 1976, 160–161. 548 Vgl. Hanfried Krüger/ Walter Müller-Römheld (Hg.). Bericht aus Nairobi 1975. Offizieller Bericht der Fünften Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen. 23. November bis 10. Dezember 1975 in Nairobi/Kenia, Frankfurt am Main 1976, 321–324.
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Der Workshop betonte, dass das Thema Spiritualität unter dem Aspekt der Lebensgestaltung als Öffnung für das Wirken des Heiligen Geistes für die ganze ökumenische Gemeinschaft von Bedeutung ist.549 Allerdings stand diese Spiritualität unter dem politischen Zeichen der Förderung des Kampfes für Gerechtigkeit, Freiheit und Einheit.550 Selbst das gottesdienstliche Leben wird als Ort zur Unterstützung der Spiritualität des Kampfes verstanden. Die Betrachtung der Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes in der Welt baute jedoch mehr auf das politische Engagement der Christen im Hinblick auf gesellschaftliche Veränderungen als auf die Lehre vom Heiligen Geist. Spiritualität wurde weniger im direkten Bezug zur Wirklichkeit des Heiligen Geistes, sondern ethisch als Kampf-Gesinnung im Rückgriff auf Eph 6,12 (Das christliche Leben ein ständiger Kampf gegen Mächte der Zerstörung) verstanden. Peter Beyerhaus (luth.) sprach in diesem Zusammenhang vom Verlorengehen des wirklichen persönlichen Gegenüber Gottes, »Gott, der Herr, der Heilige Geist, wird verdinglicht zu einer anthropologischen Wesensausstattung.«551 Diese, wenn auch scharfe, kritische Reaktion markiert die Spannung und gleichzeitig die offene Lücke im ökumenischen Denken hinsichtlich der Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes in der Welt.552 Die Meinung von Beyerhaus kann stell-
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Vgl. For the Years Ahead. Programme of the Commission on Faith and Order, F&O Paper 80, Geneva 1976, 21. Bei der 10.Vollversammlung des ÖRK in Busan (2013) wird ein Vertreter der orthodoxen Kirche die Vollversammlung an diesen Workshop erinnern mit dem Hinweis, die Theologie in die Praxis umzusetzen. Vgl. Hans-Georg Link (Hg.), Gott des Lebens, 194. Vgl. Hanfried Krüger/ Walter Müller-Römheld (Hg.), Bericht aus Nairobi 1975, 321– 322. Eine Empfehlung des Workshops betonte die Erforschung der Zeichen des Heiligen Geistes in der Welt nach Mk 16,17–20. Vgl. Hanfried Krüger/ Walter Müller-Römheld (Hg.), Bericht aus Nairobi 1975, 250. Vgl. Konrad Raiser, Ökumene unterwegs zwischen Kirche und Welt: Erinnerungsbericht über dreißig Jahre im Dienst der ökumenischen Bewegung, Ökumenische Studien, Berlin / Münster 2013, 89. Peter Beyerhaus/Ulrich Betz (Hg.), Ökumene im Spiegel von Nairobi 75, 173. Die Vollversammlung in Canberra konzentrierte sich mehr auf die Spiritualität als auf die Pneumatologie (Newbigin), deshalb stand im Vordergrund mehr die Christusähnlichkeit als der Glaube an Christus. Vgl. Kirsteen Kim, Spirit and »Spirits« at the Canberra Assembly of the World Council of Churches, 1991, in: Miss. 2004 Vol. XXXII/3, 349–365. Der Bericht der II. Sektion vermittelte die gleiche Linie. Er setzte das Verständnis des Heiligen Geistes beim Begriff Freiheit an. Er wendet das Verständnis der Freiheit des Heiligen Geistes auf das materielle, das diesseitige und gemeinschaftliche Leben an. Damit wird der Heilige Geist als Prinzip und gleichzeitig als ausführende Kraft der Befreiung der Menschen aus menschenverachtenden Systemen gedeutet. Dieser Denkansatz ist grundlegend für die Hermeneutik der biblischen Aussagen über die Freiheit. »Durch den Geist erkennen wir die Wahrheit, und die Wahrheit macht uns frei (Joh 8,32). Deshalb sind wir nicht länger Gefangene von Systemen, die uns unterdrücken und versklaven. Wir sind frei, Zeugnis von der Gerechtigkeit des Reiches Gottes abzulegen, ungerechter Unterdrückung zu widerstehen, sei diese wirtschaftlicher, politischer, kultureller oder sozialer Natur…« Müller-Römheld, Im Zeichen des Heiligen Geistes, 78.
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vertretend für die evangelikale wie auch für die pentekostale Denkweise stehen. Demgemäß bildet die Wirklichkeit des Heiligen Geistes als Gegenüber des Menschen ein Spannungsverhältnis zum Verständnis der Wirklichkeit des Heiligen Geistes im Weltgeschehen. Die Denkweise von Canberra zeigt viele Ähnlichkeiten mit der in Nairobi angesprochenen Beziehung zwischen dem Wirken der Kirche und der Wirklichkeit des Heiligen Geistes in der Welt. Allerdings sehe ich im Denken von Canberra Anzeichen für den Einfluss des Koinonia-Denkens. In den obigen Ausführungen zur Koinonia wurde gezeigt, dass das Wirken des Heiligen Geistes als Geist der Koinonia und das aktive Sein der Kirche in einem gegenseitigen Verhältnis stehen. In Canberra wurde das neue Konzept der christlichen Einheit als Koinonia als Reaktion auf die problematischen Konnotationen des Konzepts der organischen Einheit der Kirche angenommen.553 Die Konzeption der Einheit der Kirche als Koinonia wurde in der so genannten Canberra-Erklärung Die Einheit der Kirchen als Koinonia: Gabe und Berufung vorgeschlagen. Die Canberra-Erklärung hält fest, dass die Schöpfung durch die Kraft des Heiligen Geistes auf die endgültige Vereinigung alles Seienden unter der Herrschaft Jesu Christi hinlebt. Die Kirche als Koinonia wird als Vorwegnahme dieser endzeitlichen Vereinigung verstanden. »Die Kirche ist die Vorwegnahme dieser Gemeinschaft mit Gott und miteinander. Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes befähigen die eine Kirche, als Zeichen der Herrschaft Gottes und Dienerin der Versöhnung mit Gott zu leben, die für die ganze Schöpfung verheißen und gegeben worden ist.«554
Die Kirche ist berufen, die Fülle der Gemeinschaft mit Gott sichtbar zu machen.555 Im Bericht der I. Sektion wird die Kirche als Zeichen der neuen Schöpfung beschrieben. Die III. Sektion spricht von der Kirche als gegebene Koinonia des Heiligen Geistes: »[D]er Heilige Geist führt uns in eine Koinonia (Gemeinschaft), die im gebenden und empfangenden Leben der heiligen Dreieinigkeit wurzelt.«556 Die IV. Sektion der 7. Vollversammlung »Heiliger Geist – verwandle und heilige uns« legte ihren Fokus auf die ökumenische Spiritualität. »Sie sollte in der Gemeinschaft Gestalt finden und ihre Mitte in der Eucharistie haben.«557 Dem persönlichen Leben in der Ausrichtung auf Gott wurde die Bedeutung des Lebens im Heiligen Geist zugesprochen. Das Wirken des Heiligen Geistes wurde 553 Vgl. a. a. O., 174 (2.1). Vgl. Günther Gassmann/ John A. Radano (eds.), The Unity of the Church as Koinonia. Ecumenical Perspective on the 1991 Canberra Statement on Unity, Geneva 1993, 8. Vgl. Gaßmann/Heller, Santiago, 11. 554 Müller-Römheld, Im Zeichen des Heiligen Geistes, 173f. 555 Vgl. a. a. O., 253. 556 A. a. O., 252. 557 A. a. O., 258.
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in der Nachbildung des Lebens der trinitarischen Beziehung gesehen.558 Die kenotische Bewegung der Selbstaufgabe wurde als Befähigung des Heiligen Geistes verstanden.559 Die neue Interpretation der Einheit der Kirche als Koinonia zeigt die Verbindung zur schöpfungstheologischen Dimension. Sie sieht die Rolle des Heiligen Geistes in seiner partizipatorischen Wirkung. Das könnte den Denkkreis des Partizipationsverständnisses hin zum Verständnis der persönlichen Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes erweitern. Die oben aufgeführten Eigenschaften des Heiligen Geistes legen die Basis für das Verständnis der persönlichen Begegnung mit dem Heiligen Geist: Ausrichtung auf Gott, kenotische Haltung und Leben in der trinitarischen Beziehung. Die zahlreichen Erwähnungen des Einflusses der pentekostalen Tradition auf die Arbeit der Vollversammlung wie z. B. im III. Sektionsbericht, in welchem es um die Gaben des Heiligen Geistes ging, weckten das Interesse an der Entfaltung des Themas der Koinonia des Heiligen Geistes.560 All diese Indizien weisen auf den Zusammenhang der Lehre vom Heiligen Geist mit dem persönlichen Glauben und einem intensiven Gemeindeleben.561 Trotzdem fand das Thema der Begegnung mit dem Heiligen Geist und das Leben im Heiligen Geist keine Vertiefung. Die Ekklesiologie der Kommunion (Koinonia) blieb im Kontext des gemeinsamen sakramentalen Lebens.562 In der IV. Sektion in Canberra wird zwar behauptet, dass der Heilige Geist mit der erhabenen Freiheit Gottes weht, wo er will, dennoch wird die
558 Vgl. Fn. 538. 559 Vgl. Müller-Römheld, Im Zeichen des Heiligen Geistes, 118. 560 Vgl. Müller-Römheld, Im Zeichen des Heiligen Geistes, 112. Das Erfüllt-Werden vom Heiligen Geist wird im Bericht in Bezug auf die Charismen des Heiligen Geistes als gültige Ausdrucksweisen des christlichen Glaubens anerkannt. Die Einbindung der pneumatologischen Tradition der Pentekostalen in die Arbeit der Sektion führte zur Empfehlung an alle Kirchen, »die neutestamentliche Lehre wiederzuentdecken, daß jeder Christ wenigstens eine Gabe des Heiligen Geistes zur Auferbauung der Kirche besitzt.« Und: »Die Kirchen sollten sich bemühen, ihr Lehren über die Trinität, die Pneumatologie (…) und die im Neuen Testament beschriebenen Charismen zu vertiefen.« Ebd. Der Bezug auf die Gaben des Heiligen Geistes deutet auf die erfahrbare Beziehung zwischen der Glaubenswirklichkeit und der Wirklichkeit des Heiligen Geistes unter den Christen. Allerdings wird die pneumatologische Erfahrung der Pfingsttradition als eine neben anderen Ausdrucksformen des christlichen Glaubens betont, mit dem Hinweis, »Glauben und Praxis der Pfingstbewegung seien keine Voraussetzung für echte christliche Erfahrung.« A. a. O., 114. 561 Vgl. 2.10 Das Geheimnis des Heiligen Geistes und 3.14 Die Kirche als Sakrament und Zeichen. IV. Sektion Heiliger Geist – verwandle und heilige uns!, in: Müller-Römheld, Im Zeichen des Heiligen Geistes, 117. 562 Vgl. Gassmann/Radano, The Unity, 7. »The Canberra statement conveys the idea that the Koinonia being sought is characteristically expressed also in »a common sacramental life.«. Gassmann/Radano, The Unity, 8. Hier ist anzumerken, dass der Fokus auf die CommunioEkklesiologie der Beteiligung der römisch-katholischen Kirche an der Arbeit F&O zu verdanken war. Vgl. Müller-Römheld, Im Zeichen des Heiligen Geistes,7.
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geistliche Konsequenz aus dieser Erkenntnis in der Begegnung mit dem Wort und Sakrament gesehen.563 Was die Beziehung des Heiligen Geistes zur Schöpfung betrifft, legte der geistzentrierte Denkansatz von Canberra den Fokus auf die Gegenwart des Geistes in der Schöpfung als Begründung für ihren transzendenten Welthintergrund. Dies impliziert nicht nur einen theologischen Denkansatz zur Bewahrung der Schöpfung, sondern auch die Wahrnehmung der spirituellen Realität der Kulturen der Völker und auch ihrer Religionen: »Das Erbe der Urvölker und der nichtwestlichen Kulturen, insbesondere derjenigen, die ihre Spiritualität des Landes bewahrt haben, kann uns allen neue Einsichten vermitteln.«564 Dabei wurde der Gedanke der spirituellen Realität der menschlichen Welt vom Prinzip der Ganzheit der Schöpfung als »gegenseitige Abhängigkeit aller Teile des kosmischen Lebens« beeinflusst.565 Diese Aussagen vermitteln eine ambivalente Vorstellung vom Wirken des Heiligen Geistes in der Schöpfung. Obwohl das Wirken des Heiligen Geistes in der Kirche und in der Schöpfung das Werk ein und desselben Geistes ist, wird dennoch seine Wirkung in zwei Dimensionen verstanden, nämlich in Verbindung mit der Existenz der Kirche und innerhalb der Schöpfung. Wie die Beziehung dieser Dimensionen zueinander theologisch zu verstehen ist, wird jedoch nicht genügend erläutert. Wenn die Gegenwart des Heiligen Geistes in der Schöpfung hinsichtlich der Verbindung zwischen der Kirche und der Gesamtschöpfung betrachtet wird, dann taucht logischerweise die Frage nach der theologischen Konkretisierung des Verhältnisses zwischen der Sendung des Heiligen Geistes als Geist Christi in die Welt und seiner Gegenwart als in der Kirche wirkender Geist Christi auf. Damit hängen auch folgende Fragen zusammen: Was macht die Kirche andersartig in Bezug auf die Gegenwart des Heiligen Geistes in der Welt und ihr Wesen als Leib Christi? Wie ist die Sendung des Heiligen Geistes an Pfingsten in Bezug auf das schöpferische Wirken des Geistes zu verstehen? Wie ist das Verhältnis von Christologie, Ekklesiologie und Pneumatologie in ihrem Verhältnis
563 Vgl. Heiliger Geist in der Welt §39, in: Müller-Römheld, Im Zeichen des Heiligen Geistes, 121. 564 A. a. O., Canberra 1991, S.243. 565 A. a. O., 62. Diese Formulierung ist im Bericht des Redaktionsausschusses nicht vorhanden (S. 239–247). Der Text »Kirche und Welt« enthält die gleiche Vorstellung. »Wie kann die Kirche so verstanden werden, dass Wesen und Sendung der Kirche als integrale und in Wechselbeziehung zueinander stehende Elemente des Seins (esse) der Kirche als solcher gesehen werden? Wie kann die Interrelation zwischen der so verstandenen Kirche und der Menschheit ›außerhalb‹ der Kirche über ihre offenkundige Beziehung hinaus – die Kirche lebt in der Welt und ist in die Welt gesandt – in einer kohärenten theologischen Perspektive verstanden werden?«, Kirche und Welt, 12.
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zur Schöpfungstheologie? Wie ist die Kirche unter dem Gesichtspunkt der Gegenwart des Heiligen Geistes in der Welt zu verstehen? Diese Fragen zeigen sich ansatzweise in den theologischen Resonanzen auf die 7. Vollversammlung in Canberra. Dabei sind einige auffallend kritische Reaktionen von Seiten der Evangelikalen, der Pentekostalen und der Orthodoxen zu erwähnen.566 Was sie verbindet, ist der Ansatzpunkt ihrer Reaktionen auf das Thema »Heiliger Geist als Geist Christi« in seiner Wirkung in der Welt bzw. in den geistlichen Kulturen der Völker. Zum großen Teil waren ihre Reaktionen durch den Vortrag der südkoreanischen Theologin Chung Hyun Kyung ausgelöst. Chung kommt ursprünglich aus Südkorea und ist Mitglied einer presbyterianischen Kirche. Sie erhob in ihrem Vortrag keinen Anspruch auf eine systematisch-dogmatische Darstellung der Lehre vom Heiligen Geist567, sondern versuchte darauf einzugehen, wie der Umgang mit dem Wirken des Heiligen Geistes im Rahmen eines kulturellen Geistverständnisses erläutert werden kann. Es ist aus meiner Sicht Mary Tanner zuzustimmen, die diesen Vortrag von Chung im Rahmen der Inkulturation des christlichen Glaubens verstanden hat.568 Chung Hyun Kyung interpretierte das Wirken des Heiligen Geistes in der Schöpfung unter zwei Gesichtspunkten. Der erste Gesichtspunkt bezieht sich auf das Leben der Schöpfung und auf die damit verbundene Aufgabe zur Erhaltung des Lebens: »Gott hat uns und dem ganzen Universum das Leben gegeben durch seinen lebensspendenden Atem (ruach), den Wind des Lebens.«569 Der zweite Gesichtspunkt bezieht sich auf die Gegenwart des Heiligen Geistes in den traditionell-kulturellen Vorstellungen von der Schöpfung. Chung hat durch ihre Präsentation in Erwägung gebracht, dass sich die Gegenwart des Heiligen Geistes in der Geisterkultur eines jeweiligen Volkes ausdrückt.570 »Für uns sind sie [Geister aller Vorfahren] greifbar und sichtbar gewordene Ikonen des Heiligen Geistes.«571 Chung sah nur einen Aspekt des Heiligen Geistes, nämlich sein lebenserhaltendes Wirken im Leben der Schöpfung, wobei sie die ganzheitliche Betrachtung des geschaffenen Lebens ausschließlich auf dem Aspekt der lebenserhaltenden Wirkung des Heiligen Geistes aufbaute.
566 Vgl. Bruce J. Nicholls (ed.), Beyond Canberra: Evangelical Responses to Contemporary Ecumenical Issues. 1. ed., Oxford 1993. 567 Vgl. Müller-Römheld, Im Zeichen des Heiligen Geistes., 55. 568 Vgl. Gassmann/ Heller, Santiago, 24. 569 Müller-Römheld, Im Zeichen des Heiligen Geistes, 50. 570 Gegen Kirsteen Kim, die das Verständnis der Geister bei Chung als mit dem Heiligen Geist identifiziert interpretiert. Ich sehe einen Unterschied zwischen den Begriffen Identität (Kim) und Ikone (Chung). Vgl. Kirsteen Kim, Spirit und »Spirits«, 349–365,350. 571 Müller-Römheld, Im Zeichen des Heiligen Geistes, 49.
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Die Reaktion der Evangelikalen wie auch der Orthodoxen konzentrierte sich unter anderem auf die mangelnde Klärung der Identifizierung des Heiligen Geistes in der Schöpfung mit dem Geist Christi.572 »Im Augenblick besteht keine ausreichende Klarheit bezüglich der Zusammenhänge zwischen dem Bekenntnis, dass der Herr Jesus Christus gemäß der Heiligen Schrift Gott und Heiland ist, der Person und dem Werk des Heiligen Geistes und den berechtigten Anliegen, die auf der Tagesordnung des ÖRKs stehen.«573
Obwohl die theologischen Begründungen beider Traditionen von unterschiedlichen Prämissen ausgehen, bringen sie dennoch zum Ausdruck, dass die Implikationen der pneumatologischen Schöpfungstheologie von Canberra in einem Spannungsverhältnis zur Christologie stehen.574 Die Reaktion der orthodoxen Teilnehmer zeigt das theologische Bewusstsein der orthodoxen Tradition, was den Umgang mit den außerkirchlichen Kulturen betrifft. Nicolas Lossky erklärte die Reaktion der orthodoxen Teilnehmer auf das Problem des Verhältnisses zwischen Evangelium und Kultur.575 Der Brief der orthodoxen Delegation sieht die Problematik in der Nicht-Unterscheidung zwischen den Geistern, indem man versuchte, »einen privaten Geist, den Geist der Welt oder andere Geister an die Stelle des Heiligen Geistes zu setzen«.576 Pneumatologie sei nicht von der Christologie und der Lehre von der Heiligen Dreifaltigkeit zu trennen.577 Hier vertritt die orthodoxe Kirche den Denkansatz einer pneumatologischen Christologie (Bobrinskoy, Nissiotis), der die Verbindung zwischen Christus und dem Heiligen Geist als Grundaxiom für alle theologischen Implikationen darstellt. Die gegenseitige Verbindung von Christologie und Pneumatologie findet ihren Ausdruck in der Rolle der Ekklesiologie.578 Darüber hinaus, wie Kirsteen Kim 572 »Wir haben zusammen mit anderen angemahnt, dass eine notwendige Klärung verlangt werden müsse, um den Geist mit dem Geist Jesu Christi identifizieren zu können.« Raiser/ Sens, Canberra 1991, 129. 573 A. a. O., 130. 574 Vgl. a. a. O., 129. Bei der Beurteilung der Reaktion der Evangelikalen und der Orthodoxen muss man die Tatsache berücksichtigen, dass einer der Schwerpunkte der 7. Vollversammlung in der Schaffung neuer Denkmodelle für die Begegnung mit anderen Religionen und Kulturen lag. Man suchte nach den Kriterien der Unterscheidung zwischen dem Heiligen Geist und spirituellen Traditionen in den Kulturen. Das Hauptkriterium wurde allerdings mehr vom Modell der Christusähnlichkeit als vom persönlichen Glauben an Christus abgeleitet. Vgl. T. J. Gorringe, Discerning Spirit: A Theology of Revelation, London/ PA Philadelphia1990, 38. 575 Vgl. Nicolas Lossky, Reflections on Canberra, in: SVSQ (1992) 36/1–2, 159–75. 576 Raiser/Sens, Canberra 1991, 281. 577 Vgl. a. a. O., 281. 578 In diesem Zusammenhang ist auf die kritische Reaktion von der orthodoxen Theologin Paraskeve (Eve) Tibbs auf den Denkansatz des pentekostalen Theologen Amos Yong hinzuweisen. Yong fand in der Darstellung des orthodoxen Theologen George Khodr über die Rolle des Heiligen Geistes in der Welt eine Unterstützung für seine Theologie der Religionen.
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bemerkt, zeigt die Reaktion der Orthodoxen ihr besonderes Bewusstsein für die Wirklichkeit der geistlichen Kräfte in der Welt.579 Allerdings geht es bei diesem Bewusstsein nicht um eine direkte Begegnung mit der Wirkung des Heiligen Geistes in der Welt, sondern um den Umgang mit der Schöpfung unter dem Gesichtspunkt ihrer Beziehung zu Gott.580 Eine pentekostale Reaktion von Peter Kuzmic zeigte, dass sich die Offenheit der Kirche für die Wirkung des Heiligen Geistes in der Schöpfung auf die Priorisierung des charismatischen Wesens der Kirche vor dem sakramental-institutionellen Wesen gründet.581 Obwohl Kuzmic nicht erläutert, was in seinen Aussagen die Abhängigkeit der Kirche vom Heiligen Geist bedeutet, lassen seine Aussagen vermuten, dass die pneumatologische Dimension der Kirche, die sie für die Wirkung des Heiligen Geistes in der Welt sensibel macht, in der persönlichen Offenheit für die freie und übernatürliche Wirkung des Heiligen Geistes besteht. Der Akzent liegt hier auf der Begegnung der Kirche mit der Wirkung des Heiligen Geistes in der Welt durch direkte Erfahrungen des Heiligen Geistes. Damit wird indirekt der Bedarf an der Neu-Besinnung über das Wesen der Kirche aus der Perspektive der Begegnung mit dem Heiligen Geist angesprochen. Diese Denkrichtung wurde im Studientext von F&O Kirche und Welt im Zusammenhang mit einem Hinweis auf die Arbeit der Konsultation F&O Justice, Unity, Renewal in Singapur 1986 erwähnt.582 »Die Kirche muss vielmehr sich selbst und ihre Mission am Wirken Gottes und des Heiligen Geistes in der Welt orientieren und mit dem Heiligen Geist gehorsam gegenüber dem Ruf Gottes und den Eingebungen des Heiligen Geistes zusammenwirken. … (hier) zeigt sich, wie dringend wir heute eine Ekklesiologie entwickeln mu¨ ssen, die auf dem Mysterium der Trinita¨t basiert … Ebenso unverzichtbar ist heute fu¨ r uns eine Ekklesiologie, die sich auf den Heiligen Geist und auf sein Wirken gründet.«583
579 580 581 582 583
Tibbs begründete den Unterschied des Ansatzes von Yong zur orthodoxen Tradition, dass die Allgegenwart Christi in der Welt nicht nur allein in Bezug auf die Wirkung des Heiligen Geistes in der Welt, sondern in erster Linie in Bezug auf seinen Leib zu verstehen ist. Vgl. Amos Yong, Beyond the Impasse: Toward a Pneumatological Theology of Religions, Grand Rapids 2003, 86–90. George Khodr, Christianity in a pluralistic World – the Economy of the Holy Spirit, in: ER (1971) 23, 118–128. Paraskeve (eve) Tibbs, A Distinct Economy of the Spirit? Among Yong, Pentecostalism and Eastern Orthodoxy, in: Wolfang Vondey/ Martin Mittelstadt, The Theology of Amos Yong and the New Face of Pentecostal Scholarship, Leiden 2013, 235. Vgl. Kim, Spirit and ›spirits‹, 354. »Wir müssen unsere Welt ›sehr gut‹ erhalten, wie Gott sie erschaffen hat, denn über ihr schwebt der Heilige Geist«. Müller-Römheld, Im Zeichen des Heiligen Geistes, 46. Vgl. Bruce J. Nicholls, Beyond Canberra, 139. Vgl. Kirche und Welt, 52f. Ebd.
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Dabei handelt es sich um ein Zitat aus dem Vortrag von Felix Wilfred (kath.) Action Groups and the Struggle for Justice in India.584 Die Ekklesiologie, die sich auf den Heiligen Geist gründet, muss laut Wilfred von der menschlichen Realität der Kirche ausgehen: »A proper understanding of the church can be arrived at only from the concrete inter-relationship which the believing subjects establish among themselves, with God, with the world around.«585 Wilfreds Anliegen ist die menschliche Wirklichkeit, innerhalb derer Gott seinen eschatologischen Plan realisiert. Sein Fokus liegt auf dem Punkt der Begegnung Gottes mit der menschlichen Wirklichkeit. Wilfred spricht sich für eine Neu-Konzipierung der Ekklesiologie ausgehend von der Wirkung des Heiligen Geistes innerhalb der menschlichen Wirklichkeit aus. Sein Gedanke ist darum nicht, wie im Fall der Pentekostalen, auf die direkte Begegnung des Menschen mit dem Heiligen Geist konzentriert. Jedoch bildet sein Denkansatz einen Rahmen, in dem die Ekklesiologie unter dem Aspekt der Wirkung des Heiligen Geistes in der Wirklichkeit des menschlichen Lebens neubedacht werden kann. Die pneumatologische Dimension dieser Ekklesiologie liegt nach Wilfred in der Art, wie die Kirche ihre Rolle als Zeichen und Sakrament in der Realisierung des Planes Gottes im Heiligen Geist findet. Aus meiner Sicht und im Zusammenhang mit dem Verständnis der partizipationsschaffenden Wirkung des Heiligen Geistes muss die pneumatologische Besinnung über das Wesen der Kirche weder mit der menschlichen Realität als Raum der Wirkung Gottes noch mit dem sakramental-institutionellen Ansatz beginnen. Vielmehr sollte die Besinnung bei der Betrachtung der Koinoniaartigen Wirkung des Heiligen Geistes ansetzen, und zwar unter der Fragestellung, welche existentielle Dimension der Kirche nach innen und nach außen dem Wesen der trinitarischen Koinonia entspricht und sie zum Ausdruck bringt. Was im Leben der Kirche spiegelt diese Art von Koinonia?
1.6.2 Der Heilige Geist im Studientext »Kirche und Welt« Der Studientext Kirche und Welt (weiterhin KW) zeigt einerseits, dass der F&ODiskurs nicht so sehr von der Kirche im Sinne der menschlichen Realität spricht, die mit dem Heiligen Geist zusammenwirkt: »Die Kirche muss vielmehr sich selbst und ihre Mission am Wirken Gottes und des Heiligen Geistes in der Welt
584 Vgl. Felix Wilfred, Action Groups and the Struggle for Justice in India, in: ER (1987) 3, 291–309. 585 Kirche und Welt, 301.
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orientieren und mit dem Heiligen Geist gehorsam gegenüber dem Ruf Gottes und den Eingebungen des Heiligen Geistes zusammenwirken.«586 Auf der anderen Seite, obwohl KW noch keine Anzeichen für eine Vorstellung von der individuellen Beziehung des Menschen zum Wirken des Heiligen Geistes und ein Nachdenken über das Wesen der Kirche explizit zum Ausdruck bringt, können dennoch seine zentralen Formulierungen potenziell einen Denkrahmen formen, wie die Kirche pneumatologisch in Bezug auf ihre Rolle in der Schöpfung mit dem Fokus auf der Rolle der menschlichen Beziehung zu Gott gedacht werden kann: »Die Kirche ist eine Gemeinschaft, die dazu aufgerufen ist, die Beständigkeit der persönlichen Beziehung Gottes zur ganzen Schöpfung, eine durch den Heiligen Geist gewirkte und erhaltene Beziehung, auf eine ganz spezifische Weise und durch eine auserwählte Gruppe von Menschen zu manifestieren und auf sie hinzuweisen.«587
Aus dieser Aussage, insbesondere mit dem Bezug auf die persönliche Beziehung Gottes, die der Heilige Geist wirkt, kann folgen, dass die Kirche sich nach außen als Gemeinschaft der Christen ausdrückt, die ihre persönliche Beziehung zu Gott im Heiligen Geist lebt. Auf welche Weise die Kirche diese Beziehung manifestieren soll, kann ein Konzept der Kirche als fortdauerndes Pfingsten modellhaft demonstrieren. Das Pfingstgeschehen wird in KW als immerwährende Schaffung einer neuen Beziehung zu Gott, als Befähigung zur Teilhabe am Leben mit Gott verstanden: »Durch den Heiligen Geist wird die Kirche in eine neue Beziehung zu Gott hineingeführt, die sie dazu befähigt, am Leben Gottes teilzuhaben (Apg 2,1– 21), und sie zu einer lebendigen Gemeinschaft, dem einen mystischen Leib Christi, macht.«588 Das fortdauernde Pfingstgeschehen lässt sich folglich als Beziehungsprozess zwischen Gott und der Kirche und den Christen untereinander interpretieren. Soll die Kirche als fortdauerndes Pfingsten verstanden sein, muss ihr Wesen auch unter dem Gesichtspunkt der Beziehung zwischen Gott und den Christen in Betracht gezogen werden. Allerdings zeigt der ökumenische Diskurs, dass der Begriff Beziehung schwerpunktmäßig im relational-sakramentalen Paradigma gedeutet wird. Das Verständnis der Kirche als Beziehungsprozess zwischen Gott und Christen in Anlehnung an das pneumatologische Verständnis der Kirche als fortdauerndes Pfingstgeschehen kann unsere Aufmerksamkeit deshalb auf sich ziehen, weil es die relationale Vorstellung von der Beziehung zu Gott erweitert. Die Deutung der Kirche nach dem Prototyp der Kirchenentstehung (Apg 2,1–3) als gemeinschaftsbildendes Ereignis von Pfingsten schließt die Dimension einer direkt er586 Ebd. 587 Kirche und Welt, 41. 588 A. a. O., 30.
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fahrbaren Erfüllung mit dem Heiligen Geist mit ein.589 Das Thema der Erfüllung mit dem Heiligen Geist und ihre Rolle im pneumatologischen Wesen der Kirche, die im III. Sektionsbericht von Canberra in Bezug auf die pentekostale Tradition erwähnt wurde, taucht hier wieder auf. Eine lebendige Gemeinschaft wäre nach Apg 2,1–21 eine Gemeinschaft derer, welche die gleiche direkte Erfahrung mit dem Heiligen Geist gemacht haben oder eine gemeinschaftliche Partizipation an der neuen Gegenwart des Heiligen Geistes teilen. Versteht sich das Pfingstgeschehen in Anlehnung an Apg 2,1–21 als Entstehungsereignis einer neuen, von Christus ausgehenden Beziehung zu Gott durch die Gegenwart des Heiligen Geistes und einer daraus resultierenden Gemeinschaft der Christen untereinander, was dem Konzept der Einheit von Christologie und Pneumatologie entspricht, dann ergibt sich folgende Schlussfolgerung: Die Dimension der Kirche als fortdauerndes Pfingstgeschehen zeigt sich nicht nur in der lebendigen Gemeinschaft der Christen mit dem Wort und den Sakramenten, sondern auch in der Erfahrung ihrer Partizipation an der Wirklichkeit des Heiligen Geistes. Da diese geistgewirkte Gemeinschaft der neuen Beziehung zu Gott die vorpfingstliche Sammlung der Apostel um den Namen Christi und um sein Gebot voraussetzt und auf diese Weise ein Kontinuum der Beziehung mit Christus darstellt, bilden die christologische und die pneumatologische Dimension der Kirche sowie der sakramentale und nicht-sakramentale Kontext der Begegnung mit der Wirklichkeit Gottes eine Einheit. Die Deutung des Lebens der Kirche als fortdauerndes Pfingstgeschehen verdient Aufmerksamkeit für die weitere Untersuchung, weil das Bild vom Pfingstgeschehen einen Rahmen für die pneumatologische Deutung der Kirche unter dem Gesichtspunkt der Erfahrung der Wirkung des Heiligen Geistes darstellt. Der Gedanke des Wesens der Kirche im Blick auf ihre Mitwirkung am Wirken des Heiligen Geistes in der Schöpfung fand seine weitere Entfaltung in Texten des ÖRK wie im neuen Missionsverständnis des ÖRK TTL und in den Texten der 10. Vollversammlung in Busan (Südkorea, 2013).
1.6.3 Der Heilige Geist in Texten der 10. Vollversammlung des ÖRK in Busan Die 10. Vollversammlung des ÖRK in Busan war nach Neu-Delhi die zweite Vollversammlung auf asiatischem Boden.590 Das Thema der Vollversammlung lautete Gott des Lebens, weise uns den Weg zu Gerechtigkeit und Frieden.591 589 »Diese alle waren stets beieinander«, Apg 1,14; 2, 1. 590 Es ist darauf hinzuweisen, dass die Arbeit der Vollversammlung die Begegnung mit den ökumenisch distanzierten, koreanischen Evangelikalen ermöglichte. Dieser Hinweis kann den Anstoß zu einer Thesenentwicklung geben, nämlich, dass der ökumenische Diskurs sich je nach der engen Partizipation an der Ökumene nicht traditioneller Kirchen erweitern
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Die Wiederentdeckung des Heiligen Geistes war ein Thema, das neben anderen »die zukünftige Agenda der ökumenischen Bewegung prägen« wird.592 Die Pneumatologie kam aufs Neue in den Fokus der Arbeit der 10. Vollversammlung dank vieler Einflussfaktoren. Einer der wichtigsten war das neue Missionsverständnis des ÖRK Gemeinsam für das Leben. Mission und Evangelisation in sich wandelnden Kontexen (TTL), in dem der ökumenische Fokus auf die Mission des Heiligen Geistes gelegt wurde. Dem Thema Mission wurde in der 10. Vollversammlung des ÖRK eine ganze Plenarsitzung gewidmet. Das zeigt deutlich, dass Mission und Evangelisation stärker ins Zentrum des Verständnisses von Kirche in der ökumenischen Bewegung gerückt sind.593 Die Mission wird weniger im Sinne der Ausdehnung der einzelnen Gemeinschaften betrachtet, sondern im Kontext der Ausgießung des Heiligen Geistes, der die transformierende Liebe Gottes in das Leben der Welt bringt.594 Der Begriff Leben erscheint im Missionsverständnis als Kriterium für die Wahrnehmung des Wirkens des Heiligen Geistes.595 Das bedeutet, dass die Partizipation der Kirche an der Mission des Heiligen Geistes als aktive Handlung zur Förderung des Lebens in der Schöpfung verstanden wird. Dieser geistzentrierte Gedanke des neuen Missionsverständnisses wurde in der Arbeit der 10. Vollversammlung schöpfungstheologisch auf das gemeinsame Handeln der Christen
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kann. In diesem Zusammenhang ist ein Artikel von Jooseop Keum zu erwähnen. Er weist auf die Entscheidung der koreanischen Evangelikalen hin, angesichts ihres distanzierten Verhältnisses zum ÖRK an der Vollversammlung in Busan dennoch teilzunehmen. Vgl. Jooseop Keum, Shift of the Center of Gravity for the Ecumenical Movement?: WCC Busan Assembly and the Korean churches, in: IBMR (2014) 38/2, 64–67, 66. Ein anderes beachtliches Zeugnis legt ein Vertreter der Pfingstkirche ab, der an der Vollversammlung teilgenommen hat. Wäre die Bereitschaft der evangelikalen Kirchen mitzuarbeiten nicht vorhanden, wäre die Begegnung mit dem Ansatz ihrer Spiritualität seitens des ÖRK nicht möglich. Wonsuk Ma, Life, Justice, and Peace in the Spirit. A Korean Pentecostal Reflection, in: ER (2013) 65/2, 225–243. Es ist an dieser Stell notwendig, auf die möglichen inhaltlichen Fehlinterpretationen des Ausdruckes Weg zu Gerechtigkeit und Frieden hinzuweisen. Dieser Weg ist im Sinne des Genitiv-Verhältnisses als der Weg der Gerechtigkeit und des Friedens zu verstehen. Vgl. Dagmar Heller, Reflection on the Pilgrimage of Justice and Peace, in: ER (2014), 66/2, 135–138. Vgl. Martin Robra, A Trinitarian Perspective on a Pilgrimage of Justice and Peace, in: ER (2014) 66/2, 150–153. »God’s pilgrimage of life and light transform itself under conditions of sin and brokenness of life into a Pilgrimage of Justice and Peace for und with human beings and all creation.« Gott des Lebens, weise uns den Weg zu Gerechtigkeit und Frieden, 56. Hier wird ein neues ökumenisches Anliegen formuliert: »Was kann unsere Kirche von den anderen lernen, um selber besser zur Gemeinschaft des Leibes Christi beitragen zu können?« Vgl. Kenneth Ross/Eva Christina Nilsson/Roderik Hewitt, Implementation of the New Mission Affirmation: Together Towards Life, in: IRM (2014) 103/1, 71–76. Vgl. a. a. O., 72. Vgl. Together Towards Life: Mission in Changing Context. Report of Ecumenical Conversation on Mission, in: IRM (2014) 103/1, 82–86. Vgl. Busan and Beyond, 7.
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angewandt. »Leben im Heiligen Geist ist das Wesen der Mission, der eigentliche Grund, warum wir tun, was wir tun, und wie wir unser Leben leben. Diese Spiritualität verleiht unserem Leben eine tiefe Bedeutung und treibt uns zum Handeln an.«596 Nun ist zu fragen, wie dieses pneumatologische Missionsverständnis mit der Ekklesiologie der Vollversammlung von Busan korreliert. Die Einheitserklärung der 10. Vollversammlung Gottes Gabe und Rufe zur Einheit sieht die Berufung der Kirche dreifach: 1) als Vorgeschmack der Neuen Schöpfung, 2) als prophetisches Zeichen für das Leben und 3) als Botin der Ausbreitung der frohen Botschaft »von Gottes Reich der Gerechtigkeit, des Friedens und der Liebe.« (§9). Auch in dieser Einheitserklärung in Bezug auf die Kirche als Vorwegnahme der neuen Schöpfung hält die Vollversammlung des ÖRK an den traditionellen Elementen der Einheit der Kirche fest: Wort, Taufe, Abendmahl, Dienst und konziliare Versammlungen (§10). Die Bedeutung der konziliaren Versammlungen wird hier in Bezug der Führung des Heiligen Geistes betont. Die Einheit der Kirche wird auf der anderen Seite aus der Sicht ihrer Rolle im Rettungsplan Gottes für die ganze Schöpfung gesehen (§§9.13.14). Obwohl die drei Elemente der Einheit der Kirche nach wie vor auf der traditionellen Linie der Ekklesiologie von F&O bleiben, bedarf es dennoch im Blick auf die Mission des Heiligen Geistes weiterer Erläuterungen, wie z. B., ob und inwiefern das Leben der neuen Schöpfung, das die Kirche als Zeugin der Einheit und als Mitwirkende am Wirken des Heiligen Geistes ausdrückt, im Paradigma der drei Elemente der Einheit Kirche theologisch erläutert werden kann. Der Gedanke der Mission der Kirche als Beteiligung an der Mission Gottes sein Leben der Welt anzubieten, kam zum Ausdruck in der Einheitserklärung (§12). Dies bringt das Wirken der Kirche mit dem Wirken des Heiligen Geistes in Verbindung. Wenn das Leben der neuen Schöpfung als Leben in aller Fülle, als Teilhabe am Leben Gottes und als Wirken des Heiligen Geistes verstanden werden soll, dann kann der Vorgeschmack auf die neue Schöpfung sinngemäßer im Kontext der Lebensrealität der Christen und im Rahmen ihres persönlichen Lebens in der Wirklichkeit des Heiligen Geistes ausgedrückt und erfahren werden. Dieses Leben wird auch in der Einheitserklärung – allerdings nur als Gebetsanliegen und noch nicht als realisiertes Anliegen – formuliert: »Vor allem werden wir ohne Unterlass für die Einheit beten, für die auch Jesus betete (Johannes 17): Eine Einheit im Glauben, in der Liebe und des Mitgefühls, das Jesus 596 Gemeinsam fu¨ r das Leben §3. Vgl. Moving in the Spirit, 77. Dabei kommt der Gedanke der Kampf-Spiritualität von der Vollversammlung des ÖRK in Nairobi. Dort war noch keine Rede vom Leben im Heiligen Geist. Vgl. Krüger/Müller-Römheld, Bericht aus Nairobi 1975, 321–324.
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Christus uns durch seinen Dienst nahe gebracht hat; eine Einheit, wie sie Christus mit seinem Vater teilt; eine Einheit, die von der Lebens- und Liebesgemeinschaft des dreieinigen Gottes umschlossen ist.«597
Ich bringe deshalb diese Aussage der Einheitserklärung ins Gespräch, weil die angestrebte Einheit in Glaube, Liebe und Barmherzigkeit am Leben Christi, an der Art der Einheit Christi mit seinem Vater und am Leben der Trinität gemessen wird. Das Umgeschlossen-Sein von der Liebe und dem Leben des dreieinigen Gottes lässt das Wesen der Einheit aus der Teilhabe am Leben der Trinität vermuten. Wenn jedoch die Einheit der Kirche ihr Vorbild in der innertrinitarischen Beziehung zwischen dem Vater und dem Sohn findet, die im irdischen Leben Christi geoffenbart wurde und das Wirken des Heiligen Geistes im Wirken des trinitarischen Lebens (Selbsthingabe und Liebe) besteht, bleibt erläuterungsbedürftig, warum die Teilhabe am Leben Gottes als Ausdruck des Lebens in Anlehnung an nur diese drei oben erwähnten Elemente des Lebens der Kirche erfahren werden muss. Was noch einer weiteren Erläuterung bedarf, ist die Frage, welche Auswirkung der pneumatologische Fokus auf der Mission und den daraus gewonnenen Erkenntnissen über den Zusammenhang zwischen dem Wirken des Heiligen Geistes in der Schöpfung und der Kirche auf das Verständnis der Kirche haben können.598 Diese Frage erfolgt aus folgender gedanklichen Erwägung: Wenn die Einheit der Kirche im Heiligen Geist konstituiert wird und der ökumenische Diskurs die pneumatologische Dimension der Kirche in Hinwendung zum Leben der Schöpfung als Partizipation an der Mission des Heiligen Geistes entdeckt, dann wäre die pneumatologische Sicht der Einheit der Kirche nicht nur im sakramentalen Kontext der Partizipation an Christus, sondern auch im Paradigma des Lebens in der aktiven Zuwendung zur Wirklichkeit des Heiligen Geistes in der Schöpfung zu begründen. Dies würde auch der zentralen Linie der 10. Vollversammlung entsprechen, nämlich von der rettenden Wirkung Gottes in der Schöpfung auszugehen und die Kirche als Mitarbeiterin Gottes, welcher der Gott des Lebens ist, zu betrachten.599 Ich mache diese Anmerkung in Anbetracht der Tatsache, dass die meisten Referenzen zum Heiligen Geist in Bezug auf das 597 Gottes Gabe und Ruf zur Einheit – und unser Engagement, §15 (9). 598 Daniel Buda verweist im Zusammenhang mit dem Thema der 10. Vollversammlung auf die zukünftige Perspektive, dass das Thema »Gott des Lebens« »eine theologisch-anthropologische Debatte« auslösen kann. Vgl. Daniel Buda, Das Motto der 10. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen im Vergleich zu vorangegangenen Versammlungsthemen und seine Aktualität innerhalb des gegenwärtigen ökumenischen Kontextes, in: ÖR (2013) 62, 166. In Verbindung mit dem subjektiven Denkansatz der Pneumatologie kann die Anthropologie ins Zentrum des Gesprächs über die Einheit der Kirche rücken. 599 Vgl. Gottes Gabe und Ruf zur Einheit – und unser Engagement §§1.9. Vgl. Alice Fabian/ Mark MacDonald, Enheit von Schöpfung, Menschheit und Kirche in: Hans-Georg Link, Gott des Lebens, 201–202.
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Verständnis der Beziehung zwischen der Kirche, der Schöpfung und dem Heiligen Geist in der Plenarsektion zum Thema Mission gemacht wurden.600 Für die Einordnung des Interesses des ÖRK an der Pneumatologie ist ein wichtiges Detail zu erwähnen, und zwar dass das neue Missionsverständnis des ÖRK der Wende in der Vorstellung vom Christentum im globalen Kontext zu verdanken ist.601 Die neuen Impulse der Kirchen im globalen Süden und wie sie ihren existentiellen Herausforderungen und ihrer Lebenskultur transformierend begegnen, sind meiner Ansicht nach die prägendsten Einflüsse auf die Herausbildung des Verständnisses der Mission als lebenstransformierende Spiritualität.602 Zum wesentlichen Teil hat sich diese Wende zur lebenstransformieren Mission der Ausbreitung des Pentekostalismus im globalen Süden zu verdanken.603 Daraus kann folgen, dass die Idee des Pentekostalismus und ihre Aktualität für das menschliche Leben ihren Eingang in die Lebenskultur des globalen Südens gefunden hat.604 Von dort aus und über die Kirchen des globalen Südens bekam das Thema Heiliger Geist Aufmerksamkeit auch im ökumenischen Diskurs. Das würde bedeuten, dass die Besonderheit des pentekostalen Verständnisses vom Heiligen Geist vom ökumenischen Diskurs in gewissem Sinne im Kontext der Transformation des Lebens nachvollzogen werden kann. Da das Verständnis des Heiligen Geistes im Kontext des Missionsverständnisses als Geist des neuen Lebens der Schöpfung einer klaren Identifikation und eines weiteren Nachdenkens über die Beziehung zum Leben der Schöpfung bedarf, stellt sich die Frage, wie der Heilige Geist in Beziehung zum Leben der Schöpfung und zur Kirche anhand der Aussagen der 10. Vollversammlung verstanden wurde. Im Vortrag »Mission des Geistes« ging Stephen Bevans (kath.) auf das Verständnis des Wirkens des Heiligen Geistes ein, indem er zwei Zitate (eines von 600 Was rückwirkend auf die Problematik der Vollversammlung in Canberra bemerkt werden muss, ist, dass der schöpfungstheologische Ansatz zum Verständnis des Wirkens des Heiligen Geist in der Welt eine Tendenz mit sich bringen kann, den Fokus auf Christologie und daraus folgend die Beziehung zwischen Christologie und Ekklesiologie abzuschwächen. 601 Vgl. TTL §5. 602 Vgl. Moving in the Spirit, xxii. 603 Septemmy Lakawa (Protestantische Kirche in Indonesien) brachte im Zusammenhang mit TTL die These in Erwägung, dass die Verbreitung des Pentekostalismus und damit die Hervorhebung der Rolle des Heiligen Geistes eine Form der religiösen Globalisierung zeigt und das Christentum als Bewegung der Menschen charakterisiert. Vgl. Septemmy e. Lakawa, Changing Landscape of Mission: Challenges and Opportunities, in: IRM (2014) 103/1, 47–56. 604 Vgl. Dena Freeman, The Pentecostal Ethic and the Spirit of Development. Online Version auf der Webseite von The London School of Economics and Political Science. http://eprints.l se.ac.uk/67831/1/Pentecostal%20ethic%20and%20the%20spirit%20of%20development22.p df. Abgerufen 28. 06. 2019. Die Druckversion: Dena Freeman, (ed.) Pentecostalism and Development: Churches, NGOs and Social Change in Africa, London 2012.
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Johannes Paul II. und eines von Rowan Willams) an den Beginn setzte: »Der Heilige Geist ist wahrlich die Hauptperson für die ganze kirchliche Sendung.«605 »Mission heißt herauszufinden, wo der Geist wirkt, und sich seinem Wirken anzuschließen.«606 Damit bringt er zum Ausdruck, dass das Missionsverständnis des ÖRK die gleiche Überzeugung vertritt. Wie oben bereits erwähnt wurde, prägt das Verständnis des Heiligen Geistes und das Wirken der Kirchen gegenüber der Wirklichkeit des Heiligen Geistes die inhaltliche Linie des neuen ökumenischen Missionsverständnisses.607 Bevans präsentierte die trinitarische Sicht der Mission pneumatologisch, wie es im neuen Missionsverständnis dargestellt wurde: »Der Geist ist Gottes Macht, die von der ersten Nanosekunde an in der Schöpfung wirkt und gegenwärtig ist. […] Der Geist ist Gottes Macht, die Fleisch und ein menschliches Gesicht angenommen hat im Leben und im Versöhnungswerk Jesu von Nazareth. […] In eben diesem Geist erweckte der Vater ihn vom Tod […], und mit dem Hauch desselben Geistes sandte Jesus seine Jünger aus. […] Der Geist führt uns – miteinander – zum Leben.«608
Bevans entfaltet die Mission des Heiligen Geistes von der Heilsgeschichte aus und definiert das Angebot der Fülle des Lebens, das sich in der Annahme Christi als Ebenbild Gottes ausdrückt. Der Heilige Geist übermittelt diese gute Botschaft. Unklar ist, wie Bevans die Fülle des Lebens in Christus und dementsprechend die Wirkung des Heiligen Geistes in der Bewegung mit der Welt der Armen und Unterprivilegierten in Verbindung bringt. Aus dem Denken von Bevans geht eindeutig klar hervor, dass die Kirche am Werk des Geistes im Kontext der Begegnung mit der menschlichen existentiellen Wirklichkeit teilnimmt: »Mission heißt, anzuerkennen, dass der Geist hier am Werk ist und Christen dazu aufruft, sich anzuschließen.«609 Darin soll kein Widerspruch zwischen Pneumatologie und Christologie, geschweige denn eine Tendenz zu Unter- oder Überordnung von Christus oder dem Heiligen Geist gesehen werden. Bevans demonstriert ein Beispiel, wie das Verständnis der reziproken Beziehung zwischen Christus und dem Heiligen Geist aus der pneumatologischen Sicht auf das Verständnis der Kircheneinheit angewandt werden kann.
605 Zitat von Papst Johannes Paul II. aus der Enzyklika »Redemptor Hominis« (Nr. 21), zitiert in: Gott des Lebens, weise uns den Weg zu Gerechtigkeit und Frieden, 165. 606 Zitat von Rowan Williams aus Fresh Expressions, in: Kirsteen Kim, Joining in with Spirit: Connecting World Church and Local Mission, London 2010, 1. Zitiert in: Gott des Lebens, weise uns den Weg zu Gerechtigkeit und Frieden, 165. 607 »Leben im Heiligen Geist ist das Wesen der Mission, der eigentliche Grund, warum wir tun, was wir tun, und wie wir unser Leben leben. Diese Spiritualität verleiht unserem Leben eine tiefe Bedeutung und treibt uns zum Handeln an.« Gemeinsam für das Leben, §3. 608 Gott des Lebens, weise uns den Weg zu Gerechtigkeit und Frieden, 166. 609 Ebd.
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Aus der freikirchlich-pentekostalen Sicht interpretierend lässt sich diese reziproke Beziehung so verstehen, dass die Mission der Kirche im Heiligen Geist im menschlichen Handeln zum Ausdruck kommt, genau in der Art, wie Christus sein Menschsein in der Liebe zu seinem Vater gelebt hat. Wenn jedoch der Heilige Geist laut Bevans in den Herzen aller Frauen und Männer wirkt und die Welt zum Leben in aller Fülle führt, dann erweitert sich das bisher angenommene ökumenische Verständnis des Wirkens des Heiligen Geistes von seiner objektiven Bedeutung als Geist, der mit Christus verbindet, hin zu seiner subjektiven Dimension als Geist, dessen Wirklichkeit der Mensch in seinem persönlichen Leben am Beispel der trinitarischen Liebe im Leben Christi erfahren kann. Andernfalls verliert das Verständnis der Mission des Heiligen Geistes als Übermittler und transformative Kraft des Lebens in aller Fülle seinen Bezug zur Erfahrungswelt des menschlichen Lebens. Oder diese Erfahrungsdimension bleibt auf die ethische Dimension des christlichen Lebens beschränkt. Damit die Erfahrung des Lebens im Heiligen Geist nicht ausschließlich instrumental, im Sinne der inneren Gesinnung oder der christusähnlichen Moral, verstanden wird, muss das Verständnis der Fülle des Lebens im Zusammenhang mit dem trinitarischen Koinonia-Konzept aus der Sicht der Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes als Person betrachtet werden. Im Rahmen der trinitarischen Deutung soll der Pilgerweg der Kirche im Weltgeschehen zwei Formen des Lebens im Heiligen Geist, eine mystische (direkte, unmittelbare) und eine ethische (christusähnliche, evangeliums-analoge) Handlungsweise enthalten.610 Die mystische Dimension drückt die Dimension der inneren personalen Beziehung der Christen zu Gott und ihren Platz im Wirken der Kirche in der Welt aus. Zu erwarten wäre an dieser Stelle der Anschluss der mystischen Handlungsweise an das Wirken des Heiligen Geistes in der Art der hingebungsvollen Koinonia. Die Mission des Heiligen Geistes kam allerdings anders zum Ausdruck. Die Mission des Heiligen Geistes wurde in Busan in einem Referat von einem Vertreter der Malankara Syrisch-Orthodoxen Kirche, Metropolit Geevarghese Mor Coorilos, beleuchtet.611 Mor Coorilos geht auf das Thema der Mission des Heiligen Geistes unter dem trinitarischen Gesichtspunkt ein. Er leitet das Missionsverständnis des ÖRK TTL vom inneren Leben der Trinität ab: Anteilgabe, Gerechtigkeit und Partnerschaft. Die Mission, welche dieses Leben in die Schöpfung fließen lässt, betrifft das ganze schöpferische Leben als Gottes Gabe. Das Prinzip der Ganzheit des Lebens ist hier der zentrale Punkt. Mission ist nicht das Wesen der Kirche, sondern ihre Auswirkung auf die Welt. Darum versteht 610 Vgl. Robra, A Trinitarian Perspective, 153. 611 Malankara Syrisch-Orthodoxe Kirche bildet eine autonome Kirche innerhalb der SyrischOrthodoxen Kirche von Antiochien.
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sich die Mission als Spiritualität. Nicht was wir in der Mission tun ist wichtig, sondern wie wir die Mission leben. Mor Coorilos vertritt eine orthodoxe Sicht, die das Sein der Kirche als missionarische Aktivität an sich versteht. Die Spiritualität des Lebens hat ihren Ausgangspunkt in der Partizipation der Christen an Gott innerhalb der Kirche. »Verwandelnde Spiritualität verbindet uns immer wieder mit anderen. In ihr geht es um die Nachfolge Jesu Christi, der das Leben in voller Gemeinschaft mit Gott, mit dem Nächsten und mit der Schöpfung offenbart. Unsere Teilnahme an der missio Dei ist die Frucht des Heiligen Geistes (ruach). […] Mission heiß daher, sich dem Heiligen Geist zuzuwenden, der das Leben verwandelt.«612
Jedoch, was bedeutet es im Denken von Mor Coorilos, sich dem Heiligen Geist zuzuwenden? Aus der weiteren Ausführung geht hervor, dass die Zuwendung zum Heiligen Geist die Zuwendung zu Gott in der Schöpfung bedeutet.613 Damit wird nochmal die Frage gestellt, wie diese Zuwendung zur Schöpfung theologisch zu erläutern ist, und was das Spezifische an der Zuwendung der Christen oder der Kirche zur Schöpfung im Vergleich zu den nicht christlichen Zuwendungen zur Schöpfung bedeutet. Die Ausführung von Mor Coorilos zeigt überraschenderweise, dass der Bezug zum orthodoxen Konstrukt der Wechselwirkung zwischen der Christologie und Pneumatologie in seinem Denken kaum vorkommt. Stattdessen wird die missionarische Wirkung der Kirche sowie das Verständnis des Lebens vom Prinzip des inneren Lebens der Trinität ohne Bezug zur Offenbarung der Trinität in Christus abgeleitet. Ein noch in Canberra vertretener orthodoxer Denkansatz, »unser Leben wird parakletisch und alle […] machen die Erfahrung dieser Freude und Schönheit vermittelnden Gabe des Heiligen Geistes an die Kirche«, indem die Kirche als christologisches Bindeglied zwischen der Trinität und Schöpfung betrachtet wird, ist nun zugunsten der Analogie der
612 Gott des Lebens, weise uns den Weg zu Gerechtigkeit und Frieden, 178f. 613 Vgl. Gott des Lebens, weise uns den Weg zu Gerechtigkeit und Frieden, 178. Dieser Denkansatz stellt inhaltlich eine Erweiterung des orthodoxen Modells von Patriarch Parthenios von Alexandrien auf der 7. Vollversammlung in Canberra dar. Im ununterbrochenen Kontinuum der Beiwohnung des Heiligen Geistes bei der Menschwerdung Christi, seinem Leben und dem Leben seines Leibes, der Kirche, sieht Parthenios die Wirkung des Heiligen Geistes in der Vergegenwärtigung Christi in seiner Kirche durch die Sakramente und das Leben der Kirche. Damit knüpft Parthenios den Beginn und die geistliche Erfahrung der neuen Schöpfung, die in Christus begann, an das geschichtliche Pfingstereignis und als Folge an die Teilnahme am sakramentalen Leben der Kirche, das gleichzeitig das Leben im Heilige Geist ist. »Dies ist das Geheimnis des Heiligen Geistes, das uns Menschen, der ganzen Schöpfung zum Geschenk gemacht wurde. […] Und all dies nimmt seinen Anfang in der Kirche an deren Geburtstag, an Pfingsten. Jedes Sakrament ist eine Pfingstgabe.« MüllerRömheld, Im Zeichen des Heiligen Geistes, 40–41. Parthenios erklärt die Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes in der Schöpfung indirekt, indem man die Schöpfung in Bezug auf den in ihr schwebenden Heiligen Geist behandelt. Vgl. a. a. O., 46.
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innertrinitarischen Beziehungen unterbelichtet.614 In dem von Parthenios dargestellten Denkansatz wurde die Verbindung zwischen Christologie und Ekklesiologie im ununterbrochenen Kontinuum der Beiwohnung des Heiligen Geistes in der Menschenwerdung Christi, seinem Leben und dem Leben seines Leibes, der Kirche, gesehen. Parthenios sah das Wirken des Heiligen Geistes in der Vergegenwärtigung Christi in seiner Kirche durch Sakramente und durch das Leben der Kirche. Damit knüpfte er den Beginn und die geistliche Erfahrung der neuen Schöpfung an das geschichtliche Pfingstereignis an und als Folge dann an die Teilnahme am sakramentalen Leben der Kirche, das gleichzeitig das Leben im Heiligen Geist ist. »Jedes Sakrament ist eine Pfingstgabe, eine Ausgießung, ein Herabkommen, eine Erleuchtung, ein Einwohnen des Heiligen Geistes.«615 Deshalb kann der Umgang mit der geistlichen Seite der Schöpfung vom Leben mit dem Heiligen Geist aus initiiert werden, das als Leben in der Kirche entsteht: »Wir brauchen das Leben des Heiligen Geistes in der Kirche und in der Welt, damit wir das Leben von eben demselben Parakleten unterstützt leben können. Dann können wir etwas von seiner Natur und seiner Weisheit, von seiner Herrlichkeit und seiner erlösenden Wahrheit erlangen, so dass wir Zeugnis ablegen und unseren Auftrag gegenüber allen Menschen und der ganzen sichtbaren und unsichtbaren Schöpfung wahrnehmen können – mit dem inneren Verhältnis der drei Personen der Heiligen Dreieinigkeit zueinander vor Augen.«616
Es wurde im Referat von Parthenios nicht deutlich theologisch erläutert, wie sich die beiden Wirkungsweisen des Heiligen Geistes zueinander verhalten, nämlich der Heilige Geist als Seins-Verknüpfer im ontologischen Sinne zwischen Gott und der Kirche und als der Schöpfung innewohnender Geist. Als Folge bleibt unklar, wie man der Wirklichkeit des Heiligen Geistes in der Schöpfung begegnet. Sowohl der orthodoxe Denkansatz von Mor Coorilos wie der katholische von Bevans zeigen, dass das Verständnis vom Leben als Kriterium für das Verständnis des Wirkens des Heiligen Geistes nicht vom Inhalt der Sendung Christi, sondern, wie es im Denken von Bevans aber auch im Denken von KWGV und TTL zum
614 Müller-Römheld, Im Zeichen des Heiligen Geistes, 40. Der orthodoxe Denkansatz des Patriarchen von Alexandrien zeigte eine klare Verbindung von Christologie und Ekklesiologie. »In der Tat: Wir sind – auf ganz realistische Weise – geistlich, da wir dem Heiligen Geist gehören. Gerade so wie wir Christen sind, weil wir der Kirche Christi gehören.« A. a. O., 39. Hier ist auch die Reaktion von Erzbischof Anasthasios (Ök. Patriarchat) auf den Bericht der II. Sektion in Canberra zu erwähnen: »Eine Pneumatologie ohne Christologie kann konfus und gefährlich sein.« A. a. O., 76. Auf der anderen Seite wird der Heilige Geist im Denkansatz von Parthenios als über der Welt »schwebender Heiliger Geist« dargestellt. »Wir müssen unsere Welt ›sehr gut‹ erhalten, wie Gott sie erschaffen hat, denn über ihr schwebt der Heilige Geist.« A. a. O., 46. 615 A. a. O., 41. 616 A. a. O., 42.
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Ausdruck kam, stärker vom eschatologischen Ziel des Heilsplanes Gottes, nämlich der Vereinigung alles Seienden unter Christus, abgeleitet ist.617 Die noch in Canberra offene Frage nach dem Verhältnis zwischen dem Wirken des Heiligen Geistes in der Kirche und in der Schöpfung scheint im Missionsverständnis des ÖRK wie im Verständnis der Pilgerreise der Gerechtigkeit und des Friedens so gelöst zu sein, dass beim schöpfungstheologischen Ausgangspunkt beim Wirken des Heiligen Geistes angesetzt wird.618 Der Heilige Geist führt das Sein der Schöpfung zum eschatologischen Ziel des Heils. Die universale Wirksamkeit des Geistes in der Schöpfung und seine partikulare Wirkung in der Erlösung werden einheitlich als Mission des Geistes bzw. Mission der Liebe gesehen. Das Sein der Kirche versteht sich dann im Dienst dieser eschatologischausgerichteten Mission des Heiligen Geistes. Das Wirken des Heiligen Geistes wird einerseits in zwei Dimensionen unterschieden, nämlich universal und partikular. Andererseits werden die beiden Dimensionen unter dem Aspekt der eschatologischen Offenbarung der Trinität zusammengeführt. Damit ist die Bemühung des ÖRK um die theologische Begründung eines einheitlichen Konzepts der Wirkung des Heiligen Geistes im Rahmen der Trinitätslehre zu würdigen. Die Stärke dieses Konzeptes besteht in der Wahrnehmung der ganzheitlichen Heilswirkung des Heiligen Geistes in der Schöpfung. Was dieser pneumatologische Fokus aus meiner Sicht noch kritisch offen lässt, ist die Frage, wie sich die Zusammenführung von beiden Dimensionen des Wirkens des Heiligen Geistes, nämlich universal und partikular, theologisch erläutern lässt. Sie werden unter dem schöpfungstheologischen Gesichtspunkt der Pneumatologie nebeneinandergestellt, obwohl der Ausgangspunkt des Nachdenkens über die Schöpfung und über die Trinität im Rahmen der Offenbarungslehre die Person Christus ist. TTL sagt diesbezüglich, dass der Heilige Geist als fortwährende Gegenwart Christi verstanden wird (TTL §16). Damit wird der Bedarf nach einer Erläuterung des christlichen Lebens angesichts dieser fortwährenden Gegenwart deutlich, nämlich wie das Leben der Schöpfung, 617 Vgl. KWGV §§25.33. Gemeinsam für das Leben, §4. 618 Darauf weist §15 des Missionsverständnisses des ÖRK: »Die Universalität der Wirksamkeit (Ökonomie) des Geistes in der Schöpfung und die Partikularität des [sic] Wirksamkeit des Geistes in der Erlösung müssen zusammen als Mission des Geistes für den neuen Himmel und die neue Erde verstanden werden, wenn Gott am Ende ›alles in allem‹ ist (1. Korinther 15,24–28).« »Eindeutig ist, dass wir durch den Geist an der Mission der Liebe teilnehmen, die der Herzschlag des trinitarischen Lebens ist.« Gemeinsam für das Leben, §§15.18. Im Bericht des Zentralausschussvorsitzenden der Vollversammlung in Canberra wurde zugestanden, dass einige theologische Fragen in Bezug auf den konziliaren Prozess für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung offenbleiben. Unter anderem »die Frage nach Verknüpfung von Ethik und Ekklesiologie«, »die Stellung und der Auftrag der Kirchen im heilenden und verwandelnden Wirken Gottes.« Müller-Römheld, Im Zeichen des Heiligen Geistes, 137.
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der Kirche und das persönliche Leben der Christen hinsichtlich des Wirkens des Heiligen Geistes ganzheitlich betrachtet werden kann. In den ökumenischen Texten von Canberra, insbesondere in den oben erwähnten Reaktionen von der orthodoxen und evangelikalen Seite, wurden klare christologisch zentrierte Positionen bezogen. Sie waren jedoch aus meiner Sicht nicht differenziert dargestellt.619 Die Unklarheit betrifft vor allem die Frage, die ich am Anfang in Erwägung gebracht habe. Welche Auswirkungen kann dies auf das Verständnis der Einheit der Kirche und auf das Geistesverständnis des Lebens der Schöpfung haben? Ich sehe im schöpfungstheologischen Denken nicht genügend Berücksichtigung des Koinonia-Konzeptes, in dessen Rahmen die Wirkung des Heiligen Geistes im ökumenischen Diskurs verstanden wird. Wenn der Heilige Geist als partizipationsschaffender Geist (1Kor 13,13) das trinitarische Leben in der Menschenwerdung Christi trägt und die Übermittlung dieses Lebens im Rahmen des menschlichen Lebens wirkt, dann muss seine Wirkung in der Schöpfung nicht zuerst am schöpfungstheologischen Ausgangspunkt, sondern als Wirken des Geistes Christi, nämlich in der Führung des Menschen zur Partizipation am trinitarischen Leben durch Christus gesehen werden. Unter diesem Gesichtspunkt soll das Verständnis der Kirche unter den beiden Aspekten der Hinwendung zur Wirklichkeit des Heiligen Geistes, zur Welt und zu Christus in einer wechselwirkenden Beziehung betrachtet werden. Die Frage kann sich auch anders stellen, und zwar, ob die Entdeckung der Dimension des Heiligen Geistes im missionarischen Sein der Kirche nicht zur Bestätigung der These führen kann, dass die Mission nicht die Auswirkung der Kirche, sondern die Kirche selbst Mission im eigentlichen Sinn ist: »Die Beziehung zwischen Kirche und Mission ist sehr eng, weil derselbe Geist Christi, der der Kirche Kraft in der Mission gibt, auch das Leben der Kirche ist.«620 Offen bleibt, warum dieses Gedankengut über die Rolle der Pneumatologie erst im Kontext der Missiologie des neuen Missionsverständnisses des ÖRK und nicht im Kontext der Ekklesiologie von KWGV entfaltet wurde. Konsequenterweise lässt diese Anmerkung darauf hindeuten, dass das Thema Heiliger Geist, so wie es im Missionsverständnis seinen Ausdruck fand, noch keinen Eingang in 619 Was für die Erläuterung der Zusammenführung von zwei Dimensionen der Wirkung des Heiligen Geistes erwähnenswert und für die Diskussion um die Pneumatologie des Lebens anhand von TTL weiterführend wäre, ist der Denkansatz von Calvin, der das Wirken des Geistes je nach dem Gegenüber deutet, auf das das Wirken gerichtet ist. Damit sind die drei Bereiche gemeint: Kosmos, Polis und Kirche. Vgl. Christoph Strohm, Ethik im frühen Calvinismus: Humanistische Einflüsse, philosophische, juristische und theologische Argumentationen sowie mentalitätsgeschichtliche Aspekte am Beispiel des Calvin-Schülers Lambertus Danaeus, Berlin/New York 1996, 247. Vgl. Werner Krusche, Das Wirken des Heiligen Geistes nach Calvin, Leipzig 1957. 620 Gemeinsam für das Leben, §57.
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den ökumenischen Diskurs über das Wesen der Kirche gefunden hat. Oben wurde in Erwägung gebracht, dass die neue Relevanz der Pneumatologie im Zuge der Ausbreitung des Christentums im globalen Süden begann. Daraus folgend zeigt sich der missiologische Kontext als besser geeignet für das Nachdenken über den Heiligen Geist als der ekklesiologische Kontext. Auffallend ist, dass KWGV das Koinonia-Konzept der Kirche als ein Mittel zur Erfüllung des Rettungsplans Gottes betrachtet (KWGV §13). Auf der anderen Seite kann die Tatsache, dass der missiologische Kontext und die Besinnung über die freie Wirkung des Heiligen Geistes in der Welt einen geeigneten Rahmen für die Neu-Reflexion über die Lehre vom Heiligen Geist in Bezug auf die Ekklesiologie bietet, einen neuen Denkanstoß geben. Im Kontext der missionarischen Aktivität kann die pneumatologische Dimension der Kirche als göttliches Mysterium neben ihrem Zeugnis durch das Evangelium und die Sakramente im Zeugnis des Neu-Seins des Lebens formuliert werden. Das christliche Zeugnis vom Neu-Sein in Christus kann im Sinne der Beziehung Christus-Heiliger Geist als ein Zeugnis von der Transformation des persönlichen Lebens aus der Erfüllung mit dem Heiligen Geist artikuliert werden. In diesem Fall wird der Akzent der Kirche auf der persönlichen Ebene der Begegnung zwischen Gott und dem Menschen liegen. Wenn die Christen ihre Einheit im gemeinsamen Zeugnis des persönlichen Lebens realistisch ausdrücken können und der missionarische Kontext sich als Basis für die gemeinsame Lebensweise der Kirchen für besser geeignet erweist als der institutionell-sakramentale Kontext, dann wäre zu erwägen, ob das Wesen der Kirche nicht doch im Sinne der Lehre von der Kirche als Leib Christi (»Kirche ist dort, wo Christus ist«) pneumatologisch, als Leben im Heiligen Geist, zu begründen ist. Die Neu-Fokussierung der Pneumatologie im Verständnis der Beziehung zwischen Gott, der Kirche und der Schöpfung braucht eine erweiterte theologische Konkretisierung des Verständnisses des Lebens in Christus als Leben im Heiligen Geist unter Berücksichtigung des Konzeptes der trinitarischen Koinonia.
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Zusammenfassung von Kapitel 1
Die Untersuchung ausgewählter multilateraler Texte im ersten Teil hat unter anderem zum Ergebnis, dass die Pneumatologie in jeder konfessionellen und ekklesiologischen Tradition einen essentiellen Platz besitzt. Die Denkansätze zur Einordnung und Gewichtung der Pneumatologie sind jedoch in den konfessionellen Dogmatiken bzw. Theologien unterschiedlich. Darum ist es, insbesondere im ökumenischen Kontext, sinnvoll, von einem distinktiven Denkansatz zum Verständnis des Heiligen Geistes in einer jeweiligen konfessionellen Tradition wie z. B. im Pentekostalismus zu sprechen. Wie der Überblick der theologischen
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Einordnungen der Rolle der Pneumatologie in der Ekklesiologie im ersten Teil gezeigt hat, positionieren die einzelnen theologischen Traditionen die Rolle des Heiligen Geistes in ihren dogmatischen Konstrukten unterschiedlich. Das protestantische christologische Paradigma bringt die wahrnehmbare Wirklichkeit des Heiligen Geistes mit dem Konzept Christus-Wort in Verbindung. In den Traditionen der römisch-katholischen Kirche und der orthodoxen Kirche hingegen betrachtet man die Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes schwerpunktmäßig im Zusammenhang mit der sakralen bzw. sakramentalen Wirklichkeit der Kirche. Wenn jedoch der Gedanke der 10. Vollversammlung des ÖRK in Busan (Südkorea, 2013) (»Mission heißt daher, sich dem Heiligen Geist zuzuwenden, der das Leben verwandelt«) für die ökumenische Bewegung zukunftsweisend erscheint, dann bedeutet dies, dass das Thema der Zuwendung der Kirche zum Wirken des Heiligen Geistes einen theologischen Rahmen bieten kann, in dem der pentekostale Denkansatz zum Verständnis des Heiligen Geistes als Beitrag zum ökumenischen Diskurs in Betracht gezogen werden und von den anderen ökumenischen Dialogpartnern als theologisch relevant anerkannt werden kann.621
1.7.1 Zuordnung der expliziten Betonung der Lehre vom Heiligen Geist zu den konfessionellen Traditionen Es ist am Schluss des ersten Kapitels wichtig zu erwähnen, welche konfessionellen Beiträge in ökumenischen Texten die Wichtigkeit der Auseinandersetzung mit der Pneumatologie am auffälligsten betonen. Diese Frage ist für die weitere Untersuchung nötig, um die Differenzen bzw. die Schwerpunkte der pneumatologischen Akzente in den einzelnen konfessionellen Traditionen wahrzunehmen und sie zu berücksichtigen. Diese Aufgabe ist auch deshalb für die weitere Untersuchung wichtig, weil die pneumatologischen Akzentuierungen bei der Suche nach der Einheit der Kirche nicht nur ein Bild über die Bedeutsamkeit der Pneumatologie darstellen, sondern auch als theologischer Nachweis dafür dienen, dass die Bemühung um den Beitrag des pentekostalen Denkansatzes zur Pneumatologie von ökumenischer Relevanz ist. Sucht man nach einer konfessionellen Theologie, die in den ökumenischen Gesprächen die Rolle eines pneumatologischen Ansatzes der Ekklesiologie für die ökumenische Bewegung hervorgehoben hat, waren es die Vertreter der or621 Vgl. Gott des Lebens, weise uns den Weg zu Gerechtigkeit und Frieden, 179. Vgl. Kirsteen Kim, Edinburgh 1910 to 2010: From Kingdom to Spirit, in: JEPTA (2010) 30/2, 3–20. Kim spricht von der paradigmatischen Wende in der ökumenischen Bewegung, vom KingdomDenken zum Heiligen-Geist-Denken.
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thodoxen Traditionen, welche die Pneumatologie nicht nur häufig betont, sondern auch die meisten Referenzen zum Heiligen Geist in ihren Beiträgen erbrachten. Die Gesamtlinie der Orthodoxen zeigt, dass die Pneumatologie im trinitarischen Rahmen des reziproken Verhältnisses zwischen Christus und dem Heiligen Geist unter dem Gesichtspunkt der Trinitätslehre verstanden wird.622 Was diese Beträge in Bezug auf die Beziehung zwischen Ekklesiologie und Pneumatologie und insbesondere in Bezug auf das Verständnis des Heiligen Geistes verbindet, ist, dass der Heilige Geist im Rahmen der relational-verbindenden Wirklichkeit Gottes in der Kirche verstanden wird. Die Fülle der Kirche sowie ihre Einheit werden in der gemeinsamen Partizipation der Christen an der Gegenwart Christi gesehen. Die pneumatologische Dimension der Kirche wird als charismatische Ausstrahlung Christi erkannt. Aus dieser Perspektive sprechen die Orthodoxen nicht von der Kirche und dem Heiligen Geist, sondern von der pneumatologischen Dimension der Katholizität der Kirche. Fragt man auf der anderen Seite nach den pentekostalen Texten in den multilateralen Dialogen, die eine andere Sicht der Pneumatologie im Vergleich zu den Orthodoxen darstellten, sind die Beiträge von Christian Krust und David du Plessis aufschlussreich. Christian Krust, der als Leiter einer deutschen, pentekostalen Freikirche (Mülheimer Verband, Deutschland) bei der 4. Vollversammlung des ÖRK in Uppsala 1968 zur Vollversammlung gesprochen hat, behauptete: »Die Pfingstbewegung ihrerseits könnte die ökumenische Bewegung dazu anregen, die Vielfalt des geistlichen Lebens durch die Wirksamkeit des Heiligen Geistes und die praktischen Auswirkungen der Charismata in der Gemeinde Christi mehr als bisher als eine Realität an zu sehen.«623
622 Vgl. Nikos Nissiotis »Zeugnis und Dienst der Orthodoxen Christenheit für die eine ungeteilte Kirche« (Neu-Delhi, 1961); Nikos Nissiotis »Der pneumatologische Aspekt der Katholizität der Kirche« (Uppsala, 1968); Parthenios »Der Heilige Geist« (Canberra, 1991); John Zizioulas: »Die Kirche als Gemeinschaft« (Santiago de Compostela, 1993); Geevarghese Mor Coorilos »Mission für ein Leben in Fülle« (Busan, 2013). Diese Aufzählung ist nur exemplarisch und umfasst nicht alle anderen Texte der orthodoxen Vertreter, die während der Arbeit der Vollversammlungen oder im Zusammenhang mit der Tätigkeit von F&O veröffentlicht wurden. Im Zusammenhang mit dieser Aufzählung ist auch anzumerken, dass ein pneumatologischer Ansatz der Kirche im Kontext des Wirkens des Wortes und des Geistes in der Fassung des Textes »The Purpose and Natur of the Church« von 2005 dem katholischen Kirchenverständnis nicht fremd ist. Vgl. De Mey, The Link between, 255. Vgl. De Mey, The Church as »Creation of the Word and of the Holy Spirit« in Ecumenical Documents on the Church. An Exercise in Receptive Ecumenism, in: Paul Collins and Michael Fahey (eds.), Receiving »The Nature and Mission of the Church.« Ecclesial Reality and Ecumenical Horizons for the Twenty-First Century, New York 2008, 42–54. 623 Norman Goodall/Walter Müller-Römheld, Bericht aus Uppsala 1968, 362. Hier ist anzumerken, dass Krust nicht der erste Pentekostale war, der auf einer Vollversammlung des ÖRK gesprochen hat. David du Plessis nahm schon an der 2. Vollversammlung des ÖRK in
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In Krusts Darstellung wird die Kirche mit ihrem Haupt Christus durch die Wirkung des Heiligen Geistes im Licht der geistlichen Gaben gesehen.624 Die pneumatologische Erweiterung des ökumenischen Denkens sieht er unter dem Thema Kirche als Raum der Wirkung des Heiligen Geistes, und zwar als Konkretisierung der Gegenwart Christi durch die Wirksamkeit der Geistesgaben. Die Kirche ist demzufolge die wechselseitige Beziehung zwischen Christus und den Christen durch die Erfahrung seiner Wirkung in den Geistesgaben. David du Plessis (pentekostal, Südafrika/USA) betrachtete in einem Vortrag bei der 6. Vollversammlung des ÖRK in Vancouver (1983) die Rolle des Heiligen Geistes aus der christologischen Perspektive. Er trennt den Empfang des Heiligen Geistes durch Christus bei seiner Taufe als Prototyp der Wiedergeburt vom Empfang des Heiligen Geistes an Pfingsten.625 An Pfingsten geschah nach seiner Ansicht durch die Ausgießung des Heiligen Geistes der Empfang des Dienstamtes Christi: »Wenn wir also vom Geist als einem Trank des lebendigen Wassers geboren sind, und erfüllt vom Geist des Lebens, dann müssen wir auch seinen Dienst als Täufer im Heiligen Geist annehmen, wodurch wir ermächtigt werden zu dem gleichen Dienst, wie Er ihn auf Erden ausübte.«626
Du Plessis vertrat in Vancouver eine für die ökumenischen Diskussionen neue christologische Sicht: »Ich habe einfach Christus gepredigt, das Haupt der Kirche, den Täufer im Heiligen Geist. Alle bibeltreuen Kirchen erkennen Ihn als Haupt ihrer Kirchen an. Ich rief Protestanten und Katholiken auf, das Amt des Hauptes anzuerkennen für all das, was Er ist.«627
Du Plessis verstand die Taufe mit dem Heiligen Geist an Pfingsten als Erfahrung des Dienstamtes Christi, die als Ereignis von der Geburt (Wiedergeburt) im Heiligen Geist zu unterscheiden ist. Diese Deutung des pentekostalen besonderen Aspektes im Verständnis des Heiligen Geistes ist aus meiner Sicht der Auslegung von Christian Krust an theologischer Präzision überlegen. David Du
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Evanston (1954) teil. Vgl. Cecil robeck, A Pentecostal Looks at the World Council of Churches in: ER (1995) 47/1, 60–69. Vgl. Norman Goodall/Walter Müller-Römheld, Bericht aus Uppsala, 360. Vgl. Lothar Coenen/ Wolfgang Traumüller (Hg.), Vancouver 1983: Zeugnisse, Pre¨ kumedigten, Ansprachen, Vortra¨ge, Initiativen von der Sechsten Vollversammlung des O nischen Rates der Kirchen in Vancouver, B.C., Kanada, 24. Juli–10. August 1983, 62. David du Plessis betrachtet diesen Empfang als Geburt vom Heiligen Geist und Tränkung im Heiligen Geist zu einem Leibe: »Die zehn Jünger sind die ersten gewesen, die vom Geiste geboren und die durch den Geist zu dem Leibe getauft wurden, denn sie alle waren mit einem Geist getränkt (1 Kor 12, 13).« A. a. O., 62. A. a. O., 63. Ebd.
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Plessis brachte in den ökumenischen Dialog eine Sicht der Pneumatologie, die bis jetzt in den ökumenischen Diskussionen im Verhältnis zur Kirche und zu Christus noch nicht auftrat. Der Fokus der Aussage von du Plessis liegt auf der Konkretisierung der Gegenwart Christi als Gegenwart des Heiligen Geistes. Vergleicht man die theologischen Sichten der oben erwähnten Pentekostalen mit den Lehrmeinungen der Orthodoxen, dann entdeckt man, dass sie zwei unterschiedliche Bilder von der pneumatologischen Dimension der Kirche zeigen. Während die Orthodoxen die pneumatologische Dimension der Kirche in der ontologischen Relation der Christen zu Christus und zueinander sehen, liegt der Fokus der Pentekostalen auf der erfahrbaren persönlichen Begegnung der Christen mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes als Gegenwart Christi. Was alleridings beider Sichten verbinden kann, ist die Wahrnehmung der pneumatologischen Dimension der Kirche als charismatische Ausstrahlung Christi. Die vertiefte Betrachtung des pentekostalen Denkansatzes zum Verständnis des Heiligen Geistes wird weiterführend im II. Teil dieser Untersuchung erfolgen.
1.7.2 Beziehung zwischen Ekklesiologie und Pneumatologie Die pneumatologischen Referenzen in den ökumenischen Gesprächen ermöglichen keine verlässliche systematische Darstellung der Lehre über den Heiligen Geist im multilateralen Diskurs, weil es bisher keine kontinuierlich verfolgten expliziten Studien zur Pneumatologie im multilateralen Kontext gibt. Man kann jedoch Tendenzen in den ökumenischen Gesprächen sehen, was die Schwerpunkte anbelangt, an denen man die pneumatologischen Bezüge erkennen kann. Als Beispiel dafür ist der Paradigmenwechsel zwischen den Einheitskonzepten im multilateralen Diskurs zu nennen.628 Dazu zählen auch die Studien der aus den Vollversammlungen resultierenden Themen. Ein Einblick in die Geschichte der Vollversammlungen z. B. zeigte, dass die frühere Phase der Arbeit des ÖRK stärker das theologische Verständnis der Beziehung zwischen der Einheit der Kirche und der Lehre vom Heiligen Geist im Fokus hatte als die spätere Entwicklung, die von der schöpfungstheologischen Thematik der Beziehung der Kirche zur Welt geprägt ist.
628 Folgende Einheitskonzepte sind zu erwähnen: »organisch«, »alle an einem Ort« (Neu-Delhi), »konziliar« (Nairobi), »Koinonia (Canberra)«, »Ökumene in Gegensätzen« Vgl. Die Kirche: Auf dem Weg zu einer gemeinsamen Vision, 116. Reinhard Frieling, Der Weg des ökumenischen Gedankens: eine Ökumenekunde, Göttingen 1992, 264–265. Erich Geldbach, Ökumene in Gegensätzen: mit dem Memorandum »Reformatorische Kirchen und ökumenische Bewegung« in deutscher und englischer Sprache, Bensheimer Hefte Nr 66, Göttingen 1987.
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Die pneumatologischen Schwerpunkte sind auch dort in den multilateralen Texten schwerpunktmäßig erkennbar, wo es um die Themen ging, die sowohl die historischen Spaltungen der Kirche als auch die prinzipiellen Unterschiede in der Glaubenspraxis betreffen.629 Hier sind sowohl die Filioque-Frage und die Formulierung des dritten Artikels des Nizänischen Glaubensbekenntnisses als auch einzelne Themen in TEA wie das Abendmahl oder das Amtsverständnis zu nennen.630 Fragt man nach den Phasen der ökumenischen Gespräche, in denen das Thema »Heiliger Geist« kontinuierlich verfolgt wurde, kommt die Zeit zwischen der 3. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung in Lund (1952) und der Sitzung von F&O in Löwen (1971) in Betracht. Diese Behauptung begründet sich aus der expliziten Empfehlung der 3. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung, die Ekklesiologie im zweifachen Bezug zur Christologie und zur Pneumatologie zu behandeln. Die im Text Die Kirche (1951) aufgeworfenen Fragen zur Beziehung zwischen der Pneumatologie, Christologie und Ekklesiologie fanden aus meiner Sicht ihre Antworten schwerpunktmäßig im sakramentalen Verständnis der Kirche und unter dem institutionellen Aspekt des Seins der Kirche.631 Wie der Bericht »Christus und die Kirche« gezeigt hat, wurde die Frage der Beziehung zwischen dem Wirken des Heiligen Geistes und menschlichem Handeln anhand der Dialektik von Freiheit und Gestalt beantwortet. Dieses Erklärungsmodell bringt zwar die persönliche Erfahrung des Wirkens des Heiligen Geistes mit den historisch-institutionellen Formen der Kirche in Verbindung, bezieht jedoch die Erfahrung des Wirkens des Heiligen Geistes auf die institutionell-soziale Wirklichkeit der Kirche. Das freie Wirken des Heiligen Geistes wird als begleitend zu institutionellen Mitteln erläutert. Die Studie »Geist, Ordnung und Organisation« zeigte, dass im ökumenischen Dialog kein Konsensus über die Erfahrung des Wirkens des Heiligen Geistes sowie dessen theologische Beurteilung erreicht wurde. Ein Ansatz zum Verständnis der Kirche angesichts des Wirkens des Heiligen Geist in der Welt wurde in der Vollversammlung des ÖRK in Uppsala angedacht. Der Heilige Geist wird in Uppsala als innere, zusammenhaltende, führende und 629 Hier ist das Verständnis des Heiligen Geistes in der Beziehung zur Schöpfung und zu anderen Religionen zu nennen. Die Spannung um den Vortrag von Chung Hyun Kyung in Canberra dient hier als Beispiel, wie die unterschiedlichen Auffassungen des Heiligen Geistes zu den kontroversen Reaktionen seitens der Kirchenvertreter (Evangelikaler und die Orthodoxen) führen können. 630 Auf diese Besonderheit der Konsens-Texte weist Birmelé hin. Vgl. Birmelé, Ökumenische Überlegungen zu Pneumatologie und Ekklesiologie, 178–179. 631 »Was meint das Neue Testament, wenn es sagt: ›Der Heilige Geist wird euch in alle Wahrheit leiten?‹ Was meint die Verheißung: ›Der Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht, der wird zeugen von mir?‹ Wie verstehen wir die Gegenwart des auferstandenen Christus in der Kirche im Blick auf die neutestamentliche Lehre vom Heiligen Geist?« Die Kirche, 60.
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Der Heilige Geist in ausgewählten Texten des ökumenischen multilateralen Dialogs
vielfältig wirkende Lebenskraft der dynamischen Katholizität betrachtet. Diese Katholizität wurde im Zusammenhang mit der Funktion des Heiligen Geistes als ausführende Kraft des Heilsvorhabens Gottes betrachtet. Dieses Verständnis der Wirkung Gottes erläuterte zwar die Ambivalenz der Kirche aus der Sicht ihres Seins in der Welt und nicht von der Welt, dennoch ist das nicht zufriedenstellend, um die Theorie der Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes theologisch zu entfalten. Der pneumatologische Schwerpunkt von Canberra legte zwar den Fokus mehr auf den schöpfungstheologischen Ansatz der Pneumatologie und auf die Kirche als Koinonia, dennoch blieb die Erläuterung der Beziehung zwischen dem Wirken des Geistes in der Kirche und in der Welt unter dem Aspekt der Begegung mit dem Heiligen Geist offen.632 In Busan (2013), in TTL sowie im Ekklesiologie-Text »Die Kirche: auf dem Weg zu einer gemeinsamen Vision« ist die Pneumatologie wieder unter dem Aspekt der Handlung der Kirche in der Welt unter der Leitung des Heiligen Geistes in den Fokus des ökumenischen Denkens geraten. Was bedeutet diese eine, alles zusammenführende Wirkung des Heiligen Geistes für das aktive Leben der Kirchen in der Welt, für die persönliche Glaubenspraxis der Christen und schließlich für die Suche nach der Einheit der Kirche angesichts der vom Heiligen Geist bewirkten Kontinuität der Kirche mit der Vergangenheit und ihrer Offenheit für die gegenwärtige erneuernde Wirkung des Heiligen Geistes in der Ausrichtung auf das Ziel der Erlösung? Die Betrachtung des pentekostalen Verständnisses vom Heiligen Geist im II. Teil der vorliegenden Untersuchung wird auf das Herausarbeiten einiger Aspekte zur Beantwortung dieser Frage abzielen. Es müssen zuerst die Themen der Pneumatologie genannt werden, die ein Potenzial für die weitere Entwicklung des ökumenischen Dialogs beinhalten.
1.7.3 Die pneumatologische Dimension der Koinonia-Ekklesiologie und das Leben im Heiligen Geist Obwohl der Heilige Geist überwiegend von seiner verbindenden Funktion zwischen Christus und Kirche im Rahmen der sakramentalen Vorstellung der Heilsgeschichte her verstanden wird, liefert die Entwicklung der trinitarischen Koinonia-Ekklesiologie einen neuen Denkrahmen, in dem der Heilige Geist im 632 »Der Heilige Geist ist herrlich, frei und ungebunden (Joh 3), er befreit Gottes Volk von den Bindungen und Windungen dieser Welt (Röm 12). Gottes Volk soll in dieser Freiheit seine Berufung finden, sie annehmen und leben. Im Heiligen Geist leben bedeutet, sein Leben auf Gott auszurichten und geistliche Wagnisse einzugehen – kurz: aus dem Glauben leben.« Sektion IV. Heiliger Geist – verwandle und heilige uns. Das Geheimnis des Heiligen Geistes, in: Müller-Römheld, Im Zeichen des Heiligen Geistes, 117.
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sakramentalen Rahmen des ökumenischen Denkens in der Dimension der Relationalität mit dem Fokus auf der Partizipation der Kirche am Leben der Trinität betrachtet wird. Das Prinzip Koinonia wird vom inneren Leben der Trinität abgeleitet. Der Heilige Geist versteht sich in seiner Wirkung als Schöpfer der Teilhabe der Kirche an diesem trinitarischen Leben, als Bewegung zur Koinonia. Dadurch zeigt sich der Bedarf nach dem erweiterten Nachdenken über die Koinonia in Bezug auf den Heiligen Geist. Als erstes sind die Aspekte der Koinonia-Ekklesiologie zu erwähnen, welche die traditionellen Inhalte des ökumenischen Diskurses beinhalten. Das Wesen der Kirche versteht sich zwar als Koinonia, dieses Verständnis wird jedoch an den institutionellen Rahmen der Existenz der Kirche in der eucharistischen Gemeinschaft und der Gemeinschaft des Wortes gebunden. D. h. die Eucharistie und das Wort werden als zentrale »kirchenkonstituierende« Elemente angesehen, durch die der Heilige Geist wirkt.633 Das Wirken des Heiligen Geistes als kirchenkonstituierende Wirklichkeit Gottes beschreibt den Heiligen Geist aus der Perspektive seiner Beziehung zur Kirche. Diese traditionelle Perspektive des Nachdenkens über die Pneumatologie bietet allerdings für die Erläuterung der Begegnung der Kirche mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes in der Welt keinen oder nur einen begrenzten theologischen Denkrahmen. Diese These kann sich aus der Tatsache erklären, dass die umgekehrte Perspektive, nämlich die Beziehung der Kirche zur Wirklichkeit des Heiligen Geistes in der Ekklesiologie der ökumenischen multilateralen Gespräche, schwerpunktmäßig im Kontext der eucharistischen Gegenwart Christi im Rahmen des institutionellen Daseins der Kirche angedacht wurde. Außerdem wurde die innertrinitarische Sicht der Koinonia als gegenseitige Liebe und Selbsthingabe der Trinitätspersonen nicht mit der persönlichen Glaubenserfahrung der Christen als vertikale (mystischen) Koinonia in Verbindung gebracht. Eine wieder aufgenommene Sicht der Pneumatologie als Begegnung der Kirche mit dem Wirken des Heiligen Geistes in der Schöpfung zeigte die Notwendigkeit einer theologischen Reflexion über das Verständnis des Heiligen Geistes unter dem Gesichtspunkt der menschlichen Öffnung für die Wirklichkeit des Heiligen Geistes. Die Andeutung auf diese Notwendigkeit sehe ich ansatzweise im Denken von Konrad Raiser über das neue Paradigma des christozen-
633 Diese Bezeichnung wird von André Birmelé gebraucht. Birmelé, Ökumenische Überlegungen, 179. Dies führt gegebenfalls zu einer Spannung zwischen der Behauptung, die Einheit der Kirche sei durch die Präsenz des Heiligen Geistes gegeben und der Tatsache, dass die Kirchen durch diese kirchenkonstituierenden Elemente dennoch getrennt sind. Im aktuellen Selbstverständnis des ÖRK wird diese Spannung jedoch positiv als auslösendes Element für die Dynamik der ökumenischen Bewegung bezeichnet. Vgl. Towards a Common Understanding and Vision of the World Council of Churches, 2.8.2.
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trischen Universalismus.634 Konrad Raiser betrachtet das Leben im Geist im Sinne der Spiritualität in ethischer und weltweiter Verantwortung.635 Die Rolle des Heiligen Geistes wurde immer wieder im aktuellen Missionsverständnis des ÖRK unter anderem mit Hinweis auf die Verbreitung der pentekostalen Kirchen betont, die ihr Alleinstellungsmerkmal im besonderen Fokus auf dem Heiligen Geist sehen.636 Daraus folgt, dass das Nachdenken in der Ökumene über die Einheit der Kirche von der christologisch-ekklesiologischen Grundlegung auf ihre pneumatologische Konkretisierung erweitert werden muss.637 Anschlüsse an den ökumenischen Diskurs der Gegenwart, die pneumatologische Konkretisierung erfordern, bieten die Themen der Begegnung mit dem Wirken des Heiligen Geistes in der Welt sowie das Leben in der transformierenden Kraft des Heiligen Geistes bzw. das Leben in der Fülle des Geistes. Diese Themen liegen auf der Linie solch aktueller Themen des ÖRK wie verwandelnde Spiritualität und verwandelnde Jüngerschaft. Diese Begriffe entstammen der aktuellen missiologischen Strategie des ÖRK, bekannt unter dem Namen Ökonomie des Lebens.638 Dieser Ansatz erfordert jedoch aus meiner Sicht eine pneumatologische Konkretisierung des Verständnisses der Kirche unter dem Gesichtspunkt des Lebens im Heiligen Geist. Die Notwendigkeit dieser Konkretisierung folgt aus den Akzenten der 10. Vollversammlung des ÖRK in Busan (2013), die Mission der Kirche als Mission des Heiligen Geistes und als Mitwirkung mit dem Heiligen Geist zu betrachten. Es braucht allerdings eine theologische Reflexion über das 634 Vgl. Konrad Raiser, Ökumene im Übergang: Paradigmenwechsel in der ökumenischen Bewegung? München 1989, 51–87. 635 Vgl. Konrad Raiser, Wir stehen noch am Anfang: Ökumene in einer veränderten Welt, Gütersloh 1994, 114–119. 636 Vgl. Gemeinsam für das Leben, §5. Vgl. Busan 2013, 166. Einer der Anlässe zur Studie »Geist, Ordnung und die Organisation« (Löwen 1971), in der die empirische Seite des Wirkens des Heiligen Geistes behandelt werden sollte, war die Ausbreitung der Pfingstbewegung. Im Licht ihrer Entwicklung wurde im Text die Aussparung des Heiligen Geistes in der westlichen Tradition zugestanden. Vgl. Löwen 1971, 118. 637 Petros Vassiliadis (orthodox) vertritt die These, dass in der ökumenischen Theologie die pneumatologische Dimension der christlichen Identität entwickelt wurde. »The pneumatological dimension of our Christian identity is being slowly but steadily developed in ecumenical theology and in contemporary theology of mission. In the ecumenical dialogue, the consolidation of the trinitarian theology as a useful tool in almost all ecclesiological, sociological, moral etc., and above all missiological reflections was a further evidence.« Pantelis Kalaitzidis, (ed), Orthodox Handbook on Ecumenism: Resources for Theological Education: That they all may be one (John 17,21). Regnum studies in Global Christianity, Volos, Greece/Geneva/Oxford 2014, 505. 638 Vgl. World Council of Churches Theological Consultation on Economy of Life 27–30 October 2014, Chennai, India, The Economy of Life. An Invitation to Theological Reflection and Action. https://www.oikoumene.org/en/resources/documents/wcc-programmes/publi c-witness-addressing-power-affirming-peace/poverty-wealth-and-ecology/economy-of-life -an-invitation-to-theological-reflection-and-action. Abgerufen 24. 04. 2020.
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Leben der Kirche in der Offenheit für die Wirklichkeit des Heiligen Geistes unter dem Gesichtspunkt des aktiven, expliziten Bezugs der Christen zum Heiligen Geist. Die Hinwendung zu der Frage, was es bedeutet, im Heiligen Geist zu leben, ist nicht neu und wurde schon in Neu-Delhi (1961) gestellt. Das Thema Leben im Geist bietet einen pneumatologischen Ansatz zum Verständnis der Ekklesiologie, der im orthodoxen Verständnis auf das Thema Lebensfülle639, im katholischen Verständnis auf das Thema Kirche als mystischer Leib Christi640, im lutherischen Verständnis auf das Thema Kirche in ihrer Verbindung mit Wort und Geist641 und im reformierten Verständnis, ähnlich wie im lutherischen, jedoch stärker auf Wort und Geist642 bezogen wird. Allerdings wird das Verständnis der Fülle des Lebens im Heiligen Geist im ökumenischen Diskurs mit dem Leben der Kirche oder mit dem ethischen Handeln der Christen in Verbindung gebracht. In diesem Sinne würde die Behandlung der Frage nach dem Leben der Kirche im Heiligen Geist das individuelle Leben der Christen in Betracht ziehen und zwar unter dem Aspekt, wie die Christen der Wirklichkeit des Heiligen Geistes persönlich begegnen und welchen theologischen Platz und unter welchen Gesichtspunkten diese Begegnung in der Lehre über die Kirche einnimmt. Der Fokus auf diese pneumatologische Dimension der Kirche unter dem Gesichtspunkt der existentiellen und persönlichen Offenheit der Christen für die Wirklichkeit des Heiligen Geistes bekam jedoch in den multilateralen Texten des ÖRK keine breite Aufmerksamkeit. Einige denkbare Erklärungen für die Zurückhaltung des ökumenischen Diskurses gegenüber dem Nachdenken über eine direkte Begegnung der Christen mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes wurden in den einzelnen Abschnitten des I. Teils der Untersuchung angedeutet. Dazu zählen die sakramentale Betrachtung der Heilsgeschichte (TEA), die Absicherung der Christologie gegen die Gefahr der Spiritualisierung der Gegenwart Christi (Klingenthal Memorandum und KWGV), die Gesamttendenz gegen die emotionelle Subjektivierung des Wirkens des Heiligen Geistes (pantheistische Vermischung von Mensch und 639 Radu Bordeianu spricht von den drei Denkansätzen der Fülle präsentiert durch Afanassief, Zizioulas und Staniloae. Vgl. The Church: Towards a Common Vision. A Commentary in Light of the Inter-Orthodox Consultation at Agia Napa in Cyprus, in: Exchange (2015) 44, 231–249, 242; Vgl. Radu Bordeianu, Orthodox-Catholic Dialogue: Retrieving Afanassieff ’s Eucharistic Ecclesiology after Zizioulas and Staniloae, JES (2009) 44/2, 239–265. 640 In Berufung auf Lumen Gentium No.1, vgl. De Mey, Receiving »The Nature and Mission of the Church«, 42–43. Yves Congar, Der Heilige Geist, Freiburg/Basel/Wien 1982, 148. 641 Vgl. Gustav Aulén, Die Kirche im Lichte des Neuen Testament, in: Ökumenische Studien, 22–23. 642 Vgl. Jörg Bickelhaupt, Taufe, Glaube, Geist, in: Heinrich Bedform-Strohm/Ulrich H.J. Körtner/Notger Slenczka/Günter Thomas (Hg.), Arbeiten zur Systematischen Theologie. Band 8, Leipzig 2015, 67.
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Gott) aber auch die abgelehnte Einbeziehung des freikirchlichen Typus der Kirche als Gemeinschaft der in unmittelbarer Beziehung zu Gott lebenden Menschen in die Leitsymbole der ökumenischen Ekklesiologie (1. Vollversammlung des ÖRK in Amsterdam).643 Als Überleitung zum II. Teil kann eine These in Erwägung gezogen werden, nämlich dass die Koinonia-Ekklesiologie, insbesondere das Verständnis der Koinonia in ihrer Analogie zum trinitarischen Leben Gottes einen Kontext bieten kann, um den Heiligen Geist in seinem koinonia-schaffenden Wirken zu verstehen. Daraus resultierend kann die Rolle der persönlichen Beziehung der Christen zur Wirklichkeit des Heligen Geistes ins Verständnis der Kirche unter dem Gesichtspunkt des Lebens im Heiligen Geist integriert werden. Dieses Potenzial der Koinonia-Ekklesiologie zeigt sich im Verständnis der ökumenischen Sakramentalität im Sinne der Partizipation der Kirche am Leben des dreieinigen Gottes. Die ökumenische Sakramentalität der Koinonia-Ekklesiologie vermeidet die dogmatische Spannung der konfessionellen Mehrdeutigkeit der Sakramentsverständnisse, indem sie die Sakramentalität unter dem partizipatorischen Aspekt deutet. Sakramental ist, was am Leben der Trinität partizipieren lässt. Auch wenn die indirekt-mittelbare Partizipation in der Eucharistie und in der Taufe für das ökumenische Denken immer noch als unersetzbar erscheint, kann das Leben der Christen in ihrer Offenheit für den Heiligen Geist an sich als ein sakramental-ähnliches Mittel der Koinonia geltend gemacht werden. Das Koinonia-Konzept der Partizipation am Leben der Trinität kann hier helfen, zwei Dimensionen der Begegnung mit Gott, direkt und mittelbar in eine wechselseitige Beziehung zueinander zu bringen. Auf der anderen Seite kann das pneumatologische Verständnis von Koinonia, die vertikale Richtung der Koinonia, als persönliche Begegnung mit Gott in einem reziproken Verhältnis zur horizontalen Richtung von Koinonia als Gemeinschaft der Christen untereinander betrachtet werden. Das Konzept der trinitarischen Koinonia, wie es im Text »Gemeinsam den einen Glauben bekennen« und in den Texten der Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung in Santiago formuliert wurde, öffnet den Raum für diverse Interpretationen, wie sich das Leben des dreieinigen Gottes und die Kirche durch die Wirkung des Heiligen Geistes aufeinander beziehen.644 Der Heilige Geist wird als Übermittler der trinitarischen Liebe und als Schöpfer der Koinonia der Kirche mit dem dreieinigen Gott verstanden. Wie es schon im Kapitel Trinität und 643 Vgl. Willem Adolf Visser ’t Hooft (Hg.), Die Erste Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Amsterdam, 63–64, 73–77. Vgl. Oliver Tomkins, The Church in the Purpose of God. An Introduction to the Work of the Commission on Faith and Order of the World Council of Churches, 28. Vgl. Michael Welker, Menschlicher Geist und Gottes Geist, in: JBTh (2009) 24, 238. 644 Die Kirche erklärt sich aus der Beziehung zu Gott, der in seinem Wesen Beziehung ist.
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Koinonia im Zusammenhang mit dem Koinonia-Konzept angedeutet wurde, kann das partizipatorische Wirken des Heiligen Geistes nicht nur im Sinne der ontologisch-sakramentalen Relationalität, sondern auch im Sinne der direkten Relationalität als persönliche Offenheit der Christen für die Wirklichkeit des Heiligen Geistes verstanden werden. Das bedeutet jedoch, dass eine aktive und direkte Hinwendung des Menschen zur Wirklichkeit des Heiligen Geistes an sich ein Modus der Partizipation am dreieinigen Gott darstellen kann. Das Verständnis der Kirche als »fortdauerndes Pfingstereignis« bietet dazu einen theologischen Rahmen.645 Unter diesem Aspekt könnte der Ansatz des Lebens im Heiligen Geist im Kontext der direkten Begegnung zwischen Gott und Mensch als ein kirchenkonstituierendes Element in Betracht gezogen werden. Das Thema Leben im Geist wurde schon von John Zizioulas mit dem Koinonia-Denken in Verbindung gebracht.646 Allerdings zeigte sich in dieser Verbindung die Neigung zur Überhöhung des ontologischen Aspektes der Relationalität. Hier fehlt der Aspekt der persönlichen Hinwendung des Menschen zu Gott im Sinne der direkten Relationalität des Menschen in seiner persönlichen Begegnung mit Gott.647 Die Antwort der Gesellschaft der Freunde (Quäker) auf das Dokument »Die Kirche: Auf dem Weg zu einer gemeinsamen Vision« zeigt eine mögliche Richtung, wie die Pneumatologie in Bezug auf das ekklesiologische Verständnis des Lebens im Geist im Sinne der Hinwendung zum Heiligen Geist konzipiert werden kann: »We understand the church, not merely as another human institution, but rather as a gathered community of mind and heart, where each soul journeys into the love of God.«648 Das Zitat der Gesellschaft der Freunde setzt beim Aspekt der willentlichen und aktiven Hinwendung zu Gott an, die das trinitarische Konzept der Koinonia als gegenseitige Öffnung der Trinitätspersonen und die fließende Liebe zwischen ihnen durchaus zulässt. Dieser Ansatz kann einen Anstoß nicht nur zur Erweiterung des ekklesiologischen, multilateralen Diskurses geben, sondern auch dazu, das ökumenische Verständnis der Sakramentalität der Kirche mit dem freien Wirken des Heiligen Geistes im Leben der Christen zu verknüpfen. 645 Vgl., Kirche und Welt. 646 Der Denkansatz »Kirche als Gemeinschaft des Glaubens« wurde von John Zizioulas in Erwägung gebracht. Vgl. Gaßmann/Heller, Santiago, 97. 647 Zizioulas würde diesen Aspekt in Verbindung mit dem Individualismus sehen, der mit dem Wesen der Kirche unvereinbar ist. Vgl. Gaßmann/Heller, Santiago, 98. 648 A Spirit-led Church. A Response from the Religious Society of Friends (Quakers) in Britain to World Council of Churches Faith and Order Paper No 214, The Church, Towards a Common Vision, Geneva 2013, 11. https://www.quaker.org.uk/documents/spirit-led-church -web. Abgerufen 11.11.16.
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Um diese These zu prüfen, muss gefragt werden, welche Ansatzpunkte die pentekostale Auffassung vom Heiligen Geist für das Verständnis des Lebens im Heiligen Geist liefern kann. Dieser Aufgabe ist der Inhalt des II. Teils der vorliegenden Dissertation gewidmet. Als Ausgangspunkt wird die Untersuchung einiger repräsentativer Texte von pentekostaler Seite vorgeschlagen. Das Ziel dieser Untersuchung wird darin bestehen, die theologischen Gesichtspunkte der pentekostalen Pneumatologie in Bezug auf das Verständnis des Lebens im Heiligen Geist herauszuarbeiten, die für das Konzept der ökumenischen Koinonia-Ekklesiologie relevant sein können. Die weitere Aufgabe wird darin bestehen, diese Gesichtspunkte im Licht ausgewählter pentekostaler theologischer Werke unter folgenden Fragestellungen zu evaluieren: 1) Lässt sich im theologischen Denken der Pentekostalen eine spezifische pentekostale Theologie des Heiligen Geistes, wie z. B. im Fall der orthodoxen Kirche, erkennen? 2) Welche Aspekte des pentekostalen Denkansatzes zum Verständnis des Lebens im Heiligen Geist wurden in den bisherigen ökumenischen Gesprächen nicht berücksichtigt? 3) Welche Aspekte der Pneumatologie im ökumenischen Diskurs wurden im pentekostalen Verständnis des Heiligen Geistes nicht berücksichtigt? 4) Welche theologischen Aspekte lassen sich vom pentekostalen Denkansatz zum Verständnis des Heiligen Geistes für den multilateralen Dialog über die Ekklesiologie ableiten? Diese Ergebnisse der Befragung der pentekostalen Tradition, die im nächsten Teil untersucht wird, werden im III. Teil in Bezug auf ihre Anwendung im ökumenischen Diskurs diskutiert.
2.
Das Verständnis des Lebens im Heiligen Geist in der pentekostalen Tradition
2.1
Einleitung
Die spezifischen Aspekte des Verständnisses des Heiligen Geistes können eine konstruktive Rolle zur Erweiterung des ökumenischen theologischen Diskurses spielen, sofern sie seitens der ökumenischen Partner zuerst theologisch verstanden und in den bestehenden ökumenischen Diskurs als Beitrag zur Erweiterung des theologischen Denkens aufgenommen werden. Selbst wenn die theologischen Artikulierungen der pentekostalen Beiträge in sich theologisch schlüssig sein mögen, lassen sie sich trotzdem nicht ohne weiteres in den ökumenisch-theologischen Diskurs integrieren. Eine umfassende Darstellung der pentekostalen Theologien ohne Berücksichtigung des Kontextes des ökumenischen dialogischen Denkens kann ihr konstruktives Ziel verfehlen und als Folge zweckfremd und kontraproduktiv erscheinen.649 In diesem Zusammenhang ist die Empfehlung von Kilian McDonnell zum Umgang mit der pentekostal-charismatischen Tradition zu erwähnen. Er plädiert für ein theologisches Bewusstsein, eine theologische Realität innerhalb einer Tradition so auszuarbeiten, dass diese auch in den anderen konfessionellen Traditionen funktionieren und verständlich erscheinen kann.650 Darum wird die Aufmerksamkeit in dem vorliegenden Teil der Untersuchung auf die Schnittstellen des ökumenischen Diskurses und die Aspekte der pentekostalen Theologie gerichtet, die für die aktuellen Fragestellungen der ökumenischen Dialoge relevant und weiterführend sind. Ausgehend von der aktuellen Frage nach der Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes wird die Fragestellung an die pentekostale Theologie in ihrer Relevanz für den ökumenischen Diskurs wie folgt formuliert: 649 Dieser Gedanke kam zum Ausdruck in Busan: »Was kann unsere Kirche von den anderen lernen, um selber besser zur Gemeinschaft des Leibes Christi beitragen zu können?«. Gott des Lebens, 57. 650 Vgl. Kilian McDonnell/Arnold Bittlinger (eds.), Baptism in the Holy Spirit as an Ecumenical Problem, Notre Dame 1972, 31.
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Das Verständnis des Lebens im Heiligen Geist in der pentekostalen Tradition
Wie wird sich das spezifische Verständnis des Heiligen Geistes theologisch reflektieren und formulieren lassen, wenn man es in den aktuellen ökumenischen Kontext der Koinonia-Ekklesiologie platziert?
Diese Fragestellung spiegelt die Aussage eines der renommierten pentekostalen Theologen der Gegenwart, Frank Macchia, wider, der die ökumenische Herausforderung für die Pentekostalen darin sieht, ihr spezifisches, zentrales Thema in seiner Bedeutung für das christliche Leben und für die Kirche als Beitrag zur ökumenischen Pneumatologie zu entwickeln.651 Die theologische Aufgabe in dieser Hinsicht muss folglich darin bestehen, den distinktiven pentekostalen Denkansatz im Verständnis des Heiligen Geistes in Bezug auf seine ökumenische Anwendbarkeit herauszuarbeiten und ihn sowohl für die pentekostale Bewegung, als auch für den ökumenischen theologischen Diskurs unter dem Thema Leben im Heiligen Geist fruchtbar zu machen.
2.1.1 Die Quellenfrage für den vorliegenden Teil der Untersuchung Es gilt als nächstes, die Wahl der Befragungsquellen des pentekostalen Ansatzes zum Verständnis des Heiligen Geistes zu begründen. Für die Frage nach den Quellen der Untersuchung der pentekostalen Theologie muss man sich bewusst machen, dass es seitens der Pentekostalen keine eindeutig verlässlichen, dogmatischen Quellen gibt, die ein für alle Pentekostalen gültiges und für die ökumenischen Partner eindeutig identifizierbares und verlässliches Erscheinungsbild bieten. Diese Feststellung ist in Bezug auf das Spezifikum des ökumenischen Denkens von entscheidender Wichtigkeit. Im ökumenischen Denken begegnen sich mehrere ekklesiologisch und theologisch identifizierbare Kirchenrealitäten. Das bedeutet, dass das Hauptkriterium für die Wahl der theologisch-repräsentativen Quellen nicht vordergründig in mehreren theologischen Entwürfen seitens einzelner pentekostaler Theologen, sondern in einer dogmatisch verlässlichen und konfessionell repräsentativen Artikulation der pentekostalen Glaubenstradition liegen sollte. Dies ist besonders für die Pneumatologie erforderlich, weil die Reflexion über das Wesen des Heiligen Geistes mit dem Wesen der Kirche korrespondiert und darum aus dem Leben der Kirche resultiert. Der Experte der pentekostalen Tradition Veli-Matti Kärkkäinen verweist deshalb mit Recht auf Josef Ratzinger, der das Spezifikum des Heiligen Geistes als Geist der Communio betont und festhält, dass die Originalität einzelner theologischer
651 Vgl. Frank D. Macchia, Baptized in the Spirit, 22.
Einleitung
201
Geister ohne die Communio-Wahrnehmung der ganzen Kirche zum Paradox führen kann.652 Das Kriterium einer gültigen konfessionellen Repräsentanz lässt sich aus mehreren Gründen schwer auf die pentekostale Tradition anwenden. Zum einen erscheint der Pentekostalismus als eine Bewegung, die weder einen einheitlichen, zeitlichen und geographischen Ursprung, noch einen klar identifizierbaren ekklesiologischen Rahmen hat.653 Zum anderen befindet sich die pentekostale Tradition in der Phase der Entwicklung ihrer theologischen Selbstartikulierung.654 Die Zahl der theologischen Interpretationen ihrer Glaubensinhalte fand in der letzten Zeit ein breites Ausmaß.655 Man muss in dem Zusammenhang bemerken, dass diese Interpretationen das Ziel verfolgen, der pentekostalen Bewegung die Anerkennung als kirchengeschichtliches Phänomen zu verschaffen, wie auch dem Wunsch entspringen, die theologischen Schwerpunkte dieser Bewegung in den wissenschaftlich-theologischen globalen Diskurs der Gegenwart zu integrieren und ihnen eine neue theologische Relevanz beizumessen.656 Jedoch müssen die theologischen Entwürfe der Pentekostalen der Gegenwart, insbesondere im ökumenischen Kontext, einer kritischen Reflexion im Licht des pneumatologischen Befundes der ökumenischen Texte unterzogen werden. Diese Notwendigkeit entspringt der Frage, inwieweit all diese pentekostalen Entwürfe die reale ekklesiologische Identität dieser Tradition widerspiegeln, was 652 Vgl. Veli-Matti Kärkkäinen, Pneumatology: The Holy Spirit in Ecumenical, International, and Contextual Perspective. Grand Rapids, Mich., 2002, 16. 653 Vgl. Claudia Währisch-Oblau, The Missionary Self-Perception of Pentecostal/Charismatic Church Leaders from the Global South in Europe: Bringing Back the Gospel, 38. Vgl. Andy Lord, Network Church: A Pentecostal Ecclesiology Shaped by Mission, Leiden 2012, 65. Vgl. Wolfgang Vondey, Beyond Pentecostalism: The Crisis of Global Christianity and the Renewal of the Theological Agenda, Grand Rapids 2010, 16. 654 Steven Studebaker, Pfingstliche Soteriologie und Pneumatologie, in: Jörg Haustein /Giovanni Maltese (Hg.), Handbuch pfingstliche und charismatische Theologie, 212. 655 Warrington führt eine Reihe von Stimmen pentekostaler Theologen der Gegenwart auf, die in der pentekostalen Theologie eine einheitliche Selbstdefinition der pentekostalen Bewegung bemängeln. Ein Zitat von Simon Chan kann hier repräsentativ erwähnt werden: »Der Pentekostalismus befindet sich in Gefahr, durch tausend Definitionen zu sterben.« Vgl. Keith Warrington, Pentecostal Theology: A Theology of Encounter, 17. In der Einladung zur jährlichen Konferenz der Society for Pentecostal Studies SPS (USA, 28 Februar – 2 März, 2019 in William Seymour College of Lanham, MD) wurde darauf hingewiesen, dass im 20. Jahrhundert nur die Katholiken mehr theologische Literatur herausgegeben haben als die Pentekostalen. Vgl. SPS Programm 48th Annual Meeting Conference 2019 »Reception History: Receiving Scripture in the Pentecostal and Charismatic Traditions«, 13. https:// s3.amazonaws.com/media.cloversites.com/1e/1e4f8ff8-e013-43f 7-b670-6fe754785d4e/doc uments/SPS_Program_2019_2_8_19_2.pdf. Abgerufen 09. 07. 2018. 656 Studebaker bemerkt in Bezug auf die Entfaltung der Trinitätslehre der Pentekostalen, dass sie sich eher mit den theologischen Projekten der Trinität als mit der Trinitätstheologie befassen. Vgl. Steven Studebaker, From Pentecost to the Triune God: A Pentecostal Trinitarian Theology, 187.
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Das Verständnis des Lebens im Heiligen Geist in der pentekostalen Tradition
für die Führung eines ökumenischen Dialogs grundlegend ist. Die Bemerkung betrifft die gegenwärtigen Werke derjenigen pentekostalen Theologen, die in ihren theoretischen Modellierungen der pentekostalen Theologie zahlreiche Parallelen und dogmatische Affinitäten mit den anderen Traditionen in einem breiten Maß entdecken.657 Dazu kommt, dass einige pentekostale Theologen der Gegenwart ökumenischen Modelle entwerfen, die auf anderen, zum Teil aus den anderen Traditionen stammenden Prämissen, beruhen und deshalb am Interesse des ökumenisch-theologischen Diskurses vorbei gehen können. Der pentekostale Theologe Andréa D. Snavely macht z. B. auf eine weitere Problematik aufmerksam, dass solche Kenner der pentekostalen Theologie wie Veli-Matti Kärkkäinen und Amos Yong einen ökumenischen Denkansatz vertreten, der nicht auf den Dogmen der Kirchen, sondern auf der Einheit der Erfahrungen bzgl. des Heiligen Geistes aufbaut.658 Dieses Bestreben kann in sich theologisch zwar gerechtfertigt sein, wird aber an der Realität des ökumenischen Diskurses, der hauptsächlich die dogmenorientierten und bekenntnisgebundenen Kirchen verbindet, vorbeigehen. Ein Ausgangspunkt für die Untersuchung der pentekostalen theologischen Werke bietet sich am sichersten am zentralen Thema des ökumenischen Diskurses, nämlich an der Ekklesiologie. Die Pneumatologie der ökumenischen Gespräche wurde hauptsächlich im theologischen Rahmen der Ekklesiologie in ihrer Verbindung zur Christologie und Pneumatologie und zur Trinitätslehre behandelt und dementsprechend dialogfähig formuliert.659 Daraus folgt die Frage, in welchen ökumenischen, sowohl multilateralen als auch bilateralen, Texten und Dokumenten die Vertreter der pentekostalen Bewegung ihre spezifische Theologie bzw. das Verständnis des Heiligen Geistes dargestellt haben. Angesichts des Fehlens eines für alle Pentekostalen repräsentativen Erscheinungsbildes sowie entsprechend eines repräsentativen Verständnisses des Heiligen Geistes können die Inhalte der ökumenischen Dialoge, in denen die
657 Vgl. Edmund J. Rybarczyk, Beyond Salvation: Eastern Orthodoxy and Classical Pentecostalism on Becoming like Christ. Paternoster theological monographs. Carlisle, Cumbria, UK/Milton Keynes 2004; Veli-Matti Kärkkäinen, Pneumatology: The Holy Spirit in Ecumenical, International, and Contextual Perspective, Grand Rapids 2002; Veli-Matti Ka¨ rkka¨ inen, Christology: Global Introduction, Grand Rapids 2003; Veli-Matti Kärkkäinen, The Doctrine of God: a Global Introduction, Grand Rapids 2004; Amos Yong, Beyond the Impasse: Toward a Pneumatological Theology of Religions, Grand Rapids 2003; Simon Chan, Pentecostal Theology and the Christian Spiritual Tradition, Sheffield 2003. 658 Vgl. Andréa D. Snavely, Life in the Spirit: A Post-Constantinian and Trinitarian Account of the Christian Life. Kindle Version, Eugene OR 2015, 32. 659 Darunter wird die spezifische Art von theologischen Darstellungen im ökumenischen Dialog verstanden. Gemeint ist die plausible Darstellung einer konfessionellen Theologie mit dem Zweck, vom Dialogpartner verstanden zu werden.
Einleitung
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pentekostale Sicht erläutert wurde, als Ausgangspunkt für eine annähernd repräsentative Darstellung dieser Sicht der Pneumatologie dienen.660 Folgende Dialogtexte werden für die vorliegende Untersuchung herangezogen: Die Dialoge zwischen einigen Vertretern der pentekostalen Kirchen und dem Päpstlichen Rat zur Förderung der christlichen Einheit (P-RKK); die Dialoge zwischen einigen Vertretern der Pfingstkirchen und der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen (P-RK); der Dialog zwischen einigen Vertretern der pentekostalen Kirchen und dem Lutherischen Weltbund (P-LK).661 Dazu kann aus 660 Vgl. Wolfgang Vondey, Beyond Pentecostalism, 11–12. Vgl. Claudia WährischOblau, The Missionary Self-Perception of Pentecostal/Charismatic Church Leaders, 38. Vgl. Christopher A. Stephenson, Types of Pentecostal Theology. Vgl. P-RKK/4, §3. In der Einleitung zur 6. Phase des Dialogs der Pentekostalen mit den Vertretern der römischkatholischen Kirche wurde erwähnt: »Pentecostals possess no comparable body of teaching that may serve as a resource for a single position.« Report of the Sixth Phase of the CatholicPentecostal International Dialogue (2011–2015). »Do Not Quench the Spirit«: Charisms in the Life and Mission of the Church, §5. http://www.christianunity.va/content/unitacristiani /it/dialoghi/sezione-occidentale/pentecostali/dialogo/documenti-di-dialogo/2015-non-spe gnete-lo-spirito/testo-del-documento-in-inglese.html. Abgerufen 30. 06. 2021. Vgl. Lutherans and Pentecostals in Dialogue 2010, in: Thomas F. Best et al. (eds.), Growth in Agreement IV, International Dialogue Texts and Agreed Statements, 2004–2014, Book 2, Geneva 2017, 75. 661 Dialog zwischen dem Sekretariat für die Einheit der Christen der römisch-katholischen Kirche und leitenden Vertretern einiger Pfingstkirchen (weiterhin P-RKK). Die erste Phase P-RKK/I (1972–1976), in: Harding Meyer / Damaskinos Papandreou / Hans Jörg Urban / Lukas Vischer (Hg.), Dokumente wachsender Übereinstimmung: Sämtliche Berichte und Konsenstexte interkonfessioneller Gespräche auf Weltebene, Bd. 1: 1931–1982. 2., neubearb. Aufl., Paderborn/Frankfurt am Main 1991, 476–486. Die zweite Phase P-RKK/ II (1977–1982), in: Harding Meyer / Damaskinos Papandreou / Hans Jörg Urban / Lukas Vischer (Hg.), Dokumente wachsender Übereinstimmung: Sämtliche Berichte und Konsenstexte interkonfessioneller Gespräche auf Weltebene. 2: 1982–1990, Paderborn 1992, 581–599. Die dritte Phase P-RKK/III, Perspektive der Koinonia (1985–1989), in: Harding Meyer / Damaskinos Papandreou / Hans Jörg Urban / Lukas Vischer (Hg.), Dokumente wachsender Übereinstimmung: Sämtliche Berichte und Konsenstexte interkonfessioneller Gespräche auf Weltebene. 2: 1982–1990, Paderborn 1992, 599–622. Die vierte Phase P-RKK/IV, Evangelisation, Proselytismus und gemeinsames Zeugnis (1990–1997), in: Harding Meyer / Damaskinos Papandreou / Hans Jörg Urban / Lukas Vischer (Hg.), Dokumente wachsender Übereinstimmung: Sämtliche Berichte und Konsenstexte interkonfessioneller Gespräche auf Weltebene; Bd. 3: 1990–2001, Paderborn 2003, 602–638. Die fünfte Phase P-RKK/V, Wie man Christ wird: Einsichten aus der Heiligen Schrift und den Texten der Kirchenväter (1998–2006), in: Johannes Oeldemann / Friederike Nüssel / Uwe Swarat / Athanasios Vletsis (Hg.), Dokumente wachsender Übereinstimmung: Sämtliche Berichte und Konsenstexte interkonfessioneller Gespräche auf Weltebene. Bd. 4: 2001–2010, Paderborn 2012, 869–980, 1357. Die sechste Phase, P-RKK/VI, »Do Not Quench the Spirit«: Charisms in the Life and Mission of the Church. Report of the Sixth Phase of the Catholic-Pentecostal International Dialogue (2011–2015). http://www.christianunity.va/con tent/unitacristiani/it/dialoghi/sezione-occidentale/pentecostali/dialogo/documenti-di-dial ogo/2015-non-spegnete-lo-spirito/testo-del-documento-in-inglese.html. Abgerufen 30. 06. 2021. Dialog zwischen Vertreterinnen und Vertretern des Reformierten Weltbundes und einigen klassischen Pfingstkirchen sowie Leiterinnen und Leitern der Pfingstbewegung
204
Das Verständnis des Lebens im Heiligen Geist in der pentekostalen Tradition
meiner Sicht der Vortrag von Simon Chan The Nature of the Church: The Holy Spirit and Spiritual Life zählen, der im Gespräch zwischen den Pentekostalen und dem Ökumenischen Patriarchat als repräsentativ für die pentekostale Seite angenommen werden kann. Chan verfolgt hier das Anliegen, die pentekostale Sicht im Sinne der ökumenischen Hermeneutik der Konvergenz darzustellen.662 Was die bilateralen Dialoge der Pentekostalen anbetrifft, ist der Dialog mit Vertretern der römisch-katholischen Kirche der erste der bilateralen Dialoge der Pentekostalen mit anderen Kirchen.663 Er umspannt ein breites Spektrum an theologischen Themen, wie zum Beispiel Fülle des Lebens im Geist (P-RKK/I), Perspektiven der Koinonia (P-RKK/III), Evangelisation, Proselytismus und gemeinsames Zeugnis (P-RKK/IV), Wie wird man ein Christ? (P-RK/V), Charismen im Leben und in der Mission der Kirche (P-RKK/VI). Die Schwerpunkte dieser Dialoge liegen im Bereich der Ekklesiologie im Kontext der Beziehung zwischen dem Heiligen Geist und der Kirche.
(weiterhin P-RK). P-RK/1 »Wort und Geist, Kirche und Welt« (1996–2000), in: Harding Meyer / Damaskinos Papandreou / Hans Jörg Urban / Lukas Vischer (Hg.), Dokumente wachsender Übereinstimmung: sämtliche Berichte und Konsenstexte interkonfessioneller Gespräche auf Weltebene. Bd. 3: 1990–2001, Paderborn 2003, 184–210. P-RK/2 »Worship, Discipleship, Discernment, Community and Justice« (2001–2011), in: Thomas F. Best /Lorelei F. Fuchs/John Gibaut/Jeffrey Gros/Despina Prassas (eds.), International Dialogue Texts and Agreed Statements, 2004–2014. Book 2. Faith and Order Paper No 219, Geneva 2017, 111–140. Dialog zwischen den Pentekostalen und den Lutheranern 2010 (weiterhin P-LK), in: Thomas F. Best / Lorelei F. Fuchs / John Gibaut / Jeffrey Gros / Despina Prassas (eds.), International Dialogue Texts and Agreed Statements, 2004–2014. Book 2. Faith and Order Paper No.219, Geneva 2017, 73–110. 662 http://www.pctii.org/cyberj/cyberj22/chan.html Abgerufen 28.08.17. Dieses Referat wurde im Auftrag einer pentekostalen Gruppe beim Gespräch zwischen dem Ökumenischen Partriarchat und Pentekostalen am 27.–29. 09. 2012 im Europäischen Theologischen Seminar in Kniebis (Deutschland) gehalten. Vgl. http://www.pctii.org/cyberj/cyber22.html. Abgerufen 24. 04. 2020. 663 Die erste Phase dieses Dialogs vermitteln die Sicht einer relativ weiten Repräsentanz von Vertretern der pentekostalen Bewegung sowie der Mitglieder der anglikanischen und protestantischen Kirchen (Charismatische Erneuerung). Siehe die Liste der Repräsentanten von der pfingstlerischen und charismatischen (anglikanische und protestantische Teilnehmer) Seite bei den vorbereitenden Gesprächen in: Jerry L Sandidge, Roman Catholic Pentecostal dialogue (1977–1982): a Study in Developing Ecumenism. Band 1., Frankfurt am Main/ Bern /New York/Paris/Leuven 1985, 62, 138–141. Es ist hier anzumerken, dass dabei eine ziemlich breite und gleichzeitig vielfältige internationale Repräsentanz der Pentekostalen (USA, Deutschland und Schweiz) gegeben war. Dieses Kriterium ist angesichts der undeutlichen konfessionellen Erscheinung der pentekostalen Bewegung von großer Bedeutung. Die theologischen Aussagen der ersten Phase des Dialogs bieten aus diesem Grund einen vergleichbar hohen Grad an theologischer Repräsentanz und Verlässlichkeit, was die theologische Sicht der pentekostalen Bewegung betrifft. Es ist dennoch eine Tatsache zu berücksichtigen, dass in der zweiten Phase die Vertreter der Charismatischen Erneurung aus den anglikanischen und protestantischen Kirchen in den Dialog nicht einbezogen wurden. Vgl. P-RKK/2, §§5.6.
Einleitung
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Der Dialog mit den Reformierten setzt beim Verhältnis zwischen dem Heiligen Geist und dem Wort (P-RK/I) und dem Heiligen Geist und dem Glauben (P-RK/ II) an. Der Dialog mit den Lutheranern (P-LK) setzt bei der Christologie an und stellt sich der Frage Wie wir Christus begegnen.664 Im Zentrum des Verständnisses des Heiligen Geistes steht die Betonung der direkten Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes. Daraus folgt das Verständnis des christlichen Lebens unter dem Gesichtspunkt des aktiven Handelns der Christen gegenüber dem Heiligen Geist. Das Proprium der pentekostalen Betonung der Erfahrung des Heiligen Geistes sieht in der Geistestaufe die Erfahrung der unmittelbaren Begegnung mit dem Heiligen Geist. Exkurs: Taufe mit dem Heiligen Geist Das aktuelle Positionspapier der größten pentekostalen Denomination, der Assemblies of God (AG) vom 9.–11. August 2010 beschreibt die Geistestaufe wie folgt: »The first instance of disciples receiving a charismatic-type of experience occurred on the Day of Pentecost (Acts 2:1,4). The coming of the Spirit on that day was unprecedented; it was a unique, historic, once-for- all and unrepeatable event connected with the institution of the new covenant. But as Acts indicates, at a personal level the disciples’ experience at Pentecost serves as a paradigm for later believers as well. […] The most distinguishing features of the baptism in the Holy Spirit are that: (1) it is theologically and experientially distinguishable from and subsequent to the new birth, (2) it is accompanied by speaking in tongues, and (3) it is distinct in purpose from the Spirit′s work of regenerating the heart and life of a repentant sinner. […] To summarize: At conversion, the Spirit baptizes into Christ/the body of Christ; in a subsequent and distinct experience, Christ will baptize in the Holy Spirit.«665
Die Taufe mit dem Heiligen Geist wird als eine vom Ereignis der Wiedergeburt unterschiedene Erfahrung der Begegnung mit dem Heiligen Geist verstanden, die sich nach außen durch Begleiterscheinung der neuen, geistgewirkten Sprachfähigkeit (Zungensprache) evident macht. Angesichts der scheinbaren Fokussierung auf die persönliche Erfahrung des Heiligen Geistes hat das Thema der Fülle des Lebens im Heiligen Geist eine ekklesiologische Relevanz. Das spezifische Merkmal des pentekostalen Verständnisses des Heiligen Geistes zeigt sich im Kontext der Beziehung zwischen Ekklesiologie und Pneumatologie. Der pneumatologische Aspekt der Ekklesiologie und damit auch das ökumenisch relevante Thema der pentekostalen Bewegung wird in der Erneuerung des christlichen Lebens als Rückkehr zum anfänglichen, apostolischen Leben der Kirche und zur apostolischen Praxis der Christen gesehen. Der Bezug zur Pneumatologie liegt hier in der gegenseitigen Beziehung zwischen dem Leben der apostolischen Kirche und dem Wirken des
664 Vgl. Lutherans and Pentecostals, in: Growth in Agreement IV/2, 76. 665 https://ag.org/Beliefs/Position-Papers/Baptism-in-the-Holy-Spirit. Abgerufen 23. 12. 2019.
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Das Verständnis des Lebens im Heiligen Geist in der pentekostalen Tradition
Heiligen Geistes. Der Aspekt der gegenseitigen Beziehung zwischen der Kirche und dem Heiligen Geist legt den Fokus auf die Öffnung der Christen gegenüber dem leitenden Wirken des Heiligen Geistes. Die pentekostale Deutung dieses Wirkens setzt die bewusste Interaktion zwischen den einzelnen Christen und dem Heiligen Geist voraus. Dieses zweite Merkmal zeigt, dass, obwohl die Pentekostalen seitens der anderen Konfessionen hauptsächlich aufgrund der Betonung des Heiligen Geistes identifiziert werden, das pentekostale Verständnis des Heiligen Geistes auch ins ekklesiologische Denken, und zwar unter dem Gesichtspunkt der Katholizität und Apostolizität als Grundbedingungen des Lebens der Kirche integriert werden kann. Allerdings interpretieren die Pentekostalen sowohl die Katholizität als auch die Apostolizität der Kirche schwerpunktmäßig in Bezug auf die explizite Erfahrung des Heiligen Geistes. Die folgenden Zitate sind durchgehend repräsentativ für alle anderen bilateralen Dialoge der Pentekostalen: »Pentecostals understand catholicity in terms of the ›full gospel‹ in relation to the Lord’s promise to give life in fullness (Jn 10.10); He is Saviour, the one who baptizes in the Spirit, the Healer as well as the coming King.«666 Die Katholizität wird hier in Verbindung mit dem Erlebnis der Fülle des Lebens durch die Erfahrung der Verheißung Christi gebracht, mit dem Heiligen Geist zu taufen. Die christologische Sicht der Katholizität nimmt Christus als Täufer mit dem Heiligen Geist in den Fokus. Die Apostolizität bezieht sich demzufolge auf das Leben der Kirche in der praktizierbaren Nachahmung der Erfahrung des apostolischen Lebens, das sich in der Manifestation der Geisteswirkungen ausdrückt: »Pentecostals contend that the apostolicity of the church is also closely related to apostolic life (Acts 4), apostolic work (Jn 14.12), and apostolic power manifested in spiritual gifts as well as ›signs and wonders‹ (Acts 2.4).«667 Diese beiden Zitate weisen den inhaltlichen Zusammenhang zwischen den oben aufgeführten Alleinstellungsmerkmalen des pentekostalen Verständnisses zum Heiligen Geist auf. Die Fülle der Kirche besteht in der Fülle des Lebens im Heiligen Geist. Aus diesem Grund ist eine Reflexion über das pentekostale Verständnis der Fülle des Lebens im Heiligen Geist aufgrund der ökumenischen Aktualität dieses Themas erforderlich. Das Ziel bleibt eine Überprüfung, ob das pentekostale Verständnis des Lebens im Heiligen Geist Anhaltspunkte für die 666 Report of the Joint Consultative Group between Pentecostals and the World Council of Churches. Document No.14, 6. https://www.oikoumene.org/en/resources/documents/execu tive-committee/2013-03/jcg-report. Abgerufen 28. 01. 2020. 667 Ebd., 7. Es wurde in Bezug auf die Katholizität behauptet, dass die Frage der Weitergabe des Glaubens, der in Christus offenbart und durch das Bekenntnis der Apostel gelebt wurde, unterschiedlich, und zwar nicht nur seitens des ÖRK und der Pentekostalen, sondern auch innerhalb der Pentekostalen und selbst der Kirchen des ÖRK gedeutet wurden. Vgl., ebd.
Das Leben im Heiligen Geist als persönliche Begegnung mit seiner Wirklichkeit
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Erweiterung des ökumenischen Nachdenkens über die Begegnung der Kirche mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes liefern kann. Nachfolgend wird die Reflexion über die relevanten theologischen Aussagen aus den oben erwähnten Dialogen dargestellt. Der Fokus dieser Darstellung wird auf zwei thematische Schwerpunkte gelegt: Die Begegnung mit dem Heiligen Geist und die wiederherstellende Tendenz der Wirkung des Heiligen Geistes zur Katholizität und Apostolizität der Kirche.
2.2
Das Leben im Heiligen Geist als persönliche Begegnung mit seiner Wirklichkeit
Das Thema Fülle des Lebens im Heligen Geist war eines der wichtigen theologischen Anliegen, welches sowohl die Katholiken als auch Vertreter der pentekostalen Bewegung schon in der ersten Phase ihres bilateralen Dialogs verfolgt haben.668 Die Wahl dieses Themas zur Eröffnung des Dialogs mit den Vertretern der römisch-katholischen Kirche (weiterhin RKK), liefert ein Indiz dafür, wie bedeutsam und zentral dieses Thema auch für die Tradition der römisch-katholischen Kirche ist: »Der Dialog war bestrebt, ›das Leben und die geistliche Erfahrung der Christen und der Kirchen zu erforschen‹, und dabei ›ein besonderes Augenmerk auf die Bedeutung zu richten, die der Fülle des Lebens im Heiligen Geist für die Kirche zukommt‹ …«.669 Obwohl die Wichtigkeit des Themas der Fülle des Lebens im Heiligen Geist seitens der römisch-katholischen Kirche angeregt wurde, zeigt das Thema meiner Meinung nach für alle Kirchen eine repräsentative Reaktion und eine Sensibilität gegenüber den pneumatologischen Fragestellungen, und zwar aufgrund der Schlüsselrolle der Lehre über den Heiligen Geist für das Verständnis der Kirche. Einer der Meinungsunterschiede zwischen den pentekostalen und römischkatholischen Denkansätzen wurde in der Bedeutung, »die dem Glauben und der Erfahrung sowie ihrer Beziehung zueinander im christlichen Leben beigemessen wird«, gesehen.670 Dieses Zusammenspiel zwischen Glauben und Erfahrung in 668 Dieses Thema zieht sich durch alle Phasen des Dialogs zwischen Vertretern der pentekostalen Bewegung und dem Päpstlichen Rat zur Förderung der christlichen Einheit, angefangen seit der ersten Konsultation der beiden Dialogpartner 1972–1976. Vgl. P-RKK/VI, §3. Es ist hier zu bemerken, dass der bilaterale Dialog zwischen RKK und Pentekostalen von Anfang an keine Einheit der Kirche zum Ziel hatte. »Die Absicht dieser Gespräche war es, dass ›Gebet, Spiritualität und theologisches Nachdenken auf internationaler Ebene zu einem gemeinsamen Anliegen werden, …« P-RKK/ I, §4. 669 P-RKK/I, §5. 670 P-RKK/I, §6.
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Das Verständnis des Lebens im Heiligen Geist in der pentekostalen Tradition
Bezug auf das christliche Leben bietet sich als Objekt der Betrachtung des spezifischen Ansatzes zum pentekostalen Verständnis des Lebens im Heiligen Geist an. Nimmt man die Phasen des Dialogs P- RKK als Ausgangspunkt für die Darstellung der spezifischen Merkmale des pentekostalen Denkansatzes zum Verständnis der Fülle des Lebens im Heiligen Geistes, dann fällt dabei die pentekostale Betonung der Taufe mit dem Heiligen Geist auf. Die Taufe mit dem Heiligen Geist wird als eine explizite Erfahrung mit dem Heiligen Geist dargestellt, die sich von dem Erlebnis der Wiedergeburt unterscheidet: »In der Pfingstbewegung bedeuten ›mit dem Geist getauft sein‹, ›mit dem Heiligen Geist erfüllt werden‹, und ›den Heiligen Geist empfangen‹ Geschehnisse, die sich in einer einschneidenden, von der Umkehr unterschiedenen Erfahrung ereignen; in dieser Erfahrung bekundet der Heilige Geist sich selbst, erfüllt das Leben des Glaubenden mit seiner Kraft und wandelt es um und erschließt ihm durch seine Erleuchtung die ganze Wirklichkeit des christlichen Geheimnisses (Apg. 2,4; 8,17; 10,44; 19,6).«671
Diese Deutung der Geistestaufe rückt die unmittelbare Wirkung des Heiligen Geistes, nämlich als Bekundung seiner selbst, in die Mitte des Nachdenkens über das christliche Leben im Heiligen Geist.672 In der Formulierung »der Heilige Geist bekundet sich selbst« kommt zum Ausdruck, dass der Heilige Geist im Ereignis der Geistestaufe dem Menschen direkt begegnet. Das christliche Leben im Heiligen Geist wird im Kontext der Geistestaufe aus der Perspektive des Lebens unter dem Einfluss des Heiligen Geistes als direkte Öffnung des Menschen gegenüber dem Heiligen Geist betrachtet: »Der Geist Christi ist es, der den Christen zum Christen macht (1 Kor 12.13); Ein Leben ist ›christlich‹, insofern es unter dem Einfluß des Geistes gelebt und von der Offenheit für seine umwandelnde Macht geprägt ist. […] »dieses volle Leben im Geist bedeutet Wachstum in Christus (Eph 4,15.16), es verlangt ständige Läuterung.«»673
Das volle Leben im Geist (Offenheit für seine umwandelnde Macht) kann demnach als volles Leben in Christus und umgekehrt interpretiert werden. Dieses Leben wird jedoch dynamisch als Prozess des Wachstums in Christus verstanden. Obwohl aus dieser Formulierung nicht eindeutig klar hervorgeht, auf welche Theologie einzelner Dialogpartner (pentekostal oder römisch-katholisch) sich diese Aussage bezieht oder ob sie eine für beide Seiten gültige Aussage ist, oder wie die Beziehung zwischen dem Wachstum in Christus und dem Leben im Geist 671 P-RKK /I, §12. 672 Das Substantiv Geistestaufe kommt in der Bibel nicht vor. Der biblische Sprachgebrauch kennt das Verb Taufen mit dem Heiligen Geist (Mk 1,8). Der Begriff Geistestaufe stammt aus dem umgänglichen Sprachgebrauch und wird in der folgenden Untersuchung als verkürzte Form des Ausdruckes Taufen mit dem Heiligen Geist benutzt. 673 P-RKK/I, §13.
Das Leben im Heiligen Geist als persönliche Begegnung mit seiner Wirklichkeit
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in den jeweiligen dogmatischen Traditionen interpretiert wird, wende ich die Aussage »ein Leben ist ›christlich‹, insoweit es […] von der Offenheit für seine umwandelnde Macht geprägt ist« auf den spezifisch pentekostalen Denkansatz zum Leben (Wachstum) in Christus als bewusste und direkte Öffnung der Christen für den Heiligen Geist an.674 Abgesehen davon, dass der Text die Rolle der menschlichen Verantwortung für diese Öffnung – »Gewiss gibt es auch die menschliche Verantwortung, nach dem Streben, was Gott verheißen hat« – abschwächt, bildet die aktive Disposition der Christen dem Heiligen Geist gegenüber das distinktive Erkennungsmerkmal der pentekostalen Tradition.675 Fasst man die Aussagen über das christliche Leben unter dem Gesichtspunkt des Lebens im Heiligen Geist zusammen, ergibt sich folgender Aspekt des pentekostalen Verständnisses vom Heiligen Geist: Der Heilige Geist begegnet einem Christen unmittelbar und persönlich als Kraft und Geist Christi. Es geht dabei um eine explizite persönliche Erfahrung der Gegenwart des Heiligen Geistes. Folglich kann das Verständnis des Lebens in der Offenheit für den Heiligen Geist als Leben in Christus verstanden werden. Jedoch wird dieses Leben aus der pentekostalen Sicht mit der Notwendigkeit der expliziten Erfahrung der Wirklichkeit des Heiligen Geist in der Geistestaufe in Verbindung gebracht. Die Erfahrung Christi korrespondiert mit der expliziten Erfahrung des Heiligen Geistes und umgekehrt. Das ist der für die ökumenischen Gespräche neue Denkansatz im Verständnis des Seins in Christus. Die pentekostale Frage der Begegnung mit der Gegenwart Christi wird auf die unmittelbare Erfahrung der Gegenwart des Heiligen Geistes in der Geistestaufe bezogen. Dadurch wird das christliche Leben, so wie das Leben der Kirche, schwerpunktmäßig in Verbindung mit der unmittelbaren 674 P-RKK/I, §13. Es it unklar, ob eine Akkusativ- oder eine Dativkonstruktion der Wachstumsbewegeung gemeint ist: in den Christus hinein oder im Christus. 675 Ebd. Die Kirche soll sich der prophetischen Leitung des Heiligen Geistes öffnen (P-RK/I, §§26.29). Die unmittelbare Begegnung mit dem Heiligen Geist als Leben unter der Leitung des Heiligen Geistes wurde auch im Dialog mit den Reformierten Kirchen bestätigt. Vgl. PRK/I, §§47.73. 51. 48.50.51. P-RK/II, §§85.86 (die Stimme Gottes hören). Vgl. P-RKK/III, §76 – Betonung auf den direkten Bezug eines Christen zum Heiligen Geist. Vgl. P-RK/I, §25: Salbung mit dem Heiligen Geist als Begegnung zwischen Gott und Mensch. Offenheit dem Heiligen Geist gegenüber P-RK/I, §§45.51. Erwartung der Offenbarung des Heiligen Geistes. Michael Putney zitiert in seiner Stellungnahme auf den V. Dialog Kardinal Walter Kasper »A theological element underlying Pentecostalism is the possibility of the immediate individual experience of the Holy Spirit.« http://www.vatican.va/roman_curia/pontifical_councils/chrs tuni/eccl-comm-docs/rc_pc_chrstuni_ doc _20080101_commentary-putney_en.html. Abgerufen 06. 09. 2017. Wonsuk Ma betonte in seinem Referat bei der Weltmissionkonferenz in Athen (vom 09.–16. Mai 2005) die Offenheit für den Heiligen Geist als Haupterkennungsmerkmal der Pentekostalen. Vgl. Wonsuk MA, »Wenn die Armen entflammt werden: Die Rolle der Pneumatologie in der pfingst- und charismatischen Mission.«. https://www.oikou mene.org/ de/resources/documents/other-meetings/mission-and-evangelism/plen-10-may -no-4-wonsuk-ma. Abgerufen 01. 09. 2017.
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Das Verständnis des Lebens im Heiligen Geist in der pentekostalen Tradition
Erfahrung des Heiligen Geistes gebracht. Auf dieser Grundlage bauen die Pentekostalen ihre Vorstellung von der Einheit der Kirche: »Die Grundlage der Einheit ist statt dessen [Wassertaufe] eine Gemeinsamkeit des Glaubens und der Erfahrung Jesu Christi als des Herrn und Erlösers durch den Heiligen Geist.«676 Damit entsteht ein ausführlicher Klärungsbedarf, sowohl was das Verständnis der direkten Erfahrung des Heiligen Geistes angeht, als auch, wie die pentekostale Vorstellung von der Einheit der Kirche basierend auf der Erfahrung Christi im Heiligen Geist in das ökumenische Gespräch integriert werden kann. Das Thema der Begegnung mit der Gegenwart des Heiligen Geistes ist nicht allein der pentekostalen Tradition, sondern allen konfessionellen Traditionen, in einer großen Interpretationsbreite, zuzuschreiben. Das pentekostale Verständnis der Begegnung mit dem Heiligen Geist bietet jedoch eine erweiterte theologische Sicht darüber und über die Bedeutsamkeit der Erfahrung des Heiligen Geistes für das christliche Leben, weil die Erfahrung der Wirklichkeit des Heiligen Geistes in der pentekostalen Deutung der Geistestaufe explizit angesprochen wird. Die theologische Brisanz des pentekostalen Denkansatzes zur Erfahrung des Heiligen Geistes liegt nicht nur in der Deutung des Wesens des Heiligen Geistes, nämlich, dass der Heilige Geist den Menschen unmittelbar begegnet, sondern auch in der Betonung der Wichtigkeit einer expliziten und direkten Erfahrung des Empfangs des Heiligen Geistes anhand des historischen Modells aus Apg 2,4, und zwar als ein initialartiges, explizites Ereignis, das sich im Leben eines Christen ereignen muss. Diese Deutung steht im Spannungsverhältnis zur ökumenischen Einordnung der Geistausgießung in das ekklesiologische Paradigma, in dem das historische Pfingstgeschehen nicht mit der kontinuierlichen Praktizierung im christlichen Leben in Verbindung gebracht wird. Die pneumatologische Kontinuität der Christologie im Sinne von Christus als der Täufer mit dem Heiligen Geist wird nicht im Ereignis der Geistestaufe gesehen, sondern eher in der historischen Kontinuität der Kirche mit dem Pfingstgeschehen bzw. im Leben der Kirche. Dieser Unterschied im Verständnis der Beziehung zwischen Christologie und Pneumatologie kam zum Ausdruck in der Ansprache von David du Plessis zur 6. Vollversammlung des ÖRK in Vancouver 1983: »Wenn wir also vom Geist als einem Trank des lebendigen Wassers geboren sind, und erfüllt vom Geist des Lebens, dann müssen wir auch seinen Dienst als Täufer im Heiligen Geist annehmen, wodurch wir ermächtigt werden zu dem gleichen Dienst wie Er ihn auf Erden ausübte.«677
676 P-RKK/3, §55. 677 Lothar Coenen/ Wolfgang Traumüller (Hg.), Vancouver 1983, 63.
Das Leben im Heiligen Geist als persönliche Begegnung mit seiner Wirklichkeit
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Es stellt sich also für das Verständnis des Lebens im Heiligen Geistes die Frage, ob die pneumatologische Akzentsetzung des spezifisch pentekostalen Verständnisses der Begegnung mit dem Heiligen Geist eine theologische Unterscheidung zwischen den Verständnissen des christlichen Lebens in Christus und im Geist Christi mit sich bringt, bzw. ob davon erweiterte theologische Denkansätze im Verständnis der Beziehung zwischen Christologie, Pneumatologie und Ekklesiologie abgeleitet werden können. Meint das Verständnis der Erfahrung der Gegenwart Christi durch die Glaubensaneignung, die Teilnahme an den sakramentalen Handlungen oder am gemeindlichen, gottesdienstlichen Leben der Kirche das Gleiche, was das pentekostale Verständnis der direkten Begegnung mit der Gegenwart des Heiligen Geistes beinhaltet?678 Diese Fragestellungen markieren aus meiner Sicht den großen Spannungsbereich zwischen dem ökumenischen Diskurs des Lebens in Christus und dem pentekostalen Denkansatz des Lebens im Heiligen Geist. Rein phänomenologisch stellt sich die Frage: Wenn Christus selbst in der unmittelbaren Wirkung des Heiligen Geistes erfahren wird, obwohl der Heilige Geist gleichzeitig als Gegenüber der Begegnung mit dem Menschen verstanden wird, wer ist dann das Gegenüber der Christen in der Wahrnehmung ihrer persönlichen Beziehung zu Gott – Christus oder der Heilige Geist? Wie erklärt sich die Notwendigkeit des Explizierens der Erfahrung der Geistestaufe aus der Heilserfahrung der Wiedergeburt bzw. des Glaubensempfangs? Oder handelt es sich um eine erweiternde bzw. noch intensivere Erfahrung der Gegenwart Christi durch die Erfahrung seiner Gegenwart als Gegenwart des Heiligen Geistes? Solche Fragestellungen ergeben sich als logische Folgen aus der pentekostalen Fokussierung auf die volle Erkenntnis Christi durch die unmittelbare Begegnung mit dem Heiligen Geist in der Geistestaufe, die sich neben der Erfahrung Christi als Gegenüber der persönlichen Beziehung der Christen zu Gott versteht.679 Ich schlage als erstes vor, das pentekostale Verständnis der Offenheit für den Heiligen Geist, wie es in den bilateralen Dialogtexten dargelegt wurde, aus theologisch-ökumenischer Sicht zu erläutern. Die Leitfrage wird dabei sein, wie sich die Geistestaufe als aktive menschliche Öffnung für den Heiligen Geist und als ein Ereignis im Rahmen der Heilsordnung dogmatisch erfassen lässt. Wie begründen die Pentekostalen die Relevanz der handlungsaktiven und unmit678 Die Erfahrung des Heiligen Geistes sei die Erfahrung der Gegenwart Christi. Vgl. Heribert Mühlen, zitiert bei Veli-Matti Kärkkäinen, Spiritus ubi vult spirat: Pneumatology in Roman-Catholic-Pentecostal Dialogue (1972–1989), Helsinki 1998, 162. 679 Siehe die Aussage über die Katholizität. »Pentecostals understand catholicity in terms of the ›full gospel‹ in relation to the Lord’s promise to give life in fullness (Jn 10.10); He is Saviour, the one who baptizes in the Spirit, the Healer as well as the coming King.« Report of the Joint Consultative Group between Pentecostals and the World Council of Churches. Document No.14, 6.
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Das Verständnis des Lebens im Heiligen Geist in der pentekostalen Tradition
telbaren Öffnung der Christen für den Heiligen Geist für das Leben der Kirche und einzelner Christen? Wenn die Offenheit für den Heiligen Geist anhand der Aussagen aus einem bilateralen Dialog mit der RKK als ein Spektrum von menschlichen Erwartungen bzw. Dispositionen dem Heiligen Geist gegenüber verstanden wird, dann gerät der pentekostale Anspruch auf die Exklusivität des Ereignisses der Geistestaufe für das christliche Leben in Erklärungsnot.680 Es ist anzunehmen, dass eine Offenheit für den Heiligen Geist nicht zwingend als eine extraordinäre Erfahrung erfasst werden muss, sondern auch dem Kontext der spirituellen Erfahrungen aller Christen zugeordnet werden kann.681 In dem Fall wäre die Geistestaufe als intensive spirituelle Erfahrung keine Neuheit seitens der Pentekostalen, weil die Offenheit für eine spirituell-mystische Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes in der kirchlich-spirituellen Praxis seitens aller Kirchen nie verneint wurde. Wenn jedoch die menschliche Offenheit für den Heiligen Geist die Grundbedingung einer expliziten und exklusiven Handlung des Heiligen Geistes bedeutet, dann kann daraus folgen, dass die explizite Erfahrung der Geistestaufe in die Abhängigkeit von der menschlichen Disposition und deren Willen geraten kann. Diese Schlussfolgerung würde je nach konfessioneller Deutung dem biblisch-pneumatologischen Grundgedanken widersprechen, dass der Geist weht, wo er will, und die Gaben jedem zuteilt, wie er will.682 Gleichzeitig wird diese Offenheit als eine konkrete Erwartung der darauffolgenden Erfahrung der Begegnung mit dem Heiligen Geist verstanden. Darüber hinaus bringt die Zuordnung der Geistestaufe zur Öffnung der Christen gegenüber dem Heiligen Geist die Tendenz mit sich, die Intensivität der persönlichen Beziehung zu Gott je nach Öffnung für die Wirkung des Heiligen Geistes zu qualifizieren.683 Das Gewicht der kritischen Hinterfragung des pentekostalen Denkansatzes der Geistestaufe liegt jedoch auf der Tendenz, der direkten und expliziten Er680 Vgl. P-RKK/I, §16. 681 Vgl. Kilian McDonnell, Characteristics of the Charismatic-Pentecostal Spirituality, in: OiC (1974) 10/2, 117–28, 119. McDonnell wendet hier das scholastische Prinzip ex opere operantis an. »God ordinarily deals with us according to our awareness, expectations and openness.« 682 Vgl. Joh 3, 8. 1 Kor 12, 11. 683 »Der Unterschied zwischen einem überzeugten Christen ohne eine solche pfingstliche Erfahrung und einem Christen mit einer solchen Erfahrung besteht im allgemeinen nicht nur in einer unterschiedlichen theologischen Ausrichtung, sondern in einer größeren Offenheit und Erwartung gegenüber dem Heiligen Geist und seinen Gaben.« P-RKK/I, §16. Der V. Dialog mit der RKK erwähnte diesen Sachverhalt im Zusammenhang mit der Frage des Empfanges des Heiligen Geistes. Die ersten Pentekostalen fielen durch ihre Ausdrucksweise in Bezug auf den Empfang des Heiligen Geistes auf. Wenn sie nach dem Empfang des Heiligen Geistes fragten, dann meinten sie damit die Taufe mit dem Heiligen Geist. Dies führte zum Missverständnis, »die Pfingsler verräten die irrige Position, dass selbst bekennende Christen ohne den Geist seien.« P-RKK/V, §249.
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fahrung des Heiligen Geistes in der Geistestaufe den Rang einer Notwendigkeit für das christliche Leben zu geben. Wie wird diese von den Pentekostalen nicht direkt ausgesprochene Notwendigkeit aus der Sicht des pentekostalen Verständnisses des Heiligen Geistes theologisch gerechtfertigt? Folgende Darstellungen der Geistestaufe in den bilateralen Dialogen der Pentekostalen zeigen eine Vielfalt von unterschiedlichen Ansätzen, wie die Relevanz der Geistestaufe für das christliche Leben und das Heilsverständnis interpretiert werden kann. »Nach Überzeugung der Pfingstler ist es für Glaubende wichtig, die Taufe im Heiligen Geist zu suchen. Der Heilige Geist gibt die Kraft, durch die die Glaubenden an Heiligkeit und Stärke reifen können. […] Sie glauben, dass das Evangelium das Ganze der menschlichen Existenz berührt, und deshalb gibt es eine zunehmende Beachtung psychologischer und psychosozialer Probleme und medizinischer Bedürfnisse. Pfingstler glauben, dass in dieser Taufe im Heiligen Geist der Christ dem Heiligen Geist so begegnet, dass man dazu bevollmächtigt wird, jenes bezwingende Zeugnis zu sein, das Jesus in Apg 1,8 verkündet hat. Pfingstler glauben auch, dass ohne eine solche Begegnung mit dem Heiligen Geist dem Leben und dem Zeugnis viel fehlt.«684
Betrachtet man die Gründe für die Notwendigkeit der Geistestaufe – Kraft zur Reife, Ganzheit der menschlichen Existenz, Bevollmächtigung zum Zeugnis, Mangel im Leben und im Zeugnis – unter dem Gesichtspunkt der allgemeinen Vorstellungen vom christlichen Leben, dann wird deutlich, dass die unmittelbare Erfahrung der Begegnung mit dem Heiligen Geistes aus der pentekostalen Sicht keine spirituelle Option, sondern eine Grundbedingung der Praktizierung des christlichen Glaubens darstellt. Gleichzeitig wird die Bedeutung der Geistestaufe in einigen pentekostalen Formulierungen als nicht heilsnotwendig dargestellt. Im Dialog mit den Lutheranern wird zum Beispiel die Notwendigkeit der Geistestaufe in Verbindung mit der Bevollmächtigung und Ausrüstung zum Dienst durch den Heiligen Geist gebracht.685 In diesem Dialog wurde seitens der Pentekostalen behauptet, dass das Fehlen der Erwartung der Geistesgaben zur Verarmung des christlichen Lebens führt.686 Der Begriff Verarmung ergibt jedoch keinen absoluten Sinn der Notwendigkeit der Geistestaufe, sondern lässt das Verständnis der Geistestaufe im Paradigma der spirituellen Erfahrungen und der Qualität des geistlichen Lebens stehen. Im Dialog mit der RKK wurden mehrere theologische Aspekte der Notwendigkeit einer Erfahrung der Geistestaufe für das Glaubensleben erwähnt. Die Geistestaufe sei die Manifestation des Heiligen Geistes durch Zeichen und 684 P-RKK/V, §§170. 240. 685 Vgl. Thomas F. Best/Lorelei Fuchs/John Gibaut/ Jeffrey Gros/Despina Prassas (eds), Growth in Agreement IV/2, 81. 686 Vgl. a. a. O., 82.
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Charismen.687 Die Geistestaufe sei die Begegnung mit dem Heiligen Geist zur Bevollmächtigung zum Dienst.688 Ohne Begegnung mit dem Heiligen Geist sei das Leben der Christen verarmt.689 In der Begegnung mit dem Heiligen Geist drückt sich das apostolische Wesen der Kirche aus.690 Die Begegnung mit dem Heiligen Geist bedeutet den Empfang der Gaben des Heiligen Geistes.691 Im Dialog mit den Reformierten wurde die Bekundung des Heiligen Geistes in Verbindung mit der Kraftverleihung zur Verkündigung gebracht.692 Die Erfahrung mit dem Heiligen Geist sei notwendig für das Leben unter der Leitung des Heiligen Geistes.693 Das Wesen der Kirche nimmt Gestalt an durch die Gaben des Heiligen Geistes.694 Nimmt man jedoch an, dass die oben genannten Gründe zum Wesen des christlichen Lebens und nicht zur gesteigerten Form der Spiritualität gehören, dann muss die Geistestaufe einem initialen Geschehen zugeordnet werden. Jerry Sandidge und Veli-Matti Kärkkäinen, die P-RKK untersucht haben, sehen die pentekostale Deutung der Geistestaufe in den Dialogen im Rahmen der übernatürlichen Erfahrung des Heiligen Geistes als ein an sich entscheidendes Glaubensereignis jenseits des sakramentalen Kontextes.695 Kärkkäinen geht in seiner Untersuchung auf zwei Verständnisse der Geistestaufe ein: Zum einen auf ihre Einordnung in den Kontext der spirituellen Erfahrungen und zum anderen auf ihre Einordnung in die Initiationslehre. Er vertritt die Meinung, dass der zentrale Unterschied zwischen dem katholischen und dem pentekostalen Verständnis der Geistestaufe (im katholischen Verständnis wird die Geistestaufe in Verbindung mit dem Ritus der Firmung interpretiert) in den unterschiedlichen Paradigmen liegt, in denen die beiden Traditionen die Initiationsprozesse interpretieren: sakramental (katholisch) und erneuerungsorientiert (pentekostal). Darüber hinaus unterscheidet der pentekostale Ansatz zur Pneumatologie die Wirkung des Heiligen Geistes im Ereignis der Wiedergeburt von der Wirkung des Heiligen Geistes in der Geistestaufe.696 Obwohl Kärkkäinen in seiner Untersuchung auch die Ansicht vetreten hat, dass es innerhalb der pentekostalen Begegnung zwei Interpretationsmodelle von der Geistestaufe geben kann: sakra687 688 689 690 691 692 693 694 695 696
Vgl. P-RKK/I, §15. Vgl. P-RKK/V, §§170. 240. Vgl. P-RKK/V, §240. Vgl. P-RKK/V, §§244–247. Vgl. P-RKK/VI, §10. Der VI. Dialog mit der römisch-katholischen Kirche war der erste bilaterale Dialog, bei dem die Relevanz der Charismen für das Leben und Mission der Kirche behandelt wurde. Vgl. P-RKK/VI, §3. Vgl. P-RK/I, §25. Vgl. P-RK/I, §§45.47.73; P-RK/II, §§85–86. Vgl. P-RK/I, §39. Vgl. Jerry L. Sandidge, Roman Catholic Pentecostal dialogue. Vol. I, 126. Veli-Matti Kärkkäinen, Spiritus ubi vult spirat, 153. 190. Siehe Exkurs: Positionspapier der AG. Vgl. P-RKK/I, §12.
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mental und nicht-sakramental. Das sakramentale Modell deutet die Geistestaufe als Aktualisierung der empfangenen Gnade im Rahmen des existierenden Glaubenslebens. Das nicht-sakramentale Modell deutet die Geistestaufe als eine unmittelbare, von der Wiedergeburt unterschiedene Mitteilung des Heiligen Geistes.697 Der pentekostale Theologe Vinson Synan ordnete die Geistestaufe in die mystische Tradition als Manifestation des Heiligen Geistes ein.698 Dabei handelt es sich nicht um die Aktualisierung der Gegenwart des Heiligen Geistes im Sinne der spirituellen Erfahrungen im Glaubensleben. Wäre die Geistestaufe nur als eine spirituelle, immerwährende Erfahrung verstanden, müsste man sie logischerweise im sakramentalen Kontext betrachten.699 In diesem Fall würde die Geistestaufe ihre Initiationsbedeutung und ihre spezifische pentekostale Deutung verlieren. Synans Einordnung der Geistestaufe ist darum nicht zufriedenstellend, weil sie die Besonderheit der Geistestaufe im Kontext der anderen Manifestationen des Heiligen Geistes nicht hervorhebt. Nach Rodman J. Williams, der als reformierter Theologe die pentekostale Sicht der Geistestaufe als Grundlage zur ersten Phase des Dialogs mit der RKK ausgearbeitet und einen Vortrag über pentekostale Spiritualität gehalten hat, liegt der Fokus des pentekostalen Verständnisses der Geistestaufe auf der unmittelbaren und persönlichen Begegnung mit dem Heiligen Geist.700 Williams deutete die pentekostale Sicht des Pfingstereignisses als fortdauerndes Ereignis.701 Die Geistestaufe jedoch im Paradigma des spirituellen Verlangens zu deuten, würde ihre spezifische pentekostale Bedeutung als initial-artiges Ereignis relativieren. Die Geistestaufe sollte laut der pentekostalen Definition mehr als das Verlangen nach einer intensiven spirituellen Erfahrung sein. Der Katholik McDonnell, der die pentekostale Sicht als Nicht-Pentekostaler darstellte, behauptete, dass die spezifische Seite der pentekostalen Spiritualität in 697 Vgl. Kärkkäinen, Pneumatology, 97. Die Begegnung mit dem Heiligen Geist wurde deshalb im Bericht des ersten Dialogs zwischen den Pentekostalen und den Vertretern der RKK im Kontext der Spiritualität betrachtet. Ein Grund für den Kontext der Spiritualität war die Einordnung der Geistestaufe unter die Kategorie der Erfahrung. Vgl. P-RKK/ I, §12. Kärkkäinen weist auf den Tatbestand hin, dass beide Seiten die Gemeinsamkeiten im Thema »Erfahrung mit dem Heiligen Geist« gesucht haben. Vgl. Kärkkäinen, Spiritus ubi vult spirat, 154. 698 Vgl. Vinson Synan, The Role of the Holy Spirit and the Gifts of the Spirit in the Mystical Tradition, in: OiC (1974) 10, 193–202, 195. 699 Vgl. Stanley Burgess/ Eduard M. van der Maas, The New International Dictionary of Pentecostal and Charismatic Movements, 361. 700 Vgl. J. Rodman Williams, Pentecostal Spirituality. In: OiC (1974) 10, 180–192. 701 Vgl. J. Rodman Williams, Pentecostal Spirituality, 181. »Innerhalb der klassischen Pfingstbewegung vertreten einige, dass der Heilige Geist durch die Wiedergeburt in uns Wohnung nimmt und dass später, durch die Taufe im Heiligen Geist, der Geist auf uns kommt und von uns auszuströmen beginnt.« P-RKK/I, §18.
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der Ausweitung der traditionellen Erwartungen gegenüber der Wirkung des Heiligen Geistes besteht.702 Er vertrat die Meinung, dass der Heilige Geist, je nach Öffnung ihm gegenüber, sowohl mit der Gemeinschaft der Christen, als auch mit den einzelnen Christen, in Kontakt tritt.703 McDonnell versucht die Besonderheit der pentekostalen Erfahrung des Heiligen Geistes an den Grad der menschlichen Öffnung zu knüpfen. In einer anderen Untersuchung der Texte einiger Kirchenväter resümiert McDonnell, dass sein Ergebnis die pentekostale Sicht bestätigt, nämlich, dass die Geistestaufe als ein zentrales Ereignis der Ausrüstung der Gemeinde Christi mit den Gaben des Heiligen Geistes erscheint, die für den Aufbau des Leibes Christi erforderlich sind.704 Außerdem hält McDonnell fest, dass es sich dabei nicht um das außergewöhnliche Leben einer christlichen Gemeinde, sondern um den Normalfall einer Gemeinde Christi handelt. Folgt man dieser Logik, kann die Geistestaufe im Sinne der Ausrüstung mit den Gaben des Heiligen Geistes, unter dem Aspekt der unmittelbaren Begegnung mit dem Heiligen Geist, als ein wesentliches Initial für das Leben in Christus betrachtet werden. Sollte jedoch die Erfahrung des Heiligen Geistes vom Grad der menschlichen Öffnung abhängig sein, würde das Wirken des Heiligen Geistes, wie es oben bereits erwähnt wurde, in die Abhängigkeit von der subjektiven Aktivität der Christen geraten. Daraus könnte der Schluss gezogen werden, dass ohne die subjektive Erfahrung einer Begegnung mit dem Heiligen Geist und der anschließenden erfahrbaren Aneignung der Gaben des Heiligen Geistes Christsein nicht möglich ist. Obwohl McDonnell das nicht direkt sagt, tritt in seinen Ausführungen nicht klar hervor, wie sich die pentekostale Deutung der Geistestaufe von den anderen traditionellen Verständnissen des Wirkens des Heiligen Geistes unterscheidet. Nach Möller (einem Vertreter der pentekostalen Tradition) ist die Taufe mit dem Heiligen Geist: »… that act of grace, based on the promise of Acts1:5,8, whereby God reveals himself to the believer in a personal, direct, intimate and continuous fashion, by bringing man under the control of and into the fullness of the Holy Spirit, through which the believer becomes, in a distinctive way, aware of the ressurected and glorified Christ in his life,
702 Vgl., McDonnell, Characteristics of the Charismatic-Pentecostal Spirituality, 119. 703 Vgl. McDonnell, Characteristics of the Charismatic-Pentecostal Spirituality, 120–121. McDonnell bemerkt zurecht kritisch, dass der Heilige Geist demnach in die Abhängigkeit von menschlichen Dispositionen gerät. Damit bringt er aber keine Lösung für die Spannung zwischen der Freiheit des Heiligen Geistes und der Machbarkeit der menschlichen Öffnung gegenüber dem Heiligen Geist, obwohl er dadurch indirekt das scholastische Prinzip ex opere operantis hinterfragt. Vgl., McDonnell, 119. 704 Vgl. Zitiert bei Kärkkäinen, Spiritus ubi vult spirat, 192. Der Hinweis auf Kilian McDonnell/ George T. Montague, Christian Initiation and Baptism in the Holy Spirit: Evidence from the First Eight Centuries, Collegeville 1995, 180.
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and as a result of which he is equipped with power to lead a life in which he can be a more effective witness for Christ and enjoy a fuller dimension of worship.«705
Diese Auffassung der Geistestaufe geht in die Richtung einer bewussten und spezifischen Erfahrung der Gegenwart des auferstandenen und verherrlichten Christus. Die Christen erlangen dadurch die Gewissheit der Präsenz Christi in ihrem Leben. Eine ähnliche Meinung vertrat auch du Plessis, der im Zusammenhang mit der Zungenrede behauptete, dass es sich dabei um das Verlangen nach der Gewissheit (certainty) der Gegenwart Gottes handelt.706 Der oben aufgeführte Überblick erweckt den Eindruck, dass die pentekostale Deutung der Geistestaufe unter dem Gesichtspunkt einer besonderen geistlichen Erfahrung im von Kärkkäinen erwähnten sakramentalen Paradigma der spirituellen Erfahrungen verstanden werden könnte. Dies würde jedoch den spezifischen Charakter des pentekostalen Verständnisses vom Heiligen Geist einschränken.707 Die Aussagen der Pentekostalen in den bilateralen Dialogen legen den Fokus auf den fundamentalen Zusammenhang zwischen der unmittelbaren Erfahrung des Heiligen Geistes als Geistes Christi und dem Wesen sowohl des christlichen Lebens, als auch des Lebens der Kirche.708 Die aktive Öffnung für den Heiligen Geist, auf der die Pentekostalen im Gegensatz zu den Katholiken bestehen, meint eine aktive Handlung der Christen gegenüber Christus mit der Erwartung der Erfahrung der expliziten Wirkung des Heiligen Geistes. Sie schließt auch die innere Ausrichtung und das bewusste Verhalten der Christen angesichts der Wirklichkeit des Heiligen Geistes ein. Diese offensive Haltung wurde im Dialog mit den Reformierten Kirchen in Bezug 705 Francois Petrus Möller, Faith and Experience, in: Sandidge, Dialogue, Vol. II, 61. 706 Vgl. Justus du Plessis, The Pentecostal Viewpoint (Response to Professor Mühlen‹s Paper), in: OiC (1976) 12, 347–350, 345. Sprachengebet wird in der pentekostalen Tradition als »initial evidence«, als sichtbares Zeichen der Taufe mit dem Heiligen Geist verstanden. Vgl. P-RKK/V §257. 707 Unter dem spezifischen Charakter der pentekostalen Deutung der Geistestaufe bezeichne ich die Unabdingbarkeit der Geistestaufe im Sinne einer exklusiven, unmittelbaren Erfahrung mit dem Heiligen Geist. Das sakramentale Verständnis würde zwar ökumenisch konform sein, geht jedoch an dem spezifischen Erscheinungsbild der pentekostalen Bewegung vorbei. Innerhalb der charismatischen Erneuerungsbewegung (ICCRS) wird seit den 1970ern die Frage debattiert, ob die Geistestaufe als Re-Vitalisierung der Gnade der sakramentalen Initiation zu sehen ist oder ob es sich um etwas völlig anderes handelt. Vgl. Michelle Moran, Baptism in the Holy Spirit: International Ecumenical Congress, St. Niklausen, Switzerland, 7–10 March 2013, in: OiC (2013) 47/1, 142–145, 143. 708 In der III. Phase des Dialogs P-RKK wird die Verhältnismäßigkeit zwischen der Öffnung der Christen gegenüber dem Heiligen Geist und dem Wesen der Kirche als Werkzeug Gottes wie folgt dargestellt: »Nach dem Verständnis der Pfingstler ist die Kirche als Gemeinschaft ein Werkzeug des Heils in demselben Sinn, wie jedes ihrer Glieder ein Zeichen und Werkzeug des Heils ist. […] sofern die Menschen ihr Leben dem Einbruch des Heiligen Geistes öffnen.« P-RKK/ III, §94. Die Einheit der Kirche sehen die Pentekostalen in der Gemeinsamkeit der Erfahrung Christi im Heiligen Geist. Vgl. P-RKK/III, §55.
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auf die Erfahrung des Heiligen Geistes als konstitutiv für das Leben der Kirche erklärt.709 Fragt man anhand der oben aufgeführten Interpretationen der Geistestaufe, worin die Notwendigkeit der Geistestaufe im pentekostalen Denken besteht, wird man im spezifischen pentekostalen Sinne von der Totalität der Erfahrung mit dem Heiligen Geist und ihrer Bedeutung für die christliche Kirche und das christliche Leben sprechen.710 Dabei ergibt sich Erläuterungsbedarf, was den theologischen Konflikt zwischen der theologischen Begründung der Geistestaufe und ihrer Einordnung ins Verständnis des christlichen Lebens angeht.
2.2.1 Das Verständnis der Fülle des Lebens im Heiligen Geist im Licht der Beziehung zwischen Christologie und Pneumatologie Die Vielfalt der oben aufgeführten Erklärungen zeugt vom Fehlen einer theologischen Präzision in den pentekostalen Erläuterungen, was die Notwendigkeit der Geistestaufe in ihrer Bedeutung für das christliche Leben und die Kirche angeht, nämlich inwiefern die Geistestaufe heilsnotwendig, heilswichtig oder lediglich optional wichtig erscheint. Es muss bei der Taufe mit dem Heiligen Geist aus der pentekostalen Sicht um eine Schlüsselerfahrung oder ein existentiell unentbehrliches Ereignis für das christliche Leben gehen, weil sie entscheidend für die Fülle des Lebens im Heiligen Geist, also im Leben in Christus, ist.711 Die Geistestaufe sei dann ein fort709 Vgl. P-RK/ I, §§50.51. Vgl. P-RKK/V, §7. Vgl. P-RK/II §§32.33 »Pfingstler sprechen von der ›Ausgießung des Geistes‹, um Gottes Initiative und die Gestaltung der Kirche als den Leib Christi zu beschreiben.« P-RK/ I, §39. Dabei meint man mit dieser Ausgießung nicht die einmalige kircheninstitutionalisierende Ausgießung des Heiligen Geistes an Pfingsten (Apg 2,4), sondern das immerwährende Entstehungsgeschehen jeder Pfingstkirche im Sinne der Existenz der Kirche. »Jede Pfingstgemeinde ist, die durch die Ausgießung des Geistes entsteht und ihre Gestalt durch die Gaben gewinnt…« P-RK/I, §39. Diese pneumatologische Grundlegung der Kirche wäre deckungsgleich mit dem ökumenischen Diskurs. Dieses ekklesiale Verständnis der Begegnung mit dem Heiligen Geist gewinnt in ihrem Bezug auf das Verständnis der Kirche im ökumenischen Kontext eine kritische Brisanz. Die Kirche versteht sich demnach als eine Zusammensetzung oder Folge nicht nur der Erfahrung der Begegnung mit dem Wirken des Heiligen Geistes, sondern auch als Gemeinschaft der nach dem Heiligen Geist verlangenden Christen. Mit dieser Betonung auf die Konkretisierung der Erfahrung des Heiligen Geistes und der Rolle der menschlichen Offenheit verschiebt sich das Verständnis, sowohl der initialisierenden als auch der konstituierenden Wirkung des Heiligen Geistes im Leben der Kirche hin zur Subjektivität des menschlichen Verlangens nach der unmittelbaren Begegnung mit dem Heiligen Geist. 710 Vgl. J. Rodman Williams, Baptism in the Holy Spirit, in: Stanley Burgess/ Eduard M. van der Maas, The New International Dictionary of Pentecostal and Charismatic Movements, 357. 711 Vgl. P-RKK/V, §§170.253.
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währendes Geschehen der Erfahrung des Heiligen Geistes, das heute genauso, wie bei der Ausgießung des Heiligen Geistes auf die Apostel für das Leben der Kirche notwendig sein soll.712 Diese Exklusivität der Geistestaufe als initiale Erfahrung des Heiligen Geistes jenseits des sakramentalen Kontextes der Partizipation in Christus kann eine Spannung im ökumenischen Kontext mit sich bringen, vor allem wegen der Bedeutung der Exklusivität der Erfahrung des Heiligen Geistes neben der Beziehung zu Christus. Als Folge kann der pentekostale Denkansatz der Geistestaufe als Erfahrung der vollständigen Begegnung mit Gott eine große Spannung zur Christologie und zur Ekklesiologie des ökumenischen Diskurses auslösen. Dies zeigt sich im Vergleich mit dem katholischen Verständnis der Begegnung mit dem Heiligen Geist innerhalb der sakramentalen Handlung.713 Im traditionellen sakramentalen Paradigma erfolgt die Begegnung mit Gott in der Begegnung mit der Gegenwart Christi, die in den Sakramenten durch das Wirken des Heiligen Geistes real und wirksam ist. In der Begegnung mit der Gegenwart Christi wird man sich der Tatsache der Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes bewusst. Und umgekehrt, wie das Verständnis der Epiklese zeigt, erlangt man durch den Anruf des Heiligen Geistes die Abhängigkeit vom Wirken des Heiligen Geistes in der Vergegenwärtigung Christi. Obwohl der Heilige Geist in diesem Fall in seiner vermittelnden Rolle verstanden wird, ist seine Fülle dennoch mittelbar in der Erfahrung der Begegnung mit den Sakramenten im Sinne der Begegnung mit der Gegenwart Christi und nicht wie im pentekostalen Sinne als Bekundung seiner selbst erfahrbar. Auch wenn die katholische Sicht die Gegenwart des Heiligen Geistes in der sakramentalen Handlung voraussetzt und bekennt, bleibt das vordergründige Ziel der sakramentalen Handlung die Partizipation an der Gegenwart Christi. Demnach ist Christus das Gegenüber der Christen in der Begegnung mit Gott. Die beiden Deutungen der Erfahrung der Wirklichkeit des Heiligen Geistes als Begegnung mit Christus, – sakramental und übernatürlich-direkt –, schließen sich gegenseitig aus. Es handelt sich in beiden Deutungen um zwei unterschiedliche Zielrichtungen und zwei Vorstellungen von der Wirkung des Heiligen Geistes. Das pentekostale Verständnis der Wirkung des Heiligen Geistes unterscheidet sich wesentlich vom katholischen als auch vom ökumenischen Verständnis der Geisteswirkung im sakramentalen Paradigma. Nicht in erster Linie deshalb, weil die Geistestaufe im pentekostalen übernatürlichen ErweckungsParadigma verstanden wird, sondern weil der Heilige Geist in der Geistestaufe dem Menschen als unmittelbares Gegenüber gegenübertritt und die menschliche 712 Kärkkäinen verweist auf das Dialog-Papier von David du Plessis, in dem diese Position von du Plessis vertreten war. Vgl. Kärkkäinen, Spiritus ubi vult spirat, 180. 713 Vgl. P-RKK/1 §16. Vgl. Sandidge, Roman Catholic Pentecostal Dialogue. Vol. I, 126.
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Disposition (persönliche Öffnung dem Heiligen Geist gegenüber) in seine Wirkung involviert.714 Das pentekostale Verständnis der Fülle des Lebens im Heiligen Geist meint die Vollständigkeit des Wirkungsspektrums des Heiligen Geistes im Leben der Christen. Diese Feststellung zeigt deutlich die Notwendigkeit, das Verständnis der Geistestaufe als Begegnung mit dem Heiligen Geist in Bezug auf das Verständnis der Begegnung mit der Gegenwart Christi weiter zu diskutieren. Um dem pentekostalen Denkansatz im Verständnis der Fülle des Lebens im Heiligen Geist einen ökumenisch-produktiven Ausdruck zu verleihen, ist eine weitere Reflexion über das Verständnis der Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes in der Geistestaufe erforderlich. Da die reziproke Beziehung zwischen Christus und dem Heiligen Geist für das ökumenische Denken zentral ist, schlage ich vor, das Verständnis der Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes in Bezug auf die Beziehung zwischen Christologie und Pneumatologie zu reflektieren.
2.2.2 Die Beziehung zwischen der Erfahrung der Gegenwart Christi und des Heiligen Geistes im Licht des pentekostalen Ansatzes zum Verständnis des Heiligen Geistes Wenn nach der pentekostalen Fassung der Geistestaufe die Gegenwart Christi in der Geistesausgießung als ein auf die Wiedergeburt folgendes Ereignis unmittelbar erfahrbar ist, dann müsste man das Verständnis der Offenbarung Gottes auf die exklusive Erfahrung der Begegnung mit seiner Gegenwart durch den Heiligen Geist in der Geistestaufe erweitern. Dabei können die Erfahrungen der Gegenwart Christi und der Geistestaufe zwei unterschiedliche Arten der selbstoffenbarenden Wirkung Gottes bedeuten.715 Dieser Sachverhalt kann in Bezug auf das christliche Leben in Christus ein dichotomisches Verständnis der persönlichen Begegnung mit Christus zur Folge haben. Um den Doppelcharakter der Erfahrung mit Gott zu vermeiden und von der Ganzheit der Erfahrung Gottes zu reden, könnte man das Verständnis der Geistestaufe folgendermaßen formulieren: die Begegnung mit dem Heiligen Geist versteht sich als unmittelbare Begegnung mit Christus und umgekehrt. Dies 714 Vgl. Kärkkäinen, Spiritus ubi vult spirat, 190. In der Zusammenfassung der Ergebnisse des Dialogs führt Sandidge als Merkmal des christlichen Lebens nur das Leben unter dem Einfluss und der Leitung des Heiligen Geistes an. Die Disposition des Menschen wird nicht erwähnt. Vgl. Sandidge, Roman Catholic Pentecostal Dialogue. Vol, I, 80. Vgl. P-RKK/ I, §13. 715 Vgl. F.P. Möller, Faith and Experience, in: Sandidge, Dialogue, Vol. II, 61–62. »Through Christ as the Spirit Baptizer, God imparts his divine self as all-embracing love and not just something about God.« Vgl. Macchia, Baptized in Spirit, 261.
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soll aber nicht im Rückschluss bedeuten, dass die Hinwendung zum Wirken des Heiligen Geistes den Fokus auf die Person Jesu Christi auflöst. Die Gefahr dieses Missverständnisses kann am Beispiel der Berliner Erklärung (1909) gezeigt werden.716 Die Verfasser der Berliner Erklärung markierten unter anderem die Abweichung der pentekostalen Bewegung von der traditionellen Christologie am Kriterium der völligen Gemeinschaft mit Christus als inklusive Gemeinschaft mit dem Heiligen Geist.717 Danach ist die Erwartung einer weiteren Erfahrung der Gegenwart Christi, wie z. B. die Geistestaufe, als ein exklusives Ereignis in Hinblick auf Christus ausgeschlossen. Diese Sichtweise ist auch prägend in den multilateralen Dialogen. Aus diesem Grund muss gefragt werden, wie sich die Geistestaufe als Erfahrung des Lebens im Heiligen Geistes und das Leben in Christus aufeinander beziehen und dogmatisch interpretieren lassen, und zwar unter dem Aspekt der Erfahrung der Begegnung mit Christus und dem Heiligen Geist. Folglich stellt sich eine Aufgabe, die in zwei Etappen auszuführen ist. Das theoretische Denkkonstrukt der Begegnung mit Christus und mit dem Heiligen Geist steht in thematischem Bezug zum Verständnis der Beziehung zwischen Christologie und Pneumatologie. Erstens muss geprüft werden, ob und inwiefern das Konstrukt der binären Relation sowohl aus der externen Perspektive anderer dogmatischer Traditionen als auch aus der internen Perspektive der Pentekostalen theologisch wahrgenommen wird. Zweitens muss in einem weiteren Schritt herausgearbeitet werden, wie das pentekostale Verständnis der Begegnung mit dem Heiligen Geist im traditionellen Diskurs der Geist-Christologie eingeordnet und interpretiert wird. 2.2.2.1 Der pentekostale Denkansatz zum Verständnis der Begegnung mit Christus und mit dem Heiligen Geist aus ökumenischer Perspektive McDonnell (kath.) sieht das markante Kennzeichen der pentekostalen Bewegung einerseits im spezifischen Verständnis des Lebens in der Fülle des Heiligen Geistes jenseits des liturgisch-sakramentalen Initiationsparadigmas, andererseits behauptet er, dass das Unterscheidungsmerkmal der Pentekostalen in der Fokuslegung ihrer Pneumatologie liegt, nämlich im spezifischen Empfang des Heiligen Geistes durch eine aktive Suche nach der unmittelbaren Erfahrung des
716 Die Berliner Erklärung wurde 1909 in Berlin von einigen Vertretern der evangelikalen Bewegung als Reaktion auf die Verbreitung der Pfingstbewegung in Deutschland verfasst. 717 Vgl. Berliner Erklärung §6, in: Reimer Dietze/Peter Muttersbach/Astrid Nachtigall (Hg.), 110 Jahre Berliner Erklärung. Symposion des interdisziplinären Arbeitskreises Pfingstbewegung und des Vereins für Freikirchenforschung vom 27. bis 28. 03. 2009 in Erzhausen. Freikirchenforschung. Jahrbuch No 19, Münster 2010, 13–176.
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Heiligen Geistes.718 Darum sei die pentekostale Frage nicht die Frage des Was, sondern des Wie der Begegnung mit Gott, und wie dieses Wie theologisch sowohl in das Gesamtdenken der Traditionen der ökumenischen Partner, als auch in den ökumenischen Diskurs einzuordnen ist. Worin die ökumenische Herausforderung der Pentekostalen nach McDonnell und Arnold Bittlinger (luth.) besteht, erschließt sich insgesamt aus zwei Standpunkten. Im pentekostalen Verständnis der Fülle des christlichen Lebens erscheint die Erfahrung der Geistestaufe, neben dem Ereignis der Wiedergeburt, als unabdingliche Voraussetzung des Lebens im Geist.719 Auch wenn man, wie McDonnell, versucht, die Geistestaufe im sakramentalen Paradigma als Fluss des Heiligen Geistes zu modellieren, der je nach Öffnung und Erwartung seitens des Menschen eine neue Modalität bekommt, wird dies dennoch dazu führen, die Fülle des Lebens im Geist von der Fülle des Lebens in Christus unterscheiden zu müssen, oder die Erfahrung des Glaubens an Christus von der subjektiven spirituellen Erfahrung abhängig zu machen. Diese Spannung bestätigt der Text der fünften Phase des Dialogs P-RKK: »In einem katholischen Kontext meint dies, dass die charismatische ›Taufe im Heiligen Geist‹ nicht als ein zusätzliches Sakrament angesehen werden kann oder dass sie eine sakramentale Gnade vermittelt, welche jene, die sie nicht empfangen, nicht besitzen.«720 Die Geistestaufe im Sinne der Wirkung des Heiligen Geistes kann von den Katholiken ausschließlich im sakramentalen Kontext angenommen werden.721 Für die Pentekostalen bleibt die Geistestaufe eine unmittelbare Begegnung mit dem Heiligen Geist jenseits des sakramentalen Kontexts.722 Obwohl die geistliche Erfahrung von beiden Seiten nicht als Zweck an sich, sondern als Mittel verstanden wurde, wodurch die Christen Gott begegnen, wird sie von den Katholiken eher im Empfang der Sakramente gesehen. In der fünften Dialogphase wurde von der katholischen Seite, in Berufung auf das Malines Dokument (III F1), diese Einstellung zur Präsenz des Heiligen Geistes ausdrücklich erwähnt:723 »Das entscheidende Kommen des Heiligen Geistes, kraft dessen man Christ wird, steht in Beziehung zu Feier der christlichen Initiation (Taufe, Firmung, Eucharistie). Die 718 Vgl. McDonnell, The Baptism in the Holy Spirit, 49. 719 Arnold Bittlinger organisierte 1980 in Bossey eine Konsultation zum Thema Towards a Church Renewed and United in the Holy Spirit. Vgl. Arnold Bittlinger, The Church is Charismatic, Geneva 1982. 720 P-RKK/V §218. 721 Vgl. P-RKK/V, §231. 722 Vgl. P-RKK/IV §240. 723 Die Malines-Dokumente sind eine Sammlung von Texten, die auf die Konsultation von Kardinal Suenens in Malines (deutsch Mecheln) in Belgien 1973 bezüglich der theologischen Orientierung zum Umgang mit der Erneuerungsbewegung innerhalb der römisch-katholischen Kirche zurückgehen. Vgl. Vinson Synan, The Century of The Holy Spirit: 100 Years of Pentecostal and Charismatic Renewal, 1901–2001, Nashville 2001.
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christliche Initiationssakramente sind das wirksame Zeichen der Verleihung des Geistes.«724
Seitens der Katholiken wurde die Frage nach der Begegnung mit Gott als mit Christus im Heiligen Geist in den Sakramenten nicht unter dem Aspekt der dichotomischen Erfahrung thematisiert. Das Verständnis der Pentekostalen von der Begegnung mit dem Heiligen Geist werden die Katholiken nicht teilen, weil sie Christus in der Kirche, besonders in den Sakramenten, begegnen. Die Begegnung mit dem Heiligen Geist versteht sich im katholischen Bewusstsein eher im Sinne ipso facto als innere Gewissheit der Wirkung der Gnade in den Sakramenten. Es wird darum deutlich, dass die Frage der Herausforderung für die Katholiken nicht im Was, sondern im Wie der Begegnung mit dem Heiligen Geist besteht.725 In der Konsultation über die Bedeutung der charismatischen Erneuerungsbewegung für die Kirchen in Bossey (1980) formulierte Peter Hocken die Basisfrage zur Geistestaufe: »Was ist das normale christliche Leben im Sinne Christi?«726 Nimmt man im Zusammenhang mit dieser Frage das pentekostale Verständnis von Geistestaufe, dann gehören »zum Christwerden in aller Fülle« neben Zum-Glauben-Kommen und der Wassertaufe der Empfang der Taufe des Heiligen Geistes in Offenheit und Erwartung.727 Hier wird deutlich, dass die Geistestaufe aktive Offenheit und Erwartung voraussetzt, die sich in einer Haltung der Liebe und Vertrauen ausdrücken.728 Der Dialog mit den Lutheranern (P-LK) zeigt eine ähnliche Richtung wie der Dialog P-RKK. Für die Lutheraner bleibt der Ort der Begegnung mit Gott im Wort und in den Sakramenten. Die Pentekostalen bestehen auf der Möglichkeit der Begegnung mit Gott jenseits des sakramentalen Kontexts und des Wortes.729 Allerdings zeigt sich eine Unklarheit seitens der Pentekostalen in der Frage der realen Präsenz Christi im Abendmahl. Das Verhältnis Geist-Christus wird hier zwar im Format der Heilige Geist macht Christus gegenwärtig von beiden Seiten bestätigt, jedoch leiten die Pentekostalen ihre Präsenzbegründung von der Gegenwart Gottes innerhalb der liturgischen Anbetung einer Kirche ab.730 Obwohl die Pentekostalen sich im Allgemeinen theologisch mit der zwinglianischen 724 725 726 727 728
Zitiert, in: P-RKK/V, §228. Vgl. McDonnell, The Baptism in the Holy Spirit, 49. Vgl. Bittlinger, The Church is Charismatic, 125. Vgl. P-RKK/V, §254. »So behaupten Pfingstler, dass diejenigen die Taufe im Heiligen Geist empfangen werden, die dem Evangelium Jesu Christi Glauben schenken (vgl. Apg 10,44–46) und zu Gott mit kindlichem Glauben sowie in einer Haltung von Liebe und Vertrauen kommen (vgl. Lk 11,11–13), was dazu führt, dass die Betreffenden für Gottes Wirken in ihrem Leben offen sind.« P-RKK/V, §254. 729 Vgl. Growth in Agreement IV/2, 77. 730 Vgl. a. a. O., 80.
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Deutung der Gegenwart Christi im Abendmahl identifizieren, glauben sie an eine Weise von Realpräsenz Christi hinter den Abendmahlsymbolen. Wenn dieser Glaube einen festen Platz im Bewusstsein der Pentekostalen hat, dann wäre eine Reflexion ihrerseits über das Wesen der Gegenwart Gottes und der Begegnung mit Ihm zu erwarten. P-LK macht an dieser Stelle lediglich die Anmerkung, dass die pentekostale Theologie des Abendmahls sich noch im Stadium der Entwicklung befindet.731 Im Zusammenhang mit der Erwähnung der unausgereiften Theologie des Abendmahls ist anzumerken, dass der Text noch an anderer Stelle das Fehlen eines theologischen Beitrages seitens der Pentekostalen feststellt. Der Pentekostalismus stellt eher eine praktische Aufforderung als eine theologische Herausforderung dar, so die Stellungnahme der Lutheraner.732 Diese Indizien zeigen indirekt das Fehlen einer Diskussion über das Verhältnis zwischen Christologie und Pneumatologie. Es wäre tatsächlich die theologische Reflexion des Verhältnisses zwischen der Gegenwart Christi im Abendmahl und der Gegenwart Christi in der Geistestaufe unter dem Gesichtspunkt der Begegnung mit Gott erforderlich. Das Ergebnis der zweiten Dialogphase der Pentekostalen mit den Vertretern der Reformierten Kirchen zu den Themen Worship, Discipleship, Discernment, Community and Justice (2001–2011) meldet eine ähnliche Divergenz wie im Fall der Lutheraner und der Katholiken, und zwar an der Frage der Erfahrung der realen Präsenz Christi. Die Betonung der Realpräsenz Christi liegt bei den Reformierten auf dem Wort und auf den Sakramenten. Die Pentekostalen sind auf die bevollmächtigende Gegenwart des Heiligen Geistes fokussiert. Während sich die Reformierten der transformierenden Wirkung des Heiligen Geistes im Wort und im Sakrament bewusst sind, erwarten die Pentekostalen die Erfahrung, dass »der Sieg Christi über die Sünde und den Tod zu ihrem persönlichen Sieg wird.«733 Dieser Vergleich zeigt die pentekostale Wahrnehmung des Wirkens des Heiligen Geistes. Der Heilige Geist wirkt nicht nur einfach die Realpräsenz Christi, sondern lässt die Christen an der Wirklichkeit des auferstanden Christi spürbar partizipieren. Nicht nur der Glaube an Christus, sondern die persönliche Erfahrung der Partizipation an seiner Auferstehungswirklichkeit, stehen im Fokus der pentekostalen Pneumatologie. Nun stellt sich die Frage, wie die Orthodoxen den pentekostalen Denkansatz der Gegenwart des Geistes in Bezug auf Christus sehen. Was die ökumenische Reaktion auf die pentekostale Bewegung seitens der orthodoxen Theologen be731 Vgl. ebd. Johnathan Alvarado (Pentekostal) spricht von der aktuellen Entwicklung der eucharistischen Theologie innerhalb der pentekostalen Tradition. Vgl. Chris E.W. Green (ed.), Pentecostal Ecclesiology, Leiden/Boston 2016, 199. 732 Vgl. Growth in Agreement IV/2, 104. 733 Vgl. Worship, Discipleship, Discernment, Community and Justice. 2001–2011, §40. Growth in Agreement IV/2, 117.
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trifft, gibt es nicht viele Quellen. Im Klingenthal-Memorandum wurde auf die Gefahr der Auflösung der Personalität des Heiligen Geistes sowie der Überbetonung der Pneumatologie gegenüber der Christologie hingewiesen.734 Eine andere orthodoxe Sicht der pentekostalen Pneumatologie findet man im Denkansatz des orthodoxen Theologen Petros Vassiliadis. Er schlägt ein für einen Orthodox-Pentekostalen Dialog interessantes Thema vor.735 Vassiliadis spricht von der Synthese zweier Typen der Pneumatologie. Einmal ist das die Pneumatologie des Westens, die den Heiligen Geist in der Abhängigkeit von Christus deutet, zum anderen ist das die Pneumatologie des Ostens, die den Heiligen Geist als Quelle Christi versteht. Vassiliadis teilt diese beiden Typen in jeweils missionale und ekklesiologische Perspektiven. Vassiliadis plädiert für eine Christologie, die pneumatologisch begründet ist. Für das gleiche Anliegen hat sich Nikos Nissiotis ausgesprochen.736 Nissiotis schlug zu seiner Zeit vor, die Ekklesiologie im Paradigma der pneumatischen Christologie zu denken. Einige kritische Bemerkungen zum Denkansatz von Vassiliadis sind hier zu erwähnen. Man kann Vassiliadis zunächst nicht ganz zustimmen, dass die westliche, christozentrische Pneumatologie im Vergleich zur pneumatozentrischen Christologie der orthodoxen Kirche nicht ekklesiologisch, sondern missional sei.737 Beide ekklesiologischen Ansätze sind im sakramentalen Paradigma der Partizipation in der Trinität Gottes verwurzelt. Unter dem eucharistischen Aspekt bilden zwei Typen der Pneumatologie, nämlich die ekklesiologische und die missionale, eine Sinneseinheit. Außerdem bedeutet die Tatsache, dass die westlichen Theologien den Zusammenhang zwischen Pneumatologie und Ekklesiologie im Rahmen ihrer dogmatischen Konstrukte unterschiedlich auslegen, noch lange nicht, dass ihre christozentrischen Pneumatologien nicht trotzdem ekklesiologisch sind.738 Der Unterschied zwischen den Konsequenzen aus beiden Pneumatologien, nämlich die Trennung zwischen den institutionellen und den charismatischen Dimensionen der Kirche im Westen, fällt in unserem Zusammenhang nicht ins Gewicht. Beide Traditionen sehen die Wirkung des Heiligen 734 Vgl. Geist Gottes – Geist Christi, 22. 735 Vgl. Petros Vassiliadis, Orthodox Dialogue with Pentecostal Churches, in: Pantelis Kalaitzidis/Dietrich Werner/ Thomas E. FitzGerald (eds.), Orthodox Handbook on Ecumenism, 506–507. 736 Vgl. Nikos A. Nissiotis, Pneumatological Christology as a Presupposition of Ecclesiology, in: N.A. Nissiotis, Studies IV, 1967–1968, Geneva 1968, 235–252. 737 Vgl. Lumen Gentium, §4. Vgl. Yves Congar, Der Heilige Geist. 305–306. 738 Vgl. Kantonen, Der Heilige Geist und die Kirche, 91. Obwohl im Klingentaler Memorandum (1978–79) der katholischen Tradition die Verkürzung des Empfindens für den Heiligen Geist zugeschrieben wird, bezieht sich diese Anmerkungen auf das Empfinden in Bezug auf den trinitarischen Aspekt des Heiligen Geistes. Vgl. Geist Gottes – Geist Christi, 21. Was die pneumatologische Dimension der Kirche angeht, identifiziert sich auch die katholische Tradition mit dem Verständnis der Kirche als Ort der Erfahrung der Partizipation am Erlösungswerk Gottes. Vgl. Geist Gottes – Geist Christi 13.
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Geistes im Dienst der Vergegenwärtigung Christi in der Eucharistie also im Leben der Kirche, was sie vom pentekostalen Paradigma der Begegnung mit dem Heiligen Geist wesentlich unterscheidet.739 Der Vorschlag von Vassiliadis dient hier als indirekter Hinweis auf die Tatsache, dass die Pentekostalen von einem Vertreter der orthodoxen Tradition nicht zur ekklesialen Pneumatologie zugeordnet werden können. Dieser Hinweis hier zeigt eine externe Wahrnehmung der pentekostalen Theologie, nämlich dass das distinktive Merkmal der Pentekostalen, die Begegnung mit der Gegenwart Gottes im Heiligen Geist, nicht im ekklesiologischen Kontext verstanden wird. Dies bedeutet aber für die Pentekostalen die Herausforderung, die Geistestaufe als Begegnung mit der Gegenwart Gottes im ekklesialen Kontext der Gegenwart Christi in der Kirche theologisch zu begründen. Der Bericht der konsultativen Arbeitsgruppe zwischen den Pentekostalen und dem ÖRK stellt einen weiteren Kontrast zwischen der pentekostalen Theologie und der ökumenischen Diskussion fest, und zwar hinsichtlich der Katholizität. Die Pentekostalen verstehen die Katholizität im Kontext des vollen Evangeliums, bezogen auf die Verheißung Christi, das Leben in Fülle zu geben (Joh 10,10).740 Diese Fülle des Lebens wird jedoch in Verbindung mit der Geistestaufe gedacht. Deutet man die Geistestaufe als Erfahrung der unmittelbaren Begegnung mit dem Heiligen Geist jenseits des sakramentalen Kontextes, ergibt sich ein exklusives Verständnis der Begegnung mit der Gegenwart Christi, was eine Exklusivität der ekklesiologischen Identität der Pentekostalen mit sich bringen kann. Demnach wird jedes andere Verständnis der Lebensfülle Christi, die sich nicht auf die Erfahrung der Geistestaufe gründet, ausgeschlossen. Ernst Conradie sieht das Kernthema der Spannung zwischen der ökumenischen und pentekostalen Bewegung weniger im Verständnis der Beziehung zwischen Christus und dem Heiligen Geist.741 Wenn Conradie das Verhältnis zwischen Christus und dem Heiligen Geistes thematisiert und fragt, ob die pentekostale Bewegung mit dem Geist des gekreuzigten Christus zu tun hat, dann 739 Vgl. John Zizioulas, The Pneumatological Dimension of the Church, in: Communio (1974) 1/2, 150. 740 Report of the Joint Consultative Group between Pentecostals and the World Council of Churches, Document 14, 6. 741 Ernst Conradie ist Senior Professor im Department für Religion und Theologie an der Universität Western Cape (Cape Town, Südafrika). Mit Hinweis auf Kärkkäinen stellt Conradie fest, dass, obwohl die pentekostale Bewegung mehr als 100 Jahre alt ist, eine akademische pentekostale Pneumatologie nicht existiert. Conradie bemerkt zu Recht, dass das pentekostale Verständnis der Geistestaufe solange keine Schwierigkeit für den ökumenischen Dialog darstellt, als nicht normativ interpretiert wird. Vgl. Ernst Conradie, Ecumenical Perspectives on Pentecostal Pneumatology, in: Missionalia (2015) 43/1, 63–81, 67. Es ist zu berücksichtigen, dass Conradie seinen ökumenischen Blick auf den afrikanischen Kontext des Pentekostalismus projiziert.
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hat er die pentekostale Überbetonung der transformierenden Kraft des Geistes mit materiellem Erfolg im Blick. In dieser Überbetonung sieht Conradie die Spannung zur Kreuzestheologie, nach der die Macht und die Herrlichkeit Gottes durch das Kreuz Christi demonstriert wurden. Dieser Punkt ist für den ökumenischen Kontext wichtig, weil sich die Kraft des Kreuzes als eine gemeinschaftsbildende Kraft verstehen lässt, eine Gemeinschaft, die Veränderung, Vergebung und Heilung formt. Aus diesem Grund kann die Wirkung des Geistes nicht in Opposition bzw. in Trennung zur Person Christi und seines Dienstes gesehen werden.742 Nach Conradie muss deshalb die Beziehung zwischen Christus und dem Heiligen Geist insbesondere unter dem Aspekt der FilioqueFrage behandelt werden. Nach Conradie trennt das Filioque nicht nur die Traditionen der westlichen und östlichen Kirche, sondern auch die ökumenische und die pentekostale Bewegung. Die Frage der Subordination des Geistes gegenüber Christus muss also im Licht der theologischen Begegnung zwischen der ökumenischen Bewegung und dem Pentekostalismus neu gestellt werden. Es wird allerdings von Conradie nicht eindeutig herausgearbeitet, welche Modifikation der Filioque-Interpretation die pentekostale Pneumatologie darstellt und ob hier ein Bezug zum Filioque überhaupt vorliegt. Conradie beruft sich auf Kärkkäinen, der auf dem christologischen Schwerpunkt des Pentekostalismus besteht. Kärkkäinens Erklärung der Verbindung zwischen beiden Werken (Christi und des Geistes) besteht darin, dass der Weg zur Erfahrung des Geistes durch das Werk Christi möglich ist. Diese sprachliche In-Bezug-Setzung bleibt für das ökumenische Gespräch dennoch nicht zufriedenstellend, weil es sich um zwei Erfahrungen, die Erfahrung Christi und die des Heiligen Geistes, handelt, auch wenn sie in theologischer Beziehung zueinanderstehen. Obwohl Conradie die theologische Akzeptanz der Erfahrungen der Geistestaufe durch die metaphorische Deutung begründet, kann dennoch die Spannung zwischen der pentekostalen Deutung der exklusiven Begegnung mit dem Heiligen Geist und dem traditionell-inklusiven Verständnis der Erfahrung des Geistes als Erfahrung Christi nicht gelöst werden. In der pentekostalen Interpretation der Geistestaufe als unmittelbare Begegnung mit dem Heiligen Geist wird der Heilige Geist unterschiedlich, wenn auch nicht von Christus getrennt, doch neben Christus erfahren. Der lutherische Theologe Peter Zimmerling sowie der pentekostale Theologe Frank Macchia sehen dieses Problem der Erfahrung des Heiligen Geistes ebenso.743 742 Vgl., ebd., 72. 743 Vgl. Peter Zimmerling, Evangelische Spiritualität: Wurzeln und Zugänge, Göttingen 2003, 170. Frank Macchia bezieht sich auf die Gefahr der Trennung der Geistestaufe von der christologischen Richtlinie. Vgl. Macchia, Baptized, 27.
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Den anderen Aspekt der Spannung zwischen der ökumenischen Bewegung und dem Pentekostalismus sieht Conradie in Bezug auf die trinitarische Beziehung zwischen dem Vater und dem Sohn. Conradie erwähnt die von den Pentekostalen vertretene Meinung, dass der Pentekostalismus die Fähigkeit besitze, das Übernatürliche mit dem Natürlichen sowie das Materielle mit dem NichtMateriellen in einem Spannungsverhältnis zu halten.744 Diese Spannung unterzieht Conradie der Kritik im Kontext der trinitarischen Beziehung zwischen dem Vater und dem Geist. Conradie fragt, wieso der Heilige Geist die Werke des Vaters in der Natur überbieten muss, um dennoch denselben Gott zu offenbaren. Darin sieht Conradie eine Diskontinuität zwischen dem Werk des Vaters und des Geistes. Wenn die Erfahrung des Geistes mit der Erfahrung des Übernatürlichen stark in Verbindung gebracht wird, dann wird damit eine Ghost (Gespenst)-artige Definition des Geistes vermittelt. Conradie behauptet dagegen, dass der Geist kraftvoll auch ohne Erweis seiner Macht wirken kann. Diese Wirkung wäre dann die Liebe. Das dritte Thema der Spannung ist die Wahrnehmung des Geistes. Unter den sechs Merkmalen der Gegenwart des Geistes (Transformation ins Bild Christi, Sehnsucht nach Gebet und Erneuerung, Bevollmächtigung, Manifestation der Gaben und Leben nach den Werten des Reiches Gottes) hat nach Conradie nur die Transformation ins Bild Christi den Bezug zur Verbindung zwischen Christus und dem Heiligen Geist. Die anderen Merkmale sind auf die Wirkung des Heiligen Geistes fokussiert. Dieser Fokus auf den Geist hat die Tendenz zu Folge, den Heiligen Geist zur unpersönlichen Macht zu reduzieren. Die Meinung von Conradie kann hier repräsentativ als eine theologische Reaktion aus dem nicht-pentekostalen theologischen Umfeld auf das Erscheinungsbild der pentekostalen Tradition dienen. Sie enthält sowohl die traditionelle Linie der Reaktionen auf das pentekostale Spezifikum der Gegenwart des Heiligen Geistes als auch die Akzentuierung der selten berücksichtigten, trinitarischen Beziehung zwischen den Personen des Vaters und des Heiligen Geistes. Der oben dargestellte Überblick bestätigt im Allgemeinen die These, dass die Erfahrung der Begegnung mit dem Heiligen Geist, wie sie im pentekostalen Denkparadigma der Lehre über die Geistestaufe verankert ist, eine theologische Spannung zum Verständnis der Beziehung zwischen der Präsenz Christi und des Heiligen Geistes im ökumenischen Kontext auslöst und daher Klärungsbedarf erfordert.
744 Vgl. Macchia, Baptized, 73–74.
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2.2.2.2 Der pentekostale Denkansatz zum Verständnis der Begegnung mit Christus und mit dem Heiligen Geist aus pentekostaler Perspektive Der Inhalt dieses Abschnittes dient dem Zweck der Bestandsaufnahme der pentekostalen Selbstwahrnehmung, d. h. inwiefern die Pentekostalen den Konflikt zwischen der Erfahrung der Gegenwart Christi und des Heiligen Geistes wahrnehmen. Beim Einblick in die Selbstdarstellung des pentekostalen Denkansatzes in den bilateralen Dialogen sowie bei einigen Meinungen von pentekostalen Theologen der Gegenwart kommen unterschiedliche Schwerpunkte und gleichzeitig eine Undeutlichkeit zum Vorschein, was die Reflexion und Interpretation der Beziehung zwischen der Erfahrung Christi als Erfahrung des Heiligen Geistes betrifft. Das Verhältnis zwischen Christus und dem Heiligen Geist wurde schon nach der zweiten Plenardiskussion zwischen Pentekostalen und den Vertretern der RKK angedeutet (1971), und zwar unter der Fragestellung »Wie sehen die Pfingstler die Rolle des Heiligen Geistes in Relation zu Christus und umgekehrt?«745 Ein Aspekt dieser Relation wurde, obwohl in Bezug auf die Wiedergeburt, von beiden Seiten des Dialogs übereinstimmend angesprochen: »Er [der Heilige Geist] ist es, der uns mit Christus und dem Vater in einer personalen Beziehung vereint.«746 Diese Aussage ist jedoch für die Darstellung des pentekostalen Ansatzes nicht zufriedenstellend, weil sie nur die vermittelnde Funktion des Heiligen Geistes erwähnt. Die Rolle der Selbstbekundung des Heiligen Geistes in der Geistestaufe als Person in ihrem Verhältnis zur Offenbarung Christi als Person wird dadurch nicht geklärt. Das Studium der Texte der bilateralen Dialoge der Pentekostalen konnte auch nicht bestätigen, dass die Beziehung zwischen Christus und dem Heiligen Geist jemals explizit erläutert wurde.747 Schließlich ist auch festzustellen, dass in keinem der Dialoge das Verständnis der Beziehung zwischen Christus und dem Heiligen Geist als Thema behandelt wurde. Eine theologische Spannung des Verhältnisses zwischen den Erfahrungen Christi und des Heiligen Geistes lässt sich am Erklärungsmodell von Francois Petrus Möller, das eine pentekostale Sicht von Glaube und Erfahrung darstellt, demonstrieren. Möller behauptet, dass ein Christ Christus als den Täufer mit dem Heiligen Geist in der Geistesausgießung erkennt.748 Betrachtet man dieses Verständnis der Geistestaufe unter dem Aspekt des handelnden Christus, dann erscheint der Heilige Geist als der Gesandte, was eine Spannung zur penteko745 Vgl., Sandidge, Dialogue, Vol. I, 68. 746 P-RKK/I, §18. 747 Vgl. die Auflistung der Arbeitspapiere mit den Themen, die im Laufe der Dialoge behandelt wurden. Kärkkäinen, Spiritus ubi vult spirat, 440–444. 748 Vgl. Möller, Faith and Experience, in: Sandidge, Dialogue, Vol. II, 62.
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stalen Erklärung »in dieser Erfahrung bekundet der Heilige Geist sich selbst« bildet.749 Folgt man der Logik des Denkansatzes von Möller, wäre die Geistestaufe bei der Christologie anzusetzen, weil dann die Geistausgießung die Fortsetzung der Offenbarung Christi ist.750 Die Geistestaufe kann dann nicht nur als quantitative oder möglicherweise qualitative Erweiterung der Offenbarung Christi verstanden werden, sondern sie wäre sowohl als Voraussetzung der Erkenntnis Christi, im Sinne der ersten Begegnung mit der Wirklichkeit Christi, als auch als Ausdruck des reziproken Verhältnisses zwischen Christus und dem Heiligen Geist zu verstehen. Daraus folgt, dass die Geistestaufe und die Heilsaneignung als ein und dasselbe Ereignis gedacht werden kann. Der pentekostale Denkansatz lässt diese Schlussfolgerung allerdings nicht zu, weil die Geistestaufe im Sinne der pentekostalen Subsequenzlehre vom Ereignis der Heilsaneignung theologischinhaltlich getrennt und als nicht heilsnotwendig artikuliert wird. Der daraus resultierende Aspekt der Geistestaufe, nämlich die unmittelbare Öffnung gegenüber dem Ereignis der Ausgießung des Heiligen Geistes, deckt die Spannung zwischen zwei Formen der Manifestation des Heiligen Geistes auf. Unter dem objektiven Aspekt der Geistausgießung, in dem Christus der Handelnde ist, wird Christus durch den Heiligen Geist offenbart. Unter dem subjektiven Aspekt der Geistausgießung bekundet sich der Heilige Geist selbst. Der Heilige Geist würde in diesen beiden Aspekten gleichzeitig als Gabe und Person, als Gesandter und sich selbst Offenbarender erscheinen. Auf der anderen Seite kann Christus gleichzeitig als Gabe des Heiligen Geistes in der Inkarnation und als sendende Person im Pfingstgeschehen verstanden werden. Die gegenseitige Beziehung der Erfahrung Christi und des Heiligen Geistes kann im Sinne des objektiven und subjektiven Aspekts des Glaubens als eine Einheit betrachtet werden. Unter dem objektiven Aspekt des Glaubens kann Christus als Gabe des Heiligen Geistes und als Gegenüber des Menschen erfahren werden. Unter dem subjektiven Aspekt des Glaubens kann Christus als Gegenwart des Heiligen Geistes erfahren werden.751 Dieser Denkansatz stellt die Beziehung zwischen den Wirkungen Christi und des Heiligen Geistes als gegenseitige Wirkung dar. Zuerst tauft der Heilige Geist in Christus und Christus tauft in den Heiligen Geist. Allerdings erfordert solch eine Art der gegenseitigen Wirkungen eine theologische Klarstellung. Aus der 749 P-RKK/I, §12. 750 Vgl. Möller, Faith and Experience, in: Sandidge, Dialogue, Vol. II, 61. 751 Eine Darstellung des pentekostalen spezifischen Verständnisses der Begegnung mit dem Heiligen Geist als Geist Christi, der der Täufer mit dem Heiligen Geist ist, kann als ein Lösungsmodell der gegenseitigen Wirkung Christi und des Heiligen Geistes dienen: »Pfingstler glauben, dass bei der Bekehrung der Heilige Geist den Gläubigen in Christus tauft (vgl. 1. Kor 12,13; Röm 6,3) und dass darauf folgend Christus den Gläubigen in den Heiligen Geist tauft (vgl. Lk 24, 49; Apg 1, 8; 2,4).« P-RKK/V, §254.
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transzendenten Perspektive wird die Begegnung mit Christus in der Wiedergeburt als Wirkung des Heiligen Geistes verstanden. Die Begegnung mit dem Heiligen Geist in der Geistestaufe wird als Wirkung Christi verstanden. Aus der immanenten Perspektive wechseln die Richtungen. Die Wiedergeburtserfahrung ist die Erfahrung Christi, obwohl der Wirkende der Heilige Geist ist. In der Erfahrung der Geistestaufe wird der Heilige Geist erfahren, obwohl der Wirkende Christus ist. Ordnet man die Wirkungen den wirkenden Personen zu, tauschen sich die Perspektiven. Die Erfahrung der Begegnung mit dem Heiligen Geist wäre die Wiedergeburt, und die Erfahrung der Begegnung mit Christus wäre dann die Geistestaufe. Diese Logik hat zur Folge, dass 1) das Explizieren einer speziellen Erfahrung der Begegnung mit dem Heiligen Geist neben der Erfahrung der Begegnung mit Christus theologisch nicht zwingend aufrechterhalten werden muss, und 2) das Verständnis der reziproken Beziehung zwischen Christus und dem Heiligen Geist den Denkansatz einer einheitlichen Erfahrung Gottes hervorheben kann. Das würde dann bedeuten, dass die Erfahrung des Heiligen Geistes als Erfahrung Christi verstanden werden kann.752 Diese Gegenseitigkeit muss aber auch die umgekehrte Reihenfolge gelten lassen. Die Erfahrung Christi wäre demnach die Erfahrung des Heiligen Geistes. Sie hätte dann zur Folge, dass die Glaubenserfahrung als Begegnung mit Christus eine unmittelbare Erfahrung des Heiligen Geistes wäre. Um diese reziproke Beziehung als Einheit zu denken, könnte die Geistestaufe als eine spirituelle Erfahrung der Wirklichkeit Gottes im Gesamtkontext der Glaubenserfahrung des christlichen Lebens gedacht werden.753 In welchem Sinne sich die Erfahrung Christi als Erfahrung des Heiligen Geistes erkennen lässt, stellt der oben erwähnte Text des Dialoges zwischen den Pentekostalen und den Lutheranern dar. In diesem Dialogtext wird das lutherische Verständnis des reinen Evangeliums Christi (The Pure Gospel of Christ) dem pentekostalen Verständnis vom vollen Evangelium (The Full Gospel of Christ) gegenüber gestellt.754 Unter dem Aspekt des Evangeliums Christi zeigt sich, dass die Pentekostalen die Wirkung des Heiligen Geist als Fortsetzung der irdischen Wirkung der Person Christi in seiner Kirche betrachten.755 Sie interpretieren folglich die Notwendigkeit der Begegnung mit dem Heiligen Geist als Begegnung 752 Vgl. P-RKK/ I, §13. 753 Wenn die Geistestaufe die volle Partizipation der Christen an den Geheimnissen Christi bedeutet, dann bedeutet das im Rückschluss, dass die nicht geistesgetauften Christen keine volle Partizipation an den Geheimnissen Christi haben. Das hat die Überlegung zu Folge, ob die »volle« Partizipation an Christi Geheimnissen für den christlichen Glauben ausschließlich als Bedingung verstanden werden muss, oder ob es sich um eine Steigerung der geistlichen Erfahrungen handelt. 754 Vgl. Lutherans and Pentecostals in Dialogue 2010, in: Growth in Agreement IV/2, 77. 755 Vgl. ebd.
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mit der Wirklichkeit Christi, was bedeutet, dass Christus die Werke, die er im irdischen Leben getan hat, auch in seiner Kirche heute tun kann. Nach dem Vergleich mit dem lutherischen Verständnis der Begegnung mit Christus zeigen sich die Pentekostalen weniger an den soteriologischen Seiten der Geistestaufe interessiert, sondern an der Frage, ob und wie Christus in seiner Kirche heute wirkt. Pentekostale bieten damit ihre Interpretation der pneumatologischen Erweiterung der Christologie an. »Pentecostal preaching focuses on the person of Christ far more than on the Spirit (or on the Father). A common pentecostal formulation speaks of the ›full gospel‹, a term borrowed from the Holiness tradition, which depicts Christ in a four- or fivefold office as justifier, sanctifier/baptizer in the Spirit, healer, and soon-coming king, in addition to the traditional language of the church about Christ as the Son of God, the second person of the Trinity, and the Word incarnate. Pentecostal christology attempts to expand the ›comma‹ between the portions of the creed that talk about Jesus’ birth and death by drawing attention to his life and ministry of healing, casting out demons, and feeding the hungry.«756
Anhand dieser Aussage ist der Fokus der Pentekostalen auf die Christologie insofern zentral, als er die Wirkung seiner Kraft als Ausgangpunkt nimmt.757 Simon Chan, der im Dialog mit dem ökumenischen Patriarchat das pentekostale Verständnis der Kirche präsentiert hat, bestätigt diese Sicht.758 Die pentekostale Lehre von dem vierfältigen bzw. fünffältigen Evangelium (Jesus der Erlöser, der Heiligmachende, der Geisttäufer, der Heilende und der bald wiederkehrende König) begründet das Verständnis von der Geistestaufe sowie von der pentekostalen Spiritualität christologisch. Steven Land betrachtet das Verständnis der Beziehung zwischen Christus und dem Heiligen Geist als eine Ganzheit. Christus ist das Zentrum der pentekostalen Spiritualität. Der Heilige Geist ist ihr Umfang.759 Dieses Modell betrachtet das Verständnis der Erfahrung Christi ausgehend von der Erfahrung seiner Wirkung im Heiligen Geist. In dem Fall kollidiert diese Deutung mit dem pentekostalen Denkansatz von der Geistestaufe als von der Wiedergeburt unterschiedener Erfahrung. Die erste Erfahrung Christi ist die Erfahrung des Glaubens, was genauso die Erfahrung des Heiligen Geist bedeutet. Auch die Aussage aus Joh 14,12 begründet die Kontinuität der Taten Christi im Leben seiner Nachfolger und bringt die fortdauernde Wirkung Christi unter 756 Lutherans and Pentecostals in Dialogue 2010, in: Growth in Agreement IV/2, 76. 757 »This [Pentecostal] spirituality is Christocentric precisely because it is pneumatic; its ›fifefold gospel‹ is focused on Christ because its starting point in the Holy Spirit«. Steven Land, Pentecostal Spirituality: A Passion for the Kingdom, Sheffield 1993, 23. 758 »The centrality of Jesus is evidenced by the fact that the four – or five-fold gospel that defines Pentecostal spirituality is essentially Christocentric.« Simon Chan, Nature of the Church. 759 »The Holy Spirit is the circumference of a distinctive Pentecostal spirituality«. Steven Land, Pentecostal Spirituality, 23.
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seinen Jüngern nicht mit der Geistestaufe, sondern mit dem Glauben in Verbindung. Jedoch wird nichts dagegensprechen, den Glauben an Christus als Offenheit für die Wirkung des Heiligen Geistes und umgekehrt zu betrachten. Daraus folgt, dass die explizite Erfahrung des Heiligen Geistes, wenn sie als Ausgangspunkt der Christologie verstanden werden will, im Glaubenserlebnis platziert werden kann. Andersfalls kann die pentekostale Spiritualität ihren Bezug zur christologischen Mitte des Glaubens verlieren, was zur Vereinseitigung der Pneumatologie führen wird. Wendet man sich den Meinungen der pentekostalen Theologen der Gegenwart zu, dann ist zunächst auf den pentekostalen Theologen Harold Hunter hinzuweisen. Hunter spricht von der Notwendigkeit der Auseinandersetzung mit der Geist-Christologie aufgrund der pentekostalen Unterscheidung zwischen dem Empfang Christi durch die Bekehrung und der Erfahrung der Personalität des Heiligen Geistes in der Geistestaufe.760 Nach Hunter ist die Auseinandersetzung der Pentekostalen mit dem Verhältnis zwischen der Pneumatologie und der Christologie aufgrund der pentekostalen pneuma-baptozentrischen Formulierung der christlichen Initiation unvermeidbar.761 Der Begriff pneuma-baptozentrisch beschreibt das dichotomische Verständnis der Initiation, nach der Christus durch die Konversion als Person ins Leben des Menschen kommt und die volle Personalität des Heiligen Geistes in der Geistestaufe erfahren wird. Folgt man seinem Denken werden Christus und der Heilige Geist gemäßt ihren Funktionen in der Offenbarung des Heils erfahren. Diese Denkweise findet man auch im Denken eines anderen Vertreters der zeitgenössischen pentekostalen Theologie: Edmund Rybarczyk.762 Im Licht der vergleichenden Interpretationen der orthodoxen Tradition sieht Rybarczyk, dass die pentekostale Tradition mehr Gewicht auf das Werk Christi als auf seine Person legt.763 So sind die Christen z. B. durch sein vergossenes Blut und seinen Tod geheiligt. Die Erfahrung der beiden Begegnungen, mit der Person Christi und dem Heiligen Geist, erklärt Rybarczyk folgendermaßen: »Pentecostals believe their ›personal relation with Christ‹ […] is heightened and intensified precisely because of the intimacy they share with the person of the Spirit.«764 Berücksichtigt man die Referenz von Rybarczyk, dass die Pentekostalen mehr auf das 760 Vgl. Harold Hunter, The Resurgence of Spirit Christology, in: JEPTA (1992) XI/1+2, 50– 57,50. 761 Hunter weist auf die Tatsache hin, dass das Interesse an der Neu-Entdeckung der SpiritChristologie einerseits mit der Verbreitung der pentekostal-charismatischen Bewegung, auf der anderen Seite mit den interreligiösen Dialogen zusammenhängt. 762 Vgl. Edmund Rybarczyk, Beyond Salvation: Eastern Orthodoxy and Classical Pentecostalism on Becoming like Christ, Bletchley, Milton Keynes 2004. 763 Vgl. a. a. O., 242. 764 A. a. O., 248.
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Werk bzw. das Wirken Christi als auf seine Person fokussiert sind, dann wäre die persönliche Beziehung zu Christus eine Beziehung zu seinen Werken, also zur Vergebung der Sünden, zur Rechtfertigung und zur Taufe mit dem Heiligen Geist.765 Daraus folgt, dass das Interesse an Christus als Person dem Prozess der Heilsaneignung zugeordnet wird, während die Erfahrungsdimension der Beziehung zu Gott auf die Person des Heiligen Geistes gerichtet ist. Rybarczyk unterscheidet die Wirkung des Heiligen Geistes bei der Heiligung von seiner Wirkung in der Geistestaufe. Während die Heiligung in Verbindung mit dem Heil gesehen wird, wird die Geistestaufe als Ausstattung mit der Kraft Gottes gesehen. Diese Unterscheidung ist nicht dogmatisch zu verstehen, sondern trägt Proklamationscharakter. Im Licht des theologischen Zusammenhanges zwischen der Heiligung und der Geistestaufe stehen beide Bereiche in einem reziproken Verhältnis. Dadurch wird das Verständnis der Geistestaufe in den Kontext der Heilsordnung gesetzt. Rybarczyks Erläuterung des pentekostalen Ansatzes könnte allerdings im ökumenischen Kontext auf Unverständnis stoßen, weil die Unterscheidung zwischen der Person und dem Wirken Christi im Erlösungsgeschehen gerade in Hinblick auf seine Inkarnation unlogisch erscheint. Der pentekostale Ansatz, so wie Rybarczyk ihn darstellt, zeigt den Mangel innerhalb der pentekostalen Tradition an Kontinuität mit der Theologie der Inkarnation, insbesondere mit der ontologischen Erklärung des Wirkens des Heiligen Geistes in der Menschwerdung Christi. Eine andere Schwerpunktlegung sieht man in den Denkansätzen von VeliMatti Kärkkäinen und Frank Macchia. Kärkkäinen sieht in der Verbreitung der pentekostalen Bewegung nicht eine neue Theologie, sondern eine Revitalisierung der Erfahrung des Heiligen Geistes.766 In seiner Reaktion auf das Studiendokument von F&O Das Wesen und die Bestimmung der Kirche zeigt Kärkkäinen eine mögliche pentekostale Wahrnehmung der Verbindung zwischen Pneumatologie, Christologie und Ekklesiologie.767 Kärkkäinen deutet die Apostolizität und die Tradition der Kirche im Kontext des Pfingstereignisses als ein lebendiges, dynamisches Geist-Ereignis.768 Jedoch geht Kärkkäinen nicht auf die Deutung des Wesens dieses dynamischen Geist-Ereignisses ein. Ein Hinweis darauf könnte seine Andeutung bezüglich der fehlenden Wirkungen wie Heilungen und Cha765 Rybarczyk demonstriert diese Fokussierung am Vergleich mit dem Verständnis der Wirkung des Heiligen Geistes in der Wiederherstellung des Menschen. In der pentekostalen Tradition erneuert und re-organisiert der Heilige Geist den Menschen, damit der Mensch der Sünde widersteht und auf Gerechtigkeit hinlebt. Vgl. Rybarczyk, 248. 766 Vgl. Veli-Matti Kärkkäinen, Pneumatology: The Holy Spirit in Ecumenical, International, and Contextual Perspective, 15. 767 Vgl., Wolfgang Vondey (ed.), Pentecostalism and Christian Unity: Ecumenical Documents and Critical Assessment, Vol. II, Eugene OR 2010, 233. 768 Vgl. a. a. O., 238.
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rismata sein.769 Darum findet Kärkkäinen die Deutung der Kirche im Studientext einseitig institutionell und die Christologie gegenüber der Pneumatologie überbetont. Kärkkäinen behauptet dagegen, dass das trinitarische Konzept besser für die Entfaltung der charismatischen Dimension der Kirche passt, als es das christologische Konzept tut.770 Nach Kärkkäinen wurde der Aspekt der Wirkung des Heiligen Geistes in der charismatischen Wirklichkeit der Kirche gesehen. Der Gedanke ist zwar interessant, verliert jedoch den Blick auf das Problem der binären Begegnung mit Christus und dem Heiligen Geistes. Frank Macchia wendet sich auch, wie Kärkkäinen, dem trinitarischen Konzept zu unter der Feststellung, dass es wohl interessant wäre, z. B. die Geistestaufe mit dem neuen Verständnis der Kirche als Koinonia oder Gemeinschaft im Leben Gottes als Trinität in Verbindung zu bringen.771 Der Ausgangspunkt soll jedoch nicht die Kirche, sondern der Heilige Geist sein. Er begründet dies mit dem Gedanken, dass die Geistestaufe in der synoptischen Tradition eine Breite von Implikationen enthält, die nicht auf die Initiation oder das Wesen der Kirche beschränkt würden. Mit Berufung auf Michael Welker wendet Macchia das Verständnis des Heiligen Geistes als emphatische Persönlichkeit in einer multikontextualen Präsenz auf die Geistestaufe an. Darin sieht er den ökumenischen Beitrag des pentekostalen Ansatzes zur Geistestaufe für das neue Verständnis von Koinonia im trinitarischen Paradigma. Die Geistestaufe versteht sich dann als Metapher für die Erfahrung des Geistes, die in sich unterschiedliche Sprachen, Kontexte und Erfahrungen hin zu Christus zusammenführt (sweep up).772 Diese Sicht der multikontextuellen und polyphonischen Wirkung des Heiligen Geistes lässt sich als Prinzip der Einheit der Kirche ausgehend von der Pneumatologie denken. Es wird allerdings nicht klar, welcher Art von Erfahrungen des Heiligen Geistes die Geistestaufe in diesem Zusammenhang zugeordnet werden muss. Macchia kombiniert die christologischen Elemente und Erfahrungen der Heilsordnung (Glaube und Wassertaufe) mit den Elementen der prophetischen Dimension der Empathie und ordnet sie dem Begriff der Erfahrung der Geistestaufe zu. Dieses Modell der Anwendung der Geistestaufe bietet einige Möglichkeiten, um die zwei Dimensionen der Erfahrungen Christi und des Heiligen Geistes in Beziehung zueinander zu bringen. Macchias und Kärkkäinens Reaktionen zeigen den Spannungsbereich zwischen den pentekostalen und ökumenischen Denkansätzen zur Erfahrung der Gegenwart Christi. Beide sehen die Christologie als zentralen Punkt der Einheit der Kirche. Allerdings bleibt die subjektive Erfah769 Vgl. a. a. O., 240. 770 Vgl. Vondey, Pentecostalism and Christian Unity, 241. 771 Vgl. Frank Macchia, The Kingdom und the Power: Spirit Baptism in Pentecostal and Ecumenical Perspective, in: Michael Welker (ed.), The Work of the Spirit: Pneumatology and Pentecostalism, Grand Rapids 2006, 123. 772 Vgl. a. a. O., 125.
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rung der Gegenwart des Heiligen Geistes in der Erfahrung der Wassertaufe unberücksichtigt. Dagegen kann die Betrachtung der Erfahrung Gottes im Kontext der sakramentalen Basislegung der Kirche und der Taufe als ein historisches Kontinuum eine, genau wie im pentekostalen Modell, vertretbare Verbindung zwischen der objektiven und subjektiven Seite der Wirkung Gottes darstellen. Ein Aspekt bleibt in den oben aufgeführten Modellen unklar, nämlich an welche Adressaten diese ökumenischen Umdeutungen der Geistestaufe gerichtet sind: an die Pentekostalen, um den Anschluss an den historischen Diskurs der Kirchen zu ermöglichen, oder an die ökumenischen Dialogpartner, um die Einheit der Kirche aus pneumatologischer Perspektive neu zu reflektieren? Letzteres wird jedoch im ökumenischen Sinne nicht als etwas Neues gesehen, weil die sakramentale Erfahrung der Wirkung des Heiligen Geistes durchaus die multikontextuelle Befähigung der Christen und (polyphonische) Vielfalt der Glaubenstraditionen bedeuten und beinhalten kann. Das kann man an der pneumatologischen Deutung der Koinonia sehen, wie sie John Zizioulas auf der 5. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung in Santiago de Compostela (1993) vorgeschlagen hat. Das Prinzip der Koinonia versteht sich als volle Katholizität der Kirche durch die Gleichstellung von Christologie und Pneumatologie.773 Nach Zizioulas ermöglicht der Heilige Geist die Existenz der Einheit als Verhältnis des einen zu den vielen und umgekehrt. Allerding ist die Voraussetzung dieser Existenz nicht die unmittelbare Erfahrung des Heiligen Geistes, sondern die Erfahrung der eucharistischen Gemeinschaft. Gerade auf die Unmöglichkeit dieses Weges weist Macchia hin. Darum erweist sich das Verständnis der Geistestaufe im Sinne der theologischen Metapher für den ökumenischen multikontextuellen Beitrag zur Suche nach der Einheit der Kirche unter dem Aspekt der Koinonia als nicht hilfreich. Dieses Modell legt das christozentrische Verständnis der Kirche ins Paradigma der geistlichen Erfahrung der Gegenwart Christi. Die pentekostale Deutung der Erfahrung Christi in der Geistestaufe will die sakramentale Verbindung zwischen Pneumatologie und Christologie umgehen. Die Erfahrung der Begegnung mit dem Heiligen Geist als multikontextuelle und polyphonische Wirklichkeit Gottes wird als Begegnung mit der Christus-Wirklichkeit der Kirche verstanden. Eine mögliche Versöhnung zwischen den Denkansätzen von Zizioulas und Macchia kann der Vorschlag des Pentekostalen Terry Cross sein.774 Cross wendet sich in seiner Abhandlung »Sind die Pfingstler evangelikale Christen?« polemisch gegen den evangelikalen Ansatz zum Verständnis des Be773 Vgl. John Zizioulas, Kirche als Gemeinschaft, in: Gaßmann/Heller Santiago, 100. 774 Terry L. Cross ist Theologe und ordinierter Bishof der Church of God. Er vertritt die pentekostalen Kirchen im ökumenischen Dialog der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung des Nationalen Kirchenrates der USA (NCC).
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kehrungsereignisses.775 Die Kirche sei bei den Evangelikalen nur auf eine Ansammlung von Individuen beschränkt, welche die gleichen geistlichen Erfahrungen gemacht hätten.776 Cross schlägt vor, den pentekostalen Ansatz zur Erfahrung des Heiligen Geistes im Rahmen der trinitarischen Theologie zu behandeln. Cross zieht diesen Ansatz dem pneumatologischen vor, weil die Pentekostalen im Rahmen des pneumatologischen Ansatzes den anderen Kirchen nicht mehr als »ein paar angeheftete Ideen der Geistesgaben« anbieten.777 Sein trinitarischer Ansatz besteht darin, alle Aspekte des Lebens im Geist im Paradigma des Wesens Gottes (trinitarisch, gemeinschaftlich, relational) zu lesen.778 Im Licht dieses Paradigmas wird die Christologie pneumatologisch qualifiziert.779 Obwohl Cross den pneumatologischen Ansatz der Ekklesiologie durch die trinitarische Theologie zu erweitern sucht, bleibt er seiner pentekostalen Betonung auf der Unmittelbarkeit der Erfahrung des Heiligen Geistes gegenüber dem instrumentalen Charakter der Kirche treu. Die Begegnung mit dem Geist ist primär die Begegnung mit dem Wesen Gottes, mit Gott selbst, was die Voraussetzung für die Erkenntnis Gottes ist.780 Mit dem Denkansatz von Cross kann die Anfrage an die Pentekostalen, was die binäre Wahrnehmung der Gegenwart Christi angeht, aus dem Kontext der Beziehung zwischen der Gegenwart Christi und des Heiligen Geistes in den Kontext des Nachdenkens über die Erfahrung Gottes übertragen werden.781 Cross versucht das Verständnis der Gegenwart Christi pneumatologisch mit dem pentekostalen Denkansatz der Erfahrung Gottes in Verbindung zu bringen. Die Rede von der Gegenwart Christi ohne die Erklärung der Rolle des Heiligen Geistes ist nach Cross nicht angebracht. Cross vermittelt den Eindruck, dass die Rolle des Heiligen Geistes, in Verbindung mit der Gegenwart Christi, ein Ansatz für das pentekostale Verständnis des Heiligen Geistes sei.782 Anhand des Denkansatzes von Cross wäre die Erfahrung des Heiligen Geistes als Erweiterung der Erfahrungsdimension der Gegenwart Christi in Erwägung zu bringen. 775 Vgl. Terry L. Cross, Sind Pfingstler evangelikale Christen? in: Jörg Haustein/Giovanni Maltese, Handbuch pfingstliche und charismatische Theologie, 401. 776 Cross bemerkt zu Recht, dass dieser Ansatz das Verständnis der unsichtbaren und geistlichen Kirche mehr betont als die sichtbare und institutionelle Kirche. Vgl. a. a. O., 401. 777 Vgl. a. a. O., 402. 778 Vgl. a. a. O., 399. 779 Vgl. Giovanni Maltese, Geisterfahrer zwischen Transzendenz und Immanenz, 128. 780 Zitiert von Neumann in: Neumann, Pentecostal Experience: An Ecumenical Encounter, Eugene 2012, 108. 781 Vgl. Terry L. Cross, The Divine-Human Encounter Towards a Pentecostal Theology of Experience, in: Pneuma (2009) 31/1, 3–34, 5. 782 Der theologische Ausgangspunkt der pentekostalen Erfahrung Gottes im Denken von Terry Cross lautet: »How does our experience of God shape the contours of our faith and how does it mould theological reflection on that God our faith as comprehended through such experience?« Terry L. Cross, The Divine-Human Encounter, 6.
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Erfasst man die oben aufgeführten Konstruktionen der Selbstreflexion der Pentekostalen, was die Begegnung mit Gott als Erfahrungen Christi und des Heiligen Geistes angeht, entdeckt man, dass der aus ökumenischer Sicht wahrgenommene Konflikt unter den pentekostalen Theologen noch nicht thematisiert wurde. Bei der Klärung über die Bedeutung der Geistestaufe im Kontext der Beziehung zwischen Christologie und Pneumatologie sind klare Anzeichen für die Spannung zum ökumenischen Mainstream in der Deutung der Mittelbarkeit der Erfahrung des Heiligen Geistes und dem daraus resultierenden Verständnis der Beziehung zwischen Christologie und Pneumatologie im Kontext der Ekklesiologie zu entdecken. Diese Spannung erklärt sich folgendermaßen: Die Fokussierung des theologischen Denkens auf die komplexe Ausdifferenzierung zwischen der subjektiven Erfahrung der Gegenwart Christi durch die Erfahrung der direkten Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes in der Geistestaufe löst eine Vereinseitigung der Subjektivität des Glaubens und ein Explizieren des Erlebnisses der Begegnung mit dem Heiligen Geist neben dem Erlebnis der Begegnung mit Christus aus. Auch wenn die pentekostale Tradition die Erfahrung des Heiligen Geistes in der Geistestaufe nicht von Christus trennt, ergibt das Explizieren der Begegnung mit Gott als mit dem Heiligen Geist folglich ein Denkmodell, in dem theologisch und praktisch zwischen der Erfahrung der Person Christi und des Heiligen Geistes unterschieden wird. Daraus folgt eine komplexe Differenzierung zwischen den entsprechenden Wirkungen Gottes in Christus und durch den Heiligen Geist. Diese aus dem Verständnis der Geistestaufe resultierende Logik der Beziehung zwischen dem Leben in Christus und dem Leben in der Fülle des Heiligen Geistes wird weiterhin ein ungeklärtes Spannungsfeld sowohl zur ökumenischen Ekklesiologie als auch zum traditionellen Verständnis des Gegenübers der Begegnung mit Gott bilden. Als Folge wird die pentekostale Betonung des Wesens der Kirche als eine Versammlung derer, die den Heiligen Geist unmittelbar erfahren, ein Konfliktverhältnis zur ökumenischen ekklesiologischen Grundlegung der Kirche bilden.783 Denn die Kirche versteht sich als Versammlung von Christen um die Partizipation an der mittelbaren Gegenwart Christi. Der Konfliktpunkt wird nicht so sehr in der Erfahrung an sich liegen, sondern in der Exklusivität und Zentralität der Erfahrung der Person Christi durch den Heiligen Geist für das christliche Leben. Die oben aufgeführten Meinungen zeigen, dass 783 »Die Pfingstler sehen die Einheit unter den Christen nicht als auf einer gemeinsamen Wassertaufe basierend an […] Die Grundlage der Einheit ist statt dessen eine Gemeinsamkeit des Glaubens und der Erfahrung Jesu Christi als des Herrnund Erlösers durch den Heiligen Geist.« P-RKK/III, §55. Dieser Paragraf kann als repräsentativ für den ökumenischen Diskurs interpretiert werden. Die Stelle 1Kor 12,12f wird in der Hermeneutik der meisten ökumenischen Partner als Erfahrung der Wassertaufe verstanden. Die meisten Pentekostalen werden darin die Geistestaufe sehen.
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das pentekostale Beharren auf der Geistestaufe im Sinne der expliziten Begegnung mit dem Heiligen Geist nicht nur ein Spannungsverhältnis zum ökumenischen Verständnis der Erfahrung der Gegenwart Christi bildet, sondern daraus folgend auch ein exklusives Bild vom Leben im Heiligen Geist liefert. Aus diesem Grund ist es erforderlich, im nächsten Schritt das pentekostale Verständnis der Fülle des Lebens im Heiligen Geist im Kontext der Theologie der Beziehung zwischen Christologie und Pneumatologie zu untersuchen.
2.2.3 Die Fülle des Lebens im Heiligen Geist im Diskurs der Geist-Christologie Die Schlussfolgerung, die aus dem pentekostalen Verständnis des Lebens im Heiligen Geist in Bezug auf die Gegenwart Christi resultiert, lautet, dass die Erfahrung der Begegnung mit dem Heiligen Geist nur dann eine Relevanz für den ökumenischen Diskurs hat, wenn sie nicht im Rahmen der gesteigerten Form eines spirituellen Erlebnisses, sondern in der soteriologischen Dimension interpretiert wird. Ich begründe diese Schlussfolgerung mit der These, dass das Leben im Geist das Leben in Christus ist. Der Bezug zu Christus verleiht dem Verständnis des Lebens im Heiligen Geist seine soteriologische Ausrichtung. Es gilt darum, den pentekostalen Denkansatz zum Verständnis des Heiligen Geistes im Rahmen des Geist-Christologie Diskurses in Hinblick auf die soteriologische Dimension der Fülle des Lebens im Heiligen Geist zu untersuchen.784 Der Unterschied zum vorherigen Abschnitt, bei dem es auch um die Beziehung zwischen Christus und dem Heiligen Geist ging, besteht darin, dass es im vorherigen Abschnitt mehr um die Feststellung ging, ob und inwiefern das Problem der binären Relation in Hinblick auf die explizite Erfahrung des Heiligen Geistes von Seiten der anderen Kirchen und der pentekostalen Theologen wahrgenommen wurde.
784 Das Werk von Ralph Del Colle, Christ and the Spirit: Spirit-Christology in Trinitarian Perspective, New York 1994 gibt einen Überblick der theologischen Diskussion über das Verhältnis zwischen Pneumatologie und Christologie aus der katholischen Perspektive. Es erschien in zeitlicher Nähe zur 7. Vollversammlung des ÖRK in Canberra (1991), bei der das Thema »Heiliger Geist« im Zentrum stand. Von der orthodoxen Seite wären in diesem Zusammenhang die Aufsätze von Bobrinskoy, The Indwelling of the Spirit in Christ in: SVTQ (1984) 28/1, 49–65; Nikos Nissiotis, Pneumatological Christology as a Presupposition of Ecclesiology, in: Oec (1976) 2, 235–248 und John Zizioulas, Being as Communion, New York 1985, zu erwähnen.
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2.2.3.1 Das theologische Anliegen der Geist – Christologie In Anlehnung an den Vorschlag von Jeffrey Lampe erklärt Del Colle das Anliegen der Geist-Christologie folgendermaßen: »By Spirit-Christology I mean envisioning the constitution and mission of the person of Christ and the pneumatological dimensions of Christology.«785 Del Colle sieht den innerbiblischen Ansatz zur Beziehung zwischen den zwei Gegenwärtigkeiten Christi und des Heiligen Geistes in Anlehnung an das Werk von James Dunn Jesus and the Spirit.786 James Dunn bringt die Pneumatologie in die Lösung der Spannung zwischen dem historischen Jesus und dem im Geist erfahrenen Christus, indem er die Erfahrung des auferstandenen Jesus in Verbindung mit der Person des Heiligen Geistes betrachtet: »[…] experience of Spirit identified and distinquished as experience of Christ.«787 Nach der Inkarnation war die Gottheit Jesu die Funktion des Heiligen Geistes. Nach der Auferstehung ist die erhöhte Menschlichkeit Jesu die Funktion des Geistes.788 Für den Anschluss der pentekostalen Pneumatologie an den ökumenischen Diskurs ist die ekklesiologische Schlussfolgerung der Geist-Christologie interessant. Del Colle sieht diese ekklesiologische Implikation der Geist-Christologie im Zeugnis der Kirche von der Vermittlung der Gegenwart Gottes her. In Anlehnung an David Coffey schlägt Del Colle vor, ein neues Modell der intratrinitarischen Beziehungen zu entwickeln, das mit der Geist-Christologie konsistent ist. Eins der drei Aspekte dieses Modells sieht die Gegenwart Christi und die des Heiligen Geistes in der Betrachtung der Menschwerdung Christi, die zur Unterscheidung zwischen der filiologischen und pneumatologischen Dimension (Sohnschaft und Salbung des Heiligen Geistes) in der Mission Christi führt.789 So 785 Ralph Del Colle, Spirit-Christology: Dogmatic Foundations for Pentecostal-Charismatic Spirituality in: JPTh (1993) 1/3 91–112, 93. 786 Vgl. Ralph Del Colle, Christ and the Spirit: Spirit-Christology in Trinitarian Perspective, 142. James D. G Dunn, Jesus and the Spirit: A Study of the Religious and Charismatic Experience of Jesus and the First Christians as Reflected in the New Testament, London 1975. 787 James Dunn, Jesus and the Spirit, 324. »Christ as life-giving Spirit; if Christ is now experienced as Spirit, Spirit is now experienced as Christ; the distinctive mark of the Christian is experienced of the Spirit as life of Christ; as the Spirit was the divinity of Jesus, so Jesus became the personality of the Spirit.« Ebd., 322–325. Vgl. Ralph Del Colle, Christ and the Spirit: Spirit-Christology in Trinitarian Perspective, New York/ Oxford 1994, 144–146. Die theologische Debatte geht auf die Werke von Herman Samuel Reimarus (1694–1768) und D.F. Strauss (1808–1874) zurück. Vgl. Gotthold Ephraim Lessing (Hg.). Reimarus, Fragmente des Wolfenbüttelschen Ungenannten: Ein Anhang zu dem Fragment vom Zweck Jesu und seiner Jünger, Berlin/Wever 1784. Vgl. David Friedrich Strauss, Das Leben Christi. 2. verb. Aufl., Tübingen 1837, 736. Vgl. Ralph Del Colle, Christ and the Spirit, 141. 788 Vgl. Dunn, Jesus and Spirit, 324–325. 789 Dieser Vorschlag spiegelt das Anliegen der Rückkehr von der Hypostasierung der chalzedonischen Tradition zur metaphysischen und oikonomischen Sprache der früheren Kir-
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gesehen hat die Menschwerdung Christi eine mediale und exemplarische Bedeutung für die Kirche. Gleichzeitg offenbart die Menschenwerdung Christi die mystagogische sowie die apostolische Dimension (Salbung mit dem Heiligen Geist) der Berufung der Menschheit in Christus.790 Der Aspekt der Übereinstimmung der Mission und der Funktionen der Trinitätspersonen in der Oikonomia mit ihrer hypostatischen Identität markiert erwartungsgemäß eine ähnliche Problematik, wie das Verständnis der pentekostalen Erfahrung des Heiligen Geistes aufzeigt. Da das pentekostale Denken in der Geistestaufe die Erfahrung der irdischen Kraftwirkung Christi, in der Sprache von Del Colle die ›Salbung mit dem Heiligen Geist‹, sieht, sollte das Interesse der Pentekostalen an der Geist-Christologie darin bestehen, die Begegnung mit dem Heiligen Geist als Kontinuität mit der pneumatologischen Dimension der Person Christi zu begründen.791 Darüber hinaus bleibt die Herausforderung für die Pentekostalen bestehen, ausgehend vom pentekostalen binären Verständnis der Erfahrung Gottes die Beziehung zwischen der Identität des Sohnes und des Geistes, zu erläutern. 2.2.3.2 Der pentekostale Denkansatz hinsichtlich der Geist-Christologie Ein spezifisch pentekostaler Denkansatz zum Diskurs der Geist-Christologie stellt sich in den reziproken Beziehungen zwischen der Erfahrung Christi und der des Heiligen Geistes dar: Der Heilige Geist tauft in Christus – so wie Christus in den Heiligen Geist tauft.792 Wie ist diese Aussage im Kontext des geist-christologischen Diskurses zu erläutern? Kärkkäinen nimmt Bezug auf die Tradition der Geist-Christologie und fasst ihr historisches Anliegen als komplementären Weg der Erklärung der einzigartigen Gegenwart Gottes und Begegnung von göttlicher und menschlicher Natur in einer Person zusammen.793 Kärkkäinen bleibt jedoch nicht beim Denkansatz
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chenväter. Siehe Hinweis bei Veli-Matti Kärkkäinen, Christ and Reconciliation. Grand Rapids 2013, Fußnote 25, 201. Kärkkäinen bezieht sich auf die beiden Vertreter dieser revisionistischen Richtung, Geoffrey Lampe und Paul Newman. Vgl. Paul W, Newmann, A Spirit Christology Recovering the Biblical Paradigm of Christian Faith, Createspace Independent Pub 2014. Vgl. Ralph Del Colle, Christ and the Spirit, 196. Der erste Aspekt sieht das Verständnis der Unterscheidung der Trinitätspersonen in der Oikonomia des Heils ausgehend von den intra-trinitarischen Beziehungen. Der andere Aspekt ist die Unterscheidung zwischen der körperlich-anamnetischen Dimension der Gegenwart Christi und der epikletischen Dimension der Gegenwart des Heiligen Geistes. Alle Aspekte deuten auf eine Aussage über die Trinitätspersonen – sie sind »ungetrennt, jedoch nicht identisch.« Vgl. a. a. O., 196. Vgl. P-RKK/V, §254. Vgl. Kärkkäinen, Trinity and Religions: On the Way to a Trinitarian Theology of Religions for Evangelicals, in: Miss. 2005 33/2, 159–174, 161. Vgl. Studebaker, From Pentecost to the
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der historischen Tradition stehen. Die Geist-Christologie der Gegenwart soll sowohl die Logos-Tradition als auch die Lehre vom Heiligen Geist im Kontext des trinitarischen Dogmas betrachten und beide Aspekte kombinieren.794 Kärkkäinen behauptet, dass der Pentekostalismus einen einzigartigen Rahmen für das Verständnis der Geist-Christologie bietet.795 Obwohl er die Sicht vieler pentekostaler Theologen, die Christus und den Heiligen Geist in der gegenseitigen Konditionierung (conditioning) und Zusammenwirkung (collaboration) betrachten, vertritt, erläutert er dennoch nicht, wie diese gegenseitige Konditionierung und Zusammenwirkung aus der Sicht der Geistestaufe zu verstehen ist.796 Er bringt lediglich das Beziehungspaar »Person-Werk« Christi mit dem Verhältnis »Christus-Geist« in Verbindung. Auch wenn Kärkkäinen dem Heiligen Geist die Rolle des Verwirklichers der fünf Dienste Christi (Rettung, Heiligung, Heilung, Taufe mit dem Heiligen Geist und eschatologischer König) zuspricht, fehlt hier ein Erklärungsmodell, wie diese Verbindung von Werk und Person Christi im Zusammenhang mit der Geistestaufe zu interpretieren sei. Amos Yong schlägt in seinem theologischen Ansatz der Dritten-ArtikelTheologie einen Gedanken vor, der als Konsequenz die Wieder-Erscheinung der Geist-Christologien mit sich bringt.797 Die Theologie des dritten Artikels baut auf der Prämisse, dass der Heilige Geist dank seiner relationalen Natur sowohl der Geist des Vaters als auch der Geist Christi ist.798 Das Anliegen der Geist-Christologie besteht im Denken von Yong darin, wie es möglich ist, den geisterfüllten und ermächtigten Christus in den uns begleitenden Christus durch den ermächtigenden Geist (und im Geist) zu übersetzen.799 Die Geistestaufe nach Yong involviert den vollen Skopus des rettenden Werkes Gottes so, dass der Inhalt der Geistestaufe die Gesamtheit des rettenden Werkes Christi erkennen lässt.800 Das theologische Auseinanderhalten der Geistestaufe und der Bekehrung erklärte Yong, indem er die Geistestaufe als einen transformativen Akt der Erfüllung mit dem Heiligen Geist mit dem Ziel interpretiert, Christus-ähnlich als Zeugnis für die Welt zu leben. Die Geistestaufe wäre dann die Begegnung mit Gott zur In-
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Triune God, 189. Es ist hier anzumerken, dass Kärkkäinen in einigen seiner Werke sich als Vertreter der evangelikalen Theologie positioniert. Vgl. Kärkkäinen, Christ and Reconciliation, 204–205. Vgl. a. a. O., 207. Vgl. a. a. O., 208. Yong konkretisiert den Inhalt seines Ansatzes, indem er die Theologie des dritten Artikels des Glaubensbekenntnisses nicht als Theologie des Heiligen Geistes, sondern als pneumatologische Theologie bezeichnet. Darunter versteht er das Überdenken der Theologien aus der Perspektive des dritten Glaubensartikels. Vgl. Amos Yong, Renewing Christian Theology, Waco 2014, 14–15. 240. Vgl. a. a. O., 14. Vgl. a. a. O., 242. Vgl. a. a. O., 95.
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tensivierung des christlichen Lebens und des Zeugnisses von Christus.801 Im Rahmen der traditionellen pentekostalen Hermeneutik des Lukas-Evangeliums interpretiert Yong die Geistestaufe anders. Die Geist-Christologie sieht in Jesus nicht nur eine Person, die mit dem Geist für die großen Taten Gottes gesalbt wurde (Luk 4,15), sondern auch eine Person, deren Leben von Anfang an unter der Wirkung des Heiligen Geistes stand (Luk 1,35).802 Nach Yong ist die GeistChristologie des Lukasevangeliums auf das Leben und den Dienst Christi fokussiert. Diese Geist-Christologie des Lukasevangeliums geht in die Geist-Soteriologie der Apostelgeschichte über.803 Mit der Ausweitung der Geist-Christologie bis zur soteriologischen Perspektive erklärt Yong die Rettung aus der Perspektive der Erfahrung des Lebens im Heiligen Geist. Die Rettung erfährt man nicht nur im Sinne des Sterbens mit Christus, sondern auch im Sinne des Auferstehens mit ihm, um auch das tun zu können, was er getan hat.804 Die Geistestaufe in der soteriologischen Perspektive wird so verstanden, dass Jesus Christus als Gabe in der Totalität seines geistgesalbten Lebens, seines Todes und in der Auferstehung gegeben wird.805 Nach Yong, der sich seinerseits auf den Ansatz von Robert Menzies bezieht, gründet sich das pentekostale Verständnis der Geistestaufe in der lukanischen Pneumatologie des Geistes der Prophetie.806 Was Yong mit der Wende zur Geist-Soteriologie macht, ist die Modellierung der Verbindung zwischen der genuin pentekostalen Betonung der prophetischen Dimension der lukanischen Pneumatologie und ihrer soteriologischen Dimension, auf die Dunn in seiner Reaktion auf Menzies Ansatz verwiesen hat.807 Die Konstruktion der Geist-Christologie über den Anschluss an die Geist-Soteriologie integriert zwar den Denkansatz der Erfahrung der Geistestaufe in die Soteriologie, schafft aber eine Rückgangstendenz für den pentekostalen Ansatz zur Geistestaufe als Ausrüstung mit der Kraft Christi, die weniger Heilsbedeutung, sondern eher Missionsbedeutung hat. Dennoch ist das Denken von Amos Yong zu würdigen und für die weitere Untersuchung im Fokus zu behalten, weil er die besondere Sicht der Geistestaufe aus der eschatologischen Perspektive in 801 Vgl. a. a. O., 98. Vgl. Statement of Faith, §9: »We believe that the baptism in the Holy Spirit is the bestowing of the believer with power for life and service for Christ.« 802 Amos Yong, The Spirit Poured Out on All Flesh: Pentecostalism and the Possibility of Global Theology, Grand Rapids 2005, 87. 803 Vgl. a. a. O., 88. 804 Vgl. a. a. O., 101. 805 Vgl. ebd. 806 Nach Robert Menzies hat die Wirkung des Heiligen Geistes in der lukanischen Konstruktion keine soteriologische, sondern eine charismatische, prophetische und missionale Funktion. Vgl. Robert Menzies, The Spirit of Prophesy, Luke-Acts and Pentecostal Theology: A Response to Max Turner, in: JPT (1999) 15, 49–74, 55. Vgl. Tak-Ming Cheung, Understandings of Spirit Baptism, in: JPT (1996) 4/8, 115–128, 117. 807 Vgl. James Dunn, Baptism in the Spirit: A Response to Pentecostal Scholarship on LukeActs, in: JPT (1993) 1/3, 3–27.
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den Kontext der Soteriologie integriert und dadurch die Geistestaufe für die Geist-Christologie fruchtbar macht. Die Geistestaufe wird dann als Erfahrung des Heiligen Geistes im Sinne der Fülle des Heils mit der Person und dem Werk Christi in Verbindung gebracht. Das Leben in Christus wäre demnach das Leben in der Fülle des Heiligen Geistes. Das Modell von Yong ist aus der Sicht des ökumenischen Diskurses interessant, weil die Geistestaufe als Metapher für die Kulmination des Rettungswerkes Christi interpretiert werden kann. Für die Ausgangsfrage nach dem Verständnis der Begegnung mit dem Heiligen Geist würde der Ansatz von Yong in der Schlussfolgerung bedeuten, dass die Begegnung mit dem Heiligen Geist in der Geistestaufe eher die Begegnung mit der Person Christi ist, ohne eine explizite Begegnung mit dem Heiligen Geist als ein von der Wiedergeburt zu unterscheidendes Ereignis hervorzuheben. Das zeigt auf der anderen Seite, dass das Anliegen von Yong, eine Spirit-Soteriologie zu konstruieren, eher zu einem komplexen Denken führt, das nicht klarstellt, ob die Subjektivierung Christi durch den Heiligen Geist (lukanische Konzeption) oder die Subjektivierung des Heiligen Geistes durch Christus (paulinische Konstruktion) eine wesentliche Differenz ausmachen würde. Das Modell von Yong enthält zwei mögliche Konsequenzen, die verschiedene Akzente in der Beziehung zwischen Christologie und Pneumatologie setzen können. Auf der einen Seite ist es das Verständnis der Vermittlung der Person Christi in das Leben der Christen (Christwerden) durch den Heiligen Geist. Auf der anderen Seite ist es die Vermittlung der Wirkung Christi in die Wirkung der Christen durch den Heiligen Geist. Diese beiden Konsequenzen werden in der Folge diskutiert. Die Verbindung mit dem Heil und der Person Christi wird anhand der Denkansätze von Lyle Dabney (evangelikal) und Andréa Snavely (pentekostal) gezeigt. Die Akzentuierung der Geist-Christologie auf die Kontinuität der Werke Christi wird anhand des Denkansatzes von Harold Hunter (pentekostal) angesprochen. Der Versuch, die Erfahrung mit dem Heiligen Geist in der Geistestaufe als Metapher für das Heil zu deuten, wurde von Lyle Dabney unternommen.808 Seine These lautet: »Die christliche Theologie soll mit der Rechenschaft über den Heiligen Geist beginnen.«809 Damit repräsentiert Dabney ein anderes Modell der Theologie des dritten Artikels als Yong. Dabneys Ausgangspunkt ist die Mani808 Lyle Dabney, Professor an der Marquette Universität (USA). Studebaker weist darauf hin, dass obwohl Dabney kein klassischer Vertreter der pentekostalen Theologie ist, er dennoch pentekostal denkt. Sein Anliegen besteht darin, dem Geist die gleiche konstitutive Rolle zuzuschreiben wie Christus. Außerdem wird die gleiche Meinung von F. Macchia vertreten, dessen Vorschlag unten betrachtet wird. Vgl. Jörg Haustein/Giovanni Maltese, Handbuch pfingstliche und charismatische Theologie, 212. 809 Vgl. Lyle Dabney, Starting with the Spirit: Why the Last Should Now be First, in: Gordon Preece (ed.), Starting with the Spirit. Task of Theology Today, Hindmarsh 2001, 4.
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festation der Kenosis des dreieinigen Gottes am Kreuz als die Möglichkeit Gottes, in jeder Unmöglichkeit gegenwärtig zu sein.810 Darum klassifiziert Dabney den Geist als die Möglichkeit Gottes (possibilty of God).811 Da der Heilige Geist ein Geist des Kreuzes und der Selbst-Opferung ist, schlägt Dabney den pneumatologischen Aspekt des Kreuz-Ereignisses, pneumatologia crucis, als Vollendung der theologia crucis vor. Deshalb soll die Theologie des dritten Artikels mit pneumatologia crucis beginnen. Für unsere Fragestellung nach der Beziehung zwischen der Gegenwart Christi und der Gegenwart des Heiligen Geistes im Kontext der Geist-Christologie bietet Dabney einen neuen Aspekt an. Er betrachtet die Beziehung zwischen Christus und dem Heiligen Geist nicht im Paradigma der Reziprozität von Logos- und Geist-Christologie, sondern im Paradigma der Soteriologie, allerdings anders als Yong. Während Yong den soteriologischen Ansatz in der Kulmination der Geisterfahrung sieht, betrachtet Dabney die Rechtfertigung als das Werk des Heiligen Geistes, wodurch dem Heiligen Geist die gleiche konstitutive Aufmerksamkeit im soteriologischen Prozess zukommt wie Christus.812 Dabney deutet die Erlösung aus der Perspektive des lebensspenden Geistes als Erlösung der ganzen Schöpfung. Damit verbindet er mit der Erlösung das ganze Leben Christi sowie seinen Tod und seine Auferstehung. »… if redemption viewed from the perspective of resurrection in the Spirit speaks of all the life and death and new life of Jesus Christ as having soteriological import, then such an account of salvation also speaks of encompassing all our life and death through Christ and in the Spirit as well .«813
Im Modell der Rechtfertigung aus der Perspektive der Auferstehung (Theologie des Geistes der Auferstehung) wird das Werk des Heiligen Geistes nicht nur in der instrumentalen Funktion der forensischen Erlösung, sondern im Zusammenfassen all dessen verstanden, was den Menschen im Leben, Tod und Auferstehung Jesu mitgegeben wurde. Obwohl Dabney den Heiligen Geist soteriologisch zentral deutet, interpretiert er die Geistestaufe nicht im pentekostalen doktrinären Sinn, sondern metaphorisch als Vermittlung des Lebens der neuen
810 Vgl. Dabney, Naming the Spirit: Towards a Pneumatology of the Cross, in: Preece, Starting with the Spirit, 58. 811 Vgl. a. a. O., 58. 812 Dabney setzt bei 1Tim 3,16 an. Die Rechtfertigung ist hier als das Werk des Heiligen Geistes beschrieben. Vgl. Dabney, Justified by the Spirit: Soteriological Reflections on the Resurrection, in: Starting with the Spirit, 46–47. Vgl. Jörg Haustein/Giovanni Maltese, Handbuch pfingstliche und charismatische Theologie, Fußnote 4, 212. 813 Lyle Dabney, Justified by Spirit: Soteriological Reflections on the Resurrection in: IJST (2001) 3/1, 46–68. Vgl. Dabney, Justified in the Spirit, 48.
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Schöpfung.814 Diese Deutung sieht das Ereignis der Wiedergeburt und die Geistestaufe als ein einheitliches Ereignis der Inklusion in Christus, nämlich ein Leben der neuen Schöpfung durch den Geist.815 Im Sinne der Vermittlung der neuen Schöpfung bleibt der Heilige Geist in seiner instrumentalen Rolle Christus untergeordnet. Auch wenn die Gabe des Heiligen Geistes als eschatologische Gabe des Lebens der neuen Schöpfung verstanden wird, wird der Geist schließlich nicht als dieses Leben selbst, sondern als Vermittler des Lebens Christi verstanden. Es ist darum verständlich, warum die Geistestaufe im Modell Dabneys mit der Wiedergeburt als Eingliederung in die Neue Schöpfung zusammenfällt. Der springende Punkt der pentekostalen Pneumatologie wäre eine Wie-Frage der Begegnung mit Gott, nämlich durch eine direkte und unmittelbare Erfahrung des Heiligen Geistes, die sich vom Ereignis der Wiedergeburt unterscheidet. In Dabneys Denkansatz zeigt sich eine Tendenz, die Wirkung des Heiligen Geistes im Leben der Schöpfung inklusivistisch zu interpretieren. Diese Tendenz wird dem Anliegen des pentekostalen Verständnisses des Heiligen Geistes nicht genügen, weil der pentekostale Denkansatz die Erfahrung des Heiligen Geistes expliziert, indem er die Wirkung des Geistes als direkt denkt. Auf der anderen Seite kann der Denkansatz von Dabney einen Rahmen bieten, die Geistestaufe im Kontext der Ontologie und darum in der soteriologischen Dimension zu interpretieren. Im Zusammenhang mit der ontologischen Deutung der Pneumatologie ist das Werk von Andréa Snavely zu erwähnen.816 Das Werk von Snavely ist für die vorliegende Untersuchung aus zwei Gründen von großer Relevanz. Erstens bietet Snavely, wie Dabney, ein Modell der Beziehung zwischen Christologie und Pneumatologie an, in dem der Heilige Geist in den soteriologischen Schlüsselereignissen des Lebens Christi, nämlich in seinem Tod und seiner Auferstehung, wie eine konstitutive Ingredienz wirkt und das Leben Christi ins Leben der Christen sowie das Leben der Christen ins Leben Christi importiert: »My thesis then is this: as Jesus lived the kind of life he lived as the Son of the Father in the Spirit, the Spirit also makes other sons of the Father in the image of Jesus Christ who then, as a result of this actual transformation by the Spirit, gladly follow him in the kind of life he lived – in the Spirit.«817 814 Es ist darum auch Studebaker nicht zuzustimmen, dass Dabney pentekostal denkt. Vgl. Fn. 808. 815 Vgl. Dabney, Justified in the Spirit, 58. 816 Vgl. Andréa D. Snavely, Life in the Spirit: A Post-Constantinian and Trinitarian Account of the Christian Life. Snavely baut seinen Ansatz auf den Werken von Yoder und Sanchez. Vgl. John Howard Yoder, The Politics of Jesus: Vicit Agnus Noster, Grand Rapids/Carise, UK 1994. Vgl. Leopoldo A. Sanchez, Receiver, Bearer, and Giver of God’s Spirit: Jesus’ Life in the Spirit as a Lens for Theology and Life, Eugene 2015. 817 Snavely, Life in the Spirit: A Post-Constantinian and Trinitarian Account of the Christian Life, 4.
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Das Ziel von Snavely ist jedoch anders als das von Dabney. Snavely sucht nach einer adäquaten Geist-Christologie, die die Kontinuität des Lebens Christi im Heiligen Geist im Leben der Christen im Heiligen Geist erklärt. Snavely behauptet, dass der zentrale Standpunkt, von dem die pneumatologische Theologie zu entwickeln sei, der christologische sei. An diesem Punkt opponiert Snavely indirekt gegen Yong, der seinen Ansatz in der pneumatischen Soteriologie gründet. Der Standpunkt von Snavely zeigt die Richtung zum pentekostalen Denkansatz der christozentrischen Spiritualität, die im Dialog P-LK erläutert wurde.818 Snavely sieht im Ansatz der Erfahrung des Heiligen Geistes eine kontraproduktive Wirkung für das ökumenische Gespräch, weil sonst die Einheit der Kirche, aufgrund der geistlichen Erfahrungen, an den konfessionellen Dogmatiken der Kirchen vorbeigehen könnte.819 Das Modell der Geist-Christologie soll nach Snavely mit dem faktischen Leben Christi unter dem Aspekt beginnen, was das Leben im Geist sowohl im Leben Christi als auch im Leben der Christen bedeutet.820 Damit erweitert er den traditionellen Diskurs der Geist-Christologie als »Christologie von unten und von oben« zur Christologie »nach vorn«. Mit der Christologie nach vorn ist die Betrachtung des Lebens Christi unter dem Aspekt der Wirkung des Heiligen Geistes, das für das christliche Leben im Geist konstitutiv ist, gemeint.821 Sein Modell verbindet Trinität, Soteriologie und Ekklesiologie und bildet ein Konzept des Lebens im Geist. Das Leben im Geist kommt aus dem Leben Christi, des Sohnes des Vaters, durch den Heiligen Geist. Dieses trinitarische Leben Christi wird durch den Heiligen Geist ins Leben der Christen und der Kirche inkludiert. Die Tatsache der Ausgießung des Heiligen Geistes gründet das Leben der Christen als ein Leben im Geist, als ein Leben, wie es Jesus selbst gelebt hat. Das Leben im Geist ist hier an das irdische Lebensbild Christi geknüpft. »… how Jesus lived his life is how one lives in the Spirit.«822 Da Christi Leben und Tod als Selbstmitteilung an den Menschen verstanden wird, kann daraus folgender Denkansatz der Wirkung des Heiligen Geistes durch Christen und durch die Kirche in der Welt entfaltet werden. Die Verbindung mit Christus 818 »Pentecostal preaching focuses on the person of Christ far more than on the Spirit (or on the Father). A common Pentecostal formulation speaks of the ›full gospel‹, a term borrowed from the Holiness tradition, which depicts Christ in a four- or fivefold office as justifier, sanctifier/baptizer in the Spirit, healer, and soon-coming king, in addition to the traditional language of the church about Christ as the Son of God, the second person of the Trinity, and the Word incarnate.« Lutherans and Pentecostals in Dialogue 2010, in: Growth in Agreement IV/2, 73. 819 Vgl. Snavely, 32. Hier wäre zu fragen, inwieweit die Theologie des dritten Artikels Ökumene-tauglich ist. 820 Vgl. Snavely, 58. 821 Ansatzweise ähnlich wie Moltmann. Vgl. Jürgen Moltmann, Der Geist des Lebens, München 1991, 78–83. 822 Snavely, 192.
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als Wort Gottes an den Menschen und die daraus resultierende Wirkung des Heiligen Geistes im Verkündigungsdienst der Christen lässt das Ereignis der Geistestaufe als Punkt der Verbindung zwischen Pneumatologie, Christologie und Ekklesiologie erscheinen. Der Geist Christi, der Logos ist, wirkt die christusähnliche Funktion der Kirche, nämlich den Logos des Heils zu verkündigen, wobei diese Verkündigung die Entstehung der Sohnschaft (Kindschaft) Gottes im Menschen initiiert. Snavely sieht im Pfingstereignis das Entstehen des Lebens in Christus, welches ein Leben im Geist bedeutet. Es fällt auf, dass obwohl Snavely das holistische Prinzip des Lebens Christi erwähnt, er dennoch das Leben Christi als Metapher für gewisse Lebensprinzipien wie Selbstverzicht bzw. Selbsthingabe wahrnimmt. Er zieht die einzelnen übernatürlichen Details des Lebens Christi wie Heilungen und Wunder nicht in Betracht. Die Parallele zwischen Christus als Träger des Heiligen Geistes und Christus als Geber des Heiligen Geistes sieht er korrekt in der Vermittlung des neuen Lebens in Christus, jedoch beschränkt er sie auf drei Charakteristika: 1) Weckung des Glaubens als Entstehung des neuen Lebens, 2) die Verkündigung des Evangeliums und 3) die Selbstmitteilung eines Lebens nach Christi Art. Diese drei Charakteristika umfassen das Wesen der Kirche aus der subjektiven Perspektive des Glaubens der Christen. Der ontologische Aspekt der Kirche als Gabe und Schöpfung Gottes wird in diesem Modell nicht berücksichtigt, obwohl Snavely von der logos-ähnlichen Aktivität der Kirche spricht. Snavelys Ansatz enthält zwar die pneumatologische Tendenz, das Leben im Glauben als Leben des prototypischen Lebens des Logos im Geist zu verstehen, spiegelt jedoch kein spezifisch pentekostales Verständnis des Heiligen Geistes. Die Geistestaufe als unmittelbare Begegnung mit dem Heiligen Geist wird weder in Bezug auf die exklusive Erfahrung des Heiligen Geistes noch in Bezug auf die Kontinuität der Erfahrung der Person Christi erwähnt. Im Licht seiner Kritik an Yong und Kärkkäinen in Bezug auf die ökumenische Tauglichkeit ihrer Geist-Christologie-Modelle, die von der Erfahrung des Heiligen Geistes ausgehen, setzt er sein Modell zwar bei anderen Prämissen an, kommt aber letztendlich zum gleichen Ergebnis, nämlich dass das Leben der Christen als Kontinuität des Lebens Christi in der Kraft des Heiligen Geistes zu verstehen ist. Dieses Modell vermeidet die Herausstellung der typischen Kennzeichen der pentekostalen Pneumatologie. Der Denkansatz von Snavely über die Selbstmitteilung Christi im Geist spiegelt im Allgemeinen ähnliche Züge wie im Denken von Karl Barth und Yves Congar in Bezug auf das Verständnis von Christus und dem Heiligen Geist.823 823 »Indem Jesus Christus selbst sich ihm in seinem Macht- und Tatwort als sein Herr bezeugt, als sein Bruder mitteilt, hört er auf, ein in sich verschlossener Mensch zu sein, wird seine Zugehörigkeit zu allen Dingen verwirklicht …« Karl Barth, Das christliche Leben
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Exkurs: Karl Barth und Yves Congar Nach Barth teilt Christus sich selbst dem Menschen als »Garant der Treue Gottes gegen ihn und als Garant seiner eigenen Treue Gott gegenüber.« »… [die Taufe mit dem Heiligen Geist] ist […] effektiv verändernde Selbstbezeugung und Selbstmitteilung Jesu Christi …«824 Karl Barth bringt die Geistestaufe mit dem Beginn des persönlichen christlichen Lebens in Verbindung. Die Geistestaufe ist die Selbstmitteilung Jesu Christi im Heiligen Geist, die sich als Ereignis der Treue Gottes im Bewusstsein des Menschen versteht. Barth unterscheidet theologisch die Geistestaufe von der Wassertaufe (sie sind nicht identisch).825 Was Snavelys Ansatz der Selbstmittelung Christi im Geist vom Ansatz Barths unterscheidet, ist, dass Snavely die Wirkung des Heiligen Geistes vom irdischen Leben Christi in die Gegenwart der Christen projeziert und auf diese Weise die Christus-Wirkung des Heiligen Geistes im Leben der Christen begründet. Barth sieht das Leben unter der Wirkung des Heiligen Geistes im inneren Ausrichten auf das Ziel der Erlösung: »Die Kraft dieses seines Jenseits ist die Kraft seines Diesseits.«826 Yves Congar denkt im Unterschied zum Ansatz von Snavely nicht in der Kategorie der logos-ähnlichen Selbstmitteilung der Kirche. Er schreibt: »Die Gesundheit der Pneumatologie besteht in ihrer Rückbindung an Christus. […] Der Geist wirkt kein anderes Werk als das Werk Christi. […] Der Geist ist es, der uns zu Gliedern des Leibes Christi macht (1Kor 12,13; Röm 8,2), aber dieser Leib ist nicht der des Heiligen Geistes, sondern der Christi.«827 Congars Verständnis der Wirkung des Heiligen Geistes in der Kontinuität zwischen dem Sohn, der Kirche und der Welt besteht darin, dass der Heilige Geist die Schöpfung in der Eucharistie der Kirche sammelt.828 Während das Deutungsmodell der Geist-Christologie von Snavely eine Linie »von Christi Leben nach vorne« aufweist, ist das Modell von Congar »zentrifugal« bestimmt, also von der Wirkung des Heiligen Geistes in der Welt durch seine Wirkung in der Kirche hin zum Lob Gottes.
Im Denken von Snavely zeigt sich eine zweifache Tendenz. Einerseits hinterfragt er erweiternd den pentekostalen Ansatz zur Erfahrung des Heiligen Geistes. Auf der anderen Seite formuliert er seine Pneumatologie in Annährung an den evangelikalen pneumatologischen Ansatz, der ähnlich ist wie bei Dabney, Pinnock, Studebaker oder Habets. Das distinktive Unterscheidungsmerkmal der pentekostalen Bewegung, nämlich die Geistestaufe als von der Wiedergeburt unterschiedene Erfahrung Gottes, wird von Snavely nicht integriert.
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(Fragment): die Taufe als Begründung des christlichen Lebens in: Karl Barth, Die Kirchliche Dogmatik. IV/ 4. Zürich 1967, 40.38. »Wir sind Söhne durch den Heiligen Geist, dadurch, dass Gott uns den Geist seines Sohnes mitgeteilt hat …« Yves Congar, Der Heilige Geist, Freiburg i. Breisgau/Basel 1982, 310. Karl Barth, Das christliche Leben, 36. Karl Barth entzieht der Wassertaufe ihre sakramentale Bedeutung. Obwohl die Geistestaufe und die Wassertaufe sich als Wirkungen von zwei unterschiedlichen Objekten aufeinander beziehen, bleibt die Wassertaufe ein Werk von Menschen. Vgl., Karl Barth, a. a. O., 45. A. a. O., 44. Yves Congar, Der Heilige Geist. 305–306. Vgl. a. a. O., 317.
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Ein weiteres Model der Zuordnung der Erfahrung des Heiligen Geistes zur Christologie, im Sinne des fortdauernden Werkes Christi, findet man im Denken von Harold Hunter.829 Hunter versucht Aspekte der Logos- und ChristusChristologien miteinander unter dem Begriff pneumatische Logos-Christologie zu kombinieren.830 Die pentekostale Sicht findet man in seiner Betrachtung der Wirkung des Heiligen Geistes im Rahmen der lukanischen Konzeption, die in der Wirkung des Heiligen Geistes in Christus eine Parallele zur Erfahrung der Christen mit dem Heiligen Geist sieht. »Luke offers a developed theological scheme in which the empowerment and conceptio de Spiritu sancto of Jesus finds a parallel in the experience of the believer.«831
Daraus folgt, dass die charismatische Erfahrung des Heiligen Geistes in der Geistestaufe von der Wiedergeburt unterschieden wird und temporär auf die Wiedergeburt folgen kann.832 Das wäre die distinktive pentekostale Sicht. Die Werke des Heiligen Geistes und Christi befinden sich demgemäß im einem gegenseitigen Effektivitätsverhältnis. Wie der Heilige Geist in Christus wirkte, wirkt Christus auf diese Weise in seinen Nachfolgern.833 Diese Erklärung würde den pentekostalen Denkansatz der reziproken Beziehung zwischen der Wirkung des Heiligen Geist im Glaubensevent und der Wirkung Christi im Ereignis der Geistestaufe mit dem inkarnatorischen Denkansatz der Logos-Christologie in Verbindung bringen. Die Implikation dieser gegenseitigen Wirkung würde mit Berufung auf Dunn bedeuten: »If the body of Christ is recognizable only where the Spirit manifests himself charismatically in community, so the Spirit is recognizable only where the community of the Spirit manifests the character of Christ.«834 829 Vgl. Harold Hunter, Spirit Christology: Dilemma and Promise (2), in: HeyJ. (1983) XXIV/ 3, 266–278. Hunter sieht die Notwendigkeit der Auseinandersetzung der Pentekostalen mit der Spirit-Christologie aufgrund ihrer »pneuma-baptozentrischen« Formulierung der christlichen Initiationslehre, nach der Christus durch die Bekehrung empfangen wird und die volle Personalität des Heiligen Geistes mit der Geistestaufe in Verbindung gebracht wird. Vgl. Harold Hunter, The Resurgence of Spirit Christology, in: JEPTA (1992) XI/1+2, 1992, 50. 830 Vgl. Hunter, Spirit Christology: Dilemma and Promise (2), 277. 831 Ebd., 274. Diese Parallele wird in den Werken einiger pentekostaler Theologen als ein Kennzeichen der pentekostalen Deutung der Geistestaufe erwähnt. Vgl. Stanley Burgess/ Eduard M. van der Maas (Eds.), The New International Dictionary of Pentecostal and Charismatic Movements, 355; Keith Warrington, Pentecostal Theology: A Theology of Encounter, 52; Steven Studebaker, From Pentecost to the Triune God, 62. 832 Hunter verweist auf Smail, der in dieser Parallele die pentekostale Sicht sieht. Thomas Smail, Reflected Glory, Grand Rapids 1976. 833 Hunter verweist auf Lampe, der die Wirkung des Heiligen Geistes in Christus folglich in der Kirche sieht. Vgl. a. a. O., 276. 834 Meinung von J. Dunn, zitiert bei Hunter, Spirit Christology: Dilemma and Promise (2), 276. Vgl. Dunn, Jesus and the Spirit, 321.
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Während der Ansatz von Dunn die pneumatische Wirklichkeit der Gemeinde breiter fasst, zeigt das Anliegen von Hunter die Tendenz, die Beziehung des Heiligen Geistes zur Person Christi als Maßstab für die Legitimation der pneumatischen Erfahrung zu setzen. Damit begründet Hunter die Christozentralität der pneumatischen Erfahrung. Auch hier endet die Ausführung von Hunter lediglich mit der Markierung des Ansatzes, wo die pentekostale Theologie ihren Anschluss an die Trinitätslehre entwickeln kann, nämlich in der Implikation der pneumatischen Logos-Christologie in der gegenseitigen Beziehung zwischen Liturgie und Christologie.835 Wie genau die distinktive pentekostale Sicht in den Diskurs der Spirit-Christologie integriert werden könnte, wird nicht weiter ausgeführt. Außerdem könnte die von Hunter erwähnte und pentekostal gedeutete Konzeption »Christus als neuer Adam«836 in einen Trend resultieren, in Christus mehr den geisterfüllten Menschen als sein göttliches Sein im ontologischen Sinne zu betonen. Darauf weist Myk Habets hin mit dem weiterführenden Vorschlag, das Konzept einer trinitarischen Christologie zu entwickeln.837 Habets bemerkt mit Hinweis auf David Coffey (kath.), dass die Geist-Christologie den besten Zugang zur Theologie der Trinität gewähren kann.838 Er spricht unter anderem von »inspirativen« und »inkarnatorischen« Christologien.839 Die Geist-Christologie lässt sich am besten im trinitarischen Paradigma interpretieren, weil dadurch die adoptivistische Tendenz der Theorie des »replacement«, also von der funktionalen Identität zwischen Christus und dem Geist, vermieden wird.840 Sein Modell 835 Vgl. Hunter, Spirit Christology, Fußnote 87, 277. Hunter stimmt Neville S. Clark zu. 836 Vgl. Hunter, Spirit Christology, 274. 837 Myk Habets ist Professor für Systematische Theologie am Carey Baptist College (Neuseeland). Er ist kein genuin pentekostaler Theologe. Er wird hier unter dem Aspekt aufgeführt, dass er seine Sicht der Spirit-Christologie bei seiner kritischen Reaktion gegenüber dem pentekostalen Hunter ansetzt. Vgl. Myk Habets, Spirit Christology: Seeing in Stereo, in: JPT (2003) 11/2 199–234, 208. Als Ausgangspunkt seines Denkens nimmt er das Modell von Thomas Weinandy. Thomas Weinandy, The Father’s Spirit of Sonship: Reconceiving the Trinity, Eugene 2011. 838 Habets Interesse an der Geist-Christologie besteht darin, einen Vorschlag einer trinitarischen Geist-Christologie auszuarbeiten, der den Konzepten der drei Traditionen (katholisch, evangelikal und pentekostal) entspricht. Vgl. Myk Habets, Spirit-Christology: Seeing in Stereo, 199. David Coffey ist ein katholischer Theologe. Seine innovative Sicht der Trinität wird von Del Colle als Kulmination einer distinktiven Tendenz in der Pneumatologie der neo-scholastischen Theologie bezeichnet. Vgl. Del Colle, Christ and the Spirit, 128. Vgl. Myk Habets, The Anointed Son, 189. 839 Vgl. Myk Habets, The Anointed Son, 11. 840 Unter einer adoptivistischen Tendenz wird die Tendenz einer Spirit-Christologie verstanden, in der Gabe des Heiligen Geistes die Konstituierung sowohl der Mission Christi in der Welt als auch seine filioquische Beziehung zum Vater zu sehen. Vgl. Myk Habets, Spirit Christology, 229. In dieser Konstruktion werden weder der Sohn noch der Heilige Geist in Begriffen der göttlichen Personen gedacht. Vgl. Myk Habets, Spirit Christology, 208.
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der Geist-Christologie besteht darin, die pneumatologische Dimension der Christologie aufrechtzuerhalten, ohne die Stellung der traditionellen LogosChristologie und ihrer trinitarischen Auswirkung aufzugeben.841 Habets bezieht sich auf den Vorschlag von Thomas Weinandy, die trinitarische Tradition des Westens und des Ostens durch eine dynamische Konzipierung der Trinität zu erweitern: »The Father begets the Son in or by the Holy Spirit. The Son is begotten by the Father in the Spirit and thus the Spirit simultaneously proceeds from the Father as the one in whom the Son is begotten. The Son, being begotten in the Spirit, simultaneously loves the Father in the same Spirit by which he himself is begotten (is Loved).«842
In diesem Modell wird der Heilige Geist im Sinne seiner aktiven Identität gedeutet. Habets bemüht sich um die Aufrechterhaltung sowohl der Monarchia- als auch der Perichorese-Prinzipien. Habets nuanciert die sprachliche Formulierung der innertrinitarischen Wirkung von drei Personen in der Intersubjektivität.843 Einerseits behauptet er, dass das geeignete Paradigma für die Geist-Christologie das trinitarische, und zwar in der orthodoxen Interpretation, ist, andererseits beschreibt er sein Modell als eine Verbindung der beiden Paradigmen des Westens und des Ostens. Obwohl Habets versucht, die Geist-Christologie als Christologie von unten, also von der ökonomischen hin zur immanenten Trinität zu entwickeln, stellt sich dennoch die Frage, warum die Christologie der Schrift, bei der er ansetzt, a priori eine Geist-Christologie ist?844 Wenn die Fülle der Trinität in Christus offenbart wurde, dann würde man am besten von der trinitarischen Christologie sprechen.845 Bei dem orthodoxen Verständnis der Trinität die Beziehung zwischen dem Sohn und dem Heiligen Geist bemängelnd und bei der westlichen Tradition die Rolle des Heiligen Geistes als nur Vermittler kritisierend berücksichtigt Habets trotzdem nicht die spezifische Seite der orthodoxen trinitarischen Tradition. In der orthodoxen Tradition wurde die Beteiligung des Sohnes am Ausgang des Heiligen Geistes als rational nicht erklärbar verstanden.846 Auf der anderen Seite ist nicht zu übersehen, dass die Beziehung 841 Vgl. Myk Habets, The Anointed Son, 201. 842 Zitat von Thomas Weinandy, zitiert bei Myk Habets, Spirit Christologie, 231. 843 Vgl. Joseph Bracken, Trinitarian Spirit Christology: in need of a new metaphysics?, in: TS (2011) 72/4 751. Bracken sieht im trinitarischen Entwurf Habets eine Anlehnung an die Trinität Aquins. 844 Scriptural Spirit Christology, Vgl. Habets, Spirit Christology, 229. 845 Vgl. die Taufe Christi Mt 3,17; Mk 1,11; Lk 3,22. Die Christologie ist der Ausgangspunkt des ökumenischen Denkansatzes zur Trinitätslehre. 846 Vgl. Boris Bobrinskoy, Das Filioque gestern und heute, in: Lukas Vischer (Hg.), Geist Gottes – Geist Christi, 114–115. Habets setzt bei der Nicht-Erklärbarkeit des Identitätsunterschieds zwischen Sohn und Geist als zwischen »gezeugt« und »gehaucht« an. Dem ist entgegen zu halten, dass diese Nicht-Erklärung eher eine methodologische als eine logische Ursache hat.
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zwischen dem Sohn und dem Heiligen Geist in der orthodoxen Tradition als Ruhen des Geistes auf dem Sohn verstanden wird.847 Habets lineares Prinzip von der ökonomischen hin zur immanenten Trinität wird, im Vergleich mit dem orthodoxen Prinzip des Zusammenhanges zwischen dem ewigen Ausgang des Geistes vom Vater und der zeitlichen Sendung des Heiligen Geistes durch den Sohn, zu schematisch gedacht.848 Angesichts der Nichterwähnung der Beziehung zwischen dem Sohn und dem Heiligen Geist im Nizänischen Glaubensbekenntnis, was ein Problem für die Dogmatik darstellen kann, wird dennoch sowohl im Rahmen der östlichen als auch in der westlichen Tradition geglaubt und theologisch bedacht, dass der Heilige Geist in seinem Ausgang nicht aus der Beziehung zum Sohn ausgeschlossen ist und umgekehrt.849 In der patristischen Tradition galt das Prinzip »wo der Geist ist, dort ist Christus. Wo eine Person der Trinität ist, dort ist die ganze Trinität gegenwärtig.«850 Aufgrund dessen kann die Konzeption des gegenseitigen Innewohnens von Habets nicht wirklich als ein neuer Gedanke betrachtet werden.851 Die ökumenischen Bemühungen um das gegenseitige Verständnis zwischen den westlichen und östlichen Modellen des Filioque zeigen im Wortlaut ähnliche Aussagen, wie das Modell von Habets. Der Vorschlag des Klingenthaler Memorandums, das zur Verständigung zwischen der westlichen und östlichen Theologie beitragen kann, bestätigt diese These: »Der Geist geht zwar vom Vater allein aus, aber nichtsdestoweniger ist sein Ausgang mit der Beziehung zwischen dem Vater und dem Sohn innerhalb der Trinität verbunden, aufgrund derer der Vater als Vater handelt. Die Zeugung des Sohnes durch den Vater weist so den Ausgang des Geistes als einen Ausgang vom Vater des Sohnes aus. […] der Sohn ist ewig in und bei dem Vater, und der Vater ist nie ohne ihn.«852
Im Ergebnis, jedoch nicht in der Formulierung, stimmen beide Modelle, von Weinandy-Habets und der Orthodoxen, miteinander überein.853 Christus und 847 »Der Geist ist in Jesus so, wie Jesus im Geist ist. […] Es handelt sich sehr wohl um eine unerklärliche und alles umfassende Koinzidenz des Sohnes und des Heiligen Geistes, wechselseitige Transparenz, die mit menschlichen Worten nur in dem Begriff wechselseitiger, gleichzeitiger Offenbarung und Liebe ausgedrückt werden kann.« Bobrinskoy, Das Filioque gestern und heute, 115. 848 Die orthodoxe Tradition beschränkt sich nicht auf das Prinzip »ökonomisch-immanent«. Das wäre die Einschränkung der Freiheit Gottes im eigenen Sein. Vgl. Lukas Vischer (Hg.), Geist Gottes – Geist Christi, Das Filioque, 19. Außerdem ist die Sendung des Geistes vom Sohn im Kontext der Energien Gottes und nicht seiner hypostatischen Existenz zu verstehen. 849 Vgl. Lukas Vischer (Hg.), Geist Gottes – Geist Christi, Das Filioque, 19. 850 Emmanuel Clapsis, The Holy Spirit in the Church, in: ER (1989) 41/3, 339–347, 340. 851 Vgl. Boris Bobrinskoy, The Indwelling of the Spirit in Christ, 62. 852 Lukas Vischer (Hg.), Geist Gottes – Geist Christi, Das Filioque, 20. 853 Es ist nicht klar, wen Habets dem orthodoxen Denken zuordnet. Es ist davon auszugehen, dass es sich um die trinitarische Tradition des nizänischen Glaubensbekenntnisses handelt.
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Das Verständnis des Lebens im Heiligen Geist in der pentekostalen Tradition
Geist stehen im gegenseitigen Verhältnis zueinander. Der Unterschied liegt allerdings in einem Detail, und zwar in der Betonung des Innewohnens als gegenseitige Konstituierung von Vater, Sohn und Heiligem Geist: »Hence Word and Spirit together go out from the Father in a mutual, coinhering relationship with each other.«854 Habets behauptet, dass diese Formulierung mit dem Monarchia–Prinzip korrespondiere. Denn er modelliert das Geboren-Sein des Sohnes und das Hervorgehen des Geistes aus dem Vater so, dass sie in ihren intersubjektiven Beziehungen einander konstituieren.855 Diese Konstruktion würde aber ein Spannungsverhältnis zur orthodoxen Tradition bilden, die im Vater die konstituierende Basis der Personenhaftigkeit des Sohnes und des Geistes sieht. Habets löst dieses Problem, indem er den Ausgang aus dem Vater nicht ontologisch, sondern soziologisch deutet. Die drei Personen »gestalten« sich gegenseitig. Das ist die taxis (Ordnung) der Trinität, die aus ihrer ökonomischen Offenbarung abgeleitet ist. Die Gegenseitigkeit der Trinitätsordnung wird nach der Meinung von Habets verständlicher, wenn der Heilige Geist in seiner aktiven, inspirativen Rolle zwischen dem Vater und Sohn verstanden wird: »Der Vater zeugt den Sohn durch das Hauchen des Geistes, so dass der Geist den Vater zum Vater des Sohnes und den Sohn zum Sohn des Vaters macht.«856 Daraus folgt, dass der Heilige Geist dadurch gleichzeitig sowohl eine vermittelnde als auch eine aktive, konstituierende Funktionsrolle bekommt. Er ist gleichzeitig Ursache und Wirkung. Er geht vom Vater aus, aber gleichzeitig macht dieses Hervorgehen den Vater zum Vater. In der Oikonomia erscheinen deshalb Christus und Geist in einem reziproken Verhältnis zueinander. Abgesehen von dem Spannungsverhältnis dieser Erklärung zu dem traditionellen Verständnis der Trinität führt das reziproke Modell von Weinandy-Habets wie oben zur Schlussfolgerung, dass obwohl der Sohn präeminent ist, der Heilige Geist dennoch Christus in der Oikonomia vorausgeht, was ein Ansatzpunkt dafür wäre, mit dem Geist zu beginnen.857 Welche Schlussfolgerung für das Verhältnis zwischen Christus und dem Heiligen Geist wird man aus der Konstruktion von Weinandy-Habets ziehen? Die Pneumatologie und die Christologie sollten in einem reziproken Verhältnis zueinander bedacht werden. Da dem Heiligen Geist in der traditionellen protestantischen Heilsordnung die Rolle eines Vermittlers zukommt, könnte die reziproke Denkweise eine neue Sicht der Erlösungsordnung bilden, in der das Verständnis des Heiligen Geistes über den Rahmen des vermittelnden Dienstes Christi hinausgedacht werden kann. Was im Modell Weinandy–Habets dem 854 855 856 857
Habets, Spirit-Christology, 233. Vgl. a. a. O., 231. A. a. O., 232. Vgl. a. a. O., 234.
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pentekostalen Anliegen ähnelt, wäre möglicherweise der Gedanke, die Christologie aus der Sicht der Erfahrung mit der Geistestaufe, im Sinne der Begegnung mit Christus als dem Heiligen Geist, zu konzipieren. Das reziproke Modell der Geist-Chrisologie im ökumenischen Denken von Klingenthal wird dem Gedanken von Habets entgegenhalten, dass, obwohl der Geist der Menschenwerdung Christi vorausgeht, dennoch die Sendung des Geistes nicht nur auf die Oikonomia der Heilsgeschichte bezogen werden kann.858 Am Schluss der Betrachtung der pentekostalen Modelle der Geist-Christologie wäre wichtig, die Meinung von Ralph Del Colle anzuführen, der sich als Katholik mit dem Thema der Spirit-Christologie in Hinblick auf das pentekostale pneumatologische Paradigma befasst hat. Del Colle versucht einen Entwurf des pentekostalen Ansatzes der Spirit-Christologie zu modellieren.859 Seine Ausgangsfrage lautet: »Wie gewinnt man Wissen über die pneumatologische Dimension der Christologie, ohne die Logos-Christologie und ihr trinitarisches Ergebnis zu utilisieren oder zu deplatzieren?«860 Sein Anliegen ist mehr von Erweiterung und Ergänzung als von Revision und Rekonstruktion geprägt.861 Del Colle schlägt drei Prinzipen vor, um die Gegenwart Christi von der Gegenwart des Geistes innerhalb des Spirit-Christologie-Modells zu unterscheiden. 1) Christi Gegenwart bezieht sich auf die universelle Natur des Heils für alle Menschen. Die Gegenwart des Geistes bezieht sich auf den Geist einer einzelnen Person in ihrer Beziehung zu der anderen Person und zur Gemeinschaft. 2) Christi Gegenwart wird in der Modalität des Glaubens im anamnetischen und kerygmatischen Kontext erfahren. Die Gegenwart des Heiligen Geistes wird in der Modalität des Glaubens im epikletischen und charismatischen Kontext erfahren. 3) Die Gegenwart Christi richtet den Fokus auf Christus. Die Gegenwart des Heiligen Geistes richtet den Fokus auf die Heiligung und Verwandlung der Menschheit und der ganzen Schöpfung am Ende der Zeiten.862 Das Verhältnis zwischen der Gegenwart Christi und des Heiligen Geistes ist perichoretischer Natur.863 In der Darstellung des pentekostalen Ansatzes der Geist-Christologie geht Del Colle von der entscheidenden Frage aus, ob der Sohn und der Heilige Geist in der 858 Vgl., Lukas Vischer (Hg.), Geist Gottes – Geist Christi, Das Filioque, IV B.2. 19. Damit verbindet das Memorandum den Gedanken der Freiheit Gottes in seinem Handeln. 859 Vgl. Ralph Del Colle, Spirit-Christology: Dogmatic Foundations for Pentecostal-Charismatic Spirituality, 91–112. 860 Del Colle, Spirit-Christology, 98. 861 Vgl. Del Colle erwähnt in diesem Zusammenhang die gleiche Meinung wie der pentekostale Theologe Harold Hunter. Hunters Ansatz lautet »Pneumatische Logos-Christologie«. Vgl. Hunter, Harold, Spirit Christology: Dilemma and Promise (1) 127–40. Spirit Christology: Dilemma and Promise (2), 266–77, 277. 862 Vgl. Del Colle, Spirit-Christology, 104. 863 Del Colle bezieht sich auf Yves Congar. »No Christology without pneumatology and no pneumatology without Christology.« A. a. O., 105.
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Erfahrung der Gnade unterschieden werden müssen.864 Allerdings versteht Del Colle die auf die Wiedergeburt folgende Wirkung des Heiligen Geistes lediglich als Aktualisierung der Gegenwart des Heiligen Geistes. Del Colle betrachtet das pentekostale Verständnis vom Verhältnis zwischen Christus und dem Heiligen Geist in Verbindung mit der Doxologie. Del Colle gründet seine Position auf der Aussage von Edward Irving, Christus werde als Geist-Mann und Geist-Erwecker verstanden, den er für proto-pentekostal hält.865 Dieser Denkansatz greift zwar einen Aspekt der pentekostalen Pneumatologie auf, ist aber für eine repräsentative pentekostale Deutung nicht ausreichend, weil er die Frage nach der zweifachen Erfahrung der Gnade Gottes, jeweils im Event der Wiedergeburt und dem Ereignis der Geistestaufe, nicht beantwortet. Darüber hinaus erklärt Del Colle die Rolle des Heiligen Geistes nicht im pneumatologischen Paradigma des Gegenübers, sondern des Vermittlers. Die Erfahrung, die der Heilige Geist ermöglicht, ist mit der Person Christi verknüpft. Darum spiegelt dieses Modell die pentekostale Intention, nämlich die Begegnung mit der Person des Heiligen Geistes als ein exklusives und von der Wiedergeburt zu unterscheidendes Ereignis zu betonen, nicht wider. In diesem Fall soll sich die GeistChristologie eher mit der Erläuterung der Beziehung zwischen der Exklusivität der Erfahrung des Geistes und der Christologie befassen. 2.2.3.3 Zusammenfassung und Folgerungen Dieser Abschnitt stellte sich der Aufgabe, anhand einiger pentekostalen Referenzen zur Geist-Christologie Anhaltspunkte für das Verständnis des Lebens in der Fülle des Heiligen Geistes im soteriologischen Kontext herauszuarbeiten. Der Ausgangspunkt dafür war die Behauptung, dass das Leben im Heiligen Geist als Leben in Christus in der soteriologischen Dimension interpretiert werden muss. Auf der anderen Seite sollte gefragt werden, inwiefern die pentekostale Lehre von der Geistestaufe im Kontext der Geist-Christologie interpretiert werden kann. Der Einblick in einige pentekostale und dem Pentekostalismus nahestehende evangelikale Werke hinsichtlich der Denkansätze der Geist-Christologie zeigte jedoch, dass noch kein einheitliches, spezifisch pentekostales Modell der SpiritChristologie eindeutig festgestellt werden konnte, das vom spezifisch pentekostalen Verständnis der Geistestaufe abgeleitet worden ist. Dabney setzt zwar bei der pneumatologischen Deutung des Heilswerkes Christi an, vertritt jedoch die evangelikale Meinung und geht nicht auf die pentekostale Lehre von der Geistestaufe ein. Das Anliegen von Hunter zeigt zwar eine mögliche Sichweise der pentekostalen Pneumatologie im Diskurs der Geist864 Vgl. Del Colle, Spirit-Christology, 107. 865 Vgl. Del Colle, Spirit-Christology, 109.
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Christologie, erläutert jedoch nicht, wie der spezifische Denkansatz der Geistestaufe in Bezug auf die Verbindung zwischen Pneumatologie und Christologie integriert werden kann. Habets vertritt allgemein die protestantische Denkweise, wobei er die neue Sicht der Pneumatologie anhand der westlich orientierten Lehre des Filioque zu aktualisieren sucht. Snavelys Ansatz steht dem pentekostalen Denkansatz kritisch gegenüber. Das genuine Thema des pentekostalen Denkansatzes zum Verständnis des Heiligen Geistes soll darum nicht ein Beharren auf der Explizitheit der Erfahrung der Geistestaufe sein, sondern eher im Kontext der soteriologischen Bedeutung der direkten Hinwendung zur Wirklichkeit des Heiligen Geistes eines Lebens in Christus betrachtet werden.866 In diesem Zusammenhang soll nochmals an das Modell von Amos Yong erinnert werden. Dieser geht von der pentekostalen Christologie der Heilsfunktionen Christi – als Heiligender, Ermächtigender und Heilender und als kommender König aus. Demnach wird die zukünftige Perspektive der eschatologischen Dimension schon in den Ereignissen der Inkarnation und der Geistausgießung »inauguriert«. Durch die Wirkung des Heiligen Geistes wird die Rettung und somit ihr Inhalt (vom Ziel her) individuell erfahren. Damit hofft Yong, einen Beitrag zur Erweiterung der ökumenischen Diskussion über die Soteriologie zu liefern.867 Yongs Erweiterung der Geist-Christologie besteht darin, der Christologie und der Pneumatologie einen gleichen Rang für die praktische Soteriologie zu geben. Es ist nicht zu übersehen, dass Yongs Konstruktion auf der Erfahrung der Begegnung mit Christus im Heiligen Geist als Voraussetzung für die Erfahrung des vollen Heils basiert. Yongs Ansatz deutet auf die Erfahrung des Heils als Begegnung mit dem Heiligen Geist hin. Das Verständnis der mittelbaren und objektiven Geist-Soteriologie kann in dieser Konstruktion eine Spannung zur sakramentalen Dimension des Glaubens bedeuten. Darum stellt sich konsequenterweise die kritische Frage, ob das spezifische pentekostale Verständnis des Lebens im Heiligen Geist, das in das ökumenische Denken integriert werden könnte, nicht doch in der Nachahmung einer Geistestaufe wie am historischen Pfingsttag besteht.868 Es ist darum weiter nachzu866 Macchia weist darauf hin, dass, obwohl die klassische Sichtweise der Pentekostalen die Geistestaufe in der charismatischen Perspektive der lukanischen Theologie sieht, dennoch die soteriologische Perspektive in der paulinischen Theologie anerkannt wird. Vgl. Frank Macchia, Baptized in the Holy Spirit, 57. Vgl. Harold Hunter, Spirit Baptism: A Pentecostal Alternative, Eugene 2009, 227. 867 Vgl. Yong, Renewing Christian Theology, 229–230. 868 Steven Studebaker behauptet, dass die Modifizierung der Christologie durch den Pentekostalismus das spezifische Erkennungsmerkmal der pentekostalen Theologie in Begegnung mit anderen theologischen Traditionen und Bewegungen öffnet. Vgl. Steven Stu-
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fragen, wie die pentekostale Pneumatologie ihren Denkansatz re-formulieren muss, der eine neue Facette in den Diskurs der Geist-Christologie sowie des Verständnisses der Christ-Geist-Beziehung bringen würde. Eine Lösung sehe ich darin, den soteriologischen Aspekt der Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes nicht zuerst auf die persönliche Erfahrung der direkten Wirkung des Heiligen Geistes festzulegen, sondern im Zusammenhang mit der Wirkung des Heiligen Geistes in der Menschenwerdung und im Leben Christi zu suchen. Diese Verbindung weist nicht nur den Bezug zum Paradigma der Geist-Christologie nach, sondern eröffnet den Zugang zur GeistChristologie in der trinitarischen Perspektive. Die soteriologisch-trinitarische Deutung der Wirkung des Heiligen Geistes im ökumenischen Diskurs sieht die Funktion des Heiligen Geistes in seiner Partizipation-schaffenden Wirkung. Soll das Ziel der Rettung im Sinne des ekklesiologischen ökumenischen Diskurses als Wiederherstellung des Lebens der Schöpfung nach dem Koinonia-Konzept des Lebens des dreieinigen Gottes verstanden sein, dann kann die soteriologische Dimension der Wirkung des Heiligen Geistes in einer Erfahrung des Lebens des dreieinigen Gottes liegen. Die Erfahrung der Rettung weitet sich auf die Erfahrung des trinitarischen Lebens aus, das durch den Heiligen Geist im Leben Christi geoffenbart wurde und durch die wirkende Gegenwart des Heiligen Geistes im Leben der Christen erfahrbar ist. Der soteriologisch-trinitarische Aspekt der Spirit-Christologie kann helfen, die pentekostale Betonung der Begegnung mit dem Heiligen Geist aus der Kategorie eines punktuellen, initialen, expliziten Geist-Ereignisses bis hin zur Dimension des christlichen Lebens unter dem Gesichtspunkt des gegenwärtigen Wirkens des Heiligen Geistes zu betrachten. Auf den Mangel seitens der Pentekostalen, die trinitarische Theologie der Koinonia nicht zu beachten, wurde von Kärkkäinen in Bezug auf den Dialog PRKK hingewiesen.869 Kärkkäinen bemerkt, dass die Anlehnung der Trinität an die Ekklesiologie im Sinne der Gemeinschaft von Gott und seinem Volk gegen die Tendenz hilfreich ist, die Pneumatologie und die pneumatologische Ekklesiologie unabhängig von der Christologie und der Gotteslehre zu entwickeln.870 Was aus der ökumenischen trinitarischen Herausforderung an das pentekostale Verständnis der Beziehung zwischen der Erfahrung Christi und dem Heiligen Geist resultiert, ist, was oben schon einmal in Erwägung gebracht wurde, dass die gegenseitige Wirkung von Christus und dem Heiligen Geist ein theologisches debaker, Integrating Pneumatology and Christology: A Trinitarian Modification of Clark H. Pinnock’s Spirit Christology, in: Pneuma (2006) 28/1, 5–20, 19. 869 Vgl. Kärkkäinen, Spiritus ubi vult spirat, 244. 870 Vgl. ebd. In einer trinitarischen Referenz aus der IV. Phase des Dialoges zwischen den Pentekostalen und den Vertretern der RKK (1990–97) bekannten die Pentekostalen, dass Christus ein einzigartiges Zeugnis des Vaters ist. Der Geist kommt vom Vater zum Zeugnis des Sohnes. Vgl. P-RKK/IV, §117.
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Explizieren der initialen Erfahrung der Begegnung mit der Person des Heiligen Geistes nicht zwingend erfordert. Trinitarisch und im Sinne der obigen Beziehung zwischen Christus und dem Heiligen Geist lässt sich alles, was man in Bezug auf Christus und den Glauben erfährt, als Erfahrung des Heiligen Geistes deuten. Das Verständnis der Rettung als Begegnung mit Gott ist allen Konfessionen bekannt und breit konstituiert. Was aber an dem pentekostalen Denkansatz zur Pneumatologie für den ökumenischen Diskurs problematisch erscheinen kann, ist die Frage des Wie der Erfahrung der Begegnung mit Gott im Geist. Die inkarnatorische Wirksamkeit des Heiligen Geistes ist in der ökumenischen Wahrnehmung, beispielsweise in der Eucharistie, in der Taufe, durch das Leben der Kirche, durch das Wort der Predigt des Evangeliums oder durch die Epiklese erfahrbar. Die Geistestaufe kann ausgehend vom inkarnatorischen Aspekt der Pneumatologie als persönliche Öffnung der Christen für die Gegenwart des Heiligen Geistes betrachtet werden. Allerdings muss die Geistestaufe im Sinne der Begegnung der Christen mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes als theologische Metapher für das Verständnis der Begegnung mit der Wirklichkeit Christi im Sinne der Erfahrung des Heiligen Geistes erfasst werden. Diese Denkweise ermöglicht ein Verständnis der Heilsordnung sowie die Christologie im pneumatologischen Paradigma erweiternd zu konzipieren.871 Das Verständnis des Lebens in der Fülle des Heiligen Geistes lässt sich dann nicht als einen Zusatz zur Soteriologie und Christologie verstehen, sondern wird stärker vom Zweck und Ziel des Heils her erklärbar. Dafür muss die Betrachtung des theologischen Phänomens der pentekostalen Bewegung zunächst aus der Kategorie eines spirituellen Phänomens bis hin zum breiten theologischen Kontext erweitert werden.872 In diesem Zusammenhang ist als Beispiel eine Erwägung von Kärkkäinen im Zusammenhang mit der Lehre von der Theosis zu erwähnen. Nach Kärkkäinen wäre die ökumenische, nachvollziehbare Erläuterung des pentekostalen Ansatzes zum Verständnis des Heiligen Geistes im soteriologischen Rahmen der Theosis-Lehre besser geeignet.873 Dieser 871 L. Dabney weist darauf hin. Vgl. Steven Studebaker, Pfingstliche Soteriologie und Pneumatologie, in: Jörg Haustein/Giovanni Maltese, Handbuch pfingstliche und charismatische Theologie, 211–213. Auch Frank Macchia entwickelt seine Theologie des Reiches Gottes, um die »voll-abgerundete« Soteriologie im Lichte der Geistestaufe zu erreichen. Vgl. Frank Macchia, Baptized in the Holy Spirit, 90. Macchia sieht die offene Aufgabe der pentekostalen Theologie in der Konturierung des Verständnisses der Geistestaufe, das die soteriologischen und charismatischen Dimensionen integriert. 58. 872 Kärkkäinen bemerkt zurecht, dass Rodmann Williams seinen Vortrag beim ersten Treffen im Dialog der Pentekostalen mit der RKK unter dem Titel »Pentekostale Spiritualität«, und nicht »pentekostale Theologie« gehalten hat. Vgl. Veli-Matti Kärkkäinen, Spiritus ubi vult spirat, 181. 873 Vgl., Veli-Matti Kärkkäinen, Pneumatology, 162.
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Vorschlag wird hier als eine theoretische Möglichkeit für die Entfaltung des pentekostalen Ansatzes zur Pneumatologie im Rahmen der Soteriologie erwähnt.874 Dieser Vorschlag bestätigt auch indirekt die Meinung von Steven Studebaker. Studebaker weist darauf hin, dass das forensische Denken des Protestantismus der pentekostalen Theologie einen Rahmen setzt, in welchem sie ihren Inhalt nicht adäquat entfalten kann.875 Nach Studebaker lässt sich die pentekostale Theologie adäquater im Paradigma der Erlösung (Heil als Empfang des Heiligen Geistes bzw. als Leben im Geist) als in der Rechtfertigung ausdrücken, was nach meiner Meinung dem orthodoxen Verständnis des Heils sehr nahesteht.876 Das christliche Leben wird im orthodoxen Paradigma im Sinne der Theosis-Lehre verstanden.877 Erfasst man aber die Geistestaufe jenseits des protestantischen Paradigmas und im Kontext der Theosis als Erfahrung der Rettung durch die Beziehung zur Wirklichkeit des Heiligen Geistes, muss der pentekostal spezifische Charakter der Geistestaufe neu begründet und artikuliert werden. Die Notwendigkeit der Begegnung mit dem Heiligen Geist, im exklusiven Sinne als Ereignis an sich, muss dann notwendigerweise durch die Rolle der Erfahrung des Heiligen Geistes im Heilsverständnis begründet sein. Aus dieser Erwägung heraus stellt sich in der Folge die Aufgabe zu untersuchen, ob theologische Denkansätze im Diskurs der zeitgenössischen pentekostalen Theologie ausgearbeitet sind, die einerseits in ihrer Artikulation die Spannung zwischen der Erfahrung Christi und der Erfahrung des Heiligen Geistes umgehen und andererseits die Anhaltspunkte für die Einschließung des pentekostalen Denkansatzes zum Verständnis des Lebens in der Fülle des Heiligen Geistes in den ökumenischen Diskurs liefern können. Der nächste Abschnitt setzt sich zum Ziel, einige pentekostale Entwürfe der Gegenwart zum Verständnis des Heiligen Geistes unter dem Gesichtspunkt der Neu-Reflexion über das Leben im Heiligen Geist zu betrachten. Im folgenden Abschnitt wird gefragt, inwiefern die Pentekostalen ihr Proprium, nämlich die Geistestaufe, als 874 Der Heilige Geist wird als von Jesus erbeten betrachtet (die Verantwortung der Christen, Offenheit) und von Jesus in Bezug auf seine Wirkung in der Taufe (durch und in, in Analogie zum Wasser von Johannes) benutzt. 875 Studebaker verweist auf L. Dabneys Ansicht, dass die wesleyanische Tradition ihr pneumatologisches Potenzial aufgrund des protestantischen, soteriologischen Paradigmas nicht entfalten konnte. Vgl. Haustein/Maltese, 210. 876 Vgl. Haustein/Maltese, Handbuch der Pfingsttheologie, 231. 877 Kärkkäinen plädiert für die Betrachtung der pentekostalen Theologie im Rahmen der Theosis-Lehre. Vgl. Haustein/ Malteses, Fußnote 3, 212. Vgl. Veli-Matti Kärkkäinen, One with God: Salvation as Deification and Justification, 110–111. Kärkkäinen stimmt der Ansicht des anderen pentekostalen Theologen Edmund Rybarczyk zu, dass die beiden Traditionen (pentekostale und orthodoxe) das Leben in Christus als Leben der Beziehung zum Heiligen Geist betonen. Vgl. Rybarczyk, Beyond Salvation, 3.
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Leben in der Fülle des Heiligen Geistes erweiternd im Licht der Lehre über den Heiligen Geist reflektiert haben.
2.2.4 Zum Verständnis des Lebens im Heiligen Geist – der Denkansatz in den theologischen Entwürfen einiger pentekostaler Theologen Es ist grundsätzlich anzumerken, dass die eigentliche Pneumatologie im Sinne der Lehre vom Heiligen Geist in der pentekostalen theologischen Tradition noch nicht genügend untersucht wurde. Keith Warrintgon bemerkt, dass die Person des Heiligen Geistes von den pentekostalen Theologen sehr limitiert gedacht wurde.878 Die Pentekostalen sind mehr auf die übernatürliche Dimension des Geistes als auf die theologische Artikulation des Verständnisses vom Heiligen Geist fokussiert.879 Dass der Fokus mehr auf dem Wie der Erfahrung des Heiligen Geistes lag als auf dem Verständnis des Heiligen Geistes ist meiner Ansicht einer der Gründe, warum der Beitrag der pentekostalen Theologen zum Geist-Christologie-Diskurs als sehr mangelhaft erscheint. Warrington listet die Ausnahmen von pentekostalen Theologen auf, die sich direkt mit der Person des Heiligen Geistes befasst haben.880 Warrington resümiert, dass unter den Pentekostalen die Theorie der von der Wiedergeburt unterschiedenen Wirkung des Heiligen Geistes weit verbreitet ist. Eine bedeutende Rolle für die Pentekostalen spielt die Auffassung, dass eine Begegnung mit dem Heiligen Geist erfahren werden muss.881 Frank Macchia verweist auf Simon Chan, der behauptet, dass, obwohl die Pentekostalen sich in vielen theologischen Fragen uneinig sind, dennoch in ihren Diskussionen und Schriften immer wieder das Thema der spirituellen Erfahrung aufkommt, die sie als Geistestaufe schematisieren.882 Nach der Theorie der Geistestaufe offenbart sich der Heilige Geist in einem besonderen, von der Erfahrung der Wiedergeburt unterschiedenen Ereignis.883 Nach Macchia begegnen die pentekostalen Theologen gewissen Schwierigkeiten, die inhaltlich unter878 Vgl. Keith Warrington. Pentecostal Theology, 44. Vgl. Steven Studebaker. From Pentecost to the Triune God, 189. Studebaker verweist auf Andrew Gabriel, nach dem angesichts der Fülle der pentekostalen Werke über den Heiligen Geist und die Geistestaufe die eigene Pneumatologie selten behandelt wird. Vgl. Andrew Gabriel. The Lord s the Spirit: The Holy Spirit and the Divine Attributes. Eugene 2011, 98–99. 879 Warrington zitiert Kärkkäinen. Vgl. Warrington, 48. Vgl. Allan H. Anderson, An Introduction to Pentecostalism: Global Charismatic Christianity, Cambridge 2014, 14. 880 Vgl. Warrington, Pentecostal Theology, 44, Fußnote 47. 881 Vgl. a. a. O., 48. 882 Vgl. Frank Macchia, Baptized in the Holy Spirit, 21. Macchia zitiert Simon Chan, Evidential Glossolalia and the Doctrine of Subsequence, in: AJPS (1999) 2/2, 195–211. 883 Vgl. Warrington, Pentecostal Theology, 95–105.
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schiedlichen Ereignisse des Geistesempfanges (Wiedergeburt und Geistestaufe) im Zusammenhang mit der ganzheitlichen Wirkung des Heiligen Geistes biblisch zu interpretieren.884 Diese Indizien weisen darauf hin, dass das Anliegen der theologischen Reflexion über die Lehre der subsequenten Erfahrung des Heiligen Geistes in ihrer Beziehung zur Christologie nicht nur für den ökumenischen Kontext, sondern in erster Linie für die pentekostale Tradition selbst von Bedeutung ist.885 Warrington stellt fest, dass es noch keinen Konsens unter den pentekostalen Theologen gibt, die sich mit dem Thema des Verhältnisses zwischen Christus und dem Heiligen Geist befasst haben.886 Darum schlägt er vor, sich mehr mit der Artikulation der Lehre von der Erfahrung des Heiligen Geistes als mit den Erfahrungen selbst zu befassen.887 Aus seiner Sicht ist es der Heilige Geist, der das Zeugnis des besonderen Wesens Christi bewirkt.888 Die Beziehung zwischen Christus und dem Heiligen Geist sieht Warrington in der Verbindung der Funktion des Heiligen Geistes mit der prophetischen Dimension Christi. Dies würde aber im Hinblick auf die Einordnung der Geistesausgießung ins soteriologische oder charismatische Paradigma bedeuten, dass Warrington die Geistestaufe in das charismatische Paradigma einordnet. Danach besteht die Absicht des Heiligen Geistes vor allem darin, die Funktion Christi als seinen übernatürlichen Dienst aufzuzeigen.889 Damit schlägt Warrington eine Richtung vor, die Wirkung des Dienstes Christi in der spezifischen Erfahrung des Heiligen Geistes zu sehen. Allerdings muss diese Wirkung nicht zwingend als Geisterfahrung im Sinne eines initialen Ereignisses angenommen werden. Darauf hat Max Turner hingewiesen.890 Max Turner hat in seiner Untersuchung der neutestamentlichen Konzeption (lukanisch, paulinisch und johanneisch) des Heiligen Geistes gezeigt, dass der Heilige Geist als Geist der Prophetie eine transformative und eine beziehungsstiftende Ausrichtung hat.891 Die übernatürliche Kraft der Heilung und Dämonenaustreibung wird allerdings von der Wirkung des Geistes der Prophetie und 884 Vgl. a. a. O., 27–28. 885 Vgl. Macchia, Baptized in the Spirit, 23. 886 Das Verhältnis zwischen Christus und dem Heiligen Geist wird unter dem Begriff »pneumatische Christologie« oder »Geist-Christologie« behandelt. Vgl. Warrington, 51. 887 Vgl. Warrington, Pentecostal Theology, 96. 888 Vgl. Warrington, Pentecostal Theology, 53. 889 Vgl. Warrington, Pentecostal Theology, 55. 890 Max Turner ist Professor em. für Neues Testament an der London School of Theology. Turners Vorschlag besteht darin, das pentekostale Verständnis der bevollmächtigenden Wirkung des Heiligen Geistes im Rahmen des »One-Stage«-Modells, also ohne subsequente Trennung der Geistestaufe vom Event der Wiedergeburt, zu sehen. Vgl. Turner, Max, The Holy Spirit and Spiritual Gifts: In the New Testament Church and Today, Peabody 1998. 891 Vgl. Max Turner, The Holy Spirit und Spiritual Gifts, 55. 135.Vgl. a. a. O., 352–353.
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der Verkündigung nicht getrennt.892 Der Unterschied des Denkens Max Turners zum pentekostalen Denkansatz besteht jedoch darin, dass Turner die pentekostale Betonung auf die Wirkung des Heiligen Geistes nicht im Kontext der subsequenten Erfahrung, sondern in Verbindung mit dem Wiedergeburtsevent, somit auch im soteriologischen Kontext sieht. Die pentekostale Tradition hält an dem Konzept fest, dass die Pneumatologie von Lukas keine soteriologische Dimension des Geistes aufweist.893 Nach Robert Menzies hat die Wirkung des Heiligen Geistes in der lukanischen Konstruktion keine soteriologische, sondern eine charismatische, prophetische und missionale Funktion. Als Folge wird die Geistestaufe von den Pentekostalen als exklusives Event der subsequenten Bevollmächtigung mit dem Heiligen Geist verstanden. Dieser Denkansatz wird von Simon Chan unter dem Aspekt der Theorie der subsequenten Erfahrung unterstützt. Allerdings hält Chan Menzies entgegen, dass dessen Ansatz für die Begründung der Geistestaufe nicht nachhaltig sei.894 Chan versucht, die Geistestaufe in das sakramentale Initiations-Paradigma zurückzubringen, jedoch anders als im Paradigma der missionalen Bevollmächtigung Menzies. Chan verschiebt den Fokus der Geistestaufe von dem Zwiespalt zwischen der Bekehrung und der Geistestaufe weg auf das Verständnis der Erfüllung mit dem Heiligen Geist im Laufe des christlichen Lebens. Worin die pentekostale Sicht der Subsequenz im Denkansatz von Chan bewahrt bleibt, ist in seiner Ansicht, dass die Geistestaufe keine aus der Bekehrung organisch wachsende Erfahrung des christlichen Lebens ist, sondern ein punktuelles Ereignis der Erfüllung mit dem Heiligen Geist darstellt. Der Gedanke von Chan ist nicht traditionell pentekostal und kann in den Kontext des spirituellen Lebens in jede Konfession eingeordnet werden. Ein möglicher Unterschied besteht vielleicht in der dogmatischen Betonung der Erfahrung als Ereignis. Die Deutungen von Chan und Menzies zeigen beispielhaft, wie unterschiedlich die Exklusivität der Geistestaufe aus pentekostaler Sicht verstanden werden kann, nämlich als missionale Bevollmächtigung zum Dienst Christi und auch als eine initiale Erfahrung des Heiligen Geistes. Wie es in den vorherigen Abschnitten erwähnt wurde, kann das Verständnis der Begegnung mit dem Heiligen Geist als Ereignis der missionalen Bevollmächtigung eine Klassifizierung in geisterfüllte und nicht-geisterfüllte Christen herbeiführen. Aus diesem Grund vertrete ich nicht die Ansicht, dass die
892 Vgl. Max Turner, The Spirit und the Power of Jesus Miracles in the Lucan conception, in: Novum Testamentum (1991) XXXIII/ 2, 124–152, 152. Vgl. Max Turner, The Holy Spirit and Spiritual Gifts, 353. 893 Vgl. Robert Menzies, The Spirit of Prophecy, Luke-Acts and Pentecostal Theology: A Response to Max Turner, in: JPT (1999) 7/15, 49–74, 55. 894 Vgl. Simon Chan, Pentecostal Theology and the Christian Spiritual Tradition, Sheffield 2003, 86.
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Geistestaufe als für das christliche Leben notwendige Erfahrung der Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes einzustufen sei. Diesen Weg schlägt auch Chan vor. Er bringt das Verständnis der Geistestaufe in den sakramentalen Rahmen. Was in seinem Denken nicht explizit erwähnt wird, ist die Verbindung mit der Christologie. Ein möglicher christologischer Denkansatz in seinem Werk zeigt sich indirekt in der Kritik, dass nach evangelikalem Verständnis die Bekehrung lediglich eine Krisis-Erfahrung sei.895 Würde man die Bekehrung als einen progressiven Prozess innerhalb des Lebens in Christus verstehen, würde man die Geistestaufe folglich nicht nur als eine erweiterte Erfahrung zur Erfahrung der Bekehrung erklären. Die Spannung zwischen der Erfahrung der Gegenwart Christi und der des Heiligen Geistes wäre in dem Fall aufgehoben, weil die Begegnung mit dem Heiligen Geist als organischer Teil des christlichen Lebens in Christus verstanden wird. Jedoch würde diese Schlussfolgerung die traditionell pentekostale Sicht der Geisterfahrung als ein initiales Ereignis herausfordern. Ein möglicher Weg, das Auseinanderhalten der Wirkung des Heiligen Geistes in der Wiedergeburt und der Geistestaufe zu umgehen und gleichzeitig die pentekostale Betonung auf der Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes aufrecht zu erhalten, kann im Denken von Warrington entdeckt werden. Er sieht zwar in der pentekostalen Unterscheidung zwischen zwei Konzeptionen des Heiligen Geistes – nämlich des Paulus und des Lukas – unterschiedliche Schwerpunkte, dennoch betrachtet er sie einheitlich. Während Paulus auf die Rolle des Heiligen Geistes als Quelle des Lebens im Reich Gottes fokussiert ist, bietet Lukas die Perspektive, dass der Geist die Gläubigen befähigt, das Reich kraftvoll zu verkündigen.896 Nimmt man jedoch diese Referenz Warringtons zur Rolle des Geistes als Geist der Prophetie und seine bevollmächtigende Wirkung, wird man darin einen Ansatz zur Konstruktion einer Beziehung zwischen dem inkarnatorischen Christusereignis und dem Pfingstereignis der Geistestaufe entdecken. Wenn der Geist die Kraftquelle der Verkündigung des Wortes ist und das Wort der Verkündigung mit der Person Christi korrespondiert, dann zeigt sich die Rolle des Geistes aus der Perspektive eines Mittlers Christi. In dem Fall kann der Bezug zum Heiligen Geist auch im Rahmen des christologischen Kontinuums gedacht werden, was den Pentekostalen den Zugang zum Verständnis der Wirkung des Heiligen Geistes im Sein der Kirche erschließen kann. Demnach wäre die Wirkung des Heiligen Geistes, sowie die der Geistestaufe, historisch in Verbindung mit der Entstehung der Kirche als Kontinuum des Christusereignisses zu denken. Als Folge würde man die Begegnung mit Gott als Geist nicht im Paradigma der 895 Vgl. Simon Chan, Pentecostal Theology, 87. 896 Vgl. Warrington, Pentecostal Theology, 59, 104.
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subsequenten Erfahrung des Heiligen Geistes, sondern im traditionellen sakralsakramentalen Paradigma denken. Der evangelikale Theologe Steven Studebaker, der kein klassischer pentekostaler Theologe ist, soll hier nochmals vor allem aufgrund seines Entwurfs des pentekostalen Verständnisses der Rettung aus der Perspektive der Ausgießung des Heiligen Geistes erwähnt werden. Er betrachtet das Wesen und die Wirkung des Heiligen Geistes im Zusammenhang mit drei Charakteristiken des Heiligen Geistes, nämlich liminal, konstitutiv und eschatologisch zu sein.897 Diese drei Charakteristiken bilden das schöpfungssoteriologische Paradigma. Die Pneumatologie wäre in diesem Paradigma aufgrund der liminalen (Inkarnation) und konstitutiven (das irdische Leben Christi) Aspekte die Voraussetzung für die Christologie. Die beiden Dimensionen ›liminal‹ und ›konstitutiv‹ finden ihre Erfüllung im eschatologischen Werk des Heiligen Geistes, d. h. in der Auferstehung Christi und dann in der Taufe mit dem Heiligen Geist. Die Geistestaufe bringt die liminalen, konstitutiven und eschatologischen Charakteristiken des Heiligen Geistes zur Erfüllung.898 Liminal, weil die Ausgießung des Heiligen Geistes die Jünger in die Union mit Christus zieht. Nach Studebaker findet das rettende Werk Christi seinen vollen historischen und universalen Ausdruck im Pfingstgeschehen. Diese Linie ist auch bei Yong, Dabney und Macchia sichtbar.899 Anders als bei Yong umgeht Studebaker die spezifisch pentekostale Betonung des charismatischen Events des Pfingstgeschehens. Unter dem Aspekt der Beziehung zwischen Christus und dem Heiligen Geist versteht sich das Pfingstgeschehen als Offenbarung Christi und des Heiligen Geistes zugleich. Die Ausgießung des Heiligen Geistes war das Ziel des erlösenden Werkes Christi und bildet die vorletzte Stufe vor dem Kommen des Reiches Christi. Als Folge ist das historische Pfingstgeschehen kulminativ auf der einen Seite und noch nicht beendet auf der anderen Seite. Im letzten Sinne gießt sich der Heilige Geist auf alles Fleisch aus. Pfingsten bleibt eine liminale Realität. Darum versteht sich das christliche Leben als immerwährender Empfang des Heiligen Geistes. Studebaker vertritt damit den Denkansatz, dass die immanente Trinität die trinitarische Gemeinschaft in der Person des Heiligen Geistes wird.900 Er erklärt die innertrinitarischen Beziehungen zwischen dem Vater, Christus und dem Heiligen Geist, indem er das Werk des Vaters und des Sohnes in der Ausrichtung auf den Heiligen Geist beschreibt. Die Begründung dafür findet Studebaker in 897 Studebaker versteht unter Liminalität die Wirkung des Heiligen Geistes in der Überwindung der Etappen der Schöpfung (vom Chaos zur Gestaltung) und Erlösung. ›Konstitutiv‹ meint die substantiale (begründende) Wirkung. ›Eschatologisch‹ meint die erfüllende (konsummative) Wirkung. Vgl. Studebaker, From Pentecost, 53. 898 Vgl. Studebaker, From Pentecost, 87. 899 Vgl. Yong, Renewing Theology; Macchia, Baptized in the Spirit. 900 Vgl. Studebaker, From Pentecost, 94–95.
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der eschatologischen Dimension der Ausgießung des Heiligen Geistes. Er baut seine Theorie zwar ausgehend von der pentekostalen Erfahrung mit dem Heiligen Geist auf, konstruiert jedoch sein Denkmodell so, dass sowohl die Christologie als auch die Pneumatologie in einem Koordinationsverhältnis zueinanderstehen. Dieses Modell richtet sich gegen die Tendenz, der Pneumatologie eine derivative Rolle zur Theologie des Vaters und des Sohnes zu geben. Allerdings erläutert Studebaker das Verständnis der Beziehung zwischen der Erfahrung der Gegenwart des Heiligen Geistes und der Gegenwart Christi nicht genügend. Die Ausgießung des Heiligen Geistes bleibt ein immerwährendes Geschehen, weil Pfingsten als liminale Realität verstanden wird. Als Folge versteht sich das christliche Leben im Horizont des Heiligen Geistes und im Zusammenhang mit dem immerwährenden Empfang des Heiligen Geistes. Folgt man der These von Studebaker, dass der Heilige Geist das Erlösungswerk Christi, und somit die Gemeinschaft mit der Trinität erfüllt, bleibt für die Begegnung der Christen und der Kirche mit Gott unter dem Gesichtspunkt der Begegnung mit Gott nur ein erfahrbares Gegenüber, nämlich der Heilige Geist. Damit wäre die Gegenwart Christi identisch mit der Gegenwart des Heiligen Geistes und als Erfüllung mit dem Heiligen Geist erfahrbar.901 Dieses pneumatologische Verständnis der Gegenwart Christi nähert sich der pneumatologischen Dimension der orthodoxen Ekklesiologie, die Florowski mit Verweis auf Athanasius formuliert hat: »Being given to drink of the Holy Spirit, we drink Christ.«902 Allerdings ist zu bemerken, dass Studebaker nicht erwähnt, ob er unter dem Empfang des Heiligen Geistes die Nachahmung des Pfingstereignisses, nämlich die Geistestaufe als immerwährendes Event im Leben der Kirche, oder ein Ereignis der persönlichen Glaubensaneignung meint. Im Sinne der Erfüllung mit dem Heiligen Geist könnte auch die Partizipation am Leben der Kirche gedacht werden, die sich in ihrem Wesen als Dynamik des fortdauernden Pfingstereignisses versteht. Studebaker legt den Fokus auf die Erfahrungsdimension der Wirkung des Heiligen Geistes. Dabei würde man erwarten, dass der liminale und konstitutive Aspekt der Wirkung des Heiligen Geistes tiefer betrachtet wird. Die Rolle der Schöpfung und der Kirche unter dem Aspekt des konstituierenden und fort901 Diesen Zusammenhang drückt J. Dunn aus: »No distinction can be detected in the believer’s experience between the exalted Christ and the Spirit of God.« James Dunn, Christology in the Making: A New Testament Inquiry into the Origins of the Doctrine of the Incarnation, London 1980, 146; Vgl. Del Colle, Spirit-Christology: Dogmatic Foundations for Pentecostal/Charismatic Spirituality, 96. 902 Commission on Faith and Order of the WCC, Working Committee, Minutes of Meeting held at the Château de Bossey 1953. Faith and Order Paper No. 17, 18. Florowski erwähnt in dem Zusammenhang die Nähe der Spiritualität der Quäker zur orthodoxen Spiritualität. Dabei verweist er auf das Zitat von Serafim von Sarov: »The only aim of Christian life is to acquire the Spirit.« A. a. O., 18.
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dauernden Werkes des Heiligen Geistes aber fehlen. Nur die Heilsereignisse sind existent und relevant und werden darum zentral in Betracht gezogen. Nimmt man aber die Inkarnation Christi als liminale Wirkung des Heiligen Geistes und das Pfingstgeschehen als historische Kulmination des Heiligen Geistes, dann wäre das fortdauernde Pfingstgeschehen von der liminalen und konstituierenden Wirkung nicht zu trennen. Der Heilige Geist soll im Kontext der Inkarnation auf seine konstitutive Rolle betrachtet werden, und zwar in Verbindung mit der trinitarischen Theologie. Demnach würde die Rolle des Heiligen Geistes innerhalb der innertrinitarischen Beziehungen mit seiner Rolle in der Inkarnation korrelieren. Dadurch würde die Pneumatologie die konstitutive Rolle im christologischen Denken bekommen. In Anbetracht der Untersuchungsfrage, wie die Pentekostalen die Beziehung zwischen Christus und dem Heiligen Geist im Licht ihrer spezifischen Lehre vom Heiligen Geist deuten, ist Studebaker hier entgegenzuhalten, dass sein trinitarischer Denkansatz eine spezifisch pentekostale Sicht nicht zwingend berücksichtigt. Die trinitarische Rolle des Heiligen Geistes als Verbindung zwischen dem Vater und dem Sohn ist nicht neu und kann deshalb nicht als genuin pentekostaler Denkansatz angenommen werden. Studebaker legt den Fokus auf die Verbindung zwischen der Pneumatologie, der Trinität und der Christologie im Zusammenhang mit der konstitutiven Wirkung des Heiligen Geistes. Folgt man diesem Denken der konstitutiven Funktion des Heiligen Geistes, kommt man unumgänglich zu einer weiteren Komponente dieser Korrelation, nämlich zum Verständnis der Kirche als Kontinuum der Wirkung des Heiligen Geistes in Christus. Der pentekostale Ansatz würde dann nach dieser Logik das Verständnis der Geistestaufe, im Sinne des fortwährenden Pfingsterlebnisses, auf die Existenz der Kirche übertragen müssen. Dies wäre keine typische Schlussfolgerung für die pentekostale Denkweise über die Erfahrung des Heiligen Geistes. Dennoch öffnet die Meinung von Studebaker den Zugang zur Erweiterung des pentekostalen Ansatzes unter dem Gesichtspunkt der konstitutiven Wirkung des Heiligen Geistes als Geist der Trinität. Wie die konstitutive Wirkung des Heiligen Geistes in das pentekostale Denkparadigma integriert werden kann, zeigt die Denkweise von Clark Pinnock. Obwohl Pinnock nicht zu den klassischen pentekostalen, sondern mehr zu den evangelikal-charismatischen Theologen zählt, synthetisiert er in seinem theologischen Denken die evangelikalen und die pentekostalen Aspekte der Lehre vom Heiligen Geist.903 Seine Pneumatologie, d. h. der Versuch, die Beziehung zwischen
903 Vgl. Steven Studebaker, From Pentecost, 199.
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Christus und dem Heiligen Geist bei der Pneumatologie anzusetzen, stieß auf gute Resonanz bei einigen pentekostalen Theologen.904 Pinnocks Ansatz zum Verständnis der Beziehung zwischen Christus und dem Heiligen Geist setzt beim inkarnatorischen Aspekt der Pneumatologie an, nämlich dass Jesus als zweiter Adam vom Heiligen Geist bevollmächtigt war, die Bestimmung des Menschen wiederherzustellen und zu erfüllen.905 Sein Vorschlag zielt darauf ab, die Inkarnation Christi als einen Aspekt der Mission des Heiligen Geistes zu sehen, im Gegensatz zu einer Betrachtungsweise, den Heiligen Geist im Rahmen der Funktion Christi zu deuten.906 Pinnock legt den pneumatologischen Fokus auf die Salbung Jesu als fleischgewordener Logos durch den Heiligen Geist, was ihn zum Christus macht. Er sagt, dass Jesus der Sohn Gottes im ontologischen Sinne im Augenblick der Empfängnis war, aber zu Christus erst durch die Kraft des Heiligen Geistes wurde.907 Die Pneumatologie Pinnocks richtet sich allerdings nicht in erster Linie darauf, die Beziehung zwischen Christus und dem Heiligen Geist zu reflektieren, sondern das Heilswerk Christi innerhalb der Mission des Heiligen Geistes herauszustellen.908 Dies ist mit dem Ziel verbunden, die Rechtfertigungslehre an das Verständnis des Heils als neue Schöpfung zu knüpfen. Demnach macht der Heilige Geist die Erfüllung des Planes Gottes in der Inkarnation effektiv. Pinnock geht zwar mit diesem Ansatz am pentekostalen Paradigma der Erfahrung des Heiligen Geistes in der Geistestaufe vorbei, dennoch öffnet sein Denkansatz die Möglichkeit, die Erfahrung des Heiligen Geistes in Bezug auf das Sein der Kirche mehr in die Nähe des pneumatologischen Verständnisses der Kirche (Die Kirche ist nicht die Fortsetzung der Inkarnation, sondern der Salbung Jesu) zu rücken.909 Pinnocks Denken über die Gegenwart Christi und des Heiligen Geistes ist 904 Vgl. Clark H. Pinnock. Flame of Love: A Theology of the Holy Spirit, Downers Grove, 2004. Vgl. Terry L. Cross, A Critical Review of Clark Pinnock′s Flame of Love: a Theory of the Holy Spirit, in: JPT (1998) 6/13, 3–29; Vgl. Frank D. Macchia, Tradition and the Novum of the Spirit: A Review of Clark Pinnock’s Flame of Love, in: JPT (1998) 6/13, 31–48; Vgl. Clark H. Pinnock, A Bridge and Some Points of Growth: A Reply to Cross and Macchia, in: JPT (1998) 6/13, 49–54; Vgl. Amos Yong, Beyond the impasse: Toward a pneumatological theology of religions, Grand Rapids, 2003 32–33. Vgl. Steven M. Studebaker, Integrating Pneumatology and Christology: A Trinitarian Modification of Clark H. Pinnock’s Spirit Christology, in: Pneuma (2006) 28/1, 5–20. 905 Vgl. Pinnock, Flame of Love, 80. 906 Vgl. a. a. O., 80. 907 Vgl. a. a. O., 80–81. 908 Vgl. a. a. O., 111. 909 Vgl. Heribert Mühlen, Charismatic and Sacramental Understanding of the Church: Dogmatic Aspects of Charismatic Renewal, in: OiC (1976) 12/4, 333–346, 334. Mühlen interpretiert die Meinung des II. Vaticanums in ›Lumen Gentium‹ 7,7. Er schreibt, dass die Kirche nicht als Kontinuum der Inkarnation, sondern das Kontinuum der Salbung Jesu mit dem Heiligen Geist ist. Vgl. a. a. O., 334.
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komplementär. Einerseits vertritt er die sakramentale Sicht der Gegenwart Christi in der Eucharistie, wobei der Heilige Geist in der Eucharistie die wirkende Funktion hat. Auf der anderen Seite spricht er von der Offenheit für den Heiligen Geist als Person. Jedoch meint er mit dieser Offenheit mehr die Wahrnehmung der Wirkung Gottes im christlichen Leben. Die Geistestaufe versteht er im Zusammenhang mit dem Ereignis der Wiedergeburt.910 Pinnock bringt die Personen Christus und Heiliger Geist in Verbindung zueinander, und zwar unter dem Aspekt des christlichen Lebens, das sich als Ereignis des Heiligen Geistes versteht. Als Folge ist für ihn das geistliche Leben eine Aktualisierung der innewohnenden Gegenwart des Heiligen Geistes. Dieses Verständnis der Rolle des Heiligen Geistes bietet zwar einen pneumatologischen Entwurf des Lebens in Christus, weicht aber am Punkt der Geistestaufe vom pentekostalen Denken ab. Dies bestätigt die kritische Reaktion von Frank Macchia. Macchia bezweifelt, ob Pinnocks Ansatz der Implikation der pentekostalen Pneumatologie genug Aufmerksamkeit widmet.911 Das zeigt sich vor allem an Pinnocks Deutung der Geistestaufe als historischem Entstehungsereignis der Kirche, das in der Geschichte der Kirche im Ereignis der Wiedergeburt fortdauert. Dagegen versteht sich das historische Pfingstereignis der Ausgießung des Heiligen Geistes im pentekostalen Paradigma als immerwährende, exklusive Erfahrung der Begegnung mit dem Heiligen Geist, und zwar unterschieden von dem Ereignis der Wiedergeburt. Pinnocks Versuch, das pneumatologische Verständnis der Heilsordnung mit der inkarnatorischen Christologie zu begründen, deckt einen Sachverhalt auf, der die pentekostale Lehre über die Geistestaufe zu einer Erweiterung herausfordert. Dieser Sachverhalt erklärt sich wie folgt. Nimmt man den inkarnatorischen Aspekt der Wirkung des Heiligen Geistes als Ausgangspunkt für das Verständnis der Beziehung zwischen Christus und dem Heiligen Geist, kommt man zur Deutung der Geistestaufe entweder als historisches Entstehungsereignis der Kirche oder als Erfahrung der Begegnung mit dem Heiligen Geist im Leben der Christen. Das bedeutet für die ökumenische Deutung des pentekostalen Denkansatzes zur Pneumatologie, dass ihr Beitrag zur Zentralität der Pneumatologie für das Leben der Kirche und der Christen jenseits des Exklusivismus der unmittelbaren Erfahrung artikuliert werden muss. Ein indirekter Versuch, die Exklusivität der Geistestaufe zu umgehen und gleichzeitig der pentekostalen Betonung des Heiligen Geistes treu zu bleiben, sehe ich in dem Denken von Terry Cross. Cross’ Anliegen besteht darin, in den klassischen Theorien, insbesondere der von Calvin, Anhaltspunkte für den
910 Vgl. a. a. O., 162. 911 Vgl. Frank D. Macchia, Tradition and the Novum of the spirit: A Review Clark Pinnock’s Flame of Love, in: JPT (1998) 6/13, 31–48, 34.
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pentekostalen Denkansatz der Erfahrung der Begegnung mit Gott herauszuarbeiten. Cross setzt beim Verständnis der unmittelbaren Begegnung mit Gott an.912 Er modeliert es auf dem Prinzip das Endliche ist fähig, das Unendliche in sich zu tragen. Das Endliche kann das Unendliche soweit in sich tragen, als die Gnade Gottes es ermöglicht. Hier beruft sich Cross auf den Denkansatz von Wilhelm Hermann: »God makes Godself felt to them and sets their inner condition in such a way that God blesses them […] The voice in which (we hear) ›God is present‹ becomes the expression of a simple experience.«913 Die Erfahrung der Begegnung mit der Gegenwart Gottes sei nach der obigen Aussage unmittelbar zu verstehen. Die Gegenwart Gottes wäre die Gegenwart des inneren Lebens Christi selbst. Doch wie verhält sich die Gegenwart Christi zum Heiligen Geist? Cross behauptet, dass der Heilige Geist in der Konstruktion Hermanns fehlt.914 Von Hermanns Konstruktion kommt Cross zum Geistverständnis bei Calvin. Cross interpretiert Calvin so, dass die Wirkung des Heiligen Geistes den Christen in der Gewissheit der Kindschaft Gottes als auch in der Bezeugung der Wahrhaftigkeit der Schrift begegnet. Beide Wirkungsweisen betreffen das innere Leben der Christen.915 Die Schlussfolgerung kann lauten: Wenn der Heilige Geist die Gewissheit der Kindschaft und die Bezeugung der Schrift im Inneren des Menschen wirkt, aus welchem Grund muss dann die menschliche Offenheit gegenüber der Wirkung des Heiligen Geistes jenseits der Schrift verneint werden? Der pentekostale Denkansatz zum Verständnis des Heiligen Geistes kann nach Cross so formuliert werden, dass der Heilige Geist aufgrund seines Wesens die Erfahrung der Begegnung mit Gott (Gottes Wirklichkeit) ermöglicht. Der Glaube an Gott und die Erfahrung Gottes gehören untrennbar zusammen. Ich sehe in diesem Gedanken die Andeutung auf die Erweiterung der pentekostalen Betonung der Geistestaufe auf das Verständnis des christlichen Lebens in der Fülle des Heiligen Geistes unter dem Gesichtspunkt der Begegnung mit der Wirklichkeit Gottes in der Welt. Diese Neigung zur Neu-Reflexion der direkten Wirkung des Heiligen Geistes und ihre Bedeutung für das christliche Leben ist im Denken von Frank Macchia ansatzweise sichtbar. In Anlehnung an das Denken von Gregor von Nyssa, der Heilige Geist bedeute das Reich und die Herrschaft Gottes, schlägt Macchia vor, 912 Terry Cross, The Divine-Human Encounter, 5.7. Cross verweist auf Macchia, der das Thema des Innewohnens des Heiligen Geistes als menschliche Berufung im Denken des frühen Pentekostalismus entdeckt hat. Vgl. Frank Macchia, Finitum Capax Infiniti: A Pentecostal Distinctive? in: Pneuma (2007) 29/2, 185–187, 186. 913 Zitiert bei Cross, Human-Divine Experience, 25. Vgl. Wilhelm Herrmann, Der Verkehr des Christen mit Gott: im Anschluß an Luther dargest., Stuttgart 1903, 16. 914 Vgl. Cross, Human-Divine Experience, 26. 915 Vgl. Cross verweist auf J. Calvin Unterricht in der christlichen Religion, xx: 1,7,5.
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die Geistestaufe bringe die Herrschaft des Vaters, des Sohnes und des göttlichen Lebens (divine life) in die ganze Schöpfung.916 Macchia versucht das Verständnis der Geistestaufe im Sinne der theologischen Methapher für die Inititiation zum Leben im Geist zu konzipieren.917 Christus lässt sich als der Herr und König (King of the Kingdom) in seiner Funktion als Täufer mit dem Heiligen Geist erfahren.918 Der Heilige Geist bringt die Schöpfung unter die Herrschaft Gottes durch die neue Präsenz des göttlichen Lebens in der Schöpfung, und zwar so, dass die Schöpfung von der Herrschaft des Todes zur Herrschaft des Lebens befreit wäre. Die Natur dieser Befreiung ist laut Röm 14,17 geistlich.919 Sie muss deshalb als Wirken des Heiligen Geistes erfahren werden. Das Besondere im Denken Macchias besteht darin, dass Christus als der Täufer mit dem Heiligen Geist in einer einmaligen Verbindungsfunktion zwischen dem Vater und dem Heiligen Geist gesehen wird: »It is God the Son as the Spirit Baptizer that became the unique link between the Father and the Spirit and, indirectly, to the doctrine of the Trinity.«920 Die Verbindung zwischen Christus und dem Heiligen Geist und daraus folgend ein Zusammenschluss zwischen der Logos-Christologie und der GeistChristologie, wird von Macchia so gesehen: »Jesus as the Word of the Father incarnated (John 1:14) can be seen in John as read from Jesus as the man raised according to the Spirit to be the Lord who imparts the very breath of God (John 20:22). […] A significant aspect of Jesus’ identity as Savior (and thus identifiable as Lord) is in the fact that he was raised to impart the Spirit.«921
Macchia versucht die Trinitätslehre ausgehend von der Geistestaufe zu entwerfen. Er versteht die unmittelbare Erfahrung des Heiligen Geistes als Erfahrung der Herrschaft Christi. Er sieht das Zentrum der Christologie in Christus, der mit dem Heiligen Geist zum Zweck der Inauguration des Reiches Gottes tauft. Das
916 Vgl. Gregor von Nyssa, Das Gebet des Herrn, 4 Rede, V. Vgl. Frank Macchia, Baptized in the Spirit, 89. Macchia spricht von der Verbindung zwischen der Geistestaufe und der Inauguration des Reiches Gottes. 917 Wolfgang Vondey schlägt einen ähnlichen Weg vor. Für ihn dient die Geistestaufe »as a lens through which to order and interpret the other elements.« Wolfgang Vondey, Pentecostal theology: Living the Full Gospel, 185. 918 Vgl. a. a. O., 110. 919 »Das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit und Friede und Freude in dem Heiligen Geist.« Revidierte Fassung der Lutherübersetzung (1984). Macchia löst keine eschatologische Spannung von »schon, jedoch noch nicht« auf. Dennoch spricht Macchia von der Erfahrung des Reiches mitten in der alten Schöpfung. Siehe Mt 12,28: »Wenn ich aber die bösen Geister durch den Geist Gottes austreibe, so ist ja das Reich Gottes zu euch kommen.« (par. Lk 4,18–19). 920 Macchia, Baptized in the Spirit, 110. 921 A. a. O., 110.
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apostolische Modell des Glaubens hatte darum die zweifache Fokussierung, nämlich die auf Christus und auch die auf das Reich Gottes.922 Das gleiche Anliegen, nämlich das Heilswerk Gottes im Zusammenhang mit der neuen Schöpfung als Verwirklichung der Herrschaft Gottes zu sehen, ist auch in der Theologie Pinnocks erkennbar. Im Unterschied zu Macchia verfolgte Pinnock jedoch das Ziel, die Soteriologie im Licht der pneumatologischen Christologie neu zu artikulieren. Macchia sucht einen Weg, die Geistestaufe sowie die Erfahrung des Heiligen Geistes in den christologischen und trinitarischen Diskurs zu integrieren. Durch die metaphorische Erfassung der Geistestaufe als Erfahrung der Herrschaft Gottes wird die Bedeutung der Geistestaufe sowie die Notwendigkeit der unmittelbaren Erfahrung des Heiligen Geistes unter einem anderen Aspekt reflektiert und verstanden. Es geht mehr um die Erfahrung des Lebens in seiner Partizipation am göttlichen Leben in der Schöpfung.923 Amos Yong zeigt ebenso eine Möglichkeit, die Geistestaufe im Sinne der Erfahrung des neuen Lebens im Geist zu denken. Er schlägt das trialektische Modell der christlichen Erkenntnis vor, das eine andere Perspektive des Verhältnisses zwischen Christus und dem Geist liefert. Danach lassen sich die pneumatologischen Narrative der Bibel unter drei Kategorien lesen: relational, rational und dynamisch als Kraft des Lebens und der Gemeinschaft.924 Im Sinne der Relation erklärt Yong das Verhältnis zwischen der Erfahrung Christi und des Heiligen Geistes wie folgt: Die Geistestaufe an Pfingsten im Sinne der Heilsaneignung bleibt ein einmaliges Ereignis in der Vergangenheit. Jedoch im Sinne der kontinuierlichen Erfahrung ist sie die Erfahrung der vertiefenden Beziehung zu Gott in Jesus Christus durch den Heiligen Geist.925 So gesehen erscheint die Erfahrung der Geistestaufe sowohl als historisches Ereignis wie auch als kontinuierliches Geschehen von Pfingsten. Dies sei nur möglich, weil der Heilige Geist die relationale Realität Gottes ist. Im Sinne der Rationalität sieht Yong den Heiligen Geist in einer Verbindung mit dem Wort bzw. der Weisheit oder dem Sinn (mind) Gottes.926 Der dynamische Aspekt der Pneumatologie legt den Fokus auf den Heiligen Geist als Kraft des Lebens der Schöpfung.927 Allerdings wird die Geistestaufe in diesem Zusammenhang nicht als Ermächtigung aus der Kraft Gottes, sondern im Sinne der eschatologischen Ausgießung des Geistes der neuen Schöpfung angesprochen. 922 Vgl. a. a. O.,148. 923 Vgl. Gemeinsam den einen Glauben bekennen, §71. 924 Vgl. Amos Yong, Spirit-Word-Community: Theological Hermeneutics in Trinitarian Perspective. Ashgate New Critical Thinking in Religion, Theology & Biblical Studies, Aldershot 2002, 27. 925 Vgl. Yong, Spirit-Word-Community, 31. 926 Vgl. a. a. O., 42. 927 Vgl. a. a. O., 43.
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Ein Detail im dynamischen Aspekt des Heiligen Geistes verdient besondere Aufmerksamkeit. Yong verweist auf den Zusammenhang zwischen der Erschaffung des Menschen durch das Wort und durch den Geist.928 Ich sehe in dieser Beziehung zwischen dem Wort (Logos) und dem Heiligen Geist einen Gedanken zur Formulierung der Verbindung zwischen der Pneumatologie, der Christologie und der Anthropologie. Der Aspekt der Erschaffung des Menschen und die Gottebenbildlichkeit haben hier eine zentrale Bedeutung. Yong erklärt die Gottebenbildlichkeit als Zusammenwirkung des Wortes und des Geistes. Die Gottebenbildlichkeit enthält zwei Charaktereigenschaften, nämlich die Partizipation am Geist des Lebens und die Fähigkeit, bewusst zu reden, um sich als relationales Geschöpf wahrzunehmen.929 Obwohl Yong diesen Gedanken unter dem Aspekt der wiederherstellenden Wirkung des Heiligen Geistes nicht weiterentwickelt, kann dieser anthropologische Ansatz als ein Gedanke zum Verständnis der Erfahrung Christi und des Heiligen Geistes dienen. Die christologische Geistwirkung versteht sich als gegenseitige Wirkung des Geistes und des Logos. Infolgedessen entsteht das neue menschliche Leben im Heiligen Geist. In der Hinwendung zu Christus (Logos-Wort) und in der Betätigung des Glaubens durch das Reden, ob durch das Glaubensbekenntnis oder durch ein im pentekostalen Sinn geistgewirktes Reden, partizipiert der Mensch an einer einheitlichen Gegenwart Christi und des Heiligen Geistes, unabhängig davon, ob diese Partizipation als persönliches Erlebnis erfahren wird. Nicht der Moment der unmittelbaren Erfahrung, sondern die Gewissheit der Hinwendung zur Gegenwart Gottes als zur Wirklichkeit des Heiligen Geistes steht hier im Zentrum. Die oben aufgeführten Ansätze von Macchia, Cross und Yong sind für unsere Untersuchung insofern bedeutend, weil sie die Frage nach der Bedeutung der Geistestaufe hinter den pentekostalen Fokus auf die Nachahmung des historischen Ereignisses der Geistestaufe setzen. Sie fragen nach dem Inhalt dessen, was im Ereignis der Geistestaufe manifestiert wird. Macchia erweitert den Ansatz der Geistestaufe als Inauguration des Reiches Gottes bis auf die Christologie der Geistvermittlung, nach der Christus selbst als Täufer mit dem Heiligen Geist zwecks der Inauguration des Reiches Gottes auftritt. Macchias Entwurf kann für das Verständnis des Lebens im Geist so interpretiert werden, dass die immerwährende Offenheit für den Heiligen Geist seitens der Christen als Leben angesichts der Partizipation der Schöpfung am göttlichen Leben verstanden wird. Angewandt auf den soteriologischen Kontext wird der Akzent der Erfahrung der 928 Obwohl der biblische Schöpfungsbericht einen Zusammenhang zwischen der Wort- und Geistwirkung dementsprechend in Gen 1,26 »und Gott sprach: lasset und Menschen Machen« und Gen 2,7 »und Gott […] blies den Odem des Lebens in seine Nase« bietet, nimmt Yong Bezug auf das apokryphische Buch der Weisheit (9,1–2), was für die pentekostale Schrifttradition sehr ungewöhnlich ist. 929 Vgl. Yong, Spirt-Word, 45.
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Gegenwart Christi auf die Erfahrung seiner Herrschaft durch die Erfahrung der Wirkung des Heiligen Geistes verschoben.930 Die Verbindung der Erfahrung der Geistestaufe mit der Erfahrung des Glaubens an Christus als ein Ereignis könnte folglich so formuliert werden: Enthielte der Inhalt des Glaubens an Jesus Christus den Nachdruck auf die spezifische Rolle des Heiligen Geistes in der Inauguration der Herrschaft Christi, würde diese Interpretation des Glaubens die Christen zur Öffnung für die Wirkung des Heiligen Geistes führen. Unter diesem Gesichtspunkt kann die Geistestaufe im Kontext des Lebens im Heiligen Geist als bewusste Öffnung für die Wirklichkeit des Heiligen Geistes (Wirkung des Reiches Gottes) interpretiert werden. Wird allerdings an der Exklusivität der Erfahrung der Geistestaufe in der Nachahmung des historischen Pfingstereignisses festgehalten, wird dies zur Überbietung der anderen spirituellen Aspekte des christlichen Lebens führen.931
2.2.5 Zusammenfassung Das Anliegen dieses Teils der Untersuchung bestand darin, die pentekostale Vorstellung vom Leben im Heiligen Geist unter dem Gesichtspunkt der persönlichen Begegnung mit seiner Wirklichkeit zu untersuchen. Der traditionelle Fokus des pentekostalen Verständnisses der Fülle des Lebens im Heiligen Geistes liegt auf der Lehre von der Geistestaufe. Die pentekostale Deutung der Geistestaufe als Selbstbekundung des Heiligen Geistes erwies sich jedoch als erläuterungsbedürftig und ökumenisch kontra-produktiv im Kontext der Beziehung zwischen der Erfahrung der Gegenwart Christi und des Heiligen Geistes. Die daraus resultierende Untersuchung einiger pentekostaler Modelle zur Erläuterung der Geist-Christologie hat gezeigt, dass die Geistestaufe in der klassischen pentekostalen Deutung als auf die Wiedergeburt folgende und explizit erfahrbare Erfüllung mit dem Heiligen Geist erweitert werden muss. Diese Erfahrung, auch wenn sie von den Pentekostalen nicht explizit als heilsnotwendig bezeichnet wurde, enthielt in sich die Züge einer soteriologischen Initiation. Um beide Aspekte, sowohl die pentekostale Betonung der Geistestaufe als auch die soteriologische Dimension der Wirkung des Heiligen Geistes im Leben der Christen, 930 In diesem Zusammenhang ist auf den Vorschlag von Wolfgang Vondey hinzuweisen: »Pentecostal theology can speak of baptism in the Spirit as a sacramental encounter of the human person with the Holy Spirit for the purpose of sanctification and charismatic empowerment.« Wolfgang Vondey, Pentecostal Theology, 185. 931 Dieser Aspekt wurde im ersten Dialog zwischen den Pentekostalen und den Vertretern der römisch-katholischen Kirche als Differenz zwischen einem Christen mit und ohne eine pfingstliche Erfahrung behandelt. Vgl. P-RKK/I §16. Macchia ist sich dieser Tendenz bewusst. Vgl. Macchia, Baptized in Spirit, 150.
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in theologischen Einklang zu bringen, sollte die pentekostale Sicht im Verständnis des Heiligen Geistes breiter als die traditionelle Lehre von der Geistestaufe angedacht werden. Es wurde die These in Erwägung gebracht, dass das Proprium des pentekostalen Verständnisses der Pneumatologie nicht die Erfahrung der Geistestaufe, sondern die Betonung des christlichen Lebens unter dem Gesichtspunkt der direkten Öffnung für die Wirklichkeit des Heiligen Geistes sei. Der Einblick in einige pentekostale theologische Entwürfe konnte die These bestätigen, dass die Befragung des theologischen Inhalts der Geistestaufe aus der Perspektive des ökumenischen Diskurses den Bedarf nach einer NeuReflexion der Rolle der Begegnung der Christen mit der Gegenwart des Heiligen Geistes für das Leben der Christen aufgedeckt hat. Der oben aufgeführte Überblick über einige gegenwärtigen Entwürfe des pentekostalen Denkansatzes zum Verständnis des Heiligen Geistes zeigt vor allem die Erweiterung der theologischen Akzente im Vergleich zu pentekostalen Aussagen im Rahmen von bilateralen Dialogen. Auffallend dabei ist, dass die pentekostalen Theologen ihren spezifischen pentekostalen Beitrag darin sehen, die christliche Theologie im Allgemeinen stärker vom Ausgangspunkt der Pneumatologie, nämlich aus der Perspektive der Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes, neu zu artikulieren als von ihrem distinktiven Verständnis der Geistestaufe. Im Licht der Neu-Reflexionen einiger pentekostalen Theologen kann die Geistestaufe im Sinn einer theologischen Metapher bzw. einer theologischen Akzentuierung der Frage nach der Begegnung mit der Wirklichkeit des auferstandenen Christi in der Begegnung mit dem Heiligen Geist gesehen werden. Es geht um das Thema des Lebens und des Verhaltens der Gemeinde Christi angesichts des Wirkens des Heiligen Geistes.932 Auch wenn die pentekostalen Modelle das Verständnis der Beziehung zwischen Christus und dem Heiligen Geist unter dem transzendenten Aspekt der Trinität im Licht der eigenen pentekostalen Tradition noch nicht genügend artikulieren, kann die pentekostale Akzentuierung der Begegnung mit dem Heiligen Geist als Anhaltspunkt für die weitere Entfaltung des pentekostalen Beitrages zum ökumenischen Diskurs genommen werden. Obwohl die oben betrachteten Werke der pentekostalen Theologen in Nuancen und Artikulierungen eine Vielfalt an Meinungen zeigen, kann ein gemeinsames Thema aus ihren Werken expliziert werden. Ich sehe dieses Thema repräsentativ im Denkansatz von Amos Yong, nämlich dass der Inhalt der Geistestaufe die Gesamtheit des rettenden Werkes Christi erkennen lässt.933 Dem zufolge kann nichts dagegen sprechen, die Geistestaufe nicht nur in erster Linie 932 Vgl. Wolfgang Vondey, Pentecostal Theology, 185. 933 Vgl. Yong, Renewing Christian Theology, 95.
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als ein punktuelles Ereignis der subjektiven Erfahrung des Heiligen Geistes an sich anzunehmen, sondern auch als Hinweis auf den theologischen Inhalt der Geistestaufe, nämlich unter der Fragestellung: Was ist es, worauf die Geistestaufe über die subjektive momentane Erfahrung des Heiligen Geistes hinaus hinweist? Was über die Geistestaufe als Begegnung mit der Wirklichkeit Gottes hinausweist, kann als Erfahrung des Zieles und der Absicht des rettenden Werkes Christi zur Wiederherstellung der Schöpfung (Neu-Schöpfung), nämlich das neue Menschsein als imago Dei, erkannt werden. Wolfgang Vondey bringt diesen Aspekt mit dem Hinweis auf Marc J. Cartledge in die Interpretation der Geistestaufe im Licht der Anthropologie: »A restoration of the human embodiment of the imago Dei is nowhere more evident for Pentecostals than in the charismatic manifestations of the Spirit baptism […]. Ontologically speaking, in Spirit baptism, charismatic being envelops human being in order to sanctify and empower the human person for the fullness of participation in the divine life.«934 Dieser Ansatz ist jedoch auf die charismatische Erfahrung des Heiligen Geistes in der Geistestaufe fokussiert. Dies erschwert die Aufnahme des pentekostalen Veständnisses des Lebens im Heiligen Geist in den ökumenischen Diskurs aufgrund der Explizitheit der Erfahrung des Heiligen Geistes im soteriologischen Kontext. Ich greife dennoch den obigen Gedanken von Vondey auf, der Heilige Geist stelle die menschliche Person durch ihre Partizpation am göttlichen Leben wieder her, und ziehe die Verbindungslinie der Wiederherstellung von der imago Dei bis hin zur Wirkung des Heiligen Geistes in der Menschenwerdung Christi. Wenn der Heilige Geist die Zuwendung Gottes zu dem Menschen in der Inkarnation Christi wirkt und als Geist Christi dem einzelnen Menschen die Partizipation am Leben Gottes ermöglicht, dann liegt der Fokus des wiederhergestellten Lebens der imago Dei im Heiligen Geist nicht vordergründig auf der charismatischen Erfahrung der Begegnung mit dem Heiligen Geist, sondern auf der Lebensweise nach der imago Dei als persönliche und direkte Zuwendung zu Gott bzw. zur persönlichen Wirklichkeit Gottes.935 Diese Gedankenrichtung rückt die Pneumatologie der Pentekostalen ins soteriologische Paradigma unter anthropologischem Gesichtspunkt, nämlich im Verständnis des Heils als Erfüllung des wiederherstellenden Planes Gottes, den Menschen zu seiner konstituierenden Basis, zur Gemeinschaft mit Gott, zurück zu führen. Die Frage nach dem Ort des empirischen Ich der Christen innerhalb
934 Wolfgang Vondey, Pentecostal Theology, 187. Vgl. Marc J. Cartledge, Charismatic Glossolalia: An Empirical-Theological Study, Ashgate 2002. 935 Heribert Mühlen sprach vom Heiligen Geist als von der göttlichen Dynamik »über und in der menschlichen Dynamik«. Walter Kasper (Hg.), Gegenwart des Geistes. Aspekte der Pneumatologie, Freiburg/Basel/Wien 1979, 37.
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des Heilsverständnisses schwingt hier mit.936 Wenn das Heil unter dem relationalen und inkarnatorischen Gesichtspunkt als Begegnung Gottes mit dem Menschen durch den Heiligen Geist betrachtet wird, dann erschließt sich daraus das Verständnis der Grundbedingung des menschlichen Lebens als Leben in Hinwendung zu Gott, oder in der pentekostalen Formulierung als Leben in Hinwendung zur Wirklichkeit des Heiligen Geistes.937 Hans-Martin Barth bemerkt zurecht, dass »die prinzipielle Assymetrie zwischen dem Geben Gottes und des Menschen nicht zu einer Desavouierung liebevoller Hingabe an Gott und die Menschen führen darf.«938 Als Folge kann das rettende Wirken Gottes im Leben eines Menschen so verstanden werden, dass sich die Wirkung des Heiligen Geistes intersubjektiv als Gegenüber und als die innere Öffnung des Menschen gegenüber der Begegnung mit dem Heiligen Geist erfassen lässt. Als Unterstützung für diese Sicht verweise ich auf die trinitarischen Denkansätze der nichtpentekostalen Theologen Miroslav Volf und Matthias Haudel, die die intersubjektive Wirkung des Heiligen Geistes betonen.939 Volf gewinnt das Verständnis der Gegenwart des Heiligen Geistes aus dem reziprok-perichoretischen Trinitätsverhältnis, nach dem »der Geist […] sowohl Gegenwart als auch Gegenüber [ist] – da er eine Person ist, ist er ein Gegenüber; da er in vielen ist, ist er die Gegenwart.«940 Der evangelische Theologe Matthias Haudel löst das Problem des Verständnisses Gottes als Gegenübers des Menschen, indem er die intra- und interpersonale Dimension der Trinität ineinander integriert und als Folge Gottes Wesen als Gleichzeitigkeit von Gegenüber und
936 Der Ausdruck »das empirische Ich« stammt von Hans-Martin Barth. Vgl. Hans-Martin Barth, Die Theologie Martin Luthers, Gütersloh 2009, 289. 937 Hier ist nochmal auf Wolfgang Vondey zu verweisen, der die Funktionalität des Geistes des Menschen nach der imago Dei in der Selbstopferung und in der Hingabe, d. h. als kenotisch gesehen hat. Vgl. Wolfgang Vondey, Pentecostal Theology, 192. 938 Hans-Martin Barth, 289. 939 Miroslav Volf ist von seiner Herkunft (Kroatien) her stark pentekostal beeinflusst, aber heute gehört einer anglikanischen Kirche an. 940 Miroslav Volf, Trinität und Gemeinschaft. Eine ökumenische Ekklesiologie, NeukirchenVluyn 1996, 180. Es ist zu bemerken, dass der Prozess der Geistestaufe die Wirkung des Heiligen Geistes als Geistes des Gegenübers aufweist. Als Beispiel wäre der Empfang der Geistestaufe von Agnes Ozman zu nennen. Sie bat ihren Lehrer Charles Fox Parham (Gegenüber) um die Handauflegung zum Empfang der Geistestaufe. Menzies weist darauf hin, dass Agnes Ozman zu ihrem Entschluss durch die Person von Charles Parham und durch seine Rede von der Lehre über die Geistestaufe kam. Vgl. William W Menzies/Robert P. Menzies, Spirit and Power, Grand Rapids 2011, 16. Vgl. Francis A Sullivan, Charisms and Charismatic Renewal: A Biblical and Theological Study, Grand Rapids 2004, 52. Betrachtet man die Phänomenologie der Geistestaufe im Zusammenhang mit dem Moment ihrer Initialisierung, wird man darin eine gewisse Affinität mit dem Prinzip der Vermittlung der sukzessiven Verwirklichung des apostolischen Wesens der Kirche entdecken.
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Nähe beschreibt.941 Gott begegnet dem Menschen durch seine inter-personale Struktur, »ohne sein intrapersonales Gegenüber-Sein aufgeben zu müssen.«942 Dieser Blickwinkel aus der Perspektive nicht pentekostaler Theologen kann helfen, den pentekostalen Denkansatz zum Verständnis des Heiligen Geistes im Kontext der Offenheit des Menschen für den Heiligen Geist als ökumenisch konform einzuordnen. Dadurch kann die Erfahrung der persönlichen Begegnung mit Gott, der sich als Heiliger Geist erfahren lässt, einen Platz in der Deutung des menschlichen Lebens bekommen. Darüber hinaus eröffnen die theologischen Entwürfe von Macchia, Cross und Yong eine Perspektive, den dynamischen Aspekt des Heiligen Geistes im Sinne der charismatischen Erfahrung der übernatürlichen Wirkung des Heiligen Geistes in den schöpfungstheologischen und soteriologischen Diskurs der Christologie zu integrieren.943 Die pentekostale Betonung der Unmittelbarkeit der persönlichen Wirkung des Heiligen Geistes in einer Person sowie in der Gemeinschaft der Personen kann pneumatologisch und im Kontext der Kontinuität zwischen der Menschenwerdung Christi und dem pfingstlichen Geschehen (Apg 2) wie folgt entfaltet werden: Die universelle, soteriologische Wirkung des Heiligen Geistes als Geist des Lebens personifiziert sich in der Menschenwerdung Christi. Aus der persönlichen Begegnung mit dem irdischen Christus und aus der Gemeinschaft mit ihm entstand eine historische Kontinuität der Gemeinschaft von Menschen (Apostel) mit Christus. Schon hier wirkt der Heilige Geist als Stifter der Gemeinschaft durch Christus. Diese historische Kontinuität bildet die Voraussetzung für die Erfüllung mit dem Heiligen Geist an Pfingsten. Jedoch findet die Erfüllung mit dem Heiligen Geist an Pfingsten nicht durch die persönliche Zuwendung der Jünger gegenüber der Wirkung des Heiligen Geistes statt, sondern durch die persönliche Zuwendung gegenüber dem Wort Christi, in Jerusalem zu bleiben und auf die Verheißung des Vaters zu warten (Apg 1,4). D. h. die Apostel haben 941 Vgl. Matthias Haudel, Die Selbsterschließung des dreieinigen Gottes, 566. Einige ähnliche pneumatologische Denkansätze sind in dem Zusammenhang zu nennen: 1) Theonome Reziproziät (Rudolf Van Ruler, Rudolf Bohren); 2) Bündnis von Geist und Tat (Wilhelm Dantine); 3) Ein Geben, das sich selber gibt (Michael Böhnke in Anlehnung an Thesen zu einer trinitarischen Ontologie von Klaus Hemmerle); Der Geist als kommunikative SelbstGabe (Michael Böhnke); Der Geist als Wir in Person (Heribert Mühlen); Der Geist als Selbstmitteilung Christi im Bewusstsein des Menschen (Karl Barth). Der Geist als Gerichtetheit des Handelns (Johannes Fischer). Vgl. Rudolf Bohren, Daß Gott schön werde. Praktische Theologie als theologische Ästhetik, München 1975. Wilhelm Dantine, Der Heilige und der Unheilige Geist. Über die Erneuerung der Urteilsfähigkeit, Stuttgart 1973. Heribert Mühlen, Der Heilige Geist als Person, Münster 1963. Michael Böhnke, Gottes Geist im Handeln der Menschen. Praktische Theologie, Freiburg/Basel/Wien 2017. Karl Barth, op.cit. 942 Matthias Haudel, 566. 943 »The Spirit continues to lure creation toward its destiny.« Yong, Spirit-Word, 48.
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sich vordergründig an die Worte ihres Lehrers gehalten. Fragt man in dem Zusammenhang nach dem Moment der persönlichen und direkten Offenheit der Jünger für die göttliche Wirkung vor Pfingsten, war es die Person Christi, welcher die Jünger zugewandt waren. Daraus folgt, dass das Verhalten der Jünger vor Pfingsten nicht vordergründig die explizite Ausrichtung auf die Erfahrung des Heiligen Geistes zeigt. Vielmehr war die persönliche Öffnung für Christus und für die Erfüllung seines Wortes wichtig. Nach diesem vorpfingstlichen Modus der Öffnung für Christus kann jede gegenwärtige Erwartung der Wirkung des Heiligen Geistes als Hinwendung zum real durch den Heiligen Geist wirkenden Christus verstanden werden. Das kann bedeuten, dass die unmittelbare und persönliche Zuwendung zu Christus als zu dem durch den Heiligen Geist Wirkenden als ein Teil der konstitutiven und institutionellen Wirklichkeit sowohl des persönlichen Lebens der Christen als auch des Lebens der Kirche gedacht werden kann. Was diese Denkkonstruktion noch nicht berücksichtigt, ist die Klärung der Spannung im pentekostalen Verständnis des Heiligen Geistes hinsichtlich verschiedener Arten der Wirkung eines Geistes im Menschen. Die Pentekostalen bestehen auf dem Unterschied zwischen der Wirkung des Geistes im Menschen (Wiedergeburt) und an dem Menschen (Geistestaufe). Die Platzierung der Geistestaufe im Kontext des Lebens nach der Wiedergeburt verstärkt unsere These, dass die Öffnung gegenüber der Gegenwart Christi im Heiligen Geist als Inhalt des Lebens der Neu-Schöpfung interpretiert werden kann.
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Das Leben im Heiligen Geist in Bezug auf die Apostolizität und Katholizität der Kirche
2.3.1 Einleitung Der pentekostale Denkansatz zum Verständnis des Heiligen Geistes zeigt neben der Betonung der Geistestaufe eine Richtung zur Verbindung zwischen der Christologie und der Ekklesiologie. Sie drückt sich in der zweifachen Ausrichtung der pentekostalen Bewegung aus, einerseits in der Erfahrung der Begegnung mit dem Heiligen Geist die Fülle des Lebens in Christus zu finden, und auf der anderen Seite die Vitalität der Kirche im Wieder-Erleben der apostolischen, ursprünglichen Praxis der Kirche zu entdecken. Die beiden Dimensionen stehen in einem gegenseitigen Verhältnis zueinander. Um diese Hauptschwerpunkte theologisch und kirchengeschichtlich für das ökumenische Gespräch diskussionsfähig zu machen, schlage ich vor, die pente-
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kostale Bewegung unter einem semiotischen Blickwinkel zu betrachten.944 Ich versuche eine Bedeutung hinter dem Erscheinungsbild und hinter den theologischen Themen der pentekostalen Bewegung zu erkennen. In unserem Fall ist das die Wirkung des Heiligen Geistes, wie sie sich im Erscheinungsbild der pentekostalen Bewegung in der Kirchengeschichte gezeigt hat. Dieser Schritt hat eine methodologische Funktion, um das pentekostale Anliegen der Rückkehr zur ursprünglichen Praxis der apostolischen Kirche unter pneumatologischem Gesichtspunkt zu erfassen. Diese Methode wurde schon einmal von Jonathan Malone (Baptist) angewandt, um die Unterschiede im Verständnis der Geistestaufe zwischen den Pentekostalen und den Baptisten zu analysieren.945 Unter anderem benutzte Malone die semiotische Methode von Clifford Geertz, der durch seine Theorie der Interpretation der Kulturen (interpretation of cultures) bekannt wurde. Geertz betrachtet Kultur als Kontext, in welchem Menschen leben, arbeiten und spielen. Der semiotische Ansatz der Interpretation der Kulturen versucht die Aktivitäten von Menschen als Symbole zu verstehen, die das Lebenskonzept einer Kultur zum Ausdruck bringen.946 Geertz’ Methode steht unter dem Einfluss des Ansatzes der Sprache und Kultur von Ludwig Wittgenstein. Die von Malone vorgeschlagene Methode hilft der Absicht, jede menschliche Aktion und ihre symbolische Referenz zu verstehen. In unserem Fall wird die pentekostale Rückkehr zur apostolischen Praxis der ersten Kirche als Symbol des Wirkens des Heiligen Geistes im Laufe der Kirchengeschichte angenommen. Dabei wird nicht nur auf die Bewegung zur usprünglichen Praxis der apostolischen Kirche als solche geschaut, sondern auch gefragt, wie die Pentekostalen selbst darüber denken und sprechen. Das hilft, die spezifischen Schwerpunkte der Wiederherstellung der apostolischen Praxis sowohl in Bezug auf das Wesen der Kirche als auch auf das Verständnis des Heiligen Geistes zu deuten. Die inhaltliche Linie solcher ökumenischen, hermeneutischen Texte wie Schrift, Tradition und Traditionen (Montreal, 1963) und Ein Schatz in zerbrechlichen Gefäßen lässt diesen Vorgang zu. Der Text von Montreal hält fest, dass die einzelnen konfessionellen Traditionen zwar von der Haupttradition des Evangeliums zu unterscheiden sind, dennoch mit ihr verbunden sind.947 Es bleibt immer die Aufgabe, zwischen den Aspekten der konfessionellen Traditionen, die die Haupttradition verkörpern, und den As944 Der Ansatz von Macchia, der die Geistestaufe metaphorisch deutet, wäre an dieser Stelle ein Beispiel für die semantische Methode. 945 Vgl. Jonathan A. Malone, Varying Views of Spirit Baptism: An Analysis of Speech-Acts Toward Ecumenical Dialogue, in: JES (2013) 48/4, 571–585. Malone beruft sich auf die Theorien von Clifford Geertz (interpretation of cultures), George Lindebeck (nature of doctrine) und James Wm. McClendon (conviction of a convictional community). 946 Vgl. a. a. O., 573. 947 Vgl. Montreal 1963, Sektion II, §§47–48.
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pekten der menschlichen Traditionen zu unterscheiden. Setzt man bei der Aussage an, dass die Haupttradition durch die Kirche und in der Kraft des Heiligen Geistes überliefert wird, wird man theoretisch annehmen können, dass die Haupttradition des Evangeliums auch in der pentekostalen Tradition verkörpert ist. Dies beinhaltet die Aufgabe zu erkennen, was in der pentekostalen Tradition zu den allgemein menschlichen Traditionen und was der Tradition des Evangeliums zugerechnet werden kann. Die Frage wird also lauten, welche weiteren Aspekte zum Verständnis des Heiligen Geistes das Phänomen der pentekostalen Bewegung hinsichtlich des ökumenischen Diskurses über die Ekklesiologie aufweist. Wenn das Phänomen des Pentekostalismus als eine kirchengeschichtliche Metapher für die Wirkung des Heiligen Geistes durch die Geschichte der Kirche und der Welt hindurch angenommen werden darf, dann kann man die pentekostale Bewegung in Begriffen der theologischen Ansätze deuten. Die vorliegende Untersuchung erkennt am Erscheinungsbild der pentekostalen Bewegung, wie schon in der Einführung in den II. Teil erwähnt wurde, zwei zentrale Ansätze. Zum einen ist das die Öffnung für die unmittelbare und persönliche Begegnung mit Gott dem Heiligen Geist, und zum anderen ist das die pentekostale Intention des Restorationismus im Sinne der Wiederherstellung der apostolischen Praxis der Kirche. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass viele Kirchenspaltungen und Sektenbildungen unter anderem dem Anliegen des Restorationismus zu verdanken sind. Jedoch stellt die pentekostale Bewegung einen anderen Typ von Wiederherstellung der Kirche dar, der sie von allen anderen unterscheidet. Als eine Begründung dieser These kann der Hinweis dienen, dass die Entstehung der pentekostalen Bewegung keine gemeinsame Kontinuität mit einem historischen Ursprungsort oder mit einem kirchengeschichtlichen Konflikt hat, und auch mit keiner theologischen Ursprungsperson wie z. B. Martin Luther oder mit einem bestimmten Ereignis in der Kirchengeschichte verbunden ist.948 Die Entstehung der pentekostalen Bewegung in Asien und Indien z. B. zeigt sich unabhängig von der Entstehungsgeschichte der amerikanischen pentekostalen Bewegung.949 948 Obwohl der Pentekostalism eine Reihe von seinen Gründungsnamen weltweit kennt, dennoch repräsentieren ihre Initiativen nicht das ganze Hauptthema der pentekostalen Bewegung »Full Gospel«. Im Dialog mit den Lutheranern betont Cecil M. Robeck, dass die pentekostale Bewegung eine weltweite Vielfalt je nach Kontext darstellt. Vgl. Lutherans and Pentecostals, in: Growth in Agreement IV/2, 86. Vgl. David Courey, What Has Wittenberg to Do with Azusa? Luther’s Theology of the Cross and Pentecostal Triumphalism, London/ New York 2015, 3–4. Die Entstehung der deutschen pentekostalen Bewegung (Mülheimer Verband) geht auf die Erweckungs- und Gemeinschaftsbewegung innerhalb der lutherischen Tradition zurück. Vgl. Ekkehart Vetter, Jahrhundertbilanz – erweckungsfasziniert and durststreckenerprobt, op.cit. 949 Vgl. Wonsuk Ma, Wenn die Armen entflammt werden: Die Rolle der Pneumatologie in der pfingst- und charismatischen Mission. https://www.oikoumene.org/de/resources/docum-
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Die pentekostale Bewegung verkörpert weder die Neigung zur Erneuerung und Reformierung der bestehenden Kirche noch die Neigung zur Rückkehr zum wahren Evangelium. Diese Bewegung ist nicht eine Bewegung mit dem Anspruch auf ekklesiologische Ausschließlichkeit, sondern eine Bewegung der anderen Art des apostolischen Glaubens, wie er im Buch der Apostelgeschichte überliefert worden ist. Der Name der in den USA entstandenen pentekostalen Bewegung lautete Apostolic Faith Movement, was weder mit dem Anspruch auf die Tradition der apostolischen Sukzession noch mit dem Anspruch auf eine bestimmte Formulierung des Apostolischen Glaubensbekenntnisses, sondern mehr mit der Erfahrung des unmittelbaren Einbruches Gottes ins Leben der Kirche und dem Wunsch, das Leben der Apostel im Heiligen Geist nachzuahmen, verbunden war.950 Cecil Robeck bezeichnet den Restorationismus als hermeneutisches Schema des Selbstverständnisses der früheren pentekostalen Bewegung.951 Dieser spezifische Aspekt der Entstehung der pentekostalen Bewegung kann für den ökumenischen Kontext von großer Relevanz sein, vor allem deshalb, weil das Anliegen der pentekostalen Bewegung kein dogmatisches Konfliktpotenzial in sich trägt. In der VI. Phase des Dialogs P- RKK wird von den Pentekostalen ein theologisches Bekenntnis formuliert, in dem sie sich als Re-Vitalisierung der Christenheit bezeichnen.952 Es ist hier anzumerken, dass es dabei nicht um die Revitalisierung einer bestimmten Kirche, sondern der Idee des Christseins allgemein geht.953 Es kann für unsere Untersuchung hilfreich sein, wenn wir die Betonung auf die Idee des Christ-Seins anstatt auf der Kirche beibehalten und von dieser Feststellung ausgehend die pentekostale Bewegung als eine Revitalisierung der Christenheit und Revitalisierung der christlichen Idee vom Leben im Glauben betrachten. Daraus folgt, dass der Anschluss der Pentekostalen an die ökumenische Bewegung nicht vom ekklesiologischen Konflikt der Kirchenspaltung ausgeht und keine theologisch-kirchliche Versöhnung mit den anderen dogmatischen Positionen zum Ziel haben muss.
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ents/other-meetings/mission-and-evangelism/plen-10-may-no-4-wonsuk-ma. Abgerufen 01. 09. 2017. Vgl. Lutherans and Pentecostals, in: Growth in Agreement IV/2, 87. »Thus, Restorationism was a broader hermeneutical scheme in which the earliest Pentecostals, many of whom had previously participated in the Wesleyan-Holiness Movement, chose to adapt to their latest understanding.« Lutherans and Pentecostals, in: Growth in Agreement IV/ 2, 88. Vgl. P-RKK/VI §23. Hier ist Walter Hollenweger (pentekostal) zu erwähnen, der die Eigenart der charismatischen Spiritualität folgendermaßen beschrieben hat: »Die charismatische Spiritualität verändert unsere Melodien, nicht aber den Rhythmus und die Tonart. Sie verändern unsere Kirchen nicht, sie bringen sie zum Glänzen.« Walter Hollenweger, Geist und Materie, München 1988, 304. Vgl. Lutherans and Pentecostals, in: Growth in Agreement IV/2, 87.
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Das pentekostale Thema der Begegnung mit Gott, das in der Lehre über die Geistestaufe zum Ausdruck kommt, kann theologisch unmittelbar als Denkansatz zum Verständnis des Heiligen Geistes artikuliert werden. Anders ist es mit dem Anliegen zur Wiederherstellung der apostolischen Praxis. Hier besteht noch die Aufgabe, dieses Anliegen theologisch mit dem Wirken des Heiligen Geistes in Verbindung zu bringen und daraus einen Beitrag zur Pneumatologie herauszuarbeiten. Das bedeutet, dass der pentekostale Ansatz zum Restorationismus auf seinen theologischen Inhalt, und, wie es oben unter dem Aspekt der semiotischen Methode erwähnt wurde, auf die theologische Artikulation der Pentekostalen hin befragt werden soll. Es gilt nach dem Wesen und Ziel des Trends der Pentekostalen zum Restorationismus zu fragen und darin den Bezug zum Verständnis des Heiligen Geistes herauszuarbeiten.
2.3.2 Der pentekostale Trend zum Restorationismus als Hinwendung zur apostolischen Dimension der Kirche Das Thema des Restorationismus war der hermeneutische Schlüssel zum Verständnis des Pentekostalismus, den die Vertreter der pentekostalen Kirchen im Dialog mit den Lutheranern zur Darstellung ihrer Glaubenstradition vorgeschlagen haben. In diesem Dialog betonten die Pentekostalen den Zusammenhang zwischen dem Ereignis der Geistestaufe und der charismatischen Dimension der apostolischen Kirche: »Pentecostalism became a distinctive movement by examining the experience of baptism in the Spirit, the role that charisms played in the early church (especially in Acts), and the correlation between the two.«954 Wobei nicht die Geistesgaben an sich im Vordergrund der Entstehung der pentekostalen Bewegung standen, sondern die Wirksamkeit des apostolischen Wesens der Kirche in Bezug auf ihre charismatische Dimension.955 Im Dialog mit den Vertretern der RKK wurde erwähnt, dass restoratives Denken der Entstehung des Pentekostalismus zugrunde liege.956 Die Rückkehr zur Kirche der charismatischen Dimension ist nicht die Wiederherstellung des historischen Pfingsterlebnisses und des Lebens der apostolischen Kirche, sondern die Rückkehr zur Kirche des Neuen Testaments.957 Die Pentekostalen suchen die Anwei-
954 Lutherans and Pentecostals, in: Growth in Agreement IV/2, 81. 955 Selbst das Problem der Trennung innerhalb der pentekostalen Bewegung zwischen trinitarischen und unitarischen (oneness) Pentekostalen ist auf der Basis der Rückkehr zum apostolischen Glauben entstanden. Vgl. Lutherans and Pentekostals, in: Growth in Agreement IV/2, 93. 956 Vgl. P-RKK/ V §244. §246 Restoration der Gaben. §247. Bekehrung §254. 957 Vgl. P-RKK/ II, §11; VI §14; P-RK/ I, §27.
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sung zum Dienst und zur Leitung in den Texten des Neuen Testaments.958 Die erste Bezeichnung der Pentekostalen als Apostolic Faith Movement drückte dieses Anliegen aus, nämlich sich ernsthaft um den Glauben zu bemühen, der den Heiligen einst überliefert wurde.959 Hier liegt die Betonung nicht auf dem Inhalt des Glaubens als Glaubensbekenntnis, sondern wie der Glaube in der ersten Kirche gelebt wurde. Der Fokus liegt also auf der Praxis des Glaubens. Der Gedanke des Restorationismus als Rückkehr zum apostolischen Wesen der Kirche positioniert die Lehre der Pentekostalen vom Heiligen Geist im Kontext des Verständnisses der Apostolizität der Kirche. Im Text der Arbeitsgruppe des ÖRK und den Vertretern der pentekostalen Kirchen beziehen die Pentekostalen das Verständnis der Apostolizität auf das apostolische Leben, die apostolischen Taten und die apostolische Kraft. »Pentecostals have been committed to the proclamation of the apostolic faith since their inception. Many Pentecostal denominations incorporate the term ›apostolic‹ in their name (e. g. Apostolic Faith Mission). In addition to their commitment to apostolic faith, Pentecostals contend that the apostolicity of the church is also closely related to apostolic life (Acts 4), apostolic work (Jn 14.12), and apostolic power manifested in spiritual gifts as well as ›signs and wonders‹ (Acts 2.4).«960
Hier sehe ich eine Erweiterung des ökumenischen Diskurses über die pneumatologische Dimension der Apostolizität, der sich hauptsächlich auf das Verständnis der Sukzession, der Identifizierung einer Kirche mit dem apostolischen Ursprung der Kirche sowie mit dem apostolischen Inhalt des Glaubens beschränkt hat. Die obige Aussage der Arbeitsgruppe des ÖRK bestätigt die These, dass die pentekostale Sicht der Wiederherstellung herkömmlich kein ökumenisches Konfliktpotenzial aufweist, sondern die Apostolizität mit dem Leben der Christen unter dem Gesichtspunkt der Gegenwart des Heiligen Geistes in Verbindung bringt.961 Die pneumatologische Deutung der Apostolizität aus der Sicht der Pentekostalen lässt sich folgendermaßen formulieren: Der Ausgangpunkt des Nachdenkens über die Kontinuität der Kirche mit ihrem apostolischen Ursprung liegt 958 Vgl. P-RKK/ II. §83; P-RKK/V. §§245–248. 959 Vgl. Lutherans and Pentecostals, in: Growth in Agreement IV/2, 87. Die Pentekostalen beziehen sich bei dieser Aussage auf Jud 3. Dieser Bezug auf Jud 3 zeigt den Trend zur Katholizität des pentekostalen Denkens. 960 Report of the Joint Consultative Group Between Pentecostals and the World Council of Churches. World Council of Churches Executive Committee. Bossey, Switzerland 5–8 March 2013. Document No. 14, 7. 961 Mit dem Verweis auf einen unveröffentichen Vortrag von C. Robeck behauptet Kärkkäinen, dass das pentekostale Verständnis der Apostolizität über die Themen des Glaubensbekenntnisses und der Dogmen zum Thema der Kraft und Praxis hinausgeht. Kärkkäinen, A Pentecostal Perspective on Apostolicity. Vgl. Kärkkäinen, Spiritus Ubi Vult Spirat, 353– 355.
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zwar in der Pneumatologie, jedoch wird das Wirken des Heiligen Geistes zur Wahrung der Kontinuität mit der apostolischen Kirche schwerpunktmäßig in der Art und Weise des Lebens der Kirche gegenüber der Wirklichkeit des Heiligen Geistes verstanden. Mit anderen Worten sehen die Pentekostalen die apostolische Dimension der Kirche im Licht des Lebens der ersten Kirche, welches sie auf eine aktive Beziehung der Christen zur Wirklichkeit des Heiligen Geistes zurückführen. Dieses Konzept der Apostolizität erfordert eine erweiterte Reflexion über die Apostolizität sowohl aus der internen pentekostalen Sicht als auch im Licht des ökumenischen Verständnisses.
2.3.3 Das Verständnis der Apostolizität im ökumenischen und im pentekostalen Diskurs Da der Begriff wie das Verständnis der Apostolizität eine Komplexität von konfessionellen Deutungen und Nuancen darstellt, setze ich bei der Definition von Friedrich Mildenberger in der Theologischen Realenzyklopädie an: »Apostolizität ist also Ausdruck für die Legitimität der Kirche, und so gehört die Bestimmung als ›apostolische‹ Kirche zu den notae eccleisae des Symbols. Indem ihre ›Apostolizität‹ die Kirche bzw. kirchliche Institutionen, das Amt, den Kanon, die Glaubensregel, legitimiert, wird das Apostolische als kirchliche Norm anerkannt.«962
Die Definition von Mildenberger bezeichnet das Apostolische als Norm einer Kirche Christi. Es ist jedoch damit nicht beantwortet, was der Inhalt dieses Apostolischen ist. Jede Kirche weiß sich mit dem apostolischen Ursprung der Kirche Christi verbunden, obwohl sie diese Kontinuität sowie den Inhalt des Begriffs Apostolizität unterschiedlich deutet. John Flett hat in seiner Habilitationsschrift Apostolicity darauf hingewiesen, dass im traditionellen Diskurs das Verständnis der Apostolizität von der Neigung zur Kultivierung der Glaubensnorm in Verbindung mit dem Amt und der historischen Kontinuität geprägt ist.963 Flett sagt, dass die Apostolizität die Kultur der Kirche ist.964 Die Frage, wie und in welchen Formen der Glaube kommuniziert wird, bleibt zweitrangig. Die Verknüpfung der Apostolizität mit dem historischen Sein der Kirche wird dann problematisch, wenn sie im aktuellen, globalen, post-kolonialen Kontext betrachtet wird, wo die traditionelle, westliche Sichtweise nicht die einzig vertretbare ist. 962 Friederich Mildenberger, Art. Apostel/Apostolat/Apostolizität III. Systematisch-theologisch, in: TRE, Band III, 1978, 466–477. 963 Vgl. John G. Flett, Apostolicity: The Ecumenical Question in World Christian Perspective, Downers Grove 2016, 16. 964 Vgl. a. a. O., 17.
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Das Verständnis des Lebens im Heiligen Geist in der pentekostalen Tradition
Diese Feststellung von Flett ist für die Beschreibung der pentekostalen Sicht der Apostolizität im Gegensatz zur traditionellen Sicht der Apostolizität hilfreich. Die pentekostale Tradition betrachtet das pneumatologische Wesen der Apostolizität weder im Zusammenhang mit dem historischen Sein der Kirche noch mit dem kirchlichen Amt. Darum zeigt sich die pentekostale Tradition an der Frage der Norm und Rechtmäßigkeit der kirchlichen Existenz wenig interessiert. Angesichts der weltweiten Verbreitung der pentekostalen Kirchen des neuen Typus, die weder den Fokus auf das Sein der Kirche noch die Sensibilität gegenüber der historischen Kontinuität mit der apostolischen Kirche entwickelt haben, entsteht eine neue Herausforderung für den traditionellen ökumenischen Diskurs über die Apostolizität, nämlich das Wesen der Apostolizität jenseits der Verknüpfung mit der historischen Kontinuität der Kirche betrachten zu müssen. Obwohl der Gedanke von Flett für das weitgehende Nachdenken über die Apostolizität viel Potenzial enthält, zeigt er dennoch einen Zug zur Vereinfachung der Betrachtungsweise der Apostolizität. Die ökumenische Neigung priorisiert schwerpunktmäßig die normierende Seite der Apostolizität und schöpft dadurch das vielseitige Konzept der Apostolizität nicht aus. Abgesehen von der Vielfalt der konfessionellen Deutung der apostolischen Norm ist das Verständnis der Apostolizität als Tradition der Verbundenheit mit dem Auftrag der Apostel festzuhalten, das Zeugnis von der Auferstehung abzulegen.965 Diese Tradition bezeichnet Mildenberger mit Berufung auf Sören Kierkegaard und Karl Barth als Offenbarungszeugnis.966 Da die Offenbarung Christi an den Dienst des Offenbarungszeugnisses der Apostel anknüpft und dadurch vermittelt ist, ist die weitere Überlieferung der Offenbarung des Glaubens in Verbindung mit der Wirksamkeit des Heiligen Geistes möglich. Die Kirche ist insofern apostolisch, als der Heilige Geist die Kontinuität zum historischen Ursprung der Kirche in ihr wirkt. Die Kontinuität der Kirche mit dem apostolischen Ursprung liegt allerdings im christologischen Kontext, weil die Apostel die Wirklichkeit der Auferstehung Christi bezeugt haben. Am deutlichsten formuliert diesen christologischen Ausgangspunkt der Bericht der I. Sektion der 4. Vollversammlung des ÖRK in Uppsala (1968): »Die Kirche ist insofern apostolisch, als alles, was die Kirche zur Kirche macht, von Christus durch die Apostel herkommt.«967 Dieses Zitat zeigt auf der anderen Seite die Offenheit für folgende Fragen: In welcher Weise haben die Apostel die Gegenwart Christi bezeugt? Wie lässt sich die Wirklichkeit des auferstandenen Christus theologisch erfassen? Inwiefern wirkt der Heilige Geist aus dem historischen Vorbild und dem Auftrag der Apostel in Raum und Zeit im Leben der Kirche fort? 965 Vgl. Mildenberger, 468. 966 Vgl. a. a. O., 469. 967 Uppsala, I. Sektionsbericht, §16.
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Da der Kontext der vorliegenden Untersuchung den Dialog zwischen dem pentekostalen Denkansatz zum Verständnis der Apostolizität und dem Verständnis der Apostolizität in den multilateralen Texten voraussetzt, bietet sich als nächstes eine Betrachtung der Apostolizität an, wie sie im Kontext einiger ökumenischer multilateraler Dialoge verstanden und kommuniziert wurde. 2.3.3.1 Die Apostolizität in einigen multilateralen und bilateralen Texten des ÖRK Die konfessionelle Vielfalt im Verständnis der Apostolizität wurde in der 1. Vollversammlung des ÖRK indirekt in Bezug auf den Unterschied zwischen dem römisch-katholischen (horizontal-geschichtlich) und dem protestantischen (vertikal) Kirchentypus angedeutet.968 Während die anfängliche Sichtweise von F&O die herkömmliche Perspektive, nämlich Bewahrung der einen Tradition Christi, im Blick hatte, kommt im neueren Verständnis der Apostolizität die Sendung der Apostel stärker zum Ausdruck.969 Das Neue am Verständnis der Apostolizität ist von der eschatologischen Ausrichtung der Sendung der Kirche zum Heil aller Menschen und der Vergegenwärtigung des zukünftigen Gottesreiches geprägt. In den aus den Konsultationen von F&O zum Thema Episcopé and Episcopacy Within the Quest for Visible Unity and in the Service of the Apostolic Mission of the Church (Strasbourg und Crêt-Bérard, beide 1997) entstandenen Texten wird das Verständnis der Apostolizität ausgehend vom Verständnis der Sendung Christi zur Erfüllung des Heilsplans des Vaters betrachtet.970 Man spricht von der Apostolizität als von einer im Heiligen Geist ständig erneuerten Gabe, die zur Erneuerung und zur Mission ruft.971 Der Bericht der III. Gruppe Apostolicity, Continuity and Sign in Crêt-Bérard verbindet die Apostolizität im Sinne der Treue zum apostolischen Ursprung der Kirche mit der Offenheit gegenüber neuen Situationen: »The churches are called to remain faithful from generation to generation. Apostolicity requires openness to the Holy Spirit, correction under the Spirit’s guidance and constant re-interpretation to meet the needs of new situations. It needs constant turning to Christ and repentance.«972
968 Vgl. Visser ’t Hooft, Die Erste Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Amsterdam, 63–64. Vgl. Walter Kasper, Die apostolische Sukzession als ökumenisches Problem, in: Karl Lehmann/Wolfhart Pannenberg (Hg.), Lehrverurteilung – kirchentrennend? Band 3, Freiburg im Breisgau/Göttingen 1990, 330. 969 Vgl. Montreal, II. und III. Sektionsberichte. Uppsala, I. Sektonsbericht §16. 970 Vgl. Peter C. Bouteneff/Alan D. Falconer, Episkopé and Episcpacy and the Quest for Visible Unity, F&O Paper No. 183, Geneva 1999, 58. Vgl. Löwen 1971, 138. 971 Vgl. A. a. O., 138. 972 Peter C. Bouteneff/Alan D. Falconer, Episkopé and Episcopacy, 59.
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Damit zeigt sich der Bedarf an weiterführendem Nachdenken selbst innerhalb des ökumenischen Diskurses, wie die beiden Aspekte der Apostolizität, nämlich die Kultivierung der Kontinuität mit dem apostolischen Ursprung der Kirche und die Offenheit gegenüber der eschatologischen Erneuerung der Apostolizität, sich aufeinander beziehen. Darüber hinaus stellt sich die Frage, wie die Erneuerung des Amtes in der Offenheit für die Leitung des Heiligen Geistes zu verstehen ist.973 Jedoch nicht nur der Bedarf an einer Neu-Interpretation prägt den ökumenischen Diskurs der Apostolizität, sondern die Uneinigkeit in der Frage über die Mittel und Wege der Erhaltung der Apostolizität.974 Der TEA-Text definiert die Apostolizität als Kontinuität mit den Aposteln und ihrer Verkündigung. Der Heilige Geist wird in einem Zug mit der Gegenwart Christi in der Kirche genannt: »Derselbe Herr, der die Apostel aussandte, ist weiterhin in der Kirche gegenwärtig. Der Geist hält die Kirche in der apostolischen Tradition […].«975 Die Kontinuität der Kirche zwischen Christus, den Aposteln und der Gegenwart der Kirchen wird durch den Heiligen Geist gewirkt. Die Funktion seiner Wirkung besteht in der Vergegenwärtigung Christi. Obwohl dem Heiligen Geist die Funktion zugestanden wird, die Kirche in der Tradition der Apostel zu halten, wird nicht klar ausformuliert, wie diese erhaltende Wirkung des Heiligen Geistes der Aktivität der Kirche und umgekehrt begegnet.976 Damit ist die Frage nach dem Wesen der Beziehung zwischen dem Heiligen Geist und der Kirche gestellt. Die Beziehung zwischen den Aktivitäten des Heiligen Geistes und der Kirche wurde in der Konsultation zur Apostoliziät (Episkopé and Episcopacy) präziser ausformuliert. Die Antwort der menschlichen Seite auf die Gnadenmittel Gottes besteht im Leben des Glaubens, der Liebe und des Zeugnisses, und dient als Mittel, durch das Gott die Apostolizität vermittelt:977 »God uses this response as a 973 Die Konsultation bezieht sich auf die Aussage des Lima-Textes »openess to each other holds the possibility that the Spirit may well speak to one church through the insights of another«. Baptism, Eucharist and Ministry, Ministry, VI, §54. Episkopé and Episcopacy, 20. Vgl. Episkopé and Episcopacy, 35. 974 Der Report Episkopé, Episcopacy and Apostolic Continuity nennt 4 Fragen im Verständnis der Mittel der Apostolizität: 1) Was sind die Mittel der Erhaltung der Apostolizität? 2) Wie beziehen sie sich aufeinander? 3) Zu welchem Grad partizipieren sie an der Kontinuität der Kirche? 4) Wie abhängig ist die apostolische Kontinuität von diesen Mitteln? Vgl. Peter C. Bouteneff/Alan D. Falconer, Episkopé and Episkopacy, 54. 975 TEA, Amt, IV. A., §34. 976 Vgl. a. a. O., §34. TEA zählt zwar die Mittel der Bewahrung der Kontinuität auf (Bezeugung des apostolischen Glaubens, Verkündigung, neue Interpretation des Evangeliums, Feier der Eucharistie, Weitergabe der Amtsverantwortung, Gemeinschaft in Gebet, Liebe, Freude und Leiden, Dienst an den Kranken und Bedürftigen, Einheit unter den Ortskirchen und gemeinsame Teilhabe an den Gaben), geht jedoch nicht auf die Art der Beziehung zwischen dem Wirken des Geistes und der Antwort der Kirche ein. 977 Vgl. Episkopé and Episcopacy, 53.
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vehicle for handing down the means of apostolicity; it serves the apostolic continuity of the church. Yet while evoked by the Holy Spirit, the human response is susceptible to all characteristics of the human condition.«978 In dieser Formulierung zeigt sich ein Denkansatz, bei dem die Aktivität des Heiligen Geistes in der Wechselwirkung mit der menschlichen Zuwendung zu den Gnadenmitteln Gottes verstanden wird.979 Die Wirkung des Heiligen Geistes involviert die Aktivität des Menschen. Der Blick richtet sich auf die Apostolizität als gegenseitige Wirkung zwischen Gott und dem Menschen. In Rahmen der pentekostalen Wahrnehmung kann in dem obigen Zitat eine Bestätigung dafür entdeckt werden, dass die menschliche Zuwendung zur Wirklichkeit des Heiligen Geistes den ganzen Menschen umfasst. Obwohl der Bezug zur Bedeutung der menschlichen Antwort im Kontext der Begegnung zwischen Gott und Mensch entfaltet werden kann, bleiben Gottes Wirken und die menschliche Reaktion auf die Gnadenmittel bezogen. Der neueste Konvergenztext von F&O Die Kirche: Auf dem Weg zu einer gemeinsamen Vision deutet die Apostolizität stärker im Sinne ihres Sendungsauftrages: »Die Kirche ist apostolisch, weil der Vater den Sohn sandte, um sie zu gründen. Der Sohn wiederum wählte und sandte die Apostel und Propheten und stattete sie an Pfingsten mit den Gaben des Heiligen Geistes aus, um als Fundament der Kirche zu dienen und deren Auftrag vorzustehen (vgl. Eph 2,20; Offb 21,14; und Klemens von Rom, Brief an die Korinther 42). Die christliche Gemeinde ist dazu berufen, diesen apostolischen Ursprüngen immer treu zu bleiben.«980
Im Rahmen des Sendungswesens der Kirche zur Erfüllung des Heilsplanes Gottes versteht sich die Apostolizität ausgehend von der Treue zum Auftrag der Kirche. Leider wird in den Formulierungen von KWGV wenig Aufmerksamkeit auf den dynamischen Aspekt der Apostolizität gegenüber der Wirkung des Heiligen Geistes sowie der Offenheit zu den Korrekturen je nach der Veränderung des Kontextes gelegt.981 Der Konvergenztext bietet jedoch einen theologischen Rahmen, in welchem das Verständnis der Kirche erst im Licht des ganzheitlichen Verständnisses des Wirkens Gottes zur Erfüllung seines Heilsplanes erfasst werden kann. Die Treue zur Bewahrung der Mittel der Apostolizität, insbesondere das Amt als Dienst an der Wahrung der apostolischen Kontinuität, bleibt auch für den Konvergenztext KWGV prägend.
978 A. a. O., 53. 979 »This fidelity of God which inspires the faithful response of the people of God constitutes the apostolic succession of the church.« A. a. O., 59. 980 Die Kirche auf dem Weg zu einer gemeinsamen Vision, §22. 981 Vgl. Episkopé and Episcopacy, 59.
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Das Verständnis des Lebens im Heiligen Geist in der pentekostalen Tradition
Der Text Apostolizität und Katholizität (F&O Löwen 1971) begründet das Wesen der Apostolizität anhand von drei Aspekten:982 1) Identität des christlichen Glaubens (Norm). Es stellt sich die Frage, wie der Glaube an den Auferstandenen durch die Zeiten hindurch in seiner Wahrheit bewahrt werden kann. So begründet diese Frage die Notwendigkeit des Kriteriums für das rechte Glaubensverständnis. 2) Notwendigkeit des Amtes. Die Kirche lebt ihre Apostolizität, indem sie sich bei ihrem apostolischen Dienst an der »ursprünglichen Sendung und dem Amt der Apostel orientiert.«983 Dies hat eine sammelnde Funktion. Darin werden die Sendung und die Autorität der Apostel begründet. Hier wird der Heilige Geist als alle Ämter und Dienste verbindende Kraft deklariert. In diesem Aspekt wird eine mögliche Überwindung der bestehenden Unterschiede im Verständnis des Amtes gesehen. 3) Der sakramentale Aspekt der Apostolizität. Damit ist die Gegenwart des eschatologischen Heils Christi in der Kirche gemeint. Einige Aussagen aus Katholizität und Apostolizität deuten darauf hin, dass auch bereits das Leben der Apostel zu den Mitteln die Apostolizität zu bewahren, zählen kann. Die pneumatologische Dimension der Apostolizität wird als Wirken der lebendigen Hoffnung auf die kommende Erneuerung aller Dinge durch die machtvolle Gegenwart des Heiligen Geistes verstanden.984 Von der Katholizität wird als Nachahmung des Lebens der Apostel gesprochen. Zwar wird der Aspekt des Lebens der Apostel auf die Wirkung des Heiligen Geistes hingedeutet, dennoch bleibt die Betonung auf der Kontinuität mit dem apostolischen Ursprung liegen. Außerdem wird die Nachahmung (Aktualisierung) des Lebens der Apostel in der Verkündigung des Wortes und in den Sakramenten gesehen: »In ihrer Erinnerung umfasst [Nachahmung] die ganze Vergangenheit, die durch das Wort Gottes und die Sakramente ständig aktualisiert wird; und in ihrer Hoffnung umfasst sie bereits die ganze Zukunft, deren unvergängliches Unterpfand sie in irdenen Gefäßen trägt (vgl. 2 Kor. 4,7).«985 Die Nachahmung des apostolischen Lebens sowie das Verständnis der Wirkung des Heiligen Geistes in diesem Leben werden hauptsächlich in der Teilnahme am Leben der Kirche als einer Einheit betrachtet. Das Verständnis der Gegenwart des Heiligen Geistes bezieht sich in diesem Zusammenhang auf das einheitliche Sein der Kirche in der Kontinuität mit ihrem historischen Ursprung. Das ökumenische Interesse an der Apostolizität liegt im wichtigen Aspekt der
982 Vgl. Apostolizität und Katholizität, in: Konrad Raiser, Löwen 1971. Anhänge mit Vorschlägen für zukünftige Studienbereiche, 144–153. 983 A. a. O., 148. 984 Vgl. Katholizität und Apostolizität, §§5.6. 985 Katholizität und Apostoliziät, §6.
Das Leben im Heiligen Geist in Bezug auf die Apostolizität und Katholizität
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apostolischen Berufung, sich »um Erhaltung der Einheit und Überwindung dieser auseinander gehenden Meinungen« zu bemühen.986 Fasst man die oben erwähnten Facetten der Apostolizität im multilateralen Kontext unter dem Aspekt der Pneumatologie zusammen, ergibt sich ein komplexes und vielseitiges Bild von Apostolizität. Die Apostolizität gehört zu den Wesensmerkmalen der Kirche. Im Fokus liegen die Übereinstimmung mit dem apostolischen Ursprung der Kirche und die Partizipation an der Tradition der Apostel, welche durch das Sein der Kirche erfahrbar sind. Der Aspekt der Nachahmung der Praxis der Apostel wird im Bereich der Verkündigung und der sakramentalen Handlung angesiedelt. Die Vermittlung der pneumatischen Gegenwart Christi wird in den Sakramenten und in der Verkündigung, und zwar in Verbindung mit dem institutionellen Sein der Kirche, gesehen. Fragt man nach dem zusammenfassenden Bild des Verständnisses der Apostolizität, das für eine weitführende Diskussion mit dem pentekostalen Denkansatz zum Verständnis der Apostolizität interessant sein kann, wird man ein zweifaches Erscheinungsbild der Apostolizität konstatieren müssen. Einerseits vermitteln die Aussagen die Bedeutung der Offenheit gegenüber dem Heiligen Geist. Andererseits werden die Mittel zur Bewahrung des apostolischen Ursprunges der Kirche sowie die damit verbundene Vorstellung von der Wirkung des Heiligen Geistes auf die institutionelle Seite der Kirche limitiert (Schriftkanon, das Dogma, die liturgische Ordnung, das Amt). Das von den Pentekostalen betonte Leben und die Praxis der Apostel als Modus des Lebens in der Gegenwart des Heiligen Geistes wird in diesen Aussagen nicht berücksichtigt. So gesehen mag die Deutung der pneumatologischen Dimension der Apostoliziät im Zusammenhang mit der Kontinuität der Gegenwart Christi und der Einheit der Christen in sich logisch sein. Sie ist dennoch nicht zufriedenstellend, weil der pneumatologische Denkansatz der sakramentalen Gegenwart Christi durch die institutionelle Faktizität der getrennten Kirchen seine Gültigkeit verliert. Auch wird im ökumenischen Diskurs über die Apostolizität nicht genügend erläutert, was unter dieser Gabe im Blick auf den eschatologischen Gesichtspunkt der Erneuerung der Kirche und im Kontext der polyzentrischen Wirklichkeit der aktuellen Christenheit verstanden wird. Dieser Gesichtspunkt betrifft das aktuelle Verständnis der pneumatologischen Dimension der Kirche in Bezug auf das eschatologische Ziel, das durch die Führung des Heiligen Geistes erreicht werden soll. Die Anhaltspunkte für das Verständnis der Apostolizität unter dem Gesichtspunkt der Offenheit für den Heiligen Geist liefern unter anderem die Texte der Konsultationen von F&O Episkopé and Episcopacy Within the Quest for Visible Unity and in the Service of the Apostolic Mission of the Church: »Apos986 A. a. O., §9.
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tolicity requires openness to the Holy Spirit, correction under the Spirit’s guidance and constant re-interpretation to meet the needs of new situations.«987 Jedoch was diese Offenheit beinhaltet, liefert der Text keine Erklärung. Wenn die Offenheit gegenüber der Wirkung des Heiligen Geistes als Mittel zur Bewahrung der Apostolizität angedacht ist, dann muss das Nachdenken über die Offenheit gegenüber dem Heiligen Geist auf das Vorbild und die Lebensweise der Apostel oder auf das Leben der apostolischen Kirche zurückgeführt werden. Die Fragestellung, die der pentekostale Denkansatz zur Apostolizität im Zusammenhang mit der Offenheit für den Heiligen Geist mit sich bringt, lautet, ob die historische Realität der Begegnung der Apostel mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes in der Form nachahmbar ist, wie sie in der Apostelgeschichte beschrieben wurde. Hier muss der Fokus der Fragestellung präzisiert werden. Es geht nicht um die Nachahmung einer konkreten geistlichen Erfahrung der Apostel, sondern um die Frage des Lebensvorbildes der Apostel und des Lebensmodus’ der ersten Kirche gegenüber der Wirklichkeit des Heiligen Geistes, die als fortwirkendes Mittel verstanden werden und so die Kirche apostolisch machen. Das Leben und das Verhalten der apostolischen Kirche als Wesensmerkmal der Apostolizität kann unter dem Aspekt der Kirche als Partizipation am dreieinigen Gott durchaus legitim behandelt werden.988 Wenn das Apostolische des Lebens der apostolischen Kirche darin bestand, an dem Sendungsauftrag des Sohnes, der vom Vater ausgesandt war, zu partizipieren, dann soll unser Augenmerk auf das Leben der Apostel unter dem Gesichtspunkt ihrer Teilhabe sowohl an der Wirklichkeit des auferstandenen Christus als auch an seiner Sendung gerichtet sein. John Flett drückt diese Sicht der Apostolizität folgendermaßen aus: »Apostolicity is the community’s participation in Jesus Christ’s own history, the history of the resurrection of the dead. The church apostolic is the church determined by its living Lord and his mission. […] Unity is the living event in which the one body seeks the full stature of Christ.«989 Damit wird der Aspekt der Apostolizität als Teilnahme an der lebendigen Gegenwart Christi angesprochen. Flett zieht zwar die Schlussfolgerung, dass die Apostolizität als pneumatisches Kriterium nicht nur an den institutionellen Rahmen der Kirche gebunden ist, erläutert jedoch nicht, was diese lebendige Gegenwart Christi und die apostolische Partizipation an dieser Gegenwart bedeutet. Dieser Aspekt der Apostolizität als Vergegenwärtigung der Realität des auferstandenen Christus im Leben der Kirche findet man im Denken von Wolfhart Pannenberg. Pannenberg deutet die Apostolizität im Sinne des ökumenischen 987 Episkopé and Episcopacy, Report der III. Gruppe in Crêt-Bérard, 59. 988 Vgl. Die Kirche: Auf dem Weg, §23. 989 John Flett, Apostolicity, 336.
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Verständnisses der eschatologischen Ausrichtung des apostolischen Zeugnisses der Kirche. Er sagt, dass das zukünftige Heil im Leben und im Werk Christi in dieser Welt hereingebrochen sei.990 Das Zeugnis der Kirche drückt sich demnach in ihrem Leben in Bezug auf die Realität des auferstandenen Christus aus. Pannenberg spricht nicht direkt über die Lebensweise der Apostel im Heiligen Geist. Er ist mehr an der Veränderbarkeit des christlichen Zeugnisses interessiert.991 Allerdings liefert seine Denkweise Anhaltspunkte zum Verständnis der Apostolizität als Mission der Kirche durch die Proklamation der Lebensrealität Christi. Ich erweitere die Aussage von Pannenberg und verbinde die Mission der Kirche mit ihrem Leben angesichts der lebendigen Gegenwart Christi durch den Heiligen Geist. Dies kommt auch im Denken von John Flett zum Ausdruck.992 Daraus ziehe ich folgenden Schluss: Wenn die Lebensweise der ersten Kirche die neue Realität des auferstandenen Christus nicht nur verkündigte, sondern auch durch den Heiligen Geist auslebte, und wenn der Heilige Geist diese Lebensweise als Zeugnis der neuen Realität Christi als ununterbrochenes apostolisches Kontinuum eine Wirkung des Heiligen Geistes war, dann muss die Apostolizität der Kirche im Paradigma der Lebensgestaltung angesichts der Wirklichkeit des Heiligen Geistes gesehen und das Leben der Apostel in eine Reihe neben die anderen Merkmale der Apostolizität wie Verkündigung, Lehre und Glaube gestellt werden. Wenn die Behauptungen des TEA-Textes »derselbe Herr, der die Apostel aussandte, ist weiterhin in der Kirche gegenwärtig« und »der Geist hält die Kirche in der apostolischen Tradition« in einem Zusammenhang betrachtet werden können, dann implizieren sie die Schlussfolgerung, dass die Art des Umganges der Apostel bzw. ihre Lebensart gegenüber der im (durch den) Geist übermittelten Gegenwart Christi zur apostolischen Tradition der Kirche zählt.993 Eine Aussage aus dem Text Katholizität und Apostolizität bietet Anhaltspunkte dafür: »Indem sie die Kirche aber apostolisch nennen, bestätigen die Christen ihre Abhängigkeit von der ›glorreichen Schar der Apostel‹ sowie ihre Solidarität mit ihr, durch die bleibende Autorität des Wirkens des Heiligen Geistes, das die Apostel erfahren haben.«994
Die Autorität der Apostel wird in dieser Aussage durch ihre Erfahrung des Heiligen Geistes begründet. Allerdings behandelt der Text die Erfahrung der
990 Vgl. Wolfhart Pannenberg, The Significance of Eschatology for the Understanding of the Apocolicity and Catholicity of the Church, in: OiC (1970) 6, 410–429. 991 Vgl. Wolfhart Pannenberg, Systematische Theologie. Band 3, Göttingen 2015, 443. 992 »Apostolicity as the visibility of the resurrection is an eschatological promise.« Flett, Apostolicity, 336. 993 Vgl. TEA, Amt, III. D., §32. 994 Katholizität und Apostolizität. Die Apostolizität, §2.
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Begegnung der Apostel mit dem Heiligen Geist als historisch einmalig oder nur auf die Personen der Apostel bezogen. Die Kontinuität mit den Aposteln vollzieht sich als Solidarität. Das Dokument aus dem bilateralen Dialog zwischen dem Lutherischen Weltbund und dem Päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit der Christen Die Apostolizität der Kirche (1995–2006) erwähnt die Nachfolge des apostolischen Lebens als apostolische Sukzession.995 Allerdings bezieht sich dieses Leben auf die Übereinstimmung mit der Lehre und mit dem Lebensvorbild Christi (Imitatio Christi). Hinter diesen Aussagen lässt sich die Neigung des ökumenischen Denkens zur Sicherung der christologischen Mitte der Ekklesiologie vermuten, was zur Zentralisierung der Vergegenwärtigung Christi im Verständnis der Apostolizität führt. Was in der obigen Aussage für unsere Untersuchung und in Verbindung mit den Denkansätzen von Pannenberg und Flett interessant sein kann, ist, dass das Lebensvorbild der Apostel unter dem Gesichtspunkt des irdischen Lebens Christi im Heiligen Geist, nämlich im Kontext der Geist-Christologie und der Anthropologie als Verhalten der Christen im Kontext der neuen Schöpfung interpretiert werden kann. Einen Zusammenhang zwischen dem Leben und der Lehre Christi und dem Leben der Apostel lässt sich in Bezug auf das Wirken des Heiligen Geistes auch schriftlich nachweisen. In Apg 11,16 verweist der Apostel Petrus nach seiner Konfrontation mit der Wirkung des Heiligen Geistes in der Bekehrung von Kornelius auf die Worte Jesu »… ihr aber sollt mit dem Heiligen Geist getauft werden«. Die Imitation des Lebens Christi bestand nicht nur in der Nachahmung des Abendmahls und der Lehre Christi, sondern auch im aktiven Handeln im Bewusstsein der Öffnung für die Wirklichkeit des Heiligen Geistes – Heilung des Gelähmten (Apg 3,6), Bitte der ersten Gemeinde um das Wirken Gottes (Apg 4,29–30), die Frage des Apostels Paulus nach der Taufe mit dem Heiligen Geist (Apg 19,2), Wundertaten der Apostel (Apg 5,12). Alle hier aufgeführten Situationen zeigen, dass die ersten Christen sich der Wirkung des Heiligen Geistes bewusst waren. Die apostolische Nachahmung dieses Handelns kann hier christologisch gesehen im Vorbild des irdischen Handelns Christi, nämlich in der Praxis seiner direkten Hinwendung zur Wirklichkeit des himmlischen Vaters und in seiner übernatürlichen Wirkung in Heilungen und Wundern liegen. Dieser Hinweis dient dazu, das Fehlen der Reflexion über die Kontinuität des Lebens der Apostel im Heiligen Geist mit dem Leben Christi im Heiligen Geist im ökumenischen Diskurs aufzuzeigen. Auf der anderen Seite ist in den nächsten Schritten zu zeigen, inwiefern der pentekostale Denkansatz im Verständnis der Fülle des Lebens im Heiligen Geist einen Beitrag zum ökumenischen Verständnis 995 Vgl. Die Apostolizität der Kirche, §23.
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der Apostolizität leisten kann. Der pentekostale Fokus auf dem Leben im Heiligen Geist steht inhaltlich in einem wechselseitigen Verhältnis mit dem Thema der Wiederherstellung der apostolischen Praxis im Leben der Kirche. Die Erwähnungen der ökumenischen Texte über die Offenheit für den Heiligen Geist geben dem pentekostalen Denkansatz zum Verständnis des Heiligen Geistes eine Legitimation in ihrem erweiternden Beitrag zur ökumenischen Ekklesiologie und zum Verständnis der Apostolizität. Für die weiterführende Betrachtung des pentekostalen Denkansatzes zum Verständnis der Apostolizität ist jedoch die Balance zwischen der Kultivierung der normierenden Apostolizität, die für den ökumenischen Diskurs nach wie vor ausschlaggebend ist, und dem Verständnis des apostolischen Lebens im Heiligen Geist nicht aus dem Blick zu verlieren. Als nächstes wird eine weiterführende Betrachtung des pentekostalen Verständnisses der Apostolizität geboten, mit dem Ziel, einige Nuancen des pentekostalen Denkansatzes und damit Anhaltspunkte für eine Annährung zum ökumenischen Verständnis der Apostolizität auszuarbeiten. 2.3.3.2 Der pentekostale Denkansatz zum Verständnis der Apostolizität anhand ausgewählter Texte der bilateralen Dialoge Wie bereits oben erwähnt, sprechen die Pentekostalen von der Wiederherstellung der Idee der Christenheit. Das könnte die Vermutung nahelegen, dass die Pentekostalen kein ekklesiologisches Denkmuster haben. Ihre Idee des Restorationismus ist geprägt von der Nostalgie nach dem ursprünglichen Bild des Christentums, wie es in der apostolischen Kirche gelebt wurde. Allerdings enthält diese Neigung eine gewisse inhaltliche Vorstellung vom Bild der Kirche. In diesem Sinne wird die Kirche nicht in Begriffen der historischen Kontinuität mit Christus über die Lehre der Apostel und über das Amtsverständnis, sondern als eine konkrete Erscheinung des christlichen Lebens nach dem Prototyp des Lebens der apostolischen Kirche, angenommen. Michael Putney (Kommentar zur fünften Phase des Dialogs der Pentekostalen mit den Vertretern der RKK) zitiert Walter Kasper, der behauptete, dass die Ursache der pentekostalen Bewegung die geistliche Sehnsucht sei.996 Es ist allerdings zu fragen, ob der Heilige Geist die Pentekostalen zur Erfahrung seiner selbst oder zur Wirklichkeit der ersten Kirche oder zur Kontinuität mit dem historischen Ursprung der Kirche bewegt. So gesehen muss man die pentekostale Bewegung nicht unter der Perspektive einer Form der Spiritualität, 996 Vgl. Michael Putney, Commentary on the Report On Becoming A Christian. Report of the Fifth Phase of the International Dialogue Between Some Classical Pentecostal Churches and Leaders and the Catholic Church (1998–2006). https://www.prounione.it/dia/pe-rc/Dia-Pe -RC-06_Becoming-comment.pdf. Abgerufen 14. 07. 2021.
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sondern unter der Perspektive des ursprünglichen Bildes der Kirche betrachten.997 Daraus folgt, dass das Wesen wie die Intention der pentekostalen Bewegung nicht ausschließlich im Rahmen der Suche nach der individuellen Erfahrung des Heiligen Geistes, sondern auch im Zusammenhang mit dem apostolischen Wesen der Kirche gesehen werden kann. Das Erscheinungsbild der pentekostalen Bewegung drückt die Kontinuität zum geschichtlichen Ursprung der Kirche aus, indem der Lebensmodus und das Verhalten der apostolischen Kirche im Sinne des Lebens in Offenheit für den Heiligen Geist nachgeahmt werden. D. h. die Pentekostalen schlagen einen anderen Weg der Kontinuität der Kirche mit Christus vor, als das im traditionellen, ökumenischen Diskurs (apostolische Sukzession und Bekenntnis des apostolischen Glaubens) üblich ist. Sie legen den Fokus nicht auf die Tatsache der kontinuierlichen Existenz der Kirche im Laufe der Geschichte oder auf die Norm des apostolischen Glaubens, sondern auf das Leben der Christen in der unmittelbaren Begegnung mit dem durch den Heiligen Geist wirkenden Christus. Die Einheit der Kirche sei dann in der gemeinsamen Erfahrung dieser Begegnung institutionalisiert.998 Diese Denkweise kam zum Ausdruck im Dialog mit dem Weltbund der Reformierten Kirchen. Die Pentekostalen verbinden die Entstehung der Kirche mit der Erfahrung der Ausgießung des Heiligen Geistes.999 Sie betonen das Wesen der Kirche im Licht einer gemeinschaftlichen Erfahrung der Ausgießung des Geistes. Die Kirche gewinne ihre Gestalt durch die Gaben des Heiligen Geistes, geleitet durch den Geist im Wort.1000 Dass die Erfahrung des Heiligen Geistes zum Wesen der Kirche gehört, wurde auch von den Vertretern der RKK übereinstimmend bestätigt.1001 Dennoch legt die pentekostale Sicht der Apostolizität einen anderen Fokus, und zwar auf die Taten der Apostel.1002 In der fünften Phase des Dialogs der Pentekostalen mit den Vertretern der RKK deuten die Pentekostalen die Geistestaufe im Kontext der Kontinuität mit dem apostolischen Glauben als Wiederherstellung des apostolischen Glaubens.1003 Der Text der fünften Phase des Dialogs mit den Vertretern 997 Douglas Jacobsen verweist auf Seymour, der in der Entstehung des Pentekostalismus die Wiederherstellung der Kirche sah »just like the one [Christ] started when He left the earth und organized it on the day of Pentecost.« Douglas Jacobsen, Thinking in the Spirit: Theologies of the Early Pentecostal Movement, Bloomington 2003, 64. 998 Vgl. P-RKK/III, §32; P-RK/ I, §§39.79. 999 Vgl. P-RK/I, §39. 1000 Vgl. In dem Zusammenhang würde die Konzeption Word-Spirit-Community von Yong eine passende theologische Verknüpfung zwischen Christologie, Pneumatologie und Ekklesiologie liefern. 1001 Vgl. P-RKK III §§30.66 1002 Vgl. Kärkkäinen, Spiritus Ubi Vult Spirat, 236. 1003 Vgl. P-RKK/V, §§244–247.
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der RKK erwähnt das Werk von Kilian McDonnell. Er hat darauf hingewiesen, dass die Geistestaufe in einer engen Beziehung zum frühchristlichen Verständnis der christlichen Initiation steht.1004 In der zweiten Phase des Dialogs mit den Vertretern der RKK wurde erwähnt, dass sich »die gegenwärtige Kraft des Heiligen Geistes eher in einem gültigen Erweis des apostolischen Glaubens und Dienstes als in einer ununterbrochenen Linie bischöflicher Sukzession« zeigt.1005 Mit der Verbindung zu den Taten der Apostel, welche die übernatürliche Wirkung des Heiligen Geistes manifestieren, wird die pneumatische Dimension des apostolischen Wesens der Kirche mit dem Fokus auf dem Leben angesichts der Wirklichkeit des Heiligen Geistes gesehen. Für die vorliegende Untersuchung ist die Frage nach der Beziehung zwischen dem Heiligen Geist und der Apostolizität von Bedeutung, und zwar unter dem Gesichtspunkt der »pneumatologischen und charismatischen Dimension der Apostolizität«.1006 Allerdings sehen sich die Pentekostalen ihrerseits herausgefordert, darüber nachzudenken, wie die Gesamtheit der Kirche durch den Heiligen Geist geleitet wird.1007 Unter diesem Aspekt würde die apostolische Praxis der Führung des Heiligen Geistes im Paradigma der Einheit der Kirche (Apg 15,28) verstanden sein. Allerdings wird in der pentekostalen Sicht der Apostolizität nicht erläutert, wie die beiden pneumatologischen Dimensionen der Apostolizität, nämlich die Nachahmung der apostolischen Praxis und die normierende Kontinuität des apostolischen Glaubens in der Kirche, sich aufeinander beziehen. 2.3.3.3 Die pentekostale Sicht der Apostolizität in den theologischen Entwürfen ausgewählter pentekostaler Theologen Es gilt in diesem Unterkapitel zu fragen, wie sich die Kontinuität mit dem apostolischen Ursprung der Kirche im Kontext des Pentekostalismus theologisch interpretieren lässt. Dieses Interesse an der Deutung des Zusammenhanges zwischen dem Leben der Kirche und ihrer apostolischen Dimension wirft die Frage auf, ob und inwieweit die apostolische Dimension der Kirche mit dem Dienst der Apostel zusammenhängt und was die apostolische Dimension theologisch beinhaltet. Ist damit ein konkreter, pneumatologischer Existenzmodus der Kirche gemeint, der die Kirche wirkungsvoll macht? Wie beziehen sich der pneumatologische Modus der Existenz der Kirche und ihre Wirksamkeit auf1004 Vgl. P-RK V. §7. 1005 P-RKK/II, §90. »Die Pfingstler betrachten das apostolische Leben und die Kraft der Predigt, die zur Bekehrung zu Jesus Christus führt, als eine Beglaubigung des apostolischen Amtes.« Ebd. 1006 Kärkkäinen, Die Pfingstbewegung und der Anspruch auf Katholizität in: Jörg Haustein /Giovanni Maltese, Handbuch pfingstliche und charismatische Theologie, 435. 1007 Vgl. P-RKK/III, §76.
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einander? Spiegelt der Lebensmodus der Apostel gegenüber der Wirklichkeit des Heiligen Geistes das nachzuahmende Prinzip des Lebens der Kirche in der Gegenwart des auferstandenen Christus? Da die Texte der bilateralen Dialoge der Pentekostalen nicht genügend Basis für die Reflexion über die Apostolizität bieten, muss man die Meinungen einiger pentekostalen Theologen betrachten, die die Frage der Apostolizität angedacht haben. Ein solcher Einblick in einige pentekostale Meinungen zum Thema zeigt, dass neben der pentekostalen Betonung des Lebens im Heiligen Geist und der übernatürlichen Praxis der Apostel die Leitungsfunktion zum apostolischen Wesen der Kirche gehört. Diese Beobachtung ist für den ökumenischen Diskurs von Bedeutung, weil er die Apostolizität im Zusammenhang mit den ekklesiologischen Strukturen und der dienenden Rolle des Amtes betrachtet. Aus diesem Grund kann die ökumenische Legitimität aller neuen Aspekte der Apostolizität nicht ohne den Bezug zur Normierung und zur Kontinuität der ursprünglichen Lehre und des Dienstes der Apostel erreicht werden. Der pentekostale Theologe Simon Chan bemerkte diesen Zusammenhang in Bezug auf die Notwendigkeit der Episkopalität der Kirche: »When Pentecostals start to think ecclesiologically they seem to discover the need of one [Episcopacy].«1008 In seinem Vortrag The Nature of the Church: The Holy Spirit and Spiritual Life, hält Chan fest, dass das Verständnis des gemeinsamen Lebens der Pentekostalen auf zwei Grundprinzipien ruht, auf Gleichheit und Hierarchie.1009 Das Prinzip der Hierarchie beruht auf dem Hintergrund der Anerkennung der speziellen Berufung und speziellen Salbung der Kirchenleiter mit dem Heiligen Geist: »While Pentecostals believe that all are filled with the Spirit, they also seem to accept the idea that the minister of the gospel has a special calling and is therefore a ›specially anointed servant of God‹.«1010 Chan deutet die Idee der gesalbten Leitung in der pentekostalen Bewegung als episkopalen Instinkt.1011 Er sieht in der gegenseitigen Beziehung zwischen Gleichheit und Hierarchie eine Ähnlichkeit zum orthodoxen Verständnis der Beziehung zwischen dem Bischof und der Kirche. Diese Denkweise von Chan kann unter anderem dazu dienen, die 1008 Simon Chan, Pentecostal Ecclesiology: An Essay on the Development of Doctrine, Blandford Forum UK 2011, 124. Chans Zitat kann als Hinweis auf das Verständnis der Apostolizität in Hinblick auf die Leitung der Kirche gedeutet werden. John Christopher Thomas, Toward a Pentecostal Ecclesiology: The Church and the Fivefold Gospel, Cleveland 2010, 270–271. 1009 Vgl. Simon Chan, The Nature of the Church, http://www.pctii.org/cyberj/cyberj22/chan.h tml. Abgerufen 06. 02. 2018. Dieser Vortrag wurde von Simon Chan im Auftrag der Pentekostalen bei einem Dialog zwischen dem Ökumenischen Patriarchat und einigen Vertretern der Pentekostals am 27.–29. 09. 2012 am European Theological Seminary in Kniebis (Deutschland) gehalten. 1010 Simon Chan, The Nature. 1011 Vgl. a. a. O.
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pneumatologische Dimension der Apostolizität in Bezug auf das kirchliche Amt nicht nur im traditionellen Kontinuitätsdiskurs der Apostolizität, sondern auch im pentekostalen Paradigma des Lebens im Heiligen Geist zu begründen. Unter diesem Blickwinkel kann man die zwei Formen der Kontinuität des apostolischen Wesens, nämlich pneumatisch (im Sinne des Lebens gegenüber dem Heiligen Geist) und ekklesial (als Amt), als eine Einheit betrachten. Auf diese Komplementarität des Wesens der Apostolizität wies Kärkkäinen im Zusammenhang mit der Kategorisierung der Apostolizität durch den Bapisten Charles J. Conniry hin.1012 Conniry teilt die Apostolizität in vier Modelle: ekklesiale, biblische, pneumatische und kerygmatische Apostolizität, die als unterschiedliche Ansätze der Apostolizität in einem komplementären Verhältnis zueinander stehen.1013 Der ekklesiale Aspekt der Apostolizität, der auf Struktur und Organisation ausgelegt ist, muss nicht der pentekostalen Sicht der pneumatischen Apostolizität widersprechen, vor allem weil aus meiner Sicht die pneumatologische Dimension der Apostolizität genauso die institutionelle Seite der Kirche wie ihre charismatische Seite umfasst. Beide Seiten dienen einem Zweck, die Existenz der Kirche als Werk des Heiligen Geistes und als Leben der Christen im Heiligen Geist zu gestalten. Dass der institutionelle Aspekt der pneumatischen Apostolizität seitens der Pentekostalen nicht ausschließlich unter dem Aspekt der Erfahrung des Heiligen Geistes gesehen wird, kann im Zusammenhang der pentekostalen Erklärung der Unterscheidung der Geister beobachtet werden.1014 Die Unterscheidung der Geister dient der Kontinuität der Kirche und bringt sie immer wieder auf die christologische Basis (Menschwerdung Christi) zurück. Der apostolische Bezug wäre hier die Frage nach der Normierung des Maßstabes der Unterscheidung der Geister. Eine Ursache, warum die Pentekostalen über diesen Ansatz nicht zur Bejahung der institutionell-normierenden Seite der Kirche als pneumatische Dimension der Kirche kommen, liegt meiner Meinung nach in der Betrachtungsweise der Pentekostalen: Sie betrachten die institutionelle Seite der Kirche und die Formulierung der historischen Glaubensbekenntnisse als Gegensatz zum charismatischen Wesen der Kirche.1015 Aus meiner Sicht kann die Gegenüber-
1012 Vgl. Kärkkäinen, Apostolicity of Free Churches: A Contradiction in Terms or an Ecumenical Breakthrough? in: EPT (2002) 11/1, 41–51. 1013 Vgl. Kärkkäinen, Spiritus Ubi Vult Spirat, 357. Charles J. Conniry, Identifying Apostolic Christianity: A Synthesis of Viewpoints, in: Faculty Publications – Portland Seminary 1994. 42. 1014 Vgl. P-RKK/VI §§78–79; P-RK/II §85. 1015 Kärkkäinen schreibt in Bezug auf die Ablehnung der Episkopalität als ein Mittel der Garantie der Kontinuität der Apostoliziät: »This is understandable, since for Pentecostals to admit the necessity of apostolic succession as the criterion would mean to call in question the whole validity of their spiritual experience and encounter with God, inasmuch as it has
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stellung von Institution und Geist selbst im pentekostalen Konzept der Apostolizität unter dem ökumenischen Gesichtspunkt der Beziehung zwischen der Ekklesiologie, Christologie und Pneumatologie in ein wechselseitiges Konzept umgedeutet werden. Die pneumatische Apostolizität erfordert in vermehrtem Maße die Klärung des normierenden Rahmens der Kirche. Harold Hunter spricht von der Kirchenleitung als von einem Aspekt der apostolischen Kontinuität.1016 Er argumentiert mit der Tatsache, dass ein großer Teil der pentekostalen Kirchen presbyterianisch organisiert sind.1017 Diesen Denkansatz setzt Hunter gewissermaßen dem Denkansatz von Miroslav Volf entgegen, der im Buch Trinität und Gemeinschaft: eine ökumenische Ekklesiologie dargestellt wurde.1018 Miroslav Volf plädiert für eine polyzentrische Gemeinschaft im Gegensatz zur episkopozentrischen Ekklesiologie von Joseph Ratzinger (kath.) und John Zizioulas (orth.). Volfs Ekklesiologie gründet im symmetrischen Modell (Perichorese) der Beziehungen innerhalb der Trinität, während sich die katholischen und orthodoxen Ekklesiologien auf das hierarchische Modell (Monarchie) der Beziehungen innerhalb der Trinität gründen. Nach Volf gehört das ordinierte Amt nicht »zum esse der Kirche, sondern zum bene esse der Kirchen.«1019 Hunter opponiert zwar gegen Volf nicht direkt, möchte dennoch angesichts des polyzentrischen Modells nicht auf das Konzept der Leiterschaft in der Kirche verzichten.1020 Hunter beruft sich in seiner Sicht der episkopalen Leitung auf solche pentekostalen Kirchen wie die International Pentecostal Holiness Church (IPHC), Church of God in Christ, Church of God und Church of God of Prophecy.1021 Sie stellen eine Art der pentekostalen Episkopa-
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occurred outside the framework and the security allegedly guaranteed by apostolic succession.« KÄrkkäinen, Apostolicity of Free Churches, 45. Vgl. Harold Hunter, Pentecostal Reflections on Apostolicity, in: JEPTA (2013) 33/1, 1– 13. Hunter ist das Thema der Apostolizität in Anlehnung an die ökumenische Formulierung der Apostolizität im Dokument Gemeinsam den einen Glauben bekennen (1991) angegangen. Vgl. a. a. O., 8.10. Vgl. Simon Chan, Pentecostal Ecclesiology, 112. Vgl. Miroslav Volf, Trinität und Gemeinschaft: eine ökumenische Ekklesiologie, Mainz 1996. Miroslav Volf, Trinität und Gemeinschaft, 199, 144. Hier ist die Untersuchung von Matthias Haudel zu erwähnen, der nachgewiesen hat, dass das Modell von Volf vom trinitarischen Modell der interpersonalen Beziehung überlagert ist. Bei Volf ist der Aspekt der intrapersonalen Beziehungen unterbelichtet. Vgl. Matthias Haudel, Die Selbsterschliessung des dreieinigen Gottes, 416–417. Vgl. Hunter, Pentecostal Reflections, 8. Vgl. Hunter, Pentecostal Reflections, 10. Dale Coulter weist darauf hin, dass die meisten ekklesiologischen Entwürfe der Pentekostalen aus dem evangelikalen Flügel der pentekostalen Bewegung stammen. Aus diesem Grund ist es meiner Meinung nach notwendig, die Sicht des episkopalen Flügels der pentekostalen Bewegung zu berücksichtigen. Vgl. Dale Coulter, Christ, The Spirit, And Vocation: Initial Reflections on a Pentecostal Ecclesiology, in: Pro Ecclesia 2010 XIX/3, 318–319.
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lität dar, weil sie die Sukzession des Bischofes durch Handauflegung praktizieren. Hunter weist auch darauf hin, dass sich dieses episkopale Modell mit dem partizipatorischen Modell von Volf durchaus kombinieren lässt. Das Prinzip des allgemeinen Priestertums aller Gläubigen könnte nach Hunter eher im pentekostalen Sinne als Prophetentum der pentekostalen Gläubigen bezeichnet werden, die nach der charismatischen Bevollmächtigung des Heiligen Geistes suchen.1022 In der Aussage von Chan zur Episkopalität sieht Hunter den Hinweis auf den bischöflichen Trend in der Unterscheidung zwischen den geisterfüllten Christen und den Pastoren, die vom Heiligen Geist besonders gesalbt sind.1023 Ein Beispiel, wie sich die beiden Modelle (episkopal und partizipatorisch) kombinieren lassen, kann am Vorschlag von Matthias Haudel demonstriert werden. Er sieht die Überwindung des Gegensatzes zwischen Hierarchie und Demokratie im trinitarischen Modell des Gegenüber-Seins Gottes und seiner Gleichrangigkeit. Haudel zeigt unter anderem an der Diskussion mit dem Denkansatz von Volf, dass das Gemeinschaftsprinzip und das Hierarchieprinzip miteinander korrespondieren können, und zwar aufgrund des trinitarischen Prinzips der Personalität Gottes von Gegenüber und Nähe.1024 Haudel wendet damit das reformatorische Prinzip von der Selbsterschließung Gottes im Sprachereignis auf die Trinitätslehre an. Nach diesem Prinzip ist Gott das gebende Gegenüber (verkündetes Objekt) und der durch den Heiligen Geist vom Menschen subjektiv erfahrene Gott (bleibendes Subjekt).1025 Obwohl Haudel die Pneumatologie anders als im pentekostalen Verständnis konzipiert, nämlich als Ereignis des Glaubens, erweist sich seine Schlussfolgerung als aufschlussreich und unterstützend für den Gedanken, dass die charismatische Struktur der Kirche das Leitungsamt nicht ausschließt, sondern aufgrund der Analogie zwischen der Trinität und der Kirche mit einbezieht. Dieser Aspekt des Verständnisses der episkopalen Leitung im Zusammenhang mit der Apostoliziät findet sich im Denken Chans in Anlehnung an den mon-
1022 Vgl. Hunter, a. a. O., 12. 1023 Vgl. Hunter, Pentecostal Reflections, 9. Dieses Verständnis der Apostolizität sieht Chan im Denken von Afanasiev (orth.), der die Unterscheidung zwischen ordinierten und nichtordinierten Personen in der Unterscheidung der Charismen gesehen hat. Chan wendet das episkopale Modell auf die pentekostale Ekklesiologie unter dem Aspekt der eucharistischen Ekklesiologie an. Es würde jedoch der Distinktivität des pentekostalen Denkens mehr entsprechen, die Apostolizität in der Unterscheidung der Charismen in deren neutestamentlichem Verständnis der Charismen, und zwar in Bezug auf die ekklesiale Wirklichkeit des Heiligen Geistes, zu begründen. Vgl. Chan, Pentecostal Ecclesiology, 111. 1024 Vgl. Matthias Haudel, 472–473. 1025 Vgl. a. a. O., 476.
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archischen Aspekt der Trinität.1026 Das monarchische Modell der Trinität, das drei Dimensionen der Kirche, nämlich sakramental, liturgisch und episkopal als eine Ganzheit betrachten lässt, kann in das pentekostale Denken integriert werden, um den nachhaltigen Rahmen der distinktiven Spiritualität der Pentekostalen zu verleihen.1027 Obwohl die Pentekostalen die Apostolizität im Sinne der charismatisch strukturierten Gemeinschaft verstehen, erwähnt Chan die Tatsache, dass der pentekostale Impuls der Episkopalität als immer wiederkehrendes Phänomen der pentekostalen Bewegung ans Licht kommt.1028 Die apostolischen Bewegungen innerhalb des Pentekostalismus haben die Rolle und die Autorität der speziell gesalbten Leitungspersonen aufgrund der Interpretation von Eph 4,11 hervorgehoben.1029 Obwohl Chan die individuelle Apostolizität im Pentekostalismus kritisiert, plädiert er dennoch dafür, nicht auf das Konzept der Episkopalität als solches zu verzichten.1030 Die Begründung dafür findet er in der Verbreitung der pentekostalen Kirchen in der Dritten Welt, die den episkopalen Instinkt haben und die Autorität der Leiter im Zusammenhang mit der charismatischen Struktur der Kirche betrachten. Ein Argument für die pneumatologische Begründung der apostolischen Zentralität der Leiter in der Kirche kann das ekklesiologische Geist-ChristusVerhältnis sein. Die Gegenwart Christi in der Kirche sowie die Kommunikation zwischen Christus und der Kirche wird durch das Wort Gottes vermittelt. Die Geistwirkung des Wortes schließt auch nicht nur den Dienst derer ein, die das Wort verkündigen, sondern auch den gemeinschaftlichen Aspekt der Wirkung der Verkündigung des Wortes Christi. Das Wort Christi konstituiert die Sammlung der Christen als Leib Christi. Aus dem oben gezeigten Verhältnis zwischen dem Wort und dem Geist plädiert Chan für ein ekklesiologisches Modell der Pneumatologie, das weder demokratisch noch hierarchisch, sondern ein effektiver Träger der christlichen Tradition ist.1031 Dieses Modell erfordert unter anderem die Neuentdeckung der Rolle der Pneumatologie. Die pentekostale Pneumatologie soll im Heiligen Geist den Geist der Kirche und der Geschichte entdecken.1032 Chans Modell verknüpft
1026 Vgl. Simon Chan, Pentecostal Ecclesiology: An Essay on the Development of Doctrine, 108. 1027 Vgl. a. a. O., 111. 1028 Vgl. a. a. O., 111. 1029 Latter Rain Bewegung, Shepherding Bewegung, New Apostolic Reformation von Peter C. Wagner (Fuller Theological Seminary). 1030 Vgl. Chan, Pentecostal Ecclesilogy, 113. 1031 Vgl. Simon Chan, Pentecostal Theology and the Christian Spiritual Tradition, 14. 1032 Vgl. a.a.O, 99. Im Lichte dieser Aufgabe interpretiert Chan die Geistestaufe wie folgt: »The primary focus of Spirit-baptism is to actualize our communal life, our fellowship in Christ.«
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das Verhältnis von Geist und Wort mit der Kirche als Organisation.1033 Nach dem pentekostalen Modell der Beziehung zwischen Wort und Geist wirkt der Geist eine dynamische Beziehung zwischen dem Wort und dem Leben der Christen. Allerdings mündet diese Beziehung in die Illuminierung einzelner Christen als Individuen. Um die Tendenz der Illuminierung zu vermeiden und die Kraft des Wortes zu bewahren, muss die Beziehung Geist-Wort in der kirchlichen Gemeinschaft lokalisiert werden. Damit setzt Chan die Wirkung des Heiligen Geistes mit der historischen Tradition der Kirche in Verbindung.1034 Dadurch kann die ekklesiale Apostolizität das gleiche Gewicht neben der charismatischen Apostolizität bekommen.1035 Eine für die Pentekostalen passende Form der Apostolizität findet Chan im orthodoxen Modell der reziproken Beziehung zwischen dem Bischof und den Laien im Feiern der Eucharistie.1036 Er sieht in diesem Modell die Konfluenz von Sakramentalität, Episkopalität und Liturgie. Auch wenn Chan ökumenisch denkt und den Platz der Apostolizität im Sinne der leitenden Autorität der Kirche in der Überlieferung der Wahrheit und in der Beziehung zwischen der hierarchischen und reziproken Dimension der Kirche sieht, erweitert er das pentekostale Verständnis der Apostolizität als charismatische Beziehung zum Heiligen Geist hin zum pneumatologischen Verständnis der Organisation der Kirche. Was dem Ansatz von Chan an dieser Stelle noch mehr Verknüpfung mit der pentekostalen Tradition bieten würde, wäre der Bezug der Apostolizität zur pentekostalen Ekklesiologie der Charismen. Wenn die pentekostale Bewegung die Wirkung des Heiligen Geistes besonders in den Gaben des Heiligen Geistes sieht, dann ist ein wichtiger Aspekt der pentekostalen Form der Apostolizität in der Gabenlehre zu entdecken.1037 Die Gabe und der Dienst eines Apostels, wie die 1033 Hunter und Dale Coulter weisen darauf hin, dass Chan damit ein hierarchisches Modell der Ekklesiologie entwickelt hat. Vgl. Hunter, Pentecostal Reflections, 10. Coulter, Christ, the Spirit, and Vocation 318. Auch wenn Chan von dem bischöflichen Instinkt in der pentekostalen Tradition spricht, meint er nicht die Hierarchie, sondern die Analogie mit dem trinitarischen Modell, das sowohl den hierarchischen als auch den reziproken Moment enthält. Demnach besteht das kirchliche Leben in der Gegenseitigkeit zwischen dem Bischof und den Laien. Vgl. Chan, Pentecostal Ekklesiology, 114. Im Gegensatz zum Ansatz von Volf spricht er sich für die Rolle der Leiter hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Ordnung der Kirche aus. Vgl. Chan, Pentecostal Theology, 101, Fußnote 11. 1034 Chan nimmt Bezug auf das orthodoxe Verständnis der Eucharistie von Zizioulas. Vgl. Chan, Pentecostal Theology, 107–108. 1035 Vgl. Andrew Lord, Spirit-shaped mission, 73. 1036 Auf der orthodoxen Seite wird die Gleichheit aller Christen gegenüber der Eucharistie und gleichzeigtig der Unterschied im Dienst an der Eucharistie in der eucharistischen Ekklesiologie Afanasievs am stärtksten zum Ausdruck gebracht. Vgl. Николай Афанасьев, Церковь Духа Святого (Nikolaj Afanasjev, Tzerkow Ducha Swjatogo), Paris 1971. 1037 »Pentecostals understand catholicity in terms of the ›full gospel‹ in relation to the Lord’s promise to give life in fullness (Jn 10.10); He is Saviour, the one who baptizes in the Spirit, the Healer as well as the coming King.« »Pentecostals contend that the apostolicity of the
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Gabe der Leitung, werden im NT (Eph 4,11; 1Kor 12,28; Röm 12,6) explizit erwähnt. Daraus folgt, dass die pneumatologische Begründung der Apostolizität in der Existenz der Kirche, als kollektive Erfahrung der Geistesgaben in ihrer Kontinuität, nicht nur mit der Lehre der Apostel, sondern mit ihrer Sendung bzw. Funktion zur Sammlung der Kirche und mit der institutionellen Dimension der Kirche anzusetzen wäre. Unter diesem Verständnis könnte die Rolle des apostolischen Dienstes oder der apostolischen Dimension der Kirche darin gesehen werden, die Vielfalt und die Freiheit der Erfahrungen mit dem Heiligen Geist in eine institutionelle und dynamische Einheit des Leibes Christi zu führen und eine dynamische Korrespondenz mit dem Evangelium zu wahren. Im weitesten Sinne dieser Apostolizität könnte das Argument der Notwendigkeit der leitenden Autorität in der Ausübung der Geistesgaben die pneumatologische Dimension der Apostolizität begründen. Daraus folgend könnte man die Wirkung des Heiligen Geistes nicht primär in der individuellen Erfahrung, sondern in der Aktualisierung der Einheit der Kirche als Ort der Erfahrung des Heiligen Geistes betrachten. Auch wenn die pentekostale Bewegung die Phänomene der Hervorhebung des Aspektes der vermittelnden apostolischen Autorität immer wieder kritisch sieht, ist dennoch aus meiner Sicht die These zu erwägen, ob nicht gerade dieser Blickwinkel einer Hervorhebung der Wirkung des Heiligen Geistes im Leben der Kirche die Wiederentdeckung der apostolischen Praxis und der apostolischen Funktion in der ersten Kirche zur Folge haben könnte.Dieser Aspekt kommt stärker zum Ausdruck in der weiteren Entwicklung der pentekostalen Bewegung, nämlich in der charismatischen Bewegung, unter anderem unter dem Begriff der sogenannten Neuen Apostolischen Reformation.1038 Unter dem Aspekt der Rolle der Apostel im Leben der ersten Kirche kann der Ansatz der Wiederherstellung einen neuen Blickwinkel auf die Apostolizität der Kirche formen. Dieser Ansatz church is also closely related to apostolic life (Acts 4), apostolic work (Jn 14.12), and apostolic power manifested in spiritual gifts as well as ›signs and wonders‹ (Acts 2.4).« Report of the Joint Consultative Group between Pentecostals and the World Council of Churches. https://www.oikoumene.org/en/resources/documents/executive-committee/20 13-03/jcg-report. Abgerufen 28. 01. 2020. 1038 Der Begriff geht auf Peter C. Wagner (USA, evangelikal-charismatisch) zurück, der auf die Wichtigkeit des apostolischen Dienstes im Leben der Kirche unter dem Gesichtspunkt der Ausbreitung des Reiches Gottes aufmerksam macht. Obwohl seine Deutung des apostolischen Dienstes auf die Übermittlung der Wirkung des Heiligen Geistes (Weinschläuche Gottes) fokussiert ist und nicht unkritisch betrachtet werden darf, verdient sein Denkansatz dennoch unsere Aufmerksamkeit. Dies vor allem aufgrund der Betonung der Wirkung des Heiligen Geistes durch den kirchlichen Leitungsdienst: »There is a new acceptance of the fact that the Holy Spirit, in implementing God’s design for the Body of Christ, delegates extraordinary amounts of spiritual authority to individuals.« Peter Charles Wagner, On Earth as It Is in Heaven: Answer God’s Call to Transform the World, Ventura 2012, 27. 33.
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würde dann, metaphorisch gedeutet, das Wesen der Wirkung des Heiligen Geistes nicht nur, wie Pentekostale es sehen, auf die individuelle Erfahrung des Heiligen Geistes fokussieren. Es würde auch auf die Wichtigkeit der Aktualisierung des apostolischen Wesens der Kirche im Sinne der Einheit der Kirche und der historischen Kontinuität mit der Kirche der Apostel verweisen. Den Ansichten von Chan und Hunter stellt sich die Meinung von Kärkkäinen entgegen. Nach seiner Meinung ist das Kriterium der bischöflichen Kontinuität für die geistliche Erfahrung der Christen nicht notwendig.1039 Dass die Pentekostalen auf das Verständnis der apostolischen Sukzession im katholischen Sinne verzichten, wird durch die Notwendigkeit der unmittelbaren Begegnung mit Gott für jeden Christen begründet. Was aus dem Denken von Chan resultiert und in dem Fall keinen Gegensatz zur Apostolizität im Sinne der Episkopalität bildet, wird im Denken von Kärkkäinen gegen die Notwendigkeit der Episkopalität angewandt. Es ist hier allerdings zu berücksichtigen, dass sich Kärkkäinen nicht gegen das Leitungsamt als solches, sondern gegen die bischöfliche Kontinuität der apostolischen Dimension wendet. Wenn aber Kärkkäinen die Sicht der Pentekostalen als Rückkehr zur Kirche der Apostel darstellt, dann muss auch erwähnt werden, dass das Pfingstereignis in der Apostelgeschichte mit dem Dienst der Apostel, und zwar im Zusammenhang mit ihrer Leitungsautorität, in Verbindung stand. Der Dienst der Apostel wird von dem Sendungsauftrag und von dem Amt Christi (Bevollmächtigung und Sendung durch den Vater) abgeleitet. So wird das Amt im katholischen Kontext verstanden als »eine unverzichtbare Bestimmung gegenüber der Kirche als Ganzem und gegenüber dem der Kirche als Subjekt des christlichen Glaubens gegebenen Auftrag, die Sache Jesu im umfassenden Sinne dieses Wortes zu vermitteln und zu vergegenwärtigen«.1040 So gesehen gehört der Leitungs- und Lehrdienst des Amtes untrennbar zur charismatischen Wirklichkeit der Kirche. Aus pentekostaler Sicht von Kärkkäinen wäre die Wirksamkeit der pneumatologischen Dimension der Christen ohne die apostolische Dimension im Sinne der sammelnden Sendung aber möglich. Die Behauptung von Kärkkäinen stammt meiner Meinung nach von einer vorgeprägten Sicht der Pentekostalen, was die kirchengeschichtlich bedingte Spannung zwischen dem charismatischen Leben der Apostel gegenüber dem System der bischöflichen Sukzession angeht. Hätte Kärkkäinen wie Chan die Notwendigkeit der Sukzession weniger im Zusammenhang mit der Übermittlung des Heiligen Geistes, 1039 Vgl. Kärkkäinen, Die Pfingstbewegung und der Anspruch auf die Apostolizität, in: Jörg Haustein/Giovanni Maltese, Handbuch pfingstliche und charismatische Theologie, 442. 1040 Heinrich Fries, Die katholische Lehre vom kirchlichen Amt, in: Wolfhart Pannenberg (Hg.) Lehrverurteilungen – kirchentrennend? Band III, Freiburg im Breisgau/Göttingen 1990, 187.
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sondern mehr in Verbindung mit der historischen Kontinuität der Kirche der Apostel oder mit dem Communio-Wesen des christlichen Glaubens betrachtet, könnte man die pneumatologische Bedeutung der Apostolizität nicht vordergründig im Zusammenhang mit der ungebrochenen Sukzession, sondern mit der pneumatologischen Dimension der Einheit der Kirche deuten. Die apostolische Qualität der Kirche kann man unter diesem Aspekt in der Wahrung der historischen Kontinuität im Sinne der Einheit der Kirche sehen, deren Existenz als Fülle des Heiligen Geistes verstanden werden kann. Der Ansatz von Kärkkäinen zeigt, dass die Pentekostalen das Wesen der pneumatischen Apostolizität meistens nicht mit der einheitlichen Existenz der Kirche in Verbindung bringen. Einerseits betonen sie mehr den empirischen Aspekt der Wirkung des Heiligen Geistes durch die Apostel.1041 Andererseits wird man die Praxis der Apostel unter dem Gesichtspunkt der Beziehung zwischen Christologie und Pneumatologie nicht nur in der missionarischen Aktivität der Kirche, sondern auch in der Wahrung der Kontinuität zu Christus sehen. Dies würde bedeuten, dass das Wesen von Pfingsten neben der Sendungsdimension auch die Sammlungsdimension impliziert. Die Pentekostalen verstehen unter diesem Sammeln die gemeinsame Erfahrung mit dem Heiligen Geist. Dabei muss berücksichtigt werden, dass die Gemeinschaft der Apostel nach der Erhöhung Christi eine Verbindung (Übergangsstadium) zwischen der inkarnatorischen Dimension des Heiligen Geistes im irdischen Leben Christi und der christologischen Dimension der Ausgießung des Heiligen Geistes am Pfingsttag markiert. Dies ist ersichtlich aufgrund des Zusammenseins der Jünger in Gehorsam gegenüber dem Wort Christi »Jerusalem nicht zu verlassen, sondern zu warten auf die Verheißung des Vaters, die ihr, so sprach er, von mir gehört habt.«1042 Hier steht die durch das Wort Christi initiierte Sammlung der Apostel als Bedingung für den Empfang des Heiligen Geistes. Daran wird deutlich, dass die pneumatologische Dimension der charismatischen Apostolizität auch mit der kirchen-konstituierenden (J. Zizioulas) Dimension der Geist-Christologie in Verbindung steht. Dieser Aspekt der Apostolizität im Zusammenhang mit der Sammlung der Kirche, die in Christus gegründet ist, wird in der Ekklesiologie von Frank Macchia berücksichtigt. Macchia sieht zwei Modelle der Apostolizität, einmal das episkopale Modell der Vermittlung der Gegenwart Christi und zum anderen das Koinonia-Modell, nach dem alle Kirchenglieder zusammen die Apostolizität gegenseitig ausleben.1043 Macchia sieht die apostolische Dimension weder in der 1041 Vgl. Veli-Matti Kärkkäinen, Apostolicity of Free Churches. A Contradiction in Terms of an Ecumenical Breakthrough? 45. 1042 Apg 1,4; vgl. Lk 24,49. 1043 Vgl. Frank Macchia, Baptized in the Spirit, 231.
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Sukzession des apostolischen Dienstes vom auferstanden Christus, noch in der Wiederherstellung des ursprünglichen apostolischen Dienstes, sondern in Analogie zum apostolischen Dienst als Gabe des Heiligen Geistes, in der Unterordnung unter das apostolische Zeugnis und die Mission.1044 Macchia behandelt die Apostolizität im ekklesiologischen Paradigma und setzt das Verständnis der Apostolizität in Abhängigkeit vom Verständnis der Kirche.1045 Als Folge ist sein Denken auf die institutionellen und charismatischen Leitungsstrukturen fokussiert. Die Anwendung der Geistestaufe auf das Verständnis der Apostolizität hat eine Schlussfolgerung: »There is no aristocracy of the Spirit in the church and, as Volf points out, the presence of Christ is not mediated to the church through the ›narrow portals‹ of ordained ministry but rather polycentrically through many gifted ministries in the church interactively.«1046 Diese Aussage spiegelt in gewissem Sinn das Denken der konziliaren Apostolizität von Kärkkäinen. In der Erweiterung von Macchia betrifft das apostolische Wesen die Kirche als eine Ganzheit in ihrer missionarischen Ausrichtung, wobei die apostolische Dimension ihren Platz in der Funktion der speziellen Leitungsverantwortung hat. Zu Macchias Denken muss man anmerken, dass er wie Chan die Apostolizität vom ekklesiologischen Ausgangspunkt angeht und sie funktionell über die Geistestaufe im Sinne der charismatischen Wirklichkeit unter dem Auftrag der Mission auf die Kirche auslegt. Das zeigt, dass es aufschlussreich ist, die ekklesiale Apostolizität vom pneumatologischen Standpunkt aus anzugehen. Macchia behauptet, dass die ganze Kirche an der Gabe der Apostel wie an Pfingsten beteiligt ist. Aus meiner Sicht jedoch ist dagegen einzuwenden, dass die Apostel nicht erst am Pfingsttag Apostel geworden sind. Ihre Begegnung mit Christus vor und nach der Auferstehung bildet mit der Geistestaufe eine ununterbrochene heilsgeschichtliche Linie und gehört untrennbar zu ihrer Apostolizität. Dadurch bekommt die Apostolizität ihren Bezug zum Paradigma der GeistChristologie, und zwar am Punkt der Erfahrung des Heiligen Geistes als Geist des Lebens Christi. Dieser Aspekt der Apostolizität wurde in Gemeinsam den einen Glauben bekennen (1991) betont.1047 Selbst Kärkkäinen, der sich gegen die episkopale Apostolizität ausgesprochen hat, sagt, dass die Beziehung zwischen der Kirche und dem Heiligen Geist ohne den Bezug zur Christologie unvollkommen erscheint.1048 Diese Verbindung zur Christologie drückt sich im Verständnis des Heiligen Geistes als Geist Christi folgendermaßen aus: der Geist Gottes fällt 1044 1045 1046 1047 1048
Vgl. A. a. O., 232. Vgl. a. a. O., 232. A. a. O., 235. Vgl. Gemeinsam den einen Glauben bekennen, §179. 241. Vgl. Kärkkäinen, Church as Charismatic Fellowship: Ecclesiological Reflections from the Pentecostal-Roman Catholic Dialogue, in: JPT (2001) 9/1, 100–121,109.
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weder einfach vertikal auf die Individuen (wie die Pentekostalen behaupten), noch durch die Handauflegung als Zeichen der apostolische Sukzession, ohne die Geschichte des Geistes innerhalb der Geschichte des Dienens zu beachten.1049 Die Realität der Apostel kann, metaphorisch ausgedrückt, als lebendiges umfassendes Zeugnis der Wirklichkeit der Auferstehung Christi gedeutet werden. Daraus folgt, dass nicht nur die pneumatische Funktion, sondern auch die reale Existenz der Apostel als historische Kontinuität mit dem auferstandenen Christus zum pneumatologischen Wesen der Apostolizität gehört. Als Folge begründet sich der Modus der apostolischen Leitung nicht nur aus der Notwendigkeit der Funktion oder der missionarischen Aktivität der Kirche, sondern aus dem Verständnis der Kirche als Ort der erfahrbaren Wirklichkeit der Begegnung mit der Gegenwart Christi im Heiligen Geist. Darum kann die Apostolizität als Modus der Wirkung des Heiligen Geistes verstanden werden, in dem die Kirche Christi in einer ununterbrochenen historischen Kontinuität mit dem historischen Pfingstereignis der Entstehung der Kirche sowohl im institutionellen als auch im charismatischen Sinne lebt. Diesen Aspekt der Apostolizität greift Amos Yong auf. Den Bezug zur Apostolizität angesichts des Aspektes der Sukzession setzt Yong bei der Bedeutung der kirchlichen Autorität an. Obwohl die Pentekostalen die Existenz einer zentralen kirchlichen Autorität mit dem Hinweis auf die Vielfalt der apostolischen Tradition in den Evangelien verneinen, verschärfen sie damit die Spannung zwischen der Vielfalt und Einheit in Bezug auf das Wesen der Kirche als eine, heilige, katholische und apostolische.1050 Die Schlussfolgerung, die Yong aus der pentekostalen Verneinung der päpstlichen Autorität zieht, gilt gleichermaßen dem pentekostalen Anliegen der Wiederentdeckung der apostolischen Dimension des christlichen Lebens: »If such a move relativizes the authority of the pope, it also relativizes the pentecostal claim to apostolic restoration.«1051 Yong plädiert anhand der Schrift-Beweise (Petrus und Kornelius Apg 10; das erste apostolische Konzil Apg 15) für einen pneumatologischen Ansatz der päpstlichen Autorität und der bischöflichen Tradition: »Apostolic authority to retrieve, re-appropriate, and re-interpret the Scripture in accordance with ecclesial experience is sanctioned, finally, by the charismatic illumination of the Spirit.«1052 Diesen Vorschlag formuliert Yong im Sinne der pentekostalen Tradition, und zwar als Wiederherstellung der charismatischen und pneumatischen Dimensionen des apostolischen Dienstes im Licht des institutionellen Wesens der 1049 Vgl. Kärkkäinen zitiert H.Mühlen. Vgl, Mühlen, Charismatic and Sacramental, 346. Vgl. Kärkkäinen, Church as Charismatic Fellowship, 110. 1050 Vgl. Yong, The Spirit Poured Out on all Flesh, 149. 1051 A. a. O., 150. 1052 A. a. O., 150.
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apostolischen Sukzession.1053 Nach Yong können die Pentekostalen im bischöflichen Dienst am Leib Christi das Wesen des Heiligen Geistes erkennen und das päpstliche Amt provisorisch symbolhaft als Repräsentierung des apostolischen Glaubens und als eschatologische Vorwegnahme der endgültigen Realisierung der apostolischen Botschaft, nämlich die Fülle Christi, sehen.1054 Ein solches Verständnis der Autorität aus der pneumatischen Perspektive bringt die Apostolizität aus dem abstrakten spirituellen Kontext in die Realität des kirchlichen Lebens und des Glaubens unter anderem auch im Sinne der Vorwegnahme der endzeitlichen Sammlung aller Christen im Reich Gottes. Auf der anderen Seite kann dieses Verständnis der Apostolizität dazu beitragen, die Dichotomie zwischen den Konzepten der Apostolizität als historische Sukzession und geistliche Wiederherstellung (Erneuerung) zwischen Vergangenheit und Gegenwart in der eschatologischen Ausrichtung zu überwinden. Die Betrachtung einiger Denkmodelle pentekostaler Theologen zum Verständnis der Apostolizität hat gezeigt, dass die pentekostale Sicht der Wiederherstellung der apostolischen Praxis die institutionelle Wirklichkeit der Kirche als Dimension des Heiligen Geistes nicht zwingend ausschließt, sondern im ekklesiologischen Diskurs der Apostolizität die Aspekte der ekklesiologischstrukturellen Dimension des Heiligen Geistes bejaht. Die Apostolizität der Kirche schließt die Kontinuität der Kirche mit ihrem apostolischen Ursprung als Einheit ihrer Existenz in Christus mit ein. Wenn die Pentekostalen ihre Sicht der Wiederherstellung der Kirche als Rückkehr zum apostolischen Ursprung der Kirche in der Wirkung der Apostel sehen, dann muss im Verständnis der Apostolizität nicht nur die Praxis der Apostel im Vordergrund gesehen werden, sondern auch die christologische (inkarnatorische) Prämisse dieser Praxis (Begegnung mit dem irdischen Christus) miteinbezogen werden. Die christologische Prämisse würde in dem Fall bedeuten, dass die Erfüllung mit dem Heiligen Geist unter der Voraussetzung der einheitlichen Sammlung der Christen geschah (Apg 1,8). Die Erfahrung des Heiligen Geistes gehört zur Erfahrung der Einheit um Christus untrennbar zusammen. Die Rückkehr zur Praxis der Apostel soll auch die Rückkehr zum christologischen Rahmen ihrer apostolischen Wirkung beinhalten. Christus sei die Norm der Erfahrung des Heiligen Geistes. Dadurch erweitert sich das Verständnis der Wirkung des Heiligen Geistes von der dynamischen Dimension der Kraftwirkung zur sammelnden Dynamik einer Kirche in ihrer historischen Kontinuität. Die ganzheitliche Betrachtung der beiden Aspekte würde den Zugang der Pente-
1053 Vgl. a. a. O., Fn. 54, 149. 1054 Vgl. a. a. O., 150.
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kostalen zur pneumatologischen Dimension der Kircheneinheit in der Sammlung der Christen um Christus öffnen.
2.3.4 Zusammenfassung Es ist im Zusammenhang mit dem pneumatologischen Fokus der Pentekostalen die These in Erwägung zu bringen, ob der Ansatz der Wiederherstellung des apostolischen Wesens der Kirche eine Tendenz zum pneumatologischen Ausgangspunkt der Lehre von der Kirche aufzeigt. Damit rückt für die Pentekostalen nicht nur die apostolische Praxis als solche in den Vordergrund. Auch die christologisch-ekklesiologische Wirkung des Heiligen Geistes, die mit der Sammlung der Apostel in Verbindung stand, kommt dazu. Oder anders ausgedrückt, die Begegnung mit dem Heiligen Geist und die Hinwendung zur ursprünglichen Praxis der apostolischen Kirche soll die Pentekostalen zur Entdeckung der zentralen Rolle des Heiligen Geistes bewegen, die sichtbare Einheit der Kirche in Christus zu erlangen. Es ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass das Wirken des Heiligen Geistes, verstanden im Diskurs der Geist-Christologie, insbesondere im Fall der Geistausgießung an Pfingsten, nicht in erster Linie in der Praxis der Apostel angesichts der Gegenwart des Heiligen Geistes an sich bestand, sondern in einer ununterbrochenen Kontinuität sowohl mit Christus als auch mit seinem Gebot, beieinander zu bleiben, als auch in der Übermittlung des Heils. Aus diesem Grund versteht sich die pneumatische Apostolizität in der Wechselwirkung vom Sein der Apostel – sie waren beieinander (Apg 2,1) – und ihrem aktiven Handeln gegenüber dem Heiligen Geist. Bezieht man das sammelnde Warten der Apostel als Voraussetzung der Geistausgießung auf das Wirken Christi und in dem Zusammenhang auf das Wirken des dreieinigen Gottes, kann das Wirken des Heiligen Geistes im Gemeinschafts-Sein der Apostel gesehen werden. Auch die Offenheit gegenüber dem Heiligen Geist wäre in diesem Fall die Offenheit gegenüber Christus und seiner Wirksamkeit. Daraus kann expliziert werden, dass das Sein der Kirche aufgrund ihrer inneren Tendenz, in der Ausrichtung auf Christus hin ihre Einheit zu leben, als eine dynamische Kategorie interpretiert werden kann. Darauf wurde schon in der Behandlung des pentekostalen Ansatzes zur Apostolizität hingewiesen. Die Bewahrung der Einheit bzw. die in Verbindung mit Christus als dem Auferstandenen bringende Aktivität beinhaltet die Dynamik der Wirkung des Heiligen Geistes. Das hilft den Vertretern der pentekostalen Kirchen, ihre Betonung auf dem dynamischen Glaubensstil aus der Erfahrung des Heiligen Geistes nicht nur für sich als dynamisch zu beanspruchen, sondern auch das institutionelle oder sakramentale Sein der Kirche in sich dynamisch zu betrachten.
Das Leben im Heiligen Geist in Bezug auf die Apostolizität und Katholizität
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Das Verständnis der apostolischen Existenz der Kirche darf sich darum weder ausschließlich auf das Paradigma der dynamischen Kraftwirkung noch auf den ontologisch-sakramentalen Kontext des Seins der Kirche beschränken, sondern muss beide, in einem komplementären und einheitlichen Verhältnis, betrachten. Wie beziehen sich diese beiden Aspekte der Apostolizität aufeinander? Wie die unterschiedlichen Aspekte der Apostolizität, einschließlich des pentekostalen Denkansatzes, aufeinander bezogen werden können, kann ansatzweise im Denken von Kärkkäinen gesehen werden. Er versucht sieben Aspekte der Apostolizität auszuarbeiten, die in jeder Kirche akzeptiert werden können.1055 1) Apostolizität involviert die Kontinuität mit dem Leben und dem Glauben der Apostel. 2) Das charismatische Leben und der Gottesdienst sind essentieller Teil der Apostolizität. 3) Mission und Verkündigung des Evangeliums sind ein unbestrittener Aspekt der Katholizität. 4) Die Heilige Schrift ist selbst apostolisch und die Norm der Apostolizität. 5) Apostolizität ist ein dynamisches Konzept. 6) Apostolizität betrifft nicht nur den Klerus, sondern alle Christen. 7) Apostolizität ist ein zutiefst pneumatologisches Konzept.1056 Kärkkäinen sieht den Punkt der Annährung der Kirchen in der Frage der Apostolizität unter dem Punkt 4. Die Heilige Schrift ist die Norm der Apostolizität. Jedoch ist genau das die Herausforderung für den ökumenischen, pneumatologischen Diskurs, über diese theoretische Zusicherung, dass der Heilige Geist wirkt und dass die Apostolizität ein pneumatologisches Konzept ist, hinaus zu denken, und die Unterschiede der theologischen Deutungen der Wirkung des Heiligen Geistes zu verstehen. Aus meiner Sicht können der sechste und der siebte dieser sieben Aspekte der Apostolizität von Kärkkäinen Anhaltspunkte für die Versöhnung und gegenseitige Bereicherung zwischen der ökumenischen und der pentekostalen Sicht der Apostolizität liefern. Mein Vorschlag zur Versöhnung zwischen den verschiedenen Aspekten der Apostolizität würde unter dem pneumatologischen Gesichtspunkt ausgehend von der Einheit der Kirche bestehen. Wenn der Heilige Geist die Einheit der Kirche wirkt und die Apostolizität der Kirche zu dieser Wirkung gehört, dann müssen sowohl die Dimension des charismatischen Lebens im Geist als auch die Dimension der Bewahrung und Tradierung des christlichen Glaubens in einer Wechselwirkung verstanden werden. Die charismatische Dimension des Lebens im Heiligen Geist sollte jedoch in einem breiteren Rahmen des Lebens in der Offenheit gegenüber dem Heiligen Geist erfasst werden. Soll der Heilige Geist die Dimension der neuen Schöpfung in Christus 1055 Vgl. Veli-Matti Kärkkäinen, Apostolicity of Free Churches: A Contradiction in Terms or an Ecumenical Breackthrough, 46. Kärkkäinen verweist auf Avery Dulles (kath.), der vorgeschlagen hat, das Konzept der Apostolizität als vielseitiges und komplexes Konzept zu betrachten. 1056 Vgl. a. a. O., 46.
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Das Verständnis des Lebens im Heiligen Geist in der pentekostalen Tradition
realisieren, muss seine Wirkung in der apostolischen Kirche in der Nachahmung des Lebens Christi bzw. im Vorbild des Lebens der Christen unter dem Gesichtspunkt der neuen Beziehungen mit dem auferstandenen Christus verstanden sein. Die oben dargestellte Verknüpfung des pentekostalen Denkansatzes zum Verständnis der Offenheit gegenüber der Wirklichkeit des Heiligen Geist mit dem ökumenischen Verständnis der Apostolizität hat gezeigt, dass der pentekostale Denkansatz zum Verständnis des Heiligen Geistes nicht einfach eine Form des geistlichen Lebens darstellt, sondern zutiefst ekklesiologisch ist. Ekklesiologisch ist der pentekostale Denkansatz, weil er die Rolle der Beziehung der Christen zur Wirklichkeit des Heiligen Geistes als Bestandteil des apostolischen Wesens der Kirche und als ihren Lebensmodus hervorhebt. Dieser Ansatz lässt die Kontinuität der Kirche in der Geschichte nicht nur an die institutionelle Seite einer Kirche binden. Er wirft die Frage auf, ob die NeuEntdeckung der Dimension des Heiligen Geistes in der persönlichen Zuwendung der Christen zur Wirklichkeit des Heiligen Geistes in jeder konfessionellen Tradition einen Ansatz zum gemeinsamen Verständnis der Einheit der Kirche bieten würde.
2.4
Zusammenfassung von Kapitel 2
In der Betrachtung des Selbstverständnisses des Pentekostalismus angesichts des ökumenischen Diskurses zum Verständnis der Fülle des Lebens im Heiligen Geist haben sich zwei spezifische Erkennungsmerkmale der pentekostalen Bewegung gezeigt, nämlich das Leben in Christus unter dem Gesichtspunkt der unmittelbaren Offenheit für die Wirklichkeit des Heiligen Geistes und die Neigung zur Nachahmung des apostolischen Lebensmodus der Kirche bzw. der Urkirche. Wenn man jedoch diese beiden Erkennungsmerkmale aufeinander bezieht, dann soll der besondere Akzent des Pentekostalismus auf der Aktualisierung des Lebens der apostolischen Kirche als Ausfluss aus dem historischen Pfingstereignis liegen, und zwar in seiner Konsequenz für das Verhalten der Kirche angesichts der durch Christus bedingten neuen Gegenwart des Heiligen Geistes: »From a theological perspective, Pentecostalism is characterized by the day of Pentecost as concern for an immediate encounter with God through the Spirit of Christ manifested in discernable signs und wonders as evidence of Gods transforming and redeeming presence.«1057
1057 Wolfgang Vondey, Pentecostalism and Reformation: Towards a Joint Ecumenical Commemoration, in: JEPTA (2017) 37/ 2, 110–121, 116.
Zusammenfassung von Kapitel 2
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Die Praxis der apostolischen Kirche als direkte Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes endet nach der pentekostalen Vorstellung nicht mit Pfingsten und bezeichnet das Wesen der Kirche unter dem Gesichtspunkt der Leitung des Heiligen Geistes. Als Folge soll der ökumenische Beitrag des Pentekostalismus nicht vordergründig die Lehre über die Geistestaufe in der traditionellen pentekostalen Formulierung sein, sondern die Betonung des Lebensmodus der Kirche in der Begegnung mit dem Heiligen Geist in Betracht ziehen. Wenn daher die Vertreter der pentekostalen Tradition ihr Erbe und ihre konfessionelle Identität im ökumenischen Gespräch und hinsichtlich der Erweiterung des ökumenischen Diskurses entfalten wollen, müssen sie die Geistestaufe im Kontext der Kontinuität als dauerndes Pfingstgeschehen im Sinne des Lebensmodus der direkten Öffnung für die Wirklichkeit des Heiligen Geistes interpretieren. Um auf die Eingliederung des pentekostalen Denkansatzes zum Verständnis der Fülle des Lebens im Heiligen Geist im III. Teil der vorliegenden Untersuchung eingehen zu können, biete ich abschließend einen kurzen Überblick, wie der Inhalt des II. Teils der Untersuchung aufgebaut wurde. Die Aufgabe des II. Teils bestand ursprünglich darin, die distinktiven Themen der pentekostalen Glaubenstradition im Hinblick auf ihren ökumenischen Beitrag herauszuarbeiten. Das spezifisch pneumatologische Thema der Pentekostalen zeigte sich unter dem Verständnis des christlichen Lebens in der Fülle des Heiligen Geistes. Das pentekostale spezifische Verständnis des Lebens in der Fülle des Heiligen Geistes liegt in der Behauptung, dass es für das christliche Leben notwendig ist, in der Öffnung gegenüber dem Heiligen Geist zu leben bzw. die Begegnung mit dem Heiligen Geist zu erleben. Für das Verständnis des Heiligen Geistes bedeutet das, dass der Heilige Geist in seinem Wesen Gott in Begegnung ist und von Christen direkt erfahren werden kann. Die Untersuchung der pentekostalen theologischen Begründungen des Verständnisses der Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes im Kontext der Geistestaufe stellte jedoch heraus, dass es bei der Geistestaufe nicht nur um eine besondere oder intensive Form der spirituellen Erfahrung, sondern um ein initiales Ereignis des christlichen Glaubens geht. Der spezifische Unterschied der Betonung auf der Geistestaufe zu den anderen konfessionellen Lehren über den Heiligen Geist besteht darin, dass die Pentekostalen, wenn auch nicht explizit, dieser Wirkung des Heiligen Geistes die Bedeutung eines Initiationsereignisses beimessen. Sie sind der Überzeugung, dass die unmittelbare, explizite Erfahrung dieser Wirkung als initiales Moment des Lebens in Christus und als eine direkte Begegnung mit dem Heiligen Geist, die jenseits des sakramentalen Rahmens stattfindet, hervorgehoben werden muss. Im spezifisch pentekostalen Verständnis der Erfahrung des Heiligen Geistes wird die Gegenseitigkeit zwischen
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Das Verständnis des Lebens im Heiligen Geist in der pentekostalen Tradition
der Wirkung des Heiligen Geistes und der aktiven Öffnung des Menschen für diese Wirkung betont. Die Zuordnung dieser gegenseitigen Wirkung zur Kategorie der christlichen Initiation entstand deshalb, weil die Begegnung mit dem Heiligen Geist als Schlussfolgerung aus dem pentekostalen Verständnis des Heiligen Geistes nicht optional, sondern als grundlegend für das christliche Leben verstanden wird. Daraus folgt, dass theologisch zu überlegen ist, ob der initiale Bezug in der Erfahrbarkeit der Begegnung mit dem Heiligen Geist an sich, oder im Lebensmodus der Offenheit für die Wirklichkeit des Heiligen Geistes vorliegt. Die traditionelle pentekostale Betonung der sichtbaren Erweise der Geistestaufe legt großen Wert auf die Notwendigkeit der Erfahrung mit dem Heiligen Geist als initial wichtig für das christliche Leben. Dieses initiale Explizieren einer besonderen Erfahrung des Heiligen Geistes neben der Erfahrung des Glaubens an Christus kollidiert mit dem ökumenischen Diskurs der initialen Einheit zwischen der Erfahrung Christi und des Heiligen Geistes. Daraus resultierte eine weitere Aufgabe, nämlich zu untersuchen, ob und inwiefern die Pentekostalen die Beziehung zwischen den Erfahrungen der Wiedergeburt und der Geistestaufe im Hinblick auf ihr Verständnis der Beziehung zwischen Christus und dem Heiligen Geist wahrnehmen und theologisch erläutern. Dies war mit dem Ziel verbunden, die für den ökumenischen Dialog konvergenten Erklärungen der Beziehung zwischen Christus und dem Heiligen Geist herauszustellen, welche das theologische Explizieren der Erfahrung des Heiligen Geistes neben Christus vermeiden und gleichzeitig die pentekostale Zentralität des Lebens im Heiligen Geist für den christlichen Glauben festhalten. Das Anliegen des pentekostalen Denkansatzes zum Verständnis des Heiligen Geistes in seinem Bezug zur Christologie zeigte sich in der Konkretisierung bzw. Erweiterung der Erfahrung der Wirklichkeit Christi durch die Erfahrung des Heiligen Geistes. Als Folge wird der Heilige Geist nicht nur als Heilsüberbringer im Sinne der Heilsvermittlung, der Vergegenwärtigung Christi oder der Verbindung der Kirche mit ihrem Haupt gesehen, sondern als der, der die Wirklichkeit der Gegenwart des auferstandenen Christus im Leben der Christen wirksam macht. Diese Christusbezogenheit des Wirkens des Heiligen Geistes bringt das Nachdenken über den Heiligen Geist in den christologischen Rahmen unter dem Gesichtspunkt Christus als Täufer mit dem Heiligen Geist. Diese Denkweise über den Heiligen Geist stimmt im Ganzen mit dem ökumenischen Denken über den Heiligen Geist überein, und zwar als Geist der Vergegenwärtigung Christi. Christus als Täufer mit dem Heiligen Geist liegt jedoch nicht im Fokus der ökumenischen Christologie. Die Taufe mit dem Heiligen Geist ist beim ökumenischen Denken im Bereich der Ekklesiologie angesiedelt. Die Pentekostalen setzen das Verständnis der Christus-vergegenwärtigenden Rolle des Heiligen Geistes bei der unmittelbaren und direkten Erfahrung seiner
Zusammenfassung von Kapitel 2
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Wirkung an.1058 Vorausschauend auf den Inhalt des nächsten Teils, in dem es um die Modellierung des ökumenischen Beitrags des pentekostalen Denkansatzes im Verständnis zum Heiligen Geist gehen wird, lässt sich folgendes sagen: Der Denkansatz der unmittelbaren und direkten Offenheit für den Heiligen Geist kann sich nur dann als ökumenisch relevant erweisen, wenn er die negative Tendenz der Subordinierung und Entpersonaliserung des Geistes gegenüber dem Sohn einerseits, und der Dominanz der Christologie gegenüber der Pneumatologie andererseits und darüber hinaus den ekklesiologischen Bezug des ökumenischen Denkens berücksichtigt. Für eine ökumenisch fruchtbare Artikulation des pentekostalen Denkansatzes zum Verständnis des Heiligen Geistes bietet sich die Bezugnahme des Lebens der Christen auf die Wirklichkeit des auferstandenen Christus als Wirken des Heiligen Geistes an. Daraus folgt, dass die menschliche Disposition gegenüber diesem Wirken als bewusste Offenheit für die Wirklichkeit des Heiligen Geistes als Bestandteil der Fülle des Lebens der Christen im Heiligen Geist in Betracht gezogen werden muss. Da es im pentekostalen Fall nicht um das allgemeine Verständnis des Heiligen Geistes, sondern um das Leben der Christen gegenüber der Wirklichkeit des Heiligen Geistes geht, kann der pentekostale Denkansatz im Themenbereich des aktuellen ökumenischen Diskurses betrachtet werden, in welchem es um das Leben der Christen unter dem Gesichtspunkt der menschlichen Disposition gegenüber der Wirklichkeit Gottes in der Welt geht. Das Ergebnis des ersten Teils der Untersuchung hat einen Mangel der ökumenischen Studien am Verständnis des Lebens der Christen im Heiligen Geist (unter der Leitung des Heiligen Geistes), sowie die Spannung zwischen der Einheit der Kirchen im Heiligen Geist und der faktischen sakramentalen Trennung dieser Einheit gezeigt. In diesem Zusammenhang kann der Fokus auf das Leben im Heiligen Geist als Anstoß zum Nachdenken über die Einheit der Kirche dienen. Vom pneumatologisch-soteriologischen Standpunkt aus kann das Thema der Erfüllung mit dem Heiligen Geist als Aufgabe und als soteriologisches Ausgerichtet-Sein des christlichen Lebens verstanden werden, sich der Wirklichkeit des Heiligen Geistes zu öffnen. Die Offenheit gegenüber der Wirklichkeit des Heiligen Geistes kann im soteriologischen Rahmen des Heils als Modus des menschlichen Lebens im Rahmen der Wiederherstellung der Schöpfungsord1058 »Die christologische Frage: ›Wer ist Jesus?‹ ist nur dann sinnvoll, wenn Jesus Christus lebt, d. h., sie fußt auf der Voraussetzung der pneumatischen Präsenz Christi. […] Der im Geist präsente Christus läßt sich nicht gegen dessen geschehene bzw. noch ausstehende Geschichte ausspielen. […] Das Geistgeschehen löst das Christusgeschehen weder auf noch ab, sondern vollstreckt und ratifiziert es.« Christian Schütz, Einführung in die Pneumatologie, Darmstadt 1985, 18.
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Das Verständnis des Lebens im Heiligen Geist in der pentekostalen Tradition
nung durch Christus verstanden werden. Damit bildet sich die Betrachtungsweise der Pneumatologie in ihrem Bezug zur Anthropologie und zur Soteriologie. Diese Beziehung wurde von Wolf-Dieter Hauschild im Kontext des frühchristlichen Denkens untersucht.1059 Allerdings betrachtet er diese Beziehung nicht im Zusammenhang mit der Ekklesiologie. Die Ableitung der Beziehung zwischen Pneumatologie, Anthropologie und Soteriologie vom pentekostalen Denkansatz im Verständnis des Heiligen Geistes ähnelt dem orthodoxen Verständnis des christlichen Lebens, das die transzendente Bedingung des menschlichen Lebens in der lebensschenkenden Funktion des Heiligen Geistes sieht. Der Unterschied des pentekostalen Denkansatzes zum orthodoxen Verständnis des Lebens im Geist besteht im Verständnis der direkten und unmittelbaren Begegnung mit ihm.1060 Ich schlage deshalb vor, die pentekostale Betonung der Offenheit für die Wirklichkeit des Heiligen Geistes auf das Verständnis des menschlichen bzw. christlichen Lebens zurückzuführen. Damit rückt der Heilige Geist in den Mittelpunkt nicht nur in seiner Leben- und Christus-vermittelnden Funktion, sondern als Basis, Schöpfer und gleichzeitig als das Gegenüber der Handlungswirklichkeit des Menschen.1061 Damit wird der pentekostale Denkansatz im Verständnis des Heiligen Geistes im Bereich der praktischen Pneumatologie angesiedelt.1062 Die Öffnung für den Heiligen Geist eröffnet die Perspektive der Betrachtung des Heiligen Geistes als Geist, der die personale Selbst-Hingabe an Gott durch die Öffnung des Menschen für die Wirklichkeit Gottes wirkt.1063 1059 Vgl. Wolf-Dieter Hauschild, Gottes Geist und der Mensch: Studien zur frühchristlichen Pneumatologie, Beiträge zur evangelischen Theologie: theologische Abhandlungen, München 1972, 12. 1060 Auch wenn die orthodoxe Tradition, wie sie im Denken von Serafim von Sarov erklärt wurde, das Ziel und das Motiv des menschlichen Lebens im Erwerb (russ: stjazhanie) des Heiligen Geistes sieht, wendet sich der Mensch im orthodoxen Denken nicht direkt auf eine Begegnung mit dem Heiligen Geist hin, sondern auf die aktive Praxis des religiösen Lebens (Gebet, gute Taten um Christi willen, Teilnahme an der Liturgie usw.). 1061 Vgl. Michael Böhnke, Gottes Geist im Handeln der Menschen: praktische Pneumatologie, Freiburg/Basel/Wien, 2017, 12. 1062 Der katholische Theologe Michael Böhnke führt die Bezeichnung Praktische Pneumatologie unter anderem auf folgende Theologen zurück: R. Feiter, Praktische Theologie. Geistgabe und Handlungsbegriff, in: Ulrich Feeser-Lichterfeld/Walter Fürst, Dem Glauben Gestalt geben: Festschrift für Walter Fürst. Theologie: Forschung und Wissenschaft, Münster 2006. Leonardo Boff, Der Heilige Geist: Feuer Gottes – Lebensquell – Vater der Armen, Freiburg im Breisgau /Basel /Wien 2014. In diesem Zusammeng ist auf einen Denkansatz der praktischen Pneumatologie im Kontext der evangelischen Theologie hinzuweisen. Vgl. Rudolf Bohren, Daß Gott schön werde, 35–89. 1063 Wolf-Dieter Hauschild verweist auf Basilius von Cäsarea, der in seiner Schrift »Über den Heiligen Geist« über die Einwohnung des Heiligen Geistes in der menschlichen Seele spricht. Das menschliche Streben nach Gott und das Wirken des Geistes greifen ineinander. Vgl. Wolf-Dieter Hauschild, Gottes Geist und der Mensch, 286, Fußnote 13. Vgl.
Zusammenfassung von Kapitel 2
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Durch die Betrachtung der Beziehung zwischen Pneumatologie, Anthropologie und Soteriologie in Bezug auf die Ekklesiologie kann der pentekostale Denkansatz im Verständnis der direkten Begegnung mit dem Heiligen Geist dazu beitragen, die ökumenische Suche nach der Erläuterung der Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes in der Welt und der Kirche zu erweitern. Auf der anderen Seite können die Pentekostalen in ihrem Ansatz zur Wiederherstellung des apostolischen Wesens der Kirche unter dem Aspekt der Apostolizität einen Impuls zur theologischen Begründung für die Annäherung an die ökumenische Bewegung entdecken. Metaphorisch betrachtet bezeugt die pentekostale, pneumatologische Neigung zur Wiederherstellung des apostolischen Wesens der Kirche, dass die Wirkung des Heiligen Geistes sowohl mit dem dynamischen als auch dem institutionellen Verständnis der Kirchenexistenz in Verbindung gebracht werden kann. Das Modell der pneumatologischen Ekklesiologie von Chan und einige Denkansätze von Amos Yong und Frank Macchia zur Apostolizität aus pentekostaler Sicht dienen als Beispiel, wie ein erweiternder Beitrag für die pentekostale Theologie aus ökumenischem Blickwinkel entwickelt werden kann.1064 Die nächste Aufgabe wird darin bestehen, den pentekostale Denkansatz zur Offenheit gegenüber der Wirklichkeit des Heiligen Geistes in den ökumenischen Diskurs zu bringen.
Basilius von Cäsarea, Über den Heiligen Geist. Eingeleitet und übersetzt von Manfred Blum., Freiburg i.Br. 1967, IX, 19c.–20c. Allerdings ist bei Basilius die Rede von der inneren Erleuchtung »zur Verähnlichung auf Gott hin.« »[…] und das höchste Ziel: Gott zu werden, möglich.« Basilius, IX, 20c. 1064 Vgl. Yong, Renewing Theology. Yong deutet die Geistestaufe als Kulmination der Errettung. Macchia denkt ähnlich und sieht in der Geistestaufe die volle Offenbarung des Heils.
3.
Der potenzielle Beitrag des pentekostalen Verständnisses vom Leben im Heiligen Geist zum multilateralen ökumenischen Diskurs
3.1
Einleitung
Die Ergebnisse der Untersuchung des pentekostalen Denkansatzes zum Verständnis des Heiligen Geistes lassen sich nach meiner Ansicht für den weiterführenden Anschluss an den ökumenischen Diskurs in zwei thematische Anwendungsrichtungen zusammenfassen. Da das Hauptthema der ökumenischen Studien und Texte des ÖRK die Ekklesiologie ist, sollte gezeigt werden, welche Aspekte des pentekostalen Denkansatzes zum Verständnis des Heiligen Geistes einen theologischen Beitrag zum aktuellen und zukünftigen ökumenischen Dialog in Bezug auf die Ekklesiologie leisten können: Welche theologischen Anregungen kann der pentekostale Denkansatz zum Verständnis des Heiligen Geistes dem multilateralen Dialog über die Ekklesiologie bieten? Diese Frage gilt umgekehrt auch für die Kirchen der pentekostalen Tradition. Was können die pentekostalen Kirchen in den Texten der ökumenischen multilateralen Gespräche des ÖRK über die Ekklesiologie entdecken, wenn sie ihr Verständnis des Heiligen Geistes unter dem Gesichtspunkt der Eingliederung in den ökumenischen Dialog des ÖRK reflektieren? Der pentekostale Denkansatz zum Verständnis des Heiligen Geistes nimmt die Notwendigkeit der direkten persönlichen Hinwendung zur Gegenwart des transzendenten Gottes im immanenten Rahmen der menschlichen Existenz in den Fokus. Diese spezifische Herausstellung der Offenheit für das Wirken des Heiligen Geistes bringt nicht nur für die Kirchen im traditionellen ökumenischen Diskurs, sondern auch für die Kirchen der pentekostalen Tradition eine Herausforderung mit sich. Diese Herausforderung besteht für die pentekostalen Kirchen darin, ihr Verständnis der Beziehung zwischen dem Heiligen Geist und dem Menschen in den ekklesiologischen Diskurs der ökumenischen multilateralen Dialoge zu integrieren.1065 1065 Frank Macchia bezeichnet dieses Anliegen wie folgt: »Ideal would be a reworking of our distinctiveness in a way that cherishes our unique accents but expands them in response to
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Der Beitrag des pentekostalen Verständnisses vom Leben im Heiligen Geist
Der andere Anwendungsbereich der Lehre vom Heiligen Geist umfasst das Missionsverständnis des ÖRK sowie das aktuelle Paradigma des ÖRK »Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens«. Welchen Beitrag können die einzelnen Aspekte des pentekostalen Denkansatzes zum Verständnis des Heiligen Geistes im Kontext solcher aktuellen Themen des ÖRK wie dem Programm Ökonomie des Lebens und Nachfolge, die verwandelt leisten?1066 Das Konzept der Ökonomie des Lebens entstammt der Erlärung des ÖRK Economy of Life, Justice and Peace for All: A Call to Action (Busan, 2013) und stellt einen ökumenischen Aufruf an alle Kirchen bezüglich der aktuellen sozio-ökonomischen Herausforderung im Bereich der Wirtschaft, der Ökonomie und der Ökologie dar. Das ökumenische Konzept Ökonomie des Lebens bietet ein Fallbeispiel, wie die ethischen Grundlagen des christlichen Handelns theologisch von der Trinitätslehre abgeleitet und auf die Weltverantwortung der Christen angewandt werden können. Die Auseinandersetzung mit dem pentekostalen Denkansatz zum Verständnis des Heiligen Geistes im zweiten Teil der vorliegenden Untersuchung hat gezeigt, dass die pentekostale Betonung auf der aktiven und persönlichen Öffnung für das Wirken des Heiligen Geistes neben einer Erweiterung des theologischen Denkens unter Umständen auch ein breites Spektrum von Unklarheiten im Verständnis des Verhältnisses zwischen der Christologie, Pneumatologie und Ekklesiologie mit sich bringen kann.1067 Obwohl die pentekostale Erweiterung des pneumatologischen Denkens über die Rolle des Heiligen Geistes als Vermittlung und Vergegenwärtigung des rettenden Werkes Christi bis auf die persönliche Öffnung der Christen für das Wirken Christi im Heiligen Geist einen wichtigen Anstoß zum Nachdenken über die Fülle des Lebens der Christen im Heiligen Geist zu geben vermag, bleibt die Frage dennoch unbeantwortet, über welche Schnittstellen sich dieser Denkansatz im ökumenischen multilateralen Diskurs platzieren lässt. Es ist eingehend darauf hinzuweisen, dass die pentekostalen Theologen sich im Licht ihrer pneumatologischen Tradition mit einer Aufgabe betraut wissen, nämlich in Anlehnung an den dritten Artikel des Nizänischen Glaubensbekenntnisses den Inhalt der christlichen Theologie aus der Sicht der Pneumatothe broader contours of the biblical witness and diversity of voices at the ecumenical table.« Macchia, Baptized, 25. 1066 »Nachfolge, die verwandelt« ist das Thema der letzten Weltmissionskonferenz der ÖRK in Arusha, Tanzania 2018. Dabei wurde die Rolle des Heiligen Geistes bei der Transformation der Welt eine zentrale Aufmerksamkeit gewidmet. 1067 Johnathan Alvarado, der die pentekostale Tradition unter dem Blickwinkel der Sakramentalität betrachtet hat, bemerkte, dass die Erläuterung des Verhältnisses von Gegenwart Christi und Gegenwart des Heiligen Geistes mit zu den aktuellen Aufgaben der pentekostalen Theologie gehören soll. Vgl. Johnathan Alvarado, Pentecostal Epiclesis: A Model for Teaching and Learning, in: Chris Green (ed.), Pentecostal Ecclesiology: A Reader, Leiden/Boston 2016, 199.
Einleitung
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logie als Theologie des Heiligen Geistes zu interpretieren.1068 Diese Vorgehensweise erweist sich allerdings als problematisch, vor allem wegen der Unklarheit der Deutungen der Theologie im Sinne des dritten Artikels.1069 Der Gedanke der Neu-Reflektion über den Inhalt der Dogmatik aus der Sicht der Pneumatologie würde dem Sinn des dritten Artikels nicht ganz entsprechen.1070 Die Theologie des dritten Artikels wäre demnach die des ganzen Nizänischen Glaubensbekenntnisses. Es stellt sich dabei die kritische Frage, inwiefern es zulässig ist, den Inhalt des Glaubensbekenntnisses, der trinitarisch konzipiert ist, vom Ausgangspunkt des dritten Artikels her zu deuten. Der dritte Artikel des Nizänischen Glaubensbekenntnisses ist nicht nur rein pneumatologisch einzuordnen. Das Bekenntnis zum Heiligen Geist im dritten Artikel steht mit dem Bekenntnis zur Kirche (auch zur Eschatologie) in Verbindung.1071 Die Erlösung durch Christus und ihre Vergegenwärtigung durch den Heiligen Geist in der Kirche gehen ineinander über.1072 Es mag sein, dass diese Bemerkung für die meisten bekenntnisorientierten Traditionen zu selbstverständlich erscheint. Allerdings muss diese Verbindung im Licht der pentekostalen Entwürfe der Theologie des dritten Artikels als Hinweis auf die Überhöhung der Pneumatologie und gleichzeitig als Hinweis auf die Berücksichtigung des Verhältnisses Heiliger Geist – Kirche dienen.1073
1068 In diesem Zusammenhang ist auf das Buch von Myk Habets hinzuweisen. Vgl. Myk Habets, Third Article Theology: A Pneumatological Dogmatics, Minneapolis 2016. 1069 Das Verständnis der Neu-Reflexion über den dritten Artikel als Ausgangspunkt für die Theologie des Heiligen Geistes meint nicht nur eine Neu-Reflexion der Glaubensinhalte teleologisch in Hinblick auf den Heiligen Geist. Dies wäre der Gedanke von Karl Barth: »Alles, was von Gott dem Vater und Gott dem Sohn im Verständnis des 1. und 2. Artikels zu glauben, zu bedenken und zu sagen ist, wäre in seiner Grundlegung durch Gott den Heiligen Geist, das vinculum pacis inter Patrem et Filium, aufzuzeigen und zu beleuchten.« Vgl. Karl Barth, Nachwort, in: Heinz Bolli (Hg.) Schleiermacher-Auswahl. München/ Hamburg, 1968, 311. Die Intention von Barth geht auf das Anliegen zurück, Gottes Handeln in der Erlösung unter der Prämisse, der Heilige Geist sei als Friedensband zwischen dem Vater und dem Sohn, zu interpretieren. 1070 Vgl. Habets, Third Article Theology, 3. 1071 Darauf wurde bereits mit Berufung auf Matthias Haudel hingewiesen. Fn 142. Vgl. Matthias Haudel, Die Selbsterschließung des dreieinigen Gottes, 55. Helmuth Thielicke wies darauf hin, dass: »… der Glaubenssatz über den Heiligen Geist die Dominante auch im Bekenntnis zur Auferstehung von den Toten und dem ewigen Leben [ist].« Damit sagt Thielicke, dass der Heilige Geist das vergangene wie das zukünftige Heilsgeschehen vergegenwärtigt. »Insofern bildet die Theologie den Hintergrund aller Aussagen dieses Artikels und schließt sie zu einer Einheit zusammen.« Helmuth Thielicke, Der evangelische Glaube. Grundzüge der Dogmatik. III. Band. Theologie des Geistes, Tübingen 1978, XI. 1072 »In der Inkarnation des Sohnes und in der Vergegenwärtigung seines Heilswerkes manifestiert sich der Bezug zwischen Kirche und Trinität.« Haudel, 57. 1073 Die Notwendigkeit der Klärung dieser Beziehung wird in den pentekostalen Entwürfen zur Theologie des dritten Artikels wahrgenommen und bedacht. Vgl. Gregory J. Liston,
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Der Beitrag des pentekostalen Verständnisses vom Leben im Heiligen Geist
Darum ist das Verständnis des Verhältnisses zwischen Christologie und Pneumatologie wie auch das Verständnis der Trinitätslehre in Verbindung mit der Kirche für das ökumenische Gespräch ein Schlüsselthema. Demnach würde die Theologie des dritten Artikels aus meiner Sicht mindestens darin bestehen, daß der dritte Artikel aus der Perspektive des Verhältnisses von Pneumatologie und Ekklesiologie reflektiert werden muss. Der andere kritische Aspekt der von den Pentekostalen vorgeschlagenen Theologie des dritten Artikels besteht im Interesse der pentekostalen Theologen, das Nizänische Glaubensbekenntnis methodisch nicht mit dem Bekenntnis zum Vater zu beginnen, sondern mit dem Heiligen Geist anzufangen – gewissermaßen rückwärts (backwards) – zu behandeln.1074 Die Begründung für diese Methode erklären die Pentekostalen aus der vorrangigen Stellung des Heiligen Geistes in der Heilsoikonomia Gottes. Auf der anderen Seite wird der Denkansatz trinitarisch begründet, nämlich dass Gott in der Heilsgeschichte als dreieiniger Gott wirkt. Obwohl Myk Habets als Herausgeber der pentekostalen Aufsatzsammlung zur Theologie des dritten Artikels die Vorgehensweise der Theologie des dritten Artikels in der Übereinstimmung mit der Logik von ordo salutis sieht, kann die Absicht der pentekostalen Theologie des dritten Artikels dennoch zu Missverständnissen führen, weil durch die Veränderung der strukturellen Betrachtung des Glaubensbekenntnisses auch das Verständnis seines Inhaltes beeinträchtigt wird. In Anbetracht der kirchengeschichtlichen Entwicklung der Struktur des Glaubensbekenntnisses halte ich die methodologische Veränderung der Pentekostalen nur dann für sinnvoll, wenn diese Vorgehensweise seitens der ganzen Theologie des Glaubensbekenntnisses gerechtfertigt werden kann. Die Wahl der Methode des dritten Artikels zeigt jedoch kaum eine Bemühung um das Studium des kirchengeschichtlichen bzw. ökumenischen Hintergrundes der inneren Struktur des apostolischen Glaubensbekenntnisses auf. Diese Berücksichtigung wäre vor allem deshalb wichtig, weil die Struktur des Nizänischen Glaubensbekenntnisses, wie das im ökumenischen Studientext Gemeinsam den einen Glauben bekennen erläutert wurde, nicht in erster Linie aus der Trinitätstheologie der ökumenischen Konzile, sondern aus der biblischen Überlieferung der ersten christlichen Bekenntnisse stammt und mit dem Leben der Kirche korrespondiert.1075 Außerdem übersieht die pentekostale Sicht, dass das im Westen benutzte Apostolische Glaubensbekenntnis einige Unterschiede zum Nizänischen Glaubensbekenntnis, insbesondere über den Heiligen Geist, aufweist.1076 Dies betrifft nicht nur das Filioque, sondern auch das Fehlen des Ausdruckes lebenWhere the Love of Christ is Found. Toward a Third Article Ecclesiology, in: Habets, Third Article Theology, 321–347. 1074 Vgl., Myk Habets. Third Article Theology, xiv. 1075 Vgl. Gemeinsam den einen Glauben bekennen, §8. 1076 Vgl. Gemeinsam den einen Glauben bekennen, §16.
Einleitung
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spendender Geist im Apostolischen Glaubensbekenntnis. Aus meiner Sicht ist es für die pentekostale Theologie des dritten Artikels wichtig, zu reflektieren, welches der beiden Glaubensbekenntnisse in der pentekostalen Tradition Eingang gefunden hat, und ob ein theologischer Zusammenhang zwischen dem westlichen Hintergrund des pentekostalen Denkansatzes zum Verständnis des Heiligen Geistes und dem Apostolischen Glaubensbekenntnis vorliegt.1077 Aufgrund dieser Beobachtungen kann der pentekostale Denkansatz, insbesondere im ökumenischen Kontext, nicht allein vom Heiligen Geist ausgehend formuliert werden. Um ökumenisch nachvollziehbar zu erscheinen, muss der pneumatologische Ansatzpunkt sowohl den trinitarischen Gesichtspunkt als auch die Ekklesiologie in einem Zusammenhang im Blick behalten. Wie sich die pneumatologische Fragestellung für die ökumenische Ekklesiologie unter dem trinitarischen Gesichtspunkt angehen lässt, zeigt sich ansatzweise im Denken von Yves Congar. Es ist auch der Blick darauf, wie die Betonung des Heiligen Geistes das Denken der Menschen über die Kirche, ihr Leben und ihre Mitglieder beeinflusst.1078 Für diese Richtung plädierte auch John Zizioulas, der auf der 5. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung behauptete, dass die Lehren von der Dreieinigkeit Gottes sowie von Gottes Handeln in Christus im Verhältnis zum Wirken des Heiligen Geistes die »unabdingbaren Voraussetzungen für eine Ekklesiologie der Gemeinschaft« sind.1079 Das ökumenische Denken über den Heiligen Geist war allerdings bis zur Gegenwart stärker durch die vermittelnde, vergegenwärtigende und lebenserhaltende Wirkung des Heiligen Geistes hinter dem Leben der Kirche und der Christen geprägt. Was aus den ökumenischen Studien bis jetzt nicht ausdrücklich hervorging, ist die Erläuterung des Verständnisses der Begegnung der einzelnen Christen mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes.1080 Das Thema Leben im Heiligen Geist und die daraus resultierenden Themen der spirituellen Kompe-
1077 Es ist bemerkenswert, dass die Glaubensbekenntnisse der Assemblies of God (USA) gar keinen Hinweis auf das Nizänische Glaubensbekenntnis enthalten. Vgl. https://ag.org/Beli efs/Statement-of-Fundamental-Truths Abgerufen 01. 05. 2020. Es wäre für die pentekostale Theologie des dritten Artikels wünschenswert, die ökumenische Arbeit am Nizänischen Glaubensbekenntnis zu berücksichtigen. 1078 Siehe Fn. 145. Vgl. Yves Congar, The Spirit of God: Short Writings on the Holy Spirit, 214. 1079 Gaßmann/Heller, Santiago, 104. 1080 Vgl. Michael Putney, Come, Holy Spirit, Renew the Whole Creation: Seventh Assembly of the World Council of Churches, in: TS (1991) 52/4, 607–635, 609. Heinz-Joachim Held, Moderator des Zentralausschusses des ÖRK zur Zeit der 7. Vollversammlung des ÖRK in Canberra (1991), bemerkte, dass die pneumatologische Schwerpunktlegung in Canberra auf die Begegnung mit dem Heiligen Geist in seiner ganzheitlichen, schöpferischen Perspektive für ihn und seine theologische Prägung sehr ungewöhnlich war. Vgl. HeinzJoachim Held, Report of the Moderator, In: ER (1990) 42/ 3–4, 329–353, 336.
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Der Beitrag des pentekostalen Verständnisses vom Leben im Heiligen Geist
tenz der Kirche, was die Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes in der Welt angeht, warten auf eine theologische Reflexion. Im II. Teil dieser Arbeit wurde vorgeschlagen, das pentekostale Verständnis des Heiligen Geistes im ökumenischen Diskurs nicht als Lehre von der Geistestaufe, sondern, aus der anthropologischen Perspektive, als Lebensmodus der Offenheit für den Heiligen Geist darzustellen. Der Heilige Geist versteht sich dann nicht in erster Linie als ein direktes Objekt der Begegnung, sondern als Geist, der das menschliche Verlangen nach der Begegnung mit Gott wirkt und die menschliche Subjektivität dieses Verlangens in seiner Wirkung involviert. Die Untersuchung des Verständnisses vom Heiligen Geist im trinitarischen Diskurs der multilateralen Dialoge hat gezeigt, dass der Heilige Geist im trinitarisch-ekklesiologischen Paradigma des ÖRK als Geist der Koinonia verstanden wird, der die Partizipation am Leben des dreieinigen Gottes wirkt. Ich schlage vor, das pentekostale Verständnis des Lebens im Heiligen Geist als Offenheit gegenüber dem Heiligen Geist mit dem ökumenischen Verständnis des Heiligen Geistes als Geist der Koinonia in Verbindung zu bringen.
3.2
Das Wirken des Heiligen Geistes als Geist der Koinonia
Gemäß dem aktuellen trinitarischen Paradigma der ökumenischen Ekklesiologie gründet das Verständnis der Gemeinschaft der Kirchen in der Analogie zur Trinität Gottes. Die Kirche sei eine »Gemeinschaft, deren Quelle das Leben der Heiligen Dreieinigkeit selbst ist.«1081 »Die Kirche ist im Wesentlichen eine Gemeinschaft in dem dreieinigen Gott und gleichzeitig eine Gemeinschaft, deren Glieder gemeinsam am Leben und an der Sendung Gottes (vgl. 2 Petr 1,4) teilhaben, der als Dreieinigkeit die Quelle und der Mittelpunkt aller Gemeinschaft ist.«1082
Es ist wichtig zu betonen, dass sich das Leben der Kirche als Koinonia nicht als Abbild der Trinität, sondern als Partizipation am dreieinigen Gott versteht.Die Kirche ist die Koinonia, sofern sie in Gott lebt. Die Einheits-Erklärung von Canberra (1991) Die Einheit der Kirche als Koinonia: Gabe und Berufung benutzt die trinitarische Formel aus 2Kor 13,13 und deutet den Heiligen Geist als den Geist, der Koinonia schafft.1083 Koinonia im Heiligen Geist bekommt damit eine Bedeutung der Teilhabe am trinitarischen Leben Gottes (vertikale Dimension). Damit stellt sich die Frage: »Welche Art von Teilhabe ist damit gemeint?«
1081 Die Kirche: Auf dem Weg zu einer gemeinsamen Vision, I. A. §1. 1082 Ebd. Kap. II. A. §23. 1083 Vgl. Die Einheit der Kirche als Koinonia: Gabe und Berufung, §4.1.
Das Wirken des Heiligen Geistes als Geist der Koinonia
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In Neu-Delhi (1961) wurde der Heilige Geist in Verbindung mit der Liebe zwischen dem Vater und dem Sohn gebracht: »Die Liebe des Vaters und des Sohnes in der Einheit des Heiligen Geistes ist die Quelle und das Ziel der Einheit.«1084 Auf der 7. Vollversammlung des ÖRK wurde der Heilige Geist als »[…] ›heilig‹ kraft des Wesens der Heiligen Trinität« bezeichnet.1085 Im Text der dritten Phase des Dialogs zwischen den Pentekostalen und den Vertretern der römischkatholischen Kirche (1985–1989) wird die ökumenische Sicht bestätigt, dass die Pentekostalen den Heiligen Geist als Quelle der Koinonia oder Kommunion bekennen.1086 Wenn eine »Spezialisierung« der Rolle des Heiligen Geistes in der Heilsgeschichte umrissen werden darf, dann sollte seine Aktivität nicht nur im Wirken der Verbindung zwischen Gott und Mensch und der Übermittlung des Heils, was im ökumenischen Diskurs zentral betont wird, gesehen werden. Soll das Heil Gottes nicht nur als Handeln, sondern auch als Ausdruck seines Wesens, das Liebe ist, verstanden werden, dann zeigt sich die Übermittlerrolle des Heiligen Geistes in der Übermittlung der Liebe Gottes in den immanenten Bereich des menschlichen Lebens. Diese Schlussfolgerung lässt sich mit dem Hinweis auf Röm 5,5 »denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsre Herzen durch den Heiligen Geist« untermauern.1087 Wenn die Liebe das Wesen Gottes ist und das innere Leben der Trinität ausdrückt, dann ist damit anzunehmen, dass der Heilige Geist dieses trinitarische Leben sowohl im irdischen Leben des inkarnierten Sohnes in Beziehung zum himmlischen Vater als auch im Leben der Christen in Beziehung zu Gott wirkt und daraus folgend sich in der Erfahrungsdimension des christlichen Lebens als Liebe Gottes erfahren lässt. Die Liebe ist der Modus der Teilhabe am trinitarischen Leben Gottes. Ausgehend von dieser These und im Hinblick auf die ökumenische, trinitarische Ekklesiologie kann dann die Aufgabe der Pneumatologie darin bestehen, den Zusammenhang zwischen Gott und dem Leben der Kirche unter dem Gesichtspunkt des Beziehungsprinzips des inneren Lebens der Trinität, das Liebe
1084 1085 1086 1087
Neu-Delhi, Die Einheit der Kirche, I., 130. Müller-Römheld, Im Zeichen des Heiligen Geistes, Sektion IV., 117. Vgl. P/RKK/III, §30. Das Dativverhältnis (in unseren Herzen) weist darauf hin, dass die Liebe »den Menschen von der innersten Mitte seiner Person [ergreift] … In dieses Zentrum der menschlichen Existenz ist die Liebe Gottes durch den Heiligen Geist eingefallen, so daß sie es nun bestimmt.« Heinrich Schlier, Der Römerbrief. HThKNT, Freiburg/Basel/Wien 1977, 150. »Die Präposition διὰ ist darum [Paulus spricht von der Liebe wie er vom Heiligen Geist spricht] nicht instrumental wiederzugeben, sondern modal.« Michael Wolter, Der Brife an die Römer. Teilband 1: Röm 1–8. EKK, Neukirchen-Vluyn/Ostfildern 2014, 327.
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Der Beitrag des pentekostalen Verständnisses vom Leben im Heiligen Geist
ist, zu erläutern.1088 Die gedankliche Richtung dieser Erläuterung kann wie folgt formuliert werden: Wenn der Heilige Geist nach dem ökumenischen Verständnis die Partizipation der Kirche an dem dreieinigen Gottes verwirklicht, und wenn diese Partizipation im immanenten Bereich des menschlichen Lebens sich als Analogie des trinitarischen Prinzips der Liebe wahrnehmen und erleben lässt, dann kann das Verständnis der Fülle des Lebens im Heiligen Geist unter dem Gesichtspunkt der Liebe zu Gott betrachtet werden. Das Verständnis des Heiligen Geistes als Beziehung, die sich als Liebe zu Gott erfahren lässt, bildet einen Rahmen, um das pentekostale Verständnis von der Begegnung mit Gott und der direkten Öffnung für die Wirklichkeit des Heiligen Geistes in den ökumenischen Diskurs diskussionsfähig und gewinnbringend zu integrieren. Allerdings stellt die Ableitung des Verständnisses des Heiligen Geistes als Liebe aus dem innertrinitarischen Paradigma der gegensetigen Hingabe für das pentekostale Denken aufgrund der nicht ausdrücklichen Referenzen in den Texten des NTs keinen legitimen Ansatzpunkt dar. Daher muss das innertrinitarische Verständnis der Liebe und gegenseitigen Beziehung mit dem heilsökonomischen Verständnis der Offenbarung Gottes in Christus anhand biblischer Aussagen in Verbindung gebracht werden. Als Ausgangspunkt für das biblische Verständnis der Liebe zwischen den Trinitätspersonen schlage ich aufgrund der pentekostalen Priorisierung der schriftlichen Referenzen einen Text aus dem Johannesevangelium (Joh 17,21) vor: »[…] wie du Vater in mir bist und ich in dir, so sollen auch sie in uns sein […]«. Die Einheit des dreieinigen Gottes sowie die Einheit der Christen gründen laut dieser Aussage in der gegenseitigen Öffnung zwischen dem Vater und dem Sohn.1089 Abgesehen von der Diskussion über die Identifizierung des Heiligen Geistes im Rahmen dieser Aussage lässt sich die Liebe zwischen dem Vater und dem Sohn sowie das Wirken des Heiligen Geistes hinter dem Prinzip (wie du in mir und ich in dir) vermuten. Ich verwende das Wort »Prinzip« bewusst aufgrund der Betonung der Modalität der Beziehung, worauf die vergleichende Verwendung des Adverbs καθὼς (in der Art und Weise wie wir ineinander sind) hindeutet. Wenn Christus sich in dieser Aussage als Verbindung zwischen den Jüngern und seinem Vater sieht (ich in ihnen) und den Heiligen Geist als einen anderen Tröster (Joh 14,16) im Sinne der repräsentativen Wirkung wie ich oder an meiner Stelle bezeichnet, dann impliziert seine Aussage, dass der Heilige Geist 1088 Vgl. Konrad Raiser, The Holy Spirit in Modern Ecumenical Thought, 386. Vgl. José Míguez Bonino, The Concern for a Vital and Coherent Theology, in: ER (1989) 41/2, 160– 176. 1089 Vgl. Gemeinsam den einen Glauben bekennen, §10 (Kommentar).
Das Wirken des Heiligen Geistes als Geist der Koinonia
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den Modus des Lebens ich bin in euch und ihr in mir bewirkt.1090 Wenn der Heilige Geist tatsächlich das gelebte Prinzip der gegenseitigen Beziehung zwischen dem Vater und dem Sohn als Partizipation der Jünger am dreieinigen Gott wirkt und die Partizipation der Kirche an Gott laut 2Kor 13,13 sich als Koinonia des Heiligen Geistes versteht, dann bedeutet das, dass das Prinzip der Beziehung zwischen den Personen des Vaters und des Sohnes – ich in dir und du in mir – nicht nur eine Analogie für das Leben der Kirche als Koinonia, sondern auch den Rahmen zum Verständnis des Wirkens des Heiligen Geistes bilden kann. Dank dem Heiligen Geist geschieht die Partizipation an Gott nicht nur als Bindestrich oder als ein relationales Zueinander von zwei Subjekten. Der Heilige Geist wirkt diese Partizipation, indem er das Zentrum der menschlichen Personalität und Intentionalität in der Weise ergreift, wie die Trinitätspersonen sich gegenseitig öffnen. Diese Weise der trinitarischen Koinonia ist eine Beziehung im Sinne der persönlichen und gegenseitigen Zuneigung zwischen Personen.1091 Aus dieser Perspektive gesehen zeigt das pentekostale Verständnis des Lebens im Heiligen Geist als aktive Öffnung für das Wirken des Heiligen Geistes eine Koinonia-ähnliche Struktur. Eine persönliche und hingebungsvolle Öffnung für den Heiligen Geist kann laut dem trinitarischen Modell der Liebe als Koinonia im Sinne der Teilhabe am Leben Gottes gedeutet werden. Da die Analogie zur Trinität unter anderem das Verständnis der Koinonia als Beziehung zwischen den Personen der Trinität einbeziehen soll, schlage ich vor, den pentekostalen Ansatz der persönlichen Öffnung für den Heiligen Geist unter dem Gesichtspunkt der innertrinitarischen Beziehungen der Trinitätspersonen anzugehen. Dafür ist es erforderlich, dem pentekostalen Denkansatz zum Verständnis des Heiligen Geistes einen theologischen Rahmen zu geben, um diesen Denkansatz im Paradigma der innertrinitarischen Beziehungen zu erfassen. Der Prozess der menschlichen Öffnung gegenüber dem Heiligen Geist soll ins ontologische Paradigma des trinitarischen Denkens übertragen werden.
1090 Vgl. Fn. 1088. 1091 Vgl. Gemeinsam den einen Glauben bekennen, §10. Auf diese Besonderheit des Heiligen Geistes als Inbegriff der gegenseitigen Liebe im Sinne des Sich-Einander-Schenkens zwischen dem Vater und dem Sohn hat Hans Urs von Balthasar hingewiesen. Vgl. Hans Urs von Balthasar, Der Geist der Wahrheit. Theologik. Band III, Einsiedeln 1987, 146–148.
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3.3
Der Beitrag des pentekostalen Verständnisses vom Leben im Heiligen Geist
Das Leben im Heiligen Geist im ontologischen Paradigma des trinitarischen Personseins
Das ontologische Verständnis des trinitarischen Personseins bietet einen geeigneten Rahmen für die Übertragung des pentekostalen Denkansatzes zum Verständnis der Öffnung für den Heiligen Geist in den Kontext der Koinonia-Ekklesiologie des ökumenischen Diskurses. Das aus der pentekostalen Pneumatologie resultierende Denkkonstrukt der persönlichen Öffnung für das Wirken des Heiligen Geistes weist eine logische Struktur auf, die sich als Beziehungsmodus im Sinne von auf-ein-Objekt-ausgerichtet- sein oder nach-der-Erfahrung- des-Gegenübers-verlangen oder sich-hingeben modellieren lässt. Als Einstieg in die Reflexion über den Vergleich zwischen dem pentekostalen Denkansatz der menschlichen Öffnung für den Heiligen Geistes und der Theologie des trinitarischen Personseins beginne ich mit der Auseinandersetzung von Miroslav Volf mit der Theologie des trinitarischen Personseins von John Zizioulas. Der Vergleich mit Zizioulas’ Theologie des ekklesialen Personseins ist für die vorliegende Untersuchung in zweierlei Hinsicht interessant. Erstens, man kann die Sicht von Zizioulas als repräsentativ für die orthodoxe theologische Tradition annehmen und sie als ökumenischen Rahmen für das pentekostale Verständnis der Beziehung zum Heiligen Geist in Betracht ziehen. Zweitens lässt sich im Vergleich zwischen der orthodoxen Theologie der Person und einer freikirchlichen Ekklesiologie von Volf das spezifische Bild der pentekostalen Ekklesiologie deutlich herausstellen. Anhand dieses Vergleiches werden die Annäherungsaspekte zwischen der Struktur des Lebensmodus in der Offenheit für den Heiligen Geist und dem trinitarischen Personsein betrachtet. Im Anschluss daran wird eine mögliche Verknüpfung zwischen der Struktur der Offenheit für den Heiligen Geist und dem trinitarischen Personsein skizziert.
3.3.1 Das pentekostale Verständnis der Offenheit für den Heiligen Geist im Licht des Verständnisses des Personseins von Miroslav Volf und John Zizioulas Ich gehe von der Annahme aus, dass Miroslav Volf als Vertreter einer freikirchlichen Theologie sich mit der Ekklesiologie unter anderem in Verbindung mit dem ontologischen Verständnis des trinitarischen Personseins befasst hat. Es ist allerdings zu bemerken, dass Volf keinen spezifisch pentekostalen Stand-
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punkt vertritt.1092 Diese Vorbemerkung ist wichtig, weil innerhalb der pentekostalen Theologen die Meinung vertreten wird, dass Volfs Ekklesiologie der Gemeinschaft der Personen für die Pentekostalen repräsentativ sei.1093 Ich beziehe mich auf die Aussage von Kärkkäinen, der Volfs Modell unter dem Gesichtspunkt des gemeinschaftlichen Geschehens betrachtet.1094 Kärkkäinen findet dieses Geschehen in der gegenseitigen Wirkung der Personen zur Erbauung aller in Bezug auf die Ausübung der Charismata. Obwohl Kärkkäinen recht hat, wenn er behauptet, dass aufgrund der auf Charismata gebauten Gemeinschaft eine Erwartung der Begegnung mit Gott das Herz des pentekostalen Lebens der Kirche bestimmt, ist ihm dennoch nicht ganz zuzustimmen, weil bei ihm die Öffnung für den Heiligen Geist vordergründig in Verbindung mit den Charismata zu verstehen ist.1095 Die Öffnung für den Heiligen Geist geht der Ausübung der Charismata voraus und ist nicht unbedingt auf sie beschränkt. Die Öffnung für den Heiligen Geist geschieht im Bewusstsein der direkt erfahrbaren Begegnung mit der Gegenwart Gottes. Dies bestätigen einige Aussagen in den bilateralen Dialogen der Pentekostalen. Im Text der ersten Phase des Dialogs der Pentekostalen mit dem Reformierten Weltbund wird die Erwartung der erfahrbaren Gegenwart Gottes als Kennzeichen der pentekostalen Gemeinschaft betont, die durch die Ausgießung des Heiligen Geistes »entsteht«.1096 Diese Ausgießung nimmt jedoch nicht nur in den Gaben des Heiligen Geistes Gestalt an, sondern auch, wenn »Jesus Christus zum Leuchten gebracht [und] das Wort gepredigt wird.«1097 Wenn vom Leuchten Christi die Rede ist, dann ist dahinter gewiss die Wirkung des Heiligen Geistes zu vermuten. Von der Verkündigung des Wortes wird erwartet, dass sie als Ereignis »der Begegnung zwischen den Menschen und Gott« erfahren wird.1098 Damit wird 1092 Haudel bezeichnet Volfs Communio-Ekklesiologie als »protestantisches Paradigma für die Interdependenz von trinitarischen und ekklesiologischen Defiziten.« Vgl. Haudel, Die Selbsterschließung, 410. 1093 Vgl. Kärkkäinen, The Church as the Fellowship of Persons, 1–5. Nach Volfs Kirchenmodell ist die Kirche durch ein konsequent gemeinschaftliches Geschehen konstituiert. Andy Lord behauptet, dass Volf abgesehen von seinem pentekostalen Hintergrund von einem Konzept der Freikirche ausgeht. Damit ist allerdings nicht deutlich zum Ausdruck gebracht, ob und inwiefern sich die typische pentekostale Ekklesiologie von der Ekklesiologie der Freikirchen unterscheidet. Vgl. Andy Lord, Network Church: A Pentecostal Ecclesiology Shaped by Mission, 69. Dale Coulter beruft sich auf die Ekklesiologie Volfs »As Miroslav Volf has pointed out, the Spirit’s constituting activity is not merely in baptism or Eucharist, but reveals itself in the direct and visible guidance offered by Christ to his body.« Dale Coulter, The Development of Ecclesiology in the Church of God (Cleveland, NT): A Forgotten Contribution? in: Pneuma (2007) 29/1, 59–85. 1094 Vgl. Volf, Trinität und Gemeinschaft, 128. 1095 Vgl. Kärkkäinen, The Church as the Fellowship of Persons, 5. 1096 Vgl. P-RK/I, §24–26. P-RKK/II, §32. 1097 P-RK/I, §39. 1098 P-RK/I, §25.
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bestätigt, dass eine pentekostale Gemeinschaft sich nicht in erster Linie auf die Erwartung der Wirkung der Charismata geschweige denn im gemeinschaftlichen Geschehen, sondern generell im persönlichen Verlangen der Christen nach der erfahrbaren Begegnung mit der Wirklichkeit Gottes gründet. Miroslav Volf geht auf die Deutung des trinitarischen Personseins in der Lehre von Zizioulas, genauer gesagt auf seine Implikationen für die Ekklesiologie ein. Volf interpretiert Zizioulas’ Verständnis des Personseins Gottes folgendermaßen: »Der eine Gott hat sein Sein in einer als Konstituierung der göttlichen Communio sich vollziehenden personalen Bestätigung dieses Seins. Auf diese Weise zeigt sich sowohl, dass die Person die letzte ontologische Realität ist, als auch, dass das Personsein von Hause aus relational ist und nur als Communio existieren kann.«1099 Zizioulas interpretiert die patristische Tradition des Personseins wie folgt: »The Trinity is the movement from the one to the three.«1100 Darum ist die Person eine ekstatische (d. h. wörtlich: aus sich heraustretende) Bewegung, also eine Bewegung zur Communio mit der anderen Person. Das Personsein ist deshalb eine relationale Kategorie. Es konstituiert sich durch die gegenseitige Beziehung zueinander im Sinne von von-Angesicht-zu-Angesicht, Vor-Dem-Anderen-OffenSein oder Zu-Den-Anderen-Hingewandt-Sein. Im Verständnis des Personseins als Bewegung zur Communio spiegelt sich nach Zizioulas das Wesen Gottes. Darum ist Gott Person, weil sein dreipersonales Wesen in der gegenseitigen Relation bzw. Communio der drei Trinitätspersonen besteht. Demnach ist die Person der Modus der Existenz in Beziehung auf das Gegenüber.1101 Zizioulas überträgt dieses trinitarische Verständnis von Person auf die Seinsweise des Menschen als Person.1102 In der orthodoxen Terminologie wird das Person-Werden als dynamischer Prozess der ontologischen Hypostasierung verstanden. D. h. der Mensch kehrt seinen Existenzmodus von der Fokussierung auf sein Ich auf die Fokussierung zu Gott hin. Er bricht aus dem Kreis seiner naturhaften (biologischen) Existenz aus.1103 Die Hypostasierung bedeutet im allgemeinen Sinne die Änderung des Existenzmodus, im Fall des menschlichen Lebens durch die Hinwendung des Menschen zu Gott. Der orthodoxe Theologe Christos Yannaras erklärt die Rolle des Heiligen Geistes dabei folgendermaßen: »The Spirit decends on our nature 1099 Volf, Trinität, 74. 1100 Zizioulas, Communio, 119. 1101 Vgl. Christos Yannaras, Elements of Faith: An Introduction to Orthodox Theology, Edinburgh 1991, 129. 1102 Vgl. Volf, Trinität, 78–79. Vgl. John Zizioulas, Human Capacity and Human Incapacity: A Theological Exploration of Personhood, in: SJTh (1975) 28/5 401–447, 442. 1103 Vgl. Павел Евдокимов (Pavel Evdokimov), Правослaвие (Prawoslawije). (translation of L’Orthodoxie), Москва 2002, 102.
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transforming not the principle of nature (which is our nature), but the mode of its existence, the mode of the composition of our hypostasis.«1104 Zizioulas erklärt den Existenzmodus des Personseins unter dem gemeinschaftlichen Gesichtspunkt: »Yet, just as on the anthropological level the Spirit does not create individuals but persons in communion, in the same way ecclesiologically no individualistic isolation of the local community is conceivable in the Spirit.«1105
Diese Gegenüberstellung von zwei unterschiedlichen Menschenbildern, nämlich Individuen und Personen in Beziehungen, wird zwar im Rahmen der orthodoxen Tradition auf das Gemeinschaftswesen der Menschen bezogen, jedoch kann man aus den obigen Zitaten in Bezug auf das Verständnis des Heiligen Geistes ableiten, dass das Wirken des Heiligen Geistes auf der anthropologischen Ebene sich im Schaffen des Menschseins als Sein in Beziehung zu Gott ausdrückt. Für Volf wird die Person in erster Linie aus der Beziehung Gottes zum Menschen konstituiert.1106 Die Person des Menschen tritt ins Sein, weil der Mensch von Gott gerufen ist. Erst im Ruf Gottes wird die Würde des Menschen erhalten, jedoch so, dass der Mensch diesem Ruf folgt und die Heilsaneignung »über die Subjektivität der Menschen in ihren kognitiven und voluntativen Dimensionen erfolgt«.1107 Volf legt seinen Akzent auf die personale Interiorität der Personen der Trinität, d. h. »die eine Person ist den anderen Personen intern, ohne dadurch ihr Person-Sein aufzuheben«.1108 Volf übt Kritik am Begriff Communio als Relation hinsichtlich des asymmetrischen Verständnisses der Trinität (die Person des Vaters generiert das Personsein des Sohnes und des Heiligen Geistes). Volf sieht in Zizioulas’ Deutung des Communio-Wesens der Person die Gefahr des Verlustes der Partikularität.1109 Außerdem befürchtet Volf im relationalen Denken eine Tendenz, das menschliche Individuum auf die Relation zu reduzieren. Ich sehe im kritischen Ansatz von Volf gegenüber der Gemeinschaftlichkeit der Person von Zizioulas einen Versuch, eine Balance zwischen dem Gemeinschaftswesen der Kirche und der Individualität der Christen zu finden. Geht man jedoch auf das Argument Volfs gegen Zizioulas ein, das menschliche Individuum sei auf eine Relation reduziert, kann man dieses Argument auch von zwei Seiten 1104 Christos Yannaras Elements of faith, 127. 1105 Zizioulas, The Pneumatological Dimension of the Church, in: Communio (1974) 1/2, 149. 1106 Vgl. Volf, Trinität, 173. Den gleichen Standpunkt in Bezug auf die Menschenwürde zeigte die evangelische Postion in der Debatte zwischen der Russischen Orthodoxen Kirche und der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa. Vgl. Dagmar Heller, Menschenrechte zwischen Ost und West, in: Catholica. 68/2014, 232–234. 1107 Volf, Trinität, 176. 1108 A.a.O. 179. 1109 Vgl. a. a. O., 173.
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betrachten. Einerseits wird man im orthodoxen Denken von Zizioulas eine Tendenz der Ontologisierung des menschlichen Personseins als Relation feststellen. Auf der anderen Seite wird im Ansatz Volfs ersichtlich, dass er nicht das ganze Spektrum der orthodoxen Deutung der Person berücksichtigt. Volf denkt tendenziell aus der protestantischen, soteriologischen Perspektive von Christus pro nobis und bringt die christologisch-soteriologische Fundierung des reformatorischen Denkens mit ein. Zudem betrachtet Volf das orthodoxe, trinitarische Modell der Monarchia schematisch. Er ist fokussiert auf die Idee des Abbildes der Trinität in der Sturktur der Kirche. Gregory Liston (pentekostal) bemerkt, dass die Kirche nicht einfach ein Abbild der Trinität ist, sondern die Kirche ist in der Trinität. Durch den Heiligen Geist partizipiert sie am Leben der Trinität.1110 In Bezug auf das Verständnis des Personseins gibt die Denkweise von Volf zu erkennen, dass er bei der Betrachtung des Verständnisses des Personseins bei Zizioulas nicht näher auf die innere Struktur des Persongeschehens eingeht. Was Volf dem orthodoxen Denkansatz entgegensetzt, nämlich dass ein besonderes Verhältnis Gottes zum Menschen ihn zur Person konstituiert, wird im Rahmen des orthodoxen Denkparadigmas insbesondere im Kontext der imago Dei nicht verneint.1111 In Christus als menschgewordenem Logos drückt sich dieses Verhältnis der Zuwendung Gottes zum Menschen aus. Der Unterschied liegt im Verständnis des Prozesses der Gabe und Annahme dieses Verhältnisses seitens des Menschen. Für Volf konstituiert der Moment eines konkreten (individuellen) Rufes Gottes an eine konkrete (individuelle) Person den Menschen erst jetzt zu einer Person, wobei er die Gegenbewegung des Menschen auf Gott hin nicht deutlich ausarbeitet. Das faktische Ich des Menschen wird durch den Glauben an Christus lebt in mir (Gal 2,20) konstituiert. Diese Konstruktion bezeichnet Volf als personale Interiorität, was den Sachverhalt meint, dass Christus in einer Person durch den Heiligen Geist »intern ist, ohne ihr Ich-sein aufzuheben«.1112 Der Gedanke ist vor allem deshalb interessant, weil der Moment der individuellen Freiheit des Menschen gewahrt bleibt. Jedoch wird das Verständnis der Person dadurch sehr vage.1113 Ihre Selbstwahrnehmung steht im proportionalen Verhältnis zum Angesprochen-Sein von Gott. Das Ineinander von Gott und der Person des Menschen wird über den Ruf Gottes und die Freiheit des Menschen bestimmt. Der Moment der willentlichen Hinwendung eines Menschen zu Gott als ontologische Bedingung des Personseins wird in dieser Konstruktion zwar indirekt angesprochen, jedoch auf dem Hintergrund der in der Schöpfungs1110 1111 1112 1113
Vgl. Gregory Liston, The Anointed Church: Toward a Third Article Ecclesiology, 234. Vgl. Volf, Trinität, 173. A. a. O., 179. Das bestätigt auch Volf. Vgl. ebd.
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ordnung verankerten Fähigkeit einer sozialen Beziehung. Aus diesem Grund ist es notwendig zu wissen, in welchem der beiden anthropologischen Paradigmen, nämlich im orthodoxen oder im protestantischen von Miroslav Volf, der pentekostale Denkansatz des Menschseins als pneumatische Existenz der Hinwendung zu Gott gedeutet werden kann. 3.3.1.1 Das Verständnis des Personseins aus der Sicht der protestantischen Tradition Das Verständnis des relationalen Menschseins als Ableitung vom relationalen Paradigma der Trinität, und zwar als Sein-in-Beziehung, stellt inzwischen einen Konsensus der christlichen Anthropologie in verschiedenen Traditionen dar.1114 Christoph Schwöbel, der sich mit dem Ansatz zu einer relationalen Trinitätstheologie befasst hat, vertritt die These, dass »das Menschsein als In-BeziehungSein in der Beziehung des dreieinigen Gottes zur Menschheit begründet ist« und dass die Auffassung für die Anthropologie »eine grundlegende Interpretationsperspektive« darstellt.1115 Welche Aspekte des Personseins werden im Kontext der protestantischen Systematischen Theologie entwickelt? Die Zwischenfrage ist für den oben aufgeführen Vergleich von Bedeutung. Es ist zu prüfen, inwiefern die Deutung der pentekostalen Öffnung für den Heiligen Geist als Analogie zum trinitarischen Personsein mit dem relationalen trinitarischen Personsein innerhalb der protestantischen Tradition deckungsgleich ist. Mit dieser Frage erhebe ich keinen Anspruch auf eine ausführliche Analyse des protestantischen Bildes vom trinitarischen Personsein. Ich berücksichtige lediglich die anthropologischen Ansätze, die das Personsein des Menschen unter dem Gesichtspunkt der Sein-inBeziehung im Zusammenhang mit dem trinitarischen Leben betrachten. Hier werden einige Ansätze, nämlich von Ingolf U. Dalferth, Eberhard Jüngel und Christoph Schwöbel in aller Kürze dargestellt. Ingolf U. Dalferth und Eberhard Jüngel sehen die Verbindung zwischen dem trinitarischen Personsein und dem Personsein des Menschen im Angesprochensein.1116 Gott tritt in Gemeinschaft mit dem Menschen, indem er den 1114 Es ist zu erwähnen, dass Karl Barth den Begriff »Person« in Bezug auf die Trinität vermieden hat. Er spricht von drei Seinsweisen. Vgl. Karl Barth, Die Kirchliche Dogmatik. I/ 1, Zollikon-Zürich 1952, 379. Auch Karl Rahner spricht von den Existenzweisen Gottes. Vgl. Gisbert Greshake, Der dreieinige Gott, Freiburg/Basel/Wien 1997, 144. Es geht allerdings um die Abgrenzung gegenüber dem neuzeitlichen Personenbegriff als Selbstbewußtsein und Selbstbestimmung. Michael Böhnke weist auf die immer noch dauernde Diskussion um den trinitarischen Personbegriff hin. Vgl. Michael Böhnke, Gottes Geist, 171–172. 1115 Christoph Schwöbel, Gott in Beziehung: Studien zur Dogmatik, Tübingen 2002, 195. 1116 Vgl. Ingolf U. Dalferth/Eberhard Jüngel, Person und Ebenbildlichkeit, in: Franz Böckle/ Franz-Xaver Kaufmann/Karl Rahner/Bernhard Welte (Hg.), Christli-
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Menschen anspricht. Der Mensch bekommt sein Personsein durch das Angesprochensein von Gott. Der Mensch ist Person, wenn er sich auf das Verhältnis Gottes zu ihm bezieht. Christoph Schwöbel sieht das Menschsein-in-Beziehung ähnlich wie im Ansatz von Dalferth und Jüngel, nämlich dass das Menschsein-in-Beziehung in der Beziehung des dreieinigen Gottes begründet ist.1117 Die Lebensform, in welcher der Mensch in Beziehung zu Gott leben kann, ist der Glaube. Der Glaube an Christus ist deshalb die Definition vom Personsein, weil der Glaube eine Form ist, durch die der Mensch an der Wiederherstellung des Menschenbildes in Christus teilnimmt (partizipiert).1118 Damit zeigt Schwöbel die Distanz zum Gedanken der Partizipation an Gott durch die Nachahmung des Lebens Christi. Diese Distanz zeigt meiner Ansicht nach die Treue zum lutherischen Verständnis der Wirkung der Gnade in der Rechtfertigung des Menschen und im Empfang des Glaubens. Allerdings integriert Schwöbel das aktive Handeln der Christen als Entfaltung der Konformität mit Christus im Glauben im trinitarischen Sinne. Dadurch zieht er den Gedankenbogen zum Muster des trinitarischen Lebens. Dieses Muster als Analogie für das menschliche Leben zu nehmen, ist nach Schwöbel nicht unproblematisch, vor allen aufgrund des Wesensunterschieds zwischen Mensch und Gott. Darüber hinaus spielt der Gedanke der Mittelbarkeit eine Rolle. Während die innertrinitarischen Beziehungen vom Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist unmittelbar sind, ist die Beziehung Gottes zum Menschen und umgekehrt vermittelt. Schwöbel schlägt vor, die Analogie zwischen dem trinitarischen Personsein und dem menschlichen Personsein im Glauben im Sinne von analogia transcendentalis zu erklären. Demnach ist der Glaube ontologisch gedeutet. Diese zwei kurzen Referenzen spiegeln die Denkweise, dass die Antwort des Menschen bzw. Entstehung des Personseins des Menschen nicht in der Erfahrung der direkten Hingabe des Menschen an Gott im Sinne des Verhaltens besteht, sondern im Glauben an Christus. Das relationale Verständnis des Menschseins ist zwar von der Offenbarung der Trinität abgeleitet, jedoch muss diese Offenbarung des Menschseins in der Weise erkannt werden, wie der dreieinige Gott sich selbst offenbaren will. Damit wird der Fokus nicht auf die innertrinitarische Deutung des Personseins, sondern auf die Offenbarung Gottes in Chrischer Glaube in moderner Gesellschaft. Teilband 24, Freiburg/Basel/Wien 1981, 77.83. »Auch von der Dreiperson Gott gilt, dass Gott nur insofern Person ist, als er von Gott angesprochen und zur Gemeinschaft mit Gott gerufen ist. […] In diesem anredenden Vollzug der ewigen Gottwerdung Gottes ist jede der drei Personen Person durch das Verhältnis der beiden anderen zu ihr, in denen ihr Gott als sie Anredender und sie in seine Gemeinschaft Rufender entgegentritt.« A. a. O., 84. 1117 Vgl. Schwöbel, 194. 1118 Vgl. a. a. O., 207.
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tus gelegt. Das Menschsein als Beziehung versteht sich dann nicht so sehr als Lebensgestaltung in der direkten Zuwendung zu Gott, dem Gegenwärtigen, sondern als Beziehung des Menschen zur Beziehung Gottes zu dem Menschen. Das Muster des menschlichen Seins wird nicht in der Offenbarung des trinitarischen Lebens in Christus, sondern in der Beziehung des dreieinigen Gottes zu dem Menschen gesehen. Was Christus angeht, wird weniger die Offenbarung seines göttlichen Lebens als mehr die göttliche, den Sünder rechtfertigende Handlung, als Selbsterschließung Gottes in Betracht gezogen.1119 Daran wird zunächst der Unterschied zum orthodoxen Denken sichtbar. Denn obwohl Zizioulas auch vom Relationswesen der Person spricht, hat er jedoch die Ableitung vom trinitarischen Leben im Sinn. Im Vergleich mit dem pentekostalen Denkansatz des Lebens im Heiligen Geist fällt auf, dass der protestantische Diskurs sich mit dem pentekostalen Gedanken der direkten Zuwendung zum Heiligen Geist schwertun kann und umgekehrt, dies vor allem aufgrund der christologischen Orientierung, nach der Gott dem Menschen in der Weise begegnet, dass er Christus sendet. Gott begegnet dem Menschen in Christus. Der Heilige Geist hat dabei eine Funktion, »den Abstand zu diesem Christus zu überwinden und den Menschen zu Christus zu führen«.1120 Die christologische Orientierung mit dem Glauben als Form der Beziehung zu Gott bildet an sich kein Spannungsverhältnis zum pentekostalen Ansatz der Öffnung für den Heiligen Geist als Wesensmerkmal des Personseins. Die Spannung liegt aus meiner Sicht im Thema der Mittelbarkeit der Begegnung mit Gott im protestantischen Verständnis der Wirkung des Heiligen Geistes durch äußere Mittel wie Wort und Sakrament.1121 Der Heilige Geist begegnet dem Menschen im Wort und bewirkt den Glauben.1122 Durch die christologische Orientierung hat Luther »die ontologische Sichtweise durch die personalistische abgelöst«.1123 Diese Referenz zeigt, dass das Verständnis des Glaubens pneumatologisch eine persönliche Begegnung mit Gott, allerdings aus der Begegnung mit dem Wort Gottes, werden kann. Dass die Erfahrung des Heiligen Geistes als Erfahrung der Erlösung im Rahmen der lutherischen Tradition gedacht werden kann, zeigt das 1119 Vgl. Otto Weber, Grundlagen der Dogmatik. Erster Band, Neukirchen/Moers 1959, 422– 425. Horst Georg Pöhlmann, Abriss der Dogmatik, Gütersloh 1973, 98–99. »Die ökonomische Trinität setzt die immanente voraus. Nur weil Gott unwiderruflich der Abba ist (Abba ist man von Natur!), handelt er an uns als Abba im Sohn durch den Geist (Röm 8,15– 17).« A. a. O., 99. 1120 Oskar Föller, Charisma und Unterscheidung, Wuppertal 1997, 172. 1121 Vgl. Martin Luther, Wieder die himmlischen Propheten, in: WA 18, 136–137. Vgl. Schmalkaldische Artikel, III, 8. WA 50, 246. »Gott will mit uns Menschen handeln, denn durch sein eusserlich Wort und Sakrament.« 1122 Vgl. Wolf-Dieter Hauschild, Art. Geist/Heiliger Geist/Geistesgaben/IV. Dogmengeschichtlich, in: TRE, Band 12, 196–217. 208. 1123 A. a. O., 208.
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Denken von Melanchthon: »[Der] Heilige Geist […] erregt in unseren Herzen die wahre Furcht vor Gott, den wahren Glauben und die Erkenntnis der Barmherzigkeit.«1124 Auch Calvin, obwohl mit einigen von Luther unterschiedenen Nuancen, denkt im Sinne der Verbundenheit von Wort und Geist.1125 Jedoch erscheint der Heilige Geist im Denken von Calvin in seiner expliziten Wirkung neben Christus. Er verbindet nicht nur mit Christus, sondern, wie im obigen Zitat von Melanchthon, bezeugt im Herzen: »denn wir erfahren, dass es wie ein Siegel in unser Herz eingedrückt ist«.1126 Der Erfahrungsaspekt der Wirkung des Heiligen Geistes, obwohl er ähnlich wie in der lutherischen Tradition mit dem Glauben verknüpft ist, zeigt sich deutlicher in dem subjektiven Bereich des Lebens in der Heiligung.1127 Der Heilige Geist ist im Denken von Calvin eine Quelle und der Träger der Gegenwart Christi.1128 Werner Krusche deutet das Verständnis der Vergegenwärtigung Christi so, dass »der Geist dem Mangel abhelfe, der durch den Weggang Jesu Christi aus dieser Welt entstanden ist«.1129 Dieser Aspekt deutet auf das Gegenübersein des Heiligen Geistes im Sinne der Vertretung der Präsenz Christi im Leben der Christen.1130 Der Kontext der Polemik Luthers sowie Calvins gegen die Schwärmer, aber auch gegen die Theologie der römisch-katholischen Kirche, aus der die meisten pneumatologischen Aussagen stammen, lassen einen anderen Sinneszusammenhang als das Verständnis der pneumatischen Existenz als Person in der Hinwendung zu Gott erkennen. Beide, Luther und Calvin, wenden sich gegen die Versuche, entweder den Heiligen Geist als Offenbarung Gottes durch die Lehren aus der direkten Erfahrung des Heiligen Geistes zu überbieten, oder den Glauben zweifach (fides formata und fides informis) als bloße Zustimmung und als dazu 1124 Philipp Melanchthon, De Spirito Sancto/Heiliger Geist, In: Loci Praecipui Theologici (1559). Herausgegeben und übersetzt von Peter Liwan/Sven Grosse. Band I. Leipzig 2018, 87. An einer anderen Stelle beruft sich Melanchthon auf Augustinus und Bernhard von Clairvaux: »Dies ist das Zeugnis, das der Heilige Geist in deinem Herzen ablegt, wenn er sagt: ›Deine Sünde sind dir vergeben.‹«. A. a. O., Glaube, 343. 1125 Calvin sprach davon, dass »wer innerlich vom Heiligen Geist gelehrt ist, der verharrt fest bei der Schrift«. Johannes Calvin, Unterricht in der christlichen Religion. Neu herausgegeben von Matthias Freudenberg, Neukirchen-Vluyn, 2009, I. 7,5. I. 9 (Auseinandersetzung mit den Schwärmern). Vgl. Helmuth Thiliecke, Der evangelische Glaube, Tübingen 1973, 163. 1126 Unterricht in der christlichen Religion, III, 1,1. 1127 »Weil der Heilige Geist aber weiterhin die Menschen, die er mit der erquickenden Kraft seiner Gnade durchflutet hat, zu kräftigem Leben erneuert und darin erhält, so hat er auch den Namen ›Öl‹ oder ›Salbung‹ (1. Joh 2, 20.27).« Unterricht in der christlichen Religion, III, 1,3. 1,4. 1128 Vgl. Unterricht in der christlichen Religion III, 1,3. 1129 Werner Krusche, Das Wirken des Heiligen Geistes nach Calvin, 148. 1130 Vgl. Horst Georg Pöhlman, 230.
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kommende Liebe deuten zu wollen.1131 Gewiss ist damit auch die direkte Erfahrung des Heiligen Geistes gemeint.1132 Jedoch berührt die pentekostale Hingabe an die Wirklichkeit des Heiligen Geistes nicht das Thema des Ausgerichtet-Seins auf neue Christusoffenbarungen durch die übernatürliche Erfahrung des Heiligen Geistes. Die Offenheit für den Heiligen Geist betrifft die Frage, inwiefern die Lebensgestaltung oder das menschliche Verlangen nach dem Leben angesichts der Gegenwart Gottes (coram deo) als Kennzeichen des Personseins im Zusammenhang mit der Wirkung des Heiligen Geistes verstanden werden kann. Unter diesem Blickwinkel lassen sich die Parallelen zum pentekostalen Konstrukt der Hiwendung zu Gott auch in den Gedanken der beiden reformatorischen Traditionen erkennen. Dem Heidelberger Katechismus ist die Vorstellung des Gott zugewandten Menschen nicht fremd. Im dritten Teil von der Dankbarkeit Frage 86, ist die Rede vom Wirken des Heiligen Geistes in der Erneuerung des Menschenbildes: »Darum/ daß Christus nach dem er uns mit seinem Bild erkauft hat/uns auch durch seine heilige Geist ernewert zu seine ebenbild/daß wir mit unserm ganzen Leben uns dankbar gegen Gott für sine wolthat erzeigen.«1133 Hier wird das erneurte Menschensein als in Dankbarkeit auf Gott ausgerichteter, aktiv handelnder Mensch beschrieben. Die Vorstellung vom Wirken des Heiligen Geistes liegt der Vorstellung von Calvin über die Erfahrung der Begegnung mit dem Wirken des Heiligen Geistes nahe: »Auf der anderen Seite aber brennt und fegt er unsere sündigen Begierden beständig aus und entflammt wiederum unser Herz zur Liebe zu Gott und zum Trachten nach der Gottesfurcht. […] denn wenn er uns mit seiner Kraft anhaucht, dann wirkt er göttliches Leben in uns, so daß wir nicht mehr von uns selber uns treiben lassen, sondern von seiner Führung und seinem Antrieb regiert werden.«1134
Calvin unterstreicht damit die Wahrnehmung der expliziten Wirkung des Heiligen Geistes im Menschen. Allerdings weisen diese Aussagen noch keine deckungsgleiche Paralelle zur pentekostalen Vorstellung von der Öffnung für den Heiligen Geist im Sinne einer in der direkten Liebe zu Gott ausgerichteten Person auf. Die Liebe zu Gott wird 1131 Vgl. Unterricht in der christlichen Religion III, 2,8.9. Wilhem Stählin behauptet: »Niemand kann bestreiten, und auch Luther hat es keineswegs bestritten, daß es eine unmittelbare, unvermittelte Berührung durch den Heiligen Geist gibt.« Wilhelm Stählin, Die Bitte um den Heiligen Geist, Stuttgart 1969, 72. 1132 Vgl. Unterricht in der christlichen Religion, I, 9, 1. 1133 Friedrich Pfalz, Kurfürst, III (Hg), Catechismus Oder Christlicher Underricht, wie der in Kirchen und Schulen der Churfürstlichen Pfaltz getrieben wirdt. 1563. Online-Ressource, Heidelberg 2005. https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/catechismus1563/0065. Abgerufen 02. 05. 2020. 1134 Unterricht in der christlichen Religion, III, 1, 3.
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bei Calvin als Frucht des Heiligen Geistes, als ein Erweis der Führung des Heiligen Geistes und der Wiedergeburt verstanden.1135 Auch bei Luther kann der Glaube als Umgriffensein des Menschen vom Heiligen Geist und als Liebe zu Gott verstanden sein.1136 Wie die persönliche und direkte Zuwendung zur persönlichen Wirklichkeit Gottes im Sinne der ganzheitlichen Hingabe als Grundkonstitution des Menschlichen im Rahmen der protestantischen Tradition unter dem Gesichtspunkt der Relationalität des Menschen gedacht werden kann, zeigt der Vorschlag von Volker Rabens. Der Neutestamentler Volker Rabens hat im Kontext des Relationsdenkens einen ethischen Denkansatz herausgearbeitet, nach dem »der Mensch in seinem Sein und Werden von relationalen Dynamiken bestimmt« ist.1137 Diese Relationalität des Menschen hat eine transformierende Wirkung. Im Licht dieses Gedankens ist der Mensch ein personales Wesen durch den Glauben, der sich in der aktiven Beziehung zu Gott betätigt.1138 Rabens spricht von der Beziehung zwischen Mensch und Gott als einer transformierten Beziehungsmatrix. Diese Matrix bewirkt der Heilige Geist. Rabens kommt von der Rechtfertigungslehre her und deutet die Beziehungsmatrix anthropologisch als mimetisches (nachlebend) Werk Christi, dass Christus das Schicksal des Menschen in Adam nachgelebt hat. Diese mimetische Partizipation Gottes macht die menschliche Partizipation an Gott im Geist möglich. So entsteht die reziproke Partizipation Gottes am Menschen und umgekehrt.1139 Rabens sieht die Reziprozität in Phil 3,12.1140 Paulus ist 1135 Unterricht in der christlichen Religion, II, 7,6; III 14, 18, 18. 1136 Vgl. Karl Lehmann/Wolfhart Pannenberg/ Ökumenischer Arbeitskreis Evangelischer und Katholischer Theologen (Hg.), Lehrverurteilungen – kirchentrennend? Dialog der Kirchen. Bd. 4, Freiburg i. Br./Göttingen 1986, 58. Man bezieht sich auf eine Aussage aus dem Galater-Kommentar von Martin Luther (1531). Vgl. a. a. O., Fn. 39. Vgl. WA 40, I,421, 17–21. 1137 Volker Rabens, Sein und Werden in Beziehungen, in: Walter Bührer/Raphaela Meyer zu Hörste-Bührer (Hg.), Relationale Erkenntnishorizonte in Exegese und Systematischer Theologie, Leipzig 2018, 118. 1138 Rabens zitiert unter anderem Hans-Joachim Eckstein: »Indem das Moment des ›Vertrauens‹, des ›Sich-Anvertrauens‹ und des ›Sich-Verlassens‹ auf ein Gegenüber in den Vordergrund tritt, erweist sich das Wort ›Glaube‹ als ein Beziehungsbegriff – ein Begriff also, der nicht nur die Überzeugung eines Einzelnen fu¨ r sich, sondern das Verhältnis einer Person zu einer anderen beschreibt. So wie der Begriff der ›Liebe‹ eine personale Relation ¨ berzeugung und voraussetzt, so wird hier mit ›Glaube‹ nicht nur die individuelle Haltung, U Zustimmung bezeichnet, sondern das ›Sich-Verhalten‹ und ›Sich-bestimmen-Lassen‹ hinsichtlich eines personalen Gegenübers.«. H.-J. Eckstein, Das Wesen des christlichen Glaubens. Nachdenken u¨ ber das Glaubensversta¨ ndnis bei Paulus, in: H.-J. Eckstein (Hg.), Der aus Glauben Gerechte wird leben. Beitra¨ge zur Theologie des Neuen Testaments, Mu¨ nster 2007, 3–18, 13. 1139 Vgl. Rabens, 100–101. 1140 »Nicht, dass ich’s schon ergriffen habe oder schon vollkommen sei; ich jage ihm aber nach, ob ich’s wohl ergreifen könnte, weil ich von Christus Jesus ergriffen bin.«
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nicht nur von Christus ergriffen, sondern ergreift auch Christus. Auf diese Weise kann man vom Menschsein im Rahmen des aktiven Handelns des Menschen auf Gott hin und vom Personsein als Nachahmung des Lebens Christi sprechen. Die Beziehungsnähe als Intimität und Liebe gehört zur Beziehung des Menschen zu Gott. Jedoch zeigt der Ansatz von Rabens eine gewisse Zurückhaltung, was die aktive Beziehung des Menschen zu Gott angeht. Es ist nicht eindeutig klar, ob die intime Zuneigung zu Gott als Gegenüber den gleichen konstitutiven Wert für das menschliche Personsein hat, wie die Zuneigung Gottes zum Menschen. Interessant erscheint im Zusammenhang mit unserer These die Beobachtung, dass das Bild der reziproken Partizipation nicht nur vom innertrinitarischen Diskurs, wie ihn die orthodoxe Theologie versteht, sondern von der paulinischen Theologie innerhalb des NTs abgeleitet werden kann. Auch wenn Rabens das Ergreifen Christi dennoch in Treue zur protestantischen Tradition als Vertrauen auf Christi Tat im Glauben deutet, kann sein Beispiel des relationalen Menschseins dem pentekostalen Bild der Hinwendung zu Gott aufgrund der Aussage, die mimetische reziproke Partizipation sei das Werk des Heiligen Geistes, ähnlich sein. Der pentekostale Ansatz will auf keinen Fall den Glauben als Form der Partizipation an Gott anfechten, sondern den Akzent dort setzen, wo der Glaube auf Gott hin nach der Analogie des trinitarischen Lebens als Verhalten der Christen gegenüber Gottes Wirklichkeit verstanden werden kann. Dem pentekostalen Denken wird die oben erwähnten Konstruktion zwar im Zusammenhang mit dem Modus des Lebens nach dem individuellen Glauben entsprechen, sie zeigt sich jedoch als mangelhaft in Bezug auf unsere soteriologisch-anthropologische Begründung des pentekostalen Ausgerichtetseins auf die erfahrbare Begegnung mit Gott. Das pentekostale, spezifische Verständnis der Beziehung zwischen dem Menschen und dem Heiligen Geist geht von der intensiven und ganzheitlichen Selbstwahrnehmung der Person in der willentlichen und handelnden Offenheit gegenüber der Wirklichkeit Gottes als Gegenüber aus. Das heißt, dass nicht nur die proportionale, freie Reaktion auf das Angesprochensein (dies würde mehr der protestantischen Tradition entsprechen), sondern auch eine den ganzen Menschen umfassende willentlich-handelnde Ausrichtung auf Gott als Gegenüber mit der Erweiterung hin zum aktiven, ethischen Handeln das Personsein konstituiert. Dieser Aspekt der Ausrichtung bzw. der Wille zur Hinwendung zu Gott als Gegenüber platziert die pentekostale Denkweise zwischen der protestantischen Tradition der Heiligung und dem orthodoxen Verständnis vom trinitarischen Personsein als Sein in Communio. Es ist je nach der theologischen Schwerpunktlegung zu fragen, in welchem der beiden Paradigmen das pentekostale Schema der Öffnung für den Heiligen Geist einen günstigen Raum zur Selbstreflexion findet. Da die pentekostale Öffnung für den Heiligen Geist eine Neigung zur soteriologischen Einordnung zeigt, halte ich das
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Paradigma des trinitarischen Personseins passender für die theologische Einordnung der Öffnung für den Heiligen Geist, als das protestantische Paradigma von Rechfertigung und Heilung. Es muss aber berücksichtigt werden, dass diese Einordnung der pentekostalen Offenheit für den Heiligen Geist die Spannung mit dem reformatorischen Grundverständnis des Glaubens dann umgehen kann, wenn sie im Rahmen des Verständnisses des Heils als Wiederherstellung des Menschseins nach dem Prototyp des trinitarischen Lebens interpretiert wird. Im Licht des ökumenischen Verständnisses der Koinonia als Analogie zum trinitarischen Leben und im Licht des orthodoxen Verständnisses des Personseins als Bewegung hin zu Koinonia kann der pentekostale Denkansatz einen Interpretationsraum finden, in welchem die Bezugnahme der persönlichen Erfahrung der Beziehung zu Gott bzw. das Verlangen einer Person nach der direkten Begegnung mit dem Heiligen Geist auf das Koinonia-Prinzip des trinitarischen Personseins zurückgeführt werden kann. Man kann sagen, dass der Denkansatz zum Verständnis von Koinonia im Sinne der inneren Bewegung der Trinitätspersonen zueinander nicht nur das Paradigma des Lebens der Kirche und ihrer Einheit darstellt und im Kontext des Wesens der Kirche verstanden wird, sondern sich als persönliche, hingabevolle Zuwendung des Menschen zur Realität Gottes im Rahmen der subjektiven Bewegung des Menschen zu Gott betrachten lässt.
3.3.2 Annäherungspunkte zwischen dem Verständnis des trinitarischen Personseins Gottes und dem pentekostalen Verständnis des Lebens im Heiligen Geist In diesem Unterabschnitt wird ein Versuch unternommen, eine Theologie der Verbindung zwischen der Analogie des trinitarischen Personseins und dem pentekostalen Denkansatz der Zuwendung zur Wirklichkeit Gottes im Heiligen Geist zu entwerfen. Ich setze bei der These von Zizioulas an, dass der Modus der Beziehung als Einander-Zugewandt-Sein das Wesen Gottes, das Liebe ist, widerspiegelt: »[…] but divine love is […] a way of being«.1141 »Love is not a feeling, a sentiment springing from the nature like a flower from a tree. Love is a relationship.«1142 Damit wird das Verständnis der Liebe auf die Kategorie der Beziehung und weitergehend auf das trinitarische Personsein Gottes bezogen. Dieser Schritt soll nicht dazu führen, die Liebe ausschließlich mit der Relation gleichzusetzen. Die 1141 Zizioulas, Communio and Otherness, 106, 153. 1142 Zitiert in: Markus Mühling, Gott ist Liebe: Studien zum Verständnis der Liebe als Modell des trinitarischen Redens von Gott. Marburger theologische Studien, Marburg 2000, 197.
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inhaltliche Bedeutung von Liebe kann ein Bild dafür liefern, was Beziehung ist. Das Verständnis der Beziehung als Liebe und umgekehrt soll das Verständnis von trinitarischer Relation, nicht nur auf die Bedeutung des ontologischen, wechselseitigen Verhältnisses beschränken, sondern das Verständnis der Beziehung in die immanente Dimension der menschlichen Zugänglichkeit zu Gott als Gegenüber der Liebe zu bringen. Liebe ist zwar Beziehung, aber auch mehr. Das gibt dem fortführenden Nachdenken über die pentekostale Pneumatologie einen theologischen Rahmen, um den pentekostalen Denkansatz zur Öffnung für den Heiligen Geist über den Begriff Liebe ins analogische Paradigma des trinitarischen Personseins zu bringen. Da der Erfahrungsaspekt der persönlichen Hingabe an Gott den Heiligen Geist für die pentekostale Identität eine zentrale Rolle spielt, kann die Darstellung des trinitarischen Lebens als Liebe in der hingabevollen Hinwendung des empirischen Ichs zum Gegenüber eine Brücke bieten, um die Öffnung für den Heiligen Geist unter dem Aspekt der trinitarischen Liebe Gottes zu betrachten. Wenn Gott als Liebe im Kontext der persönlichen Hinwendung zu ihm als Gegenüber (Gottesliebe) und im Kontext der persönlichen Interaktion erfahren wird, muss das Wesen der Liebe im Sinne des trinitarischen Personseins näher erläutert werden. Die Liebe kann ihrem Wesen und ihrer ontologischen Struktur nach als ek-statisch interpretiert werden, also als freies Herausgehen (Hingabe) aus sich selbst hin zum Objekt der Liebe bzw. zu ihrem Gegenüber.1143 Die mystisch-psychologischen Komponenten dieses Herausgehens sind sowohl der orthodoxen als auch der westlichen Tradition (protestantisch und katholisch) nicht fremd.1144 Die Liebe als Relation bedarf des Gegenübers, weil sie sich dem Gegenüber mitteilt, also aus dem Sich-Hingeben auf das Gegenüber lebt. Die trinitarische 1143 Vgl. ebd. 1144 Evdokimov weist auf den Zusammenhang zwischen Metaphysik und Mystik hin. Evdokimov, 100. Was die katholische Tradition betrifft, betonten die spanischen Mystiker wie Ignatius von Loyola, Teresa von Avila und Johannes vom Kreuz die emotionale Seite des Hingezogenseins zu Gott. Vgl. Michael Strucken, Trinität aus Erfahrung: Ansätze zu einer trinitarischen Ontologie in der Mystik von Ignatius von Loyola, Teresa von Avila und Johannes vom Kreuz, Bonn 2001, 259–266. »Der süße und liebliche Geist! Er beuge unsern Willen, nein, er richte ihn auf und wandle ihn mehr und mehr dem seinen gleich, auf daß wir ihn wahrhaft erkennen, glühend lieben und wirksam erfüllen.« Bernhard von Clairvoix, zitiert in: Yolande d’Ormesson Arséne-Henry, Veni Sancte Spiritus, Luzern 1959, 230. Pekka Kärkkäinen (lutheran.) weist auf das Verständnis des Heiligen Geistes als Verursachers der menschlichen Liebe zu Gott in den füheren Schriften von Martin Luther hin. Vgl. Pekka Kärkkäinen, Luthers Trinitarische Theologie des Heiligen Geistes, Mainz 2005, 60. Vgl. Martin Luther, Vorlesung über den Römerbrief 1515/1516, in: Kurt Aland (Hg.), Martin Luther Deutsch. Band I, Stuttgart/Göttingen 1969, 186–187. Es geht bei Luther jedoch nicht um die Mystik der Liebe, sondern um Hingabe des ganzen Menschen. Vgl. Hans-Martin Barth, Die Theologie Martin Luthers, Gütersloh 2009, 470.
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Art des Personseins versteht sich als Gabe des Lebens durch die Begegnung von Angesicht zu Angesicht.1145 Damit wird die Assoziation der Liebe mit dem trinitarischen Personsein schwerpunktmäßig auf die orthodoxe Tradition der immanenten Trinität bezogen. Um den Einstieg in die trinitätstheologische Diskussion zu vermeiden, setze ich bei der Referenz der ökumenischen Interpretation des apostolischen Glaubens im Nizäno-Konstantinopolitanischen Glaubensbekenntnis (381 n. Chr.) an.1146 Die Studie bezeichnet in Verbindung mit den unterschiedlichen Verständnissen der Einheit der Trinität das trinitarische Wesen als Liebe, die gegensetige Selbsthingabe und Gemeinschaft bedeutet.1147 Das trinitarische Denkkonzept der gegenseitigen Beziehungen und Einwohnung der Personen (perichoresis) hilft, die Einheit Gottes trinitarisch zu begründen und umgekehrt. Hinter den Begriffen Person (hypostasis) und gegenseitige Einwohnung (perichoresis) schwingt die Bedeutung von persönlicher, gegensetiger Zuwendung mit, was auf der menschlichen Seite mit Nähe und Begegnung assoziiert wird. Nichts wird dagegensprechen, diese gegenseitige Durchdringung als innere, ähnlich wie bei der Liebe hinreißende Bewegung einer Person auf die andere Person hin, zu interpretieren.1148 Es ist an dieser Stelle von zentraler Bedeutung, zu erwähnen, dass sich die Kirchen darin einig sind, dass das Geheimnis der Trinität, die in der Liturgie der Kirche gefeiert wird, nicht dem logischen Verständnis unterliegt.1149 Damit wird der Blick auf die Begegnung mit der Trinität in der Liturgie gelenkt: »[…] im Gottesdienst tritt je der persönliche Charakter des dreieinigen Gottes am deutlichsten in Erscheinung.«1150 Dieser Satz wird im pentekostalen Verständnis mit dem Fokus auf das gegenseitige Korrespondieren von zwei Dimensionen gelesen, nämlich dem personalen Charakter der Trinität und dem responsorischen, auf ein Gegenüber angewiesenen, Charakter des Gottesdienstes.1151 Diese zwei Dimensionen, nämlich das trinitarische Personsein und das Wesen des Gottesdienstes, zeigen eine inhaltliche Nähe zu den pentekostalen Schlüsselkomponenten persönlich und gegenüber. 1145 1146 1147 1148
Vgl. Evdokimov, 100. Vgl. Gemeinsam den einen Glauben bekennen, Einleitung §§16.17. Vgl. Gemeinsam den einen Gleiben bekennen I. §§10.17.18. Evdokimov verweist auf diesen Gebrauch der Beziehung bei Gregor von Nyssa in seinem Werk De vita Moysis. Vgl. Evdokimov, 100. Klaus Hemmerle (kathol.) baut seine trinitarische Ontologie auf der Verbindung zwischen dem Phänomen der Liebe und dem Phänomen des Sich-Gebens. Vgl. Klaus Hemmerle, Thesen zu einer trinitarischen Ontologie, 15. https://www.klaus-hemmerle.de/de/werk/thesen-zu-einer-trinitarischen-onto logie.html#/pdf. Abgerufen 15. 07. 2021. 1149 Vgl. Gemeinsam den einen Glauben bekennen, §10, Kommentar. 1150 Ebd., Kommentar. 1151 Im pentekostal-charismatischen Gottesdienstverständnis spielt das Erlebnis der Begegnung mit der Gegenwart Gottes in der persönlichen und gemeinschaftlichen Anbetung Gottes eine zentrale Rolle.
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Der Bezug auf das trinitarische Personsein im Kontext der orthodoxen Tradition soll jedoch nicht den Eindruck wecken, dass das Verständnis der Liebe als Ausrichtung auf Gott als Gegenüber ausschließlich von der orthodoxen Trinitätslehre abgeleitet sei. Helmuth Thielicke hat die menschliche Liebe zu Gott im Rahmen der lutherischen und calvinistischen Tradition ebenso als respondierende Liebe, allerdings als Reflex der gerechtmachenden Gerechtigkeit Gottes, gedeutet. Was die inhaltliche Nähe des Denkens von Thielicke zum orthodoxen Denkansatz zeigt, ist das Charakteristikum der Liebe, nämlich, dass sie nicht durch die Intensität des religiösen Erlebens, sondern ausschließlich durch ihren Gegenstand charakterisiert wird.1152 Die orthodoxe Sicht der innertrinitarischen Kontinuität zwischen dem Personsein, dem Ausgerichtetsein auf das Gegenüber und der Liebe soll hier aufgrund des ökumenischen Kontextes der Koinonia sowie dem Verständnis des Heiligen Geistes als Geist der Koinonia bevorzugt werden. Darum wird die nächste Aufgabe darin bestehen, den pentekostalen Denkansatz der persönlichen Hinwendung zu Gott mit dem ökumenischen Koinonia-Diskurs über den Begriff Liebe in Verbindung zu bringen. Dieser Weg resultiert aus dem Text von Gemeinsam den einen Glauben bekennen: »Der menschgewordene Sohn offenbart, dass Gott in Gottes ewiger Herrlichkeit, vor aller Zeit und Geschichte, sein göttliches Leben gegensetige Selbsthingabe und Gemeinschaft ist, dass ›Gott die Liebe ist‹ (1 Joh 4,8). […] Gottes ewiges Leben und ewige Herrlichkeit liegen in der freien Hingabe der Personen in gegenseitiger Gemeinschaft füreinander.«1153
Obwohl das Verständnis der Relation (Beziehung) von der pentekostalen Seite schwerpunktmäßig als emotionales Ausgerichtetsein auf die Erfahrung der Wirklichkeit Gottes, bzw. als persönliche Hinwendung zu seinem Wirken gesehen werden kann, wird der Begriff der Hypostasis (Person) in seiner ursprünglich orthodoxen, dogmatischen Bedeutung hier eine Hilfe bieten. Der Prozess des Personwerdens, hier als Hypostasierung benannt, versteht sich in der orthodoxen Deutung in anthropologischem Bezug als die ontologische Realisierung der rechten Seinsordnung des menschlichen Lebens in Bezug auf Gott.1154 Das ist ein Wieder-In-Ordnung-Bringen des Modus der menschlichen Existenz vor und von Gott her und geschieht im orthodoxen Verständnis
1152 Vgl. Helmuth Thielicke, Der evangelische Glaube. III. Band, 84. 1153 Gemeinsam den einen Glauben bekennen, §§17.18. 1154 Vgl. Yannaras, 125.
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korporativ über die Partizipation an der Kirche bzw. an der Eucharistie und durch das Leben in Ausrichtung auf Gottes Gebote.1155 Die Erwähnung der Eucharistie an dieser Stelle ist aufgrund des Zusammenhangs zwischen dem trinitarischen Personsein und dem Verständnis der Sakramentalität angebracht. Die sakramentale Bedeutung der Eucharistie als Geschehen wird weder subjektiv im Menschen noch objektiv in der Sakramentalität der Eucharistie, sondern in der Beziehung der Eucharistie zur Gegenwart Gottes und in der persönlichen (allerdings in der Art der Hypostase) Hinwendung der Christen zur Eucharistie gesehen.1156 Im Modus des trinitarischen Lebens in Beziehung zum Gegenüber kommt der Koinonia-Charakter des Personseins zum Ausdruck. In der Hinwendung zur Eucharistie als zur eschatologischen Realität des neuen Lebens überschreitet der Mensch »seine Selbstheit« und wird zur Person, zu einem ek-statischen Menschen.1157 Das ek-statische Personwerden vollzieht sich durch die persönliche Haltung bzw. den Ethos, und meint auf keinen Fall einen affektiven Zustand.1158 Das Gewicht dieses Personwerdens liegt auf der ontologischen Seite einer Relation. In Anbetracht dieses Unterschieds in der ontologischen Deutung der Beziehung zu Gott zeigt die Konstruktion der pentekostalen Öffnung vor dem Heiligen Geist ähnliche Züge des relationalen Modus der trinitarischen Personenexistenz. Diese Art von Relationalität wird jedoch im subjektiven Bereich des menschlichen Verlangens, im empirischen Ich platziert. Im Verlangen nach der Erfahrung der realen Wirklichkeit Gottes tritt der Mensch aus dem Kreis seiner existentiellen Bedingungen heraus und erlebt sich selbst in Beziehung zu Gott. Dieser Vorgang spiegelt ähnliche Züge wie der Prozess der Hypostasierung (Personwerden). Das engagierte Aus-Sich-Heraustreten in Hinwendung zu Gott entspricht dem Verständnis der Beziehung als Liebe. In der pentekostalen Öffnung für den Heiligen Geist drückt sich nicht nur der relationale Charakter der Liebe, sondern vielmehr das alles umfassende persönliche Engagement des ganzen Menschen aus, und zwar so, dass der Mensch sich zu Gott, real als Person zu Person, hinwendet. In diesem Zusammenhang ist wiederum auf den Denkansatz der Liebe von Helmuth Thielicke hinzuweisen. In seinem Denken umgreift die Liebe das ganze Menschsein: »Wenn im Liebesgebot (Mt 22,37) davon die Rede ist, dass die Liebe zu Gott nur dort walte, wo das ›ganze Herz‹, die ›ganze Seele und alle Gedanken‹ von ihr erfüllt seien, 1155 Zizioulas begründet die korporative Erfahrung des Heils christologisch. Christus sei als korporative Persönlichkeit zu verstehen. Vgl. Zizioulas, The Pneumatological Dimension, 146. 1156 Vgl. Yannaras, Elements of faith, 129. 1157 Vgl. Sergii Bortnyk. Kommunion und Person: Die Theologie von John Zizioulas in systematischer Betrachtung, Berlin 2014, 204. 1158 Vgl. ebd.
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dann besagt diese doch, dass Liebe eine Totalbewegung unseres Ich ist. […] Der in der Liebe wirksame Wille hört damit auf, ein nur partieller Impuls zu sein, sondern deckt sich mit der Ganzheit unseres Ichs.«1159
Damit bietet sich die Grundlage, den Fokus des pentekostalen Verständnisses der Begegnung mit dem Heiligen Geist von der Geistestaufe als Resultat der Öffnung vor dem Heiligen Geist auf den Prozess der Öffnung des ganzen Menschseins vor der Wirklichkeit Gottes umzulenken. Andererseits stellt die Öffnung für den Heiligen Geist in der Bedeutung der Liebe zu Gott eine Zusammenführung von zwei Perspektiven des Wirkens des Heiligen Geistes dar, und zwar als Modus der hypostatischen Existenz des Personseins nach der trinitarischen Analogie und als die ganze Person ergreifende Hinwendung des Menschen zu Gott als Objekt der Liebe.1160 Beide Paradigmen der Liebe weisen eine gemeinsame Verbindung zur Pneumatologie auf, weil das orthodoxe Personwerden oder die protestantische Liebe zu Gott nicht der menschlichen Natur, sondern dem Heiligen Geist entstammt.
3.3.3 Die Verknüpfung zwischen dem Verständnis des trinitarischen Personseins und der Liebe im Licht der biblischen Aussagen Die interpretative Brücke zwischen dem pentekostalen Deutungsparadigma des Verlangens nach der Begegnung mit der Wirklichkeit Gottes und dem ontologischen Paradigma des trinitarischen Personseins kann am besten im Kontext der Beziehung zwischen dem Wirken des Heiligen Geistes und der Liebe als Wesen Gottes gebaut werden. Diese Verknüpfung wurde in den obigen Abschnitten ansatzweise am Beispiel der Diskussion um das Verhältnis zwischen dem Wesen Gottes als Liebe und dem trinitarischen Personsein deutlich. Liebe als Ansatzpunkt bietet eine Brücke, um das pentekostale Verständnis der Geistestaufe mit dem trinitarischen Personsein in Verbindung zu bringen. Obwohl Liebe, zu Unrecht, nicht oft als klassisch pentekostales Thema im Kontext der Geistestaufe dargestellt wurde, kann sie auch im Rahmen der
1159 Thielicke, Der Evangelische Glaube. Band 3., 85–86. Ein ähnliches Verständnis der Totalität der Liebe zu Gott findet man im Denken von Wilfried Härle. Vgl. Wilfried Härle, Dogmatik, Berlin/New York 1995, 522. Die trinitarische Ontologie von Klaus Hemmerle (Sich-Geben, Selbstmitteiliung) ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen. Vgl. Fn. 1149. 1160 Thielicke verweist dabei auf Martin Luther, der die Liebe als einen Akt der Eindeutigkeit betrachtet hat, »in den die Gesamtheit des Ich integriert ist.« Thielicke, a. a. O., 85–86. Vgl. Martin Luther, Operationes in psalmos, WA 5,33.
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pentekostalen Tradition als Motivation der Geistestaufe betrachtet werden.1161 In den Anfangszeiten der Entstehung der pentekostalen Bewegung auf deutschem Boden wurde das sichtbare Zeichen der Geistestaufe nicht in der Zungenrede, sondern in der Erfahrung der Liebe zu Gott gesehen: »Die Geistestaufe besteht darin, dass der Heilige Geist ins Herz kommt. Das ist die große Hauptsache; und an dem Vorhandensein der Liebe und wirklicher Heiligung erkennt man, dass ›Er‹ im Herzen da ist.«1162 Damit das Verständnis der personschaffenden Wirkung des Heiligen Geistes als Geist der Koinonia aus pentekostaler Sicht angenommen werden kann, ist sein biblischer Bezug von zentraler Bedeutung. Aus diesem Grund versuche ich einen Denkansatz zum Verständnis des Verlangens nach der Begegnung mit Gott, dem Gegenüber, als Analogie zum trinitarischen Personsein Gottes anhand einiger biblischer Aussagen unter dem Blickwinkel des pentekostalen Denkansatzes zum Verständnis des Heiligen Geistes zu skizzieren. Als Ausgangspunkt nehme ich aufgrund der Zentralität der Liebe zu Gott als allumgreifende Bewegung des Menschseins auf Gott hin, die Aussage aus dem Matthäusevangelium: »Meister, welches ist das höchste Gebot im Gesetz? Jesus aber sprach zu ihm: ›Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt.‹« (Dtn 6,5; Mt 22,36–37). Die dreifache Betonung der Hinwendung des Menschen zu Gott – von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt – deutet aus der subjektiven Perspektive auf die Totalität des Menschseins in seiner Hinwendung zu Gott. Im Lied des Mose wird die Liebe zu Gott als Grundvoraussetzung des menschlichen Lebens vor Gott erwähnt:
1161 Vgl. Geoffrey Sutton/Martin Mittelstadt, Loving God and Loving Others: Learning About Love From Psychological Science and Pentecostal Perspektives, in: JPC (2012) 31/2, 157–167. 1162 Vandsburger Erklärung (1909) – ein Einigungspapier zwischen »Neutralen« (Anerkennende der pentekostalen Bewegung nach der Berliner-Erklärung (15 September, 1909) und den Pentekostalen. Zitiert in: Ekkehart Vetter, Jahrhundertbilanz – erweckungsfasziniert und durststreckenerprobt, 154. Vgl. Geoffrey Sutton/Martin Mittelstadt, Loving God and Loving Others. Das Thema Liebe in Verbindung mit dem Phänomen des Pentekostalismus wurde von den Pentekostalen von 2009–2012 im Zusammehnag einer soziologischen Untersuchung der Universität Acron (USA), Flame of Love Project diskutiert. Im Fokus der Untersuchung stand die Wechselwirkung zwischen der göttlichen und menschlichen Liebe. Das Konzept dieser Wechselwirkung wurde als Godly Love bezeichnet. Vgl. Margaret M. Poloma/John Clifford Green, The Assemblies of God: Godly love and the revitalization of American Pentecostalism, New York 2010, 103. Allerdings konzentrierte sich das Projekt auf die Folgen der übernatürlichen Dimension der Geistestaufe (Zungenrede, Wunder, Heilungen) im Leben der Menschen. »God‹s love flows into individuals, inspiring them to pass this love on to others in myriad ways.« Matthew T. Lee /Amos Yong (eds), Godly love: Impediments and Possibilities, Lanham 2012, 57.
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»Ich habe euch Leben und Tod, Segen und Fluch vorgelegt, dass du das Leben erwählst und am Leben bleibst, du und deine Nachkommen, dass du den HERRN, deinen Gott, liebst und seiner Stimme gehorchst und ihm anhangest. Denn das bedeutet für dich, dass du lebst und alt wirst und wohnen bleibst in dem Lande, das der HERR deinen Vätern Abraham, Isaak und Jakob geschworen hat, ihnen zu geben.« (Dtn 30,19b–20)
Nach dieser Aussage wird die Grundbedingung des menschlichen Lebens an die Hinwendung des Menschen zu Gott angeknüft. Die Ausdrücke, dass du den Herrn deinen Gott liebst ()ְלַֽאֲהָב֙ה, und seiner Stimme gehorchst ()ִלְש ֥מֹ ַע, und ihm anhängst ( – )וְּל ָדְבָקהumrahmen ein Bedeutungsfeld für die Beschreibung der menschlichen Hinwendung zu Gott, dem Gegenüber des Menschen.1163 Die Bedingung von Leben und Tod ist mit dem Prinzip der Hinwendung und Abwendung von Gott verknüpft. Abgesehen von der moralischen Konnotation des mosaischen Gebotes im Sinne der Werke bzw. der Treue zum Bund mit Gott, aber auch von der Liebe als subjektives, religiöses Gefühl, kann die Liebe zu Gott generell als Ausrichtung des menschlichen Lebens auf Gott ontologisch im Sinne der Grundbedingungen der menschlichen Existenz als Geschöpf verstanden werden. Die Alttestamentlerin Hannelore Jauss, die alle AT-Belege für den Begriff Liebe untersucht und unter anderem das Thema Liebe zu Gott im AT betrachtet hat, sieht in Dtn 30,20 eine Parallele zwischen der Liebe zu Gott und der Liebe zum Leben. »JHWH anzuhangen, bedeutet, dem Leben anzuhangen, und ihn zu lieben, das Leben selbst zu lieben.«1164 Die Dringlichkeit der Liebe versteht sich darin, dass sie das Leben zum Ziel hat. Dass es dabei nicht nur um die Erfüllung der Gebote Gottes als Gegenliebe zu Gott geht, sondern um den ganzen Menschen, zeigt Jauss mit dem Hinweis auf den metaphorischen Ausdruck der »Beschneidung des Herzens«. Das menschliche Herz sei das Subjekt der Liebe. »Es ist dennoch unbestreitbar […], dass die Gottesliebe vor allem eine Herzensangelegenheit ist und der Schöpfer deshalb das Menschenherz eigens dafür verändern muss. So aber ermöglicht und schafft sich die göttliche Liebe genau das, dessen sie bedarf: die Gegenliebe.«1165
1163 Dorothea Erbele-Küster spricht in ihrem Aufsatz »Anthropologie der Ethik der (Liebes) Gebote« von den drei Handlungsträgern der Liebe: das Herz, das Verlangen und die TatKraft. Vgl. Dorothea Erbele-Küster, Anthropologie der Ethik der (Liebes) Gebote, in: Andreas Wagner und Jürgen van Oorschot (Hg.), Individualität und Selbstre¯exion in den Literaturen des Alten Testaments. Veröffentlichungen der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theologie (VWGTh). Band 48, Leipzig 2017, 351. 1164 Hannelore Jauss, Der liebesbedürftige Gott und die gottbedürftige Liebe des Menschen. Beiträge zum Verstehen der Bibel. Band 25, Berlin 2014, 283. 1165 A. a. O., 290. Diese Meinung vertritt auch Dorothea Erbele-Küster, die das Konzept der Liebe im Deuteronomium im Zusammenhang mit dem Herzen betrachtet, das als Zentrum der Entschlusskraft verstanden wird. »In ihm findet der Austausch von Leibsphäre und
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Die Aussage von Jauss unterstützt meine Absicht, die Wirkung des Heiligen Geistes im Licht des pentekostalen Verständnisses der Begegnung mit Gott mit der Erschaffung des Subjektes der Gegenliebe im Menschen, der selbst das Objekt der Liebe Gottes ist, fundamentalanthropologisch und soteriologisch in Verbindung zu bringen.1166 Die Liebe Gottes als Grundbestimmung des Lebens erscheint nicht als ein philosophisch-abstrakter, ethischer oder affektiver Begriff, sondern als eine Metapher für die Deutung des menschlichen Lebens in einer allumfassenden Ausrichtung des Menschen auf Gott. Der Alttestamentler Manfred Oeming betrachtet die Liebe unter dem Aspekt der Kanonisierung des Hohenliedes: »Die Liebe bleibt im Hld Liebe von Menschen (keine Allegorie darf das negieren), aber die menschliche Liebe wird transparent auf Gott hin. […] Nirgendwo ist die Liebe Gottes unserer Erfahrung so nah und zugänglich wie in der Erfahrung der leidenschaftlichen Liebe.«1167 Mit dieser Aussage bestätig Oeming indirekt, dass das AT die menschliche Erfahrung der Liebe zu Gott als eine reale Erfahrung der Liebe von einem auf die Grenzen seiner irdischen Existenz beschränkten Menschen zu einem transzendenten Gott sieht. Im systematisch-theologischen Denken sind die Denkmodelle vor allen von Konrad Stock zu erwähnen, welche die Liebe als Grundordnung des Daseins im Sinne des »menschlichen In-der-Welt-Seins« verstehen.1168 Nach Stock gilt die Ordnung des Begehrens der Fülle des Lebens. Diese schöpfungstheologische Bestimmung erlebt in der soteriologischen Dimension der Liebe Gottes ihre Erfüllung. Darum versteht sich die Erfüllung der Bestimmung des geschöpflichen Daseins »in der Einheit von Gefühl und Gestalt im Rahmen der Wahrnehmung von Selbst, Welt und Gott.«1169 Die soteriologische Erfüllung besteht in der durch den Heiligen Geist vermittelten Vergegenwärtigung Christi, aus der die Ordnung der Liebe entsteht. Dass das alttestamentliche Verständnis der Liebe Gottes nicht im Bereich des romantischen, emotionellen Begriffes der Liebe, sondern im Bereich der Handlungsemotion anzusiedeln ist, darauf weist Dorotea ErberleKüster in ihrem Denkansatz zur Neuerung des Konzeptes der Liebe Gottes im AT hin. Sie schreibt: »Wird also berücksichtigt, dass im Deutoronomium Liebe Gottes im Genitivus subjectivus und objectivus aufeinander bezogen ist, dann ist die Neuerung des Konzeptes,
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Sozialsphäre statt. In diesem Sinne ist das Herz auch Beziehungsorgan.« Manfred Oeming (Hg.), Ahavah. Die Liebe Gottes im Alten Testament, Leipzig 2018, 150. Vgl. a. a. O., 289. Manfred Oeming, Ahavah, 329. Vgl. Konrad Stock, Gottes wahre Liebe: theologische Phänomenologie der Liebe, Tübingen 2000, 195. Konrad Stock weist auf die Berührung seines Denkens mit Vincent Brümmer. Vgl. Vincent Brümmer, The model of love, Cambridge 1993. Konrad Stock, 195.
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dass durch die Verwendung desselben Verbes für die Handlungsemotion Gottes wie der Menschen ein gegenseitiges Verhältnis intendiert wird.«1170
Die Liebe zu Gott wäre nicht nur eine Emotion, sondern eine wechselseitige Handlung bzw. ein Verlangen und Tat-Kraft. Verknüpft man die Liebe zu Gott als schöpfungstheologische Grundkonstitution des menschlichen Lebens unter dem Gesichtspunkt des Verlangens mit der Grundstruktur des trinitarischen Personseins als gegenseitige Liebe, ergibt sich die Schlussfolgerung, dass Liebe als Hingabe an das Gegenüber und Personsein in einer wechselseitigen Beziehung stehen: das Personsein heißt nicht nur von Gott und von dem anderen geliebt zu sein, sondern auch Gott und den anderen lieben und dementsprechend handeln. Diese heilsgeschichtliche und schöpfungstheologische Linie des AT wird im NT fortgesetzt und erreicht im Heilswerk Christi ihre volle Offenbarung. In diesem Zusammenhang ist auf den orthodoxen Theologen Alexander Schmemann zu verweisen, der die Hingabe Gottes als Ausdruck seines trinitarischen Wesens in der Person Christi, und zwar in seiner hohepriesterlichen Funktion gedeutet hat.1171 Darum betont die orthodoxe Tradition das Wirken des Heiligen Geistes in der Inkarnation Christi. Dieses Motiv von Hingabe und Ek-Stasis Gottes in der Person Christi findet seinen tiefsten Ausdruck in der KenosisChristologie nach Phil 2,5–11. Der tiefe Sinn der Konstitution der menschlichen Existenz in der Liebe Gottes und in der Liebe zu Gott findet seinen schriftlichen Ausdruck sowohl in den Evangelien als auch unter anderem in der paulinischen Theologie: »Sie sind allesamt Sünder und ermangeln des Ruhmes [δόξης], den sie vor Gott haben sollten.« (Röm 3,23). In welcher inhaltlichen Verbindung Herrlichkeit zu deuten ist, kann man aus dem Zusammenhang mit der Aussage »da ist keiner, der nach Gott fragt [οὐκ ἔστιν ὁ ἐκζητῶν, verlangen, suchen]« (Röm 3,11) erschließen. Der Ausdruck nach Gott verlangen bzw. Gott suchen steht im inhaltlichen Zusammenhang mit dem vermutlich urtümlichen Zustand des menschlichen Lebens in der Ausrichtung auf Gott, der verloren gegangen ist. Auf diesen Zustand weist das Genitiv-Verhältnis δόξης τοῦ Θεοῦ hin, das in Luthers Übersetzung als das SollVerhältnis zwischen Gott und Menschen gedeutet wird. Dieses Verhältnis wird in der neutestamentlichen Forschung in unterschiedlichen Richtungen ausgelegt. Einmal ist es die Gerechtigkeit, der Ruhm, die der Mensch vor Gott haben soll und die von Gott dem Menschen geschenkt wird (Luther, Calvin).1172 Abgesehen 1170 Manfred Oeming, 152. 1171 Alexander Schmemann, Eucharistie: Sakrament des Gottesreichs, Freiburg 2005, 160. 1172 Vgl. D. Martin Luthers Epistel-Auslegung. 1. Band. Römerbrief. Eduard Ellwein (Hg.), Göttingen 1963, 36. Karl Müller (Hg.), Johannes Calvins Auslegung der heiligen Schrift. Der Brief an die Römer, Neukirchen 1937, 71–72.
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von der Darstellung der Diskussion in der ntl. Forschung um das Verständnis des Genitiv-Verhältnisses der Gerechtigkeit Gottes in Röm 3,23 ziehe ich die Meinung jener NT-Ausleger vor, die in Herrlichkeit Gottes, die die Menschen haben sollten, die Teilhabe des ersten Menschen an der Herrlichkeit Gottes gesehen haben.1173 Heinrich Schlier äußert sich gegen das eschatologische Verständnis der Herrlichkeit (welche die Menschen haben werden), indem er behauptet, dass »sie die Herrlichkeit ist, die die Menschen als Geschöpfe Gottes hatten, und nicht etwa die, welche sie haben werden«.1174 Ohne auf die genaue Formulierung des Verhältnisses zwischen dem Leben von Menschen und der Herrlichkeit Gottes einzugehen, lässt sich dennoch generell sagen, dass das ursprüngliche Leben des Menschen durch seine Partizipation an der Herrlichkeit Gottes konstituiert war. Wenn man die Herrlichkeit Gottes als Modus des Lebens des dreieinigen Gottes annimmt, was mit dem Prinzip des persönlichen Lebens der Trinität – »wie du, Vater in mir und ich in dir« (Joh 17,21) – korrespondiert, dann lässt sich das Verlangen nach dem Gegenüber metaphorisch als Analogie zum trinitarischen Personsein, als freie Hingabe beschreiben.1175 Das Wesen Gottes, das gegenseitige Hingegeben-Sein des Vaters und des Sohnes und die Herrlichkeit Gottes sind verschiedene Ausdrücke ein und derselben Sache. Sie lassen sich unter dem Begriff Liebe zusammenführen. Der Heilige Geist übermittelt diese Liebe als Modus des trinitarischen Lebens, indem er dem Menschen die Partizipation am trinitarischen Leben ermöglicht. Mit anderen Worten: Der Heilige Geist wirkt die Teilhabe an der Herrlichkeit Gottes in der Art des trinitarischen Personseins.1176 Der Hinweis von Paulus, dass die Liebe Gottes in das Herz des Menschen (in den Herzen) ausgegossen wurde (Röm 5,5), lässt annehmen, dass der Heilige Geist den trinitarischen Modus des Personseins, nämlich in der liebenden Hinwendung zum Gegenüber zu leben, in der christlichen Existenz wirkt.1177 Aus dieser Perspektive versteht sich das Wirken des Heiligen Geistes als Neu-Konditionierung des Lebens, was das erste Gebot, Gott mit allen Sinnen zu lieben, zu erfüllen sucht. Die Ausgießung des Heiligen Geistes an Pfingsten kann unter dem 1173 Klaus Haacker nennt C.F.B. Cranfield, J.D.G. Dunn, O. Michel, E. Käsemann, H. Schlier, W. Schmithals, U. Wilkens, D. Zeller, J. Jervell. Vgl. Klaus Haacker, Der Brief des Paulus an die Römer. ThHK. Band 6, Leipzig 1999, 88. 1174 Heinrich Schlier, Der Römerbrief, 106. Schlier bezieht sich auf die schöpfungsanthropologische Dimension der Herrlichkeit unter anderem aufgrund der Erwähnungen dieses Aspektes in den altjüdischen, rabbinischen und apokalyptischen Schriften. 1175 Dieses Verstandnis von Herrlichkeit wurde im Studiendokument Gemeinsam den einen Glauben bekennen in Bezug auf die Offenbarung im menschgewordenen Sohn formuiert: »Gottes ewiges Leben und ewige Herrlichkeit liegen in der freien Hingabe der Personen in gegenseitiger Gemeinschaft füreinander.« §18. 1176 Vgl. Röm 5,5; 1 Kor 13,13. 1177 Vgl. Fn. 1088.
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Aspekt der partizipationsschaffenden Wirkung des Heiligen Geistes als Ereignis der Neu-Konditionierung (Erschaffung) der Bedingungen des menschlichen Lebens, nämlich des menschlichen Personseins in der Hinwendung zu Gott, verstanden werden.1178 Das Leben in Christus unter dem Gesichtspunkt des Lebens gegenüber seiner Gegenwart im Heiligen Geist kann als Erschaffung der Grundbedingung des persönlichen Lebens, nämlich des Lebens aus der persönlichen Liebe im Sinne des Verlangens nach Gott, interpretiert werden. In dieser Konstruktion kann das Verlangen nach Gott oder die Liebe zu Gott genauso als selbstlose Hingabe, Ek-Stasis and als Analogie zum Hypostasieren des Menschen, mit anderen Worten als Partizipation am Personsein Gottes bzw. Communio verstanden werden.1179 In der Hinwendung zu Gott verkörpert der Mensch das Communio-Prinzip des trinitarischen Lebens.1180 Der Mensch ist in seiner Personen-Struktur ein Sakrament, insofern er im Modus des trinitarischen Personseins lebt, also sein Leben ganz und umfassend auf Gott ausrichtet bzw. aus Liebe zu Gott im Sinne des Verlangens nach der Begegnung mit ihm gestaltet.1181 1178 Die pentekostale Theologin Daniela Augustine denkt ähnlich in ihrem Versuch, die eucharistische Theologie der orthodoxen Tradition für das pentekostale Denken zu adoptieren. Vgl. The World as Eucharistic Sacrament, in: Daniela Augustine, The Spirit and the Common Good: Shared Flourishing in the Image of God, Grand Rapids 2019. 1179 Unter Hypostasierung verstehe ich die partizipationsschaffende Wirkung des Heiligen Geistes mit dem Ziel, die Fülle der Gottheit mit der menschlichen Person in Verbindung zu bringen. Vgl. Vladimir Lossky, The Mystical Theology of the Eastern Church, London 1957, 166. 1180 Die pentekostale Theologin Daniela Augustine scheint dieser Linie auf die Spur zu kommen. Sie wendet sich dem orthodoxenVerständnis von Adam als Bindungswesen zwischen der geistlichen und materiellen Welt zu. Augustine greift einen Aspekt des Menschseins auf, und zwar, dass der Mensch selbst zum Sakrament wird, allerdings durch die Erfüllung mit der Gegenwart Gottes. Augustine geht jedoch nicht auf den ontologischen Rahmen der Sakramentalität des Menschseins in der trinitarischen Analogie ein. Eine pentekostale Anwendung der orthodoxen, relationalen Anthropologie würde ich am Verständnis der Partizipation an Gott im Sinne des Lebens in Hinwendung zu Gott erwarten. Das meint, dass nicht die statische Position des Menschen als Band zwischen der materiellen und der immateriellen Wirklichkeit und nicht das Erfüllt-Sein mit der Gegenwart Gottes seine Sakramentalität ausmacht, sondern sein Existenzmodus in Hinwendung zu Gott. Vgl. Daniela Augustine, Liturgy, Theosis and the renewal of the World, in: Martin Lee Roy (ed.), Toward a Pentecostal Theology of Worship. Cleveland, Tennessee, 2016, 165–187. Vgl. Daniela Augustine, The Spirit and the Common Good: Shared Flourishing in the Image of God, Grand Rapid 2019. Vgl. Daniela Augustine, Pentecost, Hospitality and Transformation, Cleveland 2012. 1181 Amos Yong greift das Verständnis von der trinitarischen Liebe im Zusammenhang mit der pentekostalen Spiritualität auf. Allerdings deutet er die Notwendigkeit der Geisteserfahrung nicht schöpfungstheologisch, sondern als Ganzheitlichkeit der Heilserfahrung. Vgl. Yong, Spirit of Love, 154–155. Der Bezug auf die Liebe hätte die Geisteserfahrung besser als eine allumfassende Metapher der ganzheitlichen Hinwendung der menschlichen Person zu Gott als seinem Gegenüber deuten können.
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Der Zusammenhang zwischen der trinitarischen Liebe und dem Personsein Gottes wurde von Richard von Sankt Viktor bedacht.1182 Die Diskussion um den Gedanken von Richard, die vollkommene Liebe realisiere sich, wenn zwei liebende Personen ihre Liebe der dritten Person geben, soll hier aufgrund der OstWest-Thematik des Filioque vermieden werden.1183 Allerdings kann Richards Deutung der Trinität als Liebe interessant sein, weil er die perichoretischen Beziehungen innerhalb der Trinität als Leben – in – der – gegenseitigen – Hingabe als Sein Gottes unter dem Gesichtspunkt der Liebe betrachtet. »In der gegenseitigen Liebe aber muss notwendig Einer sein, der die Liebe hinschenkt und Einer, der sie zurückschenkt.«1184 Die eigentliche Liebe (caritas), die selbstlose Liebe, ist im Denken von Richard die Liebe (amor), die sich »zum anderen hin wendet«.1185 In dieser Deutung bringt Richard das Gespräch über die Trinität ins Paradigma der Liebe als Geschehen der Hingabe.1186 »Person-Sein heißt also: höchste Liebe auf ihre bestimmte Seinsweise sein.«1187 Diese Hingabe ist bei Richard kein abstrakter Relationsbegriff, sondern er entnimmt das Verständnis der Liebe aus der Erfahrungswelt.1188 Das Verständnis der Liebe zu Gott lässt sich vom Denken Richards nicht nur in emotionell-mystischen Zügen ableiten. Die Liebe kann breiter erfasst werden, und zwar als eine allumfassende und mehrdimensionale Zuwendung des Menschen zu Gott. Markus Mühling, der das Verständnis der Liebe als Modell des Redens von Gott untersucht hat, findet im Denken von Richard den Hinweis darauf, »dass es dem Menschen im Denken geschöpflicher Vollkommenheit möglich ist, sich ›an das, was Gott ist, nur anzunähern, nicht aber, es zu erreichen‹«.1189 Damit kann generell die Ausrichtung des menschlichen Lebens auf Gott verstanden werden, was eine Vielfalt von Interpretationen der Art der Ausrichtung zulässt. Was die Rolle des Heiligen Geistes in dieser Ausrichtung anbetrifft, schreibt Mühling, dass der Mensch sich nur dann in seiner Liebe Gott zuwendet, »wenn er von diesem affiziert wird.«1190 Das geschieht im Denken von 1182 Vgl. Richard von Sankt-Victor, Die Dreieinigkeit. Übersetzt von Hans Urs von Balthasar. Einsiedeln 1980. 1183 Der Ansatzpunkt der Diskussion geht auf die Konsequenz aus dem Denkmodell von Richard zurück, der Heilige Geist geht von den beiden, vom Vater und vom Sohn aus. Vgl. a. a. O., 179. 1184 A. a. O., 87. 1185 A. a. O., 85. Hans Urs von Balthasar sieht in dieser Aussage die Nähe zum Denken von Gregor dem Großen. Vgl. a. a. O., 85, Fußnote 1. 1186 »Die Fülle der Glorie erfordert eine Mehrheit der Personen«. A. a. O., 87–88. 1187 Thomas Ebneter, Exsistere: zur Persondefinition in der Trinitätslehre des Richard von St. Viktor (+1173), Fribourg 2005, 60. 1188 Vgl. Thomas Ebneter, 81. 1189 Markus Mühling, Gott ist Liebe: Studien zum Verständnis der Liebe als Modell des trinitarischen Redens von Gott. Marburger theologische Studien, Marburg 2000, 173. 1190 A. a. O., 172.
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Richard durch die Wirkung des Heiligen Geistes. »Denn wenn dieser Geist in den geschaffenen Geist [menschlichen Geist] eingeht, entflammt er ihn mit der Gesinnung der brennenden Liebe. […] Sofern wir also unserem Urheber die geschuldete Liebe erstatten, werden wir zweifellos der Eigentümlichkeit des Heiligen Geistes gleichgestaltet.«1191 Richard spricht von der Zuwendung zu Gott im Zusammenhang mit der Wirkung des Heiligen Geistes. Obwohl der Mensch diese Zuwendung als Subjekt wahrnimmt, ist sie zugleich die Wirkung des Heiligen Geistes. In diesem Modell erscheint der Heilige Geist als Übermittler der Liebe Gottes in der Art der trinitarischen Existenz. Die Deutung der Relation im Sinne der Liebesbeziehung hat Jürgen Moltmann im Rahmen der Lehre über die Liebestrinität weiterverfolgt.1192 Moltmann bringt das Denken von Richard von Sankt Viktor zur Sprache: »Eine göttliche Person ist eine unverwechselbare Existenz der göttlichen Natur.«1193 Soll das Personsein ein Geschehen der hingabevollen Hinwendung zum Gegenüber sein, kann das Verständnis der trinitarischen Relation bis auf das affektive Verständnis der Leidenschaft erweitert werden. Diese Hingabe an den anderen findet man im trinitarischen Prinzip der Perichoresis. Diese Hinwendung einer Person zu der anderen ist in Moltmanns Denken die Herrlichkeit Gottes, also die »Manifestation der Personen durch ihre Relationen.«1194 Das Verständnis der Relation als Selbsthingabe ist bei Moltmann nicht nur aus dem Verständnis der immanenten Trinität entnommen. Moltmann begründet die Hingabe Gottes sowohl christologisch, in Verbindung mit der Selbstopferung Christi, als auch im Rahmen des alttestamentlichen Verständnisses der Gegenwart Gottes als »Schechina«. Darin offenbart sich das hingabevolle Wesen Gottes, denn seine Gegenwart konkretisiert sich mit dem Ziel, den Menschen an seiner Gegenwart partizipieren zu lassen. Dieser Vorgang weist die Strukturen von ek-stasis im Sinne des Personseins Gottes als Bewegung zur Communio auf. In diesem Zusammenhang ist die Anthropologie des AT zu erwähnen, die vom Gedanken der Konstitution des Menschen in der Hinwendung zu Gott bestimmt ist. Hans Walter Wolff weist auf die Konstitution des menschlichen Lebens anhand der alttestamentlichen Beschreibung des Menschen im Sinne von nephesch (die lebendige Seele 1Mose 2,7) hin. Im hebr. nephesch steckt der Moment der Bedürftigkeit des Menschen, wobei »Jahwe mit der ganzen nephesch zu lieben, besagt, dass der Mensch die ganze Vitalität seiner Wünsche und all sein sehnsüchtiges Begehren in die Liebe zu dem einen Gott Israels hineinnehmen möchte.«1195 1191 1192 1193 1194 1195
Dreieinigkeit, VI. XIV, 202–203. Vgl. Markus Mühling, Gott ist Liebe, 172. Vgl. Jürgen Moltmann, Trinität und Reich Gottes: zur Gotteslehre, Gütersloh 2016, 189. Richard von Sankt- Victor, De Trinitate. Zitiert in Moltmann, a. a. O., 190. A. a. O., 192. Hans Walter Wolff, Anthropologie des Alten Testaments, Gütersloh 1973, 35.
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Der weitere Aspekt der Hingabe an Gott als Grundbedingung des menschlichen Lebens drückt sich in der Praxis des Gott-Lobens aus. Claus Westermann hat auf den Zusammenhang zwischen dem Lob Gottes und der Grundvoraussetzung des menschlichen Lebens aufmerksam gemacht: »Wo Leben ist, gibt es Lob. Die Möglichkeit, dass es auch Leben geben könnte, in dem es kein Loben gibt, Leben, das Gott nicht preist, ist hier noch gar nicht in den Blick gekommen. […] Wirkliches Leben kann es ohne das Loben nicht geben. Loben und nicht mehr loben stehen einander gegenüber wie leben und nicht mehr leben.«1196 Was hat das Loben mit der Dimension der Relation-Hingabe gemeinsam? Im Loben kommt der Prozess der Erhöhung bzw. Verehrung zum Ausdruck.1197 Diese Verehrung meint die volle Ausrichtung auf das Objekt der Verehrung, also in gewissem Sinne die Erfahrung des eigenen Seins im Zustand des Aus-SichHeraus-Tretens. Oder anders ausgedrückt, die innere Struktur der Verehrung als Haltung und Handlung stellt die Konstruktion der Ausrichtung auf die andere Person dar. Das poetische Bild der Psalmen bringt das Loben mit dem Leben in Verbindung: »Nicht die Toten loben den HERRN, keiner, der hinunterfährt in die Stille; wir aber, wir loben den HERRN von nun an bis in Ewigkeit.« (Ps 115,17– 18)1198 Gott loben, nämlich sich Ihm zuwenden, bedeutet die Quelle der Lebensexistenz. Ein ähnliches Verständnis von Person, wenn auch unter anderen philosophischen Prämissen, hat Paul Tillich im Licht der Partizipation an einer anderen Person gesehen. Es gibt »keine Person ohne eine Begegnung mit anderen Personen. […] Individualisation und Partizipation sind in allen Schichten des Seins gegenseitig voneinander abhängig. […] In Polarität mit Individualisation ist Partizipation die Basis für die Kategorie der Beziehung als ontologisches Grundelement.«1199 Tabea Rösler, die den Person-Begriff bei Tillich untersucht hat, definiert Person in der Bedeutung von Antlitz in Anlehnung an Tillich als »eine wechselseitige geistige und geistliche ›Teilhabe‹ an dem Wesen des und der anderen«.1200 Dabei handelt es sich, sagt Rösler, »um eine Begegnung im Vollzug, die 1196 Claus Westermann, Das Loben Gottes in den Psalmen, Göttingen 1954, 117. Westermann verweist auf Christoph Barth: »Man beachte aber, dass der Lobpreis Jahwes zugleich die Funktion eines Merkmals der Lebendigkeit hat.« Ebd., Fn 106. Vgl. Christoph Barth, Die Errettung vom Tode in den individuellen Klage- und Dankliedern des AT, Zollikon 1947, 151. 1197 Vgl. Westermann, 118. 1198 Die Bibel nach Martin Luthers Übersetzung, revidiert 2017, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart. 1199 Paul Tillich, Systematische Theologie. Bände I/II, Berlin/New York, 1987, 208–209. 1200 Tabea Rösler, Paul Tillichs vieldimensionale Anthropologie. Von der Cartesianischen Vernunft zur lebendigen Person, Online-Version, 222. https://archiv.ub.uni-heidelberg.de /volltextserver/12559/. Abgerufen 07. 01. 2019.
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auf Gegenseitigkeit beruht«.1201 Obwohl Tillich die Öffnung der Person im Kontext der kontemplativen (sich einfühlenden) Schau Gottes und der inspirativ-kreativen Tätigkeit des Menschen sieht, und der Ausdruck »Begegnung im Geiste« einen anderen Verständnisrahmen voraussetzt, zeigt sich darin dennoch die pneumatologische Dimension des Personseins in der hingabevollen Öffnung gegenüber einer anderen Person als Begegnung von Anlitz zu Anlitz.1202 Das Prinzip des persönlichen Lebens drückt sich in einem Ausgerichtetsein auf die andere Person hin aus.1203 Die Rolle des Heiligen Geistes im Personwerden kann in diesem Zusammenhang im Geistesverständnis von Tillich entdeckt werden: »Das ›in‹ des göttlichen Geistes bedeutet ein ›über sich hinaus‹ des menschlichen Geistes.«1204 Das Über-Sich-Hinaus des menschlichen Geistes, das in unserem Zusammenhang als Liebe verstanden wird, bedeutet das Wirken des Heiligen Geistes. Die oben aufgeführten Meinungen zeigen, dass sich die ontologische Denkkonstruktion einer hingabevollen Ausrichtung auf Gott als Liebe das Thema der Begegnung mit Gott sich nicht zwingend von der Dimension der übernatürlichen Erfahrung ableiten lässt, sondern sich von der Dimension des trinitarischen Lebens aus entfalten kann. Aus dieser Perspektive kann ebenso das pentekostale Beharren auf der übernatürlichen Erfahrung seine Berechtigung haben. Das Verlangen nach der Begegnung mit Gott als Liebe schließt nicht die Erfahrung des Aus-Sich-HerausGehens aus, weil die Hinwendung auf das Gegenüber einen Moment der Selbstlosigkeit beinhaltet.1205 Der Vorgang des Aus-Sich-Heraus-Gehens oder der Ek-Stasis versteht sich im Sinne des Herausgehens aus den Grenzen der naturhaften Existenz im Sinne der Ich-Bezogenheit. Der auf die Begegnung mit Gott orientierte Mensch hebt nicht seine immanenten Rahmenbedingen als Geschöpf und die ontologische Verschiedenheit von Gott und Mensch auf, sondern gestaltet sein Personsein durch eine Bewegung zur Wirklichkeit der übernatürlichen Gegenwart des persönlichen Gottes, der in seinem göttlichen Personsein, das Liebe ist, für eine Begegnung mit dem Menschen als sein Gegenüber offen ist. So gesehen stellt das Verlangen nach der Begegnung mit Gott das Mittel der Gemeinschaft zwischen dem endlichen, natürlichen Menschen und dem unendlichen, transzendenten Gott. 1201 Ebd. 1202 Tabea Rösler spricht von dieser Schau als Transluzenzerlebnis (Lichtdurchlässigkeit). Vgl. a. a. O., 222. 1203 Vgl. John Zizioulas, Communion and Otherness, 121. 1204 Paul Tillich, Systematische Theologie. Band III, Frankfurt am Main 1984, 134–135. 1205 Diese Offenheit für Gott wurde von den Pentekostalen in der fünften Phase des Dialogs PRKK mit der Geistestaufe in Verbidnung gebracht. Eine Haltung von Liebe führe dazu, dass die Christen für Gottes Wirken in ihrem Leben offen sind. Vgl. P-RKK/V, §254.
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Die Liebe zu Gott als immanente Erfahrung der willentlichen Zuwendung zu Gott stellt eine theologische Metapher zum Verständnis der Gemeinschaft bzw. Koinonia zwischen Gott und Menschen dar. Koinonia ist Hinwendung zu Gott. Durch die Einführung des trinitarischen Personenbegriffs im Kontext der gegenseitigen Liebe kann das pentekostale Modell der direkten Zuneigung des Menschen zur Wirklichkeit des Heiligen Geistes als Bewegung zur Koinonia hin verstanden werden. Die Relation zwischen dem Personsein des Menschen und dem Personsein Gottes drückt den Sachverhalt aus, dass der Heilige Geist die persönliche Communio zwischen Menschen und Gott im Modus des trinitarischen Personseins von Angesicht zu Angesicht wirkt. Dieser pneumatische Modus der Personenexistenz als liebende Hinwendung zum Gegenüber korrespondiert mit der Interpretation des zentralen Narrativs in der Apostelgeschichte, die den Ausgangspunkt der pentekostalen Hermeneutik darstellt. Die Pentekostalen erklären die Entstehung ihrer Bewegung ausgehend von der Bewegung des Heiligen Geistes zur Wiederherstellung der apostolischen Lebensweise der Kirche. Diese Lebensweise finden sie in der Apostelgeschichte als Konzept des Lebens unter der Leitung des Heiligen Geistes. Das Verständnis dieser Leitung wird allerdings von den Pentekostalen schwerpunktmäßig im Ereignis der Geistestaufe als Erfahrung der übernatürlichen Kraft des Heiligen Geistes gesehen. Dieser Fokus schränkt jedoch die breite Perspektive der Apostelgeschichte ein, die das Leben der ersten christlichen Gemeinde unter dem Gesichtspunkt einer neuen Seinsweise im Zentrum hat. Interpretiert man jedoch das apostolische Leben der Kirche in der Apostelgeschichte metaphorisch als Leben in der direkten Hinwendung zur neuen Wirklichkeit Christi im Heiligen Geist und im Zusammenhang mit der ontologischen Struktur der Personenexistenz als Liebe, dann lässt sich der pentekostale Denkansatz zum Verständnis des Lebens im Heiligen Geist im Rahmen der Analogie zum trinitarischen Personsein als Koinonia interpretieren. Im nächsten Abschnitt soll untersucht werden, inwiefern sich das pentekostale Verständnis der Begegnung mit dem Heiligen Geist unter dem Gesichtspunkt des Personseins als Hingabe und Koinonia formulieren lässt.
Verknüpfung der pentekostalen Öffnung für den Heiligen Geist mit dem Personsein
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Verknüpfung der pentekostalen Öffnung für den Heiligen Geist mit dem Personsein als Bewegung zur Koinonia unter dem Gesichtspunkt der Liebe
3.4.1 Einleitung Das Verständnis des dreieinigen Gottes, der sich nach dem schriftlichen Zeugnis in der gegenseitigen Liebe zwischen dem Vater und dem Sohn durch den Heiligen Geist offenbart und in der Gabe des Sohnes und des Heiligen Geistes sich als Geber und zugleich als Gabe (Gegenüber und Nähe) erfahren lässt, bildet den Verständnisrahmen für die Reflexion über das Wesen Gottes als Liebe und daraus resultierend über das Wesen des Personseins des Menschen als Bewegung hin zur Koinonia. In diesem Rahmen wird das Menschsein einerseits aus der objektiven, christologisch-soteriologischen Perspektive verstanden, auf der anderen Seite darf anhand der orthodoxen Deutung des Personseins die Annahme erlaubt sein, dass der Mensch sein Personsein in der Erfahrung der direkten Hinwendung zu Gott im Sinne des Aus–Sich-Heraus-Tretens auf Gott zu, in der Liebe zu Gott, wahrnimmt. Das Wirken des Heiligen Geistes kann deshalb in einer doppelten Perspektive, und zwar objektiv gesehen als gegenübertretende Wirkung und subjektiv gesehen als partizipations-ermöglichende Wirkung bzw. als nach-Gott-Verlangen herbeiführende Wirkung betrachtet werden. Pinnock erwähnt zu Recht das Bild vom Heiligen Geist als ek-stasis Gottes: »Spirit is the ecstasy that makes the triune life an open circle and a source of pure abundance.«1206 Die subjektive Perspektive des Verlangens nach Gott fand, wie schon oben angedeutet, Eingang in das pentekostale Denken unter anderem in den Werken von Solivan und Land unter dem Begriff Orthopathos: »Orthopathos – the power of the Holy Spirit in one’s life that transforms pathos, suffering, and despair into hope and wholeness.«1207 Auch wenn Solivan das Wirken des Heiligen Geistes im befreiungstheologischen Paradigma mehr im Sinne von Leiden (suffering) deutet, erscheint seine Deutung zum Verhältnis zwischen Heiligem Geist und dem Personsein des Menschen aufschlussreich. Der Heilige Geist ist in der Hingabe einer Person an Gott gegenwärtig. Er wirkt die Hingabe an Gott und ist gleichzeitig das Objekt dieser Hingabe. Steven Land deutet auf Gott gerichtete Affektionen als »integrating core of Pentecostal Spirituality«.1208 Er denkt im Schema von Gegenüber und Nähe:
1206 Pinnock, Flame of love, 38. 1207 Solivan, The Spirit, 27. 1208 Steven Land, Pentecostal Spirituality, 23.
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Der Beitrag des pentekostalen Verständnisses vom Leben im Heiligen Geist
»objective, relational and dispositional.«1209 Objektiv sind die Affektionen, weil ihre Quelle und ihr Ziel in Gott gesehen werden. Relational sind sie, weil sie die Christen in Beziehung zu Gott, zur Welt und zur Kirche bringen. Dispositional sind Affektionen, weil sie eine Person in Beziehung zu Gott und zu den Mitmenschen charakterisieren. Steven Land bezeichnet zwar die Affektionen als göttliche Eigenschaften, deutet sie aber nicht im ontologischen Paradigma des trinitarischen Personseins. Im Denkrahmen von Solivans Hingabe und Lands Disposition lässt sich die Geisteserfahrung der Pentekostalen auch als subjektive Disposition des Menschen dem Heiligen Geist gegenüber ins theologische Verständnis des Heiligen Geistes als Geist der Liebe einbeziehen. Diese Denkweise wurde in der ersten Phase des Dialogs P-RKK unter folgender Option in Erwägung gezogen: »Der Unterschied zwischen einem überzeugten Christen ohne eine solche pfingstliche Erfahrung [Geistestaufe] und einem Christen mit einer solchen Erfahrung besteht im Allgemeinen […] in einer größeren Offenheit und Erwartung gegenüber dem Heiligen Geist und seinen Gaben. Da der Heilige Geist seine Gaben zuteilt, wie er in seiner Freiheit und Souveränität es will, kann die religiöse Erfahrung der Gläubigen unterschiedlich sein.«1210
Die Aussage der ersten Phase des Dialogs P – RKK hat ihre Grenze in der Verknüpfung der religiösen Offenheit gegenüber dem Heiligen Geist mit seiner Wirkungsfreiheit. Der Schwerpunkt der Offenheit gegenüber dem Heiligen Geist als Ausdruck des menschlichen Personseins nach der Analogie des trinitarischen Personseins würde an dieser Stelle einen besseren Interpretationsrahmen bieten, vor allem aufgrund der neuen Verknüpfung der Pneumatologie mit der Anthropologie. Dies gewährt die Balance zwischen dem Verständnis vom Wirken des Heiligen Geistes in der Öffnung des Menschen für den Heiligen Geist und der Freiheit des Heiligen Geistes. Bleibt diese Balance unberücksichtigt, führt das zur Instrumentalisierung der Wirkung des Heiligen Geistes und zur Reduzierung der Erfahrung des Heiligen Geistes auf die immerwährende Aktualisierung des Pfingstereignisses. Hisichtlich der Verbindung des pentekostalen Denkansatzes des Verlangens nach der Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes muss man sich fragen, unter welchen Gesichtspunkten das Verständnis des Verlangens nach der Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes in Bezug auf das ontologische Verständnis des Verlangens von den pentekostalen Theologen der Gegenwart bedacht wurde. Das Denken von Nimi Wariboko (pentekostal) ist in diesem Zusammenhang von gewinnbringender Bedeutung. Man entdeckt in seiner Deutung des pente1209 A. a. O., 135–136. 1210 P-RKK/I §16.
Verknüpfung der pentekostalen Öffnung für den Heiligen Geist mit dem Personsein
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kostalen Ethos eine Neigung, das Verlangen nach Gott mit dem ontologischen Denken in Verbindung zu bringen. Wariboko bezeichnet das pentekostale Prinzip als »capacity to begin«. »The pentecostal principle is not a thing, but a demand.«1211 Obwohl Wariboko dieses Prinzip im Kontext des Nachdenkens über das pentekostale Ethos als pneumatische Existenz ausarbeitet und vor allem im Verlangen nach Gott die Motivation zum transformierenden Handeln sieht, lassen sich dennoch hinter seinem Modell die ontologischen Strukturen des trinitarischen Personseins vermuten. Wariboko versucht, das Verlangen nach der Wirklichkeit Gottes als Leidenschaft des Seins (passion of being) darzustellen. Damit distanziert er sich von der Deutung des Verlangens im Sinne einer Emotion: »The phrase ›passion of being‹ is used here to designate a general attribute of being and not emotion or affection. It is part of the eros of being.«1212 Waribokos Denken ähnelt dem Denken von Land, wobei Wariboko das Verlangen nach Gott als Kategorie des Seins klar zum Ausdruck bringt. Wie schon oben angedeutet wurde, um das pentekostale Verständnis des Verlangens nach der Begegnung mit Gott in die Struktur des trinitarischen Personseins als Bewegung zur Communio hin zu übertragen, schlage ich vor, die anthropologische Struktur des Verlangens, der Hingabe, und des AusgerichtetSeins unter dem pneumatologischen Gesichtspunkt mit der trinitätstheologischen Bedeutung des Personseins in Beziehung zu bringen. Als erstes soll aus zwei Perspektiven geprüft werden, ob und inwiefern die ökumenische Thematik der Koinonia unter pentekostalen Theologen wahrgenommen wurde, zweitens, ob die pentekostalen theologischen Modelle Hinweise auf den Zusammenhang zwischen dem pentekostalen Denkansatz zum Verständnis des Heiligen Geistes und dem trinitarischen Personsein enthalten.
3.4.2 Das Verständnis der Koinonia im Denken pentekostaler Theologen Der Ansatz der Koinonia-Ekklesiologie als Partizipation am Leben der Trinität im Sinne der persönlichen und direkten Beziehung zum Heiligen Geist, ausgehend vom pentekostalen Denkansatz des christlichen Lebens in der Fülle des Heiligen Geistes, fand innerhalb der pentekostalen Tradition noch keine eindeutige Ausformulierung.1213 Als Begründung für diesen Mangel können meiner 1211 Nimi Wariboko, The Pentecostal Principle: Ethical Methodology in New Spirit. Pentecostal Manifestos, Grand Rapids 2012, 14. 1212 Wariboko, Fn 29, 11. 1213 Gegen die Meinung, dass die pentekostale Bewegung weniger eine ekklesiale, sondern mehr eine Bewegung der Erfahrung des Heiligen Geistes ist, spricht eines der spezifischen Alleinstellungsmerkmale des Pentekostalismus, nämlich seine Tendenz zur Wiederherstellung des Lebens der Kirche wie zur Zeit des Wirkens der Apostel. Dabei definiert weder das
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Meinung nach zwei Aspekte genannt werden. Erstens, die pentekostale Bewegung konnte bis in die Gegenwart noch keine Theologie der Kirche im Kontext des globalen theologischen Diskurses entwickeln.1214 Zweitens: Weil die Vertreter der pentekostalen Kirchen an der Entstehung der Studien und Themen der multilateralen Dialoge nicht oder sehr beschränkt teilgenommen haben, konnte die pentekostale Tradition noch nicht im Hinblick auf den ökumenischen ekklesiologischen Diskurs reflektiert werden. Auch die einzelnen Reaktionen pentekostaler Theologen wie Vondey, Kärkkäinen und Macchia auf den Entwurf der Ekklesiologiestudie »The Nature and Purpose of the Church« (1998) zeigen, dass davon noch keine einheitliche Darstellung des spezifischen pentekostalen Beitrages zum Verständnis der Ekklesiologie abgeleitet werden kann. Folglich werden diese verschiedenen Stellungnahmen in Kürze aufgeführt. Wolfgang Vondey vermisst in der ökumenischen Ekklesiologie eine Erklärung, wie konkret und welche Formen das Wirken des Heiligen Geistes im Leben der Kirche und in der Welt annimmt.1215 Diese Frage ist im Licht des ökumenischen Dialogs, der nach der Begegnung mit dem Wirken des Heiligen Geistes fragt, durchaus berechtigt. Vondey versteht die Kirche unter dem Aspekt der Charismen, deutet jedoch die Kiche im Sinne des ganzheitlichen Lebens der einzelnen Christen und der Gemeinschaft, wobei das Wirken des Heiligen Geistes durch die Geistestaufe und durch Charismen hier eine zentrale Rolle spielt.1216 Kärkkäinen äußert sich ebenso kritisch gegenüber dem Fehlen der Rolle der Charismen und des Themas der charismatischen Struktur der Kirche.1217 Die kritische Rolle der Pneumatologie sollte nach Kärkkäinen jedoch darin bestehen, insbesondere mit dem Hinweis auf die orthodoxe Tradition der theosis, dass das Wirken des Heiligen Geistes die erste dem Menschen zugängliche Realität Gottes darstellt. Dies würde für das ökumenische Gespräch über die Ekklesiologie bedeuten, dass das Wesen der Kirche vordergründig unter dem Aspekt der Lehre
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Bemühen um die rechte dogmatische Lehre noch die Reformation der Kirche das Anliegen der pentekostalen Bewegung, sondern das Streben nach der Wieder-Entdeckung der Glaubenspraxis, wie sie in der Entstehungsgeschichte der Kirche anhand der Apostelgeschichte überliefert wurde. Dieses Streben nimmt nicht die Kirche als Institution in den Fokus, sondern das Verhalten der Christen angesichts der Wirklichkeit des Heiligen Geistes. Vgl. Kärkkäinen, A Full Gospel Ecclesiology of Koinonia: Pentecostal Contribution to the Doctrine of the Church, in: David Moore/James M. Henderson (eds.), Renewal History & Theology: Essays in Honor of H. Vinson Synan, Cleveland 2014, 175–178. Vgl. Yong, The Spirit Poured Out, 127. Vondey bezieht sich auf die Aussagen des Textes »The Natur und Purpose of the Church« über die Öffnung der Kirche gegenüber dem Wirken des Heiligen Geistes. Vgl. Vondey, Pentecostalims and Christian Unity, Vol. 1, 265. Vgl. a. a. O., 264. Vgl. Vondey, Pentecostalims and Christian Unity, Vol. 1, 240.
Verknüpfung der pentekostalen Öffnung für den Heiligen Geist mit dem Personsein
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über den Heiligen Geist betrachtet werden müsste. Hier denkt Kärkkäinen unter anderem in Anlehnung an die Meinung von Lesslie Newbigin, dass die Kirche als Gemeinschaft von Personen verstanden wird, die einander Anteil an ihrer Begegnung mit dem Heiligen Geist geben.1218 Diese Sicht drückt das Wesen der Kirche als charismatische Struktur aus.1219 Sein Vorschlag, in der kritischen Rolle der Pneumatologie innerhalb der Theologie der Koinonia das ökumenische Potenzial zu sehen, könnte unsere These der Partizipation als persönliche Öffnung gegenüber Gottes Wirklichkeit andeutungsweise widerspiegeln: »While the disposition and behavior of the individual church member is not irrelevant, it cannot itself ground community, which is a ›God thing‹ that is, the mediated understanding of Christ’s presence. For Pentecostals the maintenance of koinonia tends to be primarily a human effort, and the individual’s responsibility is at the forefront. There is a need to compare notes: being a divine initiative does not exclude but rather entails a personal – even though not necessarily individualistic – participation and commitment.«1220
Laut dieser Aussage bezieht der Heilige Geist das menschliche Verlangen nach Gott in sein Wirken ein. Jedoch verfolgt Kärkkäinen leider diese Linie nicht weiter. Sein Fokus liegt auf dem Wesen der Kirche als Gemeinschaft der geistbegabten Personen. Diese Gemeinschaft bezeichnet Kärkkäinen als dynamisch gegenüber den »lecture room«- (protestantisch) und »theater setting«- (katholisch) Modellen der Kirche.1221 Kärkkäinen verbindet die Priorisierung der Pneumatologie mit dem Aspekt der Kirche als einer dynamischen Gemeinschaft der Personen. Das dynamische Konzept der Kirche steht bei Kärkkäinen für die Notwendigkeit der Erfüllung mit dem Heiligen Geist. Es ist Kärkkäinen entgegenzuhalten, dass der Hinweis auf die Dynamik der pentekostalen Gemeinschaft als Gemeinschaft von Personen nicht zwingend auf den spezifisch pneumatologischen Hintergrund zurückgeführt werden muss. Das dynamische Konzept der Kirche eignet sich für den ökumenischen Dialog aufgrund der Unklarheit des Begriffes Dynamik eher wenig, vor allem deshalb, weil das Verständnis der Erfüllung mit dem Heiligen Geist in Verbindung mit der Erfahrung der Charismen als Merkmal einer dynamischen Gemeinschaft wiederum zur Differenzierung in geistliche und nicht geistliche Glaubensformen führen kann. Außerdem wird von Kärkkäinen nicht erläutert, wie sich das Verständnis einer dynamischen Koinonia als Gegenwart des Heiligen Geistes auf die Erfahrung der Gemeinschaft der Christen miteinander und 1218 Vgl. Kärkkäinen, A Full Gospel Ecclesiology, 190. Vgl. Lesslie Newbigin, The Household of God, London 1953, 106. 1219 Frank Macchia bestätigt diese Sicht von Kärkkäinen. Vgl. Vondey, Pentecostalism and Christian Unity, Vol. 1, 246. 1220 Kärkkäinen, The Church as the Fellowship of Persons, 8. 1221 Vgl. Kärkkäinen, The Church as the Fellowship of Persons, 4.
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Der Beitrag des pentekostalen Verständnisses vom Leben im Heiligen Geist
mit Christus bezieht. Zwar spricht Kärkkäinen von der Koinonia der Trinität, dennoch sieht er die Realität der Trinität in der Gegenwart des Heiligen Geistes. Die Erläuterung der Verbindung zur Gegenwart Christi fehlt bei ihm. Diese Verbindung ist für die ökumenische Ekklesiologie von zentraler Bedeutung. Gerade deshalb muss das Verhältnis der Dimension des Heiligen Geistes zum Verständnis der Erfahrung der Gegenwart Christi in der Kirche ständig im Fokus bleiben. Ein weiteres pentekostales Denkmodell, nämlich dasjenige von Frank Macchia, kommt unserer Erwartung, das Verständnis des Heiligen Geistes mit dem Leben der Trinität in Verbindung zu bringen, näher. Obwohl Macchia der Meinung von Kärkkäinen, was die charismatische Struktur der Kirche betrifft, zustimmt, bietet er dennoch einen Denkansatz an, der die Gegenüberstellung von dynamisch und statisch sowie geistlich und nicht geistlich vermeiden lässt. Dieses Modell stellt einen Gedanken des pentekostalen Beitrages zum ökumenischen Verständnis der Kirche gemäß dem Archetyp der Trinität dar.1222 Macchia setzt bei der pentekostalen Tradition an, nämlich dass die Pentekostalen eher mit der Realität des Heiligen Geistes als mit dem inneren Leben der Trinität anfangen würden. Er bringt die Gemeinschaft als Kommunion in Verbindung mit der Erfahrung der Geistestaufe. Die Geistestaufe verleiht den Christen die Fähigkeit zum Leben im Communio-Modus der Trinität bzw. Koinonia, nämlich in der Offenheit zu den anderen Christen.1223 Unter diesem Blickwinkel zeigt sich in der Geistestaufe die Struktur der trinitarischen Analogie.1224 Zusammenfassend zum oben aufgeführten Einblick lässt sich festhalten, dass das pentekostale Bild der Kirche von der Neigung beeinflusst wird, die Vorstellung von der Kirche Christi von der Erfahrung und von dem Erlebnis der Geistestaufe abzuleiten. Demnach sei die Kirche Christi die Gemeinschaft der Christen, die den Heiligen Geist erfahren haben.1225 Das Spezifische am pentekostalen Bild der Kirche besteht in der Schwerpunktlegung der menschlichen Erfahrung der Wirklichkeit Gottes durch die Erfüllung mit dem Heiligen Geist und in der subjektiven Reaktion auf Gottes Handeln.1226 Daraus folgt, dass das pentekostale Verständnis von Koinonia mit Gott und miteinander auf der sub1222 Vgl. Vondey, Pentecostalism and Christian Unity, Vol. 1, 249. Macchia zitiert den Vorschlag von W. Kasper. Vgl. Walter Kasper, Present Day Problems in Ecumenical Theology. https://www.vatican.va/roman_curia/ pontifical_councils/chrstuni/card-kasper -docs/rc_pc_chrstuni_doc_20030227_ecumenical-theology_en.html Abgertufen 04. 06.2020. 1223 Vgl. Macchia, Baptized in Spirit, 161. 1224 Vgl. a. a. O., 162. 1225 Vgl. a. a. O., 248. 1226 Man muss in diesem Zusammenhang auf den Unterschied zwischen der evangelikalen Tradition, die auf das subjektive Empfinden und Erlebnis des Glaubens setzt, und der pentekostalen Tradition, die das Erlebnis des Glaubens bis hin zum Erlebnis der Taufe mit dem Heiligen Geist erweitert, hinweisen.
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jektiv erfahrbaren Beziehung zwischen Mensch und Gott basiert. Die Betonung auf der Seite der menschlichen Gemeinschaft liegt auf der gemeinsamen Erfahrung des Heiligen Geistes, die sich in der Praxis verschiedener Charismen ausdrückt. Damit wird der theologische Rahmen für das Verständnis der Begegnung zwischen Menschen und Gott erweitert bis hin zum Aspekt der bewussten menschlichen Handlung auf die wirksame und unmittelbare Gegenwart Gottes. Die Teilnahme an der Kirche als eine in Christus existierende Realität wird in dieser Konstruktion durch das Konzept der unmittelbaren geistlichen Handlung der Christen zu Gott hin so erweitert, dass die Kirche nicht nur als geistliche Entität im Sinne der Schöpfung Gottes, sondern eher als Konsequenz der persönlichen Koinonia der Christen mit Gott erscheint. Damit wird die objektive Gewissheit der Konstituierung der Kirche in Christus in den subjektiven Bereich der Erlebbarkeit des Heiligen Geistes und die Aktivität der Christen gelegt.1227 Neben der Würdigung dieses charismatischen Aspektes der Kirche, nämlich dass das aktive Gegenüber der die Charismen ausübenden Christen zueinander zum Wesen der Kirche gehört, sind auch ihre kritischen Aspekte zu nennen. Begründet wird die charismatische Struktur durch das Argument des geistlichen, also unsichtbaren, Wesens der Kirche.1228 Die Unsichtbarkeit der Kirche wird in Bezug auf das dynamische Leben der Kirche verstanden.1229 Die charismatische Struktur, so wie sie im Denken von Kärkkäinen dargestellt wurde, lässt nicht nur die von Matthias Haudel erwähnte intrapersonale Wesenheit Gottes unberücksichtigt, sondern auch den Aspekt der historischen Dimension des Heiligen Geistes, die sich in der Kontinuität zwischen der Menschenwerdung Christi, dem Pfingstgeschehen und der lebenserhaltenden Funktion des Heiligen Geistes in der Schöpfung ausdrückt.1230 Die pneumatologische Konstitution der 1227 Vgl. Miroslav Volf, After Our Likeness: The Church as the Image of the Trinity, 222. Volf sieht den Unterschied zwischen den Kirchen in der Frage, wie diese partizipierende Konstituierung geschieht. 1228 Vgl. Kärkkäinen, The Church as the Fellowship of Persons, 5. 1229 Vgl. Miroslav Volf, Trinität und Gemeinschaft, 144. 1230 Gegen das Argument für das unsichtbare Wesen der Kirche lässt sich sagen, dass die erste charismatische Gründungserfahrung der Kirche am Tag des historischen Pfingsten nicht durch das geistliche, unsichtbare Erlebnis, sondern umgekehrt, durch die sichtbare Erscheinung der Erfüllung mit dem Heiligen Geist geschah. Außerdem folgt selbst aus der Lehre über den subsequenten Charakter der Geistestaufe, dass die erfahrbare Dimension der Erfüllung mit dem Heiligen Geist sich sichtbar bekunden soll. Die pentekostale Betonung der Sichtbarkeit des Wirkens des Heiligen Geistes durch öffentliches Bekenntnis der Sünden, Zungenrede und Heilungen dient hier als Hauptargument. Bringt man die Notwendigkeit der Visualisierung der Geistestaufe mit dem Wesen der Kirche als charismatischer Struktur in Verbindung, kommt man in jedem Fall zur Schlussfolgerung, dass das Wirken des Heiligen Geistes die Betrachtung des Wesens der Kirche eher im sichtbaren als im unsichtbaren Bereich platziert. Daraus folgt, dass die pneumatologisch-charisma-
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Kirche bildet ein Kontinuum mit der kollektiven Partizipation der Apostel an der Gemeinschaft mit Christus vor und nach seiner Auferstehung und nicht ausschließlich in der subjektiven oder kollektiven, unmittelbaren Erfahrung des Heiligen Geistes. Umgekehrt würde gelten, dass die Erfahrung Christi und die Erfahrung des Heiligen Geistes als eine Einheit gedacht und die Erfahrung des Heils als Geisteswirkung verstanden werden. Die pneumatologische Wirklichkeit der Kirche nach der Apostelgeschichte drückt sich in der Erfahrung der Partizipation der Apostel an der neuen Realität Christi im Heiligen Geist aus. Auch wenn die pentekostale Lehre über die Geistestaufe die Partizipation an Christus durch die Wiedergeburt von der unmittelbaren Erfahrung des Heiligen Geistes in der Geistestaufe theologisch trennt, soll das Wesen der Kirche dennoch pneumatologisch als Gemeinschaft der Christen mit Christus bzw. als Partizipation an Christus begründet sein. Der oben aufgeführte Überblick der Meinungen diente dazu, die pentekostale Wahrnehmung des Themas Koinonia in Bezug auf das Verständnis der Kirche zu demonstrieren. Das weitere Ziel dieser Ausführung bestand darin, die Grenzen und Möglichkeiten des pentekostalen Denkansatzes zur Beziehung zwischen dem Verständnis der Trinität und der Kirche unter dem Gesichtspunkt der Erfahrung des Pfingstereignisses und der Geisteswirkungen zu zeigen. Die Trinität sowie die Koinonia werden hauptsächlich im Zusammenhang mit der unmittelbaren Erfahrung des Heiligen Geistes genannt. Würden die Pentekostalen das Wirken des Heiligen Geistes unter dem Aspekt der Vermittlung des trinitarischen Personseins als Bewegung zur Communio hin betrachten, würden sie den trinitarischen Bezug des pentekostalen Verständnisses des Heiligen Geistes in der Öffnung der Christen gegenüber dem Heiligen Geist unter dem Gesichtspunkt des Koinonia-Prinzips entdecken.
3.4.3 Herausstellen der einzelnen konvergenten Aspekte der pentekostalen Theologen im Hinblick auf den ökumenischen multilateralen Koinonia-Diskurs Im Vergleich zum obigen Abschnitt werden in diesem Abschnitt die pentekostalen theologischen Konstruktionen untersucht, die zwar keinen direkten Bezug auf den ökumenischen, ekklesiologischen Diskurs nehmen, jedoch in sich As-
tische Dimension der Kirche in jedem Fall nicht als Argument gegen das sichtbare Wesen der Kirche angewandt werden kann. Es macht darum wenig Sinn, eine pneumatologische Ekklesiologie der charismatischen Struktur der Kirche im Gegensatz zur sichtbar-institutionellen Gestalt der Kirche zu entfalten.
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pekte enthalten, die das pentekostale Verständnis des Heiligen Geistes mit dem ökumenischen Diskurs der Koinonia in Verbindung bringen könnten. Als Einstieg in das Nachdenken über die Rolle des Heiligen Geistes im Wirken der menschlichen Öffnung für den Heiligen Geist im Rahmen der pentekostalen Glaubenstradition bietet sich die Reaktion auf das Verständnis des Personseins bei Zizioulas von Steven Studebaker an. Dieser Bezug auf Studebaker ist für die vorliegende Untersuchung aus zwei Gründen gewinnbringend. Erstens demonstriert sie, wie die pentekostale Betrachtungsweise, ausgehend von ihrer spezifischen Pneumatologie, das Verständnis des trinitarischen Personseins in den Blick nimmt. Zweitens behauptet Studebaker, dass die pentekostale Pneumatologie einen trinitätstheologischen Ansatz bietet, um das Beziehungswesen Gottes zu begründen.1231 Es ist zu bemerken, dass Studebaker Zizioulas so interpretiert, dass das Basisprinzip des Personseins Gottes sich in der Monarchie des Vaters gründet. Die Kritik von Studebaker an Zizioulas’ These bezieht sich auf die Begründung der Interiorität des Personseins aus dem Hervorgehen des Sohnes und des Geistes aus der Person des Vaters. Nach Studebaker liegt die Begründung des Wesens Gottes als Person nicht vordergründig in dem asymmetrischen Modell der Monarchie des Vaters und der Theorie des Hervorgehens der Personen des Sohnes und des Heiligen Geistes aus dem Vater. »The fullness of personal identity formation is in interpersonal relationships and not processions.«1232 Studebaker formuliert daraus eine Schlussfolgerung: »Each divine person therefore is the basis of an ontology of communion: a communion that beginns with the Father, moves to the Son, and comes to completion in full Trinitarian fellowship in the Holy Spirit.«1233 Die Rolle des Vaters wird hier nicht in seiner personengenerierenden Wirkung, sondern in der initialen Wirkung der Communio gesehen. Der Heilige Geist erscheint als Wirkungsperson dieser gegenseitigen Beziehungen. Als Begründung stellt Studebaker die These der heilsökonomischen Offenbarung der Trinität auf, wie sie in der Schrift überliefert ist. Da Pfingsten die Fülle der Offenbarung des dreieinigen Gottes in der Heilsgeschichte darstellt, soll die Pneumatologie der eigentliche Ausgangspunkt für die Begründung sowohl der Theorie des Hervorgehens als auch der Beziehungen innerhalb der Trinität sein. An dieser Stelle ist der Denkansatz von Studebaker zu würdigen, weil er das geschichtsdogmatische Paradigma vom Hervorgehen des Sohnes und des Heiligen Geistes aufrechterhält. Jedoch versucht er die Theorie des Hervorgehens aus der Person des Vaters pneumatologisch im Kontext der biblischen Überlieferung 1231 Vgl. Studebaker, From Pentecost, 129. 1232 A. a. O., 137. 1233 A. a. O., 138.
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und über das Verständnis von Beziehungen zu begründen. Allerdings wird die Theorie des Hervorgehens im ökumenischen Denken nicht im Gegensatz zur Theorie der Beziehungen gesehen. Die Monarchie des Vaters wird unter dem Gesichtspunkt der Konkretisierung der Einheit Gottes verstanden.1234 In der Diskussion mit Zizioulas kritisiert Studebaker die orthodoxe Deutung des trinitarischen Personseins, obwohl das Modell des Personseins im Paradigma des Hervorgehens der Personen des Sohnes und des Heiligen Geistes der pentekostalen Sicht der Pneumatologie unter dem Aspekt der Einheit Gottes als Communio und Liebe mehr Interpretationsraum bieten würde. Dies ist meiner Ansicht nach aus den folgenden Gründen zu erklären: Erstens kann die monarchische Beziehung der Person des Vaters zum Sohn und zum Heiligen Geist auf die pentekostale Unterscheidung zwischen Wiedergeburt und Geistestaufe angewandt werden. Die Generierung des Personseins des Menschen in der Analogie zum trinitarischen Geborensein des Sohnes und des Hervorgegangen-Seins des Heiligen Geistes liegt ursprünglich nicht in der aktiven Beziehung des Menschen zu Gott, auch nicht in der Antwort des Menschen auf den Ruf Gottes, sondern in der initiativen Handlung Gottes am Menschen. Damit wird die Dimension der objektiven Gnade Gottes angesprochen. Dies geschieht sowohl im Ereignis der Wiedergeburt als auch im Ereignis der Geistestaufe. Beide Ereignisse drücken jedoch im pentekostalen Verständnis die Verbindung zwischen der Handlung Gottes und der aktiven Öffnung des Menschen aus. Ob durch Wiedergeburt oder Geistestaufe (Öffnung für den Heiligen Geist) stehen Gott und Mensch zwar in einem wechselwirkenden Verhältnis (Ruf-Antwort, Bitte-Erfüllung), dennoch unterscheiden sich inhaltlich die beiden Ereignisse analogisch zum trinitarischen Modell jeweils als Hervorgehen (Person-Generierung als Gabe) und Beziehung (Person-Verwirklichung als Antwort). Um eine Person im trinitarischen Sinne zu sein, muss das Personsein als Prozess von ineinandergehenden und gegenseitigen Handlungen verstanden werden, nämlich die Zuwendung Gottes zum Menschen als Gegenüber (Gott gibt seine Gnade bzw. stiftet, generiert das Leben) und die Zuwendung des Menschen zu Gott als Gegenüber (der Mensch reagiert auf die Gabe Gottes und erwidert Gott mit seiner Liebe). Diese analoge Übertragung spricht jedoch gegen die Behauptung von Studebaker: »Our personal identity […] arises precisely from our interrelationships and not merely from relations of origins.«1235 Im Gegensatz zum göttlichen Personsein, in dem die perichoretischen Beziehungen und das Hervorgehen der Personen aus dem Vater keinen Widerspruch zueinander bilden, fängt das menschliche Personsein mit der aktiven Handlung Gottes, also mit der Dimension des Hervorgehens aus dem Vater an. 1234 Vgl. Gemeinsam den einen Glauben bekennen, §18 (Kommentar). 1235 Studebaker, From Pentecost, 138.
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Die Wiedergeburt geschieht durch die schöpferische Gnadenwirkung Gottes. Wenn die Dimension des Hervorgehens als ontologische Voraussetzung des Personseins gegen die inter-relationale Dimension ausgespielt wird, dann wird das pentekostale Schema der Reihenfolge Wiedergeburt-Geistestaufe nicht standhalten. Wenn die Geistestaufe als Resultat der Hinwendung zur Realität Gottes im Rahmen der von Studebaker vorgeschlagenen Interrelationalität verstanden wird, dann wird die Offenbarung der dritten Person der Trinität jenseits der Konstituierung des menschlichen Personseins verstanden. Oder anders ausgedrückt: die Offenbarung des Heiligen Geistes in der Geistestaufe und die Offenbarung des Sohnes sollen eine Einheit im Ereignis der Wiedergeburt bilden. Um die Wiedergeburt und die Geistestaufe als Offenbarungen der Person des Sohnes und des Heiligen Geistes aufrechtzuerhalten, muss man die beiden Dimensionen, nämlich die Interrelationalität und das Hervorgehen aus dem Vater, als personbildende Dimensionen im trinitarischen Sinne in einer gegenseitigen Beziehung zueinander betrachten. Die Dimension des Hervorgehens kann dem Ereignis der Wiedergeburt und die Dimension der Interrelationalität dem Ereignis der Geistestaufe zugeordnet sein. Daraus folgend wird die Mission des Heiligen Geistes nicht vordergründig darin verstanden, Menschen in die übernatürliche Erfahrung der direkten Begegnung mit Gott zu führen, sondern sie zum Leben nach der Analogie der Trinität, nämlich im Modus des trinitarischen Seins als auf-Gott-ausgerichtet-sein zu leben. Wenn die explizite Erfahrung des Heiligen Geistes in diesem Kontext wiedergefunden werden soll, dann kann sie von der Bindung an ein Ereignis der Geistestaufe bis auf das Verständnis des Lebens gegenüber der Wirklichkeit des Heiligen Geistes erweitert sein. Nicht der Fokus auf die Übernatürlichkeit der Erfahrung des Heiligen Geistes soll im Vordergrund stehen, sondern das neue Leben im Modus des trinitarischen Personseins. In gewissem Sinne ist dieser Modus über-natürlich, weil er den Rahmen der natürlichen Selbstbezogenheit des Menschen übersteigt. In Anbetracht der oben erwähnten Erweiterung, nämlich dass die trinitarischen Paradigmen der Beziehungen und des Hervorgehens in Bezug auf das Personsein eine wechselseitige Einheit darstellen, kann der pneumatologische Vorschlag von Studebaker in seiner Konsequenz zum gleichen Ergebnis wie dem von Zizioulas führen. Die Theologie von Zizioulas ist auf die Durchsetzung des monarchischen Prinzips des Hervorgehens der Personen aus dem Vater fokussiert. Der orthodoxe Theologe Sergii Bortnyk, der Zizioulas’ Theologie vom Personsein untersucht hat, behauptet, dass die Hauptthese Zizioulas darin bestehe, dass »die personale Existenz Gottes, d. h. die Existenz der göttlichen Hypostasen in der Hinwendung zueinander die einzige positive Erkenntnis der immanenten Existenz der Trinität ist«.1236 Das ist gerade das Anliegen von Stu1236 Sergii Bortnyk, Kommunion und Person, 335.
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debaker, der aufzeigen will, dass das Personsein in der Beziehung konstituiert wird. Es ist Studebaker zwar zuzustimmen, dass Zizioulas seine These nicht explizit pneumatologisch, d. h. im Sinne der expliziten Pneumatologie als Ausgangspunkt seiner Theologie, begründet. Das würde auch dem trinitarischen Denkparadigma der orthodoxen Tradition widersprechen. Trotzdem kann man den Ansatz von Zizioulas als pneumatologisch, – allerdings im Sinne seiner Methodologie und seiner theologischen Schlussfolgerung – deuten. Nach Bortnyk ist der Ansatz von Zizioulas gerade deshalb pneumatologisch, weil durch die Priorisierung der Abhängigkeit vom Geist und seinem ontologischen Verständnis die radikale Hinwendung zu Gott und die Stabilität der Beziehungen zu Gott formiert wird.1237 Unter dem Aspekt der Abhängigkeit vom Geist und der daraus folgenden Hinwendung zu Gott ist der Ansatz von Zizioulas in gewissem Sinne, also nach der Zielsetzung nach, pentekostal. Weiter ist gegenüber Studebaker einzuwenden, dass er in der orthodoxen Deutung der Monarchie des Vaters nicht auf den Aspekt des Zusammenhangs zwischen dem trinitarischen Personsein des Vaters und der Liebe als Leben der Trinität eingeht. Dieser Zusammenhang lässt sich wie folgt konstruieren. Wenn der Heilige Geist nach Studebaker die Beziehung innerhalb der Trinität vollbringt, dann wäre die Erfahrung von Pfingsten die Erfahrung des trinitarischen Lebens, also die Erfüllung des Menschen mit dem Modus der trinitarischen Existenz der Beziehung zu Gott als Gegenüber. Anders ausgedrückt bekommt das menschliche Leben durch die Ausgießung des Heiligen Geistes die Fähigkeit, an der Trinität Gottes in der Art der trinitarischen Analogie zu partizipieren. Wenn die Ausrichtung auf das Gegenüber ein Modell des inneren Lebens der Trinität, die Liebe ist, darstellt, dann drückt die pentekostale Neigung zur Suche nach einer direkten Begegnung mit Gott das Prinzip des personalen Lebens in der Ausrichtung auf Gott als Gegenüber aus. Diese Ausrichtung stellt die Analogie zur trinitarischen Existenz als Liebe dar. Darum scheint das Verständnis des Heiligen Geistes besser nicht im Kontext der Erfahrung der Kraft Gottes, sondern in der Erfahrung des trinitarischen Prinzips des Personseins als Liebe interpretiert zu sein. Diese Verbindung zieht Studebaker allerdings nicht in Betracht. Die Verbindung zwischen dem trinitarischen Personsein Gottes und der Liebe kommt, wie es schon oben kurz angesprochen wurde, ansatzweise im Denken von Richard von Sankt Viktor zum Ausdruck. Ich bringe das Modell von Richard von Sankt Viktor an dieser Stelle deshalb ins Gespräch, weil er das Verständnis vom hypostatischen Personsein Gottes als unmittelbare Existenz (Hypostasis) mit Liebe als Dimension des Wesens Gottes in Verbindung bringt.
1237 Vgl. Bortnyk, 329.
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»Gewiss muss in der höchsten Einfachheit Sein und Liebe zusammenfallen. In jedem der drei sind also die Person und ihre Liebe identisch. Daß in der einen Gottheit mehrere Personen sind, heißt dann nichts anderes als daß mehrere die eine und selbige höchste Liebe haben oder besser: gemäß der unterschiedenen Eigentümlichkeit diese Liebe sind.«1238
Was Studebaker (auch Volf) am asymmetrischen Modell von Zizioulas kritisiert, nämlich dass sich das Personsein Gottes aus der Monarchie des Vaters begründet, hat Richard von Sankt Viktor in der Weise gelöst, dass er »die Eigenart der Personen aus den Hervorgängen, [deutet], die er aber gewissermaßen als ›Rhythmen der Liebe‹ versteht.«1239 Greshake behauptet, dass bei Richard »zwei trinitätstheologische Ansätze nebeneinander [stehen], der eine an den processiones (Ursprungsrelationen), der andere an der gegenseitigen Liebe orientiert«.1240 »… die Ursprungsrelationen geben zugleich die Struktur der Liebe vor.«1241 In Bezug auf die trinitätstheologische Theologie von Richard sagt Studebaker, dass Richards Theologie der Liebe nicht wirklich einen pneumatologischen Beitrag zur Theologie der Trinität leistet, mit der Begründung, dass bei Richard der Heilige Geist als Mittler der Liebe zwischen dem Vater und dem Sohn, jedoch nicht in seiner Identität als dritte Person der Trinität dargestellt wird.1242 Studebaker berücksichtigt bei seiner Kritik nicht den Sachverhalt, dass die Liebe in der Trinität die Art ist, wie die drei göttlichen Personen die Eigenart ihres Personseins verwirklichen.1243 Darum kann der Denkansatz von Richard sowohl als pneumatologisch als auch als biblisch eingeordnet werden, weil er nicht die Identität des Heiligen Geistes in den Vordergrund stellt, sondern das Wesen Gottes als Liebe herausstellt. Man kann das Wirken des Heiligen Geistes folglich so interpretieren, dass der Heilige Geist den Menschen am Wesen Gottes in der Weise partizipieren lässt, dass er die Liebe zu Gott als Modus des trinitarischen Personseins im subjektiven Wahrnehmungsbereich des Menschen wirkt. Mit Worten von Thielicke: »Der Übergang des Willens Gottes vom äußeren Anspruch in die Motivation unseres Herzens, wie er hier eschatologisch verheißen wird, ist genau das, was sonst (z. B. Joel 3,1) als Werk des Heiligen Geistes, als Wunder der Zu- und Aneignung bezeichnet wird.«1244
1238 Richard von Sankt-Victor, Die Dreieinigkeit, 172. 1239 Gisbert Greshake, Der dreieinige Gott: eine trinitarische Theologie, Freiburg im Breisgau/Basel/Wien 1997, 107. 1240 A. a. O., Fn 203, 104–105. Greshake weist auf die Verbindung des Ansatzes von Richard mit dem Denkansatz von Gregor dem Großen hin, nach dem die Liebe das Hinstreben zum Gegenüber ist. Vgl. Greshake, Fn 205, 105. Gregor der Große. (PL 76, 1139). 1241 Greshake, Fn 203, 105. 1242 Vgl. Studebaker, From Pentecost, 126. 1243 Vgl. Greshake, 105. 1244 Thielicke, Der Evangelische Glaube, 86.
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Der Beitrag des pentekostalen Verständnisses vom Leben im Heiligen Geist
Der Aspekt der Liebe als Hingabe lässt sich andeutungsweise im Denken von pentekostalen Theologen wie Amos Yong, Steven Land, Simon Chan, Clark Pinnock und Frank Macchia entdecken.1245 Sie wenden sich dem Gedanken des Pathos, der Liebe Gottes, im Sinne der Hingabe Gottes zu. Allerdings haben sie ihre Denkansätze nicht im ontologischen Kontext des trinitarischen Personseins entwickelt. Das ist nachvollziehbar, weil eine theologische Diskussion über das Verständnis des Heiligen Geistes in Verbindung mit dem Verständnis des Personseins Gottes für die pentekostale Denktradition eine relativ junge Erscheinung ist. D. h. das Koinonia-Paradigma des Personseins wurde von den pentekostalen Theologen noch nicht als Erläuterungsparadigma ihres Verständnisses vom Heiligen Geist gewählt.1246 Die pentekostale Herangehensweise entfaltet die Lehre von der Trinität ausgehend vom soteriologischen Paradigma der biblischen Narrative und ausgehend von der Erfahrung der Geistestaufe.1247 Im Folgenden stelle ich einige Denkmodelle der pentekostalen Theologen dar, die einen Rahmen für unsere These über das trinitarische Personsein als Hingabe bzw. Liebe zu Gott dem Gegenüber bieten können. Amos Yong bringt die Stimmen prominenter pentekostaler Theologen wie Steven Land, Samuel Solivan und Eldin Villafones zu Gehör, die die pentekostale Spiritualität in der affektiven Hingabe auf den Heiligen Geist bzw. das Reich Gottes hin gedeutet haben.1248 Selbst Yong sieht in der pentekostalen Spiritualität der Begegnung mit Gott die »Anthropologie der Liebe«.1249 Obwohl Yong sagt, dass die Hingabe (Pathos) vordergründig im Kontext der Gegenseitigkeit der intra-trinitarischen Beziehungen gründet, entfaltet er dennoch nicht das Konzept der Begegnung mit der Realität Gottes im Kontext des Personseins in der Analogie zur Trinität.1250
1245 Del Colle sieht die Ursprünge dieses Ansatzes in der Wesleyanischen Tradition und zählt zu den Vertretern dieses Denkansatzes solche Theologen wie Greogory Clapper, Henry Knight, Richard Steel, Theodor Runyon. Vgl. Ralph del Colle, Aesthetics and Pathos in the Vision of God: A Catholic-Pentecostal Encounter, in: Pneuma (2004) 26/1, 107. 1246 Wolfgang Vondey weist darauf hin, dass die pentekostale Tradition noch keine ausführliche Anthropologie entwickelt hat. Vgl. Wolfgang Vondey, Pentecostal Theology: Living the Full Gospel, 175. 1247 Vgl. Studebaker, From Pentecost, 126. 1248 Vgl. Amos Yong, Spirit of Love: A Trinitarian Theology of Grace, Waco 2012, 75–91. Vgl. Samuel Solivan, The Spirit, Pathos and Liberation: Toward a Hispanic Pentecostal Theology, Sheffield 1998. Vgl. Eldin Villafañe, The Liberating Spirit: Toward a Hispanic American Pentecostal Social Ethic, Grand Rapids 1993. 1249 Vgl. Yong, Spirit of love, 147. 1250 Vgl. a. a. O., 84. Yong beruft sich dabei auf den Denkansatz von Reinhard Hütter. Vgl. Reinhard Hütter, Theologie als kirchliche Praktik: zur Verhältnisbestimmung von Kirche, Lehre und Theologie. Beiträge zur evangelischen Theologie, Gütersloh 1997.
Verknüpfung der pentekostalen Öffnung für den Heiligen Geist mit dem Personsein
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Das Thema der Kontinuität zwischen dem relationalen Aspekt der Trinität, dem Heiligen Geist und der Person des Menschen, fand eine breitere Entfaltung in der Theologie von Clark Pinnock. Pinnock benutzt die Sprache Zizioulas’ und deutet die Trinität als »a loving relationality«.1251 Die Schöpfung hat das Potenzial in sich, diese liebende Relationalität zu entfalten. Im Kontext der Trinität wird das Personsein als relational gesehen. Der Heilige Geist wirkt diese Relation in uns Menschen durch das Verlangen nach der intimen Begegnung mit Gott. Darin sieht Pinnock das Ziel der Errettung, nämlich dass der Heilige Geist uns erfüllt und uns am Leben des dreieinigen Gottes partizipieren lässt.1252 Pinnock setzt beim orthodoxen Paradigma der Errettung als Partizipation am Leben Gottes an, was andererseits bedeutet, dass er keinen traditionell pentekostalen Ansatz entwickelt. Die Begegnung mit Gott dem Heiligen Geist deutet Pinnock im evangelikalen Sinne als Erwartung des Wirkens Gottes. Man kann in dem Denken von Pinnock viele Ähnlichkeiten mit unserer These sehen. Allerdings betrachtet Pinnock die Erfahrung des Heiligen Geistes nicht in Verbindung mit der relationalen Natur des Heiligen Geistes, sondern ordnet die Geistestaufe dem Rahmen des empirischen Ansatzes der Erkenntnis Gottes zu. »We must know God experientially, not just cognitively.«1253 Damit verlässt Pinnock den Rahmen der Pneumatologie des Personseins, den er aufgebaut zu haben schien. Das bedeutet, dass er zwar die trinitätstheologische Basis für das pneumatologische Verständnis vom Personsein legt, sie aber dennoch nicht in Verbindung mit der Geistestaufe bringt. Leider ist es Pinnock nicht gelungen, den Ansatz der Relation als Liebe mit der trinitarischen Ontologie der Person in Verbindung zu bringen und sie in Bezug auf das pentekostale Verständnis der Erfahrung des Heiligen Geistes als Begegnung im Sinne der trinitarischen Communio zu entfalten. Auch Terry Cross, der sich dem Ansatz von Pinnock zuwendet, sieht die pentekostale Anwendung der Relationalität Gottes in der Offenheit Gottes.1254 Jedoch trägt die Offenheit die Züge eines anthropomorph-psychologischen Verständnisses der Person Gottes, nämlich dass Gott für die Nöte des Menschen offen ist.1255 »God is a being who desires relationship with creature.«1256 Damit begründet Cross die pentekostale Erfahrung in der Weise, dass Gott seinem Wesen gemäß in eine interagierende Beziehung mit den Menschen tritt. Gott ist 1251 Clark Pinnock, Flame of Love, 23. »The Trinity portrays God as a community of love and mutuality«, 29. Vgl. Terry L. Cross, The Rich Feast of Theology, in: JPT (2000) 6/16, 27–47, 38. 1252 »Salvation is the Spirit, who indwells us, drawing us toward participation in the life of the triune God.« A. a. O., 150. 1253 A. a. O., 170. 1254 Vgl. Terry Cross, The Rich Feast, 43. 1255 Vgl. Terry Cross, The Rich Feast, 38. 1256 A. a. O., 45.
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Der Beitrag des pentekostalen Verständnisses vom Leben im Heiligen Geist
nicht nur ein absolutes Wesen, sondern eine lebende Person.1257 Cross denkt in die Richtung von Solivans Konzeption Gott der Hingabe (pathos, suffering). Cross bleibt darum in seinem Denken dem Schema statisch-dynamisch treu und deutet die Relationalität des Wesens Gottes weniger im Sinne des trinitarischen Personseins als Koinonia, sondern eher dahingehend, dass er das Verständnis der Unmittelbarkeit Gottes auf sein trinitarisches Wesen als Liebe zurückführt, wobei Cross unter der Liebe Gottes die Leidenschaft für die Beziehung versteht.1258 Das würde nahe an unserer These liegen. Obwohl Cross über die Relationalität Gottes ontologisch zu denken versucht, geht er dennoch nicht auf die Erklärung ein, was der Unterschied zwischen Gott als »relational being« und »the essence of his inner life« bedeutet.1259 Giovanni Maltese, der das Denken von Cross untersucht hat, sagt, dass die Relationalität des Menschen nach der trinitarischen Analogie für Cross in »der Verantwortung für den Umgang mit Erfahrung« besteht.1260 Maltese bestätigt, dass Cross nicht im Rahmen der Relationalontologie denkt. Würde Cross seinem eigenen Vorschlag folgen, das Verständnis der pentekostalen Erfahrung im Licht der Gotteslehre neu zu reflektieren, dann müsste er das ontologische Verständnis Gottes nicht unter dem empirischen Gesichtspunkt von mittelbar-unmittelbar, sondern unter dem Gesichtspunkt des relationalen Personseins Gottes betrachten. Daraus resultierend kann die Liebe nicht einfach heilsökonomisch als Hingabe Gottes an den Menschen, sondern als Ausdruck des Wesens Gottes, das Liebe ist, also in der Art der trinitarischen Liebe als Bewegung zur Communio betrachtet werden. Als Folge kann der Fokus nicht auf den Umgang mit der übernatürlichen Erfahrung Gottes, sondern auf den Umgang mit dem ganzen Leben als Ausrichtung auf Gott gelegt werden. In dem Fall würde die Geistestaufe nicht im Paradigma der Erfahrungen des Heiligen Geistes, sondern im Paradigma der koinonia mit dem dreieinigen Gott reflektiert werden. Die nach meiner Meinung treffendste Anwendung des trinitarischen Prinzips auf die Geistestaufe kam im Denken von Frank Macchia zum Ausdruck. Macchia bezeichnete die Geistestaufe folgendemaßen: »A metaphor that implies a participation in the life-transforming presences of God.«1261 Darum hat die Geistestaufe eine trinitarische Struktur.1262 Das kommt zum Ausdruck in seinem Verständnis der Erfahrung des Heiligen Geistes in der Geistestaufe.1263 Macchia sieht 1257 1258 1259 1260 1261 1262 1263
Vgl. A. a. O., 38. »A desire to relate to us.« A. a. O., 46. Vgl. a. a. O., 43. Vgl. Maltese, Geisterfahrer, 34. Macchia, Baptized, 42. Vgl. a. a. O., 164. »[…] profoundly personal but not individual experience«. Macchia, Baptized in the Spirit, 166.
Verknüpfung der pentekostalen Öffnung für den Heiligen Geist mit dem Personsein
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in der Geistestaufe die Offenbarung des Communio-Seins der Trinität, so dass der Mensch durch die Erfahrung der Geistestaufe die Fähigkeit bekommt, sich der Welt und den anderen nach der Analogie der trinitarischen Liebe zu öffnen.1264 Nach Macchia korrespondiert das Verständnis der Koinonia mit der Bedeutung des Teilhabens am Leben, also an der persönlichen Communio und mit der gegenseitigen Einwohnung.1265 Die innertrinitarischen Beziehungen zwischen den trinitarischen Personen deutet Macchia als Liebe im Sinne von selbst-gebend. Er denkt ähnlich wie Moltmann, der die Kommunikation der Liebe im Akt der Selbsthingabe gesehen hat.1266 Die Kirche manifestiert die Koinonia als Reflexion der Trinität.1267 Macchia sucht die Verbindung zwischen der Pneumatologie und Ekklesiologie am Ereignis der Geistestaufe zu zeigen. Die Koinonia rückt nach Macchia deshalb ins Zentrum des ekklesiologischen Denkens, weil der Heilige Geist der Geist der Communio ist. Obwohl Macchia sehr nah am Verständnis der relationalen Struktur des Wirkens des Heiligen Geistes steht, geht er dennoch nicht auf die Verknüpfung der Struktur der Offenheit gegenüber dem Heiligen Geist mit dem Verständnis des trinitarischen Personseins ein.1268 Hier ist Macchia nichts entgegenzusetzen, weil er seine Treue zur pentekostalen Lehre über die Geistestaufe deutlich zeigt. Die Kritik am Ansatz von Macchia muss an dieser Treue geübt werden. Die Geistestaufe wird mit der Erfahrung des Heiligen Geistes in Verbindung gebracht. Folgt man dieser Behauptung, kommt man zum logischen Schluss, dass die Erfahrung des Geistes der Communio und die daraus folgende empirische Partizipation an der Trinität ausgehend von der Erfahrung der Geistestaufe, so wie es im pentekostalen Verständnis verankert ist, verstanden werden soll. Trotz seiner Erweiterung des Verständnisses der Geistestaufe, die eine Metapher für die Partizipation an der lebensverändernden Gegenwart Gottes ist, betrachtet er die Geistestaufe als kraftvolle Erfahrung (powerful experience).1269 Ökumenisch gesehen kann diese Aussage deshalb missverstanden werden, weil damit die Partizipation an der Koinonia der Trinität an eine exklusive Art 1264 Vgl. a. a. O., 161. 1265 »Koinonia refers to a sharing of life, an intimate communion, a mutual indwelling.« Macchia, Justified, 309. 1266 Vgl. Macchia, Justified, 301. Vgl. Jürgen Moltmann, Trinität und Reich Gottes: zur Gotteslehre, 149–50. 1267 Vgl. Leon Harris, The Holy Spirit as Communion: Colin Gunton’s Pneumatology of Communion and Frank Macchia’s Pneumatology of Koinonia, Eugene 2017, 136. Vgl. Neumann, Pentecostal Experience, 182. 1268 »Spirit baptism has a relational structure that has communion as its essences, the communion of self-giving love.« Macchia, Baptized, 159. 1269 »[…] a metaphor that implies a participation in the life- transforming presence of God.« Macchia, Baptized, 42.153.
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der Erfahrung gebunden wird. Mit anderen Worten baut sich die ökumenische Spannung dort auf, wo der subjektive Erfahrungsaspekt der Offenbarung Gottes objektiviert und zur ekklesiologischen Basis gemacht wird. In dieser Hinsicht kann die Geistestaufe, verstanden als Erfahrung der Partizipation an der Trinität Gottes, keine Plattform für die Integration der Pentekostalen in den ökumenischen multilateralen Dialog anbieten. Es braucht eine Erweiterung. Leon Harris, der die trinitarischen Konzepte der Trinität von Colin Gunton und Frank Macchia verglichen hat, ist der Meinung, dass die Pentekostalen im Konzept der Koinonia im ökumenischen Dialog einen Raum durch ihre Lehre über die Geistestaufe als Konzept der Vermittlung zwischen Pneumatologie und Ekklesiologie (mediating concept between Pneumatology and Ecclesiology) bekommen können.1270 Einen interessanten Vorschlag zur Einführung der pentekostalen Erfahrung des Heiligen Geistes in die trinitarische Theologie hat Ralph Del Colle gemacht. Del Colle beruft sich auf die Theorie von Thomas von Aquin: »Movement in God, for example the intra-divine processions that constitute the persons of the Trinity, and the movement from God into the created order – for example, the temporal missions of the Son und the Spirit in the divine economy – are movements of presenting as pure actuality.«1271 Nach dieser Aussage lässt sich Gott durch die Modalität seiner Präsenz als Ereignis erkennen.1272 Gott kommt in die Gegenwart durch die Manifestationen des Geistes. Durch diese Manifestationen bzw. Ereignisse partizipieren Menschen an dem Licht Gottes. Del Colle nennt dieses Paradigma beatific vision, nämlich das Schauen der Herrlichkeit Gottes. Die Koinonia zwischen der menschlichen Person und Gott vollzieht sich im Ereignis der synergischen Zusammenwirkung des Heiligen Geistes und der menschlichen Affektionen. Dieses Modell verdient unsere Aufmerksamkeit vor allem deshalb, weil Del Colle eine Denkstruktur liefert, wie man den Konflikt zwischen dem Verständnis der Gegenwart Gottes als Gegenüber des Menschen und dem Menschen in seinem Verlangen (Pathos) nach Gott auflöst. Nach Del Colle muss die wahre Subjektivität als Inter-Subjektivität, also Personen in Communio verstanden werden.1273 Der Ansatz von Del Colle zeigt, wie die Erläuterung der Relationalität in dem Kontext der Affektionen gedacht werden kann. Die Affektionen werden jedoch in den Bereich des kontemplativen Schauens der Herrlichkeit Gottes gesetzt, und nicht als Grundvoraussetzung der menschlichen Existenz als Analogie zum trinitarischen Personsein betrachtet. 1270 Vgl. Leon Harris, The Holy Spirt as Communion, 131. 1271 Ralph del Colle, Aesthetics and Pathos, 115. 1272 Hier denkt Ralph del Colle im Kontext des thomistischen Denkens vom Sein Gottes als Ereignis. 1273 Vgl. Del Colle, Aesthetics, 116–117.
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Nichtsdestotrotz zeigen all die oben erwähnten Denkansätze, dass die pentekostale pneumatologische Denkweise sehr wohl im Koinonia-Paradigma des Personseins bereits ansatzweise angesprochen wurde. Dies würde nahe bei meiner These liegen, dass der Heilige Geistes das menschliche Personsein als aufGott-ausgerichtet-Sein nach der Analogie der trinitarischen Communio wirkt. Ausgehend von dieser Feststellung halte ich die weitere Entfaltung des pentekostalen Denkansatzes im Verständnis des Heiligen Geistes aus der pentekostalen Sicht für legitim. Die Öffnung für die Wirklichkeit des Heiligen Geistes kann demnach als Modus der Existenz, als eine Art Koinonia bzw. Communio oder Partizipation am Leben der Trinität verstanden werden. Bevor diese These weiter entfaltet wird, sind einige kritische Bemerkungen zum Verhältnis zwischen dem menschlichen Verlangen nach Gott und dem Wirken des Heiligen Geistes anzuführen. 3.4.3.1 Das menschliche Verlangen nach dem Heiligen Geist: Kritische Hinterfragungen Angesichts vieler struktureller Ähnlichkeiten in der trinitarischen Analogie des Personseins zu dem inneren Prozess der menschlichen Hingabe als Liebe ist es erforderlich zur Kenntnis zu nehmen, dass das trinitarische Personsein Gottes und das menschliche Personsein nicht deckungsgleich sind. Um diese beiden Dimensionen dennoch weder zu trennen noch zu vermischen, ist aus meiner Sicht eine Konkretisierung des Verhältnisses zwischen der Subjektivität der menschlichen Erfahrung und dem Heiligen Geist erforderlich. Zwei Aspekte der Konkretisierung sind zu nennen. Erstens muss die ontologische Differenz zwischen der schöpferischen Dimension Gottes und der Dimension des Menschen als Geschöpf, ebenso zwischen Unendlichkeit und Endlichkeit, zwischen Ewigkeit und Vergänglichkeit, sowie zwischen Geist und Materie, berücksichtigt werden. Der strukturelle Vergleich zwischen der Personenexistenz der Trinität und des Menschen zeigt die Differenz des menschlichen Personseins zum Göttlichen darin, dass die Personen der Trinität sich gleichzeitig im perichoretischen Verhältnis als Geber und Empfänger der personalen Identität verhalten. Im Gegensatz zum Personsein Gottes hat das menschliche Personsein einen punktuellen Anfangsmoment und muss von Gott als Konstituierungsgabe angenommen sein.1274 Der Mensch ist in sei1274 Das bedeutet jedoch nicht, dass Menschen, die Gott nicht als Beziehungsgegenüber haben, keine Personen sind. Ihr Personsein ist mit der Schöpfung mitkonstituiert. Allerdings muss das Personsein nicht nur als eine statische Seinsstruktur angenommen werden, sondern als Modus der Existenz. Das Personsein bekommt seine schöpfungstheologische Übereinstimmung mit der trinitarischen Struktur der Schöpfung im Moment der Hinwendung ihres Seins zu Gott als Person.
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nem Personsein auf zwei Grundbedingungen angewiesen. Er ist zugleich der Geschaffene und im Rahmen des Geschaffen-Seins der sich-auf-Gott-aktiv-Bewegende. Sein Personsein drückt sich in der aktiven Beziehung zu seinem Ursprung, also zu Gott aus. Dieses Grundaxiom der biblischen Anthropologie basiert auf dem relationalen Verständnis des Menschenseins, und zwar, »dass die Beziehung Gottes zur Menschheit der Schlüssel zum Verständnis aller Beziehungen ist, in denen der Mensch existiert, einschließlich der Beziehung des Menschen zu Gott. Mehr noch. […], dass Gottes Beziehung zum Menschen nur angemessen verstanden werden kann, wenn sie als Beziehung des dreieinigen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Geistes zur Menschheit verstanden wird.«1275
Das bedeutet, dass die Hin(gabe) an Gott und die Hin(gabe) an die anderen Menschen als Prozess des Gebens von der Grundkonstitution des trinitarischen Prinzips des Personseins abgeleitet wird.1276 Die aktive Handlung Gottes und die aktive Öffnung des Menschen stehen zueinander in einem wechselseitigen Verhältnis in der Analogie des trinitarischen Lebens, obwohl die Entstehung des menschlichen Personseins nur von der Initiative und Gnadenwirkung Gottes abhängt. Wenn der Heilige Geist als lebensspendender Geist und als Geist Christi das Menschsein als Sein-In-Beziehung nach der trinitarischen Analogie wirkt, dann ist die Beziehung des Menschen zur Wirklichkeit Gottes, nämlich die Hinwendung zu Gott selbst, als Wirkung des Heiligen Geistes zu denken. Darin sieht man die Hauptcharakteristik des Heiligen Geistes, nämlich wie in Luthers Denken, den Menschen zu Christus zu bringen.1277 Obwohl Luther hier vom Glauben an Christus spricht, erkennt er die Rolle des Heiligen Geistes als in der Wirkung der subjektiven Wahrnehmung des Kommens zu Gott. Hans Urs von Balthasar spricht zwar von der Indirektheit als Wesenszug des Geistes, und deutet
1275 Christoph Schwöbel, Gott in Beziehung, 195. 1276 Das Verständnis vom Personsein als Prozess der Konstituierung des Personseins durch die Hinwendung Gottes zum Menschen und durch die Erfahrung der Hinwendung des Menschen zu Gott als Selbstwahrnehmung der eigenen Person passt zum pentekostalen Schema von unterschiedlichen Wirkungen des Heiligen Geistes in der Wiedergeburt und in der Geistestaufe. Dementsprechend lässt sich die Wiedergeburt der Dimension der Konstituierung des Personseins als Gnadenwirkung Gottes und die Geistestaufe als bewusst an Gott gerichtete Bitte um die Erfahrung seiner Gegenwart im Heiligen Geist zuordnen. So gesehen bietet das Denkschema des trinitarischen Personseins einen Rahmen, um sowohl die Wiedergeburt als auch die Geistestaufe in einem einheitlichen Verhältnis von Christologie und Pneumatologie zu betrachten. 1277 »Ich glaube, daß ich nicht aus eigener Vernunft noch Kraft an Jesus Christus, meinen Herrn, glauben oder zu ihm kommen kann; sondern der Heilige Geist hat mich durch das Evangelium berufen, mit seinen Gaben erleuchtet, im rechten Glauben geheiligt und erhalten.« Kleiner Kathechismus, Das Zweite Hauptstück, 3. Artikel, von der Heiligung. https:// www.ekd.de/Kleiner-Katechismus-Zweite-Hauptstuck-13471.htm. Abgerufen 27. 07. 2021.
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sie als die Wirkung des Geistes hinführend zum Vater und zum Sohn.1278 Jedoch genau in der Erfahrung der Hinwendung zu Gott lässt der Heilige Geist sich direkt erfahren. Michael Böhnke bezeichnet diese Wirkung des Heiligen Geistes im Zusammenhang mit dem Zustand der Ergriffenheit als kommunikative Selbst-Gabe.1279 Für die Verknüpfung des trinitarischen Verständnisses von Person mit dem relationalen Denken der ökumenischen Communio-Theologie in der Dimension der subjektiven Begegnung mit Gott würde das bedeuten, dass das Verständnis der Relation sich nicht nur auf das soteriologische Verhältnis von Gott, Kirche und Mensch systematisch-ontologisch beschränkt, sondern das Verständnis von Koinonia bis auf den subjektiven Handlungsbereich der menschlichen Person als Modus ihrer Existenz im Sinne von Aus-Sich-Selbst-Herausgehen, der Hingabe, der Liebe und dem Verlangen erweitert werden kann. Das menschliche Leben als Personsein beginnt und existiert im gleichen trinitarischen Modus der Liebe, die als freie und willentliche Selbsthingabe an das Gegenüber verstanden wird. Um diese Hingabe pneumatologisch zu interpretieren, muss angenommen werden, dass die Hingabe selbst das Wirken des Heiligen Geistes ist. In der Deutung der Hingabe als Wirkung des trinitarischen Prinzips des Lebens durch den Heiligen Geist liegt viel Potenzial für die pentekostale Interpretation des Modus der menschlichen Existenz in der Hingabe an Christus. Für die Pentekostalen werden all diese Bedingungen für das Personsein individuell in einer interaktiven Beziehung mit dem dreieinigen Gott so modelliert, dass Gott als Gegenüber des Menschen in der ganzheitlichen Hinwendung des Menschen zur real erfahrbaren Gegenwart Christi im Heiligen Geist erfahren wird. Allerdings muss das pentekostale Verständnis des apostolischen Lebens der Kirche den Fokus von der Geistestaufe auf den Modus der Existenz der Öffnung für das Wirken des Heiligen Geistes ausweiten. Im Kontext des Lebens im Heiligen Geist kann die Subjektivität des Glaubens in das ökumenische Communio-Denken über den analogischen Denkansatz zum Communio-Prinzip des trinitarischen Personseins aufgenommen werden. Als weiterer Schritt soll geprüft werden, ob die Erfassung des trinitarischen Relationsbegriffs in Bezug auf die Subjektivität des Glaubens nicht Gefahr läuft, das Wirken des Heiligen Geistes mit den Gefühlen bzw. Emotionen oder mit dem Gottesbewusstsein gleichzusetzen. 1278 Vgl. Hans Urs von Balthasar, Der Geist der Wahrheit. Theologik Band 3, Einsiedeln 1987, 27. 1279 »Vielmehr ist der Heiliger Geist als derjenige anzusehen, der das Handeln und Sich-Verhalten des Menschen adverbial bestimmt … Als Charakeristikum des Egriffen-Seins konnte herausgearbeitet werden, dass die Handlunsgwirklichkeit dadurch bestimmt wird, dass jemand zugleich als Subjekt des Handelns und als Medium des Geistes in Erscheinung tritt.« Michael Böhnke, Gottes Geist, 175.176.
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3.4.3.2 Das Verständnis der menschlichen Hingabe an Gott als religiöses Bewusstsein im Licht des Verständnisses der Gegenwart des Heiligen Geistes Zunächst ist zu bemerken, dass die Annahme, der Heilige Geist lasse sich als subjektives Verlangen nach der Begegnung mit Gott erfahren, ohne seine Objektivität zu verlieren, biblisch begründbar ist. Hier sind einige Beispiele: In 1Kor 12,1–3 wird der Sachverhalt angesprochen, dass das Verlangen nach dem Objekt des Glaubens in sich eine Wirkung des Heiligen Geistes ist. Dieser Aspekt wurde im ökumenischen Denken im Zusammenhang mit dem gemeinsamen Sprechen der Glaubensbekenntnisse im Gottesdienst behandelt.1280 Die subjektive Wahrnehmung des Rufes Herr Jesus ist zugleich die Wirkung des Heiligen Geistes. Der Heilige Geist korreliert in dieser Hinsicht mit den menschlichen, subjektiven Handlungen. Das leitende Wirken des Heiligen Geistes und die Aktivität des Menschen bilden laut Röm 8,14–15 eine Einheit. Der subjektive Ruf Abba Vater, der vom Menschen ausgeht, ist zugleich das Wirken des Heiligen Geistes. Die Aussage aus den Versen 26–27 im 8. Kapitel des Römerbriefes deutet auf das intersubjektive Wirken des Heiligen Geistes: »Desgleichen hilft auch der Geist unsrer Schwachheit auf. Denn wir wissen nicht, was wir beten sollen, wie sich’s gebührt; sondern der Geist selbst tritt für uns ein mit unaussprechlichem Seufzen. Der aber die Herzen erforscht, der weiß, worauf der Sinn des Geistes gerichtet ist; denn er tritt für die Heiligen ein, wie Gott es will.« (Röm 8,26– 27)
Das Wirken des Heiligen Geistes wird hier im Zusammenhang mit der subjektiven Fähigkeit des Menschen zu beten und gleichzeitig in seiner objektiven freien Wirkung beschrieben. Die Instruktion aus dem Galaterbrief »wenn wir durch den Geist leben, so lasst uns durch den Geist wandeln« (Gal 5,25) deutet darauf hin, dass das aktive Handeln des Menschen gemäß seinem Glauben gleichzeitig mit dem Wirken des Heiligen Geistes korreliert. Diese Eigenart des Geistes ist nicht nur streng neutestamentlich, sondern wird auch im AT bezeugt. Der menschliche Geist ist im AT »Sitz der Stimmungen, Gefühle und Leidenschaften. […] Gott kann den Geist ›erregen‹ (Jer 51,11; Esr 1,1.5. u. a.) bzw. zu einer Handlung treiben.«1281 Werner Schmidt schreibt: »Zwischen ›profanen‹ und ›theologischen‹ Aussagen, Phänomenen der Natur 1280 »Über die Gaben des Geistes aber will ich euch, Brüder und Schwestern, nicht in Unwissenheit lassen. Ihr wisst: Als ihr Heiden wart, zog es euch mit Macht zu den stummen Götzen. Darum tue ich euch kund, dass niemand, der durch den Geist Gottes redet, sagt: Verflucht sei Jesus. Und niemand kann sagen: Jesus ist der Herr, außer durch den Heiligen Geist.« 1Kor 12,1–3. 1281 Werner H. Schmidt, Geist/Heiliger Geist/Geistesgaben I, in: TRE, Band 12, 170.
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und Handeln Gottes, dem Sinn des Menschen und dem Geistwirken Gottes wird nicht immer streng unterschieden.«1282 Der Ausruf des Psalmisten »Schaffe in mir, Gott, ein reines Herz und gib mir einen neuen beständigen Geist!« (Ps 51,12) und die Aussage aus dem Jesaja-Buch »Denn so spricht der Hohe und Erhabene, der ewig wohnt, dessen Name heilig ist: Ich wohne in der Höhe und im Heiligtum und bei denen, die zerschlagenen und demütigen Geistes sind, auf dass ich erquicke den Geist der Gedemütigten und das Herz der Zerschlagenen« (Jes 57,15) vermitteln das Verständnis der intersubjektiven Struktur des Wirkens des Heiligen Geistes.1283 Das Kennzeichen des Geistes ist »das Sein-Können Eines Einen in oder bei einem Anderen.«1284 Nach unserer These muss die Offenheit für den Heiligen Geist nicht zwingend ins Paradigma der übernatürlichen Erfahrungen, sondern ins Paradigma der Personenstrukturen des menschlichen Lebens als Analogie zum Leben der Trinität gesetzt werden. Diese These streicht auf keinen Fall die Rolle der übernatürlichen Erfahrung der Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes, sondern setzt ihr den strukturell-ontologischen Rahmen, in dem das Verständnis der Offenheit gegenüber dem Heiligen Geist nicht die Gefahr läuft, auf das Verständnis der emotionellen Affekte reduziert oder auf die Erfahrbarkeit der übernatürlichen Dimension instrumentalisiert zu werden. Soll das pentekostale Verständnis der Begegnung mit dem Heiligen Geist seine soteriologische und anthropologische Relevanz beibehalten, muss das menschliche, subjektive Bedürfnis nach der ganzheitlichen Glaubenserfahrung in der trinitarischen Konstitution der Persönlichkeitsstruktur des Menschseins zu begründen sein. Folglich muss das theologische Verhältnis vom Wirken des Heiligen Geistes und dem subjektiven menschlichen Verlangen nach der Begegnung mit Gott erläutert werden. Ich schlage deshalb vor, das pneumatologische Verständnis des Verlangens nach Gott bzw. der Offenheit für den Heiligen Geist im Licht des Denkens von Friedrich Schleiermacher in groben Zügen zu diskutieren. Die Betrachtung von Schleiermachers Denken ist deshalb wichtig, weil sein Denken im pentekostalen theologischen Diskurs unter anderem in Verbindung mit dem Subjektivismus kritisch erwähnt wurde.1285 1282 1283 1284 1285
A. a. O., 171. Psalm 51,12; Jes 57,15. Werner H. Schmidt, Geist/Heiliger Geist/Geistesgaben, 218. Darauf weist Joel Daniels, der eine gemeinsame Basis zwischen den Ideen von Schleiermacher und dem Pentekostalismus sieht. Joel Daniel, Friedrich Schleiermacher: Pentecostal Friend or Foe? In: Ecclesiology 2018 14/1, 71. Daniels verweist diesbezüglich auf Kritik von Terry Cross und Amos Yong. Beide Theologen behandeln die Theologie Schleiermachers nicht explizit. Es handelt sich um die einzelnen Referenzen auf seine Theorie des Subjektivismus im Zusammenhang mit dem Verständnis von Erfahrung. Vgl. Amos Yong, In Search of Foundations: the Oeuvre of Donald L. Gelpi, SJ, and Its Signi-
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Der Beitrag des pentekostalen Verständnisses vom Leben im Heiligen Geist
3.4.3.3 Der pentekostale Denkansatz der Öffnung für die Wirklichkeit des Heiligen Geistes im Licht des Denkens von Friedrich Schleiermacher Nach Schleiermacher ist das Gottesbewusstsein in jedem frommen Selbstbewusstsein mitgesetzt: »Indem im unmittelbaren Selbstbewusstsein wir uns als schlechthin abhängig finden, ist darin mit dem eigenen Sein als endlichen das unendliche Sein Gottes mitgesetzt, und jene Abhängigkeit ist im allgemeinen die Weise, wie allein beides in uns als Selbstbewusstsein oder Gefühl Eins sein kann.«1286 Die These von Friedrich Schleiermacher »[…], dass das Wesen der religiösen Erregungen in dem Gefühl einer absoluten Abhängigkeit bestehe«1287 kann mit dem pentekostalen Verständnis des Verlangens nach Gott so in Verbindung gebracht werden, dass der Heilige Geist und die materielle Dimension des Menschen im religiösen Gefühl ineinander gewoben ist.1288 Im Denken von Schleiermacher wird Gottes Gegenwart differenziert als vom menschlichen Bewusstsein unterschieden und gleichzeitig mit ihm identisch.1289 Gott ist kraft seiner Vollmacht und seiner Ewigkeit in der Frömmigkeit und im Bewusstsein gegenwärtig.1290 Joel Daniels, der den Vergleich zwischen der Lehre von Schleiermacher und dem Pentekostalismus betrachtet hat, sieht den Unterschied der pentekostalen Tradition zu Schleiermachers Denkansatz darin, dass die Kulmination des Gottesbewusstseins in den religiösen Gefühlen durch den Heiligen Geist durchdrungen ist, während die Pentekostalen die direkte Kommunikation mit Gott durch den Heiligen Geistes betonen.1291 Trotz dieses Unterschiedes werden die Theorien Schleiermachers und des Pentekostalismus darin übereinstimmen, dass der Heilige Geist in der Schöpfung wirkt und zwar so, dass er die Menschen zur Rettung und zur Erkenntnis Christi führt. Das Verhältnis zwischen der
1286 1287 1288
1289 1290 1291
ficance for Pentecostal Theology and Philosophy in: JPT (2002) 11/1, 6. Vgl. Terry Cross, A Proposal to Break the Ice: What Can Pentecostal Theology Offer Evangelical Theology?, in: JPT (2002) 10/2, 52. Friedrich D.E. Schleiermacher, Der christliche Glaube nach den Grundsätzen der evangelischen Kirche im Zusammenhange dargestellt. Kritische Gesamtausgabe. Band 7. Teilband 1. §36, 123. Friedrich D. E. Schleiermacher, Über das Wesen der Religion in: Günter Meckenstock (Hg.), Über die Religion. Kritische Gesamtausgabe. Erste Abteilung. Band 12, Berlin/ New York 1995, §35, 133. »Das gemeinsame aller frommen Erregungen, also das Wesen der Frömmigkeit ist dieses, dass wir uns abhängig bewusst sind, das heißt, dass wir uns abhängig fühlen von Gott.« Friedrich Schleiermacher, Der christliche Glaube nach den Grundsätzen der evangelischen Kirche im Zusammenhange dargestellt. Kritische Gesamtausgabe. Band 7. Teilband 1. §9, 31. Vgl. Gunther Wenz, Schöpfung: Protologische Fallstudien, Göttingen 2013, 212. Vgl. a. a. O., 212–213. Vgl. Joel Daniels, Friedrich Schleiermacher, 78.
Verknüpfung der pentekostalen Öffnung für den Heiligen Geist mit dem Personsein
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ewigen Dimension Gottes und der Endlichkeit des Menschen wird nicht pantheistisch aufgehoben. Dennoch setzt Schleiermacher die ewige Dimension Gottes mit der Frömmigkeit (religiöses Gefühl) in Verbindung. Das Verhältnis zwischen Natur und Geist (die geistliche Dimension) sieht Schleiermacher unter anderem in der Inkarnation Christi.1292 Abgesehen von der pentekostalen Kritik am Religionsverständnis Schleiermachers bietet er jedoch einen Rahmen, um das Wirken des Heiligen Geistes aus der Perspektive des relationalen Personseins zu verstehen. Was Schleiermacher als Gefühl der Abhängigkeit versteht, kann im Rahmen unserer These durchaus als Relation, allerdings unter bestimmten Prämissen, gedeutet werden. Die Hauptprämisse des pentekostalen Denkens ist, Gott als ein gegenwärtiges Gegenüber zu betrachten, das dem Menschen im Wirken des Heiligen Geistes so begegnet, dass sich das Leben in Christus in der totalen Offenheit gegenüber dem Heiligen Geist erfahren lässt.1293 Dass der Heilige Geist in allen Lebenssphären zu erfahren ist, wird durch diese Prämisse nicht aufgehoben. Jedoch gründet die Prämisse im Verständnis des christlichen Lebens als eines Lebens in Beziehung zur persönlichen und unmittelbaren Gegenwart Gottes. Darum kann die Balance zwischen dem Wirken des Heiligen Geistes und den Affektionen des Menschen durch den hypostatischen Modus der Trinität gelöst werden. Damit der Heilige Geist in seiner Intersubjektivität nicht mit der geistigen Ausrichtung des Menschen verwechselt bzw. umgedeutet wird, muss die Interrelation zwischen dem Heiligen Geist und dem Geist des Menschen als Interrelation zwischen den Personalitäten gedacht werden. Dies bestätigt unsere These, dass der empirische Denkansatz zur Erläuterung der pentekostalen Identität seine Grenzen hat aufgrund der Nachbarschaft der Geisteswirkung zu menschlichen, geistigen und emotionellen Fähigkeiten. Die trinitarische Analogie des hypostatischen Personseins bietet einen sicheren theologischen Rahmen zu einem ausgewogenen Verständnis der Differenz zwischen dem Heiligen Geist und dem Menschen einerseits und der engen Gemeinschaft des Heiligen Geistes und dem Menschen andererseits. Die hypostatische Existenz einer Person ist das Leben in Beziehung zum Gegenüber. Die Besonderheit des hypostatischen Modells des Personseins besteht jedoch in der Personifizierung des Menschen durch die Konstruktion von Nehmen und Geben, nämlich durch die gegenseitige Bedingung des Personseins von Gott her (Neh1292 Vgl. Wolfgang Vondey, Spirit and Nature, in: Nimi Wariboko/Amos Yong (eds), Paul Tillich and Pentecostal Theology: Spiritual Presence & Spiritual Power, Indianapolis 2015, 34. 1293 Darauf weist Terry Cross hin. Gott lebt jenseits der Sprachmöglichkeiten des Menschen. »[…] who lives in a realm beyond human capacity to speak.« Terry Cross, The Rich Feast of Theology, 45. Cross sagt dies in Bezug auf die Dialektik zwischen der Absolutheit Gottes und seiner dynamischen Präsenz.
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Der Beitrag des pentekostalen Verständnisses vom Leben im Heiligen Geist
men) und auf Gott hin (Geben). In der Gegenbewegung auf Gott hin muss sich das Personsein seiner ich-bezogenen Subjektivität nach der Analogie aus Gal 2,20 entäußern und gleichzeitig vom Gegenüber her als existent annehmen lassen: »Ich lebe, doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir. Denn was ich jetzt lebe im Fleisch, das lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich selbst für mich dahingegeben hat.«1294 Das Selbstbewusstsein des hypostatischen Personseins lässt sich vom Gegenüber her wahrnehmen. Im pentekostalen Denken wird dieses Selbstbewusstsein als totales Ausgerichtet-Sein auf die Gegenwart Gottes in der Welt im Heiligen Geist verstanden. Aus dieser Perspektive lässt sich sagen, dass der Heilige Geist mit dem menschlichen Geist nicht identisch, aber auch nicht als eine dialektische Einheit im Sinne der Theorie Hegels sein kann, weil das trinitarische Konzept des Personseins das Gegenüberstehen der Personen voraussetzt, die ihre Personifizierung in der selbstlosen Liebe zueinander leben. Wird der Heilige Geist im ökumenischen Denken als Geist und Vermittler der Koinonia und der Modus seiner Wirkung als Prinzip von Koinonia im trinitarischen Paradigma des Personseins verstanden, muss als Folge daraus angenommen werden, dass der Heilige Geist auch im menschlichen Leben einer Person dieses Prinzip von Koinonia wirkt. So gesehen versteht sich das Verlangen nach dem Heiligen Geist bzw. die Hinwendung des Menschen zur Gegenwart Gottes als Ausdruck des Koinonia-Prinzips im Leben eines Menschen durch den Heiligen Geist. Auf der Seite der menschlichen Existenz kann die Hinwendung zu Gott als Gegenüber nicht nur in Bezug auf die lebensspendende Gegenwart des Heiligen Geistes in der Schöpfung, sondern durch das relationale, also Koinonia-artige Handeln des dreieinigen Gottes in der Inkarnation Christi und durch die Geistausgießung an Pfingsten begründet sein. Darum wird der trinitarische Modus der Existenz als Communio, nämlich in der inneren Ausrichtung auf Gott hin, nur von außen, also von einem klaren Objekt, geschenkt und im Modus der Intersubjektivität gelebt. Ein ähnlicher Denkaspekt kann auch bei Schleiermacher entdeckt werden, weil nach ihm erst die Inkarnation Christi ein wahres Gefühl des Menschen für Gott ermögliche. Das Aufrechterhalten der doppelten Perspektive des Wirkens des Heiligen Geistes als Gegenüber in der Gabe des Personseins und als leitende Kraft der existenziellen Hinwendung eines Menschen zur Gegenwart Gottes reguliert nicht nur die Balance zwischen dem Gott-Mensch-Wesensunterschied und der GottMensch-Nähe. Sie verleiht auch dem pentekostalen Verständnis der Wiedergeburt und der Geistestaufe ein Argument, warum die pentekostale Betonung auf verschiedenen Wirkungen des Heiligen Geistes, nämlich in der Wiedergeburt 1294 Gal 2,20.
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und der Geistestaufe, logisch erscheinen kann. In dieser Denkstruktur spiegelt sich die trinitarische Struktur des Personseins als prozesshafte Kontinuität des Lebens im Heiligen Geist, die man unter dem Gesichtspunkt der Erfahrung des christlichen Lebens in der Hinwendung Gottes zum Menschen und in der Hinwendung des Menschen zu Gott sieht. Diese beiden Seiten des Personseins umfassen dementsprechend die Gnadenwirkung Gottes sowohl bei der Wiedergeburt als auch bei der aktiven pneumatischen Existenz der Christen in ihrer Hinwendung zu Gott. Darüber hinaus finde ich die Tendenz, die pentekostale Spiritualität mit Affektionen mit Schleiermachers Theorie des religiösen Gefühls gleichzusetzen, deshalb nicht stichhaltig, weil nicht ausschließlich das Verlangen nach emotioneller Selbst-Erfahrung und Erfahrung Gottes im Zentrum der pentekostalen Spiritualität liegt, sondern vielmehr das Verlangen nach dem Erleben der geglaubten Realität der transformativen Wirksamkeit der Gegenwart Christi. Die Funktionalität des Lebens unter dem Gesichtspunkt der dynamischen, gegenseitigen und direkten Beziehung mit dem Heiligen Geist bestimmt das Ethos des pentekostalen Denkens.1295 Deshalb ist der These nicht zuzustimmen, dass das religiöse Gefühl der reinen Subjektivität einem in-sich-Sein zuzuordnen ist.1296 Gerade die Struktur der Geistestaufe zeigt den Modus des Ausgerichtetseins auf Gott als dem Gegenüber und den Modus des aus-sich-Heraustretens (aus den Grenzen der eigenen existentiellen Rahmenbedingungen). In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass das Entstehen des Verlangens nach der Begegnung mit der Wirklichkeit Gottes als Folge auf das Wirken des Wortes Gottes (Verkündigung) entsteht. Die Erfahrung des Verlangens nach Gott bildet eine Sinneseinheit mit der Erfahrung des Wortes Gottes, der durch sein Wort als ein reales Gegenüber spricht, handelt und den Menschen zur Gegenreaktion animiert. Hier ist das Beispiel der Entstehung der pentekostalen Bewegung in Topeka (USA) angebracht. Die Studentin Agnes Ozman bat ihren Lehrer Charles Parham, ihr zum Erhalt der Gabe der Sprachen für ihren Missionsdienst die Hände aufzulegen. Dieser Wunsch (Verlangen) war ihre Reaktion auf die Verkündigung (Wort) Parhams. Die Fragestellung nach der emotionellen Seite der Erfahrung hat auch weitgehende Folgen für die Diskussion, ob der anthropologische Ansatz der Hin1295 In diesem Zusammenhang wende ich mich gegen die Sicht von Thorsten Dietz, der den Grundimpuls der pentekostalen Frömmigkeit in der individuellen Erfahrung des »unmittelbaren Handelns Gottes an der eigenen Person« sieht. Vgl. Peter Zimmerling, Handbuch Evangelische Spiritualität. Band 2 Theologie, Göttingen, 242. 1296 Damit verweise ich auf den kritischen Ansatz von Emil Brunner zur Lehre von Friedrich Schleiermacher. Vgl. Emil Brunner, Die Mystik und das Wort: der Gegensatz zwischen moderner Religionsauffassung und christlichem Glauben, dargestellt an der Theologie Schleiermachers, Tübingen 1928, 58.
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Der Beitrag des pentekostalen Verständnisses vom Leben im Heiligen Geist
wendung zu Gott tatsächlich spezifisch pentekostal ist, oder ob das Bedürfnis nach der religiösen Erfahrung für die menschliche Seele allgemein charakteristisch ist. Die Beispiele der spanischen Mystiker wie Teresa von Avila und Johannes vom Kreuz sind repräsentativ für das Verständnis der menschlichen Seele als Neigung zu mystischen Erfahrungen mit Gott.1297 Auch hier lässt sich erwidern, dass der pentekostale Denkansatz zum Verständnis des Heiligen Geistes im Rahmen der trinitarischen Analogie nicht auf die innere, selbstbezogene, religiöse Erfahrung, sondern auf die von sich selbst abgewandte Ausrichtung des ganzen Menschenseins auf Gott abzielt. Im folgenden Abschnitt wird ein Versuch unternommen, den Ansatz der Öffnung für den Heiligen Geist unter dem Gesichtspunkt der Analogie zum trinitarischen Personsein in den ökumenischen Diskurs der Koinonia-Ekklesiologie zu integrieren.
3.5
Einbeziehen der pentekostalen Öffnung für den Heiligen Geist in den ökumenischen Diskurs der Koinonia-Ekklesiologie
3.5.1 Einleitung Die Dimension der persönlichen Hinwendung zu Gott und das ökumenische, ekklesiologische Verständnis von Koinonia als Partizipation an der trinitarischen Koinonia können aufgrund der trinitarischen Analogie des Personseins aufeinander bezogen werden. Der pneumatologisch-anthropologische Kontext von Koinonia als Verlangen nach Gott bietet sowohl für die Pentekostalen als auch für die ökumenischen Dialogpartner des multilateralen Diskurses einen Rahmen, um die persönliche und unmittelbare Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes im Kontext des ökumenischen Koinonia-Diskurses neu zu reflektieren. Wie oben erwähnt wurde, versuchte Macchia im ökumenischen Konzept von Koinonia einen Raum zu finden, in dem die Pentekostalen ihre Lehre von der Geistestaufe als Brücke zwischen der Pneumatologie und der Ekklesiologie für den ökumenischen Dialog darstellen können. Macchia bezieht sich dabei auf den Heiligen Geist als Geist der Koinonia: »Spirit baptism implies a triune life that is motivated by love, not only as an internal dynamic but externally toward the other.«1298
1297 Michael Strucken, Trinität aus Erfahrung: Ansätze zu einer trinitarischen Ontologie in der Mystik von Ignatius von Loyola, Teresa von Avila und Johannes vom Kreuz, Bonn 2001. 1298 Macchia, Baptized, 161.
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Macchia macht, obwohl indirekt, eine interessante methodologische Bemerkung, nämlich, dass Geistestaufe und Koinonia konzeptuell verbunden seien. Ausgehend von seiner Interpretation der Geistestaufe als Inauguration des Reiches Gottes behauptet Macchia, dass Koinonia und Liebe (als Herz des Reiches) sowohl die Kirche bilden als auch ihre Verkörperung und ihren Ausdruck in der Welt durch die Kirche mittels der Geistestaufe haben.1299 Jedoch scheint die Interpretation der Geistestaufe in Bezug auf Koinonia ausgehend von der unmittelbaren Erfahrung des Heiligen Geistes nicht die ökumenische Ausrichtung zu treffen. Vor allem deshalb, weil Macchia sowohl das Modell einer lokalen Kirche als auch das Modell der Kircheneinheit pneumatologisch ausgehend von der Erfahrung der Geistestaufe deutet. Die Koinonia Gottes mit der Schöpfung wird in Christus aktualisiert, der mit dem Heiligen Geist tauft. Damit versetzt Macchia den Erfahrungsbereich der Koinonia in den Rahmen der Erfahrung des Heiligen Geistes wie an Pfingsten. Der Heilige Geist ist dort, wo die Menschen Gott erfahren.1300 Dass die Kirche sich in ihrem Wesen pneumatologisch als Geistestaufe-Kirche sieht und ihre Existenz darin hat, dass der Heilige Geist die Quelle des Lebens der Kirche ist, bleibt für den ökumenischen Diskurs unumstritten.1301 Die Existenz der Kirche in Raum und Zeit wird als fortdauerndes Pfingsten verstanden.1302 Der springende Punkt wird die Frage sein, was man unter Pfingsten als Geisterfahrung versteht und wie man diese theologisch einordnet. Macchia hat zwar recht, dass die Basis der Kirche pneumatologisch ist, jedoch bezieht sich seine Meinung, wenn sie pentekostal verstanden werden muss, auf die Erfahrung des Heiligen Geistes in der Geistestaufe und nicht auf die Erfahrung des Lebens der Kirche. Unser Modell der Übertragung des Verständnisses der Geistestaufe als Begegnung mit Gott in Bezug auf die ontologische Struktur des trinitarischen Personseins ist in einem anderen Modell von Macchia finden. In seinem Buch Justified in Spirit schreibt er, dass Gottes Selbsthingabe und seine Innewohnung in den anderen ihre Wurzel innerhalb des dreieinigen Lebens Gottes hat. Er stützt sich auf das Denken von Zizioulas »[…] otherness is built into the very being of God as triune […]«.1303 Macchia deutet die Geistestaufe als Metapher für die Gültigkeit der Aussage, die immanente Trinität sei die ökonomische Trinität. In 1299 »Koinonia at the very substance of Spirit baptism thus reveals how Spirit baptism offers us link between the kingdom and the church.« A. a. O., 160.161. 1300 Vgl. Leon Harris, 132. 1301 Gegen die Meinung von Simon Chan, der die Besonderheit des pentekostalen Verständnisses der Kirche darin sieht, dass der Heilige Geist sie als eschatologische Gemeinschaft konstituiert. Dabei wird die Existenz der Kirche als Besitz des Heiligen Geistes beschrieben. Vgl. Leon Harris, 136. Chan, Mother Church, 194. 1302 Vgl. Christus und die Kirche, 58–59. Vgl. Kirche und Welt, Kapitel III. 1. 4. 1303 Macchia, Justified, 301. Vgl. John Ziziuolas, Communion and Otherness, 353–354.
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der Geistestaufe zeigt sich die Dynamik der Liebe innerhalb der Trinität und die Liebe, die Gott in der Heilsgeschichte offenbart.1304 Die Geistestaufe sei ein Schöpfungsevent der Fülle der geistlichen Existenz (fullness of pneumatic existence).1305 Leider führt Macchia nicht aus, was diese geistliche Existenz im Zusammenhang mit der Geistestaufe bedeutet. Wenn der Heilige Geist eine neue Existenz in der Koinonia und im Modus der trinitarischen Koinonia als gegenseitige Liebe schafft, dann muss die Geistestaufe in der schöpfungs-anthropologischen Dimension als Leben im Ausgerichtet-Sein auf Gott und auf die Mitmenschen verstanden werden. Die Erfahrung der Koinonia mit dem dreieinigen Gott soll dann den Akzent nicht auf die Erfahrung der übernatürlichen Begegnung mit Gott, sondern auf das Leben in der persönlichen Hinwendung zur Wirklichkeit Gottes legen. Das Zeichen der Erfüllung mit dem trinitarischen Modus der gegenseitigen Liebe soll dementsprechend nicht im Paradigma natürlich-übernatürlich, sondern geschlossen-offen für die Wirklichkeit Gottes und der anderen Christen, gesetzt werden. Soll der Heilige Geist als Geist des trinitarischen Personseins verstanden sein, wird die Erfahrungsdimension der Koinonia den ganzen Menschen in seiner Ausrichtung auf Gott umfassen. Die Erfahrung der Liebe zu Gott und zu den Mitmenschen würde dann der sichtbare Beweis des übernatürlichen Wirkens des Heiligen Geistes sein. Daraus folgt, dass das Anliegen von Macchia unsere These darin bestätigt, dass der Anschluss der pentekostalen Pneumatologie an den ökumenischen Koinonia-Diskurs über das Konzept des trinitarischen Personseins durchaus denkbar ist. Was Macchias Denken an Erweiterung braucht, ist die Umlenkung seiner Denkrichtung von der Geistestaufe als übernatürlichem Beweis der Schaffung der pneumatischen Existenz der Schöpfung auf die Erfahrung der Hingabe an Gott als Modus der trinitarischen Koinonia. Dass die Dimension der persönlichen Koinonia viel Potenzial für die Eingliederung der pentekostalen Tradition in den ökumenischen Koinonia-Diskurs enthält, zeigt eine Aussage aus der Arbeit in der III. Phase des Dialogs P-RKK über die Koinonia. Ich nehme sie als Ausgangspunkt, um das Koinonia-Prinzip vom Standpunkt der persönlichen Begegnung mit Gott zu deuten.1306 Die Gesamtsicht der Pentekostalen im Dialog mit den Vertretern der römisch-katho-
1304 »The immanent Trinity is the economic Trinity (to use Rahner’s axiom) but mainly because of the metaphor of Spirit Baptism as descriptive of both the interdependent dynamism of divine love within God and from God in redemptive history.« Macchia, Justified, 305. 1305 Vgl. ebd. 1306 Kärkkäinnen deutet im Zusammenhang mit dem Thema P-RKK/III darauf hin, dass für die Pentekostalen nicht das Trinitätsdogma, sondern die Erfahrung der Trinität bedeutend ist. Die persönliche Koinonia wird in Verbindung mit der Wiedergeburt und der Geistestaufe verstanden. Vgl. Kärkkäinen, Spiritus Ubi Vult Spirat, 252.
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lischen Kirche bestätigt die These, dass die Pentekostalen Koinonia mit der Trinität eher in der persönlichen Dimension von Koinonia deuten. »Einerseits sind die Pfingstler, indem sie den römisch-katholischen Teilnehmern zuhörten, an die gemeinschaftliche Dimension des neutestamentlichen Verständnisses von Koinonia erinnert worden. Andererseits sind die römisch-katholischen Christen an die Bedeutung der personalen Dimension der gleichen Koinonia mit Gott erinnert worden, die vom Heiligen Geist kommt, der Menschen von der Sünde überzeugt und sie zum Glauben an Jesus Christus führt.«1307
Obwohl dieses Zitat zum Ausdruck bringt, dass die Pentekostalen die persönliche Dimension von Koinonia mit Gott schwerpunktmäßig im Erfahrungsbereich ansiedeln, zeigt es dennoch eine Offenheit für eine weiterführenden Erklärung, und zwar, wie diese persönliche Dimension von Koinonia als Erfahrung im Kontext der Trinität in den ökumenischen Diskurs von Koinonia integriert werden kann. In den folgenden Abschnitten wird ein Versuch unternommen, ein integratives Modell zu entwickeln, wie das Konzept des trinitarischen Personseins, das als Analogie zur pentekostalen Metapher der Begegnung mit Gott verstanden wird, im Kontext der Koinonia-Theologie in den ökumenischen Diskurs über die Koinonia eingeführt werden kann. Dafür bieten sich folgende Schritte an: – Die Lokalisierung der konvergenten Stellen der Koinonia-Ekklesiologie im Studientext »Die Kirche: Auf dem Weg zu einer gemeinsamen Vision«. – Die Betrachtung der pentekostalen Vorstellung von der Begegnung mit Gott als persönliche Koinonia im Rahmen der sakramentalen Dimension der Koinonia-Ekklesiologie. – Modellierung des pentekostalen Denkansatzes der Begegnung mit Gott als persönliche Koinonia im Rahmen des eucharistischen Verständnisses der Koinonia.
1307 P-RKK/ III, §33. »Koinonia is in fact the proper context for the discussion, since it anchors the doctrine of the Trinity not in philosophical speculation, but in the concrete life of communion between God and God’s people.« Cecil Robeck betonte den Erfahrungsaspekt der Koinonia in seinem Vortrag bei P-RKK/III: »Koinonia is not something which the church undertakes to do, it is something which God calls sinners to experience.« Zitat bei Kärkkäinen, Spiritus Ubi Vult Spirat, 252. Vgl. Kärkkäinen, Trinity as Communion in the Spirit: Koinonia, Trinity, and Filioque in the Roman Catholic-Pentecostal Dialogue, in: Pneuma (2000) 22/2, 212.220.
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3.5.2 Die Lokalisierung der konvergenten Stellen der Koinonia-Ekklesiologie im Studientext »Die Kirche: Auf dem Weg zu einer gemeinsamen Vision« In den obigen Abschnitten wurde der Versuch unternommen, von der pentekostalen Lehre über die Geistestaufe folgende Vorstellung abzuleiten: Der Lebensmodus der Offenheit für den Heiligen Geist zeigt eine Struktur, die dem Verständnis vom trinitarischen Personsein als Bewegung zur Koinonia ähnelt. Dieser Abschnitt hat das Ziel, diese abgeleitete Vorstellung in die KoinoniaEkklesiologie des ökumenischen Diskurses zu integrieren. Dazu bietet sich der Konvergenztext Die Kirche: Auf dem Weg zu einer gemeinsamen Vision (KWGV) an. Diese Wahl lässt sich felgendermaßen begründen: KWGV stellt nicht nur das Ergebnis aller bisherigen ekklesiologischen Studien und Dokumente der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung dar, sondern bietet auch einen methodologischen Rahmen, in den der pentekostale Denkansatz zum Verständnis des Heiligen Geistes im Kontext des aktuellen ökumenischen Dialogs über die Ekklesiologie integriert werden kann.1308 Darüber hinaus deklariert er zwei theologische Anliegen, die für die Einführung des pentekostalen Denkansatzes im Verständnis des Heiligen Geistes richtungsweisend sind. Einmal ist dies das Anliegen der Erneuerung im Sinne der gegenseitigen Herausforderung der Kirchen, »das kirchliche Leben voller auszuleben«, was die gegenseitige Bereicherung der Traditionen beinhaltet.1309 Der Konvergenz-Text ist offen für die Aufnahme neuer Aspekte aus der Vielfalt der konfessionellen Traditionen. Zweitens kann dieser Text den Kirchen dazu dienen, neue (oder unberücksichtigte) Aspekte der Ekklesiologie voneinander zu erlernen. Als Unterstützung für diesen Gedanken kann die Einheitsformel der 10. Vollversammlung des ÖRK dienen. Die einzelnen Kirchentraditionen werden hier als Gaben verstanden, mit denen die Kirchen sich gegenseitig bereichern.1310 Diese Herangehensweise wird vom pneumatologischen Blickwinkel der ökumenischen Hermeneutik, die im Studiendokument von F&O Ein Schatz in zerbrechlichen Gefäßen entwickelt wurde, unterstützt. Der pneumatologische 1308 Vgl. Die Kirche: Auf dem Weg zu einer gemeinsamen Vision (KWGV), 1. 1309 A. a. O., v. 1310 Vgl. God’s Call to Unity and Our Commitment, §15, https://www.oikoumene.org/en/reso urces/documents/ assembly/2013-busan/adopted-documents-statements/unity-statemen t. Abgerufen 07. 05. 2020. Vgl KWGV, §§28–30. Vgl. Risto Saarinen, God and the Gift. An Ecumenical Theology of Giving, Collegeville 2005. Vgl. Denkansatz von Receptive Ecumenism: Paul D. Murray, Receptive Ecumenism, 17. Antonia Pizzey, Receptive Ecumenism and the Renewal of the Ecumenical Movement: the Path of Ecclesial Conversion, Boston 2019, 12–13. David Field/Jutta Koslowski (eds.), Prospects and Challenges for the Ecumenical Movement in the 21st Century, Geneva: Globethics.net (online version), 2016, 233–246. https://www.globethics.net/ documents/4289936/13403236/GE_Global_12 _web.pdf/ Abgerufen 23. 01. 2020.
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Denkansatz der ökumenischen Hermeneutik besagt, dass eine lebendige Tradition Gottes in verschiedenen Traditionen dank des lebensspendenden und transitiven Wirkens des Heiligen Geistes durch die Geschichte und Gegenwartswirkung der einzelnen Traditionen lebt.1311 Die beiden Anliegen des Konvergenztextes können die Vertreter der theologischen Tradition des Pentekostalismus motivieren, ihre spezifischen theologischen Inhalte im Licht des ökumenischen Dialogs über die Ekklesiologie neu zu reflektieren und sie dialogfähig zu machen. Im Konvergenztext KWGV bedeutet Koinonia Teilhabe: »Das Substantiv Koinonia (Communio, Teilhabe, Gemeinschaft, Miteinander-Teilen), das sich von einem Verb mit der Bedeutung ›etwas gemeinsam haben‹, ›miteinander teilen‹, ›teilnehmen‹, ›teilhaben an‹ oder ›gemeinsam handeln‹ ableitet, erscheint an Stellen, die von dem Teilen des Abendmahls Jesu (vgl. 1Kor 10,16–17), der Versöhnung von Paulus mit Petrus, Jakobus und Johannes (vgl. Gal 2,7–10), der Kollekte für die Armen (vgl. Röm 15,26; 2.Kor 8,3–4) und der Erfahrung und dem Zeugnis der Kirche (vgl. Apg 2,42–45) erzählen.«1312
Die Kirche versteht sich in ihrem Wesen als Gemeinschaft im Sinne der Teilhabe am Leben des dreieinigen Gottes.1313 Die Dreieinigkeit ist »Quelle und Mittelpunkt aller Gemeinschaft.«1314 Obwohl der Heilige Geist als Quelle der Kircheneinheit und als Schöpfer der Koinonia wirkt, findet die Eingliederung in die Kirche unter dem Aspekt des Leibes Christi mittels des Taufsakraments statt.1315 Die Teilhabe der Kirche am Leben des dreieinigen Gottes weist einen sakramentalen Kontext auf: »Es gibt einen wachsenden Konsens, dass Koinonia als Gemeinschaft mit der Heiligen Dreieinigkeit sich auf drei miteinander zusammenhängende Weisen äußert: Einheit im Glauben, Einheit im sakramentalen Leben und Einheit im Dienst (in all seinen Formen, einschließlich Amt und Mission).«1316
Es wurde im ersten Teil der vorliegenden Untersuchung festgestellt, dass das ökumenische Verständnis der Sakramentalität von der sakramentalen, also mittelbaren, Sicht der Wirkung Gottes in der Heilsgeschichte abgeleitet wird. Die Partizipation am Leben des dreieinigen Gottes als direkte und persönliche Beziehung zur Wirklichkeit des Heiligen Geistes wurde in den multilateralen Texten nicht berücksichtigt. Allein schon beim ersten Blick auf dieses sakramentale 1311 »Der Heilige Geist inspiriert die Kirchen und führt sie dazu, ihre jeweilige Tradition im Gespräch miteinander zu überdenken und neu zu interpretieren, immer mit dem Ziel, die eine TRADITION in die Einheit von Gottes Kirche einzubetten.« Ein Schatz in zerbrechlichen Gefäßen, §32. 1312 KWGV, II. Kapitel, B. §13. 1313 Vgl. KWGV, §23. 1314 Ebd. 1315 Vgl. KWGV §§14.16. 1316 A. a. O., §67. Vgl. §16.
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Verständnis von Koinonia lassen sich folgende Unterschiede zwischen dem pentekostalen Denkansatz zur Koinonia als Analogie zum trinitarischen Personsein und dem ökumenischen ekklesiologischen Diskurs erkennen. Die Pentekostalen knüpfen die Realität der Kirche an die persönliche Erfahrung des Wirkens des Heiligen Geistes. Demnach entsteht die Kirche als Sammlung der Personen, die sich nach dem Wirken Gottes ausrichten und darauf antworten. Bringt man unsere Darstellung der pentekostalen Öffnung gegenüber dem Heiligen Geist als Analogie mit dem trinitarischen Personsein in Verbindung, wird die Betonung der Kirche als Communio auf die bewusste Hinwendung zur Wirklichkeit Christi als Wirklichkeit des Heiligen Geistes gelegt, wobei der Schwerpunkt hier auf dem effektiven Wirken des Heiligen Geistes im persönlichen Leben von Christen liegt. Christen partizipieren an Gottes Wirklichkeit durch eine direkte und persönliche Hinwendung zu ihm als Gegenüber. Das Personsein als Bewegung zur Communio wird im pentekostalen Paradigma im Kontext der persönlichen Hinwendung der Christen zur unmittelbaren Gegenwart Gottes definiert. Das pentekostale Verständnis der Begegnung mit Gott geht vom immanenten und unmittelbaren Zugang des Menschen zur Transzendenz Gottes aus. Das Wortpaar immanent-transzendent meint die Projektion auf Gott aus menschlicher Perspektive. Weil der pentekostale Denkansatz zum Verständnis des Heiligen Geistes die Transzendenz Gottes als unmittelbar zugänglich und erfahrbar betrachtet, verschiebt sich die Betonung des Wirkens des Heiligen Geistes vordergründig in den explizit subjektiven Bereich der menschlichen Erfahrungen. Im Rahmen eines solchen transzendent-immanenten Konzeptes wird das sakramental-mittelbare Verständnis der Begegnung mit Gott als zentrales Element der Kirche Christi von den Pentekostalen wenig in Betracht gezogen. Das ist aus meiner Sicht einer der Gründe, warum die Aussagen über den Heiligen Geist in den ökumenischen Texten innerhalb der pentekostalen Tradition und umgekehrt oft missverstanden werden. Obwohl sie im Wortlaut das Gleiche sagen, meinen sie jedoch etwas anderes. Aufgrund dieses Unterschiedes stellt sich die Aufgabe, die beiden Paradigmen in einen Dialog miteinander, insbesondere im Kontext der Communio-Ekklesiologie des ökumenischen Denkens zu bringen. Das ökumenische Verständnis von Koinonia präferiert die Bedeutung der Partizipation an Christus, wobei die Gegenwart Christi ihren höchsten Ausdruck in der Eucharistie findet.1317 Die ökumenische Interpretation des Begriffes Communio (Koinonia) versteht die christliche Koinonia als: »ein wahres Abbild der göttlichen Gemeinschaft […] Ihre Quelle ist die Gemeinschaft mit dem lebendigen Christus durch sein Wort und Sakrament, besonders in der Eu-
1317 Vgl. Gemeinsam den einen Glauben bekennen, §162.221.270.
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charistie, die zutreffenderweise ›heilige Kommunion‹ (1 Kor.10,16; vgl. Apg 2:42). Entscheidend ist hier die Rolle des Heiligen Geistes, der die ganze Wirklichkeit des menschlichen Lebens tief beeinflusst.«1318
Dieses Zitat zeigt, dass das Verständnis der Koinonia im sakramentalen, also mittelbaren, Paradigma liegt. Der Bericht der III. Sektion der 5. Weltkonferenz von Glauben und Kirchenverfassung in Santiago de Compostela 1993 weist darauf hin, dass die Annäherung der Kirchen im Kontext der Taufe-EucharistieAmt Triade ein gemeinsames Verständnis des Wesens von Sakrament impliziert.1319 Die Koinonia in der Bedeutung der Teilhabe an Gott beschränkt sich im obigen Zitat am Wort und am Sakrament. Dabei ist gleichzeitig zu bemerken, dass der Konvergenztext KWGV die Erweiterung im Verständnis der Koinonia zeigt, in dem die Sakramentalität im Sinne der Gemeinschaft und Teilhabe am Leben gedeutet wird.1320 Hier wäre die pneumatologische Erweiterung im Sinn der Analogie mit dem Bild der trinitarischen Gemeinschafft Gottes zu erwarten. Die Wirkung des Heiligen Geistes versteht sich in der Tradition des ökumenischen Denkens im sakramentalen Rahmen der Christus-vermittelnden Wirkung.1321 Die Vision der sichtbaren Einheit der Kirche sowie das Verständnis der ökumenischen Ekklesiologie umspannt zwei Dimensionen des Wirkens des Heiligen Geistes, nämlich die eucharistische Gemeinschaft im Sinne der Gemeinschaft des sakramentalen Lebens und die Gemeinschaft der Bekenntnisse des gemeinsamen Glaubens.1322 Beide Ziele begründen sich gegenseitig und basieren hauptsächlich auf einer ekklesiologischen Tradition, die noch keinen Eingang in die pentekostale Tradition gefunden hat. Hinter dem Ausdruck Gemeinsamer Glaube verbirgt sich der ökumenische Begriff Apostolischer Glaube, dessen Grundinhalte F&O auf der Basis des Glaubensbekenntnisses von NizäaKonstantinopel (381 n. Chr.) in der Studie Gemeinsam den einen Glauben bekennen zu identifizieren versucht hat.1323
1318 1319 1320 1321 1322 1323
Ebd., Anhang 2, Gemeinnschaft – Communion, 121. Vgl. Gaßmann/Heller, Santiago, Bericht der Sektion III, §2, 235. Vgl. KWGV, II. Kapitel, B., §13.§23. Vgl. TEA §7.13.14.15. KWGV, §13. Vgl. KWGV, §37. Vgl. Gemeinsam den einen Glauben bekennen, §12. Vgl., KWGV, §39. Auf die Tatsache, dass sowohl die meisten evangelikalen Freikirchen als auch die Kirchen der pentekostalen Tradition keinen Zugang zur dogmatischen Bedeutung der historischen Bekenntnisse für das Leben der Kirche gefunden haben, wurde im 1. Teil dieser Untersuchung hingewiesen. Der Mangel an Bindung der Freikirchen an die Tradition des Nizänischen Glaubensbekenntnisses zeigt sich auch in der Fokussierung der pentekostalen Theologen auf die Theologie des dritten Artikels, ohne den pneumatologisch-ekklesiologischen Kontext des dritten Artikels des Nizänischen Glaubensbekenntnisses zu berücksichtigen.
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Auf der anderen Seite meint die Eucharistie den umfassenden Ausdruck der Gemeinschaft der Christen mit Gott und miteinander.1324 Die Eucharistie wird in der F&O Studie Gemeinsam den einen Glauben bekennen als besonderes Zeichen einer Gemeinschaft deklariert.1325 Diese Gründung der Kirche baut auf der Partizipation der Christen an Christus mittels der sakramentalen Gemeinschaft mit ihm. Was die Rolle des Heiligen Geistes in dieser Gemeinschaft angeht, geht das Studiendokument Gemeinsam den einen Glauben bekennen vom Verständnis der zentralen Haupteigenschaft des Heiligen Geistes als heiliger und lebendigmachender Geist aus.1326 Die beiden Eigenschaften bilden das pneumatologische Verständnis der Kirche als Leib Christi und Tempel des Heiligen Geistes. Der Heilige Geist ist heilig, wie er »in der Heilsökonomie wirkt, um die Menschheit in die Gemeinschaft mit dem heiligen Sein des dreieinigen Gottes zu bringen.«1327 Darum, pneumatologisch gesehen, sind »das Leben und die Einheit der Kirche in der Gemeinschaft der Trinität« gegründet.1328 Als Geist der Wirkung der Gemeinschaft mit der Trinität Gottes ist der Heilige Geist der Geist von Communio. John Zizioulas erklärte den Zusammenhang zwischen diesen beiden Eigenschaften so, dass der Heilige Geist das Leben durch das Ereignis von Communio schafft.1329 Zizioulas begründet seine Sicht, indem er die Christologie als Ausgangspunkt der Ekklesiologie setzt (weil die Christen nicht in den Geist, sondern in den Leib Christi eingegliedert werden) und den Heiligen Geist als Bezugswesen, der die Christen in Christus eingliedert, darstellt. Im Rahmen der Communio-Ekklesiologie begegnet der Heilige Geist dem Menschen in der Einheit mit der Gegenwart Christi insbesondere durch das Sakrament der Eucharistie. Dieses sakramentale Verständnis der Wirkung des Heiligen Geistes meint meiner Ansicht nach nicht zwingend die Ausklammerung der persönlichen Erfahrung des Heiligen Geistes, sondern setzt der Pneumatologie den trinitarischen Rahmen der Verbindung zwischen Christus und dem Heiligen Geist. Nichtsdestotrotz steht der sakramentale Rahmen des Verständnisses des Heiligen Geistes im Spannungsverhältnis zum pentekostalen Verständnis der unmittelbaren Begegnung mit dem Heiligen Geist als Communio hinsichtlich der Rolle der unmittelbaren Begegnung mit dem Heiligen Geist im Leben der Kirche. Eine pentekostale Formulierung der Communio kann die Aussagen in §16 KWGV modellhaft folgendermaßen erweitern: 1324 Vgl. Gottes Gabe und Ruf zur Einheit – und unser Engagement. Einheitserklärung der 10. Vollversammlung des ÖRK, §10, in: Busan 2013, 69. 1325 Vgl. Gemeinsam den einen Glauben bekennen, §229. 1326 Vgl. Gemeinsam den einen Glauben bekennen, §§201.206. 1327 Gemeinsam den einen Glauben bekennen, §201. 1328 Gemeinsam den einen Glauben bekennen, §225. 1329 Vgl. Zizioulas, The Pneumatological Dimension of the Church, 145–146. Zizioulas behauptete, dass diese beiden Eigenschaften im patristischen Denken zentral waren.
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»Der Heilige Geist nährt und belebt den Leib Christi durch die lebendige Stimme des gepredigten Evangeliums, durch sakramentale Gemeinschaft, insbesondere in der Eucharistie, und durch Ämter, die dem Dienst gewidmet sind […] [und durch die persönliche Öffnung der Christen für das unmittelbare und persönliche Wirken Gottes].«1330
Daraus folgt, dass der pentekostale Beitrag zum Verständnis der Kirche als Koinonia unter dem Gesichtspunkt der Teilhabe an Gott erst dann für das ökumenische Denken relevant und verständlich dargestellt werden kann, wenn die Vorstellung von der Öffnung für den Heiligen Geist in das bestehende sakramentale Paradigma der ökumenischen Koinonia-Ekklesiologie unter dem Gesichtspunkt des Wie der Teilhabe an Gott integriert und so reflektiert und artikuliert wird. Es ist zu berücksichtigen, dass der sakramentale Denkansatz des multilateralen Diskurses das Leben an sich als sakramental deuten kann, sofern dieses Leben die verwandelnde Liebe Gottes vergegenwärtigt.1331 Obwohl diese Erweiterung im sakramentalen Verständnis der Koinonia eine Möglichkeit für die pentekostale Deutung des Lebens im Heiligen Geist beinhaltet, stellt das sakramentale Verständnis der Koinonia dennoch eine Herausforderung für die nicht sakramentalen Denktraditionen, insbesondere für die pentekostalen Kirchen, hinsichtlich der unmittelbaren Begegnung mit der Gegenwart des Heiligen Geistes dar. Dies ist so, nicht aufgrund der sakramentalen Theologie als solcher, sondern aufgrund der Meinungsverschiedenheit in Bezug auf das Verständnis der Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes und seiner Rolle als Geist der Communio. Die pentekostale Erweiterung des Verständnisses der Kirche im Lichte der Teilhabe am Leben des dreieinigen Gottes hebt das subjektive Erlebnis des Personseins nach der Analogie der Trinität hervor. Wie der dreienige Gott die Koinonia-Gemeinschaft in sich lebt, also in persönlicher Ausrichtung auf das Gegenüber, so kann die Teilhabe der Christen an Gott verstanden sein. Die Communio der Kirche mit dem dreieinigen Gott soll den Communio-Modus der persönlichen Existenz der Christen einbeziehen. Der spezifisch pentekostale Beitrag kann den Modus der Existenz des trinitarischen Personseins so ausdrücken, dass das Leben der Christen als persönliche Bewegung zur Communio, also als innere Hingabe an Gott wie von Person zu Person verstanden wird. Diese Hingabe soll jedoch nicht als Aufhebung der eschatologischen Spannung verstanden werden, sondern als Erfahrung der christlichen Existenz im Sinne des
1330 KWGV, Kapitel II., A., §16. 1331 »In einigen theologischen Sichtweisen können das Leben selbst und jede Aktivität als ›sakramental‹ betrachtet werden, insofern sie Gottes verwandelnde Liebe in unserer Welt gegenwärtig machen.« Auf dem Weg zur Koinonia in Glauben, Leben und Zeugnis, III.1, §65, 36.
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neuen Menschseins durch die allumfassende Ausrichtung auf die Wirklichkeit Gottes im Heiligen Geist in der Welt. Wie im zweiten Teil dieser Arbeit aufgezeigt wurde, besteht die Besonderheit der Vorstellung vom Wirken des Heiligen Geistes darin, dass der Heilige Geist dem Menschen direkt begegnet und keine Vermittlung braucht. Harvey Cox bemerkte diesbezüglich: »The core of all pentecostal conviction is that the Spirit of God needs no mediators.«1332 Simon Chan bezeichnet die pentekostale Spiritualität als persönliche Intimität mit Gott.1333 Chris Green spricht von der pentekostalen Sakramentalität als einer unmittelbaren Begegnung »face to face«.1334 Der pentekostale Nachdruck auf die Totalität der Hingabe an Gott erfüllt die Rahmenbedingungen einer Begegnung aus der sozial-psychologischen Sicht, die den ganzen Menschen in seiner Ausrichtung auf die Gegenperson umfasst. Der pentekostale Fokus hat betont stärker die Perspektive des menschlichen Bedürfnisses nach Leben angesichts der unmittelbaren Gegenwart des persönlichen Gottes, als den Anspruch auf die theologische Begründung der Unmittelbarkeit Gottes. Weil diese spezifisch pentekostale Betonung auf der Unmittelbarkeit der Begegnung mit dem Heiligen Geist jenseits des sakramentalen Rahmens verstanden wird, resultieren daraus zwei Aufgaben für die Gegenüberstellung des sakramentalen und des pentekostalen Denkansatzes zum Verständnis des Heiligen Geistes. Erstens muss gefragt werden, welches Weltbild und welche theologischen Prämissen den sakramentalen und den unmittelbaren Paradigmen der Begegnung mit Gott zugrunde liegen. Dann ist als zweites zu fragen, ob und unter welchen Gesichtspunkten die Annäherung der Vorstellung der Pentekostalen von der Dimension der Öffnung für den Heiligen Geist als Modus des Personseins an das sakramentale Verständnis der Koinonia-Ekklesiologie des ökumenischen Diskurses denkbar ist. Die letzte Aufgabe erklärt sich unter anderem aus dem Spannungsverhältnis von zwei Deutungen der Begegnung mit Gott jeweils im ökumenischen und im pentekostalen Denken. Auf der anderen Seite wird das Interesse an dieser Annäherung damit begründet, dass die Öffnung für den
1332 Harvey Cox, Fire from Heaven, Cambridge MA 1995, 87. Zitiert von Chris Green. Chris Green, The Body of Christ, The Spirit of Communion: Re-Visioning Pentecostal Ecclesiology in Conversation with Robert Jenson, in: JPT (2011) 20/1 15–26, 23. Green zitiert in dem Zusammenhang Douglas Jacobson »Pentecostalism was predicated on the fact that one could have […] a new sense of unmediated intimacy with Christ through the Spirit.« Vgl. Douglas Jacobson, Thinking in The Spirit, 287. 1333 Vgl. Simon Chan, Jesus as Spirit-Baptizer: Its Significance for Pentecostal Ecclesiology, in: John Christopher Thomas (ed.) Toward a Pentecostal Ecclesiology: The Church and the Fivefold Gospel. Cleveland 2010, 150–151. 1334 Chris Green, Toward a Pentecostal Theology of the Lord’s Supper: Foretasting the Kingdom, Cleveland 2012, 286.
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Heiligen Geist strukturell als Lebensmodus eine Art der Partizipation an Gott, also ein sakramentales Mittel, darstellt.
3.5.3 Betrachtung der pentekostalen Vorstellung von der Begegnung mit Gott als persönliche Koinonia im Rahmen der sakramentalen Dimension der Koinonia-Ekklesiologie 3.5.3.1 Einleitung Schon zur Zeit der Entstehung des ersten Konvergenztextes TEA zeigten die Reaktionen der wenigen pentekostalen Theologen (Harold Hunter, Cecil Robeck und Jerry Sandidge), dass das Hauptproblem für die Pentekostalen hinsichtlich der ökumenischen Dialoge die sakramentale Theologie ist.1335 Die Teilhabe an Christus sowie an seinem Leib wird im pentekostalen Verständnis nicht in Verbindung mit dem Sakrament der Taufe oder der Eucharistie, sondern mit der unmittelbaren Erfüllung mit dem Heiligen Geist betrachtet. Zwar erwähnt der Konvergenztext TEA in einem Kommentar die Geistestaufe als eine Möglichkeit für die Teilhabe an Christus, dennoch bleibt das sakramentale Paradigma des Seins in Christus für den ökumenischen multilateralen Dialog prägend.1336 Es gab Versuche unter pentekostalen Theologen, das sakramentale Denkparadigma für das pentekostale Denken zu öffnen.1337 Was sie alle miteinander verbindet, ist, dass sie die sakramentale Sicht der Welt als Begegnung mit der geistlichen Wirklichkeit im Paradigma »natürlich-übernatürlich« oder der Wirkung der Gnade durch die Elemente der Eucharistie deuten. Wolfgang Vondey versuchte die Weltanschauung der Pentekostalen im Sinne des Surrealismus zu deuten und darin die Parallelitäten zur sakramentalen 1335 Vgl. Harold Hunter, Reflections by A Pentecostalist on Aspects of BEM, in: JES (1992) 29/3–4, 317–345, 329. Cecil M. Robeck / Jerry Sandidge, The Ecclesiology of Koinonia and Baptism: A Pentecostal Perspective, In: JES (1992) 27/3, 505. 1336 Es geht um die Praxis einiger afrikanischer Kirchen, die Taufe als Taufe des Heiligen Geistes zu praktizieren. Vgl. TEA, Taufe V., §21c. 1337 Vgl. Daniel Tomberlin, Pentecostal Sacraments: Encountering God at the Altar, Cleveland 2010. Vgl. Wolfgang Vondey/Chris W. Green, Between This and That: Reality and Sacramentality in the Pentecostal Worldview, in: Chris Green (ed.) Pentecostal Ecclesiology. A Reader, Leiden/Boston 2016; Vgl. Simon Chan, Jesus as Spirit-Baptizer: Its Significance for Pentecostal Ecclesiology, in: John Christopher Thomas (ed.) Toward a Pentecostal Ecclesiology. Vgl. Simon Chan, Mother Church: Toward a Pentecostal Ecclesiology, in: Chris Green (ed.). Pentecostal Ecclesiology: A Reader, Leiden/Boston 2016. Vgl. Johnathan E. Alvarado, Pentecostal Epiclesis: A Model for Teaching and Learning, in: Chris E.W. Green (ed.). Pentecostal Ecclesiology. Vgl. Frank Macchia, Tongues as a Sign: Towards a Sacramental Understanding of Pentecostal Experience, in: Pneuma (1993) 15:1 61–76. Vgl. Jonathan Black, The Church as Eucharistic Fellowship: A British Apostolic Contribution toward a Pentecostal Ecclesiology, in: JEPTA (2009) 29/2, 78–89.
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Weltanschauung zu entdecken.1338 Aus der Sicht von Vondey haben die Pentekostalen ein Gespür für das Sakramentale, weil sie die Weltwirklichkeit als einen Zustand zwischen menschlicher und göttlicher Realität wahrnehmen. Vondey spricht von der Erfahrung des Heiligen Geistes im Kontext der Pneumatologie von unten (enjoying heaven below).1339 Daniel Tomberlin entdeckt die sakramentale Dimension in der pentekostalen Spiritualität, indem er sie als verkörperte Spiritualität (eine Begegnung zwischen Geist und Materie) deutet, die ihren Ausdruck in der Geistestaufe und der liturgischen Praxis findet.1340 Simon Chan vertritt die Meinung, dass die pentekostale Spiritualität ein intuitives Bewusstsein für die sakramentale Realität beinhaltet.1341 Chan entdeckt den sakramentalen Kontext ausgehend von der trinitarischen Sicht der Kirche als Leib Christi. Hier folgt er der ekklesiologischen Tradition der orthodoxen Kirchen. Chris Green erkennt die Problematik der unmittelbaren Begegnung mit Gott und sagt, dass ihre Verbindung mit dem sakramentalen Denkansatz wie eine »Selbstdrehung« im geschlossenen Kreis ist.1342 Nach Green müssen die Pentekostalen das sakramentale Verständnis der Eucharistie entdecken. Sein Vorschlag dazu besteht darin, die Sakramente nicht als Medien, sondern als Zeichen der Gegenwart Christi zu betrachten. Frank Macchia vertritt eine ähnliche Richtung und plädiert dafür, die Deutung der Glossolalie und die Wunder an das sakramentale Paradigma als Zeichen der Gegenwart Gottes zu knüpfen.1343 Macchia denkt im Rahmen der Sakramentalität von unten: »The ecclesial sacraments, especially in their continuity with everyday life, tend to accent the Spiritus Creator working from within our structured responses to God. We [Pentecostals] may characterize this sacramentality as from ›below‹.«1344 Es ist dabei auffallend, dass die pentekostalen Theologen die unterschiedlichen sakramentalen Traditionen, sowohl innerhalb des Protestantismus als auch in den orthodoxen und römisch-katholischen Kirchen, auf ihre Spiritualität anwenden.1345 Was die Parallele zu den Traditionen der römisch-katholischen und der orthodoxen Kirchen betrifft, sehen die Pentekostalen den Anschluss der pentekostalen Tradition an die sakramentale Theologie im liturgischen Aspekt 1338 Vgl. Wolfgang Vondey/Chris W. Green, Between This and That: Reality and Sacramentality in the Pentecostal Worldview, 227. 1339 Vgl. Vondey, Reality and Sacramentality in the Pentecostal Worldview, 231. 1340 Vgl. Tomberlin, 74. 1341 Vgl. Chan, Pentecostale Ecclesiology, 115–118. 1342 Vgl. Chris Green, The Body of Christ, the Spirit of Communion, 23. 1343 Vgl. Macchia, Tongues as a Sign, 76. 1344 A. a. O., 75. 1345 Simon Chan bezieht sich auf die orthodoxe Tradition. Daniel Tomberlin sieht die Parallelen zu den beiden Traditionen, nämlich zur östlichen und westlichen. Wolfgang Vondey vertritt eine ähnliche Meinung, dass die Pentekostalen ihre sakramentale Sicht in beiden Traditionen vorfinden.
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der Begegnung mit der Gegenwart Gottes. Simon Chan hält darüber hinaus an der Verbindung zwischen den Sakramenten und dem Sein der Kirche als mystischem Leib Christi fest. Einige Pentekostale (Green, Macchia, Alvarado) weisen auf die Parallelen zu den westlichen Traditionen des Protestantismus (Calvinismus und Luthertum) und zu der wesleyanischen Tradition hin. Es stellt sich folglich die Aufgabe, anhand einiger Denkmodelle die pentekostalen Aspekte zur Eingliederung der pentekostalen Offenheit für den Heiligen Geist in den sakramentalen Kontext der Koinonia-Ekklesiologie herauszustellen. 3.5.3.2 Die Zungenrede im sakramentalen Kontext im Denken von Frank Macchia Frank Macchia hat von der pentekostalen Seite einen kreativen Versuch unternommen, die initiale Erfahrung des Heiligen Geistes in der Geistestaufe im Kontext der sakramentalen Theologie zu betrachten. Er interpretiert die Zungenrede und ihre Einordnung in das Verständnis der Kirche unter dem Gesichtspunkt der Zeichen der Gegenwart Gottes. Er setzt bei der Interpretation des Denkansatzes von Karl Rahner an: »The reality signified becomes present and is experienced through the visible sign in the process of signification.«1346 Macchia schlägt vor, diesen Ansatz auf die Zungenrede als Zeichen der bevollmächtigenden Wirkung Gottes anzuwenden. Die Gabe der Zungenrede ist »the audible medium for realizing the presence of God, to empower and heal«.1347 In dieser Formulierung deutet Macchia die Zungenrede im Kontext des pentekostalen Verständnisses vom Zeichen der Gnade Gottes als sakramentales Zeichen: »When a Pentecostal hears of ›signs‹ of the Spirit or of the Grace of God, he or she thinks immediately of the whirlwind experience of Pentecost with tongues of fire.«1348 Die Zungenrede als Zeichen der Gnade interpretiert Macchia als dramatische und Theophanie-artige Manifestation der Gegenwart Gottes und stellt sie in eine Reihe neben die Eucharistie als sichtbarer Ausdruck und Garantie der Gegenwart des Heiligen Geistes, also als sichtbares Zeichen der Gnade. Die Aufgabe der pentekostalen Theologen besteht nach Macchia nun darin, diese beiden Verständnisse von Zeichen der Gnade aufeinander zu beziehen. Nach Macchia kann dies in der Weise geschehen, dass man von der Zungenrede anstatt von einem Nachweis besser von einem Sakrament redet. Dies wird damit begründet, dass
1346 Macchia, Tongues as a Sign, 62. Macchia verweis auf den Aufsatz von Karl Rahner »Religious Enthusiasm and the Experience of Grace«, in: Theological Inverstigations (1979) V. XVI. New York, 35–39. 1347 Ebd. 1348 Macchia, Tongues as a Sign, 67.
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der Begriff sakramental die Verbindung zwischen dem Zeichen und dem Wirken Gottes ausdrückt.1349 Macchia wendet dabei das protestantische Prinzip der Freiheit des Geistes auf das pentekostale Verständnis des Heiligen Geistes an, nämlich, dass die Zungenrede als Zeichen in der Freiheit Gottes begründet ist. Die Zungenrede versteht Macchia als freie und transzendente Reaktion auf die freie und transzendente Wirkung des Heiligen Geistes. Unter diesem Aspekt kann die Zungenrede Ausdruck der Freiheit des Geistes und menschliche Antwort sein, die die Partizipation Gottes in dieser Antwort sichtbar macht. Macchia fasst zusammen: »The term ›sacrament‹, if defined carefully, can shed new light on the heart of Pentecostal spirituality and open the door for fruitful ecumenical dialogue with other Church traditions.«1350 Folgende kritische Anmerkungen sind dem Denkansatz von Macchia entgegenzubringen. Macchia deutet die Zungenrede im Sinne der Analogie zu den Sakramenten, allerdings so, wie sie in den neuzeitlichen sakramentalen Theologien erscheinen. Dabei wird die methodologische Besonderheit des ökumenischen multilateralen Denkens nicht berücksichtigt. Der ökumenische Kontext der multilateralen Dialoge orientiert sich an dem Gespräch zwischen den realen, konfessionellen, ekklesiologischen Realitäten.1351 Macchia arbeitet in Anlehnung an ein Modell bzw. an die Deutung eines sakramentalen Modells in der Interpretation von Karl Rahner. Macchia setzt bei einem Aspekt der Sakramentalität an, nämlich beim Verhältnis zwischen einem Zeichen und der Realität, die dieses Zeichen sichtbar macht. Er sieht die Sakramentalität unter dem Gesichtspunkt der Begegnung zwischen Gott und Menschen. Damit setzt er nicht beim christologisch-ekklesiologischen Denkansatz der Sakramente an, bei dem es um die Partizipation der Christen an Christus geht. Macchia stellt nicht klar heraus, in Bezug auf welche Sakramente er die Sakramentalität der Zungenrede behandelt. Einmal redet er im Kontext der Eucharistie an sich, ein andermal allgemein im Kontext des Gottesdienstes, bei dem es um ein Ereignis der Begegnung zwischen Menschen und Gott geht. Diese Analogie ist zwar zulässig, sie berücksichtigt jedoch nicht die zentrale Bedeutung und den Sinn des sakramentalen Geschehens in der Eucharistie aus der ökumenischen Sicht. Wie ist die Deutung von Macchia im Kontext der ökumenischen Aussagen zu beurteilen? Der TEA-Text über die Eucharistie enthält kaum eine Betonung auf der Begegnung mit Gott, dem Geist, sondern verleiht ihr den Charakter der Gemeinschaft mit Christus. »Im eucharistischen Mahl, im Essen und Trinken des Brotes 1349 Vgl. a. a. O., 68. 1350 A. a. O., 76. 1351 Macchia bezieht sich auf die Modelle von Rahner und Tillich.
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und Weines, gewährt Christus Gemeinschaft mit sich selbst.«1352 Die Gegenwart Christi steht im Zentrum der Eucharistie, »das eucharistische Mahl ist das Sakrament seiner wirklichen Gegenwart«.1353 Die Sakramente in der Theologie der sakramentalen Kirchen sind nicht einfach Symbole, Zeichen oder prototypische Handlungsmodelle, die je nach Tradition im Paradigma der Begegnung mit Gott generell interpretiert und angewandt werden, sondern die von Christus gestifteten Mysterien, durch die er den einzelnen Christen und der Kirche begegnet. Diese Deutung zeigt, dass die Analogie von Macchia hinsichtlich des ökumenischen Verständnisses der Sakramente nicht zutreffend ist. Außerdem wird die Zungenrede im schriftlichen Zeugnis an keiner Stelle als ein von Christus gestiftetes Mittel zur Begegnung mit ihm erwähnt. Die Zungenrede ist ein Zeichen, das dem Glauben an Christus folgen wird (Mk 16,17). Macchia bemerkt zu Recht, dass die Zungenrede zum primären Zeichen des Glaubens gehört. Dennoch ist dieses Zeichen nicht das Mittel zur Begegnung mit Christus. Der grundlegende Unterschied der pentekostalen Bemühungen um das sakramentale Verständnis ihrer Tradition zum ökumenischen Verständnis der Sakramente liegt jedoch in der ökumenischen Begründung der Wirksamkeit der Sakramente. Die Sakramentalität der Eucharistie erklärt sich nicht aus dem Verhältnis zwischen dem Zeichen und der Wirklichkeit, die das Zeichen ausdrückt, sondern findet ihre Wirksamkeit in der Tatsache, dass das Abendmahl von Jesus als Modus der Begegnung mit ihm gestiftet wurde. Die Eucharistie ist ein Sakrament, weil sie die Gabe Christi ist. Zur Wirksamkeit der Sakramente gehört das Empfangen, so dass sich die Sakramentalität des Abendmahls als Akt des gegenseitigen Gebens und Nehmens versteht. Auch wenn sich die Zungenrede phänomenologisch als mystisches, dynamisches Erlebnis der Gegenwart Gottes interpretieren lässt und hier eine Parallele zum Wirken des Heiligen Geistes in der Eucharistie aufweist, geht die sakramentale Deutung der Zungenrede am Verständnis der Eucharistie vorbei. Auch die Herangehensweise, wie die Zungenrede als Zeichen der Begegnung mit der Wirklichkeit Gottes gedeutet wird, stimmt nicht mit dem Sinn einer sakramentalen Handlung überein.1354 Unabhängig davon, ob man die Zungenrede expressiv oder instrumental einordnet, wird ihre sakramentale Deutung die Rahmenbedingungen für ihre Zuordnung zur Kategorie eines Sakramentes dennoch nicht erfüllen. Das öku1352 TEA, Eucharistie, II., §2. 1353 TEA, Eucharistie, II. B., §13. 1354 Die aktuelle ökumenische Deutung der Sakramente sieht die ökumenische Vielfalt der sakramentalen Traditionen in zwei Deutungsmodellen, nämlich instrumental und expressiv. »Instrumental (in dem Sinne, dass Gott es nutzt, um eine neue Wirklichkeit zu schaffen) […] expressiv (im Hinblick auf eine bereits existierende Wirklichkeit) […] Einige Traditionen betonen den instrumentalen Aspekt. […] Andere betonen die expressive Dimension.« Vgl. KWGV, §44. Vgl. One Baptism: Toward Mutual Recognition, §§26–30.
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menische Verständnis der Sakramente hält fest: »Es sind sichtbare, wirksame Handlungen, die von Christus eingesetzt wurden und gleichzeitig durch das Handeln des Heiligen Geistes wirksam gemacht werden, der durch sie diejenigen, die die Sakramente empfangen, mit einer Reihe von Gaben zur Erbauung der Kirche und ihres Auftrags in der Welt und fu¨ r die Welt ausstattet.«1355 Das Sakrament ist im ökumenischen Verständnis eine Handlung. Die Zungenrede wurde von Christus nicht wie die Handlung der Taufe oder Eucharistie eingesetzt. Macchia sieht in der Zungenrede ein Zeichen dessen, dass Gott real gegenwärtig ist und wirkt. Die Sakramente sind dagegen keine Zeichen dafür, dass Gott wirkt, sondern Handlungen von Geben und Empfangen. Im Fall der Zungenrede geht es nicht um eine sakramentale Gabe, die empfangen wird, sondern um den Heiligen Geist, der die Gläubigen in einer besonderen Weise erfüllt. Wird die Zungenrede als Gabe verstanden, dann kann das Ziel der Geistestaufe nicht die besondere Ausrüstung mit der Kraft des Heiligen Geistes sein, sondern der Erhalt der Gabe des Zungenredens selbst wäre das Ziel. Wenn jedoch die Geistestaufe in der Gabe der Zungenrede sakramental zum Ausdruck kommt, dann wird auch die Zungenrede als eine vom Menschen gestaltete Aktion verstanden. Das pentekostale Verständnis der Geistestaufe wie auch das begleitende Zeichen der Zungenrede legt den Fokus darauf, dass beide ein Ergebnis der freien Wirkung des Heiligen Geistes seien. Dagegen sind die Sakramente die menschlichen Handlungen, die von Christus zu kontinuierlichen Wiederholungen institutionalisiert wurden. Auch wenn man die Zungenrede mit Sakramentalien, also mit Brot und Wein, in Verbindung setzt, wird die Analogie zwischen beiden keinen Sinn ergeben, weil die Zungenrede in der Bibel nie als eingesetzter Modus der Gegenwart Christi (dies ist mein Leib) erwähnt wurde. Macchia sucht deshalb den Zusammenhang der Zungenrede mit der Gegenwart Christi in Apg 2,26 »Darum ist mein Herz fröhlich, und meine Zunge frohlockt« unter dem Gesichtspunkt, dass Christus in der Zungenrede in der Weise seines Jubels der Begegnung mit dem Vater gegenwärtig ist. Diese Interpretation geht nicht zwingend aus dem Kontext von Apg 2,25–27 hervor. Hier geht es nämlich in erster Linie um die Freude am vollbrachten Sieg Christi über den Tod. Obwohl dieses Denkmodell von Macchia Aufmerksamkeit verdient, würde seine Anlehnung an Zizioulas’ Personenverständnis der Bewegung zu Communio, und zwar in Verbindung mit dem Wirken des Heiligen Geistes als Schöpfer der neuen pneumatischen Existenz, einen besseren Ansatz für die Annäherung der pentekostalen Identität an das sakramentale Verständnis der Koinonia bieten.1356 Macchia hat leider diesen Ansatz nicht weiter ausgebaut, nämlich dass die Erfahrung der pneumatischen Existenz als Erfahrung der Analogie zum trini1355 KWGV, §44. 1356 Vgl. Macchia, Justified, 301.
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tarischen Modus der Liebe betrachtet werden kann. In diesem Fall würde die persönliche Hinwendung zu Gott als einem Gegenüber als ein Bestandteil der sakramentalen Handlung gesehen werden können. 3.5.3.3 Ein pentekostaler Denkansatz der Sakramentalität von Chris Green Ein anderes Anwendungsmodell stellt der Vorschlag von Chris Green dar. Er hat die pentekostale Sicht der Sakramentalität unter dem Gesichtspunkt der Vermittlung zwischen Gott und Menschen darzustellen versucht. Er thematisiert die Bedeutung der Eucharistie aus der Perspektive der Begegnung mit Gott.1357 Green sagt: »[…] to speak of ›immediate encounter‹ is not necessarily to refer to unmediated experience«.1358 Er unterscheidet zwischen der Begegnung mit Gott und der Erfahrung der Begegnung. Jede Erfahrung der Begegnung mit Gott wird vermittelt, sei es durch Affekte oder, konzeptionell gesehen, durch logos, pathos und soma. Wir sehen, dass die Denkweise von Green in Grundzügen unserer These am nächsten steht, weil die Affektion des Verlangens nach Gott als Medium der Begegnung mit dem Wirken des Heiligen Geistes in Verbindung gebracht werden kann. Aus diesem Grund kann nach Green auch die Eucharistie nicht nur als ein vermittelndes Zeichen der Gnade, sondern als eine Erfahrung der Begegnung zwischen Gott und Mensch interpretiert werden. »The Eucharist is an experience of Christ’s personal presence.«1359 Green betrachtet die Sakramentalität der Eucharistie im Paradigma von unmittelbar-mittelbar. Er schlägt vor, die Sakramentalität aufgrund des relationalen Wesens der Welt und des Menschen auszulegen. Wegen der Beziehung der Schöpfung zu Gott und der inkarnatorischen Beziehung Gottes zur Welt schließt die Unmittelbarkeit Gottes die Mittelbarkeit ein.1360 Das bedeutet, dass Green die Konzepte der Unmittelbarkeit und der Mittelbarkeit der Begegnung mit Gott versöhnt. Allerdings wendet Green die Relationalität des Menschen nicht auf die ontologische Struktur des Personseins an. Er betrachtet die Relationalität im Kontext der Mittelbarkeit. Hätte Green das Prinzip der Relationalität im Sinne der trinitarischen Zuwendung der Person zu ihrem Gegenüber angewandt, könnte die subjektive Seite der Erfahrung des Heiligen Geistes nicht nur im Erlebnis der Gegenwart Christi, sondern auch im Bereich der persönlichen Partizipation an der Eucharistie als bewusste Hinwendung zu Christus begründet werden. 1357 Der pentekostale Denkansatz sieht die Begegnung mit der Gegenwart Gottes in der Eucharistie als übereinstimmend mit der pentekostalen Tradition. Vgl. a.a.O, 295. 1358 Green, Toward a Pentecostal Theology, 288. 1359 A. a. O., 288. 1360 Vgl. a. a. O., 287.
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Auch wenn die Sakramente von der pentekostalen Seite als Zeichen, die auf die Wirkung Gottes hindeuten, oder theologisch konzipiert als eine mittelbar-unmittelbare Begegnung mit Gott, interpretiert werden, sind sie tendenziell auf die Erfahrbarkeit der Begegnung mit dem Heiligen Geist fokussiert. Einfacher formuliert betrachten die pentekostalen Entwürfe die Eucharistie im Sinne der Öffnung des materiellen Menschen für die göttliche Realität, die durch den Heiligen Geist wirksam ist. Die Begegnung mit Gott findet im sakramentalen Geschehen statt, weil der Heilige Geist das sakramentale Ereignis wirkt. Oder man versucht – im Sinne von Green und Vondey – die Sakramentalität aus der unmittelbaren Bindung an den Prozess der Ritualisierung zu befreien und unter dem Aspekt der Ganzheit des christlichen Lebens und der Welt zu verstehen.1361 3.5.3.4 Zusammenfassung Ich halte die oben aufgeführten Vorschläge hinsichtlich der Annäherung an die sakramentale Sicht der Wirklichkeit in Grundzügen für aufschlussreich. Jedoch bedarf diese Betrachtungsweise weiterer Erläuterungen, und zwar aus zwei Gründen: Ich sehe den ersten Grund darin, dass die pentekostale Spiritualität nicht ohne weiteres auf das sakramentale Verständnis der Wirklichkeit angewandt werden kann. Aus der Lehre von der Geistestaufe resultiert ein Verständnis des Heiligen Geistes, das ein anderes Weltbild als die sakramentale Weltanschauung manifestiert. Die sakramentale Weltanschauung, beispielsweise in solchen konfessionellen Traditionen wie die der orthodoxen oder der römisch-katholischen, bildet sich aus dem Verständnis der Existenz einer kosmischen Liturgie aufgrund des ununterbrochenen, schöpfungs-historischen Kontinuums. Dieses Kontinuum entsteht aus der Bewegung des Logos in der Entstehung der Schöpfung, durch die historische Typologie des Volkes Israel hin zur historischen Existenz der apostolischen Kirche, die einmündet in die Parusie, die als eschatologische Liturgie des himmlischen Jerusalems verstanden wird.1362 Die sakramentale Weltanschauung, insbesondere in der Tradition der historischen Kirchen, gründet eher im sakral-ontologischen Verständnis der Welt und der Kirche im Licht der Menschwerdung Christi als Ereignis von kosmischem Ausmaß. Sie fand ihren Ausdruck auch in der ökumenischen Interpretation des apostolischen Glaubens: »So wird die Ganzheit der Schöpfung nicht losgelöst werden von der endgültige Vollendung des Reiches Gottes. Einige Elemente der Schöpfung wie das Wasser der Taufe, menschliche Worte zur Verkündigung des Evangeliums und Brot und Wein bei der 1361 Vgl. Green/ Vondey, Reality and Sacramentality in the Pentecostal Worldview, 216. 1362 Vgl. Hans Boersma/ Matthew Levering (eds.), The Oxford Handbook of Sacramental Theology, Oxford 2018, 457.
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Eucharistie werden bereits jetzt vom Heiligen Geist benutzt, um uns die Erstlinge des Reiches Gottes zu schenken.«1363
Diese ökumenische Auslegung der Aussage des Nizänischen Glaubensbekenntnisses »Wir erwarten die Auferstehung der Toten und das Leben der kommenden Welt« zeigt die ganzheitliche Betrachtung der Lehre über die Schöpfung, Christus und den Heiligen Geist. Sie bildet den weltanschaulichen Hintergrund zum Verständnis der Sakramentalität der Wirkung des Heiligen Geistes insbesondere in der Eucharistie. Die Weltanschauung, die sich durch die pentekostale Vorstellung vom Heiligen Geist manifestiert, zeigt ein anderes Denkparadigma, in dem die Schöpfung, Christus und der Heilige Geist in Verbindung zueinander gebracht werden. Der zweite Grund besteht darin, dass sich das ökumenische Verständnis der Sakramente nicht vordergründig auf die Erfahrung der übernatürlichen Wirklichkeit Gottes, sondern auf die Partizipation an Christi Gegenwart stützt.1364 Im ökumenischen Sinne wird die eucharistische Wirklichkeit christologisch-ekklesiologisch aufgrund des Verständnisses der Kirche als Leib Christi erläutert.1365 Die Begründung für die sakramentale Bedeutung der Eucharistie wird in den ökumenischen Texten mit Berufung auf den biblischen Kontext formuliert, und zwar als von Christus eingesetztes Mittel, seine Gegenwart zu erfahren.1366 Die Sakramente, insbesondere die Eucharistie, sind von Christus als Modus seiner Gegenwart konstituiert, die durch das Wirken des Heiligen Geistes im Leben der Kirche etabliert wird. Die Motivation der Teilnahme am sakramentalen Ereignis ist nicht, wie im pentekostalen Denken, vordergründig auf die Begegnung mit dem Heiligen Geist fokussiert. Die Communio ist eher eine Erfahrung der Partizipation an der Gegenwart Christi im Wort und im Sakrament. Deshalb spricht viel dafür, den pentekostalen Beitrag zum sakramentalen Verständnis der Eucharistie nicht nur im Rahmen der Erfahrung des Heiligen Geistes zu suchen. Auch wenn die pentekostalen Theologen viele ähnliche Aspekte mit den anderen konfessionellen Theologien der Sakramente sehen, basiert ihre Sicht der Begegnung mit Christus auf einem anderen weltanschaulichen Paradigma. Im Folgenden wird diese These begründet. 1363 Gemeinsam den einen Glauben bekennen, §270. 1364 »Sie [die Kirche] empfängt das Wort Gottes und feiert die Sakramente, besonders die Eucharistie (das Abendmahl), die von Jesus Christus eingestzt wurden.« Gemeinsam den einen Glauben bekennen, §229. Vgl. auch ebd., §221 sowie Growing Together in Baptism Eucharist and Ministry, §49. 1365 Vgl. Gemeinsam den einen Glauben bekennen, §221. 1366 »Das von Jesus gefeierte letzte Mahl war ein liturgisches Mahl mit symbolischen Worten und Handlungen. Von daher ist die Eucharistie ein sakramentales Mahl, das uns durch sichtbare Zeichen Gottes Liebe in Jesus Christus vermittelt, die Liebe, mit der Jesus die Seinen ›bis zur Vollendung‹ (Joh 13,1) liebte.« TEA, Eucharistie, I., §§1.2.
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3.5.3.5 Das pentekostale Weltbild im Licht der sakramentalen Weltanschauung Da die oben erwähnten Meinungen der pentekostalen Theologen eine Neigung zur sakralen Sicht der Wirklichkeit (im Sinne der Wahrnehmung der materiellen (profanen) Wirklichkeit in Bezug auf die transzendente (heilige) Wirklichkeit) und andererseits zum Dualismus von Geist und Materie zeigen, stellt sich die Frage, welches Weltbild dem pentekostalen Denkansatz zum Verständnis des Heiligen Geistes zugrunde liegt.1367 Aus diesem Grund ist es erforderlich, das pentekostale Verständnis des Heiligen Geistes unter dem Gesichtspunkt der pentekostalen Wahrnehmung der Schöpfung zu erläutern. Dabei verfolge ich das Ziel, die theologischen Implikationen aus den pentekostalen Denkansätzen zum Verständnis des Heiligen Geistes mit einem schöpfungstheologischen Denken in Verbindung zu bringen. Dieser Schritt lässt erkennen, wie sich die aus der Erfahrung der Geistestaufe resultierende Vorstellung vom Wesen des Heiligen Geistes zu der sakramentalen Weltanschauung verhält. Dazu schlage ich vor, einen kurzen Einblick in den schöpfungstheologischen Diskurs innerhalb der Tradition des Pentekostalismus im Vergleich zu der Weltanschauung der orthodoxen Tradition zu nehmen. Dies aus dem Grund, weil der Vergleich des pentekostalen Verständnisses des Heiligen Geistes mit den sakramentalen Weltanschauungen sehr oft Parallelen zur orthodoxen pneumatischen Tradition aufweist.1368 Die theologischen Implikationen aus der Lehre über die Geistestaufe zeigen den Fokus auf der persönlichen Erfahrung der Wirklichkeit Gottes durch die Betonung des übernatürlichen Eingreifens Gottes in die Schöpfungsordnung gegenüber seinem natürlichen Wirken durch die Schöpfungsordnung und durch 1367 In dem Zusammenhang sind die Namen der pentekostalen Theologen wie Simon Chan, Daniel Tomberlin, Wolfgang Vondey, Chris Green, Daniele Augustin zu erwähnen. Johnathan Alvarado weist darüber hinaus unter anderen auf Walter Hollenweger, VeliMatti Kärkkäinen und Amos Yong hin, welche die Nähe der pentekostalen Tradition zur orthodoxen Tradition behauptet haben. Vgl. Johnathan E. Alvarado, Pentecostal Epiclesis: A Model for Teaching and Learning, in: Chris E.W. Green (ed.) Pentecostal Ecclesiology, 193. Dale Coulter sieht die Nähe der pentekostalen Tradition zur sakramentalen Weltanschauung unter dem Gesichtspunkt, dass die Pentekostalen keine Probleme mit der Sicht haben, dass Materie die geistlichen Realien vermitteln kann. Hier wird noch einmal deutlich, dass die Pentekostalen im Schema Geist-Materie denken. Vgl. Dale Coulter, Surprised By Sacraments, in: First Things, 11.21 2013. https://www.firstthing s.com/blogs/firstthoughts/2013/11/surprised-by-sacraments. Abgerufen 01. 02. 2020. 1368 Als Beispiel ist hier nochmal auf Daniela Augustin hinzuweisen, die als pentekostale Theologin die Parallelen zwischen dem Pentekostalismus und der orthodoxen Tradition sucht. Sie beschränkt sich auf die Darstellung der orthodoxen Sicht. Leider berücksichtigt ihr Ansatz nicht die ontologischen und konzeptuellen Differenzen in den weltanschaulichen Paradigmen des Pentekostalismus und der orthodoxen Tradition. Vgl. Daniela Augustine, Liturgy, Theosis, and the renewal of the World, in: Martin, Lee Roy, Toward a Pentecostal Theology of Worship, 165–187.
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die premillenaristische Deutung der Geschichte.1369 Dermawan spricht von der »Otherworldlines« (Weltfremdheit) der Pentekostalen, die der Dualismus zwischen Himmel und Erde impliziert.1370 Dies deutet eher auf die Negierung der Sakramentalität der Schöpfung. Diese Schlussfolgerung deckt sich mit der Beharrlichkeit der Pentekostalen auf der Notwendigkeit der übernatürlichen Erfahrung der Begegnung mit dem Heiligen Geist. Die Möglichkeit einer natürlichen Evidenz für die Geisterfülltheit, die den schöpferischen Rahmen nicht sprengt, wird im Pentekostalismus kaum in Verbindung mit dem pfingstlichen Ereignis der Geistausgießung gebracht. Auch wenn die Transformation des Personseins die Folge der Begegnung mit Gott sein muss, liegt der Akzent auf dem übernatürlichen Einbruch des Heiligen Geistes in das Leben von Menschen. Nimmt man die pentekostale Betonung der unmittelbaren und direkten Erfahrung des Heiligen Geistes ernst, die sich von allen anderen inklusiven Erfahrungsformen abhebt, wird man folglich die Vorstellung vom Wirken des Heiligen Geistes in der Schöpfung so priorisieren, dass der Heilige Geist als eine übernatürliche Kraftwirkung von außen in die Schöpfungsprozesse eingreift. Materie und Geist werden in dieser Vorstellung dualistisch gegenübergestellt. Das orthodoxe Weltbild stellt das Konzept der Schöpfung als sakrale Wirklichkeit dar.1371 Das orthodoxe Gottesbild erklärt die immanente Gegenwart Gottes in der Welt durch unerschaffene Energien. Demzufolge ist Gott in der Schöpfung gegenwärtig, gleichzeitig transzendent und immanent. Gott begegnet dem Menschen unmittelbar, jedoch nicht durch sein inneres Wesen (Essenz), sondern durch seine Existenz in Energien (Gnadenwirkung). Auf der anderen Seite formt das Verständnis vom Logos (Logoi) der Schöpfung die Sakramentalität als Beziehung der Schöpfung zu Gott über den Logos Gottes.1372 Der Ausdruck In-Beziehung-Leben ist für die orthodoxe Vorstellung prägend und meint damit die unmittelbare Begegnung mit der Wirklichkeit Gottes. In unmittelbarer Beziehung zu Gott leben heißt, in Beziehung zur von Gott gestifteten unmittelbaren Gegenwart leben. Damit wird deutlich, dass die orthodoxe Tradition den unmittelbaren Zugang zur Wirklichkeit Gottes kennt, ihn aber 1369 Vgl. Jeffrey Lamp, New Heavens and New Earth, in: Pneuma (2014) 36/1, 64–80, 66. Augustinus Dermawan, The Spirit in Creation and Environmental Stewardship: A Preliminary Pentecostal Response toward Ecological Theology, in: AJPS (2003) 6/2, 199– 217, 202. 1370 Vgl. Dermawan, 205. 1371 Vgl. Bartholomew I, Creation as Divine Gift; Harmony between Matter and Spirit; Orthodox Theology and The Natural Environment; Creation and Icons; Serving and Preserving Creation, in: John Chryssavgis (ed.), On Earth as in Heaven, New York, 2012, 27, 123–124, 129–135, 152–153. 343–344. 1372 Vgl. Andrew Louth, Man and Cosmos in St. Maximus The Confessor, in: John Chryssavgis/Bruce V. Foltz, Toward an Ecology of Transfiguration: Orthodox Christian Perspectives on Environment, Nature, and Creation, New York 2013, 62–66.
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anders als im pentekostalen Denkparadigma interpretiert. Es steht nicht die Erfahrung der unmittelbaren Gegenwart Gottes als Kraftwirkung im Vordergrund, sondern die Erfahrung der Beziehung des Menschen zur Gegenwart Gottes in der Welt in Verbindung mit dem Leben der Kirche und mit dem persönlichen geistlichen Leben.1373 Man kommuniziert mit Gott über den relationalen Modus der menschlichen Existenz in Relation. Gott ist Gott in Relation bzw. in Beziehung zur Schöpfung und zum Menschen, und umgekehrt. Die orthodoxe Sprache über die Beziehung Gottes zur materiellen Wirklichkeit ist differenzierter als im pentekostalen Denken vom Heiligen Geist, der als einbrechende (in-breaking) Kraft Gottes angesehen wird, weil die Orthodoxen von der unmittelbaren Gegenwart Gottes durch seine Gnadenwirkung (Energie) und im Zusammenhang mit der Erschaffung der Welt aus dem Logos als zweiter Person der Trinität sprechen.1374 Die Gnadenwirkung des Heiligen Geistes besteht darin, die Verbindung zwischen der Schöpfung und der Energie Gottes zu wirken.1375 Während das christologische Ereignis der Inkarnation des Logos den Sinn der Schöpfung kraft der Gnadenwirkung des Heiligen Geistes offenbart, wirkt der Heilige Geist die christologische Verwirklichung der Schöpfung durch die Verbindung des Menschen mit Christus. John Zizioulas drückt diesen Zusammenhang so aus, dass nur im Geist Christus als Relationswesen erscheint.1376 Daraus folgt, dass die unmittelbare Wirkung des Heiligen Geistes als explizites Objekt der Begegnung der menschlichen Erfahrung entzogen ist, weil das unmittelbare Hervortreten des Heiligen Geistes als Gegenüber nicht die Funktion der Energie des Heiligen Geistes ist. Der Heilige Geist wirkt kraft seiner Person die Schau vom Ebenbild des Vaters, welches Christus ist.1377 Die partizipationsschaffende Wirkung des Heiligen Geistes geht theoretisch, aus der menschlichen Perspektive gesehen, der Erfahrung der Partizipation an Christus voraus, weil die 1373 Obwohl das Ziel des menschlichen Lebens nach der orthodoxen Tradition darin besteht, den Heiligen Geist zu erwerben (Hl. Seraphim von Sarow 1754–1833), ist damit eine andere Vorstellung von der Begegnung mit dem Heiligen Geist verbunden. Alle guten Taten, die ein orthodoxer Christ im Namen Christi vollzieht (Fasten, Gebet, Barmherzigkeit usw.), bewirken die Frucht des Heiligen Geistes. Vgl. Prepododobnyij Serafim Sarowskij, Beseda prepodobnogo Serafima s N.A. Motowilowym. O tzeli hristianskoj zhysni. https://azbyka. ru/otechnik/Serafim_Sarovskij/beseda-prepodobnogo-serafima-s-n-a-motovilovym/. Abgerufen 08. 05. 2020. 1374 Vgl. Georges Florovsky, Creation and Creaturehood, in: The Collected Works of Georges Florovsky. Vol III: Creation and Redemption, Belmont 1976, 74. 1375 Vgl. Evdokimov, 210. 1376 Vgl. Zizioulas, The Pneumatological Dimension of The Church, 146. 1377 Vgl. Joost van Rossum, The Experience of the Holy Spirit in Greek Patristic and Byzantine Theology, in: Communio Viatorum (2011) 53/3, 25–39, 27. Vgl. Nikos Nissiotis, Pneumatological Christology as a Presupposition of Ecclesiology, in: Friedrich Wilhelm Kantzenbach/ Vilmos Vajta (Hg.), Oecumenica. Jahrbuch für ökumenische Forschung, Gütersloh/Minneapolis/Neuchâtel 1967, 243.
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Gnadenwirkung des Heiligen Geistes, ontologisch gesehen, die menschliche Natur erst fähig macht, an Christus zu partizipieren.1378 Eine andere orthodoxe Darstellung des Weltbildes im Kontext der GeistChristologie findet man im Denken von Nissiotis. Er sieht im Pfingstereignis die Vollendung der Offenbarung der Trinität. Die Kirche ist deshalb nicht einfach eine vom Geist inspirierte Institution oder eine soziale Wirklichkeit, sondern eine neue Schöpfung, die der Heilige Geist durch die Verbindung der Menschen mit dem Werk der Menschwerdung Christi im Sinne einer Verbindung der Körperteile mit dem Haupt verwirklicht. Nissiotis beschreibt die Beziehung zwischen den Wirkungen Christi und des Heiligen Geistes so, dass Gott die Beziehung (Relation) zur Welt in Christus wirkt. Jedoch wird die Communio mit Gott durch den Heiligen Geist etabliert.1379 Die volle Wirkung vollzieht sich in der Eucharistie, weil sie die reale Begegnung von beiden Dimensionen, also der Beziehung Gottes zur Welt in der Menschenwerdung des Logos und der Hinwendung der Christen zum Christus-Logos, ist. Das bedeutet, dass der Fokus der Eucharistie nicht vordergründig auf der Erfahrung der expliziten und übernatürlichen Wirkung des Heiligen Geistes in den Sakramenten liegt, sondern auf der Manifestation des neuen Lebens der Schöpfung in Christus und der Partizipation der Menschen an diesem neuen Leben der Schöpfung. Damit ist auch die Begegnung mit dem Heiligen Geist verbunden. Die Eucharistie ist ja eine geistliche Gabe. Die geist-christologische Deutung der Kirche basiert auch im schöpfungstheologischen Denkansatz. Alexander Schmemann schrieb, dass das Sakrament der Eucharistie die Sakramentalität der Schöpfung offenbart, und zwar so, dass das Leben der Schöpfung in der Partizipation am Leben Gottes besteht.1380 Zizioulas und Nissiotis bemerken dabei, dass die Erfahrung der Teilnahme an der neuen Schöpfung nicht individuell-spiritueller Natur ist, sondern persönlich im Sinne des hypostatischen Modus des persönlichen Lebens Gottes. Gott existiert in Beziehung von Person zu Person. Der Heilige Geist wirkt diesen Modus nicht im Sinne der individuellen spirituellen Erfahrung der geistlichen Wirklichkeit, sondern durch die Erfahrung der Gemeinschaft der Personen, gleichzeitig untereinander und mit Christus.1381 Darum bekommt der Ausdruck per-
1378 Vgl. Evdokimov, 161. 1379 Vgl. Nissiotis, 238. 1380 Vgl. Alexander Schmemann, The Eucharist: Sacrament of the Kingdom, Crestwood, New York 1988, 34. 1381 Vgl. Zizioulas, 146. Nissiotis, 244. Nissiotis sieht die heiligende Wirkung des Heiligen Geistes in der Kirche im Sinne von seiner verbindenen Funktion mit dem Haupt der Kirche. Die Kirchenmitglieder sind geheiligt durch die Partizipation an der heiligenden Energie des Heiligen Geistes. Das zeigt, dass nicht die subjektive, spirituelle Erfahrung der Kraft Gottes, sondern die Eingliederung in den Leib Christi die Erfahrung des Heiligen Geistes ist.
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sönliche Begegnung mit Gott die Bedeutung Teil der gemeinsamen Partizipation am Christus der neuen Schöpfung zu sein. Die sakramentale Sicht der Wirklichkeit innerhalb der orthodoxen Tradition (wie auch in der katholischen Tradition) gründet sich im schöpfungstheologischen Ansatz der Christologie. Im bilateralen Dialog zwischen der orthodoxen Kirche und der römisch-katholischen Kirche wurde als erstes deklariert, dass die sakramentale Natur des Geheimnisses Christi darin bestehe, die neue Schöpfung durch materielle und geschaffene Realität zu erfahren. Die Sakramentalität ist der Modus (tropos), durch den Christus im Laufe der Geschichte wirkt.1382 Damit wird deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Sakramentalität vordergründig als Modus der Beziehung Christi zur Welt und weniger als Erfahrung der Begegnung mit der übernatürlichen Wirklichkeit verstanden wird. Damit wird die Sakramentalität nicht unter dem Gesichtspunkt der Erfahrung des Heiligen Geistes oder des sichtbaren Zeichens der unsichtbaren Wirklichkeit an sich, sondern als Erlebnis der trinitarischen Dimension des neuen Lebens in Christus betrachtet, das sich als kollektive Partizipation am Leben der Trinität erfahren lässt. Der Sohn tritt ein in die Herrlichkeit des Vaters und gleichzeitig tritt er durch die Ausgießung des Heiligen Geistes in seinen sakramentalen Modus (tropos) in die Welt.1383 Die pentekostale Sicht der Schöpfung stellt ein anderes Bild dar. Es ist allerdings theologisch noch nicht gesichert, von welchen Prämissen aus das pentekostale Weltbild zu konzipieren ist.1384 Der Heilige Geist wird stärker in seiner expliziten, übernatürlichen Wirkung gesehen. Einerseits wird die Wirkung des Heiligen Geistes im pentekostalen Denken als lebenserhaltende Kraft der Schöpfung verstanden.1385 Andererseits wird der Heilige Geist unter dem Gesichtspunkt des übernatürlichen Einbruches der Kraft Gottes in die Schöpfungsordnung betrachtet.1386 Dieser Einbruch Gottes durch übernatürliche 1382 Vgl. Das Geheimnis der Kirche und der Eucharistie im Licht des Geheimnisses der Heiligen Dreifaltigkeit, in: Dokumente wachsender Übereinstimmung. Band 2, 531. 1383 »Die Eucharistie und die Kirche, […] werden so zu dem Ort der Wirkung des Heiligen Geistes.« A. a. O., 532. 1384 Es wird innerhalb der pentekostalen Tradition nicht eindeutig erläutert, wie die Schöpfung als materielle Wirklichkeit sowohl in der ganzheitlichen Perspektive des Heilsgeschehens als auch in Bezug auf die Wirkung des Heiligen Geistes zu verstehen ist. Die Meinungen gehen weit auseinander, von der Behauptung, die Pentekostalen sähen die Schöpfung als einen Teil des Rettungsplanes Gottes, bis zur Behauptung, die pentekostale Theologie der Schöpfung sei in der pentekostalen Tradition eine marginale Erscheinung. Vgl. Amos Yong, The Spirit of Creation: Modern Science and Divine Action in the PentecostalCharismatic Imagination, Grand Rapids 2011. Vgl. Steven Land, 200; Vgl. Miroslav Volf, On Loving with Hope: Eschatology and Social Responsibility, in: Transformation (1990) 7/3, 28–31. 1385 Vgl. Amos Yong, The Spirit Poured Out, 280. 1386 Vgl. Amos Yong, The Spirit of Creation, 93.
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Wirkung gilt in der pentekostalen Tradition als Vorwegnahme der endzeitlichen Erneuerung der Welt.1387 Dieses duale Bild vom Wirken des Heiligen Geistes vermittelt das Bild des Explizierens und Objektivierens des übernatürlichen Wirkens des Heiligen Geistes mit dem Fokus auf einer direkten Begegnung des Menschen mit dieser übernatürlichen Wirkung. Als Folge wird die Erfahrung des Heiligen Geistes hauptsächlich über bzw. hinter der materiellen Seite der Welt verstanden. Die Berücksichtigung der Beziehung zwischen zwei Wirkungen des Heiligen Geistes, und zwar natürlich und übernatürlich, insbesondere im Kontext der Ontologie, fand in der pentekostalen Forschung noch keine genügende Entfaltung. Die Pentekostalen nehmen die Schöpfung, bildhaft ausgedrückt, als sphärischen Raum wahr, in dem Gott durch die Kraft des Heiligen Geistes wirkt. Darum wird die Begegnung mit der Wirkung des Heiligen Geistes explizit als übernatürlich betont. Der andere Grund, warum das pentekostale Weltbild sich vom sakramentalen Weltbild unterscheidet, geht auf die Beobachtung zurück, dass der pentekostale Diskurs der Geist-Christologie traditionell stärker den existenziellen Aspekt des Lebens Christi (seine Taten und Wunder) als die inkarnatorische Gnadenwirkung seiner Menschwerdung in den Vordergrund rückt. Die Schwerpunktlegung auf der Wirkung Christi und daraus folgend die Konzentration auf die christusähnliche Wirkung des Heiligen Geistes formen den pentekostalen Ausgangspunkt sowohl für die Pneumatologie als auch für die Ekklesiologie. In Anbetracht des inkarnatorischen Ausgangspunktes der GeistChristologie muss der pneumatologische Ursprung der Kirche in Verbindung mit dem inkarnatorischen Geschehen der Menschwerdung Christi gesehen werden. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Begegnung mit der Sakramentalität der materiellen Wirklichkeit, wie das am Beispiel der orthodoxen Weltanschauung gezeigt wurde, in der Partizipation an der inkarnatorischen Realität der neuen Schöpfung, an Christus stattfindet. Der Vorschlag von Vondey, die Sakramentalität über die ritualen Grenzen hinaus und im Kontext der Ganzheit der Welt zu verstehen, zeigt die Neigung, die Begegnung mit dem Leben der Welt unter dem Gesichtspunkt ihrer sakramentalen Dimension zu betrachten. Dieser Vorschlag lässt jedoch einen Aspekt der christologischen Dimension der Wirklichkeit unberücksichtigt. Ausgehend von der christologischen Dimension der Wirklichkeit wird die Sakramentalität der Welt im inkarnatorischen Christusgeschehen begründet und je nach der ekklesiologischen Tradition im Rahmen der Kirche als Leib Christi erfahren. Die Partizipation an diesem sakramentalen Christus-Geschehen involviert die Partizipation am ganzen Leben Christi als neuer Schöpfung, weil die Menschwerdung Christi diese neue 1387 Vgl. Amos Yong, The Spirit of Creation, 100.
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Schöpfung konstituiert und der Heilige Geist sie in der Kirche etabliert. Aus dieser Sicht darf die institutionelle Feier der Eucharistie nicht im Widerspruch zum sakramentalen Konzept der Ganzheit des Lebens und umgekehrt gesehen werden. Es handelt sich um das rechte Verständnis des Verhältnisses zwischen der institutionellen Feier der Eucharistie und dem Leben der Christen. Die Partizipation an der Eucharistie kann als Erfahrung des Zentrums und der Wirklichkeit der neuen Schöpfung in Christus betrachtet werden. Ohne Bezugnahme der Sakramentalität auf die Verbindung zwischen der Gegenwart Christi und dem Wesen der Kirche läuft das sakramentale Konzept der Lebenswirklichkeit Gefahr, die Begegnung mit dem Heiligen Geist rein spirituell, im Sinne des Pantheismus, ohne Bezug zu Christus zu verstehen. Aufgrund der weltanschaulichen Differenzen muss der pentekostale Anschluss an die sakramentale Ekklesiologie nicht zwingend im natürlich-übernatürlichen und mittelbar-unmittelbaren Paradigma der Erfahrung der Begegnung mit Gott, sondern in erster Linie im Handlungsparadigma der relationalen Sakramentalität betrachtet werden.1388 Die pentekostale Sichtweise zum Verständnis des trinitarischen Personseins als persönlicher Hinwendung zu Gott als Gegenüber findet seine Anwendung besser im Handlungsparadigma der Sakramentalität. Was die Sakramentalität einer Koinonia-artigen Handlung ausmacht, ist die Handlung der Partizipation an der Trinität Gottes in der Art, wie die Trinitätspersonen aneinander partizipieren. Darum stellt sich die Frage, welche Handlungen im eucharistischen Geschehen dem pentekostalen Denkansatz zur Begegnung mit Gott am nächsten stehen.1389 Die Behauptung in TEA (Eucharistie, II. C. §16), »die ganze Handlung der Eucharistie hat einen ›epikletischen‹ Charakter, weil sie vom Wirken des Heiligen Geistes abhängt«, kann aufgrund der Handlung der Hinwendung der Christen zum Heiligen Geist in der Epiklese als Rahmen für die Eingliederung des pentekostalen Denkansatzes zum Verständnis des Heiligen Geistes in Betracht gezogen werden. 1388 Dale Coulter modelliert die Verbindung der pentekostalen Tradition mit der sakramentalen Weltanschauung anders. »Normally, this experience occurs around a mourner’s bench (the low-church version of an altar), but in the Pentecostal mind it remains connected to a sacramental view of the world. Anything can become a conduit of God’s presence and thus facilitate an encounter with God. Taken together, a sacramental outlook and a theology of encounter provide fertile soil for a turn toward sacramentalism and the spiritual traditions of Christianity.« Dale Coulter, Surprised by Sacraments, in: First Things. Er setzt die Sakramentalität bei der Erfahrung der Begegnung mit Gott an. 1389 Der Konvergenztext KWGV ruft die Kirchen dazu auf, die sakramentale Dimension tiefer zu erforschen. »Vor dem Hintergrund der Konvergenzen zu Taufe und Eucharistie und weiteren Nachdenkens über die historischen Wurzeln und eine mögliche Vereinbarkeit der Ausdrücke ›Sakrament‹ und ›Anordnung‹ sind die Kirchen aufgerufen, zu prüfen, ob es ihnen möglich ist, zu einer tiefergehenden Einigkeit zu gelangen in Bezug auf die Dimension des kirchlichen Lebens, zu der diese Riten gehören.« KWGV, §44.
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3.5.3.6 Die Epiklese als Möglichkeit zur Eingliederung des pentekostalen Denkansatzes zum Verständnis des Heiligen Geistes in den eucharistischen Koinonia -Diskurs der ökumenischen Ekklesiologie In den obigen Abschnitten wurde herausgearbeitet, dass das Ziel des eucharistischen Geschehens sich in den ökumenischen Texten nicht vordergründig als Begegnung mit dem Heiligen Geist, sondern eher als eine an den Heilsmitteln partizipierende Handlung versteht, die beides, die Gegenwart Christi und die Gemeinschaft der Teilnehmenden mit Christus ausdrückt.1390 Vom christologischen Standpunkt der eucharistischen Theologie ausgehend werden beide Dimensionen, Christologie und Pneumatologie, wie es in der Sprache von John Zizioulas ausgedrückt wird, simultan und synthetisch gedacht.1391 Die Motivation der Teilnahme am sakramentalen Leben sowie ihr Fokus liegen nicht im Erlebnis der Kraft des Heiligen Geistes an sich, sondern im Erlebnis der Gewissheit der Verbundenheit mit Christus, sowie in der Erfahrung der Teilnahme an seiner Gegenwart sowie an der Gemeinschaft mit den anderen Christen.1392 Wenn dieses Verständnis des eucharistischen Ereignisses von einer Begegnung mit Gott zu sprechen erlaubt, dann bedeutet die Eucharistie faktisch und vordergründig die Begegnung mit der Gegenwart Christi. Wenn man darin den persönlichen Bezug zur Wirklichkeit des Heiligen Geistes zu explizieren versucht, dann kommt die Wahrnehmung des Heiligen Geistes nicht unmittelbar oder als ein Objekt der Begegnung in Betracht, sondern eher im Sinne der Zusicherung der wahrhaften Realität der Präsenz Christi und der sakralen Heiligkeit des Abendmahls. Es ist eine inklusive Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes. Da die pentekostale Vorstellung vom Heiligen Geist die Erfahrung der unmittelbaren Hinwendung zu seiner Wirklichkeit hervorhebt, soll als erstes geprüft werden, ob die Epiklese aufgrund einiger Ähnlichkeiten insbesondere hinsichtlich der direkten Hinwendung zur Wirklichkeit des Heiligen Geistes für
1390 Vgl. TEA, Eucharistie, II., §2. Vgl. Gaßman/ Heller, Santiago, Bericht der Sektion III, §16, 238. 1391 John Zizioulas besteht darauf: »Christology and pneumatology had to exist simultaneously and not as separate or successive phases of God’s relation with the world«. Die Deutung der simultanen Beziehung zeigt jedoch die christologische Präkonditionierung: »The Christological priority of the Christological events over Pentecost is transcended in the Spirit. In John’s Gospel, the giving of the Spirit is part of the Christological events.« John Zizioulas, The Pneumatological Dimension of the Church, 143. 147. 1392 Vgl. Lorelei F. Fuchs. Koinonia and the Quest for an Ecumenical Ecclesiology: From Foundations through Dialogue to Symbolic Competence for Communionality, Grand Rapids 2008, 18.
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die Eingliederung der pentekostalen Offenheit für den Heiligen Geist in den ökumenischen Diskurs in Betracht gezogen werden kann.1393 Im Bericht der III. Sektion der Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung in Santiago de Compostela (1993) wurde die Eingliederung des biblischen Verständnisses von Epiklese und Anamnese in der eucharistischen Theologie als eine Hilfe deklariert, um unterschiedliche Ansätze zum sakramentalen Charakter der Eucharistie und zur Gegenwart Christi zu versöhnen.1394 Diese Bemerkung gibt den Hinweis auf einen möglichen Standort, um die pentekostale Vorstellung von der Begegnung mit Gott in den sakramentalen Diskurs der Koinonia zu bringen. Die Untersuchung der Rolle des Heiligen Geistes in der Eucharistie, insbesondere anhand des Konvergenztextes TEA, hat gezeigt, dass der Heilige Geist in der Eucharistie als eine die Gegenwart Christi wirkende Kraft verstanden wird. Durch die Anrufung des Heiligen Geistes wird jedoch nicht das Ziel verfolgt, die unmittelbare Begegnung mit dem Heiligen Geist zu erlangen. Sie ist eher ein Ausdruck davon, dass die reale Begegnung mit dem gegenwärtigen Christus von der Wirkung des Heiligen Geistes abhängig ist und inklusiv als Begegnung mit der realen Wirkung des Heiligen Geistes verstanden wird. »Das Band zwischen der eucharistischen Feier und dem Geheimnis des dreieinigen Gottes enthüllt die Rolle des Heiligen Geistes als die des Einen, der die historischen Worte Jesu gegenwärtig und lebendig macht. […] die Kirche bittet den Vater um die Gabe des Heiligen Geistes, damit das eucharistischen Geschehen Wirklichkeit werden möge: die wirkliche Gegenwart (Realpräsenz) des gekreuzigten und auferstandenen Christus, der sein Leben für die ganze Menschheit gibt.«1395
Die Wirkung des Heiligen Geistes wird mit der Vergegenwärtigung der historischen Worte Jesu (Erinnerung, Anamnese) und mit der Herabrufung des Heiligen Geistes (Epiklese) in Verbindung gebracht.1396 Aus der pneumatologischen Sicht wird die Eucharistie als Handlung betrachtet, die einen epikletischen Charakter hat.1397 Die bewusste Hinwendung der Christen zum Vater mit der Bitte um die Gabe des Heiligen Geistes mit der Erwartung seiner Wirkung in der 1393 Johnathan Alvarado behauptet: »Epiclesis […] is the natural point of dialogue between Pentecostals and most other Christian traditions as it pertains to eucharistic theology«. Johnathan Alvarado, Pentecostal Epiclesis: A model for Teaching and Learning, in: Chris Green, Chris (ed.), Pentecostal Ecclesiology: A Reader, 199. 1394 Vgl. Gaßman/ Heller, Santiago, Bericht der Sektion III, §16, 238. 1395 TEA, Eucharistie, II. C., §14. Vgl. KWGV, §42. 1396 Dadurch, dass die Anamnese (Erinnerung) als Vergegenwärtigung Christi, die mit der Wirkung des Wortes verknüpft ist, der Epiklese vorgeordnet ist, kann die Wirklichkeit des Heiligen Geistes als »Christus assistierende« Funktion missinterpretiert werden. Dem ist entgegenzusetzen, dass der Heilige Geist auch in der Anamnese wirkt, indem er die Hörer des Wortes durch ihre Erinnerung mit der Wirklichkeit Christi verbindet. 1397 Vgl. TEA, Eucharistie, II. C., §16.
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Vergegenwärtigung Christi macht die eucharistische Handlung zum eigentlichen und ausschließlichen Ort, wo die Begegnung mit dem Wirken des Heiligen Geistes auf der trinitarischen Basis geschieht. Im Dialog der orthodoxen Kirchen mit der römisch-katholischen Kirche wird die Epiklese als Flehen der Kirche im Glauben an den Vater, den Heiligen Geist durch seinen Sohn zu senden, verstanden, so dass im Geben des inkarnierten Sohnes alle Dinge vereint werden.1398 Die Anrufung des Heiligen Geistes geschieht nicht vordergründig mit dem Ziel der Verwandlung der Sakramente, sondern es handelt sich um eine bewusste Zuwendung zur Wirklichkeit des Heiligen Geistes, ohne dessen Wirkung kein eucharistisches Geschehen der Vereinigung aller Menschen im Geheimnis des inkarnierten Christus möglich ist. Unter diesem Gesichtspunkt stellt die Eucharistie das trinitarische Verständnis der Pneumatologie sowie die Erfahrung des Heiligen Geistes als partizipationswirkende Erfahrung dar. Eine Konkretisierung des Konvergenztextes TEA, nämlich, dass mit der Bitte um die Gabe des Heiligen Geistes nicht die Vergeistlichung der eucharistischen Handlung, sondern die Proklamation und die Gewissheit der Einheit zwischen dem Sohn und dem Geist im Zentrum stehen, kann von der pentekostalen Seite jedoch für problematisch gehalten werden. Damit wird der Moment der Erfahrbarkeit der Wirklichkeit Gottes in der eucharistischen Handlung auf die Wahrnehmung des Blutes und des Leibes Christi fokussiert.1399 Auf der anderen Seite bedeutet die Betonung, die Vergeistlichung der Eucharistie zu vermeiden, keine Negation der geistlichen Erfahrungen. Vielmehr versucht sie die Gewissheit der realen Gegenwart Christi zu objektivieren und zu sichern. Die unmittelbare und vom Menschen wahrnehmbare Wirkung des Heiligen Geistes lässt sich im Wahrnehmen der gegenseitigen Wirkung des Wortes und des Geistes verstehen, also dessen, was Christus und sein Werk bedeuten: Vergebung, Heiligung, Erneuerung, Stärkung und Aussendung.1400 In diesem Sinne versteht sich eine direkte Erfahrung der Wirkung des Heiligen Geistes als Erfahrung der Gemeinschaft mit Christus. Inwiefern kann die Epiklese einen Rahmen für die Eingliederung der pentekostalen Öffnung für den Heiligen Geist in den ökumenischen Diskurs bieten? Jonathan Alvarado hat sich mit dem Thema der Epiklese aus der pentekostalen Sicht befasst. Er schreibt, dass, obwohl die pentekostale Tradition keine klar artikulierte eucharistische Theologie besitzt, sie dennoch das Muster der eucharistischen Praxis kennt.1401 Die pentekostale Tradition entdeckte im Licht der sakramentalen Theologie den Zugang zur liturgischen Deutung ihrer Gottes1398 Vgl. Growth in Agreement II, 654. 1399 Vgl. William H. Lazareth, Growing together in Baptism, Eucharist and Ministry. A Study Guide, Geneva 1982, 65. 1400 Vgl. TEA, Eucharistie, II. C., §14–18. 1401 Vgl. Alvarado, Pentecostal Epiclesis, 182.
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dienste. Alvarado behauptet in Berufung auf Simon Chan, Walter Hollenweger, Wolfgang Vondey, Estrelda Alexander, Veli-Matti Kärkkäinen und Amos Yong, dass die pentekostale Vorstellung der Sakramentalität in ihrer liturgischen Theologie zum Ausdruck kommt.1402 Auch hier liegt die Betonung auf der übernatürlichen Wirkung des Heiligen Geistes hinter der materiellen Wirklichkeit.1403 Die pentekostale Neigung zur Wahrnehmung der expliziten und übernatürlichen Wirkung des Heiligen Geistes ist für die pentekostale Anwendung der sakramentalen Theologie prägend. Allerdings definieren die Pentekostalen den Bezug zur Sakramentalität und zum Verständnis der Epiklese anders und unterschiedlich. Kärkkäinen betrachtet die Epiklese als Gebet zum Heiligen Geist weniger wegen des Herabkommens des Geistes auf die Sakramente, sondern mehr wegen des Herabkommens des Geistes auf die um den Abendmahlstisch Versammelten.1404 Alvarados Denken, sowie dasjenige von Kärkkäinen können als repräsentativ für die aktuellen Versuche pentekostaler Theologen angenommen werden, wie die Sakramentalität im Kontext der Epiklese innerhalb der pentekostalen Tradition entdeckt werden kann. Alvarado argumentiert beispielsweise mit dem Bezug auf die orthodoxen, wesleyanischen und calvinistischen Ansätze zur Eucharistie. Was dabei allerdings auffällt ist, dass die dogmatisch-hermeneutischen Nuancen der konfessionellen Verständnisse der Eucharistie wenig berücksichtigt werden. Zum Beispiel wird in Bezug auf die orthodoxe Tradition die inkarnatorische Mitte der transfigurierenden, eucharistischen Wirkung nicht berücksichtigt. Der Bezug auf Calvins Betonung des Heiligen Geistes in der Eucharistie übersieht, dass für Calvin der Bezug auf den Heiligen Geist den Zweck hatte, die Wirksamkeit der Gegenwart Christi und des Heils im Abendmahl zu konkretisieren.1405 Der Vergleich mit der wesleyanischen Tradition greift die heiligende und wiederherstellende Wirkung des Heiligen Geistes auf. Dabei wird nicht berücksichtigt, dass
1402 Vgl. a. a. O., 193. 1403 Hier beruft sich Alvarado auf das Denken von Mark J. Cartledge und Daniel Albrecht. Vgl. Marc Cartledge, Encountering the Spirit: The Charismatic Tradition, Maryknoll, N.Y 2007. Vgl. Daniel E. Albrecht, Rites in the Spirit: A Ritual Approach to Pentecostal / Charismatic Spirituality, Sheffield 1999, 186. 1404 Vgl. Alvarado, Pentecostal Epiclesis, 184. Alvarado zitiert Kärkkäinen, Toward a Pneumatological Theology: Pentecostal and Ecumenical Perspectives on Ecclesiology, Soteriology, and Theology of Mission, New York 2002, 139. Eine Epiklese als Ruf der versammelten Gläubigen zu ihrer Heiligung, Erneuerung und Befähigung wird auch in TEA erwähnt. Vgl. TEA, Eucharistie, II. C., §17. 1405 Vgl. Karl Lehmann (Hg). Rechtfertigung, Sakramente und Amt im Zeitalter der Reformation und heute. Dialog der Kirchen, Freiburg im Breisgau 1988, 95. Vgl. Heidelberger Katechismus von 1563, Frage 67.
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diese Wirkung nicht vordergründig im Fokus des traditionellen Verständnisses der Epiklese liegt. Alvarado sieht in der Epiklese hauptsächlich die Öffnung für die Wirklichkeit des Heiligen Geistes. »Through prayers of epiclesis, Pentecostals create and invite the Spirit to enter the meeting.«1406 Das Ergebnis der Anrufung des Heiligen Geistes ist die Geistestaufe.1407 Damit zeigt sich noch ein anderer Unterschied zur traditionellen Vorstellung von der Epiklese. Die Interpretation von Alvarado zielt auf die Geistestaufe als Resultat der Begegnung mit Gott ab. Die Geistestaufe sei das angestrebte Ende der Epiklese, weil die Gebete der Menschen sich auf die Erfüllung mit dem Heiligen Geist richten. Alvarado sieht den spezifisch pentekostalen Beitrag zum Verständnis der Epiklese in der Modellierung des Prozesses, wie der Heilige Geist auf die Menschen herabkommt und sie und die Sakramente transformiert. Er schlägt vor, dass der pentekostale Beitrag zur Erneuerung der epikletischen Vision der traditionellen Kirchen in der Belebung der Praxis der Epiklese durch die Geistestaufe bestehen kann.1408 Die ökumenische Sicht der Epiklese unterscheidet sich von diesem pentekostalen Vorschlag der Hinwendung zur Wirklichkeit des Heiligen Geistes darin, dass nicht der Heilige Geist, sondern die Person Christi im Fokus der Hinwendung steht. Wie schon oben angedeutet wurde, vermeidet das ökumenische Denken jede Tendenz, die Eucharistie zu vergeistlichen. Die Wirkung des Heiligen Geistes sowie die Teilnahme der Christen an der Eucharistie werden eher so verstanden, dass der Heilige Geist die Wirklichkeit der Gegenwart Christi, seines Wortes und des Glaubens der Christen schafft. Die Anrufung des Heiligen Geistes ist nicht mit der Erwartung des eintreffenden Ergebnisses, wie das einer Geistestaufe, verbunden. Diesen Hintergrund der Begegnung mit Gott haben die Vertreter der römischkatholischen Kirche in der fünften Phase des Dialogs P-RKK im Anschluss an die Malines Dokumente (1974) angedeutet.1409 Laut der Aussage der römisch-katholischen Seite rufen die Christen nicht nur zum Heiligen Geist, sondern sind gewiss, dass er wirkt und die Christen transformiert. Diese Aussage kann repräsentativ für alle Konfessionen der Tradition des Abendmahls im ökumenischen Diskurs gelten, und zwar so, dass die Kirchen der sakramentalen Tradition des Abendmahls sich dessen bewusst sind, dass der Heilige Geist die transformative Wirkung des Abendmahls unabhängig von der subjektiven menschlichen Erfahrung vollzieht. Alvarado behauptet auf den ersten Blick ähnliches. Sein
1406 1407 1408 1409
Alvarado, Pentecostal Epiclesis, 190. »Spirit Baptism is an expected epicletic end.« ebd. Vgl. Alvarado, Pentecostal Epiclesis, 194. Vgl. P-RKK/V, §228.
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Modus der Erwartung ist jedoch auf die sichtbare Evidenz der Erfüllung mit dem Heiligen Geist orientiert. Die Betonung auf der Notwendigkeit der Erfahrung der Begegnung mit dem Heiligen Geist wird auch im ökumenischen Verständnis der Eucharistie aufgrund des Zwecks des Abendmahls als Partizipation am Leben der Trinität durch Christus fehl am Platz sein. Im ökumenischen Denken ist die Spiritualität in der trinitarischen Basis verankert. Im Studiendokument Gemeinsam den einen Glauben bekennen drückt sich der Charakter der trinitarischen Spiritualität in der Bitte an den Vater aus, seinen Geist zu senden, damit die Christen in ihrem Leben »dem Leben Christi, des Sohnes, in vollkommenerer Weise gleich werden mögen«.1410 Anhand dieses Zitats wird deutlich, dass sich die Epiklese auf die transformative Wirkung des Heiligen Geistes nicht im Sinne der nachahmenden Erfahrung des Lebens Christi, sondern im Sinne der Partizipation am Leben Christi richtet. Die beiden Konzepte, nämlich die sakramental-vermittelnde Bedeutung von Epiklese und das pentekostale Verständnis der Öffnung für den Heiligen Geist, treffen sich aus meiner Sicht an einem Punkt der Übereinstimmung, nämlich dass sowohl die pentekostale Begegnung mit der Wirklichkeit Christi im Heiligen Geist als auch die eucharistische Theologie der Partizipation an der Gegenwart Christi das Wirken des Heiligen Geistes essentiell, also als eine wirklichkeitsschaffende Wirkung, betrachten und die Christen in die Erfahrung der direkten Abhängigkeit vom Heiligen Geist führen. Ob direkt-unmittelbar oder durch die eucharistische Epiklese, in beiden Fällen wird das Wirken des Heiligen Geistes als Gnade und Initiative Gottes bewusst vorausgesetzt und erwartet. Das Wirken des Heiligen Geistes kann im eucharistischen Kontext der Epiklese besser unter dem Gesichtspunkt des Wirkens des Heiligen Geistes als des Geistes der Partizipation an der Trinität subjektiv als bewusste und direkte Hinwendung zum Heiligen Geist erfahren werden. Daraus folgt, dass die Hinwendung der Christen zur realen Wirklichkeit Gottes die Struktur des trinitarischen Personsein aufweist. Der epikletische Charakter der Eucharistie drückt sich in der Koinonia-artigen Hinwendung des Menschen zur Gegenwart Gottes als zu seinem Gegenüber aus. Dieser Aspekt der Eucharistie wurde im römisch-katholischen und orthodoxen Verständnis unter dem Gesichtspunkt des vitalen Charakters der Eucharistie deklariert, nämlich dass die Eucharistie zum »Vorgeschmack des ewigen Lebens und zur Arznei der Unsterblichkeit« wird.1411 Wenn die Eucharistie als Gabe Gottes, die Christus als Nahrung (Brot und Kelch) vermittelt, und die Hinwen1410 Gemeinsam den einen Glauben bekennen, §211. 1411 Das Geheimnis der Kirche und der Eucharistie im Lichte des Geheimnisses der Heiligen Dreieinigkeit, in: Dokumente wachsender Übereinstimmung. Band 2, 531.
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dung zu dieser Nahrung sowie ihr Empfang als Partizipation am Leben des dreieinigen Gottes interpretiert wird, dann kann der Aspekt der persönlichen Hinwendung zu Gott in seiner eucharistischen Zuwendung paradigmatisch im Sinne des Modus des trinitarischen Lebens gesehen werden. Aus dieser Perspektive kann das Verständnis von Eucharistie einen neuen, pneumatologischen Rahmen für das Verständnis der Sakramentalität bilden. In diesem Rahmen bekommt die pentekostale Hinwendung zur Erfahrung des Heiligen Geistes einen epikletischen Charakter und kann unter diesem Aspekt in die eucharistische Koinonia-Ekklesiologie des ökumenischen Diskurses einbezogen werden. Der Grundgedanke ist dabei folgender: Der pentekostale Modus der Beziehung zu Gott als Hinwendung zur Wirklichkeit und Erfahrbarkeit des Heiligen Geistes zeigt eine analoge Struktur zum trinitarischen Personsein. Da die Partizipation am Leben des dreieinigen Gottes durch die Gemeinschaft des Heiligen Geistes in der Weise des Heiligen Geistes geschieht und diese Partizipation im Sinne der pentekostalen Analogie zum trinitarischen Personsein die direkte und persönliche Hinwendung des Menschen zur Wirklichkeit des Heiligen Geistes involviert, muss der Lebensmodus der persönlichen Hinwendung zur Realität des Heiligen Geistes in eine Reihe mit den Weisen gestellt werden, wie die Christen am Leben der Trinität teilhaben. Der zentrale Punkt in dieser Deutung der Partizipation am trinitarischen Leben liegt nicht in der Individualisierung und Privatisierung des christlichen Glaubens, die zur Abkoppelung von der christologischen Dimension der gemeinschaftlichen Partizipation führen kann. Der Fokus liegt vielmehr auf der Berücksichtigung der Rolle der persönlichen menschlichen Hingabe an die Wirklichkeit Gottes als Liebe zu Gott in der Koinonia-Ekklesiologie. Der eucharistische Kontext der Koinonia-Ekklesiologie wurde deshalb als Ansatzpunkt gewählt, weil die Eucharistie und ganz speziell der epikletische Charakter der Eucharistie das Thema der Öffnung für den Heiligen Geist inkludiert. Wenn die Begegnung mit Gott und die Öffnung für den Heiligen Geist beim Verständnis der Eucharistie anzusiedeln ist, dann wäre es aus meiner Sicht für beide Seiten, nämlich für die ökumenische Koinonia-Ekklesiologie und für die pentekostale Tradition, gewinnbringend, das Verständnis des Lebens im Heiligen Geist an einem von beiden Seiten nachvollziehbaren Konzept der Koinonia des trinitarischen Seins als Hinwendung bzw. Hingabe an Gott zu erläutern. Eine mögliche Erläuterung der Hingabe als Wesensmerkmal der Eucharistie kann am Verständnis der Eucharistie von Alexander Schmemann gezeigt werden. Er sieht in der Eucharistie die Darstellung der Grundbedingung des menschlichen Lebens, und zwar des Lebens als Hingabe an Gott: »The sin is that he ceased
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to be hungry for Him and Him alone, ceased to see his whole life depending on the whole world as a sacrament of communion with God.«1412 Der Ausdruck Hunger nach Gott wird in der Aussage von Schmemann als Grundvoraussetzung des Lebens in der Welt gebraucht. Mit dieser Formulierung geht Schmemann hinter die technische Konnotation der Begriffe sakramental und eucharistisch im Kontext der Wortpaare natürlich-übernatürlich und heiligprofan. Er bringt das Verständnis der Eucharistie in den Kontext des Lebensmodus der Hinwendung des Menschen zu Gott. Aus diesem Leben heraus geschieht die Hinwendung zur Welt. Zwar wird die Hinwendung zum Heiligen Geist im pentekostalen Paradigma anders gefüllt, dennoch können einige Ansatzpunkte der von Amos Yong vorgeschlagenen Geist-Soteriologie mit der sakramentalen Bedeutung der Eucharistie in Verbindung gebracht werden. Nach Yong kann die Erfahrung der Erfüllung mit dem Heiligen Geist paradigmatisch als Vollendung des rettenden Werkes Christi interpretiert werden. Die Vollendung des Heils kann in Bezug auf die Erfahrung des Heiligen Geistes eher vorwegnehmend, auf das Ziel des Heils als persönlicher Begegnung bzw. Vereinigung mit Gott dem Schöpfer in der Ewigkeit, interpretiert werden. In der Hinwendung des menschlichen Lebens zu Gott verbirgt sich das Urprinzip des Lebens der Schöpfung. So gesehen manifestiert das Ereignis der Geisterfüllung die Wiederherstellung des ursprünglichen, schöpferischen Prinzips des Lebens, nämlich in der Wiederherstellung der schöpferischen Rahmenbedingungen, um die Hinwendung des Menschen zur persönlichen Gegenwart Gottes zu ermöglichen. Demnach liegt die Betonung des Wirkens des Heiligen Geistes weniger auf der Erfahrung seiner unmittelbaren Wirkung an sich, sondern mehr auf der Schaffung des Modus der Existenz in der totalen und persönlichen Ausrichtung zu Gott. Als Begründung für diese These kann die ökumenische Agenda über das Wirken des Heiligen Geistes als Geist der Koinonia dienen, wobei Koinonia mit dem dreieinigen Gott im Sinne der wechselwirkenden Prozesse von Hingabe und Gabe Gottes und von Empfang und Hingabe des Menschen gleichzeitig als sakramentale Handlung verstanden wird.1413 Wenn man die Sakramentaliät der Eucharistie unter dem Gesichtspunkt der epikletischen Gemeinschaft im Sinne der Analogie zum trinitarischen Personsein bzw. der Koinonia betrachtet, dann kann eine bewusste Hinwendung der Christen zur Gegenwart Christi mit der Bitte an den Heiligen Geist die eigentliche sakramentale Handlung bedeuten, die den pneumatischen Modus der menschlichen Existenz zum Ausdruck bringt. In diesem Fall wird die eigentliche 1412 Alexander Schmemann, For the Life of the World, 18. 1413 »In einigen theologischen Sichtweisen können das Leben selbst und jede Aktivität als ›sakramental‹ betrachtet werden, insofern sie Gottes verwandelnde Liebe in unserer Welt gegenwärtig machen.« Auf dem Weg zur Koinonia im Glauben, Leben und Zeugnis III.1 §65, 36. Vgl. Die Diskussion über Taufe, Eucharistie und Amt, 147–148.
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pneumatologische Dimension der Eucharistie nicht nur auf das Christus vergegenwärtigende Wirken des Heiligen Geistes beschränkt, sondern vordergründig im relationalen Wirken der gemeinschaftlichen und persönlichen Hinwendung der Christen zur realen Gegenwart Christi gesehen. Die menschliche Aktivität wird in die Wirkung des Heiligen Geistes involviert. Diese pneumatologische Dimension der Eucharistie wird unter dem Gesichtspunkt der trinitarischen Koinonia als Moment der Hinwendung oder Hingabe an das erlebt, was von der Seite Gottes als Hingabe geschenkt wird, nämlich die liebende Hingabe Gottes in der Gabe Christi. So verstanden versinnbildlicht die Eucharistie auch ein Lebensmuster in der Analogie der trinitarischen Koinonia. Im orthodoxen Denken von Schmemann wird diese Lebensweise im Gegensatz zum gefallenen Leben in der Sünde als eucharistische Lebensweise in der eucharistischen Welt verstanden.1414 Diese Sicht erschließt den Zugang zum sakramentalen Denken unter dem Aspekt der Erfahrung der Beziehung zur Wirklichkeit des Heiligen Geistes als Leben in Hinwendung zu Gott. Die Struktur der eucharistischen Handlung kann nicht anders denn als Analogie zum trinitarischen Personsein angenommen werden. Die Eingliederung des pentekostalen Denkansatzes zum Leben im Heiligen Geist in den eucharistischen Kontext der Koinonia-Theologie kann unter dem Gesichtspunkt des Wirkens des Heiligen Geistes in der persönlichen Zuwendung des Menschen zu Gott nach der Art der trinitarischen Koinonia betrachtet werden. Mit anderen Worten, die Aufnahme der pentekostalen Vorstellung von der Fülle des Lebens im Heiligen Geistes kann in die Koinonia-Ekklesiologie unter dem Gesichtspunkt eines Koinonia-Modus des Lebens der Christen in Analogie zum trinitarischen Personseins vorstellbar sein. Dafür ist jedoch notwendig zu prüfen, ob die Theologie der Koinonia in den ökumenischen Texten den Aspekt der persönlichen Zuwendung zu Gott in das ökumenische Bedeutungsspektrum von Koinonia aufnehmen lässt. 3.5.3.7 Die persönliche Hinwendung zu Gott als Koinonia im Licht der ökumenischen Deutung der Koinonia Das ökumenische Verständnis von Koinonia zeigt eine klare Linie der Analogie zur Koinonia der Trinität. »Gott will Einheit für die Kirche, für die Menschheit und für die Schöpfung, weil Gott eine Koinonia der Liebe ist, die Einheit von Vater, Sohn und Heiligem Geist.«1415 Die Tendenz der ökumenisch-sammelnden Anwendung des relationalen Verständnisses der trinitarischen Liebe zeigt eine
1414 Vgl. Schmemann, Life of the World, 18. 1415 Gaßmann/ Heller, Santiago, Die Botschaft der Weltkonferenz, §4, 214.
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Richtung zur Kategorisierung des Begriffes »Koinonia« als Verbindung und verbindende Partizipation.1416 Der Heilige Geist wird in der Treue zur Koinonia – Erklärung von Canberra als Schöpfer (Promoter) der Koinonia deklariert.1417 Seine Koinonia-schaffende Wirkung besteht in der Konstituierung der Art des trinitarischen Lebens als Initiierung der Bewegung der Christen hin zur Koinonia.1418 Setzt man den ökumenischen Gedanken, die Einheit der Kirche sei im Heiligen Geist, mit dem Verständnis des Heiligen Geistes als Schöpfer der Koinonia in Verbindung, dann soll die Analogie zur trinitarischen Koinonia auf der kirchlichen Seite im Spektrum von Denk-und Handlungsprinzipien gesehen werden, die die Einheit der Kirchen in der Art der trinitarischen Koinonia zum Ziel haben. Wenn jedoch die Schwerpunktlegung auf der sakramentalen Dimension der Kirchen liegt, die paradoxerweise die Kirchen in Wirklichkeit trennt, dann wäre als These der vorliegenden Untersuchung vorzuschlagen, die Analogie zur trinitarischen Koinonia bis hin zum Aspekt der persönlichen Koinonia als Liebe zu Gott zu erweitern. Die Koinonia der Liebe der Trinität wurde im Diskussionspapier zur 5. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung in Santiago als gegenseitig fließende Liebe zwischen dem Vater und dem Sohn erklärt, die im Leben Christi erschien und im Kreuzgeschehen ihr Herz hat.1419 Der Heilige Geist war die Kraft dieser liebenden Beziehung des Sohnes zum Vater.1420 Daraus folgend wird die Koinonia als fließende Liebe zwischen den Trinitätspersonen auf die Koinonia zwischen Gott und den Christen als Sein in Christus übertragen, wobei die Rolle des Heiligen Geistes in seiner verbindenden Funktion gesehen wird: »Diese göttlich-menschliche Koinonia ist eine Gabe Gottes, nicht das Ergebnis eines Zusammenkommens gleichgesinnter Menschen […] Die Beziehung zwischen Gott und den Glaubenden und unter den Glaubenden […] wird auch mit anderen Worten beschrieben als Sein ›in Christus‹ […] und als Sein Christi in den Gläubigen durch das Innewohnen des Heiligen Geistes (Röm 8,1–11; Gal 2,20).«1421 Die Analogie der kirchlichen Koinonia weist auf eine Spannung zwi1416 Vgl. Auf dem Weg zur Koinonia im Glauben, Leben und Zeugnis, I.1, §28. 1417 Vgl. Die Einheit der Kirche als Koinonia: Gabe und Berufung, 4.1. 1418 »Unser miteinander geteiltes Leben, in dem Einheit und Verschiedenheit untrennbar sind, ist in der Ökonomie des dreieinigen Gottes begründet. Diese Gemeinschaft verwirklicht der Heilige Geist in der Kirche.« Gaßmann/ Heller, Santiago, Bericht der Sektion I §9, 218. 1419 Vgl. Auf dem Weg zur Koinonia im Glauben, Leben und Zeugnis I.1, §28. Diese Betonung kommt deutlich zum Ausdruck in der ökumenischen Konsultation Towards Koinonia in Worship: The Ditchingham Letter and Report. »The pattern of Christian worship, however, is to be spoken of as gift of God, not as demand nor as a tool for power over others. […] At the heart of the worship of Christians stands the crucified Christ.« Thomas F. Best/Dagmar Heller, So We Believe, So We Pray. Faith and Order Paper No.171, Geneva 1995, Report of the Consulation, §5. 1420 Vgl. Auf dem Weg zur Koinonia im Glauben, Leben und Zeugnis, I.1, §28. 1421 Ebd. §§30–31.
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schen dem trinitarischen Prototyp der Koinonia und dem Verständnis der Koinonia als Sein in Christus. Im ökumenischen Diskurs wird das Sein in Christus als sakramentale Eingliederung in die Kirche als Leib Christi verstanden. Die Beziehung zwischen Gott und den Christen wird im Rahmen des Seins in Christus verstanden.1422 Wenn diese Koinonia als Partizipation an der Realität des trinitarischen Lebens im sakramentalen Sinn des Seins in Christus erfasst wird, dann muss man das Verständnis der trinitarischen Liebe ontologisch-sakramental als Relation interpretieren. Der Heilige Geist wird in dem Zusammenhang nur als wirkende Kraft der Relation, jedoch nicht als Übermittler der Liebe Gottes verstanden, die auf der menschlichen Seite subjektiv als Liebe empfunden wird. Es wird deutlich, dass das ökumenische Denken die Liebe als Relation formell denkt. Dahinter lässt sich eine Lücke im christologischen Konzept der Kirche als Leib Christi oder die Überbetonung der Christologie über der Pneumatologie vermuten. Man sieht in Christus bildhaft die Beziehung Gottes zum Menschen. Will das ökumenische Denken die Teilhabe am dreieinigen Gott im Mittelpunkt der Ekklesiologie sehen, muss die erlebbare Beziehung zu Gott in der Analogie zu Gott dem dreieinigen betrachtet werden. Die zweifache bzw. zweidimensionale Auffassung von Koinonia in der Version von der Vollversammlung in Canberra und von der Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung in Santiago liefert einen Ansatz zum Verständnis der trinitarischen Beziehung zwischen Gott und der Kirche, die ich in meiner Untersuchung mit der Metapher der Liebe oder Hingabe in Verbindung bringe. Die Koinonia im Sinne der Art der Teilhabe an Gott kann zugleich als subjektiv erfahrbare und innere Haltung bzw. Bewegung zu Gott hin auf der einen Seite und auf der anderen Seite als gemeinschaftliches Sein im Leib Christi, das durch die Partizipation am Sakrament der Eucharistie und am Leben der Kirche erfolgt, interpretiert werden. Diese zwei Wesensmerkmale der Koinonia, die aus der trinitarischen Analogie entnommen sind, bezeichnen die persönliche und relationale Dimension der fließenden Liebe der Trinität.1423 Diese Dimensionen der trinitarischen Liebe können einen Rahmen bieten, um sowohl den Aspekt der persönlich-subjektiven als auch den der ekklesiologisch-objektiven Koinonia in eine gegenseitige Beziehung zu bringen. Im Rahmen der Theologie der Einheit der Kirche ist der Vorrang des ekklesiologisch-objektiven Aspektes der Koinonia aus zwei Gründen berechtigt. Erstens, Koinonia als Beziehung zum Leben der Trinität ist die Initiative und die Handlung, die zuerst von Gott ausgeht. Selbst der Glaube als Antwort auf die gnädige Zuwendung Gottes ist dem Wirken des Heiligen Geistes zu verdanken. 1422 Vgl. Auf dem Weg zur Koinonia im Glauben, Leben und Zeugnis I.1, §31.22. 1423 Vgl. a. a. O., §28, 273.
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Zweitens, die volle Realisierung der trinitarischen Koinonia ist nur im kommunalen Leben der Kirche aufgrund der Wechselwirkung zwischen der vertikalen Koinonia mit Gott und der horizontalen Koinonia mit anderen Christen denkbar. Was jedoch auf der pentekostalen Seite Fragen aufwerfen kann, ist die Tatsache, dass die ekklesiologische Schwerpunktlegung des Daseins und der Partizipation am Leben des dreieinigen Gottes in Christus zur Priorisierung, Vereinseitigung und Zentralisierung des sakramentalen-institutionellen Denkansatzes der Partizipation an Christus führen kann. Damit wird nicht gesagt, dass der ökumenische Diskurs die anderen Formen der Koinonia nicht berücksichtigt. Im ökumenischen Verständnis von Koinonia findet diese ihren Ausdruck in der Triade von Glaube, Leben und dem gemeinsamen christlichen Zeugnis gegenüber der Welt.1424 Ich möchte an einem Beispiel zeigen, dass die Fokussierung auf die ekklesiologische Prämisse des sakramentalen Seins in Christus aus meiner freikirchlich-pentekostalen Sicht keine zufriedenstellende Lösung für das ökumenische Dilemma bieten kann. Das Dilemma der christlichen Einheit erklärt sich aus dem Sachverhalt, dass die Einheit der Kirche einerseits im Heiligen Geist schon vorgegeben ist. Andererseits haben die Kirchen keine Fülle der Koinonia in der gemeinsamen Feier der Eucharistie erreicht.1425 Darum versteht sich die Einheit der Kirche zugleich als Gabe und Aufgabe. Einer der Gründe, warum die Einheit der Kirche angesichts ihrer Quelle im Heiligen Geist in Realität als Trennung erfahren wird, liegt in der Schwerpunktlegung des Verständnisses der Kirche auf dem Leib Christi.1426 Daraus folgend versteht sich die Beziehung zu Christus und das Leben der Kirche unter dem Gesichtspunkt des Seins in Christus. Wenn man von der christologischen Basislegung der Kirche und dem sakramentalen Verständnis des Wirkens des Heiligen Geistes als Verbindung zwischen Christus und der Kirche ausgeht, dann stößt man an die logische Diskrepanz zwischen dem Verständnis des Heiligen Geistes als Geist der Einheit der Kirchen und der sakramentalen Wirksamkeit der Eucharistie. Die Vermittlung der Gegenwart Christi im Sakrament der Eucharistie sowie die reale Vergegenwärtigung Christi in der Eucharistie geschieht durch den Heiligen Geist, in dem die Einheit der Kirchen objektiv als Gabe vorgegeben ist. Auf der anderen Seite leben die Kirchen, die die Wirksamkeit der Eucharistie in der vermittelnden Wirkung des Heiligen Geistes gründen, in der faktischen Trennung, die sie wiederum mit Berufung auf die Wirksamkeit der 1424 Vgl. Die Einheit der Kirche als Koinonia: Gabe und Berufung, 2.1. 1425 Vgl. Towards a Common Understanding and Vision of the World Council of Churches, 2.8.2. 1426 Hier ist die Diskussion in der F&O Sitzung in Bossey im Jahr 1953 zu erwähnen, die eine Neigung zur Priorisierung der Metapher für die Kirche als Leib Christi gezeigt hat.
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Sakramente begründen. Sofern jede Kirche die Teilhabe an der Realpräsenz Christi in der Eucharistie mit Berufung auf den Heiligen Geistes begründet, partizipiert sie durch die Teilhabe an der Eucharistie an der einen Kirche Christi. In jeder Eucharistiefeier, sobald sie ihre Wirksamkeit mit dem Wirken des Heiligen Geistes in Verbindung bringt, wird objektiv gesehen die Einheit der Kirchen etabliert. Anderenfalls weckt das Nichtzustandekommen der gemeinsamen Eucharistiefeier die Vermutung, dass entweder die Eucharistie aufgrund des Zustandes der Trennung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes nicht korreliert, oder die Fülle der Einheit der Kirchen sich nicht in der einen, sichtbaren, eucharistischen Gemeinschaft ausdrückt. Aus diesem Grund scheint das ökumenische Ziel der eucharistischen Gemeinschaft der Kirchen als Fülle der Koinonia unrealistisch zu sein, vor allem aufgrund des Beharrens auf der eucharistischen Ekklesiologie. Das christliche Dilemma besteht allerdings darin, dass trotz der objektiven Realität der Einheit im Heiligen Geist der tatsächliche Zustand der getrennten Kirchen eine dem Heiligen Geist widersprechende Wirklichkeit zeigt. Die Schwerpunktlegung bzw. Erweiterung des Verständnisses der Koinonia mit Gott auf die persönliche und ganzheitliche Hinwendung zur Realität Christi kann einen Aspekt sowohl zur Lösung des ökumenischen Dilemmas als auch zur Versöhnung zwischen den Kirchen der sakramentalen Koinonia-Tradition und den nicht-sakramentalen Kirchen wie z. B. den Kirchen der pentekostalen Tradition liefern. Den Ausgangspunkt des oben angesprochenen Nachdenkens sehe ich darin, das Thema der Beziehung der Kirche bzw. der Christen zur Wirklichkeit des Heiligen Geistes ins Zentrum des ökumenischen Denkens zu rücken. Die Lücke im ökumenischen Diskurs, was die Befassung mit dem Verständnis des Lebens im Heiligen Geist im Handlungsbereich der Christen angeht, bestätigt meinen Vorschlag. Die vermittelnd-mediale Dimension des Heiligen Geistes in der Wirkung der Koinonia mit dem Leben des dreieinigen Gottes soll bis zur persönlichen Dimension seiner Wirkung im menschlichen Handlungsbereich erweitert werden. Unter der persönlichen Dimension verstehe ich die Wirkung des Heiligen Geistes in der persönlichen, menschlichen Hingabe an Gott. Die gemeinsame Eucharistie als tiefster Ausdruck der christlichen Einheit wird im Denkrahmen der pentekostalen Tradition dann rezipiert, wenn die Eucharistie nicht im Rahmen der transformierenden und übernatürlichen Wirkung des Heiligen Geistes, auch nicht vordergründig in Bezug auf die sichtbare Existenz der Kirche als Sein in Christus, sondern in Bezug auf die Deutung der Koinonia in der Analogie zum trinitarischen Leben als persönliche Hinwendung der einzelnen Personen zu Gott verstanden wird. Aus diesem Grund kann unsere These zu einem Perspektivenwechsel beitragen, das Verständnis vom Sein in Christus sowie die Beziehung zwischen Gott
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und dem Menschen hin zum Aspekt der persönlichen Koinonia, nämlich zum persönlichen Leben in der Hingabe an Gott zu erweitern. Diese Möglichkeit ist im ökumenischen Diskurs theoretisch unter dem Aspekt der Koinonia des Lebens oder des Lebens als Sakrament vorgegeben. Das Beispiel des ökumenischen Gebets zeigt eine Form der Begegnung zwischen den Christen, die dem Modell des Flusses der innertrinitarischen Liebe sehr nahesteht.1427 Eines der Prinzipien der Koinonia in der Feier des ökumenischen Gebets enthält einen richtunggebenden Hinweis auf die Möglichkeit dieser Erweiterung. Der ökumenische Gottesdienst wird deklariert als: »a privileged occasion at which God is present in the proclaimed word, in the sacraments and in the other forms of Christian prayer, as well as in the assembly gathered in worship; at once remembrance, communion and expectation; hence its celebration expresses hope of the future glory and dedication to the work of building the earthly city in the image of the heavenly«.1428
Nach dieser Definition wird die Gegenwart Gottes nicht nur mit dem Wort und mit den Sakramenten, sondern auch mit dem Gebet und mit der liturgischen Versammlung in Verbindung gebracht. Das Gebet und die liturgische Versammlung als Erfahrungsorte der Gegenwart Gottes erscheinen als korrelative Symbole, die der pentekostalen Art des Gottesdienstes als Hinwendung zur Gegenwart Gottes ähnlich sind. Diese Perspektive auf die Koinonia bietet eine Basis, um das Gespräch über die Koinonia im Heiligen Geist hin zum Bereich der persönlichen Erfahrung der Begegnung mit Gott und den Christen entweder jenseits des sakramentalen Kontextes oder in Bezug auf den sakramentalen Kontext auszuweiten. Dieser Vorschlag sieht sein Hauptargument unter anderem darin, dass das ökumenische Denken das Wirken des Heiligen Geistes als Schöpfer der Koinonia unter anderem im subjektiven Bereich der menschlichen Motivation bzw. Bewegung zur Suche nach Einheit der Kirchen legt (Canberra-Erklärung, 4.1). Dieser persönliche Aspekt der Koinonia liefert einen Ansatzpunkt für das Verständnis der Koinonia unter dem Gesichtspunkt der persönlichen Hingabe an die Gegenwart Gottes. Im Folgenden führe ich die Indizien aus den ökumenischen multilateralen Texten von F&O auf, die zeigen, dass der Aspekt der persönlichen Koinonia im Licht des relationalen und persönlichen Wesens der trinitarischen Liebe im Sinne des trinitarischen Personseins angedacht wurde.
1427 »Durch gemeinsames Gebet und eine Begegnung von Herzen und Gedanken auf einer tieferen geistllichen Ebene erleben viele eine ›ökumenische Bekehrung‹, …« Auf dem Weg zur Koinonia im Glauben, Leben und Zeugnis, III.4, §76, 39. 1428 Thomas F. Best/Dagmar Heller (eds.), So We Believe, So We Pray, §39, 13.
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Eine Aussage im Diskussionspapier von F&O Auf dem Weg zur Koinonia im Glauben, Leben und Zeugnis setzt bei der Korrelation zwischen der trinitarischen Koinonia und der Natur der Person an: »Denn Glauben im biblischen Sinne meint nicht nur einen bestimmten Inhalt, wie er im Glaubensbekenntnis enthaltn ist, sondern er meint einen existentiellen Akt der menschlichen Person: Leben in Gemeinschaft mit Gott«.1429 Das biblische Verständnis des Glaubens setzt das menschliche Personsein als relationales Wesen in der liebenden Gemeinschaft mit Gott voraus. Allerdings wird die relationale Natur in Verbindung mit der Partizipation am Leben Gottes durch die Eingliederung in Christus in der Taufe gesehen. Der Bericht der I. Sektion, dem dieses Diskussionspapier als Grundlage gedient hat, führt weiter aus, dass das Leben der Trinität im Geben und Empfangen der Liebe besteht.1430 Nun überträgt der Heilige Geist diese Liebe, nämlich als Geist der Communio durch die Partizipation der Christen an Christus und an ihrem gemeinsamen Leben in der Kirche. Auf diese Weise wird das Prinzip der trinitarischen Liebe in das Prinzip der Einheit und der Vielfalt der Kirchen und auf das in-die–Kirche– eingegliedert-Sein übertragen. Auch wenn die Christen aufgerufen werden, in der analogen Beziehung der trinitarischen Liebe wie die Trinitätspersonen zu leben, wird der Fokus im ökumenischen Denken nicht auf die persönliche Dimension der Liebe zu Gott als Person als Grundlage der Koinonia gelegt. Der Modus der selbstopfernden Liebe im Sinne von Kenosis wird allerdings auf die horizontale Beziehung zu anderen Christen und Kirchen angewandt.1431 Die starke Betonung auf den im trinitarischen Leben verankerten Charakter der Koinonia im Sinne der Communio lässt die Frage unberücksichtigt, warum das Wesen des personalen und relationalen Personsein Gottes als gebende und empfangende Liebe nicht in Verbindung mit dem persönlichen Erlebnis der Hingabe an Gott betrachtet werden kann. Diese Berücksichtigung ist für den ökumenischen Diskurs unter dem anthropologischen Gesichtspunkt von großer Bedeutung. Wird die Koinonia-schaffende Wirkung des Heiligen Geistes schwerpunktmäßig mit der Partizipation an Christus und dem Leben in der Gemeinschaft in Verbindung gedacht, muss das reale menschliche Leben als Person in ihrem Bezug zu allen Lebensbereichen in Betracht gezogen werden. Wie oben aufgezeigt wurde, kann das Gespräch über das relationale Wesen Gottes als Einheit nur unter der Prämisse geführt werden, dass die Trinitätspersonen in gegenseitiger und hingabevoller Liebe zueinander leben. Diese Liebe, 1429 Auf dem Weg zur Koinonia im Glauben, Leben und Zeugnis I.1, §22, 19. 1430 »Das geheimnisvolle Leben der göttlichen Gemeinschaft zwischen Jesus Christus und seinem Vater und dem Geist ist personal und in Beziehung – ein Leben des Schenkens und des Empfangens von Liebe, die zwischen ihnen fließt.« Gaßmann/Heller, Santiago, Bericht der Sektion I., §7, 281. 1431 Vgl. ebd.
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heilsökonomisch, pneumatologisch und ökumenisch verstanden, fand ihren sichtbaren Ausdruck nicht nur in der inkarnatorischen Relation zwischen dem Logos und dem Menschen, sondern auch in der realen Erscheinung des trinitarischen Lebens im menschlichen Leben Christi, nämlich in seiner menschlichen Erscheinung als ganze Person. Allein schon die Betonung des NTs auf dem höchsten Gebot der Liebe, zu lieben wie Christus geliebt hat, verweist vor allem auf das irdische, menschliche Beispiel Christi (Joh 13,34–35). Dieses Leben ausschließlich jeweils auf die Kategorie der Relation und der Partizipation oder gar auf die Symbolisierung der göttlichen Attribute, die auf das menschliche Leben nicht übertragbar seien, zurückzuführen, würde bedeuten, dass das Leben der Trinität als Liebe keine direkte Relevanz für das Verständnis vom Menschsein Christi sowie für das Verständnis des menschlichen Lebens und der menschlichen Liebe hat. Das bedeutet, dass die Ausklammerung der Erfahrung der persönlichen Hingabe an Gott, den Vater, aus dem Leben Christi die Ganzheit seiner Menschenwerdung relativieren kann. Ich gehe davon aus, dass das ökumenische Verständnis von Koinonia das trinitarische Leben mit dem menschlichen Leben der ganzen Person des Menschen, und zwar mit allen Dimensionen des menschlichen Lebens, in Verbindung bringt. Der Glaube an den Heiligen Geist wird im ökumenischen Denken als Glaube an den lebensspendenden Geist in Verbindung mit seiner Koinoniaschaffenden Wirkung als fundamental deklariert.1432 In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, dass der dritte Artikel des Nizänischen Glaubensbekenntnisses den Heiligen Geist als lebensspendenden Geist mit der Kirche in einer Verbindung betrachtet.1433 Es ist unter anderem der erwähnten ökumenischen Studie Gemeinsam den einen Glauben bekennen zu verdanken, dass die lebensspendende Funktion des Heiligen Geistes ins Bewusstsein des ökumenischen Diskurses gebracht wurde. Aus dem Verständnis der lebensschaffenden Wirklichkeit des Heiligen Geistes heraus und in Verbindung mit seiner Koinonia-schaffenden Funktion soll das Wirken des Heiligen Geistes den ganzen Menschen samt all seinen Lebensdimensionen persönlich an der Begegnung mit Gott partizipieren lassen. Um diesen Gedankenvorgang abzuschließen, soll betont werden, dass das Prinzip der persönlichen Koinonia, welches sich im pentekostalen Verständnis der Offenheit für die Wirklichkeit des Heiligen Geistes ausdrückt, das ökumenische Verständnis von der Fülle der Koinonia im Kontext der persönlichen Liebe zu Gott oder der Hingabe an Gott ergänzen kann. Wie der Aspekt der Erfahrung der Liebe zu Gott (Hingabe an Gott) als Koinonia gedacht werden kann, kann beispielhaft an den Referaten von Dorothy A.
1432 Vgl. Gemeinsam den einen Glauben bekennen, §193. 1433 Vgl. a. a. O., §16.
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Lee und Simon Chan auf der 5. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung gezeigt werden. Dorothy Lee zeigt anhand der biblischen Geschichte über die Salbung Christi in Bethanien, dass die Koinonia zwischen Gott und Menschen in der gegenseitigen Zuwendung bzw. Selbstopferung besteht. Wie Christus sein Leben als höchste Kostbarkeit für die Welt gibt, so verwendet die Frau das kostbarste Parfüm für ihn: »Koinonia beruht auf wechselseitiger Liebe […] Wahre Gegenseitigkeit, wie das Geben und Nehmen zwischen Liebenden, befähigt uns, so zu geben, dass unsere Identität wiederhergestellt und bereichert, aber nicht untergraben wird. Diese gegenseitige Dynamik ist die Grundlage unserer Spiritualität […]«1434
Lee beschreibt damit die innere Bewegung der trinitarischen Liebe als Basis der christlichen Spiritualität der Koinonia. Diese Dimension der Koinonia setzt Lee mit der sakramentalen Dimension in Verbindung. Daraus kann auch die Schlussfolgerung abgeleitet werden, dass die persönliche Hingabe im Sinne der Liebe zu Gott in sich sakramental verstanden werden darf. Also nicht im Sinne der symbolischen Deutung der sakramentalen Handlung, und auch nicht deshalb, weil das Gefühl der Hingabe oder der Liebe ein Medium der Begegnung mit Gott ist, sondern weil die Hingabe ein Resultat der Wirkung des Heiligen Geistes ist, der der Vermittler der Koinonia ist. In dem Fall kann die Offenheit gegenüber der Gegenwart des persönlichen Gottes nicht nur ontologisch-kommunal, sondern auch psychologisch als eine affektive Handlung der hingabevollen Liebe angesehen werden. Simon Chan, der die Partizipation am trinitarischen Leben in Santiago als Vertreter der pentekostalen Tradition angegangen ist, behandelt die trinitarische Liebe aus der Sicht der gegenseitigen Zugänglichkeit und Offenheit. Auch Chan sieht in der gegenseitigen Liebe der Trinität eine Art von Koinonia, und zwar, dass das Verhalten des Sohnes ein Modell der christlichen Koinonia bildet.1435 Für Chan drückt sich die Koinonia durch das Wirken des Heiligen Geistes in der lebendigen und liebenden Gemeinschaft aus. Die Partizipation der Gemeinschaft an der Trinität versteht Chan im geist-christologischen Paradigma, und zwar so, dass die Koinonia zwischen der Trinität und der Gemeinschaft durch das Wort, also durch das Gespräch mit Gott, geschieht. Pfingsten markiert die Wiederherstellung des schöpferischen Redens. Chans Denken ist hier nicht typisch pentekostal, weil er die Betonung der Partizipation am trinitarischen Leben auf das Wort, wenn auch auf das geistgewirkte Wort, legt. Bezieht man seinen Gedanken auf die Rolle des Heiligen 1434 Gaßmann/Heller, Santiago, 86. 1435 Vgl. a. a. O., 89.
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Geistes, dann besteht die Koinonia mit Gott in der Weise, dass der Heilige Geist in das Leben einer Gemeinschaft das Potenzial zur Entwicklung des Lebens in Koinonia legt. Daraus folgt, dass das Prinzip der persönlichen Koinonia im Sinne der gegenseitigen Offenheit im gegenseitigen Gespräch zwischen Gott und dem Menschen verstanden wird, wobei der Heilige Geist in seiner Rolle nicht als Gegenüber im Gespräch, sondern als Schöpfer des Gespräches erscheint. Diese Funktion des Heiligen Geistes als Gestalter der Koinonia liegt auf der Linie unserer These. Die oben aufgeführte Darstellung diente dem Zweck, in den Texten von F&O einen Ansatz zum Prinzip der persönlichen Koinonia, die aus dem pentekostalen Denken hervorgeht, zu identifizieren. Die Botschaft der 5. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung bezeichnet den Heiligen Geist als bewegende Kraft zum Handeln.1436 Die Koinonia im Heiligen Geist wird mit dem Leben der Christen in Verbindung gebracht, deren Meinungen auseinander gehen.1437 Damit wird das Verständnis des Heiligen Geistes in den Bereich der Bewegung zur Koinonia als Prinzip der persönlichen Koinonia gesetzt. Damit rückt die Dimension der persönlichen Spiritualität ins Zentrum des Nachdenkens über die Einheit der Kirchen als Koinonia.
3.5.4 Modellierung des pentekostalen Denkansatzes der Begegnung mit Gott als persönliche Koinonia im Rahmen des eucharistischen Verständnisses der Koinonia Im Folgenden möchte ich zur Betrachtung der konkreten Eingliederungsmöglichkeiten des Prinzips der persönlichen Koinonia in die eucharistische Koinonia-Ekklesiologie des ökumenischen Diskurses übergehen. Albert Outler, der über die Rolle der Pneumatologie im ökumenischen Dialog vor der Vollversammlung des ÖRK in Canberra geschrieben hat, betrachtet die pneumatologische Dimension der Ekklesiologie im Zusammenhang mit der Eucharistie. Wenn die Einheit der Kirche im Heiligen Geist vorgegeben ist, dann ist die Einheit der Kirche im Erleben dieser vorgegeben Realität erfahrbar. Outler schlug vor, das Konzept der eucharistischen Gemeinschaft für alle Christen, die den Glauben an die Gegenwart Christi in der eucharistischen Versammlung (synaxis) teilen, neu zu überdenken. Unter dem Gesichtspunkt des eschatologischen Interims, also des vorübergehenden Zustandes der Trennung, kann die gemeinsame Feier der Eucharistie das Zeichen der wahren Realität der Einheit der Kirche im Heiligen Geist sein. »Such a sign would require less of a consented
1436 Vgl. a. a. O., 226. 1437 Vgl. ebd.
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›theory‹ of Christ’s real presence than a shared experience of its reality.«1438 Aus dem Zitat geht hervor, dass die eigentliche Sammlung um Christus eine Sammlung um die Erfahrung seiner Gegenwart ist. Die pneumatologische Dimension der Erfahrung der Gegenwart Christi zeigt sich im Licht des Prinzips der persönlichen Koinonia in der Erfahrung der glaubenden Hinwendung zur Wirklichkeit des Heiligen Geistes, in der die Einheit der Kirche konstituiert ist. Eine ähnliche Denkrichtung wie von Outler findet man im ökumenischen Verständnis der Eucharistie unter epikletischem Gesichtspunkt: »Die ganze Handlung der Eucharistie hat einen ›epikletischen‹ Charakter, weil sie vom Wirken des Heiligen Geistes abhängt.«1439 TEA nimmt auch die Rolle der den Heiligen Geist anrufenden Christen in die Ganzheit des eucharistischen Geschehens unter dem trinitarischen Gesichtspunkt auf. Da der Vater »der primäre Ursprung und die letztliche Erfüllung des eucharistischen Geschehens ist, […] bittet die Kirche den Vater um die Gabe des Heiligen Geistes, damit das eucharistische Geschehen Wirklichkeit werde«.1440 Damit rückt der Blick auf die Eucharistie als ineinandergreifendes Handlungsgeschehen des Wirkens des Heiligen Geistes und der Hingabe der Christus zugewandten und den Heiligen Geist anrufenden Christen ins Zentrum der eucharistischen Theologie. Wenn aber die eucharistische Gemeinschaft im Sinne der epikletischen Gemeinschaft als gemeinsame, aktive und bewusste Handlung der Christen auf die Begegnung mit der Wirklichkeit Christi im Hinblick auf die Wirklichkeit, die den Sakramenten vorausgeht, ins eucharistische Geschehen einbezogen wird, dann wird damit ein Ansatzpunkt gegeben, der die Katholizität der Eucharistie nicht nur in Bezug auf den institutionellen Rahmen, sondern auch in Bezug auf die persönliche Hinwendung der Christen zur Wirklichkeit des dreieinigen Gottes betrachtet. So gesehen, kann die persönliche Hinwendung der Christen zur Wirklichkeit des dreieinigen Gottes als ein Teil der sakramentalen Wirkung des Heiligen Geistes verstanden werden. Um hier eine theologische Parallele zu der pneumatologischen Dimension der Sakramentalität darzustellen, bieten sich einige Aussagen aus der orthodoxen Tradition an. Schon die im I. Teil erwähnte Aussage von Georg Florowski aus dem Jahre 1953 mit dem Hinweis auf Athanasius, wenn wir Geist trinken, trinken wir Christus, weist darauf hin, dass der Empfang des Geistes mit dem Christusgeschehen als eine Einheit gedacht wird.1441 Dass das Leben darin besteht, in Bezug zur Wirklichkeit des Heiligen Geistes zu leben, demonstrierte Florowski durch
1438 1439 1440 1441
Albert C. Outlter, Pneumatology as an Ecumenical Frontier, 363–374, 373. TEA, Eucharistie, II. C., §16. TEA, Eucharistie, II. C., §14. Vgl. Minutes of Meeting in Bossey 1953, 18.
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das Zitat von Serafim von Sarow, wonach das Ziel des menschlichen Lebens darin besteht, den Geist zu erlangen.1442 Das Leben unter dem Gesichtspunkt der Öffnung für die Wirklichkeit des Heiligen Geistes hat die partizipierend-heiligende Funktion des Heiligen Geistes im Fokus, dank derer die Menschen am Christusgeschehen und dadurch am Leben Gottes teilhaben und auf diese Weise die endzeitliche Begegnung mit Gott vorwegnehmen. Die Ausgießung des Heiligen Geistes kann trinitarisch als Kontinuum der Inkarnation Christi gedeutet werden, und zwar nicht im linearhierarchischen Sinne, sondern als Vollendung der Offenbarung der Trinität.1443 Für das ekklesiologische Denken bedeutet diese pneumatologische Betonung die Schlussfolgerung, dass »die christologische Basis eine starke pneumatologische Qualifikation«, also eine pneumatologische Konkretisierung braucht.1444 Wie lässt sich diese Konkretisierung von den Koinonia-Aussagen der multilateralen Texte ableiten? Die Botschaft der 5. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung in Santiago de Compostela bezeichnete den Heiligen Geist als bewegende Kraft zum Handeln.1445 Dieses Verständnis des Heiligen Geistes ermöglicht das Modellieren der Koinonia-orientierten Pneumatologie des ökumenischen multilateralen Diskurses unter dem Aspekt der Bewegung hin zur Koinonia. Das Verständnis des Heiligen Geistes als Bewegung zur Koinonia bietet selbst für die Pentekostalen einen sinnähnlichen Rahmen, in dem das pentekostale Verständnis der Fülle des Lebens im Heiligen Geist unter dem Gesichtspunkt der persönlichen Koinonia in den Kontext aller drei Bereiche der Koinonia (im Glauben, im Leben und im Zeugnis der Koinonia) integriert werden kann. Während das apostolische Glaubensbekenntnis (Koinonia im Glauben) für die Pentekostalen keine besondere Rolle spielt und nur formell anerkannt ist, kann das Verständnis der Koinonia im Leben aufgrund der Wichtigkeit der gemeinsamen Teilnahme an der Eucharistie einen Rahmen für die Einbeziehung des pentekostalen Denkansatzes der persönlichen Koinonia bieten.1446 Wie oben erwähnt wurde in einer Konsultation von F&O zum Thema Towards Koinonia in Worship das ökumenische Verständnis der Gegenwart Gottes im Gottesdienst von Wort, Sakrament, Gebet und Versammlung der Christen hin zur Konkretisierung des subjektiven Erlebnisses dieser Versammlung erweitert. Unter dem Aspekt der liturgischen Inkulturation des Evangeliums, die aus dem Wesen des Gottesdienstes resultiert, werden unter anderem folgende Prinzipien des christlichen Gottesdienstes genannt: 1442 Vgl. ebd. 1443 Vgl. Nissiotis, 238, 239, 241. Nissiotis weist auf die Worte Christi aus Joh 16,7.13.14 hin, dass das Kommen des Heiligen Geistes essenziel notwendig ist. 1444 A. a. O., 241. 1445 Vgl. Gaßmann/Heller, Santiago, Die Botschaft der Weltkonferenz, §4. 1446 Auch die gegenseitige Anerkennung der Taufe und des kirchlichen Amtes. Vgl. a. a. O., §10.
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»f) a privileged occasion at which God is present in the proclaimed word, in the sacraments, and in the other forms of Christian prayer, as well as in the assembly gathered in worship; and g) at once remembrance, communion and expectation; hence its celebration expresses hope of the future glory and dedication to the work of building the earthly city in the image of the heavenly«.1447
Unter Punkt g), nämlich in der Verbindung zwischen der Gegenwart Gottes und der gottesdienstlichen Gemeinschaft in Erinnerung, Teilhabe und Erwartung, sehe ich die Verbindung mit der subjektiven Dimension der menschlichen Aktivität im Gottesdienst. Das bedeutet, dass die subjektive Hingabe an die Wirklichkeit Gottes als Ausdruck der doxologischen Handlung in der Kraft des Heiligen Geistes mit dem Ereignis der Eucharistie in Verbindung gebracht werden kann. Um das Prinzip der persönlichen Koinonia mit dem Verständnis der Koinonia im eucharistischen Geschehen zu verknüpfen, schlage ich als einen möglichen Denkansatz das Verständnis der Eucharistie im Denken des orthodoxen Theologen Alexander Schmemann vor. Seine Interpretation der Eucharistie ist selbstverständlich nicht mit allen konfessionellen Interpretationen der Eucharistie deckungsgleich. Jedoch kann sein Verständnis der Eucharistie als ein Hintergrund in Betracht gezogen werden, auf dem das spezifische Merkmal der pentekostalen Pneumatologie im Rahmen der Eucharistie erkannt und in ökumenisches Denken aufgenommen werden kann. Der Denkansatz von Schmemann rückt die anthropologische Metapher des Verlangens nach Gott ins Zentrum des Verständnisses der Eucharistie. Schmemann setzt bei dem Verständnis der Religion als Sehnsucht nach Gott an: »In ihrer letzten Tiefe ist Religion nichts anderes als Durst nach Gott.«1448 Ausgehend vom orthodoxen, christologischen Standpunkt sieht Schmemann die Stillung des Durstes nach Gott in der Gabe Christi.1449 Der Begriff Hingabe spielt im Denken von Schmemann eine zentrale Rolle. Die Hingabe hat wenig mit dem psychologischen Verständnis von Hingabe zu tun, sondern entspringt der Opfertheologie der Kenosis-Christologie. Schmemann erweitert das Verständnis der Kenosis-Christologie bis hin zum Dienst Christi im Sinne des hohepriesterlichen Dienstes Melchisedeks aus dem Hebräerbrief. Seine hohepriesterliche Hingabe an Gott und Menschen ist von seiner Person nicht zu trennen.1450 Das Zustan1447 So We Believe, So We Pray, Report of the Consultation, §39. 1448 Alexander Schmemann, Eucharistie: Sakrament des Gottesreichs, Einsiedeln/Freiburg 2005, 141. Das Bild des Durstes nach Gott kommt auch im Denken von Augustin vor. Augustinus spricht vom unruhigen Herzen (cor inquietum). Vgl. Augustinus, Bekenntnisse. Übersetzt von Josepf Bernhart, Frakfurt am Main/Hamburg 1955, Erstes Buch, 7.9. 1449 Vgl. Schmemann, Eucharistie, 144. 1450 Vgl. a. a. O., 160.
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Der Beitrag des pentekostalen Verständnisses vom Leben im Heiligen Geist
dekommen des Heils ist der priesterlichen Hingabe Christi zu verdanken. Christus als Person verkörpert die Hingabe Gottes im Sinne der Selbstopferung. Diese christologische Deutung der Hingabe Christi drückt das Wesen des trinitarischen Personseins als Hingabe aus. Von diesem Standpunkt aus wird die menschliche Hingabe an Gott so verstanden, dass der Mensch seine Hingabe durch die Teilnahme an der Hingabe Christi erlebt.1451 So gesehen ist die Dimension der Hingabe an Gott dem orthodoxen Denken nicht fremd. Diese Hingabe wird jedoch nicht im Kontext der erfahrbaren Spiritualität, sondern im ontologischen Sinne als Partizipation am Sein Christi als Darbringung des Opfers vor Gott verstanden.1452 Aufgrund der Kontinuität zwischen Christus und der Versammlung der Christen wird die Kirche zum Ort der Darbringung der eigenen Person an Gott. Allerdings wird die Dimension der Kirche hier nicht institutionell gedacht. Die Kirche versteht sich als Begegnung der Christen mit Christus in der Eucharistie. Die Eucharistie ist der Ort der gegenseitigen Darbringung. Wie Christus sich selbst hingibt, geben die Christen sich selbst Christus hin.1453 Schmemann denkt im Rahmen des orthodoxen, sakral-symbolischen Weltbildes. Die Eucharistie ist »ein Zeugnis der organischen Verbindung mit dem Wesen der Kirche selbst als Liebe und deshalb als Opfer und Darbringung, die Erfüllung in Raum und Zeit des Opfers Christi«.1454 Schmemann weist auf ein Detail im eucharistischen Geschehen hin, das er als Opfer der Liebe bezeichnet.1455 Dieses Detail sieht er im Verständnis des Rituals der Proskomidie, also des Ritus der Vorbereitung der Gaben vor der Eucharistie durch den Priester. Dieses Ritual geht laut Schmemann auf die historische Tatsache zurück, dass ein Teil der Lebensmittel, die von den Gemeindegliedern zur Versorgung der Armen in die Kirche gebracht wurden, für die eucharistischen Gaben ausgesondert wurden. Diese aus Liebe zu den Nächsten in die Gemeinde gebrachte Gabe verkörperte die Hingabe der Christen an Christus als ihre Antwort auf seine Hingabe: »Liebe gibt es nicht ohne Opfer, denn Liebe als Hingabe seiner selbst an den Anderen, als Hingabe des eigenen Lebens für den Anderen, als vollkommener Gehorsam gegenüber einem Anderen, ist Opfer.«1456 Dieses Opfer der Liebe bildete den »Stoff« des eucharistischen Mysteriums.1457 »Hierin 1451 »Das Leben in Christus (weil er die Hingabe ist) ist unsere Hingabe.« A. a. O., 145. 1452 Dieser Gedanke muss als Unterschied zwischen dem orthodoxen Denkansatz und dem pentekostalen Denkansatz im Verständnis des geistlichen Erlebnisses berücksichtigt werden. 1453 Vgl. Schmemann, Eucharistie, 146. 1454 A. a. O., 150. 1455 Vgl. a. a. O., 148. 1456 A. a. O., 273. 1457 Vgl. a. a. O., 148.
Einbeziehen der pentekostalen Öffnung für den Heiligen Geist
433
besteht die Wirklichkeit der Proskomidie – die Identifikation von Brot und Wein mit dem Opfer Christi, das alle unsere Opfer, unsere ganze Hingabe an Gott umfasst.«1458 Die Hingabe Christi und die Hingabe der Christen begegnen sich gegenseitig im Ritual der Darbringung. »Seine Hingabe ist unsere Hingabe.«1459 Liebe wird hier als Hingabe verstanden. Mit der Zeit transformierte sich die geistliche Intention dieser Handlung in den kirchlichen Ritus der Darbringung (der ›große Einzug‹ in der orthodoxen Liturgie).1460 Was für unsere These in diesem Bild relevant erscheint, ist, dass Gott in der Handlung der Hingabe als Gabe, als Gebender und als Empfangender zugleich erscheint. In der Proskomidie wird Christus als »Du bist der Darbringer und der Dargebrachte, der Empfänger und der Ausgeteilte« angeredet.1461 Die Aktivität der Christen als Hingabe an Gott wird in der heilsgeschichtlichen Hin-Gabe Christi (als Opfer) begründet und als aktive Handlung im eucharistischen Geschehen mitbedacht. Erklärt wird diese Aktivität durch das Wirken des Heiligen Geistes in der Zuwendung der Christen zur Eucharistie. Hier wird nochmals deutlich, dass der Heilige Geist nicht ausschließlich im Bewirken des eucharistischen Geschehens wirkt, sondern auch im subjektiven Bereich der menschlichen Handlungswirklichkeit sowohl gegenwärtig ist, als auch diese Wirklichkeit als ein partizipatorisches Mittel ins eucharistische Geschehen mit einbezieht. Schmemann erläutert den Zusammenhang zwischen dem Wirken des Heiligen Geistes und der aktiven Handlung der Christen so, dass Gott den Geist ohne Maß gibt. Jedoch eignet sich der Mensch diesen Geist im Maße seiner persönlichen Zuwendung an. Hier konkretisiert Schmemann seine Sicht im Gegensatz zum katholischen Verständnis von ex opere operantis. Nach Schmemann kennt die orthodoxe pneumatologische Tradition kein dogmatisch festgelegtes Verhältnis von Glauben und Gnade. Es geht mehr darum, die Fülle des Heiligen Geistes in der eucharistischen Handlung für die Freiheit des Menschen zu öffnen. »Glaube besteht in dem Verlangen nach Fülle.«1462 Das eucharistische Geschehen unter der Perspektive der Hingabe Christi und des Wirkens des Heiligen Geistes als Gabe wird unter dem Begriff der GabenTheologie auch auf der katholischen Seite behandelt. Klaus Kienzler (kath.) weist auf die Theologie von Klaus Hemmerle hin, der das Wesen Gottes als Sich-Geben im Geheimnis Jesu sieht, nämlich die Hingabe Christi als Identifikation des Menschen und Gottes.1463 Hemmerle sagt, dass in Christus Gott sich dem Men1458 1459 1460 1461 1462 1463
A. a. O., 152. A. a. O., 148. Vgl. a. a. O., 150. A. a. O., 159. A. a. O., 160. Klaus Hemmerle bezieht sich dabei auf Röm 8,32. Das Sich-Geben als Wesen Gottes erschließt sich jedoch dem, »der in die antwortende Bewegung des Sich-Gebens nicht nur sein
434
Der Beitrag des pentekostalen Verständnisses vom Leben im Heiligen Geist
schen hingibt und gleichzeitig Christus »der ganz an Gott gegebene Mensch« ist.1464 »Sichgeben aber ist nicht nur Inhalt dieses dreifachen Geheimnisses, sondern auch unser Zugang zu ihm.«1465 Veronika Hoffmann (kath.) behandelt das Thema der Selbst-Gabe Gottes unter dem Gesichtspunkt, dass die Wechselseitigkeit des Sichgebens Gottes und des Menschen dank des innertrinitarischen Gebens Gottes möglich ist.1466 Hoffmann spricht vom eucharistischen Geschehen als von einer Ganzheit des Gebers, des Gegebenen und des Empfangens.1467 Der Heilige Geist wird in der trinitarischen Struktur der Eucharistie als Gabe Gottes an den Menschen verstanden, der die Öffnung des Menschen für Gott ermöglicht. »In Gottes gutem Geist werden sie [die Menschen, die sich dem Geist öffnen] Gott und den Menschen zugewendet, wenden sie sich frei Gott und den Menschen zu, um das Geschenk zu leben, das sich ihnen zueignet, indem sie es leben.«1468 Der Heilige Geist nimmt den Menschen in die »trinitarische Bewegung des Sich-Gebens«.1469 Abgesehen von der dogmengeschichtlichen Einordnung der Gabe-Theologie sowie der Diskussion um ihre konfessionellen Deutungen der Gabe-Theologie, insbesondere zur protestantischen Rechtfertigungslehre, sehe ich den gewinnbringenden Ansatz der Gabe-Theologie in der Verknüpfung des Verständnisses
1464 1465 1466 1467 1468
1469
Denken, sondern seine Existenz, und sie nicht nur privat, sondern in allen ihren Bezügen einbringt …« Klaus Hemmerle, Thesen zu einer trinitarischen Ontologie, a. a. O., 23. Vgl. Klaus Kienzler, Glauben – Wie geht das? Phänomenologie des Glaubens: Denkimpulse in Erinnerung an Klaus Hemmerle, Augsburger Schriften zu Theologie und Philosophie, Band 5, Berlin/Münster 2018, 117–118. Es wird in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass Oswald Bayer (luth.) die Gabe als Urwort der Theologie und als Logik des Lebens angedacht hat. Vgl. a. a. O., 118. Veronika Hoffmann ergänzt die Liste der Theologen der anderen Tradition, die die Gabe-Theologie in ihren Werken betrachtet haben: M. Luther, Magdalene L. Frettlöh (luth.), John Milbank (angl.), Kathryn Tanner (episkopal.), Risto Saarinnen (luth.), Ingolf Dalferth (luth.). Vgl. Veronika Hoffmann, Skizzen zu einer Theologie der Gabe: Rechtfertigung – Opfer – Eucharistie – Gottes- und Nächstenliebe, Freiburg im Breisgau 2013, 110–191. Vgl. Zitat von Klaus Hemmerle bei Klaus Kienzler, Glauben – Wie geht das, 118. Zitat von Klaus Hemmerle, ebd. Vgl. Christine Büchner, Wie kann Gott in der Welt wirken? Überlegungen zu einer theologischen Hermeneutik des Sich-Gebens, Freiburg/ Basel /Wien/Herder 2010. Vgl. Veronika Hoffmann, Skizzen, 335–336. Vgl. Veronika Hoffmann, Skizzen, 441–443. Hoffmann zitiert Jürgen Werbick. Vgl. a. a. O. 336. Jürgen Werbick, Gottes Gabe. Fundamentaltheologische Reflexionen zum Gabendiskurs, in: Veronika Hoffmann, Die Gabe ein »Urwort« der Theologie?, Frankfurt am Main 2009, 15–32. Michael Böhnke betrachtet den Heiligen Geist im Zusammenhang mit der menschlichen Handlungswirklichkeit als Gabe für eine Person und Gabe selbst. Vgl. Michael Böhnke, Gottes Geist im Handeln der Menschen, 170. Hoffmann, 338.
Einbeziehen der pentekostalen Öffnung für den Heiligen Geist
435
der Hin-Gabe mit dem Wesen Gottes und der Eucharistie.1470 Was in den oben aufgeführten Modellen zum Ausdruck kommt, ist die Betonung des Wirkens des Heiligen Geistes in der Dimension der Handlungsursächlichkeit und der Gerichtetheit der menschlichen Hingabe. Mit anderen Worten werden die Beziehung des Menschen zu Gott, sein Wesen und auch das eucharistische Geschehen aus der Sicht der Hingabe betrachtet. Dieses Hingabe-Modell lässt sich interpretierend vom Verständnis der Eucharistie in TEA ableiten. »Die Eucharistie ist vor allem das Sakrament der Gabe, die Gott uns in Christus durch die Kraft des Heiligen Geistes schenkt. […] die Eucharistie ist ein sakramentales Mahl, das uns durch sichtbare Zeichen Gottes Liebe in Jesus Christus vermittelt, die Liebe, mit der Jesus die Seinen ›bis zur Vollendung‹ (Joh 13, 1) liebte.«1471 Hingabe (Weihe) gehört zu den Elementen der eucharistischen Liturgie.1472 In der Aussage von TEA kann die Eucharistie dann als Liebe Christi verstanden werden, wenn sie die Hingabe Christi verkörpert. Da die Aneignung dieser Hingabe als Liebe Christi in der Eucharistie durch den Heiligen Geist in der Analogie des trinitarischen Lebens als in der Hingabe der Christen an Gott möglich ist, wird aus meiner Sicht ein weiteres Überlegen möglich sein, den Ort der Begegnung mit Christus sowie die Sakramentalität der Eucharistie im subjektiv erfahrbaren Bereich der persönlichen Hinwendung zu Gott anzusiedeln.1473 Im Licht des Denkansatzes der Gaben-Theologie und im Kontext des Verständnisses der Hingabe sowohl in der christologischen Analogie (Christus als Hingabe Gottes) als auch in der trinitarischen Analogie (das trinitarisches Personsein Gottes als Hingabe) kann der Handlungs- und Erlebnisbereich des menschlichen, personalen Lebens einen adäquaten Raum zum Ausdruck und zur praktischen Erfahrung des Wesens Gottes als Liebe darstellen. Aus meiner Sicht scheint der Denkansatz von Schmemann zwar im Wortlaut dem pentekostalen Prinzip der persönlichen Koinonia sehr ähnlich zu sein, wird jedoch in einigen Details wesentliche Unterschiede zeigen. Die Ähnlichkeit zwischen der pentekostalen Öffnung für den Heiligen Geist und dem orthodoxen Verständnis der Eucharistie von Schmemann sieht man unter dem anthropologischen Gesichtspunkt. Nach dem orthodoxem Verständnis ist der Mensch »Homo Eucharisticus«. So stellt Daniel Munteanu das 1470 Der dänische Theologe Christian Holm weist darauf hin, dass der Mensch nicht neutral, sondern selbst der sündige Eigenwille ist. Damit ist die lutherische Hinterfragung der Möglichkeiten der Hingabe des sündigen Menschen, insbesondere hinsichtlich der verdorbenen Natur des Menschen, berechtigt. Vgl. Bo Kristian Holm, Gabe und Geben bei Luther: das Verhältnis zwischen Reziprozität und reformatorischer Rechtfertigungslehre, Berlin 2006, 115. 1471 TEA, Eucharistie, II. §2 I. §1. 1472 Vgl. TEA, Eucharistie, III. §27. 1473 Mit Worten von Alexander Schmemann sei die Sakramentalität vom Verlangen nach Fülle geprägt. Vgl. Alexander Schmemann, Eucharistie: Sakrament des Gottesreichs, 160.
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Der Beitrag des pentekostalen Verständnisses vom Leben im Heiligen Geist
Wesen des Menschen in der orthodoxen Tradition dar.1474 »Der Mensch als imago Trinitatis erlangt seine Vollendung durch eine eucharistisch-liturgische Existenz.«1475 Mit Berufung auf Staniloaes Denkansatz des Lebens Gottes als Intersubjektivität (gegenseitige Durchdringung und Transparenz) deutet Munteanu »die Transparenz der Liebe als absolute Offenheit, Kommunikation und gegenseitige Teilhabe.«1476 In dieser Hinsicht ähnelt das pentekostale Prinzip der persönlichen Koinonia dem orthodoxen Prinzip des eucharistischen Menschen. Einer der wichtigsten Unterschiede zwischen beiden Traditionen wird darin sichtbar, dass die orthodoxe Tradition, wie sie von Schmemann dargestellt wurde, die Bedeutung der Hingabe eines einzelnen Menschen als subjektive Erfahrung der Liebe zu Gott negiert. Nimmt man als Beispiel die Aussage von Munteanu – »Jede trinitarische Person zieht sich zurück, setzt sich nicht in den Mittelpunkt, sondern räumt den Anderen Lebens-Raum ein und ist in dieser Dynamik der Liebe vollkommen.« – dann erscheint die orthodoxe Ausschließlichkeit des sozialen Gemeinschaftsbezuges dieses trinitarischen Personseins gegenüber dem subjektiven Moment der Hinwendung zu Gott als ergänzungsbedürftig.1477 Es fällt im Zusammenhang mit der obigen Aussage von Munteanu auf, dass die Erfahrung von absoluter Selbst-Vergessenheit im pentekostalen Lebensmodus der totalen Hinwendung zur Wirklichkeit des Heiligen Geistes sinngemäßer als im orthodoxen Verständnis zum Ausdruck kommt. In der praktizierten selbstlosen Hingabe an die Wirklichkeit des Heiligen Geistes erlebt der Christ sich selbst als Persönlichkeit nach dem trinitarischen Modus des Personseins. Die orthodoxe Hingabe, wie sie von Schmemann dargestellt wurde, versteht sich nicht im Sinne des Hineinnehmens des ganzen Menschen und zwar hinsichtlich seiner Hingabe an Gott als Objekt der Kommunikation, sondern eher ontologisch, als gemeinsame Partizipation der Christen an der Eucharistie, nämlich am Ereignis der Hingabe Christi. Die Eucharistie wird mit dem ewigen Leben selbst identifiziert. In diesem Fall wendet sich der Mensch der Heiligkeit und der Ausschließlichkeit der Eucharistie zu. Die Begegnung und die Kommunikation mit Gott als Person, was die trinitarische Analogie der gegenseitigen Liebe betont, steht nicht im Mittelpunkt des eucharistischen Geschehens.
1474 Vgl. Daniel Munteanu, Theologie der Koinonia: ökumenische Einführung in die orthodoxe Theologie und Spiritualität, Borsdorf 2013. 1475 A. a. O., 229. 1476 A. a. O., 230. Die Denkweise des Sich-Gebens als Interpersonalität Gottes wird auch in katholischen Denkansätzen erwähnt. Vgl. Christine Büchner, Wie kann Gott in der Welt wirken? Überlegungen zu einer theologischen Hermeneutik des Sich-Gebens, Freiburg/ Basel/Wien 2010, 385.388–389. 1477 Daniel Munteanu, Homo eucharisticus – die anthropologische und kosmische Dimension der Eucharistie, in: IJOT (2011) 2/3 188–202.
Einbeziehen der pentekostalen Öffnung für den Heiligen Geist
437
Der orthodoxe Denkansatz des eucharistischen Mensch-Seins sowie der oben angesprochene katholische Denkansatz der Gabe-Theologie verdienen jedoch unsere Aufmerksamkeit vor allem deshalb, weil der orthodoxe Denkansatz sowie die Theologie der Gabe den Zugang zum Verständnis der Eucharistie unter dem anthropologischen Gesichtspunkt der Koinonia als gegenseitige Liebe und Hingabe erschließen. Diese Liebe drückt sich in der gegenseitigen Hingabe Christi und des Menschen aus. Ausgedrückt in der Denkweise von Hemmerle, besteht die Gottebenbildlichkeit des Menschen sowie das Leben des Menschen darin, dass er sich Gott hingeben kann aufgrund der Hingabe Gottes an ihn.1478 Übersetzt in die Sprache des eucharistischen Geschehens heißt das, dass die Eucharistie nicht nur unter Betracht der Diskussion über die Realpräsenz Christi oder der Konsekration, sondern auch, im Hinblick auf die pentekostale Vorstellung von der Offenheit für den Heiligen Geist gesehen, als Ort der vollkommenen Erfahrung des Heiligen Geistes verstanden wird. Diese Aussage richtet sich an die Vertreter der pentekostalen Tradition, das Verständnis der Erfahrung des Heiligen Geistes mit der eucharistischen Dimension zu verknüpfen. Der Ausdruck vollkommene Erfahrung des Heiligen Geistes meint eine Verbindung aller Dimensionen der Begegnung mit der Wirklichkeit Christi im Heiligen Geist, nämlich unter dem Gesichtspunkt 1) des einheitlichen und wechselwirkenden Verhältnisses von Christologie und Pneumatologie; 2) der Beziehung zwischen Christologie, Pneumatologie und Anthropologie; 3) der Beziehung zwischen Christologie, Pneumatologie, Anthropologie und Ekklesiologie. Verkürzt ausgedrückt kann die Erfüllung mit dem Heiligen Geist unter dem Gesichtspunkt der Hingabe Gottes nicht ohne die Fülle des Heiligen Geistes in der Begegnung mit der Gegenwart Christi in der Eucharistie in Betracht gezogen werden. Genauso soll die Partizipation an der Eucharistie die persönliche, menschliche Hingabe an Gott als eine der Rahmenbedingungen der Eucharistie, nämlich Eucharistie als ein ganzheitliches Geschehen der ineinandergreifenden Hingaben des dreieinigen Gottes und des Menschen, in Betracht ziehen. In dieser Hinsicht kann die persönliche Hingabe an Gott in der Eucharistie nicht nur als ein rituelles Element der Partizipation an der Eucharistie im Sinne der sakramentalen Handlung betrachtet werden. Die Hingabe an Gott als sakramentale Handlung und als Zugang zur Begegnung mit Gott in der Eucharistie soll den Vorgang der Hingabe Gottes als Lebens-Gabe verkörpern. Die Betrachtung des Prinzips der persönlichen Koinonia unter dem Gesichtspunkt der eucharistischen Hingabe kann unter anderem die Überlegung zu Folge haben, dass die Partizipation am Leben des dreieinigen Gottes, von der menschlichen Perspektive aus gesehen, weder formal-institutionell noch ontologisch beschränkt wer1478 Vgl. Klaus Kienzler, Glauben – Wie geht das, 118.
438
Der Beitrag des pentekostalen Verständnisses vom Leben im Heiligen Geist
den darf. Anderenfalls verliert die Eucharistie als Begegnung zwischen der Hingabe Gottes an den Menschen und der des Menschen an Gott ihren unmittelbaren Bezug zur Welt der menschlichen Lebensrealien, in denen der Mensch die Wirklichkeit der Liebe Gottes erfahren will und darf. Es liegt in der Art der Hingabe und der dreieinigen Koinonia, eine direkte Beziehung zum Gegenüber zu suchen. Die bewusst gesuchte, persönliche Öffnung für den Heiligen Geist stellt eine dem Geist der Koinonia adäquate Struktur des Personseins dar. Diese Vorstellung vom Wirken des Heiligen Geistes als Wirken der Hingabe an Gott schützt die Anwendung der Pneumatologie auf die Praxis vor der Verwechslung mit der allgemeinen Spiritualität. Als Begründung dafür dient das Zitat von Michael Böhnke: »Das besondere des christlichen Handelns ist nicht darin zu suchen, dass man überhaupt mit der Dimension des Geistes rechnet, sondern es liegt in der Besonderheit des Geistes, mit dem man rechnet.«1479 Die Besonderheit des Geistes, die der pentekostale Ansatz darstellt, besteht im Wirken des Erwartens der unmittelbaren und persönlichen Begegnung mit der Wirklichkeit Gottes.
3.6
Zusammenfassung von Kapitel 3
Der Blick auf die Eucharistie aus der Perspektive der persönlichen Koinonia kann helfen, den pneumatologischen Fokus des ökumenischen Koinonia-Diskurses auf den Aspekt der subjektiven Öffnung der Christen für die wirkliche Gegenwart Christi im Heiligen Geist hin zu erweitern. Von diesem Standpunkt aus wäre folgende Aussage des Konvergenztextes zu Taufe, Eucharistie und Amt neu zu reflektieren: »[…] die Kirche [bittet] den Vater um die Gabe des Heiligen Geistes, damit das eucharistische Geschehen Wirklichkeit werden möge: die wirkliche Gegenwart (Realpräsenz) des gekreuzigten und auferstandenen Christus, der sein Leben für die ganze Menschheit gibt. [….] Damit soll nicht die eucharistische Gegenwart Christi spiritualisiert, sondern die unauflösbare Einheit zwischen dem Sohn und dem Geist bekräftigt werden. Diese Einheit macht deutlich, dass die Eucharistie nicht eine magische, mechanische Handlung ist, sondern ein an den Vater gerichtetes Gebet, das die völlige Abhängigkeit der Kirche von ihm betont.«1480
Im Licht unserer These, dass der Prozess der persönlichen Hinwendung zur Wirklichkeit Gottes, oder die persönliche Öffnung für den Heiligen Geist, die Struktur des trinitarischen Personseins bzw. der Koinonia widerspiegelt, muss die obige Aussage eine Option integrieren, nämlich wie die Frage der Eucharistie 1479 Michael Böhnke, Gottes Geist im Handeln der Menschen, 93. 1480 TEA, Eucharistie, II. C., 14.
Zusammenfassung von Kapitel 3
439
unter dem pneumatologischen Prinzip der persönlichen Koinonia anzugehen wäre. Hat die Vergeistlichung die Ausschließung aller subjektiven Wahrnehmungen der persönlichen Beziehung des Menschen zu Gott aus dem Kreis der konstitutiven Elemente der Eucharistie und der Kirche zur Folge? Soll der Heilige Geist als Kraft der Liebe Gottes und als Vollbringer der persönlichen Koinonia des dreieinigen Gottes verstanden sein, dann muss das Verständnis der Partizipation am Leben des dreieinigen Gottes auch das ganzheitliche Leben der Christen nach der Analogie des trinitarischen Personseins als Liebe und gegenseitige Hingabe einschließen. Aus diesem Grund muss die Handlung der Kirche und der einzelnen Personen in der Anrufung des Heiligen Geistes tatsächlich »ein an den Vater gerichtetes Gebet« sein, das allerdings nicht in erster Linie »die völlige Abhängigkeit der Kirche von ihm betont« und nicht als Realisierung der wirklichen Gegenwart Christi zu verstehen ist, sondern als Ausdruck und als Symbol des menschlichen Lebens in der Analogie des trinitarischen Personseins. Die Eucharistie kann, wie das auch in KWGV sinngemäß zum Ausdruck gebracht wurde, »als ein dynamisches Paradigma, wie eine derartige Koinonia in der heutigen Zeit aussieht« dienen.1481 Obwohl der ökumenische Diskurs im trinitarischen Verständnis der Koinonia hauptsächlich den Gemeinschaftsaspekt hervorhebt, kann man im Sinn der persönlichen Koinonia erweiternd formulieren, dass das eucharistische Geschehen als Paradigma der persönlichen Koinonia bzw. des christlichen Lebens dient. Die Eucharistie stellt ein dynamisches Bild vom menschlichen Leben unter dem Gesichtspunkt der Beziehung zwischen Gott und Mensch dar. Diese Beziehung erfasst den ganzen Menschen, nämlich in seiner hingabevollen Bewegung zu Gott als Gegenüber. Für die Seite des ökumenischen multilateralen Diskurses würde das bedeuten, dass die Rolle der menschlichen Disposition gegenüber der Eucharistie mit der trinitarischen Analogie des Personseins verknüpft werden muss. Daraus folgt, dass die Gemeinschaft mit Christus im Teilen des Brotes und des Kelches unter dem pneumatologischen Gesichtspunkt der Hingabe als reale Begegnung zwischen der Trinität Gottes und dem Menschen verstanden werden muss. Das Verständnis der Eucharistie soll darum den Raum für die persönliche Erfahrung der Hinwendung zu Gott nicht als eine spirituelle Option, sondern als eine zentrale Rahmenbedingung für die Zuwendung zur Präsenz Christi im Modus der persönlichen Koinonia offenhalten, was notwendigerweise zur Erweiterung der Aussage des TEA-Textes, »die eucharistische Gegenwart Christi soll nicht spiritualisiert werden«, führen wird.1482 1481 KWGV, Schluss, §67. 1482 TEA, Eucharistie, II. C., §14.
440
Der Beitrag des pentekostalen Verständnisses vom Leben im Heiligen Geist
Die Aussage des TEA-Textes – »das Band zwischen der eucharistischen Feier und dem Geheimnis des dreieinigen Gottes enthüllt die Rolle des Heiligen Geistes als die des Einen, der die historischen Worte Jesu gegenwärtig und lebendig lässt« – muss unter dem Gesichtspunkt des trinitarischen Personseins dahingehend erweitert werden, dass der Heilige Geist das trinitarische Leben, das in der Hingabe Christi offenbart wurde, in der menschlichen Hingabe an Gott lebendig und gegenwärtig werden lässt.1483 Das Verständnis des auf den Vater gerichteten Gebets wird diesem Streben dann gerecht werden, wenn die Epiklese als Erfahrung der gegenseitigen aufeinander bezogenen Hingabe Christi und der Christen interpretiert wird. Die ökumenische Seite sollte lernen, hinter das Erscheinungsbild der pentekostalen Bewegung zu schauen und die konfessionelle Identität des Pentekostalismus als eine Tradition im Sinne der Studien zur ökumenischen Hermeneutik Tradition und Traditionen und Ein Schatz in zerbrechlichen Gefässen zu deuten: »Wir müssen bei anderen in ökumenischer Gesinnung Belehrung über diejenigen Gebiete der geschichtlichen Erfahrung suchen, die wir vernachlässigt haben oder zu deren Studium wir unzureichend ausgerüstet sind.«1484 Der Ansatz der ökumenischen Hermeneutik zielt darauf, hinter jeder Tradition die rechte Intention des Glaubens wahrzunehmen.1485 Dieser Denkansatz beinhaltet die Sicht der Komplementarität der christlichen Traditionen, so dass im ökumenischen Dialog nicht nur die eigenen dogmatischen Sätze interpretiert werden. Der Blick soll sich auch darauf richten, wie die gleichen Sätze, Symbole und Praktiken aus der Perspektive der anderen Kirchen, in unserem Fall aus der Perspektive der Kirchen der pentekostalen Tradition, interpretiert werden.1486 Darüber bietet das neue Verständnis der Ekklesiologie einen Blickwinkel, um die pentekostale Bewegung als eine Erscheinung bzw. ein Typus der Geisteswirkung im Prozess der Erlösungsgeschichte zu betrachten: »Nur wenn wir die Gegenwart im Licht der Aktivität des Heiligen Geistes betrachten, der den ganzen Prozess der Erlo¨ sungsgeschichte bis zu ihrer letzten Vollendung in Christus zur Ehre des Vaters leitet, können wir allmählich etwas vom Geheimnis der Kirche erfassen.«1487 Die Betrachtung der pentekostalen Vorstellung vom Heiligen Geist unter dem Gesichtspunkt der persönlichen Koinonia kann als Beitrag zur Erfassung des Geheimnisses der Kirche dienen. Die aktuellen Affirmationen aus dem ökumenischen Diskurs sprechen deutlich von der Kirche unter dem Gesichtspunkt der Begegnung der Christen mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes. Dafür müssen 1483 Ebd. 1484 Tradition und Traditionen Fußnote 1, 32. Der Text macht den Hinweis auf eine Feststellung aus der Zeit nach der Konferenz in Lund. Siehe: ER 1952 5/1, 61–62. 1485 Vgl. Ein Schatz in zerbrechlichen Gefässen, §30. 1486 Vgl. a. a. O., §31. 1487 KWGV, §33.
Zusammenfassung von Kapitel 3
441
der Aspekt der persönlichen Offenheit für die Wirklichkeit des Heiligen Geist und das Verständnis des Heiligen Geistes als Gott in persönlicher Begegnung unter dem Gesichtspunkt der persönlichen Koinonia in den Themenkreis des ökumenischen Diskurses einbezogen werden. Der ökumenische Diskurs zieht dagegen stärker die Bedeutung der Koinonia unter dem Gesichtspunkt der Einheit als Gemeinschaft aller Kirchen in Betracht. Wenn der Heilige Geist in seiner einheitskonstituierenden Funktion als lebensspendender Geist verstanden wird, dann zeigt sich seine kircheneinigende Wirkung im Lebensvollzug der Christen. Mit anderen Worten, die Einheitssituation der Kirche muss nicht als ein nie erreichbares Ziel vorgestellt sein. Die Wirklichkeit der Koinonia des Heiligen Geistes drängt sich ins Dasein der Kirche als eine realistisch erfahrbare Lebensmöglichkeit. Einheit ist, was lebbar ist. Für die pentekostale Seite würde das bedeuten, dem Verständnis der Koinonia des Heiligen Geistes mit ihrem Zentrum in der Eucharistie besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Als nächstes sollte die pentekostale Seite lernen, die theologischen Interpretationen ihrer Erfahrung des Heiligen Geistes im Sinne der ökumenischen Hermeneutik auf das Ursprungsanliegen der pentekostalen Tradition zurückzuführen. Dies beinhaltet die Aufgabe, hinter die Lehre über die Geistestaufe zu blicken und darin ihre theologische Intention zu entdecken, wie das Frank Macchia mit Berufung auf Kärkkäinen behauptet hat: »The final word [über das Verständnis der Geistestaufe] has not yet been said.«1488 Folgt man den zeitgenössischen Erklärungsversuchen der pentekostalen Identität, kann man als roten Faden feststellen, dass es im Pentekostalismus hauptsächlich um die Bedeutung der Begegnung mit dem Heiligen Geist für das christliche Leben geht.1489 Das Verständnis der Fülle des Lebens im Heiligen Geist zielt auf das Leben der Christen in der Öffnung für den Heiligen Geist. Das Anliegen der gegenseitigen Entdeckung der Wirklichkeit des Heiligen Geistes als Geist der trinitarischen Koinonia erfordert einen Übertragungsprozess der trinitarischen Analogie der Liebe in das ökumenische Verständnis der Koinonia-Ekklesiologie. Im Licht des ökumenischen Koinonia-Diskurses lässt sich das pentekostale Verständnis des Heiligen Geistes als Geist der persönlichen Begegnung mit der Wirklichkeit Christi unter dem Aspekt des trinitarischen Personseins als Prinzip der persönlichen Koinonia formulieren. Ausgehend davon kann die pentekostale Tradition im Rahmen der eucharistischen Ekklesiologie des multilateralen Diskurses ihr Streben nach der Begegnung mit Gott entdecken. Aus meiner Perspektive öffnet die Tendenz in den jüngeren multilateralen Texten, von der Fokussierung auf traditionelle Lehren über die Sakra1488 Macchia, Baptized in Spirit, 19. 1489 »Of fundamental importance for Pentecostals is the fact that the Spirit is to be encountered and experienced.« Warrington, Pentecostal Theology, 48.
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Der Beitrag des pentekostalen Verständnisses vom Leben im Heiligen Geist
mentalität der Eucharistie weg zu kommen und die Sakramentalität unter dem neuen theologischen Aspekt der Gemeinschaft neu und multilateral zu erfassen, den Kirchen der pentekostalen Tradition Chancen, sich im Kontext der aktuellen Koinonia-Theologie gewinnbringend für sich und für die anderen Kirchen auszudrücken.1490 Übertragen auf die ökumenische Theologie der Eucharistie kann die Bitte um die Erfüllung mit dem Heiligen Geist nicht in erster Linie in Verbindung mit der instrumentalen Bevollmächtigung zum Zeugnis des Evangeliums als einer expliziten Erfahrung des Heiligen Geistes betrachtet werden, sondern muss in ihrer ursprünglichen, ekklesiologischen Bedeutung verstanden werden, nämlich als Ausdruck der neuen pneumatischen Existenz der Christen in der Praxis der völligen Hingabe an die wirkliche Gegenwart Gottes des Vaters, der in Christus durch die Kraft des Heiligen Geistes real erfahrbar ist.
Fallbeispiel: Der pentekostale Denkansatz zum Verständnis der persönlichen Koinonia im Kontext des aktuellen ethischen Paradigmas des ÖRK Economy of Life In diesem Abschnitt wird ein Versuch unternommen, den pentekostalen Denkansatz zum Verständnis des Heiligen Geistes unter dem Gesichtspunkt des trinitarischen Personseins im Kontext des ethischen Diskurses des ÖRK darzustellen. Im I. Teil der vorliegenden Untersuchung wurde gezeigt, dass der aktuelle ethische Diskurs des ÖRK die Rolle des Heiligen Geistes im Kontext der transformativen (verwandelnden) Wirkung der Christen in der Welt hervorhebt. In einer Erklärung des ÖRK zu Mission und Evangelisation Gemeinsam für das Leben: Mission und Evangelisation in sich wandelnden Kontexten wird das Leben im Heiligen Geist als Spiritualität und als Gabe des Schöpfers, als Energie, bezeichnet, die eine dynamische Transformationskraft hat, »die Welt durch die Gnade Gottes zu verwandeln.«1491 Laut unserer These, dass das Leben im Heiligen Geist das Prinzip der persönlichen Koinonia als persönliche Hinwendung zur Wirklichkeit des Heiligen Geistes in der Welt darstellt, kann das transformative Wirken der Christen als Ethos der persönlichen Koinonia verstanden werden. Dieses Verständnis wird auch im ökumenischen Diskurs vertreten: »Gott ruft
1490 »Des Weiteren: Gibt es Möglichkeiten fu¨ r ein vollständigeres gegenseitiges Verständnis zwischen den Kirchen, die diese Riten feiern, und jenen christlichen Gemeinschaften, die davon überzeugt sind, dass das Feiern von Sakramenten oder anderen Riten für ein gemeinsames Leben in Christus nicht erforderlich ist?« KWGV, Sakrament und Ordnungen, §44. 1491 Gemeinsam für das Leben, §3; §29.
Fallbeispiel
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Christen, an dem Heilungs- und Versöhnungsprozess teilzunehmen, indem sie sichtbare Zeichen schaffen für den neuen Himmel und die neue Erde. Diese Sorge für die Schöpfung ist nicht zu trennen von der Gemeinschaft der Christen mit Gott.«1492 Die Missionserklärung des ÖRK bringt den Zusammenhang zwischen dem Wirken der Christen und ihrer Koinonia mit Gott noch präziser und näher zu unserer These zum Ausdruck: »Mission beginnt im Herzen des dreieinigen Gottes. Die Liebe, die die Personen der heiligen Dreieinigkeit zusammenhält, durchströmt die gesamte Menschheit und Schöpfung.«1493 In beiden Formulierungen wird die Idee der Partizipation der Christen am Wirken Gottes in der Welt deutlich. Dieses Mitwirken steht mit der Koinoia mit Gott in Verbindung. In der Formulierung der Missionserklärung wird die innertrinitarische Liebe als das Paradigma der Wirkung Gottes in der Welt bezeichnet. Damit ist nicht nur der Zusammenhang zwischen dem aktiven Handeln der Christen in der Welt und der Koinonia mit Gott hergestellt, sondern auch die Wirkung Gottes wird mit dem existentiellen Bereich des schöpferischen Lebens verknüpft. Darin sehe ich den Denkansatz zur Verknüpfung der Pneumatologie mit der Anthropologie besonders unter dem schöpfungstheologischen Gesichtspunkt. Im Diskussionspapier zur IV. Sektion der 5. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung wurde die Notwendigkeit der Erneuerung der christlichen Anthropologie in Bezug auf das Wirken Gottes in der Welt angedeutet.1494 Es ging um den Zusammenhang zwischen dem Leben der Schöpfung und dem Ethos des Menschen. Die Verschiebung der anthropologischen Mitte nach dem Sündenfall führte zur Selbstentfremdung des Menschen, zu seiner Entfremdung von der Natur und von Gott. Damit wurde das Handeln der Christen in der Welt mit der Wiederherstellung ihrer anthropologischen Mitte verknüpft. Im Sinne unserer These kann diese anthropologische Mitte im Licht des Prinzips der persönlichen Koinonia als Wiederherstellung der schöpfungsfundamentalen Verfassung des Personseins als Hinwendung zu Gott liegen. Der pentekostale Denkansatz zum Leben im Heiligen Geist als Hinwendung zur Wirklichkeit des Heiligen Geistes erscheint hier als Lebensethos. Der Verknüpfungspunkt zwischen dem pentekostalen Ethos der Hinwendung zur Wirklichkeit des Heiligen Geistes und dem ökumenischen, ethischen Diskurs liegt im Verständnis des Lebens in aller Fülle. Der ethische Auftrag der Christen als Lebenszeugnis ist im Versprechen Christi verankert, er sei gekommen, damit die Menschen ein Leben in Fülle
1492 Auf dem Weg zur Koinonia im Glauben, Leben und Zeugnis, IV.5, §106, 50. 1493 Gemeinsam für das Leben, §2. 1494 Vgl. Auf dem Weg zur Koinonia im Glauben, Leben und Zeugnis, IV.5, §107, 50.
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Der Beitrag des pentekostalen Verständnisses vom Leben im Heiligen Geist
haben.1495 In Santiago de Compostela (1993) wurde dieses Lebenszeugnis als ein Teil des eucharistischen Lebens der Christen verstanden. »Gemeinsames Zeugnis kann somit als eine ›eucharistische Vision des Lebens‹ verstanden werden […] Es ist nicht nur ein Gedächtnis, sondern eine Vorwegnahme von Gottes Reich der Gerechtigkeit, des Friedens und der Wiederherstellung der Schöpfung.«1496 Nach dieser Aussage setzt sich die Partizipation am trinitarischen Leben in der Eucharistie in der praktischen Partizipation der Christen an der trinitarischen Mission Gottes in der Welt fort. Das christliche, ethische Handeln entspringt der Begegnung mit dem dreieinigen Gott: »Unsere Begegnung mit dem dreieinigen Gott ist immer zugleich innerlich, persönlich und gemeinschaftlich und führt uns gleichzeitig hinaus in die Welt, in die Mission.«1497 Verknüpft man diese Aussage mit dem Verständnis der Eucharistie als Paradigma für das christliche Leben im Heiligen Geist, kann vom Prinzip der persönlichen Koinonia als von der Kontinuität der Eucharistie im ethischen Handeln der Christen gesprochen werden. Im Folgenden wird dargestellt, wie das aus dem trinitarischen Personsein abgeleitete Prinzip der persönlichen Koinonia im Rahmen der ökumenischen Konzeption der Ökonomie des Lebens (economy of life) und der transformierenden Jüngerschaft (transforming discipleship) verstanden werden kann. Damit ist das neue Missionsverständnis des ÖRK als Mission des Heiligen Geistes und das aktuelle Thema des ÖRK Der Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens angesprochen. Als erstes wird hier nun das neue ethische Paradigma des ÖRK Economy of Life in Grundzügen erläutert. Die Konzeption der Ökonomie des Lebens hat ihren Ursprung im Verständnis der Rettung als Gottes Haushalterschaft nach Joh 10,10, wo gesagt wird, dass Jesus Christus Leben in aller Fülle schenkt. Die Vorstellung von Fülle des Lebens ist vom Modell der Trinität abgeleitet: »We affirm the ›good life‹ (Sumak Kausay in the Kichua language and the concept of Waniambi a Tobati Engros from West Papua) modeled by the communion of the Trinity in mutuality, shared partnership, reciprocity, justice and loving-kindness.«1498 Das Leben in aller Fülle, das von der Analogie mit dem innertrinitarischen Leben abgeleitet ist, formt das Ethos des gemeinsamen Zeugnisses der Kirchen als Ausdruck ihrer Koinonia. Die Ökonomie des Lebens als ethisches Konzept der missionarischen Spiritua1495 1496 1497 1498
Vgl. Joh 10, 10. KWGV, §31. Gaßmann/Heller, Santiago, Bericht der Sektion IV, §4, 245. Gemeinsam für das Leben: Mission und Evangelisation in sich wandelnden Kontexten, §26. Economy of Life, Justice, and Peace for All: A Call to Action, §3. https://www.oikoumene.o rg/en/resources/ documents/wcc-programmes/public-witness-addressing-power-affirmi ng-peace/poverty-wealth-and-ecology/neoliberal-paradigm/agape-call-for-action-2012/ec onomy-of-life-justice-and-peace-for-all. Abgerufen 09. 08. 2019. Dieser Aufruf ist das Ergebnis des Programms des ÖRK AGAPE (Alternativ Globalization Adressing People and Earth), das auf der 9. Vollversammlung des ÖRK in Porto Alegre (2006) initiiert wurde.
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lität meint »den Widerstand gegen alle lebenszerstörenden Werte und Systeme, wo immer sie in unserer Wirtschaft, unserer Politik und selbst in unseren Kirchen am Werk sind, und versucht diese zu verwandeln.«1499 Das daraus resultierende Wirken der Christen versteht sich als eine verwandelnde Lebensweise. Die Bedeutung der Auswirkung des Christseins nach außen wird im Rahmen des neuen Missionsparadigmas des ÖRK zentral artikuliert. Das neue Konzept samt seiner neuen Perspektive auf die transformative Jüngerschaft eröffnet eine neue Sicht auf das Verständnis des Heiligen Geistes. Die neue Sichtweise über die christliche Lebensweise als verwandelnde Spiritualität hebt die Begegnung mit dem Heiligen Geist hervor: »Mission ruft in uns ein neues Bewusstsein dafür hervor, dass der Heilige Geist auf allen Ebenen des Lebens mit uns ist und uns herausfordert, und dass er dort, wo unsere eigenen und gemeinsamen Wege uns hinführen, jederzeit Neues schafft und Veränderung bringt.«1500 Die Art und Weise, wie in diesem Zitat über den Heiligen Geist gesprochen wird, wirft die Frage auf, ob das bisher gewonnene Wissen über den Heiligen Geist, sowie die theologische Einordnung des Heiligen Geistes in der Diskussion über die Ekklesiologie, ausreichen, um auf das den Menschen herausfordernde Wirken des Heiligen Geistes einzugehen und mit dem Wirken Gottes zu kooperieren. Wie zur Zeit der 7. Vollversammlung des ÖRK in Canberra (1991) bleibt die Frage immer noch nicht zufriedenstellend beantwortet, welche theologische Basislegung und welche weiterführenden dogmatischen Erläuterungen erforderlich sind, um das Verständnis der Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes jenseits des Bezuges zur Kirche zu artikulieren. Das neue Missionsverständnis, das auf der 10. Vollversammlung des ÖRK in Busan (2013) vorgestellt wurde, stellt die Frage nach der transformativen Spiritualität: »Wie können wir zu einer Mission zurückfinden, die als transformative Spiritualität wirksam wird und für das Leben eintritt?«1501 Im I. Teil dieser Untersuchung wurde darauf hingewiesen, dass die theologische Diskussion über die Kompetenz der Christen, der Wirklichkeit des Heiligen Geistes zu begegnen, aufgrund des Mangels an weiterführenden Studien des ÖRK zur persönlichen Begegnung der Christen mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes noch offen bleibt. Das neue Denkparadigma der Ökonomie des Lebens bietet einen vielseitigen Raum, um die Diskussion über die Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes theologisch anzugehen.
1499 Gemeinsam für das Leben: Mission und Evangelisation in sich wandelnden Kontexten, §30. 1500 A. a. O., §34. »Discipleship was affirmed as an invitation to both a relationship and a vocation. It is missionary, as it is led by the Holy Spirit in contexts of time and space that are in need of transformation.« Risto Jukki/ Jooseop Keum/ (Kay) Kyeong-Ah Woo (eds.), Called to Transforming Discipleship, Geneve 2019, 3–4. 1501 Gemeinsam für das Leben. Mission und Evangelisation in sich wandelnden Kontexten, §3.
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Der Beitrag des pentekostalen Verständnisses vom Leben im Heiligen Geist
Wie wird der Heilige Geist im Kontext des neuen Missionsparadigmas des ÖRK interpretiert? Einerseits wird der Heilige Geist als transforming power verstanden. Hier beruft sich der Text The Economy of Life: An Invitation to Theological Reflection and Action auf das Ereignis der Ausgießung des Heiligen Geistes.1502 Die Ausgießung des Heiligen Geistes, verstanden als Ausgießung der transformierenden Kraft, verleiht den Christen die notwendige Kraft zum Handeln: »Transforming power is God’s promise that we may fearlessly live out, speak out and build a base of powerful people called to resist and subvert the destructive hegemony of economy of death.«1503 Es geht dabei nicht primär um die Erfahrung des Heiligen Geistes an sich, sondern um die Zusicherung des Vorhandenseins einer Kraft in jedem Christen. Gemeint ist das Vorhandensein der Kraft, die zu Aktivwerden anspornt. Auf der anderen Seite wird diese wirkende Kraft als Potenzial eines Systems der gerechten Balance und Kontrollen verstanden: »In the Economy of Life, power is shared as a system of checks and balances, and all people – regardless of class, gender, race, caste, sexual orientation, indigenous identity and religion – have a voice and participate in decision-making at all levels.«1504 Wie sich diese beiden Vorstellungen von Macht aufeinander beziehen, wird im ökumenischen Text nicht interpretiert. Wird jedoch im ökumenischen Verständnis des Lebens die Beziehung zwischen einem Leben der Schöpfung und dem Leben Gottes berücksichtigt, dann ergibt sich der Schluss, dass die Vorstellung vom gerechten Leben als Balance der Gleichheit und Gerechtigkeit von solchen Attributen des trinitarischen Lebens wie Partnerschaft, gegenseitiger Achtung, Gerechtigkeit und gelebter, liebevoller Güte abgeleitet ist.1505 Es fällt auf, dass der Übergang vom Vorbild des trinitarischen Lebens zum Prinzip des christlichen Handelns schwerpunkmäßig auf das Prinzip der Gleichheit und Gerechtigkeit beschränkt ist. Die Beziehung zwischen der transformierenden Kraft des Heiligen Geistes und der transformierenden Wirksamkeit der Christen kann so gedeutet werden, dass der Heilige Geist durch die Aktivität der Christen 1502 Vgl. The Economy of Life. An Invitation to Theological Reflection and Action, World Council of Churches Theological Consultation on Economy of Life 27–30 October 2014, Chennai, India, Transforming power, 4. https://www.oikoumene.org/en/resources/docu ments/wcc-programmes/public-witness-addressing-power-affirming-peace/poverty-wealt h-and-ecology/economy-of-life-an-invitation-to-theological-reflection-and-action; Abgerufen 28. 03. 2019. Der Text dieser Konsultation stellt die Fortsetzung des Prozesses des ÖRK Economy of Life, Justice and Peace for All: A Call to Action (Bogor Statement) dar. 1503 The Economy of Life, 4. 1504 The Economy of Life, 4. 1505 Vgl. Economy of Life, Justice and Peace for all §3. https://www.oikoumene.org/en/resource s/documents/ wcc-programmes/public-witness-addressing-power-affirming-peace/pover ty-wealth-and-ecology/neoliberal-paradigm/agape-call-for-action-2012/economy-of-life-j ustice-and-peace-for-all. Abgerufen am 14. 01. 2020.
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in der Weise wirkt, dass die Machstrukturen der Welt nach dem Prototyp der trinitarischen Koinonia miteinander in Balance gehalten werden und diese Balance zu kontrollieren ist: »The Economy of Life embodies God’s vision of koinonia, where healthy communities flourish in peace and harmony with one another und with God’s creation (Acts 2,42–47).«1506 Die Ausgießung des Heiligen Geistes wird dementsprechend als Einladung interpretiert, das vorhandene Potenzial der Christen, was die Erneuerung der Welt nach den Prinzipien des trinitarischen Lebens durch das aktive Handeln innerhalb der Machtstrukturen der Schöpfung angeht, zu entfalten. Das pneumatologische Verständnis des transformierenden Wirkens der Christen stellt deshalb ein ethisches Konzept nach der Analogie der trinitarischen Koinonia dar. Die daraus resultierende transformierende Spiritualität hat darum mehr die Züge des ethischen Handelns. Das Prinzip der verwandelnden Spiritualität baut auf das Prinzip des trinitarischen Lebens. Was in diesem Diskurs nicht genügend Platz bekommt, ist die anthropologische Dimension. Der Mensch als handelndes Subjekt und seine innere Disposition Gott gegenüber werden nicht in Betracht gezogen. Die Verschiebung der anthropologischen Mitte, von der in der IV. Sektion in Santiago de Compostela die Rede war, und die daraus folgende Notwendigkeit der Verbindung der verwandelnden Spiritualität mit der Praxis der Hinwendung zu Gott, wären im ethischen Verständnis eines guten Lebens eine wichtige Komponente, welche mit dem gerechten Handeln der Christen ein reziprokes Verhältnis bilden kann. Außerdem ist in diesem Konzept des guten Lebens nach der trinitarischen Analogie wenig Platz für die Möglichkeit der direkten Wirkung Gottes in der Schöpfung sowie der direkten und unmittelbaren Abhängigkeit des menschlichen Handelns von der Wirkung Gottes in der Welt. Das Verständnis der verwandelnden Spiritualität zeugt von einer statischen Vorstellung der Welt, funktionierend als ein Macht- und Wirkungssystem. Die im ekklesiologischen Diskurs angesprochene Offenheit gegenüber der Wirkung Gottes auf die Heilsvollendung hin wird auf Kosten der ethischen Denk- und Handlungsweise eingebüßt. Im Rahmen dieses Denkens wird die Welt in Paradigmen des Fundamentalen, des Ideologischen, des Methodologischen und des Strategischen als sozial-ökonomische Ordnung erfasst. Wenn jedoch §21 des Dokuments Economy of Life, Justice, and Peace for All: A Call to Action feststellt, dass das Leben der ganzen Schöpfung lebendig bzw. dynamisch (vibrant) ist, dann kann die Realisierung der Ökonomie des Lebens nicht mit der Partizipation an den Einflussnetzwerken des Lebens (finanzielle, ökonomische, politische und ökologische) beginnen. Die Realisierung des guten Lebens nach der Analogie des trinitarischen Lebens beginnt mit der radikalen geistlichen Erneuerung im Men1506 The Economy of Life, 1.
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Der Beitrag des pentekostalen Verständnisses vom Leben im Heiligen Geist
schen (bzw. mit seiner Kompetenz der Wirklichkeit des Heiligen Geistes in der Welt zu begegnen). Diese Notwendigkeit wird zwar im Dokument gesehen, allerdings wird sie weder in die Mitte des ethischen Diskurses platziert, noch wird genügend erläutert, was diese geistliche Erneuerung bedeutet bzw. beinhaltet. Handelt es sich dabei um die Praxis des gelebten Glaubens, um die Veränderung der Wertvorstellungen oder um die Neu-Reflexion über die geistliche Dimension des Glaubens? Wir sehen hier das wiederkehrende Phänomen des ökumenischen Denkens, die pneumatologischen Aspekte zu nennen, ohne theologisch zu erläutern, was damit gemeint ist. Das Thema der verwandelnden Spiritualität fand seine weitere Entwicklung während der Missionskonferenz des ÖRK in Arusha (Tansania) im Jahr 2018 unter dem Begriff der verwandelnden Nachfolge. Bemerkenswert war dabei, dass das Thema der verwandelnden Nachfolge vom pneumatologischen Ausgangspunkt zumindest in Verbindung mit dem Heiligen Geist behandelt wurde: »Such discipleship is one that is constantly transforming disciples as they open themselves up to Christ’s influence in their lives and to the formation that takes place in the Christian community.«1507 Das Besondere an dieser Formulierung der verwandelnden Nachfolge ist, dass sie diese als die Offenheit gegenüber der Wirkung Christi im persönlichen Leben zum Ausgangspunkt des ethischen Handelns in der Welt deklariert. In dem Maße, wie ein Christ sich dem Einfluss Christi in seinem persönlichen Leben öffnet, wird er seine Umwelt beeinflussen. Überträgt man dieses Verhältnis in die Sprache der persönlichen Koinonia, kann man feststellen, dass die Zuwendung zur Wirklichkeit Gottes in der Welt die Zuwendung zur Welt unter dem Gesichtspunkt der Beziehung der Welt zu Gott und umgekehrt mit sich bringt. In der Sprache des Arusha-Aufrufes der verwandelnden Nachfolge wird die Wechselwirkung von Zuwendung zu Gott und zur Welt als »Liturgie nach der Liturgie bezeichnet.«1508 Das Eingehen auf das Wirken des Heiligen Geistes wird unter anderem als dringende Notwendigkeit beschrieben: »We are called to joyfully engage in the ways of the Holy Spirit, who empowers people from the margins with agency, in the search for justice and dignity (Acts 1:8; 4:31).«1509 Aufallend ist, dass die Bibelstellen genannt werden, die einen Bezug auf die Erfüllung mit dem Heiligen Geist aufweisen. In den beiden Referenzen ist die Vorsetzung für das Zeugnis Christi der Empfang der Kraft des Heiligen Geistes 1507 The Arusha Call to Discipleship. https://www.oikoumene.org/en/mission2018/program. Abgerufen 02.05 2018. 1508 Risto Jukki/ Jooseop Keum/ (Kay) Kyeong-Ah Woo (eds.), Called to Transforming Discipleship, 51. 1509 A. a. O., 46. »[…] the Holy Spirit continues to move at this time, and urgently calls us as Christian communities to respond with personal and communal conversion, and a transforming discipleship.« A. a. O., 45.
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(Apg 1,8) und die Erfüllung vom Heiligen Geist, die auf das Gebet der Gemeinde erfolgte (Apg 4,31). Auch wenn die sozial-ethische Rhetorik und Thematik die ökumenische Vorstellung von der verwandelnden Nachfolge immer noch prägt, erscheint der Schwerpunkt der Nachfolge als persönliche Praxis des Glaubens zentraler als in den Formulierungen des AGAPE – Textes (2012). Der Sinn des christlichen Lebens, in der verwandelnden Nachfolge zu leben, und Gott, den Dreieinigen, anzubeten, bilden die ersten zwei Rufe der verwandelnden Nachfolge. Die Rolle des Heiligen Geistes wird in der Konzipierung der verwandelnden Nachfolge klar definiert: »By Spirit we discern und participate in God’s mission. […] This act of discipleship [empowering with the Holy Spirit] leads us to live out God’s love in Jesus Christ by inspiring justice and peace in ways that are different from the world (John 14,27).«1510 An dieser Stelle kann die pentekostale Sichtweise das Thema der persönlichen Öffnung gegenüber der Wirkung des Heiligen Geistes ins Nachdenken über die verwandelnde Nachfolge gebracht werden. Die Mitarbeit an der Seite Gottes zur Transformation der Welt fängt mit dem persönlichen Leben der Christen in der Öffnung für Christus an und wird unter der Begleitung des Heiligen Geistes fortgesetzt, wobei die Begleitung des Heiligen Geistes in seiner Lehrfunktion besteht.1511 Allerdings wurde schon oben bemerkt, dass die Artikulierung der transformativen Kraft nach der Analogie der trinitarischen Koinonia einen anderen Typus der Zuwendung zur Wirklichkeit des Heiligen Geistes meint als die persönliche Begegnung mit dem Heiligen Geist. Man denkt eher an die ethische Besinnung über die Werte, die von der trinitarischen Koinonia abgeleitet sind und ihre Verwirklichung als Widerstand gegen die Macht der Herrschaft haben:1512 »This vision of discipleship is geared to the formation of leaders who are equipped not only intellectually, but particularly at the level of spiritual discernment and personal transformation. It fosters a radical openness to the Spirit of God that finds expression in leadership marked by mutuality, reciprocity, humility, and interdependence.«1513
Dieses Zitat zeigt einerseits Potenzial, die ökumenische transformierende Spiritualität im Kontext der pentekostalen Tradition zu hören und zu verstehen, deckt aber gleichzeitig Unterschiede im Verständnis der radikalen Offenheit
1510 A. a. O., 52. 1511 Vgl. a. a. O., 52. 1512 »It is the Holy Spirit who accompanies us on the journey of faith, teaching us the way of Christ, empowering us to resist and reject powers of domination that would demand our allegiance and refreshes us for the mission to which we have been called.« A. a. O., 52. 1513 Risto Jukko/Jooseop Keum (eds.), Moving in the Spirit. Report of the World Council of Churches Conference on World Mission and Evangelism, Geneva 2019, 16.
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Der Beitrag des pentekostalen Verständnisses vom Leben im Heiligen Geist
gegenüber der Wirklichkeit des Heiligen Geist auf. In der pentekostalen Tradition wird das Ereignis der Ausgießung des Heiligen Geistes nicht nur auf die Konstituierung der Kirche und auf das Erfüllt-Sein mit dem Potenzial des Handelns nach der trinitarischen Analogie beschränkt, sondern auch als immerwährende Erfahrung der Erfüllung mit der Kraft des Heiligen Geistes im alltäglichen Leben verstanden. Der ökumenische ethische Diskurs betrachtet das Leben im Heiligen Geist als Nachahmung der Prinzipien des innertrinitarischen Lebens und seine Übertragung in das System der Wirkungen im Weltgeschehen. Der starke soziale Fokus zeigt eine Hinwendung des ökumenischen Diskurses zu schöpfungstheologischen Themen. Daraus wird die Theologie des Erkennens der Geistesleitung in der Welt generiert, wenn auch nicht explizit. Der Fokus auf die Aktivität der Kirchen als Zeugnis der Gerechtigkeit Gottes im schöpfungstheologischen und trinitarischen Kontext hat die Neu-Entdeckung und Neu-Formulierung der Spiritualität zur Folge. Es handelt sich um die transformative Spiritualität im Sinne der neuen Lebenskultur: »The Economy of Life is a culture of compassionate justice where those of us in the more affluent sections of society live out our faith in God through solidarity: transforming privilege, divesting from life-denying corporations, living more simply, standing with and supporting peoples’ and workers’ movements, engaging in fair trade practices, supporting local alternative economies and community-oriented agriculture, contesting the manufacture and trade of weapons of mass destruction, and challenging our governments and global financial and economic organizations in all possible ways.«1514
Nach diesem Verständnis wendet sich ein Christ der Wirkung Gottes in der Welt nicht direkt, sondern mittelbar zu, und zwar über das Ausleben der Werte der Welt, die von der Analogie des trinitarischen Lebens abgeleitet sind. Allerdings stellt sich die Frage, inwiefern diese Lebenskultur den explizit christlichen Offenbarungsgehalt ausdrückt. All diese Werte sind allgemein anerkannte Lebenswerte und werden, schöpfungstheologisch gesehen, in den anderen nichtchristlichen Lebenskulturen auch beachtet. Wenn jedoch die christliche Lebenskultur ein Offenbarungsethos voraussetzt, d. h. auf der Tatsache der persönlichen Zuwendung Gottes basiert und ihre Exklusivität im Wirken des Heiligen Geistes als Geist Christi hat, dann muss die christliche Lebenskultur als radikale Offenheit gegenüber der Wirklichkeit des Heiligen Geistes woanders ansetzen, um das transformierende Handeln der Christen theologisch zu begründen. Soll das Verständnis der trinitarischen Koinonia als Prototyp für die neue Lebenskultur der Ökonomie des Lebens dienen, muss das Verständnis der
1514 The Economy of Life. An Invitation to Theological Reflection and Action.
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transformativen Spiritualität das trinitarische Personsein neben dem Aspekt der Gleichheit und Gerechtigkeit auch den Aspekt der persönlichen Öffnung der Christen gegenüber der Wirklichkeit des Heiligen Geistes beinhalten. Der Ausgangspunkt der Ökonomie des Lebens kann dann nicht vordergründig im Handeln nach dem Prinzip der trinitarischen Koinonia in der Welt, sondern im Handeln der persönlichen Hinwendung zu Wirklichkeit des dreieinigen Gottes, konkretisiert werden. D. h. die spirituelle Kompetenz, die Welt gemäß dem trinitarischen Prototyp zu transformieren, setzt die spirituelle Kompetenz, das Koinonia-artige Personsein zu leben, das sich im Lebensmodus der persönlichen Begegnung mit Gott ausdrückt, voraus. Die ökumenischen Texte über die transformierende Nachfolge sind an dieser Stelle sehr vage. Die pentekostale Tradition legt ihren Fokus auf die Partizipation am Leben der Trinität durch die unmittelbare Begegnung mit dem Heiligen Geist und bietet damit ein Arbeitskonzept, wie die persönliche Öffnung für den Heiligen Geist einen transformierenden Lebensstil und eine innere Lebenshaltung prägen kann. Als weiteres möchte ich einige Punkte aufgreifen, wie die Ökonomie des Lebens im Sinne der verwandelnden Nachfolge im pentekostalen Denkparadigma interpretiert und verstanden werden kann. Angesichts der Ausbreitung der pentekostalen Bewegung und ihrer transformierenden Auswirkung auf die unterschiedlichen Kulturen zeigt die pentekostale Spiritualität eine inhaltliche Nähe zum ökumenischen Verständnis der Ökonomie des Lebens. Dies geschieht vor allem aus zwei Gründen, welche die Identität und den Rahmen der pentekostalen Tradition grundlegend prägen. Erstens liegt der Fokus der pentekostalen Tradition auf der Erfahrung der persönlichen Transformation der Christen infolge der Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes. Zweitens entspringt die pentekostale Tradition dem Gedanken der Inauguration bzw. Verwirklichung des Reiches Gottes durch die Ausgießung des Heiligen Geistes. Von diesem Standpunkt aus liegt die Motivation der Pentekostalen zur Erneuerung der Welt eher im proklamatorischen Charakter des christlichen Zeugnisses vom endzeitlichen Aufbruch des Reiches Gottes. Die Gestaltung des persönlichen Lebens versteht sich im Miteinander mit dem Heiligen Geist. Die pentekostale Spiritualität und die Motivation zum Handeln basiert auf der Erfahrung der Erfüllung mit dem Heiligen Geist und auf der Wahrnehmung der Wirklichkeit als Ort der realen und interagierenden Wirkung des Heiligen Geistes. Die weltweite Attraktivität der pentekostalen Bewegung erklärt sich deshalb zum Teil aus dem Bedürfnis nach der persönlichen Erfahrung der verändernden Kraft des Heiligen Geistes und den daraus resultierenden
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Auswirkungen auf die unterschiedlichen Dimensionen des persönlichen und gesellschaftlichen Lebens.1515 Es ist durchaus berechtigt anzunehmen, dass nicht nur die Zungenrede das spezifische Kennzeichen der pentekostalen Bewegung ist, sondern, wie Howard Kenyon behauptet, die Haltung, dass die Christen im Zeitalter des Geistes leben.1516 Die Überzeugung davon, dass Gottes neue Gegenwart in der Welt ins aktive Handeln der Christen involviert werden kann, schafft eine Motivation, die geglaubte Wirklichkeit der Welt aus der Perspektive der Gegenwart Gottes zu erfahren und bewusst anzustreben. Obwohl der ethische Ansatz der Pentekostalen ursprünglich aus der eschatologisch-prophetischen Perspektive resultiert, nämlich aus der Proklamation des Evangeliums durch die Artikulation der sozialen Implikationen, kann er dennoch dem ökumenischen Konzept der verwandelnden Nachfolge dienlich sein.1517 Aufgrund der ökumenischen Relevanz haben wir die Besonderheit der pentekostalen Tradition, nämlich das Verständnis der unmittelbaren Begegnung mit dem Heiligen Geist, ins Paradigma des trinitarischen Personseins als Prinzip der persönlichen Koinonia erweitert. Als Konsequenz daraus kann das Ethos der zeitgenössischen pentekostalen Bewegung folgendermaßen formuliert werden: Die persönliche Hingabe an Gott und die Lebensgestaltung in der Hinwendung zur Lebenswirklichkeit unter dem Gesichtspunkt der Wirkung des Heiligen Geistes konstituiert das Wesen des Menschen als Geschöpf Gottes. Das hat weitgehende und transformierende Auswirkungen auf die Schöpfung.1518 Wie die Beziehung zwischen dem persönlichen Ethos der Zuwendung zur Weltwirklichkeit unter dem Gesichtspunkt der immanenten Wirklichkeit des Heiligen Geistes und dem transformierenden Handeln der Christen in der Welt aus der pentekostalen Sicht konzipiert werden kann, wird im Folgenden anhand der theologisch-ethischen Konstruktionen der pentekostalen Theologen Amos Yong, Nimi Wariboko und Daniel Castelo gezeigt. Amos Yongs Denkansatz ist aufgrund seiner ökumenisch-repräsentativen Intention den beiden anderen Konstruktionen vorzuziehen. Yong wurde in Laufe 1515 Vgl. Dena Freeman, The Pentecostal ethic and the spirit of development. 1516 Vgl. Burgess/Van Der Maas, New International Dictionary of Pentecostal and Charismatic Movements, 606. 1517 Vgl. a. a. O., 606. 1518 Peter Althouse (pentekostal) denkt ähnlich, wenn er die Ekklesiologie der Pentekostalen als missionale Ekklesiologie unter dem Aspekt des transformierenden und vorwegnehmenden Wirkens des Heiligen Geistes bezeichnet. Er beruft sich auf den Denkansatz von Lesslie Newbigin. »Mission seeks the transformation of all life, and the Spirit is the first fruit, the pledge, the guarantee of the eschatological creation, in which the Church is made the locale of divine witness.« Peter Althouse, Towards a Pentecostal Ecclesiology: Participation in the Missional Life of the Triune God, in: JPT (2009) 18, 230–245, 233.
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der Vorbereitung auf die Missionskonferenz des ÖRK in Arusha (2018) gebeten, eine pentekostale Sicht der transformierenden Nachfolge auszuarbeiten. Yongs Hauptthese lautet: »Meeting the living God by the Spirit transfigures human cognition precisely because it is transformative of human knowing and perceiving in its multiple dimensions of tactility, affectivity, and emotions. We think differently after the Spirit because we have been changed.«1519 Yong interpretiert die Folge der Geisterfahrung als transformative (transfigurierende) Veränderung der Wahrnehmungsdimensionen des Menschen, und zwar in Bezug auf neue Erkenntnismöglichkeiten des Menschen. Es geht um die Erfahrung des Heiligen Geistes in der Veränderung der Denkweise. Theologisch gesehen bleibt Yong seiner pentekostalen Tradition treu und deutet die Erfahrung des Heiligen Geistes als Erfahrung des auferstandenen Christus. Der Zugang zur lebendigen Gegenwart Christi in der Welt geschieht durch den Heiligen Geist.1520 Yong erweitert die Dimension der Erfahrung der Person Christi als interpersonale Konfrontation mit der Transzendenz.1521 Damit liefert Yong einen anderen Denkansatz zum Verständnis des Ereignisses der Geistestaufe. Die Transformation des Denkens geschieht infolge der Erfahrung der Begegnung mit Gott. Er spricht über die Geistestaufe im Kontext der Ganzheit der Begegnung des Menschen mit Gott »being face to face with the living God«.1522 Yong konkretisiert allerdings nicht, wie dieses Sein von-Angesicht-zuAngesicht im Rahmen des christlichen Lebens erlebt werden kann. Allerdings geht es dabei nicht um die Auflösung der eschatologischen Spannung, als wäre die endzeitliche Erfahrung der Begegnung zwischen Mensch und Gott schon im immanenten Rahmen der Schöpfung möglich, sondern es handelt sich um die Begegnung mit der Gegenwart des Geistes in der Schöpfung selbst. Wie verhalten sich das menschliche Verlangen nach der Begegnung mit der Wirklichkeit Gottes und das Wirken des Heiligen Geistes zueinander? Was in dieser ökumenisch orientierten Vorstellung der pentekostalen Identität aufschlussreich erscheint, ist, dass die menschliche Hinwendung zur transzendenten Realität Gottes in sich eine transformative Auswirkung sowohl auf den Menschen selbst als auch auf sein Umfeld hat. Man nimmt die Weltwirklichkeit als Wirkungsraum des Heiligen Geistes wahr. Man agiert dementsprechend unter dieser Prämisse. Mit anderen Worten: Das transformierende Verhalten der Christen in der Welt wird aus der Wahrnehmung der Weltwirklichkeit als Raum der Wirkung des Heiligen Geistes generiert.
1519 Amos Yong, Reflection and Confessing in the Spirit, in: IRM (2016) 105/2, 173. 1520 Vgl. a. a. O., 170–171. 1521 Überraschend für die pentekostale Denkweise lenkt Yong seinen Fokus weg von der Erfahrung der Zungenrede als Evidenz der Geistestaufe. Vgl. a. a. O., 172. 1522 A. a. O., 173.
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Das Prinzip der persönlichen Koinonia, oder das Verhalten in der Analogie zum trinitarischen Leben, zeigt sich hier in der persönlichen, engagierten Partizipation an der Weltwirklichkeit angesichts des in ihr gegenwärtigen und wirkenden Heiligen Geistes. Bringt man das trinitarische Verständnis des Heiligen Geistes als Geist der Vermittlung der Liebe bzw. der gegenseitigen Hingabe der Trinitätspersonen mit dem menschlichen Verlangen nach der Begegnung mit dem Heiligen Geist in der materiellen Wirklichkeit in Verbindung, lässt sich folgende Schlussfolgerung formulieren: Das schöpferische und wiederherstellende Wirken des Heiligen Geistes in der Schöpfung hat einen hypostatischen Charakter. Der Heilige Geist zeigt seine hypostatische, also Person-verwirklichende Seinsweise, in jedem Akt der persönlich engagierten Hinwendung des Menschen zur persönlichen Gegenwart Gottes in der Welt. Wie schon oben angedeutet wurde, versteht sich die Weltwirklichkeit in ihrer Beziehung zu Gott. Im Zuge der engagierten persönlichen Öffnung gegenüber der Gegenwart Gottes, beispielsweise als eine auf Gott als Person ausgerichtete engagierte Lebenshaltung, vollzieht sich der Prozess der Hypostasierung (Personifizierung) eines Menschen. Diese Hinwendung hat eine veränderte Denk- und Verhaltensweise in der Welt zur Folge. Rückkehrend zum Ethos der Ökonomie des Lebens lässt sich sagen, dass das pentekostale Ethos in der Theorie von Yong den Menschen als zentralen Einflussfaktor sieht, durch den der Heilige Geist die Welt transformiert. Die beiden ethischen Konstruktionen, nämlich die von Yong und die von der Ökonomie des Lebens, unterscheiden sich allerdings in der Frage nach der inneren Motivation des Handelns. Amos Yong lässt außerdem die Frage offen, wie die innere, durch die Erfahrung des Heiligen Geistes ausgelöste Transformation mit der Motivation zum transformierenden Handeln in der Welt korreliert. Diesen Aspekt des Zusammenhanges zwischen der veränderten Wahrnehmung der Wirklichkeit und dem ethischen Handeln kam deutlicher im Denkmodell eines anderen pentekostalen Theologen, Nimi Wariboko, zum Ausdruck. Nimi Wariboko entwirft ein ethisch-theologisches Modell der pentekostalen Spiritualität. Wariboko setzt bei der Umdeutung der affektiven Kategorie der Leidenschaft (Passion) in die ontologische Kategorie des Seins an: »The phrase ›passion of being‹ is used here to designate a general attribute of being and not emotion or affection. It is part of the eros of being.«1523 Wariboko denkt hier ähnlich wie Steven Land, der die pentekostale Leidenschaft für Gott als eine besondere Art der Spiritualität interpretiert hat.1524 Dennoch wagt Wariboko, den pentekostalen Denkansatz zur Spiritualität in die ontologische Sprache zu übertragen. Dadurch schafft er eine Grundlage, um die pentekostale Spiritualität 1523 Wariboko, The Pentecostal Principle, 11. 1524 Vgl. Land, Pentecostal Spirituality, 23.
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im Sinne eines Ethos zu erklären. Das pentekostale Ethos stellt sich für ihn als die Kapazität, etwas Neues zu beginnen, dar – »the capacity to begin«.1525 Das pentekostale Prinzip sei das Verlangen: »The notion of the pentecostal principle rethinks the ideas of the protestant principle as the spirit of creativity, the creative transforming energy that operates within the structures and throughout the process of creation as its law of motion. The pentecostal principle is the power of emergent creativity that disrupts social existence, generates infinite restlessness, and results in novelty.«1526
Das Verlangen als ontologische Kategorie hat in sich eine Kraftwirkung, die wirklichkeitsgestaltend handelt. Dieser Schritt von Wariboko ermöglicht es, die Kategorie des menschlichen Verlangens mit der Deutung des Heiligen Geistes als personifizierte, wirklichkeitsschaffende Wirkung Gottes in Verbindung zu bringen. Dadurch kommen die drei Dimensionen, nämlich die Gegenwart Gottes, der Mensch und die Schöpfung, in ein wechselseitiges, erschaffungsorientiertes Wirkungsverhältnis. Im Rahmen dieses Verhältnisses versteht sich die wirklichkeitsverändernde Wirkung des Heiligen Geistes unter anderem im Zusammengang mit dem menschlichen Streben nach der Realisierung des Weltbildes, das aus der Perspektive der Gegenwart Gottes in der Welt gesehen wird. Die Dynamik des Heiligen Geistes, der die Schöpfung hin zur Erfüllung des Heilsplanes Gottes leitet, wirkt durch die Offenheit bzw. durch das Verlangen des Menschen nach der Erfahrung der Wirklichkeit des Heiligen Geistes in dieser Welt. Dieses Verlangen bildet, in der Sprache der Missionskonferenz in Arusha ausgedrückt, eine Quelle der verwandelnden Nachfolge und kann als Mittel des Wirkens Gottes in der Welt verstanden werden. Daniel Castelo bezeichnet dieses Ethos als Konzept der epikletischen Existenz.1527 Es ist von zwei symbolischen Konstrukten, waiting und abiding bestimmt. Das Warten (waiting) meint die aktiv-wartende Orientierung auf Gottes Handeln in der Welt. Das beständige Festhalten (abiding) meint, »[…] to do all in their power to inhabit the implications ensuing from the divine encounter«.1528 Durch dieses kontinuierliche Streben wird das Potenzial der Weltwirklichkeit in Bezug auf den durch die Ausgießung des Heiligen Geistes bewirkten Zustand entfaltet und verwirklicht. Diese Art von Darstellung des pentekostalen Denkansatzes zum Verständnis des Heiligen Geistes gibt den Rahmen zur ethischtheologischen Anwendung der Pneumatologie auf die ökumenische Suche nach der gemeinsamen Basis zur Erneuerung der Welt. Das pentekostale Prinzip baut 1525 Wariboko, The Pentecostal Principle, 1. 1526 A. a. O., 44. 1527 Vgl. Daniel Castelo, Revisioning Pentecostal Ethics: The Epicletic Community, Cleveland 2012, 22. 1528 Ebd., 26.
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auf dem Prinzip des Verlangens nach der Begegnung mit der Wirklichkeit Gottes innerhalb der immanenten, materiellen Weltwirklichkeit, und lenkt das Leben im Glauben an Gott dahin, in den unterschiedlichen Formen des Lebens und der Kulturen die Grenzen der sichtbaren Existenz (Not, Armut, Krankheiten, soziale Ungerechtigkeit) zu durchbrechen und die potentiellen Möglichkeiten für die Neugestaltung des Lebens zu entdecken und sie zu entfalten. Nach dem Ethos von Wariboko und Castello erscheint das Verlangen nach der Realisierung des geglaubten Wirklichkeitsbildes als das lenkende Prinzip der Transformation der Welt. Der Pentekostalismus sei eine intentionale Anstrengung, das Prinzip des Ausgerichtet-Seins, und nie eine vollbrachte Sache. Damit ist eine theologische Absicherung gegen die Tendenz gegeben, das pentekostale Ethos als einseitig menschliche Anstrengung zur Erlangung der paradiesischen Wirklichkeit zu missdeuten. Dieses Ethos ist eher vorwegnehmend eschatologisch, im Sinne der engagierten Vergegenwärtigung dessen, was die Versöhnung Gottes und die Mitteilung des Heiligen Geistes gewirkt hat. Eine ähnliche Linie ist in KWGV in Bezug auf das Verständnis der Kirche erkennbar. Die Kirche stehe in Bezug zur Welt: »[…] als Zeichen und Mittlerin der Liebe Gottes. Sie ist in ihrem Wesen missionarisch, dazu berufen und gesandt, mit ihrem eigenen Leben Zeugnis abzulegen für jene Gemeinschaft, die Gott für die ganze Menschheit und für die gesamte Schöpfung in seinem Reich vorgesehen hat. Die Kirche ist von Christus berufen, Zeugnis von seines Vaters Versöhnung, Heilung und Verwandlung der Schöpfung abzulegen.«1529
Der grundlegende Unterschied des Ethos des ökumenischen Diskurses zum pentekostalen Denkansatz liegt im Bereich der Konkretisierungen der theologischen Aussagen. Diese Feststellung kann man an einer Aussage aus KWGV verdeutlichen. Der Heilige Geist belebt »[…] die Kirche und gibt ihr das Rüstzeug, damit sie ihre Rolle bei der Verkündigung und jener allgemeinen Verwandlung spielen kann, nach der sich die ganze Schöpfung sehnt (vgl. Röm 8, 22– 23)«.1530 Daraus kann ein breites Spektrum weiterer Überlegungen gebildet werden, nämlich welche Rolle die menschliche Öffnung für diese Wirkung des Heiligen Geistes spielt und wie sie theologisch erläutert werden kann. Kann die Sehnsucht, von der in dem obigen Zitat die Rede ist, einen theologischen Wert bekommen? Die vorliegende Untersuchung kann diese Frage mit dem Hinweis auf den pentekostalen Denkansatz der persönlichen Koinonia mit einem Ja beantworten. Die pentekostale Übertragung der obigen Aussage wird den Schwerpunkt in der aktiven, menschlichen Rolle im Ausrichten des Verlangens auf die wirkende
1529 KWGV, Einleitung; Kapitel IV. A. §59; Kapitel II, B. §13. 1530 A. a. O., Kapitel II. B. §21.
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Gegenwart des Heiligen Geistes innerhalb der Weltwirklichkeit legen. Das Verlangen (Sehnsucht) des Menschen ist dabei nicht einfach auf das subjektive Erlebnis der übernatürlichen Wirklichkeit fokussiert, sondern auf die Lebensgestaltung angesichts der immanenten Gegenwart des transzendenten Gottes in dieser Welt. Wariboko und Castelo betrachten das distinktive Merkmal des Pentekostalismus pneumatologisch als Entfaltung des Potenzials der Welt und der Person zum Erstreben der geglaubten und von der Gegenwart des Heiligen Geistes abgeleiteten Sicht der Wirklichkeit. Das Verhalten der Christen enthält aufgrund der Erfüllung mit dem Heiligen Geist das Potenzial, die Werte und Zeichen der eschatologischen Ordnung Gottes im Sinne der neuen Schöpfung in unterschiedlichen Sphären des Lebens anzustreben. Durch die Öffnung für den Heiligen Geist ist der Mensch in der Lage, durch seine Aktivität das verborgene Potenzial des neuen Lebens im Rahmen der alten Schöpfung ansatzweise zu verwirklichen. Vorwegnehmend gestalten die Christen durch ihre auf die Wirklichkeit des Heiligen Geistes gerichtete Aktivität eine neue Realität. Im menschlichen Verlangen nach der Begegnung mit der Wirklichkeit Gottes in der Welt zeigt sich das Wesen des Heiligen Geistes aus der Perspektive seiner intrasubjektiven Wirkung. Er wird nicht nur als Initialzündung des menschlichen Potenzials zum Verlangen der Welt nach einer neuen Schöpfung verstanden, sondern gleichzeitig als Gegenüber der Aktivitäten der Christen, die sich ihrerseits in der Zuwendung zu diesem Gegenüber wahrnehmen. Ein Zitat aus dem Philipperbrief kann hier als Veranschaulichung dieses intrasubjektiven Wirkens des Geistes dienen: »Denn Gott ist’s, der in euch wirkt beides, das Wollen und das Vollbringen, nach seinem Wohlgefallen.«1531 Das intrasubjektive Wirken des Geistes aus der anthropologischen Perspektive kann aus der Perspektive des Verständnisses von Leben implizieren, dass das Leben der Kirche nicht nur eine einseitige Gegebenheit bzw. das Wirken des Heiligen Geistes ist, sondern ein interaktives Geschehen zwischen Gott und Mensch. Im Sinne der Liebe als Koinonia bedeutet die Kirche eine gegenseitige Hinwendung. So betrachtet kann die Einheit der Kirche im Geist nicht ohne Einheit der Christen im Geist gedacht sein.1532
1531 Phil 2,13. Vgl. Phil 4, 13: »Ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht.«. Vgl. Kolosserbrief 1, 29: »Dafür mühe mich ich auch ab und ringe in der Kraft dessen, der in mir kräftig wirkt.« 1532 Dieser Sachverhalt wird im ökumenischen Denken als Dilemma von Gabe und Aufgabe verstanden. Nach unserer These drängt das intrasubjektive Geistesverständnis dazu, die Suche nach der Einheit der Kirche nicht in erster Linie als Aktualisieren des gegebenen Potenzials auf der Ebene der institutionellen Kirchen, sondern auf der Ebene der Begegnung der Christen in ihrer gemeinsamen Ausrichtung auf Gott, zu verstehen.
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Bei der Platzierung der intrasubjektiven Geisteswirkung im Bereich der menschlichen Aktivität muss eine gewisse Abgrenzung zu einer Denkrichtung vorgenommen werden, welche die Auswirkung der Hingabe an die Wirklichkeit Gottes auf allgemeine, sozial- anthropologische Ursachen zurückzuführen versucht. Oskar Föller (luth.), der sich als einer der Ersten im deutschsprachigen Raum mit dem Phänomen der pentekostalen Bewegung systematisch auseinander gesetzt hat, erwähnt unter den Wachstumsfaktoren der pentekostalen Bewegung, in Berufung auf die Theorie des amerikanischen, sozial-kritischen Philosophen Eric Hoffer, dass die Ideologie der pentekostalen Bewegung die »Verhaltensänderung motiviert und in einem bestimmten Bereich zur Lebensund Wertverwandlung hilft.«1533 Die zahlreichen soziologischen Studien sehen im Phänomen der pentekostalen Bewegung eine Stillung von sozial-psychologischen Bedürfnissen nach Lebensbewältigung bzw. Stärkung des Selbstgefühls, nach Geborgenheit, Entdeckung neuer Fähigkeiten usw.1534 In Bezug auf die Sinnesverwandtschaft der pentekostalen Spiritualität des Verlangens nach der Wirksamkeit des Heiligen Geistes mit dem existentiellen menschlichen Verlangen nach den Mitteln der Krisenbewältigung, halte ich entgegen, dass man mit dem gleichen Argument selbst die Entstehung des christlichen Glauben oder des Christentums als Religion auf psychologisch-soziale Ursachen zurückführen kann. In diesem Zusammenhang ist auf die Projektionstheorie der anthropologischen Deutung der Religion von Ludwig Feuerbach hinzuweisen.1535 Auf der anderen Seite ist die aktuelle Zurückführung der pentekostalen Bewegung auf psychologisch-soziale Ursachen selbst den Versuchen der Pentekostalen zu verdanken, die ihre Sicht des Lebens im Heiligen Geist durch Lebenzeugnisse der transformativen Wirkungen des Geistes untermauern. Wie der Überblick der Werke der pentekostalen Theologen im II. Teil dieser Untersuchung gezeigt hat, reicht das Anliegen der pentekostalen Bewegung über das Streben nach der Erfahrbarkeit des Geistes hinaus. Man fragt nach der Relevanz des Lebens im Heiligen Geist für das irdische Leben. Angesichts der Parallelen und Analogien zur psychologischen und sozialen Dimension des menschlichen Daseins kann mit Gewissheit gesagt werden, dass der pentekostale 1533 Oskar Föller, Charisma und Unterscheidung: systematische und pastorale Aspekte der Einordnung und Beurteilung enthusiastisch-charismatischer Frömmigkeit im katholischen und evangelischen Bereich, Wuppertal 1997, 27. 1534 Vgl. Walter Hollenweger, Funktionen der ekstatischen Frömmigkeit der Pfingstbewegung, in: Theodor Spoerri (Hg.), Beiträge zur Ekstase. Bibliotheca psychiatrica et neurologica, Basel/New York 1968, 53–72. 1535 »Die Religion ist die Reflexion, die Spiegelung des menschlichen Wesens in sich selbst.« Ludwig Feuerbach, Gesammelte Werke. Band V. Hrsg. von Werner Schuffenhauer, Berlin 2006, 127.166. Die religionskritische Linie kann selbst in Luthers Entdeckung des gnädigen Gottes seinen neurotischen Zustand sehen. Das Gleiche kann für Calvin gelten, der seine juristische Weltanschauung auf seine Theologie projiziert hat.
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Typus des christlichen Lebens dem menschlichen Verlangen nach Vereinfachung des Glaubens und der Beziehung zu Gott entgegenkommt. Darüber hinaus strahlt dieser Typus des christlichen Lebens eine Attraktivität für die Bedürfnisse der Menschen in der Dritten Welt aus.1536 Allerdings soll nicht die soziologische Urteilsbildung den Inhalt einer Konfession bestimmen, sondern die Kontinuität mit der Tradition der apostolischen Kirche und mit der Heiligen Schrift. Offensichtlich scheint die progressive und verwandelnde Wirkungsweise der pentekostalen Bewegung im Rahmen ihrer Suche nach der Relevanz und Aktualität der Gegenwart des Heiligen Geistes sowohl für das Leben der Kirche als auch für das persönliche Leben der Christen gewinnbringend zu sein. So gesehen drückt der pentekostale Typus des christlichen Lebens das Verständnis des Heiligen Geistes als eines aktiv Handelnden aus, der die menschliche Offenheit ihm gegenüber in seine Wirkung involviert und dennoch von ihr unabhängig ist. Schließlich geht es bei dem pentekostalen Typus des christlichen Lebens nicht um die Geisterfahrung an sich oder um das Erlebnis der übernatürlichen Wirklichkeit des Heiligen Geistes, sondern um die Relevanz des geisterfüllten Menschseins und die Gegenwart des Geistes in der Schöpfung für die Lebensgestaltung der Christen jetzt und hier.1537 Diese menschliche Offenheit für den Heiligen Geist oder das menschliche Verlangen nach dem Leben angesichts der realen Gegenwart Gottes in der Welt lässt sich hinter solchen Strömungen innerhalb der pentekostalen, charismatischen bzw. neo-pentekostalen Bewegungen wie Wort des Glaubens, PowerEvangelism, Properity-Theologie oder die Reich-Gottes Theologie (Kingdom Theology) vermuten.1538 Betrachtet man all diese Konzepte unter dem ethischanthropologischen Gesichtspunkt des menschlichen Verlangens nach der Begegnung mit der Wirksamkeit der Gegenwart Gottes in der Welt, entdeckt man darin ein gemeinsames Anliegen, das dem Ethos und dem Denkmuster der verwandelnden Nachfolge sehr ähnlich ist. Insbesondere kommt der Habitus des Lebens angesichts der Gegenwart Gottes in der Welt unter dem eschatologischmissionarischen Gesichtspunkt zum Tragen. Gemeint ist die missionarische Aktivität der Kirche im Licht der Vorwegnahme der neuen Schöpfung als aktive Herrschaft Christi in der Welt hinführend zur Verwirklichung des Heilsplanes Gottes. Dabei versteht sich die Aktivität der Kirche als Partizipation am Dienst
1536 Vgl. Dena Freeman, The Pentecostal ethic and the spirit of development. 1537 Vgl. Oskar Föller, Charisma und Unterscheidung, 21. 1538 All diese Strömungen haben aufgrund ihrer zum Teil spekulativen und exzessiven Praktiken Kritik verdient. Jedoch sollte es unter dem biblisch anthropologischen Gesichtspunkt erlaubt sein, hinter all diesen Praktiken einen Ausdruck des menschlichen Verlangens zu sehen, das sich in der Suche nach der Erfahrbarkeit der realen Gegenwart Gottes in der Welt realisiert.
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Gottes in dieser Welt.1539 Der Gedanke des ethischen Motivs als persönlichem Verlangen nach der Begegnung mit den Fortwirkungen des Heilswerkes Gottes darf dabei nicht den Eindruck vermitteln, dass die Christen den Heilsplan Gottes ethisch erfüllen könnten. Es geht vielmehr um die Frage, welche Auswirkungen die neue Gegenwartsweise Gottes im Heiligen Geist, die soteriologisch, also vom Kreuz und der Auferstehung Christi, zu verstehen ist, auf die Seinsweise der materiellen Schöpfung hat, und welche Relevanz diese Auswirkung für die neuen Rahmenbedingung des christlichen Lebens hat. Das auf dem pentekostalen Denkansatz vom Verständnis des Heiligen Geistes gebaute Prinzip der persönlichen Koinonia liegt meiner Ansicht nach auf der Linie des ökumenischen Konzeptes der Ökonomie des Lebens. Das gute Leben entsteht aus der Erfahrung der Hinwendung zu Gott. Außerdem zeigen die ethischen Modelle von Castelo und Wariboko in allgemeinen Zügen viele Ähnlichkeiten mit der orthodoxen Konzeption des eucharistischen Ethos.1540 In der Darstellung des Ökumenischen Patriarchen Bartholomäus I. versteht die orthodoxe Tradition den Menschen als Kreuzpunkt zwischen Gott und der ganzen Schöpfung.1541 Durch seine geistlich-materielle Konstitution und die gottebenbildliche Wesensbestimmung bildet der Mensch einen ontologischen Punkt, an dem die Schöpfung ihren Sinn in Bezug auf Gott erfüllt. Im Denken von Dumitru Sta˘niloae wird die Rationalität des materiellen Körpers und seine Differenz von der materiellen Welt durch die Bestimmung der Seele und durch ihre Beziehung zur höheren Welt erklärt.1542 Im Sta˘niloaes Denken kann man das Prinzip der persönlichen Koinonia allerdings in einem anderen Zusammenhang entdecken. Was im pentekostalen Denken als Verlangen nach der Begegnung mit der Wirklichkeit Gottes in der Welt bezeichnet wird, 1539 Vgl. Vinay Samuel/ Chris Sugden, Mission as Transformation: A Theology of the Whole Gospel, Oxford/Irvine 1999, 149; Vgl. George Eldon Ladd, Jesus and the Kingdom: The Eschatology of Biblical Realism, London, 1966. Ladd sagt, dass wir uns nicht auf die Worte Jesu, sondern auf seine ganze Mission konzentrieren müssen. Wie kann das Reich Gottes beides sein, Zukunft und Gegenwart? Seine Antwort lautet: das dynamische Verständnis des Reiches Gottes. Vgl. a. a. O., 117.120; Vgl. Frank Macchia, Justified in the Spirit, 7. Macchia sieht im Ereignis der Rechtfertigung am Kreuz vom Ziel des Heils her die impartation of life. Vgl. a. a. O., 7.43. Vgl. Shane Clifton, Preaching the Full Gospel in the dace of the Global Environmental Crises, in: Amos Yong, The Spirit Renews the Face of the Earth, 117.126. Vgl. Amos Yong, The Spirit of Creation: Modern Science and Divine Action in the Pentecostal-Charismatic Imagination, Grand Rapids 2011, 73–96. 1540 Vgl. John Chryssavgis, On Earth as in Heaven, 2012. 1541 Vgl. a. a. O., 24. 76. 108.131.139. 1542 Vgl. Dumitru Sta˘niloae, The Experience of God. Orthodox Dogmatic Theology. Volume TWO. The World: Creation and Deification, Brookline, Mass 2000, 66. Im gewissen Sinne kann das Universum als Communion verstanden werden. Vgl. Alexei Nesteruk, The Universe as Communion: Towards A Neo-Patristic Synthesis of Theology and Science, London/Oxford/New York/New Delhi/Sydney 2008, 220–239.
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ist im Denken von Sta˘niloae die Fähigkeit der Seele, die materiellen Dinge in der Übereinstimmung mit den ewigen Prinzipien der Weltwirklichkeit und im Dialog der Erkenntnis und der Mitwirkung mit Gott zu gestalten.1543 Beide Ansätze liefern die Vorstellung von der Schlüsselrolle des Menschen innerhalb der Weltwirklichkeit in seiner Ausrichtung auf Gott. In dem Maße, in dem der Mensch sich auf Gott ausrichtet, wird seine Rolle in der Schöpfung bzw. sein Einfluss auf die Schöpfung anders. Das meint, dass zwischen der inneren Haltung der Christen gegenüber Gott und dem Zustand der Schöpfung ein ontologischer Zusammenhang besteht. Das eucharistische Ethos, für das Bartholomäus plädiert, meint die Kontinuität der Begegnung mit Gott in der Eucharistie im alltäglichen Leben, was in der orthodoxen Tradition als Liturgie nach der Liturgie verstanden wird. Das orthodoxe Verständnis der Eucharistie gibt dem christlichen Leben einen Rahmen zum Handeln, weil die Eucharistie als Bild der gegenseitigen Hingabe des Vaters und des Sohnes die Totalität der universalen Rettung verkörpert, nämlich die Unterordnung des Sohnes unter die Ordnung (Willen) des Vaters. Die Eucharistie bildet das Paradigma für das Verständnis des menschlichen Lebens, welches sich in der gegenseitigen Darbietung zwischen Gott und Mensch konstituiert, wobei der Mensch durch seine Beziehungs-Vermittlung die ganze Schöpfung an der Partizipation an Gott teilnehmen lässt. Schmemann sieht die Sakramentalität der Eucharistie nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Partizipation an Christus, sondern als »our ascension in Christ, our entrance in the world to come.«1544 Mit anderen Worten erfahren die Christen in der Gestalt und in der Handlung der Eucharistie die Wirklichkeit der neuen Schöpfung sowie die Rahmenbedingungen des menschlichen Lebens, und zwar des Lebens aus der gegenseitigen Hinwendung von Gott und Mensch. Die orthodoxe Sichtweise meint jedoch unter dem eucharistischen Ethos nicht die pentekostale, direkte Hinwendung zum Heiligen Geist in der Welt, sondern sie spricht vom aktiven. moralischen und geistlichen Leben nach der Schöpfungsordnung im Bewusstsein der Beziehung der Schöpfung zum Schöpfer.1545 Auch wenn die pentekostale Sicht der Hinwendung zu Gott in einem anderen als dem orthodoxen, logos-ontologischen Paradigma verankert ist, zeigen die beiden Paradigmen eine gemeinsame Linie des christlichen Ethos: die Ausrichtung des menschlichen Lebens auf Gott setzt neue Möglichkeiten des Lebens
1543 Vgl. Dumitru Sta˘niloae, The Experience of God, 67. 1544 Alexander Schmemann, The Eucharist: Sacrament of the Kingdom, 34. 1545 Bartholomäus I. schreibt, dass die Schöpfung eine Einladung zur persönlichen Beziehung zu Gott und der Gemeinschaft mit ihm ist. Vgl. John Chryssavgis, On Earth as in Heaven, 71. Aus dem Gedanken des Bezuges der Schöpfung zum Schöpfer folgt die Erkennntnis, nichts sei in der Welt neutral. A. a. O., 16, 22,25.
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frei.1546 Der pentekostale Denkansatz im Verständnis der Fülle des Lebens im Heiligen Geist stellt insofern die schöpferische Ordnung Gottes dar, dass die Transformation des menschlichen Lebens aus der persönlichen Hinwendung zu Gott als dem Schöpfer entspringt. Der pentekostale Denkansatz zum Verständnis des Heiligen Geistes im Kontext der persönlichen Koinonia bringt darum die Pneumatologie in ein neues Licht. Das Verlangen nach der konkreten Begegnung mit der Wirklichkeit Gottes beschreibt die Hauptbedingung des menschlichen Lebens, und dadurch auch seine transformative Auswirkung auf die Existenz der Welt. Im Streben nach Gott erfährt der Mensch seine Identität als Geschöpf in der Hinwendung zu Gott und zu seiner Wirklichkeit. Die theologische Artikulierung dieses Strebens besteht in der Analogie zum trinitarischen Modell des Lebens Gottes. Jürgen Moltmann hat darauf hingewiesen, dass die selbstlose Hinwendung der Personen der Trinität zueinander, die in Joh 17 als Herrlichkeit Gottes bezeichnet wird, das Prinzip der Beziehung innerhalb der Trinität darstellt.1547 Diese Öffnung für das Gegenüber spiegelt das Wesen der Liebe. Darum steht die Wirkung des Heiligen Geistes als Überbringen der Liebe Gottes in den Menschen im engsten Zusammenhang mit dem menschlichen Verlangen nach Gott als Gegenüber. In diesem Verlangen als Modus des Lebens, das vom Heiligen Geist bewirkt wird, partizipiert der Mensch am Leben der Trinität. Diese Partizipation versteht sich als neue pneumatische Existenz der neuen Schöpfung.1548 Die Betonung liegt hier nicht auf der Erfahrung des Heiligen Geistes als Beweis der übernatürlichen Wirklichkeit, sondern auf der Erfahrung der neuen Existenz der Schöpfung in der Hinwendung zu Gott als Gegenüber. Mit dieser Deutung vor Augen lässt sich der Denkansatz zum Verständnis der Erfahrung der Begegnung mit Gott in größerer Breite erfassen: Jede ernsthafte und offensive Art des christlichen Engagements in Bezug auf die Gegenwart Christi in der Welt im Heiligen Geist kann als Analogie des trinitarischen Personseins verstanden werden. Auf diese Weise kann das Verständnis des Heiligen Geistes als Geist der Koinonia in Anlehnung an das Prinzip der persönlichen Koinonia begründet werden. Der pentekostale Denkansatz der Begegnung mit dem Heiligen Geist lässt das Verständnis des Heiligen Geistes als παράκλητος in Joh 14,16, und zwar in der Übersetzung anderer Tröster, unter dem theologisch-ethischen Gesichtspunkt neu reflektieren. Angesichts der Vielfalt der Bedeutungen des Begriffs παράκλητος sowie der Uneinigkeit in der ntl. Forschung diesbezüglich, wird von mir die
1546 Vgl. Christos Yannaras, Elements of faith, 127. 1547 Vgl. Jürgen Moltmann, Trinität und Reich Gottes, 189. 1548 Vgl. Macchia, 318.
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Wahl der Bedeutung Tröster vorgezogen.1549 Wenn die Suche nach der Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes den Menschen motiviert, sein Leben und das Leben seiner Umgebung unter dem Gesichtspunkt der Transformation zu betrachten, dann drückt sich darin das Wesen des Heiligen Geistes als Geist des Ermutigers und Inspirators des neuen Lebens im Hinblick auf das von Christus vollbrachte Erlösungswerk aus. Der Hinweis Christi in Joh 14,16, dass der Vater einen anderen Tröster geben wird, macht deutlich, dass dieser andere Tröster für die Jünger sein wird, was Christus für sie persönlich gewesen war.1550 Ich denke dabei z. B. an die Erfahrung seiner Nähe. Es ist auffallend, dass sich die ntl. Forschung auf die Funktion des Geistes als Parakletos im doppelten Bezug, also kerygmatisch-forensisch, konzentriert hat.1551 Dabei wird wenig darauf Bezug genommen, dass die Bedeutung des Begriffs Paraklet von der Abschiedssituation beeinflusst ist. Der oben erwähnte Neutestamentler Ulrich Müller bemerkte: »Wie Jesus tröstete (Joh 14, 1.3), so muß es auch der Geist tun.«1552 Damit spricht er sich gegen die Meinung aus, der Paraklet sei kein Tröster. Die Situation, in der Christus den anderen Paraklet verheißt, zeigt, dass Christus den Paraklet im Zusammenhang des Liebesverhältnisses der Jünger zu Christus verspricht. Diese Besonderheit kann die Parakletidee dahingehend erweitern, dass der Heilige Geist als Tröster nicht nur die Gegenwart Christi pneumatisch fortsetzt, sondern sich der inneren Haltung der Jünger zu Christus annimmt, als ob er ihr persönliches, gegenwärtiges Gegenüber wäre. Wenn Christus das neue Wirken des Trösters an die Erfahrungen der Jünger anknüpft, dann ist nicht auszuschließen, dass damit die Erfahrung der Gegenwart Christi gemeint ist. Konkretisiert man die irdische Erfahrung der Wirkung der Gegenwart Christi im Sinne der lebens-motivierenden (schaffenden) Nähe bzw. Ermutigung als eine Funktion des ersten Trösters, kann daraus folgen, dass das Wirken des anderen Trösters unter anderem darin besteht, die Zuwendung der Jünger zur persönlichen Begegnung mit der lebensspenden Gegenwart Christi zu bewirken.
1549 Ulrich B. Müller gibt einen guten Überblick, welche Ableitungen von der Parakletenidee gemacht wurden. Vgl. Ulrich B. Müller, Die Parakletenvorstellung im Johannesevangelium, in: ZThK (1974) 71/1, 31–77. 1550 Vgl. Rudolf Bultmann, Das Evangelium des Johannes, Göttingen 1959, 475. Bultmann versteht die idrische Gegenwart Christi als Gegenwart des Offenbarers. Sein Denkansatz ist hier deshalb von Bedeutung, weil er die Funktion des anderen Parakleten im Zusammenhang mit der irdischen Erfahrung der Gegenwart Christi im Leben der Jünger sieht. Vgl. Böhnke, Gottes Geist, 177–178. 1551 Vgl. Johannes Behm, παράκλητος in: THWNT, Band V, 811. Johannes Schneider, Das Evangelium nach Johannes. Herausgegeben von Erich Fascher, Berlin 1976, 262, Fußnote 39. 1552 Müller, 65, Fußnote 86.
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Das Bringen der Nähe Gottes in der Menschwerdung des Logos war das Werk des Heiligen Geistes. Daraus kann man schließen, dass das Wirken des anderen Trösters unter anderem darin besteht, das, was Gott durch die Menschwerdung des Logos im Leben der Schöpfung konstituiert hat, zu verwirklichen. Aus dieser Perspektive lässt sich die Erfahrung des Heiligen Geistes nicht nur schwerpunktmäßig auf die Erfahrung der übernatürlichen Kraft beschränken, sondern sie ist auch als Erfahrung des Zustandes der direkten und persönlichen Zuwendung zur Wirklichkeit Christi im Heiligen Geist zu erkennen. Wenn der Heilige Geist als Ermutiger die Suche des Menschen nach der Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes motiviert, und die Christen aus der Erfahrung der Begegnung mit der Wirklichkeit Gottes ihr Leben und ihre Umwelt aktiv beeinflussen, dann drückt sich darin das Wesen des Heiligen Geistes als Geist der Ermutigung und der Inspiration zum Leben angesichts der lebendigen Gegenwart Christi aus. Darin erweist er sich als lebenspendender Geist. Diese Parakletenidee bereichert den pentekostalen Denkansatz zum Verständnis des Heiligen Geistes beim ökumenischen Thema der verwandelnden Nachfolge, indem der Ausgangspunkt der verwandelnden Nachfolge in der Konkretisierung der persönlichen Hinwendung des Menschen zur immanenten Wirklichkeit des transzendenten Gottes liegt. In dem Maße, wie die Christen sich für die Wirklichkeit des Heiligen Geistes öffnen und von ihm beeinflussen lassen, üben sie ihren Einfluss auf die Welt aus. Auf diese Weise kann der pentekostale Denkansatz für den ökumenischen Diskurs als ein ergänzender Hinweis auf die Rolle der persönlichen Hinwendung der Christen zur Wirklichkeit des Heiligen Geistes sowohl im persönlichen Glauben als auch im Leben der Kirchen unter dem Gesichtspunkt der persönlichen Koinonia in der Analogie des trinitarischen Lebens dienen. In der Fokussierung auf die Dimension und Möglichkeiten der persönlichen Spiritualität des Verlangens nach dem Heiligen Geist bietet die pentekostale Tradition eine Antwort auf die ökumenische Suche nach dem Beitrag der Christen zur Erneuerung und positiven, menschenfreundlichen Veränderung der Welt, die in den Texten der Weltmissionskonferenz des ÖRK in Arusha zum Ausdruck kam. Dieses Fallbeispiel diente dazu, die spezifischen Kennzeichen der pentekostalen Tradition im Rahmen des ökumenischen, ethischen Diskurses zu interpretieren, und die daraus resultierenden neuen theologischen Aspekte ins ökumenische Denken der Gegenwart zu integrieren. Und umgekehrt können die Vertreter der pentekostalen Kirchen durch das Studium des ökumenisch-ethischen Diskurses ihre eigene Tradition im Licht der anderen kirchlichen Traditionen sowie der ökumenischen Texte neu reflektieren bzw. neu entdecken.
4.
Abschließende Zusammenfassung
Die vorliegende Untersuchung verfolgte das Ziel, das Verständnis und die Rolle der Pneumatologie in den ökumenischen multilateralen Dialogen unter dem Gesichtspunkt der Einbeziehung des pentekostalen Denkansatzes im Verständnis des Heiligen Geistes in den multilateralen Diskurs aufzuzeigen und auszuarbeiten. Die Untersuchung der Texte der multilateralen Dialoge diente folgendem methodologischem Zweck: Zum einen sollte die Betrachtung dieser Texte aus dem Blickwinkel eines Vertreters der pentekostalen Tradition einen gewinnbringenden Zugang zum ökumenischen multilateralen Diskurs im Kontext der Pneumatologie erschließen. Auf der anderen Seite sollte der pentekostale Ansatz im Verständnis des Heiligen Geistes im Licht der Pneumatologie der multilateralen Diskurse so interpretiert werden, dass er nicht nur den Eingang in den multilateralen Diskurs findet, sondern auch diesen Diskurs durch seinen konfessionellen Denkansatz bereichert und erweitert. Umgekehrt sollte gezeigt werden, ob und in welcher Gestalt die Pentekostalen ihre Vorstellung vom Heiligen Geist anhand der Begegnung mit dem ökumenischen multilateralen Diskurs korrigieren bzw. erweitern können. Die Hauptschwierigkeit und gleichzeitig die Besonderheit dieses methodologischen Vorgehens in Bezug auf die ökumenischen multilateralen Texte bestand in der Deutung und Klassifizierung der Aussagen über den Heiligen Geist hinsichtlich ihres theologischen Inhalts und ihrer Relevanz für das Nachdenken über die Lehre vom Heiligen Geist. Dabei stellte sich dauernd die Frage, inwieweit und mit welcher Begründung diese und jene Aussage über den Heiligen Geist einen erkenntnistheologischen Wert darstellen kann. Dies betraf wiederum weniger die Mehrdeutigkeit der konfessionellen Zuordnung von Aussagen über den Heiligen Geist, sondern vielmehr den Fokus des ökumenischen Denkens auf die Ekklesiologie, in dem die pneumatologischen Aussagen aus der Relation zur Ekklesiologie interpretiert werden können. Als Folge wurde das Thema Heiliger Geist in den ökumenischen multilateralen Dialogtexten nicht als Thema an sich, sondern lediglich in Bezug auf die aktuellen und historischen ekklesiologischen
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Abschließende Zusammenfassung
Themen des ökumenischen Diskurses angesprochen. Aufgrund dessen konnte in dieser Untersuchung kein vollständiger Anspruch auf das Herausarbeiten einer Pneumatologie der multilateralen Gespräche erhoben werden. Daraus bildete sich die methodologische Ausrichtung des ersten Teils, die Themen der Pneumatologie und die theologischen Bezüge zur Pneumatologie herauszustellen, welche die ökumenischen multilateralen Texte zwar angesprochen, jedoch eine weitführende Konkretisierung insbesondere aus der Sicht der von der Ökumene distanzierten konfessionellen Traditionen erfordert haben. Insbesondere betraf das die Themen und die pneumatologischen Fragestellungen, die im Licht des pentekostalen Denkansatzes zum Verständnis des Heiligen Geistes als sinnesverwandt und darum besonders erläuterungsbedürftig zu sein scheinen. Eines der pneumatologischen Hauptthemen, die aus dem aktuellen ökumenischen Diskurs resultieren und eigentlich in den früheren ökumenischen Dialogen immer wieder angesprochen wurden, ist das Thema der Beziehung der Kirche zur Wirklichkeit des Heiligen Geistes. In den späteren Texten, in denen das Thema der Weltwirklichkeit in den Vordergrund des ökumenischen Denkens rückte, wurde die Beziehung zwischen dem Wesen der Kirche und dem Heiligen Geist im Licht der Führung des Heiligen Geistes zur Vollendung der Schöpfung im endzeitlichen Heil betrachtet. Die Weltwirklichkeit wird in diesem Zusammenhang als Lebensraum der Begegnung mit dem Heiligen Geist verstanden. Dieser Blickwinkel deckte aus meiner Sicht den Bedarf an weiteren Erkenntnissen auf, die aufgrund des Rahmens der ekklesiologisch-christologischen Bezogenheit des Heiligen Geistes in den multilateralen Dialogen und dem sakramentalen Paradigma des ökumenischen Denkens nicht geliefert werden konnten. In der vorliegenden Untersuchung wurde darum das Dilemma festgestellt, dass das Verständnis der Fülle des Lebens der Christen im Heiligen Geist unter dem Gesichtspunkt ihrer Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes deshalb für den multilateralen Diskurs schwer zugänglich ist, weil der Rahmen des ökumenischen Denkens vom Wirken des Heiligen Geistes überwiegend in der vermittelnden Funktion hinter der Person Christi und dem Leben der Kirche geblieben ist. Ein weiterer Grund, warum das Thema der Begegnung mit der Wirklichkeit des Heiligen Geistes bzw. das Leben im Heiligen Geist im multilateralen Diskurs nicht genügend entfaltet wurde, war die Neigung, die Dimension der subjektiven Beziehung einzelner Christen zu Gott außerhalb des Rahmens der zentralen Wesensmerkmale der Kirche zu betrachten. Dies ist umgekehrt einer der Gründe, warum die Kirchen mit dem Schwerpunkt auf der Dimension des subjektiven, persönlichen Glaubens am ökumenischen Ringen an der Einheit der Kirche Christi wenig interessiert sind. Die sichtbare Einheit der Kirche wird für sie entweder als geistliche Tatsache vorausgesetzt und darum nicht mit der Notwendigkeit der sichtbaren Erscheinung der institutionellen Einheit der Kir-
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che in Verbindung gebracht, oder es wird angenommen, dass sie in jeder Erfahrung der Gemeinschaft und der Beziehungen der einzelnen Christen untereinander erlebt wird. Die sichtbare Einheit der Kirche im Mainstream der historischen Kirchen, in deren Denken die ökumenische Bewegung verankert ist, bezieht sich schwerpunktmäßig auf die sichtbare und institutionelle Einheit der Kirche.1553 Diese Sicht der Einheit der Kirche bildet für die nicht-ekklesialen (nicht-institutionellen) Traditionen eine logische Spannung. Ich versuche diese Spannung aus der Sicht eines Vertreters dieser Tradition in groben Zügen zu skizzieren. Die Realität der Einheit der Kirche ist im Heiligen Geist vorgegeben und durch sein Wirken existent. Es ist jedoch nicht nachvollziehbar, mit welchem Anspruch die faktisch getrennten Kirchen die Wirksamkeit ihrer Sakramente und ihrer Dienste hinsichtlich ihrer Gültigkeit im Heiligen Geist begründen. Der Zustand der getrennten Kirchen bildet einen logischen Widerspruch zum Verständnis der Einheit der Kirchen im Heiligen Geist. Die logische Aporie – im Heiligen Geist gibt es die Einheit der Kirche, jedoch ist sie in Wirklichkeit nicht erfahrbar – kann zur Schlussfolgerung führen, dass es keine Kontinuität zwischen der Wirklichkeit des Heiligen Geistes und dem Leben der einzelnen Kirchen gibt, es sei denn, eine Kirche erhebt den Anspruch darauf, die einzig wahre Kirche Christi zu sein. Wenn der christologisch-ekklesiologische (eucharistische) Denkansatz der Einheit der Kirche im Heiligen Geist keine Lösung für die Ermöglichung der sichtbaren Einheit der Kirchen zustande bringt bzw. zur Überwindung der getrennten Existenz der Kirchen nicht zu helfen vermag, dann stellt sich die Frage, ob ein anderer Ansatz im Hinblick auf den Heiligen Geist zur Einheit der Kirche in Erwägung gebracht werden kann. Dieser Denkansatz soll dem Verständnis der Kirche einen weiteren Aspekt vermitteln, wie eine Überwindung des Widerspruches zwischen der Einheit der Kirchen im Heiligen Geist und ihrer historischen Existenz angedacht werden kann. Der Gedanke der Erweiterung des Verständnisses des Wesens der Einheit der Kirchen von der Bindung des Wesens der Kirche an die institutionell-sakramentale Dimension hin zur Dimension der persönlichen Koinonia kann zur Entstehung eines weiteren Diskussionskreises im multilateralen Dialog helfen. Die Ansicht der vorliegenden Untersuchung bestand nicht darin, den institutionell-sakramentalen Rahmen der Einheit der Kirche mit Hilfe des pentekostalen Denkansatzes zum Heiligen Geist zu überbieten, sondern vielmehr im Sinne der ökumenischen Hermeneutik einen Weg zu finden, um die sakra1553 Obwohl die Gemeinschaft der Kirchen im Glauben, im Leben und im Zeugnis verstanden wird, bleibt die eucharistische Gemeinschaft das Hauptziel der ökumenischen Gemeinschaft.
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Abschließende Zusammenfassung
mental-institutionelle pneumatologische Dimension der Kirche in eine Wechselwirkung mit der individuell-unmittelbaren pneumatologische Dimension der Kirche zu bringen. Der aktuelle, ökumenische Denkansatz der Koinonia-Ekklesiologie im Sinne der Partizipation am trinitarischen Leben zeigte eine Reihe von Denkanstößen, wie die Wechselwirkung beider Dimensionen konzipiert werden kann. In der vorliegenden Untersuchung wurde ein Versuch unternommen, die partizipierende Wirkung des Heiligen Geistes als Schöpfer und Vermittler der Koinonia mit dem pentekostalen Denkansatz im Verständnis des Heiligen Geistes in Verbindung zu bringen. Der Schwerpunkt lag dabei nicht auf der Bedeutung der Koinonia als Gemeinschaft (horizontale Dimension), sondern als Teilhabe am trinitarischen Leben Gottes (vertikale Dimension). Dafür war es erforderlich, auf der pentekostalen Seite das Verständnis des Lebens im Heiligen Geist aus dem Denkparadigma der unmittelbaren und direkten Erfahrung der Geistestaufe ins anthropologische Denkparadigma des menschlichen Lebens in der Hinwendung zur Wirklichkeit des Heiligen Geistes zu übertragen. Dieser Schritt implizierte die Notwendigkeit, das Verständnis der persönlichen Zuneigung zur Wirklichkeit Gottes ins ontologische Denken des trinitarischen Personseins als gegenseitige Selbsthingabe zu übertragen. Dadurch konnte ein gewinnbringender Denkansatz gewonnen werden, wie die spezifische Akzentuierung der pentekostalen Pneumatologie in den ökumenischen multilateralen Diskurs unter dem Gesichtspunkt der Koinonia zu integrieren wäre. Dieser Schritt war auch deshalb erforderlich, weil die Darstellung des pentekostalen Denkansatzes im Verständnis des Lebens im Heiligen Geist im Zusammenhang mit der Lehre über die Geistestaufe sich für den multilateralen Dialog als kontra-produktiv erwiesen hat. Das ökumenische Verständnis des Heiligen Geistes als Schöpfer der Koinonia mit dem dreieinigen Gott konnte einen Rahmen zur Erweiterung der pentekostalen Vorstellung vom Heiligen Geist als Gott in Begegnung bieten. Der Modus des trinitarischen Lebens im Sinne der Bewegung zur Koinonia, insbesondere in ihrer Analogie zur menschlichen Hingabe an Gott als Liebe zu Gott, ergab Anhaltspunkte dafür, die pentekostale Hinwendung zur Wirklichkeit des Heiligen Geistes intrasubjektiv, also als Wirkung des Heiligen Geistes in der aktiven Handlung des Menschen auf Gott hin, zu deuten. Die pentekostale Vorstellung vom christlichen Leben als Offenheit für die Wirklichkeit des Heiligen Geistes stellt eine Analogie zum trinitarischen Personsein als persönliche Bewegung zur Koinonia dar. In der persönlichen Bewegung der ganzen Person hin zu Gott als einem Gegenüber und zu dem Nächsten verwirklicht sich das trinitarische Koinonia-Prinzip des Lebens als Personsein, im weiteren Sinne als die Gottebenbildlichkeit des Menschen.
Abschließende Zusammenfassung
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Unter diesem Blickwinkel kann die pentekostale Schwerpunktlegung auf der Begegnung mit Gott der ökumenischen Koinonia einen ergänzenden Impuls geben, und zwar, dass die relationale Dimension der Koinonia-Ekklesiologie sich nicht nur auf die Partizipation am dreieinigen Gott mittels der Taufe und des Abendmahls beschränkt, sondern auch die person-bezogene und invdividuell erfahrene Koinonia des einzelnen Christen mit Gott als aktive Offenheit für den Heiligen Geist miteinschließt. Diese Art von Koinonia soll nicht individualistisch, sondern individum-bezogen verstanden werden. Unter dem Gesichtspunkt des trinitarischen Lebens als persönlicher Bewegung zur Koinonia hin kann auch die Eucharistie unter demselben Aspekt der person-bezogenen Hingabe an Gott, also unter dem Aspekt der persönlichen Offenheit gegenüber der Wirklichkeit Gottes, als Muster des christlichen Lebens in der Welt dienen. Beide Dimensionen greifen ineinander und bilden die Fülle der trinitarischen Koinonia-Ekklesiologie. Die Eucharistie, verstanden nicht nur als Ereignis der sakramentalen Partizipation an Gott, sondern auch als Modus des christlichen Lebens, kann das christliche Ethos des Lebens in der Schöpfung bilden. Auf diese Weise können die Dimension der persönlichen Offenheit für die Wirklichkeit des Heiligen Geistes und die sakramentale Hinwendung der Christen in der Eucharistie in eine Wechselwirkung treten. Diese paradigmatische Wechselwirkung unter dem Gesichtspunkt der trinitarischen Koinonia kann den Vertretern der pentekostalen Kirchen helfen, in der eucharistischen Dimension den Moment der persönlichen Begegnung mit dem Heiligen Geist zu entdecken. Umgekehrt kann die Deutung der persönlichen Koinonia mit Gott den Kirchen des ökumenischen sakramentalen Mainstreams helfen, die Eigenart der pentekostalen Bewegung nicht vordergründig im Phänomen der übernatürlichen und direkten Erfahrungen des Heiligen Geistes zu sehen, sondern in der Intention des Lebens angesichts der Wirklichkeit des Heiligen Geistes. Die Platzierung der Eigenart der pentekostalen Hinwendung zum Heiligen Geist im trinitarisch-anthropologischen Kontext der religiösen Erfahrung der persönlichen Hingabe an Gott kann es ermöglichen, das Proprium der pentekostalen Tradition der Geistestaufe als erfahrbare Begegnung mit dem Heiligen Geistzu zu bewahren und gleichzeitig die pneumatologisch-christologische Spannung mit dem ökumenischen Diskurs, insbesondere im Licht des Gegensatzpaares mittelbar-unmittelbar, zu umgehen. Unter dem trinitarisch-anthropologischen Gesichtspunkt der Pneumatologie kann jede ernsthafte, menschliche, persönliche Hinwendung zur Wirklichkeit Gottes als Analogie zum trinitarischen Personsein betrachtet werden. Diese Deutung kann wiederum helfen, einen Denkansatz für die Einheit der Kirche in der Dimension der zwischen-christlichen Begegnungen und gleichzeitig der institutionellen Dimension der eucharistischen Gemeinschaft der Kirchen zu sehen.
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Abschließende Zusammenfassung
Auch durch die Aussage, dass das Geheimnis des Wesens der Kirche sich im Licht des endzeitlichen Heils offenbart, zu dem die Schöpfung dank der Wirksamkeit des Heiligen Geistes geführt wird, kann der pentekostale Ansatz mit seinem Verständnis vom Heiligen Geist dazu helfen, das christliche Zeugnis und Wirken im Bereich des menschlichen Handelns gegenüber der Wirklichkeit des Heiligen Geistes in der Welt zu begründen. Der Beitrag dieser Untersuchung möchte zu weiterführenden Studien und Diskussionen im multilateralen Dialog anregen, um das Verständnis der persönlichen Koinonia im Kontext der Trinitätslehre für den breiten Themenkreis des ökumenischen multilateralen Dialogs zu öffnen.
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Abkürzungen erfolgen nach Schwertner, Siegfried M.: IATG3 – internationales Abkürzungsverzeichnis für Theologie und Grenzgebiete: Zeitschriften, Serien, Lexika, Quellenwerke mit bibliographischen Angaben. 3. überarbeitete und erweiterte Auflage. Berlin/Boston: De Gruyter, 2017.
Begriffsregister
Analogie 31, 62, 64, 77, 83, 96, 118, 122, 130f., 140, 142f., 146, 156, 182, 196, 260, 301, 303, 307, 324, 326f., 333f., 339f., 345f., 350f., 356, 358, 362, 366–368, 370, 372–376, 379, 381f., 384, 387, 390f., 393, 398–400, 417–421, 423, 435f., 439, 441, 444, 447, 449f., 454, 458, 462, 464, 468f. Anthropologie 109, 158, 178, 273, 276, 294, 316f., 333, 347, 351, 353f., 358, 370, 376, 437, 443 – Herz 54, 73, 77, 106, 116, 129, 160, 181, 325, 329, 336f., 344, 346–348, 350, 378f., 385, 400, 420, 424, 431, 443 – Mensch 41, 43, 55–57, 61–65, 71, 73, 75–77, 80f., 83f., 89, 92, 95, 104, 107, 109, 112–114, 120, 128, 131, 133, 138–143, 149f., 159f., 162, 166f., 173f., 179, 181– 183, 185f., 195–197, 208–211, 217, 219f., 222, 230, 233f., 245, 247–249, 251, 255, 268, 270, 273, 276–280, 287, 289, 301, 314, 316, 319, 323, 325, 329–341, 344– 353, 355–358, 360, 363, 366–369, 371– 383, 385–387, 390, 392, 394, 398, 400– 402, 405–407, 409, 413, 415–421, 424, 426–428, 430–439, 443, 445, 447f., 452– 455, 457, 459–464, 468 – Persönlichkeit 73, 235, 344, 436 Apostolizität 96, 107f., 112, 125, 206f., 234, 279, 284–312, 317 – Apostel 93, 107f., 125, 135–137, 140, 175, 206, 219, 278, 282, 285–298, 303– 311, 359, 364 – Apostelgeschichte 243, 282, 292, 305, 356, 360, 364
– apostolisch 23, 26, 55, 57, 68, 78f., 81, 93, 95, 105, 107f., 124f., 127, 143, 148, 154, 205f., 214, 241, 272, 277, 279–300, 302, 304–313, 317, 322f., 342, 356, 377, 391, 402, 430, 459 Beziehung 21f., 24–27, 33, 40f., 52f., 56– 58, 61, 64–66, 68–72, 74–77, 79, 86, 88f., 91, 93–95, 97–99, 103, 107f., 111, 113f., 116–124, 126–129, 132f., 137–140, 142– 144, 146f., 149f., 152–156, 158–160, 162, 165, 167–169, 172, 174f., 178–181, 183, 185f., 188–193, 196, 204–208, 210–212, 218–222, 226–232, 234f., 237–241, 244– 246, 250–256, 258–260, 262, 264–269, 272–275, 285, 288, 297f., 300, 303, 306f., 312, 314, 316f., 319, 321, 325–328, 330f., 333–335, 338–345, 349, 352, 354, 358f., 363–368, 370–373, 376f., 381, 383, 389, 401, 405–409, 411, 417, 419–423, 425, 435, 437–439, 446, 448, 452, 454, 459– 462, 466f. Christologie 21, 24f., 40, 43, 50, 52–57, 59, 66–74, 83, 85–88, 92–94, 104, 110f., 113f., 117, 119, 123f., 129, 138, 148, 169, 171, 175, 179f., 182f., 191, 195, 202, 205, 210f., 218–221, 224f., 230, 232–240, 244, 246–248, 250–252, 254–259, 262, 264– 267, 269, 271–273, 278f., 296, 300, 306f., 314f., 320, 322, 349, 376, 392, 408, 411, 421, 431, 437
506 – Auferstehung 66f., 71, 130, 132, 146, 240, 243, 245f., 265, 286, 307f., 321, 364, 403, 460 – Inkarnation 71, 89, 92f., 95, 128, 132, 230, 234, 240, 257, 265, 267f., 276, 321, 349, 381f., 406, 430 – Jesus Christus 13, 15, 33, 42, 76–78, 82, 84, 87, 117, 122, 138, 140, 149, 164f., 167, 171, 178, 243, 248, 272, 274, 297, 315, 329, 376, 387, 403, 425, 435, 444 – Kenosis 245, 349, 425, 431 – Kreuz 130, 132, 227, 245, 341, 384, 460 – Logos 54, 92, 112, 118, 120f., 141, 242, 245, 248–252, 255, 268, 271, 273, 332, 401f., 405–407, 426, 461, 464 – Maria 141, 155 – Menschwerdung 64, 80, 121, 182, 234, 240f., 299, 402, 407, 409, 464 – Salbung 138, 141, 156, 209, 240f., 268, 298, 336, 427 Denkansatz 14, 17, 23, 25, 28, 42–45, 48f., 52, 54–56, 58, 63, 65, 69–71, 74f., 79–84, 93f., 99f., 108, 110–113, 115f., 118, 120f., 132, 136, 138, 142, 160f., 166, 169, 171, 173, 178, 182f., 185–187, 190, 197f., 200, 202, 208–212, 219–221, 224f., 229– 232, 237, 239, 241, 243f., 246–248, 250, 252, 256–261, 263–265, 267–270, 275, 278f., 283, 287, 289, 291f., 294f., 300f., 304, 311–317, 319f., 322f., 327f., 332f., 335, 338, 340f., 343f., 346, 348, 356, 358f., 362, 364f., 369f., 375, 377, 380f., 384, 387–390, 393f., 396–398, 401, 404, 407, 410f., 419, 422, 428, 430–432, 435– 437, 440, 442f., 452–456, 460, 462–469 Dialog 13f., 17–22, 24–26, 28, 38, 40f., 44– 50, 52, 54, 56, 58, 70, 100, 115, 123f., 127, 145, 149, 154, 163, 188, 190–192, 198f., 202–209, 212–215, 217, 219–223, 225f., 229, 231–233, 236, 247, 258f., 274f., 281– 283, 287, 294–298, 314, 319, 324f., 329, 338, 355, 358, 360f., 374, 384, 386, 388– 390, 395, 398, 408, 413–415, 428, 440, 461, 465–468, 470, 477f.
Begriffsregister
– bilateral 13, 154, 202, 204, 206f., 211– 214, 217, 229, 275, 287, 294f., 298, 329, 408, 477 – Diskurs 14, 17–19, 22f., 25f., 28–30, 37–40, 42–44, 46–49, 52–54, 56, 77, 88, 100, 113f., 124, 134, 145, 149, 152, 154, 156f., 161f., 173–175, 178f., 185–187, 190, 193–195, 197–202, 211, 218f., 221f., 236, 238–241, 244, 247, 251, 256, 258– 261, 272, 275f., 278, 281, 284–286, 288, 291, 294–296, 298, 309–315, 317, 319f., 324–326, 328, 335, 339, 343, 360, 364f., 379, 384–388, 390, 393f., 404, 409, 411– 413, 415, 417, 421–426, 428, 430, 438– 443, 447f., 450, 456, 464–466, 468f. – multilateral 13, 17–19, 21f., 24–26, 28– 30, 38–43, 45–49, 52f., 56, 58, 70, 72, 77, 88, 111, 113–115, 123, 144f., 152, 154, 161, 186, 188, 190f., 193, 195, 197f., 202, 221, 287, 291, 319f., 324, 360, 364, 374, 384, 389, 393, 395, 398, 424, 430, 439, 441f., 465–468, 470 Ekklesiologie 18, 21–24, 27, 36, 38–40, 43, 49–58, 66–70, 73–75, 85–88, 91–94, 97, 105, 108, 111, 113f., 117, 119, 123f., 133f., 136–139, 141–145, 150f., 153f., 156–158, 161f., 165, 168f., 171–173, 177, 179, 183–188, 190–193, 195f., 198, 200, 202, 204f., 211, 219, 225, 234, 237f., 247f., 258, 266, 277, 279, 281, 294–296, 300f., 303, 306, 314, 316f., 319f., 322– 325, 328–330, 359f., 362, 364, 373f., 384, 387–395, 397, 409–411, 417, 419, 421, 423, 428, 437, 440f., 445, 452, 465, 468f. – Anbetung 62, 156, 223, 342 – Anrufung 121f., 147, 412f., 415, 439 – ekklesiologisch 39, 41f., 44, 52f., 56f., 60, 67, 72f., 75, 79, 83, 85, 88, 91, 96, 101, 107, 111, 116, 121, 134, 140, 144f., 154, 158, 186, 194, 197, 200f., 205f., 210, 225f., 238, 240, 258, 282, 295, 298, 300, 302, 307, 309f., 312, 315, 319, 324, 329, 360, 364, 373f., 384, 388, 390f., 396, 398, 403, 409, 421f., 430, 442, 447, 465–467
Begriffsregister
– Epiklese 23, 109, 131, 146–148, 150, 219, 259, 410–416, 440 – epikletisch 241, 255, 410, 412, 415–418, 429, 455 – Gemeinschaft 21, 24f., 28, 33, 41, 48, 55, 57, 61, 63f., 69f., 73, 75–80, 82, 87f., 92f., 95, 97f., 126f., 130f., 133, 135–137, 139f., 142–145, 148, 150f., 154f., 157– 159, 162, 166f., 174–176, 182, 188, 193, 196f., 199, 216–218, 221, 227, 235f., 255, 258, 265f., 272, 276–278, 288, 300, 302f., 306, 310, 323f., 329–331, 333f., 342f., 350, 355f., 360–364, 381, 385, 389–393, 398f., 407, 411, 413, 417f., 420, 423, 425, 427–429, 431, 439, 441–443, 456, 461, 467–469 – Institutionell 60, 63, 73, 81, 83, 90f., 95f., 106, 112, 123, 132, 136, 141f., 153, 158, 172f., 186, 191, 193, 225, 235, 237, 279, 291f., 299, 304, 307–310, 312, 317, 364, 410, 422, 429, 432, 437, 457, 466–469 – Leib 25, 66, 71f., 75f., 84, 91, 93, 98, 112, 120f., 128, 131f., 139, 146, 148, 154–158, 169, 172, 174, 176, 182f., 186, 189, 195, 199, 216, 218, 249, 302, 304, 309, 389, 392f., 395–397, 400, 403, 407, 409, 413, 421f. – Ordnung 22, 50, 81f., 89f., 92, 97f., 100–103, 105, 191, 194, 254, 291, 303, 343, 348, 442, 447, 457, 461f. – Sukzession 57, 93, 105, 282, 284, 287, 294, 296f., 301, 305–309 – Vision 43, 50f., 111, 125, 134, 141, 145, 153, 155f., 159, 161, 190, 192f., 195, 197, 289, 324, 370, 374, 387f., 391, 415, 422, 444, 447, 449 Eschatologie 72, 321 Eucharistie 23, 39, 43, 53, 83, 117, 126, 138, 145–149, 151, 153, 167, 193, 196, 222, 226, 249, 259, 269, 288, 303, 344, 349, 390–393, 395–403, 407f., 410–419, 421– 423, 428–439, 441f., 444, 461, 469 – Abendmahl 69, 78, 90, 106f., 125, 131, 136, 140, 145, 150f., 155, 161, 177, 191, 223f., 294, 389, 399, 403, 411, 414–416, 469
507 – eucharistisch 51, 62, 70, 81f., 111, 117, 146–148, 156, 159, 193, 224f., 236, 301, 303, 351, 387, 391, 398f., 403, 410–414, 416–419, 423, 428f., 431–441, 444, 460f., 467, 469 – Partizipation 18f., 22, 26, 47, 52, 75, 93, 103, 111, 121, 123, 128, 135, 140, 144, 149f., 152–154, 156f., 175f., 178, 182, 185, 188, 193, 196f., 219, 224f., 231, 238, 258, 266, 272f., 276, 291f., 324, 326f., 334, 338f., 344, 350f., 354, 357, 359, 361, 364, 371, 373–375, 384, 389f., 392, 395, 398, 401, 403, 406–410, 416f., 420–422, 425–427, 432, 436f., 439, 443f., 447, 451, 454, 459, 461f., 468f. – Proskomidie 432f. – Teilhabe 92, 116, 121, 131, 135–137, 140–142, 144, 146, 150–152, 174, 177f., 193, 288, 292, 324f., 327, 350, 354, 389, 391, 393, 395, 417, 421, 423, 430f., 436, 468 Filioque 23f., 42, 107, 114–125, 129, 132, 191, 227, 252f., 255, 257, 322, 352, 387 Fülle 37, 42, 60, 72, 104, 113, 154, 159, 167, 177, 180f., 188, 194f., 204–208, 218–223, 226, 238f., 244, 252, 256, 259–261, 270, 274, 279, 294, 306, 309, 312f., 315, 320, 326, 348, 351f., 359, 365, 386, 419, 422f., 426, 430, 433, 435, 437, 441, 443f., 462, 466, 469 – Erfüllung 30, 72, 83, 105, 156–159, 175, 186, 242, 263, 265f., 268, 274, 276, 278f., 287, 289, 309, 315, 347f., 351, 361–363, 366, 368, 386, 395, 415f., 418, 429, 432, 437, 442, 448–451, 455, 457 Glaube 15, 21, 23f., 30, 33, 40, 43, 46–48, 50, 59f., 63, 65–67, 69–71, 73f., 77f., 84– 86, 94f., 102, 105, 107f., 110, 115–117, 119, 124–130, 132–134, 136, 138, 142, 144f., 149–154, 156f., 159, 161, 165f., 168, 171, 177f., 191f., 195f., 205, 207, 213, 223f., 229–231, 233, 235f., 248, 259, 270, 272, 282–285, 290, 293, 296, 300, 307, 311, 314, 316, 321–323, 326f., 332,
508 334–336, 338f., 342f., 345, 350, 366, 369, 376, 378, 380, 382f., 387, 389–393, 399, 403, 412f., 416, 418, 420–422, 424–428, 430, 433f., 437, 443, 456, 458, 464, 467 heilig 13f., 17, 19–35, 37–45, 48–158, 160– 200, 202, 204–299, 301–317, 319–341, 343–346, 348–353, 355–431, 433–470 – Heil 35, 58, 113, 160, 184, 217, 233f., 241, 244, 248, 255, 257, 259f., 268, 276f., 287, 290, 293, 310, 315, 317, 325, 340, 344, 364, 414, 418, 432, 460, 466, 470 – Heiligkeit 64, 96, 213, 411, 436 – Herrlichkeit 183, 227, 343, 349f., 353, 374, 408, 462 Hinwendung 64, 75, 108, 111f., 120f., 126, 131–133, 140–144, 152, 160, 178, 185, 195, 197, 221, 257, 273, 277, 279, 283, 294, 310, 319, 330, 332f., 336, 339, 341, 343– 347, 350f., 353, 355–357, 367f., 375–377, 382–384, 386, 390, 401, 407, 410–412, 415–419, 423f., 429, 435f., 438f., 442f., 447, 450–454, 457, 460–462, 464, 468f. – Hingabe 62, 64, 76, 143, 277, 316, 326, 334, 337f., 341, 343, 349–354, 356–359, 370, 372, 375, 377f., 386, 393f., 417–419, 421, 423–427, 429, 431–433, 435–440, 442, 452, 454, 458, 461, 468f. – Leidenschaft 126, 353, 359, 372, 378, 454 – Verlangen 126, 132, 215, 217f., 324, 328, 330, 337, 340, 344–347, 349–351, 355, 357–359, 361, 371, 374f., 377–380, 382–384, 401, 431, 433, 435, 453–460, 462, 464 Katholizität 23, 50, 96, 101–108, 110–113, 138f., 188, 192, 206f., 211, 226, 236, 279, 284, 290, 293, 297, 311, 429 Kirche 13–15, 17–28, 30–34, 39–45, 47f., 50–113, 115–118, 120–128, 130–207, 209–212, 214, 217–219, 222–227, 231f., 234–241, 247–250, 259, 264, 266–269, 274, 277, 279–315, 317, 319–327, 329, 331f., 336–338, 340, 342, 344, 356, 358– 364, 370, 373, 377, 380, 385, 387–393,
Begriffsregister
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395–397, 399f., 402f., 406–410, 412–416, 419–426, 428f., 432, 438–442, 444f., 450, 456f., 459, 464, 466–474, 477f. Bewegung 19–22, 25f., 28–32, 35, 40, 44, 46, 48–50, 52, 59, 78, 82, 90, 99, 102f., 106, 125, 136, 143f., 163, 165f., 168, 176, 179f., 187f., 190, 193f., 200–202, 204f., 207, 217, 221, 224, 226–228, 233f., 249, 257, 259, 279–283, 295f., 298, 300, 302– 304, 312, 317, 330, 340, 342, 346, 353, 355–357, 359f., 364, 372, 383, 388, 390, 393, 400, 402, 420f., 424, 427f., 430, 433f., 439f., 451f., 458f., 467–469 Konfession 41f., 46, 49, 57, 66, 114, 165, 206, 259, 263, 415, 459 konfessionell 15, 18, 20, 22, 26, 28f., 33, 38, 41, 46–50, 53, 60, 72, 74, 94, 112, 114, 145, 147, 186f., 196, 199–202, 204, 210, 212, 247, 280, 285–287, 312f., 388, 398, 402f., 414, 431, 434, 440, 465f. Kontinuität 30, 41f., 54, 57, 61, 68, 82f., 87, 91–93, 98, 101, 104–107, 125, 127f., 131, 192, 210, 232, 234, 241, 244, 247– 249, 278, 281, 284–286, 288–291, 294– 300, 304–306, 308–313, 343, 363, 371, 383, 432, 444, 459, 461, 467 orthodox 13, 18–20, 22–25, 50, 55, 72– 77, 80–82, 87, 94, 99, 102f., 108, 111f., 114, 118, 120f., 130, 137, 146f., 155, 166, 170–172, 181–183, 185, 187f., 190f., 194f., 198, 224–226, 233, 239, 252–254, 260, 266, protestantisch 26, 37, 51, 58, 74, 179, 187, 204, 254, 257, 260, 287, 329, 332f., 335, 338–341, 345, 361, 398, 434 Quäker 62, 64f., 73–75, 150, 161, 197, 266 reformatorisch 53, 73, 148, 190, 301, 332, 337, 340, 435 Religion 27, 36, 169, 171f., 191, 202, 226, 241, 268, 270, 272, 336–338, 380, 431, 446, 458 römisch-katholisch 18, 27, 47, 118, 155, 168, 187, 203f., 207f., 214, 222, 274, 287, 325, 336, 387, 396, 402, 408, 413, 415f.
Begriffsregister
– Tradition 13–15, 17, 19, 22–26, 28, 31– 35, 37–42, 44, 46, 49, 52f., 55, 60, 72–74, 78, 86, 91, 96, 98–100, 103f., 108, 112, 114–116, 119–122, 124–127, 130, 137f., 141, 143, 145, 147, 150–152, 154–156, 161, 168, 171f., 175, 186–188, 194, 198– 202, 207, 209f., 214–217, 221f., 224–228, 232–235, 238, 240–242, 247, 251–254, 257, 260–263, 268f., 275, 280–282, 286– 288, 291, 293, 302f., 308, 312f., 316, 319– 321, 323, 328, 330f., 333, 335–339, 341– 343, 346, 349, 351, 359f., 362, 368, 370, 380, 386, 388–391, 396–399, 401f., 404– 406, 408–410, 412–415, 417, 423, 427, 429, 433f., 436f., 440–442, 449–453, 459–461, 464–467, 469 Koinonia 25, 46, 55, 64, 79f., 123f., 134– 145, 149f., 152–154, 156–162, 165, 167f., 173, 181, 185f., 190, 192f., 196–198, 200, 203f., 235f., 258, 306, 324f., 327f., 340, 343f., 346, 356f., 359–365, 370, 372–375, 377, 382, 384–391, 393–395, 397, 400, 410–412, 416–431, 435–444, 447–452, 454, 456f., 460, 462, 464, 467–470, 477 Kommission für Glauben und Kirchenverfassung 14, 18, 21, 51, 58, 60, 92, 108, 124, 136, 145, 236, 388, 474, 476 – F&O 18, 21–23, 39, 43, 45–48, 50f., 56, 58–61, 63f., 65–67, 68–70, 84, 85–87, 94f., 97–104, 107, 113f., 119, 124f., 134, 145, 149, 151, 153f., 159, 164f., 166, 168, 172f., 177, 188, 191, 234, 287, 289–291, 388, 391f., 422. 424f., 428, 430 Liebe 13, 76f., 79f., 82–85, 91, 106, 110, 129–135, 137–143, 152, 157, 159f., 167, 176–178, 181, 184, 193, 196f., 223, 228, 253, 288, 325–327, 337–353, 355–358, 366, 368–373, 375, 377, 382, 385f., 393, 401, 403, 417–421, 424–427, 432f., 435– 439, 441, 443, 454, 456f., 462, 468 – Gefühl 14, 347f., 377f., 380–383, 427 – Gegenwart 20, 26, 28, 31, 34–36, 38, 46, 48, 59, 61, 65f., 68f., 78, 83, 87f., 90, 92, 95f., 98, 100, 108, 114, 116, 122, 126, 131f., 144, 147–152, 158, 161–163, 169f.,
509 175, 184, 188–191, 193–195, 200–202, 209–211, 215, 217, 219–221, 223f., 226, 228–230, 233, 235–242, 245, 249, 255f., 258–260, 264, 266, 268–270, 273–277, 279, 284, 286, 288, 290–293, 298, 302, 306, 308–310, 312, 314, 319f., 323, 329, 336f., 342, 344, 351, 353, 355, 358, 360– 363, 373f., 376–378, 380–383, 390, 392– 394, 396f., 399–401, 403, 405f., 410–416, 418f., 422, 424, 427–431, 437–440, 442, 452–455, 457, 459f., 462–464 – Nähe 30, 35, 56, 58, 67, 76, 84f., 89, 102, 120f., 239, 266, 268, 278, 301, 332, 341– 343, 352, 357, 362, 382, 404, 443, 451, 463f. – Selbstopferung 277, 353, 427, 432 Liturgie 121, 147, 251, 303, 316, 342, 402, 433, 435, 448, 461 – Gebet 23, 78, 116, 131, 207, 228, 271, 288, 316, 406, 414f., 424, 430, 438–440, 449, 453 – Gottesdienst 23, 61f., 69, 122, 147, 151, 165, 311, 342, 378, 398, 414, 424, 430f. Nachfolge 20, 163, 182, 232, 294, 320, 448f., 451–453, 455, 459, 464 Offenheit 28, 35, 41, 72, 105–108, 113, 126, 130–133, 141, 143f., 155, 160, 172, 192, 195–197, 208f., 211f., 218, 223, 233, 260, 269f., 273, 278f., 286–289, 291f., 295f., 310–312, 314–317, 319, 324, 328, 337, 339f., 355, 358, 362, 371, 373, 379, 381, 387f., 397, 412, 426–428, 436f., 441, 447– 450, 455, 459, 468f. – Öffnung 61f., 90, 141, 152, 161, 166, 193, 197, 206, 208f., 211f., 216f., 220, 222, 230, 259, 274f., 277, 279, 281, 294, 313f., 316, 320, 326–329, 333, 335, 337, 339–341, 344f., 355, 357f., 360f., 364– 366, 375–377, 380, 384, 390, 393f., 402, 413, 415–417, 430, 434f., 438, 441, 449, 451, 454, 456f., 462 ökumenisch 13, 18f., 21, 23, 26, 41, 43, 48, 51, 53, 57, 60f., 67, 76–78, 103, 109, 111,
510 145, 160f., 165f., 178, 191, 193, 195f., 204, 287, 298, 338, 373, 460, 471–474 – Einheit 13, 19–21, 23, 25, 40f., 44, 48, 50–52, 54, 56f., 59–61, 65f., 68–70, 73, 76–89, 91f., 96f., 99, 101f., 104–106, 108, 110–113, 115f., 134–136, 138f., 142f., 150f., 157–159, 161, 164–168, 175, 177f., 185–188, 190, 192–194, 202f., 207, 210, 217, 230f., 235f., 238, 247, 288, 290f., 294, 296f., 299, 304–306, 308–312, 314f., 321, 324–326, 340, 342, 348, 364, 366f., 378, 382, 389, 391f., 413, 419–425, 428f., 438, 441, 457, 466f., 469 – Glaubensbekenntnis 23, 108, 114, 122, 124f., 133, 253, 273, 284, 322f., 342, 425, 430 – Konvergenz 39, 134, 145, 148, 153, 204, 388, 410 – ÖRK 18, 20f., 23–26, 28, 39f., 43–48, 50–54, 56, 58, 66, 76f., 81, 85, 87, 101– 103, 110, 134f., 145, 149, 162–166, 175– 177, 179–181, 184f., 187–191, 193–196, 206, 210, 226, 284, 286f., 319f., 323–325, 388, 392, 428, 442–446, 448, 453, 464 – Vollversammlung 19, 21, 23, 25, 40, 43, 46–48, 50–54, 56–58, 66f., 76, 81, 84f., 87, 101–103, 108–110, 113, 134f., 138, 160–168, 170f., 175–179, 182, 184, 187– 191, 194, 196, 210, 239, 286f., 323, 325, 388, 392, 421, 428, 444f., 471–474 – WCC 103, 176, 266 – Weltkonferenz 20f., 24, 40, 43, 47f., 50, 59, 65f., 70, 77, 85f., 94f., 102, 110, 119, 124, 133–136, 138–140, 142–145, 149, 151, 153f., 159, 162, 191, 196, 236, 323, 391, 412, 419–421, 427f., 430, 443 Orthopathos 357 Pentekostalismus 25–33, 115, 179, 186, 201, 224, 226–228, 242, 256f., 270, 281, 283, 296f., 302, 312f., 346, 359, 379f., 389, 404f., 440f., 456f. – pentekostal 13f., 17, 19, 22, 25–38, 40, 42–45, 47–50, 52, 55, 58, 60, 62f., 80, 87f., 90, 96, 100, 103, 107f., 112f., 115, 121, 124–127, 131–133, 140f., 143, 150–152,
Begriffsregister
155–157, 160f., 164f., 167f., 170–173, 175, 179, 181, 187–190, 192, 194, 198– 251, 255–270, 273–287, 289, 291f., 294– 306, 308–317, 319–330, 332f., 335, 337, 339–346, 348, 351, 355–368, 370–377, 379–388, 390–406, 408–419, 422–424, 426–428, 430–432, 435–438, 440–443, 449–456, 458–462, 464–470, 478 – Pfingsten 62, 67, 80f., 93, 118, 120, 129, 140, 146, 169, 174, 182, 189, 218, 265f., 272, 278f., 289, 306f., 310, 313, 350, 363, 365, 368, 382, 385, 427 – Restorationismus 281–284, 295 Pneumatologie 17, 19–25, 27, 29, 36–40, 42–46, 48–59, 62, 67–70, 72–77, 79, 84– 88, 92, 94, 101–104, 108–110, 113f., 119, 123f., 129, 135, 138f., 142, 148, 151, 154, 156, 161f., 165f., 168f., 171, 175f., 178– 180, 182–188, 190–193, 197f., 200–203, 205, 209–211, 214, 218, 220f., 224–227, 233–236, 238–240, 243f., 246, 248f., 251, 254, 256–261, 263, 265–269, 272f., 275f., 281, 283, 285, 291, 296, 300–302, 306, 315–317, 320–322, 325, 328, 341, 345, 358, 360f., 365f., 368, 371, 373f., 376, 384, 386, 392, 396, 409, 411, 413, 421, 428, 430f., 437f., 443, 455, 462, 465f., 468f. – charismatisch 14, 25f., 29–32, 35, 37, 39f., 81f., 106, 111, 123, 142, 157, 165, 172, 188, 190, 199, 201, 204, 209, 217, 222f., 225, 233, 235, 237, 243–245, 250, 255, 257, 259, 262f., 265, 267, 276, 278, 281–283, 297, 299, 301–308, 311, 342, 360–364, 458f. – Ereignis 30, 80f., 88–93, 95f., 109, 121, 132, 139, 155, 174, 189, 205, 208, 210f., 214–216, 218, 220–222, 230, 234, 244, 246, 248–250, 256, 260f., 263f., 266, 269, 272–274, 276, 281, 283, 301, 313, 329, 351, 356, 366f., 373f., 392, 398, 402f., 405f., 418, 431, 436, 446, 450, 460, 469 – Erfahrung 24, 26, 30, 32–37, 62–64, 73, 80–83, 88, 90, 95f., 98, 100, 115f., 118, 120–124, 126f., 131–133, 135–141, 148, 151, 156–158, 160, 162, 168, 172, 175, 181–183, 189, 191, 202, 205–241, 243f.,
511
Begriffsregister
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246–251, 255–276, 278f., 282, 292f., 295f., 299, 304–307, 309f., 313f., 328, 334–337, 340f., 343f., 346, 348, 354–359, 361–364, 367f., 370–377, 379, 383–387, 389f., 392f., 396f., 400f., 403–411, 413, 415–419, 424, 426, 429, 435–437, 439– 442, 446, 450f., 453–455, 460, 462–464, 467–469 Erlebnis 63, 75, 139, 161, 206, 208, 238, 273, 342, 362f., 393, 399, 401, 408, 411, 425, 457, 459 Erneuerung 51, 63, 72, 78, 99, 101, 103– 105, 108f., 111, 159, 204f., 228, 278, 282, 287f., 290f., 309, 337, 388, 409, 413–415, 443, 447f., 451, 455, 464 Geist-Christologie 221, 233, 239–245, 247–249, 251f., 255–258, 261f., 271, 274, 294, 306f., 310, 407, 409 Geistestaufe 30–32, 35–37, 205, 208– 224, 226–236, 238f., 241–246, 248–250, 255–257, 259–277, 279f., 283, 296f., 302, 307, 313f., 317, 324, 345f., 355f., 358, 360, 362–364, 366f., 370–374, 376f., 382–386, 388, 395–397, 400, 402, 404, 415, 441, 453, 468f. geistlich 28, 50, 61–64, 106, 109, 112, 127, 151, 165, 169f., 172, 182f., 188f., 192, 207, 213, 217, 222, 231, 236f., 247, 269, 271, 292, 295, 305, 309, 312, 351, 354, 361–363, 381, 386, 395, 404, 406f., 413, 432f., 447f., 460f., 466 Heiliger Geist 8, 21, 39, 43, 103, 109, 129, 148, 164f., 167–170, 179, 183, 185f., 191f., 239, 269, 278, 321, 335f., 377–379, 392, 465–470. pneumatologisch 14, 17, 23–25, 36–38, 41, 43–45, 47, 49–58, 62, 65–70, 72–75, 78, 80–83, 86, 88, 91–93, 96, 99, 101, 105, 108, 110f., 113, 117, 126, 135, 138f., 141– 143, 146, 148, 150, 155–158, 162f., 165, 168, 171–175, 177f., 180, 184, 186–192, 194–196, 201, 205, 207, 210–212, 218, 225, 232, 236f., 240–242, 245, 247–249, 252, 255f., 258–260, 266, 268f., 272, 278, 280, 284, 286, 290f., 297, 299, 302–308, 310f., 313, 315, 317, 320f., 323, 335f.,
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355, 359, 361, 363–365, 367–369, 371, 375, 377, 379, 384f., 388, 391f., 409, 412, 417, 419, 426, 428–430, 433, 438f., 447f., 457, 465f., 468f. Reich Gottes 36, 61, 166, 228, 259, 264, 271–274, 304, 309, 353, 370, 373, 385, 402f., 451, 460, 462 Sendung 106f., 115–118, 120f., 128, 133, 143, 169, 180, 183, 253, 255, 287, 290, 292, 304f., 324 Spiritualität 13, 23, 28, 32, 36, 54, 131, 144, 162, 164–167, 169, 176f., 179f., 182, 194, 207, 214f., 227, 232f., 247, 259, 266, 282, 295, 302, 351, 370, 383, 394, 396, 402, 416, 427f., 432, 436, 438, 442, 445, 447– 451, 454, 458, 464 Taufe 23, 43, 67, 70, 74, 79, 93, 107, 125, 131, 136, 138, 145–151, 153, 161, 177, 189, 195f., 205f., 208, 212f., 215–218, 222f., 234, 236, 242, 249, 252, 259f., 265, 294, 314, 362, 391, 395, 400, 402, 410, 418, 425, 430, 438, 469 Tröster 326, 462–464 übernatürlich 93, 172, 214, 219, 248, 261f., 278, 294, 297f., 337, 346, 355f., 367, 372, 379, 386, 395, 403–405, 407– 410, 414, 418, 423, 457, 459, 462, 464, 469
reziprok 137, 141, 180f., 188, 196, 220, 230f., 234, 241, 250, 254f., 277, 303, 338f., 447 Sakrament 61, 63–65, 68, 70, 72, 74f., 85, 91, 96, 102, 105, 126, 131, 133, 143f., 147, 149–152, 159, 161, 168f., 173, 175, 182f., 186, 219, 222–224, 290f., 335, 349, 351, 390–392, 395–400, 402f., 407, 410, 413– 415, 421–424, 429–431, 435, 442, 467 – sakral 82, 187, 265, 402, 404f., 411, 432 – sakramental 61, 65, 73, 88–91, 95f., 106, 109, 111, 126, 132, 142–144, 147–158, 161, 168, 172–175, 178, 182f., 186f., 191– 193, 195–197, 211, 214f., 217, 219, 221– 223, 225f., 236, 249, 257, 263–265, 269, 290f., 302, 310f., 313, 315, 344, 387, 389–
512 404, 408–416, 418–424, 427, 429, 435, 437, 466–469 Schöpfung 22, 31, 40, 54, 63f., 67, 76, 80, 83, 104, 106, 109f., 112, 129, 133, 135, 143, 145, 158f., 161–165, 167, 169–172, 174–186, 191, 193, 245f., 248f., 255, 258, 265f., 268, 271–273, 276, 279, 294, 311, 363, 371, 375, 380, 382, 385f., 401–410, 418f., 443f., 446f., 452–457, 459–462, 464, 466, 469f. – Ethik 54, 164, 184f., 347 – ethisch 48, 54, 112, 166, 181, 194f., 320, 338f., 348, 442–444, 447–450, 452, 454f., 459f., 462, 464 – Existenz 21, 63f., 71, 81, 109f., 119, 130, 139, 169, 193, 213, 218, 236, 253, 267, 286, 296f., 299, 304, 306, 308f., 311, 319, 325, 330, 333, 336, 343, 345, 347–350, 353, 355, 359, 367f., 374f., 377, 381–383, 385f., 393, 400, 402, 405f., 418, 423, 434, 436, 442, 455f., 462, 467 – Leben 19–23, 27, 30f., 33, 35, 37, 48, 50, 53–57, 60f., 63–65, 67–70, 74f., 78, 80– 85, 88–93, 95–102, 104–106, 108–112, 115–118, 120–132, 134–144, 146, 149– 154, 156–170, 173–189, 192–200, 204– 214, 216–223, 226, 228, 231–233, 235, 237–240, 242–249, 256–261, 263–266, 269–280, 282–286, 288, 290–299, 303– 316, 319–330, 332–344, 346–356, 359f., 362f., 366–368, 371–373, 375–379, 381– 383, 385f., 388–394, 402f., 405–412, 416–430, 432, 434–454, 456–464, 466– 469 – lebensschaffend 126, 133, 426 – Materie 282, 375, 396, 404f. – natürlich 13, 61, 228, 355, 367, 386, 395, 404f., 409f., 418 – Ontologie 159, 246, 278, 341f., 345, 371, 384, 409, 434 – Realität 31, 51, 55, 61, 70f., 82, 94, 108, 121, 125, 132, 138, 144, 150, 158, 169, 173, 188, 199, 202, 265f., 272, 292f., 308f., 330, 340, 344, 360, 362–364, 367, 370, 383, 390, 396, 398, 402, 408f., 411, 417, 421–423, 428, 453, 457, 467
Begriffsregister
– Transformation 32, 151, 179, 186, 228, 246, 320, 351, 405, 408, 445, 449, 451– 454, 456, 460, 462f. – verwandelnd 20, 99, 129, 152, 162f., 182, 184, 194, 393, 418, 442, 445, 447– 449, 451f., 455, 459, 464 – Welt 15, 18, 25f., 40, 51, 53f., 59, 63–65, 67, 75f., 78, 81, 84, 86, 97f., 100, 102f., 105–107, 109–112, 115, 125, 129f., 132f., 135, 144, 152, 154, 157–164, 166f., 169– 174, 176f., 179–181, 183, 185f., 190–194, 197, 204, 242, 247, 249, 251, 270, 281, 293, 302, 315, 317, 320, 324, 333, 336, 348, 351, 358, 360, 373, 382, 385, 393–395, 400– 403, 405–409, 418f., 422, 427, 434, 436, 438, 442–444, 447–457, 459–462, 464, 469f., 478 – Weltbild 394, 402, 404f., 407–409, 432, 455 – Wesen 25, 28, 39, 41, 51, 55, 57f., 60, 64, 66f., 70f., 73, 80–82, 84f., 90f., 93f., 96f., 100, 105, 108f., 112, 118, 121–123, 127f., 135, 137–140, 142–144, 149, 152f., 157– 160, 164, 169, 172–175, 177f., 180f., 186, 193, 196f., 200, 210, 214, 217, 224, 234f., 237f., 248, 262, 265f., 270, 277, 280, 283f., 286, 288, 290, 296–299, 305–310, 312f., 317, 325, 330f., 338, 340–342, 345, 349f., 353f., 357, 360f., 363–365, 368f., 371f., 380, 385, 389, 391, 401, 404f., 410, 424f., 430, 432f., 435f., 452, 456–458, 462–464, 466f., 470 Soteriologie 37, 129, 201, 243–245, 247, 257, 259f., 272, 316f., 418 – Erlösung 55, 58, 76, 80, 116, 133, 184, 192, 245, 249, 260, 265, 321, 335 – Ökonomie 184, 194, 320, 420, 444f., 447, 450f., 454, 460 – ordo salutis 322 – Wiedergeburt 30, 37, 84, 91, 189, 205, 208, 211, 214f., 220, 222, 229, 231f., 244, 246, 249f., 256, 261f., 264, 269, 274, 279, 314, 338, 364, 366f., 376, 382f., 386 Studie 18f., 21f., 28, 34, 38f., 43, 46–48, 50–52, 55f., 58–60, 62, 65–67, 72, 75, 84– 86, 94–103, 105, 107f., 113, 119, 123,
513
Begriffsregister
125–127, 136, 145, 153f., 166, 190f., 194f., 201, 225, 272, 315f., 319, 323, 333, 340, 342, 352, 360, 388, 391f., 426, 440, 445, 458, 470 Subjektivität 27, 62, 218, 238, 324, 331, 374f., 377, 382f. Theologie 13f., 18–20, 25–28, 33–40, 42, 46, 48f., 51, 53–55, 57, 65, 93f., 96, 101, 103f., 108, 112, 115, 121f., 126, 132, 137f., 141, 146, 149, 160, 165f., 171, 186f., 194f., 198–202, 208, 224–226, 233f., 237, 239, 242, 244f., 247, 251, 253, 257–260, 266f., 272, 275, 277f., 293, 296f., 305, 316f., 320–323, 328, 333, 336, 338–341, 344, 347, 349, 351, 354f., 360f., 367–371, 374, 377, 379, 383, 387, 391, 393, 395–399, 403, 408, 411–414, 416, 419, 421, 429, 433–437, 442, 450, 458f. – Lehre 13f., 17, 19–22, 25, 30, 32, 35–38, 40, 43, 45, 48f., 52f., 56–59, 65f., 68, 71f., 74f., 77, 80, 84–88, 93f., 97–104, 108, 110, 113–116, 122, 125, 127, 129f., 136, 138, 145f., 166, 168, 170f., 186f., 190f., 195, 207, 228, 232, 242, 256f., 259–262, 267, 269, 274f., 277, 283f., 293–295, 298, 304f., 310, 313, 320, 323f., 330, 336, 353, 360, 363f., 370, 373f., 380, 383f., 388, 402–404, 441, 465, 468 – Meinung 20, 27, 31, 33, 36, 46, 48, 52, 56, 100, 123, 159, 166, 207, 214, 216f., 228f., 233, 238, 244, 250, 254–256, 260, 267f., 275, 291, 298–300, 305, 329, 347, 350, 355, 359–362, 364, 372, 374, 385, 396, 404, 408, 428, 463 Trinität 19, 23f., 40, 54, 56, 59, 69, 80, 82, 85, 87, 114–118, 120–122, 126–132, 135– 142, 144, 165, 168, 178, 181f., 184, 193, 196, 201, 225, 235, 247, 251–254, 258, 265–267, 275, 277, 300–302, 321, 324f., 327, 329–335, 341f., 350, 352f., 359, 362– 365, 367–371, 373–375, 379, 381, 384– 387, 392f., 406–408, 410, 416f., 419–421, 425–427, 430, 439, 444, 451, 462 – Angesicht 19, 27, 29, 31, 37f., 48, 51, 60, 63, 81, 83, 90, 94, 99, 103, 107f., 111, 115,
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129, 136, 139, 142, 158, 163f., 176, 184, 191f., 202, 204f., 217, 253, 261, 273, 275, 286, 293, 297, 300, 308, 310, 312, 330, 337, 342, 356, 360, 375, 394, 422, 451, 453f., 457–459, 462, 464, 469 Dreieinigkeit 80, 167, 183, 323f., 352f., 369, 389, 416, 443 Gegenseitig 14, 25, 33, 42, 46f., 53, 76, 79, 117–119, 122, 125, 128–130, 132f., 137f., 140–144, 160f., 167, 169, 171, 193, 197, 205f., 219, 230, 242, 250f., 253f., 258, 273, 279, 289, 298, 306, 311, 314, 326f., 329f., 342f., 349f., 352, 354, 356f., 365–367, 369, 373, 381, 383, 386, 388, 391, 399, 413, 420f., 425, 427f., 430, 432f., 436f., 439–442, 446, 454, 457, 461, 468 Hypostase 130, 344, 367 Hypostasierung 240, 330, 343f., 351, 454 immanent 118, 120f., 231, 252f., 265, 319, 325f., 335, 341f., 353, 355f., 367, 385f., 390, 405, 452f., 456f., 464 innertrinitarisch 77, 118–120, 128–134, 137, 139f., 144, 157, 178, 183, 193, 252, 265, 267, 326f., 334, 339, 343, 373, 424, 434, 443f., 450 Intersubjektivität 252, 381f., 436 Monarchia 252, 254, 332 Perichorese 252, 300 Person 25, 48, 55f., 66f., 69, 80, 86f., 89, 92, 106f., 109, 114, 116, 120, 130, 135, 138f., 160, 171, 181, 183f., 221, 227–234, 238, 240–244, 247f., 251–256, 259, 261, 264f., 269, 274, 276–279, 294, 301, 325, 327–340, 342–345, 349–355, 357f., 361, 363, 365–367, 369, 371–377, 381–383, 390, 393, 401, 406f., 415, 423, 425f., 431f., 434, 436, 439, 443, 453f., 457, 462, 466, 468f. persönlich 14, 27f., 32f., 54, 57f., 61, 63–65, 75f., 79f., 83f., 88–90, 92, 95f., 98, 108, 112f., 116, 120f., 123, 126–128, 131–133, 135f., 138–144, 149f., 152, 156–158, 160f., 166–168, 171f., 174, 177, 181, 185f., 190–193, 195–197, 205, 207,
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209, 211f., 215, 220, 224, 234, 249, 258f., 266, 273f., 276, 278f., 281, 312, 319f., 327f., 330, 335, 338, 340–344, 350f., 355f., 359, 361, 363, 373, 381, 384, 386f., 389f., 392–395, 401, 404, 406–408, 410f., 417–421, 423–431, 433, 435–445, 448– 452, 454, 456, 459–464, 466–470 Personsein 107, 140, 328, 330–335, 337, 339–346, 349–353, 355–359, 364–377, 381–388, 390, 393f., 401, 405, 410, 416– 419, 424f., 432, 435f., 438–444, 451f., 462, 468f. Selbsthingabe 96, 130, 178, 193, 248, 342f., 353, 373, 377, 385, 468 Sohn 24, 53, 71f., 76f., 79–82, 84, 114, 116–121, 123, 128–131, 133, 135–138, 148, 178, 228, 241, 247, 249, 251–255, 258, 265–268, 271, 289, 292, 315, 321, 325–327, 331, 334f., 343, 350, 352, 357, 365–367, 369, 376f., 382, 408, 413, 416, 419f., 427, 438, 461 transzendent 70, 93, 120, 155f., 169, 231, 275, 316, 319, 348, 355, 390, 398, 404f., 453, 457, 464 trinitarisch 18, 23–25, 35, 40, 44, 46, 51, 53–56, 76f., 80–88, 112, 114–116, 118– 124, 126, 129–144, 149f., 152, 156–159, 161, 165, 168, 173, 178, 180f., 184–186, 188, 192f., 196f., 225, 228, 235, 237, 240– 242, 247, 251–253, 255, 258f., 265, 267,
Begriffsregister
272, 277f., 283, 300f., 303, 321–330, 332– 335, 339–346, 349–353, 355f., 358f., 362, 364–377, 379, 381–388, 390–393, 396, 401, 408, 410, 413, 416–427, 429f., 432, 434–436, 438–442, 444, 446f., 449–452, 454, 462, 464, 468f. – Vater 59, 71, 76f., 79–82, 84, 86, 88, 105, 116–121, 128–131, 133, 135–138, 146, 150, 154, 178, 180f., 191, 228f., 242, 247, 251, 253f., 258, 265–267, 271, 278, 287, 289, 292, 294, 305f., 316, 321f., 325–327, 331, 334, 350, 352, 357, 365–369, 376– 378, 400, 406, 408, 412f., 416, 419f., 425f., 429, 438–440, 442, 456, 461, 463 Wort 22, 41, 50, 59, 61, 63–65, 72f., 90f., 96, 100, 102, 105, 108, 117, 121, 126, 131, 133, 135, 138, 140f., 143, 146–148, 150f., 154, 169, 175, 177, 187f., 193, 195, 204f., 223f., 248, 253, 259, 264, 272f., 278f., 285, 290, 294, 296, 302f., 305f., 326, 329, 335f., 338, 350f., 369, 374, 383, 390f., 402f., 412f., 415, 419f., 424, 427, 430, 435, 440f., 453, 459–461, 478 – Heilige Schrift 76, 81, 83, 115, 171, 203, 311, 349, 459, 477 Zungenrede 452f.
30f., 217, 346, 363, 397–400,