236 7 156MB
German Pages 646 Year 1889
Jer Wär. illustrierte Wochenschrift für
vaterländische Geschichte.
Unter Mitwirkung von R>
Ävrittgnier,
£-.
Ändrxics, Theodor Fontane, Stadtrat E. Friedet, Gymnasialdirektor Dr. W. Schwarh und Ernst von Wildendrnch
Korausgegcben von
OsKav Kehrrrevel.
Jahrgang XV.
(Ottober 1888 bis Ende September 1889.)
Berlin 1889. Verlag der Buchhandlung der Deutschen Lehrer-Zeitung (Fr. Zillefsen), Berlin X. 58 Schönhauser Allee s4s.
Inhaltsverzeichnis
I. Romane und Erzählungen Barbarina, die Rosen der, von 3DJ. Freu . Des Großen deutschen Kaisers erster und schwerster Sieg, von O. Schwebe! (Abb.) 411, 418, 429, 441. Drei Menschen, von E. v. Waldt-Zedtwip 173, 185, 197, 233, 245. 257, 269, 284, 293, 305, 317, 334, 346. Ein kurzes Glück, von A. M. Witte 595, 608, 619. Graf de la Roche-Aymon, von F. Katt 465, 475, 488, 499, 511, 523, 535, 547. 559, 571, 583. Im Fenn, von B. v. Pressentin 358, 370, 382, 394. Im Obstkahn, von E. Taubert 129, 145. Johannes Wedigen, von O. Schwebet 2, 17. 30, 42, 53, 65, 89, 101, 117, 133, 161, 188, 199, 212, 221, 235, 247, 259, 271, 281. Prädickow, der Rote Hof zu, von W. Stern¬ beck 492, 501, 513, 524, 537. Unter dem falschen Waldemar, von E. v. Gleichen 332, 344, 355, 367, 392, 403, 415, 427, 439. Unter Ruinen, von August Trinius . . . Wie Friedrich Wilhelm I. einen „langen Kerl" aus Rom entführte, von A. Löffler
II.
.343 .... Homeyer. .412 Seite
Seitc
Das Lied vom Herzen (Abb.), von B.v. Hülsen Dem Fürsten Bismarck (Abb.), von G. Beller¬
452
mann De olle Fritz (Abb.) von Borneniann . . Der Kaiserin, von O. Schwebe! - E. v. Wildenbruch . . Der Schwarze See bei Wrangelsburg, von v. DeutschesSchutz- unvTrutzlied, vonP.Märkel Deutschlands palast
41
252 415
!
!
schwimmender Ausstellungs¬
.
Sternbeck.227
Abb.).
Drei Berliner Dioramen, von P. Lindenberg (3
Ein Bürgerinbrief von Ein Sänger für Kaiser und Reich (Abb.) 611, Etwas vom Tabakrauchen, von H. O. 229, Falknerei der deutschen Ordensritter, von P. Fischottern in Berlin und der Mark Bran¬ denburg (Abb.), von Dr. Karl Ruß . . Flcchtinacn, die Schenken von (Abb.), von O. Fontanes Fünf Schlösser, von O. Schwebel Franzosenlager bei Neu-Rupyin, von W. A.
113
529
299
811 192 150
Wegener.
Frcundschaststempel in Sanssouci (Abb.), von
309 364
Friedrich der Große in Sanssouci (Abb.) . - Tromnitz, von Walter
H.
leben.631 Posen.26, Hülsen. 391
202, 214 Aus dem Tagebuche W. v. Hülsens, von 362, 372, 385 H. v. Aus den Briefen der Frau v. d. Knesebeck, von H. v. 625, 633 Aus König Friedrich Wilhelms IV. gesunden und kranken Tagen, von F. A. v. Winter106 96 Aus O. F. Gensichens Jungbrunnen . . Barsewisch, der Traum des Herrn von, . . 470 Berliner Briefe, von Dr. Ludwig Geiger . 193 Berliner Häuser, Bezeichnung mit Nummern, von W. Berliner Gartenfreuven, von Trojan 433, 444 Leben, von Paul Lindenberg 205, 290 Mittwochsgesellschaft, von L. G. . 48 Musiklebenvor50Jahr.,vonKarpeles 178 Neujahrswünsche, von F. Meyer . 166 Original, von A. v. Hanstein . . 423 Pfennige, von Ad. Weye (Abb.) . 253 Strohdach (2 Abb.), von E. Friedet 6 Umzugsbilder, von H. Dupont 325 . Berlin und die Berliner 1799/1800/ von 274 F. Meyer (Abb.) Blankenfelde, Geschlecht, Stammhaus, Rirterfitze, Monumente (6 Abb.), von O. Schwebe! 543, 551, 577, 589, 601, 614, 628 Borne, die Herren v. d., auf Berneuchen (Abb.) 602 Brandenburger Reminisz., v. G. Dullo (Abb.) 539, 549, 562, 573, 585, 597, 613, 626, 638 Burgberg Hohenstaufen (3 Abb.), von P. Clemen 384, 398 Cervantes-Saavedra und 6;e märkische Sage, von O. 218, 228 Christian Thomasius und Friedrich III. (2 Abb.), von M.
j
(Abb.)..
zu
Hülsen.
M. Lilie
Groß-Frievrichsburg, von H. Müller. . . Groß-Glienicke und die Herren v. Ribbeck. von O. Große Kurfürst im Jagdschloß Grunewald, von M. Warnatz Gründung der Niederlausitzer Landwirtschafts¬ schulen, von P. Haddik, Andr. von, von Georg Böttcher . Häckselsteig, von F. Brunold . Haus-,Schutz- und Himmelsbriefe, von E.Lemke Hegel und das „Türmchen", von E. Friede! Heiligkreuzkirche, von H. Brendicke (Abb.) . Heim des deutschen Kaiserpaares, von C.
feldt.94,
620, 637 323
j
Hohenhausen.237 Schwebel. 575, 600 v.
Schasfgotsch, Hans Ulrich (2 Abb.), von O.
..92 564,
588,
George.22,
151
84
Heldenstandbilder auf dem Wilhelmsplatze,
12
32
weise, von E. Handtmann 238, 250, 276, 287 Schloßapotheke (Abb.), von M. Frbg. 406 Schloß Wrangelsburg (2 Abb.) , von E.Friedel 554 Schwartz, Prof. Dr. W., von O. Schwebel 338 Schwedt u. d. Schwedt« Dragoner 397,409,420 Shakespeares Othello in Berlin, von R. .
505 123 226
119 110
Voigt. Prinz Georg von Preußen (Abb.), von Fr.
Don Carlos in Berlin, von F. Katt Schläge und Schlagen in Märkisch« Sprech¬
Fahlisch.61
I.
Winterseldt.
48
227 423 607
14
167 57
609
Schissmann, Obcr-Postdirektor (Abb.) . . Schillers Beziehungen zu Berlin, von R.
37
11/
(3 Abb.), von F. 2l.
297
Schwebel.399
S.168
(Abb.).
v.
151
492
Gr.24
Preußische Soldaten (Abb.), von H.
525
73
.300 Witte.84
297
.77 ....
Gespenst im König!. Schlosse, von
.312
Kolonieliste von 1699, von Dr. H. Brendicke Leibarzt, ein brandenburgischer, von O. 482, Luisenschule in Berlin (2 Abb.) von E. M. Männertreu, von E. Märkischer Granitblock, von W. 21. Wegener Märkisches Denkmal (Abb.), von R. Lutter Märkische Pslanzensymbolik, von E. Handt¬ mann Märkisches Provinzialmuseum, von R .. z 53, Markthalle auf dem Magdeburger Platz (Abb.) Mausoleum 311 Charlottenburg, von A. M.
Nach Canossa Preußens erste Königin
Geschäftshaus des Offiziervereins, von Br.
.
Trojan.209 der,..10
526 242
Schwebe!.387 Schwarz. Schwartz.18 Friedrich der Große, Verhältnis zur Loge, von Wilhelm Friedrich Wilhelm II. und Gärtner Heidcnreich Fürstengruft zu Rügenwalde, von C. St. . Generalversammlung der Geschichtsvereine
I.
Museum des Wittstocker Gymnasiums, von R.
39
Wagen«..35
352
Aus Altberliner Kreisen, von Walter Schwarz
j
4
Br.
Handtmann....
623 239
Schwebe!.516,
-
Schwebel.
Bandholtz.70
98
-
hausen
Schwebe!.
Bornhat.541 Br.302
von
469 457, 466 von 225 Dr. E. Kolbe Kaiser Wilhelm II. zum 27. Januar 1889, von Kaisermanöver, das Feld 50 Kinder- und Wiegenlied, von E. Handtmann Kirche zu Kietz, von E. Handtmann . . . 204 Klage um Kaiser Wilhelm I., von H. v. Olfers 136 Kloster Chorin (Abb.), von O. Schwebel . 336 Kloster Gramzow und seine Dichterin von 435, 445, 458 . . O. Schwebel (Abb.) Königin Luise und ihre Kinder (Abb.) . . 360 Königliche Freundschaften, von Fr. v. Hohen¬ -
374 350
letzte
Seile
.... ....
Fahrt >Abb.), Th. Fontane Mahnung, von Dr. Palais (2 Abb.) . Ruhestätte (Abb.),
Kaiser Friedrichs
Die deutschen Kaiser und die Stadt Metz, 604, 612, 621, 634 . von O. Schwebet Die hölzernen Schuhe und Pantoffeln, von W. Die Kunst im Dienste der Politik, von —n 301 Die Mark und Schleswig-Holstein (Abb.) . 487 Die Quitzows E. v. Wildenbruchs . . . 104 Dom zu Stendal (Abb.), von O. Schwebe! 55, 68 Dorotheenstädtische Kirche (3 Abb.), von O. 476, 490, 504 Dorothea von Holftein-Glücksburg, von F.
Gedichte, historische, kulturgeschichtliche und landschaftliche Aussähe.
Ablaßbrief des Dorfes Reetz, von Rubehn Altberliner Hausinschriften und Wahrzeichen, . . 33, 288, von O. Schwebe! (Abb.) Altberliner Schlachthaus (Abb.), von F. Meyer Verkaufsläden, von F. Brunold Alte Geschütz-Inschriften....... Alte Thorbauten und Türme in der Mark (2 Abb.), von Dr. E. Kolbe . . . Altstädtisches Rathaus zu Brandenburg (Abb.) Am Ringe zu Schwiebus (Abb.), von O. An die Mark, Gedicht von H. v. Hülse» . Auf dem Tempelhofer Felde, von M. Rinck-
164
,
Genüe..322
Skizzenbuch, ein altes, von C. Gurlitt . . 478 Sorbenwendisches Volksleben, von W. Müschner (3 Abb.). . . . 430, 443, 454 Spans Grabdenkmal in der Marienkirche
(Abb.), von O.
Schwebel.320
Friede!.240 ....
Staatsrat Kunths Grab in Tegel (Abb.), von E.
Ludwig46
Stacheleiche, von E. Handtmann Straßburger, die, und Friedrich der (.Kroße,
469
Gurlitt.
von H. Studien zur Berliner Baugeschichte, von C. 553, 564 Stuttgart (Abb.), von O. Schwebel . . . 502 Süddeutsches Blut im Havellande, von Ed.
Herbst.92 Bertz.'.87 ........ Wegener.274 von,.364
..
Schwebe!.
Lortzing.120
Henke, K. L. (Abb.), von O. F. Genfichen 180, 189
Hirt,
3)2.
K. (Abb.), von Joh. Bolle.
.
.
.Hochzeitsgebräuche in der Mark, von P. Schmidt
Hohenstein, die Grafen
(Abb.)....
446 252
Witte.631
Hutten-Sickingen-Denkmal Ihrer Majestät der Kaiserin August«, von A. M. . . Im alten Berlin, von F. Brunold Joachim-Ouartett (Abb.), von Dr. Äolischer Jubelfest der Wettiner (Abb.), von O. Schwebel Jungfer Lorenz (Abb.), von O. Schwebel . Kaiser Friedrichs erste Einfahrt in Berlin, von F. Brunold . . . Kronen, von Walter .
■
!
505
578 375 463 518 320
Schwarz.451
S.
Tempelgarten zu Neu-Ruppi» (Abb.), von W. A. Templin, von H. 458, 481 Teupitz, Schloß und Stadt, von —g. . . 491 Türmchen, das, Tiesfenbachs, die (Abb.), von O. Schwebel 395, 407 Treptow und die Köllnische Heide, von
(Abb.).97
Muret.74,81
Tunnel über der Spree, von H. Dupont . Unterm Christbaum (Abb.), von H. v. Hülsen Unter zwei Königen, von A. v. Loy. . . Upställe in der Mark, von W. Sternbeck . Bcrnezobre, die Familie von, von Dr. Beringen«
530
.432 148 135
482
IV
.
219
528
.365 Eier-Vögel. 255
153
Eine Erinnerungsspur Eine italienische Ode aus den Tod Friedrichs . des Großen . . .
Seite
Bierraden (Abb.), von D. Schwebe! 548, 572, 584, Vom Berliner Ratskeller, von F. Me»er . Bon der Königin Luise, von y. Wagener . Wann mürbe unser Heiland geboren, von E. Wedding, von O. Weihnachtswanderung von Dr. y. Brcn124, 187, Wie man Häuser baut (Abb. , von W.
Die erste Eisenbahn von Berlin n. Potsdam Die Vorbesitzer des Reichskanzler-Palais .
560, 597 150 165
Domkirchcnkollegiuni Dorotheenstädtische
Wilhelmshaven (2 Abb.), von O. Schwebe! 579, Wunder der Rosen, das, von O. Schwebe! Zeughaus, Meister des Zum Gruß ins neue Jahr, von F. Brunold Zum 100jährigen Jubiläum der Königlichen Taubstuinnienanstalt (Abb.) . Zum 600jährigen Jubiläuni der Berliner 494, Tuchmachergilde, von W. Zincke . Zum Todestage H. v. Kleists (Abb.), von O. F. Zur Entwicklung der Berliner Weslvorstadl (Abb.) von Dr. H. Brendicke
Ein
71
-
.
Geschichte
Erbsckienkenannes
Berlin.’
preußischer Zigeunersoldat
173
506
Fontane, Theodor
Forcade, Familie von Frauentracht aus Neuhardenberg Friedrich der Große, Antwort auf Heiraths-
217
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
509
-
-
-
.520 ..219 .195 ....
-
-
-
-
-
-
•
-
-
-
-
-
252
Inschriften.341 Altertumsfunde.617
Altberliner Alte Alte Jakob- und Hollniannstraste
.
.
.
Geschützinschrifien.63 .
.
.
400
Alte Sage über das Oranienburger Stadt¬ Altes Berliner Rätsel Altes und Neues
Amtlicher Droschkenivegemesser Anekdote von Friede. Wilh. IV. . . . Angelis Kaiserbild Aus Berlin dem Gemüts leben des Deutschen Kron¬ prinzenpaares
99 569 99
dem Leben der Königin Luise . . . der Haude und Spenerschen Zeitung vom 9. der Regier, des Großen Kurfürsten . . B. F. Gensichens Frauenlob . .
255
°
VIII.
-
1814..
in Breslau . . Kabinettsordre . . . läßt sich für Geld sehen landesväterl. Gesinn¬ ung und Lieutenant von
.
Rochow und Rode
-
-
I.,
Silberschatz
.616 Minchow.111 544 266 99
.
Großer, Samuel
.521 Kopfzeuge.437 Märchen Notendrücke
Stadtbriefbeförderung Wörter 1727 . Besuch Augusts II. 1727 . .
Betglocke. Bild
Holzschuhe
.27 ....
Bäckereien (die beid. ältesten) Geschäftsanzeigen
.
.
.
.
Im
,
Irrtümer in
484 645 376
.424 ..593
Blankenfeldehaus Bleistift und Korkzieher Blücher, Trophäen des Fiirsten v. Chappuzeau, Samuel . Crüger, Johannes Denkmal des 8. c. Verbandes Denkmalsenthüllung in Friesack Der alte Fritz u. d. Dorfschulmeister
461, 472
........ .... .... .
letzte
.
.
437
.291 Seufzer.207 .425
Deutscher Michel Die erste brandenburgische Armee
.
.
.
.
.
365 230 641
170
267
!
.
'.
.
.
.... ....
.
.
„
.
49«!
508
......
183 389
170 61
Totschlag, der,
I
I
i
15
377 I
.
.
.
521
1.75 .472 Dictus.64 .
.
15
377 448 376 485 424
436 231
303
532 255
15.
206
Wappen.376 März.290 Juni.461
II.209
..243
Geburtstage Wilhelms Zu Zeiten Friedrichs des Großen . . . Zweites Preisausschreiben des Allgemeinen Sprachvereins
231
IV. Biichcrtisch. Seite 63, 75, 87, 99, 123, 124, 195, 206, 219, 230, 254, 267, 341, 377, 400, 413, 425, 437, 473, 485, 496, 497, 509, 521, 557, 569, 581, 593, 641.
Kleiderordnung Fried. Wilh. Kloster Chorin
Luckenwalde..
.....
-
569
27
„Charlalau".,
--
581
.206 Rätsel.99 48.617
.557 ...
Tottleben, General von . Twestens 100jähriger Geburtstag . . Umgestaltung des Mühlendamms . von Unter den Linden . Verehrung der Preußen 1777 in Süditalien Verein für die Geschichte der Mark . . . Vom Wälschen Wahrsager und Musiker in Berlin . . . Wandgemälde der Casa Barthold» . . . Was bedeutet „Ziegenhalz" als Ortsname C. M. v. Webers Wendischer Kirchgang (Abb.) Wenns nichts hilft, so schadets nichts . . Wie alt ist der Friedrich II. Jugendschulden bezahlte. Wilibald-Alerisstraße Zeughaus, Originalpläne Ziethen, F. Chr. E. Name und Zum 17.
171
545
.327 .369 von.485
5
Kunkel als Freund der Leichenverbrennung Kunstauktionen
315 569
Juliusturm.520
170 605
Kreuz-wende-Dich.170
.
Grabschrift.544
15
'.593 .
.,.
592 27 353 195 279
Assentiger.243 581
40
.... .... Kriege.111 .
15
..99
Wettiner.472 Joftp-Brauerei.326 Palais.413 Eccard.171
Markgrafenstraße
Prieive, Prosit Neujahr! (Abb.)
.
verbeten.545 ......
(Abb.). (Abb.).353
Märkische
17(1
.
..291 ..303 Antiquariat.365 ....... .
mutantur.
557.
376 Beiblatt 544 63
.
der Geschichte Berlins . Jubelfeier der Jubelfeier der Kanone, die alte vor Schloß Bellevue Kapelle des Königl. Kapellmeister Kirche zu Alt-Geltow Kirche zu Luckenwalde
Korbschnitzer
377
.
.... bestrafte.171
Petrikirche, Reste der alten, Petschaft Dr. Martin Luthers Plusmacher, der Porzellandosen Preisausschreiben
'
Pfennigkrieg.533
326 291
Jerusalem-Panorama.520
64
Bismarck-Museum.645
-
.
Israelitische Friedhof Jagdfalke, ein Kaiserlicher, in der Mark
448 448
.
siebenjährigen
557 448
(Abb.).267
Stein an Gneisenau Stralsunder Taufbecken in St. Katharina zu Lenzen Tempora That, eine edle, Teilnahme Thürneyssers Flucht 1584
Gartenbaudirektor.353
153
des FeldmarschaUs Grafen v. Moltke Bismarck, zur Geschichte Derer von . .
.
.
Hüttig, Hundert ungewöhnliche Namen Ich wollt' es nur nicht wissen
509
243 593 605 484 569
Gr.-Buchholz.27
496 Ferdinand.605 Hesekicl, Höflichkeit. verboten.425 545
Bellermann, Pros. Berliner Ablaßzettel 1517
-
.
Kinderlied. Ludovica.365
von
.
Pschorrbräu 377,, 388, Rauchhäuser in der Mark Riesenring von SchadoivS neuer Hut Schloß Tylsen, All- und Neu-, (2. Abb.) . Schlüssel vom Jagdschloß Grunewald (Abb.) Schwebe!, Selbstranzionierte zAbb.) . . ! . . . Seltsame 99,
303 437 617 183
....... .111 .27
Hausinschriften in Havelberg Havelländisches
-
.
Fürstliche Tischordnung 1681 Funde in der Mark Georgenkirchcngemeinde (200 jährige Jubel¬ feier) Geschützsammlung des Zeughauses . . . Gewichistafel von 1727
Bayard-Orden Beitrag zur Geschichte der Familie
-
i
557
.508
Friedrich-Wilhelms-Gymnasium Fürstenbegegnung in Memel .
Harnisch, Divisionsprediger
-
i
137
Menu von Fischen in der Mark Molkenmarkt . Moltke als Mars auf der Schloßbalustrade Mühlendamm, Beseitigung des, .' . . . Museum für Volkstrachten 460, Napoleons Bildnis . Nationaleigentum . . . '. . . Niederlausiper Gesellschaft für Anthropologie Oberpostdirektion Oder-Spree-Kanal
Passage-Panoptikum.
629 521 605
..
Seite
...27 Oskar. Bittschriften. Soldatenbier.231 .279 .485
-Autographenversteigerung.478
-
I
.254
eigenhändige Bemerk¬ ungen ein Ausspruch . . . im Verhältnis zur Loge
Friedrichs von Hohenzolleru Belehnung mit der Blirggrafsch. Nürnberg . . . . Friedrich Wilh. I. und der Abcndmahlswein
.171 .255
-
i
gesuchc.219
4
III. Kleine Mitteilungen.
wappen
.353 ....... ... .
Fest in der H. Festsaal im Kaiserpalaste zu Straßburg (Abb.)
i
388 63 509
Fackeltanz. Schrift.629
108
-
ein interessantes Stück
I
207 544 520
Mark.170
350
der
Kurmark Bratidenburg, von F. Budczies Zwei Bürgerbriefe, von Dr. H. Brendickc .
Alt Berlin,
645 Beiblatt
. .. . ....
des
... ... Brief.....
Einzug Friedrichs I. in Epitaphium, ein altes in der Marienkirche Erdbeben in der Eröffnung der Unfallverhütungs-Ausstellung Erschießung 5 desertierter Soldaten . .
591
Gensichen.80
Zur
.......
-
..
(Abb.).65 (Abb.).87, (Charlottenburg).400 (Friedenskirche).413 .... .... ).400
Marmorpalais Mauerstraße Mausoleum
Astroineteorolog.255
Ein interessanter
(Abb.).4
...
645
Realschule.400
Friede!.517, Schwebe!.567
dicke. Bonnell.58,
15 i
137, 279, 448, 533,
152, 153, 315, 327,
449, 461, 545, 553,
I
V. Brieskasteii der Redaktion.
Briefkasten.
473, 485, 496
Unser Mitwirkung von
Dr. R. Le'ringuier, F. Vudczies, Theodor Fontane, Stadtrath L. Friedet, GMnafialdlrektor Dr. w. Schwart;, Pastor Gscar Schwebet herausgegeben von
K. Schon's XV. Jobrgong.
Nr.
1.
Erscheint wöchentlich am Sonnabend und ist durch alle Buchhandlungen, Zeitung-speditionen und Post¬ anstalten für 2 Mb. Atz pfg. vierteljährlich zu beziehen. — Im Postzeitungs-Latalog eingetragen unter Nr. 683 a.
unö alle
Än
Merkagsv«chhandku«g, Merlin. 6.
lvctobcr 1888 .
Fremöe vaierlaaöischer DesHichie!
Muth der Nationen, das Sinnen der Völker sich allzeit von Neuem auf, geschichtliche Denkwürdigkeit wird im lebendigen Anschauen der Vergangenheit erneuert lind die Ehrenthaten unserer Vorfahren verjüngen sich in der Erinnerung. So lange ein Gemeinwesen seines der vaterländischen Geschichte richtet der
Ursprungs und seiner Geschichte eingedenk bleibt, wird seine Entwickelung sich als eine stetige entfalten. Die Forschungen der jüngsten Zeit haben bewiesen, daß die mächtige Kaiserstadt Berlin, sowie die Gefilde der engeren Heimath, der Mark Brandenburg, eine reiche Fülle von historischen Erinnerungen in sich bergen, ivelche wahrhaft iverth und würdig sind, der Nachwelt zu dauerndem Gedächtniß erhalten zll werden: Ursprung und Bedeutung der Namen, Familien und Geschlechter, Denkmäler und Gedenkstätten, kämpfe und Zustände, Sitten und Gewohnheiten, das Andenken berühmter Männer und edler Frauen und vor Allem die glorreichen Thaten unseres theuren Herrscherhauses der Hohenzollcrn dies Alles bietet reichen Stoff und eine unerschöpfliche Fundgrube für die vaterländische Geschichte Berlins und der Mark. Diese Geschichte in Wort und Bild, in anziehender Darstellung, in bedeutsamen Erzählungen und Schilderungen dem für das Sein und werden der Heimath stets regen Sinn der gebildeten Bevölkerung zu vermitteln, diesen Sinn in jedem Hause, in jeder Familie und weit über die Grenzen unserer engeren Heimath hinaus zu pflegen und zu wahren: ist so recht die Ausgabe des „Bär".
-
Die Zahl der Freunde dieser Zeitschrift war immer eine bedeutende. Ein fester kreis von Gönnern und Förderern standen dem Unternehmen von jeher zur Seite, und wieder sind es Kenner und Verehrer der Heimath, Männer der Wissenschaft und der Erfahrung gewesen, welche von Neuem zu frischer That die Hand
bereitwillig dargeboten haben.
Die dankcnswerthe bisherige literarische Theilnahme an der Zeitschrift zu erhalten und zu mehren, sollen weder Mühe noch Opfer gescheut werden. Und so richten wir denn an alle Freunde des „Bär" die ergebenste Bitte, die Zeitschrift auch ferner nach jeder Richtung fördern zu wollen.
Die Redaction und Verlagshandlung.
2
Johannes Wedigen. Eine Berliner Geschichte von Oskar Schwebe!.
Vorwort.
Tod
Des Deutschen Reiches Hauptstadt besitzt eine dankbare Bürgerschaft. Wer immer uin Berlin Verdienste sich errungen hat, — sei es, daß er seinen Mitbürgern ein Vorkämpfer im
-
sei es, daß er der Noth und der Sorge gesteuert, sei es endlich, daß er als ein Muster getreuer Pflichterfüllung dagestanden, — der darf, ^wann ihm die Scheidestunde naht, dessen gewiß sein, daß sein Wirken un¬ vergessen bleiben wird. Aber diese edle Pietät ist doch erst die Frucht neuzeitlicher Gesittung; den Geschlechtern vor uns hat sic mehr oder ininder gefehlt. Auf diese Weise ist es gekommen, daß Namen, welche mit goldenen Lettern in die Ge¬ schichte Berlins eingezeichnet sind, bei'm Volke dennoch in Ver¬ gessenheit gerathen konnten. Nur den „Wissenden", welche sich
Reiche des Geistes gewesen,
zelne stattliche Häuser;
ist
ihr
Studium der
ächter,
Blätter ihre Entstehung.
die nachfolgenden
so
Leuchtend
sind.
dunkle» Hintergründe
landsfrcundcs,
—
aber
dieser Zeit das Bild eines
hochverdienten
auch
auf dem
eines edlen Vater-
Bürgermeisters von
Die Nebel des Herbstmorgens wallten, gigantischen Schleiern gleich, um die Thürme und um die Giebeldächer der Städte Berlin und Kölln. So frühe man im Jahre 1637 in dem bürgerlichen Hause Tag zu machen pflegte: noch lagen die Märkte, die Straßen in tiefster Ruhe da. Verschläft und
anbefohlen.
der Mensch, der an seiner Zukunft verzweifelt,
Und das Elend, das tiefste Elend hatte Quartier gemacht in Berlin und in Kölln. Davon zeugte jener tiefdüstere Zug
der Bürgerschaft und vier von meinem
Der eine der Männer wickelte sich jetzt aus der schützenden heraus; er erhob sich, er gähnte, er streckte sich und rieb sich die Augen. „Noch eine Neige im Kruge, werther Gevatter?", Sein Gegenüber schüttelte das von der so fragte er dann. Blechhaube beschirmte Haupt. „Werd's heut' zu Rathhaus sagen, daß sie uns künftig ein wenig mehr schicken sollen! Für acht Mann reicht's nicht aus. Die Nächte sind bereits ver¬ teufelt kalt geworden." „Wenn die Straloiver ihren Fischfang wieder angefangen haben, hört der Sommer auf!" erividerte gähnend einer der Bürger. — Wiederum stockte das geistreiche Gespräch eine Weile lang, bis einer der Männer die Bemerkung machte: „Nun muß der Kuhhirt balde blasen; — Gott Lob; — dann sind wir eine ganze Woche lang vom Wachdienst frei!" „Geb's Gott! — Es kann auch anders kommen!" — Und nnn dasselbe dumpfe, Schweigen wie zuvor. Da polterte ein schwerer Schritt die enge, in die ThurmesDecke
welcher dem Bilde der beiden Schwesterstädte auf¬ geprägt war. In den ungepflastertcn Straßen ivucherte das Gras; — dort das Gerüst des „Windebornes" war in sich
der Ocde,
zusammengestürzt;
doch zeigte die zierliche Steinmetzarbeit an dem Erker und das buntbemalte Wappen über der Thür, daß hier einst ein vor¬ nehmes und begütertes Geschlecht angesessen gewesen. Und hier, das ticsgebräunte, massig und ernst über den Platz sich hinlagernde Gotteshaus zu St. Nikolai, — wie schwermüthig, — ja, wie ui» Mtleid und Erbarmen flehend blickte es darein! Die bleigefaßten, runden Scheiben in den hohen Fenstern waren zum größten Theile zerschlagen; — hohläugig wie der grimme
„Vier von
Regimente." Der achte Mann von der Besatzung des Teltower Thores aber hielt Umschau und Ausschau vom letzten Stüblein unter dem Zinnenkränze aus, über ivelchem der steinerne Kegel des Thorthurmes sich erhob.
sein Elend stets so gern!
— dort jenes Giebelhaus stand verlassen — ganz und gar; halb hinweg gebrochen hingen die Fenster¬ flügel auf die enge, schmutzige Gasse hinalis, und unter dem gothischen Bogen des Portales nisteten die Spatzen. Und
Menschenleer waren
Straßen; das Schweigen des Todes schien sich auf sie herab¬ gesenkt zu haben; — dort aber am Teltower- oder St. Gertrauden-Thore erklang der Schritt der Wache, — ertönte das eintönige Gespräch übermüdeter Männer. In der Thurmhalle, — der Durchfahrt des alten, auf einer Insel der Spree belegenen Thores, — saßen und lagen sie beisammen auf aufgeschüttetem Stroh, — ihrer sieben. „Acht Mann für jedes Thor!" So hatte es der Obrist Moritz Augustus von Rochow, der Kommandant der Städte Berlin und Kölln, der indessen auf dem Schloß zu Spandau residirte,
I.
doch
ge¬
die
Berlin.
verträumt
gierig sie auch an derselben emporgeleckt hatte. Wenn solche Zustände in einer Stadt zur Herrschaft
ist, sie dürfen nicht schlafen und ruhen.
Sie werden an Berlin dahin¬
erhebt sich
eisenfest blickte
langt sind, — gewiß, dann ist es gut, wenn Schlaf und Ruhe über das Unheil hinweghelfen oder — hinwegtäuschen. Die Männer aber, welchen die Bewachung einer Stadt anvertraut
die trübsten Tage gemahnen, welche jeinals über
gegangen
— wohlbegründet und
vor allem der Palast des alten Marschalls Hans Jürgei von Ribbeck mit seinen flohen Zinnen auf das Elend zu seine: Füßen herab. Aber dort um St. Peter herunr, welche Wüsten und welche Wildniß! Niedergestürzt waren die Friedhofsmauern — zerstampft und zertreten die Gräber! Wehe einem Voll welches seiner Todten nicht mehr fromm und treu gedenkt Und, von St. Peter bis zum Teltower Thore, — ein Feld nur war's voller Brandschutt und rauchgeschwärzter Trümmer, unterbrochen hier und dort von einer noch auftecht stehenden Mauer, welche die Flaimne nicht niederzuwerfen vermocht hatte,
städtischen Historie gewidmet haben, voller Klang noch heute wohl vertraut. Es gilt eben auch hier das Dichterwort: „Vixsrs tortos ant« ^.Mmomnona!^ Unter diesen Umständen erscheint es rins als eine Ehren¬ pflicht, dann und wann an einen dieser guten und großen Bürger, welche vor uns in unserer theuren Stadt gelebt haben und deren Gestalten den Nachkommen nur darum verblaßt sind, weil ihnen ein Herold ihrer Tugenden gefehlt hat, in schlichter Weise zu erinnern. Diesem Bestreben verdanken auch
dem tieferen
starrte dort das „Beinhaus" mit seinen beiden runden Luftlöchern in die Propststraße hinunter; — sein Giebel war eingesunken; — dräuend aber ragte noch das Gerippe seines Daches auf. Noch düsterer aber war das Bild der Stadt Kölln. Wohl erhoben sich in der Breiten und in der Brüderstraße noch ein¬ selbst,
1
j
j
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trauet eingebaute Wendeltreppe herab.
„Komm' Einer 'mal
heraus!" so klang's der Mannschaft zu. „Ich glaube auf dem Tempelhofer Weg zwei Reiter zu erblicken." Es war der Wachthabende.
„Du
siehst Gespenster, Meister
Arndt!" rief
einer der Kum¬
pane ihm als Antwort zu. „Bei Gott! Auch der Trontpeter meint" — Doch schon hatte sich der Rottmeister der Dragoner „von Rochow" pflichtgetreu erhoben; sporenklirrend eilte er die enge Stiege hinauf; gespannt harrten unten die Andern. Indeß — sie hatten nicht lange zu warten. Vo>n Thurin ''erab klang ein Trompetenstoß. Und jetzt kehrte auch der stottmeister zurück; mit ihm der Bürger, der bisher gewacht satte. Die Männer in der Thurmhalle hatten unterdessen ihre Lasten ergriffen. „Es sind ihrer wirklich nur zwei, — zwei Schweden, wie „Lasset uns hin¬ es scheint!" rief der Kriegsmann ihnen zu. aus! — Meister Arndt und ich, wir wollen uns in das Außen¬ werk begeben.
Langsanr schweren
Ihr
aber
alarinirt!"
öffnete sich
die
Thorflügel eingelassen
Thür, welche in war; — langsam senkte
kleine
die Brücke über den äußeren Graben herab.
den sich
Ueber sie hin¬
weg schritten die Männer einer Schanze zu, welche vor dein
Teltower Thore zuin Schutze des Gertraudeit-Kirchleins aufge¬ worfelt war. Unterdesseit blies der Trompeter ans dem Thorthnrme der ruhenden Stadt selbst das schmetternde Signal zu: „Feinde in Sicht!" Der Thürmer auf St. Petri hatte das¬ selbe wohl vernominen; denn nach wenigen Augenblicken sendete auch die alte „Anna Susattita" auf dem Thurine der Pfarr¬ kirche von Kölln ihre dumpfen Töne über ihren Sprengel hin; die Berliner Glocken antworteten; die Städte waren alarmirt. Als der Dragoner-Rottmeister mit seinein schiveigendeit, ernst tind männlich dreinschauenden Begleiter die Krone der Schanze hinter dem lindenumbuschten Kirchlein zu St. Gertratid erreicht hatte, wareit auch die Reiter, welche inan vom Thorthurine aus erblickt hatte, bis an den Rand jenes Grabens gelangt, welcher zum Schutze der eiligst aufgeworfenen Be¬ festigung um das Gotteshaus herumgeleitet ivorden war. Ja, es waren Schweden, welche zur Stadt kamen, — ein Rittmeister und ein Trompeter; das zeigte die gelb und blaue Schärpe des Offiziers und das gelb und blaue Fähnlein, mit welchem die Trompete seines Begleiters geschmückt war. Die Freniden hielten vor der Zugbrücke, welche sich vor deni Eiitgange zur Schanze befand; mit einer schmetternden Fanfare blies der
Trompeter die Residenzen an. „Was ist Euer Begehr?" fragte der Rottineister.
„Einlaß in die Stadt!" ettönte es zurück. „Und Etier Geschäft?" „Hab' mit beut Rathe zu verhandeln." „Wartlin nicht mit dem Koinmandanten?" „Weiß wohl, daß der nicht weilt im Schloß zu Kölln!" erwiderte der Offizier. Aergerlich aber fuhr er danit fort: „Kerl, wage er's nicht, ntich zu äffen. Bin ein Märkischer von Adel und meine es ttur gut mit den Residenzen Sr. Durch¬ laucht, meines alten, gnäd'gen Herrn. Käm' ich sonst mit dein einen Mann? — Was will das dumme Stürmen drüben denn bedeuten?"
„Es ist Befehl vom Rathe Sattlermeister Arndt.
so, mein
Herr!" erwiderte
der
„Wenn zwei Mann kommen? — Herzen habt ihr wie die Hasen! — Allein ich gebe euch mein Wort: Herr Obrist Btittler steht noch hinter Teltow. Roch droht euch nicht die mindeste Gefahr. Ich bin die Nacht geritten, tveil ich Weg ttnd Stege kenne, und weil ich's den arnten Teitfeln in der Landschaft hier hernnt ersparen ivill, noch ihr Letztes zu ver¬ lieren. Oeffnet schnell! Jst's bei Euch Brauch, Gesandte also zu behandeln?"
Der Dragoiter ging, um die Zugbrücke niederzulassen. Eine Verhandlung mit dein Feinde abzuweisen, ivar überhaupt in jener Zeit nicht mehr gebräuchlich. Feste Freundschaften und tödtliche Feindschaften kannte man nicht mehr im deutscheit Denn nun, nach beinahe zwanzig Jahren eines Reiche. wechselvollent Kampfes waren die Menschen, die Dinge derartig durch einander gerüttelt und geschüttelt worden, daß ntan ebenso
viele Beziehungen zu dem Gegner, wie zu dem Verbündeten besaß.— Als die Huftritte der beiden Roste dnntpf ans der Zug¬
zur Schanze ertönten, begann der Nebel zu fallen. Es versprach, ein schöner Herbstestag zu werden, — einer von denen, welche die lachendsten ntid die lieblichsten des ganzeit Jahres sind für die Brandenburger Mark. Was mochte er den Schwesterstädten bringen? — Der schwedische Offizier warf, während die Brücke wiederum atifgezogen wurde, eilten flüchtigen Blick ans den stilleit Fried¬ hof von St. Gertraud. Es flog wie ein Schatten über seine „Ein Kirchlein, ime in meiner Väter schönen, stolzen Züge. altent Sitz Garzin!" sprach er leise vor sich hin. „O, es ist schwer, einem fremden Banner zu folgen! Doch warum mußte dieses Landes Fürst sein Volk so muthlos und gewiffenlos verlasseit!" — Sie schickten sich an, der Stadt zuzuziehen. „Herr Ritt¬ meister, — nach altent Brauch muß ich bitten, daß Ihr Euch die Augen verbinden lasten wollet!" sprach der Bürger Arndt. Da lachte der schwedische Offizier hell tmb fröhlich auf. „Bin in Berlin so gut zu Hatis', wie je ein Juitge, der mit Master aus der Spree getauft ward, und hab' in Kölln der lust'gen Streiche einst genug getrieben, als ich noch Page war bei der hochsel'gen Kurfürstin! Sparet die Rarrenspoffen, wackerer Meister. Heiße Heino Pfuel; — ihr dürst mir trauen allerwegen!" Der ernste Bürgersmann verbeugte sich. „Wer sind die Bürgermeister dieses Jahres?" ftlhr iitdeß der Reiter fort. „Jit Kölln Herr Johann Wedigen, — zu Alt-Berlin Herr Heinrich Retzlow und Herr Valentinus Döring." „Den Valentinus Döring aus der St. Georgenstraße kenn' ich wohl; — der lieferte bei Hofe die Gewürze und ist brücke
nur ein reicher, dicker Thor!" „O Herr, der Reichthum ist dahin!" „Ein Narr, wer's glaubt! Die blankeit Gulden harren in der Erde Tiefe nur des Mannes, der die Springwurzel gefunden!" — „Doch lassen wir das!" fuhr der Offizier fort, sich austichtend und einen ernsteren Ton annehmend. „Ihr scheinet mir ein stiller und verstäitdiger Bürger. Rennet mir unter den beiden anderen Herren einen Mann von Ver¬ stände, mit welchem sich in würd'ger Weise mtterhandeln läßt." (Fortsetzung folgt.)
4
Kaiser Friedrichs letzte Fahrt. Juni
(6. sähe d
Am
wohl gern
—
er sprach es stumm
1888.)
—
Und durch die ltirche, klein und kahl. Als sprächen die töimmel, erbraust der LH oral. Und wie die Töne sein töerz bewegen, Tine Lichtgestalt tritt ihm entgegen, Tine Lichtgestalt, an den töänden beiden Trkennt er die Ulale: „Dein Loos war leiden. Du lerntest dulden und entsagen, Drum sollst Du die Urone des Lebens tragen; Du siegtest, nichts soll Dich sürder beschweren. Lobe den mächtigen Uönig der Thren."
Noch einmal die Plätze hier herum. liebsten auf Alt-Geltow zu.
And 3\)x kommt mit, die N in der und Du."
Das Dorf,
Jn
es
lag im Sonnenschein,
die schmucklose Nirche
tritt
er ein.
Die IVände hell, die Lenster blank. Zu beiden Seiten nur Bank an Bank, Und aus der letzten — er blickt empor Aus Orgel jetzt und Orgelchor Und wendet sich und spricht: „wie gern Dernähm' ich noch einmal ,Lobe den feerrii', Den Lehrer im Seide mag ich nicht stören. Dickn, last Du das Lied mich hören."
Zur
Geschichte !>cs Erl'schenken-Imts der
Lnrmark
Brandenburg. Von F-. Budczics.
Dic sieben in der Gegenwart noch bestehenden erblichen Hofäintcr der Mark Brandenburg lassen znm Theil sich schon znr Zeit der Btarkgrafen ans dein Hanse Wittelsbach als in der Mark vorhanden nachweisen. Nnr eines derselben ist erst im Anfange nnseres Jahrhunderts entstanden, es ist das Erbhvfineister-Amt, welches König Friedrich Wilhelm III. im Jahre 1802 der gräflichen Familie von Königsmark verlieh. Zwei dieser Aemter sind noch heute im Besitz derselben Familien, dic schon im 14. Jahrhundert als deren Inhaber genannt werden; dic Herren v. d. Schnlcnbnrg sind seit 1369 im
und die Gänse Edle Herren Erbmarschall-Amts. zu Pntlitz seit 1372 in dem des Ursprünglich waren dic Inhaber der Erbämter zu Dienst¬ leistungen verpflichtet, dic indeß in den betreffenden Lehnbriefen Besitz deS Erbküchenmeister-Amts,
nicht genau bezeichnet werden und auch nur selten werden be¬ ansprucht worden sein, da für den gewöhnlichen Dienst z. B. des Kämmerers und des Schenken andere Hofbeamte vorhanden waren. Nur bei Huldigungen, Leichenbegängnissen und sonstigen feierlichen Gelegenheiten mögen dic Träger der Erbämter in Thätigkeit getreten sein; insbesondere waren es der Erbmarschall
und der Erbkämmerer, die bei solchen Anläsien zu agiren hatten, der erstere hatte das Kurschwert, der letztere in früherer Zeit Als König den Kurhnt, später das Scepter vorzutragen. Friedrich Wilhelm II. den Thron bestieg, wurden in dem Reglement über das Ceremoniel bei der Huldigungsfcierlichkeit dic Erbämter von der Ausübung ihrer Funktionen dispensirt. Mit den Erbämtern waren, den Lehnbriefen zufolge, früher
Die tdände gefaltet, den Üopf geneigt. So lauscht er der Stimme. — Die Orgel schweigt. Th. Fontane.
verbunden, die indeß wohl in Bergeffenheit Außer Gebrauch gekonunen ist auch das Ehrenprädikat „Bester", welches der Erbschenk Botho Friedrich von Hake im Jahre 1691 als ein ihm seines Amtes wegen zukommendes beanspruchte und erhielt. Möchten doch aber die Träger der Erbämter nicht auch auf den Vorzug verzichten, in auch Einkünfte
gerathen sein mögen.
ihrem Wappen ein auf das Amt bezügliches Symbol führen zu dürfen. Altes Herkommen in dem einen, Diplome im andern Falle berechtigen ja zu der Führung solcher Zeichen!
Das Erbschenken-Amt der Kurmark Brandenburg, über das hier einige Mittheilungen folgen sollen, wird urkundlich Es war dasselbe damals und zuerst im Jahre 1351 erwähnt. vielleicht auch schon früher im Besitz der Herren v. Lützendorf auf Klein-Schmechten in der Altmark; sie werden gewöhnlich
Schenken von Lützendorf genannt. Mit Daniel v. L., mit Judith v. Rochow sieben Töchter, erwachsen war, starb am 17. November 1614 aber kein Sohn Der Güterbesitz desselben ging auf den das Geschlecht aus. Erbmarschall Adam Gans Edlen Herrn zu Pntlitz über; das Erbschenken-Amt aber kain au die Herren v. Hake auf Berge. Schon im Jahre 1597 hatte sich Otto v. Hake a. d. Hause Berge, kurfürstlicher Hauptmann des Amtes Cottbus, auf die
dem aus seiner Ehe
Briefen gesessen, an den Kurfürsten Johann Georg gewendet und gebeten, ihm die Anwartschaft auf das voraussichtlich sich bald eröffnende Lehen des Erbschenken-Amts zu ertheilen. Unterm 11. November 1597 entsprach der Kurfürst dieser Bitte: „Weil Wir dann angesehen diese seine ehrliche und ge¬ ziemende Bitte", heißt es in dem betreffenden Reskript, „auch das adeliche und rittermäßige Geschlecht der Haken sich bei unsern Vorfahren und uns allerwege, wie Ehrliebendcn vom Adel gebührt, gehalten und nützliche Dienste erbetrachtet,
daß
Kirche Ält-GcltoV liei Potsdam, rrbaut 1885 — 1887. Originalzcichnung für de» „Bar" von Johannes Rabe. Gedenktafel
An diefer Stätte weilte am Mal, daß Lr diese unter
Juni
in der Lirchc:
1883 9 Tage vor seinem Tode unser allergnädigster Lerr Kaiser Friedrich das einzige seinen Augen erbaute, aber in seiner Abwesenheit vollendete und geweihte Kirche betreten hat.
6.
wie insonderheit auch gedachter vnser Hauptmann, Otto Hake und seine Brüder jetzt noch thun und solches fort¬ hin bei Unserm Hause Brandenburg wohl thun können, so haben Wir ihm und seinen Brüdern und deren männlichen
_
wiesen,
Leibes-Lehns-Erben der Bergischen Linie das Erbschcnken-Amt der Chur Brandenburg verschrieben und verliehen, verschreiben und verleihen ihnen solches hiermit in Kraft lind Macht dieses Brieses, daß nach gänzlichem Abgänge derer von Lützendorf das Geschlecht der Haken das Erbschenken-Amt der Chur Braildenblirg haben und sich dessen in allein, was zu dein Erbschenken-Amt gehörig, auch dessen genießen und erfreuen solle und von männiglichen für Erbschenken der Chur Branden¬ burg erkannt, genannt, geehrt und gehalteil werden sollen." Es wird daun weiter noch bestimmt, daß zuerst Otto und feine Nachkommen und nach deren etwaigem Ausstcrben seine
Brüder und deren Nachkommeil lind zwar immer der älteste von ihnen
iil
den Besitz des Erbschenken-Aints gelangen sollte.
Diese BerschreiblUlg bestätigten Kurfürst
I
JoachimFriedrich
am 10 . Juni 1598 und Kurfürst o h a n u S i g i s m u n d am 14. No¬ letzterem Jahre waren von den 8 Brüdern, vember 1609. Söhnen Wichmanns v. Hake und seiner Gattin, Ilse von
Iil
Drott
aus Badingcn, die drei ältesten bereits verstorben; es waren diesLudwig, der zwei Söhne, Wichmann und Caspar
hinterlassen hatte, Adam, Amtshauptniann zu Lehnin und Ziesar und der oben genannte Otto, letztere beide, ohne Söhne hinterlassen zu haben. Es lebten demnach und lvurden mit der Anwartschaft auf das Scheilkcn-Anlt im Jahre t609 bcliehen: Christoph zu Schönborn, Herr Friedrich, Senior der Stiftskirche zil Brandenburg, auf Autheil Uetz gesessen, Wigand zu Briefen, Botho zu Berge, Wolf Dietrich zu Berge uild Großkreuz und die beiden Söhne Ludwigs. Als nun, lvie erwähnt, Daniel v. Lützendorf im Jahre 1614
Ludwig,
verstorben war, erbaten die Gebrüder v. Hake im darauffolgenden Jahre vom Kurstirsten die Ansetzung eines Termins zur Empfangder Belehnung mit dem eröffneten Erbamte. Durch Reskript vom 26. Januar 1616 wurden die Brüder v. Hake, von denen inzwischen auch der Doinherr Friedrich verstorben war, und ihre beiden Vettern auf den 5. März zur Belehnung nach
nahme
diesem Tage Christoph und wurde der Belchnungsakt auf 14 Tage verschoben, worauf denn am 18 März 1616 die Belehnung erfolgte. Von demselben Tage datirt anest der betreffende Lehnbrief. In unllnterbrochencr Folge ist dann, der kurfürstlichen Verschreibung gcinäß, das Erbschenken-Amt in der Fanlilic von
Berlin berufen.
Wigand
Da indeß an
nicht erschienen,
so
/
Ein Berliner Strohdach. Von Ernst Friedet.
(Mit
2 Abbildungen.)
Giebt cs in Berlin, dem stolzen Vorort des Deutschen Reiches, der in baulicher Entwickelung an der Spitze nicht blos der deutschen Städte, sondern der gesammten europäischen ''Metropolen marschirendcn deutschen Kaiserstadt mit ihren fast 1 400 000 Seelen noch ein Haus, welches nach der primitivsten Bauart unserer Altvordcren noch mit Stroh, Rohr oder Schilf, wie es unsere Aecker und die Gelände unserer Landseen liefern, eingedeckt ist?
Schon
die nackte Frage möchte manchem unserer spree¬
Mitbürger als ein Frevel, als eine prähistorische Verirrung, wie sie nur einem Vorzeit-Buddler zuzutrauen, er¬ athenischen scheinen,
und
die Wenigsten,
Alterthüinler verzeihen, werden
wenn es
sie
die Frage auch dem
für möglich halten,
daß sie
bejahend zu beantworten sei.
Trotzdem muß ich der Frage affirmativ begegnen: ja, es giebt in Berlin noch ein altes Haus mit dem primitiven Strohdach, trotzdem die Feuerlösch- und Bauordnungen für Berlin schon zur Zeit Friedrich Wilhelins des Großen Kurfürsten
im 17. Jahrhundert die Strohdächer verboten haben. Wie ist es möglich gewesen, dies Strohdach trotzdem und trotz Scabell und Witte und der gestrengen General-Feuerherreu des hauptstädtischen Magistrats zu erhalten? Das Rezept, wie man dergleichen macht, hat schon der alte Rath Göthe, des großeil Dichters Vater, genau gewußt und mit Erfolg ange¬ wendet. Das beweist noch jetzt das alte Göthe-Stammhaus am Hirschgraben in Frankfurt mit seinem über dem Erdgeschoß vorspringenden oberen Stockwerk. Dies Vorspringen war dem lveiseil Stadtbauamt citt Greuel geworden und allgeinein für die alte Reichsstadt am Main verboten ivorden, so zwar, daß bei Neubauten die oberen Stockwerke in die Straßenfluchtlinie Wie wir nun aus „Wahrheit zurückgezogen werden mußten. lind Dichtung" erfahren, umging Rath Göthe diese Vorschrift absteifte und wurde alsdann ivährend dessen das Untergeschoß neu auMhrte; am Obergeschoß das Meiste umgebaut lind so mit Grazie in infinitum weiter: das Haus blieb scheinbar das alte, in Wirklichkeit wurde es aber mit seinen baupolizeilichen Unvor-
dadurch,
daß
er
das Obergeschoß von unten
schriftsmäßigkeiten allmählich so gut wie neu wieder aufgebaut. So hat sich das von mir „entdeckte" Haus mit verbrenulichenl Dach auS der dörfischen Urzeit bis in die Gegenwart erhalten; heut ward ein Bischen ain Fachwerk geflickt, morgen an den Lehmstaken, übermorgen ein Bischen an der Dachbc-
Daß die Besitzer von dem klassischen Göthe'schen Vorbilde etwas gewußt hätten, daran ist Wohl nicht zu
Hake auS dem Hause Berge stets auf das älteste Glied der¬ selben vererbt worden bis auf Carl Botho Gottfried v. H.
dcckung u. s. w.
auf Großkreuz, mit dessen am 23. Juni 1801 erfolgten Tode diese Liilie, die auch die rothe genanilt wird, erlosch. Sein Bcsttz, Großkreuz, Hakenhausen, Bliescndorf u. s. w., ging auf seinen Schwiegersohn, Carl August Adam v. Arnstedt, über; das Erbschenken-Amt aber wurde im Jahre 1804 an Wilhelm
denken, dazu waren unsere Moabitischen Kolonisten zu einfach;
Joachim Friedrich v. Hake aus und der schwarzen
dem Hause Genshagen
Linie des Geschlechts angehörig verliehen.
Gegenwärtig ist der Enkel desselben, Curt Joachim August v. Hake, Oberstlieutenant und Commandeur des westfälischen Jäger-Bataillons, Träger des Erbschenken-Amts der Kurmark
Brandenburg.
vollkomnlen ländlich-pfiffig genug, um von selbst auf dasselbe Auskunftsinittel zu verfallen. Als der Kolonistenort im Jahre 1862 zum Weichbilde Berlins ge¬ andererseits aber tvaren
sie
die neuen großstädtischen Besitzer ebenfalls in ihrem Interesse, das Strohdach beizubehalten, und so ist denn das eigenthümliche bäurische Bauwerk wie eine schlagen
wlirde, hielten
es
wohlerhaltene architektonische Mumie zum Staunen der Jetztzeit in diese hineingerettet worden. Wir haben schon verrathen, in welchem Stadttheil Berlins !das seltsame Hausgewächs der heimischen Scholle entsprossen sei.
In
dem
stattlich
erblühenden
MW Berlins, in
dem
7
Stadttheil, der mit
seinem Kleinen Thiergarten und dem daran
erwachsenden Kleinen Geheimrathsviertel dem alten Geheimraths¬
viertel am großen Thiergarten ebenbürtig nachzustreben beginnt, ist dies Relikt der Refugis-Kolonisten zu suchen. Allerdings nimmt es sich in einer Gegend besonders seltsam aus, deren bau¬ licher Aufschwung die Aufmerksamkeit der heimischen lind fremden Architekten mit Erstaunen auf sich zieht, in einer Gegend, welche so mit Garten- und Parkanlagen besät ist, daß man sie das Parkviertel Berlins nennen kann, in einer Gegend, welche durch den Ausstellungspark einer der Hauptanziehungspunkte Berlins geworden ist und die man fiskalischcrscits in dem letzten Jahr¬ zehnt geradezu mit öffentlichen Instituten überschüttet hat. Passirt man die Hauptader des Nordthcils, die Straße Alt-Moabit, welche an Länge hinter der Friedrichsstraße nur um wenige Meter zurückbleibt, so findet man gegenüber dem Lehrter Bahnhof die stolzen Neubauten des Packhofes und Provinzialsteuergebäudes, jenseits der Stadtbahn die Pracht¬ bauten an der Lüneburger-, Rathenowcr-, Thurm- und Paul¬ straße, den an eine normannische Kathedrale erinnernden neuen Justizpalast, weiterhin die Villen des Kommandeurs des Gardecorps und der reichen Fabrikbesitzer. Noch an der Otto¬ straße Präsentiren sich gewaltige Neubauten im zeitüblichen Nenaissance-Schmuck, dann bricht an dem nur mehr chaussirten Theile der Straße Alt-Moabit deren baulicher Aufschwung urplötz¬ lich ab und eine behäbige Kleinstadt nach alter Moabiter Kolo¬ nistenart, unbeleckt von der architektonischen Wünschelruthe eines Wieck oder Otzen, eines Ende oder Böckmann, eines v. Holst, eines Kyllmann oder Heyden, Künstler, welche aus dem TohuWabohu von Sumpf und Sand binnen Jahr und Tag Villen oder Miethspaläste hervorzuzaubern verstehen, — ein behagliches Stillleben, welches Bohnen und Gurken im Vorgarten nicht verschmäht und das nach guter, alter Art, trotz des bayrischen Bieremporiums der Arendt'scheil Brauerei an der Thurm- und Stromstraße, der Altväter „Weiße mit zugehöriger Strippe" festhält, — kurzum ein Berliner Vorort vorn altem Schrot und Korn im besten Wortsinne thut sich vor den Augen des er¬ staunten Wanderers auf. Suchet, so werdet ihr finden! Dort, wo die auf mein Andringen nach dein patriotischen Kaufmann, nach dem Befreier Berlins aus Ruffennoth benannte Gotzkowskystraße in die Straße Alt-Moabit einmündet und bereits einen schüchternen Vorstoß nach der Spree zu wagt, in der Absicht, den Spree¬ strom hier zu überbrücken, findet sich das mit Stroh gedeckte Häuschen. Das geräumige Grundstück führt die Polizeinummerir Alt-Moabit Nr. 61 bis 66 , gehört der verwittweten Guts¬ besitzer D. Beuffel geb. Mangelsdorsf, stammt aus der alten Kolonistenzeit und veriveist nach der Reihenfolge der Haus¬ nummern das von uns abgebildete Haus auf die Nrmrmer 66 . Besehen wir das Dach uns botanisch genau, so ist es nicht mit Roggen- oder ähnlichein Stroh, sondern mit Teichrohr, den Halmen von
Anmdo pliragmites,
anr benachbarten Plötzensee
-
gedeckt,
das noch jetzt
sowie an der faulen Spree beim
Charlottenburger Schloßpark wächst. Dergleichen Stroh- und Rohrdächer pflegen in der Provinz Brandenburg auf zivei verschiedene Arten hergestellt ju werden. Entweder in Schobenform, welche namentlich in der RiederLausitz beliebt ist. Hier werden die Stroh- oder Rohrmassen in Bündel oder Schoben gebunden und die einzelnen Büiidel oben durch Strohverflechtung nahe der Dachfirst befestigt.
Diese Abdeckung ist bei Feuersbrunst besonders gefährlich und hat den schrecklichsten Tod so mancher Familie herbeigeführt.
Schlägt nämlich die Flamme, wie das häufig der Fall, oben zum Dach hinaus, und brennend in Folge dessen die Strohseile durch, welche die Schoben halten, so schießen diese, also eigentlich
das ganze Strohdach, brennend hinunter und versperren nicht Thür und Fenster, so daß die Insassen
selten die Rettung durch
erstickeir oder verbrennen müssen.
Haus, welches zur Zeit vom Fouragehändler A. Worin als Magazin gepachtet ist, zeigt die solidere Be¬ Hierbei kann es festigung des Rohrs an den Dachsparren. Unser
kaum vorkommen, daß die ganze Dachbedeckung brennend nach
vorn vor Thür und Fenster herabstürzt. Unser Freund, der Maler und Hofphotograph Hans Hartmann, hat nicht blos die Güte gehabt, von dem interessanten Häuschen photographische Ausnahmen herzustellen, deren einer
sondern
hat
wir
unser Gesammtbild zu Grunde gelegt haben, auch eine naturgetreue Zeichnung der west¬
lichen Giebelverzierung für den „Bär" geliefert, welche letztere in mehrfacher Beziehung höchst merkwürdig ist und mit der westlichen Giebelverzierung übereinstimmt, nur daß letztere
ungleich schlechter erhalten erscheint.
Die ächten alten Giebelzeichen sind bekanntlich nicht willkührlich gewählt, sondern haben, gleichviel ob dem modernen Besitzer bewußt oder unbewußt, eine bestimmte symbolische Bedeutung und reichen bis weit
in die
slavische oder germanische Heidenzcit zurück.
Die Giebelzcichen kaun man eintheilen in senkrechte oder schräggestellte Verzierungen, beziehentlich in aufgesetzte oder aus den Windlatten ausgeschnittene, so zwar daß die senkrechten allemal aufgesetzte, die schrägen allemal aus den Windlatten ausgeschnittene Marken sind. Unter Windlatten versteht man dünne Bretter, welche an den Seitengiebeln, da wo das Stroh- oder Rohrdach aufhört, angebracht werden, damit der Wind nicht so leicht unter die Dachbekleidung hinunter fassen, sie zerzausen oder gar abreißen kann. Handelt es sich um senkrechte Giebclmarken,,so werden diese aus einem kurzen Brett mit dem Messer oder der Säge geschnitten und da auf die Windlatten aufgenagelt, tvo diese an der Dachfirst zusammentreffen. Dies senkrechte Giebelzeichen besteht aus einem Stück. Behufs Herstellung der schrägen Giebelzeichen dagegen werden beide Windlatten so weit und so lang über ihren Treffpunkt an der Dachfirst hinaus verlängert, wie dies die Figur, welche der Bauer als sein Hauszeichen, als Symbol seines Gehöftfriedens, dargestellt wissen
will.
paarig; auch gilt für die Provinz Brandenburg im Allgemeinen das Gesetz, daß Diese schrägen Giebelzeichcn sind daher
beide Hausgiebel
gleichartig verziert werden;
beide erhalten also entweder je ein senkrechtes Giebelzeichen, oder zwei Paare von Giebelzeichen; doch kommen auch mitunter Ausnahmen
vor, der Art, daß ein Giebel eine senkrechte Giebelmarke, der andere Giebel ein Paar schräger Giebelmarken aufweist. Es gilt ferner, für sämmtliche schräge, aus Windlatten ge¬ schnittene Giebelzeichen überall das unverbrüchliche gedoppelte Ge¬ setz, daß Windlatten und Giebelzeichen aus einem Stück und ferner aus überall ganz gleich breiten Brettern geschnitten sein müssen. Hieraus ergiebt sich, daß die schrägen Giebelzeichen mit allen ihren Verzierungen niemals über die gerade Verlängerung der Längsseiten der Windlatten hinausragen können.
Bedingt die Enge der Umgrenzung des gebotenen Raums für den Holzschneider rinleugbar einen nur knappen künstlerischen Spielraum, so erscheint airdrerseits Wiederrim ebenso unzweifel¬ haft die also entstandene, gewissermaßen im Lapidarstil ge¬ haltene Gicbelfigur, gerade jener strengen Gesetze wegen, be¬ sonders charakteristisch und wirkungsvoll. Daß die Figuren unseres Moabiter Giebelzeichens, welches paarigen,
den
zu
schräggestellten
hört,
ein
darstellen
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Friedrich des Großen Verhältniß zur Loge, namentlich zu der
„Zu den drei Weltkugeln" in Berlin. Von W. Schwartz.
Die Sage spinnt zu allen Zeiten ihr Gewebe unr die Erignisse; ist sie doch die volksthümliche Auffasiung der Dinge, wie die Meuscheu sich dieselben in voller Unnrittelbarkeit des Augenblicks phantasievoll in ihrer Weise zurechtlegen. Nicht allein, daß sich so Wahrheit und Dich
»
igM- Tic Bände können auch einzeln bezogen werden. Eilt Buch, das bereits durch 20 Auslagert sich einen Freurldeskreis von circa 70 000 Ab¬ erworben hat, bedarf wohl keiner Empfehlung: die Zahlen beweisen zur Genüge, nehmern das; man kaum einen gewandteren und grülldiichercn Lehrer der Geschichte der neuesten Zeit fl,wert wird, als de»r Verfasser dieses Buches. Oskar Jäger versteht es meisterhaft, Geschichte zu erzählen: in lebensvoller, klarer Darstellungsweise schildert er mit Schärfe und Freimut, auf untrügliche Quellen gestützt, in beim Werte die Erscheinungen und Charaktere, die Thaten mrd Meinungen unseres so ereignisreichen Jahrhunderts; wissenschaftliche Tiefe und künstlerische Abrundung verbinden sich hier und machen das Buch zu einer fcsseluden Lektüre, zu eincin echten Hausbuche für die deutsche Familie.
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Kernrich 'UroeHLe. Oktav. Broschirt M. 1,20. Der Verfasser findet, daß die Idee in der unter dem Slawen der „ L c h >i iu is ch c n Weissagung" dekamUcn Fälschung weniger im Haß gegen die Hodenzollern beruht, als in dem Verlangen nach Wiederherstellung der Klöster. — Aber er zeigt, aus eine wie
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Verlag und Redaction : H. Schon's
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Wer aus der Leidensgeschichte unserer Voreltern erfahren will, was Deutschland von einer französischen Occupation zu erwarten haben würde, der lese dieses interessante Buch und stärke das Rationalgefühl der deutschen Jugend aus dieser Lektüre: denn die Vergangenheit ist die Lehrerin für die Zukunft! Den französischen Revanchegelüsten gegenüber dürfte es geraten sein, uns die Lehren der Geschichte vor Augen zu halten. —
im Bär, Reichs-Anzeiger und vielen andern Zeitungen. Zu
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Deutschlands Leidensgeschichte
Jahren 1805-1813 nnd seine Erhebung. Ein geschichtlicher Lehrkursus für das deutsche Volk. Mit 7 Kupfern von L. Burger. Pre's (früher 8 M.) jetzt nur M. 2,50.
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6 M.) jetzt nur M. 2,50. Diese seltene Gelegenheit, der reiferen Jugend und jedem Gebildeten ein vorzügliches Festgeschenk zu einem sonst unmöglich niedrigen Preise zu verschaffen, möge beachtet werden, denn das Buch ist eine bedeutende und eigenartige Leistung, deren Studium Geschichtsfreimden warm empfohlen worden ist. Der Verfasser bekundet —so sagt die deutsche Literaturzeitung — eine gewandte Geschicklichkeit, die wtssenschastlichen Ergebnisse der seitherigen Forschungeil zu verwerten. Die warme Begeisterung für Deutschlands politische Größe macht das Buch recht geeignet, in weiteren Kreisen belehrend uird erhebend zu wirken.
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Nation
ihrer Entwickelung dargestellt V0ll
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von, Wiener .Kongreß bis zur Gegenwart. Vo» I»r. Oskar Jäger.
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Um dieses Meisterwerk unerschrockener Geschichtschreibung unseres großen Schlosser auch weiteren Kreisen zugänglich zu machen, har die Berlagshandlung besondere, nicht wiederkehrende Umstände benutzt, um diese einzig billige Ausgabe — zum dritten Teil des ursprünglichen Preises — zu veranstalten. Rach Verkauf der Auflage ist das umfangreiche Werk zu einem annähernd gleichen Preise nicht wieder herzustellen, denn der Band von ca. 40 Bogen gr. 6" in bester Ausnaltuilg kostet nur 2 Marck (Einband 75 Pf.,! Die hohe Bedeutung dieses klassischen Geschichtsweikes ist unbestritten, sagt doch Georg Weber von ihm, es sei „ein Gerichtshof, vor dent diejenigen zur Berantlvortung gezogen werden, die im gewöhnlichen Leben gegen jeden Richterspruch gesicherr sind, weil sie die Gewalt besitzen, die stets über Recht geht." Und welche Fülle gelvaltiger Ereigrusse wie politisch-litterarischer Umwälzungen bietet diese bedeutungsvolle Geschichtsepoche: das Zeitalter Ludwigs XV. und Friedrichs des Großen, der französischen Revolution und Napoleons L, die Zeiten Voltaires, Lessings, Goethes!
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8 er neuesten
Bildung
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Soeben erschien ferner:
NksHiHik
Rücksicht auf geistige
gefährliche Art diese angebliche Weissagung »ach 1888 von der bounpnrtiftischcn Partei gegen das Preußijche Königshaus benutzt ist.
sicher nachweist.
Ein ehem. Gardehufar, mit vorzügl. Zeugnissen, der die Feldzüge 1866 u. 1870/71 mitgemacht hat, von stattlicher Figur, kräftig und gesund ist, sucht Stellung als Forst¬ aufseher oder dergl. Wressen unter Ir. 12. an die Exped. des „Bär",
Berlin W. erbeten.
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Magdeburgerstr. 31. — Abdruck ohne eingeholte Erlaubniß ist untersagt.
Druck: W. Mörser Hofbuchdruckerei, Berlin 8., Stallschrciber-Straße
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Kleine Mittheilungen. Gin interessanter Uricf. Ein Rittmeister v. B., aus Hinterpommer» bat um seiueu Abschied, um sein Landgut in Ordnung zu bringen. Darauf erhielt er von dem „alten Fritz" folgende Antwort: „Mein lieber Rittmeister v. B. Auf Euer Schreiben inelde Ich Euch zur Antwort, daß Ihr Euch
Die Aürskcnvcgegnung in Memel. Die geschichtliche Bedeutung, welche der Zusammenkunft Alexander I. mit Friedrich Wilhelm zu Memel (10. Juni 1802) beizumessen war, veranlaßte einen Berliner Kunsthändler, Fr. Asner, den Maler mit einem Gemälde des Vorgangs zu beauftragen. Der König selbst gab dazu die Portraits der Allerhöchsten betheiligten Personen aus dem Schlosse her, und die Herren und Damen des Gefolges wurden nach dem Leben gezeichnet. Friedrich Wilhelm III. ließ das Bild auf dem Schlosse aufstellen und bewilligte eine gewisse Geldsumme, damit dasselbe durch den Grabstichel vervielfältigt würde. Fr. fertigte den Kupferstich in seiner sauberen englischen
III.
stammend,
Dähling
Ihr so wenig Ambition habt und nicht länger Ich wende so viel daran, denen Edelleuten in Pommern ihre Güter in Stand zu setzen, wenn Ich aber sehe, daß Sie das so wenig erkennen, daß Sie nach Hause gehen wollen, so werde Ich denn zur Wiederherstellung Ihrer Güter gar nichts mehr geben, ivorau Ihr denn Schuld seid vor alle die ander». Könnt Ihr es denn nicht machen wie andere Ofstciers, die auch Güter haben und doch im Dienst bleiben? Ihr könnt ebenso wohl einen Pächter auf Euer Gut setzen wie andere und lassen solches in Ordnung bringen. Ich bin übrigens Euer wohl affectionirter König." — was schämen sollt, daß dienen wollt.
Bolt
punktirten Manier in einer Länge von 19 l t Zoll, in einer Höhe von 13 Zoll. Es ist in der Darstellung der Augenblick gewählt, da der Kaiser von Rußland zum ersten Male die Königin Louise begrüßte, zu welcher Jener von dem Könige selbst geführt wird. Auf der Seite des Königs sieht man abgebildet dessen Brüder, die Prinzen Heinrich und Wilhelm, den Grafen von Kalckreuth, Gouverneur von Danzig, den GeneralAdjutanten von Köckeritz, den Hofmarschall von Massow und einige preuß. Offiziere. Bei der Königin versahen den Dienst: die Oberhofmeisterin Gräfin von Voß und die Hofdame Gräfin von Moltke. Das Blatt ist eine der besten Arbeiten des talentvollen Stechers Friedrich Bolt, dem wir eine ganze Galerie bedeutender Persönlichkeiten jener Tage zu ver¬ danken haben. P. W.
Endlich erhielt der Rittmeister seinen Abschied, der nach der gewöhn¬ lichen Form abgefaßt war. Eigenhändig aber hatte der König darunter geschrieben: „Abscheit vohr Einen Preussen, der nicht dinen Will und also man Gott danken Mus Das man ihm los wirdt. F."
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Johannes Wedigen.
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Eine Berliner Geschichte von Oskar Schwebet.
„Herr Wedigen ist ein Gelehrter!" „Die lieb' ich eben nicht, obwohl ich selbst der alma water Milch gesogen." „Er wird dem Vaterlande jedes Opser bringen; denn er liebt die Stadt, — das Land!" „Dann ist's der rechte Mann für mich!" So kamen sie zum Thore. Der Rottineister der Dragoner
winkte den harrenden
Die Besatzung trat zur Seite; Kameraden. die Menge, welche sich inzwischen, von dem Glockenklang gerufen, angesannnelt hatte, wich
in ehrerbietiger Scheu zurück. Am Eingänge zu der schmalen Gertrauden-Straße aber hatten sich die Rathmannen von Berlin und Kölln, so viele ihrer dem Schicksale itoch muthig in's Auge Ein Mann zu blicket: wagten, versammelt. voit etwa fünfzig Jahren in schlichter, schwarzer Tracht trat aus ihrer Mitte hervor und begrüßte
„Wenn es geschehen kann, — bei Euch, inein tverther Herr! Allein ich bin nur schlichter Offizier, — Heino von Pfuel. Lastet die Titel!" Der Bürgermeister führte den Offizier an der Petrikirche vorüber z» einem kleinen Hause in der Brttdcrstraße. Es war indessen besser und sauberer gehalten, als all' die anderen; — ein schmales Gärtchen, von Staketen eingezäunt, verschönerte den Anblick der mit Weinlaub überdeckten, der Straße zugekehrten Giebel¬ seite, und leise, im Morgenwinde wogend, grüßten die Lindcnwipfel atls dem Garten der alten Domdechanei herüber zu dem Sitze des
in lieblicher Weise
Hauptes der Stadt Kölln. „Wir sind ant Ziele!" sprach Herr Zwei Stadtknechte von Kölln, Johannes. welche, wie cs üblich war, ini Hause des regierenden Bürgerineisters zu seiner Verfügung standen, traten ans der Hausflur hervor und den schwedischen Offizier. waren den Schweden bei'm Absteigen behülflich. „Herr, habtErbarinen!" sprach er mit tiefer „Tretet ein in mein bescheiden Heim, mein und klangvoller Stimnie. „Schauet dort das Herr von Pfuel!" sprach Johann Wedigen. Trümmerfeld! Wir erliegen fast dem Schicksal!" Heino von Pfuel blickte auf die Brand¬ Ich seitde unterdessen meine Knechte aus, tim die Rathmannen der beiden Städte und die stätte hin. Er preßte die Lippen fest ans ein¬ Verordneten der vier Gewerke zur Versammlung ander. Dann lüftete er den Hut und sprach Schlüssel von Schloß Gern diente ich dem edlen Herrn zu berufen. Grunematd. in ernsten Tone: Zeit Friedrichs (Aus der I.) einein Trünke mit Weiites; allein wir haben größeres „Ich bin gekonnnen, um ein Wein mehr der Stadt. Die Kranken keinen in Uitheil zu verhüten; ich werde Unerschwing¬ — schon seit vier Wochen haben sehnen sich nach ihm umsonst; liches nicht fordern! — Doch Euer Name, Herr?" | „Johannes Wedigen, — dem edlen Herrn zu dienen!" wir das letzte Mahl des Herrn iticht mehr begehen können, weil der Wein uns fehlt." „Und wo verhandeln wir?" „Mein Gott!" sprach Heino Pfuel, über die Schwelle „Dort, hinter jenem Gotteshause liegt das Köllner Rath¬ des Bürgermeisterhauses tretend. „Und drüben in der Veste haus! — Wo wünschen Ew. Gnaden abzusteigen?"
18
Spandau, an der Tafel Schwartzenbergs, da fließt das edle Naß in Strömen, — da fechten sie die schärfsten Trinktnrniere aus?" „Gott wird einst richten, Herr von Pfuel! Auf ihn vertrauen wir allein. Erhalte er uns nur das edle, junge
Blut,
den letzten Sprossen unsrer brandenburger Hohenzollern!
— Ich
sende Euren Trompeter mit Euren Rossen nach dem Stadthofe neben dem Stralauer Thore drüben in Berlin; — der unsrige ist abgebrannt, und Gasthöfe giebt es nicht mehr. Wer könnte zu uns kommen, die wir Alles, Alles, — nicht nur der Väter Gut und Habe, — nein, auch das Vaterland und seines Namens Ehre längst verloren haben?" —
Wie ein flammendes Roth flog
es da
über die Züge des
hochgewachsenen, schwedischen Offiziers, während ihm der Bürger¬
meister
öffnete.
zur Rechte,; der fast dunklen Hausflur — Ein düsteres Zimmer nur war's, in welches der
das Gemach
Hausherr den aufgezwungenen Gast geleiten konnte; Täfelungen an den Wänden und an der Decke, kunstvoll gearbeitete Möbel, — Zeugen vergangener, besserer Tage, — bildeten dessen einzigen Schmuck.
„Ihr
ahnt,
warum
ich
komme,
Herr?"
begann
der
Schwede.
„Ich
glaube,
der Bürgermeister.
es zu wissen,
„Ihr
Herr von Pfuel!" erwiderte
wünscht Getreide, — wünschet Bier,
— wünschet Geld!" „Nicht das, Herr Bürgermeister!" „Sondern —" „Quartiere in Berlin!" „Barmherziger Gott!" „Meine Befehle, werther Herr, sind sehr gemessen, — Quartiere in Berlin und Kölln für Obrist Buttler." „Sahet Ihr Kölln, — mein Herr von Pfuel?" „Ich selber muß gestehen, daß ich, so lange Sonne und Luft es zulassen, lieber draußen liege in dem märkischen Walde, in dem märkischen Dorfe, auf der märkischen Flur, als in dem Banne der Städte. Ich sah Kölln, und klar erkenne ich's: Es ist unmöglich, daß tvir lange hier verweilen. Allein der Obrist Buttler, er besteht darauf, daß ihm das Thor geöffnet tverde; er will die Ehre haben, in der Residenz der Hohenzollern einst gelegen zu haben."
„Quartiere in Berlin für schwedisch' Volk? — Herr Ritt¬ meister, — es geht nicht an!" erwiderte der Bürgermeister männlich fest. „Ihr vcrgeffet, mein Herr Wedigcn, haben,
sie
daß
wir
die Macht
uns zu erztvingen."
„Sv
mögen denn die lieben, alten Städte eher untergehen, tvir auch nur einen Fuß breit abtveichcn von unsrer Pflicht. Die Schweden in Berlin! Ist das Banner der drei Kronen hier einmal aufgepflanzt, so ivird es unserm Herrn ehe daß
und Kurfürsten vielleicht unmöglich werden, ans dem fernen Preußen jemals wieder einzuziehen in diese getreuen Städte. Ade dann Brandenburg für immer!" wisset, Herr Bürgermeister, tvelche Pläne zwischen den Herrscherhäusern bestehen. Brandenburg und Schweden sollen sich in Zukunft nicht mehr feindlich gegenüberstehen! Das
„Ihr
was es auf Erden giebt, das Königin Christine mit dem Kurprinzen „Mein Herr von Pfuel, — ich gewiesen: auf den gradeil Weg der
Festeste,
Band der Ehe, soll die dereinst vereinen." bin auf eins nur hin¬ Pflicht! Es ist nicht
Wohl aber meines Amtes, ferne Möglichkeiten zli erwägen. habe ich geschworen, meinem Herrn, dein Kurfürsten, Treue zil halten bis zum letzten Athemzuge, und darauf will ich leben oder sterben."
wollet Ihr den Kampf entfesseln und all' seine Schrecken bringen über diese Städte, welche, . wie Ihr, selbst mir sagtet, schon dem tiefsten Leid verfallen sind?" „Wenn es so fein muß, — unbedingt! Der tapfere Obrist Konrad von Burgsdorf steht mit seinen beiden Regi-
„So
mentern bei Beriiau . . ." „Konrad von Burgsdorf ist geschlagen! Er selbst ist schiververwundet in Gefangenschaft gerathen. Im Norden und
im Süden sind die Städte abgeschnitten." Der Bürgermeister wiirde leichenblaß. Gefaßt aber sprach er: „So helfe uns der große Gott! Ich kann an meinem Herrn lind Kurfürsten nicht zum Verräther werdeil!" „Er ist's ilicht werth, noch Herr im Lande Brandenburg zu
sein!"
Da richtete „Herr Schwede",
der Bürgermeister
sich
Wedigcn stolz ans.
„darüber hab' ich nicht zu richte»! sagte: Wie ich Euch eben Ich sehe nur meine Pflicht vor mir und überlasse die Ahndung dessen, was die Regierenden an dieser Stadt, an diesem Lande gesündigt haben, dem allmäch¬ tigeil niid allwissenden Gotte. — Allein ich flehte, als Ihr cinrittct. Euer Mitleid an. — Giebt cs kein Mittel, das sprach er;
Weh eines erbitterten Kampfes abzuwenden von
den
beiden
Städten?"
„Ich
habe
nur
den
Auftrag, Einlaß zu begehren in Berlin
und Kölln! Und daruin sagte ich, ich würde nicht fordern. Ich glaube nicht, daß eine Obrist Buttler Wirkung habeil wird." Da lachte der Bürgermeister bitter aus: sprach er, „bettelarm sind wir geworden; — nicht das Geringste mehr zu geben."
„Ich
glaube
es!
Bliit
D'ruin
Unerschwingliches
Kontribution auf
„Mein Herr," so wir haben auch
sucht das Letzte abzuwenden:
für den Fürsten, der Volk verlasseil imb verrathen hat!" — Herr Bürgermeister", fuhr der Offizier dann mit erhobener Stimme fort, „ich bin ein guter Brandenburger so wie Ihr und liebe mein unglücklich' Vaterland so heiß wie Ihr! Die Wälder des Landes Barnim rauschten mir mein Wiegenlied; — nie werde ich ihren leisen, melodischen Ton vergeffen! Ich freute mich, mit Euch, Herr Bürgermeister, zu verhandeln, weil man mir sagte, daß Ihr Stadt und Land von Herzen liebet. Ich sehe Heil für uns jedoch alleiil im Anschlüsse an Schweden; d'rilin nahm ich selbst die blau unb gelbe Schärpe. Herzlich bitte ich Euch: erleichtert mir das verantwortungsvolle Amt, zu welchem ich hergesendet wurde, und nchinct schwedische Besatzung auf!" „So lange ich das Amt des Bürgermeisters führe, nie und nimmer, edler Herr! — Doch das Glöcklcin leintet, uns zu rufen ! Herr von Pfuel, — ich bitte Euch noch einmal: Habt Erbarmen! Nehmt das Letzte, was wir haben — an Getreide lind andern Lebensmitteln; nehmet selbst das letzte daß noch das
des Bürgers fließe
sein
Silber,
welches unsere Kirchen noch besitzen;
Verlangen, bereiten sollen."
von
dem
wir Eurem Regiment Quartier
vermag cs nicht! Doch kommet, mein Herr Bürger¬ Ich hoffe, das; die Rathmannen der beiden Städte gefügiger erweisen werden."
„Ich
meister! sich
das
aber stehet ab
19
„Verhüt' c-J Gott der Herr, daß ei» Verrath die Wappen¬ Berlin und Kölln beflecke! — Doch ganz ungastlich,
schilde von
sollt Ihr mein armes Haus nicht finden. Ihr seid die Nacht geritten; nehmet einen warmen Trunk! Bis die Berliner Rathsherren sich zu uns sammeln, geht wohl noch ein Weilchen Zeit dahin!" edler Herr,
Der Bürgermeister führte den
schwedischen
Offizier in ein
aber regte sich wieder, als er die gespannt und angstvoll auf ihn gerichteten Blicke der Köllner Bürger bemerkte. „Wäre ich eitel," sprach er zu dem Bürgermeister, „so könnt' ich wohl hochmüthig werden! Man blickt auf mich, Und bin doch nur als hinge von mir die Zukunft ab! ein schlichter Kriegsmann, dem die Kugel lange schon vielleicht
ist!" „Das wolle Gott nicht!"
gegossen
Gemach, welches dem tiefen Hofe seines altererbten Grundstückes
sprach der Bürgermeister.
„Doch
Hier harrten zwei Frauen in der einfachen, schwarzen Tracht jenes Zeitalters ihres ritterlichen Gastes: Mutter und Tochter. Es überraschte den Herrn von Pfucl, init welcher Airmuth der labeirde Trank heißen, gewürzten Bieres ihm von der Tochter dargeboten wurde. Allein der Edelmanir wendete sich der Mutter zu: „Fröhlich, Frau Bürgermeisterin", so sprach er, „bin ich
hier ist das Rathhaus, Herr von Pfuel!" — Im Schatten des hohen Chores von St. Peter lag damals ein schlichter, aus Fachwerk aufgeführter Bau. Nur ein Glockenthürmchen auf dem Dache und ein laubenähnlicher Vorbau,
eingeritten in die Stadt! Ich glaubte, ein gutes Werk zu thun, wenn ich die Greuel des Krieges abhielte von der Um¬ gebung von Berlin und Kölln uird von den beiden Städten selbst. Herr Wedigen jedoch ivill uns nicht Herberg' gönnen
Stadt Kölln umgaben. „Treten wir ein!"
zugekehrt war.
in den Städten! O bittet Ihr bannn, daß er uns eine Rast verstatte hier! Sollte die Freude mir bcschieden sein, mich Euren Hausgenossen nennen zu dürfen, so verspreche ich Euch, getreu darüber zu wachen, daß der Frieden dieses gastlichen Heims gewahrt und geheiligt bleibe. haben Furchtbares erduldet, edler Herr, — von Freund und Feind!" erwiderte die Bürgermeisterin. „Wie ich Euch kommen sah, schien's mir jedoch, als könntet Ihr nichts Böses bringen! Froh und frisch und freudig erschienet Ihr mir, wie mein eigner Sohn, der bei den Burgsdorf'schen Reitern Körnet geworden ist! O Herr, — gerne begrüßte ich Euch als meinen Gast; — wie aber mein Gemahl sich auch entscheide:
„Wir
glaubet es mir: Nichts leitet ihn als seine Pflicht gegen das Vaterland und gegen das heilige Evangelium, welches tvir doch wohl gemeinschaftlich bekennen." „Gewiß! Und, — ehr- und tugendsame Frau: ich danke Euch
für Eure holde Güte!
Ihr
spracht das rechte
Wort:
Wir Schweden burgischen
kommen nicht als Feinde, obwohl die brandenBanner denen der drei Kronen noch im Felde
Es wird einst anders werden! ,Friedrich Wilhelm und Christina !‘ Wir hoffen, daß dies Bündniß allen Ztvist dereinst vergessen machen wird!" Die Frau Bürgermeisterin aber schüttelte, Thränen in den Augen, ihr noch immer schönes Haupt, das battistene Tüchlein an das Kinn anlegend. „Herr Offizier", sprach sie, „Ihr seid sehr gütig und ein edler Mann; doch allzuviel ist über uns ge¬ gegenüberstehen.
kommen, als daß
Da rief ein
Es
versammelt!
in Spandau!" in den ernsten Zügen
zuckte
Der Herr Stadthauptmann des Bürgermeisters Wedigen.
Der schwedische Rittnieister aber leerte seinen Becher. „Gehen ivir, mein Herr Bürgermeister! Ich hoffe, von Euren Genoffen eine freundlichere Antwort zu erhalten als von Euch!"
In
der feierlich gemessenen Weise,
welche die
Sitte jener
Die Tage vorschrieb, Herren schritten die Brüderstraße hinunter. Berlin und Kölln waren erwacht; es hatte sich viel Volkes eingefunden, sowohl drüben bei der Domdechanei wie auf dein freien Platze bei St. Petri. Der fröhliche Sinn des Herrn Heino von Pfuel grüßte der Offizier die beiden Frauen.
sprach der Schwede.
„Herr Bürger¬
meister, führet die Verhandlungen zu schnellem Ende; denn um ich wiederum bei Obrist Buttler sein!" Die beiden Männer stiegen die Stufen zum Sitzungssaale des Rathes hinauf. In gespannter Erwartung harrte während¬ dessen unten auf dem St. Petrikirchhofe eine mehr und mehr In dem stillen Hause des Bürgcrsich anstauende Menge.
Mittag muß
aber fragte die wackere Fra>i Euphrosvne Margarethe ihre Tochter Anna: „Warum erröthetest Du, als der schwedische Herr bei uns
meisters Wedigen
eintrat?" „Lieb' Mütterchen, — er ist kein Schwede!" lautete die Antwort. „Denkst Du noch des Jahres 1627, in welchen die gnädige Kurfürstin auch uns Bürgerkinder von Berlin und Kölln aufforderte, im Schlosse eine Weihnachtskomödie darzu¬ stellen? — Da wurde ich mit den buntbemalten Engelsfittichen und mit der schönen gold'nen Krone ausgeschmückt; — er aber stand mir gegenüber als ein Hirt von Betlehem. Ich habe ihn sogleich wiedererkannt! Der Vater hat uns seinen Namen nicht genannt: er heißt Heino von Pfuel. Mich aber hat der kriegerische Herr wohl nicht beachtet." „.Heino von Pfuel! — Ein Hirt st — Man könnt' es als eine Vorbedeutung auf ein gutes Ende ansehen; Doch komm', mein so friedlich klingt's! — Kind! Des Rathes Sitzung kann nicht lange währen; — die Herren Schweden pflegen eiligen Bescheid zu wünschen, und — so schlecht die Zeit auch ist: wir wollen einen edlen Gast doch gerne so bewirthen, wie wir's noch vermögen." — fast
so
lieblich und
II.
wir Frohes noch zu hoffen wagten." Knecht in das Gemach hinein: „Die Herren
beider Räthe sind
aber weilt
gestützt von hölzernen Säulen, unterschieden ihn von den anderen Häusern, welche den Friedhof des malerischen, von dein Schmelze der Jahrhunderte grau-violett abgetönten Gotteshauses der
Sie waren in banger Sorge allzumal
erschienen, die
Mit¬
glieder der getrennten Rechtskörper der beiden Schwcsterstädte, — zwölf Männer aus Berlin, — fünf, init Johannes Wedigen
aus Kölln; — es hatte keiner seine Pflicht vergessen, so gefahrdrohend die Zeit auch war, — so peinlich und so ver¬
sechs,
antwortungsvoll die Verhandlung mit dein
schwedischen
Offizier
Eine düstere Versammlung — für— wahr! an einem düstern Orte! Die Täfelungen des Saales waren im Laufe der Zeiten tiefdunkelbraun geworden, und diirch das grüne Glas der kleinen Scheiben drang die soeben über den Städten Berliir und Kölln strahlend heraufsteigende Herbstessonne nicht hindurch. Wohl hing ein mächtiges, in einen Frauenrumpf auslaufendes Hirschgeweih als Leuchter von der sich auch
gestalten mußte.
20 allein die Kerze» fehlte» deinselbe». Verstaubt lehnte in einer Ecke des Gemaches das Banner von Kölln, auf vergilbtem Linnenzeugc den rothen Adler tragend. Kein Bild des Landesfürsten oder seiner Vorfahren schaute segnend und erhebend ans die Rathmannen hernieder; auf dem langen Bürgermcistertische aber, zu welchem Wedigen, die Versammelten ernst begrüßend, mit seinem Gaste hinschritt, stand ein ge¬ schnitztes Kruzifix, wie es bei Eidesleistungen damals gebraucht Decke
herab ;
wurde.
Der Bürgermeister Wedigen — das Recht des Vorsitzes war für das Jahr 1637 an Kölln übergegangen, — eröffnete
dorf ist geschlagen, ist gefangen; — sowie eS seine Wunden ihm gestatten, sich auf's Roß zu schtvingen, senden wir ihn nach dem Rheine. Er war der Letzte, der es wagte, uns die
Stirn
zu bieten.
Höret mich weiter! — Ja, gewiß, — in Spandau weilt der Graf von Schwartzenberg und bei ihm Euer Kommandant, der Herr von Rochow! Glaubt Ihr indeß, die Beiden werden in den Sattel steigen, Euch 311 helfen? — Und wenn sie's wirklich thun: was ist ihr Zweck? — Der Marken Zukunft ist dahin für immer! Wollt Ihr des Kaisers Unterthanen werden? —
die Sitzung sofort und ertheilte dem
Rittmeister jener bündigen
schivcdischen
das Wort. In Weise, welche für einen Kriegs¬
loren
Ihr;
der
auch
wollt
Ihr
der
allein ich
sehe
so
wie
nur in ist
Ergebung an die KroneSchweden. Der Kurfürst weilt in Preußen: er hat uns aufgegeben. Wäre er im Land geblieben: bei meiner Ehre, — nimmer hätte ich den
saßen
die Furcht vor dem schwedischen
Ansbrüche
was das Leben
Einem Heil für uns: das
ans den hölzernen Bänken;
Offizier unterdrückte
—
Ich bin ein Märker,
Auftrags. Als er geendigt hatte, war's, als habe der Schrecken die Männer vor ihm
sie
er Euch seine
Seelen Heil auch opfern? —
seines
Starr
Alles,
schmückt;
mann die allein geziemende ist, entledigte sich Heino von Pfnel
allzumal gelähmt.
Soll
Jesuiten senden, Euch zurück¬ führen zu des Papstthums alten Greueln? — Ihr habt ver¬
die
Eid geleistet dem Drei-KronenBanner! Freudig hätt' ich zu dem Kurftirsten gestanden bis zum letzten Athemzuge. ,Brandenburg und Hohenzollern allezeit ff — es
Ueberraschung
und des Schreckens.
JohannWedigen nahm da¬ her selbst das Wort. „Schon habe ich", so sprach er würdevoll, „dem edlen Herrn die einzige ErU'iderung ertheilt, welche die Unterthanentrcue zuläßt. Wir sind durch unsern Eid gebunden; ivir wollen lieber sterben, als am Va¬ terlande zu Verräthern werden." Der Bürgermeister blickte auf die Versammlung hin, wie als ob er einen Ruf des Beifalls ertvartetc; allein er hatte sich, wenn er das that, getäuscht. Es blieb unheimlich still. Erst Heino von Pfuel unterbrach das
wär' mein letzt' Gebet gewesen! Treue aber nur um Treue; wir sind des Eides quitt; nachdem wir auf das Schändlichste verrathen worden. O, bedenkt Euch, liebe Herren, und erspart es mir, daß ich das nächt'ge Firmament noch heute tageshell erleuchtet sehe von dem Flammenscheine dieser
Städte." Der Schwede hatte geendigt.
Mit
Entsetzen bemerkte es der
Bürgermeister, daß der soldatische Redner auf seine Zuhörer den Zietcn-Ztandbltd, flns Eindruck gemacht hatte. tiefsten be¬ wehe", so „Es thut mir (1799.) stand A l l e s auf dem Spiele; Hier gann er, „Euch daS Schwerste hier galt es, Alles, selbst das Roch heute fliegt 511 verkünden: Leben einzusetzen, um die Wirkung der Worte des Herrn von die lodernde Brandfackel über diese Mauern, falls Ihr bei Pfuel aufzuheben oder doch wenigstens abzuschwächen. Weigerung verharrt." Eurer „Ucbergebct denn Berlin wie meineidige Verrüther!" rief „Erbarmen, Herr!" rief'S jetzt von allen Seiten. „Mein Obrist ist gezwungen, ans das Schnellste und Ent¬ der wackere Mann in bitterm Tone aus. „Hoffet indeffen düstere Schweigen.
handeln", entgegnete der Offizier.' „Konrad von Burgsdorf hat uns angegriffen; er hat die Kühnheit freilich
schiedenste zu
Jetzt aber haben wir Befehl, dem kleinen Kriege in der Mark, welcher das Land auf's Grausamste ver¬ wüstet, jäh' ein Ende zu bereiten. Ihr Männer von Berlin
schwer genug gebüßt!
und Kölln, vergeht es nicht, daß Ihr verlaffen seid von aller Welt! Auf Kavalierparole sag' ich's Euch: der Obrist Burgs¬
nicht. Euch dadurch Frieden oder auch nur Schonung zu er¬ kaufen! Zu nehmen ist den Einwohnern der beiden Städte freilich nur noch zweierlei: den Männern nur das Leben und den Frauen nur die Ehre. Aber dieses Beides wird uns Denket daran, was Frankfurt an auch genommen werden! der Oder einst erlitten hat unter den Augen König Gustav
Adolfs selbst!"
(Fortsetzung folgt.)
21
Die Hel-ensttindlnlder ans dem Wilhelmsplalr. Von Ferdinand Meyer.
Umhegt von einem hölzernen Geländer, diente der bei seiner Anlage in den dreißiger Jahren des vorigen Jahr¬ hunderts gepflasterte „Wilhelms-Markt" zu einem Marktplatz, bis Friedrich der Große im Jahre 1749 das Pflaster wieder beseitigen und den Plan mit Linden umpflanzen ließ. Seit dieser Uingestaltung zu einem Exercierplatz führte derselbe den Namen „Wilhelmsplatz". Zweiundzwanzig Jahre später ließ Friedrich das erste der dortigen Standbilder für den Generalfeldmarschall Grafen
von Schwerin
errichten. Der Bildhauer Adam aus Nancy begann das Werk, nach seinem Tode vollendete es Sigisbert
Michel aus Paris, und am 28. April 1767 — zehn Jahre nach dem Heldentode Schwerins — fand die Aufstellung des
Marmor-Standbildes statt. Das zweite, für den General von Winter seid t bestimmte Denkinal, dessen Ausführung den Gebrüdern Räntz aus Baireuth übertragen war, gelangte im Jahre 1777 zur Aufstellung. Unerklärlicher Weise waren beide Heldengestalten im römischen Kostüm dargestellt,
trotzdem Friedrich der Große
derartige „Entstellung von Zeitgenossen" gesprochen, und auch
Chodowiecki
sich
gegen eine
entschieden aus¬
gegenüber sein Mißbehagen
geäußert hatte, als derselbe ihn nach der Rilckkehr aus dem siebenjährigen Kriege in der damals noch üblichen antiken Jmperatorentracht verherrlichte: „Ce costume n’est que pour
le heros de theätre! “ Bereits in dem nächstfolgenden Jahre (1778) fand dann die Errichtung der Statue des Reitergeuerals von Scydlitz statt. Sie ging aus der Werkstatt des Hofbildhauers Pierre Antoine Taffaerts, des bedeutendsten der daiualigen Bildner,
Taffaert hatte zunächst ein Reiterstandbild in Vorschag gebracht, allein Friedrich der Große lehnte die „Equestre-Statue" hervor.
ab, weil er „nicht einführen wollte, daß die nicht zu souverainen Familien gehörigen Personeil durch Standbilder ;u Pferde
gefeiert" würden. Als vierte der dortigen Statuen wurde am 5. Mai 1786 — also noch vor dem Tode Friedrichs — diejenige des Feldinarschalls Keith errichtet. Ebenfalls von Taffaert angefertigt,
Seydlitz-Standbilde der Maler Cuninghanl, welcher einen „richtigen Blick ftlr Militair-Kostüm" besaß, seine Dienste. Gleichwohl repräsentireil sich diese Statuen, wie Schadow bemerkte, nach dem Modejournal oder — in den vom Regimentsschneider des alten Fritz geschaffenen Uniformen, das heißt, ohne jene ideale Auffassung, die des wahrhaften leistete ihm bei diesem und dein
Künstlers Werk beleben muß. Diese zur Darstellung zu bringen, blieb unserm Gottfried Schadow in seinen beiden Stairdbildern vom Zieten und vom „alteir Deffauer" vorbehalten. In ihnen wies der Meister seinen Zeitgenossen die Richtung einer neuen Kunstsphäre an, und dieser Fortschritt in der Skulptur sichert ihm, deffen ge¬ summte Schöpfungen
dm Stempel seines herrlichen Geistes tragen, für immer eine ruhmvolle Stelle in der Kunstgeschichte. Während über die Eiltstehung jener ersten vier Statuen wenig mehr als das oben Angeführte besannt geworden ist, gewähren uns die in den Akten des geheimen Staatsarchivs enthaltenen Mittheilungen und die Aufzeichnungen vonSchadow's Hand über die beiden letzteren Standbilder ein umfangreicheres
Material und zllgleich einen nicht uninteressanten Einblick in die damaligen Kunstverhältnisse.
Das Zieten-Standbild. Ueber dies vollendetste Werk des Künstlers, welcher damals erst im 27. Lebensjahre stand, ist zunächst die an König Friedrich Wilhelm den Zweiten gerichtete Vorstellung des Geheimen Etats-
Ministers Freiherrn von Heinitz vorhanden: „Der Bildhauer Schadow wünscht von Ewr. Königlichen Majestät die höchste Erlaubniß zu erhalte», nach nunmehriger gänzlicher Vollendung des Monuments für den seligen Grafen von der Mark, die Statue des Generals von Ziethen, wovon Ew. Königliche Majestät die Skizze bereits gesehen und aller¬ gnädigst agreirct haben, anfangen zu dürfen, weil er und seine Leute jetzt nicht beschäftigt sind, und der Marmor für diese Statue schon längst hier ist. Die Kosten dieser Statue nebst dem Piedestal setzet er auf fünf Tausend Thaler in 3 Terminen, nach Verhältniß der fertig werdenden Arbeit zahlbar, und verspricht dagegen, diese Arbeit in 20 Monathen gänzlich zu vollenden. Ich habe ihm zwar wegen des ziemlich hohen Preises,
für eine solche Figur nicht gemacht; Einwendungen allein er hat da¬ bewilliget worden, gegen angeführet: 1 . daß der verstorbene Tassart bei seinem ungleich größeren Gehalt von 1500 Thalern — bei einem ihm eigen¬ thümlich geschenkten Hause, — bey der kostbaren Be¬ soldung seiner sämmtlichen, blos für ihn arbeitenden Gesellen auf Königliche Kosten, und endlich bey seinen: so vortheilhasten ersten Engagement, das ihm beständige Arbeit und Verdienst sicherte, sich weit geringere Preise gar wohl hätte gefallen lassen können; 2 . könne er auf seine Pflicht versichern, daß, wie er nun erst inne geworden, er für das mit dein größten Fleiß ausgearbeitete Monument für den seeligen Grafen von der Mark ;u wenig gefordert habe; er wolle des¬ der sonst dem verstorbenen Tassart
halb keine Nachrechnung machen; könne jedoch dreist hoffen, Ewr. Königlichen Majestät Gnade werde ihm dafür einen reichlichem Preis bey dieser neuen Arbeit
bewilligen, tvogegen er 3. sich anheischig mache,
alle seine Kräfte anzustrengen,
um ein Werk zu liefern, das Ewr. Königlichen Majestät, der Nation und ihm öffentliche Ehre machen solle. Ewr. Königlichen Majestät höchster Entschließung nuiß ich nun lediglich allerunterthänigst anheimstellen: Ob Höchstdieselben zu eigener nützlichen Beschäftigung des Schadow und seiner Leute die Anfertigung dieser Statue, zum öffentlichen Beweise der unter Ewr. .König¬ lichen Majestät glorreichen Regierung fortschreitenden vaterländischen Kunst, zu genehmigen gnädigst geruhen wollen?
Und, was den Preis anbetrifft, so hängt es blos von Ewr. Königlichen Majestät Gnade ab, ob Höchst¬ dieselben den: Schadow bey denen von ihm angeführten, die geforderten fünf Tausendt Thaler in Courant allenfalls dergestalt zu
nicht ungegründeten Umständen
bewilligen geruhen wollen, daß ihm in dem ersten Termin 1000 Rthlr., in dem zweiten Terinin 1500 Rthlr. und der Ueberrest der 2500 Rthlr. nur alsdann erst
22 bezahlet werden, wenn nach gänzlicher Vollendung und Errichtung dieser Statue solche sowohl Ewr. Königlichen Majestät höchsten Beyfall erhalten, als auch nach dem Urtheil der Acadeniie nach den Regeln der Kunst ganz untadelhaft gefunden wird; als worüber ich Ewr. Königlichen Majestät gnädigstem Befehl ehrfurchtsvoll entgegen sehe. Berlin, den 22 . Januar 1791.
Am 31. Januari an Min. Heinitz nach diesen Cvnditions bestellt. Dann finden sich die nachstehenden Schriftstücke vor. „E>v. Königliche Majestät haben mittelst Höchster CabiuetsOrdre vom 31. Januar a. c. mich, den Etats-Ministre von Heinitz in höchsten Gnaden zu benachrichtigen geruhet, daß Allerhöchstdiesclben zu Anfertigung der Statue des Generals von Ziethen 5000 Thaler für den Hofbildhaucr Schadow successive anweisen lassen würden. Für den zu dieser Statue benöthigten Carareschen und Schlesischen Marmor, auch zur Einfassung dieser Statue auf dem Platz mit dem benöthigten Geländer und zu den Transportkosten dürften noch, nach einem ungefähren Ueberschlag pptor. 3000 Rthlr. erforderlich sein. Da nun der rc. Schadow den erforderlichen Marmor, zu Erfüllung seines Engagements baldigst gebraucht; so bitten Ew. Königliche Majestät wir alleruuterthänigst, uns diese Gelder ebenfalls gnädigst an weisen zu lassen. Berlin, den 5. April 1791.
v. Heinitz.
Woellner."
Zum Denkmal für den verstorbenen General der Kavallerie, Herrn von Zielen, Excellenz, kommen außer den bereits Aller¬ höchst genehmigten Arbeitslöhnen, für den Künstler noch an Kosten
die Reliefs an den vier Flächen ans tveißcm
Marmor hergestellt
resp. eingefügt sind.
Die Vorderseite zeigt das ausgespannte Tigerfell, als Abzeichen der Offiziere des Zieten'schen Husaren-Regiments, mit der Denkmals-Inschrift. Das Relief zur Linken stellt Zielen als Oberst dar, das Korps des österreichischen Generals Baroney und diesen selbst bei einer Wassermühle in die Enge treibend. Die Inschrift lautet hier: Zielen und fein Lehrer Baroney. Rothschloß den 22. Juli 1741. Die Rückseite enthält eine der Inschrift entsprechende Darstellung: Zielen und'vier sächsische Regimenter. Katholisch Hennersdorf den 23. November 1745; und auf der rechten Seite des Piedestals tritt uns „Zielen auf den Siptitzer Höhen, Torgau den 3. November 1760", entgegen.
Die
beigegebene
Piedestal ist nach
Illustration
einem
mit
Kupferstich
von
der
Inschrift
am
Fr. Bolt 1799
angefertigt. Ueber das Letztere selbst, das erst nach einem dreijährigen
Zeitraum, im Mai 1794 vollendet war, äußerte der Meister sich später: es sei ihm keine Arbeit schwerer geworden, als diese. Die nachthcilige Einwirkung unseres Klimas auf den Marmor machte seit Juli 1856 die Abformung der Standbilder behufs Wiederherstellung derselben in Bronze erforderlich, wobei Schwerin und Winterfeldt ein zeitgemäßes Kostüm, an Stelle des antiken, erhielten. Der Guß des Zieten-Standbildes war schon im Jahre 1857 durch das Königliche Gewerbe-Museum erfolgt, die herrlichen Bronze-Reliefs wurden später in das Granit-Postanient eingelassen. Bekanntlich haben sämmtliche Original-Statuen in der Kadetten-Anstalt zu Groß-Lichterfelde ihre Aufstellung gefunden. (Fortsetzung folgt.)
vor: Marmor von Carrara, in 70
bestehend
Marmor,
bestehend
1 . der
Schillers Beziehungen ju Berlin.
Cubic-Fuß.1110 Thlr. 10 Gr.
2 . der Schlesische
Von Richard George.
in 100 3. der Transport des Marmors zur Wcrkstätte und der Arbeit zum
Cubic-Fuß.
500
-
— -
Bestimmungsort.
Die überaus große Verehrung, welche Schiller genießt, soweit die deutsche Zunge klingt, bringt cs mit sich, daß man auf die geringfügigsten Einzelheiten seines Lebens mit Eifer
Sandsteine.
52
-
—
-
12
-
14
-
fahndet und jeder Nachricht über daffelbe das größte Interesse entgegenbringt; diese Thatsache im Verein mit der anderen, daß nur wenigen Berlinern, selbst von denen, welche die deutsche
80
-
— -
Nationallitcratur einem eingehenderen Studium unterworsen haben, die Details des Schillerschen Aufenthalts in Berlin
950
-
— -
bekannt fein dürften, laffen es als begründet erscheinen, wenn
4. an
5. die Maurer- und Zimmer-Arbeit zu
fundiren und zu versetzen. 6 . eine eiserne Einfassung, inclusive
Materialien.
ordinaria. ..
wir im
6 . das Ebnen des Platzes und Extra -
— 3000 Thlr. — Gr.
.. 295'
-
Summa März 1791. Schadow fertigte zunächst drei Entwürfe in Thon, von 10 Zoll Höhe. Der Erste stellte Zielen mit dem Kommando¬ stab in der Hand, der Zweite mit der Tigerdecke und die Rechte auf den gezogenen Säbel gestützt, dar; der dritte Entwurf gelangte zur Ausführung. Ruhig ausspähend, die rechte Hand am Kinn und die linke am Griff des Säbels, lehnt der Feldherr mit überschlagenem Bein an einem Baumstumpf. Die 7>/z Fuß hohe OriginalStatue aus weißem carrarischen Marmor erhebt sich aus einem 8 Fuß hohen Piedestal aus grauem schlesischen Marmor, während
Berlin,
den 30.
Nachstehenden versiichen,
an
der Hand der Quellen
die Beziehungen unseres großen Dichters zur deutschen Reichs¬
hauptstadt zu schildern. — Das Hauptverdienst, Schillers Aufenthalt in Berlin bewirkt zll haben, gebührt deni Direktor des Königlichen Nationaltheaters, A. W. Jffland. Dieser, der seit Jahren mit Schiller bekannt war, hatte bereits gegen Anfang dieses Jahrhunderts den Dichter zu einem Besuche
Berlins mehrfach aufgefordert.
Schiller schon am 29. Juni 1801 an den großen Schauspieler, der seit 1796 in Berlin weilte: „Ich hoffe, wenn es meine Gesundheit erlaubt, im August nach Berlin zu kommen; vorher gehe ich an die Ostsee, um das Seebad zu gebrauchen. Wenn Sie mir bei meiner Anwesenheit in Berlin, welche zwischen dem 10 . und 20 . August sein wird, einige Stücke
So
schrieb
23 können zu sehen schaffen, es gilt gleich welche, wo ich Sie, Flecks und Unzelmann in vorzüglichen Rollen sehen kann, so würden Sie mir große Freude machen." Die Hoffnung
der Kunst und Wissenschaft, und so ist es natürlich, daß auch Schiller und seine Gattin in den Kreis dieser hineingezogen wurde. In ihren Erinnerungen giebt uns Henriette Herz sehr interessante Einzelheiten über Schillers damalige Erscheinung, die wir hier im Wortlaut folgen lassen: „Er war von hohem Wüchse, das Profil des oberen Theiles des Gesichtes tvar sehr edel; man hat das Seine, wenn man das seiner Tochter, der Frau v. Gleichen, ins Männliche übersetzt. Aber seine bleiche Farbe und das röthliche Haar störten einigermaßen den Eindruck. Belebten sich jedoch im Laufe der Unterhaltung seine Züge, überflog daun ein leichtes Roth seine Wangen, und erhöhete sich der Glanz seines blauen Auges, so war es unmöglich, irgend etwas Störendes in seiner äußeren Erscheinung zu finden." Henriette Herz hatte sich Schiller nach seinen Werken als einen Mann mit feuriger Phantasie, lebhafter Ausdrucksweise gedacht, der in seinen Reden rückhaltlos seine Ueberzeugung ausspricht. Sie sah sich jedoch in dieser Erwartung getäuscht, was aus folgendein Citat aus ihren Erinnerungen hervorgeht: „Ich meinte, er müsse im Laufe eines Gespräches etwa wie sein Posa in der berühmten Scene mit König Philipp sprechen. Zu meinem Erstauneil nun stellte er sich in seiner Unterhaltuiig als ein sehr lebenskluger Mail» dar, der nament¬ lich höchst vorsichtig in seinen Aeußeriingen über Persoiicu war, wenn er dlirch sie irgend Anstoß zu erregen glaubcil diirfte. Doch half ihm in Berlin die Zurückhaltung nicht viel. Die schlauen Hauptstädter wußten bald, daß seine Frau gegen ihre fein gesponnenen Fragen weniger gewappnet war wie er; und so erfuhr man denn von der Frau, was der Mann zu verschweigen für gut achtete." Während seines Aiifenthaltes in Berlin hat Schiller in
Schillers erfüllte sich nicht, und am 2. September 1801 mußte er an Jffland schreiben: „Leider werde ich abermals abgehalten,
Berlin
zu besuchen."
k Erst im Jahre 1804 gelang cs den vereinten Bemühungen Iss land s und Hufelands, der mit Schiller von Weimar aus befreundet war, den Dichter zu einem Besuche Berlins
In demselben Monat, in dem einst Goethe in Berlin geweilt (1778), traf auch Schiller daselbst ein. Am 1,. Mai stieg er im „Hotel de Russie" (Unter den Linden 23) ab; die „Spenersche Zeitung" und die „Ungersche Zeitung" führen ihn unter den angekommenen Fremden als „Herr
zus.veranlassen.
von Schiller, Hofrath aus Weimar", auf. Schiller kam nach Berlin in der von Jffland und Hufeland genährten Hoffnung, daß er durch eine Anstellung daselbst seine pekuniären Verhältnisse bessern könnte. Für eine dauernde Niederlassung des Dichters intercssirte sich, wie wir einem Vor¬ trage, den W. Teichmann am 20 . Oktober 1859 zur Feier von Schillers hundertjährigem Gcburtsfcste hielt, entnehmen, unter anderen auch der Philosoph Fichte.
I
I.
U In
Berlin angelangt, dankte Schiller
.Mflands Dramen.
den Bemühungen zunächst den Genuß vollendeter Darstellungen seiner
Ob der Dichter der am 3. Bkai stattfindenden Vor¬
stellung seiner
„Räuber"
beigewohnt, muß dahingestellt bleiben.
„Braut
Als
er am nächsten Tage bei der Aufführung der von Messina" in der Loge erschien, begrüßte ihn lang an¬ haltender Beifall des Publikums. Die „Ungersche Zeitung"
Mai über die Vorstellung: „Den 4. Bkai die Braut von Messina. Der Dichter, der -Merlin zum ersten Male besuchte, war bei der Vorstellung gegen¬ wärtig. Bei seinem Eintritt in die Loge wurde er mit allgcMeincm Beifall von der Versannnlung empfangen; freudiger Zuruf hieß ihn herzlich willkommen und wiederholte sich so lange und so laut, bis die Musik begann, welche der Vorstellung vorangeht. So ehrenvoll hat das Publikum seine rege Em¬ pfindung für das große Genie ausgesprochen, dem cs der höheren berichtete am 8 .
seinem Kalender lakonische Notizen eingetragen, welche die Per¬ sonen nennen, mit denen er verkehrt hat, und welche uns über einige Einzelheiten seines hiesigen Aufenthaltes Andeutungen
Wir entnehmen diesem Kalender, der sich in der 2 . Auf¬ lage des Briefwechsels von Schiller mit Körner abgedruckt findet, zunächst die Namen der bedeutendsten Persönlichkeiten, mit denen geben.
in Berührung kam. Gleich in den ersten Tage,: verkehrte mit Bernhardt, dem bekannten Aesthctiker und Sprach¬ forscher; von Jena her war Joh. Benj. Erhard, Arzt und Philosoph, mit Schillers Familie bekannt; aus Schauspielerkreiseil bildeten neben dem großen Jffland namentlich dessen Schüler, Fr. Jonas Beschort und die Beth mann Schillers er
Freuden so manche verdankt. Schiller hat überhaupt ein lcb..chuftcs allgemeines Interesse erregt, welches aus Achtung und ^Dankbarkeit begründet ist." Schon zwei Tage später (am 6 . Mai) ließ Jffland die
er
„Jungfrau von Orleans" mit einem Pompe aufführen, der selbst Schiller zu viel schien. Während der Darstellung -jagte er zu Jffland: „Sie erdrücken mir ja mein Stück mit (.-dein prächtigen Einzug!" (Schinidt, Erinnerungen S. 202 .) Wiederholung der „Jungfrau" ( 12 . Mai) wohnte Schiller .gleichfalls bei.
Umgang. Besonders häufig weilte der letztere bei Hnfeland als Gast, der damals in dem Hause Friedrichstr. 130 wohnte;
ihn
Dichter noch am Tage vor seiner Abreise, und damals soll der Arzt seinem großen Freunde über dessen Gesundheitszustand reinen Wein eingeschenkt haben. Von den sonstigen Notizen des Kalenders wollen wir hier nur hervorheben, daß Schiller zweimal in die Oper ging 2 . Mai: ( Mozarts „Zauberflöte"; 11. Mai: Glucks „Iphigenie"); auch die Singakadenne beehrte er am 15. Mai mit seiner Gegenwart. Schon wenige Tage nach seiner Ankunft am 5. Mai
|||ie
Das dritte Stück,
WWallenstcin";
es
dessen Aufführung er beiwohnte, ist wurde am 14. Mai gegeben. Die Thekla,
jg§ it Flecks Gattin dargestellt, gefiel Schiller nicht, da er mit ;Wrer falschen, langweiligen, manierirten Sentimentalität nicht 5
einverstanden
war;
er sprach dies zwar nicht offen aus, nian von der Gattin des Dichters, wie uns Henriette Herz in ihren Erinnerungen berichtet. Das Haus dieser durch seltene Schönheit und hervorragenden Geist gleich Memerkenswerthen Frau des jüdischen Arztes Akarkus Herz
Mrsubr
es
jedoch
Mildete auch nach deni 1803 erfolgten Tode ihres Mannes Minen Vereinigungspunkt für alle in Berlin anwesenden Männer
besuchte der
schon
genialen Prinzen Ludwig der als das erste Opfer der Befreiung Deutsch¬ lands fallen sollte. Außer Schiller waren zur Tafel gezogen speiste er
bei dem hochgesinnten,
Ferdinand,
Jffland, Johannes v. Müller, der große Historiker, und der Hofkapellmeister F. H. Himmel, dessen „Fanchon" mit seinen tändelnden Weisen damals ganz Berlin entzückte. worden:
;
24 Am 13. Mai weilte Schiller zum Dejeuner bei dem Königspaare. Schiller war demselben bereits 1799 in Weimar vorgestellt worden. Ueber den Eindruck, den der Dichter auf Friedrich Wilhelm III. und die Königin Luise machte, von denen sich namentlich die letztere für die hiesige Anstellung des Dichters interessirte, berichtet Karoline v. Wolzogen: „Das hohe Königspaar zeigte warmen Antheil; die liebensU'ürdige Königin, in deren hohem und zartem Herzen alles Schöne und Edle den vollsten Anklang fand, sprach Schillern und ließ ahnen, daß sie es gern sehen würde, wenn er sich in
Berlin
fesseln
ließe."
Einen Tag vor seiner Abreise (am 17. Mai) fuhr Schiller Dieser hatte nach Potsdam zum Kabinetsrath v. Nehme. beim Könige einen sehr großen Einfluß, der sogar die Thätigkeit der Minister vielfach lähmte; ihn hatten Schillers Freunde in Berlin für den Dichter zu interessiren verstanden und v. Nehme hat es, wie wir weiter unten sehen werden, an nichts fehlen lasten, um seinen Einfluß zu Schillers Gunsten geltend zu machen. reise
Aiu 18. Mai trat Schiller über Wittenberg seine Heim¬ an; zehn Tage später schrieb er an seinen Herzensfreund
Körner, dem er stets seine geheiinsten Gedanken enthüllte, fol¬ genden Brief, der über seinen hiesigen Aufenthalt in mehr als einer Beziehung interessante Aufklärungen giebt: „Daß ich bei dieser Reise nicht blos mein Vergnügen be¬ absichtigte, kannst Du Dir leicht denken; es war um mehr zu thun, und allerdings habe ich jetzt in meiner Hand, eine wesentliche Verbestcrung in meiner Existenz vorzunehmen. Zwar wenn ich nicht auf meine Familie reflectiren müßte, würde es mir in Weimar immer am besten gefallen. Aber meine Be¬ soldung ist klein, und ich setze ziemlich alles zu, was ich jährlich erwerbe, so daß wenig zurückgelegt tvird. Um meinen Kindern einiges Vermögen zu ertverbe», muß ich dahin streben, daß der Ertrag meiner Schriftstellerei zum Kapital samt geschlagen werden, und dazu bietet mau mir in Berlin die Hände. Ich habe nichts da gesucht, man hat die ersten Schritte gegen mich gethan; auch bin ich aufgefordert, selbst meine Bedingungen zu machen.
Es ist aber kostbar in Berlin zu leben, ohne Equipage ist es für mich gar nicht möglich, tveil jeder Besuch oder Ausgang eine kleine Reise ist. Auch sind andere Artikel sehr theuer, und unter sechshundert Friedrichsd'or könnte ich gar nicht mit Bequemlichkeit leben, ja diese würden nicht einmal hinreichen. In einer großen Stadt kann man sich weniger behelfen als in einer kleinen.
Es steht also bei den Göttern, ob die Forderung, die ich bin, wenn ich mich nicht verschlimmern will,
zu machen geneigt
nicht zu hoch tvird gefunden tverdcu.
Berlin gefällt mir und tneiucr Frau bester, als wir erwarteten. Es ist dort eine große persönliche Freiheit und eilte Ungezwlmgenheit im bürgerlichen Leben. Musik und Theater bieten mancherlei Genüsse an, obgleich beide bei weitem das iticht leisten, was sie kosten. Auch kann ich in Berlin eher Aussichten für meine Kinder finden, und mich vielleicht, wenn dort bin, noch auf manche Art verbcstern. Auf der andern Seite zerreiße ich höchst ungern alte Verhältniste, und in neue niich zu begeben, schreckt meine Bequem¬ lichkeit. Hier in Weimar bin ich freilich absolut frei und im
ich erst
eigentlichsten
Sinne
zu Hause.
Gegen den Herzog habe ich
Verbindlichkeiten, und ob ich gleich mit ganz guter Art inich los zu machen hoffen kann, so würde mirs doch wehe thun zu gehen. Wenn er mir also einen nur etwas bedeutenderen Ersatz anbietet, so habe ich doch Lust zu bleiben. So stehen die Sachen. Laß mich doch in Deinem nächsten Brief hören, was Ihr von der Sache haltet und mir rathet. Da das Glück einmal die Würfel in meine Hand giebt,
würde mir sonst iminer Vorwürfe versäumte. Moment machen, wenn ich ben Uebrigens bleibe die ganze Sache unter uns; es würde mir schaden, wenit vor der Zeit etwas davon verlautete. Lolo grüßt herzlich; sie befindet sich wohl und hat die
so
muß ich werfen; ich
Beschwerlichkeiten der Reise gut ausgehalten.
Atlch meine beiden
Jungen waren mit, und Carl hat mit
den:
Freundschaft gestiftet.
Kronprinzen
Schiller."
Das Museum des Königlichen Gymnasiums ju Wittstock in der Ostprignitz. Das Museum des Königlichen Gymnasiums zu Wittstock in der Ostprignitz, im Jahre 1879 gegründet, hat hervorragende wistenschaftliche Bücher, Karten, Bildund andere Kunstwerke, sowie Apparate, Naturalien und kultur¬ historische Alterthümer oder Raritäten nicht nur den Angehörigen der Anstalt, sondern auch weiteren Kreisen übersichtlich und zugäng¬ lich zu machen. Unter der Förderung der vorgesetzten Behörden den Zweck,
wie unter der stetig zunehmenden Theilnahme des Publikums hat es namentlich im letzten Jahre erhebliche Bereicherungen erhalten. Der gedruckte Katalog 1882, Nachtrag 1884, sowie die jährlichen Osterprogramme geben einen genauen Ucberblick über die einzelnen Sammlungen und ihren jährlichen Zuwachs. Die vorhandenen Gegenstände sind in vier Abtheilungen mit besonderen Räumen untergebracht. 1 . Die Bibliothek, welche z. Z. c. 5320 Werke mit c. 9200 Bänden in verschiedenen Gruppen enthält, stellt auf besonderen Rcpositorien eine geeignete Auswahl, namentlich auch Prachtwerke, zur Benutzung im Lesezimmer aus. 2. Das physi¬ kalische Kabinet ist den Bedürfnissen der Neuzeit entsprechend ausgestattet. 3. Das Naturalienkabinet, dessen Wände mit einer ansehnlichen Zahl von größeren naturhistorischcn wie geo¬ graphischen Anschauungsbildern ausgcschlagcn sind, enthält reiche Sammlungen aus allen Naturgebieten und Welttheilen. Eine be¬ sondere Kollektion bieten die werthvollen und interestanten Naturalien, welche ein Freund der Anstalt, Kaufmann Hermann Kupfer aus
Magdeburg, aus seinen eigenen Sammlungen und seinen ausge¬ breiteten einheimischen wie überseeischen Verbindungen in großer Zahl gespendet hat und noch spendet. 4. Das kulturhistorische Kabinet verfolgt den Zweck, in erster Linie Alterthümer der
Prignitz und der angrenzenden Landstriche, sodann aber auch für die vergleichende Kulturgeschichte Gegenstände verschiedener Art und Herkunft zu sammeln. Die wiederholt öffentlich ausgesprochene Bitte, derartige Raritäten aus dem Privatbesitz dem Museum zu größerer Nutzbarmachung zuzuführen, hat guten Erfolg gehabt, wobei wiederum der vorher genannte Gönner der Anstalt sich besondere Verdienste erworben hat. Es wäre ein großer Gewinn, wenn aus der großen Fülle der in der Hauptstadt aufgespeicherten einheimischen Alterthümer gelegentlich überzählige Exemplare den kleineren Provinzial-Musecn überwiesen und somit weiteren Kreisen zugänglich gemacht tvürdcn.
Die Anordnung der kulturhistorischen Gegenstände ist, soweit möglich, dem Eintheilungsplan des märkischen Museums von Stadt¬ rath E. Friede! angepaßt.
f
25
I. Fossilien,
also
thierische
Heyrothsberge bei Magdeburg, von Manlbeerwalde und Strcckenthin in der Prignitz, wozu noch andere Ausgrabungen bei Zaatzke in Aussicht genommen find. Verschiedene Schmuckgegenstände, Gcräthe und Waffen von Stein, Bronze und Eisen, insbesondere ein Schwert, Schildbuckel, Lanzcnspitze aus einem Hünengrabe, andre
und pflanzliche Reste, sowie
Petrefakten aus prähistorischer Zeit. Besonders kommen in Betracht Hörner, Elchgeweihe und Zähne aus den benachbarten Torfmooren und Seen, verschiedene Backenzähne von einem Mammuth aus den Lagern von Neuhaldensleben, darunter einer 5 und einer 7'/- Pfund schwer, Phosphoriten und Koprolithen d. i. versteinerter Koth von Bären und Hyänen aus dem Lager von Helmstedt, versteinertes
Geräthe aus den Torfmooren, ein großes Steingebildc in der Form eines Menschenfußes mit Knöchel, vielleicht von einem alten Götzenbildc, aus Vehlow in der Prignitz, kirchliche Altcrthünier z. B. Holzbildnisse aus Mechow, Gantikow, Alt-Krüssow in der Prignitz, Dungelbeck, Prov. Hannover; steinerne Opfermesser, Hämmer, Aexte; Kanonenkugeln verschiedener Größe, theils von Stein, theils von Eisen, theils von Bronze, aus dem 30 jährigen Kriege, noch in den letzten Jahrzehnten auf dem Schlachtfeld von Wittstock (1636) ausgepflügt, verschiedene Schußwaffen und Geschosse aus den schlesischen, französischen, dänischen und deutschen Kriegen
Holz u. a. m.
II. Aufzeichnungen. A. Handbücher,
z.
B.
Kunstdenk¬
mäler von Bergau, Lissauer, Henne am Rhyn u. a. B. Aeltere Drucke des l 6 . —18. Jahrh., namentlich aus dem Gebiete der altchristlichen Theologie, der Geschichte und Geographie, z. B. Werke von Melanchthon 1550, Merian, Bekmann u. s. w. theilweise in Pergamentband. 0. Handschriften, darunter interessante Pergamenturkunden mit Wachssiegeln der Bischöfe von Havelberg 1436, 1472, Urkunden der hohenzollernschcn Markgrafen und Könige z. B. von „Hannß Sigißmundt 1607", alte Kauf- und Lehrbriefe auf Pergament mit Wachssiegel (17. Jahrh.), alte Akten und Briefe
(1756—1871), zwei alte Ellenmaße mit Inschriften. Spezielleres lokales Interesse gewähren die Funde, welche 1887 bei den Ausgrabungen in den Ruinen der alten Bischofsburg in
Havrllandschast.
aus Schlössern und Stadtarchiven u.
s.
w.
O.
Bildwerke
ver¬
an den Wänden und in Mappen, namentlich land¬ schaftliche und kulturhistorische, darunter Kupferstiche und Atlanten c. 300 Jahre alt, zahlreiche Gipsbüsten, antike und moderne Nach¬ schiedener
Art
bildungen.
III. Prägungen.
A.
Siegel,
besonders eine Reihe alter
Wachssicgel mit Bullen aus der Bischofszeit Wittstocks. B. Münz en. Die erst seit einem Jahre angelegte Münzsammlung zählt über 200 z. T. sehr alte und intereffante Münzen; a) Denkmünzen, b) Antike Münzen z. B. Von Julius Cäsar (Vom Vidi Vici), aus •c) Brakteaten und andre Münzen des Mittelalters z. T. dem 1881 bei Herzsprung in der Prignitz gemachten Silberfunde aus dem 12 . Jahrh., ck—b) Diverse deutsche, europäische und
außereuropäische Münzen des 16.—19. Jahrh., i) Papierscheine, darunter ein Assignat der französischen Republik 1792.
IV. Gewerbliche Erzeugnisse verschiedener Kultur¬ perioden. A. Prignitz und Umgegend, darunter 30 wohlerhaltcne, z. T. sehr große und kunstvolle Urnen mit Inhalt sowie Fragmente solcher aus den Hünengräbern von Althaldensleben und
^
Wittstock gemacht und mit ministerieller Genehmigung im GymnasialMuseum deponirt und geordnet sind. Vgl. die Mittheilung im „Bär" 1888 S. 482 ff. Bausteine verschiedener Art und Forni, eine Anzahl von Fliesen mit Abdrücken einer großen Thierpfote, vergoldete Sandsteinzierathen und Gebilde aus der ehemaligen Kapelle, Urnen, unglasirte und glasirte Gefäße, grünglasirte Majolikakacheln mit plastischen Porträts und Darstellungen aus der biblischen Geschichte, aus der Geschichte der Kaiser und Pfalz¬ grafen, mit zahlreichen lateinischen und altdeutschen Inschriften, einige mit der Jahreszahl 1550, verschiedene Gläser mit goldartig schimmerndem Perlmutterglanz, Malereien und Inschriften, allerlei Geräthe und Zierrathen von Eisen, Blei, Kupfer und Thon, ein polirter großer Amethyst aus deni Schinuck der Kapelle, vielleicht von einem Kruzifix oder einer Monstranz, allerlei Waffentheile, insbesondere spanische Reiter, 5 eiserne Armbrustbolzen mit Spitze aus der Wendenzeit, Fragmente eines Panzerhemdes, Münzen, Hirchgeweihschmuck, Eberzähne u. a. Fossilien. Bemerkenswerth ist, daß in dem Archiv der zur Burg gehörigen Königlichen Domäne zu Goldbeck außer anderen Urkunden über das seit dem Ende des
26 17. Jahrh, verfallene Bischofsschloß
sich kürzlich auch ein genaues Jnventarienverzeichniß desselben aus den Jahren 1613—1660 gefunden hat, welches in seiner Zimmerordnung der im Museum befindlichen Abbildung von Merian 1652 entspricht. Hoffentlich wird es gelingen, diese Urkunden zur Deponirung im Museum zu
erwerben.
DicAbtheilung B. enthält Raritäten aus
Europas,
den übrigen Landschaften
Eichenholz von der Rheinbrücke des Claudius z. Nero Drusus und insbesondere als Unika eine altgriechische Amphora und eine Flasche, welche, mit Schwämmen u. a. Seeerzeugniffen inkrustirt, kürzlich von Schwammfischern aus der Tiefe des Archi¬
B.
pelagus bei Kalhmnos in Kleinasien gehoben sind. Die Abtheilung 0. enthält Kulturerzeugnissc aus Asien und Afrika, insbesondere aus China, Japan, Kapland, der Goldküste, Sahara und namentlich eine Sendung von Neger-Utensilien und Waffen aus Kamerun, eine Gabe des dortigen Faktoreibesitzers Thormählen aus Hamburg. I). endlich Utensilien und Waffen aus Nordund Südamerika sowie aus Australien, z. B. eine steinerne Streit¬ axt aus Brasilien, verschiedene Wurfspeere von den Südseeinseln u. a. m. Aus verschiedenen Welttheilen sind interessante Natur¬ produkte gesammelt, wie sie zu gewerblichen Zwecken importirt und verarbeitet zu werden Pflegen, z. B. sämmtliche Arten von Perl¬ muscheln, Schwammgebilde, Baumwollenstauden, Luxushölzer, Gerbstoffe, Früchte aller Art, verschiedene Marmorarten und eine R. Gr. reiche Kollektion von geschliffenen Edelsteinen.
Geilei'lü-Versinmiiüiilg der -rutschen Geschichts- und Älterthums-Vereine in Posen vom 9. bis 12 . September 1888. I. Der im vorigen Jahre in Mainz gefaßte Beschluß führte diesmal die deutschen Geschichts- und Altcrthumsforschcr nach dem fernen Osten, nach der Hauptstadt der preußisch-polnischen Provinz, deren Kulturentwicklung ursprünglich zwar keine deutsche war, aber Anknüpfungspunkte an die deutsche Kultur und Geschichte bietet, wie sie im Allgemeinen kaum geahnt wird. Schon in den Jahren 1000 und 1005 sah das Land zwei deutsche Kaiser, Otto 111. aus friedlicher Wallfahrt zum Grabe seines Freundes Adalbert in Gnesen, und Heinrich II., den Polenfürsten Boleslaus Chobrv bekriegend. Dann, im 13. Jahrhundert, wo fast unausgesetzt ein Strom deutscher Ansiedler sich von Westen her über das ganze von Slaven beherrschte Gebiet zwischen Elbe und doch vielfach so wichtige
Weichsel ergoß, wurde hier ein deutscher Stadttheil gegründet, in der Hauptmaste aus Deutschen bestehend, nach deutschem Städterecht
organisirt und von deutschen Bürgermeistern verwaltet, wie die Urkunden aus jener Zeit beweisen, welche etwa zur Hälfte in deutscher und zur Hälfte in lateinischer Sprache geschrieben sind; — die polnische Sprache fehlt in den Urkunden ganz. Erst im 15. Jahrhundert, nachdem in Preußen der deutsche Orden besiegt
war, wurde unter dem Einfluß der polnischen Könige das Deutsch¬ thum unterdrückt und Stadt und Land allmählich rein polnisch. Der Könige weise Fürsorge hielt die mit Freiheiten versehene Stadt noch während des 16. Jahrhunderts in der Blüthe, dann vcrsiel sie und die beiden Schwedcnkricge von 1657 und 1703—9 gaben ihr de» Rest, so daß sie beim Uebcrgang in preußischen Besitz 1793 nur 3000 Einwohner zählte. Anläßlich der gegenwärtigen General-Versammlung wurde von den Provinzial- und Stadtbchördcn, mit Unterstützung des Kultus¬ ministers, eine kulturgeschichtliche Ausstellung der Provinz Posen für ersprießlich gehalten, um den fremden und heimischen Forschem ein Bild der gesammtcn Entwicklung des Landes durch
Beim Mangel eines Centrums für die Provinzial-Sammlungen waren dazu in erster Linie die Lokalvereine in Posen und Bromberg, dann die verschiedenen Privatsammler in der Provinz und die benachbarten Provinzial-Museen, insbesondere aber auch die Kirchen beider Konfessionen, Magistrate, Gewerke Ein Delegirter bereiste die und andere Korporationen angeregt. Provinz, um in den Städten geeignete Gegenstände zu bezeichnen. Noch am Freitag, den 7. September, 2 Tage vor der Eröffnung, war in der zur Ausstellung eingerichteten städtischen Turnhalle erst ein geringer Theil vorhanden, so daß der Erfolg zweifelhaft erschien. Um so überraschender war es für den Beobachter, daß im Laufe des Sonnabends und Sonntags sich wie hingezaubert alle Schränke, Tische und sonstigen Behälter füllten und, in zweckmäßiger Ordnung Anschauung zu bieten.
aufgestellt, ein vollständiges kulturhistorisches Museum darstellten. Selbst Montag früh gingen noch zahlreiche Sachen ein, die kaum noch , Platz fanden. Die Turnhalle war durch Koulissen in drei Säle mit Oberlicht getheilt. Der hinterste Saal, abgcschloffen durch Bilder der Stadt und Landschaft Posen und durch die Büste des Kaisers, war ausschließlich für die Alterthümer der katholischen Kirche bestimmt, welche auf Anordnung des Erzbischofs Dinder hier zusammengebracht werden sollten. Der mittlere Saal zeigte eine reiche Auswahl von Gefäßen und anderen Alterthümern der evangelischen Kirche, zum Theil noch aus der katholischen Zeit stammend; ferner kunstvolle silberne Alter¬ thümer der Synagoge und Erzeugnisse des Kunsthandwerks, darunter einen prachtvollen silbernen Renaissance-Gürtel; endlich eine Aus¬ stellung alter Urkunden (von 1254 an) und alter Posener Ansichten. Der vordere Saal enthielt außer einigen Kunstwerken die aus das Gewerks- und Hauswirthschaftswesen bezüglichen Gegenstände und die vorgeschichtlichen Sammlungen. Zu den letzteren hatten zahlreiche Privatpersonen Material geliefert. Das Märkische ProVinzial-Museum zu Berlin war mit einem großen Schrank voll Gräberfunden vertreten. Eine vorzügliche Sammlung von Bronzefundstückcn, welche an den Reichthum der nordischen Museen er¬ innern, sandte die historische Gesellschaft in Bromberg. Auch das Breslauer Museum war, wenn auch nur gering, vertreten. An einzelnen Gegenständen konnte man ersehen, daß der semnonische Gesäßtypus bis an die russische Grenze reicht, und andererseits, daß die Gesichtsurnen von Norden her bis zur Mitte der Provinz Als Unika galten ein großes Bronzegürtelschloß, vorkommen. große spiralartige Armringe aus dem Netzedistrikt und eine An¬ zahl Bronzegegenstände aus dem Gräberfelde von Kazmierz. Die Eröffnungs - Sitzung der General - Versammlung der deutschen Geschichts- und Alterthums-Vereine begann Sonntag den 9. September um 9 Uhr Vorm. Sie machte einen glänzenden Eindruck auf die Anwesenden; zahlreiche auswärtige Theilnehmer, die Spitzen der Behörden, Regierungsvertreter Sachsens und Mecklenburgs, viele männliche und weibliche Bewohner der Stadt füllten den Eine Betheiligung der polnischen Bevölkerung großen Saal. konnte leider nicht behauptet werden. Der Vorsitzende, Stadtrath Friede! aus
Berlin, begrüßte die
Versammlung, wies auf den schweren Verlust hin, welchen der Gesammt-Vcrein durch den Tod des Protektors, Kaiser Friedrich, er¬ litten habe und bat den Oberpräsidcnten von Zedlitz-Trützschler, den Ehrenvorsitz zu übernehmen. Dann hieß derOberbürgermeisterdieGäste willkonnnen und lud sie zu einem seitens der Stadt veranstalteten Gartenfeste ein. Von den in den Sektionssitzungen zur Erledigung kommenden Fragen sind zu nennen: Schutz der Merkwürdigkeiten der freien Natur. — Sind deutsch-böhmische Lieder in den posen'schen Bibliotheken vorhanden? — Welches ist die östliche Linie des Lausitzer Gefäßformenkreises? — Wann fand hier die Verlegung der Jahreswende von Weihnachten auf Neujahr statt? — Dann für die öffentliche Sitzung: lieber die Herkunft der ehemaligen pol¬ nischen Leibeigenen. — Dr. Ehrenberg hielt nach den geschäftlichen
27 Nachrichten einen auf urkundliches Material gestützten Vortrag über die Entwicklung der Kultur, Kunst und der Gewerbe in der Provinz Posen, der durchweg das höchste Interesse der Versammlung in Anspruch nahm. Der älteste Kirchenbau der Provinz ist, wie der Vortragende auseinandersetzte, die Ruine von Ostrow bei Gnesen,
die aus dem 10. Jahrhundert herrührt; einige romanische Kirchen seien im 12 . Jahrhundert erstanden, dann habe durchweg der
Kirchenbau nach gothischer Art in den Händen deutscher Baumeister gelegen, bis die italienische Renaisiance im 16. Jahrhundert sie !
verdrängte.
(Fortsetzung folgt.)
Llcint Mittheilungen. Abbildungen: Der Schlüssel vom Jagdschloß Gruuewald.
(Aus der Zeit Friedrich I.)
Wie den Berliner Kunstfreunden von der Sammlung des Herrn Di kling er aus Wien her bekannt ist, welcher im Architektenhause eine reich ausgestattete Sammlung von Schlüsseln und Schlössern aller Länder und Zeiten vor wenigen Jahren ausgestellt hatte, hat man im 16.—18. Jahrhundert auf Gegenstände der Kleinkunst einen Fleiß und eine Sorgfalt verwendet, wie sie im Allgemeinen sich gerade bei diesen Dingen heutzutage mit wenigen Ausnahmen fast nirgend stndet. Sowohl das Material — Gold, Silber, Bronze — wie die Technik — Schmiede-, Filigran-, Ciselir-Arbeit — boten dem Verfertiger genügenden Spielraum, um dem Werke den Hauch seines Geistes zu ver¬ leihen. Freilich vermischte gerade bie Zeit des Barock vielfach Stil und Charakter, verband figurale Ornamente (wie hier Adler, Groteskmasken) mit Linien- und Pflanzen-Ornament. Der Namenszug F. Ii. bietet uns ebenfalls einen Anhaltpunkt bei der Bestimmung der Zeit, welcher der nicht eben sehr alte Schlüssel angehört. Wer die Naturschönheiten der Mark kennen lernen will, wer einem Fremden neben den Genüssen der Kultur in der Hauptstadt die Reize der Natur in Berlins Umgebung vorführen will, dürfte keine passendere Gegend zu wählen haben als die Landschaften an der Oberspree oder die der Havelseen. Wir führen den Lesern heute eine Havellandschaft, ent¬ worfen von A. Richter, im Bilde vor, die uns nicht ein leblos dahin schleichendes, von traurig öden Ufern begleitetes Flüßchen zeigt, sondern ein stattliches, in behaglicher Breite in Buchten und Windungen sich aus¬ dehnendes Wasser in inselreichem Strombett, umsäumt von Erlen, Ulmen und Weiden am Ufer, überragt aus sanft ansteigender Höhe von Kiefern und Fichten. Die Segler der Lüfte, wilde Enten, auch wohl Reiber, schauen auf die im Schnellsegeln sich übenden Sportsmen und auf die schwerbeladenen. Brenn- und Baumaterial der Hauptstadt zuführenden Schiffe hernieder. Nirgends findet der Maler Schroffes, Starres, überall Liebliches, Abgerundetes, anmuthige Wellenlinien, die auf das Auge des Beschauers wohlthuend wirken. Lr.
Sie in der Oper lichen, welche '
„Die Uniform" tragen. —
Jffland."
Ihr
ergebener
P. Moldh.
Aeltere Aerkiner Notendrücke. Friedrich Georg Unger, der Sohn Johann Georg Unger, der Vieles nach Meib'schen Zeichnungen herausgab, beschäftigte sich in den letzten Jahren seines Lebens hauptsächlich mit der Verbesserung des Notendrucks. Er selbst erlebte leider nicht mehr die Früchte seiner Arbeit, obschon er es bis zu einer patentfähigen Erfindung gebracht hatte. Seine Bemühungen endigten mit der Erfindung eines neuen Notendrucks, dessen Deutlichkeit und Schönheit alle Kenner befriedigte. Friedrich Wilhelm III. ertheilte deshalb seiner Wittwe, der „Professorin Unger" im Jahre 1805 ein Privilegium auf fünfzehn Jahre zum Schutz gegen die Nachahmung solcher Typen, als die Wittwe Unger Proben davon zur Patentkammer des Manufaktur-Collegiums geliefert hat. Die Wittwe, die um den aus¬ des hochbegabten Formenschneiders
schließlichen Betrieb der von dem verstorbenen Ehemanne, den Professor und akademischen Buchdrucker Johann Friedrich Unger angelegten Notendruckerei mit beweglichen Typen allerunterthänigst gebeten hatte, zeigte zugleich an, daß die Druckerei im besten Gange ist und daß nächstens ein
Preiscourant von den bekanntesten Formaten, z. B. von Mozart'scheu, Werken und Zumsteeg'schen Liedern erscheinen werde. Der" Componist Joh. Rud. Zumsteeg, der Genosse Schillers aus der Carlsschule, starb 1802, Professor Joh. Friede. Unger am 26. De¬ zember 1804. P. W.
Haydn' scheu
Kaus-Inschrift in Kavelberg. An einem, dem 17. Jahrhunderte entstammenden, wohlerhaltenen Fachwerkbaue in Havelberg mit guten Holzschnitzereien befindet sich die folgende Inschrift: „Dieber chott, ich danke dir Das du aus chnaden bescherest mir Ein haus, darin ich wohnen kan. Und wen’s decheinen nicht chefeilt, Mich kostet es ein chut stück chelt.
Kunkel als Iireund der Leichenverbrennung. Lange bevor in unserm Jahrhundert sich zahlreiche Stimmen für die jetzt nicht mehr seltene Leichenverbrennung aussprache», fand sich ein Freund dieser Be¬ stattungsweise in derPerson eines Mannes, der in der Geschichte der modernen Glasfabrikation eine hervorragende Rolle einnimmt; es war dies der im Jahre 1702 verstorbene berühmte Alchimist Johann Kunkel, der sich durch Herstellung der farbenprächtigsten Glasbecher einen weitbekannten Namen gemacht hat. Er sprach in seinem Testamente den Wunsch aus, seine sterbliche Hülle möge verbrannt und mit Benutzung der hierdurch gewonnenen Asche ein Familienpokal gefertigt werden zu unvergänglicher Erinnerung an seine Verdienste in der Kunst der Glasbereitung. — Aehnliches wird auch von dem extravaganten Herzog v. Lauragais, einem Grandseigneur des französischen Hofes vor der Revolution, berichtet. Auf sein Geheiß mußte der Chemiker Vanderborg den Leichnam seiner von ihm heiß geliebten Gattin verbrennen und die gewonnene, auf eine ganz geringe Menge reduzirte Asche durch ein chemisches Verfahren in eine blaue, glasartige Masse verwandeln; diese faßte ein geschickter Gold¬ schmied in einen Ring, den fortan der Leidtragende als sein köstlichstes Kleinod am Finger trug.
Drum dank ich, chott, Drum dank ich dir Und hoffe vest, Das du die deinen nicht verlest. — O herr hilf, O herr, lass wol chelingen Chib auch ehlück und heil zu allen dingen.“ Allüberall ist für das „g" im Anlaut ein „eh" gesetzt. Wir werden nicht fehl gehen, wenn wir in dem Holzschnitzer, welcher die sauberen,
Gin Aries Ifflands. Ein getreues Bild von den drückenden und beschränkten Verhältnissen, in denen sich das Theaterwesen in Berlin noch im Anfange unseres Jahrhunderts bewegen mußte, liefert nachstehend mitgetheilter Brief, den im Jahre 1807 der damalige Generaldirektor der Berliner Schauspiele August Wilhelm Jffland an den Schauspieler llnzelmann schrieb, welcher in dem gerade zur Aufführung bestimmten Drama von Zacharias Werner: „Die Söhne des Thales" eine der Hauptrollen zu spielen hatte. „Die dringende Nothwendigkeit — so heißt es in dem Schreiben u. A. — fordert es, daß zur Aufführung der „Söhne des Thales" nur diejenigen Ausgaben gemacht werden, welche auf gar keine Weise vermieden werden können. Die Mühe und die Kunst, womit ich mich quäle, um die Zahlung der Gagen möglich zu machen, ist ein Zustand, von dem die Schauspieler nichts wiffen. An¬ langend die Kleider des Tempelherrn, so wird dazu das vorhandene römische Kostüm gebraucht, wo Aermel hineingesetzt werden. Die braunen Stiefel, wenn es auch besser wäre, fallen weg, indem es nicht gut wäre, wenn nur Einige darin gingen, und ich für alle die Ausgabe nicht machen kann. Nach des Verfassers ausdrücklich erklärtem Willen trägt Hugo einen längeren Bart als die Uebrigen; das graue Haar, welches Sie zu „Philipp" im „Don Carlos" bekommen haben, oder irgend ein anderes graues Haar, welches Sie besitzen und paffend halten und wozu nur der Bart neu gemacht wird, kann uns die fünf Thaler für eine Perrücke ersparen. Wir Beide müssen gleich geharnischt gehen; besondere Kosten kann ich nicht daran wenden. Die Beinkleider sind die gewöhn¬
getrieben
.
klaren, lateinischen Buchstaben in den Tragbalken des Hauses geschnitten hat, einen Sohn der rothen Erde vermuthen, welcher nach westfälischer Art die tenuis „g" mit der aspirata „eh" zu vertauschen gewohnt war und naiver Weise auch so schrieb. Bemerkenswerth ist ferner das stolze bürgerliche Selbstgefühl, welches sich in dieser Inschrift ausspricht. — x.
Per Aiesenring von Groß-Auchljolz (Westprignih).
I.
Im Juni
wurde beim Bau der neuen Chaussee von Perleberg nach Reetz d. zwischen den Ortschaften Groß-Buchholz und Grabow in einer Tiefe von 60 cm im Zuge der alten Straße ein aus bester Altbronze gefertigter, grün patinirter Hohl-Ring ausgegraben, der 9,5 ei» hoch, im äußeren Umfange 61 cm, im inneren 30 cm mißt. Er ist aus 2 mm dickem Blech
und scheint aus einem zerstörten Grabe zu stammen. Nach der schwierigen Technik und der geschickten Herstellung zu urtheilen, muß man in dem Ring einen fremden Einfuhrgegenstand erblicken. Nach den Ausführungen des Herrn Stadtrathes E. Friede!, welcher in der Fest¬ schrift zur Hauptversammlung des Gesammtvereins der deutschen Geschichtsund Alterthumsvereine zu Posen eine eingehende Beschreibung und Statistik aller bislang bekannten bronzenen Hohlringe giebt (mit 8 Abbildungen in 7i und '/o Größe) und nach 10 Gesichtspunkten alle Erklärungsversuche übersichtlich zusammenstellt, ist dieser Ring ein am Arm oder Bein getragener Schmuck-Wulst, eine Art des Putzes, welche man in Ost- und Hinterindien seit längerer Zeit vorgefunden hat. Dr.
Schadows neuer K>ut. Zu Beginn der dreißiger Jahre dieses Jahr¬ hunderts erzählte man sich folgenden ergötzlichen Streich, den Johann Gottfried Schadow dem Staatsmanne und Polizeiminister v. Schuckmann gespielt hatte. Die Genannten waren regelmäßige Gäste der literarischen Mittwochs-Gesellschaft, aus welcher v. Schuckmann stets als Letzter schied. Eines Abends nun — es herrschte ein entsetzliches Regenwetter —, als der Minister auch seinen Hut suchte, um im verdeckten Wagen nach Hause zu fahren, fand sich wie gewöhnlich nur noch ein einziger vor, aber nicht Schuckmanns alter, sondern ein unbekannter, nagelneuer. Der Minister stutzte zwar, nahm aber den fremden Hut, um nicht, uitbedeckten Hauptes fahren zu müffen. Am nächsten Morgen erschien in seinem Minister-Hotel Schadows Diener und brachte Schuckmanns alten Hut: „Der Herr Direktor.
2b
Inhalt: Johannes Wedigen,
sich empfehlen und bittet um Austausch der richtigen Hüte." Bei dem nächsten Zusammentreffen mit Schadow fragte Schuckmann denselben neugierig und verwundert: „Wie wußten Sie nur, lieber Schadow, daß cS gerade mein Hut war, den Sie statt des Ihrigen genommen hatten?" — Sehr einfach, Excellenz; ich hatte mir gerade an dem Tage meinen neuen Hut gekauft. Weil es nun aber am Abend, als ich nach Hause gehen wollte, so entsetzlich regnete und ich wußte, daß Sie als Letzter bleiben und nach Hause fahren würde», so setzte ich Ihren Hut auf und dachte: Die Excellenz kann meinen neuen Hut hübsch trocken fahren; seinem alten schadet der Regen nichts mehr; setzte den also auf und ging davon."
läßt
eine
Berliner
Geschichte von
Oskar
Schwebet (Fortsetzung); Die Heldenstandbilder auf dem Wilhelms¬ platz, von Ferdinand Meyer (mit Abb.); Schillers Beziehungen zu Berlin, von Richard George; Das Museum des Königlichen Gym¬ nasiums zu Wittstock in der Ostprignitz; General-Versamm¬
lung der deutschen Geschichts- und Alterthums-Vereine in Posen. — Kleine Mittheilungen: Schlüssel von Schloß Grunewald (mit Abb.); Havellandschaft (mit Abb.); Kunkel als Freund der Leichen¬ verbrennung ; Ein Brief Jfflands; Aeltere Berliner Notendrücke; HausInschrift in Havelberg; Der Riesenring von Groß-Buchholz (Westprignitz)z Schadows neuer Hut. — Inserate.
P. M.
Verlagsbuchhandlung tz. Schon, Berlin W.
Mm KMiAftrik a. UMM. Fortlaufend, in Heften von
I,
der
3 Bogen
Großfolio, k sDif. 1,50; je 12 Hefte bilden einen Band.
E^eblrolechngchen H3r: die Tafeli: der Geschichte Brandenburgs! Ihr seid ein märkisch' Blut, — o eilet nicht davon; — bei Eurer Mutter Angedenken, — höret mich!" Der Offizier hatte bereits den brcitschattendcn Hut auf die dunkelbraune», lang auf den schneeigen Battistkragcn herab¬ fallende,: Locken gedrückt; doch er hemmte noch den Schritt. Der Bürgermeister Retzlau aber fuhr mit klarer Stimme fort: „Wie ist es doch so sonderbar, daß wir uns selbst entscheiden sollen, die wir eine freie Stadt nicht bildci:? — Ji: Spandau weilt der Graf von Schwartzenberg, — dort unser Kommandant! Schließt mit den: Herrn von Rochow einen Waffenstillstand; sucht bei den: Johannitermeister Schwartzcnberg Quartiere nach in unseri: beiden Städten, und es soll Euch werden, was Berlin und Kölln in ihrer Armuth noch ver¬ auch
Allein ganz ungeheuerlich erscheint mir des Hem: wir uns selbst . . . ." „Sparet die Worte, alter Herr!" rief jetzt der Schwede zornig aus. „Ich habe diesen Ausgang nicht erwartet. Ich
und Todesqual Euch zu ersparen; ich kam aus freien Stücken; denn ich habe ineinen Obristen gebeten, mich vorauszusenden; ich kam aus nicht erlosch'ner Liebe zu der alten Heimath. Ihr wollt den Kan:pf, — beit Kampf für ein zerrissene,: Banner; nun, — so sei es denn! Ich bin unschuldig an dem Blute, welches nun vergoffen werden wird." „Wir forderi: erst die Absti:::n:ung! Wir wollen dem Herrn Obrist unsere Thore öffnen!" rief jetzt der Bürgermeister
entgegen.
„Wir danken Euch für Eure Güte, edler Herr", so sprach „wir danken Euch, daß Ihr ü: unerbittlich-harter Zeit
er dann;
beidci: Städte freundlich-mild gedacht
habt. Allein ich Tag, der es gezeigt hat, daß noch Männer leben in Berlin und Kölln. O schauet nicht so finster d'rein! Er¬ klingt das holde Wort des Friedens uns auch heute nur wie eine fromme Sage: cs konunt doch, um Euch an Eure eigenen Worte zu erinnern, noch die segensvolle Zeit, daß Schwede:: :»:d die Mark sich nicht :nehr feindlich gegenüberstehen. Er¬ der
preise diesen
laubet, daß ich Euch geleite." „Ich danke Euch für Eure Dienste, Bürgerineister", entgcgiiete der schtvedische Offizier mit ernster Stimme; „ich weiß dei: Stadthof ii: Berlin selbst aufzufinden. Seiet Gott besohle,:, ehrbare und weise Herren, und inöchtet Ihr die Morgei:stni:de nie bereuen. — Nein, haltet mich nicht auf; —
Eurer Güte und bedarf einer Erquickung nicht." — Nach einer kleinen Weile sprengte der schwedische Offizier mit seinen: Begleiter vo>: den: Berliner Stadthofe an: Stralaucr Thore die gleichnamige Straße herauf, un: sich über den Mühlendannn hin den: St. Gertrauden-Thore zuzuwenden. An der Mauer des St. Petri-Kirchhofes standen, von den: goldenen Sonnenscheine des Herbstesmorgens umspielt, einige Bürger, unter ihnen der wackere Sattlermeister Arndt. Sie grüßte,:, als die Schweden pfeilgeschwind vorüberflogen. „Mein Gott", sprach Einer dann von ihnen; „wie ist der Offizier verändert! Wie fröhlich ritt er ein; wie ernst und finster zieht er jetzt dem Thore zu!" ich danke
„Es scheint, er ist ein edel Blnt", erwiderte der Meister Arndt; „dennoch kani:'s ninnner Segen bringen, wenn man den: eigenci: Vaterlai:d aus Ehrbegier den Rücken kehrt, — greift, daffelbe zu bekrieget:. Mr kam als wir ihin die Pforte öffneten. ,Wie bald vielleicht, so dachte ich, ,du heldenhafter, schöner Mann, liegst du i>: deinen: Blute mit zerriss'ncn Gliedern auf der
mögen.
ja,
selbst zur Waffe
Obristen Begehrei:, daß
ein
düster Ahnen,
>
31 Erde, die dich einst gebar! Doch eine Mutter zürnt selbst jenem Sohne nicht, der in Verblendung einst das elterliche Haus verließ. Sie nimmt ihn wiederum an ihren Busen auf, — £ und kann sie ihm auch nichts bereiten als ein Grab : sic tfmt§ "! „Ihr seid ein wundersamer Mann, Gevatter", lautete die Antwort; „nichts seht Ihr als Gespenster nur und Leichen." „Das hindert mich nicht, meine Pflicht zu thun. Allein ich dacht' mir's schon: die große Glocke von St. Peter ruft die Bürger allzumal zum Rathhaus. Ja, die,Susanna £ *) kommt heut' nimmermehr zur Ruhe. Gebe nur Gott, daß sie am Abend nicht zum Sturm läute! Kommt, Meister Borchard, —
laßt uns hören, was die Herren aus dem Rath beschlossen haben!" — Schnell versammelten sich die Bürger beider Städte um die offene Laube des Köllnischen Rathhauses. Oben, an dem Treppengeländer des hölzernen Vorbaues, stand der Bürger¬ meister Wedigen, sehr bleich und ernst auch er, aber gefaßt und ent¬ schlossen; — neben ihm der Licentiat der Rechte, Paul Matthias; — hinter ihnen jene andern acht, die für die Abweisung der Forderung des Obristen gestimmt hatten. Bald war der Platz bis zu der Friedhofsmauer drüben mit den Bürgern beider Städte dicht besetzt; — wer hatte Sinn heut' für die Arbeit, nachdem die Kunde ihm geivordcn, daß ein Offizier der schwedischen Armada eingeritten sei in Kölln? — Und bitter¬ wenig gab's ja überhaupt nur noch zu thun in dieser harten, bösen Zeit! Der Bürgermeister harrte nicht lange; dann begann er: „Seiet starken Herzens, liebe Brüder; denn es gilt den Kampf für unser letztes Gut, die Ehre! Wir sollten schwedische Besatzung nehmen; Obrist Buttler wollte mit zwei Regimentern unsere Stadt besetzen. Um jener Treue willen, welche wir dem Hause Brandenburg geschworen, — um unsrer Frauen, unsrer Töchter willen, — um des Nestes unsrer Habe willen konnten wir dem Unterhändler nicht willfahren. Nun also droht der Kampf. Der tapferste der Helden Brandenburgs kann uns nicht helfen: Obrist Kurt von Burgsdorf ist geschlagen, ja gefangen. Bei Bernau; — vielleicht, daß Trümmer seiner Regimenter sich noch zu uns sammeln. Vorläufig aber stehen wir allein! Doch Gott der Herr weiß unsere Noth : i h in trauet! Wir haben uns nun auf das Schleunigste zu waffnen. Seiet guten Muthes! Die Macht der Schweden kann nicht groß sein. Hätte Obrist Buttler uns Wohl sonst den Offizier gesendet, um zu unterhandeln? — Der Herr von Pfuel sagt zwar, er sei gekommen, uns vor Mord und Plünderung zu schützen. — Glaubt Ihr indessen, Obrist Buttler hätte das ge¬ stattet, wenn er hoffen dürfte, diese Stadt mit Kriegsmacht zu gewinnen? Wo ist in aller Welt ein Feind, der zu seinem Gegner sagt: ,Heut' Abend stürme ich ? — £
Wir
haben also
nichts
zu fürchten, wenn
wir
wachsam,
— wenn wir muthig sind. — Gehet nun und waffnet Euch! Der Herr Stadthauptmann Wenzel Scholle ist bei Herrn von Rochow in der Veste Spandau; der Würdige und Hochgelahrte Paul Matthias, Licentiat der Rechte, wird Euch führen und befehligen, bis unser Hauptmann wiederkehrt. Nun geht mit Gott! Ich selber frage in dem Schlosse an, ivcr von den Herren des Geheimen Raths anwesend ist.
*) Aus
dem Glockennamen
„Hosianna" verderbt.
müssen schleunigst Botschaft senden, daß der Herr von Rochow komme und sein Regiment zum Schutze zu uns führe.
Sie !
werden unsere Glocken rufen zu den Häusern Gottes. Wer nicht die Waffen tragen kann, der bete mit den Frauen, mit den Kindern, mit den Greisen für das
Ist Alles
;
j
!
dann gethan,
so
Wohl Berlins und Köllns an hcil'ger Stätte! Das wird uns Andern feste Herzen geben. So, nun gehabt Euch wohl! — Ihr ivißt, ich bin kein Kriegsheld; aber ftoh und siegsgewiß seh' ich Allen dein ent¬ Nein, Gott kann's nicht gegen, was da kommen möge. wollen, daß unser Brandenburg und daß die Hohenzollcrn also untergehen! Und sei es, daß wir fallen: wir sterben einen schönen Tod dann in der heiligen Pflicht, unserer Häuser Friede», unserer Altäre Heiligthümer, msscrer Greise graue Locken, unserer Frauen Ehre, unserer Kinder Zukunft bis zum letzten Augenblick geschützt zu haben. Hoch denn Berlin und Kölln!" Es war ein erhebender Augenblick; er hatte sic mit sich fortgerissen: sie jubelten ihm zu. Er aber drückte dem Licentiaten Matthias und dein Bürgermeister Retzlau die Hand; daun machte er sich Bahn nach der engen Scharren-Gassc hin und schritt die „große Straße", wie die „breite Straße" damals hieß, langsam hinab, dem Köllner Schlosse zu. — Das freundlichste Sonnenlicht lag auf dem zerfallenden Meisterwerke des alten Architekten Kaspar Theiß. Die er¬ blindeten Scheiben der zierlich geformten Fenster, die verblichenen Malereien an den offenen Erkerthürmen, das hohe Gras, welches lustig auf der „Stech- und Rennbahn" zwischen der nur aus Holz gebauten „langen Brücke" und dem starken Glockenthurm am hohen Chore des altersgrauen Domes wuchs, brachten auf dieser Stätte von Alt-Kölln den Eindruck völliger Verlassenheit hervor. Wolkenlos wölbte sich der herrliche über Herbsteshimmel dem zerbröckelnden Fürstensitze. „Du hehres Haus der Ehren", sprach der Bürgernieister vor sich hin, „wird dir wohl je die Stunde kommen, die dich wiederum erfüllt mit frohem, farbenlautein Leben wie in alten Tagen? — O hätten deine Söhne niemals dich verlassen, sondern treu mit uns geduldet, tvas die schwere Zeit uns auferlegt! Doch sei es, wie sei es: wir Bürger wollen thun, was das Gewissen uns gebeut!" Johannes Wedigen trat in das gewölbte Thor unter dem großen Mittelaltane. Keine Wache fragte nach seinem Begehr oder verwehrte ihm den Eintritt. Dumpf hallte sein Schritt von den Wänden der mit Fliesen belegten Halle zurück. Die tiefste Einsamkeit auch auf dem Schloßhofe: um ein paar Steinbildnereien — es waren Kurfürstengestalten, welche von einer Galerie herab in das hohe Gras gesunken waren, — zwit¬ scherten die Spatzen. „Ist denn Alles ausgestorben?" fragte sich der Bürgermeister. — Doch nein! Dort aus der kleinen Thür am Ende der Arkaden trat ein greiser Diener hervor; langsamen, zitternden Schrittes näherte er sich dem Bürger¬ meister, welcher ihm eilig entgegenschritt.
„Mein
ivackrer Berthold,
hast Du denn das Stürmen ftagte Wedigen den stadtbekannten Mann. „Die Magd, die Dore, sagt, die Schweden kämen. Auf ist sie und davon! Ich wollte bleiben, meiner Pflicht getreu. Was liegt daran, ob sie mich schinden oder tödten? Sie schenken mir doch nur, was ich so heiß ersehne: Grabes¬ frieden." (Fortsetzung folgt.)
nicht gehört?"
so
32 auch versprochen, bei ehester Gelegenheit das Tausend
Schillers Beziehungen zn Berlin. Von Richard George.
voll
zu
Doch bitte ich Dich, die Sache noch geheiin zu halten, weil meine Negotiation in Berlin noch nicht abgebrochen ist,
machen.
(Schluß.)
In
Weimar angelangt, theilte Schiller dem Herzoge Karl August die Sachlage ganz offen mit; er bat ihn ain 5. Juni schriftlich um eine Gehaltszulage, wozu wir beiuerkeil wollen, daß der Dichter bis dahin nlir ein Jahrgehalt von 400 Thlrn. bezogen hatte. Auf diesen Brief vom 5. Mai antwortete der
vielleicht thun läßt, beide Verhältniffe zu vereinigen; denn auch das hat der Herzog mir erlaubt, wenn man in Berlin daiilit zufrieden ist, daß ich nicht ganz hinziehe, sondern nur gewisse Zeiten im Jahr dort zubringe. Ich erwarte nun in Kurzem von dorther Antwort und wird akkordirt, so stehen
Herzog (laut Schillers Malender) ohne bindendes Versprechen, sich nach denjenigen Mitteln erkundigte, „durch welche er den ihm so erfreulichen Vorsatz zu bleiben belohnen könne,
meine Sachen auf einem guten Fuße.
und es
sich
Dein
indem er
und wodurch er Schillers Existenz als Hausvater
in
eine Lage
zu bringen vermöchte, die für die Dauer den Dichter nicht be¬ reuen ließe, das kleinere Verhältniß dem größeren vorgezogen Bereits nach ztvei Tagen bclvilligte er Schiller, zu haben."
Sch." Näher erläutert Schiller seine Wünsche betreffs eines theilweisen Aufeilthaltes in Berlin in einem ausführlichen Schreiben an den Kabinetsrath Nehme vom 18. Juni 1805: „Nach den gütigen Aeußerungen, die Sie mir in Potsdam
Fischottern.
dessen Rückäußerung wir nichts anzugeben vermögen, eine Erhöhung des Gehaltes auf 800 Thlr. und begleitete diese Er¬ höhung mit den liebenswürdigen Worten: „Empfangen Sie, werthester Freund, meinen wärmsten Dank. Ich freue mich unendlich, Sie für immer den Unsrigen nennen zu können. (Carl Auglists erstes Anknüpfen mit Schiller, Stuttg. 1855, Nr. 11, 12.) Die Art und Weise, in welcher Schiller bei dieser Angclegenhcit vorging, legt Zeugniß davon ab, daß ihn der Kampf um das Dasein gelehrt hatte, jede sich ihin darbietende günstige
über
Sein praktischer Sinn geht nament¬ lich auch daraus hervor, daß er versuchte, beide Verhältniffe, das in Weimar und das in Berlin zu vereinigen, worüber er sich in einem Schreibcit an Körner am 3. Juli ausläßt: „In Absicht auf meine Berliner Angelegenheit ist soviel entschieden, daß ich auf keinen Fall aus meinen hiesigen Ver¬ hältnissen trete. Der Herzog hat sich sehr generös gegen mich betragen und mir meine Besoldung auf 800 Rthlr. erhöht. Gelegenheit auszunützen.
gethan, nehme ich keinen Anstand, Ihnen meine Wünsche mit der Freimüthigkeit 311 entdecken, die ich den großinüthigen Ab¬ sichten
des
Königs und Ihren wohlwollenden Gesinnungen
schuldig bin.
Daß ein längerer Aufenthalt in Berlin mich fähig machen ivürde, in meiner Kunst vorzuschrciten und in das Ganze der dortigen Theateranstalt zweckmäßiger einzugreifen, zweifle ich keinen Augenblick; aber eine gänzliche Versetzung von Weimar nach Berlin mit einer zahlreichen Familie würde ich nur unter Bedingungen ausführen können, welche die Bescheidenheit mir nicht zu machen erlaubt. Doch auch schon der Aufenthalt von mehreren Monaten des Jahres zu Berlin würde vollkominen hinreichend sein, jenen Zweck zu erfüllen. Ich würde durch eine solche Abwechselung meines Aufenthaltes die beiden Vortheile vereinigen, welche das rege Leben einer großen Stadt zur Bereicherung des Geistes und die stillen Verhältniffe einer kleinen zur ruhigen Sammlung darbieten; denn aus der größeren Welt schöpft zwar der Dichter
33
Soff, aber in der Abgezogenheit und Stille muß er ihn verarbeiten. Da cs die großmüthige Absicht des Königs ist, mich in diejenige Lage zu versetzen, die meiner Geistesthätigkeit die günstigste ist, so darf ich von seiner Gnade erwarten, daß Seine Majestät mir dieses Glück unter derjenigen Bedingung seinen
zusagen werden, von welcher es unzertrennlich ist.
Zweitausend kommen in den
Thlr. jährlichen Gehalt werden
Stand
mich voll¬
Zeit des Jahres in leben und ein Bürger des Staates zu
setzen,
die nöthige
Berlin mit Anstand zu sein, den die ruhmvolle Regierung des vortrefflicheil Königs beglückt."
Ob die von Schiller vorgeschlagene Regelung der Ange¬ legenheit in Berlin Beifall fand, muß dahingestellt bleiben; jedenfalls ließ man den Dichter Monate lang ohne Nachricht,
untern: 11. Oktober an Körner schrieb: „Von Berlin habe ich noch nichts weiter vernommen, ver¬ muthlich will man die Sache fallen lassen, weil ich auf meinem fixen Aufenthalt in Weimar und der Fortdauer meiner hiesigen Verhältnisse bestanden habe. Ohnehin hätte ich jedes Engagement in meinen jetzigen Verhältnissen ausschlagen müssen, da ich meiner Gesundheit gar nicht viel zutrauen kann. Auch kann ich. niit meinen jetzigen Verhältnissen recht wohl zufrieden sein, und es ist nicht unmöglich, daß sie sich noch weiter verbessern, da unsere Erbprinzessin, wie ich höre, gute Gesinnungen für mich so daß er
mitbringt." Bei dein ungemein freundlichen Entgegenkommen, das Schiller bei Karl August gefunden, der für ihn gethan, was nur irgend in seinen Kräften stand, glauben wir nicht, daß den Dichter der Abbrnch der Verhandlungen allzusehr schmerzte, da nainentlich auch sein ganzes Fühlen und Denken aufs innigste mit dein Musensitz in Weimar verwachsen war. Wie dem nun auch sein mag, Schillers Gattin athmete jedenfalls erleichtert auf, als sie sich der Gefahr entrückt sah, mit ihren: Gatten nach Berlin zu gehen; denn ihr gefiel es thatsächlich nicht in Berlin, und am 9. Dezember 1804 giebt sie in einem Schreiben an Fritz von Stein mit folgenden Worten ihrer Erleichterung Ausdruck: und ich durfte nicht
nein sagen,
denn ich
„Ich wollte wollte Schiller seine ganze Freiheit lassen, und nichts für mich selbst wünschen, da es die Existenz meiner Familie betraf, aber ich wäre recht unglücklich in Berlin gewesen. Die Natur dort hätte mich zur Verzweiflung gebracht. Sie wissen, daß es um uns herum auch nicht gerade schön ist, aber ich ineinte fast, als ich die ersten Bergspitzen wieder erblickte. Diese Krisis hat und sehr auf meine Gesundheit eingewirkt, ich hatte Fieber meine durch und Schiller scheinen gefaßt wollte Angst, ich Wünsche nicht beschränken." (Briefe von Goethe rc. an Friedr.
Freih. von Stein. Leipzig 1846. S. 160.) Nicht lange mehr sollte es Lotte vergönnt sein, an der Seite ihres Gatten zu leben: am 9. Mai des folgenden Jahres un¬ wurde er ihr und dem ganzen deutschen Volke durch den danmlige die bezeichnend für ist Es erbittlichen Tod entrissen. Zeitung" das Ableben des Presse Berlins, daß die „Ungersche später, an: 16. Mai 1805 Tage Mannes erst sieben
Württembcrger, seiner ersten Bestinunung nach Arzt, den aber sein überwiegendes Talent bald zur Poesie als Hauptgegenstand seiner Beschäftigung führte. In: Jahre 1802 ward er von: Kaiser in den Adelstand erhoben; er starb als sachsen-wcimarschcr Hofrath und Professor ordinarius zu Jena." Nach dieser trockenen Notiz dürfen wir nicht die ungemein hohe Verehrung beinessen, welche Schiller schon bei seinen Leb¬
in Berlin genoß. Für diese spricht nebe» ben Ehren¬ mit welchen man ihn in unserer Vaterstadt einpfing, vor allem auch die häufige Wiederholung seiner großen Drainen; cs dürfte für den Leser dieser Blätter von Interesse sein zu zeiten
bezeugungen,
erfahren, wann die Werke unseres populärste,: Dichters zun: ersten Male über die Bretter der hiesigen Bühne gingen, ivobei wir dem Werke „Erinnerung an Schiller" von Teichinann folgen. Es wurden zum ersten Male in Berlin aufgeführt: „Die Räuber" 1. Januar 1783, „Fiesco" 8 . März 1784, „Kabale und Liebe" 27. November 1784, „Don Carlos" 22 . November 1788,
„Piccolomini" 18. Februar 1799. „Wallensteins Tod" 17. Mai 1799, „Maria Stuart" 8 . Januar 1801, „Jungfrau" 23. Septcinber 1801, „Braut von Messina" 14. Juni 1803, „Wallenstein" 28. März 1803, „Tell" 4. Juli 1804. Zun: Schluß wollen wir noch die Frage erörtern, ob König Friedrich Wilhelm III. mit dem Wunsche Schillers einverstanden gewesen, nur einen Theil des Jahres in Berlin zuzubringen. Diese Frage kan: noch eininal zur öffentlichen Diskussion, als Goethe in seiner Zueignungsschrift seines Brief¬ wechsels mit Schiller an den König von Bayern indirekt den Fürsten Deutschlands den Vorwurf inachte, sie seien seinem verstorbenen Freunde keine Beschützer gewesen. Gegen diesen Vorwurf vertheidigte v. Behme Friedrich Wilhelm III., indem er durch das „Intelligenz-Blatt" der allgeineinen
Litteraturzeitung (Nr. 30, April 1830) eine Berichtigung ver¬ öffentlichte, in der er zur Kenntniß brachte, daß der König Schiller, als dieser den Wunsch geäußert hatte, sich in Berlin niederzulassen und deshalb nach Potsdam gekonnnen war, aus Allerhöchsteigener Bewegung ein Gnadengehalt von jährlich 3000 Thlr., nebst freiem Gebrauch einer Hofequipage zugesichert hatte. „Nur dessen nachher erfolgte Krankheit und frühzeitiger Tod", heißt es daselbst „haben den großinüthigcn Monarchen und unser engeres Vaterland um den Vorzug gebracht, in Schiller einen ausgezeichneten Preußen n:ehr zu zählen." Aus den Worten des Schlußsatzes ließe sich herauslesen, daß
Friedrich Wilhelm
einverstanden gewesen.
der edlen Denkart dieses Monarchen entsprechen.
Ältberliner Hausinschriften und Wahrzeichen. Von Oskar Schwebet.
großen
mit den dürren Worten meldete: „Aus Weimar ist die für die deutsche Literatur höchst daselbst
der berühntte
traurige Nachricht eingegangen, daß seinen: sechsundvierzigsten Lebens¬ Dichter, Herr von Schiller, in Schiller war bekanntlich ein jahre plötzlich gestorben ist.
III.
mit dem Schillerschen Wunsche Diese Annahme würde ganz und gar
Inschriften begegnen uns an Berliner Häusern heut' nur noch Auch das stolze, selbstbewußte „Frey-Haus" ist mehr und mehr verschwunden, seitdem die Freihaus-Gercchtigkeit selbst gefallen ist. Erfreulich ist's, daß in jüngster Zeit hier und dort ein Hausbesitzer ein „Salve“ in das Mosaik-Pflaster des Einganges sehr selten.
34 zu seinem Grundstücke einzeichnen läßt; — erfreulicher noch, daß der „Verein für die Geschichte Berlins" den großen Männern der städtischen Vergangenheit an ihren Wohnsitzen seine schönen
Auf
diesem Wege sind
tafeln stiftet. mehr dahin gelangt, doch wenigstens
j
Marmor-
„Der j
in diesen, der Geschichte unserer guten und großen Blättern einmal zusammenzustellen, was in ge¬ gewidmeten Stadt schriebenen und gedruckten Nachrichten uns von altberliner Hausscheint es uns,
inschriften, Wahrzeichen u. s. w. erhalten geblieben ist. Es sind zunächst die „blemoiabilia Berolinensia“ des wackeren Pastors Jakob Schmidt vom „heiligen Geiste", — „an's Licht
So bringt
er z.
B.
die
War
Dir
un
es schon
ick
damals „berlinisch", zu sagen:
bestraffe
Dir?" —
Viel
„Ick
belohne
Kopfzerbrechen macht Herrn
anders gedeutet werden zu müffen. Der Bär ist Symbol und der Löwe Sinnbild des Südens; die grüne Linde aber ist der schattende Baum des Wirthshauses selbst; der schild
des Nordens
der: in gutem Frieden
des Zeichens ist also
zusammen." — Recht wichtig und oft übersehen ist fcmer jenes Wappen vom
„Hier findet
sich
alle Welt
mit
Bär,
so
in Berlin zu
St. Jürgen
sehen, mag
wohl derjenichte
oder jetzt so benannten Königs-Thore
den beyden Fordcr-Tatschen, gleich wie
Er,
von Eisen,
Pique haltend. Er hat ein Loch in der Mitte; — ob cs vom Alterthume oder von einem Schuß herrühre, kan ich nicht sagen." — Die Darstellung des Berliner Bärs als eines ge¬ panzerten und gcwaffncten Thieres erinnert übrigens lebhaft an die „Schildhaltcr" des Wappens der streitbaren Stadt Bern. Dietrich von Bern (Verona) führt gleichfalls den Bären im Wappen. Bekannt ist ferner, daß es auch einen „feucht-fröhlichen" Ort in dem alten Berlin gab, dessen Schild den Bären trug. Es war der Weinkeller im Hause des Dr. med. von Gerresheim, eines um unsere Stadt überaus verdienten Arztes, dessen schönes Monument sich auf der Nvrdseite des hohen Chores von St. Nikolai befindet. Der Herr von Gerresheim führte selbst ein springendes Reh als Wappcnzcichen in seinem Siegel; der Küfer in seinem Hause in der Spandauerstraße aber hatte einen schwarzen Bären zum glück¬ bringenden Symbole sich erkoren. Wie wir durch unsern ehrwürdigen Herrn Gewährsmann des Weiteren erfahren, befand fick) in der Sttalauer Kirche ehedem eine Glasmalerei aus dem Jahre 1630: eine Wappenscheibe, welche die Inschrift trug: „Valentin Ncumeister, Rathsverwandter und Gastwirth in
Berlin zum sck)wartzcn Bären." Die Scheibe ist selbstverständlich zu Grunde gegangen; indessen ist cs uns gelungen, auf einem Zorn'schen Grabsteine in St. Nikolai das Neumeistcr'schc Wappen wieder aufzufinden. Auf dem Helme desselben befindet sich ein halbes, springendes Einhorn von goldener Farbe; der Schild ist blau und wird durch einen goldenen Schräg¬ balken von links nach rechts überdeckt, auf welchem drei rothe Im oberen Eck prangt ein halber, befinden. sich Rosen sechsstrahliger goldener Stern, — im unteren lodern sieben
Dieu!“
Schmidt demnächst ein Freihaus-Wahrzeichen in der Spandauerstraßc. Dasselbe bestand aus einem grünen Baume, „an deffen Stamnie auf der einen Seite ein Bär, aus der andern ein Löwe aufgerichtet standen, als wenn sie zusammen stritten" . . Pastor Schmidt behauptet, daß das also bezeichnete Haus vordem der Stadtkellcr gewesen, was indeß entschieden eine irrthümliche Angabe ist; denn der Stadtkeller befand sich stets in dem Rathhause selbst. Er meint ferner, dieses Wahrzeichen beziehe sich wohl auf die Kämpfe des Bären Albrecht mit dem Löwen Heinrich. Von der Existenz des großen Welfen hatte indeß der Berliner Spießbürger eben so wenig eine Ahnung wie noch heute. Uns scheint dies Gasthofs¬
Sinn
I
Inschrift des
Das „au Dieu“ ist wohl nur ein grammatikalischer Schnitzer des alten Herrn. Eine ernste Sprache aber redet die Inschrift des Prediger-Wittwen-Hauses von St. Nikolai und St. Marien am „Neuen Markte". Dieselbe lautet: „Geistlicher Wittwen beyder Pfarren und des Hospitales zu Berlin verwilligtes Frey-Haus. Hütet euch, Wittwen und Weysen zu beleidigen; denn sie haben Gott zum Richter und den Aller¬ höchsten zum Pater, welcher ihren (sie) Wohlthätern reichlich be¬ lohnen, ihren Verfolgern ernstlich bestraffen wird." —
stehet,
den
eine eiserne
„Rippe" am Molkenmarkte und einige Wappenschilder hinzu, so haben wir wohl Alles beisammen, was den Häusern von Berlin noch heute eine Sprache nach außen hin verleiht. Das ist freilich nur bitter wenig. Um so nothwendiger er¬
mit aller Sorgfalt nach.
älteste
sein, der auf
in bedeutsam-monumentaler Weise Zeugniß geben und Wirken der Altvordern. Nehmen wir die Walten von dem „französische Kanonenkugel" in der Prenzlauerstraße, — einige Herbergszcichen, einige Wirthshausschilder, z. B. die bekannte
Hauses eines Rcfugie's an der „Neuen Stechbahn": „O, quu l’homme est prudent (et) sage, qui se eonsie au
stand dort, wo heute sich die
also beschreibt:
wir — Gott Lob! — nun¬ einige „redende Häuser" zu
gegeben 1729 aus Liebe zum Vaterlande und zum Ruhme der Königlichen Preußischen, Marggräflichen und Churfürstlichen Residentz und Veste Berlin", welche hier in Betracht kommen. Trotz aller Seltsamkeiten seines Geschmackes besaß der alte Pastor Schmidt doch einen wahrhaft historischen und monumentalen Sinn; er hat mit Fleiße darum Alles aufgezeichnet, was ihm noch erreichbar war. Da die „Memorabilia“ äußerst selten geworden sind, excerpircn ivir sie hier bezüglich unseres Zweckes. — „Wer hat die Grund-Stcin-Jnscriptiones gesehen und abge¬ schrieben'^" — Also fragt der gute, alte Pastor. Er beantwortet Also wird man sic auch sich seine Frage dann selber: „Niemand! niemals wiedersehen!" und er fügt noch hinzu: „Auch etliche Häuser hatten ihre alten Jnscriptiones; — bei Meliorirung derselben aber sind sie erloschen." Was er selber noch gesehen hat, trägt er daher
letztere
Neue Friedrichsstraße mit der Königssttaße kreuzt, welches Schmidt
welche
besitzen,
St. Jürgenthorc — das
!
Feuerfunken. Von edler Mildthätigkeit und echter Bürgertugend erzählt in beredter Sprache uns sodann die Inschrift des alten Kornmesserschen Waisenhauses in der Klosterstraße. Nach Schmidt's Angabe lautete dieselbe:
„GOTT zu Ehren, Verlassenen Waysen zum Trost,
j
!
Rechtschaffenen Christen zur Aufmunterung und Nachfolge,
Hat dieses Waysen-Hauß willig gestifftet Frau MARIA PEDY, Herrn Joachim Friedrich Kornmessers, König!. Preuß. Hof Raths und Bürgermeisters allhicr, gewesene Ehegattin und nachgelaffene Wittbe im Jahre Christi
MDCCXX. Liebster Leser, bitte Gott, daß er dergleichen Wohlthäter erwecke, und tritt selbsten in die Fußstapffen derjenigen, die so löblich
vorangegangen." —
Aus der benachbarten Stralaucr Straße weiß Schmidt sodann drei merkwürdige Haus-Inschriften anzuführen. Die erste derselben lautet: „Deus omnia bene fecit“; bildet also das Präteritum zu Rodigast's: „Was Gott thut, das ist wohl gethan!"; — die zweite aber sagt den lieben Nachbarn nicht eben eine Schmeichelei, indem sie dem folgenden, übrigens durchaus wohlbegründeten Bedenken Ausdruck verleiht: sie
„Es wird
meyner Seelen bange zu wohnen bey denen, die den Frieden Haffen"; — die dritte endlich ist in lateinischer Sprache abgefaßt; — wir übersetzen sie sogleich: „Bald, lieber Leser, wird's um dich geschehen sein; siehe also
35 '
Heute schaust du noch das Licht der zu. Wie du gelebt hast. Sonnen; morgen aber vielleicht nicht mehr. Sei also kein Thor.
.
:
,Wie kannst du denken, lange noch zu leben. Da über deinem ,morgen" tiefe Dunkel schweben?" Wie viele Menschen, welche auf ein langes Leben gehofft haben, sind furchtbar enttäuscht und plötzlich abgerufen worden! Wie Dost hast du nicht selbst in Hinsicht auf einen Fremden das Wort «Vernommen: ,Ach, der ist nun schon lange todt!" Tod und Ewigkeit: das also ist unser aller Ziel! Wie ein Schatten gehet der Mensch dahin. So wird auch dahingehen er, der dieses Haus gebaut hat: F. A. S., und seine Stätte wird nicht mehr zu finden sein." Welch' einen charakteristischen Beitrag zur Geschichte des Ber¬ liner Bürgcrthumes bildet diese tiefernste, edel gehaltene Inschrift! Wohl dürfen wir mit Ehrerbietung der tiefen Frömmigkeit unserer Vorfahren gedenken! So war z. B. an einem Hause am Königsthorc der geheimnißvolle Kampf Jakobs mit Jehova bei Pniel, Genesis XXXII., abgebildet und darunter standen die Worte: •
•
„Ich
laste dich nicht, du seegnest mich denn.
Jakob Lange."
Berliner Wirthshausnamen der Jahre 1720 bis 1730. Schmidt schreibt also: „Es lvgircn, haben Stallung und speisen: Samuel Mühl in der h. Geiststraße, nahe am Posthause in der ,Stadt Straußberg". Frau Schönhauerin in der h. Geiststraße im güldenen Arme". Brand in der Spandauerstraße im ,güldenen Ancker". M Krüger am Molcken-Markte im .Römischen Kayser". Einer Erklärung bedarf hier nur .der güldene Arm": — er ist das Höchst interessant sind ferner die
altgermanische Symbol thatkräftiger, wirksamer Hülfe. Zu einem Mnglücksvogel sagen wir beim Kartenspiele ja noch heute: „Du könntest Dir die Finger vergolden lassen." odann fährt Herr Schmidt des Weiteren fort:
„Es logiren und speisen: Corvinus in der h. Geiststraße in der .weißen Taube" und Tcerbusch in der h. Geiststraße im .preußischen Wagen". R Die Taube als Wirthshaussymbol ist wohl darauf zurückzuführen, daß der h. Geist, der „Paraklct", schon in der heiligen Schrift '& Führer der Irrenden erscheint. Das Hospital San Spirito in |m war einst Asyl gesammter Pilgerschaft von deutscher Herkunft, midt schließt endlich: „Es logiren und haben Stallung: ndreae in der Spandauerstraße in der .Stadt Ruppin". chleunitz in der Königsstraße im .güldenen Löwen", roll in der Jüdcnstraße im .weißen Schwan". —" Die „Stadt Ruppin" war eine uralte Herberge, anscheinend st das Absteige-Quartier der Lindowcr Grafen, der Herren zu Pin, später der Ruppiner Tuchmacher. Den „güldenen Löwen" en wir mit Sicherheit nicht zu erklären; an die habsburgische», isch-pfälzischen oder lützelburgischen Wappcnlöwen dürfte hier 1 kaum zu denken sein. Der „Schwan" aber ist recht eigentlich -Vogel der Wandernden, — nach tiefsinniger, deutscher Sage auch der Geleiter der Heimathlosen. Wodans Schwanenjungtragen an ihrer liebewarmen Brust nicht allein den rühmlich der Wahlstatt Gefallenen zu dem himmlischen Freudensaale mf, mit schneeigen Fittigen den goldenen Zinnen Walhalla's d; — nein sie erquicken droben auch den speeresmüden
M
f
n und schänken ihm den schäumenden Trank. Welch' eine Poesie liegt also darin, gerade den Schwan zum Wirthszeichen zu
erwählen! —
Oer Frenndschaststempel im Park von Sanssouci. Von H. Wagener—Potsdam.
Die letzten Lebenstagc Kaiser Friedrichs III. haben die Auf¬ Welt auf seine letzte Wohnstätte gelenkt,
merksamkeit der gesammten
in der zugleich
seine Wiege stand, und
die Zeuge seines überaus
Es ist der Pracht¬ bau seines erhabenen Ahnen Friedrichs des Großen, dem er in richtiger Würdigung dieses großartigen Pallastes eines Palladio statt der charakterlosen Bezeichnung „Neues Palais" de» stolzen glücklichen Familienlebens als Kronprinz war.
Namen „Friedrichskron" beilegte. In unmittelbarer Nähe des Schlosses, liebevoll von dem dunklen Grün alter Buchen, Linden und Tannen umrahmt, steht am Saum eines weiten Rascnparterres ein weißschimmernder Marmortcmpel, welchen Friedrich der Große zur Erinnerung an seine Lieblingsschtvester Wilhelmine, Markgräfin von Bayreuth, er¬ richtete, und in dem er die Statue der Fürstin aufstellen ließ. Friedrich II. schreibt in einem Briefe an Voltaire von diesem Tempel, Potsdam, 24. Oktober 1773: „Mag es Schwachheit oder übertriebene Verehrung sein, genug, ich habe für diese Schwester ausgeführt, worauf Cicero für seine Tullia dachte, und ihr zu Ehren einen Tempel der Freundschaft errichten lassen. Im Hinter¬ grund steht ihre Statue und an jeder Säule ist ein Medaillon eines Helden, der sich durch Freundschaft berühmt gemacht hat. Der Tempel liegt in einem Bosquct meines Gartens, und ich gehe oft dahin, um an den großen Verlust und das Glück zu denken,
das ich ehemals genoß."
Die Markgräsin Wilhelmine, älteste Tochter König Friedrich Wilhelms I., auch älter als Friedrich II., war eine überaus geist¬ volle Prinzessin, ihrem Bruder, dem großen König, geistesverwandt, von diesem deshalb hochverehrt und geliebt, aber leider klatsch¬ süchtig und gegen ihren Vater boshaft und herzlos.
Eiligst bemüht, für ihren geliebten Bruder den Frieden mit Tod gerade an dem Unglückstage von Hochkirch, 14. Oktober 1758, an dem Daun Friedrichs Heer nur durch feigen Ueberfall zu erschüttern, aber nicht zu vernichten vermochte. Noch zwei Tage vor ihrem Ende hatte Friedrich mitten im Waffengetümmel und Lagerleben, aus seinen Feinden zu vermitteln, ereilte sie unerwartet der
Zelt bei Rodewitz, eine poetische Epistel an die geliebte Schwester gerichtet, ohne zu ahnen, daß ihm der tückische Tod so schnell die Theure entreißen würde. Wilhelmine war die Dritte in der Reihe der theuren Familien¬ glieder, welche der Tod in kurzer Zeit aus Friedrichs Nähe riß. dem
Erst war seine von ihm so hoch verehrte Mutter, Ende 1757, dann 1758 sein Bruder, Prinz August Wilhelm, der Vater des nach¬ maligen Königs Friedrich Wilhelms II. und nun sie, seine Jugend¬ gespielin und Geistesverwandte von seiner Seite gewichen! Wirklichkeit, ein unglücksvoller Tag, dieser 14. Oktober 1758! Friedrich versucht seinem tiefen Schmerz über den Verlust seiner geliebten Schwester Ausdruck zu geben in den Briefen an seine Freunde. So schreibt er an Voltaire im Oktober: „Sic
In
haben meinen Schmerz leicht nach dem Verluste beurtheilen können, der mich betroffen hat. Manches Unglück läßt sich durch Stand¬ haftigkeit und einigen Muth wieder ausgleichen: aber bei manchem andern ist alle Festigkeit, mit der man sich- waffnen mag, und Alles, was uns die Philosophen sagen, nur unnütz. So ist das Unglück, womit mein Unstern mich in dem mißlichsten und geschäfts¬
vollsten Augenblicken meines Lebens überhäuft." — Voltaire übersandte als Antwort in nächster Zeit die vielgclesene Ode auf die Verblichene, von welcher Friedrich so schmeichlerisch dem großen Franzosen schrieb: „sie habe ihn seit fünf Monaten den ersten trostreichen Augenblick gegeben." — Doch dem Bruder genügte dieses poetische Denkmal nicht für immer. Friedrich wollte seiner Schwester
ein monumentales Denkmal,
das zugleich ein
36 sinniges Opfer der Liebe und Freundschaft sei, errichten. Freilich hinderte die Ausführung dieses Gedankens der Krieg, und selbst nach dem Friedensschluß 1763 kam die Idee nicht gleich zur Ausführung. Erst zehn Jahre nach dem Tode der Markgräfin, im Jahre 1768, ward der Bau des Denkmals begonnen, das Friedrich selbst den „Frcundschaftstempcl" nannte.
Unmittelbar nach Beendigung des dritten schlesischen Krieges, im Frühling dcS Jahres 1763, hatte der König den Bau des Schlosses „Friedrichskron" am Ende des Parks von Sanssouci be¬ fohlen. Die fast tägliche Gegenwart des Monarchen auf dem Bauplätze, der kaum eine halbe Stunde vom Schlosse Sanssouci entfernt ist, trieb Baumeister und Arbeiter zur Eile an, so daß der König schon nach zwei Jahren, 1765, im südlichen Schloßflügel, dem Pavillon Trianon, wohnen, arbeiten und dort Gesell¬ schaften geben konnte. Von den hohen Fenstern dieses Pavillons auS überflog sein Blick die weite Wiescnfläche bis zum heutigen Charlottenhof hin, damals an der Grenze des Parks von einem breiten Graben besäumt, der heute zugeschüttet, verschwunden ist, wie denn auch jene Wiesenfläche neuerdings ist und Gartcnanlagen im englischen Stil trägt.
bedeutend
erhöht
Hier, wenige hundert Schritt von dem Schlosse entfernt, wo mit seinen hohen Bäumen und dunklen Büschen an die flache, gesträuchlose Wiese stieß, ließ der König den Tempel erbauen, den er der Erinnerung an seine ihm unvergeßliche Schwester widmen wollte. Friedrich entwarf den Bauplan selbst und übergab ihn zur weiteren Ausführung seinem Baumeister Gontard mit dem Befehl, nur Bavrcuther Künstler mit dem Bau zu betrauen. Auch in diesem kleinen Zuge wußte der Monarch noch das Andenken an die Markgräfin von Bayreuth zu ehren, wobei allerdings zu be¬ merken ist, daß damals in Potsdam mehrere Bildhauer und Stuckateure aus Bayreuth für den König schon seit längerer Zeit in Arbeit standen. Der Bau ward sofort 1768 begonnen und ganz aus carrarischem Marmor aufgeführt. Das sumpfige Terrain bedingte ein erhöhtes Fundament. Am Rande der kreisrunde» Basis stehen paarweise acht freistehende kannelirtc Säulen korinthischer Ordnung mit niedrigen Sockeln, von denen jede ein rundes Medaillon mit dem Relief-Profile eines griechischen Helden zeigt, der sich durch ein Frcundschaftsbündniß mit einem andern Helden berühmt gemacht hat. Die Umschriften nennen Herakles und Philoktct, Orest und Pyladcs, Thescus und Pinthous, Risus und Euryalus. An der Nordseite des Tempels, wo er sich an das Gebüsch anlehnt, steigt auf der Basis eine ziemlich breite Marmorwand empor, welche mit den Säulen gemeinschaftlich die mit Kupfer ge¬ deckte Kuppel des Tempels trägt. Somit erscheint der Tempel als eine runde von Säulen getragene Halle. Korinthische Pilaster selbem die Rückwand. Diese erhielt in der Mitte eine Nische, welche die sitzende Statue der Markgräsin aufnahm. Das Haupt ruht nachdenkend auf der Linken, die sich auf der Lehne des Armscsiels stützt, die Rechte hält ein aufgeschlagenes Buch und unter dem Arm schaut das Wachtelhündchen der Fürstin hervor. Die Füße sind nach antiker Art mit Sandalen bekleidet, doch ist der eine durch daS Gctvand verhüllt. Der taktvolle Künstler wußte so den nicht wohlgestalteten Fuß ungesucht zu verhüllen. Der der laubrciche Park
im Rokkokostyl. Das Ganze ist ein Werk der Bildhauer Gebrüder Ränz aus Bayreuth. — Ein ausgeschwungener Aufgang von sechs Marmorstufen führt an der Südseite in den Tempel, dessen Fußboden ebenfalls karrarischcr Marmor ist, außerdem kennzeichnet diesen Eingang zum Tempel Armsessel ist ein zeitgemäßer
Kuppel. Tempel in seiner zarten Weiße hebt sich von dem dunklen Grün des Parks malerisch ab, und macht in seiner auch ein einfaches Frontispice an der
Der
schmucke
Einsamkeit und
Stille hier, wo der Park weniger von
der Menge auf ein sinniges Gemüth den süßen Eindruck stillen Friedens und traulicher Ruhe. Man kann sich des sentimentalen Hauches, der auf dieser Scenerie lagert, nicht erwehren, namentlich wenn der Abendsonne lange Goldfäden sich durchs Geäst flechten und ihre Lichtnetze auf Säule und Rasen werfen, oder wenn der leise Hauch des Windes durch die hohen Gipfel der Buchen und Platanen schlüpft und das Gezweig sich liebend über das Kuppeldach beugt. — der Spaziergänger
betreten wird,
In jüngster Zeit hat man auf dem Rasenparterre vor dem Tempel zwischen Rasenstücken die antike Bronzestatue eines „Diskus¬ werfers" aufgestellt; wogegen der berühmte Gartenkünstler Peter Lenne bei Antritt der Regierung König Friedrich Wilhelms IV. diesen König zu bestimmen suchte, das wiesige und zum Theil so¬ gar moorige Terrain vor dem Tempel bis Charlottcnhof hin aushebcn zu lassen und an dessen Stelle einen klaren See zu schaffen mit anmuthig geschwungenen Ufern, in dessen stillem Spiegel das keusche Bild des Tempels und der dunkel belaubten Seeufer widerstrahlen sollte. Ein Tempel, gewidmet der Freundschaft und Liebe, konnte, noch dazu in einer so eigenartigen Umgebung, dem Nachfolger des großen Friedrich, dem sentimentalen und weichmüthigen König Friedrich Wilhelm II., als ein geeigneter Ort zu weihevollen Be¬ trachtungen und mystischen Handlungen nicht entgehen. Er erkannte sofort und schätzte den Werth einer Anlage, die sich so vortrefflich zu Schäferspielen, Opferfeten und mystischen, räthsclhaften Vor¬ gängen eignete. — Der König, ein hingebender Verehrer der Frei¬ maurerei und Roscnkreuzer, auch noch in seinem Wahne vollständig von solchen Gauklern, wie Bischoffswcrdcr und Wöllner bestärkt, war nur ein Sohn seiner Zeit. Das Weiche, Verschwommene, Gefühlsselige, was die Gebildeten jener Tage fast ohne Ausnahme zur Schau tragen zu müssen glaubten, bildete mit die Grundlage seines sonst so offenen, ehrlichen Charakters. Nur hieraus sind die eigenartigen Vorgänge zu erklären, welche unter seiner Regierung sich im Freundschaftstempel abspielten. So wurde dem Frcundschaftstempcl bei den Festlichkeiten in den Tagen der Doppelvermählung der Töchter des Königs, Prin¬ zessin Friederike mit dem Herzoge von Uork und ihrer Schwester Wilhclmine mit dem Erbprinzen von Oranien, im Jahre 1791, auch eine besondere Rolle zugedacht, während die mannigfaltigen Ver¬ gnügungen und Belustigungen zum großen Theil in und uni Schloß Friedrichskron, auf Sanssouci und in Monbijou gefeiert wurden. Auf Veranlassung der Gräfin Lichtcnau wurde am 5. August 1791 Der Abends im Freundschaststempel ein Opferfest veranstaltet. Tempel war magisch erleuchtet und mit Guirlanden, welche sich in sanften Bogen von Säule zu Säule schwangen, geschmückt. Das ganze Arrangement lag in den geschickten Händen des Hof-Opernsängcrs Liverati, welcher denn auch ganz zeitgemäß über das Ganze einen
berauschenden
Schleier
mystischer
und dabei sinnlich auf¬
Ans dem dunklen Gebüsch ertönte süßer Gesang, unmuthige Nymphen in antiken griechischen Ge¬ wändern, blitzende Diademe im Haar, streuten Weihrauch in die regender Festlichkeit breitete.
Opferflamme auf dem kleinen bekränzten Altar, Priesterinncn in langen schlcppendcir Gewändcm breiteten segnend ihre Arme aus, und liebliche Genien im leicht geschürzten Getvande mit Blumen im Haar beugten das Knie vor dem tief bewegten Monarchen und schinückten ihn mit Lorbeer und Blumen, während der aromatische und berauschende Dust der Opferflamme leicht kräuselnd in die Höhe stieg und den ganzen Tcmpelraum erfüllte. Der König und die ganze Hofgesellschaft waren so entzückt von dem Akt, daß man allgemein den Wunsch nach begeistert und einer Wiederholung des Festes aussprach. Und wirklich wurde die Opferfete nach der Doppelhochzeit, die am 29. und 30. September
stattfand, wiederholt. —
37 Ehe nämlich die jungen Paare den
Berliner Hof verließen,
siedelten alle Festgenossen nach Sanssouci und Schloß Friedrichs-
In
diesen Tagen der Flitterwochen und arkadischen veranstaltete die Gräfin Lichtenau abermals eine Opferscene im Freundschaftstempel, bei der sich diesmal vornehmlich die nächsten Familienmitglieder des Königs und die Jugend des Königlichen Hofstaates betheiligte. Der König selbst sollte mit der
kron über. Schäferspiele
Scene überrascht werden, erfuhr daher nichts von dem Arrangement. Wiederum war der Tempel wie das erstemal magisch erleuchtet
und mit Blumengewinden geschmückt. Mitten im Tempel stand der bekränzte Altar niit der duftenden Weihrauchflammc, während ein
In
faltenreicher Vorhang den Hintergrund des Tempels verhüllte. die Zweige und das Blattwerk der um das Gebäude stehenden
Orangenbäume hatte man transparentem künstliche Früchte gehängt, welche in ihrem Innern ein Licht bargen, dessen Schein die durch¬ sichtige Schale der Früchte in farbigem Dämmerlichte schimmern ließ; ein ebenso origineller wie schöner Anblick. Der König, welcher von den Vorkehrungen
Ahnung hatte, wurde Spazierenwandeln am Abend durch den Park von dem Adjutanten, der um die Sache wußte, scheinbar unabsichtlich in die Nähe des Tempels ge¬ leitet, wo er nicht tvenig überrascht war, Licht durch keine
beim
das zu
Gebüsch sehen.
Er
schimmern beschloß,
die Sache zu untersuchen. Als er sich dem Tempel
näherte, gaben aufgestellte Wächter das verabredete Zeichen, und die sanften Harmoniken eines Chor¬ gesangs schlugen an sein Ohr. Es war der Kanon „Was. schätzt man höher noch als Gold?" aus der Oper „Liebe im Narrenhause."
!
und dem scharlachrothen oder veilchenblauen Rocke mit goldenen
Knöpfen! Diese Leute hatten wie ihre gestickten Westen mit den großen Blumen darauf selbst etwas Blumenhaftes. Sie dufteten so süß von Bisam und Poudre k la Marechale; ihre Reden hauchten nur zarte Empfindungen, und ihre im Schäfergewande auftretende Poesie durchflocht alle Verhältnisse mit dem blaßblauen Hirtcnbande! Und während hier der entnervenden Gefühlsduselei der Zeit gehuldigt wurde — flammte im Westen an der Seine Strand die furchtbare blutrothe Flamme der Revolution empor, und in dem¬ selben Sommer, in welchem Friedrichs des Großen Nachfolger sinnlichen Gaukelspielen huldigte, schleppten die Franzosen ihre an¬ gestammte Königsfamilie in das Gefängniß! — Aber so kindlich gefühlselig war man, daß man das mächtige Wehen der Geschichte in solchen Momenten nicht empfand und sich mit Phrasen tröstete, wie der eitle Dalberg in Erfurt 1791, als die Nachricht von der mi߬ lungenen Flucht und der Gefangennahme Ludwigs XVI. bei ihm eintraf. Perthes erzählt, (Politische Zustände und Personen in Deutschland zur Zeit der französischen Fremdherrschaft.) Dalberg habe, als die Nachricht eintraf, eine Abendgesell¬ schaft in seinem Hause ge¬ habt. Da sei er, gefolgt von der Gesellschaft über¬ schwänglicher Frauen, auf seinen Balkon hinausge¬ treten, habe den Blick zum Monde und Sternen¬ himmel emporgehoben und emphatisch gerufen: „Was sind
die
Begebenheiten
dieser kleinen Erde gegen
den
mel?
unermeßlichen Him¬ Ein König und
Königin, ihr Reich was ist das gegen die Welten über uns! Alles scheint uns eine
fliehend, Der Frrmiüschaststeinprk im park von Zanssourk.
klein und vorübergehend, unser Lebensmoment vor
Mittlerweile war der Monarch aus dem dunklen Gang herausgetreten und stand plötzlich vor dem erleuchteten Tempel, an dessen Stufen ihn seine Lieblings¬ tochter, Prinzessin Friederike, als Nymphe empfing und durch eine französische Arie einlud, näher zu treten. — Er folgte der reizenden Nymphe die Stufen zum Tempel hinauf, und hier im Innern der Rotunde empfingen ihn die beiden neuvermählten Prinzessinnen im duftigen Gewände und den Attributen holdseliger Nynrphen und begrüßten den glücklichen Vater durch ein liebliches Duett, in dem Dank für seine väterliche Liebe zum Ausdruck brachten. Neben dem Altar, dessen Opferflammen Weihrauchwolken ent¬ stiegen, stand Herzog Friedrich von Braunschweig im wallenden
sie den
Talare eines Druiden, im Haar den dunklen Epheukranz. Mit pathetischen Dankesworten wendete sich der Prinz nach dem Gesang der beiden Nymphen an den sichtlich tief bewegten Monarchen und
mit dem Rufe: „Vivo k'reäörie Guillaume!“ Kaum waren diese Worte verklungen, als der Vorhang in die Höhe rauschte, und sich das erleuchtete Bild des Königs umgeben von Druiden und Nymphen in farbenreichen Gewändern zeigte, was, wie der Bericht sagt, den König sehr ergötzte. O wunderbare Zeit der goldenen Tabatiören, der kunstreichen endete seine Rede
Toupes, der gepuderten Herren mit den goldgestickten Sammetwesten
Allem, gegen den unwandelbaren Himmel!" Wahrlich, ein solches Geschlecht vermochte den Stürmen der Napoleonischen Zeit nicht zu widerstehen! —
General-Versammlung -er deutschen Geschichts- und Älterthums-Vercine in Posen vom 9. bis 12 . September 1888. 1l. Einer kurzen Erftischungspause im Monopolgarten folgte eine gemeinsame Besichtigung der Stadt, insbesondere auch des Domes und des Rathhauses im Innern. Die obere, erst in den letzten 40 Jahren entstandene Stadt hat den modernen Charakter. Der große reich mit Anlagen ge¬ schmückte Wilhelmsplatz und die im Zuge der ehemaligen Stadt¬ befestigung angelegte Wilhelmstraße mit ihren schattigen Baumreihen bilden die Basis, , an welche sich ein System schöner grader Straßen bis zu den Festungswerken hin anlehnt. Jenseit der Wilhelmstraße, nach der Altstadt hin, fällt das Terrain stell ab bis zum Markt, dem Centrum der mittelalterlichen Stadt, in dessen Mitte das Rath-
38 Haus und eine kleine Reihe Privathäuser stehen. Ein Standbild des heiligen Nepomuk im Barokstil ziert die südliche Seite des
Marktes, auf der östlichen, vor der Front des Rathhauses erinnert eine steinerne hohe Nolandfigur von 1535 mit den Resten von Halseisen an die ehemaligen gerichtsbarlichen Freiheiten der Stadt, während ein den Raub der Proserpina darstellender Brunnen als ein Schmuck aus der Zeit der sächsisch-polnischen Könige erscheint. Die Rathhausfront ist im italienischen Renaissance-Stil mit 3 über¬ einander liegenden Säulenhallen verziert und enthält auch im Innern mancherlei Ueberreste der Werke der im 16. Jahrhundert aus Italien hcrberufenen Meister. Durch enge Gassen hindurch, an deren Häusern noch vielfach die Spuren der letzten großen Uebcrschwcmmung sichtbar sind, über die Warthe hinweg begeben wir uns durch eine mehr dorfartige Vorstadt (Wallischei) nach dem Dom, an dessen Architektur nichts Interessantes mehr zu finden, da er 1775 vollständig neu aufgebaut wurde. Eine Anzahl Grab¬ denkmäler, von Bronze und Marmor, erstere von deutschen, letztere von italienischen Meistern herrührend, sind bemerkenswcrth, ebenso die goldenen und silbernen Monstranzen, Religuiarien und sonstigen heiligen Gefäße. In der den Gebeinen der ältesten polnischen Könige gewidmeten „goldenen Kapelle" die beiden von Rauch modcllirtcn Statuen der beiden Könige. Der Hauptstifter dieser Kapelle, Graf Ed. Raczynski, nahm in Folge einer an den Statuen angebrachten Widmung in den 1840 er Jahren bekanntlich ein tragisches Ende. Um 5 Uhr Nachmittags begann das große Festessen im Lvgcnsaalc, an welchem sich etwa 200 Herren betheiligten. Der Ehren - Vorsitzende, Oberpräsident von Zedlitz - Trützschler, eröffnete die Reihe der Toaste mit dem auf den Kaiser. Ihm folgten der des Oberbürgermeisters auf den Gesammt-Verein; des Stadtrathes E. Friede! auf die Provinz und Stadt Posen. Ein Ergebenhcitsgruß an den Kaiser wurde telegraphisch abgesandt. Das Mittagsmahl verlief glänzend. Die auswärtigen Thcilnehmer mußten aber gegen 8 Uhr aufbrechen, weil ihrer eine Uebcrraschung harrte, welche sic in eine Eigenthümlichkeit der östlichen Provinzen einführen sollte. Der Besitzer der größten Weinhandlung, Herr Komm.-Rath Andersch, hatte seine Ungarwein - Kellereien festlich geschmückt, mit reicher Beleuchtung und mit Sitzen versehen und so den auswärtigen Gästen und dem Festausschuß zur Verfügung gestellt und mit Forschungseifer wurde bis in die Nacht hinein Probe gehalten, unter dankbarer Anerkennung dieses edlen, den Mittel- und West-Deutschen weniger geläufigen, doch hier vortrefflich gefundenen Weines. Die öffentliche Sitzung des zweiten Tages begann mit geschäft¬ lichen Mittheilungen. Ein sehr ausführlich begründeter Antrag des Professors Rudolf—Hannover und Dr. Bolle—Berlin, die vor¬ jährigen Beschlüsse zum Schutze der kulturgeschichtlichen Denkmäler and; auf alle Gegenstände der Natur auszudehnen, tvelche ein land¬ schaftliches Jntcreffc haben, als: Fels- und Bergparthien und geologische Merklvürdigkeiten, große Bäume, gewisse Thierartcn u. s. w., wurde unter Einschränkung auf ein der Kompetenz und dem Zwecke der Vereine entsprechendes Maß zum Beschluß erhoben. Aus dem längeren Vortrage des Oberlehrers Dr. Hockenbeck— Wongrowitz über drei Polnische Klöster führen wir als für weitere Kreise intcreffant an, daß König Miecislaw 1143 die beiden ältesten Cisterzienser-Klöster Polens, Lekno und Lond, errichtete und nur mit deutschen Mönchen aus Köln besetzte, ivo er sich einige Zeit aufgehalten hatte. In der Delegirten - Sitzung wurde Metz als nächstjähriger Versammlungsort gewählt und wiederum Stadtrath Friede!— Berlin zum Vorsitzenden, Dr. Böringuier— Berlin zum Schrift¬ führer ernannt. Inzwischen hatten sich die Räume des polnischen Museums den Theilnehmern geöffnet und beide Abtheilungen, für Kunst wie
für Kulturgeschichte, wurden bald Gegenstand eingehender Studien. Es muß erwähnt werden, daß, namentlich auf prähistorischem Ge¬ biet, die Sammlungen bedeutend sind, und daß sie auch die Ansicht der großen Ausdehnung eines gleichartigen Volksstammes (Semnoncn?) von der mittleren Elbe bis jenseit der Warthe be¬ stätigen, da eine Uebereinstimmung der Gräber-Funde mit den Brandenburgischen nicht zu verkennen ist. Um 2 Uhr wurde die Eisenbahnsahrt nach dem 3 Meilen entfernten Kiekrz angetreten, wo auf dem Acker des Ritterguts unter freundlichster Aufnahme des Besitzers eine Ausgrabung vor¬ genommen wurde. Es gelang nur, 4 Gräber aufzudecken und den Inhalt zu heben. Die Gefäße standen 40 — 60 cm tief in bloßer Erde, die größere Aschenurne immer von einigen kleineren Gefäßen umgeben, die Gefäßformen dem semnonischen Typus entsprechend. Der Vorsitzende Friedcl verkündete erläuternd das Ergebniß, nach¬ dem Staatsarchivar Prümers die Veranlassung der Auffindung dieses Gräberfeldes angeführt hatte. Man nahm noch Kenntniß von dem Vorhandensein eines unten am See befindlichen, durch eine preußische Fahne markirten wendischen Burgwalls und begab sich dann nach dem zoologischen Garten in Posen zurück, wo die städtischen Behörden ihren Gästen ein Fest veranstaltet hatten. Eine Illumination in großartigen Formen — wir erwähnen aus dem Programm nur Nr. 13. Hünengrab, Nr. 14. Untergang von Hcrculanum uud Pompeji — eine allgemeine gastfreie Bewirthung der Besucher, vorzügliche Musik und Tanz füllten die schönen Stunden einer italienischen Nacht aus und gaben den Gästen Ge¬ legenheit, mit den Familien Posens in gemüthlichen Verkehr zu treten. In der dritten öffentlichen Sitzung am 11. September erläuterte Oberst von Cohausen—Wiesbaden drei vom Mainzer Museum einge¬ gangene Fundstücke, eine große gefärbte Schale, einen Bronzebe¬ schlag und ein Schwert mit silberbeschlagener und reich verzierter Scheide. Seitens der historischen Gesellschaft wurde durch Staats¬ archivar Prümers verkündet, daß dieselbe durch Beihülfe eines größeren Privatgeschenks in die Lage gekommen sei, einen Preis von 1000 Mark für die beste, die Forschung auf dem Gebiet der Geschichte und Kulturentwickelung Posens oder des ehemaligen Großpolens wesentlich fördernde Arbeit, auszusetzen. Die Arbeiten müffen ver¬ siegelt und mit Motto bis zum 1. April 1890 eingereicht sein. Die Gesellschaft behält sich vor, die nicht prämiirten Arbeiten behufs Ver¬ öffentlichung für 30 Mark pro Druckbogen anzukaufen, v. Nathusius— Frankfurt a. M. hielt darauf einen längeren Vorttag über „ritter-
von
bürtige Familien unter den Geschlechtern der deutschen Städte im
Mittelalter", worauf Stadttath Friede! unter warmen Dankesworten für die glänzende Aufnahme der Versammlung seitens der Stadt
In
den darauf Posen die Reihe der öffentlichen Sitzungen schloß. folgenden Sektionssitzungen, zu welchen der Magistrats- und der Stadtverordneten-Sitzungssaal eingeräumt war, wurden eine Reihe von Spezialsragen erörtert. Intcreffant waren die Debatten über die ehemals polnischen Leibeigenen, über welche Dr. Warschauer berichtete, und in der prähistorischen Sektion die Frage der
Ausdehnung des sogenannten „lausitzer Typus", über deren Grenzen, bis auf die nach Osten hin, Uebereinstimmung herrscht. Schließlich wurde die Beschaffung weiteren Beobachtungs¬ Materials aus dem angrenzenden Gebiet Russisch-Polens für er¬ forderlich erachtet, überhaupt aber aus die Verschiedenheit des laufitzer Typus in den einzelnen Landschaften hingewiesen und für die nächste Berathung eine genauere Feststellung der charakteristischen Momente verlangt. Darüber herrschte bereits eine allgemeine An¬ sicht, daß der betreffende Volksstamm ein germanischer war und
zwar derjenige, welcher bei der großen Völkerwanderung das Opfer der slavischen Occupation dieses Gebiets wurde. — Um 2 Uhr führte ein Exttazug die Theilnehmer, über 200 Damen und Herrn nach dem 6 Meilen entfernten Gnesen, dem ältesten Bischofs-Sitz
39 Großpolens, — seit dem 10. Jahrhundert —, dem Erzbischofs¬ und Metropolitan-Sitz Polens seit dem Jahre 1000 . Hierher pilgerte Otto Hl., um das Grab seines Jugendfreundes, des von den heidnischen Preußen 997 erschlagenen heiligen Adalbert zu be¬ suchen; hier wurde 1024 König Boleslaw Chrobry gekrönt. Auf dem Bahnhöfe empfingen staatliche und städtische Reprä¬ sentanten die Gäste; worauf sich der Zug nach dem Dome bewegte. Die gesammte Domgeistlichkeit hatte sich hier zum Empfang und zur Führung bereit gestellt. Der Glanz der zahlreichen, meist im vorigen und gegenwärtigen Jahrhundert erneuerten Kapellen erinnerte, auch bezüglich des Kunststils, an die des Posener Domes. Auch der Aufbau des Grabes des heiligen Adalbert mit silbernem Sarkophag gekrönt, ist im 17. Jahrhundert gefertigt, aber es ist außerdem im Dom ein Reichthum von mittelalterlichen Kunstgegenständen vor¬ handen, wie ihn Wohl keine Kirche Deutschlands wieder bietet. Ab¬ gesehen von den zahreichen mittelalterlichen heiligen und Prunkgefäßen, Rcliquiarien; ferner von Gießer-, Schmiede- und BildhauerArbeiten im romanischen und gothischen Stil, birgt der Dom als seinen größten Schatz das Meßbuch des heiligen Adalbert, zu Ende des l0. Jahrhunderts geschrieben und in höchster künst¬ lerischer Ausführung und Farbenpracht mit bildlichen Darstellungen und Initialen verziert, dabei völlig unversehrt erhalten. Ein weiteres Prachtwerk ist die
Bibel König Kasimir Jagiellonczyk's
1414 mit kunstvollen Initialen. Die Urkunden- und Manuscriptensammlung ist ebenfalls sehr reich, die älteste Urkunde von 1136; auch päpstliche Bullen sind vorhanden. Die Besichtigung des ganzen Doms nahm über zwei Stunden in Anspruch, mit einer weiteren Besichtigung der alten Stadt und der übrigen Kirchen, sowie mit einem im Logengarten veranstalteten Festmahl, an welchem sich wiederum alle Staats- und Stadtbehörden betheiligten, schloß dieser Ausflug und damit auch die deutsche General-Ver¬ sammlung mit dem Abschiedsgruß: „Auf Wiedersehen im nächsten Jahre in Metz!" von
Friedei,*) er sei hier gemein und den Fischen sehr schädlich. Da in den beiden letzten Jahrzehnten, während des außerordentlich raschen und großartigen Anwachsens der Stadt Berlin, wenig ich
mehr die Gelegenheit dazu gehabt, die hier wohnenden bez. ein¬ dringenden „wilden" Thiere zu beobachten, so war mir recht viel daran gelegen, jenen argen Fischfresscr nahe bei oder in der Reichssehen. Der Zufall führte zur Erfüllung Eines Tags sah ich im Vorübergehen zahlreiche Leute am Ufer gegenüber von der sog. Museumsinsel stehen bleiben und ausschauen. Zunächst glaubte ich, daß dies wie jahraus und -ein den Schwänen auf der Spree oder zu bestimmter Zeit den Möven gelte. Bald aber erblickte ich ein Paar Fischottern, die sich hier am Hellen Nachmittag spielend im Wasser umhertummclten, einander jagend, tauchend, herauskletternd und sich wieder hinein¬ stürzend. So trieben sie unter dem Jubel der sich immer mehr ansammelnden Menge ihr lustiges Spiel, ohne sich durch all' den Lärm stören zu lassen. Wie sie es im Freien zu thun pflegen, tummelten sie sich auch hier in einem bestimmten abgegrenzten Kreise. Fast genau an der¬ selben Stelle tauchte der vorderste, offenbar das Weibchen, auf und folgte der zweite, das Männchen, nach. Auf denselben hervor¬ stehenden Stein in der Ufermauer hinter einem Gebäude sprang der eine, ruhte einen Augenblick, wie die Beschauer meinten, „listig schmunzelnd", während der Jäger es als „sichernd" bezeichnen würde, und folgte nach einigen Augenblicken genau ebenso der andere. Das währte geraume Zeit, dann änderte sich das Bild. Der vordere Fischotter kam mit einem großen, wohl 1 Fuß langen Fisch hervor, und da wir nahe genug standen, so glaubte ich genau zu erkennen, daß es ein stattlicher Barsch war. Da aber erschollen Rufe der Entrüstung aus der Menge, Kähne wurden losgemacht, und init langen Stangen bewaffnet fuhren mehrere Leute hinzu, um den Ottern die Beute abzujagen. Alles Schlagen auf das Wasser und Staken in der trüben Fluth war jedoch vergeblich, denn der Otter saß mit seinem Raub längst irgendwo in sicherem
halchtstadt einmal zu
meines Wunsches.
Versteck.
Späterhin, auf einem Ausflug nach den Rüdersdorfer Kalk¬
Fischottern in Berlin und in der Mark Brandenburg. Von vr. Karl Ruß. (Mit
Abb. S. 32.)
Als unumstößlich richtig dürfen wir cs nicht ansehen, daß die Natur vor der Weiterentwicklung der menschlichen Kultur allent¬ halben zurückweichen müsse. Im Gegentheil, bei verständnißvoller Beobachtung findet man, daß das Natur- und insbesondere das Thierleben vielfach in geradezu bewundernswerther Weise dem Thun und Treiben der Menschen sich anzupassen vermag.
Beispiele, welche die Wahrheit dieser Behauptung beweisen, wir rings um uns her, selbst neben deni regsten Verkehr der Großstadt, wahrnehmen. Wo wir auch wohnen, tief im Weich¬ bild von Berlin, haben wir den Spatz vor uns, und wer das ganze Jahr hindurch nicht ins Freie hinauskommt, wer auch nicht m der Lage ist, sich an einem Stubcnvogel zu erfreuen, dem kann sogar der Sperling, die Beobachtung seines intelligenten Wesens, seines Scharfsinns und auf Erfahrungen begründeten Verhaltens Vergnügen gewähren. Aehnliches gilt von dem Star, den Meisen und der Krähe, welche in die großen Gärten kommen, ja selbst vom Raubvogel, der eine Taube über unseren Köpfen schlägt, unbeirrt um die vielen Mmschen unter sich auf der Straße, während er in Wald und Feld vor einem einzigen Gegner schon auf weiteste Ent¬ fernung hin flüchtet. können
Dies kluge Ermessen der obwaltenden Verhältnisse finden wir freilebenden Thieren. Ueber das Vor¬ kommen eines sonst sehr versteckt lebenden Räubers, des Fisch"kiers, inmitten des Häusermeers von Berlin, sagt Stadtrath
beobachtete ich wiederum zwei Fischottern; dieselben geivährten mir etwa den Anblick, welchen unser Bild darstellt. Während ich auf dem hohen Ufer stand, weithin das Wasser überschauend, und mein Sohn an der steilen Uferwand hinabstieg, uin von Wild¬ rosensträuchern jene seltsamen Gebilde zu pflücken, die man Rosen¬ könig oder Bedeguar nennt, fuhren plötzlich aus dem Ufergcbüsch seitwärts die beiden Fischottern einer hinter dem andern heraus und stürzten sich über ein Gatter hinab ins Wasser. Wie verschieden zeigte sich hier in der freien Natur dasselbe Thier im Vergleich zu dem innerhalb der Mauern der Großstadt! Dort ließen sich die beiden Fischottern von Hunderten von Menschen betrachten, ohne daß sie sich auch im geringsten darum kümmerten, hier flohen sie bei unserem Nahen schon in weiter Entfernung. Der Fischotter, welcher bekanntlich in ganz Deutschland leider nur zu häufig noch vorkommt, darf auch in der Mark Brandenburg als der übelste Schädiger der Fischzucht und Fischerei angesehen werden. Alle unsere schönen und an Fischen reichen Havelseen beherbergen ihn zahlreich, und bedenken wir, wieviel noch dazu von werthvollem Fischfleisch jedes einzige Paar Ottern nebst seinen Jungen verbraucht, so darf man sich darüber wundern, daß dem argen Raubgesindel nicht eifriger und erfolgreicher nachgestellt wird. Und doch ist dies keine so schwierige Aufgabe, denn es
bergen,
giebt Otternjäger genug, welche durch Jagd mit eigens abge¬ richteten Hunden oder mit Fangvorrichtungen ihnen wirksam bei¬ zukommen wissen.
auch bei zahlreichen anderen
*) „Eintheilungsplan der zoologischen Abtheilung (Säugethiere) des Märkischen Provinzial-Museums der Stadtgemeinde Berlin" 1885.
40 Einen Alick in die Gcschühsamnikung des Königlichen Zeug¬ hauses zu Merlin, das mit Recht als eines der schönsten Bauwerke an¬ erkannt und besonders seit dein Umbau 1877—1880 seines reichen Inhaltes, der Kunstwerke wie der Siegeszeichen wegen, gern und oft von jedem Freund brandenburgisch-preußischer Geschichte besucht wird, gewährt die heut den Lesern auf S. 29 vorgeführte Abbildung. Die Beschauer stehen in der Nähe eines der mittleren, nach der Wasserseite, nordöstlich, gelegenen Fenster vor einem englischen Geschütz, einem Einpsünder aus dem Jahre 1762 in der Lastete. Auf demselben Podium liegen links 6 pfündigeKugeln aus denJahren 1560—1850, rechts Granaten aus den
Jahren 1700—1860. Ebenfalls in Lastete daneben ruht eine französische lOpfündige Haubitze, welche die Aufschrift trägt „Paris 1794, Fan 2 de la Hepublique franfaise.“ Zwischen beiden Geschützen ist ein französischer 50 pfündiger M ö r s e r aufgestellt, auf dem man die Worte liest: A Strasbourg Die Pfeiler im Hintergründe sind geschmückt mit le 29 Xbre 1781.
französischer Artillerieregimenter aus de» Die Stätten ruhmreicher Erinnerungen aus der vaterländischen Geschichte in der geschmackvoll und lehrreich angeordneten Uebersichtlichkeit zu bewundern, dürste für Jedermann Erhebung und Br. Genuß sein.
Geschützläufen
Fahnen
und
Jahren 1792—1800.
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Inhalt: Johannes Wedigen, eine Berliner Geschichte von Oskar Schwebet (Fortsetzung); Schillers Beziehungen zu Berlin, von Richard George; Altberliner Hausinschriften und Wahrzeichen, von Oskar Schwebet; Der Freundschaftstempel im Park von Sanssouci, von Heinrich Wagener (mit Abb.); General-Versamm¬ lung der deutschen Geschichts- und Alterthums - Vereine in Posen; Fischottern in Berlin und der Mark Brandenburg, von Dr. Karl Ruß (mit Abb.); Alte Geschütze aus der Ruhmeshälle (mit Abb.). — Inserate.
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Der als speziell brandcitburg-berlinifcher Geschichtsforscher rühmlichst bekannte Verfasser bietet in seiner von riesigem Fleiße, umfassendem Geschichtswissen, reifstem historischen Urteil und schärfster Kritik zeugenden Arbeit ein wahres Meisterwerk, welches alle früheren Arbeiten dieser Art in den Schatten stellt. Es muß für Jedermann ein Vergnügen sein, dem Autor¬ in die zum Theil recht dunkle und der historischen Forschung recht schwierige Aufgaben stellende Vergangenheit der deutschen Kaiserstadt zu folgen und die lcbensfrischcn Schilderungen an Der Herr Verfasser hat es sich zur Aufgabe seinem geistigen Auge vorüberziehen zu lassen. gemacht, die vorhandenen Quellen in gewissenhafter Weise zu benutzen und die speziell berlinische Geschichte, soweit cs nöthig ist, durch diejenige des engeren und weiteren Vaterlandes zum allgemeincii Verständniß zu ergänzen. So ist ein Werk entstanden, welches nicht nur für den berlinischen Leserkreis, sondern
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Aeucrkösch - Anstalten alter Zeit. — Der „Königlich Preußischen Feuer-Ordnung", April 1727 veröffentlicht wurde, ist u. a. der heute von uns oben wiedergegebene Kupferstich vorgebunden, der eine jener „Proben" veranschaulicht, welche laut Titel II, § 10 dieser Ordnung alle Jahre im Martio, Majo, Julio, September und November" stattzufinden hatten. Wie man sieht, wurden zu diesem Zwecke Blockhäuser erbaut, welche in Brand gesteckt wurden. Die Prahmspritze auf der Spree, die Baumreihe im Hintergründe, sowie die Ver¬ schalung des Fluffes lassen uns als Ort dieser Proben wohl das nördliche Spreeufer am Schiffbauerdamm erkennen. welche am 2.
wurde. Nach dem Tode des Rulf übernahm Heidenreich das Grund¬ stück und pflegte seine Tante treulich bis an ihren Tod.
Die ganze Gegend bei der Behlerts-Brücke ist wiesiger Grund und erst nach und nach aufgehöht worden und somit für Gemüse und Obstzucht ertragsfähig gemacht. Sehr häufig stieg bei hohem Wafierstand iin Frühjahr das Wasser aus dem Verbindungskanal Zwischen See und Bassin in der Stadt in die umgrenzenden Gärten und richtete dann großen Schaden an. Unter dieser Kalamität litt auch das Heidenreich'sche Grundstück an der Brücke. Um diesem Uebelstande abzuhelfen, warf der strebsame Heidenreich Gräben auf, wobei ihm Sonntags einige Nachbarn halfen.
ein
Trinkgeld
zu
geben.
Selbst an die Trinkgelder hatte die¬ ser große, vielbe¬ schäftigte Monarch gedacht!
Nun war Heidenreich überglücklich!
Er erhöhte
seinen Garten unter Wasser kam, und versäumte auch nicht, als Friedrich eines Tages wieder vorüberritt, herauszutreten und seinen unterthänigsten Dank abzustatten. Der König, hierüber er¬ freut, und weil er Gefallen an dem Manne gefunden hatte, be¬ deutete ihm, er möge sich noch eine Gnade ausbitten. Heidenreich besann sich nicht lange, und mit einer bedeutsamen Neigung seines Kopfes nach seinem ziemlich baufälligen Häuschen, bat er um die Gnade, Se. Majestät möchten ihm ein neues Haus bauen lassen. Friedrich versprach, seine Bitte zu erfüllen, allein der bald eingettetene Tod des Königs ließ das Versprechen unerfüllt. — so, daß er nie wieder
50
Bei der großen Vorliebe, die Friedrich Wilhelm II. bereits vor seiner Thronbesteigung der Potsdamer Gegend geschenkt hatte, war vorauszusehen, er werde den Schöpfungen seiner Vorfahren hier neue hinzufügen — und diese Erwartung wurde nicht getäuscht. Schon am 1. April 1783 hatte er als Kronprinz das Punschel'sche Grundstück, auf dem heute das Marmorpalais im Neuen Garten steht, angekauft; und vom November 1786 ab wurde dies Grundstück durch allmählichen Ankauf aller Nachbar¬ grundstücke zu dem Terrain des heutigen Neuen Gartens erweitert. Nach der Fertigstellung des Gartens wurde er auf der Landseite mit einer hohen massiven Mauer umgeben, die jeden Einblick in den Garten verhinderte. Selbst die dem Neuen Garten auf der andern Seite des Sees gegenüber liegenden Mühlenhäuser (es waren nur sehr wenige) durften nach der Wasserseite, also dem Parke zu, keine Fenster haben. Während nun der König den Neuen Garten nur für sich und den Hofstaat behielt, und dem Publikum den Eintritt versagte, öffnete er als Ersatz da¬ für den unter Friedrich dem Großen bisher dem Publikum ver¬ schlossen gewesenen Park von Sanssouci. als alter Jugendfreund des einflußreichen Heidenreich, Kämmerers Rietz, mit dem er sich unter vier Augen duzte, besaß eine Erlaubnißkarte zum Eintritt in den Neuen Garten. Als er eines Tages von seinem Vorrecht wieder Gebrauch machte, begegnete ihm in den Gängen des Parks der König. Auf die Frage des Monarchen, zu wem er wolle und wie er heiße, antwortete jener königlichen
natürlich zum Geheimen Kämmerer Rietz, und daß er Heidenreich heiße.
„Heidenreich!" sagt sinnend der König, „Heidenreich! Hm, der Wo bist Du gebürtig?" — „Aus Name ist mir bekannt! — „In Spandow hat einmal ein Majestät." Spandow, Ew. seinem Vater Prügel bekommen." — von meinetwegen Heidenreich „Det bin ick gewesen, Ew. Majestät!" war Heidenrcichs Antwort. — „Nun," sagt lächelnd der König, „da Du meinetwegen so viel Prügel bekommen hast, so bitte Dir eine Gnade aus!" Der geneigte Leser wird nun sogleich ahnen, welche Gnade sich Heidenreich ausbat, und der gütige Monarch erklärte sich sofort bereit, das Versprechen seines königlichen Vorgängers zu erfüllen. Das Haus wurde gebaut und erhielt auf der Seite nach dem Neuen Garten als Dekoration für die Landschaft im Geschmacke damaliger Zeit einen ruincnartigen Giebel mit blinden Thüren und Fenstern und eingemauerten Kapitälen und Architraven. Das Häuschen steht noch. Die Besitzer haben im Laufe der Zeit gewechselt. In jüngster Zeit ist auf dem aufgeschütteten Boden dicht neben
dem Häuschen
eine kasernenartige
Villa
entstanden,
ihre Höhe und Breite die Fernsicht vom Marmorpalais über den See nach den Gärten der Vorstadt unangenehm stört. welche
durch
Linder- und Wiegenlied. Von E. Haiidtmanu.
In
„Kleine Mittheilungen" S. 15 ein „Havel¬ mit der Anfrage veröffentlicht, ob vielleicht in dem Dorfe Alt-Töplitz bei Potsdam süddeutsches Blut nach-
Nr.
1
ist unter
ländisches Kinderlied"
zuweism sei. Letzteres mag der Fall sei». Die Bewohnerschaft der Mark bekanntlich eine in ihrem Entstehen unglaublich zusammenge¬ würfelte, merkwürdig zusammengezogen in den einheitlichen Begriff ist
„brandenburgisch", dem jeder unwillkürlich anheimfällt, welcher von fern herziehend seinen Wohnsitz auf unserm Heimathbodcn genommen! Ob aber bei der Entstehung des erwähnten Liedes süddeutsche Elemente mit im Spiele waren, wird schwer nachweisbar sein. Denn nicht nur in Alt-Töplitz, sondem durch die ganze Mark
hindurch erklingt dieses Volkslied. Ja, durch die herrliche Brahms'sche Komposition ist ihm seit langer Zeit ein Ehrenplatz in den Sanges¬ sälen unseren besten Gesellschaft gesichert.
Freilich geben sich die Sängerinnen meist wenig Rechenschaft, was die etwas wunderliche Zeilen- und Wortstellung bedeuten soll. Auch Brahms, als er Text und Melodie aus dem Volksleben auf¬ las, hat das schwerlich gethan. Treten wir im Sinne der Heimathkundc der Sache näher.
Der Text lautet im neumärkischen Dialekt, in deffen Faffung mir derselbe am meisten erinnerlich ist, im gewöhnlichen norddeutschen Plattdeutsch : „Bisch, bisch, bisch, bisch: Gu'n Awend, gu'n Nacht. (Schut) Krup unger bin Deck Mit Räte besteckt.
Einschläferndes Summen. Guten Abend, gute Nacht. (Schieße) Kriech unter deine Decke (welche) Mit Nelken bestickt,
Mit
Mit
Rosen bedackt.
Morrn froh, gew' Jott, Bis Webber upweckt!
Rosen bedeckt (ist). Morgen früh, gebe Gott, Bist Du wieder erwacht!
Bisch, bisch, bisch, bisch."
In
den Kreisen Königsberg, Landsberg, Sternberg der Neu¬
mark, mit den betreffenden Dialektwandlungen in den Kreisen ZauchBelzig und Teltow habe ich diesen Vers tausendfach vernommen, ja ich selbst habe unter seinen Klängen meine jüngeren Brüder in den Schlummer gewiegt.
Die diesem Wicgenliede zu Grunde liegende Volksvorstellung gehört in das interessante Gebiet des Volksaberglaubens und hängt namentlich mit der abergläubischen Auffassung der Farbe „hellgelb" zusammen. Dieser Umstand versetzt uns, freilich in anderer Weise als der X - Korrespondent es meint, in die Poesie und die Prähistorie zugleich. Sobald nämlich eine junge Frau mit Chamiffo sich äußern müsse:
dessen
inne wird, daß sie
„Hab' ob manchem Zeichen Mutter schon gefragt, Hat die gute Mutter alles mir gesagt,"
umwand dieselbe ihr Haupt nicht länger mit dem bisher üblichen einfach blauen Alltagskopftuch — schwarze waren nur bei Festlich¬ keiten und für die späteren Lebensjahre üblich — sondem nahm an dessen Stelle ein solches, auf dessen blauem Untergründe gelbe Zeichnungen aufgedruckt, mitunter auch aufgestickt, waren, entweder einfache Punkte oder Nelken und Rosen d. h. allgemein beliebte Hausblumen, welche leicht zu malen, zu sticken sind. Für die Außenwelt war das ein Zeichen, solcher jungen Frau vorsichtig entgegen zu treten, damit dieselbe vor plötzlichem Erschrecken sowie vor Uebcranstrengung bewahrt werde. Für die Trägerin selbst war es ein Beruhigungsmittel wider Anfechtung durch „Bösen Blick" und Unholde jeglicher Art. Hatte dann der erste Sprößling das Licht der Welt erblickt, so kam es darauf an, denselben, namentlich vor erfolgter Taufe, vor den mancherlei gefürchteten Unbilden zu behüten. Da sollte denn der blau-gelbe Bettüberzug sein Möglichstes thun, sollte namentlich das allein gelasiene Kind, während die Mutter auf Arbeit tvar, vor der Vertauschung durch „Unteritschken, Nixen, Kobolde" behüten. Je tiefer das kleine Wesen in der Hülle steckte, für je gesicherter galt es. Wer je Landwochenstuben betreten hat, kennt die entsetzliche Lage der armen Würmer in ungeheurer Kiffen Tiefe! Was nun beim ersten Kinde geübt war, fand aus gleichen Gründen sowie aus Sparsamkeitsrücksichten bei den folgenden Kindern statt. Zum letzten Male ist mir ein solches Verfahren im Jahre 1868 in dem Dorfe Groeben, Kreis Teltow, entgegengetreten. Kattunzeug, dunkelblau, fast marineblau — im Volksdialekt „schepperblag" — schifferblau genannt, mit einfachen hellgelben runden Punkten, sowie mit gelben Rosen und Nelken bednickt, habe ich vor dreißig bis vierzig Jahren viel auf den Märkten und
51
in den Haushaltungen märkischer Orte gesehen. In Zellin a. Oder, dem Wohnorte meines Vaters, verstand es namentlich ein alter Färber, Namens Wächter, solchen Stoff vorzüglich herzustellen. Als Bettzeug war derselbe sehr begehrt, wurde auch, da Kopftücher mehr und mehr außer Brauch kamen, gern zu Hüten in „Helgo¬ länderform" genommen. Der Hausirhandel schlesischer Händler mit rothweißgestreifter Leinwand und die ganze neue Webeindustrie hat dem mitgetheilten Brauch ein unmerkliches Einschlummern bereitet, während als Rest der Vorzeit unser hübsches, jetzt Salonstück gewordenes Wiegenlied erhalten geblieben ist. Leider hat Brahms oder der von demselben zur Ausfüllung der Komposition beauftragte Verscmacher der ur¬ sprünglichen „Volkspoesie" in einem zweiten Verse einen Zusatz gegeben, der durchaus nicht volksthümlich ist und von dem sich der Volkskenner nur mit Unwillen abwenden kann, so sehr die sentimentale Fassung der Worte die Salonempsindung anheimeln mag. Die Worte: „Guten Abend, gute Nacht, von Englein bewacht, die zeigen im Traum dir Christkindchens Baum! Schlaf nun selig und süß, schau im Traum 's Paradies!" Diese Wortzwängerei ist ein künstliches Gebilde gemachter Zeugblumen. Hinweg damit, müssen wir Volkskundigen rufen! Noch sei bemerkt, daß der wunderschönen Melodie wirklich eine volksthümliche Weise zu Grunde liegt, freilich in seiner Urform naturgemäß etwas leicrhaften einförmigen Klanges. Da hat der Komponist ein wackres Stück geleistet, indem er als ein echter Künstler dem rohen Edelstein den erforderlichen Schliff zuwandte.
Das Märkische Provinzial-Museum. i. Das Märkische Provinzial-Museum zu Berlin,
von den
im Jahre 1874 errichtet, dient der Pflege der berlinisch-brandenburgischcn Heimathskunde im weitesten Sinne und erfreut sich sowohl wegen seiner Zwecke, wie auch wegen seiner Leistungen einer großen Beliebtheit innerhalb der Provinz. Ob¬ gleich das Institut in Stadt und Land wohlbekannt ist, so kann selbstverständlich noch nicht angenommen werden, daß die Kunde von seinem Dasein und seinen Zwecken bis in alle Ortschaften, bis zu allen größeren und kleineren Besitzern und Arbeitern gedrungen ist, daß es namentlich zur Allgemeinen Kenntniß gelangt ist, in welcher Weise jeder Einzelne zur Förderung der gemeinnützigen städtischen Behörden
Zwecke des Instituts beitragen kann. Diese Kenntniß noch mehr zu verbreiten, das Museum noch mehr als bisher zum Gemeingut aller Insassen der Provinz Brandenburg, die Hauptstadt Berlin eingeschlossen, zu machen, ist
der Zweck dieser Zeilen. nach
Das Märkische Provinzial-Museum verfolgt vier Richtungen hin:
seine
Aufgaben
1. Es sammelt Forschungs-Material, gleichviel ob in alter-
thümlichen Fundgegenständen oder in älteren Kunstwerken, Aufzeichnungen oder historischen Notizen bestehend. 2 . Es bringt dieses Material zur öffentlichen Anschauung durch Ausstellung im Museum und zur allgemeinen Be¬ nutzung für gemeinützige Zwecke. 3. Es sichert die dauernde Erhaltung der Fundgegenstände re. und sorgt dafür, daß zu jedem Gegenstände Fundort,
Fundumstände und der Name des Geschenkgebers daran vermerkt oder in zweckmäßig geordneter Registratur leicht eingesehen werden können. 4. Es läßt durch sein eigenes Personal oder durch besondere Fachgelehrte das eingegangene Material nach den ver¬ schiedenen historisch-wissenschaftlichen und technischen Gesichts¬ punkten bearbeiten und bringt die Ergebnisse dieser Forschung durch Vorträge oder durch Veröffentlichung in
Fachzeitschriften und Zeitungen oder in besonderen Druckheften zur allgemeinen Kenntniß.
Die erstgedachte Aufgabe, das Sammeln von Fundgegen¬ ständen und anderen Forschungs-Material, kann in umfaffender Weise nur unter Mitwirkung aller Bevölkerungs¬ schichten erfüllt werden. Jeder einzelne Landmann, jeder Bau-, Forst- oder Erd-Arbeiter hat zu solcher Mitwirkung Gelegenheit und cs wird ihm das stets gedankt werden, wenn er die bei seinen Arbeiten oft vorkommenden Fundgegenstände, welchen die Bear¬ beitung von Menschenhand aus sehr alter Zeit anzusehen ist, als¬ bald unter Angabe der Fundstelle an das Märkische ProvinzialMuseum unstankirt einschickt. Der Finder kann oft keine Ahnung davon haben, welche wissenschaftliche Schlußfolgerungen die Forscher an einen einzelnen unscheinbaren Gegenstand aus heidnischer Zeit, sei es auch nur ein alter Topf oder ein werthloses Stück Metall, zu knüpfen vermögen. Unwillig, daß der Topf nicht mehr haltbar genug ist, um in der Wirthschaft verwendet zu werden, enttäuscht,
Metall nicht Gold oder Silber ist, wirft er den Gegenstand fort, bringt ihn vielleicht auch nach Hause als Spielzeug für die Kinder, oder läßt ihn in sonst unberufene Hände gerathen, wo er im besten Falle als Rarität verwahrt wird, bis er im Laufe der Jahre verloren geht, oder niemand mehr weiß, wo und wie er vor vielen Jahren gefunden wurde. Für die Wissenschaft ist das Stück verloren gegangen, ohne daß irgend eine Privatperson jemals einen materiellen Nutzen davon hatte. Auf solche Art geht leider Vieles verloren, die geschichtliche Forschung muß in Folge dessen mit einem nur lückenhaft vorhandenen Material arbeiten und kann ihre für die heimathliche Provinz, wie auch für die gesammte Wissenschaft gemeinnützige Aufgabe immer nur mit vorläusigen Ergebnissen ab¬ schließen. Andrerseits ist die Bevölkerung der Provinz Branden¬ burg aufgeklärt genug, uin an den Fragen über die Vorfahren, über die früheren Verhältnisse in unserer Provinz, über Lebens¬ weise, Sitten und Fertigkeiten unserer mittelalterlichen und nament¬ lich auch unserer heidnischen Vorfahren und deren Herkunft, Volks¬ stamm und Geschichte lebhaften Antheil zu nehmen. Daß alle diese daß das
Fragen ihre endgültige Lösung erst dann finden können, wenn alle noch in der Erde liegenden Ueberbleibsel aus einer dunkeln Zeit hervorgeholt und zur Kenntniß der Forscher gebracht sind, wenn wenigstens alles an die Centralstelle gebracht wird, was im Laufe der Jahre gefunden und dem Versteck in der Erde entrissen wird,
liegt auf der Hand. Deshalb muß das Märkische Provinzial-Museum großen Werth auf die Mitwirkung aller Bewohner Brandenburgs legen. Es hat Geldmittel zur Verfügung gestellt, um jeden Einzelnen, auch dem Acrmsten, diese Mitarbeit kostenfrei und so be¬ quem als möglich zu gestalten. Wer irgend einen, nach seinem Aeußern von Menschen hergestellten, anscheinend nicht in den letzten Jahrzehnten, sondern seit hunderten von Jahren in der Erde liegenden Gegenstand, z. B. ein Gefäß, Geräth, Waffe, Schmuck¬ stück u. dgl. aus Stein, Thon, Metall, Knochen re. findet, wolle ihn alsbald zweckmäßig verpacken, das Packet, wie die Begleitkarte beschreiben:
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auf die Post geben. Die Portogebühr trägt dann das Museum, welches auch, wenn der Absender es wünscht, den vollen Werth des eingesandten und
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Gegenstandes ihm sogleich durch die Post zukommen lassen wird. Sofern das Einpacken und Absenden zu umständlich ist, wird der Ortsvorsteher, Geistliche oder Lehrer im öffentlichen wiffenschastlichcn Interesse die nöthige Hülfe gerne gewähren. In das Packet ist ein Zettel zu legen, auf welchem die Lage der Fund¬ stelle und eine Beschreibung der Fundumstände möglichst genau an¬
zugeben ist.
Einrichtung, welche die Bemühungen des Jntereffe der heimathlichen Forschung auf das geringste Einzelnen im Diese
bequeme
52
Maß
beschränkt und ihm gleichzeitig den aus dem Funde erhofften Geldgewinn sichert, wird in Zukunft verhindern, daß unscheinbare Altcrthumsfunde vor ihrer Prüfung durch Fachgelehrte verloren gehen, und daß die durch ihren Edelmetallgehalt sichtbar werth¬ vollen Funde den Weg der heimlichen Veräußerung an Hausirer, Händler und andere, weniger die Zwecke der Wiffenschaft als den Handelsvortheil im Auge habenden Personen gehen. Daß das Museum diejenigen Personen, welche ihm wissenschaftlich sehr wichtige Funde überwiese» haben, noch durch besondere Diplome
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und in Zukunft sogar durch silberne oder goldene Anerkennungs¬ zeichen auszeichnet, sei hier beiläufig erwähnt. R . . . z.
Inhalt: Der Kaiserin Augusta Victoria zum 22. Oktober 1888, von Ernst v. Wildenbruch; Johannes Wedigen, eine Berliner Ge¬ schichte von Oskar Schwebe! (Fortsetzung); DieHeldenstandbilderauf dem Wilhelmsplatz, von Ferdinand Meyer (mitAbb.); Die Stra߬ burger und Friedrich der Große, von Hermann Ludwig; Von der
Berliner Mittwochsgesellschaft; Friedrich Wilhelm II. und der Gärtner Heidenreich, von Heinrich Wagener; Kinder- und Wiegenlied, von E. Handtmann; Das Märkische ProvinzialMuseum; Feuerlösch-Anstalten alter Zeit (Abb.).— Inserate.
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Dr. R. Be'rrnguier, L. Budczies, Theodor Lontane, Stadtrath L. Lriedel, Dr. W. Schwartz, Pastor Gscar Schwede! und Ernst von wildendruch
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aber dennoch woll't, so wählt Ihr thatet Unrecht, Obrist
—
Ribbeck, den Herrn von Zastrow so zu reizen.
Geh't, reichet
ihin die Hand und nehmt das böse Wort zurück, welches zu¬ gleich auch Konrad Burgsdorf's Tochter schwer beleidigt. Geh't, — seid ein deutscher Mann, der gern sein Unrecht ein¬ 's gut macht, so 's noch angeht. — Es würd' gesteht und euch wenig Ehre bringen, Herrn von Zastrow obzllsiegen." Der Graf von Schwartzenberg hatte ernst und eindringlich gesprochen, und der Obrist von Ribbeck gehorchte ihin. Er stieß den Degen in die Scheide zurück, er reichte dem Rathe die Hand und rief ihm zu: „Verleihe, alter Freund; es war nicht bös' gemeint. Allein die Geister dieses guten Weines „Ich trage Dir nichts nach!" ertviderte der Beleidigte. „Doch hüt' eilt anderinal die arge Zunge." Während die Beiden sich versöhnten, mußte der Herr des Hauses den frcmdeit Mann beinerkt haben, welcher im Vor¬ zimmer der Zeuge eines jener Auftritte gewesen war, welche um 1637 leider zu den alltäglichsten im Lande Brandenburg gehörten. Deirn er rief jetzt einen der an dein Trinktische des Saales beschäftigten Pagen zu sich heran und flüsterte diesem einige Motte zu, worauf der Edelknabe auf Jürgen Anidt
..."
zueilte.
„Sagt, Mann, — wie
konntet ihr es wagen?" ttef er von Berlin entgegen. „Verzeihet, junger Herr, — es gilt das Wohl und Wehe von Berlin und Kölln! Ist der Herr Obrist Rochoiv hier? — Ich bringe Botschaft von deut edlen Fräulein Anna Katharina! Doch nur dem Herrn allein darf ich das Schreiben geben!" dem Boten
des Pagen verließ einer der Offiziere,
welcher bis dahin schweigend und sinnend neben dem Statt¬
halter gesessen hatte, seinen Platz, tim Anna Katharina entgegenzunehmen. Es Dreißigern, von etwas schwermüthigem, Gesichtsausdrucke. Breite tiefe Narben
Stirn und
seine Wange,
ohne jedoch
Brief der Gräfiir war ein Herr in deir
den
aber überaus stolzem zogen sich über seine die Schönheit seines
edlen Antlitzes zu schädigen.
Er nahm
dem Boten schnell das Schreiben ab und er¬
Während er die Worte der Hohenzollerntochter überflog, erzitterte seine Haild einen Augeirblick. Aber er faßte sich sofort, schöpfte tief Athem und sprach, in bcix Saal zurück¬ öffnete dasselbe.
tretend:
„Fort mit
lind mit den Schüsseln! Berlin lind Köllrr sind in Gefahr! Kvnrad von Burgsdorf ist von Liliehvek geschlagen; im Süden steht der Obrist Buttler. Er hat die Städte aufgefordert, schwedische Besatzung einzu¬ nehmen. Sie haben's muchvoll abgelehnt. Die Gräfin Anna Katharina und die Räthe beider Städte aber rufen niich zu Hülfe, und ich eile, meine Stelle einzunehmen." Die Versantinlting war auf's Aeußerste betroffen; die Dünste des Weines verflogen alsogleich. „Ich lasse augenblicklich satteln," fuhr der Herr von Rochow fort. „Noch ist die Straße ftei. Wer weiß, wie es Nachmittags steht!" „Ich reite mit!" rief Hans Georg von Ribbeck. „Wir müssen Seiner Durchlaucht Residenzen halten, kost' es, was es den Bechern
jetzt
wolle." Die Herren hatten sich erhoben; der Saal erklang von Da winkte der Graf Schwartzcnberg, kricgettscheni Tosen. und es trat Stille ein. „Nicht allzu schnell, ihr Herren!" sprach er. „Ihr wißt es allzumal, daß mir befohlen ist, die Stadt und Veste Spandau
54 unserm gnäd'gen Herrn vor Allein zu erhalten. Berlin und Kölln bergen der Bürger noch genug, um einen Handstreich abzuschlagen. Ich habe hier für Spandau nichts als Euer
Regiment zu Fuß, Obrist von Ribbeck, und sechs Kompagnien der Dragoner von Rochow, welche mir der Herr Obrist gestern zugeführt hat. Das ist sehr wenig Volks, um diese Veste zu vertheidigen. Ich kann es demnach nicht gestatten, daß die Herren uns verlaßen. Sind die Berliner und die Köllncr in Gefahr, so ist cs ihre eigene Schuld. Ich hab' sie oft genug
Wälle wiederherzustellen und in den Waffen ernstlich sich 511 üben; sie haben nicht gewollt. So mögen sie denn tragen, was die böse Stunde bringt. Der Herr Stadthauptmann Wenzel Scholle ist allhier." — Der Graf wendete sich jetzt demselben zu. — „Der Herr, er möge reiten, möge seine Knechte, seine Bürger waffnen! Ich kann es nicht erlauben, daß kurbrandenburgisch' Volk aus dieser Veste zieht!" Ungeduldig hatte der Herr von Rochow geharrt, bis daß der Graf geendet hatte. „Herr- Meister", sprach er dann, zwar höflich, doch entschieden; „Ihr vergesset, daß ich Kommandant bin zu Berlin und Kölln; Ihr vergesset daß mir als einem Obristen von sclbstgeworbenem Volke zusteht, meinem Regimente inner¬ halb der Treue, welche ich dem gnäd'gen Herrn geschworen, die Befehle selbst zu geben. Ich weiß wohl, was mir meine Pflicht gebeut: ich lasse satteln!" „Auch vergesset zweierlei, mein Herr von Rochow", antwortete der Graf von Schwartzenberg. „Ihr seid mir doppelten Gehorsam schuldig; denn ich bin Statthalter des Landes und steh' als solcher an der Stelle Eures Lehnsund Kriegsherrn. Ich bin zugleich das Haupt des Ordens, den Ihr selber tragt: des weißen Kreuzes St. Johanns. Ihr habt mir willigen Gehorsam einst gelobt. Und endlich: Reitet Ihr mit Euren Kompagnien*) ab: seid verantwortlich, wenn Spandau fällt!" „Ich kann mich Euren Gründen freilich nicht verschließen!" entgcgnetc der stolze Offizier. „Ich weiß, was ich Euch schuldig bin. So kann ich Ew. Gnaden denn nur bitten — bitten auf das Dringendste: behaltet die sechs Kompagnien hier; allein mein Platz ist in Berlin. So reit' ich denn allein! Mit dem geringen Volke, welches ich dort drüben habe, und mit den Bürgern fest im Bunde, will ich die beiden Städte halten. Denn fiub sie erst gefallen, ist es um Spandau gemahnt,
die
Ihr
Ihr
Lasset mich also ziehen gnäd'ger Hera-; — geschehen. mein Obristlieutcnant mag hier meines Amtes walten." „Ich habe nichts dawider, Herr von Rochow!" sprach
auch
„Das Fräulein
schreibt
mir: .Bei Bernau/" erwiderte
der Obrist Rochow.
Brief, — vor einer Woche. Ich antwortete dem Herrn Obrist, der dort kommandirt, alsobald; — der Bote hatte Auftrag, mir auf's Schnellste des Herrn Obristcn Responsen herzubringen. Er
„Von dort erhielt
kam indessen
„So
ich einen letzten
nicht zurück." —
scheint die üble Post sich zu bestätigen!" sprach jetzt
sehr ernst. „Ja, reitet denn auf's Schnellste nach Berlin, mein Herr von Rochow, und thuet Euer Bestes. Ihr sehet ein, daß ich nicht anders handeln kann. Wohl aber würdige ich auch Eure üble Lage. Ich laffe daher sofort die gesammte Mannschaft des Teltow aufbieten, soviel der Edelleute mir nur erreichbar sind, die Hake's auf Klein-Machenow, die Schlabbrendorf, die Spiel, die von der Licpe. Sic sollen heute noch sich stellen
der Graf von Schwartzcnberg
in Berlin." Der Herr von Rochow verbeugte sich: „Verlaßt Euch d'rauf Herr Graf, ich weiche nicht vom Platze." Dann wendete er sich noch einmal der Tafelrunde zu. „Wer zieht mit mir, Ihr Herren vom Geheimen Rathe?" fragte er. „Die Bürger müssen ernst und weise angeleitet werden, ihre Pflicht zu thun." „Nehmet mich mit, Herr Obrist!" rief der greise Rath und Landeshauptmann Thomas von dem Knesebeck. „Ich steh' ein halb' Jahrhundert auf der Bresche für mein theures Brandenburg und für die edlen Hohenzollern. Ich bitte Gott, mir Kraft zu geben, daß ich meinem Fürsten dienen kann auch jetzt in tiefster Noth!" „Kein Mann besitzt die Liebe und die Ehrfurcht, die sich Eurem grauen Haupte beugt!" erwiderte der Obrist Rochow. „Der Graf von Schwartzenberg gestatten?" — „Gern! Geleite Gott Euch, werthe Herren! — Euch andern aber bitte ich, an Eure Pflicht zu gehen. Ich fertige selbst die Briefe aus an die Vasallen auf dem Teltow. Habt Acht, Stadthauptmann, daß ihr ihnen auch rechtzeitig öffnet! Der Weg zum St. Gertrauden-Thore aber ist den Junkern Abends von den Schweden vielleicht schon verlegt: es bleibt
Ihr habt sie Spandauer Thores zu erwarten. Noch einmal, Gott mit Euch!" — Der Graf hob die prunkende Tafel auf, welche so fröhlich be¬ daher nur demnach
an
eins; den
sie
müsien über Spandau.
Außenwerken
des
der
gonnen und so düster geendigt hatte. Rochow, Knesebeck und der Stadthauptmann schritten der Wendelstiege zu. „Habt Ihr ein Rößlein, Mann?" fragte der Obrist im Vorüberschreiten
ernsten
den
Statthalter. „Suchet die Stadt zu halten; doch ich fürchte Angriff kaum. Und fällt Berlin, fällt Kölln: es ist nur ihrer Trägheit Lohn, welchen die Bürger jetzt empfangen! Indeß: ich kenne Obrist Buttler. Es ist vielleicht nur auf Brandschatzung abgesehen. — ,Was will er in Berlin, wo kaum die Kirchenmäuse Nahrung finden? —
Zahlet dem Buttler nichts! Ich sag' cs Euch: 's ist arge List im Spiele. Noch glaube ich's auch nicht, daß Burgsdorf auf das Haupt geschlagen ist/"**) Der alte Herr von Zastrow fragte ängstlich: „Wo soll
die Schlacht geschehen sein?"
*) Sinnt. Die Dragoner, zu Fuß und zu Pferde kämpfend, wurden in Kompagnien eingetheilt. **) Historische Worte des Grafen.
Boten der beiden Städte.
„Nein, gnäd'ger Herr!" — „So meldet Euch im Hofe; man wird Euch eins geben! Ihr scheinet ein ernster und getreuer Mann, und solcher Bürger kann ich keinen misten jetzt, in Stunden der Gefahr! Wie kämet ihr? — Durch die Jungfernhaide? — Wir reiten graben Weg! Drei Herren, — der Mann hier und meine sechs getreuen Diener; — wir nehmen es wohl mit jeder Streifschaar auf. Herr Thomas, — bitte, nehmt zwei Knechte Euch zur Seite! Wir reiten schnell! Vor Mittagläuten noch sind wir am Ziel. Frisch d'rauf und d'ran!" Nach wenigen Minuten zog die kleine Reiterschaar durch den Stresow, das wendische Fischerdorf vor Spandau, hindurch. Wo sonst aber die friedlichen Hütten eines genügsamen Völkleins
55
mir obwalten! Ich komme ganz allein; — Das Weitere werdet ihr erfahren! Daran jedoch, daß ich
da ragten jetzt nur noch Trümmerhaufen auf; längst war die Vorstadt der Veste von den Einwohnern selbst preisgegeben und auf Schwartzenbergs Befehl niederge¬ brannt worden. Der Krieg kennt kein Erbarmen. Hinter dem Stresow ging's in gestreckten, Trabe dann den schlechten Weg unten am Spandauer Berge vorbei und nun auf einem schmalen Waldpfade dem Dorfe Lietzow zu. Allein der Weiler Lietzow selbst war längst verlassen; von seinen Fachwerkhäusern standen nur noch die Holzgerippe da, zum Theile halb verkohlt.
zwischen Euch und
Unendlich traurig und düster blickte die ausgebrannte Feldstein¬ kirche mit den öden, kleinen Fensteröffnungen den Reitern ent¬
dem Edelmanne zu,
gestanden hatten,
obwohl der helle Sonnenschein die Ruine bestrahlte. Bald aber hatten die Männer wiederum den Wald erreicht, welcher sie nun nicht mehr verließ, bis sie quer durch denselben bis zur Heerstraße nach Teltow gelangt waren. Und dort erhob sich vor ihnen der düstere Teltower Thor¬ thurm ! Allein eine schmetternde Fanfare empfing sie, und gegen,
Tücher wehten grüßend durch die golddurchfluthete Luft. „Sie wähnen, ich bringe Hülfe!" sprach Rochow zu dem Rathe
Thomas von dem Knesebeck. „Wie schwer wird's mir, ihnen die ernste Wahrheit zu verkünden!" — „Es muß jedoch nun einmal sein," antwortete ihm der Landeshauptmann; „nur wenn sie wissen, wie gefahrvoll unsere Lage ist, wird ihnen jener hohe Geist der Todesfreudigkeit verliehen werden, dessen wir bedürfen." Vor de», Brücklein zu St. Gertrud empfing der Rath die Nahenden. Freudestrahlend blickte Wedigen dem Herrn von Rochow entgegen.
„Von
Herzen danken
wir
Euch, edler
Herr,"
„daß Ihr so schnell gekommen seid, uns Trost zu bringen. Allein es hätte dessen nicht bedurft, daß Ew. Gnaden also eilten und den Eurigen voran der Bürgerschaft zuzogen, denn wir wissen, welche Stütze Eure Promptitude und Valor uns allezeit gewesen sind!" — Da hob sich Moritz Augustus von Rochow in den Bügeln. „Nicht einen Augenblick, ihr wackeren Männer," rief er mit weithinschallender Stimme, „soll auch nur eine Ungewißheit
so sprach
er,
Oer Dom zu Stendal. Von Oskar Schwebet.
„Es findeil
irur wenige Städte in Deutschland, welche Stendal, die ehr¬ würdige Hauptstadt der Altnrark." So sagt mit Recht ein sich
dem Fremden so stattlich sich darstellen wie
Geschichtsschreiber dieses Landestheiles, der Wiege des branden-
burgisch-preußischen Staates. Es sind in der That vortreffliche, ja selbst großartige Schöpfungen deutscher Baukunst, welche dem Städtebilde von Steildal seinen hohen Reiz verleihen. „Um die
herrlichen Kunstdenkmäler Stendals mit einem Blicke zu
überschauen, erwählt man sich anl Besten einen Platz auf der
alten Laildstraße nach Gardelegen, welche zu deur Dorfe GroßenMöringen sanft emporsteigt." Ein Nürnberg im Kleiilen, ein Nürnberg in's Norddeutsche, in's Märkische übertragen, ist's dann, was in dem grünen Thale dort zu unsern Füßen liegt. Welch' herrliche bürgerliche Bauten,
dieses Rathhaus, dieses Uenglinger und Tangeriilünder Thor! Vielleicht sind diese Thorbauten Steildals in ganz Deutschland ohne Gleichen; das berühmte Nibellingenthor zu Soest und die gefeierten
mögt Ihr erkennen, daß ich fest entschlossen bin, Berlin und Kölln zu halten. Meine Dragoner haben seid jetzt also meine Krieger, Spandau zu vertheidigen. meine Waffenbrüder! Hier aber meine Hand: wir wollen gekommen bin,
Ihr
für Kurbrandenburg!" Er hatte das rechte Wort getroffen;
siegen oder sterben
er hatte den Geist
der Entmuthigung von vornherein verbannt. dessen
stolze
Laut jubelten sie vordem
Zurückhaltung
sie
so
oft und so empfindlich verletzt hatte. „Siegen oder sterben für Kurbraudenburg!" tönte es ihm als Antwort zurück. Rochow aber reichte dem greisen Herrn von dem Knesebeck und dein Bürgermeister die Rechte. „Auf deutsche Treue denn in böser ivie in guter Zeit!" so sprach er dann. „Doch nun verzeiht, Ihr Herren! Das Fräulein Anna Katharina hat mies; rufen lassen; ihr hab' ich mich zuerst zu melden! — Herr Thomas, — habet Ihr die Güte, unsern wackren Freunden näheren Bericht zu geben!" Er ließ ihnen den allverehrten Rath zurück und ritt dem Schlosse zu. Ein tiefer Ernst legte sich über seine ritterlichen Züge, als er in die Gemächer der Gräfin Anna Katharina geführt wurde. Er traf die fürstliche Dame nicht allein au; die Tochter des Bürgermeisters stand der Prinzessin zur Seite, als diese den Obristen empfing. Anna Katharina aber reichte ihm die zierliche Rechte zum Handkusse und erwiderte auf seinen ftagenden Blick: „Johanna Wedigen, Herr Obrist, — des Herrn Bürger¬ Mit anmuthiger Herzlichkeit fügte sie meisters Tochter!" lächelnd hinzu:
„Seit ziveien Stunden meine Hofdame in diesem düsteren ,chäteau-merveil‘ und meine herzlichliebe, einzige Vertraute! Ihr dürft ganz offen vor ihr sprechen! Doch zunächst lasset mich Euch danken, daß Ihr gekominen seid — so schnell! Ich selbst bin stolz daraus, daß mein so schwaches Wort soviel (Fortsetzung folgt.) auf einen ritterlichen Mann vermag."
Thürnle des Lübecker Holstenthores wenigstens vermögen sich mit ihnen nicht zu messen. Und welche Fülle kirchlicher Architekturen! Dort die drei Pfarrkirchen zu St. Peter, zu St. Jakobus und zu St. Marien; hier die Nonnenklöster zu St. Katharina und St. Anna; dort eine Hospitalkirche zu St. Gertrud und hier die Reste eines Franziskaner-Konventes! Sie alle überragt indeß der Dom St. Nikolai. Von ihm und von seiner Schönheit, von seiner reichen Geschichte und von seinen bescheidenen Kunstdenkmälern
möchten
wir
Jahres
doch
Wurden es am 26. Oktober dieses 700 Jahre, daß der Grund gelegt ward zu diesein hehren Denkmale deutscher Kunst! Ueber .die Feier dieses Gedächtnißtages, der des Kaisers Majestät beizuwohnen be¬ heute berichten.
absichtigte, haben die Tageszeitungen berichtet.
Ein Dörflein „Steinedal" wird
schon
im Jahre 1022
urkundlich erwähnt. Der geistes- und kunstgewaltige Bischof Bernwardus von Hildesheim besaß dasselbe damals; er schenkte Das es in jenem Jahre dem Michaeliskloster seiner Residenz. Dorf „im Steinthal" aber war ein echtes deutsches Dorf, kein Slaweusitz. Deutsche von edelstem Geblüte, langlockige Lango-
56 barden, die gewalt'gen Speere mit den starken Armen führend,
hatten, wie cs scheint, den gesammten Gau, in welchem Stendal lag, die Landschaft Belsheim, Belxem oder den Balsamergau, gegen die heranstürmenden Slawen zu halten verstanden. Deshalb der deutsche Name des Dörfleins. Südlich von dem¬ selben aber, näher an der Uchte und unfern eines zweiten Dörfleins „Schadewachten", lag eine Burg, — vielleicht ein Schloß mit Gauerben-Verfassung — ein „Nest der Zaunkönige" also, auf welchem mehrere Geschlechter mit der die von saßen: Nutznngsrcchte gemeinschaftlichem Schadewachtcn, die von
man den „Bären" nannte, wohl, was ihm zu thun geboten war! „Die engen, kleinen Burgen fallen nur zu leicht, die
Dörfer werden eingeäschert; aber deutsche Städte, mit dem Mauerring umgeben, sie vermögen sich zu halten." So sagte er sich mit Recht. „Begründen wir daher ein deutsches Bürger¬ thum im Angesichte unsrer Feinde!" Es waren die Sitze der ältesten deutschen Kultur, Köln am Rheine und die Niederlasslmg der am Sode, an dem Salz¬ brunnen in der Börde, gesessenen freien Westfalen, deren Recht
zuilächft
auf Magadaburg, die Königin des deutschen Ostens, übertragen wor¬
war. Die Einrich¬ tungen Magdeburgs aber den
Stendal und die WedellUchtenhagen, letztere das
waren maßgebend jetzt
Sonnenrad, das Zeichen Balders, auf den Wappcnschilden tragend. Der
grade in Gelände eine
Menge
als die erste auch, auf Städtegründung dem Boden der Mark Brandenburg erfolgte; das heißt: . als Stendal im das Jahre 1151 Markt- und Stadt¬
jener kolossalen
Stein-
recht erhielt und ans
Name „Steinthal" selbst aber erklärt sich uns wohl dann am Besten, wenn wir annehmen, daß
diesem
eillem Dorfe
setzungen vorhanden ge¬
der
Stadt
Stamm der Langobar¬
wurde.
sei,
wesen
welche
eine
An diese ländlichen Anfäilge der ^Hauptstadt der Altmark «ännert der Name eines Stadttheiles
den seinen Königen und
Edlen auf ihren Ruhe¬ stätten zu errichten pflegte.
Mehrfach sind solche Denkmäler in der Alt¬ mark und in der Prignitz auch noch heut' vor¬ handen, — Marksteine
von Stendal noch heute. Eine breite Straße, in welcher sich eine Lin¬
wird das „alte
denallee befindet, auch jetzt noch
vaterländischen
unsrer
in
unlgewandelt
Geschichte, von hehrstcr-
Dorf" genannt.
umrauscht und von der Sage weihevoll
gründeten die Benedik¬ tiner von Hildesheim
Es ist selbstverständ¬ lich ein ungewöhnliches Interesse, welches dieser ersten Städtegründung in den Brandenburger eigenthümlich Markeil her¬ Ansiedler ist. Um gewährte beizuziehen,
nun zunächst wohl eine
Albrecht der Bär den
Pocsie
nmklungen.
Bei
diesen Helden¬
malen der Vorzeit, bei der
Burg im Steinthalc,
Kapelle.
Bald aber
ent¬
wickelte sich bei derselben
ein lebhafter Verkehr. gegen
Hieß doch die Losung jener Zeit:
Osten!" „Nach Osten wollen Nach Osten wollen
wir reiten! wir zieh'«!" —
damals nicht allein der sächsische Reitersmann und der thüringische Mönch, sondern auch der fränkische Kaufmann. Noch immer aber war die Brandinaburg dort jenseits der Elbe, der allehrwürdige Fürstensitz an der blauen Havel, nicht erobert; ilvch immer rnachten die slavischen „reguli“ keck und
so sang
Da sah deren selbst verwegen Vorstöße gegen die Nordmark. kltlgcr Graf, Herr Adalbert oder- Albrecht von Ballenstädt, den
Bürgern der neuen Stadt zunächst auf fünf Jahre Freiheit von allen landesherrlichen Auflagen und Abgaben, Zollfreiheit an den Zollerhebungsstätten der Mark für immer Mit der richterlichen Gewalt be¬ und — eine Feldmark.
Manll" d. h. ben Vasallen Otto, und zwar dergestalt, daß ihm ein Dritttheil der Gerichts¬ gefälle und der Landesherrschast zwei gehören sollten. Aller¬ dings war die älteste Stadt Stendal nur {sein. Der Platz lehnte der Markgraf ferner „seinen
Dörfern Stendal und Schadewachten ge¬ nügte zur Anlage eines Marktes, eines Kauf- und Rathhauses uild einer Marktkirche, welche dem heiligen Johannes, dem Patrone der Reisenden und der Kaufleute, gewidmet wurde.
zwischen den beiden
Arme der Uchte begrenzten das Weichblld hüben und drüben.
57
Bald aber vergrößerte
sich
die Ansiedelung.
Dorf Schadewachten
mit
zu
der
Stadt
Es wurde das gezogen;
endlich
erfolgte auch die Gründung eines Domes in der jungen Niederlassung.
—
Es war ein Enkel Albrechts des Bären, der Graf Heinrich von Gardelegen, ein Bruder des Markgrafen Otto's II., welcher den Plan faßte, die Burg in Stendal eingehen zu lassen und ein Domstift auf der Stätte derselben zu erbauen. Wir besitzen über die Veranlassung dieser
Stiftung
eine überaus merkwürdige
Die Ballenstädtischen Grafen dachten bekanntlich in kirchlichen Dingen ein wenig mehr als frei; einer dieser Ottonen bekannte es sogar ganz offen, daß seine Jugend und das Feuer seines Blutes ihn stets davon zurückhielten, Werke der Fröinnngkeit zu vollbringen; er müsse, so sagt er einmal, das Beten daher frömmeren Männern überlassen, welche nur zu diesem Zwecke lebten; doch wolle er sich durch milde Gaben ihre Huld von Herzen gern erkaufen. So war auch Heinrich, Graf von Gardelcgen, ein arger Spötter und dem Magdeburger Erzbischöfe, wie sein ganzes Haus, ein steter Widersacher. Es währte denn auch gar nicht lange, bis er in den Bann gerieth. D'rob hat er sich, so sagt das Volk, indeß' nur wenig Sorge oder An¬ fechtung gemacht; höhnisch hat er vielmehr gesagt, er wolle nun doch einmal sehen, ob es wahr wäre, was die Priester
'
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Magdeburgs zu ringen hatten. Ein Erfolg ward ihnen jedoch nicht zu Theil; diese freiheitsstolzen Fürsten mußten endlich sich dazu bequemen, ihre Nacken vor dein Erzbischöfe gu beugen, und die Mark ward Magdeburg zu Lehen aufgetragen. Ganz dieselbe Sage, welche von dem Grafen Heinrich von Gardelegen erzählt wird, findet sich übrigens auch von den: Geschlechts¬ ältesten der Ballcnstädter von 1188, — von dem Markgrafen Otto II. Magdeburger Elaborat ist's also, was wir in der¬ selben zu erblicken haben.
(Schluß folgt.)
Sage.
und die Bettelmönche stets behaupteten, daß selbst die Hunde von einem Gebannten nichts annähmen. Er saß bei einer
Tafel, als
und rief d'rum seine Hunde allzumal zu sich heran. Wohl kamen sie; als er ihnen aber Brot und Fleisch darbot, da wichen sie von ihm zurück. Er konnte seine Hunde nicht bewegen, von dem Dargereichten auch nur ein einzig Stücklein anzunehmen. Da ging der Graf von Gardelegen in sich; er erkannte seine vielen, schweren Sünden und stiftete im Jahre 1188 den Stendaler Dom, um sie auf solche Weise abzubüßen. Das ist die Gründungssage des berühmten Sttftes, welches durch eine Bulle des Papstes Clemens II. am 29. Mai 1188 bestätigt und dessen Gotteshaus am 26. Oktober dieses Jahres eingeweiht ward. Wir sind indeß durch die Geschichte besser berichtet als durch die Sage. Graf Heinrich von Gardelegen wollte ursprünglich in Stendal ein Bisthum stiften, welches die Altmark zum Sprengel erhalten sollte. Es sollte eben kein Thcll der brandenburgischen Lande mehr unter fremden Bischöfen stehen; noch aber gehörte die heutige Altmark kheils zum Verdenschen, theils zum Halberstädter Sprengel. Mit dieser Absicht drang der Graf jedoch nicht durch; wohl aber erreichte er das Folgende: Das Domstist Stendal wurde von jeder bischöflichen Gewalt unabhängig gemacht; dasselbe stand also unmittelbar unter dem Papste. Ohne päpstliche Genehmigung durfte daher weder das Interdikt noch die Exkommunikation über den Stendaler Dom verhängt werden. Graf Heinrich von Garde¬ legen sicherte sich in den zwölf Doinherren zu Stendal also zwölf getreue Anhänger. Die Gründung dieses so bevorzugten Sttftes war demnach kein Schritt der Nachgiebigkeit vor dem Erzbischöfe von Magdeburg; sie richtete sich vielmehr gegen reichbesetzten
er so sprach,
das Hochstist des heiligen Bioritz und gegen dessen Suffragan-
Heinrich von Gardelegen wollte nichts weiter als den Bannstrahl Magdeburgs unschädlich machen, wenigstens für die Altmark. Es ist bekannt, wie schwer er und seine Brüder, die Markgrafen Otto II. und Albrecht II., mit den Erzbischöfen bischöfe.
Ein märkisches Denkmal. (Mit Abbildung
auf S. 61.)
Dankbare Erinnerung ist ein schöner menschlicher Zug und erfreulich, daß sic in unsrer schnelllebigen und schnellvergessendcn Großen dahingeschiedenen Männern Zeit bethätigt wird. werden Denkmäler errichtet und in unsrer Zeit nationalen
Fühlens greift mau gern zurück auf hehre Erscheinungen längst vergangener Tage. Ob der Gedanke Anklang finden würde, auch dem gewaltigen Markgrafen Albrecht dem Bären ein Denkmal zu setzen? Wohl hat er nur für die Mark grund¬ legend gewirtt, aber er war dazu auch ein nationaler Heros, dessen Rllhm seiner Zeit ganz Deutschland erfüllte und mit Recht: gewann er doch ursprünglich deutschen Boden für die Gesammtheit zurück, den Boden, auf dem sich nach Jahrhunderten der Kern des ganzen Deutschen Volkes entwickelte.
Einer der hochragenden Punkte des Havclufers zwischen Potsdam und Spandau wäre ein herrlicher Ort für ein Denkinal dieses großen Mannes, das zugleich ein Erinnerungs¬ zeichen sein könnte für sein ganzes Geschlecht, jene Anhaltiner, die in seltener Klugheit und Weisheit delltscher Kultur nach Osten Bahn brachen, deren Leben nur opferwillige Arbeit, deren Blühen leider von nur so kurzer Frist war! Es mag solch ein Denkmal von Stein oder Erz ein schöner Gedanke bleiben, vielleicht für immer; ein Denkmal an den großen Markgrafen, wenn mich ganz andrer Art, ist aber zurückgeblieben aus seiner Zeit, ist noch heute eine Erinnerung, in seiner Art lebendig, wenn auch dem märttschen Volke un¬ bewußt. Dieser Erinnerung wieder rechtes Licht zu geben, wollen die folgenden Zeilen versuchen. Schon längst ist die Zurückführnng der Namen von Berlin und Bernau auf Albrecht den Bären in das Reich der Fabel gesetzt und auch der Bär als Siegelzeichen der Haupt¬ stadt kann seine Abstammung nur vom Namen der Stadt als
„Bärlein"
ja,
anzunehmen, daß die Gegend der Hauptstadt schon in Albrechts dauerndem Besitz gewesen. Die geschichtliche Forschung hat es zweifellos erscheinen lassen, daß die Havel die Grenze seiner Eroberungen nach Osten blldete.
nachweisen,
kaum ist
Unterscheiden doch die Markgrafen
Otto und Johann,
Jahre nach Albrechts Tode, in der bekannten Urkunde vom Jahre 1237 über den bischöflichen Zehntenstreit die Gegenden westlich und östlich der Havel, als alte und neue Länder: der Barnim war ihnen das neue Land. Nur Prignitz, Havelland und Zauche tvar Albrechts Besitz in den slavischen Landstrichen östlich der Elbe gewesen, eine Frucht wahrscheinlich gewaltiger Anstrengung, vielleicht jahrelanger Kämpfe, deren sechszig
58 Einzelheiten uns für immer verborgen bleiben werden.
Seinen
Markgraf durch feste Punkte nach Osten an der Havel, vor Allem durch Spandow und Bötzow, dem späteren Oranienburg. Bis zur Oder vorzudringen gelang den Markgrafen erst zu Anfang des 13. Jahrhunderts, denn noch zu Albrechts Zeit war die Macht der Pommerschen Fürsten gewaltig in diesen Gegenden östlich der Havel und noch zu Ende des 12. Jahrhunderts machten sie verheerende Einfälle die Oder aufwärts, bis es endlich gelang, die dem Namen nach schon seit Kaiser Lothars Zeiten bestehende Lehns¬ abhängigkeit dieser Slavensiirsten von dem Markgrafen zur Wahrheit zu machen. So ging denn auch endlich der Barnim um das Jahr 1230, wahrscheinlich von den Pommerschen Fürsten friedlich durch Kauf in die Hände des Markgrafen über. Zu Albrechts Zeiten aber war von solchen friedlichen Zuständen noch keine Rede. Bötzow (Oranienburg) war zu einer Besitz aber sicherte der
mächtigen Beste geworden, die den gewonnenen markgräflicheu Besitz nach Nordosten sichern sollte.
der
Ort
Jahrhunderte lang bewahrte
diesen Charakter einer markgräflichen Hauptveste.
Wir
Jahrhundert, daß daselbst bedeutende Mühlcnwcrkc angelegt waren, Eisenhämmer, auf denen aus den häufigen Rasencisencrzen die Waffen für die Märker gefertigt Wie Spandow wenige Meilen südlich noch heute wurden. wissen noch aus dem 14.
ein Hauptwasfenplatz, so Bötzow zu Albrechts und seines Geschlechtes Zeiten. Diese Hauptveste hatte auch Borburgen mit höchst charakteristischen Namen. Eine Meile von Bötzow nach Norden an der oberen Havel lag einst Bären Haupt (urkundlich Bernovete, Bernhoffde), lange Zeit nü'tft, nunmehr als Kolonistendörfchen Bernöve wieder er¬ standen; nach Südwesten aber lag Bärenklau (urkundlich
Bernclaw), dem Ersteren entsprechend, noch heut das bekannte Remontedepot.
Wir
erkennen aus diesen Anlagen,
stehen auch das
daß bei ihrem Ent¬
Havelland, insbesondere der Glien, noch nicht
völlig gesichert sein mußte. Woher nun diese Namen Bärenhaupt und Bärenklau, wenn nicht passend zu dem Sitz des Bären selbst, zu Bötzow? Woher diese Namen, tvenn nicht von Albrecht selbst herzuleiten, dem Manne, den schon seine Zeitgenossen „den Bären" nannten, von dem der zeitgenössische Spruch Heinrich der Löw und Albrecht der Bar, Sainnit Friedrich mit dem rothen Har, Das sind drei Herrn, Die mögen die Welt verkehrn.
uns urkundlich überliefert ist? Wohl ist Schildhorn an der Havel ein sinniges Denkmal jener fernen Zeit, die den Sieg der Deutschen über den eingedrungenen Fremdling brachte, ein sinniges Denkmal des Aufblühens einer neuen Zeit — aber leider ist die sich an Schildhvrn knüpfende Sage sehr modern. Nicht vom Schilde und vom Hörne, den Rüstungsstücken eines Slavenfürsten führt es den Namen: Horn heißen in dortiger Gegend alle in die Havel vorspringenden Userstellen und Schild ist eine alte deutsche Bezeichnung isolirtcr Bodenerhebungen. Es ruht nun schon Jahrhunderte dort zu Lehnin und
Chorin
der
Staub der schaffensmuthigen Männer, jener
Anhaltiner; von Manchen derselben ist kaum die Ruhestätte bekannt — wo Albrechts Asche ruht — verkündet es — seines Schaffens Folgen aber haben die Jahrhunderte überdauert
und noch klingt der Name seiner gewaltigen Hand, einst seiner Feinde Schrecken:
„Bärenklau!"
R.
Lutter.
Wir finden eine poetische Darstellung der Schildhorn-Sage in G. Gurski's Dichtung „Schildhorn", in Henry Litolff's Verlag in Braunschweig erschienen und fügen mit Bewilligung des Originalverlegers daraus die folgenden Schlußverse hier an.
Drang
Hörnerruf
an's! Und der Wogen starke Kette Hemmet Roß und Reiter nicht, Horch, — welch' dumpfes, banges! Denn sie ringen um die Wette, Lauschen!... Keinem es an Kraft gebricht. Gastlich schon das Ufer winket, Weh, da bricht es schon hervor, Schwcrterklirren, Waffenrauschen, Freundlich dort die Höhe blinket, — Da vom Strome neu erfaßt, Und in tausendstimm'gem Ton: Unterliegt das Roß — es sinket! ,N)'rie eleison! nicht
Ohr?...
„Hilf o Herr, den Sieg gewinnen! „Hilf, Jehovah Zebaoth!"
'
Ob er kämpft, der kühne Schwimmer, Mit verdoppelt wilder Hast, Nirgends Rettung! Kein Entrinnen!! Weh! der letzte Hoffnungsschimmer Schwindet,—denn sein Arm erschlafft Todesschrecken! Todesnoth! Flüchtig ordnet sich der Haufen, — Und die Brandung hebt sich höher. — — Plötzlich, wie mit neuer Kraft, Wirres Durcheinanderlaufen, — j
j
Weh! des Anpralls erste Wucht Löst sie auf in wilde Flucht!
Jaczo Da
sieht den Letzten wanken,
erst wendet er sein Roß,
Doch mit Schnelle der Gedanken Folgt ihm schon der Feinde Troß.
Ueber Lebende und Leichen Spornen sie die blut'gen Weichen
Ihn,
den Flücht'gen, zu erreichen.
Schwingt er
sich dem
Ufer näher.
Theilt die Fluth mit fester Hand, Fühlt schon unter sich den Sand, Ist der Strömung nun entronnen. Klimmt empor und — hat gewonnen! Doch — wie?
Ist dasJaczo'sBild?
Eines unbesiegten Hünen? —
Knieend löst er Horn und Schild, Ruft mit der Zerknirschung Mienen, es rings das All erfüllt: „Dir, Jehovah, will ich dienen:
Daß
Und — der alle Pfade kennt. „Gott der Kraft, den ich erprobt, Wie mit Blindheit nun umnachtet. „Als ich schon in Todes Armen, Läßt die Lichtung unbeachtet, „Dir hab' ich mich angelobt —■ Die der Havel Ufer trennt; „Gott der Liebe, hab' Erbarmen!" Sicht um sich den Halbkreis schließen, Sieht nun auch zu seinen Füßen — Rings am Strand die Menge lauscht Und der Jubel will nicht enden. Ei» feindselig Element. Wie das Wort berüberrauscht: Mit dem Augenblick verloren Wär' das Leben! WutheNtbrannt „Nimm, o Herr, des letzten Wenden Fühlt das Roß die scharfen Sporen — „Letzte Wehr aus meinen Händen: „Schild und Horn! —Und dieses Ob auch steil des Ufers Rand — Land, Ob die Havel wüthend schäumt — „Das sich deinem Dienste weihe, Ob das scheue Roß sich bäumt — Eher noch der Fluthen Grab,
Als
besiegt!-Er
setzt
hinab!
„SchildHorn „Herr, —
sei's fortan genannt!
dem Säumigen verzeihe!"
Wie man Häuser staut?') Von 28. Bonncll.
Bekanntlich ist die Gründung unserer heutigen Friedrichdes nachmaligen das Werk Kurfürst Friedrichs nach seinem RegierunsanBald preußischen Königs. ersten tritte wurde das große Werk begonnen und in den beiden
stadt
III.,
ersten Jahrzehnten kräftig gefördert. Dank der Freigebigkeit des fürstlichen Gründers, der mit Unterstützungen an Baugeldern und Baumaterialien nicht kargte. Um 1706 etwa ließ die
*) König, Versuch einer histor. Schilderung der Residenzstadt Berlin (1793); Nicolai, Berlin und Potsdam (1786); L. Schneider, Palais des Prinzen Albrecht (1870); Jähns, Entstehungsgeschichte der Berliner Friedrichstadt (1881); Friedrich Wilhelm I. als Eheprokurator (Zeitschrift „Kolonie", 1886); Muret, Geschichte der französischen Kolonie (1885).
59 und stattlicher bauen konnten? Und wozu war er König, wenn er nicht seinen Willen durchsetzen sollte? Es begann nun jene Zeit des Bauzwauges, der es an einzelnen ergötzlichen Anekdoten freilich nicht fehlt, die aber Wer sonst recht schwer und drückend auf den Berlinern lastete. in der Residenz irgend wie in dem Rufe stand, einiges Ver¬ mögen zu besitzen, erhielt kurzweg einen Platz auf der Friedrich¬
Baulust nach und war trotz aller königlichen Anregungen nicht wieder aufzurütteln. Das Bedürfniß nach neuen Wohnungen erwies sich eben überreich befriedigt. König Friedrich sollte den Abschluß seines so großartig angelegten Werkes nicht mehr erleben, unvollendet hinterließ er es feinem Sohne und Nach¬ folger.
In manchen abseits liegenden Partieen des neuen Stadttheils sah es gegen Ende seiner Regierung noch häßlich genug aus. Biele Bauplätze lagen wüst, 1712 noch 380, oder man war mitten im Bau stecken geblieben. Oft erschienen die Bau¬ plätze kaum ordentlich eingehegt, die Straßen im höchsten Grade unsauber. Wer die Friedrichstadt bis zu ihren äußersten Grenzen durchwanderte, erhielt so nicht nur den Eindruck des Es dauerte Unfertigen, sondern auch des Unbehaglichen. dieser Zustand bis in die Regierungszeit Friedrich Wilhelms I., und anfangs schien es, als fehlte dem jungen Monarchen jede Neigung, die Schöpfung des Vaters fortzuführen. Aber kaum waren die Finanzen wieder in einen ordentlichen Zustand ge¬ bracht, so erwachte die Baulust des Königs, die mau ihrer Heftigkeit wegen eigentlich ein Baufieber nennen müßte. 1721, als Friedrich Wilhelm für die Friedrichstadt eine besondere Baukommission einsetzte, wird sicherlich wieder ein Bedürfniß nach Vermehrung von Wohnhäusern vorhanden gewesen sein, das aber durch die erstaunliche Thätigkeit der Kommission Sic baute auf gewiß schnell und vollauf befriedigt wurde. königliche Kosten innerhalb zweier Jahre 191 zu allermeist ein¬ stöckige Wohnhäuser, hauptsächlich in den unteren Theilen der Friedrich- und Wilhelmstraße und ihren Querstraßen. Gcwöhnlich verschenkte der König diese Häuser. Wie einst die Franzosen in der Gegend nach den Linden zu, nahmen nun die Böhmen, die von 1727 an kamen, in der Nähe des Rondeels ihre Wohnsitze, wurden vom Könige auf alle Weise unterstützt, mit Häusern bedacht und erhielten auch eine Kirche. So viel der König aber auch selbst für Bebauung der Fricdrichstadt thun mochte, gelang es ihm doch nicht, die Bau¬
stadt angewiesen mit der Ordre, zu bauen, und nun mochte Der Oberst von er sehen, wie er damit zu Stande kam. Derschau, der Vorsitzende der Baukommissiou, soll ein genaues Verzeichniß aller begüterten Einwohner und besonders könig¬
licher Beamten und Hofleute angelegt und stets vollständig er¬
halten haben, welches er von Zeit zu Zeit dem Könige über¬ reichte, und aus dem dieser dann ersah, wer seinem Wunsche nachgekommen war oder sich harthörig gezeigt hatte. Dem Oberst von Derschau stand der Bürgermeister Koch, von dem die Kochstraßc den Namen hat, zur Seite; die beiden Herren waren damals in der Stadt fast nicht weniger gefttrchtet
als der König selbst, und man erzählt, daß die Leute vor ihnen gelaufen wären, wenn sie ihnen in einer Straße begegneten, wo noch gebaut werden konnte. Es geschah hierbei aber doch nur selten, daß wirkliche Prachtbauten erstanden. Die Leute, welche bauen mußten,
oft ihr ganzes Vermögen daran, um das Haus nur nothdürftig fertig zu bringen. Schlechter Baugrund vermehrte War das Gebäude nun wirklich vollendet, noch die Unkosten. so war auch das bischen Vermögen zugesetzt und der Bauherr
setzten
für
brachten den geringsten
Mitteln bauen konnten, auf jene Gegend zu lenken. Welche Vortheile hatten diese auch davon, sich in einem Stadtheile anzusiedeln, der industriell gar lust solcher Leute, welche aus eigenen
war und für das Geschäftsleben auf lange hin¬ Die breiten Straßen sahen mit ihren kleinen Häusern, in denen zumeist nur der Webstuhl nicht entwickelt
aus keinen Gewinn versprach.
klapperte, so wenig hübsch und einladend aus, waren so abge¬ legen, so einsam und menschenleer, daß man den älteren
Stadttheilen gerne den Vorzug gab. Das paßte aber dem Könige nicht, der aus eigenen Mitteln genug an das Werk gewandt und noch wandte und vor allem nicht willens war, es unfertig liegen zu lassen. Nein, seine Berliner sollten und mußten hier bauen, und nicht immer so einfach und bescheiden wie er, sondern prächtiger und vornehmer, je nach ihrem Range und Stande, und lute sie bemittelt waren (oder vielmehr in dein Rufe standen, es zu sein). Es gefiel dem Monarchen auf die Dauer doch nicht, daß diese neue Schöpfung durchaus den
Charakter der Beschränktheit oder Bescheidenheit tragen sollte; « selbst gab Geld auf Geld, und noch 1725 erklärte er in einem Reskripte an die Kriegs- und Domänenkammer, daß die zur Unterstützung beim Bau hergegebenen Gelder nicht auf die Grundstücke
als Hypothek eingetragen werden, sondern geWozu aber hatte er reiche und wohl¬
lchenkt bleiben sollten. habende Leute genug
in der Stadt, die aus eigener
Tasche
den Augenblick so
;
i
gut wie arm,
denn
die Grundstücke
Ertrag, der knapp die Zinsen
deckte,
und wurden von dürftigen nnd unvermögenden Miethsleuteu bezogen, von Gesindel, heißt es in einem Berichte, von dem nichts zu nehmen war, und das nichts geben konnte. Einem königlichen Beamten, der nur 200 Thaler Gehalt erhielt und sonst nichts besaß, ward der Befehl, zu bauen. Vergeblich war es, daß er seine Mittellosigkeit betheuerte und die Behörde seine Angaben bestätigte. Von Derschau hatte der König das Gegentheil gehört und antwortete schriftlich auf die eingereichte Vorstellung: „Der Kerl hat Geld, soll bauen!" Ein anderer Beamter dagegen verstand es, dem Könige die gute Seite abzugewinnen. Er war ebenfalls ein armer Er hatte gute Teufel, sollte aber dessenungeachtet bauen. Freunde unter dem Hofgesinde, die ihm die Zeit verriethen, in welcher der König die Fortschritte der Bauthätigkeit in der Friedrichstadt in Augenschein nehmen würde. Alsdann hielt er sich stets bei seinem Bau aus, und kam dann der König, so traf ihn dieser immer, wie er in bloßen Hemdärmeln Schutt oder Sand oder Steine karrte und sich wie ein Tagelöhner abquälte. Friedrich Wilhelm, dem kein Fleiß unbemerkt blieb, und der in diesem schwer arbeitenden und keuchenden Manne leicht etwas Besseres erkannte, als einen Handlanger, fragte ihn, wie es komme, daß er solche Arbeit verrichte. „Mein Gott," anttvortete der schlaue Vogel, „wenn man fort tvill, muß man freilich selbst Hand anlegen. Ich habe kein Geld und muß daher mit arbeiten!" Dem Könige gefiel solche Entschlossenheit und er fragte den Mann, wieviel Geld er wohl für den Bau noch gebrauche. Der Mann nannte die nöthige Sunune, ohne dabei unbescheiden zu sein, und der König schenkte ihm darauf das Kapital mit der Ermahnung, auch künftig ein fleißiger und guter Wirth zu bleiben.
60
Die Klagen über den unerhörten Bauzwang hörten in Berlin nicht auf, und wirklich hatten die Leute vollen Grund zur Unzufriedenheit.
Geschah es doch häufig, daß jemand, der in den älteren Stadttheilen wohnte und daselbst sein gutes Auskoinmen hatte, in der Friedrichstadt bauen mußte, sein Vermögen dabei zusetzte, Kapitalien aufnahm und dann in dem neuen Heim mit den Seinen in Noth und Mangel gerieth. Die eigentlichen Palaisbauten beschränkten sich auf die Wilhelmstraße und gingen hier auch nur bis zur Leipzigerstraße. Der Graf von Schulenburg baute das nachmals Radziwill'sche, jetzt Neichskanzler-Palais; der Oberjagermeister Graf Schwerin das Ministerium des königlichen Hauses; ein anderes Palais der Minister von Happe, der General von Tnichscß, der Herr von Marschall: alle aber gezwungen, wenn auch mit Unterstützung an Baumaterialien in Höhe bis zu 40 000 Thaler». Ueber die Lcipzigerstraße hinaus blieb alles einfach, dürftig, beschränkt- Und doch hätte der Bürgermeister Koch in der Nähe seiner Straße ebenfalls gern Prachtbauten gesehen, und die Gelegenheit, wirklich ein Palais in diese
Bei den Berlinern stand er in vor Dieben zu haben. Das Haus in der Bnrgstraße nämlich, in welchen: er zur Methe wohnte, ließ er mit ungewöhnlich dicker: eisernen Traillen versehen, sein Geld unter die Leute.
dem Rufe, große Angst
Haus auf der Promenade. Die ersten Jahre seines Aufenthaltes in Preußen bezeichnen die ungestörteste Harmonie zwischen ihm und dem Monarchen; beide Theile scheinen in dieser Zeit Wohl mit einander zufrieden gewesen zu sein. Doch schon fing der Himmel an, sich zu trüben. Es ist als geiviß anzusehen, daß auf der farnosen ebenso sein eigenes
Liste,
welche
der Oberst von Derschau über die reichen Ein¬
Gegend zu bekommen, sollte sich, wenn auch nicht gleich, doch später und unversehens finden. Die Geschichte aber, tvie dieser'
wohner Berlins führte, auch Vernezobre's Raine gestanden hat und wahrscheinlich mit recht dicker Schrift. Allen ihm nun zukommenden Winken, zu bauen, und zwar schön und prächtig zu bauen, wich der Baron aber mit einer beständigen Hartnäckigkeit aus, und der König, der sich scheute, in diesem Falle bei einein von ihin sonst ganz rinabhängigen Manne, den er selbst in seine Staaten gezogen, einen deutlicheren Zwang auszuüben, fing doch an, ihm zu grollen. Vernezobre ward es nun in der Nähe des leicht zu Gewaltsamkeit neigenden Monarchen unheimlich; er sann fortan darauf, ans dieser
Ban
schiveren und gefährlichen
zu
Stande kam, ist
funden halten könnte,
so
wenn
besten schriftlichen Beweise
sonderbar, sie
daß man sie
für
er¬
zum Glück nicht durch die
beglaubigt wäre. ein Resugiv,
Seit 1714 lebte in Berlin
der
Baron
Franpois Matthieu von Vernezobre. Er war nicht nur
ein
vornehmer, sondern auch ein reicher Herr. Man will von ihm wissen, daß er sein Vermögen in Paris während der Regent¬ schaft und bei Gelegenheit der großartigen Law'schcn Schwindeloperationen erworben, aber zu den wenigen Schlauen gehört habe, welche den
„Krach" vorauf spürten und
Gewinn in Ob er allein um der Religion willen den
Sicherheit brachten. oder auch anderer Sachen wegen ausgewandert ist, ist nicht festzustellen; für die mancherlei Gerüchte über ihn, die nicht zu seinem Vortheil klangen, fehlt aber bisher jede Begründung. Genug, Friedrich Wilhelms Agenten spürten ihn in Holland auf und machten dem Könige eine so großartige Beschreibung von seinem Reichthumc und seiner industriellen Unternehmungs¬ lust,
daß dieser es sich angelegen sein ließ, ihn in sein Land Doch mußte der Monarch erst lange werben und
zu ziehen.
Baron wirklich kam und in Berlin sich häuslich Die Auszeichnung, mit welcher der König ihn empfing, ist der beste Beweis für den Werth, welchen der Monarch auf seine Erwerbung legte. Richt gemlg, daß er seinen Adel anerkannte und ihm zu dein schon vorhandenen heraldischen Schmuck noch einen preußischen Adler im silbernen Felde in sein Wappen gab, er verlieh ihm auch den Titel eines Königlichen Geheimen Raths und bedachte ihn gnädigst mit dem Orden de la generosite. Ja, es soll der König so¬ gar dem Prediger Tornct eine Pension von 250 Thalern nur locken, ehe der
niederließ.
dafür ausgesetzt haben, daß derselbe zur Niederlassung des Barons in Preußen beigetragen. Jedenfalls rechtfertigte dieser die in ihn gesetzten Erwartungen. Er' ernstes sich als ein geschickter Geschäftsmann und brachte dem Lande wirklichen Nutzen. Er ist der Schöpfer der ersten Parchcntfabrik im preußischen Staate, legte auch einen Eisenhammer, eine Kreppmühle und eine Drahtzieherei
an, gab somit ein Beispiel segensreicher Thätigkeit, beschäftigte viele Hände und brachte, da er arrch auf hohem Fuße lebte.
Berliner Luft zu entkommen.
Bei
industriellen Unternehmungen, es nicht gut an, Preußen hatte, gesteckt ging Geld die er viel in Friedrich Wilhelm schwerlich überhaupt zu verlassen, wozu auch die Erlaubniß gegeben haben würde. Der Baron mied fortan aber, zun: größten Verdrusic des Königs, die Hauptstadt und Er kaufte das reizende Gut Hohenzog sich auf's Land zurück. dem Stande seiner
zahlreichen
Finow, das ein prächtiges Schloß mit schattigem Park,
schönen
Alleen von Lindenbäuinen und auch einen Weinberg hatte, lebte dort mit seiner Familie allen Annehinlichkeiten, die ein schmucker Herrensitz nur bieten konnte, und ließ sich fortan
wenig in Berlin sehen. Erst das Jahr 1730 sollte ihn in diesem friedlichen Da¬ Er kam in den Verdacht, um den Flucht¬ sein unsanft stören. versuch des Kronprinzen gewußt und diesen durch Darleihung von Geldmitteln hierbei unterstützt zu haben. Der Zorn des Königs gegen alle, welche bei diesen: unglücklichen Schritte des
Sohnes betheiligt waren, kannte keine Grenzen. Auch dem Baron drohte Gefahr; die Quittungen, welche des Kronprinzen Handschrift trugen, mußte er herausgeben, sie sollten wohl als Beweismittel in der Untersuchung dienen. Sofort wurde auch eine Wache nach Hohcn-Finow gelegt und Vernezobre in seinen: eigenen Hause als Gefangener gehalten. Doch lief die Sache besser ab, als der unglückliche Baron im ersten Schreck gedacht haben niochte. Er wies seine voll¬ ständige Unbekanntschaft mit den Plänen des Kronprinzen nach; welche er diesem gemacht, hätten keinen andern Zweck gehabt, als den, sich einen: liebenswürdigen Prinzen und dainit den: Vater gefällig zu zeigen. Der König mußte ihn: glauben, die Wache wurde aus Hohen-Finow zurück¬ gezogen, und die eingeschüchterte Familie konnte wieder aufathmen.
die Geldvorschüffc,
Es vergingen ihr nun sechs Jahre ungestörten Glückes. Zu seinem bisherigen Landbesitz erwarb der Baron noch das Gut Polsien bei Angcrinünde. Die Kinder wuchsen heran, unter diesen drei Töchter, von denen nun die Eine, Gasparde, die unschuldige Ursache neuer Unruhe und Verlegenheit werden sollte.
(Schluß folgt.)
61 deshalb bei der Betrachtung der Errichtung der Schulen beide Staaten, Preußen und Sachsen, zu berücksichtigen. — In den Städten waren die Schulen schon früh in's Leben gerufen worden, wie die alten Stadtbücher ergeben. In Kalau gab es bereits 1367 eine Schule; denn das alte Stadtbuch enthält
Die Gründung der Landschuten in der Niedertansrtz. Von P. Fahlisch-Lübbenau.
Bis zum Jahre 1002 war die Niederlausitz mit dem Lande Budissin (Oberlausitz) ein selbständiges, freies Markgrafenthum. In diesem Jahre jedoch ward es von dem kühnen Polenherzog Boleslaus erobert und zu Polen geschlagen. Um die neue Provinz seinem Reiche zu erhalten, ließ nun Boleslaus ihre Städte be¬ festigen und mit starken Mauern umschließen, deren Reste wir
„Wer do leth der Stadt Buch leßen, der muß geben dem Rathe 11 gr. vnd dem Schulmeister 1 gr." Ungefähr um dieselbe Zeit ist auch in Lübben eine Schule nachweisbar. Wenn
die Vorschrift:
Stadtbuch nicht mehr vorhanden ist, so enthält im Jahre 1430 angelegtes im ersten Protokoll den Schlu߬ satz: „vnd das ist gesehen noch got’ gebort M° iar CCCC" iar dor noch yn deme XXX 0 iare an sontage letare gegebin vnd geschriben hot is hans kirsalb d’zcu d czeyt vnss schulmester.“ Die Schulmeister- und Stadtschreiberämter wareit in den Städten der Niederlausitz lange vereinigt. Die Inhaber auch hier das älteste
in Lübben, Luckau und Dahme finden. Außerdem legte er aber auch noch besondere Burgen an, wie Zizani, das heutige Zinnitz, welches durch seine ihre Lage ungemein wichtig und fest war. Hier residirte der mächtige Herzog häufig, hier unter¬ heute noch
doch ein
handelte er 1011 und 1017 mit Kaiser Heinrich II., hier
bewirthete er diesen sogar im erstgenannten Jahre, ja, hier feierte er auch seine Hochzeit mit Oda, der Tochter des Mark¬
derselben pflegten sich deshalb in ihren Schreiben stets Schul¬
grafen Eckard von Meißen. Trotz dieser Befestigungen wurde aber das Land 1031 von Kaiser Konrad II. wieder
meister,
zum
noch
deutschen Reiche
Moderator
seholae
und Stadtschreiber zu unter¬ zeichnen.
In Lübbenau gesellte
sich zu diesem
zurück¬
Von jetzt ab wechselte als Provinz verschiedener Länder häufig seine Herrscher. Im Jahre 1304 kam es theilweise, dann 1312 vollständig auf kurze Zeit, nämlich bis erobert.
Doppclamt später das eines
ein drittes,
Biersteuereinnehmers. Wollten die Bewohner der Dörfer ihren Kindern die all¬
es
gemeine
Bildung angedeihen
lassen, so mußten sie dieselben
in die Stadtschule senden oder gar in der Stadt in Pension geben. Das geschah auch öfter. Die umliegenden Dörfer von Lübbenau z. B. sandten theil-
zum Ausstcrben der askanischen
Markgrafen, an Brandenburg. Im Jahre 1320 huldigte so¬ dann die Obcrlausitz der Krone Böhmen, während die Nieder¬ weise, wie namentlich aus den lausitz erst 1364 durch Kauf Schulakten des Dorfes Stottoff an dieses Land fiel. Das Mark¬ zu ersehen ihre Kinder in die grafenthum Niederlausitz ver¬ Lübbenauer Stadtschule. Doch blieb nun von 1364 bis 1635 vermochten dies nur reiche und bei Böhmen, woraus es in nach Bildung strebende Fa¬ türsächsischen und endlich 1815 milien. Ein großer Theil der inpreußischenBesitz gelangte.— Landleute jedoch, wenn sie Die Zeit unter Sachsens auch wirklich die Mittel gehabt Regenten wurde für die Nieder¬ hätten, die Kinder die Stadt¬ lausitz bedeutungsvoll, da sich schule besuchen zu lassen, ver¬ in ihr die Gründung der mochte den Segen und die Das Denkmal auf Schildhorn. Landschulen vollzog. UeberWohlthat der Schulbildung nicht zu erkennen, und so haupt genoß das Land unter diesem Regiment große Gunst, wuchs auf den Dörfern viel¬ so daß seinen Einwohnern nach dem Wiener Kongreß die Trennung fach „die blühende Jugend" in voller Unwissenheit auf. von Sachsen besonders schmerzlich wurde. Als Friedrich August der Da die Lausitz sächsisch war, hatte sie das Glück, früher als Gerechte nach seiner Gefangenschaft in die Hauptstadt Dresden andere Gaue der Provinz Brandenburg Schulen zu erhalten, zurückkehrte, bctheiligte sich eine Lübbenauer Frau durch folgendes Sachsens Kurfürsten pflegten das Bildungswesen ihres Landes von Transparent an dem Einzugsfest: jeher, während die Herrscher Brandenburgs mehr für das Heerwesen sorgten. Zwar verspürten auch diese, namentlich der Große Kurfürst, Ich bin aus Lübbenau, preußische das Bedürfniß nach Errichtung von Landschulen, wie seine Verord¬ Frau; Jetzt eine Das schinerzt mich gar nicht wenig! nung von 1662 erweist, „daß hin und wieder, sowohl in Dörfern, Leb' wohl, geliebter König! — Flecken und Städten wohlbestcllte Schulen angeordnet würden," Die Königliche Familie blieb lange vor diesem Transparent halten, jedoch verblieb es leider bei dem Befehle. Erst seinem Nachfolger, und man sah in den Augen des Königs Thränen glänzen. — dem König Friedrich I., ist die Errichtung öffentlicher Schulen in Die Haupttheile der Niederlausitz gehörten also zu der Zeit, den preußischen Landen zu danken. Allgemein wird zwar ange¬ als die Landschulen gegründet wurden, zu Sachsen, während die nommen, daß dies erst unter dem Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I., zahlreichen Enklaven, wie unter der 1713 eine Schulordnung erließ, geschehen sei. Doch daß diese Kottbus, z. B. der ganze Kreis der Botmäßigkeit von Brandenburg-Preußen standen. Wir haben Annahme auf Irrthum beruht, läßt sich in der Niederlausitz nachi
!
62 Weisen.
Allerdings mögen unter Friedrich Wilhelm I. die Schulen
erst die rechte Anerkennung gefunden haben, begründet jedoch sind Dieser erließ zu Ende des Jahres 1702 sic von König Friedrich I.
einen Befehl zur Errichtung von Landschulen, dem auch Folge ge¬ geben wurde. Man darf nun zwar nicht unerwähnt lassen, daß die Dörfer schon vor dieser Verordnung kleine Privatschulen besaßen. Das Volk trug also selbst Verlangen nach Schulen und aus ihm selbst ist der Trieb nach Bildung hervorgewachsen ; die Regenten als gute Gärtner sorgten nur, daß der Keim gepflegt wurde und zu einem
Sie brachten den Strom herrlichen Baum emporwachsen konnte. noch unbestimmten Ge¬ und ließen den Geleise rechte das erst in Dorf Groß-Lübbenau That werden. Das greifbarer sestcr, danken zu Schule. den Patronatsakten offizielle In 1702 eine seit besitzt schon Gottfried Platho der Töpfer vorher daß ausdrücklich, aber heißt es Stennewitz hat erst seit habe. unterrichtet einzelne Kinder privatim 1755 eine öffentliche Schule. Nach den Patronatsakten hat aber vorher ein gewisser Matthes Putzk „über dreißig Jahre, die Kinder privatim informiret." Vom Dorfe Stottoff wird ebenfalls aus¬ drücklich gemeldet, daß die Einwohnerschaft selbst den Wunsch hegte, eine Schule zu erhalten. Sie kam bei der Standesherrschaft, dem Kirchen¬ patronat, bittweise um Errichtung einer solchen ein, jedoch ward die Bitte aus dem Grunde abgeschlagen, weil Stottoff zu klein und zu arm sei, einen Lehrer unterhalten zu können. Erst auf wiederholtes Nachsuchen wurde dieselbe erfüllt. Der Fügung des Himmels ist es zu danken, daß durch harmonisches Zusammenklingen des strebsamen Geistes des märkischen Volkes und der Thatkraft seiner Herrscher das Volk zu der Bildungsstufe sich erheben konnte, die es heute als leuchtendes Vorbild aller civilisirtcn Staaten erklommen hat. Daß man dem Befehle König Friedrichs I. von Preußen, öffentliche Schulen zu errichten, schleunigst nachkam, ist schon oben gemeldet. Wir ersehen die Wahrheit des Gesagten auch aus den im Lübbenauer Schloßarchiv aufbewahrten Schulakten des eine Enklave bildenden altpreußischcn Dorfes Groß-Lübbenau. Es heißt in denselben: Zu Ende des Jahres 1702 erging ein Befehl zur Errichtung öffentlicher Schulen „von Jhro König!. Majestät in Preußen und Churfürstl. Durchlaucht zu Brandenburg, unseres allcrgnädigsten Königs, Churfürsten und Herrn, zu Küstrin Hochwohlverordnetes und Hochlöbliches Consistorium mittelst eines, von da nun schon eine geraume Zeit herumgetragenen und auch hier in diesem unseren Dorfe Großlübbenau bereits gelesenen Patents." Infolge dieser amtlichen Anordnung hielt der Schloßherr auf Groß-Lübbenau, August von Biesenroth, mit seiner Gemeinde am Mittwoch, den 6. Dezember 1702 einen Termin ab. „Hierbei sind gewesen Richter und Schöppen, als benannte Hanß Jähser, Richter; Georg Grabitz, Matthes Schneider und Christoph Winzer, Schöppen." In dieser Verhandlung wurden zwei Personen „zur Arbeit an den Kindern" bestimmt, nämlich „Matthes Schütze, dieser Zeit HufeSchmiedt, der andere aber Andres Köppen, dieser Zeit Schenker allhier." Der Beginn des Unterrichts wurde auf Montag, den 11. Dezember 1702 festgesetzt und beide Lehrer wurden durch Hand¬ schlag vereidigt. Vom Januar 1703 ab hatten sie auch den Unter¬ richt im benachbarte» Bischdorf zu versehen. Der Küsterdienst je¬ doch gehörte den neuen Lehren: nicht, da derselbe von alten Zeiten her dem Lübbenauer Rektor übertragen war. Doch hat der Rektor, da er für den weiten, schlechten Weg zur Abhaltung dieses Dienstes, obwohl er häufig nur zwei Schulknabcn sandte, nur weniges Ge¬ treide bezog, freiwillig auf diese Einnahme verzichtet, so daß die Stellung der Zwillingslehrcr durch dieses Dccem etwas verbeffert
werden konnte. —
Seit 1702 und 1703 haben also, wie die Lübbenauer Patronatsaktcn ausweisen, die preußischen Dörfer der Niederlausitz ihre Schulen. Im sächsischen Theile sind dieselben theilweise älter. Im Dorfe Zcrkwitz, das durch sein hohes Alter eine historische Be¬ deutung hat, (es wird bereits 964 vom Markgrafen Gero erwähnt)
befand sich schon 1683 ein Lehrer. Leider läßt sich von den übrigen altsächsischen Dörfern nicht ermitteln, wann sie ihre Schulen und den Patronatsakten der ihre ersten Lehrer erhalten haben.
In
Schule von Leipe wird aber bei Aufführung des ersten bekannten Lehrers im Jahre 1729 gesagt: „er wäre gleich dem vorigen Katecheten angenommen." Das damals stockwendische Spreewald¬ dorf Lehde scheint erst im Jahre 1707 einen Katecheten erhalten zu haben. —
Als erste Schulhäuser haben Wohl meist die Hirtenhäuser ge¬ Erst in späteren Jahren, und zwar merkwürdigerweise dient. wieder von den Dorfbewohnern selbst, sind Gesuche um Neubauten eingebracht worden, z. B. aus den Dörfern Großbeuchow 1738 und Stennewitz 1755. Richter und Schöppen kamen in die hoch¬ gräfliche Kanzelei nach Lübbenau und „baten untcrthänig, daß sie ihrem Katecheten eine Wohnung aufbauen wollten, sie aber das Holz zu kaufen nicht vermöchten; so bäten sie die gnädige Herrschaft, so viel Holz, als hierzu von Nöthen sein dürfte, wenigsten zwei Mandel, ihnen hiezu zu schenken." Die Herrschaft schenkte ihnen „für einmal" das Holz. und so entstanden die alten Schul-Blockhäuser, die in der hiesigen Umgegend meist erst im letzten Jahr¬ zehnt
ihr Ende genommen haben. —
Es ist interessant, auch einen Blick auf die Lehrer, die in jener Zeit angestellt wurden, und auf ihren Bildungsgrad zu werfen. In dem hart bei Lübbenau gelegenen, damals sächsischen Dorfe Stottoff wurde 1755 der „Schneiderpursche" aus Kücebusch, Joh. George Ahlcmann, als Katechet angestellt; der aber, wie aus seinem Bewerbungsschreiben hervorgeht, kaum schreiben konnte. Was ein solcher Handwerker in seinem Kindergarten wohl für Erfolge erzielt haben mag? In dem Dorfe Großbeuchow wurde 1798 der verab¬ „Die schiedete Soldat Joh. Martin Faber als Lehrer angestellt. Beuchower Abgeordneten gaben mit Beytritt Fabers an, daß der¬ selbe nebst der Schule zugleich das Hüten des Viehes und die Nachtwachen mit zu besorgen habe." Im Sommer von 5 bis 8 Uhr des Morgens hatte also der Lehrer Unterricht zu ertheilen, dann Vieh zu hüten bis zum Abend und schließlich während der Nacht als Nachtwächter zu fungiren. Wann sollte er schlafen? Während des Vichhütens ging es nicht an, sollte das Vieh nicht Schaden verursachen; während der Nacht aber auch nicht, denn er mußte Am seine Rundgängc halten und den Wächterruf ertönen lasten. wenigsten nahm die ihm anvertraute Jugendheerdc es übel, wenn er in der süßen Morgenzcit von 5—8 Uhr mit auf die ausgebreiteten Arme gesenktem Kopfe und geschloffenen Augen über das schöne Sprichwort: Morgenstunde hat Gold im Munde — eine Denkübung hielt. Die Schulzeit war wirklich die einzige Zeit, in welcher der arme, geplagte und abgehetzte alte Soldat ein wenig schlafen Die Schüler wurden während dieser Lehrer-Ruhepause konnte. durch Schreibe- und Lcseübungen beschäftigt/ Nicht selten aber folgten die so ftüh aus dem Schlaf gerüttelten Kinder dem Beispiel ihres Meisters, so daß die Schule weniger einer Arbeitsanstalt, als vielmehr einem Schlafsaal glich, in dem nur das Schnarchen seiner
Schläfer noch auf Leben deutete. Soll doch thatsächlich einst ein Revisor einen Lehrer nebst der ganzen Schuljugend schlafend ange¬ troffen und von ersterem auf seine Zornworte die Antwort erhalten haben: Wir hielten Denkübungsstunde. Gerade in dieses vielbe¬ schäftigten Großbeuchower Schulmeisters unterrichtliche Erfolge ge¬ statten uns die Akten einen Einblick. Die Erfolge seiner Amts¬ thätigkeit waren nämlich, wie sich leicht denken läßt, so jammervolle, daß Faber seines Amtes entsetzt werden mußte. Wie sollte auch unter solchen Verhältnißen, die den Lehrer zwangen, wollte er nicht verhungern, ein Handwerk nebenbei zu treiben, des jungen Volkes wahres Wohl gedeihen? Ja, häufig versah der Lehrer sogar nicht einmal seine Schule selbst, sondern ließ sie durch seine Ange¬ hörigen verwalten. Auch einen solchen Fall weisen die Lübbenauer Leipe war seit 1729 ein Lehrer, der Patronatsakten auf.
In
63 siebenundzwanzig Jahre mit seiner Gemeinde im Zerwürfniß lebte. Unter den Beschwerden seitens der Gemcindemitglieder befindet sich
„Er
in Neuzauchischen
und Straupitzer Wassern das Fische- und Krebßfangen gepachtet; dieses veranlaßte ihn, daß er täglich und nächtlich im Walde läge, und wenn er ja allenfalls heim käme, nach seiner Arbeit, die, da er auf eine Meile Weges hin und her fahren müsse, ihm sauer werden müßte, aus¬ schlafe. Dadurch versäumet er den Unterricht der Jugend, den er durch sein Weib besorgen ließe. Wie denn derselbe von Ostern dieses Jahres an keine Schule gehalten, sondern das Fischen kontinuirlich abgewartet habe." Daß das Lehrergehalt schon damals zur Fristung des Lebens trotz aller schweren Nebenarbeit nicht ausreichte, erkannte man selbst
folgende:
auch
habe
an höchster Stelle an.
König Friedrich Wilhelm I. schrieb in
principiis regulativis:
„Ist der Schulmeister ein Handwerker, kann er sich schon ernähren; ist er keiner, wird ihm erlaubt, in der Ernte sechs Wochen auf Tagelohn zu gehen." — Wie Gemeinden und selbst der Schulpatron über die Stellung des Lehrers in seinein Amte urtheilten, geht daraus hervor, daß die Gemeinde zu Lehde wagte, ihren Lehrer abzusetzen. Ein Gleiches seinen
that der Patron des Schuldorfcs Großbeuchow. Beide wurden jedoch durch höhere Instanzen belehrt, daß die Stellung des Lehrers doch eine festere sei. — So sehr wir auch in mancher Beziehung die guten, alten Zeiten zurückwünschen, so wenig können wir es in Bezug auf das Schulwesen thun und wollen uns freuen, daß die Anfangsstadien desselben hinter uns liegen.
Kleine Mittheilungen. Jas Marmorpakais. (Mit Abbildung.)
In
den Tagen, wo Seine
Majestät der Kaiser von den Höfen der befreundeten Großmächte in das traute Heim zurückkehrte, lenkte sich der Blick des dankbaren Volkes auf den Wohnsitz des jungen kaiserlichen Paares, den es sich zu sommerlicher Ruhe ausgewählt hatte. Angesichts der klaren Fluth des heiligen See, der Parkanlagen, der Terrassen und der weiten Aussicht, welche das Schloß gewährt, könnte man versucht sein, diesen Sommersitz mit dem Schlosse Miramare bei Grignano am adriatischen Meere zu vergleichen. Während aber dort ein Schloß als Kalksteinbau von Wind und Wetter zerfressen, unbewohnt und einsam an schönem Gestade liegt, eine ruinenhafte Erinnerung an die Geschichte eines unglücklichen, heldenhaften Fürsten, des Kaisers Maximilian von Mexiko, wohnt hier im hell schimmernden, steundlichen Marmorpalais der Friede eines glücklichen Familienlebens, umweht von den frischen Lüsten, die von dem heimathlichen See, umrahmt von lieblichen Ufern, herübereilen.
Literarisches. Wir leben in dem Zeitalter der Reformations- und Luther-Festspiele. Das Jahr 1883 hat zahlreiche Jubiläumsfestspiele ge¬ zeitigt, unter welchen zwei, die Volksdramen von Otto Devrient und H a n s H e r r i g, eine besonders hervorragende Stellung einnehmen. Letzteres hat einen Triumphzug durch ganz Deutschland gehalten, während Devrients Lutherspiel durch Schenkung des Dichters auf Jena beschränkt blieb und diesen Ort zu einem protestantischen Oberammergau machte, zu welchem jährlich viele Tausende pilgerten. Aber noch heute erscheinen unausgesetzt neue Lutherspiele, welche bestrebt sind, den Wettstreit mit ihren Vorgängern siegreich aufzunehmen, und die dramatische Lutherliteratur wächst in be¬ deutender Weise an. Dem Interesse des Publikums für die dramatische Lutherliteratur nach Kräften entgegenzukommen, den Zweck der Lutherspiele und deren Werth oder Unwerth für die Bühnenreform kritisch zu beleuchten, ist die Aufgabe einer Schrift, die unter dem Titel: „Die Lutherfestspiele", ge¬ schichtliche Entwickelung, Zweck und Bedeutung derselben für die Bühne im Verlage von R. Herross in Wittenberg erschienen ist. Das Werk beruht auf sorgfältigen Quellenstudien und wird manchem Leser ein erwünschter Führer sein. Die Erschießung der fünf desertirten westfälischen Soldaten die Aranzosen am 16. Auli 1813 bei Koltöus. Etwa eine Stunde nördlich von Kottbus, auf der Sylower Feldmark, erhebt sich in¬ mitten von fünf mit Strauchwerk umfriedigten, wohlgepflegten Gräbern auf einem Sockel von Granit ein eisernes Grabkrcuz, das auf einer Seite die Auffchrift trägt: Ruhestätte der unter französischer Herrschaft am 16. Juli 1813 durch
erschoffenen Krieger aus Westfalen K. Mocke,
H. Menke,
F. Kersik, F. Westphal, A. Breemer. sich folgende Inschrift: Liebe zum Vaterlande war ihr Tod. Gesellt von der Stadt Kottbus und Umgebung 1845. Und schmücken Euch auch keine Ruhmesballen, Für Deutschlands Freiheit seid auch Ihr gefallen.
Auf der anderen Seite befindet
Wenig bekannt ist in der nächsten Umgebung die Stätte, an der Jünglinge ihr Blut für die deutsche Sache, wie jene Opfer zu Wesel, dahingeben muhten; wenig bekannt ist die Geschichte dieser Un¬ glücklichen, von der wohl auch nur wenige Leser Kenntniß haben. Es war im Juli 1813. Das wiedererwachte Preußen hatte die ersten Schlachten zur Besteiung vom Joche des korsischen Machthabers geschlagen, aber noch mußten Sachsen, Westfalen, Rheinländer gegen ihre deutschen Brüder kämpfen. Zur Ergänzung ihrer in den blutigen Schlachten oei Groh-Görschen und Bautzen geschwächten Heeresmacht und zur Ver¬ vollständigung ihrer Rüstungen hatten die kriegführenden Parteien einen _
einst deutsche
Waffenstillstand geschlossen, der worden war. Der französische Hauptquartier in Lübben. Um mit einem Regiment Kavallerie,
später bis zum 17. August
ausgedehnt Generalfeldmarschall Oudinot hatte sein die Stadt Kottbus hatten die Franzosen es waren Westfalen, einen Kordon ge¬
zogen.
Um nicht weiter gegen deutsche Brüder kämpfen zu müssen, desertirten acht dieser Westfalen in der Hoffnung, die nahe preußische Grenze er¬ Glücklich reichen zu können. (Die Lausitz gehörte noch zu Sachsen.) waren sie auch bis Goyatz gekommen; die ermatteten Pferde nöthigten sie jedoch Rast zu machen, und sie sattelten an der Schänke des Ortes ab. Ihre Flucht war aber leider nicht unbemerkt geblieben. Der fran¬ zösische Oberst schickte den Deserteuren Reiter nach, welche unterwegs von einem Bauern aus Sylow über die eingeschlagene Richtung der Flüchtlinge genau unterrichtet wurden und die Flüchtigen infolge dessen in der Goyatzer Schänke einholten. Nach kurzem Kampfe, in denen es drei der Westfalen gelang, auf ihren Pferden zu entkommen und sich auf das nahe von den Preußen besetzte Gebiet zu retten, wurden die fünf andern über¬ wältigt und in das Quartier zurückgebracht, woselbst der erwähnte fran¬ zösische Oberst, der als ein harter Mann geschildert wird, trotz ihrer ein¬ dringlichsten Bitten um Pardon, die Erschießung der Deserteure verfügte. Diese wandten sich noch mit einem Gnadengesuche an den Generalfeld¬ marschall Oudinot. Ohne jedoch dessen Antwort abzuwarten, befahl der Die Delinquenten Oberst den unverzüglichen Vollzug der Execution. wurden je einer auf einen Leiterwagen gesetzt und trugen jeder eine baum¬ wollene Mütze auf dem Kopfe. Zur letzten Labung hatte man ihnen je eine Flasche guten Weins auf den Weg gegeben, dem sie trotz des ihnen bevorstehenden Schicksals wohl eifrig zugesprochen haben müssen, wie denn ein Augenzeuge, dessen Bericht hier wiedergegeben ist, versicherte, daß die Unglücklichen in recht animirter Stimmung gewesen seien. Auf dem Sylower Felde angekommen, wurde die Execution vollzogen. Wer ver¬ mag aber den Schmerz der Anwesenden zu schildern, als, so¬
fort
nachdem die Kugel auch den Letzten dahingestreckt hatte, dem Pardon des Generalfeldmarschalls ein¬ traf! — Von jenem Berräther aber geht die Sage, daß er immer mehr verarmte, in seiner Heimathsgemeinde als Geächteter und Verstoßener ein freudloses Dasein führte und zuletzt als Bettler, von allen Menschen gemieden und von ihren Schwellen verstoßen, ein trauriges Ende fand. — Kurze Zeit nach der Erschießung der fünf Westfalen hat ein alter Invalide in Kottbus, mit Namen H cllwig, der noch unter dem alten Fritz gedient hatte und bis an sein Lebensende mit Zopf und Dreimaster durch die Straßen schritt, sich zuerst der Ruhestätte der Erschossenen ange¬ nommen, die Gräber gepflegt und um letztere zur Ableitung des Wassers einen Graben gezogen. Sein Sohn, der den Posten eines Packhofsbuch¬ halters bekleidete, erließ mit einigen andern edeldenkenden Freunden einen Aufruf (am 28. November 1844), in welchem um freiwillige Beiträge zur Errichtung eines Denkmals, „für die fünf deutschen Jünglinge, welche ihre
eine
Stafette mit
Liebe zum Vaterlande mit dem Leben büßen mutzten" gebeten wurde, in¬ folge dessen 86 Thlr. 10 Sgr. 3 Pfg. und bei der Enthüllungsfeier noch 5 Thlr. 20 Sgr., zusammen also 92 Thlr. 3 Pfg. eingingen. Nachdem von der Dorfgemeinde Sylow, als der Eigenthümerin des Platzes, die Ge¬ nehmigung zur Errichtung des Denkmals ertheilt worden war, konnte dasselbe errichtet und am 16. Juli 1845 eingeweiht werden. Als am 18. Oktober 1869 die 50jährige Erinnerungsfeier der Schlacht bei Leipzig überall in patriotisch-festlicher Weise begangen wurde, veranstalteten die Bewohner der Stadt Kottbus an dieser historischen Stätte eine erhebende Gedächtnißfeier; Vereine und Tausende anderer Personen wallsahrteten hinaus zu den Gräbern der Erschossenen, und noch bis heute sind dieselben ein oft- und vielbesuchtes Ziel der Kriegervereine aus Kottbus und deffen Umgegend geworden, welche immer wieder die verfallenden Grabhügel pflegen und verschönern. A. Prenzel.
Kunde aus der Mark. —
In
dem herrschaftlichen Forst von sind große Massen von Steinsetzungen gefunden worden, zwischen denen sich Urnen mit Leichenbrand und zierliche kleinere Thongefäße befanden. Das Märkische Museum hat auch die
Steinhövel
bei
Fürstenwalde
*6
64 zum Gräberfelde gehörige Wohirstätte nach den dort gefundenen Feuersteingeräthen ermittelt. Die Ansiedlung soll dem 2. bis 4. Jahrhundert an¬ der Nähe wurde ein Steinbeil und eine wendische (?) gehören.
In Streitaxt gefunden.
— Auch auf dem Müh len berge bei Gatow im Osthavelland wurden wiederum verschiedene Urnen gefunden, die jedoch an der Luft
Kugeln so auf einander schoß, daß keine auch nur ein Haar breit seitwärts streifte. Brink machte das augenblicklich nach; dann stellte er in derselben Entfernung seinen Degen auf und schoß drei Kugeln so gegen deffen Schneide, daß sie sich genau in zwei gleiche Theile spalteten, (?) einen Schuß, den der Sachse vergeblich nachzuthun versuchte.
Nach Eroberung von Sickingens Neste, jeder der verbündeten Gegner desselben von den 36 Geschützen, welche erbeutet wurden, zwei Hauptstücke, von Hessen etliche Falkonets und Hacken. Dem Landgrafen wurde die ihrer Zeit berühmte Kanone „die Nachtigall" zu Theil. Dieselbe war 1B */ 2 Schuh lang und wog über 70 Centner. Franz von Sickingens und seiner Gemahlin Hedwig Ahnen nebst des Ritters Bildniß waren darauf gegossen, sodann die Verse: „Die Nachtigall heiß' ich. Lieblich und schön ist mein Gesang, Wem ich sing', dem wird die Zeit nicht lang, Meister Stephan zu Frankfurt goß mich." Das andere Stück, welches der Landgraf erhielt, führte den Namen dasselbe war der „der Hahn" und hatte 11 Schuh in der Länge. nachstehende Spruch eingegossen:
Akte cheschüh-Anschriften.
zerbröckelten.
der
In
einem Hause, dicht an Zier märkische Korkschniher Pictus. der Zugbrücke in Eberswalde gelegen, befand sich vor etwa sechzig Jahren der Gasthof zur Goldenen Sonne, dessen Wirth Dictus vielen Reisenden wohlbekannt war. Sein Name wurde in den damaligen Zeitschriften genannt, da die von ihm hergestellten felloplastischen Arbeiten (Kork¬ schnitzereien) allgemeinen Beifall fanden und auch auf den Kunstaus¬ stellungen in dem Akademiegebäudc in Berlin bewundert wurden. Man machte sogar Gedichte auf ihn: „Dictus bist Du genannt, fürwahr, und würdig des Preises; Wer der Himmlischen hat liebend die Kunst Dir gelehrt? Aus dem verachteten Kork entlockest Du Zaubergebilde, Roms und Griechenlands Kunst bringst Du von Neuem ans Licht." Mehr als dreißig seiner Werke hatte er in dem Saal eines Garten¬ Es waren hauses, welches er am Brunnenwcge besaß, ausgestellt. darunter: der Sonnentempel zu Palmyra, der Concordientempcl in Rom, der Sibyllentempel zu Tivoli, die Löwenburg bei Cassel, die Schloßkirche zu Marienburg, Stadtthore von Tangcrmünde und Stendal und ältere Schloß- und Klosterruinen, zu deren Darstellung sich der Kork besonders W. A. W. eignet.
ZLci einem Desuche, welcher August II., König von Polen und Kurfürst von Sachsen, 1728 bei dem Könige von Preußen, Friedrich Wilhelm 1., abstattete, rühmte sich August einen Leibschützen zu haben, dem Niemand gleichkomme. Nun kannte Friedrich Wilhelm einen Lieutenant, Namens Brink, als einen unübertrefflichen Schützen. Diesen stellte er dem sächsischen Leibjäger entgegen, dessen Meisterschaft darin bestand, daß er mit der Büchse auf 400 Schritt in einen aufgesteckten Pfahl drei
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Kcinricli 'Uroehle. Oktau. Broschirt JC 1,20. Der Verfasser findet, daß die Idee in der unter dem Namen der „ L c h n i n i s ch c u Weissagung" bekannten Fälschung weniger im Haß gegen die Hohenzollern beruht, als in den: Verlangen nach Wiederherstellung der Klöster. — Aber er zeigt, aus eine wie gefährliche Art diese angebliche Weissagung nach 1800 von der bonapartistischeu Partei gegen das Preußische Königshaus benutzt ist. — Das große Verdienst, welches der Versager Thatsachen sich mit der Klarstellmrg dieser erwirbt, wird noch dadurch vermehrt, daß er die Person und den Namen des Fälschers sicher nachweist.
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34. 35.
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''•Afilrfc: Unter Mitwirkung
Dr. R. Ve'ringuier, F. Budczies, Theodor Lontane, Stadtrath L. Lriedel, Gpmnasialdircktor Dr. w. Schwartz, Pastor Gscar Schnkebel und Ernst von wildcnbrnch herausgegeben von
K. XV.
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Jabrgang. Nr. 6.
10. November ^
1888.
Johannes Wedigen.
6)
Eine Berliner Geschichte von Oskar Schwebet.
Es war das edle Feuer der Begeisterung, welches als be¬ Antwort aus den Augen des Obristen der Gräfin ent¬ Aber Rochow zwang die wärmere Sprache gegenleuchtete. des Herzens nieder; er verneigte sich tief und sprach: „Gnädigste Gräfin, — ich komme nur als ein einziger Mann, bereit indessen jederzeit, inein Herzblut für Euch zu vergießen." „Und Euer Regiment, Herr Obrist?" „Verbleibt in Spandau, gnäd'ges Fräulein! Seit gestern Abend sind wir Obristen nicht mehr die Herreir unserer Truppen. Der Graf von Schwartzenberg ließ die Geheimen Räthe und auch mich nach Spandau rufen, um uns mitzutheilen, daß aus Königsberg vom gnäd'gen Herrn ihm Vollniacht 'ivorden, über
redteste
unsere Regimenter zu verfügen. Er mtiß die Veste Spandau halten; — Truppen missen kann er nicht: so komme ich allein, die Residenzen gegen Lilienhoek und Buttler zll vertheidigen. Doch ich erblickte Unvermuthetes: die Bürger haben sich be¬ waffnet: es scheint der beste Geist zu sein, der sie beseelt! Ist das der Fall, so hoff ich, mich zu halten. Allein ver¬ leihet, gnäd'ges Fräulein, wenn ich Euch empfehle, auf das
Schleunigste nach Spandau aufzubrecheil. Roch sind die Wege frei, und Ihr seid sichrer dort als hier! Kommt es zum es wird ein hartes Ringen! Doch Ihr befählet mir, die Bürgerschaft zu schützen: ich weiche lebend nicht vom Platze!" Die Gräfin von Hohenzollern blickte ihn mit strahlenden Augen an. „Das weiß ich wohl, mein Herr von Rochow!" sprach sie dann. „Schon das feste Vertrauen auf Euch müßte
Kampf:
davon zurückhalten, aus diesen Städten zu entslichen. Allein es ist noch Anderes, was mir gebietet, hier im Schlöffe zu verharren, — demüthig mich ergebend in des mich jedoch
Höchsten heil'gen
Mit
Willen!" —
erhobener Stimme fuhr sie dann
führen, und die Hohenzollern nicht von jener Stelle, welche Gottes Weisheit ihnen
den edlen Namen Hohenzollern
weichen
fort: „Ich darf
Wahrhafte, tiefe Dankbarkeit verbindet ferner mit diesem Schlosse, dieser Stadt! Hier fand mein Vater, Graf Johann Georg, der nachgeborenc Sohn des alten Stammes dort im Schwabenlande, eine Hcimath einst, — ein Amt, an Mühen und an Ehren reich; — dort drüben in dem Dome fand er endlich auch sein frühes Grab! Die holde Mutter, deren ich nur dunkel mich entsinne, — sie hatte ich Wer war es da, der mit so unver¬ schon längst verloren. änderlicher Güte für inich sorgte in der harten und erbarmungslosen Zeit, so lange ihm noch selbst des Glückes Sonne schien? — Kurfürst George Wilhelm war's und Kurfürstin Elisabeth Charlotte, seine Gattin! — Bei wein fand ich als mutterlose Waise Theilnahme und Mitleid? — Aus dieses Volkes treuen Augen leuchtete mir Trost entgegen! — Und ich sollte es ver¬ lassen — jetzt? — Rein, mein Herr Obrist, — davon sprechet mir nie wieder? Käm' auch die Zeit der höchsten Noth : ich weiß, wo meine Stätte ist: bei den Verwundeten Berlins und Köllns!" „So gehe ich denn, meine Der Obrist verbeugte sich. selbstverständlich immer zu Pflicht zu thun. Ich steh' Euch angewiesen hat.
mich
Befehl, mein gnädig' Fräulein!"
„Gern will ich für Euch beten, Herr von Rochow!" „Dann ist mir wohl der Sieg gewiß!" — Er wollte gehen. Da klangen von der Langen Brücke her tiefernste Töne ihnen zu.
„Mitten wir im Leben sind Von dem Tod umfangen!" —
Trompeten kurbrandenburgischer Kürassiere, welche das erschütternde Sterbe- und Begräbnißlied der damaligen Zeit intonirt hatten. Und jetzt mischte sich der dmnpfe Paukenklang in die hochfeierlichc Weise.
Es waren die sonst
Sie eilten
zu
so schmetternden
den Fenstern
des Gemaches.
Ueber
die
Lange Brücke, von der St. Georgenstraße her, nahte eine Reiterschaar. Die Harnische waren erblindet, die Federn auf
66 den Eisenkappen geknickt. Langsam nur zogen die Reisigen dahin; denn vor ihnen schritten Fußgänger einher, welche drei mit Laub geschmückte und mit Mänteln verdeckte Bahren Eine dichtgedrängte Menge von Bürgerfrauen und trugen. Kindern geleitete den düstern Zug, welcher langsam dem eisernen Portale der Friedhofsmauer des Domkirchhofes zuzog.
„Die
Reste der Burgsdorf'schcn Kürassiere!" sprach Rvchow
„Es
sind ihrer kaum sechzig Reiter!
Ich hab' wohl gedacht, daß der Domdechant den Liliehock mit festem Arme packen würde. Der Obrist selber fehlt; der Schwede Pfuel hat also Wahres nur verkündigt. Doch Gott Lob, daß diese sechzig hier sind; sie sind mir hochwillkommen!" Das Fräulein Anna Katharina antwortete ihm nicht; sic beobachtete ihre Gesellschafterin, welche bleich und zitternd mit leise und düster.
cs
weitgeöffnetcn Augen auf die Nahenden hinunterblickte. Jetzt aber wendete sich der Blick der Bürgermeistertochter wie fragend und
Bitte ausdrückend auf das Fürstenkind. „Gewiß, Johanna!" erwiderte die Gräfin von Hohenzvllern. „Der Herr von Rochow wird die Güte haben. Dich zu geleiten und mir dann das Nähere zu melden." Ehrerbietig inachte das Volk, — machten die Reiter dein eine stumme
Obristen
und Kommandanten
der
beiden
Städte
und
der
Bürgermeistertochter Platz. Düstren Groll in dcn wetterharten Zügen, hielten die Burgsdorf'schen Reiter außerhalb des Fried¬ hofes auf dem kleinen Platze zwischen der „Brüder-" und der „Großen Straße." Ihre Offiziere waren abgestiegen und hatten den drei Bahren das Geleit in die Domkirche gegeben. In dem hohen Chore derselben, zwischen dem schlichten Tische, welcher hier, in dem reformirten Gotteshause, die Stelle des Altares vertrat, und jencin Monumente, welches der Künstlergenius Peter Vischers dem alten Markgrafen Johannes Cicero errichtet hat, standen die von den Reitern geleiteten, mit dunklen Eichenreisern reich geschmückten Heldenbetten jetzt. Noch aber verbarg die Menge der das Kirchenschiff füllenden
Bürger dem Obristen von Rvchow und seiner Begleiterin, welcher er' schützend den Arm geboten hatte, den Anblick der drei Bahren. „Wer ist's?" fragte der Obrist einen Reiter, welcher, sobald er ihn erblickt hatte, ihm den Weg zu bahnen bemüht war. „Herr Obrist - Lieutenant von Wulffen, Rittmeister von Hohendorf und ein Körnet, Hans ..." Ein Ausruf tiefsten Schmerzes unterbrach den Mann. Johanna Wedigcn hatte sich aus dem Arme des Obristen losgeriffen und war einer Bahre zugeeilt, auf welcher, mit dem blonden Haupte dem Altartische zugekehrt, ein bleicher, junger Offizier im Todesschlummer ruhte. Sic warf sich über ihn hin, der eisigen Todeskälte nicht achtend, welche ihr entgegen¬ strömte. Ein einziges, tiefergreifendes:
„Mein lieber, lieber Bruder!", — und dann ein krampfhaftes, verhaltenes Schluchzen, während ihre Thränen in die blonden Locken des Gefallenen niederströmten. Bald standen auch ihr Vater und ihre Mutter neben ihr. Frau Enphrosyne Margaretha aber weinte und klagte nicht; in großem, stummen Schmerze strich sie mit der Rechten dem heißgeliebten Sohn nur mütterlich das Haar aus Stirn und Schläfen, während die Linke in der Hand ihres Gatten ruhte. Es war ein herber Zug, welcher sich um die festgcschloffcnen Lippen des Bürgermeisters gelagert hatte; doch wie ein Leuchten zog es über seine hohe, klare Stirn. Jetzt aber rann eine Thräne auch'ihm aus dem Auge. Da ward ihm leichter.
„Wo trägt er wohl die Wunde, mein Herr Obrist?" fragte er den neben ihn stehenden Herrn von Rochow. „Sein Haupt ist unverletzt." Rochow schlug den Mantel zurück. Da sah man's klar, — das tödtliche Geschoß war in die Achselhöhle eingedrungen. Ehrerbietig trat jetzt ein Burgsdorf'scher Offizier zu der Gruppe der Trauernden heran. Er trug eine zerschossene Standarte, welche mit dem rothen Adler geschmückt war, lind legte sie auf die Bahre des Fähnrichs Wedigen nieder.
„Hier ist ihr rechter Platz!" sprach er dann feierlich. „Es hat sie ritterlicher nie ein Mann getragen! Wir hatten zlveinlal angegriffen auf den , rothen Feldern^, und mm ging's Er war der Erste an dem Feinde! ,Jch schlelidre die Standarte weit in das Quarre hinein; — wir müssen sie uns wiederholen!' rief er lallt. So stürmte er dahin. Hoch flatterte ob seinem Haupt der rothe Adler; schon hob er zu dem Wlirfe aus, da saufen Fahne, Mann und Roß zugleich. Unter der Panzeröffnung an der Achsel hatte das
zum dritten Male vor!
Geschoß den Weg gefunden 31 t des Lebens Sitz! Wohl klag' ich lim den wackern Kameraden; indeß, — Herr Bürgermeister, — auch ich wünsche nur einst solchen Tod! Weint nicht, ihr werthen Fraucil, seiet stolz auf solchen Sohil und Bruder!" — Da erhob sich auch Johanna Wedigen getröstet von der Leiche ihres Bruders. „Küß ihn noch einmal, liebe Tochter," sprach der Bürger¬ meister, „und wenn Dir's möglich ist, so thue Deine Pflicht. Ich und die Mlittcr sorgen schon für Alles, lvas ihm noch zu thun ist, unserin lieben, lieben Jlingen." Sie umarnlten sich. Dann führte Rochow die schluchzende Tochter des Bürgermeisters nach dem Schlosse zurück. Die
Offiziere lind die Rathmannen drängten sich zu Johannes Wedigen, ihm die Hand zu drücken und ihn zu trösten. Wohl standen dem wackern Manne die Thränen in den Augen, wohl pcrleten dieselben hell und licht über feine Wangen dahin; allein deuilvch vermochte er mit fester Stimme zri sprechen: „Ja, ihr Herren, ihr sagt wohl recht: Er war mein Einziger; aber ich lvußte, was ich that, als ich ihn dem Dienste
Hätt' ich's geahnt, — ja, hätte ich hätt' gewußt: es doch nicht aildcrs halten können. ich's Wohl ihm, daß er so enden durfte!" —
seines Vaterlandes weihte.
IV. Jetzt hatte
sich
die
kühle
Herbstesnacht
auf die müde,
Stadt und aus die wüsten Felder ihrer Umgebung herabgesenkt. Das war ein Tag gewesen! Der Bürgermeister von Kölln, auf dessen Schultern bei dem Alter des einen und bei der Unfähigkeit des andern der Berliner Stadthäupter die
geängstigte
gesamnite Last der Geschäfte ruhte, hatte auch am Nachmittage keinen Aligeilblick gefullden, um sich der tiefen sein Herz erfüllte, hingeben zu können.
Trauer, welche Die todtinatten Burgs-
dorf'schen Reiter mußten gespeist und getränkt werden, ehe ihnen
die verödete Domdechanei
in Kölln znm Standquartiere an-
gewiesen werden sonnte; die Offiziere mußten bei ben Bürgern
untergebracht, — es mußten ferner Lebensmittel gesaminelt und die vorhandenen Vorräthe sowohl auf die Dauer ihres
Vorhaltens geprüft, wie nach den Rathhänseril beider Städte geschafft werden, von lvo aus sie dann am leichtesten vertheilt werden konnten. Dann, in dem Abenddämmeril, waren die Land¬
67 aus dem Teltow in Kölln eingeritten. Schwartzenberg hatte also Wort gehalten; er hatte die festen Junker aufgeboten, und gern hatten sic sich unter Führung ihres Kreishauptmanns, des
nach
gestrengen Hans Georg von Hake auf Sand-Machenow,
In
Berlin und Kölln aufgemacht.
abenteuerlichem Zuge
waren sie während des Abendläutens in die Stadt gekommen. Voran Hans Jürgen Hake, ein hagrer, hochgewachsener Junker, in einer Rüstung, von welcher man im Dorfe Machenow erzählte, daß sie einst seinem Ahn, jenem Hans von Hake auf Schloß Stülpe in der Zauche, gehört habe, der auf dem Fläming ehedem den Ablaßhändler Tetzel arg so geprellt. Dann etwa 30 bis 40 Wagen! — Was man Werthvolles noch besaß auf den Edelhöfen des Teltow, — es war nicht eben viel; — das hatte man aufgepackt: Urväter -Hausrath, Betten, Kessel, Waffen, — und reisige Knechte trieben hinter den hochgethürmten Wagen die Reste der Heerden daher. Hoch oben aber saßen die Edelfrauen mit den Kindern. Für die Stadt Berlii: war dieser Zuzug der Teltower Junker ein Ereigniß von Bedeutung.
Sie und ihre Knechte verstärkten die Anzahl
der Vertheidiger nicht unerheblich; sie brachten ferner Lebens¬
mittel und brachten auch wohl ein Stücklein Geldes mit
sich,
von welchem einige Groschen Verdienst vielleicht auch für die
Berliner Kaufleute abfielen. Ihre Unterbringung machte keine Schwierigkeiten. Der leerstehenden Häuser gab es ja genug, und die schon seit Jahrhunderten verödeten Hallen der Franziskaner in Berlin — das fast aufgelöste Gymnasium zum grauen Kloster füllte sie ja nicht, — boten Raum zur Unterkunft in Menge dar.
In
später Abendstunde hatte Wedigen mit Rochow dann Städte gemustert. Zwei¬
die Schaar der Vertheidiger beider
hundert Bürger und fünfzig Stadtknechte unter dein Hauptmanne Wenzel Scholle und dem wackern Licentiaten Paul Matthias, fünfzig Dragoner von Rochow, sechszig Kürassiere von Burgs¬ dorf und etwa vierzig Mann aus dem Teltow: Moritz Augustus von Rochow getraute sich, die Städte mit ihnen zu halten! Mit fester Zuversicht hatte er das nach der Musterung der
Gräfin Anna Katharina verkündigt.
Schleier der Nacht
hatten, da hatten lassen, noch zum
sich
endlich
Als
die schwarzen
über das Gelände gebreitet Männer nicht verdrieße,:
es sich die beiden
St. Marienthurme,
dem höchsten beider
Städte,
Aus der Laterne des Thurmhelmes hatten sie Ausschau gehalten, — scharfe Ausschau nach Nord und Süd. Den Süden deckte anfangs tiefes Dunkel, während es im Norden brannte. War's Buch, — war's Carow, — war's vielleicht schon Blankenburg? — Jetzt aber flammt' es auch im Süden auf. „Britz!" — riefen beide Männer zu derselben Zeit. Dann stiegen sie den langen, gefahrvollen Weg wieder hinab. Die Schweden kamen, — ohne Zweifel! — Von St. Marien nach dem alten Rathhause! — Dort hatten sie einen inerkwürdigen Zettel Schivartzenbergs vor¬ gefunden, — ein Papier, welches ein Bote des Johanniter¬ meisters überbracht hatte, und welches nur die lakonischen Worte enthielt: „Es ist richtig, — der Buttler will an Euch. Gebet dem Buttler nichts; bemächtiget Euch vielmehro dessen Abgesandten."*) Kopffchüttelnd sahen sich die Männer an. Der Abgesandte einporzusteigen.
*)
Im
Archive des Rathbauses noch beut- vorbanden.
war unter Beobachtung aller her¬ abgefertigt worden. Wollte Schwartzenberg Formen kömmlichen zu einem Bruche des Völkerrechts auffordern? Wollte er den zürnenden Angriff der Schweden vorerst nach Berlin hin- und von Spandau ablenken? Wollte der Herr von Pfuel noch einmal kommen? Wollte der Graf vielleicht das alte Gesetz, daß kein Brandenburger außer Landes Dienste nehmen dürfe, ohne Gut und Leben einzubüßen, — ein Gesetz, deffen Niemand jemals geachtet hatte, — auf den Herrn von Pfuel aus Garzin angewendet wissen? — Ohne ein Wort zu sagen, legte war ja
fassen
!
schon dagewesen und
Wedigen den Befehl des Statthalters in Vom alten Rathhause hinüber nach des Fischmarktes hatten sich die beiden „Sei Gott mit Euch in Eurem gedrückt.
ein Aktenstück.
—
Kölln! An der
Ecke
Männer die Hand tiefen Leide!" sprach
der Offizier.
„Er ist's!"
„Um meinen Arbeit für das Vater¬
erwiderte der Bürgerineister.
mir die land." „Möge sein Segen aus ihr ruhen! Gott befohlen!" — Rochow war dem alten Ribbeck'schcn Palaste zugeschritten; — der Bürgermeister hatte sich noch nach der Domkirche begeben. Zwei Burgsdorf'sche Reiter hielten mit gezogenen Palaschen die Wacht bei den gefallenen Offizieren; — vor den Bahren Schinerz zu heilen, sendete er
brannten je zwei Kerzen. Die Gräfin von Hvhenzollern hatte sie Wedigen verweilte einige Minuten jvor der Leiche gesendet. Erst jetzt in dem tiefen Schweigen, welches seines Sohnes. die Kirche erfüllte, drang der Schmerz, der Vaterschmerz mit Welche Hoffnungen hatte seiner ganzen Gewalt auf ihn ein. er an diesen Sohn geknüpft! „Doch gleichviel! Mag's um sie sein! Wenn nur das edle Blut, welches dem Vaterlande fließt, nicht umsonst verströmt!" — Er küßte noch cininal die bleichen Züge seines Einzigen. „Ein Jüngling ist's wie Du, auf dem
Hoffnung steht!" sprach er bei sich. „Möge er¬ den en, die an ihm hangen, länger erhalten bleiben als Du des Landes
mir!" — Tönte das Erz
Antwort
zu?
—
des
Grabmals Johann Cicero's ihm eine
Leise hatte das eherne Kunstwerk
— Die Sporen
des alten
der drei Offiziere, welche
Meisters geklungen. inan zu Füßen des alten Markgrafen niedergelegt hatte, um sie später über den Grüften der Gefallenen aufzuhängen, hatten sich
wohl nur verschoben.
Jetzt endlich hatte der schmerzen- und arbeitsnrüde Mann den Fuß seinem Hause zuzuwenden vermocht. Bitter weh' war ihn: um's Herz, als er in die niedere Pforte trat. Würziger
Latlbduft erfüllte das Geinach.
Da
saßen sie bei'm Kränze¬
winden, sein liebes Weib, seine Tochter und einige Freundinnen derselben. Der greise Bürgerineister Heinrich Retzlau, sowie ein
junger, geistlicher Herr verweilten bei ihnen. Es war eine stuinme Begrüßung; nur an die Tochter richtete Johannes Wedigen die Frage: „Du hier?" — worauf sie ihm erwiderte: „Die Gräfiii glaubte meiner Dienste heute nicht mehr zu bedürfen!" und dein jungen Geistlichen schüttelte der Bürgermeister mit den Worte,:: „So ist es recht, und heimlich dank ich Euch, ehr¬ würdiger Magister Rösner, daß Ihr unsrer in der Zeit des Leides nicht vergeßt!" mit sichtlicher Erkenntlichkeit die Hand. — Wo der Schmerz aber so tief getroffen, da versagen die Worte. Johannes Wedigen erzählte, daß es in Britz und in
68 Buch loh' brenne; — die Kunde davon konnte jedoch Nieinand überraschen. Der Bürgern,eister Netzlau hatte im Laufe des
Der
Abends die Thorwachen beider Städte revidirt; er hatte sic sämmtlich wohlbestellt gefunden. „Nur das Köpnicker Thor,"
Sehr niedrig so meinte er, „erscheint mir recht bedroht. ist's und schwach, und wenn, was Gott verhüten wolle, es dem Feind gelingt, Geschütze durch die Sümpfe an dem Dresdener Wege durchzubringen, so weiß ich nicht, was werden soll! Nur eine einzige Petarde, und das Thor fliegt auf! Hier haben die Altvordern stark gesündigt, daß sic also schlecht gebaut." „Wir hatten mit den Sachsen immer Friede!" sprach der Bürgermeister Wedigen. „Wie aber steht es auf dem Thurme an dem Dresdener Heerweg?" — „Ihr meint die alte Warte an der Richersdorfer Ecke, — den gefährdctsten von allen Posten?" fragte Bürgermeister
„O,
Retzlau.
dort
steht
es
—
sehr gut, gut! Dort liegt
Sattler
der
Domin Stendal.
Bon Oskar Schwebet.
Atis der reichen
Geschichte
des
(Schluß.)
Stendaler Domstistes,
welches dem heiligen Nikolaus geweiht wurde und seine Rechte
bis zu seiner Auflösung im Jahre 1551 zu behaupten wußte, sollen hier nur einige Thatsachen von all¬ Es ist dies Stift gemeinerer Bedeutung angeführt sein. gewesen, welches in Stendal noch im 12, Jahrhundert die erste Schule in der Brandenburger Mark links von der Elbe einst gegründet hat; in späterer Zeit wurde die Domschule von Stendal jedoch mit dem int 14. Jahrhunderte gestifteten städtischen, sofort zn erwähnenden Gymnasium verbunden. Die laufende Einnahme aus Getreide- tind Geldhebungen aber wuchs durch fromme Schenkungen allntälig bis auf 90 000 Mark des Jahres an. Es konnten an¬ fangs 12,dann 13 und 14, endlich sogar 40 ungeschmälert
j
Arndt mit fünf¬ zehn Mann. Er
geistliche
Per¬
hat den Posten
Dom¬ herren, Vikare,
selber
sonen,
er¬
Pftündner und
beten.
.Ich kann
dem
Schicksal,
sich
ist es
Kapläne unter¬ halten werden. Unter denWohlthätern des Stiftes finden wir fast alle Markgrafen Brandenburgs, aus Ballen¬
derWilleGottes
städtischem Ge¬
nicht,
schlechte,
tvelches Gott mir sendet, nicht
entgehen?
er,Stellet mich hin, wo sprach
tausend Feinde
drohen;
daß sic
doch
mich todten, so
auch die Wit¬
vermögen
sie's
telsbacher Lud-
—
ivig der Aeltere und Ludwig der
auch nicht?
Es ist ein selt¬ sam ernster, still
Römerbewiesen
Her Dom ;u Ktcndal.
diesem Gottes¬
bedächtiger und doch so
feurig
muth'ger Mann; — was mag es für ein Wesen mit ihn, sein?" „Jürgen Arndt ist ein Christ, — nichts weiter!" erwiderte Magister Johannes Rösner, der Pfarrer vom Spital zum „Ein echter Christ, pflichttreu und arbeitsam, heiligen Geiste. mild denkend gegen Andersgläubige, still und ernst mit seinem eignen Herzen oft beschäftigt, — voll Zuversicht auf Gott und d'rum so fest und stark! — Ja, werthe Freunde," fuhr der Geistliche dann mit erhobener Stimme fort, „er sagte mir eiitst, daß er Alles hier auf Erden nur init Rücksicht auf die Ewigkeit betrachte; — diese Lehre habe ihn, als er in Holland einst gewandert, ein arincr Glas- und Steinschleifer, ein ver¬ achteter spanischer oder porttigiesischer Jude Baruch,*) ertheilt, und dieses Wort sei tvie ein heller Schein in seinen Geist gedrungen. Seit jenem Augenblicke kenne er die Furcht fiir (Fortsetzung folgt.) sich nicht mehr." *) Baruch Spmoza's „sub speeie aeternitalis“.
hause die höchste
Wir
sehen» klar:
der Zweck der Gründung
wurde Markgrafen von erschufen Brandenburg also doch erreicht: die sich in der Dontgcistlichkeit von Stendal einen ihnen treu er¬ Die Vorsteher des St. Nikolaistiftes, die gebenen Klerus. Dompröpste, deren Zahl vom Jahre 1188 bis zu 1551 sich auf 18 geistliche Herren beläuft, tragen zum Theile be¬ rühmte Rainen in der Geschichte Brandenburgs. Gehen ivir Gunst.
dieselben hier
in
der Kürze durch!
—
Albrecht von Biesenrode, der erste derselben, ist einer der wenigen Kreuzfahrer aus der Mark, welche wir nachzuweisen vermögen. Er hat das heilige Land indeffen nicht erreicht; er starb im Jahre 1211 bereits im Hafen von Ancona. Hoch¬ angesehen bei den letzten Ballenstädtern ivie bei den beiden ersten Wittelsbacheni war der Dompropst Seger; treu hat er bei den gebannten Fürsten ausgeharrt, bis daß der Tod ihn abrief. Konrad von Arnstcdt, Propst im Jahre 1338, stand int Kampfe uni die Schttle gegen Rath und Bürgerschaft von Stendal
69
als des Domkapitels Haupt beharrlich fest. Auch iu der Domschule von Stendal ivar nämlich im Laufe der Zeiten die Ausbildung des Geistes Nebensache, die Pflege eines äußerlichen Kultus, die Heranbildung von Sängern zur Ausführung der Kirchengesänge dagegen die Hauptsache geworden. bewegtes Leben aber herrschte
kannte man
in ihr
Ein
reich¬
in der Bürgerschaft und klar
j
j
er¬
den Zweck der Schule: vitae discimus.
Der Magistrat von Stendal entschloß
sich
daher, eine eigene
Schule einzurichten; er ließ für dieselbe ein besonderes Gebäude einrichten, welches in: Kirchspiele St. Diarien neben den: dortigen
Die Bismarck, Bürger damals in Stendal, kämpften für des Rathes Schule; auch sie traf d'rum der Banir der Kirche, bis im Jahre 1342 endlich ein Vergleich zu Stande kam, laut dessen beide Schulen friedlich bei einander fortbestehen konnten. Nikolaus Welzin, eiil Doktor der Arzeneikunde, half dein Dechanten Dietrich von Angern die Domkirche zu Stendal in großartiger Weise aus¬ bauen, und Johannes von Eichendorf kämpfte mit aller Ent¬ schiedenheit für das Wilsnacker Wunderblut gegen die Angreifer desselbeir: gegen den Kardinal-Legaten Nikolaus von Kusa, gegen den Erzbischof Friedrich von Magdeburg, gegen den Domherrn Heinrich Docke. Die Pröpste Johannes Verdemann und Küsterhause belegen war. dem ehrenreichen
Nikolaus Godstich zeichneten sich gleichfalls durch verständnißvolle Kunstpflege aus; Simon Matthias ivar Propst auch bei St. Nikolai zu Berlin. Mit den berühmten Kämpen für den alten Glauben in der Mark, mit Buffo von Alvensleben, dem Bischöfe zu Havelberg, und mit Wolfgang Redorffer von Herzogenrath, dem zähen Vertheidiger des Katholicismus im Stifte Lebus, schließt im Jahre 1559 endlich die Reihe der Bereits im Pröpste von St. Nikolaus zu Stendal ab. 1540 Visitatoren nach Stendal die kurfürstlichen Jahre waren gekommen und hatten die sieben Doinherren aufgefordert, die neue evangelische Kirchenordnung anzunehmen. Es geschah wohl von allen derselben bis auf Redorffer allein. Er aber befand sich in Fürstenwalde, seines Aintes wartend bei der Kathedrale von Lebus. Im Jahre 1551 endlich, in welchem das berühmte Stift St. Nikolai in Stendal nur noch sechs Domherren zählte, wurden seine Güter und liegenden Gründe der Universität zu Frankfurt, der alma water Viadrina, über¬ wiesen; indeß behielten sämmtliche Berechtigte den Genuß ihrer Präbenden bis an ihr Lebensende. Im Frieden also ging das alte Domstift Stendal ein. Dasselbe hat uns indessen ein köstliches und überaus werthvolles Vermächtniß hinterlassen: es sind die Hallen der Donckirche zu St. Nikolai. F. von Quast und Baurath Adler haben sich um die Geschichte dieses Bauwerks hochverdient ge¬ macht.
Mit
Recht sagt Adler:
„Wegen der Klarheit seiner Anlage, — wegen der Schön¬ heit seiner Verhältniffe, wegen seiner strengen Durchführung auch in unbedeutenderen Einzelheiten steht dieser Dom iin Norden unsres Vaterlandes ohne Gleichen da; ganz ohne Zweifel bildet
Schöpfung der kirchlichen Architektur des späteren Mittelalters in Norddeutschland." Die wohl nur schlichte Stiftung des Grafen Heinrich von Gardelegen wurde um die Mitte des 13. Jahrhunderts zunächst durch einen Anbau im Westen mit zwei Thürmen erweitert; in den zwanziger Jahren er die reichste
Jahrhunderts aber begann, von dem obengenannten Dechanten Dietrich von Angern geleitet, ein großartiger Neubau des Domes, welcher erst im Jahre 1475 fertig gestellt zu des 15.
Wie schwer das edle Gotteshaus manchmal aber auch bedroht gewesen ist: noch hat das edelschöne Bau¬ werk sich in seinen wesentlichsten Theilen erhalten. Noch ragt, um die Worte des hochverdiente» altmärkischen Geschichtsforschers Götze anzuführen, der gewaltige Kreuzbau mit den hohen Fenstern weit über alle anderen Gebäude Stendals auf. Noch entzückt der Nordflügel des Querschiffes, dessen breite Giebel¬ fläche durch ein riesiges, fünftheiliges Spitzbogenfcnstcr unter¬ brochen wird, mit seiner eleganten Architektur, vor Allem mit einer sehr reich gehaltenen Rose als eine der edelsten, ja, als eine geradezu musterhafte Schöpfung des Backsteinbaues! Nockwachen am Haupteingange die Gestalten des heiligen Nikolaus und Bartholoinäus, welchen diese Stiftskirche einst geweiht war. Noch ragt im Osten der hohe Chor in den reinsten Verhältnissen auf; noch schließt die Westfront mit zwei quadratischen Thürmen und einem Glockenhause ab. Hier aber fehlt doch viel des alten Schmuckes. Zunächst eine hohe Marien-Kapelle, welche dieser Front der Kirche einst vorgelagert war: sic stürzte während Auch die beiden hoch¬ des 30jährigcn Krieges zusammen. ragenden Thurmspitzen, deren eine mit Blei, die andere mit Kupfer gedeckt war, sammt den zierlichen vier Eckthürinen sind nicht inehr vorhanden. Diese Spitzen ivaren das letzte Werk der Bauthätigkeit des Domstiftes; sic wurden erst im Jahre 1525 vollendet. Als man dainals die Urkunde für den Thurmknopf verfaßte, flocht man bereits sehr bittere Klagen über das Anwachsen der Ketzerei und die Verfolgungen des altgläubigen Klerus in den Wortlaut ein. Im Jahre 1600 wurden beide Spitzen von dem Blitz getroffen; inan baute sie nicht Wieder¬ aus, sondern schloß die Thürme mit Kappen ab. Im Jirnern des Gotteshauses, welches, obwohl nur dreischiffig, durch Hineinziehung der Seitenkapellen zwischen die Strebepfeiler den Anschein einer fünfschiffigen Kathedrale er¬ halten hat, erfreut vor Allem das tiefe Roth der ungetünchten Wände und Säulen. Im hohen Chore aber fesselt uns die düstere Farbenpracht der Glasmalereien, — Reste edler, alter Dort winken schön geschnitzte Chorstühle; noch sind Kunst. vier Reihen derselben vorhanden; hier grüßen uns ehrwürdige Grabinäler. Das wichtigste der letzteren ist der schlichte Sand¬ stein des Markgrafen Konrad aus dem erlauchten Hause der Nur vier Monumente von Männern dieses Ballenstädter. edlen Fürstengeschlechtes sind's, welche sich zu uns hinüber¬ gerettet haben: im Havelberger Dome die Grabsteine zweier Prinzen, welche den Bischofssitz des großen Anselmus hatten einnehnien sollen, in Lehnin das Denkmal jenes Mönches Otto, welcher mit der Tochter Rudolfs von Habsburg verinählt gewesen, dann aber Tempelherr und endlich Cisterciensermönch geworden war, und hier dieser Stein, dem ritterlichen Konrad schon vor dessen Tode errichtet, wie aus dein Fehlen des Datums hervorgeht. An Kunstschätzen ist der Dom von Stendal deinnach nicht eben reich; die Würde und der Adel der Architektur wirken hier allein, und sie thun dies mit erhebender Kraft. Noch im Jahre 1747 besaß dies Gotteshaus einen vortrefflichen ehernen Taufkeffel, ein „ansehnliches Werk, an dessen Fuß und Deckel sannnt zugethürmtem Gehäuse viel künstliche Bilder sich befanden." Das Patronat des Domes war nach der Reformation auf die Universität Frankfurt übergegangen; allein sowohl die Hoch¬ schule wie auch der Generalsuperintendent der Altmark, der Pastor Silberschlag, gestatten es, daß im Jahre 1787 das werden vermochte.
|
!
70 „vielgepriesene
großen,
Werk"
silbernen
sammt
Kruzifixen und km des Domstiftes verkauft
einigen
Abendmahlskelche
Parrisius Angabe» in den „Bildern aus der die Schutzjuden Levi und Heinemann die waren Altmark" Käufer; sic zahlten 340 Thaler für das köstliche Werk des tvurde.
Nach
sowohl bei den Ordensrittern als auch bei dem Volke eine gewisse Werthschätzung und Achtung, die wohl aus dem Eifer und der Liebe zu ihrer Beschäftigung entsprungen sein inag. Einer vornehmlichen Vergünstigung hatte sich der bei der Hauptfalkcnschulc zu Marienburg angestellte Falkner int Anfange
Jahrhunderts zu erfreuen; der berühmte da¬ malige Hochmeister Conrad von Jungingen übertrug ihm in Anerkennung seiner trefflichen Dienste die auf der Vorstadt von Marienburg angekauften Grundstücke, auf welchen die Falkenschule sich befand, urkundlich als erbliches Eigenthum für ihn und seine Erben, allerdings mit dein Vorbehalt, daß Letztere diese Häuser gegen Bezahlung dem künftigen Falkner wieder des fünfzehnten
alten Gießkünstlers.
Gott Lob, daß dergleichen heut' denn
doch unmöglich ist!
Einen Blick noch in das Refektorium und in den Kreuz¬ gang, welch' letzterer einen Friedhof umschließt, auf welchem die von mehr als zwanzig Generationen sich nüt der mütter¬ lichen Erde wiederum vereinigt hat. Der tiefste Friede waltet über dieser Stätte. Vögel fliegen zwitschernd durch die zierlichen Oeffnungcn und suchen unter den Gewölben ihre Nester, —
Asche
abtreten sollten.
weltfremde Ruhe breitet sich dann wieder über diese Hallen hin. „Vor dem Dome aber, auf dem geräumigen Domplatze uralte Linde. Vielleicht," so meint Parrisius, „ist die¬ eine steht selbe einstmals zur Erinnerung an einen für den Neubau des
Die auf den Schulen der Ordensritter abgerichteten Vögel wurden in damaliger Zeit in ganz Europa vor allen Anderen hochgeschätzt und bildeten ein beliebtes Geschenk bei den Gönnern
herrlichen Gotteshauses wichtigen Tag des 15. Jahrhunderts jedem Falle hat sie indessen den großen gepflanzt worden.
ersehen ist, die der Hochmeister
In
Dombaumeister ivaltcn sehen, dessen Namen uns leider keine Inschrift meldet." — Hier legen wir die Feder nieder, so viele Einzelheiten zur Geschichte und zur Sage des Domes wir auch noch anzu¬ führen vermöchten. Die Stadt Stendal hat am 26. Oktober 1888
des
Ordens; wie aus vielen Dankschreiben der Fürsten zu
mit
solchen Geschenken beehrte.
Als im Jahre 1401 Conrad von Jungingen in einen schweren Krieg mit Litthauen verwickelt zu werden drohte, sandte er mehreren Fürsten des deutschen Reiches eine Menge dieser Jagdvögel als Ehrengeschenke, um sie für den Orden zu gewinnen. So erhielt der Burggraf von Nürnberg, der Herzog von Oesterreich, der Markgraf von Meißen und der König Falken,
der Hochmeister
mit
ein Fest begangen, wie ihr ein solches in ihrer reichen Ver¬ gangenheit noch nicht bcschiedcn gewesen ist. Wohl hat sie
von Polen
gut
bedeutenden
Kosten
bereits öfter Männer in ihren Mauern erblickt, welche allein So will man oder wollte deutschen Volke zu gebieten hatten. nahe Jakobskirche, welches mit Hause der St. man in einem einem Mohrenhaupte geschmückt war, das Heim des großen
Der Herzog von Sachsen sandte sogar seinen eigenen Falkner nach Marienburg, damit er sich dort in der Kunst der Ab¬
Ludolfingers Heinrichs des Sachsen erkennen. Er habe ja in Stendal gewohnt und Stendal gegründet, so hieß es einst. Vielleicht, daß er die Burg, auf deren Stätte, wie wir sagten, jetzt der Dom steht, angelegt hat. Was aber war den Bewohnern der Nordinark selbst ein Heinrich, der Held von Riade, gegenüber dem, was den Söhnen der Altmark heut' Kaiser Wilhelm ist? Die Glocken voii Stendal brachten dem nach seiner Heimath hämgekehrten Friedensbringer ihren weihevollen Gruß! Die Stadt, in welcher einst die edlen Bismarck Bürger waren, besitzt ja wohl das Recht, der großen, lichten Gegenwart von ganzem Herzen sich zu freuen. —
Die Fallmtrei der deutschen Ordensritter in Preußen. Zu den Lieblingsbelustigungen mächtiger und vornehmer Herren und Edelfrauen gehörte im Mittelalter die Falken¬ jagd, die an keinem Orte mit so großem Eifer, aber auch nirgends mit so vielem Auftvande und glücklichem Erfolge in dem Abrichten der Falken betrieben wurde, wie gerade in dem Ordenslande der deutschen Herren. Der Orden hatte in einigen Gegenden Preußens
mehrere sogenannte Falkenschulen
einge¬
denen die Thiere unter sachkundiger Leitung
zur richtet, in Jagd lind zum Fang von größeren und kleineren Vögeln, dem sogenannten Federspiel, eingeübt und abgerichtet wurden; unter den Falkncreien zeichneten sich die Schulen zu Wieda und Grebin in Lievland und diejenige im Samlande bei Königsberg aus, die sich wegen ihrer vorzüglichen Zucht und Abrichtung der Falken tveit über die Grenzen hinaus einen bedeutenden Ruf erworben hatten. Die in derartigen Schulen angestellten Falkner genossen
dressirtc
aus
die
Schweden
hatte
kommen
lasse».
richtung unterrichten ließe. Die Summen, die für diese Liebhaberei von den deutschen Ordensrittern ausgegeben wurden, sind nicht unbedeutend. Der Hochmeister von Jungingen hatte in einem Jahre die hohe Summe von 750 Mark damaligen Geldes für Ehrengeschenke an Falken verwendet. Ein gut dressirter Jagdvogel kostete in der Regel nach damaligem Gelde ein bis zwei Mark, allein es fanden bis zur gänzlichen Beendigung der Abrichtung eine Menge von Nebenausgaben statt, die den Preis bedeutend er¬ höhten. Der Meister sandte bisweilen, sobald cs an preußischen Vögeln gebrach, die sich zur Abrichtung eigneten, bis hin¬ auf nach Gothland, um dort Falken einzufangen. Aber auch der Transport der Vögel, die als Ehrengaben an Fürsten dienten, verursachten in der Regel einen beträchtlichen Kosten ausivand. Die Thiere mußten unter sicherer Begleitung eines Falkoniers oft meilenweit getragen werden, der außerdem zu sorgen hatte, daß sie an den Ort ihrer Bestimmung in gutem Zustande anlangten und der ihnen auf dem Wege die gehörige Pflege und Wartung zu Theil werden ließ. Die Behälter oder Käsen, in denen die Vögel getragen wurden, mußten
vollständig mit Tuch oder Leinwand bedeckt sein, und ihnen selbst wurde eine Haube auf den Kopf gesetzt, um sie vor dem Tageslicht und den äußeren Eindrücken zu schützen. Trotzdem in der Regel die Träger lind der Falkner von den Fürsten, denen die Vögel gebracht wurden, reichlich beschenkt wurden, so gab es noch Fälle, wo der Hochmeister sich genöthigt sah, sämmtliche Kosten des Transportes aus eigenen Mitteln zu decken.
Daß die Falkengeschenke der Ordensritter an Fürsten des In- und des Auslandes eine alte, hergebrachte Sitte war, erhellt aus vielen Briefen der damaligen Zeit. Der Großvater
71
Ulrich von Cilli bittet bei einer Gelegenheit um einige gut abgerichtete Falken und sagt dabei: „Man hab seynem Vetter und aller seyner Vorwarden als lange als der Orden hat gesessen in Stevern und in Kernthen jährlich Falken gesant, dorume sv auch getrewc Schirmer des Ordens gewesen sink in denselben landen." Auch der Pfalz¬ graf vom Rhein, Philipp, ersucht den Hochmeister im Jahre 1442
von Forcade genehmigt, welcher mit Euch alliiert zu werden wünscht durch die Hand von Einer Eurer Töchter. Es wird Mir angenehm sein, wenn Ihr dazu Eure Einwilligung gebt, und tverde ich Euch jederzeit zu erkennen geben, daß ich bin Euer ivohl affcktionirter König Friedrich Wilhelm, Wusterhausen,
des berühmten
den Hochmeister,
für die
den 1.
er diese
besten
den
größten
Kapitän
lautete dieser
Wille, daß der Herr Baron von Forcade zum Schwiegersöhne annehme."
ist mein königlicher
in seiner derben soldatischen Weise, muß es aber durchaus nicht verstanden haben, sich in der feinen franzö¬ sischen Familie Snmpathicen zu erwerben; wie ihn die andern Töchter ausgeschlagen, wollte auch Gasparde nichts von ihm Dieser,
Schon am 3. Novbr. antwortete der Baron dein Monarchen also: „Eurer Köiüglichcn Majestät fühle ich mich zu Dank für die Gnade verpflichtet, sich für meine Tochter ju intercssiren. Ich habe meiner Tochter sogleich den Kapitän von Forcade vorgeschlagen, allein dieselbe hat nicht die geringste Neiguilg für denselben, ebenso wenig wie meine arideren Töchter, für welche der näinliche von Forcade sich schon früher durch den gnädigen wissen.
und sende sic gen Sobkau, wir wollen ihnen genug zum Essen geben rc." Auch der Kaiser Maximilian war ein großer Freund von Falken, denn er sandte im Jahre 1502 seinen eigenen Falkner nach Marien¬ burg und bat sich von dem Hochmeister 14 der besten Falken aus: „damit derselbe Falkner sie unserm Befehl nach abrichten mag." Eine besondere Vorliebe hegte der Kaiser für weiße Falken und scheute zur Erlangung solcher Vögel keine Kosten. Obwohl in jetziger Zeit einige Völker wie die Inder, Perser und die Beduinen der Sahara bei ihren Jagden abge¬ richtete Falken gebrauchen, so gcriethen dieselben doch seit Er¬ findung des Schrotes in Europa allmälig in Verfall und schon seit langer Zeit ist bei uns auch dieser Ueberrest des Mittelalters A. Bandholtz. zu Grabe getragen worden. die
ein verständliches Delitsch übertragen,
Brief: „Es
Niederlande, die da pflegen Falken zu haben in ihrem Gebiete, daß sie sic lassen ausnehmen, dieweil sie jung sind und daß man
Novbr. 1736."
In
weil halte; er bittet den Meister namentlich: „daß sie möchten getragen werden, auf daß sie bei gutem Gefieder blieben und Der Bischof Johannes von Lcßlau auch sonst hübsch seyen." gab dem Hochmeister Michael von Sternberg folgende Vorschrift in Beziehung auf Falkenjagd: „Wollet Ihr haben gute Hand¬ salken zu Kranichen, so gebietet Euren Gcbietigern in dem ausdrücklich um preußische Falken,
auslese
Herrn Markgrafen Friedrich von Schwedt verwendet hat. Ich halte mich überzeugt, Eure Königliche Majestät werden hiernach meiner Tochter die Wahl ihres Etablissements selbst überlassen, in¬ dem ich mit dem höchstem Respekt verharre, als Eurer Majestät unterthänigster und treugehorsainster Vernezobre Baron von Laurieux." "Dem Könige fiel cs aber durchaus nicht ein, solchen Wider¬ stand gegen seinen Willen zu dulden. Am 7. Roveinber schrieb er dem Baron ans Cossenbladt:
„Aus Eurem Schreiben vom 3.
d.
M.
habe ich ersehen,
Wie man Hauser staut.
daß die Neigung Eurer Tochter den guten Absichten nicht ent¬
Von W. Boiincll. (Schluß.)
spricht, welche Ich hege, sie an den Kapitän von Forcade zu vermählen. Da er aber ein braver Offizier ist und Ihr eigentlich nichts gegen diese Allianz einzuwenden habt, so halte ich Eure Tochter für zu klug, um Meinem und Eurem Willen zu widerstehen, und erivarte von ihrem Verstände eine würdige
Zn den Offizieren, welche damals von der Garnison Bernall ans das gastliche Hohen-Finow wiederholt besuchten und die Töchter des
Wirths umschwärmten, gehörte
auch der
Kapitain von Forcade, ein Sohn des damaligen Obersten und Chefs des gleichnamigen Infanterie-Regiments. Doch war es wohl lveniger die Liebe, welche diesen jungen Cavalier immer wieder nach Hohen -Finow zog, als der Wunsch, eine reiche Braut zu gewinnen. Mehrere Male nllißte der Markgraf von Schwedt, und zwar der Reihe nach, um die Töchter des Barons für ihn werben und erhielt immer eine Abweisung; eine einzige Tochter noch, Gasparde eben, tvar bisher von dem Offizier mit einem Heirathsantrage übergangen worden. Ihretwegen bemühte sich der Kapitän mm um eine gewichtigere Fürsprache. Der König, bei irgend eüler Gelegenheit, vielleicht auf der Jagd in Wusterhausen oder im Tabakskolleginm, darum angegangen, sagte wirklich zu, den Freiwerber zu machen. Ob der Monarch i>l dieser Zeit noch irgend eine Mißstiinmung gegen den Baron mit sich herum trug und solche jetzt fühlbar lnachen wollte, oder ob er wirklich nur das Beste beabsichtigte, indem er Gasparde mit eiilem seiner „braven und honetten" Offiziere verheirathete, bleibe dahingestellt. Genug, am 2. Roveinber 1736 lief ein königliches Handschreiben in Hohen-Finow ein, das also lautete: „Da es mir zum Vergnügen gereicht. Euch einen Beweis von Aufnierksanikeit zu Gunsteil der Etablierung Eurer Kinder ;u geben, so habe ich die unterthänigste Bitte meines Kapitän
Entschließung als Euer wohl affektionirter König
Friedrich Wilhelm."
Der König in Hohen-Finow
Jetzt war für Vernezobre guter Rath theuer. schien unbeugsam,
dennoch versuchte man es
Der Baron schickte untern: 0. No¬ Schreiben ab; vember schon folgendes „Mit dein tiefsten Respekt hätte ich Eure Königliche Majestät um Erlaubniß gebeten, die triftigen Gründe meiner Tochter
mit neuen Vorstellungen.
|
Partie mit dem Hauptmann von Forcade zu Füßen legen zu dürfen; allein ein Viehsterben in meiner Schäferei, so¬ wie Ueberschwemmungen in meinen Brüchern, halten mich hier zurück, um den erlittenen Schaden wieder zu repariren. Unter gegen die
Ew. Königlichen Majestät beigehend ein Schreiben meiner Tochter zn überreichen. Ich hoffe, Ew. Königliche Majestät werden derselben eben die Gnade und den diesen Umständen wage ich
Schutz angedeihen
lassen,
welche Allerhöchstdieselbe
mir
einst
bewilligte, als Ew. Königliche Majestät wünschten, daß ich mich in Dero Staate etablieren möchte. Hohen-Finow, den 9. November 1736. Vernezobre de Laurieux."
In
dem Briefe, ivelchen die Tochter geschrieben, erklärte
72 diese,
sie
könne zu dem Kapitän von Forcade keine Neigung
bereits einen andern und zwar einen Herrn von Osten, der vordem als Offizier im Regimente von Kalckstein gedient hatte. Es fand diese Wahl aber durchaus nicht des fassen,
sie
liebe
Königs Zustimmung. Er antwortete, er halte den genannten Herrn nicht für würdig, eine so gute Partie zu machen; es müsse bei dem, was er, der König, deutlich genug und wieder¬ holt ausgesprochen, sein Bewenden behalten. Soweit war die Sache gediehe», als Vernezobre, auf Mittel sinnend, um den König von seiner unglücklichen Idee abzubringen, als das Passendste hierzu den Bau eines prächtige» Hauses in der Friedrichstadt bei dem Oberst von Derschau in Anregung brachte. Der König freute sich gewiß, den spröden Baron wenigstens in einer Hinsicht zahm geinacht zu haben und gab an Derschau folgenden Bescheid : „Wenn der von Vernezobre einen Plan von
zu erbauende
Palais — denn nichts Geringeres durste
es sein
— dein Monarchen einreichen, und dieser genehmigte ihn. Keinem wohl war dieser ganze Handel erwünschter gekomnien, als dein Bürgermeister Koch; er tritt jetzt in den Vordergrund. Er verstand es nämlich, die Sache nun ferner so zu leiten, daß der prächtige Neubau in die Nähe seiner Straße, wo es noch sehr wüst aussah, und zwar gerade in Für diese war die Perspektive der Kochstraße zu liegen kam. dann auch nach der Westseite der trefflichste Abschluß gefunden; im Osten erhob sich bereits die Jerusalemer Kirche. Im Frühjahr 1737 fing also Vernezobre aii, die Erde ziim Bau ausschachten zu lassen. Aber o weh! Der Grund war so feucht und sumpfig, daß er zu seiner Befestigung erst Das ging dem ein ganzes Vermögen hineinstecken konnte. Baron nun doch über den Spaß; er wurde starrköpfig und eigensinnig und
dem zu erbauen¬
lveigerte
den Hause ein¬
entschieden, an
würde, welcher Meine
wiesenen Stelle
sich
der ihm zuge¬
schicken
Approbation
weiter;» bauen.
haben und fin¬
Er wollte duxch-
den würde, so
aus einen an¬ dern Bauplatz
soll er von dem
haben, nach Leipziger Straße zu, wo
Prätendenten Tochter befreit werden; es muß aber ein Plan von
der
seiner
einem sein,
der
Baugrund war.
besser
Bürgermeister
Hause
Koch wäre da¬
welches
des von Happen
mit
sein Haus nichts
hübschen
nachgicbt; denn
schluß
was hilft das viele Geld dem
men und steckte
um
Straße sich
Vernezobre,
den
Ab¬ seiner gekom¬
deshalb hin¬
ter den Oberst von Derschau. Tins alte Palais prüi? Albrecht. Dieser wirkte der Stadt mit cs nun beim anwenden." die zum Einrammen nöthigen Man kommt unwillkürlich aus den Gedanken, als sei die Könige aus, daß dem Baron Bauhölzer unentgeltlich aus dem Grunewald geliefert wurden; ganze Heirathsgcschichte nur tvegcn des Palaisbaues eingeleitet Hiermit es sollen dies 100 000 Stämme geworden sein. worden. Es ist dies nicht unmöglich, wenn auch für solche wirklich den und begann nun Ball zufrieden, war Vernezobre Annahme ein weiterer Beweis fehlt. Auf der Friedrichstadt vollendete ihn 1740. ei» neues stattliches Haus erstehen zu sehen, war eben eine Er soll sein Palais höchst prächtig eingerichtet haben; Lieblingsidec des Königs, und bei der Aussicht, sic nun vcrdennoch sah es viel einfacher und unscheinbarer aus als heute, Heirathsplane, König von dem mag der wirklichen zu können, dilrch Schinkel umgebaut worden ist. In seinem Roccocowo es der anfänglich vielleicht ganz ohne Hintergedanken war, abge¬ stvle glich es mehr einer kleinen Festung als einem Palais. kommen sciin Die Kolonnade an der Straßenfront war noch nicht vorhanden, Sicherlich war die Sache nun in gute Bahnen geleitet, Dagegen zeigten die auch fehlten die vorder» Seitenflügel. für Autorität an¬ königlichen nur, daß der Monarch es seiner 24 eiserne weit ausgebalichte Traillen. Parterresenstcr eiserne, er¬ gemessen erachtete, den Korb, welchen seine Freiwerbung Prellpfähle ein¬ als Kanonenrohre lvaren von: auf km Hofe halten, auf einen andern abzuwälzen. Der General von Kalck¬ gegraben; sie verschwanden erst 1813, wo man Kanonenkugeln stein, damals Gouverneur von Berlin, mußte diese also in wenn er es nicht will zur Zierde
Ablehnung holen, womit diese Episode nun das glücklichste Ende und das Herz der armen Gaspardc seine Ruhe wieder fand. Vernezobre mußte unmittelbar darauf einen Plan für das
feierlichster Weise
wiederholen und
sich
die
letzte
aus ihnen goß. er
Vernezobre bewohnte das Haus nur im Sommer, wenn Im Winter blieb er seiner eben nicht auswärts war.
alten Behallsling in der Burgstraße treu.
;■» .
73
Bei der Einweihung des Palais war der König zugegen und nicht wenig erstaunt über den bei dieser Gelegenheit wohl etwas augenfällig zur Schau getragenen Reichthum des Be¬ Er wird sich dabei ein wenig geärgert haben, daß sitzers. der Vernezobre sich so lange unempfindlich für seine Wünsche in Betreff eines Hausbaues gezeigt und ihm schließlich doch noch eine nicht unbedeutende Beigabe zu demselben, in Gestalt von
ein Konservatoriuin
begünstigte
Seit 1810 war es zeitweise Lager¬ platz für 200 Ballen Baumwolle, in den Küchen des Souterrains wurde eine Armenspeisungsanstalt etablirt, 1812 das Luisenstift hineingelegt. In demselben Jahre besetzten die Franzosen Ställe und Remisen mit ihrem Fuhrwerk, 1815 fand hier die Feldkanzlei des Fürsten von Hardenberg, aus 10 Wagen bestehend, auf lange Zeit ein Unterkommen. Von 1823 an befindet sich in den einst so stolzen, nun verfallenen Räumen
Bauhölzern, abgetrotzt hatte. Aus dieser Empfindung läßt sich am Besten das Abschiedswort erklären, daß er einer unver¬ Anekdote bürgten zufolge,
der Musik seine Uebungssäle,
Personen Freiwohnungen.
gesprochen
eine königliche Ge¬
haben soll, als ihn der Baron gefragt, ob Seine Majestät
mäldesammlung von 1200 Bildern. Endlich, 1830, das Gebäude war bis dahin wirklich bau¬
zufrieden sei
auch
'iyxiLd^^wjicüU
oder ob noch irgend
„Es
etwas fehle:
fehlt weiter nichts, als ein Galgen, um Ihn daran zu hängen!" Wie sich der Kapitän von Foreade über den Ver¬ lust
der
reichen
Braut getröstet ben
mag,
wir
nicht.
König
ha¬
cÄ^fugwulandlu HjtatzfcU c£L — cßxmizdcctDrali daJ^raisidcn ■
hüUtty
(jovumL.jL) cse- Jürit trüuvex. cum
{Jc)e££rnbrc.
ccrmpru Le*) cÄsc^un^x-anui-^cricdxxj^u) C^ßtlxtzure, dji- cJciduic cMreyutd lUectzrntLe^
brecht erbte es sein
Sohn,
Als
imb diesen Ruf bewahrte er
sich
der an einem Borin Sanssouci dem Könige Friedrich Wilhelm IV. die Korrespondenz zwischen Friedrich Wilhelm I. und dem Baron von Vernezobre vorlegte, meinte der Monarch: „Das ist ja ein vortrefflicher Stoff für ein Lustspiel; suchen Sie doch Frau Birch-Pfciffer
ihre heimliche Liebe
hatte,
sondern einen Offi¬
ihr
noch
besser gefiel, einen Kapitän der Dra¬
dazu
zu
ein
solches
bewegen, zu
schreiben." (Nachbildung der eigenhändigen Beglaubigung des Gbrrrichtrrs Charles Änrillon.)
goner.
Mit
der Hof¬
rath Louis Schnei¬
leseabend
auch
Gasparde heirathete übrigens nicht den Herrn, welchen dem Könige als
der
jetzige
Regent von Braun¬
(Nachbildung des Titels im Griginal der Lotoniclistc von 1699.)
schöne
zier,
der
■
schweig.
in der Zukunft. Im siebenjährigen Kriege ist er Oberst eines InfanterieRegiments, das oft und mit Auszeichnung genannt wurde. Die
bezeichnet
es heute sehen.
Vom Prinzen Al¬
einen honetten Offi¬
sie
geworden, übernahm es Prinz Albrecht und ließ es durch Schinkel so umbauen, wie
wir
loh
wissen
Der hatte ihn
zier genannt,
7>l--
fällig
Vernezobre's Vermögen ging es nachher leider rück¬
wärts. Er starb 1753, der Erbe verkaufte das Palais 1760 für 16 000 Thaler. Es ist dasselbe Haus, in welchem vom November 1763 bis Mai 1764 die türkische Gesandschast unter Achmed Effendi cinlogirt war; der König Friedrich II. hatte es zu diesem Zwecke gemiethet. Wiederholt schon hatte es den Besitzer ge¬ wechselt, als es 1772 von der Prinzessin Amalie, Schwester Friedrichs des Großen, für 22 000 Thaler Gold angekauft >vurde. Sie bewohnte es bis zu ihrem Tode 1787. Es erbte Prinz Ludwig, jüngerer Sohn Friedrich Wilhelins II., dann war es, bis 1806, dem letzten Markgrafen von AnsbachBaireuth, Karl Alexander, als Palais überwiesen, beherbergte bis 1808 die ftanzösische Feldpost und hatte von da an die verschiedenartigste Benutzung, bei der es nach und nach ungemein verfiel und einer gründlichen Reparatur immer bedürftiger wurde. Maler erhielten daselbst ihre Ateliers,
lichen
Bühne
früher
oft
gegebene
Dies geschah, und es entstand das auf der König¬ Lustspiel:
„Wie man
Häuser baut."
Die Liste der französischen Kolonie in Berlin vom Jahre 1699.
Die Kvlonieliste von 1699. Hole general de« Francois refugiez dans les estats de sa Serenite electorale de Branden bourg, comme ils se sont. trouvez au 31. Decembre 1699. Im Aufträge der geselligen
!
Vereinigung der Mitglieder der französischen Kolonie zu Berlin, „der Mittwochsgesellschaft" herausgegeben von Dr. Mich. Beringuier. Berlin 1888, bei E. S. Mittler & Sohn. Brochirt 280 S. 18 M. Die Nachkommen der französischen flüchtigen Protestanten, welche in den Landen des großen Kurfürsten freundliche Aufnahme gefunden hatten, haben es stets für ihre Pflicht gehalten, nicht nur selbst dauernd den innigsten Zusammenhang zu pflegen und zu be¬ wahren, sondern auch den gastlichen Fürsten, von denen ihre
*5
74 Ahnen aufgenommen worden waren, wiederholt den Dank dafür gemeinsam abzustatten. Dies geschah in frühster Zeit durch UeberDas reichung der Stammrolle der Kolonie an den Fürsten. Datum der Aufnahme war immer der letzte Tag im Jahre. Solcher Kolonielisten, die nur in je einem Exemplare ausgefertigt wurden, giebt es nur wenige; 4 dieser amtlichen Listen, nämlich die der Jahre 1698—1701, besitzt das Konsistorium der französischen Kirche zu Berlin in seinem Archiv; die andern befinden sich im Staats¬ archiv. Es ist die Liste von 1099 gewählt, weil sic viel umfangreicher als die von 1698 ist; sie giebt auch die Röfugies, welche erst später über die Schweiz in die brandenburgisch-preußischen Staaten kamen. Eine Uebersicht des Koloniebestandes von 1699 ist ebenso für den Geschichtsforscher wichtig und werthvoll, als für den in der Entwicklung der eigenen Familie Nachsuchenden interessant und Der treue Berather- der Kolonie und sorgfältige Be¬ lehrreich. arbeiter der Urkunden, der Herausgeber der „Zeitschrift für Ver¬ gangenheit und Gegenwart der französisch-reformirten Gemeinden
Deutschlands" (Die Französische Kolonie) Di. R. Bsringuier, der sich bereits durch die Herausgabe der „Stammbäume der Mitglieder der französischen Kolonie in Berlin" (56 Bogen) und durch die „Be¬ schreibung der Feier zum 200jährigen Gedächtniß des Ediktes von Potsdam 1685" den Dank der Kolonisten und der Geschichtsforscher in vollem Maße erworben hat, giebt auf S. 1—186 einen wort¬ getreuen Abdruck der Liste 1699 (mit einer Nachbildung des Originaltitcls) und dazu als eigene Arbeit auf S. 187—240 eine der Bezifferung der Liste genau folgende Reihe von Anmerkungen, in welchen sowohl alles dasjenige unter sorgfältiger Prüfung und Aufsuchung der Quellen angeführt ist, was über die betreffenden Familien veröffentlicht worden ist, als auch was sonst über dieselben dem mit reichlichemDetailwissen und mitfast einzig dastehcnderPersonalkenntniß ausgestatteten Bearbeiter crwähncnswerth erschien. Als Quellen sind vom Verfasser außer der im Manuskript vorhandenen Rolle von 1698 die Werke von Erman & Reclam, Eug. und Em. Haag, Bordier, Muret und Tollin de France genannt und für 4 162 Familien mit 13 847 Personen aus 35 Orten ausgezogen und in Citaten benutzt worden. Eingegangen sind heutigentags die Gemeinden von Spandau, Köpenick, Rheins¬ berg, Frankfurt a. D., Halle, Brandenburg, Neustadt a. D., Stargard, Stendal, Burg, Ncuhaldenslebcn, Halberstadt, Cleve, Emmerich, Wesel, Duisburg, Soest. Auch die eigenhändige Beglaubigung der Liste durch den Oberrichter Charles Ancillon ist in genauer Nachbildung am Schluffe der Liste (und hier
Für Berlin
S. 73) erscheinen
wiedergegeben worden.
die
Stadtviertel
Berlin, Kölln,
d. h. Dorotheenstadt, Friedrichsstadt (auch Franz. Buchholz und Pankow) getrennt; besondere „Bailliages“
Werder, Neustadt bestanden zu
im
Löcknitz, Grambzow und Chorin.
Was die Arbeit des Herausgebers im Besonderen betrifft, die ersten Theil sich allerdings auf die Bezifferung der Familien
und die sorgfältige Korrektur der Namen beschränkt, so ist dieselbe in den Anmerkungen eine mühsame, in ihren Ergebnissen wenig augenfällige und doch grundlegende und weit umfaffende, so daß erstlich die heut lebenden Nachkommen mit Vergnügen in dem Buche blättern können, dann aber die tiefer vordringenden Forscher undFreunde der Kolonie eine feste Stütze für weitere Untersuchungen und eine Fülle von gelegentlichen Bemerkungen hier und da versteckt hinein¬ gearbeitet finden werden, die das Buch zu einem Schatzkästlein für die Geschichte Berlins und der Mark Brandenburg vor Sieur nicht allem Andern machen. Wir lernen z. B., daß 8r. eine Bezeichnung des Adels ist, wie öfters behauptet wird; die Erörterungen bei den Namen Bauchs, Fromeri, Brehs, Thersmin, Baratier, Mercier und anderen sind für jeden Berliner interessant.
=
Dr. H. Brendicke.
Treptlm und die KMnischr Heide. Von Professor Dr. Muret. Nachdem die Spree bei Köpenick links die Dahme oder Wendische Spree, rechts das Stienitz- und Wuhleflicß aufgenommen hat, fließt sie durch das Waldgebiet der Wuhleheide auf dem rechten und der Köpenicker und früheren Köllnischcn Heide auf dem linken Ufer bis zu dem Punkt, wo sie mehrere kleine Inseln umfließend, tief in das vorliegende Uferland eindringt, den Stralauer- (jetzt Rummels¬ burger-) See bildet und sich dann beträchtlich erweitert um die Stralauer Landzunge herumwindct. Hier liegt, dem alten wendischen
Fischerdorf
Stralau
schrägüber die jetzige Landgemeinde Treptow,
ein Ort, der seiner anmuthigen Lage wegen schon im vorigen Jahr¬ hundert von den Bewohnern Berlins gern aufgesucht wurde, und
Entwickelung daher wohl einiges Interesse beanspruchen dürste. Jahre 1261 überließ der Markgraf Otto mit Zustimmung seiner Söhne dem etwa 30 Jahre früher zur Stadt erhobenen Orte Kölln eine Heide, die Merika, auch Myrika genannt, welche früher der Ritter Rudolph von Mralowe (Stralow) besessen hatte, dessen
Im
mit allen Rechten und Nutzungen als freies Eigenthum.') Es kann dies nur das aus Waldung und Wiesen bestehende Heidegebiet, die spätere Harteheide, gewesen sein, das sich längs der Spree von der Köllnischcn Feldmark bis Treptow erstreckte, da Kölln vor dem Jahre 1435 keine andere Heide als diese besaß. Im Jahre 1435 erwarben die Städte Berlin und Kölln sämmtliche zur Johanniter Komthurei Tempelhof gehörigen Güter 2) und zweigten von denselben die Heide hinter Rixdorf und das von der Köpenicker Heide hinter Rixdorf bis zum Rixdorfer Damme sich erstreckende Bruch ab. Letztere wurden dem städtischen Weichbild einverleibt und in gemeinschaftliche Verwaltung und Nutzung genommen. Im Jahre 1590 verkaufte der Rath zu Berlin der Stadt Kölln seinen Antheil an den von den Johannitern 1435 erworbenen Ländereien.") Von da ab besaß Kölln außer der alten Merika oder Hartenheide, Ruthen hatte, auch die die eine Größe von 208 Morgen 101 dahinter gelegene bis zur Köpenicker Forst reichende Heide im Umfang von 2742 Morgen 71 Ruthen, also überhaupt ein zu¬ sammenhängendes Heiderevier von 2950 Morgen 172 Ruthen, das den Namen „Köllnische Stadtheide" führte.-') Unmittelbar hinter dem jetzigen Treptower Gasthause war etwa um das Jahr 1450 zur Entwässerung der Köllnischcn Wiesen und Felder der alte Fluth- oder Landwehrgraben, deffen Lauf sich nach einer in der Plankammer des Magistrates befindlichen Karte vom Jahre 1698 noch genau verfolgen läßt, aus der Spree abge¬ leitet worden; doch die von Fidicin") erwähnte Sage, nach der hier an der Mündung desselben einst eine Wassermühle gestanden haben soll, verdankt ihren Ursprung wohl nur der Bemühung, den Namen eines Wiesendammes bei Rixdorf, der von dort nach derKöpenicker Landstraße führte und Sackführerdamm genannt wird, zu erklären. Die ganze Heide war vielmehr in älterer Zeit ohne Erst in den Kämmerei-Rechnungen des jegliche Niederlaffung. 16. Jahrhunderts wird der Trebow, Trebkow und später Treptow als der Sitz einer unbedeutenden Fischerei erwähnt. Es scheint, daß der Treptow zunächst Wohl der Name der dortisecartigen Erweiterung der Spree war und dann erst auf das gen Uferland übertragen wurde, wo im 16. Jahrhundert sich eine kleine Fischerei befand, die vom Köllner Rath 1568 gleichzeitig mit der
□
□
□
') Die betreffende Urkunde hat Süßmilch in seiner Abhandlung: Der Königl. Residentz Berlin schneller Wachsthum und Erbauung (1752) x. 71) zuerst mitgetheilt. Nach ihm hat sie Fidicin in seinen hist.-diplom. Bei¬ trägen zur Geschichte der Stadt Berlin II 1. abgedruckt. 2 ) Fidicin hist.-diplom. Beiträge II 159. ") Fidicin hist.-diplom. Beiträge IV 305. Grundbuch der Stadtgemeinde Berlin Hist.-diplom. Beiträge III 88. )
■*)
5
I
41.
75 Berechtigung
der Bienenzucht
in der Harteheide für
1
Schock
!
In
Spree vom Mühlendamm aufwärts heißt es: „An Trebkow bei der Brücken hat der Rath zu Cöllen ein Heußelein und an dem Fließ, so von Rixdorf herab in die Spree gehet zwo mehr." Die Pacht dieser Fischerei nebst der Benutzung der angrenzenden Heide zum Aufstellen von Honigbeuten ging auf mehrere Fischer über, bis im Jahr 1608 der Rath von Kölln die Fischerei von einem eigenen Fischer ausüben ließ. Die späteren Nachrichten reden von 3 Fischwehren, die sich daselbst befanden und von denen der Petri¬ kirche ein jährlicher Zins entrichtet werden mußte. In Betreff der Bienenzucht in den städtischen Heiden mag hier Nachstehendes be¬ merkt werden. Die älteste und natürlichste Art derselben war die Waldbienenzucht, bei der die Bienen freiwillig ihre Wohnungen in alten, hohl gewordenen Bäumen nahmen. Da hierbei aber die Ausbeute, besonders an Wachs, nicht genügend war, so wurden Bienenstöcke künstlich nachgebildet, indeni man starke Fichtenbäume unter der Krone aushöhlte, die Höhlung mit Kreuzhölzern ausspillte und mit einem Brette verschloß, das nur eine kleine Oeffnung Derartige ausgezum Ein- und Ausstiegen der Bienen hatte. bohlte Baumstämme, Buten oder Beuten genannt, wurden von den schwärmenden Bienen selbst aufgesucht oder von den Züchtern
mit jungen Schwärmen
besetzt.
Später wurde
diese
Art
der
Bienenzucht durch die Zucht in sogenannten Klotzbeuten ersetzt, indem man, um die Bäume zu schonen, ausgehöhlte Klötze aussetzte, woraus sich später die Korbbienenzucht entwickelte. Als nach der Reformation die kirchlichen Wachs- und Honig-Abgaben in Geld¬ leistungen umgewandelt wurden, auch der Gebrauch des Zuckers immer allgeineiner wurde, trat ein Rückgang in der Bienenkultur ein und die Waldbienenzucht kam außer Gebrauch .') Auch die Fischwehre auf dem Treptow scheinen keinen sonderlichen Ertrag mehr abgeworfen zu haben, denn in keiner Rechnung des 17. Jahr-
bundert findet sich eine Einnahme aus denselben erwähnt. Später wird mitgetheilt, daß dieselben lange Zeit wüste gelegen haben. Endlich im Jahre 1707 suchte der Rath den Treptow wieder nutzbar zu machen. Der damalige Kämmerer Lauern erbot sich, denselben für einen jährlichen Pachtzins von 40 Thalern zu übernehmen. Er erhielt Ackerland von 5 Scheffeln Aussaat und die nöthigen Wiesen, erbaute ein Haus nebst Scheune und Stallung und schaffte das zum Ackerbau nöthige Inventarium an. Im Jahre 1711 trat er jedoch schon von seinem neunjährigen Kontrakt zurück und erhielt für das Inventarium und die Baukosten vom Magistrat eine Entschädigung von 882 Thalern 21 Groschen. Das Vorwerk wurde nun für
80 Thaler verpachtet.-) Den späteren Pächtern dieses Vorivcrks wurden die Aeckcr und Wiesen bis auf 91 Morgen 42 Ruthen vermehrt, auch erhielten sie für ihr Vieh das Hütungsrecht in der Köllnischen Heide und die Berechtigung zum Krugverlage. Im Jahre 1745 brachte das Vorwerk schon 130 Thaler Pacht, die sich 1770 bis auf 196 Thaler steigerte. Nach dem Arrende-Anschlag vom 10. Juli 1751 gehörten zu der Pachtung 25 Morgen 20 Ruthen an Acker, Wiesen und Gärten. Der Haupterwcrb des Pächters bestand größtentheils in dem Absätze von Milch nach Berlin und an seine Gäste zur Sommerzeit, denn schon damals scheint die schöne Lage des Vorwerkes am Wasser und Wald die Berliner dorthin gelockt zu haben. Das Vorwerk, das 1776 außer den Gebäuden und dem Weiderecht in der Heide 102 Morgen Land und Wiesen hatte, wurde in diesem Jahre dem damaligen ersten Forstbcamten der Köllnischen Heide, der außer der Benutzung von 74 Morgen 144 Ruthen an Land und Wiesen und sonstigen Emolumenten nur ein Gehalt von 76 Thalern und 28 Thaler Wohnungsgeld bezog, zur Verbesserung seines Diensteinkommens für seine Lebenszeit für 165 Thaler jährlicher Pacht überlassen. Derselbe erbaute hier auf seine Kosten ein Gebäude und erhielt im Sommer von Berlin aus vielen Besuch, der später, als der Stralauer Fischzugstag sich zu einem Berliner Volksfest zu entwickeln begann, derartig zunahm, daß auch die Treptower Kolonistenhäuser zu Gasthäusern wurden. Nicolai schreibt im Jahre 1786: „Treptow, ein Haus im Walde an der Spree, eine Viertelmeile von Berlin, woselbst der Magistratsförster wohnt. Dabei ist ein Wirthshaus, wohin von Berlin oft Spazierfahrten geschehen, und einige Kolonistenwohnungen." Mit diesen Kolonistenwohnungcn hat es folgende Bewandtnis;. Im Jahre 1779 gab der Magistrat jenseits des Vorwerks Treptow 7 Hausstellen mit Gärten an 6 Kolonisten in Erbpacht. Dieselben errichteten hier Gebäude und erhielten für gewisse Geld- und Naturalleistungen, Handdienste in der Heide, auch das Recht zum Raff- und Leseholz, sowie das Weiderecht für ihr Vieh. Das Vorwerk Treptow gerieth jedoch immer mehr in Verfall und im Jahre 1817 waren sämmtliche Gebäude, und besonders
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24 Groschen Wasserzins und 32 Groschen Heidegeld verpachtet war. einem Bericht vom 1. August 1590 über die Besichtigung der !
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Stadt gehörigen, in einer so schlechten Beschaffenheit, daß größtentheils hätten neu erbaut werden müssen. Um diesen Neubau und die kostspielige Unterhaltung der Wirthschaftsgebäude zu ersparen, beschloß man. da sich in der Nähe Berlins Acker und Wiesen auch ohne Gebäude verpachten ließen, den Förster, der 49 Jahre im Dienst war, zu Pensioniren, und für die Folge nur einen Forstbeamten anzustellen, das Vorwerk aber aufzulösen. Für die ausgesühren Bauten wurde er mit 750 Thalern entschädigt. die der sie
(Fortsetzung folgt.)
Kleine Mittheilungen. Zur Kkeiderordnung unter Kricdrich Wilhelm I.
Eine merk¬ würdige Kabinets-Ordre König Friedrich Wilhelms I. an den Kammergerichts-Präsidenten von Sturm vom Jahre 1714 lautet: Friedrich Wilhelm König von Preußen w. — Unsern gnädigen Gruß zuvor Unser Rath und lieber Getreuer. Es hat Uns Unser Geheimer Rath Dühram in dem Beischluß allerunterthänigst referiret, daß der Kammergerichts Advoeatus Zingler in denen Weihnachtsferien mit einem rothen Mantel, den er über den schwarzen gehangen, auf der Straße be¬ troffen worden. Nachdem nun Unsere Verordnung klar besagt, daß die Advocatcn keine andere als schwarze Mäntel tragen sollen, die Entschul¬ digung wegen des Regens auch nicht zureichend ist, indem er einen schwarzen Mantel von Tuch umhangen kann, so hatten wir wohl Ursache Unsere Displecenz wegen Lludimng Unserer Verordnung durch eine empfindliche Strafe gegen ihn zu bezeugen; wir wollen aber für dieses Mal Gnade für Recht ergehen lassen und ihm solchen Fehler allergnädigst verzeihen, Ihr habt ihm aber solchen nachdrücklich zu verweisen und sowohl ihm als auch allen übrigen Advooaten bekannt zu machen, daß Wir dergleichen zu Elwünmg Unserer Verordnung abgebende Contraventionen weiter nicht nachsehen, sondern ein solches Exempel statuiern würden, daß andere sich dafür zu hüten Ursach hätten, wie Ihr denn auch dem Officio fisci darauf zu '•igiliren ernstlich zu injungüren habt. Wir seindt Euch mit Gnade gewogen Friedrich Wilhelm. Gegeben Berlin den 20. Januar 1714.
') Fidicin, historisch-diplomatische Beiträge
III
80.
Literatur. Der große Kurfürst Friedrich Wilhelm. Dem Oskar Schwebet. Mit einem Titelbilde
deutschen Volke dargeboten von
I.
von Wilhelm Camphausen. Minden. C. C. Bruns Verlag. 132 S. Zur 200jährigen Gedächtnißfeier des 29. April 1688, des Todestages des großen Kurfürsten, gab unser hochverehrter Mitarbeiter und Kenner der brandenburgisch-preußischen Geschichte, Oskar Schwebe!, dessen fleißige Feder uns aus vielen Bildern und Skizzen der Mark bekannt ist, ein Gedenkbuch heraus, das in schlichtem, volksthümlichen Tone geschrieben und im Gewände einer klaren, durchsichtigen Darstellung recht geeignet ist, ein Volksbuch zu werden, obwohl derselbe Stoff schon von anderen, wie von Professor vr. W. Pierson 1873 und von George Hiltl behandelt ist. In 40 kleinen Abschnitten führt der Verfasser unter Benutzung der Ergebnisse der neuesten Forschungen und unter dankenswerther Einfügung aller Kalender-Daten nach altem und neuem Stil die einzelnen Lebens¬ abschnitte des „unvergleichlichen" Herrschers und der mit ihm in Beziehung stehenden bedeutenderen Persönlichkeiten, wie von Burgsdorf, P. Gerhardt, S. Rodigast, O. von Schwerin, G. Dörffling, Chr. von Sparr, dem Leser vor. Als eine Gabe für Schule und Volk darf das Merkchen jedem Vaterlandsfreunde bestens empfohlen werden. 1^0« dem Kausöuch deutscher Dichtung, HalbmonatsschriftsMiniaturZeitschrift für deutsche Dichtung) von Hermann Kiehne in Nordhausen
') Corpus Bonorum. — Schriften Berlins, Heft 15 p. 16.
des Vereins
für
die Geschichte
liegt uns das 5. Semester vor. Das Hausbuch will in unserer „wenig idealen" Zeit für die Anerkennung der Dichtkunst wirken, einem zukunftsgcwissen Nachwuchs die Bahn in die Oeffentlichkeit erleichtern und ein Sammelwerk von bedeutendem Werthe schaffen. Ein solches Unternehmen ist werth ruid bedarf der dauernden Unterstützung der besten Kräfte, nur ineineu wir, daß Prosadarstellungen, wenn sie sicherlich auch auf die Bezeichnung „Kunst" Anspruch erheben dürfen, dem kleinen Rahmen doch
zunächst ferngehalten werden müßten. Auch halten wir die Kunstblätter, abgesehen von den werthvollen Schriftstellerporträts, für eine unnöthige Beigabe. An wenigen Versen läßt sich leichter erkennen, weß Geistes Kind
der Neuling ist, als an einer langathmigen und erzählenden Dichtung oder Die Aufgabe, die sich das „Hausbuch" stellt, scheint einem Porträt.
uns von der Redaktion desselben sonst glücklich gelöst. Wir wünschen ihr iveiter den besten Erfolg und freudige, talentvolle Mitarbeiterschaft.
Inhalt: Johannes Wedigen, eine Berliner Geschichte (Fort¬ Der Dom zu Stendal, von Oskar Schwebet (Schluß); Falkncrei der deutschen Ordensritter in Preußen, von Bandholtz; Wie man Häuser baut, von W. Bonncll (Schluß); Die Liste der französischen Kolonie in Berlin vom Jahre 1699, von Dr. H. Brendicke; Treptow und dieKöllnische Heide, von Professor Dr. Muret. — Kleine Mittheilungen: Zur Kleiderordnung unter Friedrich Wilhelm I.; Literatur; Bon dem Hausbuch deutscher Dichtung; Das alte Palais Prinz Albrecht (Abb.). — Inserate. setzung);
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Unter Mitwirkung
Dr.
Beringnicr, K. Budczics, Theodor Kontane, Stadtralh L. Lriedel, Gymnasialdircktor Dr. w. Schwartz, Pastor Gscar Schwebe! und Ernst von Wildenbruch 21.
herausgegeben von
K. '
-. 71
Nr.' 7.
-
I
Kchon's Merlagsöuchhandkung, Merlin.
Erscheint wöchentlich am Sonnabend und ist durch alle Buchhandlungen, Zeitungsspeditionen und Post- '17. November 1888. anstalten sür 2 Mk. 50 pfg. vierteljährlich zu beziehen. — Im Postzeitungs-Latalog eingetragen unter tlr. SSZa. j
Der große Kurfürst im Jagdschloß Grunewald. Ein Jagd- und Zeitbild von vor 200 Jahren. Von M. Warnatz.
Mit fahlein Schimmer dichten
erhellte das Morgcnlicht den weiten
Grnnewald. Die Nebelschleier, welche die Nacht darüber
gebreitet, hob der frische Morgenwind, und bald küßten die ersten Sonnenstrahlen den First des Jagdschlosses, das Kurfürst Joachim am Seeufer zwischen die Kiefern hineingebaut hatte, mn dort nach lustigem Jagen fröhliche Rast zu halten.
Kaum
vergoldete die Sonne das Dach des Schlosses, da erscholl auch schon
von
Thurm
dessen
eine Hornfanfare, die Schläfer
in
den
Gemächern zu wecken und zum Waidwerk hinaus in den Wald zu locken. Dem Horuruf antwortete Stimmengewirr, Hunde-
Bald öffnete
gebcll und Rossegcwieher.
sich
das Thor der
Schloßmauer und ließ den Blick auf den Hof frei, in dein der Troß der Jagdknechte sich tummelte. Die derben märkischen Landcskinder waren in kurze grüne Wäinmser und ledernen Kniehosen gekleidet, an die sich Ledergamaschen bis herab zu
den Schnürschuhen
Sauspeer über
der
schloffen.
Als Waffe trugen sie Auf ein Zeichen
rechten Schulter.
den des
Hnndemeisters verließen die Jagdknechte mit der Meute, den auf die Sauhatz drcffirten Hunden, den Schloßhof, gefolgt von dein Obcrjägcrmeistcr von Oppen, der zwölf andern Reiterit voranritt. Die Herren trugen alle, bis auf einen, reiche Kleidung. Dieser eine trug ein schlichtes graues Tuchwamms und einen schwarzen Filzhut mit weicher, breiter Krempe. Hohe plumpe, rindslederne Stiefeln vervollständigten die schmucklose Tracht, doch trotz derselben zeigte die ganze Erscheinung ein
iluu ein Gepräge,
wie
es
nur
außergewöhnlichen Menschen
eigen ist.
Und ein solcher war der Mann, als Mensch, wie als Fürst, der Held aus Hohenzollcrnstamm, Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg, der zum fröhlichen Jagen an einem klaren Herbstmorgcn des Jahres 1686 durch den Grunewald ritt, in dem er Erholung von den schweren Pflichten seines hohen Amtes suchte, die ihm nur kurze Ruhepausen verstatteten. Zur Zeit zogen sich wiederum drohende Gewitter am politischen Himmel zusammen, welche ihn, der unentwegt das Wohl seines Staates mit sicherem Blick und fester Hand über¬ wachte und leitete, auf dein Platz im Herzen seines Reiches bannten.
Bor Jahresfrist hatte die Aufhebung des Edikts von Nantes durch Ludwig XIV. von Frankreich die Hugenotten zur Auswanderung aus ihrer Heimath getrieben. Der große Kurfürst lud sie ein, bei ihm eine neue Heimath zu suchen, lind in Schaaren kamen sie nach Brandenburg, zum Mißver¬ gnügen Frankreichs, das den Kaiser durch Drohungen ein¬ schüchterte und verlangte, das Rcichsoberhaupt solle dieses Vor¬ gehen des Kurfürsten zu Gunsten der französischen Protestanten hindern. Friedrich Wilhelm ließ sich nicht beirren. Die Rcfugies fanden Aufnahme bei ihm und Beistand zur Begründung neuer Lebens-Existenzen.
gaben, auszeichnete. Seine gebietende Haltung, die bedeutenden Züge seines Antlitzes, mit der kühn hervortretenden, stark
Ludwig XIV. fuhr fort, die Hugenotten, die zurückge¬ blieben waren, hart und blutig zu verfolgen, so daß ein neuer Strom Flüchtiger in Brandenburg Schutz suchte. Auch diese Nachzügler nahm der Kurfürst gütig auf, veranlaßte dadurch
große, durchdringend blickende flammten, der energische Ausdruck des wohlgeformtcn Mundes, den der Bart der Oberlippe nicht verdeckte, gaben
aber einen geharnischten Protest König Ludwigs, der den Kaiser zwang, mit nicht zu verkennendem Ernste sein Mißfallen an der Handlungsweise Friedrich Wilhelms kundzugeben.
unnennbares Etwas, das den schlechten Eindruck verwischte lind den Reiter vor den glänzenden Cavalieren, die ihn um¬
gebogenen
Augen
Nase,
über
der
78 Dem französischen Gesandten Marquis de Rchbenac, der in einer nachgesuchten Audienz den Protest seines Monarchen in dreisten Worten dem Herrscher Brandenburgs aussprach und
Das Feld der Reiter hatte sich auf dem Ritt zerstreut, mit dem Oberjägermeister folgte allein den Hunden, die jetzt laut und heftig Hals gaben. „Sie machen den Keiler fest," rief Friedrich Wilhelm mit vor Jagdlust funkelnden Augen. Doch, als er die kläffende Meute ain Seeufer suchend bemerkte, setzte er hinzu: „Nein, sic haben ihn noch nicht!" der Kurfürst
scharf hervorhob, daß, wenn Brandenburg immer von neuem den Hugenotten Zuflucht gewähre und ihnen daS Verlaffen Frankreichs erleichtere, König Ludwig sich fernerhin nicht an die mit dem Kurfürsten geschloffenen Friedensvcrträge gebunden erachten würde, gab der Fürst die stolze Antwort:
In demselben Augenblick brach auch aus dem Röhricht, etwa zwanzig Schritte vom Fürsten entfernt, ein stattlicher Keiler und lief hart am Seeufer eine Strecke entlang; daun
„Ich
habe der Krone Frankreichs zum Besten Deutschlands versprochen, den Frieden zu wahren, nicht aber für das, was
mir im Lande thue,
Erlaubniß zu erbitten oder denen, die meine Hülfe suchen, solche zu versagen. Mein Brandenbürg ist mein Haus, das ich denen öffnen will, die von roher Willkür aus ihrer Hcimath Vertrieben wurden. Der König von Frankreich kann in seinem Lande nach Belieben schalten, ich vermag und will ihn daran nicht hindern; aber ist er bei sich Herr, so bin ich es ebenso hier. Die Hugenotten, die meine Hülfe in ihrer Noth anriefen, habe ich als meine Unterthanen aufgenommen nach ihren Bitten, lind kommen noch mehr ihrer Landsleute und Glaubensbrüder, lverden alle in mir einen Vater und Beschützer finden. Das ist inein fester Wille!" — Als darauf der französische Gesandte die Drohung wagte, daß der deutsche Kaiser im Einverständniß mit seinem Monarchen, des Kurfürsten Stellungnahme zu der Hugenotten-Affaire entschiede» mißbillige und als Höchstgebietendcr in Deutschland von allen Fürsten des Reichs mit Fug und Recht Gehorsam erheische, da traf deil kecken Redner ein solcher Herrscherblick aus ich bei
j
-plötzlich einen Haken schlagend, bog er
seine
den Adleraugen des Kurfürsten,
daß er die seinen, die frech geblitzt hatten, verwirrt senken inußte, während mit Donnerton die Worte an sein Ohr drangcil:
unter meinem persönlichen Schutz, dem sie keine irdische Gewalt entreißen soll. Ich gebe sic nicht dem Verderben preis, das der König von Frankreich über sie verhängt. Ich unter¬ nehme das Wagniß, sie zu schützen, aller Drohungen voil Paris uild Wien zum Trotz. Ich werde zeigen, daß ich nicht der Sklave Frankreich's bin, mich vor Niemand fürchte, vor Niemand beuge, und vor den möglichen Folgen meines Thuns nicht zittere. Meldet dies lvörtlich Seiner Majestät von Frankreich, Marquis." — So hatte der große Kurfürst.etwa eine Woche vor dem Herbstmorgen gesprochen, an dem er zur frühen Stunde voin Jagdschloß Gruncivald in den Forst hinausritt, wo sich der 67 jährige Herr an der frischen Waldluft erquickte, und die
Spannkraft jüngerer Tage wieder in feinen Gliedern fühlte. Die Kavalkade hatte eine Waldlichtung erreicht, von der aus die Wege in das Holz sternförmig auseinander liefen. Hier sollte die Meute auf die Spur eines vermerkten Keilers geschickt werden. Losgelassen, jagte sie alsbald in der Richtung auf die sogenannte Hundekehle zu, einem düster romantischen Platz im schönen Grunewald. Niedrige, wellenartige Hügel mit dichtem Kiefernbestand
umgeben
wegungSloscn See, an
klaren, schier unheimlich beRänder» bohes Röhricht wächst.
einen dessen
den
Wald ein. Das
Wild und
der
flüchtigen Meute so schnell als ihre Ungeduld es wünschte zu
I
folgen. Doch blieb der Kurfürst mit Herrn von Oppen immer den andern voran. Wieder blitzte ein Gewäffer zwischen dem Nadelholz, es war der Halensec. Die beiden heranstürmenden Reiter sahen, wie der Keiler da hineinsprang und mit den nachfolgenden Hunden einen Kampf aufnahm, in dem er Sieger blieb. Das Blut seiner Angreifer färbte das Wasser und heulend tauchten die von ihm geschlagenen in die Fluth unter. Stolz schwamm der Keiler an das Ufer, wo ihn aber ein Theil der Meute, der ihm nicht blindlings nachgestürzt sondern am Ufer entlang gejagt war, empfing. Hinter ihm sprangen die heil gebliebenen Hunde aus dem Wasser auf den nun vollständig von ihnen gedeckten Keiler. Wohl mußte noch mancher der muthigen Hunde die Schärfe seiner Hauer fühlen und kampfunfähig auf dem Plan bleiben. In dem Moment erschien der Kurfürst und der Oberjägermeister auf dem Platz. Mit ihnen zugleich flogen die Jagdknechte heran, die zu Fuß mit Windesschnelle der Jagd Sie bildeten mit den vorgehaltenen zu folgen geübt waren. Sauspeeren einen Kreis um den Keiler, der sich der Meute noch immer kräftig erwehrte. Der Kurfürst und Oppen waren aus dein Sattel ge¬ sprungen. Der Oberjägermeister schlug die Hunde von dem Keiler ab, mit kräftigem Arm das Wild aushcbend, und sein Herr gab dem Thier nach allen Regeln der edlen Waidmannskunst den Fang iu's Blatt. — Lustig blies Oppen auf seinem Jagdhorn den Hallaliruf. Weit hin durch den Wald klangen die hellen Töne und lockten die verstreuten Reiter zur Stelle, wo die, welche sie fanden, den grünen Bruch erhielten, der ihren Hut zierte. „Nun, meine Herren, wollen wir zurück in's Schloß reiten. Für heute ist es genug des Jagdvergnügens. Morgen wollen wir den Kapital-Hirsch aufnehmen, der', wie mir Oppen meldet, bei der Rhiumeister - Brücke gespürt ist." Es war in der zwölften Mittagsstunde, als nach einem flüchtig eingenommenen Imbiß, der, wie der hohe Herr scheuend sagte, nicht den Appetit zu dem um 2 Uhr festgesetzten Mttagsmahl rauben durfte, der Kurfürst, ohne die Kleidung gewechselt zu haben, bereits am Schreibtisch seines Zimmers im Jagdschloß mit seinen Räthen arbeitete. Der Hofmarschall von Grumbkow war der Erste, der Vortrag hielt. Er legte das am Morgen eingetroffene Schreiben des kurbrandenburgischen Gesandten am französischen Hofe vor, in welchem dieser seinein Gebieter inittheilte, daß Ludwig XIV. den Protestanten seines Reiches verboten habe, wie seither dem Gottesdienst in der Kapelle der brandcnburgischen Gesandtschaft .
!
!
„Des deutschen Kaisers Oberhoheit erkenne ich jederzeit willig an. Wenn cs galt, dem Reich gegen äußere Feinde oder inneren Zwiespalt beizustehen, war ich der Erste, bereit mit meinem Schwert und meinem besten Rath. Zu befehlen aber, was ich thun und lasten soll, hat mir Niemand und dreinreden lasse ich mir von Keinem. Verstanden? Noch einmal wiederhole ich: Die französischen Hugenotten, die der Willkür daheim eiltflohcn, stehen
in
dichte Stangenholz verhinderte die Reiter, dem
!
79 beizuwohnen.
Ferner
nungen, Berichte u. s. w. aus allen Ressorts der weitverzweigten Verwaltung seiner Staatsmaschine. Eine umfangreiche Mappe Sie enthielt die fesselte besonders des Fürsten Aufmerksamkeit.
ihm von dem französischen König befohlen worden, in besagter Kapelle den Hausgottesdienst nicht mehr in der Landes-, sondern in deutscher Sprache abzuhalten, da in ersterer anhero zum leichteren Verständniß für die Huge¬ notten gepredigt worden sei. Mit solchen von der Willkür ein¬ gegebenen Befehlen noch nicht zufrieden, sei auf königliche Ordre am Sonntage vor das Thor der brandenburgischen Ambassade ein Po>ten von vier Musquetaires du rov gestellt worden, die jeden französischen Protestanten, der trotz des Verbotes dem Gottesdienst beizuwohnen gedachte, festnahmen.
Der Gesandte
sei
schloß seinen Bericht
mit der Frage,
Berichte des Oberkommerzkollegiums über die Angelegenheiten der von ihm an der Westküste Afrikas gegründeten Kolonie
Groß-Friedrichsburg. — Zehn Minuten vor Beginn der Tafelstunde unterbrach der Eintritt des kurfürstlichen Kammerdieners die Arbeit des Monarchen. Der Fürst legte augenblicklich die Feder hin und erhob sich, um nun erst die Jagdbekleidung mit einer andern zu vertauschen. Bkit Hülfe des schnellen, gewandten Dieners war der Kurfürst bald in einen braunen Sammtrock mit von: Halse breit abfallenden Spitzenkragen und ebensolchen auf die Hände fallenden Manschetten, einer mächtigen schwarzen AllongePerrücke und gelben fein ledernen, faltig bis zun: Knie reichenden, mit breiten: Umschlag und goldenen Sporen versehenen Stiefeln
welche
Entscheidung der Kurfürst betreffs des Verhaltens der Ambassade gegenüber den von französischer Seite beliebten Maaßregeln zu befehlen geruhe.
—
Die nervige Hand Friedrich Wilhelms zerknitterte das Schreiben seines Gesandten, während er minutenlang mit zornig blitzenden Augen schweigend verharrte.
Dann glättete Lächeln
sich seine
glitt blitzartig über
finster gefaltete
Stirn,
gekleidet.
Elastischen Schrittes begab sich der Fürst
ein leises
seine Züge und gelassen sprach
saal wo außer den Herren von Oppen
er'
„Ihr
sich
überrascht.
entlassen zu sein und näherte sich der
j
„Mit herzlicher Freude habe ich Ihre Landsleute neulich in meinen: Schlosse zu Berlin empfangen und in ihnen aber¬ mals ein Häuflei«: braver Unterthanen «villkommen geheißen. Ich ließ mir von ihren Schicksalen, von ihren Verfolgungen, die sie in der Heimath erduldet, berichte«:, «urd das Herz that mir weh bei dein, «vas ich vernahm. So Gott «vill, tvcrden alle Hugenotten, die sich zu mir flüchten, gedeihlichen Wohlstand in Brandenburg finden. Sind cs doch allesammt ernste, tüchtige Mensche«:, von dem Willen beseelt, mir gute Unter¬ thanen zu werden." Der General Briqueinault anttvortete mit schlichten Worten, seine und seiner Landsleute Dankbarkeit und ergebene Treue für den erhabenen Wohlthäter versichernd. Auf einen Wink des Kurfürsten reihten sich alle um die Tafel und der Hofprediger Gaulticr sprach das Tischgebet, bei besten Schluß Friedrich Wilhelm ein lautes Amen sagte. Das nun aufgetragene kräftige Mahl war nach heutigen Be¬ griffen sehr einfach. Es bestand nur aus Fleischbrühe, Wild¬ braten mit Hülsenfrüchten und einem Nachtisch von derbem Brot mit Butter nebst Käse, Produkten der Meiereien, welche die Kurfürstin in der Spandauer Vorstadt Berlins eingerichtet
Thüre von einem Diener in Empfang zu nehmen seien. Nachdem der Kurfürst den Befehl niedergeschrieben, übergab er das Blatt dem Oberhofmarschall mit der Weisung der Ausführung. Grumbkow warf einen Blick auf den Inhalt und erblaßte. „Durchlauchtigster Herr, halten gn Gnaden — kaiserliche Majestät könnten diese — — —" „Ich will die sofortige Ausführung meiner Ordre," unter¬ brach mit strenger Bestiinmtheit Friedrich Wilhelm den schüchtern gewagten Einwand Grumbkow's, „die Herren in Wien und Paris sollen erkennen, daß ich mich vor ihnen weder fürchte Die noch geneigt bin, ihre Einmischungen bei mir zu dulden. werden noch heute ihren Dienst antreten und so lange stehen bleiben, bis mir mein Gesandter aus Paris meldet, daß der französische sonn¬ tägliche Wachtposten vor meinem Hause dort eingezogen, und der Gottesdienst in meiner Kapelle für die ftanzösischen Pro¬ Wachtposten vor den beiden Ambassaden
hatte u«:d selbst verwaltete.
testanten, ohne Widerrede und Einmischung seitens der Reichs¬
nichts von seiner kraftvollen Energie eingebüßt habe. Der Vortrag wurde geschlossen, auch die andern Räthe
Allein arbeitete der Kurfürst weiter. Aus seinen: Tisch lagen wichtige, der Erledigung harrende Papiere, Rech¬ entlasten.
Der hohe Herr musterte mit freundlichem Gruß seine Tafel¬ runde, und redete die Refugies huldvoll in ihrer Landessprache an. Es waren der General de Briquemault, Louis Comte de Beauvau, Monsieur d’Anche und der Hofprediger Franpois de Gaultier, die seit einen: Jahr an: k««rbrai:denburgischen Hofe weilten. Auf die neu hinzugekomincnen Refugies Bezug nehinend, sagte der Kurfürst: -
andere Entscheidung
gewalt, wieder frei gegeben ist." Mit einer hoheitsvollen Handbewegung entließ darauf der Kurfürst seinen getreuen Grumbkow, der wieder einmal erkannte, daß der muthige Leu von Warschau und Fehrbellin im Alter
und Grumbkow mit
zur Tafel befohlene Refugies, ihn ehrfurchtsvoll begrüßte,:.
Er hatte eine ganz
in der Sache erwartet. Schon glaubte er Thüre. „Bleibt," befahl der Kurfürst, ergriff eine Feder und schrieb eigenhändig einen Befehl für den Kommandeur des Regiments Tettau, sofort acht Mann seiner Leute als Wachtposten zu je vier Mann vor die Häuser des französischen und des kaiserlichen Gesandten zu stellen, mit der strengen Ordre, Niemanden heraus oder hinein zu lasten, als nur einmal am Tage einen Lieferanten der nothwendigen Nahrungsmittel, welche an der
den Speise¬
dci: bei der nwrgendlichen Jagd anwesenden Cavaliere«: vier
werdet sogleich dem Gesandten schreiben, daß er sich bis auf weiteres ruhig zu verhalten habe bei den Akten der Willkür, die französischer Uebermuth mir da zu bereiten
beliebt." Grumbkow verneigte
in
Das Tischgespräch bewegte sich inunter und ungezivungen und her. Der Kurfürst liebte bei solchen Gelegenheite«: eine fröhliche Unterhaltung, die alle ernsten Tagesfragen verniied. Er selbst wußte das Gespräch immer unverinerkt zu beherrschen hi«:
;
u«:d es anregend zu beleben.
Als Friedrich Wilhelm
seine Gäste entließ,
nahte bereits
der herbstlich frühe Abend und die Nebel stiegen leise aus dem
nahe beim Schlosse befindlichen See auf.
Die aus der Stadt befohlenen Kavaliere
schickten sich
an.
80
dorthin zurückzukehren, nur ein kleiner Theil der Herren über¬ nachtete mit dem Kurfürsten im Grunewald, um an der morgenden Jagd Theil zu nehmen. Grumbkow war unter den Zurückbleibenden und befand bei seinem Herrn, der sich wieder an die unterbrochene sich Arbeit des Vormittages begab. Plötzlich sprengte auf schaumbedeckteni Stoffe ein Courier in den Schloßhof. Er kam von Berlin und verlangte, in dringender Sache sofort zum Kurfürsten geführt zu werden. Grumbkow nahm dem Manne die versiegelte Depesche ab und befahl ihm, im Vorzimmer zu wartcir.
stecht, !
und das ivcrdc ich
zu
meines Landes Wohl
allezeit
mit Gottes Hülfe vertreten." — Eine Viertelstunde nachdem
sprengte
gekommen,
er
der
Begleitschreiben
Kourier ans frischem Pferde wieder nach Berlin zurück mit dem kurfürstlichen Schreiben an den Minister Meinders. Im Jagdschloß Grunewald aber saß der Kurfürst mit Grumbkow bei ernster Arbeit für den Staat Brandenburg bis in die Mitternachtsstunde hinein. Die Wipfel der Bäume wiegten sich rauschend hin und her. Der Nachtwind mußte ihr Flüstern Non all dem durch den Wald tragen, was heute wiederum ein Hohenzoller in ihrem Revier gethan und gesprochen. Die Sprache der Bäume
des Ministers von Meinders
klang stolz und zuversichtlich,
versehenen Papiere und sagte:
freudig
Der Kurfürst
mit
einem
„Ein Protest
las
die
Ich habe das
Gesandten.
und gepflegt zu allen Zeiten,
mente dem Oberhofmarschall,
mit
daß
Mienen
besorgten
gemischt
doch
den die Hohenzollern geliebt
erwartet." Er übergab die Doku¬ der
und
mit leiser Wehmuth, als ginge ein Ahnen durch den Wald,
der Herrn
der
Geschlechts,
Held
des
edlen
der heute noch
die in kurzem drohenden Tone
in alter Kraft und furchtloser
verfaßten Proteste
des
Ge¬
durchflog,
der
die
Fürsteuwürde sich gezeigt, nicht oft mehr zürn fröhlichen Jagen durch den Forst reiten würde. Und das Waldcsahnen erfüllte sich. Wenige Monde über ein
sandten
sofortige Aufhebung der ihre persönliche Freiheit hindern¬ den Maßregeln verlangte.
„Was
werden
Eure
Jahr,
Durchlaucht beschließe»? wagte Grumbkow zu fragen.
Statt
einer
Antwort
schrieb der Kurfürst an den Minister von Meinders die bündige Weisung: „Die auf meinen Befehl vor der franzö¬ sischen
nachdem
und Reichs-Ambassade
Seine Urenkel alle rvußten und wissen, was erihremHausc und dem Staat, dessen Steuer
aufgestellten Posten verbleiben
dort und verfahren strengstens nach meiner gegebenen Ordre."
„Grumbkow, Ihr habt für dir Beförderung dieser
Oas Grabmal Heinrichs von Meist am Wanufte.
Resolution Sorge zu tragen," sagte der Fürst, das Papier jenem reichend. „Fürstliche Gnaden, mögen bedenken" — begann der für die Folgen des kategorischen Verfahrens seines Herrn Friedrich Wilhelm winkte mit der Hand: „Beeilt Euch, ich will es, und da giebt es weiter nichts zu bedenken, und wenn das Schlimmste daraus erwüchse. Ich bin in meinem
sie
lenken, gewesen ist.
j
brachten, geschahen, von seinem Es war die Ernte seiner Saat. Sein königlicher Nachfolger, der große Friedrich, sprach es aus, was seine Nachkoinmen nie vergessen werden, als er in der Gruft des Berliner Domes an des erlauchten Ahnherrn Sarge stand, mit den an seine Umgebung voller tief em¬ pfundenen Ernstes gerichteten Worten: „Messieurs — der hat viel gethan!"
Zum Todestage Heinrich von Kleist's. 21.
Der Sonne Strahlen sanft erblaßten, Leis rauscht da- welke Laub herab, — Hier will ich einsam sinnend rasten An diesem öden Dichtergrab, Da- aus de- Mannsec- sand'gem Hügel sich
erhebt,
Darüberhin auf weichem Flügel Der Herbstluft leiser Seufzer bebt.
Die
großen Thaten, die sie voll¬
vorahnenden Geist vorbereitet.
Besorgte.
Hm Maldesschatten
Friedrich
Wilhelm von Brandenburg Erholung und Arbeit im Jagdschloß Grunewald fand, nahm ihm der Tod am 29. April 1688 die Zügel seiner segensreichen 48jährigen Regierung aus der Hand.
November
1811.
Den dir da- Leben nicht beschiedeu. Du ungestümer Feuergeist, Hier suchtest sterbend du den Frieden, Du märk'scher Sänger, Heinrich Aleist. Menu auch sein Heim dein Todtenbette Hn ungeweihter Erde fand, — Du selber weihtest diese Stätte Zum Heiligthum für's Vaterland.
81 XDa; nicht dein brechend Auge schaute,
Bevor der Wurm mit eklem Zahne Die Rose Blatt um Blatt zerstückt. Sei sie gebrochen vom Grkane, So lang die Schönheit sie noch schmückt! Und eh' du sie, die Gott erschaffen Zur Lust dir, sähest lcidentstellt, Zwang treuste Liebe das Gewaffen Dir in die Faust, du Sängerheld.
Du
sahst verkannt die eigne Größe, sahst dein Volk gebeugt in Staub, Doch trugst du stolz die Schicksalsstöße Und gabst dem Tod dich erst zum Raub,
Du konntest lebend nicht erwerben Des Glückes kleinstes Unterpfand, Doch groß und glücklich war dein Sterben. Die mit dir schied durch deine Hand, Schläft, überwölbt vom Waldesrcisig, An deiner Seite nun im Grab: Sanft singt zu euch sein Lied der Zeisig Des Uäthchens von Heilbronn hinab.
Es lachten keine Liebessonnen Auf deines Lebens düstren Pfad, Schnell war der Ulinne Glück zerronnen. Wann segnend dir es je genaht; Und als du endlich sie gefunden, Sie, deren Herz für dich nur scklug, — Weh dir, daß sie in schweren Wunden Den sichren Todeskeim schon trug!
Und horch! Gb an dein Ghr wohl leise Des Eilzugs dumpfes Donnern schlägt, Der Häuptlings euch auf ehrnem Gleise Nach Babelsbcrg den Kaiser trägt? Laut läßt ein geller pfiff sich hören,
Tief ist der Schmerz für edle Geister, Den niäligen verfall zu sehn Des Werkes, das der ew'ge Meister Dereinst vollendet ließ erstehn; Wann das Gefäß, drin schönen Weibes Noch schönre Seele Gott einst barg, Die Wunderblume ihres Leibes Entgegenwelkt dem frühen Sarg.
Als ob dem Grabe sich entheben Zwei Dunstgebilde, Brust an Brust, Scheint's über Wipfel zu entschweben Empor in's ew'ge Reich der Lust; Und aus dem schrillen Ton des Dampfes
Gb, sähe heute es dein Geist: Wie jeder Sang von deiner Laute 3m Iubelsturm das Reich durchkreist: Wie in Luise's edlem Sohne Der Rächer Preußens auferstand, Und wie die deutsche Kaiserkrone Emporgeblüht aus märk'schem Sand!
Du
Als sich Vernichtung auch erkoren. Was dir auf Erden noch verblieb: Als du unrettbar sahst verloren Das Weib, das deinem Herzen lieb.
Ein Dampfgewölk herüberwallt Und ballt zerstiebend an den Föhren
Sich zu phantastischer Gestalt.
Scheint's aufzujubeln wie ein Schrei Der Siegeswonne stolzen Kampfes,
Lin
jocherlöstes, sel'ges
„frei!" vie
von unüberwindlicher Abneigung gegen Heterogenes und Ver¬
Nie, man darf es sagen, hat eine unedle Begierde ihn gewonnen. Ja, es fehlte ihm in gewissem -inne das Vermögen, das Unreine zu begreifen, so daß er innerilch unberührt davon durchs Leben gegangen ist, in der Jugend v-'ie in späteren Jahren, in der Hoffnungszeit wie unter bitterer Enttäuschung. Mit der Sehnsucht nach dem Siege des Edlen und -ittlichreinen war bei ihm der lebendigste Schönheitssinn vereinigt. äußerte sich in der höheren Auffaffung alles dessen, was das Menschenleben adelt und schnrückt, wie in der schöpferischen Kunst¬ begabung, welcher kein Zweig und keine Seite ästhetischer Thätigkeit wemd und ferne blieben, den Gehalt ebenso wie die Form um'V,end und nur in der innigsten Harmonie und Vermählung beider, übendes.
Herrschaft über
wie in der Verbindung von Ideal und Wirklichkeit rechte Be¬ friedigung findend. Friedrich Wilhelm IV. war ein gerechter Fürst. Nicht umsonst war das 8uum cuique seine Devise. In ihm war das Rechts- und Pflichtgefühl mit Großmuth und Hochsinn ver¬ eint. Für ihn gab es kein einseitiges Recht, noch ein Recht ohne Pflicht. Die Hand, welche den Besitz wahrte, gab gern das Herz, welches Unrecht tief empfand, verzieh leicht, während es Treue warm anerkannte. Der König war ein fromnier Christ, aber kein beschränkter Formalist. Unduldsamkeit war ihni fremd. Er stand über den Unterschieden der Konfessionen, wo cs sich um einen gemeinsamen christlichen Grund handelte. Die Fülle der Ideen wurde bei ihm durch einen Schatz von Wissen getragen, wie er nur selten vorkommt, unterstützt durch das schärfste, treueste Gedächtniß, durch die glücklichste Kombinationsgabe, durch gewissermaßen plastische Bildung und lebendige Färbung der Gedanken, durch größte Leichtigkeit des vielgestaltigen Ausdrucks." Jeder, dem es vergönnt gewesen, dem Könige näher zu treten,
wird
dieser Charakteristik
mit dem Verstände und mit
dem Herzen
beistimmen müssen. Der König war ein edeler und idealer Mensch, und solchen ist, je höher ihre Stellung, je größer ihre Aufgabe im Kampfe mit den harten Wirklichkeiten des Lebens, desto sicherer eine Dornenkrone da beschieden, wo ein kalter durchdringender Verstand ohne Reichthum und Tiefe des Gemüths und ohne ein allzu zartes Gewissen, leichter die Schwierigkeiten zu überwinden und Erfolge zu erringen vermag.
Wenige Fürsten sind mehr verkannt und verleumdet worden, als Friedrich Wilhelm IV. Da man dem König in sittlicher Be¬ ziehung auch beim besten, oder vielmehr schlechtesten Willen nichts Böses nachsagen konnte, so suchte übelwollende Verläumdung ihn so hinzustellen, als ob er den Champagner aus Wassergläsern hin¬ untergösse, und die unwissende, urtheilslose Nachsprccherei hat das
Neumont äußert über diesen Punkt, cs hätte zwar den Anschein gehabt, als ob der König verhältnißmäßig viel bei der Mittagstafel tränke, aber nur deshalb, weil der Wein stets stark mit Waffer gemischt gewesen. Gegen Ende des Mahles ließ sich der König wohl noch seine Kristallkaraffe mit frischem Wasser füllen und goß dann in das fast volle Glas Wasser etwa ein Sechstel Champagner, wie es Reumont wohl bundert Mal erlebt hat. Nächst der Schilderung des Königs nimmt natürlich die der Königin Elisabeth, über welche Neumont voll beredten und gerechten Lobes ist, die erste Stelle ein. „Bei ihr standen Geist und Herz im vollkoinmendstcn Einklang, während die Harmonie mit dem
weithin verbreitet.
Fühlen und Denken ihres Gemahls eine gleich große war, so daß nie die geringste Wolke ihr sieben und dreißigjähriges Zusammen¬ leben getrübt hat. Sie ließ sich, obgleich ihr Blick rasch war, doch Zeit zur Prüfung, und wem sie Vertrauen und Wohlwollen geschenkt, der konnte auf deren Dauer rechnen. Von ihrem Vater hatte sie den einfachen geraden
die wahrhaft vor¬
nehme
aber
Sinn, von ihrer Mutter Haltung geerbt, ohne Stolz noch Prunk,
mit
dem Be¬
wußtsein der Uebereinstimmung von Stellung und Erscheinung mit der innern Würde. Sie lebte das Leben ihres Gemahls mit und ist in manchem seine Ergänzung gewesen. Seine oft übersprudelnde Lebendigkeit und Erregbarkeit fanden in ihrer ruhigeren Anschauung ein Correctiv. Wo die Phantasie bei ihm zu überwiegen drohte, verschaffte sie der Realität ihr Recht. Ihre ebenso vielseitige, als
gründliche Bildung setzte sie in den Stand, an den geistigen Be¬ strebungen ihres Gemahls thätigen, durch Uebereinstimmung in Ge¬ Nicht schmack und Neigung vielfach gehobenen Antheil zu nehmen. Allem, was an den König herantrat, hat sie beigestimmt, und in solchen Fällen ihre Bedenken eben so wenig, wie einst ihre philo¬
Vorgängerin auf dem Thron, Sophie Charlotte, die Freundin von Leibnitz, verschwiegen. Sie behielt stets eine allgemeine Umschau aus literarischem Gebiet. In frühen Jahren hatte sie mit ihrem Gemahl zahlreiche poetische Werke gelesen und lange nach sophische
96 seinem Heimgänge erinnerte sie sich wehmüthig des Eindruckes von
Lord Byrons „Hebrew Mclodies“, von denen Gottfried Löwe mehrere für sie in Musik gesetzt hatte. — In der Geschichte war sie un¬ gewöhnlich bewandert und hat mehr als einem Historiker gelegent¬ liche Versehen richtig gestellt. Ihre Unterhaltung war ungezwungen, ruhig, heiter und belebt, und berührte in gleichem Maße Tages¬ vorgänge, wie Litteratur und Kunst." Welchen Schatz von Eigenschaften sie in sich vereinigte, und was sie ihrem Gemahl gewesen ist, haben nur diejenigen ganz er¬ kannt, welche Beiden nahe standen, denn sie hatte eine gewisse Scheu vor der Oeffentlichkeit, tvie denn die eine Hand bei ihr nicht gewußt hat, was die andere gab. Obgleich nicht von starker Gesundheit, hat sie sich nie geschont, wo sie Handeln, auch wo es ihr schwer wurde, als Pflicht erkannte.
Von den Persönlichkeiten des damaligen, zum Theil noch von Friedrich Wilhelm HI. überkommenen Hofstaates, welche Reumont schildert, sei nur die originelle und sympathische Figur des alten Generals, Grafen von der Gröben hervorgehoben, den einst Max von Schenkendvrf, als den „irischen, fröhlichen, frommen Reitersmann" in schönem Liede begrüßt hat und dessen allgemeines Wohl¬ wollen sich leicht in stereotype, hyperbolische Prädicate verstieg, so daß die Königin einst scherzend sagte: „Grüben kommt uns nächstens noch niit einem lieben, guten, trefflichen Nero." Ueber des Königs Beziehungen zur Kunst und Litteratur giebt Reumont neue und interessante Aufschlüsse. Obgleich zu unab¬ hängig im Denken und durch ernste Studien schon frühe auf das Reale und auf den Geist der Antike hingewiesen, ist dennoch der Einfluß der romantischen Schule in der Litteratur auf den König Schenkendorf, Uhland, Rückert, Geibel unverkennbar gewesen. waren nahe an ihn herangetreten, und die Berufung Tiecks hatte den doppelten Zweck, ruhige Stunden nach des Tages Mühen
und dem Dichter einen sorgenfreien Lebens¬ Leider ist das nur unvollkommen erreicht worden. So leicht Ti eck seine Stellung gemacht wurde, so war sie dem an ein bequemes Leben Gewöhnten doch beschwerlich. Die Hofkreise, in denen er vorlas, waren nicht, wie oft geschrieben worden, „zerstreut und unaufmerksam," sondern er war in der Wahl der Lektüre aus seinen eigenen Werken oft' nicht glücklich geistreich
abend
zu
zu
beleben
bereiten.
und hat nicht selten Dinge vorgetragen, bei denen es, wenn gleich in anderem Sinne, wie bei Göthe heißen konnte: „Die Ritter schauten muthig vrein und in den Schoß die Schönen." — Höchst unbehaglich befand sich Tieck, wenn er als Gast des Königs ge¬ nöthigt war, an warmen Tagen an der Tafel theilzunehmen. — Was Alexander von Humboldt betrifft, so hat derselbe nach Reumonts Urtheil, seiner viel kälteren Natur gemäß, wohl nie der herzlichen Zuneigung, welche der König für ihn hegte, ihrem
vollen Werthe gemäß entsprochen. Dennoch konnte er nicht ohne den König sein. Das Hofleben war für ihn eine Nothwendigkeit, obgleich er klagte, baß es ihm seine Zeit raube und ihn zerstreue und zersplittere; aber er fühlte sich unglücklich, wenn er nicht da¬ bei war. Er war nicht immer dem König bequem, der jedoch, ohne ihn zu verletzen, sich frei zu machen wußte. Er wurde nicht müde, geographisches Detail vorzulesen, was dann, da sein Vor¬ trag einem eintönig murmelnden Bache glich, oft mehr ermüdend als anregend wirkte. Höchst unangenehm war es ihm, wenn er unterbrochen wurde, wenn er das Gespräch nicht beherrschte. Wurde
einmal der Hofrath Schneider zur Vorlesung herangezogen, so spottete er über seinen „Kollegen" Schneider. — Der König liebte sehr die Unterhaltung mit der Generalin von Sites, welche, eine geborene Französin, lebendigen Geist mit Grazie und Gewandtheit verband.
Aus ®. S. Gensichen'
Dafür nannte Humboldt
sie die
(Schluß folgt.)
Jungbrunnen.
Ls wandeln die Sterne, Ls kreiset das Blut,
Zu welcherlei Zwecke?
In
Db je ihn entdecke Das letzte Gesicht
Nähe und Ferne
Fließt Alles, Nichts ruht;
Lin kommen und Gehen, Lin wechselndes Nlcer,
„Hofräthin Luck".
wir
kennen ihn nicht;
Des Sterbenden? Nimmer
Lrsterbcn, Lntstehen,
Enthüllt es sein Mund! Blind kreisen wir immer
Wohin und woher?
Im
Aeonen zerronnen, —
Daß neu wir gewinnen
Wir
Im
ahnen
sie
nur!
jungenden Bronnen
Wird neu die Natur; Lin ewiges „werde!" Folgt ewigem „war", Auch dich, Mutter Lrdc, verjüngt jedes Jahr. der Franke sich jüngst gegen Preußen vermaß, Da war es der bayrische Leu,
Als
Der den Groll auf den preußischen Adler vergaß Und nur dachte germanischer Treu'. Fest stand er zu ihm. Und 2llldeutschland vereint Schlug in blutigem Ringen den tückischen Feind, Und es brachte der Löwe als Lrstcr dem Aar
Die Kaiserkrone Alldeutschlands dar.
kreisenden
Rund.
Belebende Gluth,
vier Bronnen uns rinnen Mit jüngender Fluth; Sie werden zu Brechern Der Sorge und Noth: Die Liebe, das Bechern, Das Wandern, der Tod.
Durch Verträge begründet steht einig das Reich. Doch nach uralt germanischem Brauch Erfordert Berathung, Vertrag und vergleich .
Linen mannhaften Labetrank auch. Dess' gedachte der Leu. Und er schickt nach Berlin, Was als herrlichstes Bier ihm im Lande gedieh'n.
Wohlauf denn, besiegelt im schäumenden Bräu Das ewige Bündniß von Adler und Leu!
97 auch an dieser
Das Thürmchen. Das Alte stürzt, und neues Leben blüht aus den Ruinen! Leider schreitet das neue Leben, das da erblüht, in unserer Zeit häufig mit zu hastigem Schritt über die Vergangenheit dahin, oft wenig pietätvoll der Ruinen gedenkend, auf denen es entstanden. Freilich, man kann und soll aus einer Grohstadt nicht eine Rumpel¬ kammer morscher Gebäude und verwetterter Zäune machen. Wenn dem Einzelnen das Herz noch so weh thun mag, wenn er fallen sieht, woran sich die theuersten Erinnerungen, vielleicht die einzige Zeit kurzen Glückes für ihn knüpft, das ist des Weltgesetzes Lauf, — die Vergangenheit stirbt, um für die Zukunft Raum zu schaffen, und zwischen beiden webt die Gegenwart das Band fteundlicher Erinnerung. So ein trautes Plätzchen in unsrer heimathlichen Residenz, das zwar keine welthistorische Vergangenheit hinter sich hat, aber doch so manchem Berliner lieb geworden ist und nun
Stelle mancherlei Veränderung hervor. Die Weinberge
verschwanden. Die aus dem Kreuzbcrg gelegene Citadelle wurde 1813 geschleift, und mehr und mehr vergrößerte sich Berlin, so daß sich der Charakter seiner nächsten Umgebung wesentlich anders gestaltete.
Auf dem Gutshofe wechselten die Besitzer und nach und nach wurde die Gutswirthschaft vereinfacht und das Thürmchen ein Erholungsort der Berliner. Dem aus jenem Häusermeer ent¬ ronnenen Städter wurde gern in diesem Idylle inmitten des Kreuz¬ bergssandes Erftischung an Milch oder Kirschen gewährt und ihm schließlich gestattet, mit seiner Familie sich den Kaffee selbst zu kochen. So entstand allmählich „da draußen" unter dem Kreuzberge ein Gartenrestaurant, das in den 60 er und 70 er Jahren zu einen, echten besseren Volksgarten emporblühte, und mit wehmüthiger Wonne denkt wohl mancher Familienvater an die harmlosen Freuden, die er dort selbst als Kind verlebt, — wie ihm der Korb mit dem nöthigen Allerlei an Kaffee, Kuchen, Butterbroten nicht zu
Das Thürmchen am ürruchrrg in Srrtin.
bald zu verschwinden droht mit seinen lauschigen Lauben, seinen und ungekünstelten Wegen, veranschaulicht unser Bild. Das „Thürmchen", dicht am Kreuzberg am Ende der Kreuz¬ bergstraße, dem frühern „Weinmeisterweg", der seinen Namen von den Weinbergen hatte, die sich einst hauptsächlich hier im 8. W. auch
Hecken
Berlin's hinzogen, war ursprünglich ein Gutshaus. Seine Besitzer sind dadurch bekannt geworden, daß sie immer viel Werth auf die Kultur edler Obstbäume legtm, und noch heut sind einige, vor¬ zügliche Frucht wagende Exemplare solcher Bäume erhalten. Der -^me „Thürmchen" wurde dem Gute wegen eines, keiner eigentlichen Bestimmung dienenden Holzbaues zu Theil, welcher auf dem neben dem Gutshause errichteten Wirthschaftsgebäude angebracht war. Im Jahre 1806, als nach der Schlacht bei Auerstädt den Franzosen der Weg nach
Berlin geöffnet war, durfte auch das Gutshaus seine Thüren dem Feinde nicht verschließen, wurde zum ^azareth eingerichtet und mußte die Verwundeten des Feindes in seinen stillen Räumen aufnehmen. Die gewalttge Zeit, die am Anfang dieses Jahrhunderts über unser Vaterland hereinbrach, sein Hturz und seine Erhebung, brachten
schwer wurde, wenn es hieß: „Auf nach dem Thürmchen, Kaffee kochen!" und noch heut nimmt er gern seinen Weg da hinaus, um sich an einer guten Berliner Weiße bei Vater Bock zu laben, und
winken auch keine überdeckten Tische und Gaskandelaber, verlöscht einmal eine der alten Pettoleumlaternen, um dem lieben Mondlicht sein Recht nicht zu verkürzen, es heimelt ihm so an dies Stückchen alt Berliner Lebens. Doch seine Tage sind gezählt, rings um ihm herum sproßt es aus der Erde, zwar nicht mehr tvilde Heckenrosen und Hollundersträuche: stattliche Häuser erheben sich von allen Seiten und sehen verwundert auf das kleine Häuschen, das auch
wie vergessen von der Hand der Neuzeit da in seinem lauschigen Garten liegt. Auch unser Maler hat das Bild nicht mehr im vollen Leben geben wollen, Tische und Stühle sind schon fort¬ geräumt, nur der alte runde Stammtisch, er will ausdauern und warten, ob es ihm nicht doch noch einmal vergönnt werde, die alt¬ gewohnten Gäste um sich zu versammeln. Da weht der Wind das Laub auf ihn hernieder und leise mahnend klingts aus allen Zweigen: „Herbst ist's, die Blätter fallen von den Bäumen."
98
Zum Ililaschricf
Dorfes Rech im Jahre 1482, (nicht 1402.) „Bär", Jahrg. XIV. findet sich ein die früheren l>cs
In Nr. 46 des Zustände des Dorfes Alt-Neetz betreffender Aufsatz nach mündlichen Ueberlieferungen, der u. A. auch eine Uebersetzung des den ehe¬ maligen Fischern zu Reetz im Oderbruch auf 120 Jahre ertheilten
Da diese Urkunde mehrfach selbst bei Geschichts¬ Irrthümern Anlaß gegeben, so dürfte es hier am Orte die gebotene Berichtigung endlich eintreten zu lassen. Der
Ablaßbriefes bringt. forschern zu sein,
Schreiber der Ueberlieferungen, Herr O. B — e, kennt den lateinischen Text des Ablaßbriefes nicht, sondern nur eine in Alt-Reetz ver¬ breitete Kopie von einer vor Jahren angefertigten ungenauen Uebersctzung, die in meinen Besitz gelangte. Es wäre derselbe wohl sonst kaum zu der Annahme gelangt, daß Reetz nur ein unbe¬ deutendes „Dörfchen" gewesen, während es doch im Urtext dreimal mit dem im Mittelalter gebräuchlichen villa, größeres Dorf, benannt wird. Reetz war durch seinen Fischhandcl und den Oderzoll, welchen
im Laufe des fünfzehnten Jahrhunderts die reichen Patrizier und Rathshcrrcn zu Frankfurt, die Jeser, Belkow, Wins und Große von den Kurfürsten zu Lehen hatten, eine wohlhabende Ortschaft geworden. Ein Dörfchen hätte gewiß nicht den Ablaßbrief lösen können, denn derartige Sündcnerlasse waren nicht billig. Ferner ist Herrn O. ß—e der Irrthum passirt, den Aus¬ steller des Ablaßbriefes, Hcnnig Quitzow, zu einem „Bischof Davon steht in der aus oder von Strausberg" zu erheben. Deutlich genug ist da¬ von ihm benutzten Quelle kein Wort. gegen, daß jener Quitzow nur ein Priester, Vorleser der Theologie und Abgesandter des Papstes gewesen ist, der sich allerdings bei seinen Ordensbrüdern im Dominikaner-Kloster Strausberg einige Zeit aufgehalten hat. Das Hauptversehen aber, welches dem Reetzer Ablaßbrief von jeher anhaftete und auch bei der Anfertigung der Uebersetzung, wie bei dem Abdruck im „Bär" leider unbemerkt blieb, ist die unrichtige Datirung deffelben. Der Ablaßbrief gilt allgemein als im Jahre 1402 ausgestellt, und doch ist dies in Wirklichkeit erst volle 80 Jahre später, am 27. August 1482 geschehen. Das Original ist nicht mehr vorhanden; es ist jedenfalls im Jahre 1824 bei dem großen Brande des Dorfes Alt-Reetz nebst vielen älteren Urkunden zu Grunde gegangen. Glücklicherweise hatte schon früher der Berliner Rektor Gottfried Küster gelegentlich der Quellenstudien zu seiner bibliotbeoa bistoriea brandenburgica re. eine Abschrift des Abla߬ briefes genommen und in den jetzt seltenen „Beiträgen zu den alten und neuen theologischen Sachen 1752, Stück IS. 10. 11. 12." abdrucken lassen. Dieser also von Küster edirte, sonst aber in allen märkischen Urkundensammlungen fehlende Ablaßbrief ist nun aller¬ dings vom Jahre 1402 datirt; jedoch gerade Küster hat es auch verschuldet, daß entweder bei der Wiedergabe der Jahreszahl in arabischen Ziffern sich ein Schreib- oder Druckfehler eingeschlichen hatte, oder daß bei der Kopie des lateinischen Textes die „Achtzig" übersehen wurde und somit statt der ursprünglichen Jahreszahl 1482 die unrichtige Zahl 1402 entstanden ist. Uebrigens ivar es wahrscheinlich eine Willkür Küsters, tvenn er sich der arabischen Ziffern bediente; denn bis Anfang des 16. Jahrhunderts sind in lateinischen Urkunden fast ausschließlich die römischen Zahlzeichen oder deren lateinische Benennung gebräuchlich. Den überzeugendsten Beweis nun für die Unrichttgkeit der
Datirung vom Jahre 1402 liefert der Ablaßbrief selbst, indem es darin heißt: „Diese Brüderschaft der Jungfrau Maria zum Psalter erneut der Allerheiligste in Christo, unser Vater und Herr, Herr Papst Sixtus I V., bestätigt sie und hat sie befestigt u. s. w. Mir tHennig Quitzow) aber hat derselbe vennöge seiner apostolischen
Macht u. s. w. die Gewalt verliehen, daß ich alle und jeden ein¬ Einwohner des vorhingenannten Dorfes (Reetz) in die Brüderschaft aufnehmen kann." — Papst Sixtus IV. wurde im Jahre 1414 geboren und hatte den päpstlichen Stuhl von 1471 bis 1484 inne; es konnte folglich der von ihm bevollmächtigte Dominikaner Priester Hennig Quitzow den Reetzer Ablaßbrief nicht schon im Jahre 1402 ertheilt haben. Daß dies zweifellos aber im Jahre 1482 geschehen sein muß, dafür spricht die mir vorliegende Kopie einer im Königlichen Hausarchiv befindlichen Original-Ur¬ zelnen
kunde in niederdeutscher Sprache, laut welcher „Bruder Hennig Quitzow aus dem Prediger Orden bei seiner Anwesenheit in Wriezen am 22. Juni 1482 auf besonderes Begehren des Pfarrers und des ehrsamen Rathes der Stadt Wriezen für die dortselbst errichtete Marienbrüderschaft vom Psalter statutarische Besümmungen festsetzt." Der päpstliche Ablaßkrämer hat bei dieser Gelegenheit selbst¬ verständlich auch die nach Wriezen eingepfarrten Ortschaften und namentlich das bemittelte Fischerdorf Reetz nicht außer Acht ge¬ laffen. Er wird bemüht gewesen sein, durch den Wriezener Pfarrer an St. Marien die Bewohner von Reetz für die Wriezener Psaltergesellschaft zu gewinnen und hat sodann, um die Gläubigen für den Beittitt geneigter zu stimmen, mit der Aufnahme einen Sündenerlaß auf 120 Jahre verknüpft. Da aber Hennig Quitzow inzwischen seinen Aufenthalt in Sttausberg im Kloster der Domini¬ kaner genommen hatte, so datirte er von hier aus zwei Monate später am 27. August 1482 den beregten Ablaßbrief. Alle märkischen Historiker, die seit Küster den Reetzer Abla߬ brief erwähnen, haben auch dessen falsches Ausstellungsjahr un¬ geprüft nachgeschrieben. Namentlich sei hervorgehoben, daß dies auch dem sonst so kritischen Profeffor von Klöden, selbst in der „Geschichte der Marienverehrung (Psaltergesellschaften) in der Mark" passirt ist; und wo derselbe Verfasser in seinem Werk: „Die Quitzows und ihre Zeit" die Belagerung der Stadt Sttausberg durch die vereinigten Mecklenburger und Quitzows schildert, da weiß seine leb¬ hafte Phantasie über den Reetzer Ablaßbrief und seinen Aussteller sogar noch Folgendes zu berichten: „Das Müncheberger Thor (in Strausberg) öffnete sich und ein Wagen fuhr heraus mit drei in schwarz und weiß gekleideten Personen, die bei näherer Besichtigung Dominikaner Mönche waren, welche man im Kriege fteilaffen mußte. Das Oberhaupt dieser Mönche wird vor Diettich von Quitzow (An¬ führer der Quitzows) geführt und siehe, es stellt sich heraus, daß es Diettichs Vetter, Hennig von Quitzow, Vorsteher der allgemeinen Prediger, Leser der Befolgung der heiligsten Gotteslehre und des heiligen Apostolischen Stuhles Abgesandter war, der nach Münche¬ berg fahren wollte und seit vier Wochen in Strausberg gewesen war und sowohl für die Stadt als für die Umgegend eine Menge Ablaßbriefe ertheilt hatte. Einer derselben ist uns noch übrig ge¬ blieben. Er ist von ihm mit seinem vollen Ramm zu Strausberg am 27. August 1402 ausgestellt und verleihet darin denjenigen Einwohnern des Dorfes Reetz im Oderbruch bei Wriezen, welche sich in die Brüderschaft der heiligen Jungftau Maria, genannt vom Psalter, aufnehmen laffen würden, auf 120 Jahre Ablaß." Schließlich sei noch bemerkt, daß durch den Nachweis der richtigen Datirung des Reetzer Ablaßbriefes vom Jahre 1482 sich nun vielleicht auch über die Person des Ausstellers Näheres er¬ gründen laffen wird. Der Versuch, einen Hennig von Quitzow, als Dominikaner Priester, päpstlichen Nuntius u. s. w. zu Anfang des 15. Jahrhunderts unter den Mitgliedern des Geschlechts aus¬ findig zu machen, mußte natürlich mißlingen, so daß der betteffende Forscher Wohl zu entschuldigen ist, wenn er folgerte, der Aussteller sei als singirte Person und der ganze Ablaßbrief als gefälscht zu
bettachten.
Rubehn.
99
Kleine Mittheilungen. Seltsame Mittschrist. König Friedrich Wilhelm II. erhielt im Jahre 1786 von einem auswärtigen Magister folgende seltsame Bittschrift: Allerdurchlauchtigster, Großmächtigster König, Allergnädigster König und Herr. Da Ew. Majestät kein göttlicheres Vergnügen kennen, als Menschen zu beglücken, so eile ich, Allerhöchstdenselben dieses Vergnügen auch in meiner Person anzubieten. Ich bin zwar von Geburt ein . . ., und folglich ein Ausländer; aber für wohlthätige Könige giebt es keine Aus¬ länder, weil ihre Segnungen, wie die himmlischen, allgemein sind, und sich über den ganzen Erdkreis erstrecken. Ich darf mir also schmeicheln, unter dem milden Zepter Ew. königlichen Majestät dasjenige Glück zu finden, welches ich unter der Regierung Dero in Gott ruhenden königlichen Vorfahren einigemal vergebens gesucht habe. Zu meiner Empfehlung weiß ich indes nichts Höheres anzuführen, als den brennenden Eifer, den ich empfinde, mich ganz und auf immer Ew. Majestät Diensten zu widmen. Außerdem darf ich mich weder meines Standes, noch meiner Wissenschaft rühmen. Dies sollte mich zwar ab¬ schrecken, mich mit meinem Gesuch vor einen so großen König zu wagen; aber — nichts weniger. Denn, weiß ich gleich, daß man ohne vornehme Geburt und schimmernde Talente nicht leicht in der Welt sein Glück macht, oder daß gemeinlich nur derjenige etwas darin wird, der schon für sich etwas ist; so weiß ich doch auch gar wohl, daß die Götter der Erde zuweilen etwas aus Nichts hervorbringen, oder dem rufen können, das da Nichts war, daß es Etwas sei. So gewiß und unleugbar diese Wahr¬ heit ist, so wünschte ich doch, daß sich einige Zweifler derselben finden möchten, die Ew. Majestät aufforderten, die Möglichkeit der Sache mit meinem Beispiele unwidersprechlich darzuthun. Jetzt bin ich allerdings noch in mein erstes Nichts gleichfalls eingehüllt. Aber Ew. Majestät dürfen nur befehlen: „Entwickle dich! — Werde!" so werde ich sein, was ich sein soll. Wäre es für das Werk anständig, zu seinem Schöpfer zu sagen: das will ich sein! — so würde ich zu meinem großen Meister sprechen: „Mache mich zu Deinem Agenten in L., oder wo Du sonst willst." Aber vielleicht werde ich noch ein ehrenvolleres Gefäß, wenn ich mich den schöpferischen Händen Ew. Majestät ohne Widerrede überlasse. tiefster Erfurcht
In
Allerdurchlauchtigster. . . Ew. königlichen Majestät untertbänigster Knecht L. d. 22. Nov. 1786. M. C ... 6.. Resoluzion an den Magister C. G. Seine königliche Majestät von Preußen lassen dem M. C. G. auf seine sonderbare Bittschrift vom 22. November zur Resoluzion er¬ teilen: daß, sowie die göttliche Vorsicht Ihnen die Macht nicht gegeben, aus Nichts Etwas zu machen, Sie also auch aus ihm, einem fremden und unbekannten Menschen keinen Agenten zu L., wo Sie keinen nötig haben, noch sonst etwas zu machen wissen. A. S. B. Berlin, den 28. Nov. 1786. Herzberg. G. T.
H.
H. H.
Ein märkisches Math sek. In der Mark Brandenburg bestehen noch in den meisten Städten die alten Schützengilden. Ein Hauptfest ist das Abholen des „Schützenkönigs" im feierlichen Zuge mit Musik. Daran knüpft sich folgendes Räthsel. Frage: Was für ein Unterschied ist zwischen einem Schützenkönig und einem wirklichen? — Antwort: Wenn ein König vom Volke erwartet wird und sich naht, heißt es: „Da kommt er"; — vom Schützenkönig aber sagt man: „Da bringen sie ihn" (gebracht). W. 8. Eine edle Thal und ein wahrhaft klassisch schöner Zug eines ge¬ meinen Ulanen vom 1. Ulanen - Regiment verdient der Vergessenheit entrissen und mit goldenen Lettern in der Geschichte verzeichnet zu werden. Es war in der Wcihnachtsnacht 1813, als ganz in der Stille ein preußisches Korps von ungefähr 8000 Mann unter dem Befehl des Generals von Borstell gegen die Festung Wesel anrückte. Man wollte versuchen, die Festung zu überrumpeln und Alles war dazu eingeleitet. Die Holländer, aus denen zum Theil die feindliche Besatzung bestand, waren größtentheils auf geheimen Wegen für die Sache Deutschlands gewonnen, ein genauer Plan der Festung befand sich in den Händen der Preußen und von allem Nöthigen war Kundschaft eingezogen worden. Der kleinste Irrthum, der geringste Fehler konnte beim Sturm die größte Gefahr bringen, während andererseits auch selbst das glücklichste Gelingen nur durch große Opfer erkauft werden konnte ein Jeder wußte es, und so mag wohl Mancher bangen Herzens und schwerer Sorge in Betreff der nächsten Stunden gewesen sein. Jeder Soldat war mit Faschinen ver¬ sehen, um die Wallgräben an bequemen Stellen auszufüllen, da man sie So begann gegen Mitternacht der Angriff sich nicht tief genug dachte. in aller Stille und Anfangs ging Alles glücklich. Schon waren mehrere Hindernisse beseitigt und man bis an den Wallgraben gelangt, als der letztere plötzlich so anschwoll, daß es unmöglich war, ihn mit den Faschinen -kritischen Augenblick bekam eine Ordonnanz des auszufüllen. diesem Generals, obenerwähnter Ulan, den Befehl, ganz behutsam und leise in das Waffer hineinzureiten, um zu erforschen, ob es nicht möglich wäre, hindurch zu waten. Es geschieht, doch mitten im Graben sinkt der Brave im Schlamme unter, und im Sinken winkte er, ohne einen Laut von sich zu geben, ohne sein Pferd herumzureißen und sich vielleicht dadurch zu
In
retten, nur mit der Hand, zurückzugehen, ein Zeichen, das deutlich bemerkt werden konnte, weil die Beobachtenden auf der Erde lagen. Hätte er das geringste Geräusch gemacht bei etwaigen Bemühungen sich zu retten, so würden die in der Nähe stehenden Schildwachen des Feindes es ge¬ hört und Lärm gemacht haben. Das ganze Korps, das sich schon zu weit vorwärts gewagt hatte, um ohne Gefahr, im Fall cs beincrkt würde, zurückgehen zu können, würde großen Verlusten ausgesetzt, wenn nicht unter den Kanonen der Festung ganz und gar aufgerieben worden sein. Aber mit einer heroischen Seelengröße verleugnete der wackere Ulan sich selbst und opferte sich für seine Kameraden auf. Das ganze Korps ging darauf ebenso still und unbemerkt, wie es gekommen war, wieder zurück.
Aus H. A. Genstchen's Araucnloö, der herrlichen vor wenigen Jahren im Verlage von E. Grosser in Berlin erschienenen Dichtungen hatten ivir mit Genehmigung des Autors in der letzten Nummer das Gedicht „Zum Todestage Heinrich von Kleistes" entnomnien. In diesem Bande vereinigt sich das Beste, was Gensichen's feurige, hohe Poesie bis¬ her geschaffen hatte, namentlich wirkt in Isolde der Berliner Hinter¬ grund bedeutend. Wie wir erfuhren, wird demnächst im Verlage von Gebr. Paetel in Berlin eine neue Sammlung Gensichen'scher Dichtungen unter dem Titel »»Jungbrunnen" erscheinen, und sind wir durch die Liebenswürdigkeit des Dichters >vie des Verlegers schon heut in der Lage, obige Proben auf S. 96 zu bringen.
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!
Eine vollständige Milderbibcl für das deutsche Volk und Haus in vornehmem Stil wird Tausenden willkommen sein! Eine solche veröffentlicht das Süddeutsche Verlags-Institut (vormals Emil Hänselmann) in Stutt¬ gart, unter der Leitung eines in der christlichen Bilderwelt wie in den einschlägigen technischen Fragen wohlbewanderten Kenners in dem neuen Werk: Die Bibel nach Luthers Uebersetzung. Mit Bildern der Meister christlicher Kunst, herausgegeben von vr. Rudolf Pfleiderer - Ulm. Das gediegene, prachtvolle wie außergewöhnlich billige Lieserungswerk (ä 60 Pfg.) ist geeignet, in den allcrweiteste» Kreisen Aufsehen zu erregen und Beifall zu finden. Im Gegensatz zu den sogenannten „Prachtbibeln", wie diejenige des Franzosen Dore mit ihren mehr oder weniger weltlichen, effekthaschenden oder zusammengewürfelten Illustrationen soll eine planmäßige Auswahl aus dem ganzen Gebiete der christlichen Malerei getroffen werden und die Vereinigung wahrhaft ftommen Geistes mit künstlerischem Werthe den entscheidenden Gesichtspunkt bilden, so daß Erwachsene und Kinder, Lehrer und Schuljugend, Bibel- wie Kunstfreunde sich mit Lust an den reichen Bilderschätzen erlaben und erbauen mögen. Das erste Heft enthält eine Reihe vortrefflicher Illustrationen, u. a. die sechs Schöpfungs¬ tage (nach den Gemälden von Michel Angelo und Rafael im Vatikan), der Sündenfall (Rafael, Loggien), Adam wo bist du? und Austreibung (Schnorr); Initialen und Vignetten; Gott ruhet (nach Schnorr), Eva's Erschaffung, Adam und Eva bei der Arbeit (Holbein's Bibel) und drei Vollbilder von Allori, Overbeck, Gebhardt. Das Angeli'sche Kaiferbikd. Se. Majestät Kaiser Wilhelm II. hat, wie uns mitgetheilt wird, die Vervielfältigung seines vom Professor v. Angeli (Wien) gemalten Bildes dem Letzteren unter der Bedingung gestattet, daß die Herstellung, welche von ihm überwacht, zwei Berliner Firmen übertragen wird: die Ausführung in Photographie den Königl. Hofphotographen Reichard & Lindner und die Vervielfältigung in Farbenfacsimile und Kupferdruck dem bekannten Wilhelm Greve'schen Kunstinstitut. Bereits zum bevorstehenden Weihnachtsfest soll eine unter specieller Anleitung des Profeffor v. Angeli hergestellte meisterhafte Radirung dieses Kaiserbildes zur Ausgabe gelangen.
Die neue Ausgabe des Amtlichen Droschken-Wegemcsters für Berlin und die Umgegend, im Aufträge des Königlichen Polizei-Präsidiums bearbeitet und herausgegeben von Jul. Straube, ist im Geographischen Institut und Landkartenverlag von Jul. Straube, Berlin, erschienen. Der Wegemesser besteht aus dem Polizei-Reglement über den Betrieb des Droschkenfuhrgewerbes, einem Plan von Berlin und einem solchen der Umgegend, auf welchen die Straßen, Chausseen u. s. w. in Farben¬ abschnitte (jeder Farbenabschnitt gleich einer Minute Fahrzeit) eingetheilt sind. Derselbe setzt den Fahrgast in den Stand, Fahrzeit und Fahrpreis genau dadurch zu berechnen, daß er vor Antritt der Fahrt die Farben¬ abschnitte der Tour, welche er zurückzulegen gewillt ist, einfach abzählt, um so Differenzen mit den Kutschern von vornherein zu vermeiden. Der zweckmäßig ausgestattete Droschken-Wegemesser wird dem Privatmann wie Geschäftsmanne gelegentlich gute Dienste leisten.
Inhalt: Johannes Wedigen, setzung);
Herbst,
Gedicht (mit Abb.);
eine Berliner
Schillert
Geschichte
(Fort¬
Don Karlos und
seine erste Darstellung auf dem Berliner Nationaltheater (22. Nov. 1788), von F. Katt; Aus König Friedrich Wilhelms IV. gesunden und kranken Tagen, von F. A. von Winterfeld; Aus O. F. Gensich en's Jungbrunnen; Das Thürmchen am Krcuzberg;
Zum Ablaßbrief des Dorfes Reetz im Jahre 1482, von Rubehn. — Kleine Mittheilungen: Seltsame Bittschrift; Ein märkisches
Räthsel; Eine edle That; O. F. Gensichen's Frauenlob und Jungbrunnen; Eine vollständige Biloerbibel; Das Angeli'sche Kaiserbild; Amtlicher Droschken-Wegemeffer. —
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Perstlb. «. vergold. Metallwaare«
Druck: W. Moeser Hosbuchdruckerei, Berlin 8., Stallschreiber-Straße
34. 35.
Unter Ulitrvirkung
Dr. R. Le'ringuier, F. Bndczics, Theodor Fontane, Stadtrath L. Friede!, Dr. 1v. Schwach, Pastor Gscar Schwede! und Ernst von wildenbruch
G^mnasialdirektor
herausgegeben von
K. Schon's Merkagsbuchhandtung, Merlin. XV. Jahrgang. Nr. 9.
Erscheint wöchentlich am Sonnabend und ist durch alle Buchhandlungen, Zcitungsspeditionen und Post¬ anstalten für 2 Mk. Lü pfg. vierteljährlich zu beziehen. — Im Postzcitungs-Latalog eingetragen unter llr. 683a.
1. Dezember
1888.
Johannes Wrdigen.
8)
Eine Berliner Geschichte von Oskar Schwebet.
Frau Palmentag weinte still vor sich hin. „Blicket auf¬ sprach der Geistliche zu ihr. „Ihr führet einen schönen Namen! — Und sie, sie lebt Euch dort, wo unter Friedens¬ palmen ew'ger, lichter Tag ist! Preiset den, der ihr so gnädig ausgeholfen! Und kommt mit mir, — gleich jetzt; — ich gebe
V.
wärts!"
So bang war selten eine Nacht verflossen, wie die voin Tage des Septembermonats 1637! Die waren zivar nach Mitternacht erloschen; war aber gerade das nicht ein ver¬ derbenkündend' Zeichen für Berlin und Kölln? — War daraus nicht zu schließen, daß die Schweden vorgerückt und schon in nächster Nähe beider Städte unheilbringend thätig tvaren? — Stand es nicht zu erwarten, daß in kurzer Zeit auch Richersdorf und Pankow oder Weißcnsee auflodern würden, — blut¬ rotste Fackeln für die Pfade des erbarmungslosen Feindes? — Dennoch, die Nacht ging hin, ohne daß neue und nähere Flammenzeichen sichtbar wurden; die Schweden hatten also ersten zu dem zweiten
Feuer auf dem Barnim und dem Teltow
Armuth bieten kann; Ihr sollt in solcher Noth lücht ohne Hülfe bleiben!" „O laßt mich hier, Magister! Wie könnte ich sie jetzt verlassen! War sie doch Alles mir, das liebe, gute Kind!" „So nehmet hier ein Schcrflein; — es ist Alles, was ich Euch, was meine
bei
mir habe!"
Rösner drückte der Armen eine kleine Münze in die Hand. Dann aber beugte er sich noch eininal über die Entschlafene. „Gott gebe Dir seinen Frieden!" sprach er und betrachtete lange, lange die vergrämteir Züge, deren edle, ursprüngliche Schönheit selbst die Noth und der Tod nicht gänzlich zu ver¬ nichten vermocht hatten. „Wie war's so hold, daß diese Rosen ihr die letzte Freude gaben!" dachte er. Da fiel sein Blick auf einen düstern Schatten, aufstieg.
der auf der
Stirn
Halt
früher Morgenstunde begab sich der Bürgermeister Wedigen über die lange Brücke nach Berlin. In einer Herberge der Spandauerstraße, — in dem schon damals weltberühmten „schwarzen Bärei,", — hatte der Junker Hans Georg von Hake auf Sand-Machenow Wohnung genommen.
der Todten
wandern: jetzt aber nahte er der einen Schläfe und dort blieb er. Erschauernd hob Johannes Rösner die schmale, welke Hand der Todten auf; er blickte auf die Innenfläche. „Herr, hilf uns Allen!" rief er dann. „Rufe den Boten Deines Zornes zurück!" — „Ihr müßt mit mir; — Ihr dürft hier sprach er dann
statt¬
Speere über dem weiten Thorwege heraushängendes Schild dem Wappenthiere Alt-Berlins machte den gastlichen Ort
mit j
jedwedem Freinden kenntlich. —
Die Straße war ;
gütig zu der Mutter
der Entschlafenen.
Verwundert blickte diese unter Thränen auf den Geistlichen. „Kommet mit mir!" sprach er jetzt dringlicher. „Die Pest ist in Berlin. Ich kenne ihre Zeichen!" Mit einem lauten Aufschrei sank Frau Palmentag neben dem Sterbebette ihrer Tochter nieder. —
Das
liche Giebelhaus befand sich dem alten Rathhanse schräg gegen¬ über, unweit der Probststraße; — ein mächtiges, an langen,
Er näherte das Licht; er prüfte einen Augenblick die — der tiefe, blaue Schatten schien zu
vertveilen!"
—
In
seltsame Erscheinung;
nicht die Nacht
gemacht.
j
!
noch still.
Auf
den
tiefen Höfen
des
düstern Gebäudes aber herrschte bereits eine rege Thätigkeit. Eine Anzahl von Knechten war damit beschäftigt, einige dicht
an einander aufgefahrene Wagen ihres mehr oder minder werthvollen Inhalts zu entledigen und denselben in die Speicher Auf der hölzerneu Galerie, welche des Gasthofes zu bergen. nach damaliger Bauart an den vier Seiten des ersten Hofes sich entlang zog, befand sich, die Arbeit überwachend, ein hoch¬ gewachsener, hagerer Herr.
Das Koller von starkem, grauen
102
mal zwanzig Last Getreide zahlen können! — Begreife das, wer's kann! — Dann freilich kann nichts aus dem Handel werden!" „Ich denke doch, mein Herr von Hake!" erwiderte der Bür¬ germeister Wedigen ruhig und ernst. „Wir, Rath und Bürger¬ meister, geben Euch auf bessere Zeiten Brief und Siegel." „Ganz recht, — und Brief und Siegel von dem Rathe zu Berlin, — ich wäre damit wohl zufrieden, wenn die bessern Zeiten eben — kämen, — Bürgermeister." „So gebt auch die Mark verloren?" „Gewiß! Und ganz und gar! — Die Schweden fangen es auf's Klügste an! Sie nehmen jetzt Berlin und Kölln. Ihr denkt doch nicht, Euch gegen diesen Doppelangriff auf die Dauer zu behaupten? — Doch? — Das ist freilich kühn! — Ich
Leder, die Fuchspelzmütze mit einem Busche von den blau-grauen
Federn des Tannenhähers, das Wehrgehänge mit dem schmalen, überlangen Rappiere und die gebieterische Haltung bezeichneten
ihn als einen Edelmann, — als den Herrn der Knechte, die im Hofe dort unten schafften. Es lag etwas Falkenähnliches in den entschlossenen Zügen des Junkers, und falkenähnlich blickten auch die kleinen, funkelnden, braunen Augen, welche scharf,
unruhig und doch aufmerksam auf die Arbeitenden gerichtet waren. „Gott zum Gruße, fester Junker," rief Johannes Wedigen hinauf, „— darf ich den Herrn wohl bitten, mir wenige Minuten Dero wohlgeneigte Attention zu schenken? — Ich bin der Bürgermeister Wedigen von Kölln!" „Verlaffe ungern eine Arbeit, die ich angefangen, wohlgelahrter Herr," erwiderte der Angerufene, den Fuchs auf seinem Haupte nur ein wenig lüftend, obwohl der Bürgermeister seinen stattlichen Spitzhut höflich abgezogen hatte; „dennoch sagt, — was soll's?" komme wegen des Getreides, welches
„Ich
ihr
Ich komme gleich!" — Er rief dann einem Knechte zu: „Führe Du einen Augenblick die Aufsicht, Eggcbrecht, und laß' die Kerle tüchtig schaffen." Dann stieg er die gebrechliche Treppe hinab. „Steh' Eurer WohlAugenblick, wvhlwciser Herr!
weisheit nun gern zu Diensten!" sprach er und führte den Bürgermeister nach den vorderen Räumen des Gasthofes „zum
Bären".
Sie schritten durch ein ziemlich geräumiges Streu noch Schläfer — Männer
Gemach, in welchem auf der
und Frauen, — in buntem Durcheinander ruhten, dem soge¬ nannten „Hcrrenstüblein" zu, — einem ein wenig höher ge¬ legenen Raume von etwas vornehmerer Ausstattung. „Ihr habt verkäufliches Getreide, Herr Kreishauptmann?" fragte Wedigen.
„Je nun, —
verkäuflich
oder nicht, — wie man
es
nimmt. Herr Bürgermeister!" erwiderte der Edelmann. „Es tvar ursprünglich für die Garnison von Spandau auserseheu; — der Graf von Schwartzenberg konnte indeß nicht zahlen. Da dachte ich, es meinem Schwager Hildebraud von Kracht zu bringen, der in Küstrin auch kaum mehr 'was zu brocken und zu beißen hat. Die Herren Schweden wachten mir 'neu argen Strich durch meine Rechnung; es ist unmöglich, sicher nach Küstrin
zu
kommen,
seitdem der Lilienhoek Bernau
ge¬
nommen hat. Es stände also dem Geschäfte nichts entgegen, Bürgermeister, wenn ihr mir meine Waare prompt und
richtig zahlt."
„Ihr
iverdet einen niedern Preis ansetzen, Herr von Hake."
nicht? — Nur: baares Geld!" könnten wir Euch auch nicht zahlen." Der Junker erhob sich und lachte. „Warum rieft Ihr mich dann von meiner Arbeit ab? — Zwei Städte und nicht ein¬
„Muß ich cs „Das freilich
-
nicht und bin allein darum gekommen, weil ich Brandenburger sein und bleiben will, so lange es ein Branden¬ burg noch — giebt. Doch Hoffnung habe ich nicht mehr! — Ist erst Berlin und Kölln gefallen, hat's mit Spandau keine Noth mehr: der Graf wird eben rite ausgehungert. Wie lange wird der Schlemmer und der Praffer fähig sein, die Noth der Einschließung zu tragen? — Bleibt also nur Küstrin! — Was mein Herr Schwager in der letzten Noth zu thun gedenkt, das weiß ich nicht! Wie ich ihn kenne, wird der alte Landsknecht Alles, was da laufen kann, nach Polen senden und sich selber sammt dem Schlöffe in die Luft zu sprengen suchen, falls ihm ein Tönnlein Pulver noch verblieben ist. Das also ist die Lage Brandenburgs, mein werther Bürgenneister; — täuscht Euch nicht! Wenn's nicht so gegen alle Ehre wäre, — am klügsten wäre es gewiß, wir riefen selbst die Schweden in die Städte. Pftn der verdaminten . . . Der Junker stieß einen gräßlichen Fluch gegen die Männer aus, welche das Land so elend verlassen hätten und wohl den Bügel des Trinkgcschirrs, nicht aber den Griff des Degens zu führen wüßten. Dann aber faßte er sich und sprach: „Nichts für ungut; aber es ist leider so! Ich sehe die Dinge stets in ihrer rechten Gestalt an, beschönige nichts und bin ganz offen! Daß ich Euch das Getreide gern verkaufe, — das ist wohl klar. Was sollen mir die Säcke, wenn die Vernichtung über uns kommt? — Mit baarem Gelde in der Tasche aber rettet man sich wohl, und ist es nicht: nun, — inan hat dann wenigstens doch seine Schuldigkeit gethan und Alles keck versucht! Baar Geld also, mein werther Bürgermeister! Ihr Bürger, — Ihr bedürfet des Getreides: zahlet, und — es ist uns allen dann geholfen." „Es ist unmöglich, edler und gestrenger Herr!" Der Junker von Hake forschte einen Augenblick in seinen Zügen; sein Falkenauge überzeugte ihn schnell, daß der, der vor ihm stand, die Wahrheit sprach. Denn in ganz andere»! Tone fuhr er also fort: „Nun denn, Herr Bürgermeister — grämt Euch nicht! Ihr sollet das Getreide haben ohne Geld! Ich bin kein Unrncnsch und hab' mir ein Herz erhalten für die Noth! — Meine Frau und mein Sohn weilen zu Küstrin; — wer weiß, wie's denk' es
!
zu unsern
Thoren eingeführt habt!" „Soll ich daffelbe etwa noch versteuern?" „Mit nichtcn, werther Herr!" erwiderte der Bürgermeister, von der Art und Weise des Edelmannes nicht eben erbaut. „Ich wollte sehen, ob tvir etwa handelseinig werden könnten." „Seid Ihr Getreidemakler wie der Döring und der Engel?" „Das nicht! — Wie ich Euch sagte, — Bürgermeister der Stadt Kölln ! Und wir, die Räthe von Berlin und Kölln, — wir möchten Euch nach Euren Preisen fragen." „Das ist dann freilich etwas Anderes! — Verziehet einen
schwarzen
Ihr
i
geht? — Hier steht's ja sehr schlimm; — das seh' wohl ein! Drum will ich, wie ich sagte, auch nicht weichen bis sich die Dinge mit dem LUienhock und Buttler fest entschieden haben. Bin nun einmal Kreishauptmann und kann nicht dafür, daß ich mein Vaterland noch liebe, obwohl's manch' Einer d'rin gar tvohl verdiente, daß der Satan ihn bei vollem und lebend'gem Leibe holte. Hier ist der Schlüffe! zu der Halle
ihnen
ich
103
in dem Eulennest, dem grauen Kloster! Wenn Noth ist, — laßt sogleich die Halle und die Säcke öffnen. — Ja, weises Stadthaupt, glaubt es mir: die Hake, — alle märkischen Junker überhaupt, — sie sind viel bcffer als man denkt! — Zerdrückt mir nicht die Hand; — daß ihr ein wackrer Mann seid, weiß ich längst! Nun aber zum Geschäfte, es sind zwanzig Last, — der Roggen ist vom besten! Die Last neun Mispel, — macht der Mispel 180! — Acht Thaler, — mehr verlang' ich nicht als Preis des Wispels! Das giebt wohl 1 440 Thaler. Schreibt mir darüber eine Schuldurkunde und besiegelt sie mit euren großen Stempeln. Eins aber muß ich euch noch sagen: Ich weiß nicht, ob ich in der nächsten Zeit nicht selber Geld von Nöthen habe. Dann sollen 1 000 Thaler stehen bleiben; — 440 aber müßt ihr zahlen. Versprecht ihr das als Ehrenmann?" „Ich hoffe, — soviel wird sich wohl zusammenfinden!" gab der Bürgermeister ihm zur Antivvrt. „Hier meine Hand darauf!" „So ist's denn abgemacht! Schickt mir den Brief und Gott gesegne beiden Städten das Getreide." Wedigen drückte ihm die Hand. „Dank' euch, mein edler Herr von Hake! Nach unsrer Väter Weise einen ,Weinkausi*) anzuschließen, müssen wir uns heute freilich wohl versagen. Ich denke: unsere Heiden sind auch ohnedem wohl froh! Meins ist es wenigstens! Und euch, vielwerther Junker, möge das Bewußtsein lohnen, daß ihr Gott geliehen habt, indem ihr so hochherzig und so wohlfeil Brot den Annen gebet." „Laßt Alles das!" erwiderte Hans Jürgen Hake. „Wie steht's indessen mit den Schweden?" „Ich will zu Rathhaus jetzt und dann zum Richersdorfer
hinaus!
Im
Norden stehen sie, wie Herrn von Rochotv heut' gemeldet worden, schon in Malchoiv. Wir müssen auf den Angriff also wohl gefaßt sein!" „Uns hat der Herr von Rochow auch zum Wartthurm abgeordnet! In einer Stunde lasse ich die Edelleute in den
Wartthurme
Sattel steigen; — ihr könnt mitreiten, ivenn ihr wollt." „Gern; — Gott befohlen denn auf eine kleine Weile!" — Froh und erleichterten Herzens verließ Wedigen den „schwarzen Bären," um sich über den Mühlendamm hin nach dem Köllnischen Rathhause zu begeben. Noch ivar es still auf den Straßen; — verödet ganz und gar lag der Molkenmarkt vor ihm: längst waren ja die Scharren der Schlächter und Bäcker geschlossen worden; — es verkaufte Niemand in den beiden Städten seine Waaren mehr vor Aller Augen. „Freu't euch, ihr Armen!" dachte Wedigen bei sich. „Bald wird die edle Gottesgabe wohlseil dort euch wieder dargeboten werden! — Bor äußeren Kämpfen bangt mir nicht; — wenn nur das Aergste abgewandt wird in den Städten selbst!" Er war bis zu jener Ecke bei St. Nikolai gelangt, von welcher man an der alten Kirche vorbei den freien Blick hatte bis auf die Gebäude des heiligen Geist-Hospitales, welche, unmittelbar am Spaudauer Thore belegen, das eigentliche Berlin nach Nordwesten damals abschlössen. Was aber war das
für ein
durch die Lust
Zittern, das jetzt wie eine drang? — War es Gesang? — War
seltsam
leise Klage es
Wedigen blieb steheil und lauschte den Tönen.
Geläut?
Plötzlich erhob er die Hand zum Haupte. „Heiliger Gott, — es ist die Pestglocke!" uef er aus und eilte die Straße hinab dem Spitale zu. *) Die Besiegelung des Kaufes durch gemeinsamen Trunk.
Unter den Linden am heiligen Geiste trat ihm der Magister Rösncr entgegen. Wedigen erstaunte: es lag ivie eine lichte Glorie auf dem schlichten, erustcii Antlitze des Geist¬ lichen. Das Barett lüftend, sprach er zu dem Bürgermeister: „Es ist Gottes Fügung, daß ich Eilch treffe! Denn ich habe dort drinnen eine Pestkranke ;u pflegen, —- die Wittwe Palmentag. Gestern Nacht, als ich von euch ging, traf ich auf den ersten Fall, — der Wittwe Tochter Agnes liegt als Leiche in dem wüsten Hause am Marienkirchhof. Ich wollte euch die unheilvolle Kunde nach dem Rathhaus bringen. Jetzt gilt es, Heldenmuth aus Gottes heil'gem Wort zu schöpfen! So ist es recht: reicht ohne Scheu mir Eure Rechte! Den Wüthigen Hilst Gott! Ich denke, heute nach der Leicheuprcdigt als der Pest¬ befallenen Tröster für mich selbst die Todeswcihe zu erbitten." Eine Thräne stand in Wedigens Auge; er umarmte den Magister. Daun aber rief er bebend aus:
„Mein Gott, —
„Nicht also!"
es ist zu
viel!"
sprach Johannes Rösncr sanft.
„Gott
prüft uns nur, und wenn wir Treue halten, ist das Heil uns nahe. Berichtet Ihr dem Rathe denn, Herr Wedigen; — ich bin dort drinneu unabkömmlich!" Der Geistliche trat in das Hospital zurück. meister
mußte einen Augenblick
sich
au eins
Der Bürger¬ der Grabmäler
lehnen, welche auf dem Kirchhofe standen, — von den welk herab¬ gesunkenen Lindenblättern dicht bestreut„Was sind unsere Hoffnungen und Pläne!" sprach er. „Noch eben jauchzte mir das Herz. Kaum ist aber der Hungersnoth gewehrt, so schreitet schon
die Pest
durch
unsere Gassen.
Sie
scheinen Recht zu
haben, Hans Georg von Hake und der jugendliche Heino
Pfuel:
,Es ist mit Brandenburg Vorbeist Und doch, — mein Herz will sich die Hoffnung nimmer rauben lassen: Es giebt noch eine Rettung für das Land, für diese Städte! Nein, dieser edle, tapfere Btann des Friedens soll mich nicht beschämen! Auf, — theilen wir das goldene Getreide aus, das uns so unverhofft geworden! Jetzt ist es nöthig, unserer Bürger Muth zu stählen. Ich darf nicht müde sein, und Schlimmeres kaun wohl nicht kommen!" Er ermannte sich und schritt die Heilige Geiststraße wieder hinab. Die Schreckenskunde, welche durch die Pestglocke des Hospitals den Bürgern gemeldet worden war, hatte offeile Ohren gefunden. Durch die Lichtung der Bischofsstraße er¬ blickte es der Bürgermeister, wie sich die Menge in schwärzlichen Haufei, dem Marienkirchhofe zudrängte. Er selbst aber begab sich nach dem „Stadthofe" am Stralauer Thore, in welchem die
Städten noch verbliebenen Rosse standen, und wählte hier ein Thier zum Ritte nach dem Richersdorfer Thurme aus. Mit dem Knechte, welcher geholfen hatte, ihn beritten zu machen, sendete er dann den Schlüssel zu den Vorräthen im grauen Kloster an den Bürgermeister Heinrich Retzlau von Berlin; — er möchte, so bat er, die Austheilung des Getreides an Nothleidende vori,ehmen. Es drängte bis zu dem traurigen Geschäfte des Mittags nun nichts mehr; Wedigen konnte sich daher jener Schaar der Teltower Vasallen anschließen, welche auszogen, um der Mannschaft des kühnen Sattler Arndt bei der Richersdorfer Warte Ablösung und Verstärkung zu bringen. Eine Botschaft oder eine Meldung von dem Wachthabenden war während der vergangenen Nacht nicht eingelaufen. — den
beiden
(Fortsetzung folgt.)
104
Ernst von Wildcnlirnchs vatcrlöndischrs Schauspiel
„Die Guihows". Von Paul Burger.
Die deutsche dramatische Produktion gewährt seit langen Jahren im Großen und Ganzen ein Bild trauriger Zerfahren¬ heit und Schwächlichkeit. Während aus der einen Seite Jahr für Jahr eine stattliche Anzahl sogenannter Buchdramen im Druck erscheint, die aber kaum eineil größer» Leserkreis als etwa ben Verleger und ein paar Recensenten gewinnen, fristen andrerseits auf unserer Bühne Stücke ohne innern Werth ein kurzlebiges Schattendasein,
welches sie einer geschickten thea¬
tralischen Mache, einer mit derben Effecten arbeitenden Technik verdanken.
Tradition
Von scheinen
Ausbildung einer festen dramatischen lvir heut weiter als je entfernt zu sein. der
Unter den weniger bedeutenderen Gestalten, welche aus der Menge emportauchen, nimmt Ernst von Wildenbruch einen der hervorragendsten Plätze ein, den er sich durch ernstes Streben und schöne Erfolge wohl verdient hat. Seine dramatische Dichtung stand bisher unter dem Zeichen der idealistisch-rhe¬ torischen Kunstübung Schillers. Mit seinem neuesten Werke, den Quitzows, die am 9. November zum ersten Male über die Bühne des Königlichen Opernhauses gingen und von der Zu¬ schauerschaft mit wärmster Theilnahme und lebhaftem Beifall aufgenommen wurden, betritt er neue Bahnen, auf denen auch ein kräftiger Realismus gedeiht, auf denen ihm der Stern Shakespeares voranleuchtct. Wir begrüßen seinen Versuch freudig als einen tüchtigen Schritt vorwärts, um so mehr als wir darin Keime finden, deren gesunde Entwickelung für die deutsche Bühne von den segensreichsten Folgen sein könnte. — Wildenbruch läßt die Quitzows auf dem Theaterzettel als vaterländisches Schauspiel ankündigen; er bekennt damit offen, daß er sich nicht nur an das ästhetische Gefühl eines beliebigen Publikums wenden, sondern vielmehr auf ganz be¬ stimmte Scclcnkräste eines ganz bestimmten Publikums wirken will. Ein andrer märkischer Dichter, Heinrich von Kleist, hat dereinst, in seiner Herrmannsschlacht, ein grandioses Pamphlet wider die Napoleonische Zwingherrschaft, einen zornglühenden
Mahnruf, das ftcmde Joch
zu zerbrechen,
an
die deutsche
Nation gerichtet. Wildenbruch kann heut friedlichere Zwecke verfolgen; er weckt nicht den Haß, er appcllirt an die Liebe, an die Liebe zur Heimath, zum Vaterlande, zum Herrscherhause, das durch eine jahrhundertelange Geschichte mit den Geschicken von Heimath und Vaterland innig verwachsen ist. Er hat sein Stück für den Preußen, spezieller für den Bewohner der Mark Brandenburg, vielleicht sogar zunächst für den Berliner geschrieben; und so wird mancher einzelne Zug wohl mir in Berlin seine volle Wirkung thun können. Allein die Scenen brandenburgischcr Geschichte und Berlinischen Volkslebens, die er vor unsern Augen auftollt, werden in jedem vaterländischen Herzen ein Echo finden; und die Sprache, welche er redet, darf darauf rechnen, in allen Schichten der gesammten deutschen Nation verstanden zu werden.
Es ist einleuchtend, wie es auch von der Kritik cininüthig anerkannt lvorden, daß Wildenbruch in der Wahl seines Stoffes einen äußerst glücklichen Griff gethan hat; denn er bietet ihm sowohl nach der patriotischen wie nach der poetischen Seite hin die reichste Ausbeute. Er führt uns an die Wende zweier Epochen der politischen und kulturellen Geschichte Brandenburgs.
Die Besitzergreifung der Mark durch die Hohenzollern bedeutet dieselbe den Beginn einer fast stetig aufsteigenden bewun¬ derungswürdigen Entwickelung zu Macht und Ruhm, Wohlstand und geistiger Bildung; sie bedeutet gleichzeitig den Sieg der staatlichen Ordnung über die Anarchie, des Rechts über die Macht. Während Jobst von Mähren als kaiserlicher Statthalter die Markgrafschaft von Brandenburg verwaltete, sah es sehr traurig aus in der Mark; Jobst saß in Prag und pflegte seinen Bauch, und seine Regierungshandlungen bestanden in der Hauptsache darin, daß er von dem ausgesogenen Lande Geld und immer wieder Geld erpreßte, und wenn die übergroße Noth zu ihm um Hülfe schrie, unfähige Feldhauptleute entsandte. Inzwischen war das Raubritterwesen bis zu einer erschreckenden Höhe angedichen; die verwilderten Nachfahren jener glänzenden Gestalten des zwölften und dreizehnten Jahrhunderts, welche freilich auch dann noch, wenn ihnen der Lieder süßer Mund verliehen war, in Schildesamt und Waffenhandwerk ihre höchste Ehre erblickt hatten, unter ihnen voran die trotzigen Geschlechter derer von
für
Rochow und von Quitzow, dünkten
Mark;
der
sich die
unumschränkten Herren
sie kannten nur ein Recht,
das Recht der Fehde, zogen mit ihren Kriegs¬
das heißt das Recht des Stärkeren; sie haufen von Raub zu Raub, von Blutbad zu Blutbad, und an ihre Fersen hefteten
sich
Verwüstung und Jammer; gierige
benützten die gute Nachbarn, Herzög^ Gelegenheit, um im Trüben zu fischen; Städte und Dörfer wurden geplündert und in Brand gesteckt, die Menschen todtgeschlagen oder ins Elend gejagt; es gab keine Sicherheit mehr für Eigenthum und Leben. Unter solchen Verhältniffen war es für Friedrich von Hohenzollern keine leichte Aufgabe, seiner Herrschaft Anerkennung und Gehorsam zu erzwingen; und selbst seiner Energie und staatsmännischen Klugheit gelang es erst nach Jahren unausgesetzter Kämpfe und politischer Unterhandlungen den Widerstand der übermüthigen Gesellen vollständig zu brechen und Ruhe und Ordnung endgültig im Lande her¬
wie die Poinmerschen
zustellen.
Hier haben wir den Zufammenprall zweier gewaltigen Gegensätze, die sozusagen von selbst nach dramatischer Gestaltung
So ist auch bereits in den 40 er Jahren ein Schau¬ „Die Quitzows", das den verstorbenen Geheimen Hoftath Louis Schneider zum Verfasser hat, sieben Mal am König¬ drängen.
spiel
lichen Hoftheater gegeben worden, und einige Scenen daraus sind noch später einmal bei einem Stiftungsfeste des Vereins
für
die Geschichte Berlins zur Aufführung gelangt;
(vr. Beringuier
spielte darin den Dietrich Quitzow); das Stück ist jedoch niemals im Druck erschienen und gänzlich in Vergessenheit gerathen. Der
rohe Stoff, so vortreffliche Elemente auch in ihm schlummern,
be¬
durfte eben noch der Bearbeitung; und es gehörte eine dichterische Schöpfungskraft dazu, aus dem Wirrwarr von Thatsachen, den die Geschichte überliefert hat, eine Handlung herauszu¬ schälen, welche den inneren Gehalt jener Kämpfe symbolisch zuni Ausdruck bringt. Dietrich von Quitzow, der Burgherr von Friesack ist es, den Wildenbruch als Repräsentanten des gewaltthätigen Adels hinstellt. Er hat soeben in Gemeinschaft mit den Herzögen Kasimir und Otto von Pommern-Stettin die Stadt Straußberg erobert und verheert; allein er kann sich mit seinen Bundesgenoffen nicht vertragen, die ihn nur wider¬ willig als ihres Gleichen gelten lassen und die er iin Grunde seines Herzens verachtet; er sagt ihnen ab und sucht Be-
105
Stadt Berlin, um mit ihrer Hülfe Lande zu treiben. In Berlin aber lebt
ziehungen zur
die Fremden
sein jüngerer aus dein Bruder Konrad, der auf der Doinschule feine Erziehung erhalten hat, ein schwärmerischer Jüngling voll glühender Vaterlandsliebe und innigem Erbarmen mit dem namenlosen Leid der Bedrückten, das ihm die nach Berlin geflüchteten zerlumpten und halbverhungerten Bewohner von Straußberg ein¬ dringlich predigen: er führt die Berliner dem Bruder zu, in welchem er den Retter des Vaterlandes begrüßt. Allein das unnatürliche Bündniß der Bürgerschaft mit Dietrich Quitzow hat nicht lange Bestand. Während des Banketts, das die Stadt Berlin ihm zu Ehren veranstaltet, erscheint, nachdem zuerst der Tod Jobsts von Mähren gemeldet worden, ein Abgesandter des neuen Statthalters, Friedrichs von Hohenzollern, Burg¬ grafen von Nürnberg, welcher den Adel und die Städte zur Huldigung nach Brandenburg entbietet. Dietrich als Sprecher der schloßgesessenen Herren und der Stadt Berlin weigert im Namen beider den Gehorsam: die Mark solle frei bleiben; er
und die Abordnungen der^ Städte versammelt haben, weiß er sie durch sein würdevolles Auftreteit und seine edlen Versprechungen für sich ztt gewinnen und schließlich auch das Widerstreben der Berliner zu überwinden, indeut er sie fragt, was sie für die Angehörigen des gefangetten Thomas Wins gethan, und, wie sie beschämt schweigen, die Frauen aus seinem Zelte treten läßt. Alle huldigen ihm so in begeistertem Vertrauen. Wohl erscheint Dietrich Quitzow und stößt ingrimmige Drohungen gegen deit Eindringling aus, Friedrich aber verhängt als Antwort die Acht über ihn, und nur Koitrad vermag den Vogelfreien vor der Wuth der Menge ztl erretten. Entschlossen sucht dcrMarkgraf den Räuber in feiner eigenen Höhle; er zieht mit seinen getreuen Brandenburgern vor das feste Schloß Friesack, das er einschließt. Dietrich muß einsehen, daß er sich nicht halten kann, zumal die kolossale Thüringische Donner¬ Da naht iin letzten Augenblick büchse die Blattern zerschlägt. Hülfe: Barbara von Bug, die natürliche Tochter des Polenkönigs Jagello, die sich ihm in freier Liebe ergeben, bringt ihm
als
sich die Schloßgesessenen
werde nach Bran¬
denburg
kommen,
aber der
Burggraf
sich
hüten,
ihn zu erUnd er auf
schwört
Pommernherzöge
gefallen,
Vater
seines
Schwerts,
daß er
ihr
daß
ihm
zehn¬
tausend Polensende, daß alle Schaaren
den
Kreuzgriff
ins Land
tvieder
davor
möge
warten.
die Kunde, daß die
ihn
zuin
heischen.
Führer In wil¬
trifft
als
der
an¬
Dietrich Anordnun¬
erkennen werde. Konrad folgt ohne
gen zum nächtlicheit
ihn
niemals seinen Herrn
Besinnen
seinem
Beispiele.
Die Edlen
Freude
Ausfall, um durch die Belagerer durch¬
zubrechen;
doch
berathen noch, die
Konrad vertritt ihm
Bürgermeister
den Weg, dein
von
Berlin sind schon bereit den Eid zu leisten, als Thomas Wins, der Bürger¬
terlandsverräther,
Die neue Markthalle auf dem Magdeburger platz.
tenStraußberg, der
in Berlins Mauern weilt, dazwischen tritt und warnend Stimme gegen die Gemeinschaft mit dem Wolf, dem Unter¬ drücker erhebt. Dietrich in Hellem Zorn über bett Widerspenstigen heißt seilte Knechte ihn binden und in den Thurin von Burg Friesack werfen: dieser Rechtsbruch aber sprengt den Bund zwischen ihm und den Berlitter Bürgern, die sich freilich vor¬ läufig mit einem ohnmächtigen Protest begnügen tnüffen. Und als Gast
'eine
führt zum initeren Bruche der beiden Brüder; Frau und Tochter des eingekerkerten Thomas Wins kommen auf Burg Friesack, um seine Befreiung auszuwirken; Konrad nimtnt sich ihrer Sache an und sucht mit bewegten Worten den Bruder zu gewinnen, der aber starr und hart "leibt wie ein Fels, an dem die Brandung des Meeres zerschellt; offenbart seine innerste Seele, seinen grenzenlosen Egoistnus, und öffnet damit dem Bruder die Augen, der sich nun voll Abscheu von ihm abkehrt. Koitrad geleitet die Frauen nach Brandenburg zum Hohenzollern, den er selbst, seinem Eidschwur getreu, fliehen muß; Friedrich nimmt sie in feinen Schutz; und
"
„Jagello-
dem
meister des zerstör-
derselbe Gewaltstreich
Va-
knecht"; zückt
Dietrich das auf den
zuerst
Schwert Bruder, der aber Dann streckt ihn mit einent wuchtigen Streiche zu Bodeit. spricht er sich selbst sein Todesurtheil, das der alte Bannerträger der Quitzows, Dietrich Schwalbe, vollstreckt; aber er athmet noch so lange, um Friedrichs siegreichen Einzug in die Burg begrüßeit zu können und in seinen Armen zu sterben. Die Figur Dietrichs von Quitzow, die im Mittelpunkt des Interesses steht, ist deut Dichter ganz vorzüglich gelungen. Aus seinen Hattdlungen wie aus seinen Worten spricht überaus charakteristisch die Selbstsucht, die zügellose Willkür seines Standes; für ihn giebt es kein Recht und kein Gesetz als seinen Willen; er kann nur leben in der Freiheit, aber unter dieser Freiheit versteht er die uttutnschränkte Macht, seinen Willen durchzusetzen. Er ist zu stolz, um die Hand einer Königs¬ tochter ztt erbitten, zu stolz, um nach der Würde des Markgrafen zu trachten; er will, nichts sein als er selbst, der Dietrich Quitzow. Ihm hat der Dichter auch ein paar historisch über¬ lieferte Wendungen von dem „Nürnberger Spielzeug, das inan in der Mark nicht brauche," und von dem Entschluß, Wider-
106 stand zu leisten, „selbst tvenn es Burggrafen vom Himmel regnete,"
in den Mund gelegt. Es wäre natürlich gewesen, wenn Wildenbruch den Träger der entgegengesetzten Weltanschauung in Friedrich von Hohcnzollcrn verkörpert hätte; allein ersucht den Konflikt noch tragischer zu gestalten, indem er denselben in eine möglichst nahe persönliche Beziehung zu Dietrich setzt. So erfand er den Kvnrad von Quitzow; und in dieser Erfindung lassen sich die Spuren Schillerschen Geistes entdecken. Denn Schiller liebte es, die Vertreter der schroffsten Gegensätze in ein
enges
verwandtschaftliches
oder
freundschaftliches
Ver¬
hältniß zu rücken, so Karl und Franz Moor, Ferdinand Walter und den Präsidenten, Carlos und Philipp; auch das Motiv des Brudermords findet sich schon in der Braut von Messina ; am meisten aber werden wir wohl an Wallenstein und Max Piccolomini gemahnt. Konrads Gestalt will neben der markigen, scharfkantigen des Bruders nicht recht plastisch heraustreten; er verräth einen etwas ver¬ schwommenen Idealismus und ein ziemlich haltloses Gebühren.
Und durch ihn ist Friedrich von Hohenzvllern tvohl ein wenig über Gebühr zu kurz gekommen; doch wird er bedeutungsvoll als Schirmherr der Armen und Schwachen und als Rächer der unschuldig Bedrängten eingeführt. Die Partiecn des Stückes, in welchen sich die eigentliche dramatische Handlung vorwärts bewegt, sind in Iamben abgefaßt. Neben ihnen aber nimmt einen breiten Raum eine bunte Reihe von
Scenen in Prosa ein, in denen Wildenbruch dem entschiedensten Realismus huldigt. Hier zeigt er uns die würdigen Rath-
mannen von Berlin in ernster Berathung um das Wohl von Stadt lind Land und schafft in ihrem Leiter und Sprecher, dem ebenso klugen wie
mannhaften Bürgerineister Henning Perwenitz
Figur von erfrischender Lcbenswahrheit, oder er führt uns das muntere Treiben der Berliner Mädchen vor Augen, oder er läßt uns einen tiefen Blick in die Seele des Ber¬
eine
linischen Volkes thu», als deffen hauptsächlichster Vertreter sich uns der wackere Schmiedegeselle Köhne Finke darstellt, der
zwar immer „ein bischen vorneweg mit dem Mundwerk" ist, aber ein kreuzbraves Herz in der Brust trägt. In diesen Scenen geht Wildcnbruchs kühner Realismus so weit, daß er seine Personen die Redeweise und sogar den Dialekt des heutigen Berliner Volkes gebrauchen läßt; und in der That hat er ihnen dadurch eine charakteristische und natürliche Sprache von ausgesprochenem Lokalkolorit verliehen, nur hätte er vielleicht etwas sparsamer sein können in der Verivendung von Ausdrücken des Berliner Volksjargons von allerneustem Datum, welche uns doch allzu deutlich das moderne Berlin ins Ge¬ dächtniß rufen. Der Wechsel jambischer und prosaischer Scenen ist Shakespeare abgelernt, tvie ihn schon Otto Ludwig in einigen Fragment gebliebenen Drainen versucht hat. Und an den Stil Shakespeare'scher Historien erinnert auch die lockere Komposition der Quitzotvs. Allein ein straffes Zusammen¬ fassen des Stoffs, ein strenger Aufbau der Handlung ist kaum denkbar in einem Stück, das die Wirkungen der Begebnisse auf die breiten Schichten des Volkes, deffen Gefiihle, Ansichten und Stimmungen ausführlich zur Darstellung bringen will, das von vornherein als ein Zeitgemälde an¬ gelegt ist; und vielleicht haben tvir hier die dem historischen Volksstücke eigenthümliche Fon». Auf die Volksbühne Meist auch die Figur Köhne Finkes, eine veredelte Metainorphose des
!
alten Lustigmachers, des Cloivns der englischen und des Hans¬ wurst der deutschen Bühne! — Zu dem großen Erfolge der Quitzows hat die im Allgemeinen tvohlgelungene Aufführung an ihren: Theile redlich bei¬ getragen. Vor allem hat sich Herr Direktor Anno durch die schöne Jnscenirung ein Verdienst erworben. Der Aufzug der jainmervollen vertriebenen Straußberger und besonders der markerschütternde Schrei, mit welchem sie sich gierig auf
das Brot stürzen, das unter sie vertheilt tvird, bewiesen wieder eininal, tvelche Wirkungen durch eine verständige und sorgfältige
Organisation der Massen zu erzielen sind. Die Rollen der beiden Quitzows waren zwei auswärtigen Künstlern, den Herren Mitterlvurzer und Matkowsky, anvertraut. Herrn Mitterwurzers Dietrich war eine wahrhaft stilvolle Leistung von bewunderns¬ würdiger Einheitlichkeit in der ganzen Anlage und in den ein¬ zelnen aufs Feinste ausgearbeiteten Zügen, welche für jede Situation einen unbedingt charakteristischen und doch maßvollen Rur manchmal vermißten wir ein etwas Ausdruck fand. deutlicheres Sprechen, so im 4. Akte, wo Dietrich den er¬ schütternden Fluch gegen das Mordgeschoß schleudert. Herr blendete als Matkvwsky Konrad durch Teinperainent und Leidenschaft; er that jedoch oft des Guten zu viel und ver¬ überdies nicht den Eindruck zu erwecken, daß er wirklich von innen heraus gestalte. Unter den zahlreichen mit¬ wirkenden einheimischen Kräften zeichneten sich besonders Herr Vollmer durch seine köstlich frische Wiedergabe des Köhne Finke und Herr Reicher durch die würdige und angemessene Dar¬ stellung des Henning Perwenitz aus.
mochte
Anm. d. Red.: Herrn Liedtcke schien uns bei der ersten Aufführung die Rolle des Schmiedemeisters nicht so recht zu Gesicht zu stehen. Herr Ludwig als Markgraf führte, wie wir es an ihm gewohnt sind, auch in dieser wenig ausgiebigen Rolle eine edle und durchgeistigte Auffassung seiner Aufgabe in Liebenswürdig und anmuthig gab Fräulein die Erscheinung. Hock die Tochter des ehrsamen Schmiedeineisters.
Auch die
Darsteller kleinerer Rollen brachten Ihr Bestes zum Gelingen des Ganzen, wie Herr Hellmuth-Brän: als Dietrich Schwalbe, Herr Siegrist als Wachtmeister. Die Gesainmt-Aufführung ge¬ reicht unserer Hofbühne zu uneingeschränkten: Ruhn:e.
Äus König Friedrich Wilhelms IV.
gesunden
und
kranken Tagen. Von F. A. von Winterfeld.
(Schluß.)
Die Königin theilte nicht die Vorliebe ihres Gemahls für Alexander von Humboldt, dem sie seinen Bruder Wilhelm vorzog. Sie er¬ maß bei weitem schärfer die Kluft, die ihn von der Gefühlsrichtung und den Lebensanschauungen des Königs trennte. Sie verdachte ihm gewisse Kleinigkeiten, die seine Abhängigkeit von ungünstigen Einflüssen bloslegten, wie sie denn auch den Schmerz gehabt hat, von den Aeußerungen Humboldts über den König Kenntniß zu er¬ halten, welche Undank für langjährige Güte kundzugeben schienen und den peinlichsten Eindruck machen mußten. Am leichtesten fand sich Sch elling, der dem Könige persönlich sympathisch war, weil er dessen idealen Standpunkt in ästhetischen Anschauungen theilte, in die Anforderungen des Hoflebens. Am wciügsten dagegen hat Rückert den an seine Berufung geknüpften Erwartungen entsprochen. Er hat Berlin gar nicht kennen gelernt und ist, so zu sagen, von seinem dritten Stock i»
107 der Behrenstraße gar nicht herabgestiegen,
indem er seine wenigen
Zuhörer dort bei sich anstatt in der Universität versammelte und schließlich das Vorlesen ganz aufgab. Ein durchaus lyrisches Talent, glaubte er sich zum Dramatiker berufen und schrieb während seines Berliner Aufenthaltes eine Reihe historischer Dramen, die ohne einen dramatischen Nerv, eigentlich nur versificirte Dialoge waren. — Sein schönes Gedicht: „Aus der Jugendzeit" hatte auf die Königin Elisabeth den tiefsten und dauerndsten Eindruck gemacht. Noch wenige Wochen vor ihrem Ende ließ sie sich dasielbe auf Schloß Stolzenfels am Rhein vortragen. Der Abschnitt in Reumonts Buch über „die schönen Künste" giebt zwar keine neuen Aufschlüsse, erweckt jedoch durch Verständni߬ voile Schilderung der künstlerisch reich begabten Natur des Königs und des durch seine Förderung und rege Theilnahme Geschaffenen und Erreichten auf diesen Gebieten vielfaches Interesse. Es würde
weit führen, sich auf Einzelheiten hier einzulaffen. Im Allge¬ meinen aber darf behauptet werden, daß der geistige Ruhm Preußens durch den König gewahrt und gehoben, daß das geistige Erbe, das er angetreten, inmitten schroffer, oft unversöhnlicher Gegensätze durch ihn gesichert worden ist. Der organische Zusammen¬ hang zivischen Leben, Wissen und Kunst, sowie der geschichtliche Zusammenhang der verschiedenen Epochen ist in allen seinen Schöpfungen immer klarer hervorgetreten und hat dem Einzelnen, als Theil des großen Ganzen, seine Berechtigung verliehen. Bei der Schilderung der Berliner Gesellschaft in den Jahren 1843—46 vennag man sich des Eindrucks nicht zu erwehren, als ob es damals eine glänzendere Fülle origineller und genialer Persönlichkeiten gegeben habe, als in der Gegenwart, wenn man die einzelnen, alles Andere überragenden staatsmännischen und militärischen Größen, welche wir zu unserem Gliick und Ruhm besitzen, aus¬ nimmt. Die Gelehrten- und Künstler - Welt kam mit der Hofgesell¬ schaft in vielfache Berührung, und cs gab viele Häuser, in denen man beide Elemente gleichmäßig vertreten sah. So bei den Ministern von Eichhorn und Savigny, bei Olfers, bei Amalie Beer, der Mutter Michaels, Wilhelms und Meherbeers, bei Magnus, Frau Crelinger, Friedrich von Raumer und Anderen. Bei dem englischen Gesandten, Graf Westermoreland, dem eifrigsten Musikfreunde und Komponisten, sah man die reizende Tänzerin Mlle. Cerito, die in der Königlichen Oper gastirte, unter den vornehmen Tanzenden, und bei den musikalischen Matineen von Fanny Hensel-Mendelssohn, der geist- und talentvollen Schwester von Felix Mendelssohn, hielt eine lange Reihe von fürstlichen und aristokratischen Equipagen vor dem Mcndelssohn'schen Hause in der Leipziger Straße. Auch bei dem Oberhofbuchdrucker von Decker, deffen Gemahlin, geb. von Schätzell, einst eine Zierde der Königlichen Oper gewesen, spielte die Musik eine große Rolle, die größte aber in dem sardinischen Gesandschaftshotel in der Dorothcenstraße, wo die Gräfin Nossi, Henriette Sonntag, durch ihre Gesangskunst bezauberte. Auf eine eigenthümliche Weise vereinigte sie die große Künstlerin mit der vornehmen Dame, welch' letztere doch wieder einen leisen Anflug von vormaligem Bühnenleben nicht verleugnen konnte. Damals war es, wo sie zum Grafen Westmoreland sagte: „Lieber Graf, in dieser Kehle stecken noch Millionen," was sich nicht lange darauf, als sich die Finanzverhältnisse des gräflichen Hauses immer schlechter gestalteten, bewahrheiten sollte. Jenny Lind weilte mehrere Monate als Gast im Wichmann'schen yause und Eduard Magnus schuf damals die, durch den Kupferzu
:
J
uich
bekannt
gewordenen
ausgezeichneten
Porträts der
beiden
großen Künstlerinnen.
Pauline Garcia glänzte durch ihren dramatischen Gesang, während sie in ihrer Haltung die Frau von Welt und Bildung zeigte.
Wir sehen ferner die schöne geistvolle Dorothea von Biron Curland, Herzogin von Sagan und Talleyrand, die der König so gerne mochte, während der Königin die nie alternde Dame zu „künstlich" war, im muntaau de cour majestätisch, am Arm des Fürsten Felix Lichnowski, dahinschreitcnd, dessen frühen, grausamen Tod sie nie verwinden konnte. Die aristokratisch-litterarischen und dabei romantischen Persön¬ lichkeiten des Fürsten Pückler und der Gräfin Jda Hahn-Hahn werden zu neuem Leben erweckt, und mit ihnen viele andere intereffante und fesselnde Erscheinungen jener Periode in die richtige Beleuchtung gestellt. An eigentlich anekdotischen Zügen aus dem Leben des Königs ist das Buch arm, dagegen enthält es mehrere intcreffante Briefe des Königs,
So
aus denen hier einige Stellen Platz finden mögen.
Januar 1848: Briefe, lieber R., intcressircn mich ganz außerordentlich,
schreibt der König im
„Ihre
und wenn ich einen neuen sehe, machts mir Freude, denn ich ge¬ winne in einem jeden nicht allein richtige, wohlgeprüfte, mit Takt und Mäßigung aufgefaßte Nachrichten aus so anziehenden und ab¬
wie es die gegenwärtigen italienischen, in specie toskanischen, sind, sondern auch den Genuß musterhaften Vortrags und schöner Sprache. Also herzlichsten Dank und fahren Sie fort, lieber R. — Wie schön war der Anfang der Bewegung stoßenden Verhältnissen,
in Italien! wie ganz verschieden von ähnlichen in anderen Ländern! Der Mangel an Gemeinheit in der römischen Bewegung hatte mich förmlich bestochen und hingeriffen, denn nach dem Mangel an Gemeinheit sehne ich mich in allen Dingen, als nach einem Ideal, dessen Verwirklichung leider in Deutschland unsäglich fern zu liegen was Gutes in Marmor, Erz oder ge¬ brannter Erde zu Florenz feil sein, so lassen Sic mich's wissen. — Die Königin läßt Sie grüßen. Sie fehlen unseren ruhigen Abenden recht in diesem Winter. Möge die italische Lust Ihnen wohl thun und die Farbe jenes Himmels (womit ich schreibe) Sie erheitern. Leben Sie wohl. Gott führe Sie glücklich im schönen
scheint.Sollte
Lande und dann über die Alpen zu den kalten und warmen
Quellen des Vaterlandes zurück." Wie bald sollte in Berlin Alles anders werden! . . . In einem Briefe vom 11. Mai 1849, welcher als Vignette eine mit der Feder gezeichnete Skizze von Gaöta mit einem auf einem Bein stehenden, dorthin schauenden Kranich zeigt, heißt es unter Anderem: „Ich habe Usedom aufgetragen, er möge dafür sorgen, daß Sie mir aus Gaöta „Klatschbriefe" schreiben. Vielleicht hat der fatale Potsdamer Ausdruck ihr Aachener Herz verstimmt. Mich hungert und dürstet nach Ihrer Handschrift. Grüßen Sie Ihm hat die Brandung des Rügenschen Usedom freundlichst. Meeres den Taufhymnus gesungen. Das giebt ihm ein Recht auf Verstimmung beim spielenden Geplätscher im Cajctaner Busen. Ihnen fehlt dies Recht, da Sie mit den heißen Wassern Karoli Magni getauft sind." Sodann schreibt der König von Erdmannsdorf den 13. 8. 55: „Theuerster R. Ihre inhaltreichen Briefe aus Wilhelmsthal und Aachen habe ich mit dem Jntercsie gelesen, welches in wenig Zeilen zu wecken Niemand so versteht, als Sie. Ich danke auf¬ richtig für die Freude, die Sie mir damit gemacht haben und bitte um mehr. Es schmeckt so. Die etwas scharfe Manier in den Schwindschen Fresken der Wartburg tadele ich nicht in gleichem Maaße, wie Sie. Ich finde, daß die accentuirten Konturen der¬ selben dem Wesen des alten Baues ganz gut entsprechen. An der aber, fühle geben sie Kritik volle ich, Gelegenheit. Weniger sich glücklich als der Wartburg, geht es leider dem verhunzten Wunderbau des Aachener Rathhauses, da die Mittel fehlen. Ich leide einiger¬ maßen dabei, denn die Aufhebung der Spielbank ist die Ursache der Ebbe im Schatze der Stadt. Aber bis zur Reue habe ich mich noch nicht erheben können. Ich hab' es für Pflicht gehalten,
108 zu den seltsamsten Umschreibungen seine Zuflucht, die seiner Um¬
den niederdeutschen Fürsten durch Zerstörung dieser Höllen in meinen Landen, auf die sie sich beständig beriefen, einen Vorwand zu nehmen und ihnen Muth zu guten Thaten zu machen. Leider Aber man muß fürchte ich, daß ich umsonst „tugendhaft" bin. eben thun, was man kann." Welche Liebenswürdigkeit des Herzens und Anmuth des Geistes
gebung schwierige Räthsel aufgaben. Am besten noch verstand ihn die Königin, die ihm ein Engel des Friedens und des Trostes war.
gehen durch diese Brieffragmente!
Mehr als vom König werden von anderen Personen Anekdoten Graf Brassier de St. Simon, der bekannte, aus erzählt. etwas romantischen Dunkel zu hohem Range emporgestiegene Diplomat giebt vergleichungsweise dazu am meisten Gelegenheit. Obgleich er gute Studien gemacht hatte und zum Doktor juris kreirt worden war, so wäre er doch fast im Examen durchgefallen, weil er einem der Examinatoren, dem Statistiker Hoffmann, auf
hatte ihn geschickt, unser guter Freund, der sieben hatte und drei behielt." — Jetzt fiel Reumont der König der Niederlande ein, der nach der Loslösung Belgiens von sieben Millionen Unterthanen drei behalten, und der damals den Grafen de Celles geschickt hatte, welch letzteren der König meinte.
Frage, was das Pfund Talglichter in St. Petersburg koste, antwortete: „Das weiß ich nicht, Herr Geheimrath; ich habe die Wachskerzen immer durch meinen Diener holen lassen." Er war ein großer Gcmäldelicbhaber und hatte später, als Gesandter in Turin, den unglaublichen Einfall, bei einer Gesellschaft in seinem Hause vor einem Gemälde, welches die Geschichte der biblischen Susanne darstellte, zur Marquise von P. zu sagen: „Ab, Madame, il n’y-a-plus de Susanne aujourd’lmi !“ worauf die Dame schlagfertig erwiderte: ,,0'est possible, Monsieur, mais
seine
il-y-a
toujonrs des vieux.“ Während der Sturmjahre 1848 und 1849 befand sich Herr von Reumont nicht in der Heimath, so daß er leider eine Schilderung der sich dort abspielenden Ereignisse nicht zu geben vermochte, wogegen er die gleichzeitigen Erschütterungen und Um¬ wälzungen in Italien, wo ihn sein Beruf fesselte, namentlich in Neapel, Nom, Gaiita und Florenz anschaulich darstellt. Erst im Herbst 1850 sah der Gesandte auf einer Urlaubsreife Berlin und den König wieder.
Er fand
gewissermaßen eine neue
Welt und
König war ein Anderer geworden. Nicht eine Abnahme des Jntcrcsies, aber die Wirkung von Enttäuschung, schweren Sorgen und von drückender Arbeitslast, die ihm zuweilen wie eine Sisyphusarbeit erscheinen mochte, war bemerkbar. Wenige Jahre darauf, 1857, erhielt Reumont, wieder in Italien, die Kunde von der schweren Erkrankung des Königs. Im Stadium der an¬ fänglichen scheinbaren Genesung erhielt Reumont vom damaligen Prinzen von Preußen, der die Stellvertretung übernommen hatte, auch der
Villa Ludovisi
Eines Tages besuchte der König in Rom die
mit Prinz Hohenlohe und Reumont. Er wollte an den Namen desjenigen erinnert werden, in dessen Gesellschaft er bei seinem ersten Aufenthalt in der ewigen Stadt diese berühmten Anlagen gesehen hatte. Man rieth vergebens. Der König sagte: „Unser guter Freund
i
j
Die Königin hatte in Rom, zunächst allein, eine Zusammen¬ Sie war bewegt, wie es nicht kunft mit dem Papst Pius IX. — bekanntlich war sie von der katholischen zur anders sein konnte evangelischen Religion übergetreten, — aber die freie Haltung des Papstes und seine heitere Ruhe verscheuchte jede Befangenheit. Die Begrüßung war sehr herzlich. Bei den zwei darauf folgenden Be¬ gegnungen des Papstes mit dein Könige führte die Königin fast allein die Unterhaltung. Die günstigen Einwirkungen der italienischen Reise dauerten noch einige Zeit fort, dann aber trat jener traurige Zustand ein, von welchem der Tod ihm erst Erlösung brachte. Als Reumont nach einem Jahre in Sanssouei den König wieder sah, waren die einzigen und letzten Worte, welche von Erkennen und Verständniß zeugten: „Rom — schlimm ergangen." Nicht lange daraus erfolgte der Tod. Das interessante und gehaltreiche Buch schließt mit folgendem Telegramm des Kaisers Wilhelm vom 8. März 1871: „Erst jetzt, nachdem der Friede gesichert, vermag ich Ihnen meinen aufrichtigen Dank für Ihr Glückwunschschreiben auszusprechcn. Großes, kaum Geträumtes ist errungen. Was dem Bruder nicht beschicden war, zu erreichen, was er als eine Lebensaufgabe be¬ trachtete, und was ich in Demuth hinnehme, war Gottes Wille.
Wilhelm." Das Werk Reumonts ist eine unserer Memoiren-Litteratur und wird
sehr
schätzbare
Bereicherung
selbst von denen, welche
mit
des Verfassers politischen Urtheilen vielleicht nicht übereinstimmen,
mit großein Jntereffe
gelesen werden.
folgenden Brief:
„Sanssouci 10i 11. 57. Für Ihr freundliches Schreiben vom 4. d. M. sage ich Ihnen meinen besten Dairk. Es ist ein schweres Verhängniß, welches unsere Familie und das Vaterland betroffen hat. Es geht mit der Genesung des Königs langsam vorwärts und namentlich ist die Klarheit auffallend im Zunehmen, so daß schon ganze Sätze
ohne
Irrung
gesprochen werden,
welche letztere sich
hauptsächlich auf Oertlichkeiten und Namen beziehen. Sollte noch für den Winter die italienische Küste aufgesucht werden, so zieht
man Sie hoffentlich in die Gesellschaft des Königs, da gerade Sie es verstehen würden, seinem lebendigen Geiste Nahrung zu gewähren, ohne ihn zu überlasten.
Meine Stellung ist gewiß ein Opfer zu nennen, das ich dein König und dein Staate bringe, denn leicht ist dieselbe wahrlich nicht und wird auch wenig belohnend sein, da der eigene Wille ganz gebunden ist.
Ihr Die
Prinz von Preußen."
Reise wurde unternommen und Reumont gehörte zu den
Begleitern des Königs. Er fand ihn wohl aussehend, Haltung und Bewegung völlig frei. Das zunächst bemerkbare Zeichen der Störung war das Verwechseln der Worte. Die Idee war klar, das Ge¬ dächtniß ungeschwächt, der Zusammenhang fehlte nicht, wohl aber das Vermögen des Ausdrucks. Der König nahm in solchen Fällen
Zur hundertjährigen Jubelfeier der Königlichen Taubstummenanstalt in Berlin. eine
Jede Schule, auch diejenige vollsinnigcr Kinder, darf, sofern sie des Menschengeistes ist, als ein
Bildungs- und Pflegestätte
Heiligthum betrachtet werden. denjenigen Anstalten der
In
noch höherem
Maße ist das
bei
Fall,
welche solchen Unglücklichen Er¬ angedeihen laffen, denen die wichtigsten
ziehung und Unterricht Thore des Geistes, Auge und Ohr verschloffen sind. Das blinde, wenn auch körperlich hilfsbedürftigere Kind, kann indeß durch die liebende Mutter, das gewiffenhafte Elternhaus weit mehr an Herz
und Geist gewinnen, als das taube, welches, selbst wenn cs die Fertigkeit zu sprechen schon besaß, bald auch stumm wird und dann, in seinein inneren Leben isolirt, wie eine wilde Rebe aufwächst. — Seine Gedanken werden verschloffen und zerstreut zugleich, sein Wesen scheu.
—
Unter vielen Mühen muß die Schule der Taubstuimnen, und nur sie kann es in rechter Weise, erst eine Brücke bauen, bevor sie dem geistigen Auge ihrer Schüler das „Hephatha“ zurufen und dieselben in den allmählichen Erwerb ihres Menschenwerthes und ihrer Menschenrechte setzen kann. Vor noch nicht langer Zeit blieb die Hälfte aller Taubstummen
109 in Deutschland ohne Unterricht, heute sind cs kaum noch 20 Prozent; denn den etwa 39 000 dieser Beklagenswerthen, welche ungefähr in unserm Vaterlande leben, stehen rettend und helfend 98 Anstalten gegenüber, deren ausschließlicher Zweck die Ausbildung taubstummer
über die Grenzen Berlins, ja des Vaterlandes berühmten König¬ lichen Taubstummenanstalt zu finden. Unter großer Mühe und Arbeit brachte Eschke sein Unternehmen in Gang und treu und sieißig stand ihm seine Ehefrau Karoline geb.
Kinder ist.
Heinicke auch
Berlin
besitzt zwei große Taubstummenanstalten; die städtische,
wegen des sich zu sehr steigernden Bedürfnisses im Jahre 1876 ge¬ gründet, und die Königliche, welche am 1. Dezember dieses Jahres, zugleich
als die
erste
in Preußen,
schon die
Feier ihres hundert¬
jährigen Bestehens begeht. Der Begründer der letzteren ist Ernst Adolf Eschke, am 17. Februar 1766 zu Meißen geboren, ein Mann von seltenem Werthe und hervorragender Tüchtigkeit. Kaum 16 Jahre alt hatte er bereits die berühmte Fürstenschule seines Heimathsortes absolvirt und ging nach Wittenberg, um dort die Rechte zu studircn. In Leipzig vollendete er sein Studium und wurde, kaum 20 Jahre alt, Dr. utriusque juris. Jetzt schickte ihn sein Vater der leidenden Ge¬
sundheit halber auf Reisen, und in Wien führte
ihn
der
in der anstrengenden Thätigkeit an den taubstummen Kindern zur Seite. Aber der materielle Gewinn war so gering, daß man 1792 sich entschließen mußte, um etwas billiger zu leben, nach Niederschönhausen zu ziehen.
Zum Glück für Eschke lenkte die hier residirende Königin Elisabeth Christine, die Wittwe Friedrich's des Großen, dem kleinen Institute ihre Aufmerksamkeit zu, und zweifellos ist ihrer hohen Fürsprache in erster Linie die Sympathie zu verdanken, welche Friedrich Wilhelm III. der guten Sache schenkte. Nach genauer Kenntnißnahme überwies derselbe in landes¬ väterlicher Fürsorge für die geringsten seiner Unterthanen der Anstalt im Jahre 1798 ein eigenes, für den Preis von 7 800 Rthlr. Linienstraße Nr. 85 erworbenes Gebäude, machte dieselbe zu einer öffentlichen, er¬ nannte Eschkezum Direktor und er¬ freute diesen außerdem den
Zufall
durch
Titel
eines
Königlichen Pro¬
auch auf einige Stunden in die
fessors.
Für
den
unentgeltlichen
neubegründete
Unterricht,
Taubstummen¬
arme Taub¬ stumme empfan¬
schule.
Die Arbeit
den
gen sollten,
wie
an den unglück¬
für die vollstän¬
Kindern
nem
für alles Gute erglühenden
dige Verpflegung von 4 taubstum¬ men Kindern
zahlte der
Herzen hohes In¬
jetzt jährlich 600
und das¬ wurde noch
Thaler. Nachdem
lichen erweckte
teresse
selbe
in
sei¬
auf diese Weise
gesteigert, als er, nach
der äußere
Be¬
stand der Anstalt
Leipzig zu¬
rückgekehrt,
Staat
mit
gesichert
war,
Samuel Heinicke.
widmete Eschke Oie Königliche Taubstummenanstalt in üerlin. seinem nachmali¬ dem inneren Aus¬ bau derselben von gen Schwieger¬ früh bis spät vater, dem ersten deutschen Taubstummenlehrer und Direktor der ersten deutschen Taub¬ seine ganze Kraft und nach Berichten aus jener Zeit sollen überaus günstige Ergebnisse erzielt worden sein. stummenanstalt zu Leipzig, sich bekannt gemacht hatte. Aber die Drangsale des Vaterlandes zu Anfang unseres Jahr¬ Auf dem Gebiete der Pädagogik nicht unerfahren, ja durch verschiedenen Privatunterricht, wie durch die häufigen Unterweisungen hunderts trafen auch Eschke besonders hart, denn die Zahlung der der jüngeren Geschwister für dieselbe begeistert, ging er, durch Heinicke in der Behandlung taubstummer Kinder zur Genüge unterwiesen, nn Jahre 1788 nach Berlin, um auch hier dem edlen Werke der Taubstummenbildung eine Stätte zu bereiten.
Die Ausführung
Planes ist ihm anfänglich ziemlich erschwert worden, da er ausschließlich auf sich selbst angewiesen war. Unterm 15. Juli 1788 dekretirtc Minister Wöüner „zuvörderst diejenigen Taubstummen nach Zahl, Namen, Alter und Stand an¬ seines
zugeben, welche sich gemeldet, welche Bücher Eschke bmutzen und welche Methode er befolgen wolle." Ein Gesuch um Unterstützung wurde abschlägig beschieden. Hingegen erhielt der Prediger Schmidt den Auftrag,
und Bemühungen" zu prüfen und jedenfalls infolge unterm wurde Berichtes dieses Seelsorgers 2. Dezember 1788 die ministerielle Erlaubniß zur Gründung einer Privatanstalt ertheilt und in ihr ist der Anfang zu unserer weit Eschke's „Versuche des günstigen
staatlichen Unterstützung blieb aus. Da gab es oft Sorge um das Allernothwendigste; indeß gerade diese schweren Zeiten zeigen den hohen Werth des braven, uneigennützigen Mannes, in besten
Brust ein wahres Pestalozzi-Herz schlug. Die Anstalt, welche schon 40 Zöglinge hatte, gedieh in der Stille weiter, jedoch schon im Jahre 1811 verstarb ihr edler Be¬ gründer, kaum 45 Jahre alt. Sein Nachfolger wurde der frühere Lehrer am FriedrichWilhelms-Gymnasium Professor Ludwig Graßhoff, welcher durch Direktor Eschke, seinen Schwiegervater, mit dem Unterrichte der Taubstummen völlig vertraut gemacht worden war. Graßhoff förderte das schöne Werk nach besten Kräften und — zugleich schon unter seiner Leitung wurde der Ruhm der Anstalt — begründet. als Bildungsinstitut für Taubstummenlehrer zu dienen Die Grundstücke Nr. 84 und 83 in der Linienflraße, von denen
110 das erstere 1811, das andere 1819 zugekauft ivorden war, wurden der Anstalt behördlicherseits zur Benutzung überwiesen und dadurch eine wesentliche Verbesserung erzielt. Im Jahre 1840 wurde Graßhoff pensionirt und ihm folgte Direktor Saegert, als Taubstummcnlehrer in Berlin und Königs¬ berg gebildet und seither Lehrer der Taubstummenschule zu Magde¬ burg unter Zerrenner. — Er muß ein ganz besonders befähigter und ausgezeichneter Mann gewesen sein, denn er hat es vom ein¬ fachen Schulmeister bis zum Geheimen Regierungs- und vortragen¬ den Rathe im Ministerium, wie zum Generalinspektor sämmtlicher Taubstummenanstalten in Preußen, deren 1845 schon 30 entstanden
l
sich blicken
läßt:
derselben zum Gruße erhaschen.
Und geradezu staunenerregend ist der Umstand, daß die älteren desselben genau vom Munde ablesen und ebenso ohne jede Gebärde zu gebrauchen, auf an sie gerichtete Fragen genau und verständlich antworten. Diese Leistungen Taubstummer sind die Früchte deutschen Fleißes und deutscher Ausdauer gegenüber der französischen, von dem berühmten Abba de llEpse gegründeten Schule, welche die, Uneingeweihten nicht verständliche, Gebärdensprache ausbildet. Zu den Hauptthätigkeiten des Direktors gehört die Ausbildung 10 Lehrern für den Taubstummenunterricht, die auf 2 Jahre von der Königlichen Taubstummenanstalt zu diesem Zwecke überwiesen
Zöglinge das gesprochene Wort
werden und durch welche in deren späteren Wirkungskreisen sehr viel Taubstumme der Segnungen der Berliner Anstalt theilhaftig
burg — denn dieser sollte die Anstalt jetzt in erster Linie dienen — eingerichtet, damit mehr als seither taubstumme Kinder, wenn 1842 lebten in auch nur geringen Unterricht empfangen möchten. Taubstumme, hievon waren 240 in der Provinz Brandenburg 1360 genoß der dritte Theil Unterricht. schulpflichtigem Alter, aber kaum Die Berliner Anstalt hatte zu jener Zeit 70 Zöglinge.
werden.
Die letztere ist gut fundirt und besitzt allein an Legaten die Summe von etwa 190 000 Mark; ihr Etat, auch von Sr. Excellenz dem Minister von Goßler erheblich vermehrt, ist ein den edlen Zwecken vollkommen entsprechender. Während in früheren Jahren manche Eltern thränenden Auges mit ihrem taubstmnmen Kinde, welches keine Ausnahme finden konnte, die für sie verschlossene Pforte der Anstalt verlassen mußten, kommt dies heute kaum noch vor, tröstend ruft sie den Unglücklichen ohne Unterschied des Standes oder der Religion zu: „Kommet herzu mir, Alle, die ihr mühselig und beladen seid!" und manche ihrer früheren Zöglinge, die da mit uns wissen, daß nicht Galvanisnius noch Elektricität noch Hypnotismus den Taubstummen Hilfe bringen kann, werden es sich nicht nehmen lassen, dankerfüllt zu der hundertjährigen Jubelfeier der Königlichen Taubstummenanstalt in Berlin zu erscheinen.
!
anstalt.
Die neue Markthalle auf dem Magdeburger Platz.
Bis
zum Jahre 1880 war dieselbe in den beschränkten Räumen der alten, Linienstraße Nr. 83/85 belegenen und 1842 zu einem
Jetzt einheitlichen Bau vereinigten Grundstücke untergebracht. dient neben diesem ersteren ein stattliches, Elsasscrstraße Nr. 86/88 belegcnes, im Rohbau errichtetes und unter Minister Falk projektirtes Gebäude ihren wichtigsten Zwecken, denn dasselbe enthält viele freundliche Klassenzimmer, einen schönen Bet- und Zeichensaal, Turn¬ halle, Direktoratswohnung, Bibliothek und Konferenzzimmer. Zur Zeit sind 100 Zöglinge in der Königlichen Taubstummen¬ anstalt. Hiervon sind 35 Interne oder Pensionäre und von diesen genießen 22 ganze Freistellen, während für 11, als halbe Freistellen¬ inhaber jährlich noch je 240 Mark für Unterricht, Wohnung und Beköstigung zu zahlen sind. Die ganze Pensionssumme bewägt 480 Mark. Der Kursus der Anstalt ist achtjährig und es unterrichten in 10 Klassen 9 ordentliche, 7 Hilfslehrer und 3 Lehrerinnen. Der vor 4 Jahren seitens des Ministeriums für die Anstalt gewonnene Direktor E. Walther gehört zu den bedeutendsten Schulmännern auf diesem Spezialgebiete. Durch seine schriftstellerische Thätigkeit, — er verfaßte eine bis dahin noch nicht erschienene „Geschichte der Taubstummenbildung" Leipzig bei Velhagen & Klasing, Preis 7 Mark, schrieb „An¬ leitungen für Volksschullehrer", auch verschiedene für die Hand der Schüler berechnete Bücher und ist Herausgeber der „Blätter für Taubstummenbildung" (Berlin bei E. Staude), — wie durch seinen unermüdlichen, treuen Fleiß im Dienste der Anstalt und durch die hingebende Liebe zu den Zöglingen, den „Waisen der Natur", ist er seinen Standesgenoffen ein überaus nachahmenswerthes Vorbild. Man muß cs sehen, wie die auf dem freundlichen Turnplätze der Anstalt zu fröhlichem Spiele vereinten taubstummen Kinder herbei¬ strömen. wenn ihr „Herr Direktor" mit dem ausdrucksvollen, von
Vollbart gezierten Gesicht —
Schade, daß er nur zwei Hände hat, denn jedes möchte doch eine
waren, gebracht. Aus Saegerts Veranlassung wurden laut Versügung des Ministers Eichhorn an der Königlichen Taubstummenanstalt zu Berlin sechswöchcntliche Unterrichtskurse für Lehrer aus der Provinz Branden¬
30 waren Pensionäre, die außer dem Unterricht auch Wohnung und volle Verpflegung in der Anstalt empfingen und zwar 12 Kinder als Freistelleninhaber und für 18 wurden — 60 Rthlr. jährlich — auch theilweise aus dem Fonds der Anstalt gezahlt. 40 Zöglinge waren nur Schulgänger, welche in der Stadt wohnten. Das zu Michaelis 1841 aufgestellte und vom Königlichen Provinzial-Schulkollegium unterm 26. Oktober bestätigte Verpflegungs-Reglement, welches in seinen Hauptpunkten noch heute giltig ist, inuß für die Kinder als ein recht günstiges bezeichnet werden. Direktor Saegert verstarb im Jahre 1861 und ihm folgte Reimer bis 1875 und Zimmermann biß 1876. — Von 1876 bis 1885 leitete Dr. Treidel als Direktor die Königliche Taubstummen¬
sehr langem, dunklen
(Mit Abbildung auf S. 105.) Der Plan, Berlin mit Markt-Hallen, wie sie London, Paris und theilweise auch Wien schon längst besitzen, zu versehen, bestand schon seit langer Zeit, sogar das Privatkapital wollte ihn 1872 ausführen, aber die Behörden ertheilten nicht die Erlaubniß um nicht die Lebensmittelversorgung der Stadt in ent¬ scheidender Weise in die Hände einer privaten Erwerbsgesellschaft Endlich 1881, als die Stadtbahn ihrer Vollendung zu legen. nahte, entschloß sich die städtische Verwaltung, dem Gedanken näher zu treten, und im September 1883 ivurde der Grundstein zu der ersten Berliner und zwar zur Central - Markthalle am Alexander-Platz gelegt. Mit einem Kostenaufwand von etwa 12 Millionen Mark wurden zunächst 4 Markthallen errichtet und am 3. Mai 1886 durch den Oberbürgermeister v. Forckenbeck dem öffentlichen Verkehr übergeben: I. die Central-Markthalle in der Neuen Friedrichstraße mit Anschluß an den Verkehr auf der Stadtbahn — Bahnhof Alexander-Platz, II. die Markthalle Lindenstraße — Friedrichstraße, III. die Markthalle Zimmerstraße — Maucrstraße, IV. die Markthalle Dorotheenstraße — Reichstagsufer, 8 öffentliche Wochenmärkte, die für Berlin typischen Veranstaltungen mit ihren typischen Figuren, den Hökerinnen, Blumen- und Käse¬ händlern, Obststauen und Kartoffelmännern, Wafferträgern und Tragestauen wurden geschloffen: Alexander-Platz, Neuer Markt, Dönhofs-Platz, Gendarmen-Markt, Bellealliance-Platz, Potsdam« Thor, Karl- und Luisenstraße, Oranienburger Thor. Eine Polizeiverordung von 18 Paragraphen regelt den Verkehr der Personen, eine andere von 9 Paragraphen den der Wagen. dazu,
:
111
Die Eröffnung, welche ziemlich glanzlos verlief, aber von der ganzen Bevölkerung mit dem regsten Interesse verfolgt wurde, schilderte in bunten Farben nebst den berühmten Berliner Witzen Vas „Berl. Tageblatt" XV. Nr. 222 vom 3. Mai 1886, und der beliebte Berliner.Schriftsteller P. Lindenberg widmet in seiner
durchaus symmetrisch, da die einzelnen Theile in entsprechend gleichen Maaßen errichtet sind. Auf 198 festen Ständen können Posto fasten: 16 Fischer, 16 Wildhändler, 60 Schlächter, 10 Brod-, Mehl- und Vorkost¬ händler, 74 Grünkram-, Obst- uud Gemüse-, 22 Butter- und
Weichbilde der Deutschen Reichshauptstadt" den Markthallen einen kurzen Abschnitt. Die Nachwelt wird es nicht für möglich halten, daß noch vor wenigen Jahrzehnten Käse und Citronen, Bücklinge und Kirschen in trauter Harmonie einträchtig bei einander lagerten, während jetzt Kunst-, Natur- und Mischbutter, Elb- uud Astrachaner Caviar, Roßsleisch, unreifes Obst scharf ge¬ trennt werden muß und mit polizeilicher Strenge überwacht wird. Während der Magdeburger Platz zwischen der belebten Lützow-
Käse-Händler. Auf 154 gm sind freie Stände zu vergeben 54 gm für Holz¬ waaren, 46 gm für Blumen und Vögel, 54 gm für Gemüse. Durch einen Aufzug, der von Personen nicht benutzt werden darf, werden die Waaren aus den Kellerverschlägen in die Halle geschafft. Letztere befinden sich für Schlächter und Wildhändler nach der Genthinerstraße hinaus, für Grünkrain und Käsehändler nach der Magdeburgerstraße. Für Kanalisation und Wasserleitung ist in allen Räumen genügend gesorgt, Feuer- und Sprenghähne sowie 6 nach der Lützowstraße hin gelegene Gully deuten darauf hin. Die Nebenräume sind eingerichtet für die Unterbeamten, 2 Portiers, Polizei und Verwaltung, ferner für eine Kaffeeküche und für feste Abfälle. Daß das Nützliche mit dem Schönen ver¬ bunden ist, zeigt das schmiedeeiserne Ornament der Thüren, welche auf allen 4 Seiten hinter einem Wiudfang-Vorbau sich befinden. Einen anmuthigen Schmuck der Außenseiten bilden unter dem zink¬ gedeckten Dache die glasirten Kacheln, und das Oberlicht einerseits, wie die großen Fenster andererseits tragen dazu bei, den Eindruck
Broschüre
„Im
Genthiner- und Magdeburgerstraße anderer¬ Straßen bis noch vor Kurzem wöchentlich Wochenmarktes war, zeigt er uns Schauplatz eines der zweimal jetzt eine schmucke Halle täglich geöffnet, in der die Hausfrauen wie die Verkäufer geschützt vor Wind und Wetter verkehrm können. Der schroffe Gegensatz zwischen dem niederen Bau und den himmelanstrebenden Häusern der Umgebung soll im Frühjahr ge¬ mildert werden durch geschmackvolle Anpflanzungen; zierliche Wege führen von allen 4 Seiten in die Halle, ein Springbrunnen belebt dann den Anblick von der Lützowstraße her und auf sanfter Er¬ höhung erhebt sich die Halle, über deren 4 Eingangsthüren der „Bär" als Wappen der Stadt thront. An den breiten Bürgerstraße einerseits, der
seits nebst den anliegenden
[
steigen
sollen mehrere Ruhebänke aufgestellt werden,
so
!
Wir wollen
Halle der ganzen Anordnung der Gebäude und Straßen anmuthig anpassen wird. Die Halle ist 68,54 m lang, 28,54 m breit; im Ganzen steht Der Bau ist eine Jnselfläche von 861,80 gm zur Verfügung.
wünschen, daß die verhältnißmäßig kleine Halle
Bedürfniß der Westvorstadt vollauf genüge, Mittelpunkt des lebendigsten Verkehres werde und daß die reichen Hoffnungen, welche die Bevölkerung an die Errichtung gerade dieser Stätte geknüpft hat, in Erfüllung gehen dem längst empfundenen
daß sich
die |
des Freundlichen, Hellen zu erhöhen.
daß
j
!
I
der Platz ein
möchten.
Kleine Mittheilungen. Am siebenjährigen Kriege kam ein preußischer Husaren-Major in ein Kloster in Franken, wo er, ermüdet von einem starken Marsche, mit seinen Kameraden übernachtete. Als er am anderen Morgen erwacht war und sich angekleidet hatte, sah er aus seinem Fenster in den Hof, in dessen Mitte ein Brunnen stand; da bemerkte er dicht an diesem Brunnen ?ine mechanische Figur in Lebensgröße, welche sich abwärts beugte und dann wieder aufrichtete, so oft Jemand aus dem Kloster herbeikam, Wasser zu hole» und deswegen den Eimer herunterließ. Der Major belustigte sich eine Zeit lang an der Puppe; als er sie aber genauer betrachtete, fand er, daß sie vr. Martin Luther vorstellen sollte. Sogleich ließ er den Prior zu sich rufen und sagte zu ihm: habt ja an Eurem Brunnen einen gar hochgelehrten Knecht, den guten Herrn vr. Martin Luther!" Der den Mann in Mönch lächelte. „Ist cs wohl schon lange her, daß Euren Diensten habt? Wie lange arbeitet er Euch bereits?" — „Bereits seil 20 Jahren, Herr Major!" — „Seit 20 Jahren? Eine lange Zeit! So lange hielt es wohl keiner von Euch geistlichen Herren in einem gleichen 7 lenste aus! Und hat der Herr Doktor am Brunnen sich während dieser langen Zeit als ein treuer, ordentlicher und fleißiger Diener bewiesen? Seid Ihr immer recht zufrieden mit ihm gewesen?" — „Warum das nicht?" sagte der Mönch schalkhaft lächelnd. „Er war stets ein getreuer Knecht!" — „Aber er ließ sich gewiß seine Arbeit theuer bezahlen?" — »Bis jetzt hat er uns ganz umsonst gearbeitet!" — „Ganz umsonst? Nein, das ist nicht möglich! Da habt ihm gewiß seinen Lohn vor¬ enthalten. Wie viel, sagt mir, wie viel kann ein recht fleißiger Arbeiter >n einem Tage verdienen, wenn er, wie dort Herr Luther, von Morgens schafft bis in die späte Nacht hinein?" — „Ei nun, ein solcher Arbeiter mag immer seinen halben Gulden verdienen; wir bezahlen gut!" — - Schön, schön, Herr Prior! Ein fleißiger Arbeiter ist ja seines Lohnes mcrth. Und nun laßt uns in Betreff des Herrn vr. Luther abrechnen. E: steht 20 Jahre als ein getreuer und fleißiger Knecht bei Euch im Dienste; er, als ein studirter und hochgelehrter Arbeiter, darf wohl mit allem Recht doppelt soviel Arbeitslohn fordern, als ein gewöhnlicher Tageioi'ner. Setzen wir daher auf den Tag einen Gulden; also 365 — 20 mal macht die runde Summe von 7300 Gulden. Ich will generös sein und Eurem Kloster die Zinsen gar nicht berechnen. Morgen früh marschiren wir ab. jois dahin haltet mir das Geld in Bereitschaft und vergeht nicht, daß ich
! !
!
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„Ihr
Ihr
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Protestant und preußischer Husarenmajor bin." Der Prior ließ es an Einwendungen aller Art nicht fehlen, umsonst. Am andern Morgen zog Major mit seinen Kameraden weiter, und vertheilte das richtig emd-angene Geld unter die Mannschaft. ' Beitrag zur Geschichte der Kamikie von Münchow. Als Friedrich Große als Kronprinz auf der Festung Küstrin gefangen saß, hatte der - nverneur der Festung, General von Lepel, eine sehr strenge Instruktion
hinsichtlich der Behandlung des Prinzen von dem König selbst erhalten. Am empfindlichsten war es Friedrich, daß ihm seine liebe Flöte verboten wurde. — Trotz dieses strengen Verbots gelangte der Prinz doch in den Als er nämlich eines Tages in seinem Gefängniß Besitz einer Flöte. trostlos und einsam da saß, hörte er über seinem Kopfe hämmern und sägen. Verwundert blickte er nach oben und sah, wie sich die Zimmerdecke plötzlich öffnete. Eine Hand erschien und ließ an einem Strick ein Körbchen mit einer Flöte und den nöthigen Noten langsam zu ihm herunter. Auch befand sich in dem Korbe eine schriftliche Mittheilung, daß auf diesem ungewöhnlichen Wege auch ferner für seine musikalische Zerstreuung und Unterhaltung gesorgt werden sollte. Wer war es, der es gewagt hatte, ihm diesen Freundschaftsdienst zu erweisen? Es war der Präsident der dortigen Kriegs- und Domänenkammern, von Münchow, der ebenfalls in dem Schlosse wohnte und sich erdreistet hatte, auf diesem gefährlichen Wege mit dem hohen Gefangenen sich in Verbindung zu setzen. Nun konnte sich dieser dem lang entbehrten musikalischen Genusse ungestört hingeben und sich in seiner Gefangenschaft auf diese Weise Unterhaltung und Vergnügen verschaffen. — Friedrich hat sich später hierfür gegen den Präsidenten und dessen Familie durch mancherlei Gnadenerweisungen Dr. Th. Unruh. dankbar gezeigt. — Wie der Aivisionspredigcr Karnifch in Potsdam (. ?.*) zu feiner Stelle kam. — Der General Renzel, der den Posten zu vergeben hatte, liebte gern allerhand spaßige Reden, und wie Harnisch sich bei ihm zu demselben meldete, sagte er: „Die Stelle kann er nicht kriegen, mein lieber Küraß, die ist schon so gut wie vergeben." — „Na", replicirte unser Kandidat Harnisch, „dann thut es nichts, General Tornister, dann muß ich mich anderweitig umsehen." — „Er ist ja ein Schwerenothskerl," sagte Renzel, „so einen brauche ich aber bei meinen Soldaten, der das Maul auf dem rechten Fleck hat. Er soll die Stelle haben." — So wurde Harnisch Divisionsprediger, und General Renzel hat es nie zu bereuen W. 8. gehabt. *) Zur Zeit des alten Fritz.
Inhalt: Johannes Wedigen, Schwebel (Fortsetzung);
eine
Berliner
Geschichte von Oskar
Ernst von Wildenbruchs vaterländisches
Schauspiel „Die Quitzows", von Paul Burger; Aus König Friedrich Wilhelms IV. gesunden und kranken Tagen, von F. A. von Winterfeld (Schluß);
Zur hundertjährigen Jubelfeier der
Königlichen Taubstummenanstalt in Berlin (mit Abb.); Die neue Markthalle auf dem Magdeburger Platz (mit Abb.). — Kleine Mittheilungen: Im siebenjährigen Kriege; Beitrag zur Ge¬ !
schichte der
in Potsdam
Familie von Münchow; Wie der Divisionsprediger Harnisch — Anzeigen. f. Z. zu seiner Stelle kam.
112
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Holtze als Delegirte des Vereins Hcroldsmeister von Borwitz und Harttcnstein als Delegirter für den Verein Herold, Geschichtsmaler August von Heyden für Kunstgeschichte, Generalmajor von Prittwitz und Gaffron für Waffengcschichte, Landgerichtsrath Dannenberg iür Numismatik, Pastor ern. Ragotzky für Heraldik, Dr. Karl Bolle für Botanik, Rektor Dr. Reinhardt für Conchylien, Dr. G. Kraatz iür Entomologie. sür
die
Geschichte
der Mark,
Die Verwaltung der laufenden Museumsgeschäfte führt seit Errichtung des Museums der Kustos Buchholz. Aus dem Ver¬ hältniß des Museums zur Stadtverwaltung als Oberbehörde er¬ geben
sich die verschiedensten Geschäfte, deren Verlauf nicht immer glatter sein kann, weil die Vorschriften für den städtischen Büreaudienst nicht für die Führung eines auf opferfreudige Mit¬
ein
wirkung des Publikums angewiesenen Museumsdienstes zugeschnitten Der Verkehr mit dem Publikum ist ein anderer, da die sonnen des Büreaudienstes hier niemals zum Hinderniß werden
sind.
dürfen. Zwischen beiden Richtungen sich durchzuwinden, ist eine verdienstliche Aufgabe der Verwaltung. Die allgemeine Büreau'envaltung des Museums ist ein weiteres Arbeitsfeld. Die Hauptiache aber bleibt die eigentliche Museumsarbeit: die Ermittelung der
i
Alterthümer, die Ueberweisungs- resp. Ankaufs-Verhandlungen, die Behandlung der eingehenden Gegenstände, ihre Katalogisirung, Be¬ schreibung und Aufstellung, die daran sich knüpfende wisienschaftliche Untersuchung bezw. Korrespondenz, die Zutheilung der Notizen zu den verschiedenen Abtheilungen der Sammelkästen, die Empfangs¬ bestätigungen, die monatlichen und jährlichen Berichte zur Veröffentlichung und der Schriftverkehr, welcher mit den angedeuteten Punkten in Verbindung steht; ferner die Auswahl und Vorbereitung für Vorträge und wisienschaftliche Darstellungen, die Beantwortung historischer Anftagcn, die Förderung öffentlicher Veranstaltungen und Ausstellungen, auch die Betheiligung an denselben in größerem Umfange, die Sorge für die Erhaltung der Sammlungsgegcnstände, für ihre Sicherheit und Vollständigkeit, welche Prüfungen jeder Art bedingt, endlich die Beaufsichtigring während der öffentlichen Besuchs¬ zeit, alle diese Dinge sind Aufgaben der Museumsverwaltung. Die Vielseitigkeit derselben ergiebt sich aus der Natur der Sammlungs¬ gegenstände, welche allen Gebieten der
Natur angehören und Er¬
Arbeit jeder Entwickelungspcriode, jeder Kunst und Wissenschaft, jeden Gewerbes, jeder auch der primitivsten Hand¬ fertigkeit sind, ja auch irr jedem Alters- und Zerstörungszustande eingehen, so daß sie oft einer chemisch-technischen Behandlung bedürsen. Zur Erledigung dieser Geschäfte sind dem Kustos ein Büreau- und ein technischer Assistent, sowie ein Diener und eine Rcinigungsfrau zur Hand, während für schwerere Arbeiten nach Bedarf Kräfte an¬ genommen werden. Die Kosten des Museums haben bisher jährlich 10 — 12 000 Mark betragen, wobei die Miethe für die Lokalitäten zeugnisse menschlicher
nicht eingerechnet ist. Wie großartige Erfolge hat die Anstalt bisher erzielt! 14 jähriger Arbeit sind mit wenigen Kräften und geringen Mitteln rund 56 000 Altcrlhumsgchenstände und 12 000 Naturalien ge¬ sammelt! der Geschichte der Museen steht eine so gewaltige Entwickelung einzig da. Hat die Verwaltung, insbesondere der unermüdliche Leiter, Stadtrath Friede!, einen Hauptanthcil an diesem Erfolge, so wären diese doch nicht möglich gewesen, wenn dem Institut nicht eine Popularität zur Seite stände, wie Wir sie innerhalb der Provinz Brandenburg ohne Gleichen ist. sehen aus den langen Reihen der Berichte über die eingegangenen Geschenke, welcher Eifer überall besteht, an den Zwecken des Museums mitzuwirken und ihm Material zuzuführen. Das Königliche Haus, Reichs-, Staats-, Kommunal-, Kirchen- und Schul-Behördcn, Vereine, Innungen, Hospitäler und Korporationen jeder Art und aus dem ganzen Gebiet der Provinz Brandenburg und tausende von Privatpersonen stehen in den Berichten als Stifter und Förderer
In
In
ja hin und wieder sind auch Angehörige benachbarter Provinzen und sogar fremder Länder darunter. Sind nun die Gaben auch nicht immer von Werth, sind sie auch zum großen Theil nur für Spezialisten von Interesse, so gehen doch auch Dinge von bedeutendem historischem, kulturgeschichtlichein oder nationalem Werth ein, welche schon für sich ausreichen, das Bestehen eines solchen Instituts zu ihrer Erhaltung und Aus¬ stellung sür die Ocffentlichkeit vollständig zu begründen. Zu be¬ klagen ist nur der Mangel an Raum in einer Lokalität, in welcher zwar alles systematisch geordnet, aber doch so dicht gedrängt und so mangelhaft beleuchtet ist, daß der Beschauer vor diesen Massen eine gewisse Unruhe empfindet. Ferner ist lange nicht Alles zur Ausstellung gebracht. Vieles schlummert in unzugänglichen Schränken und Räumen, um erst dann ausgelegt zu werden, wenn bessere Räumlichkeiten dazu Platz bieten. Hoffen tvir, daß bald Rath geschafft wird; Provinzial-Verbände», wie der Stadt Berlin und der Provinz Brandenburg kann die Aufbringung der Mittel zu einem Museumsgcbäude im Betrag von etwa 500 000 Mark sicherlich nicht schwer fallen! R . . . z. verzeichnet,
120
Christian Thomasius und Kurfürst Friedrich Ein Gedenkblatt zum 200 jährigen Jubiläum der
deutschen
III.
'
illustrirten
Zeitschriften.
Von Max Lortzing.
Die Verdienste der beiden Philosophen G. W. Leibnitz (1G46—1716) und Chr. Thomasius (1655—1728) um die Hebung der deutschen Sprache und um die Begründung der deutschen Philosophie als einer besonderen selbstständigen Wissenschaft sind genugsain bekannt.
Letzterer insbesondere ist
durch seine deutschen
!
Vorlesungen und die Herausgabe der ersten Monatsschrift in deutscher Sprache bahnbrechend für die Entwickelung unseres Zeitschriftcnwesens geworden.
Einige wichtige, bisher wenig beachtete Quellen und Urkunden lll. diesem Manne
zeigen uns, welche Bedeutung Kurfürst Friedrich schon
bei
dessen
gewahr wurde, daß eine solche ziemliche Anzahl der studirenden Jugend von allerhand Ständen sich hie bei ihm eingefunden hatte, von dato an gnädigst sich resolviret, das vorhandene Universitätstverk festzusetzen, maßen von der Zeit an auch andere Herren Professores nach und nach pervociret wurden." Wie nun aus dem früheren Kurfürsten von Brandenburg der nachherige König von Preußen wurde, hat sich auch seine Schöpfung, die Universität Halle, dem entsprechend der alten Frankfurter Hoch¬ schule gegenüber entwickelt. Wir lesen darüber im „Neuen Allgemeinen Archiv für die Geschichte des preußischen Staates" (Bd. 1, Heft 3) Folgendes: „Sind doch alle bedeutenden preußischen Beamten des vorigen Jahrhunderts in Halle gebildet, und jene charakteristische Richtung auf das Verständige, Nützliche und Zweck¬ mäßige, die sich in der Verwaltung überall abspiegelt, ist nur die Anwendung des in Halle Eingesogencn. Der Drang auf ein gemeinverständliches deutsches
Lebzeiten
Recht zur Abschneidung aller juristischen Fakultäten- und
beigelegt hat.
Eine Verfügung dessel¬ lautet: „Wir Friedrich der Dritte, von Gottes Gnaden Markgraff von Brandenburg, thun kund und fügen hiermit zu tvissen, das; Wir Christian Thomas, der beiden Rechte Doktor ein, in Gnädigster Konsideration seiner Uns be¬
Advokatenkünste, der bald in
ben
allen preußischen Beamten wurzelte und sich endlich zu verwirklichen suchte, die un¬ Ausdehnung der geheure
Staatsbcvormundung in der ganzen Verwaltung, die Prü¬ fung durch den gesunden und den Nutzen, der alle hergebrachten Verhältnisse allmählig unterworfen wurden, dies ist in Halle entstanden. Die Universität Frankfurt Menschenverstand gemeinen
kannten sonderlichen
Erudi¬ tion, Wissenschaften und an¬ derer guten und rühmlichen Qualitäten zu Unserm Rath in Gnaden bestellet und an¬ genommen haben. Und gleichlvie gedachter Unser Rath, Thomas, Untcrthänigst ver¬ langet, daß wir ihm erlau¬
repräsentirt den alten Bran¬ denburgischen Kurstaat, Halle ist das Erzeugniß des neuen Königreichs Preußen, jene hat
in Unserer
den märkischen Landesbrauch
Stadt Halle im Hertzogthum
bis in das achtzehnte Jahr¬ hundert aufrecht erhalten, während aus dieser das so¬ genannte Naturrecht hervor¬ ging, was für die Geschichte
ben möchten, sich
Magdeburgk der
zu
studirenden
setzen
und
Jugend,
lvelche sich allda vielleicht bei
ihm einfinden möchte, mit Lektionibus und Kollegiis, wie er bißhero zu Leipzig! gethan, an die Hand zu gehen, so haben Wir ihm solches nicht allein in Gnaden permittiret, sondern Wir wollen auch
unserer Rechtsentwickelung und des
Provinzialrechts
insbe¬
sondere sehr zu beachten ist."
Christian Thomasius.
bei Unserer Magdeburgischcn
Landschafft die Verfügung thun, daß dieselbe ihm zu seiner so viel besseren Subsistenz aus den gemeinsamen Landesmitteln jährlich
fünfhundert Thaler zahlen und damit von der Zeit an, da vermeldeter Thomas sich zu Halle setzen wird, den Anfang nehmen soll. Urkundlich mit Unserer eigenhändigen Subskription und vorgedrucktem Gnadcnsiegel gegeben zu Königsberg! in Preußen, den 4./14. April 1690." Später erzählte dann Thomasius in seiner „Anrede an seine Feinde": „Es fanden sich auch Grafen und Freiherren alsbald bei ihm (bei Thomasius in Halle) ein und kamen selbst von Leipzig etliche vornehnie Grafen des Reichs, die erst nach seinem Weggange dahin sich begaben und die er zuvor gar nicht gekannt, hieher, wie denn auch aus Dänemark eine dergleichen hohe Standespcrson bald anfangs sich hieher gewendet. So zwar, daß Se. Kurfürstliche Durchlauchtigkcit zu Brandenburg, als Selbige Anno 91 aus dem Karlsbad hiedurch wieder zurück nach Dero Residenz ging und
j
Die umgestaltende Thätigkeit Friedrich Wilhelm's l. ebenso tvie die Verwal-
tungs- und Rechtsgrundsätze Friedrich's des Großen haben in Halle ihre Wurzel, und Letzterer hat dankbar das unbestochene Zeugniß abgelegt, daß von allen Ge¬ lehrten, die Deutschlands Ehre verherrlichten, Thomasius neben Leibnitz dem menschlichen Geist die wichtigsten Dienste geleistet bat. Die kulturhistorisch außerordentlich wichtige That, welche des
Thonrasius Verdienste dauernd der Nachtvelt erhalten wird: die Begründung der ersten illustrirten wiffcnschaftlichen Zeitschrift durch Thomasius im Jahre 1688, feiert nunmehr die 200 jährige Wieder¬ kehr ihres Entstehens. Um die Bedeutung dieser That völlig zu verstehen, mögen einige Erläuterungen aus der Geschichte der graphischen Künste hier Platz finden. Die Erfindung des Kupferstiches und Holzschnittes ist nicht n> diejenige Zeit zu setzen, in der man zuerst in eine Metallplatte Linien cingrub oder einen Holzstock so schnitt, daß nur die Zeichnung erhöht stehen blieb. Sie datirt vielmehr erst von dem Augen-
121
in welchem der mechanische Abdruck von der Platte gemacht
mit dicken,
eckigen
der Umriffe
sind
Strichen angegeben, Schraffirungcn innerhalb nicht versucht worden. Künstlerisch nicht Wahrscheinlich sind es die sogenannten Briefmaler gewesen, höher steht der Bilderschmuck der ersten illustrirtcn deutschen Bibel, die um die zuerst auf diesen epochemachenden Gedanken verfielen. Wie in 1470 in Augsburg entstand, und in welcher die Verwendung der der vorgutenbergischen Zeit sich die Fürsten und Gelehrten durch nämlichen Holzstöcke für ähnliche Gegenstände in der ausgedehntesten ihre Kalligraphen und Rubrikatoren Prachthandschriften größerer Weise betrieben wird. So muß ein alter Mann mit Turban in Werke herstellen ließen, so besorgten die Briefmaler oder Brief¬ langen: Gewände, der in einem Zimmer an einen: Tische sitzt und drucker kleinere Schriften, wie Schul-, Andachts-, Arzneibücher und die Hand in ein aufgeschlagenes Buch legt, für die ganze Reihe Kalender für das Volk. Sie verfertigten Schablonen, kannten die der Propheten herhalten, und eine jugendliche Figur mit langen, Stempclschneiderei und ver¬ blonden Locken und einer fielen auf den Gedanken des Krone auf dem Haupte stellt Schneidens in Holz. die verschiedensten Könige dar, Das älteste Bild, welches ivährcnd ein Dritter den mit Bestinimtheit als ein ErApostel- und Evangelisten¬ zeugniß der Holzschneidekunst typus vertritt. Freymüthige
blicke,
wurde.
werden
angesehen der
heilige
darf, ist
Christoph
von 1423, den der berühmte Kunsthistoriker von Heinecken in der Mitte des vorigen Jahrhunderts in der Biblio¬ thek der ehemaligen Karthause Buxheim bei Memmingen in einer Handschrift entdeckte. Ein Mittel, Schrift und Bild gleichzeitig in mehreren Exemplaren herzustellen,. bot der Formschnitt. Da es
war,
Bilder als/ Schrift in Holz oder Metall leichter
spielen in allen sogenannten „Block-
zu schneiden,
alten
büchern"
die
Bilder
die
Hauptrolle, und ihnen fügte
Oder
Den zahlreichen fliegenden Blät¬ tern, insbesondere auch den Ablaßbriefen, fehlte dieser bildliche Schmück nicht.
Die Erfindung derBuchdruckerkunst, welche mit einem
empfing wurde. Hierzu trug später ihre Ver¬ wendung zur Illustration der Zeitungen vornehmlich bei. und
Die
Durch alle zwölff Monate
i
des 688- und 1689.
Jahrs
schäftigen,
von
Schlacht,
Christian Thomas.
wechsel, eine
HALLE,
e
ein eine
be¬
Krieg, eine Regierungs¬ Fcuersbrunst,
Mordthat, ein seltsames u.
a.
m.
Die periodische Wiederkehr,
Gedruckt und verlegt von Christoph Salfelden, Chur-Fürstl. Brandend. Hoff- und Regierungs- Buchdrucker.
die jetzt wesentlich zum Be¬
griff
des
Journalismus
ge¬
hört, war also dazumal noch gar nicht vorhanden. Es waren die ersten Blätter einzelne Druckschriften von ge¬ ringem Umfange, meist ohne Ortes, oft Angabe des auch der Jahreszahl, aber Holzschnitten mit immer
1639 .
der Thomasius'schcn Monatsschrift von 1690.
Blüthe brachte, ' ihn früh dahingesiecht wäre: den Holzschnitt. Die Verbindung mit jenem zeigte ihm neue, bis dahin ungeahnte Bahnen der Thätigkeit. Aus der Anfertigung der Heiligenbilder, er Kalender und Spielkarten wurde er in den Kreis eines weit umfangreicheren Schaffens gezogen, die Verknüpfung mit der Litteratur 'ährte ihm neue Stoffe und fruchtbare geistige Anregungen zu. Der Erste, welcher seine Schöpfungen mit figürlichen DarÜellungen ausstattete, war der Briefdrucker Albrecht Pfister in Bamberg,- 1461 und 1462. Die Illustrationen sind hier noch Ichr primitiv, nur die Pinrißlinien der einzelnen Figuren werden
ein
Himmelszeichen
zweig erst zur
welcher ohne
ersten Zeitungen waren
einer größeren Menge zu
durchgeführet
Mel
volksthümlich
das, was wir heute Extra¬ blätter nennen und erschienen, sowie eine Begebenheit einge¬ treten war, die sich dazu eignete, die Aufinerksamkeit
mittelalterlichen. Schranken befreite und der neuen Zeit die Thore öffnete, wurde auch für die Kunstgeschichte epoche¬ machend, denn der Buchdruck war es, der jenen Kunst¬
endlich
Albrecht Dürer
Reue Wucher/
r-chlage die Geister von allen
es
seine künstlerische Weihe durch
über allerhand, fürnehmlichaber
seltener ganze Seiten
der Kunst zu sterben.
Individuen, bis
onats-Kesprache,
hinzu, wie in der Itibliaxaupsrum, derArmen-
inder^rsmoriencki,
von den Holzschnitten noch ilberließen mit fern und wenigen Ausnahmen dieses ganze Gebiet untergeordneten als Handwerker wirkenden
edanckm
man einzelne ebenso geschnit¬
Text, wie
Die besseren künstlerischen Kräfte hielten sich bis zum Schluffe des 15.Jahrhunderts
Lustige undErnsthaffte iedoch Vernunffvuud Gesetzmäßige
tene Sätze
bibel,
noch
geschmückt.
Zeitungen,
doch waren daneben in Gebrauch, wie Brief, Mär, Nachricht, Neues, Bericht, Aviso, Post, Postreuter, Postillon, Kurier, Fama, Depesche, Felleisen u. s. f. Der Name Relation, den man jetzt auf jene ältesten Blätter anzuwenden pflegt, scheint
Sie hießen gleich
zu
Anfang
auch eine Menge anderer Namen frühzeitig
den Berichten der Gesandten an ihre Höfe entlehnt worden zu sein. Das historische Volkslied war die Zeitung einer Epoche gewesen,
welche die Buchdruckerkunst noch nicht erfunden hatte und daher noch auf die mündliche Ueberlieferung angewiesen war. Anfangs gehen
Relation
und
Volkslied
zusammen,
ja, man
könnte
122 schule, das noch niemals durch die deutsche Sprache entweiht worden war, ein deutsch geschriebenes Programm an als Einladung zu Vorlesungen, die er deutsch zu halten beabsichtigte. Und die Wände des Hörsaales stürzten wirklich nicht ei», um diesen Ketzer- ob seines unerhörten Frevels, der die zunftstolzen Professorengemüther mit tiefster Empörung erfüllte, unter ihren Trümmern zu begraben. — Aber es sollte noch ärger kommen, es geschah das Unglaubliche: Thomasius gründete das Jahr darauf die erste wissenschaftliche Zeitschrift in deutscher
sagen, sic ergänzen sich gegenseitig, indem zu dem politischen Bericht
der Zeitung letzteres gleichsani das politische Pathos hinzusiigte. Die älteste bekannte Relation — nicht etwa die eiche —
stammt aus dem Jahre 1493 und befindet sich in der LeipzigerUniversitätsbibliothek. Sie besteht aus sechs Blättern in Quart
und ihr vollständiger Titel lautet unter Beibehaltung der damaligen Orthographie und Interpunktion: „Wie und mit welcherley Hcrlykeit Auch durch Bischöfe prelate Fürsten und Herren. und Exequicn etwan des aller-durchlauchtigsten Großmcchtigsten Fürsten und Herrn Friedrichs deß heyligcn Römischen Reichs kayscrs czu Hungern koniges rc. Unnd Ertzherzogen czu Österreich re. unseres Allcrgncdigsten Herrn inildeß seliges und löblichs Czu Wyenn yn gedechtniß gehalden verbracht un begangen sey.
und soleinpnitären.
Daß Begegniße
Sprache und wurde dadurch vor zwei Jahrhunderten der
Stifter
des deutschen literarischen Journalismus, der Ahnhcrr unseres gesammtcn Zeitschriftenwesens. Das erste Heft seiner Monatsschrift erschien unter dem Titel: „Schertz und Ernsthaffter, Vernünfftiger und Einfältiger Gedanken, über allerhand lustige und nützliche Bücher tind Fragen. Erster Monat oder Januarius, Frankfurt und Leipzig. Verleger Moritz Georg Weidmann, Buchhändler, 1688." Die ersten sechs Nummern gab er ohne Illustrationen heraus, vereinigte sie dann zu einem Bande und fügte dicscin nachträglich Kupfer hinzu, die von da ab den Thomasius folgenden Heften regelmäßig bcigcgeben wurden.
Österreich." Darstellungen von fürstlichen Aufzügen, Zusammenkünften, Krönungen u. s. w. gehören zu den Lieblingsgegenstäuden des da¬ malige» wie des heutigen Publikums. Von besonderem Reiz für die Zeitungen tvaren auch die
Türkenkricgc; dann die Armada , deren 300 jähriges Gedenken England in diesem Jahre feierte. Im Verlauf dieses Seekrieges, 1588, entstanden in England, angeblich auf unmittelbare Vcranlassung der Königin Elisabeth, die sogen. Mercuries, Kriegszeitungcn, welche die einzelnen Siege und Gefechte sofort zur Kenntniß des dortigen Publikums brachten. Damit siedelten die deutschen Relationen nach Großbritannien über. — Die ältesten periodischen Schriften in Deutschland waren die Kalender und die Mcßverzeichnisse der Buchhändler, und neben diesen entstanden als eine Art journalistischer Pendants die jährlichen „Postreuter" und die halbjährlichen Relationes Semestrales. Jni Jahre 1615 endlich erschien zu Frankfurt a. M. die erste wöchentliche Zeitung und während des kurz darauf ausbrechenden dreißigjährigen Krieges dehnte sich das Zcitungswesen
in Deutschland erstaunlich aus. Der Bilderschmuck beschränkte sich sodann auf die Relationen, die immer noch neben den regelmäßigen
Blättern gedruckt wurden. Der litterarische Journalismus entstand dagegen zunächst als gelehrter in Frankreich, und trat gleich in der Form periodischer Zeitschriften auf. In Paris erschien am 5. Januar 1665 die erste, noch heute publizierte wissenschaftliche Zeitschrift, das Journal des Sp avans, welches nicht nur im eigenen Lande, sondern inganz Europa die allgemeinste Verbreitung fand. Im Januar 1682 wurden nach diesem Vorbilde durch einen Verein Gelehrter zu Leipzig die Ada Eruditorum in's Leben gerufen, die sich alsbald zum Mittelpunkt der europäischen
Gelehrsamkeit emporschwangen.
die Franzosen, Engländer, Wissenschaft reden ließen,
Während
aber
Italiener in ihrer Muttersprache die bedienten sich die Deutschen dazu
des
Lateinischen.*) Je weiter
sich die Reformation von ihrem volksthümlichen Boden entfernt hatte, desto ausschließlicher war wiederum die Herrschaft der alten Gelehrtensprache geworden, und die große Errungenschaft der deutschen Schriftsprache ging für das wissen¬ Christian Thomasius, schaftliche Denken völlig verloren. Professor der Rechte an der Universität Leipzig, der den blinden Autoritätsglauben über den Haufen warf, die Wissenschaft aus
starren Fesseln der Theologie erlöste und an Stelle der ver¬ knöcherten, scholastischen Philosophie das freie Denken setzte, war es, welcher das verachtete Aschenbrödel, unsere Muttersprache, den
wieder auf den Thron erhob, der ihr gebührte. Vor Beginn des Sommersemcstcrs 1687 schlug er an das schwarze Brett der Hoch¬
*) lieber
die Acta
Eruditorum (1682—1782) vergk. die Preußischen
Jahrbücher 1861 S. 225 sf. und über Entstehung, Ausbreitung und Charakter der älteren litterarische» Zeitschriften in Deutschland überhaupt Prutz, Geschichte des deutschen Journalisnius I. 244 ff. Anm. d. Red.
j I
ward also in der zweiten Hälfte des Jahres 1688 zum Schöpfer unserer illustrirten Journale. Lassen wir ihm
j
selbst sein erstes
!
Titelbild erklären:
„Die Leute sind durch diejenigen, so bishero in unterschiedenem Sprachen monatlich etwas herausgegeben, so verwehmt worden, daß es ihnen wunderlig vorkonimet, etwas dergleichen in unserer teutschen Sprache zu sehen, darbeh kein Kupfferstücke anzutreffen. Ich habe mich solcher Gestalt nicht gewundert, als ich gehöret, daß unterschiedene inir in meinen Monat Gesprächen diesen Defect gezogen. Die Menschen bildern doch
;
j
j
s
|
gerne. Also habe ich mich beflissen diesen Defect noch re integra zu supplirett, und zu einen jeden Monat rin Kupffer noch behstechen zu lassen. Was sollte ich aber machen? Mit Triangeln, Würmern, Müntzcn und dergleichen Sachen sind andere Schrifften schon angefüllet, und handeln auch meine Gespräche von solchen ticffsinnigen Materien nicht; ja ich zweiffelte, ob diejenigen, zu derer Zeit verkürtzung ich diese Gespräche zu schreiben mein Absehen gehabt, Ihre Belustigung an der¬ Also mußte ich wohl auff was gleichen inventionen finden würden. anders bedacht sein. Die Menschen finden ihre gröste Belustigung bey anderen Menschen. Dennenhero afficircn uns die Comoedien und Operon Solcher gestalt habe so sehr, weil sie uns menschliche actione« vorstellen. ich mich resolviret, bey jedem Monat eine dergleichen actio», die in dem Gespräche erklärt würde, darzu stechen zu lassen. Ich bin nicht in Abrede, daß zum öffteren der Leser wird betrogen werde», wenn er sich aus An¬ schauung des Kupffers etwas sonderliches einbilden wird, und hernach siehet, daß die Beschreibung der actione« manchmahl in zwey Worten be¬ stehet, und solche Sachen in sich begreifst, die gemein sind und lästig für¬ fallen. Allein die Materie meines Vorhabens hat solches nicht anders zulaffen wollen. Man darf in diesen Gesprächen keine Tragica suchen, sondern man wird durchgehends die Sachen, so darinnen enthalten sind, auf eine komische Weise abgehandelt finden, in Oomocdicn aber trifft man mehrentheils altägige actione« an. Was das Kupffer beym Titul anlangt,
durchgehends
so
wird jeder, der die Oomocdie des Moliere von Tartuffe
gelesen oder
ge¬
im ersten Anblick alsbald gewahr werden, daß es eine Vorstellung aus derselben, und also nicht mal ü propos angebracht ist, weil die Vor¬ rede vor dem Januario weiset, die heut zu Tage in Schwang gehende Heuchelest durch einen zugelaffenen Schertz etwas zu railliren, deren ideaw Mons. Tartuffe exprimiret. Nun ist es zwar nicht zu leugnen, daß die Heuchelet) etwas unleidlig ist, und Ihre Laster nicht gerne entblöset siehet; alleine desto weniger habe ich mich dran gekehret, weil ich nicht entschlöffen sehen,
Sie zu caressiren. Will einer eine weitere Erklärung über dieses Kupffer haben, dem recommandire ich gewesen, der Heucheley zu heucheln, oder
folgende Verse des BoileauEs folgen nun die Verse, eine Uebersetzung derselben und eine Schlußbemerkung.
Man
sieht, die Sprache ist noch ungelenk und roh, die Dar¬
stellung breit und schwerfällig, es ist eben der erste Versuch, der erste Gehversuch, so zu sagen, welchen das des wisienschaftlichen Aus¬ druckes so lange entwöhnte Deutsch wieder machte. Das Format
123 der Zeitschrift ist kleines Oktav, der Druck sehr ungleichmäßig und der
Inhalt würde
den heutigen Leser wenig interessiren, er hat
Werth für die literarische Forschung. Aber wird es unseren Journalen nach zwei Jahrhunderten nicht ebenso ergehen? In welchem Bilde wird sich dann die illustrirte Welt zeigen? Die Wirkung auf die Zeitgenosten war eine packende, zündende, Vermieden die Acta Eruditorum ängstlich und elektrisirende. grundsätzlich alles, was nicht streng wissenschaftlich und orthodox war, wagte sich in ihnen die Kritik nur höchst selten und schüchtern hervor, so geschah hier gerade das Gegentheil: in ergötzlicher Form, meist in novellistischer Einkleidung führt Thomasius seine Gestalten und Belehrungen ein, sein Witz ist rasch, scharf, muthwillig, er trifft
noch
Gelehrtendünkel und die Fürstendienerei vernichtend. Sogar Belletristik zieht er in den Bereich seiner Be¬ sprechungen. Schonungslos ging er den Schäden der alten Schulden
die bisher verpönte
mctaphhsik und
der unseligen Verquickung von Philosophie
Der Häcksel steig.
nur
und
Theologie zu Leibe.
Wuthentbrannt schleuderten die zünftigen Profestorcn den Bannstrahl gegen ihn. Thoniasius mußte aus Leipzig entweichen, das Oberkonsistorium in Dresden untersagte ihm für alle Zukunft Vorlesungen zu halten und ein Druckwerk zu veröffentlichen, man nahm ihm also die Möglichkeit ferneren Wirkens, ja, des Lebens¬ unterhaltes. Doch Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg, der
Was in Baiern das Haferfcldtreiben, in Westfalen die heilige Nehme, ist in eiirzelnen Städten und Dörfern der Mark Branden¬ burg noch bis auf den heutigen Tag in gewiffer Hinsicht — der Es ist eine Art geistliche Volksjustiz, die an Bräute in der Nacht vor dem Hochzeitstage in Ausübung gebracht wird, so dieselbe stolz mit dem Kranz im Haar, der nach Annahme und Meinung der Leute ihr nicht zukommt, zur Kirche zu gehen oder zu fahren gedenkt. Man findet vom Hause der Braut bis zur Kirchenthür die Straße entlang mehr oder weniger Häcksel gestreut. Niemand weiß, wer es gethan — und wer es weiß, hütet sich, cs zit verrathen. Und käme in der Nacht Jemand dazu und sagte: Aber Jochcm, Wat machst Du — so würde der Uebelthätcr sich verwundert um¬ sehen und dummdämlich aussehend sagen: Schlag! Dunnerswelt! da is mi de Sack ufgegehen — oder ick glöwe jar — bat Best hat
Häckselsteig.
en Loch!
—
„Und da hast Du di bü di Kirch, an de Dör woll ausruhen mötcn?" Gewiß! Bin blos man dort stolpert. Et was so verflixt dunkel, so dat ich dort stolpert müßt, an die Stcencr! Min Been daiet noch weh! Na! hall di nich up — min Weg gaiht nun hie
apsit.-
von Preußen, ertheilte ihm die Er¬ laubniß, in Halle Studirende um sich zu sammeln und zu lesen und gewährte ihm, wie oben bereits mitgetheilt, zugleich ein Jahrgehalt von fünfhundert Thalern. So hat Thomasius den Anstoß zur Stiftung der Universität Halle gegeben und sich durch diese That einen abermaligen Anspruch auf Unsterblichkeit in der Geschichte des deutschen Geisteslebens erworben. Auch iir dieser Stellung arbeitete er unermüdlich für Ein¬
Und Jochein geht seinen Weg. Es hat ihn Niemand gesehen noch erkannt — aber der Häckselsteig ist ani Morgen da. Und hat
führung des deutschen Schreibens und Denkens; er, der doch einer der ersten und anerkanntesten Gelehrten seiner Zeit war, veran¬ staltete unter den Studenten deutsche Stil- und Redeübungcn, er¬ klärte und beurtheilte deutsche Schriftsteller und erweckte in den
Kirchenthür, die zum „Zukikcn" gekommen, ermangeln nicht die Stadt- und Skandalchronik aufzuschlagen und den Häckselsteig mit
nachmalige König Friedrich
jungen Gemüthern die Wissenschaft.
Wir
I.
begeisternde Ahnung
Deutsche
einer deutschredenden der Gegenwart sind seine Schüler,
That noch heute wirkt. Und auch dafür heute von Herzen danken, daß er uns vor zwei
indem seine befreiende
wollen
wir ihm
Jahrhunderten die
erste
illustrirte Zeitschrift
der Himmel, nach naßkalter Witterung, in der Nacht gelinde» Frost geschickt — der Häcksel ist, aller Welt sichtbar, angefroren; alles Fegen und Kratzen, untermischt mit gelindem Schimpfen und Fluchen ob solcher Niedertracht, hilft nichts — die Braut muß den Steig entlang. Und so sie fährt, an der Kirchenthür muß sie doch den Häckselsteig betreten und übertreten — und die Frauen an der
einigen weiteren liebreichen Bemerkungen zu versehen. Jetzt freilich, wo durch die Civilehe der Brautkranz leicht um¬ gangen werden kann, und an Ansehen und Bedeutung mehr und mehr in den Hintergrund gedrängt lvird, kommt auch diese Volks¬ justiz mehr und mehr in Abnahme. Geübt aber wird sie zuweilen noch. — Und darum haben wir des Häckselsteiges hier gedacht!
F.
schenkte.
Mir
Brun old.
den Weihnachtstisch.
Küns Schlösser. Aktes und Neues aus der Mark Arandenvurg,
Theodor Fontane, Verlag von Wilhelm Hertz (Bcssersche Buchbandlung) in Berlin (7 Mk.). Selten ward einem Buche auf dem Gebiet der bistorischen Spezialforschung so ungetheiltes Interesse entgegengebracht, wie demjenigen, welches Theodor Fontane vor wenigen Wochen der Geschichte der heimathlichen Mark widmete. Aber selten auch fand sich in geschichtlicher von
Einzeldarstellung längst vergangener Tage sorgsame Quellenforschung und Ztofsansammluug in so glücklichem Vereine mit der fesselnden Form der Wiedergabe, mit der anziehenden Sprache und lebensfrischen Schilderung, welche den frohgemnthen Verfasser der berühmten „Wanderungen" auch in diesem ernsten Geschichtswerke überall begleitet und dieses Buch zu einer höchst genußreichen Lektüre macht. Doppelt interessant wird uns das Buch durch das Zusammentreffen seiner Herausgabe mit der dichterischen Ausgestaltung desselben Stücks vaterländischer Geschichte, wie sie eben in dem vaterländischen Drama „Die Quitzow's" von Ernst von Wildenbruch mm Ausdruck gekommen ist. Die Quitzow's, die Stegreifritter aus den Tagen Iobst's von Mähren oder die Vertreter der selbstbewußten Kraft und Macht gegenüber der vaterlandslosen Schattenautorität entfernter Äatthalter sind vornehmlich auch der Gegenstand der Darstellung in Fontane's Buch. Fünf Schlösser der Mark sind es, in die uns der Ver¬ fasser führt, — eigentlich fünf Herrensitze, wie gleich zu Anfang ausgeführt wird: Quitzöwel, Plaue a. d. H., Hoppenrade, Liebenberg, Dreilinden. Aur Plaue war wohl wirklich ein Schloß. Der Inhalt theilt sich in
ebensoviel historische Spezialarbeiten, Effays, die zu verschiedenen Zeiten und ohne Rücksicht auf ein Ganzes entstanden, in ihrer Gesammtheit jedoch "n zusammenhängendes Ganze bilden, und durch 5 Jahrhunderte fort¬ laufend, werthvolle Beiträge zur Geschichte der Mark Brandenburg liefern, bse besonders auf dem Gebiete der Kulturgeschichte manche vorhandene -eücke schließen.
Kaiser Wilhelm und seine Zeit, von Professor 1>r. Bernhard Verlag der Verlagsanstalt für Kunst und Wissenschaft, vormals Friedrich Bruckmann in München, Prachtband in Goldschnitt 20 Mk. — In der schier unübersehbaren Fluth von Lebensbeschreibungen und zeit¬
Kugler,
geschichtlichen Büchern, welche dem Andenken unseres entschlafenen Heldcnkaisers Wilhelm I. gewidmet sind, nimmt das große Werk von Kugler einen hervorragenden und vielleicht den ersten Platz ein. Der berühmte Verfasser schildert auf Grund eingehender Studien und nach den besten Quellen das Leben Kaiser Wilhelms von seiner frühesten Jugend an, als Prinz Wilhelm, Prinz von Preußen, Prinzregcnt, König und Deutscher Kaiser, sowie die große Zeit und die ruhmreichen Gestalten, welche berufen waren, mit ihm an der Begründung der Deutschen Einheit, des Vater¬ klarer, anziehender und volkslandes Macht und Ehre mitzuarbeiten. thümlicher Sprache und voll Begeisterung geschrieben, geschmückt durch eine große Zahl künstlerisch vollendeter Illustrationen, Portraits- und Geschichtsbilder, ist das werthvolle Buch bestimmt, in jedem patriotischen Hause ein wahrer Hausschatz vaterländischer Gesinnung zu sein und ist sicherlich das schönste Weihnachtsgeschenk in jedem deutschen Heim. Karl Scharnhorst, Abenteuer eines deutschen Knaben in Amerika,
In
von Armand, 3. Auflage, Verlag von Ferdinand Kessler in Kassel. 4,50 Mk. — Das Werk schildert die Erlebnisse einer deutschen Auswandererfamilie und bietet eine gute Unterhaltung und Belehrung für die Jugend. Es ist einfach, klar, lebendig, spannend und fesselnd geschrieben, vor allem lebenswahr in seinen Raturschilderungeu und ist mit 0 Farbendruckbildern nach Aquarellen von Professor Offterdingen geschmückt, welche der beliebten Jugendschrift zur besonderen Zierde gereichen. Wein Kaiserhaus. Eine Festgabe zur Geburtstagsfeier Sr. Majestät Kaiser Wilhelm's herausgegeben von C. Trog, Verlag von Alfred Silber¬ mann in Essen (Rheinland). Ei» kleines und billiges patriotisches Büchlein.
124 (Der Preis ist einzeln 20 Pf., in Partien nur 15 Pf. für das Heftchen),
welches recht geeignet ist, Liebe und Treue zu unserm Herrscherhause und zu unserm Kaiser in alle Herzen zu tragen. 1001 Nacht von E. Berger. Verlag von B. Angerstein (O. Drewitz Nachf.) Berlin. Der Herausgeber ist sichtlich bemüht gewesen. Alles, was in der Weltanschauung der Orientalen der unsrigen zuwiderläuft und verletzt, auszumerzen und den Stoss zu einem guten Buch für die Jugend zu gestalten. Der bekannte Orientmaler H. Katsch hat es mit farben¬ sprühenden Bildern versehen.
Unter diesem Titel erscheint demnächst C. C. Bruns in Minden eine Sammlung Geschichte» und Skizzen von A. in welchen das gemüthvolle und poetische Erzählertalent des beliebten märkischen Dichters und Schriftstellers sich lebhaft wiederspiegelt. Die Freundlichkeit des Herausgebers setzt den „Bär" in den Stand, aus dem noch nicht erschienenen Buche bereits in unserer heutigen Nr. 10 unter dem Titel „Unter Ruinen" eine Probe zu bringen. Von demselben Verfasser erscheint im Verlage von F. & P. Lehman», Berlin, die Umgebungen Berlins, in Lieferungen. Zwischen Wald und Stadt.
j
im Verlage von
!
>
I.
Trinius,
Weihnachtswanderung I. Crspefächer (aus Mousseline-Gaze
Weihnachten! Wie jubelt das Herz der Kinder, wie freudig erglänzt auch das Auge der Mütter und wie fröhlich ist alles Sinnen von Jung und Alt bei bevorstehendem Weihnachtsfest. Der Sohn beginnt eine Kreidezeichnung für den Vater, das Töchterchen die Stickerei an einem Arbeitskorb für die Mutter; diese überlegt im Stillen, was dem Einen nöthig, dem Andern nützlich ist und nur der Vater überzählt etwas nachdenklich die Einnahmen und Ergebnisse seiner täglichen Mühen. Wohl der fröhlichen Kinderschaar, die nach langem Sehnen dem Glanze des lichtersüllten Tannenbaums entgegeneilt, nach viel¬ fachen Versuchen, die kleine Neugier zu befriedigen, das Schaukel¬ pferd besteigen, die Puppe umarmen, die Trommel rühren darf. Wohl aber auch den Erwachsenen, die noch mit herzlicher Freude an dem frohen Jubel theilnehmen und mit den Fröhlichen fröhlich sind. Die Bedeutung des Weihnachtsfestes, der Tanne und der Fichte, der Lichterkrone und der Pyramide ist unsern Lesern bei früherer Gelegenheit vorgeführt ivorden. Deutsche Sage, heidnische
oder oreps 6e chine) mit oder mit feiner Blumen- oder Genremalerei an Ebenholz-, Veilchcnholz-, Sandelholz-, Perlmutter- oder Schildpattgestell. Eine andere Gattung sind daselbst die Band- und Federfächer. Echte Straußfedern, sorgfältig nach einer Seite gewellt und flach geschabt, von weißer, schwarzer und grauer Farbe, auch Marabutfedern, i» Stiel- oder Schleifenform angeordnet, sind der Farbe des Materials
ohne Spitze,
und dem Geschmack des Besitzers entsprechend auf gold- oder silberbronzirtem Holzgestell, auf Elfenbein- oder Ebenholzfuß kunstgemäß angebracht. Bemerkenswerth ist, daß die Fabrik einzig und allein die geschickte und sorgfältige Reparatur der Gestelle sowohl in Perl¬ mutter, wie in dem theuren blonden Schildkrott übernimmt und selbst
germanische Sitten haben sich zu glücklichem Bunde um eine Feier in's Leben zu rufen, die besonders der Bewohner Berlins und der Mark ehrt und hochhält, an welcher er zeitlebens festhalten wird. Seitdem der von 1850—1873 in der Breitcnstraße abgehaltene
Gebräuche,
geeint,
„Weihnachtsmarkt" in
zwei Theile gespalten, nach dem Schlo߬ platz und nach dem Lustgarten hin verlegt ist, seitdem die großen
Verkehrsadern
besonders
der Leipziger-
und
der Fricdrichstraße
Haupttheil der Anziehungskraft entzogen haben, seitdem Händler und Käufer es vorziehen, in geschlossenen Läden statt bei Wind und Wetter vor sturmgepeitschten, regentriefenden Buden, auf Bretterboden stehend, zu verkehren, seit dieser Zeit hat sich der Besuch des Weihnachtsmarktes überlebt und man hat sich demselben
den
längere „Weihnachtswanderungen" anzutreten, wie sie der begabte Kritiker L. Rellstab schon im Jahre 1826 mit Glück unternahm. — entschlossen,
!
In
weitem Umkreise umstehen Mütter, Kinder und ältere Schivcstern in der Nähe der Verkaufsstätte der Königlichen PorzellanManusaktur das Schaufenster von A. Manus, in welchem die zierlich gekleideten Puppen in Staatskarossen einherfahren, Ritter und Reiter sich tumineln, Radfahrer und Feucrlcute an ihre „Arbeit" gehen. Seit vielen Jahren legt die Firma aus die geschmackvollen Schaufensterdckorativnen, aus geradezu künstlerische Ausstattung von Puppenstuben, Verkaufsläden und Zimmereinrichtungen einen besonderen Werth. Stets belvundert Groß und Klein die Wagen und Pferde, die Rüstungen der kleinen, im Soldatenspiel sich übenden Ritter. Reit natürlichem Geschick sind die verschiedensten Dinge in dem Schaufenster angeordnet, ein Anziehungspunkt für jeden Vorüber¬
I
i
gehenden. Noch reicher wird sich diese fröhliche Pracht entfalten, lvcnn die Ausstellung völlig beendet und die letzte Hand an die Jnncnräume ordnend gelegt sein wird. Hier schreien dem Zu¬ schauer nicht die Preise im Schaufenster entgegen, hier ist ein Wohl¬ gefallen und eine Besticdigung über das Gesehene der erste und nächste Eindruck.
Fast unerschöpflich ist die Fülle des Sehcnswerthen in dem Spezialgeschäft für Fächer und feine Bijouterien von Conrad Sau er Wald in der Leipzigerstraße 20. Da giebt es Gaze- und
j
'
ausführt, was bisher nur in Paris geschah, und zwar ohne Unter¬ legung von Metallplatten. Unter den Bijouterien zeigen besonders die Broches und Armbänder von echtem Silber in glatter Bearbeitung, dann in brillantirtcr, durch Prägung und Blankschlagen bewirkter Ausführung die anmuthigsten Formen; Kolliers, Anhänger und Kopfputz in englischem (Kohle) und französischem (Glasfluß) Jet, letzterer durch Schleifen und Ausarbeiten werthvoll, lenken die Auf¬ merksamkeit des Beschauers auf sich; sie bilden in Trauerfällen, ebenso wie die Sachen in oxydirtem Silber- und Tulaschmuck einen geeigneten Damenschmuck. Von Gegenständen in Stein sind Nippe¬ sachen, Nadeln mit Brillanten, Türkisen, Almadinen und flach ge¬ schliffenen Granaten in echter Goldfassung von anziehendster Wirkung, ebenso wie die wundervoll modellirten, als Briefbeschwerer dienenden Thiere, Wiener Bronzefabrikat, welches in Berlin nur in Zinkguß nachgeahmt wird (Hirsche, Rehe, Schneehühner, Hunde). Auch dem Sport und sonstigen Liebhabereien, wie bei den Gegenständen mit Vogel- und Tigerkrallen, tvird vollauf Rechnung getragen. Eine schöne Zierde für die „gute Stube", für das kunstliebende, bürgerliche Wohnhaus, wie für Palast und Fürstenhaus sind die Bronzebüstcn und Statuetten, Zinkgußsäulen, Wanddekorationc», Konsole und Vasen der berühmten Bildgießerei, Aktiengesellschaft, vormals H. Gladenbeck & Sohn. Beim Eintritt in die eleganten, von metallischem Glanze blitzenden Räume fällt das Auge des Beschauers zunächst auf das Kolossal-Bronzerelief des Kaisers Wilhclni II. in ganzer Figur. Zur Rechten erhebt sich auf einem Sockel das Bronzedenkmal des großen Kurfürsten, das in nichrfacher Ausführung als Geschenk benutzt, bereits der König von Siam, der König von Spanien, der Gouverneur von Kamerun u. A. erhalten haben; in fast derselben Größe erblickt man das Denkmal Friedrichs des Großen in gleich mustergiltiger Ausführung. Atlas, die Weltkugel mit einer Uhr auf den Schultern tragend, der gefesselte Prometheus, ein Schach¬ spiel und ein Thalerkrug, Trinkhörner und Leuchter, kurz eine reiche Auswahl von Kunstgegcnständen aller Art erfreuen das Auge und zeigen die Fortschritte einer Anstalt, die weit über die Grenzen der Reichshauptstadt, welcher sie allein über 30 Bildsäulen, Denkmäler, größere Gruppen und Reliefs geliefert hat, bekannt ist und neuer¬ dings jenseit des Ozeans in Philadelphia das Reiterstandbild Washingtons aufstellen wird, wo bereits ihr Humboldt steht. Für London wurde hier die bekannte Gruppe „Elektricität" von Pros. Begas gegoffen, von den: auch in realistischer Ausführung eine Büste des Fürsten v. Bismarck sich in den Ausstellungsräumen befindet. Gegenüber dem Reichstagsgebäude in der Leipzigerstraße Nr. 130
125 die beiden prächtig ausgestatteten Schaufenster des Hoflicferanten Th. H o l z h ü t er unsere Aufmerksamkeit in Anspruch; belgische und emaillirte holländische Porzellanwaaren, Wanddekorationcn und
nehmen
mit über 500-Facetten und etwa 25 Schliffen, Colliers von äjour gefaßten Granaten mit flachem Quadratschliff, eine Perlenschnur von ettva 5.00 ruvdgeschliffenen Granaten, Granatstücke, wie sie in Thoncrde und in natürlichen Krystallen bis zu den wirkungsvollsten geschliffenen Exemplaren vorlegen. Die Industrie ernährt in Nordböhmen, be¬ sonders Turnaü, ganze Familien durch Waschen, Schneiden, Schleifen und sonstiges Bearbeiten des Granates. Der Segen der Handarbeit
>
Majolikasachen, außerdem Vasen, Schalen, Krüge in ungarischem Muster, Terrakottafiguren vom größten Genre bis zum kleinsten zeigen die eigenartigsten Formen und Farben. Neben den ge¬ malten Pokalen der Neuzeit finden wir Gläser des neusten und feinsten Schliffes, aber auch ägyptische Vasen und viereckige
Glasirte Kacheln zu Tisch- und Wandbekleidungen erinnern in ihrem Muster an französische Vorlagen. Die reiche Auswahl der Firma ermöglicht es, daß Tischserpices von 30 Mk. bis 1 000 Mk., Waschgarnituren von 5—50 Mk., 6 Dutzend Glasgarnituren von 28 Mk. an zu haben sind; letztere für Wein und Wasser, meist belgische, französische und rheinische Waare, sind von bestem Klange gegenüber den nicht klingenden, böhmischen Er-
tritt,
wenn irgendwo, bei der Granatindustrie deutlich hervor.
Moccatassen.
Dr. Br.
Inhalt: Unter Ruinen, eine
von
von A. Trinius; Johannes Wedigen, Oskar Schwebe! (Fortsetzung); Das
Wilhelm und
seine Zeit; Karl Scharnhorst; Mein Kaiserhaus; 1001 Nacht; Zwischen Wald'und Stadt; Eine Convenienzheirath (Abb.); Titel der Thomasius'schcn Monatsschrift (Abb.). — Weihnachtswandcrung. —
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unterhaltenden Beschäftigungsspiele für größere und kleinere Kinder recht interessante Spezialitäten: Ein elektrisches Frage- und Antwortspiel fand im Vorjahre einen so lebhaften Absatz, daß der Bedarf kaum gedeckt werden konnte. Zur Förderung des Ordnungssinnes der Kinder hat die Firma auf Wunsch zahlreicher Besteller Kinder schränke in allen Größen herstellen lassen, welche Fächer und Schub¬
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Der
erste Schnee
war gefallen.
ohne einen der Kiiiderköpfe zu vergessen,
Die Gymnasiasten, welche
das stattliche Unterrichtsgebällde nach den Nachmittagsstunden
eine
kleine Geschichte,
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sinniges,
und eizählte alsbald
selbsterfundenes
Märlein
verließen,
oder gab eine, dein Kindergemüth angepaßte Schilderung von
weißen. Pflastersteine,
Niir zu früh tönte den Hörern und am Abend berichteten die dankbaren Kleinen ihren Eltern und Geschwistern in ihrem unbehülflichen Deutsch, was sie von dem geliebten Lehrer erfahren hatten. Das Schneegestöber nahm von Minute zu Almute zu, die Straßenlaternen wurden angezündet, und die Flocken tanzten ivie Wintermücken uin die flackernden Flainnien iin Glashause. Walter war bereits eine Stunde durch die Stadt gewandert, ohne sich um das Getriebe um ihn her, um den Glanz der Schaufenster zu bekümmern. Ein Druck lastete auf seinem Herzen: das beklemmende Gefühl seiner völligen Vereinsamung. Seine Eltern hatte er als Gymnasiast verloren; ein Oheim, der Bruder seiner Mutter, ein grämlicher, menschenscheuer Hagestolz, nahm ihn in sein Haus, überwachte mit ängstlicher Strenge seine philologischen Studien, schloß ihn von jeden:
jubelten bei dein Anblick der Weißen Dächer, der und ein behagliches Vorgefühl wonniger Weihnachtsferien erwärmte die jugendlichen Seelen. Auch der Doktor Walter, seit einem Jahre wohlbestallter Ordinarius der Sexta, trat aus dein düsteren Thoriveg imb konnte sich des zärtlichen Ungestüms seiner kleinen Schüler
stemden Ländern und Völkern.
die
die sich um ihn drängten und in fast eifer¬ Wetteifer seine Hände zum Abschied zu erfassen suchten. Nachdem er endlich die liebenswürdige Ziidringlichkcit seiner Zöglinge befriedigt und seinen Liebling, den schmächtigen, bleich,vangigen Primus der Klasse, mit Mühe von sich abgeschüttelt hatte, bog der junge Gelehrte, die Hände auf dem Nucken, in eine Seitenstraße ein, uni sich nach der Schwüle der Schulstubenlust auf einem Spaziergange an dem frischen Winterodenl zu erquicken. kaum crivehren, süchtigem
Der Doktor
galt
grillenhaften Sonderling.
bei
seinen
Amtsgcnossen
für
einen
kameradschaftlichen Umgang aus, verkümmerte ihm selbstsüchtig
unnahbar und wich jedem Er Entgegenkommen, jeder Einladung unter den seltsamsten Vorwänden aus. Ein um so wärmeres Herz zeigte er für seine schien
jede harmlose Lebensfreude und hielt ihn so an die häusliche
Scholle gefesselt, daß er sich mehr und mehr gewöhnte, im ausschließlichen Verkehr mit seinen Büchern den willkommensten Ersatz für die ihm versagte Jugendlust zu suchen und zu
Sextaner, die er seit der ersten lateinischen Lehrstunde für sich begeistert hatte. Wenn er auf dein Katheder, stand und mit seinen großen
leuchteten,
blauen Augen, aus denen Wohlwollen und Güte
die vierzig ihm anvertrauten Knaben musterte,
finden.
da
>var cs
mäuschenstill in dein Schulzimmer, und die andächtigen hingen wie gebannt an seinen Lippen. Nutzte doch die muntere Schaar, welcher Lohn ihrer nach treu Klicke
seiner Schüler
bewiesenem
Nachdem auf das fleißigste Aufmerken harrte! Deklination und Konjugation geübt, ein inhaltreicher Satz des Lehrbuchs nach Form und Sinn völlig zum Eigenthum der lernenden gemacht worden war, brach der Herr Ordinarilis üb, schwieg eine Weile,
sah steundlich von Gesicht zu Gesicht,
Schulglocke,
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Nun hatte der Doktor vor wenigen Wochen auch dem Oheim das letzte Geleit gegeben. Er hatte den kopfhängerischen einsilbigen Vormund nie geliebt; aber derselbe war ihm doch der Mittelpunkt seiner arbeitsamen Tage geivesen, der Förderer seiner Studien, der sich über jeden Erfolg, über jede trefflich bestandene Prüfung seines Neffen mit würdevollem Stolze freute, und er dachte an ihn zurück ivie an einen Reisegesell¬ schafter, der uns durch sein abstoßendes Wesen lästig fällt, und den wir doch nicht gern entbehren mögen, weil er uns
130
mit kluger Umsicht alle Unbequemlichkeiten und Verdrießlichkeiten der Wanderung aus dem Wege räumt. Walter hatte keine Hcimath mehr; er wohnte jetzt bei fremden Mensche», die nur geschäftsmäßig für ihn sorgten. So war dem Kindersreunde der Umgang mit seinen Zöglingen der einzige Trost; aber auch die Knaben, welche er oft scherzend seine vierzig Pslegcsöhne nannte, waren nur ein geliehenes Gut, das ihm für Stunden gehörte und das er immer auf's Neue in die Hände der rechtmäßigen Eigenthümer zurückgeben mußte.
Unter solchen wehmüthige» Betrachtungen hatte er die große, breite Kanalbrücke vor dem Thore der Hauptstadt er¬
Die Marmorftguren auf den Pfeilerpostamentcn der von dem Glanzlicht der mächtigen Brücke schimmerte», Kandelaber umsäumt, in ihrem frischen Schueemautel; das
reicht.
Gedränge der Vorübergehenden, das Gerassel der Fuhrwerke und das aufdringliche Geräusch des Verkehrs störten den
Er trat au die steinerne schwarze Fluth hinunter, in
Einsamen aus seinen Träumen auf.
Brustwehr und blickte auf die welcher die weißen wirbelnden Flocken spurlos erloschen. Ein jäher Unmuth bemächtigte sich des Doktors. Was halfen ihm denn seine tausend Bücher? Plötzlich erschienen ihm die Flocken wie die zahllosen Papierschuitzel seiner abgegriffenen, von ihm in Heller Verzweiflung zerrissenen und zersetzten Folianten und Handschriften, die er in alle Winde zerstreute, und die spurlos verwehten und verflatterten. Da berührte der Rand eines großen Regenschirms die Schulter des Mißvergnügten. Er blickte scheu zur Seite und beobachtete ein Liebespärchen, das sich unter dem Schutze des schneebclasteten Schirmdachs mitten in dem Gewühl der Straße in seliger Weltabgeschiedenheit glaubte und zärtliche Worte und Blicke wechselte.
„Thor, der ich bin!" seufzte der Gelehrte vor sich hin. „Warum habe ich keinen Freund, warum schlägt mir kein liebendes Heiz? Soll ich die Menschenscheu des guten Oheims als ein theures Erbstück verwahren, um bis an mein Lebens¬ ende unglücklich zu sein? Meine ganze Bücherei für einen theilnahmsvollen Mensche»!" Ein Windstoß wehte vom Wasser her; der süße Duft von Aepfeln, den der Lusthauch ihm zuführte und den er begierig einsog, gab seinen Gedanken auf einmal eine andere Richtung. Wie mit einem Zauberschlage sah er sich in seine Kindheit versetzt, sah er das Bild seiner engelsguten Mutter vor sich, sah, wie sic ihm im Winter bei seiner Heimkehr ans der Schule mit ftcundlichem Lächeln die schwere Mappe vom Rücken schnallte, aus der Ofenröhre einen prächtigen Bratapfel hervvrlangtc und mit schmunzelndem Behagen ausharrte, bis er den letzten Bissen der köstlichen Gabe verzehrt hatte. Dann nahm sie den Sohn aus ihren Schoost und streichelte ihm die blonden Locken. Ja, die Mutter hatte ihn geliebt, wie ihn niemand wieder geliebt, niemand ihn wieder lieben würde, und mit der vollen Inbrunst einer lange zurückgedämmten, aber plötzlich um so gewaltsamer hervorbrechenden Empfindung sehnte er sich nach einer treuen, uneigennützigen Liebe, die ihm das Paradies der Kindertage erneuern mußte! Und immer lebhafter ward die Erinnerung, je mehr der vertraute Obstgeruch ihm schmeichelte; immer leibhaftiger sah er die Mutter schalten und walten, immer deutlicher und greifbarer trat jeder Winkel des lange vergeffencn Heimathhauses vor seine Seele.
Er konnte der Versuchung nicht länger widerstehen, Quelle des ihn anheimelnden Dustes aufzuspüren. In
die
der
Nähe flimmerte ein rothes Latcrnchcn, an dem Pflocke eines geländerten Brettersteges, der vom Kairalufer in das Innere eines hier vor Anker liegenden Spreekahns führte. Der matte
Lichtstrahl ivar ihm ein Strahl der Verheißung, dem er folgen mußte, er mochte wollen oder nicht. Bald stand er auf dem Stege, dessen Bretter mißtönig unter seinen Schritten ächzten, und stieg die kleine Treppe in den Schiffsraum hinab. Mit dem Entzücken eines Kindes musterte er die saubere Verkaufsstättc. Zu beiden Seiten lagerten in regelmäßig ab¬ gesonderten Verschlügen, die nur einen zieinlich schmalen Mittel¬ gang frei ließen, die verschiedensten Sorten von großen und
Aepfeln. Ein jeder Apfel wurde ihm zum Brat¬ apfel und predigte ihm von der unvergeßlichen Liebe seines Mütterchens. Dann regte sich, ganz wider seinen Willen, der Philologe in ihm, und er ärgerte sich über sich selbst, als er bei dem kleinen
Anblick eines giftig grünen, mit Warzen bedeckten Apfels an den Apfel der Zwietracht denken mußte, den einst Eris in die Göttcrversainmlung bei der Hochzeit des Pelens geschleudert
Was sollte ihm, dem Vereinsamten, die Auffchrist der verhängnißvollen Frucht: „Der Schönsten!?" Wo sollte er, der linkische Gesell, die Schönste finden, die ihm ein sicheres hatte.
Glück des Herzens gewähren konnte? Noch mehr ärgerte er sich, als ihm ein paar besonders
große und
leuchtende Acpfel
die Aepfel der Hesperidcn vor O über die einfältige Mythologie! Wie sollte er, der Bücherwurm, die saure Herkulesarbeit bewältigen, die Frucht der Liebe aus dem ihm so unbekannten Garten des die Sinne zauberten.
Lebens herabznpflücken?
Ja, hätte
er doch einen Apfel voin
Baum der Erkenntniß,
die ihm das göttliche Geheimniß der Liebe entschleiern konnte,
einen Apfel, den er
dürfen! Der
Strahl
mit einer himmlischen Eva hätte theilen
der großen Petroleumlampe, welche die zwar hell genug beleuchtete, aber die ferneren Räume in einein traumhaften Dämmerlichte ließ, schien mit absichtlicher Vorliebe auf einen kleinen Verschlag zu fallen, in welchem saftige Borsdorfer Aepfel in langen Reihen aufgcschichtet waren. Der Doktor lächelte stillvergnügt. Diese frischen, rothe» Wangen der Früchte erinnerten ihn gar lustig an die frischen, von Lernbegier gerötheten Wangen seiner Schulbuben, und die sämmtlichen Borsdorfer wurden zu lieben Kindergesichtern, die ihm mit Heller Freude entgegenlachten. Und dort der blaffe, jeder lebhaften Farbe entbehrende Gesell? Das war sein schmächtiger, bleichwangiger Primus, der mit matten, aber doch bei jeder Ansprache des Lehrers aufblitzenden Augen zu ihm hinaufsah ! Und Walter gedachte der Stunde, da der vom Eifer des Lernens überanstrengte Knabe von seinem Sitz zu sinken drohte, da er den halb Ohnmächtigen auf seinen Arm nahm, ihm zusprach und ihn beruhigte, da der Kleine sei» Köpfchen zutraulich aus die Schulter des Doktors legte, und dieser ihn während des Unterrichts in der Klaffe auf und ab trug, ohne daß die Kameraden nur eine Miene verzogen hätten. Seitdem war der Primus für die Genossen wie durch einen Heiligenschein verklärt; er hatte an des Meisters Brust geruht, und die Mitschüler, selbst die ivildesten und ungebärdigsten, benächste Umgebung
131 trachteten ihn von dem Tage an
scheuer
zwischen den Fingern drehte.
Ehrfurcht und bequemten
kleinen
setzen, um sich
sich
mit einer Art von willig jeden, Winke des
Klassenordners.
Aber noch immer ließ
sich
kein Verkäufer,
keine Ver¬
Der Gelehrte bemerkte in der Nähe der zur Kajüte emporführenden Stiegen ein Becken mit glimmenden Kohlen, zum Wärmen der Füße bestimmt, und daneben einen unscheinbaren Schemel, aus welchem ein dünnes Büchlein lag. Es zuckte ihm in den Fingern, er vermochte von jeher kein Buch liegen zu sehen, ohne es aufzublättern und seiner unstillbaren Wißbegier Genüge zu thun. Er widerstand auch diesmal nicht,
ergriff das gedruckte Heft rind überflog den Titel. Wie sonder¬ bar ! Das war die kleine lateinische Grannnatik, aus der seine Sextaner zu lernen hatten, und oben am Rande des Titel¬ blattes, stand in großen Buchstaben der Name „Langheinrich", der Name des letzten Schülers in Walters Klaffe, eines artigen, gutmüthigen, aber unbefähigten Knaben, der es trotz alles guten Willens noch niemals dahin gebracht hatte, den letzten Platz zu überwinden und einen Nachbar gelegentlich zu über¬ flügeln.
Der Herr Ordinarius vermochte sich den Zusammenhang Dinge bei all seiner Gelehrsamkeit nicht zu erklären. Lang¬ heinrichs Vater war doch, wie er wohl wußte, eiu ehr¬ samer Tischlermeister, aber kein Obsthändler oder Schiffseigen¬ der
thümer !
Jedenfalls mußte sich Walter endlich bemerkbar machen suchte durch wiederholtes Räuspern seine Anwesenheit k"»d zu thun. Es blieb still im Kahn; die Kohlen in, Becken begannen zu verglühen, und die Aepfel machten insgesammt recht übermüthig schadenfrohe Gesichter. Der Doktor that ein paar Schritte auf die Kajüte zu und spähte durch die halb geöffnete Thür derselben: Jetzt bemerkte und
in dem engen Raume ein weibliches Wesen auf und und leise munnelnd mit sich selber sprach. Die Stimme wurde laut und lauter, als ob die Sprecherin mit daß
ab schritt
zankte, und zuletzt vernahm der Gelehrte zu seinem höchsten Erstaunen die ärgerlich hervorgestoßenen lateinischen Formen:
sich
-Laudavero, laudaveris, laudaverit, laudaverimus, laudavei'ids, laudaverint.“
„Das futurum exactum, das ich heut Nachmittag mit meine, Jungen durchgenommen und ihnen für morgen als Pensum aufgegeben habe," murmelte der Schulmeister und ge¬ bieth in einen Zustand wunderlicher Bestürzung. Endlich
heuchelte
er
einen
förmlichen Hustenanfall,
der
dem, auch die gewünschte Folge hatte, daß die Kajütenthür sich ganz öffnete und die Lateinerin, ein zierliches, schlankgewachsenes
Mädchen von achtzehn
Jahren, die Stiegen dienstfertig herab-
ellte.
„Was steht dem Herrn zu Diensten?" fragte sie mit wohl¬ tuender Stimme, die von dem widerwilligen Klange, mit dem ue in der Beschwerde des Memorircns die fremden Brocken >
Hier mußte er eiu-
zu verschaffen und der peinlichen Lage
ein Ende zu machen.
käuferin blicken.
er,
Klarheit
Daswaps!
ervorgestoßen hatte, erfreulich abstach.
Der Angeredete war in einer nicht geringen Verwirrung. O über die einfältige Mythologie! Warum mußte ihm denn gerade jetzt gar nichts anderes einfallen als die.Frage, ob er die Jungfrau mit Pallas Athene, Hera oder gar mit Aphrodite selbst vergleichen solle? Da verfolgte er die Blicke des Mädchens, die mit Befremden auf der lateinischen Gramniatik hasteten, welche Walter in feiner Erregung unruhig
„Entschuldigen Sie, mein Fräulein, eine Frage!" begann mit etwas unsichere», Ton. „Ich bin der Dr. Walter, Ordinarius der Sexta des Kgl.Gymnasiums. Da finde ich hier auf dem Schemel ein Schulbuch mit de», Namen meines Schülers Langhcinrich. Ich trage, mein Fräulein, die schwere Verantwortung für meine Zöglinge, und so werden Sic schon die Güte haben müssen, mir Rede zu stehen, ob der er
Kleine hier auf dem Kahne im Verborgenen Aepfel schmaust, ohne an seine Schulpflichten zu denken, und ob etwa eine gütige Fee in Ihrer Gestalt für ihn das futurum exactum auswendig lernt und übt?"
„Ja,
das futurum
exactum!"
entgegnete sie
mit
einem
drolligen Seufzer. „Schwer genug ist's! Dort auf de», Schemel hab' ich's meniorirt und den Takt dazu mit den Füßen auf das Kohlenbecken getronnnelt. Dann ging ich in die Kajüte, um mir ohne Buch die langathmigcn Formeln zu ver¬ gegenwärtigen, und am Ende ist's mir mit einiger Mühe ge¬ lungen. Mein kleiner Bruder, Ihr Sextaner Langheinrich, hat seine liebe Plage mit den, Latein; da habe ich mich denn kurz entschlossen, die Lektionen mit ihn, zugleich zu lernen, um dem armen, pflichttreuen, aber von der Mutter Natur etwas ver¬ nachlässigten Jungen nach Kräften behilflich zu sein, mit ihm zu üben und ihn abzuhören." Aus den letzten Worten, die sie mit Wärme gesprochen, tönte soviel geschwisterliche Liebe heraus, daß Walter einen Augenblick meinte, er müsse sich als Sextaner Langhcinrich viel wohler und glücklicher fühlen als in seiner Lehrerwürde. Dann, ehe er noch etwas entgegnen konnte, fuhr sie mit herzgewinnender Liebenswürdigkeit fort: „Also Sie sind der Herr Doktor Walter? Wie freue ich mich, Sie kennen zu lernen und Ihnen einmal zu danken für die liebevolle Nachsicht, mit der Sie mein Brüderchen behandeln, für die Ermuthignng, die Sie ihm bei seinen kümmerlichen Leistungen so freundlich angedeihen lassen! Ja, Sie müssen ein Kinderfreund sein ohne Gleichen! Stundenlang plaudert unser Ernst von Ihnen und wird nicht müde, mir und den Eltern, die er für seinen Lehrer ordentlich begeistert hat, von Ihnen vorzuschwärmen." Bei den letzten Worten reichte sie ihm unbefangen die Hand, die er nicht ohne Innigkeit drückte und die sie ihm, da er keine Miene machte, sie freizugeben, mit eine», gewaltsamen Ruck
entreißen mußte.
Sie
blickte
in einer reizenden Ver¬
wirrung zu Boden, während er nach einer kleinen Panse seiner Verwunderung Ausdruck gab, durch welche Laune des Schick¬ sals denn die Tochter des Herrn Tischlermeisters aus dieses Obstfahrzeug verschlagen worden sei. „Das ist bald erzählt," erwiderte sie, hob den Kopf und blickte den, Frager offen in die blauen Augen. „Mein guter Vater, von übergroßer Zärtlichkeit und Eitelkeit für seine Kinder erfüllt, konnte und kann es nicht über sich gewinnen, sich mit einer Erziehung derselben zu begnügen, die seinen, Stande an¬ Er brachte die größten Opfer, inich gemessen ..gewesen wäre. eine höhere Töchterschule von der letzten bis zur ersten Klaffe besuchen zu lassen und mich so mit einer Fülle von Kenntnissen auszustatten, von der ich wahrscheinlich niemals einen rechten Nutzen ziehen werde. Denn das Geschäft geht schlecht, und
(Aus
„Moderne
Kunst
in
von
Meisterholzschnitten"
Rich.
Bong
in
Berlin.)
Line
vcrnunsthcirnlh,
von
X
Loustamicnu.
133
bin darauf angewiesen — und wie gern thue ich's — etwas zu verdienen, um meiner guten braven Mutter die Wirth¬ Vor einigen Tagen traf der Onkel aus schaft zu erleichtern. Böhmen, ein wohlhabender Obsthändler, mit seinem Früchte¬ Er zahlt gut, und so diene ich ihin als Verkäuferin kram ein. auf dein Schiffe. Wer weiß, wie bald ich als das bekannte „Mädchen für alles" bei einer Dienstherrschaft einen Unterschlupf werde suchen müssen! O Englisch und Französisch!" Sie plauderte das alles mit einer kindlichen Harmlosigkeit aus, die wohl eine gleiche Antwort verdient hätte. Statt dessen polterte der Gelehrte mit Heftigkeit Worte heraus, in denen zwar eine versteckte Liebeserklärung zitterte, die aber das Mädchen verwirrten und erschreckten: „Bei einer Dienstherrschaft? Ganz unmöglich! Das wird und darf der Vater nicht zugeben. Ein abscheulicher Gedanke!" Sie trat einen Schritt zurück, sah ihn betroffen an, strich sich ein paar Härchen aus der Stirn und setzte, sich sammelnd,
die ganze Ausstattung liefern, Büchergestelle, Schränke, Stühle,
ich
ihre Rede
Tische, Betten !
—"
„Und Wiege", wollte er hinzufüge,:, verschluckte indessen das Wort und lüftete trotz des Frostes einen Augenblick den Hut; denn ihn: standen die hellen Schweißtropfen auf der
Stirn.
Hatte er wirklich einen goldenen Apfel der Hesperiden Er reckte sich in die Höhe, cr fühlte die Kraft des Herkules in sich, das geliebte Mädchen allen Drachen der Welt in: Siege abzutrotzen. Dann sah er sich plötzlich in: Geiste bei einer anderen Herkulesarbeit, bei der Reinigung der Ställe des Augias. Er saß mit der künftigen Lebensgenossin an den: großen Eichentisch, er theilte den stattlichen Haufen der lateinischen Extemporalien gewissenhaft zwischen sich und ihr, und sic ver¬ besserten in glühendem Wetteifer die Arbeiten der Sextaner, während sie sich in stiller Seligkeit zulächelten, so oft sie ihre Federn zu derselben Zeit in die rothe Tinte tauchten. gefunden?
(Fortsetzung folgt.)
fort:
„Und nun der gute Ernst! Anstatt ihn auf einer Volks¬ für seinen künftigen Beruf als Handwerker vorbereiten zu lassen, schickt ihn der verblendete Vater auf das Gymnasium, quält ihn mit einer Sprache, die sein Begriffsvermögen über¬ schule
Johannes Wedigcn.
10 )
Eine Berliner Geschichte von Oskar Schwebet.
Liebe", schloß Johannes Rösner, — „sollte sic nicht Früchte tragen? — Ja, edle Früchte hat sie unter uns
„Und
und ihm alle Freudigkeit am Schulleben nehmen würde, wenn nicht Sie, Herr Doktor, den geplagten Jungen mit soviel steigt
solche
—
Wir
unverdienter Liebe überschütteten."
bereits
„Bitte, bitte, mein Fräulein," entgegnete Walter. „Lassen Sie uns gemeinsam, wie bisher, für das Latein unseres Ernst Sorge tragen! Würden Sie mir erlauben, Ihnen dann und wann aufzuwarten, um über die Fortschritte Ihres Bruders mit Ihnen Rücksprache zu nehmen? Vielleicht könnten wir
Männer freilich nur, — Wohl aber ernst entschlossen, diesem Vorbild edler Helden nachzufolgen! Das sei der Dank für ihren Opfermuth! — Verschwunden ist das Niedere und Gcineine. unter uns! Ich sehe unsere Bürgerschaft des besten Geistes voll! Wohlan, ihr Brüder alle! — Wir haben klar den rechten Weg vor uns! Halten wir Muth und Treue, so sind wir gewiß gerettet! Gott segne Brandenburg für alle Zeit, — die Heimat starker Treue und des festeus Glaubens, welcher dem Manne nöthig ist, wenn er in Roth und Elend
nach gemeinschaftlichem
Plane vorgehen."
„Gern, gern, Herr Doktor," erwiderte das Fräulein schlug mit Unbefangenheit in des Lehrers dargebotene
und
Rechte ein.
Auf dem Bretterstege wurden Schritte vernehmbar. Der Gelehrte, voll Begier, die glückliche Mnute auszunutzen, that die hastige Frage: „Dürfte ich Sie zum Abschied um Ihren Vornamen bitten?" „Eva", versetzte sie mit leichten: Erröthen. „O, wie mich das fteut, daß Sie Eva heißen!" flüsterte er mit glückstrahlenden Augen. Eine vornehme, in einen kostbaren Pelz gehüllte Dau:e trat, von einem Dienstmädchen begleitet, in den Schiffsraum und machte der seltsamen Unterredung ein Ende. Der Doktor kaufte, nicht ohne sichtbare Verlegeicheit, einen Liter Aepfel und entfernte sich mit unbeholfener Geschästsmäßigkeit. Auf der Treppe wendete er sich noch einmal um; sein Bück fiel aus die
rothgelben Borsdorfer, und wieder wurden
sie
ihn: zu
Munde es ihm im schallenden laudavero, laudaveris re." Der Römerruf verfolgte ihn vernehmlich durch ein. paar Straßen. Dann mäßigte er seine Schritte, erfreute sich an dem frischen Kindergesichtern, aus deren
Chore entgegeuklang:
Geruch der Apfeldüte, ohne aus die garstigen Flocken zu achten, die
ihm Hut und Mantel einhüllten, und sagte in wonnigen:
Selbstgespräche
vor sich hin: „Futurum exactum, die vollendete Zukunft.
Zukunft ist vollendet.
meine
Diese oder keine! Der Gedanke an Mutter hat mich zu ihr geführt; die Verklärte selbst hat für mich ausgesucht. Der Vater Tischlermeister muß uns
meine Ne
Ja,
!
gezeitigt!
stehen
fest
zusammen,
wen'ge
nicht zu Schanden werden soll!" — Der Geistliche hatte geschlossen; der Bürgermeister Wedigcn aber hatte jene Standarte der Burgsdorf'schen Reiter ergriffen, welche über den: Särge seines Sohnes lag, wie sie am Tage
vorher fetzte,
dessen
Bahre
bedeckt hatte.
mit Eichenlaub
flatterte die blutgetränkte, Särge dahin.
„Bei
ii:
diesem
Hoch schwang er das zer¬
geschinückte Feldzeichen,
weiße
Banner", rief
er
und ralischend
über
die
laut, sodaß der Schall
auch
Seide
des Gotteshauses fernste Theile drang:
desselben
„wir
lassen nicht
von Brandenburg und Hohenzollcrn! Ihr Männer von Berlin und Kölln, — seid ihr zu jener Nachfolge bereit, welche die heil'ge Pflicht für's Vaterland uns auferlegt, so ruft mir zur Erwiderung ein freudig' „Ja!" entgegen!" — Es war ein feierlicher Augenblick, und laut erklang das „Ja!" — kein „Ja!" der Buße, wie's die Beichte fordert, — ein „Ja!" vielinehr der Freude und Begeisterung! Da trat dann auch der Doktor Lilius, der Propst von St. Nikolai zu Berlin, — der erste Geistliche dieser Stadt also, — aus der Schaar Das Antlitz des Greises leuchtete, seiner Amtsbrüder hervor. und hoheitsvoll erhob sich seine gebrechliche Gestalt, als er nun ausrief: „Gott hat den Schwur gehört! Und diese Todten auch! Mir bangt nicht, daß er nicht gehalten werden sollte! Denn scho>: ist Einer unter uns bereit, die Todesweihe auf sein
134
Mein Bruder Rösner, — kniee hier vor Deinem Gotte nieder!" Der Angerufene that's; er senkte demüthig sein Haupt; der Propst Lilius aber fuhr fort: „Ihr wißt cs allzumal: die Pest ist in der Stadt! — Gott hat den Würgeengel uns gesendet; die ersten Opfer sind bereits gefallen! Die Sorge für das Volk zwingt uns daher gebieterisch, die Kranken abzuschließen. Die furchtbaren Zeichen der allertiefsten Noth also, — sie müssen wiederum au Fenstern und an Hausthüren befestigt werden, — die wehenden weißen Tücher, tvclche die Gesunden warnen! — Doch Gottes Trost soll tvenigstens de» Abgeschlossenen nicht fehlen! — Mein Bruder, du hast dich entschlossen, in die Pesthäuser zu gehen und deines Trvstcramts zu walten, — das Brot und das lebend'gc Wasser aus dem Quell des Wortes Gottes allen Hungernden und Dürstenden zu bringen! — Jst's so dein Wille auch noch jetzt? — Versprichst du, nicht zu zagen in der Einsamkeit? — Versprichst du treu zu sein bis zu dem letzten Lebenshauche? — Und wenn der Unerforschliche dich selber zu sich fordert, — willst du dann froh, mit Lob und Haupt
war
zu nehmen.
Dank, von hinnen scheiden, daß du die Kranken trösten und die Sterbenden erquicken konntest?" —
„Sv Gott mir hilft:
ich
will es!", ertönte
des Magisters
klare und bescheidene Stimme.
„So nimm
hin den Geist der Kraft im heiligen Abendmahl!", sprach Doktor Lilius. „Ich darf es dir heut' wieder reichen, wie es Der zu feiern uns geboten, dem nachzufolgen deine Absicht ist! Von edler Hand ward Wein zu dieser Weihe uns gereicht!" — Unter lautloser Stille vollzog sich die kurze und ergreifende Feier. Wie ein Sterbender empfing der Magister das Sakra¬ ment und den Segen. Die alten Chroniken*) der Reichs¬ hauptstadt thun dieses Vorganges freilich nur mit schlichten Worten Erwähnung: „Am 2. Septembris 1637 ist Herr Ma¬ gister Rösner zum „Pestilentiarius“ eingesegnet worden. Er hat im Dome die Todesweihe feierlich erhalten." — Also denn
Mann, wie in ihren Särgen von den Burgszur letzten Ruhestätte in die Gewölbe
jetzt auch ein von dem Leben abgeschiedener
jene Drei es ivaren, welche !
dörfischen Reitern
jetzt
des Domes Hinabgelragen wurden.
Johannes Rösner drückte und den Amtsbrüdern noch ein¬ mal die Hand; dann schritt er aus dem Dome. Ehrerbietig machte das Volk ihm Platz. War es indesien vielleicht nicht schon die Scheu vor der Gefahr, welche den Weg durch die dichtgedrängte Menge ihm so leicht eröffnete? Er fragte danach nicht; — er sah es auch nicht, wie die Gräfin Anna Katharina von Hohenzolleru ihm mit leuchtenden Augen nachblickte; er vernahm es nicht, wie sie leise zu dein Herrn von Rochow dem Wedigen'schen Ehepaare
sprach: i
ist
„Es giebt doch noch ein Heldenthum, das edler als das des Schwertes!" —
!
VI. Die Warte unfern des Heerweges, welcher
Stadt Berlin im Süden dainals
nach
dem
sich
von der
festen
Schlosse
Zossen hinzog, an dem alten Templersitze Richers- oder Richards¬
dorf vorüberführend, bestand aus einem starken und gedrungene» Backsteiuthurme, welcher sich auf einem, mitten im Sumpfe auf¬ geschütteten Hügel derart erhob, daß die Heerstraße von ihm aus mit Schüssen bestrichen werden konnte. Ein Paß also auch hier, wie man ihn in der Mark so häufig findet, — ei» schmaler Pfad nur, welcher für Rosse und Reisige gangbar ist, — zu beiden Seiten Sumpf, — und für die Vertheidiger ein starker Zufluchtsort mit voller Deckung. Das ging so lange an und war ein Hemmniß für den heranstürmenden Feind, wie noch in kleinen Schaaren gefochten wurde und das schwere Geschütz seine donnernde
nicht
erhoben hatte.
Stimme im Lande Brandenburg noch Was aber hatte eine solche Warte vor
Stadt einem erbitterten Feinde gegenüber zu welcher in stolzen Regimentern, unbekümmert um die
den Thoren einer besagen,
wenigen Schüsse, die von oben herab fielen, an ihr vorüberzog und der zum Ueberflusse noch ein paar Geschütze vor den alten,
schrieben sie.
braunen Zinnenthurme auffahren laffen konnte? —
Von der Empore der Orgel herab ertönte jetzt ein lieblicher Dort hatten die Schüler des grauen Klosters, so viele derselben das verödete Gymnasium noch zählte, sich auf¬ gestellt, und bei ihnen befand sich der größesten Tondichter einer, — auch einer von jenen Getreuen, welchen die Geschichte unsrer Stadt mehr als eine irdische Lorbeerkrone zu verleihen hat. ES war Herr Johannes Crüger aus Groß-Breesen bei Guben, der große Cantor von St. Nikolai zu Berlin. Am Vormittage hatte er von Rösners heldenniüthigem Entschlüsse gehört; — da war's ei» Meer von weihevollen Tönen gewesen, welches seine edle Seele durchfluthete. In wenigen Stunden hatte er, dem Freunde zum Abschiede, eine Motette gesetzt und sie auch eingeübt. Und was ihm an dem bangen Tage aus dem tiefsten Gemüthe hervorgequollen ist: es sollte noch Jahrhunderte nach ihm leben; — es werden sich auch noch ferne Geschlechter an dieser Dichtung erfreuen, welcher das Psalmwort: „Er tvird seinen Engeln Befehl thun über Dir, daß sie Dich behüten auf allen Deinen Wegen!" tiefbedeutsam zu Grunde liegt. — Die Töne waren nun verklungen. Der Magister Rösner
Der Sattler Arndt, welcher mit seiner kleinen, muthigen Schaar sich diesen Posten erbeten hatte, war daher aud; keinen Augenblick darüber zweifelhaft gewesen, was ihm an dem ge¬ fährdeten Orte zunächst 311 thun oblag. Er hatte die Land¬ straße durch einen tiefen und breiten Graben durchstechen lassen. Die auf solche Weise ausgehobene Erde bildete für die Ver¬ theidiger des Paffes nun eine Brustwehr, die ungleich sichrer war als jener alte Thurm: Arndt hatte sich, auf ein von
Gesang.
*) Schwebet,
Liesch, d.
St. Berlin, I. 552.
oben geschütztes Obdach verzichtend,
mit
seinen Genossen
still
hinter ihr gelagert. Erst als Hans Georg von Hake mit den Mannen und den Knechten aus dem Teltow zur Verstärkung dieser gefährdetsten Stelle eingetroffen ivar, hatte er dem Kreis¬ hauptmanne die Stellung hinter dem Erdwalle abgetreten. Die nahe Köllnische Haide lieferte Holz genug: er hatte daher auch eineil starken Verhack aufführen laffen, welcher den Thurm¬ hügel mit dem Erdwalle verband und eine sichere Verbindung zwischen Beiden erinöglichte. Dann erst hatte er sich selbst mit den Besten seiner Schützen auf die nlittelalterliche Warte zurückgezogen.
— (Fortsetzung folgt.)
135
Unter zwei Königen. Was die Franzosen zuviel haben, besitzen wir Dcuische zu wenig, eine sorgfältig gepflegte und ausgiebige Memoirenlitteratur, mit deren Hilfe der Historiker die engere Geschichte unseres Vater¬ landes. sowie die der heimathlichen Gesellschaft zu schreiben ver¬ möchte. Lähmend wirken gewöhnlich zahlreiche, oft recht engherzige Rücksichten, welche man bei uns auf die Umgebung und die Familie jener
Individuen nehmen
zu müssen
glaubt, deren Individualität
interessant genug,
und deren Stellung hervorragend genug war, um eine eingehende Schilderung ihrer Lebensgeschichte zu recht¬ fertigen. Während in Frankreich kaum Jemand, der nur irgend¬ wie der Oeffentlichkeit nahe stand, sterben kann, ohne daß nach seinem Tode die meist sehr hübsch abgefaßten Memoiren erscheinen, ganz oder bruchstückweise, von ihm selbst geschrieben oder durch Verwandte und Freunde aus dem Nachlaß zusammengestellt, so verschwinden bei uns oft die interessantesten Persönlichkeiten von der Bildfläche, ohne den geringsten biographischen Nachhall zu
ja, die Träger bedeutender Namen dachten während langen, inhaltreichen Lebens gewöhnlich nie daran, sich schriftliche Notizen zu machen, und falls sie daran dachten, so wurde gewiß dieser Gedanke alsbald wieder verworfen. Die Furcht vor dem Klatsch, eine gewisse Scheu vor dem Schriftstcllerthum, die noch oft herrscht, tragen die Schuld an diesen Unter¬ hinterlassen;
ihres
lassungssünden.
Noch bedauerlicher ist es, wenn bedeutsame Auf¬
zeichnungen aus dem Leben großer
Männer vorhanden sind, jedoch wie es mit dem umfangreichen Memoirenmaterial des verstorbenen Oberstkämmercrs Grafen Wilhelm von Nedern geschehen sein soll. Seine Mittheilungen würden sicherlich eine unerschöpfliche Fundgrube geliefert haben, um nahezu die Geschichte eines vollendeten Jahrhunderts zu speisen, und namentlich den besten Stoff dargeboten haben zur Anlage der Arabesken, welche innerhalb der bezeichneten Periode das berliner unterdrückt oder zerstört wurden,
Hofleben und die hauptstädtischen Theaterzustände charakterisirten. Darum begrüßen wir die hochinteressanten „Erinnerungen
an
Botho von Hülsen,"
welche die geistvolle Gattin Helene — bekannt und geschätzt in den weitesten Kreisen als Novellistin und talentvolle Dichterin — mit bewunderungswürdigem Fleiße und verständnißinniger Pietät sammelte, und bei Ernst Eck¬ stein Nachfolger in Berlin in glänzender Ausstattung erscheinen ließ, als einen werthvollen Beitrag zur Geschichte der vornehmen Gesellschaft Berlins während eines Zeitraums von etwa sicbenzig Fahren. Diese Memoiren machen schon deshalb einen angenehmen Eindruck, weil sie beweisen, daß es doch noch schrankenlos glückliche Menschen bis vor Kurzem gab. Denn lvenn man selbst die That¬ sache eines gesegneten, schattenlos dahin fließenden Familienlebens, die Wohlthat einer ideal glücklichen Ehe von der Gesammtsumme des geschilderten Lebens abzieht, so drängt sich doch Jedem bei der von Hülsen
vektüre
des Buches die Ueberzeugung auf, daß der verstorbene Generalintendant ein Sonnenkind des Schicksals gewesen ist, wie selten eines, und daß die ^trist«sss8 cko la vie“ fast machtlos an ihm vorübergeglitten sind. Freilich hatte er auch ein ungewöhnlich starkes Kapital von Arbeitskraft, Charakterfestigkeit und Herzensgüte zuzusetzen, Eigenschaften, welche insgesammt mit Recht als Panaceen w.der das Unglück gelten. Mit lvcnigen Abschweifungen, welche der Schilderung der tzamilie des Herrn von Hülsen und den Darstellungen seiner zahlreichen, doch kurzen Reisen gewidmet sind, berühren die „Er¬ innerungen" fast nur berliner Berhällniffe. Das Meiste, was die ^-rfafferin mittheilt, ist völlig neu. Anderes stellt schon Gehörtes richtig; vielfach wird die eigene Erinnerung der älteren und jüngeren -eser dort ergänzend einfallen, wo die Darstellung Miterlebtes ubildert, und das ist ein Hauptreiz des Buches. Frühzeitig regte sich das Thcaterblut bei dem nachmaligen Gene¬
Ihm war eine behütete und fromme Kindheit bcschccrt. Sonntags geht der junge Botho in die Dreifaltigkeitskirchc, lvo er sich zwar bei Schlcicrmachers Predigten etwas langweilt, die für ein Knabengemüth zu hoch waren; Nachmittags fährt er mit der altmo¬ dischen Halbchaise nach Stralau, Treptow oder „dein herrlichen Gruncwald". Letzterer scheint damals noch mehr in Mode gewesen zu sein, als heutzutage, trotz Dampfstraßcnbahn, Südring und Zukunftsbad-Aussichten. Dann beginnt der Heranwachsende mit ralintendanten.
Leidenschaft das Theater zu besuchen und sieht jene Possen und Lustspiele zweifelhafter Güte — „Bär und Bassa" oder „Ein
Stündchen vor dem Potsdamer Thor" — die gewissermaßen dadurch ein historisches Andenken errungen haben, daß Friedrich Wilhelm III. dieselben so liebte, daß er sich nicht scheute, den damals für lang geltenden Weg von Potsdam nach Berlin täglich per Achse zweimal zurückzulegen , mithin über VierStunden fuhr, um nur der soundsovielten Aufführung dieser Stücke beiwohnen zu können. Hierauf fängt der junge Hülsen an, selbst zu schreiben. Er verfaßt Theaterstücke, welche er sinnreich in Scene setzt, und die seine Verwandten aufführen. Eine Corisiire muß dazu, auf einen hohlen Sophakasten sitzend und mit den Füßen trommelnd, den Donner besorgen, eine andere macht die Blitze mit Federposen, die Kolophonium füllt, welcher dann durch Licht gepustet wird. Als Sekondelieutenant im Kaiser Alexander-Garde-GrcnadierRegiment verlebte Herr von Hülsen dann eben so erquickliche wie dienstlich anstrengende Tage. Noch heute befindet sich die Kaserne dieses Regimentes in der Nähe des Alcxanderplatzes, damals aber stand auch das einst weltberühmte Königstädter Theater am Alexanderplatz, welches namentlich in den dreißiger Jahren den Brennpunkt des künstlerischen und gesellschaftlichen Interesses der Berlincr bildete. Koryphäen wie Henriette Sonntag in ihrer Jugendblüthe, Sophie Löwe, Pauline von Schätzell (die nachherigc Frau von Decker), Mantius, Spitzeder glänzten dort, und Herr von Hülsen verfehlte nicht, „jeden nur irgendwie verfügbaren Thaler" aus seiner Kasse diesein auserlesenen Ensemble zu opfern. Mit Bestimmtheit kann man annehmen, daß der musikvcrständige und kunstsinnige Leiter unserer königlichen Bühnen, sich dort zuerst das Ohr geschärft hat für wahrhaft schönen, schul- und kunstgemäßen Gesang, und den Grund zu seinem Talent gelegt, wie ein Quellen¬ sinder großartige Stimmen rmd bedeutsame Talente zu entdecken, eine Begabung, die derselbe durch das Engagement der Lucca, des Fräulein Fuhr rmd der Jachmann-Wagncr, sowie vieler anderer Kunstgrößen glücklich bewiesen hat. Zwei Abende entscheiden ersichtlich Herrn von Hülsens Zukunft. Am ersten Abend hatte sich König Friedrich Wilhelm IV. in der Kaiser Alexander-Kaserne angesagt, um einer Theaterauf¬ führung beizuwohnen, die der Lieutenant von Hülsen leitete, für welche er ein Stück verfaßt hatte „Parodie des Wallenstein". Dort sang er zuerst das berühmte „Lied vom Herzen". Außerdem spielte er die Rolle der Thekla. Der König „lacht Thränen", beim „Liede vom Herzen" aber weint das ganze Publikum. Der Prinz von Preußen, Alexander von Humboldt und Fürst Pückler-Muskau sind anwesend und sagen dem Dichter, Sänger und Schauspieler die schönsten Dinge. Selbst das Menü dieses Abends ist mitgetheilt, nur „der Königstisch" hat warmes Souper. Noch brillanter ge¬ 1847 wüthete in Schlesien der staltet sich der zweite Abend. Typhus, und eine Aufführung zum Besten der- arnien Weber Schlesiens findet im Schauspielhause statt. Wieder sind Herr von Hülsen und seine Kameraden die Unternehmer und Akteure zugleich. Diesmal wurde „Lieutenant und Teufel" gegeben, ein Scherzspicl und Parodie des Faust, und die Poffe „Mohr, Rekrut und Jesuit", alles von Herrn von Hülsen gedichtet, der zuerst sein Publikum in komischen Rollen bezaubert, dann aber elektrisirt und abermals zu Thränen rührt durch sein „Lied vom Herzen" nach der Melodie „Den lieben langen Tag". Es ist sehr schade, daß die Verfasserin
136 die intereffante Emilie Erhardt, spätere Gräfin Goltz, sie erwähnt und mit charakteristischen Strichen gezeichnet.
nicht dm ganzen Text des Liedes beigegeben hat, wie überhaupt noch eingehendere Mittheilungen vielleicht in einem Anhange der er-
Liedtke,
wähnten Dichtungen sich höchst interessant ausgenommen haben würden. Obgleich das Jahr 1848 dazwischen liegt, was so vieles erlöschen ließ und dazu angethan war, freundliche Erinnerungen zu verwischen, so ist doch keine Frage, daß das Gedenken des Königs an diese beiden erfolgreichen Abende Herrn von Hülsen die Jntendantmstelle ver¬ schaffte. Sein Name stand als Letzter auf einer langen Liste vor¬ nehmer und von einflußreicher Stelle unterstützter Bewerber, die alle um den erledigten Posten des Herrn von Küstner rangen. „Die Letzten werden die Ersten sein", sagte der König deshalb mit
Merkwürdig ist auch die Entstehungsgeschichte des Narziß. Der Dichter Emil Brachvogel reichte anfangs der königlichen Intendanz nur unbrauchbare — Lustspiele ein! Wer hätte das vermuthet? Erst auf Zureden des Generalintendanten entschließt er sich „zögernd und ungern" zu einem ernsten Stück — den Narziß, dessen durch¬ schlagender Erfolg damals alles übertraf, was wir in neuerer Zeit
Bezug auf das Bibelwort, als er die Kabinetsordre unterzeichnete, und amüsirte sich dann über „das Aufsehen", welches dieser Sprung vom Premier-Lieutenant zum Generalintendanten voraussichtlich in der vornehmen Gesellschaft machen würde.
Dem Bilde Friedrich Wilhelms IV. wird die Verfasserin über¬ haupt mit so vieler Pietät und so großem Verständniß gerecht, daß man ihrem Verspreche», einst Ausführlicheres darüber zu sagen, mit Spannung entgegensieht. Sie spricht von dein „Jubeltaumel", den die Thronrede vom 18. Oktober 1840 hervorrief, sie schilderte den König später, wie er „begeistert zu dem sich immer mehr begeisternden Volke" redet. Mit Wehmuth und Trauer erwähnt Frau von Hülsen der letzten Krankheitsepoche seines Lebens. Lebhaft und witzig tritt uns der König in einer Fülle von Anekdoten entgegen, einige hat man wohl schon gehört, indeß nicht immer ganz richtig, so z. B. jene niedliche Anekdote „Der hat gehorcht", — wie einst der König sagte, als er aus einem langweiligen Trauerspiel früher nach Hause ging, und beim Heraus¬ treten aus seiner Loge den Logenschließer, der davor saß, auf seinem Stuhle eingeschlafen fand; dieses Geschichtchen erzählt Frau von Hülsen insofern anders, als sie sagt, das fragliche Stück sei von einem „geschätzten Gelehrten" gewesen. Wir hatten stets gemeint, dasselbe hätte einen originellen Grafen zum Verfasser gehabt, der einst im alten Berlin als schöner Aiann, trefflicher Geigenspieler und schlechter Dichter bekannt war. Infolge der äußeren Schönheit und der inneren Dichteranlage beanspruchte dieser Graf die größte Aehnlichkeit mit Lord Byron zu besitzen, wobei ihn freilich ein lahmender Fuß wirksam unterstützte. Er schrieb fürchterliche Trauer¬ spiele und ebensolche Gedichte. Dennoch setzte er es durch, einige dieser Trauerspiele im Berliner Hoftheater zur Aufführung bringen zu lassen, und folgende Anekdote über ihn ist authentisch. Der König Friedrich Wilhelm IV. wohnte einer solchen Aufführung bei, und als der auf der Bühne sich in endlosen Monologen und Ausein¬ andersetzungen verlierende Held einmal ausruft: „Wo soll ich hin¬ gehen? . . . Wo soll ich hinfliehen und ewig bleiben?" Da ant¬ wortet des Königs witziger Mund: „Mach' Dich uff de Beene, und loof' nach Filehne!" Filehne war nämlich das Stamm- und Residenzgut des dichtenden Grafen, was derselbe jedoch später durch einen Prozeß an den Grafen Schulenburg verlor. Es ist in den „Erinnerungen" so viel Anregendes, ein solcher Stoffreichthum, daß inan demselben in einer kurzen Besprechung nicht gerecht tverden kann, man muß das Buch lesen, ja wiederholt lesen und liebevoll sich darin vertiefen. Wie eine leuchtende Schönheitsgalerie rollt Frau von Hülsen die Bilder jener reizvoll eleganten Frauengestalten auf, die als Salondamen und Schönheiten pur excellente von der Bühne herab nacheinander die enthusiasmusfähigen Berliner jahrelang entzückten: die blonde stolz-liebliche Edwina Viereck, die an der entsetzlichen Zuckerkrankheit sterben mußte, und im Sterben noch so eitel war, daß sie einen purpurrothen Plüschmvrgcnrock zum Anziehen verlangte, tvcil sic nach dem Tode noch schön aussehen wollte. Die reizende Jda Pellet, die sich nie hatte impfen laffen und deshalb auf einer Reise nach Dresden den schwarzen Blatter» erlag ! Die schöne Frau Kirschncr-
alle sind
mit Wildenbruch'schen Stücken gewohnt sind. Kaiser Wilhelms liebenswürdige Persönlichkeit wird besonders herzgewinnend in das rechte Licht gestellt durch die mitgetheilten Briefe, die voller Feinheit und mit geistiger Anmuth geschrieben sind. Wahr¬ haft zart ist unter anderem die Regung, welche den Kaiser nach Empfang Todesnachricht Napoleons III. veranlaßt, eiligst Herrn von
der
Hülsen ein Handschreiben zu senden, worin er den Vortrag des Kutschkeliedes „Was kraucht dort in dem Busch herum u. s. w."
im Ballet Militaria verbietet: „Denn cs scheint mir", fügt der hochherzige Monarch hinzu, „eine derartige Verspottung für den nicht mehr unter den Lebenden tveilcnden Feind fortan keineswegs Auch ei» angebracht und würde verletzend auf mich wirken." wahrhaft schöner Brief von Kaiser Friedrich liegt im Facsimile bei, mit Rührung betrachtet man die bekannten steilen Schriftzüge. Es ist das Beileidsschreiben nach dem Tode des Generalintendanten an dessen trauernde Wittwe. Frau von Hülsen und ihre Familie erfreuten sich überhaupt unausgesetzt der liebenswürdigsten Theil¬ nahme dieses edlen Fürsten, noch von St. Remo aus richtete der damalige Kronprinz tief empfundene Worte des Beileids an Frau von Hülsen, anläßlich des Todes ihrer jüngsten Tochter Frau von Geyr. Die Erinnerungen an Botho von Hülsen haben nur einen Fehler — sie sind zu kurz! Sie müßten nicht einen Band, sondern Dutzend Bände füllen. Obgleich man hohe Achtung mindestens vor der Arbeitskraft haben muß, die ein solches Buch geschaffen, und sich sagen kann, daß ein derartiger Geist der Liebe, wie er hier herrscht, nicht füglich zum ztvciten Male mit gleicher Stärke erstehen kann,
so
möchten
wir
doch der Verfasserin betreffs ihrer
„Erinnerungen" die Bitte zurufen: „Mehr noch viel Mehr."
Arthur von Loy.
\
Klage mit Kaiser Wilhelm.*)
Nus „Drei Kaiserinnen" von Fr. v. Hohenhausen. Fließet, fließet! stolze Thränen Um den Liebling einer U)elt! Unter allen Lrdensöhnen Unser war der Herzcnsheld!
2lls entblößt von allem Ruhme Preußen trug sein großes Leid, Reimte schon die Siegesblume, Frisch im Knaben - Knospcnkleid. Aus der Reuzeit falschem Flitter, U)ie ein Kleinod aller Zeit, Strahlt sein Stern durch Ungewitter, Strahlt bis zur Unsterblichkeit! Aber uns hat Sr verlaffen —
'
Und Gott senkt ei» Leichentuch Blendend weiß auf Sein Erblassen, U)ic das Land noch keines trug! Keüwig v. Hlfers. I*) Vorstehendes Gedicht wurde am Todestage von Kaiser Wilhelm
niedergeschrieben von der 88 jährigen Frau von Olfers, Tochter des Dichters A. Fr. v. Stägemann und Wittwe des General-Direktors der Museen Excellenz von Olfers.
137
Für
den Weihnachtstisch „Moderne Kunst in Wcisterljokzschnittcn." Verlag von Richard Käthche», H. Effenberger: Forum Romanum, und zum Schluß eine reizende Bong in Berlin W. 57. Ein großartig angelegtes Unternehmen. Schon Venetiancrin: Ninetta, eine Perle der Münchener Jubiläums Ausstellung. die Art der Ausstattung legt ein beredtes Zeugniß davon ab, daß deutsche Aus dem ersten Bande des Werkes bringen wir im Bär Nr. 10 „Eine Kunst und deutsches Kunstgewerbe nicht nur den besten Erzeugnissen Convenienzheirath", und in gegenwärtiger Nr. 1 l „Eine Vernunftheirath", des französischen Buchgewerbes vollauf gewachsen sind, sondern sogar dem¬ selben die Palme des Erfolges streitig machen.
In
Großfolio-Format und in einem dreifarbigen Umschlag mit einer genialen Composition des Malers A. Zick geziert, bietet dieses monatlich erscheinende vornehme Kunstblatt eine Anzahl von 8—10 Kunstbeilagen nach Geniälden unserer bedeutendsten Künstler auf feinstem Kupferdruck¬ papier. Die künstlerische Wiedergabe in Holzschnitt und die Vervielfältigung durch die Buchdruckpresse kann in der That weder in Frankreich noch in anderen Ländern eine bessere sein. Herr Bong, der Verleger und Herausgeber der „Modernen Kunst" hat sich mit seinen eigenen Leistungen auf dem Gebiete der Holzschnittkunst einen geachteten Namen erworben; diesem Umstand haben wir es nicht am wenigsten zu verdanken, daß die Reichshauptstadt in der „Modernen Kunst" ein Journal erhalten, welches zahlreiche Kunstinteressen in würdiger Weise vertritt. Der Inhalt, welcher uns in einer Voranzeige angekündigt wurde, wird ein bedeutend umfangreicherer gegen den Inhalt der Vorjahre sein. Die soeben erschienene erste Lieferung des neuen Jahrganges hat dieses vielversprechende Programm in seinem ganzen Umfange nicht nur vollauf erfüllt, sondern sogar noch erweitert und legt eiu rühm¬ Zeugniß für die Thätigkeit der Verlagshandlung ab. Als Einleitung beginnt die „Moderne Kunst" mit einem Artikel über unsern berühmten'Mitbürger und Meister R. Begas. Dem erschöpfenden Auf¬
zwei Pendants von Loustauneau, zum Abdruck, welche nach Photographiern meisterhaft reproduzirt sind. Da der Verlagshandlung für die textliche» Beiträge die besten Mitarbeiter und für die Gewinnung der bedeutendsten neueren Kunstschöpfunge» glückliche Beziehungen und reiche Verbindungen zur Künstlerwelt zur Verfügung stehen, so läßt sich ein rascher Erfolg des frischaufblühenden Unternehmens mit Sicherheit erwarten. Wir — und mit uns wohl die gesammte Künstlerwclt — begrüßen dieses Unternehmen daher als einen neuen Fortschritt unserer Reichshaupt¬ stadt. Selten ist uns wohl eine Empfehlung leichter geinacht worden als bei diesem wohlfeilen und' glänzend ausgestatteten Kunstblatte, dessen billiger Preis — 1 Mark pro Lieferung — die Anschaffung wohl einem Jeden ermöglicht, der Sinn und Interesse für Kunst und gute bildende Lektüre hat Für je 12 Lieferungen, welche einen stattlichen Band bilden, hat die Verlagshandlung zum Jahresschluß eine fünffarbige reich vergoldete Einbanddecke Herstellen lassen. Ein solcher Band bildet eine Zierde für jeden Weihnachtstisch, und wir empfehlen bei dem bevorstehenden Feste unter der erdrückenden Fülle der Geschenklitteratur vor Allem den Weih¬ nachts-Prachtband der „Modernen Kunst in Meisterholzschnitten" als ein Geschenk von bleibendem Werthe.
liches
Porträt
des Künstlers und die äußerst gelungene Holzschnittvielbewunderten Skulpturwerkes: Der elektrische Funke beigcgeben. Hieran schließt sich die spannende Erzählung eines Künstlerabenteuers von E. von Wolzogen, Die Räubersbraut, an welche sich eine Abhandlung über „Antike Porträts" reiht, dann folgen die Biographien der Künstler, mit den Porträts derselben. Voir großem Interesse für Künstler und Kunstfreunde sind außcrdeni die in dieser Lieferung enthaltenen Abtheilungen: „Kunst- und Ateliernotizen", „Personal-Nachrichten", „Denkmäler", „Ausstellungen", „Archi¬ tektur", „Kunstgewerbe", „Graphische Künste", „Kunstlitteratur", Vermischtes und ein Kunst-Ausstellungs Kalender, sowie eine Rubrik Preisausschreiben. An Kunstbeilagen enthält die Lieferung wahre Kabinetstücke der Holzschneide¬ kunst nach den Gemälden von C. Sohn sr.: Ein alter Hochzeitsbrauch, Gabriel Max: Ein Vater Unser, Luke Filder: In Venedig, C. Kiesel: „Mandolinata", den besten Holzschnitt, den wir je gesehn. A. Seifert: satz
ist das
Abbildung seines
Arei Kaiserinnen.
Die ersten drei Kaiserinnen des neuen deutschen Biographische Skizze von Fr. von Hohenhausen. Berlin. (Strikker, Schönebergerstraße 4). Unsere lang¬ Vossische Buchhandlung. jährige Mitarbeiterin hat den reichen Stoff dieses Werkes in so warm¬ herziger, weihevoller Weise bearbeitet, daß es als willkommene Gabe für die Weihnachtszeit betrachtet werden kann, es wird dem Geber zur Ehre und dem Empfänger zur Freude gereiche». Die schönen patriotischen Ge¬ dichte, welche von unseren ruhmreichsten Namen unterzeichnet sind, gereichen dem Buch zu besonderem Schmuck. Namentlich wird die poetische Apotheose der jungen Kaiserin August« Viktoria von Adalbert von Hanstcin sich viele Sympathie erwerben, ebenso das rührende Gedicht am Todestage von Kaiser Wilhelm, welches die fast neunzigjährige Hedwig von Olfers ver¬ faßt hat. Wir bringen dasselbe als eine Probe aus dem schöne» Buche, S. 136 dieser Nr., zum Abdruck. Die Verlagshandlung hat sich die vor¬ züglichste Ausstattung des Buches zur Pflicht gemacht und doch einen sehr billigen Preis angesetzt, wodurch es auch dein Minderbemittelte» zugänglich Reichs.
sein
wird.
Weihnachtswanderung
Wir
lenken unsere Schritte heute
in das Centrum der Stadt
und besuchen zunächst die gegenüber der König!. Münze, nahe dem
Königl. Schlosse An der Schleuse
Nr.
10 belegene
Japan-
Ausstellung von Carl Schmitz & Co., welcher jeder Kunstfreund gern einige Stunden lehrreicher Betrachtung widmen wird. Da fesselt ein altes Tempelstück aus dem vorigen Jahrhundert, ein Holzschirm mit reicher Elfenbein-, Schildpatt-, Perlmutter- und verschiedenfarbiger Lackdckoration. Der Schirm stellt auf der einen Seite die Flucht des besiegten Prinzen Tairo, eine historische Be¬ gebenheit, auf der anderen eins jener reizenden, urjapanischcn Motive: Kraniche im Lotos, dar. Sodann wurde unsere Aufmerksamkeit an 400 Jahre altes Tempelgemälde (Kakemono), das Paradies Buddha's darstellend, gelenkt. Die Darstellung ist in aus
ein
geschmackvoll gewählten Aquarellfarben, die durch die Zeit allerdings etwas verblichen sind, in bewunderungswürdiger Feinheit auf Seide gemalt und bietet ein interessantes Bild buddhistischer Gottheiten und Gebräuche. Beredtes Zeugniß des auf so hoher Stufe stehenden japanischen Kunsthandwerks legen die in den sonderbarsten, und eigenartigsten Formen vorhandenen Bronzen, Emaillen, Lackarbeitcn re. ab. So finden wir zwei von dem be¬ deutenden japanischen Meister Io-un hergestellte in verlorener Form gegossene Vasen, deren Hautrelicfs buddhistische Göttersymbvle von unregelmäßig schraffirtem Muster umgeben, darstellen. Die feine, technische Bearbeitung dieser beiden Stücke ist einzig in ihrer Art. Von den in verschiedener Technik gesehenen Cloisonnö-Emaillen fesselte sehr
.
in der Nähe von Kobe gefertigte Art ganz besonders unsere Auf¬ „Namikawa" ist die technische Bezeichnung dieser Emaille, welche mit Blattgold vermischt, ein eigenartiges Flimmern zeigt. Von den vielfach vertretenen, so geschätzten Satsuma-Fayencen schienen uns ein Paar von dem Künstler Tosan bemalte Vasen eine
merksamkeit.
II.
besonders bcmerkenswerth, deren Feinheit im Decor wir erst durch die Lupe zu erkennen vermochten. Ganz besonders ausgebildet ist
das Tauschir-Verfahren in von dem bekannten Meister Stücke dieser Technik aus wunderbarster Ausführung
Japan. So finden wir einen Teller Komai, von dessen Vorfahren wir bereits dem 14. Jahrhundert fanden, der in die exaktesten geometrischen Zeichnungen
Ein bewundernswerthes Stück japanischer Kunst und größter Ausdauer ist ein Koro (Räuchergefäß) aus Holz mit verschiedenfarbigem Lackdecor. Auf der einen Seite sehen wir in köstlichem Hautrelief in reicher Perlmutter-, Elfenbein- und Korallenveranschaulicht.
In
Einlage ein Bild: vier Glücksgötter Sake trinkend. gleich feiner Ausführung sehen wir aus der anderen Seite einen Teufel mit einer gestohlenen Tempelglocke. Diese Bilder sind von einem erhabenen Rande umgeben, der in viele kleine Felder getheilt, eine
Fülle
der
reizendsten
japanischen
Deckel des Koro krönt ein Elephant
Motive veranschaulicht. Den mit seinem Führer. In reicher
Auswahl finden wir schließlich Stickereien, herrliche Wandschinne, Fächer, Gazebilder, Waffen re. Die Weihnachtsausstellung der Königlichen Hoflieferanten
Kühn L Söhne in
der Breitenstraße
unabsehbare Fülle von Neuheiten
Carl
Nr. 25/26 führt uns
der Papier-Konfektion
eine
sowohl deutscher, lvie ausländischer Fabrikation vor. In Luxuspapieren mit Emblemen und Monogrammen, farbig und mit Goldschnitt, in viel¬ seitigster und niannigfaltigstcr Verwendung aller Fvrinate und Stärkegrade auf cinein Gebiete, auf welchem die Ansprüche that¬ sächlich mehr und mehr gesteigert werden, entspricht das genannte, 1806 gegründete Geschäft wohl den weitgehendsten Anforderungen. Alle Fortschritte, welche gerade in diesein Industriezweige erstaun¬ liche sind und die anderer Länder weit überflügeln, zieht die Firina in ihr Bereich. Bon Ledcrwaaren, Hand- und Maschinenarbeit, sind
138
in reicher Auswahl vertreten.
mit Erfolg bemüht, eine praktische Neuheit für häusliche Zwecke zu verwenden. Profilirtc oder glatte Holzstäbe, gelenkartig mittels Stahl oder Gurte verbunden, stellen eine nach zwei Seiten hin
Schreibzeuge und sämmtliche Geräthe für den Schreibtisch, der Schul¬ bedarf für Kinder ist hier leicht und nach bester Auswahl zu beschaffen,
sind bereits die Nollschutzwände dieses Fabrikats, weniger bekannt
Photographie-Alben, Schreibmappen, Brieftaschen, VisitenkartenTaschen
und die nie
gänzlich verschwindende Freude der heran¬
wachsenden Töchter, die Poesie-Alben,
wie ganze Büreaueinrichtungen dazu noch Kalender aller Art, besonders ein Abreißkalender eigenen Verlages. Wer je den höchsten Thurm Berlins erreicht hat, den der ebenso
Scharrenstraße Nr. 6 in großen Buch¬ Firma der Spielwaarenhandlung August Weisse gelesen, zugleich aber wohl die lustigen Reiter und zierlich ge¬ kleideten Puppen, Festungen und Soldaten im Schaufenster gesehen, Petrikirche, der hat in der
staben auch die
dann und wann auch bemerkt, wie kleine Wiederverkäufer in jugendlichem Alter Knarren und Waldteufel zu Dutzenden hier exportircn. Betreten wir die großen Jnncnräume, so überwältigt uns der Anblick des bunten Wirrwarrs von Spielzeug jeder Art. Kücheneinrichtungen, vernickelte Kochmaschinen (10—50 Mk.) für die Schwester, Kaspartheater, Centrifugalspiel, Guckkasten, Laterna magica für den Bruder, den fleißigen Quartaner; Rutschbahnen, Pferdcbahnwagcn, Lebensräder, Baukasten, Rüstungen und zuletzt der musikalische Waldteufel „Revotina“ würden ausreichen, die
Sinne der Jugend zu bezaubern. Doch der praktische Sinn der Musik-Industrie führt uns in dem neuen „Manopan", einem neuen Herophon, das statt der runden Notenscheiben bis 8 m lange, beim Abspielen sich selbst zusammenlegende Platten hat, ein ganzes
Orchester vor, das die schönsten Opern in tadelloser Reinheit und Sicherheit zu Gehör bringt. Ein ausziehbarer „Expreßmann" zieht
lustig an der Erde seinen Wagen und beeilt sich mit seinen trippelnden Blechfüßen die schwere Last seines Handwagens vorwärts zu be¬ wegen. Die städtische Feuerwehr mit abnehmbaren Figuren und Armaturen aus Zinnguß zieht an uns vorbei, und daneben führen nicht polternde Plüschbären und Plüschaffen der fröhlichen Kinder¬ schaar ihre lustigen Turnkünste vor. Für hauswirthschaftliche und Küchen-Einrichtungen nennen wir unseren Hausfrauen das Spezial - Magazin des Hoflieferanten Julius Tiede in der Leipzigerstr. 79 an dem Dönhoffsplatz. Die fein vernickelten Theeservices von unveränderlichem Glanz und geschmackvollen Formen haben sich schnell in alle befferen Haus¬ haltungen Eingang verschafft. Von den Theekannen und Schwungkeffeln sind diejenigen von Birnenform die beliebtesten. Tabletts zu den Services hat die Firma in feinem Wiener Nußbaumholz oder in vernickeltem Metall vorräthig und die seit 21 Jahren geführte Spezialität wird durch Eleganz und Dauerhaftigkeit des Materials vor Außerdem dem Verdrängtwerden durch andere Dinge bewahrt. führt das Blagazin echt englische, direkt bezogene unvernickelte Britannia -Metallwaaren von James Dixon & Sons in Sheffield. Unübertroffen stehen bis jetzt die Wiener Kaffeemaschinen von fein durchbrochener Arbeit mit Porzellan-Einsatz da, sowie die pneumatischen
Kaffeemaschinen
mit selbstthätig
schließenden
sich
Lampen; die gediegenen und dauerhaften, im Gebrauch unverwüst¬ lichen, maffiv nickel-plattirten Koch- und Tafelgeschirre, Töpfe und Pfannen, Siebe und Trichter, Schüsseln und Terrinen sind eine Freude der Hausftau. Betrachtet man noch die Bratenschüffeln mit Glocke, die Berzeliuslampen, die Doppeltopf-Schnellbrater und die Fleischhack- und Universal-Reibcmaschinen für Semmel, Zucker und Mandeln, so kann man nur noch zweifelhaft werden, ob die Köchin oder das Geschirr mehr beiträgt zur Bereitung schmackhafter Speisen. Neben den amerikanischen Wäsche-Wringmaschinen mit 4fachen besten Gummiwalzen sehen wir auch Deutsche in
Zahnrädern und
verzinktem Eisen- oder in starkem Holzgestell
auf OfenVorsctzcrn führt das Magazin gleichfalls ein überaus reiches Lager. Seit einiger Zeit ist die Firma Davids & Co. in Hannover — Filiale in Berlin 6., Sehdclstraße 4 am Spittelmarkt —
jeden Tisch aufstellbare Wäscherollen von 30
sowie
englische
Mark an.
In
biegsame Holzfläche dar,
Patent-Holzpanzer
genannt.
Bekannt
dagegen die Ofenschirme, welche den langgepflegten, hartnäckig fort¬ gesetzten
Unsinn der aus gut wärmeleitenden Stoffen bestehenden
Ofenschirme (Eisen, Zinkblech, Glas) beseitigen wollen. Dies wird dadurch erreicht, daß die (vordere) Schauseite aus Holzpanzer her¬
wird, die (hintere) Ofenseite aus einer präparirten, unver¬ brennlichen Jsolirplatte; zwischen beiden befindet sich eine stille Luftschicht, so daß diese Ofenschirme, die handlich, elegant und stabil, auch nicht theurer wie Eisenblcchschirme sind, nachweislich eine wirksamere Schutzkraft besitzen. Die Schirme sind von ge¬ gestellt
bogener und gerader Form, in verschiedener Breite und Höhe, mit
mit chinesischen Dessins in Goldbronze, mit Handmalerci, holzfarbig polirt und ohne Verzierung von 15 — 30 Mk. vorhanden. Diese Rollwände sind eigentlich noch nicht genügend be¬
verschiedenem Metallbeschlag, auch
kannt und in ihrer Zweckmäßigkeit noch nicht recht gewürdigt worden. Gerade jetzt zum Weihnachtsfest, da so mancher Luxus¬ gegenstand gekauft und geschenkt wird, der viel Geld kostet, ohne die rechte Freude zu bereiten, sollte man sich praktischen Sachen
zuwenden! — In Krankenzimmern, für Genesende zum Schutz gegen eindringende kalte oder Zugluft bei offenen Fenstern, auch als Ofenschirm, sowie als Mittel, größere Zimmer in kleinere ab¬
zutheilen sind diese Wände vortrefflich benutzbar. Die Bauart ist eine feste und solide, Reparaturen sind kaum zu gewärtigen und der Preis ist je nach Größe und Ausstattung verschieden. So oft im Einzelnen wie im Großen die deutsche Industrie
freimacht von fremdem, besonders französischem Einfluß, muß der der Erzeugung der Fabrikate Fernerstehende der gangbaren Einführung heimischer Produkte in Familie und Haus seine Aufmerksamkeit zu¬ wenden. Das Exportgeschäft Arnold C. Fränkel legt durch die Firma Carl Fraenkel, Werderstraße 3, welche sonst als Spezialität bekanntlich Komtoirbedarf jeglicher Art führt, als gesetzlich geschützte sich
Neuheit dieses Jahres
echt
seidene
Lampenschleier mit rein
seidenen, mehrfarbigen Stickereien (Kante und
Mitte) vor. Dieser Gegenstand, ein beliebter Winterartikel, wurde bisher einzig und allein von Frankreich aus auf den Markt gebracht, aber von ziemlich geringwerthiger Waare, in sehr schreienden Farben und zu unverhältnißmäßig hohen Preisen, mit ftemden auf Gaze ausgedruckten Das
Fabrikat ist nach langen Bemühungen aus ponceau, kardinal, blau, grün mehrfarbiger oder einfarbiger Seiden¬ mit echter, (Marzelliner) stickerei an der Kante und Mitte zu mäßigen Preisen von der Firma in den Handel gebracht. Die Preise betragen 4 Mk. bez. 8 Mk. das Paar, und für Exemplare mit ganz kleinen, fast unmerk¬ lichen Fehlern, wie bei Seide unvermeidlich, 3 Mk. bezw. 6 Mk. das Paar. Als ein würdiger Komtoir- und Wandschmuck dürfen ferner die Kunstblätter gelten, Holzschnitte von K. Hönemann, die Portraits der entschlafenen Majestäten Kaiser Wilhelm I. und Friedrich als Pendants darstellend, ebenso Kaiser Wilhelm II. und Kaiserin Auch die farbigen großen Chromobilder Augusta Viktona. Sr. Majestät Kaiser Wilhelm II. in sorgfältiger Ausführung (kein Oelfarbendruck) find in antik geschnitztem Rahmen mit Goldstoß oder in Passepartout-Umrahmung auf Karton mit schräger Gold¬ kante vorhanden, ferner mit Goldrahmen oder doppelbreiter Luisen¬ leiste mit Grecque-Shlips. Wer hätte in dem langgestreckten, ein Bild des hauptstädtischen Verkehrs wiedergebenden Jndustriegebäude in der Kommandant« n straße 77—79, welches eine bunte Reihe belebter Handelszweige vor Augen führt, nicht schon vor dem Schaufenster Halt gemacht, das der Jugend die ftöhlichsten Bilder und Spiele, dem Manne Mustern.
deutsche
wirklichem Seidenstoff in roth,
139 aus dem Volk Belehrung und Unterhaltung darzubieten bereit ist. Vom Struwelpeter, dem echten und dein imitirten, bis zu den Bildern des klassischen Alterthums, alle Figuren, welche den kind¬ lichen Sinn fesseln können, legt uns Herr E. Ncuenhahn mit stets bereiter Freundlichkeit zur Ansicht vor. Die Klassikerbibliothek, 9 größere Werke in mehr als 50 Bänden für 30 Mk., unterscheidet wesentlich in der Zusamincnstellung
von anderen, außerdem ermäßigten Preisen auch die einzeln aufgeführten Werke abgegeben werden. Gern machen wir noch auf den lebhaften Absatz des Buches „Kaiser Friedrich" von Oskar Höcker aufmerksam, welches infolge der überaus starken Nachfrage sich
auch
dadurch, daß
zu
den
schon für 2,50 Mk. geliefert wird. Goethe in 16 Bänden, Schiller in 12 Bänden für je 6 Mk. ist eine Leistung der Neuzeit, die für die allgemeine Volksbildung nicht ohne Bedeutung sein kann. Wir hatten bei Gebr. G rum ach in den großartigen Räumen in dem Erdgeschoß und dem ganzen 1. Stockwerk des Hauses Königsstraße 57-n mehrnials Gelegenheit, die unermeßlichen Vorräthe dieses Geschäftszweiges lagern zu sehen, aber auch an dem regen Verkehr theilzunehmen, der sich an allen Punkten des ausgedehnten Etablissements in der diesjährigen Weihnachtssaison bemerkbar Weiße reinleinene Batist-Taschentücher, halb- und rein¬ machte. seidene, halb-rein und baumwollene Halstücher, Flanellartikel für die Damenwelt und die Jugend, besonders die neu eingeführten seidenen Boas von 2 m Länge für 4 — 6 Mk., geschmackvolle Schulterkragen aus gepreßtem Velourstoff, Handarbeit aus persischer Wolle oder Rahmenarbeit aus bester Zephirwolle und die über¬ raschend schnell gangbar gewordenen Trikot-Kinderkleider, ferner wollene Taillentücher in hellen und dunklen Farben, das Alles sind
1341
134
w «v, it« Hl o
nützliche und nothwendige Dinge, deren praktische Verwendbarkeit, Güte und Dauerhaftigkeit wir uns durch unsere Hausfrauen gern bestätigen laffen. Ausführliches über die Vielseitigkeit des Grumachschen Kaufhauses ersehen die Leser aus der Beilage. In der Weihnachtszeit, besonders am Heiligabend, aber auch am Svlvesterabend sinden seit Jahren in Rudolph Lepke's Kunstauktionshaus in der Kochstraße 28/29, wo vor Kurzem eine zahlreiche und auserlesene Gesellschaft zu der 2. Juwelen-Auktion des Preußischen Leihhauses sich zusammengefunden hatte, in regel¬ mäßiger Wiederkehr Abend-Auktionen von Kunstgegenständen, Schmuck- und Luxussachen aller Art statt, die sich zu Weihnachts¬ und Neujahrsgeschenken eignen. Diese Veranstaltungen erfreuen sich des regsten Besuches und haben gemäß ihrem Charakter als Gelegenheits-Auktionen einen ganz besonderen Reiz, gegenüber den sonst in gewohnten Bahnen sich bewegenden 2—3 tägigen Nachla߬ Für Uhren und Juwelen, Sportgegenstände, antike auktionen. Möbel, Gläser und Porzellane zeigen die Berliner Auktionskatalogc des bekannten Kunstauktionshauses, von denen in nächster Zeit bereits der 700. vorliegen wird, eine reiche Auswahl, welche an den Vorbesichtigungstagen genau in Augenschein genommen werden kann. Wir weisen zum Schluß für heute noch auf die Kunst¬ gewerbliche Weinachtsmessc (Schäffer & Walcker) Linden¬ Dr. Br. straße 18 hin.
Inhalt: Im Obstkahn,
Johannes Wedigen, Unter zwei Königen, von Arthur von Loy; Klage um Kaiser Wilhelm, von Hedwig v. Olfers. — Für den Weihnachtstisch: Moderne Kunst in eine
Berliner
Meisterholzschnitten; Drei Kaiserinnen; Eine Vernunftheirath (Abb.). —
Weihnachtswanderung. — Anzeigen.
1134
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ti’mi] |.inmiuinimiimiiifflPmnnmniniinnniniiinii)mtinin;nn iiii Fuß giebt sich die Ehre, Frau Hauptmann Baronin von Rohdewald nebst Fräulein Tochter zu Donnerstag den 9. Januar, Abends ]/2 8 Uhr zu Thee und Tanz in den
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Berlin, Lori von Rohdewald hielt
Januar 18 ..." Karte in der vor freudiger
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diese
Aufregung zitternden Hand und las das, was sie bis dahin nur hastig überflogen, jetzt bebender Stinune ihrer Mitter vor.
sagte
Frau Asta von Rohdewald, ließ die Arbeit weit in den geschweiften Lehnstuhl zurück,
sinken und legte welcher auf einein altmodischen Tritt nahe am Fenster stand. „Erinnert sich das Regimemt auch unserer einmal?" klang sich
etwas bitter aus ihrem Munde. wobei sich ihre feinen, überarbeiteten Züge ein wenig röthetcn und sie die matten Augen, deren Sehkraft sie dlirch eine Brille zu verstärken es
Es war ein schmerzin diesen einst getviß schönen Augen Spuren von heimlich vergossenen Thränen
suchte, fragend auf ihre Tochter richtete.
licher
Ausdruck,
lag, welche jetzt zeigten.
der
174
„Wie mag es nur gekommen sein?" fuhr sie fort, „daß man gerade jetzt an uns denkt?" Lori wandte den hübschen, blonden Kopf zur Seite, damit ihre Mutter nicht das flüchtige Karmin bemerkte, welches über ihre Wangen huschte, schritt auf den zweiten Fensterplatz
Die Einrichtung des Zimiilers war nur einfach. Danlals, als Asta ihren nunmehr längst verstorbenen Gatten, dem ehe¬ maligen Lieutnant im xten Garderegünent zu Fuß, die Hand vor dem Altare gereicht hatte, mochte sie glänzend gewesen sein, aber jetzt wo die Ansprüche um das zehnfache gewachsen —
zu, ließ sich nieder unb begann fleißiger Hand eine prachtvolle
ach
Stickerei zu fordern,
Decken
daß
sie
die Einladungskarte so legte,
und zu einen Blick auf dieselbe
ab
sie
wobei
werfen konnte.
Sie hatte die Frage ihrer Mutter unbeantwortet
neue dunkelrothe Seide
Schattirung ganz vorzüglich, andere
besorgte.
sprechend,
aber
cs ist
doch lieb, daß ich
Ich finde das Muster übrigens cs
ist schwierig,
mir
merksam zählen."
„Strenge Dich nicht zu sehr an, mein Kind," inahnte die Mutter, welche ihre Arbeit, ein Blumenmuster auf groben Kanevas inzwischen wieder aufgenominen hatte. „Ich möchte die Stickerei heute noch beenden, Fuchs & Fränkel sagte mir neulich, es sei große Nachfrage darnach, alle Welt reißt sich gerade um dieses Muster." Lori hatte voll¬ ständig ruhig gesprochen, aber über das Gesicht der Frau Asta zuckte es schmerzlich.
„Deine Augen und Deine Gesundheit dürfen darunter nicht leiden." Beide arbeiteten schweigend weiter, liefe Stille herrschte in dem kleinen, einfachen Zimmer, nur von unten herauf drang das gedämpfte Geräusch der vorüberfahrenden Wagen. Die Wintersonne schien hell durch die Fenster, durch welche man den Blick auf die gegenüberliegenden Dächer gewann. Das Zimmer lag in dem vierten Stockwerk eines Hauses der engen Wallnerstraßc in Berlin. Wurde es auch Frau von Rohdesie sich doch
zum Troste zu sagen:
die
wohnen hier oben dem Himmel um soviel näher und erhalten Luft und Licht aus der ersten Hand."
„Mein gutes Mudding
versteht es so gut, aus der Noth eine Tugend zu machen," envidcrteLori dann wohl lächelnden Mundes. Sie würde lieber eines der unteren Stockwerke bewohnt haben, Frau von Rohdewald hätte dann nicht so viele Stufen zu steigen gebraucht, man sah da doch einmal Jemanden vorübergehen und erhielt einen freundlichen Gruß von einem Be¬ kannten. Aber sie tröstete sich bald, auch hier oben gab es Zerstreuung! Auf dem gegenüberliegenden Dache stolzirte manchmal ein prächtiger, schwarzer Kater, neulich hatte sich ein
Flug silberschimmernder Tauben darauf nieder gelaflen und gerade über ihrem Fenster — Lori zitterte in dem Gedanken,
Herzensfreude.
Pracht¬
Mutter
Sic
liebte
auch wenig,
des
ehemaligen Regimentes des
Frau von Rohdewald den Kopf darüber zerbrach, wem sic dieselbe wohl zu danken haben könnte, glaubte Lori den Absender derselben zu errathen. Nur der Lieutenant Buffo von Ring konnte es sein, welchen sic neulich bei einer Freundin flüchtig kennen gelernt hatte. Ihr sehnlichster Wunsch war cs, den Ball zu besuchen, aber sie ivagte es nicht, denselben der Mutter gegenüber laut werden zu lassen. Welche Ausgaben standen der Ausführung hindernd im Wege? Ein Kleid, zwei Wagen, Handschuhe — ach, es war gar nicht daran zu denken. Die Sonne beleuchtete die gegenüberliegenden Dächer und tauchte sie in Purpurgluth, nach und nach verschwand der feurige Schein und das Dännnerlicht senkte sich langsam nieder. Das war das Stündchen, in welchem sich Mutter und Tochter gewöhnlich einen Gang durch die Stadt zu gönnen pflegten. „Höre nun auf, mein Kind, es beginnt zu dunkeln." „Und gerade bin ich fertig!" rief Lori und packte die Arbeit zusainmen. „Wollen wir nun ein wenig in's Freie
„Wir
stummten diese Laute der jungen Brut und sie hörte nur Gezänk der Alten. Ach, und wenn die liebeil Thierchen gar kamen, um die Brosamen, welche Lori ihnen auf Fensterbrett streute, aufzupicken, das war ihr geradezu
doch ein kostbarer Besitz.
eingetroffene Einladung
verstorbenen Vaters.
pflegte
daß der Hallswirth das Nestchen bemerken und unbarmherziger Hand zerstören könnte — hatte sich ein Spatzenpaar wohnlich eingerichtet. .Piep, piep, piep — zschschsch, zschschsch, zschschsch' hörte sie, »venn sie bei der Arbeit saß, die Jungen und die Alten miteinander schwatzen. Jetzt im Winter freilich ver¬
Als
soviel, um ihr Klavierunterricht ertheilen zu lasten, wußte sie dennoch zu erübrigen. Astas Ehe war nicht ohne Sorgen gewesen, das leidige Geld hatte stets gefehlt, aber die gegenseitige Liebe der Gatten, die Hoffnung auf bessere Zeiten, das feste Gottvertrauen hatten sie dennoch unendlich beglückend gestaltet. Und besaßen sie nicht ihr blondlockiges Töchterchen, die kleine herzige Lori? Freilich, um deretwegen hätten sic sich gerade oft ein wenig Vermögen gewünscht. Ein adliges Fräulein, eine Offizierstvchtcr ohne alle Mittel, das waren traurige Aussichten. Doch darum wollten sie sich jetzt nicht grämen. Gerade als die besseren Zeiten eingetreten, das lang¬ ersehnte Gehalt eines Majors endlich erreicht war, hatte ein Sturz mit dem Pferde das hoffnungsvolle Leben Herrn von Rvhdewalds plötzlich geendet. Eine kleine Pension war Alles, was der hinterlassenen Wittwe sammt ihrem Töchterchen ver¬ blieben, und die Erträge, welche sie für gelieferte Handarbeiten aus einem Geschäfte erhielten, mußten dazu dienen, ihnen das Leben ein wenig zu schmücken. Beide Damen dachten während ihrer Arbeit lebhaft an
recht an¬
so
Lori
die Musik leidenschaftlich und besaß ihre
man muß die Stiche auf¬
wald schwer, die Unzahl der Stufen zu überwinden,
altmodisch geworden, verbargen kaum noch die
sie recht
gehäkelte Ucbcrhänge
erreichte, so dünkte es
paßt zu der vorhandenen
mir
und
möbel der ganzen Wohnung mochte das alte tafelförmige Klavier gelten. Klapperten beim Spiele zwar die Hämmer ein wenig und hörte inan auch, daß es schon ein recht ehrwürdiges Alter
tiefer
sich
Du lieber Gott! Jetzt war
schadhaften Stellen der verschossenen Ueberzüge.
gelassen, jetzt
wiederholte Letztere dieselbe. „Ich weiß es nicht, Mama," entgegnete Lori, über ihre Arbeit beugend.
„Die
!
;
Lust, den
das
sich
gehen?"
„Ich
ilun
Während
„Ach
möchte heute zu Hause bleiben.
Ball
ja!"
Hättest Du wohl
zu besuchen?"
klang es jubelnd von Loris Lippen und im
Mutter,
das
nächsten Augenblick
eine
blonden Kopf an ihre Schulter, umschlang sie und ihre Augen blickten voll zu ihr auf. Das waren Augen! So klug, so
l
stand
sie
neben ihrer
legte den
175 sprechend, so
tiefblau wie Veilchen, dabei ein wahrer Spiegel
reinster Herzensgute!
„Du
liebes Kind, ich dachte es wohl.
Lori und
senkte die
Aber Du hast ja
Es war,
Lider.
als ob sich ein seidenweicher Schleier niederließ.
„Aber wir sind fleißig gewesen, das Konto bei Fuchs Wie wäre cs, wenn wir & Frankel steht für uns günstig. einen Theil dazu verwendeten, meiner kleinen Lori ein Ballkleid
es,
kaufen?"
„Mama!" Der Schleier hob sich und eitel Wonne war was der Mutter jetzt aus den Augen ihres Kindes ent-
gcgenstrahlte.
„Nun, dann
versuche es einmal.
Ich werde
dem
Rcgi-
„Mutter, Mutter,
süße einzige
Mutter!" Lori
erstickte sie
unter ihren Küssen. Die gütige Dame entsann sich seit Langem nicht, einen so glücklichen Augenblick erlebt zu habe». Lori packte die fertigen Stickereien zusammen und kleidete sich an, um sich in das Geschäftslokal von Fuchs & Frankel zu säst
Sie
sah entzückend
aus: Ein kleiner Filzhnt
auf dem leichtgewellten blonden
Haar, das
Wollkleid mit der kurzen Pelzjacke, chic, stand
saß
keck
schlichte schwarze
einfach, aber zierlich und
ihr vorzüglich.
„Und Alles hat das gute Kiud ihrer Hände Arbeit zu verdanken", dachte Asta zärtlichen Sinnes, als sie ihr niedliches Töchterchen betrachtete. Lori schritt bald darauf durch das Gewirr der hellerStraßen, sich weder nach rechts noch nach links um¬ nur zuweilen einige Worte an die alte Ausgeherin Christiane richtend, welche sie begleitete. Endlich war sie unter den Linden angekommen und trat in einen der bevorzugtesten
leuchteten sehend,
Läden.
gnädiges Fräulein", empfing ihr freundlich die Hand reichend.
„Guten Abend, Geschäftsvorstcherin,
sie
die
„Nun
wieder so fleißig gewesen und schon fertig? Ich habe hier schon etwas Neues hingelegt, etwas ganz Apartes, was
schon
Ihnen gewiß Freude machen wird zu arbeiten." „Ach wie entzückend!" rief Lori, als sie das Mister zu einer ganz modernen Stickerei erblickte.
„Wir
möchten gern einige Exeinplare recht bald haben."
Lori nickte ein wenig verlegen. „Ich werde es versuchen, aber — nun werden Sie staunen, Fräulein Marie — etwas Geduld müssen Sie haben, denn ich will in den nächsten Tagen einen Ball besuchen." „Das ist ja allerliebst, wir haben ganz wunderhübsche leichte Stoffe." „Wenn sie nicht zu theuer wären." „Für Sie machen wir Extrapreise", dabei stellte sie Schachtel auf Schachtel vor das Fräulein hin, welche wehinüthigen Blickes die reizenden Stoffe betrachtete. „Ach nein, das ist zu elegant für mich und gewiß viel zu
theuer."
In
diesem Augenblicke
trat Herr Fränkel hinzu und
be¬
grüßte die junge Dame auf das Artigste.
für Sie selbst sein, gnädiges Fräulein?" „Allerdings", antwortete Lori schüchtern. „Wenn Sie mir gestatten wollten. Ihnen als unserer
„Soll
es
liebsten und bewährtesten
Mitarbeiterin,
diese
Ballrobe
zu ver¬
gestehen, daß ich
Christiane freudigen Herzens nach Hause und besorgte sich unterwegs Dieses und Jenes, tvas ihr noch zu dem Ballstäate fehlte. Wie fast jeden Abend nach Tisch, setzte sich Lori auch Vertvob sic auch, wie gewöhnlich die heute an das Klavier. Weisen ihrer Lieblingskomponisten zu einem anmuthigen Ganzen, so
stahlen sich doch heute Walzerklänge und Polkatakte da¬
Still
hörte die Mutter zu. „Die glückliche Jugend", lächelte die gütige Seele, mit stiller Wehmuth ferner Zeiten gedenkend, wo sie selbst noch jung und froh iills Leben blickte.
zwischen.
mente indessen eine Zusage schicken."
begeben.
nur auf eine Gelegenheit gctvartet habe, um mich Ihnen gegenüber einmal erkenntlich 511 zeigen." Lori schoß das Blut in die Wangen. „Nein, nein, Herr Fränkel, auf keinen Fall." Aber sie nahm es gern an, daß er ihr einen besonders billigen Preis berechnete. Als trüge sie den kostbarsten Schatz bei sich, ging sie mit
Ich muß
Nichts anzuziehen." „Freilich", flüsterte
zu
ehren, so soll es mir zu einem besonderen Vergnügen gereichen.
Für die
Wohnung in Frau von Rohde-
nächsten Tage hatte sich die kleine
eine Schneider-Handwerksstätte verwandelt.
wald rmd Lori arbeiteten fleißig, auch Christiane mußte helfen, bald war das duftige, Weiße Ballkleid fertig gestellt. Nun war der 9. Januar herangerückt. War es nur möglich, Lori sollte hellte tanzen und zwar zum ersteil Male
in ihrem Leben? Jetzt ballschten sich die lveißc» Röcke mit der zarten Frisur mn ihre hochgelvachsene Gestalt, ein anspruchs¬ loser Kranz von Schneeglöckchen flocht sich durch blondes Haar, und Rosen der Erregung glühten
ihr
gold¬
auf ihren Bald verkündete Christiane, die init wahrhafter Wangen. Scheu um ihr jlinges, schönes Fräulein herumging, daß die Droschke vor der Thür harre, lind der Kutscher schon drei Mal ungeduldig mit der Peitsche geknallt habe. Mit klopfenden Herzen fuhr Lori an der Seite ihrer Mutter durch die erleuchteten Straßen der Hauptstadt. Beide schwiegen. Lori von Unruhe, in bangem Zweifel, ob sie wohl tanzen würde, und ob der Lieutenant voll Ring die Einladung sandle; die Wittwe aber in dem schmerzlichen Gedanken, nach so langer, langer Zeit wieder die Räume zu betreten, in denen sie früher so oft mit ihrein verstorbenen Gatten so uilendlich glücklich geweseir
In
war.
Offizier - Kasino des xten Garde - Regiments ging es während des ganzen Tages lebhaft zu. Das Lese¬ zimmer, der Speisesaal wurden ausgeräumt, und alle Vor¬ Der bereitungen zum Empfange zahlreicher Gäste getroffen. Hände voll zu thun, Lieutenant Buffo von Ring hatte alle denn ihm waren die Anordnungen des Festes übertragen worden. „Die beiden Lorbeerbäume dort rechts in der Ecke So, so, nicht zu weit, sonst noch etwas vorwärts rücken. dem
Er eilte durch den Saal, blieb wo sich das Brustbild des Königs
nehmen sie zuviel Platz weg."
vor der Mittelnischc stehen, Wilhelins des Ersten, von iinmergrüneil Bäumen, von zahlreichen Lichtern umgeben, als vornehmster Schmuck des Kasinos erhob. „Die großen silbernen Arnlleuchter müffeil tiefer stehen, Jetzt noch etwas, mm beide ein wenig auseinanderrücken." gab er ben Ordonnanzen diese und jene Anweisling und ließ endlich zwölf Grenadiere, je zwei und zwei in den verschiedenen Uniformen gekleidet, welche das Regiment von seiner Errichtung an bis auf den heutigen Tag getragen hatte, auf den Treppen¬ absätzen antreten.
Bald ivar
es
Zeit, die Gäste mußten kommen.
Einzelne
177 junge Offiziere stellten sich
zuerst ein, der Kommandeur
mit
lor,
Offiziersfamilien erschienen, und Herr von Ring empfing alle mit jenem leichten, selbstbewußten Lächeln, wie es jungen OMeren, welche gewohnt sind, als
seiner ^Gemahlin, verschiedene
Löwen der Gesellschaft betrachtet zu werden, wohl eigen ist. „Mein lieber Ring, nur auf ein Wort," ließ sich jetzt die Stimme des Majors von Ohlefeld Vernehmen, welcher eben
Saal betrat. Herr beim Regiment zwar schon als Fähnrich falsches von Ohlefeld, Particip, war jedoch lange Zeit abkommandirt gewesen, hatte eine Kompagnie auf einer Unteroffizierschule, später eine solche im Kadettenkorps zu Bensberg geführt und schließlich als Mit¬ glied der Studien-Kommission als Lehrer auf der Kriegs¬ akademie Verwendung gefunden. Nachdem vor wenigen Jahren seine Gattin gestorben war, hatte er sich noch mehr als sonst den Büchern gewidmet und sich von der Geselligkeit gänzlich Vor wenigen Monaten zum Regiment zurück¬ zurückgezogen. zum Erstaunen der übrigen Kameraden den
kehrt, hatte er das erste
Bataillon
desselben übernommen.
Dian beglückwünschte Herrn von Ring, den Adjutanten Truppentheils nicht gerade dazu und war gespannt, wie der junge, lebenslustige Offizier sich mit seinem ernsten, meist schweigsamen Kommandeur vertragen würde. Zn Aller Er¬ staunen ging es besser, als man vermuthet Halle, ja es war, als wenn der ernste Herr von Ohlefeld gerade an dem heiteren Eben Wesen seines Adjutanten besonderen Gefallen fände. dieses
sprachen sie zusammen:
!
„Mein lieber Ring, Sie sind ja hier der Hauptschwerenvther, ich habe heute Abend zwei Damen, Frau und Fräulein von Rohdewald, Wittwe und Tochter eines ehemaligen Re¬ gimentskameraden eingeladen. Die Mutter werde ich auf mich nehmen, seien Sie, bitte, gegen die Tochter etwas liebenswürdig
und sorgen Sie dafür, daß sie nicht sitzen bleibt." „Was in meinen Kräften steht, Herr Oberstwachtmeister, soll geschehen," damit flatterte von Ring zur
Thür, uin
neu
ankommende Gäste zu begrüßen. Herr von Ohlefeld, den Helm in der Hand, sah düsteren Blickes auf das sich immer bunter gestaltende Bild, die anwesenden Dainen nur steif begrüßend, kauin daß er sich init der Gattin des Regiments-Commandeurs
dessen
jüngeren
Geschwistern
wocheickang
Aufnahme
gewährt. Und das sollte Herr von Ohlefeld jetzt vergessen, er, dessen Hauptcharakterzug die Dankbarkeit war? — Nein, den Rohdewald'schen Damen zu Liebe, konnte er sich schon einmal die Unbequemlichkeit auferlegen, einen Ball zu besuchen. Ge¬ wissermaßen war es ja auch seine Pflicht, als BataillonsCommandeur, bei solchen Regimentsfesten nicht zu fehlen. Jetzt sah er nach dem Haupteingang und gewahrte, wie Frau von Rohdewald in Begleitung ihrer Tochter in den Saal trat. Wie alt war die Erstere geworden? In seiner steifen, förmlichen Weise auf sie zuschreitend, begrüßte er die beiden Damen und bot Frau von Rohdewald den Arm. „Sie, Herr von Ohlefeld?! Das ist ja eine unverhoffte Freude, Sie hier zu treffen", rief die kleine, schmächtige Dame, seinen Arin ergreifend und ihm folgend. „So haben wir Ihrer Güte auch wohl die Einladung zu verdanken?" „Ich war so frei, meine gnädige Frau", entgegnete der Major, den Blick auf Lori richtend, welche sich durch das, was sic eben hörte, ein wenig enttäuscht fühlte. Sie hatte gehofft, Herr von Ring hätte die Karte übersandt. „Meine Tochter Lori", stellte Frau Asta vor, „Sie hätten sie natürlich nicht wieder erkannt?" „Halb und halb doch, obgleich Sie erst zwei Jahre alt waren, gnädiges Fräulein, als ich Sie zum letzten Male gcsehen habe, aber Sie gleichen Ihrem lieben Vater zu sehr." Sein Auge ruhte mit Wohlgefallen auf Loris angenehmen Zügen und ihrer schlanken Gestalt. „Sie waren ein Freund meines seligen Vaters, Mama hat mir oft von Ihnen erzählt", antwortete Lori. „Auch die Stimme haben Sie von ihm, den tiefen Glocken¬ ton haben Sie geerbt. Freund ist zu viel gesagt, er war mir stets väterlich zugethan." In diesem Augenblicke trat Herr von Ring, in der Hand ein silbernes Theebrettchen, auf dem die Tanzkarten lagen, zu der Gruppe. „Mein Adjutant, Herr von Ring", stellte von Ohlefeld vor.
Buffo verneigte
sich.
„Wollen gnädigste Baronesse
sich
Hatte ihm die Geselligkeit nie großes
gütigst bedienen und darf ich um einen Tanz bitten? Die erste
ihm nach dem Tode seiner Frau geradezu fremd geworden. Auch während seiner Ehe war er nur selten ausgegangen, im Hause zu glücklich, dienstlich und wissenschaftlich viel beschäftigt, hatte er nie das Verlangen dar¬ nach verspürt, und seine Gattin durch Krankheit und häusliche Pflichten gefesselt, hatte sich seinen Wünschen in diese, lvie in alle anderen Beziehungen vollständig angepaßt. Es kostete ihm
Polka werde ich so frei sein, für mich zu beanspruchen." Er Herr kritzelte seinen Namen aus die Karte und entfernte sich. von Ring hatte sie nicht wieder erkannt. Lori berührte dies beinahe schmerzlich, jetzt kam er noch einmal zurück. „Aber gnädiges Fräulein, wo hatte ich denn nur meine Augen und meine Ohren? Ich hatte ja schon neulich bei meiner Tante Plater den Vorzug, Ihnen vorgestellt zu werden." „Gewiß, Herr von Ring." „Die verschiedene Toilette — sie verändert so sehr, ich darf auf Ihre Verzeihung rechnen, nicht wahr?" „Sicherlich, Herr von Ring." Der junge Offizier einpfahl sich, um seinen Pflichten als Festordner vorzustehen. Die Baronin und Lori wurden den verschiedenen Damen vorgestellt, ältere und jüngere Herren ließen sich mit ihnen bekannt machen. Der Saal füllte sich mehr und mehr, Lori's Tanzkartc war besetzt, der erste Walzer ertönte und glückstrahlend schwebte sie dahin.
längere Zeit unterhielt.
Vergnügen bereitet,
so
war
sie
daher Ueberwindung, heute hierher zu gehen, aber er glaubte einen Akt der Dankbarkeit gegen seinen früheren Kompagniechef
Hauptmann Baron von Rohdewald auszuüben, wenn er Hinterbliebenen einlüde und sie auch hier begrüßte. Hatten ihm doch der Verstorbene sowohl als seine Gattin viel¬ fache Beweise ihrer aufopfernden Freundschaft gegeben. Der Hauptmann war ihm stets ein wohlwollender Vor¬ gesetzter gewesen, welcher auf ihn, seinen nicht iminer leicht zu den
dessen
behandelnden Untergebenen,
Im
die
erdenklichsten Rücksichten ge¬
Verein mit seiner Gattin hatte er dem jungen Lieutnant auf die liebenswürdigste Art sein Haus geöffnet, ja sogar, als von Ohlefeld seine Eltern kurz hintereinander ver¬ nommen.
(Fortsetzung folgt.)
178 alleinstehend, als daß inan mit einen: kurzen Urtheil den Eindruck
Ins
-ein berliner Musikleben vor 50 Jahren. Von Gustav Karpeles.
der
Neben vielen anderen Dingen fehlt uns auch eine Geschichte Unter allen Zweigen der Geschichte Berlins
Musil in Berlin.
Und doch diese bis jetzt am meisten vernachlässigt worden. fehlt es nicht an werthvollen Einzelbeiträgen hierzu, auch ist die Geschichte der Musil in Berlin ein wichtiger Beitrag zur Geschichte der Musik in Deutschland überhaupt. Namentlich im Anfang dieses Jahrhunderts war das Musikleben Berlins ein reges und einflußreiches. Die Anregungen, die von hier ausgingen, wirkten mächtig aus das deutsche Musikleben ein, ja nian kann behaupten, daß der Ton und die Stimmung Berlins lange Zeit für ganz Deutschland maßgebend waren. Einen interessanten Beitrag zu ein soeben erschienenes Buch: Geschichtsperiode liefert dieser
ist
„Briese von Felix Mendelssohn - Bartholdy an Ignaz und Charlotte Moscheles." (Leipzig, Duncker und Humblvt 1888.) Es war im Herbst 1824, als Ignaz Moscheles, der damals bereits einen Namen als Klavierspieler hatte, zum ersten Male nach Berlin kam, um hier ein Konzert zu geben. Die erste Ein¬ ladung, die er erhielt, war von Frau Lea Mendelssohn-Bartholdy, die ihn zugleich bat, ihrem Sohne Felix Musikunterricht zu ertheilen. Moscheles sagte zu, da auch ihn das Talent des Knaben lebhaft und bald entspann sich zwischen Lehrer und Schüler ein Frcundschaftsverhältniß, tvelchcs bis zum Tode des letzteren ohne Unterbrechung und Schwankung fortdauerte. Als Moscheles im Jahre 1826 zum zweiten Riale Berlin auf einer Konzertreise berührte, hatte er schon Gelegenheit, das aufkeimende Genie seines Schülers zu bewundern. Er verzeichnete in sein Tagebuch die Worte: „Auch dieser Prophet muß erst durch das Ausland seinen Ruhm gründen!" An demselben Tage kurz vorher hatte ihm Felix seine soeben be¬ endete Ouvertüre zum „Sommcrnachtstraum" mit seiner Schwester Fanny eigenhändig- vorgespielt. Es entspann sich nun ein lebhafter Briefwechsel zwischen den beiden Künstlern, der für Musiker eine Fülle des Anregenden und Belehrenden enthält, der aber auch den Nichtmusikern ein unge¬ wöhnliches Interesse zu bieten vermag, durch die Liebenswürdigkeit des Tons, in welchem die Briefe gehalten sind, durch die Einblicke, die sie uns in das Leben jener halbvergangenen Zeit gewähren, und nicht zuletzt durch den freundlichen Humor sowie durch die hohe Weltanschauung, die aus ihnen spricht. Das Briefschreiben ist in unserer Zeit des ermäßigten Portos allmählich ein Geschäft geworden wie jedes andere, damals wurde es noch wie eine Kunst ausgeübt. Darum lesen wir so gern Briefe aus jener Zeit. Ein Meister in dieser Kunst, Briefe zu schreiben, war aber Felix Mcndelssohn-Bartholdy; seine Briefe sind in der That Fenster der Seele, durch die wir in die Seele eines edeln Menschen und in das Herz einer zwar thatenarmen, aber ideenreichen Zeit hineinblicken. Ueber 20 Jahre dauerte der Briefwechsel und Mendelssohn-Bartholdy berichtet in demselben über alles, was ihn selbst betrifft, alles was anzog
Moscheles interessiren konnte und die wichtigsten musikalischen Er¬ eignisse der
Zeit.
Für uns
haben
nur die Mittheilungen Werth,
welche sich auf das Berliner Musikleben dieser Periode beziehen. Unter den Ereignissen derselben steht in erster Reihe das Auftreten Paganini's in Berlin. Mendelssohn schreibt darüber an seinen älter» Freund am 26. März 1826: „Paganini ist hier und giebt Sonnabend sein letztes Konzert; er wird unmittelbar von hier nach
London gehn, wo er meiner Meinung nach unerhörtes Glück machen muß, denn seine Fertigkeit und Sicherheit in den furchtbarsten Schwierigkeiten übersteigt allen Glauben. Sie verlangen zu viel, wenn Sic eine Beschreibung seines Spiels von mir erwarten; sie nähme den ganzen Brief ein, denn er ist zu eigenthümlich und
seiner Musik beschreiben könnte."
Inzwischen war Mendelssohn-Bartholdy selbst nach London ge¬ und das Freundschaftsbündniß wurde durch persönliche Begegnung mit Moscheles fester geknüpft. Eine Fülle von liebens¬ würdigen Details aus dem Zusammenleben beider Freunde erzählt uns der Herausgeber dieses Briefwechsels, Felix Moscheles. Das liebenswürdigste darunter ist wohl eine Zeichnung, die MendelssohnBartholdy zum Geburtstage des Freundes entwarf und die uns gleichfalls mitgetheilt wird. Er selbst befindet sich darauf als ein „junger Berliner, der sich übt," indem er ein Stück studirt, das kommen,
ihm Moscheles zugeeignet hatte. Natürlich ist es Mendelssohns lebhaftester Wunsch, Moscheles' die Gastfreundschaft, die ihm dieser in London gewährt hatte, in Berlin vergelten zu können. Als er in Hamburg von Moscheles Schwester erfährt, daß dieser dorthin zu kommen beabsichtige, regt sich natürlich in ihm sofort der Gedanke, den Künstler auch nach Berlin zu ziehen. Er schreibt darüber am 25. Juli 1832: „Ihre Schwester sah mich sehr böse an und fragte, was denn in Berlin zu holen sei, wer sich denn da für Musik interessire? Ich citirte mich, aber das gefiel wenig, man fand mich nach und nach immer So sagte ich. abscheulicher, ein rechter Berliner, dachte man Sie würden auch wahrscheinlich nicht kommen und da war man wieder gut. Aber heimlich sage ich nun doch: „O, kommen Sie, kommen Sie! So gut es einem in Berlin gemacht werden kann, so wollen wir es schon machen." Im folgenden Brief ist es ihm schon völlig klar, daß Moscheles nach Berlin kommen muß und wäre es auch nur, um ein paar Tage mit ihm und seiner Familie hier zu leben. „Du dürftest nirgend anders wohnen, als Leipzigerstr. Nr. 3 im Hotel zur grünen Partitur, d. h. aus meiner Stube . . . Ich möchte Dir eine fünfzehnstimmige Fuge schicken und jede Stimme sollte singen: „Komme nach Berlin!" Die Ge¬ gend ist zwar nicht schön und beim Theater ist kein vortreffliches Personal, keine Sängerinnen und keine Sänger, aber man kann doch Musik machen." Moscheles will nur kommen, wenn er ein geben Konzert in Berlin kann. Und da ist es denn interessant, in einem Brief Mendclssohn-Barthvldy's vom 3. September 1832 zu lesen, welche Aussichten damals das Konzert eines Virtuosen in Berlm hatte. „Ich habe mich wegen des Konzerts bei Sachver¬ ständigen erkundigt und immer den kleinern Durchschnitt angenom¬ men; indeß scheint es mir doch, daß die mäßigste Einnahme, die man für Dich berechnen könnte, hundert Louisdors wäre, da dies, wie man mich versichert, selbst bei einem der mäßig besuchten Konzerte eingenommen werde und namentlich, da Du darauf rechnen kannst, den Hof in Deinem Konzert zu haben, der allein an Künstler ersten Ranges gewöhnlich 20 Louisdors schickt. Die Zeit, wo Du es geben müßtest, trifft zugleich mit der Mitte unserer Kunstausstellung zusammen, wo Berlin am besuchtesten ist Die Kosten, um es im großen Konzcrtsaale des Schauspielhauses zu geben, betragen (alles miteingerechnet, Zettel, Wagen re.) 40 Louisdors. Im Saale der Singakademie würden die Kosten wenig mehr als die Hälfte davon ausmachen; indessen scheint der Hof dorthin nicht so gern zu kommen. Der Saal des Schauspielhauses hat einmal den Ruf als der erste und vornehmste." Mendelssohn ging aber noch weiter,
...
....
Intendanten der königlichen dieser willigte gen: ein, Theil der Bruttoeinnahme glücklicher als MendelssohnBartholdy, da Moscheles endlich seine Bereitwilligkeit erklärte, nach Berlin zu kommen, und auf die letzte Bedingung deffelben, nämlich ein gutes Instrument zur Verfügung zu haben, antwortet Mendelssohn humoristisch, indem er ihin das Klavier seiner eigenen Schwester anbietet: „Daß nun außerdem alle Berliner Instrumenten¬ er verständigte sich mit dem damaligen Hofmusik, dem Grafen Redern, und Moscheles für ein Konzert den dritten im Opernhausc zu gewähren. Wer war
macher
Dir
die
Thür einrennen werden und
zu Füßen sinken, weiß
179
Da giebt es Jnstruincntc in Birncnform und mit drei Beinen und mit einem Transponirpedal und mit einein kleinen Schreibpult drin, mit vier Saiten und mit einer Saite, Giraffen- und Tascheninstrumentc; schwarze, Weiße und grüne — Du wirst die ich schon.
Qual haben, denn Du wirst die Wahl haben." Im folgenden Briefe giebt Mendelssohn Auskunft über die Wahl des Hotels — er empfiehlt das „Hotel de Rome" — und über die Reiseroute von Hamburg nach Berlin. Ueberaus charakte¬ ristisch für den damaligen Schneckengang im Reisen ist diese Mit¬ theilung vom 2. Oktober 1836: „Den ersten Tag in Villahn ein sehr gutes Wirthshaus, 2'/- Meilen weiter als Boitzenburg; den zweiten Tag bis Kyritz, den dritten Tag in Berlin; bis Boitzen¬ burg wohl vier Pferde zu nehmen, von Boitzenburg weiter drei Pferde. Jeden Morgen um 6 Uhr ausfahren, zwölf ü dreizehn Stunden täglich gefahren. Mein Vater, der den Weg auswendig kennt und sehr oft die Reise gemacht hat, läßt Dir sagen, wenn Du um 8 Uhr Morgens von Hamburg ausführest und Dich vier Stunden aufhieltest, die Nacht dazu nähmest, könntest Du durchaus nicht später, als um neun des folgenden Abends in Berlin sein." Nach 35stündiger Fahrt traf Moscheles am 7. Oktober in Berlin ein. Sein Konzert fiel glänzend aus; der dritte Theil seiner Ein¬ nahme betrug 301 Thaler — und die beiden Freunde verlebten zwölf herrliche Tage. Nach Moscheles Abreise war es Mendelssohn recht einsam in Er ist überhaupt in jener Zeit auf Berlin und die Berliner sowie auf das dortige Musikleben garnicht gut zu sprechen. So
Berlin.
Januar 1833: „Gebe ich doch übermorgen mein drittes Konzert, also weiß ich, was es auf sich hat, ein großer Berliner Mann zu sein. Nachdem sie sich mit Mühe entschlossen hatten, sich die Einnahme von mir schenken zu lassen, war es im ersten Konzert, wo ich meine Symphonie aus d., mein Konzert, meine Klaviersonate von Beethoven, den Sommernachtstraum ec. gab, sehr voll und die Leute hatten Berliner Enthusiasmus d. h. göttlich und himmlisch war so viel, wie sonst passabel.... Vorher hätte mich ein Entgegenkommen gefreut, nun war es mir fatal, wie überhaupt das ganze Nest mit seinem Strohfeuer." Mehrere Mo¬ nate später schreibt Mendelssohn: „Neulich hörte ich einen Berliner Klavierspieler, der spielte die schlechteste Variation auf „God save the queen“, die ich in meinem Leben gehört habe, und das will ungemein viel sagen, und der Mann hatte viel Fertigkeit und viel Finger und doch war es so leer und todt und klapprig und mir wurde jämmerlich dabei zu Muth —, wo steckt denn unser guter Berliner Geschmack? Man merkt, daß jeder Einzelne sein Möglichstes thut, daß sie Alle die Musik persönlich lieb haben; nur ein Ganzes fehlt und so lange der Sand Sand bleibt und die Spree wässrig, so lange, fürchte ich, wird es auch nach Berlin nicht kommen." schreibt er am 17.
....
auf die Berlinerinnen ist Mendelssohn nicht gut zu er ist so ungalant, einmal an Frau Moscheles zu schreiben: „Freilich ist mein Pferd hübscher als alle Mädchen, die ich in Berlin gekannt habe; es ist so glatt und braun und sieht so gesund aus, auch sehr gutmüthig (woran die Berlinerinnen be¬ kanntlich keinen Ueberfluß haben), aber dennoch verschwöre ich das Heirathen nicht, seitdem mir mein Vater prophezeiht hat, ich werde Auch
sprechen.
Ja,
es gewiß nicht
thun."
Im Oktober
1835 waren Moscheles und Mendelssohn-Bartholdy wieder drei Tage in Berlin zusammen. Am Abend vor der Abreise Phantasirten beide vierhändig. Die Zeit der Abreise rückte heran,
fällt Felix plötzlich mit dem Schnellpostsignal ein; Moscheles antwortet mit einem feierlichen Abschiedsandante, wieder unterbricht ihn das Postsignal und führt nun beide zuin Schlußakkord.
da
Die folgenden Jahre verlebte Mendelssohn-Bartholdy fern von Berlin in Düffeldorf und Leipzig. Von da aus berichtet er
Freunde einmal am 15. Juni 1841 folgende Neuigkeit: „Wie Du wohl schon gehört haben wirst, gehe ich auf ein Jahr nach Berlin, ich kann es nicht abschlagen und vermeiden, denke dem
aber bestimmt, nach Ablauf dieser Zeit wieder hieher zu kommen. Es gefällt mir hier besser als dort. Zwar soll ich Kapellmeister heißen, viel Geld bekommen und gar keine Verpflichtungen dafür weder beim Theater, noch sonst wo haben, also ganz ftei sein. —
Aber dennoch habe ich keine rechte Fiduz." Und einige Monate später schreibt er über dieselbe Angelegenheit: „Ich habe mir eine Audienz beim König ausgebeten, um zu versuchen, ob er mich in
Gnaden wieder fortziehen
lassen
will.
Vor lauter Vermählungen,
Reisen rc. habe ich sie diese Woche noch nicht bekommen können. Erfüllt er aber in der nächsten meinen Wunsch, so hoffe ich in
vierzehn Tagen wieder im wohlbekannten
Leipziger Quartier zu Aber freundlich muß er mich ziehen lassen; dazu habe ich ihn zu lieb und bin ihm zu viel Dank schuldig." Während dieser Zeit ist Moscheles in Hamburg und Mendels¬ sohn-Bartholdy schreibt ihm dahin folgenden Einladungsbrief: „Herr Felix Mendelssohn-Bartholdy präsentirt Komplimente an Herrn und Madame Moscheles nebst Familie und ist sehr happig danach, Herrn und Madame Moscheles auf vierzehn Tage wenigstens in Berlin zu sehen. Gegend, Musik und dergleichen kann er in Berlin zwar nicht zum Besten vorsetzen, aber wenn ein allerherzlichstes Willkommen den Sand urbar und die Musiker feurig machen könnten, so sollte es auch darin besser bestellt sein; die ganze Bevölkerung der Leipzigerstraße Nr. 3 schließt sich dieser ergebensten Einladung an." Mit Begeisterung nimmt Mendelssohn-Bartholdy später den Plan auf, den ihm Moscheles mittheilt, nach Preußen zu über¬ siedeln. Sein Augenmerk fällt dabei zunächst natürlich auf Berlin. Er meint, daß Bunsen der rechte Mann wäre, um beim König Friedrich Wilhelm IV. diesen Plan durchzusetzen und fährt dann fort: „Ich glaube, mit wenig Worten wäre die Sache abgethan und er würde gewiß alles aufbieten, um dem König und Berlin eine solche Ehre zu verschaffen. — Denn dazu, zur Ehre wird es sich eine jede Stadt Deutschland rechnen, die Du bei Deiner Wahl vorziehst. Eine eigentliche Stelle, d. h. eine bestimmte Anzahl öffentlicher musikalischer Arbeiten, Dirigiren rc. rc., wüßte ich freilich für dich in Berlin ebensowenig, wie für mich, wie für irgend einen Musiker, dem es Ernst um die Kunst ist — und darum kann durch mein mögliches Abgehen von Berlin, wie du schreibst, kein Platz entstehen, den ein anderer einnehmen könnte; denn eben daß ein solcher Platz, eine solche öffentliche Stellung in Berlin nicht existiren, war ja der Grund meines langen Zögerns. Nun es aber entschieden ist, daß ich fürs erste nichts mit dem öffentlichen Berlin, nur einzig und allein mit dem König zu thun haben will und da ich dessen Geist und dessen Gemüth so hoch schätze, daß es nur allein einige Dutzend Publikumnier leicht auf¬ wiegt, so sehe ich daß gerade auch für dich, ich mag dort wohnen oder nicht, ein schöner ehrenvoller Platz stets offen sein und bleiben wird. Und wie schön es nun wäre, wenn ich wieder dort wohnte, wenn wir an demselben Orte lebten und unsere alten, für un¬ erreichbar gehaltenen Träume in Erfüllung gehen sähen, das will ich im heutigen Briefe garnicht ausmalen." Es sollte aber bald anders kommen. Nicht in Berlin, sondern in Leipzig erfüllten sich die „alten, für unerreichbar gehaltenen Träume" eines Zusammenlebens der beiden Freunde. Leider war aber auch dieser schöne Traum nur von kurzer Dauer. Denn nur ein Jahr erfteuten sich die beiden edlen Menschen dieses Zu¬ sammenlebens — am 4. November 1847 war Mendelssohnsitzen.
Bartholdy todt!
180
Dampfschiff und Eisenbahn, Photographie und Telegraph, Telephon und elektrische Beleuchtung, Suez-Kanal und Gotthard-
Achtunddreißig Jahre waren seit der Auffindung der „Vesta" in ergebnißlosem Forschen verflossen, als aus einem kleinen Städtchen der Neumark die anfangs bezweifelte, dann jubelnd begrüßte Kunde verlautete: ein neuer Planet, der zwölfte an Zahl, sei entdeckt worden. In der „Vossischen Zeitung" erklärte
Tunnel haben mit Lapidarschrift auf die
Karl Ludwig
Hart Ludwig Herickt. Bo» O. F. Gensichen.
schon alternde Erde
geschrieben, welche unernießlichen Fortschritte der sich ewig ver¬ jüngende Menschengeist gerade in unserem Jahrhundert gemacht hat. Aber nicht minder deutlich ist dieses Fortschreiten in der
Flammenschrift des gestirnten Himmels zu lesen. Während man zu Beginn unseres Jahrhunderts nur die sieben Planeten Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus kannte, wurde vor wenigen Wochen zu Wien der 279. Planet entdeckt. Wohl hatteKepler bereits 1596
Hencke zu Driesen
an
am
er
daß
der Netze,
8. Dezember 1845 einen bisher unbekannten Stern neunter Größe gefunden habe. Die näheren Angaben über den Stand desselben waren so genau, daß durch Beobachtungen und Be¬ rechnungen, welche die Berliner Sternwarte anstellen ließ, sowie durch entsprechende Forschungen auf den Sternwarten zu Hamburg, Altona, Pulkowa, Greenwich u. s. w. der himmlische Fremdling für die Wissenschaft dingfest gemacht werden konnte.
Auf Wunsch
des
Ent¬
in seinem „Mysterium cosmographicum“ die denkwürdigen Worte ge¬ schrieben: „inkerJovem et Martern interposui planetam“ („zwischen Jupiter und Mars habe
verlieh demselben den Namen „Asträa". Natürlich wandte
ich einen Planeten
sich
übernahm Encke,
deckers
Direktor der Berliner Sternwarte, die Taufe des neuen Sternes und
ge¬
nun das allgemeine
setzt"), aber diesen nur aus Grund des weiten
Interesse dem glücklichen
Abstandes zwischen MnrS
erfuhr man,
und Jupiter vermutheten Planeten auch wirklich
selbe ein
aufzufinden, gelang auf
aus keinem Astronomen. Selbst der Uranus, welcher
nicht
Dilettant, ein
zwischen
„als Anerkennung feiner
son¬
dern weit, weit über die
großen
Bahn des Jupiter, ja, selbst des Saturn hinaus
Verdienste"
Bis dahin hatte deckt. inan sogar nur sechs Planeten gekannt, und erst seit der Auffindung des Uranus wurde von Lalande und Olbcrs auf
es
Larl Ludwig
große
Hencke.
für
Hencke, daß er
51 t
seiner bisherigen Pension
von nur 225 Thalern
Himmelsraumes hin¬ gearbeitet. Gleich der erste Tag des neuen Jahrhunderts sollte die seither schier unübersehbar gewordene Reihe der Planetencntdeckungcn auf's Glücklichste inauguriren: am 1. Januar 1801 Durchforschung
die
Medaille für Kunst und Wissenschaft und wenige Tage später den rothen Adlerorden vierter Klasse erwirkte. Werthvoller aber war
Laus beschreibt, wurde erst am 13. März 1781 durch Herschel ent¬
systematische
astronomischen
goldene
seinen
eine
und da daß der¬
von sehr bescheidener Pension lebender Post¬ sekretär a. D. fei. Zu¬ nächst war es Alexander von Humboldt, der im Januar 1846 für Hencke
zwei Jahrhunderte hin¬
Mars und Jupiter,
zu,
Entdecker
des
fand Piazzi in Palernw die „Ceres". Ihm folgte bereits ain 28. März 1802 Olbers in Bremen mit der „Pallas", dann am 1. September 1804 Harding in Lilicnthal mit der „Juno" und am 29. März 1807 abermals Olbers in Breinen mit der „Vesta". Diese vier, in verhültnißmäßig kurzer Frist aufgefundenen Planeten kreisten tvirklich zwischen Mars und Jupiter,
wo bereits Keplers geniale Vernruthung einen noch ungeschauten Wandelstern angenommen hatte. Mt erneutem Eifer warfen sich nunmehr die Astronomen auf die genaueste Durchforschung des Himmels, — umsonst, kein neuer Erfolg krönte ihre Mühen!
helm
IV.
einen
tvilligt erhielt. diesem
jetzt von Friedrich Wil¬ jährlichen Zuschuß von 300 Thalern beMan hatte ihm die Wahl gelaffen zwischen
Pensionszuschusse
oder
der
Beschaffung
befferer
Be¬
auf Staatskosten, doch entschied sich das Ausland blieb mit seiner Anerkennung nicht zurück: König Christian VIII. von Dänemark verlieh ihm die Medaille „ingenio et arti“, und ein Jahr später konnte ihm Alexander von Humboldt schreiben: „Ich freue mich (Dank sei es Herrn Arago!) Ihnen heute schon melden zu obachtungsinstrumente
Hencke
für
ersteren.
Auch
können, daß die Akademie der Wiffenschaften zu Paris Ihnen, verehrter Mann, für Ihre wichtige und nicht zufällige Entdeckung für das Jahr 1845 den von Lalande gestifteten Preis, 635 Francs, zuerkannt hat. Sie sehen also, daß in Frankreich selbst der Neptun Leverrier's Ihr großes Verdienst nicht verdunkelt hat."
181
Die in diesem Briefe erwähnte Entdeckung des „Neptun" durch Leverrier ist allerdings eine in der Geschichte der Astronomie fast einzig dastehende wissenschaftliche That. Denn nicht durch sorgfältige, empirische Durchmusterung des gestirnten Himmels, sondern durch mathematische Berechnung machte Leverrier seine großartige Entdeckung. Angeregt durch Bouvard's und Bessel's Vermuthung, daß ein noch ungekannter Planet durch seine Einwirkung gewisse unerklärliche Abweichungen und Störungen in der Bahn des Uranus veranlasse, begann Urban Leverrier, damals Lehrer am Kollege Stanislaus in Paris, aus Aragos Zureden im Sommer 1845 (also noch vor Hencke's Entdeckung der „Asträa") die Bahn jenes muthmaßlichen Störenfriedes zu berechnen. Am 31. August 1846 veröffentlichte Leverrier das Resultat seiner Berechnung, und letztere erwies sich als so zu¬ verlässig, daß Dr. Galle, damals Gehilfe an der Berliner Sternwarte, den neuen Stern achter Größe genau an der von leverrier ermittelten Stelle schon am 23. September 1846 wirklich auffand. „Die von Leverrier befolgte Methode," schreibt Arago, „weicht gänzlich von dem ab, was zuvor von Mathenmtikern und Astronomen versucht worden. Letztere haben einige Male zufällig einen in Bewegung befindlichen Punkt, einen Planeten im Felde ihres Fernrohrs gefunden, Leverrier aber hat
nur einen Blick nach Himmel zu richten; er hat es mit der Spitze seiner Feder gesehen; durch die bloße Macht der Rechnung hat er annäherungs¬ weise den Ort und die Größe eines Körpers bestimmt, der um Vieles jenseits der damals bekannten Grenzen unseres Sonnen¬ systems liegt, der weiter als 600 Millionen Meilen von der Sonne absteht und in unseren inächtigsten Fernrohren kaun, eine merkliche Scheibe zeigt." das neue Gestirn wahrgenommen, ohne auch dem
Wohl durste die Entdeckung Hencke's in jenem vorher erwähnten Briefe Humboldt's insofern als „nicht zufällig" be¬ zeichnet werden,
da sie die Frucht eines jahrelangen, überaus
war; andererseits hat „zufällig" nicht ganz Un¬ Planeten nur bei besonders günstiger
mühsamen Beobachtens und Einzeichnens aber auch Arago recht,
mit
seinem obigen
da diese kleinsten
Konstellation
dem bewaffneten Auge sichtbar werden. Und Alexander von Humboldt in einem anderen Briefe an Hencke diesen „den Vater der neuen Planetenentdeckungen" nennt, so wird Niemand ihm diesen Ruhmestitel streitig machen, ivenngleich Leverrier mit seiner genialen Berechnung des „Neptun" nur neun Monate früher hätte zu beginnen brauchen, um jenen Ruhmestitel ftir sich einzuheimsen. >venn
Hencke selbst setzte seine
sorgfältigen Beobachtungen und
fort, und am 1. Juli 1847 entdeckte er einen zweiten Planeten, für welchen er dem großen Mathe¬ matiker Gauß in Göttingen die Ehre der Namensgebung über¬ ließ. Gauß entschied sich für „Hebe", und die Entdeckung der Einzeichnungen unbeirrt
„Hebe"
brachte
dem
glücklichen Hencke
noch
höhere
Aus¬
zeichnungen, als die Auffindung der
„Asträa". Die philoso¬ phische Fakultät der Universität Bonn unter dem Dekanat Argelanders ertheilte ihm das Diplom als „Doktor der Philosophie und Magister der freien Künste", König Friedrich Wilhelm IV. verlieh ihm den rothen Adlerorden dritter Klasse mit der Schleife, die astronomische Gesellschaft in London er¬ nannte ihn durch ein von Herschel junior ausgestelltes Patent zu
ihren, Mitgliede, und die Pariser Akademie erkannte ihm
durch ein von
Arago „avec haute consideration“ unterzeichnetes ftir 1847 zu.
Schreiben abermals den Lalande'schen Preis
Nach der „Hebe" hat Hencke keinen Stern mehr entdeckt, wiewohl gerade seither die Planetoiden in schier überraschender Anzahl aufgefunden wurden. Noch in demselben Jahre 1847 entdeckte Hind in London die „Iris" und „Flora", und Hencke erlebte es noch, daß in den neunzehn Jahren von seiner Ent¬ deckung der „Hebe" bis zu seinem am 21. September 1866 erfolgten Tode 83 Planetoiden aufgefunden wurden. Gegen¬ wärtig kennen wir deren 279, von denen allein Palisa (früher in Pola, jetzt in Wien) 69 entdeckt hat. Die nächst glücklichen Entdecker sind Peters in Clinton mit 45, Luther zu Bilk bei Düsseldorf mit 23, Watson zu Ann-Arbor (Nordamerika) mit 22, Goldschmidt zu Paris und Borelli zu Marseille mit je 14, Hind zu London mit 10, Gasparis zu Neapel mit 9, Pogson zu Oxford mit 8 Planetoiden u. s. w. Unter dieser Ucberfülle, und da sich die Entdeckungen der Neuzeit fast aus¬ schließlich auf Sternchen 12. bis 14. Größe beschränken, erregt heute die Auffindung eines neuen Planetoiden keine sonder¬ liche Theilnahme mehr, und inan nimmt sich kaum noch die Mühe einer eigenartigen Namensgebung, sondern begnügt sich meistens mit Ertheilung einer fortlaufenden Nummer. Anders aber war es, als nach achtunddreißigjähriger Pause Karl Ludwig Hencke den ersten Planeten, die „Asträa" entdeckte, und der „Vater der neuen Planetenentdeckungen" ver¬ dient daher wohl ein ausführlicheres Blatt der Erinnerung. Karl Ludwig Hencke wurde 8. April 1793 zu Driesen Sein Großvater war Maurermeister; an der Netze geboren. sein Vater (1752—1833) diente als Unteroffizier in der Artillerie unter Friedrich dein Großen, ward mit Versorgungs¬ ansprüchen entlassen, anfangs als Senator und später als Kämmerer in Driesen angestellt. Auf der dortigen, zu damaliger Zeit natürlich höchst mangelhaften Bürgerschule erhielt Karl Ludwig Hencke den ersten und einzigen Unterricht, doch ver¬ anlaßten ihn die beschränkten Vermögensverhältnissc seiner Eltern, bereits am 4. Januar 1807, noch nicht vierzehnjährig,
als „Lehrling" bei den, Postamt seiner Vaterstadt einzutreten. Hierauf wurde er bei den benachbarten Postanstaltei, zu Woldenberg und Arnswalde, an, letzteren Orte auch nebenbei in der Rathsregistratur und den, Amtsaktuariat, beschäftigt. I», 1813 trat er als fteiwilliger Jäger Jahre in das Aorksche Korps, kämpfte in den Schlachten bei Groß-Görschen und beiLützen, wurde am 5. Mai mit dem Attest „da er sich durch Tapferkeit ausgezeichnet und davon zwei Wunden trägt bei seiner ander¬ weitigen Anstellung bestens empfohlen" definitiv entlassen und am 15. Mai bezw. 1. Novbr. 1813 als „Postschreiber" bei dem Postwärteramt in Hohenziatz angestellt, wo er bis zum 5.Junil814 verblieb. Dann war er bis zun, 12. Septemberl814 in Goslar angestellt, darauf in seiner Vaterstadt Driesen, wo er vom 1. Januar 1817 ab zum „Postsekretär" mit 300 Thalern Gehalt befördert wurde. Ebendort verheirathete er sich noch in demselben Jahre und bekleidete unter allmäliger Gehaltsaufbesserung seine dortige Stelle bis zum 30. April 1834. Dann wurde er nach Schneidemühl (Provinz Posen) versetzt, wo er bis zum 31. März 1837 aktiv war, und übernahn, darauf in Friedeberg in der Neumark die Vertretung des beurlaubten dortigen Postmeisters. Die Anstrengungen seines Berufs und in Sonderheit der häufige Nachtdienst zu Schneidemühl, das damals an der großen Landstraße von Berlin nach Königsberg in Preußen lag, hatten seine Gesundheit so geschwächt, daß er sich bereits mit dem 1. Septbr. 1837 in seinen, 45. Lebens-
182 jähre Pensioniren ließ und nach fünfundzwanzigjähriger Dienst¬ zeit (feit 1813 gezählt, das Kriegsjahr doppelt gerechnet) mit den damals landesüblichen drei Achteln seines auf 600 Thaler gestiegenen Gehaltes, das heißt also mit 225 Thalern Pension in den Ruhestand trat. Er nahm fortan seinen dauernden Wohnsitz in Briefen, wo er auf der Vorstadt Kietz (einem ehe¬ mals wendischen Fischerdorfe mit noch zahlreichen Blockhäusern) ein eigenes Häuschen bewohnte. Aus seiner Ehe erwuchsen ihm keine Söhne, sondern nur vier Töchter, deren älteste, Helmine, unvermählt im Elternhause blieb und dem Vater mit tiefeni Verständniß bei seinen astronomischen Arbeiten zur Hand ging. Die drei jüngeren Töchter verheiratheten sich an die Herren Oschlitzky, Buske und Schultz, deren letzterer, uni den Namen seines Oheims nnd Schwiegervaters nicht aus¬ sterben zu lassen, sich mit landesherrlicher Genehmigung fortan Schultz-Hencke nannte. Er hat eine aktenmäßige, einstweilen nur handschriftlich vorhandene Biographie seines Schwieger¬ vaters verfaßt, deren gütiger Ueberlassung ich die hier mitge¬ theilten Details verdanke, welche manche Ungenauigkeiten in den früheren Aufsätzen von Mädler, Einsmann, Bruhns u. A. über Hencke berichtigen.
(Schluß folgt.)
Lnastcr, der gelbe, und Äpotlo. Von Ernst Friedet.
Fr.: Weshalb gilt Weimar als Sitz A.: Weil Apol—da nicht weit ist.
der Musen?
Alter Studenteuwitz.
In
den
Berliner Zeitungen hat
sich
ein langer
Streit darüber
entsponnen, lvas in dem uralten Studenten-Liede „Qa ya geschmauset. Iaht uns nicht rappelköpfisch sein!" der Vers
„Knaster,*) den gelben, hat uns Apollo präparirt Und uns denselben rekommandirt."
was es mit „Apollo" hierbei für eine Be¬ wandtnis; habe. Bei dieser Erörterung sind mehre Unrichtigkeiten vorgebracht, welche mir als altem Musensohnc und, ich denke, auch vielen unserer Leser nicht gleichgiltig sein dürfen. Der drollige Tcxtfehler „Apollo" statt „Apolda" in dem aus Jena stammenden Liede habe sich — so heißt es in einer Be¬ sprechung — so eingebürgert, daß er in allen Kominersbüchern sich vorfinde und mit rührender Pietät immer und immer wieder bedeute,
insbesondere,
gesungen werde.
Dies ist falsch! In dem verbreitetsten aller Liederbücher, dem „Allgemeinen Deutschen Commersbuch" von Moritz Schauenburg in Lahr 25. (Jubiläums-) Ausgabe 1883 ist ganz deutlich gedruckt: „Knaster, den gelben, hat uns Apolda präparirt Und uns denselben recommandiert."
Wenn man hier etwas aussetzen des einen Fremdworts, endend
will, so ist's die Rechtschreibung, mit iren, des andern, endend mit
ieren. Apollo soll durch die volksmündliche Aussprache Apolde, Apolls für Apolda entstanden sein.
Wieder an einer andern Stelle (Berl. Tagebl., 13. Dez. 1888) heißt es:
„Im Jahre 1824 gründete ein Herr F. A. Thölden hier (in Apolda) eine Tabakiabrik, die einzige, die hier je be¬ standen hat. Derselbe ließ meist ungarischen Tabak verarbeiten und vertrieb denselben hauptsächlich in Thüringen. Unter diesen Tabaken war auch eine Sorte, welche hauptsächlich nach Jena ging und deshalb den Namen „Studenten-Knaster" führte, weil er von den Studenten sehr gern geraucht wurde. Er gelangte in Packeten von ’A Pfund zum Verkauf, welche die Aufschrift „Studentenknaster" trugen; das Pfund kostete 10 Groschen. Die Kupferplatte, von welcher das Packet-Etikett gedruckt wurde, wird heute noch in der Familie Thölden aufbewahrt. Die Fabrik besteht längst nicht mehr; mit Eintritt des Zollvereins im Jahre 1834 hörte dieselbe auf, da ihr damals eines ihrer Haupt¬ absatzgebiete, nämlich durch den Schmuggel über die nahe gelegene
preußische
Grenze,
genommen
wurde.
Großherzogthum
Hierzu ist zu bemerken, daß es eigentlich zwei die Verse „Knaster den gelben hat uns Apollo präparirt und uns denselben rekommandirt" enthaltende Studentenlieder giebt. Das anscheinend ältere Lied beginnt:
Chor. Lckite, bibite, Collegiales
Post multa saecula pocula nulla.
Einer.
*Nunc ego bibo
Chor. Pro salute tua!
Einer. Pro salute vestra. (Während er trinkt, singt der)
Chor.
ln vitris resonant Dulcia carmina; In bellis resonant Biff, Ball', Baff, trallerallera!
Einer. Biff!
Zweyter. Baff.
Dritter. Baff
Vierter.
sogar Apulle
trallerallera. Einer.
*) Früher Canastertoback, Knastertoback, von eanaster, canastro, Korb aus Rohr geflochten, worin der feine virginische Pfeifentaback ein¬ geführt wurde, also Korbtaback. Nachmals hat man das zweite Wort fortgelaffen und für den Taback selbst Canaster oder Knaster gesagt, Bei dem Dichter der schlesischen ähnlich wie Mokka statt Mokkakaffee. Schule Johann Christian Günther (geb. 1695 zu Striegau, gest. zu Jena 1723) steht „im Lob des Knastcrtobacks" die Wendung „was man jetzo Knaster nennt", danialS >nuß also der Ausdruck Knaster erst verbreitet
Heda.
worden sein.
Im
Weimar war bis dahin der Tabak zollfrei." Ist diese von einem Apoldaer selbst herrührende Angabe richtig d. h. hat es wirklich nur jene einzige Tabaksfabrik in Apolda ge¬ geben und wurde dieselbe 1824 begründet, so ist die Ableitung des Wortes „Apollo" von Apolda falsch, weil unmöglich. Denn der Ausdruck Apollo kommt in dem alten Trinklied lange vor 1824 vor. So finde ich ihn z. B. in dem meinem Vater, Dr. phil. Karl Friede!, gehörig gewesenen, von mir dem Märkischen Museum ge¬ schenkten Kommersbuch von 1817, welches nach der Art vieler vaterländischer Schriften jener Zeit als Druckort ganz allgemein „Germania“ nennt und welches an der Universität Berlin im Ge¬ brauch war, zweimal S. 28 und S. 109.
Zweyter. Wer da!
Antwort. Rund!
Zweyter. Was für Rund?
Antwort. Hauptrund!
183
Zweyter. Steh' Rund! Korp'ral raus! Bursch' ins G'wehr! Tambour hol Taback.
Einer singt. Knaster, den Gelben,
Hat uns Apollo präparirt. Und uns denselben Rekommandirt.
Chor. Lckite, bibite, Collegiales
Post multa saecula pocula nulla. — etc. etc.
Dies halb studentische, halb militärische Lied scheint aus den heutigen Liederbüchern verschwunden zu sein.
Die andere Weise beginnt im Germania-Liederbuch von 1817: Qa ?a geschmauset. Laßt uns nicht rappelköpfisch seyn. Wer nicht mit hauset.
geschehen, aber umsonst geht das nicht, die andern Herrn bezahlen dafür, nur der Kassirer hat es umsonst; nimm also Deinen Hut und fordere das Geld ein, dann brauchst Du nichts zu bezahlen." Der Bauer ließ „Du kannst bei mir anfangen," sagte sich dies nicht zweimal sagen. Friedrich lächelnd und warf ein Goldstück in den Hut. Keiner der An¬
Als nun der Bauer mit dem Einsammeln fertig war und fragte, an wen er das Geld abgeben sollte, klopfte der König ihm freundlich auf die Schultern und sagte: „Nun weißt Du, wie das zu verstehen ist, wenn die Leute sagen: es kostet Geld, wo sich der König sehen läßt. Aber für sich behält er es nicht, das merke Dir." — Nun erst sah der verblüffte Bauer ein, woran er war. vr. Th. Unruh. Der König entzog sich aber seinem Danke. wesenden wagte es, sich auszuschließen.
Inhalt: Zum Gruß im neuen Jahr 1889, von F. Brunold; Drei Menschen, Novelle von E. von Wald-Zedtwitz; Aus dem Berliner Musikleben vor 50 Jahren, von Gustav Karpeles; Karl Ludwig Hencke, von O. F. Gensischen (mit Abb.); Knaster, der gelbe, und Apollo, von Ernst Friede!. — Kleine Mitthei¬ lungen: Prosit Neujahr (mit Abb.); Friedrich ■— Anzeigen.
124
1241
Lckitc, bibite, Collegiales Post multa saecula pocula nulla. —
Aus dem zuvor Gesagten geht hervor, daß der Vogel noch nicht abgeschossen d. h. die Frage noch nicht gelöst worden ist, was Wir werfen sie der Ausdruck „Apollo" im Knasterlied bedeutet. unserm Leserkreise auf, zugleich ist das
Knasterlied mit seinem
mit der Vorfrage: in welchem Jahre wunderlichen Apollo zum ersten Male
bekannt geworden?
v
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Kleine Mittheilungen. Prost Neujahr!" — Wie ein vieltausendstimmiges, sich stets erneuerndes und immer weiter fortpflanzendes Echo durchhallt dieser eine Ruf in den ersten Tagen des neuen Jahres die Millionenstadt von einem Ende zum anderen. „Prosit Neujahr!" Bekannte und Freunde rufen es sich auf der Straße zu, in den Pferdebahnen und im Omnibus, in Weinstuben und Bierlokalen, „Prost Neujahr!" und ein fester Druck der Hand dazu bekräftigt die guten Wünsche, die man zu dieser Zeit in besonderem Grade für Jeden hegt, zu dem uns die Lebens¬ wellen in ein näheres Verhältniß gebracht. Wie eine fröhliche Zauber¬ formel wirken die beiden Wörtchen auf Alle ein, die sie vernehmen. Wo¬ hin man blickt, sieht man gutgelaunte Gesichter; ein Jeder erwartet ja von dem neuen Jahr das Beste, einem Jedem hat das alte diese oder jene Enttäuschung gebracht und man hofft von dem Nachfolger, daß er die unerfüllt gebliebenen Wünsche verwirklichen wird. — Niemand will mit schlimmen Ahnungen und Befürchtungen die Schwelle des neuen Wahres übertreten. Während Berlin sonst an den Sonn- und Festtagen eine etwas langweilige, gewissermaßen von der vorangegangenen Arbeitswoche er¬ müdete Physiognomie ausweist, schlägt am Neujahrstage das öffentliche Leben sehr erregte Wogen. Die Straßen sind mit Menschenmengen dicht gefüllt, sorgfältig gebügelte Cylinder und Blumensträuße in allen Größen bilden spezielle Merkmale des bedeutsamen Tages, in den Pferdebahnwagen ist kein Plätzchen frei, und die Droschkenkutscher schmunzeln vergnügt ob der langen Touren „auf Zeit", die sie heute in unerschöpflicher Reiheniolge erhalten; auch in den Restaurants ist ein stetes Kommen und Gehen — das „Visitenschneiden" macht Durst, und außerdem klimpert auch noch in den Taschen Vieler das Weihnachtsgeld, welches ein „flüssiges" Prosit Neujahr ermöglicht. Ebenso lebhaft wie auf den Straßen geht es in den Häusern her, in denen von einer feiertäglichen Ruhe nicht das Geringste zu merken ist. Fortwährend erschallt das Läuten der Klingel in den Entrees der Wohnungen, „Prost Neujahr!" hallt es den Oeffnenden entgegen. „Wir gratuliren zum neuen Jahr!" und Alle, die wir täglich zu sehen gewohnt sind und die oft genug ihren Beruf mit mürrischen Mienen erfüllen, sie stehen heute mit einer freudigen Erwartung im Antlitz vor uns und ihr Glückwunsch hat einen speziellen innigen Klang, der denn auch stets seine „metallische" Erwiderung findet. — „Profit Neujahr!" rufen denn auch wir zum Schluß unseren Lesern zu — möchte für sie und für uns das neue Jahr ein glück- und segenbringendes sein!
I'rosit Weujahr! „Prost Neujahr!
Ariedrich der Kroße läßt sich für Held sehen. Als der König nach Zorndorf in einem Städtchen erwartet wurde, hatte sich eine Menge vornehmer Herren in seinem Quartier versammelt, um ihn zu empfangen. Ein Bauer hatte sich auch eingefunden und drängte sich mit hinein, wo der König weilte. Die Hofbedienten stießen ihn hinaus, als der König dazu kam und ihn fragte: „Was willst Du denn hier?" — »Ich will auch den König sehen," lautete die Antwort. „Das kann schon der Schlacht bei
für
1124
0ti©
Der bleib' daheim!
Chor:
der Große läßt sich
Geld sehen.
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vormals Heyl’s Künstler-Magazin, BERLIN W. 8,
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Mein-Großhaudtuuge«.
Oswald Nler,
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Inserat.
Magdeburgerstr. 31. — Abdruck ohne eingeholte Erlaubniß ist untersagt. Mocskr Hefbuchdruckerei, Brrlin 8., Stallschrnber-Etrahe 34. 35.
Gpmnastaldireklor
Dr. w. Schwartz, Pastor Gscar Schwebe!
und Ernst von
Mldenbruch
herausgegeben von
K. Schou's DerkagsKuchhandkung, Werlin. XV.
Erscheint wöchentlich am Sonnabend und ist durch alle Buchhandlungen, Zeitung-speditionen und Post¬ anstalten für 2 INK. 58 pfg. vierteljährlich zu beziehen. — Im Postzeitungs-Latalog eingetragen unter Nr. 683a.
Jahrgang. Nr. '15.
12. Januar 1889.
Drei Menschen.
2)
Novelle von
E. von Wald-Zedtwiü. Doch hier schien ihr nicht der Platz zu sein,
Ein Regirncittsfest ini ivahren Sinne des Wortes, tanzten auch die nicht,mehr ganz jungen Frauen, an ihrer Spitze die Kominastdeuse, heute mit, und so saß denn die Wittwe vcreinsamt auf dem Tritt, welcher den Saal rings umlief. Es
um danach
zu fragen.
nicht dagewesen," spöttelte einer der jungen Offiziere, der, wie
„Woher wußten Sie nur, daß wir hierin Berlin wohnten?" Wort au ihn. „Ein reiner Zufall, ich ging neulich Unter den Linde» und glaubte Sie im Vorübergehen erkannt zu haben, gnädige Eine junge Dame, die Ihrem verstorbenen Gatten Frau. Das konnte nur die sprechend ähnlich sab, begleitete Sie. kleine Lori von ehemals sein, welche sich inzwischen zur statt¬ lichen Jungfrau entfaltet chatte." „Und da dachten Sie gleich daran, uns mit einer Einladung zu beglücken. Wir danken Ihnen herzlich dafür. Der Zerstreu¬ ungen sind bei uns wenige und wenn Sie wüßten, wie es mich für Lori freut, daß sie auch einmal eine Abwechselung hat." Der Anzug der kleinen, Herr von Ohlefeld nickte. schmächtigen Dame zeugte davon, daß sie nur über bescheidene
mancher Andere seiner Regimentskameraden, Herrn von Ohlefeld
Mttel
richtete sie jetzt das
waren halb schmerzliche,
halb freudige Gefühle, die sie beSaal im Tanze durchmessen, lvic hübsch, daß ihr Töchtcrchen gerade hier zum ersten Male auftrat, ivo sie selbst so oft mit ihrem seligen Gatten vergllügt gewesen war. Herr von Ohlefeld, zum Theil aus Pflichtgefühl, tvelches in allen Lagen des Lebens sein Thun und Lassen zumeist bestimmte, zuni Theil aber alich, weil er sich wirklich zu der hinterlassenen Frau seines Gönners hingezogen fühlte, gesellte
Wie oft hatte
wegten.
sich
zrl
sie diesen
ihr.
„Der
steinerne Gast unterhält sich
nicht gerade geivogen
„Es
„Ich
daß
Major,"
denl
zu verfügen hatte und auf ihren Zügen lag es sorgenvoll.
„Warum haben Sie
wir uns nicht
möchte noch weitergehen,
Sie
wir
zogen,
gesprochen haben,
nicht vorgezogen, in Königsberg
Frau?"
Frau von Rohdewald erröthete. „Einem so alten Freunde wie Ihnen, kann ich es wohl vertrauen," sagte sie leise. „Es bietet sich hier bessere Gelegen¬ heit, unserer Hände Arbeit zu verwerthen." Den Major durchzuckte es schmerzlich. Dazu war sie also gezwungen. Eben tanzte Lori vorüber und nickte ihrer
haben auch lauge Zeit
wenn ich nicht irre,
Tode Ihres Herrn Gemahls nach Königsberg," Major. „Ich dagegen stand fast immer am
entgegnete der
Rhein." „Ganz recht, lind inzwischen hat Ihnen das Glück gelächelt? Ne sind in Anbetracht der jetzigen schlechten Avancementvcrhältnisse doch ziemlich jung Major geworden und stehen noch immer in dem lieben, alten Regiment." Die feinfühlige Frau erschrak, die Züge Ohlefeld's nahmen einen noch düsteren Ausdruck an, als sonst, und die Frage: „Das Glück?" klang so rauh von seinen Lippen, daß sie wohl 'ah, daß ihm auch das Leid nicht erspart, geblieben war.
es
»vohneu zu bleiben, gnädige
begann Asta.
Nichts von einander gehört. nach
noch
war.
ist lange her,
mein lieber Herr
mit einer Dame —
!
j
Mutter glückselig zu. „Wie hübsch sic geworden ist und mein kleiner Adjutant scheint ja ein charmanter Tänzer zu sein." In der That war es so, Herr von Ring tanzte vorzüglich, geschniegelt lind gebügelt, saß ihm die hübsche, kleidsame Uniform wie angegossen, jeder Zoll ein Gardeofstzier in des Wortes Auf dein letzten Hofballe N'ar er zum bester Bedeutung. Prinzessinnentänzer emporgcrückt.
186
„Es quält mich ordentlich, mein gnädiges Fräulein, daß Sie vorher nicht gleich wieder erkannt habe," wandte sich derselbe, während sie pausirten, an Fräulein von Rohdewald. „Aber ich bitte Sie, Herr von Ring, es ist ja ganz natürlich, wenn man jeden Tag in Gesellschaft ist wie Sie, lernt man so viele Menschen kennen, daß man wohl Einen ich
Ihnen
so
unendlich dankbar, daß Sie an uns dachten."
reichte ihm unbefangen die Hand,
wie Mädchen dein väterlichen Freunde giebt. des Majors hatte etwas Anziehendes für
schärfsten Widerspruche
sie
Sic wohl ein junges
Dieses ernste Gesicht sie,
wenn es auch im
mit den lachenden jugendlichen Zügen
ohne jede
ihres Tänzers stand, welcher sic eben verlassen hatte. Der Abend neigte sich zu Ende. Asta ertheilte dem Major gern die Erlaubniß, sie einmal besuchen zu dürfen, während Lori in
mir
dein Gedanken an ihre bescheidene Häuslichkeit eine gleichfalls
unbegreiflich." Lori's Wangen rötheten sich ein wenig, und sie war froh, daß ihr Tänzer dieses Gespräch nicht fortsetzte, sondern jetzt von den neuesten Erscheinungen auf der Kunstausstellung sprach. „Wunderbare Bilder begegnen uns dort, so B. Reuchlin's ,Jm Lande der Seligen*. Eine noch nie dagewesene Behandlung der Farben tritt uns darin entgegen, und wenn uns auch Manches, besonders in der Zeichnung, für den ersten Augen¬ blick fremdartig berührt, so ist das Ganze doch das Werk eines hochbegabten und originell angelegten Meisters. Sie haben doch das Bild gesehen?"
dahinziclende Frage von Herrn von Ring mit leichter Verlegenheit
oder den Andern vergessen kann,"
entgegnete
sie,
Spur von Kränkung. Busso sah
sie
sein lächelnd an.
„Nein, leider nicht." „Oh, das müssen Sie nachholen.
„Und
doch
ist es
Aber Sie entsinnen
sicherlich der Glctschcrlandschaften des Grafen Kalkreuth?
wählte
sich
Er
wie immer die höchsten Gebirgsschluchten, die schroffsten Alpenpartien mit besonderer Vorliebe zu seiner Darstellung." „Auch dieses muß ich verneinen." „Haben Sie die diesjährige Ausstellung noch garnicht besucht, gnädiges Fräulein?" „Nein," antwortete Lori leise, tvährend sie es schmerzlich durchzog. Diese Genüsse der Großstadt waren für sie ein Auch mit sieben Siegeln, dazu reichten ihre beschränkten Mittel nicht. Herr von Ring, welcher sich in den besten Verhältnissen befand, indem ihm die Bezüge eines einträglichen Rittergutes auf der Insel Rügen zur Verfügung standen, ahnte natürlich nicht die prosaischen Gründe, tvelche die junge Dame davon abgehalten hatten. sich
„Sie
lebhaftes Kunstintcresse zn haben, malen Sie vielleicht selbst?" fragte Fräulein von Rohdewald jetzt. scheinen
beantwortet hatte. „Nun ist das schöne Fest wieder vorüber," wandte sich Lori beim Abschiede dem jungen Offizier zu. „Ich hoffe, gnädiges Fräiilein, daß es Ihnen bei uns gefallen hat und daß wir öfters das Vergnügen haben. Sie hier zu sehen." „Ach, wenn das möglich wäre!" seufzte Lori. „Möglich?" fragte Busso übermüthig. „Es liegt doch nur in Ihrer Hand, gnädiges Fräulein, es wird Jhnen von jetzt ab jedes Mal eine Einladung für unsere weiteren geselligen Vereinigungen zugehen." Lori nickte mit dem Kopfe, und wenn auch ihre Augen fteudig leuchteten, so legte sich doch ein schmerzlicher Zug um ihre Lippen, sie wußte ja, welche Opfer es der guten Mutter gekostet hatte, sie dieses eine Mal hierherzuführen. Frau von Rohdewald und Lori verabschiedeten sich von dem Regiments-Kommandeur und seiner Gattin, von dem Major, sowie von einzelnen Damen und bald darauf saßen Beide in einer Droschke zweiter Klasse und fuhren wieder ihrer Behausung zu. Lori lehnte den Kopf an die Schulter ihrer Mutter, nahm deren Rechte zwischen ihre beiden Hände und drückte sie zärtlich. „Wie schön war es, Mama, wie soll ich Dir's sanken?" „Dein Frohsinn ist mir Dankes genug, liebes Kind." „Du Gute! Nein, jetzt will ich die Hände doppelt fleißig
rühren."
In
ihrer Wohiumg angekommen, plauderten Beide
seit langer,
langer Zeit keinen
„Allerdings. Einst >var es mein brennendster Wunsch, mich ganz der Malerei zu tvidmen, aber mein Vater erlaubte
haben.
und ich bin ihm jetzt dankbar dafür. Mit Leib und Seele Soldat, finde ich doch noch Muße genug, die Malerei und die Musik aus Vergnügen zu betreiben.". „Wie interessant! Und welches Genre der Malerei bevor¬
mein liebes Kind?"
es nicht
zugen
Sie?" „Mein Talent hat
Portrait gewiesen und Havdn und Wagner besonders!" „Welche edle Genüffc können Sie sich dadurch bereiten!" „Ich kaun Gott dafür nicht dankbar genug sein. Der Dienst allein, das oberflächlich-gesellschaftliche Treiben würden mein Leben nicht ausfüllen. Aber tvir vergessen das Tanzen, in der Musik liebe
mich auf das
ich Beethoven,
gnädiges Fräulein."
„Ja so!" Und nun schwebte sie wieder mit ihm dahin. Tanz um Tanz verging. Mehr als einmal begab sich Lori in den Pausen zu ihrer Mutter, an deren Seite Herr von Ohlefeld noch immer saß. „Unterhalten Sie sich gut, gnädiges Fräulein?" „Wundervoll,"
versicherte das junge Mädchen.
„Ich bin
noch
lange von dem hübschen Abend, Lori bereitete noch eine Tasse Thee und endlich suchten sie das Lager mit dem frohen Gefühl,
„Nun wer von
so
glücklichen Abend erlebt zu
den Herren hat
Dir
am Besten gefalle»,
„Unzweifelhaft Herr von Ring — aber dcr^ Major war auch
recht
angenehm."
Damit
begaben
sich
Mutter und
Tochter zur Ruh.
II. Tage waren vergangen, aber der Abglanz jenes Festes lag noch auf den Gemüthern der beiden Frauen, welche heute tvieder tvie immer ihre Fensterplätze eingenommen hatten und dort fleißig die Nadel führten. Eben wurde die Klingel ge¬ zogen. Lori erschrak ein wenig zusammen. Sollte Herr von Ring sein Wort wahrmachen und einen Besuch abstatten? Ein schneller Strich über den Scheitel, ein prüfender Blick auf das Zimmer, ob auch Alles in Ordnung sei, und da meldete die Aufwärterin schon den Major von Ohlefeld. „Sehr angenehm," sagte Frau von Rohdelvald und ging mit ihrer Tochter dem Ankoinmenden entgegen. „Wie ftcundlich von Ihnen, aber Sic sind außer Athem.
187
Ja, ja, vier Treppen hoch zu steigen, das ist keine Kleinigkeit," empfing ihn Asta. „Allerdings," erwiderte der Major, „aber nun bin ich oben und fühle mich reich belohnt." „Sie sind sehr gütig, Herr von Ohlefeld." „Glauben Sie es mir, gnädige Frau, seit dem neulichen Balle hat es mich innner hierher gezogen, ich hatte nur zu viele Abhaltungen, sonst würde ich schon ftüher gekommen sein." „Sie glauben nicht, wie Wohl es mir thut, einmal wieder mit einem so alten, guten Bekannten plaudern zu können." „Ich würde Ihnen übrigens auch nicht vorübergegangen sein, wenn wir uns neulich nicht gesehen hätten." Sein Blick überflog die Einrichtung des Zimmers. „Lauter liebe, bekannte Sachen." „Aeußerlich ist es dasselbe geblieben, und doch ist Alles
so
ihr Thun, welcher Liebreiz lag auf dieser schlanken Gestalt, und wie theilnehmend bat sie ihn jetzt, ihr von seiner Frau und von seinen Kindern zu erzählen. „Ich danke Ihnen, Fräulein Lori, wenn Sie wüßten, kennzeichnete dabei
wie es mein Herz erquickt, meinen lange verschlossenen Kummer eine verständnißvolle Seele auszuschütten." Wieder vergoldete die untergehende Sonne die gegenüber¬ liegenden Dächer, die Spatzen pickte» ans Fenster und be¬ gehrten ihr Futter. Lori streute es ihnen sanfter Hand. Nun senkte sich das Dämmerlicht auf das traute Zimmer, und dem Major war es, während er erzählte, als wäre ihm plötzlich hier eine Heimath erstanden. Nach und nach lenkte er das Gespräch auf den verstorbenen Hauptmann, und Lori erschien jedes Wort, was über ihren Vater aus dem Munde des Majors kam, wie ein Evangelium.
in
anders geworden."
Mit
sehr gutes Bild Ihres Herrn Vaters, Sie glauben nicht, was für ein braver, prächtiger Mann es war." Lori fand keine Antwort, aber ein unabweisbares Etwas ließ sie die Hand des Majors ergreifen und sie auf das Innigste
Christiane hatte schon längst die altinodische, messingene Schiebelampe, in welcher sonst Oel gebrannt wurde, die aber
„Das
ist
ein
Fräulein Lori.
drücken.
Ihr
der so liebevoll von Wie weich, wie schön Herr von Ohlefeld mußte sie wider
Herz schlug dem Manne,
ihrem Vater sprach, stürmisch entgegen.
geformt diese Hand war.
wahrer Inbrunst lauschte
sie denselben.
für Petroleum umgeändert war, gebracht, als sich Herr von Ohlefeld mit dem Versprechen, bald einmal wiederzukommen, verabschiedete. Mutter und Tochter saßen noch lange zusammen. „Ein liebenswürdiger, braver Mann," wandte sich die Erstere an Lori. „Wie sehr muß er seine Frau geliebt haben," bemerkte
jetzt
„das ist ein ebenso beredtes Zeugniß für die Heimge¬ gangenen, wie für ihn selbst. Und wie reizend er von Papa sprach." „Dein Vater mochte ihn sehr gern." „Aber ein wenig heiterer und zuversichtlicher müßte er doch ins Leben blicken," sagte Lori, und so sehr sie sich auch
Willeir betrachten. Wie eigen er ihren strimmen Druck, der mehr sagte, als Worte vermocht hätten, empfand. Sie nahmen Platz, und die Damen erzählten umständlich, wie es ihnen im Laufe der Zeiten so traurig gegangen und wie ihnen das Leben so manche hoffnungsvolle Blüthe ge¬
diese,
brochen hatte.
freute, daß Herr von Ohlefeld sic wieder besuchen wollte, so fürchtete sie doch, daß es für ihre Mutter nachtheilig sein könne, oft mit ihm zusammenzukommen. Schon so wie so zum Grübeln geneigt, sprach sie mit ihm mehr von der Vergangenheit,
„Auch niein Schicksal ist ein hartes gewesen, mein Pfad war dornenvoll. Vor zehn Jahren verheirathete ich mich," be¬ richtete Herr von Ohlefeld. „Sie sind verheirathet?" fiel die Baronin erstaunt ein. „Ich war es. Ach und meine Ehe war eine so sonnige, ich hatte ein schönes, liebes Weib, zwei blühende Kinder. Vier mein ganzes Lebensglück zu zerstören genügten, um Wochen und mich als gebrochenen
Mann allein zurückzulassen."
„Sie armer, lieber Major, „Wie traurig!"
das ist das Erste, was ich höre."
Frau von Rohdewald drückte ihm theilnehmend die Hand, und von Ohlefeld sah, wie an Loris Wimper eine Thräne hing. Leben ist für mich freude- und liebeleer, und als einmal hab' ich den Himmel gefragt, zu welchem Zwecke er mich allein auf der Welt zuriickgelaffen?" Da traf 'ein Blick das bekümmerte Auge Loris, welches voller Mitleid auf ihn ruhte, und ihm war es, als hätte er ein Unrecht geihan, das eben Gesagte auszusprechen. „Sie sind ein Mann," fuhr Frau Asta fort, „haben Ihren Wirkungskreis, schaffen Gutes, füllen den Platz aus, auf den Sie der liebe Gott gestellt hat, und vielleicht übt der Himmel noch einmal Gnade und schenkt Ihnen wieder ein Herz,
„Das
mehr
welches volles Verständniß
für Sie hat."
Herr von Ohlefeld lächelte trübe, und da Lori, auf welche sein Auge fiel.
Erröthete
sie
war
es wieder
nicht ein wenig?
Lag nicht eine eigenthümliche Hast in ihren Bewegungen, mit denen sie die Theetaffen ordnete und den Keffel bediente, welchen die Aufwärterin hereingebracht hatte? Welche Anmuth
als ihr dienlich war. Herr von Ring ließ fcie
freien Stunden
der
Die Saison war
nicht sehen.
sich
in der Hochfluth, der Dienst
stellte seine Anforderungen an ihn,
Malerei und der Musik widmend,
mochte er die beiden Damen vergessen haben.
Es war heute ein herrlicher Tag, Sonntag noch dazu, die Baronin Rohdewald und ihre Tochter kamen eben aus der Kirche. „Ach Mama, jetzt laß uns Unter den Linden spazieren gehen," bat Lori. Auch ihre Mutter verspürte Lust dazu, aber
ihr Blick
streifte den altmodischen,
schon etwas abgetragenen
Mantel, und der Gedanke, sich hellte gerade, unl diese Stunde dort unter den vieleil geputzten Menschen sehen zu lassen, war
ihr peinlich. „Mein Herzensrillldding, wenn Du aussiehst, so merkt man
Dir
nehme Dame an, komm
nur."
„Du
auch
doch bei jedem
hast Recht, mein Kind, man muß
nicht
elegant
Schritte die vor¬
in meinen Jahren
nicht mehr eitel sein." Welches Leben und Treiben vor dem Königlichen Schlöffe, die Wache zog auf,-Tausende von Menschen, in der Hoffnung, den geliebten König ain historischen Eckfenster zu sehen, halten sich hier aufgestellt, und jetzt, gerade in dein Augenblicke, als die beiden Damen vorüberkamen, zeigte sich der Monarch. Brausender Jubel, in den Lori aus vollem Herzen mit ein¬ stimmte, erscholl.
(Fortsetzung folgt.)
188
Johannes Wcdigen. Eine Berliner Geschichte von Oskar Schwebe!.
Die wackere Schaar, welche der Bürger Arndt vor etwa 24 Stunden nach der Warte hinausgeführt hatte, trat jetzt den Heimweg an. Es fehlten drei Mann doch voll jenen fünfzehn, welche gesteril ihm gefolgt waren. Für Heino Pfuel aber wlirdc in der nahen Waldung eine Tragbahre gefertigt. Seine Verwundung schien eine überaus schmerzhafte zu sein; denn fest blieben seine Lippen geschlossen; — er fiel wiederum in Ohnmacht, ilachdem man ihn auf das herbst¬ lich gefärbte Laub gebettet Den sechs schwe¬ discheil Reitern wurden die Hände gebunden. So lvollten sie aufbrechen. Noch einmal wendete sich da der Bürger Arildt um. hatte.
„Wo
wir
sollen
den
wunden Offizier und die bergen?" Gefangenen fragte er den Obristen.
heit gerathen.
Und doch!
Wie hatten sich bei ihnen die Der Herr von Rochow
Herzen muthiger Männer einst erhoben!
wenigstens sah mit Stolz auf die drei blitzenden Feldschlangen, welche er den Schweden abgenommen hatte.
„Der
Erfolg wiederum für Kurbrandenburg!" „Möge er uns den Anbeginn einer besseren Zeit bezeichnen!" — Der hagere Herr von Hake, der auf einem großen Steine innerhalb der Schanze saß, fragte ihn fast spöttisch: so
erste kleine
sprach er zu dem Kreishauptmann von Hake.
„Glaubt
Ihr
Zeit?" „VonganzerSeele!" erwiderte Moritz Augustus von Rochow. „Habt
denn wirklich an die bessere
Jhr's gehört, was
ernst
erhebt
,grüne Hust im Schlosse!" sprach der Herr „Sehet, von Rochow. daß ihnen Pflege wird. Wendet Euch an den Bür¬ germeister!" — Langsam
Tag ein
der Zug sich jetzt in
Bewegung; — langsam
giilg die Besatzung der Richersdorfer Warte an
ihr trauriges ruid
doch
so menschlich-schönes Werk,
die Gefalleilen
zl>
Man mußte
sie
bestatten.
diese
Pest und trotz der Schwe¬
den!
setzte
wie
Männer von Berlin, dann wird die Mark gesunden, — sie wird es trotz der
„Ich weiß nur einen festen Ort, — das ist der
dieser
Heino Pfuel sprach? — Mir hat's das Herz er¬ hoben! Wenn sich das ganze Volk so männlich-
Ich bin
so
fröhlich
heut', als hätte mir der großes
Glück
gebracht!"
„Man
soll ihn nim¬
mer vor den Abend loben!"
„Doch der Erfolg, so klein er sein mag,
—
er
ermuthigt, Größeres zu hoffen!" „Noch wissen tvir's nicht, welche Streitmacht Buttler uns entgegen¬
führt/^ „Ich fürchte nichts, seitdem wir die Geschütze
bis zur Heide hintragen, lvollte haben! Denn müßten wil¬ der überleg'nen Macht man die Mäiliier nicht in dem Sumpfboden ver¬ gleich weichen, so sollen sinken lassen. Die Dra¬ diese Feldschlangen die goner und Kürassiere hat¬ Stadt beschützen bis auf's ten sich anfangs auf diese Aeußerste. Es fiildet sich leichte Weise ihres Amtes ein wenig Munition wohl Keltistraiizioiiirtc von 1806. entledigen wollen. „Nein, noch im Köllner Schlöffe. — Dem Liliehoek müssen das soll niiinnermehr ge¬ die Bürger freilief) selbst entgegentreten. — Im Uebrigen: mich schehen!" hatte da der Herr von Rochow ihnen zugerufen. „Fürchtet nicht, daß ihr abgeschnitten werdet! Ihr wißt tröstet zweierlei noch! Habt Jhr's gehört, wie dieser Heino Pfuel ja, daß ans jenen Höhen dort vor lins Wachtmannschaft steht, cs kündete: ,Wir rechneten auf keinen Widerstand?^ — Viel¬ leicht lvar's doch ein Handstreich nur auf beide Städte; — sie die lins das Nahen Bnttlers meldet. Thuet eure Pflicht als — glaubten wohl, mit Konrad Burgsdorf sei der letzte Paladin, ehrliche Soldaten!" Die Reiter trugen die Leichen tvciter zurück nach jenen der letzte Halt der Mark, gesunken. Sic haben sich verrechnet! Saiidhügeln hiil, welche sich am Rande des Föhrenwnldes Und dann! Schnell wird die Kunde sich verbreiten, daß die Pest in unsern Mauern haust. Vielleicht kommt uns da durch Errettung. erhoben. Man hat in der späteren Hasenheide Gebeine und Auch Kaiser Karl der Böhme soll in alten Zeiten einst vor einer Waffenstücke gefunden; aber es hat Niemand inehr gewußt, woher diese merkwürdigen Reste stammten. Schoil lange waren festen Stadt, vor Frankfurts grauen Mauern, jäh zurückgedamals die Kümpfe bei der Richersdorfer Warte in Bergeffen- tvichen sein, als Pesthaucb ihm entgegenwehte. Seht, darum bin -
m
—
189
fröhlich, werther Herr von Hake. Fast ist es mir, als seien bessere Zeiten uns grad' darum aufbehalten, weil wir nicht untreu wurden in der Stunde der Gefahr." „Gebe es Gott!" erwiderte der Edelmann. „Lieb wär's freilich, wenn die Sache bald zu Ende käme. Es ist, mir fürwahr! ein schweres Opfer, das wir den Berlinern bringen! Uli! Weib und Kind in einer pcstersüllten Stadt verweilen, — es ist ein wenig viel, was der Herr Statthalter von lins ich
verlangt." uns
„Es lilliß
sich
angreift.
Geschieht es
Küstrin.
Ich
gefunden,
morgen ja eiltscheiden,
werde mit dem Kriegsvolk,
und
mit
ob
nicht, so zieht
alich Liliehoek
in Frieden
welches sich
den treuen Bürgern beide
Städte
511
nach
mir
zu be¬
Es ist ein Unglück für die Lande, mein Herr nur der Augenblick der drohendsten Gefahr den Edelmann hier mit dem Bürger einig fiildet. Sowie die größte Noth vorüber ist, wandelt ein jeder wieder feinen eigenen Weg. Es könnte anders um uns stehen, wenn jenes Bündniß auch haupten wissen.
von Hake, daß
in, Sonnenschein des Friedens fortbestände."
„Ihr
tadelt mich mit Unrecht, Herr von Rochow. Hab' Bürgern leidlich stets vertragen; hab' ihnen ineinen Roggen auch zu billigen Bediuglingen gelassen! Allein man muß an sich doch arich ein wellig denken! Ich habe Weib und Kind in dieser unglücksel'gen Stadt; — ich wieder¬ hol' es Euch! Ihr seid ein led'ger Mann; — ihr könnt mit uns nicht fühlen! Und überdem, — was hat der Adel diesen beiden Städten zu verdanken?" — „Ich dächte doch ein wenig, — lieber Herr von Hake! Berlin bot Euch ein Obdach! Es mag nicht gut zu weilen sein im ,schwarzen BärenJ — glaub's Euch gern! Wenn Ihr jedoch im Herrenhause zu Klein-Machenow geblieben wäret, — wenn Ihr das Eurige vertheidigt hättet, — wie wär's dann? — Ich habe manchen Edelmann auf ineinen Zügen durch die Mark gesehen, der mit gespaltenen Schädel lag auf seiner Schwelle, — nicht, weil er seines Hauses Gut, — nein, weil er seiner Frauen Ehre schützen wollte! — Ich bin gewiß nicht jenes Sinnes, der in Bttrgerkreisen herrscht; — wann wäre das ein Rochow je gewesen?. — Allein, wenn ich das Thun so inanches märk'schen Edeluianns mit dem vergleiche, was dieser schlichte, Köllner Bürgermeister Wedigen jetzt für sein Vaterland geleistet hat, mag ich mich der Genossen eben nicht erfreuen. In hellen Haufe» sind die Junker aus der Mark den schwed'schen Fahnen zugeströmt; — nicht jeder findet sich zurück zum Vaterlande so, wie Heiuo Pfuel. Und auch ihin hat erst eine schwere Wunde das Gewissen schärfen müssen. Allein ich wollt' Euch keine Predigt halten. — Komm't, — plaudern wir ein wenig auf der Zinne!" Mürrisch folgte der Teltower Kreishauptmann dein Kommandanten von Berlin. In der Verschanzung aber sammelten sich allmählich wieder die Reiter, welche am Rande der köllnischen Heide ihr trauriges Werk vollbracht hatten. — mich
mit
diese,,
kein Feind aber sei mehr zu finden gewesen. Solchen Em¬ pfang nicht erwartend, sei Buttler bis auf die Berge bei Selchow zurückgegangen; lvahrscheinlich würden die Schweden sich nun auf der zerstörten Bnrg zu Zostcn festsetzen. Auch aus dem Norden Berlins war Kunde gekommen. Der Feind, hatte, nachdem er die Dörfer am Rande der sumpfigen Panke ausgebrannt hatte, das Fließ überschritten und hatte, offenbar einen Allsfall der Spandauer Garnison befürchtend, auf der Bodenschwellung bei Hohen-Schöuhausen und Marzahn ein Lager bezogen. Man jubelte nicht. Wie hätte man cs auch vermocht, da das Sterbeglöcklein nicht aufhörte, die Stadt gn durchklingen? — Wohl aber war es eine tiefe, ächte Freude, welche die Herzen durchzog. Dort standen der Bürgermeister Valentin Döring und der Licentiat Paul Matthias bei einander, der Letztere gewaffnet, — das Auge leuchtend von edler Erregung. „Seht, alter Herr," so sprach er, „wie gilt wir Euch gerathen haben! Hätten wir unsere Hände muthlos in den Schooß ge¬ legt, — wir hätten sie schon gestern Abend in der Stadt ge¬ habt, die blut'gen Dränger! Was wäre dann geworden? Man hätte uns das Letzte noch genommen! Wie wär' es unsern Frauen, unsern Töchtern wohl ergangen? — Gewiß! es hätte sie die Pest bald wiederum vertrieben. Doch draiißen auf den Weinbergen im Norden und im Südeil hätten sie sich dann verschanzt und ihre Feuerschlünde auf die Stadt gerichtet. Weh' uns, wenn lvir das Unerfüllbare nicht zu erfüllen wenigstens versucht! Was bringt zu Ehren? — Nur sich wehreu! Es lebe Bürgermeister Wedigen, — dort naht er!" „Freuet euch nicht gn früh!" sprach Valentins Döring. Er that's wohl nur, uin etivas doch gn sagen! „Ihr wißt nicht, ob die Schweden nicht verstärkt noch kommen!" „Laßt sie! Die Brandenburger Herzen haben sich erhoben aus der Feigheit und der Thatenlosigkeit, die ehedem geherrscht! Gott segne ihn, den tapfern Bürgermeister! Doch sehet, wie gebeugt er geht! Ja, ja, — der wackere Junge hat es wohl verdient, daß er ihn tief betrauert." Allein der Herr von Rochow nahte. Mit iven'gen Reitern nur; — noch galt es, treue Wacht zu halten draußen! Der Herr von Hake ritt bei ihm. Doch was lvar das? — Den Ton hatte man lange nicht mehr vernommen in Berlin, seit 1619 nicht, da Herr George Wilhelm das Geschütz der beiden Städte Es war das nach Küstrin lind Spandall hatte schaffen lassen. eherne Rasseln der schwedischen Kanons auf dem holprigen Pflaster, welches gn den Thoreingängen hinführte. Ja, dort blitzten sie, röthlich schiimnernd im Fackelscheine, die drei erbeuteten Geschütze! Rochow's Reiter hatten sie mit
Fichtenkränzen geschmückt.
beider Residenzeil die Rufe der Freude nicht mehr zlirückzuhalten. „Hoch lebe der Obrist Rochow, unser Kommandant!" tönte es
von der Straße her liild vom Gertraudcn-Thvre herab. „Hoch unsere Kürassiere und Dragoner!" — (Fortsetzung folgt.)
VII. Am Teltower Thore erglänzte Fackelschein. Dichtgedräirgt lmrrte in der .Gertrauden-Straße', am St. Petrikirchhofe lind und am ,Hunde-Markte^ die Menge. Der Obrist Rochow hatte »>clden lasten, er komme gegen Nacht mit den drei eroberten Geschützen; er habe weit und breit, bis gegen Lichtenrade und Schönfelde hin, die Anhöhen des Teltow diirchforschen lasten;
Da verniochten die wackern Bürger
Karl Ludwig
Hencke.
Von O. F. Gensichcil.
Seit
(Schluß.)
seiner Pensionirung lebte Hencke ein ruhiges, arbeit¬
sames Forscherleben,
in das nrir die Entdeckung der „Asträa"
1845 und der „Hebe" 1847 äußere Aufregung brachten. Damals lag Driesen noch nicht an der Eisenbahn, und als
190 letztere
im Oktober 1857 ihren Schienenstrang auch über das
kleine Städtchen der Neumark erstreckte, waren seither so viel
Planeten entdeckt, daß Hencke's großes Verdienst schon den Reiz der Neuheit verloren hatte. Es drängten sich daher keinerlei Berühmtheiten in sein bescheidenes Observatorium, und er selbst hat, abgesehen von wenigen Besuchen der Berliner Sternwarte, nur einmal im Jahre 1860 die Wanderversammlung deutscher Naturforscher und Aerzte zu Königsberg in Preußen neue
Er sührte ein Stillleben mit seinen Büchern, die er allmählich bis aus über 3 000 Bände vermehrt hatte, mit seinem für die damalige Zeit sehr guten Flügel, ans dem er meisterhaft zu phantasiren verstand, mit seiner ihm von Jugend her noch immer geliebten Pedalharfe, mit den Sternen, mit seiner Gattin und seiner unverinählten Tochter Helmine. Einfach in seiner Häuslichkeit, seiner Erscheinung und seiner Kleidung, Autokrat in seiner Familie, mildthätig gegen Nothleidende, leidenschafts¬ los, weder Kartenspielcr, noch Raucher oder Schnupfer, eifriger Sammler alles historischen Materials zu einer Chronik der Stadt Driesen, von seinen Mitbürgern „wegen seiner gründlichen besucht.
Lokalkeniitniß und seines regen Eifers für das Wohl der Stadt" zum unbesoldeten Rathmann und auf mehrere Jahre zum Ehrenamt eines Schiedsmanns erwählt, rüstig an Gesundheit, jedem Gedanken an den Tod so abgeneigt, daß er weder ein Testament machte, noch über seine wcrthvollen, eigenhändig ge¬ lebte er in zeichneten Sternkarten eine Verfügung traf, Hoffnung eines hohen Alters arbeitsam dahin, bis ihm der zu Anfang des Jahres 1865 erfolgende Tod seiner ältesten Tochter Helmine ein erschütterndes „memento mori!“ zurief. Als im Sommer 1866 die Cholera sich auch Driesen näherte, floh er vor derselben nach Marienwerder zu seiner an den dortigen Wahr¬ Oberpostkonimissarius Buske verheiratheten Tochter. des einer bei Besteigung Folge Erkältung, die er sich scheinlich in Glockenstuhls der Domkirche in Marienwerder zuzog (er wollte die Inschriften der von den Deutschordensrittern herstainmenden
Glocken studiren und den
Ton der letzteren auf ihren Zusammen¬
klang prüfen), starb er an einem heftigen, schmerzvollen Magen¬ Seine leiden zu Marienwerder am 21. September 1866. Leiche
wurde nach Driesen gebracht und auf dem Friedhofe
daselbst neben seiner Tochter Helmine beigesetzt.
Ihn
in einer gemauerten Gruft
überlebten seine Wittwe (gest. 15.
April 1875),
Aufforderung zur Bearbeitung genauer Sternkarten und schrieb darin u. A.: „Dergleichen Karten werden, außerdem daß eine so genaue Kenntniß des Himmels ein eigenthümliches Jntereffe erregt und viele astronomische Beobachtungen erleichtert, auch das wahre Mittel darbieten, die Kenntniß unseres Sonnensystems dlirch Entdeckung neuer Planeten zu erweitern; sie werden diese sogar sicher herbeiführen können, während ohne spezielle Himmels¬ karten nur ein günstiger Zufall die Auffindung veranlaffen kann!" Zweifellos entfachten diese Worte von Neuein den Eifer Henckes, doch konnte er sich erst nach seiner im Herbst 1837 systematischer den^ .'astronomischen erfolgten Pensionirung Aus dein geräumigen widmen. und sauberen Forschungen Boden seines einstöckigen Häuschens auf dem Driesener Kietz hatte er anfangs nur einen Tisch und einen Stuhl stehen; eine eigentliche Sternwarte ivar nicht vorhanden. Einige Dachziegel wurden herausgehoben, auf einer bloßgelegten Latte eine frei bewegliche hölzerne Rinne angeschraubt und auf letztere das Fernrohr festgebiinden. Auf dein Tische wurde eine in auf¬ fallend großem Maßstabe von Hencke eigenhändig entworfene Sternkarte ausgebreitet, welche den dem Fernrohre gegenüber¬ liegenden Theil des Fixsternhiminels enthielt. Diese Karten¬ entwürfe revidirte er fortwährend unb gelangte gerade dadurch Seine Methode glich, nach Emsmanns zu seinen Entdeckungen. treffender Bemerkung, derjenigen eines Botanikers, welcher die beste Flora seiner Gegend anschafft iind sich nun durch fleißiges Botanisiren überzeugen will, ob aiich alle in dieser Gegend vorkommenden Pflanzen tvirklich Aufnahme gefunden. Kraft dieses nnerinüdlichen Beobachtens, Einzeichnens, Vergleichens entdeckte er aus der erwähnten Dachziegelöffnung die „Asträa" und aus einer am östlichen Giebel vorhandenen Bretterluke die
„Hebe".
Erst nach diesen epochemachenden Entdeckungen
auf seinem Häuschen, das er bis an seinen Tod bewohnte, eine immerhin noch höchst bescheidene Sternwarte
ließ er
sich
bauen.
Die bereits ftühzeitig begonnene Arbeit an den Stern¬ deren Maßstab für eine Kugel von vierzehn Fuß Durchmesser (dreiinal größer als die der Berliner akademischen Karten!) berechnet ivar, setzte Hencke unerinüdet fort. In seinem Nachlasse fanden sich 349 sauber und korrekt gezeichnete Sternkarten, von denen 12 die dem Aequator des Himmels karten,
liegenden Gegenden,
drei Töchter und zahlreiche Enkelkinder. Die geringe Schulbildung, welche er genossen hatte, suchte Hencke durch sein langes Leben in unablässigem Studium zu
zunächst
Schon frühzeitig erwachten seine astronomischen Neigungen, angeregt durch die Lektüre der „Anleitung zurKenntniß des gestirnten Himmels" von Bode. Bereits 1822 schaffte er sich aus der damals weltberühmten optischen Fabrik von Utzschneider und Fraunhofer in München für 105 Thaler ein Fernrohr an, dessen Brennweite 42 Pariser Zoll und desien Objcktivdurchinesser 32(4 Pariser Linien betrug, wozu er später noch ein Kellner'sches
Kosteil ivegen nicht gewähren.
ergänzen.
großem Gesichtsfelde fügte. Ein alter Proportionalzirkel, den er bei einem Gelbgießer als altes "Eingeschmolzenwerdens gerettet Messing aus der Gefahr des hatte, sowie eine nach seiner Anleitung von einem Uhrmacher hergestellte Uhr, welche Sternenzeit und mittlere Zeit anzeigte, vervollständigten nachmals sein „Handwerkszeug". Besonders unterstützt wurde er durch sein außerordentlich scharfes Auge und seine hervorragende Anlage zum Zeichnen. Im Jahre 1825 veröffentlichte die Berliner Akademie eine orthvskopischcs Okular von
südliche Halbkugel betreffen. den
Stich vervielfältigt
241 die nördliche und 96 die Den Wunsch, diese Karten durch
zu sehen, konnte sich Hencke der hohen Letztere haben auch bisher die
Herausgabe verhindert, wiewohl die Berliner Akadeinie nach Hencke's Tode, dlirch Vermittelung von Argelander und Auwers, 1868 diese Karten für tausend Thaler ankaufte, d. h. für etwa acht Mark pro Karte, — ein Spottpreis im Vergleich zu der darauf verwendeten Riesenarbeit! Jil Folge seiner Planetenentdeckungeil war Hencke übrigens
von der Berliner Akademie zur Theilnahme an der Bearbeitung der seit 1825 geplanteil akademischen Sternkarten aufgefordert lvordeil, liild init hoher Freude willigte er ein. Die Hora 22 ist 1852 von ihm bearbeitet wordeil und stellt sich würdig neben die übrigen Blätter jenes Cycllis. Literarisch ist er da¬
als daß er über die Erscheinung merkwürdiger Sonnenflecke, über Sonnen- und Mondfinsternisse, Kometen und Sternschnuppenschwärme seine jeweiligen Beobach¬ tungen dlirch Berliner Zeitungen veröffciltlichte. gegen nie weiter hervorgetreten,
191
die
In demselben Jahre 1847, in welchem Hencke zu ©riefen „Hebe" entdeckte, (ein Jahr, das durch die unmittelbar
darauf erfolgenden Entdeckungeil der
„Iris"
und
„Flora"
Etwas verdeutschen mußte.
der Wissenschaft innigst zu bedauern,
durch
Nebenarmen
der
Netze
durchzogene
ich eine so glückliche, sich
Wiesen
erstreckten.
Um mehr, als der Vater uns Geschwister keine öffentliche Schule besuchen, sondern nur dlirch einen der städtischen Lehrer Nach¬
mittags von 4 bis 6 Uhr im Elternhause privatim unterrichten Wie viel freie Zeit blieb da zum Spielen und Umher¬ ließ. tollen! Und doch hat unser lieber, verehrter Herr Genschner durch diese zwei Stunden uns in allen Disziplinen mit Alls¬
wofür später ilvch
Privatstunden bei dem Rektor Dorenbnrg hinzukamen, soweit gefördert, daß mein älterer Bruder und ich zli Michaeli 1859 sehr gut vorbereitet in die Tertia des soeben eröffneten Gymnasiums zu Landsberg an der Warthe eintreten konnten. Dort wandte ich mich bald mit vollem Eifer der Mathematik und den Naturwissenschaften zu, und diese Neigung ließ mich die Bekanntschaft meines berühmten Landsmannes Hencke suchen, mit dessen ältester, unvermählter Tochter Helmine meine Mutter besonders innig befreundet war. Wann ich zuerst bei Hencke vorgesprochen, weiß ich nicht besondere
die massiv gebaute
habe.
Ferien verstreichen,
ließ ich keine
ohne oft und lange mit ihm zu arbeiten.
Denn bei der Seltenheit der Besuche, die ihm in dem kleinen Städtchen zu Theil wurden, war er stets erfreut, eine verständnißvolle Seele zu finden, die er über sein Lieblingsthema belehren konnte.
Die interessanten Stunden auf seiner Stern-
>varte und mehrfache gemeinsame Spaziergänge nach den
Sternwarte ans eigne Kosten wieder
ab¬
— „er hatte gehabt weder Glück, noch Stern!" Auf mich haben diese frühzeitigen astronomischen Studien, wenn ich sie auch nicht in wissenschaftlicher Weise weiter ver¬ folgte, nachhaltigen Einfluß geübt, und manche meiner Dichtungen, in Sonderheit die Märchen „Cassiopeia" und „Bercnika" geben Zeugniß davon. Daß gerade in meinem Geburtsjahre in meiner Vaterstadt die „Hebe", das Symbol ewiger Jugend und Schön¬ heit, entdeckt wurde, nahm ich stets als „günstigen Aspect", und die Abtheilung lyrischer Lieder in meinem „Frauenlob" trägt, in Huldigung der dort Verherrlichten, jenen Gesammtitel und beginnt mit einer dankerfüllten Apostrophe an Karl Ludwig
Aber seit ich den schon
hochbetagten Astronomen einmal kennen gelernt,
den er durch
reißen lassen, und seither ruhten seine astronomischen Forschungen,
nur, daß «teilte persönlichen Beziehungen zu ihm mit den Osterferien 1865 endeten, da mein Vater im Mai 1865 von Driesen versetzt wurde, und ich seitdem meine ich weiß
wiedergesehen
Einfluß,
auf die gesammte wissenschaftliche Welt ausübte, hat Hencke durch persönlichen Umgang sonst wohl nur noch auf einen Driesener Landsmann bedeutender eingewirkt: auf meinen Oheim Alexander Kalluskh, der von 1851—1854 Rektor der Driesener Knabenschule war und viel mit Hencke verkehrte. Vor letzterem durch die vollendete Gymnasial- und Universitäts-Bildung ausgezeichnet, ließ Kallusky, als er von 1854—1866 Landpfarrer zu Neu-Mecklenburg bei Friedeberg in der Neumark war, sich eine vortrefflich eingerichtete Stern¬ warte am Seitenflügel des frei und hoch liegende» Pfarrhauses erbauen, auf der auch ich oft mit ihm gearbeitet. In ähnlicher Weise wie Hencke widmete er sich dem Zeichnen genauester Sternkarten, und schon stand er in Unterhandlung, dieselben durch den Stich zu veröffentlichen, als 1863 Argelander unter Beihilfe tüchtiger Assistenten die Herausgabe seines berühmten Atlas des gestirnten nördlichen Himmels beendete. Hier war mit bedeutenderen Mitteln doch Bedeutenderes geleistet, als dem einsamen Landpfarrer möglich gewesen war, und entsagungsvoll verzichtete Kallusky auf die Veröffentlichung seiner Sternkarten. Als er 1866 von Neu-Mecklenburg versetzt wurde, mußte er
verleben, wie sie ein großstädtisches Kind nie kennen lernt.
Vaterstadt nie
der soivohl
wie seiner Augen zum
Abgesehen von dem tiefgreifenden
so
mehr;
daß Hencke,
seine Planetenentdecknngen
wild austobende Kindheit
nahme des Lateinischen und Griechischen,
im Interesse
Astronomen geradezu geboren war, nicht durch ein fteundlicheres Geschick für die Gelehrtenlaufbahn erzogen wurde.
herrlichen Festungsgarten, hinter welchem sich meilenweite, voll
Dort konnte
es
durch die Schürfe seines Verstandes,
Hind das an Planetenentdeckungen reichste Jahr wurde, welches die Welt bis dahin gekannt), wurde ich zu Driesen, wo mein Vater Prediger war, als das jüngste Kind meiner Eltern ge¬ boren. Unser Wohnhaus lag unmittelbar an dem großen, denl
Jedenfalls bleibt
Vor-
dammer Anhöhen jenseits der Netze, tvo er eine von ihm stets
Hencke.
mit besonderer Vorliebe beobachtete Sonnenuhr aufgestellt hatte, lverden mir unvergeßlich sein. Wie oft staunte ich, seit Michaelis 1864 Oberprimaner auf dem Friedrich-Wilhelms-Ghmnasium zu Berlin und begeisterter Schüler Schellbach's, über die mühsame,
Die Bedeutung des Letztern glaube ich zum Schluß nicht zusammenfaffen zu können, als in die Worte, welche Argelander auf die Todesnachricht dem Schwiegersöhne schrieb: „Mit aufrichtiger Betrübniß habe ich die Nachricht von dem Tode Ihres verehrten Schwiegervaters vernommen, eines Mannes, vor dem ich feit 20 Jahren die höchste Achtung gehegt habe. Er war ein seltener Mann, nicht nur wegen seines eminenten
weitschweifige
Art, mit
höheren Mathematik,
der Hencke,
bei seiner Unkenntniß der
kleinere astronomische Berechnungen vor¬
nahm. Er hatte eine geniale Anschauungs- und Auffafsungsart, aber seine geringen autodidaktischen Kenntnisse erschwerten ihm sein Streben ganz unendlich. Seit er auf der Höhe seines Ruhmes stand, wurden ihm sowohl von einzelnen Forschern, als auch von gelehrten Körperschaften mancherlei Werke in iremden Sprachen übersandt, und es war rührend mit anzusehen, wie sein rastloser Wiffensdrang wegen mangelnder Kenntniß nemder Sprachen nicht einmal die äußere Schale bewältigen, geschweige denn sich an dem eigentlichen Kern erlaben konnte. Oft genug ließ er sich aus derartigen Werken wenigstens einige Stellen von mir aus dein Stegreif übersetzen, und unvergessen, wiewohl mir der Titel entfallen, ist mir namentlich ein alter lateinischer
besser
Foliant, aus
dem ich ihm fast bei jedem Besuche
\
Beobachtungstalentes und der Schärfe seines Blicks, sondern auch der seltenen Energie, mit der er ein so schwieriges Unternehmen, wie die Entwerfimg so vollständiger Himmelskarten es ist, an¬ griff, und die Ausdauer, mit der er es verfolgte und zu Ende brachte. Man muß ein solches Unternehmen selbst ausgeführt, die Schwierigkeiten desselben selbst erfahren haben, um fein Verdienst in vollem Maße beurtheilen zu können, das um so größer erscheint, wenn man die geringen Mttel erwägt, die er bei feiner Arbeit verwenden konnte."
192
Ein altberlinisches Schlachthaus in der ehemaligen „Paddengasse". Bon Ferdinand Meyer.
(Mit Abbildung.)
Das Fleisch bildete bei unseren Altvordern bekanntlich die Hauptmahlzeit, und wurde daher auch in großen Mengen verzehrt. So kann es denn nicht befremden, wenn wir zu einer Zeit, in der noch gegen die Völlerei strenge Verordnungen ergingen, aus dem Jahre 1565 eine solche vorfinden, die bei den Zusammenkünften der Gewerksmeister bestimmte, daß Niemand mehr Speisen. und Getränke zu sich nehmen sollte, als zu seines Leibes Nothdnrft und Nahrung dienten. Das zeugt allerdings von einer großen Vorsorge der Stadt¬ väter für das Wohlergehen ihrer Bürger. Gleichwohl aber muß selbst das vorgeschriebene Quantum der Leibesnothdurft und Nahrung unser Erstaunen über die damalige Leistungsfähigkeit Hervorrufen: einem jeden Meister sollten, bei Vermeidung einer Strafe von 8 Schilling-Pfennigen, nicht mehr als — vier Pfund
Fleisch, ein Rebhuhn und eine Schüssel gekochtes Essen als Mittagsmahlzcit verabfolgt werden. Bei diesem Masscnverbrauch von Fleisch richtete der
Rath
schon seit frühester
Zeit
sein besonderes Augenmerk auf
den
Gesundheitszustand
des
Schlachtviehes
und auf die Errichtung öffentlicher städti¬ scher Schlachthäuser. Die Be¬ sichtigung des Viehes fand auf den beiden „Wursthöfen" in der Heiligegeist- und in der Köllnischen Gasse statt, wo¬ selbst auch die ersten Schlacht¬
Fehler¬ haftes (einäugiges und abge¬ zehrtes) Vieh wurde den bei¬ häuser sich befanden.
den Hospitälern zum Verbrauch
überwiesen. Nachdem
das Schlacht¬
Grundstiick Nr. 24 an der Fischerbrücke einnimmt. Die Stoccate führte ihre Bezeichnung nach dem mittels eines „Baumes" ver¬ schlossenen schmalen Durchlässe in der gesperrten Spree, den der Wächter des Thurmes zu öffnen hatte. Bei Anlegung der BefestigungsWerke durch den Großen Kurfürsten wurde die Pfahlreihe einfach unter dem Wasser abgesägt, so daß ihre Enden bei niedrigem Wasserstande noch wahrnehmbar sind. Acht Jahre nach Errichtung des neuen Schlachthauses,1669, wurde der „Paddcnthurm" abgebrochen, und das Material zum Bau des „Neuen Friedrichs-Hospitals" (späteren Waisenhauses) verwendet.
Bereits im Jahre 1725 befand das Schlachthaus sich in einem Zustande, daß Meister und Gesellen „ihres Lebens drinnen nicht mehr sicher waren." In einer von den Altmeistern an den gerichteten Magistrat Vorstellung heißt es u. A.: „Wenn ein Ochs geschlagen und niedergefällt wird, giebt es eine solche Dröhnung, daß Jedermänniglich die Haare zu Berge stehen, weil unten die Pfähle und Holme nebst den Schwellen verfault sind" (das Schlacht¬ haus war zur Hälfte in die Spree hinein erbaut). Die Meister baten daher den Magistrat, als ihren „hochgeehrten Herrn", je eher, je lieber ein neues Schlacht¬
haus zu bauen, weil das Aus¬ flicken nicht inehr helfen wolle.
In
zweiter Reihe machten sie dann geltend, daß das unter dem herabhängenden Giebel befindliche und von den Sol¬
kontinuirlich besuchte „publique Stadt-Secret" be¬ Würde nun be¬ droht sei. daten
sagter Giebel herabfallen und
Leute todtschlagen, so sie (die Altmeister) mit denen Herrn Offizieren zu thuir bekommen und in große Kosten gebracht werden. solche
könnten
Das war durchschlagend für die damals konservativen Väter der Stadt, welche das Alte durch Flicken möglichst
Berliner Stadt¬ Ältbcrliner Schlachthaus in der Paddcngasse. lange zu konserviren suchten. theils eingegangen war, fand Zwei Jahre später (1727) im Jahre 166 l die Errichtung wurde dort ein neues Schlachthaus errichtet — jedenfalls ohne eines neuen in der „Paddcngasse" statt. ein „publique Stadt-Secrct." Blachen wir uns zunächst mit dieser wenig anheimelnden Leider sind uns von den ältesten dieser Schlachthäuser keine Gaste näher bekannt. Spreeufer Abbildungen überkommen, dagegen bringen wir eine solche von dem Ihren Name» führte dieselbe nach den am sumpfigen die der Berliner zuletzt erwähnten, das sicherlich nach dein Muster des früheren, gemeinhin in Menge sich aufhaltenden Fröschen, Jahrhundert zählte die ebenfalls zur Halste in die Spree hinein erbaut war. Für jeden als Padden bezeichnete. Schon im 16. „Lapp-Gasten", der geschlachteten Ochsen erhielt die Kämmereikaffe den seit Alters Gaste 13 Häuser, zumeist wohl, wie in den übrigen (Flickschustern und üblichen her Schlachtgroschen. Dieser ergab von den drei Schlacht¬ von kleinen Handwerkern oder „Lappern" — 9 erwarben die „Schuh¬ häusern das dritte befand sich seit 1750 auf der Dorotheen¬ -Schneidern) bewohnt. Das Haus Nr. 1544 34 Schock der damaligen Schlachthausgaffe — in den sechsziger Jahren für stadt in Jahre knechte" (Gesellen) beider Städte im Ende der durchschnittlich eine Einnahme von jährlich 456 Thalern 4 Groschen. Schoren. Am einem gewissen Daniel Groschen von „Paddcngaffe", seit dem Jahre 1810 eine Schlachthaus in der stand ein runder, durch Das Grundstück Nr. 7, Gaste, vor dem benutzt, verfiel nach und nach, bis es dann am 21. Ok¬ einer in das nicht mehr vor demselben mit glatte Mauer eingefaßter Thurm, 1819 336 Thaler Abbruch verkauft wurde. Seine Mauer zog sich tober für zum Fleche abschließend. Diese hineintretenden Wasser 1823 unbenutzt noch blieb bis Jahre liegen. Damals erhielt des Waisenhauses Stätte zum runden Hofe Spreeufer bis zu dem (im am Stralauer hölzerne Schälung, und nun diente der Platz viereckigen die Spree dort eine aus nach dem von dort Thurm, vorhandenen) zum Ausladen und Aufstellen von Steinen, Holz und Brettern und Thorhans — bei Nr. 2 der Stralauerstraße — hin, und nahm — zum Wäschetrocknen. Ein in der Nähe wohnhafter Bürger be¬ dann ihre Richtung parallel der heutigen Neuen Friedrichstraße. Von dem „Paddcnthurm" aus lief eine Doppelreihe mit Eisen sorgte die Beaufsichtigung und das Einziehen des Geldes. Zwanzig Jahre später wurde dort eine öffentliche Wassertreppe angelegt. beschlagener Eichcnpfähle, der sogenannte „Baum", durch die Spree Ihren „Padden"-Namen führte die Gaffe noch bis zum Jahre bis zum Ende der Köllnischen Befestigung, woselbst das vorerwähnte 1862. Ueber die Umwandelung desselben giebt uns Hermann Köllnischc Schlachthaus auf dem „Wursthofe" stand, den jetzt da» haus
des
193
Vogt in
seinen
Berlins" folgende
„Straßennamen
drastische
Schilderung.
Um den Stadtältesten
Keibel,
den Besitzer des Hauses
Nr.
7
(woselbst der „Paddenthurm" gestanden), zu ehren, schlug der Bezirks¬ vorsteher 1857 den Namen „Keibel-Gasse" vor. Gleichzeitig erbot sich
der Lederfabrikant
Droge,
an die Armenkasse 100 Thaler zu
zahlen, wenn der alte Name geändert würde.
In
Folge
dessen
„Stralauer-Gasse" oder „Kleine Stralauerstraße" vor, wurde aber vom Polizei-Präsidium abgewiesen, weil sich „historische Erinnerungen an den Namen der Paddengasse knüpfen, die aufrecht erhalten bleiben müßten". Erst aus erneute Vorstellungen des Magistrats wurde durch Allerhöchste Kabinets-Ordre vom Mai 1862 der heutige Name schlug der
Magistrat
den Namen
„Kleine Stralauerstraße"
genehmigt.
berliner Briefe aus
dem
Jahre 1817.
Mitgetheilt von Professor Dr. Ludwig Geiger.
Für den Literaturfreund giebt cs nichts Interessanteres und Erfreulicheres, als in alten Briefen zu blättern. Was die Urkunden für die politische Geschichte, das sind fast die Briefe für die Literatur¬ Denn — ganz abgesehen von geschichte, die Geistesentwicklung. dem doch
Dichter, der vermöge seiner Phantasie immer nur ein willkürliches Bild der
Vergangenheit schreiber,
gestaltet
—
der
über mich, ablehnten. Von meiner neuen Ansuchung hierüber bei dem Fürsten wußt' er nichts, auch nicht, daß der Graf sich bereit¬ williger bezeugt habe. Er schien aber meine Wünsche zu unter¬ stützen und versprach mir, mit dem Staatskanzlcr darüber zu reden."
Sodann spricht er von seinen Reformationsgesängcn, in denen Union verherrlicht und fährt dann fort:
er die
„Wie
ich höre, sträubt sich der mystische Schleicrmacher gegen Vereinigung. Er soll sagen: Der König wolle hier etwas, das ihm nicht zukomme, die weltliche Macht müste nicht in die geistliche greifen. Wenn das wahr ist, klingt das nicht rein papistisch? und niöchte man nicht ausrufen: gesunde Vernunft, vergieb ihm, cr weiß nicht was er spricht! Von Böttiger hab' ich einen recht freundschaftlichen Brief er¬ halten. Er fordert mich recht dringend auf: über Schröder und seine Darstellungen zu schreiben. Auch ihm hab' ich für meine diese
religiösen Gesänge Jntereste einzuflößen mich bemüht. Müllners neues Trauerspiel ist aufgeführt und sehr kalt auf¬ genommen worden. Es spielte in der ersten Vorstellung von 6 Uhr bis 11. Das war denn doch den Leuten zu viel. Man hat es nun abgekürzt, und es dauert nun bis zehn Uhr. Dagegen hat Verfasser sehr heftig protestirt im Morgenblatte. Noch hab' ich dies neue Meisterwerk nicht gesehen. Es soll der Träume, der Visionen und des Schicksalsspuks
nun aber der
darin gar kein Ende seyn, und, troz einzler genialer Situazionen, gar sehr langweilen.
Geschichts¬
sobald er sich seiner eigenen Worte
bedient, kann sich doch
Nächstens
will
ich selbst sehen
und hören.
Zelter hat zu den Gesängen in meinen Fügungen herrliche Melodien gemacht und komponirt jezt auch ein paar meiner Choräle, die keine Kirchenmelodie haben. Von ihm hab' ich die wunderliche Neuigkeit, daß der Prologund Epilogmacher, Herklott, ein reiner Versmacher und sonst nichts, ein Oratorium für die Reformazionsfeier macht, und der katho¬ lische Weber die Musik dazu.» Das sind wahre Kuriosa!
nur mit Anstrengung in
Vergangenes versetzen und trotz aller Kunst nur seine Auffassung eines entschwundenen Lebens und einer entschwundenen Zeit darlegen.
Briefe dagegen geben uns die unmittelbaren Zeugniste Verstorbener; sie können, wenn sie auch nicht eine ganze Persönlichkeit uns vor¬ zuzaubern vermögen, doch jedenfalls die Stim¬ mung einer gewisten Zeit oder einer gewissen Klasse auf's Trefflichste wiedergeben. — Ein glücklicher Zufall hat drei Briese,
Einen recht wunderlichen Schriftsteller hab
ich in dem Verfasser der Phantasiestücke in drei aus Berlin, aus demselben Jahre 1817, in meinen Besitz gebracht. Die Mit¬ Callots Manier kennen lernen. Hilf Himmel, Sophie Charlotte. abenteuerlich und Sinnlos sind da Phan¬ theilung der interessantesten Stücke aus den¬ wie Gründerin der Berliner Akademie. selben soll und kann selbstverständlich den tasie und Talent vergeudet worden! Aber über Lesern kein alle Beschreibung, Gemüth und Verstand erschöpfendes Bild von dem literarischen Zustande Berlins in jenem Jahre geben, aber sie kann empörend, sind seine Nachtstücke. Was für Teufel und Höllen¬ Bescheid ertheilen über mancherlei Stimmungen und mancherlei greuel werden da aufgetischt! Durch was für Regionen einer boden¬ Vorkommnisse, zumal die drei Briefschreiber gar verschiedenartige losen Phantasie wird man da gejagt! Der Teufel, der überall darin Menschen sind. sein Spiel treibt, scheint wahrhaft in diesen Verfasser gefahren zu Wie ein besessener führt er ihn um, mit rollenden Augen Derjenige, welcher zuerst das Wort erhalten soll, ist J oh. seyn. Friedr. Schink (1755—1835), ein gar vielseitiger und nicht und verrenkten Gliedern. Man greift, wenn man ihn so sieht, ängstlich immer glücklicher Schriftsteller, dessen Ausfälle gegen das genialische nach seinem Kopf und denkt sich mit Schaudern hinter den Gittern eines Treiben der Stürmer und Dränger vielleicht mehr beachtet sind, Tollhauses. Und so was findet seine Leser, ergezt und unterhält." als sie verdienen und dessen höchst eigenartige Faustdichtung durch¬ Die in dem Briefe genannten Personen bedürfen wohl
alle
aus unter ihrer Bedeutung abgefertigt zu werden pflegt.
Er
ist
Berliner, aber er war 1817 in Berlin und läßt sich in einem ausführlichen Briefe an Tiedge über Mancherlei vernehmen. Was cr über den Adressaten und dessen Begleitung die h. Elise (E. v. d. Recke) sagt, bleibt hier unerwähnt; auch Manches, was er in ziemlich selbstgefälliger Weise über seine Arbeiten vorträgt. Er kein
berichtet:
„Stägcmanns intercstante Bekanntschaft habe ich gemacht. Er hat mich recht fteundlich und achtend ausgenommen. Ich weiß nun aus seinem Munde, daß Hardenberg mir auftichtig wohl will, daß ar schon im April des vorigen Jahres durch St. mit Brühl über uieine Wünsche, beim Theater angestellt zu werden, unterhandelte; baß seine Hochgeboren aber, wiewohl mit günstigen Aeußerungen
Der letzterwähnte ist selbstverständlich der Erklärung. Das Urtheil, das Schink über ihn fällt, E. T. A. Hoffmann. war weder damals allgemein, noch ist es heute vollständig an¬ genommen. Die religiösen Gesänge Schinks im Einzelnen aufzu¬ zählen und zu beurtheilen kann hier unsere Sache nicht sein. Stägemann ist als Dichter bekannt, aber seine Hauptbedeutung Böttiger, der hier besteht in seiner staatsmännischen Thätigkeit. wird, ist der bekannte erwähnt Briefe und in einem der folgenden der ehemals in Schriftsteller, vielseitige Alterthumsforscher und und Goethes Schillers Feindschaft die Weimar gelebt und sich dort hervorragender Stellung in Dresden zugezogen hatte, damals in Weimar als Berichterstatter für von wie ebenso lebte und von dort die verschiedensten Zeitungen und als Allerweltsmensch thätig war. kaum
194 Außer diesen literarischen Urtheilen, die, wenn sie auch nicht ungetheilte Billigung finden werden, doch eine interessante Schilderung jener Zeit geben, enthält der Brief noch folgende Stelle, die grade Sie lautet: jetzt noch besondere Beachtung zu finden verdient. „Eben kehr' ich von Charlottenburg zurück. Ich ließ mir von der Frau des Castellans der Königin Mausoläum öffnen und mit tiefen Eindrücken hab' ich es verlassen. Herrlich hat der Künstler die Idee einer Entschlafenen, nicht Gestorbenen aufgefaßt und ausge¬ führt. Ich begreife nicht, wie man vor diesem Denkmale mit üppiger Phantasie stehen kann, wie so manche, die es sehen. Sie finden in den übergeschlagenen Füßen etwas so gemein irdisches, daß ich sie hinter die Ohren schlagen mögte, wenn sie mir es jezt enthüllten, da ich selbst gesehen habe. Wissen die Erbärmlichen denn nicht, daß die Alten den Genius des Todes immer mit ver¬ schlungenen Füßen darstellten? Und nun die himmlische Ruhe, die über dem ähnlichen und doch idealen Kopfe schwebt, reiner Verklärungsschimmcr ist sie. Diese edel übereinandergeschlagenen Arme an der Brust, die adelige Haltung des ganzen Körpers, was für eine unreine Phantasie niuß man haben, um dabei zu denken, was sie denken. Weg mit dem ärmlichen Volke! Olli profanum vulgus et arceo." — Der zweite Briefschreiber ist der bekannte Theologe Marheineke, der seit 1811 in Berlin lebte. Daß er als Theologe dem Refor¬ mationsjubiläum, das ihm selbst Veranlassung zur Abfassung seiner 4 bändigen „Geschichte der deutschen Reformation" gegeben, besondere Beachtung schenkt, versteht sich von selbst. Er schreibt an eine un¬ genannte Gräfin am 2. September 1817 von der Feier des Refor¬ mationsfestes : „Medaillen werden jetzt auch schon in Menge geschlagen: ich bin allein zu Fünfen in Rath genommen und diese werden nun so ziemlich ganz nach den von mir angegebenen Ideen geprägt. Unter den Vorschlägen, die mir dazu vorgelegt wurden, befand sich auch einer von Böttiger, der in seiner Art wirklich ganz einzig war. Ich hätte wirklich nicht geglaubt, daß der gute B., der immer unter den Werken der Kunst und des Geschmackes lebt, etwas nicht nur so geschmackloses, sondern in Wahrheit Abgeschmacktes hätte angeben können. Nämlich unter seinen Vorschlägen war auch, daß man eine Medaille in Beziehung auf die Vereiniguug der Lutheraner und Reformisten setzen müsse, welches an sich recht gut war: aber nun die poetische Inschrift, können Sie es glauben, meine gnädigste Frau, sie lautete so: Von nun an weder aner noch isten, Sondern nur bibelgläubige Christen.
Plattes uitd Triviales, auf einer Medaille, zu der sich doch jeder gern einen Schwung giebt. Was wird unser Tiedge dazu sagen? Uebrigens ist die Idee selbst geblieben, nur anders Etwas
so
ausgeführt. Körner, dem ich jene Böttiger'sche Devise neulich mit¬ theilte, lachte außerordentlich und sagte: so wäre er wirklich in ähnlichen Fällen schon oft gewesen."
Der letzterwähnte Körner, ist selbstverständlich nicht der bekannte Dichter, sondern besten Vater, Schillers Freund, der als preußischer Staatsrath in Berlin lebte und als großer Kenner in ästhetischen- und Kunstdingen allgemein geschätzt wurde.
Das Fest hallte indessen nachdrücklicher als durch Medaillen¬ prägung durch die Vereinigung der Konfessionen. Darüber Marheineke's Meinung zu hören, ist jedenfalls von hohem Interesse. „Ueber die Wirkung meiner kleinen Schrift höre ich allerley Gutes. Haustein ist nur zu leicht meiner Meinung. Ribbeck ist, wie ich höre, schwerer zu einer Vereinigung zu bringen; er glaubt dieß ohne Zweifel thun zu müssten, weil er Propst an der ältesten Lutherischen Kirche in B. ist; er hat sich sogar gegen eine Ver¬ einigung der luth. und res. Prediger zu einer gemeinschaftlichen Synode erklärt. Wenn aber das nicht einmal zu erlangen wäre, was sich freilich binnen einem Monat entscheiden muß, so ist die
Vereinigung der Kirchen selbst noch sehr fern. Dabei ist und bleibt nun diese selbst so gewiß und unausbleiblich, daß ich glaube, man wird nach hundert Jahren das Säcularsest nicht begehen, ohne dieselbe zu Stande gebracht zu haben, wenn man zu diesem Jubiläum noch nicht reif dazu war. Ach es ist ein lästiger und verdrießlicher Kampf, den man mit den kleinlichen Neigungen und Leidenschaften der Menschen zu kämpfen hat, jeder will sich nur geltend machen."
Aber auch das zweite Ereigniß, das Berlin damals in Atheni hielt, der Brand des Schauspielhauses, findet in den Briefen des Theologen
Erwähnung. Der Briefschreiber wohnte Ecke Charlotten- und Mohrcnstraße und konnte, wie er selbst schreibt, vor unerträglicher Hitze sein Gesicht nicht aus dem Fenster dem Feuer zuwenden. Anschaulicher als der Theologe hat ein Dichter, der gleichfalls Augenzeuge des Brandes war, das traurige Ereigniß beschrieben. Es ist der bekannte Dichter Langbein, der seine leichte Verskunst Er schreibt einem viel lieber heiteren Gegenständen zuwandte. ungenannten Freunde am 31. Juli 1817: „Vorgestern Mittags nach zwölf Uhr brach in dem Schauspiel¬ hause ein unlöschbares Feuer aus, und innerhalb drei bis vier Stunden waren nur noch die hohlen Mauern davon übrig. Garderobe, Decorationen, Maschinerie, theatralische Bibliothek, Musikalicn und Instrumente — kurz, alles, alles, was sich in einem solchen Haus befindet, ist ein Raub der Flammen geworden. Ein unermeßlicher Verlust! Besonders ist die prächtige und sehr vollständige Garderobe kurze
fast unersetzlich.
Ich sah das furchtbare Schauspiel aus den Fenstern eines Freundes, der am Gensd'armes-Markte wohnt. Die Feuersbrunst verbreitete auf dem ganzen Platze eine solche Hitze, daß man es kaum an den Fenstern aushallen konnte. Zum Glück trieb der Wind die Flammen von der Vorderseite des brennenden Gebäudes nach dem freien Markte hin. Hätten sie sich rückwärts nach der Charlottenstraßc gewandt, so wäre vielleicht die halbe Stadt niedergebrannt. Wie das Feuer entstanden ist, und wie viel Menschen dabei verunglückt sind, kann ich nicht sagen, weil bis jetzt nur noch un¬ zuverlässige Gerüchte darüber umlaufen. Man spricht von vierzehn vermißten Personen. Das ist wohl übertrieben. Nur so viel ist gewiß, daß ein junger, erst kürzlich hier angestellter Schauspieler, Namens Karlsberg, in den Flammen umgekommen ist. Der unglückliche junge Mann hat sich wahrscheinlich in dem ihm noch wenig bekannten, durch Rauch verfinsterten Treppen-Labyrinthe verirrt, und keinen Ansgang gefunden. Er ist ins Schauspiel-HauS gegangen, um etwas zu retten; gesehen.
seitdem hat man
Die meisten Menschen, die
ich
ihn nicht
über den
wieder¬
unglücklichen
Vorfall
gesprochen habe, sind sehr gleichgültig dabei; mich aber hat er tief erschüttert; und da ich glaube, daß auch Sie, als Kunstverwandter, lebhaften Antheil daran nehmen werden, so habe ich nicht versäumen wollen. Ihnen mit erster Post davon Nachricht zu geben. Mit herzlicher Freundschaft
der
Ihrige
Berlin, den 31. Juli 1817. A. F. E. Langbein. N. S. Die heutigen Zeitungen, die ich eben erhalte, bestätigen Karlsbergs Tod, erwähnen jedoch keiner andern Verunglückten, sondern melden nur, daß zwei beim Löschen beschäftigte Arbeiter Beim Ausbruch des Feuers ist die an diesem Tage gegeben werden sollten, und indem die Schauspieler auf der Bühne stehen, sind ihnen Funken und brennende Holzsplitter vor die Füße gefallen. Mancherlei Umstände erwecken einiger Maßen den Verdacht, daß eine verruchte Hand das Feuer angelegt hat/" Gerade in unseren Tagen, da das Schauspielhaus, das aus den Trümmern jenes ehemals abgebrannten sich so glänzend erhoben, tvieder manchen Unglücksfällen ausgesetzt war, möchte die Erinnerung an jenes alte schwere Unheil gewiß zeitgemäß sein. bedeutend beschädigt worden sind. eben
Probe der
Räuber
gewesen,
195
Meine Mittheilungen SekSstrairzionirte von Jena und Auerstädt. Wie furchtbar das Elend' in der tapfern, nur so erbärmlich geführten preußischen Armee nach der Katastrophe von Jena und Auerstädt gewesen ist, davon giebt unsere heutige Abbildung einen traurigen Beweis, welche einer gleichzeitigen, von dem späteren Professor Gubitz zu F. von Cölln Werke „Wien und Berlin 1808" gefertigten Illustration nachgebildet ist. Zur Erklärung der¬ selben mögen die folgenden Worte des Verfassers hier angeführt sein: „Das Verhängnis; war von niederschmetternder Gewalt; das Volk mußte cutmuthigt werden. Die zurückgekehrten Sslbstranzionirten, d. h.
in Berlin. „Jesus sagt: Mein Reich ist nicht von dieser Welt. So müssen die Prediger auch denken, dann predigen sie nach Ihrem Tode in dem Dohm vom neuen Jerusalem." — 7. Der päpstliche General Graf A. trägt seine Dienste an. „Da er päpstlicher General ist, so ivürde er nicht in Ketzerdienste gehn." — 8. Der Buchhändler K. bittet um den Titel eines Kommerzienraths. „Buchhändler das ist ein honetter Titel." — 9. Der Landrath von W. bittet um Vergütigung des Schadens, den er bei dem Bombardement von Küstrin erlitten. „Am jüngsten Tag Krigt ein jeder alles Wider, was er in diesem Leben verlohren hat." — 10. Der Prediger P. in Bernau bittet um 150 Thaler Zulage, da er von 180 Thaler nicht leben könne. „Die aposteln seindt nicht gewinn¬ süchtig gewesen, sie haben umsonst gepredigt. Der Herr P. hat keine apostolische Seele, und dencket nicht, daß er alle güther in der Welt vohr nichts ansehen mus." — 11. Der Graf S. bittet um ein Darlehn von 30,000 Thaler. „DaS kan nicht Sein, ich bin der große Mogul nicht." — 12. Der Oberauditeur G. zu Berlin beschwert sich, daß ihm, der schon sehr lange dient, ein jüngerer Mann vorgezogen sei. „ich habe einen Haufen alte Maulesels im Stall, die lange den Dienst machen, und werden
die Leute, welche das Lösegeld selbst für sich bezahlt hatten, und besonders diejenigen, welche zum Jsenburgischen Korps gehörten, hatten ein Aeußeres, Roch schändlicher das; jedem, der ihnen begegnete, ein Grauen anging. aber sahen sie aus, alS man ihnen Gewehre gab, ehe sie noch eingekleidet waren. So sah ich in Berlin, vor der Kaserne in der KommandantenZtraße, einst zwei Jsenburgische Rekruten, — die dargestellten, — welche von. Exercieren kamen. Der Anblick erfüllte mich mit tiefste Trauer. Es in doch ein unüberwindliches Gefühl, das für das Vaterland, — und der, dein es die Brust nicht hebt, ist in meinen Augen ein Verworfener." — So der Verfasser jenes Werkes. Wie ergreifend aber verkündet das liefe Elend, welches aus diesen beiden Gestalten zu uns spricht, die Noth¬ wendigkeit alles dessen, was nachmals geschah, um jenes herrliche Heer zu schaffen, welches in den Befreiungskämpfen so unverwelkliche Lorbeer,;
hat!
errungen
doch keine
— x.
„tehronili der Residenzstadt teiiarkottcutiurg, ein StadtKulturbild von Dr. Ferd. Schultz, Direktor des Königlichen Kaiserin Augusts - Gymnasiums" ist in zweiter Allflage jüngst in; Verlage von Bodo Grundmann in Charlottenburg erschienen, vom Ver¬ fasser Sr. Hoheit dem Erbprinzen Bernhard von Sachscn-Mciningenteilte
und
Bei dem gänzlichen Mangel an älteren Hildburghausen gewidmet. Stadt- und Pfarrakten war der Verfasser auf eine nur sehr kleine Zahl von mehr oder minder geschichtlich authentischen Urkunden angewiesen, wie z. B. einer Pfarrchronik des Oberpredigers Dressel, einer Zusammen¬ stellung von Nachrichten desselben Verfassers, der Beschreibung des Kreises Teltow von Joh. Chr. Jeckel und der Schätze aus dem Geheimen Staats¬ archiv. Bei einer künftigen Neuauflage des Buches werden demselben vielleicht mündliche Ueberlieferung und noch manche Aufzeichnungen, die sich in älteren und besser situirten Familien vorzufinden pflegen, zu Statten kommen. Die uns vorliegende Ausgabe behandelt in 7 Abschnitten die Entwickelung des Dorfes Lietzow — wendisch „Kiehnspahnleuchte" oder „Busch", auch „Sumpf" —, dann der Lietzenburg als
Sie vor Kriegen."
der
sranzösischem
Abb.); Chronik von Charlottenburg; Altes und Neues; Sophie Charlotte (Abb.); — Anzeigen.
Mode-Magazin Berlin W.
Leipziger Strasse 124, Ecke Wilhelm-Strasse bietet eine reiche Auswahl
das Land zu großem Danke verpflichtet hat. Unser bei¬ der ersten Königin von Preußen, der Großmutter Friedrichs des Großen, ist die Reproduktion eines Originalstiches aus ihrer Zeit und zeigt uns die stattliche Erscheinung der begabten Frau. Varnhagen v. Ense hat uns bekanntlich geschildert, was die geistvolle hannoverische Prinzessin aus ihrem Lieblingssitze, dem Dorfe Lietzen, ge¬ schaffen hat und was sie für das Land unter der Führung eines Schlüter und Leibnitz geleistet. Br.
schaften
gefügtes
sich
Porträt
Aktes und Weites. Einige Kabinetsordres Friedrichs des Großen. 1. Der Chemiker L. übersendet ein Mittel gegen das Podagra. „Ich danke vohr die Cuhr und laße die Natur walten." — 2. Ein Franzose bittet tim eine Anstellung, „ich Will keine Franzosen wehr,, sie seindt zu liderlich und machen lauter liderliche Sachen." — 3. Der General von R. bittet um eine Präbende für seine Tochter. »Er soll hübsch Jungens schaffen, die kann ich alle unterbringen, mit die Madam weiß ich nicht wohin." — 4. Ein Jude bittet um christliche Rechte. „Was wegen des Handels behält er. Aber das sie ganze Fölkerschaften von Juden in Breslau an¬ bringen und ein gantzes Jerusalem daraus machen, das kann nicht seindt." — 5. Der Weinhändler K. in Berlin bittet um Entschädigung für den bei der Invasion „Warum der Russen erlittenen Schaden an Wein. auch Was er bei der Sündfluth gelitten. Wo seine Keller auch unter ©atier standen." — 6. Der Hofprediger C. in Potsdam bittet um eine Stelle am Dom
Dr. Th. Unruh.
Inhalt: Drei Menschen, Novelle von E. von Wald-Zedtwitz (Fortsetzung); Johannes Wcdigen, eine Berliner Geschichte von Oskar Schwebet (Fortsetzung); Karl Ludwig Hencke, von O. F. Gensichen (Schluß); Ein altberlinisches Schlachthaus in der ehemaligen Paddengasse, von Ferdinand Meyer (mit Abb.); Berliner Briefe aus dem Jahre 1817, mitgetheilt von Professor Dr. Ludwig Geiger. — Kleine Mittheilungen: Selbftranzionirte von Jena und Auerstädt (mit
Kurfürstin Sophie Charlotte von 1695—1703 mit den in Stil errichteten Anlagen, ferner die Anfänge Charlottcnburgs 1705—1713, das „Stätlein" 1713—1770 und Charlottenburg als Sommerfrische 1770—1840, als Großstadt 1840—1876 und als Villenund Musenstadt. Der Verfasser hebt hervor, daß Charlottenburg die erste Pserdeeisenbahn in Deutschland gesehen hat, seit dem 1. Januar 1877 einen eigenen Stadtkreis bildet und in jeder Beziehung die Einrichtungen der nahen Hauptstadt sich zum Vorbild zu nehnten bemüht war. In der vorzugsweise „patriotischen" Stadt, welche das „theuerste Vermächtniß des Kaisers Wilhelm I., das Grab seiner Eltern", zu bewahren hat, wurde auch die Kaiserin Augusta-Stiftung und die Prinz Karl-Stiftung errichtet und die neueste Zeit, in welcher der sieche Kaiser Friedrich nach seiner Rückkehr aus San Nemo seinen Aufenthalt hier nahm, erweist, wie innig das Band ist, das zwischen der Stadt und unserem Herrscher¬ hause besteht. Die erste Schätzerin und Pflegerin dieser „Perle im Stcwtekranz der HohenzollerN" war die schöne und geistreiche Kurfürstin Zophic Charlotte, die Gemahlin des letzten Kurfürsten und ersten Königs von Preußen, des prachtlicbenden Friedrich I. Sie verweilte vorzugs¬ weise gern in Charlottenburg. Es ist allgemein bekannt, daß sie die erste Anregung zur Pflege von Kunst und Wissenschaft in Brandenburg und Preußen gab und als Stifteriu der Berliner Akademie der Wissen¬ Sitz
Stallmeisters." —
13. Der Cornet von O. bittet wegen Herstellung seines Gehörs um Urlaub nach Karlsbad. „Das Carelsbadt Kan nichts vohr die Ohren." — 14. Der gewesene Major du M. bittet um die Stelle eines Kriegs¬ raths. „Das wäre den Bock zum Gärtner gemacht." — 15. Der Forstmeister von P. bittet, seinen Sohn nicht mit Gewalt zum Militärdienst weg zu nehmen, „er Wirdt bei dein Regiment besser erzogen als auf einem Dorf." — 16. Die Frau vou H. bittet um eine Präbcnde für ihren Sohn, „ich habe keine Präbenden für Müssiggängers zu vergeben." ■— 17. Der Fürstbischof zu Breslau bittet, daß ihm ein Theil seiner bischöflichen Revenuen zum Unterhalt überlassen werden möge, „er mus Seine Schulden bezahlen. Ein Bischof mus ohnsträflich seindt." 18. Die Bäcker in Potsdam bitten um Bewilligung wohlfeilen Korns aus dem königlichen Magazin, „es seindt Canaillen, der Magistrat mus
der neusten farbigen u. schwarzen « Costüme, für die Gesellschaft, die £ Promenade und das Haus, aus Wolle und Seide. Ferner farbige u. schwarze Wintermäntel, Jackets und Regenmäntel. Jupons, Tricottaillen und Blousen.
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zu
St. Niederlagen: Berlin W., Friedrich -
lingen a. straße 193 a und C., Königstraße 37. Dieser Nummer des
Verlag und Redaction: H. Schon,
„Bär"
VT. Moeser Hofbuchdruckerei, 8., Stall¬ schreiberstraße 34. 35.
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UW
HB
Unter Mitwirkung
Dr. R. Leringnicr, L. Ludczics, Theodor Loiitane, Stadtrath L. Lriedel, D^mimstaldirektor Dr. w. Schwartz, Pastor Gscar Schwebet und Ernst von Ivildenbruch herausgegeben von
K.
xv. Hahraang.
Nr.'16.
Lchon's Werkagsliuchkiandkung, Werkt«.
Erscheint ivöchcntlich am Sonnabend und ist durst- alle Buchhandlungen, Zeitungsspcditioncn und Post¬ Ihn Postzeitungs-Lratalog eingetragen unter llr. 683a. anstalten für 2 Mst. 50 pfg. vierteljährlich zu beziehen.
-
Ist. Januar 1888.
Drei Menschen.
3)
Novelle von E. von Wald-Zcdtwitz.
„Unterthänigst, guten Morgen, meine gnädige Baronesse." Es war Herr von Ring, welcher sich jur Parole-Ausgabe in das Kastanien-Wäldchen begab lind den Lori in ihrer Begeisterling beinahe mit dem Taschentuche berührt hätte. Diese Begegnung hatte sich so schnell vollzogen, daß sie nur eben den Gruß des jungen Offiziers beantworten konnte, denn er hatte es zu eilig, der Pl»tzmajor schritt schon an dem Wachgebälidc ' vorbei.
■
Beide Damen gingen die Linden einigemal auf und ab, Lori schritt leicht, wie beflügelt, unb wie sie sich heimlich eingestehen mußte, in der stillen Hoffnung dahin, Herrn von Riitg Ihr Wunsch erfüllte sich ztvar noch ein Mal zu begegnen.
ihr Gemüth war doch besonders heiter gestimmt. „Ach, Mutter, es ist doch ein herrlicher Tag, welches Glück, daß wir unsern lieben König sehen sonnten und die schöne Musik und — —" nicht, aber
Sie
schwieg, plötzlich blieb sie stehen uitd deutete auf das
Blumenfenster der Schuiidt'schen Gärtnerei. „Sieh nur, sieh nur, diese Gardenien, diese Rosen, ach und dort der Korb mit
Stiefmütterchen."
In Lori stieg der Wunsch auf, auch einmal so kostbare Blumen uitd zwar je unerreichbarer für sie, desto lebhafter. „Es ist unglatiblich, bis zu welcher Kunstfertigkeit es die Gärtner heut zu Tage gebracht haben," meinte Frau von Rohdewald und Beide wandten sich nun ihrer Wohnung zu, stiegen die vier Treppen zu derselben empor lind verzehrten ihr einfaches Mittagsessen, welches ihnen heute die alte Aus-
zu
besitzen
geherin bereitet hatte.
„Sollte lassen?^
sich
nicht heute Abend der
Major
bei uns sehen
tvarf Frau Asta leicht hin, „er versprach
neulich, bald einmal wieder zu
" kommen
es
mir
Lori, welche eben ein Kalbskotelett auf ihren Teller thun wollte, legte daffelbe wieder auf die Schüssel.
„Deshalb willst Du nicht mehr
essen,
Mama, die Kote¬
letten sollten zum Abend bleiben?" „Aber wie kannst Du das denken, mein Kind." „Doch, doch, Mama, ich habe Dich durchschaut,
weiln
Du nicht mehr zulailgst, esse ich nicht einen Bissen mehr. Bitte, bitte, Mama! Ich habe in dieser Woche so vorzügliche Geschäfte gemacht, daß wir uns heute zuni Sonntag schon etlvas kalteil Ausschnitt gönnen können." von Rohdewald ließ es sich gern „Nun denn gefallen, daß Lori ihr den Teller zliin zweiten Male füllte. Der Alifschnitt wurde besorgt, und die Ahnung bewahrheitete sich, denn gegen Abend erschien Herr von Ohlefeld wirklich und
—Frau
ließ sich bewegen, zum Thee zu bleiben. Hatte er bei seinem ersten Hierseiir sich mehr mit der Dame des Hauses als mit Lori unterhalten, so ioar cs heute umgekehrt der Fall. Er
nahm lebhaften Antheil an ihren Arbeiten, versprach ihr, einen kleinen Theil der Erträge ihres Floßes in der Sparkasse unter¬ bringen zu lvollen und theilte ihr Dieses und Jenes aus seinem größeren Werke, „Die Taktik der Neuzeit im Vergleiche mit der Friedrichs des Großen," welches er linier der Feder hatte,
Das junge Mädchen staunte ihn wahrhaft an.
mit.
Wer
solche Bücher schrieb, mußte doch ein sehr bedeutender Mann Ihre Hochachtung vor ihm stieg immer mehr und hellte sein.
>var er auch heiterer als neulich.
„Dazu gchöreil gewiß unendliche Borstlidieii," bemerkte sie, „Sie müssen ja große BerechnlUlgen a,istellen, oder habeil Sie Jemanden, welcher Ihnen die Zahlen lind Daten in den Qnellenwerken alifsucht?" „Nein, leider hab' ich Nicmandeil, gerade solche mechanische Früher, als Vorarbeiten sind zeitraubend und ermüdend. meine gute Frau noch lebte, that sie cs, aber jetzt, lvo ich stehe, bin ich ganz auf mich selhst angelviesen."
allein
Er
sah
Lori während
des
Sprechens
an und sie bemerkte.
198
wie der Ausdruck seines Gesichtes bei dem, was er sagte, be¬ ständig ein anderer wurde. Als er der Verstorbenen erwähnte, war er tief traurig, dann aber erhellte er sich und in seinen dunklen Augen, die jetzt voll auf ihr ruhten, leuchtete etwas Zärtliches auf, was sie befangen machte.
„Nun will
ich
aber das Theewasser besorgen," sagte
Am nächsten Morgen kam der Major, um sich persönlich Frau von Rohdewald zu erkundigen, traf Lori in ernstlicher Besorgniß und entfernte sich mit dem Versprechen, den alten Regimentsarzt, auch noch einen Freund des verstorbenen Hauptmanns, schicken zu wollen. „Ich würde Ihnen unendlich dankbar sein," sagte Lori beim Abschiede, „Sie glauben nicht, wie mich Mamas Zustand beängstigt." Der Major tröstete sic lind entfernte sich. Loris Angst war berechtigt, der Regimentsarzt stellte ein typhöses Fieber fest, dcffen Ausgang noch nicht vorauszusehen war. Nun kamen lange, bange Stunden. Lori pflegte die leidende Mlltter mit Aufopferung aller ihrer Kräfte lind der Major stand ihr dabei getreulich zur Seite. Wie erschloß sich ihm dabei das goldene Gemüth dieses Mädchens und wie lernte dagegen Lori bei diesem ungestörten Zusaulniensein in dieser schweren Zeit den Major schätzen. Welche Blicke that sie in seinen Charakter, der fern von Eigen¬ nutz zu jedem Opfer bereit war. nach dem Befinden der
sie
schnell und verließ das Zimmer.
Ohlefeld
versank
in grübelndes Schweigen und fuhr
zerstreut auf, als Asta ihn anredete.
„Lori ist meiner Berechnung nach 19 Jahre, nicht >vahr, gnädige Frau?" fragte er unvermittelt.
„So
ist es," antwortete sie.
„Hm, hm,
jung, allerdings durch die Verhältnisse älter und erfahrener als manches andere Mädchen von einigen zwanzig Jahren." noch sehr,
sehr
Plötzlich stand er auf und sprach hastig von allen mög¬ Der Baronin wollte es bedünken, als wären seine Gedanken nicht ganz bei der Sache. Nun war er wieder still, durchblätterte einige Bücher und sprach er einmal, so lag lichen Dingen.
„Lori, Sie
über Allem, was er sagte, etwas Herbes, als wäre er mit sich und der Welt zerfallen. Lori kam zurück, und hatte er vorher hauptsächlich seine Aufmerksamkeit ihr zugewandt, so schien es jetzt beinahe, als wäre sie gar nicht für ihn vorhanden, und doch
oft
Sie
ich und die
„Gewiß, Mutter," gab Lori zurück, „er scheint in seiner er empfindet die jetzige Leere seines Herzens und j
tief."
ihrer Mutter „Gute Nacht" und versuchte zu schlafen. Aber es wollte ihr noch nicht ge¬ lingen, sie war erregt und immer und immer wieder sah sie das halb zärtliche, halb melancholische dunkle Auge des Majors auf sich gerichtet. löschte das Licht, wünschte
Her,' von Ohlefeld kam öfters, wußte auch beide Damen j
immer niachtc Lori dieselbe Bemerkung. Er interessirte sie, sie dachte oft an ihn und sein sonderbares Wesen. Dabei steigerte sich ihre Hochachtung vor ihm mehr und mehr. Wie achtungswerth war er, wie treu hing sein Herz an diejenigen, die es einmal mit seiner Liebe umfaßte. In ruhiger, gleichmäßiger Arbeit verliefen die Tage und da kam wieder eine Einladung zu einen: Regimentsfeste, diesmal von Herrn von Ring übersandt. Lori lächelte freudig, er hatte cs also doch nicht vergeffen. Leider konnte sich Frau von Rohdewald noch nicht entscheiden, sie fühlte sich nicht ganz wohl und durfte das Zimmer nicht verlassen. „Ich denke aber, es wird sich bessern, mein Kind, ich möchte Dir so gern die Freude gönnen." „Mama, beunruhige Dich meinetwegen nicht, wenn Du nicht ganz wohl bist, gehen wir auf keinen Fall hin." Am Tage des Balles mußte die leidende Dame das Bett hüten und Lori schrieb an Herrn von Ohlefeld eine Absage, ihn zugleich bittend, Herrn von Ring im Namen ihrer Aiutter
für
die Aufmerksamkeit zu danken.
Meinen einst empfingen."
„Nun, dann
Ehe sehr glücklich gewesen zu sein."
bei ihren ziemlich regelmäßigen Spaziergängen zu treffen, aber
ihn liebevoll an.
Ihre
„Nein, nein." „Doch, ganz sicher. Sie würden inich kränken, iveiln Sic ineine Hülfe zurückwiesen. Ich gebe ja auch nur zurück, was
„Es war ein hübscher Abend," wandte sich Frau von Rohdewald an Lori, als sich Beide zur Ruhe begaben, „ach und Ohlefeld ist ein so ehrcnwerther Mann."
Lori
dürfen
Ersparnisse nicht angreifen und müssen mir gestatten, daß ich die Kosten der Krankheit bestreite."
sehen könne.
„Und
schwieg und sah
„Sic
— sein Blick lag, wenn er sich unbeobachtet fühlte, recht auf ihren Zügen, als ob er sich an ihnen nicht satt
seines Hauses unendlich
wissen doch, daß ivahre Freundschaft ebenso
gern giebt, wie sie nimmt?"
i
._
Sie Ihren, guten Herzen freien Lauf, ich lveiß, daß ich Ihnen dadurch eine Freude bereite," gab Lori endlich treuherzig nach. „Aber wie sollen wir Ihnen das jeinals danken, Herr von Ohlefeld", setzte sie leise hinzu. Der Major sagte nichts und wieder — Lori stieg das Blut in die Wangen — jener Blick, vor dem sie schon mehr als lassen
einmal erröthete. Asta wurde kränker, der Typhus niachte gewaltige Fort¬ schritte, obgleich die Besinnung sie nur selten verließ. Es mochte Mtternacht sein, das Nachtlämpchen verbreitete spärliches Licht, der Major saß am Bette der Kranken, während Lori sich ein wenig niedergelegt hatte. „Mein lieber Major," flüsterte Frau von Rohdewald, „Sie sind als guter Engel in unser Haus getreten, erhalten Sie Ihre Freundschaft meinen, arinen Kinde, wenn ich es erst verlassen haben werde." „Sprechen Sie nicht so. Sie werden gesund werden." „Nein, nein, ich fühle es, meine Stunden sind gezählt." Plötzlich brach sie in Thränen aus. „Wie Gott will, ich folge seinem Rufe gern, aber mein armes Kind, mein armes, verlassenes
j
Kind!"
Ohlefeld hatte ihre abgeinagerte Hand ergriffen und beugte darauf nieder. Seine Gesichtszüge zeigten deutlich, welcher Kainpf sich in seinem Innern vollzog. „Legen Sie Ihr Kind getrost an mein Herz, gnädige Frau, wenn ihr selbst dieser Platz genügt." sich
Plötzlich
Lori, durch die Angst um die war eben eingetreten und hatte gehört, was Herr von Ohlefeld sagte. Sie stand ivie festgebannt, keine Muskel in ihrem Gesichte zuckte, mit der geliebte
blickte
er auf.
Mutter von, Lager
gescheucht,
einen Hand hielt sie die Thürbekleidung fest umklammert.
Ei»
199
Ein unbestimmtes Etwas hielt ihn davon ab. Alan sollte seine Verlobung, welche selbstredend an und für sich schon lebhaft genug erörtert werden würde, nicht mit dem nahenden Tode der Baronin in Verbindung bringen. Sobald es seine Zeit gestattete, begab er sich wieder zu Rohdewalds. Die Mutter regte sich, sie traten an das Lager, da be¬ gegneten sich ihre Blicke, und Einer las den Schrecken des Andern daraus ab. Frau von Rohdewalds Züge hatten sich auffallend verändert, die Hand des unmittelbar bevorstehenden Noch ein langer, Todes kennzeichnete sich bereits darin. segnender, fast glücklicher Blick auf die Beiden an ihrem Lager,
ihrer Mutter traf sie und über die sonst so ernsten Züge des Majors flog ein verschönendes Lächeln. Tiefe Stille herrschte im Zimmer, der schwerringende Athem der Kranken war der einzige Saut, welcher es erfüllte. „Hast Du gehört, was Herr von Ohlefeld sagte?" fragte sie mit leiser, kaum hörbarer Stimme. Lori nickte und senkte das Haupt tief auf die Brust. „Nun und was sagst Du?" Lori bedünkte es, als hätte etwas Flehendes in dieser Frage gelegen, aber sie schwieg noch und richtete das Auge Dieser erhob sich langsam und ergriff voll auf den Major.
flehender Blick
schweigend.
und
ihre beiden Hände.
„Lori,
nicht das jugendfrische Herz eines Jünglings ist es, welches ich Ihnen geben kann, das Schicksal hat ihm manche schwere Prüfungen auferlegt, aber es begann zu gesunden, von deni ersten Augenblicke an, als ich Sie sah, die Liebe für Sie,
„Nun Brust,
bist
Du mein Alles!"
Damit
sank sie an seine
i 3)
Johannes Wedigen. Eine Berliner Geschichte von Oskar Schwebe!.
Konnte
sie
besser
Der Herr von Rochow, sonst
Gab es einen edleren, Gab es eine treuere Seele? Und
gebettet sein?
uneigennützigeren Mann?
schauend, — heute winkte Roffe Rauni zu geben und
erfüllte sie nicht den letzten heißesten Wunsch ihrer sterbenden
Mutter? Nun knieten
„Adieu,
sie neben
so
dem Volke,
schwenkte zum Danke den
lieber-,"
sie
lvir
danken
Hut mit
Johannes Euch,
edler
mit lauter Stimme. „Nicht können wir dem Herr!" Manne, der so tapfer für uns stritt, den Ehrenwein heut' reichen, — nicht seine ritterliche Brust mit einer Ehrenkette Doch welche Sprache redet dieses Jubeln in der schmücken. Noth und Seuche herrschen!" welcher Stadt, in „Dankt meinen tapfern Reitern," sprach der Offizier, „nicht mir! — Und überdies, — wir hätten nichts zu thun vermocht, wenn Ihr nicht selber mannhaft Stand gehalten Alan Hoch, — es gilt den tapfern und getreuen hättet. Städten! Hoch Berlin und Kölln!" Wie Geschütze
sie sein
Roß uindrängten, — wie
sie die
blinkenden
mit deni lorbeerumschlungenen Zeichen der drei Kronen Nur ganz langsam vermochte Rochow weiter zu
umringten! ziehen.
dann am „Köllnischen Fischmarkte" vorbei die „große Straße" hinunter bis vor dem Altan des Schloffes, dessen zierliches Dach zwar schon verfallen war, dessen reichgeschnlückte Säulen aber noch standen. Hier schlossen die Fackelträger einen Kreis. Der Platz bis nach dem Dome und der langen Brücke hin füllte sich sofort mit einer dichtgedrängten Menge. Es hatte Niemand den Rath dazu ertheilt; es hatte Niemand dazu aufgefordert; plötzlich aber erklang es feierlich,
Er führte die
hielt inne.
lange nicht mehr gehört."
„Mein lieber Tancred."
Geschütze
— Luthers vonTodesfreudigkeit getragenes, unsterbliches Kampfes-
Er umarmte sie. „Wie wunderbar mich das berührt. Zuiu letzten Male vernahm ich ihn von den Lippen meiner sterbenden Gattin." Lori durchzuckte es eigenthümlich. „Und wirst Du mich auch so lieb haben wie sie?" fragte
und Siegeslied: feste Burg ist unser Gott, Ein' gute Wehr und Waffen! Er hilft uns frei aus aller Noth, Die uns jetzt hat betroffen!"
„Ein'
fast. ängstlich.
„Bestimmt, Lori." Der Major ging, gab die nöthigen dienstlichen Anordnungen, ließ sich in früher Morgenstunde bei dem Regimentskommandeur •uelbcu, theilte ihm seine Verlobung mit, ihm jedoch den lebens¬ gefährlichen Zustand seiner demnächstigen Schwiegermutter ver¬
„Wie
seinem
sprach er
„Nun weißt Du nicht, wie Du mich nennen sollst, nicht ivahr? Ich heiße Tancred. Nun sage eininal den Namen, ich ihn
ernst und stolz drein¬
er freundlich
Wedigen aber trat zu ihm.
dem Lager der Kranken nieder, auf ihren Häuptern lagen. „Diesen Edelmuth mag Ihnen Gott vergelten," hauchte die Sterbende. Da erfaßte etwas Schmerzliches das Herz der jungen Lori. War es nicht vielleicht hauptsächlich das Mitleid, was ihn bewog, um sie zu werben? Aber nein — nein — sie hatte ja längst, längst ahnungsvoll verspürt, wie es in der Brust dieses ernsten Mannes wieder Frühling geworden. Lori beugte sich leise weinend über ihre Mutter, wußte sie doch, daß sie derselben den letzten Gang durch das, was jie soeben that, nach Möglichkeit erleichtert hatte und daß ihr selbst das beste Loos bevorstand, was ihr nur werden konnte. Das Lebenslicht der Todtkranken flackerte noch einmal auf. Der Morgen graute, und Herr von Ohlefeld mußte seine Braut auf kurze Zeit verlassen. „Leb' wohl, meine Lori, bald komme ich wieder," sagte
zärtlich.
so
den schwarz- und weißen Federn gegen die Menge.
deren Hände segnend
ue
Tancred
über die Leiche.
und dem herbsten Schinerz gesellte sich das erhebende
zogen.
lmbe
sich
Bewußtsein ;u, einem solchen Manne anzugehören. (Fortsetzung folgt.)
Lori, erfüllt es jetzt ganz und gar. Seien Sie mein, legen Sie getrost Ihr junges Leben, Ihr Geschick in meine Hände, ich will Sie sicher durch das Dasein steuern." Nach und nach hatte er sie unifaßt und sic an sich ge¬
er
Lori warf
verschied.
sie
zog sie endlich sanft empor.
Es hatte Nienrand femer dem Glöckner des Domes den Befehl gegeben; aber auch die Glocken auf den hohen Thürmen !
droben fielen in die heldenhafte Weise des hehren Liedes ein. Jetzt zeigte sich Licht in dein Altanzimmer. Die Gräfin Anna Katharina von Hohenzollern erschien auf dem Balköne;
200
— hinter ihr standen Johanna Wedigcn nnd der greise Herr von dein Knesebeck. Die Gräfin grüßte mit den: Wehen ihres Tuches; der alte Geheime Rath nnd Landeshauptmann aber Wenige Worte nur in seiner schlichten, sprach zum Volke. frommen Weise; — vom Lohne der Treue, — vom Ausharren in der Roth, - von der Hoffnung ans Gott! Die ihn verstauden, denen traten die in Thränen die Allgen, —
Wer hätte gestern früh das zli erhoffen sich erkühnt! — Wies nun auch komme, — rühmlos sind wir nicht gefallen. Dank Euch, mein Herr von Rochow!" „ „Ich habe wenig nur gethan!" erwiderte der Obrist. „Vortrefflich aber haben beide sich bewährt, die Brandenburger Krieger und die Bürger dieser Städte! — Habt Ihr Befehle mich,
gnädig'
mein
Fräulein?" — »Ich
allein es waren ihrer nur sehr wenige,
für
noch
sagte
bereits,
Euch
was ich zu thun gedachte!
nur
Es
die zuvorderst
ist
auch
Stehenden.
jetzt mein Wille
Aber jetzt er¬ hob der Greis seine Stimme, und lveithin
noch,michnach
Hospital heil'gen
Geiste zu
be¬
geben. Ich wollte den Ma¬ gister Rvsner
klang es über
Platz: „Geduldig in der Noth, — getreu bis in den Tod! Glit Brandenden
burgisch
dem
zum
sprechen."
„Fastscheint
mir, als
es
übertrat' ich meine Pflicht,
und
Berlinisch aber
tvenn
jederzeit!" — Während
jener Leidens¬
sie jubelten, be¬
geleite!
Ihr
fahl
wurdet
mei¬
Euch
stätte
Rochow
Schutz
seinen Reitern,
nem
zwei der Ge¬
befohlen.
.
".
„Allein mein
nach
schütze
zu
ich
Ge-
Herz
gebietet
orgenthore, eins aber aus die Gertrau¬
mir,
zu sehen,
den - Schanze
ich helfen kann!
bringen.
diese Und die Freude, mir ward, —
dein
zll
St.
Dam: stieg
ob
empfing
er
ihn
noch
ob
mehr
Verpflichtet sie
das
zu
thun, was
ich
mich,
mir
Zwei HohrnzoUern. illach dem Gemälde von G.
ehrerbietig seine Huldigung entgegen. „Welch' eine Stunde habt Ihr uns geschenkt!" sprach die Fürstentochter mit zittern¬ der Stimme. „Ich habe von so hoher Freude auch nicht
Sieg und Siegesbcnte!
vorge¬
nommen!" — Es war der alte Berthold,
Marx.
(Illustrations-Probe aus Müller-Bohu „Unser Fritz".)
oben der' Hen' von dem Knesebeck. Er sprach nicht; er drückte dem Offiziere nur die Hand nnd küßte ihn. Die Gräfin Anna Katharina streckte ihm die Rechte ent¬ gegen. Rocholv brachte der Tochter des Hauses Hohenzollern
einmal mehr zll träumen gewagt!
dort
trösten, —
vom Rosse und eilte dieStiege zudemSchloß-
altane hinaus. ArmDen leuchter in die Höhe haltend,
ich
„Gnädige Gräfin," sprach der der die Fürstin unterbrach. treue Diener, „der Rittmeister von Pfuel ringt mit dem Tode; — cs ist nicht möglich mehr, das Blut zu stillen. Er hörte, daß der Herr von Rochow hier sei;
—
er läßt das edle
Fräulein und den Herrn sehr bitten, seine letzten Worte anzuhören." „Gehen wir denn!" sprach Anna Katharina traurig. „Mit tiefein Schmerze nur sah ich ihn auf der Bahre! Ich
Ritterguts
Sornstedt
bei
Potsdam,
Musirlivirtyfchast
des
deutschen
Äronprin?en
und
seiner
Gemahlin
Nach
einer
Zeichnung
von
A.
Blaschnik.
(Illustrations-Probe
aus
Muller-Boh»
„Unser
Fritz".)
202 entfaltet und die Fremden allzumal, — die Schweden und die Franzosen, — von der deutschen Erde vertrieben hätte! Wir kämpfen schon lange nicht inehr um das Evangelimn; der freuide Ehrgeiz ist es allein, dein wir dienen! Wann wird der Retter kommen unsrer Mark? — Am schwersten hat dies Brandenburger Laird gelitten! O daß ein heil'ger Zorn er¬ wachte gegen diese Fremden!" „Er ist erwacht!" sprach Obrist Rochow leise. „Wir ivollen und wir iverden Deutsche bleiben! Allein es gilt, mit männlich ernster Kraft und mit Besonnenheit zu handeln!" „O! Es bedarf nur einer That!" fuhr die Gräfin fort. „Und dann mit flanrmendem Worte die Herzen aufgerufen; —
weiß, er war in diesem Schloß einstmals Page." — Sie winkte auch Johanna Wedigcn, zu folgen.
Rochow ergriff den Arnileuchter. Sie schritten lange Gänge der Wasserfeste des Schlosses zu.
In
durch
alten Rundthurme, dessen mit edlem, grünem Roste geschmücktes Dach die Veranlassung zu der Entstehung des Namens „grüner Hut" gegeben hatte, befanden sich die dem
Berthold öffnete die mit Eisen¬ bändern versehene, schwere Eichenthür; — sie traten in ein matt erleuchtetes, gewölbtes Gemach ein. Hier hatte man den schwedischen Rittmeister gebettet. Der Bader von Kölln und zwei der schwedischen Dragoner waren um ihn beschäftigt. Der zerschmetterte Arm lag aiff der Brust des Sterbenden; — das Blut sickerte durch den Verband; sein Antlitz war bereits bleich wie der Tod geworden. Aber der Geist des Schwerverwundeten war noch völlig klar; — ein Wundfieber schien nicht vorhanden. Heino Pfuel erkannte die Eintretenden sofort. „Gnädige Gräfin," sprach er mit matter Stinnne, „Ihr spendet mir den letzten Trost, indem Ihr kommt. Es ist vorbei! O kündet meinem Lehnsherrn, daß ich reuig sterbe. Es war furchtbare Sünde, daß ich mich von meinem Vaterlande wendete, als tiefste Roth die Mark umfing. Die Sucht nach Glanz und Ehre trieb mich; — Gott Lob! sie ist gebüßt nun und gesühnt. Ich fand nicht Ruhe mehr, seit ich der Schweden Farben trug. D'rum trieb mich's nach Berlin; — ich wollte aufrichtig den Kampf verhindern; — als ich den Muth der Bürger aber sah, da wußt' ich, daß ein neuer Geist der Mark gekommen, — mitten in Weh' und Trübsal! Ich sterbe gern, wie ich euch, Herr von Rochow, sagte; — es lebt sich schwer nur mit belastetem Gewissen. — Ich habe eine liebe Mutter noch in Schloß Garzin; — sendet ihr Nachricht, daß ich Frieden Gefängnisse des Schlosses.
es
„Wir
Der Obrist ergriff die Linke des Sterbenden, der nun für seine Augen schloß. Da trat die Gräfin dicht an ihn heran; sie beugte sich zu seinem Haupte nieder und sprach:
„Im
Namen Hohcnzo llerns — Gnade
euch
und
Vergebung!" Jetzt leuchtete es wie Abglanz ew'gen Friedens auf seinen Zügen. Aber noch eimnal öffneten sich die matten Lider. Sein Blick fiel auf Johanna Wedigen. „O wohl", so flüsterte er, „gedenk' ich jenes schönen Christfest's! Die heiligen drei Könige und die Engel! Ich höre Glockcnton auch jetzt! — O sprich sie noch einmal, Johanna, jene kindlich frommen Worte!" Der Tochter des Bürgermeisters versagte fast die Stimme;
aber endlich begann sie:
„Er ist auf Erden kommen arm, Daß er unser sich erbarm' Und führ' uns in das Himmelreich"
.
.
.
einmal in seinen Zügen, dann entfloh nach einem tiefen Aufathmen die Seele. „Gesühnt!" sprach leise der Herr von Rochow. Nach einem stillen Gebete führte er die Gräfin hinweg. — Schweigend schritten sic zurück. Erst im Altanzimmer
Da
sprach die
zuckte es noch
Gräfin:
„Friede seiner Seele! — Wieviel hat Brandenburg ver¬ loren an den edlen Männern, die unter fremden Fahnen fielen! — O daß der Alaun sich nicht gefunden", fügte sic dann mit bebender Stimme hinzu, „der das Banner des Vaterlgndes
an
sind
Königsberg
gebunden!"
erwiderte
der
Obrist düster.
Die Gräfin
seufzte.
Dann aber verneigte
sie
sich gegen
den Herrn von dem Knesebeck und reichte der Bürgermeister¬
tochter die Hand.
„Geh'," sprach sie, „liebe Freundin, und stehe Deinen Eltern bei! Ihr aber, Herr von Rochow, rufet Berthold, daß er uns die Fackel trage." „Nach solchem Anblick noch?" fragte der Kriegsmann, fast verwundert. „Ihr sahet, daß der Tod nicht wartet! Kommet!" — (Fortsetzung folgt.)
Äus Alt-Berliner Kreisen. j
jetzt gefunden!"
einige Augenblicke
giebt ja Männer noch in Brandenburg!"
j
Im Frühjahr
1819 waren die beiden Schwestern Karoline und Wilhelinine Bardua nach Berlin übersiedelt, uni dort dauernd ihren Wohnsitz zu nehmen. Karoline, die uni vieles Aeltere, eine Schülerin Gerhardts von Kügelgen, hatte sich
in Dresden, Halle, Weimar — wo Goethe ihr selber zu einem Bilde saß — als Portraitmalerin einen ehrenvollen Ruf erworben und fand auch in Berlin bald einen einträglichen bereits
Wirkungskreis, der sie mit den verschiedenartigsten Kreisen der Auch der Schwester Hallptstadt in Verbinduirg brachte. genannt wurde, kurziveg Wilhelmine oder „Mine", wie sie fehlte es nicht an Anlagen und Talenten. Eilte ungewöhnlich schöne und starke Stimme, an deren schulgerechter Ausbildung sie mit allem Ernste arbeitete, führte auch sie in angenehmer Weise in die Berliner Geselligkeit ein. Von vielen Berühintheiten jener Tage zunächst nur aus einer Portrait - Bestellung aufgesucht, bewiesen die Schwestern Bardua so viel feffelnde persönliche Liebenswürdigkeit, daß aus intereffanten Annäherungen häufig ein fortgesetzter Verkehr, ja in vielen Fällen wahre Freundschaft entstand.
Anlaß
Mine, welche die Gabe dazu besaß, fühlte auch den Drang in unmittelbar unter den Eindrücken des Tages nieder¬ zuschreiben, was er ihr gebracht, mit welchen Menschen er sie zusammengeführt hatte. Ihre Aufzeichnungen, in denen das Persönliche allerdings oft einen breiten Raum einnimmt, tragen andrerseits den Stempel unbedingter Wahrhaftigkeit, einer voll¬ kommen ungeschminkten Eigenart. Da es zu jener Zeit noch sich, noch
nicht Brauch war, jede geschriebene Zeile in den Druck zu geben, so blieben auch diese Manuskripte meistens Eigenthum Erst lange nach deni des Schreibtisches ihrer Verfafferin.
Tode derselben erschien eine unvollendete Lebensbeschreibung
203 ihrer Schwester*), mit der sic der vor ihr Heimgegangenen in rührender Liebe und Anerkennung ein Denkmal setzen wollte.
hatte, Komtcffas Leben zu schreiben. Sie hebt dabei besonders hervor, ivelche Liebenswürdigkeit des Geistes aus diesen Briefen
Ihre
spricht und sagt von ihnen: „Wie lebendig vergegenwärtigen sic mir den verewigten Freund, wie er war und wie man ihn herzlich lieben und verehren mußte. Diese schöne Natur, dieser Verstand und diese erfreulichen Geistes¬ gaben, das Alles mußte so früh untergehen! — Es war eine schöne Zeit, als wir ihn kennen lernten. Ich weiß, wie damals
eigene Abberufung
(1865) schnitt ihr den Faden ab, ihn ausgesponnen hatte. Fast noch lebensvoller, wie in dieser von ihr begonnenen Arbeit, spiegelt sich in ihren nachgelassenen, viele Jahre hindurch regelmäßig geführten Tagebüchern das damalige Berlin mit seiner vielgenannten, noch ehe sie
geistreichen Geselligkeit, seinen Tagesereignissen wieder.
Schon von den Persönlichkeiten, die sich in der bescheidenen, aber äußerst behaglichen und immer künstlerisch angewehten Hätlslichkeit der Schwesterir selber zusanimenfanden, gab es
Da kam fast jeden Nachinittag Komtess a, der Dichter, um mit Karolinen, Minen und den: Bruder Louis Bardua, der am Berliner Stadtgericht arbeitete, in dem Gärtchen am Hause in der Jägerstraße unter Rosen, Jasmin genug zu berichten.
»nd anderem blühenden Gesträuch Kaffee zu trinken und eine
Pfeife
Tabak zu rauchen.
Er schenkte Minen die damals in denen seilte Erzählungen standen und traf an ihrem Theetisch häufig in Erirst voit Houwald einen dichterischen Genossen. An geistig anregender Unter¬ haltung fehlte es dann niemals. Houwald las sein eben volleitdetes Trauerspiel „Die Feinde" vor, dem Mine einen etwas modischen Taschenkalender,
großartiger tragischen Schluß gewünscht hätte, während seine Erzählung „Die Unveriitählte" schon in Bezug auf ihren eigenen Lebensweg tiefen Eindruck auf sie machte. Bald fühlte sie sich selbst zu litterarischer Thätigkeit angeregt. Sie schrieb eine „fragmentarische Betrachtung über das Leben in den gebildeten
ständen", elegante
welche
Welt"
sie
nach Leipzig
an die „Zeitung für die
Aber Methusalem Müller, der Redakteur des Blattes, benutzte das Manuskript nur im Auszug. Besonders heimlich war der Dichter Langbein mit den
so frisches, sieudiges Geistesleben in mir erwachte, welch heiteren und heilsamen Einfluß diese Bekanntschaft auf mich ausübte. Nichts zieht so vorwärts wie der Gewinn eines edlen, geistvollen Menschen."
ein
Jin Hufelaird'schen Abends den Hosprediger
Er
„In
Mine schreibt von ihm:
ist ein lebendiger, sehr wohl zu leidender Mensch; aufs
Feurigste von seinem Berufe durchdrungen, überträgt er die Religion auf seine ganze Persönlichkeit, auf das gesellschaftliche Leben, auf alle Gespräche. Dabei ist er freundlich, wohlwollend und empfänglich für Munterkeit und Scherz. Was er gestern mit dein alten Hufe¬ land sprach, hätte ich mir wohl im Gedächtniß bewahren mögen. Sie sprachen von Luther, von dem Werke der Reformation, und
Strauß
bemerkte, daß, als er zuerst in die Gegend von Wittenberg
gekommen,
es
ihm auf einmal recht klar geworden
Bald darauf war Therese von Jakobs, die unter
Namen Talvj „Serbischen Volkslieder" sich sogar Goethes öffentliche An¬ kennung erwarb — in Berlin anwesend. Von Halle her mit den Schwestern befreundet, suchte sie dieselben auf und verlebte
>vo
Art
tief erschüttert.
Auch das erzählt sie uns,
wie sie den 1823 in Berlin Wellington unter den Hochrufen des versammelten Volkes habe zu Pferde steigen sehen. Sie nahm an allem Theil, was sich unter ihren Augen zutrug; nichts ging eindruckslos an ihr vorüber. Unterdessen malte Karoline allerlei hervorragende Persönlich¬ em: Mtglieder der Familie des Kanzlers Niemeyer aus Halle — das Bild des Kanzlers selbst, von ihr gemalt, er¬ schien im Steindruck —; den Professor d'Mton, vielgereisten Raturhistoriker und Zeichner, aus Bonn; Hitzigs Tochter Eugenie; Komtessa u. A. m. Die zunehmende Kränklichkeit bes Letzteren machte ihn leider oft ungenießbar. Er starb am '■ Juni 1825. Mine suchte die zahlreichen Briefe zusammen, t'w sie von ihm besaß und schickte sie an Hitzig, der begonnen anwesenden Herzog von
*) Jugendleben der Malerin Karoline Bardua, herausgegeben von toalter Schwarz, Breslau, Verlag von Rud. Hoffmann 1874.
dem
bekannte Schriftstellerin, deren Uebersetzung der
manch interessanten Abend in ihrem Hause.
sie die Kronprinzessin durch das Zimmer gehen sahen. Der ain Einzugstage erfolgte Einsturz der Jnterinisbrücke am Zenghause, bei dem 23 Menschen erdrückt wurden, hatte Mine
wie ein
Gnade des Himmels ansehen, durch die er erst aus das Rechte und Wahre hingewiesen werde. Da er Gott nicht in der Natur suchen könne, so müsse er Ihn in seinem eigenen Inneren suchen und Ihn finden, wenn er Trost, Halt und Beruhigung zu jeder Zeit sich erringen und erhalten wolle." —
ihnen Plätze, wie Mne schreibt: einem Hause am Pariser Platz, Ecke der Linden —" und der Bruder Bardua schrieb über diesen Festtag einen schönen, laugen Bericht für die „Spenersche Zeitung". Am Sonntage nach der Vermählung waren die Schwestern in den Kammern der Prinzessin Wilhelnt, cr
sei,
in dieser Gegend Solches in seinem Geiste erschaffend vollbracht habe. Die Entbehrung der Natur, meinte er, solle der Mensch nicht als ein Uebel, sondern vielinehr als eine Mensch wie Luther
einschickte.
Schtvestern befreundet. Zum Einzuge der Prinzessin Elisabeth von Bayern, als Braut des preußischen Kronprinzen, verschaffte
Hause trafen die Schwestern eines
Strauß.
Das Tagebuch
erzählt von einem solchen:
„Wir hatten einen kleinen Thee bei uns, den ich nicht uner¬ wähnt lasten darf, da Raup ach die Hauptperson dabei war. Er ist ein Mensch, zu dem man nicht leicht Vertrauen saßt. Seine zu sein ist scharf und trocken; seine ganze Persönlichkeit stellt
ihn als einen strengen, ernsthaften, ja unfteundlichen, abstoßenden Menschen dar, dessen Aeußeres noch besonders dadurch einen un¬ behaglichen Eindruck macht, als er mit seinen kleinen, schwarzen Augen so unmäßig schielt, daß man selten weiß, wen und was er damit ansieht. In der Unterhaltung ist er ein eben so gewandter Sprecher, als aufmerksamer und kritischer Zuhörer, und es ist ordentlich peinlich mit anzusehen, wenn man unternimmt etwas zu sagen, wie er da oft im Begriff eine Prise zu nehmen, inne hält, die Finger mit dem Tabak an die Nase drückt und mit prüfendem Blick und strenger Aufmersamkeit erwartet, was da herauskommen soll? Einem schüchternen und unsicheren Menschen stockt da gleich das Wort im Munde und er bringt entweder nichts oder unver¬ ständiges Zeug vor, aus lauter Anstrengung, ja etwas recht Schönes und Geistreiches zu sagen. Wie oft ist es mir so gegangen und bin ich über dem öfteren Mißlingen meiner Rede so scheu geworden, daß ich mich nun auch gar nicht mehr mit dem heraus traue, was ich wirklich Gutes und Sagcnswerthes im Sinne habe, weil ich immer denke, es könnte doch Wohl für solch einen Menschen nicht klug genug sein. Und da habe ich denn immer das Gefühl, er werde mir etwas thun, wenn ich nicht etwas recht Geschcidtes sage. — Dennoch würde ich es gern sehen, wenn wir Raupach's Gesellschaft öfter haben könnten, denn wie wenig er durch seine
204 waren ihre Worte und als sie davon ansing, daß eine lange Krankheit sie von der Bühne entfernt gehalten, erhob sich ein böses gellendes Gelächter und sie schwieg und wankte zurück in die Arme Von neuem richtet sie sich auf, um der herzueilenden Neubrunn. Rede vollenden und von neuem wird sie zurückgeschreckt ihre zu durch das entsetzliche Pochen. Zehn Minuten dauerte der Lärm. Schrecklich war es diese Frau, von deren Schuld im Grunde kein Beweis da ist, diese hochgcfeierte Künstlerin so am Pranger stehen
Persönlichkeit einnimmt, so sehr zieht er durch seinen Alles durch¬ dringenden Verstand an und ich höre ihm jedesmal mit dem lebendigsten Interesse zu. Seine vortrefflichen Lustspiele beweisen,
wie glücklich er das Leben in seinen kleinsten Details beobacbtet und wie vorzüglich nicht die geringste liebenswürdige und unliebens¬ würdige Eigenthümlichkeit des weiblichen Geschlechtes seinem außer¬ ordentlichen Scharfblick verloren geht. Die Männer mögen ihn gern leiden und rühmen an ihm die Tugend des aufmerksamen Zuhörers, wenn sie sprechen. Es kommt wohl noch dahin, daß
Ich habe meine Handschuhe beinahe zerrisien vor Angst. Die Rede wurde zuletzt doch noch zu Ende gebracht. Als nach und nach die Ruhe wieder hergestellt war, ging Thekla zurück auf ihren Platz und die Aufführung hatte ihren ungestörten Fortgang, nur wenn Madame Stich von neuem erschien, war immer wieder Bewegung im Publikum zu merken und als sie am Ende des Monologs, den sie ungeachtet ihres zerrissenen Gemüthes, vortrefflich sprach — von einigen Unbesonnenen applaudirt wurde, erhob sich abermals heftiges Pochen und Pfeifen. Am Ende wurde sie noch herausgerufen; doch erschien statt ihrer Beschort, der Regisseur, und meldete, daß Madame Stich das Haus bereits verlassen habe." — Die alten Wunden waren vernarbt und Auguste Crelinger, als die Bardua sie uialen sollte, längst wieder der hochgefeierte Liebling des Berliner Publikums geworden. Ueber Karolinens Arbeit erfahren wir nur, daß Minen das Bild „rinendlich an¬ ziehend" erscheint. Nähere Beziehungen zu der Künstlerin indeffcn haben die Schwestern wohl nicht gewonnen. Airders war es mit der Wittwe Pius Alexanders. Voll zu sehen.
das Verdienst des Hörens und Lesens höher steigt, als das des Sprechens und Schreibens." —
Houwald brachte 1826 auchFouquö
zu den Schwestern,
der bald ein häufig wiederkehrender Gast ihres Hauses wurde.
Er erzählte ihnen Gespenstergeschichten, in denen leider nur immer das Gespenst fehlte. Es scheinen besonders heitere Stunden gewesen zu sein, die er mit ihnen verlebte. Um Houwald kennen zu lernen, kam auch Grillparzer zu Barduas. Mine schildert ihn als einen Mann von 34 bis 36 Jahren und nennt ihn einen sanften, gedrückten, beinahe schwächlichen, etwas „gehudcltcn" Menschen. Eines Tages erschien auch die Schauspielerin Auguste Crelinger, frühere Stich, bei den Schwestern. Karoline hatte ihre Kollegin, die Wittwe Pius Alexander Wolfs gemalt und da das Bild allgemeinen Beifall fand, wünschte auch die Cre¬ linger sich pvrträtiren zu lassen.
„Sic war
sieht noch ganz jugendlich aus," schreibt Mine, „und
schön und
modest in schwarzen
Tafft
gekleidet.
Ihre
ihr
haltung schien mir natürlich, obgleich nicht so sanft und bequem wie die der Wolf, deren Worte mehr von innen herauskommen. Die Sprache klingt ein wenig zu hart und laut. Ich freute mich zu sehen, daß sie einmal roth wurde. Eine noch hübsche und an¬ sehnliche Frau! — Man sieht sie mit Respekt an, wenn man an ihren ernsten Fleiß denkt und an die herrlichen, ergreifenden Dar¬ stellungen, die man von ihr gesehen hat." —
Viele Jahre früher hatte Däne die Crelinger in einer wesentlich anderen Lage vor sich gesehen. Auch davon erzählt das Tagebuch unter dem 10. Mai 1823: „Heut Abend gehe ich mit Louis in Wallensteins Tod, Bladame Stich tritt zum ersten Male wieder auf, nachdem sie der Untreue an ihrem Manne beschuldigt, die gute Meinung eines großen Theils des Publikums, das an ihre Schuld glaubt, verscherzt hat. ES ist entsetzliches Drängen nach Billets zu diesem Abend und man erwartet einen Spektakel. Ich leugne nicht, daß mich die Neugier treibt, doch gewiß auch ein großes Verlangen mich am
Wallenstein zu erfreuen. in der- Rolle sein."
Leinm, der ihn giebt, soll ausgezeichnet
Instrumente, Der Vorhang geht in die Höhe, ungestört beginnt der Wallenstcin; doch hatte man wenig Aufmerksamkeit, weil man in höchster Spannung auf die folgende Scene mit Thekla wartete. Das Theater verwandelt sich, Thekla sitzt da, hinter ihr die Neubrunn, gegenüber die Terzky. Noch war Alles still. Die Terzky fängt ihre Rede an; indem Thekla die Antwort beginnen will, erhebt sich im ganzen Hause ein furcht¬ bares Donnerwetter und macht sie auf der Stelle schweigen. Wankenden Schrittes tritt sie vor und will reden, doch lange dauert das Pochen und schreckliche Rufen, trotz der Parthei für sie, tvelche sich die Hände wund klatscht, um die der Feinde zu unter¬ drücken — ehe sie zum Reden kommen kann. Wenig von Eindnick
wir im Tagebuch:
offen für eine andere Ueberzeugung, die ihr noch kommen könne. Ich erzählte ihr, was ich von Goethes Gedanken darüber behalten und was ich selbst glaubte, hoffte. Sie hörte es mit Ancheil.
I
!
Aber ihr Nichthoffen erschütterte mich doch und ich brach in Schmerz aus über den Gedanken, daß kein Wiederfinden zu hoffen sein könnte. Sie reichte mir ergriffen ihre Hand und ich drückte meine heiße Stirn darauf. Die Wolf ist eine klare, liebenswerthe, fromme Menschennatur. Sie strebt redlich nach dem Besten. Das Gespräch mit ihr, obgleich ernst und bewegend, war mir doch lieb. Nun kam plötzlich ein geputzter, berlinisch-sprechender Besuch dazwischen.
Das war ein
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recht scharfer Kontrast." —
(Schluß folgt.)
Kirche zu Kietz und Kapelle zu Woatz in der Lenzener-Elb-Mederwische. Von C. Handtman».
Und dann am nächsten Tage weiter: „Madame Stich ist hart bestraft. Schon vor dem Anfange der Vorstellung that sich die Stimmung des Publikums kund durch
Eilt,
entsetzliche Unruhe, Lachen, Rufen und allerhand gellende
die man durch den Lärm durchhörte.
lesen
„Gestern Morgen hat uns die Wolf viel von den letzten Stunden ihres Mannes erzählt. Es war sehr rührend und that mir wohl; aber die Bewegung meines Gefühls stieg gewaltig. Wir tveinten Alle und sprachen die ganze Zeit von Tod und Fort¬ dauer. Die Wolf glaubt nicht daran; aber sie sagt ihr Herz sei
Unter¬
I
Märkische Wandrer, bevor es wieder einmal zu spät ist, einen der Erinnerung würdigen Rest der Vorzeit zu betrachten. Der Neugierigen Viele sind gelegentlich der Elbdeichbrüche im April 1888 nach dem vom Elbstrom grausam verwüsteten Nordtvesttheile unsrer Mark Brandenburg über Wittenberge hinaus ge¬ dampft. Dieselben glaubten genug geleistet zu haben, wenn sie die
verwüsteten Häuser und Felder äußerlich besichtigten und dabei entweder im Kruge zu Wootz oder im Kruge zn Besandten einige Trostseidel mit den zufällig dort anwesenden Ueberschwemmten leerten. Dagegen nahm keiner Jntereffe daran, daß in der alten
Elbüberfahrtskapelle zu Wootz, welche in der entsetzlichen Noth das Vieh in sich bergen mußte, das ehrwürdige alte Gestühl zu Grunde ging, auch das im niederländischen Stil gehaltene Altar¬ flügelbild von dem feuchten Dunste arg geschädigt wurde. Leider hatte vor etlichen Jahren bei einer Fahrt des „Märkischen Museums"
205 alte Kapelle ihr Charakteristikum, das Glücksei am mittleren Lberbalken, durch einen unglücklichen Stangenstoß eines zu hastigen diese
Berliner Leben.
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Berlin bereitet sich gegenwärtig vor, einen fröhlichen Gast zu empfangen, welcher der Kaiscrstadt an der Spree geraume Zeit hin¬ durch seinen Stempel ausprägen wird — sein Name ist unschwer zu errathen und sein Stammbaum reicht weit in die Vergangenheit zurück: Prinz Carneval nennt man den überall gern Willkommenen, der mit dem lustigen Geklingel seiner Schellenkappe und seinem
Forschers eingebüßt.
Der nach der lleberschwemmung nothwendige Ausbau kann nur wenig der uns bis dahin gewohnten bisherigen Erscheinung übrig lassen. Noch übler ist es der Kirche zu Kietz ergangen. Zwar hat das Elbhochwasser den Fußboden wenig geschädigt, hat mehr nur mittelbar das ganze Gebäude veranlaßt, nach Südwesten — der Elbe zu — einen „kleinen Diener zu machen", d. h. sich etwas Schlimmer hat ein Blitzschlag im Spätsommer schräg zu senken.
ausgelassenen Gelächter im Umsehen die Sorgen und Bekümmer¬
Tages verscheucht. Aber trotz seines siegreichen Auftretens, trotz des rauschenden Jubels, der ihn auch hier empfängt, wird er kaum jemals Berlin als seine eigentliche Residenz erküren — die nisse des
Brand das Kirchgebäude heimgesucht. Der den bisherigen Nothausbesserungen für den Sommer 1889 nothwendig folgende Ausbau kann, selbst wenn die größte Sorgfalt auf die Wiederherstellung verwendet wird, wie glücklicher und der demselben folgende
hoffen steht, die alte Erscheinung nicht bewahrt sein Und damit füllt das eigentlich Charakteristische dieser Kirche ins Nimmermehr-Dasein. Wiewohl hier und da Wandputz und Bretter von Blitz, Brandfeuer und Wasser abgeschlagen sind, kann der Beschauer noch jetzt die über Holzbrettern auf Kalktünche in Roth, Blau, Grün und Gelb ausgeführte Wasserfarbenmalerei ziemlich gut erkennen. Im buntesten Farbenspiel treten uns im Mittelbild der Decke die Gestalten: Christus als Weltenrichter in Wolken thronend, um ihn vier Engel mit Kreuz, Leiter, Posaunen, Flammenschwert, vor die Augen. Nach Osten zu über dem verschnörkelten Altar, welcher zwischen den Holzstatue» Moses' und Aaron's in fast Lebensgröße das Bild des Heiligeu Abendmahls trägt, sind Paradiesesbilder zu sehen. Außerdem ist die ganze Decke mit zahllosen, in bunten Buchstaben deutlich lesbaren Sprüchen bedeckt. Hinein in die ganze Schöne blickt ernst das steinerne Reliefbild des Edlen Herrn von Wenkstern, des Erbauers der Kirche, der diese gestiftet haben soll, nachdem angeblich 1566 eine Elbhochfluth die alte, auf dem Werder bei der Pfarre gelegene verschlungen hatte. Weise
große Millionenstadt ist
im Allgemeinen nicht für ein heiteres Carneval-Lebcn geschaffen und das ganze norddeutsche Wesen mit seiner steten Neigung zu Spott und Satire läßt nicht die nöthige harmlose Stimmung des richtigen Carneval-Trubels aufkommen. Oft genug hat man zwar versucht, das Feld dafür zu be¬ bauen; wie Vieles hat man bereits gethan, um ein Reis von dem am Rhein so üppig grünenden Baume des flotten Faschingtreibens auch an den „grünen Strand der Spree" zu vcrpfropfen, es war Alles vergebens! — Die öffentlichen Aufzüge fanden kein Ver¬ ständniß, das Publikum verhielt sich ihnen gegenüber theilnahmlos, und die für die weitesten Kreise veranstalteten Aufführungen und hunroristischen Unternehmungen wurden bei weitem nicht so rege besucht, daß sie sich hätten einbürgern können. Trotzdem — wenn ein Fremder gegenwärtig die Straßen Berlins durchwandert, muß er glauben, daß unsere Stadt zu den carnevalsfähigsten Orten der Welt gehört. Wohin er blickt, sieht er an Läden, Hausthüren und Fenstern bunte, auffällige Ankündigungen, daß Maskengarderoben verliehen werden; springende Pierrots, buntfarbige Dominos, schwarze Larven sind an die Scheiben gemalt und werden des Abends weithin bemerkbar erleuchtet, und welche
zu
lassen.
Es muß nothwendiger Weise bei einem Bauversuche diese auf Holzgrund ruhende Alsresko - Malerei abspringen und verloren gehen. Ein wahres Wunder, daß dieselbe so lange vor¬ gehalten hat! Darum, wer's noch sehen will in seiner eigenthüm¬ lichen Eigenart, der eile! Hoffentlich gelingt es, der innen ausgebrannten Orgel die in Trümmern noch glücklich bestehende Gestaltung aus dem Jahre 1706 zu erhalten. Dank der Sorgfalt, welche die Baubetheiligten walten lassen, soll die charakteristische Unterschrift der Orgel jeden¬ falls erhalten, bez. wiederhergestellt werden. Deren Wortlaut: „Laßt geben das Leben der Orgelnwerk Erregct's, bewcget's durch Blasende Stärk. Im Greifen der Pfeifen braucht künstliche Wahl Laßt summen und brumnien das Grobe Pedal.
!
Speisekarte von Vergnügungen findet man nun erst an den Anschlagssäulen! — Da werden die vielversprechendste» Belustigungen
.
auf das pomphafteste angekündigt: „Grand bal masque“, „Einzug Carneval", „Carnevalistischer Fest- und Triumphzug der schönsten Damen Berlins" — so und ähnlich steht es in ge¬ waltigen Lettern auf den grellrothen Plakaten und verheißt eine seltene Fülle von Belustigungen, von weltstädtischer Ungebundenhcit! Erfüllt tverden freilich diese Erwartungen nur in den seltensten Fällen, meistens herrscht in den verschwenderisch einge¬ richteten Räumen die graueste Langeweile, und der berühmte „Onkel aus der Provinz", der vielgesuchte, er wendet diesen verödeten Tempeln der Lust und des Vergnügens entsetzt den
!
des Prinzen
j
Rücken.
1706."
Ob es gleicher Weise glücken wird, die vier darüber befindlichen Bildfelder zu retten? 1. Läutende Glocken mit dem Spruch¬ band: Majora uiiiioribus consonant. 2. Kesselpauken, darüber Spruchband: Magna vi sonat. 3. Von einer Hand gespielte Harfe; Spruchband: ?? insuper omnia canit; 4. stark verwischt, nicht
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!
hölzernen
!
!
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mehr recht kenntlich.
Es ist zu beklagen, daß seiner Zeit, als Professor Bergau im Aufträge der Provinzialstände Material
u den
„Bau- und Kunst-
denkmälern der Provinz Brandenburg" sammelte, diese zwar barocke und banausische Kunstleistung der Vorfahren übergangen worden
Ihre Originalität und Frische hätte ein bleibendes Bewahrt¬ werden wahrlich verdient. Jetzt nach Wasser- und Feuerbeschädigung sinkt das originelle Alte dahin, und was auch Schönes in den
!
i
j
Niederwische: im Sommer 1889 ist's, das
Alte zu bewundern,
zu spät.
Kroll'schen Etablissements erneuern können. Ein ainüsantes Bild, dieser Ball, oft genug schon gesehen und doch immer wieder seltsam anziehend, seltsam verlockend, alle soliden Vorsätze, sich nicht diesen hochwogenden Wirrwarr von Frohsinn und Tollheit, von
in
ist.
Herstellungsarbciten dargeboten werden mag: das ehrwürdige Alte ist's eben nicht mehr! Darum eilt, Wandrer, schnell zur Lenzener
Fideler und freudiger geht es aus den großen öffentlichen, unter dem Schutz der „jeunesse doree“ stehenden Bällen zu, deren Reigen von dem Corps de Ballet-Ball eröffnet wurde. Ein hübscher Name und ein hübscher Ball, nur nicht gerade geeignet, BallNovizen in das öffentliche gesellige Leben der Neichshauptstadt einzuführen! Er ist mehr für die älteren Truppen berechnet und diese warten denn auch schon immer- auf den Augenblick, wo sie die Bekanntschaft mit dem wohlvertrautcn glatten Parguet des
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Uebermuth und Pikanteric zu stürzen, im Nu zerstörend. Man wird, ob man will oder nicht, davon fortgerissen, hineingezogen in den überfüllten Saal, gestoßen, geschoben, gedrückt, man empfindet
kaum,
um uns Scherzen und Lachen, Tollen und Tändeln, der Schleppen, vermischt mit dem Duste starken Parfüms, und nun braust auch die Musik durch den Saal und die Paare finden sich schnell, um sich in wirbelndem Tanz in den
es
das
Rauschen
206 von Herolden
in
Kreisen zu drehen.
schmucken
In
altdeutschen Kostümen
die Musik aber
fällt
abgesperrten
nach und nach ein
anderer Ton ein, den ein nicht ganz ungeübtes Ohr sehr weit verninmit — der verständnißvolle Ruf der seligen Wittwe Cliquot, der Knall der Champagner-Pfropfen, dessen letzter gegen die Decke springt, wenn das Frühroth langsam über dem in winterliches Schweigen gehüllten Thiergarten heraufdämmert. Was die anderen großen Festlichkeiten der Saison betrifft, so dürfte sich in vielen Kreise» der Ausfall der Hoffeierlichkeiten, einschließlich des Subskriptionsballes, sehr bemerkbar machen. Desto zahlreicher wird der Andrang zu den vornehmen Privatbällen sein; hier schreitet der Ball des „Vereins Berliner Presse" diesmal voran, da er auf den 26. Januar angesetzt ist, und von dem gewohnten Künstlerball vorläufig noch nichts verlautet. Eins ist sicher: die Lust, Gesellschaften zu geben und zu besuchen, ist in diesem Winter in Berlin eine größere, wie je vorher; nach der Zeit der herzbedrückenden Trauer verlangt die menschliche Natur desto stärker
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empfehlen sich
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Kourmachen und Galanterie, denn
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j 1
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in den bevorzugten Straßen sind jetzt allabendlich strahlend erleuchtet; vor den Thorwegen erheben sich Baldachine und weiche Teppiche bedecken das Pflaster, damit die Füßchen der Damen nicht mit der „rauhen Wirklichkeit" in Berührung kommen. Wagen auf Wagen rollen heran und duftige Tüll- und Gaze-Wogen entso
|
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!
laut
Vieler
ihnen, und unruhig, denn schmeichelnd tönen bereits die ersten Walzertakte steigen
beschränkt
— wozu gäbe es denn eine Rousseau-Insel und einen Reuen Es ist See? — Doch nur der fashionablen Eisbahnen wegen! ein wahres Glück, daß der Winter noch rechtzeitig ein Einsehen gehabt und das Thermometer unter Null gebracht hat, er hätte sonst auch nichts weniger wie Lobreden in sein Album eintragen können. Nun ist man mit ihm zufrieden, denn er hat sich bis jetzt ganz sittsam und liebenswürdig betragen und seine grimme Natur noch nicht zu sehr hervorgekehrt. Der noch vor kurzem so stille Thiergarten, dessen Bäume und Sträucher wie mit einem feinen Silbernetz umsponnen sind, scheint mit einem Schlage in einen Ameisenhaufen verwandelt zu sein, und die heidnischen Göttinnen, die still und ruhig auf ihren Piedestalen stehen, mögen recht ver¬ wundert auf das freindartige Leben und Treiben zu ihren Füßen schauen. Das Bild der Eisbahnen in unserem schönsten Park ist immer von neuem anziehend und berückend, ein figurenreiches, buntfarbiges Gemälde von heiterster Abwechslung, voll Lust und Freude, und daneben auch ein klein wenig — (oder viel?) —
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und schrankenloser nach bunter Mannigfaltigkeit, nach dem gesellFlitter, nach Lebenssrische und Lebensfreudigkeit. Die langen Fensterreihen der Paläste der Blut- und Geld-Aristokratie
die Herzchen
—!"
Das Terrain Amors ist aber nicht auf die Ballsäle
schastlichcn
und unter denselben klopfen
herunter und hinter den feinen durchsichtigen Gardinen sieht man die Paare herumwirbeln. Mancher Liebesroman spinnt sich da an, manch' süßer Blick wird jetzt gewechselt, manche Intrigue einge¬ fädelt und so manch' Rendezvous verabredet, ach, die seltensten erhalten nur das sehnlich gewünschte Relief: „Als Verlobte
ebenso
das gehört nach der Ansicht nothwendig zuin Eislauf wie zum Tanzen!
Paul Lindenberg.
Kleine Mittheilungen. Muser Krill, Deutscher Kaiser und König von Preußen. Ein Lebens¬ bild von Hermann Müller-Bohn. Mit zahlreichen Illustrationen von ersten deutschen Künstlern. Berlin 1889. Verlag von Paul Kittel, geb. 7 Mk. geheftet 5,50 Mk. Das Andenken an den ewig unvergeßlichen Kaiser Friedrich ist durch eine reiche Fülle von kleineren und größeren Schriften dem deutschen Volke bewahrt worden. In der Reihe dieser Werke nimmt das obige durch seine» illustrativen Schmuck und durch die Art der Darstellung, sowie durch die Reichhaltigkeit der behandelten Beziehungen einen hervorragenden Platz ein. In einfacher, volksthümlicher Sprache behandelt der Verfasser die Jugend- und Studienjahre des Kaisers und begleitet ihn auf dem Wege zum Ruhme und zur deutschen Einheit. Der Sieger von Königgrätz wird so recht „unser Fritz", des deutschen Volkes Schutz und Hort, der Schirmherr der Volkserziehung und Volkswohlfahrt beim Ausbau des mit dem Vater unter GottcS gnädiger Fügung neuerrichteten Reiches. Ein kurzer Sonnenschein erglänzt ihm, dem Heldensvhn und Friedensfürsten, nach langen Stünne», bis dem kurzen Glück der Abend mit jähem Schmerz naht. Was das Buch vor vielen andern unterscheidet, ist das liebevolle Eingehen auf die rein menschlichen Eigenschaften des edlen Dulders, die versöhnliche Auffassung der Personen und Ereignisse, die Wärine der über¬ zeugenden und belehrenden Darstellung, welche die Leser zu nachhaltiger Begeisterung zu entflammen und mit erneutem Stolze zu erfüllen geeignet ist. Mit Interesse wird jedermann die zahlreich eingestreuten Einzelzüge über den Krieger, den Kunstfreund, den human gesinnten, leutseligen Fürsten in sich aufnehmen und mit lebhafter Theilnahme die ergreifende Schilderung des Schmerzenslagers verfolgen. Der Verleger gab solchem Inhalte das entsprechendste Gewand: Außer den Porträts unserer drei Kaiser und Kaiserinnen sind Scenen aus dem Leben, Kricgsbilder, An¬ sichten von Schlöffern und Kirchen u. s. w. in getreuer Nachbildung iviedergegeben, und es wird so durch Veranschaulichung der wesentlichsten Ereigniffe und Vorkommnisse dem Leser die liebevoll« Vertiefung in den Inhalt erleichtert. Unsere beiden heutigen Bilder „Zwei Hohenzollern" und „die Musterwirthschaft des Kronprinzlichen Paares auf dem Gute Bornstedt bei Potsdam" geben eine Probe aus dem reichen Bildcrschmuck Wir wünschen dem Buche die weiteste Verbreitung in des Werkes. allen Kreisen von Vaterlandsfreunden und Verehrern des hehren Fürsten, edlen Menschen und Helden.
Kuntkauktionen.
Lr.
Am 22. Januar findet im Rud. Lepke'schcn
die Versteigerung der Gerardstatt, welche zwar nur eine kleine Anzahl von Bildern umfaßt, deren Beschaffenheit jedoch durchaus Beachtung verdient. Es sind hier nicht nur wie in den meisten neueren Sammlungen nur kleinere holländische Kabinctstücke und dergleichen gangbare Handels¬ waare vertreten, sondern Originale erster Meister der italienischen Schule und unter diesen bilden wieder namentlich hervorragende Porträts
Kunstauktionshause in Berlin SW.
schen
Gemälde-Gallerie
!
venetianischer Meister einen besonderen Vorzug der Sammlung, in welcher auch einige spanische Künstler und die ersten Meister der Schule von Fontainebleau sich vorfinde». In unmittelbarem Anschluß an diese Ver¬ steigerung gelangen Antiquitäten zum Ausgebot, welche gleichfalls bedeutende Originalstücke umfassen, deren Katalog gleich dem der Gvrardschen Gemälde-Galleric unentgeltlich versandt wird. Am 29. Januar beginnt ebendaselbst die außergewöhnlich bedeutende
des König!, preußischen auf 5 Tage ausdehnt. Mit dieser Abtheilung dürfte nun Alles, was bis zum Januar 1889 fällig gewesen ist, liquidirt sein. Es bleibt dann nur noch ein kleiner Theil von gerichtlich gesperrten, erst später fälligen Pfändern übrig, womit die ganze 1 ‘/3 Millionen Mark Schwerlich umfassende Auktion der Brillantenbeleihung geschlossen ist. wird wohl je wieder ein Leihhaus sich auf ein so unsicheres und ungünstiges Geschäft einlassen und daher sich kaum eine so günstige Gelegenheit finden, kleinere und größere Schmuckstücke im Massenverkauf preiswerth zu erwerben. Jeder Nummer des Kataloges ist die Beleihungssummc ohne Hinzuziehung von Zinsen und Spesen beigedruckt, um Reflektanten betreffs des ungefähren Werthes einen Anhalt zu gewähren. Bei der letzten Versteigerung blieben jedoch die Gebote oft weit hinter der Beleihungssumme zurück, was aber natürlich kein Hinderniß für den Zuschlag wurde, da die Lr. Liquidation erfolgen mußte.
Juwelen-Auktion von Pfandstücken Leihhauses,
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die
sich
Wie Ariedrich der Kroße Augendschukden bezahlte. Als Kron¬ prinz stand bekanntlich Friedrich II. längere Zeit als Offizier in NeuRuppin. Von seinem Vater kurz gehalten und stets mehr gebrauchend, wie der materielle Zuschuß betrug, war er zu vcrschiedentlichen Anleihen genöthigt und borgte sich u. A. auch 1738 von dem Prokonsul Litzmann in Neu-Ruppin 1000 Thaler; die Vermittelung hatte der damalige Geheimrath, spätere Minister von Münchow übernommen. Im Herbst des¬ selben Jahres zahlte der Kronprinz 472 Thaler 6 Groschen 6 Pfennige wieder zurück; der Rest gerieth allmählig in Vergessenheit, da der Pro¬ konsul, der 1752 starb, niemals seinen hohen Schuldner daran gemahnt hatte. Erst die Erben thaten dies, und zwar 1782, wo einer von ihnen die Urkunden dem König einreichte mit dem Bemerken: „Ich überlaffe bey Ueberreichung dieser Documentc Ew. königl. Majestät allerhöchsten und gnädigsten Entscheidung, den Werth derselben zu bestimmen. Und da sämmtliche Erben bey den jetzt so sehr vermehrten Bedürfnipen, zu Unterstützung ihrer Kinder, und theils Pflegebefohlnen Enkel des Bürger¬ meisters Litzmann, gegenwärtig eine Beyhülfe sehr gebrauchen können: so werden sie es als eine allerhöchste Gnade lebenslang verehren, wenn ihnen durch Auszahlung dieses Restes geholfen wird." Der König antwortete umgehend darauf: „So ganz War justiüciren die eurer Vorstellung vom 10. beygefügte und hieneben zurückgehende fünf Documente, den Rest der Schuldforderung eures Erblassers, des gewesenen kroeousul- Litzmann in Ruppin, von 527 Thalern 17 gr.
207 pf. nebst Zinsen, eben nicht, und er hätte billig solchen vor 44 Jahren zurückfordern sollen. Indessen wenn ihr dessen Richtigkeit auf eine gesetz¬ mäßige Art mir näher dartbun werdet, so bin ich ganz bereit, diese Schuldsache noch abzumachen, als euer und euer Miterben gnädiger 6
König."
Auf juristischem Wege wiesen nun die Erben die Berechtigung ihrer Forderung nach und es ging ihnen aus dem königlichen Kabinet die Mit¬ theilung zu, daß der König ihnen den Schuldrest „nach der Letour aus Schlesien, nebst fälligen Zinsen von 1738 an, in Bausch und Bogen mit 1682 Thalern 17 gr. 6 Pf. gegen Quittung auszahlen lassen werden." Trotz der Rückkehr des Königs aus Schlesien erfolgte aber die Aus¬ zahlung des Geldes nicht und auf eine neue Eingabe lief folgende Ant¬ wort ein: „Es ist wohl eure und euer Miterben eigene Schuld, daß der Rest eurer Forderung aus eures Erblassers Verlassenschaft, von mir nicht schon längst bezahlet worden ist. Hätte ich nicht so starke außerordent¬ liche Ausgaben machen müssen, so würde ich den euch gesetzten Zahlungs¬ termin, nach meiner Uetour aus Schlesien, eingehalten und euch be¬ friediget haben. Auf die Zahlung könnet ihr inzwischen mit der größten Zuversicht rechnen. Sie erfolget gewiß, und ich fordere euch und eure Miterben nur noch zu einiger Geduld auf, als euer gnädiger König." Wenige Wochen darauf geschah denn auch die Auszahlung der vollen Summe. P. L—g.
So betitelt sich ein Gedicht, das in dem Poestemanches bedeutenden preußischen Offiziers, der seine Erziehung im Kadetten-Korps erhielt, Eingang gefunden hat, ohne daß sich die Person des Verfassers genau hat feststellen lasse». Dieses weiteren Kreisen wenig bekannte Poem lautet: Dort in der Friedrichstraße, Die ganz im Bogen geht. Wo unter andern Häusern Auch Nummer 13 steht. Zog einst im Monat Märze
ihn angewendet hätte." — Stammte dieser Bericht nicht aus der Feder eines so geachteten Schriftstellers, so würde man ihn mindestens anzweifeln müssen; immerhin erübrigt die Frage, wie kam es, daß ein Zigeuner im preußischen Dienst stand, und allgemeiner gefaßt, sind auch sonst Fälle bekannt, daß Zigeuner seit der Zeit der Freiheitskriege d. h. von der Zeit der allgemeinen Wehrpflicht ab bei uns Soldat gewesen sind? Es wäre wünschenswerth, daß Männer, welche mit den Rekrutenvcrhältnissen unseres Vaterlandes genau vertraut sind, ihr Urtheil zur Sache ab¬ gäben. E. Friedel. gegen
Älchalt: Drei Menschen, Novelle von E. von Wald-Zedtwitz (Fortsetzung); Johannes Wedigen, eine Berliner Geschichte von Oskar Schwebet (Fortsetzung); Aus Alt-Berliner Kreisen, von Walter Schwarz; Kirche zu Kietz und Kapelle zu Wootz in der LenzenerElb-Niederwische, von E. Handtmann; Berliner Leben, von Paul Lindenberg. — Kleine Mittheilungen: Unser Fritz; Kunstauktionen; Wie Friedrich der Große Juzendschulden bezahlte; Der letzte Seufzer; Ein preußischer Zigeuner-Soldat; Zwei Hohenzollern (Abb.); Ansicht des Ritterguts Bornstedt bei Potsdam, Musterwirthschaft des deutschen Kronprinzen und seiner Gemahlin (Abb.) — Anzeigen.
Der letzte Seufzer.
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Ein junger Mann heraus, Blickt einmal noch zurücke. Noch einmal hin zum Haus. Und was er da so dachte.
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welcher ich gebebt, Wenn zum Appell es tönte, Wen» zum Kap'tän es rief. Wenn lärmend man mich weckte. Wenn ich so gern noch schlief; Wo ich gelernt mit Seufzen, Das was mir Nutzen schafft,
Wo ich so oft genossen, Die Speisen ohne Kraft! Leb' wohl, du Hof, wo Turnen Gestärkt den jungen Leib, Und wo so oft wir trieben Manch Spiel zum Zeitvertreib! Leb' wohl, du altes Zimmer, Das ich mit Angst verließ.
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vermerkt.
endlich ins Examen Man mich dann steigen hieß! Und ihr, ihr Kameraden, Von dem Geschick erwählt, Daß ihr »och viele Tage diesen Räumen zählt, Einst werdet ihr auch sagen, Seid ihr wie ich erst frei. Mit letztem schweren Seufzer: Gottlob, es ist vorbei!
L 24 M. M.
Hin preußischer Zigeuner-Soldat. Bei Sir Walter Scott, in dem Roman Quentin Durward, welcher die Zeiten König Ludwig's XI. von Frankreich und Herzog Karls des Kühnen von Burgund schildert, findet sich unter den Anmerkungen folgendes bisher unbeachtet gebliebenes, selt¬ sames Erlebniß des berühmten schottischen Romanschriftstellers. Er schreibt: „Als Paris von den alliirten Truppen im Jahre 1815 besetzt war, ging der Autor (also W. Scott) mit einem brittischen Offizier in der Nähe eines von preußischen Truppen besetzten Wachtpostens spazieren. Er rauchte zufällig eine Cigarre und nahm diese, wie er die Schildwacht passtrt, aus dem Munde in Beachtung der diesbezüglich erlassenen allgemeinen Vor¬ schrift, als der Soldat, zum großen Erstaunen der Spaziergänger, sie mit folgenden deutschen Worten anredete: Rauchen Sie immer fort, verdammt I« der preußische Dienst! — Als wir uns den Mann näher besahen, schien er ein offenbarer Zigeuner zu sein, der auf diese Weise dem Abscheu gegen de» ihm auferlegten lästigen Dienst Luft machte. Wenn man das Wagniß erwägt, welches er hierbei unternahm, muß man darauf schließen, daß ihn zu dieser Aeußerung nur ein hoher Grad von Abneigung veranlassen konnte. Wäre er von einem Sergeant oder Unteroffizier gehört worden, so wäre der Prügel das leichteste Straf-Werkzeug gewesen, welches man
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34. 35.
Unter Mitwirkung
Dr. R. Beringuicr, L. Ludezics, Theodor Fontane, Stadtrath L. Friede!, Dr. W. Schwarh, Pastor Oscar Schwebe! und Ernst von Mldenbruch
G^mnastaldircktor
herausgegeben von
K. XV. Jabraang.
Nr. 17.
Kchon's Werkagskmchhandrung, Merlin. 26. Januar 1880.
Erscheint wöchentlich am Sonnabend und ist durch alle Buchhandlungen, Zeitungsspeditionen und Postanstalten für 2 Mk. 50 pfg. vierteljährlich zu beziehen. — Im Postzeitungs-Latalog eingetragen unter 1Tr. 683ii.
II.
aifer 31111
t 27.
Januar 1889.
theurer 5ürft, aus Trauernacht Ging uns Dein Stern hervor. Nun sieht das Volk, das um Dich wacht. Mit Lust zu Dir empor.
£
Die Hand am Dchwert, dem Frieden zu Das tapfere Herz gewandt, Do, theurer Fürst, so herrschest Du. Und dienst dem Vaterland.
In
Lieb' und Treue Dir vereint, Gedenken wir der Pflicht. Utag drohen, wie er will, der Feind, Dein Drohn erschreckt uns nicht.
Getröstet können nun wir stehn. Und Freud' ist uns ertaubt. Die wir des Reiches llrone sehn Aus Deinem jungen Haupt.
Doch daß uns Gott den Frieden
Nicht düstrer Gram umsängt uns mehr.
wahr',
ivir.
Ivas neues Leben schafft, lvard Dir: von hohen Ahnen her Ivard Güte Dir und Nrast.
Erbitten heut auch
Und was Du auch empfangen hast. Glanzt Dir im hellen Blick: Ein deutsches Heim ist's im Palast, Ein Heim voll Lieb' und Glück.
Ein freies Volk naht Deinem Thron Und froh erklingt das Wort: Gott schütz' Dich, edler Zollernsohn, Alldeutschlands Trost und Hort!
Es fei Dein neues Lebensjahr Geschmückt mit Blumen Dir.
t
I.
Trojan.
210
Drei Menschen.
4)
Novelle von E. von Wald-Zedtwitz.
ganz anderen Anblick dar, wie neulich bei dein Balle.
Das Kasino des x teil Garderegiments bot heute einen Die Offiziere speisten im sogenannten kleinen Saal. Die lebens¬ großen Bilder der preußischen Monarchen schmückten die Wände,
Grabkapellc versammelten sich die wenigen Leidtragenden, welche ihr die letzte Ehre erweisen wollten. Auch Herr von Ring tvar unter ihnen und legte einen Kranz am Sarge nieder.
dazwischen erhoben sich Waffentrophäen,
Fräulein",
das mächtige eichen-
Büffet bedeckten loerthvolle Krüge, altmvdischeSchüsselu, prächtige Bolvleu imb Prunkgcfäße, meist Geschenke von ehe¬ maligen Regimeutskameraden oder fürstlichen Persönlichkeiten, gcschnitztc
welche hier verkehrt hatten.
Den größten Raum nahm die in Hufeisenform gedeckte Tafel ein, an welcher die Herren speisten. „Wißt Ihr ganz etwas Neues?" fragte Lieutenant von Ring, indem er den Saal betrat.
„Nun?" „Nun?" „Avancement?" „Versetzungen?" „Nein,
fehlgeschossen!
Mein Kommandeur hat „Nicht möglich."
sich
„Der alte Ohlefeld?"
verlobt."
„Verlobt?"
„Gegen tuen denn?" riefen die Herren durcheinander. „Mit dem allerliebsten Fräulein von Nohdelvald, die er neulich hier einführte," ließ sich jetzt Herrn von Rings Stimme Vernehmen. „Nicht übel, zu der netten Konunandeuse kann ich
mir gratnliren," fuhr
er heiter
fort, indem
er seinen Platz
einnahm.
„Na, na, Buffo," drohte
„Keine Gefahr vorhanden!"
„Du
sollst Recht haben, ängstigen
„Das war
wir uns nicht, ivcr bei
dem
kommen
so
die
Wort, Freundchen. Ordonnanz, eine Monopole, gut kalt gestellt! Mir als Adjutant steht es zu,
ein großes
das freudige Ereigniß meines Kommandeurs im edelsten
Bier Gläser!" Bald stand die rothgelackte, dickleibige Flasche im Eis¬ kübel vor seinem Platze. Sein Gegenüber und die beiden N'aß zu begieße»!
Nachbarn zur Rechten und zur Linken einladend, tranken
sic
in schäumendem Champagner das Wohl der Verlobten. „Heda, Ordonnanz, ein Depeschenformnlar und Blaustift!" rief Herr von Ring jetzt wieder.
„Im
Dies wünscht mit Herz und Mund und Hand, von Ring, der treue Adjutant."
Buffo und das Papier, tvie eine
„Der
erste
trübe bei Seite. mnth berührte,
sie durch
Verlobten ab.
Eilt Zufall fügte es, daß Herr von Ring heute einen Jagdausflug unternahm und dem Major mit Lori mtf dem Anhalter Bahnhof begegnete. „Das trifft sich ja ausgezeichnet", wandte sich Tancred an ihn, „einen besseren Schutz könnte ich mir ja für meine
und reichte
dem er sich erbat, das Gepäck zu besorgen.
„Danke, danke", sagte Lori. „Das hat — meüT— mein Bräutigam schon gethan." Sie stiegen ein, Lori fuhr im Damenwagen, während von Ring in einem benachbarten für Raucher Platz nahm. — Jetzt ein gellender Pfiff der Lokomotive, der Major^umarmte seine Braut tioch einmal, und etwas wie Neid erfüllte dabei plötzlich die Brust seines Adjutanten. Nun brauste der Zug aus dein Bahnhof, Ring sah noch lange die grüßende Hand Herrn von Ohlefeld's, dann zündete er sich eine Cigarre an und lehnte sich in die gepolsterte Ecke zurück. Er hatte sich unendlich auf die'hübsche Jagd gefreut. Tage lang beschäftigte er sich schon im Geiste damit.
zusammen?
Depesche zusammen¬
faltend, übergab er einer Tischordonnanz, um es sofort zu Frau von Rvhdewald zu tragen, denn wo konnte sich Herr von Ohlefeld jetzt ivohl anders aushalten als da. Er hatte richtig vermuthet, der Major tvar allerdings dort. „Eine Depesche," damit huschte Christiane in das Sterbezimmer, wo Lori mit Tancred noch neben der Leiche saßen.
Der Major erbrach sie, las müthig lächelnd seiner Braut.
Unter den obwaltenden Umständen konnte selbstredend das junge Mädchen nicht allein in Berlin bleiben, und noch am Begräbnißtage reiste sic zu einer entfernten Vertvandten ihres
— Jetzt dachte er kaum mehr an sie, seine Gedanken flogen immer wieder zu Lori hinüber, die Wand an Wand mit ihm dahin fuhr. — Wie lächerlich, warum setzten sie sich nicht
perlenden Champagnerwein
Soll Euer Wohl getrunken sein!
schrieb
schienen.
Braut gar nicht wünschen." „Was in meinen Kräften steht, soll geschehen", antwortete Buffo und wollte gleich mit seinem Ritterdienste beginnen, in¬
sein Nachbar.
oft glüht, wie unser Freund Ring, Flammen nie zum Ansbruch."
„Empfangen Sie mein innigstes Beileid, niein gnädiges sagte er, Lori bewegt die Hand reichend, „und meine herzlichsten Wünsche für die Zukunft. Das Leid zugleich und die Freude liegen im Leben oft so nahe beisammen, das Eine mildernd, die Andere schmälernd." Wie tveich und ergriffen er sprach. — So schön, so ganz Bild edelster Weiblichkeit war Buffo Lori noch nie erals
sie weh¬
Glückwunsch," sagte Lori leise und legte sie Wie wunderbar sie dieser schäumende Uebcrhier an dem Sterbelager der geliebten
Mutter! Zwei Tage später trug man die irdische Hülle der Ver¬ storbenen auf den Garnisvnkirchhof, um sie da neben ihrem Heimgegangenen Gatten zur ewigen Ruhe zu betten. der
In
Das traurige Ereigniß der letzten Tage mußte natürlich in der Einsamkeit erst recht auf das arine Mädchen einstürnien. Warum durfte er sie nicht davon abzulenken suchen? — Es würde sich nicht schicken. — „Schicken ? — Abgeschmackt! — — Was doch die Welt für unsinnige Regeln ausklügelte,
jetzt
um den Menschen das Dasein zu erschweren!" Oder bedurfte sie seines Trostes nicht? — Genügte ihr das Bewußtsein, einen Ersatz für die verstorbene Mutter in ihrem Verlobten gefunden zu haben? In Buffo's Gemüth ging cttvas Seltsames vor. — Leise Zweifel daran stiegen in ihm auf und diese bekümmerten ihn, erfüllten ihn mit Sorge um die Zukunft jenes Mädchens. —
— „Aber warum nur?" — Er suchte sie zu verscheuchen. — „Was geht mich eigentlich ihre Zukunft an?" flüsterte er vor sich hin ruid fand keine Antwort darauf. Der Zug hielt, eine längere Pause in der Fahrt trat ein.
!
;
211
„Haben gnädiges Fräulein irgend welche Befehle für mich?"
künftiges Heim
so prächtig als möglich auszustatten bestrebt Nun war die Einrichtung der Wohnung beendet, Herr
fragte er, an das Fenster ihres Wagens tretend.
>var.
„Nein, ich danke sehr." „Vielleicht? — halt — — —." Er sprang von dem Trittbrett und kehrte bald darauf mit zwei schönen Apfelsinen
von Ohlefeld reiste zu seiner Hochzeit ab und wußte bei seiner
„Das wird Ihnen „Ich danke herzlich."
zurück.
Ankunft Lori nicht genug von dem freundlichen Entgcgenkommen und dein feinen Kunstverständniß Busso's
Sie
angenehm sein, Baronesse."
Lori's
lobten zum
streifte sie die Handschuhe ab.
—
ließ
sich
die
Kommandostiiumc
des
Schaffners vernehmen.
Buffo schwebte während der Weiterfahrt immer die zarte, Hand Lori's vor, selbst im Halbschlummcr sah er sie. Ach, und diese feinen Züge, noch mehr gehoben durch das schwarze Florhütchcn, welches ihr Gesicht umschloß. Er begriff gar nicht, daß ihn früher ihre eigenartige Schönheit nicht so begeistert hatte, wie sie e§ heute that, daß ihr mädchenhaftes Wesen ihn nicht unwiderstehlich angezogen hatte. Ja, ja — der Major war wirklich um ihren Besitz zu weiße
beneiden!
In
Dcssati trennten sich ihre Wege.
Herzliche Wünsche
— — Dahin fuhr Lori dorthin Buffo. „Herr von Ring war reizend gegen mich" — schrieb Lori an Tancred, als sie am Orte ihrer Bestimmung angelangt >var. Der Major lächelte glücklich, cs war der erste Brief von der Hand seiner Braut. für das
gegenseitige Wohlergehen
wurden ausgetauscht.
„Ich auch
Lori,
alte Möbel nicht bei Seite „Alan hat jetzt so wundcrhübsche Schränke und dieser hier scheint mir doch ein wenig ■ui altmodisch zu sein." Der Major brauchte die Ausgaben nicht zu scheuen, denn ihm war von seiner verstorbenen Frau ein erhebliches Ver¬ mögen zugefallen, das wußte Buffo ganz genau. „Nein, nein!" entschied er jedoch, „ich möchte ihn nicht missen, es hängen zu viele Erinnerliugcn daran." Ring fügte
cS
mir mit Freuden
ich nicht
— — ?" fragte Buffo.
„Nein, Sie meiner Gattin
ich danke sehr, das besorge ich stets selbst, leisten
j
!
j
dieses
und hatte in dieser Beziehung noch manchen Kampf mit winem Kommandeur zu bestehen, der seiner Ansicht nach ein wenig übertrieben an dem Alten hing, während er Loris zu¬
ich wußte längst, daß ich
wird
Doch meine klar, wie aufmerksam und galant er ist. jetzt mußt Du mich einen Augenblick los lassen, ich will
„Darf
so lange Gesellschaft." Tancred schritt die Empfangsbahn entlang und während er mit dem Gepäckträger verhandelte, gingen Lori und Buffo langsam auf und ab. „Die schönen Veilchen — oh, ich liebe sie so sehr." Lori in sichtlichster Verlegenheit, vergrub das Gesicht in dem Strauße. — Sie mußte unwillkürlich daran denken, wie sie au jenem Sonntag mit ihrer Mutter vor dem Schmidt'schcn Blumenladen stand und ihr der Besitz eines solchen Straußes als etwas Unerreichbares dünkte. — Und nun besaß sie einen solchen, Herr von Ring verehrte ihr ihn an ihrem Einzugstage als junge Frau des Majors. — Wer hätte das damals gedacht! Buffo unterhielt sie, aber es wollte nicht recht gehen. Er fand die Befangenheit der jungen Frau begreiflich und verab¬ schiedete sich schnell, als der Major zurückkam. „Das dauerte ja lange," hörte Ring noch Lori sagen. „Es war gut, daß ich selbst hinging, sonst würde das sicher Konfusion gegeben haben."
Das junge Paar bestieg die Droschke, der Bursche schwang sich auf den Bock und fort ging's durch die tageshell erleuch¬ teten Straßen der Hauptstadt. Der Wagen hielt.
bellen?" fragte der Adjutant eben.
nch
Ihnen, lieber Ring,
mich nach dem Gepäck umsehen."
begann.
„Aber wollen wir
danke
einen tüchtigen Adjutant halte, nun
III. Nun zeitigte der Herbst schon goldene Früchte, Berlin war wie ausgestorben. Die vornehme Welt weilte noch in den Bädern oder auf dem Laude und die Garde war noch im Manöver. Auch Herrn von -Ohlefelds Regiment war ansEr schien wie verjüngt. Niemand hatte ihn je so gcrückt. guter Laune gesehen. Nur wenige Wochen noch und Lori sollte ganz die Seine werden! Buffo, der in diesem Manöver nicht so ausgelassen war, als sonst, kain die frohe Stimmung seines Kommandeurs zu statten. Eingehend besprach er mit ihm Dieses oder Jenes, dessen künstlerischen Rath bei seinen dcmnüchstigcn Einkäufen in Anspruch nehmend. „Viel brauche ich nicht anzuschaffen, die Wohnung ist ja vollständig eingerichtet, aber Verschiedenes wird doch nöthig werden und Sie verstehen sich besser darauf, als ich." Ring wußte ausgezeichnet Bescheid und hielt mit seinem Rathe dem Major gegenüber nicht zurück. Nun war es sotveit, die Truppen rückten wieder ein und die Thätigkeit in der neu eingerichteteil Wohnung des Majors
erzählen.
Wie Lori das Herz schlug, als sic am Arme ihres Ver¬ Altar schritt, wie innig sie es empfand, daß Tancred ihr eine so bevorzugte Lebensstellung gab und sie der traurigen Nothwendigkeit entriß, sich in fremden Häusern ihren Unterhalt selbst verdienen zu müssen. Wie dankbar lvolltc sic ihm sein und ihm seine Güte durch hingebende Liebe lohnen. Das .Ja' und ,2li»en‘ in der Kirche war verklungen, ein einfaches Mahl hatte die wenigen Hochzeitsgüste vereint und das junge Paar trat die Reise in seine demnächstige Hcimath au. Klopfenden Herzens näherte sich Lori der Reichshauptstadt, jetzt pfiff der Zug, hielt und ihr erster Blick fiel auf Buffo von Ring. Das Gaslicht bestrahlte voll seinen blinkenden Helm und beleuchtete den Strauß aus Veilchen und weißen Rosen, den er in der Hand hielt. „Wie freundlich von Ihnen, Herr von Ring," dankte Lori, die Blumen entgegennehmend, dabei den Arm ihres Mannes nicht lassend.
schmale Hand streckte sich
ihm entgegen und freundlich lächelnd nahm sie die Gabe. Nun
„Einsteigen!"
31 t
nickte, aber sagte Nichts.
„Wir
sind zu Hause," flüsterte Tancred zärtlich und bot
dem zitternden, zarten Geschöpfe
Mit |
der Rührung kämpfend stieg
stand
wohin
die Hand
Lori
zum
Aussteigen.
die Treppe hinauf und
Licht, Blumen, bald in der erleuchteten Wohnung. sie sah und in der Mitte des Eßzimmers ein für zwei
Personen gedeckter Tisch.
„Wie traulich!" rief schmiegend.
sie, sich liebevoll an ihren Gatten
212
„Der Herr Adjutant ist hier gewesen und hat Alle? an¬ geordnet, die Blumen da im Tisch lind an den Fenstern hat er auch gebracht," meldete in dienstlicher Haltung der Bursche. „Hübsch, hübsch, solche kleine Aufmerksamkeiten berühren doch angenehm, nicht wahr Lori?" „Gewiß," sagte sie, Hut und Mantel ablegend. Der
i4)
Johannes Wedigcil. Eine Berliner Geschichte von Oskar Schwebet.
Bursche trug die Sachen hinaus.
Nach wenigen Augenblicken schon schritten sie über die lange Brücke hin. Die freudige Erregung, welche die Stadt durchlvogt hatte, war wiederum geschwunden; düster lag das nächtige Berlin vor ihnen; die einzelnen Lichter spiegelten sich
„Mein Herzens-Tancred!" rief die junge Frau plötzlich, lind warf sich wahrhaft stürmisch an die Brust des Majors, der sie innig küßte. Nlin umfaßte er sie und führte sic durch die Wohnung.
nur trübe in dem Flusse wieder. Der greise Schloßdiener ging, ein Körblein und eine Fackel tragend, ihnen voran. Es, war eine tiefe Erregung, welche sich der Gräfin be¬ mächtigt hatte. Allein es war nicht die Siegesfreude, welche
Ohlefeld
ihre Seele bewegte, — nicht der vaterländische Zorn und die Begeisterung; — es war vielmehr ein frauenhaftes Bangen. Der Offizier, welcher ihr den Arm geboten hatte, glaubte das Pochen ihres Herzens
Du ganz
zu vernehmen.
„Sieh, das Ziminer."
ist
Dciil
„Allerliebst, und wo ist
ich
Dcins?" „Hier nebenan." „Nun, dann werde wohl meist dort sein." Hera von
lächelte. „Wenn
still sein willst. Du weißt, ich
habe viel zu
„Wenn diese Angriffe wiederholen?" öfter sich fragte sie ihn jetzt. „Wenn Graf Banner es wirklich wollte, daß das alte Haus das der Hohenzollern Flmdament seiner Große, die Mark, verlöre, — ivcnn Lilich oek und Buttler
thun."
„Vielleicht kaun ich Dir bei Deiner Arbeit helfen." „Wir wollen sehen." Die Thür zum * Herrenzimmer
trat
er
öffnend,
mit Lori ein. Den
Avant-Garden
Kops ein wenig geseilkt,
nur
führte er sie an seinen Schreibtisch, dann hob er langsam die Augen, blickte nach obeil und deutete auf drei Oelgenrälde, welche dort an der Wand hingen.
einer Streitmacht gewesen
wären, welcher mir nicht zu widerstehen vermögen?
— Wenn Hermann Wrangel sich init Graf Banner verbindet? — Mir schwin¬ den die Gedanken, mein
„Meine verstorbene
Herr Obrist,
Frau und meine beiden Kinder," sagte er leise und
wenn
ich
Möglichkeiten alle mir vergegenwärtige! — Wenn diese kühnen Schwe¬ denkrieger unser Branden¬ burg für alle Zeit ver¬ diese
konnte es nicht verhindern,
dabei aufzuschluchzen.
„Mein liebcrMann,"
nichten wollen, — waS
flüsterteLvri, ihn sanft um¬ schlingend, „ich werde
Dir
die
kümmert
sie die Pest?
--
die liebe
Sie werden kommen, um
Entschlafene zu ersetzen."
selbst über Leichenhügeln
versuchen,
ihre Banner aufzupflanzen. Was dann, mein Herr von Rochow? — Ja, meine Seele jauchzte, als ich heute die Trophäen sah ; — jetzt aber bangt mir ivieder. Ich bin ein schwaches Weib ja nur!"— „Fürchtet nichts, gnädige Gräfin!" sprach Rochow fest und entschieden. „Ihr habt mein Wort, — und, wie der Herr von Knesebeck es sagte, — wir wollen treu sein bis zum Tode! Allein n o ch such' ich Rettung. Ihr habet mein Gelübde wohl gehört: .Wir wollen und wir werden Deutsche bleiben!'
Tancred nickte und wandte keinen Blick voll deni Bilde seiner ersten
Gattin.
„Sie war
ein Engel, ach und die beiden süßen Knaben." Kein Laut im Zimmer. Noch immer ruhte sein Auge auf dem Gemälde, wie im Gebet versunken stand er davor, scheinbar die Gegenwart der jungen Frau ganz vergessend. „Komm," sagte sie sanft und zog ihn mit.sich in das Speisezimmer.
„Verzeih, meine
süße,
verständnißvolle Seele,
aber die
alten Erinnerungen drängten sich mir jetzt geradeso mächtig auf." (Fortsetzung folgt.) j
— Das will ich halten! Und darum habe ich beschlossen, einen Schritt zu thun von ernstester Bedeutung." „Ihr wollt Euch an das Volk der Marken wenden, Obrist Rochow?" fragte die Gräfin hocherfreut.
213
„Nein,
Fräulein!
Denn es würde nutzlos In der edlen Begeisterung Eures Herzens übersehet sein! Jhr's, wieviel sich dem entgegenstellt, daß unser Volk sich waffne! — Ja, wenn sie allzumal sich so beweisen würden, wie die Bürger von Berlin! — Das dürfen wir indessen nicht erwarten; — nicht überall giebt es so treue, muth'ge ituinner, wie den Bürgermeister Wedigen. Und dann nur darf man ans den Landmann zählen, wann er den eigenen Hecrd vertheidigen soll! Im Kampfe, — in der Feldschlacht aber, — im Todesringcn mit den eisernen Schivadronen Schwedens, den ofterprobten, sieggewohnten, — was kann der brandenburger Bürger, der märk'sche Landmann da wohl leisten? Es hieße, sie dem sichern Tod entgegenführen, gnädig' Fräulein, ivenn ich befolgen wollte, was Ihr riethet: mit Feuerworten sie zum Kampf begeistern. Nur fluchen würde mir die Mitwelt und die Nachwelt!" gnäd'ges
—
Gott vor!" sprach Moritz Rochow ernst. „Ich bin ein Brandenburger und als Brandenburger will ich sterben. Ich werde meines Fürsten Banner halten, bis ich selber falle! Allein es bleibt mir keine Wahl; — ich muß die Kaiserlichen
„Da
sei
mahnen, diese Städte zu beschützen."
Die Gräfin schüttelte ihr schönes Haupt. „Wie so ganz anders," sprach sie traurig, „hab' ich mir die nächsten Wochen vorgestellt! Ein Volk, begeistert sich erhebend für den Fürsten, — Feuer auf allen Bergen, — Glockenklang in allen Städten, — ein Ziel und ein Gedanke, — ein heilig' Zürnen und ein heilig' Streiten nur! Und dann ein Held als Sieger, — als Befreier seines Vaterlandes, — ein Mann, dem alle Ein Siegesfest dann, hoch und Herzen ft'vh entgegenschlagen! hehr, und eine neue Zeit, — Tage des Friedens und des Glückes, die alle Wunden heilen! Wie hab' ich mich getäuscht!" „Ihr thut mir schmerzlich tvehe, gnädige Gräfin!" erwiderte
Der Lützowptatz.
Die Gräfin war betroffen. Ihr klarer Geist aber mußte dem ernsten und besonnenen Manne neben ihr Recht geben. „Und Ihr gedenkt zu thun?" so fragte sie fast zagend. „Wir sind von Herzen Märker und das »vollen »vir auch bleiben!" fuhr Rochow fort. „Neben dem brandenburgischen Adler aber führen wir schon seit dem Prager Frieden des Kaisers Wappen und Namenszug in unsern Standarte»» und Fahnen! Den» Kaiser haben »vir geschworei» und nur ,anstatt seiner" unser»»» gnäd'gen Herrn. Was bleibt mir da zu thun? — Graf Gallas steht bei Jüterbogk; — ich muß ihn rufen, uns zu helfe»»." „Mein Gott ni»d Herr!" rief jetzt die Gräfin fast erschrocken ^us. „Die Kaiserlichen also nur anstatt der Schiveden? — - wohl, — ich sehe es; — das Haus der Hohenzollern hat die Mark verlöre»»! Es rächt sich fiirchtbar, »vas »nein arm er Letter in seines Willens Unentschlossenheit versäumt hat."
der Obrist.
„Allein
ich
bin ein Mann und
stehe
in verantwort-
Der Ernst, mit ivelchem ich die Dinge hier — er ist ein bester' Zeugniß für mein Wollen, — ist eine gültigere Bürgschaft auch für »nein Vollbringen, als licher Stellung. betrachte,
ivenn ich schivärinerisch mich Hoffi»ungen hingäbe, die sich in» nächsten Atrgenblicke schon als trügerisch erweisen müssen. Vertraut mir, gnäd'gc Gräfin! — Ich mein' es treu, u»»d meines Fürsten Zukunft
gilt
n»ir
Alles! Mit
jener leiden¬
gilt's Thatkraft u»»d durch¬ jetzt dringend scharfe Klugheit z»» verbinden. Nur so erscheint das Heil uns, dessen Kommen ich mit Zuversicht erwarte." Es lag ettvas in seinen Worten, »vas sie zugleich deinüthigte Sie zögerte nicht, die Empfindungen ihrer Seele »>i»d erhob. „Ja, Herr von Rochotv," sprach sie, „Ihr habt auszusprechen. »vohl Recht. Es »var ein schöner Trarin», der vor mir ausschaftlich heißen Liebe,
die ich dem Vaterlande »veihe,
jedoch, den tiefsten Erlist, die reifste
214 Nichts weiter! Ich fühl' es Wohl; — der Sturm des Lebens knickt jedwede holde Blüthe; — im Licht der Sonne welkt die Blume, deren Kelch in hochgeweihter Nacht sich einst erschloß! Weh' dem, der je geträumt, — der je dem Fluge der Begeisterung sich überließ! — Es ist sehr schmerzhaft, wenn man das erkennt. Allein ich freue mich, in gestiegen
Euch den
Durch „ihre Lieder", wie Mine ihr Siitgen nennt, trat sie oft selber mit in den Vordergrund.
war!
Mann
der wohlcrwog'nen
der kaltverständ'gen
That
That!"
zu
bei musikalischen Leistungen
In
einer
großen
Geheimrath Dr.
bei
Gesellschaft
Jüngken,
Milder und Beifall floß ihr selbst sängerin
dem
saug sie ein Terzett
Der
Hatten die Schwestern int Hnfelandschen Hause bereits
(Fortsetzung folgt.)
auch eines Abends
Äus Ält-Berlincr Kreisen.
dessen
(Schluß.)
so
den
sollten sie eben daselbst
Alexander von Humboldt
kennen lernen,
Vorlesungen gerade das Gesprächsthema an allen Berliner bildete.
Theetischen
„Kollegia"
die eigne Häuslichkeit denSchwcsternBardua
Maaß,
Opern¬
Reichlicher
neben diesen beiden Größen zu. Abend blieb ein Lichtpunkt in ihren Lebenserinnerungen.
finden, den Mann
des Anregenden und Bedeutenden ein reichlich
Augenarzt
mit der
berühmten Sti'nner.
Hosprediger Strauß kennen gelernt,
Bot solchergestalt
bekanittcit
dem
Nachdem
Mine
gleichfalls
drei
dieser
besucht, gesteht sie, auch nicht das Geringste davon
erfaßt zu haben. Aber ein auserwähltes Publikum, der Hos, die Minister, Generäle mit ihren Damen seien dort versammelt
so fehlte
es ihnen auch' außerhalb derselben nicht an angenehmen Ein¬
Für Bline kamen noch die musikalischen Genüsse hinzu, Berlin damals durchaus nicht arm lvar. So erzählt uns von einer Aufführung des „Todes Jesu," der sie am
drücken.
gewesen.
an denen
„Mau sieht da," berichtet sie, „die schönsten, stolzesten Frauen in Sammet, Zobel und Blonden gekleidet. Der bunte Anblick müßte für Jeden überraschend sein, der plötzlich in den Saal wate. Aber die lieben Frauen, sagt mir eine innere Stimme, gehen auch nur um dieses Glanzes willen hin, denn wo ist in ihren Zügen eine Spur von der Sammlung, von dein Ernste zu sehen, mit dem die gelehrten Worte des merkwürdigen Mannes gehört sein wollen, um nicht nutzlos am Ohr vorüber zu schweben. Gerade den Berlinerinnen traue ich am wenigstens Sinn für die Natur zu, deren vertrautester Freund Humboldt ist. Um ihr in ihre Tiefen zu folgen und das Gewaltige und Erhabene in ihr mit Liebe zu umfassen, muß man schon mehr mit ihr gelebt haben, wie sie es zu thun pflegen." —
sic
Ostersonnabend 1827 tu der Garnisonkirche beigewohnt, und bei der „Mamsell Sonntag" die Arie: „Dli Held," vorher das Recitativ: „Gethsemane" und die Arie: „Singt dem göttlichen Propheten," entzückend schon vorgetragen hatte. Die Kirche lvar überfüllt. Besoilders begeistert zeigt sich Bline im Jahre darauf durch die Sängerin Tibaldi, welche am Königstädtischen Theater
gastirtc.
„Sv
wie diese," schreibt sie, „haben mich noch keine mensch¬ Aber ich habe auch noch keine Sängerin gesehen, deren Gestalt und Züge so einnehmend mitwirkten, wie es hier der Fall ist. Alle gepriesenen Theaterschönheiten verschwinden in meinen Augen gegen dieses Gesicht voll Charakter, Geist und Lebendigkeit. Ich habe sic in der Rolle des Fiorillo im „um¬ geworfenen Wagen" zweimal, und einmal als Jsabella in der „Italienerin" gesehen. Die Rolle des jungen Florentiners ist wie für sie gemacht. Den Männern, welche Neigung zur Eifersucht haben, lvill ich nicht rathen ihre Frauen oder Bräute in den „umgeworfenen Wagen" zu führen. Fiorillo zieht die Herzen aller Frauen un¬ widerstehlich an sich. Jeder Mann, sei er noch so schön oder licbenslvürdig, erscheint daneben plump und hölzern. Daher mag cs denn auch kommen, daß im Ganzen das männliche Publikum aus der Tibaldi nicht viel macht, schon weil es ihr in den weiblichen Rollen an Koketterie fehlt. Ich habe mir einiges aus dem „um¬ geworfenen Wagen" angeschafft unb fühle einen glühenden Eifer es Es gelingt so zu singen, wie es mir noch vor den Ohren klingt. mir auch nicht übel." — Und wiederum ein Jahr später (1829) von einem anderen Heros der Musik: „Gestern haben wir einen außerordentlichen Menschen gesehen und bewundert: den berühmten Violinspieler lichen Töne clektrisirt.
Paganini,
Die gesellschaftliche Stellung der Schwestern in Berlin
| !
sich
jetzt
des Barduaschen Kreises, dem er sein anmuthiges Talent oft durch hübsche Gelegenheitsgedichte dienstbar machte. Eine junge Freundin der Schivestern, die sich durch große Bescheidenheit
hatte dennoch einmal den Wunsch laut werden lassen bei einer kleinen Festlichkeit, die Tischnachbarin des Dichters sein zu dürfen. Mure verrieth ihm dies stille Begehren und er richtete an die beglückte junge Dame folgende frenndauszeichnete,
!
liehe Verse:
Lenz und Winter. Meine Illuster spricht, mir brächte» Hunne Männer nicht Gefahr, Den» ich hielte mich zu denen, welche fast schon sechszig Hahr.
der alle Welt herbeiströmen macht, ob er gleich zwei Gewiß gehört dieser wunderbare Mensch
Thaler Enste nimmt.
Von der unglaubliche» Vollkommenheit seiner Kunst kann man gar nichts sagen. So etwas Außerordentliches läßt sich nicht beschreiben. Auch kann man nicht sagen, wie originell und einzig seine Person und ganze Er¬ scheinung ist; wie seltsam sein düstres, wildes Aussehen und sein äußerst linkisches Benehmen mit der Furchtlosigkeit und ruhigen Sicherheit kontrastirt, mit der er frei auf einer Erhöhung ohne Notenpult stehend, vor der staunenden Menge seine Wunder entfaltet. So schwer es uns anfangs ward, aus unsrer kleinen Kaffe vier Thaler für einen Abend zu erübrigen, so würden uns doch jetzt vier Thaler sehr wenig erscheinen für einen nochmaligen Genuß des Seltensten, das man hören kann." —
mehr unb mehr befestigt. Dienstag Abends pflegten regelmäßig Gäste bei sich zu sehen, unter denen Henriette Herz, Mendelssohn-Bartholdh, Hitzig, Frau von Wöst¬ mann, Herr von Patow, Hufeland und viele Andere mehr genannt werden. Honwald war und blieb ein treuer Anhänger hatte
sie
Und sic fragt: „Ulan denn die Nose Lieber nicht dem Lenz erblühn, Als dem alten, kalten Winter, wo die rauhen Lüfte zieh»?"
zu den seltensten Erscheinungen, die cs giebt.
Illuster, hast wohl Hecht, ich habe Hmmerdar Dein Wort geehrt. Doch es haben Len; und Winter Auch gar manches mich gelehrt. Sieh im Lenze blühn die Blumen
Zwar in ihrer vollen Pracht, '
Doch es schwärmen Schmetterlinge sie her bei Tag und Nacht.
Um
215 Raum erweckt ist eine Blüthe, Aus der stillen, süßen Null, 5o entflieh» die bunten Schwärmer, Eilen andre» Blumen zu. Und wen» tausend Vögel singen, Und wenn Bien' und Raser summt,
Stand' ich, wär'
ich eine Rose,
tvohl befangen und verstummt. Menu hernach der beiße Sommer Seine gold'nen Früchte reift, Und der frohe, rüst'ge Schnitter Zu der scharfen Sichel greift;
wenn der Winzer von der Rebe Sich die süße Traube bricht, Da gedenkt er nur der Ernte, Au die Rose denkt er nicht. Statt der bunten Schmetterlinge, Fliegt der Vögel muntres Heer Naschend bald zur gold'nen Traube, Bald zur Garbe, Rörner schwer. Ach, wie würde doch mir bangen, ich dann die Rose sein!
Sollt'
Sicher glühten mir die Wangen, Und ich hüllte tief mich ein. —
Aber wenn der Winter nahet Und die Blumen sind verblüht,
wenn die Schmetterlinge
schlafen
Und der Vogel südwärts zieht;
wenn im Hauch der kalten Nächte Still das Laub vom Baume fällt, Und allein die alte Eiche Noch die falben Blätter hält;
Sich, daun steh' ich ohne Bangen dem alten Eichenbaum, Und mir klingt sein leises Rauschen wie das Lied aus süßem Traum. —
21»
Mutter, laß mich immer weiden, das Herz mir ruhig schlägt, Bis der Lenz de» Gärtner sendet. Der nach Deiner Rose frägt.
wo
In
besonders freundschaftliche Beziehungen waren die Schwestern zum Hanse des berühmten Juristen, späteren Ministers
-oh Savigny getreten. In einer der schönen Soireen, die gab, war ausnahmsweise auch die Schivester seiner Gemahliit, Vettina oon Arnim anwesend. Es war gegen das Frühjahr s 33.
Wilhelmine hatte einige Gesangsstücke sehr glücklich vorgetragen. Bettina, dadurch für sie gewonnen, setzte sich zu br und verwickelte sie in ein langes Gespräch über Btusik, ;
ndem sie sich nebenher
in so übermüthig kecker Weise über die im Saal versammelte Gesellschaft lustig machte, daß die st"tc Mine dadurch in die größte Verlegenheit gcricth. Interessant ''»dessen war die Sache doch, um so mehr, als schon am anderen Morgen Frau von Arnim die Schwestern aufsuchte, die sie bald darauf auch gastlich im eignen Hause empfing. Äiine beklagte dabei nur, daß diese hübsche Bekanntschaft sich erst am Schluffe des Winters gemacht hatte und vermuthlich auch wohl mit Aber diesem wieder zu Ende gehen lvürde. stanze,
darin irrte sich
nicht
sie.
Die
wieder und
rasch
geschlossenen Beziehungen
beide Schwestern
blieben
lockerten
bis an ihr
Lebensende der genialen Frau und ihren schönen, geistvollen
Töchtern in treuer Freundschaft verbunden. Auf Mine besonders übte Bettina, durch die es ihrem eignen rastlos strebendem und ringendem Gemüthe recht zum Bewußtsein kam, wie der Mensch nur durch seine innere Entwicklung glücklich ivcrden könne — bedeutenden Einfluß aus. Sie wußte viel zu erzählen, wie
traulich sich auch äußerlich dieser Verkehr gestaltet hatte, wie viel glückliche Stunden sie durch ihn genoß. Am Theetisch der Frau von Arnim zeichnete Karolinc dieselbe, während sie den Schwestern den „Semilasso" des Fürsten Pückler vorlas, eine Lektüre übrigens, der Mine auch nicht den geringsten Bei alledem war cs nur Geschmack abgewinnen konnte. betrübend, daß Bettina sich mehr und mehr weigerte, in Gesellschaft zu gehen, so daß es auch Varduas nicht gelingen wollte, sie für die eignen kleinen Empfangsabendc zu gewinnen. Im Sommer 1835 stellte der Geheimrath Karl Ferdinand von Graefe, während einer längeren Abwesenheit, denSchivcstern seine
Villa im Thiergarten
bei
Berlin zur Verfügung, wo
sie
nun in
anmuthigster Umgebung die Besuche ihrer Freunde empfingen. Houwald kam auch hierher; cs kam der Prediger Moliöre mit seiner Familie, Rauch mit seiner Tochter und seinem jungen Schüler Friedrich Drake, über den der Altmeister
einmal gegen Mine äußerte: ein Talent, wie das Drake's, zeige nur von Jahrhundert zu Jahrhundert. Als Mine später der Schwester zum Geburtstag die eben dem Publikum übergebene Drake'schc Madonna, auf passender Konsole, unter einem Glaskasten, der sie vor Staub schützte, schenkte, war Drake selber bei Aufstellung der Statuette in der Bardua'schcn Wohnung behülflich. In aller Stille machte sich sich
Mine Vorwürfe, 12 baare Thaler für das Geschenk ausgegeben Sie bittet Gott förmlich, sie wegen solcher Ver¬ zu haben. schwendung nicht zu strafen; sie habe es ja doch nur der Schwester zu Liebe gethan! Als sich aber dann Abends, ohne Karolinens Wiffen eingeladen, eine auserlesene kleine Gesellschaft bei den Schwestern versammelt: Rauch, Tieck, Drake, Devrient und einige Damen — als alles glücklich verläuft und das schöne Kunstwerk dem Stübchen eine so besondere Weihe giebt,
da schwinden Mines Bedenken alle zu gerührter Freude hin und sie kann die große Ausgabe ferner nicht bereuen.
Ein Aufenthalt der Schwestern in Dresden während des Spätsommers 1839 veranlaßte Minen, eine kleine „Relation Wiederum er¬ über Dresden und Berlin" niederzuschreiben. wachte der Wunsch in ihr, sich auch einmal gedruckt zu sehen. schickte ihre Arbeit an die Malerin Louise Seidlcr für die Frauenzeitung nach Weimar. Das Porto für die Sendung betrug 18 Silbergroschen und da kamen Minen abermals recht ernste Sorgen, daß bei Ablehnung des Manuskriptes dies Unter¬
Sic
nehmen statt Gewinn zu bringen ihr theuer zu stehen kommen
lvürde.
Leider erhielt
sic cs
auch
wirklich,
gerade zu Weih¬
nachten, wegen Eingehen der Frauenzeitung zurück.
In Dresden,
wo Karoline den Landschaftsmaler Friedrich, deffen eigenthümlich mystisch, aber immer poetisch gestimmte porträtirte, sahen Bilder ihrer Zeit hoch geschätzt wurden die Schwestern eine alte Freundin, die Malerin Seydelmann, wieder. Italienerin von Geburt, hatte diese bekanntlich die meisterhafte Zeichnung der Sixtinischen Biadonna geliefert, nach welcher Müller seinen berühmten Kupferstich fertigte. Sic
-
216 scheint damals, zn sein.
hvchbetagt,
auch
Mine erzählt von einem
schon sehr
hinfällig
Besuche bei
Und wiederum einige Tage später: „Gestern bei Frau von Savigny, die krank gewesen ist und noch auf dem Sopha lag. Herr von Savigny kam aus seinem Zimmer. Er hatte beim Kronprinzen gespeist und ging auch zum Abend wieder aus. Ein wenig habe ich doch mit ihm über Varnhagen's Kritik sprechen können. Savigny's gute Meinung von mir ist mir ein unglaublicher Sporn zum Kultiviren meiner Gedanken. Von der Seite allein kann mir die Welt noch etwas sein." —
gewesen
ihr:
„Abends bei der Seydelmann. Wir fanden sie sehr schwach. Der Tisch stand nicht wie sonst am Fenster, sondern vor dem Sopha. Ich war betrübt, auch hier wahrzunehmen, wie schnell alle Dinge der Welt ihre heitere Miene in eine düstere verwandeln. Nach und nach indessen wurde unsere liebe, alte Freundin munterer, sogar bis zu ihrer gewöhnlichen feinen und gutmüthigen Art zu spaßen, auch tvohl zu zürnen, und die Theestunde gewann so doch noch den gewohnten heiteren Charakter. Es ist mir unendlich wohl unter diesen Menschen. Friedrichs Bild gelingt Karolinen sehr gut."
Das hier ausgesprochene Streben nach fortschreitender innerer Bildrmg und nach Vergeistigung auch der Beziehungen, in denen sie lebte, war recht Minens Eigenart und theilte sich mehr uitd mehr ihrer Umgebung mit. Der kleine Kreis um sie
Im
Jahre darauf, 1840, starben beide: der Maler Friedrich sowohl wie seine Kunstgenossin Madame Seydelmann. In Berlin brachte der Verkehr init Savigny Mnen wieder reiche geistige Förderung. Der berühmte Gelehrte scheint aber auch in liebenswiirdigster Weise ans ihr Wesen eingegangen zn sein. Das Tagebuch erzählt davon im Dezember 1839: „Vorgestern Abend waren wir bei Savigny's. Es war von Niebuhr die
her war fast immer von irgend einem inneren Interesse beseelt, welches man sich in dem Stübchen mit der Drake'schen Madonna, unter Blumen imb Blattpflanzen, lebhaft unterhielt. Eines Abends trafen Raupach und Houwald bei Bardna's zusammen; das Gespräch richtete sich auf übersinnliche Dinge, auf die Fortdauer nach dein Tode. Verschiedene Ansichten, Wünsche und Erwartungen waren taut geworden und hatten in den Gemüthern eine besondere Stimmung, besonders Nach¬ denken angeregt. Am andern Morgen kam Raupach sowohl wie Houwald wieder. Jeder hatte in einigen Versen die eigene Empfindung über das gestrige Gesprächsthema niedergelegt.
über
stiebe und ich habe bemerkt, wie die reine Freude, die
und wiederholt ausgedrückt gewonnen hat. Das macht mich recht glücklich. Ich war den ganzen Abend über¬ aus vergnügt. Zwischen meiner Freude an Niebuhr's edlem Geiste und der, welche ich an Savigny's goldenen Worten empfinde, ist ein innerer Zusammenhang, Nun gab mir Savigny Varnhagen's ich beim Lesen seines Lebens empfunden
habe,
mir in Savigny's Meinung
eine
Art Geltung
Da
Kritik über den ersten Band Niebuhr mit, um sie zu lesen. Tief und mit bewunderungswürdiger Berechnung weiß Varnhagen die Absicht zu verstecken, Niebuhr's Leben herabzuziehen. rechnung
Diese Be¬
mit kalter Abgemessenheit; wo er gereizt, ja die innere, nicht ganz reine und künstlich versteckte Absicht
treten." — Mine erkrankte, mußte einige Tage das Zimmer hüten und konnte Karolinen das nächste Mal nicht zu Savigny's begleiten. Aber sic berichtet dennoch: „Karoline war bei Savigny, der mit Herzlichkeit von mir ge¬ sprochen hat. Er hat wiffcn wollen, was ich über Varnhagen's Kritik gesagt und ob ich seinen Aufsatz, in Beziehung darauf, noch einmal durchgesehen? Gewiß habe ich das gethan. So viel es die Vornehmheit und der Ernst eines solchen Werkes zuließ, hat Herr von Savigny edel und stolz auf Varnhagen's Kritik hinge¬ zu
Ungleich einfacher, ivarmherzigcr und dadurch wohlthuender sagt der treuherzig schlichte
Houwald:
„wenn
deutet
j
hat mich unbeschreiblich angezogen, und ich nehme es dankbar in das Wörterbuch meines Geistes auf. Da, wo er von Niebuhr's Persönlichkeit spricht und sagt, wie sie so innig mit allen seinen Bestrebungen im Zusammenhange gewesen sei, bemerkt er, daß in vielen bedeutenden Gelehrten das wiffenschaftliche Vermögen ganz getrennt von dem übrigen Haushalte ihrer Seele bestehe; daß aber in Niebuhr der Gelehrte und der Mensch Eins gewesen seien. Ich wollte nur sagen, daß mir das Wort „Haushalt der Seele" so umfaffend schön und bezeichnend vorkonimt. Keinen glücklicheren Ausdruck wüßte ich für Alles, was im Innern des Menschen vorgeht und für deffen Darstellung man doch meist etwas Unzuläng¬ liches, Zweifelhaftes braucht."
gekünstelt
So auch mein Leben, das zur Tiefe geht. Ich fühl's an meines Herzens mattem Schlage, Daß bald das Uhrwerk abgelaufen steht! U)as aber dann? Das ist die große Frage, U)o ist die Hoffnungsflagge, die uns weht? Und ist sie wahr, der Weisen alte Sage: Daß mit dem Staub der Geist nicht untergeht? Zch glaube ihr! Denn tief in meiner Brust, In einer heiligen, gottgcweihten Stelle Bin ich des Götterfunkens mir bewußt. Allgegenwart schließt Alles in sich ein; Auch mein Atom ist Abglanz ihrer Helle Und so verbürgt sie auch mein ew'ges Sein."
bricht hier und da in häßlicher Nacktheit hervor. Aber nicht der Tadel ist es, der mir in dieser Kritik verhaßt ist, sondern vielmehr die Art des Lobes. In dem Tadel erblicke ich noch eine gewisse Ehrlichkeit, wahrend in dem Lobe fast überall die verborgene Leidenschaftlichkeit hervorleuchtet, Niebuhr's Geist und Persönlichkeit
und seines Freundes edlen Namen von jeder unsauberen Aber fast hätte ich ivünschen mögen, er hätte die Kritik wegen der mißwollenden Absicht, die so deutlich in ihr zu lesen ist, schärfer gegeißelt. Ein Wort in Savigny's Artikel
dieser Stelle
Etwas schwerfällig und
Raupach aus: „Die Sonne sinkt nach langerhelltem Tage!
als es offene Wo er ihn lobt, thut er ihn tadelt, ist sein Ausdruck
Berührung gereinigt.
dürste ihre Veröffentlichung an
spricht sich
hat mich mit mehr Widerwillen erfüllt,
in den Staub
sind,
geblieben
nicht ohne Interesse sein.
Leidenschaftlichkeit gethan haben würde. cs
auch diese beiden Gedichte unseres Wissens bisher ungedruckt
!
mich nach einem froh verlebten Tage Als Rind die Mutter sonst zur wiege trug, Und ich neugierig sie nach morgen frug. So sprach sie sanft: „Erspare Dir die Frage, Ein jeder Tag hat seine Lust und Plage. Daß heute Dein klein Herz vor Freuden schlug. Daß Gott Dich schützt' und liebt' sei Dir genug, Und daß ich liebend Dich zu Bette trage." — wenn nun nach mancher Freude, manchen Sorgen Mir einst des Lebens letzte Stunde schlägt, Soll ich, von bangen Zweifeln dann beregt, Dich fragen, Herr, nach einem künft'gen Morgen? Nein — kindlich glaubend halt ich mich geborgen, Als ob die Mutter mich zu Bette legt."
Walter Sckwarz.
217
Zur Entwicklung -er Westvorjta-t Gertins. Von r>r. H. Brendickc.
In
der Tagespresse wie
in Fachzeitschriften ist mehr als einmal
über die gleichsam stiefmütterliche Behandlung der Westvorstadt Berlins seitens des Staates und der Stadt geklagt worden. Der Mangel an protestantischen Kirchen, deren Zahl annähernd der Seelenzahl der Bewohner entsprechen sollte, der Mangel einerräumlich genügenden katholischen Kirche in, Westen Berlins, eines Theaters, eines größeren Schmuckplatzes, sowie das Fehlen von architektonisch hervorragenden, staatlichen und - städtischen Gebäuden
wurde mehrfach her¬
vorgehoben.
Jahre¬
lang gaben die gro¬ ßen Luftreservoire
der
Westvorstadt, die vier ausgedehnten Plätze
berechtigten Kla¬
zu
gen
Veranlassung:
der
Dennewitz-
platz
auf
den
Schöneberger
Nie-
dcrland-Enden
ent¬
lange
des
behrte
seit dem
Be¬
nutzung des 3 Ge¬ meinden angehören¬
Nollendorf-
Platzes wird der sich tummelnden Kinder¬ schaar erschwert und war bis vor Kurzem Schauplatz un¬ liebsamer Scenen, der
Magdeburger-
und den Bau einer über den Landwehrkanal im Zuge der Schillstraße
im
Jahre 1872 angelegt, mit
Brücke
seinem nicht gerade zierlichen Pflaster lag
vom Platze her¬ führend beschlossen hätte. Trotzdem ist es noch jetzt möglich,
Zeit brach als
ein Opfer fast end¬
loser, deter
endlich
been¬
Pläne und Ab¬
da
sichten,
und der letzte und geräumigste aller Plätze, der
Der Magdeburgerplatz.
Lützow¬
platz, ist ja bekannt¬ lich noch heute eine Lagerstätte für Holz, Tors, Koaks und Kohlen oder Baumaterial und der Eindruck, den er auf jeden Besucher der
Reichshauptstadt macht, kann nur recht aus der Vogelperspektive oder aus dem Fenster eines höher gelegenen Stockwerkes der daran grenzenden Häuser
eine
nicht der Magistrat Lützowplatzdas Hafenprojekt ein für alle Mal abgelehnt
der
lange
äußersten
oder
Bade¬ großartige schließlich anstalt, einen Konzert- und Kaffeegarten. Man hätte vielleicht das Land des Lützowplatzes noch in Wasser verwandelt, hätte ein Handels - Emporium des Westens und die Rhededer vereinigten Städte Charlotten¬ burg und Berlin er¬ wachsen sehen, wenn
ohne die genügende Anzahl von Ruhe¬
platz,
den
Westen
Schmuckes, ist ohne
den
1842 der Name „Lützower Weg-Straße" bei¬ 1867 empfing die Straße in ihrer ganzen
Mai
für
plastischeZierden und
die
Juli
Ausdehnung die heutige Bezeichnung. Das Andenken an preußische Feldherren ist hier im Westen verewigt durch die Namen folgender Straßen: Bülow und Dennewitz, Froben, Zielen und Derfsiinger, Keith, Winterfeldt, Göben, Blumenthal, Kirchbach, Alvenslcben und Steinmetz, ferner Preußens Geschichte durch die Namen: Hohenzollern, Regenten, Burggrafen, Nürnberg, Kurfürsten, Landgrafen. Wenn je ein Ort die Brutstätte für „Projektenmacher" war, so ist es der Lützowplatz gewesen. Zu welch wunderbaren Zwecken wurde er nicht schon in Aussicht genom¬ men k Man wollte dort zunächst die er¬ Kunstakademie richten, ferner das „Westend - Theater", svdann eine Kirche
nothdürftigsten
bänken,
10.
gelegt und am 4.
gewürdigt werden. Der Lützowplatz (als Platz 0- Abth. IV des Bebauungsplanes bezeichnet) erhielt auf Vorschlag des Polizei-Präsidiums wegen des daran liegenden Lützower Ufers und der Lützowstraße seine Be¬ nennung durch Allerhöchste Kabinetsordre vom 6. November 1869. Die Lützowstraße hieß früher „Lietzower Weg-Straße" nach dem -rte Lietzow bei Charlottenburg. Dem Theile zwischen Potsdamer¬ und Flottwellstraße, welcher vorher „Lützower Weg" hieß, wurde
die Leiden
des
Lützowplatzes noch kein Ende genommen
haben und Bezirkswie Fachvereine sich noch um die Ausführung ihrer Ideen auf dem Platze den Rang ablaufen, daß ein neues Panorama, das neue Abgeordnetenhaus oder sonst eine Neuigkeit in Vorschlag kommt. Die Geschichte des Lützowplatzes und der 13 jährigen Be¬ strebungen, ihn einer Haupt- und Residenzstadt würdig zu gestalten, Nicht bekannt war dagegen, da ein ist im Allgemeinen bekannt. todter Bretterzaun den Neugierigen den Einblick in sein Inneres verhindert, die innere Gestaltung des Platzes; und es ist ein Verdienst, welches sich die junge „Berliner Westend-Zeitung", hervorgegangen aus dem „Berliner Bezirks - Anzeiger für das Potsdamer Viertel und den Halleschen Thorbezirk" erworben hat, mit „goldner" Rücksichtslosigkeit und photographischer Treue die
218 von Sammlern und Naturforschern stellen, allen Theilnchmern den Vorrang streitig. Die Fahne der Marktpolizei wird Heruntergelaffen, das „Möblement" auf Wagen geladen und innerhalb einer Stunde der Platz in seinen früheren Zustand versetzt.
Wirklichkeit veröffentlicht zu haben, die sich den Blicken lange Zeit hindurch entzog. Endlich scheint es sich aber auch im Westen gewaltig zu regen und der „Zug nach dem Westen" hat nicht nur Bedeutung für die Besucher des Grunewalds und für die Sommerfrischler in Schmargen¬ dorf, sondern auch für die Bewohner der Westvorstadt und des Potsdamer Viertels. Während in der Goltz-, Schwerin-, Luther-, Eisenacher-, Nürnberger- und allen angrenzenden Straßen eine ffcberhaste Bauthätigkeit herrscht, so daß innerhalb eines halben Jahres ganze Straßenfronten entstehen und Häusermassen wie die Pilze nach dem Regen aus dem Boden emportauchen, belebt die neue Dampfstraßenbahn der Linie Zwölfapostelkirche-Wilmersdorf- Schmargendorf im Sommer '/§ stündlich, im Winter alle 24 Minuten die vorher todte Gegend. Den Dennewitzplatz soll eine neue Kirche schmücken und der wohlgepslcgte Nollendorfplatz wird allmählich von geschmackvollen Neubauten völlig eingeschlossen. Nur dem Lützowplatz hat noch nicht die Stunde der Erlösung nackte
Bieler
so
Don Miguel de Cervantes -Saavedra und die märkische Sage. Vo» Oskar Schwebe!.
!
geschlagen.
Während der botanische Garten früher nur in einer Tagereise von gewöhnlichen Sterblichen erreicht wurde, die im Centrum wohnten und bei Prüfer, oder in Neu- und Alt-Schöneberg bei Sarre oder im schwarzen Adler sich niederließen, wo „Familien Kaffee kochen" konnten, gelangt man für 10 Pf. vom Spittelmarkt per Omnibus oder mit der Wilmersdorfer „Arche", wie dies all¬ gemein beliebte, stets überfüllte und Abends besonders stark von Heimkehrenden benutzte Gefährt im Volksmunde genannt wird, leicht und bequem bis jenseit der promenadenartig angelegten, ursprünglich als „Ringstraße" projektirten Bülowstraße und fährt bis zur Weichbildgrenzc Berlins. Roch fehlt neben der Aorkstraße eine zweite Verbindung des Westens mit dem Südwesten nach der Teltowcrstraßc. Noch ist eine Haltestelle der Potsdamer- und der Anhalter-Eisenbahn an der Porkstraße für die Westvorstadt nicht-genehmigt, noch sind manche Vorschläge bei der Gr. Berliner Pfcrdeeisenbahn Gesellschaft unberück¬ sichtigt geblieben, noch wird der gewaltige Briefverkehr von einem einzigen größeren Postamte W. 57 aus besorgt, noch ist die Linie der DampfstraßcnbahnBerlin-Schöncberg-Steglitz nicht eingebürgert, noch bedarf ein Theil der Westvorstadt der Wasserleitungsfflter, welche Herr Rolo Wagner den Bewohnern als eine unbegreifliche Steuer auferlegt — aber in einem Punkte sorgte die Stadt Berlin wieder in echt mütterlicher Weise für die allernächsten Bedürfnisse des all¬ täglichen Lebens, indem sie den Hausfrauen zuvörderst entgegen kam und zwar durch Errichtung der Markthalle Nr. 5 auf dem Magdeburgerplatz, die wir im „Bär" Nr. 6 unseren Lesern in Wort und Bild vorführten. Um aber beim Scheiden von den alten Gewohnheiten noch einmal die Bilder des ehemaligen Lebens und Treibens auf dem Magdeburgerplatze festzuhalten, geben wir heute eine Szene nach Schluß des Wochenmarktes die uns ein anschauliches Bild aus damaliger Zeit darbietet.
Die Stunde des „Abräumens", 1 Uhr, hat geschlagen. Einige glückliche größere Verkäufer haben längst vor der festgesetzten Zeit das Feld geräumt, andere sind im Begriff mit den Trümmern und Resten den Rückzug anzutreten. Sobald die Polizei den Platz verläßt, aber bevor noch die fleißige Garde der Reinigungsmannfchafren niit „Besen und Schippe" an ihr Werk geht, beeilt sich eine ernst und trüb blickende Schaar armer Leute, Männer und Frauen, auch Kinder, die von verwöhnten Hausfrauen verschmähten oder sonst zurückgelassenen Eemüscrcste und Kartoffeln zu sammeln. Hier liegt nock ein schönes Kohlblatt für das Kaninchen zu Hause, dort eine Mohrrübe, geschabt für den Bewohner des Vogelbauers verwendbar; gierig fallen Dogge und Mops über Knochen und Fleischreste her und die „allesfreffenden".Spatzen machen durch ihre Gefräßigkeit und das starke Kontingent, welches sie zu dieser Klaffe
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Eosmar erzählt in seinen „Sagen und Miscellen" aus Berlins Vorzeit die folgende Geschichte: „In Berlin hat einst ein reicher Bäcker gelebt, der aber sein Geschäft aufgegeben hatte und mit dem gesparten Gelde Wuchcrgeschäftc trieb. Zuletzt gingen aber dieselben nicht mehr so recht, weil er gar zu hohe Zinsen nahm und wer einmal in seine Hände siel, sicher nicht zum zweiten Mal zu ihm borgen kam. Er beschloß, auf andere Weise Geld zu verdienen, selbst als Borger aufzutreten und alle, die ihm vertrauten, um ihr Geld zu bringen. Zuerst ging er also zu seinem früheren Gesellen und jetzigen Nachfolger im Geschäft, welches er an ihn verkauft hatte, und bat ihn, er möge ihm doch auf drei Tage mit 50 Dukaten aushelfen, da er sich gerade selbst ausgegeben und eine bedeutende Zahlung zu machen habe. Sein früherer Geselle hatte auch kein Arg, er wußte, daß sein früherer Meister selbst Geld vollauf habe und ihm ein sicherer Schuldner sei; er gab ihm also die verlangten 50 Dukaten sofort, ohne einen Schuldschein zu verlangen. Jener aber lachte sich in's Fäustchen und nahm sich vor, seinem vertrauensvollen Geschäftsnachfolgcr auch nicht einen Heller tviederzugcbcn. Es vergingen also drei Tage und kein Schuldner ließ sich bei dem Darleiher sehen; derselbe wartete geduldig nock ganze acht Tage, als dann sein alter Meister immer noch nicht erschien, da ging er zu ihm und bat sich sein Geld aus. Allein wie ward ihm, als jener zwar nicht in Abrede stellte, die 50 Dukaten geliehen zu haben, aber hoch und theuer versicherte, sie ihm am bestimmten Tage wieder¬ gebracht
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zu
haben.
Vergebens stellte er seinem früheren Meister
vor, daß er sich irre und ihm seine Schuld nicht bezahlt habe; derselbe ward grob und beschuldigte ihn geradezu, er wolle das Geld zweimal bezahlt haben und ihn betrügen, nicht er ihn. Gleich¬ wohl ließ der junge Bäcker sich dadurch nicht irre machen, sondern ging hin vor Gericht und brachte seine Sache an. Nun wurden aber zu der Zeit, wo dies geschehen ist, noch nicht so lange Prozesse geführt, als dies jetzt der Fall ist, sondern die Händel zwischen Kläger und Beklagten wurden einfach nach mündlicher Verhandlung beider Theile durch den Richter geschlichtet. Es wurde also dem alten Wucherer ein Tag anberaumt, wo er vor Gericht zu erscheinen und sich zu verantworten hatte. Wie vorher schon räumte er auch hier das Faktum des Darleihens ein, behauptete aber, die geliehene Summe zu rechter Zeit zurückgegeben zu haben und erbot sich, die Wahrheit seiner Aussage eidlich erhärten zu wollen. Sein Gegner nahm auch sein Anerbieten an, weil er glaubte, der Wucherer werde zuletzt doch wegen einer für ihn so geringfügigen Summe keinen Meineid schwören, allein er irrte sich; als der zum Schwur ange¬ setzte Tag erschien, da war auch der alte Wucherer da und erbot sich, den von dem Richter formulirtcn Eid, daß er nämlich dein jungen Bäcker richtig und gewissenhaft die geliehenen 50 Stück Dukaten zurückgegeben habe, zu leisten. Er reichte seinem herzu getretenen Gegner seinen Hut und Stock mit den Worten hin: „Haltet doch Eurem alten Meister aus Gefälligkeit einen Augenblick
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sein spanisches
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selbst nicht
Rohr" und
sprach dann, nachdem derselbe, er wußte
warum, seinen Wunsch erfüllt und Hut und Stock in
hatte, ohne Bedenken die vorgeschriebene Eidesformel. Kaum hatte er dieselbe aber vollends ausgesprochen, so entstand unter den Anwesenden ein lautes Murren, weil Jeder¬ mann überzeugt tvar, daß eben ein Meineid geschworen worden sei. seine Hände genommen
219 Als
er
jedoch
junge Bäcker
„In
natürlich von dem Richter freigesprochen und der
mit seiner Klage abgewiesen ward, da drängten
der
Stadt Salzwedel lebte einst ein Mann, der 100 Du¬ Als nun die Zeit des Wiederbezahlens kam
katen geborgt hatte.
sich
hinter dem alten Wucherer her, und Mißhandelungen fürchtend, blieb auf der hölzemen Treppe vor der Thür der Rathssiube in dem alten Thurme des Berliner
Letzterer und seine Freunde
nicht blos zu reichlicher Wiedererstattung, sondem auch
und sein Gläubiger ihn mahnte, da leugnete er frech es ab, über¬ haupt von ihm auch nur einen rothen Heller erhalten zu haben. Er wurde deshalb von Letzterem verklagt und natürlich von dem Rath vorgefordert, und ihm ein Eid auferlegt, daß er überhaupt kein Geld erhalten oder es doch seinem Gläubiger zurückgegeben habe. Der böse Schuldner hatte das vorhergesehen und daher listigerweise die 100 Dukaten in seinen Spazierstock eingespundet. Diesen nahm er so mit auf's Rathhaus; und weil er nicht falsch schwören wollte, sondern sein Gewissen dadurch zu retten glaubte, so bat er seinen Gläubiger, ihm während des Eides seinen Stock zu halten. Darauf schwur er mit großer Frechheit, daß er das Geld ehrlich zurückgegeben habe, und sein Gegner wurde mit seiner Klage abgewiesen. Aber die Strafe ereilte den Meineidigen aus der Stelle. Denn wie er nun zu seinem Hause zurückkehrte, da begegnete ihm ein Müllerwagen, vor dem die Pferde scheu geworden waren. Der überfuhr ihn, daß ihm die Räder über den Leib gingen und er ofort starb. Auch sein Stock wurde bei dieser Gelegenheit durch das Ueberfahren mit zerbrochen, und als aus demselben die Dukaten herausfielen, da wurde der Betrug offenbar, und ein Jeder erkannte die Strafe des Himmels an dem Meineidigen. In der Katharinenkirche zu Salzwedel hängt ein Bild, worauf die Begebenheit abgebildet ist." Schon diese Wiederholung genügt, um Zweifel an der That-
Lebens eine seidene
sächlichkeit
dieser,
stehen, indem er sein gewichtiges spanisches Rohr drohend gegen seine Verfolger aufhob und rief: „Ihr sollt mich nicht ungestraft um meine Ehre und guten Ruf gebracht haben, denn wer selbst betrügen will, traut Andem dasielbe zu!" Dies
Rathhauses plötzlich
war aber doch dem jungen Bäcker und seinen Freunden zu arg, sie stürzten auf ihn los, um ihn wenigstens die Treppe hinunter zu werfen, allein der alte Wucherer hielt festen
Stand und ließ seinen Stock wacker auf den Rücken und Köpfen seiner Widersacher tanzen. Da auf einmal, o Wunder! sprang der Stock bei einem gewaltigen Schlage mitten auseinander und eine Menge Goldstücke rollten aus dem Innern desielben die Treppenstufen hinab. Der alte Bösewicht hatte einen hohlen Stock gehabt,
than
in denselben die 50 Dukaten
und beim Schwörungstermine
ge¬
buchstäblich die 50 Dukaten,
er schwur, dem Kläger in die Hand gegeben, also dem Wort¬ laut nach keinen Meineid geschworen. Allein das Volk war anderer Meinung über diesen jesuitischen Kunstgriff, es fehlte wenig, er wäre der allgemeinen Entrüstung auf der Stelle zum Opfer gefallen, ehe
wäre nicht sein Gegner selbst zu seiner Vertheidigung und Schutze aufgetreten. Das Gericht aber verurtheilte den meineidigen Wucherer
Zeit seines Schnur uni den Hals zu tragen, welche die Stelle eines Stricks vertrat und nach der der Scharfrichter von Berlin jährlich einmal von Amtswegen sehen mußte, für welchen Dienst ihm aber der Bäcker jedesmal fünfzig Gulden auszuzahlen hatte." Mit geringfügigen Abweichungen findet sich dieselbe Sage auch zu Salzwedel. Sie lautet ort also:
des in Rede stehenden Vorganges in uns zu erregen. Wie aber werden dieselben noch bestärkt, wenn wir dieselbe Ge¬ schichte bereits im zweiten Theile von Don Miguel Cervantes un¬ sterblichem „Don Quijote von der Mancha" wiederfinden! —
(Schluß folgt.)
Kleine Mittheilungen. Friedrichs des (-roßen Antwort
auf KeiratKsgesnche seiner
wie Prediger Handtmann u. a. werden freundlichst gebeten, sich darüber äußern, ob ihnen Aehnliches aus anderen Theilen Deutschlands, namentlich aus der Provinz Brandenburg, bekannt geworden ist. —
chfsiziere. 21.
zu
1. „Mein lieber Rittmeister! Ich kann Euch auf Euer Schreiben vom Juni nicht anders bescheiden, als Ich bereits gethan. Daß Ich
nämlich nicht gern sehe, wenn ein braver Husaren-Offizier sich verheirathet, weil solcher seinen Umständen, so ein freies Herz erfordern, nicht convenable ist und er sich anstatt des hoffenden Vortheils nur viel Sorgen auf den Hals zieht. Ich bin re. F." 2. „Ich habe aus Eurem Schreiben ersehen, wie Ihr um permissiv» Euch verheirathen zu dürfen anhalten wollt. Ich gebe aber nicht zu, daß die Offiziers sich mit Kaufmannstöchtern heirathen und also wird von Eurer Heirath nichts. müsset dennoch warten, bis Ihr eine Comvagnie bekommt, dann könnt Euch um dergleichen permission melde».
Ihr
Ich bin re.
Ihr
F."
3. „Ich habe Euer Schreiben wegen des Lieutenants von Buttberg vorhabenden niederträchtigen Heirath mit des Haidereuters Thiele Tochter erhalten, werde aber nimmermehr Meine Oonsens dazu ertheilen und sollt Ihr denselben davon abhalten, und wenn er sich nicht daran kehrt, ihn in Arrest zu setzen. Ich bin re. F." 4. „Nachdem Ich aus Eurem Schreiben ersehen, wie daß Ihr durch Eure vorhabende Heirath Eure Umstände verbessern könnt, so accordire Ich Euch dazu hierdurch Meine Permission und bin re. F."
Ein alles Werliner Ikäthsek aus
der
Zeit, wo
es
mit
den Droschken
Frage: Was ist schneller als ein Gedanke? — Antwort: Ein Droschkengaul! Denn wenn man denkt, er fällt, — da liegt er schon! — W. S. Eier-Sögek. Seitens der verdienten Schriftstellerin Fräulein Elisa¬ beth Lemke ist der kulturgeschichtlichen Abtheilung unsers Märkischen Museums ein primitiver Zimmerschmuck aus ostpreußischen Bauerhäusern in der Gegend von Gilgenburg zum Geschenk gemacht worden. Es sind dies ausgeblasene weiße Hühner-Eier, an sechs Stellen durchbohrt, so zwar, daß das Ei den Rumpf eines Vogels bildet. Hinten sn geknifftes blaues Papier den Schwanz darstellend, auf der Seite entsbsschend je ein Papier-Flügel, vorn ein papierner Kopf angebracht. Die noch schlecht
bestellt war.
Füße sind durch Goldflitterdraht dargestellt; endlich geht aus dem Rücken nn ebensolcher Draht in Schleifenforni in die Höhe. Da Schwanz und rstügel ausgespreitet sind, so macht es den Eindruck, als schwebe der EierEwgel in der Luft. Dergleichen sonderbare Segler der Lüfte werden an den niedrigen Balkendecken der Bauerstuben, neben weißen getünchten Decken befestigt. Ob diese Vögel bloße Zierrathe sind oder symbolische Bedeutung haben, ist nicht aufgeklärt. Sammler von Sitten und Gebräuchen,
'
E.
Friedet.
Die Templer von Tenipelhos. Vaterländischer Roman von Oskar Schwebet. Verlag von I. S. Bruns in Minden i. W. 204 S. Der Verfasser eröffnet mit dem vorliegenden Werke als dem ersten
„Alt-Berliner
Bändchen der Stadtgeschichten" ein Unternehmen, welches auf das Interesse und die Theilnahme jedes Gebildeten in der Reichshauptstadt rechnet. Er will die tragischen Konflikte novellistisch dar¬ stellen, welche den Verlauf der Entwickelung Berlins von den Anfängen der Stadt an bis zu jenem Augenblicke begleiten, in welchem der große Kurfürst Berlin zur bleibenden Residenz der Hohenzollern erkor. Jeder einzelnen Stadtgeschichte soll eine treffend gewählte Begebenheit zu Grunde gelegt werden. So soll die Gründungsepoche der Stadt Berlin durch „die Templer von Tempelhof" durch einen geschichtlichen vater¬ ländischen Roman dargestellt! werden, den die Leser abschnittweise im „Bär" 1887 kennen gelernt haben. Der Roman hat jene ernste Zeit zum Hinter¬ gründe, in welcher die Ritter des Templerordens ihre ersten Niederlassungen auf unserm Boden begründeten, wo einstmals die Markgrafen aus dem Hause Ballenstedt festen Fuß in der Mark zu fassen verinochten, um deutsche Art und Sitte, deutsches Weben und Leben an die Stelle des untergehenden belehrender und volksthümlicher Erzählung Wendenthumes zu setzen. schildert Schwebet den Zustand der Mark Brandenburg, führt uns die Ortschaften der Umgebung Berlins mit ihren alten Namen, deren Be¬ wohnern und Sitten vor, und spinnt den Faden emsig fort bis zu dem Punkte, wo es dem Muthe tapferer Männer gelang, nach Täuschung des Nikolaus to Berlin und Colne einen Uebergang beim Mühlendamm in wenigen Stunden herzustellen, dadurch in das Dörfchen Berlin ein¬ zudringen und auf dem Platze vor der Nikolaikirche das Kreuz des Dr. Br. Tempelherrnordens aufzupflanzen. Inhalt: Kaiser Wilhelm II. zum 27. Januar 1889, von Trojan
In
_
(mit Abb.);
Drei Menschen,
_
I.
Novelle von E. von Wald-Zedtwitz
(Fortsetzung); Johannes Wedigen, eine Berliner Geschichte von Oskar Schwebet (Fortsetzung); Aus Alt-Berliner Kreisen, von Walter Schwarz (Schluß); Zur Entwicklung der Westvorstadt Berlins, von Dr. H. Brendicke (mit zwei Abb.); Don Miguel de CervantesSaavedra und die märkische Sage, von Oskar Schwebet. — Kleine Mittheilungen: Friedrichs des Großen Antwort auf Heiraths-
Offiziere; Ein altes Berliner Räthsel; Templer vom Tempelhof. — Anzeigen. gesuche seiner
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Druck: W. MoeserHofbuchdruckerei, Berlin 8., Stallschreiber-Straße
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Unter Mitwirkung
Dr. R. Bcringuier, F. Ludczies, Theodor Fontane, Stadtrath L. Friedet, Dr. w. Schwartz, Pastor Gscar Schwebet und Lrnst von Wildenbruch
Gpmnasialdirektor
herausgegeben von vas iH vorhin zu Eiich gesagt: ,Dcr Tod, — er wartet nicht!‘ — Ich gehe heut' nicht heim, mein Herr von Rochow, — ich bleibe hier und Ihne meine Pflicht! Ich danke Gott, daß ich ein Feld der Thätigkeit gefunden habe! Gott segne Eure Waffen, mein Herr Obrist, — Gott segne Alles, was Ihr thut für unser armes Vaterland ! Lebt wohl!" Wie eine Lichtgestalt höheren Ursprunges stand sic auf dem Orte des Grauens und der Schrecken da. „Gräfin!" rief der Offizier leise, und seine Stimme bebte, als verbände er mit dem Tribute der höchsten Bewunderung zugleich die dringendste Warnung und die heißeste Bitte, an die Gräfin, ihren Entschluß aufzugeben. Sie aber sprach: „Ihr rieft es wiederum in meine Seele zurück, daß dieses Landes Herr sein Volk verlassen hat. Ich aber will an meinem Platze sein. Lebt wohl!" „Gräfin!" so flüsterte er in jenen eindringenden Tone, welchen nur die tiefste Empfindung dem leisen Worte zu geben vermag. „O denkt an Euer theures Leben!" „Ich stehe ganz allein, mein Herr von Rochow! Wenn ich im Dienst der Armen sterbe: Niemand wird mich vermissen oder um mich klagen!" „Gräfin, — Ihr irrt; — Ihr wißt cs, daß Ihr über¬ ein Herz und ein Leben völlig zu gebieten habt!" —
Frali tvie sic, kann nur durch den Einsatz der ungetheiltcn Kraft des Lebens errungen werden. Ob Tod und Verderbe» uns umgeben: sie hofft, und zli
Von dieser Stätte aber weich'
ich nicht.
!
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lange Zeit Licht. Der Herr von Rochow schrieb Briese an Schwartzenberg und an den Grafen Gallas. „Was uns zu thrm möglich war," so hieß es in denselben, schimmerte
„das ist
Ihr
noch
geschehen,
und kann ich Resolution und Valor derer
zweifle jedennoch sehr,
ob es
mir gelingen
möchte,
erneueten
Angriffen Stand zu halten."*) Auf's Dringendste bat er dann den Feldmarschall Gallas, sich im Süden zwischem den Obristen Buttler und die Stadt Kölln zu werfen, — flehte er zugleich den Grafen von Schwartzenbcrg an, im Norden von Berlin einen Vorstoß gegen die auf der Höhe des Barnim stehenden Schweden zu unternehmen. „Es gilt, dem Feind mit tapferm Muthe zu imponieren," schloffen diese Briefe; „denn es sonst leicht geschehen könnte, daß, wenn erst Berlin und die kur¬ fürstliche Resickontia zu Kölln gefallen, auch die Mark zn Brandenburg ihr Ende fände." Dann suchte er die Ruhe auf; allein er fand sic nicht. Mt dem vollen Bewußtsein all' der hohen Pflichten, welche die Liebe zu der Gräfin Anna Katharina ihm auferlegte, ver¬ band sich ja auch die Besorgniß für sie, die jetzt als Engel des Erbarmens bei den Aerufften aller Welt, bei den Pest-
Altarraumc her. Die Gräfin von Hohenzollern eilte, um den Magister Rösner zu helfen. Ihr leuchtender Blick
dem
grüßte den Obristen noch einmal. „Mischet ein wenig Waffer und Wein, hohe Frau," sprach der Magister zu der Gräfin. „O sehet, wie Euch das Auge 'S ist auch so eine arme, bitterarme Frau, der Kraukeu dankt! wie jene Wittlvc Palmentag, bei der die Seuche ausbrach!
Eure güt'ge Hand! Seht, wie das Tröpflein Wein Kräfte stärkt. Ja, bleibet hier und denkt an jenes Wort, das uns gebietet, nichts zu fürchten in dem Dienste unsrer Brüder! — Lebt wohl, Herr Obrist, und Gott schütze Euch' und unsere Städte!" — Rochow und der alte Berthold verließen das.Haus des Elendes und des Erbarmens. Dem starken und erprobten Kriegsinanne war's wie einem Träumenden. War es denn
diese Hoffnungen
fast exanimirten, von der Pest befallenen Bürger, tvie auf den Muth des versprengten Kriegsvolkes nicht genugsam loben;
auf der Schanze oder ans dem Schlachtfeld und ich hier! — Das ist der Weg allein zu unserm Frieden!" — Ein matter Ruf des Schmerzes, — die Bitte eines Sterbenden vielleicht um einen Tropfen Wassers, erklang von
Gott
mir,
In dem hochragenden, mit dem schönen Giebclschmuckc und der reichverzierten Thür versehenen Hause des alten Hof¬ meisters Hans Georg von Ribbeck in der breiten Straße
werde immer glücklich sein, wenn eines Helden Liebe mich "er¬ koren hat!
es ist an
erfüllen!" —
Wie jeden edleren Mann trieb ihn das hohe Glück, welches ihm zu Theil gclvordcil tvar, zur That, zu schneller und ent¬ schiedener That ail. Das Schicksal der Städte Berlin und Kölln hatte durch die letztvergangenen Stunden noch eine andere Bedeutung für ihn erhalten. Die düstere, zerfallene Burg am südlichen Ufer der Spree und das kleine Kirchlein am Spandauer Thore bargen jetzt ja ein ihm so theures Leben! — Nein, — wie schwer es auch immer sein mochte: Berlin und Kölln mußten vor den Schweden gerettet werden! —
Da traf ihn ihr klares, freies Auge voll und tief bis in das Herz. Es ging durch seine Seele wie ein Schauer der Wonne und des höchsten Glückes. „Wenn dem so ist, Herr Obrist," sprach sic endlich sanft, „dann thut, was Ihr vermögt, zur Ehre und zum Besten Brandenburgs! Was ich empfinde, müßt Ihr wissen! Ich
diese
segne
schon des Lebens
j
*) Historische Worte.
223 fransen im heil'gen Geiste, weilte.
wiederum sein
fiirchtungen. einem
Männlich aber erhob
sich
Sinn ans dieser Nacht von Sorgen und Ve„Es kann nicht sein," so sprach er leise, „daß
Manne ein
so
großes Glück geschenkt wird, um schon
im nächsten Augenblicke wieder zu zerfallen."
Wenige Stunden dann des Schlafes!
— Als der Morgen
graute, da flogen seine Boten nach Spandau und nach Jütcrbogk. Den Rittmeister von Pfuel aber befahl er im Dome, aber
neben den gefallenen
Brandenburgern, zn bestatten. —
VIII. Es waren drei Tage seit dem letzterwähnten Abende ver¬ Die Heftigkeit, mit welcher die Seuche anfangs aufge¬
flossen.
treten
war, hatte nun, nachdem
sie
unter der Zahl der Armen
und Widerstandsunfähigen reichliche Opfer gefordert hatte, ein
wenig nachgelassen.
Die Bürger beider Städte blickten
darum doch nicht heller und nicht heiterer.
indessen
Noch waren Zossen
Barnim von den Schweden besetzt; an einen Verkehr mit den anderen Landestheilen Brandenburgs war also auch jetzt noch nicht zu denken. Da klangen eines Mittags hell wieder die Trompeten vor dem St. Gertrauden-Thore; — Graf Gallas war der Aufforderung Rvchow's in der That gefolgt, da er die hohe
jedes Geschenk,
bestreiten
mit
könnte;
welchem ich die Kosten meines Haushaltes
meinen Obristen
muß
indessen
die übliche
Ehrengabe gereicht werden; — sie sind überdieß durch die Quartiere hier in diesem armen Lande bereits recht arg ge¬ schädigt worden, und — meine Krieger wollen leben."
„Barmhcrz'ger Gott!" rief Johannes Wedigen da aus. „Wir sind vernichtet!" „Dergleichen," sprach er, Der Feldmarschall lächelte. „hab' ich oft gehört; doch nimmer war's der Fall! — Wollen die Herren doch bedenken, wie diese Schweden sic be¬ handelt hätten! Der Obrist Buttler und der Herr von Liliehock; — ich kenne keine Offiziere, die erbarmungsloser handelten! Und überdies, — ich will schon nach zwei Ruhetagen nach
mit Gottes Hülfe in — die Odersümpfe werfen; nur eine Spende also ist's, die Sie aber muß mir werden, oder meine Krieger ich verlange. — nehmen sie!" dem
Barnim
ziehen und diesen Liliehoek
Schlosse Wohnung; doch nur der Herr von Nochow ivar's, der den berühmten Krieger Oesterreichs hier empfing. Das Fräuleiir von Hohenzollern verblieb im
Der kaiserliche Feldmarschall war und- blieb jetzt hart ivie Dem Bürgermeister er gab nun nicht mehr nach. Wedigen schwankten die Dinge vor den Augen, als er mit den anderen Herren das wüste, nur mit' zerrissenen Ledertapeten und mit harten Holzschemeln ausgestattete Gemach des Schlosses verließ, in welchem der Graf sie empfangen hatte. „O, Herr von Rochow," sprach der Bürgermeister, „warum habt Ihr einen so verhüngnißvollen Schritt gethan? — Ich weiß nicht, ivie ich diese Forderung erfüllen soll!" „Es muß auch das Letzte noch für das Vaterland geopfert werden!" erwiderte Moritz Augustus von Rvchoiv düster. „Gern aber will ich helfen, wo ich kann, Herr Bürgermeister! Ich habe solche Forderungen freilich selbst nicht erwartet. Es ist das Schwanken unsres schwachen Herrn, welches jedweden wackern Kriegsmann gegen uns erbittert! Allein wir werden Ruhe haben, wenn der Obrist Liliehoek geschlagen ist. Doch was ich Euch verkünden wollte: ich habe wohl 500 Thaler mitgebracht; — sie stehen Euch zu Diensten bis ans bessere Zeiten. Sammelt 500 noch aus Euren Kassen; dann hoff ich wohl, den General und seine Offiziere zu befriedigen." „Das Letzte, was wir in den Kassen haben, ivar für den Herrn von Hake aus Vertrag und Handschlag von dem Rath
Hospitale zum heiligen Geiste;
zurückgelegt."
und der
von Berlin wohl erkannte; er hatte Hauptquartier von Jüterbogk daher nach dem Tempelhofer Felde bei Kölln an der Spree verlegt und kam nun selbst in die Stadt, um die Bedingungen festzusetzen, unter welchen er der Bürgerschaft eine Salva-Guardia, — eine schützende Be¬ satzung, — zurückzulassen geneigt war. Mit scheuen Blicken Wichtigkeit
des Passes
sein
betrachtete man das glänzende Gefolge,
mit welchem der
kaiser¬
Feldherr in Berlin einritt. Pagen in schwarzer Sammetund Atlaskleidung, Offiziere und Diplomaten mit wehenden liche
in schimmernden Seidengewändern, Falkoniere und Piqueure, Lakaien und Köche, — wie stach
Federbüschen, schöne Frauen
der fröhliche, farbenreiche Zug gegen die wüstliegenden Viertel der
Stadt Kölln ab! — Graf Gallas nahm im
ob auch tiefes Elend sie um¬ ringte: ihre Seele war von neuer Lebenskraft erfüllt; es war ihr zum Bedürfnisse geworden, zu trösten und zu helfen. Es schien auch, als brächte sie Frieden zu jedem Schmerzenslager und als besäße ihre zarte Hand oft eine wunderkräftige Wirkung. —
Auf dem alten Schlosse zu Kölln aber verhandelte Graf Gallas am Abende mit dem Kommandanten von Rochow, mit dem Geheiinen Rathe von dem Knesebeck und mit den Bürger¬ meistern beider Städte. Der energische Marschall war nicht geneigt, von seinen Forderungen abzulassen; er wollte es anfangs durchaus nicht glauben, daß die städtischen Kassen bereits er¬ schöpft seien; erst als die beiden Edelleute es ihm „auf Kavalier¬ parole" zusicherten, daß die Zahlung von 4000 Gulden eine Unmöglichkeit sei, ließ der kaiserliche Feldherr ein wenig nach und legte den beiden Städten — eine Naturallieferung von Tonnen Bier und 75 000 Pfund Brot auf. „Die Herren
Stahl; —
„Er
"
— Ich habe
selber schon
mit
ihm gesprochen!
Ich habe es geschworen, Städte für's Haus Hohenzollern zu erhalten." „Kommet denn mit mir, Herr von Nochow!" sprach der Bürgermeister traurig. „Ich will erst einmal sehen, wieviel in unseren Kassen ist! — Nein, Herr von Rvchoiv, wendet Euch nicht dorthin, nach dem Nathhause; — in meinem Keller liegt der Städte Geld; — cs schien am sichersten hier; — denn weit und fest und stark ziehen sich unter meinem Hause die Ge¬ wölbe der alten Domdechanei hin; — in ihnen ist geborgen, was wir überhaupt noch haben. Es ist nur ivcuiges!" — Der Obrist begab sich nach Wedigens Hause; die andern Männer snchten betrübt ihre Wohnungen auf. „Es ivar ein Aufflackern mir des alten kurbraudenburgischeu Geistes!" sprach Nochow, ihnen nachschauend. „Sehet, ivie sie wiederum die
seine Residenzien zu
stark bis an das
verzichte
für
mich selbst auf
müssen
die Verbündeten zuerst zufriedenstellen.
Häupter hangen lassen! — Wollt
Ich
Wir
diese
wollen bedenken," so schloß er, „daß ich in seltener Weise un¬ eigennützig handle, um dem Herrn Kurfürsten zu Brandenburg
erhalten.
Er fand hier Schutz!
muß ein wenig sich'gedffchen!
lassen, Bürgermeister?
—
Ende!"
Ihr
Ihr
den
seufzt! —
Muth nicht
sinken
Erhalte Gott Euch
(Illustrations-Probe
aus
Müller-Bahn
„Unser
Fritz".)
Stätte
der
Beisetzung
Kaiser
Friedrichs.
Die
Fricdciiskirche
ju
Potsdam.
225
„Es wird zuviel fast, Herr von Rochow!" „Nur eine kleine Weile Much noch, — Bürgermeister! — Dann ist's entschieden, ob wir Märker bleiben und des Hauses Zollern treue Unterthanen ! Kanu es nicht sein, so bleibt uns eins noch immer: das ist ein Tod mit Ehren! Allein ich boffe noch! Es muß dem Grafen Gallas Alles daran liegen, die Mark von diesen Schweden zu befreien!" „Herr Obrist," erwiderte der Bürgermeister düster, „Ihr habt es wohl gesehen, daß ich bemüht geivesen
bin, jedwede
Kraft in unsrer Stadt dem Dienste unsres Vaterlandes zu gewinnen; allein, — ich muß gestehen: ich fühle jetzt, wie meine Kräfte schwinden. Dem großen Werke, dem ich mich geweiht, war ich doch nicht gewachsen! Ja, wenn sie Alle sich erhoben hätten, im ganzeil Lande Brandenburg, auf unser Beispiel hin, — sie alle, wie Ein Mann; — das hätte meinem Herzen wohlgethan; — das hätte mich gestärkt! Allein dies Bangen, dieses Zagen, diese Ungeivißheit, — dieses Paktiren mit den Fremden reibt mich auf. Der Tod des einz'geu Sohnes hat mir überdieß das Herz so tief ver¬ wundet, daß ich nie mehr genesen kann; — ich seh' es wohl! O Herr, — ich
wollt'
war recht
unbescheiden einst;
— ein Held,
ich an meines Volkes Spitze stehen: jetzt aber weiß ich,
viel zu schwach bin, des Heldenthumes Bürden mit¬ O käm' uns endlich doch der Friede!" „Noch dürfen wir auf ihn nicht hoffen!" entgegnete der Offizier. „Glaubt nicht, Herr Bürgermeister," fuhr er niilder fort, „daß ich jene Augenblicke der tiefen Niedergeschlagenheit, daß ich
zutragen.
welche Euch jetzt
ergriffen hat, nicht auch schon gehabt hätte nicht auch aus eigenster Erfahrung kännte! — Allein sie müssen überwunden werden. Es ist sehr schwer, was Ihr getragen habt, Herr Bürgerincister, ja fast zu schwer für und
sie
eines Mannes Schultern! Ich will jedoch das Meine thun, Euch zu entlasten. Graf Gallas ist ein Edelmann und eines deutschen Kaisers Diener; — ich werde es versuchen, ihn noch heute Abend zu bestinunen, unsere Städte auf das Schnellste wieder zu verlaffen. Zwei Tage wollte er ja überhaupt nur rasten! Allein es ging nicht anders an; — ich mußte als des Kaisers Offizier ihn mir zu Hülfe rufen." Sie waren an ihreni Ziele angelangt. „Tretet ein, Herr Obrist, in das Haus der Trauer!" sprach der Bürgermeister dumpfen Tones. „Welches in diesen schweren Tagen aber auch ein Halis der Ehre ward!" ergänzte Rochow seine Worte. — Frau Euphrosyne Margarethe und Jungftau Johailna Wedigen einpfingeil mit Ehrerbietung ihreil edlen Gast. Während der Bürgerincister nach dem Gewölbe seines Hauses eilte, um die letzte Barschaft beider Städte heraufzuholen, versuchte Rochow, den beiden Frauen Worte des Trostes zu spenden. Es war indessen selbst dem schlachtenerprobten Krieger überrascheild, welch' schlichtes Heldenthum ihin hier entgegentrat. „Meine Tochter Johanna," sprach die Matroile, «hat inir von dem Ende des Rittmeisters von Pfuel erzählt. Da preise ich Gott den Herrn, Herr Obrist, daß meiil Sohn anders gestorben ist, — die Fahne in der Hand, — für seinen Fürsten und sein Vaterland ! Nur Eins ist's, was mir schwer noch auf der Seele lastet! Ich fühl' es wohl, daß meines Eheherrn und meine eignen Tage bald gezählt sind. Wir lasten schutzlos dann die Tochter in der wildbewegten Zeit zurück. Das ängstigt, — das bedrückt mich!"
Da faßte der Herr von Rochow
die Hand der Dame. Kurhaus Hvhenzollern giebt," so sprach er innig, „wird nie vergessen werden, was der Bürgermeister Wedigeil gethan! Und sollte dieser Stern, ivelcher der Mark zweihlindert Jahre lang geleuchtet, jetzt in Nacht und Gratis versinken: es wird auch dann der Männer nicht ermangeln, die sich erinnern, wie der Bürgermeister Wedigen ihnen ein Kainpfgenoß und Waffenfreund getvcsen." Ein dankbarer Blick der Bürgermeisterin traf ihn. „Herr Obrist," sprach Frau Euphrosyne Margarethe, das Auge auf ihre, über eine Näharbeit gebeugte Tochter hinrichtend, „ich danke Euch für dieses Wort des Trostes; denn ich weiß tvohl, daß Ihr dasselbe auch getreulich halten werdet!" —
„So lang'
es noch ein
(Fortsetzung folgt.)
Kaiser Friedrichs Ruhestätte in der Friedenslrirchc ju Potsdam. Von Dr. E. Kolbe in Berlin.
(Mit Abbildung.)
Vierzehn Wochen irur war es Kaiser Friedrich vergönnt, in den Hcrrscherstab über All-Deutschland, das er selbst in blutigem Kampfe hatte einigen helfen, zu führen, da schloß auch er, der Edelsten einer, die Augen zum ewigen Schlummer. Von seinen unsäglichen, schweren Leiden wollte er, der Friedens¬ kaiser, ausruhen in der stillen Friedenskirche zu Potsdam, im Schatten desselben Altares, wo vor ihm ein anderer Königlicher Dulder, Friedrich Wilhelm IV., sich hatte zur Ruhe betten lassen. Hier hatte Kaiser Friedrich noch als Kronprinz zwei seiner Kinder
Milde und Weisheit
als stühzeitige Todesbeutc bestattet, — hier wollte auch er ruhen, und zwar in einem an die Säulenhallen der Friedenskirche an¬ stoßend zu errichtenden Mausoleum, welche itach des Entschlafenen Wunsch nach dem Muster der Grabeskirchc zu Jnnichen im Puster¬ thal in Tirol erbaut werden soll. Am 18. Oktober 1888 wurde zu diesem Bau der Grundstein unter entsprechenden Feierlichkeiten gelegt. Das Gebäude, das in hervorragender Weise künstlerischen Schmuck erhalten soll, wird sich an der Nordseite des Atriums der Friedenskirche erheben. Als Haupteingang zu dieser Grabkapelle wird die Bogeit-Nische dienen, in welcher bis jetzt Rietschel's bekannte „Pieta" stand; ein schmiedeeisernes Gitter ist bestimmt, diesen Vorraum gegen das Atrium zu abzuschließen. Die Hauptaxe der Grabkapclle liegt sonach in der Mittellinie des Atriums. Der zehntheilige Rundbau der Kapelle wird auf neun Säulen ruhen, derart, daß die zehnte Säule ganz weggelassen ist, um den Eingang des nach Osten gerichteten Altarraumes entsprechend zu erweitern. Diese Säulen, welche als Nundsäulen aus Syenit gedacht sind, wieder¬ holen sich in gleicher Zahl im oberen Stockwerk; sie tragen eine mit Figuren geschmückte und von Fenstern durchbrochene, mäßig hohe Trommel, über welcher sich dann die in reichem Mosaikschmuck gehaltene Kuppel wölbt. Die Kuppel wird durch eine im Zcnith derselben aufgesetzte Laterne erhellt. Der Hauptraum wird durch zwei Umgänge, einen im Erdgeschoß und einen im oberen Stockwerk, umschlossen; letzterer soll bei feierlichen Anlässen für den Sängerchor Raum bieten. Oestlich schließt sich, wie schon bemerkt, an diesen Rundbau der Altarraum, zu welchem drei Stufen emporführen.
Der Altar
selbst
trägt als bildnerischen Schmuck Rietschel's Pieta,
jene tief ergreifende Gruppe, welche dem Kaiser Friedrich von je her be¬
sonders lieb und werth gewesen ist.
bildete
Altar wird
Der von weißem Marmor
ge¬
durch Syenitsäulen gestützt, welche in ihren Formen
denen im Hauptraum entsprechen; auch sic haben Kapitäle von hell¬ farbigem Marmor und zeigen zierliche Blattornamente im Renaissance¬ stil. Ein Kreuzgewölbe überspannt den Altarraum, dessen östliches Fenster ein Glasgemälde erhalten wird. Rechts vom Altar wird
226 Kopf fliegen, — er war sicher."
der Sarkophag des Prinzen Waldemar, links derjenige des Prinzen Sigismund, unmittelbar an die Wand sich lehnend, Aufstellung
noch so um den
finden. Inmitten des Hauptraumes aber, zunächst dem Haupteingang, ist der Platz für den mächtigen Sarkophag Kaiser Friedrichs, und zwar so angeordnet, daß in symmetrischer Weise Raum für die Aufstellung eines zweiten Sarkophages zur Ver¬ fügung bleibt. Der Sarkophag des Kaisers soll nach den Wünschen. der Kaiserin Wittwe so ausgeführt werden, daß der untere Theil aus gelbem Marmor besteht, an jeder Ecke ein Adler aus Bronze, — hierauf baut sich dann der eigentliche Sarkophag auf, welcher den Sarg mit der Leiche aufzunehmen hat; auf dem mit einer Marmortafel geschlossenen Sarkophag soll dann die in karrarischem Marmor auszuführende Statue des entschlafenen Kaisers in ruhender Situation sichtbar sein. Während dieses Grabmal als freistehend aufgefaßt ist, sollen die obengenannten Prinzengräber als sogenannte Wandgräber aufgefaßt und mit passendem Schmuck in Skulptur versehen werden. Die äußere Form des ganzen Bauwerkes ergiebt sich aus der innern: ein Rundbau, überdacht durch eine mit Kupfer gedeckte Kuppel und gekrönt durch eine in einem vergoldeten Kreuz gipfelnde Laterne. Ani 18. Oktober 1889 hofft man, den Bau soweit vollendet zu haben, daß die Ueberführung der drei Särge, welche zur Zeit in der nordöstlichen Sakristei der Friedenskirche stehen, stattfinden kann. Die sterblichen llebcrreste aller übrigen Fürsten aus dem Hohenzollernhause sind an verschiedenen Orten beigesetzt, so Friedrich der Große und König Friedrich Wilhelm I. in der Garnisonkirche zu Potsdam, der Große Kurfürst im Dom zu Berlin u. s. w., — der Plan, sie alle zu vereinigen in einer gemein¬ samen, großartigen Fürstengruft, hängt zusammen mit dem Plan der Erbauung eines neuen Domes in Berlin an Stelle der bis¬ herigen sehr unbedeutenden Domkirche; die Ausführung desselben hat Kaiser Wilhelm II. als Vermächtnis; seiner erhabenen Vorgänger
„Im Namen Gottes des Vaters ff des Sohnes und des heiligen Geistes ff. So wie Christus am Oelberge stille stand so sollen auch alle Geschütze stille stehen wer diesen Brief bei sich trägt dem wird nichts schaden. Gott wird denselben bekräftigen das er sich nicht fürchten wird vor Diebe und Mörder alle Gewehre müssen stille stehen alle sichtbare und unsichtbare so man auf mich hält der erhielt den Befehl des heiligen Geistes es müssen stille alle sichtbare» und unsichtbaren Geistern durch den Befehl des Engels Michaels Sohnes im Namen des Vaters und des heiligen Geistes ff Gott mit mir. Wer diesen Segen gegen den Feind bei sich hat der wird in Gefahr beschützt bleiben wer dieses nicht glauben will der schreibe es ab und binde es einem Hund um den Hals und ziele danach, der wird ihn nicht treffen, wer dieses bei sich trägt, der wird nicht gefangen durch Feindes Hand verlätzt tverden. Amen. So war als dieses ist das Jesus von Maria geboren seinem Leiden und Tod ging und am dritten Tage wieder auferstanden und gen Himmel gefahren ist so kann auch der nicht verläßt und verlassen werden Fleisch und Gebeine und Gereine Alles soll ihm unbeschädigt bleiben ich beschwöre alle Gewähre Alle gewahre und Waffen der Erden bei dein lebendigen Gott des Vaters ff des Sohnes ff und des heiligen Geistes. Ich bitte im Namen unsers Herrn Jesu Christ, das mich keine Kugel treffe noch sie sei von Gold Silber oder Blei, Gott im Himmel macht mich von diesen sicher und frei, Im Namen des Vaters ff des Sohnes ff und des heiligen Geistes ist dieser Brief vom Himmel gesandt worden und im Jahre 1724 in Holstein gefunden, und schwäble über die Taufstättc Düna, wie man ihn ergreifen wollte, ging er zurück bis sich im Jahre 1791 mit den gedanken näherte, ihn abzuschreiben und in der Welt zu verbreiten. Ferner stand darin, wer am Sontag Arbeitet der ist von uns verdammet, du sollst am Sontag nicht Arbeiten sondern zur Kirche gehen und von deiner Habe sollst den Armen mittheilen denn ihr sollt nichl sein wie die Unvernünftigen Thiere Ich gebitte euch 6 Tage zu arbeiten und den siebenten sollt ihr ruhen, und Gottes wort hören und in eiren Herzen bewahren, tver dieses unterläßt den den werde ich Strafen, Sonnabend sollt ihr nicht zu spät Arbeiten ihr sollt euren Sünden beichten, das sie euch vergeben werden, Ihr sollt bei meinem Namen nicht unnütz schwören, ihr sollt nicht begehren noch Geld oder Silber, scheuet euch vor Menschlichst begierden, so geschwinde, wie ich euch erschaffen habe, so gcschtvinde kann ich euch auch verderben, seid mit eurer Zunge nicht falsch. Ehret Vater und Mutter und redet nicht falsch Zeugniß wieder euren Nächsten dann gebe ich euch gesundheit und Friede wer dieses aber nicht glauben will der ist von mir verlassen der wird weder Glück noch Segen haben, ich sage das Jesus den Brief selbst geschrieben habe wer dieses nicht Offenbart, der ist von mir verflucht der Geistlichen Kirche, dieser Brief soll einer dem Andern dareichen und sollten einer so viel gesündigt haben wie fand am Mehr Laub auf den Bäumen so werden sie ihm vergeben werden wer aber nicht glauben will der soll des Todes sterben und ich werde ihn am Jüngsten Gericht jfrafen. haltet meine Gebote,
übernommen.
Hans-, Schutz- und Himmclsbriefc. Von E. Lemke.
Aus ferner Zeit bis in unsere Tage wunderkrästige Glauben an die Macht jener irgendwo in der Luft geschwebt haben oder, Ausdruck lautet: vom Himmel gesandt sein
hinein hat sich der Briefe erhalten, die wie der landläufige
sollen. Nun trifft man ztvar tviedcrholt Mittheilungen über diesen Zweig am immer¬ grünen Baume des Aberglaubens, aber die Gelegenheit, ein Blatt in natura zu sehen, bietet sich doch selten. Wer will es auch dem armen Volke verdenken, daß es einen solchen Schatz der möglichen
Verspottung entzieht? „Reiche, ech weeß von nuscht nich!" (Nein, ich weiß von Nichts!) lautet in meiner Heimath Ostpreußen (Oberland)- die ge¬ wöhnliche Antwort, sobald man geradeaus fragt. Dagegen ist das Volk wohl zu überlisten, wenn man auf Umwegen und mit schein¬ barer Gleichgültigkeit nachforscht; es geht, sozusagen, in die Falle, die man ihm stellt. So nothwendig und belustigend auch diese Forschungsreise ist, — oft hat es mich tief bewegt, die Eigenheiten der Volksseele zu belauschen und die ahnungslosen Menschen zur Auslieferung ihres wohlgehüteten Geheimnisses zu vcranlaffen. Nach langer Bemühung gelang es mir endlich, einen erprobten Haus- und Schützbrief in der Hand zu halten; er ward mir sogar für einen Tag geliehen. Das Original war im Jahre 1870 einem unserer zum Feldzüge einberufenen Gutsleute ivährcnd eines mehrwöchentlichen Aufenthaltes in Berlin bekannt geworden; der Mann verschaffte sich eine Abschrift und trug von da an das Papier stets bei sich. Seine Frau gab rnir die Versichening: „In den dollsten Schlachten hat ihn der Brief beschützt; die Kugeln konnten ihm
lautete:
Dieser Brief
f
f
f
ich euch durch meinen Engel gesand habe in Jesu Christ Namen. Amen." Es giebt aber auch weniger geheim bewahrte Briefe, die u. A. bei Robrahn & Co. in Magdeburg vom Himmel gefallen oder wenigstens gedruckt sind und für einige Pfennige im Lande verkauft werden. Sie sehen einigermaßen gräßlich aus. Solch' ein Himmels¬ brief hängt bei einer Familie in unserm Dorfe unter Glas und Nahmen, und von ihm heißt es: daß er „mit güldenen Buchstaben geschrieben; und ist zu sehen in der Michaelis-Kirche zu St. Germain,
die
wird genannt Gredoria, allwo der Brief über der Taufe schwebt. Wer ihn angreifen will, von dem weichet er, wer ihn aber ab¬ schreiben will, zu dem neiget er sich und thut sich selbst auf."
227 vielen Geboten, die diese Urkunde des unsterblichen enthält, befindet sich auch die Mahnung: ihr sollt eure Michels kräuseln! nicht (Wenn wenigstens gesagt wäre: aber alle Haare
— das neue Schuhwerk hatte sich schon zu sehr ein¬ gebürgert und nicht blos Franzosen befaßten sich mehr mit Ver¬ fertigung desselben, sondern auch geborne Brandenburger, vor allen
Tage kämmen!) Als ich einem
die Schullehrer und Küster
Unter den
alten Weibchen zu verstehen gab, daß das Ganze ein furchtbarer Unsinn sei, sah sie mich mitleidig an und sagte: ’n Himmelsbrief „Das is nu ober (aber) wahrhaft'gen Gott wahr! bringt Glück; es sagen doch alle Leut', er soll sehr kräftig sein, lln darum is es so sehrchens gut, ihn immer bei sich zu tragen." Sie mochte Wohl solchen Brief nie besessen haben; jedenfalls war fie nicht zu den Glücklichen zu rechnen.
zu spät damit
hölzernen Schuhe und Pantoffeln.
Den französischen Flüchtlingen, welchen Kurfürst Friedrich Wilhelm seine Länder öffnete uud eine neue Heimat gab, hat Brandenburg neben der Einführung vieler schädlichen auch solche Wenigen dürste es aber vieler nützlichen Dinge zu verdanken. wohl bekannt sein, daß zu den letzteren auch die hölzernen Schuhe und Pantoffeln oder „Pantinen" gehören. Wie verwundert mögen
damals die heimischen Schuhmacher dreingeschaut haben, als Mal dieses Fußbekleidungsstück vorgestellt tvurdc. Sie, die nach beendeter Lehrzeit und dreijähriger Wanderschaft, wenn sie sich in einer Stadt seßhaft machen wollten, erst noch nachweisen mußten, daß sie nicht von wendischen, sondern von deutschen Eltern in echter und rechter Ehe stammten, mußten zusehen, wie den Fremden, ohne einen sogenannten „Geburtsbrief" vorzuzeigen, in den Gewerben, Handel und Wandel Vorrechte eingeräumt wurden, von denen sie als angestammte Bewohner des Landes nie eine Ahnung gehabt. In Berlin und mehreren anderen Orten der Mark legten die Franzosen nach dem Vorbilde ihrer Heimat ohne Weiteres Holz¬ schuh- und -Pantoffel-Fabriken an und es wurde bald ein großer Hausirhandel mit dem neuen Fabrikat getrieben, wie auch die Jahr¬ märkte mit ihm bedacht wurden. Die Schuhmacher mußten es nun erleben, daß die neue Fu߬ bekleidung, vor allein die Holzschuhe, sich Eingang bei den Be¬ wohner» in den Städten und auf dem Lande verschaffte; man fand das Fabrikat gefällig und sehr zweckentsprechend, dazu praktisch be¬ sonders für ländliche Arbeiten, und nebenbei sehr billig. Männer, Frauen und Kinder aus dem niedern Stande auf dem Lande, die sonst nur für die Winterszeit sich den Luxus hatten erlauben dürfen, ledernes Schuhwerk zu tragen, sonst aber barfuß zu gehen genöthigt gewesen waren, befanden sich plötzlich in der glücklichen Lage, für weniges Geld hölzerne Schuhe oder Pantoffeln erwerben zu doch
ihnen zum ersten
können.
So lange das neue Fabrikat nur in denjenigen Kreisen des Volkes getragen wurde, in welchen ledernes Schuhwerk sonst nur wenig Verwendung gefunden, so lange schwiegen auch die heimischen Schuhmacher, als aber auch die Bauern anfingen, ihre Füße fran¬ zösisch zu
kleiden, endlich sich sogar die hölzernen Schuhe und Pan¬ toffeln Eingang bei den Bewohnern der Ackerstädte verschafften, und
solche
„regierende" Bürgermeister in denselben nicht ver¬ in eigener Person einen Wagen mit Dung ;u>n Thore hinausfuhren, da hatte die Lammesgeduld der Schuh¬ macher ein Ende und sic fingen an, sich in Opposition zu setzen, ^n den von Kaiser und Reich ihnen ertheilten Gewerks-Privilegien uand nichts von hölzernen Schuhen und Pantoffeln — und desf)alb sollen dieselben ausgerottet werden. Aber es dauerte lange, ohe man auf sie hörte — denn während der ganzen Negierungszeit des Kurfürsten Friedrichs IH., später König Friedrichs I., dachte und handelte ganz Brandenburg mehr französisch als deutsch. Erst König Friedrich Wilhelm I. nahm sich der Schuhmacher an und soließ unterm 7. Dezember 1726 ein scharfes Edikt gegen das tragen von hölzernen Schuhen und Pantoffeln — aber er kam selbst
schmähten, wenn sie
den
Dörfern, denen
sonst
als Neben¬
in allen Sachen praktische König Friedrich II. in mehreren Verordnungen, und zwar in solchen vom 11. Juni 1745, 30. No¬ vember 1746 und 4. Juni 1767 gegen das Tragen des hölzernen Schuhwerks gewendet. Er ist natürlich auch nicht damit durchge¬ drungen, und Holzschuhe und „Pantinen" sind geblieben bis auf
sonst
den heutigen
Zit
in
gewerbe nur das Schneider-, Leinweber- und Rademacher-Handwerk Merkwürdigerweise hat sich auch der zu betreiben erlaubt war.
W.
Tag.
St er» deck.
Dns Geschäftshaus des Deutschen GWer-Vereins. (Mit Abbildung.) wurde durch ein Statut vom 'begründet 1883 und erhielt durch Allerhöchste Kabinetsordre vom 15. April 1884 die Rechte einer juristischen Als Zweck verfolgt er die Förderung kamerad¬ Person. schaftlicher und wirthschaftlicher Interessen aller Angehörigen der Insbesondere sucht der Verein Deutschen Armee und Marine. seinen Mitgliedern alle Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände zu möglichst niedrigen Preisen zu liefern, auch bahnt er Verkehrs-
Der Deutsche Offizier-Verein
15. Dezember
erleichterungen für dieselben in jeder Hinsicht an und vermittelt aller möglichen Gebrauchsartikel zu Vorzugspreisen.
den Bezug
Die Vereinsthätigkeit wird an der Hand einer umfangreichen festen Geschäftsordnung ausgeführt, nach welcher u. A. im Oktober eines jeden Jahres eine Preisliste veröffentlicht wird, die ein Verzeichniß aller in ben Verkaufsräumen des Vereins geführten Gebrauchs¬ und Verbrauchsgegenstände enthält. bezog der Verein, dessen Räumlichkeiten Im September v. bisher in den Häusern Dorotheenstr. 77 und 78—79 belegen waren, aber dem im Laufe der Zeit erheblich erweiterten Geschäfts¬
I.
verkehr nach keiner Richtung mehr genügten, sein neues prächtiges Heim in der Neustädtischen Kirchstraße, in seinem Monumentalge¬
bäude,
welches genau nach den Wünschen und Angaben der Ver¬
eins durch
den Regierungs-Baumeister Hennicke und v. d. Hude
erbaut und in der überraschend kurzen Zeit von einem Jahre für die Geschäftszwecke errichtet wurde. Der ganze Bau, welcher im Aeußeren wie im Inneren aui das Großartigste angelegt und auf das Solideste ausgeführt wor¬ den, ist in dem unteren Stockwerk in Sandsteinverblendung, in den übrigen Stockwerken in Cementputz — die Flächen in Tschauchwitzer Verblendsteinen — hergestellt. Die Fayade zeigt sich in würdiger, einfacher Architektur frei von jeder Ueberladung. Ueber dem Haupt¬ eingang in der Neustädtischen Kirchstraße sind die in Stein ausge¬ führten Embleme des Vereins angebracht; die Gruppe stammt aus dem Meisteratelier des Professor Begas von dem Bildhauer
Felderhof. Sämmtliche Decken im Inneren des Gebäudes sind aus bombirten Wellblechen, die sich zwischen Trägern spannen, herge¬ stellt. Der Fußbodenbelag besteht im Erdgeschoß, dem ersten und dritten Stockwerke aus Pitchpine und Eichenstabboden, im zweite» Ueber dem Haupttreppenraum be¬ und vierten aus Gypsestrich. findet sich ein in dem Atelier des I)>. Oidtmann gemaltes GlasOberlicht. Die ausschließliche Verwendung des elektrischen Lichtes, Personen- und Waarenaufzüge vom Erdgeschoß bis in das vierte Stockwerk machen das neue Heini des Offiziers-Vereins zu einem Geschäftshause, welches allen Anforderungen der Jetztzeit voll¬ kommen genügt.
Die Raumvcrtheilung im Hause ist folgende: In der nach der Mittelstraße zu belegenen Hälfte des Erdge¬ schosses befinden sich Buchhalterei, Kasse, Registratur mit der Ab-
228 thcilung für Verkehrserleichterungen und dem Auskunftsbureau, sowie ein Theil der Expedition, deren Schalter sämmtlich an einem für den Verkehr der Mitglieder bestimmten Lichthofc liegen.
Im
ersten Stockwerk
kaufsräume
befinden sich
der Abtheilungen
k
und
die
ausgedehnten
kl, von
Ver¬
denen der ersteren
mit der derselben unterstellten Abtheilung für Reit-, Fahr- und Stall-Ausrüstungsgegenstände die Hälfte nach der Dorvtheenstraße, der letzteren die Hälfte nach der Mittelstraße zugewiesen ist. Zwischen beiden befindet sich — unmittelbar über dem Eingang an der Neustädtischcn Kirchstraßc — das Empfangs- und Warte¬ zimmer. Nach der Dorotheenstraße zu liegt der große Lefesaal, der gleichzeitig dem Komitee als Sitzungszimmer dient. Außerdem befinden sich noch im ersten Stockwerk die Tageskasse mit Bvnsund Billctvcrkauf, Räume für Anprobe und Maßnehmen, das Büreau der Abtheilung für Vermittelung von Anstellungen und das Centralbüreau. Das zweite Stockwerk enthält die ausgedehnten Arbeits- und Lagerräume der Abtheilungen I und auch hier ist der ersteren die Hälfte nach der Dorotheen- und der letzteren die Hälfte nach
II;
der Mittelstraße zugewiesen tvorden.
Im dritten Stock ist ein Hotel garni (Eingang von der Die Preise für die einzelnen Mittelstraße) vorläufig eingerichtet. Zimmer in diesem lediglich für die Mitglieder des Deutschen Offizier-Vereins bestimmten Hotel sind sehr niedrig bemessen und beginnen für die kleinsten Zimmer bereits mit 1,50 Mk. pro Bett und Nacht.
Im vierten Stockiverk befinden sich die Zuschneidcräume und Werkstätten der Abtheilung I, sowie die Arbeitsräume der zur Ab¬ theilung kl gehörigen Wäsche-Werkstatt. Das Kellergeschoß enthält Buchhalterei und Packräume der Expedition sowie die Weinkellereien, ivelchc jetzt, nachdem der Ver¬ ein auch deutsche Weißweine unter seine Verkaufsartikel aufgenommen hat, bedeutend ausgedehnt werden mußten. Außerdem befinden sich im Kellergeschoß die Maschinenräume der elektrischen Beleuchtungsanlage. In der nicht vom Deutschen Offizier-Verein ermietheten nörd¬ lichen Hälfte des Erdgeschosses befindet sich die Militär-Sortiments¬ und Verlagsbuchhandlung (General-Debit der Karten der König!. Preußischen Landesaufnahme) von R. Eisenschmidt — sowie
mit
Eingang
besonderem
Restaurant, in
von
welchem den
der
Dorotheenstraße
aus
ein
Mitgliedern des Deutschen Offizier-
Vereins Preisennäßigungen gewährt werden. Die großartig angelegte Verkaufshalle, welche im ersten Stock¬ werk die ganze Front nach der Neustädtischen Kirchstraßc einnimmt, gestattet dem Verein, fast alle Gebrauchs-Gegenstände in den Ge¬ schäftsbereich aufzunehmen und die Mehrzahl der bisher geführten Artikel in reichster Auswahl vorräthig zu halten. 8r.
Cervantes -Saavcdra und die märkische Sage. . Von Oskar Schwebe!. (Schlup.)
Don Migncl
!>r
Der ehrliche Sancho Pansa hat soeben sein Amt als Statt¬ halter angetreten. „Da erscheinen zwei Greise vor ihm, von denen der eine einen Rohrstab in der Hand hatte. Der andere, welcher keinen Stock trug, sagte: „Gnädiger Herr, ich lieh dicsein guten Mann vor einiger Zeit zehn Goldthaler, um ihm eine Gefälligkeit zu ertvcisen und ein gutes Werk zu thun, unter der Bedingung
ihm die zehn Goldstücke nie geliehen, oder wenn ich sie ihm geliehen hätte, so hätte er sie mir schon zurückgezahlt. Zeugen habe ich nicht; weder über die Anleihe noch über die Bezahlung — denn bezahlt hat er mich nicht. Ich wünsche daher, daß Euer Gnaden ihn eidlich vernehmen mögen, und wenn er schwört, daß er mir das Geld wiedergegeben, so schenk ich ihm die Schuld, so wahr ich hier vor Gott und vor Euch stehe." „Was sagt ihr dazu, guter Alter mit dem Stock?" fragte Sancho. „Herr," sprach der Alte, „ich bekenne, daß er mir das Geld geliehen hat; aber neigen Euer Gnaden euern Richterstab, denn da cr's auf meinen Eid ankommen lassen will, so will ich schwören, daß ich es ihm wirklich und wahrhaftig bezahlt und wiedergegeben habe."
Der Statthalter neigte seinen Stab und der Alte gab seinen Stock dem andern Greise daß er ihn so lange halte, als ob er ihm während der Ablegung des Eides beschwerlich fiele. Er legte hier¬ aus seinen Finger auf das Kreuz an dem Richterstab und schwor, er hätte die zehn Goldstücke, die man ihm abgefordert, zwar geborgt, sie aber auch seinem Gläubiger in besten eigene Hände wieder zu¬ rückgegeben, und nur weil dieser sich nicht daran erinnere, mahne Als der große Statthalter dies hörte, er ihn noch immer.
fragte er den Gläubiger, was er auf die Aussage seines Gegners einzuwenden habe. Dieser gab ihm zur Antwort, er halte seinen Schuldner für einen ehrlichen Mann und guten Christen und es müsse ihm selbst wohl entfallen sein, wie oder wann er das Geld wieder empfangen hätte; er würde daher weiter nichts von ihm fordern. Der Schuldner nahm hierauf seinen Stab wieder, machte eine Verbeugung, und verließ die Gerichtsstube. Als Sancho sah, daß er ohne Umstände wegging und der Kläger es geduldig ge¬
ließ, neigte er den Kopf auf die Brust, hielt seinen rechten Zeigefinger zwischen den Augenbrauen an das Nasenbein und schien ein wenig nachzudenken; hob aber gleich darauf den Kopf wieder in die Höhe und befahl, den Alten mit dem Stabe, der bereits aus der Thür gegangen, zurückzurufen. Man brachte ihn wieder und Sancho sagte zu ihm: „Gebt mir einmal euern Stab, guter schehen
Freund; ich brauche ihn." „Herzlich gern, gnädiger Herr," sprach der Alte und überreichte ihm den Stab. Sancho nahm ihn, gab ihn dem andern Greise und sagte: „Nun könnt ihr mit Gott gehen; hier habt ihr eure Bezahlung." „Ich, Herr?" ftagte der Alte. „Ist denn dieses Rohr zehn Goldthaler werth?" „Allerdings," sprach Sancho, „oder ich bin der größte Dumm¬ kopf von der Welt. Ihr sollt gleich sehen, ob ich Hirn genug im Kopfe habe, um ein ganzes Reich zu regieren." Er befahl darauf in Gegenwart aller Anwesenden den Stock zu zerbrechen. Dies geschah und es fanden sich in demselben zehn Goldthaler versteckt. Alle staunten und erklärten ihren Statthalter
für einen zweiten Salomon. Man ftagte ihn, wie er auf den Ge¬ danken gekonrmen, daß das Geld in dem Stocke steckte. Er ant¬ wortete, da der Alte während der Eidesleistung seinen Stock dem Andem zu halten gegeben und, nachdem er geschworen, daß er diesem das Geld wirklich zurückgezahlt, seinen Stock wieder abver¬
ich sie forderte.
langt habe, so sei er auf den Gedanken gekommen, das Geld wohl in dem Stocke flecken. Man könne, sprach er, daraus schließen, daß Gott manchmal das Urtheil des Richters, wenn er auch ein einfältiger Mann sei, auf den rechten Weg leite. Uebcrdics habe der Pfarrer seines Dorfes ihm einst einen ähnlichen
ihn mahnte, da ich ihn nicht setzen wollte, aus welcher ich ihn gezogen hatte. Da cs mir jedoch endlich schien, als ob er das Bezahlen gänzlich vergäße, so erinnerte ich ihn einmal und dann öfter an seine Schuld; er läugncte sie aber und sagte, ich hätte
Fall erzählt, und er habe ein so vortreffliches Gedächtniß, daß er nie etwas vergeste, woran er sich erinnern möge, und daß auf. der ganzen Insel kein besteres Gedächtniß zu finden sei. Kurz, die beiden Alten gingen, der eine beschämt und der andere bezahlt, von dannen; alle Anwesenden aber waren erstaunt, und der, den man
jedoch,
daß er sie
mir wiedergeben sollte, sobald
Es verging eine geraume Zeit, wieder in dieselbe Verlegenheit
ehe ich
nrüste
229 angestellt hatte, um alle Reden, Handlungen und Geberden Sanchos
beobachten, wußte nicht, ob er ihn
für einen Narren oder für
halten sollte. Es ist klar, daß der berühmte Schriftsteller und Krieger sich bei der Abfassung dieser Episode an eine volksthümlichc Mär seiner Heimath, vielleicht seiner Vaterstadt Alcalü de Henares ge¬ halten hat. Wahrscheinlich wird dieselbe arabischen Ursprungs sein. An eine Entlehnung aus der großen Travestie auf die Ritterromane ist aber schon bei Cosmar nicht zu denken, geschweige denn bei einen Weisen
Pohlmann, dem wir die Mittheilung der Salzwedeler Sage ver¬ Auch diese Erzählung ist damit als eine jener vielen danken. Mären nachgewiesen, welche, wie die vom „Tischlein, deck' dich" und vom „Zaubermantel", von „den beiden Königskindern am Wasier" und von dem „Wallfahrer mit den beiden Frauen" die weite Reise aus dem
Morgenlande bis zu uns vollendet haben.
der Spitze mit einer dünnen Federspuhle als Mundstück versehen und schienen wenig Absatz zu finden, da die etwa rauchenden Spaziergänger sich meist kurzer Pfeifen zu bedienen pflegten, die Als dann nach dem Frieden das Tabakrauchcn sie bei sich führten. aus Rücksicht „auf den öffentlichen Anstand" auf den Berliner Straßen und auf den „Fuspromenaden" des Thiergartens bei zwei Thaler Geld- oder „verhältnismäßiger Leibesstrafe" verboten wurde, hörte dev Cigarrenhandel vor dem Brandenburger Thore auf, und auch der alte erblindete Invalide, welcher auf dem halben Wege nach den Zelten mit seiner Führcrin auf einer Bank saß und aus einent Körbchen Feuerzeug zu verkaufen hatte, verlor seinen kümmer¬ lichen Nahrungszweig und belästigte die Vorübergehenden nicht mehr mit seiner in weinerlich singendein Tone stereotyp abgeleierten Bitte: „Salpeterschwamm, Taschenstahl, Flintensteiner, koöfen Sic einem blinden Mann etwas ab."*) Das Verbot wurde von der Polizei mit großer Strenge gehandhabt, man vigilirte auf die
Das Geschäftshaus des Deutschen Cffiffer- Vereins.
Etwas vom Tabakranchen. Erinnerungen eines alten Berliners. Die ersten Cigarrenraucher in Berlin dürften die französischen -oldaten gewesen sein, welche in Spanien die Bekanntschaft mit den dortigen Cigam>8 gemacht hatten. Zur Franzosenzeit und während der Befreiungskriege war das Tabakrauchen, wenn nicht auf den Straßen Berlins, so doch im Thiergarten gestattet, und bier, vor dem Brandenburger Thore, zwischen der Charlottenburger Chaussee und dem damaligen Exerzierplätze am Saume des Thiergariens hatten sich die ersten ambulanten Cigarrenhändler etabliert; lrugen eine geöffnete, längliche Lade an einem über die Schultern zelegten Riemen vor sich her, in deren Fächern ihre Waare lag, hielten eine aus Werg gedrehte, brennende Lunte in der Hand und priesen ihre Glimmstengel den Vorübergehenden an, indem sie in eigenthümlichem Rhythmus unaufhörlich, mit dem stark betonten Wörtchen avec, ausriefen: „Cigarro avec du feu.“ Die angetotenen Cigarren von mehr als zweifelhafter Qualität waren an
Tabakraucher, als wären es Staatsverbrecher, und wer es wagte, bei Tag oder Nacht rauchend an einem Militärposten vorüberzu¬ gehen, wurde instruktionsmäßig bis auf weiteres in das Schilder¬ haus gestellt. Der Berliner Witz bemächtigte. sich zuletzt der Sache, es erschien etwa um 1830 ein buntes Bildchen, auf welchem ein Posten vom Garde-Schützen-Bataillon**) vor seinem Schilder¬ hause dargestellt war, im Begriff einen kalt rauchenden Eckensteher
*) Dieser, damals jedem Berliner bekannte, weißköpsige Alte erschien in Haltung und Redeton als das Urbild, nach welchem im Kaustnann von Venedig (2. Act, 2. Scene) der alte Gern seinen Gobbo gestaltet hatte, bei jener klassischen Besetzung dieses Schauspiels, wo Blume den Prinzen von Marocco, Lemm den Kaufmann, Ludwig Devrient den Shylock, der
junge Gern
(der Sohn des alten) den Lanzelot Gobbo, und die Stich (Crelinger) die Porzia spielte. **) Diese „Neuchateller" waren damals bei den Berlinern besonders populär, weniger deshalb weil sie französisch sprachen, als darum, weil, mit Ausnahme weniger bei den Pionieren Eintretenden, alle Einjährigen bei diesem Truppentheile dienen mußten.
230 festzuhalten, mit der Unterschrift: „Niesschandeller, Sie jammem mir!" Nächtlichen Rauchern gegenüber Pflegte man ein Auge zu¬ zudrücken, da die Nachtwächter, wenn sie ihr Revier abpatrouillirt hatten und in den Thür-Nischen aus den Treppenstufen saßen, das verstohlene Privilegium hatten, sich durch die Tabakspfeiie munter
Als der erste, noch mit Colonialwaaren, von
lokalen des Thiergartens (unter den Zelten, im Schulgarten am Potsdamer Thor, in der Bellevue- und Thiergartenstraße, bei George, Kemper und beim Hofjäger (unweit des jetzigen zoologischen Gartens), wurden die ältern rauchenden Stammgäste von den grünbeschürzten gravitätischen Marqueurs mit gestopften, langen holländischen Thon¬ pfeifen (st 6 Dreier-) bedient, während jüngere Herren sich bereits der Cigarren bedienten und dadurch das Rauchen aus Pfeifen nach und nach in Mißkredit brachten. In den Wintergärten („von Faust" an den Königskolonnaden, George in der großen Frankfurterstraße und bei Teichmann im Thiergarten), die damals an Konzerttagen und bei Blumenverlosungen stark besucht wurden, war für die langen Thonpfeifen kein Raum und hier bedienten die ersten schwarz beftackten und leichtfüßigeren Kellner die Gäste auf Ver¬ langen auch mit Cigarren. Bald gehörte das Cigarrenrauchen nunmehr zum guten Ton und das mit sich Führen einer, wenn auch noch so eleganten, kurzen Pfeife galt um so mehr für philiströs und knotig, als man auf Spaziergängen nur noch bei ehrsamen Handwerkern bemerkte, daß ihnen, was zu ihrem Sonn¬ tagsstaate gehörte, die Pfeiienspitze mit grüner Quaste aus der hinteren Rocktasche hervorsah. In häuslichen Kreisen dagegen be¬ hauptete sich die Pfeife noch lange. Bei festlichen Gelegenheiten,
der Kaufmannschaft feierlich empfangen, am Lustgarten hinter der (da¬ maligen) Börse vor Anker ging, wurde er von den Berlinern mit
bei Hochzeiten, Kindtaufen, auch bei Leichenbegängnissen stand in den Bürgerhäusern auf dem Tische ein Teller mit Rauchtabak, der
allgemeinem Jubel begrüßt, und die Hamburger Firma „Friedrich Justus" versorgte Berlin mit vorzüglichen Rauchtabaken: Louisiana, Rothsiegel, Muffkanaster, das Pfund von 12 Sgr. bis 2 Thlr., aber auch in Berlin selbst wurden von Ermeler (in der Breitenstraßc), von Praetorius und Brunzlow und anderen (in der Königs¬ straße) beliebte Tabake fabrizirt mit den Etiketten: Cubakanaster, Holländischer Kanaster und als fünfte Sorte Maracaibokanaster, welcher 2% Thlr. das Pfund kostete. Geringe Sorten waren Kraustabak, das Pfund zu 2 Sgr., ff. Jagdkanaster mit der De¬
häusig mit Rosenblättern geinischt war, und daneben lagen lange Thonpfeifen*) zum beliebigen Gebrauch für die Anwesenden. Aber auch in höheren Gesellschaftskreisen bediente man sich
zu halten. Auch vor den Thoren der Stadt, am den Landstraßen, insoweit dieselben, wie z. B. schon damals vor dem Oranienburger Thor, nicht regelmäßig mit Häusern bebaut waren, durfte geraucht werden. Reisenden war es, wenn sie durch Dörfer kamen, „wegen der Feuergefährlichkeit" verboten, aber auch hier ging man mit der polizeilichen Strenge zuweilen zu weit. So begegnete es einst einem Bischof der evangelischen Landeskirche, welcher in seiner Extra¬ postchaise beim Passiren eines Dorfes ahnungslos aus seiner wohl¬ verschlossenen Preise sortgeraucht halte, von einem Gendarmen an¬ gehalten und als Contravenient notirt zu werden; was dem ge¬ müthlichen alten Herrn natürlich sehr unangenehm sein mußte, aber alle guten Worte galten nichts bei dem strengen Wächter des Gesetzes.
Inzwischen hatte
sich nach dem
Aufhören der Continentalsperre
die deutsche Tabaksfabrikation sehr gehoben. reich beflaggte, große Hamburger Elbkahn
noch
in den dreißiger Jahren in Herrengesellschaften
sehr gewöhnlich
der Pfeifen, die bereits gestopft von dem Hausherrn in Bereitschaft gehalten wurden, welches den geehrtcsten seiner Gäste kostbare, mit
Silber
beschlagene Meerschamnpfeisen zu Präsentiren beeifert war, während die übrigen mit geringeren Exemplaren aus seinem Pfeifen¬ magazin oder auch selbst mit Thonpfeifen vorlieb zu nehmen hatten. —
„Gut auf hohen Bergen und in freier Lust zu rauchen. Dieser Tabak lobt sich selber — (stinkt also) —, brennt, schmeckt und beißt auch nicht." Alle diese Tabake waren geschnitten und in Palleten verpackt, viele Raucher der besseren Stände zogen jedoch vor, Portorico oder Varinas in Rollen zu gebrauchen, während das ge¬ meine Volk sich mit von den einheimischen Tabaksspinnern verfer¬ tigten Stangentabaken begnügten, deren geringste Sorte mit dem Spottnamen „Für einen Sechser dreimal um den Leib" belegt war. Die Cigarren, mit deren Fabrikation man in Hamburg im letzten Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts den Anfang gemacht hatte, verbreiteten sich indeß nur sehr allmählich und zunächst nur unter der goldenen Jugend der Kaufmannschaft. In den feineren Garten¬ vise:
*) Die ersten besten Thonpfeifen wurden aus Holland bezogen, waren geglättet und bestanden aus gelblicher Masse, mußten jedoch beim Rauchen stets aufmerksam gehalten werden, da die Köpfe im stumpfen Winkel an die Röhre gesetzt waren. Berlin hatte auch Thonpfeifen¬ fabriken, welche die Köpfe der aus weicherer und weißer Maffe geformten Pfeifen praktischer im rechten Winkel an die Röhre setzten und auch 8 förmige, kurze sogenannte Nachtwächterpfeifen lieferten. Der Verbrauch dieser zerbrechlichen Waaren war ein so bedeutender, daß man auf den belebteren Straßen nicht zehn Schritte gehen konnte, ohne auf dem Stein¬ pflaster Bruchstücke zu finden, die als „Pfeifenstiele" von den Knaben eifrig gesucht und als praktische Bolzen beim Armbrustschießen benutzt wurden. (Schluß folgt.)
Kleine Mittheilungen. Der
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und
Staatsdienll
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verwandten Kächern.
Praktischer Ratbgeber- für die Berufswahl in denselben. Enthält das Wissenswertbeste aus den Vorschriften über Annahme, Ausbildung, Prüfung und Anstellung für sämmtliche Dienst- und Berusszweige auf Grund amtlichen Materials systematisch zusammengestellt und erläuternd bearbeitet von H. Bünne che in Arolsen. Leipzig. Verlag von Wilhelm Violet. 1888. In der ersten, sehr umfangreichen Abtheilung A CivilVerwaltung wird in 9 Abschnitten behandelt: I. Allgemeine StaatsVerwaltung, II. Justizverwaltung, III. Bau- und Maschinenfach, IV. Bergfach, V. Forstfach, VH. Geistliche und Unterrichtsverwaltung. (Heft I, 1,50 Mk.) ATI. Medizinal-, VIII. Separations- und Vermessungs¬ wesen, IX. Steuerverwaltung, X. Verkehrswesen, XI. Polizeiverwaltung. (Heft II, 1,80 Mk.) dem 3. und 4. Hefte (Abtheilung L) ist I. die Militärverwaltung, II. die Marineverlvaltung enthalten (1,50 Mk. bezw. 1,20 Mk.) Bei der Schwierigkeit der Berufswahl und der Verschiedenheit der Anforderungen ist eine übeffichtliche Zusammenstellung der gesetzlichen Vorschriften geradezu nothwendig und nicht nur Eltern und Vornüindern erwünscht, sondern auch den im Beruf bereits Befindlichen behufs orientirender Vergleichung der Prüfungs- und Anstellungsverhältnifse in anderen Dienst- und Berusszweigen interessant und lehrreich. Denkmal des S. E. Derb an des auf der Dudelsburg. Manche große Epoche der Geschichte redet noch heute durch monumentale Zeugen zu uns und was uns diese ehenien. steinernen Reininiscenzen in stummer
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und doch so beredter Sprache erzählen, das wirkt oft stärker auf unsere Phantasie als das überlieferte Wort, ja selbst als der Zauber der Dichtung; plastisch greifbar überbrücken sie die trennende Zeit und ver¬ setzen uns lebendig in die Vergangenheit. Wenn je ein geschichtliches Ereigniß sich sein Andenken auf diese Weise gesichert hat, so ist es der Kampf Deutschlands gegen Frankreich, die Errichtung des geeinten deutschen Reiches. Vom Siegesdenkmal in der Reichshauptstadt hernieder bis zur bescheidenen Friedenseiche im ärm¬ lichen Gebirgsdorfe wird es noch späteren Geschlechtern von jenen großen Tagen zeugen, die wir erlebt, und die Hülle, die erst kürzlich vom herr¬ lichen Leipziger Kriegerdenkmal sank, wird noch nicht der letzte Schleier sein, der ein jener Zeit geweihtes Kunstwerk barg. Eins unter diesen vielen Denkmälern hat noch ein besonderes Inter Es ist das weithin be¬ esse, da es als erstes den Reigen eröffnete. kannte Rudelsburg - Denkmal, das bereits im Jahre 1872 vom Kösener S. C. Verbände den Manen seiner gefallenen Kommilitonen gewidmet wurde. Der Aufruf zu demselben fand begeisterten Widerhall in den Herzen der Korpsstudenten und die herbeiströmenden fteiwilligen Gaben ermöglichten schon ein Jahr nach dem Kriege die Errichtung des Denkmals, das nun unweit Kösen an romantischer Stelle in's liebliche Saalethal herniederblickt. Da wo die malerischen Ruinen der Rudelsburg sich am steilen Felsabhang lagern, strebt nachbarlich die Denksäule in die Lüste, den Voriiberziehenden aus dem Grün ihrer waldigen Umrahmung grüßend.
231 DaS gleich der Rudelsburg im romanischen Stile gehaltene Denkmal als schlanke Säule auf einem viereckigen Postament, das auf einem siebenstufigen Treppenunterbau getragenen Plattforin rubt. Die Mitte der Säule umzieht ein Band mit der Inschrift: ,Dulce et decorum est pro patria mori“; auf ihrem Capital erhebt sich der deutsche Reichsadler zu stolzem Auffluge, unter seinen Klauen einen Legionsadler, Den ein Dekret mit dem N., einen Panzer und einen Helm zerdrückend. Entwurf des Denkmals lieferte der kgl. sächs. Baurath Di-. O. Mothes, der auch die Erbauung leitete, die in kaum zwei Monaten erfolgte. Eine plastische Nachbildung des Denkmals in Metallguß, ein kleines Kunstwerk in etwa 40 cm Höhe, das im Verlage von Karl Techow in Kosen erschienen ist und gewiß die weiteste Verbreitung finden wird, da der Preis von 10 Mk., im Verhältniß zu der gediegenen Ausführung, ein äußerst geringer ist, dürfte als künstlerische Zimmerzierde und elegantes Geschenk nicht nur den Korpsstudenten sondern auch denen, die Thüringen und die Rudelsburg kennen, willkommen sein. H. Z. Soldatenbier. Das Jahr 1719 brachte der Neumark eine Mißernte. Namentlich die Gerste war schlecht gerathen, und wenn das Bier von der¬ Durch selben Güte sein sollte wie zuvor, mußte es im Preise steigen. einen sogenannten Bier-Receß zwischen Ritterschaft und Städten der Neu¬ mark war 1665 festgesetzt worden, daß von einem Mispel kleiner Gerste 12 Tonnen Bier gebraut und der Preis des Bieres dreimal im Jahre, nämlich zu Michaelis, Weihnachten und Ostern, nach dem Preis der Gerste beftimint werden sollte. Jetzt nun verlangten die Befehlshaber der Garnisonen, daß der Preis des Bieres nicht gesteigert würde, und daß der Soldat, der sein bestimmtes Quantum haben müsse, das Quart wie bisher 'Pfennige für 6 erhielte; die Brauer könnten dünneres Bier brauen. Die Bürger aber, denen es weniger auf die Masse als auf die Güte des Bieres ankam, wollten lieber etwas mehr zahlen, als ein schlechtes Ge¬ tränk haben, und wandten sich mit einer Vorstellung an König Friedrich Wilhelm. derselben heißt es: „Was aber die Verringerung des Bieres betrifft, so halten wir nach unserm wenigen Einsehen solche nicht tbunlich, denn 1) ist solches wegen der Geringschätzigkeit der Gerste, so nunmehr, sie sey groß , mittel oder klein, nichts als Kaff und Spreu ist, nicht zu xractisiren, denn wenn man sie begeust, schwimmet der meiste Theil wegen deß, daß sie verschienen, oben auf, welches ja eine infallible marque ist, daß sie nichts tauge, folglich eine Tonne Bier von 2 Scheffeln dünne genug werden werde. 2) machet das Brauen auch eine der erklecklichsten revenues von Ew. Königl. Maj. Diese revenue würde aber sehr herunter fallen, wenn dergleichen dünnes Bier gebrauet werden solte, weil als denn der oansumente nur zu seiner Nothdurft, ubi natura paucis contenta, nicht aber auch zum Vergnügen und Ergetzlichkcit Bier trinket, folglich das exercitium des Brauens in Abgang gerathen würde. Es würde auch 3) dieser nioäus selbst den Bürger und Brauer ruiniren, als welcher mit seinen dünnen Bier 3 biß 4 mahl länger sitzen müste, als wenn er gutes orckiiiaires Bier zu verkaufen hätte, und ob zwahr auf solche Weise den Soldaten geholffen zu seyn scheinet, so ist doch zu betrachten, daß 4) die Consumption der Soldaten in denen Städten nicht sonderlich zu considoriren, theils weil von einer Compagnie bisweilen kaum zugegen, theils weil in unserer Neumark die beeise -Bediente mit ihren Manualien doeiren können, daß, wenn eine oder die andere Stadt eine Zeit lang von der gamison befreyet gewesen, die Consumption sonderlich an Bier daselbst viel höher und stärker als sonst zugenommen, welches wohl daher zu kommen scheinet, daß ein jeder sich alsdenn frey zu seyn einbildet und also mehr, alß wenn er von Soldaten umgeben ist, seinem Genio indulgiret." Die Entscheidung des Königs lautete: „Es haben Seine Königl. Majestät allergnäd. resolviret, daß in denen Städten, wo Guarnisous liegen, zum Behuf der Soldaten und armen Leute wöchentlich eine gewisse Zabl der Braueignen nach der Reihe herum nichts als Speise Bier von I Ich. Maltz per Tonne brauen und das Bier nach der taxe des Gersten Preises und der Unkosten höchstens mit 6 Pf. das Quart bezahlet werden solle. Die übrigen Braueigenen aber sollen ä zweyen Schffl. Maltz per Tonne brauen und das Bier nach der ordinairen vom Lande und Städten gesetzten Taxe bezahlet, auch davon die Stadt-Schank-Krüge versorget werden, wie desfals an die Krieges und Steuer Commissarien jedes Orts gehörige Ordre ergangen." Es wird also in diesem Jahre des Dünnbiers das Biertrinken in der Neumark keine Sache von besonderem „Vergnügen und Ergetzlichkeit" gewesen sein, namentlich nicht für die Soldaten. erbebt sich einer von
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Was bedeutet das Wort 6ft8.rlg.tLQ? Zeitung (Berlin, den 30. Juni 1888) finden
In sich
Dr. P. Schw. der Pharmaceutischen
von Herrn Hermann
Psters' Feder recht interessante kulturgeschichtliche „Mittheilungen aus dem historisch-pharmaceutischen Centralmuseum zu Nürnberg", welches mit dem ^germanischen Museum daselbst verbunden ist und eine Menge für die Ge¬ richte der Chemie, der Apotheker- und Arznei-Kunst hochwichtige belehrende Gegenstände enthält. S. 389 findet sich nun folgende eigenthümliche Er¬ klärung des Wortes „Obarlatan“, welche ich nicht unerinnert passiren lassen kann. Peters meint, Obarlatan käme von dem fcharlachrothen Mantel des ..l)>. Eisenbart" her. Zugegeben mag werden, daß die ärztlichen Aiarkticbreier ftüherer Jahrhunderte sich gern auffällig kleideten und daß ein grellrother Mantel gewiß ein Mittel war, mit seiner leuchtenden, in die Augen stechenden Farbe das geehrte Publikum 'namentlich der unteren Klaffen schon von weit her anzulocken. Die fahrenden Aerzte waren ja ganz berechtigt, einen rothen Talar, Barett oder Mantel zu tragen, denn die rothe Farbe ist von jeher die symbolische Farbe der medicinischen Universitäts-Fakultät gewesen. Das Recht und die Pflicht, Blut zu ver¬ süßen, verleiht dem Arzt, gerade wie dem Freimann und Scharfrichter das Anrecht auf den rothen Mantel und die rothe Farbe insgemein.
Jedennoch erscheint die Ableitung des Wortes Obarlatan von der Scharlach-Farbe als eine durchaus irrige. Das Wort Obarlatan ist die Französirung eines schon im Mittelalter in der italienischen Sprache vorkommenden Wortes Oiarlatano (sprich Tscharlatano) uud kommt her vom Zeitwort oiarlare laut und anhaltend schwatzen, obarlatan bedeutet also wörtlich das, was wir damit verbinden — Marktschreier. Andere italienische, hier in Betracht kommende Neben¬ wörter sind: oiarla Geschwätz, oiaramella Schwätzer, oiarleria Geplapper, oiarlatore lauter Schwätzer, oiarlatrioe Plaudertasche. Nach dem romanischen Lautverschiebungsgesetz wird hieraus im Französischen ebarlatan Marktschreier, Quacksalber, obarlatan er beschwatzen, abarlatanerie Marktschreier«, abarivari Gelärm, Geschrei, rc. Käme das Wort Obarlatan von den italienischen oder französischen Wörtern für Scharlach her, so müßte die Stammsilbe anders lauten. Denn Scharlach heißt auf Italienisch searlatto, das Scharlachfieber !a febbre scarlattina, auf Französisch das Scharlach eearlatc; das Eigenschafts¬ wort nimmt das italienische Anfangs-- wieder auf, daher la sie vre scarlatine, das Scharlachfieber. Ganz richtig schildert somit ein kolorirtes Bild auS dem 18. Jahr¬ hundert, welches sich im Gerinanischen Museum befindet, den Obarlatan als Marktschreier mit folgenden Klapphorn-Versen: „Der Arzt schreyt seine Pillen aus Mit großer Prahlerei, Der Harlekin macht manchen Flaus Ernst Friedei. Und lockt den Pöbel flink herbei." 3u Zeiten Friedrich des Groben wurde ein alter Unteroffizier als Prediger angestellt. Der hatte sich eine Predigt auswendig gelernt und predigte sie von Woche zu Woche in einem Striche fort. Da beschwerte sich ein Dorfbewohner beini Könige darüber und der König fragte: „Was hat er denn gepredigt?" Da wußte der Bauer nichts und der König sprach: „Mag er noch ein paar Jahre predigen, bis Er's lernt." — 0. T.
Inhalt: Johannes Wedigen, eine Berliner Geschichte von Oskar (Fortsetzung); Kaiser Friedrichs Ruhestätte in der Friedenskirche zu Potsdam, von Dr. E. Kolbe (mit Abb.); Haus-, Schutz- und Himmelsbriefe, von E. Lemke; Die hölzernen Schuhe und Pantoffeln, vön W. Sternbeck; Das Ge schäftshaus des Deutschen Offizier-Vereins (mit Abb.); Don Miguel de Cervantes - Saavedra und die märkische Sage, von Oskar Schwebe! (Schluß); Etwas vom Tabakrauchen. — Kleine Mit¬ theilungen: Der Reichs- und Staatsdienst nebst verwandten Fächern; Schwebe!
Denkmal des S. C. Verbandes auf der Rudelsburg; Soldatenbier; Was bedeutet das Wort Obarlatan?; Zu Zeiten Friedrich des Großen. — Anzeigen. (Fortsetzung von „Drei Menschen" folgt in nächster Nummer.)
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9. Februar 1889.
Drei Menschen.
5)
Novelle von E. von Wald-Zedtwib.
begreiflich," sagte Lori, und Beide ließen sich jetzt vor dein gedeckten Tische nieder. Die junge Frau bereitete den Thee, reichte ihrem Gatten eine Tasse, legte ihm kaltes Fleisch vor und sprach ihre Bewunderung über das reizende Tafelgeschirr, sowie das schöne, schwere Silber aus. „Das ist noch aus meiner ersten Ehe," antwortete der Major. Doch fast that es ihm leid, ihm wollte es scheinen, als lege es sich bei seinen Worten wie eine Wolke über Loris
„Ich fiitde
Stirn.
Doch
es
er mußte sich
getäuscht
haben, jetzt war sie
wieder so sonnenklar wie vorher.
Lori hatte Tanereds Worte wirklich eilt wenig schnterzlich empfunden. Sie hatte so gut wie Nichts in die Ehe gebracht. — — Aber nein, daran konnte er ja nicht denken, das wäre Aber es be¬ nun einmal peinlich, daß er jetzt gerade der Ver¬ storbenen wieder erwähnte. Aber war es denn nicht natürlich, nillßte das Bild der Entschlafenen nicht gerade heute, wo er an ihrer Statt eine Airdere in sein Haus führte, deutlicher vor seiner Seele auftauchen, denn je? Flinker Hand strich sie das Brot, schob Tancred von dem Salat zu, lobte die Koch¬ kunst der Köchin und Plauderte harmlos wie ein Kind. So rückte die elfte Stunde des Abends heran, und sie betrat zagenden Schrittes das gerneinsame Schlasziinmer.
seiner edlen Gesinnung ganz unähnlich gewesen.
rührte
Hause.
„Du wirst doch nicht böse sein, mein Schatz, weitn ich meinen Schreibtisch an Stelle des anderen setze, er ist mir lieb von Jugend auf und ich komme mir mehr wie zu Hause vor, wenn ich an ihm sitze."
Sie führte ihn dorthin. „Wie Du es willst, mein Herz," sagte Tancred, den Blick Möbel gerichtet, welches Lori mit den Vasen und dieses auf Figuren bestellt hatte, die es früher zierten, während sie die, welche auf dein alten standen, in den verschiedenen Zimmern vertheilt hatte. „Nun fragt es sich nur, Tancred, wo wir den anderen Schreibtisch unterbringen? Für den wird kein anderer Platz sein, wie auf den Boden." „Tancred, Dir ist cs nicht recht, was ich gethan habe?" ,
„Aber Lori."
sie
Einige Tage waren vergangen, die Dienstgeschäfte nahnrerr Herrn von Ohlefeld wieder in Anspruch, und Lori fand Muße genug, in der Wohnung diese und jene kleine Veränderungerr vorzunehmen, welche ihr nothwendig dünkten. Ihre geringe Habe war inzwischen angekommen. Die alten Möbel ihrer
Mutter waren zum größten Theil verkauft worden, nur die liebsten Gegenstände, wie ihr Schreibtisch, Bilder uird jene Unnützlichkeiten, welche zum Schmuck der Zimnier dienen, verstorbenen
und an denen das Herz gewöhnlich am meisten hängt, hatte
Der Major kanl aus dem Dienst nach Lori begrüßte ihn ein wenig zaghaft.
man zurückbehalten.
„Doch, doch, ich sehe es Dir an." „Er stainmt von nteiner verstorbenen.Frau", cittgegnete der
Major. „Und Du
wünschest, daß ich ihn behalte", antwortete Lori, worauf Herr von Ohlefeld nichts erwiderte und in sein Zimmer ging. Bald daratif hörte er, wie in der anderen Stube Möbel hin- und hergetragen wurden, wie man bald Dieses, bald Jenes rückte und als er wieder erschien, fand er den Schreib¬ tisch seiner ersten Gattin sammt seines Schmttckes auf der ge¬ wohnten Stelle,, während der Lori's auf den Boden getragen worden war. „Aber Lori!" ries er vorwurfsvoll, „so hatte ich's nicht gemeint." „Aber es ist Dir so lieber, einziger Mann", entgegitete sie zärtlich, worauf er, sie. uinschließend, zustimmend nickte. Nun saß Frau von Ohlefeld an dem Tische ihrer Vor¬ gängerin, sie wollte an eine Freundin schreiben, um ihr zu .
234 berichten, wie glücklich sie in ihrer jungen Ehe sei. Sie hielt inne, das Schreiben an diesem Tisch war ihr ungewohnt. Die
ihr so fremd, fast schien Eindringling, nieder¬ schauten. In Nachdenken versunken, saß sie da, ach es war doch schwer, die Nachfolgerin einer Frau zu sein, welche das Dasein ihres Gatten so ganz ausgefüllt hatte. Die Hände in den Schoß gelegt, saß Lori da und der feste Vorsatz, sich die Gegenstände, welche sie umgaben, dünkten
cs
ihr, als
ob sic erstaunt auf sie, den
Liebe ihres Mannes mehr und mehr zu erringen, damit
sie
ihm die Verstorbene ersetze, stieg wieder in ihr auf, wie schon so oft. War es nicht ihre heilige Pflicht, gebot es ihr nicht die Dankbarkeit? Pflicht? Dankbarkeit? Sie trat ans Fenster und drückte die heiße
Stirn
gegen die kalten Scheiben.
haßte in diesem Augenblicke diese beiden Worte, hätte
sie
Sie
heraus-
ihrer Brust, um dort in Flammenschrist „aus Liebe" erstehen zu lassen. Sie stand noch immer auf demselben Platze und die Wogen, welche ihr Inneres durchflutheten, glätteten sich nach und nach. Würde ihr das möglich werden, ihm Alles zu sein?! Sic achtete, ehrte den Mann, war ihm von Herzen gilt und erkannte seine vortrefflichen Eigenschaftcn, die stürmische Liebe zwar, welche, ihre eigene Kraft nicht kennend, bcn Geliebten unauflöslich umfaßt, von der Lori in ihren Jugendträumen geträumt, fühlte sie noch nicht für Tancrcd. Aber sie mußte bei gutem Willen ja kommen. Bei gutem Willen? Bedurfte wahre Liebe dessen erst? — Quälende Zweifel beschlichen wieder ihr Herz und in diesen eilte sie zur Thür ihres Gatten und klopfte. rcißen
mögen
aus
„Tancrcd!" „Meine Lori, was „Nichts,
wünschest
Du?"
ivolltc nur Deine Stimme hören."
ich
„War es Dir einsam?" „Ein wenig. Darf ich eintreten?" „Ja, natürlich." Jetzt war
bei ihm,
sie
er saß am Schreibtisch, hatte die
Feder ans der Hand gelegt und sah
„Siehst Du,
„Ich
lese
ich störe
Korrekturen.
sich nach
Dich, was
machst
ihr um. Du denn da?"
Es ist ein entsetzlich langweiliges
Geschäft, auf jeden J-pnnkt achten zu müssen."
Dir
lieber, Du bist allein, nicht wahr?" —", dabei küßte er sie, wie zum Abschied, auf die Stirn. Lori sah, daß er un¬ gestörter arbeite ohne sie, aber deniioch fühlte sie sich gekränkt, die verstorbene Frau hatte ihm helfen dürfen. Waruni über¬ trug er ihr nicht auch einen Theil seiner Arbeit? — War jene klüger, war sic aufmcrksanier gewesen, wie sie? — Wenn
„Und da
ist es
„O nein,
er das
Zutrauen
mein Herzcnsschatz, aber
zu
ihr
noch nicht hatte, warum versuchte er's
nicht wenigstens einmal?
Nun
setzte sie sich wieder an den Schreibtisch und ver¬ weiter zu schreiben. Er war ihr unbequem, kaum daß sic einen Satz auf das Papier geworfen hatte, strich sie ihn iviedcr aus. Da oben die kleine Schäferin aus Porcellan grinste sie so sonderbar an, ihre Füßchen und ihre Hände schienen in zappelnde Bewegung zu gerathen. „Nein ich kann nicht schreiben!" Damit warf sic die Feder bei Seite. „Riefst Du?" ließ sich jetzt Tancred's Stimme aus denr Nebenziinmer hören. Sie riß die Thür auf und flog ihm eirtgegen. „Ja, laß mich nicht allein, lege die dumme Arbeit fort.
suchte
mir ist hier Alles Dich." „Närrchen!"
noch so
ungewohnt, ich fürchte mich ohne
sagte Tancred lächelnd, nahm sie in die Arme und scherzte mit ihr, wie mit einem Kinde. „Komm, laß uns ins Freie gehen." „Ja, ja", jubelte Lori, kleidete sich an und ein Viertel¬ stündchen darauf wandelte sie an seinem Arme die von Menschen Ein frohes Gefühl, sich als die bewegten Linden entlang. Gattin dieses stattlichen Offiziers zeigen zu können, überkam sie. Ans der andern Seite der Straße ging Buffo von Ring. Er grüßte herüber. Ein unüberwindliches Etwas ließ Lori nach einigen Schritten den Kopf nach ihm umwenden, erschrocken fuhr
als sie bemerkte, daß er dasselbe that. „Brauchtest Du nicht ein Paar Handschuhe?" fragte Tancred jetzt. „Ich hätte sie wohl nöthig", war ihre Antwort. Beide traten in einen Laden. Lori suchte sich ein Paar dänischlederne Handschuhe aus und Tancred bezahlte sie. „Das Neueste in Pariser Rüschen ist angekommen, ich könnte dem Herrn Major für Fräulein Tochter etwas ganz Vortreffliches empfehlen", sagte die Verkäuferin. Frau von Ohlefeld dankte und sie verließen den Laden. „Seh' ich denn so alt aus, Lori?" fragte Tancred im sie jedoch zusanimen,
Weitergehe».
„Gott bewahre",
entgegnete sie, wobei
ihr Blick prüfend
über sein Gesicht flog. Er sah wirklich so aus, als ob er ihr Vater wäre. Da wieder auf der andern Seite Buffo von Ring. Wie stattlich, wie elastisch er dahinging. Noch hatte Lori, seitdenr sie als junge Frau nach Berlin zurückgekehrt war, außer dem Adjutanten ihres Mannes keinen Bekannten gesprochen, Tancred wollte von den nothwendigen Besuchen bei den Regimentskameraden noch nichts wissen. Es
war zur Mittagszeit, Herr von Ohlefeld noch in der Kaserne Die Thüre zu der und Lori saß allein in ihren: Ziinnier. Stube ihres Mannes ivar geöffnet, aber sie schloß sie, denn ihr war es, als blickten die großen dunklen Augen der ver¬ storbenen Gattin und die der beiden Kinder über ihre Schulteri:
Das war ihr unbehaglich, sie las. cii: Schnei: nach Menscheilstimmcn überkan: sie und sie fühlte sich grenzenlos allein. Es klingelte. Lori fuhr zusammen, draußen sprach Herr von Ring und fragte, ob er den Herrschafteil seine Aufwartung
mit in das Buch, worin
ihn meldete. war allein und lehnte seinen Besuch
machen könne, worauf der Bursche erschien und
Das verwirrte Lori, ab. Die Flnrthür wurde sie
geschloffen, der Bursche brachte zwei
Karten herein und Lori hörte die sporenklirrenden Tritte des Eine Offiziers nach und ilach auf der Treppe verhallen. Uilrlihe hatte sie erfaßt, bald ging sie in dieses, bald in jenes Ziminer, setzte sich hier, setzte sich dort nieder, um nach kurzer Zeit tvieder aufzustehen. Gott sei Dank, jetzt kam ihr Mann. „Ich bin lange ausgeblieben, inein Schatz, Du wirst böse sein, das Mttagsessen ist doch nicht etwa verdorben?" mir „Das hoffe ich nicht." Der Major sah die beide,: Karten auf dem Tische liegen. „Ah, Ring war hier? Nun, was hat er Dir Neues
erzählt?"
Loris Wangen färbte ein leichtes Roth. ich habe
ihn nicht angenonunen."
„Gar ilichts,
235
—
„Nicht? Aber warum denn nicht?" Sie trat näher an ihren Gatten heran und in das Gesicht. „Ich wußte nicht, würde, wenn ich es ohne Dich thäte."
„Du süchtig
süße, kleine Unschuld, glaubst
es
sah
Dir
ihn voll
recht sein
entfuhr
„Eifersüchtig?"
es
ich nicht geglaubt.
nicht, wenn die Frauen ohne
„Zu
Denen gehöre ich
Du,
daß ich eifer¬
Lori ein wenig gekränkt. Aber manche Männer lieben sie Herrenbesuche
nicht,
empfangen."
mein liebes Kind.
Ich für einen Mangel an Vertrauen halten." Lori schmiegte sich zärtlich an ihn. „Mein lieber Tancred." Das Mittagsessen wurde aufgetragen, dem Major schmeckte
würde es
vortrefflich. „Ausgezeichnet, ich glaube aber, meine gute, selige Frau nahm zu dieser Sauce noch Capern und kleine Gürkchen." Das kränkte Lori, denn sie hatte das Gericht der es
Köchin selbst angegeben, aber sie entgegnete Nichts. (Fortsetzung folgt.)
Johannes Wedigen.
io)
Eine Berliner Geschichte von Oskar Schwebet.
Da kehrte der Bürgermeister
Er trug, schinerzlich „Hier beider Städte Schatzkammer!" sprach er. „Sehet, Herr von Rochow: stecke ich hier das Hühnlein ein, so fließt uns nur Berliner Bier, und das Berliiler Bier, — der Kaiserliche wie der lächelnd,
ein kleines
zurück.
Faß unter dem Arme.
will's nicht trinken, sobald
er nebenan ein Fäßlein Ruppiner oder gar Bernauer findet. Hier aber hat das kleine Füßchen einen Doppelboden; — hier liegen für Hans Jürgen Hake abgezählt 440 Thaler, — die Anzahlung auf das Getreide, welches er der Stadt verkauft hat." „So braucht's also nur 60 Thaler Zuschuß!" „Hier ist der beiden Städte Kasse für unvorgeseh'ne Fälle, — für Boten- und für Briefgeld und für Waffen," fuhr Wedigen fort, auf ein kaum wahrnehmbares Wandspind deutend; — „sie wird jedoch nicht niehr als 30 Thaler an Bestand
Schwede
thunlich, wenn die Bürger hier nicht Hungers
sterben sollen." -
„Und unter
diesen Umständen
rieft
Ihr
so
dringend mich
herbei, Herr Obrist?"
bin?"
„Das habe es
ob
es ist nicht
Crossener,
mein Herr Graf, — ich mußte cs! Ihr wißt, daß diese Städte schwer bedroht sind, — wißt, daß sic protestantisch sind, wie ich es bin! Sie neigen sich also zu Schweden hin. Wenn sie noch heut' dem deutschen Reiche angehören, — wir
„Ja,
danken es der
Thatkraft Eines Bürgers nur von Kölln, des Wär' er nicht mannhaft auf dem Platz
wackern Wedigen! gewesen,
— man hätte längst
Kann Seine Majestät
den Schweden hier geschworen!
der Kaiser diese Treue mit so hartem
Zwang belohnen?" — „Herr Obrist Rochow," sprach der düster-ernst dareinschaucnde Feldinarschall ; „Ihr wißt es wohl, daß ich nicht zu den Unbarmherzigen gehöre; und ich selber sehe, daß dieses Landes Noth wohl auf das höchste Maß gestiegen ist. Ich muß gleichwohl thatkräftig handeln. Mit Buttler rechne ich nicht mehr; sein Strcifzug gegen Berlin war nichts als die Aus¬
führung eines ehrgeizigen, ihm plötzlich gekommenen Planes, und der Kaiser wird es diesem treuen Bürgerineistcr daicken, daß er so hohen Mannesmuth bewiesen hat in Stunden der Gefahr. Allein, — wie soll ich gegen Liliehoek wohl operiren, wenn meine Truppen selbst das Nöthigste nicht haben, — ein wenig Bier und Brot? — Ihr seht, — ich halte strenge Mannszucht, — möcht' auch nicht haben, daß des Römischen Kaisers hohe Majestät sich Feinde würbe in den Landen, die wiederum zum Königreiche Böheim kommen sollen, welchem sie einst in den alten Zeiten zugehörten." Da fuhr der Obrist Rochow auf: „Herr Feldmarschall, — noch blüht Haus Hohenzolleru!" „Auf preußischer und auf batav'scher Erde! — Docklassen wir die ars politica! — Sagt mir nur, Obrist Rochow, — wie ist es möglich, daß ich meine Leute hier zum Kampfe führe, ohne daß sie Wegzehrung hier erhalten haben? — Rathet mir doch! — Ich möchte gern mich mild erweisen. Kann ich's aber?" Rochow sann einen Augenblick nach.
Dann aber sprach
aufweisen."
er fest und fteudig:
„Das nützt uns nichts; auch darf sie jetzt nicht an¬ gegriffen werden!" erwiderte der Obrist. „So will ich selbst denn helfen, wackrer Freund! Ich bitte Gallas, eins meiner
sehe ein, daß Ew. Excellenz Armada des Proviants Mein Ehrenwort aber hat Euch bekundet, daß er hierorts nicht zu finden ist. So möge denn der hohe Herr mich hören! Ich reite heut' nach Spandau! Der Herr Statt¬ halter-Meister hat noch volle Magazine; er kann dem Herrn Feldmarschall liefern, was Dero Gnaden uns befohlen, — 300 Tonnen Bier und 75 000 Pfunde Brot. Es liegt dem Grafen Schwartzenberg daran, daß Ew. Excellenz so schnell wie möglich auch den Liliehoek beseitige; — es wird dem Herrn Feldmarschall daher schleunigst werden, was nur die Veste Spandau innner liefern kann. — Ich bringe mit mir" — und er eilte jetzt zur Thür und rief seinen Diener herbei; — „kein Douceur, das Euer Gnaden würdig wäre; — nur wenig ist's über 900 Thaler und ein uralt' Kettlein der Stadt Augsburg, — doch aber eine kleine Gabe für Hochdero Hofund Haushalt! — Wollt Ihr, mein Herr Feldmarschall, wohl die Gnade haben, die beiden Städte darauf heut' noch zu
— Es braucht — Dankes nicht, Herr Bürgermeister! Sendet mir nur das
Geschmeide des
für jenen Fehlbetrag
zu nehmen.
Geld baldmöglichst zu; ich werde allen Fleiß anwenden, um den
Feldmarschall zu dem schnellsten Abzug zu bewegen, —
um ihn von seinen Forderungen abzubringen."
„Und Hans Georg von Hake?" „Er wäre ja kein Brandenburger Edelmann, wenn er in solcher Noth zuerst an sich gedächte. Noch hab'ich zwar von ihm ein fest' Versprechen nicht, — allein, — dafür darf ich wohl stehen, daß er Euch nimmer drängen wird."
auf Euch, Herr Obrist!" — Wenige Augenblicke darauf stand Rochow vor dem ge¬ fürchteten Feldmarschall. „Ich habe Ew. Excellenz gehorsamst zu vermelden," begann er düster, „daß es, wie ich auf Kavalier¬
„Ich
rechne ganz
parole es versichem kann, durchaus unmöglich ist, das baare Geld für Ehrengaben an die kaiserlichen Offiziere jetzo aufzu¬ bringen. Und Lebensmittel abzugeben, — Herr Feldmarschall,
„Ich
bedarf.
verlassen?"
Die ernsten Züge des Feldmarschalls hellten sich jedoch „Herr Obrist," sprach er endlich, „ich
noch immer nicht auf.
236 habe Euch zu danken, daß Ihr die Bürger von Berlin und Kölln an ihre Pflicht erinnert habt, dem Feldmarschallc Sr. Majestät des Kaisers die pflichtschuldige Verehrung darzubringen. Und dennoch, — ich kann aus diesem Horst der Eulen au dem trüben, trägen Flusse hier*) nicht eher weichen, ehe ich nicht höre, daß der Proviant von Spandau für die Krieger da sei. Reitet d'rum schnell und kommet schnell zurück! Je eher, — desto lieber mir! Es drängt mich zu dem Kampfe mit iden Schweden; — allein auch meine Truppen wollen leben. Und womit soll ich meine Offiziere wohl befriedigen? — Ich bitte Euch: eilt Euch, daß ich noch auf des Kampfes Beute sie verweisen kann, die lins dort winkt, eh' Meuterei hier ausbricht." —
Rochvw verbeugte sich und ging. Im Hofe des Schlosses brannten die Wachtfeuer der Kaiserlichen. Dort aber, zurück¬ gedrängt von den Kürassieren mit den schwarz und gelben Federn auf den Eisenkappen, lagen seine Krieger, — die
Dragoner mit dem schwarz und weißen Feldzeichen der Hohenzollcrn, — einer Bandschleife auf der linken Schulter. Der alte „Lustgarten", welchen der wälscheGartenkünstlerCorbinianus
— jetzt eine Wildniß voller Unkraut und — Gestrüpp, war's wo sie ihr Feuer sich abseilen von den Kaiserlichen angefacht. „Lustgarten!" — Rochow wollte höhnischbitter lachen, als er der alten Bezeichnung dieser Stätte ge¬ dachte. „Lustgarten! — Als wenn noch eine Lust im Brandenburger Lande zu geuießcu, — als wenn es überhaupt Lust wäre, noch zu leben!" — Da erinnerte er sich drüben des Kirchleins zum heiligen Geiste und der reinen, hochsinnigen Frau, welche in dem edelsten Dienste unter den Tvdtkrauken dort weilte. „Es kann nicht sein, daß wir untergehen !" sprach er leise. „Alles für sie und mein Brandenburg! — Je größer die Noth, desto näher uns Gott!"— „Der Herr Obrist befehlen?" fragte der Ordonanz-Offizier, auf den Kommandanten zueilend. „Sechs der bestberittenen Brandenburger Krieger, — gleichviel ob Kürassiere oder Dragoner! Mir aber ja mein Leibroß! — Das Spandauer Thor bleibt mir geöffnet! Ich komme bald zurück, — so bald ich irgend kann! — Vertragt Euch mit dcu Kaiserlichen! — Duldet! Jedweder Marodeur jedoch wird inhaftirt! Ich habe des Feldmarschalls Wort, daß er in Ehren hier im Schlosse walten will!" — Ueber die Schloßfreiheit, den Schloßplatz, die heilige Geiststraße und den Winkel bei der „Klause" sprengte Rochoiv mit seinen Reitern dem Spandauer Thore zu, — Erleichterung bei einst angelegt hatte,
Schwartzenberg zu suchen für die Last,
Kölln bestimmt war.
für Berlin und Septembcrnächte sind in unseren die
Graden stets die schönsten. Ueber der Haide und über der Spreeniederung lag der Silbcrschein des Mondes, und in märchenhafter Pracht entstieg jedwed' Gebüsch dem Anger. Wie friedlich zogen die iveißen, — die zarten Wölkchen dort am
tiefblauen Firmamente dahin! Als gäbe es nicht Leid und Streit, nicht Krieg und Pest, nicht Elend und Bezweiflung hier unten auf der bräutlich schönen, so lieblich geschmückten Erde! Und wie sie hell und klar den Reitern nachklangen, die Als herrschte tiefster Glockentöne von Berlin und Kölln! Friede in den beiden Städten; — als wäre alles Weh mit dem Geräusche des Tages spurlos dahingegangen! — Doch Obrist *) Urkundliche Worte
über
Diplomaten seinem Hofe gesendet.
das
derzeitige
Schloß,
von
einem
Rochow
seufzte.
Dort war ihm oft
Er
dachte
seines
Abnenschlosses
Golzow.
die Mondennacht grade so wundermächtig,
wunderprächtig aufgestiegen wie an diesem Tage. Wie selig ist der Friede doch der Kindheit; — wie drangvoll aber jedes Mannes Leben! Doch aber hob sich seine Brust mit Stolz und Muth lind Hoffnung. „Ein großes Glück ivard mir zu Theil; — noch aber muß ich's mir verdienen! Durch Arbeit für nietn Vaterland allein und für's Haus Hohenzollern vermag ich sie mir zu erwerben, — sie, die niir über Alles lieb und theuer ist." — Ein leiser Klang zitterte durch die reine Luft. Rochow kannte die Stimme dieses Glöckleins wohl, — es war das¬ jenige vom heiligen Geiste. Allein auch nicht eine Besorgniß, geschweige denn ein Gedanke der Furcht stieg in seiner Seele auf. „Wer so auf Gott vertraut, dem naht sich das Ver¬ derben nicht!" sprach er für sich. Die Seele wunderbar er¬ hoben, — gestählt an jeder Kraft, — geweiht durch eine tiefe, leidenschaftliche und doch sich klar bewllßte Liebe, zog er des Weges weiter. — In den beiden Schlvesterstädten an der Spree hatte die wundervolle Herbstnacht unterdcß' ein abenteuerliches Leben Was kümmerte cs die kühnen Schaaren des lvachgerufen. Grafen Gallas, welche dem Tode in Hunderten von Schlachten und Gefechten und auf unzähligen, einsamen Feldwachten in's Angesicht geschaut hatten, daß die Geister des Verderbens Berlin und Kölln durchschritten, — daß ein wallendes Linnen, an einein Fenster ausgesteckt, dieses oder jenes Haus als ein von der Seuche heimgesuchtes bezeichnete? — Es ruht sich unter Dach und Fach doch besser als im Mondenscheine drallsten auf der breiten Haide! — Nicht allein im Schloßhofe, sondern anch auf fast allen freien Plätzen Berlins und Köllns, zwischen den wurmstichigen, morsch sich zur Erde neigenden Scharren der Märkte und über beit Gräbern der Friedhöfe brannten Feuer. Die Böhmen, Ungarn und Kumanen des Des Grafen Gallas sangen, ivürfelten und — fluchten. Rathes Bier war freilief; gar zu dünn und gar zu spärlich zu¬ gemessen, als daß es große Wirkung hätte üben können; allein manch' Marketender hatte einen stürkern Tropfen noch auf Lager. Grell beleuchtete dort der Feuerschein eine Gruppe von rothinänt'ligen Slavoniern, denen die ihrem Volksstamme eigen¬ thümliche Findigkeit zu einem Ferkelchen verholfen hatte. Sie brieten's mit ersichtlichem Behagen. Und welch' ein Singen, Klingen überall! Dort ertönte ein melodisches Lied von melancholischer Klangfarbe; hier aber sang die Geige schrille Weisen. Was aber war das? — Dort aus einem finstern Seitengäßchen des Molkenmarktes erklang der jähe Ruf einer Frauenstimme; allein es galt schon damals das so frohe Wort: „Von einem Kuß kommt man nicht um!" — Hier endlich schlang der Tanz den Reigen, doch die sich in ihm drehten, — es waren die verlorenen Töchter nur des Lagers, die freien Frauen, welche jeden Tag den Liebsten wechselten. Graf Gallas aber hielt sein Wort; er wahrte, wie es einem edlen Krieger ziemt, die Mannszucht. Die Frauenwaibel und Profoße schritten wachsam durch die Straßen, und auf dem „Neuen Markte," grad' in seiner Mtte, dort bei dem Soldatengalgen, hatte der gefürchtete „Generalgewaltige," der Obervogt und Richter, sein Hauptquartier aufgeschlagen. Allein so
er hatte
nur ein einziges Mal einzuschreiten. — (Fortsetzung folgt.)
237
Das huldvolle Antlitz mit
Stirn,
der
welches durch das beigefügte
ernsten
Pückler und
gedankenvollen
Bildniß dargestellt wird,
Berlinern wohlbekannt; wie oft hat man den edlen im schlichten grauen Soldaten-Ueberrock Linden, raschen Schrittes wandelnd, gesehen! und den unter wie oft begegnete man ihm in Kunstausstellungen unb Museen! Man kann behaupten, daß er zu den populärsten Figuren Viel dankbare Blicke folgen ihm, denn er Berlins gehört. Aber er ist auch ist ein Wohlthäter der Armen und Kranken. ist
den
Hohcnzollernprinzen
ein Gegenstand der Bewun¬
derung für das intelligente Publikum, denn er ist unser Dichterprinz! Seine drama¬ tischen Arbeiten sind von ganz eigenartiger Bedeutung und haben auf der Bühne große Wirkung hervorge¬ bracht. Phädra, Medca, Klcopatra, Elektra, Alexandros, Ferrara und Kon¬ radin sollen hier aus den zahlreichen Stücken
werden,
gehoben
um
anderer
Leopold's
großen
Freundschastsverhältniß eine ivirkliche Weihe. Leider wurde dasselbe beeinträchtigt durch
Uebersiedelung
des
Fräulein von Treskow nach Italien, wo sie sich mit dein Signor Pinelli vcrheirathete. Die Mutter folgte der ge¬ liebten einzigen Tochter bald nach und kehrte erst 1878
Berlin zurück, wo
nach
hervor¬
sie
an einem Hei^leiden gestor¬
Ihr
das
ben ist. Grab beweist durch reichen Blumenschmuck,
Als
Gesagte zu bestätigen.
als Freundin
von Ranke, des Fürsten Männer, einen Ehrenplatz in der Litteratur eingenoinmen hat, ohne selbst etwas anderes als Briefe zu schreiben. Sie zeitigte aber in ihrer Tochter Ada eine talentirte Autorin, die noch jetzt unter dem Pseudonym Günther von Frcibcrg ein Liebling der Leseivelt ist. Beide Damen erlangten das Vertrauen des prinzlichcn Dichters und wurden ivohl auch seine litterarischen Rathgeberinnen, jedoch achteten sie die freie Entfaltung des Genius viel zu hoch, um durch direkte Einwirkungen dieselbe zu beschränken. Daß sic schweigende Mitwisserinnen seiner Dichtergeheimnisse waren, gab dem idealen welche
Prinz Gesrg von Preußen.
Phädra glänzte einst Clara Ziegler, als Kleopatra neuer¬ dings Gertrud Giers, der rei¬
wie treu ihr hochsürstlicher Freund ihrer gedenkt. Ich
Einakter Elektra wurde
geworden und kain täglich
zende
zuerst bei
einem Hoffeste
war
in
bekannt mit
noch
ihr
in ihrer
letzten Krankheit Einst sagte sie mit wehinüthigem Scherz zu inir,
Potsdam gegeben und von den Damen der höchsten Kreise
ihr.
dargestellt.
Diese poetische Verkörperung der Antike, aus
daß sie
mir
die Erbschaft der
weißem
Marinor und rothen
huldvollen Gnade des Prin¬ zen hinterlassen wolle. Ich
Rosen
gebildet,
habe
von
Paul
ist
später
es
ihr
zu verdanken,
Heyse und andern
daß Hochderselbe meine be¬
Dichtern mit vielem Geschick
scheidene Klause zuweilen be¬
nachgearbeitet worden.
sucht, die von den gütigen
Daß
zur
Berlinern „Salon" genannt
Vollendung
von klassischen Stücken sehr gediegene
Studien
wird! Prinz Georg von Preu¬
noth¬
wendig sind, ist selbstredend und man begreift es, daß
Prinz Georg
sich
wurde geboren am 12. Februar 1826 zu Düssel¬
ßen
dorf, woselbst seine Eltern, Prinz Friedrich und Prin¬ zessin Luise von Preußen, geborene Prinzessin von AnhaltBernburg, damals residirten und wesentlich zur Entfaltung der Blüthe der jetzt so berühmten Kunststadt beitrugen. Prinz Friedrich von Preußen war durch seine geistige Bedeutung,
nicht gern
an den zeitraubenden Festlich¬ keiten der großen
Welt betheiligt, sondern lieber ein beschauliches Stillleben in seinem Palais in der Wilhelmstraße führt, an dessen Park der Thiergarten grenzt, Ruhe und Einsamkeit dar¬ bietend, die ein Dichterheim bedarf. Nur selten läßt der Prinz Georg Einladungen zu kleinen ausgewählten Kreisen ergehen, die sich durch Zwanglosigkeit und Urbanität auszeichnen. Auch besucht er zuweilen die Salons einiger Berliner Celebritäten, besonders ältere Damen, die noch das Gepräge der geistvollen Zeit der Rahel von Varnhagen und Bettina von Arnim sich er¬ halten haben.
Zu
diesen gehörte namentlich
Frau von Treskow*),
*) Siehe: Berühmte Freundschaften: Prinz Georg von Preußen und Frau von Treskow. Von Fr. von Hohenhausen.
seine körperliche Schönheit und seine leutselige Liebenswürdig¬
keit allgemein beliebt und wirklich berühmt.
Durch zwiefache Verwandtschaft mit dem Königshause verbunden, denn seine Mutter war die Schwester der Königin Luise und sein Vater der Bruder von Friedrich Wilhelm dem
j j
Dritten, nahm er den Das künst-
höchsten Rang ein unter den preußischen Prinzen.
angeregte Hofleben der prinzlichcn Eltern gab dein Prinzen Georg ftühzeitig Gelegenheit, sich geistig zn entwickeln. lerisch
238
Er spielte
als Knabe auf der Hofbühne und dichtete bereits kleine Theaterstücke. Doch war sein Talent für Musik damals besonders hervorragend, er hatte Klavierunterricht bei der nachmaligen Johanna Kinkel, welche als Frau Mathieu für die berühmteste Lehrerin am Rhein galt. Die frühreife ideale Richtung des Prinzen Georg erhielt noch einen höheren Impuls durch einen längeren Aufenthalt in Italien, wohin er unter Obhut seiner Tante, der Kaiserin von Rußland, geborenen Prinzessin Charlotte von Preußen, sich begab. An diese Reise schloß sich ein Besuch in Madrid und Paris. An letzterem Ort begeisterte er sich für die berühmte Tragödin Rachel und es ist sehr wahrscheinlich, daß sie einigen Einfluß auf die Entwickelung und die Richtung seines Talentes ausgeübt hat. Fr. von Hohenhausen. schon
'
tärischer, kehrte
!
vielfach
statt:
erwiesener Thätigkeit?
Oder findet das Umge¬
Sind die Märker militärisch deswegen so tüchtig, schon civiliter in hohem Grade schlagfertig sind?
weil dieselben Es liegen für die hier dargebotene Abhandlung aus den ver¬ schiedenen Gegenden unserer Heimathprovinz Brandenburg ein¬ schließlich Berlins, das, wiewohl sehr allgemein deutsch und kosmo¬ politisch, es nicht verleugnen kann, „wie's ist gebaut auf märkschen Sand", 74 Hauptwörter und 158 Zeitwörter und Redewendungen, zusammen (232) zweihundert zwei und dreißig Ausdrücke, vor: welche von den mannigfachsten Gesichtspunkten aus landläufige Bezeichnungen des Begriffes „Schläge oder schlagen" darbieten.
Außerdem noch eine Anzahl nebensächlicher Ausdrücke. Beim Ueberblicken dieser Wörtermenge finden wir das weiter Interessante, daß deren Gruppirung sich sehr wenig nach den Landschaftsthcilen, dagegen sehr bedeutend nach der Beschäftigung gesellschaftlichen Stellung der Leute zurechtlegt. Wie in der ganzen Bevölkerungsphhsiognomie unserer Mark, dieses in 8peeie Ansiedlerlandes, tritt auch hier wie¬ der das „autochthone" Element vor dem „gesellschaft¬ lichen Selbstgefüge" zurück.
und
„Schlüge und schlugen" in der Märkischen Sprechweise. Von E. Handtmann.
(Volks - Charakter - Studie.) W. Pierson ertheilt in seiner vortrefflichen Preußischen Geschichte (Berlin, Gebr. Paetcl) gelegentlich der Besprechung der Schlacht bei Vionville am 16. August 1870 dem Brandenburgischcn Armeecorps, Nr. III des Preußischen Heeres, das auszeichnende Lob: „Es war ein Glück, daß die Ausgabe, welche hier gelöst werden sollte, ge¬ rade dem Brandenburgischen Armeecorps zufiel, also der Soldatenschast des kriegsbewährtesten aller deutschen Stämme, dessen An¬
sturm im Felde
stets der heftigste,
dessen
Vertheidigung stets die
ist." Worte Piersons ausdrücken, findet in der That in der ganzen Brandenburgisch - Preußischen Bestätigung seine Kriegsgeschichte. Seit 1656, wo der große Kurfürst bei Warschau zäheste gewesen
Was
diese
mit brandcnburgischer Kraft den Ausschlag gab, bis hin zu den Tagen von Le Mans 1871 haben die Krieger, welche dem Boden der Mark entstammten, sich beständig unter den Preußen und Deutschen als die „Allzeit voran" erwiesen. Run ist es eine ebenso bekannte wie nicht zu bezweifelnde Thatsache, daß unser Heerwesen im Allgemeinen einen äußerst wohl¬ thätigen volkserziehenden Einfluß, betreffend Charakter- und Sitten¬ bildung, ausübt. Sollte, fragen lvir hier in unserem, dem Volks¬ leben und Volkswescn der Mark gewidmeten „Bär", ein so all¬ gemeiner und specieller Einfluß sich bis in das Specialissimum einer Sprachbeeinflussung im gewöhnlichen Leben erstrecken? Es liegt nämlich für den Beobachter Märkischer Eigenart in¬ mitten des deutschen Gesammt-Volkslebens die auffällige Er¬ scheinung vor: Mark Brandenburg hat vor anderen deutschen Landes¬ theilen und Volksgemeinschaften eine ungewöhnlich große Anzahl von Kunstausdrücken für „Schläge und schlagen." Ohne danach zu suchen, werfen wir Brandenburger solvohl in ernster wie in hu¬ moristischer Rede kurzweg mit Bezeichnungen, betreffend Schläge und schlagen, um uns, welche fremden Deutschen, z. B. Landsleuten aus Schlesien, Sachsen, Hessen, Württemberg, unverständlich sind
und bleiben, während wir deren entsprechende Kunstausdrückc ohne Weiteres richtig auffassen und mitgebrauchen. Ohne Kommentar faßen wir solche Ausdrücke, wenn sie uns zufliegen, auf und setzen
Unterhaltung in verschiedenartigen Varianten derselben Art fort. Thut sich in solchem Verhalten die ungeheure Biegsamkeit, Ge¬ schmeidigkeit des märkischen Charakters kund, so gewinnt die Frage neuen Reiz: Ist mit dem ganzen straffen und schneidigen Ge¬ bühren der Märker auch deren Sprechen und innerhalb ihres Sprechens die Bezeichnungsweise für „Schläge und schlagen" ein Kunstergebniß des an uns geübten militärischen Drills und mili¬ die
sogleich weiter
Solcherlei psychologische Wahrnehmung veranlaßt eben die zu Anfang hervorgehobene Muthmaßung: Der Ursprung solcher Sprachcrschcinung innerhalb der Mark ist weniger ein militärischer, vielmehr der civiliter gut dargebotene Stoff, wenn militärisch ver¬ wandt, gab auch in dieser Beziehung seiner natürlichen Thätigkeit Ausdruck. Eine schon zweihundertjährige militärische Gewöhnung
griff fördernd mit ein.
I. Militarismen. Selbstverständlich kann es nicht an volksthümlich gelvordenen militärischen Bezeichnungen des Begriffes „Schläge und schlagen" in dem Landestheile fehlen, in welchem seiner Zeit der Rohrstock
Sr. Majestät, Königs Friedrich Wilhelm I.
nebst der Fuchtel des alten Dessauers eine so gewichtige Rolle spielte. Hierher gehört vor Allen das Wort „(1) Fuchtel" selbst, beim Militär in eigent¬ licher Bedeutung längst außer Uebung gesetzt, im Sprachschatz des Landes wohl erhalten und für's Erste wohl noch lange nicht dem Verschwinden verfallen. Ebendahin gehört „(2) Stubse" resp. „Zurechtstubse", d. i. die etwas massive Thätigkeit des Unterofficiers, vermöge deren er der „Holzpuppe von Rekruten Stellung und Richtung" beibrachte. In denselben Bereich ist „(3) kinnern" zu stellen, welches Wort einen Faustschlag von unten her gegen das Kinn bezeichnet, „daß die Zähne nur so klappern und dröhnen," um mittelst solcher Gewaltsamkeit dem Geschlagenen den Kopf in vorschriftsmäßige Höhe zu bringen. Der Ausdruck „kinnern", übrigens jetzt nur noch sehr selten anzutreffen, wurde unvermerkt auf alle Art von unten nach oben gerichteter Schläge angewandt. Recht eigentlich aus der Preußischen Corporalzeit ererbt er¬ scheint der in der Stadt Potsdam und den Dörfern bei Potsdam nocksporadisch anzutreffende Ausdruck „(4) dessauern", meist gänzlich
unlogisch zusainmcngesprochen mit „naffauern", und naffauern." (In gewöhnlicher Kunstsprache bedeutet „nassauern" unentgeltliches Benutzen einer fremden Sache.) Freilich deutelte ein von mir vor mehr als dreißig Jahren wegen dieses Ausdrucks beftagter Feldwebel-Lieutenant, dessen Dienstzeit bis ins unhistorisch
und
also „deffauern
Jahr 1804 hinaufreichte, daffelbe folgendermaßen zurecht:
„Die
Kerle schuhriegeln und zusammenhauen wie kaltes Eisen, daß sie vor Angst schwitzen und naß werden wie' die gebadeten Katzen." 8abeat sibi! Laut dieser nicht gerade sprachgerecht erscheinenden, aber die altmilitärische Willkür charakterisirenden Deutung läge eine
Abbreviatur aus „nass-hauen" vor. Die Refügicks haben in unser Land und Leben mancherlei Gallicismen in Sitte und Sprache eingeführt. Ob diesen der Kunstausdruck „(5) sabotten" für schlagen zu verdanken ist? Be¬ kanntlich war noch zur napoleonischcn Zcit der allerdings officiell
239 altfranzösische
Armeegebrauch
in Uebung, einem unge¬ mittelst des eiligst vom Fuß gezogenen Schuhes von Seiten des Corporals Fayon beizubringen. Sabot, eigentlich — Holzschuh, dann auch — hölzerner Hacken am Schuh, war in der That ein stets handliches Züchtigungswerkzeug. Der Kunstausdruck „(6) flachplempen", d. i. mit der flachen Klinge schlagen, erklärt sich selbst. Wie sehr er selbst und die durch ihn bezeichnete Thatsache in unsere Volksanschauung einge¬ drungen ist, trat 1866 beispielsweise bei der Mobilmachung der verpönte
lehrigen oder unfolgsamen Gemeinen
schwarzen Dragoner zu Tage, bei denen ein sehr beliebter Landwehrofficier einem weniger freundlich von den Leuten angesehenen im Casino die wohlgemeinte Warnung zurief: „Du,
Neumärkischen
flachplempen
gilt
bei der Landwehr nicht
Auch der spöttische Ausdruck
mehr!" Tractement" sowie der bei „(7)
gedienten Leuten in das Civilleben hinübergenommene „(8) einwettern", bez. „(9) durchwettern" entstammt wohl der älteren
Mal hieß: Euch soll ja gleich in die Kaldaune schlagen! Ebenso kommt ver¬
Soldateska, bei der es manch liebes das Donnerwetter
„(10) die Beine hochbringen" vom Exercierplatz, ob auch Wörter „(10a) auf den Schwung bringen" „(11) verfuxen" d. i. sich behende machen, mag dahin¬ bleiben. lieblich ist dort auch „(11a) mit de Fünfe (Finger) Zehne — (Zähne) dividiren", desgl. „mit de Pioniere
muthlich die
sehr beliebten
sowie
gestellt
in de
(civiliter „Maschinenbauers kommen".
II. Das Gebiet der Schule. sich
Aus dem Stande der schlageifrigen Unterofsiciere recrutirte vor einer noch immer im Gedächtniß der jetzt Lebenden er¬
Zeit der Stand der Volksschulmeister. Und eigenartig — eine pädagogisch überaus beklagenswerthe Erscheinung! — noch immer können Eltern, namentlich über die Unarten ihrer holden
reichbaren
Kleinen verzweifelnde Mütter der sog. niederen Volksschichten nicht davon lassen, die Volksschullehrer als Stockmeister schlimmster Art sich und den Kindern vorzumalen. Wie unsäglich verderblich wirkt
allzu übliche, unbedachte Redewendung: „Warte man, du Racker, du man bloß erst in die Schule, da wird dich der Lehrer — meist heißt es „Küster" — „schön kriegen (12)". Oder die
die
komm
andere:
„Da,
Hopse auf den
dir den Herrn an, bei dem giebt es „(12a) Kittel, Feuer auf die Jacke", der wird dich „richtig sieh
(13) gängeln", das soll heißen — auf den richtigen Weg und Gang aus deiner Ungezogenheit heraus mittelst reichlicher, zur rechten Zeit angebrachter Schläge bringen. Meistens sind zudem diejenigen
Mütter, welche
ihre Kinder vorzeitig gegen den Lehrer-Stock¬ Art, daß, wenn einmal der geplagte Lehrer ihre Range den Stock fühlen läßt, sie alle Welt überflüssiger Weise mit ihrem Geschrei erfüllen über Mißhandlung der zarten Kleinen durch den „Prügeljungen" — wie der Volksausdruck rechts und links von der mittleren Oder junge Lehrer zu bezeichnen beliebt resp. „scharfen Mann" — wie etwas gelinder alte Lehrer um¬ so
meister einnehmen, der
schrieben werden.
—
Im
Großen und Ganzen halten sich die volksthümlichen Kunst¬ ausdrücke für Schläge, in der Schule verabfolgt, im allgemeinen Gebiet. Wie auf der Straße und bei alltäglicher Lebensverrichtung giebt es in der Schule „(14) Schläge, (15) Prügel, resp. Stock¬ prügel, (16) Haue, Holze, (17) Hiebe, (18) Keile, (19) Wichse, Bimse, ^enge, (20) Kloppe auf die von der Natur für die Erziehung aus¬ ersehenen Körpertheile benamset. Eine untergeordnete Rolle spielen, in -chreib- und Zeichenstunden namentlich, die „(20) Handpatschen", d- i. Schläge mit Stock oder Lineal auf den Handrücken, sowie
„20 b) Dreier," d. i. Schlag auf die innere Handfläche, den Handleller. Das biblische Wort „(20c) Stäupe, mittelbar bewahrt in „Osterstimpe", und stäupen" für Schläge mit einer Reisigruthe ist )ur Zeit gänzlich verschwunden. Desgleichen „Ohren lang" und „auf¬ mutzen" sehr selten geworden.
Der Lehrer steht beim Unterrichten vor und neben den Bänken, die Schüler, dämelig oder siech, sitzen mit ihren Köpfen ihm gerade „handgerecht". Was Wunder, daß da bald einmal das Unwetter losbricht und es giebt dann „(21) Alle Hagel". Richt bloß, wenn ein zerrissenes oder beschmutztes Buch den kleinen Sünder um die Ohren geschlagen wird, auch aus anderer Veranlasiung „hagelt"
„(22) Knallschotcn, (23)
Kopfstücke, (24) Kopfnüsse, (25) Back¬ (25 a) Handschrift ins Gesicht". Da werden „(26) die Löffel gestrichen," Löffel entlehnt der Jägersprache — Ohren, wenn nämlich der unaufmerksame Schüler die Ohren fürs Schwatzen seiner Nachbarn oder für Geräusch auf der Straße spitzt. Dem neugierig hin und her guckenden Jungen fliegt „(27) eine Schwalbe" an den Hinterkopf, ihn zu fixiren; oder ein „Bax (28) — Backen¬ es
pfeifen,
veranlaßt ihn zum Stillsitzen. Belehrung nicht folgen, so klärt „eine (29) Dachtel" Gedanken und Verstand auf und hilft dem Ge¬ dächtniß nach, eine „(29a) Verwendtc"-Schlag mit dem Handrücken, „öffnet die Augen". (30) Ohrfeigen, (31) Maulschellen und (32) Streiche, d. i. Schläge, die zu empfangen der Schuldige aus der Bank auf den Ruf: „Komm mal vor!" heraustreten muß, gelten als entehrende Strafen für gemeine Ungezogenheiten. In gleichem Range steht „(33) oberlendern", d. i. das Verfahren, über Lende oder Kniee legen, damit dem Züchtling mittelst des Rohrstocks, genannt „Süßholz, eigenes Gewächs, Hebel, Spanischer Gesandter, Gelber Friedrich", sowie des Kantschuh, genannt „Fritz" oder „Russischer Rath" recht seßhafte Schläge beigebracht werden können. Als ganz besonders entehrend galt „(34) schulfuchsen", d. i. die vordem übliche Weise, ganz besonders gemein sich betragende Schüler durch den Schuldiener auf höheren Schulen, durch den Gemcindediener bei Elementarschulen „ausgehauen" zu sehen. Log ein Bengel, so traf ihn die Strafe unter der Bezeichnung „(35) Jesum Christum beibringen". Sollte bei einem Schüler Trägheit abgestellt werden, so galt es, mittelst Schläge ihn „(36) auf den Schwung bringen", auf den Schub bringen", ihn „(37) verfimfen — vielleicht entstellt aus „verfehmen", sowie „(37a) Verfimfen verjumfen" — eine unerklärbare Bezeichnungsweise. „mittelst der Finger aufklären;" also die fünf wird auch erklärt: — Sprechweise i ü. Berliner Die Marterwerkzeuge Rohrstock und Kantel — ein jetzt vor eleganteren Lineal zurückgetretenes, früher wegen des dem gleichmäßigen Umkippens beim Linienziehen sehr beliebtes Schulgeräth — in den schnell zugreifenden Händen gereizter Lehrer gaben Veranlassung zu den beiden Kunstausdrücken für Schläge in der Schule „(38) ausiohren" und (39) durchkantern (l und r als Liquiden vertauscht), wiewohl letzterer Ausdruck „durchkantern" auch von den „Kantoren" als auf dem Lande namentlich für erste Lehrer übliche Bezeichnung hergeleitet wird. Namentlich in solchen Schulen und Gemeinden war und ist in diesem Sinne die Aus¬ drucksweise „durchkantern" üblich, in denen eine vorsichtig sein wollende Schulordnung den jüngeren Lehrern und Unterlehrern das Schlagen gänzlich verbietet und entzieht und derartige Manipulation erst aus Meldung des erzürnten Unterlehrers von dem streich, Schlag an den Vorderkopf,
Will
sein Denkvermögen der
künstlich sich erregenden, regierenden „Herrn Kantor" nachträglich in oft erst recht erbarmungsloser Weise vollzogen wird. Ein pädagogisch höchst bedenkliches Verfahren!
(Fortsetzung folgt.)
Etwas vom Tabakrauchen. Erinnerungen eines alten Berliners. Als im Spätsommer 1831
Mal in Berlin ihre bruche
derselben
(Schluß.)
die asiatische Cholera
Schrecken verbreitete und schon
weitläufige Verhaltungsregeln
zum
ersten
vor dem Aus¬ zum
möglichen
Schutze vor dieser bösm Seuche von Obrigkeitswegen bekannt gemacht
240 worden waren,
wurde allen denjenigen, die sich dadurch vor An¬ glaubten, polizeilich das Tabakrauchen aus den Straßen der Stadt und im Thiergarten, überhaupt überall, wo es nicht feuergefährlich schien, gestattet und ist seitdem niemals wieder verboten worden. In der Cholera-Zeit wurde von der Männerwelt von dieser Erlaubnis; fast allgemein Gebrauch gemacht und der Consuin an Cigarren nahm dadurch in bedeutendem Maße zu. Außer den eigentlichen Tabakshändlern legten sich die steckung zu schützen
in Frankfurt a. M., und daß diese treffliche Dame in ihrer Theaterloge öffentlich damit kokettirte, indem sie aus derselben ein Prischcn nach dem andern nahm. Dagegen giebt es gegenwärtig einzelne emancipirte Frauenzimmer, welche es wagen öffentlich eine Cigarre zu rauchen. — Das widerliche Tabakkauen ist bei den Seefahrern im Schwange und behauptete sich in Holland, wenigstens früher, selbst unter den hohen Seeofficieren. 8. O. Hause
Materialwaarenhandlungen diesen gesuchten Artikel zu; namentlich machte der Kaufmann Buddee in der Behrenstraße da¬ durch ein glänzendes Geschäft, daß er jedem, welcher bei ihm auch nur ein halbes Dutzend Cigarren kaufte, eine hübsche Spitze aus buntem Glase unentgeltlich hinzugab, was von den unter den nahe gelegenen Linden und im Thiergarten Spazierengehenden fleißig be¬ nutzt wurde. Damit war der Sieg der Cigarre entschieden und Tabakspfeifen sah man öffentlich nur noch bei den niederen meisten
Stimtsrath Äunth's Grab in Tegel. Von Ernst Friede!.
(Mit
Manch Menschenalter mag es überdauern seiner Inschrift kurzer Hieroglyphe.
In
Mit
Jst's nicht, als ob gedämpft ein Echo riefe Zu allen Hörern und zu allen Schauern, Die Seele füllend mit tiefernstem Trauern: Denk dessen, der hier ruht als, wenn er schliefe.
Ganz verschwanden endlich die Pfeifen im öffentlichen Verkehr nach Eröffnung der Eisenbahn in den vierziger Jähren, wenigstens datirte von diesem Zeitpunkte am der allen ehemaligen Hallensern wohlbekannte, weit berühmte Drechslermeister Spieß in Halle den Verfall seines großen Pfcifengeschäfts; und der Ver¬ merkte.
Ein köstlich Erdenlöos Sein Wissen reich und
Durft'
brauch an Cigarren hat bis in die neueste Zeit in so reißendem zugenommen, daß die Fabrikation dieser Glimmstengel einer der bedeutendsten Industriezweige der Gegenwart geworden
In dem Etat vieler Herren nehmen die Ausgaben für Cigarren fast soviel in Anspruch als für Essen und Trinken. In der deutschen Männerwelt bilden gegenwärtig die Nichtraucher die entschiedene
sondere
Minderheit,
Coupecks
so
daß die Eisenbahnzüge nur wenige
zu bestimmen nöthig haben, während das Tabakrauchen unter den Eisenbahn-Reisenden z. B. in England gänzlich verboten ist. Schon der alte Doktor Heim, der bei seinen ärztlichen Konsultationen in den frühen Morgen¬ stunden seine Thonpfeife nicht aus der Hand ließ und auf dem
Titelbildc seiner Biographie auch mit derselben abgebildet ist, klärte als junger Arzt auf einer Postreise mit einem durch Rauchen
belästigten
Franzosen demselben
er¬
sein
gegenüber das Tabak¬
für ein Vorrecht des Deutschen, was er auch in dem darüber entstandenen Streite bei der Postbehörde siegreich durchführte. Auf den Schnellposten, die es damals noch nicht gab, war das Rauchen nur mit Zustimmung sämmtlicher Mit¬ reisenden gestattet. Merdings ist der Tabaksrauch für nicht rauchen auf Reisen
lästig, daß es keine andere Rettung dagegen giebt, Cigarre zu greifen, was leider schon von Knaben im unreifen Alter geschieht. Alle Warnungen der Erzieher und Lehrer scheinen wenig zu fruchten. Der Professor Köpkc, in den zwanziger Jahren Lehrer ain Joachinisthal'schen Gymnasium, wo damals die Alumnen trotz des strengen Verbotes heimlich auf ihren Zimmern zu rauchen pflegten, hat wohl bei den wenigsten seiner Schüler damit Eindruck gemacht, ivenn er in seiner drastischen Ausdrucks¬ weise eifernd sagte: „Ich kann nicht begreifen, wie man seinen Mund zuin Rauchfange und seine Nase zur Mistgrube machen kann." Letzteres bezog sich auf das Tabak-Schnupfen, welches früher noch viel gebräuchlicher war als glücklicherweise gegenwärtig; wenigstens ist cs bei dem schönen Geschlecht höherer Stände jetzt wohl völlig in Verruf gekommen. Es ist jetzt ganz undenkbar, daß ein hoher Herr einer Dame als verbindliches Andenken eine Schnupftabaksdose (statt einer Brosche rc.) verehren sollte, wie einst der Vater der Königin Luise eine solche der Frau Rath Goethe in Frankfurt überreichen ließ als Anerkennung für die gastliche Aufnahme seiner Töchter in ihrem Rauchende
als
Insel Scharfenberg
ihm entrollte.
schön, zrt tausend
Malen
in demant'ne Schaalen.
Dr. Karl, Bolle, Mai 1885.
■
bei Tegel.
Nur
be¬
für Nichtraucher
er es gießen
sich
Dies Denkmal deckt den Lehrer der Humboldte. Wer möchte gern vor dem das Haupt nicht beugen, Der seinem Ruhm erzog zwei solche Zeugen!
Maße ist.
George Daubner.)
Fünf Linden ragen auf in Waldestiefe. Ein Grab darunter, angelehnt an Mauern.
der Provinz blieben die Cigarren noch längere Zeit fast ganz unbekannt, und es erregte noch im Jahre 1840 unter den Berliner Badegästen in Kosen ein gewisses Aufsehen, wenn man daselbst die Kutscher und Postillone Cigarren rauchend be¬
Ständen.
einer Original-Federzeichnung von
selten steigt der Wanderer,
der den Friedhof der Hum¬
boldts bei Schlößchen Tegel sinnig betrachtet hat, den kurzen Weg im Park in die Höhe, welcher zu der in den Eingangsversen von einem der besten jetzt lebenden Humboldt-Forscher besungenen Grab¬ hingcleitct. Auf dem Bilde, welches Friedrich und Paul
stätte
Goldschmidt ihrem Buche „Das Leben des Staatsrathes Kunth (2. vermehrte Auflage, Berlin 1888) beigefügt haben, tritt das epheuumsponnene Grab und der dahinter belegene, antik stilisirte
Grabstein mit seiner Inschrift: Theaenus
Johannes Christianus
Kunth Natus Die
XII. Junii
MDCCLVII Obiit Die XXII. Novembris MDCCCXXIX.
so
selbst zur
•
,
.
Grata quiescentem Cultorem Arbusta Loquuntur. deutlicher hervor, poetischer aber und ungleich feinfühliger ist die für den „Bär" eigens gefertigte Zederzeichnung unseres Daubner. Es ist mitunter ein mißliches Ding, berühmte Namensvettern zu besitzen und ist diesem Schicksal unser Gottlob Johann Christian
Kunth, der in Baruth als Sohn eines Superintendenten geboren ward, nicht entgangen. Im sogenannten gebildeten Publikum wirb
mit seinem Neffen, dem ausgezeichneten Bo¬ taniker Karl Sigismund Kunth (geb. zu Leipzig am 18. Juni 1788, zu Berlin am 22. März 1850, Verfasser der 1813 erschienene» .Flora Berolinensis, beerdigt auf dem alten Jerusalemer Kirchhof), Zwei Umstände führen hierzu, einmal, daß .unser verwechselt. Kunth Erzieher des Humboldt'schen Dioskurenpaares war, und daß er stets und ständig
j
man sich leicht einbilden mag, Alexander von Humboldt's Mentor müffe ein Naturforscher gewesen sein, besonders aber die Inschrift
241 auf dem Grabstein: „Die dankbaren Gehölze Preisen ihren Pfleger", zumal, wenn man sich ferner erinnert, wie Kunth selbst die Worte
Virgil „Arbusta
dem
aus
wählte,
loquuntur“
später von seinen
welche
technischen Wissens, das er sich im Laufe der Jahre erworben, seine Begabung, eine neue Maschine selbst in ihren schwierigsten Einzel¬ heiten schnell zu erfassen und Anderen zu erklären, kamen hier zur vollen Geltung. Er suchte die Gewerbtreibenden in ihren oft ent¬ legenen Fabrikorten auf, er regte sie an, ihre Einrichtungen zu ver¬ vollkommnen und sich der neuen technischen Hilfsmittel zu bedienen, über welche die Industrie Frankreichs, Englands, Belgiens längst verfügten. Dem gewerblichen Zunftwesen abhold, meinte er eine bessere Ausbildung des werkthätig arbeitenden Volks durch gute höhere Bürger- sowie Handels- und Fabrikschulen erzielen zu sollen. So sind denn die Gewerbe- und Fachschulen, auf deren Ausbildung unsere neuste Gegenwart, voran die Stadtgemeinde Berlin, so außerordentlichen Werth legt, hauptsächlich seiner Anregung zu ver¬ danken. Auch die Anfänge der Zollvereinsbewegung zu erleben, war ihm noch vergönnt; bis zum Jahr 1828 hatten sich viele deutsche Kleinstaaten bereits dem preußischen Zvllbündniß ange¬ schlossen und wenn auch der Mitteldeutsche Handelsvcrein vom 24. April 1828 zu¬ nächst seine Spitze gegen Preußen zu
zu seiner Grabschrift dankbaren Schülern erweitert
worden sind.
Ein rechter Baum-Freund und Baum-Pfleger war G. K.
I.
Chr. eigentlicher Pflanzengelehrter wie Kunth. Unsers Kunth eigentliche Thätigkeit liegt vielmehr auf
Kunth allerdings,
S.
aber
kein
praktisch-wirthschaftlichen Gebiete und sein Name würde im Vaterlande Unsterblichkeit beanspruchen, wäre von ihm auch nur die eine Thatsache bekannt, daß er mit Beuth zusammen das Ge¬ werbe-Institut in Berlin gründete, eine Musteranstalt, welche für Preußen's Industrie so ersprießlich gewesen und aus welcher nach¬ mals die Technische Hochschule zu Charlottenburg hervorgegangen ist. Mit Stein befreundet, arbeitete er schon zur Zeit des tiefsten Verfalls des Vaterlandes an dem Wiederaufbau des letztem. Gleich dem eben genannten großen Staatsmanne schien es ihm zur Aufrichtung und Belebung der Staatsmaschine wie des Volksgeists dem
erforderlich, mit den
wirth-
bisherigen
schaftlichen Schran¬ ken zu brechen
und
verständigen
einer
Freiheit
auf
Handels
Bereits im Dezem¬ ber 1808 war er vomKönigFriedrich
Oesterreichs und der
Freihandels-
mit
Hafen - Stellung wehrenden 3 Hanse¬ städte, sich unter
Zeiten sehr bedeulendcn Gehalt von
Preußen's Führung zollpolitisch einigen
2500 Thl. berufen worden. Durch das Gesetz vom 2. No¬ vember 1810 wurde
würden.
Die letzten
Klaatsrath Lunth's Grab in Tcgcl.
mit verschuldete, mehr pessimistische Stimmung getrübt.
seinen mittelalterlichen Zwangs- und Bannrechten, den lästigsten Fesseln wirthschaftlicher Thätigkeit, beseitigt.
mehr und
mehr Gestaltung,
gewissermaßen
Fleisch
Als Erzieher im Humboldt'schen
und
Nach außen hin war es die neue Zollordnung, Reiche ihn lange Zeit beschäftigte. Ohne zu dem von der Wissenichaft wie Erfahrung gleichmäßig verurtheilten Prohibitivsystem zu-
!
tuckzukehren,
galt es nach Innen die Zollschranken zu brechen, Außen hin sie so weise zu ziehen, daß die aufkeimende hei»lische Industrie nicht vom Auslande unterdrückt wurde, jedoch ohne zu große Belastung der steuerpflichtigen Consumenten. Schaffend tmd fördernd griff Kunth, in das industrielle Leben ein wie seine Biographen ausführen, und das mit einem praktischen Erfolg, wie »ach
Cl'
Willen
einem
zuneh¬
Beamten
vergönnt
wird.
Das
reiche
Maß
Nach einem
schmerzhaften neunwöchigen Krankenlager verschied der edle
Wirthschaftlich also vorbereitet trat das Volk in den siegreichen Kampf um die nationale und politische Freiheit wider den korsischen Cäsaren ein. Bereits im Mai 1815 finden wir Kunth als Direktor der General-Verwaltung für Handel und Gewerbe wieder. Die langen Friedensjahre, welche sodann folgten, eröffneten ihm nunmehr das weiteste Feld, um seinen reformatorischen Organisa¬ zu verleihen.
durch
mende Kränklichkeit
^girne mit
Blut,
Le¬
bensjahre Kunth's waren gleichwohl vielfach durch eine,
Gewerbesteuer
mit der Gewerbesreiheit eingeführt und das analen
tionen
ihre und
eifersüchtig
für damalige
die
so
mit Ausschließung
Wilhelm IIl. zum Staatsrath und in die Sektion der Ge¬ dem
Einsichtige
nicht zu ferner Zeit, das eigentliche in¬ dustrielle Deutsch¬ land , allerdings
die Wege zu ebnen.
werbepolizei
schien,
wie Kunth doch be¬ reits voraus, wie in
den
Gebieten des Ver¬ kehrs und
kehren sahen
i
j i
Hause
Mann.
verweilte Kunth von
1777 bis 1789. Im Jahre 1179 starb der Vater seiner Zöglinge, von denen er im Dezember 1780 schreibt: „Ich habe viele Freude, wenn ich sie und den Segen meiner Arbeiten sehe; und das stärkt mich wieder. — Ihre Mutter ist eine so gute Frau, so eine wackere Mutter, daß sie nur gern alle Hindernisse des Guten wegräumen und es befördern hilft, auch da, wo es Verläugnung kostet, und mir selbst, mit so ungekünsteltem Wohlwollen, alle Rechte eines Freundes gestattet — damit ich nur immer heiter sei." In der Nähe lebten damals drei tüchtige Pflanzenkenner und Pflanzenfreunde, der Rector Christian Sprengel, dessen Schrift „Das entdeckte Geheimniß der Natur im Bau und in der Befruch¬ tung der Blumen, Berlin, 1793," nachmals berechtigtes Aufsehen in der botanischen Welt erregte, der später so berühmte Arzt Ernst Ludwig Heim, beide Männer in Spandau ansässig, und der Oberforstmeister von Burgsdorf in der Oberförsterei Tegel. Mit diesen Männern bekannt, namentlich durch Burgsdorf, einen der
angeregt* 242
eifrigsten Baumkenner und Baumpflanzer, *), widmete Kunth mit seinen Zöglingen, namentlich Alexander von Humboldt, dem Auspflanzen schöner und seltener Bäume und Sträucher gern viel von seiner Mußezeit. Die Erinnerungen an diese genußvollen Stunden, welche unserm Kunth das idyllische Tegel stets als zweite Hcimath erscheinen ließen, reiften in ihm den Lieblingswunsch, dort auch unter Bäumen, die er theils selbst gepflanzt, theils von seinen Kindern hatte pflanzen lassen, bestattet zu werden, ein Wunsch, den seine dankbaren Schüler gern erfüllt haben. Von Kunth's Familienverhältnissen sei zuvörderst erwähnt, daß er sich am 24. August 1806 mit der Frau des Dichters Zacharias Werner**), einer schönen Polin, der Tochter eines
j
!
schichte
der Königmarck's ein.
Leider aber haben
sich
die großen
nicht auf märkischer Erde abgespielt. So wird denn auch auf die Tragödie des Grasen Philipp Christoph v. K.
hier nur mit wenigen Worten verwiesen. Noch immer harrt die¬ Dichters, der da „findet, deutet und gestaltet," obwohl schon Schiller mit dem Stoffe sich beschäftigt hat. —
selbe ihres
Von ganzem Herzen dankbar
sind wir dem Verfasser für Seitdem Fontane die Geschichte der „Krautentochtcr" veröffentlicht hat, haben all' die Todten, die in St. Nikolai zu Berlin links von dem Thurmportale ruhen, ein neues Leben erhalten. Ein Nachtstück düsterster Art, aber zugleich ein Beitrag zur Sittengeschichte von allerhöchstem Werthe, edel¬ freimüthig und decent verfaßt, ist die diesem Theile des Werkes angehängte Geschichte des Fähnrichs Emil von Arnstedt, welcher am 25. April 1837 zu Frankfurt an der Oder enthauptet wurde, weil er seinen Lieutenant Wenzel meuchlings erschossen hatte. Der an Schloß Liebenberg angeschlossenen Geschichte der Herlefeld und Eulenburg fehlt freilich das allgemeinere historische Interesse; köstlich aber ist ein „Wrangelwort", zu dessen Kenntniß wir hier gelangen. An den Grafen Philipp von Eulenburg ge¬ richtet, lautet daffelbe:
das Kapitel
halten ist und dadurch besonders verhindern sollte, daß seine Töchter katholisch würden, denen Zacharias Werner, für den Fall ihres Uebertritts, dadurch einen Vermögensvortheil in Aussicht stellte, daß er unter jener Vorbedingung seine frühere Frau zur
Erbin einsetzte. Die Vormundschaft über die Kinder übertrug Kunth seinem Eingangs genannten Neffen Karl Kunth, lvelcher 1829 nach sechszehnjährigem Aufenthalt in Paris, sicherlich nicht ohne Fürsprache Alexanders und Wilhelms von Humboldt Professor der Botanik an der Berliner Hochschule ward.
„Hoppenrade".
„Eule,
küffe
weiter!" —
Der freundliche Leser unsrer Besprechung wolle sich dasselbe und die Veranlaffung, die ihm Entstehung gegeben, indessen selbst in Fontane's liebenswürdigem Buch aufsuchen. —
Theodor Fontane, Fünf Schlösser. Altes und Neues aus Mark Brandenburg. Berlin. W. Hertz (Bcssersche Buchhandlung). 1889.
Das Größeste
Den tiefsten Eindruck hat das auf uns gemacht. Mit lebendigster An¬ schaulichkeit führt uns der Meister hier in die Tafelrunde des edlen Prinzen, der sich so gern als „Brandenburger" fühlte, in das Wetter der Schlachten und durch den Orient bis zu der stillen Gruft in Nikolskos. Die auf den Seiten 448 bis 450 mitgetheilte Charak¬ teristik des Prinzen Friedrich Karl von Dr. Paul Güßseldt ist wohl das Beste, was je über den erlauchten Feldherrn gesagt worden ist. Fontane selbst hat sich ein besonders hohes Verdienst dadurch er¬ worben, daß er, ferne von jeder Absichtlichkeit, auf die tiefe Pietät hingewiesen hat, welche diesem Hohenzoller innewohnte. Dank also, nochmals Dank dem verehrten Haupte des märkischen Schriftstcllerbundes! Und noch eins sei hier hervorgehoben. Die subjektive Auffassung Fontanes, welcher man nicht immer beizu¬ pflichten vermag, und die, wie z. B. in der Beurtheilung des alten Dörffling, geschichtlicher Ergänzungen und Modifikationen bedarf, tritt in den letzten vier Abschnitten völlig zurück; die dargestellten Menschen und Dinge reden hier selbst, und über Allem lagert etwas wie reine, klare Herbstluft: das Merkmal völliger Objektivität und reiistcn Urtheils. O. S.
Kapitel
rarisches Ereigniß.
j
j
i
Es ist das ein glücklicher, wenn auch, wie Fontane selbst Die Klödensche Verherrlichung der neuer Gedanke. Quitzow geht von demselben Gesichtspunkte aus. Auch Theodor Fontane endet darum mit einer Polemik gegen Riedels „Zehn Jahre", die jedoch nichts weniger als zutreffend ist. Das urkundliche Ma¬ terial über die Quitzow ist ein derartiges, daß eine Vertheidigung des Auftretens dieser selbstgewachsenen Edelleute selbst unter Hinweis Episode.
kein
*) Vgl. über die Thätigkeit dieser Männer meine Schrift „Zur GeJungsernhaidc", Heft XXVII der Schriften des Vereins fiir die Geschichte Berlins. Berlin 1889. *) Zacharias Werner geb. 18. November 1768 zu Königsberg in Ost¬ preußen, Sohn eines dortigen Univcrsitätsprofessors, trat in dein dainals preußischen Warschau in den Staatsdienst. 1895 Geheimer exped. Sekretär in Berlin, führte er hier ein wüstes Leben, ging auf Reisen und trat 1811 heimlich in Rom zum Katholicismus, si zu Wien am >8. Januar 1823.
Die Quitzow
Geschicke dieses Hauses
wird verstehen, daß er zum ruhigen gesetzten Ehe¬ mann wenig veranlagt war und die Schuld der Scheidung nicht auf seiner Gattin Seite suchen. Kunth's Ehe wurde mit 2 Töchtern und 2 Söhnen gesegnet, denen er eine Selbstbiographie tvidmete, welche streng religiös ge¬
schichte der
ist.
mit Friedrich, was er zuvor gewesen war. Den Kampf der Interessen, wie er sich in seltener Weise klar uns darstellt, als die Quitzow sich mit Berlin und Kölln entztveiten, hat Theodor Fontane gewiß mit Absicht übergangen. Gleichwohl bietet gerade er überaus wichtiges Material zur Charakteristik der Menschen und der Dinge in Hülle und Fülle dar. „Schloß Plaue" führt uns unter Anderm auch in die Ge¬
ordcn eintrat,
sagt,
unmöglich
seiner Versöhnung
Warschauer Schneidermeisters verehelichte, nachdem deren erste Ehe im Herbst des vorangehenden Jahres getrennt worden war. Wer den wunderlichen Lebensweg jenes Dichters des Dramas „Martin Luther oder die Weihe der Kraft" kennt, wie er nach einem wilden, ungezügelten Leben, katholisch wurde und in den Redemptoristen-
Ein neues Werk des hochverehrten Verfassers ist stets ein lite¬ Mit bewährter Meisterschaft führt er uns dies¬ mal die fünf Herrensitze Quitzöbel in der Priegnitz,'Plaue an der Havel, Hoppcnrade im Ländchen Löwenberg, Liebenberg an der Grenze der Uckermark und des Ruppiner Landes, sowie das Jagdschloß Dreilinden vor. — Die Darstellung ist überall gedrängt und bedeutsam; es ist indessen nicht sowohl das Geschichtliche, auch nicht das Monumentale, worauf Theodor Fontane diesmal das Hauptgewicht gelegt hat, sondern das Psychologische. Aus ihm heraus erklärt der Herr Verfasser zunächst die Eigenart der Quitzoloschen
auf die allgemeine Sitte der Zeit
sind und bleiben Barbaren: — Dietrichs ganzes Leben zeigt keine Johann blieb auch nach einzige Spur von ritterlichem Sinne.
jedoch zuletzt!
„Dreilinden"
!
i
.
Kleine Mittheilungen.
Friedrich der Große liebte es bekanntlich, Eingaben, Petitionen, Berichte re. sofort mit seinen eigenhändigen Bemerkungen zu ver¬ sehen und an die Ministerien oder auch direkt an die Absender zurückzu¬ schicken. Auf ein« vorher fälschlich angegebene Zinsenbercchnung eines Kanalbaues schrieb der König: „Dar kan man Sich nutzn recht auf Leute verlasen, welche solche Anschlege machen. Die Landmessers und Baumeister sind lauter Bienhasen, und befehle Ich, das man sich nach ehrliche und babile Leute umthun soll." — Auf das Gesuch einer Dorfgemeinde um
243 Bestätigung des von ihr gewählten Pastors bemerkte er: „Guhtc mores ist das I te vohr ein Dorf prister, und Wan er die Bauern gkfält, jo mus man sie nicht chiraniren." Und die anderweitige Wahl bestätigte er nnt den Worten: „Guht, wo er nuhr kein Muker ist." — Interessant durfte bei dieser Gelegenheit die Originalschrift eines weltbekannten Aus¬ spruches des Königs sein, den er gleich am Anfang seiner Regierung auf eine Eingabe schrieb, in der man sich darüber beschwerte, daß in geivissen Schulen aus „protestantischen Soldatenkindern römisch-katholische" gemacht wurden: „Die Religionen Müsen alle Tolleriret werden, und Mus der Fiscal nuhr das Auge darauf haben, das keine der andern abrug Tuhe, den hier mus ein jeder nach Seiner Faßo» Selich werden." L. Gin Menü von Kischen in der Warst vom Aahrc 1786. Da¬ mals fing und verkaufte man nach Nicolai (Beschreibung von Berlin u. s. w. S. 584) folgende Fische Hierselbst, von denen mancher heut zu tage kaum mehr dem Namen nach allgemein bekannt sein dürfte, nämlich: Aale, Aland, Barben, Barsch, Bitterling, Bley, Döbel, Lachsforelle, Teichforelle, Lachs (in der Oder), Güster, Giebel, Gründling, Karpfen, Hecht, Karausche, Kaulbarsch, (werden bei Potsdam in der Havel vorzüglich schön und groß gefangen). Lampreten, (werden ebenfalls in der Havel bei Spandau ge¬ die
Waranen, (bei Rheinsberg). Kleine Maräne (im Wandlitzer-See). Kühling, (bei Küstrin). Plötze, Quappe, Raapfen, Rothauge, Schley, Goldschleg, (in Schönhaufen). Schlampietzker, Steinpietzker, Stör, (in der Oder). Sterlet, (bei Küstrin). Neunauge, (in der Oder). Schnäpel, (bei Schmerl, Stichling, Stint, Kaulkopf, (bei Eberswalde). Havelbcrg). Uekeleb, Wels, Zander, Zährte, (bei Küstrin). Zope, (in der Oder). Ziege (zu Zernikow). W. 8. Dom wälschen Affcu-Higer. Woher mag der für unsere gallischen Nachbarn zum Oeftern in der Tagespresse und Literatur gebrauchte Ausdruck tigro-singe, Affen-Tiger stammen? Mit Nichten von haßerfüllten stammfremden, stammfeindlichen Nachbarn, wie mancher Franzmann mit einem scheelen Blick nach Westen meinen möchte. Nein, aus ächt- und alt-französischem Munde, wenn anders Fran?ois Marie Arouet de Voltaire, geboren i. 1694 zu Dorf Chatenay bei Sceaux, der Dichter der Henriade und die Verkörperung der Freigeisterei, dem das Ebrcnbegräbniß im Pariser Pantheon zu Theil geworden ist, noch heut bei seinen wetterwendischen Landsleuten als Franzose gelten darf. Voltaire schrieb an den 1717 in Paris gebornen berühmten Mathematiker und Literator, welchen Friedrich der Große vergeblich nach Berlin zu ziehen versucht hat, an Jean le Rond d'Alembert mit Bezug auf Frankreich und die Franzosen, wörtlich: „Ich begreife nicht, wie denkende Wesen in einem Lande von Affen bleiben mögen, die oft zu Tigern werden. Was mich betrifft, so schäme ich mich, auch nur an der Grenze zu wohnen." — Dies ist wohl das Abfälligste, was jemals ein hervorragender Schrift¬ steller überhaupt über unsere gallischen Nachbarn geäußert hat. E. F. Zweites Preisausschreiben des allgemeinen deutschen Sprach¬ vereins. Der allgemeine deutsche Sprachverein setzt einen Preis von HJOO Mark aus für eine Schrift über: Unsere Muttersprache, ihr Werden und ihr Wesen. Die Arbeit soll womöglich den Umfang von acht bis zehn mittleren Druckbogen nicht übersteigen. Gefordert wird eine auf wissenschaftlichem Bode» ruhende, gemeinverständliche, übersichtliche und anregende Schilderung der räumlichen und zeitlichen Entwickelung unserer Sprache, welche das Hauptgewicht auf das 16. und 18. Jahrhundert legt und nicht nur die äußeren, sondern auch die inneren Wandlungen berücksichtigt. Mit dieser kurzgefaßten Geschichte der Muttersprache wird zugleich eine Darstellung der gemeinen hochdeutschen Schriftsprache unserer Zeit erwartet. Diese Darstellung ist nicht gedacht in der Form einer lehrmäßigen Uebersicht oder eines Nachschlagebuches, sondern als lebendige und anschauliche Er¬ örterung der hauptsächlichsten Eigenthümlichkeiten unserer Sprache in ihrem Lautstande, ihren Betonungsgesetzen, ihrer Wortbiegung und Wort¬ bildung, ihrem Satzbau, ihrer Ausdrucksfähigkeit. Daran schließe sich eine Auseinandersetzung der Grundbedingungen eines reinen, unbefangenen und edlen Gebrauches der Muttersprache in Wort und Schrift. Es soll demnach über unsere Sprache als das Werkzeug fortschreitenden Geistes in einer Weise gehandelt werden, welche geeignet ist, die äußerliche Auf¬ fassung vom Wesen der Sprache zu bekämpfen, sowie die weiten Kreise dcr Gebildeten zu fesseln und weiterzubilden. Die Preisarbeiten sind, mit einem Wahlspruche versehen, bis -um 1. August 1890 dem Vorsitzenden des Vereins einzusenden. Beifangen).
Während die großen Thaten und Herrschertugenden unserer Hohenzollern allgemein bekannt sind und als ein wesentlicher Theil der vater¬ ländischen Geschichte von Jung und Alt, in Schule und Haus aufgenommen werden, gewährt es ein eigenartiges Interesse, auch die Vorbildung unserer edlen Fürsten, den Gang der Erziehung zu ihrem hohen Beruf genauer kennen zu lernen. An einzelnen charakteristischen Zügen erfährt der Leser anmuthige Zeugniffe für die Gesinnungen der späteren Herrscher. Vom Großen Kurfürsten bis auf unscrnKaiser Wilhelm II., also in zehn Abschnitten, werden uns die Jugend-Lebensbilder der für den Thron be¬ stimmten preußischen Prinzen vorgeführt. Die Angabe der benutzten Quellen zeigt die Sorgfalt in der Behandlung des Stoffes und die Bei¬ fügung von 7 trefflich ausgewählten Holzschnitten veranschaulicht die lebendige Darste llung in recht geeigneter Form. Inhalt: Drei Menschen, Novelle von E. von Wald-Zcdtwitz (Fortsetzung); Johannes Wedigen, eine Berliner Geschichte von Oskar Schwebe! (Fortsetzung); Prinz Georg von Preußen, von Fr. von
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Hohenhausen (mit Abb.); Schläge und schlagen in der Märkischen Sprechweise, von E. Handtmann; Etwas vom Tabakrauchcn
(Schluß); Staatsrath Kunth's Grab in Tegel, von.Ernst Friede! (mit Abb.); Theodor Fontane, Fünf Schlösser. — Kleine Mit¬ theilungen: Friedrich der Große; Ein Menü von Fischen; Vom wälschen Affen-Tiger; Zweites Preisausschreiben; Die Erziehung der Hohenzollern. — Anzeigen.
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23. Februar 1880.
|
Drei.Menschen.
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E. von Wald-Zedtniitz. „Herr von Ring singt charmant, findest Du nicht auch, Blick fragend auf ihn ruhte. Er lächelte still vor sich hin. lieber Tanered?" Vielleicht war cs um ihre Speisekammer schlecht bestellt, doch Ohle¬ eine, tüchtige Soldatenfrau inußte sich zu helfen wissen. „Diese vortreffliche Eigenschaft kannte ich bei meinem Ad¬ jutanten noch gar nicht," entgegnete der Major ziemlich kühl, feld irrte sich, seine Frau war ganz gut verproviantirt liild tvidcrsprach aber nicht, als Lori zunl weiteren Musiziren drängte. überflog bald darauf mit Stolz ihre verschiedettcn Vorräthe. „Wenn es dem Herrn Oberstwachmeister nicht zu viel wird." Viererlei kalter Alifschnitt war vorhaildeil, dazu Salat, „Mein Manir liebt die Musik; nicht wahr. Du hörst sie Radieschen, Früchte und kleine Kuchen zuin Thee. Ja, sie fühlte, wie ihre Lebenslage jetzt doch so eine andere war, gern?" fiel Frau von Ohlefeld lebhaft ein und stand schon, als früher, und warme Dankbarkeit für ihren Gatten, der sie ohne seine Antwort abzuwarten, ain Klavier. Novelle von
„Null
begleiten Sie mich einmal, Herr von Ring, freilich Sie müssen Nachsicht mit mir haben." Ein Schränkchen öffnend, entnahm sie demselben einige Notenhefte, noch aus ihrer Mädchenzeit
stannnend.
„Aber
es
sind
geschriebene
Noteil.
oder Kurschmann's: Der Fischer fährt gu Land." „Nehmen wir das Letztere, ich kenne es fast auswendig." Buffo setzte sich wieder nieder, und bald darallf erfüllte Loris schöne, frische Alt-Stimme das Zimmer. „Reizend, gnädige Frau, ganz vorzüglich." Tanered schwieg noch, ein vorwurfsvoller Blick seiner Gattin traf ihn. Jetzt trat er auf sie zu. „Ich habe ja gar nicht gewußt, ^ori, daß mit meiner jungen Frau eine Nachtigall in mein
Hier Mgnon
.
,
Haus gezogen ist."
„Das konntest Du auch nicht, denn Du hast mich noch nie darum gebeten. Dir etwas vorzusingen," entgegnete sie ge¬ kränkt. Weshalb zögerte er so lange mit seiner Anerkennung? cknd
hatte es ihm nicht eine ihr überhaupt zu zollen?
gewisse Ueberwindung
gekostet.
Beide Herren begaben sich jetzt in das Ziminer des um ihre Dienstangelegenheiten zu erledigen.
Majors,
Ne
„Herr von Ring wird zunl Thee dableiben," rief Tanered Thür, und es fiel ihin auf, wie Loris
durch die halbgeöffnete
in ihr auf. „Wenn das doch Mama erlebt hätte," sagte sie leise. Mama erlebt? und sie setzte den Teller, den sic in der Hand hielt, schwer auf den Tisch. Wäre ihre gute Mutter nicht gestorben, wer weiß, ob sie dann Frau von Ohlefeld wäre. Hatte Tanered sie am Ende doch nur aus Mitleid, ün Gefühle der Dankbarkeit für das, was ihre Eltern einst an ihn und den Seinigen thaten, geheirathet! Die Verstorbene lebte in seinem Herzen. Aber fort mit den quälenden Gedanken, erniedrigend für sie sowohl, wie für ihren
in
dieselbe versetzte, stieg
Vielleicht sprach der Edclmuth mit, aber die Liebe hatte doch den Ausschlag gegeben. Selbstbewußt trug sie den Kopf ein wenig höher, und überwachte den Burschen, der ge¬ übter Hand den Theetisch deckte. Nun war alles fertig, zierlich reihten sich die mit grüner Petersilie gekränzten Schüsseltt an¬ einander, das Theewasser surrte behaglich im Kessel und eine stolze Hängelampe, das Hochzeitsgeschenk des Offtzierkorps, verbreitete strahlende Helle. Der Anblick hatte für Lori etwas Beglückendes, nicht einen Augenblick drängte sie mehr die Dankbarkeit gegen Tanered, der eben wieder mit seinem Ad¬ jutanten erschien, zurück. Sie nickte ihm entgegen und hing
Mann!
freudig zu ihm aufblickend, an seinen Arin. „Komm, lieber Mann, der Tisch ist gedeckt. Herr von Ring, seien Sie uns herzlich willkommen. Sie sind unser erster Gast." sich,
258
—
„Ist
Beide Herren bemerkten, wie strahlend hübsch Lori unter der sic verschönenden Hausfrancnwttrde aussah.
„Ei,
ei, mein süßer Schatz," neckte der
reglement hast Du nicht studirt,
Major, „das Hof¬
heute muß ich zurücktreten,
Herrn von Ring gebührt die Ehre, Dich zu Tisch zu führen. „Ach so," entfuhr es Lori, „aber nein, Herr von Ring, ein so junges Ehepaar, wie wir, trennt man noch nicht, nicht wahr?" wandte sie sich treuherzig an Buffo. Alle Drei standen, die Herren sichtlich erheitert, am Ein¬ gänge zum Speisezimmer.
„Ja, ja," schüttelnd,
„das
Ring, bedenklich mit dem Kopfe für mich schwer zu entscheiden. Wenn
liegt darin eine gewisse Kränkung für die Hausfrau, bestehe ich darauf, so werde ich als eigensinnig, ungalant und anmaßend angesehen, daß ich mich ihrem hohen Willen widersetze." „Hahaha," lachte der Major, „ganz recht, nun bin ich neugierig, wie sich mein gewandter Herr Adjutant aus der Affaire zieht." „Ich wüßte wohl einen Ausweg. Wenn die Herrschaften mir die Ehre zu Theil werden ließen, mich als Sohn des Hauses zu betrachten, der bescheiden seinen Herren Eltern folgt." „Sv ist es recht, so soll es sein!" entschied der Major. „Sie wissen nun, inein lieber Ring, wo Sie zu Hause sind." Auch Lori lachte, doch es klang nicht ganz unbefangen. „Wenn mein Gatte befiehlt, so muß ich wohl auch damit einverstanden sein," scherzte sie und schritt am Arme ihres Gatten schnell in das Speisezimmer. „Ach, wie gemüthlich," rief von Ring, „es wird uns Junggesellen hier in Berlin so selten das Glück, ungenirt in einer Familie Verkehren zu bürfcn. Das drängt und hastet Alles durcheinander, der eine hat dieses, der andere hat jenes vor, und das große, gesellige Treiben verschlingt zu leicht die Gemüthlichkeit." „Ach, Kinder, Ihr macht nur zu viel Ansprüche und seid zu verwöhnt," bemerkte Herr von Ohlefeld. „O nein, das glaubt man nur von uns! Ich bin den Herrschaften von Herzen dankbar, daß Sie mir so freundlich ihr Haus eröffnet haben." „Nun wir »vollen sehen, mein Herr Sohn, ob Sie Ihre Worte durch die That wahr machen." Lori hatte sich nicht am Gespräch betheiligt, sondern sich am Kessel zu thun gemacht. „Bringen Sie frisches Wasser, Friedrich," wandte sie sich an den Burschen. „Bitte, Herr von Ring, noch etwas Schinken oder hier von der Gänsebrust?" „Ich danke, meine Gnädigste, ich bin noch mit Allem ich aus mein gutes Recht verzichte, so
versehen."
„Sie wissen doch, daß man sich bei seinen Eltern nicht genirt?" fuhr Lori fort, „lind daß inan offen seine Wünsche ausspricht." „Dann sage ich als guter Pommer: für Gänseweißsauer laß' ich mein Leben!" damit langte er sich von dieser Schüssel zu. „Nehmen Sie ordentlich, es ist draußen noch genug da¬ von vorhanden. Selbst eingekocht, bitte ich gütigst zu be¬ merken. Waren Sie neulich zu dem kleinen Theeabend bei Sr. Königlichen Hoheit dem Kronprinzen befohlen?" „Gewiß. Aber neulich? Es ist schon eine geraume Zeit her." „Den jungen Herren, welche stets Etwas vorhaben, ver¬ geht die Zeit freilich schneller," benlcrkte Lori.
Dir
zu einsam, ineine kleine
„O nein," ailtwortete
Hausfrau?" fragte
„ich meinte nur so. Haben wieder an ihren Gast. Sie sich amüsirt?" wandte „Es war entzückend. Wir machten erst eine Rundfahrt auf den: Dampfer bis zur Pfaueilinsel, die im Schmucke des Herbstes geradezu bezaubernd war, dort wurde im Freien sie,
sie sich
gespielt." auch
sagte von
ist
es
Tancred.
„Spielten Ihre Königliche Hoheit die Frau Kronprinzessin mit?" „Sie gab die Spiele au und war die Heiterste von Allen."
Buffo erzählte ausführlich, was vorgenommen, was gereicht wurde und wer zugegen war. „Was hatte die Frari Kronprinzessin an?" Eben wollte Ring den Anzug beschreiben, als der Major, der dem Gespräche wenig Aufmerksamkeit geschenkt hatte,
sich
mit einer anderen Frage an ihn wandte. „Wie fanden Sie neulich die Vorstellung des AlexanderRegiments vor dem Großfürsten?" „Sehr gut, nur etwas zu viel reglementarische Bewegungen, ich hätte an Stelle des Kommandeurs mehr Zeit auf die Ge¬ fechtsschule verwandt." „Ganz meine Ansicht," stimmte Herr von Ohlefeld bei nun umständlich über jenes Exerziren aus. Lori hätte viel lieber von dem iveiteren Verlauf des Festes bei dem Kronprinzen Etwas gehört, es kam aber nicht dazu und auch nach Tisch, als im anstoßenden Zimmer die Herren bei der Cigarre saßen, sprach der Major meist von dienstlichen Ange¬ legenheiten und von seinem taktischen Werke. Später wurde das Avancement umständlich erörtert, alless,Dinge, welche die Theilnahme der jungen Frau nur in ganz geringem Grade erweckten, so daß sie mit ihrer Handarbeit schweigend dasaß unb dem Gespräche kaum folgte. Buffo, dies bemerkend, lenkte endlich etwas gewaltsam auf ein anderes Thema über unb und ließ
sich
es der Major, welcher nur zerstteut zuhörte. „Mein Gott, Herr von Ring, was müffen Sie von mir denken?" sagte Lori plötzlich mit Erregung, „ich habe mich noch nicht einmal bei Ihnen für die entzückenden Blumen be¬ dankt, mit denen Sie an unserem Einzugstage unsere Wohnung
jetzt
war
herrlich schmückten, und ich hole es jetzt aus vollem Herzen nach." Sie reichte ihm die Hand.
so
„Bitte
recht sehr,
gnädige Frau,
es ist
mir
eine große
Freude gewesen."
„Ach, Sie glauben nicht, wie
ich die
Blumen liebe!"
Gegen 11 Uhr verabschiedete sich der Adjutant und ging langsam seiner Wohnung zu. Zu sehr an das um diese Zeit
Berliner Straßenleben gewöhnt, um sich um dasselbe in Gedanken noch eininal an sich vorüberziehen. Lori war eine eittzückende Frau, und er begriff es jetzt gar nicht, daß er ihr als Mädchen eigentlich so wenig Beachtung geschenkt hatte. Der Major war ein lieber, prächttger Mensch und die Ohlefeld'sche Häus¬ lichkeit an sich ganz angethan, um sich dort behaglich zu fühlen. noch rege
zu bekümmern, ließ er den heutigen Abend
Aber dennoch lag ein eigener Hauch darüber, welcher dieses Gefühl nicht recht aufkonrmen ließ. Die beiden Eheleute standen sich im Alter zu fern, ihre Interessen waren und konnten ja auch kaum dieselben sein und dann wollte es Herrn von Ring bedünken, als wenn der Schatten der verstorbenen Gattin zwischen ihnen stünde und eine wirkliche heiße Liebe nicht auf-
259 kommen ließe.
Wärmn hätte Lori
sonst
nnr mit Widerstreben
>
Flügel geöffnet?
den
Trotzdem war Etwas in ihm, was ihn zu dem Ohlefeld-
Ans der einen Seite ließ er sich gern von gegen ihn geradezu liebenswürdigen Kom¬ mandeur gesprächsweise belehren, auf der anderen fühlte er eine Art von Verpflichtung, der jungen Frau das in das Haus zu tragen, wofür sie besonderes Jntereffe hatte und was schen
Hause zog!
seinem
dieser schweren Zeit. Und wenn ich's einem schmucken KriegSmann wirklich gegen baares Geld verkaufe, so ist's dahin — für Knesebeck und für die Gräfin. So? — Die Bedingung also auch noch, daß ich's
ilicht veräußern soll? — Mein Herr, — ich bin kein Trödler und kein Raritäten-Krämer, — am wenigsten ein Jude, der auf Pfänder leiht. Ich gab Euch gut' Getreide. Mit all' dem Quark da kann ich inir nicht Nahrung schaffen noch den
gebildeten,
Meinen. Baar Geld, — so ward's verabredet! Schreibt eine Schatzung aus; — noch ist es Zeit! Da's aber so steht und die beiden Städte die empfang'ne Wohlthat also lohnen, — da ich so wenig geben darf auf Wort und Handschlag, so muß ich Euch schon bitten, Ihr wollet jetzt die ganze Schuld von l.440 Thalern mir noch heute zahlen. Ich werde bis zu
ihr dort nicht wurde. Wußte er doch, daß ihr Gatte stets zurückgezogen gelebt hatte und auch wohl weiter leben würde, zudem legte ja die Trauer um die verstorbene Frau von Rohdewald dem geselligen Verkehr, sowie dem Theaterbesuch dein jungen Paare noch manche Feffel an. Aber war es das nur
—
War es nicht vielmehr in erster Linie die junge, liebenswürdige Frau selbst, die ihn anzog? Buffo versuchte sich dies auszureden, nrachte es sich jedoch nicht klar, daß ihm dieses nicht recht gelingen wollte. Als Lori am nächsten Morgen von einem Gang aus der Stadt zuttick kam, fand sie in ihren: Zimmer einen entzückenden allein?
— allein 's ist uiweräußerlich in
Hab' eine ,Salva - Guardia‘ mir bei'm warten. Feldmarschall erwirkt. Um 2 Uhr Nachmittags zieht Gallas nach Bernau und ich nach Straußberg. Ich bin der festen
Mittag
hübsche,
Zuversicht, Ihr genügen." —
werdet
Mittel finden,
Eurem
Worte zu
lächelnd und sah, da sich
Hans Jürgen von Hake war's, der im „schwarzen Bären" auf der Spandauerstraße dem Bürgermeister Wedigen diese harte Antwort zu Theil werden ließ. Wedigen konnte sich freilich nicht verbergen, daß in deni, was der Edelmann ihm sagte, allerdings ein Fünklein von Wahrheit enthalten war. Es war offenbar, daß dem Herrn von Hake mit baarein Gelde am besten gedient war; der Wirth vom „Bären" hatte dem Köllner Stadthaupte indessen gesagt, daß der Junker an guten Groschen und Thalern, die damals hoch im .Kurse standen, keinen Mangel hätte. Es war also Ungefälligkeit, — nein, es war mehr: es war Härte, mit welcher Hake auf seinem
und
Scheine bestand.
Blumentisch.
„Oh, wie reizend!" rief sie mit inniger Freude, aber Sollte Herr von Ring ihr denselben ge¬
plötzlich erschrak sie.
schickt haben? Wenn er ihre gestern ausgesprochene Vorliebe für die Blumen so aufgefaßt hätte? „Hat er Deinen Beifall, Lori?" horte sie jetzt die Stimme ihres Mannes, der aus seinem Zimmer kam. „Du bist der Geber, Tancred? Ach, ich danke Dir tausend,
tausend
Mal!"
„Ja, wer
seine
fragte der Major Lori eifrig mit den blühenden Rosen Azalien beschäftigte, nicht, in welche Verlegenheit sie durch sollte es denn sonst sein?"
Wort denn, Herr von Hake!" sprach Wedigen habe ich nichts mehr zu sagen. Unser brandenund Volk gleicht jetzund einer Familie, Vaterland burgisches — gleicht einer Schaar von Geschwistern, die — nur in ge¬ rechtem, heil'geni Zorne kann ich's sagen, — von ihrem Eltern¬
„Ein
Frage gerieth.
ich empfand Ls gestern Abend, als Du Ring wie einen bittern Vorwurf, daß ich Dir iroch gar leine Blumen schenkte." „Du lieber, prächtiger Mann!" Sie küßte ihn zärtlich. „So, mein HeiH, nun komni, ich habe einen Wagen bestellt, jetzt wollen wir auch unsere Gräber schmücken," sagte Tancred init weicher Stimme.
„Ja, ja,
sehr ernst.
danktest,
Lori nickte lies gerührt. Wie gütig ihrer verstorbenen Eltern zu gedenken. Wagen, Friedrich legte einige prachtvolle nun fuhren sie Hand in Hand die Straße durchzuckte ein Gedanke schmerzlichster
Art
war Sie
es
von ihm,
bestiegen
den
Kränze hinein und entlang. Plötzlich
das Herz der jungen
Frau. Der Kutscher schlug nicht den Weg nach dein Jnvalidenlirchhof ein, sondern den nach dein Gottesacker, wo die ver¬ dorbene Frau von Ohlefeld mit ihren beiden Knaben begraben lag. War es nicht, als ob Tancred seine Liebesgaben zwischen ck'r, der Lebenden, und den Verstorbenen theilen wollte? (Fortsetzung folgt.)
Johannes Wedigen.
■8)
Eine Berliner Geschichte von Oskar Schwebe!.
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Verlag und Redaction: H. Schon, Verlagsbuchhandlung in BerlinW., Magdeburgers. 31. — Abdruck Druck: W. Moeser Hofbuchdruckerei, Berlin 8., Staüschreibrr-Straße 34.
35.
siehe specielles
Inserat.
ohne eingeholte Erlaubniß ist untersagt
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J-
Unter Mitwirkung
Dr. N. Lcringuier, K. Bndczics, Theodor Lontane, Stadtrath L. Lriedel, Gymnasialdircktor Dr. 11). Schwartz, Pastor Oscar Schwebe! und Ernst von wildenbruch herausgegeben van
K.
xv.
Schon's Merkagskuchhandkung, Wcrlin.
Erscheint wöchentlich am Sonnabend und ist durch alle Buchhandlungen, Zcttungsspeditionen und Postanstalten für 2 Mb. sü Pfg. vierteljährlich zu beziehen. — Im postzeitungs-äLatalog eingetragen unter Nr. 683a.
Iahraanq. Nr. 24.
16. Mär? 1889.
Drei Menschen.
l")
Novelle von E. von Wald-Zedtwitz.
„Laß mich
es
nur, Tancred,
ich fühle, daß
Dll
keine
sich die
„Aber einzige Lori!"
lvic Dir?"
„Es greift mich an, hören wir auf!" entschied Frau von Ohlefeld jetzt, indem sie ermattet die Augen schloß. Das Ge¬ fühl der Verlassenheit überkam sie jetzt in noch höherem Grade als vorhin. Die Woche neigte
sich
zuin Ende; Buffo hatte sich öfters
durch den Burschen nach dem
Befinden der gnädigen Frau
er¬
kundigen lasten, dabei Veilchen und Noten geschickt.
Lori befand
sich
zieht er sich
auffallend von der Gesellschaft zurück." „Entweder bereitet er sich zur Kriegsakademie scherzte
vor, von
Lori durchztlckte ein eigenthümliches Etlvas. „Sieh, sieh," lachte der Major, „da kommt man
erst
hat ein ganz besoildcrcs Herzensinteresse,"
Rockentien.
hinter die Schliche seines Adjutanten, das Andere hat er mir verrathen."
köimen uns auch
weder das Eine ttoch
irren," erwiderte von Krog.
Das klang gereizt, überhaupt fiel es dem Major auf, daß Gattin, sowie von ihm die Rede war, in eine gewisse Erregung gerieth. Hatte ihr Ausnif, als sie den Blumentisch in ihrem Zimmer vorfand, nicht besonders freudig gekluilgen? Hielt sie Ring für den Geber? Waruin nahm sie ihn neulich nicht an? Waruin sprach sie niemals den Wunsch aus, ihn seine
ztl sehen, und Tancred wußte doch,
auf dem Wege der Besserung, vermochte auf den Stock gestützt schon einige Riale durch das Zimmer zu gehen und nahin heute in Gegenwart ihres Gatten schon wieder den Bestich einiger jüngeren Offiziere des Regiments au. Gleichgiltige Gespräche wurden geführt. „Der Gesellschaftstrubel ist wohl jetzt im besten Gange?" fragte Herr von Ohlefeld. „Ach ja," seufzte Lieutenant von Rockentien, „jeden Abend aus, das kann Einem tvirklich zu viel iverden." „Nun, ich glaube, meinem Herrn Adjutanten ivird das Ausgehen so leicht nicht überdrüsfig," bemerkte der Major. „Sonst war es der Fall," entgegnete Lieutenant von Krog, »da konnte er nicht genug bekommen, aber in diesem Jahre
„Wir
Herreil entfernt hatten.
„Glaubst D», daß Herr von Riilg mir mehr vertraut,
Er las weiter, im Anfange ruhig,
dann wieder eiliger.
oder er
„Nun, was meinst Du dazu, Lori?" fragte Tancred, als
Zeit für
hast."
angenehm war.
Fürchtete
sie eine zu
daß seine Gesellschaft
ihr
große Vertraulichkeit seitens
Herrn? Sic brauchte sich deshalb nicht zu beunruhigen, trotz seines freimüthigen Wesens war Ring ein wohlerzogener Manu, der die fein gezogene Linie der Schicklichkeit im Verkehr mit Damen niemals überschreiten tvürde. Ehrenhaftigkeit war die Richtschnur seines Lebens, niemals mangelte es ihm an Taktgefühl. Der Major lächelte zufrieden. Lori that Recht darail. Sie handelte, wie sie handeln mußte. Die Vorsicht leitete ihr Thun, sie mied den Schein, denn die Welt war ja zu leicht geneigt, besonders eine junge Frau, welche einen verdes jungen
hältnißmäßig alten Manil besaß, zu verdächtigen. „Für böswillige Menschen gilt eine unvorsichtige Frau schon als eine kompromittirte," sagte er vor sich hin, „und meine Lori weiß, was sie sich, was sie ihrem Manne schuldig ist." Damit beruhigte sich Tancred. Einige Tage darauf, gerade als der Major nicht zu Hause war, ließ sich von Ring bei Lori melden. Sie schwankte, ob Aber was sollte er, was Tancred sie ihn annehmen sollte. denken, wenn sie ihn tvieder abweisen würde? Ach, und sie Wie keck sehnte sich so nach Menschen! Sie nahin ihn an. Wiedersehens sein Gesicht aner eintrat, wie die Freude des genehin belebte unb wie teilnehmend er sich nach ihrem Unfall
294
„Wie
erkundigte.
karn es
mir, gnädige Frau, daß Sie
so
Busso
!
unbefangen sein.
„Sie
Es war heraus, wider Willen hatte sie gesprochen, ein unabweisliches Etwas hatte ihr die Worte auf die Lippen ge¬ drängt, die sie jetzt so sehr bereute. Hatte sie dadurch nicht diesen fremden jungen Mann ihrem Gatten gegenüber zu ihrem Vertrauten gemacht? Hatte sie ihin nicht einen tiefen Blick in ihr Inneres gestattet, das sie noch niemals Jemanden erschloß? Zeigte sic ihm nicht den Schatten, der auf ihrer Ehe, ihrem Glücke lag? Nun lag ihre Hand wieder in der seinen, nun fühlte sie den warmen Druck derselben, sah das offene Auge des jungen Offiziers thcilnehmend auf sich ruhen und jetzt, sie hätte auf¬ schreien mögen, und doch vermochte sie ihm nicht zu zürnen, jetzt wagte er es, sie zu trösten. Sie, die Frau des Majors von Ohlcfeld, erhielt von einein jungen Offizier Trost für den Kummer, welchen ihr Gatte ihr unwissentlich zufügte?! Trotz¬ dem ihr Fuß sic noch schmerzte, stand sie auf und schritt einige Riale im Zimmer auf und nieder, um sich Fassung zu erringen. Welcher Abgrund that sich plötzlich vor ihr auf? Wie sollte cs noch werden, wenn das so fortging, wenn eine Zwischenperson zwischen sic und ihren Gatten trat, noch dazu ein junger Offizier, dem sic mehr anvertraute, als ihrem Eheherrn!? — Ein Schleier senkte sich hernieder, schwarz, undurchdringlich, welcher ihre Zukunft lind die des edelsten, besten Mannes, der sie aus Nichts zu sich emporgehoben, in Frage stellte? — Ach, hätte er's doch nie gethan — hätte er sie allein ihren Lebcnspsad finden lassen! Sie schauderte zusammen, so weit war's schon gekommen? — und Tancrcd ahnte nichts — war blind
Buffo schwankte, er
steht es
mit Ihrer Malerei?" gab Busso schtvieg.
doch
es Jhreur Herrn Gemahl Freude be¬ wenil ich ihn mit einem kleinen Oelbilde von Ihnen überraschte, gnädige Frau?" — Wie erleichtert, daß es heralis war, sah er sie fragend an. Sie schrak zusamnlen. Aber warum nur? Suchte sie denn nur in Allem Etwas? Hatte sie denn alles Vertrauen zu sich selbst verloren? „Ich glaube es wohl," sagte sie endlich, aber immer noch mit einer gelvisscn Zurückhaltung, „mein Mann wünschte sich sogar neulich ein Bild von mir." „Gilädige Frau," rief Buffo strahlend, „sie konnilen ja meinem geheimsten Wunsche, Sic malen zu dürfen, damit ent¬ gegen. Ich wagte nur nicht, diese unbescheidene Bitte auszu¬
sprechen."
Schon that es Lori leid, was sie gesagt hatte, aber es wäre aliffallend gewesen, hätte sie sich jetzt eines Anderen be¬ sinnen wollen. „Wohlan, zwei Sitzungen will ich Ihnen ge¬ währen, eine für den ersten Entwurf, die zweite für die Farbenskizze."
„In Frau, holen."
!
sie dem Gespräche
„Haben Sie gar-
nichts gemalt?" habe nur einige Skizzen entworfen." „Kann man sie nicht eininal sehen?" „Oh, es sind Stülnpcreicn." Lori schritt auf den Nebentisch zu, ergriff ein dort liegendes blaues Heft und hielt es ihm lächelnd entgegen.
„Ich
Zufall war es in die Mappe für die Unterschriften gekommen. Fürchten Sie übrigens keine Indiskretion," setzte sie hinzu, als sie Busso's Verlvirning bemerkte, „ich habe keinen Blick hinein¬ geworfen, obgleich ich recht neugierig war. Ja, ich bin es noch, und ich bitte Sie, lirir zu erlauben, es betrachten zu dürfen."
zum Sprechen an und
„Glaliben Sie, daß
— Sie war un¬
„Mein Skizzenbuch? Wie kommt das hierher, gnädige Frau?" Hastig nahm er es an sich. „Der Bursche gab cs hellte lnorgen hier ab, durch einen
setzte
zu sehr idea-
reiten würde,
überlegt gewesen, weiter nichts, niemals sollte tvicder zwischen Ring und ihr von solchen Dingen die Rede sein.
„Wie
erkannt, gnädige Frau?" fragte er freudig.
schwieg er.
unschuldige Kleinigkeit zu einem Unrecht,
krirz eine andere Wendung.
sich
„Sofort, obgleich Sie mich doch ein wenig lisirten, für unsere reale Zeit paßt das nicht."
und taub für ihre Qualen, die ja auch die seinen ivcrden mußten. — Nein, — sie sah zu trübe. — Ihr Gefühl für das Recht und die Heiligkeit der Ehe war in ihr zu stark enteinem Verstoß gegen die letztere aufbauschte.
haben mich aus dem Gedächtiliß recht gut getroffen."
„Haben Sie
war."
sie jede
Land-
schasten, Scenen
-Lori schwieg einen Augenblick, dann sagte sie mit einem inneren Widerstreben, das ihrer Stiminc leicht anzumerken war: „Sie wissen, daß an jenem Tage der Geburtstag meiner Vorgängerin war, ich wollte ihr Bild bekränzen und da —", sie brach plötzlich ab, Thränen stiegen in ihren Augen auf. „Es ist nicht leicht, einen Platz auszufüllen, der ftüher so gut
tvickelt, so daß
ihr zögernd.
alis dem Kasino, am Exerzierplätze, wechselten mit Entwürfen von der Rennbahn und jetzt, Lori sah lange darauf hin, erschien ein weiblicher Kopf, der unverkennbar ihre Züge trug. Sie beugte sich tiefer daralif nieder, doch sie wollte
unglücklich stürzten?"
besetzt
erröthete und überreichte es.
einer halben Stunde bin ich wieder hier, gnädige ich werde alles Nöthige dazu aus meiner Wohnung
Bllsio empfahl sich, warf sich in eine Droschke erster fuhr nach Hause. Noch nie im Leben glaubte er so langsam gefahren zu sein, eine Unruhe hatte ihn erfaßt, Alles in ihm drängte dazu, sobald als liiöglich wieder bei der jungen Frau zu sein. Lori war allein. „Was habe ich gethan?" sagte sie tonlos und wandte sich erschreckt von ihrenr eigenen Bilde ab, was ihr so bleich aus dein Pfeilerspiegel entgegen trat. „Taircred, Gott sei Dank, daß er kommt." Sie flog in sein Zimmer. „Mann, ich will Dich zu Deinein Geburtstage mit Etwas überraschen!" „Ei, überraschen? Und das kündigst Du mir jetzt schon an?" „Es würde mir mehr Freude machen, wenn Du dabei Klasse und
wärst und zusähest, tvie die geplante Ueberraschung entsteht." „Das ist ja sonderbar. Und darf man wissen, wvrin sie besteht?"
„Herr von Ring will mich für Dich malen." !
Einen Augenblick schwieg Tancred. Wie eigen benahm Ohne Zweifel fürchtete sie sich, mit dem jungen Offizier allein zu sein. Woraus entsprang diese Furcht? Fühlte sie sich vor ihm oder vor sich selbst nicht sicher? Sein Blut jäh schoß vom Herzen zu der Stirn. „Ist diese Mittheilung-
sich
Lori?
welche sie
mir
eben machte, etiva ein Schutzwall, den sie gegen
— sich selbst errichtete?" fragte er sich. Vertrauen zu seinem Weibe schwankte.
— — Sein — Aber nur
festes
einen
Augenblick kam er in's Wanken, und schon dies empfand
er
295 als ein Vergehen
gegen
Dieselben Gründe
sic.
leitete ihre Handlungsweise,
sie
wie immer
war nur bemüht, den Schein
zu meiden.
weit gehen und gerade dadurch üble Vermuthungen, vielleicht gar ein allzu starkes Selbst¬ bewußtsein bei Buffo erwecken. Er mußte ihr behilflich sein, auch darin das richtige Maaß zu halten. „Nein, nein, ich lasse mich lieber überraschen und mein Rath in Sachen der Kunst würde doch nur wie der des Meisters Ballhorn ausfallen." „Tancred," klang es fast flehend von ihren Lippen, „nein. Du mußt dabei sein, nachher gefällt Dir die Auffassung nicht, Du hättest das Bild nicht lieb, und das würde mich schmerzen." In Tancred's Brust kämpfte die Rühmng über die kind¬
Bitte
sie zu
Gattin mit dem Gefühle eines nagenden Wehs. Wie stand es um ihr Inneres? Was leitete nun wirklich ihr Thun? Aber er zwang sich zum Lachen. Buffo kehrte zurück und sah betroffen bald seinen Kom¬ seiner
mandeur, bald
Lori an.
Was sollte Tancred daraus Wahrheit darum Zu thun, ihn zu nur mit Lori allein sein? — Eben hob sie wie bittend die zeihen Sie, lieber Herr Sohn, aber
machen?
War
es
Ring in
ich werde ein strenger Kunstrichter sein."
von Ring mit der Kohle Lori's Züge zu nicht!" Er wischte das, was er entworfen und aus begann auf's Neue mit der Arbeit. hatte, wieder „Nein, es geht nicht, ich kann nicht zeichnen, wenn mir Jemand zusieht." „Das kann ich mir wohl denken," sagte Ohlefeld, „ich bin mit Allem einverstanden", und ging hinaus. So ruhig er auch gesprochen hatte, so drückte ihn doch Etwas. Buffo war gegen seine Gewohnheit unsicher und begann
„Nein,
skizziren.
Auch hierin konnte
liche
„Nun gut, Jetzt
so
befangen.
Wie kam das? — Aber konnte er selbst denn arbeiten, wenn ihm Jemand zusah? Ring ging es ebenso.
„Und Lori, Lori? Sie ist befangen in seiner Nähe, fürchtet ein Alleinsein mit ihm. — Ha ha, weil sie eine kluge, verständige, reizende, kleine Frau ist, welche den Schein meidet. Wie leicht der Mensch doch zum Schwarzseher wird." Damit beruhigte sich Tancred und bedachte.seinen Vortrag, ben er demnächst in der militairischen Gesellschaft Berlins halten wollte. Der mußte wohl durchdacht sein, die halbe Garnison der
vor unserein lieben Papa kein Geheimniß haben — ich habe ihm unser Vorhaben
Hauptstadt hörte ihn mit an, selbst die Allerhöchste Gegenwart Seiner Majestät, der Königlichen Prinzen und des Feldmarschalls Grafen Moltke standen zu erwarten. Da durste er es an Nichts fehlen lassen. Er hatte große Hoffnungen ans diese, seine neueste Arbeit gesetzt, vielleicht bahnte sie ihm den Weg
verrathen."
zu dem
„Sooo?"
überraschen,
oder wollte er
Hände zu Buffo auf: „Ver¬ ich kann
Buffo lachte, wenn auch nicht
so
natürlich
wie sonst.
„Zudem ist Mamachen auch Eva's Tochter und hat in¬ Ach und es ist ja auch weit schöner, wenn wir uns alle Drei am Fort¬ gang des hübschen Bildes erfreuen. Ich bewillige Ihnen dafür auch einige Sitzungen mehr." „Wenn es nur hübsch wird," fiel Buffo ein.
folge dessen überhaupt das Schweigen nicht gelernt.
„Ei, Sie Ungalanter!" „Das Original ist selbstredend nicht daran Schuld." „Das weiß sie recht gut, wenn sie sich auch noch so
be¬
stellt," rief Tancred fröhlich, jetzt ganz überzeugt, daß kein Atom eines unlauteren Gedankens Lori je beschwerte. „Nun beginnen Sie nur, Sie genialer Künstler, Sie!" „Rücken wir den Seffel hierher — so — die rothe Portiere giebt einen vortrefflichen Hintergrund ab. Nicht wahr, scheiden
Herr Oberstwachtmeister?"
„Ganz gut."
„Wie sich die zarten Wellenlinien des blonden Haares wirkungsvoll davon abheben. Nicht wahr?" Tancred nickte zustimmend. „Darf ich mir erlauben? — Den Kopf etwas mehr hier¬ her, das Kinn ein ganz, ganz klein wenig höher." Er berührte ibre Stirn. Wie ein elektrischer Stroin schoß es durch seine Finger. „Und nun vielleicht einen weißen Schleier um die Schultern gelegt — nun, das kommt später. Wünschen Sie nun das Bild mehr als ideales Gemälde aufgefaßt — oder —?"
„Ideal!" rief Lori „Als dagegen der
bestimmt.
meine liebe Hausftau wäre
mir lieber,"
versetzte
Major.
sein!" sagte Lori neckisch. „Siehst Du, Tancred, wie gut, daß wir Deinen Rath einholten."
„Dann will
ich ganz Hausmütterchen
lang ersehnten Generalstabe. Aber es wollte ihm nicht gelingen, seine Gedanken zu sammeln, sie weilten zu sehr bei den Beiden da drinnen im Nebenzimmer, wo sich Nichts rührte. Welche Bilder malte ihm seine erhitzte Einbildungskraft vor. Er stand auf, um sich leise der Thür zu nähern. „Pfui! — Wie abscheulich!" — Damit setzte er sich wieder nieder und nun arbeitete er gesammelt wie sonst. Während dessen entwarf Buffo flüchtiger Hand die getreuen Züge Lori's auf die Leinwand. „So, für heute wären wir fertig." Frau von Ohlefeld die Skizze überreichend, ging er zum Major und bat ihn, sein
Urtheil abzugeben. „Vortrefflich, ganz vortrefflich, nun und wann folgt die Fortsetzung?"
„Gnädige Frau haben nur zu befehlen." Tag und Stunde wurde verabredet, es dämmerte, man plauderte ge¬ müthlich, der Diener brachte Licht. Buffo setzte sich an das Klavier, phantasirte ein wenig, dann schob ihm Lori einige Notenblätter zu. „Lauter fremde Sachen," sagte Buffo. „Hier die Perle, das ist ein Lied für Sie, das wird Ihrer Stimme ausgezeichnet liegen," gab Frau von Ohlefeld zurück. „Ich kenne es, wollen Sie so freundlich sein, es mir zu begleiten?"
Lori nahm an
dem
Flügel Platz und begann mit dem
Vorspiel.
„So manche schöne Perle, die ruht im tiefen Meer, Und dunkelblaue Wogen, die rollen drüber her; Daß nicht ihr Glanz verlösche, deckt sie die Muschel zu. Und doch ist keine Einzige, so rein, so rein wie Du!
„So rein,
so
rein wie
Du!"
Buffo's Lippen und dabei streifte Züge der jungen Frau.
klang es schmelzend von sein heißer Blick die edlen
296
„So manche schöne Blume, die blüht auf weitem Feld, Und drüber ward der Himmel als Wächter aufgestellt. Ich ging und wollte suchen und suchte ohne Nuh, Und doch war keine Einzige so schön, so schön wie Du! So schön, so schön wie Du!"
sie
Das Blut schoß ihr jäh zu Kopfe und dennoch fröstelte — und dabei fühlte sie jenen Blick — jenen Blick.
Die dienstlichen Geschäfte zwischen Kommandeur und Ad¬ jutant waren bald beendet lind Busso trat noch einmal in das Wohnzimmer, um sich von der Dame des Hauses zu ver¬
Gesteigertes Empsiilden ließen die letzten Worte wahrhaft be¬ geistert klingen. Buffo erschrak selbst darüber und Lori's Beglei¬ tung verwirrte sich. Jetzt verneigte sich Ring klirz und trat zurück. „Ich danke unterthänigst, gnädige Frau," sagte er, immer noch mit erregter Stimme. „Run und den dritten Vers?" fragte Lori. „Ich denke, wir lassen ihn, der Herr Major wird genug gehört haben." Busso's und Lori's Augen trafen sich und
etlvaS Eigenes, ctivas Berständnißvolles, etwas, was ihnen das
Blut in
die
Wangen trieb, flog zwischen ihnen herüber und hinüber
abschieden.
„Wollen Sie nicht zum Thee bleiben?" fragte der Major in einer Art, der man es anhörte, daß ihn nur die Höflichkeit diese Anfforderung aussprechen ließ. Der junge Offizier dankte, und Frau von Ohlefeld linterstützte die Bitte ihres Mannes nicht. Der Abend zwischen den beiden Ehegatten verlief ein¬ silbig. Lori ging früh zur Ruhe und Tancred zwang sich tvieder zur Arbeit. Aber die Feder stockte, er war nicht bei der Sache und gab es endlich auf. Sinnend saß er am Kamin und starrte in die Flammen!
Sein
Haus ihm
dünkte
-und —
so
das sah Tan-
leerer, wie in
den es
ercd ,
erbleichen machte.
„Wie Sie wollen, Herr voll Ring", sagte Fran
leer, noch langen,
der
traurigen Zeit
Witt-
seines
tverthums.
Er stand auf und durchmaß langsamen
von Ohlefeld
Schrittes
kühl, stand ans und schloß
Auf
dem Kla¬
unsicherer
vier
lagen
Hand den Flügel, durch
die
öden Räume.
noch die Noten
des.
Liedes,
Saiten
vo>t dem Herr
es noch lange
von Ring vor¬
wie leises Kla¬ gen tönte.
her
dessen
nur
zwei
Verse gesungen
„Meinet¬ hatte. Warum üciliii unter üursiirst Joachim I. wegen", flihr brach er ab Herr von und sang den Ohlefeld ans, mehr? nicht „ich höre es gern. Sie sollten sich nicht stören lassen." Mail inerkte wollte das Blatt ergreifen, Tancred doch eine Scheu, es zu es seinen Worten, sah es seineil Mienen an, daß er halb wie int berühren, überkam ihm. Es liegen lassend, setzte er seine Traume dagesessen hatte. Berührten ihn die Töne dieses In¬ Wanderung fort. Wieder schritt er an dein Flügel vorüber, strumentes auch noch so schmerzlich, so mußte er sich doch daran ge¬ plötzlich griff er danach! wöhnen, er sah es ein. — Aber dieser Austausch jenes Blickes! „Und ging ich auch und suchte, die Welt wohl hin und her. Es wallte heiß in Tancred auf. Ich fände ach, doch Keine, die Dir nur ähnlich wär. Drum laß mich nicht mehr suchen und gieb mir endlich Ruh, „Ich darf wohl den Herrn Oberstlvachtmeister an unsere Denn Du bist meine Einz'ge, Du Reine, Schöne Du!" Unterschriften erinnern?" fragte der Adjutant jetzt, in dienstlicher Förmlichkeit. „Gewiß, gewiß, kommen Sie." Ohlefeld stand auf lind begab sich mit ihm in das Nebenzimmer. Lori war
Lange starrte Tancred auf den Vers, endlich legte er das Papier aus der Hand.
allein, die gefalteten Hände auf den Flügel gestützt, stand sie „Warliiil wollte er den letzten Vers nicht singen?" Sic flüsterte ihn vor sich hin:
„Denn Du bist ineine Einz'ge, Du Reine, Schöne Du! Deßhalb also! — Deßhalb!" Wie niedergeschmettert stand er da, die kalte Hand vor die geschloffenen Augen gepreßt.
lange da.
„Und ging ich auch uiid suchte, die Welt wohl hin und her, Ich fände ach, doch Keine, die Dir nur ähnlich wär. Drum laß mich nicht mehr suchen und gieb mir endlich Ruh, Denn Du bist meine Einz'ge, Du Reine, Schöne Du!"
Herr voit Ring hatte sich lange nicht sehen lassen, die Sitzringen waren nicht fortgesetzt tvorden; neulich, in einer
297 kleinen
Abendgesellschaft,
wo
sich
Lori und Buffo
Friedrich der Große in Tramnitz.
begegnet
waren, hatten Beide nicht von dem Bilde gesprochen. Der Zufall hatte es gefügt, daß er sie zu Tische führte. Tancred
kiihl gegen einander benahmen. Lori unterhielt sich außergewöhnlich lebhaft mit ihrem andern Nach¬ bar, während der Adjutant, gegen seine Gewohnheit, schweigsam war. Etwas Abgespanntes, Leidendes lag auf seinem sonst so Es fiel allgemein auf und man fragte ihn, frischen Gesicht. bemerkte, daß beide sich
ob er sich zu
nicht Wohl fühle.
Er verneinte
es
und zwang
sich
einer angeregten Unterhaltung, doch lange hielt sie nicht
Stand, bald verfiel er wieder in stilles Vorsichhinbrüten. Lori sah bildhübsch aus; wenn auch bleicher wie sonst, so darum doch nicht weniger anziehend. Die Gesellschaft war zu Ende und die Ehegatten fuhren anfangs schweigend nach Hause, Beide fühlend, daß Etwas zwischen ihnen stand, aber keiner ivagte, mit einein Worte daran zu rühren. Lori hätte weinen mögen, aber sie gab sich Mühe, eine Unterhaltung zu beginnen, auf welche Tancred, von tiefem Mitgefühl für sein junges Weib erfaßt, theilnehmend einging. Beide wußten, daß sie nur deshalb sprachen, um Das,
Zur Zeit,
Von Walter Schwarz. da Friedrich der Große noch als Kronprinz
bei dem schönen Infanterieregiment
Prinz Ferdinand in NenRuppin stand, lebte zwei Meilen davon, auf dem Rittergute Tramnitz das alte Fräulein Sophie von Rohr. „Tante Ficken"
wurde
sie
resolute (Stimme. der
in
eben so
Im
Hause schaltete und
Sie
waltete auch
sic
ein
mit Wort
Geistes, rasch von
von der sie, klug und viel verstand wie mancher Andere. Hellen
Wort,
unerschrocken Jedem die
sagen, wie sie es meinte, fehlten
Wahrheit zu neben den tüchtigen Seiten auch die angenehmen nicht.
ihr
Ihr Humor
war unverwüstlich. lind Heiterkeit gewanil ihr, besvilders unter
Ihre
Frische
der Jugend, alle Herzen. Zwei Neffen von ihr, die in Ruppin standen, verspeisten
ihren Sonntagsbratcn nirgends lieber, als an Tante Fiekens Tisch; und wurde dazu ein
Mal
zll knapp — es war ein tüchtiger Ritt von Ruppin llach Tramnitz und
Seinen Vorsätzen getreu, nahm der Major mehrere Ein¬ ladungen an. Fast imnier
die Zeit
die Wege
trafen sie in den verschiedenen Häusern Buffo, der sichtlich sich
genannt.
die Außenwirthschaft hineinredend,
praktisch,
was sie bewegte, sich einander verbergen.
war,
und Nichten
Thatkraft eines Mannes, hie und da
zu
bemüht
von Neffen
trug eine große Dorineuse, die Schlüssel der Haushaltung in einem klappernden Bunde an der Seite, und hatte eine starke,
so
richteten
Herren
Frari von
oft grundlos! — sich die jungen
doch
Ohlefeld so wenig wie möglich
für Immer
wenigstens
den Nachinittag ein. noch in Begleitung
Verlegenheit
einiger Kaineraden, die sie mitzu¬ bringen pflegten, konnte man sie, von springenden Hlindcn umkläfft, fröhlichen Mlithes zur bestimmten Stunde in den Hof
Frau erfüllte.
sprengen sehen. Tante Fielen fragte bei deil Frenlden nicht viel nach dem „wer" oder
nähern, während sie in seiner Gegenwart eine gewiffc zu
nicht verbergen konnte, was Tancred mit stei¬ gender Unruhe und doch mit Bewunderung für seine junge Auch heute erhielten sie wieder eine Einladung.
„Laß uns nicht hingehen", bat Lori, „ich fühle mich an¬ gegriffen, es wird mir zu viel." Ohlefeld bestand auf das Gegentheil.
„Ich kann nicht, bitte laß absagen," drängte innerer Hast, als der Abend heranrückte.
Lori mit
„Aber weßhalb willst Du nicht hingehen?" „Weil ich nicht kann" entfuhr es Lori flehend. „Gut denn", entgegnete der Major voll Mitleid und schrieb die Absage; diese mit ihren besseren Gefühlen ringende so Rührendes fiir ihn. Tancred's Geburtstag kam, das Bild fehlte und Niemand erwähnte deffelben. Lori war aufgeregt und hatte ihrem Gatten einen Aufbau bereitet, der seine Erwartungen weit übertraf. Zwei Handarbeiten, Blumen, eine selbstgebackene Torte und
Frau hatte etwas
verschiedene
Kleinigkeiten, alles sinnig erdacht, waren zierlich und Lori begrüßte ihren Gatten mit wahrhaft stürmischer Zärtlichkeit. (Fortsetzung folgt.) geordnet
„wie", sondern hieß in plenc, Schaar gastlich willkommen. Sie hatte War es zum Mittag zu spät ge¬ gern Leben im Haus. worden, so braute sie ihren Gästen, die keine Kostver¬ ächter waren, einen herzhaften Kaffee. Die niedlichen, amüsablen Nichten servirten ihn unter fröhlichem Gekicher, mit manchem schnippischen Knix. Abends kain cs auch wohl zu einem Tänzchen aus dem Stegreif. Tante Fiekcn war der Meinung: Jugend müffe lustig sein. So hatten die Tramnitzer Sonntage in ihrer Harmlosigkeit eine förmliche Berühintheit gewonnen, an der die Eigenart der Dame vom Hause durchaus nicht ohne Antheil war. In der Garnison knrsirten so hübsche Geschichten von ihr, die Kameraden schworen so einstimmig auf Tante Fiekens Einsicht, Biederkeit und gute Laune, daß endlich auch den Kronprinzen die Lust anwandelte, dies besondere Exemplar von einein Frauenzimmer einmal kennen zli lernen. Daß die Fünfzehnjährigen den Junkern die Köpfe verdrehten, das war ihm schon öfter vorgekommen; womit es ihnen aber die
ganze
lustige
298
Mit
Fünfzigjährige angethan , das zn erfahren, reizte denn Neugier, und eines Sonntags hieß er die beiden Lieutenants von Rohr ihn mit nach Trainnitz nehmen. Aber nicht als Kronprinz wollte er sich bei Tante Fieken introduciren, denn das, glaubte er, könne von vorn herein ihr Wesen ihin gegenüber beeinflussen, und gerade in ihrer ganzen
erleichtertem Gemüth wandte sich Friedrich in's Zimmer Zum Ueberfluß übte er noch einige kleine Vorsichtsma߬ regeln: er brachte die leere Tasse noch einmal an den Mund, als tränke er einen letzten Rest aus, betupfte die Lippen mit
die
zurück.
doch seine
dem Sacktuch und setzte endlich die Schale nieder, fest überzeugt,
vortrefflich aus der Affaire gezogen zu haben. Aber wenn auch sonst Keiner beit wahren Hergang der Sache gemerkt hatte — Tante Fieken gehörte nicht zu Denen, die sich etwas vormachen lassen. Obgleich sie ziemlich weit ab vom Fenster auf einem steiflehnigen Kanapö von geblümten Zitz saß, hatte sie doch recht gut gesehen, wie der Junker mit ihrem Kaffee verfahren war, und als er sich jetzt vor dem Herausgehen gegen sie verneigte, redete sie ihn, ohne aufzustehen, sich
Eigenthümlichkeit wollte er die Dame kennen lernen und ge¬ nießen. Er ließ sich ihr also als Junker So und so vorstellen. Tante Fieken schüttelte ihm zum Gruße derb die Hand wie
Andern, und damit war's abgethan. „Mein Kaffee ist gerade fertig," sagte sie, „kommt, Kinder, und langt zu." Das ließ man sich nach tüchtiger Bewegung in kräftiger Herbstluft nicht zweimal sagen. Auf dein Tische im Saal lag eine hausleinene Serviette, es duftete nach frischgebackenem den
kurz
Die jungen Herren wußten lustige Geschichten zu erzählen, die Fräuleins lachten und neckten sich, Tante Fickens Humor war auf der Höhe und der Kronprinz, in seinem Inkognito, fühlte sich so Wohl, daß er sich im Stillen cingestand: „Ja, hier möchte man wirklich all' seine Sonntage zubringen." Nur ein kleines Mißbehagen bereitete ihm der Kaffee. Denn nicht unerwähnt dürfen wir es lassen: noch wurde dieser in Tramnitz, wie in den meisten ländlichen Haushaltungen damaliger Zeit, auf eine Weise bereitet, die ihn schon ver¬ wöhnteren Gaumen nicht gerade mundrecht niachte. Nur grob gemahlen, ließ man ihn tüchtig auskochen, sonderte den Satz aber nicht von der Flüssigkeit. Ein dicker, schwarzer Brei, floß Den dieser mit in die Tassen hinein, je mehr, desto besser.
es
Unser Kronprinz aber, der sich schon kultivirterer Gewohnheiten rühmen durfte, fand das Gebräu entsetzlich; gleich beim ersten Schluck fühlte er die dicke Masse wie Sand zwischen den Zähnen.
„Verfluchtes Zeug," sagte er sich, „das bringe ich nicht herunter." Er setzte die Taffe nieder und überlegte still bei sich, wie er wohl auf gute Manier ihren Inhalt los werden könne, ohne den Anstand zu verletzen. Aber es wollte sich kein Aus¬ weg finden. Er versuchte deshalb noch einmal den Trank mit einem entschlossenen Ruck hinunter zu gießen, — aber nein, alles was recht ist! — das war mehr Gemüse als Kaffee — das konnte er nicht bewältigen. Jetzt brachen die Kameraden auf. Der Nachmittag war sonnig und klar. Noch sollten vor dem Dunkelwerden Pfänder¬ spiele im Garten gespielt werden. Die Fräuleins warfen ihre Mantillen um und zogen lange Handschuhe von dänischem Leder über. Wer noch etwas in der Tasse hatte, trank eilig aus und griff nach dem Hute. Unser Prinz allein stand noch immer zögernd vor seiner Portion. Was war zu thun? Ja, hier rettete nur ein rascher Entschluß. In der allgemeinen Bewegung, die durch den Saal ging, war Kronprinz Friedrich mit ausgestanden. Die Taffe in der Hand, trat er an das offene Fenster, wie um die Luft draußen zu prüfen; er lehnte sich ein wenig hinaus und che sich's Einer versah, war die Schale umgekehrt und patsch! das ganze schwarzbraune Gebräu zum Fenster hinaus geschüttet.
....
findet
sich
schon
immer noch ein andrer Liebhaber dazu,
der die Gottesgabe mit Dank annimmt.
sellschaft dort durcheinander.
jungen Offizieren, die es garnicht anders kannten, mundete das vortrefflich; ja, Tante Fieken, die an den Bohnen nicht sparte, stand bei ihnen in dem Ruf, einen famosen Kaffee zu bereiten.
an:
„Hör' Er mal, wenn Ihm mein Kaffee nicht schmeckt, so braucht Er ihn nicht zu trinken. Er kann ihn stehen lassen,
Kuchen. Durch ein geöffnetes Fenster lächelten helle Sonnen¬ strahlen herein. Unter Plaudern und Lachen, behaglich den stärkenden Trank schlürfend, ging und stand die muntre Ge¬
!
Zum Fenster hinaus¬
gießen, was noch einen Menschen erquicken kann, ist durchaus
nicht recht und unmanierlich noch obendrein. Hat Er mich verstanden?" . Ohne die Antwort abzuwarten, erhob sich Tante Fieken
rief der Magd, den Kaffeetisch abzuräumen und ging selber an häusliche Geschäfte, während die Jugend hinaus in's jetzt,
Freie schwärmte. Den Prinzen wurmte es doch, daß er seinen Wischer weg hatte wie eilt Schuljunge. Verstimmt ging er einher.
„Jetzt kannst Du Deiner Tante erzählen, wer ich bin," sagte er endlich zum Lieutenant von Rohr, nicht anders er¬ wartend, als es werde die Entdeckung, wem sie so dreist
war, der resoluten Dame denn doch das Blut ei» wenig in die Wangen treiben. Der Lieutenant, dem- die Geschichte köstlichen Spaß machte, 1 konnte es nicht über sich gewinnen mit seiner Erklärung zu begegnet
warten, bis der ganze Schwarm wieder in's Haus zog. Lieber lief er gleich selber schnurstracks hinein, suchte durch alle Zimmer, bis er endlich Tante Fieken in der Speisekammer fand, wo sie, -die Küchenschürze vorgebunden, ihren jungen Gästen etwas Schmackhaftes zum Nachmahl bereitete. „Tantchen", flüsterte der Lieutenant ihr schmunzelnd zu,
„Sie
haben was Schönes angerichtet mit Ihrem Kaffeesermon. Wissen Sie, wer der Junker ist, den wir Ihnen heute mit¬ gebracht haben?" es sein?" — entgegnete die Tante un¬ drei Eidotter kräftig in eine Sauce rührend, daß
„Nun, wer wird erschüttert,
dieselbe hoch aufging.
„Der Kronprinz von Preußen ist es!" rief ihr Neffe, sich in die Brust werfend, mit Bravour. „So? — der Kronprinz!" — wiederholte sie, ohne sich in ihrer Arbeit zu unterbrechen, die das auch gar nicht zugelasien hätte — „Carlin', reich' mir mal den Schnabeltopf da herunter." Die Küchenmagd flog dienstfertig hin und zurück. Töpfe und Tiegel klirrten und klapperten um den Lieutenant hemm, dem es anfing in dieser Umgebung nicht ganz geheuer zu werden. Da er obendrein merkte, daß seine Eröffnung die erwartete Sensation nicht machen wollte, zog er sich endlich etwas kleinmüthig wieder zurück, nur noch begierig, wie Tante Fieken beim Abendessen ihren Lux pas dem hohen Gaste gegen¬ über wieder gut machen würde.
299
In großem, künstlerisch-vornehmem Stil ist aber unsere Residenz
Aber Tante Fieken war, auch als inan nachher an langer Tafel fröhlich beisammen saß, nichts anzumerken, daß hier irgend etwas Besonderes vorgefallen sei. Alles ging seinen gewohnten Gang, heiter, gemüthlich, zwanglos. Die Tante selber
Erst
in dem neuen Passage-Panoptikum berücksichtigt worden, in dieser überraschend reichhaltigen Galerie von Sehenswürdigkeiten, welche sich im Fluge die Gunst der weitesten Kreise erworben. Ein ganzer Stab namhaftester Künstler — C. Saltzmann, R. Friese, Fischer-Cörlin, M. und G. Koch, Jacob, Hellgrevc, Bergmeier, Riesch, Günther-Naumburg, Becker re. — hatte sich unter der Lei¬ tung Richard Neumann's, des schaffenfrcudigen Bildhauers und phantasievollen Veranstalters der glänzendsten Künstlerfestc, vereint,
in ihrer Munterkeit war die Unbefangenste von Allen. es spät am Abend zum Abschiednehmen kam, trat sie
als
nochmals an den fremden Junker heran.
„Mein Neffe erzählt mir," hub sie ganz in ihrer ge¬ wohnten Weise an, „daß Er der Kronprinz von Preußen sei. Ich weiß davon nichts, mir ist Er unter einem anderen Titel Ich habe Ihm also vorhin meine Meinung gesagt, weil ich mich mit Seines Gleichen nicht zu genieren pflege. Sollte der Herr
präsentirt worden. über den
ausgeschütteten Kaffee
Junker aber wirklich einmal berufen sein über Land und Leute zu regieren, dann ist mir's doppelt lieb, daß Er meine kennt. Wer über Vieles haushalten soll, muß vor Allem bei seiner eigenen Person anfangen gut zu wirthschaften, auch das Kleine zu achten und in Ehren zu halten was Werth hat und Anderen nutzen kann; sonst wird cs nachher im Ansicht
großen Ganzen
mit
schwache
Geschichte
merken.
Im
seinem Regieren und Kommaudiren
werden.
Das kann Er
sich
Uebrigen, Herr Junker, wünsch' ich
Gute und komm'
Er glücklich
*
nach
*
eine
immerhin
Ihm
alles
Haus!" — -i-
Ob der große Friedrich wohl in seinem hellen, gesunden Sinn der alten Dame die kleine, persönliche Demüthigung, die er von ihr erleiden mußte, lange nachgetragen hat, oder ob er nicht vielmehr bald unter der derben Schale den Kern gesunder,
ehrlicher Gesinnung
herausfand, der, gepaart mit am wenigsten mißfallen konnte? — Wir sind geneigt, das Letztere zu glauben. Denn noch nach langen Jahren, als ihm Krone und Lorbeer längst die erhabene Stirn umwanden, als Lieutenant von Rohr, jetzt zum Obristen avancirt, ein Regiment unter ihm befehligte, versäumte der König, bei der Parade an diesem vorüberreitend, fast nie zu iragen: „Nun, lebt die alte Tante noch?" — unerschrockener Rede,
ihm
Da die merkwürdige Dame ein ungewöhnlich hohes Alter konnte der Obrist noch lange salutirend antworten: »Zu Befehl, Majestät! Lebt noch, frisch und munter."
erreichte,
Und lächelnd pflegte ihm Friedrich dann zuzunicken: »Einen schönen Gruß von mir an Tante Fieken!" —
!
um die ehemals von Castan innegehabten oberen Räumlichkeiten der Passage mit einem ebenso reichen wie abwechslungsvollen und eigenartigen Inhalt zu füllen. Es ist hier nicht unsere Ausgabe, zu schildern, in welch' hohem Grade dies gelungen, erwähnen wollen
wir nur,
daß
außer den drei großen Berliner Dioramen, deren
Abbildungen diese Nummer enthält, ein Berliner Saal eingerichtet ist, gefüllt mit den Gaben übermüthigster und heiterster Künstlerlaune, daß wir bei unserer Wanderung durch das Panoptikum ferner auf die vorzüglichen Wandgemälde von Schloß Friedrichskron und der Friedenskirche bei Potsdam, der vorläufigen Begräbnißstätte Kaiser Friedrich's, treffen und daß noch zwei andere Dioramen ein lokales Interesse haben: „Kaiser
Wilhelm, am historischen
Eck¬
im Zwiegespräch mit seinem Enkel, dem jetzigen Herrscher," und „Fürst Bismarck im Reichstage," letzteres ein fesselndes Gruppenbild mit einer bedeutenden Zahl frappant ähn¬ fenster stehend,
Portraits. Die drei Berliner Dioramen, von O. Günther-Naumburg und C. Becker, zwei sehr begabten, ernst strebenden Künstlern, stammend, zeigen uns die heutige Weltstadt in verschiedenen früheren Entwicklungsstadien. Das erste Gemälde vergegenwärtigt uns Berlin ungefähr um das Jahr 1500, wo die Stadt nicht mehr wie 15 000 Seelen zählte. Mit Mauern und Gräben gegen stets drohende feindliche Angriffe geschützt, mußten auch die Bürger licher
gefaßt sein, jeden Augenblick zum Kriegsdienst herangezogen zu werden und in jeglichem Hause fanden sich daher Rüstung, Helm und Schwert vor. Der junge Kurfürst Joachim I., der 1409 mit fünfzehn Jahren zur Regierung gelangt war und die Zügel der¬
mit starker Hand ergriffen hatte, verläßt soeben mit seinem Gefolge durch das Spandauer Thor die Stadt, um auf die Jagd
selben
Rechts fluthcn die Wellen der Spree, über welche im Hintergründe die hölzerne Lange (heutige Kurfürsten-) Brücke führt, das linksliegende Berlin mit dem rechtsseitigen Kölln verbindend. An dem Fluß, kurz vor der Brücke, erhebt sich trutzig und stark das 1451 vollendete Schloß; hinter dem Spandauer Thor erblicken wir die Marienkirche und hinter dieser ragt der Thurm der Schlo߬ kirche empor, während rechts von der Marienkirche die Nicolai¬ zu ziehen.
kirche liegt.
Drei Berliner Dioramen. (Mit Abbildungen.) Wohin wir blicken, gelangt die deutsche Kaiserstadt mit Macht ihrem Recht, auch in der Kunst fordert sie mehr und mehr den ihr gebührenden Theil; die letzten Ausstellungen im Glaspalaste bewiesen uns, daß das neue Berlin den Meistern von der Palette zu
genug
Stoff und Anregung
mälden bietet.
zu lebensfrischen, farbenreichen Ge¬ Auch in der Ausschmückung der prunkendem Mieths-
paläste, von großangelegten Lokalen wählen die Künstler jetzt
mit Vor¬ Berliner Motive, und >vie geeignet, wie dekorativ dieselben sind, iehen wir am besten in den Bierhallen des Monopol-Hotels, welches ^ine Anzahl umfangreicher Bilder von der Hand Rob. Warthmüller's, liebe
"nes der befähigsten jüngeren Künstler, enthält, sowie in dem Belvedere-Wirthshause an der Jannowitzbrücke, das Paul Souchah 'uit den anheimelndsten, liebenswürdigsten Episoden und Landschafls'uzzen vom „grünen Strand der Spree" ausgemalt hat.
Das zweite Diorama schildert uns einen Theil Berlins zur Zeit des Großen Kurfürsten, etwa im Jahre 1670, wo die Stadt 18 000 Einwohner zählte und sich wieder von den Schrecken des dreißigjährigen Krieges erholt hatte. Friedrich Wilhelm sorgte in jeder Weise für Berlin; die Straßen wurden gesäubert und die hauptsächlichsten gepflastert, die hölzerne» Häuser mußten steinernen weichen und die Scheunen wurden vor die Thore verbannt; dem
ließ man mehr Aufmerksamkeit angedeihen und dem regelmäßigen Erscheinen einer ersten Zeitung schloß sich die Er¬ richtung einer Buchhandlung an. Zu den schönsten und vornehmsten Straßen des damaligen Berlin gehörte die Breitestraße, welche auf dem Gemälde den Mittelpunkt einnimmt. Die Ecke links bildet das alte Köllnische Rathhaus, deffen Breitseite dem Köllnischen Fisch¬ Schulwesen
markt einen
'zugekehrt
Theil
ist.
Ihren
Abschluß erhält die Breitestraße durch
des Schlosses, welches unten von der ritterlichen Spielen
Auf der Breitenstraße bewegt ein für jene Zeit charakteristischer Zug dahin: Verbrecher werden, ehe an ihnen die Strafe vollzogen wird, zum Spott tind dienenden Stechbahn eingesäumt ist. sich
300 Hohn durch die Stadt geführt. Ein Dieb sitzt rücklings auf einem Esel, auf Karren folgt anderes Gesindel, die Eskorte besteht aus kurfürstlichen Trabanten. Der Stadt und der Periode des Alten Fritz ist das dritte Gemälde gewidmet. Der große König, im letzten Jahrzehnt seines Lebens, hält, unigeben von seinen Generalen und Adjutanten auf seinem getreuen Schimmel Conds und läßt prüfenden Blickes die Züge eines Gardebataillons, dem neben dem Oberst der zukünftige Thronfolger Prinz Friedrich Wilhelm voranschreitet, an sich vorübermarschiren. Den Hintergrund der Parade bilden die Linden, damals noch durchschnitten von dem Graben mit Zugbrücke. Links erhebt sich das einfache Palais, das spätere Heim Friedrich Wilhelm III. und seiner Gemahlin, in welchem auch Kaiser Wilhelm I. sowie der jetzige Herrscher das Licht der Welt erblickten, welches auch mehrere Jahrzehnte hindurch, nach seiner gänzlichen Umbauung, Kaiser Friedrich III. zum Wohnsitz diente. Hinter den» Palais sehen wir das Opernhaus und hinter diesem den Palast des Markgrafen von Schwedt, welches dem Palais Kaiser Wilhelm I. weichen mußte. Vorn rechts ist ein Stück des Zeughauses sichtbar, es schließt
Palais
sich
die schmale Wache sowie das
Bruder Friedrich's des Großen (die heutige Universität), an. Freilich, den stolzen und vornehmen Eindruck wie heute machen die „Linden" noch nicht, aber damals waren sie schon das „Herz von Berlin," wie sie es noch heute sind und jedenfalls stets bleiben tverden, unsere via triumphalis, mit welcher sich die ruhmvollsten Erinnerungen unserer Stadt eng des Prinzen Heinrich,
Paul Lindenbcrg.
verknüpfen.
und ängstlich flüstert ein kundiger Mund dem, der Hortensien zu schöner Pracht entwickelt bei sich hat, zu: „Magst sorglich pflegen andere Rose, nur diese eine nicht; sonst kostet's dem, der Deinem Herzen am Nächsten steht, die Rosen der Wangen." Und folgende Legende läuft über die Hortensie um: Hortensie ist eine matte Rose; Stiel, Blatt, Blüthenbusch und Blüthenfärbung künden es deutlich an, die alle voll und doch matt, frisch und dabei doch hinfällig erscheinen. Hortensie ist, erzählte man früher in den Spinnstubenversammlungen vor dem Kienspan im Kamin, zu Anfang der Menschheit von Gott aus einer welken Rose umgebildet und neu geschaffen worden. Eva nämlich liebte es, allabendlich ihres Lieblings Abel Haupt mit einem Kranz von Feldrosen zu schinücken, wenn derselbe von der Heerde heimgekehrt in ihrem Schvoße ruhte. Eines Tages nun brachte man ihr den Liebling erschlagen heim. Sie aber ließ nicht von der Gewohnheit und kränzte auch des Todten Haupt mit dem bereits fertig gehaltenen Rosenkränze, dessen Blüthen freilich unter ihren darauf tropfenden Thränen eiligst hinwelkten. Mit demselben welken Kranze bedeckte sie im stummen Schmerze danach Abels Grab, da sie es nicht vermochte, noch einen neuen zu winden. Da erbarmte sich Gott der trauernden Mutter und verlieh den welken Rosen neue Lebenskraft. Es sollte die neu in Rosen-Nachbildung erstehende Blume zugleich an sich das Zeichen der Verheißung tragen: wie aus den Gräbern blühet jede
unsere
Hoffnung auf und daß wir Menschen nicht mögen im Tode
bleiben!
wird die dem Aberglauben ängst¬ „Todtcnblume" in die bessere Gestalt christlicher Glaubenszuversicht verklärt. Jst's nicht Anlaß Durch solche
schöne Legende
licherweise anhaftende Scheu vor der
Mnrlnscht PflnnMsymbolik und Legende. Hortensie. Sic transit gloria mundi! Dieses wehmuthsvolle Wort können wir älteren Märker der schönen Blume Hortensie mit leisem Kopf¬ nicken widmen. Denn wir haben dieselbe noch gekannt, wie sie gleich der Centifolie, welcher es unter den Rosen ebenso ergangen ist, in Königlichen Ehren stand. Wer vor dreißig bis vierzig Jahren z. B. nach Sanssouci, sei es durch das „Grüne Gitter", sei es durch den Eingang bei der „Meierei Charlottenhof", ging, den empfing beim Eintritt in die Königlichen Gartenanlagen eine über¬ reiche Fülle von schön gruppirten Prachtexemplaren der Blume Hortensie.
Jetzt ist kaum in der Nähe der „großen Fontaine" eine kleine Nebengruppe von Hortensien zu bemerken. Und während vordein alle Gartenfreunde ihren Stolz in gutdurchwinterte, dickbuschige Hortensie» setzten, finden wir zur Zeit nur noch vereinzelt auf ab¬ gelegenen Riltersitzen oder Pachtungen sowie in den Vorgärten ein¬ zelner Bauernhäuser Hortensien — im Plattdeutsch vielfach „Atteuse"
benannt.
Wohl hat cs sein gutes Recht, daß der Geschmack wechselt. Niemanden wird cs einfallen, die jetzt beliebte satte Gluth der Blumenpracht wegräumen zu wollen, die Feierzeit der Hortensie ist aber endgiltig vorbei. Jedoch das sollte nimmer geschehen, daß, wie Gefahr vorhanden
genug, bleibend dieselbe zur Todtenblume, zum Gräberschmuck zu erklären? Praktisch betrachtet empfiehlt sich die Hortensie als Gräberzicr zwiefach. Erstlich bieten ihre niedrige Verzweigung und die voll
darüber wallende Blumenmasse eine ausgezeichnete Füllung der Diese Pflanze „deckt" wie keine eines Grabhügels. andere das meist sehr schwer in gutem Pflanzenbestande zu haltende Erdreich eines Grabes. Der Pflege, des Begießens — wie schwierig und theuer oft auf Friedhöfen! — bedarf sie kaum. Ebenso wenig ist es nöthig, sie im Winter fortzunehmen. Ein Oberfläche
wenig Bedeckung genügt, die Hortensie im Freien gut zu über¬ wintern und — Versuche in der bekanntlich „frostigen" Prignitz liefern dafür genügenden Beweis — zum Frühjahr ein wenig flüssiger Dungaufguß heran: so erblüht, falls die Stelle hinreichend Sonne hat, die in freier Erde wurzelnde Hortensie von Jahr zu Jahr voller und schöner. Auf genügende Sonne kommt es allerdings an; doch die pflegt auf den ivenigsten Friedhöfen zu fehlen. Der andere prak¬ tische Werth der festgewurzelten Hortensie auf Gräbern wäre, daß In Kränze oder Sträuße läßt sie nicht leicht stehlbar erscheint. Kirchhofsdieb würde da¬ sich diese Bombcnblüthe nicht einfügen: ein
mit nichts anzufangen wissen. Zum matten Grün der Chpreffen, Lebensbäume, Koniferen mancherlei Art, mit welcherlei Bäumen Gräber bepflanzt werden, zu dem Dunkel von Epheu, von Immergrün würde das gehaltene
völlig von unsern Beeten verschwindet. Mag man in der übrigen Welt sich um die Hortensie nicht mehr kümmern, wir Märker wenigstens sind ein pietätvolles Festhalten an der Pflege dieser Blume dem Gedächtniß der hehren Königin schuldig, welche sich dieselbe einst zur Lieblingsblume erkoren hatte, unserer „Preußischen Heiligen", nämlich der Königin Luise. Wir brauchen nur der volksthümlichen Benennung und der im Volke vordem gepflegten Legende sinnig zu folgen: da ergiebt sich
Hellgrün und Rosa der Hortensie zweifelsohne viel besser passen als die oft so wenig zuni Ernst der Grabstätten stimmende bunte Zier, welche liebevolle Gutherzigkeit dorthin setzt. E. Handtmann.
von selbst eine werthvolle, nicht leicht verlierbare Hochschätzung der' Hortensie und eine entsprechende. Anwendung derselben. Hortensie trägt im Volke den Beinamen „Todtcnblume",
Die Begeisterung wurde von den Künsten, die in Dienst der Politik treten, von jeher auf das Eifrigste genährt. Es giebt fast leinen Zustand, in welchem die Menschen sich nicht auf ästhetische
ist,
die Hortensie
Die Kunst im Dienste der Politik. (Aus der Zeit von 1870.)
301 zu
Weise
erheben
suchten,
keinen
Greuel, dem die Kunst nicht
irgend einen verschönernden oder mildernden Zug zu verleihen ver¬ Es ist diese Thatsache ein Beweis von der überwiegend möchte.
Edelsinn zeigenden Seite der Menschennatur; andrerseits aber zeigt sich
darin die gefährliche Fähigkeit der Künste, das Fürchterliche
in der Menschennatur wie in dem Weltgetriebc mit einem lügne¬ rischen Gewände zu umhüllen und in diesem Sinne tverden die
Friedensfreunde der Kunst wie Historik den nicht ungerechten
der
schönen
Vorwurf
Literatur und der
machen
können, daß
sie
von jeher den wilden Kampfesmuth, der bei dem Menschen hinter edlere Bestrebungen
weit zurücktreten sollte, zu sehr in den Vorder¬
grund stellten, zu sehr in dem Glorienschein des Heroismus leuchten
und daß, seit Homer und Tyrtäus bis auf Körner und Arndt, seit Tenophon und Julius Caesar bis aus Lessing und Schiller, kein Poet und Geschichtsschreiber es unterlassen habe, die Helden des Schwertes vor Allen zu feiern und, selbst wenn diese ließen
unrühmlichen
anschaulichten oder die grimmen Turkos und die wüthend tapferen Zuaven in ihrem Nationalkostüm darstellten. Letztere wurden auch zu Scheibenbildern copirt und dienten aui den Schießständen als Ziel. Es waren zwar mehrere Schlachtenmaler der Armee gefolgt, — die Schlachtenmaler Bleibtreu und Hüntcn befanden sich im Hauptquartier des Kronprinzen, Conrad Frey der g in dem des Prinzen Albrecht —, bevor jedoch ihre Leistungen zu Tage kamen, mußte man sich damit begnügen, der Schaulust ältere Erinne¬ rungen vor Augen zu stellen und man wählte u. A. Fichte als Landwehrmann, den Auszug der Freiwilligen aus Breslau, den Einzug der Verbündeten in Paris, die Herabnahme der Napoleonstatue von der Vendöme- Säule u. s. w. Was waren aber die politischen Plänkeleien Hoffmanns von Fallersleben, was ist die politische Lyrik der vierziger Jahre gegen die von heutzutage? Was ist sie im Vergleich mit den be¬ geisterten Musenklängcn, die sich aus den Spalten unserer Zeitungen hörbar inachten
und denen die papicrne Un¬
dien¬
Zwecken
ten, sie wegen
Muthes ihrer Er¬
ihres oder
folge
zu
sterblichkeit
vfficiell
ver¬
Daß
sichert
der
erwachte
des
Patriotismus, genährt
durch
in
dem
die
zuge¬
wurde! Die Redaktion
herrlichen. neu
halb
schon
.
Staatsan-
zeigers erklärte,
daß
sie
die
Kriegs- und
Jahr¬
patriotischen
vorherr¬ schende panger-
Lieder,,welche die Zeitungen
manische Rich¬
veröffentlichten, sammeln wer¬ de. Inzwischen erschienen aber
letzten
zehnt
tung
und
ge¬
reizt durch die
Herausforde¬
rung des Nach¬ barvolkes, daß
schon
Patri¬
dieser
otismus
BaenschinLeipzig unter dem
die
künstlerischen
Titel
Kräfte befruch¬
und
zum
Schaffen
er¬
ten
wecken
„All-
Deutsch¬
land";
eine
andere, heraus¬
mußte,
gegeben von Lipperheide, be¬
konnte keinem
Zweifel unter¬ liegen. Und so sah man denn auch in Berlin aller Orten zahllose künst¬ lerische Erscheinungen, die darauf berechnet waren, der Stimmung des Volkes einen Ausdruck des Erhabenen zu geben, der Vaterlandsliebe und der Kampfeslust einen höheren Aufschwung zu verleihen. Eines Theils waren diese Leistungen die unmittelbaren Erzeugnisse des inneren Dranges, der Begeisterung und Ueberzeugung, andrerseits aber bewährte sich auch hierin der alte Spruch, daß die Kunst nach Brot geht. Manche Kärrner haben nicht blos zu thun, wenn bie Könige bauen, sondern auch, wenn sie Krieg führen. Am wenigsten traten vorläufig die bildenden Künste in die Erscheinung. Nur die illustrirten Zeitungen brachten gelungene Darstellungen, die sich auf den Krieg bezogen. Was im Kunsthandel erschien und sich an den Schaufenstern zeigte, waren bisher meist 'schlachtenbilder aus dem letzten preußisch-österreichischen Kriege. Für die Knabenwelt und die niedrige Volksklasse lieferten dann die Ruppiner und andere lithographische Kunstanstalten zahlreiche colorirte und uncolorirte Bilderbogen, welche die Schlachten von Saarbrücken, Wörth und Forbach in scheußlichen Handgemengen ver¬
solche
Sammlungen im Verlage von
titelt „Zum Schutz und Trutz", und eine dritte Sammlung Kampflieder unter dem Titel „Der Rhein soll deutsch ver¬
bleiben".
Von den 60 Kriegsliedern, welche binnen 3 Wochen allein in Norddeutschland in den Zeitschriften veröffentlicht wurden, brachten die Berliner Zeitungen nicht die kleinste Zahl und die Vossische Zeitung sah sich schon acht Tage nach dem Beginn des Krieges zu der Erklärung veranlaßt, daß ihr bereits hundert derartiger poetischer Gaben übersandt worden seien, die sic unmöglich alle zum Abdruck bringen könne. Emanuel Geibel stimmte sein Kriegslied an. Rudolph Gottschall, der sich so lange nur der friedlichen Literatur ge¬ widmet und nur in der Kritik seine Lanze eingesetzt hatte, ließ in seinem Reiterliede den Dezemberhelden als Erbfeind vorreiten und die Opfer von Cayenne und Mentana gegen ihn ansprengen; v. Treitschke sang „ein Lied vom schwarzen Adler" und auch der Gelegenheitsdichter Bittkow ließ bei dieser Gelegenheit wieder die Kyffhäuser Raben krächzen. Auch Freiligrath's Rappe, der alte Schlachten - Pegasus, sprengte noch ein Mal in das Kampf-
302 gewühl hinein; — in einer schwungvollen Ode rief der Poet zum „heiligen Kampfe" auf; in einem späteren Gedicht an seinen Sohn, der dem Heere, mit dem rothen Kreuze am Arme, gefolgt war, überwiegt die Stimme der Humanität den Schlachteningrimm — solche Gegensätze finden sich nicht bloß im Allgemeinen in der poetischen Phrasenmacherei, sondern sind auch in der wandelbaren Empfindsamkeit des Dichtergemüths, das sich den verschiedenartigsten Nur das Musenroß, das einst den Eindrücken öffnet, begründet. Lanzenbrecher Herwegh trug, scharrte nicht einmal mit dem Fuße. Herwegh versprach sich — wie man von ihm mittheilte — von dem Siege der preußischen Waffen keinen günstigen Erfolg für die Freiheit Deutschlands, keinen für die Kultur der Menschheit. Dennoch konnte Herwegh nicht hindern, daß ältere Lieder von ihm, tvelche Rhein- und Weinlust athmen, in der akademischen Lieder¬ tafel und anderen Gesangvereinen zu neuem Vortrage kamen. Da der Krieg, in gleichem Sinne wie die Befreiungskriege von 1813—15, als ein nationaler angesehen wurde und, obgleich die feindliche Invasion verhindert toar, dennoch ein gleicher Franzosenhaß erweckt worden war, so paßten alle geharnischten Gedichte aus jener Zeit auch auf die heutigen Tage, als ob sie erst gestern geschaffen worden wären und es bedurfte nur einer neuen Auflage derselben. So auch Körner's Aufruf schon am 19. Juli an der Spitze der Berliner Börsen-Zeitung, „Leier und Schwert", sowie die Arndt'schen Kriegslieder wurden in älteren und neueren Ausgaben in den Buchhandel genommen; auch in der „Mitgabe erschien denn
und in der „Tornister-Ausgabe" von O. F. Gruppe waren vorherrschend ältere Kampf- und Freiheitslicder enthalten. Bekanntlich sind alle auf den nationalen Kampf von 1870/71 bezüglichen Gedichte gesammelt worden und befinden sich wohl¬ geordnet in der Königlichen Bibliothek zu Berlin, wo sie eine Zeit lang zu allgemeiner Kenntnißnahme öffentlich auslagen und nach vorher erfolgter Anmeldung beim Oberbibliothekar Herrn Geheim¬
Diese Baracken, zu denen man einige Stufen hinauf auf deren jeder ein französischer Adler prangte, waren mit echten Tannen geziert und die Wände im Innern mit Tapeten bekleidet. Auch ein Irrgarten war in ihrer Nähe eingerichtet und zum Scherz eine Vexirbank aufgestellt. An beiden Enden des Lagers erhoben sich prachtvolle Thore mit runden Säulen, über denen sich Bogen wölbten, auf das Schönste mit Eichenlaub ge¬ schmückt. Um den Platz für das Lager zu gewinnen, hatte man die Fichten, die dort standen, abgehauen und zum Bau benutzt, die Eichen aber stehen lassen. Zwischen den einzelnen Zelten waren große Tannenbäume eingegraben, Laubgewinde an hohen Bäumen befestigt und über die Straße gezogen, sodaß das ganze Lager einer großartigen Ehrenpforte glich. Alle Tage gab es da etwas Neues zu sehen, und von weit und breit kamen die Leute herbei, um sich an dem Anblicke dieses überaus prächtigen Lagers zu er¬ freuen; an jedem Abend war die schönste Musik, und vorzüglich an den Sonntagen besuchten die Ruppiner jenen Ort. Das nahe gelegene Weinbergslokal diente den Franzosen zum Tanz und Spiel. Ein Vergnügen, das sie sich häufig machten, bestand darin, daß sie eine Gans an einen Pflock auf der Erde festbanden. Dann wurden Einem die Augen verbunden, und er mußte nun auf sie zugehen und ihr mit seinem Säbel den Kopf abzuschlagen suchen. Gelang es nicht, so kam ein Anderer an die Reihe, bis es Einem glückte. Zuletzt wurde die getödtete Gans zubereitet und verzehrt."—
wohnten.
stieg und
W. A. W.
für deutsche Kämpfer"
rath Dr. Wilmanns noch jetzt daselbst zu besichtigen sind, da eine dauernde Auslegung der Sammlung der beschränkten Räum¬ lichkeiten halber sich nicht ermöglichen läßt. —n.
Ein Bürgerin-Brief. Im Berlin
Anschluß an unsere Vorführung zweier Bürgerbriefe von Jahre 1706 und von Guben aus dem Jahre
auS dem
1804 im „Bär" 1889 Nr. 20 S. 252 können wir heute den Text eines „Bürgerinn-Briefes" von Berlin aus dem Jahre 1850 mittheilen und dabei konstatiren, daß unter geringfügigen Kürzungen für Berlin der Inhalt seit dem Jahre 1796 im Wesent¬ lichen derselbe geblieben ist, wie folgt: Wir Ober-Bürgermeister, Bürgermeister und Rath der Königlich Berlin, erklären hiermit daß Wir die verwittwete Frau Johanne Marie Margarethe Rahn geb. Fiedler, als Gastwirthin, auf ihr geziemendes Ansuchen, und nach bei¬ Preußischen Haupt- und Residenzstadt
Frmyoscnlagcr bei Neu-Ruppin. DaS im
„Bär" Nr. 41, Jahrgang XIV
erwähnte Lager der Franzosen zwischen Neu-Ruppin und Alt-Ruppin wurde für die Monate Juni, Juli und August 1808 errichtet und von dem 27., 03. und 95. französischen Infanterie-Regiment unter General Vilatte bezogen. F. Hcydemann beschreibt es folgendermaßen: „Es bestand aus einer Hauptstraße und zwei Nebenstraßen. Leincwandzcltc gab es darin nicht, sondern nur Hütten aus Holz, Baracken genannt. Sie tvaren viereckig, von dem Umfange eines großen Zimmers und so gebaut, daß man Balken in die Erde gegraben und daran gespaltene Bäume auswärts genagelt hatte, die Fugen mit Moos ausgestopft. Die Offizier-Baracken waren sauberer gearbeitet und die Wände aus gehobelten Brettern gemacht, die Zelte der höheren Offiziere rund und mit Spiegeln, Möbeln und Schildcreien versehen. Die Straße in der Mitte war die Hauptstraße, und in ihren Zelten lagen die Soldaten. Die Zelte der Nebenstraßen dienten zu Küchen und Aufbewahrungsorten von Gerathen allerhand Art. Vor jeder Baracke standen an Mücken die Gewehre der in ihr liegenden Soldaten. Um jede ging ein Graben, tvohl um die Feuchtigkeit aus deni Erdboden abzuleiten; außerdem hatten die Soldaten kleine Gärten um die Zelte ange¬ legt, die sie mit allerhand Holzfigurcn und Spielsachen aufputzten. Um manches Zelt war auch eine kleine Festung errichtet. Fast in jedem befand sich ein Bild von Napoleon. Bei jeder Kompagnie standen auch die Zelte iür die Offiziere; die für die höheren waren besonders prachtvoll, obwohl die Generale meistens in der Stadt
gebrachter Qualification zur Bürgerinn angenommen, selbige auch derer, einer hiesigen Bürgerinn zustehenden, Rechte und Wohlthaten theilhaftig machen wollen.
Da nun dieselbe, zur Versicherung ihrer Treue und ihres Gehorsams, nachstehenden Eid geleistet hat:
Ich
Johanne Marie Margarethe Rahn Gott,
Fiedler
geb.
dem Allmächtigen,
und Allwissenden, daß Seiner Königlichen Majestät von Preußen, meinem Allergnädigsten Herrn, ich unterthänig, treu und gehorsam sein, meinen Vorgesetzten willige Folge leisten, nieine Pflichten als Bürgerinn gewissenhaft erfüllen und zum Wohl des Staats und der Gemeine, zu der ich gehöre, nach allen schwöre
zu
meinen Kräften mitwirken will; so wahr durch seinen Sohn Jesum Christum;
mir Gott zur Seligkeit
ist ihr dieser Bürgerbrief ertheilet worden. Stadt Jnsiegel; So geschehen
so
Berlin
den
helfe
Urkundlich unter unserm
Acht und Zwanzigsten Maerz 1850 Ein Tausend Acht
Hundert und Fünfzig
Naunyn
fL
O.
Graupner
Stadt - Sekretär. Aus dem „Stadt-Präsident" ist also ein „Ober-Bürgermeister" geworden; in einigen Ausdrücken ist der mittelalterliche Kurialsti! aufgegeben worden; es ist der an kleinstädtische Verhältnisse er¬ innernde Zusatz in Wegfall gekommen „gehorsam allemal bei Tag und Nacht in heimlichen oder öffentlichen Sachen erscheinen" und außerdem „alle und jede Gaben gerne und willig abttagen und bezahlen"; der Stempel beträgt übrigens statt 6 G. Gr. jetzt 15 Groschen.
Br.
303
Kleine Mittheilungen. Sricbritß des
des Hroßcir
^erkättniß zur Loge. Im „Bär" Nr.
1
laufenden Jahrganges war die Gesinnung charakterisirt worden, welche
Zur Vervollständigung der große König gegen die Freimaurerei hegte. dieser Skizze werden uns 2 Schreiben mitgetheilt, welche der König an die Loge „Royal Aork zur Freundschaft" richtete, als sie ihm die zu seiner Geburtstagsfeier derselben ist folgender:
gehaltenen Reden zugeschickt hatte.
Der Inhalt
Je ne puis qu’etre sensible aux nouveaux homages de ia Loge „la Royale York de l’Amitie ’ k J’oceasion de l’anniversaire de Mon jour de naissanee, portant l’empreinte de son zele et de son attacliement pour Ma personne. Son orateur a tres bien exprime l'esprit qui anime toutes ses operations; et une Soeiete qni ne travaille qu’a faire germer et fructifier toutes sortes de vertus dans Mes etats, peut toujours eompter sur Ma protection. C’est la glorieuse täehe de tout bon Souverain, et Je ne discontinuerai jamais de la remplir. Sur ce Je prie Dien qu’il vous ait et votre Loge en sa sainte et digne garde. Potsdam ce 14. Fevr. 1777. Frederic. Au Directeur du Bureau du Contentieux Delagoannere, Maitre en chaire de Francs Maqon k Berlin. 1
Le Roi a ete tres sensible aux hommages que la Loge de 1’Amite Berlin vient de render a Sa Majeste par le Discours prononce par son orateur a l’anniversaire du jour de sa Naissanee. Sa Majeste a trouve les expressions tres conformes aux Sentiments qu’Elle a tonjour connns a cette Loge pour Sa Personne, et Elle est bien-aise de l’assurer a Son tour qu'Elle s’interessera tonjour avec plaisir au bonheur et a la prosperite d une assemblee qni comme eile met sa premiere gloire dans une propagation infatigable et non interrompue de toutes le vertus de l'honnete homme et du vrai patriote. Potsdam ce 7. Fevr. 1778. Frederic. A la Loge des Francs-Maqon de la Royale York de l’Amitie k Berlin. a
Mas bedeutet „Zicgenbals" als Hrlsvczcichnung.
Bei unseren
Städten und Dörfern finden sich auf den Feldmarken u. s. w. vielerlei Ortsbezeichnungen, von denen die meisten sich auf den ftüheren Eigenthümer oder Nutznießer zurückführen lassen oder sich von selbst aus der Eigenthümlichkeit, der Bestimmung des Orts ergeben. Bei ~ vielen Oertlichkeiten sind die alten Namen ganz verschwunden und neue an ihre Stelle getreten oder dergestalt verstümmelt, daß der ursprüngliche Name gar nicht zu enträthseln ist. Zu solchen gehört der „Ziegenhals", ein Name, welcher sich bei vielen Orten als Bezeichnung für eine ganz bestimmte Gegend findet. Der Name ist auch nicht neu, denn ich finde ihn schon in dieser Form in einem Pachtverträge von 1677. Daß unsrer Altvorderen schon die Gegend aus der Vogelperspektive betrachtet und wegen der Aehnlichkeit der Höhenrücken oder Wasserflächen mit einem Ziegen¬ hals nach diesem benannt hätten, läßt sich nicht annehmen. Ebenso wenig wohl läßt sich der Name von Ziegen überhaupt herleiten, welche etwa dort vorzugsweise geweidet worden wären, denn alle „Ziegenhälse", hie ich kennen gelernt habe, liegen sehr weit ab von den betreffenden Ort¬ schaften. Dann aber wissen wir auch, daß Ziegen niemals weit hinaus ans Dörfern oder Städten auf die Hütung getrieben worden sind. Für diejenigen, welche sich auf die Deutung des Namens einlassen wollen, bemerke ich noch, daß jeder mir bekannt gewordene „Ziegenhals" gewöhnlich von einem schmalen Streifen Wiese dargestellt und diese oft von einen. Spring durchflossen tvird, daß er in seiner Längsrichtung von Wällen oder kleinen Höhenzügen eingeschlossen, oft auch von solchen getheilt ist, haß aber — und dies scheint mir die Hauptsache zu sein — auch allemal Krauch- und Buschwerk, vor allem Haselstrauch auf den Wiesen und -wällen dabei zu finden sind. Vielleicht hilft das Wendische hier aus und ven v. Schulenburg ist so freundlich darüber Auskunft zu geben. W. St. märkischen
Mreisausschreibe«. Das Litterarische Institut Greiner und in Berlin, Unter den Linden 40, eröffnete ein Preisausschreiben sur einen Zeitungs-Roman. Zur Uebernahme des Preisrichter-Amtes haben sich bereit erklärt die Herren F>r. Karl Frenzel, Feuilletonredakteur der National-Zeitung, Dr. Adolf Glaser, Herausgeber der hveiiermannffchen Monatshefte, Alexander Baron von Roberts, fhomp.
Julius Rodenberg, -Wechsler,
Herausgeber der Deutschen Rundschau, Ernst Redakteur der Feuilleton-Zeitung — sämmtlich in Berlin. Demjenigen Roman wird der ausgesetzte Preis von 10 000 Mark «verkannt, welcher den unten ausgeführten Bedingungen entspricht und o.°n den Herren Preisrichtern als würdig befunden wurde. Der Betrag Pr bei der Deutschen Bank deponirt. Die Bedingungen des Preis¬ ausschreibens sind folgende: a) Der Roman soll nicht unter 10 000 und nicht über 12 000 Druckzeilen — Format der „Deutschen Rundschau" — um¬ hsr.
fassen.
b) Das deutlich und nur auf einer Seite beschriebene, geheftete Manuskript darf weder von der Hand des Verfassers geschrieben noch mit dessen Namen versehen sein, sondern muß als Auf-
schrift ein Motto, sowie den Vermerk, „zur Preisbcwerbung" tragen. c) Jedem Manuskript ist ein mit demselben Motto versehenes versiegeltes Couvert beizulegen, das den Namen und die Adresse des Autors enthält. Selbstverständlich darf weder auf dem Manuskript noch auf dem verschlossenen Couvert der Name des Autors angedeutet werden. d) Der Roman soll Original-Arbeit sein und darf vorher keiner Redaktion vorgelegen haben. Die Handlung soll dem modernen deutschen Leben entnommen sein. Das Werk muß »eben literarischer Bedeutung in erster Linie die Eignung zur Ver¬ öffentlichung in Zeitungen besitzen. Die Handlung muß so gleichmäßig vertheilt sein, daß jede Fortsetzung lebhaft bewegte, farbenreiche, interessante Scenen enthält und den Leser in stets wachsende Spannung versetzt. Der Inhalt muß so klar darge¬ stellt, jede auftretende Person so wahrheitsgetreu und eindringlich ge¬ schildert sein, daß der ernste, gebildete, ebenso wie der einfache Leser schon nach kurzem Einblick angeregt wird, dem Verlauf der Ausführungen zu folgen. Die Art des Erscheinens des Zeitungs-Romans bedingt, daß ihm eine große, ungehemmt sich entfaltende Handlung innewohnt, und daß er namentlich von arabeskenartigen Ausschmückungen, die oft einer Buchausgabe zur Zierde gereichen, möglichst freibleibt. Die Einreichungsfrist läuft mit dem 31. Januar 1890, 6 Uhr Abends, ab; nach diesem Termin werden keine Manuskripte mehr zur
Preis-Bewerbung zugelassen. Die Eröffnung des Couverts, dessen Motto mit dem der preisge¬ krönten Arbeit identisch ist, findet in Gegenwart der Preisrichter durch einen Notar in Berlin am ersten Sonntag des Monats Mai 1890 statt. Die Zahlung des ausgesetzten Preises von 10 000 Mark erfolgt sofort nach festgestellter Adreffe des Autors. Der preisgekrönte Roman wird durch Zuerkennung des Preises unbeschränktes Eigenthum des Literarischen Instituts Gr ein er und Comp. resp. dessen Rechts-Nachfolger. Nach erfolgter Entscheidung werden die übrigen Manuflripte den Autoren auf Wunsch zurückgesandt; die unverlangten Manuskripte werden 6 Monate nach der Preisvertheilung sammt den dazu gehörigen Couverts vernichtet.
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Ziegenhals als Ortsbezeichnung; Preisausschreiben; Litteratur durch Zeit und Land. — Anzeigen.
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YII. Lr als eine dankenswertste Aufgabe erscheinen, als diese Devisen nicht nur den ganzen Charakter und die volle Lebensabsicht des Spruch-Trägers wiederspiegeln, sondern auch wie Name, Geburts- und Todestag gleichsam isste Gerüst des geschichtlichen Bildes einer Person ausmachen. Außer d.alilfytü^en bestimmter Personen bringt der Verfasser auch die von Aka¬ interessante,
I.
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demien, Universitäten, Städten, Innungen und Zünften, ferner die In¬ schriften auf den bleiernen Wurfgeschossen der Griechen und Römer. Als Quelle und Einführung in das Studium solcher Wahlsprüche werden be¬ sonders neben mehr als 50 Spezialwerken angeführt: a Petra Sancta, Symbola heroica, Amsterdam 1682 und v. Radowitz, Die Devisen und Motti des späteren Mittelalters, Stuttgart 1850. Zu mehr als 14 000 Sprüchen sind in mühevoller Arbeit die Namen gesucht worden. Ist schon die Fülle des zusammengetragenen und in’g Deutsche übersetzten Materials eine reiche und bewundernswerthe, so ist die Sorg¬ falt der auf Quellenforschung beruhenden Erläuterungen in den An¬ merkungen unter dem Text eine anerkennenswertste. Eine Zahl von De¬ visen, deren Bedeutung noch zu erklären bleibt (X. noth. W. K., Viret mer, surte, Rock Bihan, Halaac L’haura non rhaure) dürfte Veranlassung zu weiteren Forschungen geben auf einem Gebiete, wo der Verfasser fleißig vorgearbeitet hat. Wenn das Werk zunächst nur als ein bei Gelegenheit zu verwendendes Nachschlagewerk gelten will, so ist doch auch die zusammenhängende vergleichende Lektüre einiger bedeutenderer Stich¬ worte virtus. spes, fides, patria, fortitudo nicht ohne besonderes Interesse.
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Inhalt: Drei Menschen, Novelle von E. von Wald - Zedtwitz (Fortsetzung); Alte Thorbauten und Thürme in der Mark, von Dr. Kolbe in Berlin (mit 2 Abb.); Altberliner Hausinschriften und Wahrzeichen, von Oskar Schwebe! (Schluß); Königliche Freund¬ schaften, von Fr. v. Hohenhausen; Zur 100jährigen Jubelfeier der Kgl. Hofbuchhandlung und Hofbuchdruckerei E. S. Mittler und Sohn, von Dr. H. Brendicke. — Kleine Mittheilungen: Das Taufbecken in St. Katharina zu Lenzen (mit Abb.); Die Wahl- und Denksprüche.
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Nr. '26.
36. Mär; 1889.
Drei Menschen.
i2)
Novelle von E. von Wald-Zedtwitz.
Jetzt aber mrißte man erwarten, daß dein Soldaten unb nicht dem Diplomaten die Nolle des Schiedsrichters übertragen würde lind wirklich, die Alifregnng
Wort
war grenzenlos, das
eine
„Mobil"
ließ Deutschland in Waffeit starren. Großartige, Erhebungen und Begeisterung ohne Ende! Soeben kehrte König Wilhelm aus Ems zurück. Brausender
nie geahnte
ihres Gatten Zimmer führte, wo dieser mit Buffo eben tveilte lind entfloh in den äußersten Winkel ihrer Wohnung, um nichts mehr von ihm zu hören. Hier sank sie nieder, heiß — für und innig unter brennenden Thränen für Tancred's Busso's Reitling alis bevorstehenden Gefahreil zum Höchsten
zu
flehend.
Jubel tvar sein Empfang. „Hoch, hoch, König," pflanzte sich vom Bahnhöfe durch die bcflaggteil Straßen fort, wälzte sich die Linden entlang, tvo Kopf nn Kopf die Bevölkerung zu Tausenden ihres greisen Königs harrte. Ntiir fuhren Seine Majestät die Hauptstraße Allerhöchst
„Meine Lori!" Tancred umfaßte sie, zog den blonden Kopf an seine Brust und küßte ihr die feuchten Wimpern. „Lebe wohl, Gott schütze Dich, cr ist mein Zeuge, wie jeder Schlag liieines Herzens Dir gilt und dennoch, in dieser Stunde
entlang, ernst, inild unb freundlich, wie es doch mit dem Ausdrucke vollen Mannes¬
mir fort. Das ist das Wunder des Mcilschenherzens, daß es für mehr als Einen schlagen kann und dennoch die Treue gegen Sein Auge umflorte den Eulen wie den Anderil bewahrt."
hoch,
seiner Residenzstadt seine
hurrah der
Art, und dabei
Gott, sein Volk und seine überwältigend; wo der geliebte Soldaten. Der Anblick war Monarch nahte, verstummte der laute Nus, nur tvehende Tücher, thränende Augen und Blumenspenden begrüßten in dieser heiligen Stunde den Erlauchten. „Meine Lori!" muthes und festen Vertrauens auf
Beide Gatten rimarinten sich; sic tvußten, daß die Scheidungsstunde schlug. Noch heute rückt das Regiment nach der Grenze ab.
von Ring war längst von Paris zurückgekehrt; als Adjutant hatte andere Verwendung ge¬ Er seinen alten Posten wieder eingenommen. wiedergeseheit, nur ihre Stimme hatte er ge¬ hört. Warum imntcr wieder in den unvernarbten Wlmden wühlen? Jede Faser seines Herzens drängte ja nach ihr, und sw verging fast in stummem Sehne», in heißem Bangen, dem
Lieutenant sein Nachfolger sunden und er hatte Lori nicht
iheuren, geliebten Manne noch einmal ins Auge ztl blicken, che cr von ihr schied, vielleicht auf Niirimerwiedersehen. sie beherrschte sich, sie
sich,
Dir
und er sah
sagen, lebt die Liebe zu der Verstorbeueil
sie
in
lange und durchdringend an. sie wand sich fast im Schmerz.
Beider nimmer lasten, Lippe preßte sich auf Lippe, und das thränenlnnflorte Auge des Eiuen versenkte sich in das des Anderen voll unaus¬
„Oh Tancred,"
Arme schlangen sich
in einaildcr, als wollten
sie sich
sprechlichen Weh's.
„Mein Tancred!"
Aber
muß ich es
öffnete nicht die
Thür,
welche
Unten auf dem Hofe scharrte das Roß den Sand unb schäumte ungeduldig in die Zügel. „Leb' wohl, Lori, sei getrost, der Himmel wird noch Alles zlun Besten lenken!" Tancred riß sich los ans ihren weichen Armen und stürzte aus dein Zimmer, sein heißgeliebtes
Weib in stummer Verzweiflung die Hände ringend, zurücklassend. Träge schlich die Zeit. Die Stunde, lvelche es dalierte, bis das Bataillon hier vorübcrrücken würde, dünkte Lori eine — noch Ewigkeit. Sie sprang auf, schwankte zum Fenster nichts zu sehen, nur das altgelvvhiltc, rastlose ^Berliner Straßen¬ treiben. Langsam trat sie zurück und lauschte wieder. Oh qualvolle Augenblicke. Endlich, „Rum, rum, bum, bum, rum, bumbmn", Trommelwirbel näher lind iinmer näher kvinmend.
318 nun schmetternde Trompetcnklänge. ,Jch bin ein Preuße, kennt Ihr meine Farben^, und ein Gesurre, als nahten Bienenschwärme. Eine wahre Riesenmenschenwoge drängte heran, dazwischen deutlich vernehmbar, der feste Gleichtritt einer nahenden Kolonne und nun hoch zu Roß ,Tancred^, ihr Gatte und neben ihm — neben ihm — .Buffos sein Adjutant —. Lori schwindelte es, die flimmernden Bajonnette, die blitzenden Helme, einer Ohnmacht nahe, lehnte sie an: Fenster, blaß, bleich, ein Bild des Todes. So sah sie nicht, wie glühend, wie innig die Augen des Majors und seines Adjutanten auf ihr ruhten, wie sie zum Abschiedsgruße die Degen senkten. „Ringsum Gotteswillen, ich glaube, sie stirbt; gehen Sie zu ihr, reiten Sie hinaus, ich habe meinen Feldstecher vergessen, holen Sie ihn mir!" Herr von Ohlefeld hatte kurz, abgerissen, halb im Traume gesprochen, sic sollten sich noch einmal wiedersehen, diese Wonne wollte er den beiden lieben Menschen gönnen. Ein langer, langer Blick des Adjutanten ruhte auf seinem angsterfüllten
6.
Man
schrieb
den 15. August des Jahres 1870.
Das
Gestirn des Tages senkte sich bereits, als das xte GardeRegiinent nach langem, anstrengenden Marsche das diesseitige
!
Ufer der Mosel erreichte, um sich als ehernes Glied in de» Panzerring einzuftlgen, welcher sich mehr und mehr schloß, um demnächst das jungfräuliche Metz mit Feuer und Blei zu mnwerben. Die Vorposten waren ausgestellt, und die endlose Linie der im Schcidcgruß der Sonne blitzenden Bajonette ver¬ riethen dem sachkundigen Auge, wie groß der Hause der deutschen Krieger war, welcher sich heute hier zusammenfand. Infanterie reihte sich an Infanterie, weiter hin nach Weste» bezeichneten die dunkleren Massen die Plätze, wo die Kavalleriedivisionen Ausstellung nahmen, wo die Artillerieparks lagen. Major von Ohlefeld hielt noch auf seinem Fuchse, durch das Fernglas die endlose Aufstellung betrachtend.
:
„Und
doch noch nicht genug, um die
da,"
er zeigte mit
dem Darnuen über die Schulter nach Metz hinüber, „zu
Angesicht.
er¬
Es wird ein harter Kampf, mein lieber Ring." „Daran wird es nicht fehlen," entgegnete der Adjutant, der eben die Feldwebel versammelte, um die Befehle auszugeben. Inzwischen waren die Proviantkolonuen herangekommen, Kommandos zum Wasserholen, zum Empfang der Rationen rückten ab. In dein jungen Walde, der sich im Rücken der Grenadiere frischgrün erhob, hämmerte das Feldbeil rind das Faschinenmcsscr. Gleichviel, ob das frische Holz brennen wollte oder nicht, es inußte eben brennen. Im Thale braute der Fuchs, ein feiner Nebel legte sich feucht auf die Arineen und drückte den qualmenden Rauch zur Erde nieder. Die Kompagnien kochten ab; die Mannschaften wie die Offiziere bereiteten sich aus zähem, frischen Fleisch ihr obern.
„Meinen Feldstecher, gehen Sic," wiederholte Tancred mit bebender Stimme. Einen kurzen Ruck und Busso wandte sein Pferd, durch¬ brach die Menge, hielt vor dem Ohlefeld'schen Hause, stieg ab, führte den Fuchs in den Hof, band ihn an und nun, als wüchsen seinen Füßen Flügel, eilte er die Treppe hinan. Da stand er vor ihr. Lori sah ihn an, wie eine Erscheinung aus einer anderen Welt, aber der Ausruf wonniger Freude erstarb auf ihren Lippen, sie beugte das Haupt tief, immer tiefer und reichte ihm beide Hände. „Grüßen Sie meinen Mann — Gott — schütze — — Euch — — Euch — — — Beide." „— Und — — Sie — — Sie — — — wollte ihren Namen sprechen, aber die Stimme versagte ihm. — Er wollte sie küssen. — Doch — — doch — sic war des Anderen angetrautes Weib — ein engelreines, unentweihtes noch einmal
•
—Er
Mittagsmahl. Nur Major Ohlefeld mit seinem Adjutanteir daran, dem müden Körper Nahrung zuzuführen.
dachte nicht
Sie
saßen
nebeneinander
auf der Erde. Tancred's Blick schweifte erst in weite Ferne, Busso legte sich zurück, den Kopf in die gefalteten Hände gebettet, starrte er zunr Hinunel. Auch sein Sinn war nicht auf dem weiten Brachfelde vor Metz, er weilte ganz wo anders. schweigend
Heiligthum. Das sollte sie bleiben, mit diesem Bild im Herzen wollte er von hinnen gehen. Langsam sich zum Gehen wendend, griff er nach dem Fernglas — — war verschwunden. Er eilte die Stufen hinunter, saß mit einem Sprunge im Sattel und dahin ritt er, die Seligkeit im Herzen — hatte er sie doch noch einmal in ihrer ganzen Lieblichkeit erschaut. Run ritt er wieder neben seinem Kommandeur. Stumni,
„Mich hungert,"
sagte er endlich, selbst darüber erstaunt,
daß diese thierische Regung ihn jetzt erfaßte. Mechanisch griff Tancred unter den Rockschoß, öffnete dort eine Ledertasche und
schmerzdurchfurchtcn Gesichtes, doch klaren, festen Blickes, reichte er ihm das Gewünschte. Tancred drückte ihm schweigend die
reichte ihm ein Stück Chokolade.
Hand und hätte ihn umarmen und an sein mitfühlendes Herz drücken mögen. Wer so das Auge erheben konnte, der war ohne Fehl. Tapfer hatten sie gerungen bis zum letzten Augen¬ blicke — und solches Entsagen verdiente seinen Lohn. — Nun, der sollte ihnen werden — so — — — oder so. Eine wunderbare Kraft war über Lori gekommen, sie raffte sich empor, kleidete sich an und trat aus die belebte Straße. Nun wandelte sie weiter, immer weiter, und da kniete sie am Grabe der entschlafenen Gattin ihres Mannes. Was wollte sie hier? Ihr war es, als hätte sie ihr etwas abzubitten. Wie oft hatte sie ihr gezürnt, gönnte sie doch der Todten neben sich keinen Platz in Tancred's Herzen, der edeldenkend genug, ihr Herz mit einer Lebeirden theilte. Sie rveiirte lange und betete innig. Erleichtert staird sie cirdlich auf und trat den Heimweg zu ihrem verlassenen Hause an.
ansah,
„Voir meiner Frau."
Wie wunderbar er Busso dabei der den Blick wieder nach oben richtete und die dar¬ gebotene Gabe mit Behagen kaute.
„Ich
werde doch sehen, daß ich für uns irgendwo einen voll Fleischbrühe bekomme." Der Major nickte. Es schien ihm gleichgiltig zu sein, ob Adjutant etwas zu essen brachte oder nicht. Nun kam
Fcldkcssel sein
Busso wirklich zurück, einen dampfenden Kessel mit Reis, Brühe, sowie zähem Rindfleisch in der Hand und setzte denselben Beide sich und dem Kommandeuer auf die Erde. langten zu, und wie auf der Scheunentenne die Knechte die Dreschflegel im Takte heben uub senken, so tauchten Beide in regelmäßiger Abwechselung die blechernen Löffel in die wanne Suppe. Die ersten Löffel ließen sie ohne rechten Geschmack
zwischen
!
'
>
durch die Kehle rinnen, doch endlich belebte sich der hungrige Magen, und mit wahrer Gier verzehrten sie die einfache Kost
319 Feiler für die Nacht. Die angepflöckten Pferde kauten schnurpfend, die Nasen in die Futtersäcke vergraben, ihren Hafer und standen fix und fertig gesattelt da. Wer wußte, was der nächste Augenblick bringen konnte? „Finden Sie das Bild ähnlich?" fragte der Major nach einer Weile.
bis auf das letzte Reiskorn.
Kein anderer Gedanke als der, ibren Hunger zu stillen, hatte sie dabei bewegt. Nun waren sic satt, noch ein tüchtiger Schluck aus der Feldflasche, und wahrhaftes Behagen, sich vom Magen aus langsam dem ganzen Körper mittheilend, beschlich sie. „Hin, hm, wunderbar, der gesättigte Mensch ist doch ein ganz anderer, wie der hungrige, nun kann ich doch wieder denken," sagte der Major, aber die Gedanken, welche ihm nun kamen, mußten keine
es kein
„Oh ja,"
freundlichen sein.
„Ja ja, ja ja,"
meinte von Ring jetzt und streckte seine Nun sprach wieder keiner von ihnen ein Wort, mit offenen Augen träumend, entlockten sie den Liebesgaben-Cigarren blaue Dämpfe. „Wir werden morgen zum ersten Male Pulver riechen," sagte endlich der Major. „Stille dort, was ist das für eine Schreierei?" donnerte er dazwischen plötzlich einem Haufen Nun seiner Grenadiere zu, die am Kochfcuer Unfug trieben. wandte er sich wieder an seinen Adjutanten. „Ring, was schlanken
meinen
Glieder.
rechten
mehr erkennen ließ.
„Ja ja,
sich
ein Wenig
emporgerichtet,
stützte
den
Ellenbogen auf dcu Boden, seinen mit der Feldmütze
Kopf schwer in der flachen Hand ruhend lassend. auch so etwas," gab er zurück. Dabei senkte er den Blick zu Boden, wühlte mit der freien Hand im Sande und ließ die feine Erde durch seine Finger gleiten. „Mir ahnt noch mehr," sagte in tieferem Tone, als er sonst zu sprechen pflegte, jetzt der Major. Buffo sah ihn scharf an. Doch als ob Tancred diesen Blick nicht ertragen könne, wandte er den Kopf zur Seite. „Die verfluchten Kerle, Lieutenant von Richsleben, halten Sie mir die Schwefelbande in Ordnung, es ist kein Lust-Bivouak hier, jeder unnöthige -aut soll unterbleiben. Bedenken Sie, daß wir dem Feinde bedeckten
„Mir ahnt
fast
Roch immer der stechende, fragende
Ausdruck
in dem sonst so sanften Auge des Adjutanten. „Ahnungen trügen, Träume sind Schäume," richtete dieser das Wort weniger an seinen Kommandeur, als in die abend¬ liche Leere hinaus. „Und doch — auch mich will die Ahnung nickt aus den Klauen laffen." „Hin hm," nickte der Major, ihn nun auch scharf firirend. »Haben Sic ein gutes Bild von mir, Ring?" fragte er
I
dlötzlich
unvermittelt. »Ein Bild?"
„Gab
ich
Ihnen
schon eine
Photographie?"
das Kabinetsbild, welches der Herr Oberstwacktmeister für das Regimentsalbum aufnehmen ließen." Es dunkelte, ein Sternlein nach dein andern trat in Sicht,
„Ich
besitze
und über dem
Kirchthurm des nahen Dorfes Biroiweux stieg Sichel des Mondes, jetzt stand ihr Fuß gerade auf dem goldenen Kreuz der Kirche, dasselbe goldflimmernd be¬ leuchtend. Halblaute Kommandos, flüsternde Unterhaltung der Soldaten, die in ihre dunklen Mäntel gehüllt, näher an einander rückten, wie die Krähen auf dem Dache, damit der Ginc von der Wärme des Anderen Nutzen zöge. Heute gab die seine
blutwarmen Glieder. „Ja oder nein?" fragte Tancred. wenn ich selbst am Leben bleibe," „Ja — wenn hauchte Buffo. „Sic müssen leben!" stöhnte Tancred und ließ den Ober¬ körper schwer auf den feuchten Boden fallen. Beide hüllten sich jetzt in ihre Mäntel, zogen die Wovlochs bis an das Kinn, Keiner sich so zum Schlummer auf der harten Erde bettend. von Beiden sprach inehr ein Wort, doch der ersehnte Schlaf wollte weder dem Einen noch dem Andern kommen. In ihren Schläfen hämmerte es wie in einein Eisenwerke, ihre Blicke stiegen zu dem Monde aus, der schweigend seine Bahn zog und eben über ihren Häuptern stand, sie und die schlafenden Krieger mit Silberwellen überrieseliid. Wie kalt die Nacht, wie feucht der Niederschlag. .Piff, pifff, an der äußersten Vorpostcnlinic Schuß und Gegenschuß, dann wieder Schweigen, nur unterbrochen von dem Schnarchen eines Schläfers, von dem Raffeln der Halsterketten und voii Muwitt, kiilwitt, komm mit, dem Wiehern eines Pferdes. Todesruf eine» Käuzchens, unheilverkündende komm mist, der dann wieder alles still. Nun röthcte das nahende Gestirn des Tages bereits den Osten, Gluthwellen, golddurchfurcht, sich abschattirend durch tiefes Violett zum Taubengrau, bis zu dem lieblichsten Blau des Himmels, an dem im Westen vereinzelt flamingofarbene Streuwölkchen schwammen. ,Bakdwak, bakdwast, der Wachtelschlag begrüßte im Weizenfeld den Morgen und,Tirilli trittst der Jubelton der steigenden Lerche. Demant¬ tröpfchen des sonnendurchglitzerten Morgenthaus perlten an
-
Der aus diese Weise etwas unsanft ans seine Pflichten aufmerksam gemachte Offizier that sein Möglichstes, freilich mit Aufwand seiner ganzen Stimme, wodurch der Lärm gerade nicht vermindert wurdeJetzt drehte Herr von Ohlefeld das wieder Buffo zu.
man tvird
seine
auf der Rase sitzen!"
Gesicht
alt."
Das klang wie ein Seufzer, „Getrauten die Worte waren müde und schwer gesprochen. Sie sich wohl, danach ein Oelbild anzufertigen?" „Ich glaube wohl." Ring fühlte, wie Plötzlich die Rechte des Majors die seinige erfaßte lind krampfhaft drückte. „Ring, wollen Sic mir Eins versprechen?" „Ich thue es hiermit," sagte Buffo mit bebender Stimme. „Wenn ich falle, bringen Sie an meinem Todestage meiner Frau dieses Bild und übergeben Sie es ihr persönlich." So fest und markig hatte von Ohlefeld seit langer Zeit nicht mehr mit ihm gesprochen. „Herr Major," stöhnte Buffo, und ein Frösteln durchlief
Sie?"
Buffo hatte
entgegnete Buffo gedehnt.
„Wenigstens damals sah ich so aus, als —," von Ohlcfeld schien das Wort auf der Zunge kleben zu bleiben, „als ich.mich zum ziveitcn Male verheirathete," fuhr er schnell fort. „Geiviß," ivar Ring's Antwort. Es war gut, daß die zunehmende Dunkelheit dem Einen die Züge des Andern nicht
;
Halm und Hälmchen. Friede, süßer Friede ivie jeden Sommermorgen, den Gott der Herr nun schon aber- und aber geschenkt.
(Schluß folgt.)
Billionen Mal der Welt
330
Kaiser Friedrichs erste Einfahrt in Berlin. März.
(Zum 5
Lin Spitzreiter vorauf —
die kutsche hinterher!
—
„Ls
sie
Dus
so
Ist
Tradition angewiesen. Sie aber, freilich auf einen so urgewiffenhasten Mann sich stützend, wie es Friedrich Nicolai, der große Buchhändler von Berlin, war, behauptet, daß das Denkmal
die
(Mit Abbildung.)
Unter den Kunstschätzen, welche den Berliner Kirchen aus älterer Zeit noch verblieben sind, ist keins so großartig, — keins so von edlem und frommem Sinne geweiht, wie das „Sparrendenknial" in St. Marien. In überraschender Schönheit erhebt sich das iuipvsante Marmorwerk an der nördlichen Wandung des hohen — Chores vor uns, — ein Werk, freilich ausländischer Kunst; und eine Fülle von Sagen umzieht dies herrliche Denkmal altbrandenburgischer Tapferkeit, wahrhafter Gottesfurcht und ganz ausnahmsweise glänzenden Kunstsinnes.
Kriegsüberwundenen, welchen wir am Schlüter'schen Denkmale des großen Kurfürsten wiederbegegnen, — Mongolen und Tartaren, Schweden und Polen, oder wie man noch sonst diese Völkerthpen deuten mag. Aus des Generalfeldzeugmcisters „eigentliches Metier" aber, deuten die beiden Feuerschlünde und die Pulvertonne hin. Die Marmorplatte über dem Eierstabe des Simses scheint zer¬ schlagen worden zu sein; — vielleicht auf dem Transporte? Doch nun dies lebensvolle, ja gradezu sprechende Bild im mittleren Theile, in dieser Bethalle mit ionisch-römischer Architektur! — Wer ist sein Schöpfer? Leider läßt sich dies mit völliger Gewißheit nicht angeben. Nur das Eine versteht sich von selbst: zu Berlin war in der
Zeit bis 1668 der Meißel nicht zu finden, welcher ein solches Werk zu schaffen vermochte! Ein Name, ein Monogramm findet So sind wir denn lediglich auf sich an dem Grabdenkmale nicht.
es
K. Mrunokb.
in der Marienkirche
Zunächst jedoch: Wer ist der Dargestellte, dieser geharnischte Beter mit den Reiterstiefeln und der breiten Feldbinde, — dieser Mann mit dem edlen Haupte, ivelcher den Blick so ernst auf die Symbole der Vergänglichkeit gerichtet hält, während unter der Decke des Betpultes ein Hündlein wachsam und in wunder¬ samer Lebenstreue zu ihm aufschaut? — Es ist Otto Christoph von Sparr, der Generalfeldzeugmeister und der erste wirkliche Feldmarschall des großen Kurfürsten, — der ruhmreichsten einer unter den Siegern von Warschau, — jener fromme Held, von welchem Theodor Fontane so Liebes, so Großes und Frommes uns erzählt hat. Die Siegessonne von der Fehrbelliner Schlacht,— sic sah der alte Krieger freilich nicht mehr leuchten; Otto Christoph von Sparr verstarb schon am 9. Mai 1668 aus seinem Lieblings¬ — sitze zu Prendcn bei Bernau. Dort oben aber bei dem Sparr'schen Sternenwappen, welches Palmen umranken und Mauerbrecher tragen, — dort stehen sie, deren Schüler der große Verstorbene gewesen ist, Mars und Minerva, von Fahnen umrauscht. Auch hier die gefesselten
Thränen- Glanz!
weinte Dein Volk, es trauert die Welt. — Schlaf wohl! Du Leidens-, Du Kaiserhcld! —
j» ücrlin. Aon Oskar Schwellet.
solch' Jubel, solch'
Und dann! —
Kinder empor. wogt es im Thor.
Sparr'schc Grabdenkmal
Welt!"
Und im Auge des Kaisers die Thräne voll Glück. Die schönste Perl' in des Ruhmes Kranz —
heben die
„Der Kaiser Hoch!"
Gott, Dich Leidensheld,
Dich der Herr für uns und die
Und der Kaiser fährt bei der Illutter vor. Sie denken des Todten, den Deutschland verlor. Dem Schmerz sein Recht — dann zum Volk den Blick;
Wie Frühlingsbrausen durch die Zweige fahrt, Hurraruf und Jubel den Fürsten ehrt. Den Männern fließet die Thrän' in den Bart: „Glück auf! Dir Kaiser! ob Deiner Fahrt!" Die Frauen,
segne Dich
Lrhalt'
Die wache am Thor, die tritt in's Gewehr. Die Glieder zittern vor freudigem Schreck — Und die Wenge meint: ein Phantom sic neck' — Dann aber jubelt es durch die Reih'n: Der Kaiser! der Kaiser! in Berlin fährt ein!
!
!
von der Hand des jüngeren Artus Qucllinus gefertigt sei, — jenes großen Künstlers, welcher das Antwerpener Rathhaus mit so prächtigen Skulpturen geschmückt hat. Und ohne Zweifel: dies Monument ist seiner tvürdig; cs ist das hoheitsvollste des alten Berlin! Doch nun zur Sparr'schen Grabschrift! Auf dem Denkmale ist eine solche nicht befindlich: was der Beschauer hinter dem Haupte des Beters in der Nische erblickt, sind nur die Sprüche: Hesekiel 37, 3—6 „Und er sprach zu mir: du Menschenkind, meinest du auch u. s. w." und Hiob, 19, 25 „Ich weiß, daß mein Erlöser lebt u. s. w." Die Grabschrift, welche zu diesem großartigen Denkmale ge¬ hört, findet sich erst, wenn wir die im hohen Chore von St. Marie» aufbewahrten Ahncnbilder der heute noch pommerschen Grafenfamilie der selben befinden sich die
Sparr
blühenden schwedisch-
betrachten.
Auf einem
der¬
Worte:
„Der Hoch- und Wohlgeborene Herr, Herr Otto Christoph, Freiherr von Sparr, der Römischen Kaiserlichen, wie auch zu Ungarn und Böhmen Königlichen Majestät und Seiner Churfürstliche» Durchlaucht zu Brandenburg bestallter General - Feldmarschall, Churs. Geh. Kriegs-Rath, Ober-Gouverneur der Pommerischen und Halberstädtischen Vestungen, Obristcr zu Roß und Fuß, Herr auf Trampe, Prenden, Lanke, Beerbaum, Tieffensee und Metzdors, ist geboren auf dem Hause Lichterfeld, 1605, gestorben 9. Mai, Abends 8 Uhr, in Prenden. Anno 1668." — Was Otto Christoph von Sparr dem Vaterlande, dem Kur-! brandcnburgischcn Heere und, — in ächt aristokratischem Sinne wohlthuend, — bauend, helfend, berathend, auch der Stadt Berlin gewesen ist, — das wolle man bei Theodor Fontane nachlesen; — wir wollen nur auf jene altberliner Sagen aufmerksam machen, welche Sparr's kräftige ritterliche Gestalt und dies sein schönes Denkmal umziehen, üppig sich emporrankend, wie Epheu an ,
der Ulme.
Wir
oben, die abschließende Marmorplatte sei zer¬ schlagen ivorden. Küster weiß es anders; er schreibt: „Von dem Querbalken, so gleichfalls von Marmor gewesen,! wird erzehlet, daß in demselbigen ein Diamant gefunden, — wie i I rnan denn das Spund noch weiset, worinnen er geseffen, sagten
"
und in die kurfürstliche Schatzkammer zur Verwahrung
i
genommen
I
worden." Was ist Wahres daran? Was hat es ferner mit dem Hunde für eine Bewandtniß?" I Küster weiß uns hier nur zu sagen:
(Aus
Das Zparr'sthe Grabdenkmal in der Marirnkirchc. den Publikationen des Vereins für die Geschichte Berlins.)
322 Unter dem Pulpet liegt ein Hund, hinauf nach dem Herrn sehend, welche Kreatur ihm sehr getreu und stets auch gefolget sein soll." — Hier weiß indeß die Schlachten in die etwas mehr; sie behauptet, daß dieser kleine Hund noch Volkssage Generalseldmarschall einmal das Leben gerettet habe, indem dem dem Feldherrn zugedachten Uebersalle diesen durch bei er einem fortwährendes Bellen auf das Nahen der Feinde aufmerksam ge¬ macht habe. — Und m u ß die Sage denn immer Unrecht haben? — In einem der Särge des Sparrschen Gewölbes liegt wirklich das Skelett eines Hündleins, — nur nicht in dem des Feld¬ marschalls! Entspricht die Stellung des Hundes in dem „Sparren¬ denkmale" ferner auch ganz der realistischen, niederländischen Kunst¬ anschauung und dem Zeitgeschmäcke, so glauben wir dennoch nicht, daß der alte, fromme Herr dies Thierlein so auffällig hatte dar¬ stellen lassen, falls er ihm nicht wirklich etwas zu danken ge¬ habt hätte. Und dann der Knabe mit dem Helme! Küster sagt von ihm: „Dahinter stehet eine Person, ein Kaskett haltend, welches den Generalmajor von Hacke bedeuten soll." Nun ist thatsächlich nachgewiesen, daß dieser Page in der That jener von Küster gemeinte, berühmte Haacke, nach welchem sich der Haackische Markt noch heute nennt, nicht sein kann. Gleich¬ wohl muß der Feldmarschall den schönen, lockigen Knaben, welcher ihm den Ritterhelm mit den schwarz- und Weißen Federn hält, von
Sparr
daß er ihn in dieser so sehr hervorstechenden
sehr geliebt haben,
Feldmarschall Otto Christoph ließ. verstarb, ohne Kinder zu hinterlassen; aber er stand in lebhaftem Verkehre mit den Geschlechtern von Blumenthal und von Schwerin, und fast will es uns scheinen, als blickten uns bei dem Edelknaben Schwerin'sche Züge entgegen. Andere Sagen übergehen wir! Es verlohnt nicht mehr der Mühe, es zu widerlegen, daß Otto Christoph von Sparr den Thurm der St. Marienkirche, welcher anno 1661 ober 1667 ab¬ Weise neben
sich
darstellen
brannte, mit „Kettenkugeln" habe herunterschießen lassen. Daß der wackere Kriegsmann endlich im Volksmunde des Barnim zum wilden Jäger geworden ist, haben Direktor Dr. Schwartz und Wenn aber auch noch in Theodor Fontane reizvoll dargestellt. vielfacher Beziehung die Poesie des Geheimnisses das SparrenDenkmal in St. Marien umzieht: wir wollen uns doch freuen, daß grad' ein brandenburgischer Krieger, der erste Feldmarschall unsres glorreichen Heeres, die
Stadt Berlin mit
solch' einem Kunst¬
denkmale beschenkt hat!
Doch noch eins! — Oft haben wir die Sparr'sche Gruft be¬ sucht, — oft auch in die Züge der großen Todten dort unten geblickt! Denn die Gruft „mumifiziert", und einige Särge waren
Jetzt sind sie geschlossen und ohne Unter¬ übereinander: die Röbel, Kanitz, Sparr, nebenund schied stehen sie Holstein-Beck u. s. w. Wo soviel Ehre, — die Herzöge von Brandenburg und Zollern eingesargt ward, gegen Treue soviel
vor Alters geöffnet.
Pflicht des Staates, gern zu spenden, daß — nein, — daß es musterhaft allein in Ordnung, Alles nicht — sei. in Ordnung
da, mein'
ich, ist es
Das Stück selbst Eindruck, und auch die 'schau¬ spielerischen Kräfte waren dafür durchaus ungenügend. Karl Theophilus Döbbelin hatte nach dem im Januar 1775 erfolgten Tode H. G. Koch's, des ersten Direktors, der in Berlin ein stän¬ diges Theater erhalten konnte, das in einem Hofgebäude der Behrenstraße gelegene und von Schuch errichtete Theater übernommen. gangenen Othello-Aufführung nicht so glücklich.
machte
einen
abschreckenden
Er hatte dabei laut
seines Privilegiums die „besten Aeteurs" der Truppe engagiren müssen, von denen hauptsächlich zu nennen sind: Brückner und Frau, Henke und Frau, und die Familie Witthöft. Döbbelin selbst spielte die ersten Helden, seine Frau und seine Tochter Karoline die Liebhaberinnen. Schon im April 1775 hatte er den Muth, „Othello" zur Aufführung zu bringen. Aus dem Theaterzettel ersieht man, daß in der Bearbeitung des Stückes die Personenzahl sehr verringert war. In meiner Schritt: „Hundert Jahre des Königlichen Schauspiels in Berlin" (1886, A. Hofmann u. Comp.) berichtete ich über diese Bearbeitung: „Die Uebersetzung und Bearbeitung rührt von Chr. H. S chmid her und war schon mehrere Jahre früher im Druck erschienen. Schmid hatte nun zwar thatsächlich den Mohren weiß gewaschen, indem er ihn nur als einen „Venezianer von geringer Herkunft" bezeichnet; und obwohl Döbbelin dem Stücke den zweiten Titel: „Der Mohr von Venedig" wieder beigefügt halte, der in Schmid's Bearbeitung natürlich fehlt, so stimmt dennoch das Schmid'sche Personenverzeichniß mit dem des Theaterzettels von 1775 aufs Genaueste überein." Auch selbst die Sprachschnitzer „Stadthalter" für Statthalter, sowie daß Brabantio als „ein Nobili" bezeichnet wird, sind aus der Schmid'schen Bearbeitung beibehalten worden. Die Aufführung war eine durchaus mißglückte, so daß keine einzige Wiederholung stattfinden konnte. Bezeichnend für den da¬ maligen Zeitgeschmack ist es, daß man für gut fand, der so furcht¬ baren Tragödie noch ein munteres Ballet nachfolgen zu lasten. Koch'schen
Heute, Sonnabend den 29.
April 1775
werden die
Döbbelinischen von Sr. Königl. Majestät v. Preußen allergnädigst generalprivilegirten und Herzoglich Braunschweig-Lüneburgischen Hofschauspieler
Auf Hohen Befehl aufführen
Othello, Stadthalter in Cyperu, oder: Der Mohr zu Venedig. Ein Trauerspiel nach dem Schakespear in Prosa und fünf Aufzügen. Personen:
Othello,
.Hr. ..Hr. .Mad.
Cyper».Hr. Lieutenant.Hr. Offieier.Hr. Nobili.Hr.
ei» Venetianer von geringer Herkunft, Stadt¬
halter in Cassio, Othellos
Jago, Othellos Nodrigo, ein
Brabantio,
Fähndrich
ein
Ludovico, Brabantios Dogen
Aemilia,
Thering. Christ.
Murr.
Anverwandter, Secretaire des
Brabantios
Tochter
und
Othellos
Jagos Frau und Desdemonas Kammerfrau
Döbbelin.
Alle. Döbbelin.
Von Rudolph Geuse.
Den Beschluß macht:
Wir theilen nachstehend die Berliner Theaterzettel von zwei verschiedenen Aufführungen der Tragödie „Othello" mit, von
Ein pantomimisches Ballet von Hrn. Lanz: Der Mechanikus.
welchen die erstere, am 29. April 1775, überhaupt die erste Auf¬ führung eines Shakespeare'schen Stückes in Berlin war, vielleicht sogar in Deutschland, denn selbst in Hamburg begann der große Schröder die Reihe seiner Shakespeare-Aufführungen erst andert¬ halb Jahre, später, um allerdings damit schnell alle deutschen Theater zu erobern. In Berlin war man mit der vorausge¬
Döbbelin.
Hempel.
Klinge.
Desdemona, Gemahlin
Shakespeares „Othello" iit Berlin, 1775 und 1788.
zu
Der Schauplatz ist in dem gewöhnlichen Comödien-Hause in der Behrenstraße. Die Person zahlet im ersten Rang Logen und Parquet 16 Gr. Im zweiten Rang Logen 12. Im Amphitheater 8 Gr. Und auf der Gallerte 4 Gr.
Der Anfang ist präcise 5 Uhr.
323 Heute
Mittwoch
b. 12.
wird auf hiesigen
Volksmund — welche in ihrer Gesammtheit die durch veränderte Vorschriften und durch die Mode an diesem Ausrüstungsstück im Laufe der Jahre hervorgerufenen Veränderungen erkennen ließen. Den rechten Flügel nahm eines jener mehr als fußhohen kessel¬ artigen Instrumente ein, wie der Sammler sic gelegentlich beim Trödler findet, und nach link» zu, immer kleiner und zierlicher
März 1788
dem
Königlichen National-Theatcr Auf Allerhöchsten Befehl für den Schauspieler Herrn
zum Benefiz
Fleck
zum Erstenmale gegeben:
werdend, endigte die Reihe mit dem jetzt eingeführten leichten und kleinen Helm, der sogar die Metallschiene am Vorderschirm verloren hat und bei dem für den Krieg durchweg die Schuppenketten durch
Othello, oder der Mohr von Venedig. Ein Trauerspiel in 5 Akten
nach einer neue» Uebersetzung.
Venedig.Hr. Republik.Hr. Personen:
Der Doge von
.Hr. .Hr.
Lieutnant.Hr.
Othello,
General der Cassio, Othellos Jago, Othellos Fähndrich
Venezianer.Hr. Brabantio, Senator.Hr. Rodrigo,
ein
Ludovico, Botschafter von Desdemona, Brabantios
Greibe.
ein ledernes Sturmband ersetzt sind.
Fleck.
Alle diese Modelle, die im Laufe der letzten fünfzig Jahre getragen worden sind, gehören indeß der Spezies: Helm an, und
Antouch. Cchechtitzky.
ihre Betrachtung führt unmittelbar zu der Erkenntniß zweier Glanz¬ seiten der preußischen Militär-Verwaltung, die bei allen ihren Ein¬ führungen nicht sprungweise von einer Anschauung zur anderen übergreift, sondern mit sorgsamer Kontinuität an dem als recht und praktisch einmal Erkannten festhält, andererseits aber auf das eifrigste bestrebt ist, überall zu feilen und zu bessern. Davon kann man sich insbesondere überzeugen, wenn man den Wandlungen nachspürt, welche Bewaffnung und Ausrüstung seit Anfang dieses Jahrhunderts durchgemacht haben.
Distler. Herdt.
inahlin.Mad. .Hr. Cypern.Hr.
Emilia, Jagos Frau und Montan», ein Edelmann
Venedig Tochter und Othellos Ge-
Mehrere Edelleute aus
Bötticher.
Engst, Hr. Krüger rc. Labes, Hr. Lang :c.
Venetianische Senatoren
Ein
Baranius. Mllc. Döbbelin.
.Hr. Böthe.Hr. Desdemonas Gesellschafterin auS Cypern
Reinwald.
Rüthling.
Karl Röchling,
dem wir das umstehende hübsche Bild wie wenige unserer Maler, die Figuren deutscher Soldaten in packender Lebenswahrheit wiederzugeben. Bei seiner genauen Kenntniß aller einschlägigen Verhältnisse könnte man seine Zeichnungen zu eingehenden Uniformstudien benutzen. Er zeigt uns hier, abgesehen von einigen in vorweltlichen Kopf¬ bedeckungen erscheinenden Ulanen und Dragonern, die man außerdem jetzt in hohen Reiterstiefeln zu sehen gewohnt ist, zwei Gruppen preußischer Infanteristen, deren ganze Bekleidung so sehr von ein¬ ander verschieden ist, daß man kaum glauben sollte, sie gehörten derselben Armee an. Die mächtigen Tschakos mit den Fangschnüren und dem ellen¬ langen Rohrbusch, die kurzen zweireihigen Uniformfracks, das kreuzweis über der Brust getragene Lederzcug, an dem rechts und links Patrontasche und Seitengewehr hängen, während der Tornister durch eigenes Riemenwerk am Körper befestigt ist, entstammten der Zeit der Befreiungskriege. Diese Ausrüstung hatte sich im Laufe
Gefolge des Othello. Gefolge des Cassto.
verdanken,
Bediente des Dogen und des Cassio.
Preise:
I. Rang 16 Gr., II. Rang 12 Gr., Parquet 12 Gr., Amphi¬ theater 8 Gr., Gallerie 4 Groschen. Anfang halb 6 Uhr.
Erst dreizehn Jahre später, nachdem Shakespeare zuerst mit Hamlet, dann mit Macbeth und Lear auch auf dem Berliner Theater festem Fuß gefaßt hatte, kam auch „Othello" in besserer Gestalt zur Geltung.
Das Theater war seitdem aus dem Privat¬ Döbbelins in königliche Verwaltung übergegangen und von der Behrenstraße in das ehemalige französische Komödienhaus auf dem Gensdarmenmarkt übergesiedelt. Schon seit 1783 lvar der geniale Schauspieler Fleck nach Berlin gekommen und ihm war es bcschieden, die heroischen Charaktere in der Tragödie zuerst zur volle» Wirkung zu bringen. Nachdem er zunächst in den ersten Echiller'schen Stücken Triumphe gefeiert, trat er auch als „Macbeth" auf, und zwar in einer Uebersetzung und Bearbeitung von Bürger. Fleck machte mit dieser Darstellung solche Wirkung, daß der König Friedrich Wilhelm kl., der dem deutschen Schauspiel zuerst die besitze
der Jahre
als wenig praktisch erwiesen, und die Heeresleitung ihrer Aufgabe völlig gewachsen, indem sie kurz ent¬ schlossen mit den alten Ueberlieferungen brach und das Heer nach neuen Grundsätzen unisormirte. Wir dürfen annehmen, daß des verstorbenen Kaisers Wilhelm I. Majestät als Prinz von Preußen die treibende Kraft gewesen ist, welcher die Armee die Einführung des Helms, des einreihigen Waffcnrocks, des um den Leib ge¬ zeigte
Gunst des Hofes zugewendet und dasselbe aus der Aschenbrödel¬ rolle erhoben hatte, nunmehr von Fleck auch den Othello zu sehn wünschte
und ihm die erste Aufführung zu seinem Benefiz be¬ willigte, wobei der König selbst 60 Friedrichsdor zur Einnahme
Aus dem hier mitgetheilten Theaterzettel ersieht man, man den Namen Shakespeare» dabei zu nennen vergeffen hatte und sich damit begnügte, das Stück „nach einer neuen Uebersttzung" anzukündigen, welches ohne Zweifel die von Eschcnburg baß
Bewaffnung des
gesetzt
preußische Soldaten aus verschiedener Zeit. Herrmann Bogt, Oberstlieutenant a. D. (Mit Abbildung.) Vor einiger Zeit entdeckte ich in dem Geschäft eines großen
Rruiee-Lieferantm, hübsch nebeneinander aufgebaut, eine Sammlung von etwa zwanzig Jnfanteriehelmen — Pickelhauben nennt sie der
preußischen
Heeres
für
dessen
Schlagfertigkeit
gewann. „Nachdem die kriegerische Zeit, so heißt cs in einer diesbe¬ züglichen Darstellung, zu Anfang unseres Jahrhunderts verrauscht war, öffnete sich den Technikern ein weites Feld auf dem Gebiet
ivar.
Bo»
sich
gürteten Lederzeugs verdankt. Diese Veränderungen mit Bezug auf Ausrüstung und Be¬ kleidung, so tief einschneidend sie auch gewesen sein mögen, halten doch nicht den Vergleich aus mit der Bedeutung, welche die neue
beisteuerte.
In dem Personal ist der Doge wieder in seine Rechte ein¬ worden, und sonst fehlt in dem Personenverzeichniß nur die Rolle der Bianca, welche auch in neuerer Zeit häufig weggelassen wurde. Die Preise der Plätze waren, wie man sicht, auch in dem neue « Hause noch unverändert geblieben, wogegen die Anfangszeit tür das Theater bereits um eine halbe Stunde vorgerückt war.
versteht es,
j !
der Verbesserung der Militärgewehre.
Eine solche wurde namentlich
in drei Richtungen angestrebt: Sicherheit der Entzündung, da die bisherige Art des Aufschüttens von losem Pulver immer zu zahl¬ reichen Versagern führte; Vermehrung der Feuergeschwindigkeit und größere Trefffähigkeit. Große Fortschritte in allen diesen Punkten wurden durch die Einführung der Perkussionszündung mittels Zündhütchen erreicht, das Einschneiden von Zügen in den Lauf und die Annahme von Expansionsgeschossen, welche durch die Entzündung der Pulverladung sich ausdehnen und damit gezwungen lverden, dem Lause der Züge zu folgen."
324 Während aber die sämmtlichen europäischen Heere, so sehr sie mit Neu - Einführung verbesserter Schußwaffen zu überbieten suchten, den alten Vorderlader beibehielten, ging man in Preußen seinen eigenen Weg. Die Annahme des Zündnadelgewehrs, als ersten Hinterladegewehrs für die Armee, bedeutete einen gewaltigen Fortschritt. Damit war für die kriegerische Verwendung der In¬ fanterie eine durchgreifende Veränderung angebahnt. Der preußi¬ schen Heeresverwaltung, welche es wagte mit den alten Ueber¬ lieferungen zu brechen und dem obersten Kriegsherrn ein Gewehr-System zu empfehlen, dessen Vorzüge noch in keiner Aktion hatten erprobt werden können, muß ein ungewöhnlicher Scharfblick und hoher moralischer Muth nachgerühmt werden, denn der Gegner selbst in den Reihen des eigenen Heeres waren genug. Der hauptsächlichste Einwand gegen den Hinterlader als Soldatengewehr bestand in sich
drohte, mußten die Landwehren herangezogen werden, was nicht allein zu militärischen Unzuträglichkciten solcher Art führte, daß man nach einem Ausspruche des Generals von Roon als Patriot schamroth werden mußte, sondern auch die Rüstungen verlangsamte, den Rationalwvhlstand tief schädigte, und schwer in das Familien¬ leben cingriff, da die Landwehrmänncr großen Theils Familien¬ väter waren. Es galt also die Friedensstärke der Armee ent¬ sprechend der, seit vierzig Jahren erheblich angewachsenen Bevölke¬ rung des Landes, zu erhöhen, neue Kadres zu schaffen die Ver¬ hältnisse der Wehrpflicht neu zu regeln. Dies sollte geschehen durch Heranziehung der beiden jüngsten Landwehrjahrgänge zur Reserve und durch Ausdehnung der Reservedienstzeit auf vier Jahre. AIs die Mobilmachung von 1859 die ganze Schwäche der Heeresorganisation abermals in ein grelles Licht treten ließ, berief der
preussische Soldaten vor und nach der Reform durch den Prinzen von Preussen. Aus dem illustrierten Prachtwerk „Kaiser Wilhelm und seine Zeit" von Di-. B. v. Kugler. München, Verlagsanstalt für Kunst und Wissenschaft.
der Befürchtung, daß die Möglichkeit des raschen Ladens im Gefecht
leicht zrun „Verschießen" des Soldaten führen würde, ohne daß man für Munitionsersatz genügend würde sorgen können. Dem ist im dcrltschen Heere durch die Feuerdisziplin vorgebeugt, die in sorgsamer Friedensausbildung dem Manne zur zweiten Natur wird. Im klebrigen ist die Uniformirung der Armee in der Art, tvie sic im Allgemeinen noch besteht, und ebenso die Bewaffnung derselben mir dem Zündnadclgcwehr eher durchgeführt worden, als deren Vermehrung und verbesserte Gliederung durch König Wilhelm, die inan iin Allgemeinen als „Rcorgaitisation" bezeichnet. Preußen hatte, die Fortschritte im Heerwesen der Nachbar¬ staaten völlig außer Acht laffend, eine Kriegsverfassung unverän¬
dert beibehalten, welche es vor langen Jahren in tiefster Armuth und dem Drucke der Noth gehorchend, angenommen hatte. Das Heer entsprach in seinem geringen Umfange nicht mehr der poli¬ tischen
Bedeutung des preußischen Staates.
So oft
ein Krieg
Prinzregent Wilhelm, dessen ganze Aufmerksamkeit seit mehr als zivanzig Jahren auf eine von ihin als dringend nöthig erkannte Armeereform gerichtet war, noch zu Ende desselben Jahres den General von Roon zur Leitung des Kriegsministeriums. Am 3. M> 1860 war die Bildung der neuen zuvörderst sogenannten „kombinirten Jnfantcrieregimcnter" aus den vorhandenen Landwehrstammbataillonen befohlen worden, und am 18. Januar 1861 bereitentfalteten sich die Fahnen und Standarten von 154 neuen Ba¬ taillonen und Schwadronen vor dein Denkmal des großen Friedrich unter den Linden. Bekanntlich sind seit jener Zeit die Grundsätze des preußisch" Kriegswesens zunächst auf den Norddeutschen Bund und später aus das deutsche Reich übertrageit, und der Machtstellung des letzteren, wie der politischen Gestaltung unseres Erdtheils entsprechend aus¬ gebaut worden. Auf keinem Gebiete menschlicher Thätigkeit hat der Grundsatz, nach tvelchenr Stillstand schon dem Rückschritt gleich'
325 kommt, eine solche thatsächliche Bedeutung,
als aus dem des Heer¬ Deshalb herrscht auch innerhalb des deutschen Reichs¬ heeres nicht allein mit Bezug auf die Gliederung, Schulung, kriege¬ rische Verwendung und Bewaffnung eine unausgesetzte Thätigkeit, sondern man verfolgt auch scharfen Auges die auf den ersten Blick wesens.
kleinlich erscheinenden Angelegenheiten der Bekleidung und Ausrüstung des einzelnen Mannes, und wenn, wie dies vor etwas mehr
als Jahresfrist geschehen, in dieser Beziehung Aenderungen befohlen werden, so darf man annehmen, daß dabei in erster Linie der Gesichtspunkt maßgebend ist, dem feldtüchtigen Soldaten seine Last zu erleichtern, das unvermeidliche Gepäck handlicher und seine Trageweise bequemer zu gestalten, die Bewegungsfähigkeit des Einzelnen für den Gebrauch der Waffe zu erhöhen, kurz seine Leistungen bei größerer persönlicher Schonung nach jeder Richtung mehr
hin zu vermehren.
berliner Umzugsbilder. Skizze
von Hermann Dupont.
In
der Erscheinungen Flucht des rerchshauptstädtischen Lebens, als Marksteine besonders zwei Tage hervor, die demselben eine besondere Physiognomie aufprägen: der erste April und der erste Oktober, die Tage der großen Frühjahrs- und Herbst-Um¬ züge. Der Berliner von heute hat, es liegt dies in der Natur' der Verhältnisse, nur noch wenig von der Seßhaftigkeit seiner Alt¬ vorderen an sich. Nur selten noch hört man von einem 25 jährigen Mietherjubiläum; viel öfter könnte man heute das des 25. Um¬ zuges feiern. Das „Vaterhaus", von dem die Poeten so schön zu singen und zu sagen wissen, ist für den modernen Großstädter ein leerer Begriff geworden, ja, es sind nur wenige, die ihre Kindheit im Hause ihrer Geburt verlebt haben. Dian fühlt sich nirgend mehr recht heimisch, man kennt eigentlich nur noch Absteige¬ quartiere, Etappen auf der großen Heerstraße des Lebens. Das Leben ein — Umzug. Indeß, was hilft das Philosophiren und Moralisiren — nehmen wir die Verhältnisse, wie sie sind, und tuenden wir uns unserer Aufgabe zu: die moderne Berliner Frühjahrs-Völker¬ wanderung mit ihren Leiden und Freuden in kurzen Zügen zu schildern. Mit ihren Leiden und — Freuden? Ja, auch Freuden. Allerdings sind dieselben fast durchweg nur negativer Natur, z. B. wenn die sorgende Hausfrau am Abend nach der Schlacht in der neuen Wohnung ihre Porzellanvorräthe inspizirt und weniger.„zer¬ schmissen" findet, als sie in ihrer Herzensangst befürchtet hatte; oder: wenn es anstatt „Strippen" nur. „Fussel" regnet; oder wenn der Möbelwagen sich nur um zwei Stunden verspätet. Schon in den ersten Morgenstunden widerhallen die Straßen von dem dumpfen, klirrenden Rasseln jener einstöckig hoffnungsgrünen dlngethüme, gemeinhin Möbelwagen genannt. Auf ihnen hocken und lagern in mehr oder minder malerischen Posen die derbknochigen, üinkgeldfrohen Arbeitsleute. Wie sie sich auch in ihrer äußeren Erscheinung, Alter re. von einander unterscheiden, ein einigendes Band umschlingt sie alle: die Vorliebe für gebranntes Wasser. Die Flasche, die das köstliche Naß birgt, kreist fleißig unter ihnen, leutselig, wie sie sind, verschnrähen sie es nicht, den ihnen auf ihrer Fahrt begegnenden Personen: Nachtwächtern, Straßenkehrern, Zeirungsfrauen, zuzutrinken. Da es nun aber eine zwar bedauer¬
ragen
liche. aber doch Astüllteste Flasche
nicht fortzuleugnende Thatsache ist, daß auch die einmal leer wird, und dies je eher und öfter, je mehr Kehlen sich an dieser „Arbeit" betheiligen, so ist es leicht Ki erklären, daß der Möbelwagen von Zeit zu Zeit zwecks ftischer ilüllung der Flasche vor jenen Anstalten rastet, deren.Schild sie ul- „Destillation" kennzeichnet, und die in den Kreisen ihrer Kundichair
sich der lieblichen Bezeichnung „Flimmerladen" erfreuen. — Es ist Heller Tag geworden. Die Straßen gleichen einer
großen Trödelkammer. An den Häusern entlang stehen die „guten" und „Berliner-Stuben", die „Schlafzimmer", die „Küchen". Und wie das alles im nüchtenren Lichte des Tages aussieht ! Du lieber Gott! welchem fühlenden Menschen kehrte sich Angesichts dessen nicht das Herz im Leibe um. Selbst die „stilvollsten" Einrichtungen sinken hier auf das Niveau der allgemeinen Erbarmungswürdigkeit Einigermaßen noch repräsentirt sich der Hausrath zusammen. jüngerer Eheleute, die ihren „ersten" Umzug bewerkstelligen. Da sind die Polster noch schwellend, die Fournierc nirgend losgeplatzt, ist die Politur noch glänzend. Die Möbel befinden sich gewisser¬ maßen noch in den Flitterwochen. Anders jene, die mit ihren Besitzern bereits das Fest der silbernen Hochzeit gefeiert haben oder sich derselben nähern. Sie predigen in stummer, aber beredter Sprache die Vergänglichkeit alles Irdischen. Und was ist da nicht alles den indiskreten Blicken der Vorübergehenden preisgegeben! Speziell die Rückseiten der Möbel bringen Geheimnisse an den Tag, welche bisher mitleidig von den verschwiegenen Wänden verdeckt worden sind. Wie manche weisen frische und halb vernarbte Spuren jener ominösen Papiersiegel auf, welche schnöde Gerichts¬ vollzieherhände dort „angeleimt" haben. Und „oben" waltet die Frau des Hauses, die ihre Nerven, sofern sie nicht die Widerstandsfähigkeit von Klavierdrähten besitzen, gleich anderen zerbrechlichen Sachen in die Kisten verpackt haben muß, um sie später wieder unbeschädigt gebrauchen zu können. Sie ist an solchen Tagen der Mittelpunkt des Ganzen. Der Gatte, die Kinder, die Träger erfordern in gleichem Maße ihre Auf¬
Der Erstere entzieht sich zuweilen derselben mit der angekündigten, liebenswürdigen Absicht „mal unten nach den ,Sachen' zu sehen," um irgendwo in der Nähe einen und noch einen Stehseidel zu trinken. Die Kinder, berauscht von dem freudigen Bewußtsein, heute vom Schulbesuch befreit zu sein, ver¬ üben in- einer Stunde mehr Dummheiten, wie sonst in einer ganzen Woche, und die Träger! Die Feder sträubt sich beim Ausmalen all' der Qualen, welche diese Menschenklasse dem armen Hausfraucnherzen bewußt und unbewußt bereitet. Schon beim ersten Anblick der lärmenden Gestalten beginnt es bang zu schlagen in ahnungs¬ voller Befürchtung. Es wird etwas beruhigt durch die verblüffende Schnelligkeit, mit der sie auszuräumen beginnen. Und der Wahrheit die Ehre! Das Kapitel von der rein physischen, menschlichen Kraft erfährt durch ihre Leistungen die dankenswertheste Bereicherung. Sie spielen förmlich mit den schwersten Schränken, Tischen und Kommoden, oft freilich auf Kosten des guten Aussehens der Gegen¬ stände. Aber das sind unvermeidliche Uebelstände, die vom ersten, besten Tischler wieder ausgeglichen werden können. Anders ist es mit dem Porzellan, den Glas- und Nippessachen. Die hat man sorglichst in Kisten verpackt und zum Ueberfluß auf dem Deckel in Riesenlettern ein „Oben!" und „Vorsicht" und Weingläser ver¬ zeichnet. Man kann sicher sein, daß dieses Oben — unten wird, und die Weingläser wie Küchenschränke behandelt werden. Da sind ferner jene Gegenstände, die sich vermöge ihrer Beschaffenheit nicht gut emballiren lassen, deren Transport aber doch die größtmöglichste Vorsicht bedingt, in erster Reihe die Lampen und zwar nicht jene zum täglichen Gebrauch bestimmten. vielen älteren Berliner Familien findet man so eine Prunk- und Staats¬ lampe, die als einstiges Hochzeitsgeschenk wie ein Heiligthum ge¬ hütet wird, in der „guten" Stube auf der Marmorkonsole des Spiegels ihren Ehrenplatz hat und niemals ihr Licht leuchten läßt. Madame läßt, nachdem alles andere hinuntergeschafft worden, die Reihe der lasttragenden Enakssöhne Revue passiren, um den zur Wahrung des Schatzes ihr am würdigsten Scheinenden heraus¬ zufinden. Sie übergiebt ihm denselben und versucht, ihn von der Wichtigkeit und Verantwortlichkeit seiner Mission zu überzeugen, wobei sie, für den Fall des glücklichen Gelingens, die Aussicht auf ein Extratrinkgeld deutlich durchschimmern läßt. Der Mann bemerksamkeit.
In
326 theucrt ihr unter entsetzlichen Eidschwüren die peinlichste Vorsicht. Sie folgt ihm besorgt nach dein Trcppenflur, beugt sich über das Geländer und lauscht dem Schall seiner schweren, wuchtigen Tritte. Jetzt muß er gleich unten sein. Schon will sie sich, erleichtert auf— dumpfes Poltern, athmend, zurückziehen — ein urkräftiger Fluch! Sie schreit entsetzt auf. „Keene Angst, junge Frau," dröhnt der Bierbaß des Mannes zu ihr empor — „ick bin noch janz, bloß die Lampe is zum
da-Klirrrr!!!!
Deibel!" Endlich ist alles verladen. Das Ehepaar, umringt von den Sprößlingen, läßt noch einmal den Blick durch die leeren, öden Räume gleiten. Und etwas wie Wehmuth überschleicht sie beide, und die hier durchlebten fröhlichen und trüben Stunden ver¬ lebendigen sich ihnen noch einmal im Fluge. Ja, wenn sie es recht bedenken, war es eine so üble Wohnung nicht. Freilich, sie war etwas feucht, und mitunter rauchten die Oefen. Aber man hatte doch auch die Morgcnsonne und hinter dem Hause den Garten. Warum mußte ihnen auch der Wirth mit der geringen Miethsstcigcrung auch gleich ein Ultimatum stellen, in so kurzer Frist, daß sic kaum Zeit zur Ueberlegung hatten? So denken sie im Geheimen. Laut sagt ,er": „Gott sei Dank, daß wir hier 'rauskommen!" und ,fic‘: „Ich habe mich auch schon längst fortgesehnt." Nur nicht einen begangenen Fehler eingestehcn! Der Menschheit ganzer Jammer
könnte uns anpacken beim Anblick der Umzüge in den Arbeitervierteln, wenn sie nicht gerade häufig von einem Schimmer jenes Altberliner Volkshumors ver¬ klärt würden, der im Wirbel der neuen. Zeit mehr und mehr zu verschwinden droht. Jene großen, oben geschilderten Transport¬ wagen treten hier nur sporadisch auf. An ihre Stelle sind simple, ursprünglich anderen Bestimmungen dienende Vehikel, häufig mit
großen Hunden bespannt, getreten, deren Besitzer an ihren Geschäfts¬ lokalitäten mitunter die Anschrift haben: „Hier werden Kohlen und andere Möbel gefahren." Auch die Kolonnen der berufsmäßigen Träger fehlen hier. Außer dem Führer des Fuhrwerks besorgen das Auf- und Abladen die betreffenden Familienmitglieder: Mann, Frau und Kinder. Umfangreich ist ja auch ihre Ausgabe nicht. Ein Sofa; ein, wenn es hoch kommt, zwei Schränke, eine Kommode, zwei Bcttgestelle, einige Stühle, Bretter und Gerümpel — das sind so, oft schon im Verfallsstadium, die hervorstechendsten Gegen¬ stände. An Stelle der Prunklampe als Familientabernakel ist hier das Holzbauer mit dem Kanarienvogel getreten, den der resp. die „Aelteste" trägt. Wo der magere Klepper oder die Hunde nicht
bewältigen können, hilft alles, was Hände besitzt, mit „Schieben" nach. Häufig wird der feierliche Moment der Abfahrt mit Ziehharmonikaspiel begleitet. Man verläßt ohne Bedauern die alte Wohnung, betritt ohne Hoffnungen die neue. Ist sie besser wie die vorige — nun, dann hat man es eben gut getroffen; ist sie noch schlechter, dann vertröstet man sich auf — den 1 . Oktober. Leben ein Umzug! Noch einfacher geht der Wohnungswechsel des flotten Bruder Studio und des „möblirten Herren" von Statten. Ein Dienstmann mit einem Handwagen ist hier ausreichend. Schnell geht die Ver¬ ladung von Statten. Ein, vielleicht auch zwei Koffer, eine Kaffee¬ maschine, ein Stiefelknecht, Bücher und sonstige kleine Gegenstände bilden meist des Faustulus ganze Habe. Pfeifenrohr, Spazierstock und Schirm unter dem Arme, die Hutschachtel in der Hand, die Last
Ihr
ziehen die Besitzer dieser Herrlichkeiten neben dem
„Zweirad"
aus
Trottoir dahin. Sinn und heiter das Gemüth.
Leicht ist das Gepäck und leicht ist auch ihr
dem
Vielleicht noch einen Blick zum mit thränendem Auge der nicht mehr pumpenwollenden Phileuse Töchterlein lugt —: „Behüt' Dich Gott, es wär' zu schön gewesen" — Fenster empor, hinter dessen Gardinen
Und Bude ist — Bude!
Von Stunde zu Stunde bewegter, mannigfaltiger und eigen¬ artiger entfaltet sich der wirre Trubel auf Straßen und Gaffen. Zehntausende befinden sich mit ihrem Hausrath auf der Wanderung. Welche Ausbeute für den Griffel eines Genremalcrs, welche Fülle von erheiternden und oft gar traurigen Scenen! Ueppiger Reich¬ thum und hohläugige Armuth, frischquellender Lebensmuth und stumpfsinniges Sichgehenlassen wechseln mit einander ab. Berlin, wie es weint und lacht! — Die Sonne vergluthet am Horizont. Die Schatten der Dämmerung überziehen gespenstig die ungeheure Stadt. Noch ist kein Abnehmen der fieberhaften Thätigkeit wahrzunehmen, eher ein noch beschleunigteres Tempo derselben.
Jeder
will mit
dem Sinken
der Nacht ein schützend Dach über seinem Haupte haben.
Da kommt
eine
neue
Wagenspecies daher.
Schwarz
und
düster ist der Anstrich, die Pferde, die Kleidung des Kutschers, der beiden Männerpaare zur rechten und linken, die gleichzeitig neben-
hertrotten. Einen stillen Menschen bringen sie da hinaus nach dem Friedhof. Nimmer leuchtet ihm die Sonne, nimmer vermehrt er mit seiner Person die Hunderttausende, die in athemloser Hast um ihn herum dem Erwerb, dem Glücke nachjagen. Sein letzter Umzug.
Kieme Mittheilungen.
In das von Friedrich dein Großen bei seinem Regierungsantritte 1740 errichtete Regiment der Gardes du Corps trat nach der für die Preußen so siegreichen Schlacht von Torgau, am 3. November 1760, der erst 15 Jahre alte Standartenjunker Friedrich Ludwig von Nochow, aus Stülpe gebürtig, ein. Schon im folgenden Jahre wurde er Cornct und zeichnete sich in den Gefechten von Burkersdorf und Leutmansdorf und in dem von Reichen¬ bach aus. In dieser Zeit war es, daß Friedrich bei einem Marsche an das Regiment seiner Gardes du Corps heranritt und den Offizieren in ernstem Tone sagte: „Ich höre, daß meine Offiziere sich beikommen lassen, leichtere Kürasse als die vorgeschriebenen zu tragen. Das will ich nicht haben; wenn ich wiederkomme, werde ich auf einen Küraß schießen und sehen, ob er Probe hält." Dabei schlug der König bedeutungsvoll an seinen Pistolenhalflcr. Ob Friedrich die Probe ausführte, wird nicht er¬ zählt. Jedenfalls fand aber die Warnung ihre volle Beachtung. Cornet von Nochow nahm seinen Küraß und probirte ihn selbst, indem er in seinem Zimmer aus einer gezogenen Büchse auf den Küraß schoß. Die Kugel ging nicht durch, und so konnte er mit ruhigem Gcwiffen die Probe des Königs erwarten. (Wie würde eine solche Probe wohl heute bei unsern vortrefflichen Gewehren ausfallen?) Nach dem Hubcrtsburger Frieden diente Rochow ini Regiment« noch neun Jahre und »ahm dann seinen Abschied, der ihm fteilich vom Könige, wenn man cs so annehmen will, sehr ungnädig ertheilt wurde. Als nämlich Rochow um seine Eittlassung bei Friedrich einkam, lehnte diese der König mit der schmeichelhaften Aeußerung ab, er wolle einen so schönen und tüchtigen Offizier nicht verlieren »mb werde ganz vorzüglich für sein künftiges Glück sorgen. Rochow indessen beharrte auf seinen Abschied, Friedrich der ff,rohe und der Lieutenant von Zkochow.
und nun ließ ihn Friedrich in Arrest schicken mit der Warnung, „wenn er sich noch einmal zum Abschied meldete, werde er ihn auf ein halbes Jahs nach Spandow schicken und dann zu einem Garnison-Regiment versetzen." Als nach einiger Zeit der Regiments-Kommandeur dem Könige Rochow als krank meldete, fragte Friedrich verdrießlich: „Was fehlt ihm?" Aus die Antwort des Oberst: „Er hat den Schwind im Arm", sagte Friedrich: „Den Teufel auch, ich weiß es besser, was ihm fehlt; den Abschied will — er haben; gehe er gleich hin und sage er ihm, er solle gehen!" Während seiner Dienstzeit schwebte er einmal, wie er seinen Kindern er¬ zählte, in großer Lebensgefahr, und nur seine Freundlichkeit und Schönheit retteten ihm das Leben. Ein Garde du Corps nämlich hatte in wahusinniger Derzweistung sich vorgenommen, den ersten Menschen, der ihm aui der Straße begegnen würde, zu erschießen. Dies war der Lieutenant von Rochow. Sobald er vorüber war, legte der Garde du Corps aus ihn an, setzte aber wieder ab und erschoß ein Mädchen, das hinter ihm kam. Bei der Untersuchung gestand der Garde du Corps, zuerst auf de» Lieutenant angelegt zu haben; er habe es jedoch nicht über sein Heck bringen köniten, einen so schönen und immer freundlichen Mann zu todten. Dieser Rochow ist der Vater des bekannten Hofmarschalls und Mitglieds bei des Staatsraths Adolf Friedrich August von Rochow auf Stülpe Luckenwalde. . H. Wgr. Ge¬ Am 19. März dieses Aaüres hat die berühmte Brauerei der brüder Josth, Prenzlauerstraße 59/60, ihr 70 jähriges Bestehen feiern können. Der Name „Josth" hat einen bellen Klang in der Kulturfarttzr" geschichte von Berlin; vernehmen wir ihn, so steigt ein gut' Stück Lebens aus den alten Conditoreien unserer Stadt wieder empor, -ln» die alte „Stechbahn" mit ihren düsteren Bogenwölbungen und den Hohr"-
327 fashionablen Zimmern der Bel-Etage zieht an uns vorüber. Einsender dieses aber erblickt sich noch beim Klange dieses Namens als spielendes Kind in einem der schönen, schattigen, bürgerlichen Biergärten von Alt-Berlin. Vater und Mütterchen sitzen an dem plumpen, grün- und wcißgestrichenen Tische; Vater hat die hohe Stange Weißbier mit dem grünen Deckel vor sich, und Mütterchen nippt von deni stärkenden, würzigem Josty-Bier. Die Josty-Biere, Helles und dunkles, sind von der Konkurrenz des „Bairischen" und des „Rechten" nicht verdrängt worden; im treuen Kartell mit der „Weißen" hat sich das „Josty" seine Wählerschaft zu erhalten verstanden. Freilich, das Grundstück in der Prenzlauerstraße, welches in seiner Schlichtheit noch heut an jene Zeit erinnert, da der Verkehr von der See und der Uckermark hier nach Berlin hereinwogte, und Aus¬ spannung an Ausspannung sich hier reihte, — dies altehrwürdige Grund¬ stück bei den Kirchhöfen von St. Nikolai und St. Marien, wird der Durchlegung der Meyerbeer- nach der Lothringerstraße wohl bald zum Ein Grund also mehr, das 70 jährige Jubiläum recht Opfer fallen. festlich zu begehen! Schon am frühen Morgen bewegte sich ein langer Wagenzug, die festlich geschmückten Josty'schen Gespanne, durch die Königstadt hindurch nach dem königlichen Schloß, um dem Kaiser ein Festgeschenk in Gestalt köstlich gebrauten Jubiläumsbiers zu bringen und dann eine Von allen Seiten gleiche Gabe dem Fürsten Bismarck zu spenden. liefen inzwischen Glückwunschtelegramme und Briefe bei der Jubilarin ein, und im Laufe des Vormittags sprachen unaufhörlich Deputationen der verschiedenen Handwerke und hervorragende Besucher vor, um persönlich
Gratulationen vorzubringen. finden? — Wo aber die rechte Stätte für diese bürgerliche Feier solche eine trauliche Liegt da in der Linienstraße Nr. 8 auch noch Stätte altberliner Gastlichkeit, i» welcher nicht auf den Schein und die Form, sondern aus das Wesen und den Inhalt der Dinge gehalten wird, Ei, und welch rührige Wirthin, das alte Siemund'schc Weißbier-Lokal. Mutter Siemund mit ihren drei blühenden Söhnen! Altbürgerliche Embleme schmücken hier und da die Wände; in den altfränkischen Schränken ruht manch ein Säcklein harter Thaler; denn die Gewcrkskassen bevorzugen Die Bäume dieses Lokal; im Saale aber herrscht inoderne Eleganz. draußen im Garten scheinen freilich darob zu trauern, daß viele ihrer Brüder der Axt bereits gefallen sind. Hier war die Stätte, auf welcher die Herren Viktor Josth und Wilhelm Körner ihre» Leuten bei „Jubiläumsbier" das Fest gerüstet hatten. Kompakte Speisen schufen im Vereine mit dem schäumenden Braue bald die rechte Stimmung für ein Bürgerfest voll gesundester Fröhlichkeit, welchem jeder Zug sozialen Unfriedens fern blieb. Gott Lob, daß Alt-Berlin noch auf dem Plane ist! Wohl hörten wir's noch, wie begeistert der Kaiser-Toast ausgebracht und aufgenommen wurde; — wann das schöne Fest geendigt hat, vermögen wir indessen nicht zu sagen. Und ibre
io schließen
wir
denn glückwünschend:
„Hopfen und Malz,
Gott erhalt's!" —
O. S.
Die Stadt Merlin hat einer Dankespflicht genügt. Unter der BciSr. Majestät des Kaisers und Königs besitzt sie durch bestäti¬ genden Erlaß des Königlichen Polizeipräsidiums vom 16. März 1889 eine „Wilibald Alexis-Straße". Das ist eine hochcrfreuliche Thatsache. Der Dichter, welcher im „Rolande von Berlin" die starke, knorrige Art des althanseatischen BUrgerthums von Berlin so meisterhaft zu schildern ver¬ standen hat/ der im „Wärwolf" das bewegte Leben unsrer Stadt während der reformatorischcn Epoche so ergreifend dargestellt, der in „Ruhe ist die erste Bürgerpflicht" in heiligem, vaterländischem Zorne die Entsittlichung und Schande der napoleonischen Zeit gestraft hat, — der große Künstler, welcher uns in dem ersten Theile des „Cabanis" ein unübertreffliches Kabinetstück altbcrliner Familien- und Jugendlebens hinterlassen hat, — er durfte ein, Monument unter uns beanspruchen! Wilibald Alexis' lite¬ rarische Fehden, seine Wirksamkeit im „Freimüthigen", seine Gesellschafts¬ novellen, — das alles ist der Vergessenheit anheim gefallen; fort und fort aber wird die Liebe zur Natur und zur Geschichte Brandenburgs Er¬ quickung schöpfen aus jenem sprudelnden Jungbrunnen, welchen er mit seinen vaterländischen Romanen uns geschenkt Hai. O. S. Merkiner Zeitungen im vorigen Jahrhundert. Paul Jakob Marperger, Mitglied der Kgl. preuß. Sozietät der Wissenschaften, ließ listt, eine jcktzt selten gewordene „Anleitung zum rechten Verstand und nutzbarer Lesung ordentlicher und außerordentlicher Zeitungen oder Avisen wie auch der sogenannten Journalen" erscheinen, worin der Berliner Zeitungen folgendermaßen Erwähnung gethan wird. „Berliner (Zei¬ tigen) seyndt ihres reinen teutschen Stylt halber, und daß man sonderlich wenig ungeschmackte Materien, sondern mehrentheils Realia, hiernechst auch in gewissen Staats-Sachen ziemlich aufrichtige Nachrichten darinnen antrifft, sehr beliebt. Bey meinem Aufenthalt in Berlin gab der damals noch lebende Buchdrucker Wessel zwei Jahre lang wöchentlich 2 Stück srantzösische Avisen heraus, und vor einiger Zeit unternahm sich der jetzige drivilegirte König!. Buchhändler und Aviscn-Verleger, Johann Andreas Rüdiger, Italiänische Avisen, unter dem Titel: „Hove piu fresehe eavate da varii luoghi“ herauszugeben, welche aber (ungeachtet solche das Publikum mit der Zeit mit Dank anzunehmen große Ursache gehabt hätte) bald wieder ihre Endschaft erreichet." Von dieser italienisch geschriebenen L-rliner Zeitung findet man vielleicht anderswo weitere Nachrichten. Z>-u Zeitbestimmung sei bemerkt, daß Marperger 1710 in Berlin war und damals Fölibien's Leben der berühmtesten Baumeister übersetzt und erw'ckert herausgab. Wie er selbst auf dem Titelblatte bezw. in der Widmung der kleinen Schrift an den Geheimen Staatsrath Georg Detlev Arnim und an den Sachsen-Weimarischen Hof- und Kammer-Rath stiminung
Joh. Gott. Alberti ausspricht, hat er zeitweise in unterschiedlichen Reichs¬
und Residentz-städten ein Oollegiui» Novellarum gelesen und ver¬ öffentlichte diese Anleitung als die 17. Piece seiner Schriften, von denen monatlich 600 Stück ihre richtigen Abnehmer gefunden haben. P. W. Preußens Acer in Mild und Wort. Von der Gründung des brandcnburgischcn Heeres bis zum Aufbau der Kriegsmacht des Deutschen Reiches 1619—1889. Bilder von Richard Knötel, Text von Fedor v.Koeppen. Mit 36 Bildern in Farbendruck und 35 Vignetten. Glogau. Verlag von Carl Flemming. 76 S. Angesichts der erhöhten Theilnahme, welche die neuesten Veränderungen in der Ausrüstung und Bekleidung der preußischen Truppen in den wei¬ testen Kreisen hervorrufen, kann das Erscheinen eines Prachtwcrkes init Freuden begrüßt lverden, welches sich die Darstellung der Entwicklung des preußischen Heeres von dem Lehnsgefolge und dem Landesaufgebot der b randenburgischen Kurfürsten bis zu der reich ausgestatteten Kriegsmacht des Deutschen Reiches zum Vorwurf nimmt. Der Ritter mit der Helmschale und der Knappe mit Tartsche und Lanze machen den Eingang zu der Heeres sch öpfung der Hohen zol lern; die vom Burggrafen Friedrich gegen Friesack, Plaue, Golzow, Beuthen ins Feld geführte „faule Grete" init den 24 pfündigen Steinkugeln wird sodann nebst Verschanzung auf Grund zeitgenössischer Darstellungen im Bilde vorgeführt. Kurbrandenburgische Truppen int Jahre 1619 vor Bernau's Thoren zeigen uns die Leibgarde zu Fuß, die sog. Blauröcke und Trabanten-Leibgarde zu Roß. Das Schlachtfeld von Fehrbcllin 1675 bezeichnet der Verfasser als die Wiege des preußischen Waffenruhms, während der erste „König in Preußen" vornehmlich die Uniformirung, und der Soldatenfreund Friedrich Wilhelm I., der Schöpfer der „Potsdamer Garde" die strengste Subordination, mannhafte Zucht und Pflichterfüllung der Truppen im Auge behielt. Friedrich der Große suchte zwei mächtige Hebel zum Träger seiner Ideen zu machen, „Intelligenz" und „Patrio¬ tismus" der Armee: die Zietenschen Husaren und die Todtenköpfe, die Seidlitz-Kürassiere von Roßbach 1757, das Regiment Garde du Corps sind seine Schöpfungen. Der Verfall des Heerwesens führte bekannt¬ lich zu der Katastrophe von 1806/1, aber das „Volk in Waffen", die Lützower und die litauischen Dragoner, Schill und der Landsturm sind Zeugen der Erhebung Preußens. Die farbenreichen Bilder des Düppeler Schanzensturms, von Königgrätz, Weißenburg, Mars la Tour uild Le Bourget wecken die Erinnerung an die ruhmvollen Thaten des seit der ArmeeReorganisation neuentstandenen Heeres uird an Friedrich Wilhelm IV. pro¬ phetischen Ausspruch: „Die deutsche Kaiserkrone kann nur auf dem Schlacht¬ Nr. felde errungen werden."
Inhalt: Drei Menschen, Novelle von E. von Wald-Zedtwitz (Fortsetzung); Kaiser Friedrichs erste Einfahrt in Berlin, zum 30. März, von F. Brunold; Das Sparr'sche Grabdenkmal in der Marienkirche zu Berlin, von O. Schwebel (mit Abb.); Shake-
„Othello" in Berlin, 1775 und 1788; Preußische
speare's
Soldaten aus verschiedener Zeit, Berliner Umzugsbilder, Skizze von
v. Hermann Vogt (mit Abb.); Hermann Dupont. — Kleine Mittheilungen: Friedrich der Große und der Lieutenant von Rochow; Das Jubiläum von Josth's Brauerei; Wilibald Alexis-Straße; Berliner Zeitungen im vorigen Jahrhundert; Preußens Heer in Bild und Wort.
— Anzeigen.
Vom neuen Quartal, den 1. April 1889, ab wird „Der Bär" im Verlage von Fr. Zillessen, Berlin, Schönhauser Allee 141, erscheinen und herausgegeben werden. Den geehrten Mitarbeitern der alten vaterländischen Zeitschrift, welche dieselbe in ihrer Aufgabe, vaterländische Gesinnung im Volke zu fördern und zu pflegen, bisher unterstützt und durch thatkräftige Mithülfe und Beiträge gefördert haben, insbesondere den Herren, welche das Blatt vornehmlich mit ihrem dauernden Interesse begleiteten, den Herren Dr. Beringuier, F. Budczies, Theodor Fontane, E. Friede!, Dr. W. Schwach, Oscar Schwebel, Ernst v. Wildenbruch, sagt der unterzeichnete Herausgeber des „Bär" hiermit seinen herzlichsten Dank und bittet alle Freunde des Blattes, demselben auch ferner ihre Anhänglichkeit zu bewahren. Die Zunahme der Abonncntenzahl des „Bär" im letzten Halbjahr um ca. 300 wird gewiß allen Förderern der Zeitschrift eine freundliche Auf¬ forderung auch' zu fernerer Mitwirkung an der Aufgabe des vaterländischen Blattes sein. H. Schon, Herausgeber des „Bär".
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328
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Patent-Bett-Sopha ,
Empfangszimmer des Kaisers. ist
mach
säst
der
einzige Raum,
rich
II.
belebt
dnrch
den
das Weiß
welcher
sich
ganz in der
welche er unter König Fried¬
Rokokodekoration erhalten hat,
großen Knobelsdorff erhalten hat. der Paneele;
über den
gleich
Gold
gehaltene»
Thüren zeigen vergoldete Supraporten in Relief Gnlppe» spielender Kinder. Den weißen Marmorkamin ziert ein Aus¬ satz, welchen der Bildhauer Lessing aus das gelungenste den Formen des sriederizianischen Rokoko angepaßt hat. Zwei Putten tragen oberhalb des Spiegels das Namensschild des Kaisers. Die weiße Decke wird von goldigem Ornamente belebt. Bilder aus der Zeit Friedrichs des Großen, de» reichen Bilderschätzen der Königlichen Schlösser entnommen, schmücken die Wände, deren Tapeten aus grünem Gritnde ei» braunes Blnmenmuster zeigen. nun
Weiter schreitend in der Flucht der Räume, kommen wir in das ebenfalls zweifenstrige Arbeitszimmer des
Kaisers,
dessen
Voutendecke
ein
mythologisches,
aus
dein
Jahre 1708 stammertdes Gemälde von deur Hofmaler König Friedrichs I., Augustin Terwesten, ausfüllt. Dem kräftigen Tön dieses Bildes errtsprechen anch die gesättigten Farben der von Hulbe in Hamburg gefertigten Ledertapete, deren mit der Hand gearbeitetes Reliefmnster dnrch reiches Gold gehoben wird. Ofen, Paneele rtnd Thüreir sind grau-grün gehalten und tragen belebendes, zartes Goldornament. Die ganz ver¬ goldeten Supraporten, Reliefdarstelluirgeti von Liebespaare» enthaltend, sind Stuckaturen aus dem Schlosse in Eharlottenbnrg nachgebildet. Hinter den beiden zuletzt genamrten Räumen längs des Arkadenganges des inneren Schloßhofes sind ein Toilettenund Baderaum und ein Schlafzimmer zur Benutzung für de» Kaiser eingerichtet, wenn der hohe Herr allein, ohne seine Familie, in Berlin verweilt. Die Wäirde beider Räume sind mit einem Eretonne, welcher ein farbiges Blumenmuster ans weißem Grunde zeigt, überdeckt. Das Toilettenzimmer erhält noch einen besonderen Schmuck durch einen alten, echt Schlüter¬ Die scheit Kaminaufsatz, welcher in Eichenholz geschnitzt ist. Decke des Schlafzimmers, welches unter dem int zweiten Stock¬ werk gelegenen Geburtszimmer Friedrichs des Großeit liegt, füllt ein altes Gemälde von Rode. Den Abschluß der Zimmerreihe des Kaisers, die, wie wir nebenbei bemerken wollen, auch unter dem Namen der Redenschen Wohnung bekannt ist, bildet das an das Arbeitszimmer anschließende,
nach dem Schloßplatz zu gelegene
zimmer des Kaisers.
Dieses
Gemach
seiner
VortragsBedeutung
und Bestimmung eittsprechend auszuschmücken , war eine der dankbarsten Ausgaben, welche unseren Künstlertt gelegentlich des Umbaues zufiel; es ist ihiten gelungen, einen Prachtraum im Barokstyl, voll Schlüterschen Geistes, zu schaffen. Der Entwurf für das Zimmer rührt von Baurat Heyden her
Dem Bronzetott der Fensterlaibungen, welche alte gemalte Ornamente zeigen, entsprechen die Paneele ttnd Thüren, deren Supraporten Schlütersche Motive aufweisen. Durch braun¬ rote Samettapeteu gewinnt der Raum einen ungemein behag-
349
Men, warmen Charakter.
In
die Wandflächen zwischen die
fiigen sich große Spiegel ein, deren Goldrahmen In das von Fahnen umflatrerte Wappen Preußens krönt. der Mitte der gegenüberliegenden Wand baut sich der Kamin aus grauem und braunem Marnror auf. — Kein Geringerer als Schlüter selbst hat ein Vorbild siir den Aufsatz desselben gebildet; letzterer ist eine verjüngte Wiederholung einer Schlüterschen Dekoration, die sich bei dem nach dein Lustgarten führenden Schloßportal V. befindet: eilt von zwei Putten geDieser haltener Rahmen, über dem ein gekrönter Aar schwebt. Rahmen, bronziert, umschließt die vom Bildhauer Westphal modellierte vergoldete Büste des großen Friedrich. Von demselben Bildhauer rührt auch die dem ganzen Charakter des Raumes entsprechende, durch ihren goldigen Ton außerordent¬ Von Genien lich reich wirkende Dekoration der Decke her. umspielt, prangen in den Ecken derselben Cartouchen mit Allegorieen der, Herrscherlugenden : Weisheit, Milde, Gerechtig¬ Das Deckenbild, von Max Koch gemalt und keit, Tapferkeit. das Nahen des Merkurs, des Götterboten, darstellend, umfaßt ein breiter Rahmen, der sich aus die vorhangumwallten Durchsichten, welche die Voute ausfüllen, stützt. Zwei den Kamin flankierende Thüren enthalten in ihren oberen Teilen große, mit goldigen: Ornament bemalte Oberlichter, um den hinter dem Zimmer liegenden Nebeuräuiuen Licht zu gewähren. Ter eine derselben enthält die Kästen für die Garderobe des Kaisers, für die vielen, verschiedenartigen Uniformen, die stets zur Hand sein müssen, um einen raschen Toilettenwechsel zu ermöglichen, der andere verinittelt die Verbindung des Vortrags¬ zimmers mit der in dem Lynarschen Zwischenbau gelegenen Marmortreppe. drei Fenster
Aus dem Vortragszimmer des Kaisers öffnet
sich
durch
Thür in den nebenan liegenden PfeilerSaal, der als Gesellschaftsraum benutzt Der seiner Größe und Form nach der unter
Westwand eine (Königin Mutter-)
die
werden
wird.
liegenden Halle
chni
des Schloßportals
II.
entsprechende Raum macht infolge zwölf ionischen Süttlen in grauem Stein
wache
an der Schlo߬ der Stellung von
und infolge der
Form des vom ehemaligen Direktor der Berliner Akademie 6 h. B. Rode (ff 1797) herrührenden Deckengemäldes, die Götter int Olymp darstellend, den Eindruck eines Ovals. Die Wände, nlit rotenr Marnlorfftuck bekleidet, bergen in ihrem
Teile Nischen niit dekorativen Büsten; die Nischen über an den Stirnseiten sich ausbauenden Kaminen füllen
oberen den
Prunkvasen aus.
Gegen den Schloßplatz zu schließt
sich
au den
Taal ein Balkon; eine
auf der entgegengesetzten Seite öffnet sich Thür für die von der Marmortreppe her kommenden
Gäste, die einen
in
ein
welche
Vorraum zu durchschreiten haben, eine andere kleines Gelaß, wo sich all' die Aufzüge befinden, die im Souterain liegende Küche mit dem Speisesaal
verbinden.
Von den an der Westseite des Pfeilerffaales sich öffnenden vermittelt die zur rechten Hand gelegene den Zutritt zum Speisesaal; die Thür linker Hand führt in einen Durch¬ zug, der die Gemächer des Kaisers mit denen der Kaiserin verbindet. Zwischen Speisesaal und Durchgang steigt die Aebenireppe empor, welche in einem Nebenraum des Portals H. ihren Ansang ninimt. Der verhältnismäßig niedrige Durch8 ung, dessen zwei Fenster sich auf den Schloßplatz öffnen, wird von drei flachen .Kreuzgewölben überspannt, deren Kappen
Eren
s^-
Maler Kips mit .Kinderfiguren leichte
geschmückt
plastische Dekoration vom
hat,
während
die
Modelleur Schley herrührt.
Die Wände sind hoch hinauf getäfelt, das Mittelfeld umschließt über dem Marmorkamin einen Spiegel, über welchem Genien die Kaiserkrone halten. In der gegenüberliegenden Nische hat ein Springbrunnen in den Formen Schlüter'schen Barocks von Bildhauer von Uechtritz-Steinkirch Platz gefunden; elektrisches Licht spiegelt und bricht sich in dem sprudelnden Wqsser. Die beiden den Springbrunnen flankierenden Fensternischen sind zu Plaudereckchen ausgestaltet. Die ganze Ausstattung dieses un¬ scheinbaren und doch für die Wohnlichkeit des Kaiserlichen Heims so wichtigen Raumes ist eine so reizvolle, daß dieser Durchgang, wenn er sich bei größeren Festen auch den Gästen öffnet, gliedern wird.
sich
ebenbürtig in die Reihe der Festräume ein¬
Da der westliche Teil der Kaiserlichen Wohnung keinen Raum bot, dessen Ausmessungen den Anforderungen für ein
Speisezimmer
entsprechen konnten, so wurden zwei nach dem
äußeren Schloßhofe z:i gelegene Zimmer,
indem man die
sie
Mauer ausbrach, p einem Raume vereinigt, der, etivas Meter lang und etwa 7 x /4 Meter breit, wohl an hundert über 19 Gäste an der im Hufeisen aufgestellten Tafel des Kaiserlichen Gast¬ gebers vereiniget: kann. Die Freuden der Tafel paaren sich gern mit äußerem Glanze; so ist denn der so gewonnene Saal mit fürst¬ scheidende
licher Pracht ausgestattet. Einen ebenso eigenartigen wie kostbaren Schmuck erhielt derselbe in fünf echten Gobelins nach Boucher, welche den reichen Kunstschätzen des Königlichen Schlosses ent¬ nommen wurden. Den malerischen Reizen dieser Schöpfungen einer blühenden Phantasie hat Bildhauer O. Lessing die ganze Nußbaumpilaster, Ausstattung des Raumes itnlergeordnet. emporsteigen, umsäumen die von Paneelen gleichen die aus Wände. Oberhalb der den Gobelins bedeckten Felder der beiden Thüren der Südwand glänzen goldige Reliefs mit Darstellungen des heiligen Michael und des heiligen Georg
als Schutzpatronen des Deutschen Reiches und des ritterlichen Sinnes. Je zwei Thüren öffnen sich an den Schmalseiten; die goldigen Supraporten über ihnen zeigen Cartotlchen mit den verschlungenen Anfangsbuchstaben WB, und VB. Zwischen sie schaltet sich auf der einen Seite ein großer, mit Prunk¬
gerät umstellter Spiegel ein,
dessen
Reflex die Größe
des
Raumes scheinbar verdoppelt; auf der gegenüberliegenden Seite
baut sich ein mit Prunkgefäßen besetztes Buffet, ähnlich dem berühmten im Rittersaale des Schlosses, auf. In der Mitte der von vier Fenstern unterbrochenen Nordwand hat der von einem Spiegel überragte Marmorkamin seinen Platz. In der Mitte der Längsseiten des goldenen, im Schlüterschen Styl gebildeten Gesimses schweben Genien, welche die Schilder mit den Nanienszügen des Kaisers tmd der Kaiserin mit Blumen umkränzen; ihnen entspricht je ein Genienpaar an den Schmal¬ Die Decke gliedert sich seiten mit Symbolen der Taselfrettden. von Dt. Koch nach Entwürfen mittleres ein deren Felder, in fünf von Koberstein ausgeführtes dekoratives Spiegelbild, eine .Kranichbeize, umschließt. Die beiden Seitenfelder verwerten, zu jeder Seite sich wiederholend, das Motiv des eisernen Kretlzes und das von zwei Genien gehaltene, von der Ordenskelte umrahmte
Wappen Preußens. lFortsetzung folgt.)
--8
350
-
&
Müh' und gedeihe, ZoUeen'hhes Mut, Du, unfees DoUres teuerstes Out! Mord' unsres Reiches edelste Ziee: Judeind getodeu die Deeken steh Die! Glücklichste Muttee! Gott segne Dein Haupt! Leen bleibe oll; eit, ruas Leieden Die eoubt.
Ktühet Jhe Meinten untadtigee Aet, Don Lieb' und Attrnacht in Teeuen vernähet!
-Hr--
O. S.
Das Wunder der Rasen. de» edelsten, den zartesten und den duftigsten Blüten der deutschen Sage gehört die Erzählung von den Rosen der
heiligen Elisabeth von Thüringen. Mit rauher Hand gedachte der Landgraf Ludwig die allzu freigebige Wohlthätigkeit seiner Gemahlin einzuschränken; er verbot ihr, hinfort ihre Dienerinnen mit Lebensmitteln von der Wartburg herab ins Thal zu den Armen und .Kranken zu senden; die Heilige gehorchte indessen den Neigungen ihres eigenen zu selbstverleugnender Barm¬ herzigkeit allezeit fröhlich bereiten Herzens mehr als dem Willen Sie legte, wie ehedem, Wein und Brot in ein des Gallen.
Körblein, verdeckte dasselbe mit den edelsteinbesetzteu Säumen ihres Fürstenmantels und stieg nun selbst von der Wartburg herab, den Armen und den Leidenden sich nahend, gleich einem Engel des Erbarmens. Auf solch' einem Gange begegnete „Was ihr einst der von der Jagd heimkehrende Gemahl. trägst Du in dem Korbe?" fragte er die Gattin. „Rosen!" stammelte die Fürstin in ihrer Verwirrung — in ihrer frauen¬ haften Furcht vor dem Zorne des Gatten. — „Rosen mitten im Winter?" grollte indessen Landgraf Ludwig. Mit rascher Haitd schlug er dabei den Mantel der Fürstin zurück. Doch Aus dem Korbe blickten ihm frische Rosen, rote und siehe! weiße, leuchtend entgegen.
„Gott der Herr,"
so
schließt die
bei ihm fromme Sage, „wollte kein Ding unmöglich ist, und daß das menschliche Erbarmen einer holden Blüte gleicht, welche mitten im Wintersturme der Not erwächst, jedwedes Herz erfreuend." diesem Fürsten zeigen,
das;
auf deutschem Boden noch öfter. Sie klingt auch dem Wanderer entgegen, welcher die schöne, fröhliche Rheinpsalz durchstreift. Da ist es einmal ein ungenannter Gras an der Nahe, welcher das Wunder an seiner mildthätigen Gattin erlebt. Die pfälzische Diese
liebliche Erzählung wiederholt
sich
Volkspöesie singt von ihm:
„Er
reißet de» Schleier vom Korbe:
Die Gräfin wird bleich wie der Tod: Doch siche das Wunder! Im Korbe Blüh'» Rosen schneeweiß und blutrot!" —
Der gleichen Begebenheit im Hause der Grafen von Veldenz verdankt sodann auch die „Rosentreppe" im Schlosse zu Zwei¬ brücken ihren Namen.
Die poetische Schönheit der Sage endlich hat Moritz von Schwind, den großen Maler der Wartburg, bekailntlich zu einer seiner aninutigsten Schöpfungen begeistert, — zu einem Bilde, welches es von ueuem bezeugt, wie das Christentum zugleich die Mittler der edelsten Kunst ist. Allein wir habe» uns hier gleichwohl zu fragen: „Ist diese liebliche Erzählung auch ursprünglich deutsch? Oder ist sie nicht vielmehr ein zartes Reis, welches einstmals aus fremden Landen auf beit Boden unsrer Heimat verpflanz!
ward?" Und aus solche Fragen müssen mir offen bekennen: „St. Elisabeth lebte und litt erst im 13. Jahrhundert; schon im 12 . aber hören wir von dem Rosenwunder am französischer Erde, auf dem Boden der Normandie."
Tie „Normandie merveilleuse“ von A. Bosquet
erzählt
das Folgende: ivelche au der Straße von Dieppe nach Fscamp belegen ist, wurde von dem Sire Nikolas von Estouteville iin Jahre 1116 gegründet, und zwar infolge
„Die Abtei Valuiout-en-Caux,
eines Gelübdes,
welches er einst im heiligen Lande
gethan
harte, als er sich von drohenden Lebensgefahren umringt sah. Nikolas von Estouteville aber war ein harter, gewaltthätiger Mann, jähzornig, geizig und grausam. Wenn solch' ein Edel¬
mann, deren es ja damals eine große Anzahl gab, sich trotz¬ dem der Kirche gegenüber als freigebig erwies, so geschah dies natürlich nur in der etivas kühnen Hoffnung, daß er für seine Gabe dereinst im Jenseits hundertfältig belohnt werden würde und daß es ihm bis dahin aus Erden äußerst wohl ergehen aus¬ müsse. Der Sire Nikolas ließ daher, ivie die Tradition aus Baumeister drücklich besagt, Maurer, Bildhauer und romanische» Deutschland kommen, allwo damals die herrlichen
Dome des Frankenlandes am Rheine nnd am Maine aufge¬ richtet wurden, und stellte bei dem Baue der Abtei Valmon!
351 Unterthanen als Handlanger an. So bame es allzu teuer! Allein der schlimme Sire belastete nicht allein weil über ihre Kräfte, sondern er Arbeiter die mit dem Schweiße der Armen dem allwissenden wagte es auch, Himmelsherrn einen Tempel zu errichten; ja, er wollte in seinem Geize selbst das „Brot" der Handwerker zu „Bau¬ Denn er beköstigte die Arbeiter so un¬ steinen" verwandeln. genügend, daß sicherlich ein Ansstand unter ihnen ansgebrochen wäre, wenn sich nicht ein barmherziges Wesen gefunden hätte, welches für das Notwendigste eingetreten wäre. Das war die Zunächst reichte sie holde Tochter des Sire voit Estouteville. den Arbeitern ihre Ersparnisse hin; dann aber, als dieselben erschöpft waren, teilte sie Lebensmittel aus den Vorräten ihres Vmers unter die darbenden Fremdlinge aus. So trug sie eines Abends üinen wiederum Wein und Bror
wiederum erhob, war seine holde Tochter ver¬ Er eilte nach seinem Schlosse; er sendete seine Knechte aus, um sie aufzusuchen: vergebens, sie blieb verschwuuden; es fand sich nicht die mindeste Spur von ihr.
ieme eigenen
sich
Da stand der
zu.
Vater plötzlich vor ihr. In heftigem Zorne fragte er: „ Was trägst
Tu da, mißratenes Kind?" „£ lieber Barer," sprach
das Bkügd-
lein,
katlm
dann
schwunden.
doch nicht
sich
St¬
Erst nach Verlauf eines Jahres sprach einst ein Pilger aus dem Schlosse Estouteville vor; er brachte die Kunde, daß die Jungfrau sich plötzlich an der Pforte eitles fernen Karmeliter
innen-Klosters wiedergefunden habe. Von ihren Genossinnen wie eitle Heilige verehrt, sei sie dort jüngst gestorben und sende ihrem Vater ihren letzten Gruß. Als demütiger Acoluth trat darauf der Sire in die Abiei von Valmont ein. — Wohl strebt sich unser evangelischer Sinn gegen Einzel!>
!
!
heilen der Sage, vor allem gegen die „Notlüge". Allein das hindert uns nicht, zuzugestehen, daß die Erzählung von dem
Rosenwunder zu den lieblichsten Erzeugnissen mittelalterlichen Volksgeistes und
Volks-
frommer
Wir
poesie gehört.
dieselbe, zu¬
als ein Zeugnis auf, daß
gleich schönes
dafür
milde
der
Geist
Menschlich-
ächter
mehr
keil
oder die
besser:
christliche
seiner
Sinne
mäch¬
daß
tig,
„nur
Rosen
Barmherzigkeit nimmer ganz von Erde der ver-
tmd hier Mi Krttg ist — irisches Wasser!"
sind's,
Sage
Die richtet
be¬
von
jetzt
derselben
Ver¬
wandlung wie am Fuße
der
Wart¬
burg.
Landgraf
Lud¬
wig aber war, wie uns die deutsche Tage erzählt, ehrsnrchtsvoll vor der Allmacht Gottes niedergesunken;
er
vereinigte sich fort¬
mit seiner hehren Gemahlin zu einem gemeinsamen Gott wohlgefälligen Leben >"> Sinne jener lang' entschwundenen Tage. Anders aber an
Das Wunder rührte von Estouteville. sich vielmehr in ergoß er harten Sinn noch nicht; Schmähungen gegen seine Tochter und drohte ihr mit der
handelte
der Herr
leinen
härtesten Strafe, welche es in seinen Augen wohl geben mochte: »ui der nämlich, sie in ein Kloster zu senden. Da neigte sich demütig die Jungfrau und sprach: „Gern
lvig' ich Deinem Willen, lieber Vater!" In diesem AugenMtfe, erzählt unsere liebenswürdige altfranzösische Duelle, umzog ein heller Lichtglanz ihr jugendlich schönes Haupt. Und nun beugte auch der Sire von Estouteville, von Staunen und Schrecken überwältigt, seine Kniee und flehte Gott mit fieienftem Haupte um Vergebung seiner Sünden an. Als er
schwunden sind, selbst
in
—
jenen
eisenharten Zeiten
nicht! —
Wohl
könnte
man zweifeln, ob die ausgebildetere französische
die
Allein
Sage
ältere sie
sei.
ist
es
wirklich; denn grad' in der Normandie ist das Wunder der Rosen
zu
Hause:
wie die Karolinger-, Artus-, Gral- und Genoveva-Sage ist dasselbe einst von der ritterlichen Poesie Denn ganz in der nach Deutschland hinübergetragen worden. zweite Heldin eine Nähe der Abtei von Valmoitt begegnet uns des Rosenwunders: es ist das Fräulein von Brsauts, die Tochter des Schloßherrn von St. Valärie-en-Eaur. Auch hier versagten Vater und Bkutter der edlen Tochter die Bkittel, wohlzuthun und christliches Erbarmen zu üben; auch hier voll¬ zog sich im entscheidenden Angenblicke die Verwandlung des Brotes zu Rosen. Die Sage weiß hier jedoch noch weitere
Das Schicksale dieses edlen, jungen Herzens anzuführen. Fräulein von Brannte war von strahlender Schönheit; da blieben dann die Freier auch iticht lange aus! Die Huldig¬ ungen derselben, die Pflicht, die Gäste zu bewirten und sie dann ablehnend zn bescheiden, zogen indessen das Edelfräiilein,
welches gelobl hatte, nur dein Erlöser zn leben,
so
den Uebungen der Frömmigkeit ab, daß es beschloß,
sehr von
Gott zu
vergängliche und lästige Gäbe der Schönheit zn tilgen. Auch dieser Zug der Sage ist nach Deutschland über¬ tragen worden; — in gleicher Weise handelte auch Gisela, Kaiser Konrads II. Tochter. Und wie sie, so wurde auch das fromme französische Herz sofort erhört: die Schönheit ihrer
bitten,
die
Züge schwand der Jungfrau schnell dahin.
Wohl inag einer späteren Zeit
gar selt¬ Gleichwohl: aus begeisterter Frömmigkeit ist sam erscheinen. Wohl uns, wenn mir noch den es dennoch hervorgegangen! Pulsschlag einer Zeit verstehen, welche, so roh und rauh sie immer war, doch auch die Glut einer ersten Liebe zu dein Erlöser besaß. Vergängliches ja wars nur, was dem Fräulein von Brsautö genommen wurde; das Dauermde, das Ewige verblieb ihr, und noch hört man um St. Valerie in der Normandie die poetische Bezeichnung: solch ein Gebet
„Schön wie das Fräulein von Brsautö."
Es freut uns, solch' helles Licht über den Ursprung der Elisabeth-Sage verbreiten zu können: französische Kreuzfahrer Wo aber mystische haben sie auf deutsche Mitpilger übertragen. Rosen erscheinen, da bedeuten sie frühen Tod; — immer! So diesen
bei
französischen
„Chatelaines“;
so
bei
Hummel, Katze, Drossel, Wachtel, Lerche, Kuckuck, Eule, Kauz, Falke, Strauß und Vogel Phönix, die Else's, Ursel's, die Marthen, Grethen, Metzen, die Lucifer und „Scheer den Teufel," die „Brummerinnen," „Schnurr hindurch," die „Weckauf" und die „Purrlepauß" in durchaus angemessener Weise. Von den sodann in großer Fülle und systematischer Anordnung beigedruckten Inschriften seien hier nur wenige, besonders charakteristische hervorgehoben, um aus Bremse,
Rabe,
jenen
großen Reichtum ächter Spruchpoesie
welchen das Büchlein enthält. von 1565 die folgenden Verse: „De brummende Bär bin
(Neuestes Johanniter-Wochenblatt der Ballei Brandenburg.)
„Her Eisegrei (Jsegrimm) bin ich genannt. Ich wer' nieder Klamer rmd Wand."
Ein
„Bär"
begegnet uns auch aus deni „hohen Trviel;"
er rühmt sich:
„Ich alter Beer Thu' brummen sehr;
Mir meiner Pfeift' Ich all's umbkehr."
Besonders beliebt aber waren aus leicht erklärlichen Gründen Inschriften, ivelche sich atff Vogelnamen bezogen. So die folgenden: „Der Phönix heiß' ich; Ich lege ein Ei;
„Ik
«streitig ist für das Erkennen eines Volkscharakters neben dem Volksliede auch die Spruchdichtung von hoher Bederming. Das subjektive Empfinden tritt in den Hintergrund; die Phrase ist völlig ausgeschlossen und in knapper, bündiger Form wird durch Hervorhebung des Kernpunktes wie durch ein Schlaglicht eine Situation oder ein ganzer Zeitraum be¬ leuchtet. Dieser charakteristische Zug läßt sich vorzüglich an Die Lands¬ den allen Geschütz-Inschriften nachweisen. knechts-Phantasie bemächtigte sich auch der furchtbaren MordInstrumente, welche an Monstrosität unsern modernen Riesen¬ geschützen kaum etwas nachgaben, um ihnen durch symbolische Bezeichnungen, Berschen und humoristische Sprüche das
Sterbelied;
so
sandte
„Schön' Els"
ihrem erwählten
Helden donnernden Gruß und Todeskuß zu. — Mir diesen Worten beginnt Hans Ziegler sein zierliches und interessantes Büchlein über alte Geschütz-Inschriften
(Berlin, R. v. Deckers Verlag,
G. Scheuch), welches für
die Freunde der Geschichte unsrer Stadt einen besondern Wert
dadurch erhält, daß ihm ein Anhang über die Schätze des K. Zeughauses zu Berlin beigefügt ist. Der geehrte Ver¬
noch
fasser
geht
sodann
auf die Namen der
Geschütze
ein
und
gruppiert die Bezeichnungen: Schlangen, Drachen, Basilisken, Krokodile, Salamander, Bär, Löwe, Wolf, Rhinoceros, Büffel, Einhorn, Vielfraß, Luchs, Greif, Hirsch und Hund, Widder,
hete de Kuckuck,
oder: „Ein Druffel
ik hete von guden Sange Und make mine Viende van Herten bange.'*
oder endlich:
„Ik bin genannt der gruene Specht; Es gilt mir gleich Herr oder Knecht." Von ganz eigentümlicher Färbung sind die Inschriften: „Wir heißen Frühe auf; Wo wir hinkommen, da muß man auf."
„Unverdrossen
So schmetterte die „Nachtigall"
ihr Lied in das wilde Schlachtgetümmel, — so sang die „Sängerin" dem totwunden Landsknechte auf grüner Haide das
drey, das bricht entzwei;"
Den min Ey drucket, Den zeit de Buk (Bauch) ut,"
|
benehmen.
ich
oder:
Alte Geschütz-Inschriften.
zu
ik genant,
Es war der Tiersage entnominen, wenn ein sächsisches Kanon von 1660 einen Wolf mit einem Schaf im Rachen als Bildnerei aufwies und ihn also deutete:
Was
Schreckende
Geschütz
To erbolden min erbar Vaderland. Schärpe Kugeln do ik scheten: Lübisch Brunstrat let mi geten." —
der Gräfin
von Veldenz und bei St. Elisabeth. Das Herz der deutschen Heiligen aber mußte zuvor noch Tiefschmerzliches erdulden: die Rose ist ja auch der Name und das Sinnbild des Schwertes, — des Schwertes, welches den Bekümmerten durch die Seele geht!
hinzuweisen,
So trug ein lübifches
nachstehenden
-
heiß' ich,
Meister Konrad Oster goß mich; Dich, mein Feind, den haß' ich."
„Lucifer, du höllischer Geist, An unserm Feind dein' Macht beweis'." „Ich todt' bald und komm' geschwind, Darum heiß' ich der fliegende Viend."
„Scharge Metze Burlebus, Zum ein' End' in, zum andern us." „Halte fest, du
wilder Mann,
Was du hast, das lab' nit gah'n!"
Besonders interessieren ttns hier selbstverständlich die far: brandenburgischen
Geschütz - Inschriften.
Allein
dem
Strauße niedersächsischer, namentlich hanseatischer Reime über, welchen Halls Ziegler's Büchlein uns. darbietet,
reichen
gegen' stndei
353
l^-
von märkischen Sprüchlein nur Vereinzeltes vor. So die Zuschriften der Geschütze „Romulus" und „Remus", welche
„Das Reblmhn mit
jicf)
einst zu
Von ganz besonderm Werte aber ist, ivie bereits erwähnt, der unsere Ruhmeshalle betreffende Anhang des Büchleins. Wir lernen durch denselben u. a. auch einen Geschützgießer Heinrich Schultz kennen, welcher im Jahre 1669 zu Berlin arbeitete. Hochinterressaut ist ferner die kecke Schwertausschrift, lvelche hier sich findet:
Küstriir standen: „Auf, auf, Roniulus,
du starker Held, Laß' deine Stimm' klingen in das Feld! Des löblichen Churfürsten Johann Sigismundi du bist. Zu verstoren seiner Feinde Macht und List."
und:
„Remus bi» ich genannt mit Fug, Ob mich mein Bruder gleich erschlug.
„Wetterherr
ich dennoch mit starker Macht Und hab' das Haus Brandenburgk in Acht."
So leb'
1610.
Brandenburgisch sind auch die Inschriften: „Spes mea in I)eo!“ protestantisch polemischen Worte des klugen Markgrafen die und Hans von Küstrin:
!
}
„All
bin
ich
Das Schwert führ'
ich
■■■•' gcnannr, in meiner Hand, Zieh' Fürsten und Herren durch ihr Land, Bin allen Ehrbaren wohl bekannt.
Allein Gott die Ehr'!" Fröhlichen Humor zeigt die Büchsen-Inschrift: „Der ist ein seltsam' Mann,
Der ein' Schutz fehlt Und keine Ausred' kann." in die Geschichte der Freiheitskriege
ander Herrschaft ist von Gott,
Zu Hülss' dem Menschen in der Nott! Ohn' Satan und sein bapstlich Rott, Seind Herrn zu stifften Sund' und Todt.
Mitten führt uns end¬ lich die zum Schluffe mitgeteilte Losung der Fahne der — irren wir nicht, — von dem Fürsten Stourdza kommandierten russisch-deutschen Legion hinein. Sie lautet:
Der Bapst heißt recht der wilde Mann, Der durch sein' valschc Schalkesbahn
All Unglück hat
gerichtet an,
„Herangekommen ist die Zeit, Es fällt der bunte Drache. Aus allen Landen weit und breit
Das Gott und Mensch nicht leiden kann." Es spricht hier der wilde Haß einer Zeit zu uns, die in
in Rom aber „die große Babel" erkennen wollte. Wir urteilen heute gerechier. Von sonst bekannten braudenburgischen Inschriften vermissen wir nur die des Knstriner „Rebhuhns" von 1565:
Erschallt der Ruf zur Rache." —
Papste nichts anders als den Antichrist,
dem
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((j nrtxm1mttim*cktctv
Küttig.
Soeben
— Der Entschlafene war uns ein getreuer, wir das Manuskript „der große Kurin Händen. Wir werden die treffliche
hochgeehrter Mitarbeiter; noch haben Türtt als Landschastsgärtner" von ihm
Arbeit demnächst veröffentlichen. Hüttigs gärtnerische Schöpfungen sichern ilim einen ehrenvollen Platz in der Geschichte unsrer Stadt für
alle Zeit. Wir werden seiner nimmer vergessen!
Die Redaktion des „Bären." —
Einen überaus malerischen und merkwürdigen Bau
Kiveho
Das Mitgeteilte wird gewiß genügen, um unseren Lesern das vornehm ausgestattete Büchlein Hans Zieglers auf das allerivärmste zu empfehlen.
der Mark
Purkorrrverldo.
bilde, die (S. d. Jllustr.) Der Flecken Luckenwalde entstand erst im 15. Jahrhundert im Frieden einer alten Burg, „des Lucks", d. h. „der Warte im Walde", welche zu Anfang des 13. Jahr¬ hunderts im Besitze des Geschlechtes derer von Rochow sich befunden hatte und in, Jahre 1285 mit ihrem Zubehöre von 11 Dörfern für 2500 Mark Geldes an das Cisterzienser-Kloster Zinna verkauft worden war. Wohl erhielt Luckenwalde im Jahre 1430 die Markgerechtigkeit; dennoch verblieb die
Ansiedelung noch lange ein Acker- und Weinbau treibendes Dorf, bis Friedrich der Große mit Thatkraft und weitausschauendem wirtschaft¬ lichen Verständnisse die Tuchfabrikation hier einführte, — eine Maßnahme, "eiche von dem glänzendsten Erfolge und von dem segensreichsten Einwir¬ kungen auf die Nachwelt begleitet gewesen ist. Lebendig aber spiegelt die Geschichte der Stadt sich in den, äußeren Bilde der St. Johannes-Kirche zu Luckenwalde wieder. Hier die Kirche und dort der Turm, nicht mit dem Schiffe zusammenhängend, — so steht in zwei getrennten Baulichkeiten vor uns. Beides sind halb Granit-, halb Backsteinbauten, — aufgeführt je nach der wechselnden Weise der Zeit von den Herren von Rochow und den „guten Vätern zur Zinne", d. h. n Mönchen des Klosters „all eoeuam Domini“, — zum heiligen Abendmale. Der Turm, ursprünglich ein Befestigungsturm, wird als der Rest ucr alten Burg angesehen. Die Kirche enthält ein zweifchiffiges, mit Kreuz¬ gewölben überdecktes Langhaus und einen einschiffigen Chor mit Sterngewölben. An Kunstwerken finden wir in St. Johann zu Luckenwalde hur noch einen Taufstein aus dem 15. Jahrhundert und fünf in ,, endlich
hat jüngst bekanntlich auch die Stadt Posen besucht. Auch dort hat der erhabene Monarch seinen ächt brandenburgischen Sinn von neuem bekundet. Es wird uns nämlich die folgende Episode von dieser Kaiserreisc gemeldet. Nachden, Se. Majestät das Kriegerdenkmal auf dem Kanonenplay, sowie das Generalkommando besichtigt hatte, begab sich Allerhöchftderjelbe mit seinem Gefolge nach dem Rathause, wo Bürgermeister Kalkowski ihn empfing, ihm die Erklärungen über da? alte Gebäude gab und ihn nach den, Siadtvcrordnetcnsitzungssaal führte, wo¬ selbst die Stadtverordneten versamnielt waren, Nach Besichtigung dieses Saales begab sich der Kaiser nach dem Sitzungssaale des Magistrats. "des Magistrats und der Dort ließ sich derselbe die anwesenden Mitglieder Stadtverordneten-Versammlung vorstellen und richtete an nichrere derselben freundliche Worte. Mit dem Stadtverordneten-Vorsteher Justizrat Or gl er, dem Bürgermeister Kalkowski, den Stadtverordneten Dr. Landsberger und anderen Herren sprach der Kaiser über die Ueberschwcmmung; den Stadt¬ verordneten Cbef-Redakteur Foniaiie aber fragte er, ob derselbe mit dem märkischen Dichter gleiches Namens verwandt sei, und als die Frage bejaht wurde, sprach sich der Kaiser sehr anerkennend über den genannten Schrift¬ steller aus, dessen „Wanderungen durch die Mark", wie der Kaiser hinzu¬ fügte, eine bevorzugte Lektüre im Kreise der kaiserlichen Familie bildeten. Von dem Rathause aus fuhr der Kaiser nach dem Kommandanturgebäude, um alsdann auf dem Wilhelmsplatze die Parade über die eingetroffenen Truppen der Gamison abzunehmen.
— Unserm Herausgeber, Herrn Oskar Schwebet, ist aus dem 'Geh. Civil- Kabinette Sr. Majestät des Kaisers nachfolgendes Schreiben zugegangen: Berlin, den 3. April 1889. Seine Majestät der Kaiser und König haben die mit JmmediatEingabe vom 22. v. M. überreichten beiden Werke, den zweiten Band Ihrer „Geschichte der Stadt Berlin" und „die Sagen der Hohenzollern", huldreichst entgegenzunehmen geruht und lassen Ew. Hochehrwiirden für diese erneute Zuwendung bestens danken. Der Geheime Kabinets-Rath, Wirkliche Geheime Rath
Lucanus.
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geschnitzte
Heiligenstatuen: allein diese Arbeiten zeugen lebhaft für
Kunstsinn der alten Cisterzienser von Zinna. Diese benialten und ver,en Heiligenbilder :' sind vortrefflich gearbeitet, und der leider verstümmelte «Wem läßt in seinem Blätterkranze auch in den Symbolen der Evanmen noch heute die Kraft und die Zierlichkeit des Meißels erkennen.
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—
Kleine Mitteilungen geht uns die Des Hnilees Merfeflüt
tolgenve Trauer-Anzeige zu: „Heute nachmittags 4>F Uhr verschied sanft tiad) langem schweren Leiden unser inniggeliebter Gatte und Vater, Gartenbaudircktor emer. O. Hüttig in eben vollendeten, 62. Lebensjahre. Dies .rcigen tiefbetrübt an Berlin-Niederschönhausen, den 31. März 1889.
Tie irauernden Hinterbliebenen."
seinem Schnabel picket
Daß Mancher drob zu Tod ersckiricket."
Inhalt:
Dem Fürsten Bismarck; Unter dem falschen Wol-
demar, Berliner
Novelle von Ernst von Gleichen
(Fortsetzung);
Drei
Menschen, Novelle von E. von Wald-Zedtwitz (Schluß): Das Heim des deutschen Kaiserpaares in dem Königlichen Schlosse zu Berlin, von C. Jahnel (Fortsetzung): Der Kaiserin; Das Wunder der Rosen;
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Alte Geschütz-Inschriften — Kleine Mitteilungen: Gartenbaudirekror Hurtig; Kirche zu Luckenwalde (mit Jllustr.); Fontane; Schwebel. — Anzeigen.
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In der Buchhandlung der Deutschen Lehrer-Zeitung, Berlin X. 58, ist so¬ eben erschienen:
Zum Eine Erzählung aus unserer Zeit von
Streng solide Arbeit, prompte Bedieimng. gegen
— übereinstimmend für eine durchgreifendere Umgestaltung der Linden ausge¬ sprochen, un> den Bedürfnissen und Gewohnheiten des Verkehrs, wie sie sich im Laufe der letzten Jahre herausgebildet haben, und der in den nächsten Dezennien noch zu erwartenden Verkehrssteigerung zu genügen. Nach dem von der Baudepulation umgearbeiteten Entwurf soll der ani meisten frequen¬
tierte südliche Bürgersteig eine Breite erhalten, wie sie manche ältere Straße Berlins nicht auszuweisen hat; er soll von sechs auf neun Meter (LlN^Fnß) verbreitert werden. Die beiden sich daran anschließenden Fahrstraßen — die eine für Droschken und Equipagen, die andere für Lastwagen — sollen zu einer etwa zehn Meter breiten Straße zusammengelegt werde». Dann folgt die Mittel-Promenade, an deren Kassierung man übrigens schon gedacht hatte, um den Fahrweg in die Mitte der Struße zu verlegen; doch hat man hiervon schließlich Abstand genommen, um den bisherigen Charakter der Linden nicht zu verwischen. Indessen soll die Mittelpromenade auf zwei Drittel ihrer bisherigen Breite eingeschränkt und dafür an beiden Seiten mit Rascnstreifen eingefaßt werden. Um die Promenade auch bei schlechtem Wetter passierbar zu machen, wird dieselbe ein Mosaikpflaster auhellen, zierlichen Steinen erhalten. Die bisherigen vier Baumreihen sollen beibehalten, jedoch näher zusammengerückt und so angeordnet werden, daß zwei Reihen größerer Bäunic an den Innenseiten der Rasenstreifen die Promenade flankieren, während kleinere Bäume in korrespondierenden At"
377 Nördlich schließt sich ständen die Außenseiten der Rasenstreifen einfassen. dann der Reitweg an, dessen Beibehaltung vom Hosmarschallanu gewünscht wird, der aber statt der bisherigen Breite von 7,50 Metern nur eine solche von 41/2 Metern erhalten wird! alsdann folgt der nördliche Fahrweg und der Bürgersteig, der seine bisherige Breite von 4,20 Mietern behalten wird. Wie wir hören, ist der ganze Entwurf vom Magisiral angenommen worden und soll in nächster Zeit an die Stadtverordneten-Versammlung gelangen. Alsdann soll das Projekt dem Kaiser unterbreitet werden. Die Gesamtkosien sind auf rund 600 000 M. veranschlagt.
Dor Dichter Sarniroi Grosser solgeirden Lobspruch auf
verfaßte im Jahre 1702 den
Berlin:
„Diese Stadt, da Preußens Ruhm Sich den Königssitz erwehlrt, Hat des Glückes Eigenthum Ihr zum Braut-Schatz abgezehlet. Sie gleicht einer kleinen Welt, Die der grossen beste Schätze Durch die wunderschönsten Sätze (d. h. Gesetze) Concentrirt beisammen hält.
Was
Ist
Paris
auch
in
IX.
Sellos
des Vorworts spricht.
über
Itlax-kivrof
Am
ist sehr wesentlich gefördert daß mit Sicherheit angenommen werden kann, derselbe werde entweder am Schluffe des Jahres oder spätestens bis zur Erösstrung der Schiffahrt inr Jahre 1890 dem öffentlichen Verkehr übergeben werden können. Der Oder-Spree-Kanal zweigt sich bei Fürstenberg aus der Oder ab und mündet bei Köpenick oberhalb Berlins in die Spree. Da die ein¬ zelnen Bauwerke in bedeutenderer Größe wie bisher ausgeführt werden und auch bje Wassertiefe durchweg erheblicher sein wird, so ist durch diesen ana ' Fahrzeugen bis zu 8000 Centner Tragfähigkeit die Möglichkeit geboten, :) oen Verkehr von Oberschlesien nach Berlin bezw. Hamburg zu vermitteln.
(Otto
III.
ist
der Vortrag
non Ärcrrxdorrbxrxrg
bei der Einweihung des Steinthorturmes zum Heime des Vereins für die Geschichte der Kur- und Hauptstadt Brandenburg am 9. Oktober 1887 ge¬ vorzüglicher Weise wird hier das Verdienst der ballenstädtischen halten. und Johannes 1. beleuchtet. Die letztgenannten Markgrafen Otto Fürsten sind bekanntlich auch uns besonders teuer als die Gründer unsrer Stadt. Von allgemeinem Interesse ist, was Sello S. 22 über die Kandidatur Ottos des Frowinen auf Deutschlands Kaiserwürde sagt. Mit einein wohl¬ verdienten Lobspruche auf die edlen Brüder, „dieses fürstliche Dioskuren-
In
—
(1811—1814) Professor der Theologie und der Pädagogik in Kiel, woselbst er zwanzig Jahre mit großem Erfolge wirkte. 1835 folgte er einen« Rufe »ach Berlin als Schleiermachers Nachfolger. Hier blieb er als Lehrer und Konsistorialrat bis zu seinem Lebensende, 8. Januar 1876, mit großem Erfolge thätig. Die weitgrcifende und nach verschiedenen Richtungen hin bestimmend wirkende Lebensarbeit Tweitens berechtigte dazu, an seinen 100jährigen Geburtstag zu erinnern. Fiir die Entwickelung der geistigen und kirchlichen Verhältnisse seiner Zeit besitzt er bleibende Bedeutung als ein in vollem Sinne orientierender Mann, der in den Bewegungen, aus welchem die Er¬ träge und Erfolge der Gegenwart erwachsen sind, maßgebend und klärend gearbeitet hat. In der Schule F. A. Wolfs und Niebuhrs hatte sein Geist jene Grundsätze für die Würdigung des Historischen gewonnen: durch Säüeiermachcr war ihn« das Verständnis fiir das selbständige Wesen des Religiösen erschlossen worden. So ausgerüstet, formte er die Aufgabe der christlichen Glaubenslehre in einer Weise um, welche nach dem Urteile der Zeitgenossen die Arbeit der Vergangenheit auf die Lebensbedürfnisse der Gegenwart übertrug. Die ganze Bedeutung des Mannes als Mitarbeiter an der Lösung der Lebensfragen der Wissenschast und Kirche tritt frisch und klar in seinem überaus ausgedehnten Briefwechsel und seinen Tagebüchern hervor. Von beiden gilt, daß sie Urkunden für die geistige Entwickelung unsres Jahrbunderts sind, und seine Individualität tief und reich darstellen. Unter denselben rritt in erster Linie das Tagebuch aus den beiden AnfangsSemestern der Universität Berlin, welches Twesten an seinen Freund Brandts schrieb, und sein Briefwechsel mit Schleiermacher hervor. An ne reihen sich, abgesehen von Familienbriefen, die erhaltenen Briefe an Friedrich Perthes und an Steinheim. Aus diesen Quellen ist das Brich hervorgegangen, welches zum 11. April 1889 im Verlage von Wilhelm Hertz (Bessersche Buchhandlung) ungefähr 30 Bogen stark erschienen ist: „August Detlev Christian Twesten. Mitteilungen aus seinenr Leben von F. Georg Heinrich"
Ober-Spree-Sarrcrl-Bau
I.
Eine ältere Arbeit von volkstümlicherem Charakter
11. April 1789 wurde August Detlev Christian Tweslen in Glücksradt ge¬ boren. Er studierte von 1808 bis 1811 Theologie und Philologie in Kiel und in Berlin und wurde nach kurzer Thätigkeit in Hamburg und Berlin
so
so kräftig gefördert, daß die untere Strecke Fürstenrvalde-Seddinsee (Köpenick), wenn auch noch nicht vollständig vollendet, doch soweit hergestellt ist, daß sie schon jetzt befahrbar und voraussichtlich zum Frühjahr dem Verkehr wird übergeben werden können. Der große Vorteil für die Schiffahrt liegt besonders darin, daß es hierdurch möglich wird, den Verkehr von der Spreestrecke Fürstenwalde-Erkner, welche zu berechtigten Beschwerden besonders Veranlassung bot, abzuleiten und auf die neue Kanallinie zu überführen. Erwähnenswert ist cs, daß auf dieser Kanalitrecke mehrfach größere Bauten ausgeführt sind, welche zum Teil in bisher »och nicht ausgeführten Konstruktionen hergestellt worden sind. Es gilt dies besonders in betreff der großen Schleuse bei Wernsdorf, welche bei der sehr bedeutenden Thorkammerbreite von 8,6 Nietern das ungewöhnlich hohe Gesälle von nahezu 5 Metern zu überwinden hat, und mehrfach von den üblichen Konstruktionen abweichende Ausführungen zeigt, die sich als wesentliche Verbesserungen vollkommen bewährt haben. Auch auf der oberen Kanalstrecke von Fürstenwalde bis Fürstenberg sind die Arbeiten, welche, durch die Witterling begünstigt, bis zum Schluffe des Jahres ununterbrochen ausgeführt werden konnten, schon bedeutend vorgeschritten.
S.
Es war etwas kühn, dergleichen anno 1702 zu behaupten: im Jahre 1889 aber trifft es zu. —
Der
Angriff genonrmen und
Drondonbrrrrier
Hier ist Griechenlands Athen, Hier sind Asiens Paläste, Auf den meisten Gassen gehn Weit entlegner Länder Gäste. Hier ist ein berufsner Thron: Den Verstand und Klugheit schützet,
ivorden,
12600000 M. veranschlagten Bauarbeiten sind auf der Strecke im Laufe des vergangenen Jahres in
Wiesike zu Brandenburg a. d. H. liegen rnis zwei hochwichtige Einsendungen zur märkischen Geschichte von I)r. jur. Georg Sello vor. Der Herr Verfasser, welchen wir gern und freudig als den hervorragendsten aller jetzt lebenden Brandenburger Forscher an¬ erkennen, so herb und bitter in der Form sein Urteil sich auch oft gestaltet, handelt zuerst über die Distrrnrs-Cilprr-rrrir. Die Arbeit ist eine musterhafte nach jeder Seite hin. Möge es dem Herrn Verfasser vergönnt sein, zur Durchsuchung des Vatikanischen Archives dereinii jenes „iter Italicum“ anzutreten und zu vollenden, von welchem er
So darff ihm Berlin nicht weichen: Denn, kann's ihm nicht gäntzlich gleichen. So gebricht ihm doch nicht viel.
Augirst Trvostons 100 jöhrrger ©cburtstoß.
aus
12'/, Meilen langen
Aus dem Verlage von
Und der Tyber stolze Pracht Muß itzt in Berlin verschwinden. Landen sey so groß, es will.
Ist ein weiser Salomo».
Die ganzen,
Unser Änchcrtisch.
zum Wunder macht. zu finden,
Berlin
Und der auf demselben sitzet.
&
III.
paar der Mark", klingt die Arbeit aus. Dieselben hochverdienten Fürsten behandelt Dr. Alfred Bruch in xmb (Otto t»on Öi*itnbenseinem Werke: 2ol>orrir
I.
III
intrß in iljx'cn ÖejirJjungc« sunt lli'idjr, E.
Trewendt, in
Breslau,
gleich vorzüglicher Weise.
Auch hier findet das Wirken der Ballenstädrer für Deutschland eine glanzvolle Beleuchtung. Hochinteressant ist einer der beigefügten Exkurse, welcher den Reichslegaten Gebhard von Arnstein -Lindow, einen Branden¬ burger im Dienste des Staufers Friedrich II., betrifft. — Fernab von dem Felde, welches hier so sorgsam bestellt ist, aber liegt das Gebier, welches C. R. Hansen in seinem, zu Glogau bei Carl
Flemming erschienenem Werke Dos frljU'snnixsdjr Mattkxxund» dir frro fr schon Inseln behandelt hak. Welch' eine
ntctr
Fülle von Belehrung über das so wenig allgemein gekannte Volk der Inselfriesen aber wird uns hier zu teil! Die Abschnitte „Ein Abend in Husum", „Die rätselhaften Wartenschiffer", „Die Geheimnisse der Halligen", „Friesische Sagen zur heidnischen Götterleyre und zur Betehrungsgeschichte des Volkes" sind wert, in ganz Deutschland gekannt zu sein. Von hoher Poesie und von ergreifender Gewalt ist besonders die „Geschichte von der Haienshallig", S. 81 bis 98; sie erscheint uns als ein Meisterwerk volks¬ tümlicher Erzählungskunst. Wir empfehlen das Buch allen Freunden des Meeres und des so machtvoll anziehenden friesischen Strandes auss herz¬ lichste. Wir Brandenburger haben den Friesen ja so viel zu danken! Es ist manch ein starker friesischer Mann einst zu uns gekomnien, als es galt, das Land an der Elbe zu kolonisieren, und die Namen „Friso" und „Vresc" waren in den alten Städten der Mark nicht selten anzutreffen. Auch der Bilder- und Kartenschmuck des Werkes ist ein vortrefflicher. — neueste und größte Bierhaus Berlins, der „Dsdiorr-Drxxxr", Friedrich- und Behren-Straße, durchgehend zur Französischen Straße, ivird Sonnabend, den 20. April, eröffnet. In einer der nächsten Nummern werden wir eine Beschreibung dieses großartigen Prachtbaues bringen.
Das
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Inhalt:
Unter dem falschen Woldemar, Berliner Novelle von von Gleichen (Fortsetzung); „Im Fenn", Historische Erzählung von Botho von Pressentin (Fortsetzung); Das Heim des deutschen Kaiserpaares in dem Königlichen Schlosse zu Berlin von C. Jahnei (Schluß): Aus dem Tagebuchc Wilhelms von Hülsen, den sieben¬ jährigen Krieg betreffend; mitgeteilt von Helene von Hülsen, geb. Gräfin Häseler (Fortsetzung), De olle Fritz (mit Jllustr.); Das Joachimsche Quartett von Dr. Kalischer (mit Jllustr.). — Kleine Mitteilungen: Name und Wappen der Herren von Ziethen; Zur Geschichte des Geschlechtes von Bismarck; Die Frage der Umgestaltung der Straße Unter den Linden; De: Dichter Samuel Grosser; August Twestens 100 jähriger Geburtstag; Der Oder-Spree-Kanal; Unser Büchertisch; „Pschorr-Bräu". — Anzeigen.
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Herrengarderobe.
Wilhelm Köpsel, W., Markgrafen¬ strasse 50.
Oskar Schwebet in Berlin NO., Büsching-Straße 15. — Abdruck ohne eingeholte Erlaubnis ist untersagt. Schönhauser Allee 141. — Druck: Buchdruckerei Gutenberg, Berlin N., Schönhauser Allee 142.
Verlag: Fr. Zillessen, Berlin N.,
118-
120.
strasse 14. 15.
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Unter ZHittnirfuiig
R- Kerrrrguiev, F. Srrdrstcs, Thoodm- Font-rno, Stadlrat G. Friedet, Gymnasialdirektor Dr. M. Kelywariy und Ernst r»nn Mridendrnrtt berausgeaebcn von
Esircrr Sriiwedei, Kerlin.
AÜH
— Lrfcheim wöchentlich am Sonnabend und hl direkt von der Geschäftsstelle (Berlin X., Schönhauser Lernsprcchstcllc Dia, 8^ 60), sowie durch alle Postanstalten (No. 6%), Buchhandlungen und Zeitungsspeditionen für 2 ITTf. 50 ßfn. viertel jährlich zu beziehen.
Unter dem falschen Waldemar. Ernst mm Eloictzen.
Berliner Novelle von
(Fortsetzung).
Wunder, daß ein Fürst, welcher nennnndzmanzig Jahre lang verschwunden gewesen war und den man in den Grüften von Chorin längst zu Stand zerfallen wähnte, leibhaftig wieder zil Lande gekommen war und mit dein Schwerte das Erbe seiner Väter wieder einzimehmen versuchte, welches er um des Gewissens willen und ipen- es nicht ein
P zur
Strafe für eine gegen die
Gesetze der Kirche geschlossene
Was gab es nicht zit geschehen war, — bereits fragen über das, was an Waffenthalen was an Kämpfen und Siegen noch bevorstand? Da floß das Bier in Strömen! Und oben tönten nnaufhörlich die Toten¬ Ehe
einst
freiwillig
verlassen hatte?
rasselten die Würfel. Jetzt ging's um Moses von Prenzlau und Markus von Wittstock, um Schlomann von Werben, um Baier von Plauen; jetzt um Baruch von Leipzig,
Wurf auf Wurf
um Schimmel (Samuel) von Wusterhausen, um Laib von Markede, um Benjamin von Stettin. „Horsa!" rief jetzt einer der Zechenden. „Jetzt kommts an Jakobus von Tangermünde!" — „Das ist der Reichste!" erwiderte ein anderer. „Machen wir zwei Teile, — erst seine Geldsäcke, dann das Jungfränlein, Tochter,
seine
dritter ein.
die
Perle
Israels!" — Hollah!" warf
„Willst Du mit Konrad
ein
Rpke fechten um ihren
— Der hat" ja
glocken.
schon Einlager gehalten in des Juden zum Schutze der Juden vor der Steinbock Haus und seinen Pfone ausgehängt!" Gelächter folgte der Rede. Die Ratsherren traten ein; heute beachtete man sie kaum.
Hier ließ man den Rat hoch leben, welcher dem rechten Mark¬ grafen die Thore geöffnet halte; dort verunglimpfte mau die Herren' und besonders den jungen Konrad Rpke, welcher das Volk von Berlin verhindert hatte, an den jüdischen Bluthunden, wie man sie nannte, Rache zu nehmen. Dort saßen drei
„Horsa, die gesellte sich auch Otto von Buch zu ihnen. Dinge find im guten Zuge!" ries er Thilo von Wardenberg „Vetter," zu. Der letztere verzog doch etwas den Mund. an. Es mich widert Leidenschaft so sprach er, „die wüste Einhalt Treiben Hand dem wäre doch gut, wenn eine starke geböte." — „Hast Du es vergessen." fragte da der Herr von Blankenfelde, „wie die Juden Deinen Vetter, den Junker in — „Blanken¬ der Priegnitz, von Haus und Hof gejagt haben? felde," erwiderte der Patrizier; „er war leider nur ein schlechter Wirt." — „Ei was," entgegnete der Ratmann, „sie haben auch manchen guten Mann auf dem Gewissen; die Stunde ist da, alles wett zu machen! Doch kommet, laßt uns eine stille — und bei gutem Ecke suchen — dort sehe ich noch Raum, Weine von andern Dingen reden. Einen fröhlichen Trunk
Aber forderten auch sie nicht gerade dazu auf, den Rest des Lebens in langen, heißen und begehrlichen Zügen aus¬ zukosten? Konnte nicht die nächste Stunde schon den Tod bringen? Da war es eine wilde, unheimliche Fröhlichkeit, Hier trank man welche der Gemüter sich bemächtigt hatte. aui kommende Siege und auf die zu verteilende Beute; dort verwünschte man mit ungeheuerlichen Flüchen den Feind.
pairizische
Jünglinge beisammen: drei Brüder, genannt Hans,
Peter und Jakob Holekanne. Aber die hohlen Kannen, ob¬ wohl sie deren drei im Wappenschilde führten, mochten sie uichi leiden; das bewiesen sie zur Genüge. Sie wünschten den xluden Tod und Verderben. ein zierlich ge¬ Trebus, Peter kleideter Srandesgenosse derselben, reichte ihnen einen Würfel¬ becher hin. „Kommet," nef er, „lasset uns doppeln um die
vftlden:
wer von uns ihnen die Beute abjagen soll!"
Und
Besitz?
Bald
auf den Markgrafen Waldemar und das, tvas wir durch ihn erlangen ivollen: die hansische Freiheit von Berlin und
Kölln!"
380 in die Turmhalle von St. Marien.
IV. Die Herren mochten enva ein Stündlein beim Weine ge¬ Lanier und lauter ward das Getümmel in den sessen haben. engen Gewölben des Ratskellers; — mit zufriedenem Blicke Da tauchte überschaute der Herr von Büch das Gewühl. in demselben plötzlich die ehrwürdige Gestalt eines Franzis¬ kaners auf, dessen dunkles Auge mit flammender Entrüstung auf die Zechenden und Lärmenden uiederschaute. Man wußte nicht, oder vielmehr: man hatte es nicht bemerkt, wie Bernhard, der Guardian des graiten Klosters, plötzlich mitten in den Taumel des Gelages hineingetreten war; aber es ward still für einen Augenblick, und wen sein Auge traf, errötete. „Das also," sprach der noch jugendliche Mönch im Tone tiefen Schmerzes, „das also ist die Buße, zu welcher die Glocken das Volk von Berlin allstündlich auffordern! Beim heiligen Gott, entsetzliche Tage sind uns gekommeit! Bütten unter den Heimsuchungen des Himmels mordet und brennet Ihr, und kaum, daß Ihr deut Betrüger die Thore geöffnet habt, so sinnet Ihr schon aus neue verderbliche That! Wo ist der edle Geist der Vorfahren, wo ihre Treue uitd Redlichkeit, tvo ihr Fleiß und ihre Mäßigkeit? Hat denn die Macht der Finsternis den geraden, biedern und gottesfürchtigen Sinn des Volkes von Berlin völlig umnachtet? Um Euch gähnt der Abgrund; taumelnd wie die Irrsinnigen wandelt Ihr ihm zu! Blutschuld und Meineid liegt auf den Männern von Berlin!"
Wohl tönte
dem Franziskaner
ein
grollendes
Murren
„Ja, Blutschuld und Meineid, entfesseltes, ver¬ blendetes, unseliges Volk! Und wenn sie schweigen dazu, die hochwürdigen Herren von St. Nikolai und St. Peter drüben in Kölln in ihren goldgestickten Kasein, — ich will reden, entgegeit.
ein Prophet im härenen Geivande!
Ihr
erschlüget die Kinder
und plündertet ihre Hütten. Verblendeten: ist das christliche Liebe, wie der Ihr Wehe, Erlöser sie verlangt, welcher sterbend für die Unseligen vom Hause Judas gebetet hat, die ihn ans Kreuz geschlagen? Ihr seid bereit, inorgen jenem Manne zti schwören, den die Priester des
verstoßenen Volkes Gottes
in Rom aufgestellt haben, ein Trugbild der Hölle, gegen den rechten Herrn dieses Landes! Ihr richtetet Bürger, die ihrem Fürsten die Treue hielten bis in den Tod! Zum Himmel schreit das Blut der Inden, Heinrich Hemmerers und Küpkins von Rhode. Und Ihr, Ihr sitzet beim Weine! Unselige, — O, daß ich ich flehe Euch an, kehret um von Euren Wegen! öln die Altäre Gottes! meine Stimme wandeln könnte! Nieder in Sack und Asche! Lasset nicht ab zu beten, denn die Heiligen ivenden sich jetzt noch mit Abscheu von Euren blutbefleckten Händen! Hinaus mit dem falschen Manne aus Euren Mauern! Das Volk von Berlin soll keinen Anteil haben an dem ungeheuren Betrüge!" In tiefer Bewegung sprach es der Mönch.
Da erhob sich Otto von Buch. „Es ist genug, ehrwür¬ diger Brüder Bernhard!" sprach er mit zorniger Stimme. „Im Ratskeller waltet der Friede des Rares. Ihr bracher ihn be¬ reits, da Ihr den Markgrafen lästertet. Im Namen des Rates, — hinweg! Oder es Euer geistliches Gewand!"
schützt Euch
auch
nicht mehr
„Ich gehe!" sprach der Franziskaner. „Ihr habt meiste Worte gehört. Beherziget sie! Ich weiß, Ihr sinnet auf neue Gewaltthat. Wenn meine Rede Elich nicht bewegt, so begehet
Da
unheimlichen Reigen des Todes. Erkennet Zuge der Sterbenden Euer eigenes Bildnis. Bote Gottes Euch schon zur Seile. Er rnnkl Becher; er hält Dich am Mantel, er hat soeben
an
die
Thür geklopft.
Auf also
schauet
Ihr
de»
in
dem traurige» Ungesehen steht der
mir
Dir
aus einer»
in Deinem
Hause
zu Werken
der
Buße! Wählet, Ihr Männer, — jetzt ist es noch Zeit, — i» der nächsten Stunde vielleicht nicht mehr: Herzensumkehr oder Untergang!" — Der Franziskaner schritt von dannen. Es waren doch viele von den Bürgern bleich und still geworden. Otto von
„Sie werden oben meiner Begleiter mich, den Pakt endgültig festzusetzen!"
Buch aber ivinkte seinen Genossen:
ivarten.
Im Saale des Rathauses, um dessen gedrungene Geivölbepfeiler bereits die Schatteir der Dämmerung ivebie», standen die Häupter der jüdischen Gerneinde von Berlin; gebrechliche Greise in schwarzseidenen Kaftanen, auf der Brust ein rundes Schildlein von gelbem Leder und den spitzen gelbe» Hur in der Hand. Es ivaren ihrer sechs geladen worden, — die reichster: und angesehensten: Benjamin von Stettin, Mendel von Spandau, Moses vor: Prenzlau, Markus von Wittstock, Baruch von Leipzig und Jakobus von Taügermünde. In befehlendem Tone trug ihnen Otto von Buch den Wunsch des Rates vor, 350 Pfund Brandenburgischer Silberpfennige und 50 Mark feinen Silbers von ihnen zu entleihen.*) Erschrocken blickten sie sich an; — auf eine Summe von dieser Höhe waren sie doch nicht gefaßt gewesen. „Wir können's nicht, edler Herr!" sprach endlich Jakobus von Tangermünde. Otto von Buch lachte: „Das Wort hättet Ihr spare» können! Ich wußte, daß es also kommen würde. Aber bei meinem Barte, ich treibe keinen Scherz. Morgen Mittag muß das Geld zur Stelle seilt!" „Es ist unmöglich, Herr!" rief Jakobus noch einmal. „Ihr rvißt, ich schickte mein Silber zu Euch in die Münze; hier ist mein Schein, daß ich's Euch ablieferte." „Sicherlich nicht alles, Jakobus!" entgegnele der Patrizier. „Auch ist von Dir allein nicht die Rede; Ihr sollt zusammen¬ schießen."
„Bei meiner Mutter Andenken," stock,
uns
ries Markus von Witr-
„wir haben's nicht; die gnädigen Herrn vom Rate habe» in letzter Zeit zu oft die Ehre erzeigt, unsere Hilfe
nachzusuchen."
'
„Ein deutliches Zeichen dafür, daß alles Silber in Euren Kassen ist!" entgegnere unerschütterlich der Herr von Buch. „Und was verpfändet die Stadt uns dafür, so wir, was leider nicht der Fall sein wird, das Geld Euch schaffen, Herr?" fragte ein Jude von Stettin. ihre Ehre und giebt Euch eine Urkunde fernere fünfzehn Jahr." — darüber, Das war denn doch zu viel. Eine Schatzung also war», Wehklagend riefen einzelne der keine Anleihe, kein Geschäft!
„Sie verpfändet
Euch zu schützen aus
jüdischen Häupter die Gnade des Himmels und des gestrengen
Herrn von Buch an; vergebens; der Patrizier blieb wie ein Stein so hart. Ta trat Moses von Prenzlau vor, ein Greis, aus seinen Stab sich stützend, die Züge totenbleich vor innerer Erregung, *)
Nach heutigem Geldwerte etwa 328 000 Mark.
••
381
Hände zitternd streckend. — Zornes. „Ein Raub also ists,
im Aug' das Feuer wilden mein Herr Edelmann, und darum sandtet Ihr gestern noch zu später Stunde Eure Knechte, das; sie das Wild hegen sollten, welches Ihr für Euren Bolzen aiisersehen habt. O, Ihr Diebe und Mörder!" „Moses, vergiß Dich nicht. Es kostet Dir den Hals!" ries Thilo von Warvenberg. „Nehmet mein Leben hin!" sprach der Greis. „Ich hadre mit Gott, daß er mich so lange hat wandern lassen, um das verderben meines Volkes zu schauen." „Höret mein letztes Wort!" entgegnete Otto non Buch. „Richt fällt es mir ein, mit Euch zu feilschen uub zu handeln. Bis morgen Mittag ist das Geld oder ein giltiger Wechselbrief ans Eure Brüder in Brandenburg, Magdeburg und Stertin hier aus dem Rathause, hier aus der Stube, hier aus dein Tische, oder Ihr allzumal, bloß itnb arm, wie Ihr ge¬ die
Ihr weichet aus der Stadt!" Ohne auf das Wehklagen der Inden zu achten, verließen Schreckensvoller war noch kein die drei Patrizier den Saal. letztvergangene Sabbath nicht, für die Juden selbst der Tag. Berlins gewesen. Immer noch halte ihnen die Obrigkeit kommen seid:
verliehen; jetzt zog sich der Arm des mächtigen Stadtzurück; ein Opfer des ersten besten, welcher die Hand an sie legen wollte, wurden sie, sobald sie nicht zahlten, all' ihrer Habe beraubt, hinausgestoßen in das ver¬ wüstete Land, in dessen Wäldern, auf dessen verheerten Feldern der Tod in tausendfacher Gestalt ihnen drohte. — Schutz
raies von chnen
Die Nacht des Sonntags war herabgesunken. Im Hause Juden Jakobus von Tangerntünde hatte eilt reges Treiben geherrscht, von welchem freilich keine Sptlr der Außenwelt hatte kundwerden dürfen. Das wertvollste Besitztum des Juden war nun in kleine Bündel zusammengeschnürt; die Kleider der Wanderschaft lagen bereit. Am Tische standen Jakobus imb der Rabbi Benaja. Der erstere reichte dem Priester einen Beutel schweren Geldes. „Hier, edler Freund." so sprach er, „in mein Teil an der Schatzung, welche die Blutsauger uns auferlegt haben. Traget die Gulden, morgen in der Frühe zu Moses von Prenzlau und saget ihm, mit wie schwerem Herzen ich gegaitgen bin. Nur Euer Befehl erleichterte mir die Last meines Herzens. Und bringet ihnen allen Heil und Friedensgruß! Daß ich mehr gegeben habe, als ich konnte, das wißt Ihr wohl, Rabbi Benaja." Der Priester küßte den Greis. Dann knieten die vier Flüchtlinge nieder und empfingen den Segen des Rabbi: „Gnade gewähre Adonai Eljon Eurer Reise; er stärke Eure Herzeit und lasse Euren Stab nicht gleiten! Er führe Euch durchs finstere Thal der Morgenröte entgegen; er leite Euch durch dürres Land zu den Wassern auf grüner Aue! Nicht des
Euer Herz: der Höchste geleite Euch zu der gastlicheli Hüne im Lande des Friedens!" — Es war bestimmt worden, daß die beideit Frauen vorauf gehen sollten. Mit unterdrücktem Schluchzen übertrat Frau Debora die Schwelle ihres: Hauses. Judith beugte sich unter leisen Lauten des Schmerzes nieder; sie küßte das Holz der väterlichen Schwelle. Dann zog die Mutter sie fort. Schwei¬ gend blieben die Männer noch eine Weile zurück. Jetzt aber war die Zeit attch für sie gekommeit. Jakobus befühlte itoch einmal seinen Gürtel, Milben steckte Dolch und Schwert zu bebe
sich.
Dein Hausherrn rollten heiße Thränen in den Bart.
«■
als er zum letzten Male dem Rabbi die Hand gedrückt. Jetzt schritten Vater und Sohn zum Hause hinaus. Tief seufzte Jakobus von Tangermünde, als er vernahm, wie Rabbi Benaja das Haus voit inneit verschloß. Ohne Fährde gelangten sie zum Hose Konrad Rykes. In demselben trafen sie den jungen Patrizier in leichter Rüstung und zwei Knechte an. „Ein Roß wartet drüben!" sprach der Hausherr. Sie durchschritten den dunklen Garten hinter des Junkers Hause. Der Sturm schüttelte die allen Bäume über ihnen, und schwere Regentropfen sielen vereinzelt auf sie nieder. „Kein Späher sucht Euch hier in dieser Nacht!" flüsterte Konrad, der neben Judith einherschritt. Jetzt stiegen sie die Böschung des breiten Stadtgrabens hinab. Sorglich nahm der Patrizier des Juden Tochter in Schutz. Unten am Wasser aber lag ein kleiner Kahn. Der Junker fuhr zuerst die wunde Jüdin und deren Mutter hinüber; dann ritderte er zurück und holte Jakobus samt einem Knechte, welcher dann auch Rsuben und den andern Diener hinüberbrachte. Das Fahrzeug tvurde angebunden, und vorwärts ging es durch die dunkle Nacht. Jetzt kamen sie über den Wall. der Stadl, — jetzt auf engem Pfade über die sumpfige Wiese und an dem Gottesacker vorbei. Drüben zur Linken erhob sich der kleine Turm des Georgenhospitales; und leise klang der Glockenschlag herüber. „Noch wenige Schritte und wir haben den Platz erreicht,
ans
welchem die Rosse
halten!"
Jetzt
sprach Rpke.
aber begann die Haide; von der Stadt tönte jetzt nur noch das
Bellett eines Hundes ihnen nach. Konrad Riste schlug eilten Seitenpfad ein, welcher sehr bald ans einen freien Platz in dein Walde auslief. Ein Roß wieherte ihneit entgegen; das¬ selbe wurde von einem Knechte gehalten und war mit einem „Mein Werk ist gethan, — hohen Frauensattel versehen. mein Versprechen gelöst!" sprach der Junker. „Die Knechte geleiten Euch auf die Straße nach Alt-Landsberg. Vermeidet die belebteren Wege! Von Landsberg ziehet über Leuenberg Die Nchtenhagen habt Ihr nicht zu fürchten; nach Freienwalde. sie stehen, wie fast alle Geschlechter der Wedellschen Sippe, zu Markgraf Ludwig. Doch kaufet von ihnen Geleitsbriefe; es sind gestrenge Herren! Hinter Freienwalde setzet Ihr über
Bald ist Oder. Dort verlasseit Euch meine Knechte. dann Zehden und Königsberg erreicht. Dort in der Vogtei Herrn Hassos von Wedelt seid Ihr in voller Sicherheit." die
Der Mond trat aus den zerrissenen Sturmeswolkeu her¬ erleichterte es dem Junker, Judith aufs Roß zu Es war ein seltsames Bild inmitten der sturmdnrchheben.
vor und
losten, vom Monde bleich beschienenen Haide. Jakobus und sein Sohn neigten sich lief vor dein ritterlichett Jünglinge,
welcher die Zügel des Rosses der Jüdin übergab und feinem erprobtesten Knechte anbefahl, das Tier sorgsam zu führen.
Frau Debora
suchte
küssen; er aber wehrte
die
Rechte Konrad Rpkes,
ihr.
„So, — Jungfrau,"
um
sie
zu
sprach er,
Roß ; es ist das zahmste und frömmste aus meinem Stalle. Und nun behüte Euch Gott!" Da beugte sich Judith zu dein Jünglinge herab. „Im
„lehnet Euch
fest
an
das
Namen dessen, der Christen und Juden ein gütiger Vater ist, im Namett dessen, der jeder Liebe mit reichem Segen lohnt, im Namen des Propheten, der seinen Jüngern einst dieFeindesliebe anbefahl," so sprach sie. „seist Du gesegnet, dreimal gesegnet, mildester der
Männer!" (Fortsetzung folgt.)
«
382
„Im Historische Erzählung von
!>—
Fenn." Botho von Pressentin.
(Fortsetzung.)
AWa
aber wurden die drei plötzlich bis zum Tode erschreckt.
herläuft."
Damit
nickte
er Elsen
zu,
wandte
Grade vor ihnen ertönte ein Kommando; welche nicht klein sein konnte, hielt, und Stimmen wurden laut. Hatte inan sie entdeckt? — Sie schmiegten sich noch dichter
schritt trotz der Dunkelheit ohne jedes Zaudern
Was veranlaßt konnte diesen Aufenthalt der französischen Truppe
schwanken.
die marschie¬
rende Abteilung,
an
die Grabenwand an und wagten kauni zu atmen.
um und
mit spärlichem, aber hochhälmigem Grase bestandenes Feim hinein.
Bald begann der Boden unter den Vorschreitenden zu Jetzt senkte er sich in tiefer Mulde zur Linken;
rechts aber quoll er hügelartig empor.
haben? —
Der Alte kannte
Während sie sich diese Frage vorlegten, nahm der Himmel über ihnen plötzlich eine blutrote Färbung an. Stresow, der gerade emporblickte, bemerkte diese Erscheinung zuerst. Er ivandie sein Haupt und hatte auch sogleich des Rätsels Lösung. „Schönhagen, unser Hof, er brennt!" So kain es über seine Lippen. Jetzt ivieder ein Koinmandorus, lind nun brausten die Reiter vorüber. Die wahrscheinlich in der Richtung auf das Feuer abgesandte Patrouille trabte auf Schönhagen zu, und die Abteilung auf der Straße setzte sich gleichfalls wieder in
sich
in eilt sumpfiges,
diese
Art
märkischer Fenne,
Anfange des Jahrhunderts durch
welche im
Kattäle imd Gräben Besonders oft hatte noch nicht beseitigt waren, genau. er das „Riebener Fenn" als tückisch erwähnen hören. Des¬ halb folgte er ohne Aufenthalt dem Vorausschreiteuden nach. Der letztere umging jetzt sorgsam eine Stelle mit kürzerem Grase und eilte dann im Bogen einer kleinen Anhöhe zu, auf welcher eine Erle sich erhob. Endlich war auch dieses Ziel erreicht. Bratz warnte: „Nehmt Euch iu acht! Wer hier von uns hineingeht, ist ver¬ loren! Mein Schlitten wird uns jedoch bequem hinüber die
schaffen."
Marsch.
Bei der Finsternis
Kaum war das Geräusch des Abzuges ein wenig schwächer geworden, so galt es für die drei: „Nun vorwärts!" Gleich wie gehetztes Wild eilten sie über die Landstraße. Mehr als vorher kam es auf
unter¬
sowohl Stresow wie dessen Tochter nur undeutlich ein eigenartiges Gestell, welches vor ihnen lag. Bratz gab ihnen die Er¬ klärung: „Zwei fest verspun¬ dete Tonnen, die auf einem In kurzer höchste Eile an. Rahmen von gespaltenen Birken Zeit mußten Meldungen über aufgenagelt sind, daß sie das Geschehene bei allen fran¬ s o zwar mittragen, aber die Beeintreffen; zösischen Truppen ivegung der Schleife nicht aus¬ daun mußreu die Nachforschun¬ vic Öurß hohenllanfrn in Anfang des 16. Jahrhunderts. halten! — Auf das über die gen beginnen. (Nach einem Gemälde in der St. Iohcrnniskirche zu Gmünd.) festaufgenagelre Schleifhölzer In den umliegenden Dörfern bellten die Hunde. Hier und dort brüllte das Vieh, Brett müßt Ihr treten und Euch an jener Leine, die um den Baum dort drüben läuft, aufs feste Land hinüberziehen." und von Schönhagen her vernahm mau das Krachen ein¬ stürzender Balken. Stresow schien wenig Vertrauen dazu zu haben. Er Nach
längerem
Wandern gelaugten
schieden
die
drei
an
eine
in deren Mitte ein düstrer Wasserspiegel sich befand. lag der Kahn, mit welchem Bratz ge¬ kommen war. — Bald befand man sich jenseits des Zuflusses der Nieplitz. Jetzt gings in einen, mit hohen Bäumen, aber nur ge¬ ringem Unterholze bestandenen Schlag hinein. Der Führer schien jeden Stubben hier zu kennen.
Lanke,
In
einem Rohrhorst
Nach einer letzten Viertelstunde war auch eine dürre Schonung umgangen. Als Bratz nunmehr von einer kleinen Höhe nach der Niederung hinabstieg, blieb er plötzlich stehen. „Wir sind am Fenn!" So sprach er. „Tretet genau dahin, wo Ihr mich den Fuß hinstellen sehet, und zaudert auch dann nicht, wenn es unter Euch wogt und schwankt. Bis an die Elsenkampe hält es; — dort werde ich Euch über die faule
Stresow, Sie sollen doch noch einst sagen, daß es nicht gar so schlimm ist, ivenn ein ehrlicher Kerl auch einmal hinter einem Stücke Wild ein¬
Blanke hinüberfahren.
Ich
denke,
warf einen ängstlichen Blick auf seine Geldkatze. Mit Rücksicht auf sie gab er, der sich sonst den Bauern gegenüber stets etwas auf seine höhere Bildung zugute that, im plattdeutschen Dialekte zurück: „Goahl vör!" — und
Nachdem Bratz der Geliebten gewiesen, wie sie zu stehen halten habe, trat er selbst, leicht und gewandt, vor
sich zu
hin. Unter der doppelten Last auf der Schleife zitterte und Aber Bratz ivar seiner Sache schwankte das Fenn bedenklich. gewiß. Er beruhigte Else durch die Erklärung: „Sei außer Sorge; Du bist nicht schwerer als ein Vierzehnender!" Dann begann er, ein Seil einzuholen, ivelches vor ihm am Kopfe der Schleife befestigt war. Nach wenigen Augenblicken spannte Jetzt kam für den jungen Bauern ein sich dasselbe fest. sie
Arbeit. Durch das Gewicht der zwei Personen Erdwellen sank das seltsame Fahrzeug tiefer und tiefer ein. halten. um quollen vor; er bedurfte seiner ganzen Kraft, sich zu vordie Endlich schoben sich die gebogenen Rundhölzer über schweres Stück
«8
383
S
Moonvulste hin; die Maschine war im Gleiten. Und: bebte, zitterte und schwankte es auch ringsum, — nach einigen bangen Minuten, während derer das starke Landkind Sie Augen fest geschlossen hielt, verließ Bratz das gegen ven festeren Grund gelaufene Fahrzeug und hals seiner Ge¬
schritten die drei neben einander einer Stelle zu, auf welcher eine Gruppe älterer Nadelholzbäume, von dichtem Kiefern¬
liebten heraus.
Die vier Wände, in welche vorn eine verschließbare Ein¬ gangsthür mit eiitem kleinen Fenster eingelassen ivar, bestaitden aus vom Acker genommenem, mit Lehm gemischtem Gestrüpp, welches zwischen Holzpfählen festgestampft worden war. Diese sußdicken, seit Jahresfrist in einander verwachsenen lebenden Mauern boten mit der ähnlich hergestellten Decke einen warmen
liegenden
Gleichgültig dagegen, ob der Vater es bemerkte oder nicht, er sie auf Mund und Wangen. Dann sprang er von neuem auf sein Floß und zog sich au der die Rückverbindung sichernden Leine hinüber. Nach kurzer Zeit waren die drei Flüchtigen drüben, von wo aus sie den weiteren Weg durchs Fenn nunmehr zu Fuße fortsetzen konnten. süßte
Nachdem Bratz die Leine von der Schleife losgelöst und damit allen Unberufenen die Möglichkeit genommen hatte,
gegen seinen Willen über die faule Blanke zu gelangen, setzten sie sich, einer hinter dem andern, in Bewegung. Eilt unheim¬ licher Marsch! Von Nordosten her leuchtete die Feuersbrunst in Schön¬ hagen. Der über dem Fenn brauende Nebel ballte sich zu gespenstigen Schüttelt zusaminen tmb erschwerte trotz aller Orts¬ kunde das Zurechtfinden. Immer noch konnten wenige Schritte rechts
oder
links
unfehl¬
holze, umstanden, sich erhob.
Dort hatte Bratz wie er
sie
zwischen einigen alten Tannen seine
nannte — „Jagdhütte"
—
errichtet.
und trockeiten Atlsenthalt dar.
Als Stresow beim Oeffnen der Thür schemel, ein sauberes
noch einige Holz¬
Strohlager und eineit aus Brettern
zu¬
sammengefügten Tisch erblickte, konnte er sich nicht enthalten
fragen: „Ist das alles wegen Eurer Jägerei?", worauf Bratz lachenden Mundes erwiderte: „Sehen Sie, Schwieger¬ vater, wie ungerecht Sie sind! Sie reden, was die Leute sagen. Nenn' ich's auch meine Jagdhütte, so habe ich es doch nicht der Jagd wegen errichtet. Das Fenn und die Nutzung d'rin habe ich von der Gemeinde gepachtet, weil sich kein anderer fand, der bei zu
baren Tod herbeiführen.
dem Geschäfte sein
Wie der märkische Landmann überhaupt schweigsam und keilt Freund größerer Gefühlsregungen ist, so zogen auch sie stille dahin. Der Sträucher uitd Büsche aitf beiden Seiten wurden jetzt mehr; damit
Geld und Leben wagen wollte, lind es gereut mich nicht.
vor
denke
zu
in Ehren bestehen.
Kommendes Jahr rechne ich auf 5 Scheffel Hafer Aus¬
wuchs aber auch die Dunkel¬
heit.
Es bedurfte der Luchs¬ Führers, um an einer abgeschälten Else, einer tnitgebrochenen Birke es zu
Ich Euch
bischen
augen des
Der fjoljrnstoufcn. (Nach einer Photographie von Ch.
Rudolph in
Gmünd.)
erkennen, ob sie aus rechtem
saat." — „Gepachtet, — gepachtet habt Ihr das Fenn?" fragte Stresow. „So trete ich wirklich und wahrhaftig unter Euer Dach? — Möge es allen frommen!" Am folgenden Morgen
Pfade waren. Endlich jubelte Bratz laut auf. Seine Füße traten auf festen Boden; eine Anzahl junger Kiefern lag vor
unternahm es Bratz, in Rieben nähere Nachrichten einzuziehen. Obgleich ihn Else nur ungern und mit schwerem Herzen gehen
Sie hatten beii mitten im Fenn liegendeit mit Holze Ziel ihrer Flucht, erreicht.
ließ, bestieg er dennoch einen ihm gehörigen alten flachen Kahn, mittels dessen er über eine offene Ausbuchtung des Riebener Sees an das jenseitige Ufer gelangte. In banger Sorge war Stresow mit seiner Tochter im Fenn zurückgeblieben. Der Alte war düster und schweigsam. Else sprach ihm Mut zu; sie meinte, die Annee des Königs werde sicher in den nächsten Tagen zum Entsätze von Berlin herbeieilen und die Franzosen aus dem Lande jagen; allein Stresow wollte an eine so günstige Wendung nicht glauben.
ihnen.
bestandenen Höhenrücken, das nächste
blieb stehen: „Hier soll uns — so Gott will — finden! ■— Stresow, wollen Sie inir in dieser Stunde gemeinsamer Not ihre Tochter versprechen?" Bratz
kein Franzose
ihm
Bratz
Stresow hatte diese Frage nicht envartet, wenngleich es an der faulen Blanke keineswegs entgangeit war, wie sich
gleich sein Fährgeld zahlen ließ.
Stresow stutzte, aber er berechnete es mit Gedankenschnelle: die Franzosen im Lande sind, bist du hier unmöglich. Das Geld vor den Franzosen in Sicherheit zu bringen, wird dir aber nur mit der Hilfe von Bratz ermög¬ licht werden."
„20 lange
So gab er denn sein Jawort, indem er hinzufügte: „Vielleicht ist es gut, wenn sie in dieser Kriegszeit noch einen andent Beschützer bekommt! Nehmet sie denn und seid ihr dermaleinst ein guter Mann!" Dabei zog er Else flüchtig an lich, tmd nachdem so, unter dem Drucke der Verhältnisse im Fenn, die Verlobung seines Kindes zu stände gekommen war,
an: „Warum bin ich Dir nicht gefolgt und von Hause weggegangen, als es noch Zeit war? Dann könnten wir in Frieden zurückkehren, wann es uns beliebte. Jetzt aber, wo ich den Hund über den Hausen geschossen habe, bin ich nichts weiter als ein geächteter Mörder, so lange diese Brut Es ist zum Tollwerden! Die Arbeit noch im Lande ist. ist langer Jahre in Flammen aufgegangen, und das Vieh ver¬ hungert! Da wäre es schon besser, daß der Schlingel hätte
Er klagte
sich
zugestochen
!" (Schluß folgt.)
*2
384
»-
Der Burgberg Hohenliaufcn. Von Paul. Ctonren.
S
em Wattdersmanne, welcher
grünumbuschten
bischen
Filsthal
von Göppingen her ans dem
zu den Nordhöhen der Schwä¬
Alb aufsteigt, dem hochwogigen Marbach entgegen,
winkt über dem langgezogenen Rücken der Vorberge, durch einen dunklen Waldsaum von den niedrigeren, auf dem. Boden kriechenden Trabanten geschieden, ein einsames Bergeshanpl wie eine von den Wellen abgeschliffene Felsinsel aus jenem grauen Nebelmeere aufragend, welches wie ein zitternder Schleier von Felskuppe zu Felskuppe gespannt ist. Wie der kahle Scheitel eines ungeheuren Riesen, der in die Erde ver¬ sunken ist, so erhebt sich der Hohenstaufen über dem ver¬ witterten Hochplateau der „Ebni" — mitten auf dem schmalen Vorsprunge der Alb, ivelche sich zwischen Rems und Fils dahinzieht. Frei und nnveriuittelt emporsteigend, lagert er wie ein einsamer Hochwächter über der in Nebel gehüllten Gegend; nur zur Rechten machen ihm zwei Nebenbuhler, der zwei¬ höckerige Rechberg und der unwirtliche Staufen, den Rang streitig. — Eine schwarze, zerrissene Wolke hat sich auf sein Haupt gelagert. Die Wolken haben sich tief herabgesenkt und weichen nur mißinutig ben schwerfälligen Windstößen, welche um ben scharfen Felserker des Spielberges vom Süden her brausen. Aber hinter dem Staufen selbst hat sich die Sonne Bahn ge¬ brochen, ein hellhelenchreier Streifen zieht sich über die sanftlinigen Gebirgsketten hin, und im Remsthale blinken an den schwarzgrünen Waldungen weißlich schimmerde Gebäudemassen Kloster Lorch mit seiner alten Kirche taucht empor. auf. Hinter den Gmutidener Bergen aber ringen sich aus dem Fernbitft lichtblaue Höhenzüge los: die Frankenberge bei Ellwangen, in dreifachen Linien über einander aufgebaut. Und jetzt naht schüchtern ein zitternder Sonnenstrahl heran, dein schwärzlichen Kaiserbergen den Glutenknß aiffzudrücken; die blauschmarzen Schatten, welche die ungeheure kegelförmige Masse auf das Dorf zu fernen Füßen geworfen, schwinden; die kühle graue Be¬ leuchtung zerschmilzt in den warmen, lichten Tönen der Sonne. Tie tiefer gelegenen Bergklippen entschleiern sich, die weißen Nebelhemden gleiten zu Thal, die Umrisse der Bergeiländer, die einsam ihre Häupter über die grauwogende See erhoben,
vergrößern sich von. Minute zu Minute, ganz neue Inseln tauchen Die Oberfläche des Nebelmeeres aus und werden Festland, wird von Veit Windstößen gekräuselt tind aufgewirbelt, die ruhige Masse gerät in Bewegung; einzelne Teile sondern sich ab; wie schneebedeckte. Eisschollen stranden sie an einem Berg¬ erker, verlieren sie sich in einem Seitenkanale.
Unweit der breiten Waldstraße, welche von Göppingen führt, lief einst der römische Grenz¬ wall vom westlichen Fuße des Berges nach Lorch zu. Heiden¬ fels, Heidenwall und Grabenacker bezeichnen noch heute die nach dem Hohenstansen
Trajans gegen das freie Germanien abschloß. Der limes transrhenanus war ein wirklicher Erdwall; neben ihnt her lief ein fünf Meter breiter Graben, und der Name „die Pfähle", den er von der BirkHalde und vom Bimlerbesstein aus bis zum Haaghos hinunter führt, weist wohl and) heute noch auf jenen Pallisadenzann hin, der einst die Escarpe krönte. Uralter Kampfplan war der Höhenrücken, als einst die Ahnen der heutigen Eichen mit Grenze,
welche
das
Römerreich
ihren Wurzeln den Boden überspannten; im Schirenhof bei Gnnnlden drunten fand mair noch vor einigen Jahren die Reste römischer Badeanlageii: weitausgedehnte, fäulengetragene Tepi¬ darien und Ealdarien sowie südgerinanische Bronze- tmd Eisenwafseit, die letzten Zeugen eines blutigen Drainas, welches hier in der Abgeschiedenheit gespielt. Auf das Ramsnest am Ende des Höhenrückens har die Sage „die Etzelburg" versetzt. Und dicht neben dem Grenzwall, auf einem sonnigen Vorhügel über dem Beutenbachthale liegt „das Wäscherschlößchen", heut nur noch ein wildes Durcheinander von weißliche» Mauerresten und geschwärzten Turmtrümmern, mit einem einsamen, ärmlichen Aufbau, kleinen Gelassen imb niedrigen Fenstern, aber voir riesigen Kastanienbäumen umgeben, ivelche ihre herrlich gezeichirelen Aeste verlangeiid über die Umfassung Hinaus¬ strecken, — einst das Heim der Edlen von Büren und damit auch die Stammburg des mächtigen mittelalterlichen Kaiser¬ Friedrich von Büren, der erste hauses der .Hohenstaufen. dieses Namens, von welchem Otto von Freisingen, uns be¬ richtet, kam auf den Wanderfahrten seiner Jugend einst „Hier ruht nach Aachen, wo der große Karl begraben liegt. ein tapferer Deutscher, der glorreiche Karl," rief er aus; „o wären wir doch von seinem Geblüte und von seiner Tapfer¬ keit!" Die Bürener Grafen waren damals noch kleine und arine Herren; sie hatteir außer ihreit Gütern im Nibel- nnb Kochergau, außer Waldhausen und ihrem Stammschlößchen nur wenig zu Eigen ruid ließen es sich nicht träumen, daß dereinst die Kaiserkrone die Locken eines ihrer Sprößlinge schmücken, würde. Aber schon der ziveite Staufer Friedrich wurde Herzog von Schwaben des Kaisers Schwiegersohn; sein Enkel aber bestieg als Konrad III. den derttschen Königsthron.
Bürener Friedrich war es, welcher die Burg ans dem Staufen erneuerte. „Er setzte", so erzählt Otto von Freising, „eine Kolonie auf den Berg, Stopphe ge¬ nannt." Jetzt verschwindet atich der alte Stammesname, und der iieue Herzog nennt sich nunmehr „von Staufen". Wohl damals schon wurde für -ben herzoglichen Wohnsitz die Burg in jener Größe und Ausdehnung angelegt, in welcher sie im 17. Jahrhundert wiederholt von Chronisten gepriesen wird. In der St. Johanniskirche zu Gmund hängt ein altes Ge¬ mälde, welches deir Hoheirstausen und feine Burg in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts darstellt (s. unsere.Abbil¬ dung). Die gange, abgeschlissene Fläche des Kegels ist mit Gebäilden bedeckt, vier Mauertürme treten der hohen Ninsriedignng vor; im Innern erheben sich zwischen den getreimt liegenden Gebäudeinäffen zwei starke und wehrhafte Bergfride Nach dem Aussterben der Staufer aber fiel die Burg an Rudolf von Habsburg, der sie in seiner Geldnot als Heimsteuer seiner Tochter Elisabeth an Stelle der versprochene» 10 000 Schock großer Prager Pfennige mitgab. Dieser Umstand giebt uns auch deir Maßstab in die Hand, den Weck der das Plateau deckenden Baulichkeiten gn schätzen: es ist der Psaitdschilling, welcher gezahlt ward, wann eine kleine Reichs¬ stadt zu versetzen war. Ums Jähr 1317 war die Burg be¬ reits ziemlich baufällig geworden: eintausend Gulden werde» aufgewandt, um das Schloß/welches „an Mauern nnb Dächern bresthaft" geworden, wieder anszubessern. Jin Jahre 151!)
Der
zweite
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i
!
!
385
-«ä
endlich sonnte der Obervoigt von Göppingen, ein Georg Stattser,
Burg samt Dorf aneignen, weil er eine Verwandtschaft mit dem erloschenen Kajserhause vorschützte. Man hatte damals allerdings mehr zu thun, als so keck erfundene Rechtstitel zu
sich
die
prüfen, und so verblieb der Göppinger Schnltheiß im Besitze des Hohenstaufen. Diese Herrlichkeit dauerte indessen nur wenige Jahre. Der Bauernkrieg mittete in Schwaben, die Limpurger und Gmünder Bauern waren aufgestanden tmd hattett in einem wilden Zerstörungszuge Kloster Lorch verbrannt. Der Rauch stieg von den Klostergebäuden aus, da standen die
Bauern unter ihrem berüchtigten Hauptmanne Jörg Bader von Löblingen auch schon vor der Hohenstaufeitburg. Sie war nur von 30 Invaliden verteidigt; der Hauptmann war ab¬ wesend. Nachdem die Bauern angefangen hatten, das Schloß mit einigen Feldstücken ztt beschießen, floh das kleine Häuflein der Verteidiger aus der andern Seite des Berges nach Filseck
hinunter,
die
verlassene
Burg aber wurde geplüttderi und
ausgebrannt.
(Schluß folgt.)
Aus dem Lagebucht Wilhelms von Hülsen, den licbenjährigen Krieg betreffend. Mitgeteilt von Kolorro von Zülsiorr, geb. Gräfin Häseler. (Schluß.)
AVer Kapitän
Reibnitz lachte und die Maroden strengten alle
|f)re Kräfte an, um heran zu kommen.
Es klingt fast unglaublich, aber wir trafen in Damm ein, ohne um* einen Mann zurückgelassen zu habett. — Der Kommandeur, Oberst von K., war uns bis vor die Stadt entgegen gekommen. Er fragte:
„Na, lieber Reibnitz! — Das war ein häßlicher Marsch! — Sie haben wohl etwa die Hälfte der Leute zurückgelassen?" — Wann unser Kapilaut zoritig oder vergnügt war, so konnte er, ohne zu stottern, nicht reden.
„I, I,
Ich ha, ha, habe sie a, a, alle!"
ant¬
wortete er.
„Nun, wie versteh'
ich
das?" fragte
der Oberst.
—
Wir waren, wie das der Brauch ist, vor der Stadt von den Pferden gestiegen, und ich war hinten auf meinem Posten verblieben. Anstatt deut Obristen ztt antworten, rief der Kapitain jetzt nur:
„Herr Lieutenant von Hülsen!" kam, sagte er zu dem
und
als
ich jetzt
Obristen:
„Dem, dem da, ha, ha, habe ich es zu da, da, da, danken, daß mir kein Mann. fehlt!" Nun aber kam er mit seiner Zunge in Gattg und erzählte,
—
wie ich es gemacht hatte.
Er war mit seinem Marsche ttttd dieser uiterwarteten so zufrieden, daß er mich bat, die 6 Thaler, tvelche ich ihm auf mein Pferd noch schuldig war, als bezahlt anzusehen, und die Art und Weise, wie er dies that, zeugte von so viel Wohlwollett gegeit tttich, daß es.Undankbarkeit gewesen Wendung
wäre, es abzuschlagen. So konnte ich von nun ab mein Pferd ohne alle Sorge
als mein alleiniges Eigentum benennen." —
Ich uitterbreche hier wiederttm das Tagebuch Wilhelms ^en Hülsen, da mir eine ausführlichere Beschreibung der Schlacht
von Leuthen
hier nicht am Orte zu sein scheint.
i>-
Es ist über dieselbe so viel geschrieben worden, daß ich lieber sogleich ztt der von Wilhelm von Hülsen sehr lebendig geschilderten Belagertmg von Küstrin übergehen und ihn seine dortigen Erlebnisse erzählen lassen will. Solche Berichte eines Augenzeugen,
der
die
empfaugenett Eindrücke ohne die ent¬
fernteste Nebenabsicht, lediglich für seine Familie, ausgezeichnet hat, pflegen der Mehrzahl der Leser stets von Interesse zu sein. Auch gewährt es mir selbst eine große Genugthuung, mich in diese kriegerischen, und doch auch wieder teilweise so naiv-menschlichen Schilderungen zu versenken, besonders, da unser großer König immer wieder in dieselben verflochten, und, oft nur mit wettigen Andeutungen, treffend in ihnen charakteri¬ siert worden ist. —
So beginnt Wilhelm von Hülsen am 6 . Augnst 1785:
„Der
General Fermor drang mit 80 000 Mann in Pommern und in die Neumark ein; er belagerte Küstrin, was wir unter dem Kommando des Generallieutenants Grafen von Dohna mit unserer schwachen Armee nicht verhiitdern konnten. Das System der Russen war, nach barbarischer Horden Art zu sengen und zu brennen. Die unglückliche Stadt Küstrin wurde daher auch sogleich in den ersten Tagen in einen Aschenhaufen verwandelt; ein ungeheures Magazin wurde niedergebrannt.*) Kaum hatten die Einwohner Zeit, von allem entblößt, ihr Leben zu retten. Sie flohen über die Oder und sahen von dort traurig den Rauch, welcher von ihren verbrannten Habseligkeiten zu den Wolken aufstieg. Viele Bewohner der umliegenden Gegenden, ja auch Ent¬ ferntere hatten in Küstrin ihre besten Sachen vor der Raub¬ sucht der Kosaken in Sicherheit gebracht. Es befanden sich also in dieser Festung eine erstaunliche Menge Dinge von großem Werte, die jetzt fast gänzlich verzehrt wurden. Die Absicht der Feinde war, daß durchaus nichts von dem Eigentnnte der armen Einwohner gerettet werden sollte. Deshalb fuhren sie mit dem Werfen der Brand-Granaten fort, obgleich das Feuer schon in allen Straßen von Küstrin wütete. Der Kommandant wurde endlich, den 5. Tag, zur Uebergabe auf¬ gefordert: es war dem russischen Feldherrn eingefallen, ttach gesitteter Völker Art zu handeln: Fermor drohte dabei, zu stürmen, und die ganze Besatzung niedersäbeln zu lassen, wenn man die Festung nicht sofort übergeben würde. Der Kommandant, Obrist Schenk von Wuthenau, erwiderte jedoch dem russischen Generale: „Die Stadt ist zwar nichts mehr als ein Steinhaufen, detm die Magazine sind verbrannt, — Die Häuser eingeäschert. Aber die Festung selbst ist noch im besten Stande, und. die Garnison hat nicht gelitten. Ich werde Küstriit daher nicht übergeben, sondern mich bis auf den letzten Mann zu wehren suchen." Er verteidigte sich dann auch tapfer auf dem rauchenden Schutthaufen, wettn attch ohne große (Ansicht zu zeigen. Als er sich später deshalb bei dem Könige zu entschuldigen suchte, antwortete ihm Friedrich: „Ich bin selbst daran schuld. Warum habe ich Ihn zum Kommattdatttett gentacht!" — Der angedrohte Sturm unterblieb indessen, denn die Russen hattett von der Annäherung des Königs gehört; ihre
*)
russische
Belegen in Neu -Bleye» bei Küstrin.
«
386
Aufmerksamkeit war nunmehr auf ihn gerichtet. Auch Graf Dohna kam der bedrängten Festung zu Hülfe. Er ließ eine Schiffbrücke über die Oder schlagen, und schuf dadurch eine
„Nein, nein, Herr Lieutenant! — Die Bestie hätte mir bald den Offizier getötet!" — Er stieß ihn mit
Kommunikation, so daß die Besatzung beständig abgelöst werden konnte. Ilm 20 August traf der König endlich, zu unser aller Freude, mit 14 000 Mann aus Schlesien bei uns ein. Fried¬ rich hatte in 24 Tagen einen Marsch von fast 60 deutschen Meilen gemacht und war au einem nicht zu erwartenden Orte über die Oder gegangen. General Fermors Pläne waren nun vereitelt. — Die Belagerung von Küstrin wurde aufge¬ hoben. Beide Heere näherten sich einander; sie rüsteten sich zur Schlacht. Nie war bei einer Armee der Durst nach einem Der Treffen größer, als dieses Mal bei der Preußischen. Dämon des Krieges schien das ganze Heer erfaßt und begeistert Selbst Friedrich, durch den Anblick der zahllosen zu haben. Schutthaufen und der von allem entblößten, heimatlos umher¬ irrenden Flüchtlinge aufs lebhafteste gerührt, schien alle anderen Leidenschaften der Rache unterzuordnen. Er befahl: „Keinem Russen in der Schlacht Pardon zu geben!" Den 22. Abends, nach der Retraite, wurde aufgebrochen, und den folgenden Mittag bei dem Dorfe Güstebiese die ganze Infanterie mit Kähnen über die Oder gesetzt. Die Kavallerie und Artillerie ging über die Pontons ins Lager bei Klossow; — wir in das Lager bei Neudamm. — Den 25. brach die Armee vor Tagesanbruch auf. Alle Anstalten wurden gemacht, um dein Feinde den Rückzug zu verschließen, und ihn in die Moräste der Oder zu drängen. — Sogar die Brücken , welche den Russen zur Flucht dienen konnten, mußten abgebrannt werden. Die Wut der Preußen war allen Russen bereits bekannt, als die Schlacht ansangen
der marode
.
sollte. auch
Nur ein Zuruf lief durch die ganze russische Linie: „Die Preußen geben kein Quartier, und wir
nicht!" —
ehe wir ausmarschieren konnten. Die Ein Soldat von meinem Peleton, Namens Fischer, bar mich um die Erlaubnis, sich einen Augenblick aus¬ ruhen zu dürfen, weil er ganz kraftlos wäre. „Pfui!" sagte ich da. „Ich hielt Dich für einen Nun aber sehe ich, daß Du ein ehrlichen Kerl.
Es währte sehr lange,
Hitze war entsetzlich.
Schw.d bist!" —
„Verlassen Sie sich daraus, Herr Lieutenant, ich werde zur rechten Zeit da sein!" war seine Antwort, — ich ließ ihn gewähren. — Der Angriff begann. Unser Regimen! stand im ersten Treffen, aus dem linken Flügel. Sobald die Grenadiere sich verschossen hatten, wankten die Russen, und der lebhafte An¬ griff unseres linken Flügels brachte sie endlich ganz zur Flucht. — Wir schlugen nun das zweite Treffen der Russen auch. Ein blessierter Russe, welchem ich befahl, das Gewehr fortzuwerfen, und Pardon geben wollte, hob es wieder aus, und schlug auf mich au. da ich bereits passiert war. Ein tüchtiger Kerl aus meinem Peleton, Namens Lebermann, der sich auf dem Wahlplatze ein Gewehr ausgesucht hatte, weil ihm das seinige zu Schanden geschossen war, rief mir zu: „Herr Lieutenant! — Nehmen Sie sich in Acht!" — Indem ich mich umsah, drückte der Russe aber schon los; „Soll ich die Kugel ging mir dicht bei dem Kopfe vorbei: den Kerl massakrieren?" fragte Lebermann. — „Pfui
doch! — Laß ihn leben; es ist ihm nicht gelungen!" —
dem Bajonette zur Erde.
—
geworden war,
Jetzt meldete sich der Soldm,
indem
er inich
an
dem Rocke
„Ich bin wieder hier, Herr Lieutenant! — Sie sehen, ich habe Wort gehalten." — „Das ist brav, Fischer! — Ich werd' es Dir nicht vergessen!" — Ich zupfte.
freute mich, daß ich Gnade für Recht hatte ergehen lassen!
Wir schlugen nun noch das dritte Treffen der Russen. — Ich war so vergnügt, daß ich mich nicht enthalten konnte, den Lieutenanl von Scharden *) zu umarmen, und ich erinnere mich nicht, jemals dergleichen Herzensfreude gefühlt zu haben.
Es ging nun wieder frisch auf den Feind los. Meinem Flügelmanne wurde der Kopf weggeschossen; sein Gehirn flog mir ins Gesicht und aus meine linke Schulter. Mein Esponton wurde mir entzwei geschossen; auch bekam ich eine KartätschKugel aus den Ringkragen, welche mir den emaillirten Stein zerschmetterte. Ich zog den Degen; aber die Quaste vom Portepee wurde gleichfalls weggeschossen. Eine andere Kugel ging durch meine Rockschöße, und das alles, ohne daß ich ver¬ wundet worden wäre. — Wir trafen jetzt auf eine Batterie von zwölf Kanons. Die Russen liefen, was sie nur konnten. Sie zogen sogar ihre Röcke ab, um besser fliehen zu können. Die Leute, welche bei den Kanonen waren, krochen unter die¬ selben, umsaßren die Rohre und ließen sich massakrieren. — Nur ein einziger hübscher Kerl hielt eine mit dem russischen Adler geschmückte Fahne in der Hand, und stand wie unbe¬
Die Contenance, mit welcher dieser Mensch sich hielt, frappierte mich. Ich ries ihm „Pardon!" zu, und da er mit dem Kopfe schüttelte, zog ich meinen Degen, um ihm einen Hieb zu versetzen. Jetzt ließ er die Fahne im Stiche und kroch auch unter die Kanone, wo er massakriert wurde. — Schade um deu Menscheu! — Ich aber nahm die Fahne, Gottes und ries: „Viktoria, Bursche, Viktoria! weglich.
In
Namen: immer weiter, immer weiter! — Es wird nun bald ein Ende haben!"
Auch das vierte Treffen war schon im Gange, als uns plötzlich ein Bataillon feindlicher Infanterie in den Rücken
fiel. Die Journalisten und alle die Skribenten, welche für gut gesunden haben, der feindlichen Kavallerie diese Diversion Es war russische Infanterie, zuzuschreiben, irren gewaltig. schießen konnte oder wollte, und mehr nicht welche entweder nun mit gefälltem Bajonett auf uns eindrang. Sie wurde nur wenig von ihrer Kavallerie unterstützt, und durch unsere Kavallerie, unter Anführung des Generallieutenaut von Seydlitz,
in die Pfanne gehauen. Ich habe nicht gesehen, Da russische Angriff uns Schaden gethan hat. geschlagen, gemeine Mann nunmehr drei Treffen vierte noch vor sich hatte, da er fermer den Feind
daß dieser
aber
der
und das
in
seinem
Rücken sah, so gab er ans das Rufen und Schreien der Offi¬ ziere nicht acht, sondern retirierte nach unserm rechren Flügel,
welcher erst jetzt seine Operationen zu machen anfing. — Es ist nicht möglich, daß Infanterie mit mehr Kops und Herz fechten kann, als unser guter Flügel es dort gethan hat.
Wäre unser Brigadier nicht ein unfähiger Offizier gewesen, so hätte er die Blöße unseres linken Flügels zu seinem Augen¬ *) Einer Magdeburgisch-Berlinischen Familie angehöriz, von wir bald Näheres bringen werden.
welcher
«
387
uns zu Hülfe gekommen. So aber mar von ihm nichts zu hören und zu sehen, und in dem Maße, wie meine Seele erst vergnügt war, wurde sie jetzt merk gemacht, und wäre
traurig. Ich warf nreine eroberte russische Fahne aus die Erde und trat sie mit Füßen, weil keine Möglichkeit vorhanden ivar, die Leute zum Stehen zu bringen. Was sollen dem Nächtigen noch Siegeszeichen? Endlich aber wurde das gute, von unserer tapferen Infanterie angefangene Werk durch die Tapferkeit unserer Kavallerie, unter der Anführung des Generallieutenant von Seydlitz gekrönt. Sie war's, welche die Schlacht gewann. Wir hatten nun drei Teile des Wahl¬ Der Sieg war platzes besetzt, der Feind hielt den vierten. entschieden.
ich Dir mit gerührter Seele für Deinen „väterlich gnädigen Schutz darbringe. Ich habe Leben und „Ehre gerettet. Beides empfange ich nun aus das Neue uon „Dir. Sei auch ferner mein Gott und mein Vater, um Jesu „Christi willen! Amen."
„Dank nicht, den
!
Am Ringe
Die alte Stadt Schwiebus, der Hauptort des gleichnamigen Kreises, hat bekanntlich eine besondere Wichtigkeit schichte der
Die Preußen aber zählten 10 000 Todte und Ver¬ desgleichen 1400 Gefangene oder Vermißte; auch hatten sie bei dem Weichen ihres Flügels 26 Kanonen ein¬ gebüßt. Diese kleine Zahl, die wenigen Gefangenen, und der Umstand, daß ein Teil der russischen Armee in zerstreuten Haufen aus dem Schlachtfelde verblieben war, gab nachmals den Russen Veranlassung, sich den Sieg zuzuschreiben. Der russische General Panin war jedoch so aufrichtig zu sagen: „Wir haben zwar den Wahlplatz behauptet, aber tot, Bagage. wundete,
verwundet, oder
— betrunken." —
Der Durst plagte auch mich sehr. Mein ganzes Vernur noch in einem Gulden. Ich gab ihn für einen Hut voll Wasser hin. In der Nacht nach diesem blutigen, schweren Tage setzte ich mich dann allein auf die Erde und stellte über denselben meine Betrachmngen an. Ihr Ende war: „Mein Herr und Gott! Verschmähe meinen demütigen
»wgen aber bestand
Mark Brandenburg.
für
die Ge¬
Von allem, was das Haus
der Hohenzollern aus der Hinterlassenschaft des schlesischen Herzogsgeschlechtes der Piasten als Erbe zu beanspruchen hatte, wurde dem großen Kurfürsten im Jahre 1686 von den
—
Die Niederlage kostete den Russen 19 000 Todte rrnd Dabei verloren sie Verwundete, sowie 3000 Gefangene. 103 Kanonen, viele Fahnen, ihre Kriegskasse und eine Menge
zu Schwiebus.
j
Habsburgern nur eben das Land Schwiebus gutwillig heraus¬ gegeben, und im Jahre 1694 wurde auch dieser kleine Teil
der großen schlesischen Erbschaft von Friedrich
III.
dem .Kaiser¬
hause wiederum in Frieden überlassen, weil der Kurfürst von Brandenburg aus diese Weise seine Pläne hinsichtlich der Erlangung der königlichen Würde am sichersten zu fördern ge¬
„Schwiebus ist meinem Hause wiederum, genommen;" folgerte deshalb Friedrich der Große in jenem Manifeste, mit welchem er im Jahre 1740 den Krieg begann; „es sind somit die alten Ansprüche der Hohenzollern auf die Lande der Piasten wieder aufgelebt." — dachte. so
Markt oder „Ring" Einst war derselbe auf allen vier Seileir der Stadt Schwiebus. mit „Lauben" umgeben. Gewiß eine poesievolle Art, zu bauen! Wie weilt sich's so anmutig unter solchem Laubengange in sommerlicher Hitze, des Mittags, wann die Sonne aus dem Unsere
Illustration führt uns
aus den
Und wie poesievoll erscheint dein Fremden das abendliche Leben und Treiben der Kleinstadt hier im „fröhlichen Herbste", wenn der Mondschein um die Giebel¬ Marktplatze brütet!
«6
dächer und durch die Hallen huscht, und von
388
„wirtlicher Stätte"
S>
ihres Ringes sind nur noch acht erhalten. Sie liegen auf der Nordseite des Marktes und gehören sämtlich den Tagen nach Ablauf des 30 jährigen Krieges. an. Nicht lange mehr, und auch sie werden verschwunden sein. Sinkt doch Gebäude für Gebäude nieder auch irr diesen stillen Orten Brandenburgs! Bald wird das letzte Haus gefallen sein, welches man noch als eine monumentale Illustration zu dem traulichen Leben
aus ein helles Gläserklingen noch immer zu uns herübertönt, obwohl die Glocken der St. Michaelskirche schon längst die „Bürgerstunde" verkündigt haben. Allein die Tage alter Poesie sind auch in unseren kleinen Srädteit gezählt. Von den ehrwürdigen, mit Holzlauben und mancherlei Schnitzwerk versehetten, mit frommen ilnd fröhlichen Inschriften bedeckten Bürgerhäusern der Stadt Schwiebus und
—
der Altvordern betrachten könnte.
0. 8 .
Der Pschorr-Z iräu in Berlin. „Es floß von hier
Ein prächtig und in der Offizin von Otto von Holten wahrhaft künstlerisch ausgestattetes Album ziert heut' unsern Schreibtisch; cs ist uns von der Leitung des berühmten Pschorr-Bräus freundlichst dar¬ geboten worden. „Hat doch des Pschorr-Bräus Wunderschaum Sein neues Heim bestellt!" Hat's doch: „Willkommen!" so freudig getönt:
„In
des Pschorr-Bräus muntre Quelle tiefste Herz vom deutschen Vaterland Und feuchtete mit ihrer klaren Welle Der starken Marken dürren Wüstensand," —
Ins
gegen welch' letzteren
bunter Wölbung Zelt!"
ein wenig verwahren müssen.
Wo Kyritz friedlick) an die Knatter grenzt, Wo Gubens Männer Kohlenlasten tragen, Wo Perlebcrgs berühmte Wichse glänzt: Da hat der Pschorr ein trinkbar Volk gefunden Und dessen Durst im Sturme überwunden."
unsere Stadt doch jüngst um einen Prachtbau und einen Bier¬ palast bereichert worden, wie sic ihn bis jetzt in der That noch nicht aus¬ zuweisen vermocht hat! Anstatt des alten Ausschanklokales der MünchenerBrauerei Pschorr ist ein neues „Pschorr-Haus" Fricdrichstr. 165 und Behrenstr. 25/26 erstanden — ein ragender Eckbau von hoher, malerischer Schönheit, welcher bis zur Französischen Straße 51 hindurchgeht. Was der „Willkommengrub" als Zweck des Pschorr-Bräus bezeichnet hat: „Hier sei kein Tand, kein Faschingskleid Der Kaiserstadt beschccrt; Ein Tempel sei's der Freudigkeit Und seiner Gäste wert!" — es ist erreicht worden, erreicht durch das Zusammenwirken der namhaftesten Künstler und Industriellen Berlins und des Reiches. Das „Album" giebt uns zunächst eine mit reizvollen, aus dem bewährten Kunstinstitute von Riffarth, Bendler Straße 13, hervorgegangeneu Illustrationen versehene Geschichte der Bierbrauerei „Zum Pschorr" in München, welche im Jahre 1820 in der Neuhauser Straße 11 ange¬
Ist
Welch' ausgelassene Fröhlichkeit hat in dem alten Heim des Pschorr im „Meier-Keller" geherrscht, der später zum Stammlokale der in Berlin verweilenden Heidelberger Saxoborussen umgewandelt wurde! Wie schön gestalteten sich vorzüglich die Sylvester-Feste im Pschorr, von welchen Professor Max Kochs Künstlerhand das letztverflossenc so treffend dargestellt hat! In: Sommer des Jahres 1886 wurde dann der Bau eines neuen Pschorr-Hauses beschlossen. Nach einer feierlichen Grundsteinlegung, einer in Berlin jetzt leider sehr selten gewordenen Festlichkeit, stieg das Werl auf der oben angegebenen Stelle rüstig empor. Die Architekten Kayser und v. Großhcim entwarfen die Pläne und leiteten die Ausführung aller Teile bis in die kleinsten Einzelheiten hinein. Unter den Künstlern, welche den gewaltigen Bau in so edelschöner Weise ausgeschmückt haben, nennen wir von Bildhauern hier nur Otto Lessing in Berlin, Jakob Ungercr, Franz Schneider und Heinrich Seih in München, von Maler» Max Koch in Berlin und die Münchener Flashar, Rudolf Wimmer, Kurt Hermann u. s. w. Flashar malte von dem liebenswürdigen Bildcrschmucke des Bräues jene frische Szene, welche eine bayrische „Bockmusik" dar¬ stellt; Professor Koch schuf die Ansicht des Bavaria-Kellers, einen „Schuh¬ plattler" und die „Thcresienwiese im Glanze des Oktoberfestcs". Es versteht sich, daß auch die anderen Teile der Ausstattung des PschorrBräus nur den bewährtesten Händen anvertraut wurden; mir nennen hier nur die Firmen Eduard Puls, C. Spinn, Max Schulz u. Co. Die gastlichen Pforten des Pschorr haben sich nunmehr geöffnet. Den Gästen klingt der Wunsch entgegen: „Es sei Euch im Leben zu jeglicher Zeit Ein schäumendes Krüglein vom „Echten" bereit, Damit Euch nicht Seele, nicht Kehle verdorr'; — Das wünscht Euch zum Abschied von Herzen der Pschorr." Wir aber danken so freundlichen Worten mit einem eben so herzlichen: „Glück auf für Pschorr, für „Printz" und „Printzessin", das vielgetreue Wirtspaar, auch in dem neuen Heim." — einst
Durch drei Generationen hindurch verfolgen wir das Wirken der Familie Pschorr, bis im Jahre 1877 gleichzeitig mit dem Baue der neuen Brauerei in der Bayerstraße ein großartiger Aufschwung des Betriebs erfolgt, welcher dem „Pschorr" zu einem Weltrufe verhilft. Der „Pschorr" produziert heute nicht weniger denn 300 000 Hektoliter, und besitzt Niederlagen nicht allein in allen bedeutenden Städten des Deutschen Reiches, sondern selbst in London, Paris, Havre, Ronen, Brüssel, Ant¬ werpen, Lüttich, Amsterdam, Haag, Rotterdam, Mailand und Wien. Ein zweiter Abschnitt des Albums aber führt uns zum Pschorr-Bräu in Berlin uiid ruft uns jene Zeit zurück, „da fremde Biere hier mit geheimnisvoller Scheu gemieden wurden," und nur das tiefdunkle Gebräu des altbewährten „Nürnberger" bei „Siechen" und beim „schweren Wagner" einen erlesenen Stammkreis von Verehrern besaß." Da ward am 23. September 1882 in der Taubenstraße 10 ein Wirtshaus aufgethan, von dessen Thür die einfachen Worte herableuchteten: „Münchener PschorrBräu. Ferdinand Printz". Es war ein gastlich Haus, und manch' ein wackerer Zecher wird seiner mit einem Wohlwollen gedenken, in welches Von dort aus hat das Pschorr-Bräu sich ein wenig Wehmut mischt. seinen siegreichen Umzug durch die deutsche Reichshauptstadt angetreten. Wie ein jovialer Dichter gesungen hat:
legt wurde.
Zuv ©rüffnung betllnfaUtu'rliütumt. Bei der
wir uns freilich
„Wo Spandaus goldgefüllte Türme ragen,
I.
Kleine Mitteilungen tUnttsdjen Ausstellung fiiv williges Entgegenkommen fast ununterbrochenen Aufeinanderfolge
der zahlreichen Ausstellungen unsrer Zeit hat das Interesse für derartige Unternehmungen zweifellos eine Einbuße erlitten. Was für Anstrengungen müssen nicht unsere westliclien Nachbarn machen, um ihre Ausstellung des Charakters der Alltäglichkeit zu entkleiden! Dennoch hat Berlin soeben wieder die Vorbereitungen zu einer Ausstellung von eigenartiger Bedeutung vollendet. Die „Deutsche Ausstellung für Unfallverhütung", welche unter dem Protektorate unseres Kaisers steht, erinnert an die lange und vielgetreue Lebensarbeit Kaiser Wilhelms I., an bereit Ergebnissen die kommenden Geschlechter nacki Jahrhunderte lang sich erfreuen werden. Des unvergeß lichen Kaisers „Botschaft" ist der Boden, aus welchem auch das soeben er¬ wähnte humane Werk erwachsen ist; sein Vorbild, Gesetze zilm Heile der Arbeiter zu geben, ist die Triebfeder, welche jenen Wetteifer deutscher Männer entzündet hat, als dessen Frucht jene Ausstellung zu betrachten ist. Ein einziger Blick in den Ausstellungspark genügt, um jedermann klar zu machen, daß das Unternehmen ein Werk von großartiger und staunenswerter Anlage ist, welches mit reichen Mitteln ins Leben gerufen worden ist und ein weit über die Grenzen unsres Vaterlandes hinaus¬ reichendes Interesse beanspruchen darf. Aussteller von Nah und Fern, Behörden und Berufsgenoffenschafterr haben durch freundliches und opfer¬
deir unermüdlichen, rastlos thätigen Komiteemit¬ gliedern aufs thatkräftigste beigestanden. Es werden in der genannten Ausstellung fast die gesamten Schntzniaßnahmen aus den zahllosen Industrie- und Gewerbszweigen unsrer Tage zu öffentlicher Kenntnis gebracht. In richtiger Erwägung aber, daß trotz aller Vorkehrungen immer noch Gefahren vorhanden find, gegen welche der menschliche Wille ohnmächtig ist, hat der umsichtige Vorstand dafür Sorge gettagen, daß ferner auch diejenigen Maßregeln veranschaulicht werde», welche bei wirklich stattgehabten Unfällen erforderlich sind, um weiteren verhängnisvollen Folgen vorzubeugen. Unter ihren vielen Sehenswürdig¬ keiten wird die Ausstellung auch eine besondere Abteilung für das See¬ wesen -enthalten, in welcher die zunr Schutze gegen Seeunfälle dienenden Vorkehrungen dargestellt we-den. Der Vorstand will derselben eine beson¬ dere Bedeutung noch dadurch verleihen, daß er für sie das lebensgrone Bild Sr. Majestät des Kaisers bestimmt hat. Die Ausführung diestGemäldes ist dem Historienmaler Prell übertragen worden. Der Kaiser ist von dein Künstler in großer Admirals-Uniform dargestellt, aus der Kommandobrücke des in voller Fahrt befindlichen „Hohenzollcrn verweilend. Wir wünschen dem Werke durchschlagende» Erfolg; kein Unletnehwcn ' ehrt das junge Teutsche Reich so sehr wie dies! — ; ___
i
389
tyfäfow,
Kommerzienrat in Firma ©. Pschorr, Brauerei zum Pschorr in München, hat aus Anlaß der Eröffnung seines Bierpalasres, Friedrich, und Behrensrraßen-Ecke den Armen der Stadt Berlin 3000 M. überwiesen.
Druckfehler-Berichtigung. In ,'chen
Nr. 29, Seite 363, Spalte 2, Zeile 2 von unten ist statt „preutzi-
„preußischen Triumphes"
Schreckens"
zu lesen.
Sk-
Inhalt:
Unter dem falschen Waldemar, Berliner Novelle von Ernst von Gleichen (Fortsetzung); „Im Fenn", Historische Erzählung von Botho von Pressentin (Fortsetzung); Der Hohenstaufen von Paul Clcmen (mit Jllustr.); Aus dem Tagebuche Wilhelms von Hülsen, den siebenjährigen Krieg betreffend, mitgeteilt von Helene von Hülsen, geb. Gräfin Häseler (Schluß); Am „Ringe zu Schwiebus" (mit Jllustr.); Der Pschorr-Vrau in Berlin. — Kleine Mitteilungen: Zur Pschorr.
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PlostKoUi,
Münchener Pschorrbräu. Hiermit beehre ich mich ergebenst anzuzeigen, dass am
Franz Ghvrstopi7
Sonnabend, den 20. April 1889
Berlin
die
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Mittel-Straße Nr.
X.W..
11.
Gründer und alleiniger Fabrikant des echten Fußboden-Glanilalli. Filiale für Oesterreich-Ungarn zu Garolinenthal 101.
Frag.
Eröffnung der neuen Bierhalle der Firma:
G.
Pschorr
Brauerei zum Pschorr
«
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S in München Ecke der Friedrich- u. d. Behren- G strasse u. Französischest!’. 51 stattgefunden hat. W Mein Comptoir, Kellerei n. Flaschenbiergeschäft
befindet sieh von heute an ebenfalls im obigen Grundstück und wollen werthe Be¬ stellungen nunmehr dahin gerichtet wer¬ den. — Für das mir in meinem alten Lo¬ cale, Taubenstrasse 10, in so reichem Maasse entgegengebrachte Vertrauen und Wohlwollen hiermit höflichst dankend, bitte mir dasselbe auch in meinem neuen Locale ungeschwächt zu Teil werden zu lassen.
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Generalvertreter der Firma k. Pschorr.
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12. Zli a i
1889.
An die Mcrelr. ^iMür
dich, o
Mag
Mit Mit
Mark, wird
stets mein Herz
D'rwn
erglüh'n,
Die ich mit
Grün!
dir
doch nicht vertauschen
will.
liebt, nur heißt dem Nur was ihn: Mühe bringt, weiß er zu
Liebt deine stillen, schilfverwachs'nen Seen,
mit
zu neiden,
Denn: was er
dich Heimat nennt, der kennt dich ganz,
Die Saatgefilde,
deinen Reizen still,
Die ihren Blick an Fels und Meere weiden,
deinen weiten, öden Sandesstrecken,
Nur wer
Mark, von
Nur heimlich lächelnd, anstatt sie
mich die Welt mit deinen Reizen necken,
deiner Aiefernwälder sahlem
schweig' ich,
Was schwer
den sanften Höhen,
sich
fügt,
D'rum will ich, Mark,
Der schlichten, anspruchslosen Dörfer Aranz!
ist
einzig
Menschen schön! schätzen,
sein Ergötzen,
stets treulich zu
dir stehn!
Helene von Hülsen, geb. Gräfin Haeseler.
Unter dem falschen Woldemar. Berliner Novelle von Gonst von Gleichen. (Fortsetzung).
>Wriede allen Deinen Pfaden, Sonnenschein Deinen Feldern, Fülle Deinem Hause und Glückseligkeit Deinem Herzen!" Ihre Stimme zitterte hörbar, als sie diese Worte sprach, und Rykes Rechte zuckte; eine heiße Thräire war auf dieselbe herabgefallen. Der Patrizier versuchte zu sprechen, aber die Worte versagten ihm; er driickte der Jungfrau nur die Hand und trat dann in beit Schatten der Föhren zurück. Dort blieb er stehen; bald hatte die Nacht und die Haide den Zug der
Herz haben und ein festes Auge. Ehe die Sonne sinkt, deren Kommen die Dämmerung dort über dem Walde verkündet, reite ich nach Frankfitrt zu dem rechten Markgrafen, dem ritter¬ lichen Bayernfürsten! — Er ging schneller den dunklen Wiesen
Flüchtigen ausgenommen.
Leimvand überdeckten Wagen, tvie sie hier zu Lande üblich sind, ausfindig zu machen. Gent tvar der Besitzer bereit, denselben zrt verkaufen. So konnte nun die Reise rascher fortgesetzt werden. Jakobus und seine Knechte kannten Weg und Steg auf und neben der großen Handelsstraße nach Oder¬ berg ganz genau. Um Mittag waren die Wälder von Leuen¬ berg erreicht, welche" bereits mit den Farben des Herbstes sich zu bemalen begannen. Freundlich blickte der leuchtende, sanft
pß
In zurück.
tiefem Sinnen kehrte Konrad Ryke langsam zur Stadt Sein Herz war bewegt. Aber er suchte dessen Auf¬
wallung schnell zu unterdriicken.
„Ein
Ryke und eine
Jüdin!
kann nicht sein! Darum fort mit diesen Gedanken! Sie verunehren dich uild sind des reinen und edlen Herzens urg,
die
Witwe, welche neben dem Jndenhofe wohnt."
„Bist Du unschuldig, Mensch?" fragte
:
j
der Priester, und
in der Seele des andern lesen zu wollen. Fest und mit überzeugender Kraft erwiderte der Sakristan: „Ja, Herr, ich bins!" „Auf denn!" ries der Priester. „Schließe das Gottes¬ haus und begleite mich zu dein Bürgermeister. Herr Johann von Schildberg muß die Thore schleunigst absperren lassen; sein Auge
schien
ho II.
in Kreslan.
Als
sich
König
Friedrich am 6. November 1741 in Breslau huldige» ließ, äußerte sich die Freude des Volkes in niannigfacher Weise. Ueber die ausgehängten Bilder mit Devisen erzählt die Spenersche Zeitung, damals „Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen" genannt, vom 21. No¬
1741: „Unter die besondern Erfindungen, welche bey der am HuldigungsTage angestellten Illumination sind bemerkt worden, rechnet man billig folgende beyde. Man sahe eine» gemahlten Schlächter, wie er ein Beil aufhob, um einen vor ihm stehenden Ochsen zu erschlagen, mit der vember
lleberschrist:
Wer mir wird den König von Preussen verachten, Den will ich wie diesen Ochsen schlachte».
In
Unten aber war der Name: Dav. Schultze, ein Brandenburger. einer andern Straße erblickte man eine» Tischler, der verschiedene Stücke von feiner Arbeit, als Schräncke, Tische, Wiegen, und dergleichen, neben sich batte, nrit den Worten:
O wie würd ich vor Freuden lachen, Wenn ich meinem gnädigsten König solle eine Wiege nrachen."
Die Vossische von einem
'mit
Zeitung
vom 14. November 1741 berichtet auch noch
Bilde, auf dem ein Bäcker einen Backofen vorgestellet hatte,
der Umschrift:
„Wer nicht will gut Preußisch sein, Den schieb ich zum Ofen hinein."
Dr.
Heutinisthe „Kapsftengo" i. s.
Equivoc,
s.
.1.
B.
I.
1733. 1) Ein kurtzer in Haaren coffiret, ist das vornemste Kopfzeug und
wird von Printzeßinnen, Gräsfinnen und Staatsdamen getragen. -) Ein englischer Aufsatz, s. eine englische Batinaille. Dieß tragen unadeliche vorneme Personen, Geheimen und anderer Räthe Frauen und Tochter, item Officier- und Kauffmannsfrauen. 3) Ein doppeltes Kopfzeug tragen die vom bürgerlichen Stande, so "eiulid, Kopfzeuge tragen, Kauffmannsfrauen und Töchter, Advokatenfrauen Ut>d Töchter, Doctores, Rathmannen, auch Unterofficierer.
A
4) Ein einfaches Kopfzeug, sage ein Cornet, tragen zum Theile auch vorneme Frauenspersonen, zum Theile auch wohl gemeine, nemlich solche, die dergleichen zu tragen gewöhnet. 5) Beginnen tragen auch sowohl vorneme als gemeine, nemlich die¬ jenige, so dergleichen tragen. Diese werden ordinair des Winters getragen. HB. Die Frantzösinnen tragen alle ietzt besagten Aufsätze, sie thun es denen Teutschen ietzo in Berlin zuvor, wie sie denn auch ordinairement vermögender sind. (Aus einem Reisetagebuche von G. Bethmann.) Dr. J. B.
I.
Auf deni der Familie Blücher gehörigen Gute Groß-Ziethen, wo damals die dos Fürsten Klnrhor von Wahlstatt aufbewahrt wurden, wurden im November 1844 der dem Marschall in London verehrte Säbel, die große Ehrenmedaille, sowie die goldene Kapsel zu dem ihm von der Stadt Berlin erteilten Ehrenbürger-Diplom gestohlen. Die Diebe ivurden jedoch erwischt und wurden ihnen die entwendeten Gegenstände, wenn auch teilweise beschädigt, wieder abgenommen. E. K.
Tiaphärn
11« fw
Äiichcrtisch.
Von historischen und kulturgeschichtlichen Romanen, welche die Mark betreffen, liegen uns heute vor: Gerlro Sntonrinno. Ein märkisches Kulturbild aus der Zeit des ersten Hohenzollern. Von ©erljnrb non Amyutor (Dagobert von Gerhardt). Zweite Auflage. Breslau. Verlag von S. Schottländer, und: Deo Goldsthrniod. Historischer Roman von UJuflo (Bros non Lredow. Berlin. O. Janke. — Es ist hocherfreulich, daß die Heimatsliebe so kraftvoll bei uns er¬ Irren wir nicht, so steht uns infolge dessen auch eine zweite Blütezeit des märkischen Geschichtsromanes bevor. Namen, wie die beiden soeben genannten, — Namen, wie der von Ernst von Wildenbruch und Theodor Fontaue — sind wohl geeignet, sie uns zu verbürgen. Wir sind zu unsrer Genugthuung berechtigt, ja verpflichtet, die Schöpfungen Gerhardts und des Grafen Wusso von Bredow aufs wärniste zu empfehlen, — dem märkischen Hause vor allem! Dankbar aber erinnern wir uns dabei des einen, aus dessen Schultern wir alle doch srehen, des Meisters Wilibald Alexis. Seine heiße Liebe zur Mark hat uns alle angeregt! Unsere Dichtungen von heute sind, wie die beiden vorliegenden, künstlerisch ja wohl gefeilter als die seinigen: jeder aber, dem etwas gelang, wird sich doch beugen müssen vor dem Dichter, der einen „Falschen Woldemar" und „Die Hosen des Herrn von Bredow" geschaffen. Er hat die Bahn gebrochen! AmyntorS „Gerte Suieminne" ist auf ihr bereits iits Volk gedrungen; den gleichen Erfolg verdient auch Graf Bredows „Goldschmied". Hoffentlich läßt auch der Verlag von C. C. Bruns in Minden die „Altberliner Novellen" von O. Schwebe! weiter erscheinen, welche bestimmt sind, für Berlin dasselbe zu leisten, was die größeren Arbeiten für die Mark insgesamt gethan. Es soll uns Bran¬ denburgern eine Ehre sein, wenn man uns nachrühmt, wir liebten unsere Wälder, unsere Seen, wie der Schotte seine Moore, seine Heiden, — wie der Schweizer seine Alpen und wie der Friese Strand und Meer. —w. wacht ist.
I.
— Mit dem wunderherrlichen Monate Mai ist die Lust zum Wandern und die Freude an der heimischen Natur gewiß in all' unseren Lesern neu erwacht. Da kommen zwei Büchlein aus August Schultzes Buch¬ handlung, Berlin H., Friedrichstr. 131, so recht zu guter Stunde. Es sind dies: Weitere Ausflüge in die Mark A. tllelul, 75 Brandenburg. Preis 50 Pf. und:
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Beide Wegweiser und Ratgeber sind überaus praktisch eingerichtet und zuverlässig. Wir empfehlen sie unseren Lesern als unentbehrlich selbst für Kenner der Mark. 0. 8.
[i. Sorbthtr,
Koriin nnd llmirclmnircn.
Leipzig.
Karl Baedeker.
Handbuch
für Reisende.
1886.
Wir sind gewohnt, aus deni berühmten Verlage nur Vorzügliches her¬ vorgehen zu sehen. Diese Erfahrung beivährt sich auch bei der soeben aus¬ gegebenen 3. Auflage des Reisebuches über „Berlin und seine Umgebungen." Die beigegebenen Karten zeichnen sich durch ihre Schlichtheit und Klarheit vorteilhaft aus. Als höchst dankenswerte Zugaben nicht nur für den Fremden sondern auch für den Einheimischen möchten wir die Uebersichts- und Grundritzpläne des Kaiserschlosses und der Museen, einschließlich des hier uns besonders interessierenden Hohenzollern-Museums bezeichnen. Einer Empfehlung bedarf der „Berliner Bädeker" nicht mehr. 0. 8.
Inhalt:
Unter dem falschen Woldemar, Berliner Novelle von Kaisers erster und schwerster Sieg (Forts.); Sorbenwendisches Volksleben, von M. Müschner (m. Jllustr.); Ueber die Familie von Vernezobre, von Dr. R. Bennguier; Berliner Gartenfreuden, von Johannes Trojan; Kloster Gramzow und seine Dichterin (mit Jllustr.). — Kleine Ernst von Gleichen (Forts.); Des großen deutschen
Mitteilungen: Die Wandgemälde der Casa Bartholdy in der NationalGalerie; Friedrich der Große in Breslau; Berliner „Kopfzeuge" i. I. 1733; Trophäen des Fürsten Blücher: Unser Büchertisch. — Anzeigen.
— durch die tiefsten Tiefen des Lebens, — durch goldenes Glück und durch Elend und Verschuldung ist die Dichterin nicht hindurchgeführt worden. Tönen ailsströnteit soll, derungen
vollkommen. selbstverständlich aber
so
Darin liegt
Gleichwohl ist es ein ergreifendes Buch, welches vor uns liegt, die Gedichte Anna Karbes, in zweiter Auflage bei Friedrich Andreas Perthes 1886 in Gotha erschienen. Es ist uns eine Freude, den Lesern von dieser holden Gabe märkischen Dichtergeistes sprechen zu dürfen, und wir heben im folgenden hervor, was als bedeutsam, als charakteristisch, als besonders wohlgelungen angesehen werden darf.
Der „Eingang" ist merkwürdiger Weise der unbedeu¬ tendste der elf Teile des Buches; es ist das indessen viel¬ die Schuld des Ordners und Herausgebers, des Ober¬ pfarrers Albert Fischer in Gr. Ottersleben. Wenn z. B. die Dichterin meint:
leicht
so
daß ein
geschult
Talent war ihr stets eine Quelle reichen Nicht,
ivar ihr die Gabe der Dichtkunst gekomnien,
„Töne, die als Klagen und Bitten Sich den Weg zu Gotl erstritten,"
Zungen irre
Brief an,
poetisches gewesen.
künstlerisch
und enthielt die
falsche
diesem
Trostes
seien
nur für den Eigner selbst,
so ist
das sicherlich ein recht
Es gäbe sonst ja überhaupt keine tiefere poetische Literatur, keinen protestantischen Kirchengesang. — ja, Wie wonnig dagegen der auch kein Sesenheimer Liederbuch. zweite Abschnitt „Maienblüte"; — wie jubelt die Dichterin in ihm dem Sonnenschein entgegen! All' die Herrlichkeit des Lenzes ist ihr aber nur eine wundersame Offenbarung der Gnade Gottes; andächtig spricht sie in der Fülle dieses un¬ beschreiblichen Frühlingsglückes: anfechtbares Urteil.
„O sieh, wie eine jede Blüte Zu Boden neigt ihr Angesicht, Daß Gottes reiche, schwere Güte Ihr wonnevolles Herz nicht bricht!" und iveihevoll erklingt die Strophe: „Doch durch des Frühlings süße Ruhe Klingt eine Stimme wohlbekannt; Sie spricht: Sei still, zeuch aus die Schuhe;
Denn wo du
stehst, ist heil'ges
Erkenne deines Gottes
Land.
Tritte;
O, ösine freudig Herz und Sinn; Er wandelt durch des Frühlings Mitte, Er bringt den Frieden; nimm ihn hin!"
In
rührenden Tönen klingt uns hier das ahnungsvolle Sehnen des jugendlichen Herzens entgegen; mit fester Hoffnung erwartet die Dichterin ein Glück von Gott auch für sich:
aber sie tröstet sich auch, da es nun vor den Ankömm¬ lingen zu weicheil gilt, daß der Segelt der alten Heimat sie und die Ihrigen zu dein netten Wohnorte geleiten werde:
„Mach nur in tiefer Stille Dein Herz und dich bereit!"
„Ihn
mahnt sie sich selbst. Und da naht denn auch „der Liebe Leid ltnd Lust"! Mit elementarer Gewalt kommt es über das junge Herz, das sich in seiner Schämigkeit der heißen so
sie
ihres Herzeits zu.
dem Manne
„Ich
sowie das fromme
nun von ihrem Leben: „Die Jahre kommen und verrinnen, Es wechselt rings die Welt umher; Doch eine Stelle giebt's tief innen; Die wechselt und die wankt nicht niehr."
Als wenn
es Christnacht sei.
Weist nicht, wie ihm geschah, Und bin ich niorgen früh erwacht, So stnd die Thränen da."
Rosen besteckt,
dem Schlüsse:
deit Tagen eigener Krankheit iveiß Anita Karbe sich still und gottergeben zu trösten:
„Mir
geht
ja meine Jugend nicht verloren,
Ich trage sie nach oben mit hinauf;"
wertvollsten aber sind wohl die religiösen Gedichte, So dies bange welche dein Herzen der Mutter eiitströnien. und zagende: am
„O Heiland, der mein Kind mir
Dir
An die Schlichtheit des Volksgesanges mahnt ihr „GuteNacht-Gruß" an den Geliebten; — freilich, das köstliche
„Mit
„Der Mutter Sterbestunde" mit
In
„Mein Herz ist wie ein Wirbelwind, So stürmend und so frei; Mein Herz ist jubelnd wie ein Kind Mein Herz ist wie ein Traum der Nacht,
kann Dich ja nicht halten,
„Nun falten wir die Hände Und fleh'n empor zu Gott: Gieb uns ein solches Ende, Solch sanften, sel'gen Tod! Sei uns in Todes Stunde Mit Deinem Frieden nah Und gieb auch unserm Munde Solch' letztes heil'ges: Ja!" —
Es gilt für immer
Endlich ist sie da, die selige Brautzeit! Anna Karbe jubelt wie ein Kind. Und dennoch: Widerspruchsvoll klingt's auch aus ihrer harrenden Seele heraus:
Gott, verlaß' uns nicht!
Mein süßes Schwesterlein; Ich will die Hände falten, Gott wird Dein Führer sein!"
wie der Tod. „Ich habe Dich nicht lieben wollen Und habe dennoch Dich geliebt,"
wir in uns'ren Herzen!
Tiefergreisend ist ferner das Gedicht an das tote Schwesterchen:
Leidenschaft gern erwehren möchte; aber die Liebe ist mächtig
ruft
behalten
Herr, wir gehen!
gab.
beuge ich die Knie;
Nimm mir mein Kleinod wieder ab, Wenn ich's nicht so
Dir
erziehe!
—
dies innig fromme, fast gnomische:
Bon Engeln bewacht" „Ach, keinen Weg von Rosen
Fern allen — herzlich wahr und frisch vernrag Anna Träumereien aber, Karbe auch in dieser Zeit zu sagen: des Volksliedes ist jedem Kunstdichter unerreichbar.
Ich einst für Dich erbat; — Nicht zu den dornenlosen Gehört der rechte Pfad; — Nur eine Himmelsreise; Ein Englein zum Geleit
„Wem Gott ins Herz die Liebe giebt, Dem giebt er eine reiche Last, lind wo ein Herz wahrhaftig liebt, Da hat's des Lebens Ernst erfaßt." —
Und Gottes Wort zur Speise Und Christi Blut zum Kleid!" (Schluß folgt.)
Weitaus das bedeutendste, ivas uns die Dichterin ge¬ geben hat. findet sich indessen in dem Abschnitte „Zum Lebens¬ bilde." Wie hängt sie an der Heimat! „Alles, was draußen in der Welt liegt", spricht die Brandenburgerin,
„'S
Und wie ein Wiesenblumenstrauß Bon meiner Heimat Wegen, Und wie mein grünumranktes Haus, Mein Haus, mein Glück, mein Segen!"
Schwer fällt sie
ruft
Hofmaler des Großen Kurfürsten.
ist alles ja nicht halb so schön.
Wie meiner Heimat Felder, Wie meiner Heimat blaue Seen Und meiner Heimat Wälder,
die Seele;
Michael Konrad Hirt,
ihr daher der Abschied voll Gramzow aus den heimatlichen Hallen ein ergreifendes
Lebewohl zu; sie seufzt und klagt: „Großer Gott, wie schwer ist Deine Hand!"
Von Dr.
Johannes Kalte.
Die iveitgehende Fürsorge, Wilhelm nach der traurigen Zeit
welche Kurfürst Friedrich des dreißigjährigen Krieges
arg verwüsteten Lande angedeihen ließ, erstreckte sich 'Mffvrüerrüu; nicht nur auf'die öffentliche Sicherheit, aus die des Ackerbaues, der Gewerbe, des- Ha ndels, sondern auch auf die Hebung der schönen Künste. Friedrich Wilhelm besaß eine durch seinen Aufenthalt in beit Niederlanden erstarkte Vorliebe seinem
Malkunst und zog, wie er feinen Söhnen und Töchtern Unterricht im Zeichnen und im Malen erteilen ließ, im Lause seiner Regierung eine ganze
für die dort
reich emporgeblühte
447 Reihe
von fremden Malern
an
seinen
Hof;
ich
nenne
mir
Willem van Honthorst, Franz de Hamilton, Broderns Matthias, Johann Morini, Nicolaus Wieling, Friedrich Wilhelm van Roye, Ottomar Ellinger, Heinrich de Fromantiou, Jakob Vaillant, Ringer van Langerveld, Reynier Nooms, genannt Zeeman, sämtlich Holländer oder doch, wie Matthias und Ellinger, in Holland geschult, endlich den französischen Resugie Gedeon
Sk
Prinzen den nach holländischer Manier gepflegten Lustgarten hinter dem Schlosse an:
„Du siehst der Tulpen Atlas an Und zweiseist, ob auch Hirt, Ein Maler, so schon malen kann. Als hier gesehen wird."
Also auch Blumenstücke scheint der vielseitige Hirt geliefert Leider blieb sein Glück nicht von Dauer. Warum, Früher noch als die eben angeführten nahm er einen sagt uns eine Notiz Seidels: „Wan dieser Dian den trunck deutschen Maler, wahrscheinlich einen Lübecker von Geburt, in nicht so beliebet!, hette Er vnter die berühmtesten vnd ge¬ seinen Dienst. Michael Conrad Hirt — so hieß er — schicktesten Mahler gerechnet werden können". Der Kurfürst wurde ant 3. April 1645, wie man gewöhnlich angegeben berief andere, bedeutendere Künstler, und Hirt beschränkte sich findet, zum kurfürstlichen Hofkontrafaiteur und Diener mit einer auf die Aufträge der Privatkunden. Er porträtierte den Rektor Besoldung von 400 Thalern und freier Wohnung, freiem Holz des Gymnasiums zum Grauen Kloster Johann Heinzelmann und freier Leinwand bestellt. Er war um 1614 geboren und (1629—1687) und den Propst an St. Nicolai Peter Vehr Seine Lehrzeit mag er in kam aus Lübeck nach Berlin. (1586—1656); beide Werke wurden 1658 und 1656 von Holland verbracht haben. Darauf weist wenigstens das von A. C. Kalle gestochen, das letztere hat sich noch in der Nicolai¬ kirche erhalten. 1644 zu Lübeck in An demselben ihm Orte befindet sich auch das gestochene Selbstporträt, welches Leidei: ,Wan dieser Man den trunck nicht so beliebet!, hette Er vnter die berühmtesten vnd geschicktesten Mahler gerechnet werden hiinnen 1663 (nicht 1672) gemalte wir nach einem uns voit deut Bildnis drandenburgischen Kammergeseines Schwieger¬ vaters, des aus der Geschichte richtsrat Martin Friedrich Seidel aufbewahrten der evangelischen Kirchenmusik (1621—1693) Königlichen wohlbekannten Cantors an der Eremplare St. Nicolai, Johann Crüger Bibliothek (Libri pictur. B. 26 (1598 bis 1662). Eine Litho¬ Nr. 302) in genauer Wieder¬ graphie desselben steht vor Es stellt den gabe mitteilen. in Langbeckers Ausgabe von Künstler dreißigjährigen Crügers Choralmelodien, halber Figur dar. Der nicht Berlin 1835. ungeschickt verwandle Lichteffekt, Ueber die ferneren Lebens¬ das scharfe durch die verdeckte schicksale Hirts schwebt Dunkel. motivierte Halbdunkel Kerze Naglers Angabe: „er starb um scheint den Einfluß des schon 1690" ist offenbar bloße erwähnten lltrechter Meisters Vermutung. Seidel (ff 1693), Gerard van Honthorst, detn der öfter zitierte Gewährs¬ die Italiener den Rauten mann, spricht von einer UeberGerardo dalle notti gaben, Romandon.
zu haben.
1
Minder bedeuverraten. ienb ist das Titelblatt, das Hirt 1642 zit den bei Laurentz
siedelung nach Baireuth, wo er gestorben sei: „Obiit Barytin
zu
Jauchen
in
31. C.
Hirt, pictor. aetatis
suae anno 30. 1044
Lübeck erscheinenden
„Teutschen Poemata" des frühverstorbenen Paul Fleming zeichnete.
.
Zwei Faune befestigen ein Plakat mit den Titelworten inmitten einer Waldlattdschafl an zwei Bäumen. Unten rechts steht: M. C. Hirt. J’[nvenit]. D. C. H[irt?J. F[ilius|. Eine Nachbildung findet man bei Könnecke, Bilderatlas zur Geschichte der deutschen Nationallileratur, 1887, S. 122. Hirts Thätigkeit war in Berlin eine sehr vielseitige. Er hatte die in Gold und Silber gefaßten Vliniaturbilder des Kurfürsten zu verfertigen, welche, an einer Kette um beit Hals getragen, die Stelle der heutigen Orden vertraten. Er malte größere Bildnisse und Historien, er hatte auch Deckengemälde auszuführen. Von den acht Deckenstücken, welche er 1648 mit Gesellen aus Holland im kurfürstlichen schlösse ausführte, ist noch ein im vorigen Jahrhundert über¬ malter Rest, Merkur mit Psyche dähinschwebend, vorhanden. Welches Ansehen er in Berlin genoß, zeigt ein 1655 von Nikolaus Peucker zur Geburt des Kurprinzen Karl Emil llnammengestoppeltes Wiegenlied. Der Poet preist dem kleinen
in Lübeck.
in
ministerio MarcMonis Brandenburg] ci “, fügt aber nicht das Jahr des Todes bei.
In
Berlin weilte er jedenfalls bis 1663. Sei» Sohn Adrian Heinrich, der schon in Lübeck das Licht der Welt erblickt haben muß. war seit 1658 zu Küstrin als Porträtmaler thätig und Das Taufregister der erhielt 1687 den Titel Hofmaler. Berliner Marienkirche berichtet, wie ich den handschriftlichen Kollektaneen des Ordensrats A. B. König zur heimischen Kunst¬ geschichte entnehme, von fünf weiteren Kindern Hirts: Eleonore Catharina getauft 21 . April 1648, Michael Conrad 11. Oktober 1649, Maria Elisabeth 3. Februar 1651, Hans Conrad 7. Dezember 1652, Gottfried Siegmund 1. Januar 1661. Ob die Heirat mir der Jungfer Crüger vor 1648 oder zwischen 1652 und 1661 stattgefunden hat, bleibt vorläufig dahin¬ gestellt. Der 1685 zu Durlach geborene Maler Friedrich
Hirt, den Nagler ebenfalls für einen Sohn Berliner Hofmalers hält, gehört ihm schiverlich zu. Christoph
des
-448
8»—
Kleine Mitteilungen. Die Utederlarrsttfer Gesellsctiast für- Anthrapound Urgescitiitite Hall ihre niertc Hauptversammlung am
allein, selbst. Brut mann, Braulmann,
laczie
11. und 12. Juni in Lübben ab. Am 11. Juni lagt die Versammlung von Mittags 12 Uhr ab im Sitzungssaale des Landhauses, wo nach ge¬ schäftlichen Erledigungen Vorträge gehalten werden. Vor der Sitzung sind Funde im Sitzungssaale zur Besichtigung ausgestellt. Alle Besitzer vorund srühgeschichtlicher Altertümer aus der Niederlausitz sind gebeten, soweit die Versendung nicht mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist, dieselben, insbesondere Sachen von Stein, Horn, Knochen, Bronze, Gold, Eisen und Silber mit auszustellen und diese Dinge rechtzeitig vorher an den Kaufmann Neumeister einzuschicken. Von 2 ! /2 Uhr an findet ein Festmahl im Landhause, bei günstiger Witterung dann von 5 Uhr ab die Besichti¬ gung und Ausgrabung des dicht bei Lübben gelegenen Burglehns (Ring¬ wall) statt. Am 12. Juni früh erfolgt dann die Ausgrabung eines Hügel¬ grabes in der Ragower Haide (Hallstadt bis La-Tene-Zeit). Anmeldungen zur Teilnahme sind bis zum 8. Juni an Dr. Weineck Lübben zu richten. Voss.
Ztg.
Derlruer
Als Erinnerung an die
ersten Anfäirge einer geregelten 0 ist jüngst ein kleines Druckhest in den Besitz des Reichspostmuseums gelangt, welches den Titel führt: „Plan, wonach eine kaufmännische Fusibotenpost unter Königlicher Allerhöchster Genehmigung in Berlin errichtet werden soll. Berlin, gedruckt bei Christian Müller. 18(10." Das Schriftstück gestattet einen interessanten Blick auf die kleinlichen Verhältnisse, welche in Berlin vor 89 Jahren noch herrschten und schon dadurch charakterisiert werden, daß die Zahl der Kaufleute — 900 betrug. Diese erste Berliner Futzbotenpost hat nach der Okkupation Berlins durch die französischen Truppen im Jahre 1808 ihren Betrieb wieder einstellen müssen und erst 21 Jahre später, mit der Wiederkehr geordneter Zustände, in der Königlichen Stadtpost eine Geschäftsnachfolgerin erhalten. Ein anderes Erinnerungszeichen an die alte Berliner Futzboten¬ post, ein mit derselben beförderter Brief, befindet sich seit längerer Zeit in Voss. Ztg. den Sammlungen des Postmuseums.
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Se. Majestät der Kaiser hat der
iidjcn Zeughauses,
für welches
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wie sein Großvater und Vater besitzt, mehrere wertvolle Gegenstände überweisen lasten. Unter diesen befindet sich ein Hinterladungs-Steingeschütz aus der Zeit von >430—1180, welches im Tiber zu Rom gefunden und dem Kaiser zuni Geschenk gemacht worden ist. Ferner das älteste Modell eines Helms für Landivehr-Jnfanterie-Offiziere, ein Geschenk der Geschwister Stephan in Breslau an den Kaiser. Zu de» neueren Erwerbungen der Geschütz-Samm¬ lung gehören weiterhin drei schwedische bronzene Geschützrohre mit dem Wrangelschen Namen und Wappen. Diese befanden sich bisher im Besitz der Stadt Arnstadt in Thüringen, wo sie zur Allarmierung der Einwohner bei Feucrsgesahr benutzt wurden. Nachdem sie lange Zeit nicht in Ge¬ er dasselbe rege Interesse
brauch gewesen, befürchtete die städtische Verwaltung, daß die Rohre nicht nreh' intakt seien und beim Abfeuern springen könnten. Es wurde deshalb an das preußische Kricgsministerium die Bitte gerichtet, diese Geschütze gegen brauchbare umzutauschen, was auch geschehen ist, indem Arnstadt drei Haubitzen überwiesen erhalten hat. Boss. Ztg.
lUmu'llaUunrt dos lilüljicubammjes Die 'Architekienvcrein
wurde jüngst welcher Gelegenheit Regierungsbaumeister Mathies die nötigen Erklärungen abgab. Da erst unlängst über die Anlage in wasserbaulicher Hinsicht berichtet wurde, möge hier nur einiges über die zukünftige Erscheinung des Stadtteiles benierkt sein. Der Wasierlaus wird so geteilt sein, daß der westliche Arm an der BreitenStraße den Strom aufstaut, weshalb in diesem Teile der Wehrbau ange¬ legt wurde. Um das Hochziehen der Schützen über die Brücke zu ver¬ meiden, was den Betrieb sehr stören würde und nicht gerade schön aussieht, hat man zur Bewegung der Schützen eine ftnnrcidje Vorkehrung angebracht, wonach dieselben sich flach unter der Brücke anlegen. Das Bild von der Kurfürst enbrücke alis wird hinsichtlich der Mühlen nur wenig verändert sein, aber großartiger wirken, da die alten, baufälligen Häuser an der Fischer¬ Wichtig ist die Fortsetzung der Burgstraße bis zum brücke fallen müssen. Mühlendamm, mir welcher schon Friedrich I. im Jahre 1702 durch Nieder¬ legung des Schardiusschen Hauses an der langen Brücke einen Anfang ge¬ macht hatte. Die Erhaltung der hier störenden Mühlen und ihr Umbau werden voraussichtlich große Betrüge erfordern, ohne daß hier etwas Gro߬ artiges wird entstehen köirneit. Der Betrieb der Schleuse aber ivird das Bild an dieser Stelle erfreulich beleben, da ohnehin ein erhöhter Verkehr vorauszusehen ist, und die Schleuse am Osrufer solche Abmessungen hat, daß jedesmal ein Schleppdampfer und zwei große Mörlelkähne hindurch¬ Voss. Ztg. gehen können.
vom
besichtigt,
bei
döerlmtsdjr IDöi-ter (1727).
I.
Einem Halbersrädter, G. Bethmann, welcher 1727 und 1733 nach Berlin kam und ausführlich alles ihm merkwürdig Erscheinende in seinem Tagebuche notierte, fielen als be¬ sonders „berlinisch" folgende Ausdrücke auf. Sputen, eilen, fortmachen. Spute dir, mache fort, eile. Rübcrettig, ein Rettig. Spinde, ein Schrank. Kleiderspinde, Brodtspinde.
Püt,
ein Brunn.
ein Bräuigam.
gegehn, gegangen. Er ist gegehn, er ist hingegangen. ein Häpken, ein bisgen. Faxen, Streiche, Practiquen. Ein Faxenmacher, ein Windbeutel, ein Lügner, ein Praler, ein Aufschneider¬ eine Pose, eine Spule. Eine Federpose, eine Federspule, forts, zugleich, oder von da. Gehe forts hin nach den Dr. J. B. Schuster.
linset* Huch erlisch.
„gerlmer
hochverdienstlichen Publikation Um¬ Verlag von Gebr. Paetel, liegen uns die ersten vier Bände erster Serie vor. Sie enthalten:
Von
der
drucke", 1.
2.
Fr. Iticolai’e kleiner, fetjnrr Almanach, (1777/8), herausgegeben von Georg Ästiger,
3.
Uikalaus Ueuckers rualkltugeude Uaucke, (1650 bis 1575), und drei Singspiele Christian Reuters, (1703 und 1710), herausgegeben von demstlbeii,
4. F. ~
M. A. Schmidt, Musen und Grasten in Mark, herausgegeben von kudwig Geiger.
der
Preis für den Band 3 Mark.
Die Arbeit der Herausgeber ist eine sehr erfreuliche; die Einleitungen mustergültig. Nur gegen die unvollständige Wiedergabe der „wolklingenden Paucke" muß ich hier entschieden Verwahrung einlegen. Ellinger sind
hat die „.Hochzeitsgedichte" wegen ihres bekannten Inhaltes weggelassen. Das geht nicht an. Die „Neudrucke" sind keine Lektüre für „höhere Töchter", und was die Hofdanien des großen Kurfürsten vernehmen konnten, das iverden wir wohl auch noch hören können. Auf diese Weise hat die „Paucke" ihren kulturgeschichtlichen Wert und ihre Bedeutung für die Familiengeschichte Berlins fast völlig verloren. Prüderie war hier durchaus nicht am Platze. Verse, wie die auf die Vermählung Herrn Johann Kiepe's, vornehmen Bürgers und Stadtverordneten zu Fürstenwalde, mit Jungfrau Katharina Rehfeldt: „Nun, so kiepe, liebes Paar, Daß die Kiep' ein' andre Kiepe Bringt getragen über's Jahr, Daß es in der Kiepe piepe Durch des Kiepen Stub' und Haus, Bis der Kiepen auf der Erden Eine große Menge werden! — Kiepe, diese Kiep' ist aus!" sind eben keine Zoten; sie galten den starken Frauen von 1660, auch der ehrbaren Tieffenbachin, vielmehr als höchst witzig, und es interessiert die heutigen Rehfeldt's auch gewiß, wie die damalige Jungfer Rehfeldtin als Braut begrüßt worden ist. Im übrigen wird dem Freunde der Berliner Geschichte und Litteratur in letzter Zeit kaum eine willkomnienere Gabe dargeboten worden sein, als die Paetelschen „Neudrucke", die wir hiermit 0. 8. bestens empfehlen.
Geschichte der bentsdjen Uast von ihren Anfängen bis Dem deutschen Volke erzählt und zur Gegenwart. seinen Verkchrsbeamten gewidmet von K. oo auch nicht besonders für die Weltinseier geichrieben, so doch in zweiter Aus¬ gabe als Feslgeschenk dargeboten wird. Wir haben dann zweier litterarischer Festgaben von bleibenden, Wert zu gedenken, zunächst der herausgegeben von (Otto Ipn (Leipzig, Druck und Verlag von B. G. Teubner). Zu diesem, Sr. Majestät dem König Albert ge¬ widmeten Büchlein haben auf Ersuchen des Herausgebers mehrere der namhaftesten deutschen Dichter höchst schätzenswerte Beiträge geliefert: Friedrich von Bodenstedt Felix Dahn, Martin Greif, Wolfgang Kirchbach, Anton Ohorn und Karl Woermann. Welch' lebhafte Teilnahme auch außer¬ halb Sachsens das denkwürdige Jubelfest findet, erhellt aus der Antwort, die einer der Genannten — welcher, ist leider nicht gesagt — dem Heraus¬ geber auf dessen Antrag gegeben hat: „Die Verdienste Ihres ehrwürdigen Fürstenhauses, sowie die Geschichte ihres ruhmreichen Landes, das jedem Deutschen teuer ist, werden vor mir lebendig und spornen mich an, alles auszubieien, um Ihren schönen Plan venvirklichcn zu Helsen." Otto Lyon selbst hat eine Anzahl eigener Dichtungen, sowie auch einige Gedichte aus alter Zeit der Sammlung einverleibt: Zwei Minnelieder des Mark¬ grafen Heinrichs des Erlauchten, ein Volkslied (Der Prinzenraub) aus dem fünfzehnten Jahrhundert, zwei Landsknechtlieder (Wie Herzog Georg von Sachsen Appingadamm in den Niederlanden eroberte). dem kurzen Vor¬ wort sagt der Herausgeber: „Wir gingen aus, wahrhaft Poetisches aus den Goldgruben der Geschichte des Wettinerstammes und der Sagen des Nun, dieses Ziel haben die Dichter in der sächsischen Volkes zu heben." That erreicht, und so sei denn das Büchlein, dessen sehr billiger Preis von 50 Pf., gebunden 60 Pf., in keinem Verhältnisse zu dem Werte des Gebotenen steht, aus das wärmste empfohlen. Die zweite der heut' vor¬ crrrs liegenden Festgaben ist von Paul Reicharilt (Chemnitz und Leipzig, Verlag der Ed. Fockeschen Buch¬ handlung, L. Hapke). Gestützt auf gründliche geschichtliche Studien giebt der Vcrsasser in gewandter Form und klarer, leicht verständlicher Sprache, überhaupt in fesselnder Darstellung Lebensbeschreibungen des Herzogs Albrecht des Beherzten, der Kurfürsten Moritz und Johann Georg Vorausgeschickt ist ein kurzer Ueberblick über die Geschichte der Wettiner bis zu Friedrich den, Sanftmütigen. — Auch wenn die jetzt so hochgehenden Wogen des bevorstehenden Festes sich gelegt haben werden und der Jubel desselben verklungen ist, wird Paul Reichardts treffliche Arbeit ihren Wert behalten. 1?. Gleich.
Moltirrro
Dior Fürsten
Denn: triibten in dem letzen schweren Jahre Der Krankheit Wolken auch sein Angesicht, Getreulich hielt er bis zur Totenbahre, Hoch ja vor allem seines Glaubens Licht.
dein Hnufe Wettrn
III.
Er war ein Held im Leben und im Sterben, Bewährt erfunden in der Prüfungszeit, Er bleibt ein Vorbild treuer Pflichterfüllung Der güt'ge Zollernfürst, in Lust und Leid.
Zwölf Monde sind seit jenem Tag vergangen. Da wir umstanden seine Totenbahr', Da nach der letzten Wogen Furcht und Bangen
Anstellt: Kaiser Friedrichs Kronen, von Malier Schwarz (mit Illustration); Die Rosen der Barbarina, von M. Frey; Sorben¬ wendisches Volksleben, von M. Müschner (Schluß); Kaiser Fried¬ richs Palais (mit Jllustr.); Kloster Gramzow und seine Dichterin (Schluß); Kaiser Friedrichs Mahnung an das deutsche Gemüt. — Kleine Mitteilungen: Museum für deutsche Volkstrachten und Er¬
der Hohenzollernaar.
Doch Heil! Es lebt sein Geist in seinem Erben; das deutsche Volk zu hohem Glück hinauf, Denn treu wie Er, im Leben und im Sterben Pflanzt er des Friedens goldnes Banner auf.
Er führt
Aus den Gedichten von A. M.
sich
dos Hauses
In
Der deutsche Held, in Schlachten unbezwungen, Hat als ein Märtyrer den Thron geschmückt.
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Hclllndcn,
Bon denen rühmend wird die Nachivelt melden. Daß, was sie wollten, glorreich sie vollbracht.
Zum Licht
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kurzer Zeit rief Gott die beiden Helden,
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Witte.
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Dies nur eilte kurze Probe aus dem anziehenden Buche, in seiner Frische und Unmittelbarkeit als ein echtes
welches j !
Volksbuch zu bezeichnen ist.
Kleine Miteilungen. Eine bei der bevorstehenden
ILL'ttin
Iuhokfeiov dos Dü vlterrl,cm los
bemerkenswerte historische Thatsache verdient besonders hervor¬ gehoben zu werden, und zwar die, daß die Stammmutter des gegenwärstgen deutschen Kaiserhauses eine Wettinerin war. Eine Tochter des Mark¬ grasen Friedrich des Ernsthaften, ft 1349, Elisabeth, vermählte sich mit dem Burggrasen V. von Nürnberg, einem Hobenzollern, dessen Sohn, Friedrich VI., der erste Markgraf von Brandenburg aus der Hohenzollern - Familie wurde. In seiner Mutter reichen somit die Hohenzollern und die Wettiner als Blutsverwandte sich die Hand. —x.
Unser Bild vom Kloiicr Ehorin, welches so großen und allgemeinen Beisall gesunden hat, (Ist. 27) ist nach einer Photographie des Herrn Hofphotographen F. Albert Schwartz, W., Bellevue- und Potsdamer Straßen-Ecke, gefertigt. Herr Schwartz hat sich ein Hobes Verdieitst uni die
Mark und ihre Bewohner erworben, indem er ihre landschaftlichen Schön¬ heiten in wahrhaft künstlicher Weise ausgenommen und fixiert hat. Wer sich ein reizvolles Album märkischer Architekturen, märkischer Landschafts bilder oder Volksszenen zusammenstellen will, der wende sich an das Atelier von F. Albert Schwartz. Es wird ihrn nicht nur vorzügliches, sonder» auch herzerfreuendes geboten werden. Wie schön ist doch die brandenburger Mark! O. 8.
In
einer Mitteilung der „Voss.
folde'srlio Haus,
Z."
über das
alte ghtnJuut-
Spandauer Straße 49, hieß es, daß die Namen der alten Patrizierfaniilien Blankenfelde, Strobandt und Wins, deren Wappen au dem Kapitel des achteckigen Pfeilers vorgefunden seien, nicht blos auf die Erbauungszeit, sondern auch darauf hinweisen, daß es sich um ein öffentliches Gebäude, um das zweitältefte Berliner Rathaus, handle, welches
-8
473
auf dieser Stelle gestanden haben müsse. Hierzu isi zu bemerken: Bereits um das Jahr 1570, als das ursprüngliche Rathaus, dessen Stand¬ punkt vor dem Hause Nr. 18 am Molkenmarkt angenommen werden muß, de» Bedürfnissen der erweiterten Stadt nicht mehr genügte, erfolgte die Verlegung desselben nach dem neue» Mittelpunkte Berlins, an der Ecke der Oderberger- (heutigen Königs-) und der „Middelstraße", wie die jetzige Spandauerstraße damals hieß. Dieses neue Rathaus bestand aus einem oblongen Gebäude, dem sich in der Ferne der letzteren Straße ein quadra¬ tischer Vorbau, die sogenannte „Gerichtslaube", anschloß. Hiernach führte die „Middelslraße" von der heutigen Königs- bis zur Propststraße (Nr. 35 bis 40) die Bezeichnung „Gegen dem Rathause", und aus der andern Seite bis zur heutigen Rathausstraße „Neben dem Rathause". Erst 14 Jahre nach Erbauung dieses zweitältesten Ratliauses tritt der Stammvater des Berliner Geschlechts der Blankenfelde, Johannes Bl., urkundlich zum ersten¬ male im „Rate der Zwölf" auf; und zwar bestätigte er mit den beiden Ratmannen von Ließen und von Bötzow die den Schuhmachern unterm Das Blankenfelde'sche Haus (Nr. 49) 2. Juni 1284 erteilten Privilegien. soll, wie Küster sagt, „einer gewissen Tradition" zufolge, ursprünglich ein Kloster (Franziskaner-Konvent) gewesen sein, bis die beiden Markgrafen 1271 dem Konvent das Terrain in der Klosterstraße zur Erbauung eines So könnte Johannes Blankenfelde wohl erst um neuen Klosters schenkten. jene Zeit die Räume des verlassenen Konvents zu seiner Wohnstätte um¬ gewandelt haben. In dem großen Brande am 10. August 1380 wurde auch das Blankenfelde'sche Haus ein Raub des verheerenden Elements. Eine alte Inschrift in dem wieder erbauten Hause meldete, daß, nachdem es an den Tagen des heil. Laurentius und Tiburtius (10. und 11. August) 1380 fast ganz in Asche gelegt worden, von den Nachkommen des alten und mächtigen Geschlechtes der Blankenfelde um das Jahr 1390, als Paul Blankenfelde und Henning Strobandt Bürgermeister in Berlin waren, das Haus mit Mauern und Säulen über einem mächtigen Kellergeschosse mit großen Kosten erbaut worden sei. So stammen denn die jetzt beseitigten Ueberreste jenes denkwürdigen Hauses aus dem Jahre 1390. Bis zum Jahre 1574 verblieb das Haus im Besitze derer von Blankenfelde und ging dann auf die berühmte Familie derer von Seidel über; >722 erwarb es der Hofprediger von Wahrendorff für 3325 Thlr.; 1756 der Hof- und Kammermusikus Benoni Pape für 4000; 1759 mit königl. Konsens der Schutz- und Handelsjude Wulf Riedel für 9000 Thlr. Nach des letzteren Tode veräußerten dessen acht Kinder die ererbte Grundsrückshälste an den vorgenannten Joel für 3800 Thlr. Zu diesem Besitzthuni gehörte noch eine in der „großen Freiheit" gelegene Wiese von 37 Quadratrnten Umfang. Wir bringen demnächst eine ausführliche Geschichte des heute noch in unserm ruhmreichen Heere vertretenen Geschlechtes derer von Blankenfelde. — demnach
Dr. B.
Girre hc|ilmvr Autsgruphou- rrrrd |U*im«inm-
sßiumlunß
wurde jüngst in der Buchhandlung von I. A. Stargard Unter den Autographen der Fürsten und Staatsniünner wurden die Briefe des Gegners Napoleon I., Friedrich v. Gentz, am teuersten bezahlt; ein französischer Brief desselben, datiert „Brünn, den 16. November 1805", worin er Napoleon nichl anders als „Beelzebub" bezeichnet, er¬ zielte, der „Post" zufolge, 125 M; andere Briefe desselben gingen für 56, 72 und 90 M. fort. Ein Brief König Friedrich Wilhelms III. vom August 1800 an den Kommandeur der Garde, worin der König in denk¬ würdigen Worten schreibt: „Bon jeher hat die preußische Armee ihren Ruhm zu erhalten gewußt, sie wird ihn auch ferner nicht sinken lassen", wurde mit 54 M. bezahlt. Ein zierliches Briefchen des Herzogs Karl Eugen von Württemberg, des Stifters der Karlsschule, an Franziska von Hohenheim konnte schon mit 7>/2 M. erworben werden. Zwei Depeschen Kaiser Wilhelms I., von, Kriegsschauplatz bei Wörth an die Großherzogin Sophie von Sachsen und den Großherzog von Oldenburg gerichtet, brachten zusammen 133 M. 'mit Ein Brief von Andreas Hofer vom 18. Juli 1609 wurde 70 Bl. be¬ zahlt. — Unter den Autographen der Dichter und Gelehrten wurden zwei Briese von Schiller am höchsten bezahlt. Der eine, an den Vater von Tdcodor Körner gerichtet, der sich mit dem neuen Drama „Die Ritter von Malta" beschäftigt, wrlrdc mit 105 M., ein anderer, an denselben gerichtet,
versteigert.
mit 100
M. bezahlt. Ein Brief von Goethe vom 14. Februar 1810 ging für 47 M., ein anderer an Fromnianit vom 18. März 1817 für 45 M. fort, während ein dritter Goethe-Brief an Kinns mit 61 Dl. bezahlt wtirde.
Unser Kücheetisch. Vvcrf. Dr. ©. Kaornmel, Deutsche Geschichte, vollständig in 10 Heften zu 1 Mk. (Carl Höckner, Hofbuchhändler, Dresden-Ii.) Schon die soeben erschienene I. Lieferung des Kaemmel'schen Buches
B~
Der 1. Zeitraum umfaßt „dir Sümpfe der germauifdjeu Dtümme mit dorn römischen Deiche Bis gegeu 470 n. Chr." In lebensvoller Frische treten uns z. B. gleich" stn I. Ab¬
schnitt („Germanen
und Römer bis gegen das Jahr 100 n. Chr.") das wagemutige Heldentum der wandernden Cimbern und Teutonen, aber auch die erschütternde Tragik ihres Geschickes, später in Ariovist „der erste ger¬ manische Feldherr und Staatsmann" in greifbarer, leibhafter Persönlichkeit entgegen, „in jedem Zuge ein Sohn seines Volkes." Wirkungsvoll wird dem Abschluß der römischen Grenzwehr, einem farbenreichen Bilde römischen Kulturlebens in den Rhein- und Donauländern, die Schilderung der germanischen Zustände gegenübergestellt, und zwar auf Grund des Wirtschaftslebens der zur Seßhaftigkeit gelangten Westgermanen. Im 2. Abschnitt werden die Vorstöße der wandernden Ostgermanen und dem¬ nächst auch der zu neuen Stämmen vereinigten kleineren Völkerschaften des Westens als der itiUkcrnnmi
477
Kreuzesban, — so etwa ange¬ ordnet wie in weit größerem Maßstabe die Parochialkirche. stjn kleiner hölzerner Glockentnrm erhob sich auf der Vierung, lieber den eingestürzten Grabhügeln indessen, voll denen nur wenige liebevoll gepflegt wurden, lag eine düstere, wehmütige Poesie; Nesseln und allerlei Arten von Gestrüpp fanden hier überreiche Nahrung. Jetzt hat die Wildnis sorgsam gehegtem Rasen, die modernde Umfassungsmauer einem zierlichen Girier, das alte Kirchlein selbst einem neuen, in den geschmackvollen formen der Frührenaissance gehaltenen Gotteshause Platz ge¬ Alles ist Heller und freundlicher geworden: man würde macht. die Stätte nicht mehr wieder erkennen, wenn nicht hier oder tum ein Leichenstein, ein Monument uns grüßie als ein alter,
rauscht wie kein anderer irdischer Saug.
lieber Bekannter.
Hügels sich hinziehen, stehen im rotbraunen Haidekraute Wagen und Karren. Um dieselben haben sich Männer und Frauen in den ungewöhnlichsten, reichsten nnd ärmsten Kostüme», vom Wege ermüdet, gelagert. Es sind die Refugists, denen Fried¬ rich Wilhelm, „der geborene Beschützer des Protestantismus", Dort jenem alten Edelmanne im seine Staaten geöffnet hat. 's seinem sinnenden Auge, tressenbesetzten Kleide, — wir sehen welches wunderbar traurig aus den feingeschnitteiten Zügen in die Ferne blickt, wohl an, daß er mit Wehmut denkt an sein hohes, altväterliches Schloß im burgenreichen Poitou. An seiner Schulter lehnt eilte blühende, vornehm schöne Tochter, — ihre leuchtend weiße Hand deutet aus die Türme von Berlin dort hinter dem Wiesengrunde, welche zu beiden Seiten Dort der kräftige des freundlichen Stromes sichtbar werden. Pächter, welcher mit finsterer Miene zn Boden blickt, — er¬ innert er sich nicht der wogenden Saaten in der goldenen Touraine, wie er jetzt das kümmerlich aufsprießende Korn dort zur Seile bemerkt? Oder denkt er der Brüder, welche im Kämisardenkampfe fiesen? Denkt er des furchtbaren Augenblickes, da die Dragoner wie heulende Wölfe ihm über Zaun
öie Kirche selbst ein einfacher
wir uns
in die kulturgeschichtlichen Reminiscenzen dieses Ortes, welche mit zu den hochbedeutsamsten Erinnerungen von Alt-Berlin gehören. Bekanntlich verdankt diese Kirche, gleichwie der umliegende Stadtteil, die Dorotheen- oder Neustadt, ihren Ursprung der Herzogin Dorothea von Holstein, welche der große Friedrich Wilhelm im Jahre 1668 erwählt hatte, nin ihm und dem Volke die Stelle der edlen Oranierin zn ersetzen. Das war von vornherein sehr schwer; das mußte einem stolzen, groß angelegten Geiste, wie ihn die Fürstin besaß, noch schwerer werden. Wie ernst sie auch bestrebt war, ihr Bestes zti thun: stets tönte ihr das enthusiastische Lob der Vorgängerin, niemals ein Wort der Anerkennung ihrer eignen Bemühungen entgegen. Vielleicht wäre ihre Stellung dem Volke gegenüber eine er¬ freulichere geworden, hätte sie weniger hohen Sinn, weniger rühmenswerte Eigenschaften mitgebracht auf den Thron der Da darf die Kultur¬ Hohenzollern. So blieb sie allein. geschichte Berlins es nicht vergessen, die Palme vollster An¬ erkennung niederzulegen aus jenem düsterprächtigen Sarg im Berliner Dome, welcher die Asche der stolzen, in ihren Be»lühungen auch trotz der größten Seelenleiden, trotz der Die schwersten Kränkimgen nimmer ermüdenden Fürstin birgt. Sradr verdankt ihr die Linden und die Anlage des jetzt so prächtigen Viertels, der Dorotheenstadt.
Gern
versenken
Das eigentümliche und
sehr hervorragende Interesse aber,
welches gerade dies von Dorothea gegründete Gotteshaus be¬
uln, — es beruht auf der Thatsache, daß diese Kirche im ,fahre 1697 den französischen Einwohnern Berlins zum Mitbesitze zttgewiesen ward. In charakteristischer Form wie nirgends anders in der Stadl treten uns hier die Reminiscenzen an die Befugtes, die glaubensfreudigen, nach der Mark und den übri¬ gen brandenburgischen Staaten eingewanderten Protestanten Frankreichs, entgegen. Wenn wir die Gestalt des großen Kur¬ fürsten bei jeder Gelegenheit mit Vorliebe in ihrer wunder¬ baren Hoheit uns vergegenwärtigt haben: hier in diesem Gotteshause
fällt der mildleuchteude Scheiit
echtester
und
größester Menschlichkeit auf sein heldenhaft Haupt.
Nicht wollen wir hier Altbekanntes, die Aushebimg des von Nantes, den au Märtyrergröße erinnernden E'laubensmut der edelsten Söhne Frankreichs, der zartesten Avmien aus altem normannischen Heldenblute, oder den Erlaß des Ediktes von Potsdam wiederholen. Die Geschichtsschreibung der französischen Kolonie in den brandenburgisch - preußischen Maaten hat es verstanden, das alles zu einem Epos des Glaubensmutes zu gestalten, bas hehr und hochgewaltig dahin¬
Edikts
loses
Nur ein anspruchs¬
Kulturbild aus dem alten Berlin wagen wir dem Leser wir der französischen Kolonie das Wort eines
zu bieten, indem
der edelsten unter den deutschen Dichtern sumsen: „Nach solchen Opfern, — heilig großen. Was gelten diese Lieder bir
V"-
Auf jener Heerstraße ist's, welche nach der alten SachseuDa finden wir, — gerätst auf der letzten Anhöhe vor Berlin und Kölln, den kltrfürstlichen Residenzen, — an einem Frühlingstage des Jahres 1686 ein
stadr Magdeburg sich hinzieht.
Zwischen den kleinen, verkrüppelten Kiefern¬ gebüschen, welche gleichsam wie Vorposten des fernen, blauen Hochwaldes an der Bergeslehne und über das Haupt des seltsam Heerlager.
und Hecke brachen? Alles haben diese Scharen der edelsten Söhne uird Töchter Frankreichs verloren, als sie voiit Vater¬ lande schieden. Uitd unter welchen Gefahren! Was haben sie erduldet, um nur die Grenze der Heimat zu überschreiten! Aber es ist gelungen und Gott Lob! eins ist gerettet, — das Evangelium
!
„Prions, mes freres et soeurs!“ Der Patriarch des Zuges ruft's, — ein priesterlicher, schöner Greis im genfer Predigerhabite! Uebermannl von ihren Gefühlen werfen die Refugies sich nieder gegen die Sitte der reformierten Kirche Frankreichs. Aber dieser Augenblick ist zu hoch und zu heilig. Die Weise eines Psalmes ertönt, — lautes Schluchzen erstickt die Stimmen, auch die des Geistlichen, der mit den feurigen Accenten seines Landes Gott dem Herrn dankt, daß Er seinem Volke nun wieder ein Erbe gegeben! Da zieht von Berlin ein langer, feierlicher Zug daher, — fast die ganze Einwohnerschaft der Stadt ist's, — voran die Geistlichkeit und die Schulen. Wie die schwarzbemäulelten Knaben von ben Berliner Gymnasien aus den Kieferbüschen treten, da' klingen, tief zu Herzen gehend, den Refugies die
Worte entgegeit: „Nehmen
sie den
Leib,
Gut, Ehr', Kind, Weib; — Laß' fahren dahin, Sie haben's kein Gewinn: Das Reich mutz uns doch bleiben!" (Fortsetzung folgt.)
rarchitecture;
von 1671 bis zu seinem 1686 erfolgtem Tode Blondei als Direktor und ausgezeichneter Fachlehrer dieser Anstalt vor. Er nennt auch sonst fast nur Blondels Namen an den von ihm skizzirten Bauten, ja schreibt ihm u. a. in seiner Vorliebe sür den Mann, der wahrscheinlich auch sein Lehrer war, den Triumphbogen von Borke 8 t. Antoine zu, welchen in Wahrheit Permult ausführte. Im März 1687 ging Pitzler mit Noel de la Chambre, Goldarbeiter aus Hamburg, wieder von Paris fort und war an, 1 Mai in Florenz und am 9. Mai in Rom. Der ewigen Sradl und seinem bis zum 8 . Oktober mährenden Aufenthalt itl derselben widmet er 105 Seiten, bei denen leider die Be-
Lin altes Sinken buch. Bon
stand
Cornelius Gurlitt.
Die Bibliothek der Kgl. technischen Hochschule zu Berlin besitzt
das Skizzenbnch
eines Architekten,
welcher seit 1685,
ans verschiedene größere Reisen untentahm, sorgfältig anmerkte und seine bis über 1705, hinaus reichende» Zeichnungen und Notizen zu einem Onartbande von 105,2 Seiten vereinigte. Dieser trägt die Bibliothektiummer 5,868 und ist bezeichnet:
van Weißensels
seine Beobachtungen
ans diesen
.
„Mein, Ehristoph Pitzlers, Repsebeschreibung durch Teutschland, Holland, Spanische Niederlande, Franckreich und Italien. Was in demselben meiner Pro¬ session zuständig merckwürdiges gesehen, bloß zur Nach¬ richt endworfsen utid beschrieben." Pitzler erweist sich als ein Mann der künstlerischen Praxis. Die Absicht, kunstgeschichtliche oder aesthetische Studieit zu treiben, liegt ihm sern. Er merkt sich das an, was er später einmal sür seine Zwecke zu brauchen gedenkt. Aber er ist von deutscher Gründlichkeit, ein Niann, der viel lernen will und ein offenes Auge hat. Somit gewinnt sein Buch sür ims
nutzung
Pitzler Neapel gesehen, am 22 . Dezember nach Venedig gekommen und dort bis zum 5. April 1688 geblieben war, zog er über den Brenner, Innsbruck, München nach Augs¬ burg und fuhr von hier den Lech und die Donau hinab nach Wien. Ueber Prag, Dresden und Leipzig kam er am 23. Juni 1688 nach dem heimatlichen Weißensels zurück. Sein Skizzen¬ buch umsaßte nun bereits 401 Seiten, in welchen das Neueste verzeichnet war, was er auf seiner weiten Reise gesehen hatte. Denn nur einige hervorragende ältere Werke vermochten ihn zu fesseln. Im übrigen erwies er sich als ein moderner Mann, dem weder die klassicistische Schute von Paris noch das großartige Schaffen Berninis
ein kunstgeschichtliches Interesse. Für Berlin ist es von Bedeutung, weil es Notizen und Zeichnungen aus dessen großer Bauzeit unter König
Friedrich
I. enthält
der Faldafchen Kupferstiche eine große Rolle spielt.
Nachdem
und weil sonst
Nachrichten bekanntlich gerade über diesen wichtigen Zeitabschnitt Sein Brich sehr spärlich fließen. die
sein deutsch-barockes Empfinden rauben
konnte.
leidet nur unter einem Uebelstand. Es ist die. chronologische Ordnung der Blätter nach ihrer Entstehung zwar im Ganzen eingehalten, doch Ein habet, sich einige verschoben.
Blatt, das Schlosses
die ältesten Anlagen des Eharlottenburg zeigt, ist
unter die französischen Skizzen
Auch
an
seinen
späteren
Arbeiten erkennt man, daß die Reise
wohl belehrend, nicht aber seinen Geschmack von Grund aus umstim¬ mend aus ihn gewirkt habe; er war und blieb ein deutscher Künstler, und arbeitete in jenem (sin
(OpffrMi in
ge¬
kommen, andere Verschiebungen scheinen stattgefunden zil haben, um das Material sachlich besser zu ordnen. Es scheint, als habe Pitzler, von seiner Reise zurückgekehrt, seine Bleistisl-
mit Tusche ausgezogen und nach Stichen seine Studien ergänzt. Wer also das Material des Buches wissen¬ schaftlich benutzen will, Hai es erst mir Sorgfalt zu sichten und zeichnungen
Blatt sür Blatt kritisch zu behandeln. Ter große Gang der Reisen Pitzlers steht aber klar fest. Am 1 . Mai 1685 verließ er Weißensels. Er zog über Jena, Weimar, Gotha, Fulda, Aschaffenburg, Frankfurt und Mainz zeichnend seinen Weg, fuhr dann rheinab bis Nimwegen und wendete sich über Utrecht nach Amsterdam, wo er am 2 .
Juni
eintraf. Am 7. gings weiter über Hartum nach Rotterdam, Antwerpen, Brüssel und Frankreich. Am 4/14. Juli 1685 ivar er in der französischen Hauptstadt, der er 160 Seiten seines Buches widmet, Seiten, welche sür die Topographie von Paris von nicht unbedeutendem Wert sind. Erst am 5/15. März 1687 verließ er die Stadt, in der er ivohl nicht nur als Reisender gelebt hatte. Unter den „Virtuosen und berühmten Künstlern" die sich zu seiner Zeit in Paris befanden, rühmte er in erster Linie „Msr. Blondel Architekt, so starb." Er meint den berühmten Direktor der Academie royale de
der
Trmplinrr furche.
Stile,
den
er in seiner Heimat verlassen hatte,
in Zukunft weiter. In der zeich¬ Darstellung ist Pitzler kein Meister. Er versieht sich oft in den Verhältnissen, die er meist zu schlank nimmt. Die Grundrisse sind meist zu vielästig; aber das Figürliche mißlingt ihm öfters vollständig. Aber er scheut sich nicht vor den größten Facaden, sucht Planspsteme ebenso gern aus als kleinste Details und gehl harmlos sicher an die Dinge heran. Der Stil seiner schriftlichen Anmerkungen ist ein sehr mangelhafter. An der Wahrheitsliebe des Mannes nerischen
aber ist nicht zu zweifeln.
Von Weißeitsels unternahm Pitzler nun öfter kleinere die ihm neue Veranlassung zu Studien gaben. Im August 1690 war er in Merseburg, in Leipzig, 1693 abermals in der Musenstadt an der Pleiße, 1695 in Sondershausen. Von da gings nach Halle tmd weiter nach Norden. Von Dessau an kant er in das geistige Wirkungsgebiet der Branden¬ burger Kurfürsten. Denn dort regierte seit dem 17. August 1693 Leopold I., der damals junge „alte Dessauer." Nament¬ lich hinsichtlich der Baukunst folgte Leopold den Anregungen, die von Berlin kamen, ja er bediente sich, tvie wir sehen werden, mit Vorliebe der Berliner Baumeister. So erbaute „ein Architekt von Berlin, Grüneberg genannt," eine Kirche „seilhalben von der Stadt," für die Evangelischen, der Turin Reisen,
-« wurde noch gebaut.
479
Er giebt
eine Skizze von Ansicht und bis ans eine Restanration im Sinne Schinkels, erhaltenen Kirche. Spater stellt er dieselbe Kirche genauer dar. ist nochmals Es ein kreuzförmiger Saalbau im Sinne der protestantischen Kirche, doch ein Werk von großer
Grundriß
der heute,
Nüchternheit.
Bon ähnlich leerer und ärmlicher Architektur ist das Schloß welche derselben Zeit an¬ gehören. Pitzier reiste nach Orantenbaum, dem Lustschloß bei
und sind andere Dessauer Bauten, Dessau,
das schon durch seinen Namen die Zugehörigkeit zu
fr
hat solche der Architekt Grüneberg zu Berlin angegeben." Wieder folgt die Skizze von Grund- und Ansriß, welche sich von jenem in Dessau wenig unterscheidet. „Den 21. Sept. nacher Barbp kommen," fahrt Pitzler fort, „welches an der Elbe liegt und noch ziemlich groß. Der Herzog hat durch den Berlinischen Architekten Ne rin gen einen Riß und Grund¬ lage ordnen lassen, welchen zwar gesolget, aber sonst übel exequirt, denn obwohl der ganze sirus stach, so ist doch das Hans im Geringsten nicht erhöhet, die Fenster klein und enge, Steine schmiegen nnd deßhalben dunkel wie auch die Hanpt-
6®fc
SS4
Die Dr-rstheLnstkidtrstche Kirrtze zu Kci'lin. Holland itnd dessen Herrschergeschlecht bekunden sollte. „Dieses Landhaus hat angegeben Herr Cornelius, ein holländischer Architekt." Er meint den brandenburgischen Baumeister zu ^nstrin, Cornelius Rpckwaerts, der damals für Schloßftauten
Derselbe vielfach in der Mark beschäftigt ivttrde. „Cornelius" wird als der Meister des eben begonnenen
„holländische Art" fand Pitzler wieder eine neue lulhe-
Schlosses zu Zerbst bezeichnet, welches ans
M'mu wurde.
In Zerbst
niäie Kirche, „welche von Backsteinen, in den
fronsp. (Fron-
viel Bildhauerarbeit mit usschrissteu derer Fürsten.
Es
zwar wohl angeleget aber ziemlich dunkel; ist nur 2 Stock hoch, ist von lauter Backsteinen... es ist aber alles atts alten gebäuden also accomodiret worden." Bei deut neuerdings ausgebrochenen Streit über die Kunst¬ art Nerings ist es von Bedeutung, diesen Bau, der Pitzler zu sonst selten ausgesprochenem Tadel veranlaßt, näher zu be¬ trachten. Er zeigt im Mittelbau vier Stock, je ztvei zu einer leeren und nüchternen Pilasterordnung zusamntengefaßt, vor dem Thor einen auf 4 jonischen Säulen ruhenden Balkon. All' das ist ganz in den Formen, welche Bingeboortz in Amstertreppe
so
480 dam eingeführt hat,
sehr gestülpt, sehr leer und hat
Ich übergehe Pitzlers Schilderung des Hetzgartens i„ Berlin, des Lustgartens am Schloß, der neuen Brücke, der
als ein¬
zigen Vorzug eine gewisse Formenrichtigkeil der pallodionischen
evangelischen Kirche in der Friedrichsstadt. Von der damals im Bau begriffenen Parochialkirche erzählt er, daß man den Grund gelegt, einen Pfahlrost geschlagen habe und das Wasser mit der Wasserschraube hebe. Den Plan giebt er in der Skizze, ein Beweis dafür, daß ihm die Baustuben zugänglich Interessant ist eine Reihe von Skizzen nach den waren. Unter diesen befindet sich schönsten Berliner Privatbauten. seiner heutigen Gestalt. Sollte sich Fürstenhaus in nicht das Pitzler diesen Bair haben entgehen lassen, wenn er damals Bekanntlich zeigt Schultz' Ansicht von schon gestanden hätte? Berlin nicht den Bau, der erst unter Knobelsdorff seine heutige Gestalt erhielt. Es gälte demnach erst festzustellen, wieviel thatsächlich am Fürstenhaus das Werk Nerings und wieviel von Knobelsdorff und im Stile Kents an demselben war. Eine Anzahl praktischer Notizen, welche Pitzler seinen Skizze» beigefügt, versetzen uns lebhaft in das Bauleben jener Zeit. Den Schluß macht die Bemerkung: „Des Baudirektor Nerings Haus war ganz schlecht erhöhet zu Magazinen", d. h. es war das Erdgeschoß i» schlichter Weise zu Ntederlagsräumen nach holländischer Weise verwendet, mährend man an vornehmeren Bauten Keller an¬ legte. Der holländische Grundcharakter von Nerings Baute» wird also immer wieder aufs neue von Pitzler betont, der denselben sehr entschieden in Gegensatz zu französischen Baute» Am 25. August 1(595 ging Pitzler nach Köpenick, am setzte. Potsdam. Beiden Schlössern, wie auch Caput, widmet nach 26. Ileberall sieht er mit Vergnügen den ihm er mehrere Skizzen. bekannten holländischen Einfluß. Auch Oranienburg wird be¬
Ordnungen. Die Treppenanlage ist gekünstelt und ohne jede Größe, das Ganze ausgedehnt ohne bedeutend zu sein, auch iin Innern durch nichts imterschieden von den Werken anderer Holländer jener Zeit. Von einer irgendwie hervorragenden sich keine Spur. In meinem Werke „Geschichte uitb des Rococo in Deutschland" schrieb ich den Bau, anderen Nachrichten folgend, dein Simonelki zu. Doch ist gegen Pitzlers Glaubivürdigkeit nichts einzuwenden, wenn auch die Lageplan-Skizze, welche er aufnahm, nicht ganz richtig Simonetli dürste mir die Stukkaturen gefertigt haben. ist. Ueber Magdeburg giitg dann unser Reisender nach Berlin. Hören wir den vielgereisten Mann selbst:
Meisterschaft stndet des Barockstiles
„Berlin ist eine ziemlich große in der Ebene gelegene wohl befestigte Residenzstad der Churfürsten von Brandenburg, Die vornehmsten Vorstädte welche in 3 Städten besteht. . sind Dorotheenstadt und nunmehr Friedrichstadt, die Stadl ist mit massiven Erdwällen sortis, mit einer faussebraye, deren Scarpe von ord. Steinen. . . Die Thore wahren dunkelgrau und weiß angestrichen mit stackeren, die Zugbrücken mit Arme» und gab dem eingange ein sein ansehen, zu ansang stund ein Thor mir einem schlagbaum, in dem außgange der coiitre escarpe ein toppelter Schlagbaum mit Spitzen, so gleich aufging, daß 2 eingänge wahren, uf den Thor stllnde ein Stockwerk so zum Theil wohl gezieret insonderheit des Leipziger, zum Theil auch nur schlegt (schlicht)." Nun folgen Dann heißt es weiter: entsprechende Skizzen. „Tie Stadt ist an sich schön und gleich, fast alle Häuser 3 Stock hoch, die Gassen breit und sein gepflastert mit 2 ' Gassen (Trottoir) von jedem Hause ab, 10 breit eine Gasse. Uf der Dorotheen Siadl eine schöne Allee von 6 reyhen Linden und 5 Straßen, die große 24 schritt breit, die an seiden jede 12 schritt breit, ns dem Friedrichswerd war der Grund ge¬ legt zu einem neuen Zeug Hause und uf der Dorotheen Stad ein neuer Stall ns 200 Pferde, aber nicht gewölbei, wahr 2 Stock hoch und soll eine Akademie dahin kommen." Nun folgen wieder die Skizze des heutigen Akademiegebäudes und sachliche Angaben über die Einrichtung der Pferdestände. .
.
j
sucht, sowie Schönhausen.
geschildert.
„Der schön
das Rathaus und das Churfürstliche Haus auf dem neuen Markt als Neuheiten ihn beschäftigten. 1701 war er in Merseburg
und Leipzig und ging von da nach Braunschweig, wo er sich neben der Adresse des Theatermalers Tomaco jene des große» Philosophen Leibniz anmerkt: „in Hannover in Hofrai Hennigs Hause; in Wolsenbüttel ufn Schloßplätze in CammerDie Schlösser Herrenhausen und schreiber Balltons Hause." Salzdahlum studiert der Reisende genau und geht dann am 23. Juli .1701 über Luckenwalde zum zweitenmal nach Berlin.
kan wird vor die oberste Stelle gehalten, darumb denn die Bilder in der Decke der quer gestellei, denn auch der Churs, nicht lange, sondern oval Tafel hält. In die 4 Felder a (Pitzler
eine
Skizze
der Stuckdecke
deS
Saales)
diese Schlösser sind eingehend
Werken; Sandrat, Böckler, Sturm, Doriler und namentlich Im Oktober technische Bücher wurden fleißig ausgeschrieben. 1700 war Pitzler in Halle, daitn ging er nach Magdeburg, wo
neue Saal im Schloß zu Berlin", heißt es weiter, gemahlen a Fresco, die Decke von Stucho von Laub
aus
Alle
die Lokaltopographie geben die Skizzen zum
und seiner Umgebung. Erst im April 1699 scheint sich Pitzler wieder auf die Reise gemacht zu haben, um Coswig zu besuchen. Inzwischen füllte er sein Skizzenbnch mit Studien aus verschiedenen
und einigen Kinderlein, der Saal hat 4 doppelte Thüren an seiten stehen pil: (lasier) mit Nicen, in welchen die Churfürsten in Alabaster stehen; wo man alle 4 Thüren zugleich sehen
verweist
Für
teil unschätzbare Winke: 20 Seilen füllt die Besprechung Berlins
.
„ist
K.
die
Künste als
Arch: mit Potsdam. Piltur: mit des Churf. contref., des alten (also mit dem
Die Lindenallee wird nochmals beschrieben, das Ballhaus skizziert. Neu ist die Aufnahme des Schlosses Charlotten¬
Bildn iß des großen Kurfürsten). Fortis.: mit Berlin. Scultura mit des Churs, contref., des alten.
burg,
nicht nur
Kuppelturm aus das Schloß baute, sondern auch das Frontispiz vor die Hoffacade ansetzte. Es giebt diese recht gute Skizze also wahrscheinlich den Stand des Schlosses, welchen der Vorgänger Eosanders am Bau, also wahrscheinlich
Decke braun, das Stucho gelinde gölb. Der Fußboden (hierzu Skizze) schwarz und weißer marmel von quadri 18" in Es ist dies meines Wissens die älteste Schilderung des jetzt zerstörten „Alabastasaales" im König¬
Berlin.
Eosander von Goethe
den
Der Grund der
lichen Schloß zu
welche beweist, daß
lt'S der große Meister, durchzubilden beabsichtigte. stimmt dieselbe mit dem Stich in Begers „Thesaurus Brandenburgensis". Ueber das Innere des Schlosses sind die Angaben
Schlüter,
■
481 ausreichend,
um
dem
aufmerksamen
Beobachter Aufklärung
darüber zu geben, was von den heute noch erhaltenen Dekoralionen der Zeit vor Goethe's Bauleitung angehören kann.
Man sieht nämlich, daß alle Räume des Schlosses, bis aus den ovalen Saal gegen den Garten zu, nach 1701 geändert wurden, daß also selbst Tenvestens noch im 17. Jahrhundert
Bilder
worden sein müssen. Ein zweites, leider an falscher Stelle eingefügtes Mail zeigt Goethes Er¬ weiterungen des Schlosses zunächst noch ohne Aenderung des Dieser Plan dürfte aus der Zeit von alten Schloßteiles. Pitzlers dritter Anwesenheit in Berlin, von 1704, stammen. Dem Aufenthalt von 1701 gehören aber die Skizzen für das Berliner Zeughaus an. Bemerkenswert ist, daß die Balltistrade über dein Bau nicht in Tusche ausgezeichnet ist, sondern in Blei stellen blieb. Noch waren de Bodls Aen¬ derungen am Bau nicht durchgeführt, noch ist das Thor in aller Form, nicht das Gurtgesims überschneidend, dargestellt. gemalte
versetzt
Dann folgen ans Seile 501—506 eine Anzahl Detailskizzen aus dem Berliner Schloß uitd zwar nur die Treppen¬ Born ganzen übrigen Bait nimmt häuser am zweiten Hos. Pitzier keinerlei Notiz. Leider ist nicht gaitz klar, ob diese Blätter aus der Reise gezeichnet oder ob sie nachträglich eingesügt sind. Doch spricht mehr dafür, daß das erstere richtig sei; es deutet dies namentlich eine Fußbemerkung aus Seite 503 an, die sich wohl sicher auf selbst Gesehenes bezieht. Dagegen ist die Behandlung der Blätter ganz in der Art wie jener von 1704. Sehr eigenartig ist, wie gesagt, daß nur die Portale und das Treppenhaus Pitzlers Interesse wachrufen; nicht eine Ante der sonstigen Faeade merkt er sich an. Die Grundrisse jener Bauteile sind ja in allen drei Stockwerken wiedergegeben und zwar in einer Weise, welche nur wenig von der Ausiührnng abweicht. Es macht den Eindruck, als seien sie nach dein Originalplane gezeichnet. Nur die Fayade gegen den Lustgarten tveichi von der Ausführung etwas ab. Denn nirgends ist sonst Pitzler so ins Detail eingedrungen als an diesen Plänen Schlüters, dessen Namen er freilich nirgends erwähnt. Das kann nicht ans Unwissenheit geschehen sein. Bei dein Ruhme, welchen der Meister damals genoß, ist es undenkbar, daß ein in Berlin lebender Fachmann ihn nicht gekannt habe. Aber Pitzler arbeitete ja nur für seine Praxis
für die Nachivelt! Dann giebt Pitzler weiter die Ehrenpforten, welche in Berlin für den Einzug König Friedrichs ( 6 Mai 1701) errichiet waren, und hiermit schließen seine Anmerkungen über Berlin wie überhaupt die strengere chronologische Ordnung und nicht
.
seines
Buches.
Es folgt noch einmal die Notiz: „Monat September 1704 Berlin über einigen mir inibekannten Bauten", denen auf ^eire 560 Zeichnungen der Stechbahn und 561
Detailblätter
der
Dekorationen im Berliner Schloß folgen, Thüren, Kamine, Gewände. Manches ist sehr interessant: so Details aus der "lten Kapelle ins Königlichen Schlosse, der Kirchstuhl und die '3sl, Teile der Stuckierung und dergl. Der neue Plan der Parochialkirche leitet zu den Gotteshäusern Berlins über. Es
u
Tolgen die
Kanzel jener Kirche, die Garnisonkirche, die Dorodie lutherische Kirche auf dem Köpenicker Feld und Zwei meckere Saalkirchen, endlich eine Skizze von Schlüters Kanzel in der Diarienkirche. Vieles giebt ganz neue An¬ lheeukirche,
S
über die Bauten jener Zeit. Endlich folgt, nur in Blei gezeichnet, der Entwurf eines Turmes mit der Aufschrift: „Dessin von Herrn Nehrungen hinderlassen zu dem Miinz-
schauungen
Der Thurm von 00 ' hat zum stock oder untertheil bleiben sollen." Der Turm zeigt ähnliche Formen wie das
thurm.
Projekt Schlüters,
echte
Europäum
wie
wir
es
ans
dem
Theatrum
kennen, ist aber nüchterner und massiver.
Es ist
aber immerhin von Wert, zu wissen, daß die unglückliche Idee,
Münzturm auszubauen, von Nering ausging: wahrlich nicht zur Erhöhung des Ruhmes dieses Mannes. Es ist dabei auch als charakteristisch für andere Vorgänge im Bauwesen der Zeit zu beachten, daß Nerings Plan mindestens vor seinem Tode im Oktober 1695 bis zum Jahre 1702 verwahrt blieb, ehe man ihn durch Schlüter neu bearbeiten ließ, und daß Schlüter hier den älteren Plan eines anderen mit einigen Aendernngen ausführte. 3ln einen Irrtum Pitzlers ist nicht den
p
denken.
Noch eine Reise machte unser Gewährsmann nach Schlangen¬
Jahr 1705 und somit
bad, Mainz und Kassel vom
interessantere
Teil
endet der
des Buches und beginnen die Auszüge aus
verschiedenen Druckwerken.
Das Buch des wackeren Pitzler aber, welches nun seil 200 Jahren fast ganz unbeachtet blieb, obgleich es an einer der Bauwissenschast gewidmeten Stelle aufbewahrt wird, ver¬ dient der Kunstgeschichte jener denkwürdigen Zeit näher gerückt zu werden, als es dieser kurze Aussatz thun kann. Möge ihm diese Notiz zur Würdigung als ein Ouellenwerk für die Baugeschichte der vielen von ihm berührten Städte verhelfen!
Roch einmal
Wir für die bieten
haben
jüngst von
Geschichte
heut
unsern
Berlins" Lesern
Templin.
der Wanderschaft des „Vereins nach
Templin berichtet.
eine Abbildung
des
Wir
im edelsten
Stile norddeutscherFortifikationen erbauten „Prenzlauer Thores" von Templin dar. Der Gotteskasten mit dem reichen RoeocoOrnamente, welchen die St. Maria-Magdalenenkirche besitzt, trägt nicht ohne Grund den preußischen Adler auf seiner Vorderseite; es ist dies ein Zeugnis der Dankbarkeit der Bürger von Templin gegen die Könige Friedrich Wilhelm I. und Friedrich II., welche durch ihre Unterstützung den Wieder¬ aufbau der im Jahre 1735 fast vollständig in Asche gesunkenen
Stadt ennöglicht hatten. 3lrich in der Kulturgeschichte der Mark har Templin einmal Es ist bekannt, wie ernstlich die Geist¬ lichkeit der Mark gegen jenen Kleiderluxus geeifert hat, welcher während des 16. Jahrhunderts in fast allen deutschen Landen Überhand zu nehmen drohte. Im Jahre 1583 erschien zu Berlin die folgende Schrift: „Ulrici Zanni Rewe Zeitung, wie von einem Schafe in der Uckermark zu Templin 1583 drey Früchte sind koinmen, als zwey wohlgeschaffene Lämmer, die dritte aber eine Mi߬ geburt in Gestalt eines Paar Pumbhosen, allen Hoffährtigen in Kleidung zur Warnung gestellet mit Dr. Iac. Coleri Vorrede. Es heißt darin folgenderuraßen: „Freptags nach Jnvokavil des Jahres 1583, welcher da war der zwepvndzwanzigste Februarij, auff den Mittag vmb neitn oder zeheit Uhr, har ein Schaff zir Templin zwey junge eine Rolle
gespielt.
«
482
S
Lämmer gehabt. Bald hernach aber vmb ein Uhr nach Mittage hat dasselbige Schaff ein monstrum oder Mißgeburt gehabt, dergestalt wie folget: es war dies nronstrnin wie ein aus¬ gestopft Paar Pumbhosen, doch inwendig nicht holl, vnd war vmbgeben mit krauser Lämmerwolle, die man Schmaschen nennet, an der Farbe brannlächtig, wie junge Lämnierwolle mitbringet. Wenn manns non oben angriff vnd hielt, so hieng es an der Form ganz und gar als obengemälte Beingewande, aber in der Mitte hatte es einen Darm als seinen Rabeldärm, dadurch es vielleichi seine Nahrung vom Schaffe statte haben können, doch etwas dicker als ein Lämmerdarm. Wenn mann sie angriff an dem Ort, da sonsten das Gewand die Knie der Menschen pfleget zu bedecken, so fühlete man in einem jeden einen großen, starken Knochen, alleirrhalben ge¬
fernt und an der großen Viehtrift, d. h. an dem breiten Wege liegen, ans welchem das Vieh von der Stadt aus aus die Hut getrieben wurde. Weitere Erfordernisse eines guten llpstalles waren, daß er sich auf einer Wiese befand, die von Bergen oder dichtem Gebüsch umschlossen war; — war ein
als wenn man Pumbhosen angriffe, darinn ein Menschen¬ Zlt vnterst, da sich diese Kleidung an den Kitieit bein endiget, so man die Wolle bestrich, da schab die Haut sich an den Beinen etwas ober, doch war es Alles zvgewachsen vnd inwendig, wie znnor gemeldet, nicht holl. Allein wenti maus in der Mitten angrieff, fühlete man einen starken Hnffknochen drinnen. Die gantze Länge dieser Mißgeburt war bey eitler kurtzeir halben Ellen, die Breite aber war bei anderthalb Viertheil von der Ellen oben weiter als unten, gar durchaus ivie Pumbhosen gu seyn pflegen." So Herr Ulrich Zannins. Aber auch seine Schrift, ja selbst des Berliner Propstes Jakob Coler Vorrede blieben wirkungslos; man freute sich des Lebens irach wie vor; inan verlachte die Warnungen, deren Wortlaut freilich ein sehr eigentiimlicher war, bis dunkle Wolken am Horizonte aufftiegen, um sich in wenigen Jahrzehnten verderbenbringend zu ent-
plätzen in oder dicht bei der Stadt erschienen; nur der Änhhirte blieb mit seiner Hut draußen im Upstall, ltitb Weiber
schickt,
stecke.
H. 8 .
ladeti.
„ApMe"
Die
in der Mark.
Die Aufhebung des Rechts auf Benutzung von Gemeindefreiheiten zu allerlei wirtschaftlichen Zwecken, insbesondere des Rechts auf Behütung von Wald und Wiesen mit Vieh der verschiedensten Art nach bestimmten Grundsätzen hat auch
„apener" (offener) Stall, d. h: Nacht¬ für das Vieh) verschwinden lassen und nur Namen von Oertlichkeiten bei alten märkischen Städten, — Berlin-Kölln nicht ausgenommen, — erinnern noch daran. Ein solcher Upstall war in alter Zeit, in welcher man das Vieh den größten Teil des Jahres über im Freien hielt, ein dringendes Bedürf¬ nis. Jede Art Vieh hatte einen eigenen Hirten wie ein be¬ stimmtes Hütungsrevier. Die Pferde wurden ans die Koppel und den Anger, das Rindvieh auf die Wiesen und in die die Upställe (wörtlich hege
auf die Brach- und Stoppelfelder, die Schweine in die Eichenwaldung, die Ziegen in die Elsbrücher oder zu den Stadtgräben, die Gänse auf wüstliegende, mit Gras beivachsene Berge zur Grasung geschickt und blieben Das Rindvieh rvnrde daselbst vom Morgen bis zum Abend. in der warmen Jahreszeit auch die Nacht über im Freien be¬ halten, wenn nicht etwa unruhige Zeiten sein Eintreiben in die Stadt nötig machten, oder es deshalb vielleicht gar nicht aus den Thoren gelassen wurde. Der Ort, wo das Vieh die
Wälder,
die Schafe
■
Nacht hindurch eine Herberge erhielt, hieß schlechtweg „Upstall, Oppstall". Derselbe mußte in nächster Nähe der Stadt, nach volkstütnUcher Redeweise einen „Hnndeblaff" von dieser ent¬
natürlicher Schutz nicht zu erreichen, so mutzte ein von einem mit Strauchwerk durchsteckte» Holzzann, d. h. Mit einem Gehege oder mit einer Erderhöhung umgeben werden. In unruhigen Zeiten, dH. in solchen, in denen man raubsüchtige Feinde zu erwarten hatte, wurde dem Hirten oft auch eine Bürgerwache mitgegeben. Die Hirten halten sich ferner an jedem Tage so einzurichten, daß sie, wenn die Glocken ans den Tünnen ihrer Stadt zum Sonnen¬ untergang anschlugen, mit sämtlichem Vieh an den Tränkesolcher
solches Nachigehege
und Mädchen waren in solchen Fällen genötigt, sich Stadr mit Eimern zum Melken der Kühe dahin zu Wurde im Frühling das Rindvieh, nachdem ganzen Winter hindurch in den Ställen gehalten
aus
der
begeben.
es
den
worden,
wieder zum erstenmale auf die große Hut getrieben, so gab es für die liebe Stadtjugend Festtage; die Schulmeister fanden dann nur leere Bänke in den Schnlstnben. Es war nämlich an solchen Tagen der eine Hirte nicht im stände, das über¬ lustige und übermütige Vieh zitsammenznhalten, die Jugend
wurde deshalb dem Hirten zur Hilfe mitgegeben. Die „Kalit" oder die „Tadel" auf dem Rücke.,, von „Muttern" auf den ganzen Tag mit Essen versehen, einen tüchtigen „Prangel" in der Hand, womöglich „barfüßig", — so konnte man noch vor
vierzig Jahren in den kleinen Ackerstädten der Mark an solchen Tagen 50 bis 60 zehn- bis vierzehnjährige Jungens, reicher llnd armer Eltern Kinder, neben dem Vieh frühmorgens zur Stadt hinaustraben sehen. Während sich aber die Jugend schon wochenlang vorher auf diese „Feiertage" freute, an rvelchen sie dem „Rekter" und „Kanter" ein Schnippchen schlagen konnte, dachte dagegen der Kuhhirte in den meiste» Fällen mir Schrecken an diese Zeit, denn er hatte nun nicht blos auf das unbändige Vieh, sondern auch auf die womöglich llnd das wollte noch unbändigere. Jugend Acht zu geben, W. Sternbeck. etwas sagen!
Ein luandentmrgilcher txibavjt.
In
Dänemark und in Schottland soll in alten Tagen gceinst ein Geschlecht von normännischer Abkunft angesessen „de und "White«" „dirs weseir sein, welches den Namen Hwiders" geführt haben soll. Im Anfange des 16. Jahr¬ der hunderts soll ein Duncaii the White gelebt haben; in Candidus" soll ferner „Alexander .
Mitte
dieses
Säculums.
Schott¬ sogar Schloßhanpimann zu Srirling gewesen sein. Ein dann Ahnen der Weise länder, Theodor White, soll nach der genommen auch Kriegsdienste in Spanien und in Frankreich !
eine haben; — - er soll ein wunderschönes Weib, Katharina, ftd) Tochter des berühmten Hauses derer von Narne, mit ein herumgeführt haben; — es folgte damals ja auch manch' -Schlüsse edles, heißes Blut dem Schalle der Trommel! Hn Theogestrengen des 16. Jahrhunderts aber finden mir den Lübbe» — dorns Weise als einen ehrsamen Bürger der Stadt deutsch in der Niederlausitz vor. Mm, — „Lübben" heißt aus
•
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-*§
483
„öie Schöne"; — vielleicht harre es die Pracht des feuchten, sprossenden Spreewaldes dem bogenführenden Schotten ange¬ than! Katharina Narne war freilich schon längst gestorben und verdorben; Meister Theodorns aber hatte auf seinen wilden Kriegszügen wohl manch' einen guten Beutegroschen und manch' goldene Kette
eine schwere
sich
gewonnen.
Das angefangene, grrte Werk aber sollte auch zrr Ende geführt werden. Man schrieb das Jahr 1622; noch waren die Deutschen genug, um weder an schwedische noch französische Unterstützung zu denken. Noch blühte auch das alte Herzogs¬ Das von denr edlen geschlecht der Greifen vor: Pommern!
ehrliebend
Nach einem fried¬
lichen Heime sehnt, sich schließlich jedoch arrch die ärgste
„Kriegs-
j
gurgel" und der rauflustigste „Haudegen". Der einsame, müde Krieger schloß daher zu Lübben einen neuen Ehebund mir einer Jungfrau Margarethe Domke, „welche in der Stadl Verwandte hatte." So eine spätere Leichenpredigt, nach welcher die Angaben brandenbnrgischer Schriftsteller zu berichtigen sind.
Der alte Kriegsmann aber wurde, rvie das öfter vorkonnnr, nicht nur ein allgemein geachreier Bürger und Rats¬ herr, sondern sogar ein liebevoller und, wie es scheint, auch pädagogisch sehr tüchtiger Vater. Er sprach die Sprachen all' jener Länder, durch welche er Bellona's Wagen nachgezogen war; — er war, wahrscheinlich schon auf der Schule zu
Sk
Bürgermeister Jageteuffel gestiftete Kollegium in Stettin er¬ freute sich eines allsgezeichneten, bis nach der Lausitz aus¬ gedehnten Rufes, rrnd so wurde der Scholar Martinus Weise von den sorgsamen Eltern nunmehr nach Stettin gesendet, run dort aus dem Jageteuffelscheu Kollegium die Grundlagen aller „studia limnaniora" sich anzueignen.
Abiturienten-Prüfungen gab dies
nicht „erfunden"
Revolution jedoch
ersonnen
durchaus
schaftliche j
nicht
einer Amtstracht zu
Dysti-
zu verfassen,
„beim Läuten der Gläser" nicht ver¬ lernt. Am 9. Sepbe-
Frau
ihn zu Lübben mit einem wackern Jungen, und in trerrerSorg¬ sall nahm Herr
tvickelte
bereits in
ihr8 Ptrorrrllrrror Thor irr Tonrplirr.
zu
jugendlichem
Alter
aus der Jo¬
achimischen schule
eirren
Hoch¬
tief-
ernsthaften, aus die
sich dieses seines Sprößlings an, ihn unterweisend jeder Kunst, in jeder Sprache, der er fähig war. Das formale Talent jener Tage ist uns verloren ge¬
—
gangen: das Resultat, welches die Versifikationsübungen unsrer Primaner heutzutage ergeben, ist, wie Verfasser dieses aus Erfahrung rveiß, ein rnehr als klägliches. Im 17. Jahr¬
war das anders. Der junge Martinus Weise, ehrbaren Herrn Theodorus Weise Sohn, kam „durch guter Lerne Unterweisung" schon in seinem vierzehnten Jahre, als hunderte aber
des
er aus die Schule zrr Bautzen gesendet wurde, dahirr, garen lateinischen rrnd griechischen „Vers" zu schreiben.
„einen
Allein
war doch eine schlimme und „fast" harte Zeit! Arrch über Bautzen und seine Umgegend kamen „grausanre, starke kayser^che Reuter"; — die sächsische Armada eilte zur Hilfe nicht herbei, nnb die alte Wendenstadr ging unter den Brandfackeln es
Kaiserlichen in Flammen auf. Da war für die „litterae bonae, liberales" kein Sitz mehr in der Veste Budissin; der
Martinus Weise floh, —
furt ab
Frank¬ und em-
so
Theodorus
auch
Weise
alma mater Via-
Grethe
m
Unser
Martinus
drina
die ehr- urrd
mgendsaine
sein pflegt.
ging, 17 Jahre alt, im Jahre 1622 vom Stettiner Kollegium nach der
„Rollen Würfel" und
sogar beim
schenkte
ist
praktisch
einer Uniform und
Kiurst,
1605
den
Einführung
es die
rrnd hatte
renrber
sann
eine breite wissen¬
von ebenso wohl¬ thätigen Folgen be¬ gleitet gewesen, wie
ein lateinisches oder-
der
daß dieses,
dasselbe
urins eingeweiht
chou
Man
anbefohlen werden.
sagen,
— gleichwohl
des klassischen Alter-
griechisches
nnb
Bildung ohire jedwede Tiefe erfordernde Examen
in die Geheimnisse
die zierliche
damals noch nicht; •—
Geist der Gelehrsamkeit in Deirtschland merkbar gehoben habe;
Edinburg oder zu Glasgow, — auch
worden
es
und schwerste aller Examina war noch und sollte erst im Jahre der französischen
allumfassendste
zunächst
wohl nach der Heimat.
besten Vorkenntnisse sich stützenden wissenschaftlichen Geist, das; er sehr bald zll den „berühmteren Schillern" der Universität
am Oderstrande gehörte. Martinus Weise aber hatte, „weilen er eine ganz beson¬
Erlernung der Arzeneykunst in sich gespüret. die Vorträge der Frankfurter Aerzte „zweier ganzer Jahre lang auskultieret"; er begab sich dann nach Wittenberg, „dahin ihn der Ruff des berühmten Sennerti zöge, welchen er mit so un¬ ermüdlichem Fleiße gehöret, daß dieser große Doktor in der Arzenei ihm nicht allein seinen Sohn zur Aufsicht anvertrauet, sondern ihm sogar die Erlaubnis; ertheilet, Privatcollegia in der Ars medica zu halten." — So unser guter, alter Ge¬ dere Lust zur
schichtsschreiber Küster.
Der Sohn des kriegerischen, vielumgetriebenen Schotlländers imd der Margaretha Dornkin also eilt angehender Arzt! — Mystisch aber noch, bald zagend und verschleiert, bald keck sich brüstend und dein Tamburine des Marktschreiers die schrillsten Töne entlockend, stand des Arztes Kunst dermalen
—«
in
den deutschen Landen ba.
484 fassen. Als am 31. März 1627 etwa 150 Berlinischer Ein¬ wohner von kurfürstlichen Hauptleuten nach Brandenburg an¬ geführt werden sollten, um die alte Kur-stadt zu schützen, da rottete sich z. B. der Pöbel zrlsammeir und trieb die kurfürst¬ lichen Trabanten und die Stadtknechte mit Steinwürfen in das Schloß zurück!! Man wollte also selbst dem Vaterland nicht dienen. Unter diesen Umständen stand zu erwarten, daß es dem jungen Doktor Martinus Weise zu Berlin zwar nicht an Arbeit fehlen werde; ob dieselbe sich aber auch lohnen werde, das war sicherlich mehr als zweifelhaft. —
Seltsam, daß ihre Unzulänglich¬
dann zu Tage trat, wenn es galt, mit starkem Mute dem Angriff einer Seuche zu widerstehen! Noch mied die ärztliche Ärmst den Feind; — noch wagte dieselbe es nicht, keit
gerade
einer Pest
z,
B. mit dem Aufgebote aller Kraft entgegenzu¬
Die Seuche aber kam auch über die Lutherstadt; — da floh mit anderen jungen Aerzten auch Martinus Weise nach Böhmen und nach Schlesieri. Erst als die Gefahr vor¬ über war, kehrte er zunick und disputierte „mit gutem Erfolge" pro licentia, setzte seine Vorlesungen fort „und nahm nach eitriger Zeit auch die Doktorwürde au, welche Ehre für ihn eine um so größere war, als der Kurfürst Johann Georg von Sachsen urrd andere Reichsfürsten seiner Promotion in der Schloßkirche beiwohnten." treten.
Ein anderer aber bereits, als er einst bei seiner Flucht von Wittenberg gewesen, ging Martin Weise nach Berlin tind erwarb hier schnell eine sehr bedeutende Praxis. „Es waren vorzüglich die Offiziers bei der Kaiserlichen und bei der schwedischen Armada, denen er bekannt wurde und die ihn oft zu Rate zogen." Das Reisen nach den verschiedenen Haupt¬
Jetzt galt es, einen Wohnort sich zu envählen! Der Professor Seuirert riet dem Lübbeuer Studenten und jungen Doktor, sich nach Berliir zu begeben. Weise that's, und daß Denn die Dinge er es wirklich that, gereicht ihm zur Ehre. lagen in Berlin schon ums Jahr 1627 mehr denn trübe; schon im Jahre 1626 hatten die Edelleute David von Lüderitz und
Kurfürsten Georg Wilhelm mit Recht den schweren Vorwurf gemacht, „er lasse seine UnrerIhaneit wie Schafe ohne Hirten in der Irre gehen." Das Kaiserliche Regiment Torquato Eouli hauste entsetzlich in der Mittelmark und in den beiden Schwesterstädteu au der Spree, und die Bürger, von ihrem Fürsten verlassen, vermochten zu der Statthalterschaft, welche seitens der Geheimen Räte Adam Gans zu Putlitz, Friedrich Pruckmauu, Abraham von Bellin und Hieronymus von Dieskau für den in Preußen weilenden Kursrillten geführt wurde, ein wirkliches Vertrauen nicht zu Jakob von Wuthenow
Die Beseitigung der
itlnljiimbantm
quartieren mag freilich keineswegs ein mühe- und gefahrloses soldatische Praxis aber mochte sich Ehre und Gewinn zugleich. Auch Kurfürst Georg Wilhelm zog den gefeierten Lausitzer Arzi, welcher sein Heim im Jahre 1636 in dem alten Wohnhause gewesen
verlohnen
dem
sein;
und
Berlin, Eisen und Bronze aus Erfurt, Kolonialwaaren aus Hamburg, Flußfische von der Oder, Felle und Häute aus Rußland, Flachs, Obst, Honig, Raps :e., aus dem Wendenlande nach Westen. Berlin nahm Eingangund Abgangszölle, z. B. für jeden Elbkahn mit Kolonialwaaren 32 Silberpfennig, für jeden Wagen mit solchen Waaren Abgangszoll 16 Pfennig. Der Niederlagezwang sicherte Berlin also bedeutende Vorteile. Seit Jahr¬ hunderten aber hatte die Sperre der Spree für Berlin keinen Sinn mehr, seitdem die Stadt keine Zölle mehr erhob, und deshalb ist es für die Schiff¬ fahrt ein Segen, daß dieselbe endlich fällt. Voss. Ztg.
Dio Dotplaoko. In den Städten und Ortschaften der Mark Brandenburg ist es noch heute zu gewissen Tageszeiten Brauch, die Bet¬ An allen Wochentagen mit Ausnahme des Sonn¬ glocke anzuschlagen. abends, wird mittags 12 Uhr und zur Zeit des Sonnenuntergangs ca. fünf Minuten lang mit einer Glocke geläutet, ivonach dreimal drei Schläge an die große Glocke geschehen, — der Ruf zum Gebet. Am Sonnabend wird des Mittags und zur Zeit des Sonnenunterganges mit zwei und an den Tagen vor den hohen Festen mit allen Glocken geläutet; auch diesem Geläute folgt jedesmal die Gebetsmahnung durch die dreimal dreifachen Schläge. An den Sonn- und Festtagen wird beim „Vaterunser" der an¬ dächtigen Gemeinde in der Kirche die Bciglocke ebenfalls geschlagen. — So wird aus Teuplitz im Sorauer Kreise und aus Lieberose im Lübbener Kreise die Sitte fast übereinftinimend geschildert, und mit geringen Ab¬ weichungen handhabt man sie ähnlich in zahlreichen Städten und Ortschaften des Regierungsbezirks Frankfurt n. O. Beispielsweise wird in Fürsten¬ walde a. Spr. die Betglocke nur nachmittags um 5 Uhr angeschlagen, in Guben
die
brachte
in der Heil. Geiststraße zu Berlin, dem Burglehn des Baumeisters Kaspar Theiß, des Lehnssekretärs der Lehniner Aebte
|
Joachim Steinbrecher, des Geheimen Rates Christoph von Beukendors und des Leibmedikus Dr. Johann Müller, ausgeschlagen hatte, iir seine Nähe, so oft er zu Berlin verweilte, er erteilte ihm die Bestallung als Leibarzt. Bald lebte sich der kurfürstliche Leibmedikus auch derart in die beiden Städte ein, daß er eine Berufung zur Professur nach Wittenburg ohne Bedenken ausschlug. Es war sein Glück! (Schluß folgt.)
Kleine Mitteilungen. iiimfUidjc« Spott o iu-r Sproo ant nur um 12 Uhr
macht einem Zustande ein Ende, der fast so alt ist, wie Berlin selbst. Die Sperre war eine vollständige, denn die Gracht (der Graben), eine künstliche Fahrstraße, bestand damals noch nicht. Man zwang durch die Sperre den Handel zur sogenannten Niederlage in Berlin, welches Recht die Stadt besaß. Für den Landesherrn brachte sie einen Finanzzoll, den Herrenzoll, für die Stadt einen Schutzzoll und eine Durch¬ gangsabgabe. Daneben benutzen beide Teile den Stau zum Betriebe von Mühlen. Der Landesherr besaß zwei der Mühlen; nach dem Aufstande von 1448 nahni er auch die städtischen nach dem Siegerrecht. Die Durchgangs¬ waren Berlins waren mannichfacher Art. Die Industrie-erzeugnisse des Westens gingen über Berlin ins Wendenland, die Naturprodukte des wendischen Ostens über Berlin nach Westen. Seefische gingen von der Ostsee über
gerade
mittags und zwar im Turme der evangelischen Kirche, während vom Turme der katholischen Kirche ein Abendläuten nach Sonnen¬ untergang erklingt. Ebenso mittags in Zehden 3km. und in den Dörfern des Lebuser, Soldiner Kreises, sowie in der Niederlausitz. In Züllichau wird die Betglocke sogar dreimal, vormittags 9 Uhr, mittags 12 und abends 7 Uhr angeschlagen, in dem weltbekannten Städtchen Calau um 12 und 2 Uhr u. s. f. Ueber den Ursprung dieser Sitte ist man sehr verschiedener Ansicht. Die Geschichte lehrt, daß schon Papst Johann XXII. 1316 diese Gebetsaufforderung anbefahl, damit unter dem Gebete der gesamten Christenheit Gott die Einbrüche der Türken abwehre. Damals wurde be¬ sohlen, beim ersten Schlage 1. Mose 32, 10, beim zweiten Lucas 18, 13 und beim dritten Psalm 143, 10 zu beten. Als Mohammed II. Kon¬ stantinopel eroberte, erneuerte Papst Calipttis, der sich vergeblich bemühte, einen Kreuzzug gegen Mohammed Bujuk (den Großen) zu Stande zu bringen, die Anordnung des Betgiockeschlagens, auch Kaiser Rudolf II. er¬ ließ im sechzehnten Jahrhundert ein ähnliches Mandat. Vielleicht ist indes die Sitte noch älteren Datums; vielleicht mahnte sie schon vor den Zeiten der Türkenfurcht die Gläubigen an die Stunde des Gebetes, womit zugleich die bei dem damaligen Uhrenmangel sehr wichtige Zeitankündigung ver¬ bunden war, wie es heute noch durch den Muezzin von den islamitischen Moscheen herab geschieht. Es läßt hierauf auch der noch in Niemaschkleba, einem Dorfe der Niedcrlausitz, herrschende Brauch schließeir, kraft dessen man die Betglocke auch nach deni „Läuten zur Seele", d. h. beim Grab¬ geläut anschlägt. In diesem Dorfe wird an den Festtagen und den Vor¬ abenden derselben noch „gebeiert" statt geläutet, d. h. die Glocke wird gleich einem Triangel angeschlagen. Das „Beiern", welches in der Niederlausitz durch übermütige Bauernburschen einst zum Unfug ausgeartet war, wurde durch Landespolizeiverordnung verboten. — Seine eigentliche Be¬ deutung hat übrigens das Anschlagen der Betglocke heute verloren, denn selbst der Landmann unterbricht nicht mehr seine Arbeit, um ein Baierunser zu beten, aber er sendet doch wohl beim Klange der Abendglocke einen dankbaren Blick nach oben, in dem ftohen Bewußtsein, einen guten Tag vollbracht zu haben. — Interessieren dürfte hier noch, was kürzlich aus Calau in der „Frkf. Oderztg." erzählt wurde, daß nämlich in der Stadl der billigen Schuywaren noch heute der Stadtpfeiser verpflichtet ist, vom ersten Ostertage bis zuni Erntefeste an jedem Mittwoch, Sonn¬ abend und Sonntag einen Choral von drei Versen rechts- und linksseitig des Kirchcngebäudcs zu blasen und an den Haupt-, Vieh- und Jahrmärkten der Stadt das handeltreibende Publikum durck „anmutige", vom hoben
485 Turme her erklingende Weisen zu ermuntern. Der wackere Stadlpseiser erhält dafür aus der Käniinerei- und Kirchenkasse 121 Mark und 8 Pfennige. Mögen feine anmutigen Weisen noch lange ertönen. P. 8.
Aus einem Sriefe Steins an Gneisenau.
seine
„Die
Theilnahme der Nation an der Gesetzgebung und Besteuerung halte ich für rin kräftiges Mittel, beide Theile zu vervollkommnen, und für eine Erziehungs- und Bildungsanstalt, die den wohlthätigsten Einfluß auf das praktische und theoretische Leben des Volkes hat. Unterdessen kann man nicht leugnen, daß in einer konstitutionellen Monarchie sich ein Kampf der Parteien bildet, der oft sehr nachtheilig wirkt, und daß für die Kraft und Selbstständigkeit der Regierung gesorgt werden müsse." E. K.
Mio man wer 110 Jahren die Drenhen in Süditalien »ereljrte. Der berühmte Landschaftsmaler Philipp Hackert 1747 in Prenzlau) wurde durch Zufall in Süditalien Zeuge der inan dem damaligen Preußenkönige zollte. Er reiste im Frühjahr des Jahres 1777 mit den Engländern Henry Knight AIs die Reisenden eines Vormittags in und Charles Gore in Sicilien. einem Städtchen anhielten und sich hier das Gerücht verbreitete, daß ein Unterthan des Königs von Preußen (Friedrichs II.) angekommen sei, erschien vor den Reisenden eine Deputation der Ortsbehörde, die, um ihre Ehrfurcht vor dem großen König an den Tag zu legen, dessen Unterthanen mit etlichen Körben Wein und Früchten beschenkte. E. K. (geb.
großen Verehrung, welche
Friedrid) Christian ©mit tn Dreien, Sohn des berühmten Reirergenerals Friedrichs des Großen, Hans Joachim v. Z., * 6. Oktober 17H5, t 29. Juni 1854. Er war Landrat des Ruppiner Kreises bis zum I. Ja¬
nuar 1845. Näheres über ihn s. bei Fontane, Wanderungen durch die Mark Brandenburg. I. Teil: Die Grafschaft Ruppin, welcher S. 12—15 einige charakteristische Züge von ihm erzählt. — Daß der Landrat von Zielen auch bei anderen Gelegenheiten „mit Nachdruck auf Höflichkeit zu t,alten" wußte, geht aus folgender Mitteilung hervor: Als zu Anfang der zwanziger Jahre das Dorf Teschendorf bei Löwenberg i. d. Mark abge¬ brannt war, erschien daselbst der Landrat, ohne daß er von den Bauern besonders beachtet wurde. Namentlich unterließ man es, „die Kappe vor ihm zu lüften." Da ergrinimte er so sehr, sodaß er hoch und teuer schwur, er wolle den unhöflichen Teschendorsern eine Pudelmütze als Wahrzeicheit aus dem Kirchturme anbringen lassen, und an diesem Vorsatze soll er so lange festgehalten haben, bis die Bauern ihm förmlich Abbitte gethan.
!
Volkes ein so vollgültiges, glänzendes Zeugnis gegeben worden, wie es hier geschehen ist. Im einzelnen aber haben wir, wie wir bereits gesagt, dem Verfasser ungezählte Male zu widersprechen. Ganz abzuweisen ist z. B.
Er. H.
Erklärung des „dummmen
k
,
I
Serbin Mnterrvegs."
Ein Führer durch die Reichshauptstadt sür's Portemonnaie und die Westentasche. Sonimerausgabe mit den neuesten Fahrplänen.
In 20 Abteilungen giebt das kleine und doch sehr inhaltreiche Büchlein Antwort auf eine jede Frage in Sachen des Verkehrs. Wir zweifeln nicht daran, daß „Berlin Unterwegs" sich seinen Platz in den Westentaschen uitd den Portemonnaies Einheimischer wie Fremder bald erobern wird, zumal da der Verleger in anerkennenswerter Weise gern bereit ist, Vorschläge und Wünsche, welche ihm aus dem Publikum entgegengebracht werden, mit Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit zu berücksichtigen. — —w.
z k
I t
k .
herum,»,
Schröder,
Sprarhe.
Der Dilderstchnrndr der dentlohen
Ein ganz vortreffliches Buch! Das sagen wir, obwohl der Verfasser lau auf jeder Seite unsern Widerspruch herausfordert. Man kann in
!
wisienschastlichen
Dingen ja sehr wohl entgegengesetzter Meinung sein und bereitwillig und freudig anerkennen! Mit Recht ist dem Buche das Wort eines sehr hervorragenden Diplo»laien unsrer Tage, des Herrn von Äeudell, vorangesetzt: „Es liegt etwas Berauschendes in der Erforschung der deutschen
doch j
die fremde Leistung
Sprache."
j !
Das hat noch jeder Germanist empfunden, — sie, die Großen, die Grimm, Mannhardt, Zingcrle, Sanders und Panzer, wie wir, die Kleinen, zu welchen Schreiber dieses sich rechnet. Selten aber hat eine Arbeit uns angezogen wie die vorliegende. Mit Büchmanns berühmten „Geflügelten Worten" steht sie ja oft in sehr naher Berührung; aber sie ist doch ganz ktwas Anderes. Schräder geht vom „Hause und feinen Teilen" aus; er erörtert alle an Wohnung und Kleidung, an Gerät, „Geschirr und Wagen" llch anschließenden Redewendungen deutscher Zunge. Dann führt er uns m einer prächtigen Abhandlung zum „Rosse", dem alten, treuen, namen^rleihendcn Lieblingstiere sächsischen Stamnies. Höchst ergötzlich, ja, wahre -runvgruben des Humors sind die folgenden Kapitel über „Esel", „Rind" u ft „Bock", über „Schaf", „Hund", „Katze", „Hase", „Schwein", — so ! ?*! c Derbheiten dabei auch mit unterlaufen. Höchlichst hat uns auch der ubichnstt „Bär" interessiert; — wir werden ihn nächstens unsern Lesern -ur Kenntnis bringen. Und nun „Hahn und Huhn", „Gans und Ente"! Aus schier unerschöpflichem, sprachlichem Borne wird uns hier überreiche ^"'hrung geboten. Ohne strenge Einteilung, — eine solche war auch um möglich, — geht» danit frisch weiter — zunl Mikitärivescn, zur Jagd ,lu M allem — Möglichen. Selten ist der dichterischen Ader des deutschen llioclcholz,
!
!
i
Der
letztere
Unter den zahlreichen Schriften, welche die Wettinseier hervorgerufen hat, dürfte die im Verlage von Wilhelm Hoffmann (Dresden, Marschall¬ stratze 12/14) erschienene reiä) illustrierte Jubclschrift: @>aniT
„Gin Mtrdj Me Gesihiehte Sachsens nnb feiner Fürsten"
von Profesior Dr. (Otto fmnnmrl und Professor E. Bomtbiui ganz besondere Aufmerksamkeit verdienen. Denn, wenngleich sie, wie die übrigen Fest¬ schriften, zunächst aus Anlaß der Feier des 800 jährigen Jubeltages des Wettiner Fürstenhauses ins Leben gerufen wurde, so ist sie doch keine litterarische Erscheinung von vorübergehenden: Interesse und auch keine bloße Wiederholung der Darstellungen, wie sie die zahlreichen Leitfäden und andere Schriften über die sächsische Geschichte bieten; sie behandelt vielmehr diese acht Jahrhunderte in selbständiger Auffassung und bei aller Kürze in festgezeichneten und lebensvollen Bildern; sie wird also ein
Denkmal von bleibendem historischen Werte sein. Indem wir unsere aus Sachsen stammende!: Leser aus diesen patriotischen Hausschatz aufmerksam machen, bemerken wir noch, daß die Sr. Majestät dem Könige Albert gewidmete Festschrift in allen Buchhandlungen Sachsens zu dem beispiellos billigen Preise von 5 Mark zu kaufei: ist. Die Illustrationen des Prachtwerkes sind fesselnd auch für uns Märker: es ist ein wabrhaft künstlerischer Bilderschmuck, der den: Buche mitgcgebei: ist. O. 8.
Unser Such erlisch. Aus dem jungen rührigen Verlage von Hans Lüsten öd er, Berlin, 11. Potsdamer Str. 29, liegen uns heute vor:
Jungen von Meißen".
hat nämlich in dem „Juden von Meißen" seinen Ursprung, welcher als Mannesrumpf den Meißener Wappenhelm schmückte, und dieser „Jude von Meißen" ist wiederum nichts anderes als eine verstümmelte Wodans¬ figur mit langem Barte und Slurmhut. Trotz dieser Ausstellungen im einzelnen aber ist es uns eine willkomniene Pflicht, das Buch des geist¬ reichen, sprachkundigen Herrn Verfassers unsern Lesern aus das wärmste zu empfehlen. Es ist ein sprudelnder Quell der Belehrung und Ergötzung, — ein beredter Herold deutschen Gemütes, deutschen Humors. Alles, für zarte Gemüter nicht Passende, z. B. die ergötzliche Erklärung des „anus niger“ unsres Adels, ist in lateinischer Sprache geschrieben, sodaß das vortreffliche Buch auch Frauen ohne Bedenken in die Hände gegeben werden kaun. Abschnitte wie „Backfisch", „Stiefel muß sterben!", „Seebär", „Manschetten" sind uns Berlinern sehr erwünschte Aufklärungen über heimatliche Rede¬ wendungen. Fürst Bismarck hat „für die Tage, da er ani Rauschen deutschen Waldes sich erfreut", das Buch gern entgegengenommen. ES —w. verdient diese Anerkennung in der That. —
Sricfkastru der Uedalttion. Aufs allerherzlichste hat die unterzeichnete Redaktion für die warnte Teilnahme zu danken, welche den Bestrebungen des „Bären" sich zugewendet hat. Aufs freudigste dankt sie ferner für all' die Anerkennung, welche ihr so vielfach von berufenster Stelle aus zu Teil geworden ist. Daß ein Blatt wie der „Bär" für Berlin und die Mark Brandenburg notwendig ist, beweist bereits die Fülle der wertvollen Einseitdungen, welche uns zu¬ gegangen sind; — es sind deren über 300. Bei diesem Reichtum vor¬ liegenden Materials müssen wir die verehrten Freunde und Freundiniten unsrer Zeitschrift freilich bitten, uns hinsichtlich des Abdrucks nicht allzusehr drängen zu wollen. Die Illustrationen wollen ja auch zu ihrein Rechte kommen, — ja, es soll ihnen eine noch sorgsamere Pflege gewidmet werden, und — der „Bär" erscheint eben nur ein Mal wöchentlich. Er hat endlich auch noch die Pflicht, seine Leser mit den neuesten Erscheinungen der vater¬ Mit Freuden werden billige ländische!: Litteratur bekannt zu inachen. Wünsche indessen stets von uns berücksichtigt werden. Zun: Schluß erlauben wir uns, auch heut' ai: tmsre alten Anhänger die sehr ergebene Bitte zu richten, unsrer Zeitschrift neue Freunde werben zu wollen. In dem folgenden Quartale wird der „Bär" u. a. folgende Arbeiten bringen: Dietrich Hafner, der Letzte seines Stammes; Oskar Schwebet, Mark¬ graf Otto mit dem Pfeile; Helene v. Hülsen, Aus den Briefen der Frau v. d. Knesebeck; Richard George, Schloß und Park Tegel; Hermann Dupont, Der Tunnel über der Spree; v. Salpius, Berliner Visiten; F. Brunold, Die weißen Frauen der Mark; August Trmius, Am Kreuzberge; Professor M. Rabe, An den Hösen v. Versailles und Wien u. v. a. nt. Zu Auskünften jeder Art ist der unterzeichnete Redakteur außer Sonn¬ tags tagtäglich vormittags von 10—12 Uhr gern bereit.
Die Redaktion des „Dar". (Ostior Schwebest
Berlin, NO. Büschingsir.
15.
Inhalt:
Gras de la Roche-Aynton, Ein Bild aus der Zeit des Prinzen Heinrich, von F. Katt (Fortsetzung); Die Dorotheenstädtische Kirche (mit Jllustr.); Ein altes Skizzenbuch, von Cornelius Gurlitt; Noch einmal Templin (mit Jllustr.); Die „Upställc" in der Mark;
Ein brandenburgischer Leibarzt. — Kleine Mitteilungen: Die
Beseitigung der künstlichen Sperre der Spree an: Mühlendamm; Die Bel glocke; Aus einem Priese Steins an Gneisenau; Wie man vor 110 Jahren die Preußen in Süditalien verehrte: Unser Büchertisch; Briefkasten der Redaktion. — Anzeigen.
» Papilloten aufgesteckt, auf dem Kopfe einen großen runden Hut. Ihm folgte der Graf de la Roche-Aymon im rosen¬ farbenen Sammetrocke, das Haupt mit dem kleinen schwarzen des
Dreispitz bedeckt.
„Bon jour, niesdames et messieurs!"
nicht mehr in der Nähe seines hohen Herrn
begrüßte der
Prinz die Komödianten, welche sich ehrfurchtsvoll verneigten. Der Schauspieler eilte schleunigst „Nugent, einen Sitz!" davon; bald hatte der hohe Herr auf dem roten Sammersessel Platz genommen: die Probe begann. Der Prinz hatte vieles zu tadeln, er gestikulierte bei solcher Gelegenheit sehr viel. Nach einer Stunde hatte das einaktige Singspiel sein Ende erreicht; es sollte nun noch ein Ballet, das ,Urteil des Paris', folgen. „Auf Veranlassung meines Bruders, des Prinzen Ferdinand Hoheit, wird Demoiselle Angelika Meroni die Liebenswürdigkeit haben, uns einige pas vorzuranzen," begann der Prinz. „Ich mache Sie darauf aufmerksam, messieurs, daß Sie eine Perle des Balletes kennen lernen werden." Es hatte niemand bei diesen letzten Worten bemerkt, wie Kaphengst sich zur Seite wandte, um die Verlegenheit, welche sich
seiner plötzlich bemächtigte, zu verbergen.
Das Ballet begann, und Demoiselle Meroni, eine graziöse, glutäugige Dame mit blauschwarzem Haare und einem Elfen¬ beinteint entfesselte wahre Stürme des Beifalls. Einer der eifrigsten Lobesspender ivar der Prinz. Nachdem das Ballet sein Ende erreicht hatte, trat er ans die Tänzerin zu, reichte ihr die Hand, und überschüttete sie mit Schmeicheleien. Dan» entfernie sich die Hoheit langsamen Schrittes mit ihren Kavalieren. „Muß ich Dich hier treffen, Angelika?" raunte Kaphengst, welcher zurückgeblieben war, der Tänzerin zu. „Bio, — was giebt's mein Bester? Kann ich etwas dafür?
Wenn der principe befiehlt, muß
ich
gehorchen!"
klang es spöttisch zurück.
„So wirst Du längere.Zeit Hierbleiben?" fragte Kaphengst zögernd.
„Ungefähr 14 Tage," erwiderte die Tänzerin; „danit, mio caro Christiane, findest Du Deine Angelika wieder in der Residenz."
„Schön, mein Kind, das trifft sich ja gut," sprach der Baron. „Willst Du mir einen Gefallen erweisen?" Angelika nickte ihm zu.
„So
wisse
denn,
daß sich hier ein Franzose,
ein Graf
la Roche-Aymon, befindet, der mir ein Dorn im Auge ist," Baron. „Fessele ihn an Dich, suche ihn in Deine Nähe zu ziehen, nnd teile mir die Ergebnisse Deiner Beo¬ Auf baldiges Wiedersehen." Einen Kuß bachtungen mit. de
sprach der
auf die Hand der reizenden Tänzerin drückend, verschwand er schnellen Schrittes zwischen den hohen Bäumen der englischen
Anlage.
Viertes Kapitel.
A«f
Schloß Meseberg.
Ungefähr drei Meilen von Rheinsberg entfernt liegt Schloß Meseberg am Huvenow-See, das Eigentum des Herrn von Kaphengst. Ein mächtiges Gebäude, dessen Türme aus Hohe der waldigen Thalschlucht gebieterisch emporsteigen. Sandsteinsäulen schmücken die Facade. Breite, prächtige Stein¬ treppen sichren nach den oberen Stockwerken hinauf; das Innere gleicht einem Märchen aus „Tausend und einer Nacht"; staunend fragt man sich, wie solcher Lurus hierher in die stille Ehedem gehörte märkische Heide verpflanzt werden konnte. das Schloß einem Grafen Wartensleben, welcher durch seine Gattin in den Besitz Mesebergs gelangt war. Der Bau war im Jahre 1738 aufgeführt worden. Fünsunddreißig Jahre
-ch später
zog
490
ein neuer Herr in dieses Besitztum ein: Christian
Vubroig von Kaphengst. der frühere Adjutant und Günstling des Prinzen Heinrich. — Schon als Page hatte sich der junge Kaphengst das Wohlwollen seines hohen Herrn zu erwerben gewußt. Im Lause der Jahre befestigten sich die Bande der Freundschaft
immer mehr. Der noch junge Mann wurde von seinem fürst¬ lichen Gönner mit Würden und Titel überhäuft, bis der große Friedrich seinem Bruder befahl, Kaphengst eine andere Stellung anzuweisen. Schweren Herzens hatte der Prinz der Ordre Folge geleistet. Um seinem Freunde und Vertrauten den Schmerz der Trennung zu erleichtern, drückte er diesem beim Abschiede beit Kaufkontrakt über den Güterkomplex von Bftseberg in die Hand; — so war Kaphengst der Herr des schönen Besitzes geworden.
In
&—
Anlagen, die sich terrassenförmig von dem Schlosse himmterziehen, befand sich am heutigen Sommer¬ zum See bis den
nachmittage eine zahlreiche Gesellschaft, die genugsam bekundete, Reichgekleidete daß ein großes Fest im Schlosse gefeiert wurde.
Damen wandelten am Arme eleganter Kavaliere plaudenrd und lachend am See entlang, oder ruhten auf den marmornen Umer Sitzen, welche zwischen den Buchen angebracht waren all' diesen Gästen bewegten sich mit großer Gewandtheit und Anmut der Schloßherr imd seine Gemahlin, bald diesen, bald jenen mit freundlicher Rede begrüßend.
„Wie charmant
die Baronin heute wieder aussieht, Herr
Stabsrittmeister!" sprach ein reichgekleideter älterer Herr zu einem jüngeren Plann, dessen weiß und hellblaue Uniform ihn als Leibkarabiitier des Havelberger Regiments kennzeichnete. „Da kann man wohl den weiten Weg von der Residenz bis hierher unternehmen; ich liebe solche Frauen." „Parfaitement, die gnädige Frau ist in der That eine deesse an Schönheit und Grazie," enviderte dieser, „aber betrachten Sie nur die Dame, welche soeben mit jenem ält¬ lichen Herrn die Baronin begrüßt. Vraiment, gegen sie muß auch Marie Therese Toussaint noch zurückstehen." „Wie nennt sich die schöne Dame?" „Was, — Sie kennen Fräulein von Zeuner tiicht, die Tochter des Hosmarschalls? Alan sieht, Sie kommen aus Ihrer petite garnison nicht oft nach Hose, mein Lieber!" enviderte der Herr von Osten-Sacken lächelnd. „Kommen Sie, Herr von Kracht; ich werde Sie dieser goldlockigen Sirene präsentieren!" Leicht ben Arm des Rittmeisters in de» seinen schiebend, entfernte er sich mit ihm schnelle» Schrittes. Der Dame, von welcher die Rede gewesen war, konnte man in der Thai den Preis der Schönheit zuerkennen. Das Antlitz des in der Mute der zwanziger Jahre stehenden Fräuleins zeigte eilte bleitdend weiße Hautfarbe. Herrliche goldblonde Locken umrahmten das zarte Antlitz, ans welchem die blauen Augen Sternen gleich hervorleuchteten. Die mittel¬ große, schlanke Gestalt des Fräuleins umschloß ein Gewand ans rosa Gaze, welches mit goldenen Halbmonden bestickt war. In den mit rötlichem Puder bestäubten Haaren blitzten gleich Tautropfen einzelne Brillanten. Auch die Baronin hatte grande toilette angelegt. Ihre große volle Gestalt prangte in einem maisfarbenen Gros de ll'onr-Kleide, dessen Devant mit kostbarer Perlenstickerei bedeckt war, während ein Diadem von edlen Steinen die ebenfalls rrur leicht gepuderten durrkleir Locken zierte. (Forts, folgt.)
Vit
Dorotheenstädlische Kirche. (Fortsetzung.)
Und wenn auch nicht die stehen
dennoch
die
lutherischen Kirche.
Ahnen an, tönten !
die
Weise
Worte —
die Resugies ver¬
des Kampf- und Siegesliedes der
Wunderbar klingt sie an die Lieder ihrer auf den Wällen von La Rochelle er¬
einst
Jetzt schlagen die feinen französischen Hände in die Da wird ein heiliger nervige Rechte des Märkers ein. Schwur geleistet, der Schwur, mit den neuen Landsleuten auszuharren in Glück und Unglück und nach allen Kräften mitbauen zu helfen an dem Wohl und der Größe des brandenburgischen Staates!
Und diesen Schwur haben die Resugies in einer be¬ wundernswerten Weise gehalten. Aus der überaus reichen nnb für die Entwickelung Berlins hochwichtigen Geschichte der französischen Kolonie hierselbst können wir hier nnr ans einiges Wenige hinweisen: Ans nahm sl o s alle Gebiete des industriellen und ge¬ werblichen Lebens der Hauptstadt haben durch die französische» Emigres eine nachhaltige und den Wohlstand des ganzen Landes hebende Förderung erfahreil. In allen Zweigen des Staatsdienstes, auf allen Feldern der Wissenschaft haben die Einwanderer in einer ganz unver¬ hältnismäßigen Anzahl Lorbeeren envorben und die neue Die Namen d'Ancillo», Heimat mit denselben geschmückt. la Motte-Fouque, Savignp, d'AIeneon, de de l'Homme de Courbiere, Erman, Reelam, Marschall von Schömberg, Chamisso — gehören, wie wir sie hier ohne Besinnen hinter einailder genannt haben, zu beit glänzendsten unserer Geschichte auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens ohne Auswahl. Nicht würde es mit dem weihevollen Tone, welchen wir für diese Schilderung anschlagen zu müssen gemeint haben, in Einklang stehen, wenn wir nur irgendwie auf jene cynischen Pamphlets des 18. Jahrhunderts eingehen wollten, in denen behauptet ward, die Sitten der Märker seien durch die Fran¬ zosen verschlechtert worden. Im Gegenteil, der feine Anstand, die Ehrenhaftigkeit, die ächt adlige Gesinnung sowie die untadel¬ hafte Lebensführung der Resugies haben vorzüglich dazu mit¬ gewirkt, die öffentliche Moral in Berlin zu heben. Jene Begünstigung seitens des Fürstenhauses, welche gegenüber den eigenen Landeskindern der Hohenzollern den Resugies zu Teil ward, ist uns demnach nur ein Zeugnis der Neidlos hohen staatsmännischen Weisheit unsrer Herrscher. erkennen wir es an, daß der Wohlstand der Kolonie teils die Folge ihrer bis 1809 gewahrten korporativen Abgeschlossen¬ heit, teils aber auch —und dies noch mehr, — die Folge ihrer außerordentlich hohen Leistungsfähigkeit ist. Wir haben keine Parasiten in den Flüchtlingen aufgenommen ! Das Wort „Gest un refugie!" war einst eine Gewähr für die Lauterkeit des Charakters. Dasselbe war eine verdiente Anerkennung — verdient gleich jenen Worten des sterbende» der Fremden, großen Kurfürsten: „Ich habe noch andere Kinder zu versorgen, die mir,
wenn sie auch nicht meine leiblichen sind, doch nicht weniger nahe stehen; — vergeht mir die französischen Flüchtlinge
nicht!" — Doch
wir
gehen
zu
den Monumenten unseres Gottes-
-« über,
hauses
welche
zum
491
größeren Teile auf dem Kirchhofe
aufgestellt find.
es:
Theerbusch dar, welche das
für
eine deutsche Künstlerin höchst
großen Friedrich maleit zu dürfen. Wohl hat die im Jahre 1788 verstorbene Dame in guten Stunden einst ihren Königlichen Gönner gebeten, der deutschen Kunst seine Unterstützimg nicht gänzlich zu entziehe»; aber auch ihr liebenswürdiges Bitteit blieb ohne Erfolg. Aus
beneidenswerte Glück hatte,
Auf dem Grabsteine des Sieur Louis de Marconnqy lasen wir ehedem die Inschrift: „Er sah die wilde und zügellose Soldateska gleich Drachen — ein Wortspiel zwischen dracones und den be¬ rüchtigten Dragonern. — die Kinder im zartesten Alter aus der llmarmung des Vaters reißen und sah seiner Gattin sich beraubt." Von der letzteren, Marie Elisabeth Congeant, hieß
fr-
diesem Kirchhofe
ruht ferner
den
so oft in Wilhelms I. genannte
auch der allbekannte,
dem Jntriguenspiel der Tage Friedrich
geheime Kammerdiener Eversmann; hier, an der Nordseite der
Kirche, eine 1793 verstorbene Reichsgräfin von Wartensleben und
.
„Sie übertraf
den Adel ihres Geschlechtes noch durch die
der russische Gesandte Burkhard Alexis Constanz von Krüdener.
mit ivelcher sie Christum im Kerker und Kloster be¬ kannte, — mit der sie für ihn des Vaterlandes Ehre und Reichtum verließ!" — lind diese Treue haben sie alle gezeigt, die hier schlummern. die Brekons, de Marolles, Fizeaur, du Vigneau und
Wie bezeichnend sind diese drei Namen, Eversmann, Wartensleben und Krüdener, für die Geschichte der Hofgesell¬ Doch nur bei dem letztgenannten, hoch¬ schaft. Berlins! gebildeten Liefländer verweilen wir einen Augenblick, und zwar, um in diesen Blättern ein kurzes Wort des Gedenkens auch aufzuzeichnen für des Gesandten Gattin, die Baronesse Juliane von Krüdener, geb. v. Vietinghof. Ein Kind, welches durch Schönheit, Heiterkeit und Fassungsgabe der bewunderte Lieb¬ ling aller war, kam sie nach Paris, woselbst das Haus ihres Vaters der Sammelplatz aller Schöngeister war. Und welch' unruhig, wechselvolles Leben beginntseitjenen Tagen! Die Baronin reicht ihre Hand detn Herrn von Krüdener; aber sie findet in dieser Ehe itichl, ivas sie ge¬ sucht hat, und ver¬
Treue,
Waillp!
de
Ans
einem Grabsteine des letzteren Geschlechtes
befindet sich die klagende
Inschrift:
..Quid vita est hominis! Viridantis flosculus liorti. Sole Oriente orieiis. sole cadente cadens !" Genüge diese fleiite Auswahl, um aus die Poesie aufmerksam zu welche
machen,
diese
Gräber von Emigres umzieht!
Aber nicht allein
Franzosen
ruhen
sondern
hier,
Holländer,
auch
die dem
großen Mlrfürsten einst
nahe
io und
gestanden
Deutsche, welche minder den
mehr oder
Hofkreisen
Berlins
an¬
gehörten, ja auch Russen.
Dies Gottes¬
Prinz Fri edririi Leopold und Prinzessin Kni Po Koplzio.
uitd sein Fried¬ hof war so recht eilt Sanetuarmm et hospitium exulnm! Unter vielen anderen treffen wir hier den Grabstein des Baumeisters Ringer von Langerveld, ff 1695, welcher das haus
Schloß zu Köpenick und wahrscheinlich auch diese Kirche eutworsen hat und gleich seinem Sohne Wilhelm zugleich die
neue
Malerei und Mathematik (Artillerien praktisch Ein anderer sehr verdienter Holländer, Michael Matthias Smid, 1692, welcher zugleich mit Rering die Bamen in der Friedrichsstadt leitete, liegt in der Kirche zur Seite der Kanzel begraben. Aus dem Friedhöfe aber, in der Architektur,
betrieb.
i
Außenmaner des Gotteshauses,
benrerkeit
wir
noch
mehrere
unter welchen aus der Südseite besonders die mit den schönen, charaktervollen Gestalten der Trauer und der Hoffnung einer Johanna Magdalena geschniückteit Urnen Denksteine,
Daiiko
und des großen Anatomen Johann Friedtich Bteckel, T 1775, An derselben Seite erhebt Erwähnung verdienen. sich der Denfftein einer bedeutenden Künstlerin Berlins aus bei» vergangenen Jahrhttiiderte. Der Genius des Todes, eine sehr edle, vom Bildhauer Meier ausgeführte Gestalt, '°nkt. an eine Urne sich lehnend, die Fackel-, aus jener zeigt nch
ein
weibliches Brustbild.
Dasselbe stellt
die
Malerin
giftend schleichen sich iit ihr Herz die An¬ sichten der damaligen „Gesellschaft" über Ehe und Treue ein. Durch ihre Schuld wird im Jahre 1791
das Band zerrissen, welches sie mit dem tzochgebildeten, an Herz wie Geist gleich ausgezeichneten Manne verknüpfte. Aber
wird zugleich die ihrer Sinnes¬ Sie bereut heiß; das zeigt die Geschichte ihres Herzens, ivelche sie uns in dein Romane „Valerie“ enthüllt hat. Endlich fand auch dieses wild umgelriebene, von Qualen verzehrte Weib die Ruhe; das edelste Frauenherz Deutschlands, die tiefgebeugte Königin Luise selbst mar's, welche im Jahre 1806 den Balsam des Glaubens und der Hoffnung in das Aber ein stammender Geist Herz der Büßenden träufelte. Ruhe sich hingebeti. lange unthätiger ihre konnte nicht wie der Als nach dem Sturze des französischen Imperators das Wehen einer neuen religiösen Begeisterung die Welt gleich einem die Katastrophe der Scheidung
änderung.
durchbrauste, da beschloß das glühend Weib, im Sinne der Brüdergemeinde that¬ Nirgends sächlich den Armen das Evangelium zu predigen. aber fand sie Eingang als in den von ihr selbst gestifteten Kolonien aus der Krim. Dort stand endlich im Jahre 1831 das wildbewegte Frauenherz still. Welch' ippisches Bild für gewisse Kreise auch in dem Berlin der Jahre 1800—1830!
zweiten Psingstgeiste
leidenschaftliche
(Forlscyuug folgt.)
--8 Der Rote
Hof;u
492
S-
diglich
Prädickow.
Mit
um.
dem Beutemachen
sei es auch eine heikle
den
gewöhnlich zögen die Deutschen den Kürzeren; der Barsußhof aber trüge so viel nicht ein, um den Baltascu Jahr und Tag in der Kaiserlicheil Armee standesgemäß z„ unterhalten. So blieb denn der letztere zu Hause, opferte
das
wie
Zwischen so
den
Sache,
beiden Städten Strausberg und Wriezen,
ziemlich aus der Scheitelfläche des Hohen Barnim, liegt an
mit Kiefern bestandenen Ausläufern der Schwarzen Berge Dorf Prädickow. Es ist eine echte und rechte märkische Landschaft, welche wir vor uns erblicken, wenn wir, von Strausberg kommend, aus der Heide auf die Lichtung treten und im Thäte unten das Dorf mit seiner alten Kirche vor In der Mitte des 16. Jahrhunderts befand sich uns sehen. dieses Dorf im Besitze der altadligen Familie Barfuß, die Man konnte da¬ auch sonst im Baritint reich begütert war. mals mit Recht von dieser Familie sagen: wer auf dem Barnim, in Stadt uild Land, etwas erreichen wollte, der mußte sich zuerst bei den Barfuße melden. Dieselben hatten in Prädickow einen Rilterfitz, tvelcher unweit der Kirche be¬ Es war ein Steinkoloß, welchem die Bewohner legen war. von Hohen- uild Nieder-Prädickow (so teilte man dieses Dors ehemals eilt) uitd der Umgegend ben Namen des „Roten Hofes" gegeben hatten. Woher diese Bezeichnung entstanden, wußte niemand mehr zu sagen; das Gebäude selbst aber, das wie die Kirche nebenan von gequaderten Granitsteinen und mit so dicken Mauern ausgeführt war, daß es für die Ewig¬ keit gebaut zu sein schien, konnte man eher „grau" oder
„schwarz" nennen; „grün" wäre auch zutreffend gewesen, da Epheu die beiden hohen, gekrönten, von mächtigen Strebe¬ pfeilern gestützten Giebel bis auf die äußersten Spitzen be¬ rankt hatte. Sonst sah es auf diesem Barsußhose genau so aus wie ans den meisten anderen märkischen Edelhöfeit, uild iväre der steinerne Bau nicht eben so groß gewesen, so hätte man keinen großen Unterschied gefunden zwischen den Ställen, Scheunen und Schlippen eiiles Bauernhofes ilnd ihm. Auch hielten es
Schweine, Ziegen und allerhand Geflügel nicht für respektwidrig, dem Innern des Ritterhofes dann und wann einen Besuch abzustatten.
Im
Jahre 1568 lebte aus diesem Ritterhofe Baüasar Seilte Hausfrau war eine Barbara voll Sparr aus Ihre Ehe war deut Hause Tranrpe bei Neustadt-Eberswalde. gesegnet: Caspar, Richard, Clemens und vier Söhnen mit
Barfuß.
Valentin. Balthasar war Zeit seines Lebens wenig von seinem Hofe sortgeküinmen, denn mit dem „Aufsitzen" zu irgend einer Privatsehde war es längst vorbei, — Kur-Brandenburg be¬ fand sich im tiefsten Frieden, seitdem auch die Pommern die Lust verloren hatten, sich mit den Märkern iveiter herumzu¬ Nitr in Ungarn Auch die Minkwitze waren still. schlagen. lobte zuweilen der Lärm der Waffen; denn dort bedrohten die Türken fort und fort das Deutsche Reich, und auch Herrn Baltasar Barfuß war in seiner Jugend oft genug die Gelegen¬ heit geboten worden, hinauszuziehen und dem Kaiser im Streike gegen die Ungläubigen zu helfen; aber sein Vater Es sei das eine Klaus hatte ihm stets abzuraten gewußt. teure Geschichte, hatte er oft gesagt, die deutschen Reichsstände
wären
nur mit dem Mltiide
gut;
mit ihm bewilligten
sie
wenn es aber zum Klappen käme, ließen sie den Kaiser mit Geld und Kriegsvolk im Stich; da müsse denn jeder sehen, wie er sich dnrchhelfe, und fäme dabei oftmals in irgend einem ungarischen Nest elen¬ Tausende und aber Tausende;
denn
Christ im Deutschen Reiche seinen Türkengroschen dem kurfürstlichen Einnehmer und betete mit seinem Dorspastor für den Sieg der christlichen Waffen. Als er danit seine Barbara heimgeführt und diese ihm vier Söhne geschenkt hatte, dachte Baltasar nicht mehr daran, sich dein jeder
andere
gme
opfern uitd den Türken entgegen zn ziehen. Allenfalls ritt er mit seiitem alten Diener Jakob zn einer Musterung nach Bernau oder nach Kölln an der Spree, Deutschen
Reiche
zu
wenn sein gnädigster Herr, der Kurfürst, eine solche angesetzt hatte, um seine Vasallen auf ihre Wehrhaftigkeit hin prüfen zu lassen. Der Herr von Barfuß sah es iminer als eine Ehren¬
pflicht seines Standes an, wie es seine Vorfahren rühmlichen Angedenkens gethan, in solchen Fällen in voller Rüstling vor Wenn er dann dem kurfürstlichen Musterherrn vorbeizureiten. aber nach Hause kam, machte er stets seinem Aerger und Verdrusse darüber Lust, daß der Adel so bequem geworden sei und seine Pflichten vergesse, da es viele unter ihm gäbe, die
nur ihre Diener und Knechte in dürftigem, reisigem Zeuge aus elenden Kleppern zilr Musterung sendeten, während sie selbst in der Herberge zechten oder ganz und gar zu Hause blieben.
Um die Erziehung seiner Söhne kümmerte
sich
Baltasar
Barfuß nicht; sie überließ er seiner Barbara, dem Dorfpfarrer Matthäus Schönebeck und seinem alten Diener Jakob, wohl bedenkend, daß alle drei besser als er wissen müßten, was einem Junker zu wissen nöthig und nützlich sei, damit er der¬ maleinst hinter seinesgleichen nicht zurückzustehen brauche. Ob der alte Barfuß eine richtige Wahl getroffen, muß dahin¬ gestellt bleiben. Aber wenn die Junker der liebenden Für¬ sorge ihrer Mutter entwischt waren und glücklich auch den Herrn Pastor hinter sich hatten, dann saßen sie am liebsten bei dem alten Diener Jakob, der schon zu ihres Großvaters
Zeiten als Lohnreiler den Zug seines Kurfürsten gegen die Türken mitgemacht hatte und vieles zit erzählen wußte. Was die Junker von ihm beim slackerndeit Kaminfeuer an langen Winterabenden nicht erfuhren, das hörten sie in Feld Kurzum, der alle luid Wald, bei der Fischerei und Jagd. der Junker. eigentliche rechte Schulmeister Jakob war der (Fortsetzung folgt.)
Ein brandenburgischer Leibarzt. (Schluß.)
Denn während des Jahres 1638 sollte der neue Leibarzi sich in dem Köllner Schlosse ein unsterbliches Verdienst um Brandenburg erwerben. Es ist bekannt, daß der Kurprinz Friedrich Wilhelm unmittelbar, nachdem er aus Holland nach der Mark zurückgekehrt war, in ein hitziges Fieber verfiel. Wie bei dergleichen plötzlichen Fällen stets, es so sprach man auch hier sofort von einer Vergiftung, und Einwohner¬ bemächtigte sich der jäheste Schrecken nicht allein der Landes, schaft von Berlin und Kölln, sondern auch des ganzen Denn, starb der Kurprinz, so waren alle Hoffnungen «ul
493
Erhaltung der Selbständigkeit der Mark dahin; — dann hatten nur noch die Waffen zu entscheiden, ob die drei Kronen oder ob der Doppelaar im Lande herrschen sollten. Doktor Mariinus Weise aber führte die Kur ganz selbständig und allein, und Gott der Herr erhörte aller Märker heißes flehen endlich gnädiglich. Von nun ab hatte Weise das Verirauen Friedrich Wilhelms sür immer errungen, uitd wie er tue
den seine letzte
blühend schönett Jüngling einst gerettet halte, so sollte vielgetreue Hand auch dem hehrett Greise einst noch die Labung reichen. Der große, unvergleichliche Herr hat
seinem eigenen Worte keinen getreueren unb bewährteren Diener gehabt als diesen seinen Leibarzt Martin Weise. All' diejenigen aber, die Friedrich Wilhelm wahrhaft nahe gestanden nach
Krieger, Staatsmänner, Künstler oder Gelehrte sie zeigen in Charakter und Lebenshaltung gewesen allzumal dieselben Züge: Lauterkeit ttnd Frömmigkeit des Zinnes, vornehme Toleranz, äußerste Pflichttreue itnd wahrhaft Die klare Wahrheit des Wortes: ideale Hingabe an den Beruf. „Wie der Herr, so der Diener!" — sie ist unter Friedrich Wilhelm dem Großen in ebenso leuchtender Weise ivie unter Wilhelm dem Unvergeßlichen ans Tageslicht getreten; die vurchlauchte, wahrhaft ideale Hoheit beider Fürsten verbannte alles Unreine atts ihrer Nähe; von sittlicher Schuld hier ganz Ein Mann ttach Friedrich Wilhelms Herzen zu schweigen! aber war auch Martin Weise. Er stand daher in hoher Gunst. Küster berichtet uns: „stm Jahre 1645 erhielt Weise Befehl, nach dem Karlsbade zu gehen, uttd bald daraus wurde er auch ttach Hornhausett im Fürstentum Halberstadt gesendet, allmo ein neuer Gesund¬ brunnen entdecket worden war, welcher damals zu vielen Diskursen Gelegenheit gab. Allhier fand er 14 Königliche, Churund Fürstliche Personen, und unter selbigen auch die verwitbeie Königin von Schweden, geborene Markgräfin von Branden¬ burg vor. Nicht minder ward ihm 1651 besohlen, der Chursürstin Luise aus Dero Clevischen Reise ttach Span und Aachen zu folgen. Weilen aber die Frau Chursürstin sich dermalen iu höchst beschwerlichen Umständen befand, so hatte der Medicus, alle Sorgfalt anzuwenden, volle Ursach,' woran er es dann auch nicht mangeln ließ. Weilen man aber Doktor Weise's Ersahnmg, Wissenschaft und Treue aller Orten kannte, er auch lehr gottessürchtig und bescheiden war, hielt ihn der Hos, die Stabt, ja auch das ganze Land sehr hoch." — haben, mögen es
sein,
—
Wie bereits erwähnt wurde, blieb der Doktor Weise dem Kurfürsten auch in seinen letzten, bangen Stundet! zu Potsdam nahe, bis sich die große Seele von dem nttiden Körper löste. Attch Friedrich III. wünschte Rat und Hilfe vor allen anderen Aerzten stets von ihm; — hatte der Doktor Weise doch auch diesem Fürsten in jenen schweren Krankheitslnllen beigestanden, welche man unverzeihlich leichtfertiger Weise der „zweiten Agrippina und Locusta", der Kurfürstin Dorothea, als „Vergiftungsverftlche des Kurprinzen" zur Last zu legen »och immer Nach 58 jähriger Amtssich gemüßigt findet! großen
,
Anbeginne der Welt an!" — Unter diesem Steine erwarten den Ruf ihres Heilandes ant jüngsten Tage die in Glaube, Liebe und Hoffnung verbundenen, selig gestorbenen Gatten Martin Weise, einst Leibarzt dreier Kurfürsten von Branden¬ burg, sowie Geheimer Rat, und Katharina Berchelmann, Tochter des alttnärkischen Landrentmeisters Joachim Berchelmann und der Rosina Steinbrecher, — lebensmüde, lebenssatt." — Es folgen dann die Daten: 14. März 1693 und 4. März aber 1671. Ganz unten stehen die Wappen: das der Weise einen Januskopf zeigend, — das der Berchelmann dreimal quergeteilt, einen Mond, einen Löwen und ein Kleeblatt aus¬
f
weisend.
—
Der wackere und überaus einflußreiche Leibarzt war aber nicht allein ein vielgelreuer Arzt; er verfaßte nicht allein Schriften über die Hypochondrie und Melancholie; er trat auch mit Erfolg als Geschichtsforscher und Dichter aus. So begann er eine „Historie der kurbrandenburgischen Leibärzte," — so gab er eine „Clio Brandenburgica" mit zum Teile vor¬ trefflichen lateinischen Dichtungen heraus. Als Beispiel seiner Sinnsprüche möge hier sein „Schwanengesang", den er acht Tage vor seinem Tode niedergeschrieben hat, in der Uebersetzung eine
Stelle finden.
will meine Bürde ich tragen: Deine Gnade nur, Herr, tröstend mein sehnend' Gemüt. Dann bin getrost ich und sroh! Was Du mir auch immer beschieden. Alles sei freudig begrüßt, bleibst Du allein mir nur hold!" — „Besseres wünsche ich nicht; gern
Stillt
Die Gabe der Dichtkunst scheint den alten Leibarzt, der in mehr als einer Beziehung mit seinem großen, spätern Nachfolger Heim zu vergleichen ist, auch mit jenem kleinen Kreise von ausgezeichneten Männern näher verbunden zu haben, welche damals der Pflege der Poesie in der Stadt Berlin sich geweiht hatten. Der Propst Spener hielt dem treuen Manne die Leichenpredigt; der Dichter Johann Bödicker, Rektor des Köllnischen Gymnasiums, aber feierte den „brandenburgischen Hyppokrates" in trefflichen Versen; Samuel Rodigast, der Rektor vom grauen Kloster stellte ihn hin als „die starke Mauer der ärztlichen Wissenschaft und als den Aeskulap der Mark"; die Franckeit von Franckenau, Vater und Sohn endlich, Mehr als diese etwas geschraubten besangen sein selig' Ende. Huldigungen interessiert uns indessen jenes Bildniß des Leib¬ arztes Kurfürst Friedrich Wilhelms, welches der berühmte Martin Friedrich von Seidel, Weise's Enkel, uns aufbewahrt hat. Der alte, ehrenwerte Herr mit den scharfgeschnittenen Zügen scheint aus demselben sein eignes, langes, silberweißes Haupthaar zu tragen; denn sein Scheitel ist mit einem „Sammetkäppchen" bedeckt. Schnurr- und Kinnbart sind militärisch zugestutzt. Unter dem breiten Battistkragen und über dem Sammettvainse aber wird ein Wehrgehänge mit reichen Stickereien sichtbar.
Martin
Weise hatte von Katharina Berchelmann 4 Söhne
lührung
und 4 Töchter hinterlassen. Von den letzteren vermählte sich Katharina Elisabeth an den Rat Joachim Ernst von Seidel, sie wurde die Mutter jenes Martin Friedrich von Seidel,
8'
welchem die brandenburgische Geschichts- ttnd Landeskunde so
starb endlich der treue Mann ant 14. März 1693, Jahr und beinahe 7 Monate alt. Noch ist au der südlichett Kirchenmauer int Innern von St. Marien ztt Berlin l'er Leichenstein des berühmten Arztes vorhanden; derselbe ldägt in lateinischer Sprache die folgende Inschrift:
„Dein Erlöser geweiht! — „Kommet, ihr Gesegneten Vaters; ererbet das Reich, das euch bereitet ist vom
titetttes
viel verdankt.
Von den Söhnen des Leibarztes aber erfrettte sich der Aelteste, Namens Martin, besonderer kurfürstlicher Gunst; Friedrich Wilhelm sendete ihn mit einem Stipendiunt von jährlich 500 Thalern nach Paris, um sich im Hotel de Dien in der ärztlichen Kunst weiter auszubilden. unendlich
-8
494
junge Arzt
vermochte mit Recht nach Hause zu einem Monate zu Paris mehr gelernt als zu Frankftlrt oder Wittenberg in einem Jahre. Ein zweiter Sohn, Johann Jakob, schlug ebenfalls die ärztliche Laufbahn ein; beide Mäitner aber starben früh dahin. Ein dritter Sohn, Namens Gottfried, wurde Kameralist und er¬
der
und
schreiben, er habe in
langte im Jahre 1701 auch den Reichsadel; er siel indessen bei König Friedrich I. in Ungnade, weil er die Einführung Er des Erbpachtsystems als unwirtschaftlich widerraten hatte. — seinen Er¬ zog sich darauf nach Soldin zurück und lebte innerungen. Hatte er doch zu den nähereti Freunden der Dichter Canitz, Besser und König gehört: Jener historische Sinn aber, der schon dem Vater eigentümlich gewesen war,
tritt uns
bei ihm entgegen; —
auch
so z.
B. forschte er un¬
ermüdlich nach den auch heute noch nicht wiederausgesundenen Chroniken von Lehnin und Chorin; so schmückte er das Hans in der Heil. Geiststraße mit einer prangenden Inschrift. Ueber
90 Jahre alt, starb Gottfried von Weise zu Berlin. Einer seiner Söhne war Militär geworden; er ist als Obristlieutenant der Republik Venedig aus Morea verstorben. — Wie bei dem Geschlechte derer von toeibel, so verspüren wir auch in der wechselvollen Geschichte der Weise das Wehen jenes Geistes, welcher das Vaterland groß gemacht hat. Mil peinlichster Pflichttreue und mit dem regsten Ehr¬
hier eine herzliche, thätige, freudige Frömmigkeit, — Liebe zur Geschichte des Vaterlandes und ein Adel der Gesinnung, der alles Niedrige haßte. gefühle einte
sich
Es gereicht uns zur hohen Freude, es auch hier bestätigen zu können, daß dieses Geistes Wehen in dem vornehmen Beamtentuine des deutschen Reiches zu unsrer Zeit nicht minder fühl¬ bar ist, als vor 200 Jahren. Es ist an uns, der Väter Erbe
Oskar Schwebe!.
zu erhalten!
&
-
Höchst merkwürdig ist die Kirche von Tenpitz, deren Ab¬ bildung wir heute bringen. Ein einschiffiges Langhaus mir geradem Ostabschlusse, scheint sie im Westen einstmals keine» Turm gehabt zu haben, sondern nur in einen Nischengiebei ausgelaufen zu sein. Erst später ist südwärts ein Turm über der Hälfte des Giebels errichtet, mit der Kirche verbunden und durch starke, unregelmäßig angebrachte Sueben gestützt worden. So ist dies absonderliche Kirchengebilde entstanden. Ein Erneuerungsbau im Jahre 1857 hat das Gotteshaus nicht un¬
wesentlich verschönert.
Das Innere freilich
Die Schenken von
ist kahl.
Lands¬
berg waren, obwohl sie reick) genug gewesen sein müssen, kein kunstliebendes Geschlecht, wie es z. B. die von der Schulen¬
burg und die späteren Quitzow in hohem Maße gewesen sind. Uns ist keiti Kunstdenkmal der Schenket! bisher begegnet. Nur aus dem Kirchenboden von Tenpitz findet sich etwas: ei» großer Crucifixus und einige Reste des ehemaligen gotische» Altars. An der Kanzel der Kirche aber, einer unbedeutende» Schnitzerei alis dem 18. Jahrhunderte, stand ehedem Luthers allezeit bewährter Kernspruch:
„Tritt schnell auf, Thu's Maul auf, Hör' bald aus." — Was Teupitz hellte noch schmückt, ist einzig lind allein sei» See. Wie die edle» Gänse von Pntlitz, so bedürfen ailch die Schenken von Landsberg, Seida und Teupitz dringend eines und liebevollen Geschichtsschreibers. Im Glogauer Erbfolgekriege haben diese Edelherren eine nicht unbedeutende politische Thätigkeit zu gunsten Brandenburgs entfaltet. — kundigen
-
Zum
600 .jährigen Jubiläum
—g-
der Berliner
Luchmacherpilde. Schloß und Stsdt Teupitz, der Hauptsitz der edlen Schenken von Landsberg in der Lausitz,
bereits von Fontane und Trinius auf das poesievollste worden. Fontane sagt zwar, die Geschichte der Schenken sei grau in grau gemalt: zwei Episoden derselben treten indessen gleichwohl leuchteitd genug hervor. Wir finden die edleit Schenken von Landsberg und Seida mit den sächsischen Kurfürsten am heiligen Grabe; auch ihr Schild mit dem in unseren Landen sich sonst nicht findenden Wappenzeichen des „Sittichs" oder „Papagoyen" wurde in der heiligen Grabes¬ Und ferner: kirche aufgehängt. Dietrich von Quitzows Gemahlin, Agnes, welche so kühn für den verbannten Gatten eintrat, war eine Schenkin von sind
beschrieben
Landsberg.
Das Schloß ans oer Insel im Tenpitzer See, welcher seinen Namen von den heute leider verschwundenen Eichen hat,
welche Reste
Nur einige
ihn einst umstanden, ist nun zerfallen. der Warte,
so
namentlich ihr Granitsockel,
haben sich daß hier einst
Vergessen sei es indessen nicht, das edle Geschlecht derer von Plötzke gesessen gewesen ist, welche, obwohl nur Ministerialen der großen, ruhmumglänzten Edlen von Plötzke, in der Geschichte der deutschen noch erhalten.
auch
Kolonisation im Wendenlande eine so hervorragende Stellung einnehmen. Erst nach ihnen wurden die Schenken von Lands¬ berg hier die Herren.
Die Berliner Tnchmachergilde hat am 29. Mai 188!» einen denkwürdigen Tag begangen. Von demselben Datum ans dem Jahre 1289 rührt das älteste Statut her, welches von ihr Kunde giebt. Da jedoch diese Urkunde ergiebt, daß die Tltchweber oder Gewandmacher bereits Gilderechte besaßen, insofern sie eine Genossenschaft bildeten und ihre vorgesetzten
Meister hatten, welche unter dem Schutze des Stadtrats standen, so ergiebt sich die gerechtfertigte Annahme, daß die Tuchmacher die Bestätigung ihrer ersten Jnnungsartikel bereits früher er¬ halten haben und daß diese dilrch irgend welche Umstände verloren gegangen sind. Auf diese Weise ist es den Tuch¬ machern zu Berlin nicht möglich, den Geburtstag ihrer Innung anders zu feiern, als an dem Tage, welcher nachweislich das Vorhandensein einer Urkunde liefert; dies war der 29. Mai 1289. Bei dem allgemeinen Interesse, welches diese erste Ur¬ kunde verdient, in welcher die Rannänner mit Zustimmung des Gesamtrales den Tuch- oder Wollenwebern gestatteten,
ihre Genossen, welche es verschmähen, der gesetzlichen Aufforderlmg, zu den Gewerkssprachen zu kommen, Folge zu leisten, um 6 Pfennig zu pfänden, auch verordnen, daß niemand die Meister belästige, möge dieselbe hier einen Platz finden: „Da die Nachwelt die Thaten der Vorfahren nur schwer be¬ hält, so ist die nützliche Fürsorge getroffen nnd es für nötig be¬ funden worden, daß über jedwede Verhandlung eine glaub¬ würdige Schrift aufgesetzt iverde, ails welcher, wenn es nötig
495 die Wahrheit
erwiesen tind jeder Zweifel vollständig Durch Wortlaut dieses Briefes wollen wir daher, Jakob von Liehen, Zabel von Steinhansen, Denecke von Belgern, Johannes Buch, Ratmannen der Stadt Berliit mit der ganzen Genteinheit der Bürger daselbst, es also kund thun,
lustre,
gelöst werden könne.
wir unfern lieben Mitbürgern,
durch welche das Tuch nämlich den Webern, die Freiheit geben, um sechs Pfennig Strafe ihre Gewerksgenossen ztt psändett, tvelche, gesetzlich zu ihttett geladen, es verschmähen, ztt ihnen zu kommen. Außerdem verbieten wir, daß irgend naß
gemacht
zu werden pflegt,
jeinattd sich herausnehme, die Meister ztt belästigen.
Deß zu Zeugnis haben wir dafür gehalten, ihnen einen darüber aus¬ gestellten und mit unserm Jnsiegel behangenen Brief zu geben.
Il¬
Stühle vermieten und den Juden, tvelche in der Stadtgeschichte Berlins hier zum erstenmale vorkommen, kein Garit verkaufen, um das Gewerk nicht zu beeinträchtigen. Der Rat konnte dieses Verbot nur an die Wollenweber richten, iticht aber an die Beghinen und Juden; beim diese standen nicht unter seiner vielmehr unter der des Propstes, die Judeuschatz zu den landesherrlichen Regalien gehörte, unter der Gerichtsbarkeit des Vogtes. Wolle war ein wertvollerer Rohstoff als Linnen; sie spielte bald eine Rolle auf den städtischen Märkten; die Wollengewebe wurden im 12. und 13. Jahrhundert mehr und mehr der Stoff für die Bekleidung der Vornehmeren, und die Tuchverfertigung war von Anfang an immer ein städtisches Gewerbe. Unstreitig hat Gerichtsbarkeit,
letzteren
aber,
erstere
da
der
Dio iU-tvotljcenPtüMtlVijc Kirche im Jahre 10901. im Jahre des Herrn 1289, am Pfingstfest, durch die Hand Johannes von Barbp, des zeitigen Schreibers." Eine erneute Abschrift dieser Verfügung ist ausgestellt Donnerstag, Geschehen
Tage des H. Apostels Bartholomäus (den 24. Augttst) im Herrn 1312. Die nächste Kunde von den Tuchtnachern kommt sodann aus dem Jahre 1295. Am 28. Oktober dieses Jahres erläßt der Rat ztt Berlin einen Jnmtngsbrief mit Vorschriften für die Wollenmeber, die mit den Tuchmachern immer identisch sind. am
3ahre des
In
dieser Urkunde werden „Beghinen" erwähnt; dies Maren weibliche Personen, welche in Berlin und später auch in Kölln klösterlich zusammenlebten, ihre eigentümliche Be¬ kleidung hatten, ohne jedoch das Klostergelübde geleistet zu haben.
Diesen
Beghinen
durften
die
Wollenweber
keine
dann in der Zeit der Städtegründung und des gewerblichen Fortschritts, dem 13. Jahrhundert, die einfache Weberei tmd die Bereittmg tutgefärbter Tücher tveitere Verbreinmg gefunden.
Der Inhalt der landesherrlicheit oder durch den Rat
er¬
lassenen Attordntntgen über die Weberei und bett Tuchhandel
im 13. Jahrhundert ist deim auch, wie überall, so attch hier int ganzen ein einfacher tmd übereinstimmender: die Ausführung von Fälschungen in Bezug auf die Tuche wird verboten; es find polizeiliche Präventivmaßregeln, um den Verkehr nicht in die Bahnen der Fälschung kommen ztt lassen. Die ztveite Urkunde vom Jahre 1295 ist aber noch in anderer Beziehung von Wichtigkeit, sie giebt in sozialpolitischer Beziehung Ausschluß über die Bedeutung der Gilden und Innungen, unter welchen die Tuchmacher die erste Stellung einnehmen; denn sie zähleit
-8 zu
den
sogenannten
Viergewerken,
Bäckern,
496
Schlächtern,
in erster Linie, Zwar war der rechtliche Begriff der Innung oder Zunft in der Zeit von 1150—1300 noch keilt feststehender, — er bildete sich in dieser erst, doch läßt er sich unschwer erkennen. Die ur¬ sprünglich privaten Vereine voit Gewerbetreibenden wollten anerkannt sein; sie wollten eine gewisse Selbständigkeit erreichen, gegen die Mißbräuche patrizischer Jurisdiktion und Polizei sicher gestellt sein, sie wollten eine feste, sichere Stellung auch auf dem städtischen Markte erlangen: mit ihrer rechtlicheit Anerkennung als Verein zugleich eine Garantie für ihre gewerb¬ Schuhniachern
nitb
später Schneidern
liche und soziale Selbständigkeit.
Am 27, August 1326 erläßt der Rat zu Berlin den Zins von Ländereien aus dem Wedding zum Besten eines Altars in der Marienkirche. „ . Diesen Altar Tuchmachent den
.
zu
vergeben
soll
den Tuchmachent ausschließlich zustehen,
."
Unter dem 19. November 1331 ergiedt der Rat beider Städte „für die Gesellen der Woll- und Leineweber" in Berlin imd Kölln eine Verordnung, welche Fidicin in der Berlinischen Chronik mit der Ueberschrist „Der Knapenbrief" abdruckt, was jedoch offenbar ein späterer Zusatz ist. Im lateinischen Text
&
erteilen die Berliner magistri consulum den länifices und textores Statuten; im weiteren ist dann allerdings viel¬ fach vott den Pflichten der Knappen, operarii, die Rede; aber auch von denen der Meister; ja in gewisser Beziehung werden sie ganz gleichgestellt; es wird vorausgesetzt, daß sowohl der magister wie der operarius sich an den pannificus ver¬ miete, Von jedem Eintretenden wird ein Pfund Wachs ge¬ fordert, Da es andere Aufitahmebediitgtingeir als die Lieferung eines Pfundes Wachs oder die Zahlung einer Geldsumme nicht gab, da in ben Vorschriften des materiellen Gewerberechts für den einzelnen durch seinen Eintritt in die Zunft in der Regel ganrichts geändert wurde, er vielnrehr nur den Vorteil eines Genosseitgenchtes erhielt, dafür aber mit den Kumpanen gewisse Steuern imb Naturallasten zu tragen, tnit ihnen zn heben ttitd zri legen hatte, so sehen wir ganz deutlich, daß dieser älteste Zunftzwang, abgesehen von Gerichts- und Polizeizwang, itur als ein Stetler- und Dienstzwang auftrat. Vott der Absicht, ein wichtiges, gewerbliches Vorrecht zu schaffen, war in der Hauptsache nicht die Rede, Als Behörde werden einer¬ seits die Zwölf erwähnt, qui praesunt sepultarae, andrer¬ seits die Meisterknappen, (Schluß folgt.)
Kleine Mitteilungen Dev Farstoltarr;, welcher bei der Vermählung des Prinzen Friedrich Leopold mit der Prinzessin Luise Sophie von Schleswig-Holstein wieder einen Bestandteil der Hoffestlichkeiten gebildet hat, ist nicht, wie früher öfter behauptet worden, eine spezielle Sitte des brandcnburgisch-preußischen Hofes, sondern ein Ueberrest alten ritterlichen Brauches. Die „Voff. Ztg." berichtet darüber: „Zur Feier fürstlicher Hochzeiten gehörte einstmals stets auch das Turnier, lind an dieses schloß sich, wie die Abbildungen der alten Turnier¬ bücher beweisen, unter dem Scheine von Fackeln ein Tanz, in dessen vor¬ derster Reihe der Sieger im Kampfspiele mit derjenigen Dame einherschritt, aus deren Händen er den Preis empfangen hatte. Ein wenig verändert sehen wir diese Sitte schon 1017 am Stuttgarter Host bei der Vermälung des Prinzen Ludwig Friedrich von Württemberg mit einer hessischen Prinzessin, Hier führten nach Beendigung des Turniers Fürsten, Grafen und edle Herren einen Fackeltanz um die mit dem Landesfürsten tanzende Braut aus, Nachdeni die Turniere außer Gebrauch gekommen waren, blieb bei fürstlichen Hochzeiten der Fackellanz dennoch bestehen. Ein solcher ivurdc auch ausgeführt bei der Vermälung des damaligen Kronprinzen Friedrich Wilhelm von Preußen (des späteren Königs Friedrich Wilhelm I.) mit der Prinzessin Sophie Dorothea voll Hannover. Bei den Ehrentänzen, welche die Braut mit ihrem Vater und ihren Brüdern ausführte, wurden ihr jedeSnial von Generalen, Ministern und Kammerherren zwölf weiße Wachsfackeln vorangetragen. Später wurde am preußischen Hose dieses Fackeltragen ein ausschließliches Recht der Minister; der „Tanz" aber wandelte sich in einen einfachen Rundgang um. Nicht immer ist der Fackeltanz in Berlin ausgeführt worden. Bei der 1875 im Kaiserhause gefeierten Doppel-Hochzeit unterblieb er, und es hieß, daß von dem alten Gebrauch fortan abgesehen werden solle. Aber neu belebt sahen wir ihn am 27. Februar 1882 bei der Vermälung des jetzigen Kaisers Wilhelm II. mit der Prinzessin Augusta Victoria von Schleswig-Holstein, der Schwester der Prinzeß Luise Sophie, Einstmals gesellte sich zu dieser Ceremonie noch diejenige des Strohkranzes, Ganz wie es in bürgerlichen Häusern üblich war, wurde der Neuvermälten am Tage nach der Hochzeit ein Stroh¬ kranz überreicht, der sie an Demut gegenüber dem Gatten mahnen sollte; es wurde dazu eine humoristische Rede gehalten, bei der es an derben An¬ spielungen nicht fehlte. Die Verfeinerung der Sitten nahm indessen an diesen Standrcden Anstoß, lind die letzte Strohkranzrede am preußischen Hofe wurde 1774 gehalten. So erinnert denn an die alten Gebräuche außer den, Fackelranz nur liodj die Stumpfbandverteilung, über deren Sinn die Kulturhisloriker sich bis auf den heutigen Tag nicht klar sind. Nach¬ weisbar ist der Brauch bis zum Kurfürsten Friedrich 111., zu dessen Zeit noch das wirkliche Strunipfband der Braut von der Oberhofmeisterin zer¬ schnitten und verteilt ivurde,
Uxfflidjkeit. Extract aus dem Umlaufe des Landrats von Zieten vom 18, September 1824.
Im
verflossenen Monat haben bekaniltlich Sr, Majestät der König und die mehresten seiner Kinder Königl. Hoheiten Sich nach Doberan begeben, um die geliebte älteste Tochter, die Großftirstin Alexandra Feodorowna, nebst dereil Gemahl, dcni Großfürsten Nicolaus Kaiser!. Hoheit, welche von St. Petersburg zu Schiffe dort angekommen sind, abzuholen. Hierdurch haben ivir das Glück gehabt, fast die ganze Königl. Familie zweimal im
Ruppinischen Kreise zu sehen (wobei ein Lehnschulze die hohe Ehre ge¬ nossen, daß der Großfürst Nicolaus Kaiser!. Hoheit und der Prinz Wilhelm, Sohn des Königs, Königl. Hoheit Ihr Frühstück bei ihm eingenommen haben). Ueberhaupt sind diese vielfachen Reisen nach Wunsch zurückgelegt worden; außer, daß in eineni Dorfe die Einwohner dem Könige, während des Umspannens, grade ins Gesicht gesehen haben, ohne die Hüte abzu¬ nehmen, so daß der König ihnen hat sagen müsse», daß sie entweder die Hüte abnehmen oder fortgehen mögten. Dieß höchst unangenehme Ereigniß ist um so weniger zu entschuldigen, da gar kein Zweifel war, daß es der König sey, da seine Hengste hinläng¬ lich bekannt sind, indessen wenn dieß auch nicht war, so war ein solches Hinstellen und Ansehen höchst unschicklich, und ich kann nicht Unterlasten, von Neuen: die Ortsbehörden aufzufordern, mit Nachdruck auf Höflichkeit zu halten, wobei ich bemerke, daß ich kürzlich eine Reise in die Gegend von Berlin habe machen müssen, und dabei ungern gesehen habe, daß in der dortigen Gegend die Leute gegen Fremde, wie ich war, weit höflicher sind, als in hiesiger Gegend. Wer sitzt, niuß aufstehen. Wustrau, den 18, September 1824,
Königl, Preuß, Landrath. (gez.) v. Zieten.
K. Ed. H
Reste der alten Retrilrieeixe
wn 1731,
.
welche
.
. e.
im Jahre
1809 abbrannte, findet man ans dem Grundstück Dresdener-Straße 92, Dort ist der hochgelegene Garten gegen den Nachbargarten mit einer Mauer von schölten, alten, tiefroten Ziegeln abgesteift. Dieselben stammen von der abgebrannten Petrikirche, Der Vater des jetzigen Besitzers des Hauses kaufte die Steine von der Brandstätte, als dieselbe zu einem mit Bäumen bepflanzten Platze eingeebnet wurde.
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des beliebten und so vieseitig gebildeten Schriftstellers unsern Lesernals einevor¬ treffliche geistige Speise empfehlen. Jede Pedanterie, jedes scholastische Prunken, Einseitigkeit Parteistand jede des Punktes ist in ihnen sorgfältig vermie¬ den. Mit „heißem Bemühen" will der Herr Verfasser durch seine Schilderungen nur das Eine erreichen: daß jedwed' Herz dem Vaterlande schlage. Die letzten Abschnitte des „deutschen Bürger tums" sind auch für die Geschichte der Stadt Berlin außerordentlich beziehungs¬ reich und bilden eine lebendige Dar¬ stellung jenes edlen Geistes, der, so Gott will, in unsrer großen und guten Stadt niemals ersterben soll. A. H.
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Ein Bild aus
de der
13.
la Ruche-Aymon. Zeit
Von
des
Juli
1889.
viertelj ährliäi zu beziehen.
Prinzen Heinrich.
F. Kcrtt.
(Fortsetzung.)
♦tjjlipiiim erwarten Sie Se. Durchlaucht, Frau Schwägerin?",
waren en grande parure und gaben das Zeichen zum all¬
fragte der Hofmarschall von Zeuuer die Dame. Auch dieser Herr erschien in sogenannter grande parure, gepudert, mir Seitenlocken en greeque carre dos d’ane, in violettmrbigem Sammetkleide, weißseidenen kurzen gestickten Bein¬ kleidern und kostbarer Weste. „Um fünf Uhr versprachen Monseigneur hier zu sein," erwiderte die Baronin, demselben die blau emaillierte, mit wohlriechendem Naschwerk gefüllte Bonbonniere präsentierend. „Wie freue ich mich, endlich einmal wieder das Vergnügen zu haben, Sie, mein lieber Hosmarschall, bei uns gu sehen!"
gemeinen Aufbruche.
„Auch mich, meine Gnädige, har Ihre invitation ganz außerordentlich encliantirt — Ich werde ein wenig das Terrain rekognoszieren!," antwortete Zeuner. „Der gnädige sich vielleicht doch noch, in diesem Karneval die Majestät unseres allergnädigsten Herrschers aufzusuchen. Cs werden große Festlichkeiten stattfinden; wie herrlich iväre es,
Herr entschließen
wenn der Prinz das zurückgezogene Leben aufgeben und sich wieder dem Hofe und der Gesellschaft widmen wollte."
„Papa, die Equipage des Prinzen fährt am Portale vor; Onkel eilt, den hohen Gast zu begrüßen!" unterbrach jene iuage Dame das Gespräch, welche mit dem Fürsten von Ostende>
„Kaphengst, zu welch' blendender Schönheit hat
ich-?"
„Ich werde reinen Mund
aber eine Gefälligkeit ist der andern sich
Prinzen und seine Begleiter, Kniphausen und de la RocheAynwn, schnellen Trabes in kaum zwei Stunden nach dem schlosse geführt. Der hohe Herr sowohl wie die Kavaliere
mon ami; Danrit neigte
zu halten wissen,
geinhrt
den
Deine
hinter dem Prinzen die mit farbigen Marmorflieseii ausgelegte Halle betraten. „Will's meinen, mein guter Dodo;" erwiderte dieser, „aber par honneur, — la petite scheint ältere messieurs nicht zu lieben!" Lachend blickte er den fünfzigjährigen Knip¬ hausen von der Seite an. — „Ob alt oder jung, — was kümmert es Dich, mein lieber Christian?" brummte Kaphengst. „Uebrigens eine Neuigkeit: die Meroni ist fort; sie ist ganz plötzlich nach Berlin gereist. Sie hat sich den Fuß verstaucht und läßt Dich mit dem Wunsche grüßen, Dich bald einmal in Berlin zu sehen." Ein Ausdruck des Mißvergnügens zeigte „Woher weißt Du," fragte sich auf dem Antlitze des Barons. „Pah, thue doch nicht er endlich zögernd, „daß Angelika Meroni zählt Dich, so verteufelt naiv, mein Junge! soviel ich weiß, ja schon lange zu den Ihrigen!" „Schweig', Dodo!" flüsterte der erschrockene Baron. „Sieh' nur, wie die liebe Therese bereits zu uns herübersieht!"
Zacken
und dem Herrn von Kracht eine so lebhafte Konversation hatte. „Schnell, lneine Herrschaften, wenn wir zur grelle sein wollen!", und leichten Schrittes eilte das Fräulein öen übrigen Eine vierspännige Kalesche, deren voraus. Rutscher und Heiducken in glänzenden Livreen prangten, hatte
sich
Nichte entfaltet!," rief der Kammerherr begeistert aus, als sie
wert!"
der Kamnrerherr zu dem Ohr des Freundes hin und raunte
demselben einige Worte zu.
„Will zurück.
sehen, was sich thun
läßt," gab
dieser ebenso leise
Dann traten beide in ben herrlichen Saal zur Rechten
der Halle
eilt, welcher zu dein heutigen Zwecke in eilten Bühnenraum umgestaltet worden war. Kostbare Blumenftücke von der Hand Dubuissons füllten
r:
500
so¬
llte Felder zwischen der Decke und den Thüren des schönen Raumes aus; die Wände strahlten von Stuck und Spiegeln. Farbige Wachskerzen aus böhmischen Krystallkronen strömten
Schminke und des Theaterputzes entledigt,
Glanz und Helle aus. Im Parierre des umfangreichen Raumes standen Reihen vergoldeter, mit blauem Sammet be¬
Die Flügelthüren der mächtigen Speisehalle, welche zum Empfange des hohen Gastes mit kostbaren Gewächsen geschmückt war, öffneten sich jetzt. Das Deckengemälde derselben stellte eine Apotheose des Prinzen uird Helden dar, welcher an diese», Abende das bescheidene Dach seines unterthänigsten Dieners, wie der Baron sich demütig selbst bezeichnete, beglückte. Ei» Ruhmestempel, mit Altären geschmückt, auf welchen die Götti» Minerva das Schwert niederlegte, die Inschrift enthaltend:
zogener Sessel, welche den Gästen vom Schloßherrn, der als
Directeur du Theätre fungierte, mit verbindlicher
Geberde
angewiesen wurden.
Mit lebhafter Freude war der Prinz dein Herrn von Zeuner entgegengetreten, welcher sich beeilt hatte, dem hohen Gaste seine Tochter vorzustellen. Aus Wunsch des Prinzen mußten sich die beiden zu seiner Seite setzen, während Kniphansen hinter dem Sessel des gnädige» Herrn Platz nahm. Während dieser Zeil war der Graf nach der kleinen Garderobe geeilt, welche dem darstellenden Herrenpersonale zum Ankleidezimmer diente, um sich in den Liebhaber der Gattin des ,malade imaginaire umzuwandeln. Nugenl in seiner Rolle als eingebildeter Kranker, angethan mit Zipfel¬ mütze und Schlafrock, erwartete ihn bereits. Dann begaben sich die Herren auf die Bühne, wo ihrer die Damen harrten, von welchen Aurora die drollige serviteuse und die Baronin 1
Kaphengst, geborene Toussaint,
die in früheren Zeiten eben¬
falls als comedienne am Rheinsberger Hofe geglänzt hatte, die ungetreue Gattin des „eingebildeten Kranken" darstellen sollte. Die Baronin begrüßte den Grafen höchst liebenswürdig; sie freute sich, in dem ober comte einen gewandten Partner zu finden. „Meine gute Aurora, verzeihen Sie mir, daß ich bis jetzt so wenig Zeit gefunden, Sie auszusuchen!" flüsterte der Graf mir warmen Händedrucke der Actrice zu, welche bescheiden im Hintergründe der Coulisse möglich ist, eile ich zu
staub.
„So bald
es
irgend
Ihnen."
„So fühlen Sie sich also glücklich, mein lieber Schützling, in Ihrer neuen Stellung?" gab diese ebenso leise zurück. „Unbeschreiblich, liebenswürdige Freundin! — Doch nun ans Werk!" Die Klingel des Regisseurs ertönte; der reizend gemalte Vorhang, welcher die Bühne verhüllte, erhob sich; die Komödie nahin ihren Anfang. Das Spiel der Mitwirkenden ergötzte die Gäste ungemein, und sie beeilten sich denn auch, dem Beispiele
hohen Gastes, des Prinzen Heinrich, nach Kräften zu folgen, das heißt: am Schlüsse der brillant exekutierten Auf¬
des
führung stürmischen Applaus zu spenden. Auch Fräulein von Zeuner schien von der Darstellung des originellen Werkes ent¬ zückt zu sein. Sie plauderte anmutig mit dem Prinzen und fragte den hohen Herrn, wer wohl der vorzügliche Darsteller der Liebhaberrolle wäre. „Ein junger Fremdling, Mademoiselle, den die Musen in ihren Schutz genommen haben!" gab die Hoheit zur Antwort. „Sie sollen Gelegenheit haben, den jungen Herrn kennen zu lernen; ich werde Ihnen denselben vorstellen." Gift und Galle im Herzen hatte Kniphausen diese Worte mitangehört. „Immer wieder dieser Fremdling, dieser Aben¬ teurer, welcher im Fluge die Gunst des Fürsten errungen hat und nun sogar bei den Weibern Eroberungen macht! Das hübsche Lärvchen dieses jungen Menschen fängt an, Malheur anzurichten; Kaphengst muß benachrichtigt werden." „Ich bin, meine Herrschaften, von dem Erfolge des heuri¬ gen Abends entzückt!" wandte sich der Hausherr, der zugleich als Regisseur fungiert hatte, an die Darstellenden, welche, der
wahren
Gestalt
„Hinunter
zeigren.
sich
nun
wieder in ihrer zum
fröhlichen
Schmause!"
„Vota grati animi"
(„Empfange die Wünsche eines dankbareir Herzens") bildete den Mittelpunkt des Gemäldes. — „Nicht übel," meinte einer der Kavaliere, ivelche paanveise mit den Damen an der von Silber und Krystall schimmernde» Tafel Platz nahmen. „Es scheint der Hoheit zu imponiere». — nicht wahr, Knesebeck?" Der Gefragte nickte und zeigte daitn auf ein Paar, welches
ganz
in seiner Nähe saß und unbedingt die Zierde
der gesamten Tafel bildete.
„Schauen Sie, Krusemark! Der gute Graf scheint wirklich in der Wolle zu sitzen; der Prinz hat ihm die Zeuner als Tischnachbarin gegeben!" — Einen so köstlichen Abend wie den heutigen hatte Antoine, Gras de la Roche-Aymon, seit Jahren nicht verlebt. Das holde Mädcheir an seiner Seite war die bezauberndste Nach¬ barin, welche er jenrals gehabt hatte. Wie klug und geistreich dieser kleine Mund zu konverfieren verstand! Und alles halte er, der Fremde, im Laufe des Gespräches dein deutschen Edel¬ fräulein anvertraut! Wie er arm und verlassen iiach de», märkischen Musensitze gewandert sei und dort gleich dem Prinzen im Märchen ein Eldorado gefunden, welches seine kühnste» Erwartlmgen übertroffen Das Fräulein hatte den jungen Edelmaiin init ihren strahlenden Äugelt so seltsam angeschaut, daß ihm die heiße Glut ins Antlitz getreten war. „Aus frohes Wiedersehen den»
habe!-
in Berlin, Herr Graf!" sprach sie, den Kelch init perleiideni Schaumweine zum Munde führend. „Sie begleiten den gnädigen Herrn doch zu den Winterfesten nach der Residenz?" „Unsagbar beglücken würde es mich, wenn ich Sie. dort anträfe!" antwortete Antoine. Ein leichies Erröten gab ihiii genügeiide Antwort. — Weniger angenehm verfloß der Abend ftir Kaphengst Zeuner war nicht sehr enchantirt gewesen, seine Tochter a»j der Seite des pan vre emigre zu sehen; er hatte seine»: Schwager deswegen Vorwürfe gemacht, und dieser hatte sich niit deiii Befehle des Prinzen eirtschuldigt. Auch Kniphäuse»,) der eine alte Gräfin zu Tische führen mußte, war verstimmt, und so hatte auch dieser Abend im Meseberger Schlosse nur fmj zwei junge, blühende Menschenkinder sein Ende allzu früh er¬ reich!. In der lauen Sommernacht rollte die prinzlichKalesche mit ihren Insassen dem Schlosse Rheinsberg Di innen träumte Antoine mit geschlossenen Augen. Herrliche Bilder umgaukelten den Jüngling, in dessen Herz ein sonniger Liebesfrühling eingezogen war. Auch der Prinz war zufriede». Er hatte seinen jungen Schützling der Gesellschaft nicht un¬ günstig präsentiert. „Pauvre diable!" murmelte er trotzdem leise, während er den Schläfer wohlwollend betrachtete. „Dom® Gnädigste,
doucement, mon ami!"
(Fortsetzung folgt.)
>
501
Der Rote Hos zu Prädickow. (Fortseyung.)
Sonst schlichen die Tage ans dein Ritterhofe in Prädickow ruhig dahin, allenfalls unterbrochen durch eine Hochzeit oder eine Kindtaufe auf einem Edelhose in der Umgegend, oder einen in Berlin stattfindenden Landtag, welchen der alte Barfitß ebenso gewissenhaft besuchte wie die Musterungen. Da trat ein Ereignis ein, welches das Stillleben aus dem Barfußhofe aus lange Zeiten unterbrechen sollte. Es hatten nämlich die Vorfahren der Barfuß voit einer Familie Schönebeck einen Teil der derselben gehörigen Feld¬ mark Kensdorf, welche an die des Dorfes Prädickow grenzte, käuflich erworben, während ein anderer und bedeutend größerer Teil derselben Feldmark in den Besitz der benachbarten Stadt Strausberg gekommen war. Letztere hatte sich bald darails mir der Familie Barfuß über einige streitige Punkte verglichen: es war durch eilten Rezeß bestimmt worden, daß man die Jagd aitf der Feldmark gemeinschaftlich benutzen wollte, die armen Leute zit Prädickow mit ihrem Vieh den Forst aitch fortan behüten dürsten-, eine Meierei nebst Schäferei daselbst zu erbauen, sollte indessen nur der genannten Stadl zustehen, welche von diesem Recht auch sofort Gebrauch machte. Es waren bereits viele Jahre ins Land gegangen, als der alte Barfuß dami auf den Gedanken kam, aus seinem Anteil an der Feldmark Kensdorf ebenfalls eine Meierei und Schäferei anzulegen, ohne daß er dabei die Absicht gehabt hätte, jemanden zu schädigen, auch ohne vielleicht zu wissen, daß jemals ein Vertrag darüber geschlossen worden war, welcher ihm das verbieten könne. Desto besser ivußten es aber die Bürger der Stadt; sie verlangten daher von ihrem Rate, daß derselbe die Fortschaffung der von dem Barfuß errichteten Gebäude ins Werk setze. Aber auch die Platen, eine in dem benach¬ barten Dorfe Prötzel angesessene reiche Adelsfamilie, gab ihr Mißfallen über den alten Barfuß zu erkennen, wo sich ihr nur irgend Gelegeitheit dazu bor. Diese Herren von Platen lebten schon seit langer Zeit mit den Barfuß in keinem guten Ein¬ vernehmen mehr; bald halte die Jagd, bald die Fischerei, dann wieder das Uebertreten des Viehs aus des Feldnachbars Grund itnd Boden oder das Abprügeln eines Schäserknechts Anlaß zu allerhand Widerwärtigkeiten und Streitigkeiten ge¬ geben.
In
neuester
Zeit hatte
es indessen
fast den Anschein
als würden verwandtschaftliche Bande die beiden Familien einander näher bringen, da der jüngste der Söhne des alten Barfuß auf Prädickow, Valentin, eilt Auge auf Anna, die einzige Tochter Joachims von Platen auf Prötzel ge¬ worfen hatte. Die beiden hatten sich öfter gesehen und ge¬ sprochen, wenn auch heimlich, da die vier Brüder des Fräu¬ leins den Barfußen ditrchaus nicht gewogen waren, und auch der alte Barfuß mißmutig ben Kopf schüttelte , wenn er von dem Liebeln seines Sohnes hörte. Seine Ehegenossin nahm jedoch die Partei ihres Jüngsten, so oft ihr Ehegemahl in gewonnen,
zürnendem Tone über die Sache sprach.
—
Es war im Beginn des Jahres 1569. In der Ratsdes Rathauses zu Strausberg ging der Bürgermeister Andreas Lindholz ans und ab. Er war ein feiner Herr, sozusagen ein weißer Rabe, unter den Vätern der Stadt, da dr. ein Sohn des im Jahre 1549 verstorbenen Bürgermeisters Benedict Lindholz, mit seinem etwas jüngeren Bruder Joachim
stllbe
Frankfurt an der Oder studiert hatte, während seine Kollegen im Rate, Ackerbürger und Bauern, von ihrem Hofe nicht fortgekomnien waren. Nach dein Tode seines Vaters hatte Andreas das väterliche Erbe in der Stadt übernommen, war endlich zuni Ratsherrn erwählt worden und harte es in der hergebrachten Weise bis zum regierenden Bürgermeister gebracht, während sein Bruder Joachim in des Kurfürsten Dienst getreten nnb zur Zeit dessen Rat war. Eine Schwester von ihnen hatte den in der ganzen Mark Brandenburg hoch¬ angesehenen Bürgermeister Simon Karpzow zu Brandenburg an der Havel geheiratet. Heute lagerten düstere Wolken auf dem Antlitze des Bürgermeisters Andreas Lindholz. in
„Matthias," redete er dann den an einem Tische fitzenden Stadtschreiber an, „es wird heut' heftige Reden geben: die Herren werden alle kommen, wie mir unser Vorsprach sagte; sie sind
gaitz versessen auf die Geschichte mit unserm Nachbarn,
Barfuß, und ich werde es nicht hindern können, daß man darauf dringt, die Sentenz des kurfürstlichen .Kammerdem
gerichts zur Geltung kommen zu lassen."
„Es
Herr, der alte Baltzer Barst," meinte „Hat der Stadt noch immer geholfen,
ist ein biederer
der Stadtschreiber. wenn es am besten mangelte und die Schösse von der armen Bürgerschaft unordentlich einliefen. Fünfzehn Jahre laug ist
Kämmerei
die Zinsen von einer Hauptsumma und er hat niemals gemahnt und unsere Stadl gedrückt; ja, trotz dieser Schuld hat er unserm Rate die Schösse und Zinsen von dem großen Weinberge abgetragen, welchen er vor unserm Thore besitzt. Zeigt den Herren das Stadlbuch und die Register und mahnt sie an das Wahr¬
ihm
unsere
schuldig geblieben,
vor dein Rathaltse hängende eiserne Elle, und an den Spruch: Mit dem Maß, wo du missest, sollst du wieder Gebt ihnen zu bedenken —" gemessen werden!' „Weiß, weiß, Matthias!" unterbrach der Bürgermeister die Rede des alten Stadtschreibers, der schon lange im Amte war. „llin so schlimmer für nüch, der ich, als der erste jetzt im neuen Regimente sitzend, das thun soll, was ich als ein Unrecht ansehe. Denn daß die Herren heule zu dem Schlüsse kommen werden, daraus zu halten, daß unser Feldnachbar die von ihm ausgerichtete Meierei und Schäferei ivieder fortschaffe, das steht so fest, wie das Amen unsres Pfarrers in der wünschte, es wäre morgen der Dreikönigs¬ tag, — es wäre .Versetzung-, und ich könnte ein Jahr lang die Sache ruhig mitansehen." „Vielleicht ivird es nicht so schlimm, Herr!" meinte der Stadtschreiber. „Wenn Ihr es nur so einrichten könntet, daß die Junker, die Platen von Prötzel, sich nicht so viel mit unsrer jungen Bürgerschaft zu schaffen machten! Es vergeht fast kein Tag, daß nicht wenigstens einer derselben in die Herberge unsres alten Andreas einreitet, wie dieser mir erzählt hat. Da lassen sie oft böse und harte Worte gegen die Barsten fallen. Wenn das so fortgeht, so kann's noch schlimme Früchte tragen, denn die vier Söhne des Jochim Platen find in der ganzen Gegend wegen ihrer Unbändigkeir verredet, wogegen der Alte ein Mann von gutem Herzen und feine Tochter, die Jungfer Anna, ein herzliebes Kind sein soll." zeichen, an die
Kirche.-Ich
(Fortsetzung folgt.)
-
Stuttgart.
!
I
Die Festtage in der Hauptstadt Württembergs sind vor¬ über, aber sie sind nicht dahingegangen, ohne den deutschen Süden mit dem denlschen Norden sester zu verbinden. Man weiß, wie gern Seine Majestät der Kaiser im Schwabenlande weilt, wo seines Hauses Wiege stand. Hat er doch einst so begeistert davon gesprochen, daß schwäbisches Blut auch in Sein Trinkspruch galt diesmal dem seinen Adern rolle! Könige, der 25 Jahre lang in Segen ob seinem «ande waltet; — er galt dem Volke Württembergs, dem Vertreter alter, glanzvoller schwäbischer Treue
j
Grasen Rudolf von Baden erhoben worden sein. Gräfliche Residenz wurde Stuttgart sogar erst ums Jahr 1620, als Gras Eberhard die Familiengrust von Beutelsbach nach der Kirche zum
inmitten der sieben von Kaiser Rudolf gebrochenen Schutzburgen der Stadt verlegte.
h. Kreuze
Auch
Stuttgarts spätere wechselvolle
durch Friedrich Nick
eine
Geschichte,
welche
äußerst anziehende Darstellung
er¬
fahren hak, verläuft insofern ganz ebenmäßig der von Berlin, als es das Fürstengeschlecht ist, welchem die Stadt alles
und Tapferkeit.
„Bär"
Ter
kann
selbstverständlicher
Weise
einen Wettstreit in der Berichterstattung mit der Tagespresse nicht aufnehmen; er hat „von Freud' und Hochgeziten", wie sie das bunigestaliete, Leben mit sich bringt, nicht viel zu Wohl aber erfreut es uns, wenn ein Fest gefeiert wird, welches so deutlich beweist, wie Nord und Süd entschlossen sind, untrennbar zusammenzu¬ stehen in Freud' und Leid. Und wir sind mit Alt-Württemberg ja wohl ver¬ traut, wir Berliner! Wo wird Ludwig Uhland mehr geliebt als bei uns! Seitdem er den Schatten des
wechselnde sagen.
„Greiners"
beschworen hat:
„Tritt aus dem dunklen Chor Mit deinem Heldensohne, du Rauschebart, hervor!" ist
die
württembergische Geschichte
unsres pädagogischen Materials singt man lieber Kermes Lieder:
ein
Bestandteil
geworden.
Wo
„Preisend mit viel schöne» Reden"
und, „Wohlauf,
noch getrunken"
als in Berlin? — Viktor von Scheffel hat uns im „Hegmi" heimisch gemacht; andere Dichter haben uns von Kaspar Wiederhold erzählt, dem hehren Helden vom hohen Twiel. llnd Einen, der ein Württemberger war, den haben mir uns ganz und gar zu eigen gemacht, so daß wir ihn kaum mehr als Schwaben betrachten, obwohl auch er in stolzem Heimatsgefühle einst gesungen hat:
„Ihr, ihr dort draußen in der Welt, Die Nasen eingespannt! Auch manchen Mann, auch manchen Held, Im
Der Sctilsfrpllrff in Sinttgab
Frieden gut und stark im Feld,
Gebar das Schwabenland!"
Richteil mir damt den Blick auf des Schwaben¬ landes schöne Hauptstadt im besondern, so ist es ganz eigentümlich, ivie verwandt Stuttgarts Ge¬ Auch Stuttgarts Anfänge, schichte mit der von Berlin ist. einen oder auf eilten mm auf „Stutengarten" dieselben inögen „ausgestockten" (gerodeten) Waldbezirk zurückgehen, waren höchst unbedeutende, gerade wie die von Berlin. Erst Bruno von Beutelsbach, welcher im Jahre 1105 als Abt zu Hirsau verstarb, soll auf der Stätte, auf welcher jetzt das „alte Schloß" steht, eine Burg erbaut haben. Sein Neffe Konrad, seiner Schwester Luitgardis Sohn, erscheint zwar scholl als erster Graf von Würtemberg; zur Stadl aber soll Stuttgart erst 1119 durch den
Erst im 15. Jahrhunderte, von 1436—1495, wurde die Heilig kreuz -Kirche zu dem stattlichen Baue der Stiftskirche umgewandelt; erst 1482, also genau in derselben Zeit wie Berlin, wurde Stuttgart ständige Residenz. Graf Eberhard im Barte beschenkte die Stadt sowohl mit einem Lustgarten wie mit einer Wasserleitung. Die Resormaiion fand zu Stutt¬ verdankt.
gart im Volk eine gleich begeisterte Aufnahme wie zu Berlin. An einem Schloßbaue wurde die Kunst der Renaissance sodann auch in Stuttgart heimisch. Herzog Ehristoph, ein gar
leutseliger Herr, (1550—1568), sühne jenes alle Schlag aus, welches mir seinen gewaltigen Gesühnten noch heute das schönste Monument des alten Stuttgart bildet. Gleich deut leutseligen
II. konnten die Bürger diesen ihren Finiten tagtäglich mit seinen milden Zügen, in geschlitztem Wamms und dem spanischen Hute mit mallenden Federn, wie er nach jenen seltenen Pflanzen sah, welche er aus Italien und Frankreich Joachim
sehen
mitgebracht hatte,
Nicht
oder im
ohne Bewegung
,
Reiherhanse' seine Reiher fütterte. vermögen wir's ferner bei dem
in den Dienst des Markgrafen Ernst Joachim von Brandenburg-Ansbach überging, ttachdem dieser seine Stuttgarter Schulden mit — 27 000 Gulden ge¬ deckt hatte. Eine schlimme Zeit für Stuttgart war die des „Juden Süß", des „rücksichtslosen Finanziers", welcher durch Wilhelm Haitff auch unter uns bekannt geworden ist. Gleich¬ wie Berlin, so verdankt aber auch Stuttgart der Periode des „aufgeklärten Despotismus" die Grundlagen seiner heutigen Wohlfahrt, seiner Schönheit und Größe. Was Friedrich I., Friedrich Wilhelm I. und Friedrich II. uns gewesen sind, das war für Stuttgart insonderheit der Herzog Karl Eugen, 24. Oktober 1793. welcher dann im Jahre 1613
j
f
Int Jahre 1746 wurde im „Lustgarten" der Grttndstein zu dem „Neuen Schlosse" gelegt, welches unsere Abbildung darstellt. Der Major Retti und der Direktor Leger leiteten den großartigen Bau, der jedoch erst 1807 unter König Friedrich völlig voll¬ endet wurde. Der neue Schloßplatz aber wurde 1782 angelegt, als Herzog Karl Eugen den Besuch des Großfürsten Pattl von Rußlattd erwartete. In seiner Mitte befand sich zuerst ein Springbrunnen, daitn eine Pyramide mit dem Bilde des Herzogs Friedrich Eugen. Erst 1842 wurde zum Andenken an das Jubelfest der 25 jährigen Regierung des Königs Wilhelm feite herrliche Säule in Attgriff ge¬ nommen, welche, später mit einem Bilde des Genius der Eintracht geschmückt, nititmehr beit Namen der „Concordien-Säule" trägt. Vor ihr bemerken wir das Denkmal des ruhmwürdigen Herzogs Christoph, 28. Dezember 1568, des rastlosen Förderers des staatlichen und religiösen Friedens im deutschen Reiche. Eberhard im Barte aber hak ein herrliches Denkmal in den „Anlagen" gefunden, welches ihn im Walde au der Brust eines Jünglings schlafend darstellt. —
t
Nur wettiges konnte hier berührt werden aus Stuttgarts reicher Geschichte. Beschließen wir dies Wenige jedoch mit dem herzlichen Wunsche, daß König Karl noch lange herrschen möge über sein edles und glückliches Volk.
Wir
daitken
dem
Stamme
der Schwaben, daß er das deutsche Gemütsleben in so liebevoller Weise gepflegt hat; wir wissen aber auch, daß er mit uns stehen wird aus Leben und
Tod, — „furchtlos und trat!" Noch führt König von Württemberg als Herzog der jene Sturmfahne Schwaben ja des deutschen Reiches im Wappenschilde, welche Karl der Große vor Rom auf dem „mons gaudii“ einstmals in Herzog Gerolds von Schwaben starke Rechte ge¬ ans
löntjUirtjim RMdorrrsrhlsst.
Chronisten
Arnim
de
Rith zu lesen, wie
der
auch
Stuttgart
Hugttenotten am Pfingstsonntage 1473 ansgeuommen mehr
seine
hat, —
als 100 Jahre früher also als Berlin! Aber die Herzder Aufnahme war dieselbe, lind ivie Berlin seine
üchkeit
„Goldmacherzeit" gehabt hat, so finden wir solch' eine Epoche in Stuttgarts Annalen aufgezeichnet. Es ist erstaunlich, was Herzog Friedrich I. von Württemberg bis 1606 an Kapitalien — verpulvert hat. Unter seinen Adepten finden wir aber auch einen Märker vor: Andreas Reiche von Salzwedel, mich
legt haben soll, die Fahne, unter welcher die Schwaben Jahrhunderte lang dem Banner des h. Michael vorangekämpft haben. Muß es denn sein, — wir wissen es: dies Kleinod wird verteidigt werden mit den „Schwabenstreichen", die Meister Ludwig Nhland einst so frohgemut besungeit hat, auch von den Württembergern!
l
!
Das Präsent, nach Wie» gekonimcn, Wird in Augenschein genommen; Vierzig Handschuh' drin man sand:
Weiter heißt es danit: „Die Titchniacher haben sich zwei ,DIbenneifter [ zu wählen, die ihrem Handwerk vorstehen. — Wenn jemand Tuchinacher werden will, so hat er ein ganzes Jahr zuvor bei dein Handwerk darum einzukommen und das Jahr über bei den Meistern der Stadt zu arbeiten. Er hat seine ehrliche Geburt nachzuweisen.
..."
Im
Jahre 1579 tritt dann bei den Berliner Tuchmachern die Forderung einer bestimmteit Lehr- und Dän'sche, veritable, ächte, Wanderzeit auf; sie verlangen zwei Jahre Lehrresp. Dienst-, Feinster Art, doch — lauter rechte, die Qualität und die Forni des Wanderzeil. Ueber und Keinen für die linke Hand! Meisterstückes urteilte die ganze Gilde. Sinnend stand die Kais'rin lange. Als sich dann um diese Zeit eine geographische Arbeits¬ Sinnend sprach sie: „Mir ist bange . , . teilung ausbildete, die für viele Orte und Lokalgewerbe ver¬ Was wird folgen auf Kolin? hängnisvoll wurde und mit den alten Ueberlieferungen der in Einmal that es uns gelingen; sich geschlossenen, in der Hauptsache auf sich beruhenden StadlFürcht' nur, die Berliner bringen wirtschaft in schroffem Widerspruch stand, und als selbst der Uns die linken noch nach Wien!" Adel der Mark und die Geistlichkeit, an die in jener Zeit des i steigenden Luxus größere Geldansprüche herantreten mußten, sich mit einer gewissen Vorliebe der Begünstigung des VorZum 600 jährigen Jubiläum der Berliner nnd Aufkaufs hingaben, da klagten neben anderen Gewerbe¬ treibenden, die ebenfalls unter der Verteuenmg der Materialien Luchmachergilde. leiden, hauptsächlich die Tuchmacher über den Aufkauf der (Schlug.) Wolle. So beschwerten sich im Jahre 1581 beim Kurfürsten „Bei Begräbnissen von Knechten (Gesellen) und Lehr¬ Johann Georg die Tuchmacher und Wollenweber von 51 lingen des Tuchmachergewerks, so heißt es in der Verordnung, Städten, „gezwungen dtlrch die unvermeidliche Nothdurft, and) sollen stets zwölf Personen mit Wachslichtern folgen; auch an den einersten Brodes- und Narungsmangel wie den endelichen Untergang des Handtivercks und Handels", daß fremde Kauf¬ den Sonn- und Festtagen soll eine bestimmte Anzahl solcher Lichter in den Kirchen brennen. Kein Geselle soll an einem leute „sich verdorbene Handwerker und Lediggänger halten, ihnen ansehnliche Summen Geldes zustellen, die Wolle aus¬ Tage mehr als drei Pfennige verjubeln, auch Schuhe, Stiefel, Hemden und Hosen nicht vertrinken. Wer stiehlt, soll in der kaufen zu lassen, die beste auszuschießen und außer Landes zu ganzen Mark als aus dem Gewerke verstoßen angesehen führen!" Auch inländische Unterthanen und Bürger, „unge¬ werden. Niemand darf bei mehreren Meistern zugleich Arbeit achtet sie bereits ihre stattlichen Nahrungen irnd Handlungen nehmen, niemand nach der Vesperglocke oder bei Licht arbeiten, haben", bringen durch Verkauf die Wolle, noch ehe sie de» niemand mit nackten Füßen oder im bloßen Hemde über die Schafen abgeschoren ist, an sich, um sie den „armen Tuck? Straße gehen, noch rveniger aber mit Schauspielern oder machern offt eyn Stein drey oder vier filbergroschen teurer Gauklern Würfel- oder andere Spiele treiben. Wörtlich heißt wieder zil verkauffen." Selbst Amtsschreiber, Befehlshaber, es dann an einer Stelle: „ . . . Wenn einer von ihnen so Batiern und Schäfer betreiben diese Geschäfte. Man finde viel in einer Schänke trinkt, daß er das Getrunkene ausbricht, jetzt viele „ledige Heußer, verdorbene alre und jungen Meister", so giebt er (nicht ein Pfund Wachs, wie üblich, sondern) ein ferner viele Weiber nackend vor den Thüren der Leute, »in ihre Nahrung zu erbettelt). Mancher nehine „für leid und kleines Viertel Bier, ein sogenanntes „Tragevierlei", „quartale zum
.
erstenmale
....
!
j
‘
parvum cerevisiae, quod dicitur eyn drageferndel u .
gram vor der Zeit mit Schmerzen ein Ende und Abschiebt.'
der
Bewilligung der Beschwerde werden deshalb die Privilegia Vorfahren von neuem konfirmiert und mir neuen Artikeln
begnadet.
!
Ten ersten Stoß, von dem sie sich nie wieder ganz er¬ holen sollie, erlitt diele mächtigste Industrie des Landes, die Tuchmacherei, zweifelsohne das wichtigste Gewerbe der Mark,
auf den bisher von den Märkern noch behaupteten Biärkten mir siegreicher Konkurrenz. Noch vergrößert wurde daS Unheil durch die inzwischen ebenfalls erstarkten sächsischen Wollmanufaktnren. Das Hairptminel, die Konkurrenz lahm zu legen, bildeten neben den erst später erlassenen Einfuhrverboten seit Joachim I. die Wollaussuhrverbote, deren erstes auch
;
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MD.
MKWMWWNWW MWSL'
fl«« Grabmal dos Grafen
Umbildungen im Handelsverkehr, hauptsächlich durch 1550 zrrnehnienden Verfall der Hansa und die ver¬ änderten Handelspolitik Englands, Skandinaviens. Rußlands, nach welchen Ländern die märkische Industrie reichen Absatz llner Fabrikate gehabt harte. Nicht bloß, daß der Export der eucher nach den genannten Gebieten arg beeinträchtigt wurde: ßurct) öie den seit
die englischen,
holländischen und sächsischen Gespinnste erschienen
wn
bor
Mark.
1513 erlassen wurde. Seitdem sind dieselben häufig er¬ Die Mehrzahl der Edikte rührt atts bett 1572, Jahren 1578, 1581, 1588, 1589, 1593 und 1594 1611 publiziert Kurfürst Johann Sigismund ein „prag¬ her. matisches" Wolledikt; auch Georg Wilhelm sorgt für Hebung der Tuchmacher, doch fällt die Belebung der Wollenindustrie erst in die Regierungsperiode des Großen Kurfürsten hinein. schon
neuert tvorden.
•«5
Aus dieser Zei! sind Tuchmacher überliefert.
508
einiger Berliner
auch die Namen
In
j
der Marienkirche befindel sich ein Grabdenkmal mit folgender Inschrift: „Dem lieben Gon zu
Lob und Preis;, und dieser Kirchen zur Zierde haben Kaspar Tuchmacher, Gewandschneider und Verordneter alllsier, welcher gebohren zu Berlin, ani Osterdinstag des 1502. Jahres, nebst seiner ehelichen Hausfrauen, Margarethen Schulzinn, welche gebohren in Zossen, am Sonntag Quasimodogeniti des 1594 teil Jahres diese Tafel setzen lassen. Geschehen den 26. Februar 1669. Kaspar Bock, ist im Herrn selig entschlasen, den 8 . September 1639. Du aber, Herr, sey mit uns, regire uns mit Deinem Geist und erhalle uns in wahrem Glauben, biß an unser Ende. Amen!" Das Stadtbuch er¬ wähn! sodann zwei Tuchmacher als Sladtverordnete: Asmus Schulze schwur ani 17. Januar 1657 und George Slumpff am 81. Mai 1703.
Bock,
Fälli
die Haupllhäligkeil des Großen Kurfürsten zur Be¬
der Wollindustrie und Tuchniacherei
lebung
letzten Zeitraum
den
seiner Regierung,
so
auch zumeist
stoßen
wir
j !
^
&
Strafe und Verlust des Privilegiums verbot, so erhielt sich vieles von alltäglichem oder festlichem Handwerksgebrauche, und die Auszüge beim „Mottenfeste" der Tuchmacher haben selbst das Zeitalter des Großen Kurfürsten noch um zwei Jahrhunderte überdauert. doch
Die Maßnahmen des Kurfürsten Friedrich III., nachmaligen Königs Friedrichs I., richten sich vornehmlich gegen den starren Abschluß der Zünfte und die Erschwerungen der Auftiahme, wobei die Innungen vielfach von den Magistraten untn-stützt wurden. Vom 13. Mai 1698 datiert eine Verfügung an das Kammergericht. Der Tuchmacher Georg Fenger hatte sich nämlich an den Kurfürsten mit einer Beschwerde gewendet, daß er, wiewohl er bereits in Fürstenwalde Meister gewesen sei, vom Berliner Gewerk das Meisterrecht nicht erhalten könne. Die Verfügung des Kurfürsten gehl nun dahin, ihn in die Innung aufzunehmen, weil Supplicant „praestanda zu praestiren sich verpflichtet."
in
doch
in dem ersten Jahrzehnt aus vereinzelte Maßnahmen zur Hebung der Tuchmacherei. Bereits am 24. Mai 1641 wird aus die Klagen „sämtlicher Tuchmacher diesseit der Oder" das Wolledict vom Jahre 1611 erneuert, hauptsächlich der Aufkauf und die Ausfuhr der Wolle untersagt. Das Edikt wurde am 12 . Februar 1644 und 12 März 1660 abermals erneuert. Im Jahre 1657 wurde den Tuchmachern der Resi¬ denzen Berlin-Kölln der Ankauf der Wolle privilegiert und ihnen selbst noch der Gewandschnitt (Verkauf) der fremden Tücher gestattet. Zur besseren Belebung des Wollhandels errichtete der Kurftirst 1681 zu Brandenburg einen neuen Wollmarkt und befahl den Regierungen, Magistraten rc., die Tuchmacher in den Städten zu animieren, den neuen Markt zu beziehen, ebenso den Händlern, sich dort zum Einkaufe einzufinden. Die umfassendste Ordnung hat dann die ge¬ samte Tuchmanufaktur in dem großen (bei Mylius 30 Para¬ graphen nebst einer 12 Spalten umfassenden Wollschau-Ordnung) Wolledikl vom 30. März 1687 erhalten, das fortan die Grundlage der Wollpolttik in Preußen geblieben ist. Ob¬ gleich durch die Gesetzgebung des Großen Kurfürsten die alten, schier verwunderlichen, aber doch sehr anziehenden, zum Teil sogar auch poesievollen Gebräuche der Zünfte zum größten Teile abgeschafft wurden; obgleich er 1671 die „Taufe" der Jungen bei ihrer „Lossprechung", und zwar bei 100 Thaler schon
.
Auch unter der Regierung des Königs Friedrich Wilhelm I. für die Wollindustrie als die Hauptindustrie
stand die Fürsorge
im Vordergründe, indessen schienen die ersten Jahre derselben nicht günstig, da viele Wollarbeiter und Tuchmacher zur Ver¬ stärkung der Annee eingezogen wurden. Eine Bitte des Dessauischen Hofjuden Elias Moses Wullff, eine Tuchmanusaktur in Berlin zu errichten, wird unterm 21 . August 1713 vom Könige abgewiesen. „Der genannte ist abzuiveisen, da zumal im Lande bereits bessere Tücher als die eingereichten Proben fabricirt werden." Zum Besten der Tuchmacher kam dann ein Edikt vom 28. April 1718 heraus, durch welches den König¬ lichen Bediensteten und Vasallen verboten ward, ander Tuch rot und blau, als was im Lande fabriziert wird, zu kaufen, auch zur Kleidung der Domestiken andere als inländische Tücher zu gebrauchen.
Die Sozialpolitik des Königs Friedlich Wilhelm I. sühne im Jahre 1731 dann endlich zu der umfassenden, planmäßigen Resonn der Zünfte, die sich zugleich aus die Reichsgemali stützte. Die Einführung der Reichs-Zunftordnung, auf deren Basis sich eine neue Handwerksgesetzgebung in Preußen erhob, führte zu dem General-Privilegium und Gildebries des Tnchmachergewerks in Berlin vom 8 . November 1734, womit die Geschichte der Tuchmacherinnung ihr Ende erreicht hat, wenn¬ gleich die Zunft bis zum heutigen Tage unter demselben Namen fortgelebt hat. W. Zincke.
kleine Mitteilungen. Die 200 füliripc JirOelfeiee dee (Ororiu’n-iiirrin.'jt- rechnet sich zu
gornoindo,
welche sich von St. Nikolai abgezweigt hat und am 20. Juli 1689 ihren eigenen Prediger erhielt, ist in Rücksicht darauf, das; viele Genieindcmitglieder während der Sommerzeit verreist sind, aus den 3. Ok¬ tober d. verlegt worden. Bei der Festfeier wirb der Genieinde von der Kanzel die amtliche Mitteilung gemacht werden, das; die Gemeindevertretung einen völligen Neubau der Kirche beschlosien hat, und zwar wird der¬ selbe sich in der Mitte des Georgen-Kirchhofs erheben. Von der Minorität wurde eine Renovierung der Kirche mit Beibehaltung der alten Grund¬ mauern beantragt, da die Kirche indesien im Norden und Westen zu nahe an den Häusern liegt, so wurde ihre Verlegung von ihren; jetzigen Platze
I.
Der zweite Prediger der Gemeinde, Superintendent Wegener, hat die Ausarbeitung einer ausführlichen Geschichte der Kirche übernommen.
beschlossen.
Girr Dotsdprkt Dr. Mirrtin Kirtftcos
befindet sich in dem und O. Luther, eines Buchdruckereibesitzers und eines Tischlermeisters, Söhne des hicrselbst vor einigen Jahren verstorbenen Buchbindermeistcrs P. Luther. Diese Familie stammt aus Wittenberg und
Besitz der Gebrüder P.
den direkten Nachkommen des Resornialors. Das Petschaft ist aus Messing und zwei Zoll lang. Auf dem Knopf desselben ist iw Cbarakler der Lutherschen Handschrift Dr. Martin Luther eingraviert, Star der Platte selbst finden wir drei Felder: darinnen eine Rose und einer Schwan. Das Jahr 1521 ist ebenfalls in. die Platte, aber auf eine der ziemlich starken Seitenwände eingraviert. N. A. Ztg.
Gin
softo intooossantcs
Htirdr Alt-Koriin
bildet
das
Konfirmanden-Zimmer der Propstei in der Brüderstraße 10. Der Raum gleiG einer Kapelle. Er ist in schönen Bogen gewölbt und die Decke in reich vergoldetemStuck ornainentirt. DieOrnamente zeigen abwechselnd weiblicheGestalien und große Lorbecrzweige. Die ganze Dekoration ist eine höchst eigenarnge. An das Propsteigebäude selbst knüpft sich bekanntlich ein tragischer Vor¬ gang. Grässe erzählt ihn also: Das Haus No. 10 der Brüderstraße in Berlin führt den Namen „daGalgenhaus"; es befand sich an demselben ein Loch, das mit einem eisernen Gitter versehen war und als Kellerloch benutzt wurde; dieses hat dem -paust den Namen gegeben.
■S
509
Unter der Regierung König Friedrich Wilhelms I. hatten die Haus¬ in Berlin dermaßen überhand genommen, daß der König diesem Unfug nicht anders ein Ziel setzen zu können glaubte, als durch den harten Beiehl, jeden, der als Hausdieb entdeckt würde, sofort und ohne lange genaue Untersuchung vor dem Hause, in dem er gestohlen, an einem dazu aufgerichteten Galgen, der aus einem Schandpfahl mit einem Arme bestand, auszuhängen. Kaum war der Befehl bekannt gemacht, als aberntals ein Diebstahl ruchbar ward: in dem Hause des Ministers von Happe war ein silberner Löffel, auf den der Minister großen Wert legte, entwendet worden. Es war eine strenge Untersuchung angestellt, aber niemand ivollte es ge¬ wesen sein, und alle wälzten natürlich den Verdacht nach Möglichkeit von sich ab. Endlich blieb derselbe auf einem armen Dienstmädchen, das nur erst seit kurzer Zeit in Dienst getreten war, haften, sie konnte sich nicht von demselben reinigen, und da sie arm und freundlos war, auä) keinen Verteidiger fand, war sie zum Tode verurteilt, und, so unlieb es auch dem Minister war, daß gerade vor seinem Hause eine solche Erecution stattsinden sollte: er mußte es sich gefallen lassen, daß der Befehl des Königs vollzogen warb. ?ao Mädchen ward ohne Gnade unter ungeheurem Menschenzufammenlauf gehängt. Ein Jahr war schon ins Land gegangen und noch immer war die Hinrichtung nicht vergessen; zum großen Verdruß des Ministers standen fortwährend Gruppen von Menschen auf der Straße, welche das Haus an¬ gafften, vor welche«! das Schauspiel stattgefunden hatte. Da kam auf ein¬ mal die Unschuld der armen Hingemordeien ans Licht. Eine zahme im Hause gehaltene Ziege hatte den Löffel verschleppt und ihn aus einmal wieder aus ihrem Versteck hervorgebracht. Nun drängten sich täglich die Menschen haufenweise vor das Haus, um die Ziege, den Löffel und den Crt zu sehen, wo ihn jene verborgen hatte. Der Minister konnte und wollte nicht länger in dem Hause bleiben, er bot es vergeblich zum Verkaufe aus, aber niemand wollte das Galgenhaus — so nannte man es iortan spottweise — haben: da ließ der König, der natürlich sogleich das menge Gesetz wegen der Hausdiebe, nachdem ihm die traurige Geschichte zu Ohren gekontnten war, aufhob, dasselbe durch den Magistrat ankaufen und zur Köllnischen Propste! einrichten; allein es behielt den ominösen Namen für immer, und das Volk glaubt noch heute, daß in dem erwähnten Loche einst der Galgen gestanden hat. diebstähle
Koriins
Die deiden Käekeeeien sind die Hamann'fche in der Brüderstraße und die Karchow'fche in der Breitenstraße. Erstere ist im Jahre 1722 vom Bäckermeister Johann Hamann begründet und befindet sich noch in demselben Hause, sowie in Händen der Familie Hamann. Eine Marmortafel im Laden sagt, wann die einzelnen Hamanns die Bäckerei übernommen haben: Johann Hamann, der Begründer, 1722; Gottlieb Hamann 1758, Friedrich Hamann 1773, Wilhelm Hamann 1805, ein zweiter Wilhelm Hamann 1839, ein dritter 1873. Der letztgenante starb vor zwei Jahren, und gegenwärtig führt eine Witwe die Bäckerei. — Tie üarchow'sche Bäckerei besteht seit 1740 und ist von deni damaligen Hofbäcker in Konstantinopel, Wittich, welcher zur Zeit Friedrichs des Großen nach Berlin kam, begründet. Dieselbe ist durch Heirat in den Besitz des Bäckermeisters Albert Karchow übergegangen, liefert für den Hos und gehört zu den berühmtesten Bäckereien Berlins. Eine komische Erinnerung knüpft sich an diese Bäckerei, die nämlich, daß hier einem Gefangenentransporteur sein Arrestant ausrückte, als ihm gestattet wurde, sich in der Bäckerei eine Semmel zu kaufen. Der Gefangene enkkani nach der Brüderstraße, wohin die Bäckerei früher einen Durchgang hatte, während der Transporteur stundenlang vor der Thür in der Breitenstraße wartete, ehe er die Flucht begriff. Statsb. Zig.
alterten
„Fackeltan;."
Durch die Güte des Herrn L. Pietsch, des besten Kenners und berufensten Darstellers höfischer Festlichkeiten unsrer Zeit, sind wir in den Stand gesetzt, die in Nr. 40 des „Bären" gegebenen Mitteilungen über den „Fackeltanz" richtig zu stellen. Die in Rede stehende Doppelhochzeit der Prinzessin Charlotte mit dem Erbprinzen von Sachsen-Meiningen und der Prinzessin Elisabeth mit dem Erbgroßherzog August von Oldenburg fand selbstverständlich nicht im Jahre 1875, — hier ist leider ein Druckfehler
— sondern erst am 18. Februar 1878 statt, und der Fackelihr ebensowenig, wie 1873, am 19. April, bei der Ver¬ mählung des Prinzen Albrecht mit der Prinzessin Maria von Sachsenstehen
geblieben,
tanz unterblieb bei
0. 8.
Altenburg.
Unser- Küchrrtisch.
tlaol van Foantzais.
Ein Soldatenleben.
Nach hinterlassenen
Memoiren von Ciotillie von Schwarzkoppen. Zweite vermehrte Auf¬ lage. Verlag von R. Eisenschmidt in Berlin. Die bekannte Novellistin und Dichterin hat sich durch die Herausgabe dieses Soldatenlebens, dessen Held ihr Vater ist, ein hohes Verdienst er¬ worben. Die Bereicherung unsrer Memoirenlitteratur ist es nicht allein, ihr zu danken ist: nein, sie gab auch ein Zeitbild, welches ftir die fugend wie für das Aller eine fesselnde Unterhaltung darbietet. Jugendliche -siiziere werden neben dem Vergnügen der Lectüre auch gewiß gute Lehren du- den bitteren Erfahrungen schöpfen, welche Karl von Francois in seinem vielbewegten Leben gemacht hat. Durch Ungestüm verschuldete er eine so urgc Verwickelung feiner Verhältnisse, daß er beinah an ihr zu Grunde gegangen wäre. Als Offizier in württembergischen Diensten geriet er auf einem Ball th Streit mit einent seiner Vorgesetzten und wurde wegen Vergehens gegen Subordination zum Tode verurteilt. Eine Strafe, deren Härte noch durch die Art der dermaligen Vollstreckung vermehrt wurde. Er mußte alle
Oualen der Todesangst durchmachen; er ntußte sogar mit verbundenen Uugen niederknieen und es mit anhören, wie die sechs Schützen ihre Gewehre au i ihn anlegten; nur das Commandowort „Feuer!" fehlte noch. Stlat
t
K-—
besten aber erschallte plötzlich
„Pardon!"
Die anwesende Menge brach in empört, daß er wilde Ver¬ wünschungen gegen seinen höchsten Kriegsherrn, den König Friedrich I. von Württemberg, ausstieß. In folge dessen wurde Francois zu lebenslänglicher Gefangenschaft nach dem Hohenasperg gebracht. Die Geschichte seiner Flucht ivirb alle Leser ergreifen; die Abenteuer, welche der junge Mann alsdann erlebte, sind so bunt, daß der Romandichter sie wohl benutzen kann. Als er bann völlig mittellos zu Fuß die Welt durchwanderte, ernährte er sich durch Erteilung von Tanzstunden; ja, er trat sogar als Ballettänzer auf. Auch durch Deklamationen erwarb er sich Reisegeld. Endlich traf er auf den Gütern seiner Brüder wieder ein, und es gelang ihm in kurzer Zeit, Offizier bei Schills Korps zu werden. Als dies in tragischer Weise zer¬ sprengt wurde, ging Francois nach Rußland, wo er rasch avancierte, um mit Orden bedeckt, in sein Vaterland zurückzukehren. Die Schilderungen der russischen Erlebnisse sind von hohem Interesse, weil über den weltberühmten Krieg in Rußland verhältnismäßig nur wenig Gutes geschrieben worden ist. — Francois genoß die Genugthuung, daß er in Württemberg als russischer Offizier höher« Grades sich zeigen konnte. Er durchlief später in preußischen Diensten eine glänzende militärische Laufbahn; er erhielt hohe Orden und wurde 1848 Generalleutnant. Als Komniandant von Minden «ahnt er 1848 den Abschied. Er starb den 9. Februar 1855 in Potsdam. Ich habe ihn dort oft gesehen — in ungebrochener Körperkraft und Geistes¬ frische, ganz des „Soldatenlebens" wackeren Helden. Fr. v. H. — Aus dem Verlage von Hermann Oesterwitz, Frankfurt und Leipzig, liegen uns zwei bemerkenswerte vaterländische Novitäten vor: Jubel aus, aber der Geniarkerte fühlte
sich so
Kaiser' fjtHUjjclm II. in feinern Meiden nnd bi»fteeigon Mielren. Für Jung und Alt geschildert von Dr.
(Otto fiimticmüllcr.
Das vortrefflich illustrierte und schön ausgestattete Buch verdient un¬ eingeschränktes Lob und weiteste Verbreitung. Die Darstellung ist eine
anregende wie gründliche und verständnißvolle. Leider bricht das Werk schon bei des Kaisers Romfahrt ab. Möge es mit jeder neuen Auf¬ — lage wachsen, ein Spiegel der Ehren unsres jugendstarken, ernsten und ritterlichen Herrn! ebenso
Der Lokalgeschichte im engsten Sinne des Wortes gehören an:
llrlrnndlioho Ilartieirtiten nre Gefchiertte d>ee ©arniJan nnd Gaenisengenreinde in Spandan von IW. Schall,
Prediger in Cladow, früheren Gemeindepfarrer
in Spandau 2. Bde. Mit ausgezeichnetem Fleiße
gearbeitet, wird das Werk dem Spezial¬ die Zukunft unentbehrlich. Es bringt noch unbekannte hoch¬ willkommene Nachrichten aus alter wie aus neuer Zeit und vervollständigt unser historisches Wissen durch eine Fülle aktenmäßiger Einzelheiten. Beim großen Publikum wird die sorgsame Arbeit freilich wenig Erfolg haben; sei sie den Freunden märkischer Geschichte darum besonders warm em¬ forscher
für
pfohlen.
0. 8.
Anhalt:
Gras de la Roche-Aymon, Ein Bild aus der Zeit des Prinzen Heinrich, von F. Katt (Forts.); Der Rote Hof zu Prädickow (Forts.); Stuttgart (mit Jlluitr.); Die Dorotheenstädtijche Kirche (mit Jllustr.); Andreas von Habdik, von Georg Bötticher; Zum 600jährigen Jubiläum der Berliner Tuchmachergilde, von W. Zincke (Schluß). — Kleine Mitteilungen: Die 200jährige Jubelfeier der Georgen -Kirchengemeinde; Ein Petschaft Dr. Marlin Luthers; Ein sehr
interessantes Stück Alt-Berlin; Die beiden ältesten Bäckereien „Fackeltanz"; Unser Büchertisch; — Anzeigen.
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€
519
Bilde sagt die Tradition, Jungfer Lorenz habe es selbst machen und der Kirche St. Nikolai mit der Bestimmung über¬ eignet, daß es dort ewig verwahrt bleibe, so lange noch ein Stein auf dem andern liege. Deshalb habe es, als die Kirche zu anderen Zwecket! bestimmt wurde, an einem der alten Pfeiler rühmlich ausgehalten und jedesmal, wenn, jemand sich unterfing, etwas an den Zacken des Geweihes aufzuhängen, mitternachts so lange einen gewaltigen Lärnr gemacht, bis es von der unwürdigen Last befreit war. Geschah dies nicht durch Menschenhand, so fand man die angehängten Gegenstände regelmäßig des Morgens am Boden liegen. Den Zorn des Bildwerks haben namentlich Anno 1806 nach der Schlacht bei Jena die in dem Kirchenlazareth übernachtenden französischen Soldaten erfahren. Diese hatten, der Abmahnung des alten Lazarethwärters spottend, Waffen und Tornister an das Hirsch¬ geweih gehängt; in der Nacht aber entstand ein solches Getöse, daß niemand in der ganzen Nachbar¬ schaft schlafen konnte, und die geängsttgten Franzosen mitsamt ihrer Ba¬ gage Reißaus nehmen mußten. End¬ lich aber hat man das Bild nach der Pfarrkirche geschafft, wo es gegen Mßbrauch gesichert ist. Hier bemerkte es Professor Rauch und ließ sich die Sage erzählen. Seine Skizze der Jungfrau Lorenz, eines aus deni
lassen
B--
mit den Händen fest um den Hals. Der Wisend lief fort, Hunde und Jäger hinter ihm drein bis zum lliigarnwalde. Da ergriffen ihn die Hunde, und Jron kani herzu und stieß ihn mit seinen Jagdspieß nieder. Ritter Waldemar aber wurde wegen seiner Heldenthat belobt, und als der Markgraf nach Brandenburg zu Frau Jsold heimkam, da erhielt jener die Markgrafentochter zum Lohn. Aus der Markgrasentochter wird nun bei Sinirock die Jungfer Lorenz. Bei der Jagd reitet voran auf hohem Hirsch der Jäger Nordian. Markgraf Jron setzt seinen Jägern für den Fang des vom König Salomon in seinem tiefen Tann erzogenen Wisends als Preis aus: sich
„Tangermünde, die blühende Stadl, Und Lorenz die Jungfrau, die sie zu Lehn hat. Ein Wald ist bei dem Lehen, wohl sieben Meilen breit. Da mag er imnier jagen mit seiner herrlichen Maid."
Der feige Ritter Waldemar erringt aber durch den unfrei¬ willigen Ritt auf dem alten Wisend einen hohen
„Da Der
bisher zum Ritte mir Hirsche nur gezähmt; Du lehrst mich Auer reiten : des bin ich ein¬ gedenk:
Andere Kenner der germanischen Sagenwelt bewundern echt mytho¬ logische Züge in der Sage von der Jungfrau Lorenz. Diese ist die ver¬ lassene, vom Licht geschiedene Erd-
Edelhirsch lieblichen Mägdleins in mitteralterlichem Gewände, wurde
Albert Wolff,
dein
späteren
göttin;
Professor, seinen! dainaligen Schüler
in seiner kurzen Weise mit den Worten ab: „Nicht Aber¬ glauben Brücken bauen!" Nachbil¬ haben
allgemein bekannt zu dichterischen Dar¬
stellungen
und
eines kennen
Iurrgfor
derselben Anlaß gegeben.
Ganz eigenartig hat Karl Simrock der Jungfrau Lorenz eine Stelle in der deutschen Heldensage angewiesen. Vielleicht brachte ihn jenes sagenhafte Buch im Tagminner Kloster von Liuil und Wolfdieterich auf den Gedanken. Verzauberte Hirsche sandte der Riese Tristan dem Wolfdieterich zu, um ihn von
Siegminne, die sich durch das Bad im Jungbrunnen aus der rauhen Else in die schönste Frau von allen Landen verwandelt hatte, - fortzitlockeu und sie ihm zu entführen. Uebrigens bedurfte es solchen Anlasses kaum, da die Skandi¬ navische Wilkinasage die Erzählung der Jagden des Jarl Markgrafen) Icon von Brandenburg in die Mark verlegt. Emst jagte Iran mit Nordian, seinem Waidmann, und sechzig Rineni in dem Waslawny-Walde des Frankenkönigs Salomon Frankenkönigs Salomon den großen Wiseud. Der furcht¬ same Ritter Waldeinar war auf einen Baum geklettert. Von dem fiel er hinab gerade zwischen die Hörner des gewaltigen ^>ers init einem Fuß auf jede Seite des Halses. Er klammerte seiner
den
Während man so in der Erzählung von der Jungfer Lorenz die Reste
Rauch'schen Kunstwerks
die Sage
gemacht
sie ist
d. h. verstorben.
aber lehnte dies
des
in
Wald gegangen, Zu ihr kommt er¬ rettend der Hirsch, das Abbild der zurückkehrenden Sonne, — das Sym¬ bol für die Wiederkehr des Frühlings.
modelliert. Rauch trug dem Könige Friedrich Wilhelm III. die Bme vor, das Werk in großem Ma߬ stabe ausführen zu lassen. Der König
fertig
dn!, gen
ich
Nimm diesen Zwanzigender dann Deiner Maid zum Geschenk."
sitzenden
von
Nordian: Mich hast
du heut beschämt,
dahinschreilenden
stolz
Preis:
sprach der greise
gxnren?.
Mythus
er¬
neuerdings
ein Lud¬
altgermanischen
ivill,
hat
gründlicher Geschichtsforscher
Dr.
wig Götze, in Abrede gestellt, daß jene Erzählung auf einer alten Sage beruhe: Weder ihrer noch ihres Bildes sei in irgend einer Ur¬ kunde alter Zeit auch nur von den Chronisten des 17. und 18. Jahrhunderts Erlvähnung gethan; das sogenannte Lorenzfeld uinfaffe ein gutes Drittel der ganzeu Feldmark von
Tangermüude und sei in alten Zeiten nach einem untergegan¬ genen Wendendorfe Doberenz- oder Boberenzfeld genannt; der Name Lorenzseld oder Lorenzhuse habe sich erst seit Mitte vorigen Jahrhunderts eingebürgert. Auch die Zusammenstellung „Jungfer Lorenz", die Beifügung des Familiennamens zu der Bezeichnung „Jungfer" sei nach altein Sprachgebrauch unmöglich.
Sie ließen Die Beschaffenheit zum Beispiel des sich Holzschnitzwerkes verrät auch mancherlei. Darnach dürfte als wahrscheinlich anzunehmen sein, daß um den Anfang des vorigen Jahrhunders ein Jägersmann, der einen Sechszehnender erlegt hatte, sich vom Drechsler — just wie die Jäger noch heutzutage thun — einen hölzernen Hirschkopf fertigen und Diese Bedenken sind nicht zu unterschätzen.
leicht verinehren.
-8
Nun aber weiter.
Darin das Gehörn einschrauben ließ.
selbige Jägersmann besaß ein alles geschnitztes
520
Der-
Bildnis eines
Mägdleins. Das Bildnis stammle aus einer der zerfallenen Kapellen vor den Thoren der Stadl Tangermünde oder aus Des Jägers Barer der eingeftürzken Kirche Allerheiligen. harre es aus den verwahrlosten Trümmern eines karholischen Bauwerks als wertlosen Gegenstand mitgenommen und auf¬ bewahrt und aus beit Sohn vererbt. Der aber hielt es hoch in Ehren, weil bas Mägdlein — mochte es die Jrrngfrau Maria oder eine Heilige vorstellen sollen, seiner früh ver¬ lorenen Herzliebsten glich. Einen Hirsch zu schießen war er an einem Maienabend in den Wald gegangen. Da hatte er das feine Mägdlein geftmden. Ohnmächtig lag sie unter einer alten Eiche. Waldblumen zn einem Kranze harte sie gepflückt und sich dabei verirrt, uird es war Nacht geworden lind sie hatte den Heimweg nicht finden können. Er aber geleitete sie
traf
wieder und wieder im pflücken und Kränze winden. hals ihr Blumen und Walde Sie versprach, sein eigen zn werden, sie schwuren sich
sicher
nach Hause.
Und
er
sie
ewige Treue. Aber als der erste Herbstreif siel, schlief sie in kühler Erde, tind er hing einen Kranz von Immergrün und
Immortellen an das Kreuz zn Hänpteit ihres Grabes. Der Jäger hielt der schönen Jungfrau die Treile. Doch wenn er jenes Maienabends gedachte, wo er sie zum erstenmale erblickt hatte, dann kam ihm stets jene fromme Legende in den Sinn, von der noch heute manches Jägerlied Kunde giebt, — die Legende vom Schutzpatron der Jäger, dem heiligen Hubertus. Der ging einst in den grünen Wald jagen, da sprang ein
vor ihm auf. Er schoß danach, aber die Flinte Und als er nochmals hinsah, da trug das Hirschlein Und aus seinem Haupte zwischen dem Gehörn ein Kreuz. Hubertus sank znr Erde und gelobte, niemals wieder im grünen Walde zu jagen — er ging in ein In Erinnerung dieser frommen Legende beliebte es dem Hirschlein versagte.
Kloster.
'
&
treuen Jägersmann, schnitzte
Bild
aus
den Drechsler
dem Hirschkopf
zu beauftragen, zwischen
das das Gehörn
ge¬
ein¬
So entstand das Kunstwerk der Jungfrau Lorenz Viele Jahre später kam es eines Tages mit dem Jäger, der als hochbetagter Mann von Wilderern schwer verwundet war, nach Tangermünde in die
zuschrauben.
zwischen dem Hirschgeweih.
das städtische Krankenhaus bergende alte Nikolaikirche und blieb daselbst auch noch nach seinem Tode. Aber aus den Erzählungen, die der alte Jäger neugierigen Fragern zum Besten gab, stand die
Mär von
dem Walde
dem Hirsch, der die
geführt.
ent¬
verirrte Jungfrau aus
Geschichte, die wir aus dem Holz— wenn wir uns uns zu der Meinung
So etwa lautet die schnitzwerk heranslesert,
des kritischen Geschichtsforschers Götze bekennen sollten.
alledem,
—
Bei
da einmal die lebertdige Sage unbekannten Alters
voit der Jungfrau Lorenz existiert und sich an jenes vor Jahrhrmderien auS alten und neuen Teilen zusammengesetzte, nirgends in schriftlichen oder gedrnckten Ueberliefernngen be¬ sprochene Kunstwerk anschließt,
—
so
ist durch keine noch
so
begründeten Zweifel die Möglichkeit aus der Welt zu schaffen, daß die ursprüngliche alte Sage durch eine mehrere Jahrhunderte hindtlrch von Mund zu Mund fortgepflanzte Ueberlieferung eilte ebenso durchgreifende Umwandlung erlitten hat, wie nachgewiesenermaßen so manches unsrer erzählenden Volkslieder bei gleicher Art und Dauer der Uebertragung. —
gut
So Ludolf Parisius. Jedenfalls ist die ,Jungfrau Lorenz' das poesievollste aller Wahrzeicherr der ehemaligen Kurinark Brandenbilrg. Das ergreifendste aber besitzen wir: es ist das Kreuz von St. Marien, welches Herr Archiv-Direktor vr. Sello zu Oldenbltrg zwar nur zu einem gewöhnlichen Memorienkreuze stempeln
will,
welches
wir
jedoch bei seiner hochbedeutsamen Stellung
ait der Kirchenthür von St. Marien uns als eilt Erinnerungsmal an die trübste Zeit der Warf nicht fortkritisieren lassen.
Kleine Mitteilungen 1,. — Gin aktos Gpitapstinnr in der Ul crvionItierljo vor Einführung der Reformation errichtet, war das des I« Dorlin, Bürgermeisters Joh. Brakow, welches folgende Inschrift hatte:
berlinischen
der etwan ein Bürgermeister alhie und in seinem geschiecht und Nahmen der letzte gewest ist, gestorben am Abend Margarete Xnuo domini 1. 5. 1. 7. dem Got der Allmechtig sampt allen Christgleubigen Seelen Gnedig und barmhertzig sein wolle." Die Grab¬ schrist seiner Gemahlin lautete: „Nach Christi Gebohrt 1. 5. 0. 0. am Mit¬ wochen nach Lucie ist in Gott verstorben die dugendhaftig Frau Katarina Petersdorf, etwan Hans Brakowen ehelige Hautzfrau gewest, der Gott Auch befand sich gnedig syc und allen Christgleubigen seelen. Amen." früher in der Marienkirche am Pfeiler zur rechten Hand, wenn man zur Turmthür in die Kirche trat, ein merkwürdiges Andenken, nämlich 2 Schilde von den: sogenannten „alten und jungen Bäuerlein, bothen oder postreit er n", welche sehr schnell reiten und viel in der Geschwindigkeit ausrichten konnten, wovon der alte märkische Chronist Haftiz zwei Beispiele anführt, nämlich erstens, datz Einer den, Churfürsten Joachim I. von Brandenburg zur Prozession in Jüterbock gegen 8 Uhr einen Kranz »geholct, der um 6 Uhr von der Churfiirstin in Berlin gewunden war, zweitens, datz einer von diesen Reitern das päpstliche Breve und den Bestätigungsbrief über das Magdeburgische Erzbistum dem Markgrafen Albrecht, Erzbischof zu Magdeburg, von Rom gebracht und den sächsischen Gesandten, die solches auch gesucht, auf dem Rückwege begegnet sei, obwohl diese lange vor dem Postreiter abgeschickt worden waren. Johann Brakow aber war der Richter in dem furchtbaren Judenprozesse 1510; sein Wappen zeigte einen springenden goldenen Hirsch auf schwarzem Grunde, auf dem Helme aber einen Psauenfederbusch.
„O bit Got vor Hansen Brakowen,
Akte Sage über das StadttaapPirn von Graniendaeg. „Der Baum im Stadtwappen ist ein Eichbaum, und bestehet das Wappen in selbigem aus einer langen und einigen kurzen Korn-Aehren,
welches bedeutet: So lange ein Eichbaum sein werde, und Korn-Aehren wachsen, so lange soll Oranienburg die ihm verliehenen Gerechtigkeiten
L.
behalten."
„Mir alt
Jukirrstsirrrrn?"
Diese Frage ist nicht ist doe mit Bestimmtheit zu beantworten. Wer den Thurm erbaute und wie er zu seinem Namen kam, ist, wie der „Anz. f. d. Hvlld." meldet, ebenfalls nicht bekannt. Die Sage führt ihn auf Julius Caesar oder Cn. Domitius Acäobarbus zurück. Die zum Bau verwandten Steine stimmen in der Größe vollständig mit denen der alten Spandauer Stadtmauer überein. Wau könnte daraus schlietzen, datz der Juliusthurni zugleich mit der Stadtmauer,
also um das Jahr 1320, entstanden sei. Im übrigen macht er ganz den Eindruck eines Bauwerkes aus der Zeit Karl's IV. Um 1400 soll der Ausdruck „einen mit dem Julius bestrafen" bereits sehr gebräuchlich 9^ wesen sein. Vielleicht hat der Thurm später davon seinen Namen erhalten. Besonders zur Zeit der Quitzow's ist das Burgverlietz zu Spandau adligen und nichtadligcn Wegelageren oft ein unbequemer Aufenthalt gewesen. Auch Dietrich v. Quitzow hat eine 14tägige Hast darin abgebüßt. In einer Fehde, die er im Jahre 1402 gegen den Bischof Johann von Lebus führ«, wurde er von den Spandauer Bürgern am 10. November in der Näht einem heißen Gefecht wurde er besiegt und von Tremmen angegriffen. gefangen genommen. Im Triumphe führten ihn die Spandauer als Gefan¬ heimkehrenden genen mit sich in die Stadt. Allgemeiner Jubel empfing die Krieger; großes Lob ward ihrer Heldenthat gespendet. Alles war auf den Beinen, um den verhaßten Raubritter zum Schlosse zu geleiten, wo er iw Verliese des Juliusthurnis gefangen gehalten wurde. Am 25. November kam Markgraf Jobst nach Spandau, um nrit Dietrich v. Quiyow zu unter¬ wurde handeln. Gegen ein Lösegeld von 1000 Schock böhmischer Groschen er sofort aus der Hast entlasten.
In
Das Panorrarna „Jorusakern
Krrustguag Ghrtsti,"
iur
Stande
— im Atelier - Gebäude
am
der
Bahich«
521
-«3
„Tiergarten" ausgestellt, — welchem außer den Prinzessinnen von SchleswigSolstein-Sonderburg-Glücksburg eine Reihe von hohen, als Gaste des Hoies in Berlin weilenden Persönlichkeiten die Ehre des Besuches erwiesen beben, ist als Sehenswürdigkeit ersten Ranges zu bezeichnen und übt eine arotze Anziehungskraft auf das Berliner Publikum aus. Völlig gefesielt von der gewaltigen, düsteren Landschaft, vertiefen sich die Beschauer in die einzelnen Abschnitte des weltgeschichtlichen Aktes, welchen Künstlers hier in so ergreifender Weise dargestellt hat.
die Hand des
Bon der Terebinthe vor dem Olivenwalde am oberen Gihonteiche bis zur Herodianischen Königsburg und zu den Resten der Mühle, — welch' An belehrender Wirkung steht dies Panorama eine gewaltige Rundsicht! allen ähnlichen Kunstwerken entschieden voran. Und was hier dargestellt ist, das ist kein Schlachtengetümmel, in welcheni doch nur sehr wenige Mo¬ mente mit geschichtlicher Treue ersaßt werden können: nein, das ist die That¬
welche mit Recht als „der Wendepunkt der Zeiten" bezeichnet worden ist. Der Eindruck dieser gleichsam versteinerten Landschaft mit der Kreuzigungsscene ist ein herber, aber auch ein so gewaltiger, daß er dauernd Wir empfehlen unsern Lesern den Besuch dieses Kunstwerkes aufs haftet. angelegentlichste. Doch kaufe man sich ja den ganz vortrefflichen „Führer" des Professors Maximilian Vincenz durch das Rundbild. — sache,
Sattler
0 8. .
In Bezug auf das Forrade sind Anfragen
Fnrnilio von
religiöse Bekenntniß der bei uns eingegangen, welckie Herr Amtsrichter Dr. jur. Btzringuicr gütigst erledigt hat. Er schrecht zins: „Jean Quirin de Forcade war Röfugie, also protestantisch. Er starb in Berlin 2. Februar 1729, war Gen.-Lieut., Kommandant von Berlin und Ritter des schwarzen Adlerordens. Er war in Frankreich in Biaix geboren. Desien Sohn, Friedrich Wilhelm Quirin, geb. 1699 in Berlin, 27. März 1765 in Berlin, war Gen.-Lieut., Domherr zu Brandenburg
t
und Amtshauptmann zu Zinna. Auch er war Ritter des schwarzen Adlerordens. Georg Friedrich Wilhelm, war geb. 16. Oktober 1746 in Berlin, 7 als Major a. D. zu Wehlau 31. August 1811. Dessen Sohn, Friedrich Georg Leopold, geb. 9 Januar 1793 zu Winzig, s im Juni 1831 als Rittmeister. Er heiratete eine Katholikin. Sein Sohn, der jetzige Reichsgerichtsrat Friedrich Christoph Emst, geb. 17. September 1821 zu Paderborn, trat am 21. Juni 1861 zum Katholizismus über, Seit dieser Zeit sind die Forcade wieder katholisch."
Herrliner Gesihkifisanzoigon vor 50 Iahrron.
Die
Berliner „Erinnerungsblätter" von 1839 bewahren eine Anzeige des da¬ maligen Modespiegels auf, die jener Zeit schon als ein Kuriosum galt, beute aber wieder gelesen zu werden verdient. Gustav Lohse, artete adonisateur (!) empfiehlt sein neu decorirtes Etablissement aus 3 Pariser und 2 Londoner Haarschneidesalons also: „Durch zwei elegant eingerichtete Salons erweitert, ist mein Local ganz dazu geeignet, um selbst bei be¬ deutender Frequenz in meinem General-Bureau adonisatoire, wozu ein musikalischer und ein Salon (!) gehören, die prompteste und reellste Bebienung mit angenehmer Unterhaltung zu vereinigen. Diejenigen Herren, welche Touren tragen, finden jeder einen besondern Salon zur Aufnahme können au premier in dem Salon bei dem Haarschneiden geraucht werden. Die Abonnements zum .Haarschneiden und für die Salons sind übrigens möglichst billig gestellt, und nur wenn ich selbst durchaus behindert bin, vertreten mich anerkannt tüchtige und geschickte Haarkünstler meines Instituts." — P. W. bereit;
auch
Zigarren Frisiren
Gin kaipcrUrijer Jagdfalke in der Mark. Im
Frühjahr 1492 verirrte sich ein Falke des Kaisers Maximilian auf Brandenburgisches Gebiet, wurde eingefangen und, da er am Fuße einen Ring niil dem Namen des Besitzers trug, durch Johann Cicero zurückgesandt. Darauf schrieb der Kaiser an den Kurfürsten folgenden Brief: „Hochgeborener Ueber Oheim und Kurfürst! AIs uns Deine Liebe den Hagarthvalken (Hagarth ein Nanre?), so wir in Verschiener (verwichener) Zeit verloren baden, der Dir dann zu Hände kommen ist, wiederumb zugesandt hat, deß >mr Deiner liebe genedigen Danck wissen, wollen wir verordnen, wo Deiner liebe Vogel zutzeiten gefunden oder uns behendigt wurde, daß dieielben Deiner liebe auch wiederumb zugeschickt sollen werden, dann Dir in bei» und andern genedigen willen zu ertzaigen seyen wir guth und genaigt. Geben zu Augsburg am leisten Tag des Monats May. Anno Domini 1542, uniers reiches des Römischen in Sybends und des Hungerschen wie Andern Jaren". P. W.
Unser Kücherlisch. Der rühmlichst bekannte Verlag von R. Gärtner ielder), 8. IV. Schöneberger Str. 26, bietet uns
(Hermann Hey-
Hans Scrrhs'onsFekLN und ausgonrählto Dichtungen — Schwänke unk Lastn achtsspiele — dar, Heraus¬ gegeben von Kadols Keiiäe. Mit einem Titelbilde in Holzschnitt. Das vorzüglich ausgestattete Büchlein entrollt zunächst ein Bild vom
-eben und Wirken des Dichters (44 Seiten), wie es so klar und treffend nooi nicht gegeben worden ist. Die Auswahl ist freilief) eine nur spärliche, über sie umfaßt das Beste, was der Dichter seinen Zeitgenossen geschenkt w. Und das letztere hat ja bleibenden Wert; hat seine hohe Bedeutung >iii das deutsche Haus und das deutsche Leben ja noch heute! Wenn wir
mit Goethe ausrufen:
„Jn'n Froschpfuhl all das Volk verbannt, Das seinen Meister je verkannt!".
S-
so müßen wir zuerst wohl dafiir sorgen, daß Hans Sachs in der deutschen Bücherei auch seine Stätte finde. Dazu wird Genäe's zierliches Büchlein gewiß das Seine beitragen. Wer gesunden Humor liebt, der wird hier voll und ganz befriedigt. — 0. 8.
sie
— Eine sehr wichtige Erscheinung desselben Verlages, welche wir, da uns noch nicht vollständig vorliegt, heute nur ankündigen, ist:
»r. Steinhaufen, die Gesttiirtste des deutschen Wir kommen ausführlich auf — Was könnte
es
dieselbe zurück.
Deiefes. 0. 8.
in diesen wonnig
schönen Tagen für die Märker eine Exkursion nach der alten Äur- und Haupt¬
ivohl schöneres geben als stadt Brandenburg mit ihren herrlichen, hochragenden Bauten, mit ihrer Fülle von geschichtlichen Denkmälern! Feierte doch auch die berühmte Saldernsche Schule grade jetzt ihr zweihundertjähriges Jubiläum! Wer aber mit wahrem Genuß in Brandenburg umherwandern will, der versehe sich ja mit dem Wegweiser:
HvandenKurrg in dorr Vergangenheit nnd Gegenn»art. Von Gtto Jork. P. Haeckerts Verlag. Brandenburg a. d.
Havel.
Es ist die beste Topographie der Stadt, die wir kennen. Auch das Geschichtliche ist mit Fleiß und Kritik berücksichtigt; die Angaben sind fast durchweg einwandsfrei, und der Stil ist — ein lesbarer. Die große Uebersjchtlichkeit des Führers, die beigegebenen Holzschnitte, die St. Marienkirche auf den Harlungerberge und das Kriegerdenkmal, welches an ihre Stätte getreten fit, erhöhen den Wert des Buches beträchtlich. Wir bringen baldigst Brandenburger Skizzen, rufen aber den Lesern schon heute zu: „Auf nach der alten Kurstadt!" Wie ist doch einst vom Turme auf dem Harlunger Berge so schön gesungen worden: „Euch soll er mahnen, Söhne der Mark, Daß gleich den Ahnen, mutig und stark. Mit Herz und Hand, Wenn je dereinst in schwerer Zeit Der König ruft, ihr seid bereit. Um Treue zu werben Und freudig zu sterben Für unsern Markgrasen und unser Land."
0 . 8.
— Seit
der Eröffnung der Stadtbahn, durch welche sich den Berlinern für Sommerausflüge nach Osten wie nach Westen ganz neue reizende Punkte darboten, war Potsdam mit seinen Umgebungen etwas in den Hintergrund gedrängt worden. Jene gleichsam erst entdeckten Orte hatten den Reiz der Neuheit sür sich, und dazu kam noch, daß manche Königliche Gärten in Potsdam zum Teil abgesperrt waren, was bei dem Publikum zu dem Glauben führte, daß die Absperrung eine vollständige und dauernde sei. Daß dem nicht so ist, darüber wurden wir endlich amtlich belehrt, und so kommt es, daß die Berliner der zweiten Residenzstadt zu Vergnügungs¬ fahrten jetzt vor den anderen Orten wieder den Vorzug geben, namentlich seit dem vorigen Jahre, wo die Tagesgeschichte um Schloß Friedrichs Krön, um Sanssouci und um die Friedenskirche ihre Kreise zog. Wer aber die Königlichen Gärten und Parks um Potsdam recht mit Genuß durchforschen will, dem empfehlen wir das Werk:
„Die HahvnzaUern-Anlagen Datsdarns".
Von A. Srifjgr, König!. Gart.-Jntend.- Sekretair. Verlag von Beuckert & Radetzki, Berlin. Preis 2 Mk.
Der Verfasser ist Beamter der Intendantur der Königlichen Gärten in Potsdam und befindet sich am rechten Orte, um dem Publikum einen Weg¬ weiser zu geben, welcher historische Genauigkeit mit fesselnder Form der Darstellung verbindet. Indem der Verfasser den Leser durch die hoch¬ berühmten gärtnerischen Anlagen von Sanssouci, Marly, des Neuen Palais, Babelsberg und Glienike führt, zeigt er uns, wie diese Anlagen ent¬ standen sind, wer sie geschaffen, erweitert, umgewandelt hat, vom Großen Kurfürsten an bis auf unsere Tage. Wer dei> Genuß kennt, an derartigen Schöpfungen nicht flüchtig vorüberzugehen, sondern die Betrachtung der¬ selben vielmehr an der Hand geschichtlicher Hülfsmittel und Einzelheiten zu erhöhen und zu erweitern, der wird an dem Büchlein seine Freude haben. Es macht uns auf dies und jenes aufmerksam, was sonst unserm Auge entgangen wäre; es bringt Details, die hier zum erstenmale bekannt werden. Der Verfasser hat sich schon früher in den Mitteilungen für die Geschichte Potsdams durch verdienstvolle Arbeiten bekannt gemacht und zeigt die Vor¬ züge jener Aufsätze auch in dieser Arbeit. Das Büchlein gehört zur Klaffe jener Schriften, welche man mit einem gewissen Dankgefühle zur Seile legt, nicht etwa darüber, daß es zu Ende ist, sondern daß man sie nicht umsonst gelesen hat, indem man daraus vieles gelernt hat. Das schön ausgestattete Büchlein sei unsern Lesern aufs wärmste empfohlen. —x.
Inhalt.
Graf de la Roche-Aymon, Ein Bild aus der Zeit des Prinzen Heinrich, von F. Katt (Forts.); Der Rote Hof zu Prädickow (Forts.); Die Schenken von Flechtingen, ihr Stammsitz und die
Tezelsage (mit Jlluitt.); Wann ward unser Heiland geboren? Wann ward unser Heiland gekreuzigt? Von Ernst Friedei; Jungfer Lorenz zu Tangermünde (mit Jlluftr.). — Kleine Mitteilungen: Ein altes Epitaphium in der Marienkirche zu Berlin; Alte Sage über das Stadtwappen von Oranienburg; „Wie alt ist der Juliusturm?" Das Panorama „Jerusalem zur Stunde der Kreuzigung Christi"; Zum religiösen Bekenntnis der Familie von Forcade; BerlinerGeschäftsanzeigen vor 50 Jahren; Ein kaiserlicher Jagdfalke in der Mark; Unser Bilchertisch. — Anzeigen.
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Westphälen Christum gekreuzigt haben" ist sogar einst der Versitch gemacht wordeit, dem Volksstamme, welcher heule die anhänglichsten Katholiken aufweist wie bis zur Zeit Wittekinds
und Karls des Großen die starrsten Heiden, die unmittelbare Schuld am Tode Christi beizumessen. Seitwärts vom Kreuze in herausfordernder Stellung, rechts die später so hochheilig verehrte Lanze**), links den Schild haltend, steht der Legionär
Longinus,
welcher gleich
neuen Glauben
bekehrte.
dem Ktesiphon
sich
später
zum
Der unbußfertige Schächer wird
Dismas genannt. Neben der Gottesnicht Maria Klopä, ihre Schwester, Maria fehlt Mutter Maria Magdalena und Maria Salome, Johannes des Gesmas,
der reuige
Evangelisten Mutter;
Jarirus Wittib, Tode erweckte,
Susann«,
des
Synagogen-Vorstehers
deren zwölfjähriges Töchterlein Christus vom Johanna, des Herodianischen Königs¬
und
*) Das älteste Kruzifix kommt in einer Handschrift der Bibl. LauDie Kreuzigung der Füße, so zwar, rentiana zu Florenz von 583 vor. daß das rechte Bein zu oberst liegt, stammt wahrscheinlich erst (bei den Albigensern eingeführt) aus dem 13. Jahrhundert; litterarisch wird sie zuerst bei Walter von der Vogelweide erwähnt. Die älteste christliche Zeit kennt die Darstellung des Kreuzes nicht, teils weil man bildliche Darstellungen als heidnisch überhaupt nicht liebte, teils weil man die eine schimpfliche Todesart bedeutende Kreuzigung in Bezug auf unsern Erlöser nicht wohl darstellen konnte, solange sie noch üblich war, d. h. bis zum Ende des Gegenstand der höchsten Verehrung wurde das Kreuz 4. Jahrhunderts. überhaupt erst seit der „Kreuzescrfindung", d. h. mit der Auffindung des vermeintlich echten Kreuzes Christi durch die Kaiserin Helena, Mutter Konstantin des Großen, welche an der betr. Stelle die Kirche des Heiligen Grabes erbaute. **) Das eigentümlich durchbrochene Lanzeneisen soll in Antiochia am Orontes bewahrt worden und von den Kauffahrcrn erbeutet worden sein. In vielen Kirchenschätzen und Museen befinden sich Nachbildungen. Nach anderer Ueberlieferung deren Eisen
zum Teil
der salischen Kaiser eine Lanze, unter Zuhilfenahme der heiligen Kreuzesnägel ge¬
gilt als das Szepter
' schmiedet worden sein soll.
(Anm. d. V.)
529 beamten Chuza Gemahlin,
welche Jesus
die Heilung
ihres Sohnes verdankte, die heilige Veronika, eine Jüdin aus Paneas (Caesarea Philippi), in deren Tüchlein, als sie damit dem vom schweren Kreuz zu Boden gedrückten
loikranken
Heiland den Schweiß abtrocknete, das edle Antlitz sich bleibend abdrückte.*) Auch Martha mit ihrem durch Jesus voni Tode
Bruder Lazarus ist zugegen.**) Aus der schier unendlichen Stadl ragen im Hintergrund des Rundbildes inehrere geschichtlich berühmte Gebäude macht¬ Links die Burg Antonia, von Herodes dem voll hervor. Großen zu Ehren seines Freundes Antonius also getauft, aus alteil salomonischen Grnildiilauern erbaut mit vier ge¬ waltigeil Festungstürmeil. Alles aber überragt der Tempel auf der Stelle des von Salonion aus dem Berge Morijah von 1012 bis 1005 v. Chr. erbauten, 588 von Nebnkadnezar zer¬ jüdischen Volksheiligtums. störten Dieser von Herodes 23 v. Chr. gänzlich umgeballte Tempel wlirde voll Titus zer¬ stört nebst dem rechts davon emporragenden Lysins, einer gewaltigen Arena. Den Abschluß inacht der Palast der Haserweckten
iiionäer mit dem Richthause des Pilatus,
von wo der Landpsleger den zum Spott mit einem weißen Gewände bekleideten Erlöser dem Herodes vorführen ließ. Der Weg, welchen Jesus Christus zur Stätte des Todes ging, der wahre Kl'euzweg, führte vom vormaligen Palast des Herodes ans der Oberstadt durch das Gehennathor zum nahe¬ gelegenen
Golgatha.***) —
ich
„Es
ist vollbracht! Vater, in deine Hände befehle
meinen Geist" und des Bekenntnisses des Heiden Ktesiphon:
„Wahrlich, dieser war Gottes Sohn!" —
Wie Friedrich Wilhelm I. einen „langen
Kerl"
Daß „lange
König
Girant Löfflor.
Friedrich
Kerls" hatte, und
Wilhelm
eilte
Leidenschaft
für
diese durch seine Werbeoffiziere aus
aller Herren
Länder herbeischleppen ließ, ist allgemein bekannt.
*) Das
leineye Tuch der heiligen Veronika mit dem Abdruck des wird unter dem Namen Volt« Santo „heiliges St. Peterskirche ausbewahrl. Wohl bekannt
schmerzvollen Antlitzes Jesu Angesicht" zu Rom in der
Berliner das aus denr Privatbesitz Königs Friedrich Wilhelms III. angeblich von Korregio auf Seide in edelsten Zügen gemalte ^ild. welches, um die Täuschung zu erhöhen, ursprünglich nicht gerahnit n>°r, sondern wie ein wirkliches Tuch verwahrt und gezeigt wurde. Dies Lchweißtuch der heiligen Veronika wird jetzt nicht inehr dem großen italie¬ nischen Maler zugeschrieben und ist leider vor etwa 2 Jahren in einen Seitenraum verbannt worden, weil die Kunstforschung dermalen es nur eine alle Kopie erachtet. **') Ungern vermißt wird die so bedeutungsvolle Gestalt des Ewigen stützen, der Christus forttrieb, als er auf dem Wege nach Golgatha vor feinem Hause rasten wollte und deshalb zu ewig rastlosen, Leben ver¬ bl jedem
flammende,
dammt
ist.
Golgatha, zu deutsch Schädelstätte, nicht wegen der dort vor¬ Hinrichtungen so benannt, sondern weil der Kalvarienberg °°n Lüden aus betrachtet mit einem menschlichen Schädel Aehnlichkeit gehaben soll. (Anm. d. V.)
***)
genommenen
sein Leib-Regimeut zu er¬
langen. Friedrich Wilhelm hatte durch seine Werber einen katho¬ lischen Klostergeistlichen, der sehr groß von Figur war, in Italien ausheben und unter sein Regiment stecken lassen. Die Sache wurde ruchbar, und der Papst bemühte sich, seinen Mönch zitrückzuerhaltelt. Als der König jedoch lricht nachgab, man ihm,
schrieb
der
größer sei
es befände
als
diesen zu werben,
so
der
sich
in Rom
entführte;
möchte er es
noch ein Mönch,
verspüre
er
Lust,
aitch
nur versuchen; er würde
ivie man mit seinen Werbern verfahren wurde auch das Kloster ange¬ geben, in welchem der Mönch sich befand. danir sehen,
aber
iverde.
In
jenem Schreiben
Der König hatte kaum dies Schrerbelt gelesen, als er, „Langen" aus Rom
den Drohungen zum Trotze, beschloß, den
zu entführen.
ein
Zur Ausführung dieses Gewaltstreichs wurde vom Köitige Major des Potsdamer Regiments ausersehen, der ihm
als
ein
ebenso
verschlagener
verwegener Offizier
wie
be¬
kannt war.
Der Plan wurde entworfen, und das erste, was geschah, war, daß der König den Major vor der Front des Regiments lnit den in diesem Falle üblichen Worten kassierte: „Scheen
Teilfel!"
Sogleich verließ der Major, als scheinbar Beschimpfter, die Stadt und begab sich nach Posen, wo er ein kleines Ja, es schien Landgut kaufte und ein stilles Leben führte. sogar, als wollte er in der Frömmigkeit Trost für die ihm
Er knüpfte Verbindungen mit
widerfahrene Schande suchen.
benachbarten katholtschen Geistlichen an,
und äußerte endlich den Wunsch, in den Schooß der „alleinseligmachenden Kirche" atlfgenommen zu werden. Was konnte den Geistlichen lieber sein, als dieser Ent¬
schluß?
Hatte
schon
die
Erzählung von seiner durch
den
verbunden mit einer guten Tafel, ihm die Herzen all' der frommen Herren gewonnen, so wollten sie ihn gar auf Händen tragen, als er. ein an¬ gesehener Mann, Katholik werdeit, und dadurch feinen früheren Glaubensbnidern ein Beispiel zur Nachahmuitg geben tvollte.
Ketzerfürsten erlittenen Kränkung,
aus Rom entführen läßt. Von
für
jenes Fürsten war, große Leute
Euch zum
Und wieder und immer wieder wendet sich der Blick der von Schauern der Wehmut und Ehrfurcht ergriffenen Betrachter hierher iiach dem Kreuzesopfer vom 7. April des Jahres 29. Jeder gedenkt dabei der letzten Worte des verscheidenden Heilandes:
Weniger bekamil ist jedoch die nachfolgende Begebenheit, ivelche recht dazu geeignet ist, zu zeigen, wie groß die Sucht
Gern ivareit sie deshalb bereit, ihn in ihrem Bekenntnis zu unterrichten. Mit Eifer lag der Major a, D. den Studien ob, doch äußerte er nach einiger Zeit, während man in ihit draitg, seinen Uebertritt nititinehr öffentlich ailszuführen, er glaube, nur in Rom sich völlig von seinen Irrtümern reinigen zu können, weshalb er die Geistlichen ersuchte, ihm Empfehlungs¬ schreiben an den päpstlichen Stuhl mitzugeben. Ohne den geringsten Argwohit veritahm man den Wuirsch des Konvertiten, und schon in wenigen Tagen erhielt er von angesehenen Prälaten die verlangteit Empfehlungsschreiben, von denen mehrere sogar an Kardinale gerichtet waren. So ausgerüstet, reiste er nach Rom, und wurde hier von der hohen Geistlichkeit sehr zuvorkommend ausgeitontineit. Er verlangte einen Mönch, der ihn vollends zum rechtgläubigen Katholiken machen sollte, und sein Wunsch wurde erfüllt.
Der Major konitte
sich
aber mit dem ihm überwiesenen
Mönche nicht recht verständigen;
er
begehrte deshalb einen
«5
anderen.
Allein mit
diesem
53ö
Wehmut," — die Pole, zwischen welchen sich die. geistige Thätigkeit der Mitglieder bewegte. Das Siegel stellte eine Eule dar, mit der einen Klaue einen Spiegel, mit der andern Die eine Zinke desselben, einen einen Stiefelknecht haltend. Schafskopf darstellend, sollte als Symbol der ttnendlichsten Wehmut gelten; während die andere, ziegenohrartig geformte,
roie mit verschiedenen anderen
erging es ihm nicht besser. Endlich sandte man ihm einen Mönch von außerordentlicher Körpergröße. Diesen nahm er an, und siehe da: er mar ein Mann, ganz nach dem Wunsche
„frommen" Majors. Mittlerweile hatte dieser aussprengen lassen, er besäße große Güter und Reichtümer in Polen, weshalb ein jeder gern des
Eines Tages sagte der Major nunmehr zu dem langen Möttch, er möchte seine Vorbereitung zum Uebertritt in die katholische Kirche gern auf seinen Güterit in Polen vollenden, und fragte denselben, ob er aus christlicher Liebe ihn dahin begleiten wolle. Er machte ihm so verlockende Schilderungen vott den Tafelgenüssen und von dem Weinkeller, die ihm dort zu Gebote stehen würden, daß der Mönch einschlug, für den Fall, daß seine Vorgesetzten es ihm erlaubten. Die Erlaubnis wurde erteilt, da man einen so ange¬ sehenen Proselyten, wie den preußischen Major, nicht gern entschlüpfen lassen wollte. Beide reisten ab, uitd trafen in einigen Wochen nicht in Polen, sondern in Potsdam ein. Hier empfing sie der König mit lebhafter Freude; er stellte den Mönch in seine Garde ein und schrieb an den päpstlichen Sttchl, daß es ihm voll¬ ständig geglückt sei, den bezeichneten langen Mönch in seine Gewalt zu bekommen. Der Major aber wurde sogleich wieder einrangirt und wegen der glücklich vollführten Herbeischaffnng des „langen
Kerls"
reich beschenkt.
Leider nennt die Ueberlieferung nicht den Namen dieses So freudig wir aber auch die hohen Ver¬ kecken Majors. dienste des „ökonomischen Königs" tun sein Volk und sein Land anerkennen, so wenig vermögen wir solch' ein „Spiel um einett langen Kerl" zu rechtfertigen.
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Graf Ein Bild aus
de der
3 . Xusufl 1889 .
la Roche-Aymon. Zeit
Von
des
Prinzen Heinrich.
F. Katt.
(Fortsetzung.)
P
wäre es, Freund Kaphengst, wenn Sie mir heute die Spiel geben wollten?" wandte sich der Pole nach einer halben Stunde an seinen Wirt, als bereits etlichen der silberumsponnenen Flaschen der Hals ge¬ gewünschte Revanche im
war.
brochen
„Fortuna möge mir
„Ein kleines Jeu die
Die Würfel rollten auf den Tisch. „Zwanzig!" ruft er nach dem Wurfe heiser. „Dreißig!" ertönt es gleichmütig aus dem Alande Wen-
ie
heute holder gesitinr sein!"
nach so anstrengender Thätigkeit wie
heutige ist nicht zu verachten;" erwiderte Kaphengst schmun¬
„Frisch denn ans Werk!" Der Tisch wurde dichter an den Kamin gerückt, die Lichter geputzt. Bald rollten die Würfel. Nichts unterbrach die Stille als ab und zil ein Ruf der Spielenden. Anfangs schien es, als ob das Glück Kaphengst be¬ günstigen wollte; goldene und silberne Minzen häuften sich vor dem Spieler. Heller erglänzten die Blicke des Barons; lchon konnte er den blitzenden Tand, welchen er Angelika versprochen, erwerben. Die erste Partie war zu Ende; allein es waren vierzehn Partien zwischen den Spielenden ver¬ zelnd.
einbart.
Wieder klapperte der Becher, rollten die Würfel; immer lleiner aber wurde das kostbare Häufchen, welches vor dem Aaron aufgespeichert lag. Das Glück hatte sich gewendet; unwillkürlich
griffen die Finger des Spielers nach dem Metall, um es festzuhalten. Der Zeiger der Uhr rückte weiter vor; Mitternacht war längn vorüber. Aufgeregt stürzte Kaphengst ein Glas nach öei " andern hinunter; er hatte alles verspielt, was er an blinkenden
barem
Gelde
besessen. Glühend funfesten die Augen des als er Wengersky, welcher sich erhoben hatte, die ^vvie zuraunte: „Nicht von der Stelle, Herr, wenn es bel^bl! Wir spielen noch um jene 20 Luxuspferde, welche in
Aarons,
Keseberg
stehen!"
gerskys.
Es war, als ob sich die Lichter vor den Augen des Spielers drehten. „In die Hölle denn mit dem Bettel! Schönermark, mein drittes Gilt, setz' ich zum Pfande und nun vorwärts."
Die Würfel rollten von neuem. — „Für heute dürfte es genug sein!", spricht Wengersky bedächtig, als das Glück deut Baron abermals seine Hilfe versagt. „Seien Sie ver¬ nünftig, Kaphengst!" Er wollte die Lederbecher zur Seile schieben.
„Und wenn ich der spröden schönen Fortuna den Hals sollte!", rief der Trunkene aus. „Weiter um Rauschen¬ dorf, wenn es Euch paßt!" fügte er mit sonderbarem Ausdrucke hinzu, als Wengersky zögernd und kopfschüttelnd die Würfel nahm. „Ich will's!" Und wieder verlor er. „Sagte ich's Euch nicht, Baron?" rief Wengersky warnend aus, als der letzte Wurf gefallen ivar. „Ihr seid ein unver¬ besserlicher Hitzkopf; wie ivird es Eure werte Gemahlin auf¬ nehmen, wenn sie den Frühling nicht mehr in Raufchendorf brechen
verleben kann?"
rang
Leichenblaß starrte Kaphengst den Grasen an; dann ent¬ sich ein heiseres Gelächter seinen Lippen.
„Gehet!" lallte er, sinnlos berauscht, und fiel in den zurück. „Grüßt mir die schöne Angelika und nehmt fortan meine Stelle bei ihr ein!" — Am andern Tage verbreitere sich in der Residenz das Gerücht, daß der Major von Kaphengst nach einer wüst durch¬ Sessel
——€5
seine beiden herrlichen Güter Schönermark tind Rauschendorf verspieli habe. — Das Schicksal des ehe¬ maligen Günstlings war damit besiegelt.
schwelgten Nacht
Achtes
-
5216
Kapitel.
Uach Jahre«.
Des Prinzen Hoheit wird erfreut sein, die Tochter unseres guten Zeuner nach Jahren hier als Schlo߬ frau walten zu sehen." „Ich werde versuchen, gnädigster Herr, mit meinen schwachen Kräften das Gewünschte zu leisten!" erwiderte die
machen werden.
Gräfin.
Wieder einmal dufteten die Linden und Kastanien im Rheinsberger Parke. Ein wonniger Frühlingsabend hatte sich über die herrliche Schöpfung des genialen Herrn von Reitzen¬ Flimmernd leuchteten am Himmelszelte stein herabgesenkt. zahllose Sterne; hell und friedlich bestrahlte der Mond mit seinem silbernen Lichte die Gesellschaft, welche lachend und plaudernd unter einer mächtigen Kastanie behaglich den Abendthee schlürfte. Wie die goldhaarige Prinzessin im Märchen schaute die zarte Frauengestalt aus, welche neben dem freund¬ lichen alten Herrn den Ehrenplatz an der Tafel einnahm. Fünf Jahre, welche im Strome der Zeit dahingerauscht sind, haben der entzückendetl Grazie der ehemaligen Demoiselle Zeuner, jetzigen Gräfin de la Roche-Apmon, keilten Eintrag gethan. Aus der zarten Knospe hat sich die prangende Blüte entwickelt, welche mit ihrer Schönheit Herz und Sinn bestrickt. Auch der Graf hat sich nur wenig verändert; nur männlicher scheint der junge Franzose geworden. — Eilt dichter Ban be¬ schattet seine Lippen; — voll und stattlich ist der einst so
Herr geworden. — Bald nach dem Baseler Frieden hatte Antoine die Ge¬ liebte heimgeführt. Die Tage der alten Rhetnsberger Herr¬ lichkeit schienen noch einmal wiederzukehren. Die Grazien hatteli ihr Heim in dem Schlosse aufge¬ schlagen; „Prinzessin Goldhaar", wie der Prinz die schöne Frau lächelnd zu tiennen pflegte, hatte alle Herzen im Fluge gewonnen. Sie machte bei den Festlichkeiten, welche von Zeit zu Zeit veranstaltet wurden, die Honneurs im Schlosse ihres fürstlichen Gönners mit Anmut, und beglückte ihren Gatten täglich mehr. Der Prinz hatte sich der lieblichen Herrscherin ohtte Einspruch uitterworfen. Er belvuitderte alles an dem reizenden Geschöpfe, die strahlettden Blauaugen, das goldene Haar, die geistreiche Art zu plaudern, ja sogar die Kochkunst der Gräfin. Nach einem Jahre ivar danit aitch der Kammerherr Baron Dodo von Kniphausen wieder im Schlosse erschienen, um den freiwilligen Dienst bei seinem hohen Gebieter von schlanke
neuem aitzitireten.
„Allein
dem kleinen Kreise
— sie blickte sich lächelnd in „müssen mir natürlich behilflich sein."
die Herren",
uni, —
„Daignez, ma chere Comtesse, mich davon zu dis¬ pensieren; das Alter fängt an, sich stark an meinein pauvre corps bemerkbar zu machen;" sprach der Prinz melancholisch.
„Mein alter Freund da,"
■—
er wies auf Kniphausen hin,
welcher sich verbindlich verneigte,
— „et votre mari
werden
mich würdig vertreten."
„Gestalten Eure Hoheit gütigst", fragte die Grän» „daß wir den Onkel Kaphengst davon benach-. richtigen?" — „Die frohe Neuigkeit wird den armen kranken Herrn aufheitern!" fügte der Graf bittend hinzu. „Freund Kinphausen, der morgen Abend nach Karwe reiten will, um dort einmal ein paar Tage nach dem Rechten zu sehen, wird den kleinen Umweg gewiß nicht scheuen." Ein finstrer Ausdruck zeigte sich plötzlich auf dem Antlitz „Laßt des Prinzen, der fast hastig die Worte herausstieß: nnch mit dem Kujon in Ruhe; — thäte ich es nicht seiner Frau und alter Rücksichten halber, — vraiment, es wäre zögernd,
am besten, den
suitier
ganz zu vergessen."
„Hoheit verzeihen unterthänigst", sprach Kniphausen be¬ gütigend; „seit Jahren lebt Kaphengst krank und verlassen in Meseberg hin hin. Sie, mein erhabener Gönner, haben ihn gewiß mit Recht gestraft. Aber lassen Sie endlich einmal auch für den Armen die Gnadensonne scheinen."
„Meinetwegen; fahren Sie denn hin und bringen Sie ihm die erfreuliche Neuigkeit nebst einer Invitation nach Doch nun, mes enfants, es sängt an, kühl zn Meseberg. Excusez, messieurs! Bonne nuit, charmanteste werden. Gräfin! Steinert, Ihren Arm!" Langsain erhob sich der alte Herr.
Die Zurückbleibenden sahen dein Prinzen ehrerbietig nach, „Unsere bis Graf Antoine endlich das Schweigen brach. sprach wirklich zu werden!" teure Hoheit fängt an, schwach „Kniphausen, finden Sie dies nicht er dann nachdenklich. auch?" Der Gefragte antwortete nicht sogleich. Die Gräfin aber sprach:
Die Reise, welche Kniphausen damals unternommen hatte,
„Geliebter, sorge nicht!
Der Prinz wird uns,
so Go»
neveu, des Prinzen Louis Ferdinand Hoheit; mon eher
Suchen wir noch lange erhalten bleiben. auf alle mögliche Weise zu zerstreuen und zu erheitern! Doch kommen Sie, messieurs; lassen Sie uns den Abend noch ein wenig genießen!" Langsam schritt sie mit den Gefährten den Baumgang, Unter heiterem Gespräche welcher zum See führt, hinab. verflossen die Stunden, bis Kniphausen endlich zum Ausbruch
frere teilt mir
mahnte.
ans chm gemacht zu haben. Früher ziemlich einsilbig und nicht besonders gesprächig, floß der Mund des Kammerherrn jetzt von schöner Rede über. Seine Uttterhaltting würzte manch' einen regnerischen Abend: es hatte sich im Schlosse ein glückliches Stilllebett entfaltet. „Wir erhaltet! in nächster Zeit 1 a visite äs mon schien
einen
neuen Menschen
soeben diese angenehme Nachricht
mit!"
sprach
Prinz, indent er das zierliche Schreiben, welches eine Estaffette aus Berlin gebracht hatte,
eines
solchen
Abends
will,
Ain andern Abend nahm Kniphausen Abschied.
der
zusammenfaltete.
„Kamnterrat, Sie werden die Zinuner im linken Flügel in Ordnung bringen lassen." — „Und Sie, ma chere Com¬ tesse", fuhr die Hoheit scherzend fort, — „ich hoffe, daß Sie unserm Gaste die Honneurs in gewohnter anmutiger Weise
denselben nur
Während
Wagen dem benachbarten Meseberg zurollte, saß dar gräfliche Paar auf der Bank beim Obelisken, der eigenen Ver¬ hältnisse denkend und Ereignisse herbeiivünschend, welche niä* eben in allzuweiter Ferne zu liegen schienen. „Und so, mein Lieb, gelange ich, will's Gott, noch ein¬ der mal in den Besitz meiner flanzösischen Güter", schloß jetzt
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10. Luguft
1889.
la Roche-Aymon.
de der
Zeit
Von
des
Prinzen Heinrich.
F. Katt.
(Fortsetzung.)
»Morläufig, Antoine,
Wirklichkeit noch in weiter Ferne; laß uns deshalb, Geliebter, das freund¬ liche Heim, welches Dir Dein Wohlthäter nun schon so lange Jahre dargeboten hat, von ganzem Herzen genießen. Und sieh', wie edel von dem Prinzeil, den pauvre oncle wiederum mit seiner Huld zu beglücken! Er dauerte inich, der alte, kränkliche Mann, welchen die Leiden der letzten Jahre so ver¬
„haben Sie je die Bauernlieder gehört, welche die Burschen in der Champagne so vortrefflich zu singen verstehen?" Er hatte sich erhoben und stand mit dem gefüllten Kelche in der Rechten inmitten der Lagernden da, eine hohe, schlanke Gestalt mit interessanten, scharf geschnittenen Zügen.
bitten haben!"
Dinge, die da kommen sollen."
ist
diese
schöne
„Kennst Du unsern jungen Gast von früher her genauer, mit ehere?", fragte ihr Gemahl ablenkend. „Oberflächlich, mein Theurer, wie man sich eben an einem Hofe kennt", antwortete sie; „wir begegneteil ilils öfter bei Bällen und anbereit Festlichkeiten." „Ist er denii wirklich so bestechend, dieser junge Sohn des Mars?", fragte wiederum ihr Gatte. „Ich weiß es wirklich ilicht", antwortete die junge Frau ei>> wenig ungeduldig, „was kümmert es uns? — Man ist "ohl gar ein ivenig eifersüchtig?", fügte sie neckisch hinzu. »Beruhige Dich indessen, — so einzig gut und schön, wie wem liebes Männchen, ist der Prinz gewiß ilicht. Allein die Geisterstunde schlägt; morgen ist ailch noch ein
Tag!" —
Neuntes Kapitel.
Auf der Uemusinsel. Einige Wochen später, an einem Junitage des Jahres auf dem kleinen Eilande im Rheinsberger See, ber Remusinsel, ein fröhliches Treiben. Auf dem Rasen hatte eine heitere Gesellschaft gelagert, welche den mit eblen ^ eu gefüllten Römern fleißig zusprach und muntere Lieder "ber den schilfbekränzten See ertönen ließ. »Cher oncle", rief ein junger Mann, dessen braunes ^»ckenhaar voll einem Krailze von Weinlaub geziert war. 1800, herrschte
>
„Je ne les connais pas, mon neveu!" antwortete „Ln avant, wir sind erwartungsvoll der
der Prinz Heinrich.
„Gern will ich's denn versuchen!" Der Sänger begann: „ 8 on 8 le soleil et sous la nu'
La terre est noir’, La terre est nu’. O-he ses fils, habillez-la! Lon la landigue Ion la! Que le semeur passe par la!" — „Ach, es geht doch nicht!", unterbrach er sich lachend, einen Zug aus dem Pokale schlürfend. „Ich lvill später ver¬
Jhneil lind deil übrigen Herrschaften das kleine Liedchen auf dein Jnstrunieilte vorzutragen; so geht's beim besten Willeil nicht." „Wenn Hoheit gestalten, würde ich mir wohl getrauen, die Volksmelodie zu fingen!", unterbrach der Graf de la RocheAymon den Redenden. „Oft genug hab' ich das Liedcheil von unsrer alten Jeanneton, welche aus der Chanlpagne ge¬ bürtig ivar, in meinem väterlicheil Schlosse fingen hören!" Die Stimme des Grafen, ein volltönender Baryton, begann sucheil,
die zweite Strophe:
„ 8 a vieille mere n’est plus nue, Car une robe lui est venue, 0 robe vert’, robe de soie, Lon la landigue lon la! V’lä le semeur passe par lä!"
»j
548
Allgemeiner Beifall lohnte dem Sänger, welcher die Melodie des Ritornells ganz vorzüglich wiederge-
einfache
gebeu hatte.
„Bravo, Herr Graf", rief nun auch Prinz Louis Fer¬ dinand dem Sänger freundlich zu. „Ja, so war's; — oft genug hab' ich das Liedchen von den Burschen während des Feldzugs ini Chor fingen hören, an warmen Sommerabenden, wann sie vor den Thüren saßen und die Mädcheit ihren Flachs spannen." „Soitderbare Melodie, das", meinte der alte Prinz Heinrich
— vraiment sehr originell." „Und Sie, Madame la Comtesse", fragte Prinz Louis jetzt die Gräfin, welche dem Gesänge ihres Gemahls gelauscht hatte und jetzt, wie aus tiefem Traume erwachend, den Redenden anblickte, „hat Jhueu, Gtiädigste, das Liedchen nicht
kopfschüttelttd, „aber originell,
&■-
„Aquarellzimmer" rvieder zusammen. Die Fenster des kleinen Raumes stauben weit geöffnet, um die milde Sommerlrrft ein¬ Am geöffrreten Flügel saß Prinz Louis dringen zu lassen. inr blauen Gesellschaftsrocke seines Regimentes „Romberg"; er entlockte denr altmodischen Jirstrumente herrliche Melodien. Er hatte jerres steine französische Liedchen meisterhaft zu Nun folgten provencalische, bretorrische, variiren gewußt. polnische und errglische Melodien in bunter Reihe, bis der Spielende endlich zu einer vaterländischen Hymne überging. „Mölleudorf, das neue Ouartett!", ries er daun seinem Adjutairteit zu, und der Prinz, Kniphauserr, Krresebeck und
Möllendorf trugen die Tondichtung des Prinzeir vorzüglich vor. (Fortsetzung folgt.)
V
gefallen?"
„Etwas eintönig!", enviderte
die Gefragte. „Nach meinem
in der Thar zu sehr an die bäuerlichen Champagnarden erinnernd." „Wie immer, har unsere reizende Gräfin auch diesmal recht", enviderte der Prinz, „vielleicht aber werden Ihnen die Variationen besser gefallen." — Graf Antoine hatte während der Worte des Prinzen auf seine Gattin geblickt. Sie halte errötend beu Blick gesenkt. — Seit jenem Lenzabende, an welchem das junge Paar tu stiller Nacht heiler und froh seine Zukunftspläne geschmiedet hatte, waren einige Tage verflossen. Der hohe Gast war angelangt; das friedliche Stillebeir des kleiiren Kreises hatte sich mit einem Der junge Prinz war das belebende Schlage verändert. Element des kleinert Kreises geworden. Prinz Louis, voller
ierra
d e n.
(Fortsetzung.)
Geschmacke
Talerrte und Kenuttiisse, wurde von dem alten Oheim fast vergöttert. Da wurden dairn wieder jene kleinen, allerliebsterr Theateraufführttngeu arrangiert, irr welchen jetzt der Prinz Louis uird die Gräfin die Hauptrollen spielten, da Mademoi¬ selle Aurora inzwischen nach Paris zurückgekehrt rvar, wo sie anr Theätre Feydeau eilt Engagement angetreten hatte. Wie meisterhaft verstanden es die beiden, ihren Darstellurigeit Leben zu geben! Der alternde Prinz brach oft in lautes Entzückert aus, meuir die junge Hoheit den alten, guten, inzwischen verstorbenen Gärard so frappant zu kopieren verstarrd! Nach uird rrach aber glaubte Antoine wahrzirnehmen, daß eine gewisse Vertrarrlichkeit irn Verkehr zwischen der Gräfin Feirriger glänzten die Blicke des tmd deni Prinzen eintrat. letzteren, iverrrr die junge Frau beim Tarrze feine Partnerin geworden war, oder wie heut' das Haupt des Uebermütigen mit Weinlaub bekränzte. Ein unbestimmtes Gefühl des Schmerzes wallte inr Herzen Antoines aus. Sollte sie, sa cliere Line, son enchanterresse, wie er sie zu nennen pflegte, an dem glärtzenden Schmetterling Gefallerr gefunden haben? Er fragte Kniphauserr, den wohlbedächtigen Mann; dieser aber antwortete ihm achselzuckerid: „Was wollen Sie, inein Lieber, ein weirig llnordnurrg, wie dieser Aufenthalt des jungeit Prinzen bei uns, macht sich zuweilerr gariz reizend! Aber Sie haben Recht, in solchen Dirigeu ist nicht zu spaßen. Beobachten Sie Madarne, — voila tout!"- Damit ging er, derr armen Antoine in wenig arigenehmer Stirnmung zurück¬
Wie oft Vierraden damals seine Herren gewechselt hat, Ge¬ sich mit Sicherheit rvohl nie mehr feststellen lassen. schichten von Grerrzkriegeu sind rriemals geschrieben worden
wird
und können der Sachlage nach auch nicht geschrieben werden. Es genüge hier also zrr konstatieren, daß, als die Hohenzollern
in die Mark kamen, Vierraden eine entschieden ponrmersche Veste war, von welcher aus die Reisigen der Herzöge vom Greifenstamme der Mark Schadett zu thun versuchten, „als sy dat dicke mochten", — um in der Sprache jener Zeit zit reden — d. h., so viel, als nur immer geschehen konnte. Doch jetzt endlich klärt sich die wirre Geschichte voit Vier¬ raden ettvas auf! Merkwürdiger Weise ist es nun ein ächtes historisches Volkslied, — wir dürfen wohl sagen: ein Lied, welches an Lebendigkeit und poetischem Werte den altenglischen und altschottischen Balladen vollkommen gleichsteht, — welches epheugleich die Trümmer von Vierraden umrankt. Von Vier¬ raden zog Herzog Otto von Stettin zur Angermünder Schlacht aus. Doch wir lassen dies ächte historische Volks¬ lied der Mark seinem ganzen Umfange nach hier folgen und bemerken nur, daß die erzählten Begebenheiten in den Früh¬ ling des Jahres 1420 fallen. Unser Lied aber, dessen Dichter nach alter Art uns auch seinen Namen nennt, lautet also: „Wy will'» singen ein' nyen Rei'n: Na' dem Winter kömpt uns der Mai'n, Dat hebben wy wol vernamen, Dat Ketter-Angermünd*) genamen ward; Dat nahm de Marggraf sramen. Bischof Magnus, de vil edel Mann, De sik de Mu'r tom ersten anklam, Vor die Hovelüde alle, Vordinete wohl vier und festig Schock Met dem ersten Anklamen.
Janike van Briefen liet sich utjagen Von Ketter-Angermünd bis to'm Greifenhagen;
Er kündete nye Märe; To Stettin uff det Hertigen Hof, Da sprak he to sinem Erfherren: „Genedige Herr, dat sy ju bekannt; Kett'r-Angermünd und dat Stolper Land,
lassend.
Die Sonne hatte
sich
geteuft.
Man war ins Schloß
zitrückgekehrt; man fand sich zum Aberrdimbiß im sogeirannten
*) gewesen.
Ketzer-Angermünde war Sitz der häretische» Sekte der Suciferian«
Daher der Name! —
—*5
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Dat wird jo gar verdorwen! Dat duht ju Marggraw Frederick; — Se spraken, hei were gestorwen." —
De Hertich lett tosammen vorbad'n
Der Dütschcn
nock mehr denn der Palen; Selbst red' he an der Spitzen To dem Bierraden up't hohe Haus;
Doar eten
sy süete Fische.
Sy reden dann von dem Vierraden davon, — „Folget nao, Stade und alle gude Mann, Folget nao ju myner Glitzen!" —
laune stiegen die Pommernritter mit ihrem Herzoge Dtto r welcher halb Krieger, halb Geistlicher war, zn Rosse; — nur einer schüttelte das Haupt; — es war Schwerin, der ernste, warnende Mann! Er. Detlev von Schwerin, hat den Zug von Vierraden nach Angermünde widerraten. Wie wundersam! — So warnte seinen Herrn ttnd Fürsten auch ein andrer Schwerin, — der greise Held mit dem Bande vom schwarzen Adler, — der Held, welchen nach der „PragerSchlacht" der Dichternmnd nicht anders zu benennen wilßte
als den „Glückseligen Schwerin!",
Sie quemen vor Angermünd' up den Plaon; Die Dore war'n ihnen mit upgedaon; Se ridden henin med Schalle. Se ripen all to mall „Stettin!", — „Brandenburg" were gefallen.
Die Gans von Putlitz*^) lag hinter dem Grawen; Wo grinimig streckte se eren Kragen Bawen die Grysfen alle! De Gryssen hadden de Flügel verlar'n; Der Adler schwewte dar bawen.
mtd aitch seilte Stimme verhallte ungehört. Ueber die Vor¬ gänge beim „Fischessen von Vierraden" aber sind wir noch anderweitig imterrichtet. Es ist uns nämlich auch noch das Bruchstück eines pommerschen Liedes erhalten; — dasselbe hat wahrscheinlich den Streit des Marschalls Schwerin mit seinem Herrn behandelt. Herzog Otto spricht in demselbeit spöttisch zu dem edlen Schwerin:
„Her Detloff, ju furchten ju stiew. — leide vor juwe junge Liew Unde vor juwe schöne Wiew'," —
Ju is
De Gans war des Müdes also voll, Durch de Mu'r breek sy ein Holl'; Wol durch die harten Feldsteine. Wo sie nu upp den Marricht quemen, Dao wor'n er 'r teene vor einen!
De Schwerder gingen den Klinker, den Klank! Herr Detlow van Swerin war darmank. Den Preis wolld' he erwerwen; Deß mußte Her Detlow van Swerin Bür synen Ershcrrn sterwen!
allein der edle Marschall antwortet: „Mn is nich leide vor myne junge Liew', Ok nich vor myne schöne Wiew, Ick will, — esst God will, — vor ju sterwen Edder hyden Pris unn Ehr' erwerwen!" —
Wer'n wy nu to'm Vierraden!"
Dettlev von Schwerin zog todesmutig aus dem alten Schlosse von Vierraden aus; — der Tod küßte seine Stirn dann auch sogleich in dem Ansaltge des Kampfes um Angermünde! Mit ihm fielen auf pommerscher Seite der Ritter Rttdolf von Kaschow aus dem Geschlechte der Npenkerken „med der gnldenen Kette", — einem alten, sagenumzogenen Familien¬ kleinode, — und Ritter Peter Trampe. Kaspar Gans von Putlitz hatte unsterbliche Ehren an dem Tage erworben; —
Da
die Verse:
Da de Hertich dat gesach, Dat da Her Detlow vor em lag, Gespitct as een Braote: „Ach milder Christ vom Himmelrik,
sprack sick dct Hertigen näheste Knecht: „Genediger Her; — wer'n wir nun weg, — Wer'n wy went' ut dem Doare: Ick schwere et ju by Truwen und Ere, Den Prys hebb'n wy verloaren!" —
De Hertich quam wol vor dat Doar. Dem Rosse gaw he so balde die Sparen; Syn Drawen must he laten. To dem Vierrad'n up't hoge Hus, — Darup woard he gelaten.
„Die Gans von Putlitz lag hinter
sind ein Denkmal der Volkspoesie, wie es so schön kein anderes Geschlecht der Mark besitzt; sie sind auch poetisch-technisch be¬
ick
van dy scheiden!" —
De uns dit nye Lied gesang: Een Smedeknecht is he genannt, — He heet
sick
Köne Finke,
He führt een Hemmerken in syne Hand;
„Gut Bierken", — dat mag
he
wohl drinken!"
Die Ballade ist ganz vortrefflich, Köne Finke verdient einen Ehrenplatz unter unfern märkischen Dichtern! Völlig dramatisch steht in diesem Liede das Fischessen von Vierraden vor uns. „Fische aber wollen schwimmen!"; — in heiterer Wein-
**)
der
Ritter Kaspar Gans Edler zu Putlitz, ehemals Landeshauptmann Priegnitz und Altmark.
meisterhaft!-
trachtet ganz
(Fortsetzung folgt.)
Brandenburger Reminismmn. Von Gustav DuUa.
Hei ging sick an der Borgtinnen sta'n; Sin Höwet stak he to'm Fenster rut, Voll Jammer ock van Leide: „Kett'r-Angermiind', du veel gude Stadt, We kläglich mött
dem Grawen;
Wo grimmig streckte se eren Kragen Bawen die Gryshen alle!"
(Fortsetzung.)
Die Chronik der Stadt berichtet noch von einem anderen großen Schaden, deit dieselbe im verflossenen Jahrhundert eriitten hat. Nur war es hier nicht ein Geiteral, tvelcher durch einen schlau eingefädelteit Vertrag die Kämmerei zunt Land-
wine zu
machen wußte; diesmal dekretierte Se. Majestät, daß
für deit Schutz der Industrie einzutreteit habe, mtd die Stadt hat bei dem Experiment, das der Staat auf ihre Kosten machte, mehr als 60,000 Thlr. eingebüßt. Es handelt sich hier um die auf Ordre König Friedrichs II. in Brandenburg gegründete Parchentfabrik, welcher 1753 das altstävttsche Rathatts eingeräumt wurde, ohtte daß man für die Kämmerei
nötig hielt, den Magistrat um seine Zitstimmung ztt befragett oder ihm auch nur eilte Vergütung für die Benutzung zu ge-
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Er wendete ein, daß Köppen & Wagner ein ausschließliches Privilegium aus. Fabrikation von Parchent nicht haben könnten, weil nach deren Antwort ist charakteristisch.
ivähren.
Aus Befehl des Königs und aus Kosten der Kämmerei Wurden 50 Spinnerkolonisten in der Umgegend der Stadt an¬ gesiedelt, van denen jeder ein Wohnhaus, einen Morgen Land
vor,
und die Berechtigung aus Brenn-, Rast- und Leseholz in der Stadtsorst erhielt. Bei der Auswahl der Kolonisten scheint mit wenig Sorgfalt verfahren zu sein, und es war wohl keine glückliche Idee, die Kolonisten aus dem Lande anzusiedeln, ihnen einen Garten, Leseholz im Walde, eine Kuh und zwei Schweine zu geben, dabei den Männern zu gestatten, ihrer besonderen Profession nachzugehen, die Weiber und Kinder aber zum Spinnen zwingen zu wollen. Der Magistrat war mit dieser „Kolonialpolitik" überaus unzufrieden, denn in einem Berichte aus dem Jahre 1764 heißt es: „Uns über¬ läuft eiu Schauer, wenn wir daran gedenken, was uns diese Leute für Unkosten verursacht und wie wenig sie dagegen dem Publikum Vorteil stiften. Hunger und Dürftigkeit herrschen in ihren Angesichtern, und die ledigen Wände in ihren Häufen: sind nicht vermögend, ihren hungrigen Magen Brot zu schaffen. Sie fingen zwar an, zu spinnen, aber die Bettelei mar ihr stärkster Betrieb, und die Dörfer klagten auf den Gerichtstagen, daß sie sich vor den Anfällen dieser gierigen Wölfe nicht schützen könnten." Im Jahre 1779 hatten die 50 Kolonisten nur etwa den zwölften Teil des Garns geliefert, welches die Parchentsabrik brauchte, allmählich kam das Spinnen ganz ab und die Spinnerkolonisten wurden zu kleinen Büdnern, die etwas Landwirtschaft und viel Holzdiebstahl trieben. Nachdem sie ihre „Gerechtsame" mit Eifer erweitert, und im Jahre 1848, als solche Gerechtsame auch in den Gerichtshöfen Sympathien fanden, günstige Verdikte erstritten hatten, sind der Stadt aus der Ablösung mehr als 42,000 Thlr. Ausgaben erwachsen. Nicht besser, als mit den Spinnern, ging es mit den Webern, trotzdem sie freie Wohnung, freies Bürger- und Meisterrecht, Steuerfreiheit aus 5 Jahre für sich und ihre Gesellen erhielten, auch von aller Werbung befreit wurden. Die Zahl der bei der Eröffnung der Fabrik vorhandenen 30 Meister stieg zwar 1764 aus 66 , fiel aber schon 1774 auf 23, — 1804 arbeiteten nur noch 10 Weber auf je einem Stuhl. Die Klagen der Weber über Mangel an Arbeit und schlechten Verdienst wurden seit 1765 ununterbrochen fortgesetzt, obwohl der Entrepreneur der Parchentsabrik, Carl Friedrich Daum aus Berlin, mit den weitgehendsten Privilegien und Zwangs- uitd Bannrechten ausgestattet ivar. Nach denselben sollte in der Kur- und Neu¬ mark, in Pommern, Magdeburg tmd Halberstadt keilte neue Parchentsabrik angelegt werden und jeder zur Brandenburger Parchentsabrik „gehörige" Fabrikant verpflichtet sein, die Roh¬ stoffe von Daum zu kaufen imd die Fabrikate an ihn zu ver¬ kaufen. Daum erhielt ferner für die eingeftihrten Rohstoffe Zoll- und Accisefreiheit und ftir die aitsgeführten Fabrikate eine zweiprozentige Bonifikation. Sobald er imstande wäre, die genannten Provinzen mit Parchent zu versehet:, sollte der Import desselben verboten oder mit hohem Jntposte belegt werden. Trotz alledeni prosperierte die Parchentsabrik iticht, aber die Entrepreneurs sahen den Grund hiervon nur darin, daß die Parchentsabrik noch nicht genug geschützt und daß nicht alle Konkurrenz beseitigt sei. Einer der schlimmsten Konkurrenten war der Kaitevasfabrikant Levin Pintus in Rathenow, der dort Parchent weben ließ. Im Jahre 1768 ging die Firma Köppen & Wagner, auf welche die Brandenburger Fabrik übergegangen war, mit einer netten Beschwerde gegen Pintus
Etablierung Parcheittfabriken sogar von den: Etatsminister von Massow angelegt worden seien; er machte geltend, daß sein Privilegium ihn zivätige, die Baumwolle von der Levaitteschen Handelskompagnie zu entnehmen, die jedoch oft so schlecht sei, daß er sie, was ihm nach seinem Privilegium zustehe, nur zu Parchent venvenden könne; er hob hervor, daß er seine Parchents hauptsächlich nach Polen und Danzig verkaufe, daß er nur die Frankfurter Messe besuche und in seiner Berliner Niederlage so tvenig absetze, daß es wie ein Tropfen Wasser in die Spree sei. Wenn übrigens, fuhr er fort, die Fabrik von Köppen & Wagner nicht prosperiere, so liege das daran, daß die Herren ihre Kommodität lieben, ihre Gärten imd Weinberge kultivieren, sich auf Gastmahleti divertiereti, um die Fabrik nicht kümmern imb keine Messe besuchen. Sie sind, sagte er, von früher her gewohnt, daß die Kaufleute ihnen das Geld für den Parchent vorausbezahlen, und wundern sich, daß dies auf¬ gehört hat, seitdem Braunschweiger Parchent um 3 Thlr. billiger ins Land kommt; sie verstehen auch, meint er. ihre Weber nicht zu behandeln, erzürrren sich mit ihnen, jagen sie fort oder lassen sie lausen, und so ist es gekommen, daß von den 300 Meister::, welche Se. Majestät habe kommen lassen, die meisten davongegangen sind, an der Landesgrenze sich niedergelassen haben, dort für eigene Rechnung weben und Wenn man noch dazu den Parchent ins Land schmuggeln. nimmt, schließt er, daß Köppen & Wagner schlechte Waare fabrizieren, so ist es erklärlich, daß sie nur noch 26 Stühle beschäftigen. AIs dann in: Jahre 1782 ein Kammerrescript erging, nach welchem die Anlage neuer Fabriken gefördert und noch mehr kleine Leute angesetzt werden sollten, nahmen Köppen & Wagner hieraus Anlaß, die Errichtung eines neuen Spinneretablissements für 100 Familien in der altstädtischen Heide in Vorschlag zu bringen. Der Magistrat widersprach „Es ist zu bewundern," jedoch mit großer Entschiedenheit. sagte er, „:vie in einem höchst polizierten und gesitteten Staate, wie der unsrige, in welchem die Landeskollegien mit redlichen und billigen Männer:: besetzt sind, das Ruder des Staats sich in gerechten Händen befindet und ein weiser Monarch aus dem Thron sitzt, der jeden bei den: Seinigen schützet, ein Mann
und
seine
auftreten und verlangen kann, daß für ihn 100 Familien aus Brandenburger Boden angesetzt werden sollen, welche er zu seinem alleinigen Vorteil in Arbeit halten will, obwohl er keine Bürgschaft giebt, daß sie lohnende Arbeit bei ihn: finden werden." Die Ausftihrung des Planes unterblieb, und die Parchentsabrik gerieth immer mehr in Verfall, obwohl die
Subvention des Staats beträchtlich war, beispielsweise an Mietsgeldem allein für die ersten 7 Vierteljahre 1580 Thlr. angewiesen waren. Das Privilegium war zum letztenmale nur bis zum 1 . November 1803 und nur unter der Bedingung verlängert worden, daß die Exportbonifikation fortfiel und neue dursten, weil die königl. Kammer, bezeichnend für die damals an maßgebender Stelle herrschende Meinung, erklärte, daß alle Monopole dem Handel Parchentsabriken
errichtet
werden
Die Entrepreneurs blieben jedoch auch nach dem 1 . November 1803 i:n Besitze des altstädtischen Rathauses und des Syndikathauses, welches sie gegen Mietzins inne entgegen seien.
hatten,
und wollten
sich
für ein billiges, fiir 500 Thlr. in
1
Eigentum der beiden Gebäude setzen. Der Magistrat aber nannte dies in seinem Berichte ein Trinkgeld und machte energisch Front gegen eine solche Enteignung der beiden Häuser. „Dieselben sind," führte er aus, „unzweifelhaft Eigentum der Stadt und 1753 ohne Zustimmung, das Rathaus sogar ohne Entgelt, an die Fabrik zur Benutzung überwiesen; des Königs Majestät hätte jedoch, selbst als Landesherr und zum gemeinen Besten, nach beit Landesgesetzen über fremdes Eigentum nicht zu verfügen und Kämmereivermögen einem dritten zur Be¬ nutzung nicht überlassen dürfen." Der Magistrat verlangte daher, zur Klage auf Räumung der beiden Gebäude gegen die Entre¬ preneurs zugelassen zu werden, und die letzteren wurden, nach-
§►-
das
Geschlecht, Stammhaus, Rittersitze und Denkmäler
Derer von Blankenfelde. (Fortsetzung.)
Paul von Blankenfelde war, vielleicht 40 Jahre all, anno 1390 Bürgermeister; er blieb es bis in sein hohes Alter, bis 1429. Er sah die Macht der Ouitzow's aufblühen; er verband sich mit diesen herrschsüchtigen Edelleuten; er be¬ wirtete Dietrich, den Hauptmann der Stadt Berlin-Kölln, aufs glänzendste. Er fand sich bald jedoch in seinen Bundesgenossen getäuscht; er mußte gegen den früheren Freund die Waffen
KrtttsH MrarrgotsNrreg (alt).
^iit die erbetene Autorisation erteilt war, durch Erkenntnis der Justizdeputation der kurmärkischen Kammer vom 30. Mai 1807 nach dem Antrage verurteilt. So endete die Branden¬ burger Parchentfabrik, ein ebenso teurer, wie verfehlter Versuch de? Staates, für welchen leider die Stadt das Lehrgeld zu zahlen daue. Das altstädtische Rathaus wurde dann 1818 zum ^eschäftshause des Königl. Land- wtd Stadtgerichts eingerichtet "ud ging, als das Gericht nach der Neustadt verlegt wurde, den Besitz des Militärfiskus über. Diesem häufigen Wechsel einer Herren ist es leider zu danken, daß alles alte Akten“Mterial über das altstädtische Rathaus, mit Ausnahme des &er erwähnten Parchentfabrikangelegenheit, uns fehlt. 11
(Fortsetzung folgt.)
Paul von Blankenfelde sah den kriegsgeübteren Gegner zwar über Berlin obsiegen; allein er erblickte es auch, wie die Macht der Ouitzow gleich Spreu im Winde vor dem Anstürme der Zollen: zerstob; er sah Friesacks und Plaue's Mauern vor dem Gruße jener Donnerbüchsen fallen, welche aus den Glocken der Berliner St. Marienkirche gegossen worden ivaren. Der kluge Patrizier hatte den Burggrafen Friedrich von Nürnberg gewiß einst nur mit vorsichtiger Zurückhaltung empfangen; — bot die Stadt dem fränkischen Grasen, im Jahre 1412 bei seinem Einritte ins Spandauer Thor doch keinen Gruß dar; — sendete sie dann am Abende dem edlen Fürsten doch nur ein Ehrengeschenk von 17 Groschen Wert, ein Fäßlein Bier, ins „hohe Haus" der Klosterstraße, in welcheni Friedrich ergreifen.
.
Quartier gemacht hatte. Allein aitch der stolze Bürgermeister Paul von. Blankenfelde wurde, wie so viele Andere, durch den Adel der Persönlichkeit des Burggrafen gewonnen; auch er erscheint später als ein getreuer Anhänger der Sache des er¬
gewesen, wenn der „eiserne Friedrich" nicht Gnade hätte walten lassen. Das aber that er. Wille von Blankenfelde, dessen Ge¬ mahlin Barbara Otto die Tochter eines Erbsassen Peter Otto auf Herzberg war, war im Jahre 1436 Bürgerineister zu Berlin gewesen; er wurde es im Jahre 1453 wieder. Als er und sein Amtsgenosse Peter Gameköper in diesem Jahre zu weihnachtlicher Zeit dem eisernen Friedrich die Glückwünsche der Bürgerschaft darbrachten, gewährte der Landesherr dem Rate „die Vergünstigung, hinfüro mit rotem Wachse zu siegeln." Ein trefflich' Zeichen der veränderten Verhältnisse! Für das Wesen und die Wirklichkeit wurde ein nichtssagendes Privileg mit guter Miene eingetauscht! In demselben Jahre 1453 er¬ warb Wille von Blankenfelde noch das Dorf Seefeld und das halbe Dorf Pankow mit der Hälfte aller gntsherrlichen Rechte. Das Mehren des ländlichen Besitzes scheint überhaupt jetzt die vornehmste Sorge der Blankenfelde gewesen zu sein: auch in Kaulsdorf und Groß-Ziethen hatten sie Pächte, Zehnten, Zinsen, Rauchhühner, Wagendienste u. s. w., in Weißensee aber einen Hof erworben, zu welchem vier Hufen gehörten.
lauchten Hauses Hohenzollern.
Und das sollte er noch im hohen Alter beweisen!
Im
Herbste 1426 rüstete sich Markgraf Johannes, der Statthalter
Verrat der beiden Bürgermeister Zabel von Grieben und Klaus Beltz er¬ oberte Veste Prenzlau wiederzugewinnen. Er bot daher des Landes Streitmacht auf. An der Spitze der Mannschaft von Berlin standeit damals der greise Altbürgermeister Paul von seines Vaters, die von den Pommern durch ben
Blankenfelde, sowie die regierenden drei Bürgernreister Bastian von Welsickendorf und Henning Slroband von Berlin, — Thomas Wins von Kölln. Sie waren Zeugen, das; der treue Rodinger den Markgrafen Johannes durch die Furth des Uckersees trug: sie vernahmen von den Lippen des Hohen¬ zollern das geflügelte, wundersam ermutigende Wort, welches wir vor einem Jahre in diesen Blättern einst ausführlich be¬ handelt haben:
„Steh'
Richt aber, daß die Bruder von Blankenfelde zu dem ländlichen Berufe der Vorfahren zurückgekehrt wären: nicht, daß sie in Abgeschiedenheit und friedlicher Stille gelebt hätten; nein: Bürgermeister von Berlin waren sie, wie alle ihre Vor¬ fahren, Wille 1463, Hans bis 1472. Bei Hofe scheinen beide Waren sie doch auch Brüder sehr beliebt gewesen zu sein. Mitglieder der von ben eingewanderten Bürgern Jakobus Roydel von Dillingen im Schwabenlande und von Palme Reinecke aus Lindberg gestifteten St.-Wolfgang Brüderschaft bei St. Nikolai, welcher ain 26. Mai 1482 der Kurfürst Johamtes Cicero mit seiner Gemahlin Margaretha selbst bei¬
Mann, und wanke nicht; Du trägst Brandenburg auf Deinen Schultern." fest, mein
Sieggekrönt kehrte unter der Anführung des weißbärtigen Altbürgermeisters dann die Kölln-Berliner Mannschaft in die beiden Spreestädte zurück. Noch bis zum Jahre 1436 sehen wir den Patrizier in den Geschäften des Landesherrn thätig. So erscheint er als „gesetzter und gewilligter" Richter über jene Unbill, welche „die von Frankfurt" gegen Markgraf Johann begangen hatten; so weist er die Gattin des Bürgermeisters Nabel in Berlin in jenes Leibgedinge ein, welches der Gatte ihr hinterlassen und Dann aber verschwindet die Landesherrschaft ihr bestätigt hatte.
er aus ben Urkunden.
trat!
—
anreden.
Wilke's und Hans Blankenselde's aber Berlin-Köllns. Es war den beiden
Die Blankenfelde standen in diesem Kampfe selbstver¬
über dem Thore der Burg zu Spaitdau, hinter dem Damm," erschienen am 24. September 1448, Dienstag nach St. Moritz, auch Wille und Hans Blankenfeld sowie Hans Landsberg, ihrer Schwester Sohn. Sie wurden zunächst auf 3000 Gulden „geschätzt". Am 29. Septeniber wurden sie dann itoch einmal vernommen; am 5. Oktober aber, Sonnabends nach Franzisci, erfolgte das Urteil. Dasselbe lautete auf Einziehung aller Lehen einschließlich der Leibgedinge ihrer Frauen. Jene 3000 Gulden mußten überdem noch als Buße gezahlt werden. Das reichste Haus der Stadr Berlin wäre demnach verarmt
Landesherrn mit dem Tue!
— dem
Ohne
Groll blickteit die Berliner auf ihre vereitelteit reichsstädtischen Hoffnungen zuriick. Wauit Wille und Hans von Blankenfelde verstorben sind, ergiebt sich aus Urkunden uitd Denkmälern mit voller Genauigkeit nicht. Die Gruft der Blaitkenfelde befand sich in
entschied sich das Schicksal
ständlich auf Seiten der städtischen Sache; sie nahmen teil an der Erhebung und Demütigung Berlins. Auf „dem Stüblein
sie den
märkischen Bürgertume hatte sich inzwischen vollzogett.
im Schilde.
Slädien nicht vergönnt, zu hansischer Unabhängigkeit zu ge¬ langen; das märkische Bürgertum unterlag im Kampfe mit der Fürstenmacht — zum Heil des Vaterlandes.
durften
Matt sieht: die Versöhnung der Hohenzollern mit
Glienicke von Kare und Hans von Landsberg vermählt waren. Die Glienicke von Kare oder Carow waren ein sehr altes Patriziergeschlecht unsrer Stadl; sie führten drei Einhornhäupter den Tagen
solche
„guten utid getreuen Mitbruders lind gestrettgen Nachfolgers St. Wolfgangs"
Paul von Blankenfelde halte zwei Söhne Hinterlassen: Wille und Hans. Er hatte außerdem noch mindestens drei Töchter, welche an die Berliner Patrizier Hans und Matthäus
In
Als
eines
dieser !
j
Zeit in dem Gotteshause der Berliner Franziskaner, des Grauen Klosters. Hier hat sich noch ein
der Kirche
Wappenmedaillon von Erzguß erhalten, eine vorzügliche Arbeit, welche später einem großen Leichensteine jüngerer Herkutift ein¬ gefügt worden ist. In gotischer Rosette zeigt dasselbe den alten Schild der Blankenfelde mit dem Pferdemaul-Geschirr und deit beideir Sternen. Auf dem sehr schön enttvorfenen Helme ruht ein Wulst mit fliegenden Bändern, während ein Rabenkopf das Kleinod bildet. Von Hans Blaitkenfelde hat Grabdeitkmal erhalten. Wohl aber wissen wir, daß zu ben freigebigsten Wohlthätern der Berliner Franziskaner gehörten. Auch in einem der Schlußsteine der Gewölbe des Kreuzganges, dessen letzte Reste erst während der Schulzeit des Schreibers dieses Aufsatzes beseitigt wurden, befand sich ein Wappenschild mit dem Zeichen der Blanken¬ felde. Kein Wunder, denit Hans vott Blankenfelde besaß ein sich keilt
beide Brüder
-s»
Es ist dies das dritte in Berlin; dasselbe stand im
Haus neben dem Granen Kloster. Grundstück
des
Geschlechtes
Gleichzeitig
mit
Brüdern lebte in Berlin ein — ein Vetter von Wille und Hans.
diesen
Derselbe hatte sich mit einer Margaretha
Wins ans dem reichen Berlin-Frankfurter Bürgermeistergeschlechte vermählt und hatte ein Handelshaus errichtet, welches fiir das Berlin von 1470 Bedeutung gehabt zu haben scheint, wie das der für Nürnberg, der Welser für Augsburg. Der Gewandschneidergilde angehörig, versorgte Thomas Blankenfelde den Hof der Hohenzollern mit dem benötigten Tuche. Dabei war etwas zu verdienen; — herrschte damals doch noch der Brauch, daß der Fürst seinem Hofgesinde vom Kanzler brs zum Stallknechte herab zu Ostern ein Gewand reichen ließ, welches für ein Jahr vorhalten sollte! Der eiserne Friedrich dieselbe
Die litterarische Bedeutung von Chappuzeaus Werken zu würdigen, liegt uns hier ferner, wo uns zunächst fein Bericht über Berlin interessiert. Er mag im nachstehenden mit einigen Kürzungen in der llebersetzung aus deut Französischen folgen:
Fugger
j
Johann hatten nicht unbeträchtliche Schulden bei Thomas von Blankenfelde gemacht. Im übrigen scheint dieser handeltreibende Stadtjuitker ein nicht sehr angenehmer Herr gewesetl zu sein. Markgraf Johann mußte ihm nämlich im Jahre 1472 die Beleidigung des Hofrichters verzeihen; — der Großkaufmann hatte wahrscheinlich sehr stürmisch „ge¬ mahnt"; — und 1483 geriet Thomas von Blankenfelde sogar in den Verdacht, er habe — betrogen. Er sollte beim Getreide-
!
verkaufe
!
Krone von England erwarb und somit ein Retter des im 17. Jahrhundert vom mächtig anwachsenden Katholicismus be¬ drohten Protestantismus wurde. Er lebte in wechseltldett Lebens¬ stellungen in Deutschland, eine Zeit lang als Pagenerzieher in Braunschweig, und starb endlich 1701 in Celle. Als Lustspieldichter hat er sich einen Namen geschaffen. Die Elzevir druckten einige seiner Arbeiten. Von hervorragendem Werte find sie jedoch keineswegs.
Süden der Kirche.
Thomas Blankenfelde,
„Berlin," sagt der Reisende, „ist eine sehr schöne Stadt von mittlerer Größe, vortrefflich gebaut und befestigt, obgleich sie auf einem sandigen Boden steht, aus dem es nach menschlichen Ermessen unmöglich scheint, irgend ein Bauwerk aufzuführen. Aber Seine Hoheit der Kurfürst hat hier wie bei später zu besprechenden Gelegenheiten bewiesen, daß es nichts so Schwieriges gebe, das sein Geist nicht zu überwinden vermöchte, und dem Die Spree, welche große Kähne sein Mut nicht gewachsen sei. bis in die Elbe (sie!) trägt, in die sie sich ergießt, teilt die Stadl in zwei gleiche Hälften, welche durch eine sehr schöne Brücke mit einander verbunden sind. Eine zweite findet man weiter unten, ivelche voit Häusern und Mühlen belastet ist. Die Straßen att beideit Flußufern sind geradliitig, stets reinlich, wie dies hier alle Häuser sind. Mehrere Privatleute haben
und der beredte
nämlich
statt des größeren
Berliner
Brandenburger Scheffel als Maß
benutzt
den kleineren
haben.
Die
war sehr peinlich, endete jedoch mit der Freisprechung Kaufherrn.
Sache des
Art gebaut, welche für Palais gelten können. Sie liegen nahe am Schloß, von dem Dieser Stadtteil sie nur dtlrch einen Kanal getrennt sind. wird dadurch der freundlichste und schönste. Das Haus, welches ntir am meisten ins Auge fiel nnb das durch seine deren sehr schöne ganz nach holländischer
(Fortsetzung folgt.)
Studien )ur Mugelchichte Berlins. Von Cornelius Gurlitt. S. Cliappu;oau's Schilderung votx Kortin.
schöne
kurfürstlichen Hoheit. Dieser benutzt das für seine guten Dienste und für seine Leistungen ihm voit jenem zum Lohne gegebene Vermögeit nur zum Ruhm seines Herrn, von dem er es einpfing. Aber man soll nicht hier mit dem Blick verweilen, wenn man ihti viel angenehmer auf ein großes Schloß zu richten vennag. Denn die eben besprochenen Häuser, die ait jedem anderen Orte prächtig erscheinen würden, sehen hier nur wie kleine Hütten
iührlicher
Bericht eines Zeitgenossen nicht willkommen sein wenn er vieles schon Bekannte enthält. Einen solchen bietet uns ein Reisender, Namens Chappuzeau, welcher vom April bis August 1669 Deutschland durchwanderte und 1671 bei H. Widerhold in Gens einen dem Großen Kurfürsten gewidmeteit Bericht über seine Beobachtungen an den protestantischen Höfen erscheinen ließ, den er benannte: selbst
I.
dem prachtvollen uitd ausgedehnten ^Berliner Schlosse aus, welches eines der höchsten außer deut Eskurial nnb dem Louvre ist und an Schönheit und Größe mit den ersten Ge¬ bäuden der Erde wetteifert."
nebelt
ou relation nouvelle
im voyage fait aux cours des Electeurs et des prinees protestans de l’Empire oü Ton voit l’origüie de leurs uiaisons, leurs accrossement et leurs Alliances, l'etendue 's
f;i
la face presente de leurs Estats.
Chapptizeau nahm, ivie man sieht, den Mund im Loben etwas voll. So ist auch sein Lob des Martitiusffchen Hauses Welches dasselbe war, kann mait auf der zu verstehen. Schultaschen Vogelansicht von Berlin aus dem Jahre 1688 mit Wahrscheinlichkeit entnehmen. Da es aber sicher nicht mehr erhalten ist, so hat es hier keinen Wert auf die Frage näher einzugehen.
etc.“
Dieses Buch, welches sehr selten geworden ist, habe ich den die Berliner Baugeschichte behandelnden Werken, ja selbst
in der „Nouvelle Biographie generale“, und in der
-Biographie universelle“ sowie in des
den Lebensbeschreibungen
Es ist daher wohl Kreisen zu¬ weitereit daß seine Mitteilungen züglich gemacht werden. Verfassers nicht
erwähnt gefunden.
wünschenswert,
des
Oranien gewordeit, jenes ausgezeichneten Fürsten, der die
Unser Berichterstatter fährt dann in seiner Schilderung Berliner Schlosses fort, welches er in dem Zustande vor
dem Umbait unter König Friedrich
„Es
Samuel Chappuzeau war in Genf geboren, in Paris ^ogen, Httgenot und Erzieher des Prinzen Wilhelm III. »o»
Martitius
„8sorstairs des eommandements" Seiner
Die Kenntnis der Verhältnisse in Berlin zur Zeit des
„L’Allemagne protestante.
Ordnung (ordonance) und seine ganze Ausstattung
großen Eindruck macht, ist das Werk des Herrn
Großen Kurfürsten ist nicht eine so weitgehende, daß ein aus-
ioliie,
-8
553
für il
ist.
I.
sah:
ist ein königliches Gebäude und ziemlich regelmäßig
in verschiedenen Abschnitten erbaut Man betritt dasselbe durch zwei Eingättge; einer liegt
den Umstand, daß es
554
Kanal gegenüber und führt in einen sehr großen vier¬ eckigen Hof, in welchem verschiedene Wohnungen für die
dem
und über diesen lange und gedeckt von bequem der Kurfürst Galerien, durch welche seinen Zimmern in die Kapelle geht, obgleich diese eine ziem¬ Der Ballspielplatz (jeu de paume) liche Strecke entfernt liegt. niederen Hausbeamten
sich
befinden
und die Ställe liegen etwas weiter vom, außerhalb dieses Hofes gegen den Fluß zu, der eine Seite des Schlosses be¬ spült. Der andere Eingang, welcher der gewöhnlichere, wenn auch nicht der ebenso regelmäßige ist, liegt an einem schönen Platze nahe der Brücke und führt auf eine lange und breite Straße. Sobald man das erste Thor hinter sich hat, welches auch in jenen Hof führt, wendet man sich links in einen zweiten viel größeren imd schöneren Hof, der von drei großen Wohnslügeln eingeschlossen wird und sich nach Osten zu öffne:, wo nur ein Altan sich erhebt, welcher den Blick vom zweiten Stockwerk aus die Plattform (parterres) und auf die Gärten frei läßt. Die große Treppe ist freitragend und prächtig. Von hier aus blasen die Trompeter, wenn man dem Kurfürsten das Fleisch aufträgt. Von dieser Treppe bis zum gegenüber¬ liegenden Altan führt ein Gang, welcher zur Bedienung der
Zimmer bestimmt
ist
(degage les appartemens).
In
diese
kann man sich noch durch vier andere breite Treppen begeben die in völliger Regelmäßigkeit angelegt sind. Die Wohnungen (quartiers) des Kurfürsten, der Kurfürstin und der Prinzen
in dem nach dem Fluß zu gerichteten ersteren sind königlich ausgestattet beiden Die Flügel. (meublez). Es giebt vielleicht keinen Monarchen in Europa, liegen
welcher
gegen Süden
eine
so
erstaunliche Menge von Bildnissen,
seltenen
solchen von den besten Meistern besitz:, als der Kurfürst von Brandenburg, welcher ein bewnndernswerter Kenner der Malerei und aller schönen Dinge ist. Außer allen Sälen, Zimmern und Vorzimmem, welche damit versehen sind, sah ich zwei geräumige Kabinette damit angefüllt und bewunderte in einem dritten ein Ameublement von Elfen¬
Bildern (pieces) und
bein von hohem Werte. (Schluß folgt.)
Schloß Wrangelsburg. No» Grrrst Friedet. (Mit
2 Abbildungen.)
Ungefähr 10 Kilometer südöstlich von Greifswald, nicht weit von der Stelle, wo sich die Steinstraße von Gützkow nach Wolgast mit der von Greifswald nach Anklam in NenVorpommern oder Schwedisch-Pommern kreuzt, liegt das an Erinnerungen reiche Gm und Schloß Wrangelsburg.
Das Rittergttt Wrangelsburg hatte im 17. Jahrhtmdert den Namen Vorwerk, ging dann an Rüdiger Neunkirchen über,
Um den Schloß- und Kapellenbau begonnen hat. 1678 wurde es vom Feldmarschall Graf Wrangel käuflich übernommen, demselben, der im Einverständnis mit Lud¬ wig XIV. von Frankreich 1675 in die Mark Brandenburg einfiel, bis seine Macht bei Fehrbellin gebrochen ward. welcher
Feldmarschall Gustav Karl Wrangel, welcher sich übrigens den Greueln seiner Krteger, solange als er den Oberbefehl geführt und noch nicht an seinen Bruder, General-Lieutenant
Woldemar Wrangel, wegen Krankheit abgegeben hatte, zu
§►■
steuern bemühte,
war ein in: Grunde
menschlich gesinnter Herr,
den stillen Freuden des Landlebens nicht abhold. Er beendigte den Schloßban; nach diesem Wrangel erhielt Schloß und Gut den Namen, welchen es noch führt.
Von 1689 bis ungefähr 1709 war Wrangelsburg in: Fräulein Wittenberg, die es vom Gras Wrangel hatte. Bei wiederholten Besuchen des Schlosses habe geerbt ich das Archiv durchstöbern dürfen und daraus mit Erlaubnis des seit den: 24. Juni 1862 im Besitz des Ritterguts befind¬ Besitz eines
lichen Herren Johann von Homeyer, die in jene Periode fallende interessante nachfolgende Beschreibung kopiert.
Description, Areal-Ausrechnung, Annotation und Revisions -Bes ehr eibung über
Wrangelsburg belegen im Wolgastschen District und Zarnekower Kirchspiel. So wie selbige bey der König!, allgemeine Landes-Ver¬ messung erfasset worden im Jahr 1694. im
Description über Wrangelsburg Augusti Monat Anno 1694.
welches vermessen
ist
Wrangelsburg ist ein Rittersitz in: Wolgastschen District und Zarnekow's Kirchspiel, 2 Meilen von den Städten Aclam, Greifswald, Lassan t:nd Gützkow, Ifitz Meile von Wolgast in: Grenzet an der nördlichen Seite mit der Holze belegen. Karbowschen Heide Küleborn, nach Osten mit dem Eron-Holz
Progel und Brüffow, nach Süden mit Möchow und nach Westen mit den Höfen Krebsow und Gladerow. In vorigen Zeiten ist dies Gut Rüdiger Neuenkirchen doniret worden, (da es alsdann Vorwerk genannt würde), welcher hier ein Rittersitz, dazu durch den Schölte Situation bewogen, angelegt, ::nd ließ hier ein köstliches Palast, und zugleich eine herrliche runde Capelle aufbauen.
Nach dem ist das
in der selige Feldherr
Wrangel's Possession gekommen, der hier dann weiter zu dessen Schönheit und Vollkommenheit große Kosten angewandt, dem Schloß sammt der Capelle einem ander:: Form und Ansehen gegeben und öfterst hier selbst für Plaisir sein Residence ge¬ Von ihm hat es nachdem den Namen Wrangelsburg habt. bekommen. Das Schloß oder das große Haus macht ein Quadrat Figur, mit schöne Logementen auf allen Seiten ein¬ getheilt, und so, daß die vier Ecken in die vier Himmels¬ Der Theil der bei dem See liegt ist winde belegen sind. von eine doppelte Breite gegen die andern 8 Etagen hoch und
für
war vorher mit einem köstlichen hohen Thurm geziert, etliche
Jahr aber
ist solcher durch Feuersbrunst abgebrannt
und die oberste Etage dieses Theils rniniret worden, die untersten Logemente aber, beibehalten, welche überall mit Das ganze Wohnhaus ist auf Gypswerk gut ausgearbeitet. drei Seiten mit ein klein Wall und Graben umgeben, welcher auf 2 Seiten in den See ausläuft und in der Ar: die 4 Seite
mit einschließt.
Auf die südwestliche Seite
zwischen der Land¬
straße und dem Schlosse ist eine breite und reguliere sehr schöne, und auf den Seite» dichte Allee mit Bäume bedeck:, Die Capelle und zeiget directe den Eingang des Schlosses. ist rund und von Quader-Steine aufgebauet mit einen spitzigen liegt und hohen Thurm, und ist inwendig sehr kostbar; hier ver¬ mit und auch ein schöner Garten sehr gut abgetheilet, Ver¬ schiedenen fruchtbaren Bäume und Gewächse welchen zu
Orts viel beitragen. Nach dem Tode des Feld-Herrn Wrangel ist dieser Rittersitz dem Fräulein Witten¬ borg in Erbschaft anheimgefallen, und har der Major Peters¬ wald dies sowohl wie das hierzu gehörige Ackerwerk Krebsow in 5 Jahre für 1200 Thl bereits gehabt. Ihre übrigen Güter aber hat er nur unter sein Disposition, deren Einkünfte zu berechnen, in der Art hat er auch vorher drei Jahre alle Ihre und des Fräulein Wrangels Güter unter fein Aussicht gehabt. Hierzu Wrangelsburg sind ein Theil der folgenden Dörfer belegen, Brüssow, Boltenhagen und Lodmanhagen, welche mit dem Rittersitz jährlich aus 600 Thaler Pension stehen. Außer dem Schloß welches abgesondert bei dem See liegr, ist das
zu 5 Husen und 5 81. culttvirtes Land angeschlagen stehen, wovon 3 Husen 5 81. Ritter-Husen, die übrigen 2 Hufen aber steuerbar Land sein sollen.
schönerung dieses
Zahl soll Wrangelsburg
Von dem Wüsten Acker. Der uubewachsene wüste Acker, der allein unter diesen Namen in der Ausrechnung aufgeführet ist, bestehe! aus Land und Heideboden. Sonst ist auch in vorigen Zeiten auch etliche Stellen oben in Holz Acker gewesen, wonach Zeichen noch zu sehen sind, der auch aus Sanderde bestehet, und wird wohl mit der Zeit von dem alten wüsten Acker etwas aufgenommen werden, weil er zum Rockensaal dienen kaun.
ödjtus? Mvangolst>urg (neu)
groß und hat verschiedene Einnahmen welche folgen und nach der Ordnung ihrer Wohnplätze aufge¬
Gm ziemlich hier
Von den Monumenten.
zeichnet sind.
Die Hufenzahl. 1.
Was für Art Leute hier in Wrangelsburg in ur-
allen Zeiten gewohnt haben und wieviel Hufen dazumal hierzu belegen gewesen sind, davon konnte ich keine gewisse Nachricht
ehalten,
sondern man kann von dem Meß-Korn schließen, hier zum 20. Scheffel jährlich abgegeben wird, daß Haken Hufen sind berechnet worden, weil sie ein Scheffel vou jeder Hufe geben. 2. Nach des Majors Aufsatz aber, und der neuen Hufewelches
!
1. Auf der südlichen Seite am großen Radewisch, oben in dem Eicheu-Wald beim Acker ftndei man eine schöne Duelle von kalten Springwasser, woraus in alten Zeiten eine WasserKunst nach dem Schloß geleitet worden, nun ist aber alles verfallen, doch ist bei deren Ausgang ein Zeichen zu sehen. Man sagt auch, daß auf dieser Seite auf dem Schloßdach ein Wasser-Behälter von Kupfer gewesen ist.
Oben aus dem Berge nordöstlich bei der Mühle ist ein tief gemauerter Eis-Keller zu sehen, der in vorigen Zeiten Eis über Sommer zu conseroiren gebraucht worden ist, und 2.
sind die Mauern in guten Stande, ausgenommen, daß das Dach sehr verfallen ist, worüber jedoch etwas Holzwerk auf¬
gerichtet war.
3. Auf der westlichen Seile bei der Mühle an der Grenze liegt ein kleiner runder Berg, der Weinberg genannt
worden ist,
welcher
dem Namen
nach in vorigen Zeiten zu
Hälfte des Jahres 1678 Herr des Landes war bis auf die Damals, nun schlug der Große Kur¬ feste Stadi Greifswald. fürst sein Hauptquartier in Wrangelsburg auf. Es ist bezeichnend für den milden Sinn dieses unver¬ gleichlichen Herrschers, daß er das pommersche Land nicht in der Weise verwüsten ließ, wie dies die Schweden hinsichtlich
einen steinen Weinberg gebraucht worden zu fein scheint. 4. Vorderecks bei Kühleborn und Düwelshorn an der
der Mark Brandenburg gethan, und daß er insbesondere in
Grenze, wo eine Bach in dem Thal ist, kann man noch wo Nienkirken in vorigen Zeiten eine Wasser-Mühle ansbauett zu lassen gesonnen gewesen ist, wozu der Damm gemacht ward, und alles Holz hierzu hervor gesahreit und wozu er Wasser aus dem Schloß-See durch Gräbeit leiten wollte, allein sein Vorsatz ist ohite Fortgang geblieben. Dieser Wasserlauf ist dtirch einige Fischteiche gegangen, welche er daneben hat macheit lassen, die aber jetzt bewachsen und zu Morästen geworden sind, doch war ein Theil von diesen Teichen zu des Feldherrn Wrangels Zeiten in guten Stande, und hat er ohne Zweifel den einen davon auswässern lassen. 5. Der Feldherr Wränget hat zu seiner Zeit auf der östlichen Seite ain See einen Weg nach dein Schloß gehabt, der nun nachdem aber eingegangen und zugewachsen ist. 6. Auf der westlichen Seile am See findet man ein Trackt so mit einett Grabeti itnb Steinmauer umgeben, und jetzt mit verschiedenen Arten Bäumen bewachsen, scheint in vorigen Zeilen zu einen kleinen Thiergarten bestimmt gewesen
Gegner Karl Gustav Wrangel nahm.
sehen,
zu sein."
—
Von 1709 bis 1769 war Wrangelsburg Eigentum der Graf Braheschen Familie, von 1769 bis 1773 im Besitz des Grafen Friedrich zu Putbus, von 1773 bis 1816 Eigen¬ tum der von Normannschen Familie, voll Trinitatis 1817
bis 1862 Eigentum des Herrn Lang, eines Oheims meiner Ehefrati Marie, gebornen Schenk. Den Zustand des Schlosses, wie es 1792 war, giebt die erste Abbildung, welche von Kledke gezeichtiel ilnd zn Leipzig in dem bezeichneten Jahre Die Unterschrift von Grießmann in Kupfer gestochen ist. lautet: „Prospect von Wrangelsburg voll der Morgenseite." Der das alte Schloß auszeichtiende mächtige Turm war ersichtlich danrals schon Ruiire. Ich selbst kenne aus mehrfachen Besuchen in dem gast¬ freundlichen Heim des Herrn von Hotneyer dasselbe nur in der Gestalt, wie es die zweite Abbildung darstellt und wie es, nach Abbruch der alten baufällig gewordenen Wrangels¬ burg, gleichsam als ein Phönix aus beit alten Trümmern prächtig und malerisch erstanden ist. In der Rampe des neuen Schlosses sind mancherlei schön gearbeitete Ornamentstücke des alten Baues eingesetzt, ebenso im Wirtschastsgebällde. Ein anderer Oheim meiner Frau, Herr Karl Hinrichs (f 1886), hat aus seinem in der MühlenVorstadr zu Greifswald an der Anklamer Chaussee belegenen Garten- irnd Eiskeller-Grundstück mehrere vom alten Wrangelsburger Schloß ftatiimende Steitimetzarbeiten, Apostelgestalten u. dgl. Bildwerk, Zierstücke rc., zum Gedächtnisse aufgestellt.
Einem interessanten Aussatz des um die Erforschung der neuvorpommerschen Geschichte und Altertümer wohlverdienten
Gymnasiallehrers O. Krause in Greifswald: „Greifswald und im Jahre 1678" entnehmen wir, daß, als der Große Kurfürst, zur Vergeltung den Spieß um¬ kehrend. in Schwedisch-Pomment einrückte, er in der zweiten der Große Kurfürst
keiner
Weise
eine
Rache
an
seinem
frühern
vorzüglichsten
Eine Menge zunr Teil handschriftlich, zum Teil in zeit¬ genössischem Druck erhaltener Erlasse des Kurfürst Friedrich Wilhelm datieren von Wrangelsburg, in welches er ain 26. Oktober 1678 eingezogen war. Am 28. unternahm der Kurfürst von Wrangelsburg aus einen Abstecher in die Laufgräben vor Greifswald. Vom folgenden Tage datiert aus dem Schloß ein abschläglicher Bescheid an den Rat von Greifswald, welcher der Stadl Schonung erbittet; ähnlich verhalten sich zwei Bescheide von Wrangelsburg am 4. und 5. November. Dienstag den 5. November begann nun eine heftige Be¬ schießung der alten Universitätsstadt, wie u. a. noch jetzt an der Marienkirche innerhalb und außerhalb des Gotteshauses Diese eingemauerte bratidenbnrgische Stückkitgeln bezeugen.
nachdrückliche Mahnung hatte
die Kapitulation, deren Unter¬
„Datunt Frangelsburg (sie) den 8. November anno 1678" lautet, zur Folge. Die Behandlung der Stadt und ihrer Bewohner war eine sehr milde; der Rat, die Professoren, schrift
die
Geistlichen
wurden geradezu wie Freunde vom Großen Schloß Wrangelsburg ausgenommen und be¬
Kurfürsten wirtet. Die Woche, welche der Kurfürst in Wrarigelsburg lebte, verfloß, wie Krause ausführt, keineswegs so ruhig, ans
ver¬
als
Die kriegerischen Verwickelungen, zumeist infolge des drohenden Einfalls der Schweden in Ostprenßeir, nahmen die Aufmerksamkeit des Helden vollauf in Anspruch. Jedenfalls eilte der Kurfürst, Wrangelsburg und die Provinz Pommern überhaupt zu verlassen. Sie rvar ja auch bis aus den letzteir Ort in seinen Händen. Der Kurfürst wollte wie Krause des weitem erläutert, nach Mecklenburg, um sich daselbst in Dobberan mit dein Könige von Därrenrark zu besprechen. Da von inehren Seite» der Weg über Stralsund und Damganett empfohlen wurde, es den Anschein haben könnte.
erfolgte zunächst der Ausbruch des Kurfürsten nach Greifswald. Eiir großer Teil seiner Begleitung wurde geradeswegs nach
Berlin zurückgesandt. Der Friede von St. Germain
am 29.
Juni 1679
raub«
dem GroßenKurftirstett das schwer errungene Schwedisch-Pommerii. Jetzt gehört die Bevölkemng dieses gesegneten Regierungs¬
bezirks zu den loyalsten unter allen Stämmen, welche Könige von Preußen ihre Unterthanen nennen. Nur die alten hoheti mehrhundertjährigen Bäume
die
ü»
Wrangelsburger Schlotzgarten, unter tvelchen die schwedische» und die brandenburgischen Feldherren den Gang der Schlachte» und Belagerungen abwogen, schütteln mitunter ihre Wipfel und raunen einander zu, wie es doch vor zweihundert Jahre» so ganz anders hier im Lande aussah, und ivie es langsam, aber stetig bis heute besser geworden ist. Möge es immer so bleiben in Wrangelsburg, in Greifs¬ wald und in ganz Neuvorpommern! —
Kleine Mitteilungen
National - Gigontnrn.
(Ein goldenes Wort Kaiser Wilhelms.) Märztagen des Sturm- und Drangjahres 1848 prangte einige Zeit am Portal des Palais des Prinzen von Preußen die Inschrift „Natio¬ nal -Eigenthum." Dadurch hatte sich selbst bis in gebildete Kreise die Mei¬ nung verbreitet, das Palais gehöre nicht mehr dem Prinzen. Als beim Beginn des neuen Jahres die Deputation der Stadtverordneten den Prinzen in seinem Palaste beglückwünschte, sagte derselbe: „Sie erinnern sich der Inschrift, welche diese Mauern trugen — National -Eigenthum?" Fast schien es den Angeredeten, als wolle der Prinz einen Vorwurf an diese Frage knüpfen. Das war jedoch keineswegs der Fall: vielmehr fuhr er mildernst fort: „Das sind tote Wände, die mit Unrecht so genannt wurden. Dies ist National-Eigentum!" — Bei diesen Watten legte er die Rechte aufs Herz — „Dies ist National-Eigentum, hierhin gehört die Inschrift!" Der schlichte, biedere Sinn des hohen Herrn halte das Richtige getroffen; das.Herz des damaligen Thronfolgers gehörte nicht ihm selbst, sondern war „NationalEigentum. Seitdem sind über vier Jahrzehnte dahin gerauscht. Der Prinz gelangte inzwischen aus Preußens Königsthron, und Preußens König Wilhelm führte Deutschland zu Siegen, zu Ruhm, Einigkeit und Größe. Deutschlands Fürsten und Völker erkoren ihn, dessen Herz allezeit „NationalEigentum" gewesen, zu ihrem Kaiser; aber was sind all' diese Erfolge, alle irdische Macht und Größe des Heimgegangenen Heldengreises gegen das treue und erhabene Herz, das imnierdar das Eigentum seines Volkes gewesen ist! E. L. Nach deni
Ein Aus fpsirrst Friodr-irhs Abend des 8 .
April 1741,
des
(ifrofint.
Am
dem Vorabende der Schlacht bei Mollwitz, schrieb Friedrich an Jordan aus dem Dorfe Pogrell:
„Wir
Du kennst das Schicksal der eines Königs nicht mehr Ehrfurcht, als vor dem Leben eines Unterthans, und ich weiß also nicht, was aus mir werden wird. Ist meine Bestimmung werden uns morgen schlagen. Waffen! Man hat vor dem Leben
zu Ende, so erinnere Dich an einen
Freund, der Dich immer zärtlich geliebt hat! Verlängert der Himmel mein Leben, so schreibe ich Dir niorgen, und Du erfährst, daß wir gesiegt haben. Lebe wohl, mein bester Freund! Ich liebe Dich bis in den Tod!" E. L.
liebet* die Kelostnung Feiedeirtis uau Kahenals KueppraPen uatt Nürnberg entnehmen wir
toUcen
Nürnberger Chronik folgende Angaben: Anno 1273 ist Rudolph, ein Habsburg, nachdem das Röm. Reich 17 Jahr lang ohne Haupt gewesen, zum Römischen Kaiser erwehlet worden. Hai höchstgedachter König Rudolph Friedrich von Hohenzollern das Burggraffthum Nürnberg, welches vorhin bey keiner gewissen Familie war, erblich verliehen. Der Lehenbrieff ist gegeben zu Aach octavo Calend. Novembres 1273 indictione tertia, welcher paucis mutatis von diesem König Rudolph Au. 1281 zu Gemünd wiederholt worden. Wiewol nun in diesem Lehenbriesfe des gemelden Burggraffens Voreltern, und daß sie auch Burggrafsen gewesen, nicht gedacht wird, so hat dock) vermuthlich dieser Burggrasf Fried¬ rich auch vor dieser Investitur das Burggraffenthum verwaltet; denn bey 8 AEgidien filoiter ist ein alter Briefs gewesen, dessen ansang ist: I’niversis Christi fidelibus Nos, Fridericus, Burggrafius in Nürnberg, pietatis operibus etc. In dem Brieffe selbsten nennet er Eiisabethani uxorem legitimam, und disponirt etwas wegen S. Ottmars Capelle in der Burg zu Nürnberg, snb dato quarto die ante Nonas Maii Ao domini 1267 in Castro nostro Cadolzburg. An diesem Brieffe hat ein Zoilernsches Wapen gehangen, und kann dieses von keinem andern Burggrassen, als von Burggrafsen Friedrichen verstanden werden, welcher Herzog Liren zu Mähren Tochter zur Ehe gehabt, und mit ihr Cadolzburg zur Mitgisst bekomnien. Es ist auch ein Briefs von Pfalzgraff Ludwig, Herzogen ju Bauern, de dato 1266 vorhanden, darinn er Conrad Stromern und seinen Erben die Verwaltung des Fogts zu Nürnberg von Reichswegen an¬ vertraut; in selbigem ist ein zeuge Fridericus Burggrasf zu Nürnberg mit benennet. Dieses ist jedoch gewiß, daß die Belehnung nicht eher, als von König Rudolpho geschehen." F. K. einer
Grafs von
=
.
%
Dos rrrrfstsrho General Graf tr. Tottleben, der Berlin so ritterlich geschont, hat ein wechselvolles Leben
bahre 1760
im ge-
Thüringer von Geburt (1710 geb.), wurde Heinrich Gottlob von Tottleben Page und Kammerherr bei August dem Dritten, Kurfürsten von Sachsen und König von Polen. Im Jahre 1740 wurde er zum ReichsNasen erirannt, aber bald wegen angeblicher Bestechlichkeit aus des König Augusts Staaten verbannt. Er begab sich nach dem Haag und warb hier c ' n Regiment für den Dienst des Statthalters an, das aber so miserabel ^var, daß es wieder aufgelöst und Tottleben mit einer Pension entlassen wurde. Er wandte sich darauf nach Berlin, führte dort aber ein so aus¬ schweifendes Leben, daß er polizeilich ausgewiesen wurde. Die Kaiserin chisabeth von Rußland gewährte ihm Zuflucht in ihren Landen, und da weben der siebenjähttge Krieg ausbrach, gab sie ihm die Erlaubniß, als General- Major ein Freicorps von 1200 Mann anzuwerben. Mit diesem Korps wohnte Tottleben dem Feldzuge voin Jahre 1757 in Preußen und "r schlackst bei Zorndorf bei, besetzte am 3. Oktober 1760 Berlin und banbeite hier in so edler Weise, daß er bei seiner Kaiserin in den Verdacht es mit den Preußen zu halten. Sie ließ Tottleben verhaften. Er liihn.
2^
wurde nach Petersburg gebracht und nach jähriger Untersuchung- zum Tode verdammt, jedoch begnadigt und, seiner Würden entkleidet, des Landes verwiesen. Katharina II. stellte ihn jedoch wieder im Heere an. Im Jahre 1773 starb er in Warschau als General-Lieutenant. E. K.
Unser Knchertisch.
Kerlin.
Von Paul kindeubrrx.
gebung Berlins:
Sechstes
Bändchen.
Die weitere Um¬
Potsdam und der Spreewald.—
Leipzig.
Philipp Reclam's Universal-Bibliothek No. 2553. Längst ist man von der einst vielverbreiteten Meinung zurückgekommen, daß die Umgegend Berlins landschaftlicher Schönheiten entbehre, und auch viele der die deutsche Kaiscrstadt besuchenden Fremden machen sich gern mit Gerade noch zur den Spree-, Havel- und Grunewald-Partien bekannt. rechten Zeit sind in der bekannten Reclam'schen Universal-Bibliothek zwei Bändchen von Paul Lindenberg erschienen und zwar bereits in dritter ver¬ mehrter Auflage: „Die Umgebung Berlins" sowie neu: „Potsdam und der Spreewald". Beide Büchlein dürften den Bewohnern wie den Besuchern Berlins sehr zu statten kommen; mit hingebungsvoller Liebe zu seiner märkischen Heimat behandelt der schnell zu Ansehen gelangte Verfasser in flottester Darstellung die schönsten Punkte um Berlin und läßt es dabei Das handliche an interessanten historischen Erinnerungen nicht- fehlen. Format und der äußerst billige Preis — jedes der sechs Druckbogen statten Bändchen 20 Psg. — wird die Verbreitung sehr unterstützen. Wir werden baldigst Gelegenheit nehmen, die sehr erfreuliche schriftstellerische Wirksam¬ keit Paus Lindenbergs im Zusammenhange und eingehend zu würdigen.
s.
O-
I. C.
— Die uns befreundete, überaus regsame Verlagsbuchhandlung von C. Bruns zu Minden in Westfalen sendet uns in drei vortrefflich
aus¬
gestatteten Bänden das
Thüringer Wanderburii
von
August Trinius.
Ter liebenswürdige Herr Verfasser hat sich im Sturme die Herzen des Volkes erworben, und er verdient diesen Erfolg. Im herrlichen Thüringen aber ist Trinius völlig zu Hause; da kennt er jeden Weg und Steg; da sprechen Busch und Baum und Berg und Thal, Burgen und Städte die poesievollste Sprache zu ihm. Es ist ein köstliches Werk, welches er uns in dem „Thüringer Wanderbuch" geschenkt hat. Wer von uns Märkern je das schöne Land geschaut, aus dessen nördlichen Theilen die Ballcnstädter und die Arnstein, die Buch und Hohenstein, die Regenslein und Redern uns ge¬ kommen, der wird dem Wanderer Trinius erfreuten Herzens folgen. Jni einzelnen bewährt sich der Herr Verfasser mit seinen, glücklichen Naturell auch hier wiederum als ein Meister liebevoller Kleinmalerei. Recht herzlich sei ihm für diese schöne Gabe gedankt. Oskar Schwebel. — Ausgezeichnete erc«oa leui; t frlj c
Arbeiten
über
edle Ge-
M arlr liegen uns aus der Feder des Herrn Dr. phil. Pfarrers zu Leuna im Domstiste Merseburg, vor.
ststleehter der
Sie betreffen Haus Das Disrnarck, 1) 2) Das edle Geschlecht derer rum dem Dorne, 3) Das Geschlecht Dalreltist in der Lausitz, Pommern u. s. w., erbgesessen auch in der Mark.
Georg Schmidt,
Die Leser des „Bären" wißen, welch' eine Bedeutung die alten Bis¬ marck, Bürger zu Stendal, einst gehabt; — sie wissen wie Claus von Bismarck bereits jene reckenhafte eisenfeste Züge zeigt, welche das hehre Antlitz des deutschen Reichskanzlers trägt. Hans Georg von dem Bor¬ ne ist in seinem hohen Verdienste erst jüngst von Oskar Schwebel in seiner „Geschichte der Stadt Berlin" wahrhaft gewürdigt worden. Die Zabeltitz oder Zobeltitz nennen zwar keinen großen Mann den Ihren, wohl aber sehr anheimelnde Charaktere, — Männer auch der Feder, deren Namen einen guten Klang gewonnen hat unter uns! — Im Hause Zabeltitz wiederholt sich übrigens die märkische Schaplow-Sago. — Bei der hohen Wichtigkeit, welche die Schriften des Herrn Dr. Schmidt für die Mark besitzen, kommen wir auf jede derselben eingehend zurück. Wir bringen demnächst auch die Denkmäler der Borne's und das Bild der Universität Helmstädt, aus welcher der große Kanzler Hans Georg von dem Borne, der Verfasser der Consnltatio politieo-theologica, einst studiert hat. Dem Herren Verfasser heut' nur einen Freundesgruß aus treuem Herzen zu „der Saale kühlen Strande" in sein reichgesegnet' Haus.
—w.
Anhalt:
Graf de la Roche-Aymon, Ein Bild aus der Zeit des Prinzen Heinttch, von F. Katt (Forts.); Vierraden (Forts.); Branden¬ burger Reminiszenzen, von Gustav Dullo (Fortsetzung); Geschlecht, Stammhaus, Rittersitze und Denkmäler Derer von Blanken¬ felde (Forts.); Studien zur Baugeschichte Berlins, von Cornelius Gurlitt, S. Chappuzeau's Schilderungen von Berlin; Schloß Wrangelsburg, von Emst Friede! (mit 2 Abbild.). — Kleine Mitteilungen:
National-Eigentum; Ein Ausspruch Friedrichs des Großen; Ueber die Be¬ lehnung Friedrichs von Hohenzollern als Burggrafen von Nürnberg: Der russische General Graf v. Tottleben; Unser Büchertisck. — Anzeigen.
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_
Gymnasialdirektor Dr.
XV. Jahrgang.
M 46.
M. Srtiwrrri;
und
Ernst non MikdoirDrnrii
herausgegeben von
Oskar Srftwokol, Korkn.
iehen._
Erscheint wöchentlich am Sonnabend und ist direkt von der Geschäftsstelle (Berlin X., Schönhauser Allee W, — Fernsprechstelle nia, 8460), sowie durch alle Postanstalten (No. sgs), Buchhandlungen und Zeitungsspeditionen sür 2 ffif. 50 psg. viertelj ährlich z» bez
Graf
Ein Bild aus
de der
17. äuguft
1889.
la Roche-Aymon. Zeit des Prinzen Heinrich.
Von
F. Katt.
(Fortsetzung.)
Miie
alte Hoheit hatte die Spielenden mit Lob überschüttet; her Prinz haue den Oheim gebeten, den fröhlichen Abend
mit Champagner enden zu lassen,
mas
ihm gern gewährt
wurde. reicht
Prinz Louis Ferdinand hatte der Gräfin den Arm und sie zur reichbesetzten Tafel geleitet.
ge¬
„Ma chere Comtesse, feuchten Sie die holden Lippen mit rosigem Schaume an!" flüsterte der Prinz der Gräfin zu, ihr sein Kelchglas in übermütiger Laune reichend. — Schon war sie bereit gewesen, dem Wunsche Folge zu leisten, als ein
rieftrauriger Blick des Gatten die junge Frau getroffen hatte.
Erinnerungen wurden plötzlich in ihr wach an einen verrauschten, herrlichen Abend, an welchem sie im tausche holder Freude zuerst das süße Glück der Liebe kennen gelernt hatte. Schnell ergriff sie den Kelch, Antoine freundlich längst
zuwinkend.
Zehntes Kapitel. Kaphengst tritt vom Schauplatz ab. Auf Schloß Meseberg ivar
es
immer einsamer und stiller
geworden. Seitdem der „tolle Baron", wie ihn die Dorf¬ bewohner zu nennen pflegten, vor fünf Jahren wie von
Tinnen im Schlosse angelangt war, harte das Schicksal des¬ selben eine betrübende Wendung erfahren. Er hatte die Gunst des Prinzen, seines hohen Gönners, für immer verscherzt. Pvar halte die Baronin sich einige Tage später im Schlosse des Prinzen eingestellt, rrm noch einmal die Gnade des hohen Herrn anzuflehen; sie war indessen scharf und barsch zurück¬ gewiesen worden, da der Prinz nie und nimmer wieder etwas "'ir ihrem lüderlichen Gemahl zu thun haben wollte. Tiefbetrubt war die arme Edelfrau dann davongefahren, dem
Gatten die schlimme Nachricht zu überbringen. — Wütend hatte Kaphengst sie aufgenommen; er halte sich gelobt, Rheins¬ berg nie wieder zu betreten. Seitdem waren Unglück und Sorge in Schloß Nieseberg Finster und verschlossen verbrachte der Baron seine heimisch. Tage; Nächte lang hindurch saß er vor der vollen Bouteille; er versuchte seine Sorgen im Weine zu ertränken. — Ab und zu war der Baron von den Nachbarn gesehen ivorden, ivie er, mii Büchse und Hirschfänger bewaffnet, einsam den Freuden
der Jagd oblag.
Bei einer solchen Gelegenheit hatten sich die einstigen Freunde wieder einmal zusammengefunden und versöhnt. Kniphausen kam seitdem öfter zu dem Baron nach Meseberg und erzählte von dem Leben in Rheinsberg, wo selbst das junge Paar de la Roche von der Hoheit verhätschelt und ver¬ zogen wurde. Dasselbe hatte seine spärlichen Besuche bei Kaphengst schon lange eingestellt, und der Baron mußte es dem Franzosen dank, ihn endlich einmal in Ruhe gelassen zu haben. Er haßte Antoine de la Roche-Ai)inon von ganzem Herzen und schrieb dem heiinatlosen Bettler die Schuld an der Ungnade zu, welche der Prinz über ihn verhängt hatte.
Vor etlichen Wochen, kurz vor dem Eintreffen des Prinzen Ferdinand in Rheinsberg, hatte sich Christian von Kaphengst infolge eines scharfen Rittes, bei welchem der wilde Reiter vom Pferde geschleitdert wltrde, eine schwere innerliche Verletzung zugezogen. Wochenlang pflegte ihn die Ge¬ mahlin mit aufopfernder Sorgfalt. Trotz alledem schienen Louis
die Medikainente des Arztes iticht
anzuschlagen ; der Kranke hin. So war denn die Eiitladung, nach langen Jahren den Schaltplatz alter Freuden und Genüsse ivieder einmal auszu¬
siechte
560
Mit jedem Tage gelaugt. Der starke Mann schwaudeu seine Körperkräfte mehr dahin. erschien fast zum Skelette abgemagert, wie er heute, von Kissen unterstützt, halb aufrecht im Bette säst uiid dem Berichte Kniphausens lauschte, welcher in der Frühe nach Bieseberg gekommen war, um den Baron zu besuchen. „Kniphausen!", rief der Kranke mit Heller Stimme. „Wie gefalle ich Dir heute? Vortrefflich, — nicht wahr? — Wenn mich die Meroni in Berlin so sehen könnte", fuhr er ironisch lachend fort, während der Kammerherr in sein blasses, abge¬ zehrtes Antlitz starrte, „sie ivürde schön erschrecken, die gute Angelika! Meiitst Du nicht auch, Herzbruder?" „Ich sühl's", fuhr er dann fort, „mein Stündlein hat geschlagen. Schadet nichts! Besser drüben zu sein, als dieses Jammerleben hier noch länger zu ertragen! — Dennoch: Wie siebl's in Rheinsberg ails, Dodo?" (Lin höhnisches Zucken „Und wie geht's dem umspielte den eingesunkenen Mund. werthen Neveu und seiner Gemahlin?" „Es scheint nicht geheuer!", aulworiere Kniphausen zögernd. „Der Prinz weilt nun schon seit Wochen bei dem gnädigen Herrn, und Du weißt: Wo dieser liebenswürdige Sohn des Mars weilt, schlagen die Flammen bald lichterloh zusammen." „Blau muß daS Böse dem Guten dienstbar machen, mein „Spiele den lieber Dodo", fuhr Kaphengst keuchend sort. suche den Grasen aufzuhetzen, Freund, Lauscher, den Heuchler, und alles ivird sich machen." Er sank in die Kissen zurück. „Schwöre mir", flüsterte er, nach Athem ringend, „daß Du ihn verderben willst, diesen glatten, höfischen Franzosen, welcher mir die Gunst meines Herrn gestohlen und mein Dasein zerstört hat! Dann fahre ich zufrieden in die Grube." „Es soll geschehen; verlaß Dich daraus!", war die AntDer Kammerherr beugte sich zu deut Kranken nieder, worl. „Dodo von dessen Wangen in hektischer Rölhe erglänzten. Kniphausen vergißt nie, was geschehen ist." „So ist's recht!", sprach Kaphengst und reichte dem „Wenn Du Freunde zum Abschiede die wachsbleiche Hand. wieder kommst, ist der tolle Christian längst drüben! Leb' wohl! Ich wünsche Dir nochmals gute Verrichtung!" „Bei meiner nächsten Visite find' ich Dich hoffentlich wohler, alter Junge!", sprach Kniphausen. „Schlage Dir die Hirngespinste aus dent Siini!" Er drückte die Hand des Jugendgenossen noch einmal und verließ das Schloß. — Zwei Tage später Kaphengst hatte richtig prophezeit. wurde er zu seinen Vätern versammelt. Prinz Heinrich sprach der trauernden Wittwe sein Beileid in bewegten Worten aus. Kniphausen aber ward seit diesem Tage noch liebeuswürdiger tind zutraulicher zu dein Grasen de la Roche. Er übermittelte dem jungen Paare die letzten Grüße des Ver¬ storbene», und überreichte der Gräfin eilten kostbaren Diamantring des Oheims, welchen sie wehmütig aus den Händen des suchen,
zu
spät
zu Kaphengst
Kammerherrn entgegen nahm.
Elftes Kapitel.
Ci« Tete-a-tete. —
ein Wort im Vertrauen! Nicht wahr? Sie verplattdeni heritach eilt Stündchen mit mir im Freien?" Prinz Lollis hatte diese Worte dem Kamnierhenm bei der
„.(kniphausen,
->Jetzt gingen beide langsamen Schrittes die
Tafel zugeflüstert.
englische Anlage hinunter.
„Filtden Sie nicht, Baron, daß die Gräfin ein entzücken¬ voller Glut und Leben ist?", fragte Prinz Louis „Sie gleicht mit ihren goldenen Haaren der Ferdinand. Wasserfee Undine! Schade indessen, daß der Ritter Huldbrand in ihrer Nähe weilt!" Er wies auf den Grasen, welcher mit seiner Gattin soeben den Weg nach dem Kavalierhause einschlug. des Weib
„Da wandeln sie hin, die Glücklichen!" sprach der junge, heißblütige Prinz. „Wie ist's, Kniphausen, — Sie sind der Allmächtige in diesem verzailberten Schlosse hier, in welchem Veranlassen Sie zu Zeiten die Stunden unerträglich sind. la belle Comtesse, mir eilt tete-a-tete zu gewähren, — eloignez le mari — auf welche Weise, sei Ihnen überlassen." „Madame la Comtesse werden inorgen UNI diese Zeil im Parke sein, mein Prinz!", erwiderte Kniphausen. Dann: jchercliez la femme/, Monseigneur! Bestimmen Sie die reizende Undine, im schwanken Nachen eine Wasserfahrt zu unternehmen!" Er verneigte sich und ging. — Heiße Mittagsglut hatte sich über das Schloß Rheinsberg herabgesenkt, als am anderen Tage die Gräfin sinnend in
ihrem Boudoir saß inid träumerisch der Aufforderung gedachte, welche der Prinz Louis Ferdinand an sie gerichtet hatte, eine Gondelsahrt heut' Nachmittag mit ihm zu unternehmen.
„Die Langeweile wird Sie plagen,
schöne
Frau!",
hatte
ihr gesprochen. „Der Herr Graf muß heule einmal dem eher oncle aus Corneille vorlesen, da Röder leidend ist!" Zögernd Hane Karoline de la Roche eingewilligt. der
Prinz
scherzend zu
(Fortsetzung folgt.)
Vi
e
rrs
d e
n.
(Fortsetzung.)
mp nu to'm Vierraden!" — gar oft ist auch später noch das Wort erklungen! Schloß Vierraden blieb eine eifrig umworbene Grenzveste. So zog Markgraf Friedrich I. anno 1425 vor Vierraden. Er bestüiMte die alte Burg in¬ Als Feldherr überhaupt ist der erste dessen ohne Erfolg. Hohenzoller in der Mark von keiner hervorragenden Bedeutung gewesen; — es schadet das seinem sonstigen Ruhme auch durch¬ aus nicht; — aber „treffend" ist es nicht, wenn dieser Fürst
„Wer'n
in Erz gewappnet steht — in einer Nische des Berliner Rathauses! Was mit dem Schwerte zu thun war, überließ der edle, hochgebildete Herr meistens weislich anderen. — des Friedens
Doch bleiben
Vierraden", — aber trotz
der
wir
bei der Sache!
„Das
Fischessen von
wir, —
endete sehr unglücklich; Angermünder Schlacht, deren Trophäen von
das
sahen
Markgraf Friedrich in der Berliner Marienkirche itnd in Wallfahrtskirche zu Wilsnack „zu ewigem Gedächtnisse" gehängt wurden,
—
der auf¬
trotz der bereits erwähnten Bestürmung
—
trotz erneuerter Angriffe in den Jahren 1434 und 1446 blieb die Veste an der Welse
der Burg Vierraden von 1425,
immer in den Händen der Pommern. Wir Märker haben uns daher nur zu freuen, daß wir mit solchen alten Gegnern nun für immer und ewig eins geworden sind. Erst im Jahre 1465 gelang den Brandenburgern die Eroberung der Burg. „Durch die Sorglosigkeit der Besatzung" noch
» Höker kaufen; aber die Stadtverordneten zeigten an, d»ß beim Getreide und beim Brennholz doch Vorkäuferei stattiöiibe, da der Marktmeister nicht alles übersehen könne und die sieben Ratsdiener durch die Finger sähen. Die Nahrung der Stadt bestand aus Ackerbau, der von der Altstadt auf 10, »o» der Neustadt auf 30 Hufen betrieben wurde, aus Brauerei, Weinbau, Handwerk und ans Woll- und Leinenmanufakturen. Sie Wollmanufaktnr beschäftigte 130 Meister, welche 13,473 ^ein Wolle verarbeiteten; das Tuch ging meist nach Berlin, wo 546 Stück znni Ausschnitt versteuert wurden, und das ^werk lieferte für 12 Infanterieregimentes. Die Tuchscheerer
Aufkauf verteuert würden. Die Weißgerber verlangten, daß der Auskauf roher Häute verboten und den Handschuh¬ machern der Handel mir
gehalten
Jahrmärkte
deichwerten
sich, daß sie, trotz der
Schauordnung vom 13. Fe¬
ledernen
Hosen
untersagt
würde. Die Färber hielten sich von den Leinewebern, welche ihr Garn selbst färbten,
für
geschädigt, so daß sie selbst
keine Jungens mehr und keine
Gesellen halten könnten. An Brennereien waren in der Nenstadl 73, in der Altstadt 38 vorhanden, und beide Städte hatten von Rechts wegen 117 Krüge zu verlegen; aber die Brenner klagten, daß sie nur noch 62 Krüge verlegen könnten, weil ihnen viele entzogen seien; sie beschwerten sich auch, daß die Rcihenbrcnnerei nicht eingehalten würde, und daß die Magistratsherren die meiste Nahrung an sich zögen, und forderten, daß alle Brenner, welche bei ihren: anderen Hand¬ werk hinlänglich subsistieren konnten, aus der Brauerliste ge¬ strichen werden sollten, wie das Rescript vom 9. Mai 1737 Im letzten Jahre hatten die Brennereien 1689 es anordne. Wispel Weizen- und Gerstennialz verbraucht. Die Brennerei ward an 173 Stellen betrieben, und hatte im letzten Jahre 397 Wispel Weizen- und Roggenbranlweinschrot verbraucht, und es wurde geklagt, daß die Brennerei infolge des AusSo war marsches der Garnison ganz heruntergekommen sei.
Srtilrffgotsich.
564 die wirtschaftliche Lage des Gewerbes zu einer Zeit, als Zwangs- und Bannrechte galten, als die Zünfte herrschten und das Handwerk seinen „goldenen Boden" hatte! (Fortsetzung folgt.)
l
Hans Ulrich Schaffgotsch. (Hierzu zwei Portraits.»
In
der
ehemaligen Kurbrandenburger
deren nun zerstreuter
Inhalt von
„Kunstkammer",
dem Freihern von Ledebur
und van dem Herausgeber dieser Blauer mehrfach besprochen worden ist, befand sich als Reliquie auch das Schwert, mit welchem der Freiherr Hans Ulrich Schaffgotsch am 23.
Juli
1635 zu Regensburg hingerichtet worden ist. Schaffgotsch, der Freund Wallenfteins, ist eine der anziehendsten Persönlich¬ keiten jener überaus reich bewegten Zeit. Mit den märkischen Kriegshelden jener Tage har er in engster Verbindung ge¬ standen. So namentlich mit Christoph von Ihlow und Otto Christoph von Sparr. Der schlesische Edle gehört ferner zu jenen wenigen Männern und Helden des dreißigjährigen Krieges, welchen es geglückt ist, sich rein zu erhalten von den Fehlern und den verheerenden Leidenschaften ihrer Zeit. Hans Ulrich ist zu Regensburg endlich als Held und Märtyrer des Protestantismus gefallen. Wir denken, das sei Grundes genug, um des edlen Mannes auch hier im „Bären" zu gedenken. Bereitwilligst hat uns der freie Standesherr, Herr Reichsgraf Schaffgotsch aus Schloß Warmbrunn, gestattet, das Portrait seines ritterlichen Ahnherrn zu veröffentlichen, wofür wir dem Herrn Reichsgrasen auch an dieser Stelle unsern herzlichsten Dank aussprechen. Johann Ulrich Schaffgotsch ward am 28. August 1595 auf der wald- und sagenumrauschten Burg Greifenstein in Schlesien geboren. Sein Vater war der Freiherr Christoph Schaffgotsch, Herr auf Kynast, Trachenberg, Kemnitz und Greifenstein, Kanzler und Erblandhofmeister der Fürstentümer Schweidnitz und Jauer; seine Mutter Eleonora gehörte dem berühmten Hause Derer von Promnip an; sie war eine Tochter des gelehrten Freiherrn Siegfried von Promnitz auf Sorau, Triebe! und Naumburg. Wie der edle Sinn der Promnitz in kostbaren Geschenken an die Sorauer Kirchen sich bethätigt hat, ist von Bergan im „Inventar der Kunstdenk¬ mäler der Mark" mir Liebe nachgewiesen worden; über dem Portale des alten Sorauer Schlosses prangt das Wappen Derer von Promnitz noch heule. Die edle Dame wird von gleichzeitigen Chronisten als „ein Spiegel aller Tugenden" bezeichnet; mit- höchster Sorgfalt leitete sie die Erziehung ihrer Kinder.- Im Jahre 1601 verlor sie ihren Gemahl; sie blieb Witwe bis 1606, vermählte sich dann aber zum zweitenmale mit jenem Grafen Johann Georg von Hohenzollern auf Kynsberg in Schlesien, dessen Tochter Anna Katharina in den brandenburglschen Wirren von 1640 eine so hervorragende Rolle gespielt hac, nachdem sie mit dem Freiherrn Moritz Augustus von Rochow sich vermählt hatte. Ueber die Jugend unseres Helden wissen wir nur wenig. Jedenfalls genoß er eine vorzügliche Bildung. Die Refor¬ mation hatte in Schlesien eine hohe Blüte des geistigen Lebens gezeitigt. Unter den Vormündern des schon im sechsten Lebens¬ jahre vaterlos gewordenen Knaben treffen ivir nebelt den
A.-
Zedlitz, Nimptsch nnb Rechenberg auch jenen Freiherrn Ansei«, von Promnitz ans Sorau an, welcher der Stifter jener oben erwähnten kostbaren Altargefäße zu Sorau ist. Zu de« Lehrern des jungen Edelmanns gehörte unter anderen auch der berühmte Jurist Georg Schönbörner aus Hartmannsdors im Kreise Freistadt. Hans Ulrich war daher in seinem vieczehuteit Jahre auf dein Gebiete der Wissenschaften derartig vorgeschritten, daß er in Begleitung seines Vetters Bernhard von Schaffgotsch ans Seisersdörf die Universität Tübingen z« Eine Pest vertrieb die Knaben jedoch be¬ beziehen vermochte. reits im Jähre 1601 aus der hopfendurchdufteten Musenstadl. Die Schaffgotsch gingen daher nach Altdorf, der von de« Herren des Nürnberger Rates so sorgsam gepflegten Hochschule. Wir bemerken hierbei, daß jener Mann, dem Hans Ulrich Schaffgotsch später so nahe gestanden hat, — daß Albrecht Wenzel Eusebius von Waldstein diese Universität nicht be¬ sucht hat; Schiller hat die Geschichte von dem Carcer uiid dem Pudel frei erfunden. Nachdem Hans Ulrich Schaffgotsch seine Studien danit auf der Leipziger Hochschule beendigt hatte, ging er im Jahre 1611 von Leipzig aus auf Reisen. Seim Begleiter waren sein Vetter Bernhard Schaffgotsch, Heinrich Scultetus von Frankenstein, Hairs Christoph von der Dahme, und Jeremias Gottwald von Friedeberg am Queis. Die Jünglinge zogen über den Brenner nach Italien, wo sich ihneii noch Paul Palfi von Erdödy anschloß; sie fuhren nach Spanie« und kehrten aus der üblichen „Kavaliertour" über Frankreich, England und die Niederlande nach Schlesien zurück. — Es war ein Januartag des Jahres 1614, als Johmi« Ulrich Schaffgotsch wieder auf Schloß Greisenstein eintraf Seine Unterthanen empfingen ihn mit lauter Freude, und « rechtfertigte die Erwartungen, welche man r»ou ihm hegte, durch Milde und sürsorgendes Walten auch im vollsten Maße. Die erste Handlung des jungen regierenden Herrn bestand in einer „Kornspende", welche er seinen von der Pest schm heimgesuchten Unterthanen zu teil werden ließ. Wohl kamen dann unheilvolle Tage; Bernhard Schaffgotsch wurde non seinem Leibdiener erstochen; der Greifenstein und das Schloß
brannten ab. Der junge Freiherr hatte daher saß unablässig zu sorgen. Fast jede Ernte enttäuschte die Hoffnungen der Schlesier; Hans Ulrich aber wurde in seinen menschen¬ freundlichen und aus die Erhaltung der Ordnung gerichtete» Bemühungen nicht müde. Oft ließ er an viele Hundert Am Brot austeilen; alte Verse rühmen es:
Kemnitz
„Herr Hans Ulrich, Schaffgotsch genannt, Bon und auf Kynast, Greisenstein, Welcher sich nicht erbarmet allein Seiner hungrigen Unterthan', Sondern auch sonsten jedermann, Der um ein Almos' that begehren, Dem that er seine Bitt' gewähren. Lieh wöchentlich zwieer teilen aus, Auf Greifenstein, dem beriihmten Haus, Etlichen Hunderten, Groß und Klein, Einem jeden zwey Brödtelein".
Blickte indessen die Sonne wieder einmal durch das finsteü Gewölk, welches das Schlesierland bedeckte, so gab auch de> Freiherr Hans Ulrich sich der Festesfreltde hin. So hielt ei am 11. April 1617 unter dem Greifenstein ein prächtig^
Turnier und Ringelrennen ab, zil welchen! sich auch der Herz»! Georg Rudolf von Liegnitz mit seiner Tochter, der PrmzeB
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—*3
565
Agnes, und viele Herren vom Adel eingesunden Die Schellendvrs und llechtritz, die Burghaus und hallen. die Gellhoni, die Salzn und die Zedlitz „stachen" mit ein¬ Es war dem jungen Freiherrn ferner eilte hohe Freude, ander. wenn er diese oder jene seiner Gemeinden mit einer Kirchen¬
fr-
Barbara
glocke beschenken
konnte. (Fortsetzung folgt.)
,Deutschen Hauses in Rom' j
Vorsteher sowie des
,Lievlündischen Schwert-Ritter Ordens' Prokuratnr gewesen, bei dem Papst Juliv und dem KardinalsKollegio in hohem Ansehen gestanden und sich solcher Beliebt¬ heit erfreut hat, daß man ihit wegen seiner Rechtsersahreuheit inid Geschicklichkeit, guten Rat zu erfinden, .den weisen Deutschen, sapientem Allemannum , 1
Stammhaus, Rittersihe und Denkmäler
Geschlecht,
Derer von Blankenfelde. (Fortsetzung.)
Wilkes, des Bürgermeisters, Söhne scheinen das alte Geallein fortgesetzt zu haben. Sie hießen Hans und Thomas. Am 13. Februar 1475 wurden sie mit dem dritten Teile ihrer väterlichen Güter belehnt; Herr Wille war also wahrscheinlich kurz ztwor verstorben. Beide Männer wurden Bürgermeister zu Berlin. Bekleidet mit dieser Würde erscheint Thomas von Blankenfelde in den rathäuslichen Verzeichnissen bis zum Jahre 1493. Er stand in demselben erst in seinem 57. Jahre, zog sich indessen bereits von den Geschäften zurück
schlechl
scheint
Md
auch die
Stadt Berlin
selbst verlassen zu haben.
24. Juni 1493 sein bei der Barfüßerkirche gelegenes Haus unter sorgsam stipulierten Bedingungen an einen edlen Fremden: an den österreichischen Freiherrn Md Landvogt der beiden Lausitzen, den Edlen Georg von
genannt hat. Nachdem er nun eine geraume Zeit in Jialieit verweilet hatte, kam er nach Deutschland zurück und ward zu Leipzig Beisitzer der Juristen-Fakultät. Als aber Kurfürst Joachimus I. bei Anlegung der Universitär Frankfurt (1506) darauf bedacht war, wie er viel wackere Männer bekommen möchte, durch welche der neue Musensitz in guten Ruf gebracht würde, war unter selbigen auch unser Blankenfeld. Er nahm die Be¬ rufung zum Lehrer der Rechte in Frankfurt an, wohnte der Einweihung der hohen Schule bei und legte in Gegenwart des Durchlauchtigsten
In
der That wurde Johann von Blankenfelde, als Konrad Wtmpina, Cönradus Eoci (Koch) ex Fagis (Buchheim im
Odenwalde), 1507 die akademischen Fasoes niederlegte,
zweiter Rektor der alma mater Joachimica.
Demi er verkaufte am
welcher seinen Wohnsitz diplomatischer Verhältnisse vom Schlosse zu Bautzen nach Berlin verlegt hatte und auch Herr ans Zossen war. Thomas von Blankenfelde erscheint als ein reichgesegneter Mann. Mit einer Tochter des ukermärkischen Adelshauses tum Buch vermählt, sah er sich von 15 Kindern umgeben, hr haue reiche Einkünfte und vortrefflichen Landbesitz in Kanlsöorf, Groß-Ziethen, Seeseld, Pankow und Weißensce; das Herrenhaus des letzteren Ortes scheint sein Hauptsitz gewesen VI sein. Er verstarb, 68 Jahre alt, fünf Tage nach Estomihi 1504, — wie eine Tafel in der Kloster-Kirche meldet, „vita Stein,
halber
bene
beateque exacta.“
Wir
beschäftigen uns jetzt mit seinen Kindern. Eine hervorragende Stelle unter ihnen nimmt ein Mann ein,
ioar,
welchem, als einem Bürgersohne von
Berlin,
es beschieden
im ,ordo ecclesiasticus bis zu der hohen Würde eines gelangen: 1
Erzbischofs zu
Johann von Blankenfelde. — Martin Friedrich Seidels wurde Jo¬ im Blankenfelde Jahre 1471 geboren. Er hat gewiß a»r die Schulen der Stadt Berlin besucht, wurde indessen in ihnen so trefflich vorbereitet, daß er, tioch ein Knabe, huinaPlüschen Studien sich zutvettden und im Jahre 1488 ztt Bologna die Würde eines Ooobors jnris utriusque erwerben fomte. „Unter seinen Lehrern", schreibt George Gottfried Enter, „ist Johannes Garzonius bekannt, welcher, ivie aus *nn nun och vorhandenen, von Beckmann in der ,Notitia “niversitatis Francofurtanae abgedruckten Briefen zu ersehen, "Hievn Blankenfeld nicht anders denn seinen Sohn geliebet. ^i> übrigens dieser gelehrte Märker, so lange er sich in ^älschland ausgehalten, in sehr gutem Rufe gewesen, lässet Nach der Angabe
hannes
1
bch
daraus abnehmen, daß er des sogenannten
Stifters und der zahlreichen Versamm¬
lung eine herrliche Probe seiner Wohlredenheit ab." —
Als
solcher stand Blankenfelde dem jugendlichen Fürsten auch
nahe: er tvar Joachims „Geheimer Rat". Man ivie weiß, lebhaft die polnisch-preußischen Verhältnisse den hochsinnigen und weitblickenden jugendlichen Hoheuzollern be¬ schäftigten. Die Verbindungen Johanns von Blankenfelde mit dem Schwertbrüder-Orden ließen es dem Kurfürsten daher als persönlich
in diesen Dingen sich Blankenfelde's „als Gesandten und Orators" zu bedienen. Küster äußert über eine dieser Legationen, — wieder wohl aus Seidelscher angemessen
erscheinen,
Quelle —:
„Als Johann von Blankenfelde einmal wegen einer Grenzstreitigkeil nach Polen verschicket worden, schien er der Republik noch nicht Mannes genug zu sein. Allein wie ,jie‘ sahe, daß die Wissenschaft nicht nach den Jahren abgemessen werden müsse, sassete sie eine ganz andere Meinung, und Blankenfelde kam, nachdem er seinen Zweck glücklich erreichet, zum Vergnügen des Churfürsten zurück. Solchergestalt dienele er dem Landesherrn und seinem Vaterlande bis in's 1517 te Jahr. Hierauf ging er nach Liv¬ land" — die Bekanntschaft mir den Schwertbrüdern war also in der That eine folgenreiche und voneilbringende gewesen; — „und wurde in Folge seiner ehemaligen löblichen Verrichtungen zuerst Bischof zu Dörpt und nach diesem Erz-Bischof zu Riga, nachdem er anno 1523 vom Papste VII., Julius von Medici, zum Coadjutor und Nachfolger des Erzbischofs Caspar von Riga ernennet worden." Soweit wir wissen, ist Johann von Blankenfelde der einzige Berliner, welcher diese hohe Staffel römischer Kirchen¬ würden erreicht hat. —Allein man schrieb — das Jahr 1523! Luthers Wort haue unter „dem edlen deutschen Blute" in Livland ganz ge¬ waltig gezündet. Wie die hochsinnigen Edlen Oesterreichs und Steiermarks, so bekannten sich atlch all' diese kernigen, zumeist dem Lande der Westfalen entstammenden Adelsgeschlechter im innigsten Vereine mit dem deutsch-baltischen Bürgertume zu
•5
neuen Lehre. Johann von Blankenfelde aber hatte der alten Kirche als Champion gelobt. der
566
sich
(Fortsetzung folgt.)
Studien zur Baugelchichtc Berlins.
!>
betrifft. Die „zweite Vortrefflichkeit" Friedrich Wilhelms liegt nach Chappuzeau darin, „daß er die Befestigung von Berliit durchführte und Bauwerke in der Bütte eines Sandes ausführte, der keinen festen Stand bietet und die Geduld jener ermüdet, welche ihn umgraben. Es war ein . aber er wußte Berlin zu einen, Werk der Penelope guten Platz zu machen und zwang die Natur zu seinen vor¬ nehmen Zwecken." jener Zeit
.
©rrrxxctixxs (fSxxriitt. S. Cft,xppxxrotxxt's gdjübcruxxß xttux üerixxx. Von
Dann wendet
(Schlich.)
in Berlin befaitd, waren bei der Abwesen¬ heit der knrfttrstlichen Hoheiten, welche sich in Preußen auf¬ hielten, die Wandteppiche abgehangen, aber man zeigte mir
Als
ich mich
einige Stücke,
Man
kann
Kurfürstin
von denen ich nichts
folgt
aus
Köstlicheres
gegen
Westen
den Rest
sehen.
aus
schließen kann:
Das Zimmer jenes
des
der
Kurfürsten
überaus reich und gut gehalten (bien entendu). Mait arbeitet noch daran. Die verstorbene Kurfürstin aus Das Bettzimmer dem Hause Omnien haue es angefangen. hat einen prächtig in Relief und Vergoldung ausgestatteleii Alkoven. Die Fenster sind alle in großen Scheiben von dem schönen Krystall, welches in Nürnberg und Frankfllrt gefertigt wird und Blumen und Landschaften darstellt. Vom Zimmer des Prinzen von Anhalt, welches nach Norden liegt, erblickt man die Festung Spandau zwei Weilen von Berlin. Man Hai einen Wald uiedergeschlageit, um diese schöne Aussicht zu gewinnen. Der Boden rings um Berlin ist etwas trocken und
ist
und mit Sand bedeckl. Obgleich die ziemlich kalte Mark keinen Wein hervorbringt, fand ich doch eine halbe Stund: von Berlin auf der Straße nach Leipzig einen gegen Westen und
Süden liegenden Hügel ganz mit guten Weinstöcken besetzt, welche Weilt etwa von der Güte jenes von Meißen trugen." Der Vergleich mit anderen Quellen ergiebt, daß Chappuzeau ein genauer Beobachter war tind daß seine Mitteilungen vollen Glauben verdienen. Neu ist zum Teil, was er über die innere Einrichtung des Schlosses sagt. Unzweifelhaft spricht er von deit Zimmern des dritten Stockes, deren Einrichtung Kurfürst Friedrich III. später vollenden ließ. Der französische Berichterstatter fährt dann fort: „Es bedürfte einer langen Schilderung, um meinen Leser von allen Schönheiten Berlins zu unterhalten, von seinen vortrefflichen Ställen und seinen reichen Raritätenkammern, welche man darüber angebracht hat (qu’ on remet sus). Diese waren vor vier Jahren der Gewalt des Feuers ausgesetzt, das die schönsten Paläste angreift und vor kurzem weder einen Teil der Galerien des Louvre noch derjenigen von Turin geschont hat, in welch' letzterer unter anderen Sehens¬ würdigkeiten die Bildnisse des Herzog von Savoyen zur Schau gestellt waren. Ich schweige auch von den schönen Häusern, welche der Kurfürst in der Umgebung von Berlin besitzt, wie
„Oraugebourg", welches er der verstorbenen Frau Kurfürstin hatte, „Postum", welches er der Frau Kurfürstin schenkte, die jetzt dort lebt, und eile, zu dem glorreichen Herrn aller jener Staaten überzugehen, von denen ich hier ein Bild geschenkt
erhabenen Person des Kurfürsten,
gab, zur größer durch seine Tugend und seinen Geist, Macht ist." Dem Biographen des Großen Kurfürsten überschwängliche Lobpreisung des Franzosen Hier aber soll nur hervorgehoben werden, was
Spree und Oder zu: welcher
jetzt
.
sich
der Bericht
„Der
den Ocean
große
und
dem Kanalbau
Plan
das
zwischen
des Kanales, sagt
er,
baltische Meer verbinde,,
ivar würdig des mächtigsten Kurfürsten im Reiche. Er ho, in weniger als 8 Jahren vollendet, was seine Vorgänge, vergeblich während mehr als eines Jahrhunderts versuchte,,. Dieses Werk, welches man gewöhnlich für unmöglich hieb, wurde im Jahr 1662 begonnen und hatte zum Leiter Philippe de Chiöse, Generalquarttermeister und Kammerherktt Seine, kurfürstliche» Hoheit, der bei der Vollendung des große» Plaues, dessen Ausführung ihm übertragen war, seine schöne Begabung zeigte. Es ist ein Kanal, welcher an Länge drei deutsche Meilen oder sechs von unsern Meilen von Poitou und an Breite fünf Klafter hat. Man hat ihn mit unsägliche» Kosten und Blühen von der in den Ocean sich ergießende» Elbe bis zu der in das baltische Meer fallenden Oder geleite,. Die Stadt „Mülrose" findet sich fast in der Milte nahe eine», See, welcher von dem ails der Lausitz kommenden kleinen Fluß Schlaube gebildet wird." Die Orthographie der geographischen Namen leider unter der bekannten Schwäche aller Franzosen. Der hier beschriebene 28 Kilometer lange Friedrichs-Wtlhelmskanal, welcher Spree und Oder unter teilweiser Benutzung der Schlaitbe mit nenn Schleusen verbindet, wird auch heute noch meist nach dm Städtchen Müllrose bezeichnet. Da Chappuzeau den Kurfürsten nicht in Berlin antraf, so fuhr er ihm nach Königsberg nach. Auf der Reise „och Danzig begegnete er in Pommer» dem „Generalquartiermeister
Herrn de Chiäse, welcher iu einem Wagen eine junge schöne Dame mir sich führte, die er eben in Preußen geheiratet Ham. Mir ivtlrde die Ehre zu teil, sie zu begrüßen. Er bekundete
mir
seine Freude,
Flaschen Wein
mich wlederzusehen, und bat mich, anzunehmen. . . . Er schrieb sofort
zwei
zwei
Briese an einige Hofherren, seine Freunde, und bot mir alle jene Aufinerksamkeiteii, die man von einem gefällige» Manne
erwartet."
Wir
sind so arm an individuellen Zügen aus dem
Lebe»
der Bauleute jener Zeit, daß diese kleine Erzählung dankbar aufzunehmen ist, welche den als tüchtigen Architekten bekannte" Erbauer des Stadtschlosses zu Potsdam betrifft. — Es ist nicht meine Absicht, hier den ganzen Inhalt deBuches anzugeben, verweise aber auf die weiteren Ausführungen desselben nicht nur für Diejenigen, welche die braünschweigiD oder kursächsische, die holsteinische oder sonstige
Hofluft
Nordsondert
wird die etwas von Wert sein.
deutschlands im 17. Jahrhundert kennen lernen wollen, namentlich auch für den, welchem daran liegt, einen gefW je»el dargestellten Einblick in die brandenburgische Verhältnisse Zeit zu gewinnen. Er wird sich von dem das ganze Buch durchziehe,ive" be¬ Tone übereifrigen Bewunderns nicht von der Erkenntnis
die Baugeschichte
wahren Sachlage abziehen lassen!
der tausendmal
als durch seine
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584
einmal begannen zu Paris die Huldigungen und Triumphe für die immer noch schöne Frau. Der Graf aber hatte sich sehr verändert. Vor allem innerlich! Frauen um¬ schmeichelten den alternden Mann, ivelcher die Gemahlin zu vernachlässigen beganit. Das laute Leben des Bourbonenhofes ließ die stille Rheinsberger Idylle in den Hintergrund treten. An einem kalten Januartage des Jahres 1826 stand in einem der vornehmsten Hotels des Faubourg St. Germain eine prächtig in roten Sammet gekleidete Dame einem stolzen Herrn gegenüber, dessen dunkles Haar schon stark mit silbernen Streifen vermischt war. „Nie werden wir uns wieder verstehen lernen, Antoine," spricht die Gräfin bitter und betrachtet traurig den Gemahl, „lassen Sie mich nach Deutschland zurückkehren, um dort meine letzten Jahre in Frieden hinzubringen." „Sie haben recht, Madame; Ihre Eifersüchteleien fangen ait.
an
S>-
Noch
zu
mich
belästigen;
deshalb
sei
Ihnen
Ihr
Wunsch ge¬
währt. Kehren Sie in die Mark zurück; nehmen Sie fortan Jhreit Wohtisitz in Köpernitz." „Antoine," ruft die Gräfin mit bebender Stimme, „bin ich Ihnen dentl garnichts mehr? — Soll die Rheinsberger
Idylle sinkt sie
aus diese Weise
in
„So
enden?",
und krainpfhast schluchzend
den Sessel zurück.
ma chere, die märkischen Was mich betrifft, — zu Träume wieder je reste dans la belle France, weil Ihre Herrschsucht ttud fatale Laune, Frau Gräfin, mir schon seit langer Zeit das Leben verbittert hat." Der Gras verneigt sich zeremouiös und verläßt das Zimmer. Weinend verbirgt Karoline das versuchen
Sie
es denn,
ausleben
lassen!
Gesicht; die Schuld der Rheinsberger Tage ist schwer gebüßt. Still und einsam aber ist's in Rheinsberg geworden.
—
An einem Frühlingstage, — man schreibt das Jahr 1858, — durchwandelt langsamen Schrittes eine alte, stattliche Dame mit weißem Lockenhaare die Rärnne des Schlosses. Sinnend verweilt ihr Auge auf zwei Marmorbüsteu, welche eiir paar junge,
schöne Menschenkinder
darstellen.
„So
sah
ich
einst
aus," spricht sie wehmütig riud denkt an den Gemahl, der als Marquis rurd Pair von Frankreich in französischer Erde liegt, — den ihr Auge seit jenem schmerzlichen Ab¬ Schon dreiunddreißig schied in Paris nie wieder erblickt hat. Jahre lebt sie nun wieder auf märkischem Boden, — schlicht und recht, — eine echte Edelfrau, „die französische Dame", wie die Dorfkinder sie gu nennen pflegen. „Hier, mein Alter," ruft sie dem Kastellan zu und reicht dem Manne ein Goldstück, „wer weiß, ob ich Rheinsberg noch einmal wiedersehen Am 18. Mai 1859 schied die Marquise de la RocheAymon im neunundachtztgsten Jahre ihres reichbeivegten Lebeits aus dieser Welt. Mit ihr schwand eine der letzten Erschei¬ nungen der zweiten Rheinsberger Periode dahin. Eine In¬ schrift ain Freundschaftstempel im Parke ztl Rheinsberg er¬ innert noch heut' an die belle Comtesse de la Roche-Aymon. Sinnend liest der Wanderer in ihr die Worte: bestattet
werde."-
„Pourquoi l’amour est-il donc le poison Et l’amitie le charme de la vie? — C’est que l’amour est le bis de la solle Et l’amitie blle de la raison . u
Hie traben. (Fortsetzung.)
Doch schon vorher harten die Hohenzollern Sorge dafür getragen, daß ein treu erprobtes Adelsgeschlecht, — daß Herren
ritterlicher Gesinnung auf dieser Burg geboten, welche Stürmen die Beute ihres Schwertes geworden war. Kurt von Schlabbrendorf erhielt Vierraden nicht wieder: im Jahre 1478 oder 1479 aber war durch markgräfliche Belehnung das Harzgrafengeschlecht der Hohensteiner zu Viervon
echt
erst nach langen
raden seßhaft gewordeit.
—
Fürwahr! Ein hochgemutes, hochverdientes und edles Haus! Nur in der Pflege des Wohles ihrer Unterthanen haben sie ihres Lebens Ziel uub die Befriedigung ihrer Herzen gestlcht und gefuudett! Ihr wahrhaft adlig' Thun soll darirm imvergessen sein ini Lande Brandenburg! Der „Bär" hat ihrer bereits einmal gedacht.
In
drei Generationen
haben sie über Vierraden und das
bald daratlf mit dieser ihrer Herrschaft verbundene „Ländchen Schwedt" geboten; zuerst nämlich erscheint Graf Hans vor uns; dann seine Söhne Bernhard und Wolfgang; endlich Wolfgangs Sprossen, die Grafen Wilhelm und Martin. Diese Hohensteiner sind die Schöpfer jenes Schlosses Vier¬ raden, dessen Trümmer wir oben beschrieben haben. Wir haben von ihnen allen zu sprechen; — sie alle sind anziehende Charakterköpfe.
Ziterst also Graf Hans! Er mag um 1440 geboren worden sein; entweder zu Kelbra oder auf dem Schlosse Heldrungeii. Noch war es dazitmal der höchste Ruhm für einen christlichen Edelmamt, in Preußen, im litauischen Walde oder auf der russischen Steppe den goldenen Sporn gewonnen und vom Meister der Deutschherreii zum Ritter St. Mariens geschlagen worden zu sein. Deshalb zog auch Graf Hans von Hohen¬ stein nach Preußen; — war er doch mutig gleich dem Hirsche, dessen Geweih die alte Helmzier seines im Harzwalde heiAuch er trug den Ruhm davon, mischeu Geschlechtes bildete! welchen Chaucer in den „Caiiterbun)-Tales" für den edelsten ansah in jener wildzerrissenen Zeit: „In Littowe hadde he rysed and in Prussia!“ Als
Graf Hans aber eben von der „Heidenhatz" nach dem Schlosse Heldntitgen heimkehrte, da rüstete sich Herzog Wilhelm von Auch Bethlehem, Sachsen zur Fahrt tiach dem heiligett Lande. Nazareth uitd Jerusalem wollte der junge Graf noch sehen; wohlgemut begleitete er daher den Wettiner über die See,
—
nach der zweiten Heimkehr aber sah es daheim doch allzn übel aus; — Schloß Heldrungen war leerer und leerer ge¬ Allein sein worden; — Graf Hans war tiefverschuldet. mutiger Sinn verließ ihn tticht. Er war klassisch gebildet und dachte au den Helden Teucer, — er dachte an das schöne, kraftvolle Wort, welches Horaz diesen „Heidenritter" sprechen läßt: „O fortes pejoraque passi Mecum saepe viri. nunc
vino pellite curas!“ — Hans von Hohenstein suchte daher den Hohenzoller Albrecht Achilles auf, und der fand Rat für ihn; er niachte ihn zum Schloßhauptnianne votl Aitgermünde. Es war das zwar ein „Nest für deit wilden Falken", allein kein „warmes Nest". Der Hohensteiner aber vertraute seinem Glücke. Die schöne Anna voit Dessau lernte den ritterlicheit Herrn der Burgen Angermiinde und Vierraden lieben; sie schenkte dem Grafen
585
—
8--
Heiratsgur „die Schloßvogtei auch mit sich. Vierraden" erkaufen; er baute dann sogleich für feine edle Gattin eine neue Burg „ad. quator rotas u und erwarb end¬ lich im Jahre 1481 auch noch das Schloß und Städtlein Schwedt für baare 3000 rheinische Gulden. Von nun an gab's eine Hohensteinische Herrschaft Vierraden-Schwedt; die Hohensteiner nannten sich „Herren zu Vierraden." Wie die Grafen von Lindom, die Gänse von Putlitz, die Landesbischöfe und die Aebte zu Lehnin und Chorin scheinen sie sich fortdauernd als „die geborenen Räte" ves Kurfürsten von Brandenburg betrachtet zu haben. —
war, düster über die stille Grafengruft in St. Katharinen zu Schwedt dahin: „Heute noch Hohenstein und Vierraden und nun nimmermehr!" Dem Grasen Martin wurden nach alter Sitte Helm und Schild zerbrochen in die Grifft nachgeworfen.
Es ist dem ersten Hohensteiner auf Vierraden nur schlecht recht, gegangen. Nicht eben glänzend! Werner von der und Schulenburg z. B. tvar viel reicher als Graf Hans, welcher seinen Söhnen noch „Schulden für Hämische und Rosse" hinterließ. Die edlen Hohensteiner haben nachmals das alles „abgetragen." Ein Köstliches aber vor allem hatte ihnen Graf Hans, der schon um 1495 starb, als Erbe hinterlassen: die (Eigenart eines Geistes, welcher Mut und Frömmigkeit, hochherzige Güte und Treue im Dienste, — kurz, alles Edle und Hohe umfaßte. Es ist eine Freude, die Urkunden Ver alten Hohensteiner zu studieren! So offenbart sich „deutschen Adels rechte, echte Art!" — Berndl und Wolfgang von Hohenstein sind dann „ruhiger" als der Vater gewesen. In Frieden haben sie an dem Wohle ihrer Unterfassen gearbeitet, so besonders Graf Wolfgang, welcher seinen Rainen „Wolfgang" wohl um des Grundes ivillen erhalten hatte, weil sein Elternpaar Graf Haus iliid Gräfin Anna der frommen Wolsgangs-Gilde zu Berlin an¬ gehörte. Und klingt nicht in das Leben dieses Mannes, eines Hofmannes, etwas hinein von tiefer, edler Poesie, wenn er den Flecken Vierraden zu einer Stadt erhebt, welche ven schönen Namen
(Fortsetzung.)
Hand
Hans ihre
und
brachte
ein
reiches
Der Hohensteiner konnte nun
,
„Zum Rosengarten" rühren
sollte?
Gewiß, Graf Wolfgang hatte diese Bezeichnung nur darum gewählt, weil Vierraden ein wirk¬ licher „Rosengarten" im alldeutschen Sinne des Wortes war, d. h. ein „Kirchhof", — ein Kirchhof märkischer und pommerscher Helden! Allerdings, — die Stadt „Zum Rosengarten" ist nie über ihre ersten Anfänge hinaltsgekommeit; alletu es gilt auch hier das Wort: „Irr magnis voluisse sät est. u — ■—
Der edle Graf Wolfgang starb im Jahre 1522; ihm als Herren zu Schwedt und Vierraden die Grafen Wilhelm ilnd Martin. Vortreffliche Männer beide, — eifrig für Kirche und Schule sorgend. Graf Martin wurde Meister der Ballep Brairdenburg des Ritterlichen Ordens St. Johannis vom Spitale zu Jerusalem. Er verdient eine Monographie; darf er doch jedem Manne, welcher „ein Vater seiner Unter¬ thanen" sein will, zllm Vorbilde aufgestellt werden! Wir treffen nicht allein zu Schwedt, sondern auch zu Vierraden, — ja, auch zu Berlin Denkmäler seiner Herzensgüte und Pietät! Er starb am 5. Mai 1609 auf dem Ordensschlosse zu Sonnenburg; — bestattet ist er in St. Katharinen zu Schwedt. Die Ehe des Grafen Martin mit der Gräfin Maria von Regen¬ nein und Blankenburg ivar freilich sohneslos geblieben. Da klang es denn, als der Graf Wilhelm unvermählt gestorben folgten
(Schluß folgt.)
Brandenburger Reminiszenzen. Dultr>.
Von
der Stadt bildeten auch die Von denselben war Milow 1290 von den Markgrafen Otro und Konrad der Stadt übereignet, 'Kl. Kreuz schenkte 1324 der Markgraf Ludwig, Neuendorf der Markgraf Johann im Jahre 1249, Pewesin verkaufte der Markgraf Jobst 1409 für 200 Schock Böhmische Groschen an die Neustadt, Prützke übereignete derselbe Markgraf 1406 gleichfalls an die Stenftabt und Radewege schenkte derselbe 1409 an die Altstadt; über die Enverbung des Dorfes Briest fehlt eine urkundliche Nachricht. Von diesen Dörfern erhob die Stadt unter allen möglichen Titeln zu Anfang dieses'Jahr¬ hunderts eine Einnahme von 1500 Thlr.: Lohnpferdegeld und Hufenkontribution, Grundzins, Wasser-, Wehr- und Fischer¬ zins, Dienstgeld, Holz-, Bau-, Mühlen- und Mühlensteinfnhren,
Einen
wertvollen Besitz
Kämmereidörser.
Rauchhühner-, Gänse- und Ferkelgeld, Herrenzehrung, Erinennd Spinngeld, zuletzt ailch tioch Zapsengeld hatten die Bauern an die Herren vom Rar zu zahlen. Außerdem hatten sie
Federvieh-, Lämmer- und Getreidezehnt an die Stadt zil liefern. Die jährliche Gesamteinnahme belief sich im Jahre 1847 auf 5320 Thlr. Alle diese Lasten sind durch ein Kapital von
90 000 Thlr. abgelöst.
An Vorwerken trug die Stadl
seit
1388 von Friedrich,
Busso und Heinrich von Alvensleben die Dorfstätte Schmoeln
zil Lehn: das Laudemium wurde 1858 durch Zahlung von Schmoeln nebst der Feldflur Duster27 Mark abgelöst. Rekahne war 186 Hektar groß, wovon 1680 die Wilhelmsdorfer Spinnerkolonisten, welche wir bereits kennen gelernt haben, als Abfindnngsland 43 Hektar erhielten. Das Vor¬ werk Wendgräben, welches 164 Hektar Flächeninhalt hat, kaufte die Stadt 1438 von dem Erzbischöfe Günther von Magdeburg für 400 gute rheinische Gulden. Das Vorwerk Gowisgräben von190Hektar schenkte derMarkgrafJobst 1398 an die Neustadt Brandenburg. Das Vorwerk Bahnenland, welches etwas über 100 Hektar enthält, wird urkundlich nicht erwähnt. Das Vorwerk Garden aber, den Hos Garen, kaufte die Stadt 1336 nebst zweien Seen von dein Domkapitel für 180 Mark brandenburgisches Silber; Garen ist ein wenig Die Vorwerke Plauerhof und über 133 Hektar groß. Kaltenhausen haben wir oben bereits kennen gelernt. Der Beetzsee, Auch an Fischereien ist die Stadt reich. welcher fast 1027 Hektar Flächeninhalt hat und dessen Grenze zwischen den Dörfern Riewendt und Bagow so weit reicht, wie das Wasser bei einem Stande von 1,25 Meter am Pegel der Nnterhavel das gewachsene User bespült, gehört der Stadt seit 1308. In diesem Jähre schenkten die Markgrafen Otto und Woldemar an die Altstadt den See „to Beez" und
——HS
wurde 1324 von dem Markgrafen
diese Schenkung
586
Ludwig
bestätigt, indem er an die Altstadt Brandenburg, „von welcher sein Fürstentum den Ursprung genommen", den See, welcher Zwischen der Altstadt und den Dörfern Riewendt und Bagow
mit dem höchsten und niederen Gericht über denselben schenkte. Die Fischerei war schon in alter Zeit verpachtet, fließt, aber
machte
es
stets
sich
das
Bestreben
geltend,
dieselbe
vor allem für die Einwohnerschaft nutzbar zu machen, und die Verordneten der Altstadt richteten am 14, Mai 1738 das Er¬ suchen an den Magistrat, die Fischerei „nicht auf das teuerste Zn verpachten,"
Aehnliche Gesuche wiederholten sich, und es wurde namentlich immer wieder verlangt, daß die Pächter
einen ordentlichen Fischmarkt
halten
sollten.
Dement¬
sprechend bestimmt der Ver¬
trag vom 17. daß
Juli
1732,
die Pächter nicht eher
wurden daher gegen den bisherigen Zins Pächter, aber am 12. Mai 1800 zeigten sie an, daß „böswillige Menschen, welche schon wiederholt die Fischereigeräte ihnen beschädigt, das große Garn zerhauen hätten," und man kehrte wieder zur Verpachtung an Fischer zurück. Der Pachtzins betrug von Jacobi 1756 bis Jacobi 1813, obwohl die Pächter, die Pachtbestimmungen und die Taxen vielfach gewechselt hatten, gleich¬ mäßig 6OO Mark, stieg 1813 auf 630 Mark. 1825 auf 705 Mark, 1831 auf 9OO Mark. 1837 auf 999 Mark, fiel 1843, trotz der Aufhebung der Taxe, auf 780 Mark, 1849 aus 600 Mark, 1855 auf 300 Mark, stieg 1861 wieder aus 885 Mark, fiel 1863 auf 6OO Mark, 1867 auf 390 Mark und stieg dann 1873 auf 1125 und 1879 auf 2021 Mark. Es ist klar, daß hier die Preisverschiedenheiten oft genug von den
Auswärtige ver-
Fische an
eigentümlichen komninnalen Verhältnissen bei den Aus-
kallfen dürften, als bis die Einwohnerschaft damit ver¬ sehen
war; in
geboten und den Zuschlägen beeinflußt ivorden find. So weit der Beetzsee die Grenzen des dem Domkapitel ge¬ hörigen Vorwerks Mötzom
dem Kontrakte
vom 3. August 1756 wurde verordnet, daß die Pächter täglich vor- und nachmittags Zwei Stunden Fischmarkt halten und keine Fische hinter den Häusern verheim¬ lichen sollten; der Vertrag vom 7. Januar 1798 endlich
berührt,
dem Domkapitel als Koppel-
ausgeübt. Der Riewendtsee, welcher fast 124 Hektar groß ist und urkundlich zuerst 1462 er¬ fischerei
Taxe fest, welche a) für eilt Gericht ordi¬ näre Speisefische, wie Barsche und Plötze, von 2 Pfd. setzte eine
wähntwird, wurde im Jahre 1612 an den Gutsbesitzer Dietrich von Brösigke in
12 7» bis 15 Pfennig,
b) für mittel- und genannte
Brathechte
wiederkäuflich äußert und erst 1749
Ketzür
so¬
und
große Barsche per Pfd. 12 V2 bis 15 Pf., für ein Gericht 25 bis 30 Pf., 0)
Zander
für und
große
das
Stück zu 2 bis 27« Pfd., per Pfd. 15 bis 19 Pf.
d) für Aale von 2 bis
ver¬
nach
langwierigenVerhandlungen und
Hechte,
Bleie,
wird die Schar¬ Stadt und
fischerei von der
Srfilotz Tylson (alt).
2 1 /., Pfd. per Pfd. 25 Pf.. e) für ein Schock Krebse
60 Pf. bis 1 Mark 50 Pf. betrug. Diese Taxe wurde von Jakobi 1807 ab zu a) auf 17 bis 25 Pf., zu b) auf 37 bis 50 Pf., zu 0) auf 30 bis 37 Pf., zu ä) auf 30 bis 37 Pf., zu e) auf 37 Pf. bis 2 Mark erhöht, ist später noch mehr¬ mals geändert und, nachdem sie lange Zeit wohl nur auf dem Papier bestanden hat, erst Jacobi 1843 aufgehoben worden. Die Fischerei ist stets verzeitpachlet gewesen, die am 28. Juli 1770 von der Kriegs- und Domänenkammer angeregte Ver¬ erbpachtung lehnte der Magistrat ab. Sie war auch, mit Ausnahme der Periode von Jacobi 1798 bis Jacobi 1807, stets an Fischer verpachtet; damals wollten die Fischer, wenn die bisherige Taxe bestehen bliebe, nur drei Viertel des bis¬ herigen Pachtzinses geben; Glasermeister Braune und Genossen
Prozessen
rvieder
er-
worbeu. Er war 1853 für 243 Mark verpachtet und rvurde dann nebst dem kleinen Glienicker See an einen Kossäthen in Pewesin für 1800 Mark verkauft, weil der
Besitz
manchen
desselben
Prozessen
zu
Anlaß
gegeben hatte.
Der Bohnenland- und der Gädensee von rvelchen jener etwa 20, dieser 61 Hektar groß ist. sind urkitndlich nicht er¬ wähnt; jener war 1812 fiir 32 Mark, 1883 für 142 Mark, dieser 1813 für 69 Mark, 1881 fiir 455 Mark verpachtet. Den Brielingsee hat die Stadt 1324 zugleich mit dem Beetzsee erworben; er ist nahezu 214 Hettar groß und war 1754 für 3OO Mark, bis 1811 für 180 Mark und 1817 für 387 Mark verpachtet; im Jahre 1823 wurde auf tviederholtes Drängen der Stadtverordnetenversantmlung die Fischerei
zur Erbpacht
ausgeboten und der Kaufmann C. und der Fischer S. boten, außer IO 590 Mark Erbstandsgeld, 90 Mark Steuer; die altstädtischen Fischer protestierten jedoch gegen die Vererb-
„da
und Tagelöhner der beiden Reichen sein wollten". Die Fischerei wurde dann auch sür 780 Mark, aber auf 25 Jahre verzinspachtet; 1883 betrug
Pachtung
sie nicht die Knechte
der Pachtzins 1260 Mark.
Auch die Fischerei in den
gräben gehörte früher der Stadt,
Stadt¬
ist derselben aber
1834
auf eigentümliche Weise entfremdet. Während der letzten Pachtperiode, in welcher 31,50 Mark Pachtzins gezahlt wurde, hatte
das Weißgerbergewerk nebst
den Lederfabrikanten
Sp.
und Sch., die Eigentümer der Mühlen am Ende der Graben
waren und dort einen einträglichen Aalsang betrieben, gegen die Fischereipächter geklagt, weil diese Aalkörbe gelegt hätten, und von den Verklagten ivar der Stadt Brandenburg der Streit verkündigt worden. Die Kläger wurden jedoch in der ersten Instanz abgewiesen, appellierten aber lind beantragten nun, die Stadt möge ihnen die Fischerei sür 21 Mark vererbpachten „um für die Zukunft alle Streitigkeiten zu beseitigen". Dem Magistrat, schien dies plausibel,
ja „da Kläger in
von 1868—1874 für 78 Mark verpachtet. Im Jahre 1870 wurde der Emsterkanal vollendet, welcher die Herstellung einer besseren Schiffahrtsverbindung zwischen dem Rietzer See und der Havel bezweckte, sür
60 Mark,
1862 für
12 Mark,
den in seinem mittleren Lause sich vielfach schlängelnden Einsterfluß an tnehreren Stellen durchschnitt und ihn unterhalb der Berlin-Brandenburger Chaussee absperrte. Zur Ausgleichung
welche hierdurch den Fischereiberechtigten ent¬ räumte thuen die Emsterkanalgesellschaft die Fischerei auch im Emsterkanal ein, und nun wurde die Fischerei auch int Emstersluß und im Emsterkanal 1874 für 171 Mark, 1880 für 181 und 1886 für 183 Mark verpachtet. Im Jahre 1880 strengte die Stadt gegen den Torfgräbereibesitzer B. in Goll¬ witz, welcher von der Emsterkanalgesellschaft mehrere Wiesen, die infolge der Anlage des Emsterkanals entstanden waren, gekauft und zur Erweiterung seines Besitztums einen Teil des
der Nachteile, standen,
Emsterflusses
verlangt hatte, eine Klage auf
die
Ersatz
der
des
zweiten Jttstanz
Schadens
immergewinnen könnten uttd die Stadt dann die
tvelcher
Pächter
tigten entstanden war, und aus Untersagung fernerer Beschädigungen. Das Kammergericht wies je¬ doch die Klage ab, indem es auf Grund des Gutachtens des Wasserbaurats Rower annahm,
Fischereiberech¬
müsse".
Eine Lizitation hielt der Ma¬ gistrat nicht für nötig, weil der
Erbpachtvertrag einen
Prozeß -
vergleich
hier¬
durch den
ver¬
treten
an,
dar¬
und das Anerhieten des
stelle,
GlasersBraune, 45 Mark Erb¬ daß der Emsterpacht zu zahlen, fluß auf der, lehnte der Ma¬ durch den gistrat ab, „weil Srhlslf ©tjlfe« (neu). Emsterkanal re¬ dann eine Lizi¬ gulierten Strecke tation erfolgen Die in diesen aufgegangen sei, iurd daß die Verbinditng des Emster¬ müsse und die Streitigkeiten doch nicht beseitigt würden". flusses zu den bei Alllage des Kanals mit verfolgten Zwecken Stadtverordnetenversammlung stimmte zu, nur setzte sie an getzörr habe. Abgesehen davon, daß die Verfolgung solcher Preis da¬ Roggen, deren Stelle votl 21 Mark sieben Scheffel Zwecke doch höchstens der Kanalgesellschaft, aber nicht einem mals 24 Mark betrug, und die Regierung genehmigte dies. Jin Jahre 1857 wurde der Kanon durch Kapitalzahliuig von Privatmanne in seinem Interesse zustehen dürfte, war die Frage, ob der Fiskus befugt gewesen, die im Emstersluß, 657 Mark abgelöst, deren Zinsen ü 4 pCt. sich auf 26,28 Mark freilich welcher der Stadt gehörte, entstandeneir Inseln an die Kanal¬ Stadt also die los, Streitigkeiten war Die beliefen. zu übereignen, mindestens eine sehr zweifel¬ des gesellschaft Erhöhung aber auch die Fischerei und jede Aussicht aus hafte. Auch die Flutfischerei von der Brausebrücke, welche Pachtzinses. Die Fischerei im Emstersluß wird 1380 in einem Ver¬ 1874 für 36 Mark verpachtet war, und die Fischerei aus dem Prätzker See, welcher etwas über 10 Hektar groß ist, die gleiche ermähnt, welchen das Domkapitel mit dem Rate der 1885 eineir Pachtzins von 170 Mark brachte, befiitden sich Neustadt und deni Bürgermeister Jacob Gir schloß, nach im Eigentum der Stadl. ivelchem für den Fall von Streitigkeiten festgesetzt wurde, daß jeder
Teil als Schiedsrichter einen gemeinen Biedermann ivählen
tolle,
der weder zu den Fürsten, Rittern, Bischöfen, Aebren, Pröpsten, Pfaffen oder Juristen noch zu den Herren gehöre.
Die Fischerei war im Jahre 1800 für 7 Mark, 1826—1838
(Fortsetzung folgt.)
-e
K--
588
mein Gewissen doch rein ist.
Hans Ulrich Schaffglltfch. (Fortsetzung.)
seien
ihnen
diese Sacheit
als extra professionem
doch zu
schwer; weshalb sie bäten, mau möge sie dilrch Rechtsgelehrte
unterblieb die Wiederholung der peinlichen Untersuchung. Hans Ulrich wandte sich nunmehr mit einem sehr beweglichen Bittschreiben an Kaiser Ferdinand den Zweiten. Er klagte in rief zu Herzen gehenden Worten, daß er „mit einer so schmerzlich harten Tortur über die drei Stunden lang beleget worden sei, unangesehen dessen, wie er mit Gott und reinem Gewisseti nochmals bezeugen sönne, daß er von des Friedländers böser intention keine Wissenschaft gehabt." Trotz alledeni erfolgte unter dem 5. Juli 1635 die Be¬ stätigung des Bluturteils. Nur von der Abhauung der Hand vor der Enthauptung wurde abgesehen. Danach verblieb der treue und verdiente Diener seines Kaisers noch drei Wochen im Gefängnis. Erst ant 19. erhielt er die Erlaubnis, „einen seiner Trompeter an seine Kinder und Freunde in Schlesien Am 21. Juli ivurde ihm dann mitgeteilt, zu verschicken." Wie er diese daß seine Enthauptung unwiderruflich feststehe. Botschaft aufgenommen, erzählen uns die evangelischen Geist¬ lichen Superintendent Lenz und Pastor Donauer, welche Zeugen seiner letzten Stunden gewesen sind. Es war auf dem Regensburger Rathause, wo dem Ver¬ urteilten am 21. Juli sein Tod verkündet wurde. Darauf „denn der Herr Schaffgotsche angefangen gar frölich zu lachen und gesaget: Ach Ihr lieben Herren, welch ein angenehme Post bringet ihr mir: beim ob wohl so zu sagen das Leben edel ist; so hat mich doch der Röm. Kayser so tractirer und zurichten lassen, daß, wie ich mir zuvor das Leben gewünschet habe, mir itzo den Todt wüntsche. Ich wollte den Herren vor diese angenehme Post wohl was angenehmes thun, weil sie aber mein Unvermögen dieses Orthes sehen, hoffe ich sie werden Weil die Herren selbst aber so nachsichtig mit mir seyn. conditioniret, daß sie mir dienen können; bitte ich, sie wollen in zwei Dingen mir forderlich seyn. Einmal: Mich jammern meine Kinder; helffen Sie mein Ansuchen wegen dieser geltend Andernteils; wie wohl ich mich zum machen und fortsetzen. seel. Sterben schon längst bereitet, alß der ich dem Tode näher, alß dem Leben gewesen bin, Bitte ich nur, daß ich einen Evangelischen Prediger zu mir bekommen kann, mich mit ihm zu Unterreden, morgen, wills Gott, meinen Gottesdienst zu halten imbt dann, wann es Ihnen beliebig, freudig zu sterben. Denn jetzo darf ich nicht mehr sagen: wann Gott wihl, ich weiß, daß er mich in der Menschen Hände gegeben hat. Aber wie Gott wihl, daß ich sterben solle, also sterbe ich gerne. Dieser Glaube ist in meinem Herzen versiegelt, und soll fest darinnen bleiben." Noch redete der Herr Schaffgotsche gewaltig und stattlich von seiner Unschuld, welches alles zu erzehlen zu lang werden wollte. Als ihn dann die Gesandten fragten, ob er im Zimmer hier zu sterben wünsche? Man würde ihm diese Gnad er¬ zeigen, sprach er: „Meine liebe Herren. Ich habe also gelebet und gethan, daß ob dieser Schimpf und Spott mir widerfahren, ersetzen
lassen.
Demnach
meines Gottes Himmel für aller Welt sterben, alß im Winkel Hingerichte, werden. Darauf sagte ein Rittmeister: „Macht doch der Herr, daß einer baldt mit sterben möcht." Jhni entgegnete der Herr Schaffgotsche: „Da sei Gott für. Auf grüner Heyden, da gehöret Ihr hin. — Ich hab mir solches wohl auch gedacht; doch falle ich jetzt auf dieser grünen Heyden nicht: ich
Ich
Am folgenden Tage, d. h. dem 4. Juni 1635, sollte die peinliche Befragung wiederholt werden. Da aber erklärten der General-Wachtmeister Wangler und mehrere Obristen, es
Und was ist dies für Gnade?
will lieber öffentlich unter
allenthalben wohl zu sterben." Die Gesandten gesegneten ihn, und befahlen dem Pfarrherren, so er würde rufen lassen, unverhindert seinen Eintritt ins Zimmer zu verstatten. Etliche weineten, der Herr Schassgotsch aber lächelte, undt sahe man gantz keine Traurigkeit an Ihm. Er ließ den Herrn Mgr. Samuel Leutzen, Super¬ denke
intendenten, ß
zu
sich
erfodern,
/
4 Stunden bei ihm gewesen,
und
nachdem
kamen
derselbe etwa»
die Jefuiter,
da denn
der Herr Lentz abtretten müßen. Er hat sie kurz und stumpff abgefertigt, demohngeachtel sind sie in die 2 Stunden bei ihm
blieben biß er bei Herrn
Mgr. Lentz
eine
Bibel holen
lassen.
Vom 21. Abends an hat er biß an sein Seel. Ende Keinen Bißen mehr geßen, noch Keinen eintzigen Tropffen getrunken. Sonntags den 22. Julij waren die Evangelische Prediger, beyde Magister zur Hl. Dreyfaltigkeit, bey Ihme, da denn der Herr Schaffgotsch beichtete und communicirte. Es wurde unter der Communion die Stubenthür offen gehalten ttndt vergönnet, den Process zu sehen. Geschahe nicht ohne vergießung vieler Thränen; habe auch mein Lebenlang keinen Menschen in dergleichen Andacht, Ehrerbietigkeit und höfflichen Sitten zum Tische des Herrn gehen sehen. Nach voll¬ brachtem Werke machte inan die Thüren wieder zu und waren
allen
die Herrn Geistlichen noch eine ziemliche weile bey
Ihm,
wo¬
rauf er sie mit stattlichen Verehrungen wieder von sich ge¬ Schrieb noch auf den selbigen Tag etliche valetlassen. Briefleiu au die seinen mit eigner Haudt, theilte seine noch bey sich habende Sachen unter seine treue Diener auß, und ließ Ihm seinen Sarg und sein Grab bereiten. Folgende Nacht hat er sich gar nicht Schlaffen geleget, sondern mit Bethen ltud Andacht die Nacht zugebracht. Morgens alß Montags den 23. Julij hat er sich zum Seel. Sterben bereitet und die Herrn Geistlichen eine Stunde Als ein Offizier mit einer Carosse zu sich fordern Laßen. ankommen, dieselben frey abgedankt, und gesegnet, imd nach Hause zu gehen gebeten. „Er hätte nun solchen Trost gefastet und diesen in seinem Herzen so verwahret, daß er Gott lob, Es hat der Herr Mgr. Lentz keines fernern mehr bedürfe." nicht sich genug venvundem können, maß Geist und Gaben in dem Herrn gewesen. Alß nun die Geistlichen vom Herrn Schaffgotsche,! gingen, sagte Er: „Nun das walt mein lieber Gott; den Weg bin ich vor Euch gegangen." Drauf fing Er
mit dem Offizier andere Sachen zu reden an, alß wenn ihm nichts Kümmerliches im Hertzen wäre. Nachdem ward er auf den Ring, zur grünen Heyden genannt, hin¬ gebracht, itnd in einem darbet gelegenen Gasthause kurtz Staudtalsogleich
ihn gehalten. Auf der Carossen ward er biß zur breiten Bühne geführet, und als er dahin kam, stieg er ab und trat mit großer Freudigkeit auf die Bühne. Kniete aus
recht über
das Tuch,
so
er
ihm selber ausbreiten
lassen
und betete.
589
Darauf stund er auf,
segnete
seine
Kinder und entfernten
Freunde, seine Unterthanen und seine anwesende Dienerschaft, Ie r e in i ain (Göttwa-ld) mit kürzen-aber beweglichen Worten, niid kehrte sich sodann zuin Obersten Auditor uiid Fragte lau: und mit großer Ruhe: den Beysitzern desselben.
sonderlich
j
s
„Wahrscheinlich, noch ein Trostspruch von seinem Beichtvater Donauer, beit er vielleicht mit ihm gebetet, ehe er aus dem Aichingerschen Hause ins Goldene Kreuz zur Verurtheilung abgeführt worden." (Schluß folgt.)
„Dieweil er ja sterben sollte, und wüste, wolle man Ihm doch hier, für Gort und aller Welt sagen, waß denn die Ursache seines Todes sey; damit nicht jemand meinen möcht', er stürbe als ein Dieb und Uebel¬ thäter!" Die Richter haben geantwortei: „Wir thun, waß der Römische Kayser ims bestehlet." Als er hieraus zum
Geschlecht, Stammhaus, Rittersihe und Denkmäler
zweiten und zum drittenmäle gefraget, haben sie die Drommeln rühren lassen, daß man nicht hören können, waß geredet
Aus Blankenfeldes plötzlichen Tod har einer der damals blühenden „lateinischen Dichter" der Mark — oder ist es viel¬
Endlich hat ihm sein Kammerdiener, Constantinus Wegerer genanndt, seinen Überschlag abnehmen müßen und Sodann die Haare mit einem weißen Tüchlein hinaufbinden. der Herr Schaffgotsch sein Schwach Hüttlein wieder auf-
leicht erst Samuel Scharlach gewesen?
worden.
„Nun
hat und gesagei:
gesetzt
so
wihl
ich mich
mit Leib
und Seel zu eigen übergeben meinem lieben Gott und hierher setzen, und seinen Willen mit Geduld
erwarten."
Sich ailch auf den zubereiteten Stuhl gesetzet, ihm bald Augenbligs der Freye Mann den Kopf abge¬ Der Körper ist aus dem Stuhl sitzen blieben, biß schlagen. Ihn der Kammerdiener heruntergezogen. Es sind nun die übrigen Diener kommen, bei ihm niedergesunken und gebethet, dann den Körper sambt dem Tuch in Sarg geleget und in sein Zimmer getragen, da er von viel 1000 Menschen gesehen da
worden.
Ceremonien auf den Kirch¬ Dreifaltigkeit in ein gewölbtes Grab versetzet zur heiligen
Ist
hofs
worden,
hernach Mittwoch, ohne
wobei viele,
viele Personen
zugegen gewesen seyn,
und den lieben Herrn beweinet haben.
Der Herr Schaffgotsch
ist nicht abgewaschen worden, wollen, sondern gesaget: „Sie sollten ihn nicht abwaschen, sondern ihn lassen, wie er zu¬ gerichtet wurde, also wollte er dem Römischen Kayser für dem
denn
er hat
es nicht haben
Richter-Stuhl Christi erscheinen." Ditz Alles ist hier erzehlet, wie ich es selbst glaubwürdig und gehöret. Regenspurg den 29ten Julij 1635.
gesehen
Noch im Jahre 1838 waren Monumente dieses schauer¬ lichen Justizmordes zu Regensburg vorhanden.
Die Gumpelz-
haimersche „Geschichte Regensburgs" berichtet darüber:
„Sobald Schaffgotsch enthauptet war, wickelten seine Be¬ dienten den Leichnam in ein Tuch, trugen ihn herab, nähten den Kopf wieder an, legten ihn in einen Sarg und brachten ihn iu das Haus ,zum blauen Krebs' im .KrebSgässel' wo ihn ein Maler abkonterfeyt und er zwey Tage zur Schau aus¬ gestellt worden. Das Haus birgt uoch merkwürdige Spure» von der ausgezeychneten Todtenfeier, die ihm gehalten worden, indem die steinernen Gewänder der eisernen Thüre des Ge¬ wölbes, worinnen er gelegen, und die nahen Tragsäulen des Hausgewölbes schwarz eingefaßt und darüber, wie man nun das Weiße abkrazte, schwarze Rosetten gemalt sind. Auch bettnbet sich an der großen Hausthür inwendig ein Pappendeckel, worauf folgende Verse stehen: .
„Wenn ich geh aus diesem Haus, „Gesegne mich Jesus Christus draus; und Tritt geht Jesus mit, „Mein Gang wird mir mißlingen nit!
„All Schritt
Derer von Blankenfelde. (Fortsetzung.)
—
die folgenden, sehr
charakteristischen Dystichen gemacht:
Pristina detractant Bigenses Jura Joanni: Diversa diversi probant Oriente Luthero. Eieiunt claustris monachos ritusque novare. Hispanicas praesul quaerulus discedit ad oras; Torquemadae moriens causam vitamque relinquit. Daß wir's übersetzen: „Die Bürger von Riga bestreiten dem Bischof Johannes sein altes Recht; überall herrscht der Zwist, seitdem Luther auf¬ getreten. Die Mönche werden aus den Klöstern gedrängt, und der Gottesdienst wird geändert. Klagend eilt der Bischof zu den spanischen Gestaden, aber er stirbt zu Torquemada, und mit ihiu sinkt seine Sache." — Das in der Seidelschen Bildersammlung befindliche Bildnis des Erzbischofs scheint nach einem Originale gefertigt zu sein, ivelches sich zu Frankfurt a. O. im Kollegiuin der Juristen Es zeigt einen Herrn von stattlicher befunden haben mag. Gestalt mit der viereckigen cappa der Professoren, wie sie auch Konrad Wimpina auf seinem Bilde trägt, und dem pelz¬ verbrämten Mantel. Von den Brüdern des Erzbischofs erscheint Wilke bis zum Jahre 1521 als Ratmann zn Berlin. Er war mit Barbara, der Tochter des Erbsassen Peier Otto von Herzberg, vermählt. Ein anderer Bruder Johanns, Namens Paul, wird int Jahre 1505 als Ratmann zu Berlin erwähnt. In ihni scheint die kriegerische Ader der Blankenfelde sich wieder geregt zu haben. Es herrschten damals erbitterte Grenzstreitigkeiten zwischen Brandenburg und Braunschweig, welche zu Thätlichkeiten über¬ gingen: der Grenzkrieg in aller Weise beunruhigte sowohl Die Braunschweiger die Altmark wie die Lande der Welsen. überfielen den Schulenburg'schen Flecken Betzendorf, wahr¬ scheinlich, um hier weilende märkische Kaufleute aufzuheben, und Paul von Blankenfelde vereinigte sich mit „etlichen anderen Märkischelt"; er that einen „Zugriff" aus der Braunschweiger Straße. Die Streitenden riefen die Entscheidung des Königs Christian II. von Dänemark an, und dieser verglich die Parteien am 2. August 1523. Es sollte des Geschehenen nicht mehr gedacht werden. Ein vierter Bruder, Stephan, verstarb mit seinen Schwestern Magdäleita und Benigna bei der Seuche, welche Berlin int Jähre 1516 heimsuchte. — Wir sagten eben, daß .Wilke Blankenfelde allein daS Ge¬ schlecht fortgesetzt habe. Sein Sohn hieß Johannes, er er¬ scheint ziterst int Jahre 1542 als Lehnsherr int Rate von Berlin, wurde 1558 Bürgermeister und verblieb in diesem Amte bis zum Jahre 1572, in welchem er auf sein Ansuchen
-Hg
590
von dein Kurfürsten desselben entbunden wur^e. Johann von Blankenfelde ist wiederum eine lebensvolle Gestalt. Das Verhältnis der Berliner Bürgerschaft zum Hofe hatte in den Tagen des gütigen zweiten Joachim fast patri¬
Zwanglos verkehrten die Formen angenommen. Bürger im Schlosse, und gern erschienen die Mitglieder der Kurfürstlichen Familie bei Festlichkeiten in beit Bürgerhäusern Berlins. Was einer auf dem Herzen hatte, das durfte er ge¬ trost zu Hofe tragen. Die Kur-fürstin besuchte nicht allein die Kranken in den Hütten der Armut; nein, sie sendete auch den Bürgermeisterinnen ein Wochensüpplein und hob dann deren Kindlein aus der Taufe. Die Prinzessinnen spielten im Hause der Rpke, und die alle Frau Bürgermeisterin Ryke brachte es dahin, daß im Jahre 1552 die „Marienschule" wieder ange¬ Gleich nahe wie die Ryke standen auch die richtet ward. Blankenfelde jetzt dem Brandenburger Hofe: Johann von Blankenfelde ward Vorleger und Küchenmeister desselben. archalische
Das Amt eines damaligen Küchenmeisters war ein gar seltsames.
Kenntnisse
Es erforderte tiichl und Geschicklichkeiten;
—
etwa es
besondere
kulinarische
ivar vielmehr wesentlich
finanzielle Unternehmung. Der Küchenmeister nahm die Versorgung sämtlicher Mitglieder des Hofes und aller derer, welche von des Kurfürsten Tisch aus gespeist wurden, in „Generalentreprise" ; er bestimmte, ivas die Kurfürstlichen Aemter zu liefern hatten; er kaufte Wein und Gewürz ein; er beaufsichtigte die Verwendung des Wildprets und hatte sich mit dem Kellermeister in Bezug auf die Lieferung der Weindeputate zu „benehmen". Selbstverständlich hatte er dabei oft recht bederuende Auslagen zu leisten. Diese Bei den Finanzverhält¬ wurden dann alljährlich verrechnet. nissen Joachims II. konnte daher nur ein sehr bemittelter Mann dieser Stellung gerecht werden; ihm aber lohnte sie Wirklich scheint Johann von Blankenfelde sehr sich gewiß. begütert gewesen zu sein; schon 1548 erkaufte er Teile der Dörfer Birkholz, Pankow und Blankenburg. In St. Nikolai schmückte er eine der Kapellen des hohen Chores feierlich¬ prächtig aus; wir vermuten, daß der schöne Erucifixus, welcher noch heut' über dem Gewölbebogen dieser Kapelle befestigt ist, auch schon damals zu ihr gehört habe. Es ivar die Tochter eines armen altmärkischen Adels¬ geschlechtes, Ortige, d. h. Dorothea von Vintzelberg, mit welcher Johann von Blankenfelde sich vermählt hatte. In den leider in alle Welt zerstreuten Seidelschen Sammlungen befand sich einst auch eine Hochzeitsmedaille, auf welcher unser Von dem Kunst¬ Paar mit seinen Wappen abgebildet war. sinne des Bürger- und Küchenmeisters Blankeitfelde zeugen heut' noch mehrere Denkmäler unserer Kirchen, welche wir weiter unten im Zusammenhange betrachten werden; seinem praktischen Blicke aber gereicht es zur hohen Ehre, daß er Berlin bereits mit einer Wasserleitung versorgte. Es scheint demnach, daß er den Grund der Seuchen, von welchen die Stadt so häufig heimgesucht wurde, klar erkannte. Die Chronik des Köllner Stadtschreibers gedenkt seiner mit den Worten, „daß er in seinem Leben mit wunderseltsamen und vielfältigen Gebäuden an Teichen, Gräben, Schleusen viel Wesens getrieben, am 9. Oktober 1579 die Welt gesegnet habe und in seiner Kapelle in St. Nikolai begraben worden sei." Jedenfalls leitete er auch die Verwaltung des Gotteskasteits der Blankenfelde, welcher im Hospitale „Zum Heiligen ein Verwaltungsamt
oder
eine
A--
Geiste"
sich
befand.
Mit ihm
Berliner Bürgermeister ans
aber schließt die Reihe der
dem Hause Blankenfelde.
Von
nur das Folgende bekannt: Sein Sohn Johannes, welcher in Wittenberg studiert hatte, wurde Kurfürstlicher Amts-Kammer-Sekretär und ver¬ starb, noch vor dem Vater, am 2. September 1550. Als die Glocken von St. Nikolai seinen Tod verkündigten, zerbrach der Klöppel in der größesten derselben, was die Chronisten der damaligen Zeit für wichtig genug erachteten, um es aus¬ zuzeichnen. — „Amts-Kammer-Sekretäre" waren als Finanz¬ Ein zweiter Sohn des beamte danials nicht eben beliebt. Bürgermeisters Johannes, Namens Franz, hatte das Rosensche Freihaus in der Heilizen-Geiststraße mietsweise von Alexander Gasthöse gab es zu jener Zeit in Berlin von Hake inne. anscheinend noch nicht, und den Bierschank übte der Rat in seinem Keller als besondere Gerechtigkeit aits. Franz Blanken¬ felde machte ihm hierin Konkurrenz; „er legte fremde Biere in sein Haus ein und verschänkte dieselben über die Gasse." Aus Veranlassung des Rats wurde ihm das verboten; er wurde angewiesen, die fremden Getränke für seinen nur Haushalt zu benutzen. Ein dritter Bruder, Namens Benediktits, hatte die Anwartschaft auf eine Domherrenstelle in Havelberg er¬ worben, wurde aber in Streitigkeiten mit der Berliner Bürgerfamilie Tempelhof verwickelt, weil die letztere einige Pertinenzien des Gutes Birkholz, an welchem die Blankenfelde die Ein gesamte Hand gehabt, widerrechtlich verkauft hatte. vierter Sohn, Joachim, Erbsaß auf Kaulsdors, Pankow und Blankenburg, war es, der das Geschlecht fortsetzte. Er hatte einen Sohn Gottfried, welcher sich dem gerade damals fröhlich aufblühenden brandenburgischeu Postdienste widmete und im Jahre 1637 Postmeister zu Königsberg in Preußen war. Mit ihm verließ die Familie von Blankenfelde die Stadt Berlin, in deren Rate sie gegen drei Jahrhunderte geblüht hatte. Von den Töchtern des letzten Bürgermeisters Hans kennen wir nur zwei mit Namen: Anna Magdalena und Magdalena. Die erstere verheiratete sich im Jahre 1552 mit dem Lizentiaten Peter Matthias ans altberliner Patriziet-saniilie. Es ivar dem jungen Paare jedoch nur eine kurze Zeit des Glückes beschieden: schon im Jahre 1553 verstürben beide Gatten kurz hinterein¬ seinen Nachkommen ist uns
ander an der Pest,
ivelche
die Schwesterstädte an der Spree
wieder heimsuchte. Wir kommen auf das schöne in St. Nikolai Magda¬ noch erhaltene Denkmal dieses Paares unten zurück. lena Blankenfelde aber vermählte sich mit dem Amtsrat und Kammermeister Heinrich Straube, welcher am 16. Oktober 1593 Während der Postmeister Gottfried von zu Berlin verstarb. Blankenfelde das Geschlecht in Preußeit fortführte, verheiratete sich Magdalena Straube, die Tochter dieses Kammermeisters und der Magdalena Blankenfelde, an den Doktor Erasmus
Mauritz, einen Rechtsgelehrten, welcher anfangs Syndikus der freien Reichsstadt Magdeburg war und dann als Rat des Kurfürsten Johann Sigismund nach Berlin übersiedelte. Margarethe Mauritz, die Tochter dieses Paares, wurde dem Bürgernteister und Kamniergerichts-Advokateit Benedikt Reichardl vermählt. Die Reichardtschen Töchter verheirateten sich wiederum Magdalena Sophie wurde dem Bürgermeistersehr glücklich. Friedrich Blechschmied, Errphrosyne Margarethe dem Bürger¬ meister Johannes Tieffenbach, Katharina Elisabeth aber dem Rate Nikolaus Wernicke vermählt. (Fortsetzung folgt.)
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Wil
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591
n.
(Schluß.)
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Unter solchen Umständen kann es uns nicht wundern, wenn 15 Jahre verflossen, ehe König Wilhelni (1869) dem mühevollen Werke einen Namen geben konnte. Zwei Jahre währte allein der Bau der geivaltigen Fangdümme, hinter Venen noch erst die Hauptarbeit beginnen sollte, Sie bestanden aus zwei Reihen schwerer Balken, die man neben einander in den Grund gerammt hatte, so daß sie sich 6 in über dem
i>-
Grunde aus gesehen, bauen sich die Docks terassenförmig aus. Die Hellinge sind schiefe Ebenen, welche gemauert und all¬ mählich aus dem Wasser aufsteigen; sie sind hauptsächlich zum Neubau von Schiffen bestimmt. Docks und Hellinge liegen parallel neben einander, können durch Ponronthore vom großen Bassin abgeschlossen und durch eine mächtige Dampfpumpe in kurzer Zeit trocken gelegt werden. Die Herstellung dieser großen
Werke
erforderte
einen
Kostenaufwand von 6 Millionen Thäler.
Wir
wenden uns nun den Hochbauten zu, und zwar zu¬
Meeresspiegel zur Zeit der Ebbe erhoben. Zunächst begann tnan nun die beiden in runden turm¬ artigen Köpfen endenden Molen zu bauen. Sie sind aus
nächst den zum Betriebe der Werft notwendigen Etablissements. Zu ihnen gehört die Kesselschmiede, in welcher man die großen Kessel für die Kriegsschiffe verfertigt, ferner die nahe dabei be-
Landsteinquadern und Ziegelsteinen inassiv aufgeführt, bilden die 69,5 in breite Hafeneinfahrt und reichen bis an das tiefe Fahrwasser. Ihre Länge beträgt ca. 180 in, ihre Krone er¬ Das Fahrwasser hebt sich 8,5 na über dem Ebbespiegel. zwischen ihnen hat zur Zeit der Ebbe eine Tiefe von 5, zur
legene Montirungswerkstalt, in der die Maschinenteile gearbeitet
L,eit der ordinären
von
9
in,
schwersten
so
Flut
eine solche
daß
selbst
Schisse,
sogar
die
Der Dampf für die vielen Maschinen dieser beiden kolossalen Werkstätten wird in dem hinter beiden liegenden Vor ihnen, unmittelbar am Hauptbassin, Kesselhause erzeugt. erhebt sich der gewaltige Dampskran, mittels dessen man Lasten bis zrr 1000 Zentner heben kann. Er dient zum Aus- und werden.
Einsetzen
der
Tiefgang von 8 in hat, aus- und einlaufen können. Freilich muß fortwährend gebaggert werden, weil aus der Flut beständig viel Schlamm oder Schlick niederschlägt. Durch die Einfahrt zwischen den Molen gelangen die Schiffe zunächst in den Vorhafen, welcher '210 NI lang und 120 na breit ist. Sie müssen dabei doppelte eiserne Schleusenthore (Flut- und Ebbe-
schweren Geschütze,
reihen sich den genannten an, als ein Gießhaus, eine Dampfhammerschnnede,
die
Schiffsbanschmiede,
die Winkeleisenwcrkstatt, in welcher
letzteren die Rippen und Planken
der Panzerschiffe wie auch die dicken
Panzerplatten gearbeitet werden, ferner die Bootsbauwerkstatt und die großen Magazine für Artillerie anderes Inventar und und Material, und endlich die Werk¬ statt für Takelage itnd Segel der
lhore) passieren, welche nur bei Hochwasser geöffnet werden. Diese Schleusen
der
Maschinen und Btasten der Schiffe. Illoch manch andre Werkstätten Etablissements großartige und
„König Wilhelm", welcher einen
haben im Lichten eine
Schiffe. Silles dieses und noch manch' Llaiilieiifeldksihkr Totenschild i» St. iliholai. sowie auch die Docks, anderes, paaren, die sog. Schleusenkammer, das große Bassin und Hellinge, beträgt 39,6 NI. Die Tiefe des ein Teil des Kanals, sind durch eine hohe Mauer von der Vorhafens ist derjenigen der Einfahrt, des Kanals und des Stadt geschieden. Alles, was innerhalb dieser Mauer liegt, großen Bassins gleich. man die Kaiserliche Werst. Acht Thore bilden den nennt gelangen Durch eben solche Thore, wie die beschriebenen,
Breite von 19,8 in, und die Ent¬ kernung zwischen den beiden Thor¬
in den 1080 in langen und 65 ni breiten Kanal, der nur in seinem obern Teile mit senkrechten Kaimauern ein¬ gefaßt ist, während drei Viertel seiner Länge eine ungemauerte Böschung aufweisen. Durch den Kanal gelangen die Schiffe in das Hauptbassin, den eigentlichen Hafen für die Schiffe. Es hat eine Länge von 360 und eine Breite von 231 ni und eine aus Granitquadern senkrecht aufgeführte Kaimauer die Schiffe
Drei Westseite
fiir
die großen Kriegsschiffe. Trockendocks und zwei Hellinge
zum Anlegen
des
Bassins.
Die Docks
sind
gebäude bekommen kann.
Das vielgestaltige Leben und Treiben, das rastlose Arbeiten und Schaffen aus der Werst, allwo stets einige tausend Arbeiter beschäftigt sind, muß man durch eigenen Augenschein kennen Es ist eine ameisenhafte Regsamkeit. Man glaubt lernen. in die Werkstatt Vulkans versetzt. Die Kaiserliche Werft bildet den Mittelpunkt der Stadl, „das Herz Wilhelmshavens". Die Stadt, obgleich bereits 14000, mit den Vorstädten ca. 25000 Einwohner zählend, macht aber bis jetzt noch immer den recht ungemütlichen Eindritck eines unfertigen Werkes. Man sieht freilich sehr breite sich rechtwinklich durchschneidende Straßen, wie die König-, Roon- itnd Bismarckstraße, mit einzelnen großen, stilvollen sich
liegen an der längliche, einem
Aniphitheater ähnliche, mit Granitquadern aus¬ gemauerte Bassins, ganz der Schiffsform entsprechend, um die Fahrzeuge behufs der Reparatur aufnehmen zu können. Zwei dieser Docks sind für die großen Schiffe bestimmt und haben eure Länge von 135 und eine obere Breite von 25 m; das kleinere nur 114 ni lange Dock ist für kleinere Schiffe. Vom
römischen
Zugang zu derselben, der jedoch Fremden nur gegen Lösung einer Karte gestattet ist, welche man in dem Werfl-Direktions-
Gebäuden, wie ein prachtvolles,
für 600 Kranke eingerichtetes
-8-
592
Lazarett, eine Kirche (die sogenannte Elisabethkirche), Kasernen, ein Marinestationsgebände mit weithin sichtbarem Signaltnrm, ein Observatorium, das Reichspostamt, Wohnungen der Ossiziere und Marinebeamteu, Hotels, Kausmannshäuser k., allein manche Stiaßenieike sind noch gänzlich unbebaut. So kahl
frei
und
aber
auch
das Terrain
daliegt,
so
macht
8--
daß sie unmittelbar vor den Magazinen am Kai liegen, und hierzu reichen die jetzigen Flächen llicht aus.
Deshalb wird demnächst noch ein zweites großes Ausrüstuugsbassiii erbaut werden. Wilhelmshaven ist in der That eins der. großartigsten Werke der Neuzeit, das Deutschland nicht bloß zum Ruhme,
es jetzt doch schon einen freundlichen Eindruck, der besonders
sondern auch
dadurch hervorgebracht wird, daß in den breiten Srraßen Ulmen¬ alleen angepflanzt sind. Trotz des scharfen Seewindes kommen
seiner Vollendung
Sogar einen großen im Jahre 1870 sehr schmackvoll angelegten Park mit Gesellschastshaus, wo im Sommer die Marinekapelle konzertiert, hat die Stadt bereits Außerdem liegen im Innern derselben zwei aufzuweisen. große, mit Bäumen bepflanzte Plätze, der Friedrich-Wilhelmund der Adalbert-Platz, letzerer mit der großen Adälbert-Statne
denn der Kriegshasen
diese
Bäume gut fort.
geschmückt.
den
Man muß sich wundem über den raschen Aufschwung, die Stadt genommen hat; denn vor 20 Jahren war hier
grünes Wiesen- und Weideland, auf welchem einige Nichtsdestoweniger hat Bauernhöfe zerstreut umher lagen. das Leben in Wilhelmshaven wenig Anheimelndes: das Sinnen unb Streben der Bevölkerung geht durchweg im Materiellen auf. Unter der Arbeitermasse befinden sich selbstverständlich viele rohe Elemente; bliltige Raufereien sind an der Tages¬ ordnung. Der Kern der Stadt wird aber weniger durch diese Verhältnisse in Mitleidenschaft gezogen, weil die Arbeiter größtenteils in den Vorstädten Neu-Heppens, Elsaß, Lothringen, Belfort, Sedan, Neu-Bremen, Metz rc. wohnen.
nur
Bei
dem
Bau des Jade-Ems-Kanals von Wilhelms¬
haven nach Emden und des Handelshafens kann es nichr fehlen, daß die Stadt sich ausdehnt und rasch zu einem größeren Handelsplatz emporblüht. Der Handelshafen ist im Jahre 1880 eröffnet. Er wird mit dem Kriegshafen in Ver¬ bindung gesetzt und hat seine besondere Ausfahrt, die im Notfälle auch von den größten Kriegsschiffen benutzt werden kann, falls in der einen Einfahrt ein Hindernis eintreten sollte.
Die jetzigen Werstanlagen entsprechen nicht mehr den An¬ forderungen der Gegenwart. Wilhelmshaven sollte nämlich nach dem Flottengrttndungsplan von 1882 die Station für 8 Panzer-
Monitors und über 20 hölzerne Kriegsschiffe Friedenszeiten werden die Schisse aus Sparsam¬ keilsrücksichten abgetakelt und ihr Inventar und Material wird in großen Magazinen aufbewahrt. Sollen sie nun in Kriegs¬ fällen rasch lvieder ausgerüstet werden, so ist es notwendig, fregatten, werden.
0
In
Einsall des
starkem Schutz
zu
und
an
der
Nordsee
eine Schöpfung
den Sitz der Herren von dem Knesebeck bilden. Tylsen wird im Jahre 959 unter dem Namen „Tulci" erwähnt. Hier haben die großen Knesebecks ves 17. Jahrhunderts hausgehalten. Der hochverdiente Landeshauptmann Thomas II. von dem Knesebeck hat das „neue Haus Tylsen" im Jahre 1620 vollendet. Hier hat auch der große Feldmarjchall Karl Friedrich von dem Knesebeck in den Jahren der Not des Vaterlandes geweilt und darauf gesonnen, wie der gewaltige Napoleon zu vernichten sei. Im Jahre 1805 hat er dem Schlosse seiner Ahnen die Worte zugerufen:
Mai 1353
schon
„Steh' fest, ehrwürdig' hohes Haus Der Ahnen von dem Knesen-Slamm, Du graue Burg von Thomas und von Paridam! *) *) Gebräuchlicher Vorname in einzelnen Geschlechtern der Alrmark.
von
tiefster nationaler Bedeutung, wohl wert des Ringens und Strebens, der gebrachten und noch zil bringenden Opfer an Zeii, Kraft und Geld. Neunzig Millionen Mark, nicht weniger, werden die Anlagen kosten, bis sie vollendet sind. Ein solch' kostbares Bollwerk mußte man sowohl nach der See-, als auch nach der Landseite hin möglichst gu sichern suchen. Zu dem Ende ist es liach der See zu bereits durch gewaltige Batterien und Forts, die mit Kruppschen Riesenkanonen besetzt sind, hinreichend geschützt, — nach der Landseite wird es mit einem Gürtel gepanzerter Forts nmschlossen. Außerdem werden Vor¬ kehrungen getroffen, daß man im Notfälle die niedrige Um¬ gebung unter Wasser setzen kann/ So geschützt, ist Wilhelms¬ haven ein uireinnehmbares Bollwerk, dessen achtunggebietendes Kriegsgeschwader bestimmt ist, unser deutsches Meer, die Nordsee, zu beherrschen und zu beschützen.
Will mail
sich
einen Ueberblick über die Stadt und ihre
ganze Umgebung verschaffen, so besteige man den 30
m
hohen,
unweit der Werft belegeneil Wassertllrm. Derselbe mußte an¬ gelegt werden, weil die beiden artesischen Brunnen ilicht geSein großes Resewoir faßt 830 llügendes Wasser lieferten. Kubikmeter Wasser, welches von der hohen Geest bei Schortens (Heidemühle) hergeleitet wird. Von der Platte des Turins hat man einen lvahrhafi großartigeil Anblick. Zu Füßeil liegt die Stadt mit ihrem ihren in frischem Wiesengriin zerstreuteil Vor¬ und vielen Park städten. Mail überblickt aus der Vogelschall den ganzen Plan der Hafenanlagen, die riesigen Werkstätteii und Etablisseiilents, die Docks, Hellinge und Bassins mit den Torpedo-, Kanonen¬ booteil und deil kolossalen Kriegsschiffen, wahren Seefestungeii. Nach Osten liegt der Jadebusen ausgebreitet mit der Küste Biltjadiilgeiis von Eckwarden bis Langwarden. Im Süden erhebt sich die Oldenburger Geest mit dem Turme von Varel und
der Dangaster Düne;
im Westen iiberschaut man die
bis Schillinghörn, uild im Norden schweift Blick in die uilbegrenzte See hinaus.
jeversche Küste
Kleine Mitteilungen Steh' fest und sei auch heute Schreck und Wir bringen unter unseren Abbildungen heute das alte und» das Der Feinde, die schon hämisch lauern rroue grdjlaß TrUsrri in dorr Altrnarrk, welche seit dem
7.
Mil
Schirm gereicht.
wird eine Blockade der Nordseeküsten, ein Feindes von der See her unmöglich sein. So ist
der
Graus
Auf den Zusammensturz von deinen Mauern! Steh' fest; sie richten gegen dich nichts aus!" —
Wir begnügen uns heute, die Ansichten dieses Edelsitzes zu geben. Von den Kunstschätzen und den geschichtlichen Denkmälern, welche die beiden 0. 8 . Häuser Tylsen bergen, ein andermal. Es war am 19. Mai dieses Jahres, als das Garde-Schützen¬ in Groß-Lichterfelde das Fest seines 75jährigen Bestehens be¬ ging. Hauptnian Alfred mm Keffer hatte zu dieser Feier die „Gosthrrilte" desselben verfaßt. Wir haben das stattliche, bei Ernst Siegfried Mittler und Sohn erschienene Werk leider erst verspätet erhalten. Bei der hohen Beliebtheit, ivelcher sich die Garde-Schützen in Berlin erfreuen, ist es uneine willkommene Pflicht, an dieser Stelle auf diese wahrhaft vorzügliche Arbeit hinzuweisen. Es hat uns ganz besonders erfreut, in dem Werke auch
bataillon
das schöne Verhältniß besprochen zu sehen, in welchem die Garde-Schützen lange zu den Bewohnern des Köpenicker Viertels gestanden haben. Auch das Abschiedsfest, welches am 27. September 1884 im „Karlsgarten" gefeiert worden ist, bildet ja eine Episode in der Geschichte Berlins! Von Herzen erklang es damals von dem Berliner Heim des Bataillons:
llttlcr
so
„Glaub' nie, daß je
ein Schütz' vergißt Wie lieb du ihm gewesen bist!" — Das Werk ist mit Karlen, Plänen und einem sehr guten Bilde Sr. Majestät des Kaisers ausgeschmückt. Alte Schützen aber werden vor allem sich an den kolorierten Abbildungen der Uniformierung und der Fahne wie an denen der Kriegsdenkmäler erfreuen.
In schreibt
—w.
den neuesten „Mitteilungen des Vereins
für die
Geschichte
Anton Oskar Klaußniann: „Sämtliche Berliner
Moiftouruarkt
Berlins"
Historiker, habe seinen Namen
auch Streckfuß, behaupten, der daher, daß in der Nähe desselben von der Kurfürstin Sophie Dorothea (!!) eine Molkerei angelegt worden war, welche ihre Produkte auf diesem Markte zum Verkauf brachte." Diese Angabe ist in doppelter Hinsicht zu berichtigen. Wohl giebt cs eine derartige Sage, aber sie bezieht sich nicht auf die Kursllrstin Sophie Dorothea, sondern aus Katharina, die arznciverständige Tochter Johanns von Küslrin. Die Ungeschichtlichkeit derselben ist längst, z. B. von Oskar Schwebel in seiner „Geschichte der Sradt Berlin" nach¬ gewiesen worden. (Siehe „Geschichte der Stadt Berlin" S. 95 und 498.) — Herr Klaußniann bemüht sicki sodann, zu zeigen, wie das Wort „Molkenmarkt" aus „Mollen"-, d. h. Mühlenmarkt, entstanden sei. So einfach liegt indesien die Sache nicht. Der Markt der Altstadt Berlin, im Gegensatze zu dem der Neustadt, dem „Neuen Markte", unter dem Gesamtnamen „Der Alte Markt" zusammengefaßt, hieß im einzelnen in seinem südwestlichen Teile „FischmarkI", in seinem nordöstlichen „Mulkenmarkt". Das letzere Wort ist durch das Stadtbuch von 1392 diplomatisch bezeugt. „Mulkenmarkt" aber hat sprachlich mit „Mühle" nicht das mindeste zu thun, es kann nicht anders als mit „Molkenmarkt" erklärt werden. So bestechend Herrn Klaußmanns Vermutung auf den ersten Blick also auch ist: sie Eine genaue Beschrei¬ ist also dennoch abzuweisen. bung des alten Molkenmarktes mit dem „Roland", welcher auf dem „Berge" d. h. ans einer Anhöhe des Marktes stand, mit dem „Krouwel", d. h. der Ausladestelle, der „Niederlage", dem „Krank", d. h. dem Kran, und dem „Bilde" hinter den, „Hohen
I,
Chore" von St. Nicolai findet
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Das ausgezeichnete
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in siebenter Auflage von Gcheim-Kat Professor Joseph Kürschner im Verlage von W. Spemann zu Berlin und Stuttgart herausgegeben, liegt uns in seinen drei ersten Bänden „A" bis „Dampfpflug" vor. Die Ausführung des geplanten Unter¬ nehmens ist nach jeder Weise hin vorzüglich gelungen: Professor Kürschner hat uns in der That ein Meisterwerk der Lexikographie geschenkt. Die Illustrationen des Werkes sind geradezu glänzend. Um zu zeigen, wie überaus sorgfältig das Werk im einzelnen gearbeitet ist, greifen wir auf gut Glück hier einige Beispiele heraus, welche die Leser des „Bären" be¬ sonders zu interessieren imstande sind. Ueber „Burganlagen" finden wir z. B. nicht allein eine vortreffliche Abhandlung, in welcher die gesamte Litteratur des Gegenstandes genannt wird: es finden sich vielmehr auch Illustrationen, welche den allgemeinen T»pus einer Burg und dann im besondern das niedersächsische Schloß Bentheim darstellen. Die Ansicht und die Grundrisse des Schlosses Oydonck bei Gent, einer Wasserburg, vervollständigen den Artikel aufs wünschenswerteste. Und daß wir etwas anderes wählen: in dem Artikel "Carpzov" finden wir all' jene elf be¬ rühmten Carpzovs erwähnt, welche dieser alten Brandenburger Bürgermeister¬ familie entstanimen. Die Bezugsbedingungen des großen, auf der vollen Höhe heutiger Wissenschaft stehenden Werkes sind derartig gestellt, daß das¬ selbe auch von dem Minderbegüterten bezogen werden kann. Wir empfehlen dasselbe allen unsern Lesern auf das angelegentlichste. O. 8 .
Herr Dr. ,sur.
Böringuier
schreibt uns
zur Ergänzung des Auf¬ von Cornelius Gurlitt das iolgende: Auf S. 553 des „Bär" steht, das Buch von Samuel Chappuzeau, i Allemagne rc. sei wenig bekannt. Es fehle in den Lebensbeschreibungen -es Verfassers. über
In
Säuruol ClguppuzLuu
»Da Drauee protestante“ 2. Ausl., herausgegeben von Bordier, Bd. 4 S. 28, ist es eingehend erwähnt. Die „france prot.“ giebt bekanntlich Nachrichten über alle Protestanten, welche aus Frankreich herstammen. Es ist ein groß angelegtes Buch, welches auch in Deutschland niehr bekannt werden müßte, besonders bei denjenigen Männern, welche sich mit der Geschichte der Refuge beschäftigen. Ueber die Familie Chappuzeau handeln die Seiten 8—34, über Samuel, getauft 16. 6 . 1628, S. 9—33. Es werden von ihm 25 Werke angegeben. Er starb in Celle int August 1701, schwach, blind und arm. dem
Buche
fünf Auf¬
11 atorftlirrdisd)ce von Hermann Schlag. Eisenach, 1889. Verlag von Bacmeister, Hofbuchhändler. Band V. des „Deutschen Bücherschatzes". Es ist dem Herrn Verfasser im allgemeinen wohl gelungen, die An¬ fänge der Regierung Friedrichs des Großen zu dramatisieren. Von einen: eigentlichen Höhenpunkte der Handlung, von tragischer Verwickelung, von Schuld und Sühne kann selbst¬ verständlich hier jedoch keine Rede sein. Der Dialog ist leider zu zersplittert, um Eindruck zu niachen, und die Sprache erreicht nur selten vollen
zügen
I.
dichterischen Adel. So z. B. müssen wir uns ent¬ schieden gegen Worte verwahren, wie sie der alte
Desiauer gebraucht:
„Schwerin? Den soll der Teufel holen!" — Dergleichen zu sagen, ist dem alten Dessauer nie¬ mals eingefallen: das Wort „Demokrat" hat er überhaupt nicht gekannt, weil es in dem heutigen Sinne damals noch nicht gebräuchlich war. Kurt von Schwerin war übrigens ein Aristokrat von reinstem Wasser. Der Herr Verfasser zeigt eine gar nicht zu verkennende Begabung: nur hat er noch aufs ernsteste an seiner Ausbildung zu arbeiten. Was zum „Deutschen Bücherschatze" gehören soll, das muß doch wohl nach jeder Richtung hin muster¬ gültig fein. 0. 8.
„Der Demokrat?
Fuird-
satzes
Schauspiel in
■fvicbrtdj.
längst in
unserm Blatte. 0. 8 . Zweiundsechzig Jahre sind nunmehr verflossen, seitdem die letzte Bestattung auf dem alten, im Jahre 1672 eröffneten isttkrotitischen ftos in der Oranienburgerstraße stattgefunden hat. Noch gegen 2800 Denkmäler umschließt dieser Raum, und mit ihnen, wie die „Voss. Ztg." schreibt, ein bedeutsames Stück Geschichte des alten Berlins. Das noch vorhandene Denkmal des hier zuerst BeGothische Kose (fepfi) statteten, Namens Gumprecht, hat zwei Jahrhunderte überdauert. Berühmte Lehrer des Judentums und Plankenfelbks im Gelehrte, wie Moses Mendelssohn und dessen Freund, der Freigeist Satanow, welcher in einer Ecke des Friedhofs bestattet liegt, ferner der Arithmetiker Wolfs Rechenmeister (ft 1798), der Freund Lessings, von dieseni als Derwisch im „Nathan" verewigt, die Eltern und der Gatte von Henriette Herz, ge¬ borenen Lemos; der Philosoph und Verfasser des „Leviathan", Dr. Saul Acher ruhen hier. Sonst treten uns noch die Ilamen der Familie Jtzig (Hitzig) entgegen, deren Urahn, Daniel Jtzig, Pferdelieferant König Friedrich Wilhelms I. war. Ebenso ruht hier der bekannte Münzentrepreneur Friedrichs des Großen, Veite! Ephraim, und der Krösus Berlins aus der Zeit der französischen Fremdherrschaft, L. M. Wulff. Er war (mütterlicherieits) der Großvater Meyerbeers und soll mehrere tausend Thaler für die besondere Ehre gezahlt haben, nach seinem Tode in die erste Reihe der .obenan" Bestatteten zu gelangen. Ueberhaupt sollen auf diesem Friedhofe gegen 12 000 Beerdigungen stattgefunden haben, denn er diente auch aus¬ wärtigen jüdischen Gemeinden zur Begräbnisstätte. Die Renovierung der¬ selben und die Aufzeichnung der Grabsteine ist das Verdienst des vor einigen Jahren verstorbenen Inspektors Landshut.
Mchertisch. Piorersdio Ho u r> of sittie- u slozüir c»u
vom Grabsteine
Milbe
Grauen Kloster.
Bei Felix Bagel in Düsseldorf ist bereits vor einiger Zeit erschienen: Rute Auuuue-
teUou. Die Ruse uuu Jericho
iur deutschen Kaud.
Brandenburgisches Märchen von G. Kaiidtman».
Herr Pastor Handtmann ist unfern Lesern ein lieber alter Bekannter und hochverehrter Freund. Aus den Daten der Geschichte und aus den Resten märkischer Volkspoesie, welche er mit unermüdlicher Sorgfalt sammelt, hat er in dem vorgenaitnten sehr hübsch ausgestatteten Büchlein eine überaus anntutige Dichtung geschaffen. Wir wünschen ihr die weiteste Verbreitung:.— einer Empfehlung bedürfen die Werke Handtmanns ja nicht mehr. Nun, da des Dichters Wort sich voll und ganz erfüllet hat:
„Mein Märkerland,
o blühe
hold auf in starker Hand!"
dürfen wir wohl auch zuversichtlich hoffen, daß die Heimatsliebe in der Mark sich thätiger erweisen wird. Denn das ist dringend nötig. Es wird dem Volke der Mark von berufener Seite her jetzt wahrhaft vortreffliche geistige Nahrung dargeboten; dieselbe hat die wünschenswerte Verbreitung indessen noch nicht gesunden. Dem Herrn Verfasser der „Roten Immortellen" aber rufen wir zu: „Nur vorwärts auf dem eingeschlagnen Wege; er ist der richtige!" Herzlichen Freundesgrutz hinüber nach dem sagenumrauschten Lenzen!
D. R.
Inhalt:
Graf de la Roche-Apmon, Ein Bild aus der Zeit des Prinzen Heinrich, von F. Kart (Schluß); Vierraden (Forts.); Branden¬ burger Reminiszenzen, von Gustav Dullo (Fortsetzung): Hans Ulrich Schaffgotsch (Forts.); Geschlecht, Stammhaus, Rittersitze und Denkmäler Derer von Blankenfelde (Forts.); Wilhelmshaven (Schluß). — Kleine Mitteilungen: Das alte und das neue Schloß Tulsen; Das Garde-Schützenbataillon in Groß-Licbterfelde; Der Molkenmarkl; Tie letzte Bestattung auf dem alten, im Jahre 1672 eröffneten israelitischen Friedhof in Berlin; „Frauentracht" aus dem Dorfe Neuhardenberg; Ich wellt'
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7. September
1889.
Ein kurzes Glück. A. M. Mitte.
Eine Skizze von
zu Turin herrschte am 2. Mai des Jahres 1695 ein gar buntbewegtes Leben. Während im Tanz¬ saale einige Paare fröhlich im Reigen sich wiegten, hatten andere der Gäste sich schon zilm Souper in den anstoßenden Gemächern versammelt. Frohsinn erfüllte den Saal; lebhafte Unterhaltungen wurden geführt; Scherzworte flogen hin uitd wieder, und Helles Lachen erklaitg zum Klirren der Gläser.
Würde in seiner Erscheinung, welche, edel und vornehm, etwas Gebietendes hatte. In seinen Augen aber brannte ein Feuer, welches zeigte, daß er wohl nicht der kühle Sohn des Nordens war, für welchen man ihn anfangs halten konnte.
tn Schlöffe
In
strahlendem Lichterglanz schimmertetr die Uniformen und die Toiletten der Damen. Alt einent kleiiten Tische hatten zwei der vornehmsten Herren und zwei der schönsten Damen sich zusammen gefilnden. Die jüngste der letzteren, die liebens¬ würdige itnd geistreiche Katharina von Salmour, war von entzückender Schönheit. Ein schwermütiger Zug jedoch, welcher eigenartig gegen ihre Fröhlichkeit abstach und nie ganz ver¬
war ihr vielleicht nach dem frühen Tod der Wem eigentiimlich geworden. In diesen wunderbaren träumerischeit Ailgen, — im Schnitt ihrer vornehmen Züge, in ihrer ganzen edlen Gestalt lag etwas, das zu sagen schien: „Mir gleicht niemand; ich bin schön, doch nicht zum Glücke geboren." Mehr als eilt Augenpaar folgte ihrer Erscheinung. Er¬ zogen am Herzogshofe von Savoyen, welcher der Elternlosen eilte zweite Heiniat geworden war, talentvoll und hochbegabt, schien sie vom Schicksal ausersehen, einst eine Rolle in der großen Welt zu spielen. In besonderer Weise schien heut' ihr Nachbar, der junge -Markgraf von Brandenburg, von ihr gefesselt zu sein. Karl Philipp, der Stiefbruder des Kur¬ fürsten Friedrich HL, ein junger thatendurstiger Fürst, hatte sich als Freiwilliger zttr brandenburgischen Armee in Italien begeben und war ant Hofe zit Turin voll Viktor Amadeus H. schwand,
mit Auszeichnung empfangen worden. Der junge Markgraf war ein schöner Mann, ein blonder Deutscher von stattlichem Wuchs, von straffer Haltung, von
!
Heiß schlug sein Herz, wann Katharina von Salmour mit einem andern sprach; eifersüchtig folgte dann sein Auge dieser schönen Gräfin. Heut durfte er sich ihr ja gänzlich widmen, da der Herzog ihm nicht hindernd in den Weg trat. Er war ein kenntnisreicher, vielgereister Mann, dessen Schil¬ derungen die Dame mit Interesse lauschte; ihr Gespräch stockte auch lucht einen einzigen Augenblick. Es war den beiden, als seien sie allein im Saale, lind wie erschreckt schaute die Gräfin um sich, als der Herzog von Savoyen sie jetzt ansprach: „Ist es nicht schöner in der Welt, als in den engen Mauern eines Klosters?" — Sie nickte, während helle Röte ihre Wangen
überflog.
„Sie meinen mit der Welt wohl die Höhe des Lebens, auf welcher Sie sich bewegen! Ja, ich liebe diese Welt, mein Herz ist noch viel zu unruhig, um zur Wunschlosigkeit gelangt —
zu fein."
Der Herzog harte sie lächelnd angehört und sich einer fürstlichen Nachbarin wiederum zugewandt, der junge Markgraf aber hatte die letzten Worte vernommen.
„Sie Achteten
haben hochfliegende Wünsche?" Zwei blitzende Augen auf die ihrigen. „Möchten Ihre Wünsche den
sich
meinigen gleichen," sprach der junge Fürst dann leise zu ihr. „Hätteir Sie auch wohl den Mut, einer Gefahr ins Auge zu sehen?"
Erstaunt blickte sie auf; die Wendung des Gespräches ihr unerwartet; trotzdem beantwortete sie die Frage. „Mut! — Ich habe sehr viel Wage- und Lebensmut!" „Sie wissen vielleicht nicht, was Sie damit sagen, gnädigste
erschien
Gräfin; der Lebensmut beruht meiner Ansicht daß
wir
„Warum
auch
nach
der Zukunft
will
mich
soll
mir Gewißheit werden,
„Ich
der Zukunft
verstehe
Leben, als die Gegenwart; ich
und noch heute die Zukunft mir das Glück
freuen können, ob
wird."
Sie nicht," erwiderte
merken schien.
„Katharina!" — Fast
zagend kam das Wort von seinen Lippen. Sie sah zu ihm empor, eine jähe Hitze flog über ihre Züge; — unwillkürlich trat sie einen Schrill zurück. „Gehen Sie nicht von mir, ohne mich gehört zu haben; — Sie müssen geahnt und gefühlt haben, ivas ich für Sie empfinde, — daß ich Sie geliebt habe vom ersten Augenblicke an. Ich muß es wissen, was ich zu hoffen habe, ob ich heimkehren soll aus diesem sonnigen Lande, verarmt an Liebe, oder ob ich ein neues, schöneres Leben finden werde, ob die Liebe, das Heiligste unsres Lebens, uns gemeinsam geschenkt ward. — Ich gebe Dir Alles, Katharina, denn ich glaube an Deine Liebe, an
ihre Ewigkeit!", schloß er.
Liebe!" — Schmerz und Trauer „O hätten Sie mir schienen ans ihrem Antlitz zu sprechen. hätten Sie mir das Glück gelassen, o nicht angethan; das heul' Männer verehren zu dürfen ohne Sie als den edelsten der von Ihrer Liebe zu wissen! Bedenken Sie die Kluft, welche uns trennt! Wäre ich eine hochgeborene Frau; — wären Sie ein einfacher Edelmann, ja dann würden Sie zu meiner Freude also zu mir sprechen! Weil ich Sie indessen wahrhaft liebe, darf meine Antwort iricht anders lallten, als: Wir der
Ich bin zu gering, Ihre Ge¬ mahlin, aber zu stolz, um Ihre — Freundin zu werden." —
müssen von einander scheiden.
Fast zürnend erklangen ihre letzten Worte; er aber hatte ihre Hand noch fester umschlossen. „Du darfst nach dem Höchsten streben, Katharina!" sprach er. „Ich frage allein Dir entsagen." Er¬ sterben, als Lieber will ich mein Herz. zog sie an sich und drückte einen Kriß auf ihre Lippen.
Mit
heißem Liebeswerbeir flehte er sie an, seine Gemahlin zu werden; er hoffte, der vollendeten Thatsache gegenüber werde auch sein Bruder seine Einwilligung nicht versagen. Nach langen
ein.
Bitteil willigte
sie eildlich
in
eine heimliche
Beglückt von diesem Versprechen begab er
sich
Trauung zur Ge¬
Gräfin unruhig auf und nieder schritt, um ihr in Freude und Stolz klopfendes Herz zu be¬ sellschaft zurück, während die
schwichtigen.
ist.
Die Baronin Salviati war eine entfernte Verwandte
ohne verbittert zu werden. Nur sie allein, welcher Katharinas Herz stets ein offenes Buch gewesen, konnte derselben gelegen kommen. Jubelnd und doch beklomnien teilte ihr Katharina das Geschehene mir; erschreckt aber vernahm die Baronin die Geständnisse der Gräfin.
sie.
„Wirklich nicht?" fragte er traurig. Man erhob sich; denn der Herzog stand soeben von der Tafel auf. — Der Markgraf Karl Philipp führte seine Dame aus die Terrasse hinaus. Der Himmel war dunkelblau; balsamische Lüfte umkosten sie. Schweigend standen sich beide eine Zeit lang gegenüber; er ergriff ihre Hand, ohne daß sie es zu be¬
„Die Ewigkeit
Dieselbe stand llicht mehr in erster Jugend. In ihrem Ant¬ litze zeichnete sich der tiefe Frieden eines Herzens ab, ivelches gekämpft und überwunden hat lind gegen jeden Sturm gefeit der jungen Gräfin, und hatte schwere Prüfungen überstanden,
„Ich verlange mehr vom
des Lebens bringen
verlangen, wenn die
Ein liebenswürdiger Blick ihrer
Gegenwart so schön ist!" dunklen Augen traf ihn. auch
nur darauf, Prinz ernst.
nach
die Zukunft nicht kennen!" sprach der
—
Wundersüße Klänge drangen gedänipst aus dein Festesraum zu ihr hinüber. Der Moild stand über ben Baum¬ wipfeln und übergoß die stärker xtnb stärker duftenden Blüten mit seinem Lichte. Da ließen näherkoniinende, leichte Tritte Kathariila zusammenschrecken. (Sine Dame trat auf sie zu.
„Du
Dein Wort, Du willigtest in eine geheime O, Katharina, bedenke die Kämpfe, die Dir daraus entstehen werden! Nie erkennt der Kurfürst Eure Ver¬ bindung an! Hätte ich Dich doch warnen können vor dem Leide, welches Deiner wartet!" „Leide?" — Die Gräfin Salmour blickte ihre Gefährtin ailgstvoll an. „Leid?" — Glück, — Liebe sage; aber sprich mir nicht vom Leide, wo ein seliges Los mir winkt." „Eilt Lebeil voller Unruhe und Kampf," sprach ernst die gabst ihm
Trauung ein?
Baronin Salviari.
„Es wird
schnell genug die
Zeit kommen,
ivo Euer Leben seiner Känipfe halber Ellch zur Qual wird. Jetzt legst Du vertrauend Deine Liebe, Deine Jugend ihm zu Füßen! Ich gebe es gn, es ist etwas Wllilderbares für uns Fralieil, wenn es in unsre Macht gegeben ist, dein Männerherzen gn gebieten; — wir benutzen solchen Augenblick sehr
gern; aber glaubst Du, daß der Markgraf fest genug ist, für seine Liebe und für die Rechte einer ihm unebenbürtigen Gemahlin auch voll inid ganz einzustehen? — Vielleicht sogar darum zu kämpfen? — Du weißt noch nichts vom Leben; ich aber kenne es, imb darum hätte ich Dich lieber im Frieden Deines Klosters gesehen, in welchem der Erde Leid und Schmerz Dir fern geblieben wäre." — „Mein Weg führt nicht zum Frieden des Klosters! Hell leuchtet mir die Zukunft und das Glück! Zum erstenmale verstehe ich, was die Vögel singen; — zum erstenmale fühle Du ich, was der Blumenduft mir kündet, denn ich liebe! — bist Du hast die Liebe nimmer kennen gelernt; sag', glücklich?" — Leonore Salviati lächelte wehmütig. „Ist es Glück, wenn man keinen Wunsch mehr hegt, so besitze ich es vollkommen. Weil Du mich so ruhig und gleichmäßig siehst, meinst Du, hätte nie geliebt? fremd gewesen?" ich
Glaubst Du,
ich
sei
immer
so
welt¬
Kathariita sah in das blasse, feine Antlitz der Freundin, in dem so viel von Leiden lag. „Verzeihe, o verzeihe!" bar sie dann. „Ich wollte Dich nicht kränken, — aber Du weißt nicht, ivie glücklich — wie unsagbar glücklich tch bin, sonst würdest Du mich nicht durch diese Zweifel beunruhigen." „Deine Hoffnungen schweifen über die Grenzen Deines Schicksals hinaus; — es wäre besser. Du gingest nicht von uns! Nur wenn Dein Auge diese Plätze überschaut, die Zeugen Deines Kinderglücks gewesen sind, bleibt Friede Deinein Herzen. Was draußen liegt, — o blicke nicht nach ihm; hier ist Dein
— hier ist Dein Frieden." „Nein! — ich finde ihn hier nicht: an seiner Seite winki er mir allein! Und sollte Schmerz und Kummer kommen, so werden wir das Weh gemeinsam tragen." Glück,
Siegesgetviß leuchtete es aus ihren dunklen Augen. (Fortsetzung folgt.)
597
den Adern der Fürsten von Purbus fließt das
Blut
Hohensteiner noch heute; die einzige Tochter des Grafen Martin, Agnes, vermählte sich mit einem Sprossen des alten rügischen Herrengeschlechtes, ivelcher Johanniter-OrdensKomtur zu Wildenbruch war; — danach ist die Angabe von der edlen
kinderlos
gestorben sei, zu be¬
richtigen. Doch nun zu
Denkmälern der Hohensteiner! Sie haben deren zu Berliir, zu Soittienburg und zu Schwedt. In der Klosterkirche der Franziskaner zu Berlin liegen Graf Johannes und Gräfin Anna von Anhalt bestattet; — Graf Martin hat seinen Ahnen hier nur einen einfachen Toten¬ schild mit dem Wappen, — dem Schachbrette, rot und weiß, und dem Hirschgehörne auf dem Helm, — gestiftet. In Sonnenburg befindet sich in der Johanniter-Ordenskirche ein ungleich prächtigeres Monument des Grafen Martin: in einer prangend vergoldeten und versilberten Holzschnitzerei kniet der JohanniterHerrenmeister vor dem Kreuze Christi. Allein noch schönere Denkniäler stiftete sich und seiner Gattin der edle Graf in der heimischen St. Katharinen-Kirche zu Schwedt: einen überaus reich ausgestatteten Altar in später Renaissance und neben diesem Kunstwerke rechts und links zur Seite zwei knieende Statuen: sein Steinbild und das seiner Gemahlin, der frommen Harzgräfin Maria von Regenstein. den
Dies die künstlerische Hinterlassenschaft der edlen Hohen¬ Grafengeschlechtes! Ihre Herrschaft Leuten fiel nun den Hohenzollern heim; die Grafschaft Schwedt-Vierraden ist seitdem stets als ein persön¬ liches Besitztum unseres Herrscherhauses betrachtet worden.
steiner, des
hochherzigen
an Land und
Mit
dem Aussterben der Hohensteiner Grafen aber verliert Städtlein Vierraden jenes Interesse, welches ihm vorher eigentümlich, — ja, wie wir sahen, mit Recht eigentümlich — gewesen war. Es galt jetzt nicht mehr, am Rande der Welse zu „streiten und zu schirmen". Als die Schloßglocke zu Vierraden dem ailch das
letzten Hohensteiner zu Grabe läutete, flohett Leben und Ver¬
Die Geschichte von kehr von den altgewohnten Stätten. Schwedt begann; — die von Vierraden hatte abge¬ schlossen.
— reilweis aber
Tyrannen und philosophisch-repitblikanisch angekränkelte „Menschenfreunde", haben sich mit der Burg und dem Flecken Vierraden nicht mehr beschäftigt. In Schwedt und in Monplaisir war ja auch allzu viel zu thun! Das Schloß der Hohensteiner z>l Vierraden war überdies ivahrscheinlich schon verfallen, als Markgraf Philipp Wilhelm im Jahre 1690 ver¬ möge des „Potsdamer Erbrezesses" Herr der Herrschaft SchwedlVierraden wurde. Der grimme schwedische Feldmarschall Banner hatte im Jahre 1637 die ganze Landschaft um Schwedt und Vierraden attss furchtbarste verwüstet. Damals wurde auch das Schloß Hansens von Hohenstein, — wenigstens aller Wahrscheinlichkeit nach, — zu jener schönen Ruine, deren wir Stolz und in edlen Formen ragt aber oben gedacht haben. noch immer die „schlanke Warte" auf, — stolz und edel, wie jener kühne Mann, welcher sie aus uralten, durch Blut ge¬ weihten Trümmern errichtet hat: Johann von Hohenstein! Und das Städtlein „Vierraden zum Rosengarten?" — Nichts ist ihm geblieben aus der alten Zeit als seine Ruine und sein Wappenschild! Die Häuser, die Kirche, — das alles hat kein Interesse für uns. Ringmauern hat es hier nie ge¬ Fast könnte man Vierraden heut, als die ländliche geben. Vorstadt von Schwedt bezeichnen. Aber ein Wappenbild hat Vierraden immer noch: dasselbe zeigt auf grünem Felde eine weiße, bleiche Rose. „Vierraden zum Rosengarten!" so klingt es durch unsern Sinn, und wir gedenken in Ehren der edlen Hohensteiner. „Vierraden oder Tod!" so aber tönt die andere Losung zu unserm Geiste, itnd es ist, als strahle ein röthlicher Schimmer von dem Feldgesteine des Unterbaues der Schloßruine uns entgegen. „Vierraden und ein ,Glück ans! für die Zukunft!" so wollen wir endlich diesem klassischen Orte brandenburgisch-pommerscher Kriegsgeschichte zurufen. Grün ist der Wappenschild der Stadt; — grün ist ja auch die Farbe der Hoffnung auf die Zukunft! Und leben läßt fickst s in Vier¬ raden wohl; — wir wissen das Wort des geschlagenen Pommern¬ herzogs: auch arge
(Schluß.)
Medem's, daß Graf Martin
-
der Hohenzollern doch nimmer verleugnen!,
Vierradtii. In
»
Heut ist auch die von Schwedt zu Ende!
Doch greifen wir den historischen Thatsachen nicht vor. Die Hohensteiiter starben zu frühe aus, um ihren Lieblings-
verwirklicht, — um das Städtlein „Vierraden zum Rosengarten" im Schmucke einer bescheidenen Blüte noch vor Schwedt wurde zitnächst fürstlichen Frauen über¬ sich zu sehen. geben, — dann, in der Zeit der Rot, von Friedrich Wilhelm dem Großeti im Jahre 1664 einem schlesischen Grafen Gustav Adolf von Farrenbach verpfändet. Die Kurfürstin Dorothea, des großen Kurfürsten zweite Gemahlin, löste die Herrschaft Schwedt-Vierraden im Jahre 1670 mit ihrem eignen Gelde ein und vererbte sie dann auf ihren ältesten Sohn, den Mark¬ grafen Philipp Wilhelm, den Begründer der Linie tvunsch
Hohenzollern-Schwedt. Vierraden blieb fortan ein Besitztunt der Markgrafen von Schwedt, bis dieselben im Jahre 1788 ausstarben. Diese Duodezherren des 18. Jahrhunderts, teilweis wohlwolleitde Männer, teilweis selbst herrliche Helden, — kann sich das Blut
1
„Wer'n wy nu to'm Vierraden!"
war ein Wort treuester Heimatsliebe, — es ist ein Wort des Heimwehs gewesen oft auch guten Brandenburgern! Oskar Schwebet. es
Brandenburger Reminisreiyen. Von Gustcur Drrllci. (Fortsetzung.)
Ehedem hatte die Stadt auch einen bedeittenden
Mühlen¬
besitz, welcher größtenteils aus der im Jahre 1324 gemachten Schenkung des Markgrafen Litdwig stammte. Heute besitzt sie nur noch die neite Mühle in der neustädtischen Forst. Im Jahre 1836 brannte die große Mühle ab und die Stadt erhielt nahe an 27000 Mark Feuerversicherungsgelder; wiederholte Versuche, den Bauplatz und die Wasserkraft zu verkaufen, blieben ohne Erfolg; man besorgte auch, daß die Wieder¬ errichtung der Mühle eine gefährliche Konkurrenz für die anderen städtischen Mühlen herbeiführen werde, und scheute sich überdem vor der Ausführung eines solchen Bauwerks aus städtische Rechnung. Jahrelang richte die ganze Angelegenheit, der Baitplatz lag brach, die Wasserkraft blieb ungenutzt, und obenein zahlte die Stadt mehr als ein Drittel der bedeutenden
—•€ 598 Reine, welche aus der Mühle für den Fiskus ruhte; erst im Jahre 1850 kam es zum Verkauf des Bauplatzes und der Wasserkrafl für den Preis von 16 800 Mark. Im Jahre 1745 wurde die Vordermühle und die Burgmühle vererbpachlet und in dem Vertrage vorsichtiger Weise festgesetzt, daß der in Getreide zu entrichtende Kanon nur zum 3373 fachen Betrage abgelöst werden dürfe. Die neustädrische Schneide¬ mühle braunle 1849 ab, die Feuerversicherungs-Vergütung mit 910 Mark floß zur Stadtkasse, und der Bauplatz nebst der Wasserkraft wurde für 18301 Mark veräußert. Die alrstädtische Schneidemühle ivard für 30000 Mark im Jahre 1851 und die Krekower Mühle 1875 für 22 500 Mark verkauft. Zwei aitdere Mühlen waren bereits im vorige» Jahr¬ hundert vererbpachtet. Charles le Cointe, marmfacturier de draps d’Elboeuf, welcher 1686 in Brandenburg einwanderte, -erhielt von dem Großen Kur¬ fürsten auf dem neustädtischen Kiez eine Walkmühle geschenkt, ivelche 1727 in den Besitz der Stadl gelangte und von ihr 1775 für 1500 Mark Erbstandsgeld und 111 Mark Kanon verpachtet wurde; die Erbesche Walkmühle ward 1782 für 1710 Mark Erbstandsgeld und 210 Mark Kanon verpachtet. Untersucht man die Gründe, welche die Stadt veranlaßt haben, sich des Besitzes aller dieser Mühlen zu entäußern, so ergiebt sich zunächst, daß die komplizierte Venvaltung einer Stadtgemeinde zur eigenen Be¬ wirtschaftung so bedeutender Mühlenwerke ganz ungeeignet ivar. Die Administration ist
8>
wendig wurde. Auch das finanzielle Resullai war kein un¬ günstiges. Vergegenwärtigen wir uns, in wie hohem Grade die Forsten und die Kämmereidörfer, die Vorwerke, die Fischerei utld die Mühlen den Magistrat und die Sladtverordnetenversammlttng iit Anspruch itehmeit inußlen, und wie oft die hier entstandenen Differenzen zu causes celebres für die Kommune wurden, so darf es nicht wunder uehmen, daß die eigentlichen Zwecke der Kontiitunalvertvaltnug in den Hintergrund traten. Was für die öffentliche Arnieitpflege geschah, haben wir bereits oben gesehen, und tiicht viel anders stand es mit den Schulen. Die Zulage für dieselben belief sich 1799 ans
3399,84 Mark, 5461,75 Mark. 7799,40 Mark, — anteil erhielt die
1820 1840
aus
aus
den Löwen¬
ältstädtische
Saldernsche Bürgerschule und das ältstädtische und das neu¬
Gymnasium; die Zu¬ lage für die reformierte Schule beschränkte sich 1799 auf 10 städtische
KlafterHolz. Diedreilulherischen Schulhalier empfingen nichts weiter als 54 Mark zur Haus¬ miete und 8 Mark Holzschlage-
lohn, die altstädtische Mädchen¬ schule niußte sich mit 30 Mark zur Hansmiete, die neustädtische Mädchenschule mit 5 Mark Holzgeld begnügen, — zwei Kantoren empfingen je 9 Mark zu Neujahr mtd für die Rekordation. Erst im Jahre 1860 stiegen die Schulaitsgaben aus 56 594 Mark, aber die Stadl nahm allein aus Schulgeldern 48 565 Mark ein; zur Zeit betragen die laufenden Zu¬ schüsse allein für die Gemeinde¬ schulen mehr als 10000 Mark. bisweilen, aber ohne Erfolg Erheblich waren von je versucht. Bei den Zeitverpachher die Ausgaben für Bau¬ tungen aber stellte sich heraus, kosten. Bereits 1799 betrugen daß die Instandhaltung der sie 17 227 Mark, 1820 waren Mühlen durch die Stadt unversie auf 22 719 Mark und 1860 hällnisntäßig kostspielig war, (Obrlislr inr Ktorrrrriror ;ir MorHeirsco. aus 52 640 Mark gestiegen. rlnd einen ganz erheblichen Einen nicht geringen Teil Teil des Pachtzinses in An¬ bilden die Kosten für die Brücken, deren die Stadt 56 zu spruch nahm. Als dann die Instandhaltung der Mühlen den unterhalten hat. Für Trottoirs sind von der Stadt in den Pächtern aufgelegt ivttrde, ergab sich bei der Rückgewähr jedes¬ 34 Jahren von 1853 bis 1886 im ganzen 136 000 Mark, Uebergabeund der der mal, daß die Differenz zwischen jährlich also 4000 Mark verausgabt. Viel ist auch für Park¬ Rückgewährtaxe, welche großenteils in den während der Pacht¬ anlagen und Promenaden geschehen. Schon nach der zeit gestiegenen Lohn- und Materialienpreisen ihren Grund hatte, Rechnung des Jahres 1799 sind „zu denen Alleen" 300 Mark einen zivei- bis dreijährigen Pachtzins verschlang; auch die ausgegeben, und im Jahre 1880 belief sich die Ausgabe hier¬ teilweisen Schutz. gewährte nur Differenz Limitierung dieser auf 5396 Mark. Die erste größere Anlage bildet der für Man schritt deshalb teils zur Vererbpachrung, teils zum Verkauf, Park am neuen Kruge, welcher an der Chaussee nach Ziesar und entging aus diese Art weiilgstens den eben erwähnten Nach¬ teilen, ersparte auch die ganz erhebliche Arbeit, ivelche für die liegt und einen Planterwald von 33 Hektar umfaßt; die An¬ Venvaltung auS dem immer wiederkehrenden Ausgebol, dem lage verdankt die Stadt den Bemühungen des Schornsteinfegermeisters B., welchem daselbst im Jahre 1851 ein in dem StollZuschlag, der Uebergabe- und Rückgewährverhandlung not¬
599
Mel^cnsoo
Sriilost
-
Blankenfelde in neuerer Zeit sich dem Waffendienste der Hohenzollern zugewandt. Die Rangliste von 1854 z. B. wies zwei Hauptleute von Blankenfelde nach, und noch jüngst kam uns eine Vermählungsanzeige zu Gesicht, welche einen Offizier des Namens von Blankenfelde betraf. Noch also blüht das alte, ehrenreiche Haus. — Wenden wir uns nunmehr dem Stammsitze dieses Bürger¬ zu!
geschlechtes
Die Blankenfelde
wir
besaßen mehrere Grundstücke
in Berlin:
haben dieselben bereits erwähnt; es waren dies Haus Nr. 49
in der Spandauerstraße, ein Hans neben der Klosterkirche bei Als den „Barfüßern" und eins in der Heiligen Geiststraße. Stamnisitz des betrachten.
Geschlechtes ist das
erstgenannte
Gebäude zu
—
Wie unseren Lesern bekannt sein wird, ist das alte Haus Nr. 49 der Spandauerstraße in diesem Frühjahr von der Erde verschwunden. Wo das edle Bürgergeschlecht so lange in Glück und Ehren hausgehalten hat, da erhebt sich jetzt der kolossale, selbst die Zinnen des Rathauses überragende Schlot der Berliner Elektrizitätswerke. Es ist beim Abbruche des alten Patrizierhauses indessen so überaus sorgsam verfahren, — es sind die Schinuckteile des alten Baues so liebevoll gesammelt worden, daß wir vermittelst dieser architektonischen Reliquieen ein klares Bild dieses Hauses und seiner Baugeschichte uns zu entwerfen vermögen. Wie alle älteren Bürgerhäuser Berlins wendete aitch das Blankenfelde-Haus der Straße nur seinen schmalen Giebel zu. Das Gebäude tvies in seinen ältesten Teilen aus graue Vorzeit zurück; es hatten sich sogar Schmuckteile aus der Zeit vor dem Brande im Jahre 1380 in demselben erhalten. Diesen Tagen entstammt beispielsweise eine jetzt im märkischen Museum befindliche Fratze, welche die überraschendste Aehnlichkeit mit einigen Details der Klosterkirche besitzt und, wie die Masken der letzteren, von der Thonerde am Fuße des Tempel¬ hofer Berges geformt worden sein mag. Die wesentlichsten Teile des Blankenfelde-Hauses aber entstatninlen der Bauperiode von 1380 bis 1390. Der Keller mit den sieben Gewölbejochen war beim Abbruche des Hauses noch klar und deutlich zu erkennen. Von beit gewölbten Räumen des oberen Baues war in dem Erdgeschosse das Prunkgemach noch völlig erhalten. Dasselbe wurde remterartig von einer gedrungenen Mittelsäule getragen, aus welcher sich die Kreuzgewölbe entwickelten. Das Kapital dieser Säule ist vierseitig und trägt an jeder Seile ein Wappen, nämlich 1. Blankenfelde, Sterne und Kandare,
2. Stroband, Rose und Strohkranz, 3. Wins, Regenbogen und drei Sterne, 4. drei weiße Lilien in Blau.
Das letzte Wappen ist noch nicht gedeutet, dürste aber wohl der Patiizierfamilie Landsberg angehören. Die Schlu߬ steine der Gewölbe wurden von großen Rosen gebildet. Wo die Gewölberippen an die Wände dieses
befanden
sich
Konsolen.
Gemaches ansetzten,
Dieselben waren mit Köpfen geschmückt,
welche wahrscheinlich den Erbauer des Hauses und seine
Familie
darstellen sollten. Vier von diesen sogenannten „Diensten" sind von besonderem Interesse. Sie stelleil dar: 1. Das Brustbild eines bärtigen Mannes im Marderpelze, 2. den Kopf eines Stadtjunkers mit rotem Hilte, 3. das Haupt einer Matrone niit schlichter Haube,
602 4. den Kopf einer Jungfrau mit einem um die Stirn geschlungenen Schleier, dessen Enden rechtsseitig über die Schulter niederwallen.
Die oberen Räume deS Blankenfelde-Hatises müssen im 15. Jahrhundert und zwar au dessen Schluß durchgreifende bauliche Veränderungen erfahren haben. Sie scheinen von einem Stermgeivölbe überdeckt gewesen zu sein, dessen Rosetten in großer Anzahl in jenem Bauschutte sich vorfanden, welcher den
Hof des Grundstücks
des Giebels ergaben
bedeckie.
sich
Auch
für die Ausstattung
bezeichnende Funde;
derselbe mich
s—
raschenden Blick
dieser
edle
Patriot für die Schäden seiner gleich in deutschen
Zeit gehabt hat. Nur Einer kommt ihm Landen: Justus Möser, der Verfasser
der
patriotischen
Phantasien. Wir bringen demnächst ein Lebensbild des Kanzlers und eine getreue Schilderung des kleinen, von ihm so sehr geliebten Kirchleins zu Berneuchen in der Neumark, — einer geweihten Stätte, an welcher Herr Professor Bergan, der sonst so verdiente Verfasser des Inventars unsrer Kunstdenkmäler, nur vorübergegangen sein kann, weil er eine eingehende Kenntnis
mit kleinen Türmchen geziert gewesen sein, deren Spitzdächer Er muß ferner prachtvolle im Schult verborgen lagen. Von den letzteren ist ein gotische Friese ausgewiesen haben.
von Land uitd Leuten nicht besaß. Für heute nur eins: Die Herren von dem Borne, ein Adelsgeschlecht, dessen Haupr der uni die wirtschaftlichen Ver¬
erhalten geblieben, — durchbrochenes All' diese gotisches Filigran mit Dreipässen und Fischblasen. gebranntem Thone waren aus Patrizierhauses Schmuckteile des
lich ist, habeir eine sehr interessante Familieirsage.
wunder-schönes
Stück
hergestellt und reich bemalt.
Die Blankenfelde bewahrten
sich
diesen ihren Stammsitz,
solange sie überhaupt in Berlin seßhaft blieben. Wie wir oben sahen, verlor das Geschlecht seine gebietende Stellung in
der Stadtgeschichte erst irms Jahr 1580. Die Straube, Mau¬ ritz, Reichardt und Tieffenbach wurden ihre Erben. Aus Mauritzischem Besitze scheint der alte gotische Bau dann zunächst an die berühmte Gelehrtenfamilie der Seidel übergegangen zu Martin Friedrich Seidel, der hochverdiente Erforscher
sein.
Sammler Brandenburgischer Geschichtsdenkmäler, schlug hier sein Heim auf; der alle ehrenreiche Bau kann daher mit Recht auch als die Wiege der märkischen Geschichtsschreibung und
betrachtet werden.
Wir
beklagen, daß das alte Ehrenhaus hat fallen müssen;
aber die Lebenderr
Wir
haben ja mehr Recht denn die Toten!
—
wenden uns nunmehr den Ritrersitzen der Blanken¬
felde zu.
Wir
haben
all'
die
Dörfer
besucht,
in denen die Blanken¬
Vergeblich aber forschten wir nach ihren Spuren in Pankow, Birkholz u. s. iv. Monumen¬ talen Schmuck haben sie nur einer Kirche unserer ländlichen Gemeinden hinterlassen: der Kirche zu Weißensee. felde einst Herren gewesen sind.
jetzt ein Dorf oder vielmehr ein Flecken, geworden ist: „Weißensee" und volkstümlich dessen Namen — das verbindet sich in der Vorstellung jedes „Sternecker", Berliners zu einem untrennbaren Ganzen. Die Stätten, deren Bilder wir heute bringen, sind uns wohl allen vertraut. An die Stelle ländlichen Friedens und beruhigender Einsamkeit aber ist großstädischer Verkehr — ist ein buntes Wogen sröhlicher
Weißensee ist
Volksmassen getreten. (Fortsetzung folgt.)
Die Herren von dem Borne ans Berneuchen. (Mit Illustration.)
Die Herren von dem Borne auf Berneuchen haben sich in der Geschichte der Mark Brandenburg, alter wie neuer Zeit, Ruhm und Verdienst in ansehnlicher Menge erworben. Der „Bär" wird es nicht vergessen, wie wann das Herz des großen neumärkischen Kanzlers Hans Georg von dem
Borne
dem Volke geschlagen, und welch' einen geradezu über¬
hältnisse der Mark, namentlich itm ihre Fischzucht, so verdiente Kamnierherr Max von dem Borne auf Berneuchen augenblick¬
Sie führen Die Entstehung
nämlich den Vornamen „Kreuz-mende-dich". desselben erklärt sich sehr leicht; die Wahl desselben maieben eine Sitte jener Zeit, in welcher man beispielsweise in dem puritanischen England ganze Bibelsprüche zu Vornamen
erwählte, diesen
z.
B. „Gotr-ist-mein-Heil" Alexander Gordon.
für unser Ohr
An
indessen so ungewöhnlich klingenden Vor¬
hat nun die Sage angeknüpft. Pastor Dr. Georg der treffliche Forscher im Pfarrhause zu Leuna, schreibt über diese Sage das Folgende: Merseburg, Domstiftes
namen
Schmidt,
Sehr viele adlige Geschlechter Norddeutschlands haben rvelche eine Geschichte von der Entstehung Familiensagen, ihre des Wappens oder der Bildung des Namens darbieten. Wie Hesekiel solche Wappensagen gesammelt und praktisch be¬ handelt har. so hat auch die Familieu-Tradition über den Namen „Kreuz wende dich von dem Borne" in Theodor Mügge einen Bearbeiter gefunden. Von ihm befindet sich in dem Taschenbuch „Die weiße Rose", Guben 1845, in Kom¬ mission bei Berger, eine Novelle, 150 Seilen lang, mit dem
Titel: Kreuz vom Borne. Ein Findling, von welchem man nicht weiß, ob er wen¬ discher oder deutscher Abkunft, wird auf dem Schloß Dornburg, zwischen Spandau und Brandenburg an der Havel gelegen, von einem deutschen Grasen auserzogen. Mit der hoffnungs¬ losen Liebe zu der einzigen Tochter desselben im Herzen be¬ gleitet er den Kaiser Rotbart auf seinem Kreuzzug, und durch seine Tapferkeit gelingt es ihm, Aufnahme in das Kaiserliche Gefolge und in die Kaiserliche Leibwache zu finden. Auf dem Zug durch eine unwirtliche Landschaft soll er dem Kaiser einen erquickenden Trunk frischen Wassers aus der aufgefundenen
Quelle schöpfen; da warnt ihn mit deut Ruse: „Kreuz wende dich von dem Borne" eine Turkomanen-Jungfrau, deren Liebe er in einer Gefangenschaft, in welcher er vorher geschmachtet, gewonnen hat, vor dem vergifteten Wasser. Er reißt dem Kaiser, der schon mit dem Naß seine dürstenden Lippen netzen will, den Becher aus der Hand und rettet dessen Leben. Zum Ritter geschlagen, kehrt er in die Heimat zurück und er¬ langt hier als herrlichsten Lohn für seine tapfern Thaten die
Hand einer Erbtochter aus edleni Geschlechte, deren Angedenken, ein Kreuz, er als Amulet auf der Brust getragen. Er wird der Erbe von Domburg und der Ahnherr einer weit ver¬ zweigten Familie. — Die Novelle Theodor Mügges wimmelt von historische», Bär antiquarischen und ästhetischen Fehlern. Albrecht der
-8
603
B. behandelte die Wenden nicht hart und grausam, sondern suchte sie int Gegensatze zu früheren Eroberern durch Milde zu gewinnen. Auch durste die Persönlichkeit des Kaisers als ge¬ schichtlicher Person nicht derart in die Novelle hineingezogen werden, daß derselbe Gedanken mitteilt, die eine kritische Ge¬ z.
schichtschreibung ihm kaum unterschieben kann :c.
Mit
poetischer
Licenz
hätte
anmutiger für seine Novelle
der Dichter
Weise auch die Rosen des alten Wappens
in
verwerten können.
Viel ansprechender lautet die Relation van der alten Sage, wiesiewon einer Tochter des edeln Geschlechtes selbst niedergeschrieben worden. Wir werden in längst vergangene Zeiten ins Pommer¬ land versetzt, wo stolze Götzentempel zum Himmel ragen, und Zlaven, Deutsche und Dänen im Streit gegen einander liegen. Die Kreuzritter haben ihr Lager aufgeschlagen und bedürfen nach langer Anstrengung der Erfrischung und Erquickung. Der nmtigste unternimmt das Wagnis, Trinkwasser für sich
S>-
in den älteren Generationen. Er wird zum erstenmale dem am 17. 1. 1730 geborenen Sohne des Ewald Gotthilf ans Bernenchen erteilt. Unter der schweren Drangsal des 30 jährigen Krieges war einst Herrn Gottfried auf Born, Dolgen und Pritten ein Sohn geboren: er gab ihm die für jene Zeit so lief bedeutungsvollen beiden Vornamen: „Gott Hilst Kreuz wende!"*) Als nun in einer glücklichern, friedlichern Zeit dem Urenkel des alten Gotthilf Kreuzweiide der Nanie des letzteren ivieder erteilt werdeii sollte, hatte man für den tiefen Sinn, der einstmals in dem „Kreuzwende!" gelegen, kein Ver¬ ständnis mehr, man bildete daraus den Vornamen „Kreuzwendedich", der seit dem erwähnten Jahre 1730 erblich in der Familie geworden ist, und aus ihm ist dann in weiterer Folge dich
fehlt
auch durchaus
die bekannte Legende erwachsen.
Roman Erwähnung finden geb. v. Zastrow, welcher zuerst im „Quellwasser" Jahrgang 1883 Nr. l—27 er¬
An dieser Stelle möge
Ein Findling wird von einer arinen Tagelöhnerfrau aufgenommen, welche zum schienen ist:
und seine Gefährten zu suchen. Es gelingt ihm, einen klar
Gutsbezirk Berneuchen gehört. Durch seine Taufe, bei welcher die Gattin des Herrn Kreuz¬ wende dich von dem Borne, eine geb. von Blankenfelde aus Zinnow, Gevatter steht, tritt er in Beziehung zur Gutsherrschafl. Später wird er Spielund Lerngefährte des einzigen Sohnes des Kreuzwendedich, mit dem ihn eine in kindlicher Schwürmerei geschlosseneBlutes-
sprudelnden Quell aufzufinden, aber ehe er sich niederbeugt, seinen
Durst zu löschen, eilt
ein slavisches Weib herbei und
wehrt ihm den Zutritt. Sie hatte von ferne die herrliche Erscheinung des jungen Ritters voller Bewunderung geschaut. Soll sie den labenden Trunk ihn trinken lassen? Sie wußte ja: der Born war für die Feinde vergiftet: durfte sie's verraten und mit dem einen, dessen sich ihr Herz erbarmte, sie alle vor¬ dem Verderben retten? Mächtig gebietend
bundschasl
Langsam
Rechten sprach
sie
Mapport perer
das rettende Wort:
„Kreuz wende dich von dem Jener wich, er hatte die Warnung verstanden und, der angegebenen Richtung folgend, traf er an, was er gesucht, einen See mit klarem Wasser zur Labsal für sich und seine Von ihnen erhielt der Kreuzritter die rettenden Genossen. Worte jenes slavischen Weibes als Namen, — der Name, „Kreuz wende dich", war fortan in der Familie von dem Borne Die er¬ sehr beliebt und wurde als ihr zugehörig betrachtet. oberte Gegend uni den Born herum wurde des Ritters Eigenmnt; das kleine in der Nähe liegende Dörfchen nannte er Born, — seine Nachkommen haben lange Jahrhunderte hin¬ Der Born aber, durch in jener Gegend erbsessen gewohnt. schon längst entgiftet, versorgt noch immer das friedliche Dörfchen mit kühlem Wasser und wartet auf die noch lebenden Herren von dem Borne, sie zu laben. — Daß derartige Familientraditionen nicht sowohl den Namen oder das Wappen erklären, sondern daß vielmehr au§ dem Namen, dem Wappen die Familieitsagen sich gebildet haben, erhellt deutlich aus der obigen Legende. Der Name Kreitz wende
Borne!"
innig verbindet. und allinählig ein¬
wickelt sich zwischen ihm und der Familie von dem Borne ein
mit der erhobenen
auf einen bestimmten Punkt in der Ferne deutend,
auch ein
„Ans der Tiefe" von A. von Rothenburg,
Konflikt, der sich, als der Ver¬ dacht des Diebstahls auf ihm lastet, so weit steigert, daß er von 8 cm Öorne. Berneuchen verläßt .und als ein Kind des Volkes in eine revolutionäre Breslauer Studentenverbindung des Jahres 1848 eintritt. Der Präsident von Breslau, der Fürst Sternegg, fühlt sich wunderbar zu dem jungen, ideal angelegten, für Frei¬ heitsideen und für die Niederreißung der Standesnnterschiede schwärmenden Musensohn, den er durch Zufall kennen gelernt, hingezogen. Er forscht der Vergangenheit nach und entdeckt, daß der Findling das Kind eines einstmals treu geliebten Mädchens, von welchem er durch eigentümliche Fainilienverhültnisse geirenm worden, sei, und gibt sich als Vater zu erkennen. Er setzt ihn als der letzte seines Stammes auch durch einen notariellen Pakt zum Erben seiner Güter und seines Namens ein. Jener aber hat seinen für Freiheit und Umsturz begeisterten *) Der Borname „ürcuzwende" scheint von der Familie v. Mörner, etwa der Mutter des Gotthilf Kreuzwende in die Familie v. d. Borne über¬ gegangen zu sein. An und für sich hat derselbe nichts auffallendes in einer Zeit, wo das religiöse Gefiihl sich auch nach dieser Seite hin dokunientierte, B. führte 1720 der Archidiakonus von St. Maximi zu Merseburg den ' Vornamen „Quort vult deus. z.
1
—« Genossen den Eid
604
und mag denselben nicht brechen. Elfft als er in den Schreckenstagen der eigent¬ lichen Revolution die Leiche des von dem rohen Volkshaufen er¬ der Treue
geschworen
mordeten Fürsten, seines Vaters, auffindet, sagt er sich los von jeder Genossenschaft mit beit Freiheitsheide», deren Zwecke er
für richtig erkennt, während er ihre Mittel verabscheut, und hat beim Straßenkampf auf den Barrikaden Gelegenheit, das Leben eines verwundeten preußischen Offiziers, seines allen Freundes
Kreuzwendedich von dem Borne, welcher trotz aller Verdachtsgründe nicht an ihm irre geworden war, zu schütze» und zu
Als Prinz Sternegg kehrt er nach Berneucheu zurück, wo der Kammerdiener als Dieb entlarvt worden ist, und heiratet die einzige Tochter, Charlotte von dem Borne. Die an und für sich stark abenteuerliche Erzählung ist von der gewandten Verfasserin mit Hereinziehimg eines Märchens „von Brunnenstark und Brunnenhold" mit einem poetischen Hauche umwoben worden. Die Glieder der Familie von dem Borne sind als durchaus edle Persönlichkeiten geschildert. Indessen muß es doch als ganz verwerflicher Mißbrauch bezeichnet werden, den beliebigen Personen einer beliebigen Geschichte den Namen eines bekannten Geschlechts beizulegen — sollte es auch mir Genehmigung der Familie geschehen sein, — um vielleicht gerade dadurch bei naiven Lesern den Wahn zit erregen, als beruhe zum mindesten ein Teil der Erzählung auf Wahrheit. — Im Sommer 1886 erschien in der Nationalzeiiung ein Roman von Ernst Wichert „Der große Kurfürst von Preußen", in welcher ein Kapitän Konrad Born eine hervorragende Rolle spielt. Derselbe wird wegen der von ihm bewiesenen Tapfer¬ keit vom Kurfürsten in den Adelstand erhoben: „Mögt Euch fortan äs Born nennen und schreiben, oder zu deutsch: von dem Borne, und im Wappen einen Mosesstab führen, der ein Wässerlein aus dem Felsen schlägt. Mag solcher Onell sich ins Land hinaus erweitern und gar manchen erlaben." Die Persönlichkeit dieses Born, wenn auch der Roman ausdrücklich ein „historischer" genannt wird, ist eine reine Erfindung.— Wir freuen uns, daß das Kreitz, welches in der furchtbar schweren Zeit des dreißigjährigen Krieges nicht allein über den Herren von dem Borne, sondern über der ganzen Mark Branden¬ burg so lastend gelegen hat, durch die Gnade Gottes sich jetzt zu einem Ruhmesglanze ohnegleichen gewendet hat. retten.
B
nicht Festtage, welche damals über Metz dahingingen. Denn die Wolken der Gefahr türmten sich bereits im Westen; was kommen werde, ahme Karl, ahme auch der hohe Mat von Metz. Und dennoch katn's zu keinem festen Bunde, welcher das Ver¬ derben abzuwenden vermochl hätte. Denn der Kaiser forderte Geld und immer wieder Geld, und Metz war verarmt; die „edle Stadt", die einst so reich gewesen war, hatte unter end¬ losen Kriegesstürmen Wohlstand,. Schönheit und Macht verloren.
Wie anders haben sich dagegen die Metzer Kaiserlage des Jahres 1889 gestaltet! Das hehre Haupt des neuen Deutschen Reiches, welches in Metz einzog, begehrte nichts für seine Krone. Wenn Kaiser Wilhelm naht, er fordert ja niemals etwas für Aber Erhebendes und Beglückendes kommt mit ihm: die sich! Begeisterung für das geeinigte Vaterland und die Gewähr des Friedens. Und mehr noch! Wohl haben in alten Tagen der stolzen Kaiserhäupter viele über Deutschland gestrahlt.
Schimmer des Ruhmes umleilchtet gewesen, des Volkes Wohl, das Ge¬ deihen der Güter des Friedens, das Heil auch der Bedrängten als das Endziel alles Herrschens und Gebietens angesehen zu haben.
Mögen sie reich gesegnet bleiben, diese Metzer Kaisertage von 1889! Mögen sie allem Volke von Lothringen zeigen, daß es Segen vertrauensvoll erwarten darf von seiner Zukunft! Inmitten dieses Festesjubels im deutschen Metz aber werden viele, viele langverklungeue Stimmen wieder wach. Sie be¬ richten uns von dem Verweilen alter Deutscher Kaiser zit Metz. Seis drum! Lauschen wir ihnen einmal! Denn es fromnu gewiß, der alten Tage Dunkel mit dem Lichte unserer Zeiten zu vergleichen.
Es ist ein ehrwürdig Baud, welches die Stadt Metz mit In den erlauchten Häuptern des deutschen Volkes verknüpft. vollem Sinne des Wortes, ja, fast mehr noch, als selbst Aachen, verdient Metz den Namen einer Karolingerstadt. Hier hat der Ahnherr des großen Karl, Gras Arnold oder Arnulf, als Rai des Königs Chlotar mit Ernst, mit unbeugsamer Gerechligkeii und dennoch mit Milde und Erbarmen einst des Grasenamtes gewaltet. Im Jahre 610 erwählte ihn das Volk von Metz zum Bischof. Nie hat ein würdigerer Mann das heilige Amt
Als Arnulf aber sein Metz glücklich sah, da ging in einer urplötzlichen Anwandlung von Weltslucht, wie sie
bekleidet. er
Stammutter des großen Reichssreiherrn von Stein gehabt hat, in die Felseneinsamkeit Er ist im Jahre 640 in den Vogesen verstorben, des Gebirges. Sein nachdem er die Aureole eines Heiligen erlangt hatte. Nachfolger Goerich ließ den Leichnam St. Arnulfs in die von dem Bischose St. Paiiens vor der späteren Porte-Serpenoise aus dem Champ'ä-Paune erbaute Kirche dem zwölf Apostel bringen, welche einst von den Himnen in Brand gesteckt, dann aber prächtiger wieder aufgerichtet worden war. Seitdem St. Arnulf hier ruhte, nannte man -dies Gotteshaus nach ihm. Hier ist die eigentliche Grustkirche der Karolinger; hier suchten die Sohne dieses Kaiserhauses in guten Tagen geselliges Ver¬ gnügen, — in bösen Zeiten Schutz. Denn neben diesem Gotteshause lag eine wohnliche Abtei, —- das berühmte Kloster St. Arnulfe Dasselbe ist: jedoch nun lange schon vom Erd¬ boden verschwunden;.— wir werden weiter unten von seiner Zerstörung zu reden haben. Welch' große Erinnerungen besaß ! Mt diese uralte Abtei! auch Eticho der Wels,
Die dcutlchen Kaiser und die Stadt Met;. Es ist doch Großes und Gewaltiges über alles Erwarten, was uns zri erleben vergönnt gewesen ist! Wer hätte selbst noch in den sechziger Jahren, selbst nach dem ruhmvollen Tage von Königgrätz, zu hoffen gewagt, daß es über wenig denn zwanzig Jahren heißen werde: „Das eiserne Metz hat sich gerüstet, einen deutschen Kaiser festlich zu empfangen, und die berühmte Glocke der Kathedrale, sie „Dame la Mutte“ *), sie kündet einem deutschen Kaiser
llmerthanengruß!"
Im Jahre 1646 war der letzte der Deutschen Kaiser, der als Herrn von Metz betrachten konnte — Karl V. — sich letztenmal im deutschen Metz gewesen. Doch es waren zum *) La Muette == die Stumme, weil
sie
nur bei den wichtigsten Ver¬
anlassungen geläutet wurde, gegossen 1381 unter dem Bischof Dietrich Baier
von Boppart.
Keiner
aber der ehemals Gewaltigen ist von dem milden
wie
sie auch die
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605
Im
Jahre 764 erblicken wir den Majordomus Pipin in seines Ahnen. Er empfing hier eine Gesandt¬ schaft der Sarazenen. Hell strahlte, an dein Tage das Kreuz auf der Kuppe von St. Arnulf; war es doch ein Triumph des vou Karl Martell mit so mächtigem Arme verleidigken Christenglaubens, dast die Söhne des Ostens, die Diener des kriegerischen Propheten, in ihren schimmernden Gewändern kamen, um kostbare Geschenke vor dem Herzoge der Franken niederzulegen! Und wie mag das Herz des „kurzen", kühnen Mannes an diesem Tage gejubelt haben! Denn auch diese Gesandtschaft brachte ihn dem heißersehnten Ziele naher: König zu sein anstatt der langlockigen Merowinger, und gleich ihnen aus dem ehrwürdigen, mir meisten Ochsen bespannten Fürstenivagen durch's Land 'zu fahren! diesem
Stifte
Im Abtei.
Jahre 783 weilte auch der graste Karl in dieser Aber ihm schwiegen die Klänge der Freude; ihm füllte
K--
Er hatre den Leichnam seiner teuern Gattin Hildegard von Diedenhosen hierher geführt, um die Reste der über alles geliebten Frau in einen altrömischen Sarkophag zu betten und sie dann in. der Krypta bei dem heftigen Ahnherrn zu bestatten. Der Kaiser schenkte der Abtei, tiefstes Leid die Seele.
,
welche sein Liebstes barg, dafür
nachmals das reiche Kloster Es muhten Tag und Nacht geweihte Kerzen über der Gruft Hildegards brennen. Nimmer sollte nach des Kaisers Absicht der leise Toii des Gebetes hier verklingen; — doch was vermag der Wille des Menschen, selbst des mächtigsten, dem Walten des Schicksals gegenüber! — Hildegards Sarko¬ phag ist entweiht und zerstört worden; — die unendlich fleißige, jedes Heilige liebevoll beschützende Hand des lothringischen Geschichtsschreibers Dom Augustin Calmet hat uns nur die Verse aufbewahrt, welche in die Marmorplatte über Hildegards Gruft einst eingemeißelt waren. (Fortsetzung folgt.)
Cheminol.
Kleine Mitteiln nnrn.
Ulärlrifrho
Angeregt durch die Notiz in Nr. 46 des „Bär" hat das eine vollständige alle „Frauentracht" aus dem Dorfe Neuhardenberg am westlichen Rande des Oderbruchs erworben. Sie wird dort nur noch von wenigen Frauen Sonntags getragen und unterscheidet sich von den Spreewaldtrachten hauptsächlich durch den Kopf¬ putz. Die anschauliche Ausstellung der zu der Abteilung „Moden und Trachten" gesammelten Gegenstände muß das Märkische Provinzial-Museum vorläufig aus räumlichen Rücksichten verschieben, doch wird Sorge getragen, daß seiner¬ zeit alle Typen aus der Provinz vertreten sind. Kustos Dr. Buchholz.
Plmrinzial-Mufrrrm
Der Maler praf. Ford. Sollormarm ist anr 11. August d. Js. früh um 9 Uhr in seiner Wohnung in der Anhaltftraße einer Lungen¬ entzündung erlegen. Der am 14. März 1814 in Erfurt geborene Künstler fühlte sich schon seit einiger Zeit körperlich leidend. Auf ärztlichen Rar vor drei Wochen
nach Steiermark, wo sich jedoch sein Zustand derart verschlimmerte, so daß er schleunigst die Rückreise antreten mußte. Der Schwächezustand war bereits so stark, daß er bei der Ankunft in Berlin vom Bahnhof nach der Wohnung getragen werden wußte. Prof.
begab er sich
Bellermann hinterläßt zwei Söhne und zwei Töchter, von denen die eine an den Bildhauer Pohle verheiratet ist. Der Verewigte erfreute sich nicht nur als Künstler, sondern auch als Mensch ob seiner persönlichen Liebens¬ würdigkeit allseitiger Hochachtung: besonders war er beliebt bei den Mietern seines Hauses, die meist schon Jahrzehnte bei ihm wohnten, ohne eine Miets¬ steigerung erfahren zu haben. Bellcrmann begann seine künstlerische Laufbahn als Porzellan- und Miniaturmaler in Weimar, wo er die Kunstschule besuchte. Als ein Augen¬ leiden ihn nötigte, diesen Kunstzweig aufzugeben, ging er nach Berlin und bildete sich aus der Akademie uuter F. W. Schirmer aus, besuchte Belgien, Holland und Norwegen und ging dann, angeregt durch A. v. Humboldt, der die Maler auf die Tropenwelt hinwies, mit Unterstützung des Königs von Preußen nach Siwamcrika, wo er besonders in Venezuela 4 Jahre lang die An 300 Wunder der Urwälder und die Gebirgssormationen studierte. seiner Reisestuvien bewahrt das hiesige Königliche Museum: zum Teil ivurden dieselben in Oelbilder» ausgeführt: die bekanntesten sind: Ein Abend An den Lagunen von Maracaibo, die Guacharo-Höhle, Abend am Orinoko, Südamerikanischer Urwald, u. a. .Durch sein Augenleiden be¬ wogen, widmete er sich später dem Lehrfache und wurde 1866 Professor an der Landschastsklasse der Akademie zu Berlin. Von seinen sehr energisch gemalten nichttropischen Landschaften sind seine Bilder aus Rügen und Ueber die Familie Bellcr¬ mehrere Bilder aus Italien besonders bekannt. mann geben wir heut' noch die folgenden Notizen: Zwei Bellermanns ruhen auf dem alten Nikolai-Kirchhof am Prenz¬ lauer Thor: Johann Joachini und Johann Friedrich Bellermann. Beide lmben als Direktoren de- Berlinischen Glnnnasiums zum grauen Kloster, iowie als pädagogische Schriftsteller Unvergängliches geleistet. Der erstere von beiden, am 23. September 1754 geboren bekleidete neben seiner Direktorsteüe auch eine Professur der Theologie an der neugegründeten Berliner Universität. Zahlreich und wertvoll sind seine Schriften über Rußland und Esthland, sowie seine geschichtlichen Skizzen über das graue Kloster. Er starb am 25. Oktober 1842. Sein Sohn Friedrich Bcllerniann, am 8. März 1795 geboren, übernahm gleichfalls das Direktorat der ge¬ nannten Lehranstalt. Er war ein ausgezeichneter Kenner der griechischen Sprache und Musik und wirkte bahnbrechend für die Pflege des Gesanges in den höheren Schulen. Auch er war ein ebenso vielseitiger, wie erfolg¬ reicher Schriftsteller. Friedrich Bellcrmann starb hoch betagt am 5. Februar 1874. Sein Grabdenkmal ist mit seinem von A. Gilly modellierten MarmorReljefbild geschmückt. Ein anderer bekannter Träger dieses Namens war der Prediger Bellermann, der ini Jahre 1835 als erster Geistlicher an die neugegründete St. Pauls-Kirche berufen wurde und an derselben bis zum Jahre 1858 gewirkt hat. Demselben verdankt Berlin eine sehr gewifienhaste ■
In
Chronik über die St. Pauls-Gemeinde. Er starb am 24. März 1863. der Nähe der St. Pauls-Kirche auf deni Gesundbrunnen liegt eine Straße, die bei ihrer Entstehung auf Antrag des Kirchenvorstandes „Bellermann¬ straße" genannt ivurde. Jetzt leben noch drei Träger dieses berühmten Namens in Berlin: der Professor und Musikdirektor Heinrich Bcllerniann, der Direktor des Königstädtischen Gymnasiums Professor Dr. Ludwig Beller¬ mann, durch zahlreiche klassische Arbeiten bekannt, und der gleichfalls über¬ aus thätige Professor Dr. Gustav Bellermann.. Ein Bild des „alten Bellern,ann" des unvergeßlichen Direktors Johann Friedrich, bringen wir demnächst. 0. 8.
I.
H. Sievers sendet uns die folgenden, treffenden Zeilen ein: Ein alter, treuer Bärensreund gestattet sich, die Zeitschrift apf einen
Herr
.
stark in die Augen fallenden Anachronismus aufmerksam zu machen, über welchen gewiß viel, gelacht wird. Es ist die Statue unseres greisen Helden als Mars auf der Balustrade des König!. Schlosies. Seine ernsten Gesichtszüge sind unverkennbar: der Faltenwurf seiner Toga ist auch sehr schön, aber die Kanone unter seinen Füßen paßt doch zum „Mars-Moltke" Die Figur erinnert an Meister Hogarths erste Werke; in sehr schlecht. ihnen lieb er bekanntlich die allen Römer und Griechen niit Kanonen und Schießgewehren aufmarschieren. Vielleicht genügt dieser Hinweis, um den Fehler zu verbessern. —
Maltho
iwrUt'
nur nüijt
Jet z os unlbm. Dem König Friedrich II. von Preußen war einmal viel Silbergeschirr abhanden gekommen. Der Verdacht siel aus einen Kamnierhusaren. Dieser entwich, weil er sich nicht sicher glaubte. Man setzte ihm nach und holte ihn ein. „Wir haben den Dieb!" — riefen etliche dem Könige zu. „Still!" sprach dieser —„Meint Ihr, ich hätte nicht gewußt, wer der Dieb sei? — Ich wollte es nur nicht wissen. Was hab' ich davon, wenn ich den armen Teusel hängen lasse?" — Ist das verbürgt? E. K.
Unser Äüchertisch.
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Fromm, Rektor in Berlin. Berlin, 1889, R. Gärtners Ver¬ (Hv Heyfelder.) 8. IV. Schönebcrgerstr 26. — Eine sehr empfehlenswerte Blütenlese zur Benutzung in Schule und Haus, in drei Stufen verteilt, — Wir freuen uns besonders auch darüber, daß in ihr die neuere märkische Dichtung berücksichtigt worden ist. Der 'ein Preis von 40 Pfennigen für das gebundene Exemplar ist ganz er¬ Wir wünschen der tüchtigen und anspruchslos auf¬ staunlich billiger. tretenden Sammlung eine Heimatsstätre in jeder Familie. — 0. 8. E
lagsbuchhandlung.
In Nr: 48 des „Bär" ist die Notiz des Herrn Amtsrichters Dr. Beringtster belr. Samuel Lhappuzeau erst im letzten Augenblick dem Text eingefügt und dabei leider versäumt worden, Korrektur lesen " zu lassen. Wir bitten wegen der Druckfehler, die sich infolge hiervon eingeschlichen haben, um Entschuldigung. •
Dio Smftdrmlreror (Bmtrobrrg.
Inhalt: Ein kurzes Glück, Skizze von A. M. Witte: Vier¬ raden (Fons.): Brandenburger Reniiniszenzen, von" Gustav Dullo (Fortsetzung); Hans Ulrich Schaffgotsch (Schluß); Geschlecht, Stamm¬ haus, Rittersitze und Denkmäler Derer von Blankenfelde (Forts.) (m. 2 Jllustr.); Die Herren von dem Borne auf Berneuchen (mit Illustration); Die deutschen Kaiser und die Stadt "Metz. — Kleine Mitteilungen:
Frauentrachl aus dem Dorfe -Neuhardenbergp Der Maler Prof. Ferd. Bcllcrmatm; Moltke als Mars auf der Balustrade des Königs. Schlosses; Ich wollt' es nur nicht wissen. — Unser Büchcrtisch. —
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Unter Mitwirkung
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öermguicr, F. Kudexios, Nffeodsr Fontane, Stadtrat G. Fei edel W. Srchwcrrch und Een st non Miidendourit
Gymnasialdirektor Dr.
herausgegeben von
VsKar Stchwellot, Koriin. XV. Jahrgang. Az 50.
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J
Von
Hnftert Müller.
till trauert in Schutt
eine Feste am Strand, Wellen befeuchtet, Und der tropischen Sonne ersterbender Brand Hat sie purpurn und magisch beleuchtet.
Von
kosenden
Und geisterhaft wallt
„Es
es
von: Hügel und rauscht:
zeigt ein Gespenst sich am
Orte!",
Und der forschende Jüngling steht sinnend und lauscht;
Ihm
ist es, als hört' er die
Worte:
„Ich bin jener Geist, der die Deutschen einst wies Nach des Ozeans weitem Gebiete; Der Geist, der den Deutschen die Herrschaft verhieß
Im
Reiche der
Amphitrite!
Der Bruder hob gegen den Bruder das Schwert, Die Zwietracht herrschte vermessen, Da hab' ich mich zornig vom Volke gekehrt, Das meiner so schnöde vergessen!
Und siehe, schon fühlt' ich mich freudig versöhnt: Ein Held wurde Deutschland geboren! Den hab' ich dann reichlich mit Lorbeer gekrönt . . Nur schade, sein Werk ging verloren!
.
Nur diese Ruine mag ernst und bewegt Sein rühmliches Walten dich lehren! Hier weil' ich nun, bis meine Stunde einst schlägt Und Deutschland mich heimführt in Ehren!" —
Der Geist, der nach Afrika lenkte den Lauf Voir Geiserichs trotzigen Scharen; Der Geist, der einst Hengist und Horfa vorauf Beherzt nach Bretland gefahren;
So hauchte der Geist. — Wie er schweigt, da erschallt Aanonendonner vom Strande: Drei Schiffe, von deutschen Flaggen umwallt,''') Begrüßen die einsamen Lande.
Der Geist, der die mächtige Hansa gezeugt Und Städte und Staaten gegründet; Der Geist, der einst nordische Herrscher gebeugt Und Freiheit und Wohlstand verkündet!
Da tritt aus dem Dickicht der Genius vor Und reckt die gigantischen Glieder Und blickt nach dem Meere und schwingt sich empor Und läßt auf das Hauptschiff sich nieder.
Doch lang' ist es her, und im blutigen Streit
Ward uns das Scepter entwunden — Da ist auch der Glanz und die Herrlichkeit Vom deutschen Volke verschwunden!
In
Fort dampfen die Schiffe zum fernen Gestad', Umflossen von glitzerndem Schimmer — — Wann wieder der Genius des Meeres dir naht, Mein Deutschland, o folge ihm immer!
unserer Ruhmeshalle befindet sich ein sechspfündiges kurbrandenburgifches Geschütz aus Gußeisen, welches vom Dasselbe gehörte einst zu der kriegerischen Ausrüstung der Feste Groß-Friedrichsburg, welche Otto Friedrich von der Groben von Berlin aus nach der Küste von Guinea geführt hat. Es wurde von deutscher Seemannschaft im Jahre 188-1 in den Trümmern von ^roß-Friedrichsburg aufgefunden.
*) Anmerkung
der Redaktion.
Noite allerdings stark angegriffen ist.
5^-
608
Eine
«
Ein kurzes Glück. Skizze von A. M. Mitte. (Fortsetzung.)
nd Du bist gewiß, daß Du ihn liebst, um seiner selbst willen, nicht seines Ranges wegen?" fragte Leonore. „Rang und Titel kann ein Weib nicht lieben, — es liebt
nur einzig wahre Mannesgröße." „Und dach wird's jedem Frauenherzen schmeicheln, wenn die Welt mit Verehrung auf den blickt, in welchem man sein
auf den Gräsern; das Laub flüsterte; die Wellet! des Sees ihr zuzuwinken; — es war einsam und so schön hier. Sinnend blieb Katharina vor einem Springbrunnen stehen. Das kleine steinerne Bassin war von Schlingpflanzen umsponnen, — lustig sprudelnd stieg der Wasserstrahl in die
alles sieht." —
Höhe.
„Hältst Du das für ein Unrecht? — O Leonore, sprich Wort für mich beim Herzog Viktor Amadeus und gutes ein
Sie hatte nicht darauf geachtet, daß der Markgraf Karl Philipp, ivelcher von einem Fenster des Hauptgebäudes aus sie beobachtet hatte, ihr gefolgt war. Jetzt stand er neben ihr. Der Ausdruck ihres halb abgewandten Gesichtes, der nach¬ denkende Blick, ihre ganze Haltung hatte etwas so tief Melancho¬ lisches, daß die Worte aus seinen Lippen erstarben. —
— glaube an die Stärke unsrer Liebe." — „Ja, glauben Sie daran!" Eine Männerstimme unter¬ Markgraf Karl Philipp brach das Gespräch der Damen. war's, der, wieder auf die Terrasse tretend, diese Worte sprach. Indem er die Hand der Baronin Leonore, welche er hoch ver¬ ehrte, an seine Lippen zog, vereinte er seine Bitten mit denen seiner Braut. „Der Herzog ivird Ihren Plänen nur wenig geneigt sein; er wird sich die brandenburgische Allianz zu erhalten streben, und,
— erfährt
er
von dieser Verbindung, —
sie
lösen."
„Er wird
Wer wollte sie ihm ver¬ sie nicht erfahren! wann Katharina meine Gemahlin ist, mir durch raten? Erst den Schwur am Altare auf einig verbunden, wird ihm von ihr Kunde werden, und dann vermag er uns nicht mehr zu trennen." Zärtlich schloß er die Geliebte in seine Arme. „Möge Ihre Hoffnung sich erfiillen; ich selbst wage nicht, auf sie zu bauen," sprach Leonore.
schienen durch die Stämme
Schweigend näherte er sich ihr; sanft legte er seine Hand auf ihre Schulter. Katharina wendete sich zu ihm und ergriff seine Rechte.
„Warum so traurig, Geliebte?" fragte er. „Wüßtest Du, wie sehr schon ein Schatten der Sorge auf Deinen Zügen mir wehe thut, so würdest Du ihn aus Deinem Antlitz verbannen. Sei mutig und hoffe! Du sagtest mir doch gestern, Du habest Lebenslust." „Wenn Dti mir nahe bist, — wenn ich in Deine Augen sehe, dann verschwinden all' die Schatten, welche die Sorge um unsere Zukunft für einen kurzen Augenblick auf meinen Lebensweg geworfen hat. Es ist jetzt alles gut." Sie sprach es
innig.
„Bald Bleich und abgespannt erhob sich Katharina am folgenden Morgen von ihrem Lager. Kein Schlaf war in ihre Augen Die Baronin Leonore hatte, wenn auch wider gekommen. ihren Willen, den Braitd des Zweifels in ihre Seele geworfen. Sie glaubte zwar, deni Markgrafeit vollkommen vertrauen zu dürfen; sie rief sich immer wieder und ivieder seine Augen, wie sie dieselben gestern in heißer Liebe auf den ihrigen hatte rtlhen seheit, ins Gedächtttis zurück, und dennoch fragte sie sich ini nächsten Augetlblick, ob er stark genug sein würde, all' die Hindentisse, welche sich ihrer Vereinigung in den Weg stellen würden, zu überwinden. Vor kurzer Zeit hätte sie ihre Neigung, die sie kaum sich selbst einzugestehen den Akut gehabt hatte, wohl noch unterdrücken können; jetzt aber, da sie wußte, daß auch sein Herz ihr eigen war, hielt sie es für unmöglich, dasselbe zurückzuweisen.
Die Luft des Zimmers schien sie zu ersticken. Sie öffnete die Thür, welche auf einen breiten Altan hinausführte. Vor ihr breitete sich ein See aus, welcher den grünen Abhang des
Altans und die Fundamente des Schlosses umspülte; dahinter lag eine herrliche Landschaft, Wälder, Thäler und Orangen¬ haine. deren Schönheit heute jedoch keinen Eindmck auf sie machte.
Langsam schritt sie die Stufen hinunter; dann wandelte sie durch die Büsche, welche den See umgaben, tiefer in den Die Strahlen der Sonne glitten durch die Park hinein.
Wipfel itnd huschten über die Spitzen der schwankenden Zweige. Die Vögel hüpften in den Gängen; der Tan funkelte rings
tverden
wir
nicht mehr getrennt sein", sprach Karl
Philipp, sie zärtlich umschlingend; mein Adjutant, tvelcher mein volles Vertrauen genießt, bereitet alles zu unsrer Trauung vor. — Durch die Baronin Salviati erfährst Du, wann ich Dich erwarte, und wann die Kirche unsern Herzensbund segnet." Der tiefe Ernst, mit ivelchem der Markgraf diese Worte Katharinas Vertrauen aufs neue. Diese Augen konnten nicht täuschen; in ihrem Herzen hatte nur die eine
sprach, belebte
liebte! — Heiter lächelnd lehnte sie sich an seinen Arm; sie schritten, in selige Zukunftsträume verloren, durch den Park, bis die Sonne hoch am Himmel stand und zur Heimkehr mahnte. — Wenige Tage darauf benachrichtigte Karl Philipp seine Braut, daß anr Abend alles zu ihrer Trauung bereit sein werde. Leonore von Salviati rief die Freundiir ab; in dimkle Mäntel gehüllt, unkenrrtlich für jeden, der ihnen auf ihrem Wege begegnen sonnte, begaben sie sich zur Kirche. Aus den Sttlfen, welche zu derselben hinauMhrten, stand bereits der Markgraf. Stillschweigend die Hand der Geliebten ergreifend, Gewißheit Raunt, daß er
indessen sein
sie
Adjutant die Baronin in das Innere des GottesBraut an den Altar. Es war
harrses geleitete, führte er die
ein eigentümlich erhebender Anblick, welcher sich ihnen darbot. Im Hintergninde der Kirche erhellten einige Lichter die
Dunkelheit. Die Bänke waren unbesetzt; am Altare selbst hatten nur zivei Herren aus dem Gefolge des Markgrafen Platz gesunden. Gedämpft erklangen Töne feierlicher Kirchen¬ Mit kurzen, ernsten musik; dann trat der Priester vor. Worten vermählte er Katharina dein Geliebten. Dann knieie Zu den das Brautpaar auf die Stufen des Mars nieder.
-«3
609
Segensrvorten des Priesters ertönten wiederum der Orgel Klänge. Aufmerksam lauschte der Adjutant, aber nicht ein Ge¬ räusch drang durch die Stille der Nacht in den heiligen Raum. Leonore Salviati stand hinter der glückstrahlenden Bram. Es erschien fast so, als ob diese sich nur mit Blühe aufrecht erhielte. Zitternd bewegten sich die Falten des grauen Seiden¬ kleides bei dem inneren Beben der hohen, schlanken Gestalt; es stützte ihre kalte, schmale Hand sich auf den vor ihr stehenDie Ahnung einer plötzlichen Gefahr hatte sich deir Stuhl. ihrer bemächtigt; sie vermochte kaum zu atmen, so angstvoll schlug ihr Herz. Die Trauung war vorüber, der Markgraf führte seine Gemahlin in den ihrer harrenden Wagen. Schweigend legte die kleine Gesellschaft den Weg nach dem Schlosse zurück; man begab sich in die Gemächer der Gräfin Katharina, welche sich in Leonorens Arme warf. — „Sein auf ewig!" flüsterte sie. „Nie mehr getrennt!" — Leonore gab sich Mühe, das Glück dieser Stunden nicht zu stören.
„Es
— ist spät; ich mutz Sie verlassen", sprach sie endlich,
die Begleiter
Leonore war todblatz
des Markgrafen
geworden und einen Schritt zurückge¬
wichen.
„Oeffnen Sie!"
in ihr Antlitz geströmt zu sein; Zorn und Stolz flammten aus ihren Augen. Sie regle sich nicht; sie blickte nur mit dem Ausdruck unsäglichster Verachtung aus den Adjuranteil ihres Gemahls, welcher neben dem Herzoge Viktor Amadeus stand. „Gnädigster Herzog, schützen Sie uns!" wandte sich jetzt Leonore an den Fürsten. „Lassen Sie das heilige Gastrecht walten." — „So unendlich ich es beklagen mutz, — der Befehl des Kurfürsten steht mir höher!", erwiderte er. „Ich darf mein Haus seinem Abgesandten nicht verschlietzen; kommen Sie, Baronin, — geleiten Sie die Gräfin hinaus." — „Ich bleibe bei meinem Gemahl!" stieß Katharina her¬ vor, einen besonderen Nachdruck auf das letzte Wort legend. „In diesem Augenblick ist es vergessen, was ich an Dankbarkeit Der Uebermachl mutz dem Savoyer Herzogshause schulde. mein Gatte ja wohl erliegen, ich aber iverde mit ihm sterben." Leonore war auf ihre Knie niedergesunken, Katharina aber schien von der Liebe die Kraft der Verzweiflung erhalten zu schien
haben.
sich bereits entfernt um einen Kutz auf ihre Lippen hatteil. Sie trat zu Katharina, zu drücken, als laute Stimmen auf dem Korridor und ein Pochen an der Thür die drei zusammenschrecken ließen. „Oeffnen Sie! Im Namen des Kurfürsten Friedrich III.!" ertönte es laut und deutlich. Mit einem Schrei war Katharina Die Baronin ohnmächtig in des Gatten Arme gesunken.
nachdem
s-.—
— Säbelgeklirr liefe „Der Obrist Hackeborn Markgrafen Karl Philipp gefangen zu Berlin zu führen!" —
klang es lauter;
erkennen, datz es Bewaffnete waren.
hat deii Befehl, den nehmen und ihn nach „Sie sind verraten!"
sprach Leonore, den furchtbaren Ernst der Situation erkennend, zu dem Markgrafen, indem sie ans ihn zutrat und ihm behilflich war, Katharina ju einem Es verging eine kurze Weile. An eine Sessel zu geleiten. Flucht ivar nicht zu denken; der Garten mutzte längst umzingelt sein. Nach einigen Sekunden schlug Katharina wieder
ihre Augen auf. „Es ist ein allzu grotzes Glück gewesen!" sprach sie mit dumpfer Stimme, in verzweifelndem Schmerze die Hände gegen ihre Stirn pressend. — „Katharina, Du darfst noch nicht verzagen; iliemand darf Dich niir entreitzen." — Der Markgraf ergriff liebevoll ihre Hand; Katharina lehiite sich fest an ihn, als wollte sie ihn nimmer verlasseii. Auch Leonore war bei ihr geblieben nnd
mit der Hand über ihr dunkles Haar. „Raffe Dich auf, Katharina, sei stark nnb fest." — Neue Schläge erdröhnten gegen die Thür, und jetzt er¬ klang sogar die Stimme des Herzogs Viktor Amadeus, welcher Katharina den Befehl zurief, die Bewaffneten einzulassen. In demselben Augenblick aber wurde die Thür bereits durch die Offiziere gesprengt. — Vier brandenburgische Edelleute, an ihrer Spitze der Obrist von Hackeborn, drangen ein und for¬ derten dem Markgrafen feinen Degen ab. — Ohne auf ihre Worte zu hören, erklärte er ihnen, sich und seine Gattin bis Auch zu dem letzten Blutstropfen verteidigen zu wollen. Katharina hatte sich aufgerafft: das heitze Blut ihres Körpers
„Berührt
nicht", rief sie jetzt einem der Offiziere zu, welcher versuchen wollte, sie von Karl Philipps Seile zu entfernen, „ich bin die Gemahlin des Markgrafen, des Bruders Eures Kurfürsten; an seiner Seite will ich leben oder sterben." „Reitzen Sie die Dame fort; — schnell, — schnell!" be¬ fahl der Obrist von Hackeborn, als der Markgraf einen Schrill mich
zurücktrat.
„Hier allein ist mein Platz!" rief Katharina, sich an den Galten anschmiegend. „Kein Fürst, kein Kaiser soll mich von ihm trennen." — „Sie stürzen sich selbst ins Verderben!" rief der Obrist ungeduldig, — „sich und den Markgrafen." Er drang mit seinem Degen gegen den jungen Fürsten vor; der letztere aber wich gewandt seinem Angreifer aus. „Katharina, ich bitte Dich, — ich befehle es Dir, — verlas; mich jetzt!" ries der Markgraf seiner Gemahlin zu. „Nimmermehr!" Katharinas Blick begegnete dem seinen. „Ich will mit Dir sterben." „Vorwärts!" Der Obrist von Hackeborn drang von neuem gegen Karl Philipp vor, indetz Leonore die immer bleicher werdeirde xtnb mit einer erneuteil Ohnmacht kämpfende Freuildin nach dem Hintergründe des Zimmers geleitete. — „Lebend oder tot! Ihr mützt in ineine Gewalt kommen!" rief der Obrist zornig und führte einen Stotz gegen den Der Kampf zwischen beiden war bald entschieden. Fürsten. Der Markgraf blutete bereits aus mehreren Wunden, als es dem Obristen gelang, ihn zu entwaffnen. (Fortsetzung folgt.)
strich zärtlich
Nach Canossa! (Mit Illustration.)
Das ergreifende Bild des Herrn Professors H. Kuackfuß
führt uns deir deutschen Kaiser Heinrich IV. und seine mahlin, die Markgräfin Bertha von Susa, auf dem Wege
Ge¬
nach
Canossa vor.
Furchtbar mag der Kaiser gekämpft haben, ehe er sich zu Schritt entschlotz; aber er mutzte geschehen, wollte sich Heinrich die Krone erhalten. Mit seiner Gemahlin, seinem kleinen Sohne Konrad uild einem treueil Diener floh Heinrich diesem
*6
610
von Speyer; zu Besanpon in Burgund feierte er Weihnachten 1076. Die Tyroler und Schweizer Pässe waren von seinen Feinden besetzt: wir sehen Heinrich im tiefsten Winter über den Mont Cenis nach Italien pilgern. Allmählich wuchs die Zahl seiner Begleiter aus Getreuen, die in einsamen Alpenthälern zu ihni stießen. Nrrr ausopfernde Treue konnte den König auf diesem Wege begleiten. Der Winter war furchtbar streng. Der Po und Rhein war fest zugefroren, sodaß sie Monate lang Roß und Wagen trugen, — das Hochgebirge war mit ungeheuren Massen Schnees überdeckt. Landleute Die furchtbarsten machten dem Könige die Straßen gangbar. Schwierigkeiten aber begannen erst, als es galt, auf italischer
Seite die Alpen hinabzusteigen, lleberall drohte in den Felsklüften der Tod dem Unglücklichen, der auf der spiegelglatten, Die zarte Königin mit ihrem abschüssigen Fläche ausglitt. dreijährigen Knaben verzweifelte, hinabzugelangen; oft saß sie stundenlang mit dem Kinde allein in der Oede des Winters, während der König und seine Getreuen die Bahn weiter nach unten brachen. Oft ist Bertha da, wann die Wintersonne so freudig und hell von den Schneefeldern und Gletschern zurück¬ strahlte, in bittre Thränen über das furchtbare Schicksal ihres Gemahls ausgebrochen; erschien er aber dann wieder und bot ihr die Hand zum Hinabsteigen, dann war sie ihm der tröstende, der ermutigende Engel. Oft rollten die Männer weite Strecken hinab; auf Rindshäuten wurde die Königin und ihr Kind hinabgezogen, sorglich gegen die schneidende Kälte verwahrt. Endlich trar der Zug aus den Bergen heraus. Mit heißen Gebeten knieten die Männer, meistens Gebannte, itieder und priesen Gott, der sie vor einem in tausend Gestalten ihnen drohenden Tod bewahrt hatte. Kein Menschenleben hatten sie zu beklagen; die treuen Rosse aber waren zum großen Teil in den Alpen verendet. — Nicht wie einen demütigen Verirrten und Geächteten, nein, wie einen streitlustigen König empfingen die oberitalischen Städte ihren Herrn. Heinrichs Begleitmtg schwoll zu eiitem mächtigen Heere an, mit dem er Rom hatte belagern können. Aber der König wollte nicht die italische Krone sich erwerben, um die deutsche unterdessen zu verlieren; er suchte Lossprechung vom Banne um jeden Preis. Gregor VH. weilte bei der Markgräfin Mathilde zu Stolz und kühn, verwachsen mit den gelbbraunen Canossa. Felsen, erhoben sich damals die Türme und Mauern der nun verödeten Feste;
dreifache Befestigungen
umgaben die Burg,
in welcher sich ein stattliches Kloster und ein Gotteshaus be¬ fanden. Als Heiitrich am Fuße des Berges angelangt war, suchte er eine Unterredung mit der „großen Gräfin" nach; — diese und des Papstes gesamte Umgebung stellte an Gregor die Bitte, den deutschen König vom Banne loszusprechen. Aber unerschütterlich versagte dieser jede Absolution; nur mit deit deutschen Misten dürfe er des Königs Sache verhatidelit. Da entschloß sich Heinrich zum äußersten, um den Papst zur Aufhebung des Bannes zu zwingen. Am 25. Januar er¬ schienen der König und einige andere Gebannte in Bußkleidern barfuß vor der Burg; mit Thränen begehrten sie Einlaß. Drei Tage lang Blieben trotz der bittern Kälte die Psorteit geschlossen; drei Tage lang wartete der Sohn Heinrichs HI. auf ein verzeiheitdes Wort aus Gregors Munde. Erst in der letzten Stunde, als bereits der deutsche König die Stätte seiner Demütigung verlassen wollte, ließ der Papst sich erweichen.
£►-
Heinrich gelobte aus des Papstes Geheiß sich mit den F-ürsten zu vergleichen; dann ösftteten sich ihm die Pforten der Burg. Mit seinen gebannten Freunden warf sich der deutsche Kaiser dem Papste zu Füßen; — lautes Weinen wurde ringsum vernommen, als Gregor dem König Absolution uitd Segen erteilte: der unbeugsame Mann selbst konnte seine Thränen Dann hielt Gregor in der Burgkirche nicht zurückhalteit. eine Messe uitd reichte dem Losgesprocheiten die Lippen zum Kusse. — Durch die tiefste freiwillige Demütigung hatte Heinrich sich seilte Krone gerettet; er hatte den widerstrebenden Papst gezwintgeit, ihn zu absolvieret!; die Anschläge der Fürsten fielen jetzt in sich zusammen. Zu gleicher Zeit aber war das Kaiser¬ tum durch den Schritt Heinrichs von seiner weltbeherrschenden Höhe herabgestürzt worden. Schon hatte der Papst die Fürsten des Ostens und Westens dem H. Petrus dienstbar gemacht; — jetzt erlosch auch der glänzende Schimmer der deutschen Kaiser¬ „Zwei Lichter," so schrieb man zuerst zu jener Zeit, krone. „hat Gott an den Himmel gesetzt, die Sonne, das ist das Papsttunt, itnd deit Mond, das Kaisertum;" von dem Diadem des Papstes sollte jetzt alles Licht, aller Segen ausgehen.
Gott Lob!, — an Stelle des römischen ist ein
deutsches
Kaisertum erstanden!
Ein Sänger für Kaiser und
Reich.
(Mit Illustration.)
Herzinnigsten Anteil niinmt auch der deutsche Norden an jener Feier, welche am 15. d. Mts. zu Bozen in Tirol statt¬ findet: an der Weihe des Denkmals Herrn Walthers von der Vogelweide! Wir glauben einem Wunsche unserer Leser zu entsprechen, wenn wir zu diesem Feste das Lebensbild des edlen Vaterlandsfreundes
und
gottbegnadigten Dichters ent¬
rollen.
Seit Heinrichs VI. Tode hatte der Wille der römischen Bischöfe die Schicksale des deutschen Reiches bestimmt; die Willkür und Herrschsucht der Päpste hatte dem Vaterlaitde die tiefsten
Wunden geschlagen. In dem Eigennutze deutscher F-ürsten und Bischöfe fand die tückische Politik Roms einen rührigen Bundesgenossen; darum hatten Philipp und Otto so schwer zu kämpfen; darum mußte der zweite Friedrich seine Herrscher¬ laufbahn durch Jahre ununterbrochenen Kampfes und Mühen aber lebte in deutschen sondergleichen ivandeln. Noch Herzen ein hohes Gefühl für vaterländische Ehre; — treu, begeistert und opferwillig standen die Edelsten des Volkes zu ihren Herrschen!. Solch ein Ritter sonder Furcht und Tadel
war
auch Herr Walther von der Vogelmeide, der größte lyrische Dichter unsres Mittelalters. Deutlich und treu spiegeln sich in seinem Leben die Kämpfe der Zeit ab, welche wir so oft betrachtet haben; er wird uns zu gleicher Zeit aber auch die eigentümlichen und anziehenden Formen vorführen, in welcher das Dasein der ritterlichen Gesellschaft jener Zeit sich bewegte. Auf dem Boden des schönen Tirol, im Süden der Brenner¬ straße, lag einst ein altes Waldgehege, die Vogelweide ge¬ nannt, eine Stätte des edlen Waidwerks für die Fürsten des Landes. Hier stand vermutlich die Wiege Walthers von der
Vogelweide; hier zugleich
nungen
wuchs der Knabe auf, umgeben von einer
großartigen und lieblichen Natur, für deren Erschei¬ und Stimmungen auch der gereifte Mann noch
-«
611
die feinste Empfänglichkeit als ein schönes Erbteil seiner Jugend sich. beivahrte. Der Jüngling erhielt am glänzenden Hofe der Baben¬ berger zu Wien eine ritterliche Erziehung; hier lenite er höfliche Sitte, „fingen und jagen", den Frauen dienen und die Waffen ztt Gottes und der Minne Ehren gebrauchen. Etwa um 1180 scheint Walther die Rittenvürde empfangen zu haben. Nun durfte er nach der Sitte der Zeit mit kühnem Werben auch die Neigung der edelsten Frau sich zu erringen suchen: aber das Herz des jungen Dichters mar bereits von der Liebe zu einem niedrig geborenen Mädchen erfüllt. Die innigsten und
S--
der Stimmung,- einen hochstrebenden Mut, und-schildern aufs anschaulichste den feinen, durch feste Formen gebundenen, aber doch sehr lebensfrohen Verkehr der vornehmen Welt jener Tage; der Dichter selbst erscheint als einer von den begünstigsten Schülern der „Frau Maße". Doch auch der Himmel dieser Liebe bewölkte sich; Walthers Herrin erzeigte sich dem Dichter nicht dankbar; wieviel er auch bat, kein Zeichen der Gunst wurde ihm gu teil. Doch es ist hier nicht des Orts, auf Walters Liebesleben näher einzugehen; des Dichters höchste Bedeutung liegt auf einem ganz anderen Gebiete, und bald genug trieben ihn mißliche Umstände vom Wiener Hofe fort. keit
einfachsten, die frischesten und volkstümlichstenseinerMinnelieder hat Walther der ersten Geliebtett geividmet. Werfen
ivir
Herzog Friedrich IV. vonOesterreich, welcher gleich
Dichter Schutz und Schinn, Lohn und freund¬ liche Pflege gewährt hatte, trat 1196 einen Kreuzzug an, von welchem Walther
des Maien in Töneit zu be¬ singen. „Es ist wohl halb ein Himmelreich," meint Walther, „wann die Blumen aus dem Grase dringet: uitd gegen die spielende Sonne lachen, wann des Morgens früh die kleinen Vögelein singen und weithin ihren Schall über die prangende Heide hin ertönen lassen."
Lust jttbelitden die
einem
anderen
wahrscheinlich
Liede
„Wollt ihrjchauen, was dom Maien Wunders ist bescheert? Seht an, Pfaffen, seht an, Laien, Wie das alles fährt! Groß ist sein' Gewalt: Ich weiß nicht, ober zaubern könne; Wo er fährt mit seiner Wonne, Da ist niemand alt!"
sein sah,
init edlem Gesteine
Da
„gleich der
wie
schmücken
sei sie
die
Lilie steht" und
Auf
fest.
Er¬
Philipp von Schwaben die
denr Wege nadj Canossa.
errötet,
Rose
Entschluß
„wie wohl der Heide
Unglück und seinen Kummer den Neidern und Hassern, erfaßte den Wanderstab und begab sich von Wien nach dem goldenen Mainz, in dessen: Dorne der Körrig
erzählt er ferner voin Tanze mit der Geliebten, wie er ihr den Blumenkranz dar¬ geboten und ihr gesagt habe, daß er ihr Haupt viel lieber möchte.
eine
draußen ihre mannigfaltige Farbe stand," vermachte sein
Liedern
köstlichen
durch
Krankheit zurückgehalten wurde. Von da ab war der Glanz des sestesflohen Wiener Hofes geschwunden; der neue Herzog Leopold war durch Neider und Ver¬ leumder gegen den Dichter eingenommen worden. Herzog Friedrich starb im April 1198 in Palästina; eine Hoffnung, durch sein treues Werben die Geliebte sich zu gewinnen, war dem Sänger auch bis dahin noch nicht aufgegangen: :da stand
fragt er:
In
VI.
dem
einen kurzen Blick auf
dieselben! Das Glück seiner Liebe treibt den Dichter au,
In
Vater Leopold
seinem
Krone soeben er¬ halte:: hatte. Damit war der Schritt gethan, welcher den Dichter aus der Abgeschieden¬ heit eines fürstlichen Hofes in die Mitte des öffentlichen Lebens des deutschen Volkes stellte, — der ihn mit den edelsten Männer:: seiner Zeit in die engste Verbindung brachte und deutsche
bei
habe sich dankbar zu ihm geneigt.
Das
„Rasenlesen" mit der Teuren ist sein höchster Wunsch; ein holder Traum spiegelt ihm dessen Erfüllung vor; aber der Liebe Leid fehlt auch hier nicht; das Weib, dem er so treu gedient hat, sieht über ihn hinweg und scheint ihn nicht zu
Endlich löst sich das Verhältnis; wir sehen den Dichter im Dienste einer andern, hochgeboreneit Frau. Die Lieder dieser Zeit, denen freilich die tiefinnigen Töne der ersten Periode fehlen, zeigen den ritterlichen Sänger auf der Höhe
der:
Minnesänger
zu
einem
vaterländischen Dichter
bemerken.
erster Größe erhob.
der geselligen
Die hohe Anmut König Philipps, die ganz ungewöhnliche Liebenswürdigkeit seines Charakters gewannen ihm alle Herzen; das Schicksal versagte indessen seinen Bemühungen jeden dauernden Erfolg. Durch ganz Deutschland war, wie Walthersingt:
Bildung seiner Zeit;
sie atmen eine
freie Heiter¬
->
612
„Untreue in der Satze, (Unterhalt) Gewalt fuhr auf der Stratze, Frieden und Recht war'n sehr verwund'!."
Das Unglück seines Volkes und seines Kaisers erhob das des Dichters zn gewaltiger Kraft; gerade jetzt, in dieser Zeit, wo er sein eigenes Lebensglück ansgegeben hatte und als ein fahrender Mann nicht Hof noch Eigen besaß, weihte er sein ganzes Herz dem allgemeinen Wöhle, die volle Gewalt seiner Töne der Besprechung des Heils seines Vaterlandes. Wir können uns nicht enthalten, das schönste Gedicht Walthers ails dieser Zeit, hierher zu setzen:
Won
„Ich hört ein Wasser dießen, (rauschen) Und sah die Fische fließen; (dahinschwimmen) Ich sah, was in der Welt nur was, (war) Feld, Wald, Laub, Rohr tinde das Gras, Was kriechet und was flieget Und Bein zur Erde bieget. Das sah ich und verkünd' Euch das: Der keines lebet ohne Haß. Das Wild und das Gewiirme Die streiten starke Stürme. So thun die Vögel unter ihn'; Nur datz sie haben einen Sinn. Sie schassen stark' Gerichte, Sonst Leuchten sie sich nichte; (zunichte) Sie wählen Könige und Recht,
Sie
;>
Fürsten sich vielleicht gewinnen zn können. Beide Versuche waren erfolglos; in Thüringen, so versichert uns der Dichter, war es vor Zechen llnd Lärmen, vor Spiel und Gesang nicht auszuhalten, und obwohl Walther sein Heimatsland mit dem hohen Liede auf deutsche Zucht und Sitte, jenem allbekannte»:
„Ihr
sollt sprechen: Willekomm'!"
aufs herzlichste begrüßte, — Leopold und die Dame seines Herzens begünstigten ihn nicht mehr so wie früher. Da riß Walther auch die letzten Wurzeln seiner alten Liebe aus seinem Herzen, und wenn er in Ztlkunft noch von Minne sang, dann erzählte er nicht mehr seine eigenen Erlebnisse, schöpfte er nicht mehr alls dem tiefen Borne seines eigenen Herzens, sondern brachte allgemeine Anschauungen in dichterische Form. Noch schärfer wurde die Spannmig zwischen König Philipp und dem berufenen Dichter des deiltschen Kaisertumes, als Philipp im Kampfe gegen den Landgrafen Hermann von Thüringen das ganze Sachsenland einer furchtbaren Zerstörung der Böhmen preisgab. Vor des Dichters Augen, denn seit 1201 weilte Walther in Meißen in Thüringen, wurden die Klöster zerstört, gingen die Dörfer in Flammen auf: da zog in sein Herz ein bittrer Unmut statt der früheren Liebe zu König Philipp ein; er rief dem Fürsten zu: „Selbftwachsen Kind, du bist zu krumm, Datz niemand dich geeichten (zurechkleiten) kann. Du bist der Rute leider allzu groß, Dem Schwerte allzu kleine;"
Herren und auch Knecht'. O weh' dir, deutsche Zunge, Wie steht dein Ordenunge, Datz selbst die Mück' ihren König hak, setzen
„Philipps Ungeschick in Freundes Schoß geborgen haben", llnd wandte sich nun für immer deni Gegenköllige Otto zu. Selbst über den tragischen Tod des Königs ver¬ nehmen wir kein klagendes Wort aus Walthers Mimde. er bereute es,
lind deine Ehr' also zergaht! (vergeht)
zik
Bekehre dich, bekehre!"
Dann ruft der Dichter den König Philipp auf, die Macht niederzudrücken, sich selbst aber die deutsche Herzogskronen der Kaiserkrone mir dem „Waisen", jenem unschätzbaren Edelsteine, einst Herzog Ernst aus dem Morgenlande mit sich gebracht hatte, auszusetzen, lind die „armen Könige", die Mit¬ bewerber seiner Krone, einen Berthold von Zähringen, einen
(Schluß folgt.)
welchen
Bernhard von Sachsen, einen Otto von Braunschweig, zurück¬ zudrängen. Sehr wohl aber erkannte Walther auch den eigent¬ lichen Grund der das Reich zerrüttenden Zwietracht. Er klagt: „Davon hob sich der meiste Streit, Der jemals war und immer seit (seitdem) Daß sich begannen zweien (zu entzweien) Die Pfaffen und die Laien."
In
den Uebergriffen des römischen Bischofs aus das welt¬ in der —
liche Gebier, in dem Mißbrauche des Bannes und Jugend des schon im siebenunddreißigsten Jahre
Stithl Petri
erhobeiren
Jnnocenz
111.
auf den liegen ihm die eigent¬
lichen Schäden der Zeit. Wohl halten der „junge süße Mann", König Philipp, und „seine hochgeborene Königin", die edle
Irene von Byzaitz, Grund getutg, eilten
solchen Verfechter
ihrer Sache fest an sich zu knüpfen; leider aber trat bald eine bedauerliche Eiktfrentdung zwischen ihnen ein. Es gab vieles an des Königs Hofe, was dem Sänger nicht gefallen konnte. Philipp war karg und versagte ihm den verdienten Lohn. Schon im Jahre 1200 treffen wir Walther daher am Hofe des Landgrafen Hermann von Thüringen, bei welchem er eine höhere Würdigimg seiner Klmst zn finden hoffte, lind iit demselbeit Jahre tvaitderie er nach feinem lieben Er glaubte, bei der „Schwertleite", dem Oesterreich zurück. Jugendfeste Herzogs Leopolds, das Herz des ihm abholden
Die deutschen Kaiser und die Stadt Metz. (Fortsetzung.)
Wie hätte Ludwig der Fromme die Stätte, auf welcher Mutter ruhte, mit ihrem feierlichen Dämmerscheine nicht lieben sollen! Was bot ihm die Welt, die der Empörung voll war? So finden wir auch ihn gar häufig in Metz. Hier mußte er überdem ein getreues Herz, welches weder Unfall Es war das Herz noch Schuld ihm zu entreißen vermochte. seines Halbbruders Drogo, welcher den Bischofsstuhl von Metz Drogo krönte im Jahre 835 seinen unglück¬ bestiegen hatte. lichen Bruder zu Metz in der Kathedrale noch einmal feierlichst zunk Kaiser; fünf Jahre darauf verstarb der länderlose Herrscher auf einer Insel des Rheilis bei Ingelheim. In der Krypta von St. Arnulf, neben der Mutter, ward ailch Ludwig der seine
Fromme beigesetzt. Der große Drogo machte Metz zu einem Sitze der Kunst und der Wissenschaft. Mehr lernte der Schüler von St. Arnulf delm sonst ein denk Kloster übergebener Edelknabe; lieblicher unb feierlicher, denn sonst irgendwo ein Kirchengesang, klang hier Die Mönche von St. Arnulf der „Cantus Metensis.“ pflegten die Astronomie, die Agrikultur, ja selbst die Juris¬ prudenz, ilnd Kaiser Arnulf konnte den Priester Amandus, seinen vielgetreuen Arzt, für treffliche Dienste, ivelche er ihm geleistet hatte, mit Ländereien bei Ars an der Mosel dankbaren Sinnes beschenken. Sllsein bald welkte unter den Stürmen der
-«
613
Getroume" erhalten ist, — vielleicht die edelste Perle aller deutschen Sagen. Sie verdient jedoch eine selbständige Behandlung; wir vermögen hier nicht näher auf
Herzog Zwentibold, Arnulfs Bastard, beschwor Krieg auf Krieg über das von ihm ver¬ waltete Herzogtum Lothringen herauf, bis auch er, der wilde Schößling eines absterbenden Stammes, dahinstarb. Ini Kampfe mit Ludwig dem Kinde wurde er an der Maas geschlagen und
Zeit
diese schöne
getötet.
Blüte dahin.
Grüften befindlicher von Heinrich
Wohl haben auch die Ludolsinger oftmals zu Metz ge¬ weilt; allein so nahe, wie die Karolinger, standen sie der Stadt Verweht sind auch die Spuren der starken Rhein¬ doch nicht.
einzugehen.
Nur das
eine
bemerken
dem
Rauschen
wir
eilen: die Reihe der deutschen Kaiser Unvergeßlich wie seinem ganzen Volke ist Friedrich der Rotbart auch den Metzern geworden, und stolz verkündeten es einst die alten Bürger der deutschen Reichsstadt: Doch
müssen
ist eine sehr lange!
„Friedrich Barbarossa ist der Begründer unsrer Ver¬ fassung und unsrer Freiheit." Der historische Hergang rechtfertigt dies freudige, den großen Staufer feiernde Wort auch durchaus. (Fortsetzung folgt.)
Brandenburger Rennnis;en;en. Von Gustav DuUv. (Fortsetzung.)
i?
Wenn auch die Einkünfte der Stadt in alter Zeit während des Friedens zur Bestreitung der Ausgaben hinreichten, so langten sie doch nicht zu den Kriegsleistungen. Während des 30jährigen Krieges machte der Rat Zwangsanleihen bei Kirchen, Hospitälern und milden Stiftungen, welche noch 1775 Außerdem hatten, wie es in sich auf 23 189 Thlr. beliefen. einem 1775 aufgenommenen status bonorum heißt, „unter¬ schiedene Privati aus vorigen Seculis annoch ein Vieles zu fordern und besage des Reglements von 1685 betrugen die Passivschulden damahlen noch bei der Altstadt 27 835 Thlr., bei der Neustadt 27 781 Thlr., zusammen 55 616 Thlr. Die Interessen haben früher lange zessieret und es ist ver¬ ordnet, daß niemand bezahlt werden solle, er habe sich denn gehörig legitimieret, wie er zu dieser Forderung gekommen; alsdann sollen diejenigen Creditores, welche von ihren recht¬ mäßigen Posten freiwillig etwas fallen lassen wollen, praeferiret, unter diesen aber diejenigen, welche am meisten fallen Alls diese Weise sind sehr viele be¬ lassen, die ersten sein. handelt und anno 1713 noch 35 780 Thlr. unbezahlt ge¬ wesen." Aber der status von 1775 bemerkt, daß sich wohl nicht leicht jemand noch legitimieren werde." An neuen Schulden führt der status bonorum auf: 1. zur Vorschießung des Königl. Darlehns, so anno 1745 auf Kredit der Kämmerei aufgebracht werden müssen, hatte die Kämmerei von unterschiedenen Priyatis 18 000 Thlr.
sranken, der Kaiser salischen Geblütes, zu Metz. Erst unter den Staufern knüpften sich wieder die alten Bande zwischen
geborgt.
ilnd deutscher Bürgerkraft in Metz. Der hehre geistliche Freund Kaiser Konrads Hl., der heilige Bernhard, hat auch zu Metz mit ergreifender Gewalt das Kreuz gepredigt: wir sehen die ritterlichen Bürger der Stadt vor dem Altare des heiligen Stephanus in der Kathe¬ drale das Kreuzeszeichen sich auf die Brust heften. Aus jenen Tagen stammt auch die wundervolle Kreuzsahrersage voin Ritter Alexander zu Metz, welche uns in dein vlamändischen Volks-
18 182
deiltschem Königtume
Mär
lung einverleibten.
IV.
verschwunden.
herrliche
des deutschen Reichsbanners ist von deutscher edler Frauen Treue entstanden. Die Gebrüder Grimm haben leider gefehlt, indem sie den schönen Titel dieser Sage veränderten und einen „Mann im Pfluge" an die Stelle der „getreuen Frau" ihrer Samm¬
dem Kaiser Ludwig dem Frommen errichteter Sarkophag von wundervoller Arbeit wurde vom Pöbel für einen Spottpreis
an einen Metzer Bildhauer verkauft. Derselbe ließ die einzelnen Teile desselben vorsichtig auseinandernehmen und nach seiner Wohnung schaffen. Als der Trunkenheit dieser Schreckenszeit die Ernüchterung gefolgt war, bot der Künstler den Sarkophag der Stadt zum Kaufe an. Da man jedoch sein Angebot nicht annahm, verarbeitete der Mann das herrliche Kunstwerk — zu Kaminsimsen. — Heidelberg, Speier, St. Denis, Metz, die Tuilerien: es bleibt stets dasselbe Lied! Damit war der völlige Untergang auch der ©rüste und der Abteigebäude des Karolinger Klosters zur Thatsache ge¬ worden: St. Arnulf war bis auf die letzte Spur vom Erdboden
diese
de
auch dies hohe Lied
Ludwig dem Frommen in der Abtei St. Arnulfs beigesetzt. Jahrhunderte lang behauptete diese Stiftung der Karolinger ihre hohe Stellung. Freilich, ihre Baulichkeiten mußten dem wechselnden Geschmacke der Architekten sich unterwerfen: aus der kleinen fränkischen Abteikirche wurde eine großartige romanische Basilika, — ans dieser ein gotisches Münster. Wohl benagte die Zeit die Denkmäler des ersten deutschen Kaiserhauses; dennoch retteten die Benediktiner des heiligen Arnulf das Wichtigste bis ans die Zeiten der Revolution, wenngleich, wie tvir später sehen werden, die hohe Abteikirche schon vorher zerstört wurde. Aber die Grüfte erhielten sich. Leider erhielt am 11. September 1794 der Citoyen Trotebas, der Führer des Pöbels, beit Befehl, alle „Objets de Superstition et de royalisme“, welche sich in den Metzer Kirchen noch vorfänden, aufs allergründlichste zu zerstören. Man kann sich denken, wie gerade da gehaust wurde, wo die alten Fürsten ruhten. Man fand in den Grüften von St. Arnulf noch eine überreiche Menge von goldenem und silbernem Schmucke; denn auch die Karolinger hatten, wie einst die Merowinger, die Kostbarkeiten, die ihnen die liebsten gewesen waren, mit sich ins Grab hinabgenommen. Es entstanden selbstverständlich Prügeleien um den Besitz derselben. Nachdem die Streitenden sich dann wieder versöhnt hatten, zogen sie zur Esplanadenrampe und warfen mit den Gebeinen der alten Fürsten um die Wette nach der Mosel. Westphal berichtet in seiner Geschichte von Metz: jenen
„Florentina
wir: unter
Auch sein Körper wurde nach Metz geführt und neben
„Ein in
bnche
2. zur Verpflegung der
Thlr.
Landmiliz
hat die Stadt 1757
hergeschossen,
3. zur Bezahlung des Kauf-Pretii von denen angekauften
Plauerhoffschen Gütern haben die spezifizierten Oreditores annoch 127 050 Thlr. zu fordern, 4. zu außerordentlichen Ausgaben, namentlich zu Schleusen- und Buhnenbauten hat die Kämmerei die Summe
von 9849 Thlr. auftiehmen müssen. Von diesen „neuen Schulden" im Betrage von 88 380
fr-
614
Thlr. waren nach der Rechnung des Jahres 1766 noch 43068 Thlr. vorhanden. Eine erhebliche Vermehrung der Schulden trat 1806 infolge des unglücklichen Krieges ein, welcher die Mark und die Stadl schwer in Anspruch genommen hatte; sie betrug 144 073 Thlr., und war durch Ausgabe von Stadt¬ obligationen entstanden, welche auf Inhaber ausgestellt und kündbar waren; die Verzinsung derselben erforderte 1820 eine Summe von 7652 Thlr. Ein Anlauf zur Schuldentilgung wurde- bereits 1810 gemacht, aber sie schien unausführbar, da die Verzinsung der Stadiobligationen erheblich im Rück¬ stände, die Auflegung einer Kommunalsteuer bei der allgemeinen
Rot unmöglich war, und der Magistrat nach Aufhebung des Erst die Subhastakion der Kämmereigüter befürchtete. 1823 kam ein Schuldentilgungsplan zu stände, nach welchem zur Verzinsung jährlich 7500 Thlr. und zur Tilgung 38 Jahre lang 1600 Thlr. verwendet werden sollten. Eine neue Ver¬ mehrung der Stadtschulden veranlaßte die 1846 eröffnete Potsdam-Magdeburger Eisenbahn, ftir ivelche die Stadt 118 000 Thlr. zeichnete, und abermals wurde die Kämmerei¬ Die Dividende der Eisenbahngesellschuld 1848 vergrößert. schaft blieb aus, das in der Forst eingeschlagene Holz wurde eiitweder nicht verkauft oder das Kaufgeld dafür nicht bezahlt, so daß ein Ausfall von 4300 Thlr. entstand; die Ausgaben für die öffentliche Arnieiipflege wurden um 1100 Thlr. über¬ schritten; zur Beschäftigung von Arbeiten! waren für Forstinelioratiouen und Schlagelohn 1950 Thlr. mehr verausgabt und zur Zurückzahlung eines Darlehns an die Sparkasse Es wurden 30 000 Thlr. wurden .2900 Thlr. gebraucht. Stadtobligationen zu 5 Prozent ausgegeben, welche nach sechs¬ Zur Auf¬ monatlicher Kündigung rückzahlbar sein sollten. stellung eines neuen Schuldentilgungsplans aufgefordert, be¬ schloß die Stadt, 200 000 Thlr. Stadrobligationen zu 4 Proz. auf den Inhaber auszugeben, erhielt jedoch 1851 den wunder¬ baren Bescheid, daß dies bedenklich scheine, weil der Geldmarkt mit Jnhaberpapieren bereits überschwemmt sei. Die Sache blieb bis 1865 in der Schwebe. Mittlerweile war die alte Schiild durch den Verkauf der Eisenbahnaktien bis auf 91960 Thlr. herabgemindert, iind als nun die Stadt beschloß, zur Tilgung dieser Restschuld, ziir Erbauiing von Gebäuden ftir die von Saldenische Realschule und für die Mittelknabenschule, zur Erweiterung der höheren Mädchenschule und zur Hebung des Elementarschulwesens, für Straßeuerweitemngen und Ver¬ kehrseinrichtungen, zum Baii einer Badeanstalt unb einer Turn¬ halle sowie zu Chausseebauten eine mit 1 Prozent zu amorti¬ sierende Jnhaberpapieranleihe von 350000 Thlr. aufzunehmen, ward dieser Beschluß ohne weiteres genehmigt. Der Rest dieser Anleihe wird nach dem Tilgungsplane im Jahre 1916 bezahlt sein, uiid ziir Aufnahme neuer Anleihen dürfte die Stadt, da sie ein Kapitalvermögen von inehr als einer Million Mark hat, kaum Anlaß haben.
Jndults
Daß die Stadt in alter Zeit bis auf das Reise-, Fuhrund Wächtergeld, welches zur Unterhaltung der Brücken und Dämme diente, keine Steuern erhob, haben wir bereits früher geseheii. Zum Unterhalt der Dämme biente ferner ein Dammzoll, welcher sich 1800 auf 38 Thlr. belief, und ein Deichselgeld, welches zu derselben Zeit 14 Thlr. betrug. Die Er¬ hebung dieser Abgaben gründete sich auf das Privilegium des Kurfürsten Joachim I. von 1550, und diese Abgaben waren der Anlaß zu einem ebenso langwierigen wie interessanten
fr —
Infolge des von Pretißen Prozesse zwischen Stadt und Staat. mit Bayern und Württemberg am 27. Mai 1829 geschlossenen Vertrages, nach welchem die Erhebung separater Thorsperr¬ und Pflastergelder auf chauffierten Straßen aufhören sollte, teilte nämlich die Königliche Regierung dem Magistrate am 4. Februar 1832 mit, „daß der Staat, gegen Aufhebung des Damm- und Deichselgeldes, die künftige Unterhaltung der in die Chansseelinie fallenden Straßen, Brücke und Dämme über¬ nehme", und der Magistrat verzichtete, im Einverständnisse mit der Stadtverordnetenversammlung, auf die fernere Erhebung Die Regierung schien aller¬ des Damm- und Deichselgeldes. dings sehr bald dahinter gekommen zu sein, daß sie nicht mit besonderer Vorsichr verfahren sei, denn sie rescribierte, daß es
für Aushebung des Damm- und Deichselgeldes auf andere Art, als durch Ueber¬
ihr
angemessener scheine, die Entschädigung
nahme der Unterhaltung der oben bezeichneten Straßen, Brücken und Dämme zu gewähren, und verlangte eine Aufstellung der Kosten dieser Unterhaltung und der Einnahmen aus dem Dainmund Deichselgelde. Der Magistrat berichtete, daß die Unter¬ haltungskosten 1122 Thlr., das Damm- und Deichselgeld aber
nur 441 Thlr. betrage, hob aber hervor, daß der Vertrag Die Re¬ zwischen Staat und Stadt bereits geschlossen sei. und Dämme in gierung verlangte nunmehr, daß die Brücken gutem Zustande übergeben werden sollten, und der Magistrat war
auch
zahlen,
bereit,
wogegen
die
hierzu
erforderlichen
die Regierung 2094
1661
Thlr. und
Thlr.
zu
die Ueber¬
nahme derjenigen Kosten forderte, deren Notwendigkeit sich erst bei Vornahme der Reparaturen Herausstellen würde. Während hierüber noch verhandelt wurde, ordnete die Regierung am
5. Januar 1836 die Aufhebung des Damm- und Deichsel¬ geldes, sowie die Uebernahme der in die Chausseelinie fallenden Straßen, Brücken und Dämme auf die Staatsverwaltung an,
und beging damit das zweite Versehen bei diesen Verhand¬ lungen. Der Magistrat verstand sich zivar dazu, die Sumnre für die Jrfftandsetzung auf 1841 Thlr. zu erhöhen, aber die Forderungen der Regierung wurden inzwischen immer größer und erreichten zu Ende des Jahres 1837, einschließlich der Reparaturkosten für die Annenthorbrücke, den Betrag von
4371 Thlr. (Fortsetzung folgt.)
Geschlecht, Stammhaus, Ritterlitze und Denkmäler
Derer von Blankenfelde. (Fortsetzung.)
haben indessen das alte Weißensee, das stille Dorf int Auge. Ueber die Besitzverhültttisse desselben und über die Lage der dörflichen Verhältnisse in früheren Zeiten giebt uns die „Geschichte des Kreises Teltow" von E. Fidicin die folgende
Wir
Auskunft:
Im
Jahre 1313 schenkte der ehenialige Truchseß Mark¬ graf Hermanns, der Ritter Buffo von Grevelhut, dem Priester Arnold, welcher damals Rektor und Provisor des HeiligengeistHospitals zu Berlin war, vier Hufen zu „Wittenze^ mit aller Pacht und Nutzung, um dafür viermal im Jahre das Ge¬ dächtnis des Ritters und seiner Angehörigen in Vigilien und Seelenmessen zu feiern. Nach dem Tode des genannten Priesters sollte diese Stiftung auf das Haus zum Heiligengeiste über-
— Wer der
Dorfes war, ergiebt sich nicht, und erst das Landbuch vom Jahre 1375 bemerkt, daß zu Wirensee (auch Wittensey) 68 Hufen wären, von welchen der Pfarrer fünf, die Kirche eine, der Schulze acht besitze, für gehen :c.
Besitzer des
welche er das Lehnpferd hallen
müsse,
und
kow, Jakob Rathenow, dem Heiligengeist-Hospitale zu Berlin und der Kirche zu Liebenwalde. Das obere Gericht und die Wagendienste hatten Lantzeberg und Rathenow, Bürger zu Berlin, im Besitze.
Als
daß die übrigen
Herr Matter tum der Pacht, säthen
Zins
Zins. Geld- und Fruchtbede zit entrichten hätten, 9 KosZins und von drei Hufen, welche sie besaßen, Pacht, und Bede geben müßten, ein Krug nicht vorhanden sei,
und die Abgaben von folgenden Personen erhoben würden: von Henning Britzik, Claus Lantzeberg, der Wittwe Mos-
spätere Besitzer werden Werner v. d.
Groben und
Ue>getrr>cide.
seine
Brüder genannt, welche im Jahre 1412 „der Reichenbach"
das halbe
Dorf
verschrieben.
Ein Lehnbrief vom Jahre 1538, nach welchem Dominikus Blankenfeldt 7c des Dorfes an Hans Blankenfeldr verkauft hatte, gibt erst wieder Nachricht, und aus den bei der Kirchen-
welche einst polychrom bemalt gewesen, jetzt aber leider über¬
Visitation im Jahre 154t aufgenommenen Verhandlungen ergiebt sich, daß der znletztgenannte Erwerber alleiniger Kollator der dortigen Pfarre war, woraus sich schließen läßt, daß er auch die übrigen gutsherrlichen Rechte besessen hatte.
der Renaissance gehalten, schließt dieselbe
mit einem kleinen Giebelfelde ab, in welchem die Grablegung Christi und die Klage Mariä dargestellt ist.
nach oben zu
In
Aus dem Bogen steht die
spätern Lehnbrieseu treten die v. d. Grüben stets als die eigentlichen Besitzer des Dorfes und die Blankenfelde als deren Lehnsmänner auf. Im Jahre 1608 bestanden vier Höfe ini Dorfe, welche
I
nschrift:
..Dux Yitae Mortims Regnat Yivus“, das heißt:
„Der Fürst
des Lebens, der gestorben ist, herrscht als Herr des Lebens."
von Bendix, Jürgen. Franz und Wilhelm Blankenfelde bewohnt wurden. Nach dem Schoßkataster vom Jahre 1624 hallen sie zuerst 4 Höfe mit 10 Hufen, sodann aber noch 7 Höfe mit 23 Husen ausgekauft und sreigewilligt erhalte», wonächst drei Rittergüter mit zusammen 33 Husen entstanden waren. Diese Güter waren später wieder in mehrere Teile zer¬ fallen: 7e war zu Ende des 17. Jahrhunderts im Besitze des Kämmerers Moritz Daniel Marschall v. Biberstein, der es 1735 der Gräfin von Schlippenbach, verehelichten Rittmeister v. Krahne, veräußerte, von welcher es im Jahre 1737 der Rittmeister Matthias v. d. Liepe erwarb. Den übrigen Teil, 7„ des Ritterguts, welcher aus 2 Rittersitzen bestand, erwarb zu Ende des 17. Jahrhunderts Adolph Dietrich Vildthnt, von dem es 1715 der Stadtverordnete Schöneseld zu Berlin, und von dessen Sohne, dem Braueigner Schöneseld, im Jahre 1734 der Rittmeister v. d. Liepe erwarb. Beide Anteile kamen im Jahre 1745 an den Landrat v. Nüßler, 1776 an dessen Tochter, später verehelichte Haupt¬ mann v. Berg, 1780 an den Hauptmann Maximilian Joh. Earl v. Schenkendorf, von dessen Sohne, Earl Asmus, es im Jahre 1821 der jetzige Besitzer erwarb. Die Zahl der Hüfner, ivelche im 15. Jahrhundert noch 14 war, hatte sich durch die Bildung des Ritterguts im 17. Jahrhundert bis auf 3 vermindert, neben welchen noch
Aus dein Gesims darunter lesen wir die Worte: „Er ist umb unser Missethat ivillen verwitnder und umb unser Sünden willen geschlagen. Die Straff liegt auff ihm, auff das wir Friede heten, und durch seine Wunden -
sind
Im
wir geheillet."
Mittelfelde folgt dann eine höchst bewegt — der Heiland mit den beiden Unter dem Kreuze knieen der Bürgenneister JoSchächern. hannes voit Blankenfelde, der kurfürstliche Küchenmeister, in stattlicher Pelzschaube, ein schöner, bärtiger Mann mit lockigem Haar, und sieben seiner Söhne, gleichfalls mit Mänteln be¬ kleidet und mit Halskrausen geschniückt. Zur Seite des Bürger¬ großen
dargestellte Kreuzigungsgruppe,
meisters steht auch noch sein Schwiegersohn, der Lizentiat Peter
Matthias.
Dem
Bürgermeister
gegenüber,
vom
Beschauer
rechts, aber kniet seine Frau, Ortige von Vinzelberg, mit sieben
teilweis erwachsenen, teils noch ganz jungen Töchtenr. Der dreiteilige Sockel enthält in der Mitte eine sogleich anzugebende Inschrift, links das Wappen der Blankenfelde, dessen Helmzier hier aus einem ganzen Raben besteht, und rechts Schild und Helm derer von Vinzelberg, mit dem Bogen im Schilde und deut Bocke aus dem Helme. An Inschriften finden wir auf
/
der Architektur das Folgende angebracht:
Sieffenn Blank, obiit an. 1516. Benigna Blank, obiit an. 1516. Peter Matthias und Anna Blankenfeld feind beyde anno 1552 den 28. Oktobris zu Berlin gestorben und begraben. Anno 1552, den 18. Novembris ist in Gott verstorben die ttigendsame Jungfraw Elisa Blankenfelt, allhier be¬
5 Kossäthen bestanden.
Die Kirche war schon im 14. Jahrhundert vorhanden, hatte eine Hufe Landes und Heinersdor-f als Filial. Erster evangelischer Pfarrer war im Jahre 1541 Erasmus Hentzel, welcher zu seinem Pfarrhofe einen Garten und 6 Hufen Acker besaß und von 47 Dorfhusen Meßkorn, außerdem die üblichen
Gebühren bezog. — Der Rittersitz der Blankenfelde zu Weißensee befand sich ebendort, wo heut' im „Stemecker" Berliner Volksfeste gefeiert werden, wo man trinkt und anheiterndem Gespräche lauscht, wo man liebt und kos't, einem Monstrekonzert zuhört und Abgeschieden in seinem pyrotechnische Kunstwerke bewundert. geweihten Frieden aber liegt drüben die Kirche. Sie ist's, die ilns besonders anzieht, und in welcher Leid und Freud der Geschlechter vor uns, wie wir sehen werden, in einem herzbewegendem Denkmale zu uns spricht. Es befindet sich nämlich in ihr eine steinerne Totentafel,
Im Stile
tüncht ist.
graben.
—
Das alte Denkmal erinnert demnach air die Heimsuchungen Berlins durch die Pest in den Jahren 1516 und 1552. Der '
unbeträchtlicher; das lockige Haupt des Bürgermeisters ist sogar sehr gut gearbeitet. Wir envähnen hier sogleich, daß in Weißensee auch noch der Landrat von Nüßler begraben liegt, welcher mit König
Kunstmert
desselben
ist
durchaus
kein
Friedrich Wilhelm I. in üble Differenzen geraten war. weil er sich dem Befehle desselben, ein Haus zu bauen, widerSein Grabmal enthält seilt Reliefportrait in Hofsetzt hatte. trachl mit Zopf und Haarbeutel und sein Wappen. — (Schluß folgt.)
Kleine Mitteilungen. Hohcnrollcrn Mufieurns
dürften in Wenige Besucher des der Abteilung, welche Andenken an König Friedrich den Großen aufbewahrt, bei der Fülle der dort ausgestellten Reliquien ihre Aufmerksamkeit auf ein kleines unscheinbares Ordcnskreuz gelenkt haben. Es ist dies ein Unikum und zwar der von Friedrich dem Großen als Kronprinz gestiftete und von ihm getragene Bayard-Orden. Die Dekoration besteht aus einem am grünen Bande hängenden kleinen achtfpitzigen silbernen Kreuz, dessen Mitte die verschlungenen Buchstaben 1'. 0. 1?. einnehmen. Merkwürdig ist es, wie wenig man über diesen Orden weiß, der doch als charakteristisches
Denkmal aus Friedrichs Iugendleben eine gewisse Berühmtheit erlangt hat. In der Dielitzschen Uebersetzung von Andrew Hamiltons Werk: „Rheinsberg. Friedrich der Große und Prinz Heinrich von Preußen" S. 117 heißt es: Der Bauard-Orden war ein ausschließlich militärischer und als solcher keineswegs etwa als ein Scherz oder Spielerei gemeint. Es war ein Verein zur Förderung militärischen Wissens:c. Folgende Notiz ist in Roedenbecks „Beiträgen zur Bereicherung und Erläuterung der Lebensbeschreibungen Friedrich Wilhelms I. und Friedrichs d. Gr." II. 538 enthalten: „Nach der gefälligen Mitteilung des Herrn Hauptmanns v. Ledebur, Direktors der
-t Nestelt der Barllichkeiten des Kapitelsaales lnoch ein Schlußstein aus einem Gewölbe vor¬
Die
be¬ handen, welcher den Schild der Blankenfelde zeigte. treffenden Teile des Grauen Klosters entstammen, wie der Wappenschild des Freiherrn Georg von Stein bewies, dem
15. Jahrhunderts. In der nebenangelegenen Kirche befand sich nach Küster „beim Eingänge zum hohen Chore an der Mauer" einst ein großer Stein, auf welchem die folgende Nachricht befindlich war: „Nahe bey diesem steinern klonurnento hänget eine alte Tafel mit dieser Ueberschrifft: Anno dmi. dusendt piff hunderdt und in dem dridden Jahr am Mandage nach Lurie Schlüsse
des
Sie märkischen Reformationsgeschichte beschieden war. vermählte sich mit einem zu Kölln an der Spree lebenden
in der
Bürger Wolf Hornimg; Kurfürst Joachim I. aber wußte diese Ehe zu trennen; er nahm Frau Katharina zu sich und verwies ihren Gatten des Landes. Wolf Hornung aber rief die Hilfe des berühmten Ritters Nikolaus von Minckwitz an, und dieser nahm im Jahre 1529 den Gekränkten mit sich nach Speyer. Hier strengte Minckivitz in Wolf Hornungs Namen bei dem Kaiserlichen Statthalter, dem Pfalzgrafen Friedrich, eine Klage Er forderte für den Vertriebenen die gegen den Kurfürsten an. Erlaubnis zur Rückkehr in die Mark und Schadenersatz. Der Pfalzgras beschied den Kurfürsten oder dessen Räte für den
Monat Mai 1529
nach Regensburg zur Verhandlung.
Joachims
—O
629 ■»
Gemahlin, die Knrfürstiu Elisabeth, mar von dem ärgerlichen Handel bis ins Herz getroffen. Vergeblich wandte sie sich mit innigen Bitten an ihren Gemahl tind an dessen Verwandte. Endlich aber fühlte Katharina Hornung Rene; sie wandte sich an Luther mit der Bitte um Rat nnb Hilfe. Heidemann hat in seinem soeben erschienenen Werke: „Die Reformation in der Mark Brandenburg" S. 157/58 die traurige Angelegenheit ausführlich dargestellt. Als der Regensburger Termin ergebnis¬ los verlaufen war, trat Luther mit voller Entschiedenheit für feinen Klienten Hornung in die Schranken, indem er im Februar 1530 Zeitliche öffentliche Nottbriefe au den Kursivsten von Brandenburg, an die Bischöffe von Brandenburg, Havel¬ berg und Lebus, au die Ritterschaft der Mark und an Katharina Hornungs" herausgab. Als Antwort daraus erhielt er kurz vor Ostern 1530 aus Berlin eine Schmähschrifi in Form eines angeblich von Katharina Hornung selbst verfaßten Schreibens zugesandt, in der man dem ernsten Sittenrichter mit verletzendem Spotte und Hohne begegnete. Luther verstand es indes, auch diesen Pfeil rückwärts auf den Schützen zu wenden, indem er die Schmähschrift durch den Druck bekannt inachte. Es wurde ihm die Genugthuung zu sehen, wie die ganze öffentliche Meinung für ihn war. In der Sache aber vermochte er nichts zu erreichen. Die Hornungscheu Eheleute blieben getrennt; Wolf Hornung beschloß sein Leben wahrscheinlich zu Kemberg in .Sachsen; Katharina lebte seit 1529 zu Frankfurt an der Oder. Also Herr Professor Heidemann. Einen anderen sehr traurigen Vorfall, welcher die Blankenfeldesche Familie betrifft, erzählt die Ara eucharistica (Kirchengeschichte der Inspektion Müncheberg) von Christian Kolhard. (Colhardus), Berlin 1704 und 1728; es heißt-iu-dem.sehr seltenen Buche: Als den.16. Oktober 1036 in einer großen, geschwinden Feuersbrunst der größte und beste Theil von Buckow weg¬ gegangen, hat der Prediger seine Wohjnlntz, Haab und Güter im Feuer mit verlieren müssen. Und da nur 10 Jahr ver¬ flossen, hat Gott diesen Ort noch härter mit Feuerschaden heim¬ gesucht, daß nicht allein alle die vorigen schönen neuen Gebäude,
-
Städte, Groß- und Klein-Buckow, beide Pfarrhäuser und Schulen, auch der Kirchthunn und der Obrig¬ keit Wohnung bis auf etliche wenige Häuser den 24. April 1665 drauf gegangen. In welchen er abermahls nicht allein seine Habe und Güter verlohren. Sondern, welches am meisten zu beklagen und zu beweinen: es hat auch seine Ehe-Frarr, als sie aus dem Brande etwas zu retten, embsig gewesen, ihr Leben däbei eingebüsset. Denn da sie nirgend auskommen, auch kein Mensch zu ihr, sie' zu - retten, Hinnein dringen können, hat sie endlich im gewölbten Keller sich salviren wollen und ist im selbigen vorn Rauch-Dampfs, so durch die Thüre gedrungen, erbärmlich, doch am Leibe und Kleidurig unversehrt, riebst ihres Sohnes Kind, Anna Elisabeth, welches in's vierte Jahr ge¬ gangen, erstickt uird umbkommen. Moirtags rrach Palmarum 1637 ist die Plünderung zu Buckow angegangen, und ob man sich noch biß Pfingsten gehalten ist's doch endlich so gefährlich rvorden, daß der Prediger nebst allen Einwohnern müssen weichen, alles verlassen und verlieren und zu Wasser ins Bruch sondern fast beyde
Bahriu (Worin) sich begeben. Unterdessen ist Buckow und arrdere Oerter spolirt und alle verborgene Winkel und auch vergrabene Sachen durchsuchet und Alles verheeret, da er-, Willichius, das Seinige auch verlohren. Aufin Bruche ist auch Kummer und große Noth zugefallen, weil keine Fuhre geschehen können, und ob noch elrvas an Rockerr, wiewohl theuer genug, nach
j
j
!
drinnen vorhanden, hat rnan doch ohne Lebensgefahr es nicht gemahlet bekommen. Dahero viel Leute müssen gesotten Korn und andere ungewöhnliche Dinge essen. Yide Joli. Telzkovii Threnologia Bucoviana p. 37 und 38. Dieser Threnologiae Titul aber ist der folgende: Threnologia Bucoviana in quarto. i. e. Eine Leich-Predigt auf den Tod Catharina Sophia von Blahkenfeldin, Herrn Joachhni Willichii. Pastoris Primarii Bucoviensium, Eheliebste, welche 1665, den 24. Aprilis, bei entstandener Feuersbrunst im gewölbten Keller ersticket und Dominica Bogate begraben worden. .
Gott
schütze die
Blankenfelde in Zukunft! —
Kleine ülittf Hunnen. Fest in bev H. £»djvifi. Dev Fostfaal im Kaisorpalaste ju Ktvastlmvg.
Die Kaisertage im Elsaß haben die allgemeine Aufmerksamkeit jener „festen Burg" zugewendet, welche das neue Reich den Hohenzollern zu Straßburg errichtet hat. Es war im Jahre 1880, als die Reichsbehörden die Er¬ bauung eines Kaiserlichen Heimes in der „wunderschönen Stadt" beschlossen. Trotz eines verhältnismäßig nur geringen Unifanges , ist der Palast eines Deutschen Kaisers würdig gestaltet worden. Die Massen des Baues sind zierlich und doch sehr kräftig gegliedert: als Material ist graugrüner Hau¬ stein gewählt worden, welcher außerordentlich wohlthuend auf das Auge ivirkt. Das Dach besteht aus tiefbraunem rheinischen Schiefer. Ueber dem Mittelbaue erhebt sich in ungewöhnlich malerischer Form die Kuppel, auf deren höchster Spitze zwei aus Kupfer getriebene Heroldsgestalten neben dem deutschen Kaiserbanner die Wacht halten; sie tragen die Wappen Kurbrandenburgs und Preußens auf der Brust. Unsere heutige Abbildung stellt den Festsaal des Kaiserpalastts dar, welcher sich an der Hinterfront des Gebäudes befindet. Wohl zeigt derselbe nicht den glänzenden Prunk, wie Festgemächer aus der Zeit des Rokoko; aber er ist würdiger und ernster gehalten. Malerei und Skulptur, schwere Vorhänge und prächtige Kronleuchter vereinigen sich zu einem harmonischen Schmucke. Mit dem nebenanliegenden Speisesaal und Versammlungssaal ist er durch Bogenöffnungen verbunden. Wohl kann der Blick des Architekten, Üandbauinspektor Hermann Eggers, mit Stolz auf diesem seinen Werke ruhen. Mit gleich vollendetem künstlerischen Geschmacke sind auch der Audienzsaal des Kaisers, sein Arbeitszimmer und die Wohngemächer Ihrer Majestäten ausgestattet. Die Kosten des gesamten Bauwerkes beliefen sich auf 2,600,000 Mark. 'in seiner Mögen die Stunden, die Tage, welche der Deutsche Kaiser gnädigem Beistände stets unter Gottes verweilt, Straßburg Pfalz zu 0. 8. friedliche und reich gesegnete sein!
AIs im siebenjährigen Kriege die Patres eines böhmischen Klosters, in dessen Nähe König Friedrich II. sein Lager aufgeschlagen, den König baten, doch zu befehlen, daß ihre Weinkeller geschont würden, erwiderte er: „Ich habe keine Zeit, mich mit Euch auf¬ zuhalten; meine Resolution steht im 3. Buch Mosis, 10, 9." („Du und deine Söhne mit dir, sollt keinen Wein noch starke Getränke trinken, wenn ihr in die Hütte des Stifts gehet, damit ihr nicht sterbet.").
Anfrage. unseren Lesern vermöchte ein Portrait des Preußischen Artillerie-Generals von tzenichen, eines Sprößlings der bekannten Lausitzer Pastoren-Familie, zu beschaffen? Unsere Garde-Feldartillerie sucht dasselbe Die Redaktion. schon seit längerer Zeit.
Wer von
Anstalt: Gruß an die Heimat; Ein kurzes Glück, Skizze von A. M. Witte (Fortsetzung und Schluß); Preußens erste Königin, von F. A. von Winterfeld (mit LJllustr.); Die deutschen Kaiser und die Stadt Metz (Fortsetzung); Ein Sänger für Kaiser und Reich (Schluß); Aus den Briefen der Frau von dem Knesebeck, geb. von Klitzing, von Frau Helene von Hülsen; Brandenburger Reminiszenzen, von Gustav Dullo, (Fortsetzung); Geschlecht, Stammhaus, Rittersitze und Denkmäler Derer von Blankenfelde (Schluß). — Kleine Mitteilungen:
Der Festsaal im Äaiserpalaste zu Straßburg (mit Fest in der H. Schrift. — Anzeigen.
MP*
Jllustr.);
Der heutigen Nummer des „Bär" liegt ein Prospekt der Weidmann'schen Buchhandlung in Berlin über Heidemann, die Reformation in der Mark Brandenburg bei, aus welchen wir hiermit noch besonders aufmerksain machen.
680
&
Anzeigen.
Inserate
= ——
Friedriclistr.
für werden von der Geschäftsstelle Berlin N, Schönhauser Mee 141, — Ferusprcchstklle lila 8180 Annoncen- Bureaux entgegengenommen. — Der Preis für die 4fach gespaltene Petit-Zeile beträgt 30 Pf.
191, Ecke der Kronenstr.
den
„Sät"
Ailnlnli ILicc
xjLU-vfI^III
Friedrichstr.
191, Ecke der Kronenstr.
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Hoflieferant Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin Augusta.
1
vormals Heyl’s Künstler-Magazin,
H
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Mal-Utensilien, Farben, Firnisse, Pinsel etc.
Zeichnen -Materialien und Schreib-Waren,
—
Herausgegeben von
erlaubt sich, sein reichhaltiges Magazin sämtlicher
für öel, Aquarell-, liuaclie-, Pastell-, Holz-, Porzellan-, Majolika ,