Der Auswärtige Ausschuss des Deutschen Bundestages und die Mitwirkung des Parlaments an der auswärtigen und internationalen Politik [1 ed.] 9783428523580, 9783428123582

Die Außenpolitik war früher eine klassische Domäne der Regierung. Heute wirkt der Bundestag auf vielfältige Weise an der

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Der Auswärtige Ausschuss des Deutschen Bundestages und die Mitwirkung des Parlaments an der auswärtigen und internationalen Politik [1 ed.]
 9783428523580, 9783428123582

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Beiträge zum Parlamentsrecht

Band 65

Der Auswärtige Ausschuss des Deutschen Bundestages und die Mitwirkung des Parlaments an der auswärtigen und internationalen Politik Von

Volker Pilz

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

VOLKER PILZ

Der Auswärtige Ausschuss des Deutschen Bundestages und die Mitwirkung des Parlaments an der auswärtigen und internationalen Politik

Beiträge zum Parlamentsrecht Herausgegeben von

Ulrich Karpen, Heinrich Oberreuter, Wolfgang Zeh in Verbindung mit Peter Badura, Wolfgang Heyde, Joachim Linck Georg-Berndt Oschatz, Hans-Peter Schneider

Band 65

Der Auswärtige Ausschuss des Deutschen Bundestages und die Mitwirkung des Parlaments an der auswärtigen und internationalen Politik

Von

Volker Pilz

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer hat diese Arbeit im Jahre 2006 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2008 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-6674 ISBN 978-3-428-12358-2 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

In Dankbarkeit meiner Mutter und dem Andenken meines Vaters

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2005 / 2006 von der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer als Dissertation angenommen. Sie befindet sich auf dem Stand von September 2005. Für die Drucklegung wurde sie in Teilen aktualisiert. Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Direktor beim Deutschen Bundestag (inzwischen) a.D. Prof. Dr. Wolfgang Zeh für seine Unterstützung, stete Gesprächsbereitschaft und die in jeder Hinsicht vorbildliche Durchsicht der Arbeit binnen kürzester Frist. Herrn Ministerialdirektor a.D. Prof. Dr. Dr. Klaus König von der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer danke ich für die zügige Anfertigung des Zweitgutachtens und manchen weiterführenden Hinweis. Ebenso danke ich den vormaligen Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses Herrn Ersten Bürgermeister a.D. Hans-Ulrich Klose sowie Herrn Bundesminister a.D. Volker Rühe, dem früheren Ausschusssekretär Herrn Ministerialrat a.D. Rainer Czeniek, dem derzeitigen Ausschusssekretär Herrn Ministerialrat Dr. Michael Fuchs, dem ehemaligen Leiter der Unterabteilung Parlamentarische Beziehungen der Verwaltung des Deutschen Bundestages Herrn Ministerialdirigent a.D. Everhard A. Voss sowie Herrn Staatssekretär im Auswärtigen Amt a.D. Dr. Hans Werner Lautenschlager, deren Auskünfte wesentlich zur Durchdringung des Themas beigetragen haben. Dr. Andreas Schockenhoff danke ich für die logistische Anbindung an sein Bundestagsbüro, die in der Endphase der Arbeit vieles erleichtert hat. Den charmanten Damen und Herren der Bibliothek und des Parlamentsarchivs des Deutschen Bundestages sowie des Bundesarchivs Berlin-Lichterfelde sage ich Dank für die vielfältige Hilfsbereitschaft und Unterstützung bei der Recherche. Mein Dank gilt nicht zuletzt auch allen, die mit zahlreichen Anregungen und Hinweisen das Entstehen dieser Arbeit begleitet und unterstützt haben. Besonders gedankt sei an dieser Stelle Dr. Andreas Grau, Dr. Ekkehard Münzing, Dr. Frank Raue und Dr. Jörg Schneider für die kritische Durchsicht von Teilen des Manuskripts. Meinem Doktorvater und den übrigen Herausgebern der Schriftenreihe „Beiträge zum Parlamentsrecht“ habe ich für die Aufnahme der Arbeit in diese Reihe zu danken. Dem Deutschen Bundestag sowie dem Auswärtigen Amt danke ich für den jeweils großzügig gewährten Druckkostenzuschuss. Besonderen Dank schulde ich schließlich Silke Löhr. Ihre liebevolle und ausdauernde Begleitung während der Anfertigung der Arbeit war mir stets Ermutigung und oft auch Ermahnung. Obgleich selbst mit Berufstätigkeit und der Fertigstellung ihrer eigenen Dissertation beschwert, ließ sie es sich nicht nehmen, durch routiniertes Korrekturlesen die letzten Satzfehler erfolgreich zu beseitigen.

8

Vorwort

Ich widme diese Arbeit meinen Eltern, insbesondere meiner Mutter, die mich nach dem frühen Tode meines Vaters mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln stets unterstützte. Berlin, im Juni 2006

Volker Pilz

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17

I. Forschungsstand und Quellenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

20

II. Ziel der Untersuchung und Gang der Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

A. Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28

I. Parlament und Außenpolitik bis zum Ende der Weimarer Republik . . . . . . . . . . . .

28

1. Bestrebungen zur Einsetzung eines Parlamentsgremiums für auswärtige Politik in der Kaiserzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

2. Der Auswärtige Ausschuss nach Art. 35 Abs. 1 der Weimarer Reichsverfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

a) Mitglieder des Ausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

b) Zur Tätigkeit des Ausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

48

c) Vertraulichkeit der Beratungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

50

d) Sitzungsteilnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

e) Arbeitsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

53

f) Der Auswärtige Ausschuss als Untersuchungsausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . .

55

g) Ende der Ausschusstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

II. Die verfassungsrechtliche Institutionalisierung des Auswärtigen Ausschusses im Grundgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57

B. Der Auswärtige Ausschuss als ständiger Bundestagsausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

64

I. Rechtsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67

1. Art. 45a Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67

2. Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (§§ 54 ff. GOBT) . . . . . . . . . . .

67

II. Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

68

1. Begleitung und Kontrolle der Außenpolitik der Bundesregierung . . . . . . . . . . .

68

2. Beratung völkerrechtlicher Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

3. Beratung über die Entsendung von Streitkräften in Krisengebiete . . . . . . . . . . .

70

10

Inhaltsverzeichnis III. Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

71

1. Zusammensetzung des Ausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

71

a) Mitgliederzahl und Sitzanteile der Fraktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

b) Vorsitzender und stellvertretender Vorsitzender . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

c) Obleute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

76

d) Mitglieder des Ausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

77

2. Unterausschüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

79

3. Ausschusssekretariat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

79

IV. Arbeitsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

81

1. Geschlossener Ausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

81

2. Geheimschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82

3. Sitzungsrhythmus, Sitzungsdauer und Sitzungssaal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

4. Sitzungsvorbereitung durch die Fraktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

5. Sitzungsteilnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

6. Umgangston . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

85

7. Sitzungsprotokolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

86

8. Das Ausschussverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

86

a) Beratung von Vorlagen des Plenums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

87

b) Selbstbefassungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89

9. Dialog mit der Bundesregierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

90

10. Informationsgewinnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

90

11. Öffentliche Anhörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92

12. Auslandsreisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

95

13. Teilnahme an internationalen Wahlbeobachtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

96

V. Zur Tätigkeit der Unterausschüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

97

C. Rolle und Einfluss des Bundestages in der Außenpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 I. Außenpolitik, auswärtige Angelegenheiten und auswärtige Gewalt . . . . . . . . . . . . 101 II. Der Anteil des Bundestages an der auswärtigen Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 1. Die auswärtige Gewalt nach dem Grundgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102

Inhaltsverzeichnis

11

2. Staatsrechtslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 a) Lehre von der „gemischten Gewalt“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 b) „Unionswärtige“ Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 3. Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 III. Der Bundestag im außenpolitischen Entscheidungssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 1. Parlamentarische Beteiligungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 2. Parlamentarische Kontrollrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 3. Informelle Einflussmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 IV. Rolle und Bedeutung des Auswärtigen Ausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 1. Zentrales Organ zur außenpolitischen Willensbildung des Parlaments . . . . . . . 123 2. Inhalte und Schwerpunkte der Ausschussberatungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 3. Außenpolitische Einflussnahmen durch den Auswärtigen Ausschuss . . . . . . . 124 D. Legalitätsprinzip und auswärtige Angelegenheiten – Zu den Möglichkeiten parlamentarischer Mitwirkung an der Außenpolitik durch Gesetze und Parlamentsbeschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 I. These von der Un-Normierbarkeit der Außenpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 II. Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 III. Möglichkeiten parlamentarischer Mitwirkung an der Außenpolitik durch Gesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 IV. Parlamentsbeschlüsse als verbindliche Weisungen an die Regierung? . . . . . . . . . . 135 E. Parlamentarische Außenpolitik und interparlamentarische Zusammenarbeit im Zeitalter der Globalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 I. Interparlamentarische Zusammenarbeit und Global Governance . . . . . . . . . . . . . . . 141 II. Mitwirkung des Bundestages in interparlamentarischen Gremien . . . . . . . . . . . . . . 144 1. Interparlamentarische Union (IPU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 2. Parlamentarische Versammlung des Europarates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 3. Versammlung der WEU (WEU-PV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 4. Parlamentarische Versammlung der NATO (NATO-PV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 5. Parlamentarische Versammlung der OSZE (OSZE-PV) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 6. Ostseeparlamentarierkonferenz (BSPC) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155

12

Inhaltsverzeichnis 7. Parlamentarische Versammlung der Schwarzmeerwirtschaftskooperation (PABSEC) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 8. Euromediterrane Parlamentarische Versammlung (EUROMED-PV) . . . . . . . . 158 9. Parlamentspräsidentenkonferenzen (PPK) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 III. Zusammenarbeit mit Parlamenten anderer Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 IV. Internationale Kontakte der Fraktionen und Ausschüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 V. Parlamentariergruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 VI. Betreuung der internationalen Aktivitäten durch die Bundestagsverwaltung . . . . 170 VII. Mitarbeiteraustausch der Parlamentsverwaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171

Zusammenfassung und Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 Personenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197

Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses in der Weimarer Republik (1919 – 1933) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

47

Tabelle 2: Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages (1949 – 2005) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75

Tabelle 3: Öffentliche Anhörungen des Auswärtigen Ausschusses und seiner Unterausschüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

93

Tabelle 4: Unterausschüsse des Auswärtigen Ausschusses (1. – 15. Wahlperiode) . . . . . .

99

Tabelle 5: Parlamentariergruppen in der 15. Wahlperiode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168

Abkürzungsverzeichnis Anm.

Anmerkung

AöR

Archiv des öffentlichen Rechts

Art.

Artikel

BArch

Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde

Bd.

Band

BGBl.

Bundesgesetzblatt

BSEC

Black Sea Economic Cooperation

BSPC

Baltic Sea Parliamentary Conference

BT-Drs.

Bundestagsdrucksache

BVerfGE

Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

CBSS

Council of the Baltic States

CDU

Christlich Demokratische Union

CR

Communistes et Républicains

CSU

Christlich Soziale Union

DDP

Deutsche Demokratische Partei

ders.

derselbe

dies.

dieselbe(n)

Diss.

Dissertation

DNVP

Deutschnationale Volkspartei

DÖV

Die öffentliche Verwaltung

DVBl.

Deutsches Verwaltungsblatt

DVP

Deutsche Volkspartei

EP

Europäisches Parlament

ESVP

Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik

EU

Europäische Union

EUV

Vertrag über die Europäische Union

f. (ff.)

und folgende Seite(n)

FDP

Freie Demokratische Partei

Fn.

Fußnote

FU

Freie Universität

FVP

Fortschrittliche Volkspartei

GASP

Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik

Abkürzungsverzeichnis GG

Grundgesetz

GOBT

Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages

GSO

Geheimschutzordnung des Deutschen Bundestages

Habil.-Schr.

Habilitationsschrift

HBStR

Handbuch des Staatsrechts

Hrsg.

Herausgeber

hrsg.

herausgegeben

insb.

insbesondere

i.V.m.

in Verbindung mit

Jg.

Jahrgang

KPD

Kommunistische Partei Deutschlands

15

KSZE

Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa

NAFTA

North American Free Trade Agreement

NATO

North Atlantic Treaty Organisation

NAV

Nordantlantische Versammlung

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

NSDAP

Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei

NVwZ

Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht

OSZE

Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa

PABSEC

Parliamentary Assembly of the Organization of the Black Sea Economic Cooperation

PV

Parlamentarische Versammlung

RGBl.

Reichsgesetzblatt

RP

Reichspartei

RV

Reichsverfassung von 1871

S.

Seite; im Zusammenhang mit Paragraphen und Artikeln: Satz

Social.

Socialiste

sog.

so genannt

Sp.

Spalte

SPD

Sozialdemokratische Partei Deutschlands

TU

Technische Universität

UAG

Untersuchungsausschussgesetz

überarb.

überarbeitet

UDF

Union pour la Démocratie Française

UMP

Union pour un Mouvement Populaire

UN

United Nations

Univ.

Universität

USPD

Unabhängige Sozialdemokratische Partei

16

Abkürzungsverzeichnis

vgl.

vergleiche

VS

Verschlusssache

VVDStRL

Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

WEU

Western European Union

WRV

Weimarer Reichsverfassung

WP

Reichspartei des deutschen Mittelstandes (Wirtschaftspartei); im Zusammenhang mit Zahlen: Wahlperiode

Zentrum

Zentrumspartei

Im Übrigen wird auf Hildebert Kirchner / Cornelie Butz, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 5. Auflage, Berlin u. a. 2003 verwiesen.

Einleitung Der Auswärtige Ausschuss gilt als „der vornehmste“ unter den Ausschüssen des Deutschen Bundestages – „ein Klub der Parlamentarier, die in weltweiten Zusammenhängen zu denken pflegen, also vom Duft der Diplomatie umweht sind“.1 Sein Renommee zeigt sich allein schon an der großen Zahl prominenter Mitglieder, zu denen ehemalige Partei- und Fraktionsvorsitzende, Ministerpräsidenten, Minister und Staatssekretäre zählen.2 Über die tatsächliche Bedeutung des Ausschusses sagt seine hochkarätige Besetzung allerdings nur wenig aus.3 In der Literatur ist deshalb immer wieder herausgestellt worden, dass das Prädikat „vornehmster Ausschuss“ nicht zugleich bedeute, dass er auch „der wichtigste“ sei.4 Zahlreiche Autoren benennen den Haushaltsausschuss als den wichtigsten Bundestagsausschuss5, weil dieser für den Staatshaushalt, also das „Schicksalsbuch der Nation“6, verantwortlich zeichne, dessen Beratung seinen Mitgliedern „hochkarätiBernhard Bussmann, Haushaltsausschuß, 3. überarbeitete Auflage, Bonn 1990, Vorwort. In der 15. Wahlperiode gehörten dem Auswärtigen Ausschuss als ordentliche bzw. stellvertretende Mitglieder u. a. an: Ministerpräsident a.D. Dr. Christoph Bergner, Bundesminister a.D. Wolfgang Bötsch, Ministerin a.D. Monika Griefahn, Parlamentarischer Staatssekretär a.D. Klaus-Jürgen Hedrich, Parlamentarischer Staatssekretär und CDU-Generalsekretär a.D. Peter Hintze, Staatsminister a.D. Dr. Werner Hoyer, Erster Bürgermeister und SPD-Fraktionsvorsitzender a.D. Hans-Ulrich Klose, Parlamentarischer Staatssekretär a.D. Dr. Heinrich Kolb, Außenminister der DDR a.D. Markus Meckel, Bundesministerin a.D. Claudia Nolte, Bundesminister und CDU-Generalsekretär a.D. Volker Rühe, SPD-Partei- und Fraktionsvorsitzender sowie Bundesminister a.D. Rudolf Scharping, CDU-Partei- und Fraktionsvorsitzender sowie Bundesminister a.D. Dr. Wolfgang Schäuble, Parlamentarischer Staatssekretär und Staatsminister a.D. Bernd Schmidbauer, Staatsminister a.D. Dr. Ludger Volmer, Parlamentarischer Staatssekretär a.D. Willy Wimmer, Minister und Staatsminister a.D. Dr. Christoph Zöpel. 3 So Sven Hölscheidt, Der Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages, Rheinbreitbach 1988, zugl. Diss. Univ. Münster (Westfalen) 1988, S. 1. 4 Vgl. Ernst Majonica, Ein Parlament im Geheimen? Zur Arbeitsweise der Bundestagsausschüsse, in: Emil Hübner, Heinrich Oberreuter, Heinz Rausch (Hrsg.), Der Bundestag von innen gesehen, München 1969, S. 114 – 126, S. 118; Hölscheidt (Anm. 3), S. 1; vgl. Gerhard Loewenberg, Parlamentarismus im politischen System der Bundesrepublik Deutschland, Tübingen 1969, S. 395. 5 So z. B. Majonica (Anm. 4), S. 118; Hermann Borgs-Maciejewski / Alfred Drescher, Parlamentsorganisation, 4. Auflage, Heidelberg 1993, S. 90; Heinz Rausch, Bundestag und Bundesregierung, 4. Auflage, München 1976, S. 110; Frank Lichterfeld, Der Wandel der Haushaltsfunktionen von Bundeslegislative und Bundesexekutive, Diss. Univ. Heidelberg 1969, S. 293; Hans Clausen Korff, Haushaltspolitik, Stuttgart u. a. 1975, S. 122; Bussmann (Anm. 1), S. 1; Hölscheidt (Anm. 3), S. 2. 1 2

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ges Herrschaftswissen“ verleihe.7 Da überdies fast alle Gesetze den Haushaltsausschuss passieren müssten, weil sie mit Geldausgaben verbunden sind8, sei er der einzige Ausschuss, in dem ein Abgeordneter noch wirklich Macht ausüben könne.9 Der Haushaltsausschuss wurde aus diesem Grunde auch schon als „Überausschuss“10 und „Obergesetzgeber“11 bezeichnet, der „an der Spitze der parlamentarischen Hierarchie“12 stehe. Der Intimus parlamentarischer Usancen mag über so viel Pathos schmunzeln. Geht es nach der Zahl der Bewerbungen von Abgeordneten für die einzelnen Ausschüsse, so steht der Auswärtige Ausschuss traditionell an der Spitze der Beliebtheitsskala. Der CDU-Abgeordnete Ernst Majonica berichtete schon für die späten 60er Jahre, dass sich regelmäßig ein Drittel seiner Fraktion für die Mitgliedschaft im Auswärtigen Ausschuss bewarb.13 Auch heute gilt: Die „Kollegen und Kolleginnen gehen am liebsten in den Auswärtigen Ausschuss, da wird die große Politik gemacht, da wird die Welt neu geordnet“.14 Zur Beliebtheit des Auswärtigen Ausschusses trägt nicht zuletzt die unter den Abgeordneten weit verbreitete Vorstellung bei, dass dessen Mitglieder häufig ins Ausland reisen, um mit Regierungsvertretern zu konferieren und sich vor Ort ein Bild von der Situation eines Landes oder einer Region zu machen. Sie gelten als „Parlamentarier mit diplomatischem Geschick“15, deren vornehme Aufgabe darin besteht, die internationalen Beziehungen des Hohen Hauses zu pflegen. Die daheimgebliebenen Kollegen des Haushaltsausschusses müssen sich indessen Sitzung für Sitzung durch meterdicke Aktenberge hindurch wühlen. Jedem Abgeordneten steht es insofern frei, zu entscheiden, für welche Art parlamentarischer Tätigkeit er sich mehr begeistern kann. Auffallend ist, dass insbesondere altgediente Parlamentarier und ehemalige Minister das Renommee des Auswärtigen Ausschusses den vielfach gerühmten 6 Klaus Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band II: Staatsorgane, Staatsfunktionen, Finanz- und Haushaltsverfassung, Notstandsverfassung, München 1980, S. 1189. 7 Bussmann (Anm. 1), Vorwort; Hölscheidt (Anm. 3), S. 2. 8 Bussmann (Anm. 1), S. 1; Hölscheidt (Anm. 3), S. 2. 9 Hölscheidt (Anm. 3), S. 2. 10 Bussmann (Anm. 1), S. 1. 11 Hülden, Haushaltsausschuß als Obergesetzgeber, in: Die Bundesverwaltung 1968, S. 41 – 42, S. 41. 12 Heinrich Oberreuter, Positionsbehauptung des Parlaments im Haushaltsprozeß, in: Klaus Rose / Kurt Faltlhauser (Hrsg.), Die Haushälter, Köln 1990, S. 130 – 138, S. 138. 13 Majonica (Anm. 4), S. 115. 14 Zitiert nach Annette Mann / Ekkehard Münzing, Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie des Deutschen Bundestages – Arbeitsweise und Bedeutung, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Jg. 33 (2002), Heft 1, S. 80 – 99, S. 81. 15 Ekkehard Münzing / Volker Pilz, Parlamentarier mit diplomatischem Geschick, in: Das Parlament, 4. Dezember 1998, Nr. 50, S. 2.

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Gestaltungsmöglichkeiten im Haushaltsausschuss vorziehen.16 Die langjährige bündnisgrüne Abgeordnete und ehemalige Ausländerbeauftragte der Bundesregierung Marieluise Beck erklärt warum: „Der Haushaltsausschuss bedeutet viel Renommee und viel Arbeit, der Auswärtige Ausschuss viel Renommee und wenig Arbeit.“17 Aufgrund des hohen Mitgliederanteils von Altparlamentariern und ehemaligen Ministern wird der Auswärtige Ausschuss auch als „Altersruhesitz“18 und „Elefantenfriedhof“ bezeichnet.19 Weniger despektierlich ist zudem vom „Gremium der Elder Statesmen“20 die Rede. Im inoffiziellen Ranking der Ausschüsse zählt auch der einflussreiche Rechtsausschuss zur „Creme des Bundestages“21 – ein „Kollegium scharfsinniger Juristen, die hinter und zwischen den Paragraphen-Zeilen zu lesen verstehen“22. Großes Renommee besitzt zudem der zu Beginn der 15. Legislaturperiode aus der Fusion zweier Ausschüsse hervorgegangene Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit23, der ein zentrales gesellschaftspolitisches Feld zu bearbeiten hat. Im Gegensatz zu den meisten anderen Ausschüssen des Bundestages kann sich der Auswärtige Ausschuss rühmen, zu den verfassungsrechtlich privilegierten zu zählen24, denn als einer von wenigen ist er vom Grundgesetz „geadelt“ worden.25 Artikel 45a Absatz 1 des Grundgesetzes schreibt ausdrücklich fest: „Der Bundestag bestellt einen Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten“. Das Privileg der Nennung im Grundgesetz besitzen neben dem Auswärtigen Ausschuss nur noch der Ausschuss für Angelegenheiten der Europäischen Union (Artikel 45 GG), der Verteidigungsausschuss (Artikel 45a GG) und der Petitionsausschuss (Artikel 45c GG). Den Haushaltsausschuss26 sowie den Rechtsausschuss nennt das Grundgesetz nicht. 16 Vgl. Ekkehard Münzing / Volker Pilz, Der Auswärtige Ausschuss des Deutschen Bundestages: Aufgaben, Organisation und Arbeitsweise, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Jg. 29 (1998), Heft 4, S. 575 – 604, S. 579 f. 17 So im Gespräch mit dem Verfasser. 18 Sten Martenson, Außenpolitik im Deutschen Bundestag – der Auswärtige Ausschuß ist zum Altersruhesitz geworden, in: Stuttgarter Zeitung vom 24. Juli 1975, S. 3. 19 Siehe Münzing / Pilz (Anm. 16), S. 575. 20 Rainer Czeniek, Arbeitsweise und Aufgaben der Bundestagsausschüsse unter besonderer Berücksichtigung des Auswärtigen Ausschusses, unveröffentlichtes Manuskript, Stand: 17. 2. 1997, S. 5. 21 Bussmann (Anm. 1), Vorwort. 22 Ebenda. 23 Die Zusammenlegung entspricht der Reorganisation auf Seiten der Bundesregierung zu Beginn der 15. Legislaturperiode, als das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie sowie Teile des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung zusammengefasst wurden. 24 Vgl. Münzing / Pilz (Anm. 16), S. 575. 25 Vom Grundgesetz „geadelt“ der Auswärtige Ausschuß des Deutschen Bundestages genießt hohes Ansehen, in: Bundestag-Report 2 / 1992 vom 6. März 1992, S. 12 – 13, S. 12; Sten Martenson, Sachverstand gefragt, in: Auslandskurier, 1994, Nr. 12, S. 10 – 12, S. 10. 26 Er wird immerhin in der Geschäftsordnung des Bundestages genannt, §§ 80 Abs. 2; 87 Abs. 2; 94; 95; 96 GOBT.

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Was die Bedeutung des Auswärtigen Ausschusses angeht, der mit dem Haushaltsausschuss um die Einordnung als „wichtigster“ Ausschuss konkurrieren soll27, will diese Studie zeigen, dass sich parlamentarischer Einfluss nicht allein auf Budgetbewilligung und Gesetzgebung reduzieren lässt. An dieser Stelle nur ein Hinweis: Die Mehrzahl der Ausschüsse des Bundestages sind sogenannte Gesetzgebungsausschüsse, d. h. sie beraten und beschließen über gesetzgeberische Maßnahmen. Der Auswärtige Ausschuss hat – abgesehen von der Befassung mit völkerrechtlichen Verträgen – hingegen kaum Gesetzgebungs-, sondern eine ausgeprägte Kontrollfunktion. Im Rechtsstaat vollzieht sich das gesamte staatliche Handeln grundsätzlich auf der Grundlage des Legalitätsprinzips, d. h. es muss sich im Rahmen der vom Gesetzgeber geschaffenen Ordnung halten. Generell-abstrakte Rechtssätze können aber nur dort erlassen werden, wo die in Frage stehenden Situationen und die zu ihrer Bewältigung geeigneten Maßnahmen voraussehbar sind. Eine normative Festlegung wird jedoch zwangsläufig dort versagen müssen, wo künftige Entwicklungen nicht hinreichend prognostizierbar sind. Da sich der Bereich der auswärtigen Angelegenheiten wegen der mangelnden Prognostizierbarkeit der Ereignisse nur eingeschränkt für gesetzliche Normierungen eignet28 und die Regierung hier im Grunde unabhängig von legislativen Vorgaben agieren kann, muss das Parlament seine eingeschränkten legislativen Gestaltungsmöglichkeiten durch eine verstärkte Kontrolle kompensieren. In der Begleitung, Erörterung und Kontrolle der außenpolitischen Aktivitäten der Regierung liegt darum die wichtigste Aufgabe und der Schwerpunkt der Tätigkeit des Auswärtigen Ausschusses.

I. Forschungsstand und Quellenlage Über den Auswärtigen Ausschuss ist bislang vergleichsweise wenig veröffentlicht worden. Im Gegensatz zu anderen Bundestagsausschüssen führt er in der wissenschaftlichen Literatur eher ein Schattendasein. Dies mag daran liegen, dass er als geschlossener Ausschuss tagt, der nur für die ihm angehörenden Mitglieder sowie für deren Stellvertreter zugänglich ist. Nur wenig von dem, was im Ausschuss besprochen wird, dringt nach außen. Er gilt deshalb auch als „verschwiegener Mitwisser“ der Bundesregierung. Die Protokolle der Ausschusssitzungen sind unter Verschluss und der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Erst nach Ablauf einer gesetzlichen Sperrfrist von 30 Jahren ist eine Einsichtnahme auf Antrag möglich, wenn nicht zwingende Gründe der Geheimhaltung entgegenstehen.29 Im Übrigen lagern So Hölscheidt (Anm. 3), S. 1. Siehe hierzu Abschnitt D. Legalitätsprinzip und auswärtige Angelegenheiten – Zu den Möglichkeiten parlamentarischer Mitwirkung an der Außenpolitik durch Gesetze und Parlamentsbeschlüsse, S. 129 ff., S. 130 ff. 29 Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 des Bundesarchivgesetzes (BArchG) kann Archivgut des Bundes aus einer mehr als 30 Jahre zurückliegenden Zeit von jedermann auf Antrag genutzt werden, soweit durch Rechtsvorschrift nichts anderes bestimmt ist. Die Einsichtnahme in 27 28

I. Forschungsstand und Quellenlage

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die Akten in den Verschlussregistraturen des Bundestages, des Auswärtigen Amts und des Bundeskanzleramts. Es ist somit für die wissenschaftliche Analyse schwierig, ein umfassendes Bild der Tätigkeit des Auswärtigen Ausschusses zu skizzieren. Dies mag zu einem guten Teil die bisherige Abstinenz der Wissenschaft rechtfertigen. Wenn in der Vergangenheit Publikationen über den Ausschuss erschienen sind, so stammten sie häufig von mit dem Ausschuss in besonderer Weise verbundenen Personen.30 Die erste Veröffentlichung zum Auswärtigen Ausschuss, die im Jahre 1960 erschien, war vom damaligen Ausschussreferenten Jürgen C. Weichert verfasst.31 Weitere Veröffentlichungen stammen von den ehemaligen Ausschussmitgliedern Hermann Kopf 32 und Carl-Christoph Schweitzer.33 Einen guten Überblick über die Inhalte der Ausschusstätigkeit von der 1. bis zur 12. Legislaturperiode gibt eine von Wolfram-Georg Riggert im Jahre 1996 auf Anregung des damaligen Direktors beim Deutschen Bundestag Rudolf Kabel erstellte Dokumentation.34 Ein 1998 erschienener Aufsatz von Ekkehard Münzing und Volker Pilz beleuchtet Aufgaben, Organisation und Arbeitsweise des Auswärtigen Ausschusses.35 Von denselben Autoren stammen noch weitere Publikationen, die – abgesehen von einigen Aktualisierungen – jedoch keine wesentlich neuen Inhalte bieten.36 Protokolle der Bundestagsausschüsse regeln die Richtlinien für die Behandlung der Ausschussprotokolle gemäß § 73 Abs. 3 GOBT. Danach können Protokolle nichtöffentlicher Sitzungen der Ausschüsse, die keine VS sind, grundsätzlich eingesehen werden, wenn ein berechtigtes Interesse nachgewiesen wird. Nach gängiger Praxis des Bundestages finden diese Richtlinien bei den geschlossenen Ausschüssen, zu denen der Auswärtige Ausschuss zählt, jedoch keine Anwendung. Die geschlossenen Ausschüsse entscheiden vielmehr selbst darüber, ob Protokolle herausgegeben werden oder nicht. 30 Vgl. Wolfgang Hölscher, in: Der Auswärtige Ausschuss des Deutschen Bundestages: Sitzungsprotokolle 1949 – 1953, hrsg. von der Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, bearbeitet von Wolfgang Hölscher, Düsseldorf 1998, Band 13 / I, Erster Halbband, Einleitung, S. XVI f. 31 Jürgen C. Weichert, Der Ausschuß für Auswärtige Angelegenheiten, in: Außenpolitik 11 (1960), S. 618 – 627. 32 Hermann Kopf, Das Parlament und die auswärtige Politik, in: Außenpolitik 18 (1967), S. 306 – 312. 33 Carl-Christoph Schweitzer, Der Auswärtige Ausschuß des Deutschen Bundestages im außenpolitischen Entscheidungssystem, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, 30. Jg. (1980), 19, S. 3 – 24. 34 Wolfram-Georg Riggert, Der Auswärtige Ausschuß – 1. bis 12. Legislaturperiode, Bonn, November 1996. 35 Ekkehard Münzing / Volker Pilz, Der Auswärtige Ausschuss des Deutschen Bundestages: Aufgaben, Organisation und Arbeitsweise, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Jg. 29 (1998), Heft 4, S. 575 – 604. 36 Ekkehard Münzing / Volker Pilz, Parlamentarier mit diplomatischem Geschick, in: Das Parlament, 4. Dezember 1998, Nr. 50, S. 2; Ekkehard Münzing / Volker Pilz, Stichwort Auswärtiger Ausschuß, hrsg. vom Deutschen Bundestag, Referat Öffentlichkeitsarbeit, Berlin

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Einleitung

Zudem sind einige Beiträge speziell zu Unterausschüssen des Auswärtigen Ausschusses erschienen.37 In diesem Zusammenhang ist auch die Arbeit von Silke Voß zu nennen, die sich mit der parlamentarischen Menschenrechtspolitik des Bundestages befasst.38 Die bislang einzige umfänglichere monographische Arbeit zum Auswärtigen Ausschuss hat Günther Patz im Jahre 1976 vorgelegt.39 Als Fallstudie konzipiert, enthält sie fast ausschließlich Fallanalysen außenpolitischer Vorgänge aus Sicht der Parteien und Fraktionen. Aufgrund einer unzureichenden Quellenbasis aber auch wegen methodischer Mängel konnte sie jedoch kaum neue Erkenntnisse zur Frage der parlamentarischen Kontrolle der Außenpolitik beisteuern.40 Mit der parlamentarischen Kontrolle der Außenpolitik im internationalen Vergleich und der Rolle der Ausschüsse für Auswärtige Angelegenheiten beschäftigt sich ein Beitrag von Werner Krauss aus dem Jahre 1955.41 Die Rolle des Bundestages in der Außenpolitik beleuchteten ein Beitrag von Wolf-Dieter Karl und Joachim Krause aus dem Jahr 197842 sowie ein Beitrag von Joachim Krause aus dem Jahr 1998.43 1999 sowie Ekkehard Münzing / Volker Pilz, Aufgaben, Organisation und Arbeitsweise des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages – unter besonderer Berücksichtigung der 12. und 13. Wahlperiode, in: Heinrich Oberreuter / Uwe Kranenpohl / Martin Sebaldt (Hrsg.), Der Deutsche Bundestag im Wandel. Ergebnisse neuerer Parlamentsforschung, 2. Auflage, Wiesbaden 2002, S. 63 – 86. 37 Detlef Nolte, Der Unterausschuß für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe im Deutschen Bundestag, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Jg. 21 (1990), Heft 4, S. 560 – 563; Eckard Wiemers, Der Bundestags-Unterausschuß Menschenrechte und humanitäre Hilfe: Die „weiße Weste“ hat Flecken, in: Das Parlament, 23. April 1993, Nr. 17, S. 20; Ines Gollnick, Bundestag / Unterausschuß Auswärtige Kulturpolitik: Deutschland und die Deutschen dem Ausland näherbringen, in: Das Parlament, 28. August 1992, Nr. 36, S. 24; Wolfgang Ehrhart, UN-Politik: nicht mehr allein der Exekutive überlassen. Der neue Unterausschuß „Vereinte Nationen, Weltweite Organisationen“ des Deutschen Bundestages, in: Vereinte Nationen, Jg. 41 (1993), Heft 4, S. 132 – 137 sowie ders., Nicht im Rampenlicht aber wirkungsvoll: Der Unterausschuß „Vereinte Nationen, Internationale Organisationen“ des Deutschen Bundestages nach zwei Legislaturperioden, in: Vereinte Nationen, Jg. 46 (1998), Heft 4, S. 131 – 135. 38 Silke Voß, Parlamentarische Menschenrechtspolitik: Die Behandlung internationaler Menschenrechtsfragen im Deutschen Bundestag unter besonderer Berücksichtigung des Unterausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe (1972 – 1998), Düsseldorf 2000, insb. S. 88 – 101. 39 Günther Patz, Parlamentarische Kontrolle der Außenpolitik: Fallstudien zur politischen Bedeutung des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages, Meisenheim am Glan 1976. 40 Zur Kritik an der Studie siehe Schweitzer (Anm. 33), S. 5 und 12; Wolf-Dieter Karl / Joachim Krause, Außenpolitischer Strukturwandel und parlamentarischer Entscheidungsprozeß, in: Helga Haftendorn / Wolf-Dieter Karl / Joachim Krause / Lothar Wilker (Hrsg.), Verwaltete Außenpolitik, Köln 1978, S. 55 – 82, S. 56 sowie Hölscher (Anm. 30), S. XVII. 41 Werner Krauss, Die parlamentarische Kontrolle der Außenpolitik: Macht und Ohnmacht der Ausschüsse für Auswärtige Angelegenheiten, in: Außenpolitik 6 (1955), S. 513 – 527. 42 Karl / Krause (Anm. 40).

I. Forschungsstand und Quellenlage

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In englischer Sprache sind schließlich zwei Beiträge des deutschen Völkerrechtlers Christian Tomuschat erschienen, die allerdings die vorhandene deutschsprachige Literatur im Wesentlichen rezipieren.44 Sie entstanden im Rahmen eines vergleichenden Forschungsprojektes über die Kontrolle der Außenpolitik in den westlichen Demokratien, das vom italienischen Nationalen Forschungsrat (Consiglio Nazionale delle Ricerche) über einen Zeitraum von drei Jahren gefördert wurde und mit einer internationalen Konferenz im April 1981 in Florenz seinen Abschluss fand.45 Was die Quellenlage betrifft, so wird sie zunehmend erfreulicher, je weiter man in die Geschichte zurückgeht. Die Protokolle des Auswärtigen Ausschusses der Weimarer Zeit sind vollständig erhalten und im Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde einzusehen.46 Gemeinsam mit den Protokollen des Hauptausschusses der Kaiserzeit47 – in dem erstmals über die Einsetzung eines besonderen Parlamentsausschusses für auswärtige Angelegenheiten beraten wurde – sowie den Plenarprotokollen des Reichstages geben sie aufschlussreich Auskunft über die Genese der parlamentarischen Beschäftigung mit der Außenpolitik. Eine gut zugängliche Quelle für die zeitgeschichtliche Forschung bieten schließlich die seit 1998 erscheinenden Ausschussprotokolle des Auswärtigen Ausschusses aus den frühen Jahren der Bundesrepublik. Der Bonner Zeithistoriker Wolfgang Hölscher hat sich im Auftrag der Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien e.V. um diese umfängliche Quellenedition ver43 Joachim Krause, Die Rolle des Bundestages in der Aussenpolitik, in: Wolf-Dieter Eberwein / Karl Kaiser (Hrsg.), Deutschlands neue Außenpolitik, Band 4: Institutionen und Ressourcen, München 1998, S. 137 – 152. 44 Christian Tomuschat, Parliamentary Control over Foreign Policy in the Federal Republic of Germany, in: Antonio Cassese (Hrsg.), Parliamentary Control over Foreign Policy, Legal Essays, Alphen aan den Rijn / The Nederlands 1980, S. 25 – 31 sowie ders., Parliamentary Foreign Affairs Committees in the Federal Republic of Germany, in: Antonio Cassese (Hrsg.), Control of Foreign Policy in Western Democracies, A Comparative Study of Parliamentary Foreign Affairs Committees, Volume I, Padova / Italy 1982 , S. 95 – 117. 45 Siehe Antonio Cassese (Hrsg.), Control of Foreign Policy in Western Democracies, A Comparative Study of Parliamentary Foreign Affairs Committees, Volume I – III, Padova / Italy 1982. 46 Der Aktenbestand zu den Verhandlungen des ständigen Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten in der Zeit von August 1919 bis April 1935 findet sich unter den Bestandsnummern R 101 / 1164 – 1172. 47 Der Aktenbestand zu den Verhandlungen des Hauptausschusses (Kommission für den Reichshaushaltsetat) findet sich gleichfalls im Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde unter den Bestandsnummern R 101 / 1301 – 1325. Siehe hierzu auch die umfängliche Quellenedition Der Hauptausschuß des Deutschen Reichstags 1915 – 1918, hrsg. von der Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, eingeleitet von Reinhard Schiffers, bearbeitet von Reinhard Schiffers und Manfred Koch in Verbindung mit Hans Boldt, Düsseldorf 1981 bzw. 1983 (Quellen zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien. Erste Reihe: Von der konstitutionellen Monarchie zur parlamentarischen Republik), Band 9 / I – IV.

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Einleitung

dient gemacht.48 In einführenden Texten beleuchtet er in instruktiver Weise die Entwicklung, Rolle und Bedeutung des Ausschusses.49 Zeitweilig wurde die Reihe von Joachim Wintzer und Josef Boyer in Verbindung mit Wolfgang Dierker weitergeführt.50 Ob und inwieweit die Editionsreihe der Ausschussprotokolle künftig fortgesetzt werden kann, war lange im Ungewissen. Ein Problem stellte zunächst die Finanzierung der sie herausgebenden Kommission für die Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien e.V. dar. Die Kommission wurde in der Vergangenheit durch das Land Nordrhein-Westfalen finanziert, das seine Zuwendungen im Doppelhaushalt für die Jahre 2004 / 2005 jedoch „auf Null“ reduzierte. Um den Fortgang der Kommissionsarbeit zu sichern, wurden vom Deutschen Bundestag im Bundeshaushalt 2005 erstmals Zuschüsse zur institutionellen Förderung bewilligt51 und der Kommission bundestagseigene Räumlichkeiten am Schiffbauerdamm in Berlin zur Verfügung gestellt.52 Auch wenn der Fortgang der Kommissionsarbeit auf diese Weise gesichert werden konnte, kommt im Hinblick auf die Quellenedition der Protokolle des Auswärtigen Ausschusses ein erschwerender Umstand hinzu: Aus der 10. bis 12. Legislaturperiode fehlen zahlreiche Ausschussprotokolle; Tonbandmitschnitte der Ausschusssitzungen sind zwar noch vorhanden, jedoch wird die Zuordnung der Stimmen zu den jeweiligen Akteuren wohl einige Schwierigkeiten bereiten. Auch dies mag den Zeithistoriker traurig stimmen: Seit Herbst 1999 werden über die Ausschussberatungen keine Kurz- sondern nur noch Beschlussprotokolle erstellt.53 48 Der Auswärtige Ausschuss des Deutschen Bundestages: Sitzungsprotokolle 1949 – 1953, bearbeitet von Wolfgang Hölscher, Band 13 / I, 2 Halbbände, Düsseldorf 1998, hrsg. von der Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien (Quellen zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, Vierte Reihe: Deutschland seit 1945); Der Auswärtige Ausschuss des Deutschen Bundestages: Sitzungsprotokolle 1953 – 1957, bearbeitet von Wolfgang Hölscher, Band 13 / II, 2 Halbbände, Düsseldorf 2002 sowie Der Auswärtige Ausschuss des Deutschen Bundestages: Sitzungsprotokolle 1961 – 1965, bearbeitet von Wolfgang Hölscher, Band 13 / IV, 2 Halbbände, Düsseldorf 2004. 49 Siehe Hölscher (Anm. 48), Sitzungsprotokolle 1949 – 1953, Band 13 / 1, Erster Halbband, Einleitung; Sitzungsprotokolle 1953 – 1957, Band 13 / II, Erster Halbband, Einleitung; Sitzungsprotokolle 1961 – 65, Band 13 / IV, Erster Halbband, Einleitung. 50 Der Auswärtige Ausschuss des Deutschen Bundestages: Sitzungsprotokolle 1957 – 1961, bearbeitet von Joachim Wintzer und Josef Boyer in Verbindung mit Wolfgang Dierker, Band 13 / III, 2 Halbbände, Düsseldorf 2003. 51 Siehe Bundeshaushaltsplan 2005, Einzelplan 02 Deutscher Bundestag, Kapitel 0201 Titel 685 12, in dem Zuschüsse in Höhe von von 491.000,00 EUR bewilligt wurden. Vgl. Die „Kommission“ zieht nach Berlin. Bundestag übernimmt Finanzierung der Parlamentarismusforschung, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 7. April 2004. 52 Vgl. Rainer Blasius, Gerettet und verjüngt. Die Parlamentarismus-Kommission auf dem Weg von Bonn nach Berlin, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 13. Juli 2005. 53 Nach Auskunft des damaligen Ausschusssekretärs Ministerialrat a.D. Rainer Czeniek wurde seinerzeit aufgrund personeller Engpässe im Ausschusssekretariat auf die Erstellung von Kurzprotokollen verzichtet. Die Erstellung der Protokolle nahm bis dahin etwa 40 – 50 % der Arbeitskapazitäten des Ausschussdienstes in Anspruch.

II. Ziel der Untersuchung und Gang der Darstellung

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Neben den oben angeführten Beiträgen und der umfangreichen juristischen und politikwissenschaftlichen Parlamentsliteratur bilden die Grundlage dieser Untersuchung vor allem die veröffentlichten Protokolle und Dokumente des Auswärtigen Ausschusses, Ausschussdrucksachen, Plenarprotokolle des Reichstages und des Bundestages, Presseberichte sowie im Hinblick auf die heutige Praxis nicht zuletzt zahlreiche Gespräche mit Abgeordneten, Mitarbeitern der Fraktionen, der Bundestagsverwaltung und des Auswärtigen Amts.

II. Ziel der Untersuchung und Gang der Darstellung Trotz der bislang erschienenen teilweise umfänglichen Arbeiten und des durchaus vorhandenen Quellenmaterials, fehlt eine grundlegende monographische Darstellung des Auswärtigen Ausschusses bis heute. Wenig bekannt ist zudem über die Entwicklung der parlamentarischen Kontrolle der Außenpolitik sowie die näheren Umstände ihrer verfassungsrechtlichen Institutionalisierung. Was waren die Gründe für die „Verfassungsunmittelbarkeit“ des Auswärtigen Ausschusses? Mit anderen Worten: Warum wird ein Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten vom Grundgesetz ausdrücklich vorgeschrieben? Um über die Entwicklung der parlamentarischen Beschäftigung mit der Außenpolitik in der Kaiserzeit und den Anfangsjahren der Weimarer Republik mehr in Erfahrung zu bringen, wurden neben der historischen Fachliteratur vor allem die stenographischen Sitzungsprotokolle des Reichstages als „Zeitzeugen“ befragt. Insbesondere die Sitzungsprotokolle sind als authentisches Gedächtnis des Parlaments eine recht verlässliche Quelle für die historische Forschung. Sie entpuppten sich als wahre Fundgrube. Das intensive Studium der Reichstagsprotokolle aus der Zeit des Norddeutschen Bundes, des Kaiserreichs sowie der Weimarer Republik konnte so einiges Interessantes zutage fördern.54 Insbesondere konnte geklärt werden, warum genau der Auswärtige Ausschuss eine ausdrückliche Erwähnung im Grundgesetz gefunden hat. Diese Arbeit will jedoch keine Geschichte des Auswärtigen Ausschusses liefern, sondern in historischer Perspektive lediglich die Anfänge parlamentarischer Beschäftigung mit der Außenpolitik erhellen und nach den Gründen für die verfassungsrechtliche Institutionalisierung eines parlamentarischen Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten fragen. Welche Rolle der Ausschuss in der Vergangenheit – insbesondere in den Gründerjahren der Bundesrepublik Deutschland – gespielt hat, kann hier nur angedeutet werden. Insofern bleibt Raum für eine künftige zeitgeschichtliche Untersuchung. Mit der in den letzten Jahren erschienenen Edition der Protokolle des Auswärtigen Ausschusses aus der Zeit von 1949 bis 196555 liegt 54 Siehe hierzu Abschnitt A. I. Parlament und Außenpolitik bis zum Ende der Weimarer Republik, S. 28 ff. 55 Siehe oben Anm. 48 und 50.

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Einleitung

nunmehr eine gut zugängliche und verlässliche Datenbasis für die Erforschung des außenpolitischen Wirkens des Bundestages in den fünfziger und sechziger Jahren vor, die einer gründlichen Sichtung und Analyse harrt.56 Im Zentrum dieser Arbeit steht die Untersuchung der Organisation und Arbeitsweise des Auswärtigen Ausschusses als ständigem Bundestagsausschuss. Die Rechtsgrundlagen, Aufgaben, Organisation und Arbeitsweise des Ausschusses werden erörtert und die Tätigkeit der Unterausschüsse näher untersucht. Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der Analyse der heutigen Rolle des Bundestages in der Außenpolitik. Aus staatsrechtlicher Sicht wird zunächst die Zuständigkeit des Parlaments für den Bereich der auswärtigen Angelegenheiten beleuchtet und sodann aus politikwissenschaftlicher Perspektive die Rolle des Bundestages im außenpolitischen Entscheidungssystem im Allgemeinen und des Auswärtigen Ausschusses im Besonderen untersucht. Dabei wird insbesondere folgenden Fragen nachgegangen: Ist die Außenpolitik noch immer als eine klassische Domäne der Exekutive anzusehen? Welche Rolle spielt das Parlament in der Außenpolitik heute? Welche Rechte und Einflussmöglichkeiten zur Mitgestaltung der Außenpolitik besitzt es? Vor dem Hintergrund des im Rechtsstaat gültigen Legalitätsprinzips stellt sich die Frage nach den Möglichkeiten parlamentarischer Mitwirkung an der Außenpolitik durch Gesetze. Die These von der Un-Normierbarkeit der Außenpolitik ist in der deutschen Staatsrechtslehre bislang kaum in Zweifel gezogen worden und stieg in den Rang dogmatischer Wahrheit auf. Es erscheint aber nur bedingt richtig, dass sich die Außenpolitik aufgrund der ständig wechselnden außenpolitischen Lagen nicht für gesetzliche Normierungen eignet. Welche Möglichkeiten parlamentarischer Mitwirkung durch Gesetze und gesetzesförmige Akte es im Bereich der Außenpolitik gibt, wird näher erläutert und analysiert. Den Abschluss der Arbeit bildet schließlich eine Untersuchung der parlamentarischen Außenpolitik und interparlamentarischen Zusammenarbeit im Zeitalter der Globalisierung. Die Beteiligung der Parlamente an der Gestaltung der auswärtigen und internationalen Beziehungen hat angesichts des fortschreitenden Globalisierungsprozesses immer größere Bedeutung erlangt. Im Rahmen einer Global Governance müssen internationale politische Prozesse von den Parlamenten begleitet und mitgestaltet werden. Es wird untersucht, in welcher Weise und in welchem Umfang die Parlamente an den Beziehungen zu auswärtigen Staaten und internationalen Organisationen beteiligt sind. Dabei wird besonderes Augenmerk auf die Mitwirkung des Bundestages in interparlamentarischen Gremien (IPU, Versammlung des Europarates, WEU-Versammlung, OSZE-Versammlung etc.) und die interparlamentarische Zusammenarbeit gelegt. 56 Siehe hierzu auch Hölscher (Anm. 48), Der Auswärtige Ausschuss des Deutschen Bundestages: Sitzungsprotokolle 1949 – 1953, Band 13 / 1, Erster Halbband, Einleitung, S. XVII f.

II. Ziel der Untersuchung und Gang der Darstellung

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Dem interdisziplinären Ansatz der Speyerer Hochschule folgend, beinhaltet diese Arbeit historische, juristische und politikwissenschaftliche Anteile. Sie hätte ihr Ziel erreicht, wenn sie Interesse wecken und zu weiteren Nachforschungen Anregung bieten könnte.

A. Entstehungsgeschichte I. Parlament und Außenpolitik bis zum Ende der Weimarer Republik Die Außenpolitik war ursprünglich ausschließlich eine Angelegenheit der Regierungen. Noch zu Zeiten Bismarcks wäre es undenkbar gewesen, dass ein parlamentarischer Ausschuss auf die ureigensten Befugnisse der Regierung, die Gestaltung der auswärtigen Beziehungen des Staates, hätte Einfluss nehmen können. Nur langsam und erst lange nach dem Aufkommen des Parlamentarismus und der gewählten Volksvertretungen eroberte sich das Parlament allmählich ein gewisses Mitspracherecht in den auswärtigen Angelegenheiten. Als im Jahre 1869 der nationalliberale Abgeordnete Carl Twesten während der Beratungen über den Haushaltsetat des Norddeutschen Bundes zum ersten Mal den Wunsch nach Weißbüchern über die Diplomatie und die auswärtige Politik äußerte1, stieß dieses Ansinnen beim damaligen Bundeskanzler Bismarck auf scharfe Ablehnung: „Ich würde genöthigt sein, über denselben Gegenstand zweierlei Depeschen zu schreiben, einmal solche, die wirklich in der Diplomatie ihre praktische Geltung haben sollen, und dann solche, die ich beabsichtige zu veröffentlichen2 [ . . . ]. Sollten die Herren darauf bestehen, so will ich versuchen, für das nächste Jahr etwas Unschädliches zusammenzustellen. Aber ich schrecke vor der Arbeitslast einigermaßen zurück“.3 – Nach dieser mit „gesalzenem Spott“4 begründeten Ablehnung hatte es während der gesamten Kanzlerschaft Bismarcks niemand mehr gewagt, einen entsprechenden Wunsch vorzutragen. Erst für die Zeit nach Bismarck läßt sich feststellen, dass der Reichstag auf dem Gebiet der Außenpolitik zunehmende Bedeutung erlangte.5 Die außenpolitische Prärogative lag nach Artikel 11 Absatz 1 Satz 2 der Reichsverfassung von 18716 1 Siehe Stenographische Berichte des Reichstags des Norddeutschen Bundes, 1. Legislaturperiode, Session 1869, 24. Sitzung am 22. April 1869, Bd. 1, S. 506. 2 Ebenda, S. 507. 3 Ebenda, S. 508. 4 Siehe hierzu die Ausführungen des Abgeordneten Adolf Gröber (Zentrum), Stenographische Berichte des Reichstags, XIII. Legislaturperiode, II. Session, 67. Sitzung am 26. Oktober 1916, Bd. 308, S. 1809 (A). 5 Wolfgang Hölscher, Der Auswärtige Ausschuss des Deutschen Bundestages: Sitzungsprotokolle 1949 – 1953, Band 13 / I, Erster Halbband, Düsseldorf 1998, Einleitung, S. XI. 6 Artikel 11 Absatz 1 Satz 2 RV lautete: „Der Kaiser hat das Reich völkerrechtlich zu vertreten, im Namen des Reichs Krieg zu erklären und Frieden zu schließen, Bündnisse und

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zwar eindeutig beim Kaiser bzw. dem von ihm ernannten Reichskanzler7, erste Ansätze zu einer Parlamentarisierung der Außenpolitik waren aber schon im Kaiserreich erkennbar.8 Im Parlament stieg die Zahl der Debatten mit außenpolitischem Inhalt, insbesondere während der Beratungen über den Etat des Auswärtigen Amts sowie des Reichskanzlers und der Reichskanzlei wurde die auswärtige Politik der Regierung thematisiert.9 Der Anspruch auf Information über die auswärtigen Angelegenheiten wurde von den Parlamentariern immer nachdrücklicher geäußert und das Bismarck’sche Gebot genereller Tabuisierung der Außenpolitik im Reichstag selbst von den konservativen Parteien nach und nach aufgegeben.10 Siebzehn Jahre nach dem Rücktritt Bismarcks vom Amt des Reichskanzlers und zugleich neun Jahre nach seinem Tode, beschloss der Reichstag am 1. Mai 1907 auf Antrag der Zentrumspartei „den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, dem Reichstage periodisch über die internationalen Beziehungen des Deutschen Reichs urkundliches Material zugehen zu lassen.“11 Der Reichskanzler jener Tage, Fürst von Bülow, erklärte damals, dass er den „Wunsch des Reichstags, über Gang und Stand unserer auswärtigen Politik unterrichtet zu werden, für durchaus berechtigt“ halte, wandte sich aber gegen das Verlangen nach einer periodischen Mitteilung von urkundlichem Material über die auswärtige Politik – „denn seine Erfüllung würde die salus publica gefährden12 [ . . . ] ich kann mich aber nicht einer Verpflichtung unterwerfen, deren Erfüllung Unzuträglichkeiten für das Land zur Folge haben könnte.“13 Erst nachdem im darauf folgenden Jahr auch von konservativer Seite durch den Abgeordneten Willy von Dirksen (RP) der Wunsch ausgedrückt worden war, die Regierung möge die Parlamentarier mehr als bisher mit Weißbüchern versehen, damit sie in die Lage versetzt werden „über ausländische Angelegenheiten mitsprechen zu können“14, kam es von Zeit zu Zeit zur Übersendung von Abdrucken diplomatischer Schriftstücke.15 andere Verträge mit fremden Staaten einzugehen, Gesandte zu beglaubigen und zu empfangen.“ Bundesgesetzblatt des Deutschen Bundes 1871, S. 63 – 85, S. 69. 7 Vgl. Ernst Rudolf Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Band III: Bismarck und sein Reich, 3. Auflage, Stuttgart u. a. 1988, S. 931. 8 Vgl. Hölscher (Anm. 5), S. XI. 9 Siehe dazu im Einzelnen die Stenographischen Berichte des Reichstags. Vgl. die Ausführungen des Abgeordneten Gröber (Anm. 4), S. 1808 (C – D). Siehe auch Huber (Anm. 7), S. 957. 10 Helmut Altrichter, Konstitutionalismus und Imperialismus. Der Reichstag und die deutsch-russischen Beziehungen 1890 – 1914, Frankfurt am Main 1977, S. 31. 11 Stenographische Berichte des Reichstags, XII. Legislaturperiode, I. Session, 43. Sitzung am 1. Mai 1907, Bd. 228, S. 1300 (D). Der Antrag ist als Aktenstück Nr. 359 abgedruckt in den Anlagen zu den Stenographischen Berichten, Bd. 241, S. 1988. 12 Stenographische Berichte des Reichstags, XII. Legislaturperiode, I. Session, 42. Sitzung am 30. April 1907, Bd. 228, S. 1252 (D). 13 Ebenda, S. 1253 (A). 14 Stenographische Berichte des Reichstags, XII. Legislaturperiode, I. Session, 159. Sitzung am 11. November 1908, Bd. 233, S. 5436 (C).

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Die großen außenpolitischen Entscheidungen vollzogen sich vor 1914 gleichwohl ohne Zutun des Parlaments. Es war die Regel, nicht die Ausnahme, das Parlament in wichtigen auswärtigen Fragen weder zu konsultieren, noch hinreichend zu informieren.16 Zwischenstaatliche Allianzverträge waren nach Artikel 4 der Reichsverfassung nicht Bestandteil der Reichsgesetzgebung und somit einem Votum des Reichstags entzogen. Als beispielsweise Ende 1912 der Dreibundvertrag erneuert wurde, konnte man zwar in den Zeitungen darüber lesen, jedoch ist weder im Plenum noch in der Budgetkommission des Reichstages etwas Genaueres dazu gesagt worden. – „Er wird dem Deutschen Reichstag und dem deutschen Volke nicht einmal mit dem Worte vorgelegt: du musst es annehmen oder ablehnen –, sondern da heißt es nur: du musst es annehmen und dich darein fügen.“17 Das Parlament war in außenpolitischen Fragen allerdings nicht ganz so einflusslos, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag. Im konstitutionellen System war die Budgetgewalt die Einbruchstelle, von der aus die Volksvertretung versuchen konnte, die monarchische Position aufzurollen und das parlamentarische System durchzusetzen.18 Auf dem Umweg über das Budget konnte sich das Parlament auch in die auswärtigen Angelegenheiten einschalten, für die es nach der Reichsverfassung sachlich nicht zuständig war.19 Bei der jährlichen Haushaltsdebatte, bei allen Nachtragsbewilligungen, bei allen Kreditermächtigungen sowie bei der Rechnungskontrolle hatte der Reichstag Gelegenheit, die auswärtige Politik der Regierung schonungslos zu kritisieren.20 Da die Regierung zur Führung ihrer Geschäfte auf eine Mittelzuweisung durch das Parlament angewiesen war – die Behandlung der Flottenvorlagen im Reichstag ist hierfür ein prominentes Beispiel – sah sie sich immer mehr der Notwendigkeit gegenüber, die Volksvertretung über die auswärtigen Beziehungen zu unterrichten und bei zentralen Entscheidungen mit einzubeziehen. Auf diese Weise erhielt der Reichstag einen vergleichbar formellen Einfluss auf die Grundzüge der Außenpolitik.21 Dies zeigte sich insbesondere vor und im Verlauf des ersten Weltkrieges. Zwar besaß der Reichstag keine formellrechtliche Zuständigkeit zur Mitwirkung bei der Kriegserklärung. Das Budgetrecht gab ihm jedoch die materiellrechtliche MöglichVgl. die Ausführungen des Abgeordneten Gröber (Anm. 4), S. 1809 (A). Altrichter (Anm. 10), S. 10. 17 Mit diesen Worten brachte der sozialdemokratische Abgeordnete Bernstein seinen Unmut über die monarchistische Politik zum Ausdruck. Siehe Stenographische Berichte des Reichstags, XIII. Legislaturperiode, I. Session, 43. Sitzung am 15. Mai 1912, Bd. 295, S. 8883 (B). 18 Huber (Anm. 7), S. 100. 19 Huber (Anm. 7), S. 100. 20 Huber (Anm. 7), S. 957. 21 Konrad von Zwehl, Zum Verhältnis von Regierung und Reichstag im Kaiserreich (1871 – 1918), in: Gerhardt A. Ritter (Hrsg.), Regierung, Bürokratie und Parlament in Preußen und Deutschland von 1848 bis zur Gegenwart, Düsseldorf 1983, S. 90 – 116, S. 97. 15 16

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keit, jede Kriegserklärung durch die Verweigerung der budgetrechtlichen Bewilligung faktisch auszuschließen.22 Unmittelbar nach Kriegsausbruch war die Reichsleitung deshalb gezwungen, an den Reichstag mit der Bitte um die Bewilligung der erforderlichen Kriegskredite gemäß Artikel 73 der Reichsverfassung heranzutreten.23 Nur auf Grundlage der am 4. August 1914 einstimmig und auch später stets mit großer Mehrheit vom Reichstag bewilligten Kriegskredite, war die Reichsleitung imstande, den Krieg effektiv zu führen.24 Der Reichstag übernahm mit der permanenten budgetrechtlichen Absicherung der Entscheidung für den Krieg zugleich einen Teil der Verantwortlichkeit für die deutsche Politik im Ersten Weltkrieg.25 Seiner besonderen Verantwortung versuchte er auf der anderen Seite aber auch durch die Friedensresolution vom 19. Juli 1917 gerecht zu werden26, die sich für einen Verständigungsfrieden ohne erzwungene Gebietsabtretungen einsetzte27, im Ausland jedoch nur wenig Beachtung fand. Der stetig gewachsenen Bedeutung des Parlaments wurde noch in den letzten Tagen des Ersten Weltkrieges auch durch Änderung des Rechtszustandes Rechnung getragen.28 Mit verfassungsänderndem Gesetz vom 28. Oktober 1918 wurden die Absätze 2 und 3 des Artikels 11 der Reichsverfassung durch neue Bestimmungen ersetzt, nach denen sowohl zur Erklärung des Krieges wie zum Friedensschluß die Zustimmung des Bundesrates und des Reichstages notwendig war.29 Angesichts der drohenden Kriegsniederlage erhoffte sich die Reichsleitung durch diesen Schritt in Richtung Parlamentarisierung eine Erleichterung bei den Friedensverhandlungen mit dem amerikanischen Präsidenten Wilson.30 Gesetzesform war für die Zustimmungsbeschlüsse zwar nicht vorgesehen, in der Sache nahm die Legislative seit dem Gesetz vom 28. Oktober 1918 aber in vollem Umfang an diesen beiden wichtigsten auswärtigen Staatsakten des zu Ende gehenden Kaiserreichs teil.31 Dem auf der Pariser Friedenskonferenz ausgehandelten und am 28. Juni 1919 unterzeichneten Versailler Friedensvertrag stimmte die verfassungsgebende Nationalversammlung von Weimar am 9. Juli 1919 zu32, mit Ver22 Huber (Anm. 7), S. 943; Bruno Rieder, Die Entscheidung über Krieg und Frieden nach deutschem Verfassungsrecht, Berlin 1984, S. 213. 23 Huber (Anm. 7), S. 943. 24 Huber (Anm. 7), S. 943. 25 Huber (Anm. 7), S. 943; Rieder (Anm. 22), S. 215. 26 Vgl. Stenographische Berichte des Reichstags, XIII. Legislaturperiode, II. Session, 116. Sitzung am 17. Juli 1917, Bd. 310, S. 3597 (A). Angenommen mit 212 gegen 126 Stimmen bei 17 Enthaltungen. Zum Ergebnis der namentlichen Abstimmung siehe S. 3598 – 3600. 27 Zum Wortlaut siehe die Anlagen zu den Stenographischen Berichten des Reichstags, Bd. 312, S. 1747, Nr. 933. 28 Vgl. hierzu Wolfgang Zeh, Parlamentarismus: historische Wurzeln – moderne Entfaltung, 6. überarb. Auflage, Heidelberg 1997, S. 56. 29 RGBl. 1918, S. 1274. 30 Siehe hierzu Rieder (Anm. 22), S. 242 ff. 31 Huber (Anm. 7), S. 944.

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kündung des Zustimmungsgesetzes im Reichsgesetzblatt am 16. Juli 1919 trat er in Kraft.33 Bis zum Ende des Kaiserreichs waren dem Parlament somit ausgehend von seinem Budgetrecht sukzessive außenpolitische Informations- und Teilhaberechte zugestanden worden. Die auswärtige Politik war mehr und mehr aus dem Halbdunkel herausgetreten, in dem sie sich noch zu Zeiten Bismarcks befunden hatte und bezog das Parlament immer stärker ein. Sichtbarster Ausdruck dieser Entwicklung ist der nach dem Ende des Kaiserreiches in die Weimarer Reichsverfassung inkorporierte Artikel 35, der erstmals die Einrichtung eines ständigen Ausschusses des Reichstages für auswärtige Angelegenheiten vorschrieb. Der Ausschuss sollte die Führung der auswärtigen Politik durch die Reichsregierung begleiten und kontrollieren und besaß zugleich auch die Rechte eines Untersuchungsausschusses. Dem späteren ersten Bundespräsidenten Theodor Heuss zufolge, hatte der gemäß Artikel 35 Absatz 1 der Weimarer Reichsverfassung einzusetzende Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten „nach Entstehung und Sinn keine arbeitstechnische, sondern ein[e] rein politische Bedeutung“.34 Heuss, seinerzeit Dozent und Studienleiter an der Berliner Hochschule für Politik, schrieb in dem 1933 erschienenen „Jahrbuch für politische Forschung“: „Der Auswärtige Ausschuß geht auf einen Antrag Naumann[s] zurück wie auch die Ausstattung mit Sonderrechten: jene überlieferte Fremdheit des deutschen Parlamentariers gegenüber den auswärtigen Fragen sollte nicht wiederkehren, der Ausschuß sollte die auswärtige Politik stärker unter der Kontrolle des Parlaments halten, in diesem aber auch Kräfte zur Einsicht und Mitverantwortung schulen. Naumann war klar genug, daß Diplomatie keine Angelegenheit der Straße sein könne, aber sie sollte sich nicht mehr abkapseln dürfen gegenüber einem ahnungslosen Parlament“.35

Friedrich Naumann – Vorbild und Förderer von Theodor Heuss – war im Kaiserreich Reichstagsabgeordneter der Fortschrittlichen Volkspartei und von Januar 1919 bis zu seinem Tode am 24. August 1919 Abgeordneter für die Deutsche Demokratische Partei. Er war Mitglied im 8. Ausschuss der verfassungsgebenden Nationalversammlung von Weimar, demjenigen Ausschuss also, der den Verfassungsentwurf des Reichsinnenministers Hugo Preuß einer eingehenden Beratung unterzog.36 32 Stenographische Berichte der verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung, 51. Sitzung am 9. Juli 1919, Bd. 327, S. 1419 (D)-1420 (A). Zum Ergebnis der namentlichen Abstimmung siehe die Seiten 1421 – 1423 sowie die Berichtigung in Bd. 328, S. 1669 – angenommen mit 209 gegen 116 Stimmen. 33 RGBl. 1919, S. 687 ff. 34 Theodor Heuss, Der Parlaments-Ausschuß, in: Jahrbuch für politische Forschung, hrsg. v. Fritz Berber, Bd. 1, Berlin 1933, S. 129 – 150, S. 129. 35 Heuss (Anm. 34 ), S. 131. 36 Zur Arbeit des Verfassungsausschusses siehe Karsten Bendix, Die Arbeit des Verfassungsausschusses: Achter Ausschuss des verfassungsgebenden Nationalversammlung von Weimar, Frankfurt am Main 2002.

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Die Protokolle des 8. Ausschusses – der auch „Verfassungsausschuss“ genannt wurde – bestätigen, dass zumindest der Wortlaut des späteren Artikels 35 Absatz 1 der Weimarer Reichsverfassung im Wesentlichen auf Naumann zurückgeht.37 Im Zuge der Beratungen über die Einrichtung von ständigen Ausschüssen des Reichstages im April 1919 hatte Naumann einen ständigen Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten vorgeschlagen, der sich auf diesem Gebiete „fruchtbringend betätigen“ könne.38 Naumann begründete seinen Vorschlag allerdings nicht weiter.39 In Ergänzung zu Artikel 55 des Verfassungsentwurfs von Hugo Preuß, der die Möglichkeit der Einsetzung von Untersuchungsausschüssen des Reichstages vorsah40, schlug er folgende Fassung eines neu einzufügenden Artikels 55a vor: „Der Reichstag bestellt auf dem Gebiete der auswärtigen Angelegenheiten einen ständigen Ausschuß, der auch außerhalb der Tagung des Reichstags und nach Beendigung der Wahlperiode oder der Auflösung des Reichstags bis zum Zusammentreten des neu gewählten tätig werden kann. Er hat das Recht, Erhebungen im Sinne des Art. 55 vorzunehmen oder anzuordnen“41.

Ohne größere Aussprache wurde dieser Antrag Naumanns während der ersten Lesung des Verfassungsentwurfs am 8. April 1919 vom Verfassungsausschuss gemeinsam mit einem Antrag des sozialdemokratischen Abgeordneten Paul Bader auf Einsetzung eines Ausschusses zur „Überwachung der Tätigkeit der Reichsregierung“ (Artikel 55b)42 überraschend angenommen.43 Während der zweiten Lesung des Entwurfs im Verfassungsausschuss im Juni 1919 gab es zwei Änderungsanträge. Ein Antrag der sozialdemokratischen Abgeordneten Max Quarck und Simon Katzenstein zielte darauf, hinsichtlich der 37 Siehe die Berichte und Protokolle des 8. Ausschusses der verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung über den Entwurf einer Verfassung des Deutschen Reichs, Stenographische Berichte, Bd. 336, Aktenstück Nr. 391, S. 267. 38 Ebenda. 39 Vgl. Bendix (Anm. 36), S. 124. 40 Artikel 55 des Verfassungsentwurfs lautete: „Der Reichstag hat das Recht und auf Antrag von einem Fünftel seiner Mitglieder die Verpflichtung, Untersuchungsausschüsse einzusetzen. Diese Ausschüsse erheben in öffentlicher Verhandlung die Beweise, die sie oder die Antragsteller für erforderlich erachten. Alle Gerichte und Verwaltungsbehörden sind verpflichtet, dem Ersuchen dieser Ausschüsse um Beweiserhebungen Folge zu leisten; die Akten der Behörden sind ihnen auf Verlangen vorzulegen.“ Abgedruckt in den Anlagen zu den Stenographischen Berichten, Bd. 335, Aktenstück Nr. 59, S. 53. 41 Antrag Nr. 162, abgedruckt in den Stenographischen Berichten (Anm. 37), S. 267. 42 Der Antrag Bader lautete: „Der Reichstag bestellt zur Überwachung der Tätigkeit der Reichsregierung, insbesondere auf dem Gebiete der auswärtigen Angelegenheiten, einen ständigen Ausschuß, der auch außerhalb der Tagung des Reichstags und nach der Beendigung der Wahlperiode oder der Auflösung des Reichstags bis zum Zusammentreten des neu gewählten tätig werden kann.“ Antrag Nr. 152, abgedruckt in den Stenographischen Berichten (Anm. 37), S. 267 (Hervorhebungen durch den Verfasser). Der kursiv hervorgehobene Satzteil wurde nach Annahme des Antrags Naumann mit Einverständnis der Antragsteller gestrichen, da ansonsten ein Doppelausschuss für auswärtige Angelegenheiten bestanden hätte. 43 Siehe Stenographische Berichte (Anm. 37), S. 268. Vgl. Bendix (Anm. 36), S. 125.

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Reihenfolge der neu einzufügenden Verfassungsartikel zunächst mit dem so genannten „Überwachungsausschuss“ zu beginnen, und erst dann den Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten zu nennen.44 Außerdem sollte den beiden Ausschüssen ein selbständiges Enqueterecht eingeräumt werden.45 Ein zweiter Antrag des Abgeordneten Karl Rudolf Heinze (DVP) wollte für den Auswärtigen Ausschuss wegen seiner sensiblen Beratungsmaterie die Nichtöffentlichkeit zur Regel machen.46 Nach kontroverser Beratung, in der von konservativer Seite die Notwendigkeit eines speziellen Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten generell negiert wurde47, setzte sich schließlich die Ansicht durch, dass die Nichtöffentlichkeit in diesem Ausschuss grundsätzlich den Regelfall bilden solle, es sei denn, die Öffentlichkeit werde mit Zweidrittelmehrheit zugelassen. Die entsprechenden Ergänzungen wurden eingearbeitet und die Entwürfe zu Artikel 55a und 55b schließlich in einem neuen Artikel 55a zusammengefasst und angenommen.48 Unmittelbar nach Abschluss der Beratungen des Verfassungsausschusses sind dessen Beschlüsse noch einmal von einer Redaktionskommission grammatikalisch und stilistisch überarbeitet und der Entwurf überdies mit einer neuen Systematik versehen worden.49 So wurde aus Artikel 55a des Entwurfs der spätere Artikel 35 der Weimarer Reichsverfassung.50 44 In der Endfassung des späteren Artikel 35 WRV steht trotz Annahme dieses Antrages dennoch der Auswärtige Ausschuß vor dem Überwachungsausschuß, was wohl auf ein redaktionelles Versehen zurückzuführend ist. Siehe zu dem von der Verfassungskommission in 2. Lesung verabschiedeten Wortlaut Stenographische Berichte (Anm. 37), S. 455 und zum späteren Wortlaut Stenographische Berichte, Bd. 337, Aktenstück Nr. 656, S. 412 – 413. 45 Abgedruckt in den Stenographischen Berichten (Anm. 37), S. 453. Der Antrag lautete: „Die Artikel 55a und b wie folgt zu fassen: Artikel 55a (wie Artikel b der ersten Lesung). Artikel 55b. Der Reichstag bestellt für das Gebiet der auswärtigen Angelegenheiten einen Ausschuß, der auch außerhalb der Tagung des Reichstags wie der im Artikel 55a genannte Ausschuß tätig sein kann.“ Vgl. Bendix (Anm. 36), S. 170. 46 Änderungsantrag Heinze: „Die Sitzungen des Ausschusses sind nicht öffentlich, sofern der Ausschuss nicht einstimmig die Öffentlichkeit beschließt.“ Stenographische Berichte (Anm. 37), S. 454 sowie 455. 47 So führte der Abgeordnete Heinze (DVP) aus: „Ich habe Bedenken auch gegen den ganzen Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten. Der Artikel entspricht dem demokratischen Prinzip und der Tendenz, alle Handlungen der Regierung überwachen zu lassen. Ich bin kein Demokrat und stehe grundsätzlich auf einem ganz anderen Boden. Es ist nicht angängig, dass ein Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten ständig die auswärtige Politik des Reichs überwacht.“ Stenographische Berichte (Anm. 37), S. 454. 48 Siehe Stenographische Berichte (Anm. 37), S. 455. 49 Vgl. Bendix (Anm. 36), S. 190. 50 Der Entwurf einer Verfassung des Deutschen Reichs nach den Beschlüssen des 8. Ausschusses wurde dem Plenum der Weimarer Nationalversammlung am 18. Juni 1919 als Aktenstück Nr. 391 überwiesen, im Plenum vom 28. Februar bis 4. März 1919 in erster sowie vom 2. bis 22. Juli 1919 in zweiter Lesung beraten und schließlich am 31. Juli 1919 in dritter Lesung angenommen. Reichspräsident Ebert fertigte die neue Verfassung am 11. August 1919 aus. Mit ihrer Verkündung im Reichsgesetzblatt am 14. August 1919 (Reichsgesetzblatt 1919, S. 1383 – 1418) trat sie in Kraft.

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Artikel 35 der Weimarer Reichsverfassung lautete schließlich: „Der Reichstag bestellt einen ständigen Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten, der auch außerhalb der Tagung des Reichstags und nach Beendigung der Wahlperiode oder der Auflösung des Reichstags tätig werden kann. Die Sitzungen dieses Ausschusses sind nicht öffentlich, wenn nicht der Ausschuß mit Zweidrittelmehrheit die Öffentlichkeit beschließt. Der Reichstag bestellt ferner zur Wahrung der Rechte der Volksvertretung gegenüber der Reichsregierung für die Zeit außerhalb der Tagung und nach Beendigung einer Wahlperiode oder der Auflösung des Reichstags bis zum Zusammentritt des neuen Reichstags einen ständigen Ausschuß. Diese Ausschüsse haben die Rechte von Untersuchungsausschüssen.“51

Die schnelle Beratung und Verabschiedung des Artikels 35 ohne größere Diskussionen im Verfassungsausschuss erstaunt auf den ersten Blick, denn schließlich handelte es sich hierbei um „eine neue, prinzipielle Einrichtung“52, die überdies im ursprünglichen Verfassungsentwurf von Hugo Preuß nicht vorgesehen war.53 Erst die vorausgegangenen Diskussionen im Reichstag der Kaiserzeit lassen deutlich werden, warum diese neuartige Verfassungsbestimmung so unproblematisch Eingang in die Weimarer Reichsverfassung finden konnte. Der Weg zur verfassungsrechtlichen Implementierung eines Parlamentsgremiums für auswärtige Politik war – wie im Folgenden gezeigt werden soll – schon lange im Voraus bereitet worden und ist mit den Bestrebungen zur Einführung des parlamentarischen Regierungssystems eng verbunden. Entgegen der Darstellung von Theodor Heuss54 kann Friedrich Naumann jedenfalls nicht als spiritus rector des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten angesehen werden.

1. Bestrebungen zur Einsetzung eines Parlamentsgremiums für auswärtige Politik in der Kaiserzeit Forderungen zur Einrichtung eines Parlamentsgremiums für auswärtige Politik lassen sich anhand der Plenarprotokolle des Reichstages bis ins Jahr 1912 zurückverfolgen. Der sozialdemokratische Abgeordnete Eduard David hatte bereits während der Beratungen über den Etat für den Reichskanzler und die Reichskanzlei am 18. Mai 1912 angeregt, „nach dem Vorbilde anderer Parlamente auch im Reichstage eine besondere Kommission für auswärtige Angelegenheiten“ einzuset51 Fassung des Änderungsgesetzes vom 15. Dezember 1923, RGBl. 1923, S. 1185; der ursprüngliche Wortlaut findet sich in RGBl. 1919, S. 1390. 52 So der Vorsitzende des Verfassungsausschusses Haußmann (DDP), Stenographische Berichte (Anm. 37), S. 453. 53 Siehe hierzu die Ausführungen von Hugo Preuß am 4. Juli 1919 anlässlich der 2. Beratung des Verfassungsentwurfs im Plenum der verfassungsgebenden Nationalversammlung von Weimar, Stenographische Berichte, Bd. 327, S. 1296 (C). 54 Siehe oben Anm. 35 .

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zen.55 Dort sollte Vertretern der Regierung die Gelegenheit gegeben werden, unter Umständen auch „Auskünfte vertraulicher Natur zu geben über schwebende Fragen der Politik“.56 Es müssten Instanzen geschaffen werden, „um dem gefährlichen Unfug einen Riegel vorzuschieben, dass man mit wilden Gerüchten die Völker aufregt und gegeneinander verhetzt“.57 Dieser Vorschlag wurde von dem Zentrumsabgeordneten Peter Spahn unterstützt, der anregte, einen „Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten, entsprechend dem Ausschuß im Bundesrat58, im Reichstag einzurichten“.59 Ob dieser Gedanke, wie von Spahn vorgeschlagen, in der Geschäftsordnungskommission des Reichstages weiterverfolgt wurde, ist jedoch zweifelhaft.60 Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass aus den Reihen der Kommission ein entsprechender Vorschlag an das Reichstagsplenum herangetragen worden wäre. Die Spur verliert sich und es kann wohl mit einiger Berechtigung davon ausgegangen werden, dass man den Vorschlag ganz bewusst im parlamentarischen Betrieb untergehen ließ. Hierfür spricht nicht zuletzt auch die Ablehnung, die entsprechenden Bestrebungen von Seiten der Konservativen Partei entgegengebracht wurde.61 Fragen der auswärtigen Politik wurden weiterhin hauptsächlich in der Budgetkommission erörtert. Die Budgetkommission war im Parlament des Kaiserreichs der Ort, an dem im Zusammenhang mit den Etatvorlagen auch Fragen der auswärtigen Politik beraten wurden. Der Unterhalt von Botschaften und Generalkonsulaten im Ausland sowie das diplomatische Personal kosteten Geld – und dies bewilligte gemäß Artikel 69 55 Siehe Stenographische Berichte des Reichstags, XIII. Legislaturperiode, I. Session, 65. Sitzung am 18. Mai 1912, Bd. 285, S. 2087 (C). 56 Ebenda. 57 Ebenda. 58 Der Auswärtige Ausschuss des Bundesrates geht auf einen mit dem Königreich Bayern geschlossenen Vertrag vom 23. November 1870 (Art. 2 § 6) zurück und bestand zunächst aus den Bevollmächtigten der Königreiche Bayern, Sachsen und Württemberg, wobei Bayern den ständigen Vorsitz führte. Bei der Redaktion der Reichsverfassung wurde der Ausschuss um zwei vom Bundesrat alljährlich zu wählende Bevollmächtigte anderer Bundesstaaten ergänzt (vgl. Art. 8 Abs. 3 RV). Er diente einerseits dazu, die Bundesstaaten über den Stand der auswärtigen Angelegenheiten zu unterrichten, andererseits dem Bundespräsidium von den Ansichten der wichtigsten Einzelregierungen – Bayern, Sachsen und Württemberg mussten nach Art. 8 Abs. 3 der Reichsverfassung in diesem Ausschuss vertreten sein – Kenntnis zu verschaffen. Vgl. Josef Dienstfertig, Die rechtliche Mitwirkung des Bundesrats und des Reichstags auf dem Gebiete der auswärtigen Angelegenheiten des Deutschen Reiches, Diss. Univ. Erlangen 1907, S. 75 sowie Werner Krauss, Die parlamentarische Kontrolle der Außenpolitik: Macht und Ohnmacht der Ausschüsse für Auswärtige Angelegenheiten, in: Außenpolitik 6 (1955), S. 513 – 527, S. 521 f. 59 Siehe Stenographische Berichte des Reichstags, XIII. Legislaturperiode, I. Session, 65. Sitzung am 18. Mai 1912, Bd. 285, S. 2092 (A). 60 Vgl. Hölscher (Anm. 5), S. XII. 61 Vgl. die Äußerungen des Abgeordneten Oertel (DVP), Stenographische Berichte des Reichstags, XIII. Legislaturperiode, I. Session, 65. Sitzung am 18. Mai 1912, Bd. 285, S. 2095 (C).

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der Reichsverfassung das Parlament durch ein jährlich festzustellendes Haushaltsgesetz.62 Während es bei den Budgetberatungen anfänglich nur um Einzelfragen der Bewilligung von Geldern für die Rüstungs-, Kolonial- und Außenhandelspolitik ging63, dehnten sich die Beratungen zunehmend auf den gesamten Bereich der auswärtigen Angelegenheiten aus. Das Beratungsvolumen nahm im Laufe der Zeit beträchtlich zu und schon bald zeigte sich, dass die Budgetkommission mit der eingehenderen Behandlung auswärtiger Fragen zunehmend überfordert war. Anlässlich der Beratungen über den Haushaltsetat für die Schutzgebiete für das Rechnungsjahr 1914 wurde deshalb die Forderung nach einer ständigen Kommission für auswärtige Politik erneuert. Der liberal-demokratische Abgeordnete Conrad Haußmann (FVP) äußerte in der Plenardebatte vom 11. Dezember 1913, dass „nach unseren Erfahrungen auch die Einrichtungen unserer Budgetkommission mit ihrer drängenden Last von Geschäften häufig in den letzten 20 Jahren nicht die Stätte boten, wo die auswärtige Politik mit einer gewissen Stetigkeit von den Mitgliedern verfolgt worden ist.“64 Er gab deshalb zu bedenken, ob der Reichstag nicht eine „besondere Kommission damit betrauen wollte, die auswärtige Politik ständig im Auge zu behalten. Das hätte vielleicht den Vorteil, dass eine größere Vertraulichkeit dort auch eine größere Mitwirkung und Information seitens der Regierung herbeiführen würde.“65 Auch dieser Vorschlag blieb jedoch ohne erkennbare Resonanz. Erst als unter den veränderten Bedingungen des Ersten Weltkrieges die Notwendigkeit einer konkreteren Beteiligung des Parlaments an der Außenpolitik immer deutlicher wurde, unternahmen die Nationalliberalen 1916 den erneuten Anlauf, ein eigenständiges Gremium für die Behandlung außenpolitischer Fragen durchzusetzen.66 Vorausgegangen waren Äußerungen des nationalliberalen Reichstagsund preußischen Landtagsabgeordneten Hartmann Freiherr von Richthofen, der in einem Artikel in der Magdeburgischen Zeitung die schon vor dem Krieg erhobene Forderung nach unmittelbarer Mitarbeit der Volksvertretung an der Gestaltung der Außenpolitik erneuert hatte.67 Er erwog „die Einsetzung einer kleinen ständigen, 62 Mit der Budgetfeststellungsgewalt nach Artikel 69 RV korrespondierte die Budgetkontrollgewalt nach Artikel 72 RV. Danach war der Reichskanzler verpflichtet, dem Bundesrat und dem Reichstag über die Verwendung der Reichseinnahmen im abgelaufenen Haushaltsjahr zu seiner Entlastung jährlich Rechnung zu legen. Vgl. Huber (Anm. 7), S. 958. 63 Insbesondere die Botschafterposten oder bei ihnen angesetzte Gehaltserhöhungen boten neben der allgemeinen Aussprache über den Etat die Möglichkeit zu außenpolitischen Erörterungen. Vgl. Detlef Albers, Reichstag und Außenpolitik von 1971 – 1879, Berlin 1927, S. 9. 64 Stenographische Berichte des Reichstags, XIII. Legislaturperiode, I. Session, 187. Sitzung am 11. Dezember 1913, Bd. 291, S. 6375 (C). 65 Ebenda. 66 Vgl. Hölscher (Anm. 5), S. XII. 67 Auszugsweise abgedruckt in dem Artikel „Volksvertretung und Auslandspolitik. Mitverantwortlichkeit der Parteien“, in: Berliner Tageblatt, 45. Jg., Nr. 362 vom 17. Juli 1916, Abendausgabe.

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auch bei geschlossener Tagung sich versammelnden Kommission des Reichstages für auswärtige Angelegenheiten, die nicht nur Vorträge entgegenzunehmen hätte, sondern auf Grund eigener Einsichtnahme in das Material sich ein Urteil über die politische und militärische Lage bilden und alsdann mit beraten könnte.“68 Als Alternative empfahl er, „Vertrauensmänner der politischen Parteien, wenn auch ohne besonderes Ressort, mit zu der Leitung der Reichsgeschäfte zu berufen, um dieselben so ununterbrochen über den Gang der Ereignisse und die beabsichtigten Maßregeln auf dem laufenden zu halten und sie wiederum in den Stand zu setzen, soweit tunlich, ihre politischen Freunde zu unterrichten und aufzuklären.“69 Dass dieser Vorschlag von nationalliberaler Seite kam, war nicht überraschend. Die nationalliberale Partei war bereits vor dem Krieg in ihrer Kritik am Auswärtigen Amt sehr weit gegangen und hatte die traditionelle Prärogative der Reichsleitung in der Außenpolitik zunehmend in Frage gestellt.70 Nach Ansicht der Nationalliberalen sollte die dem Parlament nach konstitutionell-monarchischem Staatsrecht zukommende Kontrollfunktion, die in der Reichsverfassung keine nähere Regelung gefunden hatte, im Sinne einer dauernden einheitlichen Beeinflussung der auswärtigen Politik ausgestaltet werden.71 Die Kontrollrechte des Reichstages in außenpolitischen Fragen sollten erweitert und die unmittelbare Mitwirkung der Volksvertretung an der Gestaltung der Außenpolitik auch verfassungsrechtlich verankert werden.72 Die infolge des nationalliberalen Vorstoßes entbrannte Diskussion um die Einsetzung eines besonderen Gremiums für Fragen der auswärtigen Politik und der Kriegführung lässt sich heute nicht mehr vollständig wiedergeben, fand in verschiedenen Stellungnahmen der Presse aber einen gewissen Niederschlag.73 Den Nationalliberalen wurde im Berliner Tageblatt von dessen Chefredakteur und viel beachteten und zitierten Leitartikler Theodor Wolff – dem späteren Mitbegründer der Deutschen Demokratischen Partei – entgegen gehalten, dass den deutschen Volksvertretern die praktische Erfahrung für die auswärtige Politik fehle; die wenigen britischen und französischen Abgeordneten, die zur Außenpolitik Stellung nähmen, seien früher Minister, Staatssekretäre und Diplomaten gewesen.74 Darüber hinaus wäre ein parlamentarischer Ausschuss beim Kriegsausbruch 1914 ebenso „vor vollendete Tatsachen“ gestellt worden, wie dies bei allen anderen Gremien damals Ebenda (Hervorhebungen im Original). Ebenda (Hervorhebungen im Original). 70 Reinhard Schiffers, Der Hauptausschuß des Deutschen Reichstags 1915 – 1918. Formen und Bereiche der Kooperation zwischen Parlament und Regierung, Düsseldorf 1979, S. 58. 71 Friedrich Schiller, Die Einführung des parlamentarischen Regierungssystems im Deutschen Reich während des Krieges. Erstes Hauptstück. Bedingungen, Möglichkeiten u. Versuche einer Parlamentarisierung, Diss. Tübingen 1924, S. 286. 72 Vgl. Schiller (Anm. 71), S. 212. 73 Vgl. Schiffers (Anm. 70), S. 58 f. 74 Theodor Wolff, „Die großen Schlachten an der Somme und am Stochod“, in: Berliner Tageblatt, 45. Jg., Nr. 387 vom 31. Juli 1916, 1. Ausgabe. 68 69

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geschehen sei.75 Einer im Zentrumsorgan „Germania“ ohne Autorenangabe erschienenen Stellungnahme zufolge, sei das von den Nationalliberalen beabsichtigte Gremium „im Kern ein nichts leistender und viel redender Debattierklub“.76 Positiv äußerte sich hingegen der fortschrittliche Reichstagsabgeordnete Hans Sivkowich (FVP), der den Führern der Reichstagsfraktionen sogar „ein gesetzliches Recht zur Mitbestimmung unserer äußeren Politik“ eingeräumt wissen wollte.77 Der Vorschlag von Richthofens mündete schließlich in eine parlamentarische Initiative, die als Antrag der nationalliberalen Abgeordneten Ernst Bassermann, Eugen Schiffer (Magdeburg) und Gustav Stresemann der Budgetkommission des Reichstages am 29. September 1916 unmittelbar nach der Sommerpause anlässlich der Beratungen über den Etat des Auswärtigen Amts vorgelegt wurde. Der Antrag lautete: „Der Reichstag wolle beschließen: einen ständigen Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten einzusetzen und ihm die Ermächtigung zu erteilen, sich auch bei Schließung des Reichstags jederzeit zu versammeln“.78

Aus den Stenographischen Berichten der insgesamt drei Sitzungen des Reichstagsplenums, in denen über die Einsetzung eines besonderen Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten beraten wurde, geht hervor, dass neben dem nationalliberalen Antrag noch zwei weitere Anträge vorgelegt worden waren.79 So hatte die Fortschrittliche Volkspartei in einer der Budgetkommission am 30. September 1916 vorgelegten Resolution der Abgeordneten Friedrich von Payer, Georg Gothein und Theodor Liesching gefordert: „Der Reichstag wolle beschließen: 1. einen ständigen Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten einzusetzen; 2. den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, dafür einzutreten, daß dieser Ausschuß das Recht hat, zusammenzutreten, auch wenn der Reichstag nicht versammelt ist.“80 Ebenda. Vgl. den Artikel „Der kommende Reichskriegsrat“, in: Germania, 46. Jg., Nr. 340 vom 15. September 1916, Abendausgabe. 77 Hans Sivkowich, „Das deutsche Volk und der Reichstag“, in: Berliner Tageblatt, 45. Jg., Nr. 478 vom 18. September 1916, 1. Ausgabe. 78 Aktenstück Nr. 348, Protokolle der Kommission für den Reichshaushaltsetat (Budgetkommission), XIII. Legislaturperiode, II. Session 1914 / 16, BArch R 101 / 1301, S. 111 (Hervorhebungen im Original). Vgl. Schiller (Anm. 71), S. 286. 79 Vgl. Stenographische Berichte des Reichstags, XIII. Legislaturperiode, II. Session, 64. Sitzung am 11. Oktober 1916, Bd. 308, S. 1741 (C) – 1742 (D). Zur Beratung der Anträge im Plenum am 26. Oktober 1916 siehe S. 1807 (A) – 1834 (B); zum Ergebnis der Abstimmung S. 1857 (B-C). 80 Aktenstück Nr. 349, Protokolle der Kommission für den Reichshaushaltsetat (Budgetkommission), 13. Legislaturperiode, II. Session 1914 / 16, BArch R 101 / 1301, S. 107 (Hervorhebungen im Original). Vgl. Schiller (Anm. 71), S. 287 und Fn. 8 auf S. 289. 75 76

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Eine Entschließung des Zentrums vom 2. Oktober 1916 wollte hingegen anstelle eines neuen Ausschusses die Zuständigkeit der Budgetkommission erweitern: „Die Kommission wolle beschließen: dem Reichstag folgende Entschließung vorzuschlagen: Der Reichstag ermächtigt die Budgetkommission, zur Beratung von Angelegenheiten der auswärtigen Politik und des Krieges während der Vertagung zusammenzutreten.“81

Während die ersten beiden Anträge also einen eigenen Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten forderten, wollte der Antrag des Zentrums lediglich die Zuständigkeit der Budgetkommission ausdehnen. Inhaltlich ging der Zentrumsantrag allerdings weiter als die anderen beiden Anträge, da er zugleich auch Fragen des Krieges – soweit sie nicht zugleich solche der Außenpolitik waren – mit einbezog.82 Die Bedeutung der Anträge lag vor allem darin, dass sie das Machtbewusstsein und den Machtwillen des Reichstages zum Ausdruck brachten, sein parlamentarisches Kontrollrecht gegenüber der Regierung zu erweitern.83 Für das damalige Verständnis der außenpolitischen Rolle des Parlaments von Interesse, ist auch die „Begleitmusik“ zu den Beratungen des Reichstages. Der den drei Anträgen zugrundeliegende Grundgedanke einer Ausdehnung der Verwaltungskontrolle auf dem Gebiet der auswärtigen Politik wurde in der öffentlichen Diskussion um zwei weitere Gedanken ergänzt: Ohne einen förmlichen Antrag zu stellen, forderte die Mehrheitssozialdemokratie ein Mitbestimmungsrecht des Reichstags „über die Richtlinien der auswärtigen Politik“84, während in der Presse der Gedanke eines „parlamentarischen Beirats für Auswärtiges“ oder gar eines vom Parlament unabhängigen frei gebildeten „Rates der Alten“ erörtert wurde.85 Von dem letzteren Gedanken wurde schließlich aber mit der Begründung Abstand genommen, dass ein solches Gremium einer „politischen Leichenkammer“ gleichkäme.86 Der 81 Aktenstück Nr. 351, Protokolle der Kommission für den Reichshaushaltsetat (Budgetkommission), 13. Legislaturperiode, II. Session 1914 / 16, BArch R 101 / 1301, S. 110 (Hervorhebungen im Original). Vgl. Schiller (Anm. 71), S. 288. 82 Vgl. Schiller (Anm. 71), S. 288; Schiffers (Anm. 70) S. 62. 83 Schiller (Anm. 71), S. 294. 84 „Wir halten es für einen unveräußerlichen Anspruch der deutschen Volksvertretung, dass sie in vollem Umfange mitberaten, mitwirken und mitentscheiden darf über die Richtlinien der auswärtigen Politik“, so der sozialdemokratische Abgeordnete Gradnauer am 26. Oktober 1916 im Plenum. Siehe Stenographische Berichte des Reichstags, XIII. Legislaturperiode, II. Session, 67. Sitzung am 26. Oktober 1916, Bd. 308, S. 1816 (B). 85 Siehe Schiller (Anm. 71), S. 295, der auf zwei Artikel im Schwäbischen Merkur Nr. 460 vom 1. Oktober 1916 sowie Nr. 467 vom 5. Oktober 1916 verweist. 86 So die Äußerung des Zentrumsabgeordneten Gröber am 9. Oktober 1916 in der Budgetkommission. Siehe Protokolle der Kommission für den Reichhaushaltsetat (Budgetkommission), 13. Legislaturperiode, II. Session 1914 / 16, BArch R 101 / 1301, S. 536. Abgedruckt in: Der Hauptausschuß des Deutschen Reichstags 1915 – 1918 (Quellen zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, Erste Reihe: Von der konstitutionellen Monarchie zur parlamentarischen Republik, hrsg. v. Erich Matthias und Rudolf Morsey, Düsseldorf 1981), Band 9 / II, 91. Sitzung vom 9. Oktober 1916, S. 849 – 863.

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Gedanke einer parlamentarischen Mitbestimmung der Außenpolitik fand aber verbreitete Zustimmung. In der Sitzung der Budgetkommission vom 9. Oktober 191687 sowie in den Sitzungen des Reichstagsplenums vom 11., 26. und 27. Oktober 191688 wurde über die drei Anträge beraten und beschlossen.89 Nach dem Willen der nationalliberalen Antragsteller Bassermann, Schiffer (Magdeburg) und Stresemann sowie der fortschrittlichen Antragsteller von Payer, Gothein und Liesching sollte das zur Behandlung auswärtiger Fragen zu bestellende Gremium nicht zu groß und nur für die ihm angehörenden Abgeordneten zugänglich sein. Durch diese Beschränkung sollte erreicht werden, dass der kleine Kreis von Abgeordneten durch die Regierung auch über Dinge unterrichtet werden konnte, deren Geheimhaltung unerlässlich war.90 Der Abgeordnete Georg Gradnauer (SPD) trat diesem Ansinnen allerdings mit der Begründung entgegen, dass durch die geheimen Ausschussverhandlungen der Einfluss der Vollversammlung des Reichstags geschwächt werde.91 Dieser Einwand war zweifellos richtig und zeigte die rein demokratische Tendenz der sozialdemokratischen Auffassung. Es war aber gerade die vertrauliche Information ganz weniger Parteiführer, wie sie die beiden liberalen Parteien erstrebten, die auf eine parlamentarische Kabinettsregierung hindeutete, die eine Zwischenstufe in der Entwicklung zum parlamentarischen System darstellte, während der sozialdemokratische Gedanke auch den ständigen Ausschuss zur gleichen Einflusslosigkeit in den Fragen der auswärtigen Politik verurteilt hätte, wie sie vom Plenum her bekannt war.92 In der Budgetkommission wies der nationalliberale Abgeordnete Stresemann in seiner mündlichen Begründung des Antrages Bassermann und Kollegen auf die durch den Krieg bedingte Notwendigkeit hin, dass ein ständiger Ausschuss des Reichstages für auswärtige Angelegenheiten die Möglichkeit haben müsse, sich 87 Siehe Protokolle der Kommission für den Reichshaushaltsetat (Budgetkommission), XIII. Legislaturperiode, II. Session 1914 / 16, 91. Sitzung vom 9. Oktober 1916, BArch R 101 / 1301, S. 529 – 566. Abgedruckt in: Der Hauptausschuß des Deutschen Reichstags (Anm. 86), S. 854. 88 Stenographische Berichte des Reichstags, Bd. 308, S. 1741 – 1742, S. 1807 – 1834, S. 1857. 89 Ein Überblick über den Gang der Beratungen findet sich bei Schiffers (Anm. 70), S. 63 – 69. Siehe hierzu auch Johann Viktor Bredt, Der Deutsche Reichstag im Weltkrieg. Gutachten. (Das Werk des Untersuchungsausschusses der Verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung und des Deutschen Reichstages 1919 – 1926, 4. Reihe: Die Ursachen des deutschen Zusammenbruchs im Jahre 1918, Bd. 8). Berlin 1926, S. 45 ff. 90 Vgl. die Ausführungen des Abgeordneten Haußmann (FVP), Stenographische Berichte des Reichstags, XIII. Legislaturperiode, II. Session, 67. Sitzung am 26. Oktober 1916, Bd. 308, S. 1817 (D) – 1818 (A). 91 Stenographische Berichte des Reichstags, XIII. Legislaturperiode, II. Session, 67. Sitzung am 26. Oktober 1916, Bd. 308, S. 1814 (D). 92 Schiller (Anm. 71), S. 296 f.

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jederzeit – auch außerhalb der Parlamentszeit93 – zu versammeln.94 In den Zeiten des Krieges müsse das Parlament ständig in der Lage sein, seine Meinung zum Ausdruck zu bringen. Nach den Worten Stresemanns sei der ständige Ausschuss aber „nicht nur als eine Kriegsausnahme gedacht, sondern solle auch für Friedenszeiten gelten, denn auch in Friedenszeiten könne die Notwendigkeit für ein sofortiges Zusammentreten vorliegen“95. Ein besonderer Ausschuss sei schon allein deshalb vorzuziehen, da die Budgetkommission mit ihren Arbeiten überlastet sei.96 Nach Meinung des Zentrums sollte die Beratung der auswärtigen Politik hingegen bei der Budgetkommission belassen und kein besonderer Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten eingerichtet werden. Der Wortführer des Zentrums Adolf Gröber äußerte, „man müsse im Reichstage einen Ausschuss haben, der den Mittelpunkt der politischen Tätigkeit des Reichstags darstelle und die wichtigsten Kräfte des Reichstags in sich vereinige.“97 Jede Zersplitterung der Kräfte des Reichstages in mehrere Ausschüsse habe unausweichlich die Schwächung der Bedeutung der Volksvertretung zur Folge. Unmissverständlich brachte Gröber in der Plenarsitzung am 26. Oktober zum Ausdruck, wo die eigentliche Macht des Parlaments liege: „Nicht durch Resolutionen allein und nicht lediglich durch schöne Reden und Beschlüsse, sondern vor allen Dingen durch den Drücker der Geldbewilligung oder Versagung der Geldmittel werden Erfolge von der Volksvertretung erzielt. ,Den Daumen auf den Beutel!‘ – das ist die Kraft der Volksvertretung.“98 Die Argumentation Gröbers überzeugte. Um eine Zersplitterung der Kräfte des Reichstages auf mehrere Ausschüsse zu vermeiden, entschied man sich, die Beratung außenpolitischer Fragen bei der Budgetkommission zu belassen und gab dem Zentrumsantrag nahezu einhellig den Vorzug.99 Mit 303 Ja-Stimmen gegen 93 Die Tagung des Reichstages wurde regelmäßig durch die regulären Sitzungspausen, wie die Sommerpause, unterbrochen. 94 Protokolle der Kommission für den Reichshaushaltsetat (Budgetkommission), XIII. Legislaturperiode, II. Session 1914 / 16, BArch R 101 / 1301, S. 530 f. Abgedruckt in: Der Hauptausschuß des Deutschen Reichstags (Anm. 86), S. 852. 95 Ebenda. 96 Ebenda. 97 Protokolle der Kommission für den Reichshaushaltsetat (Budgetkommission), XIII. Legislaturperiode, II. Session 1914 / 16, Sitzung vom 9. Oktober 1916, BArch R 101 / 1301, S. 537. 98 Stenographische Berichte des Reichstags, XIII. Legislaturperiode, II. Session, 67. Sitzung am 26. Oktober 1916, Bd. 308, S. 1810 (B-C). 99 Der Antrag hatte bereits in der Budgetkommission eine Mehrheit gefunden (vgl. BArch R 101 / 1301, S. 566) und war als „mündlicher Bericht des Ausschusses für den Reichshaushalt“ datiert vom 9. Oktober 1916 dem Reichstagsplenum als Aktenstück Nr. 418 zur Beschlussfassung vorgelegt worden. Als einzige Änderung rein redaktioneller Art wurde lediglich die Bezeichnung „Budgetkommission“ durch die Bezeichnung „Ausschuß für den Reichshaushalt“ ersetzt. Der Antrag ist unterzeichnet vom Vorsitzenden des Ausschusses für den Reichshaushalt, dem Zentrumsabgeordneten Spahn, der bereits 1912 die Einrichtung eines Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten unterstützt hatte, sowie von dem national-

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31 Nein-Stimmen der Deutschkonservativen und Konservativen wurde er bei einer Enthaltung vom Plenum angenommen.100 Über die Anträge Bassermann sowie von Payer auf Einsetzung eines besonderen Ausschusses wurde nach Annahme des Zentrumsantrages nicht mehr gesondert abgestimmt. Die Budgetkommission, die nun auch während der Vertagung des Reichstages zur Beratung von Angelegenheiten der auswärtigen Politik und des Krieges zusammentreten konnte, war damit zu einem Instrument permanenter Kontrolle der Außenpolitik geworden. Dem Reichstag war es nunmehr möglich, nicht nur anlässlich der Beratungen über den Etat des Auswärtigen Amts, sondern ständig zur Außenpolitik Stellung zu nehmen.101 Diese Wandlung der Budgetkommission – für die sich aufgrund ihres Kompetenzzuwachses in der Folge die Bezeichnung „Hauptausschuß“102 einbürgerte – war nach zeitgenössischer Ansicht des Marburger Staatsrechtsprofessors und Reichstagsabgeordneten Johann Viktor Bredt (WP) „zweifellos ein Fortschritt in der Richtung auf das parlamentarische Regiment“.103 Da sich der Hauptausschuss jedoch bald als zu groß erwies, um wirkliche Vertraulichkeit zu sichern104, verlagerte sich die außenpolitische Diskussion mit der Regierung zunehmend auf Besprechungen im kleineren Kreise, die einen weitaus liberalen Abgeordneten Bassermann als Berichterstatter. Abgedruckt in den Anlagen zu den Stenographischen Berichten des Reichstages, Bd. 319, S. 861, Nr. 418. 100 Stenographische Berichte des Reichstags, Bd. 308, S. 1857 (C). Zum Ergebnis der namentlichen Abstimmung siehe S. 1864 – 1866. 101 Erich Matthias / Rudolf Morsey, in: Der Interfraktionelle Ausschuß 1917 / 18, bearbeitet von Erich Matthias und Rudolf Morsey (Quellen zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, Erste Reihe: Von der konstitutionellen Monarchie zur parlamentarischen Republik), Düsseldorf 1959, Band 1 / I, Einleitung, S. XIV; Schiffers (Anm. 70), S. 62. 102 Die im allgemeinen Sprachgebrauch zunächst vorherrschende Bezeichnung „Budgetkommission“ war infolge der sich verstärkenden Abneigung gegen Fremdwörter während des Ersten Weltkrieges allmählich durch die Bezeichnung „Haushaltsausschuß“ abgelöst worden. Nachdem der Haushaltsausschuss im Herbst 1916 das Recht erhalten hatte, auch während der Vertagung des Plenums zusammenzutreten und in Fragen der Außenpolitik und Kriegführung mitzuberaten, bürgerte sich seit 1916 der Ausdruck „Hauptausschuß“ ein. Offiziell hieß der Ausschuss „Kommission für den Reichshaushaltsetat“. Diese schon vor den Ersten Weltkrieg verwendete offizielle Bezeichnung wurde im April 1917 durch die rein deutsche Bezeichnung „Ausschuß für den Reichshaushalt“ ersetzt. Vgl. Reinhard Schiffers, in: Der Hauptausschuß des Deutschen Reichstags 1915 – 1918 (Quellen zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, Erste Reihe: Von der konstitutionellen Monarchie zur parlamentarischen Republik, hrsg. v. Erich Matthias und Rudolf Morsey, Düsseldorf 1981), Band 9 / I, Einleitung, S. XI. 103 Bredt (Anm. 89), S. 48. 104 Die Beratungen des Hauptausschusses waren grundsätzlich beschränkt öffentlich, d. h. sämtliche Reichstagsabgeordnete, auch wenn sie nicht Mitglieder des Ausschusses waren, hatten ungehindert Zutritt zu seinen Sitzungen, allerdings ohne das Recht der Wortnahme und der Stimmabgabe. Die Verhandlungen über die auswärtige und militärische Lage wurden zwar regelmäßig für streng vertraulich erklärt, es konnten im Einzelfall aber bis zu 300 Personen zugegen sein. Vgl. Schiffers (Anm. 102), S. XV.

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intimeren und ausgeprägt informellen Charakter besaßen. Soweit der Hauptausschuss nicht selbst involviert war, lag der „Schwerpunkt der informellen Beziehungen mit der Regierung“105 im Interfraktionellen Ausschuss, in dem die Mehrheitssozialdemokratie, die Fortschrittliche Volkspartei, das Zentrum und zeitweise auch die Nationalliberalen ein inoffizielles Diskussionsforum und Koordinierungsorgan fanden.106 Obwohl der Interfraktionelle Ausschuss im parlamentarischen Leben formal keinen Platz einnahm, erlangte er schnell ein beträchtliches Eigengewicht. Gerade in politisch zugespitzten Lagen trat er auch dann in Aktion, wenn weder Plenum noch Hauptausschuss versammelt waren. Beim Vorantreiben der parlamentarischen Mitwirkungsforderungen kam ihm damit eine wichtige Hilfsfunktion zu.107 Welche Bedeutung der Interfraktionelle Ausschuss letztlich erlangte, zeigen insbesondere die Ereignisse beim Abschluss des Waffenstillstandsabkommens. Bezeichnenderweise war es kein Militär, sondern der Sprecher der Zentrumspartei im Interfraktionellen Ausschuss, der Staatssekretär ohne Geschäftsbereich Matthias Erzberger108, der in dem berühmt gewordenen Eisenbahnwagon im Wald von Compiègne am 11. November 1918 als Leiter der deutschen Delegation für das Deutsche Reich das Waffenstillstandsabkommen unterzeichnete. Neben dem Interfraktionellen Ausschuss erlangte als halbparlamentarisches informelles Gremium ab August 1917 auch der sogenannte „Siebener Ausschuß“ eine gewisse Bedeutung. Ihm gehörten neben dem Reichskanzler, dem Reichstagspräsidenten und Mitgliedern der Reichsleitung auch je sieben Mitglieder des Bundesrates und des Reichstages an. Da er insgesamt allerdings nur zweimal, nämlich zur Behandlung der päpstlichen Friedensnote im August 1917 zusammen kam109, war sein Einfluss auf die Führung der Reichspolitik jedoch eher gering. Festzuhalten ist aber die Tatsache, dass hier zum ersten Mal Parlamentarier in den „intimen Bereich außenpolitischer Entscheidungsfindung“110 mit einbezogen worden waren.

Heuss (Anm. 34), S. 140. Manfred Rauh, Die Parlamentarisierung des Deutschen Reiches, hrsg. von der Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, Düsseldorf 1977, S. 345. Einzelheiten zur Entstehung des Interfraktionellen Ausschusses siehe bei Matthias / Morsey (Anm. 101). S. XI – XXXV. 107 Rauh (Anm. 106), S. 345. 108 Erzberger war am 3. Oktober 1918 zum Staatssekretär ohne Geschäftsbereich in der Regierung des Reichskanzlers Prinz Max von Baden ernannt worden. 109 Siehe hierzu die Aufzeichnungen zu den Sitzungen vom 28. August 1917 und 10. September 1917, abgedruckt in: Der Interfraktionelle Ausschuß 1917 / 18 (Anm. 101), S. 168 – 180 und 184 – 204. 110 So Rauh (Anm. 106), S. 346. 105 106

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2. Der Auswärtige Ausschuss nach Art. 35 Abs. 1 der Weimarer Reichsverfassung Die parlamentarische Elite, die nach dem Übergang von der konstitutionellen Monarchie zur parlamentarischen Demokratie zusammentrat, um der neu ausgerufenen Republik eine Verfassung zu geben, hatte im Hauptausschuss des Reichstages sowie in den informellen Koordinationsgremien des Interfraktionellen Ausschusses und des Siebener Ausschusses jene Erfahrungen gesammelt, die sich in der Reichsverfassung von 1919 niederschlugen.111 Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten, der im ursprünglichen Verfassungsentwurf von Hugo Preuß nicht vorgesehen war, wurde hauptsächlich vor dem Hintergrund der während des Krieges gemachten Erfahrungen in der neuen Reichsverfassung verankert.112 Das Parlament sollte für außenpolitische Fragen künftig sensibilisiert und eine parlamentarische Kontrolle der Außenpolitik der Regierung sichergestellt werden. So erstaunt es nicht, dass der Antrag Friedrich Naumanns auf Festschreibung eines ständigen Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten die Hürden der Verfassungskommission der Weimarer Nationalversammlung ohne größere Diskussionen passieren konnte. Die Rolle Naumanns war demnach eher die eines Geburtshelfers, denn die des Vordenkers. Gemeinsam mit den in Artikel 45 der Weimarer Reichsverfassung festgelegten Teilhaberechten des Reichstages an der auswärtigen Gewalt113 stellte die Einrichtung des Ausschusses für die Parlamentarisierung der Außenpolitik – nicht nur verfassungsrechtlich114 – einen qualitativen Sprung nach vorne dar. Nach dem Willen der Verfassungsväter von Weimar sollte sich der neue Ausschuss aus „Fachleuten“ des Parlaments zusammensetzen115 und als „Organ des Reichstages für die auswärtige Politik“116 diesen Sachbereich mit der nötigen Diskretion verfolgen. Hugo Preuß sprach in diesem Zusammenhang von der „ständigen Fühlung, die der Reichstag künftig in der auswärtigen Politik mit der Regierung haben soll.“117

Vgl. Schiffers (Anm. 70), S. 272. Vgl. Schiller (Anm. 71), S. 298; Schiffers (Anm. 70), S. 272. 113 Artikel 45 Abs. 2 und 3 WRV lauteten: (2) „Kriegserklärung und Friedensschluss erfolgen durch Reichsgesetz.“ (3) „Bündnisse und Verträge mit fremden Staaten, die sich auf Gegenstände der Reichsgesetzgebung beziehen, bedürfen der Zustimmung des Reichstags.“ 114 Vgl. Hölscher (Anm. 5), S. XI. 115 So der Abgeordnete Katzenstein (SPD), Stenographische Berichte der verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung, 46. Sitzung am 4. Juli 1919, Bd. 327, S. 1295 (A). 116 So der Abgeordnete Schücking (DDP), Stenographische Berichte der verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung, 46. Sitzung am 4. Juli 1919, Bd. 327, S. 1293 (A). 117 Zitiert nach Wilhelm Mössle, Regierungsfunktionen des Parlaments, München 1986, S. 124, Anm. 38. 111 112

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a) Mitglieder des Ausschusses Dem am 20. August 1919 von der verfassungsgebenden Nationalversammlung aufgrund von Artikel 35 Absatz 1 der Weimarer Reichsverfassung eingesetzten ständigen Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten118 gehörten zunächst 15 Mitglieder an.119 Erster Vorsitzender des Ausschusses wurde der sozialdemokratische Abgeordnete und vorige kurzzeitige Reichsministerpräsident Philipp Scheidemann120, der nach seiner Wahl zum Oberbürgermeister von Kassel im Januar 1920 sein Reichstagsmandat zwar behielt121, mit Konstituierung des entsprechenden Reichstagsausschusses für auswärtige Angelegenheiten am 30. Juni 1920 im Ausschussvorsitz aber durch den liberalen Abgeordneten und späteren langjährigen Außenminister Gustav Stresemann (DVP) abgelöst wurde. Nach der Wahl zum ersten Reichstag der Weimarer Republik stieg die Anzahl der Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses im Juni 1919 von 15 auf jeweils 21 ordentliche und stellvertretende.122 Zu Beginn der 2. Wahlperiode Anfang Juni 1924 wurde die Zahl dann auf 28 ordentliche Mitglieder sowie die gleiche Anzahl Stellvertreter erhöht.123 In der Weimarer Zeit war der Auswärtige Ausschuss der wohl renommierteste Ausschuss des Parlaments. Hiervon zeugt die Tatsache, dass ihm fast ausnahmslos führende Parlamentarier angehörten. Zum Teil waren es jene, die sich bereits im Hauptausschuss des Reichtags der Kaiserzeit mit den auswärtigen Fragen beschäftigt hatten.124 118 Zum Einsetzungsbeschluss siehe Stenographische Berichte der 84. Sitzung der verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung, Bd. 329, S. 2708 (C-D). Die konstituierende Sitzung des Ausschusses fand am 21. August 1919 in Weimar statt. Siehe Akten über die Verhandlungen des ständigen Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, BArch R 101 / 1164, S. 1. 119 Siehe dazu das Mitgliederverzeichnis in den Akten über die Verhandlungen des ständigen Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, BArch R 101 / 1164, S. 3 sowie den Stenographischen Bericht der 87. Sitzung der verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung vom 30. September 1919, Bd. 329, S. 2756 (D). 120 Philipp Scheidemann führte vom 13. Februar bis 20. Juni 1919 die erste demokratisch legitimierte Reichsregierung, gebildet aus SPD, Zentrum und DDP. Er trat zurück, weil er die Friedensbedingungen des Versailler Vertrages nicht akzeptieren konnte. 121 Scheidemann gehörte dem Ausschuss weiterhin als ordentliches Mitglied an. Vgl. das Mitgliederverzeichnis in den Akten über die Verhandlungen des ständigen Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, BArch R 101 / 1164, S. 216. 122 Siehe das Mitgliederverzeichnis in den Akten über die Verhandlungen des ständigen Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, BArch R 101 / 1164, S. 216. 123 Siehe das Mitgliederverzeichnis in BArch R 101 / 1166, S. 6 sowie Fritz Poetzsch, Vom Staatsleben unter der Weimarer Verfassung, in: Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart, Bd. 13 (1925), S. 123 f. 124 Soweit es sich anhand gedruckter Quellen nachvollziehen lässt, waren dies die Abgeordneten Scheidemann (SPD), Ledebour (USPD), Spahn (Zentrum), Graf von Westarp (DNVP), Haas (Baden) (DDP), Haußmann (DDP) und Schiffer (Magdeburg) (DDP). Vgl. die

I. Parlament und Außenpolitik bis zum Ende der Weimarer Republik

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Tabelle 1 Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses in der Weimarer Republik (1919 – 1933) Wahlperiode

Vorsitzender

Stellvertretender Vorsitzender

Nationalversammlung (1919)

Philipp Scheidemann (SPD) Conrad Haußmann (DDP)

1. Wahlperiode (1920 – 1924)

Gustav Stresemann (DVP)*; Hermann Müller (Franken) Ernst Scholz (DVP) (SPD) (ab Sept. 1923)

2. Wahlperiode (1924)

Hermann Müller (Franken) (SPD)

Kuno Graf von Westarp (DNVP)

3. Wahlperiode (1924 – 1928)

Oskar Hergt (DNVP)**; Max Wallraf (DNVP) (ab Feb. 1927)

Hermann Müller (Franken) (SPD)

4. Wahlperiode (1928 – 1930)

Philipp Scheidemann (SPD) Max Wallraf (DNVP)

5. Wahlperiode (1930 – 1932)

Wilhelm Frick (NSDAP)

Philipp Scheidemann (SPD)

6. Wahlperiode (1932)

Wilhelm Frick (NSDAP)

Philipp Scheidemann (SPD)

7. Wahlperiode (1932 – 1933)

Wilhelm Frick (NSDAP)

Philipp Scheidemann (SPD)

Quelle: Eigene Zusammenstellung nach den Angaben in den Ausschussprotokollen. * Am 13. August 1923 zum Reichskanzler ernannt. ** Am 29. Januar 1927 zum Reichsminister der Justiz und Stellvertreter des Reichskanzlers berufen.

Aus den Reihen der Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses rekrutierten sich drei spätere Reichskanzler: Gustav Stresemann (DVP)125, Wilhelm Marx (Zentrum)126 und Hermann Müller (SPD).127 Drei vormalige Reichskanzler wurden nach dem Ende ihrer Amtszeit Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses: Joseph Mitgliederverzeichnisse des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, BArch R 101 / 1164, S. 3 und S. 216 sowie die in den Reichstagsprotokollen bzw. Reichstagsdrucksachen genannten Namen der Mitglieder der Kommission für den Reichshaushaltsetat (Hauptausschuss), Stenographische Berichte des Reichstags, Bd. 306, S. 53 (D) sowie Bd. 317, Aktenstück Nr. 255, S. 380. 125 Gustav Stresemann, Vorsitzender des Ausschusses in der 1. Wahlperiode, war nach einer kurzen Amtszeit als Reichskanzler (August – November 1923) ab November 1923 Reichsaußenminister und blieb es bis zu seinem Tode am 3. Oktober 1929. 126 Wilhelm Marx, Reichskanzler von 1923 bis 1924, wurde 1925 kurzzeitig preußischer Ministerpräsident, 1926 dann Reichsminister der Justiz und im selben Jahr erneut Reichskanzler. 127 Hermann Müller (SPD) wurde 1919 zunächst Reichsaußenminister, 1920 dann kurzzeitig Reichskanzler, von 1920 bis 1928 war er Vorsitzender bzw. stellvertretender Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses bis er von 1928 bis 1930 erneut Reichskanzler wurde.

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A. Entstehungsgeschichte

Wirth (Zentrum)128, Heinrich Brüning (Zentrum)129 und Franz von Papen (Zentrum).130 Auch Reichsminister entstammten aus den Reihen der Mitglieder des Ausschusses: Oskar Hergt (DNVP)131, Theodor von Guérard (Zentrum)132 sowie Johann Viktor Bredt (WP)133. Ein Paradebeispiel für den Wechsel zwischen Regierungsamt und Auswärtigem Ausschuss ist Hermann Müller (SPD). Er wurde 1919 zunächst Reichsaußenminister, 1920 dann kurzzeitig Reichskanzler, war von 1920 bis 1928 Vorsitzender bzw. stellvertretender Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses, bis er von 1928 bis 1930 erneut Reichskanzler wurde und nach dem Ende seiner Kanzlerschaft zunächst als stellvertretendes, dann als ordentliches Mitglied, in den Auswärtigen Ausschuss zurückkehrte. Ab 1930 traten schließlich auch führende Nazigrößen wie Hermann Göring und Joseph Goebbels als Mitglieder in den Ausschuss ein.134 Der NSDAP-Fraktionsvorsitzende Wilhelm Frick wurde am 16. Oktober 1930 zum Ausschussvorsitzenden gewählt135 und blieb es, bis die parlamentarische Demokratie in Deutschland ihr vorläufiges Ende gefunden hatte.

b) Zur Tätigkeit des Ausschusses Über die Tätigkeit des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten in der Zeit von 1919 bis 1933 ist wenig bekannt.136 Sie stellt bis heute weitgehend ein Deside128 Joseph Wirth (Zentrum) trat nach dem Ende seiner Amtszeit 1922 als ordentliches Mitglied in den Ausschuss ein, wurde 1929 zunächst Reichsminister für die besetzten Gebiete, dann Reichsinnenminister und ab 1931 wiederum stellvertretendes Mitglied im Auswärtigen Ausschuss. 129 Siehe die Benennung durch den Fraktionsvorstand der Zentrumspartei vom 22. März 1933, BArch R 101 / 1172, S. 6. 130 Siehe die Vorschläge für die Besetzung des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten vom 12. Dezember 1933, BArch R 101 / 1172, S. 14. 131 Hergt wurde im vierten Kabinett Marx (Januar 1927 – Juni 1928) zum Reichsjustizminister und Stellvertreter des Reichskanzlers berufen und kehrte nach dem Ende seiner Amtszeit als ordentliches Mitglied in den Auswärtigen Ausschuss zurück. 132 von Guérard war im zweiten Kabinett Müller (Juni 1928 – März 1930) für einige Monate Verkehrsminister (bis Februar 1929) und wurde im ersten Kabinett Brüning (März 1930 – Oktober 1931) erneut zum Verkehrsminister berufen. 133 Bredt war im ersten Kabinett Brüning (März 1930 – Oktober 1931) Justizminister. 134 Siehe hierzu die Benennung durch den NSDAP-Fraktionsvorstand, BArch R 101 / 1170, S. 121. 135 Siehe BArch R 101 / 1170, S. 190. 136 Soweit erkennbar ist hierzu lediglich eine zeitgenössische Veröffentlichung erschienen: Joh. Victor Bredt, Der Auswärtige Ausschuß, in: Der Deutschen-Spiegel (hrsg. v. Erich Haeuber und Otto Kriegk), Jahrgang 1925, 49. Heft, 4. Dezember 1925, S. 2323 – 2326.

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rat historischer Forschung dar.137 Die Sitzungsprotokolle des Ausschusses aus der Weimarer Zeit sind vollständig erhalten und im Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde einzusehen.138 Ihr Inhalt beschränkt sich allerdings häufig auf die nur stichwortartige Wiedergabe der behandelten Themen sowie die Angabe der jeweiligen Redner.139 Die „dürren Protokolle“ dürften vor allem auf den Umstand zurückzuführen sein, dass Stenographen des Reichstags an den Sitzungen des Auswärtigen Ausschusses nicht teilnahmen und ein mit der Protokollierung der Sitzungen befasster Ausschussdienst nicht existierte.140 Die Protokolle wurden stattdessen von zu Schriftführern bestellten Ausschussmitgliedern während der Sitzungen höchstselbst handschriftlich angefertigt.141 Wohl aus diesem Grunde haben sie im Wesentlichen nur den Charakter von Ergebnisprotokollen.142 Neben den knapp gehaltenen Sitzungsniederschriften finden sich in den Ausschussakten außerdem die Teilnehmerlisten der Sitzungen, zahlreiche Abschriften diplomatischer Schriftstücke sowie einige Presseberichte über den Gang der Ausschussberatungen. Ausweislich seiner Sitzungsprotokolle hat sich der Auswärtige Ausschuss in der kurzen Periode der Weimarer Republik mit allen wichtigen Fragen deutscher Außenpolitik, wie etwa dem Dawes-Plan143, den Locarno-Verträgen144 und dem 137 Vgl. Hölscher (Anm. 5), S. XIII. Zur Rolle des Auswärtigen Ausschusses in der Zeit von 1919 – 1926 siehe die Darstellung von Heinz Bertelsmann, The Role of the German Parliament in Foreign Affairs 1919 – 1926, ohne Ort 1956, (maschinenschriftlich), insb. S. 7 – 11 sowie 533 – 535. Eine kurze Erwähnung findet der Auswärtige Ausschuss zudem bei Thomas Mergel, Parlamentarische Kultur in der Weimarer Republik: Politische Kommunikation, symbolische Politik und Öffentlichkeit im Reichstag, Düsseldorf 2002, S. 193 f. 138 Der Aktenbestand zu den Verhandlungen des ständigen Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten in der Zeit von August 1919 bis April 1935 findet sich unter den Bestandsnummern BArch R 101 / 1164 -1172. 139 Lediglich von gemeinsamen Sitzungen des Auswärtigen Ausschusses mit dem Ausschuss für den Reichshaushalt anlässlich der Haager Konferenz 1929 / 30 sind gedruckte stenographische Protokolle angefertigt worden; siehe BArch R 101 / 1169, S. 266 – 276 (Rückseite), 282 – 291, 296 – 297, 301 – 307, 311 – 318, 324 – 325, 329 – 332 (Rückseite), 339 – 340 (Rückseite), 346 – 348 (Rückseite), 355, 360 – 364 (Rückseite), 370 – 371 (Rückseite), 376 – 378. Außerdem ist eine Rede des Reichsministers der Finanzen Luther (parteilos) in der Sitzung des Ausschusses am 23. August 1924 auf besonderen Antrag hin wörtlich festgehalten und den Ausschussmitgliedern als gedrucktes stenographisches Protokoll zugänglich gemacht worden. Siehe BArch R 101 / 1166, S. 206 f. 140 Vgl. hierzu Mergel (Anm. 137), S. 194 Fn. 69, der die „dürren Protokolle“ darauf zurückführt, dass im Ausschuss viel „unter vier Augen“ geregelt wurde. 141 Die überwiegende Zahl der Sitzungsniederschriften stammt von dem zum Schriftführer bestellten Abgeordneten Otto Hoetzsch (DNVP). 142 Siehe hierzu die an der Akademie der Wissenschaften der DDR entstandene Biographie von Gerd Voigt, Otto Hoetzsch 1876 – 1946. Wissenschaft und Politik im Leben eines deutschen Historikers, Berlin 1978, S. 137, der meint, die Protokolle seien deshalb so inhaltsleer, weil der Schriftführer Hoetzsch bei den Sitzungen sehr häufig selbst das Wort ergriffen habe. 143 Der Dawes-Plan sah eine Reduzierung der Reparationsleistungen des Deutschen Reiches vor.

4 Pilz

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Briand-Kellogg-Pakt 145, in der Phase ihrer Aushandlung ausführlich beschäftigt. Das etwas ausführlichere Protokoll der Sitzung des Ausschusses vom 26. September 1923, in der Reichskanzler Stresemann eine „ausführliche Erklärung über die Aufgabe des passiven Widerstandes an der Ruhr und Rhein“ abgab, gibt einen Eindruck davon, dass die Diskussionen im Auswärtigen Ausschuss durchaus polemisierend und heftig sein konnten.146

c) Vertraulichkeit der Beratungen Wie schon der Hauptausschuss des Reichstags der Kaiserzeit, tagte der Auswärtige Ausschuss in der Weimarer Republik vertraulich, im Gegensatz zu diesem aber als „geschlossener Ausschuss“. Dies bedeutete, dass nur die dem Auswärtigen Ausschuss angehörenden Mitglieder an dessen Sitzungen teilnehmen konnten. Eine Ausnahme wurde lediglich für die ständigen Stellvertreter der Ausschussmitglieder gemacht, die bei den Sitzungen ebenfalls anwesend sein durften; ein Stimmrecht besaßen sie aber nur dann, wenn sie ein ordentliches Mitglied zu vertreten hatten. Diese Regelung geht auf einen selbständigen Beschluss des Ausschusses zurück. Auf seiner 4. Sitzung am 23. September 1919 hatte der Ausschuss vor Eintritt in die Tagesordnung beschlossen: „Die stellvertretenden Mitglieder sollen regelmäßig mit eingeladen werden; sie können sich an der Aussprache u. Beschlußfassung bzw. Abstimmung selbstverständlich nur beteiligen dürfen, soweit das ordentliche Mitglied des Ausschusses nicht anwesend ist.“147 Der erste Ausschussvorsitzende Philipp Scheidemann (SPD) hat diese Regelung am 20. Oktober 1919 auf Nachfragen ausdrücklich bestätigt und zugleich festgestellt, dass Abgeordnete, die keine Mitglieder waren, von der Teilnahme an den Sitzungen ausgeschlossen wurden.148 Dies war eine Besonderheit, denn grundsätzlich galt für alle Ausschussberatungen, dass auch Abgeordnete, die nicht Mitglied waren, ohne Rederecht als Zuhörer teilnehmen konnten.149 Trotz der erhöhten Vertraulichkeit kam es aber immer wieder zu Indiskretionen. Reichskanzler Bauer (SPD) hatte schon am 12. Dezember 1919 in einem Schrei144 In den Locarno-Verträgen verzichteten Deutschland, Frankreich und Belgien auf eine gewaltsame Veränderung ihrer gemeinsamen Grenzen. 145 Der Briand-Kellogg-Pakt war ein Nichtangriffsbündnis, dem sich insgesamt 63 Staaten anschlossen. 146 Siehe BArch R 101 / 1165, S. 335 – 336. 147 BArch R 101 / 1164, S. 14. 148 Siehe hierzu das gedruckte Protokoll der Sitzung des Ausschusses für den Reichshaushalt vom 20. Oktober 1919, BArch R 101 / 1164, S. 27. Eine entsprechende Anmerkung zur „Nichtöffentlichkeit“ der Sitzungen findet sich bei Fritz Poetzsch, Vom Staatsleben unter der Weimarer Verfassung, in: Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart, Bd. 13 (1925), S. 124. 149 Mergel (Anm. 137), S. 193.

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ben an den Ausschussvorsitzenden Scheidemann (SPD) darauf hingewiesen, dass dem Direktor der Presseabteilung der Reichsregierung ein Bericht über die Sitzung des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten zur Genehmigung vorgelegt worden sei, der nach Aussage der betreffenden Journalisten von einem Mitglied des Ausschusses herrührte. „Dass bei der strengsten Vertraulichkeit, unter der sich die Verhandlungen des Ausschusses abspielen sollen, ein solches Vorkommnis möglich ist, ist höchst bedauerlich und birgt für Reichsregierung und Parlament die schwersten Gefahren in sich. Ich wäre Ihnen für Aufklärung des Falles und nochmalige strengste Mahnung an die Mitglieder des Ausschusses dankbar.“150 Auch Außenminister Müller (SPD) wies in einem Schreiben an den Ausschussvorsitzenden Scheidemann (SPD) vom 10. Februar 1920 auf einen am gleichen Tage im Berliner Lokalanzeiger erschienenen Artikel hin, in dem ausführlich über die Beratungen des Ausschusses vom Vortag berichtet wurde. „Bei der strengen Vertraulichkeit der Verhandlungen stellt sich derselbe als ein grober Vertrauensbruch dar[,] der es ausserordentlich bedenklich erscheinen lässt, dass Mitglieder der Regierung vertrauliche Mitteilungen im Ausschuss machen. Ich bitte ergebenst diese Angelegenheit in der nächsten Sitzung des Ausschusses zur Sprache zu bringen, damit der Urheber dieser gefährlichen Indiskretion festgestellt und weitere Indiskretionen unterbunden werden können.“151 Wer der Urheber der Indiskretionen war, konnte nie mit Sicherheit festgestellt werden. Die Umstände weisen aber zumindest für die späteren Fälle von Indiskretionen auf die Kommunisten hin: Die KPD verlangte von den kommunistischen Wahlbewerbern eine Erklärung darüber, dass für sie ein Schweigegebot oder ein diplomatisches Amtsgeheimnis nicht gelte.152 Die kommunistischen Abgeordneten sollten über alles, was sie erfuhren, Bericht erstatten, was ihnen großes Misstrauen einbrachte und die Reichsregierung dazu veranlasste, im Auswärtigen Ausschuss kaum noch vertrauliche Erklärungen abzugeben.153 Indiskretionen drohten aber BArch R 101 / 1164, S. 48. BArch R 101 / 1164, S. 195. 152 Vgl. Mergel (Anm. 137), S. 193. Wiedergabe der Erklärung in BArch R 101 / 1501, S. 162. 153 Vom Ausschussvorsitzenden Müller (Franken) (SPD) wurden die kommunistischen Ausschussmitglieder in der Sitzung des Ausschusses am 17. Juni 1924 dazu aufgefordert, eine ausdrückliche Erklärung darüber abzugeben, dass sie die Vertraulichkeit der Verhandlungen wahrten. Da diese Erklärung von der Ausschussmehrheit jedoch als nicht ausreichend angesehen wurde, beantragte man eine Änderung des § 28 der Geschäftsordnung des Reichstages in Erwägung zu ziehen und die Kommunisten von den Beratungen des Ausschusses auszuschließen. Siehe hierzu den mündlichen Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, Verhandlungen des Reichstags, II. Wahlperiode 1924, Bd. 382, DrucksacheNr. 227 sowie den Bericht des Berichterstatters Graf von Westarp (DNVP), Verhandlungen des Reichstags, II. Wahlperiode 1924, 15. Sitzung am 22. Juli 1924, Bd. 381, S. 515 (B) – 516 (A). Vgl. Mergel (Anm. 137), S. 193 f. Siehe auch die Ausführungen des der Wirtschaftspartei angehörenden Ausschussmitgliedes Joh. Victor Bredt, Der Auswärtige Ausschuß, in: Der Deutschen-Spiegel (hrsg. v. E. Haeuber und Otto Kriegk), Jahrgang 1925, 49. Heft, 4. Dezember 1925, S. 2323 – 2326, S. 2324. 150 151

4*

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auch von anderer Seite. So wurde 1930 bekannt, dass Hermann Göring (NSDAP) der italienischen Botschaft den Inhalt der geheimen Ausschussverhandlungen zum Young-Plan und zur Entwaffnungsfrage mitgeteilt hatte.154 Zur Information der Öffentlichkeit erschienen im Reichsanzeiger regelmäßig kurze Ergebnisberichte über die Sitzungen des Ausschusses.155 Neben der außenpolitischen Lage und der Beratung von Zustimmungsgesetzen zu völkerrechtlichen Abkommen156, die vom Plenum an den Auswärtigen Ausschuss zur Berichterstattung überwiesen wurden, befasste sich der Ausschuss immer wieder auch mit Petitionen, die ihm zu außenpolitischen Fragen vorgelegt wurden.157

d) Sitzungsteilnehmer Wie alle Ausschüsse konnte der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten gemäß Artikel 33 Absatz 1 der Weimarer Reichsverfassung die Anwesenheit des Reichskanzlers und jedes Ministers verlangen. Der Reichskanzler, die Reichsminister und die von ihnen bestellten Beauftragten hatten ihrerseits gemäß Artikel 33 Absatz 2 WRV ein verfassungsrechtlich verbrieftes Zutrittsrecht zu allen Sitzungen des Reichstages und seiner Ausschüsse. Ausweislich der Anwesenheitslisten und Sitzungsprotokolle des Auswärtigen Ausschusses, nahmen Mitglieder des Reichskabinetts, namentlich der Reichskanzler sowie der Reichsaußenminister, Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses des Reichsrats und Vertreter der verschie154 Mergel (Anm. 137), S. 194. Der Ausschuss beriet hierüber in seiner Sitzung am 29. Oktober 1930. Siehe BArch R 101 / 1170, S. 149 ff. 155 Siehe z. B. Reichsanzeiger vom 21. Juli 1920 Nr. 160 (über Verhandlungen in Spa) sowie vom 2. September 1920 Nr. 197 (über deutsche Neutralitätspolitik gegenüber Russland). Als Findbuch zur Berichterstattung über die Sitzungen des Auswärtigen Ausschusses siehe Martin Schumacher, Weimar-Index: Deutscher Reichsanzeiger und Preussischer Staatsanzeiger, Register 1918 – 1933 (Handbücher zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, Band 4), Düsseldorf 1988. 156 Zu den Beratungsgegenständen des Ausschusses siehe die überblicksartige Zusammenstellung bei Fritz Poetzsch-Heffter, Vom Staatsleben unter der Weimarer Verfassung, in: Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart, Bd. 17 (1929), S. 79 f. sowie ders., Vom Staatsleben unter der Weimarer Verfassung, in: Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart, Bd. 21 (1933 / 34), S. 91 f. 157 Petitionen waren nach § 63 der Geschäftsordnung des Reichstages vom 12. Dezember 1922 vom Reichstagspräsidenten an den „zuständigen Ausschuß“ zu überweisen. Eine entsprechende Regelung galt zunächst auch im Deutschen Bundestag. Erst seit der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Juli 1980 sind Petitionen grundsätzlich an den Petitionsausschuss zu überweisen, der eine Stellungnahme des zuständigen Fachausschusses einholen soll, wenn die Petitionen einen Gegenstand der Beratung in diesem Fachausschuss betrifft (§ 109 Abs. 1 GOBT). Zur Entwicklung des Petitionsrechts siehe Hans-Josef Vonderbeck, Zur Entwicklung des parlamentarischen Petitionsrechts von den Anfängen bis zur jüngsten Neuregelung für den Deutschen Bundestag, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Jg. 6 (1975), Heft 2, S. 178 – 187 sowie Rupert Schick, Petitionen: Von der Untertanenbitte zum Bürgerrecht, 3. neubearbeitete Auflage, Heidelberg 1996.

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denen Reichsministerien, regelmäßig an den Ausschusssitzungen teil. Auf Bitte des Ausschussvorsitzenden waren die zu den Sitzungen erscheinenden Mitglieder der Regierung und des Reichsrats in jedem Fall namentlich anzumelden.158 Die Teilnahme wurde sehr strikt gehandhabt und andere als die im vorhinein schriftlich zu benennenden Vertreter nicht zugelassen.159 Trotz dieser starken Beschränkung der Teilnehmerzahl, nahmen an den Sitzungen des Ausschusses inklusive der ordentlichen und stellvertretenden Ausschussmitglieder in der Regel weit mehr als 100 Personen teil. e) Arbeitsweise Das Auswärtige Amt wurde vom Ausschussvorsitzenden ausdrücklich ersucht, dem Ausschuss „in bestimmten Zwischenräumen, mindestens allmonatlich einmal, über die laufenden Angelegenheiten der Auswärtigen Politik Mitteilung zu machen. Eine solche Berichterstattung hat auch stattzufinden in den Zeiten, in denen das Plenum des Reichstages nicht tagt.“160 Wie den Protokollen zu entnehmen ist, wurden diese Unterrichtungen unter dem Tagesordnungspunkt „Außenpolitische Lage“ häufig durch den Reichskanzler, den Reichsaußenminister oder ein anderes Kabinettsmitglied vorgenommen.161 Alle Reichskanzler mit Ausnahme der letzten drei – Franz von Papen (Zentrum)162, Kurt von Schleicher (parteilos)163 und Adolf Hitler (NSDAP)164 – haben ihre Außenpolitik im Ausschuss mit den Abgeordneten diskutiert. Die Auftritte des Reichskanzlers und der Minister im Ausschuss schienen zeitweilig allerdings den Charakter monologisierender Vortragsveranstaltungen anzunehmen und eine Aussprache mit den Abgeordneten nicht immer zuzulassen. Das Ausschussmitglied Bredt (WP) berichtet: „Daß der Reichskanzler oder der Außenminister bei wichtigen Anlässen eine volle Stunde redet, erscheint durchaus begreiflich. Daß aber derselbe Minister in derselben Ausschussitzung zweimal eine volle Stunde redet, ist entschieden schon zu viel für eine gedeihliche Aussprache.“165 Auch die Informationspraxis der Regierung bei der Aushandlung von völkerrechtlichen Verträgen gab Bredt Anlass zur Kritik: „Die Regierung handelte 158 Siehe hierzu das Schreiben des Ausschussvorsitzenden an das Auswärtige Amt vom 5. Juli 1921, BArch R 101 / 1164, S. 428. 159 Siehe hierzu die Nebenakten zu den Verhandlungen des Auswärtigen Ausschusses mit Anmeldungen von Kommissaren für die Ausschusssitzungen, BArch R 101 / 1173 – 1175. 160 Schreiben des Ausschussvorsitzenden an das Auswärtige Amt vom 5. Juli 1921 (Anm. 158). 161 Vgl. u. a. BArch R 101 / 1165, S. 509, 510. 162 Reichskanzler Franz von Papen (Zentrum), Juni - November 1932. 163 Reichskanzler Kurt von Schleicher (parteilos), Dezember 1932 – Januar 1933. 164 Reichskanzler Adolf Hitler (NSDAP), ab 30. Januar 1933, seit 24. März 1933 mit diktatorischen Vollmachten. 165 Bredt (Anm. 153), S. 2324.

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zunächst auf eigene Faust, führte die Verhandlungen mit anderen Mächten und legte uns erst die fertigen Verträge vor. Diese konnten aber nicht mehr abgeändert werden, sondern nur noch im Ganzen angenommen oder abgelehnt werden.“166 Inwieweit diese Äußerungen Bredts über die Einflusslosigkeit des Auswärtigen Ausschusses freilich durch persönliche und politische Motive – vor allem durch eine gewisse Gegnerschaft zu Außenminister Stresemann – gefärbt sind, mag hier dahin gestellt bleiben.167 Vereinzelte Hinweise deuten jedenfalls darauf hin, dass der Ausschuss – zumindest in der Ära Stresemann – eine nützliche Plattform des Austauschs zwischen den Parteien und dem Auswärtigen Amt war.168 Auch für die Zeit nach Stresemann ist festzustellen, dass dem Ausschuss keine unbedeutende Rolle zukam. So berichtet Fritz Poetzsch-Heffter für die Zeit von 1929 – 1933, dass der „ständige Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten [ . . . ] angesichts der bedeutsamen außenpolitischen Entscheidungen in der Berichtsperiode eine wichtige Tätigkeit“ entfaltet habe.169 Ausweislich der Ausschussprotokolle und der darin enthaltenen Anträge der Fraktionen muss es im Zusammenhang mit dem YoungPlan im Ausschuss zu heftigen Auseinandersetzungen mit der Reichsregierung gekommen sein.170 Für die Bedeutung des Auswärtigen Ausschusses spricht nicht zuletzt auch der rege Andrang von Vertretern der Reichsexekutive, des Bundesrates und der Länder.171 Ab 1930 versuchten insbesondere die Nationalsozialisten den Auswärtigen Ausschuss für ihre politischen Zwecke zu instrumentalisieren. Unter dem Ausschussvorsitzenden Wilhelm Frick, der zugleich NSDAP-Fraktionsvorsitzender war, kam es zur Einreichung zahlreicher Entschließungsanträge.172 Der Reichsregierung wurde darin in zum Teil rüden Worten das Misstrauen ausgesprochen.173 166 Siehe Erinnerungen und Dokumente von Joh. Victor Bredt 1914 bis 1933, bearbeitet von Martin Schumacher, Düsseldorf 1970 (Quellen zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, Dritte Reihe: Die Weimarer Republik, hrsg. von der Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien), Band 1, S. 184. 167 Vgl. Hölscher (Anm. 5), S. XIII. 168 Siehe Hölscher (Anm. 5), S. XIII mit weiteren Nachweisen in Fn. 12. 169 Fritz Poetzsch-Heffter, Vom Staatsleben unter der Weimarer Verfassung, in: Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart, Bd. 21 (1933 / 34), S. 91. 170 Siehe hierzu das Protokoll der Sitzung vom 29. Oktober 1930, BArch R 101 / 1170, S. 149 ff. 171 Siehe hierzu oben Anm. 159. 172 Siehe hierzu BArch R 101 / 1170, S. 182 – 189, 204 – 209, 218 – 220, 278 – 283; BArch R 101 / 1171, S. 19, 32 – 35, 59, 111 – 115, 124 – 127, 133 – 134, 141. Siehe auch Fritz Poetzsch-Heffter, Vom Staatsleben unter der Weimarer Verfassung, in: Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart, Bd. 21 (1933 / 34), S. 91 ff. 173 Siehe etwa den Antrag Nr. 19 vom 18. Dezember 1930: „Der Ausschuß wolle beschließen: Der Auswärtige Ausschuß hat in seiner letzten Sitzung vom 2. d. M. beschlossen, die Reichsregierung zu ersuchen, nachdem die Verhandlungen und Beschlüsse der vorbereitenden Abrüstungskommission sich als Komödie erwiesen hatten, die deutsche Delegation mit dem Grafen Bernstorff sofort von Genf zurückzurufen. Der Reichsaußenminister hat diesem

I. Parlament und Außenpolitik bis zum Ende der Weimarer Republik

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f) Der Auswärtige Ausschuss als Untersuchungsausschuss Gemäß Artikel 35 Absatz 3 der Reichsverfassung besaß der Ausschuss ausdrücklich die Rechte eines Untersuchungsausschusses. Am 10. November 1922 setzte der Ausschuss erstmals einen Untersuchungsausschuss zur Untersuchung der Materialien im Fechenbach-Prozeß ein174, dem sieben Mitglieder angehörten.175 Soweit ersichtlich, war dies jedoch der einzige Untersuchungsausschuss, der in der Weimarer Zeit vom Auswärtigen Ausschuss eingesetzt wurde. Allerdings kann eine klare Abgrenzung zwischen den nach Artikel 35 Absatz 3 der Reichsverfassung einzusetzenden Untersuchungsausschüssen sowie den vom Ausschuss von Zeit zu Zeit zur Behandlung spezieller Fragen eingesetzten Unterausschüssen nicht immer gezogen werden.176 Ein am 3. Februar 1925 konstituierter Unterausschuss für Amnestiefragen der besetzten Gebiete177 hatte etwa zu prüfen, „ob die Erläuterungen des Reichsjustizministeriums zur Anwendung der Amnestie für die besetzten Gebiete dem Geiste des Londoner Abkommens entsprechen oder eventuelle Änderungen oder Ergänzungen in Frage kommen“.178 Am 2. November 1926 wurde aufgrund eines interfraktionellen Antrages der Abgeordneten Kaas (Zentrum), von Bernstorff (DDP), Dauch (DVP) Müller (SPD) und von Guérard (Zentrum) die Einrichtung eines Unterausschusses zu Fragen der MilitärErsuchen absichtlich nicht entsprochen. Der Auswärtige Ausschuß spricht aus diesem Anlaß und weil er mit der mattherzigen, dem am 14. September kundgetanen Willen des deutschen Volkes in keiner Weise Rechnung tragenden Führung unserer Außenpolitik, wie sie sich vor allem in der Frage der Young-Tribute, in der Abwehr des Polenterrors und in der Abrüstungsfrage gezeigt hat, nicht einverstanden ist, dem Reichsaußenminister Dr. Curtius das Misstrauen aus.“ BArch R 101 / 1170, S. 204. 174 Es handelte sich um ein Strafverfahren gegen den politischen Schriftsteller Felix Fechenbach und zwei Genossen wegen Landesverrats. Fechenbach war zu 11 Jahren Zuchthaus verurteilt worden. Das Urteil hatte in Deutschland und im Ausland großes Aufsehen erregt und scharfe Kritik hervorgerufen. Zahlreiche Eingaben schriftstellerischer und journalistischer Verbände wandten sich dagegen, weshalb der Auswärtige Ausschuss beschloss, die Akten des Prozesses einzufordern und die in ihnen zutage tretenden außenpolitischen Materialien einer Untersuchung zu unterziehen. Siehe BArch R 101 / 1165, S. 181 sowie S. 366. 175 Zum Bericht des Untersuchungsausschusses siehe BArch R 101 / 1165, S. 359 – 433. 176 Der Untersuchungsausschuss im Fechenbach-Prozeß wird in den Akten und Protokollen als „Unterausschuss zur Untersuchung des Materials im Fechenbach-Prozeß“ bezeichnet. Siehe BArch R 101 / 1165, S. 361. 177 Siehe die handschriftliche Mitteilung des Vorsitzenden des Unterausschusses Kaas (Zentrum) an das Büro des Reichstags, BArch R 101 / 1166, S. 276. 178 BArch R 101 / 1166, S. 277. Hintergrund der Untersuchung waren Fälle von Zusammenrottungen und Plünderungen, die sich im Herbst 1923 im Rheinland ereignet hatten, als es im besetzten Gebiet infolge stockender Lebensmittelversorgung und größter Geldknappheit zu Unruhen kam. Der Unterausschuss empfahl, soweit eine weitgehende Einzelbegnadigung durch die zuständigen Behörden in den amnestiewürdigen Fällen nicht erreicht werden könne, den beschleunigten Erlass eines besonderen Amnestiegesetzes. Vgl. die Akten und Protokolle des Unterausschusses BArch R 101 / 1166, S. 276 – 357, 371 – 373.

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A. Entstehungsgeschichte

kontrolle beschlossen179, der vertrauliche Materialien zur Entwaffnungsfrage erörterte.180 g) Ende der Ausschusstätigkeit Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 und der Verabschiedung des Ermächtigungsgesetzes am 23. März 1933181 fand eine Kontrolle der Außenpolitik der Regierung Hitler durch den Reichstag nicht mehr statt. Im Anschluss an die Reichstagswahl vom 5. März 1933 wurden zwar noch einmal Vertreter der Fraktionen für den am 23. März konstituierten Auswärtigen Ausschuss benannt182, das Gremium ist nach seiner konstituierenden Sitzung am gleichen Tage183 allerdings nicht mehr einberufen worden.184 Nach der Wahl zum NSDAP-Einparteienparlament am 12. November 1933 genügte Reichstagspräsident Göring zunächst zwar noch der durch Artikel 35 RV auferlegten Pflicht zur Bestellung der ständigen Ausschüsse, indem er im Einvernehmen mit dem Fraktionsführer Frick vorrangig prominente Nationalsozialisten in diese Gremien entsandte.185 Nachdem die „Pseudo-Volksvertretung“ durch die Reichstagswahl vom 29. März 1936 bestätigt worden war, verzichtete man aber schließlich auch auf die formale Bestellung der ständigen Ausschüsse. Dass damit eklatant gegen Artikel 35 der Reichsverfassung verstoßen wurde, spielte nun keine Rolle mehr.186 Die von den Nationalsozialisten seit ihrer Machtübernahme zielstrebig verfolgte Regierungspolitik der Ausschaltung des Reichstags als Kontrollorgan war perfekt.187

179 BArch R 101 / 1168, S. 28 (Rückseite). Der handschriftliche Antrag findet sich im Original in BArch R 101 / 1168, S. 33. 180 Siehe hierzu auch den Hinweis des Abgeordneten Bredt (WP) in den Stenographischen Bereichten des Reichstags, 3. Wahlperiode, 237. Sitzung vom 24. November 1926, Bd. 391, S. 8159 (A). Die Materialien und Protokolle des Unterausschusses finden sich in BArch R 101 / 1168, S. 52 – 160. 181 Siehe Stenographische Berichte des Reichstags, 8. Wahlperiode, 2. Sitzung vom 23. März 1933, Bd. 457, S. 40 (C). Das als Ermächtigungsgesetz in den historischen Sprachgebrauch eingegangene „Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich“ wurde verkündet am 24. März 1933 im Reichsgesetzblatt 1933 I, S. 141. 182 Siehe Stenographische Berichte des Reichstags, 8. Wahlperiode, 2. Sitzung vom 23. März 1933, Bd. 457, S. 23 (D). 183 Siehe hierzu das Konstituierungsprotokoll, BArch R 101 / 1172, S. 1. 184 Vgl. Peter Hubert, Uniformierter Reichstag. Die Geschichte der Pseudo-Volksvertretung 1933 – 1945, Düsseldorf 1992, S. 68. 185 In den Auswärtigen Ausschuss u. a. Wilhelm Frick, August Wilhelm Prinz von Preußen, Joachim von Ribbentrop, Ernst Röhm (München) und Baldur von Schirach. Siehe BArch R 101 / 1172, S. 14. 186 Hölscher (Anm. 5), S. XIV. 187 Zum Ende der Parlamentsausschüsse nach 1933 siehe Hubert (Anm. 184), S. 46 – 49 und 64 – 69.

II. Institutionalisierung des Auswärtigen Ausschusses im Grundgesetz

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II. Die verfassungsrechtliche Institutionalisierung des Auswärtigen Ausschusses im Grundgesetz Das am 23. Mai 1949 verabschiedete Grundgesetz enthielt zunächst keine an Artikel 35 WRV anknüpfende Regelung über die Einsetzung eines Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten. In den Beratungen des Herrenchiemseer Verfassungskonventes hatte dieser Punkt keine Rolle gespielt.188 Dies mag vor allem daran gelegen haben, dass zu jener Zeit über die außenpolitischen Kompetenzen der Bundesorgane im Verhältnis zu den Besatzungsmächten noch Ungewißheit herrschte.189 An eine eigene Außenpolitik war im besetzten Deutschland der unmittelbaren Nachkriegszeit nicht zu denken, weshalb wohl auch der Parlamentarische Rat für die verfassungsrechtliche Institutionalisierung eines Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten keinen Anlass sah.190 Von einem „Ausschuß für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten“ ist erstmals in einem interfraktionellen Antrag zur Einsetzung von Ausschüssen die Rede.191 Der Deutsche Bundestag beschloß dessen Einsetzung in seiner 10. Sitzung am 29. September 1949.192 Erster Vorsitzender des Ausschusses wurde der Sozialdemokrat Carlo Schmid, sein Stellvertreter der Christdemokrat Eugen Gerstenmaier.193 Noch in der 1. Wahlperiode beantragte die CDU / CSU-Fraktion, die Bezeichnung des Ausschusses in „Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten“ zu ändern.194 Der Antrag wurde in der 268. Sitzung des Bundestages am 3. Juni 1953 angenommen.195 Seit der 5. Wahlperiode wird der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten in den Einsetzungsbeschlüssen des Bundestages als „Auswärtiger Ausschuß“ bezeichnet.196 Eine dem Artikel 35 WRV vergleichbare verfassungsrechtliche Institutionalisierung des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten gelangte erst 1956 im 188 Wilfried Berg, Artikel 45a GG, in: Rudolf Dolzer / Klaus Vogel (Hrsg.), Kommentar zum Bonner Grundgesetz, Band 6, S. 3 (Loseblatt, Stand: 51. Lieferung, April 1986). 189 Vgl. Michael F. Feldkamp, Der Parlamentarische Rat 1948 – 1949: Die Entstehung des Grundgesetzes, Göttingen 1998, S. 77. Siehe hierzu auch den Bericht des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten vom 20. Mai 1953, BT-Drs. I / 4369. 190 Vgl. Jürgen C. Weichert, Der Ausschuß für Auswärtige Angelegenheiten, in: Außenpolitik 11 (1960), S. 618 – 627, S. 623. 191 BT-Drs. I / 45. 192 Stenographische Berichte des Deutschen Bundestages, Bd. 1, S. 188 (C). 193 Kurzbiographien von Carlo Schmid und Eugen Gerstenmaier sowie aller übrigen Ausschussmitglieder der 1. Wahlperiode sind abgedruckt bei Hölscher (Anm. 5), S. CIV ff. 194 Antrag vom 26. Februar 1953, BT-Drs. I / 4149. Siehe hierzu auch den schriftlichen Bericht des Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten vom 20. Mai 1953, BT-Drs. I / 4369. 195 Stenographische Berichte des Deutschen Bundestages, Bd. 16, S. 13227 (C). 196 Siehe BT-Drs. V / 42.

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A. Entstehungsgeschichte

Rahmen der Einführung der Wehrverfassung in das Grundgesetz. Einer Einschätzung von Wilfried Berg zufolge, ist die Aufnahme des Auswärtigen Ausschusses in Artikel 45a des Grundgesetzes „nach den Materialien lediglich als Begleiterscheinung und „Nebenprodukt“ der grundgesetzlichen Institutionalisierung des Verteidigungsausschusses im Rahmen der Wehrverfassung zu würdigen.“197 Weil Artikel 35 der Weimarer Reichsverfassung „als Vorbild der verfassungsrechtlichen Ausgestaltung des Verteidigungsausschusses diente, ging man offenbar davon aus, daß das Vorbild nicht leer ausgehen dürfe.“198 Der Blick in die Materialien bestätigt diese Einschätzung Bergs. Während der Beratungen zu Artikel 45a GG ging es ausschließlich um Fragen der Wehrverfassung sowie um die Schaffung der Institution eines Wehrbeauftragten. Die Außenpolitik spielte dabei keine Rolle.199 Die im Zusammenhang mit der Wehrverfassung stehenden Fragen der Verfassungsreform wurden seinerzeit federführend vom Rechtsausschuss sowie mitberatend vom Ausschuss für Fragen der europäischen Sicherheit behandelt. In der Sitzung des Ausschusses für Fragen der europäischen Sicherheit am 14. Dezember 1955 äußerte der Abgeordnete Wilhelm Mellies (SPD), ob nicht auch der Auswärtige Ausschuss in die Beratungen über den neu in das Grundgesetz einzufügenden Artikel 45a mit einbezogen werden solle – „wir finden nur, daß es etwas merkwürdig aussieht, wenn dieser Vorschlag von uns kommt.“200 Der Ausschussvorsitzende Richard Jaeger (CSU) teilte hierzu mit, er habe in dieser Angelegenheit dem Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses Kurt-Georg Kiesinger (CDU) geschrieben und mit dem stellvertretenden Vorsitzenden Carlo Schmid (SPD) gesprochen. Schmid habe ihm „der Einfachheit halber mündlich, jedoch offiziell mitgeteilt, daß der Auswärtige Ausschuß einen solchen Antrag begrüßt, ihn aber selbst nicht stellen kann, weil die Sache bei ihm nicht anhängig ist.“201 In den weiteren Beratungen äußerte der FDP-Abgeordnete Max Becker (Hersfeld) seine Verwunderung darüber, dass die Rechte eines Untersuchungsausschusses lediglich für den Sicherheitsausschuss202, nicht aber für den Auswärtigen AusBerg (Anm. 188), S. 64. Berg, (Anm. 188), S. 64. 199 Siehe hierzu auch Hans-Joachim Berg, Der Verteidigungsausschuß des Deutschen Bundestages: Kontrollorgan zwischen Macht und Ohnmacht, München 1982, zugl. Diss. Univ. Bochum, S. 33 ff. sowie Berg (Anm. 188), S. 5 ff. und 64 f. 200 Protokolle des Ausschusses für Fragen der europäischen Sicherheit, 61. Sitzung vom 14. Dezember 1955 (Teil II), S. 43, Deutscher Bundestag, Parlamentsarchiv. 201 So der Vorsitzende des Ausschusses für Fragen des europäischen Sicherheit Jaeger (CSU). Siehe Protokolle des Ausschusses für Fragen der europäischen Sicherheit, 61. Sitzung vom 14. Dezember 1955 (Teil II), S. 43, Deutscher Bundestag, Parlamentsarchiv. 202 Bis zu seiner grundgesetzlichen Verankerung als „Ausschuß für Verteidigung“ wurde der Ausschuss allgemein als „Sicherheitsausschuß“ bezeichnet. 197 198

II. Institutionalisierung des Auswärtigen Ausschusses im Grundgesetz

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schuss vorgesehen seien. Seiner Meinung nach „sollte diese Regelung für beide Ausschüsse oder für keinen von beiden gelten.“203 Der Ausschussvorsitzende Jaeger (CSU) bemerkte hierzu, dass die Frage des Untersuchungsausschusses in seinen Gesprächen mit dem stellvertretenden Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses Schmid keine Rolle gespielt habe. Es sei nur um die Frage des „Verfassungsorgans“ gegangen; die Stellung eines Untersuchungsausschusses werde vom Auswärtigen Ausschuss nicht gewünscht „und schien mir auch nicht so notwendig zu sein, wie sie bei uns notwendig ist“.204 Auf nochmaliges Nachfragen des Abgeordneten Fritz Erler (SPD), der abermals darauf hinwies, dass die vorgeschlagene Bestimmung des neu ins Grundgesetz einzufügenden Artikels 45a „weitgehend der Weimarer Verfassung nachgebildet [sei], und zwar dort gerade nach dem Beispiel des Auswärtigen Ausschusses“205, erklärte der Ausschussvorsitzende Jaeger (CSU) abschließend: „Bisher hat sich der Auswärtige Ausschuß nicht geäußert, er hat nur gesagt, daß er Verfassungsorgan werden will.“206 Wohl weil er formell nicht in die Beratungen über die Grundgesetzergänzung mit einbezogen worden war, verhielt sich der Auswärtige Ausschuss in der Frage seiner verfassungsrechtlichen Institutionalisierung ausgesprochen gleichgültig. Ausweislich der Sitzungsprotokolle ist im Ausschuss zu keinem Zeitpunkt hierüber gesprochen worden. Themen, wie die damals anstehende Moskau-Reise des Bundeskanzlers Adenauer, bei der die Freilassung der deutschen Kriegsgefangenen sowie die Herstellung diplomatischer Beziehungen zwischen Deutschland und Russland erreicht werden konnte207, sowie die Genfer Viermächtekonferenz, auf der über die europäische Sicherheits- und Deutschlandfrage beraten wurde, waren den Abgeordneten seinerzeit offenbar wichtiger. An einer Arbeitsüberlastung des Ausschusses kann die Nichtbefassung mit der Grundgesetzergänzung jedenfalls nicht gelegen haben, denn Zeit genug für eine Erörterung wäre gewesen.208 Bei der Abstimmung im mitberatenden Sicherheitsausschuss wurde schließlich der folgende Wortlaut eines neu in das Grundgesetz einzufügenden Artikels 45a 203 Protokolle des Ausschusses für Fragen der europäischen Sicherheit, 61. Sitzung vom 14. Dezember 1955 (Teil II), S. 44, Deutscher Bundestag, Parlamentsarchiv. 204 Ebenda. 205 Ebenda. 206 Ebenda. 207 An dieser Reise nahmen auch der der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses KurtGeorg Kiesinger sowie der stellvertretende Ausschussvorsitzende Carlo Schmid teil. 208 Siehe hierzu die Bemerkung des stellvertretenden Ausschussvorsitzenden Carlo Schmid am Ende der Sitzung vom 6. Dezember 1955: „Ich glaube, die nächste Ausschußsitzung können wir jetzt noch nicht festlegen. Wir haben zur Zeit kein – wie man so schön zu sagen pflegt – Material.“ Siehe Protokoll der 53. Ausschusssitzung vom 6. Dezember 1955, Der Auswärtige Ausschuss des Deutschen Bundestages: Sitzungsprotokolle 1953 – 1957, Band 13 / II, 2. Halbband, Düsseldorf 2002, S. 1143.

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A. Entstehungsgeschichte

einstimmig angenommen209 und dem federführenden Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht als Empfehlung zugeleitet210: „Art. 45a (1) Der Bundestag bestellt einen Ausschuß für Auswärtige Angelegenheiten und einen Ausschuß für Verteidigung. Die Ausschüsse werden auch zwischen zwei Wahlperioden tätig.211 (2) Der Ausschuß für Verteidigung hat auch die Rechte eines Untersuchungsausschusses. (3) Artikel 44 Abs. 1) des Grundgesetzes findet auf dem Gebiet der Verteidigung keine Anwendung.“

In den Beratungen des federführenden Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht am 2. und 24. Februar 1956 ist der Entwurf des Artikels 45a GG fast ausschließlich unter dem Aspekt des Absatzes 2 diskutiert worden.212 Die Thematik des Auswärtigen Ausschusses wurde nicht erneut angesprochen. Wegen des Untersuchungsrechts des Verteidigungsausschusses wurde zwar wiederholt auf die Vorbildfunktion des Auswärtigen Ausschusses der Weimarer Zeit hingewiesen,213 mit Bezug auf den Auswärtigen Ausschuss ist dieser Problemkreis jedoch nicht thematisiert worden.214 Da im Rechtsauschuss über den Entwurf des Artikels 45a GG in der Fassung der einstimmigen Empfehlung des Sicherheitsausschusses sowie über andere offene Fragen der Wehrergänzung keine Einigung erzielt werden konnte, traten im Februar 1956 die Fraktionsvorsitzenden von CDU / CSU und SPD unter Teilnahme der Rechts- und Verteidigungsexperten beider Fraktionen in direkte Verhandlungen ein. Erst hier fiel die Entscheidung zugunsten der endgültigen Aufnahme des Artikels 45a sowie der anderen Vorschriften zur Wehrergänzung in das Grundgesetz.215 Da die Einigung der Fraktionsspitzen die Beschlussfassung des federführenden Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht jedoch nicht ersetzen konnte, wurde der Entwurf des Artikels 45a dem Rechtsausschuss in seiner 114. Sitzung vom 24. Februar 1956 zur unveränderten Annahme empfohlen. Man bemerkte 209 Protokolle des Ausschusses für Fragen der Europäischen Sicherheit, 61. Sitzung vom 14. Dezember 1955 (Teil II), S. 45, Deutscher Bundestag, Parlamentsarchiv. 210 Siehe Ausschuss-Drs. Nr. 57 / 55. 211 Satz 2 wurde später im Rahmen der Änderung des Grundgesetzes vom 23. August 1976, die den nahtlosen Übergang von zwei Wahlperioden brachte, als überflüssig gestrichen. 212 Vgl. Berg, Der Verteidigungsausschuß des Deutschen Bundestages (Anm. 199), S. 33 ff. sowie Berg (Anm. 188), S. 11. 213 Protokolle des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht, 103. Sitzung am 2. Februar 1956, S. 13 sowie 14, Deutscher Bundestag, Parlamentsarchiv. 214 Vgl. Berg (Anm. 188), S. 15. 215 Siehe hierzu ausführlich Berg, Der Verteidigungsausschuß des Deutschen Bundestages (Anm. 199), S. 46 ff.

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allerdings erst im Verlauf der Sitzung des Rechtsausschusses, dass in dem Entwurf des Artikels 45a GG eine Minderheitenregelung fehlte. Auf Anregung des Mitberichterstatters Adolf Arndt (SPD) wurde dem Entwurf des Artikels 45a Absatz 2 deshalb zusätzlich folgender Satz 2 angefügt: „Auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder hat er die Pflicht, eine Angelegenheit zum Gegenstand seiner Untersuchung zu machen.“216

Das Ergebnis der Ausschussberatungen wurde schließlich im „Zweiten schriftlichen Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht“ vom 1. März 1956 zusammengefasst und dem Bundestagsplenum als Beschlussempfehlung übermittelt.217 Diesem Bericht ist im Hinblick auf Artikel 45a zu entnehmen, dass die Neuregelungen gedacht seien „als eine Verstärkung der parlamentarischen Kontrolle, die durch die Einfügung eines starken Machtfaktors wie der Bundeswehr in den Gesamtaufbau der Staatsordnung eine erhöhte Bedeutung erhält.“218 Auffallend ist, dass der Auswärtige Ausschuss weder im Bericht des federführenden Rechtsausschusses noch während der zweiten und dritten Lesung im Plenum am 6. März 1956, in der die Einfügung der Wehrverfassung in das Grundgesetz beschlossen wurde219, weitere Erwähnung gefunden hat.220 Die Umstände der Einfügung des Auswärtigen Ausschusses in Artikel 45a Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes lassen den Schluss zu, dass vom Auswärtigen Ausschuss selbst einem „Verfassungsrang“ offenbar keine große Bedeutung zugemessen wurde. Auch auf ein eigenständiges Untersuchungsrecht, wie es schließlich allein für den Verteidigungsausschuss konstituiert wurde, schien der Auswärtige Ausschuss augenscheinlich keinen großen Wert zu legen. Wenn es wichtige außenpolitische Fragen zu besprechen gab, erschien Bundeskanzler Adenauer ohnehin regelmäßig höchstselbst vor dem Ausschuss, um über die Außenpolitik der Regierung Auskunft zu geben. Die damit durch den Kanzler gegenüber dem Ausschuss zum Ausdruck gebrachte Wertschätzung genügte den Abgeordneten seinerzeit offenbar, sodass ihnen ein eigenständiges, verfassungsrechtlich verbrieftes Untersuchungsrecht recht nebensächlich erscheinen musste. Ein weiterer Grund für die 216 Protokolle des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht, 114. Sitzung am 24. Februar 1956, S. 59, Deutscher Bundestag, Parlamentsarchiv. 217 BT-Drs. II / 2156. Der erste schriftliche Bericht wurde im Rahmen der 1. Wehrergänzung am 26. März 1954 erstattet. 218 BT-Drs. II / 2156 S. 3. 219 Siehe Stenographisches Protokoll der 132. Sitzung des Bundestages am 6. März 1956, Bd. 28, S. 6819 – 6827, 6845 – 6849 und 6856 – 6859 (Bericht des Rechtsausschusses). Mit 390 gegen 20 Stimmen wurde das 7. Gesetz zur Ergänzung des Grundgesetzes (Art. 45a mit dem Wortlaut des Entwurfs im Zweiten schriftlichen Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht) nach dritter Lesung beschlossen, Stenographisches Protokoll, II. Wahlperiode, Bd. 28, S. 6843 (A). 220 Vgl. Hölscher (Anm. 5), S. XV Fn. 17.

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Haltung des Ausschusses mag auch darin zu sehen sein, dass sich Fragen auswärtiger Politik nach Meinung der Abgeordneten nicht für die Behandlung durch einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss eigneten. Die Untersuchungspraxis der nach Artikel 44 des Grundgesetzes eingesetzten Untersuchungsausschüsse zeigt allerdings, dass es immer wieder Fragen mit außenpolitischem Bezug gab, die zum Gegenstand von parlamentarischen Untersuchungen gemacht wurden.221 Bereits in der 1. Wahlperiode wurde ein Untersuchungsausschuss zur Prüfung der Frage eingesetzt, „ob durch die Personalpolitik Mißstände im Auswärtigen Dienst eingetreten sind.“222 In der 5. Wahlperiode wurde ein „Untersuchungsausschuß zur Überprüfung der gegenwärtigen Organisation, Kompetenzverteilung, personellen Zuverlässigkeit und sachlichen Ausstattung der für den Staatsschutz und die Spionageabwehr zuständigen Nachrichtendienste“ eingesetzt.223 Im Zusammenhang mit den Ostverträgen wurde in der 7. Wahlperiode ein Untersuchungsausschuss zur Prüfung der Frage eingesetzt, „ob Entscheidungen von Abgeordneten des 6. Bundestages im Zusammenhang mit den Abstimmungen über das konstruktive Misstrauensvotum und über die Ostverträge beeinflusst worden sind“ („Steiner / Wienand-Ausschuß“).224 Ebenfalls in der 7. Wahlperiode gab es einen „Untersuchungsausschuss zur Überprüfung der Anstellung des unter Spionageverdachts verhafteten Günther Guillaume im Kanzleramt“ („Guillaume-Ausschuß“).225 In der 9. Wahlperiode wurde ein Untersuchungsausschuß „zur Klärung der Vorgänge beim Übertritt des Oberstleutnants der Nationalen Volksarmee Klaus Dieter Rauschenbach in die Bundesrepublik Deutschland und seine Rückkehr in die DDR“ („Fall Rauschenbach“) tätig.226 In der 10. Wahlperiode gab es einen Untersuchungsausschuss, der die Umstände der Lieferung von U-Boot-Konstruktionsplänen nach Südafrika klären sollte, welcher in der 11. Wahlperiode fortgeführt wurde.227 In der 12. Wahlperiode untersuchte ein Untersuchungsausschuss „Kommerzielle Koordinierung“ die Affäre um den DDR221 Eine tabellarische Übersicht der Untersuchungsausschüsse seit 1949 findet sich bei Peter Schindler, Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1949 bis 1999, Baden-Baden 1999, Band II, Kapitel 9.10, S. 2188 – 2202 sowie Michael F. Feldkamp, Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1994 – 2003, Baden-Baden 2005, Kapitel 8.9, S. 511 – 514. 222 Antrag auf Einsetzung BT-Drs. I / 2680. Ausschussbericht BT-Drs. I / 3465, Berichtigung Umdruck Nr. 670. Siehe auch Entschließung gem. Umdruck Nr. 676 sowie BT-Drs. I / 3947 und I / 4154. 223 Antrag auf Einsetzung BT-Drs. V / 3442; Ausschussbericht BT-Drs. V / 4208. 224 Antrag auf Einsetzung BT-Drs. 7 / 780. Der Antrag auf Einsetzung wurde mit interfraktionellem Änderungsantrag (BT-Drs. 7 / 796) angenommen. Ausschussbericht BT-Drs. 7 / 1803. 225 Antrag auf Einsetzung BT-Drs. 7 / 2193; Ausschussbericht BT-Drs. 7 / 3246. 226 Antrag auf Einsetzung BT-Drs. 9 / 853; das Untersuchungsverfahren wurde bis zum Ende der Wahlperiode nicht abgeschlossen. 227 Antrag auf Einsetzung BT-Drs. 10 / 6709 bzw. BT-Drs. 11 / 50; Beschlussempfehlung BT-Drs. 11 / 6141.

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Devisenbeschaffer Alexander Schalck-Golodkowski.228 In der 13. Wahlperiode beschäftigte sich ein Untersuchungsausschuss „Plutomium-Schmuggel“ mit den Umständen des Transports von atomwaffenfähigem Plutonium in einer Passagiermaschine der Lufthansa von Moskau nach München.229 In der 15. Wahlperiode wurde schließlich ein Untersuchungsausschuss eingesetzt, der zu prüfen hatte, ob und inwieweit ein durch den vormaligen Staatsminister im Auswärtigen Amt Ludger Volmer initiierter Erlass zur Erleichterung der Visaerteilungspraxis deutscher Auslandsvertretungen „zu Rechtsverletzungen oder zur Ermöglichung oder Erleichterung krimineller Tätigkeiten“ geführt hat.230 Diese Untersuchungsausschüsse – wie auch die bereits vom Auswärtigen Ausschuss in der Weimarer Zeit eingesetzten Untersuchungsausschüsse231 – zeigen, dass es bei Sachverhalten mit außenpolitischem Bezug durchaus immer wieder parlamentarischen Untersuchungsbedarf gab. Die Einräumung eines selbständigen Untersuchungsrechts wäre also nicht falsch gewesen. Aus heute nicht mehr nachzuvollziehenden Gründen wurde es für den Auswärtigen Ausschuss seinerzeit jedoch nicht statuiert.

228 Antrag auf Einsetzung BT-Drs. 12 / 654; Beschlussempfehlung und Bericht BT-Drs. 12 / 7600 sowie BT-Drs. 12 / 8066. 229 Anträge auf Einsetzung BT-Drs. 13 / 1176, 13 / 1196, 13 / 1202; nach Überweisung an den Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung Beschlussempfehlung dieses Ausschusses auf BT-Drs. 13 / 1323; Beschlussempfehlung und Bericht BT-Drs. 13 / 10800 sowie BT-Drs. 13 / 10852 und 13 / 10909. 230 Antrag auf Einsetzung BT-Drs. 15 / 4552; Beschlussempfehlung und Bericht BT-Drs. 15 / 5975. 231 Siehe hierzu oben Abschnitt A. I. 2. f) Der Auswärtige Ausschuss als Untersuchungsausschuss, S. 55 f.

B. Der Auswärtige Ausschuss als ständiger Bundestagsausschuss Der Auswärtige Ausschuss ist heute einer von 21 ständigen Ausschüssen des Deutschen Bundestages.1 Im arbeitsteilig organisierten Parlamentsbetrieb wird der quantitativ größte Teil der parlamentarischen Arbeit nicht im Bundestagsplenum, sondern von den Ausschüssen geleistet.2 Die Ausschüsse sind Organe des Bundestages3, die zur Vorbereitung der Verhandlungen und Entscheidungen des Bundestages eingesetzt werden (vgl. §§ 54 Abs. 1 Satz 1, 56 Abs. 1 Satz 1, 62 Abs. 1 GOBT). Als „vorbereitende Beschlussorgane“ haben sie die Aufgabe, gesetzgeberische Vorarbeit zu leisten und dem Plenum „bestimmte Beschlüsse“ zu empfehlen (§ 62 Abs. 1 S. 2 GOBT). Zudem sind sie wichtige Instrumente parlamentarischer Kontrolle, denn ihnen obliegt es, die Politik der Bundesregierung sowie die von ihr beeinflusste Verwaltung zu überwachen.4 In ihrer Zusammensetzung spiegeln die Ausschüsse in verkleinerter Form die zahlenmäßige Stärke der Fraktionen des Bundestages, also die politischen Mehrheitsverhältnisse im Parlament wieder.5 Ihrer Funktion nach sind sie kleine Parlamente im Parlament, die Entscheidungen des Gesamtparlaments inhaltlich und argumentativ vorbereiten. Die Arbeit in den Ausschüssen steht im Zentrum der parlamentarischen Tätigkeit der Abgeordneten.6 Hier beraten die Fachleute aller Fraktionen gemeinsam 1 Die Angabe bezieht sich auf die 15. Legislaturperiode. Vgl. Kürschners Volkshandbuch Deutscher Bundestag, 15. Wahlperiode, 100. Auflage, Stand: 26. November 2004, S. 284 – 285. 2 Wolfgang Zeh, Das Ausschußsystem im Bundestag, in: Hans-Peter Schneider / Wolfgang Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, Berlin / New York 1989, S. 1087 – 1102, S. 1088 Rdnr. 2; ders., Gliederung und Organe des Bundestages, in: Josef Isensee / Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. II, Heidelberg 1987, S. 391 – 423, 411 Rdnr. 40. 3 Vgl. Hans Trossmann, Parlamentsrecht des Deutschen Bundestages, München 1977, S. 414, Rdnr. 1; Norbert Achterberg, Parlamentsrecht, Tübingen 1984, S. 136; Hans-Joachim Berg, Der Verteidigungsausschuß des Deutschen Bundestages, München 1982, S. 71 f.; Sven Hölscheidt, Der Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages, Rheinbreitbach 1988, zugl. Diss. Univ. Münster (Westfalen), S. 4 ff., S. 6. 4 Zeh, Gliederung und Organe des Bundestages (Anm. 2), S. 411 Rdnr. 41. 5 Zeh, Das Ausschußsystem im Bundestag (Anm. 2), S. 1093 Rdnr. 15. 6 Vgl. R. Peter Dach, Das Ausschußverfahren nach der Geschäftsordnung und in der Praxis, in: Hans-Peter Schneider / Wolfgang Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, Berlin / New York 1989, S. 1103 – 1130, S. 1109 Rdnr. 13.

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die auf der Tagesordnung stehenden politischen Sachfragen. Die Ausschüsse sind damit gleichsam die „Herzkammern“ parlamentarischer Beratung, denn in ihnen vollzieht sich der eigentliche politische Willensbildungsprozess des Parlaments. Hier fallen die Vorentscheidungen, die später vom Plenum in aller Regel übernommen werden. Das Plenum wurde aus diesem Grunde auch schon als „Notar“ der Ausschussentscheidungen bezeichnet, weil es die Empfehlungen der Ausschüsse lediglich „formell besiegelt“7. In so gut wie keinen Fall ist das Plenum je von der Beschlussempfehlung eines Ausschusses abgewichen.8 Die von den Fraktionen in den Ausschussberatungen bezogenen Positionen zu Anträgen und Gesetzentwürfen werden im Plenum später lediglich noch einmal öffentlich dargestellt und das jeweilige Abstimmungsverhalten begründet. Die Aussprache im Plenum „hat nicht mehr den Zweck, die Entscheidung erst herbeizuführen oder noch wesentlich zu verändern, sondern die Gesichtspunkte öffentlich darzustellen, die für oder gegen ein Vorhaben sprechen und die in den Ausschussberatungen in der einen oder anderen Weise berücksichtigt, verarbeitet oder zurückgewiesen worden sind.“9 Das Plenum besitzt damit im eigentlichen Sinne die Funktion eines „Schaufensters“, in dem die in den Ausschüssen getroffenen Entscheidungen der Öffentlichkeit publikumswirksam präsentiert werden. Die Geschäftsordnung des Bundestages unterscheidet zwischen verschiedenen Typen von Ausschüssen. Neben den ständigen Ausschüssen kennt sie Sonderausschüsse, Untersuchungsausschüsse und Enquete-Kommissionen. Sonderausschüsse werden nur zeitlich begrenzt zur Beratung einzelner Angelegenheiten eingesetzt (§ 54 Abs. 1 S. 2 GOBT).10 Untersuchungsausschüsse haben die Aufgabe, bestimmte Sachverhalte, die in der Vergangenheit liegen, aufzuklären (§ 54 Abs. 2 GOBT i.V. m. Art. 44 GG und UAG).11 Enquete-Kommissionen (§ 56 GOBT), 7 Rainer Czeniek, Arbeitsweise und Aufgaben der Bundestagsausschüsse unter besonderer Berücksichtigung des Auswärtigen Ausschusses, unveröffentlichtes Manuskript, Stand 17. 2. 1997, S. 8. 8 Vgl. Michael Hereth, Die Reform des Deutschen Bundestages, Opladen 1971, S. 38; Berg (Anm. 3), S. 71 f.; Ekkehard Münzing / Volker Pilz, Der Auswärtige Ausschuss des Deutschen Bundestages: Aufgaben, Organisation und Arbeitsweise, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Jg. 29 (1998), Heft 4, S. 575 – 604, S. 588. 9 Zeh, Gliederung und Organe des Bundestages (Anm. 2), S. 411 Rdnr. 40. 10 Siehe hierzu Trossmann (Anm. 3), S. 428 f., Rdnr. 2; Achterberg (Anm. 3), S. 138; Dach (Anm. 6), S. 1105. 11 Siehe hierzu Dieter Engels, Parlamentarische Untersuchungsausschüsse: Grundlagen und Praxis im Deutschen Bundestag, 2. Auflage, Heidelberg 1991, Dieter Wiefelspütz, Das Untersuchungsausschussgesetz, Baden-Baden 2003, zugl. Diss. Humboldt-Univ. Berlin 2002; Anja Weisgerber, Das Beweiserhebungsverfahren parlamentarischer Untersuchungsausschüsse des Deutschen Bundestages, Frankfurt am Main 2003, zugl. Diss. Univ. Würzburg 2001; Johann M. Plöd, Die Stellung des Zeugen in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages, Berlin 2003, zugl. Diss. Univ. Erlangen-Nürnberg 2002; Bernd K. Buchholz, Der Betroffene im parlamentarischen Untersuchungsausschuß: Eine verfahrensrechtliche und grundrechtsdogmatische Untersuchung, insbesondere zur strafrecht-

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denen neben Abgeordneten auch Sachverständige aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft angehören, werden zur Bestandsaufnahme bei umfangreichen und bedeutsamen Sach- und Themenkomplexen sowie zur Vorbereitung von Entscheidungen eingesetzt.12 Sie sind keine parlamentarischen Ausschüsse im eigentlichen Sinne.13 Die ständigen Ausschüsse (§ 54 Abs. 1 S. 1 GOBT) werden regelmäßig für die Dauer einer Legislaturperiode eingerichtet14 und sind jeweils für einen abgegrenzten Politikbereich zuständig, der in der Regel dem Aufgabenbereich eines Ministeriums entspricht. Als Grundsatz gilt, dass jedem Regierungsressort spiegelbildlich ein Ausschuss als parlamentarisches Kontrollorgan gegenübergestellt wird.15 Welche Ausschüsse eingesetzt werden, entscheidet der Bundestag in Ausübung seines Selbstorganisationsrechts durch einfachen Parlamentsbeschluss in eigener Kompetenz.16 Bei seiner Entscheidung ist er jedoch nicht gänzlich frei. Die meisten Ausschüsse sind „klassische“ Parlamentsausschüsse, die für die parlamentarische Arbeit praktisch unentbehrlich sind und deshalb zu Beginn einer jeden Wahlperiode stets erneut eingerichtet werden.17 Einige wenige Ausschüsse sind überdies vom Grundgesetz18 oder durch einfaches Gesetz19 ausdrücklich vorgeschrieben.

lichen Behandlung von Falschaussagen, Berlin 1990, zugl. Diss. Univ. Kiel 1989 / 90; Wulf Damkowski (Hrsg.), Der parlamentarische Untersuchungsausschuss, Frankfurt am Main / New York 1987; Eginhard Schnabel, Der parlamentarische Untersuchungsausschuß – ein wirksames Kontroll- und Informationsorgan des Parlaments?, Diss. Tübingen 1969. 12 Siehe hierzu Ralf Altenhof, Die Enquete-Kommissionen des Deutschen Bundestages, Wiesbaden 2002, teilw. zugl. Diss. Univ. Chemnitz 1998; Christian Heyer, Enquete-Kommissionen des Deutschen Bundestages. Schnittstellen zwischen Politik und Wissenschaft, hrsg. v. Deutschen Bundestag, Referat Öffentlichkeitsarbeit, Berlin 2000. 13 Ausschüsse im Sinne des Art. 43 Abs. 1 GG sind nur solche Gremien, die allein mit Bundestagsmitgliedern besetzt sind. Vgl. Klaus Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band II: Staatsorgane, Staatsfunktionen, Finanz- und Haushaltsverfassung, Notstandsverfassung, München 1980, § 26 II 3. a) a, S. 53. 14 Vgl. Achterberg (Anm. 3), S. 135. 15 Vgl. Zeh, Das Ausschußsystem im Bundestag (Anm. 2), S. 1091 Rdnr. 10; ders., Gliederung und Organe des Bundestages (Anm. 2), S. 412 Rdnr. 42. 16 Achterberg (Anm. 3), S. 146; Zeh, Gliederung und Organe des Bundestages (Anm. 2), S. 412 Rdnr. 42. 17 So z. B. der Innenausschuss, der Rechtsausschuss, der Finanzausschuss, der Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit und der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. 18 Ausschuss für Angelegenheiten der Europäischen Union (Art. 45 GG), Auswärtiger Ausschuss und Verteidigungsausschuss (Art. 45a Abs. 1 GG), Petitionsausschuss (Art. 45c GG). 19 Wahlprüfungsausschuss (§ 3 WahlprüfG) und der Haushaltsausschuss, der in § 94 und § 95 Abs. 1 und 4 GOBT ausdrücklich genannt wird.

I. Rechtsgrundlagen

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I. Rechtsgrundlagen 1. Art. 45a Abs. 1 GG Der Auswärtige Ausschuss gehört zu den vom Grundgesetz vorgeschriebenen ständigen Ausschüssen des Bundestages. Seine Rechtsgrundlage findet er in Art. 45a Abs. 1 GG. Danach ist der Bundestag verfassungsrechtlich verpflichtet, einen Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten zu bestellen. Die Entscheidung über die Einsetzung dieses Ausschusses ist damit dem Selbstorganisationsrecht des Bundestages entzogen.20 Besondere Rechte des Ausschusses sind mit der Verfassungsunmittelbarkeit21 allerdings nicht verknüpft. Im Gegensatz zum Verteidigungsausschuss besitzt der Auswärtige Ausschuss nicht die Rechte eines Untersuchungsausschusses.22

2. Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (§§ 54 ff. GOBT) Während die Bildung23 des Auswärtigen Ausschusses vom Grundgesetz bestimmt wird, richtet sich seine Einrichtung und das Ausschussverfahren nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (§ 54 Abs. 2 GOBT). Für die Einrichtung eines Organs ist zunächst die Ausstattung mit Organwaltern notwendig.24 Die Benennung der Ausschussmitglieder und ihrer Stellvertreter erfolgt durch die Fraktionen (§ 57 Abs. 2 S. 1 GOBT).25 Fraktionslose Abgeordnete können vom Bundestagspräsidenten als beratende Ausschussmitglieder ernannt werden (§ 57 Abs. 2, S. 2 GOBT), sie haben allerdings kein Stimmrecht im Ausschuss.26 20 Vgl. Berg (Anm. 3), S. 102; Wilfried Berg, Artikel 45a GG, in: Rudolf Dolzer / Klaus Vogel (Hrsg.), Kommentar zum Bonner Grundgesetz, Band 5 (Loseblatt, Stand: 51. Lieferung, April 1986), S. 69 mit weiteren Nachweisen; Mathias Kühnreich, Das Selbstorganisationsrecht des Deutschen Bundestages unter besonderer Berücksichtigung des Hauptstadtbeschlusses, Berlin 1997, zugl. Diss. Univ. Bochum 1996, S. 79 f. 21 Zum Terminus der „Verfassungsunmittelbarkeit“ siehe Berg (Anm. 3), S. 102 ff., S. 103. 22 Zu den Gründen siehe oben Abschnitt A. II. Die verfassungsrechtliche Institutionalisierung des Auswärtigen Ausschusses im Grundgesetz, S. 57 ff., S. 61 f. 23 Unter „Bildung“ ist die abstrakte Einrichtung eines Organs zu verstehen. Siehe hierzu Achterberg (Anm. 3), S. 146; Hölscheidt (Anm. 3), S. 9. 24 Vgl. Hans J. Wolff / Otto Bachof, Verwaltungsrecht II, 4. Auflage, München 1976, S. 57 ff. 25 Siehe dazu Wolfgang Dexheimer, Die Mitwirkung der Bundestagsfraktionen bei der Besetzung der Ausschüsse, in: Hans-Achim Roll (Hrsg.), Plenarsitzungen des Deutschen Bundestages – Festgabe für Werner Blischke, Berlin 1982, S. 259 – 278. 26 Zur Stellung fraktionsloser Mitglieder siehe BVerfGE 80, 188, 224; Hölscheidt (Anm. 3), S. 16 – 26, Hans-Heinrich Trute, Der fraktionslose Abgeordnete: Die WüppesahlEntscheidung des BVerfG, in: Jura 1990, S. 184 – 193; Wolfgang Ismayr, Der Deutsche Bundestag, Opladen 2000, S. 172.

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II. Aufgaben Die Aufgaben des Auswärtigen Ausschusses bestimmen sich, ebenso wie diejenigen der übrigen Ausschüsse, grundsätzlich nach § 62 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (GOBT). Danach sind die Ausschüsse „vorbereitende Beschlußorgane“, denen die Pflicht zukommt „dem Bundestag bestimmte Beschlüsse zu empfehlen, die sich nur auf die ihnen überwiesenen Vorlagen oder mit diesen in unmittelbaren Sachzusammenhang stehenden Fragen beziehen dürfen“ (§ 62 Abs. 1 Satz 2 GOBT). Ein Initiativrecht besitzen die Ausschüsse nicht.27 Allerdings erlaubt ihnen die Geschäftsordnung, sich „mit anderen Fragen aus ihrem Geschäftsbereich [zu] befassen“ (sogenanntes Selbstbefassungsrecht gemäß § 62 Abs. 1 Satz 3 GOBT). Während die Hauptaufgabe der ständigen Ausschüsse des Bundestages in der Regel darin besteht, gesetzgeberische Vorarbeit für das Plenum zu leisten, ist der Auswärtige Ausschuss nur zu einem sehr geringen Teil mit Gesetzesarbeit befasst.28 Zu seinen wesentlichen Aufgaben gehört die Begleitung und Kontrolle der Außenpolitik der Bundesregierung, die Beratung völkerrechtlicher Verträge sowie die Beratung über die Entsendung von Streitkräften in auswärtige Einsatzgebiete.

1. Begleitung und Kontrolle der Außenpolitik der Bundesregierung Der Schwerpunkt der Tätigkeit des Auswärtigen Ausschusses liegt in der Begleitung, Erörterung und Kontrolle der Außenpolitik der Bundesregierung. Der kontinuierliche außenpolitische Dialog mit der Exekutive versetzt die Parlamentarier einerseits in die Lage, ihrer Kontrollaufgabe nachzukommen, andererseits gibt er ihnen auch die Möglichkeit, auf die Regierungspolitik konkret Einfluss zu nehmen. Die Regierung kann im Rahmen der vertraulichen Konsultationen im Ausschuss ihrerseits feststellen, ob die von ihr verfolgte Politik das Vertrauen und die Rückversicherung des Parlaments genießt – eine im parlamentarischen Regierungssystem unabdingbare Voraussetzung verlässlichen politischen Handelns. Wenn Vorlagen der Regierung dem Ausschuss zur Abgabe einer Beschlussempfehlung vorgelegt werden, markiert dies daher in der Regel nicht den Anfang, sondern den Abschluss eines intensiven und oft langwierigen Diskussions- und Meinungsbildungsprozesses zwischen Regierungsvertretern und Parlamentariern. Dies erklärt auch, warum die konkreten Entscheidungen – die im Plenum häufig in „dramatische Reden“ verpackt werden – im Ausschuss üblicherweise in wenigen Minuten erledigt sind. Ismayr (Anm. 26), S. 179. Vgl. Norbert Achterberg / Martin Schulte, Kommentar zu Art. 45a GG, Rdnr. 17, in: Hermann v. Mangoldt / Friedrich Klein / Christian Starck (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 2, 5. Auflage, München 2005. 27 28

II. Aufgaben

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2. Beratung völkerrechtlicher Verträge Als ein herausgehobenes Privileg des Auswärtigen Ausschusses gilt gemeinhin die Beratung der von der Regierung ausgehandelten völkerrechtlichen Verträge29, die gemäß Art. 59 Abs. 2 GG der Zustimmung des Bundestages bedürfen. Ein materielles Mitbestimmungsrecht bei ihrer inhaltlichen Ausgestaltung steht dem Bundestag nicht zu (§ 82 Abs. 2 GOBT). Sie werden dem Parlament vielmehr „zu dem Zeitpunkt, der der Regierung angemessen erscheint“30, mit Vorlage des Ratifikationsgesetzes zur Beschlussfassung übersandt. Die Abgeordneten haben dann lediglich die Wahl zwischen Annahme oder Ablehnung (§ 81 Abs. 4 GOBT). Damit eine parlamentarische Ablehnung vermieden wird31, entspricht es gängiger Praxis, den Bundestag, d. h. seinen Auswärtigen Ausschuss, frühzeitig über den Gang der laufenden Vertragsverhandlungen zu unterrichten und etwaige Wünsche und Anregungen der Parlamentarier zu berücksichtigen.32 Auf diesem Wege kann das Parlament versuchen, auf die inhaltliche Ausgestaltung der Verträge zumindest einen gewissen Einfluss zu nehmen. Darüber hinaus kann der Bundestag den Inhalt völkerrechtlicher Verträge auch dadurch modifizierend beeinflussen, indem er diesen eine Präambel voranstellt33 bzw. eine Entschließung dazu verabschiedet34. Dies 29 „Völkerrechtliche Verträge sind alle Übereinkünfte zwischen zwei oder mehr Völkerrechtssubjekten, durch welche die zwischen ihnen bestehende Rechtslage verändert werden soll.“ BVerfGE 104, 151 (199 f.). Vgl. Knut Ipsen, Völkerrecht, 5. Auflage, München 2004, § 9 Rdnr. 1. Unter völkerrechtlichen Verträgen im Sinne des Art. 59 Abs. 2 GG versteht das Bundesverfassungsgericht indes nur solche politischen Verträge, durch welche „die Existenz des Staates, seine territoriale Integrität, seine Unabhängigkeit, seine Stellung und sein maßgebliches Gewicht in der Staatengemeinschaft berührt werden.“ Dazu gehören nicht allein, aber namentlich Verträge, die darauf gerichtet sind, die „Machtstellung des Staates anderen Staaten gegenüber zu behaupten, zu befestigen oder zu erweitern“. BVerfGE 1, 372 (381). 30 Jürgen C. Weichert, Der Ausschuß für Auswärtige Angelegenheiten, in: Außenpolitik 11 (1960), S. 618 – 627, S. 620. 31 Soweit ersichtlich, gab es bislang nur einen Fall, in dem die Zustimmung zu einem von der Bundesregierung ausgehandelten völkerrechtlichen Vertrag vom Bundestag verweigert wurde: das deutsch-französische Grenzabkommen vom 31. 7. 1962 (BT-Drs. V/ 405), nach dem ein etwa 7 Quadratkilometer großes Gebiet in der Südpfalz, der Mundatwald, an Frankreich hätte abgetreten werden sollen (sog. Mundatwald-Abkommen). Siehe dazu ausführlich Günther Patz, Parlamentarische Kontrolle der Außenpolitik: Fallstudien zur politischen Bedeutung des Auswärtigen Auschusses des Deutschen Bundestages, Meisenheim am Glan 1976, S. 97 ff. 32 Vgl. Rüdiger Wolfrum, Kontrolle der auswärtigen Gewalt, in: Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer (VVDStRL), Heft 56 (1997), S. 38 – 66, S. 47. 33 So beispielsweise im Falle des Gesetzes zu der Gemeinsamen Erklärung und zu dem Vertrag vom 22. Januar 1963 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über die deutsch-französische Zusammenarbeit, BGBl. 1963, Teil II, S. 705. Siehe dazu Michael Bothe, Völkerrechtliche Praxis der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1963, in: Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 1965, S. 223 – 351, S. 277 ff. 34 Siehe beispielsweise die Entschließung zu den Ostverträgen, BGBl. 1972, Teil II, S. 354. Vgl. dazu Friedrich Klein, Zur Anwendbarkeit der Gemeinsamen Entschließung vom 17. 5. 1972 auf den Grundlagenvertrag, in: Hans Schneider / Volkmar Götz (Hrsg.), Im Dienst an Recht und Staat, Festschrift für Werner Weber, Berlin 1974, S. 105 – 126.

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B. Der Auswärtige Ausschuss als ständiger Bundestagsausschuss

lässt den Inhalt des Vertrages zwar formal unberührt, ist jedoch politisch für die Aussage des Vertrages von wesentlicher Bedeutung.35

3. Beratung über die Entsendung von Streitkräften in Krisengebiete Seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Juli 1994, in der das Gericht die grundsätzliche Prärogative des Parlaments bei der Entsendung bewaffneter Streitkräfte konstatierte36, gehört die Beratung und Beschlussfassung über Anträge der Bundesregierung hinsichtlich der Entsendung von Streitkräften in auswärtige Einsatzgebiete zu den zentralen Aufgaben des Auswärtigen Ausschusses.37 Die Entsendeentscheidung wird vom Auswärtigen Ausschuss regelmäßig in enger Zusammenarbeit mit dem Verteidigungsausschuss vorbereitet. Während der Auswärtige Ausschuss über das „ob“ der Entsendung entscheidet, befindet der Verteidigungsausschuss über das „wie“, also in welcher Stärke und mit welcher Bewaffnung Truppen entsandt werden.38 Die Entsendeentscheidung selbst wird auf der Grundlage der Beschlussempfehlungen beider Ausschüsse schließlich vom Plenum getroffen.39 35 Wolfrum (Anm. 32), S. 49, der auf Waldemar Besson, Die Außenpolitik der Bundesrepublik. Erfahrungen und Maßstäbe, München 1970, S. 313 verweist, demzufolge die Präambel zum deutsch-französischen Vertrag den Sinn des Abkommens in seinem Kern verändert habe. 36 BVerfGE 90, 286 (381 ff.). Siehe hierzu auch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25. März 2003 – 2 BvQ 18 / 03 – zum Einsatz deutscher Soldaten in AWACSFlugzeugen der NATO in der Türkei, BVerfGE 108, 34 (42). 37 Siehe dazu: Der Auswärtige Ausschuss und die Auslandseinsätze der Bundeswehr in der 14. Wahlperiode, hrsg. vom Deutschen Bundestag, Auswärtiger Ausschuss, Berlin 2003. Eine Übersicht über die Auslandseinsätze der Bundeswehr seit 1992 findet sich bei Rafael Biermann, Der Deutsche Bundestag und die Auslandseinsätze der Bundeswehr. Zur Gratwanderung zwischen exekutiver Prärogative und legislativer Mitwirkung, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Jg. 35 (2004), Heft 4, S. 607 – 626, 614. 38 Vgl. dazu Florian Schröder, Das parlamentarische Zustimmungsverfahren zum Auslandseinsatz der Bundeswehr in der Praxis, Köln u. a. 2005, zugl. Diss. Univ. Göttingen 2004, S. 216 f. 39 Vorschläge des Bundesverteidigungsministers Peter Struck (SPD) aus dem Jahre 2003, nach denen das Verfahren aus Praktikabilitätsgründen vereinfacht und die Entsendeentscheidung nicht mehr vom gesamten Parlament getroffen, sondern einem speziellen „Entsendeausschuss“ übertragen werden sollte, der binnen kurzer Frist entscheiden könne, stießen beim grünen Koalitionspartner aber auch in den eigenen Reihen der SPD auf heftige Kritik. Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Rainer Arnold äußerte: „Es macht keinen Sinn, das Gesamtparlament aus dieser Verantwortung zu entlassen. Der Einsatz bewaffneter Streitkräfte im Sinne der Urteile des Verfassungsgerichts soll ausschließlich auf Seiten des Parlaments bleiben“. Siehe dazu „Strucks Schnellmission vor dem Scheitern“, in: Die Welt vom 11. Oktober 2003. Zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit eines Entsendeausschusses siehe ausführlich Dieter Wiefelspütz, Der Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte und der konstitutive Parlamentsvorbehalt, Baden-Baden 2003, S. 70 ff.

III. Organisation

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Dieses seit 1994 praktizierte Verfahren40 hat in der 15. Wahlperiode durch das so genannte Parlamentsbeteiligungsgesetz eine ausdrückliche gesetzliche Regelung erfahren.41 Mit dem Ziel, die vom Bundesverfassungsgericht bereits in seiner Entscheidung vom 12. Juli 1994 angemahnte gesetzliche Regelung zu schaffen, waren entsprechende Gesetzentwürfe von den Fraktionen der FDP (BT-Drs. 15 / 1985) sowie SPD und BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN (BT-Drs. 15 / 2742) eingebracht worden. In seiner 146. Sitzung am 3. Dezember 2004 hat der Deutsche Bundestag den Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN angenommen.42 Das bisherige Verfahren wird nach dem Parlamentsbeteiligungsgesetz im Wesentlichen beibehalten. Eine Neuregelung wurde aber für Auslandseinsätze von geringer Intensität und Tragweite geschaffen. Der Bundestag stimmt danach im Rahmen eines vereinfachten Verfahrens der Entsendung automatisch zu, wenn nicht innerhalb von sieben Tagen nach Zuleitung des Antrages an die Fraktionsvorsitzenden, die Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses und des Verteidigungsausschusses sowie die jeweiligen Obleute und der Verteilung des Antrages an alle Abgeordneten, eine Befassung des Bundestages verlangt wird (§ 4 Abs. 1 Parlamentsbeteiligungsgesetz). 43 Das gleiche Verfahren findet auch Anwendung bei der Verlängerung von Zustimmungsbeschlüssen ohne inhaltliche Änderung (§ 7 Abs. 1 Parlamentsbeteiligungsgesetz). Näheres regelt § 96a GOBT.

III. Organisation 1. Zusammensetzung des Ausschusses Die Zusammensetzung des Ausschusses bestimmt sich nach dem Stärkeverhältnis der Fraktionen und spiegelt die Mehrheitsverhältnisse im Plenum wieder (§ 12 Satz 1 GOBT). Die auf eine Fraktion entfallenden Sitze werden nach einem speziellen Verfahren, dem Rangmaßzahlverfahren nach Schepers errechnet, das auch als Proportionalverfahren Sainte-Laguë / Schepers44 bezeichnet wird. Dieses Siehe dazu auch Schröder (Anm. 38), S. 39 ff. sowie Biermann (Anm. 37), S. 616. Siehe dazu Dieter Wiefelspütz, Das Parlamentsbeteiligungsgesetz vom 18. 3. 2005, in: NVwZ 2005, S. 496 – 500; ders., Das Parlamentsheer: Der Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte im Ausland, der konstitutive Parlamentsvorbehalt und das Parlamentsbeteiligungsgesetz, Berlin 2005 sowie Florian Schröder, Das neue Parlamentsbeteiligungsgesetz, in: NJW 2005, S. 1401 – 1404. 42 BT-Drs. 15 / 2742 in der Fassung BT-Drs. 15 / 4264. Siehe BT-Plenarprotokoll 15 / 146 vom 03. 12. 2004, S. 13652 (C). Verkündet im Bundesgesetzblatt am 23. März 2005, BGBl. 2005, Teil I, 775 – 776. 43 BGBl. 2005, Teil I, S. 775 – 776. Siehe dazu auch Wiefelspütz, Das Parlamentsbeteiligungsgesetz vom 18. 3. 2005 (Anm. 41), S. 499. 44 André Sainte-Laguë, französischer Mathematiker; Ministerialrat a.D. Hans Schepers, ehemaliger Leiter der Gruppe Datenverarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages. 40 41

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B. Der Auswärtige Ausschuss als ständiger Bundestagsausschuss

Verfahren hat sich für die Umrechnung der Proportionalstärken auf kleine Gruppen als besonders günstig erwiesen, weil es sowohl die Benachteiligung kleiner Fraktionen des zuvor angewandten d’Hondt-Verfahrens (1. – 6. WP, bis November 1970) als auch gewisse Unregelmäßigkeiten des Hare / Niemeyer-Verfahrens (6. – 8. WP) vermeidet.45 a) Mitgliederzahl und Sitzanteile der Fraktionen Der Auswärtige Ausschuss gehört traditionell zu den größten Ausschüssen des Deutschen Bundestages. Seine Mitgliederzahl schwankte seit 1949 zwischen 21 und 40 Abgeordneten.46 In der 15. Wahlperiode gehörten ihm 37 ordentliche und eine gleiche Anzahl stellvertretender Mitglieder an. Die SPD-Fraktion stellte 16, die CDU / CSU 15, BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN 3 und die FDP 3 Abgeordnete sowie eine gleiche Anzahl Stellvertreter. Die stellvertretenden Mitglieder genießen die gleichen Rechte und Pflichten wie die ordentlichen Mitglieder, dürfen ein Stimmrecht aber nur dann ausüben, wenn sie ein ordentliches Mitglied vertreten. Wer Mitglied des Ausschusses wird, bestimmen die Fraktionen. Sie benennen gemäß § 57 Abs. 2 Satz 1 GOBT die Ausschussmitglieder und deren Stellvertreter, wobei sie bestimmten informellen Regelungen und Verfahren folgen, die fraktionsspezifisch unterschiedliche Ausprägungen erfahren haben.47 Als Grundsatz gilt, dass wer bereits Mitglied des Ausschusses war, seinen Sitz in der Regel behält. Neue Mitglieder werden üblicherweise nur dann benannt, wenn durch das Ausscheiden von Mitgliedern Vakanzen entstanden sind.48

b) Vorsitzender und stellvertretender Vorsitzender Geleitet und repräsentiert wird der Ausschuss vom Ausschussvorsitzenden. Ihm obliegt auch die Vorbereitung und Einberufung der Sitzungen (§ 59 – 60 GOBT). Insofern ist seine Funktion mit der des Präsidenten des Bundestages vergleichbar.49 45 Vgl. Zeh, Das Ausschußsystem im Bundestag (Anm. 2), S. 1094 Rdnr. 16. Die mathematischen Berechnungs- und Besetzungsmodelle mit ihren Unterschieden sind dargestellt bei Peter Schindler, Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1949 bis 1999, Baden-Baden 1999, Bd. II, Kapitel 9.3, S. 2081 ff. 46 Siehe dazu Schindler (Anm. 45), Bd. II, Kapitel 9.5, S. 2097 ff. sowie Michael F. Feldkamp, Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1994 bis 2003, BadenBaden 2005, Kapitel 8.2, S. 457 ff. 47 Siehe dazu ausführlich Dexheimer (Anm. 25). Zu den praktischen Problemen bei der Besetzung der Ausschusssitze anschaulich auch Sönke Petersen, Manager des Parlaments: Parlamentarische Geschäftsführer im Deutschen Bundestag – Status, Funktionen, Arbeitsweise, Opladen 2000, zugl. Diss. TU Dresden, S. 122 ff. 48 Siehe auch Petersen (Anm. 47), S. 122 f. 49 Uwe Bernzen, Rechtliche Stellung des Vorsitzenden eines parlamentarischen Ausschusses, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Jg. 8 (1977), Heft 1, S. 36 – 41, S. 38.

III. Organisation

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Der Ausschussvorsitzende darf sich im Gegensatz zum Bundestagspräsidenten allerdings an den Beratungen beteiligen, ohne den Vorsitz abgeben zu müssen.50 Im Einvernehmen mit den Obleuten legt er die Tagesordnung der Ausschusssitzungen fest, empfängt Gäste und repräsentiert den Ausschuss nach außen. Der stellvertretende Vorsitzende wird regelmäßig nur bei Verhinderung des Vorsitzenden tätig. Ein selbständiges Einberufungsrecht zu Sitzungen des Ausschusses steht ihm nicht zu.51 Wer Ausschussvorsitzender wird, entscheiden die Fraktionen. Jede Fraktion kann entsprechend ihrer Stärke zu Beginn einer Legislaturperiode eine gewisse Zahl von Ausschussvorsitzenden benennen.52 Üblicherweise einigen sich die Fraktionen auf die Verteilung der Ausschussvorsitze durch Vereinbarung im Ältestenrat (vgl. § 58 GOBT).53 Gelingt dies – wie zu Beginn der 4., 13., 14. und 15. Legislaturperiode – nicht, werden die Vorsitze nach dem so genannten Zugriffsverfahren verteilt.54 Dies bedeutet, dass die Fraktionen in einer festgelegten Reihenfolge, die von ihrer Größe abhängig ist, abwechselnd Ausschussvorsitze für sich beanspruchen dürfen.55 Nach dem gleichen Verteilungsschlüssel erfolgt auch die Verteilung der Stellen der Stellvertretenden Ausschussvorsitzenden, jedoch mit der Maßgabe, dass keine Fraktion den Vorsitzenden und den Stellvertreter zugleich stellen soll. Bei den Stellvertretenden Ausschussvorsitzenden wurde bislang immer eine Einigung erzielt.56 In der konstituierenden Sitzung des Ausschusses, die vom Bundestagspräsidenten oder einem seiner Stellvertreter geleitet wird, werden der Vorsitzende und sein Stellvertreter dann entsprechend den zuvor im Ältestenrat getroffenen Vereinbarungen und den von den Fraktionen vorgenommenen Nominierungen bestimmt (§ 58 GOBT). Eine Wahl im eigentlichen Sinne findet im Ausschuss nicht statt und wäre wegen § 12 Satz 2 GOBT wohl auch unzulässig.57 Vgl. Bernzen (Anm. 49), S. 39. Diese Praxis wurde schon in der Weimarer Zeit geübt (vgl. BArch R 101 / 1170, S. 237). Ein Einberufungsrecht des stellvertretenden Vorsitzenden wurde seinerzeit allerdings für den Fall angenommen, dass der Ausschussvorsitzende dauerhaft verhindert ist bzw. einer Fraktion angehört, die sich nicht an den Verhandlungen des Reichstages und seiner Ausschüsse beteiligt (Beschluss des Ältestenrates vom 26. November 1931, BArch R 101 / 1170, S. 244 f.) Hintergrund dieser Regelung war der Auszug der nationalsozialistischen Abgeordneten in der Sitzung des Reichstages vom 16. Oktober 1931 (siehe Stenographische Protokolle, Bd. 446, S. 2213 A-B) und ihre Weigerung, sich künftig an den Verhandlungen des Reichstags und seiner Ausschüsse zu beteiligen. Vgl. BArch R 101 / 1170, S. 242. 52 Vgl. § 12 Satz 1 GOBT. Zur Verteilung der Ausschussvorsitze auf die einzelnen Fraktionen siehe Dach (Anm. 6), S. 1106 – 1108. 53 Siehe dazu Harald Franke, Vom Seniorenkonvent des Reichstages zum Ältestenrat des Bundestages, Berlin 1987, S. 98 f. 54 Siehe hierzu Schindler (Anm. 45), Bd. II, Kapitel 9.4, S. 2094 f.; Friedrich Schäfer, Der Bundestag, 4. Auflage, Opladen 1982, S. 105 ff.; Trossmann (Anm. 3), S. 40, Rdnr. 6.1. 55 Zur Bestimmung der Reihenfolge beim Zugriffsverfahren siehe Volkmar Kese, Das Zugriffsverfahren bei der Bestimmung parlamentarischer Ausschußvorsitzender, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Jg. 24 (1993), Heft 4, S. 613 – 621, insbesondere S. 617 ff. 56 Vgl. Schäfer (Anm. 54), S. 106. 50 51

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B. Der Auswärtige Ausschuss als ständiger Bundestagsausschuss

In Deutschland gilt als ungeschriebenes parlamentarisches Gesetz, dass der Vorsitzende des Haushaltsausschusses regelmäßig der größten Oppositionsfraktion angehört.58 Eine vergleichbare Regelung existiert für den Auswärtigen Ausschuss nicht. Vielmehr ist festzustellen, dass – mit Ausnahme des ersten Ausschussvorsitzenden Carlo Schmid (SPD) in der 1. Wahlperiode sowie des Vorsitzenden in der 14. Wahlperiode, Hans-Ulrich Klose (SPD), – bisher alle Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses der CDU / CSU-Fraktion angehörten. Die SPD-Fraktion stellte dementsprechend – mit Ausnahme des CDU-Abgeordneten Eugen Gerstenmaier in der 1. Wahlperiode sowie des CSU-Abgeordneten Carl-Dieter Spranger in der 14. Wahlperiode – durchweg die stellvertretenden Vorsitzenden. Vorsitzender in der 15. Wahlperiode war der frühere Bundesminister der Verteidigung Volker Rühe (CDU), sein Stellvertreter der vorige Ausschussvorsitzende Hans-Ulrich Klose (SPD). Bemerkenswert ist, dass die SPD auch zu Zeiten, als der Streit über die Außenpolitik mit großer Schärfe geführt wurde (Ostpolitik, KSZE) und die Außenpolitik ein zentrales „Markenzeichen“ der SPD bzw. der von ihr geführten sozialliberalen Koalition war, auf diesen wichtigen Ausschussvorsitz verzichtet hat. Gleiches gilt für die 7. Wahlperiode (1972 – 1976), als die SPD die stärkste Fraktion im Bundestag stellte. Das Amt des Vorsitzenden endet dem Grundsatz der parlamentarischen Diskontinuität entsprechend grundsätzlich mit dem Ende einer Legislaturperiode. Während der laufenden Legislaturperiode kann nur diejenige Fraktion die Amtsperiode des Vorsitzenden vorzeitig beenden, die ihn für das Amt benannt hat. Dies geschieht üblicherweise dadurch, dass sie dem Bundestagspräsidenten anzeigt, dass der entsprechende Abgeordnete nicht mehr Ausschussvorsitzender sein soll und sie demgemäß einen anderen Abgeordneten als Ausschussvorsitzenden benennt.59 In früheren Zeiten diente das Amt des Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses verschiedentlich als „Sprungbrett“ in andere herausgehobene Positionen. Der erste Vorsitzende in der 2. Wahlperiode Eugen Gerstenmaier (CDU) beispielsweise wurde am 16. November 1954 Bundestagspräsident. Sein Nachfolger im Amt des Ausschussvorsitzenden, Kurt Georg Kiesinger (CDU), wurde am 17. Dezember 1958 zum Ministerpräsidenten des Landes Baden-Württemberg gewählt. Dessen Nachfolger wiederum, Hans Furler (CDU), wurde am 28. März 1960 Präsident des Europäischen Parlaments.

57 Siehe hierzu Erich Röper, Parlamentarier und Parlament: Konflikte in modernen Volksvertretungen, Berlin 1998, S. 141 f.; Heinhard Steiger, Organisatorische Grundlagen des parlamentarischen Regierungssystems, Berlin 1973, S. 128 f.; Trossmann (Anm. 3), S. 487 f., Rdnr. 3; Schäfer (Anm. 54), S. 113. 58 Dieses Prinzip wurde bisher nur einmal kurzzeitig durchbrochen, als der SPD-Abgeordnete Erwin Schoettle während der großen Koalition (1966 – 1969) trotz des Regierungseintrittes der SPD den Vorsitz behielt. 59 Bernzen (Anm. 49), S. 38.

III. Organisation

75

Tabelle 2 Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages (1949 – 2005) Wahlperiode 1. Wahlperiode (1949 – 1953) 2. Wahlperiode (1953 – 1957)

3. Wahlperiode (1957 – 1961)

4. Wahlperiode (1961 – 1965) 5. Wahlperiode (1965 – 1969)

6. Wahlperiode (1969 – 1972) 7. Wahlperiode (1972 – 1976) 8. Wahlperiode (1976 – 1980)

9. Wahlperiode (1980 – 1983)

10. Wahlperiode (1983 – 1987)

11. Wahlperiode (1987 – 1990) 12. Wahlperiode (1990 – 1994)

13. Wahlperiode (1994 – 1998)

14. Wahlperiode (1998 – 2002) 15. Wahlperiode (2002 – 2005)

Stellvertretender Vorsitzender Carlo Schmid (SPD) Eugen Gerstenmaier (CDU) Eugen Gerstenmaier (CDU)*; Carlo Schmid (SPD); ab 17. 12. 1954: ab Juni 1956: Kurt Georg Kiesinger (CDU) Herbert Wehner (SPD) Carlo Schmid (SPD) Kurt Georg Kiesinger (CDU)**; ab 29. 1. 1959: Hans Furler (CDU)***; ab 25. 5. 1960: Hermann Kopf (CDU) Hermann Kopf (CDU) Carlo Schmid (SPD) Hermann Kopf (CDU) Carlo Schmid (SPD); ab 2. 2. 1967: Kurt Mattick (SPD) Gerhard Schröder (CDU) Kurt Mattick (SPD) Gerhard Schröder (CDU) Kurt Mattick (SPD) Gerhard Schröder (CDU) Peter Corterier (SPD); ab 24. 6. 1977: Annemarie Renger (SPD) Annemarie Renger (SPD) Rainer Barzel (CDU)****; ab 27. 10. 1982: Werner Marx (CDU) Werner Marx (CDU)*****; Hans-Jürgen ab 11. 9. 1985: Wischnewski (SPD); Hans Stercken (CDU) ab 7. 11. 1984: Antje Huber (SPD) Hans Stercken (CDU) Hans-Jürgen Wischnewski (SPD) Hans Stercken (CDU) Hans Koschnik (SPD); ab 25. 5. 1994: Hartmut Soell (SPD) Karl-Heinz Hornhues (CDU) Norbert Gansel (SPD); ab 25. 6. 1997: Markus Meckel (SPD) Hans-Ulrich Klose (SPD) Carl-Dieter Spranger (CSU) Volker Rühe (CDU) Hans-Ulrich Klose (SPD Vorsitzender

Quelle: Eigene Zusammenstellung nach den Angaben im Amtlichen Handbuch des Deutschen Bundestages sowie im Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages. * ** *** **** *****

Am 16. November 1954 zum Präsidenten des Deutschen Bundestages gewählt. Am 17. Dezember 1958 zum Ministerpräsidenten des Landes Baden-Württemberg gewählt. Am 28. März 1960 zum Präsidenten des Europäischen Parlaments gewählt. Am 4. Oktober 1982 zum Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen ernannt. Verstorben am 12. 7. 1985.

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B. Der Auswärtige Ausschuss als ständiger Bundestagsausschuss

In neuerer Zeit scheint der Ausschussvorsitz allerdings eher zum „Altersruhesitz“ verdienter Politiker geworden zu sein.60 Hans-Ulrich Klose (SPD), früherer Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg sowie ehemaliger Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion und Bundestagsvizepräsident, war in der 14. Wahlperiode Vorsitzender des Ausschusses. Sein Nachfolger im Amt des Ausschussvorsitzenden, Volker Rühe (CDU), war zunächst CDU-Generalsekretär, dann Bundesverteidigungsminister und schließlich stellvertretender Vorsitzender der CDU / CSU-Bundestagsfraktion, bevor er zu Beginn der 15. Wahlperiode Ausschussvorsitzender wurde. c) Obleute Die Obleute sind die Sprecher der Fraktionen im Ausschuss.61 Sie werden von ihren jeweiligen Fraktionen benannt und sind üblicherweise auch die Vorsitzenden der außenpolitischen Arbeitsgruppe der Fraktion. Sie sind grundsätzlich für das gesamte Sachgebiet des Ausschusses zuständig und in der Regel die „Stimmführer“ ihrer Fraktion auf diesem Gebiet. Neben der Berichterstattung und Informationsvermittlung über die Arbeit des Ausschusses an die Fraktion übernehmen sie die Organisation und Koordination der Fraktionsarbeit im Ausschuss und halten zudem Verbindung zu den relevanten Fachressorts auf Regierungsseite. Gemeinsam mit dem Vorsitzenden bereiten die Obleute in vor den Ausschusssitzungen stattfindenden Obleutegesprächen die Arbeit des Ausschusses inhaltlich, prozedural und organisatorisch vor und bringen die Wünsche ihrer Fraktion ein.62 Darüber hinaus sorgen sie für die Präsenz ihrer Fraktionskollegen im Ausschuss und achten auf die Übereinstimmung der in den Ausschusssitzungen vertretenen Positionen mit der gesamten Linie der Fraktion. In Situationen, in denen keine vorherige fraktionsinterne Abstimmung möglich ist, geben sie die „Fraktionslinie“ vor. Bei der Entsendung bewaffneter Streitkräfte ins Ausland im Rahmen des vereinfachten Zustimmungsverfahrens (§ 4 Abs. 1 Parlamentsbeteiligungsgesetz) sowie bei der Verlängerung von Einsätzen (§ 7 Abs. 1 Parlamentsbeteiligungsgesetz) kommt den Obleuten insofern eine Sonderrolle zu, als sie gemeinsam mit den Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses und des Verteidigungsausschusses von der Bundesregierung über die beabsichtigten Maßnahmen außerhalb einer Ausschusssitzung unterrichtet werden.

60 Vgl. Sten Martenson, Außenpolitik im Deutschen Bundestag – der Auswärtige Ausschuß ist zum Altersruhesitz geworden, in Stuttgarter Zeitung vom 24. Juli 1975, S. 3. 61 Der Begriff „Fraktion im Ausschuss“ wurde in der 8. Wahlperiode eingeführt. Vgl. Schindler (Anm. 45), Bd. II, Kapitel 13.2, S. 2871 und Bd. III, Kapitel 16.2, S. 3114. 62 Siehe dazu Dach (Anm. 6), S. 1118 f.

III. Organisation

77

d) Mitglieder des Ausschusses Üblicherweise ist der Auswärtige Ausschuss nur erfahrenen und „altgedienten“ Parlamentariern vorbehalten. Eine für die 11. bis 13. Wahlperiode durchgeführte Untersuchung der durchschnittlichen Zugehörigkeitsdauer der Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses im Vergleich mit der von Mitgliedern aller übrigen Ausschüsse hat diese oft getroffene Aussage empirisch bestätigt.63 Von den Fraktionen sind in den vergangenen Legislaturperioden aber immer wieder auch bewusst interessierte junge Parlamentarier in den Ausschuss entsandt worden.64 Wer als junger Abgeordneter im Parlament Karriere machen will, ist allerdings gut beraten, seine parlamentarische Laufbahn nicht im Auswärtigen Ausschuss zu beginnen. Wird über die auswärtige Politik im Plenum debattiert, so ist die Debatte in der Regel von den Fraktionsoberen dominiert. Ein Neuling, mag er in außenpolitischen Fragen auch noch so beschlagen sein und als ausgewiesener Fachmann gelten, erhält in der Rednerreihenfolge normalerweise keine prominente Platzierung und erfährt daher in der Öffentlichkeit kaum Beachtung. Die Außenpolitik eignet sich somit nicht für den parlamentarischen Newcomer. Er muss „neue“ und für den Wähler wichtige Themen „besetzen“, wenn er wiedergewählt werden will. Da sind etwa die Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik, die Innen- oder Wirtschaftspolitik bedeutend besser geeignet. Manche Parlamentsneulinge versuchen auch, sich in den engeren Führungszirkeln ihrer Fraktion zu profilieren. Sehr gefragt sind hier etwa eine Mitgliedschaft im Fraktionsvorstand oder aber die Tätigkeit als parlamentarischer Geschäftsführer. Um Publizität zu erlangen eignet sich schließlich in besonderer Weise auch die Mitarbeit in Untersuchungsausschüssen, die von Zeit zu Zeit zur Untersuchung bestimmter Sachverhalte eingesetzt werden.65 Kaum Karriere machen wird hingegen derjenige Abgeordnete, der in Fraktionssitzungen durch langatmige Redebeiträge auffällt, ansonsten im Parlamentsgeschehen aber eher auf den hinteren Bänken Platz nimmt. Der Anteil von Frauen ist im Auswärtigen Ausschuss vergleichsweise gering, was Sabine Lemke-Müller zufolge auf ein traditionelles Desinteresse der Parlamentarierinnen an der Außenpolitik sowie den Umstand zurückzuführen ist, dass längere, anstrengende und teilweise auch gesundheitsgefährdende Auslandsdienst63 Siehe dazu Ekkehard Münzing / Volker Pilz, Der Auswärtige Ausschuss des Deutschen Bundestages: Aufgaben, Organisation und Arbeitsweise, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Jg. 29 (1998), Heft 4, S. 575 – 604, 579 f. 64 Münzing / Pilz (Anm. 63), S. 604. 65 Die Arbeit der Untersuchungsausschüsse ist in den Medien in der Regel sehr präsent und bewegt allein schon deshalb viele Menschen. Wenn es, wie beispielsweise dem seinerzeitigen CDU-Obmann im Spendenuntersuchungsausschuss der 14. Wahlperiode Andreas Schmidt, gelingt, häufig in den Medien zu sein, stärkt dies das eigene Renommee sowohl in der Fraktion als auch beim Wähler. Bei der Besetzung der Ausschussvorsitze kam man an Schmidt schließlich nicht mehr vorbei – er wurde zu Beginn der 15. Wahlperiode Vorsitzender des wichtigen Rechtsausschusses.

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B. Der Auswärtige Ausschuss als ständiger Bundestagsausschuss

reisen mit den mütterlichen Erziehungspflichten vieler Parlamentarierinnen nicht vereinbar sind.66 Im Hinblick auf das Gewicht und die Bedeutung des Ausschusses ist es unabdingbar, dass international bekannte und renommierte Parlamentarier unter den Ausschussmitgliedern vertreten sind. Weil der Ausschuss über sehr viel größere informelle als formelle Einflussmöglichkeiten verfügt, werden von den Fraktionen üblicherweise nur profilierte und erfahrene Abgeordnete in den Ausschuss entsandt. Für eine erfolgreiche Ausschussarbeit ist zudem eine möglichst langjährige Ausschussmitgliedschaft von nicht zu unterschätzender Bedeutung, denn nur so können dauerhafte Kontakte zu Vertretern anderer Staaten geknüpft und das im Bereich der auswärtigen Beziehungen substanziell notwendige Vertrauen aufgebaut werden. Der Hinweis auf die Mitgliedschaft im Auswärtigen Ausschuss steigert das Renommee der Abgeordneten auch international beträchtlich. Der Vizepräsident der Europäischen Kommission Günter Verheugen beispielsweise, selbst über 15 Jahre Mitglied des Auswärtigen Ausschusses, weist in seinem auf der Homepage der EU-Kommission abrufbaren Curriculum Vitae zweimal ausdrücklich auf seine langjährige Mitgliedschaft im Auswärtigen Ausschuss hin.67 In der bundesrepublikanischen Tradition hat es sich eingebürgert, dass ehemalige Außenminister nach dem Ende ihrer Amtszeit grundsätzlich nicht in den Auswärtigen Ausschuss eintreten.68 Dieser Übung wird der Charakter einer „unverbindlichen Stilregel“ des parlamentarischen Betriebs zugeschrieben.69 Man will damit vermeiden, dass die aus früherer Dienstzeit stammenden intimen Kenntnisse des Amtsvorgängers den neuen Amtsinhaber kompromittieren könnten. Ein solches Vorgehen scheint indes durch eine gehörige Portion Misstrauen gegenüber den handelnden Personen geprägt. Liegt es doch stets bei den jeweiligen Amtsvorgängern selbst, sich bei der Ausübung ihrer parlamentarischen Tätigkeit in Zurückhaltung zu üben. In der Weimarer Zeit war es durchaus üblich, dass der frühere Außenminister nach dem Ende seiner Amtszeit ohne Bedenken sogar das Amt des Ausschussvorsitzenden übernehmen konnte.70 66 Sabine Lemke-Müller, Funktionen und Politikverständnis der weiblichen Abgeordneten in den Ausschüssen des 13. und 14. Deutschen Bundestages, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Jg. 30 (1999), Heft 4, S. 968 – 979, S. 972. 67 Siehe http: // europa.eu.int / comm / commission_barroso / verheugen / profile / cv_de.htm (am 18. 09. 2005). 68 Eine Ausnahme stellt bislang lediglich Gerhard Schröder (CDU) dar, der von 1961 – 1966 Außenminister in den Kabinetten Adenauer und Erhard sowie von 1966 – 1969 Verteidigungsminister im Kabinett Kiesinger war und von 1969 – 1980 Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses wurde. 69 So Dach (Anm. 6), S. 1111 Rdnr. 20. 70 Dies zeigt das Beispiel des früheren Reichsaußenministers und Reichskanzlers Hermann Müller (SPD). Müller wurde 1919 zunächst Reichsaußenminister, 1920 dann kurzzeitig Reichskanzler, war von 1920 bis 1928 Vorsitzender bzw. stellvertretender Vorsitzender des

III. Organisation

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Es erscheint angebracht, diese „Stilregel“ zu überdenken. Schließlich begibt man sich einer gehörigen Portion Sachverstandes, wenn der ehemalige Außenminister seine Kenntnisse und Erfahrungen nicht in den Auswärtigen Ausschuss einbringen kann, sondern stattdessen in den Sportausschuss geht.71

2. Unterausschüsse Die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages ermöglicht in § 55 die Einrichtung von Unterausschüssen. Durch sie soll eine kontinuierliche und gründliche Bearbeitung von Themen gewährleistet werden, denen im politischen Tagesgeschäft nicht die notwendige Aufmerksamkeit gewidmet werden kann. In der 15. Wahlperiode waren drei Unterausschüsse eingesetzt: für „Vereinte Nationen“, „Globalisierung und Außenwirtschaft“ sowie für „Abrüstung und Rüstungskontrolle“. Die Unterausschüsse werden durch Beschluss des Ausschusses in der Regel zu Beginn jeder Legislaturperiode neu eingerichtet. Nach § 55 Abs. 1 GOBT kann die Einrichtung eines Unterausschusses durch den Widerspruch eines Drittels der Ausschussmitglieder verhindert werden. In dem gleichen Absatz heißt es auch, dass als Unterausschussmitglieder „in Ausnahmefällen [ . . . ] die Fraktionen auch Mitglieder des Bundestages benennen [können], die nicht dem Ausschuss angehören“. Dies ist bei den Unterausschüssen des Auswärtigen Ausschusses nicht die Ausnahme, sondern die Regel. So gehören etwa dem Unterausschuss für Abrüstung und Rüstungskontrolle auch zahlreiche Mitglieder des Verteidigungsausschusses an. Einen festgelegten Schlüssel, wonach jeweils eine bestimmte Anzahl von Unterausschuss-Mitgliedern aus bestimmten Ausschüssen benannt werden muss, gibt es aber nicht. Vielmehr liegt es in den Händen der Fraktionen, welche Mitglieder sie benennen. Derzeit sind in allen Unterausschüssen des Auswärtigen Ausschusses die Mehrheit der (ordentlichen und stellvertretenden) Mitglieder Angehörige anderer Ausschüsse. Aufgrund ihres eng begrenzten Aufgabenfeldes tagen die Unterausschüsse nicht so häufig wie der Auswärtige Ausschuss. Dieser tagt etwa zwei- bis dreimal so oft wie die Unterausschüsse.

3. Ausschusssekretariat Die Aufgabe des Ausschusssekretariats ist die administrative, organisatorische und fachliche Betreuung der Arbeit des Ausschusses. Es führt alle Tätigkeiten aus, Auswärtigen Ausschusses, bis er von 1928 bis 1930 erneut Reichskanzler wurde und nach dem Ende seiner Kanzlerschaft zunächst als stellvertretendes, dann als ordentliches Mitglied, in den Auswärtigen Ausschuss zurückkehrte. Siehe dazu auch oben Abschnitt A. I. 2. a) Mitglieder des Ausschusses, S. 46 ff., S. 48. 71 So geschehen im Fall des ehemaligen Bundesaußenministers Klaus Kinkel (FDP), der nach dem Ende seiner Amtszeit als Außenminister 1998 ordentliches Mitglied im Sportausschuss wurde.

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B. Der Auswärtige Ausschuss als ständiger Bundestagsausschuss

die für die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung der Ausschusssitzungen notwendig sind. Das Ausschusssekretariat ist Teil des Wissenschaftlichen Fachdienstes der Bundestagsverwaltung72 und unterstützt den Ausschussvorsitzenden, die Obleute und die übrigen Ausschussmitglieder in technischer, organisatorischer und fachlicher Hinsicht. Ein fachliches Gegengewicht gegenüber dem Sachverstand der Regierungsbeamten ist damit in der Regel allerdings nicht zu erreichen und auch nicht intendiert.73 Das Sekretariat protokolliert die Sitzungen, entwirft die Ausschussberichte, führt den Schriftverkehr und hält Kontakt mit anderen Ausschüssen, der Bundesregierung, Nichtregierungsorganisationen, interparlamentarischen Einrichtungen sowie ausländischen Regierungen und Parlamenten. Darüber hinaus ist es zuständig für die organisatorische Vorbereitung und Durchführung der Delegationsreisen des Ausschusses und seiner Unterausschüsse, die Betreuung von ausländischen Delegationen, die Vorbereitung von Empfängen und Gesprächsrunden mit den in Berlin akkreditierten Botschaftern sowie die Organisation und Durchführung von Anhörungen. Die Belastung der Sekretariatsmitarbeiter ist sehr von Leitungsstil und Arbeitsweise des Vorsitzenden abhängig. Während etwa der langjährige Ausschussvorsitzende Hans Stercken (CDU) sein persönliches Abgeordnetenbüro sehr stark in die Ausschussarbeit einbezog, überließen seine Nachfolger die inhaltliche und organisatorische Zuarbeit weitgehend dem Ausschusssekretariat. Geleitet wird das Sekretariat vom Ausschusssekretär, einem Beamten des höheren Dienstes. Er ist „Berater und Gehilfe“ des Vorsitzenden in einer Person und wird bei seiner Tätigkeit von weiteren Sekretariatsmitarbeitern unterstützt. Gegenwärtig gehören dem Sekretariat des Auswärtigen Ausschusses neben dem Ausschusssekretär drei weitere Beamte des höheren Dienstes, ein Beamter des gehobenen Dienstes sowie drei Verwaltungsangestellte an.74 Die Unterausschüsse werden jeweils durch das Sekretariat mitbetreut. In früheren Legislaturperioden verfügten die Unterausschüsse teilweise über eigenständige Sekretariate.

72 Vgl. Peter Schindler, Die Verwaltung des Bundestages, in: Hans-Peter Schneider / Wolfgang Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, Berlin / New York 1989, S. 829 – 858, S. 851 ff. Rdnr. 68 – 71. 73 Wolfgang Zeh, Parlamentarisches Verfahren, in: Josef Isensee / Paul Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. II, Heidelberg 1987, S. 425 – 466, S. 455 Rdnr. 62. 74 Die Angabe bezieht sich auf die 15. Legislaturperiode. Siehe dazu den Geschäftsverteilungsplan des Deutschen Bundestages, 1. WF II A 1 – Sekretariat Auswärtiger Ausschuss, S. 35, Stand: August 2005.

IV. Arbeitsweise

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IV. Arbeitsweise 1. Geschlossener Ausschuss Der Auswärtige Ausschuss tagt traditionell als so genannter „geschlossener Ausschuss“.75 Haben grundsätzlich alle Bundestagsabgeordneten zu den Sitzungen aller Ausschüsse ein Zutrittsrecht, beschränkt es sich beim Auswärtigen Ausschuss und seinen Unterausschüssen76 auf die ordentlichen Mitglieder und deren namentlich benannte Stellvertreter.77 Daneben sind nur noch der Bundestagspräsident, die Fraktionsvorsitzenden oder ihre Stellvertreter bzw. jeweils ein Fachreferent der Fraktionen, die Mitglieder bzw. Vertreter der Bundesregierung und des Bundesrates sowie die Mitarbeiter des Ausschusssekretariats zugelassen. Mitarbeiter von Abgeordneten haben keinen Zutritt. Das Zutrittsrecht für Mitglieder von Bundesregierung und Bundesrat sowie deren Vertreter (Ministerialbeamte) gilt für alle Ausschüsse des Deutschen Bundestages. Es ist in Art. 43 Abs. 2 S. 1 des Grundgesetzes ausdrücklich niedergelegt. Dieser vergleichsweise kleine Kreis soll gewährleisten, dass im Ausschuss offen über sensible außenpolitische Fragen und Entwicklungen diskutiert werden kann und die Regierung gleichzeitig erwarten darf, dass die von ihr gegebenen Informationen oder die von Bundeskanzler und Außenminister geäußerten Einschätzungen und Überlegungen nicht an die Öffentlichkeit dringen.78 Andernfalls könnten 75 Siehe dazu oben Abschnitt A. I. 2. c) Vertraulichkeit der Beratungen, S. 50 ff. Neben dem Auswärtigen Ausschuss tagen auch der Verteidigungs- und der Innenausschuss (bei Angelegenheiten der inneren Sicherheit) grundsätzlich als geschlossene Ausschüsse. Der Bundestag beschließt mit der Einsetzung der Ausschüsse regelmäßig auch die Beschränkung des Zutrittsrechts (§ 69 Abs. 2 GOBT). Für die 14. WP erfolgte dies in BT-Drs. 14 / 22 und für die 15. WP in BT-Drs. 15 / 19. Bis zur 11. WP galt diese Beschränkung auch für den Ausschuss für innerdeutsche Beziehungen, vgl. BT-Drs. 11 / 68. 76 Seit der 14. WP gilt die Beschränkung des Zutrittsrechts auch für die Unterausschüsse des Auswärtigen Ausschusses. Zuvor gab es eine solche Beschränkung nicht, vgl. BT-Drs. 12 / 54 und 13 / 35. 77 Diese Regelung lässt sich bis in die Weimarer Zeit zurückverfolgen. Bereits der erste Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses der Weimarer Republik, Philipp Scheidemann (SPD), hatte sie im Jahre 1919 ausdrücklich festgestellt (siehe hierzu das Protokoll der Sitzung des Ausschusses für den Reichshaushalt vom 20. Oktober 1919, das sich bei den Akten über die Verhandlungen des ständigen Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten findet, BArch R 101 / 1164, S. 27 der Akte; siehe dazu auch Abschnitt A. I. 2. c) Vertraulichkeit der Beratungen, S. 50 ff.). Die Regelung wurde für den Auswärtigen Ausschuss des Deutschen Bundestages auf dessen erster Sitzung am 14. Oktober 1949 vom Ausschussvorsitzenden Carlo Schmid (SPD) erneut angeregt (vgl. dazu das Protokoll der Sitzung, Sitzungsprotokolle 1949 – 1953, bearbeitet von Wolfgang Hölscher, Band 13 / I, Düsseldorf 1998, Erster Halbband, S. 4) und vom Plenum des Bundestages am 20. Oktober 1949 beschlossen, vgl. BT-Drs. I / 113 und Stenographische Berichte des Deutschen Bundestages, Bd. 1, S. 268 f. 78 Zur Problematik der Vertraulichkeit siehe Ernst Majonica, Ein Parlament im Geheimen? Zur Arbeitsweise der Bundestagsausschüsse, in: Emil Hübner / Heinrich Oberreuter / Heinz Rausch (Hrsg.), Der Bundestag von innen gesehen, München 1969, S. 114 – 126,

6 Pilz

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B. Der Auswärtige Ausschuss als ständiger Bundestagsausschuss

negative Konsequenzen auf die bilateralen Beziehungen oder geschwächte Verhandlungspositionen der Bundesregierung die Folge sein.79 Für die Behandlung mancher Fragen ist aber selbst der Auswärtige Ausschuss schon zu groß. In ganz besonders delikaten Angelegenheiten hat sich deshalb in der Vergangenheit der Brauch herausgebildet, dass der Außenminister die Obleute oder einige wenige Ausschussmitglieder zu Arbeitsbesprechungen ins Auswärtige Amt einlädt.80 2. Geheimschutz Zur Erhöhung der Abschirmung steht dem Auswärtigen Ausschuss – wie allen Ausschüssen – die Geheimschutzordnung (GSO)81 des Bundestages zur Verfügung (vgl. §§ 17, 69 Abs. 7 GOBT). Nach § 69 Abs. 7 GOBT i.V. m. § 7 Abs. 1 Satz 1 GSO haben die Ausschüsse die Befugnis, für einen Beratungsgegenstand einen Geheimhaltungsgrad zu beschließen.82 Informationen und Dokumente können als „VS-VERTRAULICH“, „GEHEIM“ oder „STRENG GEHEIM“ eingestuft werden. Den Geheimhaltungsgrad einer Information bestimmt grundsätzlich diejenige Stelle, die die Information herausgibt (§ 3 Abs. 2 Satz 1 GSO). Wenn etwa das Auswärtige Amt ein Dokument als GEHEIM einstuft, gilt diese Klassifizierung automatisch auch für den Auswärtigen Ausschuss. Teilnehmer einer Sitzung, die nicht nach einer Sicherheitsüberprüfung die Befugnis zum Umgang mit MateriaS. 121; Barbara Wasner, Parlamentarische Entscheidungsfindung – Einblicke in das schwierige Geschäft der Mehrheitsbeschaffung, Passau 1998, S. 167, zugl. Diss. Univ. Passau 1997; Der Auswärtige Ausschuss des Deutschen Bundestages: Sitzungsprotokolle 1949 – 1953, bearbeitet von Wolfgang Hölscher, Band 13 / I, Düsseldorf 1998, Erster Halbband, Einleitung, S. LXXX ff.; Sitzungsprotokolle 1953 – 1957, bearbeitet von Wolfgang Hölscher, Band 13 / II, Düsseldorf 2002, Erster Halbband, Einleitung, S. LXIII ff.; Sitzungsprotokolle 1957 – 1961, bearbeitet von Joachim Wintzer und Josef Boyer in Verbindung mit Wolfgang Dierker, Band 13 / III, Düsseldorf 2003, Erster Halbband, Einleitung, S. LXX ff. Kritisch zum Ausmaß der Vertraulichkeit: Carl-Christoph Carl-Christoph Schweitzer, Der Auswärtige Ausschuß des Deutschen Bundestages im außenpolitischen Entscheidungssystem, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, 30. Jg. (1980), B 19, S. 3 – 24, S. 23. 79 Welche Irritationen in den bilateralen Beziehungen in die Öffentlichkeit getragene Äußerungen von Regierungsmitgliedern auslösen können, zeigt folgendes Beispiel: In einer Sitzung des Finanzausschusses am 20. 9. 1995 vertrat Finanzminister Theo Waigel die Ansicht, dass Italien nicht zu den Ländern gehören werde, die von Beginn an an der dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion teilnehmen könnten. Diese Aussage wurde in einem Pressedienst des Bundestages zitiert. Sofort setzte in Politik und Öffentlichkeit Italiens ein Sturm der Empörung ein. Der Kurs der Lira fiel zeitweise über drei Pfennige je 1000 Lira. Vgl. „Theo Waigels Währungsunion-Absage an Italien löst heftige Reaktionen aus“, in: Süddeutsche Zeitung vom 22. September 1995, S. 23. 80 Vgl. Majonica (Anm. 78), S. 121 f. 81 Anlage 3 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages. 82 Vgl. Gerhard Jahn / Dieter Engels, Geheimschutzordnung des Bundestages, in: HansPeter Schneider / Wolfgang Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, Berlin / New York 1989, S. 619 – 641, 625 f. Rdnr. 17.

IV. Arbeitsweise

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lien dieser Geheimhaltungsstufe erlangt haben, müssen für die Dauer der Beratung die Sitzung verlassen. Abgeordnete haben ohne Überprüfung qua Amt das Recht zum Umgang mit Informationen aller Geheimhaltungsstufen. Eine Erörterung von Dokumenten mit dem Geheimhaltungsgrad STRENG GEHEIM83 im Ausschuss ist äußerst selten und seit vielen Jahren nicht mehr vorgekommen. Bei Beratungen über STRENG GEHEIM- oder GEHEIM-Angelegenheiten dürfen nach § 7 Abs. 2 GSO nur die Beschlüsse protokolliert werden, wenn nicht der Ausschuss ausdrücklich etwas anderes beschließt.84

3. Sitzungsrhythmus, Sitzungsdauer und Sitzungssaal Der Auswärtige Ausschuss tagt grundsätzlich an jedem Mittwoch einer Sitzungswoche von 9:30 Uhr bis etwa 13:00 Uhr im Sitzungssaal 2.800 in der zweiten Etage des Paul-Löbe-Hauses im Berliner Parlaments- und Regierungsviertel. Bei Bedarf finden darüber hinaus auch Sondersitzungen statt, beispielsweise im Falle dringend anberaumter Beratungen über die Entsendung bewaffneter Streitkräfte ins Ausland oder anlässlich von Besuchen hochrangiger Repräsentanten ausländischer Staaten oder internationaler Organisationen. Der Sitzungssaal befindet sich in unmittelbarer Nähe zum Büro des Ausschussvorsitzenden und den Räumlichkeiten des Ausschusssekretariats. In der Mitte des kreisrunden Sitzungssaales sind etwas nach unten abgesetzt Sitzgelegenheiten für ausländische Gäste oder sonstige Sitzungsteilnehmer. Auf die bei den anderen Ausschüssen üblichen Besuchertribünen wurde weitgehend verzichtet, da der Ausschuss „geschlossen“ und unter Ausschluss der Öffentlichkeit tagt. Stattdessen wurden Dolmetscherkabinen installiert, die bei Besuchen ausländischer Delegationen Simultanübersetzungen ermöglichen. Während der Beratungen bieten sich den Ausschussmitgliedern imposante Blicke auf das Reichstagsgebäude. Der Sitzungssaal selbst ist indes sehr nüchtern gehalten und entspricht in jeder Hinsicht der architektonischen Linie zeitgenössischer Regierungsbauten der neuen Bundeshauptstadt Berlin.

4. Sitzungsvorbereitung durch die Fraktionen Die Sitzungen des Ausschusses werden von den Fraktionen in vor den Ausschusssitzungen stattfindenden Sitzungen der jeweiligen Fraktionsarbeitsgruppen und -arbeitskreise inhaltlich vorbereitet. Jede Fraktion hat parallel zu den einzel83 Definition von STRENG GEHEIM gemäß § 2 Abs. 2 der Geheimschutzordnung: „Als STRENG GEHEIM eingestuft werden VS (Verschlusssachen), deren Kenntnis durch Unbefugte den Bestand der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährden würde.“ 84 Siehe zum Ganzen Holger G. Syrbe, Die Sicherung der Vertraulichkeit der Arbeit von Bundestagsausschüssen, Diss. Mannheim 1993.

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B. Der Auswärtige Ausschuss als ständiger Bundestagsausschuss

nen Ausschüssen Arbeitsgruppen bzw. Arbeitskreise eingerichtet, in denen die den einzelnen Ausschüssen angehörenden Fraktionsmitglieder mitwirken. Die großen Fraktionen haben Arbeitsgruppen (SPD und CDU / CSU), die kleineren Fraktionen Arbeitskreise (FDP und BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN) gebildet. Der Unterschied ist, dass eine Arbeitsgruppe in der Regel inhaltlich genau dem Zuschnitt eines Ausschusses entspricht, während die Arbeitskreise für mehrere Ausschüsse zuständig sind. In der 15. Wahlperiode wurde die Arbeit des Auswärtigen Ausschusses von der Fraktion der SPD durch die Arbeitsgruppe „Außenpolitik“, von der CDU / CSU-Fraktion durch die Arbeitgruppe „Auswärtiges“, von der FDP-Fraktion durch den Arbeitskreis „Internationale Politik“ und von der Fraktion BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN durch den Arbeitskreis „Internationale Politik und Menschenrechte“ inhaltlich betreut.85 Die Vorsitzenden der Arbeitsgruppen sind in der Regel identisch mit dem Obmann der Fraktion im Ausschuss. Der Ausschussvorsitzende nimmt an den Arbeitsgruppensitzungen seiner Fraktion zwar üblicherweise teil, hat dort aber regelmäßig keine Funktion. Durch die Arbeitsgruppen bzw. Arbeitskreise werden die auf der Tagesordnung stehenden Themen einerseits zur Positionsfindung und „Absegnung“ durch die Gesamtfraktion, andererseits zur inhaltlichen Beratung im Ausschuss und die sich anschließende Beschlussfassung im Plenum vorbereitet. Für die Vorfestlegung des Fraktionsstandpunktes in den Ausschussberatungen sind die Arbeitskreise somit von entscheidender Bedeutung.86 Jeder Tagesordnungspunkt wird durch jeweils einen Berichterstatter betreut, der das Beratungsthema inhaltlich vorbereitet und für seine Fraktion während der Beratungen des Ausschusses und später meist auch im Plenum vertritt.87

5. Sitzungsteilnehmer Als geschlossener Ausschuss steht der Auswärtige Ausschuss grundsätzlich nur den ordentlichen und stellvertretenden Ausschussmitgliedern für eine Teilnahme an den Sitzungen offen. Daneben ist es nur noch dem Bundestagspräsidenten, den Fraktionsvorsitzenden oder ihren Stellvertretern bzw. jeweils einem Fachreferenten Siehe dazu Feldkamp (Anm. 46), Kapitel 5.8, S. 260 ff. In der jüngsten politikwissenschaftlichen Forschung werden die Arbeitskreise sogar als eigentlicher „Kern der parlamentarischen Willensbildung“ ausgemacht und die Ausschüsse lediglich als „Testraum fürs Plenum“ angesehen. So Jürgen von Oertzen, Das Expertenparlament: Abgeordnetenrollen in den Fachstrukturen bundesdeutscher Parlamente, BadenBaden 2006, S. 266 ff., S. 271 ff., zugl. Diss. Univ. Halle-Wittenberg 2005. Vgl. Helmuth Schulze-Fielitz, Der informale Verfassungsstaat, Berlin 1984, S. 64 ff. 87 Vgl. Michael Melzer, Vorbereitung und Gestaltung der Ausschußarbeit durch die Fraktionen, in: Hans-Peter Schneider / Wolfgang Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, Berlin / New York 1989, S. 1131 – 1143 sowie Hans Apel, Die Willensbildung in den Bundestagsfraktionen – Die Rolle der Arbeitsgruppen und Arbeitskreise, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Jg. 1 (1970), Heft 2, S. 223 – 232. 85 86

IV. Arbeitsweise

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der Fraktionen, den Mitgliedern bzw. Vertretern der Bundesregierung und des Bundesrates sowie den Mitarbeitern des Ausschusssekretariats gestattet, an den Sitzungen teilzunehmen.88 Während die ordentlichen und stellvertretenden Ausschussmitglieder meist recht vollzählig an den Sitzungen teilnehmen, entsendet die Bundesregierung in der Regel Beobachter aus der Riege der Ministerialbeamten (Staatssekretäre, Abteilungs- und Unterabteilungsleiter sowie Referatsleiter), insbesondere des Auswärtigen Amts. Gelegentlich nehmen auch der Außenminister oder der Verteidigungsminister an den Sitzungen teil, wobei sich Außenminister Joschka Fischer (BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN) während seiner Amtszeit um eine möglichst häufige Teilnahme bemühte. Etwa einmal im Jahr erscheint auch der Bundeskanzler zu einer Aussprache mit den Abgeordneten im Ausschuss. Der Bundesrat wird in der Regel durch Beauftragte, wie den Sekretär des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten des Bundesrates oder Beamte und Angestellte der Landesvertretungen vertreten. Die Teilnehmerzahl schwankt damit etwa zwischen 40 und 70 Personen, kann bei wichtigen Themen im Einzelfall aber auch 100 Personen erreichen.89 6. Umgangston Der Umgangston zwischen den Abgeordneten unterscheidet sich im Auswärtigen Ausschuss wesentlich von dem in anderen Ausschüssen. Während in manchen Ausschüssen oft eine Atmosphäre herrscht, „als ob jeden Tag Wahlkampf sei“, geht es im Auswärtigen Ausschuss eher gediegen und fast freundschaftlich zu. Der Diskussionsstil wird von den Abgeordneten allgemein als sehr sachlich, fair und kollegial beschrieben. Differenzen, die nicht mehr kommunizierbar sind, werden mit Humor abgefedert. Ein Großteil der Abgeordneten duzt sich. Begründet wird diese gute Atmosphäre unter anderem damit, dass man häufig gemeinsam reise und dies verbinde. Außerdem herrsche das Bewusstsein vor, dass es darum gehe, die deutschen Interessen gemeinsam im Ausland zu vertreten. Nicht zuletzt färbe auch der „diplomatische Stil“ aus den zahlreichen Begegnungen mit ausländischen Gesprächspartnern ab.

Siehe dazu oben Abschnitt B. IV. 1. Geschlossener Ausschuss, S. 81 f. Vgl. Wolfgang Hölscher, Der Auswärtige Ausschuss des Deutschen Bundestages: Sitzungsprotokolle 1949 – 1953, Düsseldorf 1998, Band 13 / I, 1. Halbband, Einleitung, S. XLI ff.; ders., Sitzungsprotokolle 1953 – 1957, Band 13 / II, 1. Halbband, Düsseldorf 2002, Einleitung, S. XXXVII ff.; Joachim Wintzer / Josef Boyer Sitzungsprotokolle 1957 – 1961, Band 13 / III, 1. Halbband, Düsseldorf 2003, Einleitung, S. XLI ff.; Wolfgang Hölscher, Sitzungsprotokolle 1961 – 1965, Band 13 / IV, 1. Halbband, Düsseldorf 2004, Einleitung, S. XXVIII. 88 89

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B. Der Auswärtige Ausschuss als ständiger Bundestagsausschuss

7. Sitzungsprotokolle Nach § 73 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundestages ist über jede Ausschusssitzung ein schriftliches Protokoll anzufertigen, das mindestens alle Anträge und Beschlüsse des Ausschusses enthalten muss. Die Sitzungsprotokolle der Ausschüsse werden von den Ausschusssekretariaten üblicherweise als Kurzprotokolle erstellt und geben die einzelnen Redebeiträge in indirekter Rede wieder. Stenographische Aufnahmen von Ausschusssitzungen sind nur zu besonderen Anlässen üblich und bedürfen der Genehmigung des Bundestagspräsidenten (§ 73 Abs. 1 S. 3 GOBT). Für die Behandlung der Protokolle hat der Bundestagspräsident im Benehmen mit dem Präsidium besondere Richtlinien erlassen, welche die Einsichtnahme regeln.90 Die angestrebte Vertraulichkeit führt beim Auswärtigen Ausschuss dazu, dass die Inhalte der Sitzungen nicht wie bei den „offenen“ Ausschüssen in für alle Abgeordneten zugänglichen Protokollen nachzulesen sind. Vielmehr werden nur drei Exemplare des Protokolls angefertigt, wovon eines im Ausschusssekretariat bzw. der Geheimregistratur des Bundestages verwahrt wird und dort nur von den Mitgliedern des Ausschusses eingesehen werden kann. Jeweils ein Exemplar wird dem Auswärtigen Amt und dem Kanzleramt zur Information zur Verfügung gestellt. Der Öffentlichkeit sind die Protokolle erst nach Ablauf einer 30-jährigen Sperrfrist zugänglich, wenn nicht zwingende Gründe des Geheimschutzes entgegenstehen.91 Während die Sitzungsprotokolle des Auswärtigen Ausschusses in früheren Legislaturperioden sehr gewissenhaft erstellt wurden und nahezu lückenlos vorhanden sind, fehlen aus der 10. bis 12. Legislaturperiode zahlreiche Protokolle92; Tonbandmitschnitte der Ausschusssitzungen sind zwar noch vorhanden, jedoch wird die Zuordnung der Stimmen zu den jeweiligen Akteuren wohl einige Schwierigkeiten bereiten. Seit Herbst 1999 werden keine Kurz- sondern nur noch Beschlussprotokolle angefertigt.93 Nur wenn der Bundeskanzler im Ausschuss vorträgt, wird regelmäßig ein stenographisches Wortprotokoll erstellt.

8. Das Ausschussverfahren Jede Sitzungswoche hat der Ausschuss eine umfangreiche Tagesordnung zu bewältigen. Nach § 64 Abs. 1 GOBT sind „Verhandlungsgegenstände [ . . . ] die 90 Vgl. die Richtlinien für die Behandlung der Ausschussprotokolle gemäß § 73 Abs. 3 GOBT, Anhang 2 zur Geschäftsordnung des Bundestages. 91 Siehe dazu auch oben Einleitung, 1. Forschungsstand und Quellenlage, S. 20, Anm. 29. 92 Seinerzeit wurde offensichtlich mehr Wert auf die Außendarstellung des Ausschusses gelegt, als auf das zeitaufwendige Anfertigen von Sitzungsprotokollen. 93 Nach Auskunft des damaligen Ausschusssekretärs Ministerialrat a.D. Rainer Czeniek wurde hauptsächlich aufgrund personeller Engpässe im Ausschusssekretariat auf die Erstellung von Kurzprotokollen verzichtet. Die Erstellung der Protokolle nahm bis dahin etwa 40 – 50% der Arbeitskapazitäten des Ausschussdienstes in Anspruch.

IV. Arbeitsweise

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dem Ausschuss überwiesenen Vorlagen und Fragen aus dem Geschäftsbereich des Ausschusses“. Die überwiesenen Vorlagen sind vom Ausschuss zu beraten und dem Plenum anschließend ein schriftlicher Bericht mitsamt einer Beschlussempfehlung vorzulegen (vgl. § 66 Abs. 2 GOBT). Berät der Ausschuss hingegen „Fragen aus seinem Geschäftsbereich“ (Selbstbefassungsrecht gemäß § 62 Abs. 1 Satz 3 GOBT), so unterliegt er keiner Berichtspflicht an das Plenum. Quantitativ – aber nicht zeitlich – überwiegen die vom Plenum überwiesenen Vorlagen die Arbeit des Ausschusses. In der 12. WP befasste sich der Auswärtige Ausschuss beispielsweise mit mehr als 600 überwiesenen Vorlagen. Dies waren vor allem völkerrechtliche Verträge nebst Ratifikationsgesetzen, Gesetzesentwürfe mit außenpolitischem Bezug, außenpolitische Anträge sowie Dokumente, die dem Bundestag vom Europäischen Parlament, der Europäischen Kommission etc. zur Kenntnisnahme vorgelegt wurden.94 Trotz der großen Zahl von Vorlagen nehmen diese aber nur den geringeren Teil der Sitzungen in Anspruch. Etwa zwei Drittel der Sitzungszeit beansprucht der außenpolitische Dialog mit der Bundesregierung oder ausländischen Gästen. In fast jeder Sitzung des Ausschusses lassen sich die Abgeordneten unter dem Tagesordnungspunkt „Bericht der Bundesregierung zu . . .“ über aktuelle Entwicklungen in bestimmten Ländern / Regionen oder Verhandlungen und die Einschätzungen der Bundesregierung hierzu unterrichten.95 Die Unterrichtung erfolgt in der Regel durch die Staatssekretäre im Auswärtigen Amt oder die beiden Staatsminister.96

a) Beratung von Vorlagen des Plenums Die Vorlagen des Plenums werden in der Regel mehreren Ausschüssen zur Beratung überwiesen. Dabei wird durch vorherige Vereinbarung im Ältestenrat festgelegt, welcher Ausschuss federführend und welche mitberatend tätig sein sollen. Diese Entscheidung ist deshalb von Bedeutung, weil nur der federführende Ausschuss berechtigt ist, dem Plenum eine Beschlussempfehlung vorzulegen (§ 63 Abs. 1 GOBT). Die mitberatenden Ausschüsse leiten ihm lediglich ihre Stellungnahme zu, die der federführende Ausschuss bei seinem Bericht an das Plenum zu berücksichtigen hat (§ 66 Abs. 2 GOBT). 94 Vgl. die Tabelle bei Ekkehard Münzing / Volker Pilz, Aufgaben, Organisation und Arbeitsweise des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages – unter besonderer Berücksichtigung der 12. und 13. Wahlperiode, in: Heinrich Oberreuter / Uwe Kranenpohl / Martin Sebaldt (Hrsg.), Der Deutsche Bundestag im Wandel. Ergebnisse neuerer Parlamentsforschung, 2. Auflage, Wiesbaden 2002, S. 63 – 86, S. 78. 95 In der 12. und 13. WP beispielsweise geschah dies 173 beziehungsweise 201 Mal. Vgl. die Tabelle bei Münzing / Pilz (Anm. 94), S. 78. 96 Beispielsweise berichtete der damalige Staatsminister im Auswärtigen Amt Werner Hoyer (FDP), der deutscher Verhandlungsführer während der Regierungskonferenz zur Revision des Maastrichter Vertrages war, häufig über den Fortgang der Verhandlungen. Siehe Münzing / Pilz (Anm. 94), S. 77.

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B. Der Auswärtige Ausschuss als ständiger Bundestagsausschuss

Bei den dem Auswärtigen Ausschuss vom Plenum zur Beratung überwiesenen Vorlagen handelt es sich in der Regel um Zustimmungsgesetze zu völkerrechtlichen Verträgen, Anträge von Fraktionen und Abgeordneten sowie um EU-Vorlagen, die der Kenntnisnahme durch den Bundestag bedürfen.97 So unterschiedlich die Bedeutung der einzelnen Vorlagen ist, so sehr gleicht sich ihre Bearbeitung. Die eigentliche Arbeit im Ausschuss leisten die Berichterstatter. Sie werden bald nach der Überweisung der Vorlage an den Ausschuss benannt (§ 65 GOBT). Früher gab es normalerweise für jeden Gesetzentwurf oder Antrag nur einen Berichterstatter.98 Heutzutage ist es dagegen üblich, von jeder Fraktion einen Berichterstatter zu benennen, der sich in der Regel mit dem speziellen Thema besonders gut auskennt und aufgrund dieses Wissens als der Experte seiner Fraktion gilt. Die Benennung erfolgt in Absprache mit den Obleuten und den als Berichterstatter in Frage kommenden Abgeordneten, deren Einverständnis notwendig ist. Eine Woche oder einige Wochen nach der Berichterstatterbenennung – je nach Eilbedürftigkeit – wird die Vorlage im Ausschuss ausführlich behandelt. Aufgabe der Berichterstatter ist es, dem Ausschuss die wesentlichen Inhalte der zum Teil recht umfangreichen Vorlagen vorzutragen, auf die – aus ihrer Sicht – Vorzüge oder Kritikpunkte hinzuweisen und die Position ihrer Fraktion / Gruppe darzulegen. Die Haltung der Fraktionen wurde zuvor in den Fraktionsarbeitsgruppen beraten.99 Nach dem Vortrag der Berichterstatter wird über die Vorlage diskutiert. In dieser Aussprache werden gegebenenfalls auch die anwesenden Beamten des Auswärtigen Amts oder sonstiger Ministerien gehört. Nach Abschluss der Beratungen stimmt der Ausschuss schließlich über die Vorlage ab. Für die Annahme ist die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich. Ist der Auswärtige Ausschuss nur mitberatend an der Beschlussfassung beteiligt, teilt er dem federführenden Ausschuss sein Votum mit. Ist er selbst federführend, gibt er eine Beschlussempfehlung an das Plenum. Diese wird vom Ausschusssekretär verfasst, enthält gegebenenfalls die Voten der mitberatenden Ausschüsse, gibt in geraffter Form auch die Ansicht der Minderheit wieder und wird vom Vorsitzenden und den Berichterstattern unterzeichnet. Sie wird in Form einer Drucksache allen Abgeordneten übermittelt. Sobald sich die Fraktionen im Ältestenrat über den Zeitpunkt geeinigt haben, wird die Vorlage zur endgültigen Beschlussfassung auf die Tagesordnung des Plenums gesetzt (§ 20 Abs. 1 GOBT). Ein großer Teil der überwiesenen Vorlagen sind sogenannte Unionsvorlagen gemäß § 93 GOBT.100 Dies sind Dokumente europäischer Organe, insbesondere des Europäischen Parlaments und der Europäischen Kommission. Größtenteils Vgl. die Tabelle bei Münzing / Pilz (Anm. 94), S. 78. Majonica (Anm. 78), S. 125. 99 Siehe dazu Abschnitt B. IV. 4. Sitzungsvorbereitung durch die Fraktionen, S. 83 f. 100 In der 13. (12.) WP waren dies 154 (226), was knapp 30 (40) % aller Vorlagen entspricht. Vgl. die Tabelle bei Münzing / Pilz (Anm. 94), S. 78. 97 98

IV. Arbeitsweise

89

handelt es sich dabei um bloße Unterrichtungen über Beschlüsse dieser Organe, die vom Bundestag formal zur Kenntnis genommen werden müssen. Um der großen Zahl der Vorlagen Herr zu werden, hat der Ausschuss zu ihrer Bearbeitung mittlerweile ein vereinfachtes Verfahren, die sogenannte „Kenntnisnahme ohne Aussprache“ eingeführt. Dabei werden die Vorlagen ohne weitere Diskussion nach Aufruf „zur Kenntnis“ genommen, sofern nicht ein Abgeordneter den Wunsch äußert, sie ausführlich zu diskutieren. Mittlerweile werden nicht einmal mehr Berichterstatter für diese Vorlagen benannt.

b) Selbstbefassungsrecht Von großer Bedeutung für die Tätigkeit des Auswärtigen Ausschusses ist das den Ausschüssen von der Geschäftsordnung eingeräumte Selbstbefassungsrecht (§ 62 Abs. 1 Satz 3 GOBT).101 Es gibt ihnen das Recht, sich aufgrund eigener Entscheidung – ohne Überweisung oder Auftrag des Plenums – mit Gegenständen aus ihrem Arbeitsbereich zu befassen. Das Selbstbefassungsrecht hat sich zu einem wichtigen Instrument parlamentarischer Kontrolle entwickelt. Dem Auswärtigen Ausschuss gibt es die Möglichkeit, sowohl außenpolitische Grundsatzfragen als auch aktuelle Entwicklungen zum Gegenstand seiner Beratungen zu machen. In der Praxis führt der Ausschuss eine fallweise Erörterung außenpolitisch bedeutsamer Fragen sowie aktueller Entwicklungen durch, fordert von der Regierung Informationen zu Planungen und Vorhaben und lässt sich über den Stand internationaler Vertragsverhandlungen unterrichten.102 Ein vergleichbares Selbstbefassungsrecht besaß bereits der Auswärtige Ausschuss des Reichstags der Weimarer Republik. Nach einem Beschluss des Ältestenrates des Reichstages vom 11. Februar 1931 musste über die Verhandlungen des Auswärtigen Ausschusses „über Gegenstände, die dem Ausschuß nicht vom Plenum zur Vorberatung überwiesen sind“ kein Bericht an das Plenum erstattet werden.103 Der Auswärtige Ausschuss des Bundestages hat das Selbstbefassungsrecht seit seiner verfassungsrechtlichen Institutionalisierung im Jahre 1956 als selbstverständlich für sich in Anspruch genommen.104 Ausdrücklich wurde es den Ausschüssen des Bundestages aber erst im Jahre 1969 durch Änderung der Geschäftsordnung zugestanden.105 101 Eingeführt in der 5. Wahlperiode durch Änderung der Geschäftsordnung; siehe dazu BT-Drs. V / 4373. 102 Vgl. Zeh, Das Ausschußsystem im Bundestag (Anm. 2), S. 1091 Rdnr. 11. 103 Siehe BArch R 101 / 1170, S. 223. 104 Vgl. dazu Jürgen C. Weichert, Der Ausschuß für Auswärtige Angelegenheiten, in: Außenpolitik 11 (1960), S. 618 – 627, S. 627; Hermann Kopf, Das Parlament und die auswärtige Politik, in: Außenpolitik 18 (1967), S. 306 – 312, 310; Wolfgang Hölscher, in: Der Auswärtige Ausschuss des Deutschen Bundestages: Sitzungsprotokolle 1949 – 1953, Düsseldorf 1998, Band 13 / I, Einführung, S. XV.

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B. Der Auswärtige Ausschuss als ständiger Bundestagsausschuss

9. Dialog mit der Bundesregierung Den Hauptteil der Sitzungszeit des Ausschusses (etwa 60 – 70 %) nimmt der außenpolitische Dialog mit der Bundesregierung in Anspruch. Unter dem Tagesordnungspunkt „Bericht der Bundesregierung“ wird der Ausschuss regelmäßig über die Entwicklungen in einzelnen Ländern / Regionen und den Sachstand bioder multilateraler Verhandlungen informiert. Dabei sind für die meisten Abgeordneten in der Regel weniger die von der Regierung gegebenen Informationen das wirklich interessante – diese sind schließlich zum größten Teil auch öffentlich zugänglichen Quellen zu entnehmen – als vielmehr die Auswahl und die Bewertung der Informationen durch den Außenminister, die Staatsminister, die beamteten Staatssekretäre und die Beamten des Auswärtigen Amts. Um seiner Kontrollfunktion wirksam nachkommen zu können, steht dem Auswärtigen Ausschuss außerdem ein Zitierrecht zu. Danach kann der Auswärtige Ausschuss – wie jeder andere Bundestagsausschuss auch – jederzeit durch Beschluss die Anwesenheit eines Mitglieds der Bundesregierung verlangen (Art. 43 Abs. 1 GG i.V. m. § 68 GOBT). Die Regierung hat die Pflicht, grundsätzlich alle Fragen aus dem Ausschuss zu beantworten.106 Der Ausschuss hat in den letzten Wahlperioden nie von seinem im Grundgesetz verankerten Recht Gebrauch gemacht, die Anwesenheit des Außenministers formal durch einen Beschluss zu erzwingen. Vielmehr ist es üblich, dass der Außenminister im Ausschuss erscheint, sobald sich die Obleute darauf einigen, „dass wir zu diesem Tagesordnungspunkt den Außenminister da haben wollen“ und der Vorsitzende dies dem Außenminister informell mitteilt. Etwa einmal jährlich erscheint auch der Bundeskanzler zu einer Aussprache im Ausschuss – ein „Privileg“, das sonst nur noch der Europaausschuss genießt. 10. Informationsgewinnung Zur Erfüllung seiner Kontrollaufgabe gegenüber der Bundesregierung benötigt der Ausschuss Informationen. Die Mittel und Möglichkeiten der Informationsgewinnung sind vielseitig. Informationen werden zum einen von der Regierung gegeben, zum anderen von den Abgeordneten selbst oder durch Zuträger beschafft. Hierbei spielen die eigenen internationalen Kontakte der Abgeordneten, die Kontakte der politischen Stiftungen sowie die Expertise außenpolitischer „Think Tanks“ eine wichtige Rolle. Die von der Regierung gegebenen Informationen lassen sich unterteilen in Vorabinformation, laufende Information, Nachinformation.107 Vorabinformationen wer105 Zur Änderung des § 60 der Geschäftsordnung des Bundestages vgl. Peter Schindler, Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1949 – 1999, Baden-Baden 1999, Bd. III, Kapitel 16.1, S. 3099. 106 Siehe dazu auch Hans-Josef Vonderbeck, Parlamentarische Informations- und Redebefugnisse, Berlin 1981, S. 9 ff., S. 20 f. 107 Vgl. Schweitzer (Anm. 78), S. 12 ff.

IV. Arbeitsweise

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den von der Regierung hauptsächlich vor Gesprächen mit auswärtigen Gesprächspartnern oder anlässlich bevorstehender Regierungserklärungen gegeben. Laufende Informationen werden zumeist während laufender Vertragsverhandlungen mitgeteilt und gleichzeitig die jeweiligen Verhandlungspositionen der Regierung im Ausschuss dargelegt. Nachinformationen werden für gewöhnlich nach Besprechungen des Bundeskanzlers mit auswärtigen Regierungschefs gegeben. Über wirklich geheime Sondierungen erfährt der Ausschuss in der Regel aber wenig.108 Die Abgeordneten selbst haben die Möglichkeit, durch Große und Kleine Anfragen, Schriftliche Fragen und mündliche Fragen im Rahmen der Fragestunden sowie durch die Herbeirufung von Ministern (Zitierrecht gem. Art. 43 Abs. 1 GG i.V. m. § 68 GOBT) die für ihren Kontrollauftrag notwendigen Informationen gezielt von der Regierung abzufragen.109 Daneben können im Rahmen von öffentlichen und nichtöffentlichen Anhörungen auch unabhängige Sachverständige gehört werden. Nicht zuletzt spielen bei der Informationsgewinnung auch die eigenen persönlichen und politischen Kontakte der Abgeordneten eine bedeutende Rolle.110 Insbesondere die Parlamentariergruppen sind heute zu einem unverzichtbaren Instrument parlamentarischer Kontrolle im außenpolitischen Bereich geworden. Sie bieten eine zusätzliche Informationsquelle für Abgeordnete und stellen ein Forum zum internationalen Meinungsaustausch dar.111 Durch Parlamentarierkonferenzen, Informationsreisen, Fachveranstaltungen sowie durch persönliche Kontakte mit Parlamentariern anderer Länder werden wichtige informationelle Beziehungen geknüpft und aufrechterhalten. Bei der Vermittlung von Kontakten ins Ausland übernehmen auch die parteinahen Politischen Stiftungen wichtige Hilfsdienste. Sie unterhalten ein weit verzweigtes Netz von Auslandsniederlassungen und können neben Berichten über die Situation in den verschiedenen Ländern auch viele hochrangige Gesprächspartner vermitteln.112 Auf diese Weise können wichtige regierungsunabhängige Informationen beschafft werden, die für die Abgeordneten bei der Erfüllung ihres außenpolitischen Kontrollauftrages von großem Nutzen sind.113 Siehe dazu Schweitzer (Anm. 78), S. 14. Vgl. Winfried Steffani, Formen, Verfahren und Wirkungen der parlamentarischen Kontrolle, in: Hans-Peter Schneider / Wolfgang Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, Berlin / New York 1989, S. 1325 – 1367, S. 1332 ff. Rdnr. 24 – 28. 110 Die Abgeordneten der Regierungskoalition können beispielsweise auf ihre Minister und Staatssekretäre sowie die dahinterstehende Ministerialbürokratie zurückgreifen. Die Abgeordneten der Opposition hingegen erhalten zusätzliche Informationen „auf eher dunklen Kanälen“ aus dem jeweiligen Ministerium. Siehe dazu Wasner (Anm. 78), S. 166 f. 111 Siehe dazu unten Abschnitt E. V. Parlamentarierguppen, S. 165 ff. 112 Vgl. Sebastian Bartsch, Politische Stiftungen. Grenzgänger zwischen Gesellschaftsund Staatenwelt, in: Wolf-Dieter Eberwein / Karl Kaiser (Hrsg.), Deutschlands neue Außenpolitik, Band 4: Institutionen und Ressourcen, München 1998, S. 185 – 198, S. 186. 113 Siehe auch Swetlana W. Pogorelskaja, Die parteinahen Stiftungen als Akteure und Instrumente der deutschen Außenpolitik, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 52 (2002), B 6 – 7, S. 29 – 38. 108 109

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B. Der Auswärtige Ausschuss als ständiger Bundestagsausschuss

Schließlich stehen den Abgeordneten auch verschiedene wissenschaftliche Beratungseinrichtungen („Think Tanks“) mit ihrer Expertise zur Seite. Zu nennen sind hier insbesondere die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) sowie die Hessische Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung.114

11. Öffentliche Anhörungen Von Zeit zu Zeit führen der Auswärtige Ausschuss und seine Unterausschüsse zur Informationsgewinnung und zur Vorbereitung von Entscheidungen öffentliche Anhörungen (Hearings) mit Experten aus Wissenschaft und Praxis durch.115 Beziehen sich die Anhörungen auf vom Plenum überwiesene Vorlagen, so ist deren Durchsetzung ein klassisches Minderheitenrecht; es genügt der Antrag eines Viertels der Mitglieder des Ausschusses (§ 70 Abs. 1 Satz 2 1. Halbsatz GOBT). Soll hingegen aufgrund des Selbstbefassungsrechts eine Anhörung durchgeführt werden, ist ein Votum der Ausschussmehrheit notwendig (§ 70 Abs. 1 Satz 2 2. Halbsatz GOBT). Im Vergleich zu den anderen Ausschüssen des Bundestages ist der Auswärtige Ausschuss traditionell eher zurückhaltend mit der Abhaltung öffentlicher Anhörungen.116 Von der 1. bis zur einschließlich 7. Wahlperiode führte er keine einzige öffentliche Anhörung durch.117 In der 8. Wahlperiode fanden drei, in der 9. Wahlperiode eine, in der 10. Wahlperiode vier, in der 11. Wahlperiode fünf, in der 12. Wahlperiode sechs, in der 13. Wahlperiode drei, in der 14. eine und in 15. Wahlperiode zwei öffentliche Anhörungen statt.118 Anlässlich der Übernahme des Ausschussvorsitzes zu Beginn der 15. Wahlperiode hatte der Ausschussvorsitzende Volker Rühe (CDU / CSU) angekündigt, ver114 Siehe dazu Winand Gellner, Ideenagenturen für Politik und Öffentlichkeit. Think Tanks in den USA und in Deutschland, Opladen 1995, S. 169 ff.; Martin Thunert, Think Tanks als Ressource der Politikberatung. Bundesdeutsche Rahmenbedingungen und Perspektiven, in: Forschungsjournal Neue Soziale Bewegungen, Jg. 12 (1999), Heft 3, S. 10 – 19; Manfred Mols, Politikberatung im außenpolitischen Entscheidungsprozeß, in: Wolf-Dieter Eberwein / Karl Kaiser (Hrsg.), Deutschlands neue Außenpolitik, Band 4: Institutionen und Ressourcen, München 1998, S. 253 – 264, S. 257 ff. 115 Zu den öffentlichen Anhörungen siehe grundlegend Friedrich Walter Appoldt, Die Öffentlichen Anhörungen („Hearings“) des Deutschen Bundestages, Berlin 1971 sowie Suzanne S. Schüttemeyer, Öffentliche Anhörungen, in: Hans-Peter Schneider / Wolfgang Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, Berlin / New York 1989, S. 1145 – 1159. 116 Vgl. die Tabelle bei Schüttemeyer (Anm. 115), S. 1152 sowie Joachim Krause, Die Rolle des Bundestages in der Aussenpolitik, in: Wolf-Dieter Eberwein / Karl Kaiser (Hrsg.), Deutschlands neue Außenpolitik, Band 4: Institutionen und Ressourcen, München 1998, S. 137 – 152, S. 145. 117 Vgl. Schindler (Anm. 45), Bd. II, Kapitel 9.8, S. 2124. 118 Vgl. Schindler (Anm. 45), Bd. II, Kapitel 9.8, S. 2124 sowie Feldkamp (Anm. 46), Kapitel 8.7, S. 476.

IV. Arbeitsweise

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stärkt öffentliche Anhörungen durchführen zu wollen. Es blieb schließlich bei zweien: Einmal zum Thema „Möglichkeiten der Kontrolle von nichttödlichen Waffen“, die am 10. November 2004 stattfand, sowie zum Thema „Eine parlamentarische Dimension der Vereinten Nationen“, die der Unterausschuss Vereinte Nationen am 14. Februar und 14. März 2005 durchführte. Tabelle 3 Öffentliche Anhörungen des Auswärtigen Ausschusses und seiner Unterausschüsse Wahlperiode

Datum

1. – 7. WP 8. WP

Thema der Anhörung Keine öffentlichen Anhörungen

7. 12. 1977

Probleme der Dritten VN-Seerechtskonferenz unter besonderer Berücksichtigung des Meeresbodenbergbaues (gemeinsam mit dem Ausschuss für Wirtschaft)

29. u. 31. 5. 1978

Erweiterung der EG nach Süden

23. 06. 1980

Probleme des Verhaltenscodex der EG für Unternehmen mit Tochtergesellschaften, Zweigniederlassungen oder Vertretungen in Südafrika (gemeinsam mit dem Ausschuss für Wirtschaft)

9. WP

26. 10. 1981

Kulturelle Beziehungen zu den Vereinigten Staaten von Amerika (Unterausschuss für kulturelle Außenpolitik)

10. WP

2. 10. 1985

Entwurf eines Vertrages zur Gründung der Europäischen Union

9. u. 10. 12. 1985

Strategische Verteidigungsinitiative (SDI) (gemeinsam mit dem Verteidigungsausschuss)

18. u. 19. 3. 1986

Sechs Jahre Krieg und Besetzung in Afghanistan

18. 6. 1986

Die deutsche Sprache in der Welt

22. 2. 1988

Befinden sich deutsche Staatsangehörige unfreiwillig und unter menschenrechtsverletzenden Bedingungen in der Colonia Dignidad in Chile? (Unterausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe)

29. 5. 1989

Der Sudan und die Menschenrechte (Unterausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe)

19. 6. 1989

Zur Lage der Menschenrechte in der Türkei (Unterausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe)

18. 6. 1990

Zur Lage der Menschenrechte in Kolumbien (Unterausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe)

18. 6. 1990

Langfristige Wahrung der wirtschaftlichen Interessen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland (gemeinsam mit dem Ausschuss für Wirtschaft)

11. WP

Fortsetzung nächste Seite

94

B. Der Auswärtige Ausschuss als ständiger Bundestagsausschuss

Fortsetzung Tabelle 3

Wahlperiode 12. WP

Datum

Thema der Anhörung

16. 3. 1992

Organisation und Koordination der humanitären Hilfe (Unterausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe)

5. 10. 1992

Peru (Unterausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe)

9. 11. 1992

Neue Waffentechnologien unter dem Aspekt der vorbeugenden Rüstungskontrolle (Unterausschuss für Abrüstung und Rüstungskontrolle)

9. 11. 1992

Reform der Vereinten Nationen (Unterausschuss Vereinte Nationen / Weltweite Organisationen)

1. 12. 1992

Lage der deutschen Minderheiten und Pflege des deutschen kulturellen Erbes im östlichen Europa, einschließlich der Nachfolgestaaten der früheren Sowjetunion (gemeinsam mit dem Innenausschuss)

25. 5. 1994

Möglichkeiten und Grenzen der Konfliktvorbeugung und -vermeidung und der nichtmilitärischen Konfliktlösungen

14. 4. 1997

Bestandsaufnahme und Perspektiven der deutschen Auswärtigen Kulturpolitik (Unterausschuss für Auswärtige Kulturpolitik)

27. 4. 1998

Perspektiven nuklearer Abrüstung (Unterausschuss für Abrüstung und Rüstungskontrolle)

10. 12. 1998

Aufgaben europäischer Menschenrechtsinstitute – Überlegungen für ein Menschenrechtsinstitut in Deutschland (Unterausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe)

14. WP

27. 9. 2000

Nukleare Proliferation – Aktuelle Gefahren und Handlungsoptionen

15. WP

10. 11. 2004

Möglichkeiten der Kontrolle von nichttödlichen Waffen

13. WP

14. 2. u. 14. 3. 2005 Eine parlamentarische Dimension der Vereinten Nationen (Unterausschuss Vereinte Nationen) Quelle: Eigene Zusammenstellung nach den Angaben im Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages sowie den Angaben bei Wolfram-Georg Riggert, Der Auswärtige Ausschuß – 1. bis 12. Legislaturperiode, Bonn, November 1996, S. 162 – 164.

IV. Arbeitsweise

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12. Auslandsreisen Ein wichtiges Instrument zur Informationsgewinnung und Kontaktpflege sind auch die Reisen des Ausschusses bzw. einzelner seiner Mitglieder in andere Länder. Auslandsreisen von Abgeordneten haben eine lange Tradition: Schon der sozialdemokratische Abgeordnete Rudolf Breitscheid fuhr im Jahre 1925 im Auftrage seiner Partei nach Frankreich und erstattete dem Auswärtigen Amt und dem Außenminister von seiner Reise Bericht.119 Gerade für Außenpolitiker sind die häufig kritisierten Abgeordnetenreisen unverzichtbar, denn schließlich ermöglichen nur sie es, Eindrücke aus erster Hand zu erlangen, ein Netz von Kontakten kontinuierlich aufzubauen und zu pflegen und über die Jahre hinweg ein Vertrauensverhältnis zu Vertretern anderer Staaten zu entwickeln, das zu guten bi- und multilateralen Beziehungen beitragen kann. Die Treffen mit Parlamentariern im In- und Ausland stellen aber nicht nur ein Forum zum internationalen Erfahrungsaustausch dar, sondern sind überdies zu einem unverzichtbaren Instrument der parlamentarischen Kontrolle der Außenpolitik geworden. Von Seiten der Exekutive werden die Reisen und die Kontaktpflege der Parlamentarier begrüßt. Bundesaußenminister Joschka Fischer (BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN) schätzte die Reisen der Abgeordneten und ermunterte dazu, dass sich möglichst viele auf den Weg in andere Länder machen, auch wenn die Auslandsaufenthalte keine „Lustreisen“, sondern vielfach harte Arbeit mit 14 – 16-Stunden-Tagen sind. Das Motto des Ministers: „Reist, reist, reist, pflegt mir die Kontakte.“120 Der Ausschussvorsitzende reist vielfach allein oder aber einzelne Abgeordnete reisen im Auftrage ihrer Fraktionen zu Besuchen ins Ausland. Zudem finden regelmäßig auch Delegationsreisen des Ausschusses statt. Gemäß § 17 Abs. 1 AbgG bedürfen die Auslandsdienstreisen der vorherigen Genehmigung des Präsidenten des Deutschen Bundestages. Alle Dienstreisen – Delegations- und Einzelreisen – sind schriftlich zu beantragen und ausführlich zu begründen. Delegationsreisen müssen darüber hinaus in direktem Zusammenhang mit aktuellen Beratungsgegenständen stehen. Der Bundestagspräsident entscheidet über Anträge auf Genehmigung der Reisen nach eingehender Beratung im Präsidium. Jede Delegation ist verpflichtet, dem Ausschuss und dem Präsidenten bis spätestens vier Wochen nach Durchführung der Reise einen schriftlichen Bericht über deren Ablauf und das Ergebnis der Dienstreise vorzulegen.121 Besucht eine Ausschussdelegation ein anderes Land, so geschieht dies in der Regel auf Einladung des dortigen Parlaments. Bei der Besetzung der Delegationen wird streng auf den Proporz entsprechend der Zusammensetzung des Ausschusses geach119 Siehe hierzu die Ausführungen Breitscheids im Plenum des Reichstages am 20. Mai 1925, Stenographische Berichte, Bd. 385, S. 1984 (B). 120 Zitiert nach Blickpunkt Bundestag, Heft 6 / 2004, Sonderthema Interparlamentarische Zusammenarbeit, S. 17 – 32, S. 22. 121 Vgl. BT-Drs. 15 / 5056, S. 52.

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B. Der Auswärtige Ausschuss als ständiger Bundestagsausschuss

tet. Dies bedeutet, dass eine Delegation gegenwärtig aus sechs Abgeordneten besteht (2 SPD, 2 CDU / CSU, 1 BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN, 1 FDP)122, wobei in der Praxis die kleineren Fraktionen oftmals nicht in der Lage sind, ihre Plätze zu besetzen. In der 15. Wahlperiode lag der Schwerpunkt der Reiseaktivitäten des Auswärtigen Ausschusses in Asien.123 Dabei standen vor allem die Förderung demokratischer und rechtsstaatlicher Strukturen, die Gewährleistung von Menschenrechten sowie aktuelle sicherheitspolitische Themen im Vordergrund. So begleitete eine gemeinsame Delegation des Auswärtigen Ausschusses und des Verteidigungsausschusses im November 2002 den Bundesaußenminister nach Taschkent (Usbekistan) und Kabul (Afghanistan). Im Oktober 2003 reiste eine gemeinsame Delegation von Mitgliedern des Auswärtigen Ausschusses, des Verteidigungsausschusses, des Haushaltsausschusses sowie des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gemeinsam mit dem Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesministerium der Verteidigung nach Kabul. Ebenfalls im Oktober 2003 besuchten Abgeordnete des Auswärtigen Ausschusses auf Einladung des Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses der iranischen Nationalversammlung den Iran.124 Damit wurde der zwischen beiden Ausschüssen seit längerer Zeit vereinbarte gegenseitige Austausch fortgesetzt. Bereits im Juni 2003 hatte sich eine siebenköpfige Delegation unter Leitung des Vorsitzenden des Ausschusses für Außen- und Sicherheitspolitik im iranischen Parlament zu politischen Gesprächen in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten.125 Die Unterausschüsse des Auswärtigen Ausschusses führten selbständig insgesamt sechs Delegationsreisen durch.126 Darüber hinaus reisten der Ausschussvorsitzende sowie einzelne Ausschussmitglieder verschiedentlich allein zu Gesprächen ins Ausland.127

13. Teilnahme an internationalen Wahlbeobachtungen Durch die Teilnahme an internationalen Wahlbeobachtungen leistet der Ausschuss auch einen Beitrag zum Entwicklungsprozess junger Demokratien. Die Teilnahme an Wahlbeobachtungen wird allerdings sehr restriktiv gehandhabt und unterliegt bestimmten Kriterien. Nur zu den ersten Wahlen im Übergangsprozess von einer Diktatur zur Demokratie oder zu Wahlen, bei denen Schwierigkeiten zu erwarten sind, werden Delegationen entsandt. Nicht dagegen in Staaten, die den Die Angabe bezieht sich auf die 15. Legislaturperiode, Stand: September 2005. Vgl. BT-Drs. 15 / 5056, S. 26 ff. Zu den Auslandsreisen des Ausschusses in der 14. Wahlperiode siehe BT-Drs. 14 / 4851, S. 4 ff. sowie 14 / 9997, S. 6 ff. Zu den in der 12. und 13. Wahlperiode durchgeführten Auslandsreisen siehe BT-Drs. 12 / 4945, 12 / 8584, 13 / 6959 und 13 / 11449. 124 Vgl. BT-Drs. 15 / 5056, S. 27. 125 Vgl. BT-Drs. 15 / 5056, S. 29. 126 Vgl. BT-Drs. 15 / 5056, S. 9 ff. 127 Vgl. BT-Drs. 15 / 5056, S. 46 ff. 122 123

V. Zur Tätigkeit der Unterausschüsse

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Transformationsprozess erfolgreich bewältigt haben, selbst wenn eine ausdrückliche Einladung der dortigen Regierung vorliegt. Ebenso sind Regionalwahlen von einer Beobachtung ausgeschlossen. Die Zahl der Wahlbeobachtungen ist dementsprechend gering. Der Ausschuss entsandte beispielsweise im Frühjahr 1992 Beobachter zu den Wahlen in Albanien und im Frühjahr 1994 nach Südafrika. Viele Abgeordnete nehmen darüber hinaus aufgrund ihrer Mitgliedschaft in der Parlamentarischen Versammlung der OSZE oder anderer internationaler parlamentarischer Gremien an Wahlbeobachtungen teil.128

V. Zur Tätigkeit der Unterausschüsse Der Auswärtige Ausschuss hat in seiner fast sechzigjährigen Geschichte sehr ausgiebig von der Möglichkeit zur Einsetzung von Unterausschüssen Gebrauch gemacht. Während es in der 1. Wahlperiode noch 26 Unterausschüsse waren129, ist ihre Zahl in den letzten Legislaturperioden aber deutlich reduziert worden. Seit der 6. Wahlperiode schwankt die Anzahl der Unterausschüsse des Auswärtigen Ausschusses zwischen drei und vier. Die Themen, zu denen in der Vergangenheit Unterausschüsse eingesetzt wurden, spiegeln sehr eindrucksvoll die Fragen und Probleme wieder, denen sich die Bundesrepublik in ihrer Geschichte gegenüber sah. In den Anfangsjahren der jungen Republik, als der Ausschuss zunächst noch „Ausschuß für Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten“ hieß, ging es vornehmlich um den demokratischen Neuaufbau des Staatswesens und die damit verbundenen institutionellen Fragen. Es wurden Unterausschüsse eingesetzt zu Themen wie „Auswärtiger Dienst“, „Ausbildung des diplomatischen Nachwuchses“, „Besoldung der Beamten im diplomatischen Dienst“, „Haushalt der Dienststelle für Auswärtige Angelegenheiten im Bundeskanzleramt“ und „für Polizeifragen“. Diese Unterausschüsse geben einen Eindruck davon, wie intensiv das Parlament am Aufbau des demokratischen Gemeinwesens beteiligt war. Immer wieder waren aktuelle Fragen aber auch Fragen von grundsätzlicher Bedeutung Gegenstand der vom Auswärtigen Ausschuss eingesetzten Unterausschüsse und Arbeitsgruppen. In aktuellen Fragen wurden beispielsweise Unterausschüsse eingesetzt zu Themen wie „Brüsseler Verträge“ (2. WP), „Röhrenembargo“ (4. WP) und „Fragen des Asylrechts“ (5. WP). Von eher grundsätzlicher Bedeutung waren hingegen Themen wie die „Wirtschaftsentwicklung fremder Völker“ (2. und 3. WP), die „Frage der Beziehungen zu den Ostblockstaaten“ (3. und 128 Siehe hierzu das jüngst erschienene „Standardwerk“ von Ekkehard Münzing, Internationale Wahlbeobachtung nach dem Ende des Ost-West-Konflikts – unter besonderer Berücksichtigung der Afrikanischen Union, des Carter Centers, des Commonwealth of Nations, der Organisation Amerikanischer Staaten und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, Berlin / München 2005, zugl. Diss. FU Berlin 2003. 129 Siehe dazu Hölscher (Anm. 104), S. L ff. und S. CLIX ff.

7 Pilz

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B. Der Auswärtige Ausschuss als ständiger Bundestagsausschuss

4. WP) sowie „Fragen der Auslandskulturarbeit“ (5. WP), die später wieder unter dem Stichwort „Kulturelle Außenpolitik“ (8. und 9. WP) bzw. „Auswärtige Kulturpolitik“ (10. bis 13. WP)130 aufgegriffen wurden. In der 14. und 15. Wahlperiode waren jeweils drei Unterausschüsse eingesetzt: für „Abrüstung und Rüstungskontrolle“, für „Vereinte Nationen“131 und für „Globalisierung / Regionalisierung“ bzw. „Globalisierung und Außenwirtschaft“. Ein „alter Bekannter“ unter den Unterausschüssen des Auswärtigen Ausschusses ist der erstmals in der 5. Wahlperiode eingesetzte Unterausschuss für „Abrüstung und Rüstungskontrolle“. Er wurde seither in jeder Wahlperiode immer wieder erneut konstituiert. Gleiches galt über insgesamt acht Wahlperioden hinweg auch für den Unterausschuss „Menschenrechte und humanitäre Hilfe“, der erstmals zu Beginn der 5. Wahlperiode als Unterausschuss „Humanitäre Hilfe für Afrika“ eingesetzt worden war und später die Bezeichnung „Humanitäre Hilfe“ (6. bis 10. WP) bzw. „Menschenrechte und humanitäre Hilfe“ (11. bis 13. WP) erhielt.132 Zu Beginn der 14. Wahlperiode ging er schließlich in dem neu gebildeten ständigen „Ausschuss für Menschenrechte“ auf. Zwei ehemaligen Unterausschüssen des Auswärtigen Ausschusses ist es gelungen, sich zu „emanzipieren“ und zu eigenständigen Ausschüssen weiterzuentwickeln. An erster Stelle ist hier der 1987 in der 11. Wahlperiode eingesetzte Unterausschuss für „Fragen der Europäischen Gemeinschaft“ zu nennen133, der am 13. Juni 1991 durch Beschluss des Bundestages zu einem selbständigen Ausschuss aufgewertet wurde134. Mit Ratifizierung des Maastrichter Vertrages und der damit 130 Zur Tätigkeit dieses Unterausschusses siehe Ines Gollnick, Bundestag / Unterausschuß Auswärtige Kulturpolitik: Deutschland und die Deutschen dem Ausland näherbringen, in: Das Parlament, 28. August 1992, Nr. 36, S. 24. 131 Zur Tätigkeit dieses Unterausschusses siehe Wolfgang Ehrhart, UN-Politik: nicht mehr allein der Exekutive überlassen. Der neue Unterausschuß „Vereinte Nationen, Weltweite Organisationen“ des Deutschen Bundestages, in: Vereinte Nationen, Jg. 41 (1993), Heft 4, S. 132 – 137 sowie ders., Nicht im Rampenlicht aber wirkungsvoll: Der Unterausschuß „Vereinte Nationen, Internationale Organisationen“ des Deutschen Bundestages nach zwei Legislaturperioden, in: Vereinte Nationen, Jg. 46 (1998), Heft 4, S. 131 – 135. 132 Zur Tätigkeit dieses Unterausschusses siehe Detlef Nolte, Der Unterausschuß für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe im Deutschen Bundestag, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Jg. 21 (1990), Heft 4, S. 560 – 563; Eckard Wiemers, Der Bundestags-Unterausschuß Menschenrechte und humanitäre Hilfe: Die „weiße Weste“ hat Flecken, in: Das Parlament, 23. April 1993, Nr. 17, S. 20; Silke Voß, Parlamentarische Menschenrechtspolitik: Die Behandlung internationaler Menschenrechtsfragen im Deutschen Bundestag unter besonderer Berücksichtigung des Unterausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe (1972 – 1998), Düsseldorf 2000, insb. S. 88 – 101. 133 Vgl. dazu die Beschlussempfehlung und den Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung, BT-Drs. 11 / 927 sowie Stenographisches Prototoll, 11. Wahlperiode, Bd. 142, S. 2471 (C). Zur Konstruktion und Tätigkeit des Unterausschusses siehe Rainer Seider, Die Zusammenarbeit von deutschen Mitgliedern des Europäischen Parlamentes und des Deutschen Bundestages und ihr Beitrag zum Abbau des parlamentarischen Defizits in der Europäischen Gemeinschaft, Frankfurt am Main u. a. 1990, zugl. Diss. Univ. Bonn 1990, S. 249 – 270.

V. Zur Tätigkeit der Unterausschüsse

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einhergehenden Änderung des Grundgesetzes wurde er zudem als „Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union“ in Art. 45 des Grundgesetzes verankert135. Der bereits erwähnte Unterausschuss für „Menschenrechte und humanitäre Hilfe“, der zu Beginn der 14. Wahlperiode in dem neuen ständigen „Ausschuss für Menschenrechte“ aufging, fand im Gegensatz zum Europaausschuss allerdings keine Verankerung im Grundgesetz. Tabelle 4 Unterausschüsse des Auswärtigen Ausschusses (1. – 15. Wahlperiode) Anzahl

Unterausschüsse und Arbeitsgruppen

1. WP (1949 – 1953) (bis 3. 6. 1953 „Ausschuß für Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten“)

Wahlperiode

26

„Kriegsgefangene“, „Auswärtiger Dienst“, „für juristische Fragen (Beendigung des Kriegzustands usw.), „Vorkriegsschulden (für das Problem der Anerkennung der Vorkriegsschulden; für Fragen der deutschen Auslandsschulden)“, „für Polizeifragen“, „Haushalt der Dienststelle für Auswärtige Angelegenheiten im Bundeskanzleramt“, „Sonderausschuß des Europarates“, „für das Problem der Auslieferungen (für die Drs. Nr. 1527 / 1528, Art. 16 GG)“, „Deutsche Auslandsschulden und Auslandsvermögen“, „Petersberg“, „AKU Glanzstoffwerke AG“, „Besatzungsregime“, Unterkommission „Verhaftung ehemaliger Fremdenlegionäre“, „Ausbildung des diplomatischen Nachwuchses“, „Deutsche wissenschaftliche Institute und Schulen im Ausland“, „Besoldung der Beamten des Diplomatischen Dienstes“, „Bundesamt für Auswanderung“, Redaktionskomitee „betr. Bericht über deutsches Auslandsvermögen“, „Osthandel“, „Saar“, „Rundfunkabhördienst“, „Überregionaler Sender“, „Großer Knechtsand“, Redaktionskomitee „Vertragswerke“, „Ostforschung“, „Personalfragen“ (betr. Beschwerdeschreiben an den Untersuchungsausschuß Nr. 47)

2. WP (1953 – 1957)

11

„Saar“ (zweimal konstituiert), „Auslandsvermögen“, „zu Drs. 198, 338, 436, 576“ (Grenz- und Zollfragen), Redaktionskomitee für den Ausschußantrag zu Drs. II / 997 (SPDAntrag betr. Viermächteverhandlungen über die Wiedervereinigung Deutschlands), „Kriegsgefangene“, „Kulturelle Fragen“, „Wirtschaftsentwicklung fremder Völker“, „Vertreibungsgebiete“, „Brüsseler Verträge“, Redaktionskommission zur Drucksache 2561 (Einreiseerleichterung) Fortsetzung nächste Seite

134 Einsetzungsbeschluss BT-Drs. 12 / 739. Vgl. zur Tätigkeit des Ausschusses: Deutscher Bundestag (Hrsg.), Chronik Deutscher Bundestag – 12. Wahlperiode, Bonn 1995, S. 70 – 82. Siehe zur vorbereitenden Diskussion: Alwin Brück, Europäische Integration und die Entmachtung des Deutschen Bundestages: Ein Unterausschuß ist nicht genug, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Jg. 19 (1988), Heft 2, S. 220 – 224; Uwe Leonardy, Bundestag und Europäische Gemeinschaft: Notwendigkeit und Umfeld eines Europa-Ausschusses, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Jg. 20 (1989), Heft 4, S. 527 – 544. 135 BGBl. 1992 I, S. 2089. Vgl. Franz Möller / Martin Limpert, Informations- und Mitwirkungsrechte des Bundestages in Angelegenheiten der Europäischen Union, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Jg. 24 (1993), Heft 1, S. 21 – 32, insbesondere S. 30 ff.

7*

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B. Der Auswärtige Ausschuss als ständiger Bundestagsausschuss

Fortsetzung Tabelle 4

Wahlperiode 3. WP (1957 – 1961)

Anzahl 3

4. WP (1961 – 1965)

7

5. WP (1965 – 1969)

8

6. WP (1969 – 1972) 7. WP (1972 – 1976) 8. WP (1976 – 1980) 9. WP (1980 – 1983) 10. WP (1983 – 1987) 11. WP (1987 – 1990)

3

12. WP (1990 – 1994)

4

13. WP (1994 – 1998)

4

14. WP (1998 – 2002) 15. WP (2002 – 2005)

3

3 4 4 4 4

3

Unterausschüsse und Arbeitsgruppen „Wirtschaftsentwicklung fremder Völker“, „Deutsche Institute und Schulen im Ausland“, Arbeitsgruppe „zur Frage der Beziehungen zu den Ostblockstaaten“ Arbeitsgruppe „zur Frage der Beziehungen zu den Ostblockstaaten“, „Deutsche Institute und Schulen im Ausland“, „für Fragen des Stellenkegels, des Nachwuchses und der Auslandsbesoldung im Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes“, „Röhrenembargo“, „Israel / Naher Osten“, Ad-hoc-Unterausschuß „Ausrüstungshilfe“, Arbeitsgruppe „Deutsche Welle“ „zu Fragen der Auslandskulturarbeit“ (gebildet aus Mitgliedern des Auswärtigen Ausschusses und des Ausschusses für Wissenschaft, Kulturpolitik und Publizistik), „Vietnamhilfe“, „Nahosthilfe“, „Fragen des Asylrechts“, „Rundfunkfragen“, „Auslandsbesoldung“, „Fragen der Rüstungskontrolle und Abrüstung“ (gebildet aus Mitgliedern des Auswärtigen Ausschusses und des Verteidigungsausschusses), „Humanitäre Hilfe für Afrika“ „Abrüstung und Rüstungskontrolle“, „Rundfunkfragen“, „Humanitäre Hilfe“ „Abrüstung und Rüstungskontrolle“, „Rundfunkfragen“, „Humanitäre Hilfe“ „Abrüstung und Rüstungskontrolle“, „Humanitäre Hilfe“, „Kulturelle Außenpolitik“, „Rundfunkfragen“ „Abrüstung und Rüstungskontrolle“, „Humanitäre Hilfe“, „Kulturelle Außenpolitik“, „Rundfunkfragen“ „Abrüstung und Rüstungskontrolle“, „Humanitäre Hilfe“, „Rundfunkfragen“, „Auswärtige Kulturpolitik“ „Abrüstung und Rüstungskontrolle“, „Menschenrechte und humanitäre Hilfe“, „Auswärtige Kulturpolitik“, „Fragen der Europäischen Gemeinschaft“ „Abrüstung und Rüstungskontrolle“, „Menschenrechte und humanitäre Hilfe“, „Auswärtige Kulturpolitik“, „Vereinte Nationen / Weltweite Organisationen“ (ab 6. 9. 1991) „Abrüstung und Rüstungskontrolle“, „Menschenrechte und humanitäre Hilfe“, „Auswärtige Kulturpolitik“, „Vereinte Nationen / Internationale Organisationen“ „Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung“, „Vereinte Nationen“, „Globalisierung / Regionalisierung“ „Abrüstung und Rüstungskontrolle“, „Vereinte Nationen“, „Globalisierung und Außenwirtschaft“

Quelle: Eigene Zusammenstellung nach den Angaben im Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages sowie den Angaben bei Wolfgang Hölscher, Der Auswärtige Ausschuss des Deutschen Bundestages: Sitzungsprotokolle 1949 – 1953, Düsseldorf 1998, Band 13 / I, 1. Halbband, S. CLIX ff.; ders. Sitzungsprotokolle 1953 – 1957, Band 13 / II, 1. Halbband, Düsseldorf 2002, S. CLV f.; Joachim Wintzer /Josef Boyer, Sitzungsprotokolle 1957 – 1961, Band 13 / III, 1. Halbband, Düsseldorf 2003, S. CXLVI; Wolfgang Hölscher, Sitzungsprotokolle 1961 – 1965, Band 13 / IV, 1. Halbband, Düsseldorf 2004, S. CXLII und Wolfram-Georg Riggert, Der Auswärtige Ausschuß – 1. bis 12. Legislaturperiode, Bonn, November 1996, S. 148 – 161.

C. Rolle und Einfluss des Bundestages in der Außenpolitik I. Außenpolitik, auswärtige Angelegenheiten und auswärtige Gewalt Die Begrifflichkeiten „Außenpolitik“, „auswärtige Angelegenheiten“ und „auswärtige Gewalt“ finden vielfach eine unterschiedslose Verwendung. Den nachfolgenden Ausführungen sei deshalb eine Eingrenzung und Begriffsbestimmung vorangestellt. Unter Außenpolitik oder auswärtiger Politik wird gemeinhin die Kunst verstanden, das Staatswesen in seinem Verhältnis zu anderen Völkerrechtssubjekten zu führen, zu ordnen, zu behaupten und zu erhalten, d. h. mit anderen Worten, die Beziehungen des Staates nach außen zu gestalten.1 Diese Beziehungen, die sich aus der Stellung des Staates in der Völkerrechtsgemeinschaft ergeben, werden auswärtige Beziehungen oder auswärtige Angelegenheiten genannt.2 Der auf Albert Haenel3 zurückgehende Begriff auswärtige Gewalt bezeichnet demgegenüber das Recht, über die auswärtigen Angelegenheiten zu entscheiden; er meint die Gesamtheit aller Zuständigkeiten und Funktionen staatlicher Organe, die sich auf die unmittelbare Gestaltung des Verhältnisses zu fremden Staaten und sonstigen Völkerrechtssubjekten beziehen.4

1 Vgl. Gerhard Hans Reichel, Die auswärtige Gewalt nach dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949, Berlin 1967, S. 24; Dietmar Seidel, Der Bundespräsident als Träger der auswärtigen Gewalt, Berlin 1972, S. 30. 2 Vgl. Thomas G. Borer, Das Legalitätsprinzip und die auswärtigen Angelegenheiten, Basel / Frankfurt am Main 1986, S. 395. 3 Der Begriff auswärtige Gewalt wurde von Haenel in der Überschrift des V. Kapitels seines Deutschen Staatsrechts in die Verfassungsrechtslehre eingeführt; siehe Albert Haenel, Deutsches Staatsrecht, Erster Band, Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt, V. Kapitel: Die auswärtige Gewalt, Leipzig 1892, S. 531. 4 Vgl. dazu Ulrich Fastenrath, Kompetenzverteilung im Bereich der auswärtigen Gewalt, München 1986, S. 56 ff., der zwischen einem politologischen und juristischen Begriff der auswärtigen Gewalt unterscheidet (S. 68 ff.); Christian Tomuschat, Stichwort: Auswärtige Gewalt, in: Ergänzbares Lexikon des Rechts, Nr. 5 / 30; Wilhelm G. Grewe, Auswärtige Gewalt, in: Staatslexikon, hrsg. von der Görres-Gesellschaft, 7. Auflage, Freiburg 1985, Bd. 1, Sp. 463 – 467, Sp. 463 sowie ders., Auswärtige Gewalt, in: Josef Isensee / Paul Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. III, München 1988, S. 921 – 975, S. 922 Rdnr. 1; Reichel (Anm. 1), S. 21 ff.; Folke Schuppert, Die verfassungsgerichtliche Kontrolle der Auswärtigen Gewalt, Baden-Baden 1973, S. 19 ff.

102

C. Rolle und Einfluss des Bundestages in der Außenpolitik

II. Der Anteil des Bundestages an der auswärtigen Gewalt 1. Die auswärtige Gewalt nach dem Grundgesetz Den Begriff auswärtige Gewalt kennt das Grundgesetz als solchen nicht.5 Ihm am nächsten kommt der Begriff „Pflege der Beziehungen zu auswärtigen Staaten“, den Art. 32 Abs. 1 GG gebraucht, wenn er Kompetenzen im internationalen Verkehr zwischen dem Bund und den Ländern aufteilt. In dieser vertikalen Gewaltenteilung ist die Pflege der Beziehungen zu auswärtigen Staaten grundsätzlich Sache des Bundes. Die Länder dürfen, soweit sie für die Gesetzgebung zuständig sind, nur mit Zustimmung der Bundesregierung Verträge mit auswärtigen Staaten schließen (Art. 32 Abs. 3 GG). Die außenpolitische Vertragsschlusskompetenz ist damit dem Bund zu Lasten der Länder und der Exekutive gleichsam zu Lasten der Legislative zugewiesen.6 Auf der Ebene der horizontalen Gewaltenteilung regelt das Grundgesetz die Kompetenzverteilung zwischen Bundesregierung und Bundestag hingegen nicht ausdrücklich.7 Nach Art. 59 Abs. 1 GG ist die völkerrechtliche Vertretung des Bundes dem Bundespräsidenten als zuständigem Bundesorgan zugewiesen, der im Namen des Bundes Verträge mit auswärtigen Staaten schließt und die Gesandten beglaubigt und empfängt. Daneben bestimmt Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG, dass „Verträge, welche die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Gesetzgebung beziehen [ . . . ] der Zustimmung oder der Mitwirkung der jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften in der Form eines Bundesgesetzes“ bedürfen. Eine weitergehende ausdrückliche Kompetenzzuweisung der auswärtigen Gewalt an ein bestimmtes Organ, etwa die Bundesregierung, erfolgt darüber hinaus jedoch nicht.8

5 Zum Begriff der auswärtigen Gewalt siehe statt vieler Wilhelm Kewenig, Auswärtige Gewalt, in: Handbuch der deutschen Außenpolitik (hrsg. v. Hans-Peter Schwarz), München 1975, S. 37 – 43; Fastenrath (Anm. 4), S. 56 ff.; Grewe (Anm. 4), HBStR III, S. 922 Rdnr. 1; Rudolf Geiger, Grundgesetz und Völkerrecht, 2. Auflage, München 1994, S. 117 ff.; Rudolf Streinz, in: Michael Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, 2. Auflage, München 1999, Art. 32, Rdnr. 3. 6 Vgl. Hans-Joachim Cremer, Das Verhältnis von Gesetzgeber und Regierung im Bereich der auswärtigen Gewalt in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts: eine kritische Bestandsaufnahme, in: Rudolf Geiger (Hrsg.), Neuere Probleme der parlamentarischen Legitimation im Bereich der auswärtigen Gewalt, Baden-Baden 2003, S. 11 – 32, S. 11 Fn. 1. 7 Cremer (Anm. 6), S. 11 Fn. 1. 8 Vgl. Stefan Kadelbach, Die parlamentarische Kontrolle des Regierungshandelns bei der Beschlußfassung in internationalen Organisationen, in: Rudolf Geiger (Hrsg.), Neuere Probleme der parlamentarischen Legitimation im Bereich der auswärtigen Gewalt, Baden-Baden 2003, S. 41 – 57, S. 51.

II. Der Anteil des Bundestages an der auswärtigen Gewalt

103

2. Staatsrechtlehre a) Lehre von der „gemischten Gewalt“ In der Staatsrechtslehre war lange umstritten, welches Organ nach dem Grundgesetz als der eigentliche Träger der auswärtigen Gewalt anzusehen ist. Nach traditioneller Auffassung gehört die Führung der Außenpolitik wesensmäßig zum Bereich der Regierung und Verwaltung, die in der parlamentarischen Demokratie der Exekutive übertragen ist.9 Demgegenüber wurde seit Mitte der 1950er-Jahre die Auffassung vertreten, dass die Eigenart der auswärtigen Gewalt im parlamentarischen Regierungssystem gerade darin liege, dass sie zwei Funktionsträger – Exekutive und Legislative – habe und sie sich daher als eine „kombinierte Gewalt“10 oder „gemischte Gewalt“11 darstelle, die von Regierung und Parlament „zur gesamten Hand“12 ausgeübt wird. In der neueren Staatsrechtslehre hat die Lehre von der „gemischten Gewalt“ keinen Widerspruch mehr gefunden. Ganz überwiegend wird heute davon ausgegangen, dass die Bundesregierung verpflichtet ist, sich vor ihrem Handeln auf völkerrechtlicher Ebene im Bundestag zu erklären und ihre außenpolitischen Absichten einer parlamentarischen ex ante-Kontrolle zu unterziehen. Die eigentlichen staatsleitenden Entscheidungen in der Außenpolitik müssten stets durch einen parlamentarischen Zustimmungsakt mitverantwortet werden.13 Darüber hinaus wird die Pflicht der Regierung konstatiert, das Parlament so weit wie möglich laufend über die auswärtigen Angelegenheiten zu unterrichten.14 Durch Entschließungen zu außen-, europa- und sicherheitspolitischen Fragen bzw. Menschenrechtsfragen könne der Bundestag überdies grundlegend auf die Regierungspolitik Einfluss nehmen oder sie punktuell steuern.15

Vgl. Grewe (Anm. 4), HBStR III, S. 937 Rdnr. 41. Zur Lehre von der kombinierten Gewalt siehe Eberhard Menzel, Die Auswärtige Gewalt der Bundesrepublik, in: VVDStRL 12 (1954), S. 179 – 220, S. 197. 11 Hans W. Baade, Das Verhältnis von Parlament und Regierung im Bereich der auswärtigen Gewalt der Bundesrepublik Deutschland, Hamburg 1962, S. 115 ff. 12 Ernst Friesenhahn, Parlament und Regierung im modernen Staat, in: VVDStRL 16 (1958), S. 9 – 73, S. 37 f., 70. Etwas zurückhaltender ders., Der Staat der Gegenwart. Bemerkungen zu Kurt Eichenbergers Ausgewählten Schriften, in: Der Staat 20 (1981), S. 571 – 579, S. 576. 13 Rüdiger Wolfrum, Kontrolle der auswärtigen Gewalt, in: VVDStRL 56 (1997), S. 38 – 66, S. 53. 14 Siehe hierzu Rudolf Geiger (Hrsg.), Neuere Probleme der parlamentarischen Legitimation im Bereich der auswärtigen Gewalt, Baden-Baden 2003, insbesondere den Beitrag von Hans-Joachim Cremer, Das Verhältnis von Gesetzgeber und Regierung im Bereich der auswärtigen Gewalt in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts: eine kritische Bestandsaufnahme, S. 11 – 32, S. 30 f. 15 Wolfrum (Anm. 13), S. 63. 9

10

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C. Rolle und Einfluss des Bundestages in der Außenpolitik

b) „Unionswärtige“ Gewalt In der wissenschaftlichen Literatur ist Mitte der 90er-Jahre der Begriff der „unionswärtigen Gewalt“ als ein eigenständig zu beurteilender Fall der auswärtigen Gewalt eingeführt worden.16 Christian Rath bezeichnet damit jenen Bereich der deutschen Staatsgewalt, der sich auf die Tätigkeit der Europäischen Union bezieht.17 Zur Beurteilung der Kompetenzverteilung im Bereich der auswärtigen Gewalt vermag diese Begrifflichkeit zunächst allerdings nur wenig beizutragen. Sie verweist im Ergebnis auf den Umstand der zunehmenden Europäisierung zahlreicher Politikbereiche, die nach und nach zur Herauslösung europapolitischer Fragen aus dem Kanon der Außenpolitik geführt hat. Die Europapolitik ressortiert heute auf Regierungsseite nicht mehr nur in einem, sondern in allen Bundesministerien.18 Das Auswärtige Amt übernimmt im europapolitischen Kontext – wenn überhaupt – nur noch eine Koordinierung für die anderen Fachressorts.19 Auf Seiten des Parlaments wurde der zunehmenden Europäisierung durch die Einrichtung eines eigenen Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union Rechnung getragen, der in Art. 45 GG eine eigenständige verfassungsrechtliche Institutionalisierung gefunden hat20 und – insoweit einzigartig – gegenüber der Bundesregierung selbständig Mitwirkungsrechte des Bundestages in EU-Angelegenheiten gemäß Art. 23 GG wahrnehmen kann.21 Im Hinblick auf die im Europäischen Ver16 Den insoweit ähnlichen Begriff „Integrationsgewalt“ verwendet bereits Folke Schuppert, Die verfassungsgerichtliche Kontrolle der Auswärtigen Gewalt, Baden-Baden 1973, S. 23 ff. Er bezeichnet damit die Zuständigkeit, innerstaatliche Befugnisse auf überstaatliche Gemeinschaften und Organe zu übertragen. 17 Christian Rath, Die unionswärtige Gewalt des Deutschen Bundestages, in: Winfried Steffani / Uwe Thaysen (Hrsg.), Demokratie in Europa: Zur Rolle der Parlamente, Sonderband zum 25-jährigen Bestehen der Zeitschrift für Parlamentsfragen, Opladen 1995, S. 114 – 145 sowie ders., Entscheidungspotentiale des Deutschen Bundestages in EU-Angelegenheiten. Mandatsgesetze und parlamentarische Stellungnahmen im Rahmen der unionswärtigen Gewalt, Baden-Baden 2001, zugl. Diss. Univ. Gießen 2000 / 2001, S. 24 f.; zustimmend Hans-Georg Kamann, Die Mitwirkung der Parlamente der Mitgliedstaaten an der europäischen Gesetzgebung, Frankfurt am Main 1997, S. 311. 18 Über eigene Europaabteilungen bzw. aus den Organisationsplänen ersichtliche europapolitische Zuständigkeiten verfügen alle 13 Bundesressorts (Auswärtiges Amt, BM für Bildung und Forschung, BM der Finanzen, BM für Gesundheit und Soziale Sicherung, BM des Innern, BM der Justiz, BM für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, BM für Wirtschaft und Arbeit, BM für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, BM der Verteidigung, BM für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, BM für Verkehr, Bau und Wohnungswesen, BM für Familie, Senioren, Frauen und Jugend) und auch das Bundeskanzleramt. Stand: September 2005. 19 Vgl. Lisette Andreae / Karl Kaiser, Die „Aussenpolitik“ der Fachministerien, in: WolfDieter Eberwein / Karl Kaiser (Hrsg.), Deutschlands neue Außenpolitik, Band 4: Institutionen und Ressourcen, München 1998, S. 29 – 46, S. 31. 20 Siehe dazu Michael Fuchs, Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union des Deutschen Bundestages, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Jg. 35 (2004), Heft 1, S. 3 – 24.

II. Der Anteil des Bundestages an der auswärtigen Gewalt

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fassungsvertrag vorgesehene Subsidiaritätskontrolle und zur Fortentwicklung bestehender Verfahren in EU-Angelegenheiten wurde zudem Anfang 2005 beim Direktor beim Deutschen Bundstag ein Aufbaustab Europa eingerichtet22, der unter anderem den Aufbau eines eigenen Europabüros des Bundestages in Brüssel vorbereiten soll. In enger Zusammenarbeit mit den Fraktionen sollen die zahlreichen EU-Vorlagen künftig schon im Stadium ihrer Entstehung einer inhaltlichen Prüfung und Filterung unterzogen werden, um eine sachgerechte Vorabbeteiligung des deutschen Parlaments an der EU-Rechtsetzung zu gewährleisten. Hinsichtlich der Kompetenzverteilung im Bereich der auswärtigen Gewalt gewinnt die „unionswärtige Gewalt“ jedoch große Bedeutung vor dem Hintergrund der im Jahre 1992 durch den Maastrichter Vertrag eingeführten Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union (GASP). Die europäische Ebene hat hierdurch eine größere Kompetenz und Relevanz auch in außenpolitischen Fragen gewonnen. Die GASP ist derzeit zwar noch intergouvernemental ausgestaltet, ihre Maßnahmen können aber bereits heute unmittelbare Auswirkungen zeitigen, da sie für die Mitgliedstaaten bindend sind (vgl. Art. 14 Abs. 3 EUV). Insofern stellt sich die Frage, ob und inwieweit außenpolitische Maßnahmen im Rahmen der GASP (Gemeinsame Strategien gemäß Art. 13 Abs. 2 EUV, Gemeinsame Aktionen gemäß Art. 14 EUV, Gemeinsame Standpunkte gemäß Art. 15 EUV) einer parlamentarischen Kontrolle überhaupt zugänglich sind. Dem Europäischen Parlament sind im außenpolitischen Bereich keine wirksamen Kontrollkompetenzen zugewiesen.23 Es kann über sein Budgetbewilligungsrecht allerdings einen gewissen Einfluss ausüben, wenn es über die Zuteilung der Mittel entscheidet, die im Rahmen der GASP und der ESVP Verwendung finden sollen.24 Entsprechende oder gar weitergehende Kontrollkompetenzen des 21 Siehe dazu Ruth Lang, Die Mitwirkungsrechte des Bundesrates und des Bundestages in Angelegenheiten der Europäischen Union gemäß Artikel 23 Abs. 2 bis 7 GG, Berlin 1997, S. 295 ff., zugl. Diss. Univ. Bonn 1994 / 95; Sven Hölscheidt, Mitwirkungsrechte des Deutschen Bundestags in Angelegenheiten der EU, in: Aus Politik und Zeitgeschichte B 28 / 2000, S. 31 – 38 sowie Michael Fuchs, Art. 23 GG in der Bewährung, in: DÖV, Jg. 54 (2001), Heft 6, S. 233 – 240. 22 Siehe hierzu Hausverfügung Nr. 1 / 2005 des Direktors beim Deutschen Bundestag. 23 Gemäß Art. 21 EUV kommen ihm im Rahmen der GASP lediglich schwach ausgestaltete Informations- und Anhörungsrechte zu. Im Bereich der Vertragspolitik der EU übernimmt das EP allenfalls eine „Notarfunktion“. Siehe dazu Stefan Krauß, Parlamentarisierung der europäischen Außenpolitik – Das Europäische Parlament und die Vertragspolitik der Europäischen Union, Opladen 2000, zugl. Diss. Univ. Regensburg 1999. Vgl. auch Roland Bieber, Democratic Control of European Foreign Policy, in: European Journal of International Law, Vol. I / 1990, S. 148 – 173. 24 Siehe hierzu Elfriede Regelsberger / Dieter Kugelmann, Art. 21 EUV Rdnr. 4, in: Rudolf Streinz (Hrsg.), Kommentar zum Vertrag über die Europäische Union und Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, München 2003 sowie Daniel Thym, Parlamentsfreier Raum? Das Europäische Parlament in der Außen- und Sicherheitspolitik, in: Andreas Maurer / Dietmar Nickel (Hrsg.), Das Europäische Parlament: Supranationalität, Repräsentation und Legitimation, Baden-Baden 2005, S. 211 – 223, insb. S. 219 ff.

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C. Rolle und Einfluss des Bundestages in der Außenpolitik

Bundestages im Hinblick auf die auswärtige Politik der Europäischen Union gibt es nicht. Der Bundestag kann allenfalls über Art. 23 Abs. 3 GG versuchen, durch Stellungnahmen, die von der Bundesregierung vor ihrer Mitwirkung an Rechtssetzungsakten der EU zu berücksichtigen sind, höchst mittelbar Einfluss zu nehmen. Dass dieses Vorgehen als parlamentarisches Kontrollmittel kaum geeignet ist, zeigt allein schon der Umstand, dass – selbst wenn die Bundesregierung Stellungnahmen des Bundestages uneingeschränkt berücksichtigen würde – sie nur ein Akteur unter vielen ist und sich ihr Einfluss in den europäischen Gremien dementsprechend reduziert. Dem hier zutage tretenden parlamentarischen Kontrolldefizit im Hinblick auf die außenpolitischen Maßnahmen der EU wurde von der deutschen Staatsrechtswissenschaft bislang erstaunlicherweise kaum Rechnung getragen.25 In Zukunft wird diese Problematik sowohl von Seiten der Wissenschaft als auch von Seiten der Praxis weitaus mehr Aufmerksamkeit erfordern, als dies bisher der Fall ist.

3. Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Das Bundesverfassungsgericht hatte sich in seiner Rechtsprechung wiederholt grundlegend und richtungsweisend mit der Frage zu befassen gehabt, wie die Kompetenzen von Regierung und Parlament im Bereich der auswärtigen Gewalt verteilt sind.26 Aus Anlass von Streitigkeiten um Inhalt und Reichweite des Erfordernisses einer Zustimmung der Gesetzgebungsorgane zu politischen Verträgen nach Art. 59 Abs. 2 GG, hatte das Gericht im Jahre 1952 erstmals darüber zu befinden, ob die auswärtige Gewalt grundsätzlich der Exekutive oder der Legislative zuzuordnen sei. Die höchstrichterliche Antwort klang seinerzeit zunächst apodiktisch: „Art. 59 Abs. 2 GG durchbricht das Gewaltenteilungssystem insofern, als hier die Legislative in den Bereich der Exekutive übergreift.“27 Dem Parlament sei im parlamentarischen Regierungssystem grundsätzlich die Rechtssetzung vorbehalten, der Exekutive die Regierung und Verwaltung, wozu auch die Führung der Außenpolitik gehöre.28 Der Bundestag könne diese Funktion der Regierung nicht übernehmen, soweit ihm nicht – wie im Fall des Art. 59 Abs. 2 GG – ausdrücklich eine „Ausnahmebefugnis“29 zugewiesen sei, Regierungsfunktionen zu übernehmen. Im Übrigen sei der Bundestag auf seine allgemeinen Kontrollbefugnisse bis 25 Siehe hierzu Juliane Kokott, Kontrolle der auswärtigen Gewalt, in: DVBl. 1996, S. 937 – 950, S. 940 ff. Vgl. Wolfrum (Anm. 13), S. 55 ff. 26 Siehe hierzu Ernst Benda, Deutsche Außenpolitik vor Gericht: Bundesverfassungsgericht und auswärtige Gewalt, in: Internationale Politik, 1995, Heft 12, S. 39 – 46 sowie Cremer (Anm. 6). 27 BVerfGE 1, 351 (369). 28 BVerfGE 1, 372 (394). 29 Ebenda. Hervorhebung im Original

II. Der Anteil des Bundestages an der auswärtigen Gewalt

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hin zum Misstrauensvotum nach Art. 67 GG beschränkt; er könne die Politik nicht selbst führen.30 Etwa dreißig Jahre lang blieb dies der Stand der Rechtsprechung, bis im Jahre 1984 das Gericht im Rahmen eines von der Bundestagsfraktion der Partei DIE GRÜNEN angestrengten Organstreitverfahrens anlässlich der Aufstellung USamerikanischer nuklearer Pershing-2-Mittelstreckenraketen deutlich moderater urteilte: „Gewiß räumt Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG – wie auch eine Reihe weiterer Vorschriften des Grundgesetzes – dem Bundestag in bestimmten Umfang Mitwirkungsrechte an der Willensbildung für die Vornahme von Akten im Bereich der auswärtigen Beziehungen ein.“31 In diesen Regelungen drücke sich geschichtlich gesehen die Tendenz einer verstärkten Parlamentarisierung der Willensbildung im auswärtigen Bereich aus.32 Die Erweiterung des sachlichen Anwendungsbereichs des Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG auch auf nichtvertragliche Akte der Bundesregierung gegenüber fremden Völkerrechtssubjekten würde nach Ansicht des Gerichts jedoch einen Einbruch in zentrale Gestaltungsbereiche der Exekutive darstellen und dem Grundsatz der Gewaltenteilung zuwiderlaufen. Die grundsätzliche Zuordnung der Akte des auswärtigen Verkehrs zum Kompetenzbereich der Exekutive beruhe aber gerade auf der Annahme, „daß institutionell und auf Dauer typischerweise allein die Regierung in hinreichendem Maße über die personellen, sachlichen und organisatorischen Möglichkeiten verfügt, auf wechselnde äußere Lagen zügig und sachgerecht zu reagieren und so die staatliche Aufgabe, die auswärtigen Angelegenheiten verantwortlich wahrzunehmen, bestmöglich zu erfüllen.“33 Die in dieser Entscheidung entwickelten Gedanken sind später durch zwei weitere Urteile des Bundesverfassungsgerichts aufgegriffen und fortentwickelt worden: die Entscheidung vom 12. Juli 1994 zum Adria-, AWACS- und Somalia-Einsatz der Bundeswehr34 und die Entscheidung zum neuen Strategischen Konzept der NATO vom 22. November 2001.35 Während ersteres die Führung der Außenpolitik als Funktion nach wie vor grundsätzlich der Regierung zuordnet, den Einsatz bewaffneter Streitkräften aber von der vorherigen konstitutiven Zustimmung des Bundestages abhängig macht36, spricht die letztere Entscheidung nicht nur von einem „Mitentscheidungsrecht im Bereich der auswärtigen Angelegenheiten“37, sondern erstmals auch von einem Recht des Bundestages auf „Teilhabe an der ausEbenda. BVerfGE 68, 1 (85). 32 Ebenda. 33 BVerfGE 68, 1 (87). 34 BVerfGE 90, 286. 35 BVerfGE 104, 151. 36 BVerfGE 90, 286 (381). Nach Ansicht des ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts Ernst Benda stellt die Entscheidung materiell „fast eine Verfassungsänderung dar, die sich aus dem geltenden Grundgesetz nur schwer entnehmen lässt.“ Benda (Anm. 26), S. 43. 37 BVerfGE 104, 151 (194). 30 31

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C. Rolle und Einfluss des Bundestages in der Außenpolitik

wärtigen Gewalt“38 und konstatiert, „dass Regierung und Legislative im Bereich der auswärtigen Gewalt zusammenwirken“.39 Das Urteil vom 12. Juli 1994 verdient auch insofern Beachtung, als es erstmals feststellt, dass das Parlament mit seinen vielfältigen Mittel politischer Kontrolle begleitet von den wachsamen Augen der Öffentlichkeit „tatsächlich jederzeit in der Lage [ist], sich aus eigener Initiative durch Einwirkung auf die Bundesregierung in den Willensbildungs- und Entscheidungsprozeß einzuschalten, der sich zwischen den Staaten vollzieht.“40 Dem Parlament ist es also möglich, die Außenpolitik mitzusteuern, selbst aktiv zu werden und außenpolitische Impulse zu geben. Auf nachträgliche wirkungslose Unmuts- oder Beifallsbekundungen ist es nicht beschränkt.41 Festzustellen ist, dass der von den Verfassungsrichtern selbst wiederholt konstatierte Trend zur Parlamentarisierung der auswärtigen Gewalt42 auch in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts seinen deutlichen Ausdruck findet. Obwohl der Kernbereich außenpolitischer Verantwortung nach höchstrichterlicher Auffassung traditionell bei der Regierung anzusiedeln ist, hat das Gericht dem Parlament bei der Gestaltung der auswärtigen Angelegenheiten zunehmend Mitspracherechte zugestanden. Die hierarchisch strukturierte, dynamische Exekutive ist nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts zwar grundsätzlich besser in der Lage, ein außenpolitisches Handlungskonzept zu entwerfen und umzusetzen.43 Dem Bundestag kommen in den auswärtigen Angelegenheiten aber umfassende Kontrollkompetenzen44 sowie in bestimmten Fällen – wie etwa bei der Entsendung von Truppen45 – besondere Mitwirkungsrechte zu.

III. Der Bundestag im außenpolitischen Entscheidungssystem Aus US-amerikanischer Sicht stellen sich die formellen außenpolitischen Einflussmöglichkeiten des Deutschen Bundestages eher ernüchternd dar.46 Während dem US-Kongress ein umfangreiches Instrumentarium direkter EinflussmöglichBVerfGE 104, 151 (209). BVerfGE 104, 151 (210). 40 BVerfGE 90, 286 (365). 41 Vgl. Cremer (Anm. 6), S. 29. 42 BVerfGE 68, 1 (85) und BVerfGE 90, 286 (357). 43 BVerfGE 68, 1 (87). 44 BVerfGE 68, 1 (89 sowie 109); 90, 286 (364 f.); 104, 151 (210). 45 BVerfGE 90, 286 (381 ff., 387); 108, 34 (42). 46 Siehe hierzu James Ryan Anderson, Parliamentary Control and Foreign Policy in Germany: The Bundestag’s Use of Formal Instrumentalities in Overseeing the Administration’s Foreign Policy, in: German Politics & Society, Issue 64 Vol. 20, No. 3, Fall 2002, S. 1 – 14. 38 39

III. Der Bundestag im außenpolitischen Entscheidungssystem

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keiten auf die Regierungspolitik zur Verfügung steht47, sind die Möglichkeiten einer formellen Einflussnahme des Bundestages auf die Außenpolitik der Bundesregierung vergleichsweise gering.48 Trotz, oder vielleicht auch gerade wegen der geringen Beteiligungsrechte und der damit einhergehenden relativen außenpolitischen „Machtlosigkeit“ des Bundestages, hat sich in der bundesrepublikanischen Tradition ein gut funktionierendes System parlamentarischer Kontrolle und informeller parlamentarischer Einflussnahme auf die Außenpolitik herausgebildet.

1. Parlamentarische Beteiligungsrechte Formelle Einflussmöglichkeiten des Bundestages und ihm ausdrücklich zugewiesene Kompetenzen im Bereich der auswärtigen Gewalt49 gibt es – abgesehen von dem im Grundgesetz festgelegten Recht zur Feststellung und Beendigung des Verteidigungsfalles (Art. 115 a Abs. 1 GG und Art. 115 l Abs. 2 GG) sowie dem Recht zur Entscheidung über den Friedensschluss (Art. 115 l Abs. 3 GG) – nicht. Bei den von der Regierung ausgehandelten völkerrechtlichen Verträgen hat der Bundestag lediglich ein Zustimmungsrecht (Art. 59 Abs. 2 GG), zur inhaltlichen Einflussnahme ist er aber nicht berechtigt.50 Bei der Übertragung von Hoheitsrechten auf zwischenstaatliche Einrichtungen kommt ihm ein Zustimmungsrecht (Art. 24 Abs. 1 GG)51, in Angelegenheiten der Europäischen Union sogar ein Mitwirkungsrecht (Art. 23 Abs. 2 und 3 GG)52 zu. Aufgrund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Juli 1994 wurde dem Bundestag überdies das Recht zugestanden, über die Entsendung von Streitkräften zu entscheiden.53 47 Vgl. I. M. Destler, Die Stimme des Kongresses in der Außenpolitik, in: Uwe Thaysen / Roger Davidson / Robert Gerald Livingston (Hrsg.), US-Kongreß und Deutscher Bundestag: Bestandsaufnahmen im Vergleich, Opladen 1988, S. 366 – 382. 48 Vgl. Lothar Wilker, Bundestag und Außenpolitik, in: Uwe Thaysen / Roger Davidson / Robert Gerald Livingston (Hrsg.), US-Kongreß und Deutscher Bundestag: Bestandsaufnahmen im Vergleich, Opladen 1988, S. 383 – 399. 49 Zu den Kompetenzen des Bundestages im Bereich der auswärtigen Gewalt siehe ausführlich Fastenrath (Anm. 4), S. 217 ff. sowie Erik Hienstorfer, Die Auswärtige Gewalt des Deutschen Bundestages, Diss. Univ. Marburg 1968, S. 72 ff. 50 Siehe hierzu ausführlich Rupert Scholz, Kommentar zu Art. 23 GG, in: Theodor Maunz / Günter Dürig, Grundgesetz-Kommentar, Stand: 35. Lieferung (Februar 1999). Zur Mitwirkung des Bundestages bei der Kündigung völkerrechtlicher Verträge siehe Wolfram Diehl, Die Mitwirkung des Parlaments bei der Kündigung völkerrechtlicher Verträge, Diss. Univ. Mainz 1967 sowie Hienstorfer (Anm. 49), S. 116 ff., S. 129. 51 Siehe hierzu u. a. Christian Tomuschat, Kommentar zu Artikel 24 GG, in: Rudolf Dolzer / Klaus Vogel (Hrsg.), Kommentar zum Bonner Grundgesetz, Band 5 (Loseblatt, Stand: 69. Lieferung, Februar 1993); Albrecht Randelzhofer, Kommentar zu Art. 24 GG, in: Theodor Maunz / Günter Dürig, Grundgesetz-Kommentar, Stand: 30. Lieferung (Dezember 1992). 52 Siehe hierzu ausführlich Lang (Anm. 21), S. 272 – 322. 53 BVerfGE 90, 286 ff.

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C. Rolle und Einfluss des Bundestages in der Außenpolitik

Festzustellen ist, dass es sich bei jedem dieser Fälle – mit Ausnahme der Feststellung der Beendigung des Verteidigungsfalles und des Friedensschlusses (Art. 115 a Abs. 1 GG und Art. 115 l Abs. 2 GG) – lediglich um eine Reaktion auf außenpolitische Vorgaben der Bundesregierung handelt. Sowohl die Initiative zum Abschluss eines völkerrechtlichen Vertrages (Art. 59 Abs. 2 GG) als auch die Initiative zur Entsendung von Truppen (§ 3 Parlamentsbeteiligungsgesetz) gehen stets von der Bundesregierung aus. Demgegenüber steht dem Bundestag ein eigenes Initiativrecht nicht zu. Rein formal gesehen wäre der Bundestag wohl über sein Budgetrecht in der Lage, der Regierung durch gezielte Mittelzuweisungen gewisse außenpolitische Vorgaben zu machen. Der Einzelplan 05 (Auswärtiges Amt) wird in der Praxis von insgesamt vier Berichterstattern des Haushaltsausschusses durchleuchtet. Dabei findet eine Abstimmung und Verzahnung mit dem Auswärtigen Ausschuss – wie sie beispielsweise bei Rüstungsprojekten mit dem Verteidigungsausschuss praktiziert wird – in der Regel jedoch nicht statt. Alexander Bonde (BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN), zuständiger Berichterstatter seiner Fraktion für den Einzelplan 05 im Haushaltsausschuss, stellt fest: „Ein Austausch zwischen Haushältern und Außenpolitikern existiert praktisch nicht.“54 Nur in wenigen Einzelfällen findet ein sehr selektiver Informationsaustausch zwischen Abgeordneten der gleichen Fraktion auf dem „kleinen Dienstweg“ statt. Einflussnahmen auf die Außenpolitik durch gezielte Mittelzuweisungen wären auch schwierig, da der Etat des Auswärtigen Amts hauptsächlich – von den Mitteln für die Auswärtige Kulturpolitik einmal abgesehen – Aufwendungen für Personal und sachliche Einrichtungen enthält, im Wesentlichen also ein reiner Verwaltungsetat ist.55 Wenn im Einzelplan 05 Geld für bestimmte Hauhaltsansätze bewilligt bzw. nicht bewilligt wird, so geschieht dies in der Regel aus rein fiskalischen Erwägungen heraus, d. h. allein Kosten- und Einsparungsgründe spielen hier eine Rolle. „Das Motiv für Veränderungen der Budgetansätze liegt normalerweise nicht darin begründet, eine außenpolitische Einflussnahme zu erreichen.“56 Dies widerspräche auch der gängigen Praxis der Abstützung der Regierungsmehrheit durch das Parlament. Die Parlamentsmehrheit würde „ihre“ Regierung kaum durch gezielte Einflussnahmen auf Haushaltsansätze zu brüskieren suchen. Dafür gibt es andere Wege, insbesondere der informellen Einflussnahme über die jeweiligen Fraktionsgremien oder aber im Rahmen des außenpolitischen Dialoges mit der Regierung im Auswärtigen Ausschuss. Die von Stephan G. Bierling vertretene These, das Parlament könne „natürlich das Budgetrecht als außenpolitisches Steuerungsinstrument nutzen“57, ist insoweit So im Gespräch mit dem Verfasser. Siehe hierzu auch Siegfried Weiß, Auswärtige Gewalt und Gewaltenteilung, Berlin 1971, zugl. Diss. Univ. Erlangen-Nürnberg 1970, S. 112. 56 So der vormalige Sekretär des Haushaltsausschusses Ministerialrat Hubertus Reger im Gespräch mit dem Verfasser. 57 Stephan G. Bierling, Die Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland: Normen, Akteure, Entscheidungen, München und Wien 1999, S. 33. 54 55

III. Der Bundestag im außenpolitischen Entscheidungssystem

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eher theoretischer Natur und entbehrt, trotz der dort aufgeführten Beispiele, näherer Empirie.58 Wünschenswert wäre hier eine eingehendere Untersuchung der Gründe für die Mittelzuweisungen des Haushaltsausschusses im Einzelplan 05 bzw. für die Einzelpläne anderer außenpolitisch relevanter Ressorts, wie etwa für Entwicklungszusammenarbeit und Verteidigung.59 Anders verhält es sich indessen beim Europäischen Parlament. Ein den nationalen Parlamenten vergleichbares Spannungsverhältnis zwischen Regierungsund Oppositionsfraktionen existiert dort nicht, da die Mitglieder der EU-Kommission nicht unmittelbar vom Parlament gewählt, sondern von den Mitgliedsstaaten benannt werden. Der Haushaltsausschuss des Europäischen Parlaments hat – vergleichbar den Haushaltsausschüssen der nationalen Parlamente – aber über jene nicht unbeträchtlichen Finanzmittel zu entscheiden, die im Rahmen der GASP und der ESVP Verwendung finden sollen.60 Die Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses des Europäischen Parlaments befassen sich hier regelmäßig sehr eingehend mit den einzelnen außenpolitischen Handlungsfeldern der EU und versuchen in enger Kooperation mit den Kollegen des Haushaltsausschusses durch gezielte Mittelzuweisungen auf die außenpolitischen Maßnahmen der Union Einfluss zu nehmen. 2. Parlamentarische Kontrollrechte Eine der wichtigsten Funktionen des Parlaments ist es, die anderen Staatsorgane unmittelbar oder mittelbar zu kontrollieren. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Kontrolle der Exekutive. Zentrale Aufgabe der parlamentarischen Kontrolle ist die öffentliche Sichtbarmachung von Verantwortlichkeit sowie die Überwachung der Gesetzmäßigkeit exekutiven Handelns. In diesem Sinne werden formelle parlamentarische Kontrollinstrumente hauptsächlich von der Opposition verwendet.61 Der Grund hierfür ist die Ablösung des einstigen Spannungsfeldes Parlament – Regierung durch den „neuen“ Dualismus Opposition – Parlamentsmehrheit. 62 Im parlamentarischen Regierungssystem ist die Parlamentsmehrheit mit der Regierung zu einer politischen Einheit verschmolzen, die der Opposition gegenüber steht.63 Von den Regierungsfraktionen wird eine parlamentarische Kontrolle – die 58 Zwei Beispiele für Einflussnahmen in außenpolitisch relevanten Bereichen über die Festsetzung des Budgets finden sich auch bei Wilker (Anm. 48), S. 388. 59 Eine solche Untersuchung ist im Rahmen eines Dissertationsvorhabens am Otto-SuhrInstitut der Freien Universität Berlin von Olaf Böhnke beabsichtigt. 60 Vgl. Ulrich Karpen, Defizite parlamentarischer Kontrolle in der Europäischen Union?, in: Rudolf Geiger (Hrsg.), Neuere Probleme der parlamentarischen Legitimation im Bereich der auswärtigen Gewalt, Baden-Baden 2003, S. 233 – 245, S. 240. 61 Siehe dazu Michael F. Feldkamp, Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1994 bis 2003, Baden-Baden 2005, Kapitel 11.4, S. 659 – 662. 62 Vgl. Norbert Gehring, Parlament – Regierung – Opposition. Dualismus als Voraussetzung für eine parlamentarische Kontrolle der Regierung, München 1969.

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C. Rolle und Einfluss des Bundestages in der Außenpolitik

schließlich auch dem Zweck der Erhaltung der eigenen Regierungsfähigkeit dient – vor allem durch informelle Einflussnahmen im Sinne einer „parlamentarischen Mitsteuerung“ ausgeübt. Die der Opposition zur Verfügung stehenden parlamentarischen Kontrollmittel sind in ihrer Wirksamkeit verglichen mit den Möglichkeiten parlamentarischer Mitsteuerung durch die Regierungsfraktionen verhältnismäßig begrenzt.64 Unter den verschiedenen Kontrollmöglichkeiten ist die Plenardebatte das wohl wichtigste Mittel der Opposition wenn es darum geht, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf die Regierungspolitik zu lenken. Außenpolitische Debatten finden in der Regel anlässlich der Ratifizierung politisch bedeutsamer internationaler Abkommen oder im Rahmen der Haushaltsdebatte statt. Für den außenpolitischen Entscheidungsprozess sind diese Debatten allerdings kaum von Bedeutung, da sie allenfalls Ansatzpunkte für eine indirekte Beeinflussung der Regierungspolitik durch die Opposition liefern.65 Weitere Instrumente parlamentarischer Kontrolle sind die Interpellationsrechte der einzelnen Abgeordneten und Fraktionen66, deren formelle Ausgestaltung durch die Geschäftsordnung des Bundestages geregelt wird (Große und Kleine Anfrage, Schriftliche und Mündliche Fragen, die Fragestunden und Aktuellen Stunden, vgl. §§ 100 ff. GOBT). Die Große Anfrage (§§ 100 – 103 GOBT)67 ist in besonderer Weise geeignet, außenpolitische Grundsatzdebatten zu initiieren und die Regierung zu veranlassen, zu größeren Themenkomplexen detailliert Stellung zu nehmen.68 Da eine Aussprache im Plenum erzwungen werden kann (§ 101 S. 3 und § 102 S. 2 GOBT), bietet sie der Opposition die Möglichkeit, selbst Debattenthemen zu bestimmen und die Regierungspolitik öffentlicher Kritik auszusetzen.69 Wenn die Anfrage mit 63 Vgl. Rudolf Hrbek, Außenpolitische Gemeinsamkeit von Regierung und Opposition, in: Gerhard Lehmbruch / Klaus von Beyme / Iring Fetscher (Hrsg.), Demokratisches System und politische Praxis der Bundesrepublik, München 1971, S. 444 – 471, S. 445 f. 64 Vgl. Wolfgang Zeh, Die parlamentarische Kontrolle der Regierung durch Mehrheit und Minderheit, in: Friedhelm Hufen (Hrsg.), Bundesstaat – Parlament – Opposition, BadenBaden 2001, S. 41 – 49. 65 Vgl. Heino Kaak, Opposition und Außenpolitik, in: Politische Vierteljahresschrift, 10. Jg, 1969, Sonderheft 1, S. 224 – 249, S. 236. 66 Siehe hierzu Sven Hölscheidt, Frage und Antwort im Parlament, Rheinbreitbach 1992 sowie Gertrud Witte-Wegmann, Recht und Kontrollfunktion der Großen, Kleinen und Mündlichen Anfragen im Deutschen Bundestag, Berlin 1972. 67 Siehe dazu Siegfried Magiera, Rechte des Bundestages und seiner Mitglieder gegenüber der Regierung, in: Hans-Peter Schneider / Wolfgang Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, Berlin / New York 1989, S. 1421 – 1446, S. 1425 f. Rdnr. 18 – 19. 68 Vgl. Wolfgang Ismayr, Der Deutsche Bundestag im politischen System der Bundesrepublik Deutschland, 2. überarbeitete Auflage, Opladen 2001, S. 333. 69 Vgl. Klaus Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band II: Staatsorgane, Staatsfunktionen, Finanz- und Haushaltsverfassung, Notstandsverfassung, München 1980, § 26 II 3. b) a, S. 57.

III. Der Bundestag im außenpolitischen Entscheidungssystem

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zusätzlichen Anträgen der Opposition verbunden wird, kann die Opposition dieses Instrument auch zur breiten Darstellung ihrer außenpolitischen Vorschläge nutzen.70 Für den Oppositionsführer und den außenpolitischen Sprecher seiner Fraktion sind die Debatten über eine Große Anfrage stets willkommene Gelegenheiten, sich zu profilieren und außenpolitische Kompetenz zu beweisen.71 Von den Regierungsfraktionen wird das Mittel der Großen Anfrage und die sich daran anschließende Debatte hingegen in erster Linie genutzt, um der Regierung die Gelegenheit zur positiven Darstellung ihrer Konzepte und Maßnahmen zu geben72, weshalb die einzelnen Fragen zwischen den entsprechenden Ministerialbeamten und Fraktionsexperten „oft bis ins Detail abgesprochen“73 sind. Die Nutzung des Instruments der Großen Anfrage unterliegt von Wahlperiode zu Wahlperiode großen Schwankungen und ist sehr stark abhängig von der Anzahl der jeweiligen Oppositionsfraktionen. Nach dem Eintritt der Grünen in den Bundestag im Jahre 1983 kam es zu einem sprunghaften Anstieg der Großen Anfragen.74 Von den insgesamt 156 Großen Anfragen in der 13. Wahlperiode waren 33 (21,2%) dem Politikfeld Außenpolitik / Internationale Beziehungen zuzuordnen.75 Von diesen 33 gingen 15 auf die seinerzeit größte Oppositionsfraktion SPD, 14 auf Bündnis 90 / Die Grünen, drei auf die Koalitionsfraktionen von CDU / CSU und FDP sowie eine auf die PDS zurück. Nach dem Wechsel der Bundesregierung im Jahre 1998 betrug die Anzahl der Großen Anfragen in der 14. Wahlperiode insgesamt 101, davon waren 19 (18,8 %) dem Politikfeld Außenpolitik / Internationale Beziehungen zuzuordnen.76 Von diesen 19 stammten 10 von der größten Oppositionsfraktion CDU / CSU, fünf von der FDP, zwei von der PDS sowie zwei von den Koalitionsfraktionen SPD und BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN. Die unabhängig von der jeweiligen Regierungskonstellation geringe Anzahl von Großen Anfragen der Kaak (Anm. 65), S. 237, Fn. 61. Wolf-Dieter Karl / Joachim Krause, Außenpolitischer Strukturwandel und parlamentarischer Entscheidungsprozeß, in: Helga Haftendorn / Wolf-Dieter Karl / Joachim Krause / Lothar Wilker (Hrsg.), Verwaltete Außenpolitik – Sicherheits- und entspannungspolitische Entscheidungsprozesse in Bonn, Köln 1978, S. 55 – 82, S. 67. 72 Die beispielsweise in der 13. Wahlperiode von den Regierungsfraktionen gestellten drei Großen Anfragen betrafen solche Themengebiete, die sich die Bundesregierung zum Schwerpunkt gemacht hatte: „Die Entwicklung der Reformprozesse in den MOE-Staaten und den Neuen Unabhängigen Staaten auf dem Territorium der ehemaligen Sowjetunion seit Anfang 1994“ (BT-Drs. 13 / 4033, zur Antwort siehe BT-Drs. 13 / 5601), die „Wirtschaftliche Entwicklung des Ostseeraumes“ (BT-Drs. 13 / 8674, zur Antwort siehe BT-Drs. 10140) sowie die „Maritime Wirtschaft“ (BT-Drs. 13 / 4085, zur Antwort siehe BT-Drs. 13 / 5596). 73 Ismayr (Anm. 68), S. 336. 74 Siehe Peter Schindler, Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1949 – 1999, Baden-Baden 1999, Bd. I, Kapitel 6.20, S. 1434 ff. sowie Bd. II, Kapitel 12.1, S. 2640 f. 75 Vgl. Feldkamp (Anm. 61), Kapitel 11.1, S. 615, 617 ff. 76 Vgl. Feldkamp (Anm. 61), Kapitel 11.1, S. 615, S. 626 ff. 70 71

8 Pilz

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C. Rolle und Einfluss des Bundestages in der Außenpolitik

Koalitionsfraktionen zeigt deutlich, dass es sich dabei vornehmlich um ein Instrument der Opposition handelt. Die Kleine Anfrage (§ 104 GOBT)77 wird von den Fraktionen mit ähnlichen Absichten eingesetzt, bezieht sich in der Regel aber auf einen engeren thematischen Aspekt („bestimmt bezeichnete Bereiche“) und hat aufgrund nur schriftlicher Beantwortung (§ 104 Abs. 2 GOBT) einen geringeren Publizitätswert. Sie führt unter den parlamentarischen Kontrollmitteln eher ein Schattendasein, da sie praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit behandelt wird.78 Der Opposition bietet sie die Möglichkeit, in relativ kurzer Zeit (2 Wochen) Sachinformationen über außenpolitische Vorgänge und Entwicklungen aus dem Auswärtigen Amt, dem Bundeskanzleramt und anderen Ressorts zu erhalten. In der Regel dient sie vornehmlich der Informationsbeschaffung, etwa zur Vorbereitung von Großen Anfragen oder selbständigen Anträgen.79 Jeder Abgeordnete hat die Möglichkeit, kurze Mündliche und Schriftliche Fragen an die Bundesregierung zu richten (§ 105 GOBT).80 Die Mündlichen Fragen werden in der Regel von den Fraktionsbüros koordiniert und vom Ältestenrat nach Ressorts gebündelt auf die Tagesordnung der regelmäßig am Mittwochnachmittag einer jeden Sitzungswoche stattfindenden Fragestunde gesetzt.81 Die Fragestunde weist zwar einen hohen Grad an Aktualität auf, die grundsätzlich die Opposition begünstigt, dient in der Regel aber der Behandlung sehr spezieller Fragen, wodurch ihre Publizität gemindert ist.82 Die Beantwortung von Fragen zu außenpolitischen Problembereichen wird aus Gründen diplomatischer Geheimhaltung zudem oft in den vertraulich tagenden Auswärtigen Ausschuss verlagert.83 Siehe dazu Magiera (Anm. 67), S. 1426 Rdnr. 20 – 21. Kaak (Anm. 65), S. 237, Fn. 62. 79 Vgl. Karl / Krause (Anm. 71), S. 66. 80 Siehe dazu Hermann-Josef Schreiner, Geschäftsordnungsrechtliche Befugnisse des Abgeordneten, in: Hans-Peter Schneider / Wolfgang Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, Berlin / New York 1989, S. 593 – 606, S. 604 f. Rdnr. 43 – 48. 81 Das Nähere wird in den Richtlinien für die Fragestunde und für die schriftlichen Fragen geregelt (Anlage 4 zur GOBT). 82 Kaak (Anm. 65), S. 237. 83 Dies zeigt folgendes Beispiel aus der Geschichte des „Hohen Hauses“, das für außenpolitische Fragen typisch ist: Der Abgeordnete Dr. Mommer (SPD) fragte am 17. Februar 1965 im Bundestag die Regierung: „Wie lautet die Mitteilung, die die Bundesregierung den Regierungen der arabischen Staaten über die Einstellung von Waffenlieferungen an Israel gemacht hat?“ Der Staatssekretär des Auswärtigen Amts Dr. Carstens antwortete, künftig würden keine Lieferungen in Spannungsgebiete mehr erfolgen und fuhr dann fort: „Im übrigen möchte ich zu Ihrer Frage, Herr Abgeordneter, bemerken, daß es nicht üblich ist und deshalb der Bundesregierung nicht möglich ist, über Mitteilungen, die sie auf diplomatischem Wege an andere Regierungen gegeben hat, öffentlich Auskunft zu geben.“ Daraufhin stellte Mommer die Zusatzfrage, ob ein sofortiger Lieferstopp gegenüber Israel erfolge oder ob die bereits eingeleiteten Geschäfte noch abgewickelt würden. Carstens bat den Abgeordneten, diese Frage in einer vertraulichen Sitzung im Auswärtigen Ausschuss zu stellen (siehe Stenographische Berichte des Deutschen Bundestages, Bd. 59, S. 8077 B – C). In der Sitzung 77 78

III. Der Bundestag im außenpolitischen Entscheidungssystem

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Die Schriftlichen Fragen geben den einzelnen Abgeordneten gleichfalls das Recht, kurze Einzelfragen an die Bundesregierung zu richten. Ihre Publizität ist jedoch noch geringer als die der Mündlichen Fragen. Schriftliche Fragen zu außenpolitischen Themen werden zumeist von Mitgliedern des Auswärtigen Ausschusses oder des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gestellt und beziehen sich häufig auf Sachverhalte, mit denen die Abgeordneten im Rahmen ihrer Ausschusstätigkeit befasst sind. Die Aktuelle Stunde (§ 106 GOBT)84 gibt die Möglichkeit, ein Thema von allgemeinem aktuellen Interesse zeitnah aufzugreifen und darüber in Kurzbeiträgen von fünf Minuten eine Diskussion zu führen. Sie kommt aufgrund interfraktioneller Vereinbarung im Ältestenrat oder auf Verlangen einer Fraktion (oder 5 % der Abgeordneten) zustande (Anlage 5 GOBT). Als spontan einsetzbares, öffentlichkeitswirksames Kontrollinstrument ist sie besonders geeignet, aktuelle Vorgänge im In- und Ausland aufzugreifen und zum Gegenstand der Diskussion zu machen. Während dabei für die Oppositionsfraktionen regelmäßig die Kritik an der Regierung im Vordergrund steht, werden die Aktuellen Stunden von den Regierungsfraktionen meist dazu genutzt, eigene Regierungserfolge ins rechte Licht zu rücken und öffentlichkeitswirksam zu präsentieren.85 Das „schärfste parlamentarische Kontrollinstrument“86, das der Opposition zur Verfügung steht, ist der Untersuchungsausschuss. Nach Art. 44 GG hat der Bundestag das Recht und auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder auch die Pflicht, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, der in öffentlicher Verhandlung die erforderlichen Beweise erhebt. Die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ist somit ein klassisches Minderheitenrecht, von dem in der Regel hauptsächlich die Opposition Gebrauch macht, um Vorgänge aufzuklären, die in die Verantwortung des Auswärtigen Ausschusses am 25. Februar 1965 waren diese Fragen Gegenstand der Beratung und wurden von Bundesaußenminister Schröder dahingehend beantwortet, man habe deutlich gemacht, „daß keine Vereinbarungen über künftige Waffenlieferungen in diesem Raum abgeschlossen würden und daß wir bemüht sind und bemüht bleiben, den noch nicht abgewickelten Rest der Lieferungen gegenüber Israel in irgendeiner Form – nennen Sie es, wie Sie wollen – umzuschulden, abzulösen oder dergleichen.“ (Protokoll der Ausschusssitzung vom 25. Februar 1965, in: Auswärtiger Ausschuss, Sitzungsprotokolle 1961 – 1965, Band 13 / IV, 2. Halbband, Düsseldorf 2004, S. 1239 f.). Auf eine Nachfrage Mommers entgegnete Schröder, dass „was die Restabwicklung der Rüstungshilfe an Israel angehe, [ . . . ] sich darüber heute noch nichts sagen [lasse]“ (Ebenda, S. 1252) und „daß die Federführung für die Ablösung der Waffenhilfe beim Auswärtigen Amt liege. Das Auswärtige Amt habe zwar keine Lust, sich auf dem lästigen Sektor der militärischen Ausrüstungshilfe eine Federführung zuzuziehen. Immerhin sei aber so doch gesichert, daß auf diesem Gebiet nichts geschehe, was das Auswärtige Amt nicht wisse und wozu es nicht wenigstens seine Meinung zur Geltung bringen könne.“ (Ebenda, S. 1253). 84 Siehe dazu Magiera (Anm. 67), S. 1427 Rdnr. 24 – 25. 85 In der 13. Wahlperiode beispielsweise fanden insgesamt 103 Aktuelle Stunden statt, von denen 20 (19,4 %) dem Politikfeld Außenpolitik zuzuordnen waren. Von diesen 20 Sitzungen beantragten die Regierungsfraktionen zwei und die Opposition 17. 86 Witte-Wegmann (Anm. 66), S. 115; vgl. Ismayr (Anm. 68), S. 367. 8*

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C. Rolle und Einfluss des Bundestages in der Außenpolitik

der Bundesregierung sowie des Bundestages selbst fallen. Im Rahmen der Bundeskompetenz können sie aber auch zur Aufklärung von Vorgängen in außerstaatlichen Bereichen eingesetzt werden.87 Die Untersuchung muss sich stets auf bereits abgeschlossene, also in der Vergangenheit liegende Vorgänge beziehen. Die Wirkung von Untersuchungsausschüssen hängt – wie die der anderen Kontrollinstrumente – stark von der Resonanz der Öffentlichkeit ab, die wiederum wesentlich von der Kommentierung in den Massenmedien bestimmt wird. In der 15. Wahlperiode ist es der Öffentlichkeit erstmals möglich gewesen, Zeugenvernehmungen durch einen Untersuchungsausschuss unmittelbar „live“ im Fernsehen mitzuverfolgen und sich so ein durch die Medien ungefiltertes Meinungsbild zu verschaffen.88 Während dem Verteidigungsausschuss anlässlich seiner verfassungsrechtlichen Institutionalisierung im Jahre 1956 als einzigem Bundestagsausschuss das Recht zugestanden wurde, sich jederzeit als Untersuchungsausschuss einsetzen zu können, wurde dem Auswärtigen Ausschuss ein selbständiges Untersuchungsrecht nicht eingeräumt.89 Wenn Untersuchungen auf dem Gebiet der auswärtigen Politik durchgeführt werden sollen, so muss das Parlament den Weg des Art. 44 GG gehen und einen herkömmlichen Untersuchungsausschuss einsetzen. Zuletzt geschah dies in der 15. Wahlperiode, als auf Antrag der CDU / CSU-Fraktion ein Untersuchungsausschuss die Frage zu prüfen hatte, ob und inwieweit ein durch den vormaligen Staatsminister im Auswärtigen Amt Ludger Volmer initiierter Erlass zur Erleichterung der Visaerteilungspraxis deutscher Auslandsvertretungen „zu Rechtsverletzungen oder zur Ermöglichung oder Erleichterung krimineller Tätigkeiten“ geführt hat.90 Über die oben geschilderten einzelnen Interpellations- und Kontrollrechte hinaus, ist die Einbringung von Selbständigen Anträgen und Entschließungsanträgen ein „unverzichtbares Mittel öffentlichkeitswirksamer Kontrolle und Einflussnahme“91 der Opposition auf die Regierungspolitik. Die Anträge sind besonders dazu geeignet, eigene Positionen und zum Teil sehr umfassende Programme darzulegen, mittels Abstimmungen über die Anträge klare Stellungnahmen von der „Gegenseite“ zu fordern sowie Aussprachen zu selbstbestimmten Themen im Plenum wie in den Ausschüssen herbeizuführen.92 87 Wulf Damkowski (Hrsg.), Der parlamentarische Untersuchungsausschuß, Frankfurt am Main / New York 1987, S. 82. 88 Im Rahmen der Ermittlungen des Untersuchungsausschusses zur so genannten „VisaAffäre“ wurden im April 2005 Aussagen und Befragungen des Bundesaußenministers Fischer und des ehemaligen Staatsministers im Auswärtigen Amt Volmer erstmals „live“ im Fernsehen übertragen. 89 Siehe hierzu Abschnitt A. II. Die verfassungsrechtliche Institutionalisierung des Auswärtigen Ausschusses im Grundgesetz, S. 57 ff., S. 61 ff. 90 Siehe dazu den Einsetzungsantrag BT-Drs. 15 / 4552. 91 Wolfgang Ismayr, Selbständige Anträge und Entschließungsanträge: Vielfältig genutzte Mittel öffentlicher Kontrolle und Initiative, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Jg. 22 (1991), Heft 2, S. 197 – 204, S. 200. 92 Vgl. Ismayr (Anm. 91), S. 200 ff.

III. Der Bundestag im außenpolitischen Entscheidungssystem

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Gerade im Bereich der Außenpolitik, in dem das Parlament aufgrund seiner eingeschränkten Gesetzgebungsfunktion einen erheblichen Teil seiner Mitgestaltungsmöglichkeiten einbüßt93, kommt den selbständigen Anträgen und Entschließungsanträgen ein erhebliches Gewicht zu.94 Ihre Aufgabe ist es, einen „schlichten Parlamentsbeschluss“ herbeizuführen, der für die Bundesregierung zwar rechtlich nicht bindend ist, trotzdem aber eine enorme politische Verbindlichkeit erzeugt.95 Die Anträge sind neben der Gesetzgebung das wohl wichtigste Mittel des Parlaments, bei „staatsleitenden“ Entscheidungen mitzuwirken.96 Anträge und Entschließungsanträge müssen von einer Fraktion oder einer entsprechenden Anzahl von Abgeordneten unterzeichnet sein (§§ 75, 76 Abs. 1 GOBT). Sie sind das klassische Mittel der Opposition, um eigene Vorstellungen in die politische Debatte einzubringen. In der Regel legen mehrere Fraktionen zu einem Thema konkurrierende Anträge vor. Sobald ein Abgeordneter von einem Kollegen einer anderen Fraktion erfährt, dass dort ein Antrag zu einem bestimmten Thema vorbereitet wird, wird er oder der zuständige Fraktionskollege – sofern nicht von Beginn an zu erwarten ist, dass man sich auf einen gemeinsamen Antrag einigen kann – einen eigenen Antrag entwerfen und ihn den Fraktionsgremien zur Verabschiedung vorlegen. Damit wird eine Positionsfindung innerhalb der Fraktion erreicht und verhindert, dass die eigene Fraktion bei der Behandlung des Themas im Plenum – und damit in der Öffentlichkeit – ohne eigenen Standpunkt wahrgenommen wird. Selbständige Anträge befassen sich in der Regel mit politischen Fragen und können als Verhandlungsgegenstand auf die Tagesordnung des Bundestages gesetzt werden (§ 75 Abs. 1 Buchstabe d GOBT). Sie haben in der Praxis eine große Bedeutung bei der Deutlichmachung von Positionen einzelner Parlamentsfraktionen, aber auch des Parlaments insgesamt. Unter Umständen können sie auch erhebliche Auswirkungen auf die Beziehungen zu anderen Staaten haben. Ein gutes Beispiel hierfür ist der von der CDU / CSU-Fraktion in der 15. Wahlperiode eingebrachte so genannte Armenierantrag.97 Auf Initiative des CDU-Abgeordneten und stellvertretenden Mitgliedes des Auswärtigen Ausschusses Christoph Bergner war dieser Antrag anlässlich des 90. Jahrestages des Völkermords an den Armeniern mit dem Ziel eingebracht worden, der Ermordung der Armenier im Osmanischen Reich zu gedenken und 93 Vgl. Abschnitt D. Legalitätsprinzip und auswärtige Angelegenheiten – Zu den Möglichkeiten parlamentarischer Mitwirkung an der Außenpolitik durch Gesetze und Parlamentsbeschlüsse, S. 129 ff., S. 130 ff. 94 Vgl. Ismayr, (Anm. 68), S. 406. Siehe dazu Abschnitt D. IV. Parlamentsbeschlüsse als verbindliche Weisungen an die Regierung?, S. 135 ff. 95 Ismayr (Anm. 68), S. 402 f. Siehe dazu Abschnitt D. IV. Parlamentsbeschlüsse als verbindliche Weisungen an die Regierung?, S. 135 ff. 96 Vgl. Ismayr (Anm. 68), S. 402. 97 Der genaue Titel lautet „Gedenken anlässlich des 90. Jahrestages des Auftakts zu Vertreibungen und Massakern an den Armeniern am 24. April 1915 – Deutschland muss zur Versöhnung zwischen Türken und Armeniern beitragen“ (BT-Drs. 15 / 4933).

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C. Rolle und Einfluss des Bundestages in der Außenpolitik

dabei auch die unterlassene Hilfe seitens des Deutschen Reiches in Erinnerung zu rufen, das damals mit der Türkei verbündet war. Vor dem herannahenden EU-Beitritt der Türkei sollte damit zugleich die Einbeziehung der Türkei in jene „europäische Erinnerungskultur“ erreicht werden, die Grundlage der Aussöhnung der europäischen Staaten geworden ist und damit die europäische Integration erst ermöglicht hat. Zudem war es Ziel des Antrages, eine Aussöhnung zwischen der Türkei und der Republik Armenien anzuregen.98 Über den am 22. Februar 2005 in der Sitzung der CDU / CSU-Fraktion beratenen Antrag berichtete die türkische Tageszeitung Hürriyet am 24. Februar 2005. In einer Presseerklärung übte der türkische Botschafter in Berlin Mehmet Ali Irtemçelik an dem Antrag harsche Kritik. Die CDU habe es nicht erreicht, die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen der EU mit der Türkei zu verhindern und versuche nun, die Türkei zu diskreditieren. Der deutsche Botschafter in Ankara wurde umgehend ins türkische Außenministerium zitiert und das Verhalten des deutschen Parlaments gerügt. Zahlreiche türkische Verbände in Deutschland wandten sich an die Abgeordneten des Bundestages und forderten diese dazu auf, gegen den Antrag zu stimmen. Einen Tag vor der Beratung des Antrages im Plenum des Bundestages wiederholte der türkische Botschafter in einem Interview mit der Hürriyet die türkische Position, wonach es nicht zu den Aufgaben von Parlamenten gehöre, ein Urteil über historische Ereignisse zu fällen. Die Annahme dieses oder eines Antrags dieser Art könne zu Auswirkungen führen, die heute nicht absehbar seien. Insbesondere die in Deutschland lebenden knapp drei Millionen Türken müssten sich überlegen, welche Konsequenzen sie daraus ziehen.99 Bei der Beratung im Plenum des Bundestages am 21. April 2005 fand der Antrag allgemein positive Resonanz. Der außenpolitische Sprecher der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen Fritz Kuhn erklärte, die Grünen könnten sich zum größten Teil hinter den Antrag stellen.100 Allein die SPD war wegen einer für Anfang Mai geplanten Türkeireise des Bundeskanzlers verhalten.101 Zwischen den Fraktionen des Bundestages wurde vereinbart, den Antrag dem üblichen Prozedere entsprechend zunächst an die Ausschüsse, federführend dem Auswärtigen Ausschuss, zu überweisen.102 Nach den Beratungen in den Ausschüssen wurde schließlich ein gemeinsamer interfraktioneller Antrag103 vorgelegt, der am 16. Juni 2005 einstimmig angenommen wurde.104

98 Siehe dazu die Ausführungen des Abgeordneten Bergner (CDU), Stenographisches Protokoll des Deutschen Bundestages, 15. Wahlperiode, 172. Sitzung am 21. April 2005, S. 16127 (C) – 16128 (D). 99 Siehe Hürriyet vom 20. April 2005. Vgl. Süddeutsche Zeitung vom 21. April 2005 „Türkeis Botschafter warnt Bundestag“. 100 Siehe Stenographisches Protokoll des Deutschen Bundestages, 15. Wahlperiode, 172. Sitzung am 21. April 2005, S. 16131 (B) – 16132 (C). 101 Vgl. Der Tagesspiegel vom 2. April 2005 „Völkermord an Armeniern Thema im Bundestag: Fraktionen wollen gemeinsamen Antrag, streiten aber um den Wortlaut / Kanzler plant Türkei-Reise“. 102 Siehe Stenographisches Protokoll des Deutschen Bundestages, 15. Wahlperiode, 172. Sitzung am 21. April 2005, S. 16136 (A). 103 Antrag der Fraktionen SPD, CDU / CSU, BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN und FDP „Erinnerung und Gedenken an die Vertreibungen und Massaker an den Armeniern 1915 – Deutschland muss zur Versöhnung zwischen Türken und Armeniern beitragen“, BT-Drs. 15 / 5689.

III. Der Bundestag im außenpolitischen Entscheidungssystem

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Die türkische Reaktion auf die Annahme des Antrages war außergewöhnlich heftig. In einer offiziellen Stellungnahme verurteilte der türkische Außenminister Abdullah Gül den Antrag und nannte ihn „verantwortungslos, bestürzend und verletzend“.105 Der türkische Regierungschef Tayyip Erdogan griff nach einem Bericht der Hürriyet Bundeskanzler Schröder auch persönlich an, weil er den Bundestagsbeschluss nicht verhindert habe. Schröder habe bei seinem jüngsten Besuch im Mai noch anders gesprochen, behauptete Erdogan und warf Schröder vor, kein Rückgrat zu haben.106 Der türkische Parlamentspräsident Bülent Arinc nannte den Beschluss in einem Brief an den Bundestag „nicht vernünftig“. Vor der deutschen Botschaft in Ankara kam es zu Demonstrationen und Handgreiflichkeiten mit der Polizei, bei denen skandiert wurde: „Deutschland Faschist, Deutschland Rassist“.107

Außenpolitische Entschließungsanträge (§ 75 Abs. 2 Buchstabe c GOBT) verfolgen meist das Ziel, die Bundesregierung in ihrem außen- und sicherheitspolitischen Kurs gegenüber anderen Staaten oder internationalen Organisationen sowie bei internationalen Verhandlungen festzulegen. Oft geht es auch darum, Defizite bei der Problembewältigung seitens der Regierung aufzuzeigen oder mit eigenen alternativen Konzepten an die Öffentlichkeit zu treten und die Bundesregierung so zum Handeln aufzufordern. Auch wenn die Entschließungsanträge rechtlich nicht bindend sind, wird die Regierung sie in aller Regel aus politischen Gründen berücksichtigen müssen. Ein Beispiel hierfür sind die Vorgänge anlässlich einer im Jahre 1995 vom damaligen Außenminister Klaus Kinkel im Bonn geplanten Islam-Konferenz. Der sogenannte kritische Dialog mit dem Iran hatte im November 1995 einen neuen Höhepunkt erreicht, nachdem der iranische Präsident die Ermordung des israelischen Ministerpräsidenten Izchak Rabin als gerechte Strafe Gottes bezeichnet hatte. Der deutsche Außenminister Klaus Kinkel wurde von vielen Seiten aufgefordert, seinen iranischen Kollegen Ali Akbar Welajati von der von ihm initiierten und kurz bevorstehenden Islam-Konferenz mit den Außenministern arabischer Länder auszuladen. Da Kinkel dies ablehnte, wurde von der Fraktion Bündnis90 / Die Grünen während der Haushaltsberatungen kurzfristig ein diesbezüglicher Entschließungsantrag108 eingebracht, dem sich die SPD anschloss. In Abweichung vom üblichen Prozedere wurde der Entschließungsantrag sofort nach der Debatte zur Abstimmung gestellt und nicht dem Auswärtigen Ausschuss überwiesen.109 Zahlreiche Koalitionsabgeordnete, darunter auch viele Außenpolitiker und prominente Abgeordnete stimmten mit der Opposition für den Entschließungsantrag, der so eine Mehrheit erhielt.110 104 Stenographisches Protokoll des Deutschen Bundestages, 15. Wahlperiode, 181. Sitzung am 16. Juni 2005, S. 17117 (D). 105 Vgl. Frankfurter Allgemeine vom 17. Juni 2005 „Armenier-Reflex“. 106 Siehe Süddeutsche Zeitung vom 18. Juni 2005 „Türkei: Armenier-Resolution falsch und hässlich. Erdogan wirft Kanzler Schröder vor, kein Rückgrat zu haben / Bundesregierung: Reaktion ist unverständlich“. 107 Ebenda. 108 BT-Drs. 13 / 2983. 109 Siehe zur Debatte und Abstimmung durch Hammelsprung das Stenographische Protokoll der 69. Sitzung des Bundestages vom 10. November 1995, 13. Wahlperiode, Bd. 181, S. 6094 (C) – 6099 (A).

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C. Rolle und Einfluss des Bundestages in der Außenpolitik

Der Außenminister hatte damit die Quittung dafür bekommen, dass er die Kritik an seiner Iran-Politik insgesamt, die auch von Außenpolitikern aus den Regierungsfraktionen vorgebracht worden war, stets pauschal zurückgewiesen hatte. Der Bundesregierung wurde so die erste Abstimmungsniederlage der 13. Wahlperiode zugefügt; sie stürzte in eine Krise. Auch innerhalb der Regierungskoalition wurde ein Rücktritt des Außenministers zeitweise für möglich gehalten. Der Außenminister reagierte auf die rechtlich nicht verbindliche Aufforderung des Bundestages in der Weise, dass er die Verschiebung der gesamten Konferenz zunächst auf ein unbestimmtes Datum verkündete, um sie schließlich ganz abzusagen. Durch seine im Parlament erlittene Niederlage war der Außenminister sehr eindrucksvoll an die Notwendigkeit der Berücksichtigung der Meinungen der Abgeordneten erinnert worden.

Außenpolitische Anträge haben allerdings mitunter weniger den Zweck, deutsches Regierungshandeln zu beeinflussen oder der deutschen Öffentlichkeit bestimmte Auffassungen zu vermitteln, als vielmehr in eine bestimmte Region hineinzuwirken und dort einzelne Politiker, Parteien, Menschenrechtsgruppen etc. zu unterstützen. Hierzu eignen sich insbesondere die von einer breiten Parlamentsmehrheit getragenen interfraktionellen Anträge.111 Ein gutes Beispiel hierfür ist der interfraktionelle Antrag „Zur Lage in Kambodscha“112, der den Staatsstreich von Anfang Juli 1997 und die in dessen Folge begangenen schweren Menschenrechtsverletzungen verurteilte. Er forderte zu freien und fairen Parlamentswahlen unter Teilnahme aller kambodschanischen Parteien sowie der ins Ausland geflohenen Politiker auf. Der Antrag entstand im Zusammenhang mit dem damaligen Deutschlandbesuch des gestürzten Ministerpräsidenten Prinz Norodom Ranariddh.

An der Gesamtzahl der interfraktionellen Initiativen machen Anträge zu außenpolitischen Fragen einen großen Anteil (etwa 1 / 5) aus.113 Interfraktionelle Anträge, die sich auf internationale Verhandlungen beziehen, sollen der Bundesregierung in der Regel den Rücken stärken und durch die parteiübergreifende Zustimmung den Verhandlungspartnern signalisieren, dass die Bundesregierung im Parlament eine breite Zustimmung genießt und von ihren Forderungen nicht übermäßig abweichen kann. Eine enge Abstimmung zwischen den Koalitionsfraktionen und dem Auswärtigen Amt sorgt dafür, dass diese Anträge in der Regel keine Forderungen enthalten, die den Zielen der Bundesregierung zuwiderlaufen.

110 Zum Ergebnis der Abstimmung siehe Stenographische Protokoll des Bundestages, 13. Wahlperiode, Bd. 181, S. 6099 (A). 111 Siehe dazu auch Uwe Kranenpohl, Konsens im Konflikt? Inter- und überfraktionelle Initiativen im Deutschen Bundestag, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Jg. 32 (2001), Heft 4, S. 733 – 758. 112 Antrag der Fraktionen CDU / CSU, SPD, BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN und FDP „Zur Lage in Kambodscha“, BT-Drs. 13 / 10185. 113 Vgl. Oliver Homann, Die Zusammenarbeit der Fraktionen in Deutschen Bundestag: Geschichte und Gegenwart, Berlin 2005, S. 242.

III. Der Bundestag im außenpolitischen Entscheidungssystem

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3. Informelle Einflussmöglichkeiten Wie bereits dargelegt wurde, liegt es in der Natur des vom Dualismus der Regierungs- und Oppositionsfraktionen geprägten parlamentarischen Regierungssystems, dass die parlamentarische Kontrolle mittels formeller Kontrollinstrumente im Wesentlichen von den Oppositionsfraktionen ausgeübt wird, während die Regierungsfraktionen auf eher informellen Wegen die Regierungspolitik zu beeinflussen suchen. Die informellen Einflussmöglichkeiten der Regierungsfraktionen sind dabei ungleich wirkungsvoller, denn die Regierung wird sich in aller Regel kaum entgegen dem Willen der sie tragenden Mehrheiten verhalten.114 Während die formellen außenpolitischen Kontrollinstrumente also hauptsächlich von den Oppositionsfraktionen mit üblicherweise nur mäßigem Erfolg genutzt werden, gelingt es den Regierungsfraktionen auf informellem Wege meist sehr wirkungsvoll, einzelne Regierungspositionen gezielt zu beeinflussen.115 Regierung und Regierungsfraktionen stehen in ständigem Kontakt und bilden ein Interaktions- und Einflusssystem, dem die Oppositionsfraktionen nichts annähernd Gleichwertiges entgegenzusetzen haben. Die Schlüsselakteure der Regierungsfraktionen haben zudem einen privilegierten Zugang zu ihren Ministern, zum Bundeskanzler sowie zum Regierungsapparat, während Kontakte zwischen der Regierung und Oppositionspolitikern sehr viel selektiver stattfinden.116 Manfred Schwarzmeier hat es unternommen, die Struktur des informellen Einflusses der Regierungsfraktionen auf die Regierung näher zu untersuchen.117 Das Ergebnis seiner Studie zeigt, dass eine Einordnung und Kategorisierung informeller Einflussnahmen sehr schwierig ist. Es liegt ja gerade auch im Wesen des Informellen, dass Strukturen kaum sichtbar und nachvollziehbar sind. Das wichtigste Geheimnis erfolgreichen informellen Interagierens liegt wohl darin, die informalen Strukturen, Hierarchien und Prozessabläufe des parlamentarischen und fraktionsinternen Entscheidungsprozesses zu kennen und die richtigen Ansprechpartner mit einzubeziehen. Dabei spielt der persönliche Umgang eine wichtige Rolle, d. h. beispielsweise „abends ein bisschen zusammensitzen, ein bisschen trinken“, mit anderen Worten Kontaktpflege zu betreiben.118 114 Ein Beispiel dafür, dass es von Fall zu Fall dennoch zu erheblichen auch öffentlich ausgetragenen Meinungsverschiedenheiten zwischen Regierung und Regierungsfraktionen kommen kann, ist das China-Waffenembargo, von dem sich die Bundesregierung im Frühjahr 2005 entgegen dem erklärten Willen der Regierungsfraktionen lösen wollte. Vgl. „Streit über Aufhebung des Waffenembargos gegen China eskaliert: Kanzler will sich über Bundestag hinwegsetzen“ in: Süddeutsche Zeitung vom 31. 03. 2005. 115 Vgl. Sebastian Bartsch, Aussenpolitischer Einfluss und Aussenbeziehungen der Parteien, in: Wolf-Dieter Eberwein / Karl Kaiser (Hrsg.), Deutschlands neue Außenpolitik, Band 4: Institutionen und Ressourcen, München 1998, S. 167 – 184, S. 175. 116 Bartsch (Anm. 115), S. 175. 117 Manfred Schwarzmeier, Parlamentarische Mitsteuerung: Strukturen und Prozesse informalen Einflusses im Deutschen Bundestag, Wiesbaden 2001, zugl. Diss. Univ. Passau 2000. 118 Schwarzmeier (Anm. 117), S. 166.

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C. Rolle und Einfluss des Bundestages in der Außenpolitik

Der informelle Einfluss, den ein Abgeordneter erwerben kann, hängt nicht zuletzt auch wesentlich von seinen persönlichen Charaktereigenschaften, seiner Fachkompetenz und seiner personalen Autorität ab. In jeder Fraktion gibt es Abgeordnete, deren Ansehen und Wählerwirksamkeit so groß ist, dass sie von der Regierung oder Fraktionsmehrheit nicht einfach übergangen werden können.119 Hierzu gehören insbesondere ehemalige Minister oder Ministerpräsidenten sowie Parteivorsitzende, deren Stellvertreter und die Generalsekretäre der Parteien. Daneben sind es aber auch diejenigen Abgeordneten, die aufgrund ihrer formalen Position in der Fraktionshierarchie besondere Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Regierung haben. Je höher die formale Position, desto umfangreicher sind in der Regel auch die Zugangs- und Beteiligungschancen an informellen Vorklärungs- und Entscheidungsstrukturen.120 Im Hinblick auf die außenpolitische Einflussnahme sind es vornehmlich die Vorsitzenden der außenpolitischen Arbeitsgruppen der Fraktionen sowie die für den Bereich Außenpolitik zuständigen stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden, denen sich durch den direkten Zugang zum Minister und zur Exekutive naturgemäß bessere Einflussmöglichkeiten bieten.121 Auch Oppositionspolitikern ist es auf diese Weise möglich, ihre Vorstellungen gezielt an die Regierung heranzutragen. Die Regierung wird die auf informellem Wege vorgetragenen Wünsche der Opposition in aller Regel berücksichtigen, denn gerade in außenpolitischen Fragen ist der Wille groß, Entscheidungen im gegenseitigen Konsens zu treffen.122 Das System der informellen Beziehungen zwischen den Fraktionsexperten wird in wichtigen außenpolitischen Fragen allerdings häufig durch die direkte persönliche Kontaktaufnahme des Bundeskanzlers und des Außenministers mit den führenden Repräsentanten der Parteien und Fraktionen überlagert.123 Für die parlamentarische Opposition sind die vertraulichen und informellen Gespräche mit der Regierung der erfolgversprechendste und oft auch der einzige Weg, außenpolitische Entscheidungen konkret zu beeinflussen oder mitzugestalten. 124

119 Robert Leicht, Grundgesetz und politische Praxis: Parlamentarismus in der Bundesrepublik, München 1974, S. 74. 120 Schwarzmeier (Anm. 117), S. 160. 121 Vgl. dazu die Studie von Jürgen von Oertzen, Das Expertenparlament: Abgeordnetenrollen in den Fachstrukturen bundesdeutscher Parlamente, Baden-Baden 2006, S. 109 ff. (137 ff.), 145 ff., zugl. Diss. Univ. Halle-Wittenberg 2005. 122 Vgl. Helmuth Schulze-Fielitz, Der informale Verfassungsstaat, Berlin 1984, S. 64 ff. 123 Vgl. Reinhold Roth, Parteiensystem und Außenpolitik: Zur Bedeutung des Parteiensystems für den außenpolitischen Entscheidungsprozeß in der BRD, Meisenheim am Glan 1973, S. 69. Roth gibt einen guten Überblick über die informellen außenpolitischen Beziehungen zwischen Regierung und Opposition in den 1960er- und 70er-Jahren, S. 68 – 77. 124 Vgl. Roth (Anm. 123), S. 77.

IV. Rolle und Bedeutung des Auswärtigen Ausschusses

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IV. Rolle und Bedeutung des Auswärtigen Ausschusses Die besten Möglichkeiten einer kontinuierlichen Einflussnahme des Parlaments auf die Außenpolitik der Regierung bieten sich im Rahmen der vertraulichen Beratungen des Auswärtigen Ausschusses. Insbesondere die Opposition kann durch den kontinuierlichen Dialog und Diskurs mit der Regierung im Ausschuss am erfolgversprechendsten versuchen, ihren latenten Einflussmangel im Bereich der Außenpolitik auszugleichen.125

1. Zentrales Organ zur außenpolitischen Willensbildung des Parlaments Der Auswärtige Ausschuss ist das wichtigste Forum für einen offenen Gedankenaustausch von Koalition und Opposition einerseits, zwischen Parlamentariern und Regierungsvertretern andererseits. Er ist das zentrale Organ zur außenpolitischen Willensbildung des Parlaments, in dem die Außenpolitik der Bundesregierung einer steten fraktionsübergreifenden Kontrolle und Begleitung unterzogen wird. „Realiter ist es so,“ – so ein Obmann – „dass die Mitglieder des Ausschusses, zusammen mit Leuten aus der Exekutive, Wissenschaftlern und Journalisten den wichtigsten Teil der Community bilden, die in Deutschland so etwas wie eine außen- und sicherheitspolitische Zielsetzung formuliert.“

2. Inhalte und Schwerpunkte der Ausschussberatungen Die Beratungen des Auswärtigen Ausschusses waren stets ein Spiegel der Ereignisse deutscher Außen- und internationaler Politik. Als er im Jahre 1949 seine Tätigkeit als „Ausschuß für das Besatzungsstatut und für auswärtige Angelegenheiten“ aufnahm, ging es zunächst um die Einbettung der jungen Bundesrepublik Deutschland in das sie umgebende internationale staatliche Umfeld. Durch zahlreiche Verträge wurde die Westbindung Deutschlands vorangetrieben und zementiert. Deutschland wurde Mitglied des Europarates, trat der Gemeinschaft für Kohle und Stahl bei, der Deutschlandvertrag wurde abgeschlossen und die Europäische Verteidigungsgemeinschaft gegründet. Weitere Meilensteine deutscher Außenpolitik, mit denen der Ausschuss intensiv befasst war, waren die Aussöhnung mit Israel, der deutsch-französische Vertrag, die neue deutsche Ostpolitik und der Abschluss der Ostverträge sowie schließlich der Einigungsvertrag und der Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland. Mit allen diesen Fragen war der Auswärtige Ausschuss im Rahmen der Beratung der dazugehörigen Vertragsgesetze befasst und in entscheidender Weise beteiligt. 125

Vgl. Roth (Anm. 123), S. 69.

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C. Rolle und Einfluss des Bundestages in der Außenpolitik

Eine gute überblicksartige Darstellung der Inhalte der Ausschussberatungen der 1. bis 12. Legislaturperiode findet sich bei Wolfram-Georg Riggert, der es im Jahre 1996 auf Anregung des damaligen Direktors beim Deutschen Bundestag Rudolf Kabel unternommen hat, die Protokolle des Ausschusses im Hinblick auf die Beratungsinhalte auszuwerten. Hierauf sei an dieser Stelle verwiesen.126 Die Beratungsinhalte der 50er- und 60er-Jahre sind anhand der von der Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien herausgegebenen umfänglichen Edition der Ausschussprotokolle inzwischen en detail ersichtlich.127 Wie die Ausschussprotokolle zeigen, kam den Sitzungen des Auswärtigen Ausschusses bei Erörterungen der außenpolitischen Verhältnisse, bei den Planungen, Überlegungen, Beobachtungen, Analysen und Beurteilungen stets eine zentrale Bedeutung zu. Die Mitwirkung des Auswärtigen Ausschusses an der Gestaltung der auswärtigen Beziehungen ist einerseits legislative Mitarbeit beim Abschluss völkerrechtlicher Verträge und Konventionen, andererseits ist sie in hohem Maße aber auch mitberatende und mitgestaltende Tätigkeit. Gerade letzteres ist der weitaus schwierigere Teil der Ausschussarbeit. 3. Außenpolitische Einflussnahmen durch den Auswärtigen Ausschuss Den Einfluss des Ausschusses auf die Bundesregierung und die deutsche Außenpolitik zu qualifizieren fällt schwer. Einerseits aufgrund der oben beschriebenen informellen Diskussions- und Entscheidungswege zwischen den Abgeordneten und der Bundesregierung. Andererseits unterliegt eine Entscheidung in politischen Prozessen allgemein und in der Außenpolitik insbesondere vielen Einflüssen. Es ist deshalb kaum möglich, den Einfluss des Ausschusses auf die Außenpolitik grundsätzlich zu quantifizieren; sein Einfluss ist allenfalls anhand einer umfangreichen Kasuistik nachvollziehbar. Eine hervorragende Quelle zur Untersuchung des tatsächlichen Einflusses des Ausschusses auf außenpolitische Entscheidungen der Bundesregierung sind die von der Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen 126 Wolfram-Georg Riggert, Der Auswärtige Ausschuß – 1. bis 12. Legislaturperiode, Bonn, November 1996. 127 Der Auswärtige Ausschuss des Deutschen Bundestages: Sitzungsprotokolle 1949 – 1953, hrsg. von der Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, bearbeitet von Wolfgang Hölscher, Düsseldorf 1998 (Quellen zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, Vierte Reihe: Deutschland seit 1945), Band 13 / I, 2 Halbbände; Der Auswärtige Ausschuss des Deutschen Bundestages: Sitzungsprotokolle 1953 – 1957, bearbeitet von Wolfgang Hölscher, Band 13 / II, 2 Halbbände, Düsseldorf 2002; Der Auswärtige Ausschuss des Deutschen Bundestages: Sitzungsprotokolle 1957 – 1961, bearbeitet von Joachim Wintzer und Josef Boyer in Verbindung mit Wolfgang Dierker, Band 13 / III, 2 Halbbände, Düsseldorf 2003 sowie Der Auswärtige Ausschuss des Deutschen Bundestages: Sitzungsprotokolle 1961 – 1965, bearbeitet von Wolfgang Hölscher, Band 13 / IV, 2 Halbbände, Düsseldorf 2004.

IV. Rolle und Bedeutung des Auswärtigen Ausschusses

125

Parteien edierten Sitzungsprotokolle. Sie belegen, dass der Auswärtige Ausschuss insbesondere in den Gründerjahren der Bundesrepublik Deutschland über ein erhebliches Gewicht und entsprechende außenpolitische Einfluss- und Gestaltungsmöglichkeiten verfügte. Die in der wissenschaftlichen Literatur bislang untersuchten Fallbeispiele zeigen, dass der Auswärtige Ausschuss in einigen Fällen durchaus in der Lage war, außenpolitisches Regierungshandeln erfolgreich zu beeinflussen. Günther Patz hat Mitte der 70er-Jahre anhand von fünf Fallstudien die politische Bedeutung des Auswärtigen Ausschusses zu analysieren versucht.128 Seine Beispielsfälle zu den Westverträgen129, zu den Ursprüngen der Ost-Politik (Jaksch-Bericht)130, zum deutsch-französischen Freundschaftsvertrag von 1963131, zum MundatwaldAbkommen132 sowie zur Ostpolitik der Regierung Brandt / Scheel133 zeigen, dass die Opposition im Ausschuss, bestimmte Gruppen oder aber einzelne Akteure von Fall zu Fall Entscheidungen in ihrem Sinne mitprägen konnten.134 Angesichts dieser Beispielsfälle gelangte Patz zu der These: „je deutlicher und exklusiver ein Ausschuß seine Politik an die offiziellen und ,verantwortlichen‘ Entscheidungsträger richtet, desto ausgeprägter kann sich die Rolle eines parlamentarischen Ausschusses als ,mit-entscheidende‘ Institution entwickeln“.135 In dieser Intensität vermag die These von Patz allerdings keine allgemeine Gültigkeit zu beanspruchen. Seine Untersuchung zeigt zwar, dass Einflussnahmen des Ausschusses in einigen Fällen erfolgreich waren. Neuere Untersuchungen belegen demgegenüber jedoch, dass er in anderen Fällen trotz intensiven Drängens erfolglos blieb.136 Die Schwierigkeit bei der außenpolitischen Fallanalyse liegt regelmäßig darin, dass der Auslöser einer Entscheidung oder Kursänderung normalerweise nur schwer auszumachen ist. 128 Günther Patz, Parlamentarische Kontrolle der Außenpolitik: Fallstudien zur politischen Bedeutung des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages, Meisenheim am Glan 1976. 129 Patz (Anm. 128), S. 22 ff. 130 Patz (Anm. 128), S. 36 ff. 131 Patz (Anm. 128), S. 69 ff. 132 Patz (Anm. 128), S. 97 ff. 133 Patz (Anm. 128), S. 105 ff. 134 Zur Ostpolitik der Regierung Brandt / Scheel siehe auch die jüngst erschienene und auf der Grundlage einer umfangreichen Quellenbasis durchgeführte Untersuchung von Andreas Grau, Gegen den Strom: Die Reaktion der CDU / CSU-Opposition auf die Ost- und Deutschlandpolitik der sozialliberalen Koalition 1969 – 1973, Düsseldorf 2005, zugl. Diss. Univ. Bonn 2004. 135 Patz (Anm. 128), S. 161. 136 Siehe Ekkehard Münzing / Volker Pilz, Der Auswärtige Ausschuss des Deutschen Bundestages: Aufgaben, Organisation und Arbeitsweise, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Jg. 29 (1998), Heft 4, S. 575 – 604, S. 603.

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C. Rolle und Einfluss des Bundestages in der Außenpolitik

Zwei Fälle, in denen dies gleichwohl möglich ist und in denen der Ausschuss zugleich der Urheber war, waren die rasche Anerkennung Kroatiens und Sloweniens im Jahre 1991 sowie das veränderte Abstimmungsverhalten Deutschlands im UN-Sicherheitsrat hinsichtlich Israels im Herbst 1997. Erst das beharrliche Drängen des Auswärtigen Ausschusses – so mehrere Abgeordnete – habe den damaligen Außenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) dazu veranlasst, seine ursprüngliche Zurückhaltung aufzugeben und sich stattdessen im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft im Dezember 1991 für die zügige Anerkennung der beiden früheren jugoslawischen Teilrepubliken einzusetzen. Sein Entschluss, die Anerkennung kurzfristig noch vor den europäischen Partnern vorzunehmen, geschah allerdings nicht auf Drängen des Ausschusses. Im Herbst 1997 habe der damalige Außenminister Klaus Kinkel (FDP) nur aufgrund der wiederholt einmütig geäußerten Kritik des Ausschusses das deutsche Abstimmungsverhalten im UN-Sicherheitsrat in der Weise geändert, dass „berechtigten“ israelkritischen Resolutionen nach Abstimmung mit den europäischen Partnern nun wieder zugestimmt werde.

Umgekehrt gibt es auch Fälle, in denen trotz eines kontinuierlichen Drängens des Ausschusses seine Wirkung nur schwach war. Dies gilt insbesondere für Themen, die das Kanzleramt an sich gezogen hat. Ein Beispiel hierfür ist das Ringen um die deutsch-tschechische Erklärung bzw. die Vereinbarung um den deutsch-tschechischen Zukunftsfonds, die Ende 1996 bzw. 1997 nach langwierigen mühsamen Verhandlungen unterzeichnet wurden. Trotz vielfältigem und regelmäßigem Engagement des Auswärtigen Ausschusses war die ablehnende Haltung von Seiten der bayerischen Landesregierung und Teilen der Bundesregierung so stark, dass sich der Abschluss lange verzögerte.

Generalisierende Thesen über den Einfluss des Ausschusses lassen sich anhand der angeführten Beispielsfälle nur schwer formulieren, ja es ist in der Regel nicht einmal möglich, im Einzelfall einen Entscheidungsfaktor als den entscheidenden zu isolieren.137 Eine auf der Grundlage von Fallstudien vorgenommene systematische Untersuchung des außenpolitischen Einflusses des Ausschusses erscheint daher kaum möglich, denn ein solches Unterfangen hätte – wie auch die Studie von Patz zeigt138 – stets einen ausgesprochen kasuistischen Charakter. Was die angeführten Beispielsfälle lediglich zeigen, ist, dass der Ausschuss in einigen Fällen viel bewegen konnte, während er in anderen Fällen trotz intensiven Bemühens um Einflussnahme nur wenig erfolgreich war. Festzuhalten bleibt allerdings die Tatsache, dass in vielen zentralen und richtungsweisenden außenpolitischen Entscheidungen der Ausschuss bzw. seine Mitglieder häufig in der Lage waren, auf den Gang der Dinge einen nicht unerheblichen Einfluss zu nehmen. Der langjährige Staatssekretär im Auswärtigen Amt Hans Werner Lautenschlager konstatiert: „Maßgeblichen Einfluss bekommt er dann, wenn die Regierungsparteien „ihrem“ Außenminister die Unterstützung ver137 138

Vgl. Patz (Anm. 128), S. 160. Vgl. Patz (Anm. 128).

IV. Rolle und Bedeutung des Auswärtigen Ausschusses

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sagen und es zu einem parteiübergreifenden Votum des Ausschusses kommt. Dem kann sich der Außenminister nicht verschließen; er wird also in aller Regel dann seine Politik im Sinne des Ausschusses verändern. Solange aber die Regierungsfraktionen ihn – jedenfalls in ihrer Mehrheit – stützen, wird er keine Veranlassung sehen, seine Politik zu verändern.“139 – Der ehemalige Vorsitzende des Arbeitskreises Außenpolitik der CDU / CSU-Bundestagsfraktion Ernst Majonica formulierte es so: „Der Ausschuß als Institution war nie erfolgreich; allerdings waren manchmal Mitglieder des Ausschusses, politische Persönlichkeiten, sehr wirkungsvoll in der Durchsetzung ihrer Vorstellungen.“140 Neben seinem innerstaatlichen Einfluss ist schließlich und endlich auch die Außenwirkung des Auswärtigen Ausschusses von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Hier ist es allerdings noch schwieriger als im innerstaatlichen Bereich, den Einfluss der Abgeordneten zu messen. Ihr Vorteil bei Gesprächen mit ausländischen Kollegen, Regierungen und Diplomaten liegt unter anderem darin, dass sie Probleme und vor allem Kritik wesentlich deutlicher ansprechen können, als dies der Bundesregierung unter Einhaltung der diplomatischen Spielregeln möglich ist. Gerade bei Menschenrechtsfragen lässt sich so einiges erreichen. Insbesondere kleinere bilaterale Probleme und Missverständnisse lassen sich auf der Ebene der Parlamentarier oft sehr viel leichter ausräumen. Die Bedeutung, die Kontakte zu ausländischen Politikern haben können, illustrierte ein Abgeordneter der damaligen Regierungsfraktionen mit seinen Erfahrungen während des deutschen Einigungsprozesses: 1990 sei er bei all seinen Auslandsreisen und internationalen Parlamentariertreffen mit der Frage konfrontiert worden, welche Rolle die Deutschen nach der Vereinigung außenpolitisch spielen werden. Werde Deutschland aus dem Bündnis austreten? Werde es sich zur arroganten europäischen Großmacht aufschwingen? Hat Deutschland aus seiner Vergangenheit gelernt? Die Bundesregierung beschwichtigte zwar, ihre Aussagen waren für seine Gesprächspartner aber nur von beschränkter Glaubwürdigkeit. Viel glaubwürdiger seien für sie seine Aussagen und Einschätzungen gewesen, denn – so die Gesprächspartner – „Dich kennen wir, Dir vertrauen wir!“. Welche Auswirkungen das persönliche Verhalten und die Äußerungen von Parlamentariern auf die zwischenstaatlichen Beziehungen haben können, zeigen schließlich auch die folgenden beiden Beispiele eher anekdotischen Charakters: Anlässlich der Moskau-Reise von Bundeskanzler Adenauer (CDU) im Jahre 1957, bei der unter anderem die Freilassung der deutschen Kriegsgefangenen erreicht werden konnte, hatte die deutsche Delegation verschiedenen Gastlichkeiten beizuwohnen, bei denen die körperliche Aufnahmenfähigkeit der Delegationsmitglieder erheblich auf die Probe gestellt wurde. Bei einer dieser Gelegenheiten stellte der stellvertretende Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses Carlo Schmid (SPD) seine Trinkfestigkeit dadurch unter Beweis, dass er ein Wasserglas voller Wodka in einem Zug leerte, sodass Adenauer, wie er 139 140

So in einem Schreiben an den Verfasser vom 18. März 1999. Zitat bei Patz (Anm. 128), S. 20.

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C. Rolle und Einfluss des Bundestages in der Außenpolitik

selbst berichtete, „bange war, er kriegt irgend etwas ans Herz.“141 Bei den russischen Gastgebern machte dies indes tiefen Eindruck, und Schmid wurde daraufhin von allen Russen mit größtem Beifall begrüßt. Ob und inwiefern dieser Vorfall Auswirkungen auf die Verhandlungen mit den Sowjets zeitigte, lässt sich wohl nur spekulativ beantworten. Bundeskanzler Adenauer sah sich aber immerhin veranlasst, den außerordentlichen Einsatz Schmids in einer Sitzung des Auswärtigen Ausschuss besonders zu würdigen.142 Im Jahre 1989 unternahm der durch einen Putsch neu ins Amt gelangte sudanesische Militärmachthaber Umar Hassan Ahmad al-Baschir erhebliche Anstrengungen, führende europäische Politiker und Minister in sein Land einzuladen. Als erster europäischer Gast reiste der damalige Ausschussvorsitzende Hans Stercken (CDU) in den Sudan. Da man auf sudanesischer Seite dachte, man habe es mit einem Minister zu tun, wurde Stercken mit großem Pomp und militärischem Zeremoniell empfangen. Nachdem er das Land bereist und die Amtsführung der neuen Militärregierung kennen gelernt hatte, wollte Präsident Al-Bashir die Situation nutzen und lies die Verabschiedung seines Gastes vom sudanesischen Fernsehen live an sein Volk übertragen. Vor laufenden Kameras schüttelte Stercken dem Präsidenten zum Abschied die Hand und sagte: „Mr. President,“ – Pause – „God bless your country,“ – Pause – „don’t kill your people!“. Alle Anwesenden erstarrten in diesem Moment angesichts der schweren Majestätsbeleidigung.143 Stercken hatte zwar die Menschenrechtslage im Sudan unmissverständlich angesprochen, die deutsch-sudanesischen Beziehungen jedoch gleichzeitig in nicht unerheblicher Weise belastet.

Insgesamt erweist sich der Auswärtige Ausschuss als ein durchaus geeignetes Instrument, mit dessen Hilfe der Bundestag vermehrten Einfluss auf die Außenpolitik gewinnen kann.144 Seinen Beschlüssen kommt zwar keine Bindungswirkung gegenüber der Exekutive zu, wohl aber zuweilen entscheidender politischer Einfluss.145 Die Exekutive ist gut beraten, Kritik des Ausschusses, sofern sie auf breiter Ebene vorgetragen wird, ernst zu nehmen. „Man trägt“, so ein Abgeordneter aus den Reihen der Regierungsfraktionen, „ein- oder zweimal Entscheidungen des Außenministers mit, wenn er sich entgegen der Position des Ausschusses verhält. Aber spätestens beim dritten Male lässt man ihn an den Baum fahren“, das heißt: man bereitet ihm eine Abstimmungsniederlage im Parlament. Kaum etwas schwächt einen Außenminister international aber mehr, als das Wissen, dass er nicht uneingeschränkt das Vertrauen und die Unterstützung des Parlaments genießt.

141 Siehe das Protokoll der Ausschusssitzung vom 21. September 1955, Der Auswärtige Ausschuss des Deutschen Bundestages: Sitzungsprotokolle 1953 – 1957, Band 13 / II, 2. Halbband, Düsseldorf 2002, S. 1021. 142 Ebenda. 143 Von dieser Begebenheit berichtete Rupert Neudeck, Gründer des Komitees Cap Anamur, in einer öffentlichen Anhörung des Unterausschusses Menschenrechte des Auswärtigen Ausschusses des Europäischen Parlaments zum Thema „Free Media: Rights under Threat?“ am 25. April 1996 in Brüssel. Neudeck wörtlich: „At that moment, everyone behind the cameras froze, unable to say anything or to move, because it was such an act of lèse-majesté.“ 144 Vgl. Weiß (Anm. 55), S. 112. 145 Weiß (Anm. 55), S. 112.

D. Legalitätsprinzip und auswärtige Angelegenheiten – Zu den Möglichkeiten parlamentarischer Mitwirkung an der Außenpolitik durch Gesetze und Parlamentsbeschlüsse Im Rechtsstaat vollzieht sich das gesamte staatliche Handeln auf der Grundlage des Legalitätsprinzips. Dies bedeutet, dass es sich im Rahmen der vom Gesetzgeber geschaffenen Rechtsordnung halten muss und grundsätzlich dem Vorbehalt des Gesetzes unterliegt. Nur zur Regelung administrativer Verfahren ist es der Exekutive gestattet, selbständig Verordnungen zu erlassen, die zwar keiner Zustimmung durch das Parlament bedürfen, wohl aber seiner Ermächtigung im Rahmen von Art. 80 Abs. 1 GG. Trotz des umfassenden Geltungsgebots von Legalitätsprinzip und Gesetzesvorbehalt scheinen dem Zugriff des Gesetzgebers und damit der Rechtsetzung indes natürliche Grenzen gesetzt zu sein. So ist nach tradierter Vorstellung die Wirksamkeit des parlamentarischen Gesetzesvorbehalts insbesondere auf dem Gebiet der auswärtigen Angelegenheiten eingeschränkt, denn generell-abstrakte Rechtssätze könnten nur dort erlassen werden, wo die in Frage kommenden Situationen und die zu ihrer Bewältigung geeigneten Maßnahmen voraussehbar seien.1 Wo eine künftige Entwicklung aber nicht hinreichend prognostizierbar ist und von sich stetig ändernden Lagen abhänge, wie dies gerade im Bereich der auswärtigen Angelegenheiten im besonderen Maße der Fall sei, werde jede normative Festlegung zwangsläufig versagen müssen.2 Angesichts des uneingeschränkten Geltungsanspruchs von Legalitätsprinzip und Gesetzesvorbehalt stellt sich die Frage, wie diesem Dilemma zu begegnen ist. Muss der auswärtige Bereich der alleinigen und vollständigen Eigenverantwortlichkeit der Exekutive überantwortet, jede Einflussnahme der gewählten Volksvertretung mithin schlechterdings verneint werden? In der staatsrechtlichen Diskussion um die parlamentarische Legitimation im Bereich der auswärtigen Gewalt ist wiederholt auf die eingeschränkte Geltung von Legalitätsprinzip und Gesetzesvorbehalt im Bereich der auswärtigen Angelegen1 Vgl. Roman Herzog, Kommentar zu Art. 20 GG, V. Die Verfassungsentscheidung für die Gewaltenteilung, in: Theodor Maunz / Günther Dürig /Roman Herzog / Rupert Scholz, Grundgesetz, Kommentar, Band III, Loseblattsammlung, Stand: Lieferung 18, München 1980, Rdnr. 112 – 113; Georg Kassimatis, Der Bereich der Regierung, Berlin 1967, S. 33 ff. 2 So Herbert Krüger, Diskussionsbeitrag, in: Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer (VVDStRL) Heft 19 (1960), S. 267 f.; zustimmend Otto Bachof, Diskussionsbeitrag, ebenda, S. 270.

9 Pilz

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D. Legalitätsprinzip und auswärtige Angelegenheiten

heiten hingewiesen worden. Interessanterweise war es hauptsächlich die eidgenössische Staatsrechtslehre, die sich eingehend mit der Frage nach der Gültigkeit des Legalitätsprinzips auf dem Gebiet der auswärtigen Angelegenheiten beschäftigt hat.3 Die deutsche Staatsrechtslehre ist – von einigen Hinweisen in frühen Schriften der Staatsrechtslehrer Siegfried Magiera und Christian Tomuschat Ende der 1970er Jahre abgesehen4 – erst in jüngerer Zeit wieder auf diese Problematik aufmerksam geworden.5

I. These von der Un-Normierbarkeit der Außenpolitik Thomas G. Borer, der vormalige schweizerische Diplomat und Botschafter in Berlin, hat in seiner im Jahre 1986 in Basel erschienenen Dissertation über das Verhältnis von Legalitätsprinzip und auswärtigen Angelegenheiten ausführlich und eindrücklich dargelegt, warum sich die auswärtigen Angelegenheiten ihrer Natur nach kaum für gesetzliche Normierungen eignen.6 In der Außenpolitik gebe es immer wieder Situationen, die sich gesetzlich nicht regeln ließen.7 Borer zufolge kann der die übrige Staatstätigkeit bestimmende Gesetzesvorbehalt auf dem Gebiet der Außenpolitik angesichts ihrer Komplexität und Vitalität sowie wegen des besonderen Bedürfnisses nach flexiblen, einzelfallgerechten Entscheidungen und der Notwendigkeit von Kompromissen und Geheimhaltung daher keine Wirksamkeit besitzen.8 3 Vgl. Luzius Wildhaber, Legalitätsprinzip und Aussenpolitik – eine Problemskizze, in: Edouard Brunner / Franz E. Muheim / Rolf Stuecheli / Paul Widmer (Hrsg.), Einblick in die schweizerische Aussenpolitik, Zum 65. Geburtstag von Staatssekretär Raymond Probst, Zürich 1984, S. 443 ff.; Thomas G. Borer, Das Legalitätsprinzip und die auswärtigen Angelegenheiten (Basler Studien zur Rechtswissenschaft, Reihe B, Band 18), Basel / Frankfurt am Main 1986, zugl. Diss. Basel 1986; Jacqueline Beatrice Moeri, Die Kompetenzen der schweizerischen Bundesversammlung in den auswärtigen Angelegenheiten, (St. Galler Beiträge zum öffentlichen Recht, Bd. 25), Diss. St. Gallen 1990, S. 186 ff.; Bernhard Ehrenzeller, Legislative Gewalt und Außenpolitik. Eine rechtsvergleichende Studie zu den parlamentarischen Entscheidungskompetenzen des deutschen Bundestages, des amerikanischen Kongresses und der schweizerischen Bundesversammlung im auswärtigen Bereich (Schriftenreihe des Instituts für Internationales Recht und Internationale Beziehungen, Juristische Fakultät der Universität Basel, Band 57), Basel / Frankfurt am Main 1993, zugl. Habilitationsschrift Basel 1991, S. 315 ff. 4 Siegfried Magiera, Parlament und Staatsleitung in der Verfassungsordnung des Grundgesetzes, Berlin 1979, S. 286 ff., 297 ff.; Christian Tomuschat, Der Verfassungsstaat im Geflecht der internationalen Beziehungen, in: VVDStRL 36 (1978), S. 8 – 63, S. 13 ff. 5 Siehe Hans-Joachim Cremer, Das Verhältnis von Gesetzgeber und Regierung im Bereich der auswärtigen Gewalt in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts: eine kritische Bestandsaufnahme, in: Rudolf Geiger (Hrsg.), Neuere Probleme der parlamentarischen Legitimation im Bereich der auswärtigen Gewalt, Baden-Baden 2003, S. 11 – 32, S. 29, 31 f. 6 Borer (Anm. 3), S. 373 ff. 7 Borer (Anm. 3), S. 447. 8 Borer (Anm. 3), S. 434 ff.

II. Kritik

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„Eine normative Festlegung muss versagen, wo es der künftigen Entwicklung an ausreichend konkretisierbarer Prognostizierbarkeit fehlt. Das Gesetz ist dort fehl am Platze, wo man jederzeit mit allem zu rechnen hat.“9

Borer kann seine Auffassung auf zahlreiche Hinweise in der Literatur stützen, in der die Un-Normierbarkeit der auswärtigen Angelegenheiten geradezu als deren Wesenszug dargestellt wird.10 Die These von der Nichtnormierbarkeit des staatlichen Handelns auf dem Gebiet der Außenpolitik geht auf John Locke zurück.11 Sie wurde in der deutschen Staatsrechtslehre nicht in Zweifel gezogen12 und stieg, wie Tomuschat schreibt, „in den Rang dogmatischer Wahrheit auf.“13 Was aber ist von der These der Un-Normierbarkeit der Außenpolitik zu halten? Sind nicht dennoch Möglichkeiten denkbar, der Exekutive durch den Erlass von gesetzlichen Rahmenbestimmungen bei der Gestaltung der Außenbeziehungen gewisse inhaltliche Vorgaben zu machen?

II. Kritik Die These von der Un-Normierbarkeit der Außenpolitik hat ihren Ursprung in einer tief in monarchischer Tradition verwurzelten Vorstellung von einer besonderen „auswärtigen Gewalt“ im Staate, die sich in Inhalt und Form von der übrigen Staatsgewalt unterscheidet. Angesichts der fortschreitenden Internationalisierung und Globalisierung zahlreicher staatlicher Bereiche haben sich die Charakteristika der Außenpolitik aber erheblich geändert. Die Führung der Außenpolitik ist längst keine „Geheimwissenschaft“ mehr, sondern zu einer allgemeinen politischen Angelegenheit geworden und dadurch weitgehend „entmystifiziert“. Die tradierte Vorstellung von der Un-Normierbarkeit der Außenpolitik steht zudem in erheblichem Widerspruch zur heutigen Wirklichkeit der internationalen Beziehungen, die durch zahlreiche Abkommen zunehmend verrechtlicht sind. 9 Borer (Anm. 3), S. 434. Vgl. dazu auch Fokke Schomburg, Der „gerichtsfreie Hoheitsakt“ der auswärtigen Gewalt unter besonderer Berücksichtigung des Verwaltungsrechtsschutzes und der Staatshaftung, Diss. Göttingen 1973, S. 75 sowie Krüger (Anm. 2), S. 267 f. 10 Vgl. Ulrich Scheuner, Der Bereich der Regierung, in: Rechtsprobleme in Staat und Kirche, Festschrift für Rudolf Smend zu 70. Geburtstag, Göttingen 1952, S. 253 – 301, S. 282; Schomburg (Anm. 9), S. 75; Hans Treviranus, Außenpolitik im demokratischen Rechtsstaat, Tübingen 1966, S. 6 ff.; Siegfried Weiß, Auswärtige Gewalt und Gewaltenteilung, Berlin 1971, zugl. Diss. Univ. Erlangen-Nürnberg 1970, S. 78; Yvo Hangartner, Grundzüge des schweizerischen Bundesrechts, Band I, Zürich 1980, S. 188; Klaus Hug, Die Regierungsfunktion als Problem der Entscheidungsgewalt, Diss. Zürich 1971, S. 216 f.; Georg Müller, Inhalt und Formen der Rechtsetzung der demokratischen Kompetenzordnung, Basel / Stuttgart 1979, S. 33; Theo Oehlinger, Der völkerrechtliche Vertrag im staatlichen Recht, Wien / New York 1973, S. 4. 11 John Locke, Two Treatises of Civil Government, 1690, Buch II, Kapitel XII, S. 147. 12 Siehe etwa Treviranus (Anm. 10), S. 6 ff. 13 Tomuschat (Anm. 4), S. 14.

9*

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D. Legalitätsprinzip und auswärtige Angelegenheiten

Fast begriffsnotwendig ist die Konzipierung, Richtliniengebung und Planung der Außenpolitik vorausbestimmbar. Voraussehbar ist teilweise auch das Verhalten der Staatsvertreter in internationalen Gremien. Allein der Verlauf internationaler Vertragsverhandlungen erscheint ganz offensichtlich nicht vorhersehbar, denn es müssen oft genug Abstriche von der eigenen Verhandlungsposition gemacht und Kompromisse eingegangen werden. Wenn nun also die These von der Un-Normierbarkeit der Außenpolitik in ihrer Absolutheit so nicht stimmt, dann entfallen damit auch die Einwände gegen die Geltung des Gesetzesvorbehalts. Der auswärtige Bereich ist also nicht grundsätzlich unnormierbar. Normierungsgrad und Normierungsart können aber je nach Art und Zeitpunkt der außenpolitischen Aktivität erheblich variieren.14

III. Möglichkeiten parlamentarischer Mitwirkung an der Außenpolitik durch Gesetze Joachim Linck hat in einem 1979 erschienenen Beitrag zum Vorrang des Parlaments gegenüber den anderen Staatsgewalten vertreten15, dass es sich bei der Gestaltung der Außenpolitik um keine ausschließliche Kompetenz der Regierung handele, bei der dem Bundestag eine inhaltliche Einflussnahme grundsätzlich verwehrt sei. Der Bundestag habe „vielmehr die verfassungsrechtliche Möglichkeit, über den Erlaß von Gesetzen sowohl auf den Inhalt der Richtlinienentscheidungen des Bundeskanzlers als auch der außenpolitischen Entscheidungen der Regierung oder des Außenministers entscheidenden Einfluss zu nehmen.“16 Als Beispiel benennt er die Möglichkeit des Bundestages, per Gesetz festzulegen, „daß die Bundesrepublik Deutschland diplomatische Beziehungen zu kommunistisch regierten Ländern oder Militärdiktaturen nicht aufnehmen wird, oder daß diesen Staaten von der Bundesregierung keine Kredite gewährt werden dürfen.“17 – Ob solche Festlegungen im internationalen Verkehr indes praktikabel sind, mag hier dahingestellt bleiben. Ein Blick über den Zaun zeigt jedenfalls, dass es beispielsweise in der amerikanischen Praxis durchaus üblich ist, wichtige Aspekte der Außenpolitik in verbindliche Normen zu fassen. Die Liste der außenpolitischen Erlasse des US-Kongresses ist lang.18 Nur beispielhaft seien hier etwa The War Powers Resolution von 14 Zur Kritik an der These von der Un-Normierbarkeit der Außenpolitik siehe Ehrenzeller (Anm. 3), S. 315, 320 ff. 15 Joachim Linck, Zum Vorrang des Parlaments gegenüber den anderen Gewalten, in: DÖV 1979, S. 165 – 167, S. 166. 16 Ebenda. 17 Ebenda. Vgl. auch Joachim Linck, Zulässigkeit und Grenzen der Einflussnahme des Bundestages auf die Regierungsentscheidungen – zum Verhältnis von Bundestag und Bundesregierung, Diss. Univ. Köln 1970, S. 79 ff. 18 Die außenpolitischen Erlasse des US-Kongresses werden fortlaufend veröffentlicht. Siehe dazu beispielsweise „Legislation on Foreign Relations Through 2002“, Vol. I, II, III, Com-

III. Mitwirkung an der Außenpolitik durch Gesetze

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1973, der Foreign Service Act von 1980 sowie der Anti-Terrorims and Arms Export Amendments Act von 1989 genannt. Weil das amerikanische Recht einen festen Gesetzesbegriff nicht kennt, ist es dem Kongress möglich, jegliche außenpolitische Willensäußerung, der er Verbindlichkeit verschaffen möchte, in einen Legislativakt zu fassen.19 Dass außenpolitisch relevante Fragen auch in Deutschland einer gesetzlichen Regelung grundsätzlich zugänglich sind, zeigt das 1990 verabschiedete Gesetz über den Auswärtigen Dienst 20, das Aufgaben, Stellung und Organisation sowie Einsatz, Arbeitsweise und Ausstattung des Auswärtigen Dienstes regelt.21 Insbesondere auch das 2005 verabschiedete Parlamentsbeteiligungsgesetz22, das dem Bundestag ausdrückliche Entscheidungskompetenzen bei der Entsendung von Streitkräften ins Ausland einräumt, weist in diese Richtung. Wäre es also nicht auch denkbar, andere Bereiche der auswärtigen Beziehungen formell-gesetzlichen Regelungen zu unterwerfen? Zum Beispiel könnten etwa durch den Erlass eines Entwicklungshilfegesetzes die Grundsätze, Ziele und Formen der Entwicklungszusammenarbeit und der humanitären Hilfe geregelt und deren Vollzug durch Finanzierungs-, Verfahrens- und Organisationsbestimmungen geordnet werden. Die Schweiz ist einen solchen Schritt bereits im Jahre 1976 gegangen.23 Vorstellbar wäre schließlich auch ein Gesetz über die Mitwirkung des Deutschen Bundestages in auswärtigen Angelegenheiten, in dem die Informations-, Konsultations- und Berichterstattungspflichten der Bundesregierung gegenüber dem Bundestag sowie die Rechtsverbindlichkeit und Wirkung von Parlamentsbeschlüssen zu außenpolitischen Fragen eindeutig geregelt sind. Dass die Regelung solcher Fragen grundsätzlich möglich ist, beweisen Artikel 23 Abs. 2 und 3 GG, in dem die Mitwirkungsrechte von Bundestag und Bundesrat in Angelegenheiten der Euromittee Prints, die zusammengenommen fast 3000 Druckseiten füllen. Darunter fallen auch die Genehmigung von Staatsverträgen, die verschiedenen Acts, Joint und Concurrent Resolutions. Mitpubliziert werden zudem die Related Executive Orders und die präsidentiellen Proclamations. 19 Ehrenzeller (Anm. 3), S. 357. 20 BGBl. 1990, Teil I, S. 1842 – 1848. 21 Die Vorlage hierzu stammte seinerzeit von Seiten der außenpolitischen Exekutive, die dem verfassungsmäßigen Auftrag der Pflege der auswärtigen Beziehungen einen festen gesetzlichen Rahmen geben wollte. Siehe hierzu Ulrich Grau / Götz Schmidt-Bremme, Gesetz über den Auswärtigen Dienst, Kommentar, 2. Auflage, Baden-Baden 2004, S. 23 – 67. 22 Siehe BT-Drs. 15 / 2742 in der Fassung BT-Drs. 15 / 4264 sowie BT-Plenarprotokoll 15 / 146 vom 03. 12. 2004, S. 13652 (C). Verkündet im Bundesgesetzblatt am 23. März 2005, BGBl. 2005, Teil I, S. 775 – 776. 23 Siehe das schweizerische „Bundesgesetz über die internationale Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe“ vom 19. März 1976. Zur Vorgeschichte des Gesetzes siehe Dieter Freiherr von Schroetter, Schweizerische Entwicklungspolitik in der direkten Demokratie, München 1981, zugl. Diss. Univ. Freiburg 1980.

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D. Legalitätsprinzip und auswärtige Angelegenheiten

päischen Union festgeschrieben wurden, sowie das in Ausführung hierzu erlassene Gesetz über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union24, welches insoweit einen gewissen Vorbildcharakter besitzen könnte. Obschon der Wortaut des Art. 73 Nr. 1 GG zeigt, dass das Grundgesetz „Gesetzgebung“ im Bereich der „auswärtigen Angelegenheiten“ ausdrücklich für möglich hält und auch Art. 32 Abs. 1 GG keinen echten Vorbehalt zugunsten der Exekutive schafft25, steht der Realisierung derartiger Vorhaben bislang allerdings die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entgegen.26 Im Jahre 1984 hatte das Gericht festgestellt, dass die Führung und Bestimmung der Außenpolitik „funktionell betrachtet nicht Gesetzgebung“27 ist. Soweit der Exekutive außenpolitische Zuständigkeiten ausdrücklich zugewiesen seien, bestehe insoweit keine Kompetenz des Parlaments. Es dürfe nicht durch den Erlass von Gesetzen außenpolitischen Einfluss ausüben, sondern sei auf seine parlamentarischen Kontrollbefugnisse beschränkt. Hierzu gehörten insbesondere der Sturz der bisherigen Regierung durch die Wahl eines neuen Bundeskanzlers sowie eine Einflussnahme durch die Entscheidung über den Bundeshaushalt.28 Man mag sich fragen, ob dieser Hinweis vom höchstrichterlichen Olymp herab die Notwendigkeit einer situationsbedingten parlamentarischen Kontrolle und Mitwirkung an der Außenpolitik überhaupt erkennt, geschweige denn richtig einzuschätzen vermag. Die „Keule“ der Abwahl des Bundeskanzlers kann eine adäquate außenpolitische Einflussnahme jedenfalls ebenso wenig erreichen29, wie die mit der Zielsetzung außenpolitischer Einflussnahme vorgenommene Kürzung oder Erhöhung des auswärtigen Etats, der – zumindest für den Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts – im Wesentlichen ein reiner Verwaltungsetat ist.30 24 BGBl. 1993, Teil 1, S. 311 – 312. Siehe hierzu auch den von der CDU / CSU-Bundestagsfraktion am 25. 01. 2005 vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Ausweitung der Mitwirkungsrechte des Deutschen Bundestages in Angelegenheiten der Europäischen Union, BT-Drs. 15 / 4716. 25 Vgl. Herzog (Anm. 1), Rdnr. 113. 26 Siehe dazu auch Cremer (Anm. 5), S. 29, 31 f. 27 BVerfGE 68, 1 (87). 28 BVerfGE 49, 124 f. Kritisch dazu Linck (Anm. 15), S. 166, der meint, dass der Bundestag im Bereich der auswärtigen Angelegenheiten Gesetze erlassen könne, an die auch die Bundesregierung gemäß Art. 20 Abs. 3 GG rechtlich gebunden sei. 29 Zutreffend ist darauf hingewiesen worden, dass die Möglichkeit eines Misstrauensvotums doch wohl nur theoretischer Natur ist, denn es sei schwer vorstellbar, dass eine Bundesregierung deshalb gestürzt werde, weil der Bundestag mit dem Abstimmungsverhalten der Regierung beim Erlass einer europäischen Verordnung nicht einverstanden ist. Siehe Franz Möller / Martin Limpert, Informations- und Mitwirkungsrechte des Bundestages in Angelegenheiten der Europäischen Union, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Jg. 24 (1993), Heft 1, S. 21 – 32, S. 28 f. 30 Vgl. Weiß (Anm. 10), S. 112. Siehe dazu auch Abschnitt C. III. 1. Parlamentarische Beteiligungsrechte, S. 109 ff. S. 110 f.

IV. Parlamentsbeschlüsse als Weisungen an die Regierung?

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IV. Parlamentsbeschlüsse als verbindliche Weisungen an die Regierung? Auch unterhalb der Schwelle des förmlichen Gesetzes ist eine Mitwirkung des Parlaments am außenpolitischen Entscheidungsprozess möglich. Eine zentrale Bedeutung kommt hier dem schlichten Parlamentsbeschluss zu. Im Vergleich zum förmlichen Gesetz besitzt er den Vorteil einer erheblich größeren Flexibilität31, weshalb er sich in besonderer Weise für eine situationsadäquate Einflussnahme des Parlaments auf die Außenpolitik eignet. Er bietet sich damit als ein zusätzliches Formenelement für eine verstärkte parlamentarische Kontrolle und Mitwirkung an der Außenpolitik an.32 Die Frage, ob und in welchem Umfang schlichte Parlamentsbeschlüsse jedoch überhaupt als Alternative zur gesetzesförmigen Handlungsform zugelassen werden können, ist in der staatsrechtlichen Literatur auf eine Reihe verfassungsrechtlicher Einwände gestoßen.33 An ihrer Spitze steht die Behauptung, dass gesetzesersetzende schlichte Beschlüsse mit dem Prinzip des Gesetzesvorbehalts nicht vereinbar seien.34 Demgegenüber ist zu Recht eingewandt worden, es sei nicht ersichtlich, inwiefern das förmliche Gesetzgebungsverfahren eine stärkere demokratische Legitimation oder größere Rechtssicherheit bieten könne, als ein schlichter Parlamentsbeschluss.35 Allein das sich über drei Lesungen erstreckende Gesetzgebungsverfahren könne jedenfalls kein wesentliches „Mehr“ an Legitimation vermitteln, als ein von der Parlamentsmehrheit getragener schlichter Beschluss.36 Ihrem Charakter nach sind schlichte Parlamentsbeschlüsse Hoheitsakte des Parlaments, die nicht im Gesetzgebungsverfahren ergehen.37 Sie stellen sich als beschlussmäßige Willens- und Meinungsäußerungen38 dar, die die Meinung des Parlaments und seine politischen Ansichten dokumentieren. Welche Form der Ver31 Rüdiger Wolfrum, Kontrolle der auswärtigen Gewalt, in: Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer (VVDStRL), Heft 56 (1997), S. 38 – 66, S. 63. 32 Wolfrum (Anm. 31), S. 63. 33 Siehe dazu etwa Klaus-Albrecht Sellmann, Der schlichte Parlamentsbeschluß, Berlin 1966, S. 138 ff., S. 140. 34 Eine ausführliche Auseinandersetzung mit den Argumenten und Gegenargumenten findet sich bei Hermann Butzer, Der Bereich des schlichten Parlamentsbeschlusses. Ein Beitrag zur Frage der Substitution des förmlichen Gesetzes durch schlichten Parlamentsbeschluß, in: AöR 119 (1994), S. 61 – 106, S. 81 ff. 35 Butzer (Anm. 34), S. 85 f., S. 89 f. 36 Ebenda. 37 Vgl. Norbert Achterberg, Parlamentsrecht, Tübingen 1984, S. 738; Butzer (Anm. 34), S. 70; Ruth Lang, Die Mitwirkungsrechte des Bundesrates und des Bundestages in Angelegenheiten der Europäischen Union gemäß Artikel 23 Abs. 2 bis 7 GG, Berlin 1997, S. 311, zugl. Diss. Univ. Bonn 1994 / 95. 38 Vgl. Jakob Kratzer, Parlamentsbeschlüsse, ihre Wirkung und Überprüfung, in: Bayerische Verwaltungsblätter 1966, S. 365 – 370 und S. 408 – 413, S. 367; Magiera (Anm. 4), S. 213, S. 216.

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bindlichkeit schlichten Parlamentsbeschlüssen zukommt, ist in der staatsrechtlichen Literatur allerdings umstritten. Während teilweise die Ansicht vertreten wird, dass sie Rechtsverbindlichkeit erzeugen können39, sind die schlichten Parlamentsbeschlüsse nach traditioneller Ansicht zwar zulässig, vermögen die Bundesregierung jedoch in der Regel nicht zu binden.40 Begründet wird dies zumeist mit dem Gewaltenteilungsprinzip, aus dem abzuleiten sei, dass verbindliche Weisungen des Parlaments – so sie nicht ausdrücklich vom Grundgesetz vorgesehen sind – in den Kernbereich der Exekutiventscheidungen eingreifen.41 Ungeachtet dessen, welche rechtliche Bindungswirkung den schlichten Parlamentsbeschlüssen im Einzelfall zugemessen wird, ist ihre informale Bindungswirkung und damit ihre tatsächliche Bedeutung nicht zu unterschätzen.42 Von Seiten der Regierung findet in der Regel zwar nur eine politische Bewertung der Parlamentsbeschlüsse statt, im parlamentarischen Regierungssystem führt dies aber dazu, dass sich die Regierung nicht ohne weiteres über ein Votum des Bundestages hinwegsetzen kann. Die bisherige Staatspraxis zeigt jedenfalls, dass der Bundestag durch selbständige Beschlüsse zu außen-, sicherheits- und verteidigungspolitischen Angelegenheiten sowie humanitären Fragen durchaus in die Lage versetzt war, seinen jeweiligen Ansichten Geltung zu verschaffen und so gleichzeitig an der Gestaltung der Außenpolitik mitzuwirken.43 Die voranschreitende Parlamentarisierung der auswärtigen Gewalt hat in der jüngeren Vergangenheit zu einer erheblichen Ausdifferenzierung und Aufwertung der schlichten Parlamentsbeschlüsse geführt. Zu unterscheiden sind nunmehr der konstitutive Parlamentsbeschluss nach § 1 Abs. 2 des Parlamentsbeteiligungsgesetzes, die Stellungnahme nach Art. 23 Abs. 3 GG und der gezielte schlichte Par39 Siehe Gerald Kretschmer, Geschäftsordnungen deutscher Volksvertretungen, in: HansPeter Schneider / Wolfgang Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, Berlin / New York 1989, S. 291 – 331, S. 309 Rdnr. 64; Paul Kirchhof, Rechtsquellen und Grundgesetz, in: Bundesverfassungsgericht und Grundgesetz, Festgabe aus Anlaß des 25jährigen Bestehens des Bundesverfassungsgerichts, hrsg. von Christian Starck, Band 2, Tübingen 1976, S. 50 – 107, S. 77; Cornelius Grupp, Die parlamentarische Kontrolle der auswärtigen Gewalt in Form von Entschließungen, Diss. Univ. Augsburg 1975, S. 128 ff., S. 137 ff.; Eberhard Menzel, Die Auswärtige Gewalt der Bundesrepublik, in: Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer (VVDStRL) Heft 12 (1954), S. 179 – 220, S. 195 ff., S. 219. 40 Magiera (Anm. 4), S. 215 f.; Klaus Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Band II: Staatsorgane, Staatsfunktionen, Finanz- und Haushaltsverfassung, Notstandsverfassung, München 1980, § 26 II. 2 c), S. 48 f.; Konrad Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Neudruck der 20. Auflage, Heidelberg 1999, Rdnr. 590; Jörn Ipsen, Staatsrecht I: Staatsorganisationsrecht, 16. überarb. Auflage, München 2004, Rdnr. 214; Ernst Friesenhahn, Parlament und Regierung im modernen Staat, in: VVDStRL 16 (1958), S. 9 – 73, S. 36 Fn. 70, S. 70; Peter Lerche, Bundestagsbeschlüsse ohne Gesetzesbefehl über Subventionen, in: NJW 1961, S. 1758 – 1769, S. 1758; differenzierend Sellmann (Anm. 33), S. 38 ff. sowie Norbert Achterberg, Parlamentsrecht, Tübingen 1984, S. 738 ff., 744, 746. 41 Siehe etwa Lerche (Anm. 40), S. 1758 f. 42 Vgl. Butzer (Anm. 34), S. 91 f. 43 Siehe dazu oben Abschnitt C. III. 2. Parlamentarische Kontrollrechte, S. 111 ff., S. 116 ff.

IV. Parlamentsbeschlüsse als Weisungen an die Regierung?

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lamentsbeschluss, mit dem der Bundestag in unterschiedlicher Weise an der Gestaltung der auswärtigen Beziehungen mitwirkt.44 Der konstitutive Parlamentsbeschluss nach § 1 Abs. 2 des Parlamentsbeteiligungsgesetzes ist die Voraussetzung für grundsätzlich jeden Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte im Ausland. Das Initiativrecht für die Entsendung der Streitkräfte liegt stets und ausschließlich bei der Bundesregierung. Diese übersendet dem Bundestag den Antrag auf Zustimmung zum Einsatz der Streitkräfte rechtzeitig vor Beginn des Einsatzes (§ 3 Abs. 1 Parlamentsbeteiligungsgesetz). Der Bundestag kann dem Antrag nur zustimmen oder ihn ablehnen. Änderungen des Antrags oder eine sonstige Einflussnahme auf die Modalitäten des Einsatzes sind dem Bundestag verwehrt (§ 3 Abs. 3 Parlamentsbeteiligungsgesetz). 45 Allerdings steht dem Bundestag nach § 8 des Parlamentsbeteiligungsgesetzes aus eigenem Recht ein Rückholrecht zu. Er kann also die Zustimmung zu einem Einsatz bewaffneter Streitkräfte jederzeit widerrufen. Der Rückholbeschluss ist für die Regierung rechtlich verbindlich.46 Die Stellungnahme des Bundestages gemäß Art. 23 Abs. 3 GG und § 5 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union ist thematisch auf die Rechtsetzung und rechtsetzungsähnliche Vorhaben beschränkt. Nach Auffassung des vom Bundestag in der 12. Wahlperiode eingesetzten Sonderausschusses „Europäische Union (Vertrag von Maastricht)“, der Gemeinsamen Verfassungskommission von Bundestag und Bundesrat sowie der Literatur ist die Bundesregierung an die Stellungnahme allerdings rechtlich nicht gebunden.47 Der Sonderausschuss „Europäische Union“ hat hierzu sogar ausdrücklich vermerkt, dass die Bundesregierung innerstaatlich im Verhältnis zum Bundestag nur politisch gebunden wird.48 Die Vgl. Wolfrum (Anm. 31), S. 63. Siehe dazu die Beschlussempfehlung und den Bericht des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung, BT-Drs. 15 / 4264, S. 4; Dieter Wiefelspütz, Das Parlamentsbeteiligungsgesetz vom 18. 3. 2005, in: NVwZ 2005, S. 496 – 500, S. 498 und 499; Florian Schröder, Das neue Parlamentsbeteiligungsgesetz, in: NJW 2005, S. 1401 – 1404, S. 1402; Wolfrum (Anm. 31), S. 53. Vgl. bereits BVerfGE 90, 286 (389). 46 Siehe dazu die Begründung zum Entwurf des Parlamentsbeteiligungsgesetzes, BT-Drs. 15 / 2742, S. 6 sowie Wiefelspütz, Das Parlamentsbeteiligungsgesetz vom 18. 3. 2005 (Anm. 45), S. 500. Zur vorangegangenen Diskussion in der Literatur über die Zulässigkeit eines Rückholrechts siehe den Überblick bei Dieter Wiefelspütz, Der Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte und der konstitutive Parlamentsvorbehalt, Baden-Baden 2003, S. 64 ff. 47 Vgl. Bericht der Gemeinsamen Verfassungskommission vom 5. November 1993, BTDrs. 12 / 6000, S. 22; Beschlussempfehlung und Bericht des Sonderausschusses „Europäische Union (Vertrag von Maastricht)“, BT-Drs. 12 / 3896, S. 19; Rupert Scholz, Europäische Union und deutscher Bundesstaat, in: NVwZ 1993, S. 817 – 824, S. 822; Möller / Limpert (Anm. 29), S. 27; Ulrich Everling, Überlegungen zur Struktur der Europäischen Union und zum neuen Europa-Artikel des Grundgesetzes, in: DVBl. 1993, S. 936 – 947, S. 946. Kritisch hierzu Udo Di Fabio, Der neue Art. 23 des Grundgesetzes, in: Der Staat 32 (1993), S. 191 – 217, S. 209 f. 48 Beschlussempfehlung und Bericht des Sonderausschusses „Europäische Union (Vertrag von Maastricht)“, BT-Drs. 12 / 3896, S. 19. 44 45

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D. Legalitätsprinzip und auswärtige Angelegenheiten

Regierung ist jedoch verpflichtet, sich sichtbar mit dem Beschluss und seinem Inhalt auseinanderzusetzen.49 Sie kann sich im Ergebnis nach der Erfüllung ihrer Befassungs- und Begründungspflichten zwar über den Inhalt des Stellungnahmebeschlusses gemäß Art. 23 Abs. 3 GG hinwegsetzen; jedoch ist sie nicht berechtigt, die Stellungnahme des Bundestages ohne jegliche Beachtung zu lassen.50 Bei der Stellungnahme nach Art. 23 Abs. 3 GG handelt es sich im Ergebnis also um eine zwar auf verfassungsrechtlicher Grundlage beruhende, aber rechtlich unverbindliche Meinungsäußerung des Bundestages zu exekutiven Entscheidungen im Bereich der Europapolitik.51 Mit gezielten schlichten Parlamentsbeschlüssen zu außen-, europa- und sicherheitspolitischen Fragen bzw. Menschenrechtsfragen werden die Positionen des Bundestages bzw. seiner Mehrheit dokumentiert.52 Die Bedeutung der schlichten Beschlüsse liegt vor allem in der nach außen getragenen Unterstützung der Politik der Bundesregierung bzw. in deren Kritik. Ist der Regierung beispielsweise daran gelegen, sich für internationale Vertragsverhandlungen die Rückendeckung des Parlaments zu sichern, werden entsprechende Entschließungen sogar bei den die Regierung tragenden Fraktionen „bestellt“.53 Häufig haben Anträge der Regierungsfraktionen aber auch nur die taktische Funktion, Vorstöße aus dem Lager der Opposition „abzufangen“, indem ein schärfer formulierter Antrag aus dem Lager der Opposition durch einen moderat-kritischen Antrag „neutralisiert“ wird.54 Für die Außenbeziehungen der Bundesrepublik sind die Stellungnahmen des Bundestages in Form gezielter schlichter Beschlüsse teilweise von erheblicher Relevanz. Sie vermögen die Beziehungen zu anderen Staaten zu verbessern, aber auch zu belasten, wie beispielsweise der an anderer Stelle bereits erwähnte Armenierantrag zeigt, der zu deutlichen Missklängen im Verhältnis zur Türkei geführt hat.55 Manche gezielte schlichte Parlamentsbeschlüsse enthalten – wie etwa Lang (Anm. 37), S. 315. Ebenda. 51 Lang (Anm. 37), S. 314. 52 Vgl. Butzer (Anm. 34), S. 72 ff. 53 So z. B. im Falle des Entschließungsantrages der Fraktionen der CDU / CSU und der FDP zum Thema Menschenrechte und die Normalisierung der Wirtschaftsbeziehungen mit China, BT-Drs. 12 / 3960. Siehe dazu auch das Stenographische Protokoll der der Plenarberatung, 128. Sitzung des Bundestages am 10. Dezember 1992, Bd. 165, S. 11105 ff. sowie den Beschluss, ebenda, S. 11134 (A). 54 Wolfgang Ismayr, Selbständige Anträge und Entschließungsanträge: Vielfältig genutzte Mittel öffentlicher Kontrolle und Initiative, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Jg. 22 (1991), Heft 2, S. 197 – 204, S. 203. 55 Antrag der Fraktionen SPD, CDU / CSU, BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN und FDP „Erinnerung und Gedenken an die Vertreibungen und Massaker an den Armeniern 1915 – Deutschland muss zur Versöhnung zwischen Türken und Armeniern beitragen“, BT-Drs. 15 / 5689. Siehe dazu oben Abschnitt C. III. 2. Parlamentarische Kontrollrechte, S. 111 ff., S. 117 f. 49 50

IV. Parlamentsbeschlüsse als Weisungen an die Regierung?

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im Fall Welajati56 – auch an die Regierung gerichtete Arbeitsaufträge. Sie können die Regierungspolitik punktuell steuern und enthalten gleichzeitig ein Element parlamentarischer Kontrolle.57 Eine wichtige Funktion der Beschlüsse liegt nicht zuletzt auch darin, den Anspruch des Parlaments, an der Gestaltung der Außenpolitik beteiligt zu werden, öffentlichkeitswirksam zu untermauern.58 Mittels gezielter schlichter Beschlüsse sind die Abgeordneten also in der Lage, frühzeitig einen begleitenden Einfluss auf das exekutive Handeln zu gewinnen, wichtige Weichenstellungen zu beeinflussen, der Exekutive stärkere Bindungen aufzuerlegen und ihr somit gewissermaßen eine Marschroute vorzugeben. Dadurch kann der Einfluss des Parlaments bei der staatsleitenden Planung sowie bei Regelungsmaterien gesichert werden, die sich durch hohe Komplexität oder ständigen Anpassungs- und Änderungsbedarf auszeichnen. Gezielte schlichte Beschlüsse erscheinen somit als ein hervorragend geeignetes Instrument für eine verstärkte parlamentarische Kontrolle und Mitwirkung an der Außenpolitik. Die Frage ist nur, ob der gezielte schlichte Parlamentsbeschluss mit allein politischer Bindungswirkung in Zukunft noch ausreichend sein wird, um eine angemessene parlamentarische Mitwirkung an der Außenpolitik zu sichern. Angesichts des zunehmenden Machtwillens des Parlaments, in auswärtigen und internationalen Angelegenheiten mitreden zu wollen, sowie des tatsächlichen Einflusses, den das Parlament heute in solchen Fragen bereits ausübt, offenbart sich immer stärker das Bedürfnis nach einer neuen, verbindlicheren parlamentarischen Handlungsweise. Der gezielte schlichte Parlamentbeschluss in seiner heutigen Form wird künftig jedenfalls kaum noch ausreichend sein, denn nicht in jedem Fall fühlt sich eine Bundesregierung an entsprechende Beschlüsse des Parlaments gebunden, wie jüngst der Beschluss zum Waffenembargo gegen China sehr eindrücklich gezeigt hat.59 Es wäre deshalb darüber nachzudenken, ob nicht eine neue parlamentarische Handlungsweise geschaffen werden sollte, mittels derer das Parlament die Exekutive zu bestimmten Handlungen im auswärtigen und internationalen Verkehr verpflichten könnte. Untergesetzliche Parlamentsbeschlüsse in Form verbindlicher Weisungen an die Regierung könnten hier ein neues und wegweisendes parlamentarisches Instrumentarium darstellen. 56 Entschließungsantrag des Abgeordneten Rudolf Scharping und der Fraktion der SPD und des Abgeordneten Joseph Fischer (Frankfurt am Main) und der Fraktion BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN, BT-Drs. 13 / 2983. Siehe dazu auch oben Abschnitt C. III. 2. Parlamentarische Kontrollrechte, S. 111 ff., S. 119 f. 57 Vgl. Butzer (Anm. 34), S. 73; Wolfrum (Anm. 31), S. 63. 58 Vgl. Butzer (Anm. 34), S. 73. 59 Siehe BT-Drs. 15 / 4035 „EU-Waffenembargo gegenüber der Volksrepublik China“ sowie das Stenographische Protokoll des Deutschen Bundestages, 15. Wahlperiode, 135. Sitzung am 28. Oktober 2004, S. 12393 (A) – 12400 (C). Vgl. dazu „Streit über Aufhebung des Waffenembargos gegen China eskaliert: Kanzler will sich über Bundestag hinwegsetzen“ in: Süddeutsche Zeitung vom 31. 03. 2005.

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D. Legalitätsprinzip und auswärtige Angelegenheiten

Das Parlament ist aufgefordert, über solche neuartigen Instrumente nachzudenken und die schlichten, nicht gesetzesförmlichen, gleichwohl aber verbindlichen parlamentarischen Handlungsformen weiterzuentwickeln.60 Im Zuge solcher Überlegungen wäre schließlich auch über eine Ergänzung des Grundgesetzes dahingehend nachzudenken, ob dem Bundestag neben dem ihm aus Art. 59 Abs. 2 GG zustehenden Recht nicht außerdem ein Recht zur verbindlichen parlamentarischen Mitentscheidung in auswärtigen Angelegenheiten mittels verbindlicher Weisungen an die Regierung eingeräumt werden sollte. Dieses Recht könnte sodann im Einzelfall vom Bundestag im Wege der Organklage vor dem Bundesverfassungsgericht eingefordert werden. Das traditionelle Verständnis des Gewaltenteilungsgrundsatzes stünde damit freilich allemal auf dem Prüfstand.

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Vgl. Butzer (Anm. 34), S. 80.

E. Parlamentarische Außenpolitik und interparlamentarische Zusammenarbeit im Zeitalter der Globalisierung Wie gezeigt wurde, beschränkt sich die Mitwirkung des Bundestages an der Außenpolitik schon lange nicht mehr nur auf die nachträgliche Billigung oder Ablehnung der durch die Regierung ausgehandelten völkerrechtlichen Verträge und verharrt auch längst nicht mehr bei der bloßen Kontrolle der Aktivitäten der Regierung auf außenpolitischem Gebiet. Vielmehr hat sich seit geraumer Zeit eine eigene parlamentarische Außenpolitik herausgebildet, die sowohl initiativ als auch mitgestaltend an der Pflege der auswärtigen und internationalen Beziehungen beteiligt ist. Zahlreiche Abgeordnete des Bundestages arbeiten heute in interparlamentarischen Gremien mit, Ausschüsse und Fraktionen des Bundestages pflegen mit den Parlamenten anderer Staaten einen vertrauensbildenden Gedanken- und Meinungsaustausch und bilaterale Parlamentariergruppen sind in konstruktiver Weise an der Gestaltung der zwischenstaatlichen Beziehungen beteiligt. Parlamentarische Besuchsdiplomatie ist inzwischen zu einem festen Bestandteil zwischenstaatlicher Vertrauensbildung geworden. Nicht selten sind es die Begegnungen und Kontakte unter Parlamentariern, die der Aufnahme offizieller diplomatischer Beziehungen vorausgehen.

I. Interparlamentarische Zusammenarbeit und Global Governance Angesichts der Globalisierung hat die Beteiligung der Parlamente an der Gestaltung der internationalen Beziehungen eine immer größere Bedeutung erlangt. Der Begriff „Globalisierung“ wird für gewöhnlich vor allem auf das Wirtschaftssystem, d. h. auf die Entgrenzung der nationalen Volkswirtschaften bezogen.1 Gerade diese Entgrenzung wirft für die Politik aber zahlreiche neue Fragen hinsichtlich der Gestaltung politischer Rahmenbedingungen für die globalisierte Welt auf. Während der einzelne Staat als Normgeber mehr und mehr in den Hintergrund tritt, werden zahlreiche Regelungskompetenzen zunehmend auf internationale und regionale Organisationen übertragen. 1 Vgl. Reimut Jochimsen, Globalisierung heute: Was ist neu, wo liegen die Risiken?, in: ders. (Hrsg.), Globaler Wettbewerb und weltwirtschaftliche Ordnungspolitik, Bonn 2000, S. 14 – 41.

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E. Parlamentarische Außenpolitik im Zeitalter der Globalisierung

In der Globalisierungsdebatte hat man versucht, die Beherrschung der geänderten Verhältnisse mit der Kategorie der Global Governance zu erfassen. Der Begriff „Governance“2 wurde in der ökonomischen Theorie der 1930er-Jahre geprägt3, als politikwissenschaftlicher Begriff tauchte er erstmals Anfang der 1990erJahre auf.4 Seine genaue Definition bereitet bis heute allerdings einige Schwierigkeiten. Arthur Benz beschreibt „Governance“ als die Realität des komplexen Regierens und kollektiven Handelns in Gesellschaften, in denen sich die Grenzen des Staates sowohl gegenüber der Gesellschaft als auch gegenüber der internationalen Umwelt längst aufgelöst haben.5 Klaus König versteht unter „Governance“ die Gesamtheit der zahlreichen Wege, auf denen Individuen sowie öffentliche und private Institutionen ihre gemeinsamen Angelegenheiten regeln.6 Dies umfasse sowohl formelle Institutionen und mit Durchsetzungsmacht versehene Herrschaftssysteme als auch informelle Regelungen, die von Menschen und Institutionen vereinbart oder als im eigenen Interesse liegend angesehen werden.7 Als erstes Parlament der Welt hatte der Deutsche Bundestag in der 14. Wahlperiode eine Enquete-Kommission „Globalisierung der Weltwirtschaft – Herausforderungen und Antworten“ eingerichtet, die sich systematisch mit Fragen der Globalisierung und deren Auswirkung auf das bestehende politische System beschäftigte.8 Im Schlussbericht der Kommission heißt es: 2 Siehe dazu Klaus König, Zum Governance-Begriff, in: Klaus König / Markus Adam (Hrsg.), Governance als entwicklungspolitischer Ansatz: Forschungssymposium vom 29. bis 30. September 2000, Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung bei der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer, Speyerer Forschungsberichte Nr. 219, Speyer 2001. S. 1 – 9; ders., Gute Gouvernanz als Steuerungs- und Wertkonzept des modernen Verwaltungsstaates, in: Werner Jann / Klaus König / Christine Landfried / Peter Wordelmann (Hrsg.), Politik und Verwaltung auf dem Weg in die transindustrielle Gesellschaft, Festschrift für Carl Böhret zum 65. Geburtstag, Baden-Baden 1998, S. 227 – 252, S. 233 sowie ders., Regieren als politisches Management und als öffentliche Governance, in: Karl-Peter Sommermann / Jan Ziekow (Hrsg.), Perspektiven der Verwaltungsforschung, Beiträge zur Wissenschaftlichen Arbeitstagung aus Anlass des 25-jährigen Bestehens des Forschungsinstituts für öffentliche Verwaltung vom 8. bis 10. Oktober 2001 in Speyer, Berlin 2002, S. 201 – 209, S. 202 f. 3 Vgl. Arthur Benz, Einleitung: Governance – Modebegriff oder nützliches sozialwissenschaftliches Konzept?, in: ders. (Hrsg.), Governance – Regieren in komplexen Regelsystemen: Eine Einführung, Wiesbaden 2004, S. 12 – 28, S. 15. 4 Siehe James N. Rosenau / Ernst-Otto Czempiel (Hrsg.), Governance Without Government: Order and Change in World Politics, Cambridge 1992. Vgl. Benz (Anm. 3), S. 16 f. 5 Arthur Benz (Hrsg.), Governance – Regieren in komplexen Regelsystemen: Eine Einführung, Wiesbaden 2004, Vorwort. 6 Klaus König, Governance als Steuerungskonzept, in: Klaus König / Markus Adam / Benedikt Speer / Christian Theobald, Governance als entwicklungs- und transformationspolitisches Konzept, Berlin 2002, S. 9 – 54, S. 29; siehe auch ders., Öffentliche Verwaltung und Globalisierung, in: Verwaltungsarchiv 92 (2001), Heft 4, S. 475 – 506, S. 477. Vgl. 7 Vgl. Stiftung Entwicklung und Frieden (Hrsg.), Nachbarn in einer Welt: Bericht der Kommission für Weltordnungspolitik (Commission on Global Governance), Bonn 1995, S. 4. 8 Zum Einsetzungsbeschluss siehe BT-Drs. 14 / 2350.

I. Interparlamentarische Zusammenarbeit und Global Governance

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„Auf den einfachsten Nenner gebracht bedeutet „Global Governance“, den Prozeß der Globalisierung politisch zu gestalten.9 [ . . . ] Global Governance will dort, wo aufgrund drängender globaler Probleme dringender Handlungsbedarf besteht [ . . . ] effektive und demokratische internationale Organisationen und Regime schaffen bzw. existierende Institutionen reformieren, um eine verbesserte [ . . . ] Handlungsfähigkeit [ . . . ] zu erreichen.“10

Für die Staatengemeinschaft und insbesondere für die als Normgeber berufenen Parlamente stellt die Global Governance heute eine der wichtigsten Herausforderungen dar. Parlamente, deren Beteiligung als Maßstab für die Bewertung der Demokratiequalität gilt, sind in transnationalen politischen Räumen nicht präsent. Probleme der Repräsentation, denen sich beispielsweise die EU im Hinblick auf die demokratische Legitimität ihrer Normsetzung gegenüber sieht, sind in der transnationalen Politik noch weitaus ausgeprägter, da die Delegationskette erheblich länger ist und die Regeln des demokratischen Prozesses viel weniger institutionalisiert sind. Breite Teile der Bevölkerungen fühlen sich heute durch ihre Regierungen in den internationalen Institutionen und Verhandlungsprozessen nicht ausreichend vertreten. Die größte und wichtigste internationale Organisation, die Vereinten Nationen, entbehrt als rein intergouvernementale Organisation noch immer jeglicher parlamentarischer Legitimation. Selbst wenn sich der UN-Sicherheitsrat eines Tages als „Weltgesetzgeber“ etablierte, bliebe die Legitimität seiner Beschlüsse unter demokratischen Gesichtspunkten mehr als fragwürdig. Das heutige Vetorecht einzelner Staaten stellt grundsätzlich jedenfalls kein geeignetes Konzept dar, um die demokratische Qualität der Sicherheitsratsbeschlüsse zu verbessern. Künftig wird deshalb nach Möglichkeiten zu suchen sein, im Rahmen welcher Verfahren durch den Sicherheitsrat gesetzesgleiche Rechtsakte erlassen werden können. Hierfür wird die Parlamentarisierung der UNO eine wichtige Voraussetzung sein. Allein die Beteiligung von Parlamenten an der Rechtsetzung in internationalen Regimen vermag deren Legitimität nachhaltig zu verbessern. Solange die Vorstellung eines „Weltparlaments“ nicht realisiert ist, wird eine verbesserte demokratische Legitimation der in internationalen Organisationen getroffenen Entscheidungen nur über die frühzeitige Konsultation und Einbeziehung der nationalen Parlamente als Vertreter der Völker in den Willensbildungsprozess dieser Organisationen erreicht werden können. Es ist daher folgerichtig, dass sich parallel zu der immer enger werdenden Zusammenarbeit der Regierungen ein zunehmend dichter werdendes Netz interparlamentarischer 11 Zusammenarbeit entwickelt hat.

9 Vgl. Schlussbericht der Enquete-Kommission „Globalisierung der Weltwirtschaft – Herausforderungen und Antworten“, BT-Drs. 14 / 9200, S. 415. 10 BT-Drs. 14 / 9200, S. 426. Hervorhebungen im Original. 11 Als „interparlamentarisch“ werden die Beziehungen zwischen den Parlamenten auf internationaler Ebene bezeichnet.

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E. Parlamentarische Außenpolitik im Zeitalter der Globalisierung

II. Mitwirkung des Bundestages in interparlamentarischen Gremien Der Stellenwert der interparlamentarischen Gremien wurde lange Zeit als gering eingestuft. Von „netten Parlamentariertreffen“ war da die Rede und die in der Regel von den Fraktionen benannten und in die interparlamentarischen Gremien entsandten Abgeordneten erreichten als Krönung ihrer politischen Laufbahn allenfalls den Posten eines Parlamentarischen Staatssekretärs.12 Heute wird jedoch zunehmend erkannt, dass die Arbeit in den interparlamentarischen Versammlungen nicht als ein Hobby einiger reisefreudiger Abgeordneter abgetan werden kann, sondern als zwingende Notwendigkeit zu begreifen ist.13 Wichtigstes Ziel der interparlamentarischen Zusammenarbeit ist die Stärkung der gemeinsamen Interessen sowie des gegenseitigen Verständnisses der Parlamente in den internationalen Beziehungen. Bei den interparlamentarischen Treffen werden wichtige Kontakte und Verbindungen geknüpft und gepflegt, die für die internationalen wie zwischenstaatlichen Beziehungen vielfach von großem Nutzen sind. Gerade im persönlichen Gespräch außerhalb offizieller Programme und bei Begegnungen im kleinen Kreis lernt man einander oft besser kennen und verstehen und erhält tiefergehende Einblicke in die vielschichtigen Problematiken der wechselseitigen Beziehungen. Die Mitwirkung und der Erfahrungsaustausch von Abgeordneten in interparlamentarischen Gremien ist dabei doppelt befruchtend: Einerseits kann der interparlamentarische Dialog um die im eigenen Parlament gewonnenen Erfahrungen bereichert, andererseits können Anregungen und Impulse aus der Arbeit fremder Parlamente für die eigene parlamentarische Arbeit nutzbar gemacht werden. Abgeordnete des Deutschen Bundestages wirken heute in zahlreichen interparlamentarischen Gremien auf vielfältige Weise mit. Die Zielsetzungen der interparlamentarischen Gremien mögen im Einzelnen unterschiedlich sein, sie gleichen sich aber in einem zentralen Punkt: Internationale politische Prozesse sollen im Rahmen des interparlamentarischen Dialoges von den Parlamenten begleitet und unterstützt sowie ein Gedanken- und Erfahrungsaustausch unter den Parlamentariern gefördert werden. Trotz der vielen positiven Ansätze, die in der Arbeit der interparlamentarischen Gremien zu erkennen sind, wird ihre Wirksamkeit jedoch durchaus skeptisch beur12 Vgl. den Diskussionsbeitrag von Klaus Pöhle, in: Rudolf Geiger (Hrsg.), Neuere Probleme der parlamentarischen Legitimation im Bereich der auswärtigen Gewalt, Baden-Baden 2003, S. 135. 13 Siehe dazu die Arbeiten von Stefan Marschall, „Niedergang“ und „Aufstieg“ des Parlamentarismus im Zeitalter der Denationalisierung, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Jg. 33 (2002), Heft 1, S. 377 – 390, insb. S. 384 ff.; ders., Transnationale Repräsentation in parlamentarischen Versammlungen: Demokratie und Parlamentarismus jenseits des Nationalstaates, Baden-Baden 2005, zugl. Habil.-Schr. Univ. Düsseldorf 2004 sowie Beat Habegger, Parlamentarismus in der internationalen Politik: Europarat, OSZE und Interparlamentarische Union, Baden-Baden 2005, zugl. Diss. Univ. St. Gallen 2005.

II. Mitwirkung des Bundestages in interparlamentarischen Gremien

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teilt. Wolfgang Wessels stellt fest: Minister und Beamtengremien nähmen die Ergebnisse der parlamentarischen Arbeit zwar mit dem „Ausdruck hoher Ehrerbietung zur Kenntnis“, ohne sie jedoch „in dem weiteren Problemverarbeitungsprozess zu berücksichtigen.“14 Auch für die Arbeit der jeweiligen nationalen Parlamente seien Folgeeffekte kaum zu beobachten: Kenntnisse und Erfahrungen aus den interparlamentarischen Gremien würden zwar teilweise in die Ausschussarbeit eingebracht, blieben dort aber weitgehend ohne Beachtung.15 Ein Grund hierfür sei in der Auswahl der Parlamentarier für diese Gremien zu sehen, denn führende Abgeordnete ließen sich kaum in die interparlamentarischen Versammlungen wählen und seien dort deshalb so gut wie nicht präsent.16 – Es liegt mithin also an den den Parlamenten und den Abgeordneten selbst, ihrem Engagement in den interparlamentarischen Gremien künftig mehr Bedeutung beizumessen und dem nicht zuletzt auch in personeller Hinsicht Rechnung zu tragen. Die interparlamentarischen Gremien, in denen Abgeordnete des Deutschen Bundestages mitwirken, sollen im Folgenden kurz vorgestellt werden:

1. Interparlamentarische Union (IPU) Das größte und zugleich älteste interparlamentarische Gremium ist die im Jahre 1889 gegründete Interparlamentarische Union. Sie geht auf eine Initiative des englischen Arbeiterführers und späteren Friedensnobelpreisträgers Sir William Randal Cremer zurück, der sich engagiert für zwischenstaatliche Schiedsgerichtsverträge einsetzte, die eine Regelung internationaler Streitfälle durch friedliche Mittel, statt durch Blutvergießen ermöglichen sollten.17 Der französische Pazifist Frédéric Passy, der die von Cremer propagierten Schiedsgerichtsverträge für wichtige Grundsteine einer gerechten Friedensgarantie hielt, verfolgte darauf aufbauend die Idee einer auf gemeinsamer Überzeugung beruhenden Union von Parlamentariern der verschiedensten Länder weiter.18 Einem gemeinsamen Aufruf Cremers und Passys folgend, versammelten sich im Jahre 1889 anlässlich der Weltausstellung in Paris erstmals Parlamentarier verschiedener Länder zu einer gemeinsamen interparlamentarischen Konferenz.19 14 Wolfgang Wessels, Die Öffnung des Staates: Modelle und Wirklichkeit grenzüberschreitender Verwaltungspraxis 1960 – 1995, Opladen 2000, S. 333. 15 Ebenda. 16 Ebenda. 17 Vgl. Die Interparlamentarische Union von 1989 bis 1939 (hrsg. v. Interparlamentarischen Büro anlässlich des fünfzigjährigen Bestehens der Union), Lausanne u. a. 1939, S. 161 ff. 18 Ebenda, S. 185. 19 Siehe dazu Horst Ferdinand, Der Deutsche Bundestag und die interparlamentarischen Versammlungen. Ein Beitrag zum 40jährigen Bestehen des Deutschen Bundestages und zum 100. Jahrestag der Gründung der Interparlamentarischen Union, hrsg. vom Deutschen Bundestag, Referat Öffentlichkeitsarbeit, Bonn 1989, S. 11; Ralph Uhlig, Interparlamentarische

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E. Parlamentarische Außenpolitik im Zeitalter der Globalisierung

Die Organisation war zunächst darauf ausgerichtet, internationale Probleme, deren Lösung auf parlamentarischem Wege gefördert werden kann, zu studieren. Nach dem Ersten Weltkrieg folgte eine Ausweitung des Handlungsbereichs der IPU auf die Kriegsverhütung und Friedenssicherung. Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges tritt die Union auch mit der Äußerung eigener Ansichten und der Veröffentlichung eigener Vorschläge zur Kriegsverhütung und Friedenssicherung an die Staatenwelt heran. Der Sitz der IPU ist Genf. Ihre Amtssprachen sind Englisch und Französisch, Arbeitssprachen Englisch, Französisch, Spanisch und Arabisch. Heute gehören der IPU Delegationen aus insgesamt 143 Staaten sowie sieben assoziierte Mitglieder20 an. Deutsche Abgeordnete arbeiten seit dem Jahre 1891 in der IPU mit. Nach der Unterbrechung der Mitgliedschaft in der Zeit der Nazi-Diktatur nimmt Deutschland seit dem Jahre 1951 wieder an der IPU teil und ist bei den Jahrestagungen mit insgesamt acht Delegierten vertreten, die nach dem Stärkeverhältnis der im Bundestag vertretenden Fraktionen entsandt werden. Die Gesamtzahl der Delegiertensitze beträgt maximal 1016. Als internationale Organisation der Parlamente souveräner Staaten (Art. 1 der IPU-Statuten)21 nimmt die IPU heute die Parlamente aller Staaten als Mitglieder auf, d. h. auch solche aus diktatorischen Regimen. Allein die formale Existenz eines Parlaments genügt.22 Dieser Umstand führt auf den IPU-Konferenzen regelmäßig zu Streitpunkten, da seit dem Zweiten Weltkrieg die Verteidigung und Förderung der Menschenrechte eines der zentralen Ziele der IPU darstellt. Zielsetzung der IPU ist heute, einen Erfahrungs- und Meinungsaustausch zwischen Parlamentariern aller Länder zu politischen, wirtschaftlichen und sozialen Fragen von internationalem Interesse zu fördern sowie einen parlamentarischen Beitrag zum Schutz der Menschenrechte zu leisten. Überdies will sie zu einem besseren Verständnis der Arbeitsweise repräsentativer Institutionen im Sinne des rechtsstaatlichen Demokratiemodels beitragen. Von Anfang an setzte sie sich deshalb für die Verbreitung und Förderung der parlamentarischen Demokratie ein. Mit Stellungnahmen, Empfehlungen und Entschließungen wendet sich die IPU sowohl an nationale Regierungen und Parlamente als auch an internationale Organisationen. Die IPU-Mitgliedstaaten sind verpflichtet, die entsprechenden Resolutionen Union 1889 – 1914, Friedenssicherungsbemühungen im Zeitalter des Imperialismus, Stuttgart 1988, S. 65 ff.; James Douglas, Parliaments Across Frontiers. A Short History of the InterParliamentary Union, London 1975. 20 Darunter auch das Europäische Parlament und die Parlamentarische Versammlung des Europarates. 21 Abrufbar im Internet unter http: // www.ipu.org / strct-e / statutes-new.htm (am 18. 09. 2005). 22 Vgl. Klaus Pöhle, Die Interparlamentarische Union als Faktor demokratischer Legitimation im völkerrechtlichen Bereich, in: Rudolf Geiger (Hrsg.), Neuere Probleme der parlamentarischen Legitimation im Bereich der auswärtigen Gewalt, Baden-Baden 2003, S. 139 – 153, S. 142.

II. Mitwirkung des Bundestages in interparlamentarischen Gremien

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auf nationaler Ebene zu verbreiten und sich für ihre Umsetzung einzusetzen, eine rechtliche Verbindlichkeit hierzu besteht allerdings nicht. Plenartagungen der IPU finden zweimal jährlich abwechselnd in den verschiedenen IPU-Mitgliedsstaaten statt. Daneben gibt es insgesamt vier Ausschüsse23, die jeweils einmal jährlich anlässlich der Plenartagung zusammentreten. Zunehmend gibt es heute Bestrebungen, die IPU künftig als parlamentarischen Arm der nach wie vor rein intergouvernemental organisierten Vereinten Nationen zu institutionalisieren. 24 Von ihr sollen die Aktivitäten auf allen Ebenen des UNSystems parlamentarisch begleitet werden.25 Auch ein neuer Name ist bereits gefunden: „United Nations Parliamentary Assembly“ (UNPA), die Parlamentarische Versammlung bei den Vereinten Nationen.26 Die Chancen zur Realisierung eines solchen Vorhabens erscheinen derzeit allerdings noch geringer, als eine längst überfällige Reform des UN-Sicherheitsrates. Immerhin ist die IPU aber bereits mit einer eigenen Ständigen Vertreterin bei den Vereinten Nationen in New York präsent.27 2. Parlamentarische Versammlung des Europarates Die Initiative zur Gründung des Europarates geht ursprünglich auf die berühmt gewordene Züricher Rede Winston Churchills zurück. Kurz nach dem Krieg, am 19. September 1946, hatte der englische Premier angesichts der schrecklichen Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges ausgerufen: „We must build a kind of United States of Europe“ – nur so könnten Hunderte von Millionen schwer arbeitender Menschen die einfachen Freuden und Hoffnungen wieder erringen, die das Leben lebenswert machen. Diese Worte Churchills lösten eine politische Bewegung aus, 23 (1) Ausschuss für politische Fragen, internationale Sicherheit und Abrüstung, (2) Ausschuss für Parlaments-, Rechts- und Menschenrechtsfragen, (3) Ausschuss für Wirtschaftsund Sozialfragen, (4) Ausschuss für Erziehung, Wissenschaft, Kultur und Umwelt. 24 Siehe hierzu den interfraktionellen Antrag der Fraktionen von SPD, CDU / CSU, BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN und FDP „Für eine parlamentarische Dimension im System der Vereinten Nationen“, BT-Drs. 15 / 3711. Der Unterausschuss Vereinte Nationen des Auswärtigen Ausschusses führte am 14. Februar und 14. März 2005 eine öffentliche Anhörung zum Thema „Eine parlamentarische Dimension der Vereinten Nationen“ durch. 25 Vgl. Pöhle (Anm. 22), S. 148 sowie Christoph Zöpel, Die Vereinten Nationen und die Parlamente: Zur Mitwirkung des Bundestags an der deutschen UN-Politik, in: Vereinte Nationen, Jg. 53 (2005), Heft 3, S. 97 – 99 und ders., Die Vereinten Nationen und die Parlamente (II): Zu einer parlamentarischen Dimension der UN, in: Vereinte Nationen, Jg. 53 (2005), Heft 4, S. 145 – 148. 26 Siehe hierzu die Stellungnahme 2 des Komitees für eine demokratische UNO zur öffentlichen Anhörung des Unterausschusses Vereinte Nationen des Auswärtigen Ausschusses am 14. 02. 2005 sowie die Internetseite des Komitees für eine demokratische UNO www.uno-komitee.de (am 18. 09. 2005). 27 Ständige Vertreterin der IPU bei den Vereinten Nationen in New York ist Botschafterin Anda Filip.

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E. Parlamentarische Außenpolitik im Zeitalter der Globalisierung

die kaum zwei Jahre später mit einem umfassenden Programm an die Öffentlichkeit trat. Auf dem Haager Kongress vom 7. bis 10. Mai 1948 wurde von Staatsmännern (unter ihnen auch der damalige Vorsitzende der nordrhein-westfälischen CDU Konrad Adenauer), Privatleuten, Parlamentariern und Bürokraten, Konservativen, Sozialisten und Liberalen aus dreißig Ländern ein konkretes Programm für die Schaffung „einer Art Vereinigter Staaten“ in Europa vorgestellt. Wiederum ein Jahr später, am 5. Mai 1949, konnte die Satzung der schließlich „Europarat“ getauften Organisation in London unterzeichnet werden. Dem Europarat gehörten zunächst zehn Staaten (Belgien, Dänemark, Frankreich, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande; Norwegen, Schweden und Großbritannien) an. Die Bundesrepublik Deutschland wurde 1950 erst als assoziiertes, 1951 dann als Vollmitglied aufgenommen.28 Sitz des Europarates ist Straßburg. Amtsprachen sind Englisch und Französisch; Arbeitssprachen Englisch, Französisch, Deutsch, Italienisch und Russisch. Der Europarat ist heute eine gesamteuropäische Organisation mit 46 Mitgliedstaaten.29 Mitglied des Europarates kann jeder europäische Staat werden, sofern er sich zu dessen Prinzipien Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Schutz der Menschenrechte, bekennt. Voraussetzung für die Mitgliedschaft ist die Zeichnung der Europäischen Menschenrechtskonvention. Drei Länder – die USA, Kanada und Japan – gehören dem Europarat als Beobachter an. Der Europarat hat die Aufgabe, „einen engeren Zusammenschluss unter seinen Mitgliedern zu verwirklichen, um die Ideale und Grundsätze, die ihr gemeinsames Erbe sind, zu schützen und zu fördern und um ihren wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt zu begünstigen“.30 Zu seinen Zielen gehören der Schutz und die Stärkung der pluralistischen Demokratien und der Menschenrechte auf dem europäischen Kontinent sowie die Entwicklung und Festigung des Bewusstseins für eine kulturelle europäische Identität. Daneben arbeitet er an gemeinsamen Lösungen für aktuelle politische, wirtschaftliche und soziale Probleme wie Umweltschutz, Fremdenhass und Minderheitenschutz. Organe des Europarates sind das Ministerkomitee mit den Außenministern und die Parlamentarische Versammlung (bis 1974 „Beratende Versammlung“31) sowie der in zwei Kammern gegliederte Kongress der Gemeinden und Regionen Europas, dem eine beratende Funktion zukommt. Siehe zum Ganzen Ferdinand (Anm. 19), S. 59 – 85. Siehe http: // www.coe.int / T / D / Com / Europarat_kurz / Mitgliedstaaten / default.asp (am 18. 09. 2005). 30 Siehe Art. Kapitel I Art. 1 der Satzung des Europarates, BGBl. 1950, S. 263 – 273, 264. 31 Siehe dazu Michael Schweitzer, Europarat, WEU, NATO, Europäisches Parlament, in: Hans-Peter Schneider / Wolfgang Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis, Berlin / New York 1989, S. 1657 – 1693, S. 1658 Rdnr. 6. Vgl. auch das Gesetz über die Wahl der Vertreter der Bundesrepublik Deutschland zur Beratenden Versammlung des Europarates vom 11. Juni 1951, BGBl. 1951, Teil I, S. 397. 28 29

II. Mitwirkung des Bundestages in interparlamentarischen Gremien

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Die Parlamentarische Versammlung des Europarates war die erste in der Geschichte Europas. Den Abgeordneten des Deutschen Bundestages ermöglichte sie „die ersten Schritte auf europäischem Parkett“.32 Heute gehören ihr 315 Parlamentarier aus den nationalen Parlamenten der Mitgliedstaaten an. Entsprechend seiner Größe entsendet jeder Staat eine bestimmte Anzahl von Vertretern und Stellvertretern.33 Lichtenstein hat zwei Sitze, während große Staaten wie Deutschland und Frankreich 18 Parlamentarier entsenden. Die Parlamentarische Versammlung gilt als „Motor“ des Europarates. Sie begleitet die Arbeiten des Ministerkomitees parlamentarisch und gibt eigene politische Anstöße. Ein wesentlicher Teil ihrer Tätigkeit besteht in der Ausarbeitung europäischer Abkommen und Konventionen zur Rechtsharmonisierung in den Mitgliedstaaten. Hierzu hat die Parlamentarische Versammlung eine Reihe eigener Initiativen ergriffen.34 Zudem richtet sie Empfehlungen zu den unterschiedlichsten Politikbereichen an das Ministerkomitee sowie an die Regierungen der Mitgliedstaaten.35 Daneben ist die Versammlung auch ein Diskussionsforum für andere internationale Organisationen, wie z. B. die OECD, die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung oder die Europäische Weltraumagentur. Über die eigentliche parlamentarische Arbeit hinaus hat die Parlamentarische Versammlung außerdem die Aufgabe, den Generalsekretär des Europarates und seinen Stellvertreter zu wählen sowie den Menschenrechtskommissar des Europarates und die Richter des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Ein besonderes Verdienst der Parlamentarischen Versammlung war die Einbindung von Parlamentariern aus Mittel- und Osteuropa in ihre Arbeiten. Sie hat sich damit zu einem wichtigen Forum für die neuen Demokratien entwickelt und trägt durch ihre Hilfsleistungen bei den politischen, gesetzgeberischen und verfassungsrechtlichen Reformen wesentlich zur Unterstützung des Demokratisierungsprozesses in diesen Ländern bei. 32 Vgl. Peter Schindler, Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1949 bis 1999, Baden-Baden 1999, Bd. III, Kapitel 24.1, S. 3544. Siehe dazu auch Ludwig Gramlich, Die legitimierende Wirkung der Parlamentarischen Versammlung im Rahmen des Europarats und der OSZE, in: Rudolf Geiger (Hrsg.), Neuere Probleme der parlamentarischen Legitimation im Bereich der auswärtigen Gewalt, Baden-Baden 2003, S. 113 – 133, S. 114. 33 Vgl. dazu Artikel 1 und 2 des Gesetzes über die Wahl der Vertreter der Bundesrepublik Deutschland zur Parlamentarischen Versammlung des Europarates vom 6. Dezember 1990, BGBl. 1990, Teil I, S. 2586. 34 Beispielsweise die Ausarbeitung eines Entwurfs für ein Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention, das die Rechte nationaler Minderheiten regelt, die Ausarbeitung des Protokolls Nr. 6 zur Europäischen Menschenrechtskonvention betreffend die Abschaffung der Todesstrafe sowie die Ausarbeitung einer Konvention betreffend den Menschenhandel. 35 Die Themen reichen von der Lage in Tschetschenien, Serbien und Montenegro, über die europäische Gesundheits- und Sozialpolitik bis hin zur Wirtschaftsreform und Situation der Kernkraftwerke in Mittel- und Osteuropa sowie der europäischen kulturellen Zusammenarbeit.

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E. Parlamentarische Außenpolitik im Zeitalter der Globalisierung

Die Versammlung tritt in der Regel zu vier Sitzungsperioden im Jahr in Straßburg zusammen. Die Sitzungen werden durch insgesamt zehn ständige Fachausschüsse vorbereitet.36 Die Ausschusssitzungen finden sowohl während der Tagungen in Straßburg als auch während des ganzen Jahres in Abständen von ca. 6 – 8 Wochen in einem der Mitgliedstaaten des Europarates statt.

3. Versammlung der WEU (WEU-PV) Die WEU wurde im Jahre 1948, gut ein Jahr vor der NATO, als kollektiver Beistandpakt von ursprünglich fünf europäischen Staaten (Frankreich, Großbritannien, Belgien, Niederlande, Luxemburg) gegründet. Vordergründig war sie gegen Deutschland gerichtet, das acht Jahre zuvor Frankreich, Belgien, die Niederlande und Luxemburg besetzt hatte. Angesichts der zunehmenden Bedrohung durch die Ausweitung des sowjetischen Herrschaftsbereiches auf zahlreiche Satellitenstaaten entschlossen sich die Vertragspartner im Jahre 1954 aber, das Bündnis um die Bundesrepublik Deutschland und Italien zu erweitern. Rechtsgrundlage der WEU ist der 1948 in Brüssel geschlossene Vertrag über die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Zusammenarbeit und gemeinsame Selbstverteidigung in der durch das im Jahre 1954 unterzeichnete Protokoll geänderten Fassung (sog. geänderter Brüsseler Vertrag).37 Kernstück des Vertrages ist Artikel V, der jeden Vertragspartner im Falle des Angriffs auf einen anderen Vertragspartner dazu verpflichtet, im Einklang mit den Bestimmungen des Artikels 51 der Satzung der Vereinten Nationen alle ihm zur Verfügung stehenden militärischen und sonstigen Hilfen zu gewähren. Damit wird ein Verteidigungsbündnis definiert, das weitreichendere Verpflichtungen enthält als der Nordatlantikvertrag oder jeder andere derzeit gültige Vertrag, weil eine automatische Beistandsverpflichtung festgeschrieben wird. Sitz der Organisation mit ihrem Generalsekretariat ist Brüssel. Heute gehören der WEU neben den Gründungsmitgliedern sowie Deutschland und Italien auch Portugal, Spanien und Griechenland an. Island, Norwegen, die Türkei, Ungarn, Polen und die Tschechische Republik haben ihren Beitritt als assoziierte Mitglieder erklärt. Schweden, Österreich, Finnland, Irland und Dänemark haben Beobachterstatus.38 36 (1) Politischer Ausschuss, (2) Ausschuss für Wirtschaft und Entwicklung, (3) Ausschuss für Sozialordnung, Gesundheit und Familie, (4) Ausschuss für Recht und Menschenrechte, (5) Ausschuss für Kultur, Wissenschaft und Bildung, (6) Ausschuss für Umwelt, Landwirtschaft und kommunale und regionale Angelegenheiten, (7) Ausschuss für Wanderbewegungen, Flüchtlings- und Bevölkerungsfragen, (8) Ausschuss für Geschäftsordnung und Immunitäten, (9) Ausschuss für die Gleichstellung von Frauen und Männern, (10) Ausschuss der von den Mitgliedstaaten eingegangenen Pflichten und Verpflichtungen. 37 BGBl. 1954, Teil II, S. 258. 38 Siehe http: // www.weu.int / (am 18. 09. 2005).

II. Mitwirkung des Bundestages in interparlamentarischen Gremien

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Das Parlamentarische Organ der WEU ist gemäß Artikel IX des geänderten Brüsseler Vertrages die Versammlung.39 Sie nahm ihre Tätigkeit am 5. Juli 1955 auf40 und ist das einzige interparlamentarische Gremium auf europäischer Ebene, das kraft Vertrages über Kompetenzen in Fragen der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik verfügt. Die Versammlung hat ihren Sitz in Paris. Sie setzt sich zusammen aus 115 Vertretern der Vertragsmächte und ebenso vielen Stellvertretern, die zur gleichen Zeit auch Mitglieder in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates sind. Daneben gehören ihr 146 ordentliche und stellvertretende Vertreter aus den assoziierten Mitglieds-, Partner- und Beobachterstaaten an. Wie in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates verfügt die Bundesrepublik Deutschland auch in der Versammlung der Westeuropäischen Union über 18 Sitze. Nach Artikel I ihrer Satzung hat die Versammlung die Befugnis, sich mit allen Fragen zu befassen, die den geänderten Brüsseler Vertrag betreffen. Sie diskutiert grundlegende Fragen europäischer Sicherheit, wobei auch die Beziehungen zur Europäischen Union sowie zu anderen Sicherheitsorganisationen einen wichtigen Platz einnehmen. Ebenso befasst sie sich mit aktuellen Problemlagen, wie in jüngerer Zeit beispielsweise mit dem Krieg im Irak und den Beziehungen zu den Vereinigten Staaten von Amerika. Vorrangiges Interesse der Versammlung ist es, einen ständigen und intensiven Dialog mit dem WEU-Rat zu führen. Auch wenn der Rat zur Befolgung der Empfehlungen der Versammlung rechtlich nicht verpflichtet ist, kommt ihnen ein erhebliches politisches Gewicht zu.41 Die Beschlusstexte der Versammlung werden den Gremien und Fachausschüssen des Deutschen Bundestages im Anschluss an die Plenartagungen der Versammlung zur Kenntnis gebracht. Durch parlamentarische Anfragen der Abgeordneten an die Bundesregierung wird die Umsetzung der Empfehlungen und Entschließungen der Versammlung gefördert und unterstützt.42 Die Versammlung tritt in der Regel zweimal im Jahr an ihrem Sitz in Paris zu einer viertägigen Tagung zusammen. Während dieser Tagung und in der Regel acht- bis zehnmal jährlich tagen die sechs allgemeinen Ausschüsse der Versammlung43 am Tagungsort in Paris oder in den Mitgliedstaaten der WEU.44

Siehe dazu Schweitzer (Anm. 31), S. 1664 Rdnr. 27. Schweitzer (Anm. 31), S. 1664 Rdnr. 29. 41 Beispielsweise ist die europäische Weltraumbasis in französisch Guyana einer Initiative der WEU-PV zu verdanken. Siehe dazu Christoph Lotter, Die Parlamentarische Versammlung der Westeuropäischen Union, Baden-Baden 1997, S. 154 Fn. 352. 42 Siehe dazu auch Paul Borcier, The political role of the Assembly of WEU, Paris 1963. 43 (1) Verteidigungsausschuss, (2) Politischer Ausschuss, (3) Ausschuss für Technologie und Raumfahrt, (4) Ausschuss für Haushalts- und Verwaltungsfragen, (5) Ausschuss für Geschäftsordnung und Immunität, (6) Ausschuss für die Beziehungen zu den Parlamenten und zur Öffentlichkeit. 44 Vgl. Lotter (Anm. 41), S. 65 ff. 39 40

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E. Parlamentarische Außenpolitik im Zeitalter der Globalisierung

4. Parlamentarische Versammlung der NATO (NATO-PV) Die Partner des Verteidigungsbündnisses der NATO hatten bei ihrer Gründung im Jahre 1949 darauf verzichtet, dem NATO-Ministerrat ein ähnliches parlamentarisches Gremium wie etwa die WEU-Versammlung gegenüberzustellen. Das Fehlen eines solchen internationalen Ausspracheforums, in dem sich die Volksvertreter der beteiligten Staaten über alle Fragen des Bündnisses auf einer transnationalen Ebene austauschen konnten, wurde aber schon bald als schmerzlich empfunden.45 Auf Initiative europäischer und nordamerikanischer Parlamentarier trat im Jahre 1955 deshalb erstmals eine Konferenz der Mitglieder der Parlamente der NATO-Mitgliedstaaten (NATO-Parlamentarierkonferenz) zusammen, aus der im Jahre 1966 die Nordatlantische Versammlung (NAV), die heutige Parlamentarische Versammlung der NATO (NATO-PV) hervorging.46 Ihre Hauptaufgabe sieht die NATO-PV darin, die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten in allen verteidigungs- und sicherheitspolitischen Fragen zu fördern, die Vorstellungen der Nordatlantischen Allianz bei der Formulierung nationaler Politiken einzubringen und als Bindeglied zwischen den nationalen Parlamenten und den NATO-Stellen zu dienen. Obwohl die NATO-PV im Nordatlantikvertrag nicht verankert und auch kein Organ der NATO ist, hat die NATO nach anfänglichem Zögern die wichtige Rolle dieser Versammlung bei der Verwirklichung der Zielsetzung der Nordatlantischen Allianz anerkannt. Im Laufe der Jahre hat sich die NATO-PV zu einem transatlantischen Forum von Parlamentariern der Bündnisländer entwickelt, das auch zu einem ernstzunehmenden Gesprächspartner der NATO-Gremien geworden ist. Der Generalsekretär der NATO erstattet der Versammlung regelmäßig Bericht über die Arbeit und die aktuellen Aufgaben der Atlantischen Allianz. Die NATO-PV erarbeitet ihrerseits zu allen das Bündnis betreffenden Fragen Berichte, Empfehlungen und Entschließungen, die sich an die Regierungen der NATO-Mitgliedsländer und den Nordatlantikrat richten. Obwohl die Entschließungen rechtlich nicht bindend sind, entfalten sie eine erhebliche politische Wirkung. Die notwendige administrative Unterstützung für die Arbeit der NATO-PV leistet das vom Generalsekretariat geleitete Internationale Sekretariat mit Sitz in Brüssel. Der NATO-PV gehören heute die 26 Mitgliedstaaten der Atlantischen Allianz sowie weitere europäische Staaten mit Assoziierten-Status und Länder mit Beobachterstatus an. Die deutsche Delegation in der NATO-PV besteht aus 18 ordentlichen Mitgliedern (12 Abgeordneten des Deutschen Bundestages und 6 Mitgliedern des Bundesrates). Vgl. Ferdinand (Anm. 19), S. 101. Siehe dazu Ferdinand (Anm. 19), S. 101 ff. sowie Sarah Charman / Keith Williams, The Parliamentarians’ Role in the Alliance, The North Atlantic Assembly 1955 – 1980, Brüssel 1981. 45 46

II. Mitwirkung des Bundestages in interparlamentarischen Gremien

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Als transatlantisches Forum für die Erörterung von Bündnisproblemen dient die NATO-PV in erster Linie dem politischen Dialog und dem Meinungsaustausch auf internationaler Ebene. Darüber hinaus liegt die Bedeutung der NATO-PV darin, dass die Parlamentarier durch ihre Entschließungen und Initiativen der Arbeit des Nordatlantikrates neue Impulse geben können. Dass diese Initiativen der NATOPV für die Atlantische Allianz von großer Bedeutung sind, hat sich insbesondere nach den politischen Veränderungen in Mittel- und Osteuropa gezeigt. Die NATOPV unterstützt die Länder Mittel- und Osteuropas heute auf ihrem Weg zur parlamentarischen Demokratie. Die Versammlung tritt regelmäßig zu einer viertägigen Frühjahrstagung und zu einer sechstägigen Herbsttagung in einem der Mitgliedstaaten der NATO zusammen. Während dieser Sitzungen tagen die fünf Ausschüsse der Versammlung47 sowie der Ständige Ausschuss. Die Sicherheit Gesamteuropas ist während der Plenartagungen ein vorrangiges Thema, es werden aber auch spezielle Probleme in den Bereichen Wirtschaft, Politik, Umwelt und Kultur der Länder Mittelund Osteuropas erörtert. Der Ständige Ausschuss, in den die Mitgliedsländer ein oder zwei Delegierte entsenden, hat die Arbeit der Versammlung und ihrer Ausschüsse zwischen den Sitzungen zu koordinieren sowie alle erforderlichen Schritte einzuleiten, um die Empfehlungen und Entschließungen der Versammlung umzusetzen.

5. Parlamentarische Versammlung der OSZE (OSZE-PV) Die Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) entstand im Rahmen des Entspannungsprozesses zwischen Ost und West, der aus der Phase des Kalten Krieges allmählich herausführte und wesentlich dazu beitrug, diesen schließlich zu beenden.48 Sie war ein wichtiges Instrument für Entspannung und Vertrauensbildung zwischen Ost und West und förderte eine stärkere Beachtung der Menschenrechte hinter dem „Eisernen Vorhang“, denn sie lieferte mit der Schlussakte von Helsinki 1975 einen Maßstab, anhand dessen die Behandlung der Bürger durch den Staat überprüft werden konnte. Die Gründung einer parlamentarischen Versammlung der KSZE wurde erstmalig Anfang der 90er-Jahre gefordert. In ihrer Erklärung über das Pariser KSZETreffen vom 21. November 1990, besser bekannt als Charta von Paris für ein Neues Europa49, haben sich die Staats- und Regierungschefs der Teilnehmerstaaten 47 (1) Politischer Ausschuss, (2) Ausschuss für Verteidigung und Sicherheit, (3) Ausschuss für Wirtschaft und Sicherheit, (4) Ausschuss für Wissenschaft und Technologie sowie (5) Ausschuss für die Zivile Dimension der Sicherheit. 48 Siehe dazu etwa Wilfried von Bredow, Der KSZE-Prozess, Darmstadt 1992. 49 Der Text der Charta ist abgedruckt bei Theodor Schweisfurth / Karin Oellers-Frahm (Hrsg.), Dokumente der KSZE, München 1993, S. 441 ff.

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E. Parlamentarische Außenpolitik im Zeitalter der Globalisierung

der KSZE „in Anerkennung der wichtigen Rolle, die Parlamentarier im KSZEProzess spielen können, [ . . . ] für eine stärkere Einbeziehung der Parlamentsarbeit in die KSZE aus[gesprochen], insbesondere durch die Schaffung einer parlamentarischen Versammlung der KSZE unter Beteiligung von Parlamentsmitgliedern aus allen Teilnehmerstaaten.“ 50 Die Staats- und Regierungschefs haben es zu diesem Zweck nachdrücklich befürwortet, „daß Kontakte auf Parlamentsebene fortgesetzt werden, um Tätigkeitsbereich, Arbeitsmethoden und Verfahrensregeln einer derartigen parlamentarischen Struktur der KSZE unter Nutzung vorhandener Erfahrungen und bereits geleisteter Arbeiten in diesem Bereich zu erörtern.“51 Ein Jahr später, am 2. und 3. April 1991, kamen Parlamentsabgeordnete aus allen 34 KSZE-Unterzeichnerstaaten in Madrid zusammen, um dem Auftrag der Staats- und Regierungschefs entsprechend eine parlamentarische Versammlung der KZSE ins Leben zu rufen.52 Zugleich wurde beschlossen, dass die Parlamentarische Versammlung ihre Gründungstagung in der ersten Juliwoche 1992 in Budapest abhält. Nachdem die KSZE im Sinne einer weiteren institutionellen Stärkung mit Wirkung zum 1. Januar 1995 in Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) umbenannt worden war, erhielt die Parlamentarische Versammlung die Bezeichnung OSZE-PV. Nach Jahren der Ungewissheit über den Status der Parlamentarischen Versammlung im Rahmen des OSZE-Institutionengefüges wurde die OSZE-PV schließlich auf dem Istanbuler Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der OSZE-Staaten im Jahre 1999 als fester Bestandteil der OSZE-Strukturen anerkannt. Die Versammlung sieht ihre Hauptaufgabe darin, die Arbeit der OSZE parlamentarisch zu begleiten, den Ausbau und die Festigung der demokratischen Strukturen und Institutionen in den OSZE-Teilnehmerstaaten zu unterstützen und an der Weiterentwicklung der institutionellen Strukturen der OSZE mitzuwirken. Hierzu befasst sich sie sich mit OSZE-relevanten Fragestellungen und verabschiedet dazu Empfehlungen, die sich an die Regierungen und Parlamente der OSZETeilnehmerstaaten sowie an die OSZE-Exekutive richten. In ihren bisherigen Erklärungen hat die Parlamentarische Versammlung nicht nur zu zahlreichen aktuellen politischen Fragen entschieden Stellung bezogen, sondern auch Anregungen und Empfehlungen gegeben, die von der OSZE Exekutive bei ihrer Arbeit berücksichtigt werden sollen.53 Das Internationale Sekretariat der Parlamentarischen Versammlung hat seinen Sitz in Kopenhagen. Seit November 2002 verfügt die OSZE-PV außerdem über ein Ebenda, S. 453 f. Ebenda, S. 454. 52 Siehe dazu Gramlich (Anm. 32), S. 115. 53 Siehe hierzu Michael Fuchs / Angelika Pendzich-von Winter, Die Parlamentarische Versammlung der OSZE – Entstehungsgeschichte, Funktionen, Arbeitsweise und Gremien, in: Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg / IFSH (Hrsg.), OSZE-Jahrbuch 1996, S. 393 – 404. 50 51

II. Mitwirkung des Bundestages in interparlamentarischen Gremien

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Verbindungsbüro am Sitz der OSZE in Wien, das von dem ehemaligen Leiter des Referates Interparlamentarische Angelegenheiten (ehemals PB 2, heute „Interparlamentarische Organisationen“ WI 2) der Bundestagsverwaltung, Andreas Nothelle, geleitet wird. Die Versammlung finanziert sich ausschließlich aus Beitragszahlungen der Mitgliedsländer. Der Deutsche Bundestag trägt mit 192.922 EUR ungefähr ein Zehntel des Gesamtbudgets; Frankreich, Großbritannien und Italien leisten Beiträge in gleicher Höhe. Die OSZE-PV umfasst 55 Teilnehmerstaaten und besteht aus 317 Parlamentariern. Die deutsche Delegation umfasst 13 ordentliche und eine gleiche Anzahl stellvertretender Mitglieder und ist damit eine der stärksten in der OSZE-PV. Delegationsleiter ist der Bundestagspräsident. Mit besonderem Nachdruck hat sich die Versammlung für die parlamentarische Beobachtung von Wahlen eingesetzt, insbesondere in den Ländern Mittel- und Osteuropas sowie den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion. Die Anwesenheit von parlamentarischen Wahlbeobachtern unterstreicht, wie wichtig die Legislative als institutionelles Gegengewicht zur exekutiven Gewalt ist. Seit 1997 besteht eine enge Kooperation mit dem Büro für Demokratische Institutionen und Menschenrechte (BDIMR) bei Wahlbeobachtungsmissionen. Die Versammlung tritt zu Jahres-, Herbst- und Wintertagungen zusammen. Eine Tagung besteht aus Sitzungen des Ständigen Ausschusses54, der drei Allgemeinen Ausschüsse55 und Plenarsitzungen der Versammlung. Die Plenartagungen der Parlamentarischen Versammlung haben den Zweck, die Verwirklichung der Ziele der OSZE zu bewerten, die Themen zu erörtern, die auf den Tagungen des Rates der Außenminister und auf den alle drei Jahre stattfindenden Gipfeltreffen der Staatsund Regierungschefs behandelt werden, und Maßnahmen einzuleiten und zu fördern, die der Zusammenarbeit und Sicherheit in Europa dienen.

6. Ostseeparlamentarierkonferenz (BSPC) Die parlamentarische Ostseekooperation geht auf das Jahr 1991 zurück, als der damalige Präsident des finnischen Parlaments, Kalevi Sorsa, zur ersten parlamentarischen Konferenz für den Ostseeraum einlud. Die zweite Konferenz fand 1992 in Oslo statt. Bei dieser Konferenz wurde beschlossen, den Ostseerat (CBSS) zu ersuchen, für die nächste Konferenz einen Tätigkeitsbericht auszuarbeiten. Die 54 Der Ständige Ausschuss ist das zentrale Verwaltungsorgan der Versammlung. Ihm gehören neben den Leitern der nationalen Delegationen die Präsidiumsmitglieder sowie die Vorsitzenden der Allgemeinen Ausschüsse an. 55 Die drei Allgemeinen Ausschüsse sind thematisch den drei Körben der Schlussakte von Helsinki zugeordnet: (1) Ausschuss für politische Angelegenheiten und Sicherheit („Erster Ausschuss“), (2) Ausschuss für wirtschaftliche Angelegenheiten, Wissenschaft, Technologie und Umwelt („Zweiter Ausschuss“), (3) Ausschuss für Demokratie, Menschenrechte und humanitäre Angelegenheiten („Dritter Ausschuss“).

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E. Parlamentarische Außenpolitik im Zeitalter der Globalisierung

dritte parlamentarische Konferenz fand 1994 dann in Warschau statt. Seitdem wurden jedes Jahr parlamentarische Ostseekonferenzen durchgeführt. Zu jeder Konferenz wurden vom jeweiligen Vorsitz des Ostseerates Berichte über die Tätigkeiten des Rates im Vorjahr erstellt. Auf der Konferenz in Lübeck wurde 1998 schließlich beschlossen, die parlamentarische Zusammenarbeit durch die Einrichtung offiziellerer Strukturen zu stärken. Eine neue Geschäftsordnung wurde ausgearbeitet und im September 1999 auf der Konferenz von Mariehamn verabschiedet. Die neue Geschäftsordnung spiegelt das Ziel wider, die Konferenz als parlamentarischen Arm zur Arbeit der im Ostseerat vertretenen Regierungen einzurichten. Mit der Verabschiedung der neuen Geschäftsordnung erhielt die Jahreskonferenz einen neuen Namen. Der neue Name Ostseeparlamentarierkonferenz (BSPC) befindet sich im Einklang mit den Namen und Abkürzungen anderer internationaler Organisationen im Ostseeraum. Das Sekretariat der Ostseeparlamentarierkooperation befindet sich im Sekretariat des Nordischen Rates in Kopenhagen. Ihren Zielsetzungen zufolge bemüht sich die Ostseeparlamentarierkonferenz um eine Stärkung der gemeinsamen Identität des Ostseeraumes durch eine enge Zusammenarbeit zwischen nationalen und regionalen Parlamenten. Die BSPC soll politische Aktivitäten in der Region initiieren und leiten und die regionale Zusammenarbeit insbesondere mit dem Ostseerat vorantreiben. Die Parlamentarierkonferenz soll ferner ein Forum für Diskussionen und für den Informationsaustausch zwischen den Parlamenten und anderen Organisationen auf internationaler und interregionaler Ebene in der Region sein. Die Geschäftsordnung der jährlichen Parlamentarierkonferenz sieht vor, dass ein Ständiger Ausschuss Programm und Tagesordnung der jährlichen Konferenz in Absprache mit dem gastgebenden Parlament festlegt. Der Geschäftsordnung zufolge sollen die Konferenzergebnisse in einer von der Konferenz verabschiedeten Resolution niedergelegt werden. Für die Beschlüsse im Plenum gilt das Konsensprinzip. Die Konferenz richtet Vorschläge und Empfehlungen an den Ostseerat, die Regierungen und Parlamente auf nationaler und regionaler Ebene sowie an supranationale Gremien und internationale Organisationen. In der Geschäftsordnung ist ebenfalls vorgesehen, wer einen ständigen Teilnehmerstatus erhält und somit zur Konferenz eingeladen wird. Die neue Geschäftsordnung erteilt dem Ständigen Ausschuss das Mandat, eine exekutive Funktion bei der Überwachung der Umsetzung der Schlussresolutionen und bei der Pflege von Kontakten zu anderen wichtigen internationalen Akteuren in der Region auszuüben. Der Ständige Ausschuss legt ferner die Prioritäten auf der Grundlage jährlicher Arbeitsprogramme fest und ergreift Initiativen zur Förderung der Zusammenarbeit im Ostseeraum. Das Konzept, das der neuen Geschäftsordnung des Ständigen Ausschusses zugrunde liegt, besteht darin, die Präsenz der parlamentarischen Zusammenarbeit im Ostseeraum über die Jahreskonferenz

II. Mitwirkung des Bundestages in interparlamentarischen Gremien

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hinaus spürbar zu machen. Sie ermöglicht es dem Ständigen Ausschuss auch, der parlamentarischen Zusammenarbeit eine größere Kontinuität auf einer ständigen Grundlage zu geben.56 7. Parlamentarische Versammlung der Schwarzmeerwirtschaftskooperation (PABSEC) Die Parlamentarische Versammlung der Schwarzmeerwirtschaftskooperation (PABSEC) wurde 1993 als parlamentarischer Arm der Organisation der Schwarzmeerwirtschaftskooperation (BSEC) gegründet.57 Die Suche der Länder der Schwarzmeerregion nach Wegen zur nationalen Entwicklung und europäischen Integration infolge der politischen Veränderungen Ende der Achtziger Jahre ebnete den Weg für eine Bündelung ihrer Anstrengungen, um den Schwarzmeerraum zu einer Region der Stabilität, des Wohlstands und des Friedens zu machen. Unter Nutzung ihrer gemeinsamen Merkmale – geographische Nähe und gemeinsame kulturelle und historische Werte – beschleunigten die Länder der Region die Herstellung bilateraler und multilateraler Beziehungen. Die Gipfelerklärung der Schwarzmeerwirtschaftskooperation und die am 25. Juni 1992 unterzeichnete Bosporus-Erklärung definierten die grundlegenden Prinzipien und Zielsetzungen der Schwarzmeerwirtschaftskooperation (BSEC) und schufen offiziell eine neue regionale Kooperation unter Beteiligung von 11 Ländern: Albanien, Armenien, Aserbaidschan, Bulgarien, Georgien, Griechenland, Moldau, Rumänien, Russische Föderation, Türkei und Ukraine. Acht Monate später verabschiedeten die Präsidenten der Parlamente von neun Ländern – Albanien, Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Moldau, Rumänien, Russische Föderation, Türkei und Ukraine – die Erklärung über die Schaffung der Parlamentarischen Versammlung der Schwarzmeerwirtschaftskooperation (PABSEC). Im Juni 1995 trat Griechenland der Versammlung als Vollmitglied bei. Bulgarien wurde im Juni 1997 Vollmitglied. Die Parlamentarische Versammlung setzt sich aus 70 Parlamentariern aus allen elf Ländern der Schwarzmeerwirtschaftskooperation zusammen. Die Präsidentschaft rotiert alle sechs Monate in alphabetischer Reihenfolge unter den Mitgliedstaaten. Die nationale Volksversammlung Ägyptens, der Deutsche Bundestag, die Assemblée nationale der Französischen Republik, die Knesset des Staates Israel und der Nationalrat der Slowakischen Republik sowie der parlamentarische Arm der Zentraleuropäischen Initiative besitzen Beobachterstatus bei der PABSEC. Die PABSEC verfolgt das Ziel der Förderung der wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Zusammenarbeit zwischen den Völkern der Region. Auf diese 56 Quelle: http: // www.bundestag.de / parlament / internat / bspc / index.html (am 18. 09. 2005). 57 Siehe http: // www.pabsec.org / (am 18. 09. 2005).

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E. Parlamentarische Außenpolitik im Zeitalter der Globalisierung

Weise will sie dazu beizutragen, den Schwarzmeerraum als Teil der neuen europäischen Architektur zu einer Zone der Stabilität, des Wohlstands und des Friedens zu machen. Die Versammlung konzentriert sich auf die Ausarbeitung von Empfehlungen zu Themen, die für die Verwirklichung der Projekte der multilateralen Wirtschaftskooperation der BSEC von Bedeutung sind, wie die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit, Harmonisierung von Gesetzen, Handel, kleine und mittlere Unternehmen, Zoll- und Visabestimmungen, die BSEC-Freihandelszone, Vermeiden von Doppelbesteuerung, Bank- und Finanzwesen, Transport, Kommunikation, Tourismus, Bekämpfung des organisierten Verbrechens und der Korruption, Strafverfolgung, Bekämpfung des Menschenhandels sowie kulturelle und soziale Fragen wie kulturelles Erbe, Bildung, Jugendkooperation, Hochschulgemeinschaften, die Rolle der Massenmedien, sozialer Schutz für Rentner, Kinderschutz, öffentliche Gesundheit und Umwelt. Der Ausbau der regionalen Zusammenarbeit ist eines der Hauptanliegen der Versammlung. Darüber hinaus legt sie aber auch einen besonderen Schwerpunkt auf die Herstellung und Pflege von Beziehungen zu anderen europäischen Versammlungen, in erster Linie zum Europäischen Parlament. Während seiner Präsidentschaft in der PABSEC startete z. B. das griechische Parlament die Initiative zur Veranstaltung eines Kolloquiums über die „Parlamentarische Perspektive eines erweiterten Europas“, das am 25. Oktober 2002 unter Beteiligung von Parlamentariern und Sachverständigen in Athen stattfand.58

8. Euromediterrane Parlamentarische Versammlung (EUROMED-PV) Auf die kriegerischen Auseinandersetzungen und Konflikte im auseinander brechenden Jugoslawien sowie in Algerien zu Beginn der 90-er Jahre reagierte die EU mit dem so genannten Barcelona-Prozess. Um im südlichen und östlichen Mittelmeerraum eine Zone der Stabilität und Sicherheit zu schaffen und damit auch den Migrationsdruck aus diesen Staaten zu vermindern, legte die EU ein Programm zur Förderung eines umfassenden Konzeptes von Sicherheit auf, das aus Mitteln der EU umfangreich gefördert wird. Als institutioneller Rahmen des Regierungshandelns auf EU-Ebene wurde der Barcelona-Prozess im November 1995 in Barcelona ins Leben gerufen. Er beinhaltet ein umfassendes Konzept der Zusammenarbeit zwischen beiden Seiten des Mittelmeeres unter gleichberechtigter Teilhabe („ownership“) der südlichen und östlichen Mittelmeer-Anrainer. Ziel der Europa-Mittelmeer-Partnerschaft sind Friede, Stabilität und Wohlstand im Mittelmeer-Raum. Insofern ist der Barcelona-Prozess 58 Quelle: http: // www.bundestag.de / parlament / internat / pabsec / index.html (am 18. 09. 2005).

II. Mitwirkung des Bundestages in interparlamentarischen Gremien

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das geographische Gegenstück zur Ost-Erweiterung der EU, allerdings ohne Beitrittsperspektive. Seit 1998 wird der Barcelona-Prozess auf parlamentarischer Ebene durch das Euromediterrane Parlamentarische Forum begleitet. Im Jahr 1999 einigten sich die Parlamentspräsidenten der Teilnehmer am Barcelona-Prozess, mit der Einrichtung eines Parlamentarierinnentreffens ein Netzwerk interessierter weiblicher Abgeordneter zu unterstützen, das sich seit 2000 regelmäßig trifft. Um dem Barcelona-Prozess auch auf Regierungsebene neue Impulse zu geben, entschieden sich die Abgeordneten auf dem V. Euromediterranen Parlamentarierforum im Dezember 2003 zu einer Institutionalisierung der parlamentarischen Begleitung. Im April 2004 fand im Athener Vorort Vouliagmeni / Kavouri die Gründungsversammlung der EUROMED-PV statt. Im September 2004 wurden die ersten Ausschusssitzungen abgehalten. Die Parlamentarische Versammlung soll den Gedankenaustausch zwischen den Parlamenten der Partnerländer fördern und der euromediterranen Zusammenarbeit durch die stärkere Institutionalisierung der parlamentarischen Dimension neue Impulse verleihen. Gleichzeitig wollen die Abgeordneten die Verwendung der EU-Gelder in diesem Bereich kritisch begleiten. Die Parlamentarische Versammlung hat 240 Sitze, die paritätisch zwischen Nord- und Südanrainern des Mittelmeeres aufgeteilt sind. Von den 120 dem Norden zustehenden Sitzen werden 45 vom Europäischen Parlament besetzt, die restlichen Plätze aus den Parlamenten der 25 Mitgliedsländer der Europäischen Union. Der Deutsche Bundestag entsendet wie jedes andere Parlament der EU-Mitgliedstaaten drei Abgeordnete. Die zweite Hälfte der 240 Sitze steht Abgeordneten der südlichen und östlichen Mittelmeeranrainer (Algerien, Ägypten, Israel, Jordanien, Libanon, Marokko, Palästinensische Gebiete, Syrien, Tunesien und Türkei; Libyen und Mauretanien als Beobachter) zu. Die Versammlung tritt einmal jährlich in einem der Mitgliedstaaten zusammen. Ein festes Sekretariat ist bisher nicht vorgesehen. Die Versammlung wählt für die Dauer von vier Jahren ein Präsidium mit insgesamt vier Mitgliedern: zwei Mitgliedern der Parlamente der südlichen Mittelmeeranrainer, einem Mitglied des EP und einem Mitglied eines nationalen Parlamentes. Der Vorsitz im Präsidium rotiert jährlich. Die inhaltliche Arbeit wird in drei Ausschüssen vorbereitet, denen jeweils 80 Parlamentarier angehören: (1) dem politischen Ausschuss für Sicherheit und Menschenrechte, (2) dem Ausschuss für Förderung der Lebensqualität und (3) dem Ausschuss für Wirtschaft, Finanzen, soziale Angelegenheiten und Bildung. Jeder Ausschuss wählt ein Präsidium mit drei Mitgliedern. Die Ausschüsse treffen sich anlässlich der Plenarversammlungen sowie zu gesonderten Sitzungen und beraten die von Berichterstattern oder dem Präsidium erstellten Berichte und entwerfen Resolutionen für die Plenarversammlung.

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E. Parlamentarische Außenpolitik im Zeitalter der Globalisierung

Mit der Frage von Sicherheit und Stabilität im Mittelmeerraum und insbesondere im Nahen Osten und Zypern befassen sich die Parlamentarier auch in anderen Gremien. So hat die IPU bereits drei interparlamentarische Konferenzen über Sicherheit und Zusammenarbeit im Mittelmeerraum (KSZM) veranstaltet.59 Auf ihrer Vierten Konferenz im Februar 2005 hat sich die KSZM in eine ständige Versammlung umgewandelt, an der die Anrainer des Mittelmeeres auf ihren Wunsch hin teilnehmen können. Darüber hinaus verfolgen die interparlamentarischen Versammlungen der NATO, der OSZE und des Europarates einen Dialogansatz mit den Mittelmeeranrainern in Unterausschüssen oder Sonderkonferenzen.60

9. Parlamentspräsidentenkonferenzen (PPK) Das beständige Auf und Ab in der Geschichte der europäischen Integration veranlasste die Präsidenten der europäischen Parlamente dazu, sich erstmals im Januar 1963 zusammenzusetzen, um gemeinsam zu prüfen, wie die Parlamente den europäischen Integrationsprozess begleiten und stärken könnten.61 Genau zehn Jahre dauerte es, bis die so ins Leben gerufene Parlamentspräsidentenkonferenz (PPK) ein zweites Mal zusammentrat.62 Seither ist die so genannte „Konferenz der Präsidenten der Europäischen Parlamentarischen Versammlungen“ zu einer ständigen Einrichtung geworden.63 Während sich der Teilnehmerkreis anfangs auf die Mitgliedstaaten der EG beschränkte, kamen 1975 auch die Parlamentspräsidenten aus den Mitgliedstaaten des Europarates hinzu. Bis 1981 tagte die Konferenz alljährlich unter Beteiligung der Parlamentspräsidenten aus den Mitgliedstaaten des Europarates sowie der Präsidenten der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, der Versammlung der Westeuropäischen Union und des Europäischen Parlaments. Seit Juli 1981 trifft sich diese „große“ PPK nur noch alle zwei Jahre. Siehe dazu die Internetseite http: // www.ipu.org / splz-e / marseille.htm (am 18. 09. 2005). Quelle: http: // www.bundestag.de / parlament / internat / euromed / index.html (am 18. 09. 2005). 61 Ferdinand (Anm. 19), S. 139. 62 Siehe Klaus Pöhle, „Konferenz der europäischen Parlamentspräsidenten“ Vier Fragen an ein neues Forum, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Jg. 8 (1977), Heft 4, S. 448 – 456, S. 451, ders., Neuere Entwicklungen bei der Konferenz der europäischen Parlamentspräsidenten, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Jg. 17 (1986), Heft 1, S. 82 – 93, S. 83. Vgl. Horst Ferdinand, Die Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und den nationalen Parlamenten, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, 31. Jg. (1981), B 7, S. 17 – 30, S. 23. 63 Vgl. Rita Süssmuth, Die Rolle des Deutschen Bundestages im Europäischen Einigungsprozeß zwischen Anspruch und Wirklichkeit, in: Renate Hellwig (Hrsg.), Der Deutsche Bundestag und Europa, Bonn 1993, S. 10 – 20, S. 14. 59 60

II. Mitwirkung des Bundestages in interparlamentarischen Gremien

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Jährlich hingegen kommt die so genannte „kleine“ PPK auf EU-Ebene im Wechsel in den verschiedenen EU-Mitgliedsländern zusammen. An ihr nehmen die Parlamentspräsidenten aus den 27 EU-Mitgliedstaaten sowie der Präsident des Europäischen Parlaments und die Präsidenten der Parlamente der Beitritts- und Kandidatenländer als Gäste teil.64 An der „Großen“ PKK, die auf Europarats-Ebene alle zwei Jahre abwechselnd in Straßburg bzw. einem Mitgliedsland stattfindet, nehmen die Parlamentspräsidenten aus den 46 Mitgliedstaaten des Europarates und den drei Beobachterstaaten Kanada, Israel und Mexiko sowie die Präsidenten der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, der Versammlung der Westeuropäischen Union und des Europäischen Parlaments teil. Konferenzsprachen der „Kleinen“ PPK sind die Amtssprachen der Europäischen Union; Konferenzsprachen der „Großen“ PPK sind Englisch, Französisch, Deutsch, Italienisch und Russisch.65 Zielsetzung der PKK ist der Austausch von Meinungen, Informationen und Erfahrungen. Die Konferenz verfügt im Unterschied zum Europäischen Rat zwar über keinerlei Kompetenzen66, die Zusammenkünfte erweisen sich aber stets als „nützliche Informationsdrehscheiben auf höchster parlamentarischer Ebene“.67 Erörtert werden auf den Konferenzen insbesondere die Zusammenarbeit zwischen den europäischen Institutionen und den nationalen Parlamenten sowie Fragen der Parlamentsorganisation, der parlamentarischen Verfahren und der interparlamentarischen Beziehungen, aber auch die großen politischen Fragen der Integration. Ferner unterbreitet die Parlamentspräsidentenkonferenz Vorschläge und Anregungen für die Zusammenarbeit der nationalen Parlamente untereinander und mit dem Europäischen Parlament, um das Demokratiedefizit und die mangelnden parlamentarische Kontrolle innerhalb der EU abzumildern. Ein wichtiges Ziel ist zudem die Förderung von Forschungsaktivitäten und gemeinsamen Aktionen zu Themen im Zusammenhang mit der Rolle der Parlamente und der Organisation der parlamentarischen Funktionen sowie in Bezug auf die Formen und Instrumente der interparlamentarischen Zusammenarbeit.68 Ein greifbares Ergebnis zur Verbesserung des Informationsflusses zwischen den Parlamenten ist das bereits im Jahre 1977 auf Initiative der Konferenz eingerichtete Europäische Zentrum für Parlamentarische Wissenschaft und DokumenVgl. Ferdinand (Anm. 19), S. 139. Zum unterschiedlichen Charakter beider Konferenzen siehe Klaus Pöhle, Neuere Entwicklungen bei der Konferenz der europäischen Parlamentspräsidenten, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Jg. 17 (1986), Heft 1, S. 82 – 93, S. 87 ff. 66 Süssmuth (Anm. 63), S. 15. 67 Ferdinand (Anm. 19), S. 139 sowie ders., Internationale Beziehungen: Der Deutsche Bundestag und die interparlamentarischen Gremien, hrsg. vom Deutschen Bundestag, Referat Öffentlichkeitsarbeit, 7. Auflage, Bonn 1994, S. 47. 68 Siehe dazu auch Pöhle (Anm. 65), S. 90 ff. 64 65

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E. Parlamentarische Außenpolitik im Zeitalter der Globalisierung

tation (EZPWD). Es steht unter der gemeinsamen Verantwortung des Europäischen Parlaments und der Parlamentarischen Versammlung des Europarates und schuf ein enges Kommunikationsnetzwerk zwischen den Parlamentsverwaltungen. Gefördert wird dadurch insbesondere die Zusammenarbeit im Bereich der Dokumentation, der Datenbanken, der Parlamentsbibliotheken und der wissenschaftlichen Dienste.69

III. Zusammenarbeit mit Parlamenten anderer Staaten Mit den Parlamenten vieler Staaten pflegt der Deutsche Bundestag einen vertrauensbildenden Gedanken- und Meinungsaustausch. Neben einer Reihe offizieller Besuche von Bundestagsdelegationen unter Leitung von Mitgliedern des Präsidiums, entsprechenden Gegenbesuchen von Delegationen ausländischer Parlamente in der Bundesrepublik Deutschland und dem Besuchsaustausch auf der Ebene der Ausschüsse finden Delegationsreisen der Parlamentariergruppen und Gegenbesuche ausländischer Abgeordneter statt. Außerdem treffen sich Abgeordnete beispielsweise der Parlamente Amerikas, Frankreichs, Großbritanniens, Polens und der Niederlande mit Mitgliedern des Deutschen Bundestages zu jährlichen Parlamentskonferenzen, Symposien oder Kolloquien. Über die Informationsreisen der Abgeordneten werden schriftliche Berichte erstellt, die den Mitgliedern des Bundestages für ihre Arbeit zugänglich sind. Mit den Parlamenten einiger Staaten hat sich eine besonders enge und intensive Zusammenarbeit herausgebildet. Gute Tradition besitzt beispielsweise die Zusammenarbeit mit der französischen Assemblée nationale. Die beiden Parlamente und ihre Ausschüsse halten regelmäßig gemeinsame Sitzungen ab, bei denen grundsätzliche Fragen der bilateralen Beziehungen sowie aktuelle Themen besprochen werden.70 Anlässlich des 40. Jahrestages der Unterzeichnung des Élysée-Vertrages wurde während einer gemeinsamen Plenarsitzung am 22. Januar 2003 in Paris eine gemeinsame Erklärung verabschiedet, in der die Fortführung und Intensivierung der interparlamentarischen Zusammenarbeit beschlossen wurde.71 Bei einer gemeinsamen Präsidiumssitzung vom gleichen Tage wurde zudem eine gemischte parlamentarische Arbeitsgruppe zur Evaluierung der Tätigkeit des Deutsch-Französischen Jugendwerks eingesetzt. Jeweils sechs Abgeordnete der Assemblée nationale und des Deutschen Bundestages stellen in ihrem Rahmen gemeinsame Überlegungen an, wie die Begegnungen von Jugendlichen beider Länder verbes69 Siehe dazu Klaus Pöhle, Europäisches Zentrum für parlamentarische Wissenschaft und Dokumentation, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Jg. 9 (1978), Heft 4, S. 504 – 509. 70 Siehe hierzu etwa: Gemeinsame Sitzung der Europaausschüsse und der Auswärtigen Ausschüsse des Deutschen Bundestages und der Assemblée nationale am 10. Dezember 2001, hrsg. vom Deutschen Bundestag, Ausschuss für Angelegenheiten der Europäischen Union, Berlin 2002. 71 Siehe hierzu BT-Drs. 15 / 295.

IV. Internationale Kontakte der Fraktionen und Ausschüsse

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sert werden können. Die Arbeitsgruppe trat in der 15. Wahlperiode an zwei Tagen im Monat abwechselnd in Frankreich und Deutschland zusammen.72 Die enge deutsch-französische Zusammenarbeit wurde in der Vergangenheit immer wieder auch um „Trilaterale Treffen“ erweitert. So fanden in der 14. Wahlperiode trilaterale Treffen mit Mitgliedern der Auswärtigen Ausschüsse des Deutschen Bundestages, der französischen Assemblée nationale und der russischen Staatsduma statt, die an vorangegangene Konferenzen dieser Art anknüpften. Themen dieser Zusammenkünfte waren unter anderem zentrale Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik, die Vorbereitung des EU-Gipfels von Nizza, die Erörterung der Lage im ehemaligen Jugoslawien aus russischer Sicht sowie die Aufgabe Russlands, innerhalb kurzer Zeit mit einschneidenden Reformen einen „Bürgerstaat“ aufzubauen.73 Daneben bestehen auch zum italienischen Abgeordnetenhaus enge Verbindungen. Italien ist ein besonders häufiges Ziel von Ausschussreisen des Deutschen Bundestages. So nahmen beispielsweise in der 14. Wahlperiode Mitglieder des Ausschusses für Angelegenheiten der Europäischen Union im September 1999 an einem vom italienischen Abgeordnetenhaus organisierten Seminar für junge Parlamentarier in Udine teil, bei dem gemeinsam mit Parlamentariern aus West-, Mittel- und Osteuropa sowie Nordafrika über die Ausgestaltung und Festigung von Demokratien, die Euro-Mediterrane Partnerschaft und die Einführung und Entwicklung von Sozialversicherungssystemen diskutiert wurde.74 Auch mit dem polnischen Sejm wurde die Zusammenarbeit gesucht. So trafen sich beispielsweise in der 15. Wahlperiode im Dezember 2004 die Auswärtigen Ausschüsse Deutschlands und Polens zu einer gemeinsamen Sitzung und forderten unter anderem in einem gemeinsamen Papier eine flexiblere Visa-Regelung für die Ukraine.

IV. Internationale Kontakte der Fraktionen und Ausschüsse Die Fraktionen und Ausschüsse unterhalten als „selbständige Untergliederungen“ des Bundestages ebenfalls ein weit verzweigtes Netz internationaler Kontakte. Die Fraktionen des Bundestages und ihre Arbeitsgliederungen stehen in einem stetigen Austausch mit vielen ihnen politisch nahe stehenden politischen Gruppie72 Mitglieder des Deutschen Bundestages waren: Andreas Schockenhoff (CDU / CSU), Vorsitzender; Monika Griefahn (SPD), Stellvertretende Vorsitzende; Ernst Burgbacher (FDP); Bettina Hagedorn (SPD); Antje Hermenau (BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN); Stefan Müller (CDU / CSU). Mitglieder der Assemblée nationale waren: Yves Bur (UMP), Vorsitzender; Jean-Pierre Brard (CR), Stellvertretender Vorsitzender; Michel Herbillon (UMP); JeanYves Hugon (UMP); Jean-Louis Idiart (Social.); François Rochebloine (UDF). 73 Siehe BT-Drs. 14 / 9997, S. 24 sowie BT-Drs. 14 / 4851, S. 11 f. 74 Vgl. BT-Drs. 14 / 4851, S. 5.

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E. Parlamentarische Außenpolitik im Zeitalter der Globalisierung

rungen anderer Parlamente. Im Rahmen dieses Austauschs finden wechselseitige Besuche und Besprechungen statt, die dem internationalen Erfahrungsaustausch dienen. Eine weitaus größere Rolle als formalisierte Beziehungen spielen dabei informelle Kontakte zwischen den Schlüsselakteuren sowie auf Referentenebene.75 Bei der Kontaktpflege werden die Fraktionen häufig von den parteinahen politischen Stiftungen unterstützt.76 Mit ihrem weit verzweigten Netz von Auslandsniederlassungen übernehmen die Stiftungen bei der Vermittlung von Kontakten ins Ausland eine wichtige Funktion. Ein besonderer Vorteil der außenpolitischen Kontaktpflege über die Stiftungen liegt darin, dass sie im Gegensatz zur offiziellen Diplomatie ohne protokollarische Zwänge agieren können und damit eine wichtige Scharnierfunktion im mehr informellen Bereich übernehmen. Sie vermitteln hochrangige Gesprächspartner und geben wichtige Einschätzungen über die Situation in den verschiedenen Ländern, die gerade für die auf regierungsunabhängige Informationen angewiesenen Oppositionsfraktionen von nicht zu unterschätzender Bedeutung sind.77 Besonders enge Kontakte der Fraktionen des Bundestages bestehen zu den jeweiligen ihnen politisch nahe stehenden Fraktionen des Europäischen Parlaments.78 Effektiver Einfluss kommt insbesondere den Konferenzen der Fraktionsvorsitzenden oder Fraktionssprecher für bestimmte Fachpolitiken zu.79 Um einen stetigen Informationsaustausch zu gewährleisten, unterhalten die Fraktionen eigene Koordinierungsstellen in Berlin und Brüssel.80 Die interfraktionellen Kommunikations- und Kooperationskanäle und -formen werden künftig aller Voraussicht nach eine wachsende Bedeutung erlangen und sich parallel zu den europaweiten „Ressortbruderschaften“ auf Regierungsseite entwickeln.81 75 Sebastian Bartsch, Aussenpolitischer Einfluss und Aussenbeziehungen der Parteien, in: Wolf-Dieter Eberwein / Karl Kaiser (Hrsg.), Deutschlands neue Außenpolitik, Band 4: Institutionen und Ressourcen, München 1998, S. 167 – 184, S. 168. 76 Siehe dazu Sebastian Bartsch, Politische Stiftungen. Grenzgänger zwischen Gesellschafts- und Staatenwelt, in: Wolf-Dieter Eberwein / Karl Kaiser (Hrsg.), Deutschlands neue Außenpolitik, Band 4: Institutionen und Ressourcen, München 1998, S. 185 – 198, insb. S. 186. 77 Vgl. Swetlana W. Pogorelskaja, Die parteinahen Stiftungen als Akteure und Instrumente der deutschen Außenpolitik, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, 52. Jg. (2002), B 6 – 7, S. 29 – 38. 78 Siehe dazu Rainer Seider, Die Zusammenarbeit von deutschen Mitgliedern des Europäischen Parlamentes und des Deutschen Bundestages und ihr Beitrag zum Abbau des parlamentarischen Defizits in der Europäischen Gemeinschaft, Frankfurt am Main u. a. 1990, zugl. Diss. Univ. Bonn 1990, S. 167 – 174. Vgl. Bartsch (Anm. 75), S. 180 ff. 79 Gerald Kretschmer, Die Zusammenarbeit nationaler Parlamente bei der Ausarbeitung europäischer Übereinkommen, in: Rudolf Geiger (Hrsg.), Neuere Probleme der parlamentarischen Legitimation im Bereich der auswärtigen Gewalt, Baden-Baden 2003, S. 91 – 105, S. 95. 80 Wessels (Anm. 14), S. 327. 81 Vgl. Kretschmer (Anm. 79), S. 95 f. sowie ders., Parlamentarische Kontrolle und interparlamentarische Kooperation bei der Umsetzung, Anwendung und Folgenbeobachtung euro-

V. Parlamentariergruppen

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Zwischen den Fachausschüssen des Bundestages und anderer Parlamente findet vielfach ein zum Teil institutionalisierter Informations- und Erfahrungsaustausch statt. Die jeweiligen Fachausschüsse stehen dabei in regem Austausch über einzelne Fachfragen oder Fragen von besonderer politischer Bedeutung.82 Auf europäischer Ebene kommt in diesem Zusammenhang der 1989 gegründeten Konferenz der Europaausschüsse der nationalen Parlamente, französisch Conférence des Organes Spécialisés dans les Affaires Communautaires (COSAC), eine besondere Bedeutung zu.83 Sie setzt sich aus Delegierten der europapolitischen Fachausschüsse zusammen und findet seit 1989 zweimal jährlich unter Beteiligung des Ausschusses für europäische Fragen des Europäischen Parlaments statt.84 Einerseits dient sie dem Informations- und Erfahrungsaustausch zwischen den Parlamentariern, andererseits soll sie aber auch zum Ausgleich des Demokratiedefizits der EU beitragen.85 Zu diesem Zweck berät sie regelmäßig die verschiedenen Politikfelder und Probleme des EU-Gesetzgebungsverfahrens.86 Die Wirkung der COSAC wird allerdings durch die ständige Konkurrenz zu den Fachausschüssen der nationalen Parlamente relativiert. Auch die unterschiedliche Machtfülle der Parlamente führt bei der Zusammenarbeit zu Problemen. Die Vorstellung, die COSAC könne ein wichtiges Bindeglied zwischen den nationalen Parlamenten darstellen, wird deshalb durchaus kritisch beurteilt.87

V. Parlamentariergruppen Eine wichtige Rolle bei der Pflege der außenpolitischen Beziehungen des Deutschen Bundestages spielen nicht zuletzt auch die Parlamentariergruppen. Sie vertiefen und intensivieren die internationalen Kontakte der Fraktionen und Fachauspäischer Rechtsnormen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, in: Zeitschrift für Gesetzgebung, 9. Jg. (1994), Heft 4, S. 316 – 340, S. 337 ff. 82 Vgl. dazu etwa BT-Drs. 14 / 9997, S. 6 – 26. 83 Vgl. Werner Weidenfeld / Wolfgang Wessels (Hrsg.), Europa von A bis Z, 8. Auflage, Bonn 2002, S. 427. 84 Siehe dazu die Internetseite der COSAC http: // www.cosac.org. / en / meetings / (am 18. 09. 2005). 85 Vgl. Renate Hellwig, Die Europa-Institutionen des Bundestages und seine großen Europa-Initiativen, in: dies. (Hrsg.), Der Deutsche Bundestag und Europa, Bonn 1993, S. 21 – 48, S. 24; Andreas Maurer, Die Konferenz der Europa-Ausschüsse (COSAC) und der Konvent: Schwächung oder Stärkung der demokratischen Legitimation in der EU, in: Rudolf Geiger (Hrsg.), Neuere Probleme der parlamentarischen Legitimation im Bereich der auswärtigen Gewalt, Baden-Baden 2003, S. 187 – 227. 86 Zu den Themen der Konferenzen siehe die Tabelle bei Michael F. Feldkamp, Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1994 bis 2003, Baden-Baden 2005, Kapitel 21.9, S. 830 ff. 87 Siehe hierzu Klaus Pöhle, Europäische Union á la Maastricht – Eine ernste Herausforderung für die Parlamente der EG, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Jg. 24 (1993), Heft 1, S. 49 – 62, S. 60 f. sowie Feldkamp (Anm. 86), S. 828 ff.

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E. Parlamentarische Außenpolitik im Zeitalter der Globalisierung

schüsse weit über einzelne Fragen hinaus und stellen ein wichtiges Forum zum internationalen Meinungsaustausch dar. Daneben bieten sie den Abgeordneten zusätzliche Informationsquellen für die eigene politische Arbeit und sind damit zu einem unverzichtbaren Instrument parlamentarischer Kontrolle im außenpolitischen Bereich geworden. Bei der Kontaktpflege zu Gesprächspartnern im In- und Ausland kommt ihnen eine große Bedeutung zu. Ihr Ziel ist es, durch Parlamentarierkonferenzen, Informationsreisen, Fachveranstaltungen sowie durch persönliche Kontakte mit Parlamentariern anderer Länder die internationalen Beziehungen des Deutschen Bundestages auf parlamentarischer Ebene zu fördern. Die Bildung von Parlamentariergruppen geht auf die Initiative der IPU zurück. Damit sollten die halbjährlichen multilateralen Konferenzen der IPU um bilaterale Gesprächsmöglichkeiten ergänzt werden. Die Einrichtung und Ausgestaltung der Parlamentariergruppen ist den Parlamenten freigestellt. So gibt es beispielsweise in der französischen Assemblée nationale ausschließlich bilaterale Parlamentariergruppen. Andere Staaten unterhalten nur einige wenige Parlamentariergruppen; in manchen Fällen wurden sie in Erwiderung einer entsprechenden Parlamentariergruppe des Deutschen Bundestages gegründet. Die ersten Parlamentariergruppen des Bundestages wurden in der 3. Wahlperiode (1957 – 1961) eingerichtet. Dazu gehörten u. a. Gruppen für parlamentarische Beziehungen zu Afrika, Frankreich, Großbritannien, Italien und Japan. Zwei der jüngsten Neugründungen sind die Deutsch-Südosteuropäische Parlamentariergruppe in der 14. Wahlperiode und die Deutsch-Schweizerische Parlamentariergruppe in der 15. Wahlperiode. Die Zahl der Parlamentariergruppen hat mit dem zunehmenden Interesse der Abgeordneten an außenpolitischen Themen in den vergangenen Wahlperioden stetig zugenommen. Aufgrund geopolitischer Entwicklungen hat sich vielfach ihre Zusammensetzung verändert. Aus regionalpolitischen Erwägungen wurden Staaten in regionale Gruppen zusammengefasst oder neue Gruppen gegründet. Die politischen Kontakte, auch in den regionalen Gruppen, laufen aber weiterhin grundsätzlich bilateral. Aus den 28 Gruppen in der 10. Wahlperiode sind in der 11. Wahlperiode 39, im 12. Deutschen Bundestag 46, im 13. Deutschen Bundestag 45 Parlamentariergruppen sowie sechs Länderbeauftragte (u. a. für das ehemalige Jugoslawien) und in der 14. Wahlperiode 49 Parlamentariergruppen, ein Parlamentarischer Freundeskreis Bonn-Taipei und vier Länderbeauftragte (für Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Malta und Moldawien) geworden. Im 15. Deutschen Bundestag wurden 50 Parlamentariergruppen, die vorherigen vier Länderbeauftragten und der Parlamentarische Freundeskreis Berlin-Taipei eingesetzt. Die Länderbeauftragten sind Abgeordnete, die als Ansprechpartner für Staaten dienen, für die es (noch) keine Parlamentariergruppe gibt. Damit bestehen zur Zeit regelmäßige parlamentarische Kontakte zu mehr als 160 Staaten. Ihrer Struktur nach sind die Parlamentariergruppen weitgehend formlose interfraktionelle Zusammenschlüsse, deren Mitglieder nur Abgeordnete sein können.

V. Parlamentariergruppen

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Ihre Größe schwankt zwischen zehn und 163 Mitgliedern. Eine eigene Satzung oder eine besondere Geschäftsordnung gibt es nicht. Über die Gesamtzahl und die Zuständigkeit für Partnerstaaten der Parlamentariergruppen entscheidet das Präsidium des Deutschen Bundestages im Einvernehmen mit dem Ältestenrat auf Vorschlag der Fraktionen zu Beginn der Wahlperiode. Die Besetzung der Vorsitze erfolgt nach dem für die Vergabe der Ausschussvorsitze maßgeblichen Verfahren. Daneben können die Fraktionen, denen nicht der Vorsitz einer Gruppe zufällt, jeweils ein Vorstandsmitglied benennen. Im Übrigen ist der Proporz in diesen Gremien aufgehoben. Es geht also nicht um ein gegenüber von Regierung und Opposition, sondern um ein echtes Interesse am jeweiligen Land oder einer Region. Die Abgeordneten erklären ihre Mitgliedschaft in einer oder mehreren, aber maximal fünf Gruppen freiwillig. Die Mitgliedschaft spiegelt in der Regel ein besonderes Interesse an den Beziehungen zu den jeweiligen Partnerstaaten (bilaterale Parlamentariergruppen, z. B. Deutsch-Brasilianische Parlamentariergruppe) beziehungsweise zu den Staatengruppen (regionale Parlamentariergruppen, z. B. Parlamentariergruppe ASEAN) und ihren Parlamenten wider. Oft stehen auch bereits bestehende persönliche Kontakte zu dem Staat, ein außenpolitisch bedeutsamer Arbeitsschwerpunkt des Abgeordneten in Berlin, die Nähe seines Wahlkreises zur Landesgrenze oder wirtschaftliche und kulturelle Beziehungen aus dem Wahlkreis in den Partnerstaat der Parlamentariergruppe hinter der Entscheidung zur Mitgliedschaft. Die Mitglieder der Parlamentariergruppen bemühen sich, möglichst häufig mit den Parlamentsmitgliedern der Partnerstaaten zusammenzutreffen, um Themen und Probleme zu erörtern, die im beiderseitigen Interesse liegen.88 Mindestens einmal pro Wahlperiode kann eine Parlamentariergruppe „ihr“ Land oder „ihre“ Region bereisen und einmal auch selbst Gastgeber sein. Die Ergebnisse dieser Begegnungen fließen in die eigene parlamentarische Arbeit der Abgeordneten ein und werden zum Teil auch in Maßnahmen der Bundesregierung sichtbar. Darüber hinaus halten die Parlamentariergruppen Mitgliederversammlungen ab, die der gegenseitigen Information dienen. Vortragsveranstaltungen in Zusammenarbeit mit den diplomatischen Vertretungen in Berlin geben den Abgeordneten eine weitere Möglichkeit zur Information über den Partnerstaat. Die Nutzung aller Begegnungsmöglichkeiten trägt dazu bei, die Kenntnisse über den jeweiligen Staat auf aktuellem Stand zu halten und sich mit dessen Repräsentanten auszutauschen. Auf diese Weise werden auch deutsche Positionen erläutert und vertiefend vermittelt. Die Abgeordneten brauchen in der Regel weit weniger auf internationale diplomatische Zwänge Rücksicht zu nehmen und können ihre Standpunkte auch in schwierigen Kontexten und bei für offizielle und öffentliche Kontakte weniger geeigneten Themen (z. B. Menschenrechte) deutlich formulieren.89 Ferner steht 88 Zu den von den Parlamentariergruppen in der 14. Wahlperiode durchgeführten Reisen siehe BT-Drs. 14 / 9997, S. 31 – 39. 89 Siehe dazu auch oben Abschnitt C. IV. 3. Außenpolitische Einflussnahmen durch den Auswärtigen Ausschuss, S. 124 ff., S. 127.

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E. Parlamentarische Außenpolitik im Zeitalter der Globalisierung

ihnen in solchen Fällen meist ein breiteres Spektrum von Gesprächspartnern zur Verfügung. Die Begegnungen und Meinungsaustausche der Parlamentariergruppen zeichnen sich in der Regel durch eine offene und unbefangene Atmosphäre aus. Gelegentlich versuchen Parlamentariergruppen auch Beiträge zu Konfliktlösungen zu leisten (z. B. Burundi, Kaukasus), in dem sie den sich gegenüberstehenden Vertretern der Konfliktparteien Gelegenheit zu gemeinsamen Gesprächen auf neutralem Boden bzw. unter unparteiischer Moderation anbieten. Die Mitglieder der Parlamentariergruppen sind Ansprechpartner für eine Vielzahl ausländischer Besucher des Deutschen Bundestages aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Medien, die sich über die politische Lage in Deutschland oder grundsätzlich über das deutsche parlamentarische System und die Aufgaben der Mitglieder des Deutschen Bundestages unterrichten wollen. Nicht nur für Länder, die ihre demokratische Entwicklung beginnen, sind die Erfahrungen in Deutschland grundsätzliche Orientierung und Vorbild. Besondere Bedeutung haben die Kontakte der Abgeordneten auch für die Reformstaaten Mittel- und Osteuropas sowie der ehemaligen Sowjetunion. Die interfraktionelle Zusammensetzung der Parlamentariergruppen ist ein wichtiges Symbol vorgelebter demokratischer Umgangsform und gibt in den jungen Demokratien ein anschauliches Beispiel für ausgewogene Standpunktvertretung und sachliche Auseinandersetzung mit Andersdenkenden. Begegnungen mit Oppositionellen stärken zudem die demokratischen Kräfte in den Partnerstaaten bei den Parlamentariergruppen. Auch geht die Durchführung von parlamentarischen Ausbildungshilfen in Form von Ausbildungsprogrammen der Bundestagsverwaltung für ausländische Parlamentsmitarbeiter aus Staaten am demokratischen Neubeginn90 häufig auf die internationalen Kontakte der Parlamentariergruppen zurück.

Tabelle 5 Parlamentariergruppen in der 15. Wahlperiode  Deutsch-Ägyptische Parlamentariergruppe  Parlamentariergruppe Östliches Afrika (Äthiopien, Burundi, Dschibuti, Eritrea, Kenia, Ruanda, Somalia, Sudan, Uganda)  Parlamentariergruppe SADC-Staaten (Angola, Botsuana, Demokratische Republik Kongo, Lesotho, Madagaskar, Malawi, Mauritius, Mosambik, Namibia, Sambia, Seychellen, Simbabwe, Südafrika, Swasiland, Tansania)  Parlamentariergruppe West- und Zentralafrika (Äquatorialguinea, Benin, Burkina Faso, Côte d’Ivoire, Gabun, Gambia, Ghana, Guinea, Guninea-Bissau, Kamerun, Kap Verde, Kongo / Brazzaville, Liberia, Mali, Niger, Nigeria, Senegal, Sierra Leone, Togo, Tschad, Zentralafrikanische Republik)

90 Siehe dazu Abschnitt E. VII. Mitarbeiteraustausch der Parlamentsverwaltungen, S. 171 ff., S. 172 f.

V. Parlamentariergruppen

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 Parlamentariergruppe arabischsprachiger Staaten des Nahen Ostens (Bahrain, Irak, Jemen Jordanien, Katar, Kuwait, Libanon, Oman, Saudi Arabien, Syrien, Vereinigte Arabische Emirate; einschl. Arbeitsgruppe Palästina  Deutsch-ASEAN Parlamentariergruppe (Brunei, Indonesien, Kambodscha, Laos, Malaysia, Myanmar, Philippinen, Singapur, Thailand, Vietnam)  Deutsch-Australisch-Neuseeländische Parlamentariergruppe (Australien, Neuseeland)  Deutsch-Baltische Parlamentariergruppe (Estland, Lettland, Litauen)  Deutsch-Belarussische Parlamentariergruppe  Deutsch-Belgisch-Luxemburgische Parlamentariergruppe (Belgien, Luxemburg) Deutsch-Brasilianische Parlamentariergruppe  Deutsch-Britische Parlamentariergruppe  Deutsch-Bulgarische Parlamentariergruppe  Deutsch-Chinesische Parlamentariergruppe  Deutsch-Französische Parlamentariergruppe  Deutsch-Griechische Parlamentariergruppe  Deutsch-Indische Parlamentariergruppe  Deutsch-Iranische Parlamentariergruppe  Deutsch-Irische Parlamentariergruppe  Deutsch-Israelische Parlamentariergruppe  Deutsch-Italienische Parlamentariergruppe  Deutsch-Japanische Parlamentariergruppe  Deutsch-Kanadische Parlamentariergruppe  Deutsch-Kaukasische Parlamentariergruppe  Deutsch-Koreanische Parlamentariergruppe  Parlamentariergruppe Maghreb-Staaten (Algerien, Libyen, Marokko, Mauretanien, Tunesien) Deutsch-Mexikanische Parlamentariergruppe  Deutsch-Mittelamerikanische Parlamentariergruppe (Belize, Costa Rica, Dominikanische Republik, El Salvador, Guatemala, Haiti, Honduras, Jamaika, Kuba, Nicaragua, Panama)  Deutsch-Niederländische Parlamentariergruppe  Deutsch-Nordische Parlamentariergruppe (Dänemark, Finnland, Island, Norwegen, Schweden)  Deutsch-Österreichische Parlamentariergruppe  Deutsch-Polnische Parlamentariergruppe  Deutsch-Portugiesische Parlamentariergruppe  Deutsch-Rumänische Parlamentariergruppe  Deutsch-Russische Parlamentariergruppe  Parlamentariergruppe Serbien und Montenegro  Deutsch-Schweizerische Parlamentariergruppe  Deutsch-Slowakische Parlamentariergruppe  Deutsch-Slowenische Parlamentariergruppe  Deutsch-Spanische Parlamentariergruppe Fortsetzung nächste Seite

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E. Parlamentarische Außenpolitik im Zeitalter der Globalisierung

Fortsetzung Tabelle 5

 Deutsch-Südamerikanische Parlamentariergruppe (Argentinien, Bolivien, Chile, Ecuador, Guyana, Kolumbien, Paraguay, Peru, Surinam, Uruguay, Venezuela)  Deutsch-Südasiatische Parlamentariergruppe (Afghanistan, Bangladesch, Nepal, Pakistan, Sri Lanka)  Deutsch-Südosteuropäische Parlamentariergruppe  Deutsch-Tschechische Parlamentariergruppe  Deutsch-Türkische Parlamentariergruppe (Albanien, Mazedonien)  Deutsch-Ukrainische Parlamentariergruppe  Deutsch-Ungarische Parlamentariergruppe  Parlamentariergruppe USA  Deutsch-Zentralasiatische Parlamentariergruppe (Kasachstan, Kirgistan, Mongolei, Tadschikistan, Turkmenistan, Usbekistan)  Deutsch-Zypriotische Parlamentariergruppe  Parlamentarischer Freundeskreis Berlin-Taipei Quelle: http: // www.bundestag.de / parlament / internat / int_bez / int_bez2 / index.html (am 18. 09. 2005).

VI. Betreuung der internationalen Aktivitäten durch die Bundestagsverwaltung Die internationalen Aktivitäten der Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden von der Bundestagsverwaltung durch eine eigene Unterabteilung „Internationale Beziehungen“ (WI) betreut. Sie gliedert sich in vier Referate: Sprachendienst (WI 1), Interparlamentarische Organisationen (WI 2), Dienst- und Mandatsreisen / Parlamentariergruppen (WI 3) und Internationale Austauschprogramme (WI 4). Insgesamt 52 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundestagsverwaltung sind derzeit mit der Betreuung der internationalen parlamentarischen Aktivitäten des Bundestages befasst.91 Da nicht jeder Abgeordnete des Bundestages, der auf internationalem Parkett agiert, die Sprachen seiner ausländischen Kollegen beherrscht, werden die Parlamentarier durch einen eigenen Sprachendienst (WI 1) unterstützt. Um Verständigungsprobleme aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse zu beseitigen, können die Abgeordneten auch eigens von der Bundestagsverwaltung angebotene Sprachkurse besuchen. 91 Die Angabe bezieht sich auf die 16. Legislaturperiode. Siehe dazu den Geschäftsverteilungsplan des Deutschen Bundestages, Unterabteilung WI – Internationale Beziehungen, S. 49 ff., Stand: Oktober 2006. Durch Umstrukturierung der Bundestagsverwaltung im Frühjahr 2006 wurde die ehemalige Unterabteilung PB in die neue „Abteilung W – Wissenschaft und Außenbeziehungen“ überführt und in „Unterabteilung WI – Internationale Beziehungen“ umbenannt.

VII. Mitarbeiteraustausch der Parlamentsverwaltungen

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Die Arbeit der deutschen Delegationen bei den interparlamentarischen Organisationen wird durch jeweils eigene Sekretariate unterstützt, die im Referat Interparlamentarische Organisationen (WI 2) zusammengefasst sind. Für die Betreuung der Delegationen sind je nach Größe der jeweiligen Organisationen ein bis zwei Mitarbeiter tätig. Die Aufgabe der Sekretariate besteht darin, die Delegationen organisatorisch-technisch, inhaltlich-fachlich, protokollarisch und fremdsprachlich zu betreuen. Dazu gehört insbesondere die Sitzungsvorbereitung, die Konferenzbegleitung vor Ort sowie die Sitzungsnachbereitung. Die Delegationssekretariate übernehmen auch die Vorbereitung und Organisation der Interparlamentarischen Konferenzen, deren Gastgeber der Bundestag ist, was beispielsweise im Jahre 2002 für die OSZE und 2003 für den Europarat der Fall war. Zudem betreut das Referat Interparlamentarische Organisationen den Präsidenten und die Vizepräsidenten des Bundestages bei den Konferenzen der Parlamentspräsidenten auf der Ebene der EU und des Europarats sowie im Rahmen der G 8 und der Euromediterranen Zusammenarbeit. Die Parlamentariergruppen werden durch ein eigenes „Sekretariat der Parlamentariergruppen“ betreut, das dem Referat Dienst- und Mandatsreisen / Parlamentariergruppen (WI 3) angegliedert ist. Insgesamt vier Mitarbeiter der Bundestagsverwaltung sind damit befasst, die in der Regel einmal pro Legislaturperiode stattfindenden Delegationsreisen und Veranstaltungen der einzelnen Parlamentariergruppen vorzubereiten und durchzuführen. Dies geschieht in enger Abstimmung mit den Vorsitzenden und Mitgliedern der jeweiligen Parlamentariergruppen. Vorbereitet und betreut werden außerdem die Gegenbesuche ausländischer Parlamentariergruppen in Deutschland. Das Referat Internationale Austauschprogramme (WI 4) koordiniert die internationalen parlamentarischen Austauschprogramme des Bundestages und ist zugleich die zentrale Anlaufstelle für Hilfeersuchen ausländischer Parlamente. So bietet es u. a. interparlamentarische Ausbildungshilfe für Parlamentsmitarbeiter junger Demokratien und aus den Ländern Lateinamerikas, Afrikas, Asiens an. Darüber hinaus organisiert es den Mitarbeiteraustausch des Deutschen Bundestages mit anderen Parlamentsverwaltungen, internationale Parlamentspraktika (IPP) für junge Hochschulabsolventen aus den USA, Frankreich und mittel-, ost- und südosteuropäischen Staaten sowie den deutsch-amerikanischen Jugendaustausch im Rahmen des Parlamentarischen Patenschaftsprogramms (PPP) zwischen US-Kongress und Deutschem Bundestag.

VII. Mitarbeiteraustausch der Parlamentsverwaltungen Mit den Parlamentsverwaltungen einiger Staaten unterhält die Verwaltung des Bundestags einen institutionalisierten Mitarbeiter- und Erfahrungsaustausch. Er dient einerseits dazu, Informationen über die politischen Systeme anderer Staaten zu vermitteln, andererseits sollen Kenntnisse über die Arbeitsweise ihrer Par-

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E. Parlamentarische Außenpolitik im Zeitalter der Globalisierung

lamente erlangt werden. Die Austauschbeamten lernen dabei nicht nur die Strukturen der jeweils anderen Parlamentsverwaltungen kennen, sondern sind vielfach auch in deren Arbeitsabläufe integriert. In der Praxis sieht dies so aus, dass ein deutscher Parlamentsbediensteter die Aufgaben seines ausländischen Kollegen für eine befristete Zeit von bis zu einem Jahr vollständig übernimmt. Hervorragende Kenntnisse der Sprache des jeweiligen Landes sind hierfür unabdingbar. Daneben gibt es auch Kurzaustauschprogramme, die den Charakter von ein- bis zweiwöchigen Informationsbesuchen haben. Der Mitarbeiteraustausch ist Teil einer gezielten Nachwuchsförderung für höhere Führungskräfte der Bundestagsverwaltung. Ein Zusammentreffen mit Politikerinnen und Politikern, deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie der Besuch verschiedener Institutionen ist regelmäßig Teil des Austauschprogramms. Derartige Austauschprogramme bestehen derzeit mit Frankreich, Großbritannien, Irland, Italien, Polen, Israel, der russischen Föderation und Griechenland. Am Austausch mit dem US-Kongress nehmen jährlich Mitarbeiter der Bundestags- und Bundesratsverwaltung sowie Fraktionsmitarbeiter teil. Beim Deutschen Bundestag existieren außerdem fünf Parlamentsmitarbeitervereinigungen, denen Beschäftigte der Bundestagsverwaltung, der Fraktionen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Abgeordneten angehören.92 Sie verfolgen das gemeinsame Ziel, die bilateralen beruflichen und gesellschaftlichen Kontakte zwischen den Parlamenten der jeweiligen Partnerländer zu vertiefen. Dazu führen sie regelmäßig Vortrags- und Informationsveranstaltungen zu aktuellen bilateralen Themen sowie Informationsreisen in das jeweilige Partnerland durch. Zur Stärkung der Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament (EP) und den nationalen Parlamenten wurde im Jahre 2004 zudem ein parlamentarisches „Kooperationsprogramm“ (Parliamentary Cooperation and Exchange Programme) entwickelt, das sogenannte COX-Programm.93 Im Rahmen von Seminaren, an denen Beamte des Europäischen Parlaments sowie Beamte der nationalen Parlamente teilnehmen, werden die Funktions- und Arbeitsweise des EP, Probleme der Subsidiaritätskontrolle sowie die Weiterentwicklung der Beziehungen zwischen dem EP und den nationalen Parlamenten thematisiert. – Ein erster kleiner Schritt, der vielleicht Grundstein einer breiter angelegten interparlamentarischen Kooperation in EU-Angelegenheiten sein könnte. Daneben führt die Bundestagsverwaltung außerdem besondere Ausbildungsprogramme für ausländische Parlamentsmitarbeiter aus Staaten am demokratischen Neubeginn durch. Im Rahmen dieser Interparlamentarischen Ausbildungshilfe 92 Vereinigung Deutsch-Französischer Parlamentsmitarbeiter (VDFP), Vereinigung Deutscher und Polnischer Parlamentsmitarbeiter (VDPP), Vereinigung Deutscher und Italienischer Parlamentsmitarbeiterinnen und Parlamentsmitarbeiter (VDIP), Deutsch-Israelische Vereinigung der Parlamentsmitarbeiter (DIVP) sowie Deutsch-Spanische Vereinigung der Parlamentsmitarbeiter (DSVP). 93 Das Programm entstand unter der Ägide des damaligen Präsidenten des Europäischen Parlaments Pat Cox.

VII. Mitarbeiteraustausch der Parlamentsverwaltungen

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(IPAH) kommen Parlamentsmitarbeiter aus jungen Demokratien regelmäßig nach Berlin, um die Arbeit des Bundestages aus der Nähe kennenzulernen und die dabei gewonnenen Erfahrungen später in die eigenen Parlamente einbringen zu können. Deutsche Parlamentsmitarbeiter reisen aber auch direkt in die jeweiligen Staaten, um vor Ort zu erklären, wie beispielsweise eine Geschäftsordnung erarbeitet wird, wie Ausschusssekretariate aufgebaut werden oder wie das Petitionswesen organisiert werden kann.

Zusammenfassung und Fazit Zusammenfassung Der Auswärtige Ausschuss zählt traditionell zu den renommiertesten Ausschüssen des Bundestages. Ihm gehören zahlreiche hochrangige Parlamentarier, ehemalige Partei- und Fraktionsvorsitzende sowie Minister und Staatssekretäre an. Für den Bereich der Außenpolitik ist er das zentrale parlamentarische Diskussions-, Entscheidungs- und Kontrollorgan. Darüber hinaus wirkt er auch an der Konzeption deutscher Außenpolitik maßgeblich mit.

A. Die Bestrebungen zur Einsetzung eines parlamentarischen Ausschusses für auswärtige Politik lassen sich bis in die Kaiserzeit zurückverfolgen. Auf dem Umweg über das Budgetrecht konnte sich der Reichstag der Kaiserzeit nach und nach ein Mitspracherecht in den auswärtigen Angelegenheiten erkämpfen. Die Einrichtung eines ständigen Ausschusses des Reichstages für auswärtige Angelegenheiten wurde erstmals in Artikel 35 der Weimarer Reichsverfassung vorgeschrieben. Er befasste sich in der kurzen Periode der Weimarer Republik mit allen wichtigen Fragen deutscher Außenpolitik und stellte eine nützliche Plattform des Austauschs zwischen den Parteien und dem Auswärtigen Amt dar. Zudem besaß er die Rechte eines Untersuchungsausschusses. (S. 28 – 56). Das Grundgesetz enthielt zunächst keine an Artikel 35 der Weimarer Reichsverfassung anknüpfende Regelung. Ein „Ausschuss für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten“ wurde zwar bereits 1949 vom Deutschen Bundestag eingesetzt, die Aufnahme ins Grundgesetz fand er allerdings erst im Zuge der Einführung der Wehrverfassung im Jahre 1956, gewissermaßen als „Nebenprodukt“ der verfassungsrechtlichen Institutionalisierung des Verteidigungsausschusses. Ein selbständiges Untersuchungsrecht, das der Verteidigungsausschuss erhielt, wurde dem Auswärtigen Ausschuss jedoch nicht zuerkannt. (S. 57 – 63).

B. Der Auswärtige Ausschuss gehört zu den ständigen Ausschüssen des Bundestages. Seine Einrichtung wird von Art. 45a Abs. 1 GG ausdrücklich vorgeschrie-

Zusammenfassung und Fazit

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ben. Zu den wesentlichen Aufgaben des Ausschusses zählt die Begleitung und Kontrolle der Außenpolitik der Bundesregierung, die Beratung völkerrechtlicher Verträge und die Beratung über die Entsendung von Streitkräften in Krisengebiete. Er tagt traditionell als „geschlossener Ausschuss“, zu dessen Sitzungen nur die ihm angehörenden Mitglieder bzw. deren namentlich benannte Stellvertreter Zutritt haben. Da ihm sehr viel größere informelle als formelle Einflussmöglichkeiten zukommen, werden von den Fraktionen üblicherweise nur profilierte und erfahrene Abgeordnete in den Ausschuss entsandt. Seine Arbeitsweise entspricht weitgehend derjenigen der übrigen Parlamentsausschüsse. Allerdings ist er nur zu einem geringen Teil mit vom Plenum überwiesenen Vorlagen befasst, sondern wird hauptsächlich als parlamentarisches Kontrollorgan gegenüber der Bundesregierung tätig. Den überwiegenden Teil der Sitzungszeit nimmt der außenpolitische Dialog mit der Bundesregierung und ausländischen Gästen in Anspruch. (S. 64 – 100).

C. Die Mitwirkungsmöglichkeiten des Bundestages im Bereich der auswärtigen Gewalt sind heute nicht mehr nur auf die bloße Zustimmung bzw. Ablehnung völkerrechtlicher Verträge durch Gesetz reduziert, wie sie Art. 59 Abs. 2 GG vorschreibt. Vielmehr ist neben die parlamentarische Mitwirkung nach Art. 59 Abs. 2 GG eine verstärkte antizipierte Zustimmung des Parlaments getreten. In der Praxis wird diese einerseits durch die frühzeitige Konsultation und Einbeziehung der Abgeordneten erreicht (etwa im Rahmen der vertraulichen Beratungen mit der Bundesregierung im Auswärtigen Ausschuss). Andererseits kann das Parlament seinen Ansichten aber auch durch eigenständige Beschlüsse („Entschließungsanträge“) zu außen-, europa-, sicherheits- und verteidigungspolitischen Angelegenheiten sowie humanitären Fragen Geltung verschaffen. Die bisherige Staatspraxis zeigt, dass der Bundestag durch solche Parlamentsbeschlüsse in besonderer Weise in die Lage versetzt war, an der Gestaltung der auswärtigen Beziehungen mitzuwirken. (S. 101 – 128). D. Dem Parlament ist es grundsätzlich möglich, durch den Erlaß von Gesetzen sowie durch Parlamentsbeschlüsse an der Außenpolitik mitzuwirken. Die Möglichkeiten parlamentarischer Mitwirkung an der Außenpolitik durch Gesetze sind allerdings beschränkt, denn auf dem durch ständig wechselnde Lagen gekennzeichneten Gebiet der Außenpolitik können generell-abstrakte Rechtssätze nur dort erlassen werden, wo die in Frage kommenden Situationen und die zu ihrer Bewältigung geeigneten Maßnahmen voraussehbar sind. Hingegen erscheinen die flexibel einsetzbaren Parlamentsbeschlüsse als ein hervorragend geeignetes Instrument für eine verstärkte parlamentarische Kontrolle und Mitwirkung an der Außenpolitik. Untergesetzliche Parlamentsbeschlüsse in Form verbindlicher Weisungen könnten

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Zusammenfassung und Fazit

ein neues und wegweisendes parlamentarisches Instrumentarium darstellen. Der Bundestag ist aufgefordert, über solche neuartigen parlamentarischen Handlungsformen nachzudenken und die Frage ihrer Rechtsverbindlichkeit gegebenenfalls gesetzlich zu regeln. (S. 129 – 140). E. Für die Parlamente stellt die Global Governance heute eine zentrale Herausforderung dar. Die wachsende transnationale Verflechtung und die immer weiter voranschreitende Globalisierung der gesamten Politik bedürfen einer stärkeren Einbeziehung und Mitwirkung der Parlamente als Vertreter der Völker. Im Prozess der Globalisierung muss die intergouvernementale Zusammenarbeit durch eine entsprechende interparlamentarische Kooperation sowohl in den zahlreichen interparlamentarischen Gremien als auch auf der Ebene der nationalen Parlamente begleitet werden. Internationale Parlamentariertreffen sind heute nicht nur Foren des interparlamentarischen Erfahrungsaustauschs, sondern gleichzeitig auch unverzichtbare Instrumente zur parlamentarischen Kontrolle der Außenpolitik. Die Parlamentarisierung der Außenpolitik leistet zugleich einen wichtigen Beitrag zur Demokratisierung der internationalen Beziehungen und hat positive Auswirkungen für den Frieden, die Stabilität und die Sicherheit in der Welt. (S. 141 – 173).

Fazit Im Hinblick auf die in der Einleitung angesprochene Frage, ob denn nun der Haushaltsausschuss oder der Auswärtige Ausschuss als der „wichtigste“ Ausschuss des Deutschen Bundestages anzusehen ist, sei resümierend bemerkt: Der Haushaltsausschuss nimmt das „Königsrecht“ des Parlamentes wahr, nämlich die Aufstellung und Kontrolle der Staatsausgaben. Mit Geld wird Politik gemacht und wer zu entscheiden hat, wofür Geld ausgegeben wird, übt ohne Zweifel Macht aus. Die Tätigkeit des Auswärtigen Ausschusses lässt sich damit nicht vergleichen. Vom Auswärtigen Ausschuss wird im Falle eines Falles die Entscheidung des Bundestages über Krieg und Frieden vorbereitet. Seine Mitglieder tragen damit eine Verantwortung, die über die bloße Zuweisung von Geld weit hinausgeht. Dies ist es, was den „Ausschuss der Staatsmänner“ von den übrigen Ausschüssen des Bundestages unterscheidet. Festzustellen ist, dass ein Monopol der Exekutive auf Außenvertretung schon lange nicht mehr existiert. Was Helga Haftendorn und andere in ihren begriffsbildenden Studien zur „verwalteten Außenpolitik“ für die Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland der siebziger Jahre herausgearbeitet haben1, wird inzwischen 1 Siehe Helga Haftendorn / Wolf-Dieter Karl / Joachim Krause / Lothar Wilker (Hrsg.), Verwaltete Außenpolitik – Sicherheits- und entspannungspolitische Entscheidungsprozesse in Bonn, Köln 1978.

Zusammenfassung und Fazit

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auf vielfältige Weise durch eine zunehmend „parlamentarisierte Außenpolitik“ ergänzt. Mehr denn je zuvor ist Außenpolitik heute auch zu einer Sache des Parlaments geworden. Woran kann aber nun der Beitrag des Parlaments am außenpolitischen Entscheidungsprozeß gemessen werden, an welcher Stelle und in welcher Rolle ist es im außenpolitischen Entscheidungssystem exakt zu verorten? Tatsächlicher Einfluss ist nicht immer auf den ersten Blick sichtbar oder mit formellen Kompetenzen versehen, wie insbesondere Juristen es gerne vermuten. Schon Thomas Ellwein hat in seiner Einführung in die Regierungs- und Verwaltungslehre darauf hingewiesen, dass die eigentliche Entscheidung in der Regel nicht dort fällt, wo sie formell getroffen wird, sondern schon früher2, dass es „nicht auf die förmliche Beschlussfassung ankommt, sondern auf das, was ihr vorausgeht“.3 In eben diesem Sinne stellt Wolfgang Zeh in seinem Beitrag zur Festschrift zum 70. Geburtstag des Speyerer Hochschulprofessors Klaus König fest, dass die Rolle eines Parlaments wie des Bundestages im parlamentarischen Regierungssystem „weniger an den von ihm formell „getroffenen“ Entscheidungen als vielmehr an jenen – in der Menge weit überwiegenden – Entscheidungsprozessen und Teilentscheidungen gemessen werden [kann], die er auslöst, zu denen er beiträgt, denen er Bedingungen vorgibt oder die seine Kompetenz zur Letztentscheidung in Rechnung stellen. [ . . . ] Das Parlament im parlamentarischen Regierungssystem hat unbeschadet aller staatsrechtlichen Zuordnung im Begriffsspektrum von Staats- und Verfassungsorganen, Institutionen und Kompetenzen keinen ein für allemal festlegbaren Ort, keine „Schublade“ über oder unter anderen, in welcher es komplett zu finden wäre; es taucht vielmehr in allen Schubladen auf.“4

Diese praxisnahe Feststellung mag in den Ohren mancher, allein normativ denkender Juristen vielleicht „schwammig“ klingen. Sie beschreibt die Realität aber sehr präzis.

2 Thomas Ellwein, Einführung in die Regierungs- und Verwaltungslehre, Stuttgart 1966, S. 148. 3 Ebenda, S. 149. 4 Wolfgang Zeh, Aktuelle Entwicklungen der Rolle des Bundestages im parlamentarischen Regierungssystem, in: Arthur Benz / Heinrich Siedentopf / Karl-Peter Sommermann (Hrsg.), Institutionenwandel in Regierung und Verwaltung. Festschrift für Klaus König, Berlin 2004, S. 317 – 329, S. 323.

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Personenverzeichnis Adenauer, Konrad 59, 61, 127, 128, 148 Arinc, Bülent 119 Baader, Paul 33 Barzel, Rainer 75 Bassermann, Ernst 39, 41, 43 Bauer, Gustav Adolf 50 Beck, Marieluise 19 Becker, Max 58 Berg, Wilfried 58 Bergner, Christoph 17 Fn. 2, 117 Bernstorff, Johann Heinrich Graf von 55 Bismarck, Otto von 28, 29, 32 Bötsch, Wolfgang 17 Fn. 2 Bonde, Alexander 110 Borer, Thomas G. 130 Bredt, Johann Viktor 43, 48, 53, 54 Breitscheid, Rudolf 95 Brüning, Heinrich 48 Bülow, Fürst von 29 Churchill, Winston 147 Corterier, Peter 75 Cremer, William Randal 145

Goebbels, Joseph 48 Göring, Hermann 48, 52, 56 Gothein, Georg 39, 41 Gradnauer, Georg 41 Griefahn, Monika 17 Fn. 2, 163 Fn. 72 Gröber, Adolf 42 Gül, Abdullah 119 Guérard, Theodor von 48, 55 Guillaume, Günther 62 Haenel, Albert 101 Haußmann, Conrad 37, 47 Hedrich, Klaus-Jürgen 17 Fn. 2 Heinze, Karl Rudolf 34 Hergt, Oskar 47, 48 Heuss, Theodor 32, 35 Hinze, Peter 17 Fn. 2 Hitler, Adolf 53 Hornhues, Karl-Heinz 75 Hoyer, Werner 17 Fn. 2, 87 Fn. 96 Huber, Antje 75 Irtemçelik, Mehmet Ali 118 Jaeger, Richard 58, 59

Dauch, Walther 55 David, Eduard 35 Dirksen, Willy von 29

Fischer, Joschka 85, 95 Frick, Wilhelm 47, 48, 54, 56 Furler, Hans 74, 75

Kaas, Ludwig 55 Kabel, Rudolf 21, 124 Katzenstein, Simon 33 Kiesinger, Kurt-Georg 58, 74, 75 Kinkel, Klaus 79 Fn. 71, 119, 126 Klose, Hans-Ulrich 17 Fn. 2, 74, 75, 76 Kolb, Heinrich 17 Fn. 2 Kopf, Hermann 21, 75 Koschnik, Hans 75 Kuhn, Fritz 118

Gansel, Norbert 75 Genscher, Hans-Dietrich 126 Gerstenmaier, Eugen 57, 74, 75

Lautenschlager, Hans Werner 126 Liesching, Theodor 39, 41 Locke, John 131

Erdogan, Tayyip 119 Erler, Fritz 59 Erzberger, Matthias 44

13*

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Personenverzeichnis

Magiera, Siegfried 130 Majonica, Ernst 18, 127 Marx, Werner 75 Marx, Wilhelm 47 Mattick, Kurt 75 Meckel, Markus 17 Fn. 2, 75 Mellies, Wilhelm 58 Müller, Hermann 47, 48, 51, 55, 78 Fn. 70 Naumann, Friedrich 32, 33, 35, 45 Nolte, Claudia 17 Fn. 2 Nothelle, Andreas 155 Papen, Franz von 48, 53 Passy, Frédéric Payer, Friedrich von 39, 41, 43 Preuß, Hugo 32, 33, 35, 45 Quarck, Max 33 Rabin, Izchak 119 Rauschenbach, Klaus Dieter 62 Renger, Annemarie 75 Richthofen, Hartmann Freiherr von 37, 39 Rühe, Volker 17 Fn. 2, 74, 75, 76, 92 Schäuble, Wolfgang 17 Fn. 2 Schalck-Golodkowski, Alexander 63 Scharping, Rudolf 17 Fn. 2, 139 Fn. 56 Scheidemann, Philipp 47, 50, 51 Schiffer, Eugen 39, 41 Schleicher, Kurt von 53 Schmid, Carlo 57, 58, 59, 74, 75, 127, 128

Schmidbauer, Bernd 17 Fn. 2, Scholz, Ernst 47 Schröder, Gerhard (CDU) 75, 78 Fn. 68, 115 Fn. 83 Schröder, Gerhard (SPD) 119 Schweitzer, Carl-Christoph 21 Sivkowich, Hans 39 Soell, Hartmut 75 Sorsa, Kalevi 155 Spahn, Peter 36 Spranger, Carl-Dieter 74, 75 Stercken, Hans 75, 80, 128 Stresemann, Gustav 39, 41, 42, 46, 47, 50, 54 Tomuschat, Christian 23, 130, 131 Twesten, Carl 28 Verheugen, Günther 78 Volmer, Ludger 17 Fn. 2, 63, 116 Wallraf, Max 47 Wehner, Herbert 75 Weichert, Jürgen C. 21 Welajati, Ali Akbar 119 Westarp, Kuno Graf von 47 Wilson, Woodrow 31 Wimmer, Willy 17 Fn. 2 Wirth, Joseph 48 Wischnewski, Hans-Jürgen 75 Wolff, Theodor 38 Zöpel, Christoph 17 Fn. 2

Sachverzeichnis Aktuelle Stunde 115 Allianzverträge 30 Anhörungen, öffentliche 92 ff. Arbeitsgruppen / -kreise der Fraktionen 83 f. Armenierantrag 117 ff., 138 Assemblée nationale 162 f., 166 Auslandseinsätze der Bundeswehr 70 f. Auslandsreisen 95 f. Ausschuss für Angelegenheiten der Europäischen Union (Europaausschuss) 19, 90, 99, 104 Ausschuss für das Besatzungsstatut und für auswärtige Angelegenheiten 57 Ausschuss für Fragen der europäischen Sicherheit (Sicherheitsausschuss) 58 f. Ausschuss für Menschenrechte 98, 99 Ausschuss für Rechtswesen und Verfassungsrecht 60, 61 Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit 19 Außenminister 78 f., 82, 85, 90, 122, 126 f., 128 – Anwesenheit im Ausschuss 53, 90 Außenpolitik 101 – parlamentarische Außenpolitik 141 ff. – parlamentarische Kontrolle 20, 25, 43, 45, 68, 95, 103, 105 f., 123, 134, 135 ff., 166 – parlamentarische Mitwirkung 108 ff., 129 ff., 132 ff. – Parlamentarisierung 29 ff., 45 ff. – Un-Normierbarkeit 130 ff. Auswärtige Angelegenheiten 101 Auswärtige Beziehungen 28, 101 Auswärtige Gewalt 101 – Anteil des Bundestages 102 ff. – Begriff 102 – in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts 106 ff. – in der Staatsrechtslehre 103 ff. – Lehre von der „gemischten Gewalt“ 103

– nach dem Grundgesetz 102 – parlamentarische Beteiligungsrechte 109 ff. – Parlamentarisierung 108, 136 – „Unionswärtige“ Gewalt 104 ff. Auswärtige Politik 101 Auswärtiger Ausschuss des Bundesrates 36 Auswärtiger Ausschuss des Deutschen Bundestages gem. Art. 45a Abs. 1 GG – als ständiger Ausschuss 64 ff. – Arbeitsweise 81 ff. – Aufgaben 68 ff. – Auslandsreisen 95 f. – Ausschusssekretär 80 – Ausschusssekretariat 79 f., 81 – Ausschusstätigkeit 21 – Ausschussverfahren 67, 86 ff. – Außenwirkung 127 – Bedeutung 17 f., 20, 78, 123 ff. – Beliebtheit 18 – Beratung über die Entsendung von Streitkräften 70 f., 76 – Beratung völkerrechtlicher Verträge 69 f. – Berichterstatter im Ausschuss 84, 88 – Bezeichnung 57 – Delegationsreisen 80, 95, 96 – Dialog mit der Bundesregierung 87, 90 – Einflussmöglichkeiten 78, 126 f. – Einflussnahmen 124 ff. – Fallbeispiele 125 f. – Forschungsstand 20 ff. – Frauenanteil 77 f. – Geheimschutz 82 f. – geschlossener Ausschuss 81 f. – Inhalte der Ausschussberatungen 123 f. – Mitglieder 77 ff. – Mitgliederzahl 72 – Obleute 76, 82, 84 – Öffentliche Anhörungen 92 ff. – Organisation 71 ff.

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Sachverzeichnis

Protokolle 20, 23 f. Quellenlage 20 ff., 23 f. Rechtsgrundlagen 67 Renommee 18 f. Rolle 123 ff. Schwerpunkte der Ausschussberatungen 123 f. – Sitzungsdauer 83 – Sitzungsprotokolle 86, 125 – Sitzungsrhythmus 83 – Sitzungssaal 83 – Sitzungsteilnehmer 84 f. – Sitzungsvorbereitung 83 f. – Teilnehmerzahl 85 – Umgangston 85 – Unterausschüsse 79, 97 ff. – Untersuchungsrecht 58 f., 61 ff., 67 – „Verfassungsorgan“ 59 – „Verfassungsrang“ 61 – verfassungsrechtliche Institutionalisierung 57 ff. – „Verfassungsunmittelbarkeit“ 25 – Verhandlungsgegenstände 86 ff. – Vertraulichkeit der Beratungen 81 ff., 86 – vorbereitendes Beschlussorgan 64, 68 – Vorsitzender / stv. Vorsitzender 72 ff. – Zusammensetzung 71 ff. – Zutrittsrecht 81 Auswärtiger Ausschuss des Reichstages gem. Art. 35 Abs. 1 WRV – Arbeitsweise 53 ff. – Bedeutung 32 – Beratungsgegenstände 49 f. – geschlossener Ausschuss 50 – Indiskretionen 50 ff. – Information der Öffentlichkeit 52 – Mitglieder 46 ff. – Nichtöffentlichkeit 34 – Protokolle 23, 49 – Quellenlage 23 – Renommee 46 – Schriftführer 49 – Sitzungsteilnehmer 52 f. – Stimmrecht im Ausschuss 50 – Tätigkeit 48 ff. – Teilnehmerzahl 53 – Unterausschüsse 55 f.

– Unterrichtungen durch die Reichsregierung 53 f. – Untersuchungsausschuss 32, 33, 55 f., 174 – Vertraulichkeit der Beratungen 50 ff. – Vorsitzende 47 – Zitierrecht 90 – Zutrittsrecht 52 Auswärtiges Amt 21, 53, 82, 104 Barcelona-Prozess 158 f. Berichterstatter 84, 88, 89, 110 Briand-Kellogg-Pakt 50 Budgetgewalt 30 Budgetrecht 30 f., 32, 110 f. – als außenpolitisches Steuerinstrument 30 ff., 110 f. Bundeskanzleramt 21 Bundesregierung 68, 90, 102, 136, 137, 139 Bundestagsverwaltung 80, 155, 168, 170 ff. – Mitarbeiteraustausch mit anderen Parlamentsverwaltungen 171 ff. – Unterabteilung „Internationale Beziehungen“ 170 f. Bundesverfassungsgericht 70, 106 ff., 109, 134, 140 COSAC 165 Dawes-Plan 49 Demokratie, parlamentarische 45 Deutscher Bundestag und Außenpolitik – Beteiligungsrechte 109 ff. – Budgetrecht als außenpolitisches Steuerinstrument 110 f. – Einflussmöglichkeiten 108 ff. – Informelle Einflussmöglichkeiten 121 ff. – Internationale Kontakte der Fraktionen und Ausschüsse 163 ff. – Kontrollrechte 111 ff. – Mitwirkung an der Außenpolitik 102 ff., 132 ff. – Recht zur verbindlichen Mitentscheidung in auswärtigen Angelegenheiten 140 – Rolle und Einfluss 101 ff. Deutscher Bundestag und Europa – Aufbaustab Europa 105 – Europabüro in Brüssel 105

Sachverzeichnis – Mitwirkung an Rechtsetzungsakten der EU 106 – parlamentarisches Kontrolldefizit 106 Dreibundvertrag 30 Enquete-Kommission „Globalisierung der Weltwirtschaft – Herausforderungen und Antworten“ 142 Enquete-Kommissionen 65 f. Entschließungsanträge 54, 116 f., 119 f., 138, 175 Entsendung von Streitkräften 70 f. Entwaffnungsfrage 52, 56 Ermächtigungsgesetz 56 Euromediterrane Parlamentarische Versammlung 158 ff. Europäisches Parlament 105, 111 Europäisches Zentrum für Parlamentarische Wissenschaft und Dokumentation 161 f. Europarat 123, 147 ff., 160 – Parlamentarische Versammlung 147 ff., 151 Fechenbach-Prozess 55 Flottenvorlagen 30 Fragestunde 114 Fraktionen 121 f. – Arbeitsgruppen / Arbeitskreise 83 f. – Einfluss 121 f. – im Ausschuss 84 – internationale Kontakte 163 ff. Geheimhaltung 20, 41, 82 f., 114, 130 Geheimhaltungsgrad 82 f. Geheimschutz 82 Geheimschutzordnung des Bundestages 82, 83 Fn. 83 Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) 105, 111 Genfer Viermächtekonferenz 59 Gesetz über den Auswärtigen Dienst 133 Gesetzesvorbehalt 129, 130, 132, 135 Global Governance 26, 141 ff. Globalisierung 26, 141 ff. Große Anfrage 112 ff. Grundgesetz – Art. 44 60, 62, 65, 115, 116 – Art. 45 19

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– Art. 45a 19, 58 – 61, 67, 174 – Art. 45c 19 Haushaltsausschuss 17 f., 19, 20 Herrenchiemseer Verfassungskonvent 57 Informationsgewinnung 90 ff., 95 Initiativrecht – der Ausschüsse 68 – der Bundesregierung zur Entsendung von Streitkräften 137 Interfraktionelle Anträge 120 Internationale Parlamentspraktika 171 Interparlamentarische Gremien 144 ff. – Mitwirkung des Bundestages 144 ff. – Wirksamkeit 144 f. Interparlamentarische Union 145 ff. Interparlamentarische Zusammenarbeit 141 ff. – Betreuung der internationalen Aktivitäten durch die Bundestagsverwaltung 170 f. – Internationale Kontakte der Fraktionen und Ausschüsse 163 ff. – Interparlamentarische Ausbildungshilfe 172 f. – Zusammenarbeit mit Parlamenten anderer Staaten 162 f. Kaiserreich 25, 29, 31, 32, 36 Kleine Anfrage 114 Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der Politischen Parteien e.V. 23, 24 Kommunisten 51 Legalitätsprinzip 129 ff. Locarno-Verträge 49 Londoner Abkommen 55 Machtergreifung 56 Menschenrechtspolitik 22 Minderheitenrecht 92, 115 Mitarbeiteraustausch der Parlamentsverwaltungen 171 ff. Monarchie, konstitutionelle 45 Mundatwald-Abkommen 69 Fn. 31, 125

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Sachverzeichnis

Nationalsozialisten 54, 56 NATO 107, 150 f. – Parlamentarische Versammlung 152 f. Norddeutscher Bund 25, 28 Opposition 111 – 117, 121 f., 123, 125 Ostseeparlamentarierkonferenz 155 ff. OSZE 153 ff. – Parlamentarische Versammlung 97, 153 ff., 160 Parlamentarische Kontrolle 61, 64, 66, 111 ff., 121 f. Parlamentarische Versammlung der Schwarzmeerwirtschaftskooperation 157 f. Parlamentarische Versammlung des Europarates 147 ff., 151 Parlamentarischer Rat 57 Parlamentarisches Patenschaftsprogramm 171 Parlamentariergruppen 91, 165 ff. Parlamentsbeschlüsse 129 ff., 133 – als Stellungnahme gem. Art. 23 Abs. 3 GG 137 f. – als verbindliche Weisungen 135 ff., 139 f. – gezielte schichte 136 f., 138 f. – konstitutive 136, 137 – politische Bindungswirkung 136, 138 f. – rechtliche Bindungswirkung 136 – schlichte 117, 135 f. – tatsächliche Relevanz 138 f. Parlamentsbeteiligungsgesetz 71, 133 Parlamentsmitarbeitervereinigungen 172 Parlamentspräsidentenkonferenzen 160 ff. Petitionen 52 Petitionsausschuss 19 Plenardebatte 112 Plenum 65 Rechtsausschuss 19, 58, 60, 61 Reichskanzler 52 Reichsregierung 51 Reichstag der Kaiserzeit – Beratung außenpolitischer Fragen 36 ff. – Budgetgewalt 30 – Budgetkommission 30, 36, 37, 39 – 43 – Budgetrecht 30 f., 32 – Einfluss auf die Außenpolitik 28 ff.

– – – – – – – – –

Friedensresolution vom 19. Juli 1917 31 Hauptausschuss 43, 45, 46 Interfraktioneller Ausschuss 44, 45 Kontrollfunktion 38 Kontrollrechte 38 Kriegskredite 31 „Siebener Ausschuss“ 44, 45 Sitzungsprotokolle 25 Verständnis der außenpolitischen Rolle 40 f. Reichstag der Weimarer Republik – Sitzungsprotokolle 25 Reichsverfassung von 1871 – Art. 4 30 – Art. 1 28, 31 – Art. 69 36 f. – Art. 73 31 Schriftliche Fragen 115 Selbständige Anträge 116, 117 ff. Selbstbefassungsrecht 68, 87, 89, 92 Selbstorganisationsrecht 66, 67 „Siebener Ausschuss“ 44, 45 Sonderausschüsse 65 Sonderausschuss „Europäische Union“ 137 Staatshaushalt 17 Staatsrechtslehre 103 ff. Ständige Ausschüsse 64 f., 66 Stiftungen, politische 91, 164 Think Tanks 92 Unionsvorlagen 88 f. UN-Sicherheitsrat 126, 143, 147 Unterausschüsse 55 f., 79, 97 ff. Untersuchungsausschüsse 62 f., 65, 77, 115 f. US-Kongress 108 f., 132, 171, 172 Vereinte Nationen 93, 143, 147 Verhandlungsgegenstände 86 ff. – überwiesene Vorlagen 87, 88 – Unionsvorlagen 88 f. Verordnungen 129 Versailler Vertrag 31 f. Verteidigungsausschuss 19, 60, 61, 67, 70, 79, 96, 110, 116 Vertraulichkeit 37, 43, 50 ff., 81 ff., 86 Völkerrechtliche Verträge 69 f., 87

Sachverzeichnis Wahlbeobachtungen 96 f. Wehrbeauftragter 58 Wehrverfassung 58, 61, 174 Weimarer Nationalversammlung 31, 45, 46 – 8. Ausschuss („Verfassungsausschuss“) 32 f., 35, 45 Weimarer Reichsverfassung – Art. 33 52 – Art. 35 32, 34 f., 45 f., 55, 57 – Art. 45 45

Weimarer Republik 25, 28 ff., 46, 49, 50 Weißbücher 28, 29 Westeuropäische Union (WEU) – Parlamentarische Versammlung 150 f. Young-Plan 52, 54 Zitierrecht 90, 91 Zugriffsverfahren bei der Besetzung der Ausschussvorsitze 73

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