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German Pages 233 Year 1960
Die Unternehmung im Markt Band 6
Das Wirtschaftlichkeitsprinzip und das Rentabilitätsprinzip – ihre Eignung zur Systembildung Von Hans-Joachim Forker
Duncker & Humblot · Berlin
Hans-Joachim
Forker
Das Wirtschaftlichkeitsprinzip und das Rentabilitätsprinzip
Die Unternehmung im Markt Herausgegeben von Prof. D r . G. B e r g l e r , Nürnberg, Prof. Dr. J. F e t t e l ,
Hamburg
Prof. Dr. H . L i n h a r d t , Nürnberg, und Prof. Dr. E . H . S i e b e r , Heidelberg
Band 6 Verantwortlicher Herausgeber: Prof. Dr. J. F e t t e l
Das WirtschaftKchkeitsprinzip und das Rentabilitätsprinzip ihre Eignung zur Systembildung
Von
Dr. Hans-Joachim Forker
DUNCKER &
HUMBLOT/BERLIN
Alle Rechte vorbehalten ©
1960 Duncker & Humblot, Berlin
Gedruckt 1960 bei Ridiard Schröter, Berlin SW 61 Printed in Germany
Vorbemerkung Die vorliegende Arbeit wurde i m Frühjahr 1959 der Wirtschaftsund Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Hamburg als Dissertation eingereicht. Besonderen Dank schulde ich meinem verehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. Johannes Fettel, der die Bearbeitung dieses Themas anregte und förderte. Hans-Joachim
Forker
Inhalt
A. Einleitung
11
B. Wirtschaftlichkeit und Wirtschaftlidikeitsprinzip
14
I. W i r t s c h a f t e n — w i r t s c h a f t l i c h e s
Prinzip
—
Wirtschaftlichkeit
15
1. Das Wirtschaften
15
2. Das wirtschaftliche oder ökonomische Prinzip
20
3. Die zwei Bedeutungen des A d j e k t i v s wirtschaftlich
23
4. Die Wirtschaftlichkeit
24
II. D i e
Wirtschaftlichkeit
in
der
betriebswirt-
schaftlichenLiteratur
29
1. Die Wirtschaftlichkeit als güterlich-technische Aussage
31
2. Die Wirtschaftlichkeit als einzelwirtschaftliche Aussage a) Die Wirtschaftlichkeit als Aufwand-Ertrags-Verhältnis b) Die Wirtschaftlichkeit als Kosten-(güterliche)LeistungsVerhältnis
34 34
c) Die Wirtschaftlichkeit als Kosten-Erlös-Verhältnis d) Das Wirtschaftlichkeitsurteil auf der Grundlage verschiedener Wirtschaftlichkeitsgrade
42
39
44
3. Die Wirtschaftlichkeit als gesamtwirtschaftliche Aussage
48
4. Die Wirtschaftlichkeit als außerwirtschaftliche Aussage
52
III. D a s P r i n z i p d e r W i r t s c h a f t l i c h k e i t
53
C. Rentabilität und Rentabilitätsprinzip
58
I. R e n t e — R e n t a b i l i t ä t
58
1. Die Rente
58
2. Die Rentabilität
6Q
8
Inhalt II. D i e
Eigenkapitalrentabilität
62
1. Die Vergleichbarkeit der Gewinne
62
2. Die Rentabilität als Mittel-Zweck-Verhältnis
66
3. Der Mitteleinsatz
70
4. K a p i t a l u n d Gewinn
73
a) Das K a p i t a l
73
b) Der Gewinn
78
III. D a s
Prinzip
der
Rentabilität
84
1. Das Rentabilitätsstreben
84
2. Das zum Prinzip erhobene Rentabilitätsstreben
88
D. Erkenntnisobjekt, systembildendes Prinzip und Wissenschaftsricfatung
92
I. D a s E r k e n n t n i s o b j e k t i n d e r e i n z e l w i r t s c h a f t lichen D i s z i p l i n der W i r t s c h a f t s w i s s e n schaften
92
1. Die Einzelwirtschaft
95
2. Die kapitalistische Unternehmung
97
a) Der Unternehmer
98
b) Die Unternehmung
105
3. Der Betrieb
113
a) Der Begriff Betrieb u n d seine verschiedenen Bedeutungen..
113
b) Der Betriebsbegriff unserer Untersuchung aa) Der Betrieb als M i t t e l zum wirtschaftlichen Zweck bb) Der Betrieb an sich
117 117 120
II. D a s s y s t e m b i l d e n d e
Prinzip
125
1. System u n d Systemprinzip
125
2. Das systembildende Prinzip als das oberste Prinzip
128
3. Systembildendes Prinzip und Erkenntnisobjekt
130
4. Die Anforderungen an das systembildende Prinzip
132
5. Systembildendes Prinzip und wirtschaftliche Zielsetzung
133
6. Systembildende Prinzipien der Einzelwirtschaftswissenschaft(en)
134
III. E m p i r i s c h e , n o r m a t i v e Wissenschaft 1. Empirisch und normativ
und
angewandte 135 136
Inhalt 2. Das Wissenschaftsbild empirischer Betrachtungsweise
138
3. Das Wissenschaftsbild normativer Betrachtungsweise
146
4. Die praktischen oder angewandten Wissenschaften
151
5. Die persönliche Entscheidung f ü r die seinswissenschaftliche Betrachtungsweise a) Die Frage der Allgemeingültigkeit höchster Werte b) Die angewandte Wissenschaft als normative Wissenschaft
158 159 163
E. Einzelwirtschaftslehre oder Lehre von der Unternehmung? I. D a s W i r t s c h a f t l i c h k e i t s p r i n z i p dendes Prinzip
als
systembil-
170
170
1. Das Wirtschaftlichkeitsprinzip i n der L i t e r a t u r u n d seine Eignung zum Systemprinzip a) Die außerwirtschaftliche Wirtschaftlichkeit b) Die gesamtwirtschaftliche Wirtschaftlichkeit c) Die einzelwirtschaftliche Wirtschaftlichkeit aa) Die Wirtschaftlichkeit als Aufwand-Ertrags-Verhältnis bb) Die Wirtschaftlichkeit als Kosten-Leistungs-Verhältnis cc) Die Wirtschaftlichkeit als Kosten-Erlös-Verhältnis dd) Die Wirtschaftlichkeit als relatives U r t e i l d) Die güterlich-technische Wirtschaftlichkeit
171 172 171 177 177 180 184 188 192
2. Die Eignung zum systembildenden Prinzip i n schaftlicher und normativer Sicht
193
II. D a s R e n t a b i l i t ä t s p r i n z i p Prinzip
als
seinswissen-
systembildendes
1. Die Einstellung der Betriebswirtschaftslehre tätsprinzip
zum Rentabili-
2. Das Rentabilitätsprinzip und die an Prinzip zu stellenden Anforderungen
systembildendes
ein
197 199 203
3. Das Rentabilitätsprinzip ein Streben nach maximaler Rentabilität?
205
4. Die Wissenschaft oder Lehre von der Unternehmung
216
F. Schlußbetrachtung
222
Literaturverzeichnis
225
A. Einleitung Nachdem sich i m Anschluß an den zweiten Weltkrieg die wirtschaftlichen Verhältnisse i n Deutschland grundlegend geändert haben, ist i n der Betriebswirtschaftslehre auch wieder die Diskussion über die Wissenschafts- und erkenntnistheoretische Situation dieser Disziplin aufgelebt. I n unserer Wissenschaft lassen sich mehrere Perioden einer solchen Besinnung auf die methodologischen Grundfragen feststellen. Setzt man etwa die Jahrhundertwende als den Beginn der Betriebswirtschaftslehre an, dann liegt die erste derartige Periode vor dem ersten Weltkrieg (Dietrich, Ehrenberg, Gomberg, Nicklisch, Schär, Schmalenbach, Weyermann-Schönitz u. a.). Ein zweiter Höhepunkt liegt i n den Jahren zwischen 1927 und 1936 (Hoffmann, Rieger, Schönpflug, Sieber, Söllheim, Töndury u. a.). Und schließlich w i r d neuerdings etwa seit 1945 diesen Problemen wieder größere Beachtung geschenkt. Infolge des Überganges zur Marktverkehrswirtschaft w i r d heute auch der alten Streitfrage nach dem systembildenden Prinzip unserer Wissenschaft wieder mehr Interesse entgegengebracht. Dieser Streit u m den Vorrang des Wirtschaftlichkeits- oder des Rentabilitätsprinzips ist, wie Baumgartner feststellt, ausschließlich eine Angelegenheit der Wissenschaft i m deutschen Sprachbereich 1 . Unserer Auffassung nach besteht der letzte Grund für diese Kontroverse darin, daß sich bei uns zwei ganz unterschiedliche Wissenschaftsrichtungen gegenüberstehen, nämlich die empirisch-seinswissenschaftliche und die normative 2 . W i r versuchen deshalb auch, von diesen beiden Betrachtungsweisen aus an die Problemstellung unserer Arbeit heranzukommen. 1 Baumgartner, Cyrill, Rentabilität u n d Unternehmung, Diss. Zürich 1952, Vorwort. 2 V o n diesem Gegensatz gehen viele W i r k u n g e n aus, unter anderem auch auf das Erkenntnisobjekt u n d auf den Zweck oder das Z i e l der E i n z e l w i r t schaften. Demgegenüber zeichnet sich die englisch-amerikanische L i t e r a t u r dadurch aus, daß über den Zweck Einigkeit besteht. F ü r die Unternehmungen w i r d das Rentabilitätsstreben als empirisch nachweisbare Tatsache h i n genommen, „worüber diskutiert w i r d , das ist n u r die Frage, w i e die Rentab i l i t ä t des Betriebes u n d der Unternehmung sichergestellt werden könne u n d welche betriebliche u n d kapitalmäßige Vorbedingungen hierfür v o r handen sein müssen" (Schmaltz, K , Bilanz- u n d Betriebsanalyse i n Amerika, Stuttgart 1927, S. 91; siehe auch Abromeit, Hans-Günther, Amerikanische Betriebswirtschaftslehre, i n : Handwörterbuch der Betriebswirtschaft, 3. Aufl., Sp. 1019).
12
Einleitung
U m was es uns i n der vorliegenden Untersuchung über das W i r t schaftlichkeits- und das Rentabilitätsprinzip und deren Eignung zur Systembildung geht, das läßt sich kurz i n folgenden drei Fragen umreißen: 1. Ist das Wirtschaftlichkeitsprinzip zum systembildenden Prinzip einer Wissenschaft von der Einzelwirtschaft (Betriebswirtschaftslehre) geeignet? 2. K a n n es dann, w e n n das Wirtschaftlichkeitsprinzip nicht dazu geeignet sein sollte, überhaupt eine umfassende Einzelwirtschafts(Betriebswirtschafts)lehre geben? 3. Welche Bedeutung k o m m t dem Rentabilitätsprinzip zu, w e n n eine solche einheitliche Wissenschaft nicht möglich sein sollte?
Für die Beantwortung dieser Fragen ist es unerläßlich, zunächst einmal auf das Wirtschaftlichkeitsprinzip und auf das Rentabilitätsprinzip einzugehen. Anschließend ist dann zu klären, was unter einem systembildenden Prinzip zu verstehen ist und welche Anforderungen an ein solches zu stellen sind, denn die Frage nach der Eignung zur Systembildung ist eine Frage nach der Eignung zum Systemprinzip. W i r werden dann weiterhin die möglichen Erkenntnisobjekte Einzelwirtschaft, Betrieb und Unternehmung behandeln und schließlich den Gegensatz zwischen der empirischen und der normativen Wissenschaftsrichtung aufzeigen. I n einem letzten Kapitel werden dann schließlich die oben gestellten Fragen beantwortet 8 . A n dieser Stelle muß aber noch auf einen anderen wichtigen Punkt hingewiesen werden. W i r sehen i n den Wirtschaftswissenschaften keine Natur- oder technischen Wissenschaften, sondern Geisteswissenschaften. Unter Geisteswissenschaften verstehen w i r solche, die sich m i t dem Verhalten und den Werken der Menschen befassen. Diese Werke werden dabei nicht als vom Subjekt Mensch losgelöst betrachtet, sondern als die Auswirkungen oder Ergebnisse bestimmten menschlichen Verhaltens 4 . Dieses Verhalten ist eben immer nur an den sichtbaren Ergeb3 Es ist noch darauf hinzuweisen, daß i m A u f b a u dieser A r b e i t die K a p i t e l B, C, u n d D nicht aus dem jeweils vorangehenden K a p i t e l folgen, sondern gleichwertig oder gleichrangig nebeneinander stehen. Sie enthalten die V o r aussetzungen f ü r das abschließende K a p i t e l E. Die Reihenfolge ist dabei das Ergebnis von Zweckmäßigkeitsüberlegungen. Daß der größte T e i l dieser A r b e i t den Voraussetzungen gewidmet werden mußte, liegt i n der Fragestellung des Themas begründet. Die Tatsache, daß die an u n d für sich gleichrangigen K a p i t e l hintereinander angeordnet werden müssen, hat allerdings zur Folge, daß bereits i n einem vorangehenden K a p i t e l Begriffe verwendet werden müssen, die erst später erklärt werden können. So läßt es sich beispielsweise nicht verhindern, daß Begriffe w i e Betrieb, Unternehmung, Unternehmer usw. schon vor ihrer eingehenden A b h a n d l u n g gebraucht werden müssen. A l s besonders nachteilig erweist sich das u. E. beim Begriff Betrieb. W i r versuchen deshalb, diesen Begriff zunächst so gut w i e möglich zu vermeiden. Statt dessen sprechen w i r von der Einzelwirtschaft, w e n n der Betrieb als Wirtschaftseinheit gemeint ist. 4 Siehe dazu Fettel, Johannes, Betriebswirtschaftslehre als Geisteswissenschaft, i n : ZfB, Jg. 1958, S. 209 ff.; vergleiche auch L i n h a r d t , H., Anschaulich-
Einleitung
nissen zu erkennen und zu erklären. Je nach dem betrachteten Verhaltensbereich sind die realen Erscheinungen des Verhaltens recht unterschiedlicher Natur. I n der Literatur spricht man häufig vom Handeln oder auch vom Tun, w i r bevorzugen demgegenüber das Verbum „verhalten", w e i l w i r es für umfassender halten, w e i l es vor allem neben dem T u n auch noch das Unterlassen zum Inhalt hat. Abschließend sei noch eine Bemerkung zu der von uns verwandten Literatur gemacht. M i t Ausnahme des Abschnittes über die beiden gegensätzlichen Wissenschaftsrichtungen sind zu jedem der für uns wichtigen Einzelkomplexe ungezählte Veröffentlichungen erschienen. Von diesen können w i r hier selbstverständlich nur einen kleinen Teil berücksichtigen, zumal unter einer übermäßigen Zahl von Zitaten auch nur die Übersichtlichkeit leiden würde. Z u erwähnen ist aber noch, daß diese Arbeit aus dem Seminar von Herrn Professor Dr. Johannes Fettel hervorgegangen ist.
keit der Wirtschaft u n d Anschauungsmittel der Wirtschaftswissenschaft, i n : BFuPr, Jg. 1955, S. 3: „Wirtschaften ist ein geistiges Bemühen"; demgegenüber gibt es nach Sandig keine eindeutige Zuordnung zu den N a t u r u n d Kulturwissenschaften (Sandig, Curt, Die Forschungs- u n d Darstellungsmethoden u n d das Methodenproblem i n betriebswirtschaftlicher Sicht, i n : BFuPr, Jg. 1957, S. 145).
B. Wirtschaftlichkeit und Wirtschaftlichkeitsprinzip Von den beiden Begriffen Wirtschaftlichkeit und Rentabilität ist ohne Frage ersterer am umstrittensten und vieldeutigsten. Er w i r d zwar i n der betriebswirtschaftlichen Literatur und Diskussion ständig verwandt, hat aber keinen einheitlichen Begriffsinhalt. Wie man wohl ohne große Übertreibung behaupten kann, definiert nahezu jeder Autor diesen Begriff anders. Es ist zwar zuzugeben, daß sich einzelne Definitionen oft recht ähnlich sind, andererseits gehen die Auffassungen darüber, was Wirtschaftlichkeit ist, aber auch sehr weit auseinander. Hinzu kommt noch, daß einzelne Autoren mehrere recht unterschiedliche Sachverhalte m i t der gleichen Bezeichnung Wirtschaftlichkeit belegen, ohne durch eine besondere Beifügung auf die Unterschiede i m Inhalt hinzuweisen 1 . Dadurch w i r d es noch schwieriger, die Wirtschaftlichkeit i n ihrer vielgestaltigen Form zu erfassen. Begriffe sind i n der Wissenschaft M i t t e l zum Zweck, nämlich zur Verständigung. Sie können von dem, der sie gebrauchen w i l l , u m sich verständlich zu machen, nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten frei gebildet werden; sie müssen nur sinnvoll und dürfen nicht widerspruchsvoll sein. Die Verständigung setzt aber voraus, daß der Gesprächspartner weiß, was unter dem jeweiligen Begriff verstanden werden soll. A m einfachsten ist es, Begriffe zu verwenden, deren Inhalt allgemein bekannt und auch anerkannt ist, die sich i m Laufe der Zeit zu Standardbegriffen fest umrissenen Inhalts entwickelt haben. Zu diesen Begriffen gehört die Wirtschaftlichkeit allerdings nicht, die Gefahr, aneinander vorbeizureden, ist deshalb hier besonders groß. Mißverständnisse können überdies dann entstehen, wenn zur Stützung eigener Aussagen andere Autoren herangezogen werden und dabei nicht berücksichtigt wird, daß diese den betreffenden Begriff m i t ganz anderen Inhalten verwenden. Dieser letzte Gesichtspunkt scheint uns i m Zusammenhang m i t der Wirtschaftlichkeit besonders bedeutsam zu sein, w i r d doch von vielen Autoren ein allgemeines Streben der Betriebe nach Wirtschaftlichkeit behauptet, obwohl doch ganz offensichtlich ist, daß diese Autoren recht unterschiedliche Vorstellungen über die Wirtschaftlichkeit haben. 1 A l s Beispiel hierfür sei n u r auf die von Castan vorgenommene Z u sammenstellung der Inhalte, die Nicklisch dem Begriff Wirtschaftlichkeit beilegt, verwiesen (Castan, Edgar, Wirtschaftlichkeit u n d Wirtschaftlichkeitsrechnung industrieller Betriebe, Diss. H a m b u r g 1956, S. 49).
Wirtschaften — wirtschaftliches Prinzip — Wirtschaftlichkeit
15
Zwangsläufig müssen dann doch erhebliche Abweichungen zutage treten. Eine Darstellung der i n der Literatur anzutreffenden Ansichten über die Wirtschaftlichkeit und einige Ausführungen über die Wirtschaftlichkeit i m allgemeinen lassen sich also i m Interesse unserer Fragestellung nicht vermeiden.
I. Wirtschaften — wirtschaftliches Prinzip — Wirtschaftlichkeit Wenn w i r es m i t einem uns unbekannten Wort zu t u n haben, empfiehlt es sich oft, dieses Wort zu zerlegen und seine Einzelteile zu betrachten. Gelegentlich ist es sogar angebracht, bis auf die etymologische Bedeutung des Wortes oder der Teile zurückzugehen und auch noch andere Wortbildungen m i t dem gleichen Stamm hinzuzuziehen. W i r wollen hier versuchen, über das Verbum wirtschaften und über das wirtschaftliche Prinzip der Wirtschaftlichkeit selbst näher zu kommen. 1. D a s
Wirtschaften
Wie w i r i n der Einleitung feststellten, geht es i n unserer Wissenschaft u m das Verhalten von Menschen, und zwar u m ein ganz bestimmtes, nämlich u m das wirtschaftliche. Unsere Betrachtungen über die W i r t schaftlichkeit beginnen deshalb auch m i t dem Wirtschaften. Dieses und nicht die Wirtschaft scheint uns das Primäre zu sein. Das Wirtschaften ist ein rationales Verhalten, ein auf ein Ziel gerichtetes, einen Zweck zu verwirklichen trachtendes, zweckbestimmtes, zweckdienliches, zweckorientiertes Verhalten. Es w i r d vom Verstand ausgelöst und vom Verstand kontrolliert 2 . Rationales Verhalten ist ein Verhalten, das auf die Erreichung eines vom Subjekt individuell gesetzten Zweckes auf dem Zweck angepaßten Wegen und m i t als dem Zweck dienlich erachteten M i t t e l n abzielt. Ob der gesetzte Zweck auf diese Weise und m i t diesen M i t t e l n objektiv gesehen verwirklicht werden kann, ist dabei völlig gleichgültig. Es genügt, wenn das Subjekt davon überzeugt ist, sich zweckentsprechend zu verhalten®. Alle Zwecke laufen unmittelbar oder auf mehr oder minder weiten Umwegen auf die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse hinaus. Über 2 Rational leitet sich her von „ratio". Ratio hat hier zunächst die Bedeutung von Verstand. Die Philosophie versteht unter „ r a t i o " dann allerdings auch noch die Vernunft. Vergleiche Eisler, Rudolf, Eislers H a n d w ö r terbuch der Philosophie, 2. Aufl., B e r l i n 1922, S. 520 u n d Hoffmeister, Johannes, Wörterbuch der philosophischen Begriffe, 2. Aufl., H a m b u r g 1955, S. 506. 8 W i r haben deshalb auch das W o r t zweckmäßig vermieden, w e i l w i r darin schon eine Wertung erblicken, ein von außen stammendes oder ein nachträgliches U r t e i l über die objektive Geeignetheit zur Zweckverwirklichung.
16
Wirtschaftlichkeit u n d Wirtschaftlichkeitsprinzip
all den verschiedenen Zwecken steht als höchstes Ziel etwas, das w i r einmal Glückseligkeit nennen wollen, ganz gleich, wie diese für das Einzelwesen aussieht. Rationales Verhalten ist also letzten Endes immer auf Bedürfnisbefriedigung gerichtet. Die Bedürfnisbefriedigung selbst ist unserer Auffassung nach nicht das Endziel des Wirtschaftens, sondern sie folgt erst auf das W i r t schaften, sie steht außerhalb des Wirtschaftens. Wirtschaften ist die Beschaffung und Bereitstellung der Mittel, die der Mensch zur Befriedigung seiner Bedürfnisse benötigt. Die Bedürfnisse geben den Anstoß zum Wirtschaften, sie lösen die Zwecksetzung aus4. Den Konsum oder Verbrauch der Bedürfnisbefriedigungsmittel rechnen w i r aber nicht mehr zum wirtschaftlichen Verhalten. Die Mittel, um die es beim Wirtschaften geht, stammen i m letzten aus der den Menschen umgebenden Natur, sie müssen der Natur abgerungen werden. Beschaffung bedeutet deshalb immer Arbeit, körperliche und geistige. Wo M i t t e l zur Bedürfnisbefriedigung nicht durch Arbeit gewonnen zu werden brauchen, sondern einfach da sind, nur konsumiert zu werden brauchen, wie beispielsweise i m Normalfall die uns umgebende Luft, dort w i r d nicht gewirtschaftet. M i t der Feststellung, daß es sich u m ein rationales Verhalten handelt, und m i t der Bestimmung des Zieles ist das wirtschaftliche Verhalten aber noch keineswegs hinreichend charakterisiert. Aus der Tatsache, daß die Mittelbeschaffung Arbeit voraussetzt, ergibt sich nämlich etwas sehr Wichtiges. Arbeit vollzieht sich immer i n der Zeit. Zeit aber steht dem Menschen nur i n einem durch die Lebensdauer begrenzten Ausmaße zur Verfügung. Ebenso sind die zur Arbeit notwendigen Kräfte beschränkt und nicht unerschöpflich. Auch die Schätze der Natur, die die Basis für alle Bedürfnisbefriedigungsmittel abgeben, sind nicht i n unbegrenzten Mengen vorhanden. Das zwingt den Menschen i m Interesse seiner Ziele zu einem Verhalten, das auf einen Vergleich von Einsatz und Ergebnis hinausläuft. Z u diesem Vergleich bedarf der Mensch einer besonderen Einsicht, die man i m allgemeinen als Vernunft bezeichnet. A u f Grund der Vernunft kommt der Mensch zu dem Urteil, daß es sinnlos ist, ein Ergebnis herbeizuführen, das von i h m geringer eingeschätzt w i r d als die Gesamtheit dessen, was er zur Erzielung dieses Ergebnisses einsetzen muß. Sinnvoll oder vernünftig dagegen ist ein Verhalten, das zu einem Ergebnis führt, das höher gewertet w i r d als der dafür erforderliche Einsatz 5 . Einsatz ist ganz allgemein die Summe 4 Eine befriedigende Unterscheidung von Zweck u n d Ziel vermochten w i r nicht zu finden. Da auch die Philosophie Zweck u n d Ziel i m allgemeinen gleichsetzt, gebrauchen w i r beide i m gleichen Sinne. Siehe auch Eisler, a. a. O., S. 775 ff., u n d Hoffmeister, a. a. O., S. 680. 5 M a n bezeichnet ein derartiges Verhalten oft als Verhalten gemäß dem Rationalprinzip. Dieser Ausdruck geht von „ r a t i o " i m Sinne v o n Vernunft
Wirtschaften — wirtschaftliches Prinzip — Wirtschaftlichkeit
17
aller Anstrengungen, Mühen, Opfer an Kraft, Zeit und Stoffen, die eines Ergebnisses wegen gemacht werden. A u f w a n d und Ertrag, wie w i r den Einsatz und das Ergebnis der Einfachheit halber nennen wollen, müssen durch das Subjekt gewertet werden, wenn sie miteinander verglichen werden sollen. Wie diese Werte beschaffen sind, kann ein Außenstehender nicht sagen, sie entstammen der individuellen Wertsphäre des Wertenden 6 . Da die Wertungen von A u f w a n d und Ertrag vom gleichen Subjekt ausgeführt werden, ist ein Wertevergleich möglich. Das dabei gewonnene Urteil hat aber auch nur für dieses eine Subjekt, das die Wertungen vorgenommen hat, Geltung, und zwar nicht notwendig für eine längere Zeit, sondern vielleicht nur für den einen Augenblick des Wertens. Da diese Werte und damit der Vergleich auf keinen Fall allgemeine Geltung haben, kann ein bestimmtes Verhalten für das eine Subjekt vernünftig, vom Standpunkt eines anderen aus aber sinnlos sein. I n der durch die menschliche Vernunft ausgelösten Erkenntnis, daß der Ertrag größer sein muß als der Aufwand, wenn das Verhalten vernünftig sein soll, haben w i r ein weiteres wichtiges K r i t e r i u m für das wirtschaftliche Verhalten vor uns, denn die Tatsache, daß das w i r t schaftliche Verhalten rational, d.h. auf Zweckverwirklichung gerichtet ist, sagt noch nichts über den Zweck selbst aus bzw. darüber, ob es vernünftig ist, i m Vergleich zu den zur Zweckverwirklichung erforderlichen M i t t e l n einen derartigen Zweck überhaupt zu verfolgen. Die Vernunft hat also zu entscheiden, ob der Zweck den Mitteleinsatz rechtfertigt. Wie die Vernunft, die „Fähigkeit umfassender, auf höchste Einheit der Erkenntnis und des Handelns gerichteter Geistestätigkeit" 7 , höher steht als der Verstand, das „ M i t t e l zur Lösung bestimmter theoretischer und praktischer Aufgaben" 8 , so ist wirtschaftliches Verhalten nicht nur rationales, sondern sozusagen potenziertes rationales oder einfach vernünftiges Verhalten. Aber auch m i t dieser Erkenntnis ist das Wirtschaften noch keineswegs vollständig zu erfassen. Der Mensch sucht nämlich nicht nur einen Ertrag zu erzielen, der von i h m höher eingeschätzt w i r d als der dafür notwendige Aufwand, sondern er trachtet darüber hinaus nach einer Übereinstimmung zwischen den praktisch unendlich vielen Zwecken und dem, was i h m an Zeit, Kräften und Stoffen zum Einsatz zur Verfügung steht. Er w i r d dazu die Zwecke, die er m i t den i h m zu Gebote stehenden aus, während das rationale Verhalten auf „ r a t i o " i m Sinne von Verstand abstellt. Vernunft ist aber mehr als Verstand. Vielleicht wäre deshalb die Bezeichnung Vernunftsprinzip besser. 8 Den Ausdruck „bewerten" halten w i r reserviert f ü r den zu Geldgrößen führenden Wertungsvorgang. Wo es sich u m andere Werte handelt, sprechen w i r v o n „werten". 7 Eisler, Rudolf, a. a. O., S. 705. 8 Hoffmeister, Johannes, a. a. O., S. 646. 2
Forker
18
Wirtschaftlichkeit u n d Wirtschaftlichkeitsprinzip
M i t t e l n verwirklichen kann, einer Beurteilung unterziehen, u m aus ihnen die herauszufinden, die i h m die meiste Befriedigung verschaffen. Dabei w i r d er immer bemüht sein, den Einsatz für einen bestimmten Zweck so niedrig wie möglich zu halten, u m m i t dem Eingesparten noch andere Zwecke verwirklichen zu können 9 . Ein solches Verhalten nennt man i n der Regel ein Verhalten nach dem wirtschaftlichen oder ökonomischen Prinzip. Gelegentlich spricht man aber auch vom allgemeinen Rationalprinzip. A n diesem Punkt enden i n der Regel die Betrachtungen über das Wirtschaften. Dieses w i r d dann definiert als ein unter Beachtung des ökonomischen Prinzips stehendes, auf die Beschaffung von Bedürfnisbefriedigungsmitteln gerichtetes rationales Verhalten. W i r halten diese Definition aber für zu weit, denn sie trifft auch für Bereiche des menschlichen Lebens zu, die von den Wirtschaftswissenschaften nicht erfaßt werden und die wohl auch gar nicht erfaßt werden können. Es muß noch ein anderes wichtiges K r i t e r i u m hinzukommen, wenn aus dem so definierten Verhalten ein spezifisch wirtschaftliches Verhalten werden soll, und das ist die Eingliederung des Menschen i n die menschliche Gesellschaft. N u r soweit es u m die Beschaffung von Bedürfnisbefriedigungsmitteln i m Rahmen dieser Gesellschaft geht, wollen w i r vom Wirtschaften reden. Diese Eingliederung kann heutzutage nicht mehr unberücksichtigt bleiben. Der einzelne Mensch kann heute seine Bedürfnisbefriedigungsm i t t e l nicht mehr ausschließlich selbst erzeugen, er ist immer auf andere Menschen außerhalb seiner engeren Familienbande angewiesen. M i t zunehmender Arbeitsteilung und daraus folgender Spezialisierung w i r d diese Abhängigkeit immer größer. E i n Teil der Bedürfnisbefriedigungsmittel, und zwar i n aller Regel der größte, kann heute nur über die Verbindung m i t anderen Wirtschaftseinheiten beschafft werden. Und nur diesen Teil des auf Beschaffung gerichteten Verhaltens haben die Wirtschaftswissenschaften zum Untersuchungsfeld. Das gilt primär für die Nationalökonomie, daraus abgeleitet aber auch für die Einzelwirtschafttswissenschaft(en). Wo der Mensch bei der Beschaffung nicht auf andere Wirtschaftseinheiten angewiesen ist, wie i n den autarken Ge9 Ähnliche Gedanken, w i e w i r sie hier entwickelt haben, finden sich auch bei Weigmann (Weigmann, Walter, Ist Rentabilität ein Maßstab f ü r w i r t schaftliches Handeln? Diss. T H München 1930, B e r l i n - L e i p z i g - W i e n 1930, S. 5). Während Weigmann beide Erscheinungen, das Trachten nach einem den A u f w a n d übersteigenden Ertrag u n d das Handeln nach dem v o n uns zuletzt genannten Prinzip, als praktisch gleichbedeutsame Begleitumstände der wirtschaftlichen V e r n u n f t ansieht, sind w i r der Meinung, daß die Überlegung: der Ertrag muß größer als der A u f w a n d sein unbedingt vorausgeht. Schon i m Entschluß, sich einen bestimmten Zweck zu setzen u n d i h n zu verfolgen, dürfte diese Überlegung mitspielen, während die Frage nach den zweckmäßigen M i t t e l n erst nachher gestellt werden w i r d .
Wirtschaften — wirtschaftliches Prinzip — Wirtschaftlichkeit
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b i l d e n , d e n sog. H a u s - o d e r H o f e s w i r t s c h a f t e n , d i e es i n d e r m o d e r n e n Gesellschaft a l l e r d i n g s n i c h t m e h r g i b t , w i r d m i t h i n auch n i c h t g e w i r t schaftet 1 0 . Das K e n n z e i c h e n d e r gegenseitigen V e r f l e c h t u n g u n d V e r b i n d u n g d e r W i r t s c h a f t s e i n h e i t e n i n n e r h a l b e i n e r m o d e r n e n W i r t s c h a f t i s t das G e l d 1 1 . O h n e G e l d g i b t es h e u t e k e i n W i r t s c h a f t e n . D i e M i t t e l z u r Bedürfnisbefriedigung werden z u m größten T e i l v o n anderen M e n schen i m A u s t a u s c h gegen G e l d bezogen. Diese K e t t e setzt sich f o r t b i s z u d e n W i r t s c h a f t s e i n h e i t e n , d i e d i e N a t u r s c h ä t z e u n m i t t e l b a r ausb e u t e n b z w . g e w i n n e n u n d sie — w i e d e r gegen G e l d — a n die, d i e einen Bedarf dafür haben, veräußern. Das W i r t s c h a f t e n i s t also zunächst a u f d i e Beschaffung v o n G e l d u n d d a n n erst a u f d i e Beschaffung v o n B e d ü r f n i s b e f r i e d i g u n g s m i t t e l n m i t H i l f e des Geldes g e r i c h t e t . So k ö n n e n w i r abschließend f o l g e n d e D e f i n i t i o n a u f s t e l l e n : W i r t s c h a f t e n i s t e i n r a t i o n a l e s , u n t e r B e a c h t u n g des ö k o n o m i s c h e n P r i n z i p s stehendes, a u f d e n E r w e r b v o n G e l d u n d d i e 10 Der Gesichtspunkt der Vergesellschaftung k o m m t schon i n den Worten National- u n d Sozialökonomie zum Ausdruck, er findet auch i n vielen g r u n d legenden Schriften der Nationalökonomie seinen Niederschlag, so z. B. bei Ritsehl, H., Theoretische Volkswirtschaftslehre; Schneider, E., E i n f ü h r u n g i n die Wirtschaftstheorie; B r i n k m a n n , C., Wirtschaftstheorie u n d andere mehr. E i n alter Streit geht i n der Nationalökonomie darum, ob der oft zitierte Robinson gewirtschaftet habe oder nicht. Nach unserer oben dargelegten Auffassung hat er nicht gewirtschaftet, denn er w a r zur Beschaffung seiner Bedürfnisbefriedigungsmittel ausschließlich auf sich allein gestellt. Dadurch, daß er aus einer menschlichen Gesellschaft kam, w a r er i n vielen Dingen vorgebildet, aber die Beschaffung selbst vollzog sich nicht i n einer Gesellschaft. Ob er ohne seine H e r k u n f t aus der Gesellschaft anders gehandelt hätte, ist nicht zu beweisen, ist aber auch ohne Belang. B r i n k m a n n versucht, den f ü r die gesellschaftliche Verflechtung charakteristischen Tausch f ü r Robinson gedanklich zu konstruieren, u n d zwar i n F o r m des „Tausches m i t sich selbst". W i r halten das aber f ü r eine sehr gewaltsame u n d v ö l l i g unbefriedigende Konstruktion, denn der einzelne ist n u n eben einmal keine Gesellschaft. 11 V o n der p r i m i t i v e n F o r m des Tauschverkehrs, dem Naturaltausch, k a n n hier abgesehen werden, denn er ist heutzutage n u r noch eine Ausnahmeerscheinung. Selbst dort, w o er noch vorkommt, w i r d das Austauschverhältnis oft über eine d r i t t e Größe, u n d zwar das Geld, bestimmt. Unter Geld braucht m a n sich nicht n u r die derzeitige F o r m des gesetzlichen Zahlungsmittels vorzustellen. A n seine Stelle können i n bestimmten Zeiten u n d f ü r bestimmte Gebiete auch einmal Güter treten, w i e Zigaretten, Kohle usw. I n der E i n f ü h r u n g des Geldes i n die Betrachtung über das W i r t schaften sehen w i r das M i t t e l zur Abgrenzung des Bereiches des wirtschaftlichen Verhaltens v o n anderem Verhalten. Ä h n l i c h schreibt K n o p i k (Knopik, Heinrich, Die Wirtschaftlichkeit des Betriebes u n d die Rentabilität der U n t e r nehmung, Diss. Erlangen 1948, S. 90): „ M i t dem A u f t r e t e n der Geldrechnung erfährt erst die Wirtschaft i m Leben der Menschen eine schärfere A b grenzung gegen den nicht wirtschaftlichen Bereich u n d gleichzeitig eine größere Selbständigkeit". Z u einem ähnlichen Ergebnis k o m m t Rieger, w e n n er feststellt: „alles Wirtschaften muß i m Gelde ausmünden" (Rieger, Wilhelm, E i n f ü h r u n g i n die Privatwirtschaftslehre, Nürnberg 1928, S. 34). 2*
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Wirtschaftlichkeit u n d Wirtschaftlichkeitsprinzip
Beschaffung und Bereitstellung von M i t t e l n zur Bedürfnisbefriedigung i m Rahmen der menschlichen Gesellschaft abzielendes Verhalten. Aus dem Hinweis auf die Eingliederung i n die Gesellschaft ist zweierlei zu entnehmen. E i n die obige Definition erfüllendes Verhalten kann nur dann als Wirtschaften bezeichnet werden, wenn es von der Gesellschaft erlaubt bzw. gebilligt ist. Zum anderenspieltsich alles Wirtschaften i n der Geldsphäre ab. Die Wirtschaft reicht nur so weit, wie auch das Geld reicht 12 . A u f welche Weise die Bedürfnisbefriedigungsmittel hervorgebracht werden und was m i t ihnen schließlich geschieht, wenn sie beschafft und bereitgestellt sind — also die Frage des Konsums —, das interessiert uns nicht bzw. nicht mehr, w e i l es definitionsgemäß außerhalb des W i r t schaftens liegt 1 3 . A u f diese Feststellung werden w i r später mehrfach zurückgreifen müssen. Die Gebilde, i n denen der Erwerb von Geld und andererseits die Beschaffung und Bereitstellung der M i t t e l für den Konsum m i t Hilfe des Geldes stattfindet, nennen w i r Wirtschaftseinheiten oder Einzelwirtschaften. W i r unterscheiden zwei Gruppen: die Gelderwerbswirtschaften und die Haushaltungen. Die Beziehungen zwischen solchen Einzelwirtschaften, zwischen Gelderwerbswirtschaften, zwischen Haushalten und zwischen Gelderwerbswirtschaften und Haushalten, machen das Wirtschaften aus. 2. D a s
wirtschaftliche
oder
ökonomische
Prinzip
Das von uns als ein K r i t e r i u m des wirtschaftlichen Verhaltens bezeichnete wirtschaftliche oder ökonomische Prinzip ist, wie w i r schon ausführten, das Ergebnis der durch die Vernunft gewonnenen Erkenntnis, daß dem Menschen Zeit, Kräfte und Naturschätze nicht i n unbegrenztem Ausmaße zur Verfügung stehen. Da aber nicht jedes Verfügen über die Zeit, die Kräfte und die Substanzen aus der Natur i n den Bereich des Wirtschaftens fällt, gilt das ökonomische Prinzip nicht nur für diesen Verhaltensbereich allein, sondern auch für andere Bereiche. 12
F ü r die Abgrenzimg des Verhaltens, das Gegenstand unserer Betrachtungen sein soll, boten sich zwei Wege an. Der erste Weg w a r der, auf die Eingliederung i n die Gesellschaft abzustellen, wodurch sich das Wirtschaften über den Tausch u n d das allgemeine Tauschmittel i n geldlichen V o r gängen oder Beziehungen erschöpft. Die zweite Möglichkeit w a r die, das Wirtschaften von vornherein weiter zu fassen u n d sich n u r auf den T e ü m i t geldlichen A u s w i r k u n g e n zu beschränken. W i r haben uns f ü r den ersten Weg entschieden, w e i l es hier außerhalb der geldlichen Sphäre k e i n W i r t schaften mehr gibt. Sich n u r der Rechenhaftigkeit wegen auf einen T e i l des Wirtschaftens zu beschränken, halten w i r nämlich f ü r nicht vertretbar. W i r hätten dann nicht das wirtschaftliche Verhalten der Einzelwirte z u m U n tersuchungsgegenstand, sondern n u r einen T e i l davon, den m i t geldlichen Auswirkungen. 19 Vergleiche hierzu auch Rieger, Wilhelm, a. a. O., S. 33 f.
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Das ökonomische P r i n z i p i s t t r o t z dieses A d j e k t i v e s k e i n spezifisch d e r W i r t s c h a f t e i g e n t ü m l i c h e s P r i n z i p , s o n d e r n e i n reines
Formalprinzip,
eine ganz a l l g e m e i n e V e r f a h r e n s r e g e l 1 4 . I n d e n z u m T e i l recht u n t e r s c h i e d l i c h e n B e z e i c h n u n g e n w i r d diese A l l g e m e i n g ü l t i g k e i t auch d e u t l i c h . A u ß e r v o m w i r t s c h a f t l i c h e n b z w . ö k o n o m i s c h e n P r i n z i p i s t d i e Hede v o m R a t i o n a l p r i n z i p , v o m a l l g e m e i n e n V e r n u n f t s p r i n z i p , v o m P r i n z i p des k l e i n s t e n M i t t e l s u n d des g r ö ß t e n N u t z e n s u s w . S e i t f r ü h e s t e r Z e i t h a t dieses P r i n z i p i n d e r L i t e r a t u r — u n d n i c h t n u r i n d e r w i r t s c h a f t s w i s s e n s c h a f t l i c h e n — ausführliche Behandlung erfahren, w o b e i v o r allen D i n g e n die F o r m u l i e r u n g A n l a ß z u u m f a n g r e i c h e n D i s k u s s i o n e n gegeben h a t 1 5 . D i e F o r m u l i e r u n g k a n n beispielsweise l a u t e n : es g i l t , e i n e n g r ö ß t m ö g l i c h e n E r t r a g m i t e i n e m g e r i n g s t m ö g l i c h e n A u f w a n d z u erzielen, o d e r a b e r sie k a n n l a u t e n : es g i l t , e i n e n b e s t i m m t e n E r t r a g m i t d e m g e r i n g s t m ö g l i c h e n A u f w a n d bzw. m i t einem bestimmten A u f w a n d einen größtmöglichen E r t r a g z u e r w i r t s c h a f t e n . B e i d e F o r m u l i e r u n g e n s i n d ü b l i c h , w e n n auch besonders i n d e r B e t r i e b s w i r t s c h a f t s l e h r e d e r z w e i t e n F a s s u n g dieses Prinzips oft der Vorzug eingeräumt w i r d 1 8 . 14 B r i n k m a n n (Brinkmann, C., a. a. O., S. 13) stellt fest, daß dieses P r i n zip sehr oft i n Lebensbereichen zu finden sei, die der Wirtschaft i. e. S. denkbar fernlägen. Ebenso sieht v. Zwiedineck-Südenhorst (v. Zwiedineck-Südenhorst, O., A l l gemeine Volkswirtschaftslehre, 2. Aufl., Berlin-Heidelberg-Göttingen 1948, S. 7 f.) i m wirtschaftlichen Prinzip nichts spezifisch Wirtschaftliches, sondern eine M a x i m e vernünftigen Handelns schlechthin. Neben einer Reihe weiterer Nationalökonomen vertreten auch viele B e triebswirtschaftler die Auffassung, daß es sich beim ökonomischen Prinzip u m ein Prinzip m i t über die Wirtschaft hinausgehender Allgemeingültigkeit handelt. So z. B.: Koch, H., Das Wirtschaftlichkeitsprinzip als betriebswirtschaftliche Maxime, i n : Z f h w F , Jg. 1951, S. 161; Baumgartner, Cyrill, a. a. O., S. 25; K n o p i k , Heinrich, a. a. O., S. 8 f.; Lehmann, M . R., Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 3. Aufl., Wiesbaden 1956, S. 31; Castan, Edgar, a. a. O., S. 25. 15 Eine ausführliche Übersicht über das ökonomische Prinzip i n der älteren L i t e r a t u r ist zu finden bei Castan, Edgar, a. a. O., S. 22 f. 16 So lehnt z. B. Rieger (Rieger, Wilhelm, a. a. O., S. 57) die Fassung m i t den beiden Extremwerten aus sprachlich-logischen Gründen ab. Seinen A u s führungen ist aber keinesfalls zu entnehmen, daß er Anspruch darauf erhebt, als erster auf das Unhaltbare dieser Formulierung hingewiesen zu haben, w i e Castan i r r t ü m l i c h a n n i m m t (Castan, Edgar, a. a. O., S. 25). F ü r die zweiteilige F o r m t r i t t auch Nicklisch ein (Nicklisch, Heinrich, Der Weg aufwärts! Organisation, Stuttgart 1920, S. 95 f.), wobei er außerdem noch dem zweiten Teil, dem Streben nach geringstmöglichem A u f w a n d zur E r f ü l l u n g eines gegebenen Zweckes, den Vorzug gibt. Z u m Streit u m die richtige Formulierung siehe noch Linke, Wolfgang, Über den Begriff der Wirtschaftlichkeit, Diss. K ö l n 1926, S. 128 ff., w o v o r allem Volkswirtschaftler, die entweder f ü r die eine oder die andere Fassung plädieren, genannt werden. B r i n k m a n n , C. (a. a. O., S. 13), der den seit G o t t l Ottlilienfeld andauernden Streit u m das Unlogische der beiden M a x i m a bzw. M i n i m a f ü r ungerechtfertigt hält, weist darauf hin, daß es mathematisch durchaus mehrfache M a x i m a gäbe. Der bekannteste F a l l sei das O p t i mum, das M a x i m u m eines Maximums, die Auslese i n weiterer u n d engerer Wahl.
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Wirtschaftlichkeit u n d Wirtschaftlichkeitsprinzip
W i r brauchen hier weder für die eine noch für die andere A u f fassung Stellung zu nehmen, weil es uns lediglich auf den eine bestimmte Tendenz ausdrückenden Inhalt dieses Prinzips ankommt. Es geht u m ein vernünftiges Verhältnis zwischen den praktisch unendlich vielen Zwecken und den i m Vergleich zu diesen Zwecken knappen Mitteln. Für interessant und deshalb einer besonderen Erwähnung wert halten w i r Ritschis Ansicht über das ökonomische Prinzip 1 7 . Ritsehl vert r i t t ebenfalls die zweigeteilte Form. Er sieht i m Prinzip des „kleinsten Mittels", also i m Streben nach Senkung des Einsatzes zur Erreichung eines gegebenen Zweckes, ein die Technik kennzeichnendes Prinzip, während er i m Streben nach einem „Nutzenoptimum" unter Einsatz von gegebenen M i t t e l n ein aus dem Bereich der Wirtschaft abgeleitetes und für die Wirtschaft charakteristisches Prinzip erblickt. Beide Prinzipien sind i n diesem Sinne nicht gleichwertig oder gleichrangig, weil der Ertrag, das Ergebnis, u m das es i n jedem Fall geht — denn der A u f w a n d w i r d immer des Ertrages, der Einsatz des Ergebnisses wegen gemacht —, dem Techniker vorgegeben werden muß, dessen Tätigkeit damit i m Dienste einer überlagernden Zwecksetzung steht. Andererseits kann der Techniker nicht außer acht lassen, daß die vorhandenen M i t t e l beschränkt sind. Gerade deshalb soll er nach Verringerung des Einsatzes streben, damit m i t den vorhandenen M i t t e l n recht viele Zwecke verwirklicht werden können. Da für den Menschen Zeit, K r a f t und Naturschätze immer vorgegeben sind, umfaßt das wirtschaftliche Prinzip i n der wirtschaftlichen Fassung die Verhältnisse i m ganzen Ausmaß, während das wirtschaftliche Prinzip technischer Fassung nur den Weg zur Befolgung der wirtschaftlichen Fassung aufzeigt. Obwohl auch w i r der Überzeugung sind, daß es beim Wirtschaften immer u m die Verwertung von etwas Gegebenen geht, halten w i r das Prinzip i n dieser Formulierung dennoch nicht für spezifisch wirtschaftlich, w e i l es auch für andere Verhaltensbereiche Geltung besitzt 18 . Nach unserer Auffassung kommt man erst dann zu einem allein auf den Bereich des Wirtschaftens beschränkten Prinzip, wenn man die auf 17 Ritsehl, H., Theoretische Volkswirtschaftslehre, 1. Band, Tübingen 1947, S. 47 f£. 18 So sucht z. B. der Sportler die i h m zur Verfügung stehenden K ö r p e r kräfte u n d sonstigen Fähigkeiten zu möglichst guten Leistungen auszunutzen, der Künstler aus seiner Begabung recht v i e l zu machen, der arbeitende Mensch seine Freizeit i n der i h m die meiste Befriedigung verschaffenden Weise zu verwerten, u n d was der Beispiele mehr sind, bei denen es immer d a r u m geht, m i t etwas Vorhandenem einen recht großen Ertrag i m Sinne einer subjektiven Größe anzustreben. Zeit, Kräfte, Begabung usw. sind zwar i n d i v i d u e l l verschieden, aber f ü r den einzelnen Menschen i n einem bestimmten Moment absolut vorgegeben.
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individuellen Wertungen beruhenden Größen Einsatz und Ergebnis durch ausgesprochen wirtschaftliche Größen ersetzt 19 . 3. D i e z w e i B e d e u t u n g e n d e s wirtschaftlich
Adjektivs
Wenn i n den vorangegangenen Ausführungen die Rede war vom wirtschaftlichen Verhalten, vom wirtschaftlichen Handeln oder vom wirtschaftlichen Prinzip, dann brachte das Wort wirtschaftlich zum Ausdruck, daß dieses Verhalten, Handeln oder Prinzip dem Bereich des Wirtschaftens oder der Wirtschaft zuzuordnen ist. I n diesem Sinne ist wirtschaftlich das Eigenschaftswort zum Substantiv Wirtschaft. Wirtschaftlich ist aber auch das A d j e k t i v zu Wirtschaftlichkeit. Eine Produktion, bei der dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit Genüge geleistet wurde, ist eine wirtschaftliche Produktion. Es kann auch der Fall eintreten, daß wirtschaftlich sowohl i n diesem als auch i n jenem Sinne verstanden werden kann. M i t wirtschaftlichem Verhalten zum Beispiel kann das Verhalten i m Bereich der Wirtschaft, aber auch das entsprechend dem Wirtschaftlichkeitsprinzip gemeint sein. 20 I n der Literatur sind deshalb Versuche unternommen worden, durch Umbenennung einer Verwechslung vorzubeugen. So hat z.B. Weigmann vorgeschlagen, als wirtschaftlich das zu bezeichnen, was der Wirtschaft eigen ist, i m anderen Fall dagegen von ökonomisch zu sprechen 21 . Es ist Böhner aber recht zu geben, wenn er diese Unterscheidung ablehnt, weil das Wort ökonomisch i m Grunde ein ausgesprochen gleichsinniger Ausdruck zu wirtschaftlich ist 2 2 . Allerdings hat sich auch Böhners Vorschlag, i m Wort wirtschaftlich das A d j e k t i v zu Wirtschaftlichkeit zu sehen, i m anderen Falle wirtschaftseigen zu sagen, nicht durchsetzen können. Auch anderen Abänderungsvorschlägen ist kein Erfolg beschieden, so daß es also vorerst bei den beiden Bedeutungen von wirtschaftlich bleibt; durch besondere Hinweise kann eine Verwechslung auch vermieden werden. 19 Unserer Auffassung nach müssen diese wirtschaftlichen Größen i m m e r i n Abhängigkeit v o n der wirtschaftlichen Zielsetzung stehen. I m H i n b l i c k auf die Gewinnerzielung als eine solche Zielsetzung besteht nach M o l l das ökonomische Prinzip darin, „Umsatz u n d Preise der umgesetzten Güter einem M a x i m u m , die Kosten dagegen einem M i n i m u m anzunähern" (Moll, Josef, Kosten-Kategorien u n d Kosten-Gesetz, Betriebswirtschaftliche A b handlungen B a n d X X I V , Stuttgart 1934, S. 28; siehe auch S. 91 hinsichtlich anderer Zielsetzung). 20 Siehe auch K n o p i k , H., a. a. O., S. 18 ff. 21 Weigmann, W., a. a. O., S. 5 f. 22 Böhner, Eduard, Der Begriff der Wirtschaftlichkeit. E i n Beitrag zur allgemeinen Theorie der Wirtschaft, Diss. Nürnberg 1934, K a l l m ü n z 1934, S. 1.
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Wirtschaftlichkeit u n d Wirtschaftlichkeitsprinzip 4. D i e
Wirtschaftlichkeit
V e r g e g e n w ä r t i g t m a n sich d i e B e d e u t u n g , d i e d e m W i r t s c h a f t l i c h k e i t s p r i n z i p i n d e r B e t r i e b s w i r t s c h a f t s l e h r e z u k o m m t , d a n n i s t es u m so v e r w u n d e r l i c h e r , daß d e r B e g r i f f W i r t s c h a f t l i c h k e i t z u d e n u m s t r i t t e n s t e n B e g r i f f e n dieser D i s z i p l i n g e h ö r t u n d auch k e i n e A n z e i c h e n f ü r eine e i n h e i t l i c h e A u f f a s s u n g o d e r g a r D e f i n i t i o n z u e n t d e c k e n sind.28 Es g i b t w o h l k e i n e n Z w e i f e l d a r ü b e r , daß das W i r t s c h a f t l i c h k e i t s p r i n z i p a u f das ö k o n o m i s c h e P r i n z i p z u r ü c k g e h t , d i e F r a g e i s t n u r , ob b e i d e P r i n z i p i e n i d e n t i s c h s i n d oder ob jenes aus diesem a b g e l e i t e t ist. D i e M e i n u n g e n d a r ü b e r g e h e n auseinander. E i n e R e i h e A u t o r e n sehen i m W i r t s c h a f t l i c h k e i t s p r i n z i p nichts anderes als das w i r t s c h a f t l i c h e P r i n z i p 2 4 . A n d e r e A u t o r e n dagegen l e i t e n aus d i e s e m i n a l l e n B e r e i c h e n des m e n s c h l i c h e n L e b e n s g e l t e n d e n F o r m a l p r i n z i p d u r c h d i e E i n f ü h r u n g w i r t s c h a f t l i c h e r G r ö ß e n e i n spezifisch w i r t s c h a f t l i c h e s P r i n z i p ab, eben das W i r t s c h a f t l i c h k e i t s p r i n z i p . M a n v e r s u c h t g l e i c h z e i t i g , a u f diese Weise v o n s u b j e k t i v e n W e r t e n z u e i n e r i n w i r t s c h a f t l i c h e n D i n g e n e r wünschten Rechenhaftigkeit zu gelangen25. Eine Z u o r d n u n g der 28
Z u r Frage der einheitlichen Definition siehe auch Castan, Edgar, a. a. O., S. 25; K n o p i k , H., a. a. O., S. 24; Linke, W., a. a. O., S. 2; A r n d t behauptet demgegenüber allerdings, daß der Begriff Wirtschaftlichkeit seit langem bekannt u n d v o l l k o m m e n k l a r sei (Arndt, Paul, Rentabilität — K r i t i k der Lehre v o m Unternehmergewinn, B e r l i n 1935, S. 87). 24 Prion, W., Die Lehre v o m Wirtschaftsbetrieb, 3. Buch, B e r l i n 1936, S. 191: „Wirtschaftlichkeit ist die V e r w i r k l i c h u n g des wirtschaftlichen P r i n zips, ist die Vergleichung der aufgewendeten M i t t e l m i t der erzielten Leistung." Lehmann, M . R., Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, a. a. O., S. 31: Das Wirtschaftlichkeitsprinzip „ w i r d auch als das »ökonomische Prinzip 4 bezeichnet". Mellerowicz, Konrad, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 3. Band, 8. Aufl., B e r l i n 1954, S. 34: „ D i e Wirtschaftlichkeit (ökonomität) ist der Ergiebigkeits- u n d Sparsamkeitsgrad bei der Erstellung einer Leistung. Sie zeigt die E r f ü l l u n g des wirtschaftlichen Prinzips bei der Erreichung eines wirtschaftlichen Zieles." 25 Durch E i n f ü h r u n g spezifisch wirtschaftlicher Größen u n d von V e r gleichen erweitert Seischab das ökonomische Prinzip zum Wirtschaftlichkeitsprinzip (Seischab, Hans, Über Wirtschaftlichkeit u n d Wirtschaftlichkeitsrechnung, i n : A k t u e l l e Betriebswirtschaft, Festschrift f ü r K . Mellerowicz, B e r l i n 1952; Seischab, Hans, P r o d u k t i v i t ä t u n d Wirtschaftlichkeit der Betriebe, i n ZfB, Jg. 1953, S. 501 ff.). Haas f ü h r t die Begriffe Nutzen u n d Nutzenaufwand als wirtschaftlich bedeutsame Größen ein. I m Nutzen unterscheiden sich jeweils die Betriebe (Haas, Franz, Wirtschaftlichkeit u n d Betriebsrentabilität, i n : BFuPr, Jg. 1949, S. 488). Schönpflugs „einfache Wirtschaftlichkeit" ist nichts anderes als das ökonomische Prinzip, i n das die Größen A u f w a n d u n d Wertergebnis eingeführt w u r d e n (Schönpflug, Fritz, Untersuchungen über den Erkenntnisgegenstand der allgemeinen u n d theoretischen Betriebswirtschaftslehre als Lehre von den wirtschaftlichen Gebilden, Stuttgart 1936, S. 122; i m folgenden als „Untersuchungen" zitiert). A r n d t meint, bei der Wirtschaftlichkeit käme es darauf an, „unter A u f -
Wirtschaften — wirtschaftliches Prinzip — Wirtschaftlichkeit
Autoren i n diese oder i n jene Gruppe ist nicht immer exakt möglich, denn dazu sind einmal die Definitionen des ökonomischen Prinzips selbst zu unterschiedlich und ist zum anderen die Stellungnahme oft nicht eindeutig genug. Dem ökonomischen Prinzip und damit auch dem Wirtschaftlichkeitsprinzip liegt nun aber ein Gedanke zugrunde, der sich i n allen A u f fassungen über die Wirtschaftlichkeit wiederfindet, und das ist der Gedanke des „Bessermachens", des „Verbesserns" oder des „GünstigerGestaltens". Wesentliche Unterschiede bestehen aber schon darin, i n wessen Interesse dieses Bessermachen liegt und von welcher Seite aus es zu sehen ist. Liegt es i m Interesse des einzelnen Wirtschaftssubjektes oder irgendeiner höheren gesamtheitlichen oder gesellschaftlichen Institution? Ist es damit vom einzelwirtschaftlichen Standpunkt aus zu sehen oder von einem von außen an die Einzelwirtschaft herangetragenen? Hieraus resultieren dann auch die voneinander abweichenden Ansichten über das Ausmaß des Bessermachens, über das, was überhaupt verbessert werden soll, und nicht zuletzt — wie nicht anders zu erwarten — darüber, was eigentlich besser ist. Dem Grundgedanken des Bessermachens zufolge kann es eigentlich eine Wirtschaftlichkeit i m absoluten Sinne nicht geben, die Wirtschaftlichkeit muß vielmehr immer etwas Relatives sein, das auf die Veränderungen zwischen zwei Situationen — ganz gleich, wie diese i m einzelnen kenntlich gemacht werden — abstellt 26 . Dennoch begegnet uns i n der Literatur auch die absolute Wirtschaftlichkeit, wie sich i n den folgenden Ausführungen zeigen wird. Der hinter der Wirtschaftlichkeit stehende Grundgedanke des Bessermachens führt uns noch zu einer weiteren Erkenntnis: Wirtschaftlichkeit ist (bzw. enthält) immer ein Werturteil, denn es gibt für das, was besser ist, keinen objektiven Maßstab 27 . w a n d der geringsten Kosten den größten Erfolg zu erzielen" (Arndt, Paul, a. a. O., S. 72). Koch f ü h r t zunächst die Begriffe Bedarfsdeckungseffekt u n d Mitteleinsatz als sich i m ökonomischen Prinzip gegenüberstehende Größen ein. Diese drückt er dann i n den spezifisch wirtschaftlichen Kategorien Erlöse u n d K o sten aus (Koch, H., a. a. O., S. 163 ff.). Ausführungen über den Zusammenhang zwischen Wirtschaftlichkeitsprinzip u n d ökonomischem Prinzip finden sich i n allen betriebswirtschaftlichen Lehrbüchern u n d speziellen Abhandlungen über das Problem Wirtschaftlichkeit, so daß hier auf weitere Zitate verzichtet werden kann. 28 So auch Böhner, Eduard, a.a.O., S. 10; Castan, Edgar, a.a.O., S.20, 22; Seischab, Hans, P r o d u k t i v i t ä t u n d Wirtschaftlichkeit der Betriebe, a. a. O., S. 508; u. a. m. 27 Aus der Vielzahl der m i t uns i n diesem Punkte übereinstimmenden A u t o r e n sollen hier n u r drei zitiert werden, andere sind noch i m Abschnitt über die Wirtschaftlichkeit i n der betriebswirtschaftlichen L i t e r a t u r zu nennen: Castan, Edgar, a.a.O., S. 8, und an anderen Stellen; Weigmann, W., a.a.O., S. 141; Böhner, Eduard, a.a.O., S. 10, der i n der Wirtschaftlichkeit
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Wirtschaftlichkeit u n d Wirtschaftlichkeitsprinzip
Über was w i r d nun ein Werturteil gefällt? Was w i r d beurteilt? Da das ökonomische Prinzip als die Vorstufe des Wirtschaftlichkeitsprinzips ein reines Verhaltensprinzip ist, kann das Wirtschaftlichkeitsurteil auch nur das menschliche Verhalten, und zwar das i n den Wirtschaftseinheiten, betreifen, nicht aber eine technische Zweckdienlichkeit oder Zweckmäßigkeit. Für den stofflichen Bereich ist das Urteil „ w i r t schaftlich" nicht anwendbar, denn Wirtschaften ist immer menschliches Verhalten 2 8 . Eine Maschine oder ein Verfahren können nur auf ihre technische Eignung zur Verwirklichung eines Zweckes h i n beurteilt werden, auf den Zweck selbst kommt es dabei gar nicht an. Die Maschine oder das Verfahren können also nicht wirtschaftlich sein, wirtschaftlich ist höchstens das Verhalten der Wirtschaftssubjekte, die sich für die ihnen auf Grund der technischen Qualitäten am zweckdienlichsten erscheinende Maschine entscheiden 29 . Man findet i n der Literatur allerdings auch, daß das Werturteil Wirtschaftlichkeit auf den technischen Bereich ausgedehnt wird, also auf das Verhalten bei der Produktion, je nachdem, ob dieser i m Sinne einer wirtschaftlichen Zielsetzung mehr oder weniger Gewicht beigelegt w i r d 3 0 . Ob das Werturteil der Einzelwirtschaft stimmte Teile davon einander 81 . Das gilt
Wirtschaftlichkeit sich auf das gesamte innerhalb zu beobachtende Verhalten oder nur auf beerstrecken soll, darüber gehen die Meinungen ausauch für die Frage, welche wirtschaftliche Größen
eine „wirtschaftseigene Güte" sieht. E i n W o r t wäre noch über das W e r t u r t e i l i m allgemeinen zu sagen. Urteilen bedeutet: eine auf einem vorangegangenen Vergleich beruhende Aussage machen. Ist der Vergleichsmaßstab objektiv, d. h. v o n allgemeiner Geltung, spricht m a n v o n einem Seinsu r t e i l ; liegt er dagegen i n subjektiven Wertvorstellungen des einzelnen M e n schen begründet, dann handelt es sich u m ein Werturteil. 28 So auch Böhner, Eduard, a. a. O., S. 2. 29 I n L i t e r a t u r u n d Sprachgebrauch ist es auch üblich, von einer w i r t schaftlichen Maschine oder einem wirtschaftlichen Verfahren zu sprechen. Dagegen ist nichts weiter einzuwenden, w e n n man sich k l a r darüber ist, daß damit das wirtschaftliche Verhalten des jeweiligen Wirtschaftssubjektes gemeint ist, das der Maschine oder dem Verfahren aus wirtschaftlichen E r wägungen heraus den Vorzug v o r anderen gibt. Daß es i m Grunde genommen i m m e r u m das wirtschaftliche Verhalten v o n Menschen, u n d zwar letztlich u m das der Wirtschaftssubjekte geht, k o m m t bei manchen A u t o r e n nicht k l a r zum Ausdruck. So spricht zum Beispiel Castan v o n der Wirtschaftlichkeit als einem „ W e r t u r t e i l über die Gebarung des Betriebes als ganzem" (Castan, Edgar, a. a. O., S. 20) u n d sieht Gsell i n der Wirtschaftlichkeit den Maßstab f ü r die Betriebsleistung (Gsell, E., Rentabilität u n d Wirtschaftlichkeit, i n : Verlustquellen i n Betrieb u n d Unternehmung, neun Vorträge, Zürich 1945, S. 8). 80 Es zeigt sich schon hier ganz deutlich, daß der Begriff der Wirtschaftlichkeit weitgehend „ v o n der geistigen H a l t u n g des Urteilenden" abhängig ist, w i e Böhner es ausdrückt (Böhner, Eduard, a. a. O., S. 12). Bei der Frage des Maßstabes f ü r dieses U r t e i l w i r d das dann noch offensichtlicher. 31 Sowohl i n dem Fall, daß sich das Wirtschaftlichkeitsurteil auf den gesamten Betrieb bzw. die gesamte Einzelwirtschaft bezieht, als auch i n dem, daß es n u r f ü r bestimmte Teile davon gilt, k a n n das U r t e i l gefällt werden
Wirtschaften — wirtschaftliches Prinzip — Wirtschaftlichkeit
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für das Verhalten repräsentativ sein sollen. Das Verhalten läßt sich j a nicht als solches beurteilen, sondern nur i n den Ergebnissen, die es zeitigt, i n den sichtbar gewordenen Auswirkungen. Die einen Autoren beschränken sich dabei auf wenige, nach ihrer Meinung genügend aussagefähige Größen, andere ziehen für diesen Zweck eine größere A n zahl heran. Das besondere Gewicht liegt selbstverständlich auf der Rechenhaftigkeit, denn lediglich verbale Urteile haben i m wirtschaftlichen Bereich nur geringe Bedeutung. Umstritten ist ferner, ob das Wirtschaftlichkeitsurteil ausschließlich auf Grund wirtschaftlicher Größen gefällt werden kann oder darf oder ob auch technische Mengengrößen für die Urteilsfindung berücksichtigt werden müssen oder dürfen. I m allgemeinen gebührt den geldlichen Größen, die vielfach auch als Wertgrößen bezeichnet werden, als den spezifisch wirtschaftlichen Größen der Vorzug, doch werden auch häufig wirtschaftlich relevante Mengengrößen herangezogen. Von besonderem Interesse ist die Frage des Maßstabes. I m Maßstab zeigt sich der Charakter der Wirtschaftlichkeit als Werturteil ganz deutlich. Das Urteil selbst besteht darin, daß man dieses oder jenes Verhalten, wie es i n wirtschaftlichen Größen seinen sichtbaren Niederschlag findet, als „wirtschaftlich" bezeichnet. Dazu muß das empirisch festgestellte Ist m i t einem aus individuellen, subjektiven Vorstellungen oder Einsichten stammenden Maßstab, einem Ideal oder Soll verglichen werden. Das Moment der subjektiven Wertung liegt also darin, daß ein bestimmt gekennzeichnetes Verhalten zur idealen Norm erhoben w i r d 8 2 . anhand einer einzigen Z a h l oder eines einzigen Zahlenverhältnisses oder anhand mehrerer Zahlen bzw. Zahlenverhältnisse. Die T e i l - oder E i n z e l w i r t schaftlichkeiten, die f ü r Abteilungen, Funktionsbereiche, Kostenstellen, E i n zelhandlungen usw. ermittelt werden, werden i n der Regel als Vorstufen für eine Gesamtwirtschaftlichkeit angesehen. Doch w i r d auch die Meinung v e r treten, daß sich solch ein U r t e i l über den ganzen Betrieb nicht abgeben lasse, sondern n u r über seine Teile. Z u r Frage der Gesamtwirtschaftlichkeit u n d der Teilwirtschaftlichkeiten siehe u. a. Castan, Edgar, a. a. O., S. 20; Gsell, E., a. a. O., S. 17; Weigmann, W., a. a. O., S. 18 f. 82 Die Feststellung, daß i n einem Zeitabschnitt A die Aufwendungen halb so groß w a r e n w i e die Erträge, i n einem Zeitabschnitt B dagegen n u r ein D r i t t e l der Erträge ausmachten, ist ein aus den wirtschaftlichen Daten des Rechnungswesens abgeleitetes Seinsurteil, das keinerlei Wertung über das Verhalten z u m I n h a l t hat. Es werden lediglich die i n Zahlen sichtbaren A u s w i r k u n g e n des Verhaltens gegenübergestellt. E i n W e r t u r t e i l darüber, i n welchem Zeitabschnitt besser oder erfolgreicher gewirtschaftet wurde, bedarf eines Maßstabes, der durch den Wertenden zu setzen ist. Über diesen Maßstab entscheidet die subjektive wirtschaftliche Ziel- oder Zwecksetzung. Unterstellen w i r gleichgroße Erträge i n beiden Zeitabschnitten, dann w i r d i m Sinne des Gewinnstrebens i n Abschnitt B erfolgreicher gewirtschaftet worden sein. Unter dem Gesichtspunkt möglichst guter Bedarfsdeckung k a n n Abschnitt A besser gewesen sein, w e i l das Ergebnis i n B vielleicht n u r durch Ausnutzen einer monopolartigen Stellung erzielt werden konnte. I m Sinne ethisch begründeter Lohngerechtigkeitsforderung k a n n das Ergebnis
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Wirtschaftlichkeit u n d Wirtschaftlichkeitsprinzip
Für die Gewinnung der Maßstäbe können die verschiedensten Gesichtspunkte eine Rolle spielen; einige wenige sollen hier kurz angedeutet werden. Da ist zunächst einmal die schon weiter oben erwähnte Interessenlage. Es w i r d einen erheblichen Unterschied machen, ob man das wirtschaftliche Verhalten der Wirtschaftssubjekte von deren eigenem Standpunkt aus, also aus einzelwirtschaftlicher Sicht, beurteilt oder ob gemein- oder gesamtwirtschaftliche Belange i n den Vordergrund geschoben werden. Das Urteil w i r d auch den einzelwirtschaftlichen Zielsetzungen entsprechend, deren es mehrere gibt, verschieden ausfallen. Ein außerordentlich wichtiger Bestimmungsgrund für jedes Werturteil ist darüber hinaus die weltanschauliche und ethische Grundeinstellung des Wertenden. Rückwirkungen auf den Maßstab werden auch von den jeweiligen Ansichten über Sinn und Zweck des W i r t schaftens ausgehen. Die Wirtschaftlichkeit ist nun allerdings gelegentlich auch gleichzeitig Maßstab für die Beurteilung wirtschaftlichen Verhaltens, und zwar dann, wenn w i r es m i t einer sog. absoluten Wirtschaftlichkeit zu t u n haben. Es w i r d hier eine ganz bestimmte Situation — repräsentiert durch eine oder mehrere wirtschaftliche Größen — als Wirtschaftlichkeit definiert. Wirtschaftlichkeit herrscht dann also i n einem bestimmten Punkt oder von einem bestimmten Punkt an. Eine solche absolute Wirtschaftlichkeit enthält natürlich auch ein Werturteil oder bringt ein Werturteil zum Ausdruck, denn es gibt keinen Best-, Ideal- oder Optimalzustand — und ein solcher soll die absolute Wirtschaftlichkeit j a sein —, der für alle einzelwirtschaftlichen Zielsetzungen der gleiche wäre. Welchen Zustand man m i t dem wertenden Prädikat Wirtschaftlichkeit belegen w i l l , das ist eine subjektive Angelegenheit. Für das Wirtschaftlichkeitsurteil selbst ergeben sich hier zwei Möglichkeiten: entweder ist nur das Verhalten, bei dem die absolute W i r t schaftlichkeit gegeben oder erreicht ist, als wirtschaftlich zu bezeichnen, und was davor und dahinter liegt, das ist noch nicht bzw. nicht mehr wirtschaftlich; oder das Verhalten ist schon dann wirtschaftlich, wenn es auf den als Wirtschaftlichkeit definierten Zustand hinführt, am wirtschaftlichsten dann, wenn dieser Zustand erreicht ist. Ohne Frage w i r d durch die Einführung der absoluten Wirtschaftlichkeit der gesamte Fragenkomplex der Wirtschaftlichkeit noch unübersichtlicher. Da bei der relativen Wirtschaftlichkeit kein bestimmter Zustand m i t dem Prädikat „wirtschaftlich" belegt ist, kann das Urteil immer nur i n B recht unerfreulich sein, w e i l vielleicht eine für die Arbeitnehmer u n günstige Situation zu einer starken Lohnsenkung benutzt wurde. Lassen w i r die Voraussetzung gleichgroßer Erträge fallen, erhöht sich die Z a h l der möglichen Urteile noch beträchtlich.
Die Wirtschaftlichkeit i n der betriebswirtschaftlichen L i t e r a t u r
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aus Vergleichen gewonnen werden, aus den Veränderungen oder den Unterschieden zwischen zwei Situationen. Damit ist immer nur die Aussage möglich: dieses Verhalten ist „wirtschaftlicher" als jenes, oder i n diesem Punkt herrscht größere Wirtschaftlichkeit als i n jenem. Eine Ausnahme besteht allerdings insofern, als man auch ein Verhalten, das von einer schlechteren zu einer besseren Situation führt, als schlechth i n „wirtschaftlich" bezeichnen kann. Abschließend läßt sich über die Wirtschaftlichkeit folgendes sagen: Das i n allen Bereichen des menschlichen Lebens geltende ökonomische Prinzip erweist sich als nicht ausreichend für die Erklärung und Beurteilung spezifisch wirtschaftlichen Verhaltens. Diesem Mangel kann zunächst dadurch begegnet werden, daß i n die allgemeine Formulierung des ökonomischen Prinzips wirtschaftliche Größen eingeführt werden. Ganz abgesehen davon, daß keine Einigkeit zu erzielen ist darüber, welches diese wirtschaftlichen Größen sein sollen, bliebe ein derartiges Prinzip auch nur ein reines Formalprinzip für wirtschaftliches Verhalten, dem ganz allgemein der Gedanke des Bessermachens zugrunde liegt. M i t dem Versuch, dieses Bessermachen zu konkretisieren, beginnen jedoch die Schwierigkeiten, denn es gibt keinen von allen Seiten anerkannten, für alle Wirtschaftseinheiten geltenden Maßstab für das, was besser ist. Die Gründe dafür liegen einmal i n der Tatsache, daß die Wirtschaftseinheiten sich durch eine unterschiedliche Zielsetzung auszeichnen, zum anderen darin, daß diese Zielsetzungen von zwei Richtungen her betrachtet werden können, vom Einzelwirt oder von der Gesamtwirtschaft aus. Und schließlich spielen hier, wie später zu zeigen sein wird, auch noch die unterschiedlichen Auffassungen über Sinn und Zweck der Wissenschaft eine Rolle. Das erklärt, warum die Inhalte des Begriffes Wirtschaftlichkeit so stark voneinander abweichen.
I I . Die Wirtschaftlichkeit in der betriebswirtschaftlichen Literatur Aus zwei Gründen ist eine Ubersicht über den Begriff Wirtschaftlichkeit i n der betriebswirtschaftlichen Literatur notwendig: erstens gilt es zu zeigen, wie vielgestaltig dieser Begriff ist, und zweitens müssen w i r die Voraussetzungen für die Frage schaffen, ob es einen Begriff Wirtschaftlichkeit gibt oder geben kann, der es rechtfertigt, vom W i r t schaftlichkeitsprinzip als einem oder dem systembildenden Prinzip der Betriebswirtschaftslehre zu sprechen. Es erweist sich nun als außerordentlich schwierig, einen i n jeder Beziehung zufriedenstellenden Gliederungs- oder Einteilungsgesichtspunkt zu finden. Das ist nach allem, was i m vorangegangenen A b -
ao
Wirtschaftlichkeit und Wirtschaftlichkeitsprinzip
schnitt über die Wirtschaftlichkeit i m allgemeinen gesagt wurde, nicht verwunderlich. Erschwerend w i r k t aber noch, daß einige Autoren den Begriff Wirtschaftlichkeit zur gleichen Zeit m i t unterschiedlichen Inhalten verwenden. A u f die Tatsache, daß eine klärende Definition mitunter ganz unterlassen wird, brauchen w i r nicht näher einzugehen 33 . Als störend für eine Systematik macht sich schließlich bemerkbar, daß verschiedene Autoren neben speziellen Wirtschaftlichkeitsbegriffen noch zusätzlich solche m i t ganz allgemeinen Inhalten verwenden, die i n erster Linie nur die Bedeutung der Wirtschaftlichkeit verdeutlichen sollen 34 . Aus Zweckmäßigkeitsgründen haben w i r uns für eine Einteilung nach den Bereichen, aus denen die Maßstäbe für das Werturteil Wirtschaftlichkeit entnommen werden, entschlossen35. Es kann nicht der Sinn dieser Arbeit sein, eine erschöpfende Übersicht zu liefern; das ist bei der umfangreichen Literatur auch gar nicht möglich. Worauf es uns lediglich ankommt, ist, aus der Vielzahl von Auffassungen die Hauptgesichtspunkte herauszustellen. Dabei sind w i r uns i m klaren darüber, daß sich Überschneidungen i n der Einteilung nicht vermeiden lassen. Es werden von uns nun folgende vier Gruppen von Wirtschaftlichkeiten unterschieden: 1. 2. 3. 4.
Die Wirtschaftlichkeit die Wirtschaftlichkeit die Wirtschaftlichkeit die Wirtschaftlichkeit
als güterlich-technische Aussage, als einzelwirtschaftliche Aussage, als gesamtwirtschaftliche Aussage und als außerwirtschaftliche Aussage.
Die aus diesen vier Bereichen stammenden Maßstäbe für das i n seinen Ergebnissen sichtbar werdende wirtschaftliche Verhalten sind nun aber nicht zu verwechseln m i t den Gründen oder Motiven, die den einzelnen Autor bewogen haben, gerade diesen und nicht einen anderen Maßstab zu wählen. Wie bei einem Werturteil nicht anders zu erwarten 33 Wirtschaftlichkeit ist heute vielfach — m a n ist versucht zu sagen: leider — zu einem richtigen Mode- oder Schlagwort geworden, was auch nicht ohne Rückwirkungen auf die fachwissenschaftliche L i t e r a t u r geblieben ist. Manche A u t o r e n machen sich gar nicht mehr die Mühe, zu erklären, was sie unter Wirtschaftlichkeit verstehen, u n d verwenden dann diesen Begriff m a l i n diesem, m a l i n jenem Sinne, w i e es gerade erforderlich ist. 34 So schreibt z. B. Nicklisch: „Wirtschaftlichkeit aber bedeutet die H e r r schaft der Gesetze der Gestaltung u n d Erhaltung i m betriebswirtschaftlichen Produktionsbereich" (Nicklisch, H., Wirtschaftliche Betriebslehre, S t u t t gart 1922, S. 81). „Wirtschaftlich ist ein Betrieb, w e n n er alle Voraussetzungen erfüllt, seine Aufgabe bestens e r f ü l l t " , heißt es bei Thoms (Thoms, Walter, Rentabilität u n d Leistung, 2. Aufl., Stuttgart 1944, S. 74). 35 Unser Einteilungsgesichtspunkt gleicht i n etwa dem von Castan (Castan, Edgar, a. a. O.) gewählten, n u r k o m m t es uns i n erster L i n i e auf den Bereich an, dem die Maßstäbe entstammen, Castan mehr auf die A r t der Maßstäbe selbst. W a r u m w i r gerade diesen Gliederungsgesichtspunkt verwenden, w i r d i m abschließenden K a p i t e l E deutlich werden.
Die Wirtschaftlichkeit i n der betriebswirtschaftlichen L i t e r a t u r
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ist, liegen diese letzten Gründe außerhalb der wirtschaftlichen Sphäre, und zwar i n der rein persönlichen Wertsphäre des Urteilenden 3 6 . 1. D i e W i r t s c h a f t l i c h k e i t als g ü t e r l i c h - t e c h n i s c h e Aussage I n diese erste Gruppe gehören alle die Wirtschaftlichkeiten, die das Verhalten i m güterlich-technischen Bereich einer Einzelwirtschaft betreifen 37 . E i n Verhalten nach dem Wirtschaftlichkeitsprinzip bedeutet i n diesem Sinne nichts anderes, als daß man sich bei der Leistungserstellung nach dem ökonomischen Prinzip verhält. Hier dürften alle weiteren Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen ihren Ausgang genommen haben. Castan sieht i n dieser von i h m als „technisch" bezeichneten W i r t schaftlichkeit ein Werturteil über die mengenmäßige Ergiebigkeit des Vermögenseinsatzes bzw. über die mengenmäßige Sparsamkeit beim Einsatz und Verbrauch 38 . Damit dürfte klar vorgezeichnet sein, u m was es hier geht, nämlich darum, m i t den zur Verfügung stehenden Gütern (im weitesten Sinne, also auch Dienste, Kräfte und Rechte umfassend) so sparsam wie möglich umzugehen und andererseits einen möglichst großen güterlichen Ertrag (Sachgüter und Dienstleistungen) zu erzielen, sowohl mengen- als auch qualitätsmäßig. E i n solches Verhalten unterscheidet sich aber i n nichts vom ökonomischen Prinzip i n seiner allgemeinen, auch für andere Lebensbereiche geltenden Fassung, denn Einsatz und Ergebnis umfassen hier Güter der verschiedensten A r t ; eine Bezeichnung als Wirtschaftlichkeitsprinzip ändert daran gar nichts. 36
Folgendes Beispiel soll das verdeutlichen: W i r d das Streben nach Wirtschaftlichkeit als Streben nach m a x i m a l e m G e w i n n definiert — eine Definition, die nicht selten ist —, dann ist der G e w i n n Maßstab f ü r die Beurteilung des Verhaltens. Dieser Maßstab gehört eindeutig i n unsere Gruppe 2. W a r u m der A u t o r diesen Maßstab gewählt hat, k a n n f ü r den wirtschaftlichen Bereich noch m i t dem Streben nach möglichst großem Einkommen oder — i m Modell der Marktverkehrswirtschaft m i t vollkommener Konkurrenz — m i t bestmöglicher Bedarfsdeckung begründet werden. W a r u m aber gerade i n einem solchen unbegrenzten Einkommensstreben oder i n einer derartigen Wirtschaftsordnung etwas Erstrebenswertes oder ein Ideal gesehen w i r d , das läßt sich nicht auf wirtschaftliche M o t i v e zurückführen, sondern n u r auf außerhalb der Wirtschaft liegende, auf rein subjektive. Da spielt eben die „geistige H a l t u n g des Urteilenden" (Böhner, Eduard, a. a. O., S. 10) oder die „Grundeinstellung der Verfasser" (Glück, Walter, Das Wirtschaftlichkeitsproblem i n der Betriebswirtschaftslehre, insbesondere dem Rechnungswesen, Diss. Nürnberg 1947, S. 1) die ausschlaggebende Rolle. 37 Es hätte der hier zugrunde liegenden Einteilung besser entsprochen, statt „güterlich-technisch" den Ausdruck „betrieblich" zu verwenden, wobei unter Betrieb der technische Apparat einer Einzelwirtschaft zu verstehen wäre. Da w i r aber erst später auf den Begriff Betrieb eingehen, verwenden w i r hier den Ausdruck „güterlich-technisch". 88 Castan, Edgar, a. a. O., S. 29.
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Wirtschaftlichkeit u n d Wirtschaftlichkeitsprinzip
Einsatz und Ergebnis sind hier immer Mengengrößen. Die Senkung des Einsatzes durch Sparmaßnahmen (bessere Verfahren, bessere Beaufsichtigung, bessere Organisation des Produktionsablaufes usw.) ist ebenso wie die Steigerung der mengen- und qualitätsmäßigen Ergiebigkeit innerhalb einer Einzelwirtschaft ausschließlich ein technisches Problem. Wie es gelingt, diese Aufgabe i m mengenmäßig-güterlichen Bereich zu bewältigen, kann zunächst nur m i t Hilfe güterlich-technischer Maßstäbe beurteilt werden. So gesehen ist die Wirtschaftlichkeit ein Urteil über das bei der Leistungserstellung zu beobachtende technische Verhalten, nicht über das wirtschaftliche. Das Verhalten i m technischen Bereich hat zwar bestimmte wirtschaftliche Auswirkungen, sie interessieren i n diesem Zusammenhang aber nicht. Den Ausdruck „technisch" dürfen w i r allerdings nicht zu eng fassen. W i r meinen damit alles, was sich i n der mengenmäßigen, i n der güterlichen Sphäre abspielt, wo also das Geld als ein wesentliches K r i t e r i u m des Wirtschaftens unberücksichtigt bleibt. Als nicht weit genug erscheint uns der oft gebrauchte Ausdruck „Produktionsbereich", weil er zu sehr auf den eigentlichen Fertigungsprozeß abstellt. Mengenmäßig gespart werden, u m nur die eine Seite zu erwähnen, kann doch auch i n den Abteilungen, die sich m i t der Beschaffung und dem Absatz befassen, kann i n der Buchhaltung und i n der Verwaltung, kann einfach i n allen Bezirken einer Einzelwirtschaft, die zur Erstellung der betrieblichen Leistung beitragen. Die Wirtschaftlichkeit i m hier verstandenen Sinne t r i t t uns i n der Literatur meistens unter der Bezeichnung „technische" Wirtschaftlichkeit entgegen 89 . Rieger verwendet daneben auch den Ausdruck „technische Rationalität" 4 0 . Gutenberg spricht von der „einzelwirtschaftlich-technischen Wirtschaftlichkeit" und versteht darunter die „sparsamste Faktoreinsatzmengenkombination" 41 . I n ähnlichem Sinne ist bei Illetschko von der „technischen Leistungsmessung" die Rede 42 . Bei Rößle und Prion ist die technische Wirtschaftlichkeit eine wesentliche Seite der „Betriebs-Wirtschaftlichkeit" 4 8 . 39 So z. B. bei Prion, W., Die Lehre v o m Wirtschaftsbetrieb, 3. Buch, B e r l i n 1936, S. 195 (Prion setzt diese Wirtschaftlichkeit auch m i t dem technischen Wirkungsgrad gleich); Rieger, Wilhelm, a. a. O., S. 65; Zachert, Die Wirtschaftlichkeit u n d ihre Messung, i n : BFuPr, Jg. 1949, S. 412; Castan, Edgar, a. a. O., S. 29. 40 Rieger, Wilhelm, a. a. O., S. 60, 63; so auch Fettel, Johannes, Die Betriebsgröße, i n : Betriebsgröße u n d Unternehmungskonzentration, Nürnberger A b handlungen, Heft 10, 1959, S. 64. 41 Gutenberg, Erich, Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, 1. Band: Die Produktion, 2. Aufl., Berlin-Göttingen-Heidelberg 1955, S. 331, 338. 42 Illetschko, L., Betriebswirtschaftliche Grundfragen, Wien 1953, S. 4 ff. 48 Rößle, K a r l , Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 5. Aufl., Stuttgart 1956, S. 235 ff.; Prion, W., a. a. O., S. 191.
Die Wirtschaftlichkeit i n der betriebswirtschaftlichen L i t e r a t u r
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Von einigen Autoren w i r d diese güterlich-technische Wirtschaftlichkeit auch m i t Begriffen wie: Produktivität, Leistungsgrad, Wirkungsgrad usw. i n Beziehung gebracht, ohne daß damit allerdings der gesamte Komplex dieser Wirtschaftlichkeit ausgeschöpft werden kann 4 4 . Betrieblicher Wirkungsgrad, betriebswirtschaftliche Produktivität, Materialwirtschaftlichkeit und ähnliche Begriffe beziehen sich immer nur auf Teilbereiche oder Teilerscheinungen, i n der Regel auf solche, wo eine gewisse Eignung für mengenmäßige Vergleiche gegeben ist 4 5 . Bei der güterlich-technischen Wirtschaftlichkeit gibt es keine absolute Wirtschaftlichkeit, d.h. keinen durch Mengengrößen determinierten Ideal- oder Optimalzustand. Möglich ist also nur das Urteil: wirtschaftlicher oder unwirtschaftlicher bzw. größere oder geringere Wirtschaftlichkeit. Der Grund ist darin zu sehen, daß es für Mengenrechnungen keine einheitliche Rechengröße gibt, durch die die unterschiedlichsten Güter gleichnamig und damit addierbar gemacht werden könnten. Ein Wirtschaftlichkeitsurteil kann hier deshalb auch nicht das gesamte Verhalten i m technischen Bereich betreffen, sondern nur Teile davon, i n denen sich Veränderungen zahlenmäßig nachweisen lassen. Und diese Teilbereiche sind i n der Regel sehr eng. So lassen sich Schlüsse ziehen z.B. aus den Materialeinsätzen, dem Einsatz an Arbeitskräften, an Energie und anderem i m Verhältnis zur Ausbringung eines bestimmten Gutes, lassen sich Vergleiche anstellen über die mengen- und qualitätsmäßige Ergiebigkeit verschiedener Maschinen und Verfahren. Der Kreis der i n eine Rechnung einbeziehbaren Größen läßt sich zwar über Ä q u i valenzziffern u m einiges erweitern, aber i m allgemeinen ist die Rechenhaftigkeit i m mengenmäßigen Bereich sehr beschränkt, so daß der Beurteilung des Verhaltens enge Grenzen gesetzt sind. Keinesfalls läßt sich der gesamte güterliche Einsatz dem gesamten güterlichen Ergebnis gegenüberstellen und damit ein Urteil über den Gesamtablauf fällen. Mehr als eine ganz allgemeine, nur i n Einzelerscheinungen rechnerisch nachweisbare und nachprüfbare Tendenz zur Einsatzsenkung und Er44 Vergleiche hierzu die kritischen Bemerkungen Castans (Castan, Edgar, a. a. O., S. 30 f.). 45 Es sei hierzu verwiesen auf Hax, K a r l , Betriebswirtschaftlicher Erfolg u n d Wirtschaftlichkeitsmessung, i n : Die Wirtschaftsprüfung, Jg. 1948, S. 7 f. u n d auf die Zusammenstellung v o n Wirtschaftlichkeiten bei Böhner, Eduard, a. a. O., S. 20, u n d bei Lehmann, M. R., Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 3. Aufl., Wiesbaden 1956, S. 136. Die Wirtschaftlichkeiten haben bei Lehmann immer die F o r m eines Quotienten (S. 130 f.), w e i l es bei einer Division möglich ist, verschieden benannte Zahlen gegenüberzustellen, w ä h r e n d durch Subt r a k t i o n entstandene Erfolgsgrößen i m m e r auf Zahlen m i t gleicher Benenn u n g angewiesen sind. Gerade i m güterlichen Bereich sind die Benennungen oft recht unterschiedlich, so daß eine Reihe von verschiedenartigen Quotienten gebildet werden kann, u m einen tieferen Einblick i n die Verhältnisse zu ermöglichen. Siehe dazu auch Lehmann, M. R., Wirtschaftlichkeit, P r o d u k t i v i t ä t u n d Rentabilität, i n : ZfB, Jg. 1958, S. 537 ff.
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Forker
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Wirtschaftlichkeit u n d Wirtschaftlichkeitsprinzip
gebnissteigerung kann deshalb diese güterlich-technische Wirtschaftlichkeit nicht zum Ausdruck bringen. I n aller Regel ist diese Wirtschaftlichkeit, bei der es sich nur u m die Anwendung des allgemeinen ökonomischen Prinzips i m technischen Bereich der Einzelwirtschaft handelt, nur eine Vorstufe, ein Ausgangspunkt, eine unterste Plattform für weitere Wirtschaftlichkeiten, die dann durch Einführung von geldlichen Größen, d. h. Wertgrößen, spezifisch wirtschaftlichen Charakter erhalten. Diese i n einer Rangordnung höheren Wirtschaftlichkeiten befassen sich m i t den wirtschaftlichen Auswirkungen des Verhaltens i m technischen Bereich. 2. D i e W i r t s c h a f t l i c h k e i t als e i n z e l w i r t s c h a f t l i c h e Aussage Die Wirtschaftlichkeit als Werturteil über das wirtschaftliche Verhalten beruht auf Maßstäben, die an die i n wirtschaftlichen Größen sichtbar gewordenen Ergebnisse des Verhaltens angelegt werden. Von Wirtschaftlichkeit w i r d dann gesprochen, wenn durch das Verhalten ganz bestimmte wirtschaftliche Tatbestände verwirklicht worden sind. Wirtschaftliche Größen bedeutet nichts anderes als geldliche Größen. Durch Bewertung i n Geld werden die Einsätze und Ergebnisse, zwischen denen sich das Wirtschaften vollzieht, rechenhaft und ihrer güterlichen und damit recht vielfältigen Gestalt entkleidet. Rechenhaftigkeit ist die Voraussetzung, wenn die Wirtschaftlichkeit nicht ein abstrakter Begriff bleiben soll 46 . Die wirtschaftlichen Größen, auf denen die einzelwirtschaftliche Wirtschaftlichkeit basiert, sind die Größen A u f w a n d und Ertrag, Kosten und Leistung bzw. Erlös. Gelegentlich finden alle vier bzw. fünf Größen nebeneinander als Ausgangspunkt für das Wirtschaftlichkeitsurteil Verwendung. a) Die Wirtschaftlichkeit
als Aufwand-Ertrags-Verhältnis
Die weiteste Verbreitung hat i n dieser Gruppe folgende Definition gefunden: Ertrag Wirtschaftlichkeit = Aufwand Diese rein formale Gleichung läßt zunächst nur die Aussage zu, daß man i n der Wirtschaftlichkeit das Verhältnis des Ertrages zum Aufwand zu sehen hat. Wenn daraus ein Urteil über das Verhalten abgeleitet werden soll, dann muß dieses Verhältnis näher bestimmt werden, denn einen Quotienten aus Ertrag und Aufwand gibt 46
So Knopik, H., a. a. O., S. 49.
Die Wirtschaftlichkeit i n der betriebswirtschaftlichen L i t e r a t u r
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es immer, wenn Erträge erzielt und Aufwendungen gemacht wurden. Jedes Verhältnis von Ertrag zu A u f w a n d zwischen den Extremen N u l l und unendlich als Wirtschaftlichkeit bezeichnen zu wollen, hat aber keinen Sinn, denn das Prädikat wirtschaftlich soll doch gerade ein besonders qualifiziertes Verhalten zum Ausdruck bringen. I n der Tat schwebt auch immer ein ganz bestimmtes Verhältnis als Mindestforderung, als Norm oder Idealzustand vor, so etwa beispielsweise das Verhältnis 1 : l 4 7 . Es gibt aber auch noch eine zweite Möglichkeit. Jedes Verhältnis zwischen Ertrag und A u f w a n d kann nämlich als Ausgangsgröße für ein Wirtschaftlichkeitsurteil dienen, das auf den Veränderungen des Verhältnisses zwischen zwei Zeitpunkten oder auf den Unterschieden zwischen zwei solchen Verhältnissen aufbaut, das m i t anderen Worten auf dem Vergleich zwischen zwei Aufwand-Ertrags-Verhältnissen beruht. Man sucht hier zu ermitteln, ob ein gegebenes Verhältnis einem früheren gegenüber besser geworden ist oder ob es i m Vergleich zu gleichartigen Quotienten fremder Einzelwirtschaften günstiger ist. Dam i t haben w i r den typischen F a l l einer relativen Wirtschaftlichkeit. Das Verhältnis des Ertrages zum A u f w a n d erlaubt i m Wege des Vergleiches die Aussage, daß das Verhalten wirtschaftlicher oder u n w i r t schaftlicher als das einer früheren Periode oder einer fremden Einzelwirtschaft i n der gleichen Periode ist. Die formale Definition Wirtschaftlichkeit = Ertrag : A u f w a n d erweist sich also zunächst als unbefriedigend, denn als Wirtschaftlichkeit kann entsprechend der Bedeutung der Wirtschaftlichkeit als Werturteil immer nur ein ganz bestimmtes Verhältnis von Ertrag zu A u f w a n d bezeichnet werden, oder auf die Wirtschaftlichkeit kann nur aus den Unterschieden zwischen zwei derartigen Quotienten geschlossen werden. Eine Aussage über das Verhalten erfordert das Anlegen eines Maßstabes an das gegebene Verhältnis. Maßstab kann ebenfalls ein Aufwand-Ertrags-Verhältnis sein, dem dann die Bedeutung eines Optimums oder einer Norm zukommt. Als Maßstab kann aber auch die Richtung dienen, i n der sich das Ist-Verhältnis entwickelt. Die Richtung nach der größeren Zahl bedeutet dann „wirtschaftlicher", die nach der kleineren „unwirtschaftlicher" 4 8 . 47
Vergleiche Linke, W., a. a. O., S. 125 f. Diese formale Definition findet sich bei vielen Autoren, unter anderem bei: Lehmann, M. R., Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, a. a. O., S. 130, 133 ff.; Lehmann, M. R., Wirtschaftlichkeit, P r o d u k t i v i t ä t u n d Rentabilität, a. a. O., S. 540: Bei allen Wirtschaftlichkeiten werden „sachlich entsprechende 48
Aufwandsgrößen
und Leistungs- oder Ertragsgrößen
dividitiv zueinander in
Beziehung gesetzt"; Mellerowicz, K., Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 3. Band, 8. Aufl., B e r l i n 1954, S. 33 f.; Mellerowicz, K., Kosten und Kostenrechnimg, Band I I , 2. Teil, 2. u. 3. Aufl., B e r l i n 1958, S. 542 (Mellerowicz 3*
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Wirtschaftlichkeit u n d Wirtschaftlichkeitsprinzip
Neben dieser rein formalen Definition finden sich i n der Literatur andere Definitionen, die ein bestimmtes Verhältnis von Ertrag zu A u f wand als Wirtschaftlichkeit ausgeben. Da wäre zunächst folgende Definition zu nennen: 49 Wirtschaftlichkeit ist gegeben, wenn Aufwand und Ertrag einer Periode gleich sind. Aus der Vorstellung, daß bei einer Einzelwirtschaft, die auf Selbsterhaltung angewiesen ist, die Erträge auf jeden Fall so groß sein müssen wie die Aufwendungen, wenn nicht Vermögensminderungen eintreten sollen, hat man den Punkt, wo diese Mindestforderung erfüllt ist, als Wirtschaftlichkeit bezeichnet. I m Grunde genommen handelt es sich hier also u m eine absolute Wirtschaftlichkeit, allerdings nur i n dem Sinne, daß bei Gleichheit von Ertrag und Aufwand die Wirtschaftlichkeit beginnt, diese dann aber immer größer werden kann, wenn die Erträge die Aufwendungen übersteigen. Allerdings kann man sich auch den Fall vorstellen, daß nur i n diesem einen Punkt der Gleichheit Wirtschaftlichkeit herrscht, und zwar dann, wenn eine Einzelwirtschaft entsprechend ihrer Zielsetzung keinen Gewinn erwirtschaften soll. Der nächste Schritt ist dann der, daß ein Verhalten als wirtschaftlich bezeichnet wird, das dazu geführt hat, daß die Erträge die Aufwendungen übersteigen: Wirtschaftlichkeit ist dann gegeben, wenn die Erträge einer Periode größer als die Aufwendungen i n der entsprechenden Periode sind. Das wirtschaftliche Verhalten w i r d hier also an den Überschüssen beurteilt, die es erbracht hat. Damit w i r d der Gewinn zum Maßstab für die Wirtschaftlichkeit, denn die positive Differenz zwischen Erträgen und Aufwendungen bezeichnen w i r als Gewinn. Auch hier haben w i r es i n gewissem Sinne m i t einer absoluten W i r t schaftlichkeit zu tun, denn es w i r d ein ganz bestimmter Zustand, nämlich das Überwiegen der Erträge über die Aufwendungen, als W i r t schaftlichkeit determiniert 5 0 . Diese Wirtschaftlichkeit kann dann allerdings größer und kleiner sein, je nachdem, ob der Gewinn größer oder kleiner ist. Zweifellos ist aber ein Verhalten, das zu Verlusten führte, unwirtschaftlich. Es ist auch der Definition entsprechend dann nicht wirtschaftlich, wenn es i n der zur Beurteilung anstehenden Periode zu unterscheidet eine Wirtschaftlichkeit des Gesamtunternehmens = Gesamtertrag: A u f w a n d u n d eine Wirtschaftlichkeit der Betriebstätigkeit = Betriebsertrag :Kosten); Lohmann, M a r t i n , E i n f ü h r u n g i n die Betriebswirtschaftslehre, 2. Aufl., Tübingen 1955, S. 209 (ein genereller Ausdruck der Wirtschaftlichkeit ist der Erfolgskoeffizient = Erfolg: A u f wand); Hax, K a r l , a. a. O., S. 8 (Hax hat f ü r dieses Verhältnis die Bezeichnung „ m a r k t w i r t schaftliche P r o d u k t i v i t ä t " geprägt). 49 Diese Definition ist i n der Regel n u r i n umschriebener F o r m zu finden, etwa der A r t , daß die abgeflossenen Werte i n gleicher Höhe ersetzt werden müssen.
Die Wirtschaftlichkeit i n der betriebswirtschaftlichen L i t e r a t u r
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e i n e m e r h e b l i c h g e r i n g e r e n V e r l u s t g e f ü h r t h a t als i n d e r V o r - oder V e r g l e i c h s p e r i o d e . A u f d i e Frage, w a n n die W i r t s c h a f t l i c h k e i t e x a k t begänne, w i r d m a n w o h l a n t w o r t e n müssen: w e n n d i e E r t r ä g e u m eine E i n h e i t des gesetzlichen Z a h l u n g s m i t t e l s g r ö ß e r s i n d als d i e A u f w e n dungen. Die Z a h l der A u t o r e n , die die Wirtschaftlichkeit auf G r u n d der erz i e l t e n G e w i n n e b e u r t e i l e n w o l l e n , ist n i c h t g e r i n g , a l l e r d i n g s auch n i c h t d i e Z a h l d e r j e n i g e n , die diese A u f f a s s u n g a b l e h n e n 5 1 . Es sei n u r an d i e b e k a n n t e K o n t r o v e r s e z w i s c h e n Schmalenbach, d e r d e n G e w i n n z u m Maßstab f ü r die (gemeinwirtschaftliche) Wirtschaftlichkeit erklärt, u n d N i c k l i s c h , d e r i n der W i r t s c h a f t l i c h k e i t d e n M a ß s t a b f ü r d e n G e w i n n sieht, e r i n n e r t . V i e l f a c h w i r d auch n i c h t d e r G e w i n n , s o n d e r n d i e R e n t a b i l i t ä t z u m M a ß s t a b erhoben. D a R e n t a b i l i t ä t n u r gegeben ist, w e n n G e w i n n e r 50
So auch Gsell, E., a. a. O., S. 36. I n der Rentabilität sieht P r i o n die Wirtschaftlichkeit der Unternehmung (Prion, W., a. a. O., 3. Buch, B e r l i n 1936, S. 208, u n d 2. Buch, B e r l i n 1935, S. 174). „ D i e Rentabilität ist die Wirtschaftlichkeit der betrieblichen F u n k t i o n K a p i t a l u n d Finanzwirtschaft" heißt es bei Zachert, a. a. O., S. 412. Die Rendite der Unternehmung bezeichnet Walther als „äußere Wirtschaftlichkeit" (Walther, Alfred, Über die Vergleichbarkeit der Wirtschaftlichkeitsziffern industrieller Betriebe, i n : Annalen der Betriebswirtschaft, Jg. 1927, S. 120). F ü r Haas ist der Betriebsgewinn die absolute Maßgröße der Wirtschaftlichkeit (Haas, Franz, Wirtschaftlichkeit u n d Betriebsrentabilität, a. a. O., S. 491). Glück unterscheidet eine Artikel-Wirtschaftlichkeit, die gleich dem Stückgewinn ist (Glück, Walter, a. a. O., S. 61), u n d eine Unternehmungs-Wirtschaftlichkeit, die gleich der Summe dieser Einzelwirtschaftlichkeiten ist (S 65). Die UnternehmungsWirtschaftlichkeit berücksichtigt n u r den Betriebsgewinn, also den v o n außerordentlichen u n d betriebsfremden Erträgen bzw. Aufwendungen bereinigten G e w i n n (S. 8 f.). Die richtig ermittelte G e w i n n ziffer w i l l H a x durchaus als Maßstab der Wirtschaftlichkeit gelten lassen. „ A b e r w i r müssen i m m e r wieder m i t H i l f e ergänzender Kennziffern das einwandfreie A r b e i t e n dieses Maßstabes überwachen" (Hax, K a r l , a. a. O., S. 8). Diese Feststellung halten w i r f ü r bedenklich. E i n Maßstab zeichnet sich doch gerade dadurch aus, daß er als feste Größe unterstellt w i r d . Wenn der Maßstab selbst noch bewertet werden soll, dann dürfte das U r t e i l recht w e n i g fundiert sein. Auch bei Rieger (a. a. O., S. 60) heißt es: „ . . die Wirtschaftlichkeit der Unternehmung, das ist ihre Rentabilität". M a n darf aber diese Aussage nicht falsch verstehen. Rieger lehnt nämlich i m Grunde genommen die Wirtschaftlichkeit als solche ab, läßt sie allenfalls noch f ü r den technischen Bereich gelten. Wenn aber schon die Wirtschaftlichkeit von der Betriebswirtschaftslehre als die leitende Idee f ü r alle Betriebe bezeichnet w i r d , dann ist f ü r Rieger — was die Unternehmung anbetrifft — die Wirtschaftlichkeit eben identisch m i t der Rentabilität. Diese Ablehnung w i r d ganz deutlich i n folgendem Z i t a t : „Was also die Gesamtwirtschaft regiert, k a n n niemals die Wirtschaftlichkeit sein, das ist vielmehr die Rentabilität, die jene umschließt" (S. 65), u n d weiter: „Es wäre sicher zweckmäßig, von einer Wirtschaftlichkeit der Unternehmung gar nicht zu reden — das w i r k t n u r irreführend." 51
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Wirtschaftlichkeit u n d Wirtschaftlichkeitsprinzip
zielt wurde, weil Rentabilität der zum Eigen- oder zum Gesamtkapital i n Beziehung gesetzte Gewinn ist, ändert sich dadurch hinsichtlich der hier zur Diskussion stehenden Wirtschaftlichkeit gar nichts. Daneben gibt es auch hier eine relative Form der Wirtschaftlichkeit. Das Urteil über das Verhalten w i r d nicht aus der Höhe des Gewinnes oder der Rentabilität abgeleitet, sondern aus der Veränderung des Gewinnes bzw. der Rentabilität oder aus dem Vergleich m i t entsprechenden Zahlen anderer Betriebe oder — was hier besonders interessant ist — aus dem Vergleich der Istzahlen m i t als Norm gesetzten Sollgewinnen bzw. Sollrentabilitäten, denen aber nicht etwa der Charakter von absoluten Wirtschaftlichkeiten zukommt. Diese Normgrößen haben nämlich nur einen Sinn, wenn sie erreichbare Verhältnisse repräsentieren; sie werden immer unter Berücksichtigung der gegebenen Situation festgesetzt und bei starken Veränderungen der neuen Lage angepaßt, es sind also keine absoluten, sondern relative Maßstäbe. Das hier zu fällende Urteil kann, wie bei allen relativen Wirtschaftlichkeiten, nur lauten: „wirtschaftlicher als . . . " bzw. „unwirtschaftlicher als .. ." 5 2 . Der dritte Schritt führt nun dahin, daß der maximale Gewinn oder die maximale Rentabilität zum Maßstab für die Wirtschaftlichkeit erklärt w i r d : Wirtschaftlichkeit besteht bei maximalem Gewinn oder bei maximaler Rentabilität. Diese Definition entspricht den Vorstellungen vom maximalen Gewinnstreben i n einer Marktverkehrswirtschaft m i t vollkommener Konkurrenz 5 3 . Eine so definierte Wirtschaftlichkeit ist wieder eine absolute. Anders liegt der Fall aber, wenn der maximale Gewinn m i t der maximalen Wirtschaftlichkeit gleichgesetzt wird, denn dann gibt es auch noch andere wirtschaftliche Verhalten. Zu unterscheiden sind hier übrigens zwei maximale Gewinne, der bei gegebener Kostensituation und der, der als das höchste Ziel des Unternehmers angesehen w i r d (der Unternehmer w i r d versuchen, die bestehende Kostensituation zu verbessern). Die auf dem Gewinn oder auf der Rentabilität aufbauende W i r t schaftlichkeit w i r d von einigen Autoren nur als eine Wirtschaftlichkeit 52 Vergleiche hierzu Böhner, Eduard, a. a. O., S. 27, u n d Hennig, K a r l , Betriebswirtschaftliche Organisationslehre, 2. Aufl., Berlin-Göttingen-Heidelberg 1948, S. 10 ff. Böhner stellt I s t - u n d Sollrentabilitäten gegenüber, Henn i g I s t - u n d Sollgewinn, wobei er unter Sollgewinn den angemessenen Zins für das Eigenkapital versteht. 58 Koch formuliert das Wirtschaftlichkeitsprinzip w i e folgt: „Disponiere so, daß der G e w i n n m a x i m i e r t w i r d ! " (Koch, H., a. a. O., S. 168). A l s „ G e l d wirtschaftlichkeit" bezeichnet Haas das Streben nach m a x i m a l e m Geldgewinn (Haas, Franz, a. a. O., S. 488). Auch Schönpflugs Wirtschaftlichkeit ist, w i e Castan (a. a. O., S. 35 f.) nachweist, auf das Streben nach m a x i m a l e m G e w i n n abgestellt. Siehe dazu auch K n o p i k , H., a. a. O., S. 36 ff.
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neben anderen gebraucht. So w i r d vor allem unterschieden zwischen einer Betriebs-, Produktions- oder technischen Wirtschaftlichkeit, die den Herstellungsprozeß betrifft, einer Geld-, Kapital- oder Unternehmungswirtschaftlichkeit, die letztlich die wirtschaftliche Verwertung der erstellten Güter beurteilen soll, und oft noch einer gesamtwirtschaftlichen Wirtschaftlichkeit, die ein Urteil über den Nutzen oder der Beitrag der Unternehmung für die gesamte Volkswirtschaft abgeben soll. b)Die Wirtschaftlichkeit als Kosten- (güterliche) Leistungs-Verhältnis Ein i n der Betriebswirtschaftslehre ständig gebrauchter, nichtsdestoweniger aber recht vieldeutiger Begriff ist der der Leistung 5 4 . Leistung ist eine genau definierte physikalische Größe, Leistung ist aber auch Tätigkeit und schließlich auch Ergebnis einer Tätigkeit, wobei diesem Ergebnis oft noch eine Wertung zuteil wird, insofern, als i n einer Leistung etwas besonders Gutes, Erfreuliches, Anerkennenswertes zu sehen ist 5 5 . Betriebswirtschaftlich versteht man unter Leistung i n aller Regel das Ergebnis einer besonderen Tätigkeit, nämlich der Produktion, die man geradezu als Leistungserstellung bezeichnet. Leistung ist also zunächst einmal das güterliche Produkt. Die Leistung umfaßt aber nicht nür Sachgüter, sondern auch Dienste der verschiedensten A r t . Da i n Leistung aber ein Moment der Wertung enthalten ist, bezieht man i n den betriebswirtschaftlichen Leistungsbegriff oft die Eigenschaft der Absetzbarkeit ein, und zwar m i t dem Argument, daß wirtschaftlich eine Leistung nur dann vorläge, wenn das erstellte Produkt auch den Weg zu den Abnehmern findet 56. Als güterlicher Größe mangelt es der Leistung an einer allgemeinen Rechenhaftigkeit. Hinzu kommt noch, daß i n einer Reihe von Einzelwirtschaften die Leistung mengenmäßig überhaupt nicht meßbar ist, so z.B. i n den Haushalten (den privaten und zum Teil auch den öffentlichen), i m Handel, i n vielen Dienstleistungsbetrieben und auch i n Verkehrsbetrieben 57 . Diese Schwierigkeiten haben schließlich zu einem 54 Castan, Edgar, a. a. O., S. 151: „Nicht einmal der Begriff der Leistung scheint bis heute eindeutig zu sein". E i n Beispiel f ü r die Vieldeutigkeit des Begriffes Leistung findet sich bei Schmalenbach (Dynamische Bilanz, 8. Aufl., Bremen-Horn o. J., S. 36): „ W i r sprechen von der rechten Seite des Gewinn-und-Verlust-Kontos oft von der »Leistung 4 u n d oft von »Ertrag 4 , je nachdem das eine oder andere W o r t angemessener ist 4 '. 55 So auch Thoms, Walter, a. a. O., S. 12 f. 56 „Der betriebswirtschaftliche Leistungsbegriff . . . schließt die Absetzbarkeit grundsätzlich ein 44 (Castan, Edgar, a. a. O., S. 18, siehe auch S. 151). 57 Hier lassen sich oft über Hilfsgrößen Anhaltspunkte gewinnen. So eine Größe ist z. B. der Personen-Kilometer i m Verkehrsgewerbe. Dieser besagt aber nichts darüber, ob die Passagiere bequem oder unbequem, sicher
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Wirtschaftlichkeit u n d Wirtschaftlichkeitsprinzip
geldlichen Leistungsbegriff geführt. Aus der güterlichen Leistung w i r d eine geldliche Größe auf zwei verschiedenen Wegen, über den Absata und über die Bewertung. Wenn die güterliche Leistung abgesetzt ist dann wurden dafür Gegenwerte erzielt, die man als Erlöse bezeichnet. Erlöse sind i n der Regel Geld, sie können i n Ausnahmefällen auch Güter sein, doch vollzieht sich i n der modernen Wirtschaft ein Naturaltausch meistens unter Einschaltung des Geldes als Recheneinheit. Sind nun aber i n der Periode, auf die sich die Rechnung beziehen soll, noch güterliche Leistungen vorhanden, dann müssen diese i n Geld bewertet werden. Dafür bieten sich verschiedene Maßstäbe an. I n dem Falle, daß die Absetzbarkeit K r i t e r i u m für die Leistung ist, ist die Bewertung theoretisch gesehen relativ einfach, denn es kommen dann nur die zu erwartenden Erlöse i n Betracht. Für die praktische Bewertung ist dam i t allerdings nicht viel gewonnen. Wo Vorräte von güterlichen Leistungen nicht möglich sind, wie bei den Dienstleistungsbetrieben zum Beispiel, dort taucht die Frage der Bewertung dieser Leistungen auch nicht auf. Hier kann nur m i t Erlösen gerechnet werden. Entsprechend der Zweiteilung i n güterliche und geldliche Leistung unterscheiden w i r i n der Literatur zwei Gruppen von Wirtschaftlichkeiten, die eine, bei denen die Kosten, u m die es i n beiden Fällen geht, der güterlichen Leistung gegenübergestellt werden, und die andere, bei denen die Kosten zur geldlichen Leistung, also zu den Erlösen i n Beziehung gesetzt werden 5 8 . Dabei müssen w i r allerdings die Voraussetzung machen, daß es sich u m die Kosten i m geldlichen Sinne handelt. Vergleiche zwischen güterlichem Einsatz und güterlichem Ergebnis haben ihren Platz unter den güterlich-technischen Wirtschaftlichkeiten. I n die hier zu behandelnde erste Gruppe gehört zunächst einmal die w o h l häufigste und von den meisten Autoren in irgendeinem Zusammenhang geäußerte Auffassung: Wirtschaftlichkeit bedeutet Kostensenkung. Eine derartige Wirtschaftlichkeit ist ohne Zweifel eine relative. Je niedriger die Kosten pro Einheit der produzierten Leistung sind, i m Vergleich zu den Stückkosten für das gleiche Produkt zu einer früheren Zeit oder i n einer anderen Einzelwirtschaft, desto größer ist die Wirtschaftlichkeit. oder nicht sicher befördert wurden. Das gehört aber m i t zur Leistung, von der es abhängt, ob ein privates Verkehrsunternehmen sich i m M a r k t behaupten k a n n oder nicht. 58 A u f diese Zweiteilung weist auch Leitner hin, w e n n er schreibt: „Die Wirtschaftlichkeit ist die allgemeine N o r m f ü r die A r t u n d Weise, w i e die Wirtschaftstätigkeit ausgeübt werden soll: E i n vernünftiges Verhältnis z w i schen A u f w a n d u n d Nutzen (Leistung), an Geld oder an anderen Maßstäben gemessen" (Leitner, Wirtschaftslehre der Unternehmung, 5. Aufl., B e r l i n 1926, S. 14).
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W i r hatten schon darauf hingewiesen, daß eine Voraussetzung für die Einordnung i n diese Gruppe die ist: unter Kosten dürfen nicht die güterlichen Einsatzmengen verstanden werden, sondern nur geldliche Größen, und zwar die Produkte aus den Mengen der eingesetzten Güter (im weitesten Sinne) und deren jeweiligen Preisen (bzw. Werten), wobei es sich u m Kosten für das einzelne Stück, eine größere Menge, aus einer Periode, i n einer Betriebsabteilung usw. handeln kann. Kostensenkung ist so gesehen immer die Auswirkung eines auf Kostensenkung gerichteten Verhaltens, das darin bestehen kann, daß entweder die Einsatzmengen verkleinert oder für die einzusetzenden Güter niedrigere Preise bezahlt werden oder daß sowohl das eine als das andere erreicht wird. I n der wirtschaftlichen Größe Kosten w i r k t sich beides gleich aus, der geldliche Einsatz für die Erstellung einer bestimmten güterlichen Leistung w i r d niedriger. Eine wichtige Rolle i n den Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen auch das sogenannte Kostenminimum:
spielt
Wirtschaftlichkeit besteht i m Kostenminimum. Da hier ein Punkt oder praktisch ein kleines Intervall niedrigster Stückkosten zum Maßstab für das Wirtschaftlichkeitsurteil bestimmt wird, haben w i r es m i t einer absoluten Wirtschaftlichkeit zu tun. Solange man sich noch i n der Kostendegression oder schon wieder i n der Kostenprogression befindet, ist das Verhalten noch nicht oder nicht mehr wirtschaftlich. Vorausgesetzt w i r d bei diesen Erörterungen über das Kostenminimum natürlich immer eine s-förmig gekrümmte Gesamtkostenkurve. Der Unterschied zwischen diesen beiden Auffassungen über die Wirtschaftlichkeit besteht i n folgendem: I m Falle des Kostenminimums geht das Wirtschaftlichkeitsurteil von einer gegebenen Kostenkurve aus. Es soll der Beschäftigungsgrad angestrebt bzw. die Leistungsmenge realisiert werden, bei der die Kosten pro erstelltes Stück am niedrigsten sind. Über die Kostenstruktur selbst ist damit aber nichts gesagt. Wenn dagegen i n der Kostensenkung schlechthin die W i r t schaftlichkeit gesehen wird, dann ist damit gesagt, daß das Streben auch auf Verbesserung der Kostenstruktur gerichtet sein soll. Insofern ist also diese Auffassung die weitergehende. Hinzu kommt, daß die Kostensenkung von allgemeinem Interesse ist, die Theorie der Kostenkurven aber ganz speziell für die Industrie, und zwar besonders auf die Großindustrie m i t Massenfertigung zugeschnitten ist 5 9 . 59
Da von nahezu allen betriebswirtschaftlichen Autoren ein Zusammenhang zwischen Kostensenkung u n d Wirtschaftlichkeit gesehen w i r d , k a n n hier auf einen ausführlichen Literaturhinweis verzichtet werden. Es sei lediglich auf folgende Stellen aufmerksam gemacht: Z u r Kostensenkung: K n o -
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Wirtschaftlichkeit u n d Wirtschaftlichkeitsprinzip
I n die hier behandelte Gruppe gehören auch die Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen, die von den Plan- oder Standardkosten ausgehen: Plankosten sind der Maßstab der Wirtschaftlichkeit. Ein Verhalten, das zur Erreichung oder Unterbietung der Plankosten geführt hat, ist als wirtschaftlich zu bezeichnen 60 . A l l e n Wirtschaftlichkeiten dieser Gruppe ist gemeinsam, daß m i t den Kosten immer nur geldliche Größen verglichen werden, während die Leistung als güterliche Größe konstant gehalten w i r d und damit aus der Rechnung selbst ausscheidet. c) Die Wirtschaftlichkeit
als Kosten-Erlös-Verhältnis
Wenn die Wirtschaftlichkeit als Werturteil auch die Leistungsseite berücksichtigen soll, dann ergibt sich die schon mehrfach erwähnte Schwierigkeit, daß die güterliche Leistung entweder gar nicht meßbar ist oder Rechnungen, und zwar Mengenrechnungen, nur ganz beschränkt zuläßt. Erst durch Umwandlung der güterlichen i n geldliche Größen ist die umfassende Rechenhaftigkeit herbeizuführen. Diese geldlichen Größen sind für die abgesetzten Leistungen die erzielten Erlöse, noch nicht abgesetzte, aber unter dem K r i t e r i u m der Absatzbarkeit bewertete Leistungen kann man als fiktive Erlöse bezeichnen. Die Bezeichnung als Leistung w i r d allerdings häufig auch nach der Bewertung noch beibehalten, insbesondere dann, wenn Kostenwerte oder interne Verrechnungswerte als Bewertungsmaßstäbe verwandt werden. Welche Maßstäbe für die Bewertung i m einzelnen i n Betracht kommen, das interessiert uns i n diesem Zusammenhange nicht, obwohl nicht übersehen werden darf, daß die gewählten Maßstäbe die Ergebnisse der Rechnungen und damit auch das Werturteil Wirtschaftlichkeit beeinflussen. Wie schon bei den auf der Gegenüberstellung von Aufwand und Ertrag fußenden Wirtschaftlichkeiten, so finden w i r auch hier zunächst einmal eine rein formale Definition der Wirtschaftlichkeit: Wirtschaftlichkeit =
Leistung Kosten
"Wirtschaftlichkeit
= Kosten
pik, H., a.a.O., S. 44 f.; Glück, W., a.a.O., S. 6; Hax, K a r l , a.a.O., S.8; Haas, Franz, a. a. O., S. 493 (Haas k o m m t hier zu einem anderen Ergebnis, w e i l er nicht die Absetzbarkeit zum K r i t e r i u m der Leistung macht); zum Kostenminimum: Zachert, a. a. O., S. 412; Sieber, E. H., Wirtschaftlichkeit u n d Wirtschaftlichkeitsmessung, i n : Die Unternehmung i m M a r k t , Festschrift für W i l h e l m Rieger, S t u t t g a r t - K ö l n 1953, S. 182; Gutenberg, Erich, a. a. O., S. 331; Mellerowicz, K., Kosten u n d Kostenrechnung, T e i l I , 3. Aufl., B e r l i n 1957, S. 504. 60 Vergleiche hierzu Castan, Edgar, a. a. O., S. 33 f.
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Beide Gleichungen unterscheiden sich nur i m Zähler des jeweiligen Quotienten. Darin kann, wie eben angedeutet wurde, nur eine unterschiedliche Bezeichnung gesehen werden; es kann aber auch ein materieller Unterschied bestehen, und zwar kann der Ausdruck Leistung besagen sollen, daß man sich bei der Bewertung von den erzielten bzw. erzielbaren Erlösen freigemacht und statt dessen andere Maßstäbe verwendet hat, wie z.B. Kosten- oder Verrechnungswerte. Damit kann die erste Gleichung für Rechnungen i n Frage kommen, bei denen die Markteinflüsse unberücksichtigt bleiben sollen, oder für solche, die nur Teilbereiche m i t noch nicht marktreifen Leistungen zum Gegenstand haben. Diese beiden formalen Gleichungen sind i n der Literatur recht häufig anzutreffen, oft auch unter anderen Bezeichnungen, wie Leistungsrentabilität oder Betriebsrentabilität 6 1 , Betriebskoeffizient 62 oder betriebliche Leistungsmessung 63 . Vielfach w i r d diese Wirtschaftlichkeit auch als Wirtschaftlichkeit der Leistungserstellung, des Betriebes oder der Betriebstätigkeit bezeichnet 64 . Ansonsten gilt auch hier das, was schon bei der Wirtschaftlichkeit als Aufwand-Ertrags-Verhältnis gesagt wurde: nicht jedes Verhältnis von Leistung bzw. Erlösen zu den Kosten kann man als Wirtschaftlichkeit bezeichnen. Entweder muß ein bestimmtes Verhältnis als Norm, Ideal oder Optimum zur Wirtschaftlichkeit erklärt werden oder aus dem Unterschied zwischen zwei derartigen Kosten-Leistungs-Verhältnissen auf die Wirtschaf tlichkeit des Verhaltens geschlossen werden. Eine nicht mehr nur formale Definition ist die folgende: Wirtschaftlichkeit ist gegeben, wenn Kosten und Erlöse bzw. Leistungen gleich sind. I m Interesse der Erhaltung einer Einzelwirtschaft erscheint eine Leistungserstellung als sinnvoll und berechtigt, wenn die hinausgeflossenen Werte durch die hereinkommenden Werte i n voller Höhe ersetzt werden können. Folgerichtig lautet dann der nächste Schritt: Ein Verhalten ist wirtschaftlich, wenn es zu Erlösen bzw. Leistungen führt, die größer sind als die Kosten. Maßstab für die Wirtschaftlichkeit ist die erwirtschaftete oder bei der Produktion erzielte Differenz. Von Betriebsgewinn spricht man hier, 61
Siehe dazu Haas, Franz, a. a. O., S. 491 f. Lohmann, M a r t i n , a. a. O., S. 209. 83 Illetschko, L., a. a. O., S. 4 f. 64 Mellerowicz, K , Kosten u n d Kostenrechnung, T e i l I I , Band 2, 2. u. 3. Aufl., B e r l i n 1958, S. 542. 62
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wenn von den Erlösen ausgegangen wird, von Wertauftrieb, wenn das Gewicht mehr auf anderen Bewertungsmaßstäben liegt. Als sinnvoll angesehen und deshalb m i t dem Prädikat der Wirtschaftlichkeit bedacht w i r d also nur eine Produktion, bei der mehr an Werten erzeugt als verbraucht wird. Ob das nun i m einzelnen m i t den Interessen des jeweiligen Wirtschaftssubjektes oder m i t denen der gesamten Volkswirtschaft i n Zusammenhang gebracht wird, ist hier gleichgültig. Beurteilt w i r d das wirtschaftliche Verhalten der Einzelwirte nach der erzielten Differenz. Der Leistungsbegriff muß aber die Voraussetzung der Absetzbarkeit enthalten bzw. auf die Erlöse abgestellt sein, denn die Leistungserstellung als solche ist eine ausgesprochen technische A n gelegenheit. Die technisch beste Leistung ist wirtschaftlich gesehen keine Leistung, wenn sie keinen Abnehmer bzw. Käufer findet. Es sei noch erwähnt, daß die Wirtschaftlichkeit häufig auch ganz allgemein als Streben nach Kostensenkung und Leistungssteigerung definiert wird. Dabei handelt es sich dann u m nichts anderes als die allgemeine Formulierung des ökonomischen Prinzips, wobei lediglich die Ausdrücke Einsatz und Ergebnis durch wirtschaftliche Größen ersetzt wurden 6 5 . d) Das Wirtschaftlichkeitsurteil auf der Grundlage verschiedener Wirtschaftlichkeitsgrade Die bisher behandelten Wirtschaftlichkeitsurteile wurden gefällt auf Grund von Veränderungen einer Größe, wie den Kosten zum Beispiel, oder zweier Größen, wie Mengeneinsatz und Mengenausbringung, oder auf Grund eines als Wirtschaftlichkeit definierten Zustandes, wie das Kostenminimum oder das Gewinnmaximum. Daneben gibt es aber i n der betriebswirtschaftlichen Literatur eine Reihe von Autoren, die das Wirtschaftlichkeitsurteil m i t Hilfe mehrerer sogenannter Wirtschaftlichkeitsgrade fällen wollen. Die Zahl dieser Grade ist dabei recht unterschiedlich, sie kann i m übrigen den praktischen Bedürfnissen angepaßt werden. Aus der Verwendung von Wirtschaftlichkeitsgraden folgt, daß es sich dabei immer nur u m relative Wirtschaftlichkeitsurteile handeln kann, also u m die Aussage: „wirtschaftlicher a l s . . . " bzw. „unwirtschaftlicher a l s . . . " . Das Charakteristikum dieser Auffassungen von der Wirtschaftlichkeit ist der Vergleich, und zwar der Vergleich des Ist m i t einem früheren Ist der gleichen Einzelwirtschaft, m i t dem Ist einer fremden Ein65 Bei den meisten betriebswirtschaftlichen A u t o r e n bewegen sich die Wirtschaftlichkeitsüberlegungen zwischen den beiden Polen Kosten u n d Leistung bzw. Erlös. Es k a n n deshalb darauf verzichtet werden, zu dieser Gruppe nähere Literaturhinweise zu geben.
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zelwirtschaft oder m i t einem als Norm gesetzten Soll 6 0 . Vergleiche sind auch schon i n den vorangegangenen Ausführungen erwähnt worden, doch da handelte es sich immer nur u m einen einzigen sogenannten Wirtschaftlichkeitsgrad, also z.B. u m den Quotienten aus Ist- und Plankosten oder aus Ist- und Sollrentabilität. Hier dagegen geht es darum, daß das Urteil auf der Grundlage einer ganzen Reihe solcher Wirtschaftlichkeitsgrade gefällt werden soll. Dabei kann der Blick entweder auf den ganzen Betrieb bzw. die ganze Einzelwirtschaft oder auf Teile davon gerichtet sein. Die Vergleiche können sich erstrecken auf „Mengen oder Werte, Prozesse oder Einzelerscheinungen, Zustände oder Bewegungen" 67 . Immer sucht man, die sich i n Zahlen sichtbar niederschlagenden Ergebnisse des Verhaltens zu erfassen, u m aus deren Veränderungen auf das Verhalten schließen zu können. Bei den dafür herangezogenen Größen braucht es sich keineswegs nur u m wirtschaftliche zu handeln, auch Mengengrößen finden vielfache Verwendung. Zahlen, die einen Prozeß oder einen Zustand charakterisieren, nennt man Kennzahlen. Für sie kommen absolute Zahlen oder schon durch eine Gegenüberstellung von zwei Zahlen gewonnene Verhältniszahlen i n Betracht. Verhältniszahlen können gewonnen werden durch Division zweier Größen von: 1. gleicher A r t 2. ungleicher A r t a) gleicher Benennung oder b) unterschiedlicher Benennung. A u f diese Weise können zusammen m i t den absoluten Zahlen ganze Systeme von Kennzahlen errichtet werden, die entsprechend ihrer Zusammensetzung mehr oder weniger tiefe Einblicke i n die betrieblichen und einzelwirtschaftlichen Verhältnisse ermöglichen. E i n Urteil über das Verhalten erlauben diese Kennzahlen für sich betrachtet aber noch nicht. Dazu bedarf es des Vergleiches dieser Kennzahlen m i t anderen, aber entsprechenden Zahlen. Stehen sich diese Kennzahlen i n Form eines Quotienten gegenüber, dann spricht man von Graden; soweit es u m die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit geht, von Wirtschaftlichkeitsgraden. Die Aussagen, die solche Vergleiche zulassen, sind unter anderem natürlich von der Wahl der Vergleichskennzahlen abhängig. Die Betriebswirtschaftslehre unterscheidet, wie schon angedeutet wurde, drei Vergleiche: es Vergleiche dazu u . a . Castan, Edgar, a.a.O., S. 20 ff.; Böhner, Eduard, a. a. O., S. 21 u n d andere Stellen. 67 Castan, Edgar, a. a. O., S. 85.
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1. den Zeitvergleich, bei dem die Vergleichskennzahlen aus der zu untersuchenden Einzelwirtschaft selbst, aber aus früheren Zeiten stammen; 2. den Betriebs vergleich, bei dem die Vergleichskennzahlen von fremden Betrieben bzw. Einzelwirtschaften stammen, wobei sie entweder: a) einer fremden Einzelwirtschaft entnommen sind, b) der Durchschnitt aus den entsprechenden Zahlen mehrerer E i n z e l w i r t schaften oder c) der Durchschnitt aus den Zahlen einer ganzen Branche sind; 3. den Normvergleich, bei dem die Vergleichskennzahlen subjektiv gesetzte Normen sind.
Die Grade werden dabei i n der Regel so gebildet, daß i m Zähler des Quotienten die zu vergleichende Kennzahl steht, i m Nenner die Kennzahl, mit der verglichen wird. Beim Normvergleich steht i m Zähler das Ist, i m Nenner das Soll. Vielfach multipliziert man diese Brüche noch m i t der Zahl 100 und erhält dann als Ergebnis das Ist i n Prozenten des Soll oder der jeweiligen Vergleichskennzahl. Für die Bildung von Kennzahlen kommen insbesondere i n Betracht:
und
Wirtschaftlichkeitsgraden
von den geldlichen Größen: A u f w a n d , Kosten, Erträge, Erlöse, Gewinn, Betriebsgewinn, Eigenkapital, betriebsnotwendiges Kapital, Umsatz usw.; von den mengenmäßigen Größen: Materialeinsatzmengen, Ausbringungsmengen, Energieeinsätze, geleistete Arbeitsstunden, Z a h l der Arbeiter, M a schinenstunden u n d weitere mengenmäßige Kapazitätsgrößen.
A u f die Frage der Beschaffung dieser Zahlen und Vergleichszahlen braucht i n diesem Zusammenhang nicht näher eingegangen zu werden. Für den Zeitvergleich stehen die gewünschten Zahlen verhältnismäßig leicht zu Verfügung, für die Betriebsvergleiche ist die Beschaffung ungleich schwieriger. I n jedem Falle sind die Vergleichszahlen aber m i t der erforderlichen Vorsicht zu verwenden 68 . Die Festlegung der Soll-Normen hat ihre eigene Problematik. Dazu ist lediglich zu sagen* daß es wenig Sinn hat, Normen aufzustellen, die sich zu weit von den für die betreffende Einzelwirtschaft gegebenen Möglichkeiten entfernen 60 . Wie schon erwähnt wurde, ist die Zahl der Wirtschaftlichkeitsgrade, auf denen das Wirtschaftlichkeitsurteil aufbauen soll, bei den einzelnen Autoren verschieden. Anhand weniger Grade ist ein Gesamturteil sicher leichter zu fällen, während andererseits eine größere Anzahl derartiger Grade einen tieferen Einblick i n die Zusammenhänge gewährt. Der Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit w i r d somit letztlich für es Vergleiche hierzu die umfangreiche L i t e r a t u r über den Betriebsvergleich. Speziell hinsichtlich der Wirtschaftlichkeitsrechnung siehe Vormbaum, Herbert, Z u r Praxis der Wirtschaftlichkeitsrechnung, i n : ZfB, Jg. 1953, S. 154 ff. 69 So auch Castan, Edgar, a. a. O., S. 11; siehe auch Böhner, Eduard, a. a. O., S. 10: „Die Feststellung dieser Sollwirtschaftlichkeiten w i r d i m M i t t e l p u n k t künftiger Wirtschaftswissenschaft stehen".
Die Wirtschaftlichkeit i n der betriebswirtschaftlichen L i t e r a t u r
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Zahl und Wahl der Wirtschaftlichkeitskennzahlen und -grade entscheidend sein. Von den betriebswirtschaftlichen Autoren, die das Wirtschaftlichkeitsurteil auf die beschriebene A r t und Weise fällen wollen, seien hier genannt M.R.Lehmann 7 0 , Böhner 7 1 , Gsell 72 , Castan 73 und Seischab 74 . U m m i t einem Beispiel das i n diesem Abschnitt Gesagte zu verdeutlichen, wollen w i r hier noch kurz Seischabs Auffassung über die Wirtschaftlichkeit skizzieren. Seischabs „normatives Prinzip der Wirtschaftlichkeit" lautet 7 5 : „Handle stets so, daß bei vergleichsweise niedrigem Einsatz ( A u f w a n d bzw. Kosten) ein vergleichsweise hohes Ergebnis (Ertrag bzw. Leistung) u n d ein vergleichsweise hoher Nutzen (Gewinn bzw. Wertauftrieb) entsteht."
Kernstück ist also die Grundgleichung: Leistung X Kosten = ± Wertauftrieb
Die drei Größen Kosten, Leistung und Wertauftrieb werden entsprechenden Vergleichsgrößen gegenübergestellt. Kapazitätsunterschiede eliminiert Seischab dadurch, daß er diese drei Größen durch ein geeignetes Kapazitätsmerkmal (m) dividiert. So erhält er schließlich folgende drei Kennzahlen: die Leistungskennzahl a = die Kostenkennzahl b =
—
m — m
die Wertauftriebskennzahl c =
W — m
Aus diesen drei Grundkennzahlen werden zwei weitere abgeleitet: die Kostenspieligkeitskennzahl d =
b —
die angibt, wieviel Kosten i n D M pro 1 D M Leistung angefallen sind, und die Ergiebigkeitskennzahl e = 1 /
d,
die Aufschluß darüber gibt, welcher Wertauftrieb i n D M pro 1 D M Leistung erzielt wurde. 70 Lehmann, M . R., Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 3. Aufl., Wiesbaden 1956; Lehmann, M . R., Wirtschaftlichkeit, P r o d u k t i v i t ä t u n d Rentabilität, a. a. O. 71 Böhner, Eduard, a. a. O. 72 Gsell, E., a. a. O., S. 17 ff. 78 Castan, Edgar, a. a. O. 74 Seischab, Hans, Wirtschaftlichkeit u n d Wirtschaftlichkeitsrechnung, a . a . O . ; Seischab, Hans, P r o d u k t i v i t ä t u n d Wirtschaftlichkeit der Betriebe, a. a. O. 75 Seischab, Hans, Über Wirtschaftlichkeit u n d Wirtschaftlichkeitsrechnung, a. a. O., S. 116.
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Wirtschaftlichkeit u n d Wirtschaftlichkeitsprinzip
I m Zeit-, Betriebs- oder Normenvergleich werden diese fünf Kennzahlen den entsprechenden Vergleichskennzahlen gegenübergestellt, und es ergeben sich fünf Wirtschaftlichkeitsgrade: der Wirtschaftlichkeitsgrad der Leistung, der des Kosteneinsatzes, der des Wertauftriebes, der der Kostspieligkeit und der der Ergiebigkeit 7 8 . Diese fünf Wirtschaftlichkeitsgrade erlauben dann ein Urteil über die Wirtschaftlichkeit der Einzelwirtschaft, und zwar ein relatives, weil den Vergleichsmaßstäben nicht die Bedeutung absoluter Wirtschaftlichkeiten beigelegt wird. Aufbauend auf den Arbeiten Seischabs entwickelt Castan eine ähnliche Auffassung von der Wirtschaftlichkeit und ihrer Messung. Castan sieht i m Streben nach Wirtschaftlichkeit das Streben nach Erreichung oder Unterbietung der Kostennormen, nach Erreichung oder Überbietung der Leistungsnormen, nach Erreichung oder Uberbietung der Umlaufsnormen, nach „Ausgleich der Kapital- und Arbeitsinteressen i m Betrieb und der Sicherung gegen Störungen des Leistungsvollzuges" 77 . I n drei Gruppen können hier eine Vielzahl der unterschiedlichsten Kennzahlen und Wirtschaftlichkeitsgrade zusammengestellt werden, die, wenn ein Gesamturteil über das wirtschaftliche Verhalten abgegeben werden soll, gegeneinander abgewogen werden müssen. Ohne Zweifel stellen die hier wiedergegebenen Auffassungen mehr dar als nur eine durch Verwendung wirtschaftlicher Größen spezifisch wirtschaftliche Form des allgemeinen ökonomischen Prinzips. Es dürften die umfassendsten und interessantesten Versuche sein, dem i n der Wirtschaftlichkeit zum Ausdruck, kommenden Gedanken des Bessermachens für die Einzelwirtschaft konkrete Gestalt zu verleihen 78 . 3. D i e W i r t s c h a f t l i c h k e i t als g e s a m t w i r t s c h a f t l i c h e Aussage I m Gegensatz zu den bisherigen Wirtschaftlichkeiten gibt es andere, deren Maßstäbe einem größeren Rahmen als dem der Einzelwirtschaft entnommen sind, und zwar dem Bereich der Gesamt-, Gemein- oder 76 Sobald von den Kennzahlen zu den Wirtschaftlichkeitsgraden übergegangen w i r d , k a n n die Darstellung selbstverständlich nicht mehr i n F o r m einer mathematischen Gleichung, w i e der Wertauftriebsgleichung, erfolgen, w i e an einem Zahlenbeispiel leicht nachzuprüfen ist. 77 Castan, Edgar, a. a. O., S. 58. 78 A l l e Autoren, die i n diesem Abschnitt E r w ä h n u n g fanden, legen dem Wirtschaftlichkeitsurteil verschiedenartige wirtschaftliche Größen, i n vielen Fällen auch mengenmäßig-güterliche Größen zugrunde. Das U r t e i l soll i m mer den Betrieb (die Einzelwirtschaft) i n seiner (ihrer) Gesamtheit erfassen. Da neben Kosten u n d Leistung bzw. Erlösen auch A u f w a n d u n d Ertrag u n d andere wirtschaftliche Größen zur Urteilsfindung herangezogen werden, erwies es sich als notwendig, diese Auffassungen i n eine besondere Gruppe einzuordnen.
Die Wirtschaftlichkeit i n der betriebswirtschaftlichen L i t e r a t u r
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Volkswirtschaft. Das Verhalten der Wirtschaftssubjekte w i r d nicht mehr unter ausgesprochen einzelwirtschaftlichem Aspekt gesehen, sondern daraufhin beurteilt, wie es zur Erfüllung gesamtwirtschaftlicher Aufgaben beigetragen hat. M i t anderen Worten: das Verhalten der Wirtschaftssubjekte soll auf seine gemein- oder gesamtwirtschaftliche Nützlichkeit h i n beurteilt werden. Eine einheitliche Bezeichnung hat sich für diesen größeren w i r t schaftlichen Rahmen bisher nicht durchsetzen können. Die einen sprechen von Volkswirtschaft, die anderen von Gesamtwirtschaft und wieder andere von Gemeinwirtschaft. Letztere Bezeichnung ist vor allen Dingen i n der Betriebswirtschaftslehre sehr beliebt, ohne daß allerdings genau gesagt wird, was i m einzelnen damit gemeint ist. W i r geben hier der Bezeichnung Gesamtwirtschaft aus zwei Gründen den Vorzug. Erstens scheint uns der Ausdruck Gemeinwirtschaft ein wertendes Moment zu enthalten; man verbindet damit gleich die Vorstellung von Gemeinwohl, Gemeinnutz und ähnlichem. Zweitens deutet der Wortteil „gesamt" auf den Zusammenhang, auf das Zusammenw i r k e n hin, das unserer Auffassung nach den größeren wirtschaftlichen Rahmen kennzeichnet, ohne daß man sich dabei auf einen geographisch oder bevölkerungsmäßig begrenzten Bereich zu beschränken braucht, wie z.B. bei dem Ausdruck Volkswirtschaft. Für uns gibt es nur eine wirtschaftende Einheit, und das ist die Einzelwirtschaft. Die Gesamt (Gemein-, Volks- oder W e l t w i r t s c h a f t wirtschaftet nicht, sie ist nur die Umschreibung für einen Rahmen, i n dem Einzelwirtschaften der verschiedensten A r t miteinander i n wirtschaftlicher Verbindung stehen 79 . Da diese Gesamtwirtschaft keine eigene Persönlichkeit besitzt, kann sie auch keine eigenen Interessen haben. Das sogenannte Gemein» oder Gesamtinteresse ist nichts anderes als die Summe von gleichgerichteten Einzelinteressen. Aus diesem Grunde sind auch die Maßstäbe für das gesamtwirtschaftliche Wirtschaftlichkeitsurteil recht verschwommen und uneinheitlich. Es tauchen da eine ganze Reihe von Fragen auf. Was ist nützlich für die Gesamtwirtschaft? Ist es die bestmögliche Bedarfsdeckung? Wenn ja, was hat man dann unter „bestmöglich" zu verstehen? Wer entscheidet darüber? Wie kann dieses Ziel erreicht werden, wie kann seine Erreichung kontrolliert werden? Soll sich die Bedarfsdeckung nur auf bestimmte, nach irgendwelchen Gesichtspunkten ausgewählte Güter beziehen oder auf alle, die überhaupt angeboten und nachgefragt werden? 80 Ungeachtet dieser und weiterer ähnlicher Fragen hat i n der betriebswirtschaftlichen Literatur der gesamt-oder gemeinwirtschaftliche 79 80
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So auch Rieger, Wilhelm, a. a. O., S. 3, 13, 99. Vergleiche hierzu Rieger, Wilhelm, a. a. O., S. 59 ff.
Forker
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Wirtschaftlichkeit u n d Wirtschaftlichkeitsprinzip
G e d a n k e i m Z u s a m m e n h a n g m i t d e r W i r t s c h a f t l i c h k e i t doch recht w e i t e V e r b r e i t u n g g e f u n d e n . A n g e f a n g e n v o n Schär ü b e r S c h m a l e n bach, S c h m i d t , Seyffert, P r i o n b i s Rößle, M e l l e r o w i c z u n d a n d e r e n b e k a n n t e n V e r t r e t e r n d e r B e t r i e b s w i r t s c h a f t s l e h r e w u r d e a u f diese gesamt« oder g e m e i n w i r t s c h a f t l i c h e W i r t s c h a f t l i c h k e i t besonderes G e w i c h t g e l e g t 8 1 . D a ß solche A u f f a s s u n g e n v o n e i n e r g e m e i n w i r t s c h a f t l i c h e n W i r t s c h a f t l i c h k e i t eine entsprechende E i n s t e l l u n g z u m Z w e c k d e r E i n z e l w i r t s c h a f t voraussetzen, b e d a r f w o h l k a u m d e r E r w ä h n u n g . A u f diesen P u n k t w i r d s p ä t e r a u s f ü h r l i c h e r e i n z u g e h e n sein, w i e auch a u f die Frage, ob das V e r h a l t e n d e r W i r t s c h a f t s s u b j e k t e tatsächlich nach e i n e m a u ß e r h a l b d e r E i n z e l w i r t s c h a f t l i e g e n d e n M a ß s t a b b e u r teilt werden kann. W e n n e i n d e r a r t i g e s W i r t s c h a f t l i c h k e i t s u r t e i l p r a k t i z i e r b a r sein soll, d a n n i s t e i n besonderes A u g e n m e r k a u f b r a u c h b a r e M a ß s t ä b e z u r i c h t e n . W o r a n s o l l festgestellt w e r d e n , ob e i n z u beobachtendes V e r h a l t e n g e m e i n - oder g e s a m t w i r t s c h a f t l i c h w i r t s c h a f t l i c h w a r oder ist? H i e r b e g i n n e n , w i e n i c h t anders z u e r w a r t e n , b e i d e r g e s a m t - o d e r g e m e i n wirtschaftlichen Wirtschaftlichkeit die Schwierigkeiten, denn die N ü t z lichkeit, auf die m a n abstellt, ist m i t A n s p r u c h auf allgemeine G e l t u n g 81 Schär, Johann Friedrich, Allgemeine Handelsbetriebslehre, 4. Aufl., Leipzig 1921, S. 114: Grundgedanke des Handels ist, „daß die Größe seines »Gewinns' v o n der Größe des Nutzens abhängt, den er durch seine A r b e i t der Allgemeinheit leistet". Schmidt, Fritz, Die organische Tageswertbilanz, unveränderter Nachdruck der 3. Aufl., Wiesbaden 1951, S. 395; Schmalenbach, E., Grundlagen der Selbstkostenrechnung u n d Preispolitik, 5. Aufl., Leipzig 1930, S. 1 : „Es ist also die gemeinwirtschaftliche, nicht die privatwirtschaftliche Wirtschaftlichkeit, die unserer theoretischen A r b e i t die Richtung gibt." Siehe auch Schmalenbach, E., Dynamische Bilanz, 5. Aufl., 1931, S. 93 ff.; Prion, W., Die Lehre v o m Wirtschaftsbetrieb, 3. Buch, B e r l i n 1936, S. 191: Gesamtwirtschaftliche Wirtschaftlichkeit bedeutet nach Prion Ausrichtung auf das Gemeinwohl; Prion, W., Die Lehre v o m Wirtschaftsbetrieb, 2. Buch, B e r l i n 1935, S. 174; Seyifert, Rudolf, Über Begriff, Aufgaben u n d E n t w i c k l u n g der Betriebswirtschaftslehre, 4. Aufl., Stuttgart 1957, S. 23 f.: „Diesem Prinzip der Wirtschaftlichkeit entspricht ein Betrieb dann, w e n n er durch die sorglichste Nutzung seiner Möglichkeiten die höchste i h m mögliche Leistung i m Dienste einer vernunftgemäßen Bedarfsdeckung erzielt. Das Wirtschaften f ü r die Befriedigung unsinnigen Bedarfs ist ein gegen die V e r n u n f t gerichteter u n d damit unwirtschaftlicher Vorgang, der der Wirtschaft nicht zur Last gelegt werden darf." Rößle, K a r l , Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 2. Aufl., München 1951, S. 148; Mellerowicz, K., Kosten u n d Kostenrechnung, T e i l I, 3. Aufl., B e r l i n 1957, S. 504: Das Gesetz der Wirtschaftlichkeit lautet: „Deckung des sich gesamtwirtschaftlich als notwendig erweisenden Bedarfs m i t betriebswirtschaftlich geringsten Kosten." Zachert, a. a. O., S. 412 spricht von der „volkswirtschaftlichen Rationalität". Hax, K a r l , a. a. O., S. 8, verwendet den Ausdruck „gesamtwirtschaftliche P r o d u k t i v i t ä t " u n d meint, sie sei gesichert, w e n n höchste technische Produkt i v i t ä t beachtet würde, die Stückkosten m i n i m a l seien u n d „der M a r k t w e r t der hergestellten Fabrikate einem M a x i m u m zustrebt".
Die Wirtschaftlichkeit i n der betriebswirtschaftlichen L i t e r a t u r
nicht bestimmbar, sie ist aber vor allem nicht i n einer rechnerischen Größe faßbar. Deshalb haben die betreifenden Autoren auch nach Hilfsgrößen Ausschau gehalten, die stellvertretend für die Nützlichkeit stehen sollen. Die verbreitetste dieser Hilfsgrößen ist der Gewinn. Wie schon von Schmalenbach her bekannt ist, soll der Gewinn Ausdruck und Maß der gemeinwirtschaftlichen Wirtschaftlichkeit sein; eine Auffassung, die auch von anderen Autoren geteilt wird 8 2 . Bei maximalem Gewinn bzw. maximaler Rentabilität hätte die Einzelwirtschaft dann den Punkt höchster Wirtschaftlichkeit erreicht. Daß diese Ansicht auf alte liberale Vorstellungen zurückgeht und letzten Endes auf dem Modell einer Marktverkehrswirtschaft m i t vollkommener Konkurrenz beruht, braucht nicht weiter ausgeführt zu werden. Gleichzeitig w i r d damit natürlich eine weitere Unterstellung gemacht, und zwar die, daß der Preis Ausdruck volks- oder gemeinwirtschaftlichen Wertes sei. Gelegentlich w i r d dem Gewinn auch deshalb besondere Bedeutung beigelegt, weil er zeigt, daß das „knappe" Kapital der Volkswirtschaft nutzbringend verwendet wurde. Gesamtwirtschaftlich erwünscht ist ohne Zweifel die Senkung der Kosten, vor allem dann, wenn sie m i t einer Verringerung des mengenmäßigen Einsatzes einhergeht. Da die M i t t e l zum Einsatz i n der Volkswirtschaft nicht i n unbeschränkten Mengen vorhanden sind, besteht ein Interesse an ihrer sparsamen Verwendung. Insofern gewinnt also das ökonomische Prinzip bzw. seine Befolgung gesamtwirtschaftliche Bedeutung. Damit könnte auch von dieser Seite her versucht werden, Maßstäbe für die gesamtwirtschaftliche Wirtschaftlichkeit zu finden. Aber all diese und sonstige i n der Literatur noch anzutreffende Hilfsmittel 8 3 sind nur Versuche, dem verschwommenen Begriff der 82 Hax, K a r l , Gegenstand, E n t w i c k l u n g u n d gegenwärtiger Stand der Betriebswirtschaftslehre, i n : Die Wirtschaftsprüfung, Jg. 1948, Nr. 6, S. 8: Höchstmöglicher Überschuß sei Maßstab für die gesamtwirtschaftliche L e i stung oder für die Wirtschaftlichkeit des Betriebes. M a x i m a l e r Ertrag w i r d m i t höchster Bedürfnisbefriedigung i n Verbindung gebracht u. a. von Schmidt (Schmidt, Fritz, a. a. O., S. 395). 83 Es seien hier noch zwei Beispiele angeführt: Nach Prions Auffassung k a n n m a n dann von einer gemeinwirtschaftlichen Wirtschaftlichkeit sprechen, „ w e n n alle Glieder aus dem Wirtschaftsbetriebe Vorteile ziehen: also nicht n u r der Unternehmer steigende Gewinne erhält, sondern zugleich durch Senkung der Preise u n d Steigerung der Löhne das Sacheinkommen der A n gestellten u n d Arbeiter steigt, der Käufer geringere Teile seiner K a u f k r a f t f ü r das einzelne Gut aufzuwenden braucht, u n d überdies das Gut von besonderer Brauchbarkeit ist" (Prion, W., a. a. O., 2. Buch, B e r l i n 1935, S. 174). Hier haben w i r es also gleich m i t mehreren Maßstäben zu tun. Ä h n l i c h auch Seyffert, Rudolf, a. a. O., S. 24: „Maßstäbe der Wirtschaftlichkeit eines Betriebes sind der Grad der erzielten ökonomisierung, meßbar vor allem m i t den M i t t e l n des Betriebsvergleichs, dann die gerechte Ertragsverteüung (der „gerechte Lohn") und, als Folge v o n beiden, dem Bedürfenden gegenüber der wirtschaftlich richtige („gerechte") Preis."
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Wirtschaftlichkeit u n d Wirtschaftlichkeitsprinzip
gesamt- oder gemeinwirtschaftlichen Nützlichkeit festere Formen zu geben 84 . 4. D i e W i r t s c h a f t l i c h k e i t als a u ß e r w i r t s c h a f t l i c h e Aussage Da w i r dem Begriff der Wirtschaftlichkeit i n der Volkswirtschaftslehre keine Aufmerksamkeit zu schenken brauchen, bleibt jetzt nur noch eine letzte Gruppe von Wirtschaftlichkeiten zu erwähnen, nämlich die, bei der die Maßstäbe für das Urteil aus einer außerhalb der Wirtschaft liegenden Sphäre stammen, und zwar i n erster Linie aus der Ethik. I n der betriebswirtschaftlichen Literatur hat die Ethik m i t ihren Normen schon frühzeitig Eingang gefunden. Auch das Gebiet der Wirtschaftlichkeit w i r d von i h r berührt. Man spricht direkt von einer „ethischen Wirtschaftlichkeit" und versteht darunter „ein Werturteil über wirtschaftliche Handlungen des Menschen unter den Normen der Gerechtigkeit, der Anständigkeit, der Sittlichkeit" 8 5 . Das ethische Moment hat i n der älteren Literatur vor allem bei Schär und Nicklisch stärkste Beachtung gefunden. Nicklisch z.B. sagt über die Wirtschaftlichkeit, daß sie „immer anständig, immer menschlich, immer gewissenhaft, immer geistig" sei, während der Gewinn auf anständige oder unanständige, gerechte oder ungerechte Weise zustande gekommen sein könne 86 . Deshalb erklärt Nicklisch den Gew i n n auch nicht zum Maßstab für die Wirtschaftlichkeit, sondern umgekehrt diese als Maßstab für den Gewinn. Wie aber kommt Nicklisch zu dieser Aussage? Gewinn kann es für Nicklisch nur geben, wenn der Betriebsertrag, die Differenz zwischen Erlösen und Kosten für fremde Leistungen, nicht vollständig verteilt worden ist, und zwar auf die am Wertbildungsprozeß Beteiligten: Unternehmer, Unternehmerkapital und Belegschaft. Ist diese Verteilung nicht schon i m voraus erfolgt, wie z.B. für die Belegschaft i n Form der Löhne und Gehälter, dann soll sie nachträglich erfolgen. I n der Gerechtigkeit der Ertragsverteilung äußert sich die Wirtschaftlichkeit. Bekommt ein Teil der Betriebsgemeinschaft weniger, als i h m entsprechend seinem A n t e i l an der Betriebsleistung zusteht, dann ist das unwirtschaftlich, ebenso, wenn er auf Kosten der anderen Teile zuviel bekommt. Die höchste Wirtschaftlichkeit w i r d erreicht, wenn alle Teile den ihnen gerechterweise zustehenden Ertragsanteil erhalten 87 . I n diesem Falle ist der Gewinn 84
Siehe auch Castan, Edgar, a. a. O., S. 47. So Castan, Edgar, a.a.O., S. 49; Haas spricht i n diesem Zusammenhang v o n einer „metaphysischen Wirtschaftlichkeit" (Haas, Franz, a. a. O., S. 487). 88 Nicklisch, H., Wirtschaftliche Betriebslehre, 6. Aufl., 1922, S. 81. 87 „ D e m Unternehmen gebührt soviel, als seine Leistung w e r t ist: Zins, Kapitalsicherung, Unternehmerlohn u n d Gewinnbeteiligung. Bekommt er 85
Das Prinzip der Wirtschaftlichkeit
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gleich Null. Wenn deshalb ein Urteil über den Gewinn abgegeben werden soll, muß immer erst die Wirtschaftlichkeit untersucht werden, denn die Tatsache, daß kein Gewinn vorhanden ist, sagt für sich betrachtet nichts über eine gerechte Ertragsverteilung aus. Aus diesem Grunde ist die Wirtschaftlichkeit maßstäblich für den Gewinn. „Ist die »Wirtschaftlichkeit 4 hoch gewesen (sind die vorweg bezahlten A n teile den den Arbeitern gerechterweise zustehenden Ertragsanteilen nahe gekommen), so w i r d der Gewinn gering sein". 8 8 Ganz abgesehen davon, daß eine derartige Wirtschaftlichkeit die Lösung des Zurechnungsproblems zur Voraussetzung haben müßte, kann den ethischen Maßstäben nur geringe Bedeutung zukommen, denn ihnen fehlt eine für wirtschaftliche Belange wesentliche Eigenschaft, nämlich die Rechenhaftigkeit. Schon bei der gemeinwirtschaftlichen Wirtschaftlichkeit wurde dieser Mangel recht deutlich, doch gab es dort immerhin noch Hilfsgrößen, die einen Anhaltspunkt bieten sollten. Ob sie dafür geeignet waren oder nicht, brauchen w i r hier nicht zu prüfen. Bei den ethischen Maßstäben versagen aber selbst derartige Ersatzgrößen. Was gerecht ist, was anständig, darüber gehen die Meinungen weit auseinander, es läßt sich auch nicht i n Zahlen fassen oder ausdrücken. Das gilt für Schär und Nicklisch, wie auch für Findeisens Betriebsethik 8 9 und Kalverams Lohn- und Preisgerechtigkeit 9 0 . Die „ethische Wirtschaftlichkeit" ist deshalb auch weniger ein praktizierbares Werturteil, als vielmehr eine ausgesprochen normative Forderung. I I I . Das Prinzip der Wirtschaftlichkeit Der Eindruck, daß die Wirtschaftlichkeit eine besonders charakteristische und bedeutungsvolle Erscheinung i m Bereich des Wirtschaftens sein muß, w i r d noch verstärkt, wenn vom Wirtschaftlichkeitsstreben oder sogar vom Wirtschaftlichkeitsprinzip die Rede ist. I m Falle der absoluten Wirtschaftlichkeit bereitet der Ausdruck Wirtschaftlichkeitsstreben keinerlei Schwierigkeiten, denn es ist hier eindeutig ein Ziel gegeben, auf dessen Erreichung das Streben ausgerichtet ist, das es zu erreichen sucht. Wenn die Wirtschaftlichkeit aber als ein relatives Werturteil über ein zu beobachtendes Verhalten anzusehen ist, liegen die Dinge nicht mehr so einfach, denn dann ist ein mehr, so ist das unwirtschaftlich, w e i l dann entweder seine Mitarbeiter eines Teils ihres Lohnes oder die Konsumenten eines Teils ihrer Einkünfte beraubt werden. Unwirtschaftlich ist es auch, w e n n er weniger bekommt." (Nicklisch, H., Wirtschaftliche Betriebslehre, 6. A u f l . 1922, S. 83). 88 Castan, Edgar, a. a. O., S. 51. 89 Findeisen, Die Idee der Betriebswirtschaft, i n : Zeitschrift f ü r Handelswissenschaft u n d Handelspraxis, Jg. 1925, S, 279 ¿.
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Wirtschaftlichkeit u n d Wirtschaftlichkeitsprinzip
klares Ziel auf den ersten Blick nicht gegeben. Die relative W i r t schaftlichkeit zeichnet sich gerade dadurch aus, daß es keinen Zustand gibt, der als Wirtschaftlichkeit angesprochen werden kann. Vergegenwärtigen w i r uns aber, daß es i m Grunde genommen darum geht, das Wirtschaften ständig zu verbessern, dann können w i r das Streben nach Wirtschaftlichkeit als ein Verhalten ansehen, das auf dieses Bessermachen ausgerichtet ist. Es w i r d hier nicht ein eindeutiges Ziel, dafür aber die generelle Richtung bestimmt. Subjekt eines solchen Strebens ist i n der betriebswirtschaftlichen Literatur die Einzelwirtschaft, der Betrieb oder die Unternehmung, aber auch der Einzelwirt oder der Unternehmer. Genau genommen kann immer nur der Mensch Subjekt eines solchen Verhaltens sein, nicht eine organisierte Konzentration von sachlichen Produktivmitteln und menschlicher Arbeitskraft, also nicht der Betrieb oder die Unternehmung. Da i n der Literatur nicht so sehr vom Wirtschaftlichkeitsstreben als vielmehr vom Wirtschaftlichkeitsprinzip die Rede ist, erhebt sich die Frage, woraus es sich wohl erklären läßt, daß dieses Wirtschaftlichkeitsstreben die Bedeutung eines Prinzips erhalten hat. Der i m täglichen Sprachgebrauch und von allen Wissenschaften häufig verwandte Begriff Prinzip ist ein philosophischer Begriff m i t zahlreichen, oft nicht genau auseinanderzuhaltenden Bedeutungen. Durch die Bezeichnung als Prinzip soll vielfach nur eine besondere Betonung, Bekräftigung oder Verstärkung zum Ausdruck kommen; eine Aussage, Behauptung oder Feststellung oder irgendein Tatbestand soll als etwas Wichtiges, Bedeutendes oder Grundlegendes herausgestellt werden. A u f diese Weise w i r d m i t dem Begriff Prinzip viel Unfug getrieben. Einer größeren Wirkung wegen w i r d manches als Prinzip deklariert, das diesen Zusatz keineswegs verdient. Wortverbindungen m i t Prinzip haben deshalb oft den Charakter von Schlagworten. Als Prinzip bezeichnet nun Eisler „sowohl das, woraus ein Seiendes hervorgegangen ist oder was den Dingen zugrunde liegt (Realprinzip, Seinsprinzip), als das, worauf sich das Denken und Erkennen notwendig stützt (Denkprinzip, Erkenntnisprinzip, Idealprinzip formaler und materialer Art), als auch ein oberster Gesichtspunkt, eine Norm des Handelns (praktisches Prinzip)" 9 1 . Obwohl der Begriff Prinzip verschiedene Bedeutungen hat, w i r d aber i n der obigen Definition ersichtlich, daß alle diese Bedeutungen doch ein Gemeinsames haben: das Prinzip verkörpert immer etwas Anfängliches, „das Erste und Ursprüngliche, von dem anderes abhängig ist oder abgeleitet w i r d " 9 2 . Dieses 90
1949. 91
02
Kalveram, Wilhelm, Der christliche Gedanke i n der Wirtschaft, K ö l n Eisler, Rudolf, a. a. O., S. 497. Hoffmeister, Johannes, a. a. O., S. 486.
Das Prinzip der Wirtschaftlichkeit
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Gemeinsame findet sich i n dem lateinischen Substantiv principium, von dem das Wort Prinzip abgeleitet ist; principium bedeutet nämlich „Anfang". Ein Prinzip ist danach der erste Grund, der Urgrund, der Ursprung, die Grundlage, der Ausgangspunkt, das Anfangsglied i n einer Kette, Reihe oder Ordnung, von dem alle anderen folgenden Glieder bestimmt werden. Betrachtet man die Definitionen oder Umschreibungen des Begriffes Prinzip oder auch die Versuche, das Fremdwort i n die deutsche Sprache zu übersetzen, dann fällt auf, daß es genaugenommen zwei Gruppen von Bedeutungen gibt, objektive und subjektive. I m objektiven Sinne sind Prinzipien die obersten Bedingungen, die ursprünglichen oder höchsten Gründe für die Wirklichkeit, das Sein oder Dasein, das Werden und Geschehen. Die Prinzipien i m subjektiven Sinne wurzeln i m Menschen selbst, sind Grundlage oder Bestimmungsgrund für das menschliche Verhalten. Diese Verhaltensprinzipien nennt man auch Normen, Imperative und Maximen. Auch die Denk- und Erkenntnisprinzipien muß man wohl zu den Prinzipien subjektiver Natur rechnen. Sie sind die obersten Bedingungen für das Denken und Erkennen und für die Anordnung oder Verbindung der Erkenntnisse zu- bzw. miteinander. I n der Form von Axiomen sind sie weder beweisbar noch beweispflichtig, aber dennoch Schöpfungen des menschlichen Geistes und damit nicht objektiver Natur. I m übrigen w i r d der Begriff Prinzip oft so verwandt, daß eine Zugehörigkeit zu der einen oder anderen Gruppe nicht klar zum Ausdruck kommt. I n dieser Beziehung ist auch der i n der deutschen Sprache gebräuchlichste Ausdruck für Prinzip, nämlich der Grundsatz, interessant. Der Wortteil „Grund" deutet auf das Anfängliche, auf das Ursprüngliche der Dinge, Vorgänge oder des Verhaltens hin. Durch den Wortteil „Satz" w i r d ausgesagt, daß etwas zum Grund gemacht oder erklärt, als Grund oder Anfang gesetzt w i r d oder werden soll. Hier w i r d dann aber auch deutlich, daß ein Prinzip letzten Endes immer nur subjektiver Natur, d.h. eine Angelegenheit des Erkennens oder aber auch des Glaubens sein kann. Die sogenannten Realprinzipien, die Gründe oder Ursprünge des Seins, sind das Resultat menschlicher Erkenntnis, damit aber auch nur so lange gleichsam objektiver Natur, wie die i n ständiger Entwicklung begriffene menschliche Erkenntnisfähigkeit gerade eine bestimmte Grenze erreicht hat. So kann es passieren, daß Naturgesetze, die lange Zeit als unverrückbar galten, sich auf einmal als falsch herausstellen, wie es sich i n jüngster Zeit ja gerade auf dem Gebiet der Naturwissenschaften gezeigt hat. Es hat sich hier nicht die Natur geändert, sondern es w i r d nachträglich deutlich, daß diese Gesetze i n Wirklichkeit nur Satzungen des menschlichen Geistes auf einer
56 .
Wirtschaftlichkeit u n d Wirtschaftlichkeitsprinzip
bestimmten Stufe seiner Erkenntnisfähigkeit waren. Als Beispiel sei nur auf die historische Entwicklung unseres Weltbildes verwiesen. Von den zahlreichen Bedeutungen des Begriffes Prinzip interessieren uns i m Zusammenhang m i t dem vorliegenden Thema nur zwei, und zwar das Prinzip als Verhaltensnorm, als Imperativ oder Maxime für das wirtschaftliche Verhalten, und das Prinzip als Grundlage für die wissenschaftliche Erkenntnis und als Plattform für die Errichtung eines Wissenschaftsgebäudes. I n einem späteren Abschnitt über das Systemprinzip w i r d dazu noch mehr zu sagen sein. W i r haben uns nun zu fragen, was es rechtfertigt, das Wirtschaftlichkeitsstreben zu einem Prinzip zu erheben. Da w i r davon ausgehen, daß sich unsere Disziplin m i t dem wirtschaftlichen Verhalten der Einzelwirte befaßt, haben w i r zunächst nach Beziehungen zwischen Einzelwirt und Wirtschaftlichkeitsstreben zu suchen. Das Streben nach Wirtschaftlichkeit könnte für das einzelne W i r t schaftssubjekt der Gesichtspunkt sein, von dem das Verhalten bestimmt und nach dem es ausgerichtet wird. Wenn das Verhalten auf W i r t schaftlichkeit gerichtet ist oder werden soll, muß sich das Wirtschaftssubjekt die Wirtschaftlichkeit vorher zum Ziel gesetzt haben bzw. setzen, denn Wirtschaften ist ein rationales, auf Zielerreichung gerichtetes Verhalten. Dabei ist es nun denkbar, daß dieses Ziel das oberste, das finale ist oder lediglich ein modales, ein Vorziel. I m ersten Falle stände das Verhalten eindeutig unter der vom Wirtschaftssubjekt sich selbst gesetzten Devise: Wirtschaftlichkeit. Damit käme dem Wirtschaftlichkeitsstreben hier die Bedeutung einer Verhaltensmaxime zu. Unter dem Wirtschaftlichkeitsprinzip hätten w i r ein praktisches Prinzip zu verstehen. Aus dieser Maxime müßte sich dann umgekehrt das gesamte empirisch zu beobachtende wirtschaftliche Verhalten des W i r t schaftssubjektes eindeutig und hinreichend erklären lassen. I m zweiten Falle besteht diese Möglichkeit nicht, w e i l das Wirtschaftlichkeitsstreben dann von einem höheren Ziel überschattet w i r d und nur noch i m Dienste dieses Endzieles steht, also auch nur i n dem Maße verwirklicht würde, wie es dem letzten Ziel entspricht 93 . Es w i r d uns später noch die Frage zu beschäftigen haben, wie sich die Tatsache, daß es bis heute keine einheitliche Auffassung über die Wirtschaftlichkeit gibt und damit auch kein eindeutig bestimmtes Ziel für das Streben, m i t der i n der betriebswirtschaftlichen Literatur oft zu findenden Behauptung, alle Betriebe würden nach Wirtschaftlichkeit streben, verträgt. 93 Durch empirische Untersuchungen wäre festzustellen, ob überhaupt Einzelwirte nach Wirtschaftlichkeit streben, ob es einige wenige sind oder alle oder auch n u r eine Gruppe, die sich i n diesem Punkte dann von anderen Gruppen unterscheiden würde.
Das Prinzip der Wirtschaftlichkeit
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Ganz unabhängig davon, ob sich ein allgemeines oder auch nur ein vereinzeltes Streben nach Wirtschaftlichkeit empirisch nachweisen läßt, kann ein solches Streben aber i n Form eines Postulates zum Prinzip erhoben werden, dem dann die Bedeutung eines Imperativs für das wirtschaftliche Verhalten zukäme. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob die einzelnen Autoren eine einheitliche oder unterschiedliche Auffassung über die Wirtschaftlichkeit haben, denn die Normsetzung ist immer eine subjektive Angelegenheit. Die Bedeutung, die die Einzelwirte dem Wirtschaftlichkeitsstreben zulegen, hat natürlich ihre Konsequenzen für die Wissenschaft, die sich m i t dem Verhalten dieser Einzelwirte befaßt. Wenn dieses Verhalten aus dem Wirtschaftlichkeitsprinzip heraus erklärt werden kann, dann bietet sich dieses Prinzip als Grundlage für den Aufbau einer Wissenschaft, als Auswahlprinzip, als Grundthese für die Errichtung eines Systems von Erkenntnissen an. Es ist das Endziel dieser Arbeit, zu untersuchen, ob das Wirtschaftlichkeitsprinzip diesem Zweck zu dienen i n der Lage ist.
C. Rentabilität und Rentabilitatsprinzip Das zweite i n dieser Arbeit zu behandelnde Prinzip ist das Rentabilitätsprinzip, das zum Prinzip erhobene Streben nach Rentabilität. I m Gegensatz zum Begriff der Wirtschaftlichkeit, über den die A u f fassungen der einzelnen Autoren sehr stark voneinander abweichen, ist der Begriff Rentabilität verhältnismäßig einheitlich definiert 1 . Das mag vor allem daran liegen, daß er viel älteren Datums ist als der der Wirtschaftlichkeit und sich i m Laufe der Zeit geläutert hat. Ein weiterer Grund ist aber ohne Zweifel auch darin zu sehen, daß die Rentabilität nicht — wie die Wirtschaftlichkeit — normativer Natur ist. Ursprünglich verstand man unter der Rentabilität nur das, was w i r heute Eigenkapitalrentabilität nennen. Erst später traten andere Relationen hinzu, die man des gleichen oder ähnlichen Aufbaus wegen ebenfalls als Rentabilitäten bezeichnete. So ist aus der Rentabilität schließlich ein Oberbegriff geworden. Dennoch ist i n den meisten Fällen die Eigenkapitalrentabilität gemeint, wenn von Rentabilität die Rede ist. Das gilt vor allem hinsichtlich des Rentabilitätsstrebens und des Rentabilitätsprinzips. I n der wirtschaftswissenschaftlichen Literat u r nimmt die Eigenkapitalrentabilität die erste Stelle ein, Gesamtkapital- und Umsatzrentabilität sind demgegenüber von untergeordneter Bedeutung, andere Rentabilitäten sogar nur von theoretischem, nicht aber von praktischem Interesse.
I . Rente — Rentabilität
1. D i e
Rente
„Rente" geht nach Kluge auf das altfranzösische „rente" zurück, das seinerseits wieder aus dem lateinischen Verbum „reddere" abgeleitet ist. Dabei bedeutet „Rente": Einkünfte, Gewinn, Überschuß; das Ver1 Daß es keinen nach I n h a l t u n d Umfang völlig einheitlichen Rentabilitätsbegriff gibt, d a r i n ist Baumgartner (Baumgartner, Cyrill, a. a. O., S. 1) w o h l recht zu geben, aber Begriffe wie Eigen- oder Gesamtkapitalrentabilität werden von fast allen A u t o r e n gleich definiert, w e n n auch Differenzen i n der Abgrenzung der Größen Gewinn u n d K a p i t a l auftreten. I m Vergleich zur Wirtschaftlichkeit sind die Abweichungen der Auffassungen aber relativ unbedeutend. 2 Kluge, Friedrich-Götze, Alfred, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, 15. Aufl., B e r l i n 1951, S. 612.
Rente — Rentabilität
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bum „reddere": zurückgeben 2 . Beide Wurzeln sind auch in unserer heutigen „Rente" zu finden. Es gibt nämlich zwei verschiedene Renten, die volkswirtschaftliche Rente, die einen Überschuß oder Ertrag darstellt, und die Rente als wiederkehrende Zahlung aus einem angesammelten Fonds, der durch diese Zahlungen abgebaut wird. Die Renten i m letzteren Sinne sind also nichts anderes als Rückzahlungen vorher einbezahlter Beträge, die allerdings noch u m Zinsen vermehrt sein können. Hierzu gehören die auf Grund von Gesetzen oder auf freiwilliger vertraglicher Basis gezahlten Versorgungs-, Unterhalts-, Unfallrenten und sonstige. Ob der Rentenfonds dabei voll oder zu einem Teil vom Rentenempfänger selbst, von der Gesamtheit der Rentenbezieher oder schließlich von den Steuerzahlern aufgebracht wurde, ist dabei gleichgültig. Bei den volkswirtschaftlichen Renten handelt es sich demgegenüber nicht u m Rückzahlungen, sondern um Erträge oder Überschüsse, die auf Grund besonderer Vorzugsstellungen oder Vorrechte und durch den Einsatz von Geld, Sachgütern oder Rechten erzielt werden. Auch diese Renten können selbstverständlich Einkommen für die Rentenbezieher sein. Der Unterschied w i r d besonders deutlich, wenn man einmal an die sogenannten Rentenpapiere denkt. Das sind Wertpapiere, die für den Inhaber ein Einkommen, eben die Rente, abwerfen, und zwar i n der Regel i n Form festvereinbarter Zinsen. Auch hier w i r d vorher ein Kapitalfonds angesammelt, aber er w i r d durch die Rentenzahlungen nicht sukzessive abgebaut, sondern bleibt als Quelle für das Renteneinkommen bestehen. Nur die Erträge, die dieser Fonds erbringt, fließen als Rente zu. Eine Rente i n diesem Sinne ist also immer ein „Mehr". So begegnet sie uns i n der Nationalökonomie i n verschiedener Gestalt, als Bodenrente, Lagerente, Vorzugsrente, Differentialrente, Konsumentenrente usw. Die Bodenrente resultiert aus der Vorzugsstellung, die die Inhaber von Grund und Boden, die nicht vermehrbar sind, den Nichtbesitzenden gegenüber haben oder die Inhaber von Böden besserer Qualität gegenüber denen von schlechterer. Die Lagerente stammt aus der besseren Lage — eines Bodens zum Beispiel — gegenüber schlechteren Lagen. Differentialrente nennt man das Mehr an Gewinn, das der tüchtigere Unternehmer dem weniger tüchtigen gegenüber m i t dem i h m zur Verfügung stehenden Kapital erwirtschaftet. Landauer bezeichnet die Renten als „Reinertrag aus den Nutzungen eines Sachgutes oder eines Rechtes, der durch die Unvermehrbarkeit von Sachgütern der betreffenden A r t oder durch die Ausschließlichkeit von Rechten der betreffenden A r t möglich w i r d " 3 . Der Definition Lans Landauer, Carl, A r t i k e l „Vorzugsrente", i n : Handwörterbuch der Staatswissenschaften, 4. Aufl., 8. Band, Jena 1928, S. 869.
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Rentabilität u n d Rentabilitätsprinzip
dauers folgend hat Baumgartner 4 als Wesensmerkmale einer Rente herausgestellt: 1. den Reinertrag als Überschuß des Wertes der abgesetzten Nutzleistungen über die bei ihrer Hervorbringung entstandenen Kosten, 2. eine monopolistische Vorzugsstellung — gewollt oder ungewollt — als Begründung der Rente u n d 3. die B i n d u n g der Rente an Sachgüter u n d Rechte als Einkommensquelle.
Da Eigenkapitalzins und Unternehmerlohn für Baumgartner Kosten sind, versteht er unter Reinertrag also nur den darüber hinausgehenden Überschuß. Sachgüter und Rechte sind neben dem Kapital und der Arbeit die Quellen für die „relativ seltenen Nutzleistungen", über die i n einer reinen Tauschwirtschaft Einkommen bezogen werden kann. Kapital erbringt als Gegenwert Kapitalzins, Arbeit den Lohn. Für Baumgartner sind nur Sachgüter und Rechte Rentenquellen. Zins und Lohn i n den Rentenbegriff einzubeziehen, lehnt er ausdrücklich ab. Sein Rentenbegriff ist also typisch nationalökonomisch. Die bei Baumgartner anklingende Verbindung von Rente und Gew i n n ist bei Schack eindeutig hergestellt: „Die kapitalistische Rente ist ein Geld-, nicht aber ein Naturalertrag. Denn dem kapitalistischen Menschen ist nicht an dem technischen Produktionsergebnis, sondern an einem die Kosten übersteigenden Geldertrag oder »Gewinn1 gelegen" 5 . Nutzleistungen und der dafür erforderliche Einsatz können i n subjektiven Werten oder i n Geld ausgedrückt werden. I m ersten Falle ist der Vergleich zwischen diesen beiden Werten eine rein individuelle Angelegenheit. Wirtschaftlich interessant ist der zweite Fall, der Vergleich von zwei Geldgrößen: der Überschuß der Erlöse über die Kosten ist die Rente. I n der Betriebswirtschaftslehre w i r d dieser Überschuß nun nicht Rente, sondern Gewinn genannt, wobei jedoch i m Gegensatz zur Nationalökonomie Eigenkapitalzins und Unternehmerlohn i n der Regel nicht besondere Einkommensarten sind, sondern zusammen m i t der obengenannten Rente das gesamte Unternehmereinkommen ausmachen. 2. D i e
Rentabilität
I n der Nationalökonomie spricht man von der Rentabilität einer Unternehmung, wenn sie für den oder die Unternehmer eine Rente in Form des Unternehmergewinns abwirft. Für Rentabilität findet man gelegentlich aber auch den Ausdruck „Rentierlichkeit" 6 . Der Begriff Rentabilität geht also darauf zurück, daß von den Nationalökonomen der Unternehmergewinn als Rente angesehen wird. Daß dieser Gewinn 4
Baumgartner, Cyrill, a. a. O., S. 10 ff. Schack, Herbert, A r t i k e l „Rentenprinzip", i n : Handwörterbuch Staatswissenschaften, 4. Aufl., 7. Band, Jena 1926, S. 39. • So bei Landauer, Carl, a. a. O., S. 873. 5
der
Rente — Rentabilität
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i n privatwirtschaftlicher Sicht als komplexe Größe auch die Eigenkapitalverzinsung und das Entgelt für die Mitarbeit des Unternehmers einschließt, hat an der Bezeichnung Rentabilität nichts geändert. Vom unternehmerischen Standpunkt aus steht dem nichts i m Wege, die ganze als Gewinn bezeichnete Differenz als Rente aufzufassen. Die Rentabilität i m volkswirtschaftlichen Sinne würde dann eben erst später beginnen als die privatwirtschaftliche. Dem Nationalökonomen kommt es i n erster Linie auf die Auswirkungen an, die das Gewinn- bzw. Rentabilitätsstreben als spezifisch unternehmerische Form des allgemeinen Erwerbsstrebens auf die gesamtwirtschaftlichen Zusammenhänge ausübt. Es geht i h m u m die Folgerungen, die aus der Erkenntnis, daß die Unternehmer nach Gew i n n streben, zu ziehen sind. Daraus erklärt es sich, daß i h n eigentlich auch nur der Gewinn als absolute Größe interessiert. I n der betriebswirtschaftlichen Literatur bezeichnet man diese Rentabilität deshalb mitunter auch als „absolute Rentabilität" 7 . Die Wissenschaft von den Einzelwirtschaften kann sich m i t dieser absoluten Rentabilität nicht begnügen, denn für sie geht es nicht um die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen des Gewinnstrebens, sondern darum, wie die Unternehmer nach Gewinn streben. Die Einzelwirtschaften haben ein praktisches Bedürfnis nach Vergleichbarkeit der von ihnen erzielten wirtschaftlichen Erfolge, die Unternehmen nach Vergleichbarkeit der Gewinne. Diese Vergleichbarkeit w i r d durch Relativierung der Gewinne erreicht, und zwar i n der Form, daß man sie zum Einsatz, der des Gewinnes wegen gemacht wurde, i n Beziehung setzt. Für das so gewonnene Verhältnis hat man die Bezeichnung Rentabilität beibehalten. I m Gegensatz zur absoluten Rentabilität handelt es sich hier u m eine relative. Die relative Rentabilität ist die eigentliche einzelwirtschaftliche Rentabilität 8 . Das besondere Augenmerk ist nun auf die Bezugsgröße für den Gewinn zu richten, durch die die Vergleichbarkeit hergestellt wird. Von dieser Größe hängt die Aussagefähigkeit der Relation ab. Vor allem die Wissenschaft hat sich deshalb m i t dieser Frage eingehend auseinandergesetzt. Von der Rente her gesehen kommt nur das Kapital, und zwar das Eigenkapital des Unternehmers, als Bezugsgrundlage i n Betracht®. 7
So u. a. Baumgartner, Cyrill, a. a. O., S. 3; A r n d t , Paul, a. a. O., S. 7. Die Ansicht Fluchs (Fluch, A r t i k e l „Rentabilität", i n : Handwörterbuch der Betriebswirtschaft, Stuttgart 1928, B a n d 4, Sp. 839), daß die absolute Rentabilität dem allgemeinen Sprachgebrauch, die relative aber dem der Fachwissenschaft zuzuordnen sei, halten w i r nicht f ü r zutreffend. Wie w i r gesehen haben, ist es gerade die Nationalökonomie, die den Begriff der Rentabil i t ä t i n der absoluten F o r m verwendet. Andererseits spricht auch die w i r t schaftliche Praxis oft von einer Rentabilität von soundso v i e l Prozent. • Infolge veränderter Interessenlage haben sich i m Laufe der Zeit an8
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Rentabilität u n d Rentabilitätsprinzip
Geht man vom Kapital als Einsatzgröße aus, dann bezeichnet man als Rentabilität das Verhältnis von Gewinn zu Kapital. Verwendet man dafür die Quotientenform, dann ergibt sich folgende Definition 1 0 : . , .i.,.., Gewinn Rentabilität = Kapital Daß i m Zähler dieses Quotienten die Größe Gewinn steht und nicht „Ergebnis", hat seinen guten Grund. Mathematisch ist es gleichgültig, ob der Zähler eine negative oder eine positive Zahl ist, das Verhältnis ist dann entsprechend einmal negativ, das andere M a l positiv. W i r t schaftlich verbinden w i r aber m i t dem Ausdruck Rentabilität immer die Vorstellung von einem positiven Verhältnis. Selbstverständlich läßt sich auch ein Verlust relativieren, doch würde man ein solches Verhältnis nicht als Rentabilität bezeichnen. Für Rentabilität findet man — vor allem i n der Wirtschaftspraxis — gelegentlich die Bezeichnung Rendite. W i r halten diese Gleichsetzung nicht für sinnvoll, denn der Begriff Rendite w i r d schon i n einem anderen Sinne gebraucht. Man versteht darunter die Verzinsung von Wertpapieren, die sich aus der Höhe des Zinssatzes unter Berücksichtigung der Kurse für diese Papiere errechnen läßt 1 1 .
I I . D i e Eigenkapitalrentabilität
Von allen als Rentabilität bezeichneten Relationen w i r d ohne Frage der Eigenkapitalrentabilität von der Wissenschaft und weit mehr noch von der Praxis das größte Interesse entgegengebracht. Auch unsere Fragestellung bezieht sich ausschließlich auf die Eigenkapitalrentabilität, auf die w i r deshalb i m folgenden Abschnitt noch näher eingehen wollen. 1. D i e V e r g l e i c h b a r k e i t d e r G e w i n n e Der Unternehmer muß sich von Zeit zu Zeit Rechenschaft über seine Tätigkeit ablegen, er muß sein Verhalten i m Hinblick auf die Erreichung seines Zieles überwachen und auf Zweckmäßigkeit h i n kontrollieren. Dabei kann er aber nicht das Verhalten als solches beurteilen, sondern nur die Ergebnisse, die es gezeitigt hat. Entsprechend der Zielsetzung haben w i r i m Gewinn das Ergebnis unternehmerischen Verdere Bezugsgrundlagen herausgebildet, w i e z. B. das Gesamtkapital, der U m satz u. a. Doch läßt sich hier die Bezeichnung als Rentabilität nicht mehr von der Rente herleiten. 10 Häufig w i r d dieser Quotient noch m i t der Z a h l 100 multipliziert. M a n erhält dann die Rentabilität i n Prozenten des eingesetzten Kapitals. 11 So auch Thoms, Walter, a. a. O., S. 73, 77; K n o p i k , H., a. a. O., S. 62.
Die Eigenkapitalrentabilität
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haltens zu sehen. A m Gewinn muß der Unternehmer deshalb auch sein wirtschaftliches Urteil ausrichten. Maßstab für die Beurteilung des erzielten Gewinnes und damit schließlich des wirtschaftlichen Verhaltens kann auch wieder nur ein Gewinn sein 12 , entweder ein aus früheren Perioden stammender Gew i n n der gleichen Unternehmung, ein Gewinn fremder Unternehmungen, ein Durchschnittsgewinn aus mehreren fremden Unternehmungen oder der ganzen Branche. Zum Vergleich dienen können aber auch Erträge aus nichtunternehmerischer Kapitalanlage (erzielte, vermutete oder erwartete). Und schließlich können die erzielten Gewinne auch Gewinnen gegenübergestellt werden, die sich die Unternehmer selbst als Norm gesetzt haben. Die Aussagen, die ein solcher Vergleich der Gewinne zuläßt, sind zunächst einmal recht beschränkt. Sie gipfeln i n der Feststellung, daß der zu vergleichende Gewinn größer oder kleiner als der Vergleichsgewinn ist und u m wieviel oder daß er gleich i h m ist. A n diese Seinsurteile kann der Unternehmer dann eine Reihe Werturteile anschließen. Gehen w i r vom allgemeinen ökonomischen Prinzip aus, dann w i r d deutlich, warum ein Vergleich der absoluten Gewinne wenig aufschlußreich ist. Es w i r d nämlich nicht der Einsatz berücksichtigt, der des Ergebnisses wegen gemacht wurde. Für die Beurteilung ist es aber sehr wesentlich, i n welchem Verhältnis das Ergebnis zum Einsatz steht. Soll der Gewinn beurteilt werden, dann müssen w i r nach dem Einsatz suchen, der des Gewinnes wegen vorgenommen wurde. Vom Unternehmer w i r d zur Gewinnerzielung eigenes Kapital eingesetzt 13 . Ein befriedigendes Urteil über den Erfolg unternehmerischen Verhaltens kann also nur unter gleichzeitiger Berücksichtigung des Eigenkapitaleinsatzes abgegeben werden. Der Vergleich absoluter Gewinne läßt dann eine hinreichende Aussage zu, wenn diese Gewinne m i t gleich großem Eigenkapital e r w i r t 12 Voraussetzung f ü r alle Vergleiche ist, daß sie jeweils auf gleicher Ebene durchgeführt werden müssen. So können w i r Gut m i t Gut vergleichen, Wert m i t Wert u n d Geld m i t Geld. Befinden w i r uns auf unterschiedlichen Ebenen, dann muß i n eine einheitliche Ebene transponiert werden. Das ist f ü r Vergleiche i m wirtschaftlichen Bereich die geldliche Ebene. Auch das Werturteil, daß ein erzielter G e w i n n gut, schlecht, zufriedenstellend usw. sei, beruht auf einem Vergleich m i t einem Gewinn, u n d zwar m i t einem Gewinn, den m a n sich i n der subjektiven Wertsphäre als gut, schlecht usw. vorstellt. 13 Diese Aussage beruht allerdings auf der von uns unterstellten U n t e r nehmerdefinition. Die Definitionen des Unternehmerbegriffs sind recht zahlreich u n d voneinander abweichend. W i r werden darauf später zurückkommen. Hier sei n u r soviel gesagt, daß w i r unter einem Unternehmer ein W i r t schaftssubjekt verstehen, daß eigenes K a p i t a l zur Erzielung von G e w i n n einsetzt. W i r verknüpfen m i t dem Unternehmerbegriff keine besonderen Tugenden oder sog. unternehmerische Qualitäten.
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Rentabilität u n d Rentabilitätsprinzip
schaftet wurden 1 4 . Diese Voraussetzung ist i n der Realität bei einem Zeitvergleich selten 15 , bei einem Vergleich zwischen zwei oder mehreren Unternehmungen wohl gar nicht gegeben. I n diesen Fällen muß der ungleiche Einsatz zum Vergleich der Gewinne immer m i t herangezogen werden, d.h., die Gewinne müssen vergleichbar gemacht werden. Die Vergleichbarkeit w i r d durch ein besonderes Rechenverfahren herbeigeführt, und zwar durch die Rentabilitätsrechnung 16 . Bei i h r werden die erzielten Gewinne durch die zu ihrer Erzielung eingesetzten Eigenkapitalien dividiert. Verglichen werden dann nicht mehr die Gewinne i n ihrer absoluten Größe, sondern die pro Einheit des Eigenkapitals erzielten. Den Quotienten aus Gewinn und Eigenkapital bezeichnet man, wie schon mehrfach angedeutet wurde, als Eigenkapitalrentabilität. Ein einfaches Beispiel soll das vorstehend Gesagte verdeutlichen: I n der Periode 1 sei ein Gewinn von D M 100, i n der Periode 2 ein Gewinn von D M 200 erwirtschaftet worden. Ein Vergleich dieser beiden absoluten Gewinnzahlen läßt nur die Aussage zu, daß der Gewinn i n Periode 2 um D M 100 größer ist als i n Periode 1 oder daß der Gewinn i n Periode 2 doppelt so groß ist wie i n Periode 1. Ob der Unternehmer dabei seinem Ziel tatsächlich näher gekommen ist, darüber läßt dieser Vergleich kein Urteil zu, es sei denn, das Ziel des Unternehmers wäre die Steigerung des Gewinnes i n seiner absoluten Höhe ganz ohne Rücksicht auf das dazu erforderliche Eigenkapital 1 7 . Nehmen w i r nun an, für die Erzielung des Gewinnes i n Periode 2 sei das dreifache Eigenkapital wie i n Periode 1 erforderlich gewesen. Damit w i r d die Aussage, die der Vergleich zuläßt, schon wesentlich aufschlußreicher. Es zeigt sich nämlich, daß für die Verdopplung des Gewinnes nicht nur eine Verdopplung des Kapitaleinsatzes, sondern ein überproportionaler Einsatz notwendig war. Bezieht man i n die Untersuchung auch noch die Erträge ein, die das zusätzlich eingesetzte Kapital i n einer anderen Anlage erbracht hätte, dann läßt sich über Erfolg oder Mißerfolg der unternehmerischen Tätigkeit i n der abgelaufenen Periode ein viel umfassenderes Urteil bilden. 14 Siehe auch Papacharalampous, Konstas, Die Möglichkeit der Beurteil u n g des Erfolges einer Unternehmung, Diss. Tübingen 1930, S. 34 f. 15 Es sei denn, bei einer Kapitalgesellschaft w i r d der erzielte G e w i n n i n Beziehung z u m G r u n d - oder Stammkapital gesetzt, das entsprechend den gesetzlichen Vorschriften konstant zu halten ist, aber i n der Regel n u r einen T e i l des gesamten Eigenkapitals ausmacht. 10 A u f den Unterschied zwischen Rentabilität u n d Rentabilitätsrechnung legt u. a. Papacharalampous besonderen Wert (a. a. O., S. 42). 17 Genau genommen bleibt auch hier die Einsatzseite nicht unberücksichtigt, es w i r d lediglich dokumentiert, daß die Höhe des Einsatzes keinen E i n fluß auf das U r t e i l haben soll.
Die Eigenkapitalrentabilität
Die Notwendigkeit zur Berücksichtigung des Einsatzes w i r d auch dann deutlich, wenn man davon ausgeht, daß der Gewinn 1 i n einer fremden Unternehmung, der Gewinn 2 dagegen i n der eigenen erzielt worden ist. Über die Situation der eigenen Unternehmung i m Vergleich zu der der fremden läßt sich überhaupt nur dann eine sinnvolle Aussage machen, wenn das i n beiden Unternehmungen eingesetzte Eigenkapital berücksichtigt wird. Da also erst dadurch, daß man den Erfolg auf den Einsatz bezieht, die Erfolge sich vergleichen lassen, ist nicht die absolute, sondern die relative Rentabilität das geeignete Hilfsmittel für die Beurteilung des unternehmerischen Verhaltens. Die Rentabilität ist, wie Baumgartner es ausdrückt, Maß für den wirtschaftlichen Effekt der Unternehmertätigkeit 1 8 . Gleichzeitig ist die Rentabilität aber auch eine Richtgröße für den Unternehmer. Sie zeigt i h m durch Vergleich m i t anderen Rentabilitätszahlen, ob er auf dem eingeschlagenen Wege zur V e r w i r k lichung seines Zieles kommen kann oder ob er dafür nicht besser eine andere Einsatzstelle wählen sollte. Sie gibt auch die Grundlage ab für die i n der bestehenden Einsatzstelle zu treffenden Maßnahmen. Obwohl die Rentabilität auf Zahlen der Vergangenheit aufbaut und abgelaufene Zeitabschnitte betrifft, w i r k t sie doch auch i n die Zukunft und ist richtungsweisend für das weitere Verhalten des Unternehmers. Noch zu klären bleibt, welche Rolle die Zeit für die Vergleichbarkeit spielt. Voraussetzung für den Vergleich von Rentabilitätszahlen ist, daß die Zeitabschnitte, die i n Zähler und Nenner Berücksichtigung finden, i n ihrer Länge übereinstimmen. Als Standardzeitabschnitt hat sich i m Wirtschaftsleben das Jahr herausgebildet. Auch für die Zinsrechnung ist das Jahr die dominierende Zeitgröße. Weicht die Einsatzdauer von dieser üblichen Periode ab, muß das entsprechend berücksichtigt werden. Zur Ermittlung der Rentabilität muß dann das i m Nenner stehende Kapital m i t der Einsatzdauer, dem Mehrfachen oder einem Bruchteil eines Jahres multipliziert werden. Unter Einbeziehimg der Zeit lautet die Rentabilitätsgleichung dann: •r,. , , , i Eigenkapitalrentabilitat =
Gewinn
Eigenkapital x Zeit I m Normalfall geht es u m den während eines ganzen Jahres erzielten Gewinn. Das Eigenkapital w i r d m i t „1" multipliziert. Deshalb erscheint i n der üblichen Rentabilitätsformel der Faktor Zeit nicht 1 9 . 18
Baumgartner, C y r i l l , a. a. O., S. 76. Über die Bedeutung der Zeit f ü r die Rentabilität siehe insbesondere Baumgartner, C y r i l l , a. a. O., S. 18 ff. u n d Hertlein, Adolf, Die K a p i t a l - u n d Erfolgsrechnung als Grundlage der Wirtschaftlichkeitsmessung, Stuttgart 1929, S. 133. 19
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Forker
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Rentabilität u n d Rentabilitätsprinzip
Z u beachten ist aber, und das möchten w i r hier nicht unerwähnt lassen, daß die Eigenkapitalrentabilität und auch die aus Vergleichen derartiger Rentabilitätszahlen gewonnenen Einsichten immer nur für die Wirtschaftssubjekte Bedeutung erlangen können, sei es als Maß für den Erfolg oder als Richtgröße, für die der Gewinn und der Einsatz von Eigenkapital verhaltenbestimmende Faktoren sind, also damit für die Unternehmer. 2. D i e R e n t a b i l i t ä t a l s
Mittel-Zweck-Verhältnis
I n der Betriebswirtschaftslehre w i r d die Eigenkapitalrentabilität gelegentlich m i t der Begründung, zwischen Gewinn und Eigenkapital bestände kein Kausalzusammenhang, abgelehnt 20 . N u n herrscht aber nicht einmal i n der Philosophie eine einheitliche Auffassung darüber, was Kausalität, was Ursache und W i r k u n g ist. Allgemein w i r d anerkannt, daß zwischen Ursache und W i r k u n g eine zeitliche Abfolge besteht, daß also die Ursache vor der W i r k u n g liegt. Das Wesentliche ist unseres Erachtens aber eine Gesetzmäßigkeit, und zwar dergestalt, daß die W i r k u n g bei Vorliegen einer Ursache notwendig eintreten muß 2 1 . E i n solches Ursache-Wirkungs-Verhältnis beherrscht aber nur die Natur, während für den Bereich des durch den menschlichen Geist beeinflußten menschlichen Verhaltens nur das Grund-Folge-Verhältnis gilt, ein Verhältnis, dem auch das zeitliche Nacheinander eigen ist und das auch oft als Kausalität bezeichnet wird, bei dem aber gerade das Gesetzmäßige, das Zwangsläufige fehlt 2 2 . I m Einsatz von Eigenkapital hat man nun keinesfalls die oder eine Ursache für den Gewinn zu sehen. Der Kapitaleinsatz geht zwar der Gewinnerzielung zeitlich voraus, aber Gewinn t r i t t nicht notwendig 20 So z. B. Schenk, Die Betriebskennzahlen, Leipzig 1939, S. 11 u n d A r n d t , Paul, a. a. O., S. 62 ff. F ü r A r n d t ist n u r ein Kausalzusammenhang ein sinnvoller Zusammenhang. I m übrigen interessiert A r n d t , woher der G e w i n n stammt, u n d da ist das K a p i t a l eben n u r eine Quelle neben der U n t e r nehmertätigkeit u n d dem Glück oder Zufall. N u r dann, w e n n diese drei Faktoren sich i n einer einzigen geldlichen Größe zusammenfassen ließen, hätte die Relativierung des Gewinnes einen Sinn. 21 Ursache ist „die Sache, deren Dasein das Dasein oder den Zustand einer anderen (lat. causa essendi, Seinsursache) oder der Vorgang, der den E i n t r i t t eines anderen (lat. causa fiendi, Geschehensursache), der W i r k u n g , notwendig macht" (Hoffmeister, Johannes, a. a. O., S. 637). Kausalität ist „die Ursächlichkeit, der Folgezusammenhang von Ursache u n d W i r k u n g , die Abhängigkeit eines Geschehens v o n etwas anderem, durch das es bedingt, bestimmt bzw. eindeutig festgelegt ist" (Hoffmeister, Johannes, a. a. O., S. 347). Ursache „ist der objektive G r u n d eines Werdens, einer Veränderung, n ä m lich der Inbegriff v o n Veränderungen an Dingen, durch welche bestimmte andere Veränderungen (Wirkungen) mitgesetzt sind, als unausbleibliche, notwendige Folgen" (Eisler, Rudolf, a. a. O., S. 691). 22 Siehe hierzu Wöhe, Günter, Methodologische Grundprobleme der Betriebswirtschaftslehre, Meisenheim a m Glan 1959, S. 79 ff.
Die Eigenkapitalrentabilität
dadurch ein, daß Eigenkapital eingesetzt wird. Es geht nicht einmal „jedem Werteinsatz notwendigerweise ein Wertergebnis parallel", wie Baumgartner meint, der als Wertergebnis die i n Preisen ausgedrückten abgegebenen Nutzleistungen versteht 23 . Einsatz von Kapital ist auch Werteinsatz und bedeutet doch lediglich Einsatz von Geld für Investitionszwecke bzw. Einbringung von Sachen und Rechten. M i t dem Vorhandensein dieser Vermögensgegenstände hat sich der Einsatzprozeß vollzogen. Ob das Geld i n andere Vermögensgegenstände umgewandelt wird, i n Gebäude, Einrichtungen, Maschinen, Rohstoffe, Bankguthaben und anderes mehr und ob auch eine Erzeugung von sog. Nutzleistungen erfolgt, das ist eine zweite Frage. U n d selbst m i t den erstellten Nutzleistungen hat der Unternehmer sein Ziel noch nicht erreicht, er muß sie erst auf dem M a r k t veräußern können. Ein Wertergebnis liegt nur dann vor, wenn i h m dieser letzte Schritt gelingt. Dem Kapitaleinsatz folgen auf keinen Fall zwangsläufig Erlöse, geschweige denn Erlöse, die innerhalb einer Periode über die gemachten Aufwendungen oder, wenn man auf die ganze Lebensdauer der Unternehmung abstellt, i n ihrer Gesamtheit über den ursprünglichen Kapitaleinsatz hinausgehen. Demzufolge kann auch der Gewinn nicht die Wirkung des Kapitaleinsatzes (als Ursache) sein. Zwischen beiden Größen besteht kein Ursache-Wirkungs-Verhältnis. Zwischen Gewinn und Kapital besteht aber ohne Zweifel ein konditioneller Zusammenhang 24 : der Einsatz von K a p i t a l ist für die Gewinnerzielung eine vorab zu erfüllende Bedingung. Der Gewinn ist das Ergebnis einer Tätigkeit, die ganz generell gesehen aus Ein- und Verkaufen besteht, er ist also letztlich die Spanne zwischen Ein- und Verkaufspreisen. Aller Einkauf setzt aber das Vorhandensein von Kapital voraus. Der Kapitaleinsatz w i r d damit zur Bedingung für die Gewinnerzielung. Für die Eigenkapitalrentabilität taucht nun die Frage auf, ob auch der Einsatz von Eigenkapital eine derartige Bedingung ist. Zunächst ist es doch gleichgültig, wem das Kapital, das eingesetzt werden muß, gehört. Es kann sich wegen des i n der Regel zu zahlenden Fremdkapitalzinses ein Unterschied i n der Höhe des Gewinns ergeben, aber das Einkaufen kann ebensogut m i t fremden wie m i t eigenen M i t t e l n geschehen. Praktisch w i r d man aber davon ausgehen können, daß Fremdkapital nur dann zu bekommen ist, wenn Eigenkapital zur Sicherheit dienen kann 2 5 . Für verschiedene Gesellschaftsformen verlangt der Gesetzgeber i m übrigen ausdrücklich Eigenkapital. 28
Baumgartner, C y r i l l , a. a. O., S. 15. So Baumgartner, Cyrill, a. a. O., S. 16. Eine K r e d i t i e r u n g ohne Sicherheiten k a n n m a n sich k a u m vorstellen. Auch der beste L e u m u n d w i r d i n der Regel nichts nützen, w e n n nicht Privatvermögen oder die Bürgschaft anderer Personen dahinter steht. 24
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Rentabilität u n d Rentabilitätsprinzip
Diese Frage ist aber für uns insofern nicht von Interesse, als w i r die Eigenkapitalrentabilität immer nur i m Zusammenhang m i t dem W i r t schaftssubjekt Unternehmer sehen, ein K r i t e r i u m des Unternehmers aber gerade der Einsatz von eigenem Kapital ist, und zwar der risikobehaftete Einsatz 28 . Davon ausgehend ist der Eigenkapitaleinsatz auf jeden Fall eine vorab zu erfüllende Bedingung für die Gewinnerzielung. Der konditionelle Zusammenhang führt aber noch nicht zu einer Entsprechung von Zähler und Nenner der Rentabilität. Es muß ein bestimmtes Verhältnis bestehen, das die Gegenüberstellung beider Größen sinnvoll erscheinen läßt. I n der Tat besteht zwischen Gewinn und Eigenkapital auch ein solches, und zwar ein Mittel-Zweck-Verhältnis 2 7 . Der Unternehmer setzt sein Eigenkapital als M i t t e l zum Zweck ein, zum Zwecke der Gewinnerzielung. Das Erreichte, den Erfolg oder das Ergebnis am dafür Aufgewandten, Eingesetzten oder Geopferten zu messen, ist ein Verfahren, das nicht nur i n der W i r t schaft 28 , sondern auch i n anderen Bereichen, i n besonderem Maße z. B. i n der Technik anzutreffen ist 2 9 . Die Rentabilität als Quotient aus Gewinn und eingesetztem Eigenkapital ist ein wirtschaftliches M i t t e l Zweck-Verhältnis 8 0 . Diesem Verhältnis angemessen ist die Aussagefähigkeit der Rentabilität. Über die Ursache des Gewinnes und über die Leistung all derer, die zur Erzielung des Gewinnes beigetragen haben, kann die Eigenkapitalrentabilität selbstverständlich nichts aussagen, sie ist lediglich Ausdruck des am Mitteleinsatz gemessenen Erfolges und bietet damit dem Unternehmer die Möglichkeit, über Vergleiche den Erfolg des Mitteleinsatzes beurteilen zu können. Die Rentabilität als neutrale Maßgröße ist für den Unternehmer selbst wieder nur ein M i t t e l zum Zweck, ein Instrument, m i t dem er sein Verhalten i m Hinblick auf die 26 Rieger geht sogar davon aus, daß es nennenswertes Eigenkapital oder ein beträchtlicher Betrag sein müßten, w e n n das W o r t Unternehmer, das auf ein größeres Wagnis hindeutet, gerechtfertigt sein soll (Rieger, Wilhelm, a. a. O., S. 18 f.). 27 Z u r Frage der M i t t e l - Z w e c k - oder Zweck-Mittel-Verhältnisse v e r gleiche L i n h a r d t , H., Grundlagen der Betriebsorganisation, Essen 1954, S. 104 ff. 28 Auch Ertrag u n d A u f w a n d , Leistung bzw. Erlöse u n d Kosten werden häufig i n Quotientenform gegenübergestellt, wobei es sich auch hier u m Mittel-Zweck-Verhältnisse handelt, denn A u f w a n d u n d die Kosten werden der Erträge u n d Erlöse wegen gemacht. A u c h die P r o d u k t i v i t ä t wäre hier zu nennen. 29 Es sei z u m Beispiel auf den Wirkungsgrad, den Nutzeffekt u n d das Rendement hingewiesen. 30 So auch Baumgartner, Cyrill, a. a. O., S. 16; Castan, Edgar, a. a. O., S.59f. u . a . m . Nähere Ausführungen über Zweck-Mittel-Relationen i n der Unternehmung u n d ihre Einordnung i n einen Zusammenhang, i n dem ein vorhergehender Zweck zugleich M i t t e l zu einem noch höheren Zweck ist, siehe bei L i n h a r d t , H., Grundlagen der Betriebsorganisation, S. 106 ff., 109 ff.
Die Eigenkapitalrentabilität
Zielerreichung überwachen kann. Mehr kann die Rentabilität nicht sein, andere Aussagen läßt sie nicht zu.
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auch
U m es noch einmal zu wiederholen, die Eigenkapitalrentabilität kann nur vom Unternehmer her gesehen werden, alle anderen möglichen Standpunkte oder Blickrichtungen haben keine Berechtigung. Dieser Gesichtspunkt w i r d i n den Wirtschaftswissenschaften vielfach nicht beachtet. Insbesondere hat die Verwechslung von Rentabilität als Rechengröße und dem Rentabilitätsstreben als Verhaltensweise dazu geführt, daß die Rentabilität selbst oft zu einem politischen Schlagwort wurde 3 1 . Wie anders als m i t dieser Verwechslung wäre es sonst w o h l zu erklären, daß man glaubt, das Rentabilitätsstreben als solches abtun oder ad absurdum führen zu können, wenn man die Rechengröße Rentabilität unter Hinweis auf den fehlenden Kausalzusammenhang als nicht sinnvoll ablehnt. A u f die zahlreichen Angriffe, die gegen das Rentabilitäts- oder Gewinnstreben gerichtet sind, brauchen w i r hier nicht einzugehen. Wenn man auch streng auf „die wissenschaftlich wesentliche Auseinanderhaltung der Rentabilität als wirtschaftlicher Tatbestand und als Ziel wirtschaftlichen Handelns" 8 1 zu achten hat, so läßt sich dennoch ein Zusammenhang zwischen Rechengröße und Ziel nicht leugnen. Als Mittel-Zweck-Verhältnis hat die Rentabilität doch nur dann ihre Berechtigung, wenn es Wirtschaftssubjekte gibt, die nach Gewinn bzw. nach Rentabilität streben, also Kapital als M i t t e l zum Zweck der Gewinnerzielung einsetzen. Eine Verbindung ist auch zwischen der Rentabilität als Rechengröße und dem Wirtschaftssystem oder der Wirtschaftsordnung zu sehen. Die Eigenkapitalrentabilität bzw. ihre Zähler- und Nennergröße sind an bestimmte Voraussetzungen gebunden, die, wenn sie fehlen, eine Gegenüberstellung von Gewinn und Eigenkapital sinnlos erscheinen lassen. So ist eine Voraussetzung die, daß geldliche Gewinne erzielt werden können, eine zweite, daß es Wirtschaftssubjekte gibt, die i n einer selbständigen Einzelwirtschaft eigene M i t t e l zur Verfolgung wirtschaftlicher Ziele einsetzen können, und schließlich eine dritte, daß das einzige oder das höchste Ziel dieser Wirtschaftssubjekte der geldliche Gewinn ist. Errechnen läßt sich eine Eigenkapitalrentabilität, wenn die beiden ersten Voraussetzungen gegeben sind, sinnvoll und aussagefähig ist diese Relation aber erst dann, wenn auch die dritte Voraussetzung vorliegt. Das Wirtschaftssubjekt, auf das diese drei Gesichtspunkte zutreffen, bezeichnen w i r als Unternehmer. I n diesem Sinne ist der Unternehmer immer an eine W i r t schaftsordnung gebunden, die seine Existenz zuläßt. Das heißt aber nichts anderes als das: der Unternehmer ist eine historische Kategorie. Und nur solange es diese historische Kategorie Unternehmer gibt, so51
Baumgartner, C y r i l l , a. a. O., S. 6,
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Rentabilität und Rentabilitätsprinzip
lange hat die Eigenkapitalrentabilität ihren Sinn, ihre Berechtigung und ihre Bedeutung 32 . 3. D e r
Mitteleinsatz
Eine andere wichtige Frage ist die, ob man den Mitteleinsatz auf das Eigenkapital beschränken kann. Genau genommen geht es dabei um zweierlei. Erstens ist zu prüfen, ob nicht das Gesamtkapital den Mitteleinsatz repräsentiert, und zweitens, ob es nicht neben dem Kapital bzw. dem Eigenkapital noch andere M i t t e l gibt, die der Unternehmer der Gewinnerzielung wegen einsetzt. M i t dem Kapital, soweit es nicht schon i n nichtgeldlichen Vermögensgegenständen investiert ist, sondern noch i n Form von Geld vorliegt, werden die Gebäude, die Einrichtungen, die Maschinen, Rohstoffe und anderes beschafft, was für die Erstellung einer Leistung, der notwendigen Vorstufe für die Gewinnerzielung, sonst noch erforderlich ist, werden die Löhne und Gehälter für die fremden Arbeitskräfte bezahlt und alle übrigen Aufwendungen bestritten. Von wem dieses Kapital stammt, ist i n diesem Zusammenhang gleichgültig. Hier w i r d nun deutlich, daß die Eigenkapitalrentabilität ein M i t t e l Zweck-Verhältnis ist, das nicht aus der Sicht der Leistungserstellung und auch nicht der Gewinnerzielung gesehen werden darf, sondern von der Gewinnverteilung her. Bezüglich der „produktiven Eignung" 3 3 kann ein Unterschied zwischen Eigen- und Fremdkapital nicht gemacht werden, denn nach stattgefundener Investition kann niemand mehr sagen, ob das Eigenkapital i m Anlagevermögen, das Fremdkapital nur i m Umlaufsvermögen steckt oder umgekehrt oder zu welchen Teilen; vorausgesetzt allerdings, daß das Gesamtkapital aus Eigen- und Fremdkapital besteht. Der entscheidende Grund für die Gegenüberstellung von Gewinn und Eigenkapital besteht darin, daß der Anspruch auf den Gewinn m i t dem Eigenkapital gekoppelt ist, m i t anderen Worten: daß der Gewinn dem oder den Unternehmer(n) zusteht 34 . Es ist deshalb sinnvoll, den erwirtschafteten Gewinn an dem zu messen, was der Unternehmer als M i t t e l zu diesem Zweck eingesetzt hat. 32 D a m i t ist keineswegs eine politische Wertung verbunden. Ob m a n das Wirtschaftssubjekt Unternehmer u n d sein Rentabilitätsstreben v o m gesamtwirtschaftlichen, politischen, ethischen oder einem sonstigen Standpunkt aus anerkennen oder ablehnen soll, das ist eine ganz andere Frage. Hier sollte n u r darauf hingewiesen werden, daß die Relation Gewinn zu Eigenk a p i t a l w o h l v ö l l i g neutral ist, daß sie andererseits aber m i t der Existenz des Wirtschaftssubjektes Unternehmer steht u n d fällt. 88 Baumgartner, Cyrill, a. a. O., S. 49. 84 A u f diese Frage ist i n einem späteren Zusammenhang näher einzugehen, so daß w i r uns m i t dem F ü r u n d Wider zu dieser Auffassung hier nicht zu befassen brauchen.
Die Eigenkapitalrentabilität
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Einsetzen bedeutet i n diesem Zusammenhang Risiko, die Möglichkeit, den Einsatz i m Ergebnis nicht mehr zurückzuerhalten. So gesehen setzt der Unternehmer primär nur Eigenkapital ein, denn nur für dieses trägt er selbst das Risiko, die Gefahr des Verlustes. Daß der Unternehmer für seine Zwecke auch Fremdkapital verwendet, das ist eine Eigentümlichkeit moderner Wirtschaft 3 5 , es ist aber immer ein zweiter Schritt, der dem Eigenkapitaleinsatz folgt 3 6 . Für das Fremdkapital haftet der Unternehmer zwar, aber nur m i t seinem Eigenkapital 3 7 , das Risiko für das Fremdkapital trägt allein der Fremdkapitalgeber. Damit hat also das Eigenkapital eine ganz andere Bedeutung für den Unternehmer als das Fremdkapital. I m übrigen ist der Unternehmer nicht auf Vergrößerung des Gesamtkapitals, sondern ausschließlich auf Vergrößerung des Eigenkapitals aus. Der Unternehmer erstrebt Gewinn nur für sich selbst, nicht aber auch für die Fremdkapitalgeber. Das geht schon daraus hervor, daß er deren Anspruch auf Entgelt für die Zurverfügungstellung von Kapital i m Interesse des Gewinns so niedrig wie möglich zu halten versucht. Wenn der Unternehmer feststellen w i l l , ob er erfolgreich gewirtschaftet hat — und das ist schließlich der Zweck der Rentabilitätsrechnung —, dann kann er das nur an den Veränderungen seines Eigenkapitals bzw. durch Vergleich dieser Veränderungen m i t anderen, die als Vergleichsmaßstäbe dienen. Der Vergleich von Gesamtkapitalrentabilitäten kann über den Erfolg des Unternehmers, soweit man den Erfolg i n der Vergrößerung des Eigenkapitals erblickt, nichts aussagen, weil ein Unternehmer m i t niedrigerer Gesamtkapitalrentabilität i n diesem Sinne viel erfolgreicher als ein anderer m i t hoher Gesamtkapitalrentabilität gewesen sein kann, denn die Anteile des Eigen- und Fremdkapitals am Gesamtkapital werden hierbei gar nicht berücksichtigt. 35
So Papacharalampous, K , a. a. O., S. 53. Wenn Papacharalampous die Aufnahme v o n Fremdkapital m i t der Miete eines Gebäudes gleichsetzt, dann k o m m t darin deutlich zum Ausdruck, daß der Einsatz v o n Fremdkapital erst an zweiter Stelle rangiert, v o m U n t e r nehmer aus gesehen also nicht m i t dem Eigenkapitaleinsatz gleichgestellt werden k a n n (Papacharalampous, K., a. a. O., S. 53). Dagegen Baumgartner, Cyrill, a. a. O., S. 92 ff. 37 F ü r Unternehmungsformen, bei denen die Haftung gesetzlich auf den Kapitaleinsatz der Unternehmer beschränkt ist, bedarf diese Feststellung keiner weiteren Erklärung. Dagegen zeichnen sich Einzelkaufleute u n d v o l l haftende Personalgesellschafter gerade dadurch aus, daß sie über ihren Einsatz hinaus m i t i h r e m privaten Vermögen haften. Praktisch gehört dieses Privatvermögen aber m i t zum Eigenkapital, denn die Unternehmer setzen es, sobald sie eine Unternehmung dieser Rechtsform gründen, damit bewußt dem Risiko aus. Das bilanzmäßige Eigenkapital stellt also n u r einen T e i l des gesamten Einsatzes dar, der verlorengehen kann. Vergleiche hierzu auch die alte Streitfrage, ob das i n den §§ 38—40 H G B erwähnte Vermögen nicht auch das sog. Privatvermögen umfassen soll. 36
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Rentabilität u n d Rentabilitätsprinzip
Für die Wahl des Eigenkapitals als Bezugsgrundlage für den Gewinn spricht noch ein weiterer Grund. Große Bedeutung für die Erreichung des unternehmerischen Zieles hat nämlich auch der Einsatzort. Der Unternehmer w i r d sich den Ort oder die Orte aussuchen, von denen er annimmt, daß sie seinem Ziel am besten entsprechen. Für die Wahl des Einsatzortes kann als Hilfsmittel aber nur die Eigenkapitalrentabilität verwendet werden, nicht die Gesamtkapitalrentabilität. Bei allen relativen Erfolgszahlen, die zum Vergleich für die Einsatzwahl herangezogen werden können, handelt es sich u m Relationen zwischen geldlichem Erfolg und der Geld- bzw. Kapitalsumme, die für die Erzielung dieses Erfolges notwendig ist oder war. Das trifft für nichtunternehmerische Kapitalanlagen auf einer Bank, i n Wertpapieren, i n Hypotheken und anderen Darlehen, i n Grundstücken, und was der ertragbringenden Anlagen mehr sind, ebenso zu wie für die unternehmerische Kapitalanlage. Immer geht es doch darum, was man an geldlichem Mehr erzielen kann und was man dafür an Geld bzw. Kapital einsetzen bzw. zur Verfügung haben muß. Für die Wahl des Einsatzortes kann vom Standpunkt des Einsetzenden also nur die Eigenkapitalrentabilität i n Betracht kommen. Es ist nun noch kurz auf die eingangs angeschnittene Frage einzugehen, ob i m Einsatz von Eigenkapital für den Unternehmer das einzige M i t t e l zur Gewinnerzielung zu sehen ist. Man denkt i n diesem Zusammenhang häufig an die Arbeitsleistung des mitarbeitenden Unternehmers. Ihre Berücksichtigung i n der Bezugsgrundlage für den Gewinn verbietet sich aber schon dadurch, daß sie nicht i n einer geldlichen Größe ausgedrückt werden kann 3 8 . Zum anderen ist, und darauf haben w i r später noch ausführlicher einzugehen, die persönliche M i t arbeit kein K r i t e r i u m für den Unternehmer. Den Gewinn w i l l der Unternehmer durch den Einsatz von Kapital erreichen, nicht durch Arbeit. I n der Mitarbeit ist wie i n der Aufnahme von Fremdkapital lediglich ein sekundäres M i t t e l zum Zweck zu sehen. Eine irgendwie quantifizierte Arbeitsleistung des Unternehmers als Teil der Nennergröße würde i m übrigen auch die Vergleichbarkeit der Rentabilitätszahlen wesentlich beeinträchtigen 39 . Und lediglich aus dem Verlangen nach Vergleichbarkeit ist doch die Rentabilität i n ihrer Quotientenform zu erklären. 88
A l l e Versuche, die A r b e i t rechenhaft zu machen, z B. über eine K a p i t a l i sierung der Arbeitsentgelte, sind theoretisch unbefriedigend. I m übrigen müßte dann auch das Eigenkapital auf die gleiche A r t u n d Weise, nämlich durch Kapitalisierung aller zukünftigen Gewinne ermittelt werden, u m eine homogene Bezugsgrundlage zu erhalten. 89 Der häufig zu findende Hinweis auf die Gehälter der Vorstandsmitglieder von Kapitalgesellschaften, aus denen die Forderung nach Anrechn u n g eines Unternehmerlohns abgeleitet w i r d , k a n n uns nicht interessieren, w e i l diese Vorstandsmitglieder nach unserer Auffassung keine Unternehmer sind (in ihrer Eigenschaft als Vorstandsmitglied).
Die Eigenkapitalrentabilität
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Die Beschränkung auf das Eigenkapital als M i t t e l zum Zweck hat natürlich ihre Konsequenzen für die Aussagefähigkeit der Relation Eigenkapitalrentabilität. Die Eigenkapitalrentabilität sagt lediglich aus, wieviel Gewinn pro Einheit des eingesetzten Eigenkapitals erzielt worden ist. 4. K a p i t a l u n d
Gewinn
a) Das Kapital Z u einer Abhandlung über die Rentabilität gehören auch Ausführungen über die Begriffe Kapital und Gewinn. Kapital ist ein i n den Wirtschaftswissenschaften sehr umstrittener Begriff. Das w i r d i n der Betriebswirtschaftslehre mitunter nicht so deutlich, w e i l dort viele Probleme unmittelbar aus dem Rechnungswesen heraus behandelt werden könen, i n diesem aber die Auffassungen über das Kapital relat i v einheitlich sind. I n allen anderen Fällen gehen aber auch i n der Betriebswirtschaftslehre die Meinungen auseinander. Drei Kapitalbegriffe lassen sich unterscheiden: 1. Das K a p i t a l als Produktionsfaktor, als Produktionsapparat; das K a p i t a l i m Sinne von Kapitalgütern, von F r o d u k t i v g ü t e r n ; ein Begriff, der vor allem i n der Nationalökonomie eine große Rolle spielt 4 0 . 2. Das K a p i t a l als die Summe der i n den einzelnen Vermögensgegenständen gespeicherten Ertragsaussichten, das K a p i t a l als B a r w e r t aller z u k ü n f t i gen Erfolge. 3. Das K a p i t a l als Geldgröße, als Geld f ü r Investitionszwecke, als i m V e r mögen investiertes Geld.
Von diesen drei Hauptmeinungen fällt die erste für die Kapitalrechnung und damit auch für die Rentabilitätsbetrachtungen aus; die zweite hat ihre Bedeutung hauptsächlich i m Zusammenhang m i t der Frage nach dem Wert einer Unternehmung erlangt, sie begegnet uns allerdings auch i n den theoretischen Erörterungen über die Rentabilität. Das größte Interesse beansprucht aber die dritte der oben genannten Auffassungen. Wenn i n dieser Arbeit von Kapital die Rede ist, dann wollen w i r darunter immer Geld für Investitionszwecke verstehen 41 . Hat die Investition stattgefunden, ist das Geld i n Vermögen umgewandelt worden, dann ist unabhängig vom ursprünglichen Einsatz nur noch so viel an Kapital vorhanden, wie i m Vermögen enthalten ist. M i t dem Über40 K n o p i k macht hier noch Unterschiede u n d spricht u. a. v o m p r i v a t wirtschaftlichen Kapital, das „sind diejenigen Güter, die von ihrem Besitzer für Erwerbszwecke verwendet werden" (Knopik, H., a. a. O., S. 88). 41 W i r schließen uns also der Auffassung Riegers (a. a. O., S. 173 f.), Preisers (Preiser, Erich, Der Kapitalbegriff u n d die neuere Theorie, i n : Die Unternehmung i m M a r k t , Festschrift für W i l h e l m Rieger, S t u t t g a r t - K ö l n 1953, S. 14 ff.), Papacharalampous' (a. a. O., S. 48), Fetteis (Fettel, Johannes, A r t i k e l „ K a p i t a l " , i n : Handwörterbuch der Betriebswirtschaft, 3. Aufl., Stuttgart 1958, B a n d I I , Sp. 2959 ff.) u. a. an.
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Rentabilität u n d Rentabilitätsprinzip
g a n g v o m G e l d i n d i e G ü t e r k a n n n u r noch eine B e w e r t u n g des g ü t e r l i c h e n V e r m ö g e n s ü b e r die H ö h e des i n v e s t i e r t e n K a p i t a l s A u s k u n f t geben. Das K a p i t a l e n t s p r i c h t d a n n d e r S u m m e d e r G e l d w e r t e der e i n z e l n e n V e r m ö g e n s g e g e n s t ä n d e z u z ü g l i c h des B a r g e l d b e s t a n d e s i n d e r Kasse. „ D i e E n t s c h e i d u n g ü b e r d i e H ö h e des K a p i t a l s f ä l l t s o m i t stets a u f d i e V e r m ö g e n s s e i t e " . 4 2 A u s der D e f i n i t i o n des K a p i t a l s als G e l d f ü r I n v e s t i t i o n e n f o l g t , daß n u r i n z w e i S i t u a t i o n e n das K a p i t a l als e f f e k t i v e G e l d s u m m e e x i s t i e r t , b e i d e r G r ü n d u n g 4 3 u n d n a c h abgeschlossener L i q u i d a t i o n . Z w i s c h e n b e i d e n P u n k t e n i s t das K a p i t a l n u r als f i k t i v e G e l d s u m m e v o r h a n d e n 4 4 . F i k t i v deshalb, w e i l erstens n i c h t sicher ist, ob die R ü c k v e r w a n d l u n g des Gutes b z w . d e r G ü t e r i n G e l d g e l i n g t , u n d z w e i t e n s u n g e w i ß ist, ob das tatsächliche g e l d l i c h e Schicksal, f a l l s d i e R ü c k v e r w a n d l u n g gelingt, d e m i n der B e w e r t u n g unterstellten entspricht. D i e B e w e r t u n g d e r V e r m ö g e n s g e g e n s t ä n d e ( u n d d e r Schulden, w e n n es u m die E r m i t t l u n g des E i g e n k a p i t a l s geht) i s t eine s u b j e k t i v e A n g e legenheit. A l s Wertmaßstäbe k o m m e n dabei i n Betracht: die historischen Anschaffungskosten, die g e g e n w ä r t i g e n T a g e s w e r t e ( a u f b a u e n d a u f d e n Tagespreisen) u n d d i e z u k ü n f t i g e n W i e d e r b e s c h a f f u n g s w e r t e 4 5 u n d d a n n W e r t e , die a u f e i n e m d e r d r e i g e n a n n t e n M a ß s t ä b e basieren, s o w i e v ö l l i g w i l l k ü r l i c h e W e r t e . D i e W e r t m a ß s t ä b e s i n d i n d e r Regel 42
Baumgartner, Cyrill, a. a. O., S. 40. N u r bei einer reinen Bargründung liegt das Anfangskapital als eine Summe realen Geldes vor. Eine effektive Geldsumme, w e n n auch keine reale, ist das Anfangskapital i m Gegensatz zu den K a p i t a l i e n aller Zwischenrechnungen aber auch dann, w e n n Sacheinlagen gemacht wurden. Diese Güter werden zwar bewertet, der f ü r sie gutgeschriebene Kapitalbetrag muß aber als effektive Größe angesehen werden, m i t der die Kapitalrechnung begonnen w i r d . Die nominale Geldrechnung setzt eine fixe Anfangsgröße voraus, sonst ist sie nicht durchführbar. M i t der Gutschrift f ü r die eingebrachten Güter ist K a p i t a l entstanden, u n d zwar genau i n Höhe des f ü r die Güter angesetzten Geldbetrages. Ob die Bewertung den tatsächlichen Wert dieser Güter getroffen hat, k a n n niemand sagen u n d ist f ü r die Rechnung auch gleichgültig. Die ursprüngliche Bewertung k a n n auch nachträglich korrigiert werden, dann w i r d eben ein neuer effektiver Ansatzpunkt f ü r die Rechnung gesetzt, was natürlich auf die bisher ermittelten Ergebnisse seine A u s w i r k u n g e n hat. Entweder verbessert m a n daraufhin alle Zwischenrechnungen oder berücksichtigt die Änderung durch einen Z u - oder Abschlag i m Zeitpunkt der K o r r e k t u r . Siehe dazu Fettel, Johannes, DM-Eröffnungsbilanz u n d stille Reserven, i n : ZfB, Jg. 1951, S. 88 ff. 44 Trotz der Bewertung wäre das K a p i t a l als effektive Größe anzusehen, w e n n es einen „richtigen" Wert f ü r die Vermögensgegenstände gäbe, d. h. einen Wert, der das tatsächliche geldliche Schicksal des einzelnen Gegenstandes genau vorwegnimmt. Siehe dazu Riegers Ausführungen über den „heutigen W e r t " (Rieger, W i l helm, a. a. O., S. 213 ff.). 45 M i t Wiederbeschaffungswerten (oder -preisen) rechnet m a n i m a l l gemeinen n u r i n der K a l k u l a t i o n . Theoretische Bedeutung f ü r die Bilanz haben die Wiederbeschaffungswerte bzw. -preise i n der organischen Tageswertbilanz von F. Schmidt erlangt. 43
Die Eigenkapitalrentabilität
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auch nicht für alle Vermögensteile gleich, ein Unterschied w i r d z.B. zwischen den „marktfernen" Anlagegütern und dem „marktnahen" Umlaufsvermögen gemacht. Über die Wahl der Maßstäbe entscheidet auch das vermutete weitere Schicksal der ganzen Einzelwirtschaft. Man w i r d z.B. anders vorgehen, wenn die Liquidation vor der Tür steht, als bei normalem Geschäftsverlauf. Alles i n allem kann man wohl sagen, daß die Bewertung i n erster Linie von Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten bestimmt wird. Die gesetzlich vorgeschriebenen Wertansätze geben dafür ein gutes Beispiel, nur hat hier nicht der Bewertende selbst den Zweck gesetzt, sondern der Staat. Ist das Kapital insgesamt und somit aber auch das Eigenkapital als Differenz zwischen Gesamt- und Fremdkapital das Ergebnis einer Bewertung, dann ist auch die Rentabilität von der Bewertung abhängig. Je nach dem Zweck, den man m i t der Rentabilitätsrechnung verfolgt, kann man i n der gleichen Unternehmung für ein und dieselbe Periode verschiedene Rentabilitätszahlen errechnen. Das spricht nicht gegen die Rentabilität als Richtgröße oder Maßstab für die Erfolgsbeurteilung, es ist eben nur die Folge der willkürlichen, wenn auch praktisch notwendigen Zäsuren i n den Geschäftsablauf. Wenn der Unternehmer also von Gesetzes wegen zu bestimmten Wertansätzen gezwungen wird, muß die daraus resultierende Rentabilität zahlenmäßig notwendig eine andere sein, als wenn er sie auf Grund von Wertansätzen ermittelt, die dazu dienen sollen, die tatsächliche Situation festzustellen. Hierbei w i r d der Unternehmer die Bewertung nach bestem Wissen und Gewissen vornehmen. Alle Verschleierungen w i r d er unterlassen, wenn er sich selbst über seine wirkliche Lage informieren w i l l . Daß die Bewertung zu willkürlichen oder bewußt verfälschten Ergebnissen führen kann, ist jedenfalls kein Argument gegen die Rentabilität. Immer, wenn Nichtgeld i n Geld ausgedrückt werden muß, stehen w i r vor der gleichen Situation: die Ergebnisse können nur fiktiv sein. Eine exakte Geldrechnung gibt es nur über die Totalperiode 46 . Da i n der Literatur i m Zusammenhang m i t der Rentabilität auch ein Kapitalbegriff erwähnt wird, der auf dem Ertragswertgedanken aufbaut, ist darauf noch kurz einzugehen. Von der Bewertung her unterscheidet Hertlein vier Kapitalstufen, deren letzte das Gesamtkapital als Summe aus Fremdkapital und Ertragswert ist. Den Ertragswert bezeichnet er als „sekundäres Eigenkapital" 4 7 . Wie Baumgartner dazu ausführt, ist „auf der Basis des richtigen Ertragswertes" eine Rentabilitätsrechnung nicht möglich, weil wegen der nun kapitalisierten Nettorente die eine der beiden Grö48
Wobei w i r allerdings unterstellen müssen, daß i n der k e i n Währungsschnitt stattfand. 47 Hertlein, Adolf, a. a. O., S. 20 ff.
Zwischenzeit
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Rentabilität u n d Rentabilitätsprinzip
ßen, die i n der Rentabilitäsrechnung gegenübergestellt werden, fehle 48 . Erst dann, wenn durch falsche Einschätzung der zukünftigen Ertragsaussichten Fehler i n der Berechnung des Ertragswertes gemacht werden, kann eine Rentabilität berechnet werden, w e i l jetzt i n Form der Differenz zwischen falschem und richtigem Ertragswert eine Zählergröße vorhanden ist. Diese Differenz zwischen dem i n Wirklichkeit höheren Ertragswert, verursacht durch die i n der Periode eingetretene Steigerung der Ertragsfähigkeit, und dem durch die Annahme einer schlechteren Ertragsaussicht vorher zu niedrig berechneten Ertragswert nennt Hertlein den „sekundären Gewinn" 4 9 . Daraus leitet dann Baumgartner eine „sekundäre Rentabilität" ab, die sich als Quotient aus „sekundärem Gewinn" und dem ursprünglich zu niedrig berechneten Ertragswert erweist 48 . Diese Rentabilität zeigt also an, wie sich die i n der Periode eingetretene Ertragswertsteigerung zum am Beginn der Periode berechneten Ertragswert verhält. Es ist Baumgartner zwar zuzugeben, daß „die Erfolgserwartungen und ihre periodischen Veränderungen interessieren" können, ob aber eine Quantifizierung der eingetretenen Ertragswerterhöhung, die doch ausschließlich auf subjektiven Schätzungen basiert, Vorteile bietet, wagen w i r allerdings zu bezweifeln. Nicht einzusehen ist aber, welchen praktischen Zweck die Relativierung dieser Änderungen haben soll. Vergleiche wären doch allenfalls innerhalb der Einzelwirtschaft möglich. Wenn man aber bedenkt, daß die sekundären Gewinne nicht Auswirkungen wirtschaftlichen Verhaltens sind, sondern das Ergebnis von Fehlschätzungen, kann man sich den Wert solcher Vergleiche w i r k lich nicht vorstellen. Je schlechter man schätzt, desto größer werden die Schwankungen 50 . Es w i r d hier unseres Erachtens eine Exaktheit i n der Rechnung vorgetäuscht, die i n der Realität überhaupt nicht gegeben ist. Die zukünftigen Erfolgsaussichten, der zu verwendende Kapitalisierungszinsfuß, i n dem neben den Veränderungen i m allgemeinen Zinsniveau auch die künftig zu erwartenden Risiken berücksichtigt werden müssen, und schließlich die noch zu erwartende Lebensdauer der betreffenden Unternehmung sind doch völlig unwägbare und 48
Baumgartner, Cyrill, a. a. O., S. 43. Hertlein, Adolf, a. a. O., S. 93 f. V o n Fehlschätzungen, falschen Schätzungen, schlechter Schätzung u n d ähnlichem dürfte hier i m Grunde genommen nicht gesprochen werden, denn das sind Urteile, die n u r gefällt werden können, w e n n m a n weiß, welche Schätzung richtig ist. Weiß m a n das aber, dann braucht m a n nicht mehr zu schätzen. Daß eine Schätzung falsch ist, k a n n also lediglich eine auf G r u n d irgendwelcher Indizien gewonnene V e r m u t u n g sein, solange der V o r gang, u m den es geht, noch nicht zu einem Ende gebracht ist. Erst nachträglich k a n n festgestellt werden, ob die Schätzung damals tatsächlich falsch w a r ; vielleicht w a r die damals als schlecht bezeichnete gerade die richtige! Das g i l t auch f ü r den Ertragswert. Der zu einem beliebigen Z e i t p u n k t bestehende Ertragswert k a n n i m m e r n u r v o m Ende der Unternehmung her richtig berechnet werden. 49
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Die Eigenkapitalrentabilität
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damit höchst unsichere Faktoren. Welche Schwierigkeiten bereitet es schon, wenn i n der Praxis einmal ein Ertragswert berechnet werden muß, der vielleicht als Grundlage für Verkaufsverhandlungen über eine Unternehmung dienen soll. Wie weit gehen die selbst von Sachverständigen ermittelten Ergebnisse auseinander! Welche Aufschlüsse unter diesen Voraussetzungen die Berechnung einer sekundären Rentabilität bringen könnte, ist wirklich nicht einzusehen. Nach diesem kurzen Exkurs über den auf dem Ertragswertgedanken beruhenden Kapitalbegriff i m Zusammenhang m i t der Rentabilität wenden w i r uns nun wieder dem für das Thema Rentabilität bedeutsamen Geldkapital zu. Von Interesse ist nämlich noch die Frage, welches Eigenkapital — was den Zeitpunkt seiner Ermittlung anbetrifft — als Bezugsgrundlage für den Gewinn zu dienen hat. Aus dem Wesen der Rentabilität als Mittel-Zweck-Verhältnis folgt, daß es sich dabei nur u m das Kapital am Anfang der Periode, für die der Gewinn ermittelt wurde, handeln kann, denn man muß davon ausgehen, daß dieses Kapital zu Beginn der Periode als M i t t e l zur Gewinnerzielung eingesetzt wurde. I n der Literatur w i r d m i t der Begründung, daß das i m Laufe der Periode durch Gewinn neu entstehende Eigenkapital seinerseits auch wieder für den Rest der Periode an der Gewinnerzielung beteiligt sei, vielfach ein Mittelwert aus Anfangs- und Endkapital der betreffenden Periode als Bezugsgrundlage vorgeschlagen 51 . Dieses Verfahren ist aber theoretisch nicht befriedigend, denn der Gewinn kann erst i m allerletzten Teil der Periode entstanden sein, während i n der ersten Hälfte unter Umständen sogar m i t Verlust gewirtschaftet wurde. Wenn man es ganz genau machen w i l l , müßte man schon ganz kurzfristige Gewinnermittlungen vornehmen. Aber was bedeutet schon genau, wo hier doch immer die Bewertung i m Spiele ist? Für die Verwendung des Anfangskapitals als Bezugsgröße spricht auch ein praktischer Gesichtspunkt. A l l e Zinsrechnungen gehen von dem zu Beginn der Periode vorhandenen Kapital aus; diese Periode ist i n der Regel das Jahr. Aus Gründen der Vergleichbarkeit — insbesondere hinsichtlich der Einsatzstellen — wäre eine gleiche Handhabung für die Rentabilitätsrechnung angebracht. Wo zudem der Gewinn nicht relativ gleichmäßig das ganze Jahr über erwirtschaftet wird, sondern i n gewissen Zyklen, dort dürfte i m Anfangskapital der Periode die geeignete Bezugsgrundlage zu sehen sein. Auch für die sogenannte 51 So schlagen z. B. Hertlein-Meisner (Abschluß u n d Prüfung der U n t e r nehmungen, 4. Aufl., Wiesbaden 1956, S. 306) vor, a m besten den halben Jahresgewinn i n das K a p i t a l einzubeziehen, „da i m Jahresdurchschnitt die anfänglichen eigenen M i t t e l zuzüglich des halben Reingewinns i m U n t e r nehmen gearbeitet haben".
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Rentabilität u n d Rentabilitätsprinzip
Totalrentabilität, auf die i m folgenden noch hinzuweisen ist, ist diese Frage von Interesse. b)Der Gewinn I m Zähler der Eigenkapitalrentabilität steht der Gewinn, der w i r t schaftliche Erfolg, u m dessentwillen der Unternehmer sein Kapital einsetzt. Gewinn ist das Mehr an Geld, nach dem der Unternehmer strebt, ist das geldliche Einkommen, das er benötigt, um sich i n der modernen arbeitsteiligen Wirtschaft die M i t t e l zur Bedürfnisbefriedigung beschaffen zu können. Aus der unternehmerischen Tätigkeit des Ein- und Verkaufens entsteht Gewinn dann, wenn es gelingt, Verkaufspreise zu erzielen, die höher als die Einkaufspreise sind. I n der Unternehmimg finden solche Ein- und Verkaufsakte i n laufender Folge statt. Sie haben zu einem beliebigen Zeitpunkt unterschiedliche Stadien der Abwicklung erreicht. W i l l der Unternehmer durch Zählen des Geldes feststellen, wie es sich vermehrt hat, dann muß er damit bis zum Ende des letzten Geschäftes warten. Das dann vorhandene Geld kann er m i t dem, was er am A n fang hatte, vergleichen. Ein über den Anfangsbestand hinausgehender Überschuß ist sein Gewinn, ein Fehlbetrag sein Verlust 5 2 . Sind die Geschäfte noch nicht restlos abgewickelt, hat der Unternehmer also außer Geld auch noch Wirtschaftsgüter, dann kann er den Gewinn durch Zählen nicht ermitteln. Das bedeutet für uns, daß es nur einen einzigen exakten, i n Geldeinheiten nachweisbaren Gewinn geben kann, nämlich den Totalgewinn. Totalgewinn ist dann die Differenz zwischen dem Geld am Ende der Unternehmung und dem Geld zu Beginn, und zwar die positive Differenz. Statt dessen kann man auch sagen: Totalgewinn ist, wenn w i r von Einlagen und Entnahmen absehen, der Überschuß des Endkapitals über das Anfangskapital. Legen w i r das Gewicht mehr auf das Zustandekommen des Gewinnes, können w i r auch sagen: Totalgew i n n ist der Überschuß der gesamten Einnahmen über die gesamten Ausgaben während der Lebensdauer der Unternehmung, wiederum ohne Einlagen und Entnahmen 5 3 . Über den Totalgewinn läßt sich nun auch eine Totalrentabilität berechnen. Als Bezugsgrundlage wäre das ursprünglich eingesetzte A n fangskapital zu verwenden 54 . Selbstverständlich sind derartige Rechnungen höchst selten, sie haben auch praktisch kaum einen Wert, weil der Sinn jeder Rentabilitätsrechnung, der Vergleich m i t anderen Rentabilitätszahlen, hier entfällt. Baumgartner schlägt deshalb vor, i m 52 V o n Einlagen u n d Entnahmen sei hier abgesehen. 53 Vergleiche hierzu Hoff mann, A., Der Gewinn der kaufmännischen U n ternehmung, Leipzig 1929, S. 23. 54 So auch Papacharalampous, K., a. a. O., S. 44.
Die Eigenkapitalrentabilität
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Nenner dieser Relation die Zeit zu berücksichtigen 55 . Damit w i r d zwar diese Rentabilität vergleichbar, aber es handelt sich dann i m Grunde genommen nicht mehr um die Totalrentabilität, sondern u m die während der Lebensdauer der Unternehmung pro Jahr durchschnittlich erzielte Rentabilität des ursprünglichen Eigenkapitals. Praktische Belange erfordern nun aber die Ermittlung von Z w i schenergebnissen, von Gewinnen, die den Geschäftsverlauf einer Periode betreifen. Da zu allen Stichtagen zwischen Anfang und Ende der Unternehmung Ausgaben noch auf dem Wege zu Einnahmen sind bzw. das Vermögen noch nicht wieder restlos i n Geld zurückverwandelt ist, bedarf es für die Ermittlung des Gewinnes einer Teilperiode der Bewertung der Vermögensgegenstände i n Geld, weil die Ergebnisrechnung eine Geldrechnung und der Gewinn eine geldliche Größe ist. Der Periodengewinn ist der Zuwachs, den das Eigenkapital am Anfang der Periode i m Laufe der Periode erfahren hat, ist die Differenz zwischen dem höheren Eigenkapital am Ende und dem am Anfang der Periode 56 . Da dieser i m Vermögen effektiv vorhandene Zuwachs auch nur das Ergebnis von Ein- und Verkaufsakten sein kann, ist er wie i n der Totalrechnung gleich dem Überschuß der Einnahmen der Periode über die entsprechenden Ausgaben 57 . Diese Einnahmen und Ausgaben müssen allerdings korrigiert werden denn einmal brauchen noch nicht alle Einnahmen aus Verkäufen dieser Periode eingegangen zu sein, zum anderen können Einnahmen gemacht worden sein, denen Verkäufe aus früheren Perioden zugrunde liegen oder denen Verkäufe erst noch folgen sollen. Es können weiterhin schon Ausgaben gemacht worden sein für Einkäufe, die noch nicht zu Verkäufen geführt haben, wie umgekehrt Verkäufe stattgefunden haben können, bei denen die Einkäufe noch nicht zu Ausgaben geführt haben. Die für die Zwischenrechnung bereinigten Ausgaben und Einnahmen bezeichnet man allgemein als Aufwendungen und Erträge. Der Periodengewinn ist damit auch gleich dem Überschuß der Erträge einer Periode über die Aufwendungen dieser Periode. Da alle Einnahmen bzw. Erträge und alle Ausgaben bzw. Aufwendungen zu Vermögensänderungen führen, muß sich der Gewinn auch aus diesen Veränderungen ermitteln lassen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß sich das Vermögen auch durch Veränderungen i m Fremdkapital vergrößert oder verkleinert, also z. B. durch Darlehens55
Baumgartner, Cyrill, a. a. O., S. 38. Siehe dazu auch Kühnle, Fritz, Das Wesen des Unternehmungsgewinnes u n d die Problematik seiner Ermittelung, Diss. Tübingen, Tübingen 1934, S.7. 57 Siehe auch M i l l e r , Maria, Die Berücksichtigung von Geldwertschwankungen i n Buchhaltung u n d Bilanz, Nürnberg 1932, S. 12. 56
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Rentabilität u n d Rentabilitätsprinzip
aufnähme bzw. Schuldentilgung. Somit läßt sich der Gewinn schließlich auch nach folgender Gleichung berechnen 58 : G e w i n n = (Vermögenszunahme — Vermögensabnahme) — (Fremdkapitalzunahme — Fremdkapitalabnahme).
Es gibt also drei Wege für die E r m i t t l u n g des Periodengewinns, die selbstverständlich alle i n unmittelbarem Zusammenhang stehen. I n keinem Falle kommt man jedoch ohne die Bewertung der güterlichen Vermögensteile aus. Als Ergebnis einer Bewertung ist der ermittelte Gewinn damit immer eine fiktive Größe. Diese Tatsache muß für jede Zwischenrechnung i n Kauf genommen werden. I n der Totalperiode gleichen sich Fehler i n der Gewinnermittlung, wie sie infolge der Schätzungen unvermeidlich sind, aus, denn der Totalgewinn ist die Summe aller Gewinne und Verluste der Teilperioden und dazu noch ein realer Geldbetrag. Die bisherigen Betrachtungen über den Totalgewinn und über den Periodengewinn als geldliche Größen haben allerdings eine wesentliche Voraussetzimg, nämlich die nominale Geldrechnung. Diese beruht auf der Einheit des gesetzlichen Zahlungsmittels und der aus dem Währungsgesetz folgenden Grundgleichung: Mark = Mark. Diese Gleichung besagt, daß eine Einheit des gesetzlichen Zahlungsmittels gleich einer Einheit des gesetzlichen Zahlungsmittels ist, die Geldeinheit als die umfassende Recheneinheit damit selbst keiner Bewertung zugänglich sein soll. Diese Grundgleichung w i r d i n der Betriebswirtschaftslehre keineswegs allgemein anerkannt, und zwar deshalb nicht, weil, wie die Praxis zeige, die M a r k heute eine andere Kaufkraft habe als die Mark früher oder später. Damit unterzieht man aber die Mark einer Bewertung, und zwar einer Bewertung, für die es keinen einheitlichen Maßstab gibt. Es werden statt dessen verschiedene individuelle Maßstäbe (Indices) angelegt, so daß die gewonnenen Ergebnisse immer nur für den Wertenden selbst Bedeutung haben können 59 . Lehnt man die fundamentale Grundgleichung der nominalen Geldrechnung ab, ohne daß man gleichzeitig eine besser geeignete allgemeine und umfassende Recheneinheit einführt, dann leugnet man dam i t jede einheitliche Wirtschaftsrechnung. Es kann dann nur noch Rechnungen auf privater Basis geben, die über den Bereich der jewei58 Dieser Zusammenhang ist i n den beiden Extremfällen (keine V e r mögensänderungen bzw. keine Fremdkapitaländerungen) besonders leicht einzusehen. 59 Rieger spricht i n diesem Zusammenhang von einem „hausgemachten I n d e x " , w e i l jedes Wirtschaftssubjekt die Kaufkraftveränderungen an den i h m zweckmäßig erscheinenden Gütern oder Güterbündeln kontrollieren u n d messen w ü r d e ; Rieger, Wühelm, a. a. O., S. 257; vergleiche auch S. 244 ff.
Die Eigenkapitalrentabilität
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ligen Wirtschaftseinheit nicht hinausgehen. So weit ist es aber trotz Ablehnung der nominalen Geldrechnung durch einzelne Theoretiker noch nicht gekommen, nach wie vor beruht die Kapitalrechnung der Wirtschaftspraxis auf der Gleichung M a r k = Mark. Der Verzicht auf die nominale Geldrechnung hat auch seine Konsequenzen für den Gewinnbegriff. Als Gewinn kann man nicht mehr das geldliche Mehr bezeichnen. Geht man nämlich vom Gedanken der Kaufkraft des Geldes aus, sieht man also hinter dem Geld immer die Güter, die man damit beschaffen kann, dann ist es von der jeweiligen Kaufkraft abhängig, ob ein ausgewiesener Gewinn tatsächlich ein Gew i n n und vor allem ein Gewinn i n dieser Höhe ist. Aus dem geldmäßig orientierten Gewinn w i r d ein gütermäßig orientierter 8 0 . Gewinn ist nicht mehr ein Überschuß an Geld, sondern ein Mehr an Gütern, auch wenn wegen der fehlenden Rechenhaftigkeit der Güter die Rechnung i n Geld vorgenommen wird. Vertreter dieser Auffassung sprechen nur dann von einem Gewinn, wenn m i t dem am Ende der Periode (oder auch der gesamten Lebensdauer der Unternehmung) vorhandenen Kapital mehr Güter beschafft werden können als m i t dem Anfangskapital, wenn die sogenannte reale Substanz am Ende größer ist als am Anfang 8 1 . Die Vermischung von nominaler und — wenn man so sagen w i l l — realer Betrachtungsweise führt dann zu dem Begriff des Scheingewinns. Scheingewinne gibt es nur, wenn an den Geldgewinn ein güterlicher Maßstab angelegt wird. I n rein nominaler Geldrechnung ist die Differenz zwischen Eigenkapital am Ende und Eigenkapital am A n fang immer ein Gewinn oder Verlust, i n güterlicher Rechnung ist ein Mehr an Gütern Gewinn, ein Weniger Verlust 6 2 . 60 Baumgartner spricht v o n geld- u n d gütermäßig orientierter Rentabilität, da die gleichen Bewertungsgesichtspunkte, die für den G e w i n n gelten, auch die Bezugsgrundlage K a p i t a l betreffen (Baumgartner, Cyrill, a. a. O., S. 45). Z u r unterschiedlichen N a t u r der Gewinnbegriffe siehe auch Kühnle, Fritz, a. a. O., S. 62 ff. 61 Die grundlegenden Ausführungen hierzu stammen von F. Schmidt. F ü r i h n ist G e w i n n der Uberschuß über das relativ erhaltene Unternehmungsvermögen. G e w i n n entsteht, w e n n a m Umsatztag zu den Preisen dieses Tages mehr Güter beschafft werden können, als i n das abgesetzte Produkt eingegangen waren. Oder anders: G e w i n n ist das, was über die Wiederbeschaffungspreise f ü r die Kostengüter a m Umsatztag hinaus aus einem Produkt mehr erlöst w i r d (vgl. Schmidt, F., Die organische Tageswertbilanz, unv. Nachdruck der 3. Aufl., S. 50 ff., S. 127 ff.). Z u m Problem der I n d e x rechnung als K o r r e k t u r des Geldwertes siehe auch Schmalenbach, E., D y n a mische Bilanz, 5. Aufl., 1931, S. 217 ff. Als K r i t i k zu diesem Thema: Rieger, W., Über Geldwertschwankungen, Stuttgart 1938; ders., Die organische T a geswertbilanz, i n : A r c h i v f. Sozialw. u. Sozialpr., Band 64, Jg. 1930, S. 136 ff.; Enderlen, Elise, Nominale u n d reale Bilanz, Stuttgart 1936, S. 68 ff.; M i l l e r , Maria, a. a. O., S. 74 ff. 62 I m übrigen können w i r die Gedankengänge, auf denen die reale Substanzerhaltung u n d damit der güterliche Gewinnbegriff basieren, hier als bekannt voraussetzen.
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Forker
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Rentabilität u n d Rentabilitätsprinzip
Wie der Unternehmer den i n seiner Kapitalrechnung ermittelten geldlichen Gewinn auf die i h m innewohnende Kaufkraft h i n beurteilt, das ist eine andere Frage, die uns hier nicht interessiert. Er w i r d natürlich Überlegungen anstellen darüber, wie sich die Kaufkraftänderungen für i h n auswirken, auf die Preise, die Ersatzbeschaffung, auf die zu zahlenden Steuern, und was der Dinge mehr sind. A m vorliegenden rechnerischen Ergebnis ändern diese Betrachtungen aber gar nichts. Stellt man wieder auf die Vergleichbarkeit ab, kann kein anderer als der geldliche Gewinn für eine Rentabilitätsrechnung i n Betracht kommen. Ganz abgesehen davon schreibt für die Kapitalrechnung der Kaufleute § 40 HGB die nominale Geldrechnung ausdrücklich vor. Auch nichtunternehmerische Kapitalanlagen, m i t denen ein Vergleich der Rentabilitätszahlen interessant sein kann, gehen von der Gleichung Mark = Mark aus. I m Zusammenhang m i t der Verwendung des Gewinnes als Zählergröße der Eigenkapitalrentabilität ergeben sich noch zwei besondere Fragen hinsichtlich der Abgrenzung des Gewinns. Da ist zunächst einmal zu denken an die sogenannten betriebsfremden Erträge und A u f wendungen und an die außerordentlichen Erträge und Aufwendungen, die das B i l d stören und Anlaß zu einer unrichtigen Beurteilung der Unternehmerleistung geben könnten. Über die betriebsfremden Erträge und Aufwendungen können w i r nur sagen, daß es dem Unternehmer völlig gleichgültig ist, womit er innerhalb seiner Unternehmung Geld verdient. Die einzige Bedingung, die w i r hier zu stellen haben, ist die, daß er sich dabei i n den von der menschlichen Gesellschaft und ihrer Ordnung gesteckten Grenzen bewegt. Ob i m übrigen aber ein Schuhfabrikant h i n und wieder m i t Schrott handelt, ein Großhändler Bankgeschäfte betreibt oder eine Versicherung nebenbei Wohnungen vermietet, ist ganz unerheblich, es geht den Unternehmern i n jedem Fall darum, unter Einsatz von Eigenkapital ein geldliches Mehr zu erzielen. Z u diesem Zweck nehmen sie jede Gelegenheit wahr, die sich ihnen bietet. Theoretisch halten w i r also eine Beschränkung auf den sogenannten Betriebszweck für ungerechtfertigt. Damit ist nicht gesagt, daß i n der Praxis die Aussonderung bestimmter Erträge und Aufwendungen vor der Rentabilitätsberechnung nicht zweckmäßig sein kann. Ähnliches gilt auch für die außerordentlichen Aufwendungen und Erträge. Hier kommt noch hinzu, daß eine Trennung i n ordentlich und außerordentlich oft recht schwierig und w i l l k ü r l i c h sein wird. Ob man m i t den einen Aufwendungen von vornherein rechnet, m i t den anderen nicht, ist für das Wesen der Aufwendungen gleichgültig, sie werden alle zum gleichen Zweck gemacht. Auch hier können aber Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte für eine Aussonderung bestimmter Beträge spre-
Die Eigenkapitalrentabilität
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chen. Die Rentabilitätsrechnung ist ja immer ein M i t t e l zum Zweck, und vom jeweiligen Zweck her w i r d das M i t t e l gestaltet. Für die Gewinnabgrenzung ist es nun zweitens interessant, ob man den Unternehmerlohn und den Eigenkapitalzins als Gewinnbestandteile ansieht oder nicht. Die Auffassungen darüber gehen i n der Betriebswirtschaftslehre auseinander. Berücksichtigt man diese beiden Größen, dann gibt es für die Rentabilitätsrechnung zwei Zählergrößen, einen Bruttogewinn und einen Nettogewinn. Ersterer ist der Gewinn, der sich aus der Gewinn- und Verlustrechnung der Buchhaltung ergibt; bei letzterem werden Unternehmerlohn und Eigenkapitalzins vom Gewinn der Buchhaltung abgesetzt. Wegen der besseren Vergleichbarkeit w i r d vielfach auf die Berücksichtigung des Unternehmerlohnes besonderer Wert gelegt. Nach unserer Auffassung ist der Unternehmergewinn eine einheitliche, komplexe Größe. Er ist weder die Summe verschiedener Entgelte (für Kapitalhingabe, Mitarbeit, Risikoübernahme), noch etwa nur der den Unternehmerlohn und die Eigenkapitalzinsen übersteigende Teil 6 3 . Gewinn ist die ganze Differenz zwischen dem Eigenkapital am Ende und dem am Anfang einer Periode oder der gesamten Lebensdauer einer Unternehmung, und zwar die positive Differenz. M i t dem Gew i n n w i r d die unternehmerische Leistung i n ihrer Gesamtheit durch den M a r k t honoriert 6 4 . Da w i r i m Unternehmer ein Wirtschaftssubj e k t sehen, das Eigenkapital einsetzt, u m einen geldlichen Überschuß zu erzielen, kann i n einer Rechengröße, die ein Hilfsmittel zur Beurteilung des unternehmerischen Verhaltens i m Hinblick auf die Zielerreichung sein soll, nur diese einheitliche Größe Gewinn zum Eigenkapital i n Beziehung gesetzt werden 6 5 . W i r haben schon wiederholt darauf hingewiesen, daß die Relativierung der Gewinne der Forderung nach Vergleichbarkeit entspringt. Dabei darf allerdings nicht übersehen werden, daß der Vergleichbarkeit i n der Praxis Grenzen gesetzt sind. Diese Grenzen sind w o h l i n erster Linie i n der Unmöglichkeit völlig gleichartiger Bewertung zu sehen. Für einen innerbetrieblichen Vergleich w i r d man davon ausgehen können, daß, soweit es u m die Berechnung der Rentabilität geht, immer nach M
S. 6.
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Über den G e w i n n als komplexe Größe siehe auch Gutenberg, E., a. a. O.,
Selbstverständlich können auch hier praktische Zwecke eine Differenzierung innerhalb des Gewinnes erfordern, w i e w i r i m m e r wieder betonen müssen. A m theoretischen Gehalt ändert sich damit aber nichts. 95 Aus Gründen der Vergleichbarkeit wäre eine Nettorentabilität, w i e sie z.B. Baumgartner vorsieht, w o h l abzulehnen, denn die Höhe von U n t e r nehmerlohn u n d Eigenkapitalzins k a n n nicht nach objektiven Maßstäben festgesetzt werden. M a n operiert hier oft m i t dem landesüblichen Zins. Den gibt es aber i n der Realität gar nicht, er k a n n auch nicht das unterschiedliche Risiko i n den einzelnen Kapitalanlagen berücksichtigen. 6*
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Rentabilität u n d Rentabilitätsprinzip
gleichen Gesichtspunkten bewertet wird. Aber schon ein Wechsel i n der Person des Bewertenden kann unter Umständen zu anderen Maßstäben führen. Ungleich vorsichtiger w i r d man bei einem zwischenbetrieblichen Vergleich sein müssen, weil die individuell bedingten A b weichungen i n den Schätzungen, die doch stets i n die Zukunft gerichtet sind, erheblich sein können.
I I I . Das Prinzip der Rentabilität 1. D a s
Rentabilitätsstreben
Wie schon bei der Behandlung des Wirtschaftlichkeitsprinzips haben w i r auch hier drei Stufen zu unterscheiden: die Rentabilität, das Rentabilitätsstreben und das Rentabilitätsprinzip. I m Rentabilitätsstreben haben w i r eine Form des Gelderwerbsstrebens zu sehen, des Gelderwerbsstrebens, das seinerseits wieder eine typische, und zwar für die moderne arbeitsteilige Geldwirtschaft typische Ausprägung des allgemeinen Erwerbsprinzips darstellt. Dieses allgemeine Erwerbsprinzip entspringt dem Verlangen des Menschen nach Befriedigung seiner Bedürfnisse. Das Streben nach Rentabilität ist die spezifisch unternehmerische Form des Gelderwerbsstrebens, es ist als solches ein entscheidendes K r i t e r i u m für das Wirtschaftssubjekt Unternehmer 6 6 . Auch i n der Literatur w i r d das Rentabilitätsstreben allgemein als dem Unternehmer eigentümlich anerkannt. Damit kann es sich bei der Rentabilität, die das Ziel dieses Strebens ist, nur u m die Eigenkapitalrentabilität handeln 67 . Nicht nur die Wirtschaftspraxis, auch die Nationalökonomie und die frühere Privatwirtschaftslehre sehen bzw. sahen von jeher die Rentabilität ausschließlich i n unternehmerischer Sicht. Die als Quotient aus Gewinn und Eigenkapital definierte Rentabilität ist mathematisch gesehen eine unbenannte Zahl, denn i m Zähler und Nenner haben w i r die Dimension der Währungseinheit. So verwundert es, daß diese Zahl Ausdruck für das Ziel unternehmerischen Wirtschaftens sein soll, zumal w i r eingangs das Rentabilitätsstreben als eine Form des Gelderwerbsstrebens bezeichnet haben. Dem Unternehmer geht es doch augenscheinlich u m Gewinn, u m ein geldliches 86
So z . B . auch Knopik, H., a.a.O., S. 91: „Das Rentabilitätsstreben ist das i n einer einzelnen Produktion, i n einer einzelnen Unternehmung sich objektivierende Erwerbsstreben des wirtschaftenden Menschen." 67 Gelegentlich findet sich aber auch die Behauptung, die Unternehmung strebe nach Rentabilität. Handelt es sich hierbei nicht n u r u m eine u n genaue Ausdrucksweise, dann liegt dieser Behauptung der Gedanke der „Unternehmung an sich" zugrunde, auf den w i r noch einzugehen haben werden. Vergleiche dazu auch Baumgartner, Cyrill, a. a. O., S. 106 ff.
Das Prinzip der Rentabilität
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Einkommen. Es ist deshalb die Frage berechtigt, ob nicht statt Rentabilitätsstreben viel richtiger Gewinnstreben gesagt werden sollte. I n der gegenwärtigen arbeitsteiligen Geldwirtschaft benötigen die Wirtschaftssubjekte ein geldliches Einkommen. Dieses muß erst erworben werden, was auf sehr unterschiedliche A r t und Weise geschehen kann: auf gesetzlichen und auf ungesetzlichen Wegen, durch Leistung körperlicher oder geistiger Arbeit gegen Entgelt, durch Verkauf geistiger Produkte (Kunstwerke, Ideen, Erfindungen usw.), durch zeitweilige Überlassung von Geld, Sachgütern und Rechten gegen Zahlung eines Zinses (im weitesten Sinne), durch Dotationen mannigfacher A r t (Schenkungen, Unterstützungen usw.), durch Glücksspiel und auf eine Reihe anderer Arten mehr, schließlich eben auch durch Ein- und Verkaufen von Wirtschaftsgütern m i t der Absicht, einen Verkaufspreis zu erzielen, der höher als der Einkaufspreis ist. Diese Tätigkeit w i r d vom Unternehmer ausgeübt, allerdings nicht ausschließlich von ihm. Die Differenz, die der Unternehmer erzielt, wenn es i h m gelingt, die eingekauften Güter i n ihrer ursprünglichen oder i n einer umgewandelten Gestalt zu einem höheren Preis zu verkaufen, diese Differenz ist der Gewinn, das geldliche Mehr, das unternehmerische Einkommen. Damit läßt sich die oben gestellte Frage dahingehend beantworten, daß es dem Unternehmer primär u m den Gewinn geht. Berücksichtigt man dabei die i n der Natur des Menschen begründeten Antriebskräfte für das wirtschaftliche Verhalten, dann kann man unterstellen, daß der Unternehmer nicht nur an einem Mehr schlechth i n interessiert ist, sondern an einem möglichst großen Überschuß 68 . Das Streben nach Vergrößerung der Spanne zwischen Ein- und Verkaufspreisen entspricht dem allgemeinen ökonomischen Prinzip. Durch Einführung der spezifisch wirtschaftlichen Begriffe Ein- und Verkaufspreis (Kosten-Erlöse, Aufwand-Ertrag) für die Größen Einsatz und Ergebnis bekommt das ökonomische Prinzip eine wirtschaftliche Fassung; außerdem w i r d dadurch ein rechenhafter Vergleich von Einsatz und Ergebnis möglich 69 . Die Frage ist nur, ob dieses jetzt spezifisch wirtschaftliche Prinzip m i t dem Rentabilitätsprinzip identisch ist. Nach unserer Auffassung kann man die Ausgaben i n Höhe der Einkaufspreise nicht m i t dem Einsatz seitens des Unternehmers gleichsetzen 70 , die Ausgaben sind vielmehr erst eine Folge des Einsatzes, und zwar des Eigenkapitaleinsatzes. Die Ausgaben einer Periode können i n ihrer Summe unter oder über dem Betrag des Eigenkapitals 68 A u f das Ausmaß bzw. die Grenzen dieses Strebens wollen w i r erst an anderer Stelle eingehen. 69 „ W o der Maßstab des Geldwertes einen Vergleich von A u f w a n d und Ertrag, also Rentabilitätsrechnung ermöglicht", dort k a n n überhaupt n u r Rentabilitätsstreben auftreten (Knopik, H., a. a. O., S. 91). 70 Das wäre n u r dann berechtigt, wenn man einen einzigen E i n - und Verkaufsakt i m Auge hat.
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Rentabilität u n d Rentabilitätsprinzip
liegen. Auch bei Verwendung von Fremdkapital ist der unternehmerische Einsatz nicht höher als das Eigenkapital, denn nur dessen Verlust trifft den Unternehmer selbst. Und gerade i n der Verlustgefahx hat man ein wesentliches K r i t e r i u m des Einsatzes zu sehen. Ebenso sind die Einnahmen i n Höhe der Verkaufspreise nicht das Ergebnis, u m dessentwillen der Unternehmer Kapital einsetzt, Ziel ist vielmehr die möglichst große Spanne zwischen Einnahmen und Ausgaben. Ein- und Verkauf sind lediglich das M i t t e l zum Zweck. Nur auf dem Wege über das güterliche Vermögen kann Gewinn erwirtschaftet werden, entsprechend der Formel: Geld — Ware — Wiedergeld. Einsatzgröße i m Sinne des ökonomischen Prinzips kann nur das Eigenkapital sein, Erfolgsgröße der Gewinn 7 1 . Dagegen spricht auch nicht die Tatsache, daß der Gewinn eine Differenz ist, denn man könnte, wenn nicht praktische Gründe dagegensprächen, auch das um den Gew i n n vergrößerte Endkapital (im Sinne von Wiedergeld) als Zählergröße der Rentabilität verwenden. Wenn die Rentabilität des Eigenkapitals ihrer Konstruktion nach eine spezifisch wirtschaftliche Ausprägung des ökonomischen Prinzips ist, dann muß sich das Streben nach Rentabilität nicht nur als Streben nach höherem Gewinn, sondern gleichzeitig nach Senkung des Eigenkapitaleinsatzes erweisen. Darin unterscheidet sich das Rentabilitätsstreben als ein ausgesprochen kapitalistisches oder unternehmerisches Streben vom Gewinnstreben schlechthin 72 . W i r d vom Unternehmer gesagt, er wirtschafte, dann bedeutet das nach unseren Ausführungen über das Wirtschaften, daß der Unternehmer nicht das Ziel für sich allein, sondern immer i m Zusammenhang m i t dem für die Zielerreichung notwendigen Einsatz sieht. Der erwirtschaftete Erfolg soll nicht nur den Einsatz lohnen (Ertrag größer als Aufwand!), sondern auch i n einem angemessenen Verhältnis zum Einsatz stehen. Der Ausdruck „angemessen" ist hier rein subjektiv zu verstehen, also vom Urteilenden aus zu sehen. Man kann unterstellen, daß der 71 Unter A u f w a n d oder Einsatz versteht man i m Zusammenhang m i t dem ökonomischen Prinzip etwas, das verschwindet, untergeht, nicht mehr da ist, v o n dem man aber hofft, daß es einem i m Ergebnis wieder zufließt, w e n n auch i n ganz anderer Gestalt. Dies trifft ohne Zweifel auch für das K a p i t a l zu. M i t der U m w a n d l u n g i n Vermögen ist das ursprüngliche K a p i t a l sozusagen verschwunden, man vermutet nur, daß es i n Höhe des Geldwertes des Vermögens i n diesem Vermögen steckt. Ob es aber jemals zurückfließt, ist v ö l l i g ungewiß. Theoretisch werden Teile des Kapitals ein jedes M a l neu „geopfert", w e n n ein Vermögensgegenstand i n Geld zurückverwandelt w e r den konnte, der Unternehmer sich aber nicht f ü r die Entnahme dieses Geldes, sondern für eine neue Investition i n Vermögen entscheidet. Es entspricht der Einsatz von Eigenkapital also durchaus dem Einsatz i m Sinne des ökonomischen Prinzips. 72 Nach G e w i n n streben auch andere Wirtschaftssubjekte, die Handwerker, Kleingewerbetreibenden usw.
Das Prinzip der Rentabilität
Unternehmer genaue Vorstellungen darüber hat, wann sich für i h n der Einsatz seines Kapitals lohnt. Wenn nicht andere Gründe maßgebend sind 73 , dann w i r d er, u m nur ein Beispiel zu nennen, sein Kapital dem unternehmerischen Risiko wahrscheinlich nicht aussetzen, wenn der erzielbare Gewinn niedriger ist als die Verzinsung i n einer m i t geringerem Risiko behafteten Kapitalanlage. Ebenso w i r d er sicherlich nicht an einer Vergrößerung des Gewinnes interessiert sein, wenn diese Vergrößerung nur m i t einem zusätzlichen Eigenkapitaleinsatz möglich ist, der i n keinem für den Unternehmer annehmbaren Verhältnis zum Gewinnzuwachs steht. Die Berücksichtigung beider die Rentabilität ausmachenden Größen für die unternehmerischen Entscheidungen rechtfertigt es, das Rentabilitätsstreben und nicht das Gewinnstreben als dem Unternehmer eigentümlich zu bezeichnen. W i r können aber auch eine noch engere Verbindung zwischen Rentabilitätsstreben und dem Verhalten, das i m ökonomischen Prinzip seinen Niederschlag findet, feststellen. Dazu gehen w i r am besten von der getrennten Formulierung dieses Prinzips aus, also vom Streben nach einem möglichst hohen Ergebnis bei konstantem Einsatz bzw. vom Streben nach möglichst niedrigem Einsatz für ein bestimmtes Ergebnis. Dem Unternehmer geht es nun darum, m i t dem i h m zur Verfügung stehenden Eigenkapital einen möglichst großen Gewinn zu erwirtschaften 7 4 . Diesem Ziel dient die zweite Hälfte des wirtschaftlichen Prinzips, von Ritsehl als die technische Seite bezeichnet 75 . Der Unternehmer w i r d versuchen, den Kapitaleinsatz zu senken, der für die Erzielung von Gewinn erforderlich ist, um das freiwerdende Kapital an anderer Stelle zusätzlich gewinnbringend einzusetzen. Das w i r d er vor allem dann tun, wenn er an der gegebenen Einsatzstelle seinem Ziel nicht näher kommen kann, weil die Konkurrenzverhältnisse eine Ausweitung nicht zulassen, weil der Bedarf an bestimmten Produkten einfach nicht mehr gesteigert werden kann oder aus anderen Gründen mehr. Letztes Ziel bei diesem Verfahren ist immer, die Rentabilität des gesamten Kapitals, über das der Unternehmer verfügt, zu steigern. A n den einzelnen Einsatzstellen w i r d der Unternehmer danach trachten, durch ein möglichst günstiges Verhältnis zwischen Gewinn und Kapitaleinsatz dem Hauptziel zu dienen. Ein solches Verhalten ist lediglich für den kapitalistischen Unternehmer charakteristisch. Auch von dieser 73
Diesen „anderen Gründen" legen w i r große Bedeutung bei f ü r die unternehmerischen Entscheidungen, w i e sich später noch zeigen w i r d . V i e l stärker als die Nationalökonomie muß sich u. E. die Einzelwirtschaftswissenschaft vor einer zu weiten A b s t r a k t i o n von der Realität hüten, w e i l das Verhalten der Einzelwirte ohne Berücksichtigung der nicht quantifizierbaren subjektiven Bestimmungsgründe nicht hinreichend erklärt werden kann. 74 Vergleiche auch Papacharalampous, K., a. a. O., S. 9. 75 Ritsehl, H., a.a.O., S. 47 ff., insb. S. 51; vergleiche auch unsere Ausführungen über das wirtschaftliche bzw. ökonomische Prinzip.
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Rentabilität u n d Rentabilitätsprinzip
Seite her ist damit das Rentabilitätsstreben als eine ausgesprochen unternehmerische Erscheinung charakterisiert. Durch die ausdrückliche Bezugnahme auf den Kapitaleinsatz unterscheidet es sich wesentlich vom Gewinnstreben 76 . 2. D a s
zum
Prinzip
erhobene
Rentabilitätsstreben
W i r haben nun die Frage zu stellen, w o r i n die besondere, die Erhebung zum Prinzip rechtfertigende Bedeutung des Rentabilitätsstrebens liegt 7 7 . Dabei zeigt es sich, daß das Rentabilitätsstreben i n drei Bereichen eine wichtige Rolle spielt: i n der Nationalökonomie, i n der Einzelwirtschaftswissenschaft und schließlich i n der Einzelwirtschaft Unternehmung. Für die Nationalökonomen ist das Rentabilitätsstreben wegen des i n der Nationalökonomie vorherrschenden Begriffs der absoluten Rentabilität ( = Gewinn) nur ein anderer Ausdruck für das Gewinnstreben und als solches die dem Unternehmer eigentümliche Form des allgemeinen Erwerbsstrebens. „Prinzip" hat hier die Bedeutung von Grunderkenntnis: alle Unternehmungen bzw. alle Unternehmer streben nach Rentabilität. Bei allen Versuchen, die gesamtwirtschaftlichen Zusammenhänge zu erklären, kann der Nationalökonom davon ausgehen, daß die Unternehmer sich i n einer ganz bestimmten, aber gleichen Weise verhalten, und zwar nach Gewinn streben. Das Rentabilitätsprinzip bedeutet damit für die Nationalökonomie ein Datum, d.h., es kann bei den Betrachtungen immer unterstellt werden, daß die Unternehmer auf Änderungen der gesamtwirtschaftlichen Konstellation so reagieren werden, wie es i m Interesse der Gewinnerzielung notwendig erscheint. Die Erkenntnis, daß der Unternehmer nach Gewinn strebt, läßt aber nicht die Aussage zu, daß er sich i n jedem Falle so verhalten, sein Streben nach Gewinn insbesondere nicht etwa w i l l k ü r l i c h begrenzen oder einschränken wird. Vor allen Dingen für die i n der Nationalökonomie wichtigen Modellbetrachtungen, deren eines Kennzeichen das Festhalten einer Reihe von Faktoren (ceteris paribus) und das Verändern einiger weniger anderer ist, muß es recht unangenehm sein, wenn auch das Gewinnstreben der Unternehmer kein konstanter, sondern ein variabler Faktor wäre. Dieser Schwierigkeit begegnete man durch die Annahme eines Strebens nach maximalem Gewinn bzw. 76 Wenn m a n sich über die Zusammenhänge zwischen G e w i n n u n d Rentabilität k l a r ist, können die Ausdrücke Gewinn- u n d Rentabilitätsstreben durchaus nebeneinander gebraucht werden, w i e es i n L i t e r a t u r u n d Praxis häufig der F a l l ist. 77 Vergleiche unsere Ausführungen über das Wirtschaftlichkeitsprinzip S. 53 ff.
Das Prinzip der Rentabilität
maximaler Rentabilität 7 8 . Auf diese Weise schuf man für die Modellbetrachtung einen weiteren konstanten Faktor. M i t Hilfe einer derartigen Unterstellung kann man nun m i t Sicherheit voraussagen, wie die Unternehmer auf die Änderung anderer volkswirtschaftlicher Daten reagieren werden. Für einen außenstehenden Betrachter nicht zu erwartende individuelle Beschränkungen des Gewinnstrebens braucht man nun nicht mehr zu befürchten. Die Erklärung gesamtwirtschaftlicher Zusammenhänge m i t dem M i t t e l der Modellbetrachtung w i r d dadurch ohne Zweifel wesentlich vereinfacht. Die Vorstellungen von einem Streben nach maximalem Gewinn i m Sinne eines absoluten Maximums sind eigentümlich für das Modell einer Marktverkehrswirtschaft. Natürlich kann auch der Nationalökonom nicht sagen, wie dieses M a x i m u m beschaffen ist 7 9 , u m einen bestimmten Punkt oder Betrag geht es dabei aber auch gar nicht, sondern lediglich um eine bestimmte Tendenz. Das maximale Rentabilitätsstreben soll nur bedeuten, daß der Unternehmer zu keinem Zeitpunkt m i t dem bis dahin erreichten Gewinn zufrieden ist, sondern immer nach mehr, nach größerem Gewinn trachtet, daß er sein Streben also nicht w i l l k ü r l i c h beenden oder einschränken wird. Ob sich ein solch unbegrenztes Streben i n der Realität tatsächlich beobachten läßt, ist eine ganz andere, hier nicht zur Diskussion stehende Frage. Die mehr oder weniger weite Abstraktion von der realen Wirklichkeit ist j a gerade ein wesentliches Merkmal, aber auch ein nicht zu unterschätzender Nachteil aller Modellbetrachtungen. Wenn i n der Nationalökonomie und auch i n der Betriebswirtschaftslehre vom Rentabilitätsprinzip die Rede ist, meint man damit i n aller Regel ein solches Streben nach maximaler Rentabilität. U m die Auswirkungen, die diesem Prinzip i n der Volkswirtschaftslehre zugeschrieben werden, brauchen w i r uns hier nicht zu kümmern. Die bekannteste und wichtigste Folgerung aus diesem Prinzip ist die, daß über das Streben nach maximalem Gewinn die bestmögliche Versorgung des Marktes und damit der Allgemeinheit m i t M i t t e l n zur Bedürfnisbefriedigung gewährleistet sei 80 . Für den Unternehmer selbst kommt i m Rentabilitätsprinzip eine zweifache Bedeutung des Rentabilitätsstrebens zum Ausdruck, nämlich 78 F ü r eine solche A n n a h m e bestand auch i n der wirtschaftlichen Realität ohne Zweifel eine gewisse Berechtigung. 79 Dieses absolute M a x i m u m darf nicht verwechselt werden m i t den M a xima, die i n den Kostenkurven aus gegebenen Kosten- u n d Absatzpreissituationen konstruiert werden. 80 So legt z. B. Baumgartner dem Rentabilitätsprinzip die Bedeutung „eines selbständigen, Wirtschaftsregulierenden Faktors" bei (Baumgartner, Cyrill, a. a. O., S. 68). I m übrigen k a n n hier auf die umfangreiche volksu n d betriebswirtschaftliche L i t e r a t u r zu diesem Fragenkreis verwiesen werden.
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Rentabilität u n d Rentabilitätsprinzip
eine oberste Verhaltensnorm und eine Seinsvoraussetzung. Durch die Entscheidung, das geldliche Einkommen unter Einsatz eigener M i t t e l (Eigenkapital) durch die Tätigkeit des Ein- und Verkaufens m i t Ausnutzung einer möglichen Preisdifferenz zu erwerben, hat sich der Unternehmer ein eindeutig bestimmtes Ziel gesetzt. Wenn w i r davon ausgehen, daß das Wirtschaften ein rationales Verhalten ist, dann muß das zur Zielerreichung notwendige Verhalten vom Ziel her bestimmt und gestaltet sein. Das Streben nach Rentabilität hat damit für den Unternehmer die Bedeutung eines praktischen Prinzips, es ist der höchste Gesichtspunkt für das gesamte wirtschaftliche Verhalten des Unternehmers, es ist die oberste Verhaltensmaxime, die der Unternehmer sich selbst gesetzt hat 8 1 . Das Rentabilitätsstreben hat zweitens die Bedeutung eines existenziellen Prinzips, es ist eine notwendige, unabdingbare Voraussetzung für das Fortbestehen der Unternehmung als Einkommensquelle für den Unternehmer. Nur wenn nach Rentabilität gestrebt und sie i m Ergebnis auch erreicht wird, kann die Unternehmung auf die Dauer gesehen existieren, und zwar als Unternehmung, als eine nicht von irgendeiner Seite subventionierte, sondern sich selbst erhaltende Einzelwirtschaft 82 . Das Angewiesensein auf den Überschuß der Erträge über die Aufwendungen zwingt den Unternehmer, nach einem solchen Überschuß zu streben. Die Gleichheit von Ertrag und Aufwand kann auf längere Sicht für den Fortbestand der Unternehmung nicht ausreichend sein 83 . 81 Baumgartner spricht i n diesem Zusammenhang v o m Rentabilitätsprinzip als einer „ Z i e l f u n k t i o n " f ü r den Unternehmer (Baumgartner, Cyrill, a. a. O., Vorwort). 82 Als sogenannter „Kostendeckungsbetrieb" oder als Zuschußbetrieb k a n n die Einzelwirtschaft auch bei fehlender Rentabilität weiterbestehen. 83 Gehen w i r davon aus, daß Eigenkapitalzins u n d Unternehmerlohn nicht als A u f w a n d betrachtet werden, dann w i r d der Unternehmer diese Einzelwirtschaft v o n sich aus beenden, w e n n er auf die Dauer sein Ziel nicht erreichen k a n n ; i n erster L i n i e natürlich dann, w e n n er zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes auf den G e w i n n unbedingt angewiesen ist. Interessanter sind aber eine Reihe anderer Gründe, die eine U n t e r nehmung zum Absterben bringen werden, w e n n diese dauernd ohne Gew i n n bleibt. So werden häufig die durch Gewinnthesaurierung gebundenen Eigenmittel fehlen, die i n kritischen Zeiten zur Anpassung an die veränderten Verhältnisse dringend erforderlich sein können. Es ist w e i t e r h i n keine Frage, daß die K r e d i t w ü r d i g k e i t einer erfolglosen Unternehmung recht ger i n g ist u n d i m m e r weiter zurückgehen w i r d , was sich ebenfalls gerade i n schlechten Zeiten besonders nachteilig auswirken w i r d . Ohne Zweifel k a n n eine erfolgreiche Unternehmung gelegentliche Rückschläge, die i m m e r einm a l vorkommen werden, v i e l leichter kompensieren als eine erfolglose. M i t der Zeit werden sich dann noch andere, den Untergang beschleunigende Nachteile einstellen. Die Position einer erfolglosen Unternehmung auf dem Beschaffungsmarkt w i r d i n der Regel schlechter sein als die einer ererfolgreichen. Das k a n n i n Zeiten knappen Angebots sehr unangenehm sein, das w i r d aber auch unter normalen Verhältnissen zu einer Verschlechterung der Kostenstruktur über höhere Einkaufspreise führen u n d damit sicher zu
Das Prinzip der Rentabilität
Das Verhalten der Unternehmer w i r d also von zwei Seiten her, die selbstverständlich i n gegenseitiger Abhängigkeit stehen, vom Rentabilitätsprinzip bestimmt. Dabei bleibt es einer späteren Erörterung vorbehalten, ob w i r hier, wie es die Nationalökonomie tut, auf den maximalen Gewinn bzw. die maximale Rentabilität abstellen müssen oder nicht. Die Bedeutung, die das Rentabilitätsstreben für den Unternehmer hat, muß ihre Auswirkungen auch auf die Wissenschaft haben, die sich m i t dem Verhalten des Wirtschaftssubjektes Unternehmer beschäftigt. Dabei geht es u m die Frage, ob das Rentabilitätsprinzip als systembildendes Prinzip für eine solche Wissenschaft vom Unternehmer geeignet ist. Eines der Ziele unserer Arbeit ist es, diese Frage zu beantworten.
einem weiteren Absinken, falls über die Verkaufspreise k e i n Ausgleich geschaffen werden kann. Umgekehrt werden die erfolgreichen Unternehmen auf jedem Gebiet ihren Vorsprung weiter ausbauen, bis eines Tages das Ubergewicht so stark ist, daß die erfolglose Unternehmung untergehen muß. Es reicht also nicht aus — u n d darauf k o m m t es uns hier an —, daß die Erträge gerade die Aufwendungen decken. A u f die Dauer muß die U n t e r nehmung rentabel arbeiten, w e n n sie a m Leben bleiben w i l l .
D. Erkenntnisobjekt, systembildendes Prinzip und Wissenschaftsrichtung Nach der Darstellung des Wirtschaftlichkeitsprinzips und des Rentabilitätsprinzips wenden w i r uns nun der Behandlung des Erkenntnisobjektes, des systembildenden Prinzips und der i m Wissenschaftszweck begründeten Betrachtungsweise, Wissenschafts- oder Forschungsrichtung zu.
I. Das Erkenntnisobjekt in der einzelwirtschaftlichen Disziplin der Wirtschaftswissenschaften Wissenschaften unterscheiden sich i n erster Linie durch ihr Erkenntnisobjekt. Ein scharf umrissenes Objekt ist die Voraussetzung für den Wissenschaftscharakter. Die Grenzziehung bereitet allerdings oft große Schwierigkeiten, so daß Überschneidungen nicht ausgeschlossen sind. Gehen w i r davon aus, daß sich i n der Benennung einer Wissenschaft das Erkenntnisobjekt i n großen Umrissen wiederspiegelt, dann ist der Wandel i m Erkenntnisobjekt unserer Wissenschaft ganz offensichtlich. Obwohl i n den letzten Jahrzehnten immer von der Betriebswirtschaftslehre die Rede ist, so war und ist doch keineswegs der Betrieb das einzige mögliche Erkenntnisobjekt, es bestanden und bestehen auch heute noch mehrere Objekte nebeneinander. Die jüngsten Diskussionen über die methodologischen Grundlagen unserer Wissenschaft machen das sehr deutlich. Was hat man nun eigentlich unter einem Erkenntnisobjekt zu verstehen? Dem Begriff Erkenntnisobjekt ist — wie Hostettler zutreffend bemerkt — von den Wirtschaftswissenschaften viel mehr Beachtung geschenkt worden als etwa von der Philosophie 1 . I m allgemeinen w i r d 1 Hostettler, Ernst, Die Frage der Objektbestimmung i n der Betriebswirtschaftslehre, Diss. Bern 1945, S. 17. V o n den Nationalökonomen haben vor allem M a x Weber (Die O b j e k t i v i t ä t sozialwissenschaftlicher u n d sozialpolitischer Erkenntnis, i n : Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre) u n d A l f r e d A m o n n (Objekt u n d G r u n d begriffe der theoretischen Nationalökonomie, 2. Aufl., Leipzig-Wien 1927), von den Betriebswirtschaftlern u. a. Schönpflug, Sieber, Töndury u n d Weyermann-Schönitz dem Begriff Erkenntnisobjekt Aufmerksamkeit entgegengebracht. Die Philosophie dürfte diesem Begriff u. E. deshalb weniger Bedeutung beimessen, w e i l sie keinen grundlegenden Unterschied zwischen Erfahrung
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ein Unterschied zwischen dem Erfahrungsobjekt und dem Erkenntnisobjekt gemacht. Ersteres ist das Objekt, auf das sich die sinnliche Wahrnehmung richtet, auf das sich die Erfahrung bezieht. Das ist die Unternehmung A, die Genossenschaft B oder der Haushalt C, das ist der Wertpapiermarkt der Bundesrepublik Deutschland oder der Weltmarkt für Baumwolle. Das Erfahrungsobjekt ist also immer eine reale Erscheinung, denn nur eine solche ist der sinnlichen Wahrnehmung zugänglich. Der nächste Schritt wissenschaftlichen Forschens besteht darin, aus der Fülle der gewonnenen Erfahrungen das Typische, das Wesentliche, das allem Beobachteten Gemeinsame herauszufinden. „Wo Wirklichkeit und Leben vielgestaltig und wechselvoll sind, w i l l die Wissenschaft eindeutig und einfach sein. Die Vielfalt eindeutig zu erklären, i m Wechsel das Bleibende zu finden, ist i h r Bemühen 2 ." So w i r d m i t Hilfe der Abstraktion aus den buntschillernden Erscheinungen bestimmter A r t — eben den Erfahrungsobjekten — eine gedankliche Konstruktion errichtet, die man Erkenntnisobjekt nennt 3 . Welcher Beschaffenheit ist nun dieses Erkenntnisobjekt? Ist es ein einzelnes Gedankengebilde, ein Komplex von Beziehungen innerhalb dieses Gebildes oder ein Problemzusammenhang 4 ? Man muß Hostettler recht geben, wenn er die gedanklichen Gebilde Betrieb und Unternehmung als Erkenntnisobjekt ablehnt, denn i n der Tat können diese Gebilde von verschiedenen Seiten aus betrachtet werden, somit aber Gegenstand mehrerer Wissenschaften sein 5 . Durch eine Definition des Betriebs oder der Unternehmung ist das Erkenntnisobjekt noch nicht bestimmt. Einen Schritt weiter bringt uns die Trennung der Wissenschaften i n Natur- und Geisteswissenschaften. Die Geisteswissenschaften, zu denen unserer Auffassung nach auch die Wirtschaftswissenschaften gehören, beschäftigen sich m i t dem menschlichen Verhalten, m i t dem Menschen als Subjekt und m i t seinen Werken 6 . Was als reale Erscheinung wahrnehmbar ist, ist immer die Auswirkung eines menschlichen Verhaltens. u n d Erkenntnis macht. I n den Einzelwissenschaften sieht m a n dagegen i n einer wissenschaftlichen Erkenntnis etwas Gesichertes, Feststehendes, Beweisbares oder Allgemeingültiges, w ä h r e n d die Erfahrung eine Quelle f ü r die Erkenntnis ist. 2 L i n h a r d t , H., Anschaulichkeit der Wirtschaft, a. a. O., S. 5. 8 Siehe hierzu H i l l , W., Betriebswirtschaftslehre als Wissenschaft, Zürich/ St. Gallen 1957, S. 36 u n d Sandig, Curt, Die Forschungs- u n d Darstellungsmethoden, a. a. O., S. 138 ff. 4 Siehe hierzu Hostettler, Ernst, a. a. O., S. 19 f. u n d 94 ff. 6 Der Betrieb ist z . B . Gegenstand der Betriebssoziologie, der Betriebstechnik, der Betriebswissenschaft usw. 6 Vergleiche dazu Fettel, Johannes, Betriebswirtschaftslehre als Geisteswissenschaft, a. a. O., S. 212.
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Aus den vielen, zum Teil außerordentlich unterschiedlichen Verhaltensarten ein spezifisches Verhalten als das zu untersuchende auszuwählen, ist die erste Aufgabe für eine Geisteswissenschaft. Das ist weitgehend eine Frage der Definition. Die Wahl fällt bei uns ganz allgemein auf das wirtschaftliche Verhalten von Wirtschaftssubjekten. Dieses Verhalten ist ein Komplex von individuellen Zielsetzungen, Entscheidungen und zweckdienlichen Handlungen. Der sich wirtschaftlich verhaltende Mensch t r i t t i n Verfolgung seiner Ziele i n Beziehungen zur Umwelt. Er w i l l etwas erreichen und muß dazu die von der Umwelt entgegengesetzten Widerstände überwinden. M i t diesem ganzen Komplex von Beziehungen, der sich hinter dem Ausdruck w i r t schaftliches Verhalten verbirgt, haben w i r es i n unserer Wissenschaft zu tun 7 . Die Frage ist nun allerdings, ob sich alle Wirtschaftssubjekte i n der gleichen A r t und Weise verhalten oder ob Unterschiede festzustellen sind. Hierüber gibt es keine einheitliche Auffassung. Die einen Wissenschaftler sind davon überzeugt, daß sich das Verhalten aller W i r t schaftssubjekte aus einem einzigen Prinzip heraus erklären läßt, andere unterscheiden mehrere, durch verschiedene Zielsetzungen gekennzeichnete Gruppen von Wirtschaftssubjekten. Somit gibt es dann entweder ein einziges Erkenntnisobjekt oder deren mehrere 8 . I n der Literatur t r i t t nun an die Stelle des Beziehungskomplexes „wirtschaftliches Verhalten der Einzelwirte" das Instrument, m i t dessen Hilfe der Einzelwirt sein wirtschaftliches Ziel zu erreichen sucht, nämlich das Gebilde Einzelwirtschaft, Unternehmung und Betrieb. Dennoch sind i n Wirklichkeit nicht diese Gebilde selbst das Erkenntnisobjekt, sondern eben die für sie charakteristischen Beziehungskomplexe m i t ihren eigenen Problemen. Daß dem so ist, w i r d deutlich an der A r t der wissenschaftlichen Fragestellung und des Betrachtungsstandpunktes. Der Einfachheit halber wollen w i r die i n unserer Disziplin üblichen Bezeichnungen Einzelwirtschaft, Unternehmung, Betrieb beibehalten; w i r sind uns dabei aber immer i m klaren, daß nicht das Gebilde selbst 7 Vergleiche hierzu Hostettler, Ernst, a. a. O., S. 16 ff. u n d die A u s f ü h r u n gen H i l l s über das Erkenntnisobjekt (Hill, Wilhelm, a. a. O., S. 29 ff. u n d S. 36 ff.). 8 Nach unserer Auffassung k a n n eine Wissenschaft n u r ein einziges E r kenntnisobjekt haben. Sind mehrere Objekte i m Zusammenhang m i t dem wirtschaftlichen Verhalten denkbar, dann muß es die entsprechende A n z a h l von Wissenschaften oder Einzellehren geben. Demgegenüber k o m m t allerdings Hostettler zu dem Ergebnis, daß die Betriebswirtschaftslehre zwei E r kenntnisobjekte hat, den Problemzusammenhang Unternehmung — Rentab i l i t ä t u n d den Problemzusammenhang Betrieb — Wirtschaftlichkeit (Hostettler, Ernst, a. a. O., S. 114). Konsequenterweise hätte dann aber auch berücksichtigt werden müssen, daß es außer Unternehmungen noch andere Einzelwirtschaften gibt.
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Erkenntnisobjekt ist, sondern das wirtschaftliche Verhalten der jeweiligen Einzelwirte, dessen Auswirkungen hier ihren sichtbaren Niederschlag finden®. 1. D i e E i n z e l w i r t s c h a f t Entsprechend unserer Definition spielt sich das Wirtschaften nicht in den Betrieben ab, wie Nicklisch meint 1 0 , sondern zwischen den Betrieben oder — wie w i r sagen — den Einzelwirtschaften. Diese Einzelwirtschaften sind die Wirtschaftseinheiten, die zur Zweckverwirklichung miteinander i n wirtschaftliche Beziehungen treten. Welches sind nun die Kriterien einer solchen Einzelwirtschaft? Den ersten Anhaltspunkt geben uns hierfür unsere eingangs gemachten Ausführungen über das Wirtschaften. Wenn das Wirtschaften ein rationales Verhalten ist, also ein auf die Verwirklichung eines Zweckes gerichtetes Verhalten, dann muß es diesen Zweck erst einmal geben. Das bedeutet, es muß ein Subjekt da sein, das diesen Zweck setzt. Als erstes K r i t e r i u m einer Einzelwirtschaft haben w i r damit das Subjekt, das w i r Wirtschaftssubjekt oder Einzelwirt nennen wollen. Einzelwirt kann sowohl eine natürliche als auch eine juristische Person, hinter der wiederum natürliche Personen stehen, sein; es kann sich aber auch u m mehrere Personen handeln, die gemeinsam ein bestimmtes wirtschaftliches Ziel verfolgen wollen. Aus der Definition des Wirtschaftens und aus dem Vorhandensein eines Subjektes folgt als zweites K r i t e r i u m der wirtschaftliche Zweck oder das wirtschaftliche Ziel 1 1 . Hierbei ist allerdings zu bedenken, daß dieses Endziel einer Einzelwirtschaft nicht identisch ist m i t dem letzten Ziel, dem schließlich alles Wirtschaften zu dienen bestimmt ist, nämlich der Bedürfnisbefriedigung. W i r haben darauf hingewiesen, daß die Bedürfnisbefriedigung außerhalb des wirtschaftlichen Bereiches liegt. I m Vergleich zu diesem letzten Ziel sind alle Ziele, die die W i r t schaftssubjekte i n den Einzelwirtschaften verfolgen, nur Vorziele. Alle Vorziele gipfeln i n der Beschaffung und Bereitstellung von M i t t e l n für die Bedürfnisbefriedigung oder i n der Beschaffung von Geld. So gesehen haben w i r also zunächst einmal zwei Wirtschaftszwecke zu unterscheiden. Diese Zahl erhöht sich aber, wenn man berücksichtigt, daß sowohl die Beschaffung von Geld als auch von Bedürfnisbefriedigungsmitteln i n ihrem Ausmaß verschieden weit gehen und vor allem auf unterschiedliche A r t und Weise geschehen kann. 9 Die Lehre von der Unternehmung z . B . ist i m Grunde genommen eine Lehre v o m wirtschaftlichen Verhalten des Unternehmers. 10 Nicklisch, H., A r t i k e l „Betriebswirtschaft", i n : Handwörterbuch der Betriebswirtschaft, 2. Aufl., Stuttgart 1938, Sp. 923. 11 W i r erinnern daran, daß w i r zwischen Z i e l u n d Zweck keinen U n t e r schied machen, sondern beide Ausdrücke synonym verwenden.
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Wirtschaftssubjekt und wirtschaftliches Ziel stellen den Oberbau einer Einzelwirtschaft dar. Hinzutreten muß nun noch das Tätigwerden selbst, das auf die Zielerreichung gerichtete Handeln. Dafür bedarf es organisatorischer Maßnahmen, verschiedener M i t t e l und Werkzeuge, und zwar Sachgüter, Arbeitskraft, Rechte, Erfahrungen usw., die für die Zielerreichung erforderlich sind bzw. vom Subjekt als erforderlich (zweckentsprechend, zweckmäßig) angesehen werden. Dieses Gesamt aus Mitteln, die man auch Produktionsfaktoren nennt, und organisatorischen Maßnahmen bezeichnen w i r als den technischen Apparat einer Einzelwirtschaft 12 . Aus diesen drei Kriterien folgt ein durch die bestehende Rechtsund Eigentumsordnung bedingtes Merkmal, nämlich die Selbständigkeit der Einzelwirtschaft, die Abgrenzung gegenüber anderen W i r t schaftseinheiten. Die juristische Selbständigkeit der Einzelwirtschaft bedeutet allerdings nicht notwendig auch eine wirtschaftliche Selbständigkeit. Vom wirtschaftlichen Standpunkt aus ist oft schwer zu entscheiden, ob Selbständigkeit gegeben ist oder nicht. Ein M i t t e l zur Abgrenzung gegenüber anderen Einzelwirtschaften und deshalb auch ein K r i t e r i u m der Einzelwirtschaft ist die auf die jeweilige spezielle Tätigkeit ausgerichtete Wirtschaftsrechnung, die i n einer Einzelwirtschaft aufgemacht werden kann, nicht aber auch muß. Eine solche Rechnung w i r d möglich durch das Geld als die umfassende und einheitliche Rechengröße und umfaßt alle Geschäftsvorgänge, die sich zwischen der betreifenden Einzelwirtschaft und anderen W i r t schaftseinheiten abspielen und ihren Niederschlag i n Geld finden. Zusammenfassend kann die Einzelwirtschaft also wie folgt umschrieben werden: es ist ein selbständiges, gegen anderen Einheiten abgegrenztes Zweckgebilde aus einem Wirtschaftssubjekt, von dem eine ganz bestimmte wirtschaftliche Zielsetzung ausgeht, und einem technischen Apparat oder Instrumentarium, das der Zielerreichung zu dienen bestimmt ist. Über die wirtschaftlichen, sich i n Geld niederschlagenden Vorgänge kann eine i n sich geschlossene Wirtschaftsrechnung geführt werden. Unter diese Definition fallen alle öffentlichen und privaten Betriebe, und zwar sowohl die Produktions- als auch die Konsumtionsbetriebe oder nach der von uns gebrauchten Terminologie: alle Haushalte und Gelderwerbswirtschaften. Es sind dies alles Gebilde, die entweder auf zwei Seiten oder auf einer Seite m i t anderen Einzelwirtschaften i n Beziehung treten. Es sind wirtschaftliche Gebilde, w e i l sie m i t anderen derartigen Gebilden Verbindung aufnehmen der Beschaffung von Geld oder Bedürfnisbefriedigungsmitteln wegen. I n sich geschlossene sogenannte Haus- oder Hofeswirtschaften können w i r , worauf i n anderem 12
Hierzu vergleiche unsere Ausführungen über den Betrieb.
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Zusammenhang schon hingewiesen wurde, nicht zu den Wirtschaftseinheiten rechnen, w e i l bei ihnen diese Verbindung fehlt. W i r verwenden den Ausdruck Einzelwirtschaft, u m erstens einen Gegensatz zur Gesamt-, Gemein- oder Volkswirtschaft herauszustellen und u m zweitens den Ausdruck Betrieb nicht gebrauchen zu müssen. Der Ausdruck Einzelwirtschaft ist i n der Literatur nur selten zu finden, er taucht nach Seyffert 18 erstmalig bei Leon Gomberg auf und w i r d dann besonders von Schönpflug bevorzugt 14 . Auch bei anderen Autoren ist h i n und wieder von der Einzelwirtschaft die Rede 15 , aber konsequent beibehalten w i r d dieser Begriff, soweit w i r es übersehen können, sonst von niemandem. I n aller Regel werden die Wirtschaftseinheiten als Betriebe bezeichnet. Es gibt aber i n unserer Wissenschaft nur wenige Begriffe, die so vielgestaltig sind und so unterschiedliche Inhalte haben wie der Begriff Betrieb. Betrieb kann zwar Einzelwirtschaft bedeuten, er w i r d aber häufig nur auf bestimmte Einzelwirtschaften angewandt. M i t Betrieb kann auch bloß der technische Apparat einer Einzelwirtschaft gemeint sein oder sogar nur ein Teil davon. Vielfach verwenden die Autoren auch mehrere Begriffsinhalte nebeneinander. Selbst Vertreter eines technischen Betriebsbegriffes können es nicht ganz vermeiden, von Betrieben zu sprechen, wenn sie Einzelwirtschaften meinen. Der Vorwurf, daß i m Begriff Betrieb das wirtschaftliche Moment, auf das es i n unserer Wissenschaft doch ankommt, zu kurz käme, w i r d durch die Bezeichnung „Betriebswirtschaft" zu entkräften versucht. Dieser Ausdruck ist nicht neu, er wurde schon vor Jahrzehnten von M. R. Lehmann und von Nicklisch gebraucht 16 , scheint i n jüngerer Zeit aber zunehmende Verbreitung zu finden. 2. D i e k a p i t a l i s t i s c h e
Unternehmung
Die Einzelwirtschaften teilen w i r , wie schon ausgeführt wurde, i n die Haushalte und Gelderwerbswirtschaften ein 1 7 . Sehen w i r von den alten Kameralwissenschaften ab, dann haben die Haushalte, sowohl 13 Seyffert, Rudolf, Über Begriff, Aufgaben u n d E n t w i c k l u n g der Betriebswirtschaftslehre, 4. Aufl., Stuttgart 1957, S. 8. 14 Schönpflug, Fritz, Betriebswirtschaftslehre, 2. A u f l . v o n „Das Methodenproblem i n der Einzelwirtschaftslehre", Stuttgart 1954. Schönpflug gibt allerdings den Begriff Einzelwirtschaft i n seinem Buch „Untersuchungen über den Erkenntnisgegenstand" wieder zugunsten des Begriffes Betrieb auf. 16 So z. B. bei Rieger, Wilhelm, a. a. O., S. 2, 13, 14 u. a.; Lehmann, M . R., Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 3. Aufl., Wiesbaden 1956, S. 33. 19 B e i Lehmann, M . R., z. B. i n : Wirtschaftskraft u n d Wirtschaftlichkeit oder die Dimensionen der Wirtschaft, i n : ZFB, Jg. 1927, S. 574 f.; bei N i c k lisch, H., z. B. i n : Die Betriebswirtschaft, Stuttgart 1932. 17 Dann, w e n n nicht n u r f ü r den M a r k t , sondern auch f ü r den eigenen K o n s u m produziert w i r d , finden sich beide Einzelwirtschaftsarten i n einer Einzelwirtschaft vereinigt, w i e z. B. i n der Landwirtschaft u n d i m Handwerk.
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Forker
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die privaten wie die öffentlichen, erst i n jüngerer Zeit das betriebswirtschaftliche Interesse auf sich gezogen 18 . Die Unternehmung als die wichtigste Gruppe der Gelderwerbswirtschaften gab demgegenüber schon vor dem Beginn der heutigen Betriebswirtschaftslehre das eigentliche Untersuchungsfeld für eine einzelwirtschaftliche Wissenschaft ab 19 . Da Wirtschaften ein menschliches Verhalten ist und dieses Verhalten uns gerade interessiert, g i l t unsere Betrachtung i n erster Linie den Wirtschaftssubjekten, die durch die jeweilige wirtschaftliche Zwecksetzung und die auf die Zweckverwirklichung gerichteten Maßnahmen das Aussehen einer Einzelwirtschaft bestimmen. Deshalb wollen w i r uns zuerst dem Wirtschaftssubjekt Unternehmer zuwenden. a) Der Unternehmer Es lassen sich zwei unterschiedliche Auffassungen vom Unternehmer feststellen: 1. der Unternehmer als eine eigenes K a p i t a l einsetzende u n d nach G e w i n n bzw. Rentabilität strebende Person u n d 2. der Unternehmer als eine innerhalb einer Einzelwirtschaft i n leitender Position stehende u n d m i t besonderen (eben unternehmerischen) Fähigkeiten ausgestattete Person.
A m Rande findet sich auch noch eine dritte Auffassung, die den Unternehmerbegriff i n Abhängigkeit von den Funktionen bringt, die die betreffende Person auszuführen hat. Es werden dazu bestimmte Funktionen als typisch unternehmerische bezeichnet 20 . Bei dieser A u f fassung handelt es sich aber nur u m eine Vermischung zwischen den beiden oben genannten Gesichtspunkten. Wenn die unternehmerische Funktion z.B. i m Verfügen über das Kapital oder die m i t i h m beschafften Produktivmittel besteht, dann kann dieses Verfügen abhängig sein vom Eigentum an diesen Produktivmitteln oder aber auch von der auf Grund besonderer Qualitäten errungenen Position i n der betreffenden Einzelwirtschaft, wobei dann die Eigentumsfrage unbeachtlich ist. Der Meinung, daß der Unternehmer Repräsentant bestimmter i n der Wirtschaft besonders notwendiger oder wünschenswerter Tugenden oder Qualitäten sei und i n keiner Beziehung zum Kapital zu stehen 18 Der erste Versuch, eine geschlossene Theorie des privaten Haushaltes zu geben, stammt aus dem Jahr 1958: Dubberke, Hans-Achim, Betriebswirtschaftliche Theorie des privaten Haushaltes, i n : Wirtschaftswissenschaftliche Abhandlungen, Heft 7, B e r l i n 1958. 19 Daß auch w i r uns ausschließlich m i t der Unternehmung u n d nicht m i t den anderen Einzelwirtschaftsarten befassen, das liegt n u r an unserer Themenstellung. 20 vergleiche hierzu T u r i n , Guido, Der Begriff des Unternehmers, Diss. Zürich 1947, T u r b e n t h a l 1948.
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brauche, können w i r uns nicht anschließen, w i r müssen sie sogar ablehnen. Diese Definition basiert ganz eindeutig auf einer Reihe von Werturteilen, und Werturteile haben unseren Vorstellungen entsprechend i n einer Wissenschaft nichts zu suchen 21 . Eine exakte Abgrenzung des Wirtschaftssubjektes Unternehmer ist nicht möglich, wenn erstens einmal die Meinungen darüber, welche Qualitäten ein Unternehmer haben muß oder soll, auseinandergehen und wenn zweitens die Maßstäbe für diese verschiedenen Qualitäten notwendig subjektiver Natur sein müssen. Wie vielfältig der Katalog der Tugenden oder Eigenschaften, die einen Unternehmer ausmachen sollen, ist, darüber gibt ein Blick i n die betriebswirtschaftliche Literatur hinreichend Aufschluß. Da w i r d z.B. auf die Anpassungsfähigkeit Wert gelegt, auf das Fingerspitzengefühl für Zusammenhänge und Zukunftsaussichten, auf Voraussicht, auf ein Witterungsvermögen für sich bietende Chancen, auf unermüdliche Arbeitsfähigkeit, auf Organisationstalent und anderes mehr. Die einen plädieren zudem für gute Menschenführungsqualitäten, andere wieder stellen die ausgeprägte Rücksichtslosigkeit, die Fähigkeit, sich über alle Widerstände hinwegzusetzen und alle Chancen auszunutzen, i n den Vordergrund. Oft w i r d auch noch auf eine besondere ethische Einstellung Wert gelegt. Da soll der Unternehmer z.B. immer das Wohl der Gesamtheit i m Auge behalten, die eigenen Interessen denen der Gemeinschaft unterordnen, den Eigennutz nicht vor den Gemeinnutz stellen, da soll er seine Abnehmer nicht übervorteilen und seine Arbeitnehmer nicht ausbeuten, da soll er sich u m die bestmögliche Bedarfsdeckung kümmern oder nur solche Produkte erstellen, die vom gesundheitlichen, moralischen oder einem sonstigen Standpunkt aus von Nutzen für die Konsumenten sind. Andere Autoren machen dem Unternehmer die Auflage, m i t dem i h m von der Volkswirtschaft anvertrauten Kapital oder den Produktivmitteln recht sparsam und nutzbringend umzugehen, es bzw. sie der volkswirtschaftlich wichtigsten Verwendung zuzuführen. Diese Aufzählung ließe sich noch beträchtlich erweitern. Aber auch so w i r d schon deutlich genug, daß auf der Grundlage solcher i n d i v i dueller Werturteile eine wissenschaftlich exakte Definition des Unternehmers nicht denkbar ist. Das Ausrichten der Definition an diesen Unternehmerqualitäten ist i m Grunde genommen auch nur eine Verlegenheitslösung. Die alten am Kapitalbesitz orientierten Vorstellungen waren zusammen m i t dem Rentabilitätsstreben als Folge gewisser Zeitströmungen etwas i n Mißkredit geraten, bis schließlich i n den Jah21 Es sei denn, es handelt sich u m Werturteile, die v o n den Wirtschaftssubjekten, die Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchung sind, gefällt w e r den. Derartige Werturteile muß auch eine empirische, wertfreie Wissenschaft berücksichtigen.
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ren nach 1933 aus dem alten Unternehmer sogar der „Betriebsführer" wurde. Dazu kam, daß — bedingt durch die steigende Kompliziertheit der produktionstechnischen und wirtschaftlichen Vorgänge — der Spezialist an Bedeutung gewann und mehr und mehr Aufgaben übernahm, die der Unternehmer früher selbst erledigen konnte. So entstand schließlich das, was man heute i n den Kapitalgesellschaften den Manager nennt. Da diese Manager über die gleichen Fähigkeiten verfügen, wie sie die Unternehmer zur Erreichung ihrer Ziele haben müssen, bezeichnet man sie heute i n der Regel auch als Unternehmer. Damit wurde ein Unternehmerbegriff geprägt, der die Besitzverhältnisse vollkommen unberücksichtigt läßt und dafür besondere Eigenschaften i n den Vordergrund stellt. Hier zeigt sich wieder ganz deutlich ein wertendes Moment. Dadurch, daß man auf die besonderen Eigenschaften abstellt, macht man den Begriff Unternehmer zu einer Auszeichnung. Warum sonst hat man wohl ein Interesse daran, die Direktoren von Kapitalgesellschaften als Unternehmer zu bezeichnen. Man macht sie damit zu i n der Wirtschaft tätigen Personen besonderer Güte oder Klasse. Das ist ein zweiter Grund, warum w i r diesen Unternehmerbegriff ablehnen müssen. Wissenschaftliche Erörterungen bleiben unfruchtbar, wenn die Abgrenzungen der Erscheinungen so von individuellen Vorstellungen abhängig sind, wie es der Fall wäre, wollte man i m Unternehmer nur einen besonders qualifizierten Wirtschaftler sehen 22 . U n d schließlich ist auch vom Wort Unternehmer her ein Einwand gegen einen derartigen Unternehmerbegriff zu machen 23 . Wie Rieger m i t Nachdruck betont, enthält das Wort „unternehmen" immer ein Wagnis oder ein Risiko für den, der etwas unternimmt 2 4 . Ist m i t dem betreffenden Vorhaben eine „abwälzbare Gefährdung" verbunden, bringt sein Mißlingen keine Einbußen oder erheblichen Nachteile m i t sich, kann von einer „Unternehmung" keine Rede sein. Risiko bedeutet i m Zusammenhang m i t der Einzelwirtschaft Unternehmung aber immer Gefahr des Verlustes von Eigenkapital. E i n solches Risiko trägt 22 Gehen w i r beispielsweise v o n einem erfolgreichen Hersteller v o n Kriegsmaterial aus. Die einen werden sagen, das sei ein guter Unternehmer. Andere werden i h r U r t e i l etwas einschränken u n d sagen, was das Produzieren anbeträfe, sei es schon ein Unternehmer, daß er sich aber gerade derartige Produkte ausgesucht hat, sei nicht gutzuheißen. Wieder andere werden diesem Wirtschaftssubjekt jede Unternehmerqualität absprechen, w e i l er m i t so verwerflichen Produkten sein Geld zu verdienen suche. Andere Standpunkte können zu noch anderen Urteilen führen. 23 O b w o h l der Wissenschaftler i n seiner Begriffsbildung frei ist, gibt es doch Grenzen der Definitionsfreiheit, „nicht n u r nach den Regeln der Logik, sondern auch nach den Gesetzen der Sprache, nach den Abgrenzungen u n d Wechselseitigkeiten aller Wissenschaften u n d nach der T r a d i t i o n einer T e i l disziplin" (Linhardt, H., W i l h e l m Riegers Einfluß i n der jüngeren Betriebswirtschaftslehre, i n : B F u P r , Jg. 1958, S. 145). 24 Rieger, Wilhelm, a. a. O., S. 16 ff.
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aber nur der Kapitalist, der das Kapital zur Verfügung stellt, der Unternehmer, nicht aber der „angestellte Unternehmer". Dessen Risiko besteht höchstens darin, daß er seine Stellung verliert. Das aber gilt für jeden Arbeitnehmer. Bei schuldhafter Schadenszufügung kann gesetzlich eine Regreßpflicht eintreten, aber das kann entsprechend unserer Rechtsordnung auch jeder anderen Person passieren. Das Fehlen der charakteristischen Gefahr, die i n dem Wort Unternehmen enthalten ist, läßt es nicht angebracht erscheinen, einen angestellten Direktor oder Manager als Unternehmer zu bezeichnen. Aus den hier aufgezeigten Gründen schließen w i r uns einer Begriffsbildung an, die durch die Bezugnahme auf das Eigentum am Kapital eine wenigstens theoretisch exakte Abgrenzung des Unternehmers vom NichtUnternehmer zuläßt. W i r verknüpfen m i t dem Begriff Unternehmer also keinerlei Wertung über Leistungen und Fähigkeiten, sondern sehen i m Unternehmer lediglich ein besonders geartetes W i r t schaftssubjekt, den Einzelwirt einer Unternehmung. Nach unserer Auffassung, die auf den Unternehmerbegriff Riegers zurückgeht, sind es fünf Kriterien, die den Unternehmer ausmacht-.1. Das erste K r i t e r i u m ist der Einsatz von eigenem Kapital. Dieser Einsatz stellt i n zweifacher Hinsicht eine Voraussetzung dar, und zwar erstens für die unternehmerische Tätigkeit und zweitens für das Risiko und damit die Bezeichnung Unternehmer. Das Risiko, das der Unternehmer für das von i h m eingesetzte Eigenkapital trägt, ist das zweite Kriterium. Einige i m Verlauf der unternehmerischen Tätigkeit auftretende Risiken, die man oft als technische Risiken bezeichnet, können gegen Bezahlung abgewälzt werden, andere Risiken können ausgeschlossen werden, wenn es die wirtschaftliche Machtstellung des betreffenden Unternehmers gestattet, aber das letzte Rsiko, eben das Unternehmerrisiko, wie es allgemein genannt wird, ist weder abwälzbar noch ausschließbar. Es besteht darin, daß der Unternehmer das Ziel nicht erreicht und das dafür eingebrachte Kapital ganz oder zum Teil verliert 2 5 . Wenn der Unternehmer n u n ein solches Risiko eingeht, dann doch nur deshalb, w e i l er auf der anderen Seite eine Chance sieht oder vermutet. Und damit kommen w i r zum dritten Kriterium, dem Ziel oder Zweck, u m dessentwillen der Unternehmer sein Kapital ein- und dem Risiko aussetzt. Zweck ist für den Unternehmer die Erzielung eines geldlichen Einkommens, eines Gewinnes, und zwar eines möglichst großen Gewinnes oder einer möglichst großen Rentabilität. Ob dieses 25 Vergleiche die Ausführungen über das Unternehmerrisiko bei Rieger, Wilhelm, a. a. O., S. 17 ff.; über die Gründe f ü r das Unternehmerrisiko siehe auch W i t t m a n n , Waldemar, Unternehmung u n d unvollkommene I n f o r m a t i o n (Unternehmerische Voraussicht — Ungewißheit u n d Planung), K ö l n u n d Opladen 1959.
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„möglichst groß" ein absolutes oder relatives M a x i m u m bedeutet, w i r d uns später interessieren. A u f die unternehmerische Tätigkeit als das vierte K r i t e r i u m haben w i r schon mehrfach hingewiesen. Diese Tätigkeit besteht ganz allgemein i m Ein- und Verkaufen. Der Unternehmer kauft Wirtschaftsgüter ein und verkauft sie oder die durch Umwandlung neu entstandenen Wirtschaftsgüter. Dabei zielt er darauf ab, Verkaufspreise zu erlangen, die höher sind als die Preise, die er beim Einkauf zahlen mußte. Der erzielte geldliche Überschuß ist der Gewinn. Der zeitlichen Dauer legen w i r für die Definition des Unternehmers oder der Unternehmung keine Bedeutung bei. I n aller Regel w i r d die unternehmerische Tätigkeit aber nicht i n einigen wenigen Ein- und Verkaufsakten bestehen, sondern i n einer größeren Anzahl derartiger Vorgänge. Die unternehmerische Tätigkeit erweist sich also als eine Umwandlung von Geld i n Güter und wieder zurück i n Geld. Ohne diese Umwandlung kann ein geldliches Mehr nicht erzielt werden. A n diesem schon von M a r x eingehend beschriebenen Geldumwandlungsprozeß läßt sich die gegenseitige Verknüpfung und Abhängigkeit der einzelnen Kriterien gut erkennen. Der Einkauf von Wirtschaftsgütern setzt primär das Vorhandensein von Eigenkapital voraus 26 . Insofern besteht eine Beziehung zwischen Kapitaleinsatz und unternehmerischer Tätigkeit. I n dieser Tätigkeit liegt aber auch das unternehmerische Risiko begründet, denn es ist die für den Unternehmer wichtigste Frage, ob es gelingt, aus den Gütern wieder ins Geld zurückzukommen. A u f jeden Fall findet dieses Risiko seinen Niederschlag i m Unternehmerkapital, so daß auch zwischen dem K r i t e r i u m des Kapitaleinsatzes und dem der Risikoübernahme eine direkte Verbindung besteht. Und schließlich ist das K r i t e r i u m des Gewinnstrebens über die unternehmerische Tätigkeit m i t den anderen Kriterien verknüpft. M i t diesen vier Merkmalen ist aber das Wirtschaftssubjekt Unternehmer noch nicht hinreichend gekennzeichnet, denn sie treffen auch für den kleinen Händler, einen Teil der Handwerker und für andere Wirtschaftssubjekte zu, i n denen man aber weder i m allgemeinen Sprachgebrauch noch i n der Wissenschaft Unternehmer sieht. Es muß also noch ein weiteres K r i t e r i u m zur Unterscheidung hinzutreten. Diese Trennung versucht Rieger dadurch zu erreichen, daß er nur dann von einem Unternehmer spricht, wenn „nennenswertes" Kapital dem Risiko ausgesetzt w i r d oder „beträchtliche Investitionen" gemacht 26 I m Zusammenhang m i t den Erörterungen über die Rentabilität haben w i r schon einmal darauf hingewiesen, daß nicht n u r definitionsgemäß v o m Eigenkapitaleinsatz als Voraussetzung ausgegangen werden muß, sondern daß auch praktisch Fremdkapital, m i t dem j a auch eingekauft w i r d , n u r bei entsprechender Eigenkapitalbasis (oder beim Vorliegen anderer Sicherheiten) zu bekommen ist.
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werden müssen 27 . Rieger geht also davon aus, daß schon recht erhebliche Beträge auf dem Spiel stehen müssen, wenn das Wort „Unternehmen" einen Sinn haben soll. Obwohl w i r hier i m Grunde genommen m i t Rieger übereinstimmen, wollen w i r die Bedeutung der Größe des Kapitaleinsatzes auf eine andere Weise i n die Definition des Unternehmers einbringen. Es muß sich i n der Tat u m solche Beträge handeln, die, wenn sie verloren gehen, dem Wirtschaftssubjekt einen empfindlichen Schaden zufügen oder sogar seine Existenz gefährden oder vernichten können, soll die besondere Betonung des Risikos gerechtfertigt sein. Aber man kann hier nicht m i t konkreten Summen operieren. Für einen, der über große Kapitalien verfügt, ist der Verlust kleinerer Kapitalbeträge leicht zu verschmerzen, nicht aber für denjenigen, dessen ganzer Besitz dieser kleinere Betrag vielleicht war. Andererseits kann man das „beträchtliche" Kapital auch nicht nur relativ zum Einsetzenden sehen, denn dadurch w i r d die Trennung von Unternehmer und NichtUnternehmer m i t Hilfe des „beträchtlichen" Kapitals als Merkmal verhindert. Definiert man andererseits einen bestimmten Betrag als beträchtlich, erheblich oder nennenswert, ist eine Unterscheidung völlig willkürlich. Diesem Dilemma versuchen w i r dadurch zu entgehen, daß w i r die Größe des Kapitaleinsatzes i n Verbindung bringen m i t der M i t w i r k u n g des Wirtschaftssubjektes an der Verwirklichung des gesetzten Zweckes. Braucht das Wirtschaftssubjekt die Tätigkeit zur Zweckverwirklichung nicht selbst auszuüben, kann es diese vielmehr anderen Personen übertragen, dann sprechen wir, sofern die anderen Kriterien gegeben sind, von einem Unternehmer. Das fünfte K r i t e r i u m sehen w i r also i n der Möglichkeit der Delegation des Tätigwerdens auf andere Personen. Umgekehrt kann man sagen: wenn die Mitarbeit des Einzelwirtes unbedingt erforderlich ist, also nicht übertragen werden kann, dann haben w i r keinen Unternehmer vor uns. Die Betonung liegt dabei immer auf der Möglichkeit oder auf dem „kann". Es ist nicht notwendig, daß die Delegation auch w i r k l i c h stattfindet, sie muß nur ohne weiteres möglich sein. Das Wirtschaftssubjekt, das die Führung der Geschäfte selbst übernimmt, obwohl es damit andere Personen betrauen könnte, bleibt selbstverständlich Unternehmer. Die M i t w i r k u n g eines Unternehmers kann sich also allein darin erschöpfen, daß er dem Beauftragten vorschreibt, welches Ziel er erreicht haben möchte. Zwischen Delegationsmöglichkeit und Größe des Kapitaleinsatzes besteht insofern eine Beziehung, als die Delegation nur dort i n Betracht kommen wird, wo der nach Abzug des Entgeltes für den Beauftragten verbleibende Gewinn noch einen Anreiz zum Kapitaleinsatz bietet, und 27
Rieger, Wilhelm, a. a. O., S. 19.
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das w i r d i n der Regel nur dann der Fall sein, wenn es sich u m größere Kapitalbeträge handelt. Natürlich gibt es auch Ausnahmen, wo m i t verhältnismäßig kleinem Kapital sehr große Gewinne erwirtschaftet werden, die es durchaus erlauben, die Geschäftsführung einem Beauftragten zu überlassen. Eben deshalb erscheint uns auch die Delegationsmöglichkeit der Kapitalgröße gegenüber als besseres Unterscheidungsmerkmal. W i r sind uns selbstverständlich bewußt, daß m i t Hilfe dieses fünften Kriteriums eine exakte Abgrenzung des Wirtschaftssubjektes Unternehmer nur für die Theorie möglich ist; mehr wollen w i r aber auch nicht. Praktisch w i r d sich oft schwer entscheiden lassen, ob ein Einzelw i r t die Zweckverwirklichung einem anderen übertragen kann oder selbst übernehmen muß. Wo die Delegation aber ganz offensichtlich durchgeführt ist, dort handelt es sich einwandfrei u m eine Unternehmung i n unserem Sinne. Bei einem Einzelunternehmer bietet die Frage der Delegationsmöglichkeit gedanklich keine Schwierigkeiten. Anders aber bei den Personal» und Kapitalgesellschaften. Vollhaftende Personalgesellschafter sind nach dem Handelsrecht zur Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet. Die Geschäftsführung i n diesem Sinne ist aber nicht identisch m i t dem, was w i r als Tätigwerden zur Zweckverwirklichung bezeichnen. Auch ein Komplementär kann sich darauf beschränken, einer angestellten Person mehr oder weniger genaue Anweisungen über das zu erreichende Ziel zu geben, wenn das vielleicht aus Gründen der Haftung auch gefährlich werden kann. Daß durch den Gesellschaftsvertrag vollhaftende Gesellschafter von der Geschäftsführung ausgeschlossen werden können, deutet aber darauf hin, daß man den Begriff Geschäftsführung nicht zu eng auffassen darf. Auch hier spricht also nichts gegen die Delegationsmöglichkeit. Anders ist es i n den Fällen, wo vom Gesetzgeber ausdrücklich eine Delegation vorgeschrieben w i r d oder Gesellschafter von der Führung der Geschäfte ausgeschlossen sind. Der interessanteste Fall ist der Aktionär. K a n n ein Aktionär m i t einem Einsatz von D M 1000 als Unternehmer bezeichnet werden? Aus der Konstruktion dieser Kapitalgesellschaften w i r d man zur Verneinung dieser Frage kommen müssen. Der Aktionär m i t einer A k t i e hat nicht die Entscheidungsfreiheit und die Befugnisse, die man als charakteristisch für jedwedes W i r t schaftssubjekt ansehen muß. Subjekt der betreffenden Kapitalgesellschaft ist nur die Gesamtheit der Gesellschafter, i m Falle der Aktiengesellschaft die Aktionärschaft. „Es w i r d also nicht dem einzelnen Aktionär die Qualität als Unternehmer zugesprochen, sondern nur die Gesamtheit der Aktionäre hat Anspruch auf diese Benennung 28 ." 18
Rieger, W i l h e l m , a. a. O., S. 124; siehe auch S. 110.
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Statt als Unternehmer sollte man die Gesamtheit der Aktionäre dann vielleicht als Unternehmerschaft bezeichnen. Großaktionäre, die einen beträchtlichen Teil der Aktionärschaft ausmachen und dadurch i n der Lage sind, die Geschicke der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken zu leiten, w i r d man allerdings als echte Unternehmer ansehen müssen, denn sie entsprechen durchaus dem, was man sich unter einem solchen Wirtschaftssubjekt vorstellt. Immer ist natürlich zu bedenken, daß auch die anderen Kriterien des Unternehmers gegeben sein müssen; nicht jede Kapitalgesellschaft ist auch eine Unternehmung. Ähnliche Betrachtungen können auch für die anderen Gesellschaftsformen angestellt werden. Von der Seite der Gesellschafter von Personal- und Kapitalgesellschaften steht dem also nichts entgegen, den Unternehmer abschließend wie folgt zu definieren: Der Unternehmer ist ein Wirtschaftsubjekt, das eigenes Kapital einsetzt, u m einen möglichst großen Gewinn zu erwirtschaften. Er trägt dabei das volle Risiko für das eingesetzte Kapital und sucht sein Ziel dadurch zu erreichen, daß er Wirtschaftsgüter der verschiedenensten A r t einkauft und i n gleicher oder umgewandelter Gestalt verkauft, wobei er danach trachtet, beim Verkauf einen Preis zu erzielen, der den Preis bzw. die Preise beim Einkauf übersteigt. Die Durchführung der für die Zielerreichung notwendigen Maßnahmen kann dabei an andere Personen delegiert werden. b) Die Unternehmung M i t der Definition des Unternehmerbegriffes ist zugleich der Inhalt des Begriffes Unternehmung eindeutig festgelegt. Die Unternehmung ist eine Einzelwirtschaft, die von einem Unternehmer zum Zwecke der Gewinnerzielung betrieben wird. Alle Kriterien einer Einzelwirtschaft sind hier erfüllt. Subjekt oder Einzelwirt ist der Unternehmer, w i r t schaftlicher Zweck die Erwirtschaftung eines möglichst großen Gewinnes. Die konkrete Gestalt der Unternehmung ist der technische Apparat zur Zweckverwirklichung, den w i r Betrieb nennen. Durch die Rechtsform ist die Abgrenzung gegenüber anderen Einzelwirtschaften und damit zumindest auch die juristische Selbständigkeit gegeben. Eine geschlossene Wirtschaftsrechnung i n Form der Kapitalrechnung ergibt sich aus der unternehmerischen Zielsetzung 29 . I n der Literatur ist der Begriff der Unternehmung nicht einheitlich definiert. Das ist auch nicht verwunderlich, wenn es verschiedene Definitionen des Unternehmers gibt. Bemerkenswert ist aber, daß oft kein Zusammenhang zwischen Unternehmer und Unternehmung zu finden ist. Da es zwei gegensätzliche Auffassungen über den Unternehmer 29 Heute zwingen allein schon gesetzliche Vorschriften zu einer K a p i t a l rechnung.
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gibt, die vom Unternehmer, wie w i r i h n verstehen, und vom Unternehmer als Träger besonderer Qualitäten, müßte es sonst zwei unterschiedliche Unternehmungsbegriffe geben. Das aber ist nicht der Fall. So folgt zum Beispiel aus der Tatsache, daß i n einer Einzelwirtschaft ein Unternehmer i m letzteren Sinne tätig ist, nicht, daß diese Einzelwirtschaft auch eine Unternehmung sein muß. Dieses Auseinanderklaffen von Unternehmer und Unternehmung ist leicht zu erklären, er folgt daraus, daß der Unternehmer als besonders qualifizierte Persönlichkeit nicht auch gleichzeitig Wirtschaftssubjekt zu sein braucht. Der Begriff der Unternehmung ist i n der Literatur verschieden weit. Oft bezeichnet man alle Produktions- oder Leistungserstellungsbetriebe als Unternehmungen, mitunter aber auch nur die erwerbswirtschaftlichen 80 . Gelegentlich unterteilt man die Unternehmungen i n kapitalistische und sonstige, wie das z. B. Schönpflug tut 8 1 . Für Baumgartner ist „jede Einzelwirtschaft, die Einkommen erstrebt und eine Kapitalrechnung führt", eine Unternehmung, wobei das erste Merkmal „der inhaltlichen Festlegung, das zweite der Abgrenzung des Begriffes" dienen soll 32 . Zu den Unternehmungen rechnet Baumgartner auch öffentliche Unternehmen und die Genossenschaften. Ähnlich ist auch die Auffassung von Hax. Er sieht i n der Unternehmung eine historische Erscheinungsform des Betriebes m i t zwei entscheidenden Merkmalen, einer rechtlich und rechnungsmäßigen Verselbständigung gegenüber den Haushalten und einer Kapitalrechnung, „deren Sinn i n der Errechnung der Rentabilität des eingesetzten Kapitals besteht". Auch die öffentlichen Betriebe gehören i n diesen Bereich, wenn sie „nach A r t und Umfang einen i n kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb" erfordern 83 . Besonderes Gewicht auf die Kapitalrechnung legt auch Knopik. Sie soll als Richtschnur für die Abgrenzung der großen von den kleinen Erwerbswirtschaften dienen. „Eine Unternehmung ist heute eine Großerwerbswirtschaft, bei der größere Kapitalinvestierungen und Beschäftigung einer größeren Anzahl von Arbeitskräften wesentlich ist." 3 4 E.Schneider bezeichnet die Unternehmungen als 30 Die i n der L i t e r a t u r übliche Unterscheidung von Produktions- u n d Konsumtionswirtschaften halten w i r für falsch, denn auch i n den Haushalten, die m i t den Konsumtionswirtschaften gemeint sind, werden — soweit es sich u m den Haushalt als Wirtschaftseinheit handelt — Leistungen erstellt. Wirtschaftlicher Zweck ist hier nach unserer Auffassung nicht die Konsumtion, der K o n s u m steht außerhalb des Wirtschaftens. Der U n t e r schied ist n u r der, daß die Leistungen der Haushalte f ü r den Kreis der i m Haushalt vereinigten Personen bestimmt sind, also nicht fremden Wirtschaftseinheiten angeboten werden sollen. 31 Schönpflug, Fritz, Untersuchungen, Stuttgart 1936. 32 Baumgartner, Cyrill, a. a. O., S. 146. 33 Hax, K a r l , Gegenstand, E n t w i c k l u n g u n d gegenwärtiger Stand der Betriebswirtschaftslehre, a. a. O., S. 4 f. 34 Knopik, H., a. a. O., S. 15 f.
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Leistungsbetriebe oder -wirtschaften und macht einen Unterschied zwischen solchen, die nach Gelderwerb streben, und anderen, die keine Einnahmen abwerfen sollen oder „nicht zum Zwecke der Erzielung eines positiven internen Zinsfußes" betrieben werden 3 5 . Demgegenüber verwendet Löffelholz den Begriff Unternehmung nur für „Erwerbswirtschaftsbetriebe" 36 . Den Versuch, den Unternehmungsbegriff durch ethische Gesichtspunkte oder, wenn man so w i l l , wirtschaftsethische abzugrenzen, macht Nicklisch. Als Unternehmungen i m weitesten Sinne bezeichnet er alle abgeleiteten Betriebe, soweit sie selbständig sind. Dieser Begriff geht also weit über die Erwerbswirtschaften hinaus, er ist aber auch noch umfassender als der der Produktionswirtschaften. Eine Einengung w i r d dadurch erreicht, daß nur „von Unternehmern geführte selbständige abgeleitete Betriebe" als Unternehmungen angesehen werden. Nun gibt es aber sogenannte „Profitunternehmer" und „Leistungsunternehmer". „Von der ersten A r t sind alle diejenigen, bei denen der Gegenwert für die Leistung, am liebsten ohne Leistung, i m Vordergrund steht, und zwar nach der Formel: Nach oben gibt es keine Grenze." Über die Leistungsunternehmer w i r d der Begriff weiter eingeengt, und zwar insofern, als „die nicht von Unternehmern geführten, besser die nicht von Unternehmungsgeist vorwärtsgetriebenen" selbständigen abgeleiteten Betriebe ausscheiden. „Entscheidend ist dabei das Drängen auf eigene Leistung." Die Trennung von Betrieb und Unternehmung als Arbeits- resp. Finanzgebilde lehnt Nicklisch als i m Kapitalismus wurzelnde Vorstellung ab 87 . Gerade auf diese Unterscheidung legt wiederum M. R. Lehmann großes Gewicht. Er stellt dem Betrieb als der Produktionsseite die Unternehmung als die Finanzseite gegenüber 38 . Auch bei Walther findet sich der Gedanke einer solchen Zweiteilung. Betrieb sind für i h n die inneren Beziehungen, Unternehmung die äußeren 39 . Dabei versteht Walther unter einer Unternehmung „eine dauernde, wirtschaftliche Leistungen für Dritte erstellende, über Vermögen verfügende, einheitlich geleitete, selbständige Zusammenfassung menschlicher Arbeitskraft". Scharf zu trennen ist aber hier zwischen der Unternehmung und deren Eigentümern 4 0 . Eigentümer können Unternehmer sein, 35
Schneider, Erich, Wirtschaftlichkeitsrechnung, 2. Aufl., 1957, S. 71. Löffelholz, Josef, A r t i k e l „Geschichte der Betriebswirtschaft", i n : Handwörterbuch der Betriebswirtschaft, 3. Aufl., Sp. 970. 37 Nicklisch, H., A r t i k e l „Unternehmung", i n : Handwörterbuch der Betriebswirtschaft, 2. Aufl., Sp. 1878 ff.; i m allgemeinen unterscheiden sich die abgeleiteten Betriebe f ü r Nicklisch durch die jeweilige Wirtschaftsgesinnung, deren eine eben das Gewinnstreben ist. 38 Lehmann, M . R., Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 3. Aufl., S. 53. 39 Walther, Alfred, E i n f ü h r u n g i n die Wirtschaftslehre der Unternehmung, 1. Band, Nachdruck der 1. Aufl., Zürich 1955, S. 12. 40 Ebenda, S. 6 ff. 36
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dann nämlich, wenn das Kapital der Gewinnerzielung wegen eingesetzt wird. Es brauchen aber keine Unternehmer zu sein, wie es bei Genossenschaften und öffentlichen Unternehmungen der Fall ist 4 1 . Walther konstruiert eine Unternehmung, die von den Eigentümern völlig losgelöst zu denken ist. Das zeigt sich zum Beispiel bezüglich des Risikos: „Zuerst kommt aber das Risiko der Unternehmung, zuerst erleidet die Unternehmung den Vermögensverlust und sie fängt i h n auf, so lange sie Reserven hat, und der Unternehmer als Person oder der Inhaber als Kapitalgeber muß es — i n seinem Einkommen — oft gar nicht fühlen 4 2 . Eine auf Nicklisch zurückgehende Auffassung w i r d von Seyffert vertreten: „Unternehmungen sind abgeleitete Betriebswirtschaften, die, durch Unternehmer oder ihnen gleichzusetzende Funktionäre nach kaufmännischen Grundsätzen geleitet, unter freiwilliger Übernahme des Marktrisikos fremden Bedarf zu decken bereit sind." Dabei sind Erwerbsunternehmungen, die auf Rentabilität aus sind, und Sozialunternehmungen, bei denen „dieses Rentabilitätsstreben zum mindesten nicht vorherrschend" ist, zu unterscheiden 48 . Zum Abschluß dieser kurzen Literaturübersicht über den Begriff der Unternehmung soll noch die Auffassung Gutenbergs erwähnt werden. Die kapitalistische Unternehmung ist für Gutenberg ein Gebilde aus systemindifferenten und systembezogenen Bestandteilen bzw. Tatbeständen. „ N u r wenn man dem Faktorsystem, dem Prinzip der W i r t schaftlichkeit und dem Prinzip des finanziellen Gleichgewichts das erwerbswirtschaftliche Prinzip und die Prinzipien der inneren und äußeren Autonomie als Determinanten zuordnet, erhält man den »kapitalistischen' Betriebstyp, die Unternehmung 4 4 ." Die den Betriebstyp Unternehmung ausmachenden systembezogenen Bestandteile sind also das Autonomieprinzip, das erwerbswirtschaftliche Prinzip und die Alleinbestimmung. Jeder der beiden Bestandteile (systemindifferente und systembezogene Tatbestände) bedarf der Ergänzung durch den anderen, damit ein vollständiges Gebilde entsteht 45 . 41
Walther, Alfred, Einführung, 2. Band, Zürich 1953, S. 2. Walther, Alfred, Einführung, 2. Band, S. 8. Seyffert, Rudolf, Über Begriff, Aufgaben u n d E n t w i c k l u n g der Betriebswirtschaftslehre, 4. Aufl., S. 12. 44 Gutenberg, Erich, Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, 1. Band: Die Produktion, 2. Aufl., Berlin-Göttingen-Heidelberg 1955, S. 383. 45 Autonomie bedeutet hier „die Verweigerung eines Mitbestimmungsrechtes staatlicher oder sonst irgendwie übergeordneter Stellen an der Durchf ü h r i m g der einzelbetrieblichen Leistungserstellung u n d -Verwertung". Durch diese äußere Autonomie „entsteht ein Betriebstyp, welcher f ü r ein bestimmtes Wirtschaftssystem charakteristisch ist", u n d zwar f ü r die „ M a r k t - u n d U n ternehmerwirtschaft" (S. 325). Das erwerbswirtschaftliche Prinzip ist nicht vollkommen identisch m i t dem gewinnmaximalen, dieses ist n u r die letzte Steigerung (S. 329 ff.). Die innere Autonomie oder das „Alleinbestimmungs42
48
Das Erkenntnisobjekt i n der einzelwirtschaftlichen Disziplin
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A u f zwei Dinge müssen w i r hier noch kurz zu sprechen kommen: das sind einmal die öffentlichen Unternehmungen, und das ist zum anderen die Vorstellung von der Unternehmung an sich. Der Ausdruck öffentliche Unternehmung soll besagen, daß diese Unternehmung nicht von Privatleuten, sondern von der öffentlichen Hand betrieben wird, von Kommunen, Ländern, vom Staat oder vor irgendwelchen öffentlich-rechtlichen Körperschaften. Gelegentlich ist eine Trennung i n öffentlich und privat nicht möglich, wenn nämlich beide Seiten i n ein und derselben Unternehmung vertreten sind. Gehen w i r von dem hier herausgearbeiteten Unternehmungsbegriff aus, dann ist der größte Teil der Einzelwirtschaften, die als öffentliche Unternehmungen bezeichnet werden, nicht zu den Unternehmungen zu rechnen, wie z.B. Versorgungsbetriebe, Verkehrsbetriebe und ähnliche. Daneben werden von der öffentlichen Hand allerdings auch Einzelwirtschaften betrieben, bei denen wirtschaftlicher Zweck die Erzielung von geldlichem Gewinn ist. Obwohl derartige Einzelwirtschaften den privaten kapitalistischen Unternehmungen sehr ähnlich sind, sehen w i r doch erhebliche Unterschiede i n der Finanzierung. Die Möglichkeiten der Kapitalbeschaffung sind für den öffentlichen Betrieb andere als für den privaten. Sowohl bei der Aufnahme langfristiger Kredite als auch bei der Aufstockung des eigenen Kapitals steht immer die politische und wirtschaftliche Macht der öffentlichen Hand i m Hintergrund. Reicht diese bei Gemeinden, Gemeindeverbänden oder Ländern noch nicht aus, dann besteht immer die Möglichkeit zur Anlehnung an größere Institutionen. Geht man davon aus, daß die Geldgeber öffentlicher Wirtschaften i m letzten immer die Steuerzahler sind, dann ist ohne weiteres der Unterschied zu den Geldgebern privater Betriebe zu sehen. Der Steuerzahler ist von den geschäftsführenden Organen öffentlicher Betriebe sehr weit entfernt. Der Staatsbürger als der eigentliche Eigentümer öffentlicher Betriebe kann seinen Einfluß nur von Zeit zu Zeit über politische Wahlen geltend machen. I n der dabei erteilten Generalvollmacht sind zwar auch Vollmachten betreffend die öffentlichen Betriebe enthalten, aber i m Grunde genommen bedeutet das für die Praxis nicht viel. Welchen Einfluß und welche Entscheidungsbefugnis hat demgegenüber der private Unternehmer oder die Unternehmerschaft! Zumindest kann der Unternehmer oder der A k t i recht" ist „eine gesellschaftliche Determinante des f ü r die reinen Formen kapitalistischer Wirtschaftsweise charakteristischen Betriebstyps", es bedeutet, daß die Gesamtheit der Betriebsangehörigen k e i n Z e n t r u m der Willensb i l d u n g i n der Unternehmung darstellt. Der reine kapitalistische Betriebstyp wandelt sich aber, w e n n der Produktionsfaktor A r b e i t ein Mitbestimmungsrecht eingeräumt erhält (S. 372 ff.). Durch diese drei auf ein bestimmtes Wirtschaftssystem zugeschnittenen Determinanten des Betriebstyps U n t e r nehmung w i r d offenbar, daß die Unternehmung lediglich eine historische, also v o m Bestehen dieses Systems abhängige Erscheinung ist.
110 Erkenntnisobjekt, systembildedes Prinzip u. Wissenschftsrichtung
onär darüber befinden, ob er überhaupt Unternehmer bzw. Aktionär sein w i l l ; wenn es gelegentlich auch m i t praktischen Schwierigkeiten verbunden sein kann, aus einem freiwillig eingegangenen Engagement wieder herauszukommen. Auch bei der Darlehensaufnahme ist der öffentliche Betrieb anders gestellt als der private. Für öffentliche Betriebe ist i n aller Regel die Sicherheitenfrage leichter zu lösen, oft über Bürgschaften der öffentlichen Hand. Andererseits kommen auch öffentliche Institutionen selbst als Darlehensgeber i n Betracht. Eine Konsequenz aus einer derartigen Finanzierung ist die Unterwerfung unter eine besondere Aufsicht. Aber auch i n der Frage des Risikos besteht ein beträchtlicher Unterschied. Die Existenz der privaten Unternehmung hängt davon ab, daß sie Rentabilität erzielt. Der Verlust des Eigenkapitals bei einem Zusammenbruch kann und w i r d auch oft den wirtschaftlichen Ruin des Unternehmers bedeuten. Für eine öffentliche Unternehmung gilt das nicht; abgesehen davon w i r d man eine solche auch kaum untergehen lassen. Wenn sie nicht als gewinnbringende Einzelwirtschaft fortgesetzt werden kann, dann eben als subventionierte m i t anderer Zielsetzung, wie z. B. der Versorgung der Bevölkerung oder der Erhaltung der Arbeitsplätze. Das kann allerdings auch m i t einer privaten Unternehmung geschehen, nur hört sie dann eben auf, eine private Unternehmung zu sein. Alles i n allem sehen w i r i n der Finanzierung und i m Risiko — i n gewisser Hinsicht auch i n der Preispolitik — erhebliche Unterschiede zwischen der privaten Unternehmung und dem öffentlichen Betrieb, so daß w i r letzteren, auch wenn er eindeutig nach Gewinn strebt, nicht zu den Unternehmungen i n unserem Sinne zählen können 46 . Ein ab und zu einmal auftauchender Begriff ist der der „Unternehmung an sich". Damit ist eine Unternehmung gemeint, die losgelöst von einem Wirtschaftssubjekt gesehen werden soll, die i h r eigenes Ziel hat, das sie um ihrer selbst w i l l e n verfolgt. Meist w i r d als dieses Ziel die Versorgung des Marktes und/oder die Schaffung von Arbeitsplätzen hingestellt. Nach Möglichkeit soll für die Kapitalgeber noch eine Verzinsung herausgewirtschaftet werden. I n etwa stimmt diese Auffassung m i t der auf Osbahr und die „Berner Schule" zurückgehenden „sich selbsterhaltenden Unternehmung" überein 47 . Auch bei Walther finden w i r den Versuch, die Unternehmung als Einheit neben den Unternehmer oder einen anderen Einzelw i r t zu stellen 48 . Nach unserer Auffassung ist diese Konstruktion als 46
S. 19.
Anders dagegen Schnettler, Albert, öffentliche Betriebe, Essen 1956,
47
Siehe dazu Baumgartner, Cyrill, a. a. O., S. 106 ff. Walther, Alfred, E i n f ü h r u n g i n die Wirtschaftslehre mung, insbesondere B a n d 2. 48
der
Unterneh-
Das Erkenntnisobj ekt i n der einzelwirtschaftlichen Disziplin
111
irreal abzulehnen. W i r können eine Einzelwirtschaft einfach nicht getrennt von ihrem zugehörigen Subjekt sehen. Jede derartige W i r t schaftseinheit ist von einem Subjekt ins Leben gerufen worden, um dem Subjekt die Möglichkeit zu eröffnen, ein bestimmtes wirtschaftliches Ziel zu erreichen. Eine Einzelwirtschaft ist nie aus sich selbst heraus entstanden, sie ist immer ein Zweckgebilde, geschaffen von Menschen, die den Zweck gesetzt haben. Diejenigen Personen, die ursprünglich die Wirtschaftseinheit gegründet haben, werden vielleicht i m Laufe der Zeit durch andere abgelöst, dann bestimmen eben diese das Ziel. Ebenso kann der Zweck sich m i t der Zeit wandeln, ohne daß die Einzelwirtschaft deshalb aufhört, eine Einzelwirtschaft zu sein. I n der Regel erfolgt die Zwecksetzung durch die Eigentümer an dem konkreten Apparat der Wirtschaftseinheit. Nun mag es i n der W i r t schaftspraxis allerdings Fälle geben, wo die Macht der Eigentümer entweder von Gesetzes wegen oder bedingt durch ihre große Zahl relat i v gering ist und die Einzelwirtschaft von anderen Personen gesteuert wird. Soweit es die gesetzliche Beschränkung betrifft, w i r d deutlich, daß die Unternehmung eben eine historische Kategorie ist. Auch der zweite Fall, daß die Macht der Eigentümer allem Anschein nach nicht ausreicht, u m die angestellte Geschäftsführung dazu zu bringen, daß sie die von den Eigentümern angestrebten Zwecke verwirklicht, führt nicht zu einer „Unternehmung an sich". Erstens einmal sind die Einflüsse, die von einzelnen Eigentümern ausgehen können, i n der Realität manchmal gar nicht ohne weiteres wahrnehmbar. Was aber viel wichtiger ist, unsere Rechtsordnung räumt den Eigentümern ganz bestimmte Rechte ein. Sind alle mehr oder weniger zufrieden m i t dem Erreichten, werden sie dem Vorstand (wir unterstellen hier einmal eine Aktiengesellschaft) viel Spielraum lassen und von ihren Rechten wenig Gebrauch machen, so daß der Anschein erweckt werden kann, als sei der Vorstand die oberste Instanz. Werden aber viele Aktionäre unzufrieden und können sie über ihre Rechte keine Änderung herbeiführen, dann werden sie über kurz oder lang ihren Aktienbesitz veräußern, wodurch der Fall eintreten kann, daß sich die A k t i e n mehr und mehr i n der Hand einiger oder weniger Personen zusammenfinden, die dann sicher den notwendigen Druck auf den Vorstand ausüben können und werden. Der Vorstand kann u. E. nur dann schalten und walten, wie er w i l l , wenn es die Aktionärschaft zuläßt. Dabei kommt i h m aber zustatten, daß die Ziele der Aktionäre keineswegs einheitlich sind. Der eine Aktionär w i l l eine möglichst hohe Dividende, ein anderer sucht eine sichere Kapitalanlage, ein dritter legt Wert darauf, Aktionär einer bekannten Firma zu sein, und was der Zwecke mehr sind. Selbst i n einer sog. atomistischen Aktiengesellschaft kann nicht auf lange Sicht gegen die Wünsche der Aktionärschaft gewirt-
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schaftet werden. Für die Unternehmung, wie w i r sie sehen, ist eine vom Wirtschaftssubjekt Unternehmer losgelöste Betrachtung unmöglich 4 9 . Durch das Wirtschaftssubjekt und seine Zielsetzung w i r d aus dem technischen Apparat, wie er uns i n der Realität entgegentritt, überhaupt erst eine Wirtschaftseinheit 50 . Die von uns skizzierte Unternehmung ist das Erkenntnisobjekt der sog. Privatwirtschaftslehre, die also damit von der Betriebswirtschaftslehre zu unterscheiden wäre. Dennoch ist auch i n der Betriebswirtschaftslehre für eine ganze Anzahl von Autoren nicht der Betrieb, sondern die Unternehmung i n unserem Sinne Erkenntnisobjekt 5 1 . Die private Unternehmung stellt heute — i m Gegensatz zu einer hinter uns liegenden Zeit — wieder ein interessantes Untersuchungsobjekt für die Wissenschaft dar. Wenn diese Unternehmung i n manchen Punkten nicht mehr ganz m i t der der alten Privatwirtschaftslehre übereinstimmt, was eine Folge der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ist, so ist sie i n dem inneren, i h r Wesen ausmachenden Aufbau doch die gleiche: es w i r d von Unternehmern Kapital eingesetzt einzig und allein der Gewinnerzielung wegen. Dieser Zweck ist ein Faktum, darüber können auch die schönsten Ausführungen über die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Unternehmungen, über die Aufgaben der Bedarfsdeckung, der Arbeitsplatzbeschaffung, der Sicherung des sozialen Friedens und andere politische Schlagworte nicht hinwegtäuschen 52 . Dinge, die sich m i t der unternehmerischen Zielsetzung vertragen, w i r d der Unternehmer i n seine Dienste einspannen, m i t anderen, die seinen Zielen entgegenstehen, w i r d er sich auseinanderzusetzen haben. Behalten dem unternehmerischen Streben fremde Gesichtspunkte die Oberhand, bedingt durch neue politische und machtmäßige Konstellationen, dann ist das Schicksal der privaten kapitalistischen Unternehmung besiegelt. Diese Unternehmung ist von der Existenz bestimmter Voraussetzungen i n 49 „ K e i n e Unternehmimg ohne Unternehmer, k e i n Unternehmer ohne Unternehmung. K e i n Unternehmer u n d keine Unternehmung ohne K a p i taleinsatz u n d Kapitalrechnung f ü r sich u n d bei selbständiger wirtschaftlicher Entscheidung u n d V e r a n t w o r t u n g i m M a r k t " (Linhardt, H., Die Betriebswirtschaftslehre an den deutschen Hochschulen, i n : Neue Betriebswirtschaft, Jg. 1949, Nr. 1, S. 2); siehe auch Papacharalampous, K , a. a. O., S. 51. 50 I n ähnlichem Sinne Gutenberg, E., Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, 1. Band: Die Produktion, S. 382 f. 51 Diese A u t o r e n sind nicht zu verwechseln m i t jenen, die auch von der Unternehmung sprechen, aber einen v i e l weiteren Unternehmungsbegriff haben. Manchmal hat es sogar den Anschein, als sei i n erster L i n i e die private großindustrielle Unternehmung Objekt unserer Wissenschaft, denn ganze Bereiche innerhalb der Betriebswirtschaftslehre sind ausgesprochen auf diese zugeschnitten. Die Probleme i n der Großindustrie sind w o h l sehr zahlreich u n d interessant, sie sind aber nicht die allein interessierenden u n d auch nicht ohne weiteres auf alle anderen Unternehmungen übertragbar. 82 Vergleiche dazu Wöhe, Günter, Z u r Problematik der Werturteile i n der Betriebswirtschaftslehre, i n ZfhwF, Jg. 1959, S. 178.
Das Erkenntnisobj ekt i n der einzelwirtschaftlichen Disziplin
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Rechtsordnung und Wirtschaftssystem abhängig, sie ist eine historische Kategorie 58 . 3. D e r B e t r i e b a) Der Begriff
Betrieb und seine verschiedenen
Bedeutungen
Obwohl nach allgemeiner Auffassung der Betrieb das Erkenntnisobjekt der Betriebswirtschaftslehre ist, ist der Betriebsbegriff umstritten 5 4 . Das Wort Betrieb begegnet einem i n drei Sprachbereichen: i n der allgemeinen Umgangssprache, i n der Sprache der wirtschaftlichen und technischen Praxis und i m Begriffsschatz der Wissenschaften, von denen uns hier nur die Wirtschaftswissenschaften interessieren. Eine enge Verbindung zur Wurzel des Wortes Betrieb, den Verben „treiben" und „betreiben", besteht noch i n der allgemeinen Redewendung „hier herrscht Betrieb" und i n ähnlichen Feststellungen der Umgangssprache, i n denen Bewegung, emsige Tätigkeit oder das Beschäftigtsein zum Ausdruck kommt. Als Betrieb bezeichnet der allgemeine Sprachgebrauch dann auch die Arbeitsstätte, i n der der einzelne Mensch sein geldliches Einkommen erwirbt, wo er durch Arbeit Geld verdient. Dabei w i r d m i t Betrieb oft die Vorstellung von einem größeren Gebilde verbunden; wo nur wenige Leute beschäftigt sind, spricht man i n der Regel nicht von Betrieb. I m Sprachgebrauch der wirtschaftlichen Praxis w i r d unter einem Betrieb zweierlei verstanden, und zwar erstens die Wirtschaftseinheit 6 5 , wobei die privaten und öffentlichen Haushalte eine Ausnahme machen, und zweitens der Produktionsbereich, die Produktionsstätte einer Einzelwirtschaft. I n diesem Sinne verwendet auch der Techniker den Begriff Betrieb. Er ist für i h n die technische Einrichtung, i n der Leistungen erstellt werden. Eine Wirtschaftseinheit kann einen oder mehrere Betriebe haben, vielfach m i t räumlicher Trennung. Den Gegensatz zum Betrieb bilden die Verwaltung und die Leitung. Während die Nationalökonomen unter Betrieb häufig ebenfalls nur den Produktionsbereich einer Einzelwirtschaft verstehen, lassen sich die i n der Betriebswirtschaftslehre anzutreffenden Betriebsbegriffe i n drei Gruppen einteilen, und zwar: 1. Der Betrieb als soziologische Einheit, als organisierter Dauervollzug bestimmter Handlungen; 58 So auch L i n h a r d t , H., Die Betriebswirtschaftslehre an den deutschen Hochschulen, a. a. O., S. 2. 54 Dazu schreibt Henzler: „Der Begriff ,Betrieb' w i r d i m allgemeinen Sprachgebrauch konsequenter u n d eindeutiger angewandt als i n der Sprache der Betriebswirtschaftslehre" (Henzler, R., „Betriebswirtschaft", i n : ZfB, Jg. 1959, S. 536; siehe auch Wöhe, G., Methodologische Grundprobleme, S. 25 f. 65 I n diesem Sinne ist z. B. die Rede von Großbetrieben, Handelsbetrieben, Betrieben der eisenschaffenden Industrie usw.
8
Foiker
114 Erkenntnisobjekt, s y s t e m b i l d e d e s Prinzip u. Wissenschftsrichtung 2. der Betrieb als wirtschaftende Einheit, als Einzel- oder Betriebswirtschaft; 3. der Betrieb als T e i l einer Einzelwirtschaft, als technisches M i t t e l zum wirtschaftlichen Zweck.
Innerhalb dieser drei Gruppen gibt es dann noch verschieden weite Abstufungen, die i m einzelnen zu behandeln, hier nicht möglich und auch nicht notwendig ist. W i r müssen uns statt dessen m i t einigen Beispielen begnügen. Zu 1: Für Schönpflug ist der Betrieb „als geschlossenes soziales Gebilde . . . eine nach einem einheitlichen Organisationsplan getroffene und auf der Grundlage fester, vorweggenommener sachlicher Vorkehrungen ruhende Dauerveranstaltung zur zeitlich unbegrenzten Wiederholung i n gleicher Weise wiederkehrender Zwecke" 58 . Schönpflug bezeichnet diesen soziologischen Allgemeinbegriff des Betriebes als das Problem der Form 5 7 . Derartige soziologische Gebilde gibt es i n den verschiedensten Bereichen der menschlichen Gesellschaft, nicht nur i n der W i r t schaft. Erst durch einen besonderen Inhalt w i r d aus diesem allgemeinen Betriebsbegriff ein ökonomischer Begriff. Eine ähnliche Auffassung v e r t r i t t auch Seyffert 58 . Zu 2: Die meisten betriebswirtschaftlichen Autoren verwenden einen Betriebsbegriff, der dieser zweiten Gruppe zuzuordnen ist. Unter Betrieb w i r d hier die Einheit der Wirtschaft oder des W i r t schaftens verstanden, die Einzelwirtschaft. U m Verwechslungen zu vermeiden oder aus anderen Gründen, die gegen das Wort Betrieb i n dieser Verwendung sprechen, ist allerdings oft nicht von Betrieb schlechthin die Rede, wenn man die wirtschaftliche Einheit meint, sondern vom Wirtschaftsbetrieb oder von der Betriebswirtschaft. Abgesehen von der Benennung, die jedoch für eine Verständigung von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist, bestehen unterschiedliche Auffassungen darüber, ob alle Wirtschaftseinheiten als Betriebe zu bezeichnen seien oder nur ganz bestimmte. Als Betrieb, Wirtschaftsbetrieb oder Betriebswirtschaft w i r d die Einzelwirtschaft als solche u.a. von Seyffert 50 , Schönpflug® 0, 56
Schönpflug, Fritz, Untersuchungen, S. 104. Ebenda, S. 87. 58 Seyffert, Rudolf, Über Begriff, Aufgaben u n d E n t w i c k l u n g der Betriebswirtschaftslehre, 4. Aufl., S. 7; ders., A r t i k e l „Betrieb", i n : H a n d w ö r terbuch der Betriebswirtschaft, 3. Aufl., Stuttgart 1956, Sp. 736. 59 Seyffert, Rudolf, Über Begriff, Aufgaben u n d Entwicklung, S. 8: „ D i e wirtschaftlichen Betriebe oder Betriebswirtschaften sind i n sich geschlossene, m i t wirtschaftlichen Prozessen erfüllte Sozialgebilde i m Dienste der menschlichen Bedarfsdeckung. Sie sind die Organisationseinheiten der Wirtschaft." 60 Schönpflug, Fritz, Untersuchungen, S. 153: „Betriebswirtschaft ist ein geschlossenes soziales Gebilde einzelheitlichen oder ganzheitlichen Charakters, das nach dem wirtschaftlichen Gesichtspunkt einheitlich ausgerichtete 57
Das Erkenntnisobj ekt i n der einzelwirtschaftlichen Disziplin
115
Nicklisch81, Leitner 62, Mellerowicz 63 und Bredt64, u m nur einige A u t o r e n z u n e n n e n , bezeichnet. E n t g e g e n dieser w e i t e n Auffassung sieht die M e h r z a h l der Betriebswirtschafter n u r i n einem Teil der Einzelwirtschaften Betriebe, u n d zwar werden i n der Regel die p r i v a t e n Haushalte ausgeklammert. Nicht i n j e d e m F a l l e i s t aber dieser abgeleitete B e t r i e b i m S i n n e v o n N i c k l i s c h auch g l e i c h z e i t i g das E r k e n n t n i s o b j e k t f ü r die b e t r e f f e n d e n A u t o r e n . I n diesem P u n k t g e h t die A b s t u f u n g noch w e i t e r . So s i n d f ü r die e i n e n n u r d i e B e t r i e b e , d i e P r o d u k t i o n s w i r t schaften sind, G e g e n s t a n d d e r w i s s e n s c h a f t l i c h e n B e t r a c h t u n g , f ü r andere n u r d i e E r w e r b s w i r t s c h a f t e n u n d f ü r eine d r i t t e Gruppe n u r die p r i v a t e n Unternehmungen 85. V e r t r e t e r eines Betriebsbegriffes, d e r die H a u s h a l t e n i c h t m i t einschließt, s i n d u . a . G u t e n b e r g 6 6 , L e h m a n n 6 7 , S c h m a l e n b a c h 6 8 , Rößle69, Fischer70, Castan71, H a x 7 2 u n d W e i g m a n n 7 3 . Handlungen auf Grundlage fester, vorweggenommener sachlicher V o r k e h rungen zu einer Organisation vereinigt, deren Dauer an sich zeitlich u n begrenzt u n d deren Handlungsablauf zwangsläufig gesichert ist." 61 Nicklisch, H., Wirtschaftliche Betriebslehre, 6. Aufl., Stuttgart 1922, S. 36; ders., A r t i k e l „Betrieb", i n : Handwörterbuch der Betriebswirtschaft, 2. Aufl., Sp. 748 f. 62 Leitner, Friedrich, Wirtschaftslehre der Unternehmung, 5. Aufl., B e r l i n Leipzig 1926, S. 23: „ E i n »Betrieb 4 ist ein Inbegriff fortdauernder wirtschaftlicher Tätigkeit, gleichgültig, ob diese Tätigkeit erwerbsmäßig (auf G e w i n n gerichtet) betrieben w i r d oder nicht." A u f Seite 5 spricht Leitner davon, daß es eine Einzelwirtschaftslehre der Konsumtions- u n d eine der E r w e r b s w i r t schaften gibt. Leitner beschäftigt sich allerdings n u r m i t einem Teilgebiet, der Unternehmung (S. 9). 88 Mellerowicz, K., Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 1. Band, 8. Aufl., B e r l i n 1954; Gegenstand der Betriebswirtschaftslehre sind die Wirtschaftsbetriebe, das sind Betriebe m i t einem wirtschaftlichen Zweck (S. 14). 64 Bredt, Otto, Die Krise der Betriebswirtschaftslehre, Düsseldorf 1956, S. 25 f. 65 V e r w i r r u n g w i r d hier allerdings häufig durch die unterschiedliche Benennung hervorgerufen. So nennt z. B. Prion sein grundlegendes W e r k : Die Lehre v o m Wirtschaftsbetrieb u n d bringt auch i m ersten Buch dieses Werkes Ausführungen über den Wirtschaftsbetrieb i m allgemeinen, stellt aber schon hier die kapitalistische Unternehmung i n den Vordergrund. Das zweite Buch ist dann ganz eindeutig dieser Unternehmung gewidmet, ohne daß sich an der Bezeichnimg des Werkes etwas ändert. Demgegenüber bezeichnet Leitner seine Lehre ganz einfach als Wirtschaftslehre der Unternehmung. Auch bei Autoren, die von Privatwirtschaftslehre sprechen, ist klar, w o m i t sie sich beschäftigen, nämlich m i t der privaten Unternehmung. 66 Gutenberg, Erich, Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, 1. Band: Die Produktion, 2. A u f l . ; ders., Einführung i n die Betriebswirtschaftslehre, i n : Die Wirtschaftswissenschaften, Wiesbaden 1958, S. 9. 67 Lehmann, M . R., Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 3. Aufl., S. 33 ff.; Lehmann bezeichnet die Wirtschaftseinheiten w i e w i r als Einzelwirtschaften. E r unterscheidet dann Betriebswirtschaften (unmittelbare u n d mittelbare Produktions wirtschaften), Hauswirtschaften u n d öffentliche Haushalte (komplexe Haus- u n d Betriebswirtschaften). A l s Betrieb selbst bezeichnet L e h mann die Produktionsseite einer Betriebswirtschaft (S. 53). 68 Schmalenbach, E., Dynamische Bilanz, 8. Aufl., Bremen-Horn, S-19: *
116 Erkenntnisobjekt, s y s t e m b i l d e d e s Prinzip u. Wissenschftsrichtung
Zu 3: Für diese dritte Gruppe von Autoren ist der Betrieb nur ein Teil der Einzelwirtschaft. Allerdings gibt es auch hier verschieden weite Auffassungen. Die eine Auffassung ist die, daß der Betrieb das M i t t e l zur Verwirklichung des jeweiligen wirtschaftlichen Zweckes sei, der konkrete Apparat, ohne den sich nun einmal wirtschaftliche Ziele nicht erreichen lassen 74 . Ein ande„Der wirtschaftliche Betrieb ist ein Bestandteil der Gesamtwirtschaft, dazu berufen, zu seinem T e i l v o n den Aufgaben der Gesamtwirtschaft einen T e ü zu übernehmen. A l s Bestandteil der arbeitsteiligen Gesamtwirtschaft e n t n i m m t er i h r Materialien u n d andere Leistungen u n d gibt dafür F a b r i kate u n d andere Leistungen an die Gesamtwirtschaft zurück. Dabei soll ein M e h r w e r t erzielt werden; denn der Betrieb soll sich mehrend u n d nicht mindernd an der Gesamtwirtschaft beteiligen." Vergleiche auch Schönpflug, Fritz, Betriebswirtschaftslehre, S. 253. 60 Rößle K a r l , Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 5. Aufl., Stuttgart 1956, S. 18: „Betriebswirtschaft, w i e auch Einzelwirtschaft u n d Unternehmen, bildet den Oberbegriff. Sie setzt sich aus Betrieb u n d Unternehmung zusammen." Hiernach entsteht der Eindruck, als beschäftige sich Rößle n u r m i t einem T e i l der Betriebswirtschaften, eben m i t den Unternehmungen, zumal auch später die Begriffe Unternehmung u n d Unternehmer eine wichtige Rolle spielen. Rößle versteht aber unter den Betriebswirtschaften alle Produktions wirtschaften; das geht daraus hervor, daß er ein erwerbswirtschaftliches, ein genossenschaftliches u n d ein gemeinwirtschaftliches W i r t schaftsprinzip unterscheidet (S. 42). Die Haushalte rechnet Rößle also nicht zu den Betriebswirtschaften, denn f ü r sie g i l t keines dieser drei Prinzipien. 70 Fischer, Guido, Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 7. Aufl., Heidelberg 1957, S. 15: „ I m M i t t e l p u n k t der Betriebswirtschaftslehre steht der Betrieb." Weiter heißt es auf Seite 37: „Der »Betrieb' ist ein Organismus der menschlichen Gesellschaft, m i t dem die wirtschaftlichen Aufgaben der F e r t i gung ( = Industrie, Handwerk) oder Dienstleistung ( = Banken, Versicherungen, Verkehrsbetriebe usw.) oder der Verteilung ( = Handelsbetriebe) i m I n teresse der Verbraucher erreicht u n d erfüllt werden sollen." 71 Castan, Edgar, a.a.O., S. 13: „Der abgeleitete Betrieb schlechthin ist der hier zugrunde gelegte Betriebsbegriff. E r ist Objekt der Betriebswirtschaftslehre . . . " 72 Hax, K a r l , Gegenstand, E n t w i c k l u n g u n d gegenwärtiger Stand der Betriebswirtschaftslehre, a. a. O., S. 3: „ D i e Produktionswirtschaften nennen w i r Betriebe, die Verbrauchs wirtschaften Haushalte." 78 Weigmann, Walter, Ist Rentabilität ein Maßstab f ü r wirtschaftliches Handeln?, S. 65: „ W i r stellten fest, daß der Betrieb ein m i t der Aufgabe betreuter Organismus ist, durch planmäßige Tätigkeit M e h r w e r t zu erzeugen." 74 Als Vertreter dieser Auffassung ist v o r allem Rieger zu nennen (Rieger, Wilhelm, a. a. O., S. 39 ff.): „Denn der Betrieb ist n u r die technische Grundlage, das Substrat, das Vehikel der Unternehmung. Es sind die technischen Einrichtungen u n d Veranstaltungen, die die Unternehmung getroffen hat u n d deren sie bedarf, u m sich zu manifestieren.. ". So auch Fettel, Johannes, Geldliche u n d güterliche Begriffe i n der Betriebswirtschaftslehre, i n : ZfB, Jg. 1951, S. 515; ders., Die Betriebsgröße, a. a. O., S. 62. Lehmann (Lehmann, M . R., Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 3. Aufl., S. 53 ff.) versteht unter Betrieb die Produktionsseite einer Einzelwirtschaft; der Betrieb hat zwei Seiten: ein Außenleben (Beschaffung u n d Absatz) u n d ein Innenleben (Herstellung, Veredelung) (S. 60), wobei aber auch das I n nenleben nicht n u r aus technischen Vorgängen besteht (S. 61). Jede Betriebswirtschaft verfügt über einen technischen Betrieb (S. 71).
Das Erkenntnisobjekt i n der einzelwirtschaftlichen Disziplin
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rer Betriebsbegriff stellt lediglich auf den Produktionsvorgang ab, gliedert also die Funktionen der Verwaltung, Leitung, Beschaffung und des Absatzes aus. Und schließlich werden vielfach auch die räumlich getrennten Teilwerke einer Einzelwirtschaft als Betriebe bezeichnet 75 . Es gibt i n der Betriebswirtschaftslehre also einen ganzen Katalog von Betriebsbegriffen. Oft lassen diese Begriffe sich nicht exakt gegeneinander abgrenzen, so daß Gelegenheiten zu Verwechslungen und Mißverständnissen i n großer Zahl gegeben sind 7 6 . Es ist Seyffert durchaus zuzustimmen, wenn er behauptet, daß dem Betriebsbegriff i n der betriebswirtschaftlichen Literatur erstaunlicherweise eine geringe A u f merksamkeit entgegengebracht werde, obwohl der Betrieb doch das Erkenntnisobjekt dieser Lehre sei 77 . b)Der Betriebsbegriff
unserer Untersuchung
Der Betrieb ist nach unserer Vorstellung die konkrete Gestalt, i n der uns eine Einzelwirtschaft entgegentritt. Unser Betriebsbegriff stimmt damit i n etwa m i t dem von Rieger überein, hat aber auch Ähnlichkeit m i t dem, was Lehmann unter Betrieb versteht, und dem, was Gutenberg als rein technisches Gebilde, als „die Verknüpfung produktiver Faktoren m i t einem Prinzip" ansieht 78 . aa) Der Betrieb als M i t t e l zum wirtschaftlichen Zweck Die Einzelwirtschaft ist für uns ein Gebilde aus einem Wirtschaftssubjekt m i t einer bestimmten wirtschaftlichen Zielsetzung und einem Apparat oder Instrumentarium zur Verwirklichung dieses Zieles. Diesen Apparat als die „produktionelle Ausrüstung einer Einzelwirtschaft" 70 bezeichnen w i r als Betrieb. M i t Apparat ist also hier nicht eine einzelne Maschine oder eine maschinelle Anlage gemeint, sondern die Gesamtheit der Mittel, die für die Zweckverwirklichung einWalther, Alfred, E i n f ü h r u n g i n die Wirtschaftslehre der Unternehmung, 1. Band, S. 12: „ U n t e r Betrieb verstehen w i r die unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit zu betrachtende Leistungserstellung der Unternehmung." Betriebe sind f ü r Walther die inneren Beziehungen. 75 Vergleiche dazu Lehmann, M. R., Wirtschaftskraft u n d Wirtschaftlichkeit, a. a. O., S. 574 f. 76 Vergleiche dazu L i n h a r d t , H., W i l h e l m Riegers Einfluß i n der jüngeren Betriebswirtschaftslehre, a. a. O. 77 Seyffert, Rudolf, A r t i k e l „Betrieb", i n : Handwörterbuch der Betriebswirtschaft, 3. Aufl., Sp. 739; ebenso stellt Käfer fest, daß der Begriff des Betriebes i n den mannigfachsten Farben schillert (Käfer, K a r l , Die Betriebsrechnung, Zürich 1943, S. 18); siehe auch Wöhe, Günter, Methodologische Grundprobleme, S. 25 f. 78 Gutenberg, Erich, Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, 1. Band: Die Produktion, 2. Aufl., S. 382. 79 Fettel, Johannes, Der betriebliche Rationalisierungseffekt, i n : ZfB, Jg. 1959, S. 328.
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gesetzt sind. Betrieb umfaßt alle Anlagen und Vorräte, güterliche und geldliche, die technischen Verfahren und Methoden, die Fabrikationsmuster und Fertigungsgeheimnisse, die Organisation i n Laden, Werkstatt und Büro, die verschiedensten Rechte und Ansprüche, die Leistungen und Erfahrungen der leitenden und ausführenden Arbeitskräfte und vieles andere mehr. Betrieb ist also alles das, was zur Erbringung einer Leistung erforderlich ist, ist die „gegebene Kombination von Produktionsfaktoren", die „Kombination menschlicher Arbeitskraft m i t sachlich-technischen Hilfsmitteln" 8 0 . U m die Erstellung von Produkten oder Leistungen geht es i n jeder Einzelwirtschaft, i n der Erwerbswirtschaft ebenso wie i m Haushalt. Deshalb bedarf auch jede Einzelwirtschaft eines Betriebes 81 . N u r muß die Leistungserstellung dem Betrieb befohlen oder vom Wirtschaftsziel her als Zweck gesetzt werden. Die Leistungserstellung ist nicht identisch m i t dem Wirtschaftsziel, sie ist von diesem abhängig, sie dient ihm. Der Leistungen hervorbringende Betrieb ist stets auf zwei Seiten i n einen größeren, eben den wirtschaftlichen Zusammenhang eingegliedert: die erstellten Produkte sind für eine bestimmte Verwertung vorgesehen, und andererseits müssen ständig neue M i t t e l einströmen, wenn die Produktion aufrechterhalten werden soll. Die A r t und Weise, wie diese doppelte Eingliederung i n einen größeren Rahmen stattfindet, ist sehr verschieden; gerade darin unterscheiden sich die Einzelwirtschaftsarten voneinander. I n jedem Falle gerät die Leistungserstellung durch diese Einordnung unter einen höheren Gesichtspunkt, der bestimmend w i r d für das Was und Wie der Produktion. Die Verwertung der erzeugten Leistungen und die Beschaffung der M i t t e l sind wirtschaftlichen Belangen untergeordnet, die ihren Ursprung i n der individuellen wirtschaftlichen Zielsetzung des Subjektes haben. Aus dem Betrieb w i r d erst unter dieser Zielsetzung eine Wirtschaftseinheit, eben eine Einzelwirtschaft 80 . Das jeweilige Wirtschaftssubjekt steht außerhalb des Betriebes, es verwendet den Betrieb als M i t t e l zur Verwirklichung eines wirtschaftlichen Zweckes. Die Ausführung der dem Betrieb übertragenen Aufgabe der Leistungserstellung ist eine technische, aber keine wirtschaftliche Angelegenheit. Der Betrieb ist so „ein M i t t e l des Wirtschaftens, ist Instrument, aber er wirtschaftet nicht selbst" 82 . W i r können i m Betrieb deshalb nur eine technische Einheit oder Kategorie sehen, nicht aber eine wirtschaftliche 88 . 80
Fettel, Johannes, Die Betriebsgröße, a. a. O., S. 62. Lehmann, M . R., Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 3. Aufl., S. 71. 82 Rieger, Wilhelm, a. a. O., S. 41. 83 Der Argumentation Lehmanns (Lehmann, M. R., Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 3. Aufl., S. 61 f.), daß das Innenleben der Produktionseinheit, die Herstellung oder Veredelung, nicht n u r aus technischen Vorgängen, 81
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Eine Trennung i n wirtschaftlichen Bereich und technischen Betrieb ähnlich der hier vertretenen Auffassung ist i n der Literatur nicht selten, die Zuordnung der beiden Bereiche aber nicht einheitlich. Für Lehmann ist, wie schon mehrmals erwähnt wurde, der Betrieb die Produktionsseite, die Unternehmung die Finanzseite. Beide Seiten ergänzen sich zur Betriebswirtschaft. Ähnlich auch Rößle, bei dem die Einzelwirtschaft aus Betrieb und Unternehmung zusammengesetzt ist, wobei Betrieb die technisch-wirtschaftliche Seite, die Unternehmung die juristisch-finanzielle Seite ist. „Die Unternehmung stellt dem Betrieb das Kapital zur Verfügung, damit der Betrieb Leistungen hervorbringt, deren Erlös die Selbstkosten übersteigen soll 8 4 ." Prion unterscheidet den Wirtschaftsbetrieb als Wirtschaft (Unternehmung) und den Wirtschaftsbetrieb als Betrieb; Wirtschaft und Betrieb sind die beiden Seiten des Wirtschaftsbetriebes, so wie das Geldstück über zwei Seiten verfügt 8 5 . Für Walther sind die inneren Beziehungen der Betrieb, die äußeren die Unternehmung 8 6 . Den von Rößle formulierten Gedanken des finanziellen, geldlichen Mantels finden w i r übrigens auch schon bei Rieger: die Unternehmung „finanziert den Betrieb, ist sein Bankier" 8 7 . Die hier zitierten Auffassungen lassen leicht den Eindruck entstehen, als handele es sich u m eine Nebenordnung von Betrieb und Unternehmung i n der Ebene der Wirtschaftseinheit. Für unsere Vorstellungen von Betrieb und Unternehmung trifft diese Ansicht aber keinesfalls zu. W i r sehen hier ganz eindeutig ein Unterordnungsverhältnis, und zwar ist der Betrieb als technische Produktionseinheit untergeordnet, aber nun nicht der Unternehmung, sondern dem Unternehmer bzw. der unternehmerischen Zielsetzung oder einem anderen Wirtschaftssubjekt bzw. dessen Zielsetzung, denn nicht nur die Unternehmung verfügt über einen Betrieb. Aus dem Betrieb w i r d jedenfalls immer erst dadurch, daß i h n der Einzel w i r t i n die Dienste seiner Zielsetzung stellt, das Glied einer Wirtschaftseinheit. Der Betrieb steht also immer eine Stufe tiefer als die Einzelwirtschaft, er ist für sich betrachtet keine wirtschaftliche Einheit. sondern auch aus echten wirtschaftlichen bestehe, w e i l n u r produziert werde, w e n n ein Mehr an Werten erzielbar oder der Absatz i m M a r k t zu erwarten sei, können w i r nicht folgen. Wenn der Betrieb etwas produziert, v o n dem m a n hofft, daß es absetzbar sei, dann t u t das der Betrieb nicht von sich aus, sondern w e i l der Einzelwirt dem Betrieb dieses Ziel vorgegeben hat. Der Betrieb könnte ohne weiteres auch Dinge herstellen, von denen m a n die Absetzbarkeit nicht erwartet. 84 Rößle, K a r l , Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 5. Aufl., S. 18. 85 Prion, W., Die Lehre v o m Wirtschaftsbetrieb, 2. Band, B e r l i n 1935, 3. Band, B e r l i n 1936. 88 Walther, Alfred, E i n f ü h r u n g i n die Wirtschaftslehre der Unternehmung, 1. Band, S. 12. 87 Rieger, Wilhelm, a. a. O., S. 42,
120 Erkenntnisobjekt, s y s t e m b i l d e d e s Prinzip
Wissenschftsrichtung
bb) Der Betrieb an sich W i r müssen uns jetzt noch einer anderen interessanten Frage zuwenden, nämlich der, ob der Betrieb als ein selbständiges Gebilde bestehen kann, oder anders ausgedrückt, ob es den „Betrieb an sich" gibt. I m engsten Zusammenhang damit steht die Frage, ob der Betrieb wirtschaftlich indifferent ist oder nicht. Diese Fragen haben insofern ihre Berechtigung, als i n der Betriebswirtschaftslehre i m Laufe der Entwicklung eine weitgehende Gewichtsverlagerung eingetreten ist. Wirtschaften wurde mehr und mehr m i t Produzieren gleichgesetzt und damit dem Betrieb als Produktionseinheit das Hauptinteresse zugewandt 8 8 . Durch empirische Beobachtung gelangen w i r zu der Erkenntnis, daß der Unternehmer für die Erstellung von Leistungen, über die er i n unserer modernen Wirtschaft allein sein unternehmerisches Ziel erreichen kann, einen entsprechend eingerichteten Betrieb benötigt. Der Betrieb ist der Körper, der zur Verwirklichung der Unternehmungsidee geschaffen wird 8 9 . Von dieser Idee her erhält er auch seine konkrete Form. Da alle Betriebe zu einem bestimmten Zweck errichtet werden, ist das, was der Wahrnehmung durch die Sinne, also der Empirie zugänglich ist, immer nur ein Betrieb i n der durch die individuelle Zwecksetzung bestimmten Ausgestaltung. Auch das aus dem Erfahrungsobjekt durch Abstraktion gewonnene Erkenntnisobjekt Betrieb kann nicht unberücksichtigt lassen, daß es sich immer nur u m ein M i t t e l zum wirtschaftlichen Zweck handelt. Die Leistungserstellung kann auch nicht Selbstzweck sein, denn das würde voraussetzen, daß der Betrieb über ein eigenes Subjekt verfügt, weil Zwecke nur von menschlichen Subjekten gesetzt werden können. Der Betrieb hat aber kein eigenes Subjekt, er ist nur Instrument für ein außerhalb stehendes Subjekt, für den Einzelwirt. Losgelöst von diesem Subjekt und damit von der von außen herangetragenen Zwecksetzung kann der 88 F ü r diese E n t w i c k l u n g gibt es eine Reihe von Gründen, v o n denen einige hier genannt seien: a) Das Gewinnstreben geriet i n F o r m des Profitstrebens i n M i ß k r e d i t ; b) infolge gewisser Zeitströmungen u n d normativer Einflüsse veränderte sich die Blickrichtung; c) es gewannen auch andere Einzelwirtschaften an wissenschaftlichem I n t e r esse; d) der Produktionsprozeß selbst wurde zunehmend komplizierter, was nicht ohne wirtschaftliche A u s w i r k u n g e n bleiben konnte. 89 So Rieger, Wilhelm, a. a. O., S. 40. W i r beschränken uns hier n u r der Einfachheit halber auf die U n t e r nehmung. Die Ausführungen gelten i m gleichen Sinne f ü r alle Einzelwirtschaften.
Das Erkenntnisobjekt i n der einzelwirtschaftlichen Disziplin
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Betrieb nicht gesehen werden, „ergibt sich kein Gebilde, welches eine sinnvolle Einheit bildet" 9 0 . Als reales Gebilde existiert der Betrieb immer nur i n Verbindung m i t dem zugehörigen Subjekt und dessen Zielsetzung. Einen Betrieb an sich, also ohne Eingliederung i n die Wirtschaftseinheit, kann es i n der Realität nicht geben. Es ist deshalb nur gedanklich möglich, Betrieb und übergeordnete Idee zu trennen, i n der Realität bedarf der Betrieb der Idee und die Idee zur Realisation des Betriebes 91 . Aber auch bei der gedanklichen Trennung w i r d man immer zu berücksichtigen haben, daß der Betrieb ein Zweckgebilde, ein M i t t e l zum Zweck ist. Jedes M i t t e l w i r d aber ganz eindeutig vom Zweck her, dem es zu dienen bestimmt ist, beeinflußt. Das w i r f t nun die Frage der wirtschaftlichen Indifferenz auf. Wenn man den Betrieb als Produktionsstätte deshalb für indifferent hält, weil i h m vom Wirtschaftssubjekt gesagt werden muß, „was und wieviel und wann er zu produzieren hat", wenn i h m ein Ziel angewiesen werden muß 9 2 , ist das ohne weiteres berechtigt, wie aus dem bisher Gesagten hervorgeht. Wenn aber der Betrieb deshalb als wirtschaftlich indifferent bezeichnet wird, weil der gleiche Betrieb, „ohne die geringste technische Änderung zu erfahren", ihrer A r t nach unterschiedlichen Einzelwirtschaften, z.B. einer Unternehmung oder einer Kommune, zugehören könne 93 , dann sind doch einige Bedenken anzumelden. Wie die empirische Beobachtung zeigt, gehen vom jeweiligen Zweck, dem der Betrieb dienen soll, deutliche Rückwirkungen auf die Gestaltung des Betriebes und auf die Vorgänge innerhalb des Betriebes aus. Wenn man das einmal überspitzt formulieren w i l l , könnte man vielleicht sagen: schon beim Betreten eines Betriebes kann man erkennen, welchem wirtschaftlichen Zweck er dient, ob er also beispielsweise von einem Unternehmer oder von einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft betrieben wird. 90 Gutenberg, E., Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, 1. Band: Die Produktion, 2. Aufl., S. 382. 91 Ebenda, S. 382 f. 92 Fettel, Johannes, Geldliche u n d güterliche Begriffe i n der Betriebswirtschaftslehre, a. a. O., S. 515 f. 93 Rieger, Wilhelm, a. a. O., S. 41. I n ähnlicher Weise äußert sich auch Castan (Castan, Edgar, a. a. O., S. 15): „Es ist nicht ersichtlich, w a r u m Betriebe einer zentral gelenkten Wirtschaft nicht m i t Unternehmungen einer Marktwirtschaft hinsichtlich gleicher betriebswirtschaftlicher Tatbestände verglichen werden sollten." „ E i n Stahlw e r k der Planwirtschaft dürfte m i t einem Stahlwerk der Marktwirtschaft mehr betriebswirtschaftliche Gemeinsamkeiten haben als eine Kohlengrube u n d ein Einzelhandelsgeschäft derselben Wirtschaftsordnung." Daß v o n Castan technische Probleme der Produktion m i t wirtschaftlichen gleichgesetzt werden, ist ein Zeichen f ü r die v o n uns weiter oben angedeutete Gewichtsverlagerung i n der Betriebswirtschaftslehre.
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Es gibt ohne Zweifel viele Einzelheiten, die hierüber Aufschluß zu geben vermögen. Unterschiede zeigen sich i n der technischen Ausrüstung und Einrichtung, i m Verhalten und i n der Arbeitsweise der Belegschaft, i m Verhältnis zwischen Über- und Untergeordneten, in den Arbeitsbedingungen und vor allem auch i n der Organisation des ganzen Betriebes 94 . Man vergleiche nur einmal eine P r i v a t k l i n i k m i t einem städtischen Krankenhaus, einen Verkehrsbetrieb der öffentlichen Hand m i t einer privaten Verkehrsunternehmung, ein privates Restaurant m i t dem von irgendwelchen Institutionen betriebenen Speiselokal oder ein privates Feinkostgeschäft m i t einer Verteilungsstelle der Konsumgenossenschaften 95 . A u f Schritt und T r i t t werden selbst dem Ungeübten dort, wo vom Technischen her Gleichartigkeit zu erwarten ist, deutliche Unterschiede bewußt werden, die sich ganz eindeutig aus der jeweiligen wirtschaftlichen Zwecksetzung erklären lassen. A l l e n Betrieben gemeinsam ist, daß sie Leistungen erstellen, aber selbst technisch vollkommen gleichartige Leistungen lassen sich oft auf verschiedene Weisen herstellen. Dabei macht ja nicht allein das technische Verfahren den Betrieb aus, es kommt noch vieles hinzu. Von dem, was produziert werden soll, ganz abgesehen w i r d das Wie weitgehend vom Zweck bestimmt, dem die erstellte Leistung dienen soll. Dem Unternehmer z. B. kommt es einzig und allein auf die geldliche Spanne zwischen Ertrag und Aufwand an. Er hat also die Möglichkeit, nach zwei Seiten manövrieren zu können. Nicht so das W i r t schaftssubjekt, das m i t einem bestimmten geldlichen Fonds eine ganz bestimmte güterliche Leistung erstellen soll, wie z. B. ein öffentlicher Haushalt. Dieser w i r d seinen gesamten Produktionsprozeß, wenn man einmal so sagen w i l l , auf die vorhandenen Geldmittel ausrichten müssen. Er wird, wenn von einem vernünftigen Verhalten die Rede sein soll, versuchen, die Kosten zu senken. Der Unternehmer strebt demgegenüber keineswegs immer nach Kostensenkung, wie Castan meint 9 6 , 94
Gerade i n der Organisation werden vor allem zwischen privaten u n d öffentlichen Betrieben große Unterschiede sichtbar. Zumindest der Einzelunternehmer k a n n anstehende Entscheidungen sofort treffen, der Leiter eines öffentlichen Betriebes muß i n wichtigen Dingen seine vorgesetzte Behörde fragen, u n d diese ist oft wieder von einem politischen G r e m i u m abhängig. E i n gewisser, i n der Regel aber doch ungleich beweglicherer Instanzenzug ist allerdings auch bei den privatrechtlichen Gesellschaftsformen festzustellen, u n d doch können sich auch derartige Gesellschaften i n aller Regel neuen Gesichtspunkten v i e l schneller anpassen. Dieser Grundzug der Organisat i o n w i r k t sich dann bis i n die feinsten Verästelungen des Betriebes aus. 95 Der aufmerksame Beobachter findet genügend Gelegenheit, solche U n terschiede aufzuspüren. M a n denke z. B. n u r an die A r t u n d Weise der Bedienung des K u n d e n oder Gastes, an die Ausstattung u n d Bequemlichkeit von Verkehrsmitteln u n d anderes mehr. Andererseits läßt sich auch beobachten, daß dort oft ein besonders verschwenderischer A u f w a n d getrieben w i r d , wo dieser nicht aus der eigenen Tasche bestritten zu werden braucht. 96 Castan, Edgar, a. a. O., S. 15.
Das Erkenntnisobjekt i n der einzelwirtschaftlichen Disziplin
denn i h m geht es nur u m die Spanne. Er kann also seinen Produktionsprozeß auch so einrichten, daß die Kosten i m Vergleich zu vorher größer sind, wenn auf diese Weise die Aussicht besteht, daß die Erträge entsprechend gesteigt werden können 97 . Auch das Schicksal, das den sachlich-technischen Produktionsfaktoren i m Betrieb bestimmt ist, ist für Gestalt und Aussehen des Betriebes entscheidend. Für eine Wirtschaftseinheit wie den Haushalt sind die Gegenstände i m Betrieb dazu bestimmt, sich i m Dienste der Leistungserstellung zu verbrauchen; unter diesem Gesichtspunkt werden sie auch angeschafft. Nicht so i n der Unternehmung, die auf geldlichen Gewinn aus ist. Hier ist jeder Gegenstand dazu ausersehen, unmittelbar oder mittelbar, d.h. i n Form einer m i t seiner Hilfe erstellten Leistung, sofort oder nach einer mehr oder weniger langen Zeit i n Geld umgewandelt zu werden. A u f die Ausgestaltung eines Betriebes hat das einen wesentlichen Einfluß. Nicht unberücksichtigt dürfen auch die Einwirkungen der jeweiligen Wirtschaftsordnung oder des Wirtschaftssystems bleiben. Eine M a r k t verkehrswirtschaft m i t starker Konkurrenz w i r d die auf den M a r k t angewiesenen Wirtschaftssubjekte zu einer ganz anderen Durchgestaltung des Betriebsapparates zwingen als eine Wirtschaft, bei der die Einzelwirte sich u m den Absatz ihrer Produkte keine Sorgen zu machen brauchen. Bezeichnend sind hier doch gerade die Versuche, über Kostenrechnungsvorschriften, innerbetriebliche Wettbewerbe usw. einen Ersatz für den vom M a r k t ausgehenden Druck zu schaffen, der i m allgemeinen für eine rationelle Betriebstätigkeit sorgt. Bedeutende Unterschiede zwischen einem Betrieb i n der M a r k t w i r t schaft und einem i n der Planwirtschaft gehen auch vom Produktionsfaktor Arbeit aus. Zentral gelenkte Wirtschaften sind nur i n totalitären Staaten denkbar, i n Staaten also, die die Möglichkeit haben, auch den arbeitenden Menschen i n ihre Planung einzubeziehen. M i t Dienstverpflichtungen, Zwangsarbeit und ähnlichen Maßnahmen können die Arbeitskräfte dorthin geleitet werden, wo sie gebraucht werden. A n Sozialeinrichtungen, Ausgestaltung des Arbeitsplatzes, Sicherungsvorkehrungen w i r d nur das geschaffen, was der Planerfüllung wegen notwendig erscheint. I n der Marktwirtschaft kann der Einzelw i r t nur unter entsprechenden Gegenleistungen m i t Arbeitskräften 97 Dabei k a n n die Ertragssteigerung über größere Mengen oder höhere Stückerlöse oder auf beiden Wegen erreicht werden. Es k a n n natürlich auch der F a l l eintreten, daß m a n die Kosten erhöhen muß, u m überhaupt die alten Erträge halten zu können, u m dadurch einen, w e n n vielleicht auch wenig befriedigenden G e w i n n zu erzielen. Das dem Unternehmer eigentümliche Spannendenken unterscheidet sich wesentlich v o m Sparsamkeitsdenken der Haushalte. Beide haben unterschiedliche A u s w i r k u n g e n auf die Gestalt des Betriebes u n d die Vorgänge i n ihm. Vergleiche dazu auch Hieger, Wilhelm, a. a. O., S. 62.
124 Erkenntnisobjekt, s y s t e m b i l d e d e s Prinzip u. Wissenschftsrichtung
rechnen. Es mag Marktsituationen geben, wo die Arbeitgeber das Übergewicht haben, je besser aber i m allgemeinen die Wirtschaftslage ist, desto mehr verschiebt sich das Gewicht auf die Seite der Anbieter von Arbeitskraft. Und davon gehen starke Einflüsse auf die Betriebsgestaltung aus, auf die Gestaltung des Arbeitsplatzes, die Sozialeinrichtungen, Arbeitsbedingungen und was der Dinge mehr sind, durch die die Wirtschaftseinheiten i n Konkurrenz um die Arbeitskraft treten. Selbstverständlich sind damit nur einige Probleme aufgezeigt, die dazu führen werden, daß Betriebe der gleichen technischen Fertigung i n zwei unterschiedlichen Wirtschaftsordnungen auch ein unterschiedliches Aussehen haben werden. N i m m t man die anderen vorher erörterten Gesichtspunkte hinzu, dann w i r d deutlich, wie berechtigt die Zweifel sind, ob man i m Betrieb tatsächlich ein wirtschaftlich indifferentes Gebilde sehen kann. Auch bei der gedanklichen Trennung von Betrieb und übergeordneter wirtschaftlicher Idee geht unserer Auffassung nach die Abstraktion zu weit, wenn man den Betrieb als w i r t schaftlich indifferent bezeichnet 98 . Der Betrieb ist ein Zweckgebilde, ist M i t t e l zur Erreichung eines wirtschaftlichen Zweckes, aber die M i t tel sind eben letzten Endes nicht vollkommen zweckfrei 99 . Der Betrieb, wie w i r i h n hier umschrieben haben, kommt als Erkenntnisobjekt für eine Wirtschaftswissenschaft nicht i n Betracht, denn er wirtschaftet nicht, er ist lediglich Instrument der Leistungserstellung. Obwohl die Vorgänge i m Betrieb und das Verhalten der i m Betrieb zusammengefaßten Menschen für den Einzelwirt von Interesse sind, denn sie haben i n aller Regel ihre wirtschaftlichen Auswirkungen, so sind sie doch nicht Gegenstand der Einzelwirtschaftswissenschaft oder -Wissenschaften, denn deren Objekt kann immer nur eine wirtschaftliche Einheit sein bzw. der Beziehungskomplex des wirtschaftlichen Verhaltens der betreffenden Einzelwirte. Was sich i m Betrieb abspielt, w i r d von anderen Wissenschaften untersucht, von den technischen Wissenschaften, den Naturwissenschaften, der Arbeitswissenschaft m i t ihren verschiedenen Zweigen 1 0 0 , von der Soziologie und auch von der Medizin. 98 W i r können uns deshalb auch nicht m i t der v o n Gutenberg herausgestellten Indifferenz der Faktorkombination befreunden (Gutenberg, Erich, Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, 1. Band: Die Produktion, 2. Aufl., S. 9 ff.). Die K o m b i n a t i o n soll nach dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit erfolgen; ob u n d i n w i e w e i t dieses Prinzip A n w e n d u n g findet, ist aber allein von der übergeordneten wirtschaftlichen Idee abhängig. Vergleiche hierzu auch die ablehnende Stellungnahme Linhardts (Linhardt, H., Besprechung des 1. Bandes von Gutenbergs Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, i n : Schmollers Jahrbuch, 72. Jahrgang, 1952, 1. Halbband, S. 755 ff.). 99 Siehe hierzu Sieber, E .H., Wirtschaftlichkeit u n d Wirtschaftlichkeitsmessung, a. a. O., S. 176 f., u n d Myrdal, Gunnar, Das Zweck- u n d M i t t e l - D e n ken i n der Nationalökonomie, i n : Zeitschrift f ü r Nationalökonomie, Jg. 1933, S. 310. 100 Die technischen Vorgänge sind häufig Gegenstand einer sog. Betriebs-
s systembildende Prinzip A l s E r k e n n t n i s o b j e k t u n s e r e r D i s z i p l i n k o m m e n also n u r i n F r a g e d i e E i n z e l w i r t s c h a f t oder d i e e i n z e l n e n A r t e n v o n E i n z e l w i r t s c h a f t e n , w a s n o c h z u entscheiden sein w i r d . S o v i e l k ö n n e n w i r aber j e t z t schon sagen, daß e n t s p r e c h e n d u n s e r e r A u f f a s s u n g v o m B e t r i e b k o n s e q u e n terweise die Bezeichnung Betriebswirtschaftslehre
abzulehnen
wäre.
I I . Das systembildende Prinzip 1. S y s t e m u n d
Systemprinzip
Stehen w i e hier mehrere Erkenntnisobjekte zur Auswahl, dann w ä r e es v e r n ü n f t i g , das O b j e k t z u w ä h l e n , das m ö g l i c h s t v i e l e oder sogar a l l e u n t e r s c h i e d l i c h e n E i n z e l w i r t s c h a f t s a r t e n u m f a ß t . D i e F r a g e i s t aber, ob dieser W e g auch g a n g b a r ist, d e n n eine Wissenschaft w i r d n i c h t n u r d u r c h eben dieses O b j e k t gekennzeichnet, s o n d e r n auch d u r c h d i e A r t u n d Weise d e r Z u o r d n u n g u n d V e r k n ü p f u n g d e r E i n z e l e r k e n n t n i s s e z u e i n e m s i n n v o l l e n Gebäude. E r s t d a n n , w e n n d i e j e w e i l i g e n Forschungsergebnisse i n eine systematische O r d n u n g g e b r a c h t w e r d e n k ö n n e n , i s t es b e r e c h t i g t , v o n e i n e r Wissenschaft z u sprec h e n 1 0 1 . Jede Wissenschaft s t r e b t eine geschlossene T h e o r i e a n 1 0 2 , e i n geordnetes Ganzes v o n E r k e n n t n i s s e n , e i n S y s t e m 1 0 3 . 1 0 4 . Wissenschaft (vgl. Gutenberg, Erich, E i n f ü h r u n g i n die Betriebswirtschaftslehre, a. a. O., S. 9); oft rechnet m a n auch die Arbeitswissenschaft oder Teile von ihr, die Betriebssoziologie u n d anderes zu der oder den Betriebswissenschaft(en). 101 So Wöhe, G., Methodologische Grundprobleme, S. 12; siehe auch S. 23. 102 Hoffmeister, Johannes, a. a. O., S. 610. Der Begriff Theorie hat zwei Bedeutungen. Theorie ist zum einen „das systematisch geordnete Wissen ohne Rücksicht auf seine A n w e n d u n g " u n d zum anderen „ i m Gegensatz zur Empirie (Erfahrung) die durch Denken gewonnene Erkenntnis, die wissenschaftliche E r k l ä r u n g bestimmter Erscheinungen aus einem Prinzip u n d die Zusammenfassung der Einzelerkenntnisse unter allgemeine Gesetze sowie ihre Ordnung nach Prinzipien, aus denen sich alle Gesetzmäßigkeiten u n d Einzelfälle ableiten lassen". „Jede Wissenschaft erstrebt als Ideal u n d Abschluß eine Theorie i n dieser doppelten Bedeutung der Ergänzung der unmittelbaren Erfahrung durch gedankliche Ansätze u n d der Zusammenfassung der Einzelergebnisse i n ihnen" (Hoffmeister, Johannes, a. a. O., S. 609 f.). Innerhalb einer solchen Theorie gibt es i n der Regel Einzeltheorien, die bestimmte Teilgebiete zum Gegenstand haben. F ü r diese Einzeltheorien g i l t das gleiche w i e f ü r die Theorie i m allgemeinen. Es k o m m t außerdem noch hinzu, daß sie sich i n den größeren Rahmen einordnen lassen müssen, ohne daß es zu Systemmängeln kommt. Es ist i n diesem Zusammenhang interessant, daß Schmalenbach eine betonte Abneigung gegen die B i l d u n g eines Systems hatte u n d diese seine A b neigung sogar zum unterscheidenden M e r k m a l gegenüber anderen Richtungen i n der Betriebswirtschaftslehre machte (so Hax, K a r l , Gegenstand, E n t w i c k l u n g u n d gegenwärtiger Stand der Betriebswirtschaftslehre, a. a. O., S. 6). 103 Umgekehrt ist natürlich nicht jedes System auch eine Theorie. 104 „Erkenntnis w i r d durch »systematische Einheit 4 erst zu einer »Wissen4 schaft , einem »System'" (Eisler, K a n t - L e x i k o n , S. 525).
126 Erkenntnisobjekt, s y s t e m b i l d e d e s Prinzip u. Wissenschftsrichtung
Das griechische Wort systema, auf das unser Wort System zurückgeht, bedeutet „Zusammengestelltes". Und die Bildung eines Systems ist auch ein Zusammenstellen oder Zusammenfügen. Ein System ist „das geordnete Ganze, die Anordnung von mehreren Teilen (Stoffen, Einzelwesen, Begriffen, Erkenntnissen usf.) zu einem Ganzen" 1 0 3 oder „ein zusammenhängendes Ganzes von Dingen und deren Relationen, von Vorgängen" 1 0 0 . „Die erkennbaren verschiedenen, zusammenwirkenden" Teile „können in- und aufeinander ruhen oder sich m i t - (zuund aus-) einander bewegen oder i n sich Bewegungsvorgänge tragen und regeln" 1 0 7 , wie die sogenannten Ablaufsysteme. A u f einen sehr wesentlichen Gesichtspunkt deuten hier die Worte Ordnung, Zuordnung oder geordnetes Ganzes hin. Ein System ist nämlich nicht etwa eine wahllose oder willkürliche Ansammlung oder Anhäufung von Dingen, Begriffen oder Erkenntnissen, vielmehr ist entscheidend, daß das Zusammenfügen planvoll geschieht, nach bestimmten Regeln, Grundsätzen oder Prinzipien. Auf dieses wichtigste K r i t e r i u m weist auch K a n t hin, der unter einem System die Einheit mannigfaltiger Erkenntnisse unter einer Idee versteht, das gegliederte Ganze, nicht die regellose Anhäufung von Teilen 1 0 8 . Kennzeichnend für das System ist somit das Prinzip, unter dem die einzelnen Teile zueinander i n Beziehung gebracht werden 1 0 9 . Von diesem Prinzip her unterscheidet man zwei Gruppen von Systemen, die natürlichen und die künstlichen. Bei den natürlichen Systemen ist das ordnende Prinzip den entscheidenden Sachverhalten des Bereiches, um dessen Ordnung es geht, entnommen. Natürliche Systeme suchen „den Verwandtschaften, Zusammengehörigkeiten, Zusammenhängen der Dinge selbst möglichst zu entsprechen" 110 . Demgegenüber nennt man ein System künstlich, „wenn die Anordnung nach einzelnen, von Menschen gewählten Einteilungsprinzipien und logisch geordneten Begriffen hergestellt wurde" 1 1 1 . 105
Hoffmeister, Johannes, a. a. O., S. 598. Eisler, Rudolf, Handwörterbuch der Phüosophie, S. 651. 107 L i n h a r d t , H., Plenges System, a. a. O., S. 26. 108 Kant's gesammelte Schriften, herausgegeben von der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften, B a n d I I I , Erste Abteilung: Werke, B e r l i n 1904, S. 538 f. 109 „Diese Idee postuliert demnach vollständige Einheit der Verstandeserkenntnis, wodurch diese nicht bloß ein zufälliges Aggregat, sondern ein nach notwendigen Gesetzen zusammenhängendes System w i r d " (Eisler, R u dolf, K a n t - L e x i k o n , S. 524). 110 Eisler, Rudolf, Handwörterbuch der Philosophie, S. 652; das System heißt natürlich, „ w e n n die A n o r d n u n g durch Untersuchung u n d Berücksichtigung möglichst aller gegebenen, jeweils erforschten Zusammenhänge u n d Verschiedenheiten der einzelnen Dinge oder Wesen gewonnen w u r d e " (Hoffmeister, Johannes, a. a. O., S. 598). Solch ein natürliches System ist z. B. das Sonnensystem. 111 Hoffmeister, Johannes, a. a. O., S. 598. 108
s systembildende Prinzip
I n den Geisteswissenschaften haben w i r es m i t gedanklichen Systemen zu tun. „Gedankliche Systeme sind sinnvoll verbundene, theoretische Gebilde, die auf einen einheitlichen Bauplan, ein Leitmotiv oder Grundprinzip oder eine konstruktive Idee zurückgehen und deren Teile einheitlich aus dem Ganzen bestimmt und erklärt werden. Ein gedankliches System muß nicht m i t der Wirklichkeit übereinstimmen; es muß i n sich übereinstimmen, widerspruchslos sein 112 ." So unterscheiden w i r i n den realen Wissenschaften je nach dem Abstraktionsgrad reale und ideale Systeme. Erstere suchen die Wirklichkeit möglichst vollständig zu erfassen, ihnen fehlt aber dafür die letzte innere Geschlossenheit. Ideale Systeme weisen keine Systemmängel auf, sind i n sich widerspruchslos, weichen aber von der Wirklichkeit mehr oder weniger stark ab 1 1 2 . A l l e gedanklichen Systeme haben ihren Ursprung „ i n der philosophischen Bemühung, die Welt als Ganzes zu begreifen und womöglich zu erklären" 1 1 8 . Für unsere weiteren Untersuchungen ist nun nicht so sehr das System als solches interessant, sondern i n erster Linie der Ordnungsgesichtspunkt, unter dem die Einzelerkenntnisse zu einem wissenschaftlichen System zusammengefaßt werden, denn die Existenz eines geeigneten Prinzips ist j a Voraussetzung für die Bildung einer geschlossenen Theorie, wie sie Ziel einer Wissenschaft ist. Die Wissenschaft bedarf eines solchen Prinzips einmal für die Auswahl des Zusammengehörigen, des Zueinander-Passenden, für die Trennung des Wesentlichen vom Unwesentlichen, des Typischen vom Nicht-Typischen, und zum anderen schließlich für die Zuordnung und Zusammenfügung der Teile zu einem Ganzen, einem Wissenschaftsgebäude. I m folgenden müssen w i r uns deshalb m i t den Anforderungen, die an ein solches Prinzip zu stellen sind, noch etwas näher auseinandersetzen. Die Bezeichnungen, die dem ordnenden Moment i n der Literatur beigelegt werden, sind sehr zahlreich. Neben den allgemeinen Ausdrücken Prinzip, Grundsatz und Gesichtspunkt werden unter anderem folgende spezielle verwandt: oberster Gliederungsgesichtspunkt, Ein112
Linhardt, H., Plenges System, a. a. O., S. 27. L i n h a r d t , H., ebenda, S. 27; siehe auch Eisler, Rudolf, K a n t - L e x i k o n , S. 524: „ D i e Vernunft geht auf die systematische Einheit ihrer Inhalte aus. Ist auch die Totalität i n der Erfahrungserkenntnis nicht erreichbar, so ist es doch eine Aufgabe, nach systematischer Vollständigkeit zu streben u n d von der Idee des Systems aus jedem Erkenntnisbestandteil seine Stelle i n einer einheitlichen Ordnung anzuweisen. Systematisch, nach Prinzipien, muß das M a t e r i a l der Erkenntnis bearbeitet werden. Die Ideen der Vernunft geben die Richtung auf die Einheit eines Systems an u n d »erweitern' so die Kategorien des Verstandes. Eine systematische Ordnung der Gesetze des Geschehens gehört zum obersten Erkenntnisziel, sowie die praktische Vernunft auf ein System der Zwecke des Handelns geht." 113
128 Erkenntnisobjekt, systembildendes Prinzip u. Wissenschaftsrichtung
teilungsgesichtspunkt, Auswahlprinzip, Ordnungsprinzip, Grundprinzip, Systemprinzip, Einteilungsgrundsatz, oberstes Identitätsprinzip, Systemgedanke, systembildender Grundgedanke, Leitgedanke, Leitidee 114 . W i r haben uns für den Ausdruck systembildendes Prinzip entschieden, sprechen allerdings auch kürzer vom System- oder Grundprinzip. 2. D a s s y s t e m b i l d e n d e P r i n z i p als das o b e r s t e P r i n z i p Von besonderem Interesse für die uns beschäftigende Fragestellung ist nun folgendes Problem: kann das System der Einzel Wirtschaftswissenschaft oder können die Systeme der Einzelwirtschaftswissenschaften nur m i t Hilfe eines bzw. jeweils eines Prinzips errichtet werden, oder können auch mehrere Prinzipien zusammen die Grundlage eines solchen Systems abgeben? Zur Beantwortung dieser Frage knüpfen w i r an die i n der Einleitung gemachte Voraussetzung an. Nach unserer Auffassung gehören die Wirtschaftswissenschaften zu den Geisteswissenschaften, also zu den Wissenschaften „vom Menschen als Subjekt, vom Menschen i n seiner Auseinandersetzung m i t der Umwelt", von den „menschlichen W e r k e n . . . als Ergebnis seines Strebens" 1 1 5 oder, wie man zusammenfassend sagen kann, vom menschlichen Verhalten. Und zwar geht es uns hier speziell u m das w i r t schaftliche Verhalten der Wirtschaftssubjekte, u m die Erklärung, wie sich die oder bestimmte Wirtschaftssubjekte verhalten, wenn sie nach wirtschaftlichen Zielen streben. Für jedes T u n und Unterlassen 110 , die beiden Komponenten des Verhaltens, kann es nun aber jeweils nur einen einzigen Bestimmungsgrund geben, wenn tatsächlich etwas getan oder unterlassen werden soll. Stehen mehrere Bestimmungsgründe i n Konkurrenz miteinander, muß zwangsläufig jedes Verhalten unterbleiben, wenn nicht einer dieser Gründe die Oberhand behält. Eine Entscheidung als die Voraussetzung dafür, daß man sich i n irgendeiner Weise verhält, kommt nur dann zustande, wenn man sich bei mehreren zur Auswahl stehenden Gesichtspunkten für einen und nur für einen entschließt 117 . Es widerspricht dem nicht, daß für eine gewisse Zeit mehrere Beweggründe gleichsam parallel nebeneinanderher laufen können. So114 ^ i r können hier darauf verzichten, durch Zitate nachzuweisen, wer i m einzelnen diesen u n d wer jenen Ausdruck verwendet. 115
S. 212. 116
Fettel, Johannes, Betriebswirtschaftslehre als Geisteswissenschaft, a.a.O.,
Unterlassen heißt: bewußt oder m i t Absicht etwas nicht t u n oder nicht handeln; auch das Unterlassen ist i n diesem Zusammenhang also rational. i n Vergleiche Linhardts Ausführungen über die „Zweckskala" i n : G r u n d lagen der Betriebsorganisation.
s systembildende Prinzip
bald man aber einen Punkt erreicht, wo der eine Grund zu dieser, der andere zu jener Handlung führen würde, muß man sich für einen der beiden Gründe entscheiden, muß einer das Übergewicht bekommen. Zur Verdeutlichung diene folgendes Beispiel: für das Verhalten des Unternehmers seien als bestimmend angenommen das Streben nach Gewinn und das Streben nach Kostensenkung. Sein Verhalten ist also sowohl aus dem einen als auch aus dem anderen Grunde zu erklären, aber nur solange die Kostensenkung dem Gewinnstreben dienlich ist, also z.B. dann, wenn infolge gleichbleibender Nachfrage und unveränderlichen Marktanteils die Ertragsseite i n ihrer Größe relativ fest ist. T r i t t für den Unternehmer nun aber eine Situation ein, wo er seine Gewinnspanne durch Kostenerhöhung und überproportionale Ertragssteigerung vergrößern kann, dann hat für i h n der Gesichtspunkt des Gewinnstrebens die Oberhand behalten. Entsprechend kann sein Verhalten wissenschaftlich nicht mehr aus beiden Beweggründen, sondern nur noch aus dem einen, eben dem Gewinnstreben, erklärt werden. Das Streben nach Kostensenkung würde hier dem Gewinnstreben zuwiderlaufen, also muß der Unternehmer sich für den einen oder den anderen Weg entscheiden. Für die Beantwortung der eingangs gestellten Frage bedeutet das nun folgendes: es muß für das wirtschaftliche Verhalten eines W i r t schaftssubjektes immer einen Beweggrund als den entscheidenden, als den höchsten geben. Dieser liegt immer i n der Persönlichkeit des Subjektes selbst begründet, und zwar i n jedem Falle außerhalb des Bereiches, den w i r als den wirtschaftlichen bezeichnen. Damit ist er unserer Untersuchung nicht zugänglich. Aus diesem allerletzten Bestimmungsgrund werden viele andere Gründe niedrigerer Rangfolge abgeleitet, darunter auch einer, der für das Verhalten i m Bereich des W i r t schaftens bestimmend oder verantwortlich ist. Die Wissenschaft, die das wirtschaftliche Verhalten dieses Subjektes erklären w i l l , hat m i t dieser Verhaltensmaxime, die das Subjekt sich gesetzt hat, die Grundlage für den Aufbau eines Wissenschaftsgebäudes erhalten. Stellt man nicht auf das einzelne Subjekt ab, sondern auf eine Vielzahl von Subjekten, die sich alle i n der gleichen Weise verhalten, dann nennen w i r dieses Maxime ein Prinzip oder einen Grundsatz. Alles zu beobachtende Verhalten, soweit es dem wirtschaftlichen Bereich angehört, läßt sich nun aus diesem einen Prinzip heraus erklären. M i t Hilfe dieses Prinzips läßt sich ein System errichten, i n dem die gewonnenen Erkenntnisse ihren richtigen Platz zugewiesen erhalten. Würden mehrere Prinzipien nebeneinander die Grundlage abgeben, dann kann es sich nur u m untergeordnete Prinzipien handeln, die bestenfalls für die Erklärung einzelner Teilbereiche, aber nicht des Gesamtbereiches „wirtschaftliches Verhalten" ausreichen können. Der 9
Forker
130 Erkenntnisobjekt, systembildendes Prinzip u. Wissenschaftsrichtung
Gesamtbereich ist aber gerade das Erkenntnisobjekt unserer Wissenschaft. Gilt ein Prinzip nur für einen Teilbereich, dann muß es noch ein höheres Prinzip geben, das die verschiedenen Teilbereiche zum Gesamtkomplex koordiniert, und dieses ist eben das systembildende Prinzip. Es muß so nahe wie möglich an der Grenze des wirtschaftlichen Verhaltens zu einem übergeordneten Verhalten, i n dessen Dienst das wirtschaftliche steht, liegen, damit es das wirtschaftliche Verhalten auch v o l l erfassen kann. Die Grenze w i r d gezogen durch die Definition des Wirtschaftens. Dieser Definition kommt damit für die Frage nach dem Systemprinzip eine entscheidende Bedeutung zu. 3. S y s t e m b i l d e n d e s P r i n z i p - u n d
Erkenntnisobjekt
M i t der Feststellung, daß es immer nur ein Prinzip für die Erklärung des Verhaltens geben kann, ist die Frage verknüpft, ob dieses oberste Prinzip für alle Wirtschaftssubjekte das gleiche ist oder ob sich die Subjekte durch jeweils andere Prinzipien unterscheiden. W i r wollen diese Frage hier noch nicht beantworten, sondern lediglich auf die Wechselbeziehungen zwischen Systemprinzip und Erkenntnisobj e k t hinweisen. Wenn es ein Prinzip gibt, das für alle Wirtschaftssubjekte das oberste, verhaltenbestimmende Prinzip ist, dann läßt sich ein alle diese Subjekte umfassendes Wissenschaftsgebäude errichten. Sind aber unterschiedliche Prinzipien als für das Verhalten ausschlaggebend zu beobachten, dann müssen sich die Wirtschaftssubjekte dementsprechend i n verschiedene Gruppen einteilen lassen. Es kann dann kein einheitliches System mehr geben, sondern nur mehrere i n sich geschlossene Systeme, die jeweils eine dieser Gruppen zum Gegenstand haben. Eine Wechselbeziehung zwischen Systemprinzip und Erkenntnisobj e k t besteht nun insofern, als einmal ein für die wissenschaftliche Untersuchung ausgewähltes Objekt notwendig ein bestimmtes Systemprinzip nach sich zieht, zum anderen aber auch m i t der Entscheidung für ein bestimmtes Prinzip gleichzeitig die Entscheidung für ein bestimmtes Objekt gefällt wird. Es ist nun die Frage, ob man m i t gleicher Berechtigung von jeder der beiden Seiten ausgehen kann oder ob einer von beiden der Vorzug zu geben ist. Das Primäre scheint i n aller Regel das Erfahrungsobjekt und das aus i h m durch Abstraktion gewonnene Erkenntnisobjekt zu sein. Dennoch können w i r uns des Eindruckes nicht erwehren, als verdanke gerade die Betriebswirtschaftslehre ihre Entstehung dem umgekehrten Vorgang, also der Entscheidung für ein bestimmtes Prinzip. Historisch gesehen war die kapitalistische Unternehmung ursprünglich das Erkenntnisobjekt einer Disziplin, die sich von der Nationalökonomie dadurch unterschied, daß sie sich nicht m i t den gesamtwirtschaftlichen
s systembildende Prinzip
Auswirkungen einzelwirtschaftlichen Verhaltens, sondern m i t diesem Verhalten selbst beschäftigte 118 . Alleiniges Systemprinzip war dementsprechend das empirisch nachweisbare Rentabilitätsprinzip. M i t dem Vordringen anderer Geistesströmungen wurde das an sich wertfreie, neutrale Rentabilitätsstreben mehr und mehr einer Wertung unterzogen und damit zum Gegenstand politischer Auseinandersetzungen. Das Gewinnstreben geriet aus verschiedenen Gründen immer stärker i n Verruf, als „Profitstreben" wurde es sogar ausgesprochen anrüchig. So konnte es nicht ausbleiben, daß dieses Prinzip als Grundprinzip einer Wissenschaft für diese allmählich großes Unbehagen auslöste und man sich nach einem anderen Prinzip umsah. E i n solches war — bedingt durch einen Wechsel des Standpunktes — i m Wirtschaftlichkeitsprinzip bald gefunden. Nicht mehr das am Gewinn interessierte T u n des Unternehmers stand i m Vordergrund, sondern sein produktiver Beitrag zur Bedarfsdeckung für die Allgemeinheit. Das W i r t schaften als Gewinnerzielen wurde durch das Wirtschaften als Leistungserstellung abgelöst. Es zeigt sich natürlich bald, daß dieses neue Prinzip, sofern es sich nicht nur u m eine andere Benennung handelte, das Rentabilitätsstreben aus seiner Bedeutung für den privaten Unternehmer nicht verdrängen konnte. Die Folge davon war, daß man sich nun einem neuen Erkenntnisobjekt zuwandte, und zwar dem Betrieb als Leistungserstellungseinheit der Volkswirtschaft. Zunächst beschränkte man sich zwar nur auf den Betrieb i n Form der Unternehmung, aber m i t wachsender Bedeutung auch anderer Zweckgebilde wurde der Betriebsbegriff wesentlich erweitert. So k a m man also schließlich aus der Unzufriedenheit m i t einem alten Prinzip zu einem neuen und über dieses auch zu einem anderen Erkenntnisobjekt 1 1 9 . Dieses hier angeschnittene Problem des Ausgangspunktes für eine wissenschaftliche Theorie ändert aber nichts an der Tatsache, daß m i t jedem Erkenntnisobjekt zwangsläufig ein als systembildendes Prinzip zu verwendendes Prinzip verbunden ist, so daß also m i t der Entscheidung für ein bestimmtes Erkenntnisobjekt gleichzeitig auch die Entschei118 Es existierten allerdings frühzeitig auch schon landwirtschaftliche B e triebslehren; v o n diesen können w i r hier aber absehen, denn es waren nicht ausgesprochene Einzelwirtschaftswissenschaften, sondern Lehren, i n denen verschiedenartige Wissenschaften einen Niederschlag gefunden hatten. 119 Eine gewisse Bestätigung f ü r die hier dargestellte Überlegung glauben w i r bei Schönpflug (Schönpflug, Fritz, Betriebswirtschaftslehre) gefunden zu haben. Schönpflugs Ausführungen zufolge vollzog sich die E n t w i c k l u n g der Systemidee bei Nicklisch parallel m i t der Verlagerung des Gewichtes v o m individuellen Standpunkt des Wirtschaftsleiters auf den gesamtwirtschaftlichen Standpunkt der Leistung (S. 160 ff.). Entsprechend entwickelt sich dann bei Nicklisch das Erkenntnisobjekt von der Unternehmung über den m i t der Unternehmung noch identischen Betrieb bis z u m Betrieb eigener Prägung (S. 165 ff.).
132 Erkenntnisobjekt, systembildendes Prinzip u. Wissenschaftsrichtung
dung für das zugehörige Systemprinzip getroffen w i r d (oder eben auch umgekehrt). Allerdings trifft das nur unter einer ganz bestimmten Voraussetzung zu, und zwar unter der Voraussetzung empirischer, seinswissenschaftlicher Betrachtungsweise. N u r dann, wenn man das Sein erklären w i l l , kann man vom obersten Verhaltensprinzip ausgehen und ein entsprechendes Ganzes von Erkenntnissen gewinnen. Für Anhänger einer normsetzenden, Postulate aufstellenden Wissenschaftsrichtung besteht demgegenüber die Möglichkeit, einen Grundsatz, der sich i n der Realität nicht als gegeben beobachten läßt, zum Systemprinzip zu erheben und auf diese Weise zu einem eigenen Erkenntnisgebäude zu gelangen. Eine solche Wissenschaft bleibt aber eine irreale Konstruktion, wenn es nicht gelingt, die realen Verhältnisse den gesetzten Normen anzugleichen. Deshalb drängt eine normative Wissenschaft auch ständig auf die Veränderung des Seins, wie es auch gerade für verschiedene Richtungen der Betriebswirtschaftslehre charakteristisch ist. 4. D i e A n f o r d e r u n g e n a n d a s systembildende Prinzip Die erste Anforderung, die w i r an ein für eine Einzelwirtschaftswissenschaft geeignetes systembildendes Prinzip zu stellen haben, ergibt sich unmittelbar aus dem Erkenntnisobjekt. Wenn w i r es da m i t dem wirtschaftlichen Verhalten von Einzelwirten zu t u n haben, muß das systembildende Grundprinzip ein wirtschaftliches Prinzip sein, soll dieses Verhalten anderem gegenüber abgegrenzt werden. Es muß ein Prinzip sein, das dem Wirtschaften eigentümlich, für das Wirtschaften spezifisch oder typisch ist. Gilt ein Prinzip auch i n anderen Verhaltensbereichen, kann es für die Erklärung des Wirtschaftens nicht ausreichen, dann muß sich das wirtschaftliche Verhalten noch i n anderen Gesichtspunkten vom Verhalten i n außerwirtschaftlichen Bereichen unterscheiden. Als Beispiel sei auf das ökonomische Prinzip i n seiner allgemeinen Fassung verwiesen: es gilt, m i t einem geringstmöglichen Einsatz ein größtmögliches Ergebnis zu erzielen. Dieses Prinzip ist trotz der Benennimg als „ökonomisch" nicht auf die Wirtschaft beschränkt, sondern g i l t als allgemeines Vernunftsprinzip i n allen Bereichen rationalen Verhaltens. M i t Hilfe dieses Prinzips gewonnenen Erkenntnisse haben ebenso gut für das wirtschaftliche wie für jedes andere Verhalten Geltung. Für die Erklärung des wirtschaftlichen Verhaltens bedürfte es der besonderen Ausgestaltung dieses Prinzips zu einem spezifisch wirtschaftlichen. Die Forderung, daß das systembildende Grundprinzip ein wirtschaftliches Prinzip sein muß, sagt selbst aber noch nichts darüber aus, welches Aussehen es haben müßte. Das ist
s systembildende Prinzip
eine Frage der Definition wirtschaftlichen Verhaltens, also der A b grenzung des wirtschaftlichen vom nichtwirtschaftlichen Bereich. Über die zweite an das Systemprinzip zu stellende Anforderung brauchen w i r hier nicht mehr viele Worte zu verlieren, denn darüber haben w i r bereits das Nötige gesagt. Das Systemprinzip muß das oberste, das höchste, das letztlich entscheidende wirtschaftliche Prinzip für das Verhalten der Wirtschaftssubjekte sein. Es darf, wenn die Erklärung aus diesem Prinzip hinreichend und eindeutig sein soll, kein anderes wirtschaftliches Prinzip geben, das einen noch stärkeren Einfluß auf das wirtschaftliche Verhalten ausüben könnte. Daß es immer nur ein einziges höchstes Prinzip geben kann, wurde auch schon gesagt. Dieses höchste wirtschaftliche Prinzip ist selbstverständlich nicht der allerletzte Bestimmungsgrund überhaupt, sondern nur der letzte i m Bereich des Wirtschaftens. Welches i m einzelnen die außerwirtschaftlichen Motive für die Entscheidungen sind, das zu untersuchen, gehört nicht zu den Aufgaben unserer Wissenschaft. Eine Wissenschaft, die nicht — wie die Philosophie — das gesamte menschliche Verhalten zum Gegenstand hat, kann die Bezirke, die außerhalb der selbst gezogenen Grenzen liegen, nicht mehr durchdringen. W i r können lediglich konstatieren, daß alle wirtschaftlichen Handlungen durch Bedürfnisse ausgelöst werden und auf Befriedigung der Bedürfnisse gerichtet sind. Dieser Anstoß liegt aber schon außerhalb unserer Betrachtung, ganz zu schweigen von den Gründen und Ursachen der Bedürfnisse selbst. Eine empirisch zu beobachtende wirtschaftliche Handlung läßt sich auf eine ganze Kette von hintereinander gereihten Bestimmungsgründen zurückführen. W i r können diesen Gründen aber nur bis zum letzten Grund vor der Grenze des wirtschaftlichen zum außenwirtschaftlichen Bereich nachgehen. Dieser letzte Grund gibt uns aber die Möglichkeit, das beobachtete Verhalten zu verstehen und hinreichend und eindeutig zu erklären. 5. S y s t e m b i l d e n d e s P r i n z i p u n d wirtschaftliche Zielsetzung Aus der Tatsache, daß das Wirtschaften ein rationales Verhalten ist, können w i r i m Hinblick auf das systembildende Prinzip eine interessante Folgerung ziehen. Rational bedeutet: ein sich selbst gesetztes Ziel zu erreichen, einen sich selbst gesetzten Zweck zu verwirklichen suchen. A m Anfang steht also immer das Ziel oder der Zweck, das bzw. den sich der handelnde Mensch vorgegeben hat, und zwar nach seinem freien Willen. Der nächste Schritt ist die Wahl der für die Erreichung des Zieles oder die Verwirklichung des Zweckes geeignet erscheinenden, zweckentsprechenden Mittel, der sich dann der Einsatz
134 Erkenntnisobjekt, systembildendes Prinzip u. Wissenschaftsrichtung
der M i t t e l anschließt. Die M i t t e l werden bei einem rationalen Verhalten also immer vom Zweck oder Ziel her bestimmt. Wenn n u n das Verhalten der Wirtschaftssubjekte, wie w i r festgestellt haben, von einem höchsten wirtschaftlichen Prinzip beherrscht wird, dann muß, da das wirtschaftliche Verhalten rationales Verhalten ist, demnach alle eingesetzten M i t t e l und unternommenen Maßnahmen vom Ziel her gesehen werden müssen, unser oberstes Prinzip dem jeweiligen wirtschaftlichen Ziel adäquat sein. Das heißt aber nichts anderes als: systembildendes Prinzip und wirtschaftliche Zielsetzung müssen übereinstimmen. Das auf einem bestimmten Prinzip aufbauende System einer Wissenschaft umfaßt damit alle die Wirtschaftssubjekte oder Wirtschaftseinheiten, die sich durch die gleiche Zielsetzung auszeichnen. Sind die Ziele unterschiedlich, dann muß auch das auf die Zielerreichung gerichtete Verhalten unterschiedlich sein. Die obersten Prinzipien müssen i n diesem Falle voneinander abweichen, und es kann mangels eines einheitlichen Systemprinzips keine einheitliche Wissenschaft geben, w e i l eine Wissenschaft immer nur ein einziges Grundprinzip haben kann. Damit gewinnt die wirtschaftliche Zielsetzung für unsere i n dieser Arbeit angeschnittene Fragestellung eine besondere Bedeutung. 6. S y s t e m b i l d e n d e P r i n z i p i e n d e r Einzelwirts chaftswissenschaft(en) Von dem i n der Literatur häufig erwähnten ökonomischen Prinzip wissen w i r , daß es seiner allgemein gehaltenen Formulierung wegen für die wissenschaftliche Erkenntnis geringen Wert hat. Die Betriebswirtschaftslehre hat aus i h m das Wirtschaftlichkeitsprinzip abgeleitet und behauptet, es sei i h r Systemprinzip. Daneben spielt eine wichtige Rolle das Rentabilitätsprinzip als die spezifisch unternehmerische Ausprägung des allgemeinen Erwerbsprinzips; es w i r d von der Privatwirtschaftslehre als ihr systembildendes Prinzip bezeichnet. Für die anderen auf Gelderwerb ausgerichteten Einzelwirte gilt das Erwerbsprinzip i n Form des „einkommenswirtschaftlichenWirtschaftsprinzips" 120 . Den Gelderwerbswirtschaften stehen nach unserer Auffassung die Haushalte gegenüber. I h r Wirtschaftsprinzip ist das Haushalts- oder Sparsamkeitsprinzip. I m Haushalt geht es immer darum, eine güterliche Leistung m i t einem möglichst niedrigen Geldaufwand zu erbringen, und zwar i n der Absicht, m i t dem zur Verfügung stehenden Einkommen oder Geldfonds eine möglichst gute Versorgung der Mitglieder des betreffenden Haushaltes m i t den gewünschten Bedürfnisbefriedigungsmitteln bzw. Leistungen zu erreichen. Dieses Prinzip gilt 120
Rößle, K a r l , Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 5. Aufl., S. 42.
Empirische, normative u n d angewandte Wissenschaft
135
u.E. für alle A r t e n von Haushalten, den privaten Haushalt, die öffentliche Verwaltung, die echte Genossenschaft 121 , den Versorgungsbetrieb, die gemeinnützige Wohnungsgesellschaft, den Haushalt eines Vereins, Verbandes, einer Religionsgemeinschaft, für das städtische Krankenhaus usw. 1 2 2 . Haushalts-, Rentabilitäts- und nichtunternehmerisches Erwerbsprinzip stehen nebeneinander und sind oberste Prinzipien für die entsprechenden Einzelwirtschaften bzw. Einzelwirte. Ihnen gegenüber steht das Wirtschaftlichkeitsprinzip als angeblich höchstes Prinzip für die Einzel- oder Betriebswirtschaft. Dennoch lautet die Kontroverse nur: Unternehmung oder Betrieb bzw. Rentabilitäts- oder Wirtschaftlichkeitsprinzip. Diese Beschränkung läßt sich nur historisch erklären.
I I I . Empirische, normative und angewandte Wissenschaft W i r haben bei der Behandlung des Systemprinzips darauf hingewiesen, daß für die Wahl dieses Prinzips der Wissenschaftsrichtung entscheidende Bedeutung zukommt. Je nachdem, ob es dem Wissenschaftler u m das Erkennen des Seienden oder u m die Postulierung des SeinSollenden geht, müssen die wissenschaftlichen Ergebnisse voneinander abweichen. Da unser Thema i n erster Linie dem Systemprinzip gewidmet ist, müssen w i r auch auf diesen „Methodenstreit", wie man oft sagt 123 , eingehen; allerdings nur i n dem Umfange, wie es für unsere Fragestellung erforderlich ist. Es gibt i n den Geisteswissenschaften zwei ihrem Wesen nach grundverschiedene Betrachtungsweisen, die Seinswissenschaft und die normative Wissenschaft. Beide bestimmen auch das Aussehen der Wissenschaften) von der Einzelwirtschaft und haben so Anlaß zu großen Auseinandersetzungen innerhalb dieser Disziplin gegeben. Dabei sind viele Streitfragen weniger die Folge des Bestehens von zwei so unterschiedlichen Richtungen, als vielmehr ihrer Vermischung zu einer d r i t ten Richtung, der angewandten, praktischen oder praktisch-normativen 121 Die Leistung einer echten Genossenschaft ist eine güterliche, nämlich die Förderung der Mitgliederwirtschaften; siehe Henzler, Reinhold, Die Genossenschaft eine fördernde Betriebswirtschaft, Essen 1957. 122 Unter unser Haushaltsprinzip fällt auch das Prinzip plandeterminierter Leistungserstellung (vgl. Gutenberg, Erich, Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, 1. Band: Die Produktion, 2. Aufl., S. 338 ff.; Wöhe, Günter, Methodologische Grundprobleme, S. 215 ff.) u n d das Angemessenheitsprinzip (Gutenberg, Erich, a. a. O., S. 344 ff.), soweit die Beschränkung auf den angemessenen G e w i n n nicht auf private M o t i v e zurückgeht (sonst haben w i r es m i t dem „einkommenswirtschaftlichen Wirtschaftsprinzip" zu tun). 123 So z . B . L i n h a r d t , H., W i l h e l m Riegers Einfluß i n der jüngeren Betriebswirtschaftslehre (Objektverirrung oder Methodenstreit), a. a. O»
136 Erkenntnisobjekt, systembildendes Prinzip u. Wissenschaftsrichtung
Wissenschaft 124 . I m folgenden wollen w i r uns m i t diesen drei Richtungen auseinandersetzen. 1. E m p i r i s c h u n d
normativ
„Empirie" bedeutet Erfahrung, und zwar die Erfahrung als Prozeß, „den Erkenntniserwerb durch die erfahrende Tätigkeit" 1 2 5 , die sinnliche Wahrnehmung dessen, was sich konkret und anschaulich darstellt. Eine empirische Erkenntnis ist eine durch Erfahrung gewonnene Erkenntnis über etwas, das „ist". „Empirische Erkenntnisse nennt man solche, die aus der Wahrnehmung der dem Denken vorangestellten realen Erfahrungswelt stammen 126 ." Unter „real" verstehen w i r das, was wirklich, tatsächlich, auch dinglich oder sachlich ist Real ist etwas, was der Erfahrung durch unsere Sinne zugänglich ist, was man beobachten, wahrnehmen, erfahren kann 1 2 7 . Zwischen empirisch und real besteht also ein wechselseitiger Zusammenhang. Empirisch zu erfassen ist immer nur die reale Wirklichkeit, und umgekehrt muß etwas real vorhanden sein, wenn es empirisch erfaßbar sein soll. Neben die Empirie t r i t t dann als zweite Erkenntnisquelle das Denken oder der Verstand 1 2 8 . Eine empirische Wissenschaft ist also eine Wissenschaft, die ihre Aufgabe i n der Erfassung des Realen, Seienden, Wirklichen m i t Hilfe der Erfahrung sieht. Man nennt sie auch eine Seinswissenschaft. Die Kennzeichnung als empirisch besagt i m Grunde nur, w o r i n der Ausgangspunkt für diese Wissenschaft zu sehen ist, nämlich i n der Empirie, sie sagt aber nichts darüber, wie die empirisch gewonnenen Erkenntnisse benutzt, verwendet oder verarbeitet werden. Dieser Frage kommen w i r näher, wenn w i r uns vergegenwärtigen, daß diese Wissenschaft gelegentlich auch als realistische Wissenschaft bezeichnet wird. Das A d j e k t i v realistisch ist abgeleitet aus „real" und bedeutet: auf das Reale, die Realität gerichtet, am tatsächlich Seienden interessiert, das Wirkliche ausdrückend, der Wirklichkeit angepaßt, ganz 124 V o n „praktisch-normativ" spricht Keinhorst (Keinhorst, Hermann, Die normative Betrachtungsweise i n der Betriebswirtschaftslehre, B e r l i n 1956, S. 18, 29 ff., 118 ff.); siehe auch Wöhe, G., Methodologische Grundprobleme, S. 108 ff. 125 Eisler, Rudolf, a. a. O., S. 181. 128 Schönflug, Fritz, Betriebswirtschaftslehre, S. 75. 127 Realität u n d W i r k l i c h k e i t sind i n der Philosophie häufig nicht dasselbe. So weist Schönpflug (Betriebswirtschaftslehre, S. 75) auf Descartes' U n terscheidung von realer u n d gedachter W i r k l i c h k e i t hin. Sie entspricht der v o n Keinhorst (Keinhorst, H., a. a. O., S. 22) erwähnten Gegenüberstellung von realem u n d idealem Sein. Wöhe unterscheidet das ideale Sein oder Sosein u n d das reale Dasein (Wöhe, G., Methodologische Grundprobleme, S. 59). 128 Diese zweite Erkenntnisquelle ist allen Wissenschaften gemeinsam, den empirischen u n d normativen, den Realwissenschaften w i e den Idealwissenschaften.
Empirische, normative und angewandte Wissenschaft
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auf sie eingestellt, ein B i l d der Wirklichkeit vermittelnd. Eine realistische Wissenschaft ist also eine solche, der es um die Darstellung und Erklärung des Seienden geht, wie es sich völlig ungeschminkt der sinnlichen Wahrnehmung zeigt. Sie w i l l ein A b b i l d der realen Wirklichkeit geben, ohne Verschönerungen oder Herabsetzungen, ohne Stellungnahme dafür oder dagegen und ohne die Absicht, auf die Realität i n irgendeiner Weise verändernd Einfluß zu nehmen 129 . Das A d j e k t i v normativ ist aus dem Substantiv Norm abgeleitet. Eine Norm ist eine Regel, eine Vorschrift, ein Richtmaß oder eine Richtschnur, „die angibt, was sein und geschehen soll", ist Maßstab der Beurteilung und Bewertung 1 8 0 . Die Norm ist etwas Anzustrebendes, etwas Gewolltes oder Gesolltes; sie w i r d dadurch gleichzeitig zum Wertmaßstab, m i t dessen Hilfe ein Werturteil über ein reales Verhalten oder einen realen Zustand gefällt werden kann 1 3 1 . I n der Philosophie w i r d ein Unterschied gemacht zwischen Grundnormen und abgeleiteten Normen, die Schönpflug auch als Sondernormen bezeichnet 132 . Die Grundnormen „sind nicht empirischen Ursprungs, sondern ein ,A priori', sie wurzeln i m idealen Willen selbst, der hier autonom, selbständig-frei gebietet und ein absolut gültiges Sollen ausspricht" 183 . Diese Grundnormen entstammen der Persönlichkeit des einzelnen Menschen, sie sind durch den Verstand nicht nachprüfbar und nicht beweisbar. Die aus den Grundnormen (Grundwerten, obersten oder höchsten Werten) abgeleiteten Normen sind hypothetischer Natur, ihre Gültigkeit ist durch die Grundnormen bedingt 1 3 4 . Abgeleitete Normen oder Sondernormen werden „als »Mittel i m Dienste der G r u n d n o r m e n ' . . . durch Anwendung der Grundnormen auf die Daten einer praktischen 129 Die hier erwähnte Wissenschaftsrichtung w i r d i n der L i t e r a t u r als reine, theoretische, seinswissenschaftliche, empirische, realistische oder empirisdi-realistische bezeichnet. Die letzte Benennung stellt i n gewissem Sinne eine Verdopplung dar, ist aber gerechtfertigt, w e i l auf diese Weise die zwei besonders charakteristischen Seiten dieser Richtung hervorgehoben werden. Was Wöhe unter empirisch-realistischer Theorie versteht, ist n u r ein T e i l dessen, was w i r als Seinswissenschaft bezeichnen, hinzu k o m m t noch das, was bei i h m die reine oder exakte Theorie ist, die Deduktion aus Prämissen, die ihrerseits aus der Erfahrung abgeleitet sind (Wöhe, G., Methodologische Grundprobleme, S. 60 ff.). 180 Hoffmeister, Johannes, a. a. O., S. 435. 181 Es sei hier noch einmal daran erinnert, daß Werten immer heißt: etwas, das gewertet werden soll, m i t etwas, das als Maßstab (als Norm, Ideal, Wünschens- oder Erstrebenswertes) dient, vergleichen u n d eine A u s sage darüber treffen, w i e ersteres sich zu letzterem verhält. Ist der Maßstab objektiv, dann haben w i r es nicht m i t einem Wert-, sondern m i t einem Seinsu r t e i l zu tun. Ist der Maßstab darüber hinaus i n physikalischen Grundmaßeinheiten definiert, sprechen w i r v o m Messen. 132 Schönpflug, Fritz, Betriebswirtschaftslehre, S. 74. 188 Eisler, Rudolf, a. a. O., S. 434. 184 Eisler, Rudolf, a. a. O., S. 433.
138 Erkenntnisobjekt, systembildendes Prinzip u. Wissenschaftsrichtung
Erfahrung" gewonnen 135 . M i t anderen Worten: sie dienen der Verwirklichung oder Anwendung der höchsten Werte i n den verschiedenen Bereichen menschlichen Verhaltens, sie sind der Ausfluß der Grundnormen auf die einzelnen Gebiete menschlichen Handelns. Das aus der „ N o r m " abgeleitete A d j e k t i v normativ bedeutet danach nichts anderes als: Normen setzend, Normen aufstellend, als Norm geltend, normgebend. Eine Normwissenschaft oder normative Wissenschaft ist also eine Wissenschaft, die zwar auch vom empirisch festgestellten Sein ausgeht, dieses Sein aber an Normen, entweder an Grundnormen oder an daraus abgeleiteten Sondernormen, wertet und i m Sinne dieser Normen zu verändern sucht. Aufbauend auf Sondernormen w i r d ein Wissenschaftsgebäude errichtet, das nicht die Realität zeigt, sondern die Realität, wie sie aussehen müßte, wenn man bestimmte höchste Werte als allgemeingültig unterstellt. 2. D a s W i s s e n s c h a f t s b i l d empirischer Betrachtungsweise Ein Zitat Riegers, das w i r hier an den Anfang stellen wollen, gibt einen guten Einblick i n das Wesen einer empirischen Wissenschaft, i n das, was sie ist, w i l l und kann. Rieger sagt, es gelte, „die Zustände so wie sie sind möglichst vorurteilslos zu untersuchen und m i t der äußersten Sachlichkeit zu schildern — gleichgültig, ob w i r sie billigen oder nicht. Jedes Hineintragen von Wünschen verbietet sich i n wissenschaftlichen Dingen von selbst; w i r haben zu sagen, wie es ist, nicht wie w i r möchten, daß es wäre. Wissenschaftliches Denken muß von den persönlichen Wünschen und Idealen unabhängig sein, und erst diese Unabhängigkeit und Wunschlosigkeit ist es, die es zur wissenschaftlichen Betrachtungs- und Denkweise erhebt" 1 3 6 . Die Seinswissenschaft betreibt zunächst einmal empirische Tatsachenfeststellung. Durch sinnliche Wahrnehmung und Denken sucht sie das, was ist, zu erfassen. Ginge es dieser Wissenschaftsrichtung aber lediglich darum, das, was sich der empirischen Erkenntnis als zugänglich erweist, darzustellen und wiederzugeben, letztlich also nichts anderes zu liefern als eine sozusagen fotografisch getreue Abbildung der Welt, dann wäre allerdings die Frage berechtigt, ob eine solche „Wiederholung dieser Wirklichkeit" erstens möglich und zweitens 135
Schönpflug, Fritz, Betriebswirtschaftslehre, S. 74. Rieger, Wilhelm, Einführung, S. 44; dieser Standpunkt w i r d vertreten u n d ausführlich erörtert auch von M a x Weber i n den beiden Aufsätzen: Die O b j e k t i v i t ä t sozialwissenschaftlicher u n d sozialpolitischer Erkenntnis (im folgenden als „Die O b j e k t i v i t ä t " zitiert) u n d der Sinn der „Wertfreiheit" der soziologischen u n d ökonomischen Wissenschaften (im folgenden als „ D e r Sinn der ,Wertfreiheit'" zitiert), i n : M a x Weber, Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, Tübingen 1922. 136
Empirische, normative u n d angewandte Wissenschaft
überhaupt sinnvoll ist. „Der Fortschritt i n der Erkenntnis wäre dann nur davon abhängig, i n welchem Grade es gelingt, eine Widerholung der Wirklichkeit zu geben 137 ." Beschreibung der realen Wirklichkeit ist aber nur der erste Schritt. „Die Gegebenheiten zu beobachten, denkerisch zu verarbeiten und zu verknüpfen, u m i n das Wesen der Dinge einzudringen, kurz, u m das So-sein der Dinge zu erklären, ist ihre A u f gabe und ihr Zweck 1 3 8 ." Die empirische Wissenschaft ist „kausalgenetische Seinsbetrachtung" 138 , sie sucht das Seiende zu verstehen und zu erklären, sie strebt nach Wesenserkenntnis. U m dieses Ziel zu erreichen, bedient sich die Seinswissenschaft zunächst einmal der Erfahrung durch die sinnliche Wahrnehmung der realen Tatbestände, durch Beschreibung und Vergleich und zum anderen der Abstraktion. Da der Empirie aber Grenzen gesetzt sind, können auf diese Weise die komplizierten Zusammenhänge des realen Geschehens nicht hinreichend erfaßt und erklärt werden. Deshalb muß ergänzend das hinzutreten, was Wöhe als die reine oder exakte Theorie bezeichnet: die Deduktion aus Prämissen 139 . Es muß m i t Hilfe von Denkmodellen versucht werden, die vielfältigen der Erfahrung nicht mehr zugänglichen Beziehungen innerhalb des betreffenden Betrachtungsgegenstandes zu erforschen. U m zu einer Wesenserkenntnis zu gelangen, müssen sich diese beiden Wege gegenseitig durchdringen und befruchten. Dabei könnte allerdings der V o r w u r f erhoben werden, „daß derartige durch deduktives Schließen gewonnene Urteile wirklichkeitsfremd seien", doch trifft dieser Einwand nicht zu, „wenn die Prämissen, aus denen deduziert wird, aus der Erfahrung stammen" 1 4 0 . Aber selbst eine zu weit gehende Abstraktion von der Real i t ä t wäre hier noch kein Nachteil, w e i l es der Seinswissenschaft j a nicht u m die Erarbeitung i n der Praxis anwendbarer Verfahren geht 1 4 1 . I m übrigen aber ist für keine Wissenschaft eine vollkommene Erklärung allen Seins und Geschehens möglich 1 4 2 . Der von Schönpflug vertretenen Auffassung, daß Wesenserkenntnis der Normwissenschaft vorbehalten sei 143 , w i r d von Rieger energisch widersprochen: die Wesenserkenntnis sähe i n einer empirischen Wis137 138
Schönpflug, Fritz, Betriebswirtschaftslehre, S. 230. Fettel, Johannes, Die normative Betriebswirtschaftslehre,
a. a. O., S. 378. 139 Wöhe, G., Methodologische Grundprobleme, S. 60 f. 140 Wöhe, G., Methodologische Grundprobleme, S. 69. 141 Durch die gegenseitige Verflechtung u n d Abhängigkeit der beiden kurz angedeuteten Forschungsweisen ist hier i m m e r eine gewisse K o n t r o l l e über die Wirklichkeitsnähe gegeben. 142 „Wissenschaft treiben heißt nicht alles erklären wollen, sondern das Nicht-Erklärbare als solches erkennen u n d feststellen" (Linhardt, H., Die Betriebswirtschaftslehre an den deutschen Hochschulen, a. a. O., S. 2); v e r gleiche auch Wöhe, G., Methodologische Grundprobleme, S. 67 f. 143 Schönpflug, Fritz, Betriebswirtschaftslehre, S. 73.
140 Erkenntnisobjekt, systembildendes Prinzip u. Wissenschaftsrichtung
senschaft nur nüchterner aus, nicht metaphysisch und mystisch 144 . Wesenserkenntnis ist, wie Sombart es ausdrückt, das Ergebnis des Verstehens 145 , sie muß ein unterschiedliches Aussehen haben, j e nachdem, ob die Grenze für das Verstehen enger oder weiter gezogen ist. Und um diese Grenze geht es bei der Unterscheidung von empirischer und normativer Wissenschaftsrichtung. Für erstere endet das Verstehen dort, wo die Dinge nicht mehr der empirischen Wahrnehmung und dem Denken zugänglich sind. Diese Grenze liegt nicht für alle Zeiten unveränderlich fest, sie wurde und w i r d i m Laufe der Menschheitsgeschichte immer weiter i n den metaphysischen Bereich hinausgeschoben. Nicht als ihre Aufgabe sieht es die Seinswissenschaft an, nach den letzten Gründen und höchsten Werten zu forschen, die das menschliche Verhalten bestimmen und beeinflussen, oder die sogenannten „ewigen Gesetze" der Menschheit zu erkennen. Diese Aufgabe überläßt sie der Philosophie. Daher muß es die empirische Wissenschaft auch ablehnen, auf der Grundlage solcher höchsten Werte Normen zu setzen oder Postulate aufzustellen. Der der Empirie zugängliche Bereich der realen Wirklichkeit w i r d aus Gründen der Zweckmäßigkeit i n eine große Zahl von Teilbereichen aufgegliedert, m i t denen sich dann die jeweiligen Einzel Wissenschaften beschäftigen. Diese suchen also das Seiende innerhalb des durch Definition genau festgelegten Untersuchungsbereiches zu beschreiben, zu deuten und zu erklären. Durch Festlegung des Untersuchungsgegenstandes oder — was daraus folgt — des Erkenntnisobjektes w i r d der Wesenserkenntnis einer empirischen Einzelwissenschaft zusätzlich zu der Grenze, die für die Seinswissenschaft als solche ohnehin gegeben ist, eine weitere, jetzt durch die Definition gezogene Grenze hinzugefügt. Für die Wesenserkenntnis steht damit nicht mehr die ganze empirisch erfaßbare Wirklichkeit zur Verfügung, sondern nur ein begrenzter Ausschnitt daraus. Die Wesenserkenntnis erfolgt aus dem Erkenntnisobjekt selbst. Alle dem Teilbereich angehörenden Erscheinungen müssen sich aus diesem Bereich heraus verstehen und erklären 144
Eieger, Wilhelm, F r i t z Schönpflug: Das Methodenproblem i n der E i n zelwirtschaftslehre, i n : BFuPr, Jg. 1955, S. 271. 145 Sombart, Werner, Die drei Nationalökonomien, München-Leipzig 1930, S. 196; M a x Weber (Methodische Grundlagen der Soziologie, i n : Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, Tübingen 1922) unterscheidet das aktuelle u n d das erklärende Verstehen (S. 507 f.), von denen uns hier das letztere interessiert. Es geht bei diesem Verstehen u m das Auffinden des Sinnzusammenhanges, u m die „deutende Erfassung". Aber w i e beim „Wesen", so ist auch hier beim „ S i n n " eine sichere Grenzziehung nicht möglich, denn es gibt auch den „höheren Sinn" u n d sogar den „höchsten". Die Wissenschaft muß deshalb festlegen, welches Wesen oder welchen Sinn sie zu erkennen sucht. Das hat die Seinswissenschaft insofern getan, als sie sich auf die der Empirie u n d dem vorurteilslosen Denken zugängliche reale W i r k l i c h k e i t beschränkt.
Empirische, normative u n d angewandte Wissenschaft
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lassen oder besser: aus einem diesem Bereich entstammenden Prinzip oder Grundsatz 146 , 147 . Der Verzicht auf Wesenserkenntnis aus außerhalb der empirisch erfaßbaren Wirklichkeit liegenden Gründen, Werten oder höchsten Normen führt zu dem entscheidenden Kennzeichen empirischer Betrachtungsweise, nämlich zur Wertfreiheit. Über das, was als seiend erkannt wird, werden keine Werturteile gefällt; dem realen Ist werden keine subjektiven Maßstäbe angelegt. Der Wissenschaftler nimmt nicht Stellung für oder gegen das, was er sieht, sondern untersucht die Realität (möglichst) vorurteilslos, sachlich und ohne zu werten. Er t u t dies aus der Überzeugimg heraus, daß die Maßstäbe für Werturteile nur aus der ureigensten Persönlichkeitssphäre stammen können und keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit haben. Wissenschaftliche Erkenntnisse müssen nach seinswissenschaftlicher Auffassung für alle, die der sinnlichen Wahrnehmung fähig sind und das erforderliche Denkvermögen besitzen, gelten und nachprüfbar sein. Philosophie, Wissenschafts- und Erkenntnistheorie führen seit jeher Auseinandersetzungen darüber, ob i n der Wissenschaft Wertfreiheit zu herrschen habe oder ob auch dem Werturteil Bedeutung zukäme. Eine Einigung wurde — man ist versucht zu sagen: selbstverständlich — nicht erzielt, vielmehr herrscht entsprechend den geistigen Strömungen einer Zeit einmal diese, das andere M a l jene Auffassung vor 1 4 8 . Es ist nun aber nicht so, daß für die Anhänger der empirischen Richtung Werte und Werturteile keine Bedeutung hätten und daß i4ö vergleiche hierzu auch Schönpflug, Fritz, Betriebswirtschaftslehre, S. 229 ff. 147 Die zu beobachtenden Erscheinungen innerhalb eines Bereiches lassen sich auch über diesen Bereich hinaus i m Sinne einer Seinswissenschaft erklären, n u r macht die Einzelwissenschaft m i t ihrer E r k l ä r u n g an der aus Zweckmäßigkeitsgründen gezogenen Grenze halt. So läßt sich z. B. das V e r halten eines Menschen, w i e es der Empirie zugänglich ist, v o n einer Wissenschaft, die sich der Erforschimg des wirtschaftlichen Verhaltens der U n t e r nehmer widmet, vielleicht als ein unternehmerisches Verhalten feststellen. Z u erforschen, welche Gründe diesen Menschen veranlaßt haben, als U n t e r nehmer t ä t i g zu sein, ist nicht mehr die Aufgabe dieser Wissenschaft, k a n n aber v o n anderen Wissenschaften durchaus seinswissenschaftlich erklärt w e r den. Auch die letzten (ethischen, religiösen oder sonstigen) Gründe f ü r ein Verhalten k a n n eine Seinswissenschaft erfassen, u n d zwar als Objekt ihres Forschens. So ist es durchaus möglich, auch die E t h i k als empirische Wissenschaft zu betreiben. 148 Unsere Arbeit, i n der das Problem der wissenschaftlichen Betrachtungsweisen n u r einen Teilabschnitt ausmacht, erlaubt u n d erfordert es nicht, auf die außerordentlich umfangreichen Auseinandersetzungen der Phüosophie u n d Erkenntnistheorie über Wert u n d Wertfreiheit näher einzugehen. Uns interessiert hier auch nicht so sehr dieser Streit selbst als vielmehr dessen Ergebnisse. Es genügt, w e n n w i r hier auf die große Z a h l v o n Zitaten i n der i n diesem Abschnitt I I I verwandten L i t e r a t u r verweisen, insbesondere auf die Ausführungen v o n Keinhorst, Ruf, Schönpflug, Sombart, M a x Weber, W i t t m a n n u n d Wöhe zu diesem Problemkreis.
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höchste Werte von ihnen sogar geleugnet würden. Was der Seinswissenschaftler nur verlangt, ist eine scharfe Trennung zwischen wissenschaftlicher Tatsachenfeststellung und persönlicher (wertender) Stellungnahme zu den festgestellten Tatsachen 149 . Auch der Seinswissenschaftler ist gezwungen, Werturteile zu fällen, doch t u t er das nicht i n seiner Eigenschaft als Wissenschaftler, sondern als urteilender Mensch, der freiwillig oder dazu aufgefordert seine eigene Ansicht preisgibt. Als handelnder Mensch, Gutachter oder Politiker kommt er u m eine wertende Stellungnahme gar nicht herum, als Wissenschaftler kann er solche Urteile nicht abgeben. Die Wertfreiheit verlangt von einem Wissenschaftler, daß er beide Sphären auseinanderhält, wie es insbesondere von Max Weber immer wieder gefordert w i r d 1 5 0 . Diese Trennung bedeutet nun aber nicht, daß Werte und Werturteile i n einer Seinswissenschaft überhaupt nichts zu suchen hätten, sie können sehr w o h l Objekt für das wissenschaftliche Erkenntnisstreben sein. Alles nicht instinktive oder reflexive menschliche Verhalten basiert auf Wertvorstellungen und — wie das rationale Verhalten — auf Werturteilen. U m das Verhalten erklären zu können, muß somit auch die empirische Wissenschaft die Wertungen der Menschen i n ihren Betrachtungskreis aufnehmen. Bis zu welchem Ausmaß sie allerdings diese Werte zu berücksichtigen hat, das w i r d davon bestimmt, welchen der vielen Bereiche des Verhaltens sich die betreffende Ein149 So auch Wöhe, G., Z u r Problematik der Werturteile i n der Betriebswirtschaftslehre, i n : Z f h w F , Jg. 1959, S. 167, 177; ders., Methodologische Grundprobleme, S. 151. 150 So schreibt Weber (Der Sinn der „Wertfreiheit", a. a. O., S. 462), es sei eine höchst t r i v i a l e Forderung, „daß der Forscher u n d Darsteller die Feststellung empirischer T a t s a c h e n . . . u n d seine praktisch wertende, d. h. diese T a t s a c h e n . . . als erfreulich oder unerfreulich beurteilende; i n diesem Sinn: »bewertende 4 Stellungnahme unbedingt auseinanderhalten solle, w e i l es sich da n u n einmal u m heterogene Probleme handelt". Weber wendet sich nicht gegen die Werturteile als solche, er zählt sie n u r nicht zur Wissenschaft u n d zieht zu Felde gegen „die stete Vermischung wissenschaftlicher Erörterungen der Tatsachen u n d wertender Raisonnements" (Die „ O b j e k t i v i t ä t " , a.a.O., S. 155 ff.). Statt der Forderung nach Wertfreiheit w i r d oft die nach Voraussetzungslosigkeit der Wissenschaft erhoben. Wenn darunter verstanden w i r d „das Freisein u n d Freibleiben der Wissenschaften v o n solchen Voraussetzungen, Grundsätzen u n d Zielsetzungen, die nicht aus ihnen selbst, der Eigenart ihrer Gegenstände u n d ihrer Verfahren entspringen, sondern von außen (durch Religion, Kirche, Staat, Politik, Parteiinteressen, persönliche Wünsche u n d Überzeugungen) an sie herangetragen werden, u m sie außerwissenschaftlichen Bindungen u n d Zwecken zu unterwerfen (Hoffmeister, Johannes, a. a. O., S. 654), dann bedeutet diese Forderung gegenüber der nach W e r t freiheit allerdings eine Einengung (siehe auch Löffelholz, Josef, Der Stand der methodologischen Forschung i n der Betriebswirtschaftslehre, i n : ZfB, Jg. 1957, S. 544). Die Einflußnahme von außen lehnen auch die Anhänger normativer Wissenschaft ab, nicht aber die persönliche Stellungnahme i m Rahmen der Wissenschaft. Die Voraussetzungslosigkeit ist also eine allgemein anerkannte Forderung f ü r die Wissenschaft, die Wertfreiheit geht noch einen Schritt weiter. Vergleiche auch Wöhe, G., Z u r Problematik der Werturteile, a. a. O., S. 165.
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zelwissenschaft zum Untersuchungsgegenstand erwählt hat. Werturteile empirisch festzustellen, sie zu erörtern und zu diskutieren, das bedeutet aber nicht, selbst Werturteile zu fällen 1 5 1 . Die Anhänger seinswissenschaftlicher Betrachtungsweise lehnen eine wertende Stellungnahme i m Rahmen der Wissenschaft ab, weil ihrer Überzeugung nach die letzten oder höchsten Werte, auf die sich nun einmal alle Wertungen innerhalb der Werteskala des einzelnen Menschen zurückführen lassen, keine Allgemeingültigkeit besitzen. Allgemeingültigkeit der Ergebnisse w i r d aber i n jedem Falle als das entscheidende K r i t e r i u m einer Wissenschaft angesehen, auch von den Normati visten. Die nach seinswissenschaftlicher Auffassung subjektive Natur aller Werturteile hat zur Forderung nach Wertfreiheit der Wissenschaft geführt. Zwangsläufig muß daraus aber noch eine weitere Konsequenz gezogen werden: die Seinswissenschaften wollen nur die reale Wirklichkeit, wie sie sich der empirischen Wahrnehmung als seiend darbietet, erklären. Das Seiende soll nicht verändert werden, es soll nicht besser, richtiger, gerechter oder angenehmer gemacht werden. A l l das kann nicht Aufgabe der Wissenschaft sein, w e i l das SeinSollende auf subjektiven Wertvorstellungen beruht. Dem Handelnden kann die Wissenschaft nicht vorschreiben, was er zu t u n und zu lassen hat, denn sie trägt nicht die Verantwortung für die Ergebnisse 152 . M i t der Feststellung, daß die empirische Wissenschaft der Erfahrungswelt unbeteiligt gegenübersteht 153 , w i r d das interessante Pro151 Sehr deutlich n i m m t Sombart Stellung zur Frage der Berücksichtigimg v o n Werturteilen (Sombart, Werner, Die drei Nationalökonomien, S. 64) : „ W e n n das Wirtschaftsleben nach Zwecken eingerichtet ist u n d die w i r t schaftenden Menschen i n jedem Augenblick Werturteile fällen (was n a t ü r lich der F a l l ist) u n d w e n n der Betrachter u n d Theoretiker i n jedem von i h m festgestellten Tatbestande diese Werturteile der Wirtschaftssubjekte zu berücksichtigen hat (was er selbstverständlich t u n muß), so folgt daraus doch nicht i m mindesten, daß er selbst Werturteile über wirtschaftliche Zustände u n d Vorgänge fällen muß." Sombart unterstreicht diese Feststellung noch durch ein konkretes Beispiel, durch die Frage nach der Berechtigung einer Lohnforderung der Arbeiter. M a n k a n n diese Frage von vielen Standpunkten aus betrachten, v o n dem des Arbeiters, des Unternehmers, des W i r t schaftspolitikers, des Gewerkschaftlers, des konkurrierenden Angestellten u n d anderen mehr. Die Wissenschaft k a n n untersuchen, welche Werturteile (z.B. über Gerechtigkeit) den einzelnen Stellungnahmen zugrunde liegen u n d welche A u s w i r k u n g e n derartige Wertvorstellung haben werden, sie k a n n aber nicht selbst entscheiden, was o b j e k t i v gerecht bzw. berechtigt wäre, denn das w ü r d e voraussetzen, daß m a n wüßte, was wirtschaftliche „richtig" ist. Diese Wertung ist ohne Bezugnahme auf höchste Werte gar nicht möglich (Sombart, Werner, a. a. O., S. 67 ff.), so daß sich wieder alles auf das Problem O b j e k t i v i t ä t oder S u b j e k t i v i t ä t höchster Werte zuspitzt. 152 Es w i r d an diesem P u n k t besonders deutlich, daß, w i e Rieger es ausdrückt, die Entscheidung f ü r die empirische oder die normative Richtung einfach eine Frage der Weltanschauung des Wissenschaftlers ist (Rieger, W i l helm, Fritz Schönpflug: Das Methodenproblem i n der Einzelwirtschaftslehre, a. a. O., S. 271 f.). 158 Fettel, Johannes, Die normative Betriebswirtschaftslehre, a. a. O., S. 378.
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blem des Zweckes einer Wissenschaft angeschnitten. Die explikative Erforschung der realen Wirklichkeit kann u m der Wissenschaft selbst oder besser: u m der Erkenntnis w i l l e n betrieben werden, sie kann aber auch darauf abzielen, Erkenntnisse für die Verwendung durch die Praxis bereitzustellen. Eine einheitliche Auffassung über den Zweck der Wissenschaft besteht da bei den Vertretern der empirischen Betrachtungsweise nicht. Ob und wie die Praxis sich die gewonnenen Erkenntnisse zunutze macht, ist der Wissenschaft i m ersteren Fall ganz gleichgültig. Eine gewisse Entscheidung w i r d hier allerdings durch die Wahl des Untersuchungsgegenstandes herbeigeführt, gibt es doch Wissenschaftsgebiete, denen die Praxis große Beachtung schenkt, und andere, die nur ganz am Rande interessieren. Anhänger der A u f fassung, daß die Wissenschaft der Praxis zu dienen habe, werden ganz bewußt „praxisnahe" Gebiete zur Erforschung wählen bzw. i h r Augenmerk auf solche Probleme richten, die für die Praxis von größerer Bedeutung sind. Als Seinswissenschaftler werden sie aber auch i n diesem Falle keine Vorschriften machen oder Rezepte aufstellen, sondern nur das Seiende ohne wertende Stellungnahme erklären. Von den Gegnern einer seinswissenschaftlichen Betrachtungsweise werden gegen diese Wissenschaftsrichtung eine ganze Reihe von Argumenten ins Feld geführt, die sich i n erster Linie gegen die Möglichkeit der Wertfreiheit richten, damit aber letzten Endes das Problem der Objektivität höchster Werte berühren. So w i r d unter anderem bestritten, daß es dem Menschen möglich sei, die Dinge völlig vorurteilslos und ohne jede individuelle Wertung zu betrachten. Dieser Einwand ist i n der Tat nicht unbegründet, ist doch der Wissenschaftler als Mensch dauernd der Versuchung unterworfen, die Wirklichkeit unter einem Blickwinkel zu sehen, der durch die persönliche Lebenseinstellung und Weltanschauung bestimmt wird. Von den Vertretern der empirischen Wissenschaft w i r d diese Schwierigkeit auch anerkannt 1 5 4 . N u r stellt die Wertfreiheit für die Seinswissenschaft ein anzustreben164 So heißt es bei M a x Weber (Die „ O b j e k t i v i t ä t " , a. a. O., S. 151): „Richt i g ist, daß die persönlichen Weltanschauungen auf dem Gebiet unserer Wissenschaften unausgesetzt hineinzuspielen pflegen auch i n die wissenschaftliche Argumentation, sie i m m e r wieder trüben, das Gewicht wissenschaftlicher Argumente auch auf dem Gebiet der E r m i t t l u n g einfacher kausaler Zusammenhänge v o n Tatsachen verschieden einschätzen lassen, j e nachdem das Resultat die Chancen der persönlichen Ideale: die Möglichkeit, etwas Bestimmtes zu wollen, mindert oder steigert." „ A b e r v o n diesem Bekenntnis menschlicher Schwäche ist es ein weiter Weg bis zum Glauben an eine ,ethische 1 Wissenschaft der Nationalökonomie, welche i h r e m Stoff Ideale oder durch A n w e n d u n g allgemeiner ethischer Imperative auf ihren Stoff konkrete Normen zu produzieren hätte" (S. 151 f.). Dieser Schwierigkeit ist sich auch Rieger bewußt, denn er schreibt (Einführung, S. 44), es gelte, „die Zustände so w i e sie sind möglichst vorurteilslos zu untersuchen u n d m i t der äußersten Sachlichkeit zu schildern (von uns hervorgehoben)".
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des Ziel dar, bei dessen Erreichung der höchste Grad der Wahrheitsfindung gesichert wäre 1 5 5 . Ob es dem Menschen möglich ist, bis zu dieser vollen Wahrheit vorzustoßen, ist gar nicht so wichtig, das Streben nach Wahrheit verlangt nach seinswissenschaftlicher Auffassung die Ausschaltung subjektiver Momente, soweit es nur irgend möglich ist. Kennzeichnend für diese Wissenschaftsrichtung ist also das ständige Bemühen um Wertfreiheit. Ein anderer Einwand geht dahin, daß m i t der Forderung nach Wertfreiheit die empirische Wissenschaft gleich m i t einem Postulat ihren Anfang nehme. U m ein Postulat i m Sinne normativer Wissenschaft handelt es sich bei der Forderung nach Wertfreiheit aber gar nicht, denn es w i r d davon nicht der Gegenstand der Wissenschaft betroffen, sondern die Wissenschaft selbst. Wegen der subjektiven Natur der Werte ist nach seinswissenschaftlicher Auffassung Wahrheitsfindung ohne Wertfreiheit nicht möglich. Da das Erkennen der Wahrheit das letzte Ziel aller Wissenschaften ist, so ist die Wertfreiheit selbst nur ein Bestandteil dieses Zieles. Für die Seinswissenschaft gibt es nur die wertfreie Wahrheit. Das Setzen eines Zieles als erster Schritt jeden rationalen Verhaltens — ein solches ist ja das Betreiben einer Wissenschaft — hat aber m i t dem Aufstellen einer Norm oder eines Postulates nichts gemein, es ist lediglich die Voraussetzung, daß überhaupt etwas geschieht 156 . Schließlich w i r d auch von der Wahl des Erkenntnisobjektes her gegen die Wertfreiheit argumentiert. Ohne persönliche Wertung sei eine Auswahl gar nicht möglich, i n der Entscheidung für ein bestimmtes Objekt komme damit ein höchst subjektives Moment zum Ausdruck. „Hier beginnt das Ich sich einzuschalten, zumindest dadurch, daß sich der Forscher aus Interesse und Neigung einem speziellen Gebiet zuwendet 1 5 7 ." Wenn von einer übergeordneten Stelle, die dazu über die notwendige Macht verfügt, dem Menschen nicht befohlen wird, daß er diesen oder jenen Bereich wissenschaftlich zu erforschen habe, dann bleibt die Entscheidung für das Objekt wissenschaftlicher Betätigung selbstverständlich eine rein persönliche Angelegenheit. Welches die für die Wahl ausschlaggebenden Gesichtspunkte auch i m einzelnen sein mögen, ohne subjektive Stellungnahme ist eine Entscheidung gar nicht möglich. N u r bedeutet die Wahl eines Objektes noch nicht das Betreiben einer Wissenschaft. Jede Forschungstätigkeit muß sich j a auf einen mehr oder weniger genau fixierten Forschungsgegenstand richten, so daß es also iss Vergleiche hierzu Keinhorst, H., a. a. O., S. 26 f. 156 v o n M a x Weber werden das hier erwähnte A r g u m e n t u n d das i n der Folge noch zu behandelnde gar nicht als ernsthafte Einwände gegen die wertfreie Wissenschaft angesehen (Der Sinn der „Wertfreiheit", a.a.O., S. 461). 167 Keinhorst, H., a. a. O., S. 15. 10
Forker
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ohne Untersuchungsobjekt gar keine Wissenschaft gibt. Die Entscheidung für das Objekt der Wissenschaft liegt demnach vor dem Wissenschaftlich-Tätigsein, ist die Voraussetzung für eine Wissenschaft. Das Forschen beginnt erst m i t dem Vorhandensein eines Untersuchungsgegenstandes 158 , und damit erlangt das K r i t e r i u m der Wertfreiheit auch erst dann seine Bedeutung, wenn es darum geht, über dieses Objekt Erkenntnisse zu gewinnen. Weitere Einwände richten sich gegen die „Einseitigkeit" seinswissenschaftlicher Betrachtung und gegen den Zweck der Wissenschaft, wie i h n die Empiriker sehen 159 . Darauf brauchen w i r hier aber nicht weiter einzugehen. Zusammenfassend läßt sich die empirische, seinswissenschaftliche Richtung kurz so charakterisieren: Ziel ist die explikative Darstellung der empirisch erfaßbaren Wirklichkeit, ist die Wesenserkenntnis innerhalb eines durch Definition festgelegten Untersuchungsbereiches. Die Wesenserkenntnis basiert dabei auf Prinzipien, die dem Untersuchungsbereich selbst entnommen, also nicht von außerhalb an i h n herangetragen sind. Der Empirie und dem Denken nicht mehr zugängliche Gründe werden zur Erklärung nicht herangezogen. Die gewonnenen Erkenntnisse werden als das, was sie sind, hingenommen, sie werden nicht i n ein System individueller Wertvorstellungen einbezogen. Persönliche Stellungnahmen (Wertungen) liegen außerhalb der Wissenschaft, haben m i t Wissenschaft nichts zu tun. Die Seinswissenschaft setzt keine Normen, stellt keine Postulate auf und macht keine Vorschriften, w e i l sie sich dazu i n Gegensatz zur angestrebten Wertfreiheit stellen müßte. Ob und wie die handelnde und für ihre Handlungen allein die Verantwortung tragende Praxis die gewonnenen Erkenntnisse verwertet, kann der Wissenschaft i m Grunde genommen gleichgültig sein. 3. D a s W i s s e n s c h a f t s b i l d normativer Betrachtungsweise Auch den Ausführungen über die normative Wissenschaftsrichtung können w i r ein das Wesen dieser Richtung klar zum Ausdruck bringendes Zitat eines ihrer Vertreter voranstellen. „Eine normative Wissenschaft ist eine Disziplin, die Normen i n Besinnung auf die idealen Grundnormen setzt. Die empirische Erfahrungswelt hat für sie nur insoferne Realität, als sie über sie das Netz ihrer Wertbeziehungen w i r f t , nicht u m festzustellen ,was ist', sondern um festzustellen, i n welchem 158 Dabei ist es gleichgültig, ob das Objekt schon seine endgültige Fassung hat u n d seine Grenzen genau vorgezeichnet sind. 159 Z u r Frage der Einseitigkeit i n der Forschungsmethode u n d den Forschungsergebnissen vergleiche Henzler, Reinhold, „Betriebswirtschaft", a.a.O., S. 537.
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Verhältnis ein gegebenes Sein zu dem postulierten Sollen sich bewegt und m i t der positiven Absicht, das konkrete Sein i n der Richtung der idealen Zielsetzung hinzulenken 1 6 0 ." Diese Charakterisierung der normativen Wissenschaft durch Schönpflug zeigt ganz deutlich, daß das Ziel dieser Richtung sich wesentlich von dem der Seinswissenschaft unterscheidet. Deren Endziel, die Darstellung und Erklärung des empirisch zu erfassenden realen Seins, stellt für die normative Richtung nur eine Vorstufe dar. Völlig unabhängig vom realen Sein w i r d auf der Grundlage höchster Werte das Gebäude eines idealen Seins errichtet 1 6 1 , das einmal als Maßstab für die Beurteilung der vorgefundenen Wirklichkeit zu dienen bestimmt ist, zum anderen aber auch ein anzustrebendes Sein-Sollen abgibt. Eine Wissenschaft kann sich nun aber nicht m i t der Errichtung einer idealen gedanklichen Konstruktion und der Postulierung eines Sollzustandes begnügen, sie w i r d vielmehr ein großes Interesse an der Veränderung des Seins i n Richtung auf das Soll haben 162 . Z u diesem Zweck werden die M i t t e l dafür entwickelt und die Wege aufgezeigt, wie das zu geschehen hat 1 6 3 . Das entscheidende Kennzeichen normativer Betrachtungsweise ist die Annahme der Existenz apriorischer oberster Normen, ist die Unterstellung allgemeingültiger, objektiver Werte. „Jede normative A n schauung ruht auf der Grundvorstellung eines objektiv gegebenen Systems von Normwerten, die als Absolutes allem Denken, also auch dem erkennenden, wissenschaftlichen vorgegeben sind 1 6 4 . Das auf diesen höchsten und allgemeingültigen Werten aufbauende Weltbild strahlt aus auf alle Bereiche menschlichen Verhaltens, auch auf die Wissenschaft. Dort führt es zur Errichtung von Systemen, an deren Spitze die für den jeweiligen Wissenschaftsbereich spezifischen, aus den höchsten Werten abgeleiteten Sondernormen stehen. Erste und nach Schönpflug höchste Aufgabe der Einzelwissenschaften ist die A b leitung dieser Sondernormen 165 , die dann ihrerseits wieder die Grund160
Schönpflug, Fritz, Betriebswirtschaftslehre, S. 74. „ D e r Widerstreit zwischen W i r k l i c h k e i t u n d den postulierten Werten w i r d dadurch zu lösen versucht, daß die N o r m zum idealen Maßstab erhoben w i r d , an dem die W i r k l i c h k e i t zu messen ist", schreibt Fettel (Die n o r mative Betriebswirtschaftslehre, a. a. O., S. 379) u n d betont damit, daß die N o r m erst auf G r u n d dieser Qualifikation (als Ideal) i m normativ-wissenschaftlichen Sinne ihre Existenzberechtigung hat. 162 Das „Soll" schließt dieses Bestreben schon i n sich ein. „ D i e Feststell u n g u n d Uberwindung der Diskrepanz zwischen dem Sein u n d den höchsten, allgemeinen, absoluten Werten" (Fettel, Johannes, Die normative Betriebswirtschaftslehre, a. a. O., S. 378) w i r d deshalb i m m e r das Anliegen n o r mativer Wissenschaft sein. 163 Siehe hierzu auch Wöhe, G., Methodologische Grundprobleme, S. 113 ff. 132 ff. 164 Schönpflug, Fritz, Betriebswirtschaftslehre, S. 76. 165 „Eine höhere Aufgabe als die A b l e i t u n g der auf i h r Gegenstands161
los
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läge für die Normen und Postulate für das praktische Verhalten abgeben 166 . Somit lassen sich alle Normen, Postulate und Wertmaßstäbe einer normativen Einzelwissenschaft auf die höchsten und absoluten Grundnormen zurückführen. Weil sie von der Geltung dieser Grundnormen abhängig sind, sind sie aber, wie w i r weiter vorn schon erwähnten, hypothetischer Natur. Diese höchsten, letzten, wahren oder ewigen Werte, wie sie auch genannt werden, sind einfach vorhanden, sind Werte an sich und „unabhängig von subjektiver Meinung" 1 6 7 . Dabei ist es gleichgültig, ob sie von einem Subjekt „zu irgendeiner Zeit erkannt werden oder nicht" 1 6 8 , sie gelten für alle und zu jeder Zeit. Grundnormen für eine normative Wissenschaft sind „geistige Werte, und zwar i n erster L i n i e . . . sittliche Werte" 1 6 9 . Aus ihnen „entwickelt die normative Wissenschaft ihre Normen und Postulate, leitet ab ihre Zwecke und Ziele" 1 7 0 . Aus der Überzeugung von der Existenz allgemeingültiger oberster Werte resultiert auch die Stellung der normativen Wissenschaftsrichtung zum realen Sein. Das wirkliche Geschehen ist für den Normativisten „ n u r ein Hinleben nach dem unbedingt Gesollten" 1 7 1 . Wenn es gelingt, die absoluten Werte und i n der Folge auch die „wahren" Sondernormen für die verschiedensten Bereiche zu erkennen, dann muß man j a ständig darauf bedacht sein, die von dem Idealzustand abweichende Wirklichkeit i n Richtung auf den einzig „sinnvollen", „richtigen" oder „wahren" Zustand zu verändern, denn es wäre doch wider alle menschliche Vernunft, bewußt auf dem Falschen zu beharren, wenn das Richtige bekannt ist, zumal dann, wenn dieses Werturteil nicht eine rein persönliche Meinung des Wissenschaftlers, sondern das Ergebnis objektiver, absoluter, allgemeingültiger und ungebiet bezüglichen Sondernormen u n d - w e r t e haben die Einzelwissenschaften nicht." (Schönpflug, Fritz, Betriebswirtschaftslehre, S. 83). 166 Dieser Zusammenhang w i r d auch v o n Sombart i n der Charakterisier u n g der richtenden, d. h. normativen Nationalökonomie zum Ausdruck gebracht (Sombart, W., Die drei Nationalökonomien, S. 22): „Diese Imperative, dieses Sollen, diese Normen, diese Richtsätze f ü r praktisches Verhalten sind n u n aber f ü r die Vertreter dieser Nationalökonomie — das ist der Springp u n k t — Aufgabe des Erkennens, sofern das Sollen i n der Weltordnung angelegt ist u n d aus i h r herausgelesen werden kann." Das Schwergewicht liegt dabei auf dem letzten Nebensatz, der auf die Verbundenheit der Sondernormen m i t den Grundnormen hinweist. 167 Die Anhänger der normativen Richtung vertreten damit die W e r t philosophie der objektiven Werte. 188 Eisler, Rudolf, a. a. O., S. 738. 169 Keinhorst, H., a. a. O., S. 19; M a x Weber weist aber darauf hin, daß das Ethische keineswegs die einzige Wertsphäre f ü r den Menschen ist, daß es vielmehr noch andere Wertsphären gibt, die m i t der ethischen durchaus auch kollidieren können (Weber, Max, Der Sinn der „Wertfreiheit", a. a. O., S. 466). 170 Schönpflug, Fritz, Betriebswirtschaftslehre, S. 81. 171 Ebenda, S. 82.
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bedinger Maßstäbe ist. Ihren Endzweck sieht die normative Wissenschaft deshalb i n der Anpassung des realen Seins an das ideale SeinSollen 172 . Aus der Aufstellung bzw. Ableitung der spezifischen Sondernormen als primäre Zielsetzung einer Einzelwissenschaft ergibt sich „die Beschreibung des wirklichen Seins und seine Ausrichtung an dem als richtig Erkannten" als „eine logische Folge" 1 7 8 . Diese Ausrichtung auf das Soll als letztes Ziel normativer Wissenschaft darf nun allerdings nicht so verstanden werden, als könne die Wissenschaft selbst eine Veränderung der gegebenen Zustände herbeiführen. Das bleibt i n jedem Falle eine Aufgabe der handelnden Praxis. Was die Wissenschaft normativer Prägung lediglich kann, ist, das anzustrebende Soll als Forderung zu postulieren und der Praxis die Wege dahin aufzuzeigen. Letzteres sucht sie dadurch zu erreichen, daß sie zunächst den Istzustand einer Wertung unterzieht, wobei sie sich des Solls als Maßstab bedient, und dann für das praktische Verhalten Normen setzt, Vorschriften macht, Ratschläge gibt und Postulate aufstellt, die alle auf die Erreichung des Solls abzielen. Das Problem der Verantwortung besteht für den Normativisten nicht i m gleichen Sinne wie für den Seins Wissenschaftler, denn er kann sich auf die Objektivität und Allgemeingültigkeit seiner letzten Normen bzw. Werte berufen, die er selbst weder geschaffen hat noch verändern kann, die von der Menschheit als gegeben hinzunehmen sind. Hier knüpft nun unmittelbar ein wesentlicher Einwand gegen das Wissenschaftsbild normativer Betrachtungsweise an. Unterstellt man, daß es tatsächlich absolute und allgemeingültige Grundnormen gibt und daß sie auch tatsächlich erkannt werden, dann bleibt immerhin die Ableitung der für die einzelnen Wissenschaftsbereiche zutreffenden Sondernormen eine subjektive Angelegenheit. Das w i r f t dann das Problem der Allgemeingültigkeit dieser Sondernormen auf. Wenn Schönpflug feststellt, daß es für die Einzelwissenschaft keine höhere Aufgabe als die Ableitung dieser Sondernormen gäbe 174 , dann deutet das auch darauf hin, daß dieser Frage eine große Bedeutung zukommt. Es muß sich hier also wohl u m ein schwieriges Unterfangen handeln, 172 „ I s t normative Erkenntnis überhaupt möglich, dann ist der letzte Sinn dieser Erkenntnis n u r erfüllt, w e n n nicht n u r die Werte i n ihrer Unbedingtheit u n d Absolutheit erkannt sind, sondern w e n n die Welt der W i r k l i c h k e i t der Welt der idealen Normen nahegebracht w i r d , bis sie letzten Endes m i t i h r zusammenfällt. M i t dem vollen Einsatz ihres moralischen Ansehens strebt die normative Richtung daher danach, die ganze Menschheitsentwicklung i n der Richtung zu dem als »wahr 1 u n d ,richtig' erkannten Ideal m i t sich f o r t zureißen. Denn i h r tiefster Sinn ist die Gleichsetzung v o n Sein u n d Sollen i n einer letzten, höchsten Synthese" (Schönpflug, Fritz, Betriebswirtschaftslehre, S. 82). 173 Schönpflug, Fritz, Betriebswirtschaftslehre, S. 83. 174 Schönpflug, Fritz, Betriebswirtschaftslehre, S. 83,
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wenn es das Hauptanliegen einer Wissenschaft ist. I m übrigen t r i t t dieser Gesichtspunkt aber häufig gegenüber dem Haupteinwand gegen die normative Richtung i n den Hintergrund. Dieser Haupteinwand betrifft die Unbedingtheit, Absolutheit und Allgemeingültigkeit der Grundnormen. Wenn es gelingt, diese Eigenschaften der Werte nachzuweisen, dann ist am Fundament der normativen Wissenschaften tatsächlich nicht zu rütteln 1 7 5 . K a n n der Beweis oder aber auch der Gegenbeweis nicht angetreten werden, dann bleibt dem Wissenschaftler nichts anderes übrig, als sich auf Grund seiner eigenen inneren Einstellung für die eine oder andere Richtung zu entscheiden. Daß sich unserer Auffassung nach auch heute noch jeder, der geisteswissenschaftlich tätig sein w i l l , vor diese Entscheidung gestellt sieht, darauf werden w i r noch zurückkommen 176 . Abschließend wollen w i r noch einmal kurz zusammenfassen, was w i r hier unter normativer Wissenschaft verstehen 177 . Normative Wissenschaft „ w i l l nicht ,erklären', sondern ,beurteilen', sie w i l l nicht erkennen u m der Erkenntnis willen, sondern u m zu ,bessern', u m zu ,richten'. Das Werturteil gehört ebenso notwendig zum Begriff der Wissenschaft, wie der Glaube an die Existenz absoluter Werte und an die natürliche Gesetzmäßigkeit alles Geschehens überhaupt" 1 7 8 . Es sind danach drei voneinander getrennte Abschnitte zu unterscheiden, i n denen sich diese Wissenschaft vollzieht. Zunächst gilt es, die objekt i v gegebenen Grundnormen zu erkennen. Das ist i m allgemeinen nicht Aufgabe der Einzelwissenschaften, sondern der Philosophie 170 , deren Erkenntnisse man sich zunutze macht. Der zweite Schritt ist die A b leitung der sekundären oder Sondernormen aus den Grundnormen „durch die Logik der Normen" und die Errichtung eines Systems von Forderungen, „denen genügt werden muß, wenn die angestrebten Zwecke gelten und erreicht werden sollen" 1 8 0 . Es bleibt dann als letzte Aufgabe, die reale Wirklichkeit empirisch zu erfassen, zu beurteilen und die Richtung für die Veränderungen zum Soll aufzuzeigen. 175 Vergleiche auch Wöhe, G., Z u r Problematik der Werturteile i n der Betriebswirtschaftslehre, a. a. O., S. 170 f. 176 w i r sind nicht der Auffassung, daß die normative Wissenschaft i n dem v o n uns verstandenen Sinne heute überholt ist, w i e es den A u s f ü h r u n gen Moxters nach zu sein scheint (Moxter, Adolf, Methodologische G r u n d fragen der Betriebswirtschaftslehre, Köln-Opladen 1957, S. 75). 177 Was w i r hier unter normativer Wissenschaft verstehen, w i r d i n der L i t e r a t u r auch als „normativistische", „normativ-wertende", „wertende" oder „richtende" Wissenschaft bezeichnet. 178 Schönpflug, Fritz, Betriebswirtschaftslehre, S. 83. 170 Siehe auch Schönpflug, Fritz, Betriebswirtschaftslehre, S. 77; M a x Weber, Der Sinn der „Wertfreiheit", a. a. O., S. 470; Sombart, Werner, Die drei Nationalökonomien, S. 78 ff.; Löffelholz, Josef, Der Stand der methodologischen Forschung, a. a. O., S. 551 f. 180 Eisler, Rudolf, a. a. O., S. 77.
Empirische, normative u n d angewandte Wissenschaft
4. D i e p r a k t i s c h e n o d e r angewandten Wissenschaften Durch alle realen Wissenschaften zieht sich der Streit u m den Zweck der Wissenschaften. Werden sie allein u m der Erkenntnis w i l l e n betrieben oder — ganz allgemein gesprochen — zum Dienste oder zur Hilfe für die Menschheit? Dieser Streit ist i n den Einzelwissenschaften am heftigsten, deren Gegenstand m i t Lebensbereichen zusammenfällt, die für die Menschen von großer Bedeutung sind. Dazu gehört ohne Zweifel auch der Bereich der Wirtschaft. So ist es auch nicht verwunderlich, daß gerade die Wirtschaftswissenschaften für eine Ausrichtung auf die Belange der Wirtschaftspraxis besonders prädestiniert sind; und das g i l t wohl i n stärkerem Maße für die Einzelwirtschaftswissenschaft als für die Nationalökonomie. Unserer Auffassung nach ist es dem einzelnen Wissenschaftler überlassen, was er als Aufgabe oder Zweck wissenschaftlicher Betätigung sieht, denn wer sonst sollte wohl diesen Zweck setzen 181 ? Der Praxis die M i t t e l zur Verwirklichung ihrer Zwecke zu entwickeln und aufzuzeigen, ist die Aufgabe, die sich die angewandte oder praktische Wissenschaft gestellt hat 1 8 2 . Von der Seinswissenschaft unterscheidet sich diese Richtung dadurch, daß sie sich nicht m i t der Erkenntnis des Seienden begnügt, sondern diese nur als Ausgangspunkt für ihre eigentliche Aufgabe betrachtet. Der Unterschied gegenüber der normativen Wissenschaft besteht darin, daß die Zwecke, u m die es hier geht, als gegeben angesehen, also nicht auf Grund höchster Werte von der Wissenschaft selbst gesetzt werden 1 8 3 . 181 I n der Betriebswirtschaftslehre ist oft die Rede davon, daß i h r A u f gaben gestellt seien (so z. B. Moxter, Adolf, a. a. O., S. 49). W i r vermögen aber nicht zu sehen, w e r diese Aufgaben gestellt haben könnte, w e n n nicht der Wissenschaftler selbst. Die Praxis k a n n es doch w o h l nicht sein, denn w o bliebe dann die Grundforderung nach Voraussetzungslosigkeit? 182 Zwischen „praktisch" u n d „angewandt" w i r d gelegentlich ein U n t e r schied gemacht. Eine praktische Wissenschaft ist dann eine solche, die einen Bereich v o n großem praktischen Interesse zum Gegenstand hat, während die angewandte Wissenschaft die ist, die die zweckmäßigen Verfahren u n d M i t t e l entwickelt. W a n n wäre aber i n diesem Sinne eine Wissenschaft p r a k tisch? W i r w o l l e n hier beide A d j e k t i v e i m gleichen Sinn verstehen (siehe auch Moxter, Adolf, a. a. O., S. 38), i m folgenden aber v o n der angewandten Wissenschaft sprechen. Z u dieser Frage siehe auch Wöhe, G., Methodologische Grundprobleme, S. 35 ff. 183 „Eine praktische Wissenschaft... w i l l n u r zeigen, w i e bestimmte gegebene Ziele erreicht werden können, deren V e r w i r k l i c h u n g aus welchen Gründen auch immer, angestrebt w i r d . Der verfolgte Zweck w i r d hier also nicht zum Problem erhoben, sondern als ,Datum' genommen, vorausgesetzt. Dennoch steht der Zweck auch bei den praktischen Wissenschaften natürlich insofern i m M i t t e l p u n k t , als alle Erkenntnis auf dieses Ziel h i n ausgerichtet u n d ausgewählt ist" (Moxter, Adolf, a. a. O., S. 37). Daß der Zweck nicht auch zum Problem erhoben würde, diese Behauptung k a n n M o x t e r unserer A n sicht nach später nicht aufrechterhalten. Keinhorst, der nicht v o n angewandter, sondern von praktisch-normativer
152 Erkenntnisobjekt, systembildendes Prinzip u. Wissenschaftsrichtung U m s t r i t t e n i s t n u n v i e l f a c h , ob diese a n g e w a n d t e n w i r k l i c h Wissenschaften
sind und
nicht
Wissenschaften
n u r K u n s t l e h r e n 1 8 4 . Das
ist
n a t ü r l i c h i n e r s t e r L i n i e eine F r a g e d e r D e f i n i t i o n 1 8 5 , doch w i r d m a n w o h l k a u m v o n e i n e r Wissenschaft sprechen k ö n n e n , w e n n die p r a k t i s c h e n V e r f a h r e n o h n e j e g l i c h e theoretische F u n d i e r u n g , s o n d e r n n u r aus e i n e r g e w i s s e n p r a k t i s c h e n E r f a h r u n g h e r a u s e n t w i c k e l t w e r d e n . I m ü b r i g e n i s t dieser S t r e i t aber f ü r d i e u n s i n t e r e s s i e r e n d e n F r a g e n ohne Belang. Das e i g e n t l i c h e F o r s c h u n g s o b j e k t d e r a n g e w a n d t e n Wissenschaften s i n d d i e „ Z w e c k - M i t t e l z u s a m m e n h ä n g e " , „ w o b e i d e r Z w e c k als gegeb e n b e t r a c h t e t w i r d u n d n u n d i e Tatsachen u n d V o r g ä n g e des G e schehens u n t e r s u c h t w e r d e n a u f i h r e M i t t e l e i g e n s c h a f t i m H i n b l i c k a u f d e n p r a k t i s c h e n Z w e c k " 1 8 6 . D a m i t ergeben sich f ü r d i e a n g e w a n d t e n Wissenschaften z w e i A u s g a n g s p u n k t e , das reale S e i n u n d d e r v o r g e gebene Z w e c k , a u f dessen E r r e i c h u n g das S e i n ausgerichtet w e r d e n soll. Wissenschaft spricht, charakterisiert diese w i e folgt: „ F r a g t sie (die Wissenschaft, d. Verf.) darüber hinaus nach der Verwertbarkeit der Erkenntnisse u n d zeigt sie Wege u n d M i t t e l , anders ausgedrückt, arbeitet sie Verfahren aus, die der Erreichung bestimmter Ziele dienen, so w i r d sie zur angewandten oder praktisch-normativen Wissenschaft, die m a n auch Kunstlehre nennt" (Keinhorst, H., a. a. O., S. 30). „Der praktische Zweck als G r u n d n o r m ist das zentrale Moment dieser Wissenschaften, das ihnen Ausrichtung u n d Einheit verleiht." Wie es bei Keinhorst m i t diesem praktischen Zweck beschaffen ist, werden w i r später sehen. Nach Wöhe, einem weiteren Vertreter der angewandten Betriebswirtschafttslehre, w ä h l t diese „ i h r e Probleme als praktische Wissenschaft an einem Zweck, einer Norm aus. A l l e Verfahren, die v o n i h r entwickelt werden, sollen dazu dienen, diesen Zweck auf rationellste Weise zu realisieren" (Wöhe, G., Methodologische Grundprobleme, S. 20). Dabei geht die Wissenschaft „ v o n einem als gegeben unterstellten Zweck aus u n d betrachtet das betriebliche Handeln i m Hinblick auf die V e r w i r k l i c h u n g dieses Zweckes als zweckmäßig oder unzweckmäßig" (ebenda, S. 107). I m Gegensatz zu anderen Autoren zieht Wöhe aus dieser Charakterisierung auch die notwendigen Folgerungen: „ D a die angewandte Disziplin i m m e r wieder m i t Nachdruck betont, sie wolle der Praxis durch Beurteilung gegebener u n d E n t w i c k l u n g neuer Verfahren dienen, nicht aber wirklichkeitsfremde Spekulationen treiben, so muß der oberste Zweck, der als Auswahlprinzip verwendet werden soll, aus der Erfahrung stammen u n d i n Ubereinstimmung m i t den obersten Zwecken stehen, die die Betriebe tatsächlich verfolgen. M a n muß also ein A u s w a h l prinzip nehmen, das empirisch gegeben ist u n d nicht eines, von dem man möchte, daß es gegeben sei" (ebenda, S. 185). F ü r Wöhe ist dann konsequenterweise i n der Marktverkehrswirtschaft f ü r die Unternehmungen die Gewinnerzielung der gegebene reale Zweck. 184 Die Begriffe gehen hier oft durcheinander. I n der Hegel w i r d man die Kunstlehre als etwas Minderes, als rangordnungsmäßig unter der Wissenschaft stehend ansehen. Eine Ausnahme bildet hier allerdings Schmalenbach, f ü r den die Kunstlehre, wenigstens was die privatwirtschaftliche Disz i p l i n angeht, v o r der Wissenschaft rangiert, soweit es ihren Erfolg anbetrifft (Schmalenbach, E., Die Privatwirtschaftslehre als Kunstlehre, i n : ZfhwF, Jg. 1911/12, S. 304 ff., insb. S. 313 f.).
Empirische, normative und angewandte Wissenschaft
Dieser als Datum angenommene oder vorgegebene Zweck erfüllt i n der angewandten Wissenschaft zwei Funktionen. Zunächst einmal w i r d von i h m her bestimmt, i n welchem Ausmaß und i n welcher Richtung Seins- oder Grundlagenforschung betrieben werden soll. Da es nicht i m Sinne dieser Wissenschaft liegt, auch Gebiete, denen für die praktische Verwertbarkeit keine Bedeutung zukommt, i n die Untersuchung einzubeziehen, übt der Zweck eine Auslesefunktion aus 187 . Aus den gesammelten Erfahrungen und den durch die Grundlagenforschung gewonnenen Erkenntnissen werden die für die Verwirklichung des Zweckes geeigneten M i t t e l entwickelt, m i t deren Hilfe man die i n der Realität zu beobachtenden M i t t e l (Verfahren, Maßnahmen, Einrichtungen usw.) beurteilt, ob sie zweckmäßig oder unzweckmäßig, richtig oder falsch, gut oder schlecht, geeignet oder ungeeignet sind. Der Zweck dient damit mittelbar (eben über die „richtigen" Mittel) oder auch unmittelbar 1 8 8 als Maßstab für das Urteil über das Seiende. Auch das Seiende oder die reale Wirklichkeit als der andere Ausgangspunkt hat für die angewandte Wissenschaft eine doppelte Bedeutung. Aus der Durchforschung des realen Geschehens sollen die notwendigen Grundlagen für die eigentliche Aufgabe gewonnen werden, für die Entwicklung der zweckmäßigen Mittel. Ohne eine sichere Grundlage auf wissenschaftlichen Erkenntnissen kann das Ziel nicht erreicht werden, wie die Erfahrung der letzten Jahrzehnte gerade i n der Betriebswirtschaftslehre deutlich gezeigt hat 1 8 9 . Zum anderen sollen der realen Wirklichkeit die Ergebnisse der angewandten Wissen185 Daß angewandte Wissenschaft u n d Kunstlehre auch als identisch angesehen werden, dazu siehe Keinhorst, H., a. a. O., S. 30. F ü r Wöhe ist die angewandte Wissenschaft die A n w e n d u n g der Erkenntnisse der betriebswirtschaftlichen L i t e r a t u r u n d als solche der wissenschaftliche T e i l der K u n s t lehre (Wöhe, G., Methodologische Grundprobleme, S. 38). 186 Keinhorst, H., a. a. O., S. 30; siehe auch Wöhe, G., Z u r Problematik der Werturteile, a. a. O., S. 167 ff. 187 Siehe hierzu Moxter, Adolf, a. a. O., S. 38 f.: Es stoßen „die praktischen Fragen zugewandten Wissenschaftler meist v o m Ziel zu den Grundlagen" vor. iss w i r müssen hier den Zeitpunkt des Urteils berücksichtigen. Einen laufenden Prozeß k a n n man auf seine Zweckmäßigkeit h i n nicht v o m Zweck unmittelbar aus beurteilen, sondern n u r m i t H i l f e eines als Maßstab dienenden, i n der Vorstellung existierenden Prozesses, von dem m a n weiß oder die Überzeugung hat, daß er zum gewünschten Ziel führt. Zweck oder Z i e l sind hier also n u r m i t t e l b a r Maßstab. Ist der Prozeß dagegen vollständig abgelaufen, k a n n ich unmittelbar v o m Ziel her feststellen, ob er zweckmäßig war. 189 können M o x t e r v o l l u n d ganz zustimmen, w e n n er feststellt, daß eine ganze A n z a h l v o n durch die Betriebswirtschaftslehre aufgestellten neuen Verfahrensweisen sich wegen mangelnder theoretischer Fundierung hernach als unbrauchbar erwiesen hätten (Moxter, Adolf, a. a. O., S. 46 f.). Sein Katalog dieser Fälle — meist handelt es sich u m solche, wo die Betriebswirtschaftslehre meinte, eine A r t Feuerwehr für wirtschaftliche Brände abgeben zu müssen — ließe sich noch u m etliches erweitern.
154 Erkenntnisobjekt, systembildendes Prinzip u. Wissenschaftsrichtung Schäften z u g u t e k o m m e n . K e i n e e i n h e i t l i c h e A u f f a s s u n g b e s t e h t b e i d e n V e r t r e t e r n dieser R i c h t u n g d a r ü b e r , ob die v o n i h r e r a r b e i t e t e n Ergebnisse als a n z u s t r e b e n d e N o r m p o s t u l i e r t w e r d e n s o l l e n oder ob m a n es d e r P r a x i s überlassen soll, w a s sie m i t i h n e n a n f a n g e n w i l l 1 9 0 . I m a l l g e m e i n e n l e g t m a n aber g r o ß e n W e r t a u f d i e F e s t s t e l l u n g , daß es sich d a n n a l l e n f a l l s u m w i r t s c h a f t l i c h e N o r m e n h a n d e l n k a n n , n i c h t aber u m ethische, s i t t l i c h e oder sonstige i m S i n n e e i n e r n o r m a t i v e n Wissenschaft. Das Z i e l a n g e w a n d t e r Wissenschaft i s t ohne w e r t e n d e S t e l l u n g n a h m e seitens d e r Wissenschaftler n i c h t z u erreichen. W i r müssen desh a l b noch d i e N a t u r dieser W e r t u r t e i l e k u r z beleuchten. D i e A n h ä n g e r a n g e w a n d t e r Wissenschaft l e h n e n i m a l l g e m e i n e n d i e W e r t u r t e i l e d e r N o r m a t i v i s t e n als s u b j e k t i v ab u n d setzen a n i h r e S t e l l e „ o b j e k t i v e " W e r t u r t e i l e , „ Z w e c k m ä ß i g k e i t s u r t e i l e " 1 0 1 , „ h y p o t h e t i s c h e " oder „ e r k e n n e n d e " W e r t u r t e i l e , d i e sich „ v o n d e n S e i n s u r t e i l e n d u r c h d i e F o r m der Aussage" unterscheiden 102. D u r c h die Ausschaltung s u b j e k t i v e r W e r t u r t e i l e s o l l d e r f ü r d e n Wissenschaftscharakter so b e d e u t s a m e n F o r d e r u n g n a c h W e r t f r e i h e i t G e n ü g e geleistet w e r d e n . A u c h f ü r M a x W e b e r i s t die „ F r a g e d e r G e e i g n e t h e i t d e r M i t t e l b e i gegebenem 190 Bei der Erörterung der normativen Wissenschaften hatten w i r darauf hingewiesen, daß i m m e r dann, w e n n m a n der Überzeugimg ist, das Ideale, Rechte, Richtige oder Wahre gefunden zu haben, die logische Folge die ist, diesen Zustand als anstrebenswert zu erklären. Nicht anders verhält es sich i m G r u n d genommen bei der angewandten Wissenschaft. Wie oft ist die Rede davon, daß der tüchtige Unternehmer, der verantwortungsbewußte Betriebsw i r t oder der erfolgreiche K a u f m a n n sich so oder so verhalte oder zu v e r halten habe. D a m i t w i r d doch dem, der auf ein solches Prädikat Wert legt, gleichsam eine N o r m gesetzt. Es wäre j a auch verwunderlich, w e n n der, der meint, den richtigen Weg zu einem Z i e l gefunden zu haben, nicht auch das Interesse daran hätte, diesen Weg i n der Praxis v e r w i r k l i c h t zu sehen. Auch die normative Wissenschaft k a n n lediglich Postulate aufstellen, sie k a n n sie nicht verwirklichen, denn das ist Sache der handelnden Praxis. Wenn sich beide Wissenschaftsrichtungen unterscheiden, dann doch w o h l n u r i n der A r t der Postulate u n d Normen. D a m i t soll allerdings nicht gesagt werden, daß es nicht auch Wissenschaftler geben könnte, die n u r aus reinem Erkenntnisdrang nach den zweckmäßigen M i t t e l n zu einem bestimmten Zweck suchen. 191 Moxter, Adolf, a. a. O., S. 54, insb. aber S. 75. 192 Keinhorst, H., a.a.O., S. 33; siehe auch S. 30: Erkennende Werturteile unterscheiden sich v o n den Seinsurteilen „ f o r m a l durch die Aussageform des hypothetischen Imperativs: Wenn d u dieses Ziel erreichen w i l l s t , so mußt d u diese u n d jene M i t t e l verwenden, andere M i t t e l verbürgen nicht oder n u r eine schlechte Zielerreichung." Das erkennende W e r t u r t e i l ist dann n u r die U m k e h r u n g eines Seinsurteiles, w i e es die empirische Wissenschaft f ä l l t : aus a folgt b, demzufolge muß, w e n n b erreicht werden soll, a eingesetzt werden. Diese Umkehrung, die auch bei M a x Weber zu finden ist (Der Sinn der „Wertfreiheit", a. a. O., S. 479, 491), erfordert aber größte Vorsicht, worauf auch M o x t e r hinweist (Moxter, Adolf, a. a. O., S. 38), w e i l das Seinsurteil, w i e es ausgesprochen w i r d , i n der Regel die Voraussetzungen nicht erkennen läßt, unter denen es zustande gekommen ist. Die normative U m k e h r u n g k a n n zu unerwünschten Ergebnissen führen, w e n n i n dem betreffenden praktischen F a l l nicht die gleichen Voraussetzungen bestehen.
Empirische, normative und angewandte Wissenschaft
Zwecke" durchaus „der wissenschaftlichen Betrachtung zugänglich", sie steht also nicht i m Gegensatz zur von i h m immer wieder verlangten Wertfreiheit. Seiner Meinung nach sei die Wissenschaft „innerhalb der jeweiligen Grenzen unseres Wissens" i n der Lage, „gültig festzustellen", welche M i t t e l zur Verwirklichung des Zweckes geeignet oder ungeeignet sind 1 9 3 . Über die Zulässigkeit derartiger Wert- oder Zweckmäßigkeitsurteile besteht ganz besonders i n der uns hier interessierenden Betriebswirtschaftslehre bei den meisten Wissenschaftlern keinerlei Zweifel 1 9 4 . Der Anspruch auf die Objektivität der gefällten Urteile leitet sich her aus der wissenschaftlichen Erkenntnisfähigkeit. Dabei bildet die empirische Seinsforschung die Grundlage, auf der die Schlußfolgerungen aufbauen. Je besser es gelingt, die reale Wirklichkeit wissenschaftlich zu durchdringen, desto sicherer werden die zu fällenden Urteile, desto größer w i r d die Wahrscheinlichkeit sein, daß die aufgezeigten M i t t e l und Wege die richtigen sind 1 9 5 . N u n besteht aber insofern eine Schwierigkeit, als diese Grundlagenforschung, je weiter sie i n ihrem Erkenntnisdrang fortschreitet, sich notwendig immer mehr von den zu beobachtenden Sachverhalten i n der Praxis entfernt. U m zwischen mehreren Größen Beziehungen aufdecken, um eventuell bestehenden Gesetzmäßigkeiten auf die Spur kommen zu können, dazu bedarf es oft einer starken Abstraktion von den tatsächlichen Gegebenheiten 1 9 6 . Es t r i t t dann die Situation ein, daß die theoretischen Erkenntnisse nicht mehr oder nur noch unter großen Bedenken i n praktisch verwertbare Ergebnisse umgemünzt werden können, was schließlich das Ziel der angewandten Wissenschaften ist. Es sei i n diesem Zusammenhang nur auf die i n den Wirtschaftswissenschaften weitverbreiteten Modellbetrachtungen verwiesen. Andererseits stellt die Abstraktion für jede wissenschaftliche Durchdringung der Wirklichkeit eine wesentliche Voraussetzung dar. Wollte man auf sie verzichten, nur u m i n Praxisnähe zu bleiben, wären theo198 M a x Weber, Die „ O b j e k t i v i t ä t " , a.a.O., S. 149; vergleiche auch Wöhe, G., Z u r Problematik der Werturteile, a. a. O., S. 167 ff. 194 Vergleiche hierzu die Aufstellung Moxters über die Vertreter der angewandten Richtung i n der Betriebswirtschaftslehre (Moxter, Adolf, a. a. O., S. 42 f.); siehe auch Wöhe, G., Z u r Problematik der Werturteile, a. a. O., S. 165. 195 Voraussetzung ist allerdings eine entsprechende Qualifikation der Wissenschaftler, denn ohne diese führen auch die besten Erkenntnisse der Grundlagenforschung noch nicht zu zweckmäßigen M i t t e l n u n d Wegen. Nicht zu leugnen ist, daß auch ohne wissenschaftliche Grundlagenforschung, einfach i n t u i t i v , auf G r u n d der individuellen Erfahrung u n d Begabung, einem Blick f ü r die praktischen Notwendigkeiten durchaus brauchbare M i t t e l (Verfahren, Maßnahmen, Einrichtungen, Methoden) zustande gebracht werden können. 198 „ N u r über einengende Begriffsbildung u n d zunehmende Abstraktion f ü h r t der Weg zur Erkenntnis" (Linhardt, H., Anschaulichkeit der Wirtschaft, a. a. O., S. 6).
156 Erkenntnisobjekt, systembildendes Prinzip u. Wissenschaftsrichtung
retische Erkenntnisse vollkommen unmöglich. Die angewandten Wissenschaften befinden sich hier ganz eindeutig i n einem echten Dilemma: soll die Wahrheitsfindung bis zu den durch die menschliche Erkenntnisfähigkeit gezogenen Grenzen vordringen, muß eventuell i n Kauf genommen werden, daß sich die gewonnenen Einsichten nicht mehr praktisch verwerten lassen; soll aber auf jede Abstraktion verzichtet werden, würde die theoretische Fundierung fehlen und die Wissenschaft zu einer reinen Kunstlehre herabsinken 197 . Die Befreiung aus diesem Dilemma kann nur ein Kompromiß bringen. Und der sieht so aus, daß die angewandten Wissenschaften als Grundlage für i h r eigentliches Ziel eine „durch einen geringeren Abstraktionsgrad charakterisierte »realistische' Theorie" anstreben, „die eine praktische Anwendung gestattet" 1 9 8 . Dieser Mittelweg bedeutet aber, daß es sich bei den wissenschaftlichen Erkenntnissen, die die Basis für die Entwicklung der zweckmäßigen M i t t e l abgeben sollen, nur u m „approximative" Lösungen handeln kann 1 9 9 , m i t h i n also u m Lösungen, die für die praktische Verwertbarkeit ausreichend sind, sich aber bei intensiverer Erforschung als falsch oder unzureichend erweisen können. Nun hat aber der Anspruch auf Objektivität der von der angewandten Wissenschaft gefällten Werturteile noch eine zweite Grundlage, und das ist die experimentelle Nachprüfbarkeit. I n den Ergebnissen der praktischen Anwendung der als zweckmäßig bezeichneten M i t t e l w i r d es sich zeigen, ob die Werturteile richtig waren oder nicht. Damit kann sich die angewandte Wissenschaft i m Gegensatz zur rein theoretischen ständig selbst kontrollieren; i m Gegensatz auch zur normativen Wissenschaft, denn diese geht ja doch von Zwecken aus, die gar nicht existent sind, sondern als anzustrebende Ideale gefordert werden. Der experimentellen Nachprüfung sind allerdings Grenzen gesetzt. Zunächst einmal müssen überhaupt Subjekte vorhanden sein, die den als Ausgangspunkt gewählten Zweck auch tatsächlich verfolgen und sich außerdem der von der Wissenschaft erarbeiteten oder vorgeschlagenen M i t t e l zur Zweckverwirklichung bedienen. Zum anderen ist es fraglich, ob bei der praktischen Anwendung auch w i r k l i c h die gleichen Voraussetzungen bestehen, die der Entwicklung der betreffenden M i t tel zugrunde gelegt worden sind. 197 Z u r Frage des Abstraktionsgrades i n der Betriebswirtschaftslehre siehe die interessante Auseinandersetzung zwischen Gutenberg und Mellerowicz (Gutenberg, E., Z u m „Methodenstreit", i n : ZfhwF, Jg. 1953, S. 327 ff.; Mellerowicz, K., Eine neue Richtung i n der Betriebswirtschaftslehre, i n : ZfB, Jg. 1952, S. 145 ff.). Vergleiche auch Moxter, Adolf, a. a. O., S. 49 ff. u n d Wöhe, G., Methodologische Grundprobleme, S. 49 f. 198 Moxter, Adolf, a. a. O., S. 53. 199 Moxter, Adolf, a. a. O., S. 52 f.
Empirische, normative u n d angewandte Wissenschaft N i c h t o h n e B e d e u t u n g i s t f ü r die „ o b j e k t i v e n " W e r t u r t e i l e oder Z w e c k m ä ß i g k e i t s u r t e i l e d e r B l i c k w i n k e l o d e r d e r S t a n d o r t des U r t e i l e n d e n . N e h m e n w i r an, daß m i t e i n e m b e s t i m m t e n M i t t e l e i n b e s t i m m t e r Z w e c k v e r w i r k l i c h t w e r d e n k a n n , das M i t t e l also z w e c k m ä ß i g ist, d a n n k a n n es doch sein, daß b e i seiner A n w e n d u n g z w a n g s l ä u f i g die I n t e r e s s e n a n d e r e r S u b j e k t e b e e i n t r ä c h t i g t w e r d e n , also N e b e n w i r k u n g e n e i n t r e t e n , d i e das M i t t e l v o n e i n e r a n d e r e n W a r t e aus gesehen u n g e e i g n e t erscheinen lassen, o b w o h l es ohne Z w e i f e l o b j e k t i v z w e c k m ä ß i g ist. M i t a n d e r e n W o r t e n : g e n ü g t es, w e n n sich d i e W i s senschaft b e i i h r e m U r t e i l a n d i e S t e l l e dessen setzt, d e r sich d e n Z w e c k v o r g e g e b e n h a t , oder m u ß sie auch noch andere S t a n d o r t e b e r ü c k s i c h t i g e n u n d gegebenenfalls welche? T u t sie dieses, w ä g t sie also V o r - u n d N a c h t e i l e v o n verschiedenen S e i t e n aus ab, k o m m t d a m i t e i n s u b j e k t i v e s M o m e n t i n die Z w e c k m ä ß i g k e i t s u r t e i l e . T u t sie jenes, setzt sie sich l e i c h t A n g r i f f e n d u r c h d i e m ö g l i c h e r w e i s e B e n a c h t e i l i g t e n aus. A u c h h i e r scheint u n s e i n echtes D i l e m m a gegeben z u s e i n 2 0 0 . A b s c h l i e ß e n d l ä ß t sich also d i e a n g e w a n d t e Wissenschaft w i e f o l g t b e schreiben: i h r e A u f g a b e s i e h t diese Wissenschaft d a r i n , d e r h a n d e l n d e n M e n s c h h e i t d i e M i t t e l u n d Wege z u zeigen, d i e z u r V e r w i r k l i 200 Dieses Dilemma ist i n der uns interessierenden Betriebswirtschaftslehre häufig zu beobachten. So sträubt sich die Betriebswirtschaftslehre z.B. heftig gegen den V o r w u r f , eine Profitlehre zu sein. Wenn sie aber die Unternehmungen zum Gegenstand der Untersuchung hat, der Praxis die M i t t e l zur Zweckverwirklichung an die H a n d geben w i l l u n d v o m tatsächlich bestehenden Zweck ausgeht — u n d das ist bei der privaten U n t e r nehmung einwandfrei die Gewinnerzielung, w e n n m a n das zwecksetzende Subjekt i m Auge hat —, dann ist dieses Sträuben unverständlich; es sei denn, es richtet sich lediglich gegen den Ausdruck „Profit", w e i l er m i t einem gewissen M a k e l behaftet ist. Dieses Dilemma zeigt sich z. B. auch bei der Tageswertbilanz von F. Schmidt u n d der Forderung nach K a l k u l a t i o n zu den höheren Wiederbeschaffungspreisen bei steigender Preistendenz. Hier w i r d aus einer bestimmten S i t u ation (Inflation) heraus den Unternehmern ein Verfahren zur Substanzerhaltung (und damit zum Überleben dieser Situation) offeriert, das eindeut i g den Interessen der Unternehmer zu dienen bestimmt ist, auf andere T e i l nehmer a m Wirtschaftsverkehr (z. B. die Sparer) aber keine Rücksicht n i m m t . W i r w o l l e n diese A r t wissenschaftlicher Betätigung damit nicht v e r urteüen, sondern auf dieses Dilemma hinweisen, w e i l es ein G r u n d mehr ist, daß die Seinswissenschaft auf die E n t w i c k l u n g zweckmäßiger M i t t e l oder auf die Abgabe von Rezepten verzichtet. Siehe hierzu auch M a x Weber (Der Sinn der Wertfreiheit, a. a. O., S. 470): „Schon so einfache Fragen aber, w i e die: i n w i e w e i t ein Zweck die unvermeidlichen M i t t e l heiligen solle, w i e auch die andere: i n w i e w e i t die nicht gewollten Nebenerfolge i n den K a u f genommen werden sollen, w i e vollends die dritte, w i e Konflikte zwischen mehreren i n concreto kollidierenden, gewollten oder gesollten Zwecken zu schlichten seien, sind ganz u n d gar Sache der W a h l oder des Kompromisses. Es gibt keinerlei (rationales oder empirisches) wissenschaftliches Verfahren irgendwelcher A r t , welches hier eine Entscheidung geben könnte. A m allerwenigsten k a n n diese W a h l unsere streng empirisdie Wissenschaft dem einzelnen zu ersparen sich anmaßen, u n d sie sollte daher auch nicht den Anschein erwecken, es zu können."
Erkenntnisobjekt, systembildendes Prinzip u. Wissenschaftsrichtung
chung bestehender Zwecke geeignet oder besser geeignet als andere sind. Die Zwecke gelten dabei als vorgegeben. Die Werturteile, die von der angewandten Wissenschaft gefällt werden müssen, sollen nicht subjektiver Natur sein, sondern objektiv und auf ihre Richtigkeit vielfach durch Experiment nachprüfbar. Grundlage für die Entwicklung der zweckmäßigen M i t t e l bietet die Erforschung der realen Wirklichkeit. Diese Grundlagenforschung muß aber zu einer praktisch verwertbaren und anwendbaren Theorie führen, d.h. die Abstraktion darf nicht zu weit getrieben werden, es muß immer die Praxisnähe gewahrt bleiben, auch wenn das auf Kosten der letzten Erkenntnis geht. Eine entscheidende Bedeutung hat der unterstellte Zweck. Er bestimmt, auf welche Gebiete sich die Seinsforschung zu erstrecken hat, und er ist mittelbarer oder unmittelbarer Maßstab für die Werturteile. Die angewandte Wissenschaft hat nicht die Absicht, die Zwecke zu bewerten, bestimmte Zwecke als Norm zu setzen und die Befolgung der zweckmäßigen Verfahren zu fordern. Ob diese Absicht allerdings auch verwirklicht wird, ist eine andere Frage. 5. D i e p e r s ö n l i c h e E n t s c h e i d u n g f ü r d i e seinswissenschaftliche Betrachtungsweise Den Ausführungen über die drei Wissenschaftsrichtungen ist zu entnehmen, daß das Endziel jeder dieser Richtungen ein anderes ist und sich demzufolge A r t und Weise des Vorgehens zur Erreichung des Zieles wesentlich unterscheiden. Das macht es erforderlich, daß sich der Wissenschaftler für eine dieser drei Richtungen entscheidet, wenn Wissenschaft sinnvoll betrieben werden soll. Eine solche Entscheidung beruht unserer Auffassung nach auf der persönlichen Einstellung und Weltanschauung des Wissenschaftlers, sie ist nicht durch die M i t t e l der Wissenschaft selbst herbeizuführen 201 . Unseren bisherigen Ausführungen, insbesondere auch den Kapiteln über die Wirtschaftlichkeit und Rentabilität, dürfte unschwer zu ent201 Wenn m a n z.B. die Frage, ob wertfreie oder wertende Wissenschaft, wissenschaftlich beantworten w i l l , muß m a n f ü r sich selbst j a schon vorher die Entscheidung getroffen haben, ob m a n wissenschaftlich wertend oder nicht wertend an diese Frage herangehen w i l l . Die meisten betriebswirtschaftlichen A u t o r e n behaupten allerdings, die Betriebswirtschaftslehre sei n u r als angewandte Wissenschaft denkbar u n d möglich. So schreibt z. B. M o x t e r (Moxter, Adolf, a. a. O., S. 63), die „ a n gewandten Teile" seien „nicht n u r Ausgangs-, sondern Orientierungspunkt u n d Endzweck jeglicher betriebswirtschaftlichen Forschung überhaupt". Diesen einseitigen Standpunkt n i m m t M o x t e r auch zur Aufgabe der Nationalökonomie ein (S. 58 f.), wobei er sogar der Nationalökonomie die Schuld f ü r den A b l a u f der Geschichte zuschiebt, u n d zwar f ü r eine Epoche, i n der die Nationalökonomie sich vorzugsweise m i t Grundlagenforschung befaßt habe, den „ m i t den Entscheidungen betrauten Stellen" also nicht das nötige Rüstzeug zur Verfügimg stellen konnte.
Empirische, normative u n d angewandte Wissenschaft
nehmen sein, daß w i r ganz entschieden der empirischen, seinswissenschaftlichen Betrachtungsweise den Vorzug geben. „ W i r sehen den Sinn einer Theorie darin, daß sie die Zusammenhänge, so wie sie sind, darstellt und erklärt 2 0 2 ." Damit schließen w i r uns der für die Einzelwirtschaftswissenschaft von Rieger begründeten 203 und von seinen Schülern bzw. Anhängern fortgesetzten wertfreien Wissenschaftsrichtung an, die auf Erkenntnis abzielt, nicht auf praktische Anwendbarkeit der Ergebnisse 204 . W i r sehen i n der Einzelwirtschaftswissenschaft eine Geisteswissenschaft, also eine Wissenschaft vom Menschen als Subjekt zielgerichteten Wollens, von seinem Verhalten und den Ergebnissen dieses Verhaltens 205 . Für eine solche Geisteswissenschaft typisch ist die ganzheitliche Schau, das umfassende Verstehenwoll e n 2 0 6 . Verstehen zieht nicht zwangsläufig ein Beurteilen nach sich, die Ablehnung oder Anerkennung des Bestehenden gehört für uns nicht mehr zur Wissenschaft. Das bedeutet aber nicht die Ausschaltung jeglicher Werturteile, wie häufig angenommen wird, sondern nur Verzicht auf eigene Stellungnahme. Die Werturteile der Subjekte werden selbstverständlich von der Wissenschaft berücksichtigt, aber eben als Objekt. Sie müssen sogar berücksichtigt werden, wenn man das Verhalten verstehen w i l l . Einige auch für das Verständnis der drei unterschiedlichen Betrachtungsweisen nicht uninteressante Ausführungen sollen verdeutlichen, w a r u m w i r uns für die Seinswissenschaft und damit gegen eine normative und eine angewandte Betrachtungsweise entschieden haben. Diese Ausführungen betreffen einmal die Frage nach der Allgemeingültigkeit höchster Werte und zum anderen die Zweckmäßigkeitsurteile der angewandten Wissenschaft und das Problem der gegebenen Zwecke. a) Die Frage der Allgemeingültigkeit höchster Werte Normativisten sind Anhänger einer objektiven Werttheorie. Sie sind von der Existenz höchster Werte und deren Absolutheit und Allgemeingültigkeit überzeugt. Für die Vertreter dieser Werttheorie gibt es 202 Fettel, Johannes, K r i t i k an einer K r i t i k , i n : ZfB, Jg. 1951, S. 565. 203 Vergleiche hierzu auch Koch, Helmut, Über einige Grundfragen der Betriebswirtschaftslehre, i n : Z f h w F , Jg. 1957, S. 597 ff. 204 Seine Lehre w i l l Rieger „als das Ergebnis reiner empirischer Forschung betrachtet wissen. E r hat sie nicht geschrieben, damit die Praxis daraus Nutzen ziehe; er hat sich auch nicht darum gekümmert, w i e die Praxis seine Lehre aufnehmen werde. Es ging i h m lediglich u m die Beschreibung u n d E r k l ä r u n g wichtiger wirtschaftlicher Sachverhalte" (Fettel, Johannes, Betriebswirtschaftslehre als Geisteswissenschaft, a. a. O., S. 210). 205 Fettel, Johannes, Betriebswirtschaftslehre als Geisteswissenschaft, a. a. O., S. 212. 206 Vergleiche Löffelholz, Josef, Der Stand der methodologischen F o r schung, a. a. O., S. 476; Fettel, Johannes, Betriebswirtschaftslehre als Geisteswissenschaft, a.a.O., S. 211; ders., Die normative Betriebswirtschaftslehre, a. a. O., S. 378.
160 Erkenntnisobjekt, systembildendes Prinzip u. Wissenschaftsrichtung
„wahre", von jeder subjektiven Bindung freie Werte, Werte „an sich", die aus dem Menschen als Gattung und nicht als Individuum stammen, die einfach a priori da sind 2 0 7 . Es kommt nicht darauf an, ob diese Werte „zu irgendeiner Zeit erkannt werden oder nicht" 2 0 8 , sie „gelten" für alle Menschen, ob sie sich dessen bewußt sind oder nicht. Wenn die Grundwerte Ausgangspunkt für die Ableitung von Sondernormen i m normativistischen Sinne sein sollen, dann setzt das voraus, daß sie be- oder erkannt sind. Wie aber können diese Werte erkannt werden? A u f diese Frage antworten die einen: durch „klares, wirklich voraussetzungsloses logisches Denken" 2 0 9 , die anderen: i m Wege der Werterkenntnis, einer dritten Erkenntnisquelle neben dem Denken und der Empirie 2 1 0 , durch Intuition. Aber sehen w i r uns die erste A n t w o r t näher an. Was heißt: klares Denken? Und wann ist das Denken völlig voraussetzungslos? U m letzteres entscheiden zu können, muß man da nicht schon davon ausgehen, daß man erkannt hat, ob man wertet oder nicht? Und ist nicht letzten Endes die Logik auch ein Menschenwerk? U m es kurz zu machen, es geht hier gar nicht darum, Werte durch Denken zu erkennen, sondern u m die verstandesmäßige Konstruktion und durch Denken begründetes Postulieren höchster Normen oder Werte 2 1 1 . Die Annahme einer besonderen Quelle für die Werterkenntnis zeigt, daß m i t dem Verstand allein das Ziel nicht zu erreichen ist. Außer der Intuition spielt auch die Emotion eine große Rolle. Werte lassen sich nicht verstandesmäßig erklären, sondern werden erlebt, geschaut oder sogar geglaubt 212 . Wenn dem aber so ist, dann können erkannte 207
Schönpflug, Fritz, Betriebswirtschaftslehre, S. 80 f. Eisler, Rudolf, a. a. O., S. 738. 209 Vergleiche Schönpflug, Fritz, Betriebswirtschaftslehre, S. 81; Schönpflug zitiert hier Pesch u n d Kant. 210 Vergleiche Keinhorst, H., a. a. O., S. 20 ff.; m a n hat f ü r diese E r k e n n t nisquelle gelegentlich auch die Bezeichnung „wertendes Denken" geprägt (Keinhorst, H., a. a. O., S. 21); siehe auch Löffelholz, Josef, Der Stand der methodologischen Forschung, a. a. O., S. 552. Z u r Frage der Werterkenntnis Wöhe, G., Methodologische Grundprobleme, S. 153 ff. 211 Das w i r d deutlich i n Schönpflugs Feststellung: „Jedes Wissen u m sich — das Selbstbewußtsein — ist der Ansatz zur Objektivierung des Geistes. Der Geist schafft sich die Norm, an der er sich selbst mißt. So findet die normat i v e Erkenntnis ihren Ursprung u n d letzte Begründung i n der menschlichen V e r n u n f t " (Schönpflug, Fritz, Betriebswirtschaftslehre, S. 82). Wenn die Grundlagen normativer Wissenschaft so beschaffen sind, käme das dem Seiltrick des Inders oder dem Kunststück Münchhausens, der sich a m eigenen Zopf aus dem Sumpf zieht, gleich, w i e Rieger zu diesen Ausführungen Schönpflugs bemerkt (Rieger, Wilhelm, F r i t z Schönpflug: Das Methodenproblem i n der Einzelwirtschaftslehre, a. a. O., S. 272). 212 Vergleiche Sombart, W., Die drei Nationalökonomien, S. 82 ff.; M a x Weber spricht v o n dem „uns allen i n irgendeiner F o r m innewohnende(m) Glaub e(n) an die überempirische Geltung letzter u n d höchster Wertideen, an denen w i r den Sinn unseres Daseins verankern" (Max Weber, Die „ O b j e k t i v i t ä t " , a. a. O., S. 213). 208
Empirische, normative u n d angewandte Wissenschaft
161
Werte nicht übertragen, nicht anderen Menschen über den Verstand zugänglich gemacht werden. Selbst die weitläufigsten Versuche, diese Werterkenntnis verbal anderen Menschen zu übermitteln, müssen immer Notbehelf und Stückwerk bleiben, sie können — die nötige Einsicht beim anderen Menschen vorausgesetzt — nur die dem Verstände zugänglichen Teile der Erkenntnis vermitteln 2 1 8 . Daraus folgt für unser Problem zweierlei. Wenn wegen der besonderen A r t der Werterkenntnis eine Übermittlung der Erkenntnisse nicht möglich ist, kann auch nicht festgestellt werden, ob andere Menschen diese Werte erkannt haben. Damit aber ist eine allgemeine Geltung bestimmter höchster Werte nicht beweisbar 214 . Andererseits können solche Grundnormen auch nicht gesetzt oder postuliert werden, weil ihre Übertragung nicht möglich ist 2 1 5 . Werterkenntnis ist, wie Sombart feststellt, nicht Sache der Wissenschaft, sondern der Philosophie, die i n diese transzendente, metaphysische Wertewelt vorzudringen sucht 216 . Nun bedarf es aber kaum der Erwähnung, daß es eine große Zahl philosophischer Richtungen gibt. Der Anhänger normativer Betrachtungsweise muß sich zum Zwecke der Ableitung von Sondernormen für eine bestimmte philosophische Anschauung entscheiden. Diese Entscheidung aber hat doch m i t Wissenschaft nichts zu tun, sondern ist eine rein persönliche Angelegenheit. Wie aber kann dann noch von einer Allgemeingültigkeit der Grundnormen oder von einer Voraussetzungslosigkeit des Denkens die Rede sein? 218 Was f ü r einen Menschen gut, gerecht, schön usw. ist, k a n n er anderen Menschen n u r durch Beispiele, Gleichnisse, Fabeln usw. demonstrieren, die aber schon die fertigen Werturteile, nicht die Maßstäbe selbst enthalten. Ob bei einem anderen Menschen die gleichen Empfindungen ausgelöst werden, ist gar nicht nachprüfbar; vergleiche auch Wöhe, G., Z u r Problematik der Werturteüe, a. a. O., S. 170 f. 214 Es geht hier u m die Beweisbarkeit der Allgemeingültigkeit, nicht u m die der Werte selbst. 215
Nach Hoffmeister (Hoffmeister, Johannes, a. a. O., S. 738) besteht die Allgemeingültigkeit der absoluten Werte darin, daß sie „ f ü r jedes geistige Wesen verbindlich sind, das sie zu erfassen imstande ist, so w i e die Gesetzmäßigkeit der M a t h e m a t i k f ü r alle i n gleicherweise gelten, die sie eingesehen u n d verstanden haben". Dieser Vergleich m i t der Mathematik ist i n gewissem Sinne sehr aufschlußreich. Die mathematischen Gesetzmäßigkeiten gelten für den, der sie einsieht u n d versteht, zwar auch deshalb, w e i l er sie versteht, aber i n erster L i n i e doch deshalb, w e i l er die a m Anfang der idealen Wissenschaft Mathematik stehenden, keines Beweises fähigen, v o m Menschen aufgestellten A x i o m e anerkennt, sei es ausdrücklich oder dadurch, daß er sich der Mathematik f ü r seine Zwecke bedient. D a m i t wären aber diese absoluten Werte auch n u r Axiome, u n d es w i r d verständlich, was Schönpflug meint, w e n n er feststellt, „der Geist schafft sich die Norm, an der er sich selbst m i ß t " (Schönpflug, Fritz, Betriebswirtschaftslehre, S. 82). 216
11
Sombart, W., Die drei Nationalökonomien, S. 82 f.
Forker
162 Erkenntnisobjekt, systembildendes Prinzip u. Wissenschaftsrichtung W e l c h e n U r s p r u n g e s d i e f ü r die n o r m a t i v e B e t r i e b s w i r t s c h a f t s l e h r e b e d e u t s a m e n ethischen G r u n d n o r m e n sind, w i r d b e i z w e i p r o f i l i e r t e n V e r t r e t e r n dieser W i s s e n s c h a f t s r i c h t u n g besonders d e u t l i c h , b e i N i c k l i s c h 2 1 7 u n d b e i K a l v e r a m 2 1 8 ; b e i a n d e r e n f e h l e n n ä h e r e Aufschlüsse ü b e r die p h i l o s o p h i s c h e F u n d i e r u n g . U n v e r k e n n b a r i s t jedoch, daß diese F u n d i e r u n g i n j e d e m F a l l e eine persönliche A n g e l e g e n h e i t des Wissenschaftlers i s t u n d d a m i t d e r V o r w u r f d e r G e g n e r n o r m a t i v e r B e t r a c h t u n g s w e i s e , daß d i e G r u n d l a g e n dieser R i c h t u n g s u b j e k t i v e r N a t u r seien, z u Recht b e s t e h t 2 1 9 . E i n e u n m i t t e l b a r d a r a n anschließende F r a g e i s t die, w i e es d e n n m i t d e r A l l g e m e i n g ü l t i g k e i t d e r aus d e n G r u n d w e r t e n a b g e l e i t e t e n S o n d e r n o r m e n b e s t e l l t sei. M i t dieser F r a g e b r a u c h e n w i r u n s h i e r aber n i c h t w e i t e r z u beschäftigen, w e i l sie n u r d a n n i n t e r e s s a n t ist, w e n n die A l l g e m e i n g ü l t i g k e i t höchster W e r t e a n e r k a n n t w i r d , w a s v o n unser e r Seite aus aber n i c h t d e r F a l l ist. So w e n i g diese A l l g e m e i n g ü l t i g k e i t m i t w i s s e n s c h a f t l i c h e n M i t t e l n b e w i e s e n w e r d e n k a n n , so w e n i g i s t aber auch das G e g e n t e i l eines solchen Beweises f ä h i g . D i e E n t scheidung f ü r eine d e r b e i d e n B e t r a c h t u n g s w e i s e n i s t eben eine w i s senschaftlich n i c h t b e g r ü n d b a r e , r e i n persönliche, a u f d e r i n d i v i d u ellen Weltanschauung beruhende Angelegenheit. 217 Siehe hierzu Schönpflug, der die drei philosophischen Wurzeln des Systems v o n Nicklisch zusammenstellt (Schönpflug, Fritz, Betriebswirtschaftslehre, S. 193 ff.); vergleiche dazu auch Rieger, Wilhelm, F r i t z Schönpflug: Das Methodenproblem i n der Einzelwirtschaftslehre, a. a. O., S. 272 ff. 218 Siehe hierzu: Kalveram, Wilhelm, Grundfragen der Betriebswirtschaft u n d Betriebswirtschaftslehre, i n : BFuPr, Jg. 1949, S. 10 ff.; ders., Der christliche Gedanke i n der Wirtschaft, K ö l n 1949; ders., E t h i k u n d Ethos i n W i r t schaftspraxis u n d Wirtschaftstheorie, i n : ZfB, Jg. 1951, S. 15 ff. 219 Etwas überraschend ist i n diesem Zusammenhang die Feststellung, die Löffelholz zur Widerlegung der Systeme von Schär, Nicklisch u. a. durch Keinhorst macht: „Der Umstand, daß diese normativistischen Lehren leicht zu widerlegen sind, hängt einfach damit zusammen, daß sie philosophisch zu wenig fundiert sind, j a daß I h n e n z. T. sogar jegliche systematische F u n dierung durch das .wertende Denken' fehlt" (Löffelholz, Josef, Der Stand der methodologischen Forschung, a. a. O., S. 551 f.). K u r z zuvor stellt Löffelholz noch die Frage, w a r u m eine Betriebswirtschaftslehre als eine i n der Philosophie wurzelnde Wertlehre nicht möglich sein soll. M a n k a n n j a n u n w i r k l i c h nicht behaupten, daß Nicklisch sich nicht u m eine ausgiebige philosophische Fundierung bemüht habe. Rieger meint i n seiner K r i t i k zu Schönpflugs Buch sogar, daß Nicklisch den Normativismus auf die Spitze getrieben habe u n d die Philosophie bei i h m vor der Betriebswirtschaftslehre rangiere (Rieger, Wilhelm, Fritz Schönpflug: Das Methodenproblem i n der Einzelwirtschaftslehre, a. a. O., S. 273). Nein, der G r u n d für die leichte Widerlegbarkeit liegt darin, daß jeder Philosoph u n d jede p h i l o sophische Richtung i m m e r n u r einen winzigen Bruchteil der absoluten W a h r heit erkennen kann, nie aber die ganze. Der Normativist ist aber gezwungen, sich f ü r eine der i n ständiger Auseinandersetzung m i t anderen stehenden Gruppen zu entscheiden. D a m i t hat er zwangsläufig die anderen Meinungen gegen sich. Eine Gesamterkenntnis w i r d , w i e Sombart es ausdrückt (Sombart, W., Die drei Nationalökonomien, S. 82), erst am Ende aller Tage möglich sein.
Empirische, normative u n d angewandte Wissenschaft
b)Die angewandte Wissenschaft
163
als normative Wissenschaft
Die angewandte Betriebswirtschaftslehre w i l l ihr Wissenschaftsgebäude nicht auf ethischen oder sonstigen subjektiven Normen errichten, sondern auf „wirtschaftlichen", denen die Vorstellung von der „Richtigkeit" des Wirtschaftens zugrunde liegt. Es sollen nicht die Zwecke selbst gesetzt werden, sondern die M i t t e l und Wege zur Verwirklichung gegebener Zwecke aufgezeigt werden. Die angewandte Wissenschaft fällt keine subjektiven Werturteile, sondern sogenannte Zweckmäßigkeitsurteile oder objektive Werturteile. Wenn eine Eindeutigkeit des jeweiligen Zweckes besteht, dann sollen diese Urteile nichts anderes als Umkehrungen von Seinsurteilen darstellen. „Eben deshalb", führt Weber aber aus und stellt sich damit praktisch gegen eine angewandte Wissenschaft, „liegt aber auch i n all diesen Fällen gar kein Zwang für die Wissenschaft vor, diese technischen teleologischen Sätze nicht als einfache Kausalsätze... zu fassen ... Denn das besagt genau dasselbe, und die ,Rezepte' kann sich der ,Praktiker' daraus unschwer entnehmen" 2 2 0 . Daß man bei dieser Umkehrung vorsichtig zu Werke gehen muß, weil gerade die Eindeutigkeit des Zweckes oft nicht gegeben ist, darauf ist noch später hinzuweisen 221 . Diese Umkehrung kann aber auch gar nicht das eigentliche Ziel der angewandten Wissenschaften sein, denn was würde es der Praxis nützen, wenn lediglich das, was i n der Realität schon praktiziert w i r d und i n den Kausalsätzen seinen Niederschlag findet, als zweckmäßig konstatiert wird. Die angewandte Wissenschaft w i l l doch gerade neue und bessere M i t t e l entwickeln, die i n der Praxis noch nicht eingesetzt werden. Zusätzlich zu den Umkehrungen muß Bestehendes weiterentwickelt werden, muß die Wissenschaft aus den Kausalsätzen Folgerungen ziehen und den „richtigen" Weg zu finden suchen. Ob man dann aber noch von objektiven Werturteilen sprechen kann, ist doch sehr die Frage. Sind denn diese Schlußfolgerungen nicht zuletzt auch von den wissenschaftlichen Qualitäten der betreffenden Forscher abhängig und damit weitgehend subjektiven Einflüssen ausgesetzt? Selbst die Unterstellung eines gegebenen Zweckes bietet keine Garantie für das Freisein der Urteile von individuellen Vorstellungen, 220 Weber, Max, Der Sinn der „Wertfreiheit", a.a.O., S. 500; Z u r Frage der U m k e h r u n g v o n Seinsurteilen zu Zweckmäßigkeitsurteilen siehe auch Wöhe, G., Methodologische Grundprobleme, S. 109 f. 221 Auch bei diesen Umkehrungen dürfte eine persönliche Wertung nicht auszuschließen sein. Wenn z. B. empirisch festgestellt w i r d , daß ein Zweck durch ein moralisch verwerfliches Verhalten („moralisch verwerflich" als persönliches Werturteil!) v e r w i r k l i c h t w i r d , dann w i r d der, der ein solches W e r t u r t e i l fällt, dieses Verhalten umgekehrt k a u m als zweckmäßig bezeichnen, selbst dann nicht, w e n n es das v o m Zweck her tatsächlich ist u n d w e n n dieser Zweck seinerseits m i t keinem M a k e l behaftet ist. Wer dagegen einen anderen Moralkodex hat, w i r d vielleicht zu einem anderen Ergebnis kommen.
164 Erkenntnisobjekt, systembildendes Prinzip u. Wissenschaftsrichtung
wie auch Max Weber zum Ausdruck bringt, wenn er feststellt, „daß der genau gleiche Zweck aus sehr verschiedenen letzten Gründen gew o l l t w i r d und daß dies auf die Diskussion der M i t t e l von Einfluß ist" 2 2 2 . Max Weber macht die Urteile über die Zweckmäßigkeit der M i t t e l keineswegs nur von der Eindeutigkeit des Zweckes abhängig, sondern er weist auch immer wieder darauf hin, daß die Urteile nur innerhalb der jeweiligen Grenzen des Wissens gefällt werden können. Darüber hinaus gibt er zu bedenken, daß von den M i t t e l n außerdem auch Nebenwirkungen ausgehen können, die unter Umständen recht unerwünscht sind. Die Wissenschaft kann hier nur die Beziehungen zwischen M i t t e l n und Zwecken und Folgen der gewollten Zwecke und eingesetzten M i t t e l aufzeigen, alles gegeneinander abzuwägen, das ist Aufgabe des „wollenden Menschen: er wägt und wählt nach seinem eigenen Gewissen und seiner persönlichen Weltanschauung" 223 . Die Voraussetzungen, von denen Weber die Zweckmäßigkeitsurteile abhängig macht, sind also doch schon recht gewichtig. I m Hinblick auf diese Urteile ist die Situation i n den Geisteswissenschaften eine ganz andere als i n den Naturwissenschaften, weil für das Verhalten der Menschen i n allen Lebensbereichen eine Reihe von Imponderabilien mitbestimmend sind, die von vornherein i n die Urteile gar nicht einbezogen werden können. Der homo oeconomicus ist schon für die Erklärung und Deutung gesamtwirtschaftlicher Zusammenhänge eine wenig befriedigende Fiktion, wieviel mehr aber erst für eine Wissenschaft, deren Anliegen es ist, den Einzelwirten praktisch brauchbare M i t t e l und Verfahren zur Zweckverwirklichung an die Hand zu geben. Sollen solche Zweckmäßigkeitsurteile aber einen A n spruch auf Allgemeingültigkeit besitzen, dann kann i n ihnen die Vielfalt von Voraussetzungen und Bedingungen für das menschliche Verhalten nicht berücksichtigt werden. Da das einzelne Wirtschaftssubjekt sein Verhalten aber nach den jeweils bestehenden Voraussetzungen und den individuellen Gegebenheiten ausrichten muß, kann diesen als Umkehrung von allgemeingültigen Seinsurteilen gedachten Zweckmäßigkeitsurteilen für den Einzelfall nur eine beschränkte Bedeutung zukommen. Die bei der Gewinnung des Seinsurteils angewandte A b straktion muß sich bei der Umkehrung für den, der ein solches Werturteil auf seinen individuellen Fall überträgt, als nachteilig erweisen. Es ist deshalb auch nicht verwunderlich, daß die „Praktiker" auf Grund ihres guten Einfühlungsvermögens und m i t Hilfe der I n t u i t i o n oftmals zu treffsichereren Urteilen kommen als die Wissenschaftler 224 . I m Gegensatz zu den Naturwissenschaften ist bei den Geisteswissenschaften auch die experimentelle Nachprüfung der entwickelten Grund222 228 224
Weber, M a x , Der Sinn der „Wertfreiheit", a. a. O., S. 462. Weber, M a x , Die „ O b j e k t i v i t ä t " , a. a. O., S. 149 f. So auch Gutenberg, Erich, Z u m „Methodenstreit", a. a. O., S. 341.
Empirische, normative u n d angewandte Wissenschaft
165
sätze und Verfahrensregeln weitaus größeren Beschränkungen unterworfen. Die „Versuchsbedingungen" sind bei den Naturwissenschaften ungleich leichter und viel exakter festzulegen. Die Voraussetzungen, auf denen Zweckmäßigkeitsurteile aufbauen, lassen sich oft überhaupt nicht beliebig herbeiführen. Die Nebenumstände spielen außerdem eine nicht zu unterschätzende Rolle. Und noch ein wichtiger Gesichtspunkt kommt hinzu: bei den Naturwissenschaften werden die Experimente i n der Regel von der Wissenschaft selbst unternommen, i n den Geisteswissenschaften gehen sie dagegen i n den meisten Fällen zu Lasten der handelnden Praxis. Und dieser Unterschied ist nicht unerheblich 225 . Aus den hier kurz gestreiften Gründen können w i r uns m i t der Auffassung, daß i n den Zweckmäßigkeitsurteilen ein objektives Werturteil zu sehen sei, nicht befreunden. Werturteile sind für uns immer subjektiver Natur, auch wenn sie auf den Vorstellungen eines „richtigen" Wirtschaftens beruhen, denn „diese »richtige 4 Wirtschaft kann nur bestimmt werden durch Ausrichtung auf einen ,höchsten' Zweck". Dieser höchste Zweck ist nicht innerwirtschaftlich, denn „es gibt keinen selbständigen, obersten Zweck der Wirtschaft, keinen absoluten Wert der Wirtschaft". Solche Werte sind immer eine Frage der Weltanschauung 226 . Und damit kommen w i r zu einem zweiten wichtigen Gesichtspunkt, nämlich zu den Zwecken, von denen die angewandte Betriebswirtschaftslehre behauptet, daß sie gegeben seien. A u f diese Behauptung stützt sich ja der Anspruch auf Allgemeingültigkeit der gefällten Werturteile. Der als Datum unterstellte Zweck dient nun nicht nur als Auswahlprinzip, m i t dessen Hilfe man den gesamten Untersuchungsbereich i n vom Zweck her interessante und i n uninteressante Teilbereiche aufgliedert, sondern auf den Zweck h i n ist das ganze System der Erkenntnisse, ist die ganze Einzelwissenschaft ausgerichtet. Eine angewandte Wissenschaft w i l l nicht i n Einzelfällen zeigen, wie sich ein Subjekt zweckmäßig zu verhalten hat, sondern w i l l die Gesamtheit der M i t t e l und Verfahren, die sie entwickelt, einem einheitlichen Zweck unterwerfen, die Zweckmäßigkeitsurteile unter Anlegung des gleichen Maßstabes fällen 2 2 7 . 225 w i r halten das Argument der Nachprüfbarkeit nicht für sehr bedeutsam. Bei ausgesprochen technischen Verfahren mag der Erfolg hinreichend genau nachzukontrollieren sein, in anderen Fällen wird es schwierig nachzuweisen sein, ob ein Ergebnis die Folge eines bestimmten Verfahrens ist oder mehr auf den Zufall, Nebenwirkungen, Imponderabilien usw. zurückgeführt werden muß. Beim menschlichen Verhalten lassen sich ja nicht wie beim naturwissenschaftlichen Experiment die Nebeneinflüsse ausschalten. 220 Sombart, Werner, Die drei Nationalökonomien, S. 67 ff. 227 Nehmen wir als Beispiel an, ein vorgegebener Zweck sei die Senkung von Lagerkosten. Die Wissenschaft wird hier sicher eine ganze Anzahl von
166 Erkenntnisobjekt, systembildendes Prinzip u. Wissenschaftsrichtung W i e ist es n u n speziell i n d e r B e t r i e b s w i r t s c h a f t s l e h r e m i t d e n Z w e c k e n b e s t e l l t , g e h t sie v o n t a t s ä c h l i c h gegebenen oder v o n a n g e n o m m e n e n , g e w ü n s c h t e n o d e r g e f o r d e r t e n Z w e c k e n aus? E m p i r i s c h i s t festzustell e n , daß es eine große Z a h l v o n E i n z e l w i r t s c h a f t e n
gibt, die
einzig
u n d allein z u m Zwecke der G e w i n n e r z i e l u n g errichtet w u r d e n u n d erh a l t e n w e r d e n . Ebenso i s t z u beobachten, daß andere E i n z e l w i r t e andersa r t i g e Z i e l e v e r f o l g e n . W ü r d e n u n eine a n g e w a n d t e Wissenschaft v o n d e m w i r k l i c h v o r h a n d e n e n Z w e c k d e r G e w i n n e r z i e l u n g ausgehen, w ä r e es i h r e A u f g a b e , z u zeigen, w i e dieser Z w e c k a m b e s t e n v e r w i r k l i c h t w e r d e n k a n n . W i r w i e s e n aber schon d a r a u f h i n , daß d i e B e t r i e b s w i r t schaftslehre alles andere sein möchte, n u r k e i n e „ P r o f i t l e h r e " 2 2 8 . Dieser tatsächlich bestehende Z w e c k w i r d also e i n e r W e r t u n g u n t e r z o g e n . A n die S t e l l e des G e w i n n s t r e b e n s h a t die B e t r i e b s w i r t s c h a f t s l e h r e das W i r t s c h a f t l i c h k e i t s s t r e b e n o d e r das S t r e b e n n a c h G e m e i n w i r t s c h a f t l i c h k e i t gesetzt. „ D i e g e m e i n w i r t s c h a f t l i c h e B e t r a c h t u n g s w e i s e i n der B e t r i e b s w i r t s c h a f t s l e h r e i s t e n t s t a n d e n . . . aus d e r E i n s i c h t , daß d e r V o r wurf
der P r o f i t l e h r e . . . i m
Grunde
nicht zu entkräften
war."
Man
h ä t t e „ G r u n d s ä t z e u n d V e r f a h r e n s r e g e l n i m Interesse d e r R e n t a b i l i t ä t d e r E i n z e l u n t e r n e h m u n g e n " a u f s t e l l e n müssen, d i e sich i n d e n F ä l l e n Möglichkeiten aufzeigen können, die zunächst alle gleichwertig oder gleichrangig sind. Erst dann, w e n n m a n weiß, welchem höheren Zweck die Lagerkostensenkung dienen soll, w i r d man eine A u s w a h l unter den verschiedenen Möglichkeiten treffen können. Falls der höhere Zweck auch noch nicht der letzte wirtschaftliche Zweck ist, w i r d m a n gegebenenfalls auch diesen zu berücksichtigen haben. Was f ü r die Lagerkostensenkung gilt, gilt ebenso f ü r alle anderen Einzelprobleme; sie müssen schließlich alle auf den einzigen, für den Untersuchungsbereich jeweils höchsten Zweck ausgerichtet werden. 228 Vergleiche auch Festschrift f ü r W i l h e l m Rieger: Die Unternehmung i m M a r k t , S. 299 f.; eine etwas eigenartige Ansicht v e r t r i t t i n diesem Z u sammenhang Keinhorst (Keinhorst, H., a.a.O., S. 132); er erkennt den Gew i n n als „Richtschnur des privatwirtschaftlichen Handelns" an. Dadurch würde die Betriebswirtschaftslehre aber nicht zur Profitlehre, denn sie gäbe keine „Rezepte u n d Kniffe", w i e m a n Profit macht. Wesentlich sei f ü r sie, „ m i t welchen M i t t e l n u n d Methoden ein solcher Überschuß erzielt wurde (von uns hervorgehoben). Das wäre also reine Seinsforschung. Wenn n u n aber Verluste eingetreten seien, gelte es zu untersuchen, „welche Möglichkeiten bestehen, bei Neueinsatz v o n M i t t e l n " diese Verluste „zu vermeiden". F ü r den Verlustfall werden also Rezepte entwickelt, dann hat m a n es auf einmal m i t einer angewandten Wissenschaft zu tun. Hier w i r d doch ganz offensichtlich versucht, dem V o r w u r f der Profitlehre zu entgehen. Vergleiche demgegenüber Wöhe (Methodologische Grundprobleme, S. 195): „ A u s dem Tatbestand, daß das Wirtschaftlichkeitsprinzip dem erwerbswirtschaftlichen Prinzip untergeordnet ist, ergibt sich, daß als Auswahlprinzip f ü r eine angewandte Wirtschaftslehre der Unternehmung n u r die Zielsetzung i n Frage kommen kann, die die Unternehmungen tatsächlich haben: Gew i n n m a x i m i e r u n g . Relativer Maßstab dafür ist die Rentabilität des Kapitals." Verfolgen die Betriebe andere Zwecke, gelten selbstverständlich auch andere Auswahlprinzipien, w i e z. B. die plangerechte Leistungserstellung als Zielsetzung des zentralverwalteten Betriebes (ebenda, S. 215 ff.).
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des Auseinanderklaffens von Gemeinwirtschaftlichkeit und Rentabilität gegen die Interessen der Gesamtwirtschaft gerichtet hätten 2 2 9 . Hier w i r d also eine Position bezogen, die m i t der wirklichen Zielsetzung des Wirtschaftssubjektes Unternehmer nichts gemein hat. Ausgangspunkt ist nicht ein gegebener Zweck, denn die Gesamtwirtschaft hat kein Zwecke setzendes Subjekt, sondern ein Zweck, von dem man wünscht oder hofft, er würde für die Einzelwirte gelten. Wenn man nun noch bedenkt, daß gemeinwirtschaftliche Aspekte — man kann ruhig sagen: zwangsläufig — m i t ethischen oder zumindest weltanschaulichen Vorstellungen gekoppelt sind 2 3 0 , dann besteht eigentlich gar kein Unterschied mehr zwischen einer angewandten und einer normativen Betrachtungsweise. Das gilt i m übrigen nicht nur für die Gemeinwirtschaftlichkeit, sondern i m Grunde genommen auch für alle die Autoren, die das Wirtschaftlichkeitsprinzip schlechthin an die Stelle des Rentabilitätsprinzips setzen, weil sie damit doch dokumentieren, daß sie m i t dem tatsächlichen Zweck unternehmerischer Tätigkeit nicht einverstanden sind; aus welchen Gründen sie zu einer solchen Wertung kommen, ist hier uninteressant. Wenn die angewandte Betriebswirtschaftslehre von Zwecken ausgeht, die sich die Wirtschaftssubjekte i n der Realität gar nicht setzen, dann ist das auf keinen Fall ein allgemeines K r i t e r i u m angewandter Wissenschaft. Auswahlprinzip kann durchaus auch eine den Einzelwirten tatsächlich eigentümliche Zwecksetzung sein, ganz gleichgültig, ob diese vom Wissenschaftler für gut oder schlecht erachtet w i r d 2 3 1 . Daß zum Beispiel Wöhe i m Rentabilitätsprinzip das Auswahlprinzip einer angewandten Wirtschaftslehre der Unternehmung sieht, haben w i r bereits ewähnt 2 3 2 . Eine i n diesem Zusammenhang bedeutsame Frage ist die nach der Eindeutigkeit des Zweckes und damit des Auswahlprinzips. Wie unterschiedlich die Auffassungen darüber, was Wirtschaftlichkeit ist, sind, wurde weiter vorn dargestellt. Ebensowenig ist der Begriff der Gemeinwirtschaftlichkeit bzw. der Wirtschaftlichkeit i m gesamtwirtschaftlichen Sinne eindeutig 2 3 3 . Allerdings ist nach Moxters Auffassung Eindeutig229 Moxter, Adolf, a.a.O., S. 6 8 1 ; vergleiche auch Sieber, E.H., W i r t schaftlichkeit u n d Wirtschaftlichkeitsmessung, a. a. O., S. 174. 280 So Keinhorst, H., a.a.O., S. 133; Moxter, Adolf, a.a.O., S. 65; siehe auch Castan, Edgar, a.a.O., S. 42 ff.; die W a h l der Gemeinwirtschaftlichkeit bezeichnet Löffelholz als normativistisch par excellence (Löffelholz, Josef, Der Stand der methodologischen Forschung, a. a. O., S. 545). 281 Da der Wissenschaftler i n der W a h l seines Objektes frei ist, braucht sich seine Forschung j a nicht auf die Einzelwirtschaften zu erstrecken, m i t deren Zielsetzung er nicht einverstanden ist. 232 Wöhe, G., Methodologische Grundprobleme, S. 195. 233 Wenn w i r uns i n diesem Zusammenhang ausschließlich auf M o x t e r beziehen, dann deshalb, w e i l seine A r b e i t sich ausschließlich m i t diesen Problemen der angewandten Betriebswirtschaftslehre beschäftigt u n d zudem
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keit auch gar nicht notwendig, es genügt als Auswahlkriterium für den zu untersuchenden Problemkreis die „relative Eindeutigkeit", weil ja dem Unternehmer nicht der Weg zum gemeinwirtschaftlichen Handeln gewiesen werden soll 2 3 4 . jüngsten Datums ist; außerdem macht M o x t e r den Versuch, der G e m e i n w i r t schaftlichkeit das Normative zu nehmen u n d den Begriff m i t anderen W i r t schaftlichkeitsbegriffen i n Übereinstimmung zu bringen. M o x t e r macht zunächst das Eingeständnis, daß die Gemeinwirtschaftlichkeit „der gesamtwirtschaftlich-weltanschauliche Unterbegriff des allgemeinen Wirtschaftlichkeitsquotienten" ist (Moxter, Adolf, a. a. O., S. 65). Es soll ein W e r t u r t e i l über das Verhältnis des gesamtwirtschaftlichen Einsatzes zum gesamtwirtschaftlichen Ertrag abgegeben werden. N u n ist aber nicht n u r der gesamtwirtschaftliche Einsatz eine vage Größe, sondern vor allem der Ertrag bzw. Wirtschaftszweck. Wenn m a n davon ausgeht, daß Wirtschaft der D e k k u n g des Bedarfes dienen soll, ist auch nicht v i e l gewonnen, denn dann taucht die Frage auf, ob der vorhandene Bedarf gemeint ist oder ob auch ein erst zu weckender eingeschlossen ist. I m übrigen k a n n es auch nicht gleichgültig sein, welcher A r t der Bedarf ist, denn v o m gemeinwirtschaftlichen Standpunkt aus w i r d mancher Bedarf als schädlich angesehen. Außerdem sind m i t dem Verhältnis v o n E r t r a g zu Einsatz i n gesamtwirtschaftlicher Sicht unmittelbar noch andere Probleme verknüpft, so das der Wirtschaftsordnung, der Preisbildung, das Verteilungsproblem u n d andere mehr. Die Gefahr, daß eine derartige Gemeinwirtschaftlichkeit zur ausgesprochen normativen Zielsetzung werden kann, w i r d v o n M o x t e r zwar erkannt, er sucht das Normative aber dadurch zu umgehen, daß er die Wirtschaftlichkeit i m gesamtwirtschaftlichen Sinne i n zwei Bestandteile aufspaltet, i n den „systembezogenen" u n d den „systemindifferenten" (S. 66), u n d n u r letzteren T e i l den weiteren Ausführungen zugrunde legt. Wirtschaftlich wäre dann das, was der Deckung des menschlichen Bedarfs nach Gütern dienlich ist, zur Steigerung des Sozialproduktes beiträgt (S. 67). D a m i t k o m m t M o x ter zu einem Wirtschaftlichkeitsbegriff, der m i t dem, was viele andere A u t o ren unter Wirtschaftlichkeit verstehen, übereinstimmt. A b e r das, was eigentlich die Bezeichnung „gemein-" oder „gesamtwirtschaftlich" rechtfertigt, w i r d dabei ausgeschlossen. Wo es dann allerdings nicht mehr u m die Definit i o n der Gemeinwirtschaftlichkeit u n d u m die Frage des gegebenen Zweckes geht, dort bezieht M o x t e r dann den anderen Bestandteil wieder m i t i n die Betrachtungen ein, w i e z. B. bei der Frage nach der gesamtwirtschaftlichen Nützlichkeit oder Schädlichkeit v o n K a r t e l l e n (S. 70). 234 V o m als D a t u m unterstellten Zweck her w i r d aber nicht n u r die A u s w a h l unter den zu untersuchenden Problemkreisen getroffen, sondern w e r den, was v i e l wichtiger ist, auch die Zweckmäßigkeitsurteile gefällt. U n d dafür reicht u . E . die relative Eindeutigkeit keineswegs aus. (Was heißt i m übrigen: relativ eindeutig? Entweder ist etwas eindeutig oder es ist eben zwei- oder mehrdeutig!) Z u r Frage, ob die angewandte Wissenschaft die Wege zum gemeinwirtschaftlichen Handeln weisen w i l l oder nicht, ist die Stellungnahme Moxters widerspruchsvoll. A u f der einen Seite stellt er fest, u n d zwar ganz zutreffend, daß die Unternehmer „ a n Vorschlägen, die ihrer eigenen Zielsetzung zuwiderlaufen, i n der Regel nicht interessiert" sind, auf der anderen Seite w i l l doch aber die angewandte Betriebswirtschaftslehre gerade der Praxis dienen m i t ihren Grundsätzen u n d Verfahrensregeln u n d nicht Wissenschaft u m der Erkenntnis w i l l e n betreiben. M o x t e r zieht daraus die Folgerung, daß die Wissenschaft m i t ihren Verfahrensregeln der Zielsetzung der Unternehmer dienlich sein müsse (Moxter, Adolf, a. a. O., S. 71), er macht aber die Einschränkung, daß diese Regeln geeignet sein müssen, die Rentabilität und die Gemeinwirtschaftlichkeit zu fördern, denn die Betriebswirtschaftslehre könne beim Auseinanderfallen von einzel- u n d gesamtwirtschaftlichen
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Den K r i t i k e r n an einer wertenden Betriebswirtschaftslehre w i r f t Moxter eine monotone Berufung auf Max Weber und Sombart vor, dabei habe doch Weber die Aufstellung derartiger Zweckmäßigkeitsurteile ausdrücklich anerkannt 2 3 5 . Letzteres ist nun ohne Zweifel zutreffend, aber Weber hat eine ganze Reihe von Voraussetzungen an diese Zweckmäßigkeitsurteile geknüpft und nachdrücklich darauf hingewiesen — und das ist i n diesem Zusammenhang hier interessant —, „daß das Problem i n der Möglichkeit absoluter Eindeutigkeit der Bezeichnung des Erstrebten besteht" 2 3 6 . Und daß bei der Wirtschaftlichkeit und insbesondere bei der Gemeinwirtschaftlichkeit von Eindeutigkeit keine Rede sein kann, w i r d j a nicht einmal von Moxter selbst bestritten. Weil die angewandte Betriebswirtschaftslehre Werturteile fällt, die unserer Auffassung nach nur subjektiver Natur sein können, und außerdem nicht von i n der Realität bestehenden Zwecken ausgeht, sondern von Zwecken, die (oft über die Vorstellung von der „richtigen" W i r t schaft) mittelbar i n ethischen, weltanschaulichen oder sonstigen Normen wurzeln, rechnen w i r diese Wissenschaftsrichtung zur normativen Wissenschaft.
Interessen j a nicht Stellung gegen letztere beziehen (S. 69). Da m i t h i n aber die Gemeinwirtschaftlichkeit über der Rentabilität rangiert, werden die U n ternehmer wahrscheinlich an den Vorschlägen der Wissenschaft wenig interessiert sein. I m Ergebnis w i r d das dann so aussehen, daß m a n der Praxis eben doch die Wege zum gemeinwirtschaftlichen Handeln weisen w i r d , w e n n m a n von der gemeinwirtschaftlichen Forderung nicht ablassen w i l l . Schließlich k o m m t somit die angewandte Betriebswirtschaftslehre ebensowenig w i e die normative Richtung u m das Postulieren als logische Folge der Erkenntnis des „Richtigen" oder „Zweckmäßigen" herum. 285 Moxter, Adolf, a. a. O., S. 75. 286 Weber, Max, Der Sinn der „Wertfreiheit", a. a. O., S. 500.
E. Einzelwirtschaftslehre oder Lehre von der Unternehmung? I n diesem Kapitel sollen nun die Folgerungen aus den bisher gewonnenen Erkenntnissen gezogen werden. Es geht u m die i n der Einleitung aufgeworfene Frage nach dem Objekt und dem zugehörigen Systemprinzip unserer Wissenschaft. Vorweg sei hier noch einmal daran erinnert, daß die Lehre von der Unternehmung nicht die ganze Alternative zur Einzelwirtschaftslehre ist, daß neben der Lehre von der Unternehmung noch andere Einzellehren zu denken sind, die den privaten Haushalt, den öffentlichen, die Genossenschaft, das Handwerk usw. zum Gegenstand haben. Daß w i r uns hier auf die Lehre von der Unternehmung beschränken, ist die logische Folge der Gegenüberstellung von Wirtschaftlichkeits- und Rentabilitätsprinzip. U m nicht mißverstanden zu werden, wollen w i r hier noch einmal darauf hinweisen, daß unsere Fragestellung ausschließlich unter dem Gesichtspunkt gesehen wird, ob eine einheitliche Lehre oder Wissenschaft 1 von der Einzelwirtschaft möglich ist oder nicht, es geht uns also nicht darum, ob sie wünschenswert ist.
I. Das Wirtschaftlidikeitsprinzip als systembildendes Prinzip Von der Betriebswirtschaftslehre w i r d das Wirtschaftlichkeitsprinzip als maßgebend für alle Wirtschaftseinheiten angesehen, damit als Systemprinzip einer Wissenschaft vom Betrieb oder von der Betriebswirtschaft bezeichnet. Der Eindruck, daß es sich hier u m eine Wissenschaft handele, die alle Wirtschaftseinheiten umfaßt, w i r d aber bald zunichte, wenn man sich das Erkenntnisobjekt Betrieb näher ansieht. Dann zeigt es sich nämlich, daß nur ein Teil der Betriebswirtschaftler darunter die Einzelwirtschaft schlechthin versteht. Das Erkenntnisobjekt der meisten Autoren ist vielmehr der sogenannte abgeleitete Betrieb, wenn nicht sogar nur die kapitalistische Unternehmung. Die Bezeichnung Betriebswirtschaftslehre wurde i m letzteren Falle beibehalten, w e i l sie sich inzwischen nun einmal eingebürgert hat. Die Einheitlichkeit, die die Benennung vortäuscht, besteht also i n Wirklichkeit gar nicht, weil Umfang 1 Zwischen Wissenschaft u n d Lehre w o l l e n w i r i n diesem Zusammenhang keinen Unterschied machen, zumal beide Begriffe i n aller Regel synonym gebraucht werden.
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und Inhalt des Begriffes Betrieb oder Betriebswirtschaft große Unterschiede aufweisen. Nicht zuletzt ist das auf die Vermischung wirtschaftlicher und technischer Gesichtspunkte zurückzuführen. Diese unscharfe Grenzziehung zwischen technischem und wirtschaftlichem Bereich hat gerade auch für den Begriff Wirtschaftlichkeit Folgen gehabt. Ursprünglich war das Wirtschaftlichkeitsprinzip eine rein technische Angelegenheit i m Produktionsbereich einer Einzelwirtschaft. Es hatte dort nur eine formale Bedeutung. Das wurde anders, als die Leistungserstellung zum wirtschaftlichen Ziel erhoben und unter dem Einfluß der Standpunktsverlagerung vom einzel- auf das gesamtwirtschaftliche Interesse der Gesichtspunkt des Wertes bzw. der Wertbildung i n den Produktionsbereich eingeführt wurde 2 . M i t dem Wandel von der Unternehmungs- oder Privatwirtschaftslehre zur Betriebswirtschaftslehre erfuhr auch das Prinzip der Wirtschaftlichkeit beträchtliche Umgestaltungen und Umformungen 8 . Seither haben w i r eine Mannigfaltigkeit an Definitionen, die alle Untersuchungen, bei denen es u m die W i r t schaftlichkeit geht, außerordentlich erschwert 4 . Gerade diese Vielfalt macht es aber notwendig, sich m i t der Frage zu beschäftigen, ob das Wirtschaftlichkeitsprinzip tatsächlich als Systemprinzip geeignet ist. 1. D a s W i r t s c h a f t l i c h k e i t s p r i n z i p i n d e r L i t e r a t u r und seine E i g n u n g zum S y s t e m p r i n z i p Wie w i r bereits ausführten, hat man unter dem Wirtschaftlichkeitsprinzip das zum Prinzip erhobene Streben nach Wirtschaftlichkeit zu verstehen; auf dieser liegt deshalb auch das eigentliche Gewicht. N u n 2 Vergleiche hierzu die Ausführungen Wittmanns über die Beliebtheit des Terminus „ W e r t " i n der Betriebswirtschaftslehre (Wittmann, Waldemar, Der Wertbegriff i n der Betriebswirtschaftslehre, Köln-Opladen 1956, S. 104). 3 Siehe hierzu auch Sieber, E. H., Objekt u n d Betrachtungsweise der Betriebswirtschaftslehre, Leipzig 1931, S. 7 6 1 ; gegen die von Sieber geäußerte Auffassung, daß dieser Wandel auf den V o r w u r f der Profitlehre zurückzuführen sei, wendet sich Hostettler (Hostettler, Ernst, Die Frage der Objektbestimmung i n der Betriebswirtschaftslehre, Diss. Bern 1945, S. 66) m i t dem Hinweis, daß gegenüber früher heute die Probleme der Leistungserstellung als Folge des veränderten Wirtschaftslebens die führende Stelle i n der Wissenschaft einnehmen würden. Dieser G r u n d ist zwar einleuchtend, er geht aber an der Kernfrage vorbei. U n d diese lautet: w a r u m interessiert den Wirtschaftswissenschaftler die Frage der Leistungserstellung, w a r u m überläßt er sie nicht anderen Wissenschaftsdisziplinen? I n Beantwortung dieser Frage zeigt es sich, daß eben doch der Wechsel i m Standpunkt entscheidend ist, die Gewichtsverlagerung auf die gemein- oder gesamtwirtschaftlichen Interessen. 4 Eine gewisse Übereinstimmung besteht zwar insofern, als eine größere A n z a h l von A u t o r e n die Wirtschaftlichkeit als ein Verhältnis v o n Ertrag zu A u f w a n d bzw. Leistung zu Kosten bezeichnet, doch w i r wiesen schon m e h r fach darauf hin, daß m i t dieser formalen Gleichung nichts gewonnen ist, w e i l erst der materielle I n h a l t dieser Gleichung das Problem ausmacht. U n d i m I n h a l t bestehen eben die großen Unterschiede zwischen den einzelnen Auffassungen.
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Einzelwirtschaftslehre oder Lehre von der Unternehmung?
gibt es eine Reihe von betriebswirtschaftlichen Autoren, für die das Wirtschaftlichkeitsprinzip nicht das Streben nach Wirtschaftlichkeit schlechthin zum Inhalt hat, sondern das Streben nach höherer oder größerer Wirtschaftlichkeit. Das sind die Autoren, die einen relativen Wirtschaftlichkeitsbegriff verwenden. Sie können nicht sagen, was w i r t schaftlich ist, sondern nur, was wirtschaftlicher oder unwirtschaftlicher als etwas anderes ist 5 . Damit kommen w i r gleich zu einem weiteren interessanten Punkt, nämlich zu der Frage, ob das Wirtschaftlichkeitsprinzip ein Prinzip ist, das sich i m Wege der Empirie als vorhanden und allgemein oder i n einzelnen Fällen geltend feststellen und nachweisen läßt, oder ob dieses Prinzip eine von der Wissenschaft aufgestellte Norm ist, ein gesetzter Zweck oder ein zu beachtender Grundsatz. Es w i r d sich zeigen, daß gerade für das Problem der Wirtschaftlichkeit die Unterscheidung i n die beiden gegensätzlichen Wissenschaftsrichtungen von außerordentlicher Bedeutung ist. Da sich die Frage nach der Eignung zum systembildenden Prinzip nicht für einen einheitlichen Wirtschaftlichkeitsbegriff, den es nicht gibt, beantworten läßt, müssen w i r wieder auf die verschiedenen i n der Literatur anzutreffenden Begriffe der Wirtschaftlichkeit zurückgreifen. Dabei haben w i r zu prüfen, ob und inwieweit die jeweilige Wirtschaftlichkeit den beiden Anforderungen, die an ein systembildendes Prinzip zu stellen sind, genügen kann. Diese Anforderungen sind, u m es noch einmal zu wiederholen: das Prinzip muß erstens ein wirtschaftliches Prinzip sein, und es darf zweitens i m Bereich des Wirtschaftens kein Prinzip geben, das höher steht als dasjenige, das als Systemprinzip vorgesehen ist 6 . a) Die außerwirtschaftliche
Wirtschaftlichkeit
Für die außerwirtschaftliche Wirtschaftlichkeit ist die Frage nach der Geeignetheit als systembildendes Prinzip einer Einzelwirtschaftswissenschaft leicht beantwortet. Die Bezeichnung als außerwirtschaftlich zeigt schon, daß die Maßstäbe für das Wirtschaftlichkeitsurteil nicht aus dem Bereich der Wirtschaft stammen, sondern von außerhalb, aus der Ethik und aus anderen individuellen Weltanschauungen der einzelnen Autoren. 5 Hier drängt sich allerdings die Frage auf, ob m a n denn überhaupt den K o m p a r a t i v verwenden kann, w e n n die Grundform nicht bestimmt ist, w e n n m a n nicht erklären kann, was n u n eigentlich wirtschaftlich ist. M a n k a n n w o h l aber sicher nicht die empirische Feststellung treffen, die Betriebe w ü r den nach größerer Wirtschaftlichkeit streben, denn das setzt voraus, daß man weiß, was Wirtschaftlichkeit ist. 6 Vergleiche unsere Ausführungen S. 132 ff.; aus Gründen der Zweckmäßigkeit werden w i r i m folgenden eine andere Reihenfolge einhalten als bei der systematischen Übersicht i m K a p i t e l B dieser Arbeit.
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Die empirische Beobachtung zeigt nun, daß ethische und sonstige Normen, insbesondere auch der Gesichtspunkt der Gerechtigkeit, das wirtschaftliche Verhalten zwar beeinflussen können, aber nur insoweit, als sie sich m i t der eigentlichen wirtschaftlichen Zielsetzung vereinbaren lassen. Keinesfalls stehen ganz allgemein wirtschaftliche Handlungen unter der Leitidee der Gerechtigkeit oder sonst einer ethischen Norm. Für eine empirische Wissenschaft von der Einzelwirtschaft ist ein derartiges Wirtschaftlichkeitsprinzip von untergeordneter Bedeutung und kommt als Systemprinzip nicht i n Betracht. Aber auch die normative Wissenschaft stände hier vor großen Schwierigkeiten, wollte sie eine ethisch fundierte Wirtschaftlichkeit zum systembildenden Prinzip erheben. Derartige Normen lassen sich nämlich nicht exakt bestimmen; was „gerecht" ist, darüber gehen die Meinungen weit auseinander. Es fehlt die Instanz, die für alle Menschen verbindlich festlegt, was gerecht ist 7 . Als Systemprinzip müßte die Wirtschaftlichkeit auch Zielfunktion für das Verhalten der W i r t schaftssubjekte sein, aber selbst ein Normativist kann nicht daran vorbeigehen, daß nicht u m der Erfüllung irgendwelcher ethischer oder weltanschaulicher Normen wegen gewirtschaftet wird, sondern zu ganz realen Zwecken. Wenn eine außerwirtschaftliche Wirtschaftlichkeit nicht das Ziel ist, auf das die Wirtschaftssubjekte hinstreben, dann muß diese Wirtschaftlichkeit dem wirklichen Ziel immer untergeordnet sein, kann somit auch nicht Grundprinzip für eine normative Wissenschaft sein. Die Maßstäbe einer außerwirtschaftlichen Wirtschaftlichkeit sind nicht nur nicht exakt bestimmbar, w e i l sie letzten Endes subjektiver Natur sind, sie sind auch i n keiner Weise rechenhaft. Wenn das Wirtschaftssubjekt nicht wissen kann, wie hoch der gerechte Lohn ist, wann ein Gewinn angemessen ist, wie hoch der Preis sein darf, ohne daß der Abnehmer übervorteilt wird, usw., dann kann von i h m auch nicht verlangt werden, daß er sein Verhalten auf die Erreichung derartiger Normen abstellt oder ausrichtet. U m mehr als eine ganz allgemein gehaltene Forderung nach anständigem, die Interessen der menschlichen Gesellschaft berücksichtigendem, auch m i t dem eigenen Gewissen i n Übereinstimmung stehendem Wirtschaftsgebaren kann es sich hier nicht handeln. Das Gebäude einer Wissenschaft von der Einzelwirtschaft läßt sich auf einer derartigen Grundlage nicht errichten. b) Die gesamtwirtschaftliche
Wirtschaftlichkeit
Bei kaum einer anderen Wirtschaftlichkeit w i r d es so deutlich wie hier, daß der individuelle Standpunkt des Wissenschaftlers für den 7 M a n könnte auch sagen: was gerecht sein soll. I m übrigen müßte das i n jedem F a l l auf eine Kasuistik hinauslaufen, denn Gerechtigkeit ist ein Abstraktum.
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Einzelwirtschaftslehre oder Lehre von der Unternehmung?
Fragenkomplex der Wirtschaftlichkeit von entscheidender Bedeutung ist. Sehen w i r von der volkswirtschaftlichen Wirtschaftlichkeit, deren Gegenstand die Preisbildung und das volkswirtschaftliche Gleichgewicht ist 8 , ab, obwohl auch sie unter die obige Überschrift fällt, dann kommt i n der gesamtwirtschaftlichen Wirtschaftlichkeit ein Werturteil über die gesamt- oder gemeinwirtschaftliche Nützlichkeit des einzelwirtschaftlichen Verhaltens zum Ausdruck 9 . Es w i r d damit ein Maßstab angelegt, der nicht auf die Interessen des einzelnen Wirtschaftssubjektes, sondern auf die der gesamten Wirtschaft abstellt. Einzelwirtschaftliches Verhalten w i r d aus einer gemeinwirtschaftlichen Sicht gesehen. M i t dieser Feststellung ist die Frage nach der Geeignetheit zum Systemprinzip für den Fall einer empirischen Einzelwirtschaftswissenschaft praktisch schon beantwortet. Das wirtschaftliche Verhalten der Einzelwirte w i r d von den Zielen her, die sie sich gesetzt haben, bestimmt. Eine Wissenschaft, die dieses Verhalten zu erforschen, zu verstehen und zu erklären sucht, kann an diesem Sachverhalt nicht vorbeigehen, sie muß das System ihrer Erkenntnisse auf einer Grundlage errichten, die das jeweilige einzelwirtschaftliche Ziel berücksichtigt. Die gesamt- oder gemeinwirtschaftliche Nützlichkeit ist nun aber sicher nicht das Ziel, auf das es der Einzelwirt i m allgemeinen abgesehen hat. Nur eine relat i v kleine Anzahl von Einzelwirtschaften w i r d zu dem Zwecke, der Allgemeinheit zu dienen, errichtet und unterhalten 1 0 . Demgegenüber scheint das Prinzip der gemeinwirtschaftlichen W i r t schaftlichkeit gerade für eine normative resp. angewandte Wissenschaft prädestiniert zu sein 11 , könnte doch auf seiner Grundlage den W i r t schaftssubjekten gezeigt werden, wie ein wirtschaftliches Verhalten i m Interesse des Gemeinwohles auszusehen hat. Dieser Schein aber trügt, denn wie einer ethisch oder weltanschaulich fundierten Wirtschaftlichkeit, so fehlt auch der Gemeinwirtschaftlichkeit die Bestimmbarkeit, die Eindeutigkeit, die nötig wäre, u m das Verhalten daran ausrichten zu können. Es hat nicht an Versuchen gefehlt, diese gesamtwirtschaftliche W i r t schaftlichkeit näher zu fixieren, aber sie sind alle nicht gelungen. M i t 8 Siehe hierzu Gutenberg, Erich, Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, 1. Band: Die Produktion, S. 330; Castan, Edgar, a. a. O., S. 47 lf. 9 Vergleiche unsere Ausführungen S. 48 ff. 10 Hier zeigen sich deutlich die Schwierigkeiten f ü r eine Grenzziehung. Es ist denkbar, daß es Einzelwirtschaften gibt, die tatsächlich den Interessen eines größeren Personenkreises, z. B. einer Gemeinde, dienen, dabei aber den Interessen eines noch größeren Kreises, w i e z. B. eines Landes oder eines ganzen Volkes, zuwiderhandeln. M i t anderen Worten: w a n n beginnt das gemeinwirtschaftliche Interesse? 11 Die Gemeinwirtschaftlichkeit ist ein Beispiel dafür, daß oft k e i n U n t e r schied zwischen einer normativen u n d einer angewandten Wissenschaft gemacht werden kann. Wenn m a n das Gemeininteresse ins Spiel bringt, dann stehen dahinter i n jedem Falle Wertvorstellungen außerwirtschaftlicher, d. h. höherer Natur.
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Ausdrücken wie „bestmögliche Bedürfnisbefriedigung", „möglichste Breite des Güterstromes 12 " und ähnlichen ist gar nichts gewonnen, denn sie werfen ihrerseits wieder eine ganze Reihe neuer Fragen auf, die vom wirtschaftswissenschaftlichen Standpunkt aus nicht gelöst werden können 18 . Für das Modell der Marktverkehrswirtschaft soll die beste Bedürfnisbefriedigung dann erreicht sein, wenn die Unternehmer maximalen Gewinn erzielen. Daraus leitet dann bekanntlich auch Schmalenbach ab, daß der (allerdings nur auf eine bestimmte A r t und Weise errechnete) Gewinn Maßstab für die Gemeinwirtschaftlichkeit sei. Da i n der Realität dieses Modell aber nicht vollständig zu v e r w i r k lichen ist, zudem auch viele Einzelwirtschaften existieren, die überhaupt nicht auf Gewinn aus sind, scheidet der Gewinn als Maßstab für das Verhalten i m gemeinwirtschaftlichen Sinne aus 14 . Woran soll aber dann der Einzelwirt sein Verhalten ausrichten, wenn es gemeinwirtschaftlich nützlich sein soll? Als i m gesamtwirtschaftlichen Interesse liegend w i r d oft auch der sparsame Einsatz von Stoffen und Kräften für die Leistungserstellung bezeichnet. Doch das ist immer nur die eine Seite, es müßte nämlich auch angegeben werden, was produziert werden soll, welche Produktion gemeinwirtschaftlich nützlich ist. Selbst die rationellste Fertigung kann i n diesem Sinne nicht wirtschaftlich sein, wenn das Erzeugnis von den Konsumenten nicht abgenommen wird. K a n n man aber andererseits dem Konsumenten die Entscheidung darüber, was produziert werden soll, ganz allein überlassen, kann man es dulden, daß „wertvolle" Rohstoffe und Arbeitskräfte für Produkte verschwendet werden, die für das Gemeinwohl abträglich sind? Derartige Entscheidungen können selbstverständlich nicht von einer Einzelwirtschaftswissenschaft getroffen werden, das kann allenfalls A u f gabe politischer Instanzen sein. Es sollte damit auch nur angedeutet werden, daß Sparsamkeit beim Mitteleinsatz nicht unbedingt m i t Gemeinwirtschaftlichkeit gleichzusetzen ist, daß vielmehr eine ganze Reihe anderer Fragen vorher geklärt werden müßte, ehe diese Sparsamkeit zum Maßstab und zur Richtschnur wirtschaftlichen Verhaltens werden 12
Moxter, Adolf, a. a. O., S. 67. W a n n ist die bestmögliche Bedürfnisbefriedigung erreicht? Wenn der Mensch alles kaufen kann, was er w i l l ? Wenn er dafür nicht mehr zu arbeiten braucht? Ist damit jeder vorhandene Bedarf gemeint oder n u r ein bestimmter? Wie sollen Konflikte zwischen Bedarfsdeckung u n d Volksgesundheit, M o r a l u n d guten Sitten, Sicherheit nach außen u n d anderem mehr gelöst werden? Welche Güter wären i n den Güterstrom aufzunehmen? — Dieser Katalog v o n hier auftauchenden Fragen ließe sich noch erheblich erweitern, A n t w o r t e n können aber i m m e r n u r von einem höchst individuellen Standp u n k t aus gegeben werden, allgemeingültig können sie auf keinen F a l l sein. 14 Vergleiche dazu L i n h a r d t , H., Die Betriebswirtschaftslehre an den deutschen Hochschulen, a. a. O., S. 2, u n d Wöhe, G., Methodologische G r u n d probleme, S. 205 ff. 18
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Einzelwirtschaftslehre oder Lehre von der Unternehmung?
kann, das unter dem Aspekt gemeinwirtschaftlicher Nützlichkeit stehen soll. Auch von hier aus gelingt es also nicht, dem Prinzip der Gemeinwirtschaftlichkeit feste Formen zu geben 15 . Eine andere Ausprägung dieses Gedankens ist die sogenannte Substanzerhaltung. Zur Diskussion stehen dabei die nominale Substanz (bzw. Kapital-)erhaltung und die reale. I m gesamtwirtschaftlichen Interesse liegt die Erhaltung der Produktivkraft für die Erstellung der Bedürfnisbefriedigungsmittel, damit aber zwangsläufig die Bewahrung der realen Substanz. Wann ist aber i n diesem Sinne die reale Substanz erhalten? I m Gegensatz zur nominalen Kapitalerhaltung, die, sieht man von den Schwierigkeiten bei der Bewertung ab, leicht nachzuprüfen ist, läßt sich über die reale Substanzerhaltung ein Urteil kaum oder nur unter großen Vorbehalten fällen. Nehmen w i r an, ein Industriebetrieb kann seine Produktion nicht mehr absetzen und muß sich auf einen ganz anderen A r t i k e l umstellen. Wenn dazu eine radikale Erneuerung der technischen Einrichtung notwendig war, ist dann die reale Substanz erhalten worden? Oder wäre die Substanz erhalten, wenn der Industriebetrieb i n der Hoffnung auf bessere Zeiten die Bereitschaft zur Produktion des alten Artikels beibehält? I m gesamtwirtschaftlichen Interesse wäre es i n diesem Falle vielleicht besser, die Produktivkräfte würden an einer anderen Stelle m i t größerem Effekt eingesetzt. Aber wer w i l l darüber entscheiden? W i r stoßen hier auf die gleichen Probleme wie oben. Welche Produktion ist i m gemeinwirtschaftlichen Sinne nützlich, welche ist es nicht? Nur von dieser Frage aus kann doch entschieden werden, ob die Erhaltung der Produktivkraft einer Einzelwirtschaft tatsächlich i m gesamtwirtschaftlichen Interesse liegt 1 6 . Aus diesen wenigen Fällen, wo der Gedanke der Gemeinwirtschaftlichkeit konkretere Gestalt angenommen zu haben schien, läßt sich einwandfrei erkennen, daß das Prinzip der Gesamt- oder Gemeinwirtschaftlichkeit nicht exakt bestimmbar ist. Es eignet sich deshalb auch nicht einmal als Grundprinzip einer normativen Wissenschaft, es ist nicht mehr als die ganz allgemein gehaltene Forderung, immer dann, wenn einzel-und gesamtwirtschaftliche Interessen nicht übereinstimmen, letzteren den Vorrang einzuräumen. Was dabei i m gesamtwirtschaft15
Siehe auch Rieger, Wilhelm, Einführung, S. 68 ff. Der Gedanke der Substanzerhaltung ist das Produkt ganz bestimmter wirtschaftlicher Verhältnisse, nämlich der Inflation nach dem ersten W e l t krieg. Es ist aber die Frage, ob das, was f ü r derartig außergewöhnliche Situationen gilt, auch unter normalen Verhältnissen seine Berechtigung hat. Die Nachteile, v o n denen andere Teilnehmer a m Wirtschaftsgeschehen betroffen worden wären, w e n n die von der Betriebswirtschaftslehre entwickelten Verfahren zur Substanzerhaltung konsequente A n w e n d u n g erfahren hätten, mögen bei den damaligen Verhältnissen von den Vorteüen mehr als aufgewogen worden sein, i n einer normalen Situation w i r d m a n die Nachteüe aber nicht i n K a u f nehmen können. 16
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liehen Interesse liegt, das zu entscheiden, w i r d dem einzelnen W i r t schaftssubjekt oder den für wirtschaftspolitische Maßnahmen zuständigen Stellen überlassen. Die Gemeinwirtschaftlichkeit, wie sie von dem einzelnen Wissenschaftler gesehen wird, kann durchaus bestimmend sein für die Auswahl der zu untersuchenden Problemkreise 17 , denn diese Auswahl ist schließlich eine Angelegenheit des betreffenden Forschers, aber ein systembildendes Prinzip stellt eben mehr dar als einen Auswahlgesichtspunkt, es ist Leitidee oder Richtschnur für das Verhalten der Wirtschaftssubjekte. Alle Maßnahmen und Verfahrensregeln einer angewandten bzw. normativen Wissenschaft müssen auf dieses Prinzip h i n ausgerichtet sein. N u r dann kann ein solches Prinzip die Grundlage für das Gebäude einer Wissenschaft abgeben. Dafür ist es aber notwendig, daß das Prinzip selbst eindeutig und exakt bestimmbar ist, daß aus i h m allgemeingültige, konkrete wirtschaftliche Maßstäbe abgeleitet werden können. Für das Prinzip der Gemeinwirtschaftlichkeit treffen diese Voraussetzungen, wie w i r eben feststellten, nicht zu. c) Die einzelwirtschaftliche
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aa) Die Wirtschaftlichkeit als Aufwand-Ertrags-Verhältnis Von den einzelwirtschaftlichen Wirtschaftlichkeiten betrachten w i r nun zunächst die, die sich als ein bestimmtes Aufwand-Ertrags-Verhältnis darstellen 18 . Hier gibt es zwei unterschiedliche Auffassungen. Die eine geht dahin, daß Wirtschaftlichkeit gegeben ist, wenn die Erträge die Aufwendungen decken, während i m zweiten Falle W i r t schaftlichkeit besteht, wenn die Erträge die Aufwendungen übersteigen 19 . Jedesmal handelt es sich u m Aufwand und Ertrag einer Periode. I n die zweite Gruppe gehören also die Autoren, die den Gewinn zum Maßstab der Wirtschaftlichkeit erheben, die Rentabilität oder auch maximale Rentabilität und Wirtschaftlichkeit gleichsetzen 20 . Daß ein Aufwand-Ertrags-Verhältnis eine wirtschaftliche Größe ist, darüber gibt es keinen Zweifel, sind doch Aufwand und Ertrag zwei geldliche Größen. Damit ist die erste Anforderung an ein systembildendes Prinzip erfüllt, ein Wirtschaftlichkeitsprinzip, das sich als Streben nach Gleichheit von A u f w a n d und Ertrag bzw. nach Gewinn oder Rentabilität erweist, wäre ein wirtschaftliches Prinzip. 17
I n diesem Sinne Moxter, Adolf, a. a. O., S. 71 f. Die allgemeine Definition: Wirtschaftlichkeit = Ertrag: A u f w a n d schließen w i r als eine Gleichung ohne materiellen I n h a l t hier also aus. 19 Es ist dabei v o l l k o m m e n gleichgültig, ob das A u f w a n d - E r t r a g s - V e r hältnis rein verbal formuliert w i r d , als eine Differenz oder als ein Quotient. F ü r die erste Gruppe ergäbe sich eine Differenz „ O " oder ein Quotient „1", f ü r die zweite eine Differenz „größer n u l l " bzw. „ m a x " oder ein Quotient „größer eins" bzw. „ m a x " . Ist die Rentabilität selbst als Maßstab gewählt, so handelt es sich i m m e r u m die Eigenkapitalrentabüität, so daß noch die Nennergröße Eigenkapital eingefügt werden muß. 20 vergleiche unsere Ausführungen S. 34 ff. 18
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Einzelwirtschaftslehre oder Lehre von der Unternehmung?
W a s d i e z w e i t e A n f o r d e r u n g a n b e t r i f f t , da e r g e b e n sich a l l e r d i n g s S c h w i e r i g k e i t e n . Z u n ä c h s t e i n m a l i s t es ganz offensichtlich, daß e i n d e r a r t i g e s W i r t s c h a f t l i c h k e i t s p r i n z i p n u r f ü r solche E i n z e l w i r t s c h a f t e n G e l t u n g haben könnte, die auf geldliche Erträge bzw. auf einen geldlichen Überschuß aus sind. A u f dieser G r u n d l a g e w ä r e also n u r eine W i s s e n schaft m ö g l i c h , d i e l e d i g l i c h e i n e n T e i l a l l e r E i n z e l w i r t s c h a f t e n u m f a ß t . D i e W i r t s c h a f t l i c h k e i t als gegeben anzusehen, w e n n d i e E r t r ä g e die A u f w e n d u n g e n decken, h a t n u r d a n n e i n e n S i n n , w e n n dieser P u n k t d e n B e g i n n d e r W i r t s c h a f t l i c h k e i t a n g i b t , die W i r t s c h a f t l i c h k e i t also u m so g r ö ß e r w i r d , j e m e h r d i e E r t r ä g e d i e A u f w e n d u n g e n ü b e r s t e i g e n . D e n n es g i b t k e i n e E i n z e l w i r t s c h a f t , d e r e n oberste w i r t s c h a f t l i c h e Z i e l setzung d a r i n besteht, nach E r t r ä g e n i n H ö h e d e r A u f w e n d u n g e n z u streben. Es w ä r e g e r a d e z u v e r n u n f t s w i d r i g , G e l d i n e i n e m U m s a t z prozeß d e m R i s i k o auszusetzen, n u r deshalb, u m a m E n d e d i e gleiche S u m m e Geldes w i e d e r h e r a u s z u b e k o m m e n . H i e r m u ß also d e r w i r t schaftliche Z w e c k e i n a n d e r e r sein als d i e E r t r a g s e r z i e l u n g ; m a n h a t i h n i n d e r E r s t e l l u n g g ü t e r l i c h e r L e i s t u n g e n z u sehen, w o b e i d a n n l e d i g l i c h als N e b e n z w e c k die D e c k u n g d e r A u f w e n d u n g e n d u r c h d i e E r t r ä g e (sow e i t m a n d a n n ü b e r h a u p t noch v o n „ E r t r ä g e n " reden kann) angestrebt w i r d . M a n spricht i n diesem Zusammenhang oft v o n dem Kostendekkungsprinzip u n d den Kostendeckungsbetrieben21. 21 Abgesehen v o m Unterschied zwischen Aufwendungen u n d Kosten ist die Bezeichnung Kostendeckungsbetrieb recht unglücklich, w e i l sie zwei u n terschiedliche Sachverhalte i n einem Ausdruck vereinigt. M a n k a n n einmal v o n den anfallenden Kosten ausgehen u n d versuchen, die Erträge so zu gestalten, daß sie die Kosten decken. M a n k a n n aber auch umgekehrt von den erzielbaren Erträgen ausgehen u n d seine Kosten diesen Erträgen anpassen. Praktisch ist dieser Unterschied sehr beachtlich. U m über die Preise bestimmte Erträge durchzusetzen, dazu bedarf es eventuell einer entsprechenden wirtschaftlichen Machtstellung. Hat m a n sie, fällt andererseits leicht der Anreiz, die Kosten zu senken, weg. K a n n m a n dagegen keinen Einfluß auf die Ertragsseite ausüben, w i r d m a n sich wahrscheinlich besonders anstrengen müssen, das Z i e l durch Kostensenkung zu erreichen. M a n weist i n diesem Zusammenhang meistens auf die öffentlichen Betriebe, insbesondere die der Energieversorgung, hin, aber auch auf die Verkehrsbetriebe. Die öffentliche H a n d errichtet hier Betriebe, die M i t t e l zur Befriedigung ganz bestimmter Bedürfnisse erstellen sollen. Theoretisch wäre es denkbar, daß diese M i t t e l unentgeltlich abgegeben werden. Die Betriebe wären dann über die Steuern zu alimentieren. Das w ü r d e aber dazu führen, daß die Abnehmer der erstellten Leistungen auf Kosten der Allgemeinheit konsumieren u n d sich dabei auch keinerlei Beschränkungen auferlegen. Deshalb w i r d n u r der A b nehmer entsprechend seinem Konsum zur A l i m e n t i e r u n g herangezogen, nicht aber allen dem jeweiligen Bereich der öffentlichen H a n d zugehörigen Personen eine Last aufgebürdet. F ü r die Festlegung der Entgelte sind vorwiegend soziale Gründe maßgebend. Der Anpassung an die angefallenen Kosten sind gewisse Grenzen gesetzt. E i n Fehlbetrag muß dann über die Steuern gedeckt werden, sofern es nicht gelingt, die Kosten zu senken. A b e r auch dann, w e n n die Kosten durch die Leistungsentgelte gedeckt werden können, liegt es i m Sinne des gesamtwirtschaftlichen Interesses, daß m a n sich u m Kostensenkung bemüht. N u r ist eben der Weg über eine Erhöhung der Entgelte auf G r u n d der
Das Wirtschaftlichkeitsprinzip als systembildendes Prinzip
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Als systembildendes Prinzip käme damit schließlich nur ein W i r t schaftlichkeitsprinzip i n Betracht, daß auf den geldlichen Überschuß, also auf den Gewinn oder sogar auf den maximalen Gewinn bzw. die maximale Rentabilität abstellt. Damit würde man sich aber eindeutig auf die kapitalistische Unternehmung beschränken und so lediglich zu einer Unternehmungslehre kommen, keinesfalls aber zu einer einheitlichen Einzelwirtschafts- oder Betriebswirtschaftslehre. I m übrigen hätte eine derartige Wirtschaftlichkeit wohl nur für eine Seinswissenschaft Bedeutung, denn bei i h r besteht ja nicht die Gefahr, daß sie sich dem Vorwurf, eine Profitlehre zu sein, aussetzt, denn sie nimmt nicht wertende Stellung zur realen Wirklichkeit, sondern schildert sie nur 2 2 . Unseres Erachtens geht es dann, wenn man die Wirtschaftlichkeit m i t dem Überschuß der geldlichen Erträge über die geldlichen Aufwendungen i n Verbindung bringt, nur u m die aus Zweckmäßigkeitsgründen vorgenommene Angleichung an die i n der Betriebswirtschaftslehre üblich gewordene Terminologie. Denn hinter einem derartigen W i r t schaftlichkeitsprinzip verbirgt sich doch nur das als Systemprinzip i n Mißkredit geratene Rentabilitätsprinzip. Für eine Umbenennung des Rentabilitätsprinzips besteht jedoch kein stichhaltiger Grund, weil nicht die Unternehmung Erkenntnisobjekt der Betriebswirtschaftslehre ist oder sein soll, sondern der Betrieb bzw. der Beziehungskomplex Betrieb. Abschließend kann also festgestellt werden, daß das auf ein bestimmtes Verhältnis zwischen geldlichem Aufwand und Ertrag abzielende Monopolstellung, die solche Betriebe i n der Regel einnehmen, oft bequemer. Es begegnen uns hier also beide Versionen der Kostendeckung: die Anpassung der Entgelte an die Kosten u n d die der Kosten an die noch v e r t r e t baren Entgelte. Das Bemühen derartiger Betriebe sollte natürlich darauf gerichtet sein, die Kosten pro Leistungseinheit so niedrig w i e möglich zu halten. DerartigeKostendeckungsbetriebe gehören also nicht zu den Gelderwerbswirtschaften, sondern zu den Haushalten, d. h. zu Einzelwirtschaften, deren primärer wirtschaftlicher Zweck die Erstellung güterlicher Leistungen ist. Kostendeckung ist nicht das wirtschaftliche Endziel, sondern n u r Voraussetzung für die Erreichung des Endzieles. Der Vollständigkeit wegen sei aber noch bemerkt, daß die hier erwähnten Versorgungs- u n d Verkehrsbetriebe der öffentlichen H a n d auch i n einer auf geldlichen Überschuß gerichteten F o r m geführt werden können oder auch als Zuschußbetriebe, w e n n die Kostendeckung aus irgendeinem Grunde nicht beabsichtigt sein sollte. 22 Es gibt n u r sehr wenige Autoren, die angewandte Wissenschaft betreiben u n d dennoch das Rentabilitätsprinzip zum Systemprinzip erheben, so z. B. Sieber (Sieber, E. H., Objekt u n d Betrachtungsweise der Betriebswirtschaftslehre; ders. Wirtschaftlichkeit u n d Wirtschaftlichkeitsmessung, a. a. O.), Hoff m a n n (Hoff mann, Alexander, Wirtschaftslehre der k a u f m ä n n i schen Unternehmung, Leipzig 1932), m i t Einschränkungen auch Keinhorst (Kleinhorst, H., a. a. O.; siehe dazu auch unsere A n m e r k u n g 228 zu S. 168); zu nennen wäre hier aber auch Koch (Koch, H., Das Wirtschaftlichkeitsprinzip als betriebswirtschaftliche Maxime, a. a. O.), der für die Verkehrswirtschaft das Wirtschaftlichkeitsprinzip als Gewinnmaximierungsprinzip auffaßt (S. 163). 1
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Wirtschaftlichkeitsprinzip nicht zum Systemprinzip einer Betriebswirtschaftslehre geeignet ist. Berücksichtigt man, daß eigentlich nur das Verhältnis, bei dem die Erträge die Aufwendungen überwiegen, den Charakter einer wirtschaftlichen Zielfunktion für den Einzelwirt haben kann, käme ein derartiges Wirtschaftlichkeitsprinzip nur als Grundlage einer Unternehmungslehre i n Betracht. Dann ist allerdings nicht einzusehen, warum man nicht die alte Bezeichnung Rentabilitätsprinzip beibehalten soll. bb) Die Wirtschaftlichkeit als Kosten-Leistungs-Verhältnis Wie w i r gesehen haben, ist die Wirtschaftlichkeit für die meisten betriebswirtschaftlichen Autoren eine Beziehung zwischen Kosten und Leistung bzw. Erlösen. Dabei gehen die Meinungen über die A r t dieser Beziehung und die Natur der gegenübergestellten Größen oft weit auseinander. Kosten und Leistung werden entweder als geldliche oder als güterliche Größen angesehen. Zur besseren Übersicht gehen w i r i m folgenden wieder von der Zweiteilung i n güterliche Leistung und geldliche Leistung bzw. Erlöse aus, während w i r unter den Kosten immer nur eine geldliche Größe verstehen. Nach einer i n der Literatur immer wieder zu findenden Auffassung soll Wirtschaftlichkeit dann gegeben sein, wenn die Plankosten eingehalten werden. Abgesehen davon, daß eine Plankostenrechnung an bestimmte Voraussetzungen gebunden ist, die nur von einem kleinen Teil aller Einzelwirtschaften erfüllt werden können, ist bei Erreichung der Planzahlen über die Kostensituation oder Kostenstruktur selbst aber noch gar nichts gesagt. Wie Castan dazu bemerkt, brauchen die Plankosten selbst ja keine „wirtschaftlichen" Kosten zu sein, so daß die Einhaltung dieser Kosten nicht ohne weiteres ein „wirtschaftliches" Verhalten bedeutet 28 . Ähnlich ist es auch, wenn behauptet wird, Wirtschaftlichkeit bestände i m Kostenminimum. Dieses M i n i m u m sagt über die Qualität des W i r t schaftens, die zu beurteilen doch das Anliegen der Wirtschaftlichkeitsüberlegungen ist, recht wenig aus. Ein solches Kostenminimum gibt es i n jeder s-förmig gekrümmten Gesamtkostenkurve, also auch bei der ungünstigsten, schlechtesten oder„unwirtschaftlichsten"Kostenstruktur 2 4 . Es kann also nicht darum gehen, den Beschäftigungsgrad so einzurichten, daß man zu den niedrigsten Stückkosten bei gegebener Kostenkurve kommt, das Anliegen muß vielmehr sein, den gesamten Kostenverlauf zu verbessern, die bestehende Gesamtkostenkurve insgesamt auf ein niedrigeres Niveau hinabzudrücken. Auch diese Überlegungen i m Zusammenhang m i t den Kostenkurven betreffen nur einen Teil aller Einzelwirtschaften, und zwar den Indu28 24
Castan, Edgar, a. a. O., S. 34. So auch Castan, Edgar, a. a. O., S. 33.
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striebetrieb m i t Massenfertigung, denn ausschließlich auf i h n sind diese kostentheoretischen Erkenntnisse zugeschnitten. Daneben ist noch ein anderer wichtiger Gesichtspunkt zu erwähnen. Das Streben nach Erreichung des Kostenminimums ist nicht gleich dem Streben der Unternehmer nach möglichst großem Gewinn bzw. möglichst großer Rentabilität, denn diesen Unternehmern kommt es ja nicht auf den Stück-, sondern auf den Gesamtgewinn an. Und dieser Gesamtgewinn läßt sich auch nach Überschreiten des Kostenminimums noch steigern, wenn w i r unterstellen, daß die über die Menge i m Kostenminimum hinausgehende Produktion auch zu entsprechenden Preisen abgesetzt werden kann. Die Anpassung der Produktion an das Kostenminimum läßt sich für die kapitalistische Unternehmung aus ihrer Zielsetzung heraus nicht begründen und empirisch auch nicht nachweisen, diese Anpassung kann lediglich von einer normativen Wissenschaft aus gesamtwirtschaftlichen Gründen als Postulat gesetzt werden, wobei allerdings immer noch zu bedenken wäre, daß auch die ungünstigste Kostenkurve ein M i n i m u m aufweist. Ganz unberücksichtigt bleibt hier aber, daß auch die Leistungsseite von großer Bedeutung ist, und zwar sowohl von einzelwirtschaftlicher als auch von gesamtwirtschaftlicher 25 . Dieser Mangel zeigt sich auch dann, wenn Wirtschaftlichkeit m i t Kostensenkung schlechthin gleichgesetzt wird. Man unterstellt hierbei eine konstante güterliche Leistung und bescheinigt der Wirtschaftseinheit ein „wirtschaftliches" Verhalten, wenn es ihr gelingt, die pro Einheit dieser Leistung aufgewendeten Kosten gegenüber einem vorhergehenden Zeitpunkt zu senken. Die Frage ist nun die, ob man zu einem sinnvollen Wirtschaftlichkeitsprinzip und damit zu einem Systemprinzip für die Betriebswirtschaftslehre kommt, wenn man nur die Kostenseite i n die Betrachtung einbezieht und der Leistungsseite keine Aufmerksamkeit schenkt. I m Hinblick auf die Produktion oder Leistungserstellung ist es sicher ein Erfolg, wenn es gelingt, die Stückkosten bzw. die Kosten für die Leistungen innerhalb einer Periode zu senken, doch es ist zweifelhaft, ob man darin ein wirtschaftliches Problem zu sehen hat, m i t anderen Worten: ob man m i t einem solchen Wirtschaftlichkeitsprinzip tatsächlich ein wirtschaftliches Prinzip vor sich hat. Doch w i r wollen dieser Frage nicht 25 Es ist zwar richtig, w e n n Sieber feststellt, daß die Ertragsseite hier v ö l l i g unter den Tisch falle (Sieber, E. H., Wirtschaftlichkeit u n d Wirtschaftlichkeitsmessung, a. a. O., S. 179), aber das f ü r das Wirtschaften charakteristische Abwägen v o n Einsatz u n d Ergebnis findet hier doch statt, u n d zwar eben dadurch, daß m a n die Leistungsseite als konstant a n n i m m t u n d dann durch den Kostenvergleich praktisch auch einen Vergleich der Spannen z w i schen Einsatz u n d Ergebnis durchführt. Gelingt es, die Kosten zu senken, dann ist m a n bei der Leistungserstellung (!) „erfolgreicher", „wirtschaftlicher", „besser" — oder w i e m a n sonst sagen w i l l — verfahren, denn die (allerdings nicht rechenhafte) Spanne zwischen Einsatz u n d Ergebnis hat sich vergrößert.
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weiter nachgehen, weil w i r der Meinung sind, daß ein derartiges W i r t schaftlichkeitsprinzip nicht als systembildendes Prinzip i n Betracht kommt, weil es nicht das höchste Verhaltensprinzip für alle Einzelwirte ist. Gehen w i r wieder von der privaten kapitalistischen Unternehmung aus, dann sehen wir, daß deren wirtschaftliches Ziel die Rentabilität bzw. die möglichst große Rentabilität ist, daß sie also auf die Spanne zwischen Ertrag und A u f w a n d bzw. Kosten aus ist. „Für diese Differenz sind also weder die Kosten noch die Erträge allein entscheidend 26 ." Daraus folgt, daß der Gewinn über progressiv steigende Erträge auch dann vergrößert werden kann, wenn die Kosten gleichbleiben oder sogar erhöht werden, daß andererseits der Gewinn trotz Kostensenkung kleiner werden kann, wenn die Erträge noch stärker absinken als die Kosten 27 . Das zeigt uns aber, daß i m Hinblick auf die unternehmerische Zielsetzung derLeistungserstellungsprozeß nicht isoliert betrachtet werden kann, daß neben der Kostensenkung i n diesem Bereich immer das Ergebnis der wirtschaftlichen Verwertung der produzierten Leistungen gesehen werden muß. Für den Unternehmer ist die Kostensenkung immer nur M i t t e l zum Zweck, d.h. er w i r d nur dann die Kosten senken, wenn er damit den Gewinn erhöhen kann, also i m Sinne seiner wirtschaftlichen Zwecksetzung handelt. Ein Wirtschaftlichkeitsprinzip, das auf die Kostensenkung allein abstellt, könnte deshalb nur von untergeordneter Bedeutung sein. Was für die Unternehmung gilt, das gilt selbstverständlich auch für alle anderen Einzelwirtschaften, deren Wirtschaftssubjekte auf den Gelderwerb aus sind. Ja es gilt i n abgewandelter Form auch für die Haushaltungen der verschiedensten A r t . I n der Kostensenkung allein kann sich nicht die Qualität des wirtschaftlichen Verhaltens äußern, denn eine „schlechte" Leistung — wenn diese vereinfachende Kennzeichnung einmal erlaubt ist — w i r d auch dann nicht wertvoller, wenn sie zu geringeren Kosten hergestellt wird. Auch für den Haushalt kann es nicht gleichgültig sein, wie der Abnehmer oder Konsument der erstellten Leistungen diese einschätzt; sie müssen i n einem „angemessenen" Verhältnis zu den Kosten oder Aufwendungen stehen. Was angemessen 26 Sieber, E. H., Wirtschaftlichkeit u n d Wirtschaftlichkeitsmessung, a. a. O., S. 179. 27 F ü r diese Zusammenhänge gibt es i n der wirtschaftlichen Praxis viele Beispiele. So können z. B. durch eine bessere (und auch höhere Kosten verursachende) Verpackung die Erträge nicht n u r über den Umsatz größerer Mengen, sondern auch über höhere Preise, die einem der M a r k t eventuell bewilligt, ungleich mehr gesteigert werden. Andererseits können geringe Kostenersparnisse zu erheblichen Umsatz- u n d damit Ertragsrückgängen führen, w e n n ein schlechterer Rohstoff verwendet, i n der Verkaufsorganisat i o n gespart, die Werbung eingeschränkt w i r d , oder was hier sonst noch an Beispielen angeführt werden könnte.
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ist, w i r d von der Gesamtheit der Mitglieder des Haushaltes bestimmt. Für eine gewünschte Leistung möglichst wenig aufzuwenden, ist nicht Selbstzweck und auch nicht das letzte Ziel, sondern nur M i t t e l zum Zweck. Kosten für eine bestimmte Leistung werden gespart, damit man m i t dem ganzen zur Verfügung stehenden Geldfonds (dem Einkommen des Haushaltes) möglichst viele M i t t e l zur Bedürfnisbefriedigung beschaffen, erzeugen und bereitstellen kann. Das gilt i n gleicher Weise für die öffentlichen wie für die privaten Haushalte. So läßt sich abschließend folgendes sagen: ganz gleichgültig, an welchem Maßstab das Urteil über das Verhalten ausgerichtet werden soll, ob an den Plankosten, am Kostenminimum, an den Stückkosten bzw. an deren Entwicklung, i m Hintergrund steht i n jedem Falle der Gedanke der Kostensenkung. Das Streben nach Kostensenkung kann aber weder von einer empirischen Wissenschaft von der Einzelwirtschaft schlechthin noch von einer solchen von der Unternehmung zum Grundprinzip erhoben werden, denn es besteht kein Zweifel darüber, daß ein solches Streben immer nur i m Dienste einer höheren wirtschaftlichen Zwecksetzung steht, damit also stets von zweitrangiger Bedeutung ist. Der Frage, ob es sich überhaupt um ein wirtschaftliches Prinzip i m echten Sinne handelt, braucht deshalb gar nicht weiter nachgegangen zu werden. Eine angewandte Wissenschaft könnte nun zwar Maßnahmen und Verfahrensregeln zur Kostensenkung aufzeigen bzw. entwickeln, eine normative Wissenschaft die Kostensenkung als Postulat aufstellen, aber eine wirklich sinnvolle Wirtschaftswissenschaft ließe sich auch für diese Wissenschaftsrichtungen auf einem derartigen Wirtschaftlichkeitsprinzip nicht aufbauen, denn dem Wirtschaften ist auf jeden F a l l der Vergleich von Einsatz und Ergebnis eigentümlich. Eine Beschränkung auf die Einsatzseite bei der Leistungserstellung würde dann kaum w i r t schaftliche, sondern i n erster Linie technische Probleme aufwerfen. I m übrigen zeichnen sich normative und i n aller Regel auch angewandte Betriebswirtschaftslehre gerade dadurch aus, daß sie nicht von den bestehenden Wirtschaftszielen der verschiedenen Wirtschaftssubjekten ausgehen, sondern von Zwecken, die vorwiegend unter gesamtwirtschaftlichem oder gemeinwirtschaftlichem Aspekt gesehen werden. I m Sinne einer solchen Zwecksetzung liegt es aber, daß die zur Verfügung stehenden Stoffe und Kräfte einer gemeinwirtschaftlich nützlichen Verwendung zugeführt werden, nicht, daß m i t ihnen lediglich sparsam umgegangen wird. Das Wirtschaftlichkeitsprinzip müßte also auch vom Standpunkt dieser wissenschaftlichen Betrachtungsweisen aus neben der Kostenseite die Leistungsseite enthalten, wenn es zum systembildenden Prinzip für eine Betriebswirtschaftslehre, die alle Betriebe umfaßt, geeignet sein soll.
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cc) Die Wirtschaftlichkeit als Kosten-Erlös-Verhältnis Wenn das wirtschaftliche Verhalten der Einzelwirte nicht nur auf den Einsatz, sondern auch auf das Ergebnis hin beurteilt werden soll, dann ergibt sich insofern eine große Schwierigkeit, als das Ergebnis zunächst einmal oder überhaupt nur i n Form eines Produktes, einer güterlichen Leistung vorliegt, an die sich unter den verschiedensten Gesichtspunkten zustande gekommene Wertvorstellungen knüpfen lassen. Der Hersteller w i r d diese güterlichen Leistungen von einem anderen Standpunkt aus betrachten als der, für den die Leistungen bestimmt sind oder der sie abnehmen soll, und wieder anders als der, für den die gemeinwirtschaftliche Nützlichkeit i m Vordergrund des Interesses steht, u m hier nur einige der möglichen Standpunkte aufzuzeigen. Diese auf sub j ektiven Vorstellungen beruhenden Wertschätzungen erlauben keinen rechenhaften Vergleich m i t der Geldgröße Kosten. Über wirtschaftlichen Erfolg oder Mißerfolg kann bei Einzelwirtschaften, bei denen die Erstellung güterlicher Leistungen nur M i t t e l zum wirtschaftlichen Zweck ist, erst dann etwas ausgesagt werden, wenn die güterlichen Leistungen i n Geld ausgedrückt werden können. Dabei ergeben sich für die innerhalb einer Periode an den M a r k t abgesetzten Leistungen keine Probleme, denn man hat es dann nicht mehr m i t Gütern, sondern nur noch m i t geldlichen Erlösen zu tun. Es brauchen also nur die nicht abgesetzten und die noch nicht fertigen Produkte, sofern man letztere überhaupt i n die Rechnung einbeziehen w i l l 2 8 , i n eine geldliche Größe umgewandelt zu werden. Für diese Bewertung i n Geld stehen verschiedene Maßstäbe zur Verfügung, deren Wahl vom Zweck der Rechnung abhängig ist 2 9 . Hat man die Leistungen i n Geld bewertet, kann eine Gegenüberstellung m i t den Kosten vorgenommen werden 80 . 28 I n der Praxis gibt es Kosten-Leistungsrechnungen von recht unterschiedlicher A r t ; solche, die sich auf das einzelne Stück beziehen, auf eine Kostenstelle, eine Betriebsabteilung oder auf den ganzen Fertigungsbereich; solche, die von der produzierten Leistung ausgehen, u n d andere, die n u r die abgesetzte Leistung berücksichtigen. Entsprechend sind dann auch die Kosten zuzuordnen. 29 Solche Maßstäbe können sein: Preise, die f ü r ein G u t der gleichen A r t a m M a r k t schon erzielt worden sind (eventuell m i t Korrekturen); Preise, die m a n zu erzielen hofft; Werte, die lediglich der Verrechnung zwischen K o n zernmitgliedern oder Betriebsabteilungen dienen; Werte, die auf den K o sten (eventuell zuzüglich Gewinnzuschläge) basieren, u n d schließlich w i l l kürliche Werte. 30 Vielfach w i r d i n der Betriebswirtschaftslehre als Wirtschaftlichkeit das Verhältnis v o n Leistung zu Kosten bzw. von Erlösen zu Kosten bezeichnet. Doch handelt es sich hier — ebenso w i e beim Verhältnis Ertrag zu A u f w a n d — lediglich u m ein rein formales Verhältnis, das nicht als Maßstab f ü r das Wirtschaftlichkeitsurteil dienen kann. Erst durch den Vergleich von zwei gleichartigen Kosten- u n d ebensolchen Leistungsgrößen oder dadurch, daß ein ganz bestimmtes Verhältnis v o n Leistung zu Kosten bzw. Erlösen zu Kosten zum Maßstab erhoben w i r d , k a n n eine Aussage über die Qualität
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Dabei geht die eine Auffassung nun dahin, daß Wirtschaftlichkeit dann herrsche, wenn Kosten und Leistungen bzw. Erlöse gleich sind. Dahinter steht der Gedanke, daß eine Leistungserstellung erst dann sinnvoll und auch berechtigt ist, wenn die hinausgeflossenen Werte durch die hereingekommenen bzw. zu erwartenden i n voller Höhe ersetzt werden. Dieser Gedanke ist aber mehr gesamt- als einzelwirtschaftlichen Ursprunges. Es ist nur ein einziger Fall denkbar, wo aus der Ubereinstimmung von Leistung und Kosten über die Qualität des W i r t schaftens etwas ausgesagt werden kann, und das ist der sogenannte Kostendeckungsbetrieb, wenn die Zählergröße aus effektiven und eventuell fiktiven Erlösen i n Form von Marktpreisen besteht. N u r der Marktpreis bietet nämlich die Gewähr dafür, daß bei einem KostenLeistungs-Vergleich über die Wertschätzung der Abnehmer tatsächlich die „wirtschaftliche Leistung" berücksichtigt wird. Geht man von verwaltungsmäßig festgesetzten Preisen aus oder bewertet man zu Kostenwerten, dann kann der Vergleich nur zeigen, ob die rechnerische Kostendeckung gelungen ist, nicht aber, ob die Leistung auch den Anforderungen der Konsumenten entspricht. Eine „möglichst gute" Leistung ist ja das Ziel der Kostendeckungsbetriebe, nicht aber die Kostendeckung selbst. Ob eine Einzelwirtschaft sich dieser Zielsetzung entsprechend verhält, das kann aber gar nicht beurteilt werden, wenn diejenigen, für die die Leistungen bestimmt sind, nicht gehört werden 81 . Für viele Einzelwirtschaften ist aber die Übereinstimmung von Erlösen und Kosten nur eine Mindestforderung oder auf längere Sicht gesehen eine Mindestvoraussetzung für die wirtschaftliche Existenz. Der Zweck des Wirtschaftens w i r d hier vielmehr erst dann verwirklicht, wenn die Erlöse über die Kosten hinausgehen. Deshalb w i r d vielfach ein Verhalten auch erst dann als wirtschaftlich beurteilt, wenn es zu Leistungen bzw. Erlösen geführt hat, die größer sind als die Kosten, wenn also ein Überschuß oder „Wertauftrieb" erzielt wurde. Ein W i r t schaftlichkeitsurteil auf Grund eines solchen Maßstabes hat aber nur dann einen Sinn, wenn die Absetzbarkeit der noch nicht verkauften oder den Erfolg wirtschaftlichen Verhaltens gemacht werden, wobei dann i m m e r h i n noch die Frage offen bleibt, w a r u m gerade dieses u n d nicht ein anderes Verhältnis Maßstab sein soll. 81 Wenn der Abnehmer einer Leistung überhaupt sein U r t e i l zum A u s druck bringen kann, die Qualität der Leistung also nicht von bestimmten Instanzen einfach festgesetzt w i r d , dann ist der Marktpreis noch das beste M i t t e l dafür. Da allerdings gerade diese Betriebe, die hier zur Diskussion stehen, oft über eine monopolartige Marktstellung verfügen, darf m a n die Bedeutung des Marktpreises i n diesem Zusammenhang nicht überschätzen. H i n z u kommt, daß M a r k t r i s i k o u n d Kostendeckung sich nicht miteinander vertragen, w e i l Marktpreise u n d absetzbare Mengen ungewiß sind u n d sich nicht i n dem Maße einplanen lassen, w i e es der F a l l sein müßte, w e n n Kostendeckung beabsichtigt ist. N u r dort, w o Absatzmengen u n d Preise i m voraus ungefähr feststehen, finden w i r deshalb sogenannte Kostendeckungsbetriebe.
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bzw. noch nicht fertigen Produkte unterstellt w i r d ; sonst bleibt ein Kosten-Leistungsvergleich auf den technischen Produktionsbereich beschränkt. Für die Umwandlung der güterlichen Leistungen i n eine Geldgröße folgt daraus, daß bei der Bewertung das künftige Schicksal der Erzeugnisse berücksichtigt werden muß. Kostenwerte, die i n keinem Zusammenhang m i t erzielbaren Erlösen oder mit Verrechnungswerten stehen, erlauben als Maßstab für die Leistungsbewertung zwar rechnerisch einen Vergleich mit den Kosten, sind aber für das Wirtschaftlichkeitsurteil als Urteil über das wirtschaftliche Verhalten ungeeignet. I m übrigen sind an einem Überschuß der Erlöse über die Kosten nur die Einzelwirtschaften interessiert, die auf geldlichen Gewinn aus sind. Ein Wirtschaftlichkeitsprinzip, das auf das Verhältnis: Erlöse zu Kosten größer als eins abstellt, ist deshalb eindeutig auf die Unternehmung und andere nach geldlichem Überschuß strebende Einzelwirtschaften zugeschnitten, kann also nicht für die Einzelwirtschaft schlechthin gelten. Hinzu kommt noch, daß alle Wirtschaftlichkeitsbegriffe, die von der geldlichen Leistung ausgehen, nur für solche Einzelwirtschaften interessant sind, die geldliche Erlöse für ihre güterlichen Erzeugnisse erzielen wollen. Dazu gehören aber sicher nicht die Haushalte. Ein Wirtschaftlichkeitsprinzip, das als ein Streben nach einem Überschuß der Erlöse über die Kosten definiert wird, unterscheidet sich nicht grundlegend vom Gelderwerbs-, Gewinn- oder Rentabilitätsprinzip. I h m liegt der Gedanke zugrunde, daß aus den eingesetzten oder aufgewandten Kosten durch den Leistungserstellungsprozeß eine „wertvollere" Leistung hervorgebracht werden soll. Wenn das gelingt, dann ergibt sich ein sogenannter Leistungs- oder Betriebsgewinn 82 , auf jeden Fall aber ein geldliches Mehr. Seiner Entstehung nach ist dieses Mehr identisch m i t dem Unternehmergewinn, denn die Erlöse sind das Ergebnis erfolgreichen unternehmerischen Verhaltens, und wie anders als über die Leistungserstellung sollte der Unternehmer sonst zu Gewinn kommen. Daß Unternehmer- und Betriebsgewinn sich i n der Regel i n der Größe, gelegentlich aber auch i m Vorzeichen unterscheiden, ist doch nur darauf zurückzuführen, daß man abgrenzungsmäßig einen Unterschied zwischen Kosten und Aufwendungen einerseits und Erlösen und Erträgen andererseits macht 88 . 82 Derartige Rechnungen lassen sich, w i e w i r schon andeuteten, f ü r die Leistungseinheit, f ü r Betriebsteile oder für den ganzen Betrieb u n d f ü r v e r schieden lange Perioden aufmachen. W i r gehen hier i m m e r von der Jahresrechnung für den ganzen Betrieb aus. 88 Die interessantesten Unterschiede bestehen dabei zwischen Kosten u n d A u f w a n d . Hier zeigt sich nämlich ganz deutlich, daß m a n sich v o m güterlichen Denken doch nicht ganz freimachen konnte, obwohl eine Wirtschaftsrechnung das Denken i n Geld zur Voraussetzung hat. Beide Denkarten werden hinsichtlich der Kosten vermischt, was sich vor allen Dingen i n den kalkulatorischen Kosten zeigt. A u f der Ergebnisseite ist der Unterschied nicht so augenscheinlich, w e i l m a n hier auf G r u n d der Unterstellung der
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Was ergibt sich nun aus dem Gesagten i n bezug auf unsere Frage nach der Geeignetheit des Wirtschaftlichkeitsprinzips zum systembildenden Prinzip? Aus der Erkenntnis, daß das wirtschaftliche Verhalten der Wirtschaftssubjekte nicht nur danach beurteilt werden kann, mit welchen Kosten eine bestimmte güterliche Leistung erstellt wird, sondern daß für dieses Urteil auch die Leistung selbst m i t herangezogen werden muß, weil auch die günstigste Kostensituation wirtschaftlich gesehen ohne große Bedeutung ist, wenn die Abnehmer die Leistungen nicht akzeptieren, mußte nach einem Wirtschaftlichkeitsprinzip gesucht werden, daß die Verhältnisse auf beiden Seiten i n sich einschließt. Die Umwandlung der güterlichen Leistungen i n geldliche kann aber nur dort sinnvoll sein, wo der Absatz der Produkte gegen Geld mit dem Wirtschaftszweck der entsprechenden Einzelwirtschaften übereinstimmt. Da das nicht bei allen Einzelwirtschaftsarten der Fall ist, kann ein auf den geldlichen Kosten und Leistungen aufbauendes Wirtschaftlichkeitsprinzip für eine Wissenschaft von der Einzelwirtschaft schlechthin nicht i n Betracht kommen. Dabei ist es gleichgültig, ob es sich um eine Wissenschaft i m empirischen oder i m normativen Sinne handelt, denn das Streben nach geldlichen Erlösen kann von einer normativen Wissenschaft ja nicht zum Postulat für alle Einzelwirtschaften erhoben werden, weil das doch völlig sinnlos wäre. Auch ein Wirtschaftlichkeitsprinzip, das auf die Gleichheit von Leistungen bzw. Erlösen und Kosten abstellt, kann nicht Grundlage einer Einzelwirtschaftswissenschaft sein, denn das Systemprinzip muß nicht nur Maßstab für die Beurteilung, sondern auch Zielfunktion oder oberste Verhaltensnorm für die Einzelwirte sein. Für die Erwerbswirtschaften kann ein solches Wirtschaftlichkeitsprinzip diese Anforderungen nicht erfüllen, ebenso aber auch nicht für die sogenannten Kostendekkungsbetriebe, wie w i r weiter vorn ausgeführt haben. Als Grundprinzip einer normativen Wissenschaft, das richtungweisend für das Verhalten der nach Erwerb strebenden Einzelwirte und Maßstab für die Zweckmäßigkeitsurteile wäre, käme höchstens ein W i r t schaftlichkeitsprinzip i n Frage, bei dem ein ganz bestimmter Überschuß bzw. ein ganz bestimmtes Verhältnis von Leistung zu Kosten zur Norm erhoben wird. Damit wären zwar tatsächlich beide Anforderungen an ein Systemprinzip erfüllt, ob es allerdings praktisch möglich wäre, das Überschußstreben so zu begrenzen, ist doch sehr zweifelhaft. A n Versuchen, „angemessene" Gewinne zu postulieren und auch durchzusetzen, hat es i n der Vergangenheit jedoch nicht gefehlt. Trotz allem aber hätte eine normative Wissenschaft m i t einem derartigen Grundprinzip nicht die Einzelwirtschaft, sondern nur die sich durch ein ÜberAbsetzbarkeit mehr den Gegenwert für die Leistung als die Leistung selbst meint.
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schußstreben auszeichnenden Einzelwirtschaften zum Gegenstand. Von einer einheitlichen Einzelwirtschaftslehre könnte damit also auch hier keine Rede sein. dd) Die Wirtschaftlichkeit als relatives Urteil Das Wirtschaftlichkeitsprinzip einzelwirtschaftlicher Prägung erwies sich, soweit es bisher behandelt wurde, entweder nur als eine auf die Leistungserstellung als den sogenannten „eigentlichen Betriebszweck" zugeschnittene Form des allgemeinen Erwerbsprinzips oder es berücksichtigte nur die Einsatz-, Aufwands- oder Kostenseite des einzelwirtschaftlichen Verhaltens, war damit ausgesprochen einseitig und deshalb auch von untergeordneter Bedeutung gegenüber dem Wirtschaftsziel oder -zweck der Einzelwirtschaften. Diese Nachteile suchen andere Autoren dadurch zu vermeiden, daß sie das Streben nach Wirtschaftlichkeit als ein Streben nach Kosten- bzw. Aufwandssenkung und nach Leistungs- bzw. Ertragssteigerung definieren. Dieses Streben oder die so gekennzeichnete Qualität des wirtschaftlichen Verhaltens w i r d durch Vergleiche überwacht und beurteilt. I n diesen Vergleichen soll die Entwicklung auf der Einsatz- und auf der Ergebnisseite verdeutlicht oder das Verhältnis der bestehenden Situation gegenüber anderen als Vergleichsmaßstab dienenden Situationen aufgezeigt werden. Weil i n allen diesen Fällen die Wirtschaftlichkeit nicht als ein absoluter Zustand deklariert wird, können die auf den Vergleichen beruhenden Urteile immer nur relativ sein. Das Mittel, m i t dem man feststellen w i l l , ob die Wirtschaftssubjekte sich entsprechend diesem Wirtschaftlichkeitsprinzip verhalten, das gleichzeitig aber auch richtungsweisend für das Verhalten sein soll, ist die Wirtschaftlichkeitsrechnung oder -messung. Grundlage dieser Rechnung sind Kennzahlen und Wirtschaftlichkeitsgrade, ist der Zeit-, Betriebs- und Normenvergleich 84 . Da bei diesem Wirtschaftlichkeitsprinzip die Bedeutung nicht oder nicht i n erster Linie auf der Differenz zwischen Einsatz und Ergebnis, sondern auf einer bestimmten Entwicklungsrichtung innerhalb der Einsatz- und der Ergebnisseite liegt, bedarf es einer Vergleichsrechnung für beide Seiten, so daß also mindestens zwei Wirtschaftlichkeitsgrade ermittelt werden müssen. Doch taucht auch bei dieser Formulierung des Wirtschaftlichkeitsprinzips der gleiche Gegensatz wie bei den anderen Definitionen auf, nämlich der Gegensatz zwischen dem Gesichtspunkt der Leistungserstellung und dem der eigentlichen wirtschaftlichen Zielsetzung, wie sie i n der A r t der wirtschaftlichen Verwertung der erstellten Leistungen offensichtlich wird. Entweder beschränkt man sich auf eine rein güterliche Betrachtungsweise i m Zusammenhang m i t dem Produktionsprozeß, 34
Vergleiche unsere Ausführungen S. 44 ff.
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dann ist aber eine den gesamten Betrieb umfassende Kontrollrechnung unmöglich, weil Güter verschiedener A r t nicht addierbar und somit nicht oder nur i n sehr engem Rahmen rechenhaft sind. Außerdem gibt es Leistungen, die überhaupt nicht meßbar sind. Über die wirtschaftliche Verwertung der Erzeugnisse kann der güterliche Aspekt nichts aussagen. Eine geldliche Betrachtungsweise drängt demgegenüber die Produktion m i t ihrer technischen Problematik i n den Hintergrund und gibt eindeutig den wirtschaftlichen Belangen den Vorzug, der Einsatz w i r d zu Ausgaben, das Ergebnis zu erzielten oder erhofften Erlösen. Die für die hier behandelte Auffassung von der Wirtschaftlichkeit charakteristische Verknüpfung von güterlicher und geldlicher Betrachtung führt zu gewissen Komplikationen. W i l l man beispielsweise die Kostensenkung so verstanden wissen, daß die güterlichen Einsatzmengen verringert werden sollen, was aus gesamtwirtschaftlichen Gründen von Bedeutung sein kann, dann kann aber die Kostensenkung als solche über den Erfolg i n dieser Richtung nichts aussagen, denn die Kosten können auch bei gestiegenen Mengeneinsätzen niedriger als vorher sein, und das braucht noch nicht einmal auf das Konto besonderer w i r t schaftlicher Tüchtigkeit des Einzelwirtes zu gehen. Vom Wirtschaftszweck her kann aber die Kostensenkung viel mehr interessieren als die Verringerung der Einsatzmengen. Umgekehrt kann Leistungssteigerung als Erhöhung der Ausbringungsmengen und/oder Verbesserung der Qualität der Produkte verstanden werden, was ebenfalls gesamtwirtschaftlich durchaus erwünscht sein kann. Aber i n einer gestiegenen geldlichen Leistung, i n den Erlösen, kann auch der gegenteilige Erfolg seinen Niederschlag gefunden haben, denn vom einzelwirtschaftlichen Gesichtspunkt aus kann über höhere Verkaufspreise auch durch eine Verringerung der güterlichen Leistung ein besseres wirtschaftliches Ergebnis erzielt werden. Das Dilemma besteht also darin, daß ein Verhalten dann, wenn man es ausschließlich von der Leistungserstellung her betrachtet, durchaus rational sein kann, während es das vom Standpunkt des einzelwirtschaftlichen Zieles aus nicht zu sein braucht. Dieses Dilemma w i r d auch insofern offensichtlich, als man der Rechenhaftigkeit wegen die Leistungserstellung als Ganzes nur m i t Hilfe geldlicher Größen beurteilen kann, diese geldlichen Größen aber eine ausgesprochen wirtschaftliche Kategorie sind. Vielen Einzelwirtschaften kommt es nun nicht auf eine Kostensenkung und Leistungssteigerung, sondern auf die Spanne zwischen Kosten und Leistung an. Dieser Spanne wegen sind sie, wenn es notwendig ist, sogar zu Kostensteigerungen und andererseits auch zu einer Verringerung der güterlichen Leistung bereit. Stellt man demgegenüber den Prozeß der Leistungserstellung i n den Vordergrund, dann weist man damit der Einzelwirtschaft die organschaftliche Aufgabe der Produktion von Be-
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dürfnisbefriedigungsmitteln zu. Man muß dann die tatsächlich bestehenden unterschiedlichen wirtschaftlichen Zielsetzungen negieren oder sie auf den einheitlichen neuen Zweck hin ausrichten. Läßt man die verschiedenartigen wirtschaftlichen Ziele gelten, dann sind die Vorgänge bei der Produktion nur von untergeordneter Bedeutung, und es kann der für die Produktion aufgestellte Grundsatz der Senkung des Einsatzes und der Erhöhung des Ergebnisses dem einzelwirtschaftlichen Ziel zuwiderlaufen. Besondere Schwierigkeiten ergeben sich außerdem dann, wenn man auch die Einzelwirtschaften berücksichtigt, deren güterliche Leistungen überhaupt nicht gegen Entgelt abgegeben werden, für die damit der geldliche Maßstab für die Beurteilung der Ergebnisseite entfällt. Dieses doppelte Gesicht, das das Wirtschaftlichkeitsprinzip kennzeichnet, wenn es als Streben nach Kostensenkung und Leistungssteigerung definiert wird, findet i n den Versuchen zur Wirtschaftlichkeitsmessung seinen deutlichen Niederschlag. Es werden da eine Reihe von Einzelvergleichen und Einzelrechnungen angestellt, die sowohl die geldliche Seite als auch die güterlich-mengenmäßige i n die Kontrolle einbeziehen. Nebeneinander stehen da Geld- und Mengenrechnungen; sie betreffen Einzelhandlungen und den Wirtschafts- und Produktionsprozeß einer ganzen Periode; sie umfassen einzelne Abteilungen, den gesamten Produktionsbereich und die Wirtschaftseinheit als solche. M i t Hilfe eines Systems von Kennzahlen und Graden soll ein Einblick i n die Gesamtsituation der Einzelwirtschaft, was die Leistungserstellung und die Verfolgung des eigentlichen Wirtschaftszweckes anbetrifft, ermöglicht werden. Was aber aus diesen Graden und Kennzahlen nicht ohne weiteres herausgelesen werden kann, ist das Urteil darüber, ob man sich nun wirtschaftlicher verhalten hat als vorher oder als ein Vergleichsbetrieb. Dazu bedarf es nämlich der besonderen Gewichtung der einzelnen Kennzahlgruppen. Eine Gewichtung beruht aber immer auf einem höheren übergeordneten Gesichtspunkt. Sind, um als Beispiel auf das von Castan aufgestellte System einzugehen 35 , i n einer Periode die Kostennormen nicht erreicht worden, wurden aber dafür die Leistungsnormen erheblich und die Umlaufsnormen geringfügig überschritten, hat dann die Einzelwirtschaft insgesamt gesehen wirtschaftlicher gehandelt oder nicht 86 ? Erst unter Berücksichtigung des tatsächlichen Zieles dieser 85
Castan, Edgar, a. a. O., S. 58, insb. S. 85 ff. Die Notwendigkeit der Gewichtung w i r d noch deutlicher, w e n n m a n daran denkt, daß die Kennzahlen u n d Grade gleiche Vorgänge sowohl i n geldlicher als auch i n güterlicher F o r m zum Gegenstand haben. Über höhere Preise können trotz Einsparimg bei den Mengeneinsätzen die Kosten gestiegen sein, trotz höherer Stückzahlen können bei gefallenen Verkaufspreisen die Erträge niedriger sein, u n d was es an Beispielen mehr gibt, die 86
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Wirtschaftseinheit oder aber i m Hinblick auf übergeordnete gemeinwirtschaftliche oder sonstige Interessen kann auf diese Frage eine A n t wort erteilt werden. Wenn die Leistungserstellung nicht nur auf ihre technische Güte hin beurteilt werden soll, dann ist das Wirtschaftlichkeitsurteil über den Leistungsprozeß immer von einem höheren w i r t schaftlichen Gesichtspunkt abhängig, i n dem der Zweck, dem die Leistungserstellung dienen soll, zum Ausdruck kommt. Was folgt nun daraus für unsere Frage nach der Geeignetheit eines solchen Wirtschaftlichkeitsprinzips zum systembildenden Prinzip? Das Streben nach Kostensenkung und nach Leistungssteigerung rangiert für den Einzelwirt immer hinter den von seiner Zielsetzung bestimmten Notwendigkeiten. Je nachdem, ob durch Kostensenkung und Leistungssteigerung das wirtschaftliche Ziel gefördert w i r d oder nicht, w i r d man sich entsprechend verhalten. Kostensenkung und Leistungssteigerung können sehr wohl dem Wirtschaftsziel entgegenstehen. Auch die Formulierung des Wirtschaftlichkeitsprinzips als Streben nach Aufwandssenkung und Ertragssteigerung wird, ganz abgesehen davon, daß sie nur für bestimmte Einzelwirtschaften gelten könnte, der tatsächlichen Zielsetzung nicht gerecht, denn es geht bei den diesbezüglichen Einzelwirtschaften allein u m die Spanne zwischen Ertrag und Aufwand. Diese kann aber auch durch Aufwandssteigerung vergrößert werden, wenn dadurch ein überproportionaler Ertragsanstieg gewährleistet wird, um nur ein Beispiel zu nennen. Selbst i n dieser Formulierung stände das Wirtschaftlichkeitsprinzip also noch i m Dienste des höheren einzelwirtschaftlichen Zieles. Damit ist das Wirtschaftlichkeitsprinzip i n der hier behandelten Form weder für eine empirische Seinswissenschaft von der Einzelwirtschaft noch für eine solche von der Unternehmung geeignet. Anders dagegen bei einer normativen Wissenschaft. Zwar kommt auch sie nicht darum herum, daß Kostensenkung und Leistungssteigerung beim Produktionsprozeß m i t der wirtschaftlichen Zielsetzung nicht übereinzustimmen brauchen, aber sie kann dann eine entsprechende einzelwirtschaftliche Zielsetzung postulieren. Sie kann also zum obersten Grundsatz erklären, es sei nach Senkung des Gütereinsatzes und nach mengen- und/oder qualitätsmäßiger Leistungssteigerung zu streben. Sie kann aus gesamtwirtschaftlicher Sicht die organschaftliche A u f gabe der Leistungserstellung für die Bedürfnisbefriedigung i n den Vordergrund rücken und die entsprechende Anpassung aller einzelwirtschaftlichen Zielsetzungen fordern. Um die Schwierigkeiten, bestimmen zu müssen, was eine bessere Leistung ist, bzw. was überhaupt als Leistung angesprochen werden soll, kommt man allerdings auch hier nicht herum, ganz zu schweigen von den Schwierigkeiten einer rechneriveranschaulichen, daß m a n alle diese Einzelergebnisse n u r von einem höheren Gesichtspunkt her zu einem geschlossenen U r t e i l vereinigen kann.
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sehen Nachprüfung. Versuche, die einzelwirtschaftliche Zwecksetzung diesem i m Leistungserstellungsbereich begründeten Postulat nach Kostensenkung und Leistungssteigerung unterzuordnen, konnte man zu jeder Zeit i n der Betriebswirtschaftslehre beobachten. Obwohl ein W i r t schaftlichkeitsprinzip als Forderung nach Kostensenkung und Leistungssteigerung den Gedanken der gemeinwirtschaftlichen Nützlichkeit nicht ausdrücklich betont, so steht er letzten Endes aber doch dahinter. I m merhin würde aber ein derartiges Prinzip dann für alle Wirtschaftseinheiten Geltung haben, auch für die Haushaltungen, weil es nicht auf geldliche Erlöse, sondern primär auf die güterliche Leistung abstellt. Würde das Wirtschaftlichkeitsprinzip dagegen als Streben nach A u f wandssenkung und Ertragssteigerung definiert, könnte es wohl kaum zum Grundprinzip einer normativen Wissenschaft taugen, weil damit nur eine „Profitlehre" begründet werden könnte, die gerade i n dieser Wissenschaftsrichtung auf wenig Gegenliebe stoßen dürfte. d) Die güterlich-technische
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Während i m vorangegangenen Abschnitt das Wirtschaftlichkeitsprinzip behandelt wurde, das wohl i n erster Linie auf den Leistungserstellungsprozeß zugeschnitten ist, aber die Eingliederung dieses Prozesses i n einen wirtschaftlichen Rahmen nicht außer acht läßt, so haben w i r es jetzt m i t einem Prinzip zu tun, das nur den technischen Vorgang der Gütererzeugung zum Gegenstand hat. Dieses Prinzip w i r d definiert als Streben nach Senkung des mengenmäßigen Einsatzes und Steigerung der mengenmäßigen und/oder qualitätsmäßigen Ausbringung 8 7 . Zur Einsatzsenkung ist auch die Substitution zu rechnen, das Ersetzen einer Maschine durch eine geeignetere, eines Verfahrens durch ein besseres, menschlicher Arbeitskraft durch Maschinenarbeit, und was der Möglichkeiten mehr sind. I m Grunde genommen geht es hier also um die Verwirklichung des ökonomischen Prinzips i m Bereich der Produktion innerhalb einer W i r t schaftseinheit. Es geht u m die sparsame Verwendung von M i t t e l n und u m den möglichst großen güterlichen Ertrag. Dabei kommt es also nicht darauf an, was m i t den produzierten Gütern wirtschaftlich geschehen soll, noch darauf, ob die Ersparnis i m güterlichen Einsatz w i r t schaftlich nicht teuerer zu stehen kommt als eine gewisse Verschwendung. Ein Wirtschaftlichkeitsprinzip, das ausschließlich auf den technischen Produktionsvorgang abgestellt ist, kann als Grundprinzip einer Einzelwirtschaftslehre nicht geeignet sein. Zunächst einmal ist dieses Prinzip kein spezifisch wirtschaftliches, sondern eines, das i n allen Bereichen menschlichen Lebens seine Bedeutung hat. Die Probleme, die m i t der Verringerung des Einsatzes und der Steigerung der Ausbringung zusam87
Vergleiche unsere Ausführungen S. 31 ff.
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menhängen, sind ausgesprochen technischer Natur. Dabei soll hier unter Technik nicht nur das rein Ingenieurmäßige verstanden werden, sondern auch alles das, was i n das umfangreiche Gebiet der Arbeits- und der Betriebswissenschaft gehört. E i n Wirtschaftlichkeitsprinzip dieser A r t hat vom wirtschaftlichen Standpunkt aus zudem nur untergeordneten Rang, es bestimmt nicht das wirtschaftliche Verhalten der Einzelwirte. Das Produzieren güterlicher Leistungen ist nicht der Endzweck einzelwirtschaftlicher Betätigung 38 . Sich entsprechend diesem Prinzip zu verhalten, das kann dem wirtschaftlichen Ziel förderlich sein, es kann i h m aber auch strikt zuwiderlaufen. Wenn es u m das wirtschaftliche Verhalten geht, dann kann der Produktionsprozeß immer nur als M i t t e l zum wirtschaftlichen Zweck gesehen werden. Das gilt ohne Einschränkung für eine empirische Wissenschaft von der Einzelwirtschaft. Doch auch eine normative Wissenschaft kann zu keinem anderen Ergebnis kommen, es sei denn, sie dehnt den Begriff des Wirtschaftens auf das Produzieren aus und damit aber auch auf andere Lebensbereiche, i n denen ebenfalls Leistungserstellung stattfindet. Praktisch hätte sie dann den ganzen Bereich rationalen Verhaltens zum Gegenstand. Daß eine solche Ausweitung aber nicht beabsichtigt ist, das zeigt die entsprechende betriebswirtschaftliche Literatur. Eher kann das Gegenteil behauptet werden, denn selbst die normative Wissenschaft Nicklischs hat nur die abgeleiteten Betriebe i n die Betrachtung einbezogen, während unserer Auffassung nach auch die privaten Haushalte Wirtschaftseinheiten sind. 2. D i e E i g n u n g z u m s y s t e m b i l d e n d e n P r i n z i p in seinswissenschaftlicher und normativer Sicht Z u welchem Ergebnis kommen w i r nun nach der Behandlung des Wirtschaftlichkeitsprinzips? Eine Wissenschaft von der Einzelwirtschaft oder besser: vom wirtschaftlichen Verhalten des Einzelwirtes und seinen Auswirkungen und Ergebnissen ist als ein geschlossenes Gebäude von Erkenntnissen nur dann möglich, wenn es ein Grundprinzip gibt, aus dem heraus das Verhalten zu verstehen und eindeutig und 88 Nicht einmal i n einer zentralen Verwaltungswirtschaft k a n n das ökonomische Prinzip i n der Produktion r e i n v e r w i r k l i c h t werden. Erstens einm a l w i r d die Leistung vorgegeben, wobei es den einzelnen Produktionsstätten i n der Regel w o h l nicht gestattet ist, die Ausbringung so zu steigern, daß die günstigsten Verfahren angewandt werden können. Andererseits sind auch die Einsatzmengen eingeplant, so daß also die Produktion weder beliebig gesteigert werden kann, noch i m Wege der Substitution die günstigsten Verfahren berücksichtigt werden können. Die Einsatzgüter zur rationellsten Fertigung sind vielleicht auch gar nicht zu bekommen. Wie dem auch sei, selbst hier ist die Produktion i m m e r einem höheren wirtschaftlichen Gesichtsp u n k t untergeordnet.
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hinreichend zu erklären ist und das für die Einordnung der Einzelerkenntnisse i n ein System dienlich sein kann. Ein solches Prinzip muß für unsere Disziplin ein spezifisch wirtschaftliches Prinzip sein, und es muß gleichzeitig die höchste Verhaltensmaxime für den Einzelwirt i m Bereich, den w i r Wirtschaft nennen, abgeben. Von der Betriebswirtschaftslehre w i r d die Behauptung aufgestellt, dieses Prinzip sei das Wirtschaftlichkeitsprinzip. Diese Behauptung nachzuprüfen, war ein Anliegen dieser Arbeit. Ein Überblick über die betriebswirtschaftliche Literatur zeigte, daß von einer einheitlichen Formulierung eines Wirtschaftlichkeitsprinzips keine Rede sein kann. Nicht nur, daß die Autoren i n ihrer Auffassung, was unter Wirtschaftlichkeit zu verstehen sei, stark voneinander abweichen, nein, einige Autoren verwenden den gleichen Begriff Wirtschaftlichkeit nebeneinander m i t mehreren unterschiedlichen Inhalten. A l l e i n diese beiden Sachverhalte lassen schon einen Zweifel berechtigt erscheinen, ob das Wirtschaftlichkeitsprinzip tatsächlich zum systembildenden Prinzip geeignet ist. Wenn die Behauptung, alle Betriebe würden nach Wirtschaftlichkeit streben, richtig sein soll, dann müßte dieses Prinzip zumindest einen einheitlichen Inhalt haben 89 . Für eine normative Wissenschaft liegen die Dinge etwas anders, denn hier können durchaus mehrere Auffassungen über die Wirtschaftlichkeit als wirtschaftliche Sondernormen nebeneinander bestehen, wenn sie nämlich aus unterschiedlichen höheren Normen abgeleitet sind. Allerdings ist es auch denkbar, daß aus einer einzigen Grundnorm mehrere gleichberechtigte Sondernormen entwickelt werden können, doch brauchen w i r dieser Frage hier nicht weiter nachzugehen. Die empirische Beobachtung der realen Wirklichkeit zeigt nun aber, daß das Wirtschaftlichkeitsprinzip, ganz gleich, wie es definiert wird, nicht das Prinzip ist, nach dem sich das wirtschaftliche Verhalten der Einzelwirte i n der Praxis ausrichtet. Dabei müssen w i r allerdings die Fälle ausschließen, wo sich hinter dem Wirtschaftlichkeitsprinzip nichts anderes als das Gelderwerbs- oder Gewinnprinzip verbirgt. Dam i t ist nun aber nicht gesagt, daß das Wirtschaftlichkeitsprinzip i n entsprechender Form nicht für das Verhalten i m Produktionsbereich bestimmend sein kann. Doch ist für uns Produzieren eben nicht Wirtschaften, so daß sich das Verhalten bei der Leistungserstellung i m mer nach den Erfordernissen richtet und richten muß, die vom eigentlichen Wirtschaftsziel her gestellt werden. Die Erzeugung güterlicher 89 Denkbar wäre allerdings auch noch der Fall, daß m a n dadurch zu dieser Behauptung kommt, indem m a n einfach jedes reale Wirtschaftsziel, das die verschiedenen Einzelwirte haben, m i t der gleichen Benennung Wirtschaftlichkeit versieht. F ü r ein solches Verfahren gibt es aber keinen stichhaltigen Grund, zumal die Problematik gerade i n den unterschiedlichen Verhaltensweisen begründet liegt.
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Leistungen ist immer nur modales Ziel für das Wirtschaftssubjekt; ein Prinzip, das für den von der wirtschaftlichen Umklammerung befreit gesehenen Produktionsbereich Geltung haben kann, ist stets der M a x i me, die sich der Einzelwirt für sein wirtschaftliches Verhalten gesetzt hat, untergeordnet. E i n solches Prinzip ist deshalb auch nicht dafür geeignet, das wirtschaftliche Verhalten des Einzelwirtes hinreichend und eindeutig zu erklären. Entsprechen schon die ganz speziell auf die Einzelwirtschaft zugeschnittenen Vorstellungen vom Wirtschaftlichkeitsprinzip nicht ganz dem Grundsatz oder den Grundsätzen, nach denen sich die Wirtschaftssubjekte tatsächlich verhalten, so gilt das i n noch stärkerem Maße für die Auffassungen, die das Verhalten an den gesamtwirtschaftlichen Interessen oder an vorwiegend ethischen Normen ausgerichtet sehen möchten. Ihnen kommt vom seinswissenschaftlichen Standpunkt aus für die Erklärung des wirtschaftlichen Verhaltens keine Bedeutung zu. Somit läßt sich nun abschließend feststellen, daß eine empirische Wissenschaft von der Einzelwirtschaft auf der Grundlage eines W i r t schaftlichkeitsprinzips nicht möglich ist. Was unter dem Wirtschaftlichkeitsprinzip i n der Literatur verstanden wird, ist entweder trotz seiner Bezeichnung kein wirtschaftliches Prinzip oder es ist von einer dem eigentlichen Wirtschaftszweck untergeordneten Stellung, so daß es für das Verstehen und Erklären des wirtschaftlichen Verhaltens nicht ausreicht. Eine Ausnahme macht hier nur das m i t dem Gewinnprinzip identische Wirtschaftlichkeitsprinzip; sieht man davon ab, daß für eine Umbennung kein Grund zu finden ist, ließe sich darauf aber allenfalls eine Wissenschaft von den nach Gewinn strebenden Einzelwirtschaften aufbauen, keinesfalls aber eine einheitliche Lehre von der Einzelwirtschaft schlechthin. Für eine normative Einzelwirtschaftswissenschaft ist das Ergebnis, das w i r aus den Betrachtungen über das Wirtschaftlichkeitsprinzip zu ziehen haben, ein anderes 40 . A n der Forderung, daß das Systemprinzip ein spezifisch wirtschaftliches Prinzip sein muß, kann auch die normative Betrachtungsweise nicht vorbeigehen, aber die Unterordnung des Wirtschaftlichkeitsstrebens unter den jeweiligen einzelwirtschaftlichen Zweck, die selbstverständlich auch hier gegen die Eignung zum Systemprinzip sprechen würde, kann i n Form des Postulates aufgehoben werden. Das Wirtschaftlichkeitsprinzip kann also zum obersten Prinzip für das Verhalten erklärt werden. Ein Wirtschaftlichkeitsprinzip, das auf das technisch-rationale Verhalten bei der Produktion abstellt, ist auch für eine normative Wissen40 Z u r normativen Richtung rechnen w i r auch die angewandte Betriebswirtschaftslehre, soweit sie nicht v o n bestehenden, sondern v o n gesetzten Zwecken ausgeht.
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schaft nicht als Grundprinzip geeignet, da es keine wirtschaftliche Kategorie ist. Ungeeignet sind auch alle die Definitionen des Wirtschaftlichkeitsprinzips, die lediglich die Einsatzseite, die Kosten oder A u f wendungen zum Inhalt haben, die also die für das Wirtschaften nicht minder charakteristische Ergebnisseite völlig außer acht lassen. Als systembildendes Prinzip kommt unserer Auffassimg nach das als Streben nach Kostensenkung und Leistungssteigerung definierte W i r t schaftlichkeitsprinzip i n Betracht. Es ist abgeleitet aus der Vorstellung von der bestmöglichen Bedürfnisbefriedigung, zu der die Einzelwirtschaft als Organ der Volkswirtschaft beizutragen hat. Zu verwirklichen wäre dieses Prinzip i n der Praxis allerdings nur dann, wenn die unterschiedlichen einzelwirtschaftlichen Zielsetzungen auf diesen einheitlichen Wirtschaftszweck h i n ausgerichtet werden. Schwierigkeiten bereitet hier die Leistungsseite, worauf w i r weiter oben ausführlicher hingewiesen haben. Die Leistungssteigerung bedeutet j a nicht eine mengenmäßige Erhöhung der Ausbringung, die zudem nicht einmal i n jedem Falle i m gesamtwirtschaftlichen Interesse zu liegen braucht, und eine qualitätsmäßige Verbesserung — das alles wären doch nur technische Probleme —, sondern es geht darum, die Bedürfnisbefriedigung zu verbessern. Ob aber eine güterliche Leistung auch eine Leistung i m wirtschaftlichen Sinne ist, das kann erst dann entschieden werden, wenn man die Meinung derer, die diese güterlichen Leistungen abnehmen und konsumieren sollen, berücksichtigt. Die Entscheidungsbefugnis der Abnehmer ist nun verschieden weit, je nachdem, ob man es m i t einer freien Marktverkehrswirtschaft oder m i t einer zentralgelenkten Verwaltungswirtschaft zu t u n hat, u m hier nur die beiden gegensätzlichen Extremfälle zu nennen. I n der Marktverkehrswirtschaft w i r d das U r t e i l darüber, ob eine Leistung auch eine wirtschaftliche Leistung ist, vom Abnehmer auf dem M a r k t über den Preis gefällt 4 1 ; i n einer Verwaltungswirtschaft bestimmt der Staat, was der Abnehmer als wirtschaftliche Leistung anzuerkennen hat. Das Wirtschaftlichkeitsprinzip i n der Gestalt des Strebens nach Kostensenkung und Leistungssteigerung kommt für eine normative Wissenschaft also dann als systembildendes Prinzip i n Frage, wenn das Wirtschaftssubjekt über einen Maßstab verfügen kann, der i h m anzeigt, wann seine wirtschaftliche Leistung gestiegen resp. schlechter geworden ist. 41 Wollte m a n dieses Wirtschaftlichkeitsprinzip i n der Marktwirtschaft v e r w i r k l i c h t sehen, dann wäre es die vornehmste Aufgabe der Wirtschaftspolitik, dafür zu sorgen, daß die Abnehmer über den Preis tatsächlich i h r wirtschaftliches U r t e i l abgeben können. Das würde praktisch auf eine Realisierung des Modells der vollkommenen Konkurrenz hinauslaufen. F ü r dieses Modell ist j a gerade der Ausgleich v o n einzel- u n d gesamtwirtschaftlichen Interessen, auf den doch auch das Wirtschaftlichkeitsprinzip, von dem hier die Rede ist, abzielt, besonders kennzeichnend.
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Prinzip
Ein solches normatives Prinzip würde i m übrigen auch den Haushalt umfassen, wo allerdings die rechnerische Kontrolle der Leistungsseite einige Schwierigkeiten bereiten wird, w e i l hier das Urteil der A b nehmer über die Leistung keinen zahlenmäßigen Niederschlag finden kann. Eine normative Wissenschaft auf der Grundlage dieses W i r t schaftlichkeitsprinzips würde also zunächst einmal den Einzelwirten ein einheitliches Ziel vorgeben. Sie hätte dann zu zeigen, wie sich das Wirtschaftssubjekt zu verhalten hat, damit es diesem Prinzip folgen kann. Zu diesem Zweck wären die entsprechenden Maßnahmen und Verfahrensregeln aufzuzeigen bzw. zu entwickeln. Was bei diesem Wirtschaftlichkeitsprinzip nicht ohne weiteres berücksichtigt wird, ist die Frage, ob die produzierten und von den A b nehmern sogar anerkannten Leistungen i n einem höheren, gemeinwirtschaftlichen Sinne erwünscht sind oder nicht. Insofern unterscheidet es sich von dem, was man allgemein unter Gemeinwirtschaftlichkeit versteht, i n der ja auch noch die unter dem Gesichtspunkt der Volksgesundheit, Moral, Autarkiebestrebungen usw. vorgenommene Auswahl der zu produzierenden Güter Berücksichtigung findet. I n einer staatlich gelenkten Verwaltungswirtschaft würde dieser Unterschied allerdings aufgehoben. Abschließend können w i r also feststellen: es gibt i n der Literatur kein Wirtschaftlichkeitsprinzip, das einer seinswissenschaftlichen Einzelwirtschaftslehre als systembildendes Grundprinzip dienen kann. Soweit das Wirtschaftlichkeitsprinzip überhaupt ein wirtschaftliches Prinzip ist, ist es immer nur von untergeordneter Bedeutung. Bevor aber endgültig darüber entschieden werden kann, ob eine empirische Einzelwirtschaftswissenschaft möglich ist, ist zu untersuchen, ob es nicht ein anderes geeignetes Grundprinzip dafür gibt. Da die Unterordnung unter den jeweiligen einzelwirtschaftlichen Zweck von einer normativen Wissenschaft i n Form eines Postulates aufgehoben werden kann, ist, wenn die sonstigen Voraussetzungen gegeben sind, ein entsprechend formuliertes Wirtschaftlichkeitsprinzip als systembildendes Prinzip für eine Wissenschaft von der Einzelwirtschaft geeignet. Damit ist die Grundlage für eine einheitliche Einzelwirtschaftslehre normativer Richtung vorhanden.
I I . Das Rentabilitätsprinzip als systembildendes Prinzip Nach den Ausführungen über die Geeignetheit des Wirtschaftlichkeitsprinzips zum systembildenden Prinzip ist die gleiche Frage nun für das Rentabilitätsprinzip zu untersuchen. Das Problem ist aber dann noch nicht hinreichend klar formuliert, wenn das Objekt nicht erwähnt ist, m i t dem sich die Wissenschaft, u m deren Grundprinzip es geht,
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beschäftigt. Das Rentabilitätsprinzip kann selbstverständlich nicht systembildendes Prinzip für eine Einzelwirtschafts- oder Betriebswirtschaftslehre sein, wobei es ganz gleichgültig ist, ob man sich für eine seinswissenschaftliche oder eine normative Betrachtungsweise entschließt. Es gibt nachweisbar viele Einzelwirtschaften, für die die Rentabilität gar nichts bedeutet, die ein ganz anderes Ziel als die Erwirtschaftung eines geldlichen Überschusses haben. Daß es nicht möglich ist, das Streben nach Rentabilität oder sogar nach möglichst großer Rentabilität i m Sinne einer normativen Wissenschaft als Norm für alle Einzelwirtschaften zu postulieren, bedarf nicht der Erwähnung. Somit könnte das Rentabilitätsprinzip also lediglich die Grundlage für eine Wissenschaft von den Einzelwirtschaften abgeben, für die die Rentabilität tatsächlich die kennzeichnende und verhaltenbestimmende Größe darstellt. Diese Einzelwirtschaften bezeichnet man allgemein als Unternehmungen oder als kapitalistische Unternehmungen. Durch den Zusatz kapitalistisch soll angedeutet werden, daß die Interessen der Kapitalgeber eindeutig i m Vordergrund stehen und daß zum anderen derartige Einzelwirtschaften nur i n einer entsprechenden Wirtschaftsordnung existieren können. Die Gegenüberstellung des Wirtschaftlichkeits- und Rentabilitätsprinzips ist also zwangsläufig auch eine Gegenüberstellung zweier Erkenntnisobjekte. A u f die wechselseitigen Beziehungen zwischen Systemprinzip und Erkenntnisobjekt wurde schon mehrfach hingewiesen. Vom Vorhandensein eines geeigneten Systemprinzips ist es abhängig, ob ein gewähltes Erfahrungsobjekt auch zum Erkenntnisobjekt einer Wissenschaft werden kann. Durch die Untersuchungen über das Wirtschaftlichkeitsprinzip waren w i r zu dem Ergebnis gekommen, daß die Einzelwirtschaft nicht das Erkenntnisobjekt einer Seinswissenschaft sein kann. Allerdings müssen w i r hier einschränkend hinzusetzen: einer Seinswissenschaft auf der Grundlage des Wirtschaftlichkeitsprinzips. Es ist nämlich noch zu prüfen, ob es nicht ein anderes für alle verschiedenartigen Einzelwirtschaften geltendes einheitliches Prinzip gibt. W i r werden auf diese Frage später zurückkommen, denn eine A n t w o r t darauf ist leicht zu geben, wenn erst die Ergebnisse der Untersuchung über die Geeignetheit des Rentabilitätsprinzips zum Grundprinzip einer Unternehmungslehre vorliegen 42 . 42 I m folgenden haben w i r es i m m e r n u r m i t der Eigenkapitalrentabilität zu tun. Bei dieser Gelegenheit möchten w i r noch einmal darauf hinweisen, daß w i r terminologisch das Rentabilitätsstreben dem Gewinnstreben v o r ziehen, soweit es den Unternehmer betrifft. Es k o m m t darin der Eigenkapitaleinsatz als ein entscheidendes K r i t e r i u m f ü r den Unternehmer zum Ausdruck. Durch die Bezugnahme auf den Kapitaleinsatz w i r d w e i t e r h i n auch die Vergleichbarkeit der Gewinne herausgestellt, die eine wichtige V o r aussetzung dafür ist, daß der Unternehmer sein Z i e l an der geeigneten E i n satzstelle v e r w i r k l i c h e n kann. Sobald allerdings das geldliche Einkommen
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1. D i e E i n s t e l l u n g d e r B e t r i e b s w i r t s c h a f t s l e h r e zum Rentabilitätsprinzip I n unseren Ausführungen über das Rentabilitätsprinzip und über die Rentabilität haben w i r wiederholt die Auseinandersetzungen erwähnt, die über dieses Prinzip i n der betriebswirtschaftlichen Literatur geführt wurden und werden. Bevor w i r nun auf die Frage nach der Eignung zum Systemprinzip eingehen, wollen w i r noch einmal kurz die Einwände seitens der Betriebswirtschaftslehre gegen das Rentabilitätsprinzip als Systemprinzip streifen. A n erster Stelle ist daran zu erinnern, daß das Streben nach Gewinn als „Profitstreben" i n der Vergangenheit zu einem Schlagwort m i t ausgesprochen politischer Färbung geworden war. Gerade die betriebswirtschaftliche Literatur i m deutschen Sprachbereich hat i n starkem Maße aus politischen, sozialen oder ethischen Wertvorstellungen heraus gegen das Gewinnstreben (vor allen Dingen gegen das Streben nach maximalem Gewinn) argumentiert. U m eine Wertung des Gewinnstrebens kann es uns aber nicht gehen, w i r versuchen vielmehr, die Dinge so zu sehen, wie sie nun einmal sind, also ohne die persönliche Stellungnahme dafür oder dagegen. Und w i r stellen empirisch fest, daß es Wirtschaftssubjekte gibt, die einzig und allein des geldlichen Gewinnes wegen wirtschaftlich tätig sind, und nennen diese dann Unternehmer. Ob w i r ein solches Gewinnstreben gutheißen und damit die Existenz von Unternehmung für richtig oder begrüßenswert, für schädlich oder hinderlich i n einem höheren gemeinwirtschaftlichen oder sogar außerwirtschaftlichen Sinne halten, ist dabei völlig gleichgültig. Etwas abzulehnen, weil es m i t den individuellen Wertvorstellungen des Wissenschaftlers nicht übereinstimmt, ist für eine auf die Erkenntnis des Seienden gerichtete Wissenschaft nicht denkbar. Ein anderer Einwand gegen das Rentabilitätsprinzip als Systemprinzip w i r d darin gesehen, daß es erwiesenermaßen Wirtschaftseinheiten gibt, die entweder nicht nach Gewinn streben oder für die der Gewinn nicht die das Verhalten bestimmende Größe ist. So zählt Thoms eine ganze Reihe von Betrieben auf, bei denen der Gewinn keine oder nur eine untergeordnete Rolle spielt 48 . gemeint ist, dann ist es sicherlich besser, v o m G e w i n n zu sprechen. Da w i r es i m folgenden n u r m i t dem Unternehmer, nicht m i t anderen nach geldlichem M e h r strebenden Einzelwirten zu t u n haben, können keine I r r t ü m e r entstehen, w e n n w i r die Ausdrücke Rentabilitäts- u n d Gewinnstreben i m gleichen Sinne verwenden. 48 Thoms, Walter, Rentabilität u n d Leistung. Die Notwendigkeit des Neubaues der Wirtschaftsrechnung des Betriebes, 2. Aufl., Stuttgart 1944, S. 95 ff.; Thoms f ü h r t aus, es gäbe Betriebe, die: 1. nicht rentabel sein dürfen, w i e z. B. Krankenhäuser, 2. nicht rentabel zu sein brauchen, w i e z. B. öffentliche Verkehrseinrichtungen, 3. nicht rentabel sein können, w i e z. B. Kohlengruben, w e i l die Wirtschaftsstruktur es nicht zulasse, 4. nicht rentabel
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Dieser E i n w a n d gegen d i e E i g n u n g des R e n t a b i l i t ä t s p r i n z i p s z u m S y s t e m p r i n z i p i s t r i c h t i g u n d falsch zugleich. R i c h t i g i s t er i n s o f e r n , als es t a t s ä c h l i c h E i n z e l w i r t s c h a f t e n g i b t , f ü r die die R e n t a b i l i t ä t n i c h t die entscheidende B e d e u t u n g h a t . F a l s c h i s t dagegen d i e A n s i c h t , das R e n t a b i l i t ä t s p r i n z i p solle z u m G r u n d p r i n z i p d e r B e t r i e b s w i r t s c h a f t s l e h r e e r k o r e n w e r d e n . W i r w i e s e n schon m e h r f a c h d a r a u f h i n , daß das R e n t a b i l i t ä t s p r i n z i p a l l e n f a l l s f ü r eine L e h r e v o n d e r U n t e r n e h m u n g i n B e t r a c h t k o m m e n k a n n . H i e r h a b e n w i r es w i e d e r e i n m a l m i t e i n e m F a l l zu tun, w o die Bezeichnung Betriebswirtschaftslehre zu Verwechsl u n g e n f ü h r e n kann. U n t e r Betrieb oder Betriebswirtschaft w i r d nicht d i e U n t e r n e h m u n g v e r s t a n d e n , so daß es besser w ä r e , die Wissenschaft v o n d e r U n t e r n e h m u n g n i c h t als B e t r i e b s w i r t s c h a f t s l e h r e , s o n d e r n als U n t e r n e h m u n g s l e h r e o d e r P r i v a t w i r t s c h a f t s l e h r e z u bezeichnen. E i n w e i t e r e r , d e m l e t z t e n ä h n l i c h e r E i n w a n d i s t der, daß d i e R e n t a b i l i t ä t h e u t e g e w i s s e r m a ß e n ü b e r h o l t u n d n i c h t m e h r zeitgemäß sei. Das k o m m t recht g u t z u m A u s d r u c k i n e i n e r A n z a h l v o n P u n k t e n , d i e H e r t l e i n gegen das R e n t a b i l i t ä t s p r i n z i p v o r b r i n g t 4 4 . sein sollen, w e i l staatlich unerwünscht, 5. nicht rentabel sein wollen, wie z. B. Versuchsbetriebe, 6. nicht rentabel sind u n d doch existieren, w i e z. B. Familienbetriebe, 7. gar nicht nach Rentabilität fragen, w i e z. B. L a n d w i r t schaft u n d Handwerk. Die Ausführungen Thoms' könnten vielleicht den Eindruck erwecken, als w ü r d e das Rentabilitätsprinzip von einzelnen Wissenschaftlern z u m Systemprinzip einer Einzelwirtschaftslehre erhoben. Dav o n k a n n jedoch keine Rede sein, denn es ist selbstverständlich, daß m i t H i l f e des Rentabilitätsprinzips das wirtschaftliche Verhalten v o n Einzelwirten m i t einer ganz anderen Zwecksetzung nicht verstanden u n d erklärt werden kann. I m übrigen sind aber mindestens die drei letzten der v o n Thoms angeführten Fälle nicht sehr überzeugend. Versuchsbetriebe sind i n aller Regel n u r j u r i stisch selbständige, aber wirtschaftlich vollkommen abhängige Anhängsel größerer Unternehmungen oder anderer Einzelwirtschaften. Es handelt sich hierbei n u r u m eine verselbständigte F u n k t i o n der Einzelwirtschaft, nämlich u m die Forschung u n d Entwicklung. Die Tätigkeit dieser Betriebe steht eindeutig i m Dienste der wirtschaftlichen Zwecksetzung des beherrschenden Wirtschaftssubjektes. Daß unrentable Familienbetriebe auf längere Sicht gesehen existieren können, ist nicht möglich. Es bleibt hier n u r die Erklärung, daß geldliches Einkommen i n F o r m v o n L o h n u n d Gehalt an die F a m i l i e n mitglieder gezahlt w i r d oder daß außerhalb der Buchführung eine Rentabilitätsberechnung vorgenommen w i r d , bei der Gewinnbestandteile (Unternehmerlohn, Eigenkapitalzins) als gewinnmindernd verrechnet werden. Daß L a n d w i r t e u n d Handwerker ihre Rentabilität vielleicht nicht ausrechnen, obwohl es technisch durchaus möglich ist, besagt nicht, daß diese Wirtschaftssubjekte nicht an einem geldlichen G e w i n n interessiert wären. Wie anders sollten sie sonst zu einem geldlichen Einkommen gelangen, falls nicht noch andere Quellen vorhanden sind? Aber, u m es noch einmal zu sagen, es geht uns nicht darum, ob eine Einzelwirtschaft nach Rentabilität streben darf, muß oder kann, sondern u m die Betrachtung der Einzelwirtschaften, die tatsächlich nach Rentabilität streben. 44 Hertlein, Adolf, Z u r Problematik der Wirtschaftlichkeit, i n : Fragen der Technik i n Einzeldarstellungen, München 1949, S. 366, zitiert nach Castan, Edgar, a. a. O., S. 78; vergleiche auch Castan, Edgar, a. a. O., S. 41. H e r t l e i n stellt fest, die Bedeutung der Rentabilität sei aus folgenden G r ü n den zurückgegangen:
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Prinzip
Auch zu Hertleins Ausführungen ist zu sagen, daß das Rentabilitätsprinzip von niemandem zum Systemprinzip für eine Wissenschaft, die alle Einzelwirtschaftsarten umfaßt, erhoben w i r d und auch nicht erhoben werden kann. I m übrigen muß man aber wohl sehr vorsichtig zu Werke gehen, wenn man aus außergewöhnlichen Situationen allge1. Lebenswichtige Aufgaben würden durch die öffentliche V e r w a l t u n g und gemeinnützige Organisationen auch ohne Gewinn erfüllt. Dagegen ist nichts zu sagen. Derartige Einzelwirtschaften gab es auch schon früher, n u r waren sie bisher wissenschaftlich nicht so sehr interessant. M a n beschäftigte sich vorwiegend m i t den privaten Wirtschaftseinheiten, w e n n nicht überhaupt n u r m i t den Unternehmungen. Je mehr sich der Staatseinfluß i n der Wirtschaft aber verstärkt, desto größer w i r d auch das Interesse der Wissenschaft f ü r die anderen Einzelwirtschaften. 2. Bei M i t t e l - u n d Kleinbetrieben werde die selbständige Existenz über die erwartete Rente gestellt. Abgesehen davon, daß der Begriff Rente zu Mißverständnissen führen kann, bedeutet doch die selbständige Existenz zumindest, daß die betreffenden Wirtschaftssubjekte davon leben oder sogar noch besser leben können als i n anderen Berufen. Voraussetzung dafür ist aber der geldliche Gewinn. Ob man diesen allerdings auf das eingesetzte K a p i t a l bezieht u n d so eine Rentabilität errechnet, ist eine andere Frage. Sie ist aber nicht so entscheidend, w e i l das Verhalten, auf das es ankommt, ähnlich ist, ob nach Rentabilität oder nach G e w i n n gestrebt w i r d . Die Dinge liegen anders, w e n n auf das Streben nach m a x i m a l e m Gewinn bzw. maximaler Rentabilität abbestellt w i r d . I m übrigen wäre der unter 2 angeführte Sachverhalt nicht das Ergebnis einer E n t w i c k l u n g i n jüngster Zeit, i h n hat es schon gegeben, als das Rentabilitätsprinzip noch nicht umstritten war. Außerdem ist es noch sehr die Frage, ob derartige Betriebe überhaupt zu den Unternehmungen gehören und deshalb von einer auf dem Rentabilitätsprinzip aufbauenden U n t e r nehmungslehre erfaßt würden. 3. Als Steuerungsinstrument sei die Rente durch die Inflation verfälscht. Die Eigenkapitalziffern seien vielfach rein formale Größen ohne Aussagewert über die tatsächlichen Kapitalinvestierungen. Diese Feststellung beruht auf einem Sachverhalt, von dem anzunehmen ist, daß er eine vorübergehende Ausnahmeerscheinung ist. Die E n t w i c k l u n g i n den letzten Jahren dürfte das bestätigen. Daß die ausgewiesenen K a p i talien m i t den w i r k l i c h i m Vermögen investierten nicht übereinstimmen, ist keineswegs die Folge der Inflation. Stille Reserven, u m die eine Möglichkeit zu nennen, wo das investierte K a p i t a l stecken kann, hat es früher auch schon gegeben; ob i n geringerem Ausmaß als heute, ist sehr die Frage. Offene Reserven, die zur Zeit noch aktuell sind, verfälschen zwar das optische Bild, aber zur Errechnung der Rentabilität können sie jeder Zeit m i t herangezogen werden. Die Schwierigkeiten f ü r den Außenstehenden, eine den wirklichen Verhältnissen gerecht werdende Rentabilität zu errechnen, dürften also heute auch nicht erheblich größer sein als früher. U n d die jüngste E n t w i c k l u n g auf dem K a p i t a l m a r k t zeigt doch, daß die Rente heute wieder zum Steuerungsinstrument w i r d . 4. Außergewöhnliche Gewinne (und entsprechende Verluste) seien f ü r den ausgewiesenen G e w i n n häufig entscheidender als der eigentliche Betriebsgewinn. Daß derartige Geschäfte, w i e sie Hertlein hier i m Auge hat, einiges Gewicht haben, liegt ebenfalls n u r an den derzeitigen Wirtschaftsverhältnissen. Wie es die Bezeichnung als „außerordentlich" oder „außergewöhnlich" schon zum Ausdruck bringt, handelt es sich hier u m Ausnahmen, die n u r f ü r kurze Zeit die aus dem „eigentlichen Betriebszweck" stammenden Erfolge überdecken können. F ü r einige Rechtsformen hat der Gesetzgeber die Trennung
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meingültige Erkenntnisse ableiten w i l l , es kann nämlich sein, daß bestimmte Erscheinungen nur für eine gewisse Zeit verdeckt sind und sofort wieder sichtbar werden, wenn sich die Verhältnisse normalisieren. Gerade die Entwicklung i n den letzten Jahren hat doch gezeigt, daß i n reguläre u n d außergewöhnliche Erträge bzw. Aufwendungen vorgeschrieben, so daß außenstehende Interessenten einen Einblick bekommen, worauf eine bestimmte Rentabilität zurückzuführen ist. Wo die Unternehmer E i n blick i n die Unternehmungsrechnung haben, dort bestehen überhaupt keine Schwierigkeiten, außergewöhnliche Situationen bei der Beurteilung des E r folges m i t zu berücksichtigen. W i r sind jedenfalls der Meinung, daß die Bedeutung der Rentabilität f ü r den Unternehmer nicht dadurch beeinträchtigt w i r d , daß die Rechnung etwas komplizierter geworden ist. 5. Die Gewinne w ü r d e n i m m e r weniger den Kapitalgebern zufließen u n d damit f ü r Investitionsüberlegungen mehr u n d mehr ausscheiden. Auch hier werden gewisse Ausnahmeerscheinungen i n unzulässiger Weise verallgemeinert. Dieser Sachverhalt k a n n doch höchstens f ü r Aktiengesellschaften zutreffen. Doch zeigt sich i n jüngster Zeit, daß auch f ü r die K a p i t a l anlage i n A k t i e n die Rentabilität wieder zu einer wichtigen Größe w i r d . 6. E i n großer T e i l des Gewinnes würde v o m Fiskus vereinnahmt; die Selbstfinanzierung erfolge nicht unter Rentabilitätsgesichtspunkten, u n d schließlich hätten die Manager u n d Gewerkschaften vielfach einen stärkeren Einfluß als die Eigentümer. M i t zunehmender Normalisierung der Steuersätze verliert dieses A r g u m e n t an Bedeutung. Zuzugeben ist, daß die Selbstfinanzierung nicht i m m e r aus Rentabilitätsgesichtspunkten erfolgte. Das ist zu einem gewissen T e i l w o h l auch heute noch der Fall. A b e r die Selbstfinanzierung w u r d e u n d w i r d auch der Rentabilität wegen betrieben. Durch Ausnutzen der Abschreibungsmöglichkeiten konnte die Steuerlast vermindert werden, wobei m a n m i t einer sinkenden Steuerbelastung f ü r die nächste Zeit rechnete. Ansonsten wäre das Ergebnis j a n u r eine Verschiebung der Steuerzahlungen auf einen späteren T e r m i n gewesen, was i m Einzelfall auch schon einen V o r t e i l bedeuten kann. Selbstfinanzierung konnte auch betrieben werden, u m später besser gerüstet zu sein f ü r den Konkurrenzkampf. Daß Manager einen stärkeren Einfluß als die Eigentümer haben können, ist nicht zu leugnen, aber trotzdem sind letztere auf Rentabilität aus; ob die beauftragte Geschäftsführung i n diesem Sinne handelt, ist eine andere Frage. 7. Die Anpassungsfähigkeit i m Rahmen der laufenden Betriebsführung nach Rentabilitätsgesichtspunkten nähme m i t steigender K a p i t a l b i n d u n g ab. Erhaltung der Leistungsfähigkeit des Betriebes u n d des vorhandenen Sachkapitals gewinne an Bedeutung. Erhaltung der Leistungsfähigkeit u n d des Sachkapitals k a n n f ü r kurze Zeit, zur Ü b e r w i n d u n g irgendwelcher Schwierigkeiten, einmal das Ziel des Unternehmers sein. Wenn das aber das Dauerziel oder das eigentliche W i r t schaftsziel sein sollte, dann k a n n m a n eben nicht mehr von der Unternehmung reden. Die Unternehmung ist, w i e w i r schon wiederholt feststellten, eine historische Kategorie u n d damit an das Bestehen bestimmter Verhältnisse gebunden. Daß die Anpassungsfähigkeit m i t steigender Kapitalintensität abn i m m t , ist w o h l zu beobachten, es spricht aber nicht dafür, daß der U n t e r nehmer das Streben nach Rentabilität aufgegeben hätte. Es ist i h m n u r schwerer gemacht, sein Ziel zu erreichen, er k a n n nicht mehr so leicht den Einsatzort f ü r das K a p i t a l wechseln. I m übrigen darf m a n die Dinge auch nicht f ü r eine zu kurze Frist sehen, denn der Unternehmer ist i n der Regel auf eine Einkommensquelle f ü r längere Dauer aus. Deswegen interessiert i h n auch die E r h a l t u n g der Leistungsfähigkeit, nicht etwa aus irgendwelchen höheren gemeinwirtschaftlichen Gründen. D a m i t unterliegt aber auch die Betriebsführung ganz eindeutig dem Rentabilitätsgesichtspunkt, w e n n w i r es m i t einer Unternehmung zu t u n haben, u n d keinem anderen.
e n t b t s y s t e m b i l d e n d e s
Prinzip
ein Teil der Voraussetzungen, von denen Hertlein und andere Autoren ausgehen, wenn sie das Rentabilitätsprinzip als überholt und nicht mehr zeitgemäß ablehnen, heute überhaupt nicht mehr gegeben ist. Die Einwände Hertleins wenden sich nun nicht nur gegen die Funktion der Rentabilität als Richtgröße für Investitionsentscheidungen, sondern auch gegen das Streben nach maximalem Gewinn. Und damit berühren w i r einen weiteren Gesichtspunkt, der i n der betriebswirtschaftlichen Literatur gegen das Rentabilitätsprinzip ins Feld geführt wird. Man versucht auf verschiedene A r t und Weise nachzuweisen, daß die Unternehmer nicht oder nicht mehr nach maximalem Gewinn streben würden, daß das Gewinnstreben heute von vielen Seiten her Beschränkungen unterworfen sei 45 . Diese Einwände sind durchaus berechtigt, doch es ist die Frage, ob das Rentabilitätsprinzip tatsächlich auf den maximalen Gewinn angewiesen ist, d.h. ob man nur dann davon sprechen kann, daß das unternehmerische Verhalten vom Rentabilitätsprinzip bestimmt würde, wenn der Unternehmer nach maximaler Rentabilität i m Sinne eines absoluten Maximums strebt. Es geht unseres Erachtens aber nicht an, das Rentabilitätsprinzip nur m i t dem Modell der Marktverkehrswirtschaft m i t vollkommener Konkurrenz i n Beziehung zu bringen und es dann abzulehnen, weil dieses Modell i n der Realität nicht zu verwirklichen sei 46 .
und
2. D a s R e n t a b i l i t ä t s p r i n z i p die an ein s y s t e m b i l d e n d e s P r i n z i p zu s t e l l e n d e n A n f o r d e r u n g e n
Wenn das Rentabilitätsprinzip als systembildendes Prinzip einer Unternehmungslehre oder einer Wissenschaft von der Unternehmung dienen soll, dann muß es den Anforderungen genügen, die an ein solches Prinzip zu stellen sind. Das Rentabilitätsprinzip muß also, u m es noch einmal zu wiederholen, ein wirtschaftliches Prinzip sein und gleichzeitig auch das höchste Verhaltensprinzip i m Bereich des w i r t schaftlichen Verhaltens. Die Rentabilität als das Ziel, auf das das Streben der Unternehmer gerichtet ist, ist eine Beziehung zwischen dem Gewinn als geldlichem Mehr und dem Eigenkapital als Bezugsgrundlage für diesen Gewinn. Durch diese beiden geldlichen und damit wirtschaftlichen Größen Gew i n n und Eigenkapital w i r d die Eigenkapitalrentabilität auch zu einer wirtschaftlichen Größe. 45 Siehe hierzu Seischab, Hans, Über das Gewinnmaximieren, i n : A l l gemeine Forst- u n d Jagdzeitung, Jg. 1959, H e f t 4/5, S. 64 ff. 46 I n diesem Sinne auch Wöhe, G., Methodologische Grundprobleme, S.200 ff.
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Da die Rentabilität, worunter w i r immer nur das positive Verhältnis von Gewinn zu Eigenkapital verstehen wollen, oder auch der Gew i n n Ziele sind, die einzig und allein der Wirtschaft eigentümlich sind, muß das Verhalten, das auf die Erreichung dieser Ziele ausgerichtet ist, dem Bereich des Wirtschaftens angehören. Es gibt keinen anderen Lebensbereich, i n dem ein gleiches Verhalten zu beobachten ist. Damit aber ist das Rentabilitätsprinzip ein ausgesprochen wirtschaftliches Prinzip. Als Unternehmer haben w i r das Wirtschaftssubjekt bezeichnet, das eigenes Kapital einsetzt und für diesen Einsatz auch das volle Risiko trägt, um m i t Hilfe einer Tätigkeit, die sich als Ein- und Verkaufsprozeß erweist, Gewinn zu erwirtschaften, wobei als Unterscheidungsmerkmal noch hinzukommt, daß die Verwirklichung des Gewinnstrebens auf andere Personen delegiert werden kann. Für ein derartiges Wirtschaftssubjekt hat das Rentabilitätsstreben oder Gewinnstreben eine doppelte Bedeutung, es ist eine unabdingbare Voraussetzung für die Existenz als Unternehmer und es ist die selbstgesetzte Norm, auf die alles Handeln abgestellt und ausgerichtet ist. Die Bedeutung des Rentabilitätsprinzips als Verhaltensmaxime folgt unmittelbar aus der wirtschaftlichen Zwecksetzung. W i r haben festgestellt, daß das Wirtschaften ein rationales Verhalten ist, ein Verhalten also, das auf die Verwirklichung eines Zweckes gerichtet ist. Wenn ein solcher Zweck die Erzielung von Gewinn bzw. Rentabilität ist, dann w i r d der Unternehmer, für den ja dieses Ziel gilt, sein Verhalten so einrichten, daß es zweckgerichtet oder zweckdienlich ist. Das Rentabilitätsstreben ist aber nicht nur ein Bestimmungsgrund für das w i r t schaftliche Verhalten der Unternehmer, sondern es ist der höchste innerhalb des Bereiches, den w i r Wirtschaften nennen. Es gibt also kein anderes Prinzip, das i n diesem Bereich entscheidend für das Handeln der Unternehmer wäre. Wenn mehrere Bestimmungsgründe i n Frage kommen, muß das Wirtschaftssubjekt sich für einen entscheiden, weil sonst keine Handlung zustande kommen kann, und dieser eine Grund muß dem Rentabilitätsprinzip entsprechen, wenn der Unternehmer sich rational verhält 4 7 . N u n gibt es natürlich außerhalb des Bereiches des W i r t schaftens noch andere Bestimmungsgründe auch für das wirtschaftliche Verhalten, doch können w i r die i n einer Wirtschaftswissenschaft nicht i m einzelnen erfassen, da w i r uns eben auf einen engeren Bereich beschränken, und zwar einfach deshalb, w e i l sonst der Rahmen für eine Wissenschaft zu weit würde. Außerwirtschaftliche Gründe erlangen für uns aber doch insofern Bedeutung, als sie ihren Niederschlag i n der jeweiligen wirtschaftlichen 47 U n d n u r soweit das Verhalten rational ist, können w i r es wissenschaftlich auch erklären.
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Prinzip
Zielsetzung finden. Vom Handwerker wird, u m ein Beispiel zu nennen, behauptet, daß er nach einem Gewinn strebe, der einen standesgemäßen Lebensunterhalt ermögliche, nicht aber nach einem möglichst großen Gewinn. Welche Gründe den Handwerker dazu veranlassen, sein Gewinnstreben derart zu begrenzen, brauchen w i r nicht zu untersuchen, w i r stellen aber fest, daß es außerwirtschaftliche Gründe gibt, die für eine bestimmte Zielsetzung entscheidend sind, damit aber dann mittelbar auch für das zweckgerichtete Verhalten. Auch der, der nach maximalem Gewinn strebt, hat dafür seine Gründe, nur sind es andere als die, die den Handwerker zu seiner Zielsetzung geführt haben. I m übrigen werden w i r auf solche Gründe i n den folgenden Ausführungen über den maximalen Gewinn hinzuweisen haben. Wenn das Rentabilitätsprinzip der höchste wirtschaftliche Bestimmungsgrund für das unternehmerische Verhalten ist, dann folgt daraus, daß w i r das unternehmerische Verhalten, wie es sich der empirischen Wahrnehmung zeigt, aus diesem Prinzip heraus erklären und verstehen können, da w i r von der Voraussetzung ausgehen, daß der Unternehmer sich rational verhält. W i r haben damit also ein Prinzip, m i t dessen Hilfe w i r i n das Wesen der Unternehmung oder besser: i n das Wesen des Verhaltens der Unternehmer eindringen und die dabei gewonnenen Erkenntnisse i n ein System einordnen können. 3. D a s R e n t a b i l i t ä t s p r i n z i p e i n S t r e b e n nach maximaler Rentabilität? Wenn i n der Literatur vom Rentabilitätsprinzip die Rede ist, dann steht meistens die Vorstellung von einem Streben nach maximaler Rentabilität bzw. maximalem Gewinn dahinter. M i t dem Ausdruck Gewinnstreben w i r d eine derartige Vorstellung dagegen i n der Regel nicht ohne weiteres verbunden. Man sieht i m Rentabilitätsprinzip eben vielfach die letzte Stufe des allgemeinen Erwerbsstrebens 48 . Das mag darin begründet sein, daß die Rentabilität oft nur i m Zusammenhang m i t großen Unternehmungen bzw. Kapitalgesellschaften gesehen w i r d ; hauptsächlich ist es aber wohl darauf zurückzuführen, daß das volkswirtschaftliche Modell einer vollkommenen Konkurrenzwirtschaft auch i n die Betriebswirtschaftslehre Eingang gefunden hat. Daneben spielt sicher auch noch eine wertende Stellungnahme eine gewisse Rolle, richten sich doch viele politische und ethisch begründete Argumente gegen das rücksichtslose Profitstreben, das i n der Realität ohne Zweifel zu beobachten war und ist. 48
Gutenberg, Erich, Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, 1. Band: Die Produktion, S. 329: Das erwerbswirtschaftliche Prinzip sei nicht g r u n d sätzlich identisch m i t dem gewinnmaximalen Prinzip, dieses sei n u r die letzte Steigerung jenes Prinzips.
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D i e F r a g e i s t aber, ob v o m seinswissenschaftlichen S t a n d p u n k t aus allgemein ein derartiges unbegrenztes Gewinnstreben der U n t e r n e h m e r n a c h w e i s b a r ist. I s t das n i c h t d e r F a l l , k a n n das m a x i m a l e R e n t a b i l i t ä t s - o d e r G e w i n n s t r e b e n auch n i c h t z u m G r u n d p r i n z i p e i n e r U n t e r n e h m u n g s l e h r e e r h o b e n w e r d e n . Es i s t n u n aber n i c h t gesagt, daß m a n n u r bei m a x i m a l e m Rentabilitätsstreben von einem Rentabilitätsprinz i p sprechen k ö n n e . S t r e b e n nach R e n t a b i l i t ä t b e d e u t e t n i c h t n o t w e n d i g S t r e b e n n a c h m a x i m a l e r R e n t a b i l i t ä t , s o n d e r n einfach nach e i n e m Überschuß d e r E r t r ä g e ü b e r d i e A u f w e n d u n g e n b z w . n a c h e i n e m p o s i t i v e n V e r h ä l t n i s zwischen G e w i n n u n d Eigenkapital49. Jede M o d e l l b e t r a c h t u n g zeichnet sich d u r c h eine s t a r k e A b s t r a k t i o n v o n d e n i n d e r W i r k l i c h k e i t b e s t e h e n d e n V e r h ä l t n i s s e n aus, so daß m a n sich stets f r a g e n m u ß , i n w i e w e i t die a u f d e r G r u n d l a g e b e s t i m m t e r P r ä m i s s e n g e w o n n e n e n E r k e n n t n i s s e ü b e r h a u p t n o c h e i n B i l d des t a t sächlichen S e i e n d e n v e r m i t t e l n k ö n n e n . Das g i l t besonders f ü r d i e v o n der betriebswirtschaftlichen L i t e r a t u r übernommenen nationalökonom i s c h e n M o d e l l e , d e n n das, w a s f ü r d i e E i n z e l w i r t s c h a f t s w i s s e n s c h a f t G e g e n s t a n d d e r U n t e r s u c h u n g ist, i s t f ü r d i e N a t i o n a l ö k o n o m i e v i e l f a c h n u r e i n D a t u m . D e s h a l b i s t a u c h das v o n e i n z e l n e n B e t r i e b s w i r t s c h a f t l e r n g e ü b t e V e r f a h r e n a b z u l e h n e n , das R e n t a b i l i t ä t s p r i n z i p i n A n l e h n u n g a n das M o d e l l m i t d e m S t r e b e n n a c h m a x i m a l e m G e w i n n g l e i c h zusetzen u n d d a n n gegen das R e n t a b i l i t ä t s p r i n z i p als das f ü r d e n U n t e r 49 O b w o h l w i r i m Rentabilitätsstreben die spezifisch unternehmerische F o r m des Gewinnstrebens erblicken u n d deshalb auch diese Bezeichnung als kennzeichnend bevorzugen, können w i r nicht daran vorübergehen, daß der Unternehmer p r i m ä r auf G e w i n n als das geldliche E i n k o m m e n aus ist. Das w i r d ganz besonders dann deutlich, w e n n v o n einem M a x i m a l w e r t die Rede ist. M a x i m a l e Rentabilität u n d maximaler G e w i n n können mathematisch gesehen w e i t auseinanderliegen. Die Rentabilität ist nämlich immer dann m a x i m a l , w e n n der Nenner n u l l ist. Wie groß der G e w i n n dabei ist, spielt gar keine Rolle. Abgesehen davon, daß w i r definitionsgemäß einen Eigenkapitaleinsatz voraussetzen, liegt das Schwergewicht eindeutig auf der Zählergröße, w e n n v o n m a x i m a l e r Rentabüität gesprochen w i r d . Es ist i m m e r daran gedacht, daß das Gewinnstreben keinerlei Beschränkungen unterworfen w i r d , daß der Unternehmer m i t dem erreichten G e w i n n nie zufrieden ist, sondern nach i m m e r größeren Uberschüssen strebt. I m Modell der vollkommenen Konkurrenz sucht er durch entsprechende Mengenanpassung ein M a x i m u m an G e w i n n zu erzielen, doch g i l t dieses M a x i m u m lediglich f ü r eine bestimmte, durch die Kosten, Preise u n d Mengen festgelegte Situation. Dieses gleichsam relative M a x i m u m k a n n durch ein höheres ersetzt werden, w e n n es dem Unternehmer durch eine besondere Leistung gelingt, zeitweilig einen V o r sprung vor den anderen K o n k u r r e n t e n zu erringen. Auch der Monopolist braucht sich nicht m i t dem auf G r u n d einer bestehenden Nachfragesituation möglichen Höchstgewinn zufrieden zu geben, sondern k a n n das geldliche E i n kommen auf verschiedene Weise zu steigern versuchen. Es soll damit angedeutet werden, daß dann, w e n n von den M a x i m a l w e r t e n die Rede ist, eigentlich i m m e r der G e w i n n u n d nicht die Rentabilität gemeint ist, daß zum anderen zu unterscheiden ist zwischen einem relativen M a x i m u m bei gegebener Kosten-, Preis- u n d Nachfragesituation u n d einem unbekannten absoluten M a x i m u m als Ausdruck eines ständigen Bemühens u m höhere Gewinne.
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Prinzip
nehmer verhaltenbestimmende Prinzip zu argumentieren, weil die Voraussetzungen, von denen dieses Modell ausgeht, nachweisbar nicht bestünden 50 . Wenn das maximale Gewinnstreben nicht gerade zur Norm erhoben werden soll, und davon kann nicht die Rede sein, dann geht es einzig und allein darum, festzustellen, ob die Wirtschaftssubjekte, die w i r Unternehmer nennen, wirklich nach einem höchsten Gewinn i m Sinne eines absoluten Maximums streben oder ob ihr Streben nicht vielmehr freiwilligen und aus den wirtschaftlichen Verhältnissen resultierenden Beschränkungen unterworfen ist. Gerade eine Wissenschaft, die auf Wesenserkenntnis des Seienden aus ist, w i r d sich nicht m i t einem rational konstruierten B i l d zufrieden geben können, sondern auch die Einwirkungen von solchen Bestimmungsgründen, die nicht zu ihrem eigentlichen Untersuchungsbereich gehören, berücksichtigen müssen. Das heißt aber nicht, daß sie sich mit diesen Gründen auseinanderzusetzen hätte, sie kann sie lediglich als bestehend konstatieren und erforschen, inwieweit die Wirkungen, die von ihnen ausgehen, zum Verständnis der Wirklichkeit beitragen können. W i r sind nun aus der Beobachtung des tatsächlichen Verhaltens der Unternehmer zu der Überzeugung gelangt, daß ein Streben nach einem absolut höchsten Gewinn seitens der Unternehmer heute nicht mehr allgemein festgestellt werden kann, daß die Unternehmer vielmehr auf einen innerhalb bestimmter Grenzen möglichst großen Gewinn oder eine möglichst große Rentabilität aus sind. Die Grenzziehung ist dabei das Ergebnis bestehender wirtschaftlicher, politischer und sozialer Verhältnisse, aber auch das Ergebnis i n der Person des Unternehmers selbst wurzelnder Vorstellungen der unterschiedlichsten A r t . I m realen Wirtschaftsleben ist es so, daß beispielsweise der Unternehmer A andere Vorstellungen über die Höhe des erstrebenswerten Gewinnes hat als der Unternehmer B, daß der eine vielleicht m i t D M 50 000 Jahresgewinn zufrieden ist, der andere aber erst bei einem Mehrfachen davon; daß der Unternehmer C neben einem von i h m als ausreichend angesehenen Gewinn noch andere Ziele verfolgt, während der Unternehmer D sein ganzes Glück i n fortwährend steigenden Gewinnen sieht; daß der Unternehmer E anderer Ansicht darüber ist, ob ein Gewinnzuwachs die zusätzliche Anstrengung und das zusätzliche Risiko noch lohnt, als der Unternehmer F; daß der Unternehmer G seine Unternehmung für eine lange Dauer betrieben wissen möchte, während der Unternehmer H nur daran interessiert ist, i n kürzester Zeit recht viel zu verdienen; daß der Unternehmer I die Unternehmung aus familiären und traditionellen Bindungen auch m i t geringeren Erfolgsaussichten weiterführen möchte, der Unternehmer J sein Kapital dagegen ohne derartige Bindungen immer dort einsetzt, wo es 50
Siehe auch Wöhe, G., Methodologische Grundprobleme, S. 200 ff.
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den größten Gewinn abzuwerfen verspricht. Diese Gegenüberstellung ließe sich noch weiter fortsetzen. I h r Zweck ist nur der, anzudeuten, daß der Unternehmer sich i n der Realität eben nicht als der homo oeconomicus i m Sinne der theoretischen Erkenntnisse eines von der Wirklichkeit stark abstrahierenden Modelles verhält. Bestimmend für das Verhalten ist nicht ausschließlich die wirtschaftliche Rationalität, sondern auch eine außerwirtschaftliche, sind letzten Endes sogar irrationale Momente. U m das unternehmerische Verhalten erkennen, begreifen und erklären zu können, ist es unserer Auffassung nach deshalb gar nicht notwendig, auf das nur dem Modell entsprechende maximale Gewinnstreben abzustellen 51 . Einige der Gesichtspunkte, die gegen ein Streben nach dem unbekannten und i n Zahlen gar nicht ausdrückbaren absoluten M a x i m u m sprechen, statt dessen aber für ein Streben nach einem sich i n bestimmten Grenzen haltenden Gewinn, wollen w i r i m folgenden kurz anführen. 1. Die bestehende Rechtsordnung: I n der modernen menschlichen Gesellschaft ist das Zusammenleben durch eine große Zahl von Gesetzen geregelt, die die Freiheit des einzelnen Menschen dort enden lassen, wo sie m i t der Freiheit der anderen i n Kollision geraten würde. Diese Gesetze beschränken auch die Bewegungsfreiheit des Unternehmers i n einer solchen Weise, daß es i h m unmöglich wird, seine eigenen Ziele rücksichtslos durchzusetzen. Nur bei sehr geringen Beschränkungen der persönlichen Freiheit hätte ein Streben nach maximalem Gewinn Aussicht auf Erfolg. Es sei hier an die Bindung des Maximalprinzips an das Zeitalter des „laissez faire" erinnert. U m nur einige aus der Vielzahl der Gesetze, die die unternehmerische Freiheit einschränken, zu nennen, sei auf das Bürgerliche Gesetzbuch, das Strafgesetzbuch, auf das dem Gläubigerschutz dienenden Handelsgesetzbuch m i t seinen Nebengesetzen, auf die Gewerbeordnung, auf das die Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft verhindernde und deshalb besonderns bedeutsame Arbeitsrecht, auf das Betriebsrats- und Mitbestimmungsgesetz, auf das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, auf das Kartellgesetz und eine große Zahl anderer Bestimmungen und Verordnungen hingewiesen. 2. Die Steuergesetzgebung: Dem unbegrenzten Gewinnstreben werden gerade von der Seite der Steuergesetzgebung her viele Hindernisse i n den Weg gelegt. Man braucht hier nicht nur an die Besteuerung 51 Siehe hierzu auch Sieber, E. H., Wirtschaftlichkeit u n d Wirtschaftlichkeitsmessung, a. a. O., S. 185 ff.; Baumgartner, Cyrill, a. a. O., S. 144 f.; Gutenberg, Erich, Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, 2. Band: Der Absatz, Berlin-Göttingen-Heidelberg 1955, S. 7 f.; Sandig, Curt, Die F ü h r u n g des Betriebes, Stuttgart 1953, S. 69 ff., insb. S. 71 f.; Wöhe, G., Methodologische Grundprobleme, S. 201 ff.
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der Gewinne durch progressiv steigende Steuersätze zu denken, die ein Abwägen des für ein zusätzliches Geschäft zu übernehmenden Risikos und des dafür notwendigen Einsatzes m i t dem nach der Besteuerung noch verbleibenden Gewinnrest dringlich erscheinen läßt. Auch andere Steuern werden immer wieder zu der Frage Anlaß geben, ob sich eine m i t wachsendem Risiko und stärkeren Anstrengungen verbundene Ausweitung der Geschäfte lohnt, wenn man an die Steuerbelastung denkt. Zu erwähnen wären auch: die unterschiedliche steuerliche Behandlung von Kapitalgesellschaften und Personalgesellschaften bzw. Einzelunternehmen; die Tatsache, daß man wegen der zu erwartenden steuerlichen Konsequenzen vielleicht von einer Umwandlung i n die für die Zielerreichung zweckdienlichere Unternehmungsform absieht; die steuerlichen Auswirkungen, die einen Wechsel i n der Einsatzstelle verhindern können (Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer OHG z.B.); die hohen Belastungen des Vermögens beim Übergang auf die Erben, und was der Dinge mehr sind, die den Unternehmer daran hindern, sein Streben nach Gewinn über einen bestimmten Rahmen hinaus zu intensivieren. Z u denken wäre auch an die Wettbewerbsverfälschungen durch die Steuergesetzgebung; an die i m Sinne der Wirtschaftspolitik liegende Bevorzugung bestimmter Wirtschaftskreise durch steuerliche Begünstigung, die sich für andere Kreise dann zum Nachteil auswirkt; an die Doppelbesteuerung der Gewinne, sofern nicht Abkommen dies verhindern. Nicht unerwähnt dürfen auch die Einflüsse bleiben, die von den Verkehrs- und Verbrauchssteuern ausgehen, sowie die Auswirkungen der Zölle bei der Einfuhr und derjenigen Zölle, die vom Ausland her einer Geschäftsausweitung i m Wege stehen. 3. Die Wirtschaftspolitik: Neben der Steuergesetzgebung, die ohne Zweifel ein wichtiges Instrument der staatlichen Wirtschaftspolitik ist, gibt es eine große Zahl anderer Mittel, die der Staat zur Erreichung bestimmter Ziele einsetzt, von denen seinerseits aber das Gewinnstreben begrenzende Auswirkungen ausgehen. Wie es umgekehrt natürlich M i t t e l gibt, die das Streben fördern. I n diesem Zusammenhang sei besonders an die i n jüngster Zeit aktuellen supranationalen Zusammenschlüsse erinnert, deren Abmachungen über Preise, Produktionsmengen und Absatzwege einen starken Eingriff i n die unternehmerische Freiheit bedeuten. Hierher gehören aber auch die Maßnahmen gegen die Konzentration wirtschaftlicher Macht, ganz gleichgültig, welche Motive i m einzelnen dahinterstehen. E i n für das unternehmerische Verhalten besonders wichtiger Faktor sind die sozial- und arbeitspolitischen Konzepte der staatlichen Wirtschaftspolitik, die immer das Interesse der menschlichen Gesellschaft dem des einzelnen Menschen voranstellen. Wie oft werden auch die Belange einer Wirtschaftsgruppe oder auch einzelner Unternehmungen außenpolitischen Zielsetzungen geopfert. Ein ge14 Foiker
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rade für die Wirtschaft nicht unwesentlicher Gesichtspunkt ist i m übrigen auch die Verkehrspolitik, bei der sehr leicht aus gemeinwirtschaftlichen Gründen eine Gruppe auf Kosten der anderen begünstigt wird. A u f die vielen staatlichen M i t t e l der Wirtschaftspolitik, die Rückwirkungen auf das unternehmerische Gewinnstreben haben, weiter einzugehen, erübrigt sich hier. 4. Die menschliche Gesellschaft: Das Zusammenleben i n der heutigen modernen Massengesellschaft w i r d weitgehend dadurch gekennzeichnet, daß der einzelne Mensch stärker als früher auf den anderen angewiesen ist und wegen des engen Zusammenrückens auch mehr Rücksicht auf den anderen nehmen muß. Einem bedenkenlosen Verfolgen eigener Ziele sind innerhalb dieser Gesellschaft heute von verschiedenen Seiten aus Schranken gesetzt, die auch für den Unternehmer und sein Gewinnstreben gelten. So w i r k t zum Beispiel die starke Position der gewerkschaftlichen Organisation als ein nicht zu unterschätzender Gegenpol gegen die rücksichtslose Ausnutzung wirtschaftlicher Macht. Überdurchschnittliche Gewinne lassen sehr leicht einen Anspruch der Arbeitnehmerschaft auf Beteiligung am Gewinn oder auch an der Unternehmung selbst aufkommen, sie reizen andererseits die politischen Parteien zu Vorschlägen für eine Verstaatlichung oder Sozialisierung, für die Einführung der Mitbestimmung der Arbeitnehmerschaft und anderer I n stanzen bei der Geschäftsführung und Geschäftspolitik, sie führen zu Maßnahmen gegen Konzentrationsbestrebungen innerhalb bestimmter Wirtschaftskreise. Übermäßige Gewinne können aber auch die Abnehmer auf den Plan rufen und auf deren Seite zu Zusammenschlüssen führen, die sich gegen die Unternehmungen richten. Daneben bringt steigende wirtschaftliche Macht, wie sie einerseits notwendig ist, damit möglichst große Gewinne erwirtschaftet werden können, andererseits aber auch oft die Folge großer Gewinne ist, i n vielen Fällen eine Zunahme der sozialen Verpflichtungen m i t sich. Es müssen besondere soziale Einrichtungen, wie Werkskantinen, Urlaubsheime, Wohngelegenheiten und anderes mehr geschaffen werden, es muß vielleicht den Arbeitnehmern ein Anspruch auf Pension zugestanden oder eine werkseigene Krankenversicherung oder Fürsorgeinstitution eingerichtet werden. Zu bedenken ist auch, daß solche freiwillige Sozialleistungen oft zu einem gesetzlich fundierten Anspruch werden können. Die moderne Massengesellschaft beschränkt also die Freiheit des Handelns des einzelnen Menschen und insbesondere des einzelnen W i r t schaftssubjektes sowohl auf gesetzlichem Wege, aber auch auf andere Weise, die nicht ausdrücklich i n Verordnungen oder Verträgen fixiert ist, sondern aus einer bestimmten sozialen Situation erwächst. 5. Sonstige wirtschaftliche Erwägungen: I n engem Zusammenhang m i t dem eben behandelten sozialen Moment stehen noch eine Reihe
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anderer Erwägungen, die von den Unternehmern bezüglich der Zielsetzung angestellt werden dürften. So ist zunächst einmal an die Tatsache zu erinnern, daß steigende Gewinne leicht den Neid anderer erwecken und oft die Konkurrenz geradezu herausfordern können. Das ist auch ein wesentlicher Grund dafür, daß Monopole oder auch Oligopole nicht t u n und lassen können, was ihnen beliebt. Gerade die Angst vor dem Verlust ihrer wirtschaf tlichen Machtstellungen durch A u f kommen von Konkurrenzunternehmen oder anderer Produkte, die zu einer Substitution führen können, läßt hier die Bäume nicht i n den Himmel wachsen. Daß es besser sein kann, sich m i t niedrigeren Gewinnen zufrieden zu geben, u m die Wünsche der Arbeitnehmerseite nicht herauszufordern, wurde schon erwähnt. Es kommt weiter hinzu, daß die Erwirtschaftung höherer Gewinne i n aller Regel auch einen größeren Kapitaleinsatz zur Voraussetzung hat. Wenn der Unternehmer nicht selbst über dieses zusätzliche Kapital verfügt, muß es beschafft werden. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten, die neben Vorteilen auch Nachteile aufzuweisen haben. So kann es sein, daß der ursprüngliche Unternehmer von neu hinzugetretenen Mitunternehmern aus der alten Position gedrängt wird. Die Furcht, sich m i t einem Kompagnon auseinandersetzen zu müssen, läßt sicher viele Einzelunternehmer m i t dem zufrieden sein, was sich m i t den eigenen M i t t e l n erreichen läßt. Das gilt auch für die Aufnahme von Fremdkapital, durch die der Unternehmer eventuell i n Abhängigkeit geraten könnte, und zwar besonders dann, wenn die Geschäfte einmal schlecht gehen. Gegen ein unbegrenztes Gewinnstreben spricht auch die Tatsache, daß das Wechseln der Einsatzstelle oft m i t außergewöhnlichen Schwierigkeiten und momentanen Nachteilen verbunden ist. E i n Unternehmer kann i n vielen Fällen sein Kapital nicht ohne weiteres aus der einen Anlage abziehen und es an einer anderen Stelle, die i m Augenblick oder auf längere Sicht einen größeren Erfolg verspricht, wieder neu einsetzen. Das Kapital ist ja stets i m Vermögen gebunden, dessen Umwandlung i n Geld zum Teil leicht, zum Teil aber auch nur sehr schwer oder zur Zeit überhaupt nicht möglich ist. Selbst der Aktionär kann manchmal die Einsatzstelle nicht beliebig wechseln. Abgesehen davon, daß seine Freiheit, die A k t i e n zu veräußern, vielleicht vertraglich beschränkt ist, muß er ja immer erst einen Käufer finden, der i h m die A k t i e n zu einem gewünschten Preis abnimmt. Besondere Schwierigkeiten bereitet das Ausscheiden oft i n Personalgesellschaften, so daß man manchmal lieber den alten unbefriedigenden Zustand beibehalten wird, als daß man es auf eine Auseinandersetzung ankommen läßt. Das Streben nach einem höheren Gewinn kann auch ohne Wechsel des Einsatzortes durch eine Umstellung der Produktion auf andere 14*
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Erzeugnisse oder durch eine Änderung des Geschäftszweiges zu v e r w i r k lichen versucht werden. Daß sich hier aber i n der Regel große Hindernisse entgegenstellen, braucht nicht weiter betont zu werden. Oft kann man die technische Einrichtung, i n der vielfach der größte Teil des Kapitals investiert ist, für die neue Produktion nicht mehr verwenden. Man muß also versuchen, das Vermögen erst i n Kapital zurückzuverwandeln und es somit für die neue Anlage freizubekommen. Die Verluste, die dabei wohl immer i n Kauf zu nehmen sind, und die Notwendigkeit, vor die man i n diesem Zusammenhang oft gestellt ist, weiteres Kapital aufbringen zu müssen, werden i n vielen Fällen dazu führen, daß man sich lieber m i t dem, was man bisher erreichen konnte, zufrieden gibt, als daß man das Risiko einer Umstellung ungewisser Chancen wegen auf sich nimmt. Die Aufzählung solcher wirtschaftlicher Überlegungen, die dagegen sprechen, daß die Unternehmer nach einem maximalen Gewinn streben, ließe sich noch fortsetzen. Es kam uns jedoch nur darauf an, zu zeigen, i n welcher Richtung solche Widerstände gegen ein unbeschränktes Gewinnstreben zu suchen sind. I m folgenden wollen w i r noch auf einen unserer Auffassung nach sehr bedeutsamen Komplex derartiger H i n derungsgründe eingehen, und zwar auf rein persönliche Motive, die für das Verhalten der Unternehmer von entscheidender Bedeutung sind. 6. Rein persönliche Gründe: I n der betriebswirtschaftlichen Literatur werden die persönlichen Gründe, die den Unternehmer sich anders verhalten lassen, als es wirtschaftlich-rational der Fall sein dürfte, meistens wenig berücksichtigt. Das ist die Folge einer stark abstrahierenden Modellbetrachtung, andererseits aber auch eine Voraussetzung, wenn es das Anliegen der Wissenschaft ist, die zweckmäßigen Maßnahmen und Verfahrensregeln zu entwickeln. Wem es dagegen darum zu t u n ist, das Verhalten der Wirtschaftssubjekte zu verstehen und zu erklären, der muß diese i n der Person wurzelnden Bestimmungsgründe beachten. Das heißt nicht, daß er sich m i t diesen Gründen wissenschaftlich auseinandersetzen muß; das kann er auch nicht, wenn sie nicht i n den speziellen Bereich seiner eigenen Wissenschaft fallen. Er muß aber immer dann, wenn er Gesetzmäßigkeiten und Verursachungszusammenhänge klären und aufzeigen w i l l , das M i t w i r k e n anderer Motive ins K a l k ü l ziehen, u m nicht zu Ergebnissen zu kommen, die w o h l für den homo oeconomicus Geltung haben können, nicht aber für ein reales Wirtschaftssubjekt. Und w i r sind der Überzeugung, daß man einfach nicht daran vorbeigehen kann, daß der eine Unternehmer risikofreudiger ist als der andere, daß es rücksichtslose und weniger rücksichtslose Unternehmer gibt, daß der eine Unternehmer m i t einem verhältnismäßig niedrigen Gewinn zufrieden ist, während es einem anderen darum geht, den Gewinn so viel wie möglich zu steigern. Der eine Unternehmer betrach-
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Prinzip
tet seine Unternehmung vielleicht nur als Einkommensquelle, ein anderer einfach als Lebenszweck. Natürlich lassen sich derartige Gründe i m einzelnen nicht sichtbar machen, das ist auch nicht nötig, es genügt vollauf, wenn man sich bewußt ist, daß sie von großer Bedeutung für die A r t und Weise des Verhaltens sind. Daß es auch nicht darum gehen kann, diese Gründe zu beurteilen und gegeneinander abzuwägen, das zu betonen, ist eigentlich überflüssig. Solche persönliche Gründe, Motive, Wertvorstellungen — oder wie man sonst dazu sagen soll — sind auch schon bei der Wahl der Einsatzstelle, für die Entscheidung für einen bestimmten Gewerbezweig, für eine bestimmte Sparte, den Geschäftszweck, die Branche usw. maßgebend. M i t der Entscheidung für eine Einsatzstelle ist i n gewissem Sinne auch schon dem Gewinnstreben von vornherein eine Grenze oder ein Maß gesetzt. Wer beispielsweise ein Einzelhandelsunternehmen der Lederwarenbranche betreiben w i l l , weil er sich als Händler besonders geeignet dünkt und eine Vorliebe für Lederwaren hat, der weiß von vornherein, was er auf diese Weise an Gewinn w i r d erzielen können, wenn er diese und jene Umstände i n seine Überlegungen einbezieht. Vielleicht ist er sich auch i m klaren, daß seine besondere Vorliebe eventuell einen Verzicht auf größere Gewinnchancen bedeutet. I n sehr vielen Fällen w i r d jedenfalls die Entscheidung für die Einsatzstelle nicht von der Absicht bestimmt sein, maximalen Gewinn zu erwirtschaften, sondern davon, auf eine den persönlichen Anlagen entsprechende A r t den Lebensunterhalt zu verdienen oder einen Gewinn zu erzielen, von dessen Höhe man so einige, wenn auch vielleicht sehr verschwommene Vorstellungen hat. Die Vorbildung, das persönliche Temperament, die Erziehung, die Eignung und vieles mehr sind bestimmend für die A r t des zu wählenden Einsatzortes und damit aber auch für die erwarteten Gewinnaussichten. Eine große Rolle spielen traditionelle und familiäre Bindungen. Wer als Erbe eine Unternehmung übernimmt, die vielleicht schon viele Jahrzehnte von den Vorfahren betrieben wurde, w i r d versuchen, sie auch weiterzuführen, wenn er dazu i n der Lage ist. Er w i r d sicher danach trachten, innerhalb der gegebenen Möglichkeiten recht viel Gew i n n zu erwirtschaften, er w i r d aber die Unternehmung nicht veräußern, u m m i t dem erzielten Erlös an anderer Stelle nach größeren Gewinnen zu trachten. Familienstolz, Tradition, die Achtung vor dem Lebenswerk der Vorfahren und ähnliche Gründe können einen freiwilligen Verzicht auf größere Chancen zur Folge haben. Nicht vergessen werden dürfen, soweit es um die empirische Beobachtung geht, ethische, moralische und religiöse Bestimmungsgründe. Die persönliche Weltanschauung eines Unternehmers kann dazu führen, daß er sich m i t einem Gewinn i n bestimmter Höhe bescheidet und
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dafür seinen Arbeitnehmern mehr zugute kommen läßt. Das Streben nach immer größeren Gewinnen setzt ohne Zweifel eine entsprechende Lebenseinstellung voraus: Härte, Rücksichtslosigkeit, Gleichgültigkeit m i t dem Schicksal anderer Menschen, und was noch mehr i n Frage kommen kann. Alles das kann i n starkem Widerspruch zu den ethischen, moralischen und durch die Religion geprägten Ansichten eines Unternehmers stehen, der damit auf Grund seines Weltbildes ein anderes Ziel als den maximalen Gewinn anstrebt. Man w i r d gerade i n dieser Beziehung viele Hinderungsgründe für eine Gewinnmaximierung u m jeden Preis zu sehen haben. Es ist auch durchaus denkbar, daß ein Unternehmer genau über die i h m innewohnenden Fähigkeiten i m Bilde ist, so daß er weiß, wo die Grenzen des von i h m zu Erreichenden liegen. Er w i r d dann w o h l kaum nach etwas i h m Unerreichbaren streben, sondern versuchen, das zu verwirklichen, was seinen Kräften entspricht. A u f keinen Fall darf hier unerwähnt bleiben, daß neben dem Gew i n n häufig noch andere Dinge das Ziel unternehmerischen Verhaltens ausmachen. Beim Aktionär findet man sehr oft, daß noch andere Gründe als die Dividende und mögliche Kurssteigerungen für den Einsatz von Kapital maßgebend waren, so daß man viele Aktionäre gar nicht als Unternehmer ansprechen kann. Es wäre da zu denken an den echten Börsenspekulanten, der nicht am Gewinn der Gesellschaft, sondern an einem Überschuß aus den Ein- und Verkaufstransaktionen interessiert ist. Vielfach w i l l der Aktionär nur sein Kapital sicher anlegen, wobei er vielleicht noch auf eine normale Verzinsung Wert legt. Vielleicht ist es auch nur die persönliche Eitelkeit oder Geltungssucht, die i h n A k t i e n kaufen läßt. Ebenso kann auch der Unternehmer i m eigentlichen Sinne neben der Gewinnerzielung noch andere Ziele i m Auge haben, die i h n auf der anderen Seite m i t einem begrenzten Gewinn (den anderen Zielen angemessen) zufrieden sein lassen. Der Bogen solcher zusätzlicher Bestimmungsgründe ist sehr weit gespannt, von den edelsten Motiven bis zu den niedrigsten. Wie immer, wenn mehrere Gründe für ein Verhalten maßgebend sein können, muß ein Grund die Oberhand behalten, wenn es überhaupt zu einer Handlung kommen soll. So muß auch hier die Erreichung der anderen Ziele hinter dem Gewinnstreben zurückstehen, falls sie nicht gerade miteinander vereinbar sind, oder umgekehrt das Gewinnstreben hinter den zusätzlichen Zwecken. Das aber bedeutet auf jeden Fall eine Einschränkung des Gewinnstrebens. So gibt es also eine ganze Reihe nichtwirtschaftlicher, i n der Persönlichkeit eines Unternehmers wurzelnder Gründe, die gegen ein allgemeines Streben der Unternehmer nach einem maximalen Gewinn sprechen.
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Prinzip
Aber auch dann, wenn aus den individuellen Motiven eines Unternehmers heraus ein Trachten nach immer größeren Gewinnen unterstellt werden muß, bleiben die vorher genannten störenden Einflüsse zu berücksichtigen. Wirtschaftliche Überlegungen, soziale Notwendigkeiten und die rechtliche Ordnung des Zusammenlebens i n der modernen Gesellschaft sind neben rein persönlichen Beweggründen die wesentlichen Faktoren, die dem Gewinnstreben Grenzen setzen, Grenzen, die zwar nicht exakt festliegen und auch nicht m i t Sicherheit zu bestimmen sind, die es aber rechtfertigen, daß man die Vorstellungen von einem absoluten M a x i m u m aus der wissenschaftlichen Erkenntnis über das Verhalten der Unternehmer ausklammert. Die „rein w i r t schaftliche Unternehmung" ist eben nur eine gedankliche Konstruktion 5 2 , sie erleichtert i n bestimmten Fällen das Eindringen i n komplizierte Zusammenhänge, existiert aber nicht i n der Realität.
A n die Stelle dieses Strebens nach maximalem Gewinn, auf das sich unserer Auffassung nach die Wesenserkenntnis über das unternehmerische Verhalten nicht stützen läßt, setzen w i r das Streben nach einem möglichst großen Gewinn innerhalb bestimmter Grenzen. Diese Begrenzung w i r d geschaffen durch die jeweilige Zielsetzung des Unternehmers, seine unternehmerischen Fähigkeiten, durch die i h m zur Verfügung stehenden M i t t e l und Möglichkeiten, durch die sozialen Verhältnisse, die Rechtsordnung und die gesamtwirtschaftliche Situation. Die spezifische Zwecksetzung der Unternehmung ist „ i n dem innerhalb jener generellen Begrenzung die höchste Intensitätsstufe erreichenden Streben nach Geldeinkommen" zu sehen 53 . W i r haben bisher aber immer nur vom Gewinn, nicht jedoch von der Rentabilität gesprochen, so daß nun noch auf den Zusammenhang zwischen möglichst großem Gewinn und möglichst großer Eigenkapitalrentabilität einzugehen ist. Geht man davon aus, daß dem Unternehmer ein Eigenkapital i n einer bestimmten Höhe zur Verfügung steht, dann ist das Streben nach möglichst großem Gewinn i n bezug auf diesen Eigenkapitalfonds m i t dem Streben nach möglichst großer Rentabilität identisch, denn der Nenner ist hier immer eine konstante Größe. Für die einzelne Einsatzstelle des Eigenkapitals brauchen beide Zielsetzungen keineswegs übereinzustimmen. Es ist denkbar, daß der Gewinnerzielung an einem Einsatzort Grenzen gesetzt sind, daß sich der Gewinn dort nicht mehr steigern läßt, weil es die Konkurrenz vielleicht nicht zuläßt, der M a r k t nicht mehr von einem Produkt aufnehmen kann als bisher, die Marktanteile der konkurrierenden Unter52 53
Baumgartner, C y r i l l , a. a. O., S. 144 f. Ebenda, S. 145.
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nehmungen festliegen oder aus anderen Gründen. Damit ist aber noch nicht die größtmögliche Rentabilität i n dieser Einsatzstelle erreicht, denn es ist vielleicht möglich, einen Teil des Eigenkapitals durch die Aufnahme von Fremdkapital zu ersetzen, so daß die Bezugsgrundlage für den (jetzt allerdings u m die Zinsen niedrigeren) Gewinn kleiner, die Rentabilität damit aber vielleicht größer w i r d 5 4 . M i t dem freigewordenen Kapital kann jetzt an anderer Stelle versucht werden, durch Gewinnerzielung die Rentabilität des gesamten zur Verfügung stehenden Eigenkapitals zu erhöhen. Die Substitution des Eigenkapitals durch Fremdkapital innerhalb einer Einsatzstelle hat natürlich ihre Grenzen. So kann die Gewinnminderung durch die Fremdkapitalzinsen zu stark werden, die K r e d i t würdigkeit kann auf Grund der Abnahme des Haftungskapitals schlechter werden, die Kreditgeber können immer mehr Einfluß auf die Geschäftsführung gewinnen, und was der Nachteile mehr sind, die auftreten können, wenn die Eigenkapitalbasis kleiner oder zu klein wird. Das Streben innerhalb einer Einsatzstelle w i r d sich also, sofern an eine Substitution des Eigenkapitals durch Fremdkapital gedacht ist, nicht auf die möglichst große, sondern auf so etwas wie eine optimale Rentabilität richten. Die Substitution hat allerdings nur dann einen Sinn, wenn das eingesparte Eigenkapital anderweitiger Verwendung zugeführt wird, so daß auf diese Weise dem Streben nach einer möglichst großen Rentabilität des gesamten Eigenkapitals Genüge geleistet w i r d 5 8 . 4. D i e W i s s e n s c h a f t o d e r L e h r e von der U n t e r n e h m u n g Wenn der Inhalt des Rentabilitätsprinzips nicht das Streben nach maximaler, sondern nur nach möglichst großer, durch eine relative Obergrenze recht unterschiedlicher Beschaffenheit gekennzeichneter Rentabilität ist, dann ist dieses Prinzip als systembildendes Prinzip einer Wissenschaft oder Lehre von der kapitalistischen Unternehmung geeignet. Es ist dieses Prinzip ein dem Bereich des wirtschaftlichen 64 Das ist abhängig v o m Verhältnis zwischen dem Fremdkapitalzinsfuß u n d der prozentualen Eigenkapitalrentabilität. 55 Es ist nicht notwendig, daß das eingesparte Eigenkapital an anderer Stelle wieder m i t der Absicht der Gewinnerzielung eingesetzt w i r d . Es ist vielmehr denkbar, daß das K a p i t a l i n Privatvermögen des Unternehmers, w o es j a auch herstammt, zurückverwandelt w i r d . Das Geld soll also nicht mehr als K a p i t a l (d. h. als Geld f ü r Investitionszwecke) fungieren. Vielleicht w i l l der Unternehmer einen T e i l seines Privatvermögens f ü r private Zwecke verwenden, so daß er vorher Eigenkapital abziehen u n d i n Vermögen v e r wandeln mußte. A n der unternehmerischen Zielsetzung ändert sich dadurch gar nichts, es hat sich lediglich der zur Verfügung stehende Eigenkapitalfonds verkleinert.
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Prinzip
Verhaltens eigentümliches und es ist gleichzeitig die höchste Verhaltensmaxime für den Unternehmer innerhalb dieses Bereiches. M i t dieser letzten Feststellung w i r d auch die A n t w o r t auf eine Frage gegeben, die w i r bei den Ausführungen über die Eignung des W i r t schaftlichkeitsprinzip zum Systemprinzip einer Betriebswirtschaftslehre offen ließen. W i r waren da zu dem Ergebnis gekommen, daß eine einheitliche Einzelwirtschaftswissenschaft auf der Grundlage des W i r t schaftlichkeitsprinzips vom seinswissenschaftlichen Standpunkt aus nicht möglich ist, hatten aber eine solche Lehre nicht endgültig abgelehnt, weil es möglicherweise ein anderes Prinzip hätte geben können, das die Anforderungen an ein Grundprinzip erfüllt. Nach den Ausführungen über das Rentabilitätsprinzip besteht nun aber kein Zweifel mehr, daß es ein solches Prinzip für alle Einzelwirtschaften nicht gibt, weil ja gerade dem Rentabilitätsprinzip die Bedeutung der höchsten wirtschaftlichen Verhaltensmaxime für den Unternehmer beikommt, andererseits aber das Rentabilitätsprinzip für die Einzelwirtschaften, die nicht Unternehmungen sind, keine Geltung besitzt. Es gibt also kein wirtschaftliches Prinzip, aus dem sich das Verhalten aller Wirtschaftssubjekte hinreichend und eindeutig erklären ließe, wenn man die seinswissenschaftliche Betrachtungsweise zugrunde legt. Deshalb kann es auch keine Wissenschaft oder Lehre von der Einzelwirtschaft, keine einheitliche Betriebswirtschaftslehre geben. Das Fehlen eines einheitlichen Systemprinzips ist auch der Grund, w a r u m Rieger eine Betriebswirtschaftslehre ablehnt. Rieger hatte nicht die Absicht, eine Profitlehre zu begründen, allein schon deshalb nicht, weil er ein ausgesprochener Vertreter der seinswissenschaftlichen Richtung ist; er war auch nicht der Ansicht, daß lediglich die Unternehmung einer wissenschaftlichen Erforschung wert sei, und übersah auch nicht die Existenz anderer Einzelwirtschaften. Alle derartigen Vorwürfe gegen die Riegersche Lehre sind vollkommen abwegig. Rieger entschied sich erst dann für die Unternehmung, als er erkannt hatte, daß eine einheitliche Lehre nicht möglich ist. Diese Entscheidung allerdings entspringt dann dem freien Willen des Wissenschaftlers, er hätte ebenso die Genossenschaft, den privaten oder öffentlichen Haushalt oder sonst eine Einzelwirtschaftsart zum Gegenstand seiner Untersuchungen erwählen können. Für die Unternehmung entschied er sich, w e i l i h r innerhalb der Wirtschaft große Bedeutung zukam und w e i l i n der Unternehmung ein Kreis wirtschaftlicher Probleme anzutreffen ist, der entschieden weiter gespannt ist als i n anderen Einzelwirtschaften, die nur auf einer Seite m i t dem M a r k t verbunden oder nicht auf Selbsterhaltung angewiesen sind 56 . 56 Vergleiche dazu Rieger, Wilhelm, Einführung, insb. S. 32 ff.; siehe auch Schönpflug, Fritz, Betriebswirtschaftslehre, S. 393: „Seine (Riegers)
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Warum konnte Rieger kein einheitliches Systemprinzip finden? Weil sich seine Auffassung vom Wirtschaften von der der Betriebswirtschaftler wesentlich unterschied. Auch für Rieger dient alles W i r t schaften letztlich der Befriedigung der Bedürfnisse, doch die Beschaffung der M i t t e l dazu ist i n der heutigen Wirtschaft eine ganz andere als früher. I n der naturalen Wirtschaft wurde vom einzelnen Menschen, von einem Familienverband oder innerhalb eines kleinen gesellschaftlichen Rahmens das produziert, was i m gleichen Kreis auch konsumiert wurde und umgekehrt. I n der heutigen modernen Massengesellschaft geht die Beschaffung der Bedürfnisbefriedigungsmittel über den Tausch vor sich, und zwar fast ausschließlich unter Einschaltung des Geldes als allgemeines Tauschmittel. Das Geld muß seinerseits aber wieder erst beschafft werden. Dementsprechend gibt es zwei große Gruppen von Einzelwirtschaften: die einen, die dem Gelderwerb dienen, und die anderen, die ein geldliches Einkommen zur Erstellung und Beschaffung der Bedürfnisbefriedigungsmittel verwenden. Von dieser bestehenden Situation geht Rieger als Seinswissenschaftler aus. Von den Gelderwerbs wirtschaften werden Leistungen nur als M i t tel zum Zweck erstellt, von diesem Zweck her w i r d das Was und Wie der Produktion bestimmt. Die Durchführung der unter dem Gesichtspunkt der Zweckverwirklichung getroffenen Anordnungen i m Leistungserstellungsprozeß ist keine wirtschaftliche Angelegenheit. Von der Betriebswirtschaftslehre w i r d demgegenüber das Schwergewicht eindeutig auf diesen Produktionsprozeß gelegt, für sie sind die Beziehungen zu den anderen Wirtschaftseinheiten, die für Rieger Charakteristikum des Wirtschaftens sind, von zweitrangiger Bedeutung. Meistens werden sie nur i n der Form berücksichtigt, daß man einfach die Absetzbarkeit der erzeugten Leistungen unterstellt. Die Betriebswirtschaftslehre sucht nach einem Erkenntnisobjekt, das unabhängig von den individuellen Zielsetzungen der Einzelwirte und von den historischen wirtschaftlichen Verhältnissen ist 5 7 . Objekt der Betriebswirtschaftslehre ist die Institution der Leistungserstellung, ist der Betrieb. Die Erklärung des zu beobachtenden Verhaltens bei der Produktion muß für eine Wirtschaftswissenschaft jedoch recht unergiebig sein, zuPrivatwirtschaftslehre ist grundsätzlich etwas anderes als die Betriebswirtschaftslehre. Der Gegensatz, den er aufzurichten sich bemüht hat, sollte gerade die K r i t i k betonen, nicht aber, w i e es tatsächlich der F a l l war, v e r wischen." Leider hält sich aber Schönpflug selbst nicht daran, denn den A u s führungen auf S. 397 ff. muß m a n entnehmen, daß er der Ansicht ist, Rieger wollte die Unternehmung zum Erkenntnisobjekt einer Betriebswirtschaftslehre machen. Siehe dazu auch Fettel, Johannes, I r r i g e Meinungen über Riegers P r i v a t wirtschaftslehre, i n : BFuPr, Jg. 1959, S. 461. 57 Vergleiche H i l l , W., Betriebswirtschaftslehre als Wissenschaft, S. 139.
e n t b t s y s t e m b i l d e n d e s
Prinzip
mal man j a auch sehr bald auf die Auswirkungen stößt, die von den unterschiedlichen Zielsetzungen der Wirtschaftssubjekte ausgehen. Deshalb hat die Betriebswirtschaftslehre auch ihren Standpunkt und ihre Betrachtungsweise geändert. Sie sieht den Betrieb als Produktionseinheit nicht vom jeweiligen Einzelwirt her, sondern unter einem gesamt- oder gemeinwirtschaftlichen Blickwinkel. Die Leistungserstellung steht i m Vordergrund, weil der Betrieb als Organ der Gesamtwirtschaft die Aufgabe hat, Güter für die Bedürfnisbefriedigung zu produzieren. Da diese Aufgabe den Einzelwirt i n aller Regel nicht interessiert, wie die rein empirische Betrachtung zeigt, muß die Betriebswirtschaftslehre, wenn sie diese organschaftliche Aufgabe an die Spitze stellt, notwendig zu einer normativen Wissenschaft werden und aufzeigen, wie dieses höchste Ziel von den Einzelwirten zu erreichen ist 5 8 . Da i n der realen Wirklichkeit die Wirtschaftssubjekte aber nach ihren eigenen wirtschaftlichen Zielen streben, kann Rieger als Seinswissenschaftler, der das Verhalten der Wirtschaftssubjekte untersuchen und erklären w i l l , an diesen Zielsetzungen auch nicht vorübergehen. Für die Unternehmungen als historische Kategorie besteht das Wirtschaftsziel darin, Geld zu beschaffen, also nach Gewinn zu streben. Das Wirtschaften der Unternehmung ist deshalb m i t dem Geldverdienen gleichzusetzen. Diese Aussage g i l t natürlich keinesfalls für alle Einzelwirtschaftsarten. Die Leistungserstellung und damit die M a r k t versorgung stehen für den Unternehmer ohne Zweifel nur i m Dienste des wirtschaftlichen Zieles, sie sind das Mittel, um zu geldlichen Einnahmen und schließlich zu einem geldlichen Überschuß zu kommen 5 9 . Die Kritiken, die sich gegen Riegers Auffassung vom Wirtschaften richten, basieren auf einem falschen, weil dem Zu-Beurteilenden nicht adäquaten Maßstab. Sie berücksichtigen nicht, daß Rieger nur nach Erkenntnis des Seienden strebt, also weder aufzeigen w i l l , was der 58 Das gilt auch f ü r die angewandte Betriebswirtschaftslehre, die insofern eine normative Wissenschaft ist, als sie v o n nicht bestehenden, sondern von gesetzten Zwecken ausgeht. E i n bestehender Zweck wäre z. B. das Rentabilitätsstreben bei den Unternehmern. V o n einem solchen Zweck auszugehen, scheut sich aber die angewandte Betriebswirtschaftslehre, u m nicht i n den zweifelhaften Ruf einer Profitlehre zu geraten. 59 Rieger macht dazu folgende Bemerkung: „ M a n ist versucht, zu sagen: Die Unternehmung k a n n es leider nicht verhindern, daß sie i m Verfolg ihres Strebens nach G e w i n n den M a r k t versorgen m u ß " (Rieger, Wilhelm, E i n führung, S. 47). Es ist erstaunlich, wie oft diese Bemerkung falsch verstanden wurde (siehe z. B. Schönpflug, Fritz, Betriebswirtschaftslehre^. 400 f.). Dabei w i l l Rieger damit doch n u r sagen, daß die Unternehmung n u r dann ihre Leistungen verkaufen kann, w e n n auf dem M a r k t Bedarf dafür besteht, daß der Bedarf aber theoretisch i m m e r kleiner u n d damit die Aussichten f ü r Ertragserzielung geringer werden müssen, je mehr Produkte der M a r k t aufn i m m t . M i t einer Verherrlichung des Gewinnstrebens, w i e sie Schönpflug i n dieser Bemerkung sieht, hat das auch nicht das Geringste zu tun.
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Einzelwirtschaftslehre oder Lehre von der Unternehmung?
Unternehmer zu t u n hat, damit er sein Ziel auch erreicht, noch die Absicht hat, für oder gegen dieses Ziel wertend Stellung zu nehmen. Daß i n der Realität die Einzelwirte ihre eigenen und sich voneinander unterscheidenden Ziele haben und sich nicht so verhalten, wie es andere Instanzen vielleicht wünschen, das ist eine nicht wegzudiskutierende Tatsache. Ob man sich m i t ihr abfinden w i l l oder die gegebenen Zustände verändern möchte, das ist i m Grunde keine Frage, die wissenschaftlich zu entscheiden wäre, sondern der Ausfluß einer persönlichen Überzeugung und Einstellung. Für uns, die w i r als ein wesentliches K r i t e r i u m des Wirtschaftens die Eingliederung der Wirtschaftseinheiten i n einen größeren gesellschaftlichen Rahmen bezeichnen, ergeben sich somit die gleichen Konsequenzen hinsichtlich eines einheitlichen Systemprinzips für alle Einzelwirtschaftsarten wie für Rieger. Eine Wirtschaftswissenschaft von der Einzelwirtschaft bzw. vom Verhalten des Einzelwirtes ist nicht möglich, wenn diese Wissenschaft als Seinswissenschaft betrieben wird, weil es an dem entsprechenden Systemprinzip fehlt. Daß die Situation für eine normative Wissenschaft eine andere ist, haben w i r bereits ausgeführt. Für sie kann es eine einheitliche Betriebs- oder Einzelwirtschaftslehre auf der Grundlage des Wirtschaftlichkeitsprinzips geben. A n die Stelle einer einheitlichen Einzelwirtschaftslehre treten Lehren von den verschiedenen Einzelwirtschaftsarten, deren eine eben die Lehre oder Wissenschaft von der Unternehmung ist bzw. dem Verhalten des Unternehmers, auf das j a die Geisteswissenschaft abstellt. Daneben gibt es dann Lehren von der Haushaltung, der Genossenschaft, dem Landwirtschafts-, dem Handwerksbetrieb und andere Lehren mehr. Es bestehen allerdings keine Bedenken, diese Einzellehren, die jeweils ein i n sich geschlossenes System von Erkenntnissen darstellen, unter einem Oberbegriff Einzelwirtschaftslehre zusammenzufassen. Es kann sich dabei aber nur u m ein loses Nebeneinander, nicht u m ein geschlossenes Ganzes handeln. Die Lehre von der Unternehmung muß auch als solche bezeichnet werden. W i r möchten es m i t allem Nachdruck ablehnen, hier von Betriebswirtschaftslehre zu sprechen. Wenn ganz generell so verfahren wird, kann es auch keine Verwechslungen mehr geben. Dann erübrigt sich aber auch der Streit darüber, ob die Unternehmung das Erkenntnisobjekt der Betriebswirtschaftslehre ist. Der Gegensatz lautet dann: Betriebs- bzw. Einzelwirtschaftslehre oder Lehren von den verschiedenen Einzelwirtschaftsarten 60 . 60
Unternehmungslehre u n d Betriebswirtschaftslehre unter letzterer Bezeichnung zu vereinen, w i r d v o n Hostettler versucht (Hostettler, Ernst, Die Frage der Objektbestimmung, S. 94 ff.), der der Betriebswirtschaftslehre zwei Erkenntnisobjekte zuweist, nämlich einmal den Problemzusammenhang U n ternehmung-Rentabilität u n d zum anderen den Problemzusammenhang Be-
e n t b t s y s t e m b i l d e n d e s
Prinzip
L e t z t e n Endes s t e h t aber h i n t e r diesem Gegensatz, w i e w i r gesehen haben, d i e A u s e i n a n d e r s e t z u n g u m das Z i e l oder d e n Z w e c k e i n e r e i n z e l w i r t s c h a f t l i c h e n Wissenschaft, u n d sie l ä ß t sich u n s e r e r A u f f a s s u n g nach m i t d e n M i t t e l n d e r Wissenschaft selbst n i c h t austragen. D i e E n t s c h e i d u n g f ü r eine b e s t i m m t e W i s s e n s c h a f t s r i c h t u n g i s t eine höchst persönliche A n g e l e g e n h e i t des Wissenschaftlers.
trieb-Wirtschaftlichkeit. M a n k a n n sich natürlich darüber streiten, ob eine Wissenschaft zwei Erkenntnisobjekte haben kann. Unserer Auffassung nach, u n d darauf haben w i r schon mehrfach h i n gewiesen, k a n n der aus der wirtschaftlichen Zwecksetzung ausgeklammerte Betrieb nicht Erkenntnisobjekt einer Wirtschaftswissenschaft sein. A l s W i r t schaftseinheit k a n n der Betrieb dagegen n u r v o n einem gesamtwirtschaftlichen Standpunkt aus gesehen werden, während die Unternehmung eindeutig i n einzelwirtschaftlicher Sicht steht. Z w e i so unterschiedliche B l i c k richtungen i n einer einheitlichen Wissenschaft zu vereinen, dürfte der K l a r heit u n d Eindeutigkeit der Erkenntnisse wegen nicht angebracht sein.
F. Schlußbetrachtung I n der Gegenüberstellung von Wirtschaftlichkeits- und Rentabilitätsprinzip findet die i n der Betriebswirtschaftslehre schon immer interessante Frage nach dem Erkenntnisobjekt ihren Ausdruck. Sieht man i n einer Wissenschaft ein System von Erkenntnissen über einen bestimmten Untersuchungsgegenstand, dann kommt dem Grundsatz für die Errichtung eines solchen Systems große Bedeutung zu; ganz besonders aber i n einer Geisteswissenschaft, wo die Wesenserkenntnis, das Ziel dieser Wissenschaft, nur aus einem Prinzip heraus möglich ist. Zwischen dem systembildenden Prinzip, wie man diesen Grundsatz nennen kann, und dem Erkenntnisobjekt der Wissenschaft bestehen Wechselwirkungen. Das Systemprinzip muß dem Objekt adäquat sein, wie umgekehrt das Objekt vom Vorhandensein eines entsprechenden Prinzips abhängig ist. A n ein solches Systemprinzip sind zwei Anforderungen zu stellen: es muß dem Bereich angehören, dem sich die betreffende Wissenschaft widmet, und es muß das höchste Prinzip i n diesem Bereich sein. Unsere Aufgabe bestand nun darin, die beiden i n der Betriebswirtschaftslehre besonders wichtigen Prinzipien der Wirtschaftlichkeit und der Rentabilität auf die Eignung zum systembildenden Prinzip h i n zu untersuchen. Dabei zeigte es sich, daß die erste Anforderung für das Rentabilitätsprinzip ohne weiteres gegeben ist, daß aber andererseits das Wirtschaftlichkeitsprinzip nur dann ein wirtschaftliches Prinzip ist, wenn seine Formulierung den Einsatz und das Ergebnis als wirtschaftliche Größen erfaßt. Hinsichtlich der zweiten Anforderung an das Systemprinzip liegen die Dinge nicht so einfach, hier kommt es nämlich darauf an, was man als den Endzweck oder das Endziel einer Wissenschaft ansieht, die Wesenserkenntnis des Seienden oder die Postulierung eines idealen Sein-Sollenden. Für eine Seinswissenschaft muß das systembildende Prinzip als i n der Realität tatsächlich geltendes höchstes Prinzip i m entsprechenden Verhaltensbereich zu beobachten und nachzuweisen sein. Eine normative Wissenschaft kann demgegenüber ein zweitrangiges oder ein i n der Praxis überhaupt nicht existierendes Prinzip zum höchsten Grundsatz erheben. Vom normativen Standpunkt aus ist nun das Wirtschaftlichkeitsprinzip als Systemprinzip für eine Wissenschaft von der Einzelwirtschaft bzw. vom Betrieb oder der
Schlußbetrachtung
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Betriebswirtschaft (das ist eine Frage der Begriffsbildung) geeignet, weil es i n einer entsprechenden Formulierung ein wirtschaftliches Prinzip ist und als für alle Einzelwirtschaften geltend postuliert werden kann. Auf dieser Grundlage ist dann auch eine einheitliche Einzelwirtschafts(Betriebswirtschafts)lehre möglich. Eine empirische Wissenschaft kann demgegenüber nur feststellen, daß die Wirtschaftsziele der Einzelwirte unterschiedlich sind, sie also keineswegs alle nach Wirtschaftlichkeit streben. Damit muß es mehrere den individuellen Zielsetzungen entsprechende Verhaltensprinzipien geben. Das Wirtschaftlichkeitsprinzip ist unter diesem Gesichtspunkt nicht als Systemprinzip brauchbar. Das allerdings besagt noch nicht, daß es keine einheitliche seinswissenschaftliche Einzelwirtschaftslehre geben kann, sondern nur, daß eine solche nicht auf der Grundlage des Wirtschaftlichkeitsprinzips errichtet werden kann. Daß es aber auch kein anderes Systemprinzip für eine einheitliche Wissenschaft von der Einzelwirtschaft gibt, folgt einfach daraus, daß das Rentabilitätsprinzip systembildendes Prinzip einer Unternehmungslehre ist. U m dafür geeignet zu sein, muß es nämlich die höchste Verhaltensnorm für den Unternehmer i m Bereich des wirtschaftlichen Verhaltens sein. Da es nun aber immer nur ein höchstes Prinzip geben kann, das Rentabilitätsprinzip andererseits nicht für die übrigen Einzelwirtschaftsarten gilt, kann es nicht gleichzeitig noch ein anderes allen Einzelwirtschaften gemeinsames höchstes Prinzip geben. Somit ist dann mangels eines geeigneten Systemprinzips eine Seinswissenschaft von der Einzelwirtschaft schlechthin unmöglich. Für diese Wissenschaftsrichtung kann es nur Einzellehren von den verschiedenen Einzelwirtschaftsarten geben. Eine davon ist die Lehre von der Unternehmung m i t dem Rentabilitätsprinzip als Grundprinzip. Eine Entscheidung für die seinswissenschaftliche oder für die normative Betrachtungsweise ist m i t den M i t t e l n der Wissenschaft nicht herbeizuführen, sie ist vielmehr eine ganz persönliche Angelegenheit des Wissenschaftlers. Es lassen sich wohl wissenschaftstheoretische Argumente für und gegen die eine und die andere Richtung vorbringen, aber die wirkliche Grundlage ist i n der Philosophie, und zwar i n der Wertphilosophie zu sehen. Und hier hört eben die wissenschaftliche Beweisbarkeit auf. Der einzelne Wissenschaftler kann wohl begründen, warum er sich für diese und nicht für jene Richtung entschieden hat, er kann aber seine Auffassung nicht als die allein mögliche oder richtige beweisen. Dieses Nebeneinander zweier unterschiedlicher Wissenschaftsrichtungen bedingt auch ein unterschiedliches und vielgestaltiges Aussehen der Einzelwirtschaftswissenschaft(en). Für manche Wissenschaftler ist das ein unbefriedigender Zustand. W i r halten es aber vom
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Schlußbetrachtung
Standpunkt der Wissenschaft aus für vorteilhaft, wenn i n i h r vielerlei Anschauungen aufeinandertreffen und die Diskussion auch über die Grundfragen i n Gang halten. W i r sind davon überzeugt, daß es der Wissenschaft nur abträglich sein kann, wollte man sie gleichsam rationalisieren, i h r also eine einheitliche Ausrichtung verleihen. Daß diese Vielgestaltigkeit für die Praxis und auch für die Studierenden dieser Wissenschaft Nachteile m i t sich bringt, ist nicht zu leugnen, aber die Belange der nach Wahrheit strebenden Wissenschaft können nicht den Interessen der Praxis untergeordnet werden, wie es andererseits nicht die primäre Aufgabe für eine Wissenschaft ist, eine Berufsausbildung zu vermitteln. I n einer Wissenschaft haben bisher viele und recht unterschiedliche Meinungen, Auffassungen und Richtungen Platz gehabt, und das sollte eigentlich auch i n Zukunft so bleiben; selbst i n einer Disziplin wie unserer, die einen für die Menschheit sehr bedeutsamen Lebensbereich zum Gegenstand hat.
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