Das Wirtschaftlichkeitsprinzip in der kommunalen Finanz- und Haushaltsplanung [1 ed.] 9783428445462, 9783428045464


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German Pages 219 Year 1980

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Das Wirtschaftlichkeitsprinzip in der kommunalen Finanz- und Haushaltsplanung [1 ed.]
 9783428445462, 9783428045464

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RUDOLF

SALMEN

Das Wirtschaftlichkeitsprinzip i n der kommunalen Finanz- und Haushaltsplanung

Schriften zum öffentlichen Band 373

Recht

Das Wirtschaftlichkeitsprinzip in der kommunalen Finanz- und Haushaltsplanung

Von

Dr. Rudolf Salmen

D U N C K E R & H U M B L O T /

BERLIN

Alle Rechte vorbehalten © 1980 Duncker & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1980 bei Buchdruckerei Bruno Luck, Berlin 65 Printed in Germany I S B N 3 428 04546 7

Für Anne und Christian

Vorwort Die vorliegende Arbeit lag i m Sommersemester 1976 dem Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Konstanz als Dissertation vor. Sie wurde für die Drucklegung überarbeitet und auf den Stand vom Oktober 1978 gebracht. Mein herzlicher Dank gilt Prof. Dr. Winfried Brohm, der i n meiner rund dreijährigen Tätigkeit an seinem Lehr stuhl an der Universität Bielefeld nicht nur das Thema angeregt, sondern m i r durch persönliche Gespräche und freundlichen Rat vielfältige Unterstützung gewährt hat. Aus der Zusammenarbeit m i t Prof. Dr. Brohm und einem von i h m gemeinsam m i t Prof. Dr. Niklas Luhmann veranstalteten Seminar ist mein Interesse an der Einbeziehung verwaltungswissenschaftlicher Erkenntnisse i n die Dogmatik des Verwaltungsrechts entstanden, das die Untersuchung nicht unwesentlich beeinflußt hat. Weiterhin bin ich Herrn Prof. Dr. Dieter Lorenz, der das Korreferat übernommen hat und Herrn Ministerialrat a.D. Professor Dr. Broermann für die Aufnahme der Arbeit i n sein Verlagsprogramm zu Dank verpflichtet. Rudolf Salmen

Inhaltsverzeichnis Einleitung

13

1. T e i l Wirtschaftlichkeit als Rechtsprinzip

22

1. Abschnitt Das Wirtschaftlichkeitsprinzip i m geltenden Gemeindehaushaltsrecht .. I. Der I n h a l t des Wirtschaftlichkeitsprinzips I I . Wirtschaftlichkeit als Maßstab f ü r Aufgabenentscheidungen I I I . Die Rechtskontrolle des Wirtschaftlichkeitsprinzips

22 22 26 29

2. Abschnitt Das Wirtschaftlichkeitsprinzip als allgemeines Rechtsprinzip I. Wirtschaftlichkeit als allgemeiner Rechtsgrundsatz

34 34

1. Wirtschaftlichkeit als allgemeiner Planungsgrundsatz

34

2. Wirtschaftlichkeit als ungeschriebenes Verfassungsrecht

36

3. Wirtschaftlichkeit als allgemeiner Verwaltungsgrundsatz

38

I I . Das Wirtschaftlichkeitsprinzip als Ausprägung des Ubermaßver-

bots

1. ökonomisches Prinzip u n d Übermaßverbot i n der L i t e r a t u r . . . a) b) c) d)

Die Auffassung Eppes Die Ansicht Herbert Krügers Die Meinung Claus Wellhöfers Sonstige Stellungnahmen zum Verhältnis Ubermaßverbot— Wirtschaftlichkeit

40 40 40 41 42 42

2. K r i t i k u n d eigene Stellungnahme

43

3. Wirtschaftlichkeit als Ausprägung des Grundsatzes der Erforderlichkeit oder Verhältnismäßigkeit

47

a) Deckungsgleichheit des Erforderlichkeitsprinzips m i t der 1. Variante des Wirtschaftlichkeitsprinzips (Sparsamkeitsprinzip)

48

10

Inhaltsverzeichnis b) Übereinstimmung m i t dem Gebot relativer Sparsamkeit

50

c) Deckungsgleichheit m i t der 2. Variante des Wirtschaftlichkeitsprinzips

52

4. Die dogmatische K o n s t r u k t i o n des Grundsatzes der Erforderlichkeit—Wirtschaftlichkeit als subjektives oder objektives Rechtsprinzip?

54

a) Ubermaßverbot u n d Eingriffsdenken

54

b) Steuereingriff u n d Ubermaßverbot aa) Steuererhebung u n d Grundrechtseingriff bb) Rechtlicher Zusammenhang zwischen Steuererhebung und Mittelverwendung

58 58

c) Ubermaßverbot ohne Individualeingriff? aa) Das „leistungsstaatliche" Ubermaßverbot bb) Das „kollektivistische" Übermaßverbot

77 77 80

5. Ergebnis

63

86

3. Abschnitt Der allgemeine Geltungsbereich des Rechtsprinzips der Wirtschaftlichkeit I. Wirtschaftlichkeit i m eingriffsfreien Bereich

87 87

I I . Wirtschaftlichkeit i m Eingriffsbereich

90

2. T e i l Geltungsbereich und Inhalt des Wirtschaftlichkeitsprinzips in der kommunalen Finanz- und Haushaltsplanung

95

1. Abschnitt Der Geltungsbereich des Wirtschaftlichkeitsprinzips i n der kommunalen Finanzwirtschaft

95

2. Abschnitt Der I n h a l t des Wirtschaftlichkeitsprinzips i n der kommunalen Haushalts« u n d Finanzplanung

101

I. Das Wirtschaftlichkeitsprinzip bei f r e i w i l l i g e n Gemeindeaufgaben

102

1. Wirtschaftlichkeit als Maßstab der Prioritätsentscheidung — Die Notwendigkeit eines Vergleichsmaßstabs

102

2. Die Grundrechte als A u f t r a g der Gemeindeverwaltung

106

3. Staatsaufgabenlehre meindeaufgaben

u n d die Rangordnung

freiwilliger

Ge-

112

Inhaltsverzeichnis 4. Mindeststandard kommunaler Einrichtungen als Prioritätsmaßstab

114

5. Prioritätsbestimmung durch Operationalisierung des Gemeinwohls

119

a) Das Gemeinwohl i n der Wohlfahrtsökonomie b) Verbesserung der Analyse durch die „sozial-indicator"-Forschung 6. Das Wirtschaftlichkeitsprinzip als Gebot der Bedarfsbestimm u n g („Prinzip der bedarfsentsprechenden Produktion") a) Die Notwendigkeit v o n Bedarfsnormen f ü r die kommunale Planung b) Wirtschaftlichkeit als Maßstab zur Entscheidung zwischen Projektalternativen (sog. „interne Effizienz") 7. Ergebnis

119 123 126 130 137 139

I I . Das Wirtschaftlichkeitsprinzip bei Pflichtaufgaben I I I . Ergebnis

141 146

3. T e i l Die Rechtskontrolle des Wirtschaftlichkeitsprinzips

148

1. Abschnitt Kontrolldichte des Wirtschaftlichkeitsprinzips

148

I. Darstellung u n d K r i t i k der i n der L i t e r a t u r vertretenen Ansichten

148

I I . Die Behandlung des Problems aus der Sicht der Lehre v o m (andersartigen) Planungsermessen

151

I I I . Bestätigung des Ergebnisses durch die sozialwissenschaftliche Forschung

155

I V . Z u r Notwendigkeit der Präzisierung des Kontrollrahmens

155

V. Die Wahlfreiheit der Gemeinden hinsichtlich der Methoden der Wirtschaftlichkeitsberechnung

158

V I . Besonderheiten der Wirtschaftlichkeitsberechnung i n der Finanzplanung

161

2. Abschnitt Präzisierung des Kontrollrahmens durch die verschiedenen Methoden der Wirtschaftlichkeitsberechnung I. Z u r Kontrolldichte bei Investitionsmaßnahmen

162 162

12

Inhaltsverzeichnis 1. Die Kosten-Nutzen-Analyse als Entscheidungshilfe

162

a) Die Berücksichtigung v o n Einschränkungen b) Die E r m i t t l u n g u n d Bewertung der Kosten u n d Nutzen c) Die Berücksichtigung des Zeitmoments (Gegenwartsermittlung) d) Die W a h l des Investitionskriteriums 2. Zusammenfassende Bemerkungen Kosten-Nutzen-Analyse

zur

Kontrollfähigkeit

3. Das Verfahren der Kosten-Wirksamkeits-Analyse I I . Die Wirtschaftlichkeit der V e r w a l t u n g I I I . Ergebnis

der

163 166 170 171 172 175 178 182

3. Abschnitt Wirtschaftlichkeitsprinzip u n d rechtliche Sanktion I. Das Wirtschaftlichkeitsprinzip i n der Rechnungsprüfung

182 183

1. Wirtschaftlikeit u n d örtliche Rechnungsprüfung

183

2. Wirtschaftlichkeit u n d überörtliche Rechnungsprüfung

184

I I . Wirtschaftlichkeitsprinzip u n d Kommunalaufsicht I I I . Wirtschaftlichkeit u n d Individualrechtsschutz

186 188

1. Die inzidente Normenkontrolle

188

2. Die abstrakte Normenkontrolle gem. § 47 V w G O

192

Zusammenfassung und Schlußbemerkung

193

Literaturverzeichnis

196

Einleitung Das Wirtschaftlichkeitsprinzip hat i n der deutschen Verwaltung eine lange Tradition. Es wurde seit jeher als ein für die Verwaltung geltendes ethisches Gebot angesehen1 und fand bereits Eingang i n die Instruktion für die Preußische Oberrechnungskammer vom 18. Dez. 1824, die i n § 10 vorschreibt, daß bei allen Ausgaben „jede Unwirtschaftlichkeit bei Vermeidung eigener Vertretung" vermieden werden müsse2. I m deutschen Haushaltsrecht erhielten die Prinzipien der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit alsbald ihre gesetzliche Grundlage. So bestimmte §26 RHO vom 31. Dez. 1922, daß die Haushaltsmittel w i r t schaftlich und sparsam zu verwenden sind. Ähnliche Bestimmungen enthält auch das Gemeindehaushaltsrecht 8 , wenn auch die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit lange Zeit nur i n Sollbestimmungen festgelegt waren 4 . Das neue Gemeindehaushaltsrecht schreibt nunmehr für die Gemeinden zwingend vor, daß die Haushaltswirtschaft sparsam und wirtschaftlich zu führen ist 5 . Dazu w i r d i n den i n allen Bundesländern nahezu gleichlautenden 6 Gesetzesbegründungen ausgeführt, daß das bisher an verschiedenen Stellen des Haushaltsrechts geregelte Gebot der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit seiner Bedeutung entsprechend an zentraler Stelle als allgemeiner Grundsatz ausgesprochen werde 7 . 1

Adolf Hüttl, Das Wirtschaftlichkeitsprinzip i n der öffentlichen V e r w a l tung, i n : 250 Jahre Rechnungsprüfung. Z u r 250jährigen Wiederkehr der E r richtung der Preußischen Generalkammer, hrsg. v o m Bundesrechnungshof, S. 205 ff. (209). 2 Z i t i e r t nach Adolf Hüttl, Wirtschaftlichkeit, i n : Fritz Morstein M a r x (H3rg.), Verwaltung, S. 282 ff. (284); vgl. dazu auch Wolf gang Krüger -Spitta/ Horst Bronk, Einführung i n das Haushaltsrecht u n d die Haushaltspolitik, S. 105. 3 Vgl. z. B. §§ 62 I I GO N W ; A r t . 61 I I BayGO; § 92 I I HessGO; § 77 I I B W GO, § 82 I I NdsGO; § 93 I I RhpfGO; § 75 I I sh GO. 4 Dazu, daß darin k e i n Unterschied lag, vgl. zutreffend Hans Pagenkopf, Die Haushaltssatzung, S. 110. 5 Vgl. F N 3. 6 Das Gemeindehaushaltsrecht ist durch einen Unterausschuß der Innenministerkonferenz vereinheitlicht worden. Vgl. zum Zustandekommen der Gemeindehaushaltsreform etwa Stefan Depiereux, Das neue Haushaltsrecht der Gemeinden, S. 9 ff. 7 Vgl. etwa die Begründung zu § 62 GO NW, Landtags Drucks. 7/1143, S. 32 f.; zu A r t . 61 I I BayGO, BayLandtagsDrucks. 7/3103, S. 31 f.; zu § 92 I I HessGO, HessLandtagsDrucks. 7/2659, S.25; zu §77 I I GO BW, B W L a n d tags Drucks. 6/510, S. 25.

14

Einleitung

Diese Bedeutung, die zumindest i n der Praxis dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zugemessen wird, kommt vielleicht am besten i n den immer wieder zitierten Worten des Abgeordneten Dr. Schreiber zum Ausdruck, der als Berichterstatter i m Haushaltsausschuß des Reichstages bei der Beratung des § 26 RHO ausführte, diese Bestimmung verdiene m i t „goldenen Lettern in jede Verwaltungsstube geschrieben zu werden" 8 . I n der rechtswissenschaftlichen Literatur haben dagegen die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit eine eher spärliche Würdigung erfahren. Die meisten Kommentare oder Monographien zum Haushaltsrecht 9 und die Lehrbücher des Verwaltungsrechts 10 beschränken sich darauf, die i n den Wirtschaftswissenschaften gebräuchliche Definition des ökonomischen Prinzips wiederzugeben, ohne Besonderheit oder Grenzen der Wirtschaftlichkeit in der öffentlichen Verwaltung sehen oder anerkennen zu wollen 1 1 . I m Grunde ist aus der rechtswissenschaftlichen Behandlung nicht mehr für die Verwaltung herausgekommen als die Handlungsanweisung, die schon die Deutsche Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 i n § 60 Abs. 1, Satz 2 enthielt: M i t möglichst wenig Kosten soll der bestmögliche Ertrag erzielt werden 1 2 . Es gibt sicher eine Reihe von Gründen dafür, daß sich die Rechtswissenschaft m i t einer derartig vagen Umschreibung eines Rechtsbegriffs zufrieden geben konnte. Einmal liegt es in der Natur der Sache, daß das, was wirtschaftlich ist, nicht ein für alle mal beschrieben werden kann, sondern bei der Planung und Durchführung von Einzelvorhaben jeweils neu ermittelt werden muß. Denn es gibt keine Rationalität, keine Wirtschaftlichkeit an sich, sondern immer nur i n Bezug auf eine bestimmte Aufgabe 13 . Daneben mag 8 Vgl. dazu A. Hüttl, Das Wirtschaftlichkeitsprinzip, S. 209; W. KrügerSpitta/H. Bronk, Einführung i n das Haushaltsrecht, S. 107. 9 Vgl. ζ. B. Werner Scheel/Johannes Steup, Gemeindehaushaltsrecht N o r d rhein-Westfalen, § 62 A n m . 2; Johannes u n d Reinhard Rauball, Gemeindeordnung f ü r Nordrhein-Westfalen, Kommentar, § 62; Werner Dümmler, Die rechtlichen Grenzen bei der Aufstellung des Gemeindehaushalts u n d die Selbstverwaltungsgarantie, S. 61. 10 Vgl. ζ. B. Hans Julius Wolff, Verwaltungsrecht I I I , § 164 I I a 4; 162 I I I n. 11 Vgl. etwa Karl Maria Hettlage, Über Sparsamkeit u n d Wirtschaftlichkeit, i n : Reinhard K . J. Baadenhoop, Wirtschaftliche öffentliche Verwaltung, Beiträge zum kostenbewußten Denken, S. 38 ff. (50). 12 Vgl. dazu T e x t u n d Kommentierung bei Ralf Zeitler/Walter BitterjBernhard von Der schau, Deutsche Gemeindeordnung, § 60 A n m . 2; charakteristisch auch Sieghardt von Köckritz/Günter Er misch/Werner Maatz, Bundeshaushaltsordnung, Kommentar, Loseblattsammlung, § 7 R N 2; Erwin Adolf Piduch, Bundeshaushaltsrecht, Kommentar, Loseblattsammlung, § 7 B H O R N 2; Hans Pagenkopf, Kommunalrecht, Bd. 2, Wirtschaftsrecht, S. 296. Kritisch dazu Heinrich Siedentopf, Wirtschaftlichkeit i n der öffentlichen Verwaltung, S. 12; vgl. auch Jürgen Görnas, Grundzüge einer Verwaltungskostenrechnung, S. 58. 18 So Konrad Mellerowicz, Wirtschaftlichkeit i n der öffentlichen V e r w a l -

Einleitung f ü r die V e r n a c h l ä s s i g u n g des W i r t s c h a f t l i c h k e i t s p r i n z i p s als e i n e m d e r i n d e r P r a x i s w i c h t i g s t e n G r u n d s ä t z e des V e r w a l t u n g s h a n d e l n s 1 4 d e r V e r f a l l d e r K a m e r a l w i s s e n s c h a f t v o n B e d e u t u n g sein 1 5 . V o r a l l e m dürfte aber die Z u r ü c k h a l t u n g der Rechtsdogmatik bei sozialökonomischen B e d e u t u n g s g e h a l t e n 1 6 u n d d i e a m E i n g r i f f s - u n d Rechtsschutzd e n k e n ausgerichtete D o g m a t i k des öffentlichen Rechts m a ß g e b l i c h gew e s e n sein, d i e das i n n e r o r g a n i s a t o r i s c h v e r s t a n d e n e W i r t s c h a f t l i c h k e i t s p r i n z i p m a n g e l s d i r e k t e r A u s w i r k u n g e n a u f das S t a a t - B ü r g e r v e r h ä l t n i s u n b e r ü c k s i c h t i g t lassen k o n n t e 1 7 . W i r t s c h a f t l i c h k e i t u n d S p a r s a m k e i t d e r V e r w a l t u n g s i n d so z u e i n e r D o m ä n e d e r V e r w a l t u n g s p r a x i s g e w o r d e n u n d w ü r d e n es w a h r s c h e i n l i c h auch noch l a n g e b l e i b e n , w e n n n i c h t d u r c h d i e D i s k u s s i o n u m d i e H a u s h a l t s r e f o r m 1 8 u n d eine R e i h e v o r n e h m l i c h v e r w a l t u n g s w i s s e n schaftlicher U n t e r s u c h u n g e n das Interesse a n d e n G r u n d s ä t z e n d e r Wirtschaftlichkeit u n d Sparsamkeit wieder geweckt w o r d e n wäre 19. I n d e n b i s h e r i g e n rechtswissenschaftlichen A b h a n d l u n g e n w i r k t d i e w i r t s c h a f t l i c h e E n t s c h e i d u n g s r e g e l v o r a l l e m deshalb so u n b e s t i m m t tung, i n : Wirtschaftlichkeit i n der öffentlichen Verwaltung, S. 125 ff. (129); Heinrich Siedentopf, Wirtschaftlichkeit, S. 12. 14 A u f f a l l e n d ist, daß beispielsweise Hans J. Wolff , Otto Bachof, V e r w a l tungsrecht I, § 30 I I b 1, S. 179 die Gebote der Wirtschaftlichkeit u n d Sparsamkeit n u r beiläufig als von der V e r w a l t u n g zu beachtende allgemeine Rechtsgrundsätze erwähnen. 15 So A. Hüttl, Wirtschaftlichkeit, S. 287. 16 So Klaus König, Erkenntnisinteressen der Verwaltungswissenschaft, S. 156. 17 So zutreffend K. König, S. 157; vgl. zu dieser Charakterisierung der Verwaltungsrechtsdogmatik auch Winfried Brohm, Die Dogmatik des V e r w a l tungsrechts v o r den Gegenwartsaufgaben der Verwaltung, V V D S t R L 30 (1972), S. 245 ff. (253 ff.). 18 Vgl. dazu etwa die Kommentierungen zu § 7 B H O bei E. A. Piduch, R N 5 ff.; S. v. Köckritz/G. Ermisch/W. Maatz, Bundeshaushaltsordnung § 7 R N 8.1 ff.; Hans Adolf Giesen]Eberhard Fricke, Das Haushaltsrecht des Landes Nordrhein-Westfalen, § 7 L H O , R N 4 ff.; vgl. auch Hannes Rehm, Analyse u n d K r i t i k der Bundeshaushaltsreform. 19 Insbesondere die Untersuchungen von Niklas Luhmann zum wirtschaftlichen Rationalprinzip haben deutlich gemacht, daß die Rechtswissenschaft Analyse u n d Konkretisierung des Wirtschaftlichkeitsprinzips nicht einfach den Wirtschaftswissenschaften überlassen kann. Vgl. etwa Niklas Luhmann, K a n n die V e r w a l t u n g wirtschaftlich handeln? VerwArch. 51 (1960), S. 97 ff.; ders., Die Grenzen einer betriebswirtschaftlichen Verwaltungslehre, V e r w Arch. 56 (1965), S. 303 ff.; ders., Recht u n d A u t o m a t i o n i n der öffentlichen V e r waltung, S. 118 ff.; ders., Zweckbegriff u n d Systemrationalität. Über die F u n k t i o n v o n Zwecken i n sozialen Systemen, S. 73 ff.; vgl. auch K . König, E r k e n n t nisinteressen, S. 156 ff.; Pius Bischofsberger, Durchsetzung u n d Fortbildung betriebswirtschaftlicher Erkenntnisse i n der öffentlichen Verwaltung. E i n Beitrag zur Verwaltungslehre; Peter Eichhorn, Die öffentliche V e r w a l t u n g als Dienstleistungsbetrieb, i n : Christian Friedrich Menger (Hrg.), Fortschritte des Verwaltungsrechts, Festschrift Hans Julius Wolff zum 75. Geburtstag, S. 39 ff.

16

Einleitung

und unpraktikabel, weil man sich vielfach damit begnügt, die Deckungsgleichheit m i t dem i n der Privatwirtschaft entwickelten wirtschaftlichen Prinzip festzustellen, wenn spezifische Besonderheiten der Staatswirtschaft berücksichtigt würden 2 0 . Bisher ist aber noch nicht versucht worden, diese Besonderheiten i m Ablauf des Haushaltszyklus einmal konkret darzustellen. Dabei gäbe es Anlaß genug, sich über die Schwierigkeiten der Juridifizierung des Wirtschaftlichkeitsprinzips Gedanken zu machen. Denn wenn alle Probleme m i t der Begründung einer Rechtspflicht zum w i r t schaftlichen Handeln i m Haushaltsrecht gelöst wären, brauchte man, wie Luhmann m i t Recht betont, „ U n Wirtschaftlichkeit nicht immer wieder m i t einschläfernden Appellen zu bekämpfen, sondern könnte sie als Rechtswidrigkeit m i t einfachen M i t t e l n praktisch ausmerzen" 21 . Das dies nicht möglich ist, liegt entgegen einer verbreiteten Ansicht nur ζ. T. an der öffentlichen Verwaltung und überwiegend an den Besonderheiten der wirtschaftlichen Entscheidungsregel, die m i t den Methoden der Rechtsanwendung kaum erfaßt werden kann. Das vom Wirtschaftlichkeitsprinzip geforderte optimale Verhältnis zwischen Zweck und M i t t e l läßt nämlich die Erreichung eines bestimmten Zweckes m i t allen nur erdenklichen Mitteln zu und eröffnet damit einen Entscheidungsspielraum, der bei den üblicherweise „konditional programmierten" 2 2 Rechtssätzen ausgeschlossen ist. Der Rechtsanwender orientiert sich nämlich grundsätzlich nicht an Zwecken und M i t t e l n sondern an Tatbestand und Rechtsfolge 23 , die ihm nach dem sog. „WennDann-Schema" i n aller Regel einen relativ eindeutigen Entscheidungsauftrag vermitteln. Immer „wenn" nämlich ein bestimmter Tatbestand erfüllt ist, „dann" hat er eine bestimmte Rechtsfolge zu ziehen. Daß derartig eindeutige Entscheidungsprogramme bei der Anwendung des Wirtschaftlichkeitsprinzips i m Haushaltsrecht fehlen, ist jedoch kein Grund, auf eine Konkretisierung dieses Rechtsgrundsatzes ganz zu verzichten. Die Diskussion um die rechtsstaatliche Bewältigung des „Planungsermessens" 24 hat vielmehr deutlich gemacht, daß die 20 Vgl. ζ. B. Otto Helmert, Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen, S. 134; E, A. Piduch, BHO, § 7 R N 2. 21 So N. Luhmann, Recht und Automation, S. 118. 22 Vgl. zur Unterscheidung von konditional- und zweckprogrammierten Rechtssätzen Niklas Luhmann, Lob der Routine, VerwArch. 55 (1964), S. 1 ff. (7 ff.); ders., Rechtssoziologie, Bd. 2, S. 227 ff.; kritisch dazu Josef Esser, V o r verständnis und Methodenwahl i n der Rechtsfindung, S. 141 ff. 23 Vgl. N. Luhmann, Recht und Automation, S. 119. 24 Vgl. dazu Fritz Ossenbühl, Welche normativen Anforderungen stellt der Verfassungsgrundsatz des demokratischen Rechtsstaates an die planende staatliche Tätigkeit, dargestellt am Beispiel der Entwicklungsplanung, G u t achten Β zum 50. Deutschen Juristentag, S. 188 ff.; Eberhard Schmidt-Ass-

Einleitung

Rechtswissenschaft in der Vergangenheit weite Bereiche der Rechtsordnung einem unkontrollierbaren Ermessensbereich zugeordnet und sie damit der Maßstäblichkeit des Rechts überhaupt entzogen hat. Für den Bereich der planenden Verwaltung w i r d dies heute mehr und mehr als problematisch empfunden, weil durch die staatliche Planung und Sozialgestaltung nicht nur die Voraussetzungen für die Effektivität der Grundrechte geschaffen werden sondern mittelbar auch handfeste Beeinträchtigungen der Rechte des einzelnen erfolgen, ohne daß die für direkte Eingriffe der Staatsgewalt entwickelten rechtsstaatlichen Sicherungen greifen würden. I n ihrem Bemühen, das Planungsermessen einer genaueren juristischen Kontrolle zu unterwerfen, hat sich die frühere Verwaltungsrechtsdogmatik aber fast ausschließlich an den zuletzt genannten Eingriffswirkungen der Planung ausgerichtet und versucht, das Netz der Ermessensfehler (und damit den Rechtsschutz) feiner zu spinnen. Dabei ist übersehen worden, daß auch nur verwaltungsintern w i r kende, d. h. nicht einklagbare Rechtsgrundsätze der planenden Verwaltung Grenzen setzen und ihr Handeln damit kontrollierbarer und rechtsförmlicher machen können 25 . I n diesem Sinne könnte auch der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit ein bedeutender Maßstab der planenden Verwaltung sein, wenn man ihm über die nichtssagenden Umschreibungen des ökonomischen Prinzips hinaus einen konkreten Inhalt geben könnte. Um eine derartige Konkretisierung des Rechtsprinzips der W i r t schaftlichkeit bemüht sich die vorliegende Arbeit. Sie beschränkt sich dabei, auch wenn ihre Ergebnisse verallgemeinerungsfähig erscheinen, auf den überschaubaren Bereich der kommunalen Finanz- und Haushaltsplanung. Gerade i m G e m e i n d e h a u s h a l t s r e c h t l ä ß t sich n ä m l i c h d i e R e c h t s n a t u r des W i r t s c h a f t l i c h k e i t s p r i n z i p s a m besten e n t w i c k e l n : Einerseits g i b t es i m K o m m u n a l r e c h t z u m i n d e s t eine grobe T y p o l o g i e v o n G e m e i n d e a u f gaben, m i t d e r e n H i l f e die W i r k u n g s w e i s e des W i r t s c h a f t l i c h k e i t s p r i n zips v e r d e u t l i c h t w e r d e n k a n n 2 8 . A n d e r e r s e i t s e n t h ä l t die G e m e i n d e mann, Verwaltungsverantwortung u n d Verwaltungsgerichtsbarkeit, W D S t R L 34 (1976), S. 221 ff.). Rupert Scholz, ebd., S. 145 ff. (166 ff.). Werner Hoppe, Die „Zusammenstellung des Abwägungsmaterials" und die „Einstellung der Belange" i n die Abwägung „nach Lage der Dinge" bei der Planung, DVB1. 1977, S. 136 ff. (140 ff.) ; Werner Ernst/Werner Hoppe, Das öffentliche Bau- u n d Bo25 Das kRaumplanungsrecht, l i n g t vor allem bei E. u n d W. Hoppe, i n : Ernst/ denrecht, S. Schmidt-Assmann 121 f. Hoppe, Das öffentliche Bau- u n d Bodenrecht, S. 121 f., an. 26 Vgl. dazu Hans Pagenkopf, Kommunalrecht, S. 153 ff.; Otto Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 86 ff.; Hans Kluber, Das Gemeinderecht i n den Ländern der Bundesrepublik Deutschland, S. 35 ff. Eine derartige Systematisierung der 2 Salmen

18

Einleitung

haushaltssatzung i m Gegensatz zu den staatlichen Haushaltsgesetzen durch die Festsetzung der Realsteuerhebesätze auch Rechtssätze m i t Außenwirkung, so daß hier die Frage problematisiert werden muß, ob der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit als objektiver oder subjektiver Rechtsgrundsatz zu verstehen ist. Die Begrenzung der Untersuchung auf die Planung des Gemeindehaushalts erscheint darüber hinaus vor allem deshalb gerechtfertigt, w e i l bisher Fragen der Wirtschaftlichkeit — wenn überhaupt — allenfalls beim Haushaltsvollzug behandelt wurden 2 7 , während sie für die Phase der Aufstellung des Haushalts- und Finanzplanes fast völlig vernachlässigt wurden. Gerade i n der Planungsphase des Haushalts ist die Anwendung des Wirtschaftlichkeitsprinzips aber von besonderer Bedeutung, w e i l hier über die i n den Haushaltsplan aufzunehmenden Projekte zu entscheiden ist, während beim Haushaltsvollzug wegen der festliegenden Haushaltsansätze oft nur Sparsamkeits- und Kostenminimierungsüberlegungen angestellt werden können. Das ist nicht zuletzt der Grund dafür, warum i m staatlichen Haushaltsrecht bei größeren Investitionen als Methode der Wirtschaftlichkeitsrechnung die Kosten-Nutzen-Analyse vorgeschrieben ist, die auf eine Rationalisierung gerade der Haushaltsplanung durch Prioritätsbestimmungen nach dem gesamtwirtschaftlichen Nettonutzen abzielt 28 und auch ohne gesetzliche Verankerung i m Gemeindehaushaltsrecht anwendbar ist 2 9 . U m das Wirtschaftlichkeitsprinzip als Maßstab der kommunalen Haushaltsplanung entfalten zu können, müssen vor allem zwei Problemkreise analysiert werden: Sein Geltungsbereich und seine Kontrolldichte. Ansätze zu einer Konkretisierung des Geltungsbereiches des Wirtschaftlichkeitsprinzips finden sich vor allem bei Adolf Hüttl, der i m Anschluß an die betriebswirtschaftliche Arbeit von Loitlsberger Unterprinzipien der Wirtschaftlichkeit zu entwickeln versucht 30 . Staatsaufgaben ist daneben praktisch nicht vorhanden. Vgl. dazu noch unten den 2. Teil, Abschnitt I 2. 27 Zurückzuführen ist das auf die Tatsache, daß bis zur Haushaltsreform eine ausdrückliche Rechtspflicht zu wirtschaftlichem Handeln n u r f ü r den Haushalts Vollzug bestand; vgl. dazu etwa den Wortlaut des § 26 R H O u n d § 92 Abs. 1, Satz 2 GO N W sowie die Erläuterungen bei Kurt Kottenberg/ Erich Rehn, Gemeindeordnung f ü r das L a n d Nordrhein-Westfalen, § 87 A n m . V u n d § 92 A n m . I ; vgl. zur Geltung des Wirtschaftlichkeitsprinzips f ü r die Haushaltsaufstellung i m neuen Bundeshaushaltsrecht E. A. Piduch, Bundeshaushaltsrecht, § 7 B H O R N 1. 28 Z u r ex ante Beurteilung der Wirtschaftlichkeit durch die Kosten-NutzenAnalyse vgl. E. A. Piduch, § 7 B H O R N 1. 29 Vgl. dazu auch Werner Scheel/Johannes Steup, Gemeindehaushaltsrecht Nordrhein-Westfalen, § 10 GemHVO A n m . 2 Abs. 2, S. 273.

Einleitung

19

Die von Loitlsberger verwendete Unterscheidung zwischen dem „Prinzip der optimalen Produktionsrichtung" und dem „Prinzip der bedarfsentsprechenden Produktion" kann auch für das hier zu behandelnde Thema fruchtbar gemacht werden. Denn sie zeigt die Notwendigkeit auf, nicht nur Inhalt und Maßstäblichkeit des Wirtschaftlichkeitsprinzips bei festliegenden Haushaltszwecken zu untersuchen („bedarfsentsprechende Produktion") sondern auch Maßstäbe für die Ausw a h l der Haushaltszwecke selbst zu entwickeln („optimale Produktionsrichtung"). Gerade i n der Phase der Planung und Programmierung des Haushalts und des Investitionsprogramms fallen nämlich bei der Setzung der Prioritäten zwischen den verschiedenen Aufgaben die wichtigsten Entscheidungen der kommunalen Finanzwirtschaft, denn die Wahl der richtigen Ziele ist oft wichtiger als die der richtigen Mittel 3 1 . Ob und inwieweit das Wirtschaftlichkeitsprinzip i m Bereich der A u f gaben« und Prioritätsentscheidungen überhaupt angewendet werden kann, bedarf deshalb dringend der Klärung, zumal das ökonomische Prinzip als reines Formalprinzip allgemein nur i m Bereich der M i t t e l angesiedelt wurde und man erst neuerdings i n den Sozialwissenschaften die Zwecksetzungen selbst als rationalisierungsbedürftig ansieht 32 . Die Lösung dieser Frage ist auch von großer praktischer Bedeutung, denn wenn es möglich wäre, dem Wirtschaftlichkeitsprinzip einen brauchbaren Maßstab für die Prioritätsbestimmung zu entnehmen, würden diese bisher als „politischen" Zweckmäßigkeitsentscheidungen deklarierten Beschlüsse der Gemeindevertretung i n viel stärkerem Maße der internen und externen Rechtskontrolle zugänglich gemacht. I m engen Zusammenhang m i t der Bestimmung des Geltungsbereichs steht schließlich noch die Frage nach der Rechtskontrolle des W i r t schaftlichkeitsprinzips, deren Umfang wiederum von der „Kontrolldichte" des Grundsatzes bedingt wird. 80

Vgl. A. Hüttl, Das Wirtschaftlichkeitsprinzip i n der öffentlichen V e r w a l tung, S. 218 ff.; dersWirtschaftlichkeit, S. 290ff. 81 So Dieter Weiss, Strukturierung iterativer Entscheidungsprozesse bei öffentlichen Planungsvorhaben, VerwArch. Θ3 (1972), S. 241 ff. (251). 82 I m Bereich der Sozialwissenschaften w i r d diese Frage i m m e r häufiger gestellt, vgl. etwa N. Luhmann, Grenzen einer betriebswirtschaftlichen V e r waltungslehre, S. 305 f.; Rolf E. Vente , Zielplanung. Z w e i Plädoyers f ü r eine erweiterte Rationalität; Klaus Lompe, Gesellschaftspolitik u n d Planung, S. 224 ff.; Rolf Richard Grauhan, Politische Verwaltung, S. 360ff.; Hans K. Schneider, Planung u n d Modell, i n : Z u r Theorie der allgemeinen u n d der regionalen Planung, S. 41 ff. (55 ff.). Allgemein zur Ziel- u n d Programmplan u n g i n der öffentlichen V e r w a l t u n g Herbert König, Z u r Neuorientierung von Zielgruppierungen i n der öffentlichen Verwaltung, i n : V e r w a l t u n g u n d F o r t b i l d u n g 1977, S. 71 ff. 2*

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Einleitung

Es ist nämlich nicht damit getan, eine Rechtspflicht zum wirtschaftlichen Handeln zu bejahen, ohne zu sagen, wann diese Pflicht verletzt ist und ein Rechtsverstoß vorliegt. Die i n der rechtswissenschaftlichen Literatur üblichen vagen und nichtssagenden Kommentierungen des Inhalts des Wirtschaftlichkeitsprinzips 53 geben jedenfalls ζ. Z. den an Haushaltsplanung und -Vollzug beteiligten Stellen praktisch keinerlei Maßstäbe für die Rechtsanwendung. Wenn beispielsweise die Meinung vertreten wird, geringfügige Verstöße gegen das Wirtschaftlichkeitsprinzip seien unbeachtlich^ 4 , zeigt das m i t aller Deutlichkeit, wie wenig die Rechtswissenschaft bisher die Rechtsnatur des ökonomischen Prinzips durchdacht hat. Denn wenn das Wirtschaftlichkeitsprinzip ein Rechtsprinzip ist, dann ist jeder Verstoß rechtswidrig und damit für die gesetzesgebundene Verwaltung beachtlich. Vor allem Niklas Luhmann hat die oberflächliche Behandlung des Wirtschaftlichkeitsprinzips i n der Rechtswissenschaft m i t Recht mehrfach kritisiert und zur Analyse der „Kontrolldichte" des Rechtsprinzips der Wirtschaftlichkeit geradezu herausgefordert, wenn er kritisiert, der Gesetzgeber habe sich bei der Begründung einer Rechtspflicht der Verwaltung zu wirtschaftlichen Handeln getäuscht und die sozialen Ordnungsmöglichkeiten des Rechts überschätzt, weil das wirtschaftliche Optimalprinzip i n der öffentlichen Verwaltung nicht angewendet werden könne und seine rechtliche Norminierung nur Unmögliches verlangen würde 3 5 . Anders ausgedrückt w i r d damit die Frage aufgeworfen, ob die öffentliche Verwaltung (überhaupt) wirtschaftlich handeln kann 3 8 , wenn die damit vorausgesetzten Optimalentscheidungen angesichts vielfältiger Rechtsbindungen nicht Zustandekommen und ob sich die Wirtschaftlichkeit einer Maßnahme m i t den Methoden der Rechtswissenschaft überhaupt feststellen läßt. Damit i m Zusammenhang steht letztlich das weitere, bisher völlig ungeklärte Problem, auf welchem Wege die Beachtung der Wirtschaftlichkeitsmaxime erzwungen werden kann: nur verwaltungsintern oder auch von Bürgern i m Klagewege. Von diesen Fragestellungen nach Geltungsbereich und Rechtskontrolle des Wirtschaftlichkeitsprinzips ausgehend soll i m folgenden dessen Inhalt i n der kommunalen Haushalts- und Finanzplanung bestimmt werden. W i l l man dabei über die nichtssagenden Wiedergaben des i n 38 Vgl. etwa die von N. Luhmann, Recht u n d Automation, S. 118 F N 5 Genannten u n d H . Pagenkopf, Wirtschaftsrecht, S. 296. 34 So Hans Pagenkopf, Die Haushaltssatzung, S. 111. 35 So N. Luhmann, Recht u n d Automation, S. 118 f.; vgl. auch Klaus König, Erkenntnisinteressen der Verwaltungswissenschaft, S. 156. 36 Vgl. die gleichnamige A b h a n d l u n g von N. Luhmann, VerwArch. 51 (1960), S. 97 ff.

Einleitung

der Wirtschaftswissenschaft gebräuchlichen Inhalts des ökonomischen Prinzips hinausgelangen, ist zunächst eine genaue Analyse der Rechtsnatur des Wirtschaftlichkeitsprinzips erforderlich. Selbst wenn nämlich ein derartiger „Kontaktbegriff" wie der der Wirtschaftlichkeit ohne die Forschungsergebnisse der Wirtschaftswissenschaften nicht hinreichend präzisiert werden kann, so verlangt doch die juristische Methodenlehre, auch wirtschaftswissenschaftliche Begriffe ausschließlich nach juristischen Methoden auszulegen, sobald sie i n eine Rechtsnorm aufgenommen worden sind. Der wirtschaftswissenschaftliche Begriff w i r d zu einem Rechtsbegriff, allerdings bleibt der „vorjuristische" Begriffskern quasi als Leitbild für die Auslegung erhalten 8 7 . Es ist deshalb zunächst eine eigenständige juristische Analyse des Rechtsprinzips der Wirtschaftlichkeit erforderlich 88 , die i m 1. Teil der Untersuchung geleistet werden soll. Ausgehend von der Rechtsnatur des Wirtschaftlichkeitsprinzips soll dann i m 2. Teil sein Inhalt i n der kommunalen Finanz- und Haushaltsplanung untersucht werden, wobei die Maßstäblichkeit für kommunale Prioritätsentscheidungen i m Vordergrund steht. Daran schließt sich i m 3. Teil die Frage nach der Rechtskontrolle des Wirtschaftlichkeitsprinzips an, insbesondere i m Hinblick auf die Möglichkeit, m i t Hilfe der Kosten-Nutzen-Analyse den Kontrollrahmen zu verbessern. Zur Analyse der Rechtsnatur des Wirtschaftlichkeitsprinzips sind zunächst die gesetzlichen Regelungen des Gemeindehaushaltsrechts herauszuziehen. Es w i r d sich jedoch bald herausstellen, daß der Inhalt des Wirtschaftlichkeitsprinzips weder i m Gemeindehaushaltsrecht noch i m staatlichen Haushaltsrecht näher umschrieben w i r d und sich auch aus der Gesetzessystematik keine Konkretisierungen ableiten lassen. Deshalb w i r d anschließend der Versuch unternommen, die Existenz eines allgemeinen Rechtsprinzips der Wirtschaftlichkeit nachzuweisen, m i t dessen Hilfe dann das haushaltsrechtliche Wirtschaftlichkeitsprinzip ausgelegt und konkretisiert werden kann. Wenn nämlich die Rechtspflicht zu wirtschaftlichem Handeln i m Gemeindehaushaltsrecht auf ein allgemeines Rechtsprinzip zurückgeführt werden könnte, ließe sich dieses auch zur Auslegung der haushaltsrechtlichen Bestimmungen heranziehen 89 . 37 Vgl. Gerd Rinck, Wirtschaftswissenschaftliche Begriffe i n Rechtsnormen, i n : Carl Ule u. a. (Hrg.), Recht i m Wandel, Festschrift 150 Jahre Carl H e y m a n n Verlag, S. 361 ff. (367, 371). 38 So G. Rinck, S. 371. 39 Vgl. Reinhold Zippelius,, Einführung i n die juristische Methodenlehre, S. 57 f.; vgl. auch Karl Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S.315 ff.

1. T E I L

Wirtschaftlichkeit als Rechtsprinzip 1. Abschnitt

Das Wirtschaftlichkeitsprinzip im geltenden Gemeindehaushaltsrecht I. Der Inhalt des Wirtschaftlichkeitsprinzips Das neue Gemeindehaushaltsrecht ist am 1.1.1974 i n K r a f t getreten. Damit besteht nunmehr ein einheitliches Gemeindehaushaltsrecht i m ganzen Bundesgebiet. Die auf einem Musterentwurf der Innenministerkonferenz zurückgehende Neuregelung hat zahlreiche Änderungen gegenüber dem teilweise seit Erlaß der GemHVO von 1935 unveränderten kommunalen Haushaltsrecht gebracht. Bei der Neufassung des Gemeindewirtschaftsrechts ist u. a. auch der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Aufgabenerfüllung neu geregelt worden. Während früher das Wirtschaftlichkeitsprinzip ζ. T. an verschiedenen Stellen des Haushaltsrechts verstreut und als nachgiebiges Recht geregelt w a r (so ζ. B. i n §§ 87 I I I , 92 I 2 GO NW), ist es nunmehr an zentraler Stelle als allgemeiner Haushaltsgrundsatz vorgeschrieben worden, u m seine Bedeutung für die gesamte Haushaltswirtschaft zu unterstreichen 1 . Dies geschieht i n Nordrhein-Westfalen beispielsweise durch die lapidare Forderung des § 62 GO: „Die Haushaltswirtschaft ist sparsam und wirtschaftlich zu führen." Weitergehende Erläuterungen zur Rechtsnatur, zum Inhalt und zur Rechtskontrolle des Wirtschaftlichkeitsrechts enthält die Gemeindeordnung ausdrücklich nicht. Es empfiehlt sich deshalb, als Leitbild für die Auslegung des Rechtsbegriffs der Wirtschaftlichkeit zunächst von der i n den Wirtschaftswissenschaften gebräuchlichen Umschreibung des ökonomischen Prinzips auszugehen. 1 Vgl. etwa § 62 I I GO N W ; § 92 I I HessGO; § 77 I I GO B W ; A r t . 61 I i ' BayGO; vgl. ferner die nahezu gleichlautenden Gesetzesbegründungen: L a n d tag Nordrhein-Westfalen, LandtagsDrucks. 7/1143, S. 32 f.; Hessischer L a n d tag, LandtagsDrucks. 7/2659, S. 25; Baden-Württembergischer Landtag, L a n d tagsDrucks. 6/510, S. 25; Bayerischer Landtag, LandtagsDrucks. 7/3103, S. 31 f. sowie W. Scheel/J. Steup, Gemeindehaushaltsrecht N W , § 62 A n m . 2.

1. Abschn.: Wirtschaftlichkeitsprinzip i m Gemeindehaushaltsrecht

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a) I n der Hegel w i r d i n den Wirtschaftswissenschaften und i n einigen Kommentaren zum Haushaltsrecht 2 das ökonomische Prinzip i n seiner allgemeinsten Form umschrieben als das Gebot, „ m i t kleinstem A u f wand den größten Ertrag zu erzielen" 8 . M i t Recht w i r d aber i n der Literatur zugleich darauf hingewiesen, daß diese Formulierung zu ungenau ist, w e i l sie zwei Ungekannte, nämlich den „größten Ertrag" und den „kleinsten Aufwand" i n Beziehung setzt. U m das Wirtschaftlichkeitsprinzip überhaupt anwenden zu können, w i r d deshalb vorgeschlagen, jeweils eine Größe festzulegen. Das Wirtschaftlichkeitsprinzip w i r d dann als Gebot verstanden, entweder m i t gegebenen M i t t e l n einen möglichst großen Erfolg oder einen bestimmten (gegebenen) Erfolg m i t geringstmöglichen M i t t e l n zu erreichen 4 . Vom Grundsatz der Wirtschaftlichkeit scheint sich auf den ersten Blick der Grundsatz der Sparsamkeit insoweit abzuheben, als er nicht auf das Verhältnis von Aufwand und Ertrag, sondern von Einnahmen und Ausgaben abstellt. Sparsamkeit ist gerichtet auf eine Minimierung öffentlicher Ausgaben, ohne nach dem Erfolg einer Maßnahme zu fragen 5 . Gleichwohl erscheinen die Begriffe der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit nur äußerlich miteinander unvereinbar, denn i n Wirklichkeit schließt der Begriff der Wirtschaftlichkeit den der Sparsamkeit ein®. Auch das Gebot der Wirtschaftlichkeit verlangt nämlich einen geringstmöglichen Mitteleinsatz bei gegebenem Zweck, gebietet darüber hinaus aber die Optimalität der Zweckerreichung. Der Sparsamkeitsbegriff ist deshalb nicht für sich allein anzuwenden, vielmehr muß das Prinzip der Sparsamkeit immer wieder am Begriff der Wirtschaftlichkeit ge2 Vgl. ζ. Β . v. Köckritz/Ermisch/Maatz, BHO, § 7 R N 2; E. A. Piduch, B u n deshaushaltsrecht, § 7 B H O R N 2; W. Scheel/J. Steup, Gemeindehaushaltsrecht N W , § 62 GO A n m . 2. Abs. 2. 8 Vgl. A. Hüttl, Wirtschaftlichkeit, S. 288; H. Pagenkopf, Wirtschaftsrecht, S. 296; J. Görnas, Verwaltungskostenrechnung, S. 59; Martin-Peter Büch, Z u r Bestimmung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit u n d der Sparsamkeit i m öffentlichen Haushalt der Bundesrepublik Deutschland, S. 35 ff. 4 So ζ. B. Erich Loitlsberger, Das Wirtschaftlichkeitsprinzip. Analyse u n d Erscheinungsformen, S. 10; N. Luhmann, K a n n die V e r w a l t u n g wirtschaftlich handeln, S. 97 f.; A. Hüttl, Wirtschaftlichkeit, S. 287 ff.; K . König, Erkenntnisinteressen, S. 159; Karl Schwantag, Betriebswirtschaftliche Aspekte der öffentlichen Ausgaben, i n : Die Wirtschaftlichkeit i n der öffentlichen V e r w a l tung, S. 149 ff. (156); J. Görnas, Verwaltungskostenrechnung, S. 59. 5 So K. König, Erkenntnisinteressen, S. 156; Hans Winckelmann, Wirtschaftlichkeit der öffentlichen Verwaltung, Zeitschrift f ü r handelswissenschaftliche Forschung 1956, S. 557 ff. (559). β So Ε. A. Piduch, BHO, § 7 R N 2; J. Görnas, S. 66 ff. m. w . N.; abweichend w o h l n u r M.-P. Büch, Z u r Bestimmung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit u n d der Sparsamkeit, S 71 ff. (88 ff.).

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: Wirtschaftlichkeit als Rechtsprinzip

messen und überprüft werden. Sparsamkeit kann deshalb heute als eine historisch ältere, i n ihrem Gesichtskreis beschränkte Form der Wirtschaftlichkeit bezeichnet werden 7 . I m folgenden w i r d deshalb nicht zwischen den Begriffen der W i r t schaftlichkeit und Sparsamkeit unterschieden, sondern angenommen, daß der Grundsatz der Sparsamkeit i n dem der Wirtschaftlichkeit enthalten ist. Allerdings bringt die Beschränkung des Themas auf die Haushaltsplanung es m i t sich, das schwerpunktmäßig der Anwendungsbereich des Wirtschaftlichkeitsprinzips bei der Aufgabenplanung untersucht wird. Deshalb steht zwangsläufig der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit i. e. S. i m Vordergrund, w e i l hier grundsätzlich nicht von vorgegebenen Aufgaben (oder Zwecken) ausgegangen werden kann, wie es der Grundsatz der Sparsamkeit voraussetzt. b) I m Gegensatz zu den meisten Autoren i n der haushaltsrechtlichen Literatur kann eine tiefergehende Betrachtung des Wirtschaftlichkeitsprinzips i m Haushaltsrecht aber nicht m i t der Wiedergabe des w i r t schaftswissenschaftlichen Verständnisses des ökonomischen Prinzips beendet sein. Soll der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit als Problem der Rechtsanwendung und nicht als solches der außerrechtlichen Zweckmäßigkeit erfaßt werden, bedarf es der Feststellung, ob dieser Grundsatz eine besondere Ausgestaltung i n der Rechtsordnung gefunden hat und welche Anforderungen er an die Verwaltung stellt. Auch zu dieser Fragestellung finden sich aber i m haushaltsrechtlichen Schrifttum nahezu keine weiterführenden Erläuterungen. Man begnügt sich zumeist m i t der Auslegung des Begriffs der Wirtschaftlichkeit, die schon Viaion zu § 26 RHO entwickelt hat: „Wirtschaftliche Verwendung der Haushaltsmittel bedeutet, daß Aufwand und Erfolg zueinander i n einem angemessenen Verhältnis stehen sollen, daß weder m i t Kanonen nach Spatzen geschossen noch umgekehrt m i t unzulänglichen M i t t e l n ein echter (!) Zweck angestrebt werden soll. Wenn etwas begonnen wird, müssen die aufgewendeten M i t t e l auch imstande sein, das vorgesehene Ziel erreichen zu lassen; anderenfalls darf nicht begonnen werden. Etwas halbes soll nicht angestrebt werden 8 ." Es liegt auf der Hand, daß derartige „SpruchWeisheiten" 9 den an der Haushaltsaufstellung beteiligten Organen nicht als Handlungsmaßstab dienen können. 7 So H. Siedentopf, Wirtschaftlichkeit i n der öffentlichen Verwaltung, S. 16; K . Schwantag, Betriebswirtschaftliche Aspekte, S. 156 f. Z u m Wandel des Sparsamkeitsideals i n unserer Zeit vgl. Κ. M . Hettlage, Uber Sparsamkeit u n d Wirtschaftlichkeit, S. 39 ff.; ähnlich auch W. Scheel/J. Steup, § 7 L H O R N 3; Ε. A. Piduch, § 7 R N 2; J. Görnas, S. 68. β Vgl. F. K. Viaion, Haushaltsrecht, § 26 RHO A n m . 5; ebenso Otto Helmert, Haushalts-, Kassen- u n d Rechnungswesen, S. 134.

1. Abschn.: Wirtschaftlichkeitsprinzip i m Gemeindehaushaltsrecht

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Auch wenn sich vornehmlich die neueren haushaltsrechtlichen Kommentare u m eine exaktere Erfassung des Rechtsgehalts des Wirtschaftlichkeitsprinzips bemühen 10 , so w i r d doch überwiegend die Ansicht vertreten, die Neuregelung des Wirtschaftlichkeitsprinzips entspreche dem geltenden Recht und beziehe sich auf alle Maßnahmen, die sich auf den Haushalt auswirken 11 . Wenn überhaupt, findet man allenfalls den H i n weis, daß der Inhalt des Wirtschaftlichkeitsprinzips nach der i n der Praxis geläufigen Umschreibung des ökonomischen Prinzips zu bestimmen sei 12 . Für die zuletzt genannte Ansicht spricht, daß sich weder i m Gemeindehaushaltsrecht noch i m Staatshaushaltsrecht eine Definition des Wirtschaftlichkeitsgrundsatzes findet. I n der Literatur w i r d deshalb auch die Meinung vertreten, der Gesetzgeber habe dessen Inhalt als selbstverständlich voraussetzen können, w e i l die Begriffe wirtschaftlich und sparsam aus sich selbst heraus genügend aussagekräftig seien 13 . Auch ein Einblick i n die Gesetzesmaterialien unterstützt diese A u f fassung. Schon bei der ersten gesetzlichen Fixierung des Wirtschaftlichkeitsgebotes i n der Reichshaushaltsordnung wurde offensichtlich dessen Inhalt als so allgemein verständlich angesehen, daß sich i n der Gesetzesbegründung zu § 26 RHO nur ganze 2 Sätze finden: „Die Vorschrift entspricht den Grundregeln einer geordneten Wirtschaft m i t öffentlichen Geldern. Angesichts der Finanzlage des Reiches ist ihre genaue Innehaltung von besonderer Wichtigkeit." Die Begründung zu § 60 der Deutschen Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 spricht sogar nur von den „Grundsätzen möglichster W i r t schaftlichkeit" und verzichtet i m übrigen auf eine eingehendere Begründung, w e i l der frühere Reichssparkommissar die Grundsätze für eine zweckmäßige und wirtschaftliche Verwaltung des gemeindlichen Vermögens i n seinen verschiedenen Städtegutachten i n vorbildlicher Weise herausgearbeitet habe 14 .

9 Vgl. K . Vogel, Verfassungsrechtliche Grenzen öffentlicher Finanzkontrolle, DVB1. 1970, S. 193 ff. (195). 10 Vgl. etwa W. Scheel/J. Steup, Gemeindehaushaltsrecht NW, § 62 GO A n m . 2. Abs. 2; E. A. Piduch, Bundeshaushaltsrecht, § 7 B H O R N 2; v. Köckritz/Ermisch/Maatz, B H O § 7 R N 2. 11 Vgl. etwa § 10 I I GemHVO N W sowie § 6 HGRG, § 7 BHO. 12 So W. Scheel/J. Steup, Gemeindehaushaltsrecht, § 62 A n m . 2. 13 So Giesen/Fricke, Haushaltsrecht Nordrhein-Westfalen, § 7 R N 3 unter Hinweis auf Bank, Zweckbindung, Wirtschaftlichkeit u n d Sparsamkeit als Normbegriffe des Haushaltsrechts, D Ö H 3 (1956), S. 240 ff. (243); ähnlich auch W. Scheel/J. Steup, Gemeindehaushaltsrecht N W , § 62 GO A n m . 2 Abs. 2. 14 Vgl. Deutscher Reichsanzeiger u n d Preußischer Staatsanzeiger 1935, Nr. 27, Begründung zu § 60 DGO.

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: Wirtschaftlichkeit als Rechtsprinzip

Der Begriff der Wirtschaftlichkeit ist i m Laufe der Jahre offensichtlich als immer weniger klärungsbedürftig angesehen worden, so daß i n den Begründungen zu den neuen Gemeindeordnungen der Länder der Inhalt des Wirtschaftlichkeitsprinzips überhaupt nicht mehr erläutert w i r d und nur noch von der zentralen Bedeutung des ökonomischen Prinzips gesprochen w i r d 1 5 . Es scheint deshalb durchaus zutreffend, wenn i n der Literatur angenommen wird, daß Rechtsgebot der W i r t schaftlichkeit stimme m i t dem privatwirtschaftlichen Inhalt des ökonomischen Prinzips überein. c) Gleichwohl kann man sich m i t dieser Feststellung nicht begnügen, wenn man aus einer mehr oder weniger nichtssagenden Definition des ökonomischen Prinzips einen einigermaßen bestimmbaren Maßstab für die Verwaltung entwickeln w i l l . M i t Recht hat nämlich Vogel darauf hingewiesen, daß der Begriff der Wirtschaftlichkeit kein axiomatisches Entscheidungskriterium liefern könne, aus dem sich für das Verwaltungshandeln rein deduktiv exakte Folgerungen ableiten ließen 16 . Handlungsmaßstäbe ließen sich i m Haushaltsrecht nur „topisch" gewinnen, d. h. für den Einzelfall oder verschiedene Fallgruppen. Da i m Grunde nur eine derartige Betrachtungsweise es ermöglicht, über die bisherigen Definitionen hinaus das ökonomische Prinzip als Maßstab der planenden Verwaltung zu konkretisieren, soll i m folgenden der I n halt des Wirtschaftlichkeitsprinzips i n der kommunalen Finanz- und Haushaltsplanung unter zwei Aspekten beleuchtet werden. Z u m einen soll geklärt werden, ob das Wirtschaftlichkeitsprinzip auch als Maßstab für die Auswahl zwischen verschiedenen Gemeindeaufgaben eingesetzt werden kann m i t der Folge, daß die Prioritätsentscheidungen der Gemeinden und damit ein Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung rechtlich überprüfbar wäre. Damit i m Zusammenhang steht zum anderen die Frage, wann ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsprinzip und damit ein Rechtsverstoß vorliegt und durch wen ein solcher festgestellt werden kann. Zur Lösung dieser Fragen ist zunächst wiederum das geltende Gemeindehaushaltsrecht heranzuziehen. II. Wirtschaftlichkeit als Maßstab für Aufgabenentscheidungen Untersucht man das neue Gemeindehaushaltsrecht auf die Frage, ob es Maßstäbe zur Anwendung des Wirtschaftlichkeitsgebotes bei A u f 15 Vgl. etwa § 62 I I GO N W ; § 92 I I HessGO; § 77 I I GO B W ; A r t . 61 I I BayGO; vgl. ferner die nahezu gleichlautenden Gesetzesbegründungen i m Landtag Nordrhein-Westfalen, LandtagsDrucks. 7/1143, S. 32:f.; Hessischer Landtag, LandtagsDrucks. 7/2659; S. 25; Baden-Württembergischer Landtag, LandtagsDrucks. 6/510, S. 25; Bayerischer Landtag, Landtags-Drucks. 7/3103, S. 31 f. sowie W. Scheel/J. Steup, Gemeindehaushaltsrecht N W , § 62 A n m . 2. 16 K. Vogel, S. 196.

1. Abschn.: Wirtschaftlichkeitsprinzip i m Gemeindehaushaltsrecht

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gaben- und Prioritätsentscheidungen enthält, läßt sich neben den nur für den Haushaltsvollzug geltenden Vorschriften wie z. B. §§ 26, 27, 31 und 76 GemHVO N W 1 7 allenfalls § 10 I I GemHVO N W (bzw. die gleichlautenden Bestimmungen der anderen Bundesländer) anführen. Diese Bestimmung verlangt nämlich, daß bei Investitionen von erheblicher finanzieller Bedeutung unter mehreren i n Betracht kommenden Möglichkeiten durch Vergleich der Anschaffungs-, Herstellungs- und Folgekosten die für die Gemeinde wirtschaftlichste Lösung zu ermitteln ist. Daraus läßt sich entnehmen, daß das Gesetz zumindest wichtige Investitionsentscheidungen am Maßstab der Wirtschaftlichkeit mißt. Andererseits schreibt das Gesetz die Anwendung des Wirtschaftlichkeitsgebots offensichtlich aber nur für Projektalternativen einer bestimmten Investition, nicht aber für die Entscheidung zwischen alternativen Investitionen vor 1 8 . Es w i r d deshalb nicht deutlich, ob auch die Entscheidung über die Priorität von Gemeindeaufgaben am Maßstab der Wirtschaftlichkeit auszurichten ist und damit der Rechtskontrolle zugänglich wird. Für eine allgemeine Erstreckung des Wirtschaftlichkeitsprinzips auf die Prioritätsentscheidungen der Gemeinden spricht dagegen die Gesetzessystematik. I n den Gemeindeordnungen der Länder ist nämlich das Gebot der wirtschaftlichen Haushaltsführung i m Unterabschnitt „Haushaltswirtschaft" geregelt. Unter Haushaltswirtschaft versteht die h. M. die Gesamtheit aller auf die Beschaffung, Planung, Verwendung, Abrechnung und Kontrolle öffentlicher M i t t e l gerichtete Betätigung 19 , oder, wie es die Verwaltungsverordnung zu § 62 GO N W ausdrückt, die Aufstellung des Haushaltsplanes, dessen Ausführung, die Rechnungslegung und die Finanzplanung 20 . Da aber auch die Finanzplanung i m Unterabschnitt Haushaltswritschaft der Gemeindeordnungen 21 geregelt ist, spricht manches dafür, daß auch die Entscheidungen über die von der Gemeinde auszuwählenden Aufgaben vom Wirtschaftlichkeitsprinzip erfaßt werden. Die Finanzplanung besteht nämlich nicht nur aus dem Finanzplan, der den 17

Vgl. E. A. Piduch, a. a. O. Ebenso w o h l auch W. ScheelJJ. Steup, § 10 GemHVO A n m . 2. Abs. 2. 19 Vgl. etwa Erwin Adolf Piduch, Bundeshaushaltsrecht, Loseblattsammlung, A r t . 109 GG R N 5; Theodor MaunzlGünter Dürig/Roman Herzog, K o m mentar z u m Grundgesetz, Bd. I I I , A r t . 109 R N 3; Klaus Stern/Ingo von Münch/Karl-Heinrich Hansmeyer, Gesetz zur Förderung der Stabilität u n d des Wachstums der Wirtschaft, Kommentar, A r t . 109 A n m . I I 2; Alex Möller, Gesetz zur Förderung der Stabilität u n d des Wachstums der Wirtschaft, K o m mentar, A r t . 109 R N 6. 20 Vgl. die V e r w V O v o m 13. 12. 1972, abgedruckt bei W. Scheel/J. Steup, Gemeindehaushaltsrecht NW, bei § 62 GO. 21 Vgl. z.B. §70 GO N W ; §84 GO SchlH.; §90 N G O ; A r t . 70 BayGO. 18

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: Wirtschaftlichkeit als Rechtsprinzip

Umfang und die Zusammensetzung der voraussichtlichen Ausgaben und Deckungsmöglichkeiten i n einer Gegenüberstellung von Einnahme- und Ausgabearten (ζ. B. die Summe der jährlich erwarteten Steuer- und Finanzzuweisungseinnahmen, die Summe der Personalausgaben, Verwaltungssachausgaben usw.) 22 für einen 5jährigen Planungszeitraum darstellen soll. Vielmehr enthält das daneben zu erstellende Investitionsprogramm die von der Gemeinde geplanten einzelnen Investitionsoder Investitionsförderungsmaßnahmen i n einer Ordnung nach Dringlichkeiten und nach dem Finanzbedarf i n den einzelnen Haushaltsjahren 2 3 . Wenn aber die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit den gesamten Bereich der Haushaltswirtschaft und damit auch die Finanzplanung erfassen, müßte grundsätzlich auch bei kommunalen Prioritätsentscheidungen i m Rahmen der Haushaltsplanung das ökonomische Prinzip beachtet werden. Andererseits gibt es aber auch verschiedene Gründe, die gegen eine Erstreckung des Wirtschaftlichkeitsgebotes auf kommunale Zwecksetzungen sprechen. Neben dem bereits erwähnten wirtschaftswissenschaftlichen Verständnis der ökonomischen Entscheidungsregel als reines Formalprinzip, das die Vorstellung „wirtschaftlicher Zwecke" ausschließt 24 , läßt sich das staatliche Haushaltsrecht anführen, das zwar detaillierte Vorschriften über die Finanzplanung enthält 2 5 , eine Anwendung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit aber nur bei der Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplanes gebietet 26 . Ein weiteres Argument gegen die Anwendung des Wirtschaftlichkeitsgrundsatzes i n der Finanzplanung ergibt sich aus dem Wortlaut verschiedener Gemeindeordnungen. Während diese nämlich übereinstimmend den Gemeinden zur Pflicht machen, ihre Haushaltswirtschaft „so zu planen und zu führen, daß eine stetige Aufgabenerfüllung gesichert ist", verlangen sie teilweise nur, daß die Haushaltswirtschaft sparsam und wirtschaftlich zu führen ist, ohne i n diesem Zusammenhang das Wort „planen" zu erwähnen 27 . Da aber bei der Erarbeitung des neuen Gemeindehaushaltsrechts die Einfügung des Wortes „planen" 22 Vgl. dazu W. ScheelJJ. Steup, § 70 GO A n m . 2 Abs. 2 u n d § 24 GemHVO A n m . 1 Abs. 1; vgl. auch Peter Badura, Verfassungsfragen der Finanzplanung, i n : Festgabe f ü r Theodor Maunz, S. 1 ff. (3). 23 Vgl. dazu auch W. Scheel/J. Steup, § 70 GO N W A n m . 3 Abs. 3 u n d § 24 GemHVO NW, A n m . 2 Abs. 2. 24 Vgl. oben bei F N 32. 25 Vgl. z. B. §§ 9—14 StabG, § 50—52 H G r G . 26 Vgl. § 7 BHO, § 6 H G r G ; § 7 L H O NW. 27 Vgl. z. B. § 62 Abs. 2 GO N W ; § 75 Abs. 2 GO SchlH; § 62 Abs. 2 NGO; abweichend n u r A r t . 61 BayGO, der auch i n diesem Zusammenhang von „planen" u n d „führen" der Haushaltswirtschaft spricht.

.Abschn.: Wirtschaftlichkeitsprinzip i m Gemeindehaushaltsrecht

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als Hinweis auf die Finanzplanung gedacht war 2 8 , läßt sich aus der unterschiedlichen Formulierung schließen, daß die meisten Gemeindeordnungen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit gerade nicht auf die Finanzplanung und damit die Aufgabenentscheidungen der Gemeinden erstrecken wollten. Diese mehr formale Schlußfolgerung läßt sich darüber hinaus auf die Überlegung stützen, daß die Anerkennung einer Rechtspflicht zu w i r t schaftlichem Handeln praktisch jeden Beschluß einer Gemeinde, eine bestimmte freiwillige Aufgabe zu übernehmen, zu einem rechtlichen nachprüfbaren Vorgang machen würde, der nicht nur den Rechnungsprüfungsorganen sondern auch den Kommunalaufsichtsbehörden und u. U. sogar Bürgern die Möglichkeit geben würde, die Entscheidungen der Selbstverwaltungsorgane anzugreifen. Es erscheint deshalb durchaus nicht ausgeschlossen, daß der Gesetzgeber so weitgehende Kontrollmöglichkeiten der kommunalen Selbstverwaltung nicht eröffnen und deshalb die überwiegend politischen Zwecksetzungen nicht der Wirtschaftlichkeitskontrolle unterwerfen wollte 2 9 . Insgesamt gesehen ergibt die Auslegung des geltenden Gemeindehaushaltsrechts deshalb keine Klarheit über die Geltung des W i r t schaftlichkeitsprinzips bei Prioritätsentscheidungen i n der kommunalen Haushalts- und Finanzplanung. Es bestätigt sich wiederum die Feststellung, daß das Gesetz Maßstäbe für Inhalt und Anwendungsbereich dieses Grundsatzes nicht ausgestaltet hat, w e i l es ihn für vorgegeben hält. I I I . Die Rechtskontrolle des Wirtschaftlichkeitsprinzips Es ist deshalb auch zweifelhaft, ob allein m i t Hilfe des Gemeindehaushaltsrechts die weitere Frage gelöst werden kann, wann eine Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgrundsatzes und damit ein Rechtsverstoß vorliegt und wer dies feststellen kann. a) Insbesondere die Frage nach den Kontrollorganen der Verwaltung bei Nichtbeachtung des ökonomischen Prinzips ist von großer praktischer Bedeutung. Denn obwohl das Wirtschaftlichkeitsprinzip allgemein als Maßstab der behördeninternen Rechtskontrolle angesehen w i r d 3 0 , ist 28

So S. Depiereux, Das neue Haushaltsrecht, S. 25. Ä h n l i c h auch Hans Pagenkopf, Die Haushaltssatzung, S. 111; f ü r Zurückhaltung bei der Rechnungsprüfung auch K . Vogel, Verfassungsrechtliche Grenzen, S. 196; f ü r eine A n w e n d u n g auf die Finanzplanung dagegen W. Scheel/J. Steup, § 62 GO N W , A n m . 2, Abs. 2. 30 Dies folgt daraus, daß man die Haushaltssatzung (Gesetz) allgemein n u r als formelle Rechtsnorm ohne A u ß e n w i r k u n g ansieht. Vgl. dazu H. Pagenkopf, Wirtschaftsrecht, S. 226 ff. 29

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: Wirtschaftlichkeit als Rechtsprinzip

i m Gemeindehaushaltsrecht wegen der Festlegung der Steuerbesätze i n der Haushaltssatzung auch eine individuelle Betroffenheit der Bürger denkbar, die ihnen die Möglichkeit geben könnte, unwirtschaftliche Ausgaben i m Klagewege zu unterbinden. Ein derartiges subjektiv-rechtliches Rechtsprinzip der Wirtschaftlichkeit hätte zwar den Vorteil, daß die Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsprinzips besser erzwungen werden könnte. Andererseits würde es aber erhebliche Unsicherheit i n die kommunale Haushaltswirtschaft tragen, denn das Schicksal jedes kommunalen Haushaltsplanes bliebe wegen des Prozeßrisikos lange Zeit völlig ungewiß. Die bisher kaum aufgeworfene Frage, ob das Wirtschaftlichkeitsprinzip i m Gemeindehaushaltsrecht objektiv-rechtlich oder subjektiv-rechtlich ausgestaltet ist, muß deshalb i n diesem Zusammenhang ebenfalls geklärt werden. Eindeutige Aussagen zu diesem Problem lassen sich dem geltenden Gemeindehaushaltsrecht aber wiederum nicht entnehmen. Der Gemeindehaushaltsplan begründet zwar weder Ansprüche noch Verbindlichkeiten Dritter 3 1 , durch die Festsetzung der Gemeindesteuersätze enthält die Haushaltssatzung aber Eingriffsnormen, die auch einer Rechtskontrolle durch den Bürger unterliegen und bei einer Uberprüfung der Höhe der Steuersätze mittelbar auch zu einer Erfassung der Ansätze des Haushaltsplans führen könnten. Gleichwohl kann daraus nicht ohne weiteres geschlossen werden, Steuerzahler könne eine Hebesatzfestsetzung m i t der Behauptung greifen, sie sei deshalb nicht erforderlich, w e i l einzelne Ansätze Haushaltsplans unter Verletzung des Wirtschaftlichkeitsprinzips stande gekommen seien.

der andes zu-

Denn aus einer zunächst nur äußerlichen Zusammenfassung zwischen Hebesatzfestsetzung und Ausgabebedarf i n der Haushaltssatzung kann nicht ohne weiteres auf eine derartig „unlösbare Korrelation" zwischen Finanzbedürfnissen und Steuerbedarf geschlossen werden, daß die Höhe der Steuersätze am Maßstab des Ausgabebedarfs gemessen werden müßte 32 . Es läßt sich nämlich ebenso die Ansicht vertreten, aus den allein auf Einnahmeerzielung abstellenden Steuerbegriff des § 1 AO folge, daß den Steuerfestsetzungen ein konkreter Verwendungszweck für bestimmte Staatsausgaben fremd sei und deshalb die Zusammenfassung von Steuerfestsetzung und Ausgaben i n der Gemeindehaushaltssatzung einen Durchgriff auf Einzelansätze des Haushaltsplans nicht zulasse. 31

Vgl. z. B. § 65 Abs. 3 Satz 3 GO NW. So H. Pagenkopf, Die Haushaltssatzung, S. 100; ders., Wirtschaftsrecht, S. 227. 32

.Abschn.: Wirtschaftlichkeitsprinzip i m Gemeindehaushaltsrecht

31

Die objektiv- oder subjektiv-rechtliche Rechtsnatur des Wirtschaftlichkeitsprinzips läßt sich somit allein aus dem geltenden Gemeindehaushaltsrecht nicht ableiten. b) Dagegen könnte die weitere Frage, wann i n concreto eine Verletzung des Rechtsgrundsatzes der Wirtschaftlichkeit gegeben ist, aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen gelöst werden, wenn das Wirtschaftlichkeitsprinzip i n das normenstrukturelle Gefüge von Tatbestand und Rechtsfolge eingeordnet werden könnte. Denn von dieser Einordnung hängt nach h. M. der vom Gesetz gewährte Entscheidungsspielraum ab: Nach der immer noch herrschenden Unterscheidung zwischen Ermessen und unbestimmtem Rechtsbegriff sind auf der Tatbestandsseite einer Norm grundsätzlich nur v o l l nachprüfbare unbestimmte Rechtsbegriffe zu finden, während allein auf der Rechtsfolgeseite den Verwaltungsbehörden Ermessensspielraum eingeräumt werden kann. Wäre deshalb das Wirtschaftlichkeitsgebot als unbestimmter Rechtsbegriff anzusehen, gäbe es rechtlich prinzipiell nur eine einzig-richtige Entscheidung 33 und damit eine praktisch unbegrenzte Rechtskontrolle, während bei Annahme eines Ermessensbegriffes der Verwaltung praktisch eine Bandbreite von rechtlich zulässigen Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stünde 34 . So einfach die Einordnung i n die Kategorien Ermessen und unbestimmter Rechtsbegriff auch erscheinen mag, i n der haushaltsrechtlichen Literatur hat sie bisher noch zu keinem klaren Ergebnis geführt. Überwiegend w i r d zwar angenommen, daß es sich bei den Vorschriften über die sparsame und wirtschaftliche Verwendung der Haushaltsmittel u m 33 Z u r Problematik des unbestimmten Rechtsbegriffs u n d zur Theorie der einzig-richtigen Entscheidung vgl. aus der neueren L i t e r a t u r etwa Gerd Schmidt-Eichstätt, Ermessen, Beurteilungsspielraum u n d eigenverantwortliches Handeln der Verwaltung, ÄoR 1973, S. 173 ff.; Konrad Redeker, Fragen zur Kontrolldichte verwaltungsrechtlicher Rechtssprechung, DVB1. 1971, S. 757 ff.; Henning von Olshausen, Beurteilungsspielraum der V e r w a l t u n g u n d Rationalität der Rechtsanwendung, B V e r w G E 39, 197, JuS 1973, S. 217 ff. sow i e die weiteren i m Anschluß an die von Olshausen besprochene Entscheidung veröffentlichten Stellungnahmen von Hugo Kellner, Neue E r k e n n t nisse zum sogenannten Beurteilungsspielraum, D Ö V 1972, S. 811 ff.; Fritz Ossenbühl, Renaissance der administrativen Beurteilungsermächtigung, D Ö V 1972, S. 419 ff. m. w . N.; Klaus Obermayer, Grundzüge des Verwaltungsrechts u n d des Verwaltungsprozeßrechts, S. 56 ff.; Franz Mayer, Allgemeines Verwaltungsrecht, S. 43ff.; zum sog. „Planungsermessen" vgl. oben F N 24. 34 Die Untersuchung des Entscheidungsspielraumes der V e r w a l t u n g w i r d nicht dadurch überflüssig, daß m a n die Unterscheidung zwischen Ermessen und unbestimmtem Rechtsbegriff aufgibt. Denn i n diesem F a l l müssen die unterschiedlichen Grenzen des Ermessens herausgearbeitet werden, was auch Walter Schmidt, einer der entschiedensten Gegner des unbestimmten Rechtsbegriffs, zugeben muß (vgl. Walter Schmidt, Abschied v o m unbestimmten Rechtsbegriff, N J W 1975, S. 1753 ff. (1757).

32

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: Wirtschaftlichkeit als Rechtsprinzip

eine Ermessensvorschrift handele 35 . Eine Begründung für diese Ansicht w i r d aber zumeist nicht gegeben. Wenn man überhaupt Erläuterungen findet, zeigen diese, wie wenig Klarheit über Inhalt und Grenzen des Ermessensspielraums besteht. So w i r d beispielsweise angenommen, daß das Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt worden sei, wenn bei Abwägung der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit einer Maßnahme „sorgfältig verfahren und alle hierzu ergangenen Anordnungen beachtet worden seien 38 . Oder man spricht i n Bezug auf die gemeindliche Selbstverwaltungsgarantie von zwei hintereinandergeschalteten Ermessensentscheidungen, indem an die eigentliche (!) Ermessensentscheidung die weitere Frage zu knüpfen sei, ob diese Entscheidung auch einer w i r t schaftlichen und sparsamen Verwaltung entspräche 37 . Andererseits werden aber auch — und zumeist wieder ohne Begründung — die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit als unbestimmte Rechtsbegriffe angesehen38, wobei teilweise auch eine Einschätzungsprärogative der Verwaltung angenommen wird, weil es sich u m einen Begriff handele, der von Planungen, wertenden Entscheidungen oder Zukunftserwartungen abhänge 39 . Diese unterschiedlichen Auffassungen lassen sich damit erklären, daß bei den gesetzlichen Regelungen des Wirtschaftlichkeitsprinzips das t y pische normstrukturelle Gefüge von Tatbestand und Rechtsfolge überhaupt nicht vorhanden ist. Da nämlich die Fälle, i n denen der W i r t schaftlichkeitsgrundsatz zu beachten ist, nicht abstrakt i m voraus festgelegt werden können 40 , beschränkt sich das Haushaltsrecht auf die Normierung eines allgemeinen Haushaltsgrundsatzes, der nicht fallweise vollzogen werden kann, sondern allenfalls ein Entscheidungsprogramm bei der weitgehend indeterminierten Zweck-Mittel-Wahl der Verwaltung darstellt. Eine Zuordnung zu den Begriffen „Ermessen" und „un35 Vgl. v. Köckritz] Ermisch/Maatz, BHO, § 7 R N 6; Günter Neitz, Die k o m munale Rechnungsprüfung, S. 231 f.; Friedrich-Karl Suren, Die Gemeindeordnungen der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I I , Gemeindewirtschaftsrecht, S. 851 m. F N 55, 5β; Richard Kunze/Carl Schmid , Die Gemeindeordnung f ü r Baden-Württemberg, § 77 A n m . V 2, § 111 A n m . V 3 b ; Runderlaß des Innenministers zu § 77 b a d w ü Gemeindeordnung, abgedruckt bei Richard Kunze, Die Gemeindeordnung f ü r Baden-Württemberg, Textausgabe, bei § 77. 36 So ν . Köckritz/Ermisch/Maatz, BHO, § 7 R N 6. 37 Vgl. etwa Günter Neitz, Die kommunale Rechnungsprüfung, S. 231 ff.; Friedrich-Karl Suren, Die Gemeindeordnungen der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I I , Gemeindewirtschaftsrecht, S. 851 m. F N 55, 56. 38 So GiesenjFHcke, Haushaltsrecht Nordrhein-Westfalen, § 7 R N 1; H. J. Wolff, Verwaltungsrecht I § 31 I , c 4. 39 So H. J. Wolff, ebd. 4ϋ Diese Vorausdeterminierung des Verwaltungshandelns ist charakteristisch f ü r die typischerweise konditional programmierten Rechtssätze. Vgl. dazu Walter Schmidt, Abschied v o m „unbestimmten Rechtsbegriff", N J W 1975, S. 1755 f.

1. Abschn.: Wirtschaftlichkeitsprinzip i m Gemeindehaushaltsrecht

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bestimmter Rechtsbegriff" läßt sich somit aufgrund des geltenden Haushaltsrechts nicht durchführen. Die Entscheidung, ob das Wirtschaftlichkeitsprinzip als Ermessensvorschrift oder als unbestimmter Rechtsbegriff anzusehen ist, läßt sich aber auch nicht durch einen Rückgriff auf das wirtschaftswissenschaftliche Verständnis des ökonomischen Prinzips erleichtern. Denn auch hier w i r d das Gebot der Wirtschaftlichkeit zwar als Optimalprinzip bezeichnet, neuerdings aber wandelt sich das Verständnis der „einzig-richtigen Entscheidung" i n eine „Theorie der brauchbaren Entscheidung" um, die mehrere einem bestimmten A n spruchsniveau genügende Entscheidungen als wirtschaftlich ansieht 41 , so daß auch aus dieser Sicht der Rechtsgrundsatz der Wirtschaftlichkeit sowohl der Kategorie des Ermessens als auch der des unbestimmten Rechtsbegriffs zugeordnet werden kann. Das geltende Gemeindehaushaltsrecht gibt somit auch auf die Frage, wann ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsprinzip gegeben ist, keine eindeutige Antwort. Das Problem der Kontrollschärfe oder Kontrolldichte 4 2 des Wirtschaftlichkeitsgebotes bedarf deshalb noch einer genaueren Analyse. I m Ergebnis steht damit fest, daß das geltende Gemeindehaushaltsrecht zwar einige Ansatzpunkte für eine Konkretisierung des Wirtschaftlichkeitsprinzips enthält. M i t den Mitteln der Auslegung allein lassen sich aber die klärungsbedürftigen Fragen seiner Maßstäblichkeit i n der Haushaltsplanung, insbesondere seine Kontrollschärfe, sein subjektiv- oder objektiv-rechtlicher Charakter und seine Geltung für Prioritätsentscheidungen der Gemeinden nicht lösen. Wenn man bei der weiteren Konkretisierung des Rechtsprinzips der Wirtschaftlichkeit nicht fast ausschließlich auf die Erkenntnisse der Wirtschaftswissenschaften angewiesen sein w i l l , empfiehlt es sich deshalb zu untersuchen, ob es nicht ein aus höherrangigen Rechtsprinzipien ableitbares allgemeines Rechtsprinzip der Wirtschaftlichkeit gibt. Diese Überlegung drängt sich vor allem deshalb auf, w e i l das Gebot wirtschaftlichen Handelns für die Verwaltung ein so selbstverständlicher und allgemeingültiger Grundsatz ist, daß es nicht nur bei A u f stellung und Vollzug des Haushaltsplans sondern bei jedem Verwaltungshandeln zu beachten ist. 41 Vgl. etwa N. Luhmann, K a n n die V e r w a l t u n g wirtschaftlich handeln, S. 105 ff.; ders., Zweckbegriff, S. 77 ff.; vgl. auch W. Brohm, Die Dogmatik des Verwaltungsrechts, S. 277 ff. Walter Schmidt, Die Programmierung v o n V e r waltungsentscheidungen, AÖR 96 (1971), S. 321 ff. (349 f.). 42 Der Begriff der „Kontrolldichte" dürfte v o n Peter Lerche (Übermaß u n d Verfassungsrecht, S. 340) entwickelt worden sein. Vgl. Werner Hoppe, Der Fortbestand wirtschaftslenkender Maßnahmegesetze bei Änderung wirtschaftlicher Verhältnisse, D Ö V 1965, S. 546 ff. (548). E r findet neuerdings i m m e r stärkere Verbreitung, vgl. etwa K . Redeker, Fragen der Kontrolldichte.

3 Salmen

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: Wirtschaftlichkeit als Rechtsprinzip

Aus diesem Grunde w i r d i m nächsten Abschnitt die rechtsdogmatische Begründung eines allgemeinen Rechtsprinzips der Wirtschaftlichkeit versucht. Erst wenn das Wirtschaftlichkeitsprinzip auf ein derartiges eigenständiges Fundament gestützt wird, können Maßstäbe für die Rechtsanwendung entwickelt werden, die nicht ausschließlich den jeweiligen Forschungsstand der Wirtschaftswissenschaften wiedergeben, sondern das Verwaltungshandeln — unabhängig vom jeweiligen Konkretisierungsgrad — durchgängig binden. Insbesondere die Fragen des Geltungsbereichs und der Rechtskontrolle des Wirtschaftlichkeitsprinzips i n der kommunalen Finanz- und Haushaltsplanung dürften dann wesentlich exakter beantwortet werden können.

2. Abschnitt

Das Wirtschaftlichkeitsprinzip als allgemeines Rechteprinzip I. Wirtschaftlichkeit als allgemeiner Rechtsgrundsatz Da man die Pflicht zu wirtschaftlichem Handeln für die Verwaltung geradezu als selbstverständlich voraussetzt, könnte man zunächst daran denken, das Wirtschaftlichkeitsprinzip als allgemeinen Rechtsgrundsatz anzusehen. Eine besondere Ableitung ließe sich dann darauf stützen, daß die Verwaltung bei allen Vorhaben nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten vorgehen muß und deshalb Wirtschaftlichkeit als allgemeiner Planungsgrundsatz angesehen werden könnte. 1. Wirtschaftlichkeit als allgemeiner Planungsgrundsatz

Insoweit könnte die vom BVerwG zu § 1 Abs. 4 BBauG entwickelte Ansicht herangezogen werden, daß das dort geregelte Abwägungsgebot nicht nur auf den engeren Bereich des Städtebaurechts beschränkt sei, sondern ein Wesensmerkmal rechtsstaatlicher Planung darstelle 48 . Da nämlich nicht einzusehen ist, warum die staatlichen Planungen nur vom Abwägungsgebot geprägt sein sollen und daneben nicht weitere Planungsgrundsätze vorhanden sind, ließe sich m i t der gleichen Begründung auch eine allgemeine Rechtspflicht der Wirtschaftlichkeit annehmen, wenn diese als ein dem Wesen der Planung entsprechender 43 Vgl. B V e r w G E 34, 301 ff.; vgl. dazu auch Werner Hoppe, Die Schranken der planerischen Gestaltungsfreiheit (§ 1 Aibs. 4 u n d 5 BBauG). BauR 1970, S. 15 if.; ders., i n : E r n s t / H o p p e , Das öffentliche B a u - u n d Bodenrecht, S. 283.

2. Abschn.: Wirtschaftlichkeitsprinzip als allgem. Rechtsprinzip

35

Grundsatz gekennzeichnet werden könnte. Wirtschaftlichkeit wäre dann Wesensgehalt jeder Planung. Die rechtsdogmatische Begründung eines derartigen allgemeinen Planungsgrundsatzes könnte dabei das Sozialstaatspostulat der Grundgesetze liefern, m i t dem allgemein die Zulässigkeit staatlicher Planung begründet wird 4 4 . Wenn Planung wesensnotwendig auch Wirtschaftlichkeitserwägungen umfaßte, könnte man nämlich aus dem verfassungsrechtlichen Sozialstaatsprinzip mittelbar auch eine Rechtsgrundlage für das Rechtsprinzip der Wirtschaftlichkeit herleiten. Ansätze für eine Gleichsetzung von Planen und (ökonomischer) Rationalität finden sich i n der rechts- und sozialwissenschaftlichen Literatur i n großer Zahl. Planung ist, wie Josef H. Kaiser es ausdrückt, nicht nur „der große Zug unserer Zeit" 4 5 , sondern der Entwurf einer rationalen Ordnung 46 . Von diesem Ausgangspunkt ist es ein naheliegender Schritt, wenn i n den Wirtschaftswissenschaften, die sich seit jeher als Wissenschaften vom rationalen Handeln verstanden haben, Planen und Wirtschaften gleichgesetzt werden und jede Entscheidung i m Bereich der Wirtschaft als Ergebnis eines Planes angesehen wird 4 7 . Umgekehrt klingt i n der rechtswissenschaftlichen Diskussion u m die Rechtsnatur des Plans immer wieder die dem Plan eigentümliche zweckrationale Durchbildung an 48 , die ja auch dem Wirtschaftlichkeitsprinzip zugrundeliegt. Die Annahme eines allgemeinen Planungsgrundsatzes der Wirtschaftlichkeit aus dem der Planung immanenten Gedanken der Zweckrationalität erscheint deshalb keineswegs abwegig 49 . Man braucht jedoch kein extremer Planungsgegner zu sein, u m Zweifel an der Schlüssigkeit dieser Ableitung zu hegen. Man müßte nicht 44 Vgl. ζ. B. Rainer Wahl, Notwendigkeit u n d Grenzen langfristiger A u f gabenplanung, i n : Manfred Rehbinder (Hrg.), Recht i m sozialen Rechtsstaat, K r i t i k 5, S. 363 ff. (369); Zurückhaltender Roman Herzog, Regierungsprogramme u n d Regierungspläne i m demokratischen u n d sozialen Rechtsstaat, i n : Regierungsprogramme u n d Regierungspläne, Schriftenreihe der Hochschule Speyer, Bd. 51, S. 41 f.; K. Stern, Staatsrecht, S. 706 ff. m. w . N. 45 So Josef H. Kaiser, Planung I, Baden-Baden 1965, V o r w o r t , S. 7; ders., Exposé einer pragmatischen Theorie der Planung, ebd., S. 11. 46 J. H. Kaiser, V o r w o r t , S. 7. 47 s. dazu Hans Christoph Rieger, Begriff u n d L o g i k der Planung, S. 3 f. m. w . N. auf die angelsächsische L i t e r a t u r ; zum Verhältnis v o n Rationalprinzip u n d Wirtschaftlichkeitsprinzip, vgl. J. Görnas, Verwaltungskostenrechnung, S. 58 ff. 48 Vgl. Max Imboden, Der Plan als verwaltungsrechtliches Institut, W D S t R L 18 (1960), S. 113 ff. (124); Peter Baischeit, Die Rechtsnatur des Plans, S. 55 ff.; Rupert Scholz, Verwaltungsverantwortung u n d Verwaltungsgerichtsbarkeit. V V D S t R L 34 (1976), S. 163 ff., 170 ff. u n d passim; E. Schmidt-Assmann, ebd., S. 251 ff. 49 Ähnliche Erwägungen bei Eberhard Wille, Planung Information, S. 23 m. F N 42. 2*

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: Wirtschaftlichkeit als Rechtsprinzip

erst das Wort Fehlplanung erfinden, u m nachzuweisen, daß Planung nicht i n jedem Fall Rationalität und Wirtschaftlichkeit verspricht. Aber auch abgesehen von Planungsfehlern können ungeplante A k t i v i t ä t e n wirtschaftlicher als geplante sein 50 , und Planung kann, wie noch zu zeigen sein wird, i n bestimmten Fällen überhaupt unwirtschaftlich sein 51 . Die Gleichsetzung von Planung, Rationalität und Wirtschaftlichkeit läßt sich i n der heutigen Planungsdiskussion 52 verstehen. Gleichwohl ist sie abzulehnen, w e i l reine Rationalmodelle i n der politischen Planung nicht verwendbar sind, und w e i l sie den Wert von Intuition, Erfahrung, Daumenregeln, kurz die „Kunst des Durchwurschtelns" vernachlässigen 53 . Ein allgemeiner Planungsgrundsatz der Wirtschaftlichkeit i n Anlehnung an die Rechtsprechung des BVerwG's zu § 1 Abs. 4 BBauG läßt sich deshalb nicht begründen. 2. Wirtschaftlichkeit als ungeschriebenes Verfassungsrecfat

A u f der Suche nach weiteren Parallelen zur ökonomischen Zweckrationalität i n der Rechtsordnung stößt man i n der Allgemeinen Staatslehre verschiedentlich auf die Ansicht, Wesensmerkmal des modernen Staates sei die Rationalität. Nach dieser Meinung ist die Rationalität den Staatsformbestimmungen des Grundgesetzes wie überhaupt allen Staatsformalternativen der Gegenwart vorgegeben und damit ungeschriebenes Verfassungsrecht, so daß sich auf diesem staatstheoretischen Fundament, etwa Leisner und Isensee folgend 54 , ein allgemeines Effizienzprinzip konstruieren ließe, als dessen Ausprägung wiederum das Wirtschaftlichkeitsprinzip erschiene 55 . 50

Vgl. E. Wille, Planung u n d Information, S. 24. Vgl. ζ. Β . N. Luhmann, K a n n die V e r w a l t u n g wirtschaftlich handeln, S. 101. 52 Vgl. dazu E. Wille, Planung u n d Information, S. 17 ff. 53 Vgl. Yehezkel Dror, Public Policymaking Reexamined, S. 129 ff., der ein reines Rationalmodell f ü r das politische System ablehnt, andererseits aber auch Lindbloms Inkrementalismus f ü r einen I r r w e g hält. Ebenso ders., M u d d l i n g Through — „Science" or Inertia?, Public A d m i n i s t r a t i o n Review 24 (1964), S. 153ff. (155ff.); ähnlich auch D a r w i n D. Stuart, Rational U r b a n Planning, U r b a n Affairs Quarterly 5 (1969/70), S. 151 ff. (168 ff.). 54 So z.B. Josef Isensee, Der Fiskalbeamte — Fiskalprivileg, D Ö V 1970, S. 397 ff. (4041 m. F N 66); ders., Subsidiaritätsprinzip u n d Verfassungsrecht, S. 46 f., 311 f.; Walter Leisner, Öffentlichkeitsarbeit der Regierung i m Rechtsstaat, S 165 ; Z u r Rationalität i n der liberalen Staatstheorie, vgl. Herbert Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 53 ff. (58); Konrad Hesse, Der Rechtsstaat i m Verfassungssystem des Grundgesetzes, i n : Festgabe f ü r Smend, S. 83 f.; Hans Peter Bull, Die Staatsaufgaben nach dem Grundgesetz, S. 106 ff. 55 So J. Isensee, Der Fiskalbeamte, S. 405,; ders., Subsidiaritätsprinzip, S. 312. 51

2. Abschn.: Wirtschaftlichkeitsprinzip als allgem. Rechtsprinzip

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Da es heute selbstverständlich erscheint, daß der Staat m i t den von seinen Bürgern erhobenen Steuergeldern nicht nach W i l l k ü r verfahren darf, ist dieser i n der Allgemeinen Staatslehre vertretene Gedanke der „Entscheidung des Staates zur Rationalität" 5 6 als Grundlage für ein Rechtsprinzip der Wirtschaftlichkeit durchaus von Belang. Dennoch dürfte ein derartiger Grundsatz zu unbestimmt sein, u m die Basis für ein Rechtsprinzip der Wirtschaftlichkeit abzugeben. M i t der Rationalität des Staatshandelns beschreibt man i n der Staatslehre nämlich ein sehr weites Feld, daß von der Abkehr vom Mystischen, Religiösen über ein Handeln nach Gründen 5 7 bis zum Schluß von der Situation auf den Zweck und dem Zweck auf das M i t t e l reicht. Allenfalls der zuletzt genannte Gedanke der Zweckrationalität ließe sich m i t dem W i r t schaftlichkeitsprinzip i n Beziehung setzen. Aber gerade hier werden rechtsstaatliche Bedenken geäußert: Grundsätzlich lehnt nämlich der Rechtsstaat den Schluß vom Zweck auf das M i t t e l als „Folgerungsweise des Polizeistaates" ab 58 , und es besteht die Gefahr, daß eine derartige rationalistische Denkweise zu einer Pervertierung oder Beseitigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit 5 9 führt. Außerdem kann durch die Erstreckung von Rationalität und Effizienz auf die Ziele staatlichen Handelns Rationalität zum Ausdruck echter Staatsraison werden. Durch eine solche Verbindung von Staatsraison und Effizienz würde aber nicht nur der Rechtsstaat sondern das Recht überhaupt bedroht 60 . Die Ableitung von Isensee erscheint deshalb zu fragwürdig und zumindest i n ihrer Allgemeinheit nicht haltbar zu sein. Zudem ist auch der Schluß von der Rationalität des Staates auf die Rechtsprinzipien der Effizienz und Wirtschaftlichkeit problematisch, w e i l sich das Rationalprinzip wegen seines formalen Charakters vom ökonomischen Prinzip sondern läßt und daneben etwa von sozialer und politischer Rationalität gesprochen werden kann 6 1 . Somit dürfte auch eine Abstützung des Wirtschaftlichkeitsprinzips auf das Rationalprinzip des modernen Staates nicht tragfähig genug sein, u m ein allgemeines Rechtsprinzip der Wirtschaftlichkeit zu begründen.

w

Vgl. zusammenfassend Η . P. Bull, S. 100 ff. ff. Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 58. 58 So N. Luhmann, Zweckbegriff, S. 63 f. δβ Diese Bedenken äußert Claus Wellhöfer, Das Übermaßverbot i m V e r waltungsrecht, S. 26, gegenüber der Ansicht v o n Herbert Krüger. So Walter Leisner, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 18. 61 K. König, Erkenntnisinteressen, S. 162 ff.; Günter Hartfiel, Wirtschaftliche u n d soziale Rationalität: Untersuchungen zum Menschenbild i n Ökonomie u n d Soziologie, S. 60 ff.; J. Görnas, Verwaltungskostenrechnung, S. 59. 57

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: Wirtschaftlichkeit als Rechtsprinzip

3. Wirtschaftlichkeit als allgemeiner Verwaltungsgrundsatz

Wegen seiner allgemein anerkannten Geltung für die öffentliche Verwaltung könnte man das Wirtschaftlichkeitsprinzip jedoch als allgemeinen Rechtsgrundsatz oder als verfassungsgestaltende Grundentscheidung ansehen. Damit ist die von Hans Julius Wolff 92 begründete und neuerdings u. a. von Hans-Jürgen D. Hardt 83 aufgegriffene Systematisierung und Abgrenzung der Rechtsquellen des allgemeinen Verwaltungsrechts angesprochen, die allgemeine und besondere Rechtsgrundsätze, allgemeine Rechtsgedanken und allgemeine Verwaltungsgrundsätze sowie Gewohnheitsrecht 64 unterscheidet. Darauf aufbauend hat Franz Eppe 65 beispielsweise das Wirtschaftlichkeitsprinzip zumindest mittelbar durch seine Deduktion aus dem Schenkungsverbot 8® als einen Rechtsgrundsatz bezeichnet, der aus dem Rechtsprinzip abzuleiten sei. Es bezieht sich damit ausdrücklich auf die Wolff' sehe Rechtsquellenlehre, die den Geltungsgrund der allgemeinen und besonderen Rechtsgrundsätze i n dem der Rechtsordnung vorgegebenen, naturrechtlichen Rechtsprinzip erblickt. Ohne auf die Problematik der naturrechtlichen Argumentation und der Unbestimmtheit eines solchen obersten Rechtsgrundsatzes einzugehen 87 , stellt sich jedoch die Frage, ob das Wirtschaftlichkeitsprinzip sich nicht bereits auf normative Grundsätze stützen läßt, so daß es eines Rückgriffs auf das Rechtsprinzip nicht bedarf 88 . Die Begründung eines Rechtsgrundsatzes der Wirtschaftlichkeit aus dem Rechtsprinzip er82 Hans Julius Wolff , Rechtsgrundsätze u n d verfassungsgestaltende G r u n d entscheidungen als Rechtsquellen, i n : Gedächtnisschrift W a l t e r Jellinek, S. 33 ff.; ders., Verwaltungsrecht I , § 25. 63 Hans-Jürgen Hardt, Die allgemeinen Verwaltungsgrundsätze. Definition u n d Begründung ihres Rechtscharakters, D Ö V 1971, S. 685 ff.; ders., Die Revisibilität der allgemeinen Verwaltungsgrundsätze, DVB1. 1973, S. 325 ff. 64 Die gewohnheitsrechtliche Geltung des Wirtschaftlichkeitsprinzips dürfte angesichts zahlreicher ablehnender u n d kritischer Stimmen zu seinem Rechtscharakter schon mangels unbestrittener Geltung abzulehnen sein; vgl. u. a. K . König, Erkenntnisinteressen, S. 158 unter Hinweis auf Hermann Β ente, Organisierte UnWirtschaftlichkeit; JV. Luhmann, K a n n die V e r w a l t u n g w i r t schaftlich handeln, S. 97 ff.; ders., Recht u n d Automation, S. 118ff. (119). 65 Franz Eppe, Subventionen u n d staatliche Geschenke, S. 130 ff. (132). 68 Eppe bezieht sich a. a. O. zwar n u r auf das Schenkungsverbot, sieht aber das Wirtschaftlichkeitsprinzip als dessen Konkretisierung an. Vgl. dazu unten S. 40. 67 Vgl. etwa kritisch dazu Josef Esser, Grundsatz und N o r m i n der richterlichen Fortbildung des Privatrechts, Rechtsvergleichende Beiträge zur Rechtsquellen- u n d Interpretationslehre, S. 86; Gerhard Gindely, Das Verbot staatlicher Schenkungen an Private, S. 110 ff.; vgl. dagegen unter Fortführung des W o l f f sehen Ansatzes neuerdings Ralf Dreier, Probleme der Rechtsquellenlehre, Zugleich Bemerkungen zur Rechtsphilosophie Leonard Nelsons, i n : Fortschritte des Verwaltungsrecht, S. 3 ff. (32 ff.). 68 So auch Gindely, Das Verbot staatlicher Schenkungen, S. 110 f.

2. Abschn.: Wirtschaftlichkeitsprinzip als allgem. Rechtsprinzip

39

scheint nämlich solange nicht sinnvoll, als konkretere Verfassungssätze zur Deduktion herangezogen werden können. Es ist auch wenig plausibel, wenn Eppe 89 an anderer Stelle das nach ganz h. M. m i t Verfassungskraft abgesicherte Ubermaßverbot 70 als Anwendungsfall des aus dem Rechtsprinzip abgeleiteten Schenkungsverbots ansieht, statt umgekehrt zu versuchen, Schenkungsverbot und Wirtschaftlichkeit zunächst auf diesen Verfassungsrechtssatz zu stützen. Darüber hinaus vermeidet eine auf konkrete Verfassungsgrundsätze gestütze Argumentation auch die K r i t i k , der man sich zwangsläufig aussetzen muß, wenn man einen Rechtsgrundsatz auf „wahre, objektiv vorzugswürdige I n teressen" gründen muß und damit unweigerlich i n Wertungsprobleme gerät 71 . Schließlich hat gerade auch die Arbeit von Eppe gezeigt, daß sich die rechtliche Bedeutung derartig ermittelter Grundsätze nicht erkennen läßt 7 2 ; aus dem Rechtsprinzip kann man nämlich allenfalls die Geltung eines Rechtsgrundsatzes ableiten, nicht aber seinen Inhalt. Aus ähnlichen Gründen ist auch die Ansicht Püttners abzulehnen, ein Rechtsprinzip der Wirtschaftlichkeit könne aus dem Rechtsstaatsprinzip und einer Analogie zu haushaltsrechtlichen Vorschriften (Art. 105 ff. GG) abgeleitet werden 73 . Denn einerseits dürfte es schon zweifelhaft sein, ob das Wirtschaftlichkeitsprinzip auf das Haushaltsrecht beschränkt ist. Andererseits ist das Rechtsstaatsprinzip viel zu umfassend, als daß man aus i h m ein konkretes Unterprinzip der Wirtschaftlichkeit entwickeln könnte. Wenn man dem Rechtsprinzip der Wirtschaftlichkeit inhaltliche Konturen verleihen w i l l , muß man vielmehr auf speziellere Verfassungsgrundsätze abstellen. Dazu bietet sich insbesondere das verfassungsrechtliche Übermaßverbot an, da es die größte Verwandtschaft m i t dem ökonomischen Zweck-Mittel-Denken aufweist.

69

F. Eppe, Subventionen, S. 141. So das B V e r f G i n st. Rspr., ζ. B. BVerfGE 20, 45 (49 f.); zu den verfassungsrechtlichen Begründungsversuchen vgl. zusammenfassend Eberhard Grabitz, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit i n der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, AöR 98 (1973), S. 568ff. (584ff.); Klaus Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I S. 671 ff. m. w . N.; Ulrich Zimmerli, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit i m öffentlichen Recht, Zeitschrift f ü r Schweizerisches Recht 97 (1978), 2. Halbband, S. 1 ff. 71 Die K r i t i k G. Gindelys, Das Verbot staatlicher Schenkungen, S. 110, an der Interessenabwägung Eppes ist deshalb gerechtfertigt. 72 So a u d i Christian Heinze, Rezension, Die V e r w a l t u n g 1968, S. 492 ff. (496). 73 Günter Püttner, Allgemeines Verwaltungsrecht, E i n Studienbuch, S. 39. 70

40

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: Wirtschaftlichkeit als Rechtsprinzip

I I . Das Wirtschaftlichkeitsprinzip als Ausprägung des Übermaßverbots 74 Wirtschaftlichkeit und Übermaßverbot haben nämlich gemeinsam, daß ihnen eine Zweck-Mittel-Orientierung zugrunde liegt: Der W i r t schaftlichkeit i n dem Sinne, daß entweder m i t gegebenen M i t t e l n ein möglichst großer Erfolg oder ein bestimmter Erfolg m i t geringstmöglichen M i t t e l n zu erreichen ist, dem Übermaßverbot insoweit, als es die Erforderlichkeit und Angemessenheit eines Mittels i m Vergleich zu einem angestrebten Zweck verlangt 7 5 . Es ist deshalb auch nicht überraschend, daß i n der Literatur das Übermaßverbot gelegentlich m i t dem ökonomischen Prinzip i n Verbindung gebracht wird. 1. ökonomisches Prinzip und Übermaßverbot in der Literatur

a) Die Auffassung

Eppes

I n den Abhandlungen zum verwaltungsrechtlichen Verbot staatlicher Schenkungen finden sich auch einige Stellungnahmen zum Verhältnis von Übermaßverbot und Wirtschaftlichkeitsgrundsatz. Wie bereits erwähnt, hat vor allem Franz Eppe 79 neben dem Schenkungsverbot ajif den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit als Begrenzung der staatlichen Subventionspolitik abgestellt. Er leitet das Schenkungsverbot i m A n schluß an Hans Julius Wolff 77 als (allgemeinen) Rechtsgrundsatz unmittelbar aus dem Rechtsprinzip ab und sieht den Grundsatz der W i r t schaftlichkeit wiederum als Konkretisierung des Schenkungsverbotes an. Das Übermaßverbot versteht er i n diesem Zusammenhang als einen Anwendungsfall des Schenkungsverbotes 78 . A n anderer Stelle hebt er noch deutlicher hervor, daß die wirtschaftliche Verwendung der Haushaltsmittel i. S. der RHO dasselbe bedeute, was auch das Übermaßverbot postuliere: Aufwand und Erfolg sollten i n einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Es solle weder m i t unzureichenden M i t teln ein öffentlicher Zweck angestrebt noch m i t unverhältnismäßig großen Opfern an Steuergeldern ein minimaler Erfolg realisiert werden 79 . 74 Terminologisch soll entsprechend der h. M . i m Anschluß an Peter Lerche, Übermaß, S. 21, das Übermaßverbot als Oberbegriff f ü r die Grundsätze der Erforderlichkeit u n d Verhältnismäßigkeit angesehen werden. Vgl. dazu K . Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, S. 674; 17. Zimmerli, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, S. 18. 75 A u f die Nähe des Übermaßverbotes zur wirtschaftswissenschaftlichen Zweck-Mittel-Orientierung weist auch N. Luhmann, Zweckbegriff, S. 59, hin. 78 F. Eppe, Subventionen u n d staatliche Geschenke, Stuttgart 1966. 77 Vgl. ff. J. Wolff, Verwaltungsrecht I ; § 25 I ; § 29 I a 2, 3. 78 F. Eppe, Subventionen, S. 141.

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b) Die Ansicht Herbert Krügers Besonders ausgeprägt kommt die Verbindung des Ubermaßverbots m i t dem ökonomischen Prinzip bei Herbert Krüger zum Ausdruck. Ausgehend von einer rationalistischen Staatsauffassung führt er i n seiner Allgemeinen Staatslehre 80 etwa aus, daß die Staatsgewalt und die Staatsauf gaben mittels des Schlusses vom Zweck auf das M i t t e l zugleich bestimmt und gerechtfertigt würden. Zwecke dürften nämlich nur gesetzt werden, wenn und soweit eine objektive Notwendigkeit dies fordere. Zwecksetzung und Mittelwahl stünden unter dem Verbot des Übermaßes gleich dem Gebot der Verhältnismäßigkeit. Der Rationalismus sichere damit sowohl die Fülle der Staatsgewalt wie die Ökonomie. Noch deutlicher betont Krüger den Zusammenhang zwischen Übermaßverbot und Ökonomie i m Kapitel über die Rechtsnatur der Staatsgewalt 8 1 . Dort hebt er nicht nur die Gebundenheit der Staatsgewalt an legitime staatliche Zwecke hervor, sondern sieht die A r t und Weise der Beschäftigung m i t diesen Zwecken nur dann als zulässig an, wenn sie von den Regeln der Ökonomie gerechtfertigt werde. Dabei handele es sich u m das Verbot des Übermaßes oder das Gebot der Verhältnismäßigkeit. A n einer weiteren Stelle 82 bezeichnet er ein den Anforderungen der Ökonomie widersprechendes M i t t e l nicht nur als Verschwendung sondern als sozial- und rechtswidrig. Daneben hat Krüger i n verschiedenen Aufsätzen immer wieder sein ökonomisches Verständnis des Übermaßverbots unterstrichen. Zweifelhaft bleibt dabei allerdings die exakte dogmatische Einordnung, was nicht zuletzt auf seine terminologische Uneinheitlichkeit zurückzuführen ist 8 3 . Einerseits spricht er vom Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der dem Bürger ein Recht gebe, daß der Staat öknomisch arbeite und daher nicht mehr von i h m fordere als zur Erreichung des i n Frage stehenden Zweckes erforderlich sei 84 . Andererseits vertritt er die Auffassung, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlange, daß der Staat m i t geringstmöglichem A u f wand das größtmögliche Ergebnis erzielen solle 85 , w o r i n man ein A b stellen auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vermuten könnte 8 8 . 79

s. F. Eppe, Subventionen, S. 142 f. Vgl. Herbert Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 58. 81 ff. Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 834. 82 ff. Krüger, Allgemeine Staatslehre, S. 739. 83 So zu Recht C. Wellhöf er, Das Übermaßverbot, S. 24 f. 84 Vgl. Herbert Krüger, Verbot m i t Erlaubnisvorbehalt u n d Gewährung m i t Auslesevorbehalt, D Ö V 1958, S. 572 if. (578); aus dieser Formulierung könnte m a n schließen, daß K r ü g e r den Grundsatz der Erforderlichkeit meint. A n dererseits erwähnt er daneben auch das Gébot des mildesten Mittels, ohne beide Grundsätze voneinander abzugrenzen. 85 So Herbert Krüger, Rechtsstaatliche Gesetzgebungstechnik, D Ö V 1956, 80

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Ohne bereits hier zu der Auffassung Krügers Stellung zu nehmen, kann zusammenfassend aber festgehalten werden, daß er das Ubermaßverbot exakt so interpretiert wie das Wirtschaftlichkeitsprinzip i n seiner allgemeinsten Form: M i t geringstem Aufwand einen möglichst großen Ertrag zu erzielen. c) Die Meinung Claus Wellhöfers I n seiner Dissertation über das Übermaßverbot i m Verwaltungsrecht erörtert Wellhöfer ausführlich dessen Bedeutung als Grundsatz der Leistungsverwaltung 87 . Neben einer historischen Legitimation ergebe sich die Geltung des Übermaßverbots i n der Leistungsverwaltung u. a. auch aus den Grundsätzen der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit der Verwaltung. Für Wellhöfer ist die Rechtspflicht der Wirtschaftlichkeit offensichtlich vorgegeben, so daß es i h m genügt, sich insoweit einer beiläufigen Bemerkung Hüttls 89 anzuschließen 89 , wonach die Rechtspflicht zu wirtschaftlichem und sparsamem Handeln schon aus dem U m gang m i t fremden Vermögen und der Verpflichtung, darüber Rechenschaft zu geben, folge. Deshalb sieht er auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht als Grundlage, sondern als Maßstab der W i r t schaftlichkeit an. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit v e r w i r k liche das Sparsamkeits- und Wirtschaftlichkeitsgebot der öffentlichen Leistungsverwaltung. Eine außer Verhältnis zum erstrebten Leistungszweck stehende öffentlich-rechtliche Gewährung sei weder sparsam noch wirtschaftlich 90 . d) Sonstige Stellungnahmen zum Verhältnis Übermaßverbot—Wirtschaftlichkeit Weniger ausgeprägt als bei den genannten Autoren, aber zumindest i m Sinne einer losen Verbindung von Übermaßverbot und ökonomischen Erwägungen finden sich i n der Literatur noch einige Stimmen. A m deutlichsten weist vielleicht i n diese Richtung noch Peter Lerche 91, der den Grundsatz der Erforderlichkeit rückwärtsgewendet als allgemein ökonomisches Prinzip i n einem ganz weiten Sinne ansieht, nämlich m i t geringstem Aufwand ein gegebenes Ziel zu erreichen. Er hält S. 550 ff. (559 f); ähnlich ders., Die Auflage als Instrument der Wirtschaftsverwaltung, DVB1. 1955, S. 518 ff. (521). 88 Die Verwandtschaft z u m Grundsatz der Verhältnismäßigkeit betont auch C. Wellhöfer, Das Übermaßverbot, S. 25 m. F N 1. 87 Vgl. C. Wellhöfer, Das Übermaßverbot, S. 142 ff. 88 Vgl. A. Hüttl, Wirtschaftlichkeit, S. 284. 89 C. Wellhöfer, Das Übermaßverbot, S. 146 F N 4. C. Wellhöfer, Das Übermaßverbot, S. 149. 91 P. Lerche, Übermaß, S. 22 f.

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dieses Prinzip aber rechtlich nur für verwertbar, wenn auch hier das M i t t e l ( = der Aufwand) auf einen Rechtsbezirk bezogen und unter „geringstem" M i t t e l jenes verstanden werde, das den schmerzlosesten Einbruch i n diesen Rechtsbezirk bedingt. Ebenso weist auch Walter Leisner 92 darauf hin, daß die Wirtschaftlichkeit voraussetze, daß die Zwecke feststehen, das ökonomische Prinzip sei insoweit als Spezialisierung der Erforderlichkeit anzusehen. Eine weniger deutliche Verbindung von Übermaßverbot und Wirtschaftlichkeit findet sich schließlich auch bei Georg Bitter 93, der bei jeder kommunalen Förderungsmaßnahme die Prüfung verlangt, ob sie nach Zeitpunkt und Höhe notwendig und wirtschaftlich sei. Es müsse deshalb jede Maßnahme i n einem angemessenen Verhältnis zum erstrebten Erfolg stehen. Ähnliche Gedanken finden sich für die Leistungsverwaltung auch bei anderen Autoren, ζ. T. allerdings ohne ausdrückliche Hervorhebung des Übermaßverbots. Andererseits betonen manche Schriftsteller die dem Übermaßverbot immanente Rationalität des Handelns ohne speziell auf die ökonomische Rationalität abzuheben 94 . 2. Kritik und eigene Stellungnahme

Der Überblick über die i n der Literatur gezogenen Verbindungen zwischen Übermaßverbot und Wirtschaftlichkeit dürfte gezeigt haben, daß eine dogmatisch saubere Standortbestimmung des Wirtschaftlichkeitsprinzips bisher nicht geleistet worden ist. Das gilt zunächst für die Ableitungskette von Eppe, der den Geltungsgrund nicht nur des Schenkungsverbots, sondern auch des Wirtschaftlichkeitsprinzips als dessen Konkretisierung, und schließlich sogar des Übermaßverbots als Anwendungsfall des Schenkungsverbots i n einem allgemeinen Rechtsgrundsatz erblicken zu können glaubt. Abgesehen davon, daß es schon Zweifel hervorrufen muß, ob nicht Übermaßverbot und ökonomisches Prinzip einen weiteren Anwendungsbereich als das Schenkungsverbot besitzen und schon deshalb nicht dessen Konkretisierung sein können 95 , ist die Begründung des Rechts92

W. Leisner, Effizienz als Rechtsprinzip, S. 38 f. Vgl. Georg Bitter, Z u r Zulässigkeit kommunaler Förderungsmaßnahmen, BayVBl. 1965, S. 45 ff., 85 ff. (88). 94 So ζ. B. Walter Leisner, Die schutzwürdigen Rechte i m besonderen Gewaltverhältnis, DVB1. 1960, S. 617; Roman Schnur, Pressefreiheit, W D S t R L 22 (1965), S. 101 ff. 133 m. F N 83; als Gebot der Vernunft u n d Ökonomie bezeichnet dagegen Rupprecht von Krauss, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit i n seiner Bedeutung f ü r die Notwendigkeit des Mittels i m Verwaltungsrecht, S. 40 das Verhältnismäßigkeitsprinzip; vgl. auch R. Scholz, V e r w a l tungsverantwortung, S. 182 F N 149 u n d 150. 95 So zu Recht G. Gindely, Das Verbot staatlicher Schenkungen, S. 104 f. w

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grundsatzes des Schenkungsverbots durch Eppe 96 fragwürdig. I n der von ihm 9 7 vorgenommenen A r t und Weise könnte man nämlich noch zahlreiche Rechtsgrundsätze aus dem Rechtsprinzip ableiten, je nachdem, was man i n der staatlichen Ausgabenpolitik als bloß faktisches Interesse deklariert, das dem „wahren" Interesse der Bürger weichen müsse 98 . Unverständlich bleibt auch, welche rechtliche Bedeutung dem von Eppe entwickelten Rechtsgrundsatz zukommen soll 99 , denn aus i h m läßt sich allenfalls die Rechtsgeltung, nicht aber der Inhalt von Schenkungsverbot und Wirtschaftlichkeit ableiten. Eppes Ausführungen führen nur insofern weiter, w e i l sie an anderer Stelle den Hinweis enthalten, die wirtschaftliche Verwendung der Haushaltsmittel bedeute dasselbe was auch das Übermaßverbot postuliere: Aufwand und Erfolg sollen i n einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen 100 . Wie auch i n der nachfolgenden Äußerung deutlich wird, bringt Eppe hier eindeutig das Wirtschaftlichkeitsprinzip m i t dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit i n Verbindung. Ähnliche Bedenken wie gegenüber der Meinung Eppes lassen sich auch gegenüber Wellhöf er vorbringen. Auch er stützt i m Anschluß an Hüttl 101 den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit, offensichtlich w e i l er ihn für vorgegeben hält, auf einen nicht näher begründeten höherrangigen Rechtsgrundsatz, demzufolge schon der Umgang m i t fremden Vermögen und die Verpflichtung, darüber Rechenschaft zu geben, eine Rechtspflicht zum wirtschaftlichen Handeln begründe. Es ist aber schon fraglich, ob das Zitat die Ansicht Wellhöfers trägt, denn Hüttl spricht nur i n der Kapitelüberschrift von einer Rechtspflicht zum wirtschaftlichen Handeln, an der zitierten Stelle aber von einer Pflicht, u m daran anschließend das Rechtsprinzip der Wirtschaftlichkeit aus § 26 RHO abzuleiten. Zudem sieht Hüttl an anderer Stelle 1 0 2 i m gleichen Zusammenhang das Wirtschaftlichkeitsprinzip lediglich als ethisches Gebot der Verwaltung an. Unabhängig davon kann man aber auch die Verausgabung staatlicher (Steuer)-Mittel nicht als Umgang m i t fremden Vermögen bezeichnen, da die Steuern grundsätzlich eine Eigentumsüber96

s. dazu oben S. 40 ff. F. Eppe, Subventionen, S. 132. 98 Kritischer daher auch G. Gindely, Das Verbot staatlicher Schenkungen, S. 110. 99 So auch Christian Heinze, Rezension v o n Eppe, Subventionen u n d staatliche Geschenke, i n : Die V e r w a l t u n g 1968, S. 492 ff. (496); G. Gindely, Das Verbot staatlicher Schenkungen, S. 110. 100 F. Eppe, Subventionen, S. 142 f. 101 Vgl. A. Hüttl, Wirtschaftlichkeit, S. 284. 1