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German Pages 290 [291] Year 2021
Schriften zum Deutschen und Europäischen Infrastrukturrecht Band 15
Das Unionsrecht als Determinante für die Einführung von Ausschreibungen als Instrument zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien Von Thomas Zorn
Duncker & Humblot · Berlin
THOMAS ZORN
Das Unionsrecht als Determinante für die Einführung von Ausschreibungen als Instrument zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien
Schriften zum Deutschen und Europäischen Infrastrukturrecht Herausgegeben von Ralf Brinktrine und Markus Ludwigs
Band 15
Das Unionsrecht als Determinante für die Einführung von Ausschreibungen als Instrument zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien Von Thomas Zorn
Duncker & Humblot · Berlin
Die Juristische Fakultät der Julius-Maximilians-Universität Würzburg hat diese Dissertation im Jahre 2020 angenommen.
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Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2019/2020 als Dissertationsschrift angenommen. Literatur konnte bis einschließlich August 2019 berücksichtigt werden. Herzlich danken möchte ich meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Markus Ludwigs. Ohne seine während aller Entstehungsphasen andauernde außerordentliche Bereitschaft zur Betreuung hätte diese Arbeit nicht entstehen können. Hervorzuheben ist neben der hervorragenden fachlichen Betreuung insbesondere auch sein Verständnis für Verzögerungen, die während der Dissertationszeit aufgetretenen Phasen beruflicher Belastung geschuldet waren. Herrn Professor Dr. Ralf Brinktrine habe ich herzlich für die zügige Zweitkorrektur zu danken. Beiden danke ich zusätzlich für die Aufnahme in die Schriftenreihe „Schriften zum Deutschen und Europäischen Infrastrukturrecht“. Für fachlichen Austausch danke ich meiner Lehrstuhlkollegin, Frau Dr. Hannah Amann, sowie – von ganzem Herzen – meinem Freund und Kollegen, Herrn Simón Barrera Gonzalez, LL.M. Eur. Nicht zu ermessen ist der Dank, den ich meiner Frau, Magdalena Zorn, schulde. Neben der Bereitschaft zur kritischen Durchsicht des Manuskripts war es insbesondere ihr bedingungsloser persönlicher Rückhalt, der mich durch die schwierigen Phasen der Dissertationszeit getragen hat. Ihr ist diese Arbeit gewidmet. Würzburg, im Juni 2021
Thomas Zorn
Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 § 1 Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien: Ökonomische Rechtfertigung und Überblick über die zentralen Förderinstrumente . . . . . . . . . 22 A. Behebung von Marktversagen als ordnungspolitische Begründung für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 I. Marktversagen im Strommarkt durch externe Effekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 II. Die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien als Regulierungsaufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 B. Das Ausschreibungsverfahren im Kanon der Modelle zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 I. Überblick: Instrumente zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 1. Preisgesteuerte Fördermodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 2. Mengengesteuerte Fördermodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 a) Quotenmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 b) Ausschreibungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 II. Ausschreibungen als Instrument zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien: Grundfragen und Gestaltungselemente . . . . . . . . . . . . . 34 1. Allgemeine Gestaltungselemente und Präqualifikationsanforderungen . . . . 34 a) Ausschreibungs- und Vergütungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 b) Häufigkeit der Ausschreibungen und Höhe des Ausschreibungsvolumens 35 c) Zulassung zum Zuschlagsverfahren – Präqualifikationsanforderungen 36 2. Gestaltungsoptionen für Zuschlagsverfahren und Preisbildung . . . . . . . . . . 37 a) Wesentliche Unterscheidungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 b) „Pay-as-bid“ oder „Uniform Pricing“ – Preisbildungsmechanismen bei statischen Mehrgüterauktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 c) Mindest- oder Höchstpreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 3. Regelungen für die Realisierungsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 a) Realisierungsfrist und Pönalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 b) Rückgabe und Übertragbarkeit von Förderberechtigungen . . . . . . . . . . . 42 4. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
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§ 2 Von der Preissteuerung zum Ausschreibungsverfahren: Die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . 44 A. Die Entwicklung des Rechtsrahmens zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien bis zur EEG-Reform 2014 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 I. Die wettbewerbsrechtlich geprägte Anfangsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 II. Beginn der gesetzlichen Förderung: Das Stromeinspeisungsgesetz . . . . . . . . . 48 III. Neuordnung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 1. Entwicklung der Anspruchssystematik auf Grundlage des EEG . . . . . . . . . 50 2. Der Umlagemechanismus zur Finanzierung der förderbedingten Mehrkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 a) Der EEG-Ausgleichsmechanismus in seiner ursprünglichen Gestaltung 52 b) Neuordnung der vierten Stufe durch die Ausgleichsmechanismusverordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 c) Entlastung privilegierter Verbraucher durch die besondere Ausgleichsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 3. Alternative zur Inanspruchnahme der Einspeisevergütung durch Einführung der Direktvermarktung in die Marktprämie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 IV. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 B. Einleitung des Systemwechsels: Das EEG 2014 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 I. Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 II. Wesentliche Neuerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 1. Einführung der verpflichtenden Direktvermarktung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 2. Hinwendung zum Ausschreibungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 a) Regelungen im EEG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 b) Die Freiflächenausschreibungsverordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 aa) Diskussion zum Ausschreibungsdesign . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 bb) Das Ausschreibungsdesign nach der FFAV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 cc) Ergebnisse des Ausschreibungsberichts nach § 99 EEG 2014 . . . . . 67 C. Vollzug des Systemwechsels: das EEG 2017 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 I. Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 II. Gestaltung der Fördersystematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 1. Förderung mittels gleitender Marktprämie bleibt gesetzlicher Regelfall . . . 70 2. Hinwendung zum Ausschreibungswettbewerb als gesetzlichem Regelfall
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3. Überblick über die Regelungen zum Ausschreibungsverfahren . . . . . . . . . . 71 a) Allgemeine Ausschreibungsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 b) Technologiespezifische Sonderregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 c) Technologieübergreifende Ausschreibungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 d) Ergebnisse des Erfahrungsberichts nach § 97 EEG 2017 . . . . . . . . . . . . 74 III. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
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D. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 § 3 Seitenblick: Die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien im Vereinigten Königreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 A. Die „Non-Fossil Fuel Obligation“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 I. Darstellung des Förderansatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 II. Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 B. Renewable Obligation Orders – ROO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 I. Darstellung des Förderansatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 II. Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 C. Neuordnung durch die Electricity Market Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 I. Förderung durch Differenzverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 II. Vergabe der Förderberechtigungen durch Ausschreibungen . . . . . . . . . . . . . . . 89 III. Überblick über die Vergabephasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 1. Erste Vergabephase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 2. Zweite Vergabephase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 3. Dritte Vergabephase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 IV. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 D. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 § 4 Das Ausschreibungsverfahren in der ordnungspolitischen Diskussion . . . . . . . . . 95 A. Bewertungsparameter und Zielkonflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 B. Ordnungspolitische Kritik am EEG-Einspeisevergütungsmodell . . . . . . . . . . . . . . 98 I. Überförderung und ungenaue Steuerung des Zubaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 1. Hoheitliche Preissetzung birgt die Gefahr von Überförderungen . . . . . . . . 99 2. Unzureichende Kontrolle über den Zubau neuer Kapazitäten . . . . . . . . . . . 100 II. Fehlende Technologieneutralität als Streitthema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 III. Fehlende Marktintegration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 IV. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 C. Behebung der Ineffizienzen durch Implementierung eines alternativen Förderansatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 I. Das Quotenmodell nach schwedischem Vorbild als systematischer Gegenentwurf zum Einspeisevergütungsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 1. Beworbene Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 2. Bedenken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 a) Das Quotenmodell als „rent generating machine“? . . . . . . . . . . . . . . . . . 108
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Inhaltsverzeichnis b) Bedenken gegen technologieneutrale Förderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 c) Die Unsicherheit über die aggregierte Angebotsfunktion als volkswirtschaftliches Risiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 3. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 II. Ausschreibungsverfahren als alternative Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 1. Hoffnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 2. Bedenken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 3. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 D. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
§ 5 Der unionsrechtliche Rahmen für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 A. Steuerungsvorgaben aus dem Sekundärrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 I. Gegenstandsbereich: EE-Richtlinie 2009/28/EG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 1. Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 2. Inhaltliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 a) Verbindliche nationale Ausbauziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 b) Förderregelungen als Maßnahmen zur Erfüllung der nationalen Mindestziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 c) Legalisierung diskriminierender Fördermodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 3. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 II. Die EE-Richtlinie 2018 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 1. Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 2. Inhaltliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 a) Abkehr vom Konzept nationaler Mindestziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 b) Gestaltungsvorgaben für mitgliedstaatliche Förderregelungen . . . . . . . . 131 c) Vorgaben zur Öffnung der Förderregelungen für Strom aus anderen Mitgliedstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 3. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 B. Das Beihilferecht als Determinante für die Einführung von Ausschreibungen? . . 135 I. Funktion und Regelungsstruktur der Beihilfevorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . 136 II. Die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien als Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 1. Das Tatbestandsmerkmal der Staatlichkeit als neuralgischer Punkt der beihilferechtlichen Bewertung mitgliedstaatlicher Förderinstrumente . . . . . . . 140 a) Systematik des Tatbestandsmerkmals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 aa) Zweigliedrige Prüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 bb) Bedeutung der Systematik für EE-Fördersysteme . . . . . . . . . . . . . . . 144
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b) Der Einsatz staatlicher Mittel als Zentralkriterium – Spannungsfeld in der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 aa) Leitentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 (1) Rechtssache PreussenElektra . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 (2) Rechtssache Essent Netwerk Noord . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 (3) Rechtssache Vent De Colère . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 (4) Österreichisches Ökostromgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 bb) Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 (1) Staatliche Mittelkontrolle als zentraler Gradmesser . . . . . . . . . . 153 (2) Konturierung der Kontrollprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 (3) Schlussfolgerungen für die Einordnung der PreussenElektraEntscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 cc) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 c) Das Beihilfeverfahren zum EEG 2012 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 aa) Die Auffassung der Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 bb) Das Urteil des EuG vom 10. 5. 2016 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 cc) Würdigung – Überdehnung des Beihilfebegriffs durch Kommission und EuG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 (1) Kein zwingendes Präjudiz durch die skizzierten Referenzentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 (2) Staatliche Kontrolle über die Finanzmittel im Rahmen des EEG? 166 (a) Staatlich kontrollierte Mittelerhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 (b) Die ÜNB als Instrument staatlicher Politik? . . . . . . . . . . . . . 168 (3) Schlussfolgerung: Die ÜNB als „beauftragte private Einrichtung“? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 (4) Weitere Einwände gegen die Annahme staatlicher Mittel nicht durchschlagend . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 (5) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 dd) Paukenschlag: Das Urteil des EuGH vom 28.03.2019 . . . . . . . . . . . 172 (1) Die wesentlichen Aussagen des EuGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 (2) Kritische Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 ee) Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 d) Schlussfolgerungen für das EEG 2017 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 aa) Keine andere Bewertung durch die Neuordnung der Fördersystematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 bb) (Ergebniswirksame) Änderung des Finanzierungssystems? . . . . . . . 179 cc) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183
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Inhaltsverzeichnis 2. Vorliegen einer selektiven Begünstigung – Die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien als Ausgleichsleistung für das Erbringen einer Dienstleistung von allgemeinem Interesse? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 a) Begünstigung bestimmter Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 b) Die EE-Förderung als Ausgleichsleistung für die Erfüllung einer Dienstleistung von allgemeinem Interesse? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 aa) Problematik und Rechtsprechung vor Altmark Trans . . . . . . . . . . . . 187 (1) Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 (2) Uneinheitliche Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 bb) Die Grundsatz-Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Altmark Trans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 cc) Die Bedeutung der Altmark-Kriterien für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 (1) Erstes Altmark-Kriterium: Betrauung mit einer klar definierten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 (a) Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien als gemeinwirtschaftliche Aufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 (b) Betrauung und obligatorischer Charakter . . . . . . . . . . . . . . . 200 (2) Zweites Altmark-Kriterium: Objektive und transparente Parameter zur Berechnung des Ausgleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 (3) Drittes Altmark-Kriterium: Erforderlichkeit des Ausgleichs . . . 203 (4) Viertes Altmark-Kriterium: Vergabeverfahren oder Effizienztest 204 (5) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 c) Schlussfolgerungen für die Regelungen des EEG 2017 . . . . . . . . . . . . . . 207 aa) Betrauung mit einer gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung auf Grundlage des EEG 2017? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 bb) Vereinbarkeit mit den weiteren Altmark-Kriterien . . . . . . . . . . . . . . 208 cc) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 3. Weitere Tatbestandsvoraussetzungen von Art. 107 Abs. 1 AEUV . . . . . . . . 212 4. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 III. Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 1. Vereinbarkeit nach Art. 107 Abs. 3 lit. b) AEUV? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 2. Vereinbarkeit nach Art. 107 Abs. 3 lit. c) AUEV – Die Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien der Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 a) Der Ausnahmetatbestand des Art. 107 Abs. 3 lit. c) AEUV . . . . . . . . . . 215 b) Die Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien der Kommission . . . . . . . . . 217 aa) Die UEBLL als ermessenskonkretisierende Verwaltungsvorschriften 218 bb) Vorgaben für die Gestaltung nationaler EE-Fördermaßnahmen . . . . 220 (1) Allgemeine Vereinbarkeitsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . 220 (2) Spezifische Vorgaben für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 (a) Verpflichtende Direktvermarktung mit Marktprämie . . . . . . 222
Inhaltsverzeichnis
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(b) Verpflichtung zur Einführung technologieneutraler Ausschreibungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 (aa) Ausschreibungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 (bb) Technologieneutralität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 (c) Verbleibende Möglichkeit zur Förderung durch Quotenmodell mit Zertifikaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 cc) Rechtswidrigkeit der UEBLL? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 (1) Verstoß gegen Art. 194 Abs. 2 UAbs. 2 AEUV? . . . . . . . . . . . . . 225 (2) Verstoß gegen die Erneuerbare-Energien-Richtlinie 2009? . . . . 228 (3) Ermessensmissbrauch durch die Kommission? . . . . . . . . . . . . . . 229 dd) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 IV. Zwischenergebnis: Der faktische Einfluss der Kommission auf die Gestaltung des EEG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 C. Pflicht zur Öffnung der Förderung für Strom aus anderen Mitgliedstaaten? . . . . . 234 I. Pflicht zur Öffnung der Förderregelungen aus Art. 34 AEUV? . . . . . . . . . . . . 235 1. Anwendbarkeit von Art. 34 AEUV? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 a) Anwendungsvorrang der EE-Richtlinie? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 b) Verhältnis von Art. 34 AEUV zu den Beihilfevorschriften . . . . . . . . . . . 240 2. Beeinträchtigung des Schutzbereichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 3. Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 a) Eingriffsermächtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 aa) Geschriebene und ungeschriebene Schranken . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 bb) Vorgehen des EuGH in den Rechtssachen PreussenElektra und Ålands Vindkraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 (1) Rechtfertigung anhand von Art. 36 AEUV? . . . . . . . . . . . . . . . . 246 (2) Legitimationskraft des Umweltschutzziels für offene Diskriminierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 b) Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 aa) Kernaussagen der Ålands Vindkraft-Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . 251 bb) Kritische Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 cc) Übertragbarkeit der Ålands Vindkraft-Entscheidung auf die Förderung durch Ausschreibungsverfahren? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 4. Zwischenfazit und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 II. Pflicht zur Öffnung des Fördersystems aus Art. 30, 110 AEUV? . . . . . . . . . . 255 1. Abgrenzung und Einordnung der EEG-Umlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 a) Abgrenzung des Anwendungsbereichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 b) Einordnung der EEG-Umlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 2. Vereinbarkeit der EEG-Umlage mit Art. 110 AEUV? . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 a) Die EEG-Umlage als warenbezogene Abgabe? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259
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Inhaltsverzeichnis b) Diskriminierende Ungleichbehandlung gleichartiger Waren . . . . . . . . . . 260 aa) Gleichartigkeit der Waren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 bb) Ungleichbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 cc) Schlussfolgerungen für die EEG-Umlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 c) Rechtfertigung diskriminierender Steuerregelungen? . . . . . . . . . . . . . . . 264 d) Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 III. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 D. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268
§ 6 Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289
Abkürzungsverzeichnis ABl. Abs. a. E. a. F. AEUV Art. Aufl. BayVBl. BB Bd. Beschl. BGBl. BMWi BNetzA BT-Drs. bzw. ders. d. h. dies. DVBl ebd. EE EEG EEV EG ELRev endg. EnWZ EP ER EStAL et et al. EU EuG EuGH EuR EurUP EUV EuZW EVU
Amtsblatt Absatz am Ende alte Fassung Vertrag über die Arbeitsweise der Europäische Union Artikel Auflage Bayerische Verwaltungsblätter Betriebs-Berater Band Beschluss Bundesgesetzblatt Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Bundesnetzagentur Bundestagsdrucksache beziehungsweise derselbe das heißt Dieselbe(n) Deutsches Verwaltungsblatt ebenda Erneuerbare Energien Erneuerbare-Energien-Gesetz Erneuerbare-Energien-Verordnung Europäische Gemeinschaft European Law Review endgültig Zeitschrift für das gesamte Recht der Energiewirtschaft Europäisches Parlament/Europäischen Parlaments Zeitschrift für die gesamte Energierechtspraxis European State Aid Law Quarterly Energiewirtschaftliche Tagesfragen et alii/et aliae/et alia Europäische Union Gericht der Europäischen Union Europäischer Gerichtshof Europarecht Zeitschrift für Europäisches Umwelt- und Planungsrecht Vertrag über die Europäische Union Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Energieversorgungsunternehmen
16 EWerK EWS f. ff. GA GWB Hrsg. i. O. i. V. m. JuS JURA JZ KOM KSzW KW kW/h lit. MW m. w. N. NJW Nr. NVwZ NZKartR PharmaR RdE REE RIW Rn. Rs. Rspr. RW s. S. Slg. sog. st. Rspr. StromEinspG SZVS Tz. u. u. a. UAbs. ÜNB UPR Urt. v. Verf. vgl.
Abkürzungsverzeichnis Energie- und Wettbewerbsrecht in der Kommunalen Wirtschaft Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht folgende (Singular) folgende (Plural) Generalanwalt/Generalanwältin Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Herausgeber/Herausgeberin(nen) im Original in Verbindung mit Juristische Schulung Juristische Ausbildung JuristenZeitung Europäische Kommission Kölner Schrift zum Wirtschaftsrecht Kilowatt Kilowattstunde(n) littera(e) Megawatt mit weiteren Nachweisen Neue Juristische Wochenschrift Nummer Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Neue Zeitschrift für Kartellrecht Pharmarecht Recht der Energiewirtschaft Recht der Erneuerbaren Energien Recht der Internationalen Wirtschaft Randnummer(n) Rechtssache(n) Rechtsprechung Rechtswissenschaft siehe Seite Sammlung so genannt (e/er/en) ständige Rechtsprechung Stromeinspeisungsgesetz Schweizerische Zeitschrift für Volkswirtschaft und Statistik Textziffer(n) unten unter anderem/und andere Unterabsatz Übertragungsnetzbetreiber Umwelt- und Planungsrecht Urteil von/vom Verfasser vergleiche
Abkürzungsverzeichnis VNB VO Vorbem. VR WiVerw WRP ZEuS ZfE ZfU ZG ZHR ZNER ZUR ZWeR
Verteilernetzbetreiber Verordnung Vorbemerkung Verwaltungsrundschau Wirtschaft und Verwaltung Wettbewerb in Recht und Praxis Zeitschrift für Europarechtliche Studien Zeitschrift für Energiewirtschaft Zeitschrift für Umweltpolitik und Umweltrecht Zeitschrift für Gesetzgebung Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für neues Energierecht Zeitschrift für Umweltrecht Zeitschrift für Wettbewerbsrecht
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Einleitung Der in Deutschland unter dem Schlagwort Energiewende firmierende Prozess zur grundlegenden Umstrukturierung der Energiemärkte ist von den politischen Zielen der Reduktion der Treibhausgasemissionen und dem vollständigen Ausstieg aus der Kernenergie bis zum Ablauf des Jahres 2022 geprägt. Tragende Säule ist neben der Reduktion des Primärenergieverbrauchs die Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien am gesamten Energieverbrauch.1 Mit Blick auf die Dekarbonisierung des Energiesektors lautet das quantitative Steuerungsziel für den Strombereich dahin, dass der Anteil der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch bis ins Jahr 2050 auf mindestens 80 Prozent gesteigert werden soll. Das zentrale Instrument zur Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien an der Gesamtstromerzeugung ist das im Jahr 2000 in Kraft getretene Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Im Zentrum des Gesetzes steht die finanzielle Förderung der Erzeugung von Ökostrom2, welche sich bis zu dessen Reform im Jahr 2014 im Wesentlichen abseits marktlicher Mechanismen vollzog. Angesichts der mit dem so vorangetriebenen Ausbau einhergehenden Belastung der zur Finanzierung herangezogenen Verbraucher drängte mit immer größerer Vehemenz das Paradigma der Marktintegration in den Fokus der Diskussionen zur weiteren Fortentwicklung des EEG. Mit dem nunmehr maßgeblichen EEG 2017 wird die Förderung gemäß dem gesetzlichen Regelfall wettbewerblich durch Ausschreibungen ermittelt. Motor dieser Entwicklung war das EU-Beihilferecht. Den Ausgangspunkt bildete die – vor allem angesichts der privaten Finanzierung der für die Förderung herangezogenen EEG-Umlage – aufsehenerregende Einleitung eines die Regelungen des seinerzeit maßgeblichen EEG 2012 betreffenden Beihilfeverfahrens gegen die Bundesrepublik Deutschland durch die Europäische Kommission im Jahr 2013. Das infolge der Annahme der Beihilfeeigenschaft der durch das Gesetz bewirkten Vorteile aktivierte Ausnahmeermessen nutzte die Wettbewerbsbehörde zu detaillierten Gestaltungsvorgaben an den deutschen Gesetzgeber, die über zwei grundlegende Reformen in die paradigmatische Umgestaltung des EEG-Fördersystems einmündeten. Seit jeher wird die rechtliche Tragfähigkeit mitgliedstaatlicher Maßnahmen zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien maßgeblich unionsrechtlich geprägt. Am Beispiel der auch auf EU-Ebene vorausgesetzten Förderung 1
Zur Zielarchitektur der Energiewende vgl. BMWi (Hrsg.), Die Energie der Zukunft. Sechster Monitoring-Bericht zur Energiewende, S. 9 f. 2 Umfasst sind Wasserkraft, Windenergie, solare Strahlungsenergie, Geothermie sowie Energie aus Biomasse, vgl § 3 Nr. 21 EEG 2017.
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Einleitung
der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien zeigt sich ein Zielkonflikt zwischen dem verfolgten Umweltschutzziel und der Verwirklichung des Energiebinnenmarkts als einer weiteren zentralen Säule europäischer Klimapolitik. Neben dem Problem der Vereinbarkeit mit dem EU-Beihilferecht stellt außerdem die regelmäßig verwirklichte Begrenzung der Fördermaßnahmen auf die Stromproduktion im Inland eine unionsrechtliche Problemzone mitgliedstaatlicher Förderpolitik dar, die anhand der warenverkehrsbezogenen Bestimmungen des AEUV zu erörtern ist. Die Bedenken an der Unionsrechtskonformität mitgliedstaatlicher Fördermaßnahmen sind somit nicht neu, ihre Prüfung bedarf angesichts der besonderen Dynamik der Rechtsentwicklung aber stetiger Aktualisierung. Hatte der EuGH in seiner zum Vorgänger-Gesetz zum EEG ergangenenen sog. PreussenElektra-Entscheidung die Zweifel an der Unionsrechtskonformität nachhaltig zerstreut, hat die vom Gericht erteilte erstinstanzliche Bestätigung der zunächst vielstimmig bekämpften Auffassung der Kommission zur Beihilfeeigenschaft des EEG 2012 zu einem Umdenken beigetragen. Gerade als gesichert schien, dass privat finanzierte Fördersysteme regelmäßig dem beihilferechtlichen Kontrollstrahl der Kommission zu unterstellen sind, hat der EuGH mit seinem überraschenden letztinstanzlichen Urteil vom 28.03.2019 die für den beihilferechtlichen Zugriff der Kommission konstituierende Staatlichkeit der EEG-Umlage verneint. Ziel der Bearbeitung ist es, die unionsrechtlichen Steuerungsvorgaben für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und deren Bedeutung für das Förderregime nach Maßgabe des EEG 2017 auszuloten. Dabei soll das Unionsrecht als rechtliche Determinante für die Einführung, aber auch für die Gestaltung von Ausschreibungen als Instrument zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien herausgearbeitet werden. Letzteres betrifft namentlich auch die bereits skizzierte – und unabhängig von der Wahl des Förderinstruments zu beantwortende – Frage nach einer Pflicht zur Öffnung der Förderregelungen für Strom aus anderen EU-Mitgliedstaaten. Verständnisbildend soll in § 1 der Bearbeitung zunächst die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien als Regulierungsaufgabe skizziert werden. Nachdem die Antwort auf die Frage nach dem Warum einer spezifischen Ökostromförderung aus wirtschaftspolitischer Perspektive erörtert wurde, soll der Blick außerdem auf das Wie gerichtet werden, indem die hier relevanten Förderansätze zunächst systematisiert und sodann hinsichtlich ihrer Funktionsweise erläutert werden. Nach Abschluss dieser grundlegenden Ausführungen ist Gegenstand von § 2 eine gedrängte Darstellung der Förderhistorie in Deutschland. Das Erkenntnisinteresse folgt insbesondere aus dem Umstand, dass der unionsrechtliche Einfluss auf das EEG 2017 nicht ohne die vorhergehende Entwicklung des in Deutschland maßgeblichen Rechtsrahmens zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien erklärt werden kann. Im Übrigen ist das zu vermittelnde Verständnis der deutschen Förderregelungen Voraussetzung für die Nachvollziehbarkeit der ordnungspolitischen Diskussionen um eine Neuausrichtung des Förder-
Einleitung
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systems im Vorfeld der mit paradigmatischen Änderungen verbundenen Reformen des EEG in den Jahren 2014 und 2017. Diese in Deutschland geführte ordnungspolitische Diskussion wurde zu erheblichen Teilen unter Verweis auf die Entwicklungen in anderen Mitgliedstaaten geführt. Eine besonders aussagekräftige Grundlage liefert der in § 3 zu vollziehende Seitenblick auf die bewegte Förderhistorie im Vereinigten Königreich. Auf dieser Grundlage widmet sich die Arbeit in § 4 der Darstellung der bereits angesprochenen und kontrovers geführten ökonomischen Diskussion zu Notwendigkeit und Gestaltung der in der Zwischenzeit vollzogenen Neuordnung des auf einem Einspeisevergütungssystem basierenden Förderansatzes nach dem EEG 2012. Das Herzstück der Arbeit bildet sodann der im Rahmen von § 5 zu vollziehende Blick auf die unionsrechtlichen Rahmensetzungen für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und deren Bedeutung für das EEG 2017. Eine Zusammenfassung der gefundenen Ergebnisse in § 6 rundet die Arbeit ab.
§ 1 Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien: Ökonomische Rechtfertigung und Überblick über die zentralen Förderinstrumente Nachfolgend soll in einem ersten Schritt eine gedrängte Darstellung der ökonomischen Rechtfertigung für den mit einer spezifischen Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien verbundenen Regulierungseingriff erfolgen (A.). Hieran anknüpfend soll der Blick auf das Wie gerichtet werden, indem die verschiedenen Fördermodelle kategorisiert und hinsichtlich ihrer grundlegenden Wirkungsweise vorgestellt werden. In diesem Kontext wird insbesondere das für die weitere Bearbeitung zentral bedeutsame Ausschreibungsverfahren einer detaillierteren Betrachtung unterzogen (B.).
A. Behebung von Marktversagen als ordnungspolitische Begründung für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien Der Systementscheidung für eine marktwirtschaftliche Wirtschaftsordnung liegt die Überzeugung zu Grunde, dass die in einer Volkswirtschaft vorhandenen Güter über Marktmechanismen grundsätzlich effizienter verteilt werden als in einem System staatlicher Wirtschaftslenkung. Auf Grundlage dieser Annahme bedürfen wirtschaftspolitische Eingriffe in den Marktmechanismus – so auch die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien – aus ordnungspolitischer Perspektive besonderer Rechtfertigung. Die hiernach zu fordernde Legitimitätsprüfung erfolgt unter Rückgriff auf die Theorie des Marktversagens als der zentralen normativen Grundlage für wirtschaftspolitische Maßnahmen des Staates.1 Im Folgenden sollen externe Effekte als für den Umweltschutz betreffende Regulierungsmaßnah1
In diesem Sinne Fritsch, Marktversagen und Wirtschaftspolitik, S. 1; die Analyse eines Regulierungsbedarfs am Maßstab von Effizienz- und Verteilungsnormen ist Gegenstand der normativen Theorie der Regulierung. Auf Grundlage der idealisierten Annahme, dass der Regulator frei von Eigeninteressen handelt und stets nur dann einen Markteingriff vornimmt, wenn hierdurch ein Marktversagen korrigiert wird, wird hier vom Regulierungsbedarf auf ein Regulierungshandeln geschlossen. Die positive Theorie der Regulierung löst sich demgegenüber von einem solchen Public-Interest-Ansatz und analysiert die Eigeninteressen des Regulators als eine mögliche Ursache für die Gefahr eines mit dem Regulierungseingriff verbundenen Staatsversagens. Vgl. hierzu Ludwigs, Unternehmensbezogene Effizienzanforderungen im Öffentlichen Recht, S. 67 ff. m. w. N.; grundlegend von Weizsäcker, SZVS 1982, 325.
A. Behebung von Marktversagen als ordnungspolitische Begründung
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men bedeutsamste Marktversagens-Kategorie skizziert werden (I.). Hieran anknüpfend wird die Bedeutung von Subventionen2 als Instrument zur Behebung von Marktversagen durch externe Effekte erläutert (II.).
I. Marktversagen im Strommarkt durch externe Effekte Gegenstand der vorliegend allein bedeutsamen mikroökonomischen Dimension der Marktversagenstheorie ist der Blick auf die Funktionsfähigkeit einzelner Märkte.3 Als Referenzmaßstab für die Identifizierung eines Marktversagens dient das Modell der vollständigen Konkurrenz als Standardansatz zur Analyse von Märkten.4 Sind dessen restriktive Annahmen gegeben, stellt sich eine pareto-effiziente Ressourcenverteilung ein, sodass kein Individuum besser gestellt werden kann, ohne die Nutzenposition eines anderen Individuums zu verschlechtern.5 In diesem Sinne erfasst das Konzept des Marktversagens im Allgemeinen Abweichungen vom Modell des vollkommenen Wettbewerbs.6 Für die Kategorisierung der Ursachen für ein Marktversagen haben sich in der ökonomischen Theorie verschiedene Fallgruppen herausgebildet7, wobei unter den danach unterscheidbaren Erscheinungsformen mit Blick auf die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien – wie allgemein in der Umweltpolitik – das Vorliegen externer Effekte von hervorzuhebender Bedeutung ist.8 Ein externer Effekt beschreibt die Auswirkung ökonomischen Handelns auf die Wohlfahrt eines 2 Die Verwendung des Begriffs „Subvention“ erfolgt über die gesamte Bearbeitung hinweg ohne Vorgriff auf die beihilferechtlichen Bewertung der jeweils bezeichneten Maßnahmen. Zur größeren Reichweite des Beihilfebegriffs vgl. unten § 5 B. II. 2. a). 3 Gegenstand makroökonomischer Marktversagenstheorien ist demgegenüber der Blick auf die Stabilität des privaten Sektors als Gesamtheit als mögliche Rechtfertigung für staatliche Eingriffe zur Gewährleistung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts, vgl. Fritsch, Marktversagen und Wirtschaftspolitik, S. 1. 4 Ausführlich zum Markt als Referenzsystem Fritsch, Marktversagen und Wirtschaftspolitik, S. 5 ff.; zur Kritik am Modell vollständiger Konkurrenz ausführlich Ludwigs, Unternehmensbezogene Effizienzanforderungen im Öffentlichen Recht, S. 49 ff. m. w. N.; Fritsch, ebd., S. 57 ff. 5 Ausführlich zum nach dem italienischen Ökonomen Vilfredo Federico Pareto benannten Pareto-Kriterium vgl. Ludwigs, Unternehmensbezogene Effizienzanforderungen im Öffentlichen Recht, S. 43 ff. m. w. N. 6 Ludwigs, Unternehmensbezogene Effizienzanforderungen im Öffentlichen Recht, S. 68 m. zahlreichen w. N. 7 Ungeachtet der unterschiedlichen Systematisierungsansätze kann insoweit im Wesentlichen zwischen externen Effekten, Unteilbarkeiten und Marktmacht, Informationsasymmetrien und Anpassungsmängeln unterschieden werden, s. Fritsch, Marktversagen und Wirtschaftspolitik, S. 83. 8 Zu Externalitäten als Marktversagenstatbestand vgl. Fritsch, Marktversagen und Wirtschaftspolitik, S. 84 ff.; Mankiw/Taylor, Grundzüge der Volkswirtschaftslehre, S. 333 ff.; Pyndick/Rubinfeld, Mikroökonomie, S. 762 ff.
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§ 1 Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien
unbeteiligten Dritten, für die keine Kompensation geleistet wird. Je nachdem, ob der Effekt dem Dritten einen Nutzen verschafft oder Kosten aufbürdet, ist zwischen positiven und negativen externen Effekten zu unterscheiden.9 Nach allgemeiner Definition ist das Vorliegen von – als Marktversagenstatbestand im Zentrum stehenden – technologischen Externalitäten zu bejahen, wenn ein unmittelbarer physischer Zusammenhang zwischen der Produktions- und Nutzenfunktion verschiedener Akteure besteht, der sich zumindest nicht vollständig in den Marktbeziehungen widerspiegelt.10 In der Folge weichen die privaten Kosten bzw. Nutzen von den gesamtgesellschaftlich anfallenden Kosten bzw. Nutzen ab. Die Differenz beschreibt das Ausmaß des externen Effekts.11 Der Tatbestand umfasst somit Abweichungen von dem Idealzustand, dass Marktakteure einerseits die durch ihr Handeln erzeugten Vorteile erhalten und andererseits die hierdurch verursachten Kosten zu tragen haben.12 Die Rechtfertigung der Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien leitet sich zentral von negativen externen Effekten ab, die durch die konventionelle Stromerzeugung verursacht werden.13 Durch die mit der Verbrennung von fossilen Energieträgern verbundenen Emissionen werden mannigfaltige Ursachen für die Entstehung sozialer Zusatzkosten gesetzt.14 Von hervorzuhebender Bedeutung ist der insbesondere durch den freigesetzten Globalschadstoff15 CO2 verstärkte 9
Mankiw/Taylor, Grundzüge der Volkswirtschaftslehre, S. 333. Kein Fall von Marktversagen liegt vor, wenn sich die Preise auf den Güter- oder Faktormärkten durch das Angebots- und Nachfrageverhalten anderer Marktteilnehmer verändern, die Auswirkungen auf unbeteiligte Akteure also in der Weise indirekter Natur sind, dass sie sich als Folge von Marktbeziehungen darstellen. Fritsch, Marktversagen und Wirtschaftspolitik, S. 85, nennt veranschaulichend etwa das Beispiel, dass die Nachfrage nach elektrischen Schreibmaschinen zurückgeht und die Hersteller infolgedessen zu Preissenkungen gezwungen sind, weil die Kunden verstärkt zu Personalcomputern greifen. Bei solchen auch als „pekuniäre externe Effekte“ bezeichneten gewöhnlichen Markprozessen wird die Allokationseffizienz nicht gestört, vgl. hierzu auch Feess/Seeliger, Umweltökonomie und Umweltpolitik, S. 39. 11 Fritsch, Marktversagen und Wirtschaftspolitik, S. 86. 12 Fritsch, Marktversagen und Wirtschaftspolitik, S. 84; aus der umweltökonomischen Literatur vgl. etwa Endres, Umweltökonomie, S. 43. 13 Instruktiv zur Bedeutung externer Effekte als Form des Marktversagens auf den Energiemärkten vgl. Eekhoff/Jänsch, in: Baur/Salje/Schmidt-Preuß (Hrsg.), Regulierung in der Energiewirtschaft, Kap. 2 Rn. 22 ff. 14 Ausführlich zu den durch die Stromerzeugung aus fossilen Energieträgern verursachten Schäden Friedrich/Krewitt, Umwelt- und Gesundheitsschäden durch die Stromerzeugung, S. 69 ff., die im Übrigen auch auf Schäden durch die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien hinweisen, vgl. S. 189 ff.; zu den Verfahren zur monetären Bewertung von Umweltschäden s. auch Fritsch, Marktversagen und Wirtschaftspolitik, S. 144 ff. 15 Globalschadstoffe zeichnen sich im Unterschied zu sog. „Oberflächenschadstoffen“ dadurch aus, dass sie sich nach der Emission gleichmäßig verbreiten, weshalb der Ort der Emissionsquelle für die Immission, also die den Umweltschaden letztlich verursachende Aufnahme der Schadstoffe, unerheblich ist. Diese Unterscheidung ist aus umweltpolitischer Perspektive von zentraler Bedeutung, da bei der Bekämpfung der Emission von Global10
A. Behebung von Marktversagen als ordnungspolitische Begründung
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sog. anthropogene Treibhauseffekt16 und die durch diesen verursachten Veränderungen des Klimas, etwa in Gestalt von Dürren und Überschwemmungen oder der Zunahme von Anzahl und Stärke tropischer Wirbelstürme samt der hiermit möglicherweise verbundenen Ertragsänderungen der Landwirtschaft, womit bei anwachsender Weltbevölkerung wiederum Ernährungsprobleme ausgelöst bzw. verschärft werden können. Zu nennen sind des Weiteren durch Luftschadstoffe verursachte Schäden beim Mensch, an Pflanzen, naturnahen Ökosystemen und Sachgütern.17 Da die durch die skizzierten Folgewirkungen konventioneller Stromerzeugung verursachten Kosten grundsätzlich nicht von den emittierenden Unternehmen getragen werden, sind die volkswirtschaftlichen Kosten der Stromerzeugung aus fossilen Energieträgern höher als die privaten bzw. betriebswirtschaftlichen Kosten der Erzeugungsunternehmen. Das ein Marktversagen begründende Allokationsproblem18 resultiert aus der so bewirkten Verzerrung der Produktionsentscheidung: Soweit die Stromerzeuger die Kosten der verursachten Klimaschäden nicht berücksichtigen müssen, bestehen für im Sinne individueller Nutzenmaximierung handelnde Unternehmen keine Anreize zur Vermeidung von Emissionen. In der Folge übersteigt die Emissionsmenge das volkswirtschaftliche Optimum, während der Preis des bereitgestellten Stroms zu niedrig ist.19
schadstoffen nationale Alleingänge vor dem skizzierten Hintergrund wenig sinnvoll sind, vgl. hierzu Fritsch, Marktversagen und Wirtschaftspolitik, S. 142 f. 16 Als Treibhauseffekt wird die Wirkung von Treibhausgasen in Atmosphären auf die Temperatur am Boden bezeichnet. Stark vereinfacht ausgedrückt bewirkt der Umstand, dass die Erdatmosphäre weitgehend transparent für die von der Sonne kommende kurzwellige Strahlung, aber nur wenig transparent für die langwellige Infrarotstrahlung, die von der warmen Erdoberfläche und von der erwärmten Luft emittiert wird, ist, eine Temperaturerhöhung auf der Erdoberfläche. Der durch menschliche Eingriffe – namentlich die Emission langlebiger Treibhausgase wie CO2, Methan und Stickoxide – bewirkte Anteil am Treibhauseffekt wird als anthropogener Treibhauseffekt bezeichnet, vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Treibhauseffek t#Einzelheiten_des_Mechanismus (zuletzt abgerufen am 08.08.2019). 17 Ausführlich hierzu Friedrich/Krewitt, Umwelt- und Gesundheitsschäden durch die Stromerzeugung, S. 69 ff., die des Weiteren z. B. durch Öltankerunfälle verursachte Öleinträge ins Meer sowie berufliche Gesundheitsrisiken durch Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten als durch fossile Stromerzeugung hervorgerufene Ursachen für externe Effekte anführen. 18 Für eine veranschaulichende Analyse der durch technologische externe Effekte bewirkten Fehlallokationen vgl. Fritsch, Marktversagen und Wirtschaftspolitik, S. 88 ff.; s. auch Mankiw/Taylor, Grundzüge der Volkswirtschaftslehre, S. 335 ff.; speziell aus der umweltökonomischen Literatur Feess/Seeliger, Umweltökonomie und Umweltpolitik, S. 41 ff. 19 Fritsch, Marktversagen und Wirtschaftspolitik, S. 98 f.; Pyndick/Rubinfeld, Mikroökonomie, S. 762 ff.
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§ 1 Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien
II. Die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien als Regulierungsaufgabe Zur Behebung eines durch negative externe Effekte hervorgerufenen Marktversagens stehen unterschiedliche wirtschaftspolitische Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung.20 Mit Blick auf das Ziel der Maßnahmen, die Verursacher externer Kosten zu einer Verhaltenskorrektur zu bewegen, spricht man im weiteren Sinne21 von Methoden der Internalisierung externer Effekte.22 Die Bewertung der Instrumente vollzieht sich entlang verschiedener (umwelt-)ökonomischer Kriterien, wobei insbesondere die statische Effizienz, die dynamische Anreizwirkung und die Effektivität bzw. ökologische Treffsicherheit von hervorzuhebender Bedeutung sind.23 Ein intuitiv naheliegendes und in der Umweltpolitik weit verbreitetes Instrument zur Begrenzung negativer externer Effekte besteht darin, durch die Implementierung bestimmter Ge- oder Verbote bzw. Auflagen eine direkte Verhaltenskorrektur vorzunehmen. In diese Maßnahmenkategorie fällt etwa die Vorgabe von Emissionsgrenzwerten, die durch die verpflichteten Akteure nicht überschritten werden dürfen. Die praktische Umsetzung kann unter anderem durch anlagenbezogene Anordnungen oder die Implementierung von Genehmigungsverfahren erfolgen.24 Von diesem unmittelbaren Ansatz sind Instrumente zu unterscheiden, die darauf ausgerichtet sind, den gewünschten Lenkungseffekt durch die Verteuerung umweltbelastender Aktivität zu erzielen. Ein klassisches Mittel besteht darin, die
20 Im Einzelfall kann das Problem externer Effekte auch durch die Marktteilnehmer selbst – also ohne staatliches Eingreifen – gelöst werden. Neben der Wirkung moralischer Apelle ist insbesondere das auf den britischen Volkswirt Ronald Coase zurückgehende sog. CoaseTheorem bedeutsam, nach welchem die Marktteilnehmer das Problem externer Effekte selbst lösen können, wenn sie die Ressourcenallokation frei verhandeln können, s. Coase, Journal of Law and Economics Vol. 63 1960, 1. Der Erfolg privater Lösungsansätze hängt allerdings vom Vorliegen bestimmter Vorbedingungen ab, die in der Praxis oftmals nicht gegeben sein werden, vgl. hierzu Mankiw/Taylor, Grundzüge der Volkswirtschaftslehre, S. 344 ff.; zum CoaseTheorem s. außerdem Fritsch, Marktversagen und Wirtschaftspolitik, S. 122 ff.; aus der umweltkönomischen Literatur Endres, Umweltökonomie, S. 57 ff.; Feess/Seeliger, Umweltökonomie und Umweltpolitik, S. 141 ff. 21 Im engeren Sinne werden nur solche Methoden als Internalisierungsmaßnahmen verstanden, die darauf ausgerichtet sind, die Verhaltenskorrektur durch finanzielle Anlastung der externen Kosten zu bewirken, vgl. Endres, Umweltökonomie, S. 43. 22 Zu den wirtschaftspolitischen Eingriffsmöglichkeiten vgl. Fritsch, Marktversagen und Wirtschaftspolitik, S. 103 ff.; Pyndick/Rubinfeld, Mikroökonomie, S. 890 ff.; speziell am Beispiel der Umweltpolitik S. 147 ff.; aus der umweltökonomischen Literatur s. Endres, Umweltökonomie, S. 57 ff.; Feess/Seeliger, Umweltökonomie und Umweltpolitik, S. 57 ff. 23 Die Bedeutung der Bewertungskriterien wird im Rahmen der Darstellung der ordnungspolitischen Diskussion zu den verschiedenen Fördermodellen erläutert, vgl. unten § 4 A. 24 Denkbar sind neben der Implementierung von Emissions- auch Produktionsauflagen (etwa in Gestalt von Mengenlimitierungen) oder Vorgaben für das Produktionsverfahren, vgl. Endres, Umweltökonomie, S. 129 f.; Fritsch, Marktversagen und Wirtschaftspolitik, S. 151 f.
A. Behebung von Marktversagen als ordnungspolitische Begründung
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Verursacher bestimmter Schadstoffe mit einer Steuer bzw. Abgabe zu belegen25, wobei die Belastung unmittelbar an das Emissonsvolumen, aber auch an die Menge verwendeter Inputfaktoren oder die Outputmenge anknüpfen kann.26 Die Europäische Union verfolgt mit dem im Jahr 2005 etablierten und nunmehr in der dritten Handelsperiode befindlichen EU-Emissionshandelssystem für CO2 (European Emissions Trading System – EU-ETS)27 den Ansatz, die externen Kosten durch die Implementierung eines Systems handelbarer Emissionsgenehmigungen in das Kostenkalkül der Emittenten zu integrieren.28 Konzeptionell liegt einem solchen Zertifikatesystem der Ansatz zugrunde, dass für ein bestimmtes Gebiet eine Emissionshöchstgrenze für einen bestimmten Schadstoff vorgegeben wird und für die Verteilung der Rechte zur Inanspruchnahme dieser Umweltkapazität ein Marktmechanismus implementiert wird.29 Hierzu wird das gesetzte Mengenziel in Verschmutzungsrechte in Gestalt von handelbaren Zertifikaten übersetzt, welche sodann auf die in das System einbezogenen Emittenten verteilt werden. Die Erstausstattung mit Zertifikaten kann anhand einer an den bisherigen Emissionen (sog. „grandfathering“) oder an Referenzwerten („benchmarks“) orientierten freien Vergabe oder – so verstärkt seit Beginn der dritten Handelsperiode des EU-Emissionshandelssys-
25 Der klassische Ansatz zur Internalisierung negativer externer Effekte besteht in der nach dem englischen Ökonomen Arthur Cecil Pigou benannten sog. „Pigou-Steuer“. Die Kernidee besteht darin, Verursacher externer Kosten in Höhe der in der gesamtwirtschaftlich optimalen Situation entstehenden externen Grenzkosten zu besteuern. Das diesem Ansatz innewohnende Ziel, eine Steuer in optimaler Höhe festzusetzen, ist mit erheblichen praktischen Schwierigkeiten verbunden, die insbesondere aus den hiermit verbundenen Anforderungen an den Informationsstand der für die Steuerfestsetzung zuständigen Stelle resultieren. In Anerkennung dieser Politikferne wurde die Idee einer Emissionssteuer nach dem sog. „Preis-Standard-Ansatz“ entwickelt, bei dem es sich anders als bei der Pigou-Steuer nicht um eine Internalisierungsstrategie im engeren Sinne handelt: hier wird ein bestimmter Umweltstandard politisch vorgegeben und sodann in Reaktion auf das Anpassungsverhalten der belasteten Akteure ein zur Erreichung des gesetzten Ziels erforderlicher Steuersatz festgesetzt. Instruktiv hierzu Fritsch, Marktversagen und Wirtschaftspolitik, S. 112 ff. 26 Vgl. hierzu Endres, Umweltökonomie, S. 131; Fritsch, Marktversagen und Wirtschaftspolitik, S. 153. 27 Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 13.10.2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der RL 96/61/EG des Rates, ABl. 2003, Nr. L 275/32, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2009/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 23.4.2009, ABl. 2009, Nr. L 140/63. 28 Instruktiv zum Europäischen Emissionshandelssystem Ludwigs, Unternehmensbezogene Effizienzanforderungen im Öffentlichen Recht, S. 436 ff. m. w. N.; für einen Überblick zu den Entwicklungen im Vorfeld der von 2021 bis 2030 laufenden vierten Handelsperiode vgl. Kreuter-Kirchhof, EuZW 2017, 412. 29 Zur Funktionsweise und ökonomischen Bewertung von Zertifikatsystemen, jeweils auch mit Blick auf das EU-ETS vgl. Endres, Umweltökonomie, S. 132 ff.; Feess/Seeliger, Umweltökonomie und Umweltpolitik, S. 119 ff.; Fritsch, Marktversagen und Wirtschaftspolitik, S. 157 ff.
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§ 1 Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien
tems30 – im Wege einer Versteigerung erfolgen. Nach der so erfolgten Erstzuteilung bildet sich ein Markt, auf welchem die Zertifikate gehandelt werden können, sodass die verpflichteten Akteure bei der sukzessiven Senkung der zu verteilenden Zertifikate vor die Entscheidung gestellt werden, die Schadstoffemission – etwa durch Maßnahmen zur Verbesserung der Energieffizienz – zu vermeiden oder Zertifikate zu erwerben, deren Preis sich auf dem eigens eingerichteten Markt bildet.31 Mit der Implementierung dieses sog. „cap and trade“-Systems wird die Hoffnung verbunden, die Emission von Treibhausgasen durch die einbezogenen Anlagen kosteneffizient zu senken.32 Mit der Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien wird demgegenüber ein grundsätzlich anderer Ansatz verfolgt. Hier wird die Preisstruktur nicht durch Verteuerung der Schadstoffemission, sondern durch die Subventionierung emissionsarmer Erzeugungstechnologien verändert. Im Zentrum steht also die unmittelbare monetäre Bevorzugung von Vermeidungstechnologien. Die Förderung von Ökostrom stößt indes sowohl in ökonomischer als auch in ökologischer Hinsicht auf Bedenken.33 Unter Effizienzgesichtspunkten stellt sich bei der Bewertung von Subventionen typischerweise das Problem von Mitnahmeeffekten. Entsprechend ist die Diskussion um die Auswahl des Förderinstruments zentral durch die Frage geprägt, wie die Gefahr von Mitnahmeeffekten zugunsten von Anlagenbetreibern begrenzt werden kann.34 In ökologischer Hinsicht knüpfen die Bedenken insbesondere an regulatorische Überschneidungen mit dem in seiner Funktionsweise soeben skizzierten EU-Emissionshandelssystem an.35 Die schädlichen Wechselwirkungen werden anhand der Gestaltung des EU-ETS erklärt, nach welcher den einbezogenen Unternehmen die Freiheit überlassen wird, die Schadstoffemission dort zu vermeiden, wo dies zu den geringsten Kosten möglich ist. Dieser Ansatz wird unterlaufen, soweit regionale Klimaschutzmaßnahmen die Vermeidung von Schadstoffemissionen an bestimmten Stellen, etwa bei der Stromerzeugung, erzwingen. Durch die (erzwungene) Einsparung werden Zertifikate frei, infolge der veränderten Knappheitsrelationen sinkt der Zertifikatepreis. Folge dieser Preissenkung ist die Nutzung des Zertifikats durch einen Dritten, für den die Emission nunmehr günstiger ist als die Vermeidung.36 Trotz der skizzierten – und im Übrigen 30
Nach Art. 10a Richtlinie 2009/29/EG wird die kostenlose Zuteilung jährlich reduziert, sodass im Jahr 2020 nur noch 30 % der Zertifikate kostenlos zugeteilt werden, bevor im Jahr 2027 keine kostenlose Zuteilung mehr erfolgt. 31 Für einen konzisen Überblick über die Preisentwicklung vgl. Kreuter-Kirchhof, EuZW 2017, 412 (413 f.). 32 Kreuter-Kirchhof, EuZW 2017, 412 (413). 33 Instruktiv zur Frage der Notwendigkeit einer spezifischen Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien Bruttel/Purkus/Gawel, Auktionen als Förderinstrument für erneuerbare Energien, S. 21 ff. 34 S. hierzu unten § 4. 35 Vgl. hierzu Monopolkommission, Sondergutachten 65, Tz. 193 ff. 36 Monopolkommission, Sondergutachten 65, Tz. 195.
B. Das Ausschreibungsverfahren im Kanon der Modelle
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nicht unstreitigen37 – Zweifel am Vorliegen eines klimapolitischen Effekts soll die Zweckmäßigkeit einer spezifischen Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien für die weitere Bearbeitung nicht hinterfragt werden.38
B. Das Ausschreibungsverfahren im Kanon der Modelle zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien Nachdem das Vorliegen externer Effekte als Rechtfertigungsansatz für eine gesonderte Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien skizziert wurde, sollen im Folgenden die für den Untersuchungsgegenstand bedeutsamen Förderinstrumente hinsichtlich ihrer grundsätzlichen Funktionsweise vorgestellt werden. Nach einer systematischen Einordnung (I.) ist der Blick dabei insbesondere auf die grundsätzlichen Gestaltungsfragen im Zusammenhang mit dem in Deutschland nunmehr implementierten Ausschreibungsverfahren zu richten (II.).
I. Überblick: Instrumente zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien Für einen Überblick über die verschiedenen Förderansätze bietet sich folgende Systematisierung an39 : Auf erster Ebene kann zwischen regulatorischen und freiwilligen Förderansätzen unterschieden werden. Freiwillige Förderinstrumente beruhen nicht auf staatlicher Verpflichtung, sondern setzen vielmehr die verbraucherseitige Bereitschaft voraus, höhere Preise für Strom aus erneuerbaren Energiequellen zu zahlen.40 Innerhalb der für den Untersuchungsgegenstand allein bedeutsamen regulatorischen, d. h. auf staatlicher Verpflichtung beruhenden, Modelle ist weitergehend zwischen direkten und indirekten Förderinstrumenten zu diffe37
Vgl. etwa das Minderheitsvotum des Mitglieds des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung Peter Bofinger, der den klimapolitischen Effekt daraus ableitet, dass der Ausbau erneuerbarer Energien bei den politischen Entscheidungsprozessen zur Festlegung der Obergrenze für den Schadstoffausstoß berücksichtigt werde, vgl. Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 2012/13, Rn. 517 f. 38 Entsprechend wird die in § 4 der Bearbeitung vorgenommene Darstellung der Diskussion um das vorzugswürdige Fördermodell nur die Vor- und Nachteile der verschiedenen Förderinstrumente, nicht aber die Zweckmäßigkeit der Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien an sich als Gegenstand haben. 39 Vgl. Haas/Panzer/Resch u. a., Renewable and Sustainable Energy Reviews 15 (2011), 1003 (1011 ff.); vgl. auch die ähnliche Kategorisierung von Schneider, in: Hendler/Marburger/ Reinhardt u. a. (Hrsg.), Energierecht zwischen Umweltschutz und Wettbewerb, S. 71 (73 ff.); s. auch Mohr, in: Säcker (Hrsg.), BerlKommEnR – Bd. 6, § 2 EEG 2017 Rn. 62 ff. 40 In diese Kategorie gehören etwa Spendenmodelle oder Selbstverpflichtungen, vgl. Haas/ Panzer/Resch u. a., Renewable and Sustainable Energy Reviews 15 (2011), 1003 (1012).
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§ 1 Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien
renzieren.41 Letztere sollen langfristig günstige Rahmenbedingungen für die Ökostromerzeugung schaffen.42 Beispielhaft zu nennen ist hier die bereits als Internalisierungsstrategie vorgestellte Belastung konventioneller Stromerzeugung mittels Erhebung von Umweltabgaben, soweit die entsprechende Belastung am Verbrauch endlicher Ressourcen oder an Emissionswerten ansetzt.43 Im Unterschied hierzu bewirken direkte Fördermodelle die unmittelbare Unterstützung der Anlageninvestition oder – im Zentrum der Bearbeitung stehend – der Erzeugung von Ökostrom.44 Innerhalb der direkten Förderansätze ist wiederum die gebräuchliche Unterscheidung zwischen Preis- und Mengensteuerung von besonderer Bedeutung. Die Kategorisierung beruht auf dem unterschiedlichen Ansatz im Hinblick auf das die Zubaumenge determinierende Moment: Während bei Modellen mit Mengensteuerung bestimmte Zubauziele unmittelbar staatlich vorgegeben werden (1.), wird die Zubaumenge in preisgesteuerten Modellen in erster Linie durch die Höhe hoheitlich festgelegter relativer Preise für die Investition in EE-Anlagen bzw. für die Erzeugung von EE-Strom beeinflusst (2.).45 1. Preisgesteuerte Fördermodelle Im Rahmen preisgesteuerter Förderinstrumente werden die relativen Preise für EE-Strom hoheitlich fixiert, um dessen Wettbewerbsposition im Vergleich zu konventionell erzeugtem Strom zu verbessern. Da die Investitionsbereitschaft potentieller Anlagenbetreiber in erster Linie von der Höhe der in Aussicht gestellten Rendite abhängt, stellt die Befugnis zur Festlegung des Preisniveaus ein Mittel zur Steuerung des Zubaus neuer Kapazitäten dar. Anreize in diesem Sinne können sowohl investitionsbezogen als auch erzeugungsbezogen wirken. Zu investitionsbezogenen Maßnahmen sind etwa von staatlicher Seite gewährte Zuschüsse zur Beteiligung an den Kosten der Anlagenerrichtung zu zählen.46 Demgegenüber richten sich erzeugungsbezogene Maßnahmen hinsichtlich ihrer Anreizwirkung auf den Betrieb der Anlage. In diese Kategorie sind Einspeisevergütungsmodelle einzuordnen. Charakterisierendes Element ist hier die staatliche Zusage zugunsten von Anlagenbe41
Vgl. auch Clausen/Hörnicke/Schäfer-Stradowsky, ZNER 2013, 565 (566). Haas/Panzer/Resch u. a., Renewable and Sustainable Energy Reviews 15 (2011), 1003 (1011). 43 Schneider, in: Hendler/Marburger/Reinhardt u. a. (Hrsg.), Energierecht zwischen Umweltschutz und Wettbewerb, S. 71 (74); Haas/Panzer/Resch u. a., Renewable and Sustainable Energy Reviews 15 (2011), 1003 (1012). 44 Haas/Panzer/Resch u. a., Renewable and Sustainable Energy Reviews 15 (2011), 1003 (1011). 45 Schneider, in: Hendler/Marburger/Reinhardt u. a. (Hrsg.), Energierecht zwischen Umweltschutz und Wettbewerb, S. 71 (74); vgl. auch Steffens, in: Säcker (Hrsg.), BerlKommEnR – Bd. 2, Einl. C. Rn. 13 ff. 46 Schneider, in: Hendler/Marburger/Reinhardt u. a. (Hrsg.), Energierecht zwischen Umweltschutz und Wettbewerb, S. 71 (74). 42
B. Das Ausschreibungsverfahren im Kanon der Modelle
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treibern, dass diese für eine bestimmte Menge erzeugten und eingespeisten EEStroms eine der Höhe nach fixierte Vergütung erhalten. In der klassischen Ausgestaltung, wie sie der deutschen Förderpolitik auf Grundlage des Stromeinspeisungsgesetzes (StromEinspG) aus dem Jahr 1990 und bis ins Jahr 2014 auch dem EEG als dessen Nachfolgergesetz als allein maßgebliches Förderinstrument zugrunde lag, ist die gesamte Vergütungshöhe fixiert. Die Zahlungszusage zugunsten des Anlagenbetreibers macht hier eine Orientierung an der Entwicklung des Marktpreises insgesamt entbehrlich. Einen anderen Ansatz verfolgen demgegenüber sog. Prämienmodelle. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass sich die Zahlungszusage nur auf einen Betrag bezieht, der zusätzlich zu einem tatsächlich erzielten Markterlös als Prämie gewährt wird.47 Diese ergänzende Zahlung kann wiederum der Höhe nach fixiert sein, sodass dem Anlagenbetreiber unabhängig von der Höhe des erzielten Markterlöses jeweils zusätzlich derselbe Betrag gezahlt wird. Im Falle einer gleitenden oder variablen Prämie ist die Höhe der zusätzlichen Zahlung hingegen abhängig davon, welcher Marktpreis für den Verkauf des Stroms erzielt werden kann. In der Praxis werden häufig zusätzlich Ansprüche auf vorrangigen Netzanschluss sowie auf vorrangige Abnahme des in der Anlage erzeugten Stroms gewährt.48 Auf diese Weise sind Anlagenbetreiber nicht dem markttypischen Risiko fehlender Nachfrage ausgesetzt, vielmehr wird der erzeugte Strom nachfrageunabhängig abgenommen und entsprechend den bezeichneten Gestaltungsmöglichkeiten vergütet. 2. Mengengesteuerte Fördermodelle Wird also der Zubau neuer Kapazitäten im Rahmen von Einspeise- und Marktprämienmodellen indirekt über den Preis reguliert, zeichnen sich Quotenmodelle (a)) und Ausschreibungslösungen (b)) dadurch aus, dass ihnen eine direkte Mengensteuerung zugrunde liegt. a) Quotenmodelle In einem Quotenmodell wird die Mengensteuerung verwirklicht, indem angestrebte Ausbauziele in verbindliche Quotenvorgaben zu Lasten von bestimmten Akteuren der Energiewirtschaft, in der Regel Energieversorgungsunternehmen oder bestimmten Letztverbrauchern, im Hinblick auf den Ökostromanteil an deren Gesamtstromabsatz bzw. -verbrauch, übersetzt werden.49 Die Festsetzung der Quote ist 47 Haas/Panzer/Resch u. a., Renewable and Sustainable Energy Reviews 15 (2011), 1003 (1011). 48 Clausen/Hörnicke/Schäfer-Stradowsky, ZNER 2013, 565 (566); für die Mitgliedstaaten der EU ist die Implementierung dieses Vorrangprinzips nach aktueller Rechtslage sekundärrechtlich verpflichtend, vgl. hierzu unten § 5 A. I. 2. b). 49 Auf welcher Ebene zwischen Erzeugung und Verbrauch die Quotenpflicht ansetzt, ist eine Frage der konkreten Ausgestaltung. Die Belastung von Stromerzeugern im Hinblick auf
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§ 1 Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien
also die entscheidende Stellschraube für die Steuerung des Zubaus neuer Kapazitäten. Grundlegend zu unterscheiden ist zwischen Gestaltungen mit und solchen ohne Etablierung eines vom physischen Stromhandel zu trennenden Marktes für sog. Grünstromzertifikate.50 In der im Vorfeld der mit der EEG-Reform 2014 eingeleiteten Umstellung auf Ausschreibungen in Deutschland geführten wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion51 um die Notwendigkeit eines Richtungswechsels wurde die Implementierung eines Zertifikatemodells nach schwedischem Vorbild diskutiert und beworben.52 Der Nachweis über die Erfüllung der Quotenpflicht erfolgt hier durch Vorhaltung spezieller Zertifikate, welche zunächst den Betreibern von EE-Strom-Anlagen in Abhängigkeit zur Erzeugungsmenge zugeteilt werden. Um ihrer Quotenpflicht zu genügen, können die betroffenen Akteure somit zunächst selbst zertifizierungsfähigen Strom produzieren oder solchen Strom von Dritten erwerben und sich die entsprechenden Zertifikate transferieren lassen. Eine weitere Beschaffungsmöglichkeit ist der Erwerb auf einem eigens zu schaffenden Sekundärmarkt, auf welchem die Zertifikate unabhängig von der Strommenge, für deren Erzeugung sie zugeteilt wurden, gehandelt werden.53 Die Beschaffung der Zertifikate auf diesem Sekundärmarkt bedeutet somit eine reine Mitfinanzierung fremder EE-Stromerzeugung.54 Die Förderung besteht in einem solchen Zertifikatemodell also in der Möglichkeit der Anlagenbetreiber, neben dem Markterlös für den Strom zusätzliche Einnahmen aus der Veräußerung der Zertifikate zu erzielen.55 Durch die Quotenpflicht wird eine garantierte Nachfrage nach Zertifikaten geschaffen. Um die beabsichtigte Lenden EE-Strom-Anteil an der Gesamterzeugung ist ebenso möglich wie die Verpflichtung von Netzbetreibern, Versorgungsunternehmen oder Letztverbrauchern hinsichtlich Aufnahme bzw. Absatz oder Verbrauch, vgl. Schneider, in: Hendler/Marburger/Reinhardt u. a. (Hrsg.), Energierecht zwischen Umweltschutz und Wettbewerb, S. 71 (82). 50 Ein Quotenmodell ohne Zertifikate wurde etwa in Österreich auf Grundlage des im Jahr 2000 in Kraft getretenen ElWOG (Elektrizitätswirtschafts- und Organisationsgesetz vom 18. August 1998, BGBl. I 143/1998) umgesetzt: Hier wurden die Bundesländer zum Erlass von Ausführungsgesetzen verpflichtet, welche Verteilernetzbetreiber in der Weise belasten, dass ein im 2-Jahres-Rhythmus steigender Anteil der an die Endverbraucher ausgelieferten Strommenge aus erneuerbaren Energien erzeugt worden sein muss. Vgl. hierzu Schneider, in: Hendler/ Marburger/Reinhardt u. a. (Hrsg.), Energierecht zwischen Umweltschutz und Wettbewerb, S. 71 (81 f.). 51 S. hierzu ausführlich unten § 4. 52 Zum schwedischen Quotenmodell vgl. Monopolkommission, Sondergutachten 65, Tz. 257 ff.; s. auch Kröger, Die Förderung erneuerbarer Energien im Europäischen Elektrizitätsbinnenmarkt, S. 167 ff.; ausführlich zu den verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten Haucap/Klein/Kühling, Die Marktintegration der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, S. 83 ff.; vgl. im Übrigen bereits Drillisch, ZfE 1999, 251. 53 Haas/Panzer/Resch u. a., Renewable and Sustainable Energy Reviews 15 (2011), 1003 (1012). 54 Schneider, in: Hendler/Marburger/Reinhardt u. a. (Hrsg.), Energierecht zwischen Umweltschutz und Wettbewerb, S. 71 (83). 55 Haas/Panzer/Resch u. a., Renewable and Sustainable Energy Reviews 15 (2011), 1003 (1014); Clausen/Hörnicke/Schäfer-Stradowsky, ZNER 2013, 565 (567).
B. Das Ausschreibungsverfahren im Kanon der Modelle
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kungswirkung zu erreichen, wird die Nichterfüllung der Quote regelmäßig mit einer Verpflichtung zur Zahlung von Pönalen verbunden.56 b) Ausschreibungsverfahren Ausschreibungsmodelle folgen im Wesentlichen einem gemeinsamen, dem System öffentlicher Beschaffung ähnelnden57 Muster. Zunächst führt die mit der Durchführung der Ausschreibungen beauftragte Stelle die zu beschaffende Kapazität oder Erzeugungsmenge einem Bieterwettbewerb zu. Im Anschluss an diese hoheitliche Beschaffungsentscheidung erfolgt eine wettbewerbliche Preisermittlung in der Weise, dass diejenigen Bieter einen Zuschlag erhalten, die für die Bereitstellung der Leistung bzw. für die Erzeugung die geringste Förderung verlangen. Es besteht also im Hinblick auf den Ausschreibungsgegenstand grundsätzlich die Möglichkeit, die regelmäßig in Megawatt zu bemessende zu installierende Leistung58 oder elektrische Arbeit, also eine bestimmte in Kilo- oder Megawattstunden zu bemessende Energiemenge auszuschreiben. Wird elektrische Arbeit ausgeschrieben, kann auch nur diese vergütet werden.59 Demgegenüber kann für den Fall, dass Leistung ausgeschrieben wird, die Vergütung sowohl als Kapazitätszahlung an die Leistung anknüpfen als auch energiebezogen erfolgen, d. h. an die Erzeugung elektrischer Arbeit anknüpfen.60 Die Angebotsparameter sind entsprechend der Preis pro MW oder der Preis pro MWh. Mit Blick auf die im Zentrum der Bearbeitung stehenden erzeugungsbezogenen Förderansätze ist es eine Frage der konkreten Ausgestaltung, in welcher Form die Vergütung erfolgt. Analog zu den Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen der Einspeisevergütungsmodelle ist insoweit die Förderung mittels fixer Einspeisetarife ebenso denkbar wie die Zahlung fixer oder gleitender Prämien zusätzlich zum Markterlös für den verkauften Strom. Im Übrigen ist es möglich, dass neben den bezeichneten preislichen Kriterien weitere Aspekte bei der Zuschlagsentscheidung Berücksichtigung finden, so etwa der Fluktuationsgrad oder der Netzausbaubedarf.61 56 Drillisch, ZfE 1999, 251 (255); Haucap/Klein/Kühling, Die Marktintegration der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, S. 85. 57 So Haucap/Klein/Kühling, Die Marktintegration der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, S. 81. 58 Nach der Begriffsbestimmung in § 3 Nr. 31 EEG 2017 bezeichnet die installierte Leistung „die elektrische Wirkleistung, die eine Anlage bei bestimmungsgemäßem Betrieb ohne zeitliche Einschränkungen unbeschadet kurzfristiger geringfügiger Abweichungen technisch erbringen kann“. 59 Ecofys (Hrsg.), Ausgestaltung des Pilotausschreibungssystems für Photovoltaikfreiflächenanlagen, S. 16 f. 60 Agora Energiewende (Hrsg.), Ausschreibungen für Erneuerbare Energien. Welche Fragen sind zu prüfen?, S. 14. 61 Haucap/Klein/Kühling, Die Marktintegration der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, S. 81; Clausen/Hörnicke/Schäfer-Stradowsky, ZNER 2013, 565 (567); siehe auch
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Den Erfordernissen des Netzausbaus kann dadurch Rechnung getragen werden, dass bereits im Rahmen der Ausschreibungen eine Steuerung hinsichtlich möglicher Standorte erfolgt. Eine Entscheidung von grundsätzlicher Bedeutung ist im Hinblick auf die Frage zu treffen, ob nach Erzeugungstechnologie differenzierende Ausschreibungen durchgeführt werden oder ob insoweit ein neutraler Ansatz gewählt wird. Neben diesen grundsätzlichen Entscheidungen sind bei der Erarbeitung eines Auktionsdesigns zahlreiche weitere Regelungen vorzusehen betreffend etwa Ausschreibungsvolumina, Eintrittsschwellen oder Maßnahmen zur Förderung der Realisierungswahrscheinlichkeit, insbesondere Präqualifikationsanforderungen und Strafzahlungen bei Nichtrealisierung des bezuschlagten Projekts. Auch der Gestaltung des Verfahrens kommt maßgebliche Bedeutung für den Erfolg eines Ausschreibungsmodells zu.
II. Ausschreibungen als Instrument zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien: Grundfragen und Gestaltungselemente Nach dieser allgemeinen Systematisierung soll im Folgenden der Blick zentral auf das für den Untersuchungsgegenstand besonders bedeutsame Ausschreibungsverfahren gerichtet werden. Bei Ausschreibungen zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien handelt es sich um sog. Einkaufsauktionen. Anders als bei der klassischen Auktion verkauft der Auktionator also nicht ein bestimmtes Gut zu einem möglichst hohen Preis, vielmehr erfolgt die Durchführung der Auktion zum Zwecke des Einkaufs eines Gutes, namentlich einer bestimmten Menge an Leistung oder elektrischer Arbeit aus erneuerbaren Energien. Den Zuschlag erhalten Bieter, die ausweislich ihres Gebots die niedrigste Förderung verlangen. Um die angestrebten Ausbau- und Kostensenkungsziele zu erreichen, müssen zahlreiche Gestaltungsfragen beantwortet werden. Diese betreffen zunächst bereits im Vorfeld des Zuschlagsverfahrens relevante Regelungen (1.), den Ablauf des Verfahrens betreffend Zuschlag und Preisbildung (2.) sowie Maßgaben für die diesem Ausschreibungsverfahren im engeren Sinne nachfolgende Realisierungsphase (3.). Entlang dieser Kategorisierung sollen nachfolgend prägende Gestaltungselemente vorgestellt und deren Bedeutung für das Ausschreibungsdesign skizziert werden. 1. Allgemeine Gestaltungselemente und Präqualifikationsanforderungen Allgemeine Gestaltungsfragen betreffen etwa die Festlegung des Ausschreibungs- und Vergütungsgegenstands (a)), die Häufigkeit der Ausschreibungen und die Agora Energiewende (Hrsg.), Ausschreibungen für Erneuerbare Energien. Welche Fragen sind zu prüfen?, S. 13.
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Höhe des Ausschreibungsvolumens (b)) sowie die Voraussetzungen für die Zulassung zum Zuschlagsverfahren (c)). a) Ausschreibungs- und Vergütungsgegenstand Wie bereits im Rahmen der allgemeinen Einordnung des Ausschreibungsverfahrens angedeutet, ist es im Rahmen der Gestaltung des Ausschreibungsdesigns möglich, als Ausschreibungsgegenstand die Anlagenleistung oder eine bestimmte Menge innerhalb eines festgelegten Zeitraums zu liefernder elektrischer Arbeit festzulegen. Für die Ausschreibung bestimmter Kapazitäten spricht insbesondere, dass es sich hierbei unter den Marktakteuren um eine bekannte Größe handelt. Allerdings sind mit diesem Ansatz auch Unsicherheiten über die tatsächliche Einspeisemenge verbunden. Diese Ungewissheit kann zwar durch die Wahl von elektrischer Arbeit als Ausschreibungsgegenstand vermieden werden. Jedoch sind in diesem Fall insbesondere die Betreiber von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus fluktuierenden erneuerbaren Energien dem Risiko ausgesetzt, die bezuschlagte Menge letztlich nicht liefern zu können.62 Die Wahl des Ausschreibungsgegenstands determiniert teilweise die Beantwortung der Frage nach dem Vergütungsgegenstand. Wird elektrische Arbeit ausgeschrieben, kann auch nur diese vergütet werden. Dies kann mittels einer insgesamt fixierten Vergütung oder im Wege einer fixen oder gleitenden, also in Abhängigkeit vom Markterlös für den Verkauf des Stroms zu ermittelnden, Prämie erfolgen.63 Sofern hingegen bestimmte Kapazitätsmengen zur Ausschreibung gestellt werden, kann zwischen elektrischer Arbeit und Leistung als Vergütungsgegenstand gewählt werden. Zu den skizzierten Gestaltungsoptionen zur Vergütung elektrischer Arbeit tritt dann die Möglichkeit der Zahlung einer Kapazitätsprämie hinzu.64 Wie noch zu zeigen sein wird, verwirklichen die Regelungen des EEG 2017 eine Kombination aus Leistung als Ausschreibungs- und elektrischer Arbeit als Vergütungsgegenstand. Vorteil dieses Ansatzes ist es, dass hierdurch für Betreiber bezuschlagter Kapazitäten ein stetiger Anreiz zur Gewährleistung der Anlagenverfügbarkeit vermittelt wird.65 b) Häufigkeit der Ausschreibungen und Höhe des Ausschreibungsvolumens Von allgemeiner Natur ist auch die Gestaltungsfrage, wie viele Ausschreibungen zur Beschaffung der gewünschten Zubaumenge durchgeführt werden. In direktem 62 Ecofys (Hrsg.), Ausschreibungen für Erneuerbare Energien. Grundlagen und Gestaltungselemente, S. 6. 63 Agora Energiewende (Hrsg.), Ausschreibungen für Erneuerbare Energien. Welche Fragen sind zu prüfen?, S. 14. 64 Ecofys (Hrsg.), Ausschreibungen für Erneuerbare Energien. Grundlagen und Gestaltungselemente, S. 7. 65 Agora Energiewende (Hrsg.), Ausschreibungen für Erneuerbare Energien. Welche Fragen sind zu prüfen?, S. 14.
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Zusammenhang mit der Frequenz der Ausschreibungen ist über das jeweilige Ausschreibungsvolumen zu entscheiden. Ein augenscheinlicher Vorzug einer höheren Frequenz liegt darin, dass der Auktionator häufiger die Gelegenheit erhält, Probleme zu erkennen und entsprechende Anpassungen vorzunehmen. Im Übrigen bedeutet eine hohe Frequenz eine bessere Planungssicherheit für Projektentwickler und ermöglicht eine kontinuierliche Marktentwicklung.66 Kehrseite häufigerer Ausschreibungen ist die theoretisch erhöhte Gefahr strategischen Bieterverhaltens. So könnten Bieter versucht sein, Gebote zurückzuhalten, um ein höheres Preisniveau herbeizuführen. Ein offensichtlich zu berücksichtigender Faktor ist im Übrigen der Blick auf die Kosten: Je mehr Ausschreibungen zur Erreichung der Mengenziele durchgeführt werden, desto höher sind die zur Erreichung der Zubauziele anfallenden Transaktionskosten.67 Im Zusammenhang mit der Festlegung des Ausschreibungsvolumens ist es mit Blick auf die Verwirklichung der verfolgten Mengenziele sinnvoll, das Ausschreibungsvolumen um einen Nichtrealisierungsfaktor zu erhöhen.68 c) Zulassung zum Zuschlagsverfahren – Präqualifikationsanforderungen In der Theorie ermöglichen Ausschreibungen eine exakte Mengensteuerung, indem die gewünschte Menge an Leistung bzw. Arbeit auktioniert wird. Praktisch stellt sich aber das Problem, dass erfolgreiche Bieter bezuschlagte Projekte unter Umständen tatsächlich nicht realisieren, sodass in der Folge die Ausbauziele nicht erreicht werden. Hierfür sind verschiedene Ursachen denkbar. Zum einen können nach Erteilung des Zuschlags Hindernisse auftreten, die die Projektrealisierung unmöglich oder etwa teurer und damit im Ergebnis unrentabel machen. Zum anderen kann die Nichtrealisierung im Bieterverhalten der Auktionsteilnehmer begründet sein. So besteht die Gefahr, dass Bieter ihre tatsächlichen Kosten – etwa in Erwartung eines optimalen Verlaufs der Realisierungsphase oder künftiger Kostensenkungen – unterschätzen und im Ergebnis zu niedrige Gebote abgeben.69 Außerdem könnten Bieter versucht sein, Gebote ohne Realisierungsabsicht abzugeben, um den Auktionsverlauf strategisch zu beeinflussen.70
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Ecofys (Hrsg.), Ausschreibungen für Erneuerbare Energien. Grundlagen und Gestaltungselemente, S. 8. 67 Ecofys (Hrsg.), Ausgestaltung des Pilotausschreibungssystems für Photovoltaikfreiflächenanlagen, S. 31. 68 Zu möglichen praktischen Schwierigkeiten bei der Festlegung einer solchen „Mehrmenge“ vgl. Agora Energiewende (Hrsg.), Ausschreibungen für Erneuerbare Energien. Welche Fragen sind zu prüfen?, S. 21. 69 Dieses als sog. „Best Scenario Bidding“ bezeichnete Verhalten stellte ein zentrales Problem des früher implementierten Ausschreibungsverfahren in England und Wales dar, vgl. dazu unten § 3 A. II. 70 Agora Energiewende (Hrsg.), Ausschreibungen für Erneuerbare Energien. Welche Fragen sind zu prüfen?, S. 21 ff.
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Der Gefahr der Nichtrealisierung ist bei Gestaltung des Ausschreibungsdesigns Rechnung zu tragen.71 Zentrale Stellschraube zur Sicherstellung einer hohen Realisierungsrate ist die Implementierung von Voraussetzungen, die Bieter erfüllen müssen, um für das Zuschlagsverfahren zugelassen zu werden. Dabei kann zwischen materiellen und finanziellen Präqualifikationsanforderungen unterschieden werden.72 Zu ersteren sind Nachweise über die Planungsreife des Projekts zu zählen. So kann der Beleg eines bestimmten Bauplanungsfortschritts ebenso verlangt werden wie etwa der Nachweis von Netzanschlusszusage oder Flächenverfügbarkeit.73 Ergänzend oder alternativ kann die Ernsthaftigkeit der Gebotsabgabe durch finanzielle Präqualifikationsanforderungen gefördert werden. So können Bieter verpflichtet werden, Zahlungen zur Absicherung von Pönalen zu leisten, die im Falle der Verzögerung oder Nichtrealisierung fällig werden. Strikte Präqualifikationsanforderungen erhöhen zwar die Realisierungswahrscheinlichkeit erfolgreicher Projekte, gehen aber spiegelbildlich mit höheren Risiken für Bieter einher. Denn im Falle der Nichtbezuschlagung bedeutet der zur Erfüllung der Anforderungen erforderliche finanzielle Aufwand verlorene Kosten für die nicht berücksichtigten Bieter. Gerade für kleinere Akteure können zu hohe Hürden Abschreckungswirkung im Hinblick auf die Teilnahme an Ausschreibungen entfalten.74 Mit Blick auf den Erhalt der Akteursvielfalt als politisches Ziel und gegebenenfalls um Wettbewerbsbeeinträchtigungen infolge von Marktkonzentration zu vermeiden, muss die Gestaltung der Präqualifikationsanforderungen daher mit Augenmaß erfolgen.75 2. Gestaltungsoptionen für Zuschlagsverfahren und Preisbildung Wurden soeben einige grundlegende Gestaltungsfragen skizziert, sollen im Folgenden die wesentlichen Designoptionen für das Zuschlagsverfahren und die Preisbildung vorgestellt werden. Bei einer Auktion handelt es sich um ein Markt71 Agora Energiewende (Hrsg.), Ausschreibungen für Erneuerbare Energien. Welche Fragen sind zu prüfen?, S. 21 f.; Bruttel/Purkus/Gawel, Auktionen als Förderinstrument für erneuerbare Energien, S. 38. 72 Ausführlich zum folgenden vgl. Ecofys (Hrsg.), Ausgestaltung des Pilotausschreibungssystems für Photovoltaikfreiflächenanlagen, S. 42 ff.; siehe auch Agora Energiewende (Hrsg.), Ausschreibungen für Erneuerbare Energien. Welche Fragen sind zu prüfen?, S. 21 ff. 73 Denkbar sind auch bieterbezogene Kriterien, etwa kann ein Beleg für die Solvenz oder die technische Leistungsfähigkeit des Bieters verlangt werden, vgl. Ecofys (Hrsg.), Ausgestaltung des Pilotausschreibungssystems für Photovoltaikfreiflächenanlagen, S. 47 f. 74 Agora Energiewende (Hrsg.), Ausschreibungen für Erneuerbare Energien. Welche Fragen sind zu prüfen?, S. 21 f. 75 Im Übrigen bedeuten komplexe Präqualifikationsanforderungen mit Blick auf den höheren Prüfungsaufwand regelmäßig auch höhere Transaktionskosten auf Seiten der mit der Durchführung der Ausschreibungen betrauten Stelle, vgl. Ecofys (Hrsg.), Ausschreibungen für Erneuerbare Energien. Grundlagen und Gestaltungselemente, S. 9; siehe auch Mohr, EnWZ 2015, 99 (101).
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instrument auf der Basis expliziter Regeln, das die Ressourcenallokation und die Preise auf der Grundlage eines Vergleichs von Geboten der Marktteilnehmer vornimmt.76 Auktionen können anhand zahlreicher Differenzierungskriterien unterschieden werden, die Gebotsabgabe, Zuschlagserteilung oder Regelungen zur Preisbildung betreffen.77 Die auktionstheoretischen Überlegungen zum möglichen Output unterschiedlicher Verfahrensgestaltungen gelten für Einkaufsauktionen gleichermaßen wie für klassische Auktionen, da diese als umgekehrte Auktion auf denselben konzeptuellen Grundlagen beruhen.78 Nachfolgend sollen zunächst einige wesentliche Differenzierungskriterien aufgegriffen und anhand dieser die für die vorliegende Untersuchung bedeutsamen Verfahren voneinander abgegrenzt werden. a) Wesentliche Unterscheidungskriterien Entlang der verschiedenen Differenzierungskriterien bestehen mannigfaltige Möglichkeiten zur Gestaltung des Auktionsverfahrens.79 Ein bedeutender Aspekt betrifft zunächst die Transparenz der Gebotsabgabe. Im Falle verdeckter Gebotsabgabe (sog. „Sealed-bid-Verfahren“) können Teilnehmer das Bietverhalten ihrer Konkurrenten nicht erkennen. Bei Anwendung eines offenen Verfahrens sind die Teilnehmer hingegen zu jedem Zeitpunkt über das Gebotsverhalten der anderen Bieter informiert.80 In engem Zusammenhang mit der Unterscheidung zwischen Verfahren mit offener oder verdeckter Gebotsabgabe steht die Frage nach der Anzahl der zulässigen Gebote je Auktionsteilnehmer. Während Bieter bei Sealed-bid-Verfahren in der Regel nur ein Gebot abgeben können, sind offene Ausschreibungen zumeist mehrstufig ausgestaltet. Mit der Frage nach der Anzahl zulässiger Gebote ist wiederum die Unterscheidung zwischen statischen und dynamischen Verfahren verknüpft. Für diese Abgrenzung ist maßgeblich, ob Teilnehmern die Möglichkeit eröffnet ist, auf das Bietverhalten ihrer Konkurrenten zu reagieren. Sind mehrstufige Verfahren zwingend dynamisch, können einstufige Ausschreibungen sowohl dynamisch als auch statisch ausgestaltet sein.81
76 Vgl. Martini, Der Markt als Instrument hoheitlicher Verteilungslenkung, S. 305 in eigener Übersetzung von McAfee/McMillan, Journal of Economic Literature 25 (1987), 699 (701): „An auction is a market institution with an explicit set of rules determining resource allocation and prices on the basis of bids from the market participants.“ 77 Für die Kategorisierung anhand dieser drei „key rules“ vgl. Maurer/Barroso, Electricity Auctions. An Overview of Efficient Practices, S. 4; ausführlich zur Typologie von Auktionen Martini, Der Markt als Instrument hoheitlicher Verteilungslenkung, S. 305 ff.; s. auch Ludwigs, Unternehmensbezogene Effizienzanforderungen im Öffentlichen Recht, S. 337 ff. 78 Vgl. Maurer/Barroso, Electricity Auctions. An Overview of Efficient Practices, S. 4. 79 Ausführlich Martini, Der Markt als Instrument hoheitlicher Verteilungslenkung, S. 306 ff.; vgl. im Übrigen die Übersicht bei Bruttel/Purkus/Gawel, Auktionen als Förderinstrument für erneuerbare Energien, S. 33 ff.; s. auch Mohr, EnWZ 2015, 99 (102 ff.). 80 Martini, Der Markt als Instrument hoheitlicher Verteilungslenkung, S. 308. 81 Mohr, EnWZ 2015, 99 (104).
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Mit Blick auf bezeichnete Korrelationen kann also regelmäßig zwischen statischen Sealed-bid-Verfahren und mehrstufigen, dynamischen Ausschreibungen mit offener Gebotsabgabe unterschieden werden. Angesichts der verschiedenen Charakteristika weisen diese jeweils unterschiedliche Vor- und Nachteile auf. Ein möglicher Nachteil von Sealed-bid-Verfahren ist darin zu sehen, dass die Bieter keine Informationen über die Gebote der anderen Teilnehmer erhalten und so möglicherweise einer strategischen Unsicherheit über den Wert des zu versteigernden Guts ausgesetzt sind. Je nachdem, welcher Preisbildungsmechanismus gewählt wird, resultiert aus diesem Informationsdefizit die Gefahr, dass Bieter zu niedrige Gebote abgeben, sog. Fluch des Gewinners.82 Diese Unsicherheiten können durch die Anwendung eines dynamischen Verfahrens vermieden werden. Ein Beispiel für ein dynamisches Verfahren ist die sog. „Descending-Clock“-Auktion. Hier nennt die mit der Durchführung der Ausschreibung betraute Stelle einen bestimmten Höchstpreis. Die Auktionsteilnehmer geben daraufhin an, welche Menge sie zu dem jeweiligen Preis zubauen würden. Liegt die angebotene Menge oberhalb der ausgeschriebenen Menge, reduziert der Auktionator sukzessive den Förderbetrag, bis das kumulierte Angebot der Nachfrage entspricht.83 Zentraler Vorzug eines solchen Verfahrens ist, dass Bieter infolge der mehrfachen offenen Gebotsabgabe Informationen über den Wert des zu versteigernden Guts sammeln und ihr eigenes Gebotsverhalten auf dieser Grundlage anpassen können.84 Kehrseite ist die im Vergleich zu einer einstufigen Sealed-bid-Auktion erhöhte Komplexität des Verfahrens, was mit erhöhtem Aufwand für Organisator und Teilnehmer einhergeht. Im Übrigen eröffnen sich in dynamischen Auktionen mehr Möglichkeiten zu strategischem Bieterverhalten.85 Angesichts der bezeichneten Zusammenhänge ist für die Wahl zwischen dynamischen und statischen86 Verfahren sinnvollerweise zu berücksichtigen, wie groß die Unsicherheiten in Bezug auf den Wert des zu versteigernden 82 Vgl. hierzu Müsgens/Ockenfels, ZfE 2011, 249 (253); diesem mit Blick auf die Realisierungswahrscheinlichkeit problematischen Phänomen kann im Rahmen der Gestaltung des Preisbildungsmechanismus Rechnung getragen werden, vgl. hierzu sogleich b). 83 Agora Energiewende (Hrsg.), Ausschreibungen für Erneuerbare Energien. Welche Fragen sind zu prüfen?, S. 17; Maurer/Barroso, Electricity Auctions. An Overview of Efficient Practices, S. 9 ff.; Ecofys (Hrsg.), Ausgestaltung des Pilotausschreibungssystems für Photovoltaikfreiflächenanlagen, S. 35; vgl. auch Bruttel/Purkus/Gawel, Auktionen als Förderinstrument für erneuerbare Energien, S. 40 f., die als Descending-Clock-Auktion ein Verfahren mit umgekehrter Bietrichtung vorschlagen: Hier setzt der Auktionator zunächst einen niedrigen Preis an und erhöht diesen sukzessive bis die angebotene Menge zur Deckung der Nachfrage ausreicht. 84 Agora Energiewende (Hrsg.), Ausschreibungen für Erneuerbare Energien. Welche Fragen sind zu prüfen?, S. 17. 85 Mohr, EnWZ 2015, 99 (104). 86 Im Übrigen sind auch Mischformen, etwa ein Descending-Clock-Verfahren mit anschließender Pay-as-bid-Auktion, denkbar. Hierzu sowie zu weiteren Gestaltungsoptionen vgl. Maurer/Barroso, Electricity Auctions. An Overview of Efficient Practices, S. 11 ff. Mit Blick auf deren untergeordnete Bedeutung für den Untersuchungsgegenstand wird auf eine Darstellung verzichtet.
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Gutes sind. Mit Blick auf die besondere Bedeutung statischer Verfahren für die weitere Untersuchung werden die möglichen Mechanismen zur Preisermittlung nachfolgend an deren Beispiel erläutert. b) „Pay-as-bid“ oder „Uniform Pricing“ – Preisbildungsmechanismen bei statischen Mehrgüterauktionen Unabhängig von den Maßgaben zur Zuschlagsentscheidung bestehen verschiedene Möglichkeiten zur Gestaltung der Preisermittlung. Während erfolgreiche Bieter im Rahmen des sog. Gebotspreisverfahrens („Pay-as-bid“- oder „diskriminierende“ Auktion) jeweils die Förderung erhalten, die ihrem Gebot entspricht, wird bei Anwendung des sog. Einheitspreisverfahrens („Uniform-Pricing“ oder „Pay-as-clear“) allen erfolgreichen Bieter eine einheitliche Förderung in Höhe des markträumenden, d. h. des dem höchsten noch erfolgreichen Gebotes entsprechenden, Preises gewährt.87 Für die Anwendung des Gebotspreisverfahrens streitet zunächst dessen einfache Nachvollziehbarkeit. Daneben wird ein Vorteil darin gesehen, dass erfolgreiche Bieter – anders als bei Anwendung des Einheitspreisverfahrens – keine höhere Förderung erhalten als sie im Rahmen der Gebotsabgabe kommuniziert haben, womit die Hoffnung verbunden wird, Mitnahmeeffekte begrenzen zu können.88 Allerdings schafft dieser Preisbildungsmechanismus für rationale Bieter Anreize, ihr Gebot entsprechend ihrer Einschätzung des Wettbewerbs nicht an den eigenen, sondern an den Grenzkosten des nach ihrer Einschätzung teuersten noch erfolgreichen Gebots auszurichten.89 Bei Anwendung des Einheitspreisverfahrens erfolgt die Auswahl der erfolgreichen Gebote parallel zum Gebotspreisverfahren, die Gebote werden also aufsteigend nach ihrem Gebotswert bezuschlagt. Die Unterschiede betreffen allein den Preisbildungsmechanismus: Hier erhalten alle erfolgreichen Bieter eine einheitliche Förderung, für deren Höhe regelmäßig entweder das höchste noch erfolgreiche oder das niedrigste nicht mehr erfolgreiche Gebot maßgeblich ist.90 Unter Effizienzgesichtspunkten wird gegen die Anwendung des Einheitspreisverfahrens vorgebracht, dass hier Überrenditen zugunsten der nicht preisbestimmenden Bieter bereits sys87
McAfee/McMillan, Journal of Economic Literature 25 (1987), 699 (728); zu den Vor- und Nachteilen von Einheits- und Gebotspreisauktion vgl. Grimm/Ockenfels/Zoettl, ZfE 2008, 147 (148 ff.); s. auch die Nachweise bei Ludwigs, Unternehmensbezogene Effizienzanforderungen im Öffentlichen Recht, S. 355 f. 88 Mohr, EnWZ 2015, 99 (102) m. w. N.; zur Gefahr von Mitnahmeeffekten bei einheitlicher Förderung vgl. ausführlich unten § 4 C. I. 2. b). 89 In der Spieltheorie wird dieses Verhalten als „Rate das Grenzgebot“ bezeichnet, vgl. Mohr, EnWZ 2015, 99 (103) m. w. N.; s. auch Grimm/Ockenfels/Zoettl, ZfE 2008, 147 (150). 90 Ecofys (Hrsg.), Ausschreibungen für Erneuerbare Energien. Grundlagen und Gestaltungselemente, S. 11; eine weitere Möglichkeit besteht darin, den Durchschnitt der erfolgreichen Gebote heranzuziehen, vgl. Mohr, EnWZ 2015, 99 (103).
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temisch angelegt sind.91 Für die Anwendung des Einheitspreisverfahrens wird im Wesentlichen ins Feld geführt, dass durch die Aussicht auf Zahlung des markträumenden Preises keine Anreize zu den im Rahmen des Gebotspreisverfahrens befürchteten Übertreibungen bei der Gebotsabgabe geschaffen werden. Da außer für das Grenzgebot nicht der eigene Gebotswert maßgeblich für die Höhe der Förderung ist, kann durch die Uniform Pricing-Regel im Übrigen der mit dem bezeichneten Fluch des Gewinners verbundenen Gefahr vorgebeugt werden.92 c) Mindest- oder Höchstpreis Im Zusammenhang mit der Gestaltung der Regeln zur Preisbildung ist im Übrigen über die Implementierung von Mindest- und Höchstpreisen zu entscheiden. Mit der Festlegung eines Höchstpreises kann eine Obergrenze etabliert und so ein Instrument zur Kontrolle der Kosten geschaffen werden. Gebote, die die maximale Förderhöhe in Gestalt des Höchstpreises überschreiten, können keinen Zuschlag erhalten.93 Für die Implementierung eines Mindestpreises spricht, dass auch auf diese Weise im Sinne der Realisierungswahrscheinlichkeit dem Problem des Fluch des Gewinners begegnet werden kann. Allerdings würde sich ein zu hoch angesetzter Mindestpreis erheblich auf die Gesamtkosten auswirken, sodass auch insoweit Augenmaß geboten ist.94 3. Regelungen für die Realisierungsphase Wurden die wesentlichen Designoptionen für das Zuschlagsverfahren skizziert, sollen nachfolgend denkbare Regelungen zur Gestaltung der Rechte und Pflichten erfolgreicher Bieter für die nachgelagerte Realisierungsphase vorgestellt werden. Wesentliche Gestaltungsfragen betreffen die Maßgaben zur Realisierung der bezuschlagten Projekte (a)) und die Möglichkeit zu Rückgabe und Übertragbarkeit erworbener Förderberechtigungen (b)). a) Realisierungsfrist und Pönalen In Abhängigkeit von dem durch die Präqualifikationsanforderungen geforderten Projektfortschritt sind regelmäßig Fristen festzulegen, innerhalb derer die nach Durchführung des Zuschlagsverfahrens förderfähigen Anlagen in Betrieb zu nehmen sind. Um dem Fall von Verzögerungen oder endgültiger Nichtrealisierung vorzu91
Mohr, EnWZ 2015, 99 (103). Gawel/Purkus/Bruttel, EnWZ 2016, 153 (154). 93 Bruttel/Purkus/Gawel, Auktionen als Förderinstrument für erneuerbare Energien, S. 37. 94 Als weitere Nachteile werden der administrative Aufwand zur Ermittlung des Mindestpreises sowie die dem Ansatz von Ausschreibungen entgegengesetzte Entmündigung der Bieter angeführt, vgl. Ecofys (Hrsg.), Ausschreibungen für Erneuerbare Energien. Grundlagen und Gestaltungselemente, S. 10. 92
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beugen, kann alternativ oder ergänzend zu etwaig implementierten Präqualifikationsanforderungen die Verpflichtung zur Zahlung einer Pönale geregelt werden.95 Als wirksames Mittel zur Sicherung der Strafzahlungsverpflichtung kann die Hinterlegung einer Sicherheitsleistung als Präqualifikationsanforderung etabliert werden. Pönalen wirken sich potentiell auf die Förderkosten aus, da Bieter die Kosten und Risiken bei der Gebotsabgabe berücksichtigen werden.96 b) Rückgabe und Übertragbarkeit von Förderberechtigungen Mit Blick auf die Erhöhung der Realisierungswahrscheinlichkeit ist im Übrigen darüber zu entscheiden, ob erfolgreichen Bietern die Möglichkeit eingeräumt werden soll, erworbene Förderberechtigungen zurückzugeben oder zu übertragen.97 Die Idee hinter einer Rückgabemöglichkeit ist die hiermit verbundene Erleichterung der Mengensteuerung: Wenn sich erfolgreiche Bieter gegen Zahlung einer reduzierten Pönale von absehbar nicht realisierbaren Projekten lösen können, hat dies potentiell zur Folge, dass das jeweilige Ausschreibungsvolumen zügig in nachfolgende Ausschreibungen überführt werden kann. Gegen die Möglichkeit, sich von der Förderberechtigung zu lösen, wird insbesondere vorgebracht, dass hiermit eine erhöhte Gefahr der Abgabe unseriöser Gebote einhergehen könnte.98 Von der Rückgabemöglichkeit zu unterscheiden ist die Frage, ob es Anlagenbetreibern möglich sein soll, die Förderberechtigung auf andere Bieter oder Projekte zu übertragen. Hiermit wäre der Vorteil verbunden, dass Projekte, die sich als nicht realisierbar herausstellen, durch alternative Vorhaben ausgetauscht werden könnten. Auch diesem potentiellen Vorteil stehen Risiken gegenüber: Während eine allein akteursbezogene Übertragbarkeit kleine Bieter benachteiligen kann, könnte eine freie Übertragbarkeit Anreize für die Abgabe spekulativer Gebote schaffen, womit die Gefahr steigender Förderkosten verbunden sein könnte.99 4. Zwischenfazit Der geleistete Überblick vermittelt einen Eindruck von den mannigfaltigen Möglichkeiten zur Ausgestaltung von Ausschreibungsverfahren. Die verschiedenen Stellschrauben sind jeweils von zentraler Bedeutung für den erzielten Output. Im Rahmen der Darstellung wurde auch erkennbar, dass bei Gestaltung des Aus95
Bruttel/Purkus/Gawel, Auktionen als Förderinstrument für erneuerbare Energien, S. 39. Ecofys (Hrsg.), Ausschreibungen für Erneuerbare Energien. Grundlagen und Gestaltungselemente, S. 12. 97 Vgl. hierzu Ecofys (Hrsg.), Ausschreibungen für Erneuerbare Energien. Grundlagen und Gestaltungselemente, S. 12 f. 98 Ecofys (Hrsg.), Ausschreibungen für Erneuerbare Energien. Grundlagen und Gestaltungselemente, S. 12. 99 Ecofys (Hrsg.), Ausschreibungen für Erneuerbare Energien. Grundlagen und Gestaltungselemente, S. 12 f. 96
B. Das Ausschreibungsverfahren im Kanon der Modelle
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schreibungsdesigns verschiedenen Zielkonflikten Rechnung zu tragen ist. Im Vorgriff auf die an späterer Stelle zu leistende Darstellung der im Vorfeld der EEGReform 2014 geführten ordnungspolitischen Diskussion100 kann damit schon an dieser Stelle gesagt werden, dass Ausschreibungsverfahren zwar hinsichtlich ihres grundsätzlichen Ansatzes bewertet werden können. Der tatsächliche Erfolg hängt dann aber entscheidend von der konkreten Verfahrensgestaltung entlang der soeben skizzierten Designelemente ab.
100
S. unten § 4.
§ 2 Von der Preissteuerung zum Ausschreibungsverfahren: Die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien in Deutschland Nach erfolgter Systematisierung der Fördermodelle soll der Blick nachfolgend auf die Entwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien in Deutschland gerichtet werden. Das Erkenntnisinteresse leitet sich zentral von dem Umstand ab, dass der unionsrechtliche Einfluss auf die Gestaltung des aktuellen Rechtsrahmens nicht losgelöst von dessen Entwicklung erklärt werden kann. Die Darstellung erfolgt in vier Schritten: Zunächst werden die wesentlichen Entwicklungslinien bis zur EEG-Reform 2014 erarbeitet (A.), mittels welcher – wie im zweiten Schritt darzustellen sein wird – die Abkehr vom tradierten Einspeisevergütungsmodell unter Hinwendung zum Ausschreibungsverfahren eingeleitet wurde (B.). Im dritten Schritt wird der Blick sodann auf das EEG 2017 gerichtet, mit dessen Inkrafttreten die im EEG 2014 angelegte Einführung des Ausschreibungsverfahrens vollzogen wurde (C.). Ein Fazit rundet diesen Teil der Bearbeitung ab (D.).
A. Die Entwicklung des Rechtsrahmens zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien bis zur EEG-Reform 2014 Betrachtet man die Rechtsentwicklung im Bereich der Förderung von EE-Strom in Deutschland, drängt sich in formaler Hinsicht zunächst die Unterscheidung von drei Phasen auf1: In der ersten Phase entwickelten sich rechtliche Rahmenbedingungen noch jenseits einer speziell die Förderung von Ökostrom betreffenden gesetzlichen Grundlage (I.). Die Schaffung eines spezifischen Regelungswerks stellte vor diesem Hintergrund eine Zäsur dar, weshalb das Inkrafttreten des Stromeinspeisungsgesetzes zum 1. Januar 1991 entsprechend der bezeichneten Dreiteilung den Beginn der zweiten Phase in der Entwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien markiert (II.). Die dritte Phase begann sodann mit der Ablösung des StromEinspG durch das Er1 Zu dieser Systematisierung vgl. Müller, in: ders. (Hrsg.), 20 Jahre Recht der Erneuerbaren Energien, S. 129 (131).
A. Die Entwicklung des Rechtsrahmens bis zur EEG-Reform 2014
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neuerbare-Energien-Gesetz, das seither die zentrale normative Grundlage für die Ökostromförderung in Deutschland darstellt (III.). Im Folgenden sollen die mit der Änderung des normativen Umfeldes einhergehenden inhaltlichen Meilensteine nachvollzogen werden.2
I. Die wettbewerbsrechtlich geprägte Anfangsphase Bevor mit dem StromEinspG eine spezifische gesetzliche Grundlage für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien geschaffen wurde, war das Recht der Stromeinspeisung vor allem wettbewerbsrechtlich, namentlich kartellrechtlich geprägt. Diese Prägung erklärt sich aus der Beschaffenheit des Strommarkts in Deutschland vor dessen Liberalisierung im Zuge der Energierechtsreform im Jahr 1998.3 Tragendes Element war bis zu diesem Zeitpunkt ein System geschlossener Versorgungsgebiete, das seine Grundlage in einem flächendeckenden Vertragsgeflecht fand, wobei sog. Konzessions- und Demarkationsverträge im Hinblick auf ihre konstituierende Wirkung von besonderer Bedeutung waren.4 Die zwischen den EVU und den Gebietskörperschaften geschlossenen Konzessionsverträge zur Regelung der Nutzung öffentlicher Wege zur Errichtung und Unterhaltung von Stromleitungen enthielten Ausschließlichkeits- und Verzichtsklauseln, nach welchen es den Gebietskörperschaften untersagt war, Dritten Grundstücke zum Zwecke der Energieversorgung zu überlassen oder eigenständig Abnehmer mit Energie zu versorgen.5 Die Abgrenzung der einzelnen Versorgungsgebiete wurde durch den Abschluss von Demarkationsverträgen sichergestellt. Horizontale Vereinbarungen zwischen EVU der gleichen Marktstufe beinhalteten die in der Regel gegenseitig ausgestaltete Verpflichtung, keine Energie in das Versorgungsgebiet des jeweils anderen Vertragspartners zu liefern.6 Auf diese Weise waren die Vertragsschließenden innerhalb ihrer Versorgungsgebiete vor Konkurrenz ge2
Vgl. zum ganzen Müller, in: ders. (Hrsg.), 20 Jahre Recht der Erneuerbaren Energien, S. 129 ff.; Schneider, in: ders./Theobald (Hrsg.), Recht der Energiewirtschaft, § 21 Rn. 24 ff.; Salje, EEG 2017, Einführung Rn. 23 ff. 3 Vgl. den Überblick bei Ludwigs, in: Baur/Salje/Schmidt-Preuß (Hrsg.), Regulierung in der Energiewirtschaft, Kap. 6 Rn. 1 ff. m. w. N. 4 Ausführlich zum Vertragssystem vgl. Baur, Die Gebietsschutzverträge der Energieversorgungswirtschaft, S. 10 ff.; Büsch, Der Wettbewerbsgedanke im Energierecht, S. 52 ff.; Evers, Recht der Energieversorgung, S. 175 ff.; Schneider, Liberalisierung der Stromwirtschaft, S. 76 ff. 5 Evers, Recht der Energieversorgung, S. 177; Schneider, Liberalisierung der Stromwirtschaft, S. 78 f. 6 Evers, Recht der Energieversorgung, S. 190 f.; Schneider, Liberalisierung der Stromwirtschaft, S. 79; Steinberg/Britz, Der Energieliefer- und erzeugungsmarkt, S. 78, die insoweit nicht von horizontalen, sondern von unmittelbaren, selbständigen Demarkationsvereinbarungen sprechen.
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§ 2 Von der Preissteuerung zum Ausschreibungsverfahren
schützt.7 In ihrem Zusammenwirken konstituierten die vertraglichen Absprachen somit eine Monopolstellung des jeweiligen EVU innerhalb eines Versorgungsgebietes.8 Ein Marktzutritt war angesichts des bestehenden Vertragsgeflechts de facto nicht möglich. Das Kartellrecht billigte diese wettbewerbsferne Marktstruktur. Der in den konstituierenden Abreden zu erblickende Verstoß gegen das Kartellverbot aus § 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) wurde durch die erst im Zuge von dessen Neufassung im Jahr 1998 aufgehobenen §§ 103, 103 a GWB a. F.9 legalisiert.10 Als Korrektiv dieser Wettbewerbsfreistellung fungierte zunächst nur die allgemeine kartellrechtliche Missbrauchskontrolle.11 Im Ergebnis waren die Absprachen somit nur sehr eingeschränkt einer rechtlichen Prüfung unterworfen, faktisch bewirkten die Regelungen die Legalisierung der vorgefundenen wettbewerbsfernen Strukturen in der Energieversorgung.12 Diese weitgehenden Befreiungen stellten die gesetzgeberische Umsetzung der traditionellen Annahme dar, dass ein System geschlossener Gebietsmonopole zur Gewährleistung von Versorgungssicherheit und Preiswürdigkeit angesichts der wirtschaftlichen und technischen Besonderheiten im Bereich der Stromversorgung im Vergleich zu einem wettbewerbsoffenen Markt vorzugswürdig sei.13 Die Überzeugungskraft der für die monopolistische Struktur des Energiemarktes angeführten Argumente wurde jedoch seit den 1970er-Jahren zunehmend in Frage
7
Steinberg/Britz, Der Energieliefer- und erzeugungsmarkt, S. 20. Emmerich, in: Erdmann/Mees/Piper u. a. (Hrsg.), FS Frhr. v. Gamm, S. 581 (581); Erk, Die künftige Vereinbarkeit des EEG, S. 41; Schneider, Liberalisierung der Stromwirtschaft, S. 76 f. 9 GWB in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. 02.1990, BGBl. I S. 235. 10 Ausführlich hierzu Büsch, Der Wettbewerbsgedanke im Energierecht, S. 114 ff.; Steinberg/Britz, Der Energieliefer- und erzeugungsmarkt, S. 19 ff.; vgl. auch Evers, Recht der Energieversorgung, S. 199 ff.; Schneider, Liberalisierung der Stromwirtschaft, S. 80 f. 11 Vgl. hierzu Evers, Recht der Energieversorgung, S. 203 ff. 12 Büsch, Der Wettbewerbsgedanke im Energierecht, S. 118; Müller, in: ders. (Hrsg.), 20 Jahre Recht der Erneuerbaren Energien, S. 129 (133). 13 Schon in der Präambel des Gesetzes zur Förderung der Energiewirtschaft (Energiewirtschaftsgesetz) vom 13.12.1935 wurde auf die „volkswirtschaftlich schädlichen Auswirkungen des Wettbewerbs“ hingewiesen. Hintergrund der wettbewerbsaversen Haltung ist die Theorie vom Vorliegen eines natürlichen Monopols in der Energiewirtschaft: Die Leitungsgebundenheit und der aufgrund der fehlenden Speicherbarkeit von Strom erforderliche ständige Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage bewirke eine hohe Kapitalintensität. In einem wettbewerbsoffenen System sei aber nicht gewährleistet, dass ausreichend Anreize für die insoweit erforderlichen Investitionen bestehen. Zudem ging man davon aus, dass die Stromversorgung durch nur einen Anbieter aufgrund von Größen- und Verbundvorteilen am kostengünstigsten sei. Ausführlich hierzu Büsch, Der Wettbewerbsgedanke im Energierecht, S. 14 ff.; Schneider, Liberalisierung der Stromwirtschaft, S. 76 f.; vgl. auch Emmerich, in: Erdmann/Mees/Piper u. a. (Hrsg.), FS Frhr. v. Gamm, S. 581 (581 ff.). 8
A. Die Entwicklung des Rechtsrahmens bis zur EEG-Reform 2014
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gestellt.14 Im Zuge der 4. GWB-Novelle 198015 wurde mit § 103 V 2 Nr. 3 GWB ein spezieller Tatbestand geschaffen, nach welchem die unbillige Behinderung der Verwertung von in eigenen Anlagen erzeugter Energie als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung einzuordnen war.16 Auf dieser Grundlage entwickelten sich in der Rechtsprechung sukzessive Konturen für Ansprüche von Anlagenbetreibern gegen das jeweilige Gebietsversorgungsunternehmen.17 Unter Rekurs auf den Zweck von § 103 V 2 Nr. 3 GWB, den sparsamen Umgang mit endlichen Energiequellen zu fördern, konnte nach der Rechtsprechung die auch marktbeherrschenden Unternehmen grundsätzlich zuzuerkennende Entscheidungsfreiheit hinsichtlich der eigenen Bezugswege in der Weise eingeschränkt werden, dass Anlagenbetreiber aus dem allgemeinen Verbot der unbilligen Behinderung in § 26 II GWB i. V. m. § 35 GWB einen Anspruch auf Einspeisung und Vergütung des erzeugten Stroms herleiten konnten.18 Hinsichtlich der Höhe der zu zahlenden Vergütung zog die Rechtsprechung den Maßstab der vermiedenen Kosten heran. Danach waren die EVU den Anlagenbetreibern zur Zahlung des Betrages verpflichtet, den sie durch die Aufnahme im Vergleich zur sonst erforderlichen anderweitigen Beschaffung oder Produktion erspart haben.19 Die auf Seiten des Anlagenbetreibers entstandenen Investitions- und Stromgestehungskosten blieben demnach ohne Bedeutung für die Höhe der zu zahlenden Vergütung. Da aufgrund der fehlenden Kostenorientierung ein wirtschaftlicher Anlagenbetrieb nicht gewährleistet war, gingen von diesem Vergütungsansatz keine ausreichenden Impulse für die Errichtung neuer Anlagen aus. Im Ergebnis erfolgte auf dieser Grundlage somit kein verstärkter Ausbau neuer EE-Kapazitäten.20
14
Ludwigs, in: Baur/Salje/Schmidt-Preuß (Hrsg.), Regulierung in der Energiewirtschaft, Kap. 6 Rn. 4 m. w. N.; ausführlich zu den Liberalisierungsbestrebungen zwischen 1948 und 1973 Büsch, Der Wettbewerbsgedanke im Energierecht, S. 79 ff. und 119 ff.; vgl. außerdem Emmerich, in: Erdmann/Mees/Piper u. a. (Hrsg.), FS Frhr. v. Gamm, S. 581 (583); Evers, Recht der Energieversorgung, S. 199, jeweils m. w. N. 15 Viertes Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vom 26.04.1980, BGBl. I S. 458. 16 Steinberg/Britz, Der Energieliefer- und erzeugungsmarkt, S. 108 f. 17 Salje, Stromeinspeisungsgesetz, Einf. Rn. 19 ff. 18 Vgl. hierzu BGHZ 119, 335, 341 f.; zu dem Anspruch und dessen Voraussetzungen im Einzelnen vgl. Steinberg/Britz, Der Energieliefer- und erzeugungsmarkt, S. 108 ff. 19 BGHZ 119, 335, 342; vgl. hierzu im Einzelnen Steinberg/Britz, Der Energieliefer- und erzeugungsmarkt, S. 113 ff., die auch auf Streitfragen im Hinblick auf die Berechnung der vermiedenen Kosten hinweisen; vgl. im Übrigen die Nachweise bei Erk, Die künftige Vereinbarkeit des EEG, S. 42 f.; Salje, EEG 2017, Einführung Rn. 32 ff. und 75 ff. 20 Erk, Die künftige Vereinbarkeit des EEG, S. 43; Müller, in: ders. (Hrsg.), 20 Jahre Recht der Erneuerbaren Energien, S. 129 (134).
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§ 2 Von der Preissteuerung zum Ausschreibungsverfahren
II. Beginn der gesetzlichen Förderung: Das Stromeinspeisungsgesetz Mit Inkrafttreten des Stromeinspeisungsgesetzes zum 01.01.199121 wurden die Ansprüche von Anlagenbetreibern erstmals einer spezifischen normativen Grundlage zugeführt. Die Pflicht der EVU zur Abnahme und Vergütung des in ihrem Versorgungsgebiet erzeugten EE-Stroms wurde nun in § 2 StromEinspG gesetzlich fixiert. Hinsichtlich der Vergütungshöhe wurde ein anderer Ansatz gewählt22 : Danach war die zu zahlende Vergütung prozentual an den Durchschnittserlös pro Kilowattstunde aus der Abgabe der EVU an die Letztverbraucher gekoppelt. Eine Orientierung an den Kosten des Anlagenbetriebs erfolgte also auch auf Grundlage des StromEinspG nicht. Hinsichtlich der für die Vergütungshöhe maßgeblichen Prozentsätze sah das Gesetz bereits eine Differenzierung nach Energieträgern vor.23 Im Übrigen wurde eine Härteklausel aufgenommen, die die EVU von den vorbezeichneten Abnahme- und Vergütungspflichten insbesondere dann freistellte, wenn diese ihre Abgabepreise spürbar über die Preise gleichartiger oder vorgelagerter EVU hinaus anheben müssten.24 Im Zuge der Neufassung des StromEinspG anlässlich der Energierechtsreform im Jahr 199825 wurde diese Härteklausel mittels Einführung des sog. doppelten 5 %-Deckels konkretisiert.26 Machten danach die der Abnahme- und Vergütungspflicht nach dem StromEinspG unterliegenden Kilowattstunden mehr als 5 % des Gesamtstromabsatzes eines EVU aus, so konnte das Versorgungsunternehmen vom vorgelagerten Netzbetreiber Erstattung der durch diesen Mehranteil entstandenen Kosten verlangen. Die Erstattungspflicht des vorgelagerten Netzbetreibers endete wiederum, wenn in dessen Versorgungsgebiet die 5 %-Schwelle erreicht war. Zwar haben die Regelungen des StromEinspG zunächst eine signifikante Erhöhung des EE-Anteils an der Gesamtstromerzeugung bewirkt.27 Die Förderwirkung 21 Gesetz über die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien in das öffentliche Netz (Stromeinspeisungsgesetz – StromEinspG) vom 07.12.1990, BGBl. 1990 I S. 2633, zuletzt geändert durch das Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts vom 24.04.1998, BGBl. 1998 I S. 730, 734. 22 Zum verbleibenden Anwendungsbereich der Rechtsprechung zu den vermiedenen Kosten vgl. Salje, EEG 2017, Einführung Rn. 78. 23 Nach § 3 I StromEinspG 1990 betrug die Vergütung für Strom aus Wasserkraft, Deponieund Klärgas sowie aus Biomasse mindestens 75 % des Durchschnittserlöses je Kilowattstunde aus der Stromabgabe von den EVU an alle Letztverbraucher. Für Strom aus Sonnenenergie und Windkraft betrug die Vergütung dagegen 90 % dieser Durchschnittsvergütung. 24 § 4 StromEinspG. 25 Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts vom 24.4.1998, BGBl. 1998 I S. 730, 734. 26 S. hierzu Schneider, in: ders./Theobald (Hrsg.), Recht der Energiewirtschaft, § 21 Rn. 25. 27 Gut nachvollziehbar ist der Effekt des StromEinspG vor allem auf die Entwicklung der Windenergie: Wurden im Jahr 1990 leiglich knapp 71 Gigawattstunden Strom aus Windenergie erzeugt, waren es im Jahr 1999 bereits 5.500 Gigawattstunden, vgl. hierzu Musiol, in: Müller (Hrsg.), 20 Jahre Recht der Erneuerbaren Energien, S. 123 (124).
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des Gesetzes hat sich in der Folge jedoch stetig verschlechtert.28 Als konkrete Ursache für diesen Befund wurde zum einen die gerade neu gestaltete Härteklausel identifiziert: Aufgrund territorialer Unterschiede waren die EVU in unterschiedlichem Ausmaß durch die Einspeise- und Vergütungsverpflichtung belastet. Diesem Umstand trug das StromEinspG nicht durch einen Ausgleich der entstandenen Belastungen, sondern nur durch deren Begrenzung in Gestalt des 5 %-Deckels Rechnung.29 In Norddeutschland wurden dessen Schwellenwerte wegen der großen Windkraftkapazitäten sowohl bei den EVU als auch auf Ebene der vorgelagerten Netzbetreiber erreicht.30 Infolgedessen waren die EVU nicht mehr zur Abnahme und Vergütung verpflichtet, wodurch der Ausbau von Windkraftanlagen gerade in den besonders geeigneten Küstengebieten gehemmt wurde.31 Zudem hatte sich das Vergütungssystem des StromEinspG nicht bewährt. Nach der durch die Energierechtsreform 1998 bewirkten Liberalisierung des Strommarktes war ein wettbewerbsbedingter Verfall der Endkundenpreise zu beobachten.32 Aufgrund deren Maßgeblichkeit für die Höhe der Vergütungszahlungen konnte ein wirtschaftlicher Anlagenbetrieb nicht gewährleistet werden.33 Infolge dieser Unsicherheiten über die Rückflüsse aus Anlageninvestition erwiesen sich die Regelungen des StromEinspG nicht als geeignetes Vehikel, um den Ausbau neuer Kapazitäten entsprechend der langfristigen politischen Zielvorstellungen voranzutreiben.
III. Neuordnung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz Mit Inkrafttreten des Erneuerbare-Energien-Gesetzes zum 01.04.200034 wurde die EE-Strom-Förderung in Deutschland auf eine neue normative Grundlage gestellt. Anlass der umfassenden Reform war die bezeichnete Inkompatibilität des Regelungsrahmens nach dem StromEinspG mit den politischen Zielvorstellungen im Hinblick auf den weiteren Ausbau von Kapazitäten zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen. Es galt also, einen Rechtsrahmen zu schaffen, der den identifizierten Schwächen des StromEinspG Rechnung trägt: Durch die Einführung des Prinzips kostende28
Vgl. hierzu Bürger/Senger, UPR 2000, 215 (216); Schneider, in: ders./Theobald (Hrsg.), Recht der Energiewirtschaft, § 21 Rn. 26. 29 Büdenbender, DVBl 2001, 952 (956). 30 Bürger/Senger, UPR 2000, 215 (216). 31 Büdenbender, DVBl 2001, 952 (956); Bürger/Senger, UPR 2000, 215 (216); Schneider, in: ders./Theobald (Hrsg.), Recht der Energiewirtschaft, § 21 Rn. 26. 32 Bürger/Senger, UPR 2000, 215 (216); Schneider, in: ders./Theobald (Hrsg.), Recht der Energiewirtschaft, § 21 Rn. 26. 33 Schneider, in: ders./Theobald (Hrsg.), Recht der Energiewirtschaft, § 21 Rn. 26; Müller, in: ders. (Hrsg.), 20 Jahre Recht der Erneuerbaren Energien, S. 129 (137). 34 Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz – EEG) vom 29.03.2000, BGBl. I S. 305; zu den bewirkten Neuerungen vgl. Salje, RdE 2000, 125 ff.
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§ 2 Von der Preissteuerung zum Ausschreibungsverfahren
ckender Vergütung wurde die Abhängigkeit der Rückflüsse aus dem Anlagenbetrieb vom durchschnittlichen Endkundenpreis aufgegeben. Auf dieser Grundlage wurde die Anspruchssystematik des EEG im Laufe der weiteren Novellen sukzessive fortentwickelt (1.). Der unzureichenden Berücksichtigung territorialer Unterschiede durch die Härtefallregelung nach dem StromEinspG wurde mittels Implementierung eines bundesweiten Belastungsausgleichs begegnet. Dessen ursprüngliche Funktionsweise und weitere Entwicklung wird im Anschluss an die Anspruchssystematik dargestellt (2.). Eine auch mit Blick auf die weitere Entwicklung zentrale Neuerung bedeutete die Einführung der optionalen Direktvermarktung in die Marktprämie als Alternative zur Inanspruchnahme der Einspeisevergütung (3.). 1. Entwicklung der Anspruchssystematik auf Grundlage des EEG Mit dem EEG wurde das die deutsche Förderpolitik maßgeblich prägende Prinzip kostendeckender Vergütung eingeführt. Danach wurde die für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien zu zahlende Vergütung in einer Höhe festgesetzt, die Anlagenbetreibern einen wirtschaftlichen Betrieb ermöglichen sollte. Grundlage für die Ermittlung der Vergütung waren insbesondere die Investitions-, Betriebs-, Messund Kapitalkosten eines bestimmten Anlagentyps bezogen auf die durchschnittliche Lebensdauer, sowie eine marktübliche Verzinsung des eingesetzten Kapitals.35 Der Neuerung lag die Erwägung zugrunde, dass die mit der absoluten Festlegung der Vergütungshöhe einhergehende Loslösung von externen Faktoren der Beseitigung von Unsicherheiten hinsichtlich der Rückflüsse aus dem Anlagenbetrieb dient und auf diese Weise stärkere Anreize zur Mobilisierung privaten Kapitals geboten werden. Die hierdurch bewirkte gesteigerte Nachfrage nach Erzeugungsanlagen führe zu sinkenden Preisen, wodurch die Konkurrenzfähigkeit von EE-Strom stetig verbessert werden könne.36 Angesichts dieses Systemwechsels ergab sich die Notwendigkeit, die im Hinblick auf die Vergütungshöhe vom Ansatz her bereits angelegte Differenzierung nach Erzeugungstechnologien deutlich auszubauen und zu verfeinern. Um die Preisentwicklung zu antizipieren, wurden die garantierten Vergütungssätze degressiv ausgestaltet: Die für einen bestimmten Zeitraum ab Inbetriebnahme der Anlage gleichbleibende garantierte Vergütung wurde jährlich um einen bestimmten Prozentsatz gesenkt. Früher errichtete Anlagen kamen über den gesamten Garantiezeitraum somit in den Genuss einer höheren Vergütung als später errichtete Anlagen. Eine deutliche Aufwertung haben die Ansprüche der Anlagenbetreiber durch das Vorrangprinzip erfahren.37 § 3 I EEG 2000 verpflichtete die Netzbetreiber zunächst
35
Vgl. Begründung zum EEG 2000, BT-Drs. 14/2341, S. 8. Vgl. hierzu BT-Drs. 14/2776, S. 1. 37 Müller, in: ders. (Hrsg.), 20 Jahre Recht der Erneuerbaren Energien, S. 129 (138 f.) m. w. N. 36
A. Die Entwicklung des Rechtsrahmens bis zur EEG-Reform 2014
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zur vorrangigen Abnahme von EE-Strom. Mit Inkrafttreten des EEG 200938 wurde das Vorrangprinzip auch auf den Netzanschluss sowie nach der Abnahme des Stroms auf dessen Übertragung und Durchleitung erstreckt. Aus dem Prinzip der Gesamtabnahme resultiert die Verpflichtung der Netzbetreiber zur Abnahme sämtlichen in der Anlage erzeugten EE-Stroms, die Berufung auf eine durch konventionelle Stromeinspeisung bedingte Netzauslastung ist den Netzbetreibern verwehrt.39 Entsprechend sind Netzbetreiber gegebenenfalls verpflichtet, die Einspeisung konventionell erzeugten Stroms zu reduzieren.40 Damit waren die Kernelemente des Förderansatzes etabliert, wie sie auch über die weitere Novelle im Jahr 201241 hinaus Bestand haben sollten42: Anlagenbetreibern musste vorrangig Netzanschluss gewährt und der gesamte in der Anlage produzierte Strom vorrangig abgenommen und durchgeleitet werden. Für jede Kilowattstunde eingespeisten Stroms erhielten Anlagenbetreiber über einen festgelegten Zeitraum von zuletzt 20 Jahren43 eine garantierte fixe Vergütung. 2. Der Umlagemechanismus zur Finanzierung der förderbedingten Mehrkosten Die Regelungen des StromEinspG bewirkten eine Benachteiligung der Netzbetreiber, in deren Regelbereich besonders viel EE-Strom eingespeist wurde. Soweit diese Schlechterstellung ihre Grenze in der Härtefallregelung fand, bedeutete dies gleichsam ein Hemmnis für den Ausbau neuer Kapazitäten. Mit dem Ziel, bundesweit eine prozentual gleiche Belastung aller EVU zu erreichen, wurde mit dem EEG 2000 nun ein gestuftes ausgleichendes Abnahme- und Vergütungssystem zur Verteilung der mit der Förderung einhergehenden Belastungen implementiert (a)).44 Während die Anspruchssystematik über die verschiedenen Reformen und Novellen hinweg im Wesentlichen unberührt blieb, galt dies nicht für die Gestaltung dieses Ausgleichssystems, hat dieses im Jahr 2010 doch eine grundlegende Neuausrichtung erfahren (b)). Wie an späterer Stelle zu zeigen sein wird, stellte sich der Konzeptwechsel mit Blick auf die Implikationen aus dem Unionsrecht als folgenreich dar, soweit sie die Europäische Kommission zu einer Neubewertung der Beihilfeeigenschaft der deutschen Förderregelungen veranlasste.45 Konkret ins Visier geraten sind
38 Gesetz zur Neuregelung des Rechts der Erneuerbaren Energien im Strombereich und zur Änderung damit zusammenhängender Vorschriften vom 25.10.2008, BGBl. I S. 2074. 39 Begründung zu § 3 I EEG 2000, BT-Drs. 14/2776, S. 22. 40 Schneider, in: ders./Theobald (Hrsg.), Recht der Energiewirtschaft, § 21 Rn. 70. 41 Gesetz zur Neuregelung des Rechtsrahmens für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien vom 28.07.2011, BGBl. I S. 1643. 42 Müller, in: ders. (Hrsg.), 20 Jahre Recht der Erneuerbaren Energien, S. 129 (139). 43 Vgl. § 21 II EEG 2012. 44 Vgl. BT-Drs. 14/2776, S. 24. 45 Ausführlich zur beihilferechtlichen Beurteilung unten § 5 B.
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§ 2 Von der Preissteuerung zum Ausschreibungsverfahren
die Regelungen zur Entlastung privilegierter Stromverbraucher hinsichtlich der Pflicht zur Zahlung der förderbedingten Mehrkosten (c)). a) Der EEG-Ausgleichsmechanismus in seiner ursprünglichen Gestaltung Der mit dem EEG 2000 geschaffene und bis ins EEG 2009 übernommene Belastungsausgleich vollzog sich in mehreren Stufen46 : Auf der ersten Stufe stand die Verpflichtung der örtlichen Verteilernetzbetreiber, die in ihrem Versorgungsgebiet errichteten EE-Anlagen vorrangig an ihr Netz anzuschließen47, den gesamten in diesen Anlagen erzeugten Strom vorrangig abzunehmen, zu übertragen und zu verteilen48 sowie in der gesetzlich vorgegebenen Höhe zu vergüten49. Die im Rahmen dieser Verpflichtung aufgenommenen Strommengen wurden im zweiten Schritt gegen Erstattung der als Vergütung an die Anlagenbetreiber gezahlten Beträge an die ÜNB weitergeleitet.50 Die dritte Stufe bildete der mit Inkrafttreten des EEG zur Egalisierung der auf Grundlage des StromEinspG bestehenden regionalen Ungleichheiten eingeführte horizontale Belastungsausgleich zwischen den ÜNB. Hier kam es zu Erfassung und Ausgleich der im Rahmen der Verpflichtungen auf der zweiten Stufe aufgenommenen Strommengen und gezahlten Vergütungen. Der Ausgleich erfolgte so lange, bis alle ÜNB mit Blick auf die Gesamtabgabe von Strom durch EVU an Letztverbraucher in ihrem Versorgungsgebiet einen relativ gleichen EE-Anteil abgenommen und vergütet hatten.51 Auf der vierten Stufe kam es sodann zu einem aufwändigen vertikalen Ausgleich zwischen den ÜNB und den ihrer Regelverantwortung unterliegenden EVU. Bewirkt wurde dieser durch eine vertikale Rückwälzung des EE-Stroms: So waren die Übertragungsnetzbetreiber verpflichtet, den Strom an die ihnen nachgelagerten EVU durchzuleiten.52 Mit dieser Verpflichtung korrespondierte ein Anspruch auf anteilige Abnahme und Vergütung.53 Um eine relativ gleiche Belastung der verpflichteten EVU sicherzustellen, galt hinsichtlich des Umfangs der anteiligen Abnahmepflicht die sog. EEG-Quote: Danach stand die abzunehmende Menge im selben Verhältnis zur vom jeweiligen EVU insgesamt an Letztverbraucher abgegebenen Strommenge wie die seitens des jeweiligen ÜNB eingespeiste Menge an EE-Strom zur Ge-
46
Vgl. dazu Schmidt-Preuß, in: Klees/Gent (Hrsg.), FS Salje, S. 397 (399 f.). § 5 Abs. 1 EEG 2009. 48 § 8 Abs. 1 EEG 2009. 49 §§ 16 ff. (Allgemeine Vergütungsvorschriften) und §§ 23 ff. (Besondere Vergütungsvorschriften) EEG 2009. 50 §§ 34, 35 EEG 2009. 51 § 36 EEG 2009; zum horizontalen Belastungsausgleich vgl. Schneider, in: ders./Theobald (Hrsg.), Recht der Energiewirtschaft, § 21 Rn. 118 ff. 52 § 36 Abs. 4 EEG 2009. 53 § 37 Abs. 1 S. 1 EEG 2009. 47
A. Die Entwicklung des Rechtsrahmens bis zur EEG-Reform 2014
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samtabgabe aller EVU an Letztverbraucher im Regelbereich.54 Praktisch vollzog sich die physikalische Wälzung des EE-Stroms wie folgt: Die ÜNB wandelten den nach dem horizontalen Ausgleich bei ihnen verbleibenden EE-Strom in sog. Monatsbänder (sog. „Veredelung“) um und lieferten diese entsprechend der EEG-Quote an die EVU. Die Höhe der Monatsbänder folgte zunächst einer Prognose aus dem Vorjahr, im Vormonat der tatsächlichen Lieferung erfolgte sodann eine Anpassung. Als Gegenleistung für die Lieferung der Monatsbänder hatten die EVU eine Durchschnittsvergütung an die ÜNB zu leisten. Zu deren Ermittlung war die im Regelbereich des ÜNB insgesamt an Anlagenbetreiber gezahlte Vergütungssumme durch die Gesamtmenge an EE-Strom in kWh zu teilen.55 Auf der fünften und letzten Stufe stand die Vermarktung des Stroms durch die EVU. Diese blieb bewusst unreguliert, es stand den EVU also frei, den EEG-Strom auszusondern oder im allgemeinen Stromportfolio aufgehen zu lassen.56 Die physikalische Rückwälzung auf der vierten Stufe des Umlagesystems stellte sich als aufwändiges und ineffizientes Verfahren dar57: Zum einen verursachte die Umwandlung des vergüteten EE-Stroms in Monatsbänder erhebliche Kosten auf Seiten der ÜNB, die zu deutlichen Erhöhungen der Netzentgelte führten.58 Des Weiteren bedeuteten infolge der Volatilität der EE-Strom-Erzeugung auftretende Abweichungen zwischen der prognostizierten EEG-Quote und dem tatsächlichen Umfang der Abnahmeverpflichtung signifikante Risiken im Beschaffungsportfolio der EVU. Aus der Notwendigkeit, finanzielle Absicherungen gegen diese Risiken vorzuhalten, ergaben sich zusätzliche Ineffizienzen. Im Übrigen ging mit dem geschilderten Ansatz aber auch eine Beeinträchtigung der beruflichen Handlungsfreiheit der zur Abnahme verpflichteten EVU einher: Denn im Umfang ihrer Abnahmeverpflichtung waren diese daran gehindert, entsprechende Mengen auf dem freien Markt zu beschaffen und wurden somit bei steigenden EE-Anteilen zunehmend in ihrer Bezugsentscheidung beeinträchtigt.59 b) Neuordnung der vierten Stufe durch die Ausgleichsmechanismusverordnung Aufgrund der bezeichneten Probleme wurde die Gestaltung der vierten Stufe des ursprünglichen Umlagesystems bereits im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens
54 § 37 II EEG 2009; ausführlich zur Berechnung des Umfangs der Abnahmepflicht Salje, EEG, 5. Aufl., § 37 Rn. 19 ff. 55 Salje, EEG, 5. Aufl., § 37 Rn. 33 f. 56 Rostankowski, ZNER 2010, 125 (126 f.). 57 Vgl. BT-Drs. 16/13188, S. 1 und 8; vgl. im Übrigen Altrock/Eder, ZNER 2009, 128 (129); Rostankowski, ZNER 2010, 125 (126); Schneider, in: ders./Theobald (Hrsg.), Recht der Energiewirtschaft, § 21 Rn. 125; Weigt, ZNER 2009, 205 (206). 58 Im Jahr 2007 wurden Kosten in Höhe von 570 Millionen Euro auf die Netzentgelte umgelegt, vgl. BT-Drs. 16/13188, S. 9. 59 Erk, Die künftige Vereinbarkeit des EEG, S. 146 ff.; Weigt, ZNER 2009, 205 (206).
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§ 2 Von der Preissteuerung zum Ausschreibungsverfahren
zur EEG-Reform 2009 kritisch diskutiert.60 Der Reformgesetzgeber hat die konstituierenden Regelungen zwar zunächst beibehalten. Mit § 64 III EEG 2009 wurde aber eine Verordnungsermächtigung geschaffen, auf deren Grundlage eine umfassende Umstrukturierung des Ausgleichsmechanismus möglich wurde. Mit dem Erlass der Ausgleichsmechanismus-Verordnung (AusglMechV)61 hat die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundestages von der Möglichkeit zur Neukonzeptionierung des Belastungsausgleichs Gebrauch gemacht62 : So wurde mit Inkrafttreten der Verordnung zum 01.10.2010 der physikalische Ausgleich zwischen ÜNB und EVU durch eine rein finanzielle Lastenverteilung ersetzt. Die bislang bestehenden korrespondierenden Verpflichtungen der ÜNB und EVU zur physikalischen Weitergabe des EE-Stroms bzw. zur Abnahme und Vergütung desselben wurden aufgehoben.63 Im Zentrum der Neuordnung stand eine Vermarktungsverpflichtung der ÜNB: Diese waren fortan zur diskriminierungsfreien und transparenten Vermarktung des EE-Stroms am vortäglichen oder untertäglichen Spotmarkt64 einer Strombörse verpflichtet.65 In Erfüllung ihrer Verpflichtung reichten die ÜNB den von den VNB aufgenommenen EE-Strom an die Strombörse weiter und erhielten als Gegenleistung den jeweils erzielten Marktpreis. Da dieser Vermarktungserlös regelmäßig niedriger war als die Vergütungszahlungen, die die ÜNB für die entsprechende Strommenge zuvor über die VNB an die Anlagenbetreiber gezahlt haben, entstanden im Ergebnis zunächst Kosten auf Seiten der ÜNB.66 Um diese förderbedingten Mehrkosten zu decken, wurde den ÜNB ein an § 670 BGB67 angelehnter Anspruch gegen die EVU auf Ersatz der entstandenen Aufwendungen in Gestalt der EEG-Umlage eingeräumt.68
60 Vgl. hierzu Schneider, in: ders./Theobald (Hrsg.), Recht der Energiewirtschaft, § 21 Rn. 124. 61 Verordnung zur Weiterentwicklung des bundesweiten Ausgleichsmechanismus (AusglMechV) vom 17.07.2009, BGBl. I S. 2101; zur Ausgleichsmechanismus-Verordnung vgl. Altrock/Eder, ZNER 2009, 128; Rostankowski, ZNER 2010, 125; Rostankowski/Oschmann, RdE 2009, 361. 62 Für eine Darstellung der durch die AusglMechV bewirkten Änderungen vgl. Rheker, Die rechtliche Einordnung der EEG-Umlage als Sonderabgabe oder als Preisregelung, S. 33 ff. 63 Vgl. § 1 Nr. 1 und Nr. 2 AusglMechV 2009. 64 Die Festlegung auf den Spotmarkt als Handelsplattform erfolgte mit dem Ziel erhöhter Transparenz, vgl. BT-Drs. 16/13188, S. 14; kritisch zum Spotmarkt als der vorgeschriebenen Handelsplattform Altrock/Eder, ZNER 2009, 128 (130 f.). 65 Vgl. § 2 AusglMechV 2009. 66 Altrock/Eder, ZNER 2009, 128 (129); Schneider, in: ders./Theobald (Hrsg.), Recht der Energiewirtschaft, § 21 Rn. 126; Weigt, ZNER 2009, 205 (207). 67 Das Regelungswerk geht davon aus, dass die ÜNB mit der Vermarktung des EE-Stroms eine Dienstleistung zugunsten der EVU erbringen, vgl. Rostankowski/Oschmann, RdE 2009, 361 (364). 68 Vgl. hierzu § 3 I AusglMechV 2009.
A. Die Entwicklung des Rechtsrahmens bis zur EEG-Reform 2014
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Die Höhe der EEG-Umlage wird – auch auf Grundlage des aktuellen Rechtsrahmens69 – von den ÜNB jeweils für das folgende Jahr in Cent je an Letztverbraucher gelieferter Kilowattstunde bestimmt und ist aus der Differenz zwischen den prognostizierten Einnahmen und Ausgaben für das dem Bestimmungszeitpunkt folgende Kalenderjahr sowie der Differenz zwischen den tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben im Berechnungszeitpunkt zu ermitteln.70 Indem alle EVU für jede gelieferte Kilowattstunde Strom dieselben Kosten tragen, wird sichergestellt, dass diese letztlich im Verhältnis zu ihrem jeweiligen Gesamtabsatz im selben Umfang belastet werden. Seit der Neuausrichtung des Umlagemechanismus erfolgt der vertikale Ausgleich der förderbedingten Belastungen zwischen ÜNB und EVU also nicht mehr durch wechselseitige Verpflichtungen zu physikalischer Durchleitung und anteiliger Abnahme und Vergütung, sondern durch einen rein finanziellen Ausgleich mittels anteiliger Verteilung der Mindererlöse aus der Vermarktung des geförderten EE-Stroms. Das Funktionieren dieses Umlagesystems wurde durch ein dichtes Geflecht gesetzlicher Aufgabenzuweisungen gewährleistet, wobei die zentralen Verantwortlichkeiten den ÜNB übertragen wurden. So traf diese neben den fortbestehenden Verpflichtungen auf den vorgelagerten Stufen nunmehr die bezeichnete Vermarktungsverpflichtung sowie die tragenden Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Verwaltung der EEG-Umlage. Dabei hatten die ÜNB die Vorgaben aus einer Ausführungsverordnung71 zu beachten, zu deren Erlass die Bundesnetzagentur durch die AusglMechV ermächtigt wurde.72 Im Übrigen überwachte die BNetzA die Vermarktung des EE-Stroms sowie die Ermittlung, Festlegung, Veröffentlichung und Weitergabe der EEG-Umlage.73 Mit der zum Erlass des EEG 2012 führenden Gesetzesnovelle wurden die für den neu gestalteten Umlagemechanismus maßgeblichen Regelungen der AusglMechV teilweise in das EEG überführt.74 Der so skizzierte Umlagemechanismus ist hinsichtlich seiner grundlegenden Funktionsweise im Wesentlichen bis heute beibehalten worden. c) Entlastung privilegierter Verbraucher durch die besondere Ausgleichsregelung Den faktischen Schlusspunkt des Umlagesystems bildete bereits vor dessen Neuordnung die Weitergabe der durch die EE-Förderung entstandenen Mehrkosten an die Verbraucher, ohne dass dies gesetzlich vorgegeben gewesen wäre. Dass der Gesetzgeber aber die auf Seiten der EVU bestehende ökonomische Notwendigkeit 69
Zum Umlagemechanismus nach dem EEG 2017 vgl. unten § 5 B. II. 1. d) bb). Maßgebliche Vorschrift war § 3 II AuglMechV 2009. 71 Verordnung zur Ausführung der Verordnung zur Weiterentwicklung des bundesweiten Ausgleichsmechanismus (Ausgleichmechanismus-Ausführungsverordnung – AusglMechAV) vom 22.02.2010, BGBl. I S.134. 72 Vgl. § 11 AusglMechV 2009. 73 Vgl. § 10 I AusglMechV 2009. 74 Schneider, in: ders./Theobald (Hrsg.), Recht der Energiewirtschaft, § 21 Rn. 124. 70
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§ 2 Von der Preissteuerung zum Ausschreibungsverfahren
zur Umlage der Belastung auf die Letztverbraucher erkennt, belegen insbesondere die gesetzlichen Privilegierungen zur Entlastung bestimmter Verbrauchergruppen: Bereits im Jahr 2003 wurde mit der Implementierung einer Besonderen Ausgleichsregelung (BesAR)75 für sog. stromintensive Unternehmen des produzierenden Gewerbes die zunächst befristete Möglichkeit geschaffen, beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) eine Begrenzung der aus der Abnahme des EE-Stroms resultierenden Belastungen zu beantragen. Hinter der Einführung der Privilegierung stand das Anliegen, die aus der Weitergabe mit der EE-Förderung einhergehenden Kostenbelastungen auf Seiten der privilegierten Unternehmen zu begrenzen und auf diese Weise deren internationale und intermodulare Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, ohne dabei die Erreichung der mit dem EEG verfolgten Ziele zu gefährden.76 Um in den Genuss der Privilegierung zu kommen, mussten die antragsstellenden Unternehmen insbesondere das Überschreiten bestimmter Belastungsschwellen nachweisen.77 Die durch die BesAR geschaffene Entlastungsmöglichkeit wurde im Laufe der Jahre sukzessive ausgebaut und der Kreis der privilegierten Verbraucher kontinuierlich erweitert78 : Zunächst wurden im Zuge der EEG-Reform 2004 die für die Inanspruchnahme der Entlastung maßgeblichen Schwellenwerte gesenkt.79 Mit Blick auf die hieraus resultierende Mehrbelastung der übrigen Verbraucher wurde zwar zunächst eine Obergrenze aufgenommen80, bereits im Jahr 2006 kam es aber wieder zur Aufhebung der entsprechenden Regelung.81 Seit der Neuordnung des Umlagemechanismus durch die AusglMechV erfolgt die Privilegierung durch Begrenzung der Belastung mit der EEG-Umlage. Mit der EEG75 Vgl. Art. 1 Erstes Gesetz zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vom 16.07.2003, BGBl. I S. 1459, mit welchem die besondere Ausgleichsregelung als § 11a EEG 2000 eingeführt wurde. 76 Dieser Regelungszweck wurde im Rahmen der EEG-Novelle in den Gesetzestext aufgenommen, vgl. § 40 I EEG 2009. Zu den Erwägungsgründen im Einzelnen vgl. Salje, EEG 2017, § 63 Rn. 15 ff. 77 Auf Grundlage des EEG 2000 mussten Unternehmen unter anderem nachweisen, dass ihr Stromverbrauch in den letzten zwölf abgeschlossenen Kalendermonaten 100 Gigawattstunden überstiegen hat und dass die Stromkosten mehr als 20 % der Bruttowertschöpfung des Unternehmens betragen haben, vgl. § 11a II Nr. 1 und Nr. 2 EEG 2000 i. d. F. des ersten Änderungsgesetzes vom 16.07.2003. 78 Zur Entwicklung vgl. Schneider, in: ders./Theobald (Hrsg.), Recht der Energiewirtschaft, § 21 Rn. 133 ff. 79 Fortan war die Inanspruchnahme der Privilegierung schon für Unternehmen möglich, die einen Stromverbrauch von 10 (statt wie zuvor 100) Gigawattstunden nachweisen konnten und bei denen das Verhältnis der Stromkosten zur Bruttowertschöpfung des Unternehmens 15 Prozent (statt wie zuvor 20 Prozent) überschreitet. Im Übrigen wurden Schienenbahnen in die Regelung einbezogen. Vgl. hierzu Oschmann, NVwZ 2004, 910 (914). 80 Nach § 16 V EEG 2004 durften die Belastungen für die nicht in die besondere Ausgleichsregelung einbezogenen Verbraucher infolge der Privilegierung um maximal 10 % steigen, vgl. Oschmann, NVwZ 2004, 910 (914). 81 Erstes Gesetz zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vom 07.11.2006, BGBl. I S. 2550.
A. Die Entwicklung des Rechtsrahmens bis zur EEG-Reform 2014
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Novelle im Jahr 2012 wurde der Adressatenkreis der BesAR erneut erheblich ausgeweitet.82 Die durch die BesAR bewirkte Privilegierung einzelner Verbrauchergruppen zu Lasten der übrigen Verbraucher war seit jeher verfassungs- aber auch europarechtlichen Bedenken ausgesetzt.83 So standen die Entlastungsregelungen nach dem EEG 2012 im Zentrum des mit Eröffnungsbeschluss vom 18.12.2013 gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleiteten – und an späterer Stelle ausführlich zu erörternden84 – Beihilfeverfahrens. Die Kommission stufte das durch das EEG 2012 verwirklichte Fördersystem und die besondere Ausgleichsregelung als Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV ein. Anders als für die Förderregelungen selbst ging die Kommission hinsichtlich der durch die BesAR nach dem EEG 2012 gewährten Privilegierungen teilweise von der Unvereinbarkeit mit dem Binnenmarkt aus. Das von der Bundesrepublik Deutschland eingeleitete gerichtliche Verfahren wurde jüngst durch Urteil des EuGH vom 28.03.2019 rechtskräftig abgeschlossen.85 3. Alternative zur Inanspruchnahme der Einspeisevergütung durch Einführung der Direktvermarktung in die Marktprämie Im Zuge der EEG-Novelle im Jahr 201286 wurde eine zunächst fakultative Alternative zur die Vermarktungsverpflichtung der ÜNB erst auslösenden Inanspruchnahme der festen Einspeisevergütung etabliert: Die neu geschaffenen87 § 33a ff. EEG 2012 eröffneten mit der Direktvermarktung Anlagenbetreibern die Möglichkeit, den in ihren Anlagen erzeugten EE-Strom selbst an Dritte zu veräußern. Hinter den Neuregelungen stand das Bestreben, die Marktintegration der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien angesichts steigender Marktanteile voranzutreiben, indem Anreize für Anlagenbetreiber geschaffen werden, die Erzeugung verstärkt nach der Nachfragesituation am Markt auszurichten.88 82 Zum 01.01.2012 wurde die Verbrauchsschwelle auf nur noch eine Gigawattstunde abgesenkt, was zu einem Anstieg der Zahl privilegierter Unternehmen von 734 im Jahr 2012 auf 1677 im Jahr 2013 und 2098 im Jahr 2013 geführt hat, vgl. Salje, EEG 2017, § 63 Rn. 2. 83 Vgl. hierzu etwa Schneider, ZNER 2003, 93. 84 Vgl. unten § 5 B. II. 1. c). 85 Ausführlich hierzu unten § 5 B. II. 1. c). 86 Gesetz zur Neuregelung des Rechtsrahmens für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien vom 28.07.2011, BGBl. I S. 1634. 87 Regelungen zur Direktvermarktung bestanden bereits vor der Novelle 2012, vgl. § 17 EEG 2009. Die Inanspruchnahme dieser Direktvermarktungsoption war allerdings gering, vgl. Wustlich/Müller, ZNER 2011, 380 (381). Erst im Zuge der regulatorischen Ausweitung durch die Novelle zum EEG 2012 hat die Direktvermarktung einen deutlichen Bedeutungszuwachs erfahren, vgl. Schneider, in: ders./Theobald (Hrsg.), Recht der Energiewirtschaft, § 21 Rn. 106. Zur Entwicklung s. auch Günther, in: Gundel/Lange (Hrsg.), Energieversorgung in Zeiten der Energiewende, S. 131 (135 ff.). 88 Wustlich/Müller, ZNER 2011, 380 (381).
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§ 2 Von der Preissteuerung zum Ausschreibungsverfahren
Von besonderer Bedeutung – gerade auch mit Blick auf die weitere Entwicklung des EEG – ist dabei die Direktvermarktung in die Marktprämie.89 Dieser liegt folgender Ansatz zugrunde: Da die bei der Vermarktung durch die Anlagenbetreiber erzielbaren Markterlöse regelmäßig niedriger sind als die technologiespezifischen Einspeisevergütungen, wird Anlagenbetreibern ein Anspruch auf Zahlung eines Zuschusses in Gestalt der sog. Marktprämie gewährt. In vereinfachter Darstellung entspricht diese der Höhe nach der Differenz zwischen der hypothetisch zu zahlenden Einspeisevergütung und dem Marktwert des Stroms, wobei insoweit der kalendermonatlich errechnete technologiespezifische tatsächliche Monatsmittelwert der Stundenkontrakte am Spotmarkt der EPEX Spot SE in Leipzig maßgeblich ist. Zur Deckung der mit der Direktvermarktung verbundenen Kosten90 hatten Anlagenbetreiber auf Grundlage des EEG 2012 zusätzlich Anspruch auf Zahlung einer Managementprämie.91 Der wirtschaftliche Anreiz folgt aus der Maßgeblichkeit des durchschnittlichen Börsenpreises im vorangegangenen Monat für die Höhe der Marktprämie: Anlagenbetreibern, die ihre Produktion in Hochpreisphasen verlegen, ist es so möglich, höhere Gewinne zu erwirtschaften als durch die Inanspruchnahme der Einspeisevergütung. Die beabsichtigte Lenkungsfunktion erklärt sich aus dem so geschaffenen ökonomischen Anreiz, eine nachfrageorientierte Erzeugung zu fördern, da hohe Strompreise eine hohe Nachfrage indizieren.92
IV. Zwischenfazit Vollzieht man die Entwicklung des Rechtsrahmens für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien bis zum EEG 2012 nach, lässt sich konstatieren, dass sich das Förderregime seit Beginn der gesetzlichen Förderung mit 89
Vgl. §§ 33b Nr. 1, 33g EEG 2012; daneben sah das EEG 2012 zwei weitere Direktvermarktungsformen vor, namentlich die Direktvermarktung zur Nutzung des sog. Grünstromprivilegs sowie die sonstige Direktvermarktung ohne gesetzliche Förderung, vgl. § 33b EEG 2012. Zu deren untergeordneter Bedeutung vgl. Schneider, in: ders./Theobald (Hrsg.), Recht der Energiewirtschaft, § 21 Rn. 106; angesichts der auf Grundlage der Regelungen des EEG 2012 geäußerten beihilferechtlichen Bedenken der Kommission wurde das Grünstromprivileg im Zuge der EEG-Reform 2014 gestrichen. 90 Umfasst sind etwa notwendige Kosten für die Börsenzulassung, IT-Infrastruktur, vgl. Anlage 4 zum EEG 2012 Nr. 1.1. 91 Im Einzelnen ergab sich die Berechnung aus § 33g II i. V. m. Anlage 4 EEG 2012: Nach § 33g II EEG 2012 erfolgt die Berechnung der Höhe der Marktprämie nach Maßgabe von Anlage 4 anhand des sog. anzulegenden Werts. Dieser entsprach nach §33h EEG 2012 im Wesentlichen der jeweils einschlägigen Einspeisevergütung. Nach 1.2. der Anlage entsprach die Marktprämie nun der Differenz dieses anzulegenden Werts und des sog. energieträgerspezifischen Referenzmarktwertes. Zu dessen Berechnung war von dem tatsächlichen Monatsmittelwert der Stundenkontrakte am Spotmarkt der Strombörse EPEX Spot SE in Leipzig in Cent pro Kilowattstunde die sog. Managementprämie abzuziehen; vgl. hierzu auch die Erläuterung bei Wustlich/Müller, ZNER 2011, 380 (390 ff.). 92 Wustlich/Müller, ZNER 2011, 380 (388).
B. Einleitung des Systemwechsels: Das EEG 2014
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Einführung des Stromeinspeisungsgesetzes durch ein hohes Maß an Kontinuität ausgezeichnet hat. Führte die gesetzgeberische Reaktion auf Fehlentwicklungen im Zuge der verschiedenen Novellen und Reformen zwar zu einer erheblichen Ausweitung der Regelungsdichte, bewirkten die materiellen Änderungen gleichwohl vor allem eine Fortentwicklung des ursprünglich installierten Förderkonzepts: So erfolgte die Förderung auf Grundlage des EEG 2012 ebenso wie schon nach den Regelungen des Stromeinspeisungsgesetzes durch einen preisgesteuerten Ansatz unter Zusicherung der Abnahme und der Vergütung des erzeugten Stroms.93 Aufgrund der hierdurch bewirkten Freistellung von marktlichen Risiken versetzt ein Versprechen garantierter Abnahme bei marktpreisunabhängiger Vergütung Betreiber von Anlagen zur Erzeugung von EE-Strom in eine sehr komfortable Position. Entsprechend stellte sich das Einspeisevergütungsmodell als besonders wirksames Förderinstrument dar: Der mit dem EEG seit seinem Inkrafttreten verfolgte Förderansatz hat einen Anstieg des Ökostromanteils an der Gesamtstromerzeugung von 6,2 % im Jahr 2000 auf 25,4 % im Jahr 2013 als dem letzten Jahr vor Inkrafttreten des EEG 2014 geführt. Der massive Zubau wurde aber auch von einem rasanten Kostenanstieg begleitet. Allein im Zeitraum zwischen 2009 und 2014 stieg die EEGUmlage von 1,33 ct/kWh auf 6,24 ct/kWh. Im Jahr 2014 entfiel gut ein Fünftel des Strompreises für Haushalte auf die EEG-Umlage. Der durch StromEinspG und EEG verwirklichte Förderansatz war aufgrund seiner Marktferne seit jeher ordnungspolitisch umstritten.94 Dabei lässt sich mit Blick auf die Abschaffung der physikalischen Wälzung und der Einführung der optionalen Marktprämie in der bis hierhin rekapitulierten Entwicklung des Rechtsrahmens durchaus bereits ein gesetzgeberisches Bemühen um eine verbesserte Marktintegration der EE-Förderung beobachten. Jedoch gewann die mit Forderungen nach einem Wechsel des Förderinstruments verbundene systemische Kritik gewissermaßen im Gleichschritt mit der bezeichneten Kostenentwicklung eine Intensität, der mit Maßnahmen zur effizienzorientierten Fortentwicklung des etablierten Förderansatzes nicht zu begegnen war.
B. Einleitung des Systemwechsels: Das EEG 2014 Es wurde gezeigt, dass die Systematik der Ansprüche von EE-Anlagenbetreibern seit Beginn der gesetzlichen Förderung über die erwähnten Novellen und Änderungsgesetze hinweg im Wesentlichen beibehalten wurde. Durch die Reform des EEG im Jahr 201495 hat der Rechtsrahmen sodann aber deutliche Änderungen er93
Schneider, in: ders./Theobald (Hrsg.), Recht der Energiewirtschaft, § 21 Rn. 39. Klinger, in: Baur/Müller-Graff/Zuleeg (Hrsg.), FS Börner, S. 541 ff.; eingehend zur ordnungspolitischen Kritik am deutschen Einspeisevergütungssystem unten § 4 B. 95 Gesetz zur grundlegenden Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und zur Änderung weiterer Bestimmungen des Energiewirtschaftsrechts vom 21.07.2014, BGBl. I S. 1066; 94
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§ 2 Von der Preissteuerung zum Ausschreibungsverfahren
fahren. Im Zentrum stand die Einleitung des Systemwechsels vom tradierten Einspeisevergütungsmodell zu einer wettbewerblichen Förderung mittels Ausschreibungen. Das Gesetz diente insoweit von Anfang an der Gestaltung einer Übergangsphase, als es die Gleise für die weitere Reform legte, die durch Inkrafttreten des EEG 2017 umgesetzt wurde. Nachfolgend sollen die Hintergründe zur Entstehung des Gesetzes (I.) sowie die hierdurch bewirkten wesentlichen Neuerungen (II.) dargestellt werden.
I. Hintergrund Im Frühjahr 2014 hat die Bundesregierung die sog. „Meseberger Eckpunkte“ für die Reform des EEG beschlossen.96 Das Papier stellte die Grundsätze der Reform des EEG auf Grundlage des Koalitionsvertrags97 zwischen CDU, CSU und SPD vor. Danach war es ein wesentliches Anliegen des Reformgesetzgebers, der bisherigen Kostenentwicklung des EEG zu begegnen, um die weitere Erhöhung der Stromkosten für die Verbraucher zu begrenzen.98 Als Mittel zur Erreichung der angestrebten Stabilisierung des Kostenniveaus nannte das Eckpunktepapier insbesondere einen vorhersehbaren Ausbaukorridor, mehr Kosteneffizienz und eine stärker marktwirtschaftlich ausgerichtete Förderung. Konkretisierend wurden der Systemwechsel zur Mengensteuerung durch Ausschreibungsverfahren sowie die Einführung der verpflichtenden Direktvermarktung angekündigt.99 Insbesondere war die Reform aber – auch ausweislich des Eckpunktepapiers100 – im unionsrechtlichen, namentlich im beihilferechtlichen Kontext zu sehen. Hintergrund ist die vor allem mit der erläuterten Umgestaltung des Finanzierungssystems begründete Auffassung der Europäischen Kommission, dass es sich sowohl bei der Förderung in Gestalt von Einspeisevergütung und Marktprämie als auch bei der durch die BesAR bewirkten Privilegierung stromintensiver Unternehmen auf Grundlage des EEG 2012 um staatliche Beihilfen im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV handelt. In Umsetzung dieser Rechtsauffassung hat die Kommission am 18.12.2013 ein förmliches Beihilfeverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eröffnet. Maßstab für die beihilferechtliche Vereinbarkeitsprüfung nationaler Förderregelungen sind zuvörderst die Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014 – 2020, welche am 09.04.2014 veröffentlicht und für einen Überblick zum EEG 2014 vgl. Müller/Kahl/Sailer, ER 2014, 139; Wustlich, NVwZ 2014, 1113. 96 BMWi (Hrsg.), Eckpunkte für die Reform des EEG. 97 Deutschlands Zukunft gestalten – Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vom 16.12.2013, abrufbar unter: https://www.cdu.de/sites/default/files/media/dokumente/koalitions vertrag.pdf (zuletzt abgerufen am 08.08.2019). 98 BMWi (Hrsg.), Eckpunkte für die Reform des EEG, S. 1. 99 BMWi (Hrsg.), Eckpunkte für die Reform des EEG, S. 2. 100 BMWi (Hrsg.), Eckpunkte für die Reform des EEG, S. 5.
B. Einleitung des Systemwechsels: Das EEG 2014
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auf das EEG 2012 rückwirkend angewandt wurden.101 Zwar ging die Bundesregierung anders als die Kommission davon aus, dass es sich bei den bezeichneten Förderregelungen nicht um eine Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV handelt. Gleichwohl kündigte sie an, „größtmögliche Kohärenz“ mit den Leitlinien herzustellen.102 Die Regelungen der Leitlinien waren somit faktischer Maßstab für die Gestaltung der Reform 2014. Im April 2014 hat die Bundesrepublik Deutschland die Entwürfe für das EEG 2014 als Beihilfe notifiziert. Nachdem die Kommission mit Mitteilung vom 23.07.2014 die Vereinbarkeit des EEG 2014 mit den Beihilfevorschriften bestätigt hatte103, konnte das Gesetz sodann am 01.08.2014 in Kraft treten.104
II. Wesentliche Neuerungen Das Bestreben des Gesetzgebers, der Kritik an der unzureichenden Marktintegration der EE-Stromerzeugung Rechnung zu tragen, war im novellierten Gesetzestext deutlich zu erkennen. So sollte eine verbesserte Markt- und Netzintegration der erneuerbaren Energien zu einer Transformation des gesamten Energieversorgungssystems beitragen.105 Unverändert wurde das Ziel formuliert, den Anteil des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms am Bruttostromverbrauch auf mindestens 80 % bis zum Jahr 2050 zu erhöhen, wobei dies nun ausdrücklich „kosteneffizient“ zu erfolgen hatte, § 1 II 1 EEG 2014.106 Diese allgemeinen Ausbauziele wurden durch einen gesetzlichen Ausbaupfad in der Weise konkretisiert, dass für Windenergieanlagen an Land sowie für Photovoltaik- und Biomasseanlagen Zuwachsraten im Hinblick auf die installierte Leistung in MW vorgegeben wurden.107 Um die Einhaltung der Vorgaben zu fördern, hat der Gesetzgeber das zuvor nur für Photovoltaikanlagen zur Anwendung gebrachte108 Prinzip des sog. „atmenden Deckels“ auf Kapazitäten zur Erzeugung von Strom aus Biomasse und Windenergie an Land erweitert. Dieses Instrument bewirkte eine indirekte Mengensteuerung, indem die Degression der Förderbeiträge in Abhängigkeit von der tatsächlichen Zubaumenge gestellt wurde: Danach erhöhte bzw. verringerte sich die ohnehin vorgesehene 101 102 103
final. 104
Ausführlich zum Beihilfeverfahren zum EEG 2012 unten § 5 B. II. 1. c). BMWi (Hrsg.), Eckpunkte für die Reform des EEG, S. 5. Europäische Kommission, Beschl. v. 23.07.2014, SA.38632 (2014/N), C(2014) 5081
Zum Gesetzgebungsverfahren vgl. Wustlich, NVwZ 2014, 1113 (1114 f.). § 2 I 2 EEG 2014. 106 Die Meilensteine, die den Ausbaukorridor auf dem Weg zu diesem Fernziel bilden, sind im Vergleich zum EGG 2012 verändert worden. Zeitlicher Anknüpfungspunkt für die aktualisierten Etappenziele waren nun die Jahre 2025 und 2035, vgl. § 1 II 2 EEG 2014. 107 § 3 EEG 2014. 108 Vgl. § 20 IIa EEG 2009; s. hierzu Schneider, in: ders./Theobald (Hrsg.), Recht der Energiewirtschaft, § 21 Rn. 102 m. w. N. 105
62
§ 2 Von der Preissteuerung zum Ausschreibungsverfahren
reguläre Absenkung der Förderung, wenn die jeweiligen Zielwerte hinsichtlich der Steigerung der installierten Leistung um bestimmte Werte über- bzw. unterschritten wurden.109 Im Zentrum der Reform stand aber die mit der Einführung der verpflichtenden Direktvermarktung (1.) und der Einleitung der Umstellung auf Ausschreibungsverfahren (2.) bewirkte Neuordnung der Fördersystematik. 1. Einführung der verpflichtenden Direktvermarktung § 2 II EEG 2014 war der Programmsatz zu entnehmen, dass Strom aus erneuerbaren Energien zum Zweck der Marktintegration direkt vermarktet werden soll. Als Grundnorm für die Regelung der Förderansprüche räumte § 19 EEG 2014 Anlagenbetreibern einen Anspruch auf die Marktprämie110 oder – ausnahmsweise – auf Zahlung der Einspeisevergütung ein.111 In welchen Fällen die Inanspruchnahme einer Einspeisevergütung möglich blieb, wurde durch das EEG 2014 abschließend geregelt: Danach stand die Inanspruchnahme der Einspeisevergütung zunächst Betreibern von Kleinanlagen mit einer installierten Leistung von höchstens 500 KW offen, für nach dem 31.12.2015 in Betrieb genommene Anlagen wurde der Schwellenwert auf nur 100 KW installierter Leistung abgesenkt.112 Daneben konnte die Einspeisevergütung nur noch in Ausnahmefällen als sog. Ausfallvergütung beansprucht werden. Hatten Anlagenbetreiber auf Grundlage des EEG 2012 noch die Möglichkeit, zwischen der fixen Einspeisevergütung und Direktvermarktung zu wählen, war letztere nach dem reformierten Rechtsrahmen für Neuanlagen nunmehr der gesetzliche Regelfall.113 Die Funktionsweise des Marktprämienmodells114 ist im Wesentlichen unverändert geblieben. Als zentrale Berechnungsgrundlage für die Förderbeträge wurde der sog. „anzulegende Wert“ eingeführt. Dabei handelt es sich um den zur Ermittlung der Marktprämie oder der Einspeisevergütung zugrunde zu legenden Betrag in Cent pro
109 Vgl. für Strom aus Windenergie an Land § 29 III f. EEG 2014, für Strom aus solarer Strahlungsenergie § 31 III f. EEG 2014. Für Strom aus Biomasse war nur eine Erhöhung der Absenkung vorgesehen, vgl. §§ 28 III EEG 2014. Lediglich für Strom aus Windenergie auf See war keine weitere Absenkung vorgesehen, vgl. § 30 EEG 2014. Eine echte Deckelung in dem Sinne, dass keine Förderung mehr erfolgte, wenn die Summe der installierten Leistung einen bestimmten Wert überstieg, sahen die Regelungen ebenso wie schon nach dem EEG 2012 für Strom aus Photovoltaikanlagen vor, vgl. § 31 VI EEG 2014. 110 § 19 I Nr. 1 i. V. m. § 34 EEG 2014. 111 § 19 I Nr. 2 i. V. m. § 37 f. EEG 2014. 112 § 37 II EEG 2014. 113 Bereits im Gesetzgebungsprozess zum EEG 2012 wurde diskutiert, die Direktvermarktung verpflichtend auszugestalten, vgl. Wustlich/Müller, ZNER 2011, 380 (389). 114 Die auf Grundlage des EEG 2012 bestehende weitere Form der geförderten Direktvermarktung in Gestalt des Grünstromprivilegs wurde im Zuge der Reform gestrichen.
B. Einleitung des Systemwechsels: Das EEG 2014
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Kilowattstunde.115 Die Höhe des anzulegenden Werts wurde in besonderen Förderbestimmungen für die einzelnen Technologien abhängig von der Bemessungsleistung festgeschrieben.116 Die auf Grundlage des EEG 2012 gesondert gewährte Managementprämie wurde in die anzulegenden Werte eingerechnet.117 2. Hinwendung zum Ausschreibungsverfahren Im Hinblick auf den hiesigen Untersuchungsgegenstand ist die mit der Novelle eingeleitete Hinwendung zur Mengensteuerung mittels Ausschreibungsverfahren von besonderer Bedeutung. § 2 V 1 EEG 2014 gab vor, dass die finanzielle Förderung und ihre Höhe für Strom aus erneuerbaren Energien und aus Grubengas bis spätestens 2017 durch Ausschreibungen ermittelt werden sollten. Um diesen Systemwechsel zu ermöglichen bzw. zu erleichtern, sah § 2 V 2 EEG 2014 vor, dass zunächst für Strom aus Freiflächenanlagen Erfahrungen mit einer solchen wettbewerblichen Ermittlung der Höhe der finanziellen Förderung zu sammeln sind. Die im Rahmen dieses sog. „PV-Piloten“ gewonnenen Erkenntnisse waren bis spätestens zum 30. Juni 2016 in einem Erfahrungsbericht zusammenzufassen und sollten als Grundlage für die bereits angelegte neuerliche Reform des EEG zur Umstellung auf Ausschreibungen auch für andere Technologien dienen. Die Implementierung des PV-Piloten wurde zwar durch die Regelungen des EEG 2014 vorstrukturiert (a)). Die Gestaltung des Ausschreibungsdesigns blieb im Einzelnen jedoch der nach Maßgabe des EEG 2014 erlassenen Freiflächenausschreibungsverordnung vorbehalten (b)). a) Regelungen im EEG Die Verpflichtung zur Durchführung des PV-Piloten wurde durch § 55 EEG 2014 konkretisiert, der „Besondere Förderbestimmungen“ für Ausschreibungen enthielt. Nach § 55 I EEG 2014 musste die Bundesnetzagentur118 die finanzielle Förderung und ihre Höhe für Strom aus Freiflächenanlagen oder für die Bereitstellung installierter Leistung aus Freiflächenanlagen im Rahmen von Ausschreibungen ermitteln, wobei dies nach Maßgabe einer Verordnung zu erfolgen hatte, zu deren Erlass die Bundesregierung in § 88 EEG 2014 ermächtigt wurde. 115
Vgl. § 23 I EEG 2014. Vgl. §§ 40 ff. EEG 2014. Die Methode zur Berechnung der Förderhöhe anhand des anzulegenden Werts war für die Marktprämie in § 34 II i. V. m. Anlage 1 EEG 2014, für die Einspeisevergütung in § 37 III EEG 2014 (Kleinanlagen) und § 38 II EEG 2014 (Ausfallvergütung) geregelt. 117 Vgl. Günther, in: Gundel/Lange (Hrsg.), Energieversorgung in Zeiten der Energiewende, S. 131 (144 f.). 118 Nach § 88 IV Nr. 1 EEG 2014 ist die Bundesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung eine andere juristische Person des öffentlichen Rechts mit den Ausschreibungen zu betrauen oder in entsprechendem Umfang eine juristische Person des Privatrechts zu beauftragen. 116
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§ 2 Von der Preissteuerung zum Ausschreibungsverfahren
Aus dem Zusammenspiel von § 55 EEG 2014 und der bezeichneten Verordnungsermächtigung folgte ein weitgehender Gestaltungsspielraum zugunsten des Verordnungsgebers. Die das Ausschreibungsdesign prägenden Bedingungen wurden in § 88 EEG 2014 katalogartig der Bundesregierung zur Regelung zugewiesen. Von den wenigen direkt aus § 55 EEG 2014 folgenden Vorgaben konnte durch Regelung in der Verordnung teilweise wieder abgewichen werden. So wurde die Bundesregierung in § 88 EEG 2014 ermächtigt, unter anderem Regelungen vorzusehen zu Verfahren und Inhalt der Ausschreibungen, zu Art, Form und Inhalt der Zuschlagserteilung sowie der für eine erfolgreiche Teilnahme maßgeblichen Kriterien. Im Übrigen oblag dem Verordnungsgeber auch der Erlass von Regelungen betreffend Art, Form und Inhalt der durch einen Zuschlag vergebenen finanziellen Förderung. Dies betraf zum einen die Frage, ob die Förderung für elektrische Arbeit pro Kilowattstunde, für die Bereitstellung installierter Leistung in Euro pro Kilowatt oder für eine Kombination beider Varianten gezahlt werden soll. Zum anderen war von der Bundesregierung zu beantworten, ob die Förderung in Form einer Marktprämie, Einspeisevergütung oder in anderer Weise erfolgen soll.119 b) Die Freiflächenausschreibungsverordnung Zentrales Anliegen des Reformgesetzgebers war es, die auf Grundlage der Vorgängergesetze entstandene Kostendynamik zu durchbrechen. Die wettbewerbliche Ermittlung der Förderung und ihrer Höhe durch technologiespezifische Ausschreibungen sollte dazu beitragen, die Ausbauziele kosteneffizienter zu erreichen. Um seinem Zweck entsprechend hierzu wichtige Erfahrungswerte beisteuern zu können, musste das durch die Verordnung zu vermittelnde Design ebenfalls an den bezeichneten Zielvorgaben ausgerichtet werden. Die Frage, wie mit dieser Maßgabe der durch die Regelungen des EEG zugunsten des Verordnungsgebers geschaffene Gestaltungsspielraum genutzt werden sollte, war im Vorfeld Gegenstand wissenschaftlicher Diskussionen. So stellte das BMWi zunächst ein Eckpunktepapier zur öffentlichen Konsultation, das im Wesentlichen die Erkenntnisse der wissenschaftlichen Empfehlung eines Forschungskonsortiums zur Ausgestaltung des Pilotausschreibungssystems umsetzte. Nach Abschluss des sich hieran wiederum anschließenden Konsultations- und Diskussionsprozesses trat die sog. Freiflächenausschreibungsverordnung am 12.02.2015 in Kraft.120 Im Folgenden sollen zunächst die für die Gestaltung der FFAV leitenden Erwägungen aufgezeigt werden (aa)), bevor im Anschluss das Ausschreibungsdesign skizziert wird (bb)). Zu beachten ist, dass die Regelungen der FFAV nur der Umsetzung der gesetzlichen Vorgabe zur Ermittlung der Förderhöhe mittels Aus119
§ 88 I Nr. 5 EEG 2014. Verordnung zur Ausschreibung der finanziellen Förderung für Freiflächenanlagen (Freiflächenausschreibungsverordnung – FFAV), BGBl. 2015 I S. 108; zur FFAV vgl. Huerkamp, EnWZ 2015, 195; Kohls/Wustlich, NVwZ 2015, 313; Schulz/Möller, ER 2015, 87; Stelter, EnWZ 2015, 147; Valentin/von Bredow, et 2015, 78; Vollprecht/Lamy, ZNER 2015, 93. 120
B. Einleitung des Systemwechsels: Das EEG 2014
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schreibungen dienten. Im Übrigen fanden die Vorschriften des EEG auch für Freiflächenanlagen weiterhin Anwendung. Auf diese Weise sollten Vergleichbarkeit und Kosteneffizienz gewährleistet werden.121 aa) Diskussion zum Ausschreibungsdesign Wie einleitend angedeutet wurde, war die Frage nach der Gestaltung des Ausschreibungsdesigns im Vorfeld des Inkrafttretens der FFAV Gegenstand wissenschaftlicher Diskussionen. Im Hinblick auf das Bestreben, eine Absenkung der Förderkosten herbeizuführen, stand die Gewährleistung wirksamen Wettbewerbs im Zentrum. Grundlage war die einleuchtende Erwägung, dass teilnehmende Bieter nur bei Vorliegen einer Konkurrenzsituation ihre wahren Kosten offenbaren werden, statt in Erwartung des vermeintlich sicheren Zuschlags strategisch überhöhte Gebote abzugeben.122 Als entscheidender Einflussfaktor für eine entsprechende Knappheitssituation wurde zum einen die maßgebliche Flächenkulisse ausgemacht.123 Zentrale Bedeutung für die Entstehung eines effizienzfördernden Wettbewerbs wurde unter Hinweis auf die wettbewerbsschädlichen Auswirkungen einer Marktkonzentration zudem der Akteursstruktur beigemessen.124 Als Stellschraube wurde insoweit vor allem die Begrenzung der mit der Teilnahme an einem Ausschreibungswettbewerb einhergehenden Investitionsrisiken in Gestalt verlorener Kosten im Falle erfolgloser Teilnahme betont. Die Gestaltung des Ausschreibungsdesigns erfolgte also in Anerkennung des Spannungsfelds zwischen der Gewährleistung einer hohen Realisierungswahrscheinlichkeit bei gleichzeitiger Begrenzung der Investitionsrisiken. Diesen Zielkonflikt aufzulösen, war eine der zentralen Herausforderungen bei der Gestaltung des Ausschreibungsdesigns. Betont wurde im Übrigen die Bedeutung einer einfachen und verständlichen Verfahrensgestaltung. Auch dieses gesetzgeberische Anliegen war im Zusammenhang mit dem Erhalt der Akteursvielfalt zu sehen. Hintergrund war der Gedanke, dass der im Vergleich zum Einspeisevergütungsmodell erhöhte administrative Aufwand Abschreckungswirkung entfalten und auf diese Weise die Akteursvielfalt beeinträchtigen könnte.125
121
Begründung zur FFAV S. 43. Begründung zur FFAV S. 1 f. sowie S. 36 f. 123 Begründung zur FFAV S. 2 sowie S. 37 f. und S. 42 f. 124 Ecofys (Hrsg.), Ausgestaltung des Pilotausschreibungssystems für Photovoltaikfreiflächenanlagen, S. 10; im Hinblick auf den Beitrag von Bürgerenergieprojekten, lokalen Projektentwicklern und anderen kleinen Akteuren zur Akzeptanz der Energiewende wurde dem Erhalt der Akteursvielfalt aber auch jenseits dieses wettbewerblichen Aspekts seit Beginn der Diskussionen um das Design des Ausschreibungsmodells besondere Bedeutung beigemessen, vgl. etwa § 2 V 3 EEG 2014, wonach bei der Umstellung auf Ausschreibungen die Akteursvielfalt ausdrücklich erhalten bleiben soll. 125 Begründung zur FFAV S. 2. 122
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§ 2 Von der Preissteuerung zum Ausschreibungsverfahren
bb) Das Ausschreibungsdesign nach der FFAV Im Folgenden soll skizziert werden, wie der Verordnungsgeber den bezeichneten Spannungsfeldern Rechnung getragen hat. Die BNetzA musste in den Jahren 2015 bis 2017 zu jeweils drei Gebotsterminen bestimmte Ausschreibungsvolumina ausschreiben, um dem von § 1 FFAV vorgegebenen Zubauziel von durchschnittlich 400 Megawatt pro Jahr zu entsprechen.126 Ausgangspunkt des Verfahrens war jeweils die Bekanntmachung der Ausschreibungen durch die Bundesnetzagentur, § 5 FFAV. Interessierte Bieter mussten bis zum im Rahmen der Bekanntmachung veröffentlichten Termin Gebote im Umfang einer installierten Leistung von mindestens 100 KW und höchstens 100 MW abgeben. Der Gebotswert war in Cent pro Kilowattstunde anzugeben und entsprach dem anzulegenden Wert im Sinne von § 23 I 2 EEG, der die Basis für die Berechnung der gleitenden Marktprämie bildete.127 Bis zum Gebotstermin musste außerdem eine zur Absicherung etwaiger Strafzahlungsansprüchen der ÜNB dienende Erstsicherheit geleistet werden.128 Die Bundesnetzagentur prüfte die Zulässigkeit der eingegangenen Gebote anhand eines Katalogs gebots-129 und bieterbezogener130 Ausschlussgründe. Im eigentlichen Zuschlagsverfahren wurde sodann ermittelt, welchen der zugelassenen Gebote ein Zuschlag erteilt wird.131 Überschritt die Summe der Gebotsmengen das jeweilige Ausschreibungsvolumen, entschied grundsätzlich der Gebotswert darüber, welchen Geboten ein Zuschlag zu erteilen ist. Die Zuschlagserteilung erfolgte ausgehend von dem niedrigsten Gebotswert in aufsteigender Reihenfolge, bis das Ausschreibungsvolumen erreicht war.132 Hinsichtlich des Preisbildungsmechanismus sah die FFAV grundsätzlich die Anwendung des pay-as-bid-Verfahrens vor, nach welchem der Zuschlagswert grundsätzlich dem bei Gebotsabgabe angegebenen Gebotswert entspricht.133 In Abweichung hiervon sah die Verordnung für zwei Gebotstermine die Durchführung des Einheitspreisverfahrens („uniform pricing“) vor, § 13 II FFAV. Hier entsprach der Zuschlagswert dem höchsten Gebotswert unter den bezuschlagten 126 Vgl. § 3 FFAV; wird im Rahmen einer Ausschreibungsrunde das Ausschreibungsvolumen nicht erreicht, erhöht sich das Ausschreibungsvolumen für den jeweils nächsten Gebotstermin entsprechend um die entstandene Differenz, § 4 I FFAV. 127 Die Anforderungen an Gebote ergeben sich aus § 6 FFAV. 128 Der Höhe nach richtete sich die Erstsicherheit nach der angegebenen Gebotsmenge, je KW war ein Betrag von 4 Euro zu leisten, § 7 III FFAV. 129 Gebotsbezogene Ausschlussgründe sind etwa die Nichtleistung der Erstsicherheit oder wenn aus den standortbezogenen Angaben ersichtlich wird, dass die geplante Fläche nicht den Vorgaben entspricht, § 10 I Nr. 2 und Nr. 3 FFAV. 130 Die bieterbezogenen Ausschlussgründe ergeben sich aus § 11 FFAV. 131 Zum Zuschlagsverfahren vgl. § 12 FFAV. 132 Bei gleichem Gebotswert erhält das Gebot mit der niedrigsten Gebotsmenge den Vorzug, § 12 II Nr. 1 b) i. V. m. Nr. 2. 133 Vgl. § 13 I FFAV; zu Gebots- und Einheitspreisverfahren s. schon oben § 1 B. II. 2. b).
B. Einleitung des Systemwechsels: Das EEG 2014
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Geboten. Lag die Summe der Gebotsmengen unterhalb des Ausschreibungsvolumens, entsprach der Zuschlagswert einem vorzugebenden strategischen Höchstwert. Die nach bezeichnetem Verfahren erfolgreichen Bieter mussten innerhalb von zehn Werktagen nach der Bekanntgabe des Zuschlags durch die Bundesnetzagentur eine Zweitsicherheit in Höhe von 50 Euro pro Kilowatt leisten, andernfalls kam es zum Erlöschen des Zuschlags und zur Entwertung der registrierten Gebotsmenge durch die BNetzA.134 Innerhalb einer materiellen Ausschlussfrist von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Zuschlags mussten erfolgreiche Bieter eine Förderberechtigung beantragen, um Anspruch auf die Förderung nach Maßgabe von § 19 EEG 2014 zu haben.135 Die Förderberechtigung wies die Höhe des anzulegenden Werts aus, welcher grundsätzlich dem Zuschlagswert des bezuschlagten Gebots entsprach.136 cc) Ergebnisse des Ausschreibungsberichts nach § 99 EEG 2014 In Erfüllung ihrer in § 99 EEG 2014 geregelten Verpflichtung hat die Bundesregierung am 13. Januar 2016 ihren Ausschreibungsbericht vorgelegt.137 Gegenstand des Berichts waren die drei Ausschreibungsrunden im Jahr 2015, für welche das BMWi das Wettbewerbsniveau, Kosten und Zielerreichung einer Bewertung unterzog. Im Übrigen wurde auch die Akteursstruktur evaluiert. Das BMWi hat für die drei Ausschreibungsrunden 2015 eine heterogene Bieterlandschaft beobachtet. Ausweislich des Berichts haben an allen Ausschreibungsrunden Bieter verschiedenster Rechtsformen teilgenommen. Dies war dem Bericht zufolge auch darauf zurückzuführen, dass sich das implementierte Verfahren als transparent und leicht verständlich erwiesen habe. Als Beleg hierfür wurde angeführt, dass etwa die Rate der formfehlerhaften Gebote zurückgegangen sei. Im Übrigen sei die Verständlichkeit des Verfahrens auch durch eine Evaluierung unter
134 Der Sicherung der hiermit gleichsam entstandenen Verpflichtung zur Leistung einer Strafzahlung an den regelverantwortlichen ÜNB diente die Erstsicherheit, § 7 I i. V. m. § 30 I Nr. 1 i. V. m. § 20 I 1 FFAV. 135 Vgl. § 28 I Nr. 1 FFAV. Die an den Antrag zu stellenden Anforderungen ergaben sich aus § 21 FFAV. Ob dem Antrag auf Ausstellung einer Förderberechtigung zu entsprechen war, richtete sich nach § 22 FFAV. Neben der Registrierung der entsprechenden Gebotsmenge war danach insbesondere erforderlich, dass die Anlage vor Antragsstellung bereits in Betrieb genommen wurde. Im Übrigen müssen auch die flächenspezifischen Voraussetzungen gegeben sein. Erfolgte keine fristgerechte Antragsstellung oder wurde der Antrag abgelehnt, führte dies zur Entwertung der registrierten Gebotsmenge, § 20 II FFAV. 136 Vgl. § 26 II 1 FFAV. Der anzulegende Wert verringerte sich nach Maßgabe der weiteren Absätze bei vollständiger Standortabweichung im Vergleich zur Flächenangabe im Gebot oder wenn der Antrag auf Ausstellung einer Förderberechtigung erst nach Ablauf des 18. Kalendermonats nach Bekanntgabe des Zuschlags erfolgte. 137 BMWi (Hrsg.), Ausschreibungsbericht nach § 99 EEG 2014; vgl. auch BNetzA (Hrsg.), Bericht der Bundesnetzagentur „Pilotausschreibungen zur Ermittlung der Förderhöhe für Photovoltaik-Freiflächenanlagen“.
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§ 2 Von der Preissteuerung zum Ausschreibungsverfahren
Teilnehmern der Ausschreibungen bestätigt worden.138 Zudem attestiert der Bericht allen Ausschreibungsrunden ein hohes Wettbewerbsniveau. Alle Ausschreibungsrunden seien mehrfach überzeichnet gewesen. Beleg für die hohe Wettbewerbsintensität sei der Umstand, dass die Förderhöhe von der ersten zur dritten Ausschreibungsrunde von 9,17 auf 8 Cent pro Kilowattstunde gesunken sei.139 Im Verhältnis des mittleren Zuschlagswerts zur administrativ festgesetzten Förderhöhe sah das BMWi einen wichtigen Anhaltspunkt für die Kosteneffizienz der Ausschreibungen.140 Insoweit sei zu beobachten gewesen, dass der durchschnittliche Zuschlagswert in der dritten Ausschreibungsrunde zum geschätzten Zeitpunkt der Inbetriebnahme bereits leicht unterhalb der administrativ festgesetzten Förderhöhe liege. Mit Blick auf die Zielerreichung kann dem Ausschreibungsbericht keine abschließende Einschätzung entnommen werden. Hintergrund ist die Umsetzungsfrist von 24 Monaten, die erfolgreichen Bietern durch die Regelungen der FFAV eingeräumt wurde. Ausweislich des Berichts wurden aber hohe Realisierungsraten erwartet. Im Rahmen der Ausschreibungen seien insgesamt etwa 520 KW bezuschlagt worden. Eine Förderberechtigung sei zwar innerhalb des für den Ausschreibungsbericht berücksichtigungsfähigen Zeitraums noch nicht beantragt worden. Im Rahmen einer von der BNetzA durchgeführten Befragung habe die Mehrheit der erfolgreichen Bieter eine hohe Realisierungswahrscheinlichkeit für das jeweilige Projekt angegeben. Die Bundesregierung kam zu dem vorläufigen Schluss, dass Ausschreibungen ein geeignetes Instrument seien, um den Zubau entlang der festgelegten Ausbauziele zu steuern. So wurde auf die Möglichkeit hingewiesen, nicht realisierte Zubaumengen späteren Ausschreibungen zuzuschlagen oder die Nichtrealisierungsquote zu antizipieren und von vornherein das Ausschreibungsvolumen entsprechend zu erhöhen.141 Die (vorläufigen) Ergebnisse des Ausschreibungsberichts zeichneten also mit Blick auf die maßgeblichen Parameter ein positives Bild von Ausschreibungen als Instrument zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. Wesentliche Voraussetzung für den Erfolg sei es aber, dass die Ausschreibungsregeln auf das jeweilige Marktumfeld angepasst werden. Auf Grundlage dieser Erkenntnis sprach sich die Bundesregierung gegen eine technologieneutrale Gestaltung der Ausschreibungen aus.142
138
BMWi (Hrsg.), Ausschreibungsbericht nach § 99 EEG 2014, S. 5 f. BMWi (Hrsg.), Ausschreibungsbericht nach § 99 EEG 2014, S. 6. 140 BMWi (Hrsg.), Ausschreibungsbericht nach § 99 EEG 2014, S. 8 f. 141 BMWi (Hrsg.), Ausschreibungsbericht nach § 99 EEG 2014, S. 9 f.; auch die BNetzA plädiert in ihrem Bericht für einen Aufschlag auf die intendierte Zubaumenge, vgl. BNetzA (Hrsg.), Bericht der Bundesnetzagentur „Pilotausschreibungen zur Ermittlung der Förderhöhe für Photovoltaik-Freiflächenanlagen“, S. 17. 142 BMWi (Hrsg.), Ausschreibungsbericht nach § 99 EEG 2014, S. 3. 139
C. Vollzug des Systemwechsels: das EEG 2017
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C. Vollzug des Systemwechsels: das EEG 2017 Wurde der Charakter des EEG 2014 als Übergangsregelung skizziert, ist nunmehr der Blick auf den aktuellen Rechtsrahmen in Gestalt des EEG 2017 zu richten. Nach einer überblicksartigen Darstellungen des Entstehungsprozesses (I.) wird der Blick auf die Gestaltung der Fördersystematik gerichtet, wobei der Schwerpunkt der Betrachtung hierbei auf der Hinwendung zum Ausschreibungsverfahren liegt (II). Im Rahmen eines Zwischenfazits werden die Ergebnisse zusammengefasst (III.).
I. Hintergrund Am 08.07.2016 hat der Deutsche Bundestag das EEG 2017 beschlossen. Der Reform war wiederum ein umfangreicher Konsultationsprozess vorausgegangen. So hatte das BMWi bereits im Juli 2015 ein erstes Eckpunktepapier veröffentlicht, das einen Zwischenstand der aus Marktanalysen, Diskussionsprozessen und wissenschaftlichen Empfehlungen gewonnenen Erkenntnisse abbildete.143 Auf Grundlage der eingegangenen Stellungnahmen folgte sodann im Februar 2016 ein „Fortgeschriebenes Eckpunktepapier“144, welches der Konkretisierung der Vorschläge betreffend das Ausschreibungsdesign diente. Nach Veröffentlichung eines Referentenentwurfs durch das BMWi am 14.04.2016145 und Ablauf der in diesem vorgesehenen Stellungnahmefrist beschloss das Bundeskabinett am 08.06.2016 einen Regierungsentwurf, der sodann Gegenstand des zügig durchgeführten Gesetzgebungsverfahrens wurde.146 Nach einer insbesondere die Regelungen zur Belastung des Eigenverbrauchs mit der EEG-Umlage betreffenden Verständigung mit der Bundesregierung erteilte die Europäische Kommission am 20.12.2016 die beihilferechtliche Genehmigung des EEG 2017147, sodass das Gesetz am 1. Januar 2017 in Kraft treten konnte.
II. Gestaltung der Fördersystematik Im Zentrum der Novelle steht der Vollzug des im EEG 2014 angelegten Systemwechsels zur Ermittlung von Förderberechtigung und -höhe durch Ausschrei143 BMWi (Hrsg.), Ausschreibungen für die Förderung von Erneuerbare-Energien-Anlagen. Eckpunktepapier. 144 BMWi (Hrsg.), EEG-Novelle 2016. Fortgeschriebenes Eckpunktepapier zum Vorschlag des BMWi für das neue EEG. 145 Ursprünglich hatte der Terminplan vorgesehen, dass bereits zu diesem Zeitpunkt ein Referentenentwurf vorliegen würde, vgl. Altrock/Vollprecht, ZNER 2016, 306 (306). 146 Zum Gesetzgebungsverfahren im Einzelnen Altrock/Vollprecht, ZNER 2016, 306 (306). 147 Europäische Kommission, Beschl. v. 20.12.2016, SA.45461 (2016/N), C(2016) 8789 final.
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§ 2 Von der Preissteuerung zum Ausschreibungsverfahren
bungen. Bewirkt wird die Neugestaltung der Fördersystematik durch eine Neufassung von Teil 3 des Gesetzes. Dessen erster Abschnitt betrifft die Arten des Zahlungsanspruchs, namentlich das Verhältnis zwischen Marktprämie und Einspeisevergütung (1.). Durch die im folgenden zweiten Abschnitt enthaltenen Vorschriften werden die Weichen zum Ausschreibungsverfahren als dem gesetzlichen Regelfall für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien gestellt (2.). Das Herzstück der Reform sind die das Ausschreibungsverfahren wesentlich vorstrukturierenden Vorschriften im dritten Abschnitt des dritten Teils des Gesetzes (3.). 1. Förderung mittels gleitender Marktprämie bleibt gesetzlicher Regelfall Die §§ 19 bis 21c EEG 2017 betreffen die Arten der Zahlungsansprüche und deren Verhältnis zueinander. Nach § 19 EEG 2017 als Grundnorm haben Anlagenbetreiber Anspruch auf Zahlung von Marktprämie148 oder Einspeisevergütung149. Dabei wird die Hierarchie der Zahlungsansprüche aus dem EEG 2014 übernommen: Die Inanspruchnahme der Einspeisevergütung steht im Regelfall150 nur noch Betreibern von Kleinanlagen mit einer installierten Leistung von bis zu 100 KW offen. Für Strom, der in Anlagen mit über diesen Schwellenwert hinausgehender Kapazität erzeugt wird, kann die Förderung also grundsätzlich nur mittels Zahlung der Marktprämie erfolgen. Damit wird die Förderung mittels gleitender Marktprämie als gesetzlicher Regelfall beibehalten. Die Voraussetzungen für deren Inanspruchnahme bleiben im Wesentlichen unverändert, werden aber nunmehr in § 20 I EEG 2017 zusammengefasst.151 2. Hinwendung zum Ausschreibungswettbewerb als gesetzlichem Regelfall Die Hinwendung zum Ausschreibungsverfahren wird maßgeblich durch § 22 EEG 2017 bewirkt. Indem die Vorschrift regelt, für welche Erzeugungsanlagen die Marktprämie152 künftig grundsätzlich mittels Ausschreibungen zu bestimmen ist,
148
§ 19 I Nr. 1 i. V. m. § 20 EEG 2017. § 19 I Nr. 2 i. V. m. § 21 EEG 2017. 150 Strom aus Anlagen mit mehr als 100 Kilowatt installierter Leistung können die Zahlung der Einspeisevergütung nur ausnahmsweise im Wege der sogenannten Ausfallvergütung in Anspruch nehmen, vgl. § 21 I Nr. 2 EEG 2017. Die Ausfallvergütung ermöglicht Anlagenbetreibern, die den erzeugten Strom direkt vermarkten, ausnahmsweise die Inanspruchnahme der Einspeisevergütung, um Ausnahmesituationen wie etwa die Insolvenz eines Direktvermarktungsunternehmens abzufedern, vgl. Begründung zum EEG 2017, BT-Drs.18/8860, S. 172. 151 Ausführlich zu den Ansprüchen der Anlagenbetreiber auf Grundlage des EEG 2017 Lamy/Rühr, EnWZ 2017, 248. 152 Aufgrund der maßgeblichen Schwellenwerte kommt die Durchführung von Ausschreibungen für die Ermittlung der Einspeisevergütung nicht in Betracht, dazu sogleich. 149
C. Vollzug des Systemwechsels: das EEG 2017
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fungiert sie als „Grundnorm“153 für den Systemwechsel von der Preis- zur Mengensteuerung: Gemäß § 22 I EEG 2017 ist der Kreis der Anspruchsberechtigten sowie der für die Ermittlung der Marktprämie maßgebende anzulegende Wert154 für Strom aus Windenergie an Land, Solaranlagen, Biomasseanlagen und Windenergieanlagen auf See von der Bundesnetzagentur durch Ausschreibungen zu ermitteln. In den folgenden Absätzen wird für jede dieser Erzeugungstechnologien das grundsätzliche Erfordernis der erfolgreichen Teilnahme an einem Ausschreibungswettbewerb wiederholt und jeweils bezeichnet, welche Anlagen – etwa, weil sie mit Blick auf die installierte Leistung die jeweils maßgebliche Bagatellgrenze nicht überschreiten – in Ausnahme von diesem Grundsatz von den Ausschreibungen ausgeschlossen bleiben.155 Für diese sowie für Anlagen zur Erzeugung von Strom aus den nicht in das grundsätzliche Ausschreibungserfordernis einbezogenen Energieträgern, namentlich Wasserkraft, Deponie-, Klär und Grubengas sowie Geothermie, wird die Höhe des anzulegenden Werts durch die §§ 40 – 49 EEG 2017 gesetzlich bestimmt, vgl. § 22 VI EEG 2017. Infolge der durch § 22 EEG 2017 bewirkten Zuordnung werden ca. 80 % der in neuen Anlagen erzeugten Strommengen durch Ausschreibungen ermittelt.156 3. Überblick über die Regelungen zum Ausschreibungsverfahren Orientierung hinsichtlich des für die Ausschreibungen maßgeblichen Regelungswerks gibt § 22 I EEG 2017: Danach ermittelt die BNetzA die Förderung durch Ausschreibungen nach den Vorschriften des dritten Abschnitts des neu gefassten dritten Teils des Gesetzes, namentlich den §§ 28 – 39j EEG 2017, gegebenenfalls in Verbindung mit Rechtsverordnungen nach den §§ 88 bis 88d EEG 2017 und dem neuen Windenergie-auf-See-Gesetz. Durch die bezeichneten Regelungen wird grundsätzlich die Einführung technologiespezifischer Ausschreibungen ins Werk gesetzt (a)). Die Gestaltung des Förderregimes wird teilweise auf den Verordnungsweg verlegt, wie die Verordnungsermächtigungen in den §§ 88 ff. EEG 2017 belegen. Diese ermöglichen unter anderem – in Ausnahme des eben beschriebenen Grundsatzes – die Durchführung technologiespezifischer (b)) und -übergreifender Ausschreibungen (c)).
153 So treffend Altrock/Vollprecht, ZNER 2016, 306 (306); vgl. auch BT-Drs. 18/8860, S. 237. 154 Vgl. die Begriffsbestimmung in § 3 Nr. 3 EEG 2017. 155 Während Windenergieanlagen an Land und Solaranlagen mit einer installierten Leistung bis einschließlich 750 KW von Ausschreibungserfordernis ausgenommen sind, liegt der Schwellenwert für Biomasseanlagen bei nur 150 KW, vgl. § 22 II-IV EEG 2017. 156 Vgl. hierzu die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 18/8860, S. 2.
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§ 2 Von der Preissteuerung zum Ausschreibungsverfahren
a) Allgemeine Ausschreibungsbestimmungen Der die Regelungen zum Ausschreibungsverfahren betreffende dritte Abschnitt des neu gefassten dritten Teils des EEG enthält im ersten Unterabschnitt allgemeine Ausschreibungsbestimmungen, die in den weiteren Unterabschnitten durch besondere Regelungen für die einbezogenenen Technologien ergänzt werden. Für OffShore-Windenergieanlagen werden technologiespezifische Sonderregelungen im eigens geschaffenen Windenergie-auf-See-Gesetz (WindSeeG)157 zusammengefasst. Das mittels der allgemeinen Ausschreibungsbestimmungen implementierte Verfahren lässt sich wie folgt skizzieren158 : Die BNetzA macht die Ausschreibungen spätestens fünf Wochen vor dem jeweiligen – sich aus § 28 EEG 2017159 ergebenden – Gebotstermin160 bekannt. Daraufhin können Gebote abgegeben werden, die den allgemeinen Anforderungen aus § 30 EEG 2017 und zusätzlich den aus den energiespezifischen Sondervorschriften161 zu entnehmenden Vorgaben genügen müssen. Bis zum Gebotstermin müssen Bieter außerdem bei der BNetzA eine – wiederum technologiespezifisch geregelte – Sicherheitszahlungen leisten, wodurch etwaige Forderungen der ÜNB auf Pönalen nach § 55 EEG 2017 gesichert werden. Im Rahmen des von der BNetzA durchgeführten Zuschlagsverfahrens162 werden die eingegangenen Gebote nach dem jeweiligen Gebotswert in aufsteigender Reihenfolge sortiert, bei Geboten mit identischem Gebotswert nach der Gebotsmenge in aufsteigender Reihenfolge.163 Im Anschluss prüft die BNetzA die Zulässigkeit der Gebote, namentlich das Vorliegen von Gründen, die nach den gesetzlichen Vorgaben zum Ausschluss von Geboten164 oder Bietern165 führen. Die danach zulässigen Gebote werden sodann in der Reihenfolge der Sortierung bezuschlagt, bis das jeweilige Ausschreibungsvolumen166 erreicht ist. Im Anschluss an dieses Zuschlagsverfahren im engeren Sinne werden die Zuschläge nach Maßgabe von § 35 EEG 2017 von der BNetzA bekannt gegeben. 157 Windenergie-auf-See-Gesetz vom 13. Oktober 2016, BGBl. I S. 2258, 2310, zuletzt geändert durch Art. 2 Absatz 19 des Gesetzes vom 20. Juli 2017, BGBl. I S. 2808. 158 Instruktiv Altrock/Vollprecht, ZNER 2016, 306 (307 ff.); Boemke, NVwZ 2017, 1 (3 ff.); Elspas/Berg/Günther, KSzW 2016, 211 (213 ff.); Kahl/Kahles/Müller, ER 2016, 187 (188 f.). 159 Für Windenergieanlagen auf See vgl. § 17 Windenergie-auf-See-Gesetz. 160 Der Gebotstermin markiert den Kalendertag, an dem die Frist für die Abgabe von Geboten für eine Ausschreibung abläuft, vgl. § 3 Nr. 25 EEG 2017. 161 Für Windenergieanlagen an Land § 36 EEG 2017, für Solaranlagen § 37 EEG 2017, für Biomasseanlagen § 39 EEG 2017, für Windenergie auf See § 20 Windenergie-auf-See-Gesetz. 162 Vgl. § 32 EEG 2017. 163 Die Regelung, nach welcher bei identischem Gebotswert Gebote mit niedrigeren Gebotswerten zuerst zum Zug kommen, soll zum Erhalt der Akteursvielfalt beitragen, vgl. BTDrs. 18/8860, S. 205. 164 § 33 EEG 2017. 165 § 34 EEG 2017. 166 Das Ausschreibungsvolumen wird für die verschiedenen Technologien und Gebotsterminen in § 28 EEG 2017 geregelt.
C. Vollzug des Systemwechsels: das EEG 2017
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b) Technologiespezifische Sonderregelungen Die soeben skizzierten allgemeinen Ausschreibungsbestimmungen werden durch die in den folgenden Unterabschnitten enthaltenen technogiespezifischen167 Vorschriften unter anderem hinsichtlich der Anforderungen an Gebote und der Regelungen zum Ausschluss von Geboten und Bietern oder zum Erlöschen von Zuschlägen konkretisiert und ergänzt.168 Die besonderen Auschreibungsregelungen für Windenergieanlagen an Land finden sich in den §§ 36 bis 36i EEG 2017. In Ergänzung zu den allgemeinen Anforderungen an Gebote nach Maßgabe von § 30 EEG 2017 erfordert die Zulassung zum Zuschlagsverfahren, dass für die Anlagen, für die ein Gebot abgegeben wird, bereits drei Wochen vor dem Gebotstermin eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung erteilt wurde, sog. „späte Ausschreibung“. Eine Ausnahme von diesem, der Sicherstellung einer hohen Realisierungswahrscheinlichkeit dienenden169, Erfordernis findet sich in § 36g I EEG 2017 für Bürgerenergiegesellschaften170, für welche mit Blick auf das Ziel, die Akteursvielfalt zu erhalten, neben dieser noch weitere Erleichterungen in besonderen Ausschreibungsbestimmungen niedergelegt sind. Der anzulegende Wert wird für Windenergieanlagen an Land im Rahmen des sog. einstufigen Referenzertragsmodells nach Maßgabe von § 36h EEG 2017 in Verbindung mit Anlage 2 berechnet. Danach bieten die Teilnehmer auf einen Standort mit dem Gütefaktor 100 %. Auf Grundlage des Zuschlagswerts für diesen Referenzstandort wird der anzulegende Wert anhand des tatsächlichen Gütefaktors der Anlage berechnet. Dieser richtet sich nach dem insbesondere von der Windhöffigkeit der Anlage abhängigen Verhältnis des Standortertrags der Anlage zum Referenzertrag, also dem Ertrag der Referenzanlage am Referenzstandort in Prozent. Zur konkreten Berechnung wird der Gütefaktor innerhalb eines Spektrums von 70 – 150 % in 10 %-Schritten in einen Korrekturfaktor übersetzt, mit welchem der jeweils ermittelte Zuschlagswert auf den Referenzstandort zu multiplizieren ist.171 Für Solaranlagen ergeben sich die technologiespezifischen Sonderregelungen aus den §§ 37 bis 38b EEG 2017. Die insoweit geltenden Besonderheiten entsprechen mit kleineren Abweichungen den Maßgaben aus der FFAV. Die von der BNetzA auf Antrag erfolgreicher Bieter nunmehr auszustellende Zahlungsberechtigung172 ent-
167 Sonderregelungen für Windenergieanlagen auf See bleiben im Folgenden außer Betracht; instruktiv zun maßgeblichen Rechtsrahmen Uibeleisen, NVwZ 2017, 7. 168 Für einen Überblick über die technologiespezifischen Regelungen vgl. Altrock/Vollprecht, ZNER 2016, 306 (308 ff.). 169 BT-Drs. 18/8860, S. 252. 170 Vgl. die Begriffsbestimmung in § 3 Nr. 10 EEG 2017. 171 Zur Berechnung des anzulegenden Wertes für Windenergieanlagen an Land vgl. nur Salje, EEG 2017, § 36h Rn. 2 ff. 172 Vgl. § 38 EEG 2017.
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§ 2 Von der Preissteuerung zum Ausschreibungsverfahren
spricht der aus der FFAV bekannten Förderberechtigung, insoweit handelt es sich lediglich um eine terminologische Änderung.173 Die für die Ausschreibung für Biomasseanlagen maßgeblichen Vorschriften sind in §§ 39 bis 39h EEG 2017 zusammengefasst. Wie für Windenergieanlagen an Land ist für die Zulassung zum Zuschlagsverfahren bei entsprechender Genehmigungsbedürftigkeit die Vorlage einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung erforderlich. Von hervorzuhebender Bedeutung ist die mit § 39f EEG 2017 geschaffene Möglichkeit, auch für Strom aus Bestandsanlagen Gebote abzugeben. Hinter der Regelung steht die Intention des Gesetzgebers, für effiziente Biomasseanlagen eine wirtschaftliche Anschlussperspektive zu schaffen.174 c) Technologieübergreifende Ausschreibungen Mit den §§ 39i und 39j EEG 2017 wurde ergänzend die Möglichkeit zur Durchführung technologieübergreifender Ausschreibungen geschaffen. Nach § 39i EEG 2017 führt die BNetzA in den Jahren 2018 bis 2020 gemeinsame Ausschreibungen für Windenergieanlagen an Land und für Solaranlagen durch. Die Regelung der Einzelheiten bleibt einer Rechtsverordnung vorbehalten, zu deren Erlass das BMWi nach Maßgabe von § 88c EEG 2017 ermächtigt wird. Danach kann der Verordnungsgeber regeln, dass für eine zu installierende Leistung von bis zu 400 MW jährlich Ausschreibungen durchgeführt werden.175 Die in den Jahren 2018 bis 2020 gewonnenen Erfahrungen sollen als Grundlage für einen Vorschlag der Bundesregierung zur Durchführung gemeinsamer Ausschreibungen auch für die Jahre ab 2021 dienen, § 39i III EEG 2017. Mit Erlass der Verordnung zu den gemeinsamen Ausschreibungen (GemAV)176 hat das BMWi von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht. Die Durchführung vollkommen technologieoffener „Innovationsausschreibungen“ ist in § 39j EEG 2017 vorgesehen. Danach führt die BNetzA in den Jahren 2018 bis 2020 Ausschreibungen durch, bei denen die Teilnahme nicht auf bestimmte Erzeugungstechnologien beschränkt ist. Die entsprechende Verordnungsermächtigung findet sich in § 88d EEG 2017. Am 25.06.2019 hat das BMWi einen Referentenentwurf zur Konsultation gestellt. d) Ergebnisse des Erfahrungsberichts nach § 97 EEG 2017 Wurden die Ausschreibungsregelungen vorgestellt, sollen nunmehr die aus dem im Juni 2018 vorgelegten Erfahrungsbericht der Bundesregierung177 ersichtlichen 173
BT-Drs. 18/8860, S. 252. BT-Drs. 18/8860, S. 3. 175 § 88c Nr. 1 EEG 2017. 176 Verordnung zu den gemeinsamen Ausschreibungen für Windenergieanlagen an Land und Solaranlagen (Verordnung zu den gemeinsamen Ausschreibungen – GemAV). 177 BMWi (Hrsg.), Erfahrungsbericht nach § 97 EEG. 174
C. Vollzug des Systemwechsels: das EEG 2017
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Ergebnisse betreffend Solarenergie und Windenergie an Land skizziert werden. Für die Solarenergie attestiert der Bericht ein durchgängig hohes Wettbewerbsniveau. Der durchschnittliche Zuschlagspreis ist von der ersten Ausschreibungsrunde im Jahr 2015 bis zur Ausschreibungsrunde im Februar 2018 von 9,17 Cent pro kWh auf 4,33 Cent je kWh gesunken. Die Realisierungsraten liegen bei ca. 95 %.178 Für Windenergie an Land zeigt sich ein gespaltenes Bild. Bei den drei Ausschreibungsrunden im Jahr 2017 war das Wettbewerbsniveau durchgehend hoch, das Ausschreibungsvolumen wurde jeweils deutlich überzeichnet. Die durchschnittlichen mengengewichteten Zuschlagswerte sanken von 5,71 auf 3,82 Cent je kWh. Für die beiden berücksichtigten Gebotstermine im Jahr 2018 fiel das Wettbewerbsniveau geringer aus, zuletzt wurde das Ausschreibungsvolumen nicht erreicht. Entsprechend war ein Anstieg der durchschnittlichen Zuschlagswerte auf zuletzt 5,73 Cent je kWh zu beobachten. Als Ursache wird die hohe Beteiligung von Bürgerenergiegesellschaften im Jahr 2017 identifziert. Diese werden als problematisch eingestuft, da von den insoweit geltenden Privilegien zahlreiche Bieter, für die die Regelungen nicht gedacht war, profitieren konnten. Auch das Ziel der bundesweiten Verteilung wurde nicht erreicht, die Ausschreibungen wurden jeweils deutlich von Projekten im Norden dominiert.179 Hinsichtlich der ersten gemeinsamen Ausschreibung für Windenergieanlagen an Land und Solaranlagen auf Grundlage der GemAV zeigte sich ein hohes Wettbewerbsniveau. Die Zuschläge gingen sämtlich an Solaranlagen, Windenergieanlagen an Land kamen somit nicht zum Zug.180
III. Zwischenfazit Mit Inkrafttreten des EEG 2017 ist der Systemwechsel von der Preissteuerung mittels Zahlung von Einspeisevergütung hin zu Ausschreibungsverfahren entsprechend der Vorgabe aus dem EEG 2014 vollzogen. Damit bildet das Gesetz den vorläufigen Schlusspunkt der Neuausrichtung der deutschen EE-Strom-Förderung. Diese wird für den weit überwiegenden Teil der aus erneuerbaren Energien erzeugten Strommengen künftig durch Ausschreibungen ermittelt. Im Ausgangspunkt sieht das Gesetz dabei die Durchführung technologiespezifischer Ausschreibungen vor. Wie an späterer Stelle zu zeigen sein wird, steht die Implementierung technologiespezifischer Ausschreibungen potentiell in Konflikt mit den Vorgaben der Beihilfeleitlinien der Kommission, die grundsätzlich eine technologieneutrale Förderung vorsehen. Vor diesem Hintergrund ist es wohl auch zu sehen, dass das Gesetz mit den angesprochenen Verordnungsermächtigungen das Instrumentarium bereithält, um technologieübergreifende und gänzlich technologieoffene Ausschreibungen durchführen zu können.181 Aufgrund der hierdurch angelegten Entwicklungsoffenheit war 178 179 180 181
BMWi (Hrsg.), Erfahrungsbericht nach § 97 EEG, S. 12. BMWi (Hrsg.), Erfahrungsbericht nach § 97 EEG, S. 13 f. BMWi (Hrsg.), Erfahrungsbericht nach § 97 EEG, S. 17. S. hierzu Kahl/Kahles/Müller, ER 2016, 187 (189).
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§ 2 Von der Preissteuerung zum Ausschreibungsverfahren
bereits zum Inkrafttreten des Gesetzes absehbar, dass der die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien betreffende Rechtsrahmen auch weiterhin eine Materie im Fluss bleibt.
D. Fazit Der durch das EEG 2014 eingeleitete und durch das EEG 2017 vollzogene Systemwechsel stellt materiell ohne Zweifel die markanteste Zäsur in der deutschen Förderpolitik dar. Nach den Maßgaben des EEG 2017 werden Förderberechtigung und -höhe für die sog. Volumenträger der Energiewende und damit für ca. 80 % der erzeugten Strommenge aus erneuerbaren Energien nunmehr in einem wettbewerblichen Ausschreibungsverfahren ermittelt. Trotz ihrer paradigmatischen Qualität bedeutet die Reform aber keinen vollkommenen Kontinuitätsbruch, vielmehr kann die Neuausrichtung auch als Quantensprung bereits angelegter Entwicklungen eingeordnet werden: Zum einen ist der Systemwechsel ein Beleg für die zunehmende Europäisierung der mitgliedstaatlichen Regelungen zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. Angesprochen ist damit die bereits angedeutete und an späterer Stelle im Detail zu erläuternde Determinierung des durch EEG 2014 und 2017 bewirkten Paradigmenwechsels in der deutschen Förderpolitik durch das EU-Beihilferecht. Daneben bestätigt der Systemwechsel auch die bereits in den vorhergehenden Novellen identifizierbare Entwicklung hin zu einer verbesserten Marktintegration. Mit der Einführung der verpflichtenden Direktvermarktung in die Marktprämie und dem grundsätzlichen Erfordernis der erfolgreichen Teilnahme an einem Ausschreibungswettbewerb setzen die Reformen eine Entwicklung fort, die über die Abschaffung der physikalischen Wälzung im Jahr 2010 und die Einführung der optionalen Direktvermarktung durch die EEG-Novelle 2012 begonnen hatte.182
182 Vgl. hierzu auch den wirtschaftsgeschichtlichen Überblick bei Hauser, ER 2017, 9 (10 ff.).
§ 3 Seitenblick: Die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien im Vereinigten Königreich Nachdem die Entwicklung des Rechtsrahmens in Deutschland entfaltet wurde, soll im Folgenden ein vergleichender Blick auf die Förderpolitik eines anderen Mitgliedstaats gerichtet werden. Für einen solchen Seitenblick bietet sich insbesondere die Entwicklung der Förderpolitik im Vereinigten Königreich an, kann deren Betrachtung für die weitere Bearbeitung doch in besonderem Maße nutzbar gemacht werden: So wurden in der noch darzustellenden ordnungspolitischen Diskussion um die Frage, mittels welchen Fördermodells die Ausbauziele in Deutschland gemessen an den insoweit relevanten Parametern am besten zu erreichen sind, vielfach vergleichende Argumente aus der Förderpolitik im Vereinigten Königreich herangezogen.1 Im Vereinigten Königreich blickt man auf eine vergleichsweise bewegte Förderhistorie zurück. In nennenswertem Umfang nahm diese ihren Anfang mit der im Jahr 1989 eingeleiteten Reform der britischen Elektrizitätswirtschaft und den damit einhergehenden Liberalisierungs- und Privatisierungsbemühungen.2 Die gesetzliche Grundlage für die entsprechenden Restrukturierungmaßnahmen wurde mit Erlass des Electricity Act 1989 geschaffen.3 Dieser ermöglichte die Implementierung eines Regimes zur Förderung der Stromerzeugung aus nicht fossilen Energieträgern auf dem Verordnungswege. So wurde die sog. Non-Fossil-Fuel-Obligation als erster Mechanismus zur Förderung von Ökostrom im Vereinigten Königreich ins Werk gesetzt (I). Im Jahr 2000 wurde das Instrument durch ein Quotenmodell mit handelbaren Zertifikaten abgelöst (II.). Zu einem abermaligen Systemwechsel kam es sodann mit der im Jahr 2010 eingeleiteten Electricity Market Reform (III.)
A. Die „Non-Fossil Fuel Obligation“ Den Ausgangspunkt der Betrachtung bildet die als Mechanismus zur Förderung nicht fossiler Stromerzeugung geschaffene Non-Fossil Fuel Obligation (NFFO). Tragend für die Implementierung war die in § 32 Electricity Act 1989 zugunsten des 1
Ausführlich hierzu unten § 4. Vor der Privatisierung beschränkten sich die politischen Bemühungen auf die Einführung von Forschungs- und Entwicklungsprogrammen, vgl. Mitchell, in: Surrey (Hrsg.), The British Electricity Experiment, S. 164 (166 ff.); instruktiv zur britischen Stromreform vgl. etwa Baentsch, ZfE 1997, 123 (123 ff.). 3 Pomana, Förderung erneuerbarer Energien, S. 227. 2
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§ 3 Seitenblick: Erneuerbare Energien im Vereinigten Königreich
Industrieministers (Secretary of State for Trade and Industry) enthaltene Berechtigung, mittels des Erlasses sog. Orders4 öffentliche Elektrizitätsversorger zu verpflichten, innerhalb eines bestimmten Zeitraumes bestimmte Mengen Strom aus nicht-fossilen Energieträgern abzunehmen.5 Ging es hierbei ursprünglich darum, den fortlaufenden Betrieb der aufgrund höherer Erzeugungskosten nicht wettbewerbsfähigen britischen Atomkraftwerke sicherzustellen, wurde das Instrument aufgrund beihilferechtlicher Bedenken seitens der Europäischen Kommission im Sinne eines Markteinführungsprogramms6 auf bestimmte Technologien zur Erzeugung von EEStrom erstreckt.7 Konstruktiv vollzog sich die Implementierung der NFFO durch den Erlass von insgesamt fünf Orders zwischen 1990 und 1998 (NFFO 1 – 5).8
I. Darstellung des Förderansatzes Der Ansatz des Instruments basierte zunächst im Wesentlichen auf einer Verpflichtung der öffentlichen Verteilernetzbetreiber und Gebietsversorger (Public Electricity Suppliers – PES9) zur Abnahme festgelegter Kapazitäten aus regenerativer Stromerzeugung. Wurde die Höhe der an die Erzeuger zu zahlenden Vergütung anfangs noch staatlich vorgegeben, stand in der Folge deren wettbewerbliche Ermittlung mittels Ausschreibungen im Zentrum des Förderansatzes.10
4
Bei Orders handelt es sich um – mit Rechtsverordnungen vergleichbare – sekundäre Gesetzgebungsmaßnahmen, die auf Grundlage der Acts erlassen werden können, vgl. Pomana, Förderung erneuerbarer Energien, S. 226 sowie Fn. 958. 5 Drillisch/Riechmann, ZfE 1997, 137 (138); Pomana, Förderung erneuerbarer Energien, S. 230. 6 In diesem Sinne Schneider, Liberalisierung der Stromwirtschaft, S. 232 ff.; vgl. auch Mitchell, in: Surrey (Hrsg.), The British Electricity Experiment, S. 164 (169 f.). 7 Der Implementierung der NFFO lag ursprünglich die Erkenntnis zugrunde, dass die britischen Atomkraftwerke angesichts der mit deren Betrieb einhergehenden wirtschaftlichen Risiken nicht Bestandteil des mit der britischen Strommarktreform zu vollziehenden Privatisierungsprozesses werden konnten. Die NFFO waren nun das Ergebnis des Bestrebens, die mit diesen – entsprechend bei der öffentlichen Hand verbliebenen – Haftungsrisiken verbundenen höheren Kosten zu decken, vgl. Edge, in: Mallon (Hrsg.), Renewable Energy Policy and Politics, S. 163 (164 f.); Mitchell, Annual Review of Energy and the Environment 25 (2000), 285 (293 f.); Mitchell, in: Surrey (Hrsg.), The British Electricity Experiment, S. 164 (169). 8 Mitchell, Annual Review of Energy and the Environment 25 (2000), 285 (287); ausführlich zu NFFO 1 – 4 Mitchell, in: Surrey (Hrsg.), The British Electricity Experiment, S. 164 (171 ff.). 9 Diese werden z. T. auch als „Regional Electricity Companies (RECs)“ bezeichnet, vgl. Schneider, Liberalisierung der Stromwirtschaft, S. 147. 10 Erst mit der zweiten Order (NFFO 2) wurde die wettbewerbliche Ermittlung der zu zahlenden Vergütungen mittels Ausschreibungen eingeführt, vgl. Mitchell, in: Surrey (Hrsg.), The British Electricity Experiment, S. 164 (172); Schneider, Liberalisierung der Stromwirtschaft, S. 233; zu den Regeln des Ausschreibungsverfahrens vgl. Drillisch/Riechmann, ZfE 1997, 137 (139 ff.).
A. Die „Non-Fossil Fuel Obligation“
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Mit der Durchführung des entsprechenden Verfahrens wurde das Department of Trade and Industry (DTI) betraut. Die Ausschreibung erfolgte technologiespezifisch in der Weise, dass für jede in den Mechanismus einbezogene Erzeugungstechnologie jeweils gesondert die zu beschaffenden Kapazitäten festgelegt wurden. Innerhalb dieser sog. technology bands konkurrierten potentielle Anlagenbetreiber in einem Bieterwettbewerb um Verträge, mittels derer für die jeweilige Laufzeit die Abnahme des erzeugten Stroms und die Zahlung der Vergütung in der ermittelten Höhe garantiert wurden. Vor der preisbezogenen Auswertung der eingegangenen Gebote wurden die zu Grunde liegenden Projekte unter anderem hinsichtlich ihrer technischen Realisierbarkeit, der Beachtung von Planungsvorgaben oder ihrer Wirtschaftlichkeit einer Vorprüfung in Gestalt des sog. will-secure-Tests unterzogen.11 Sodann erfolgte eine Bewertung der qualifizierten Gebote anhand preislicher Kriterien durch die Non Fossil Purchasing Agency (NFPA) als Dachorganisation der PES. Beginnend mit dem kostengünstigsten Projekt wurden die Gebote in aufsteigender Reihenfolge bezuschlagt, bis die zur Ausschreibung gestellte Kapazität für das jeweilige Technologieband erreicht war. Die hiernach erfolgreichen Bieter erhielten Verträge, mittels welchen die Abnahme des erzeugten Stroms sowie die Zahlung der im Wege der Ausschreibung ermittelten Vergütung garantiert wurden.12 Die aus der Differenz zwischen der an den jeweiligen Erzeuger zu zahlenden Vergütung und dem durchschnittlichen monatlichen Großhandelspreis resultierende Belastung wurde den PES durch die NFPA erstattet. Finanziert wurde diese Umlage aus einer Verbraucherabgabe auf Strom, der aus fossiler Erzeugung stammt, der sog. Fossil Fuel Levy (FFL).13
II. Probleme In der konkreten Ausgestaltung offenbarte die NFFO-Förderung verschiedene Schwächen, weshalb die mit der Implementierung verbundenen Hoffnungen enttäuscht wurden.14 Hinsichtlich der Kosteneffizienz war zu beobachten, dass das System insbesondere auf Grundlage der NFFO 1 und NFFO 2 Mitnahmeeffekte zugunsten erfolgreicher Bieter ermöglichte. Konnte dies im Rahmen der NFFO 1 noch auf die Integration von Altanlagen zurückgeführt werden, wurden auf Grundlage der NFFO 2 die Regeln zur Bildung des Kontraktpreises als Ursache für 11 Drillisch/Riechmann, ZfE 1997, 137 (141); Mitchell, in: Surrey (Hrsg.), The British Electricity Experiment, S. 164 (179). 12 Zum Preisbildungsmechanismus s. unten II. 13 Mitchell, in: Surrey (Hrsg.), The British Electricity Experiment, S. 164 (169); ausführlich zum Finanzierungsmechanismus Drillisch/Riechmann, ZfE 1997, 137 (145 ff.). 14 Zusammenfassend Pomana, Förderung erneuerbarer Energien, S. 233 f.; Edge, in: Mallon (Hrsg.), Renewable Energy Policy and Politics, S. 163 (171 ff.).
80
§ 3 Seitenblick: Erneuerbare Energien im Vereinigten Königreich
diesen Befund identifiziert.15 So habe das zur Anwendung gebrachte Einheitspreisverfahren, bei welchem alle Bieter den Preis erhalten, der dem Gebot des Grenzanbieters entspricht, die Kosteneffizienz beeinträchtigende Mitnahmeeffekte zugunsten der erfolgreichen Anbieter bewirkt.16 Um bezeichnete Mitnahmeeffekte zu begrenzen, sahen die Regelungen zur Ermittlung des Kontraktpreises mit der NFFO 3 die Durchführung des Pay-as-bid-Verfahrens vor, sodass fortan der Vertragspreis dem jeweiligen Gebotspreis entsprach.17 Im Zentrum der Kritik stand aber vor allem die unzureichende Effektivität der NFFO-Förderung. Die mangelnde Ausbaudynamik ließ sich anhand mehrerer Ursachen erklären: Als problematisch erwies sich zunächst die Laufzeit-Befristung der auf Grundlage von NFFO 1 und NFFO 2 geschlossenen Verträge bis zum Ende des Jahres 1998.18 Angesichts des hieraus resultierenden Zeitdrucks konnten Bieter nur zu hohen Preisen kontrahieren, um die Amortisierung der Anlagenkosten innerhalb des seinerzeit zur Verfügung stehenden Zeitrahmens von 7 – 8 Jahren zu ermöglichen.19 Traten Verzögerungen im Genehmigungsprozess auf, nahmen erfolgreiche Bieter angesichts des nun noch engeren Zeitfensters teilweise Abstand von der Realisierung des Projekts. Entsprechend konnten auf Grundlage der NFFO 2 nur geringe Realisierungsraten erzielt werden.20 Dass die unzureichende Übersetzung von abgeschlossenen Verträgen in realisierte Projekte auch im weiteren Verlauf der zentrale Makel der Förderung auf Grundlage der NFFO blieb, fand seine Ursache in verschiedenen Gestaltungsfehlern im Ausschreibungsdesign, die einen effektiven Ausbau verhinderten. Zum einen wurde die hohe Intensität des Bieterwettbewerbs nicht in ausreichendem Maße durch Regelungen zur Sicherstellung der Seriosität eingereichter Gebote aufgefangen.21 So 15
Vgl. Drillisch/Riechmann, ZfE 1997, 137 (139 ff.). Drillisch/Riechmann, ZfE 1997, 137 (140). 17 Drillisch/Riechmann, ZfE 1997, 137 (140); Mitchell, in: Surrey (Hrsg.), The British Electricity Experiment, S. 164 (173 f.); zum Gebots- und Einheitspreisverfahren s. o. § 1 B. II. 2. b). 18 Hintergrund der Befristung waren wiederum die beihilferechtlichen Bedenken der EUKommission wegen des Zusammenhangs mit der Atomstromförderung. Mit dem Auslaufen der Atomstromförderung wurde die NFFO-Förderung sodann aber von der Kommission gebilligt, vgl. Drillisch/Riechmann, ZfE 1997, 137 (145.). 19 Drillisch/Riechmann, ZfE 1997, 137 (150 und 153). 20 Mitchell, in: Surrey, The British Electricity Experiment, S. 164 (173); die hohe Realisierungsrate auf Grundlage der NFFO 1 ist darauf zurückzuführen, dass zahlreiche Bestandsanlagen kontrahiert wurden, vgl. Drillisch/Riechmann, ZfE 1997, 137 (148) sowie Mitchell, Annual Review of Energy and the Environment 25 (2000), 285 (295). Im Übrigen konterkarierte der durch die Befristung vermittelte Zeitdruck wegen des hieraus resultierenden Erfordernisses schnellstmöglicher Inbetriebnahme das ursprünglich verfolgte Ziel, die heimische Industrie zu fördern, vgl. wiederum Drillisch/Riechmann, ZfE 1997, 137 (152 f.); Mitchell, in: Surrey (Hrsg.), The British Electricity Experiment, S. 164 (173). 21 Mitchell, Annual Review of Energy and the Environment 25 (2000), 285 (297); Edge, in: Mallon (Hrsg.), Renewable Energy Policy and Politics, S. 163 (173). 16
A. Die „Non-Fossil Fuel Obligation“
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konnte ein als Best-Scenario Bidding bezeichnetes Verhalten beobachtet werden: Bieter gaben ihre Gebote in Erwartung künftiger Kostendegressionen bis zum Zeitpunkt der Anlagenerrichtung ab. Begünstigt wurde dieses Verhalten einerseits durch die Einräumung einer grace period von fünf Jahren ab Zuschlag, innerhalb der das Projekt zu realisieren war. Vor allem aber war die die Nichtrealisierung des Projekts nicht mit einer Pönale belegt. Erwiesen sich also die der Gebotsabgabe zugrunde liegenden Prognosen über die künftige Kostenentwicklung als zu optimistisch, konnten erfolgreiche Bieter von der Realisierung sanktionslos Abstand nehmen.22 Des Weiteren wird die unzureichende Synchronisierung der NFFO-Förderung mit den Prozessen zur Planung und Genehmigung des Projekts als Ursache für die niedrigen Realisierungsraten angeführt.23 Konkret wurde es seitens der britischen Regierung versäumt, das Bestreben der Förderung des Ausbaus von EE-Kapazitäten in berücksichtigungspflichtige Vorgaben für die Genehmigungsentscheidung der insoweit zuständigen lokalen Behörden zu übersetzen.24 Diese konnten ihre Entscheidungsfindung vielmehr an den gewohnten Parametern ausrichten, weshalb sich potentielle Anlagenbetreiber der schwierigen Aufgabe gegenübersahen, im Hinblick auf die Standortwahl die richtige Balance zu finden zwischen geeigneten Produktionsbedingungen und günstiger Prognose betreffend die Genehmigungsfähigkeit. Besonders deutlich wurde dies am Beispiel der Windkraft, da sich hier die besonders günstigen Produktionsstandorte oftmals wegen ihres besonderen landschaftlichen Werts als nicht nutzbar erwiesen.25 Angesichts dieser Unwägbarkeiten ist es letztlich konsequent, dass auch die Kündigung durch den Bieter aufgrund Nichterteilung der Genehmigung sanktionslos möglich war. Zusammenfassend ist zu sagen, dass im Rahmen der NFFO-Förderung nur unzureichende Regelungselemente zur Sicherstellung der mit Blick auf die Erreichung der Ausbauziele erforderlichen Realisierungsraten implementiert wurden. Soweit es nicht der Vorhaltung einer Genehmigung bedurfte, um einen Zuschlag zu erhalten, betrifft dies die Regelung von Präqualifikationsanforderungen. Die im beschriebenen Sinne unzureichende Filterfunktion der Regelungen wurde auch nicht anderweitig kompensiert, war doch weder die Kündigung aus genehmigungsrechtlichen noch aus wirtschaftlichen Gründen mit einer Pflicht zur Zahlung einer Pönale verbunden.26 Trotz der geringen Präqualifikationsanforderungen waren der mit den Ausschreibungen verbundene bürokratische Aufwand sowie die anfallenden
22
Edge, in: Mallon (Hrsg.), Renewable Energy Policy and Politics, S. 163 (173); Roßegger, Stromerzeugung in Deutschland und im Vereinigten Königreich, S. 60 f. 23 Edge, in: Mallon (Hrsg.), Renewable Energy Policy and Politics, S. 163; Mitchell, Annual Review of Energy and the Environment 25 (2000), 285 (297 f.). 24 Mitchell, in: Surrey (Hrsg.), The British Electricity Experiment, S. 164 (179). 25 Edge, in: Mallon (Hrsg.), Renewable Energy Policy and Politics, S. 163 (172). 26 Edge, in: Mallon (Hrsg.), Renewable Energy Policy and Politics, S. 163 (173).
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§ 3 Seitenblick: Erneuerbare Energien im Vereinigten Königreich
Transaktionskosten hoch.27 Auch gestaltete sich das Verfahren als kompliziert, was sich negativ auf die Akteursvielfalt auswirkte.28 Angesichts vorstehend bezeichneter Gestaltungsmängel erwiesen sich die Regelungen im Einzelnen nicht als geeignet, die im Hinblick auf die proklamierten Ausbauziele erforderliche Realisierungsrate sicherzustellen: So führten lediglich etwas mehr als ein Drittel der geschlossenen Verträge tatsächlich zur Umsetzung des entsprechenden Projekts. In der Konsequenz wurden die Ausbauziele deutlich verfehlt.29
B. Renewable Obligation Orders – ROO In Anerkennung der Erfolglosigkeit der NFFO-Förderung wurden im Jahr 2000 die Grundlagen für einen Systemwechsel geschaffen.30 § 32 Electricity Act blieb zwar Rechtsgrundlage für die Implementierung des Förderregimes, wurde aber durch Erlass des Utilities Act 2000 maßgeblich geändert.31 Auf der neuen gesetzlichen Grundlage erfolgte die Gestaltung der Förderung fortan durch sog. Renewables Obligation Orders (ROOs), mittels welcher zum 1. April 2002 ein Quotenmodell mit handelbaren Zertifikaten als neues Förderinstrument eingeführt wurde.32
I. Darstellung des Förderansatzes Die Funktionsweise des neu geschaffenen Förderinstruments lässt sich wie folgt skizzieren: Alle Elektrizitätsversorgungsunternehmen wurden verpflichtet, einen jährlich steigenden Anteil ihres jeweiligen Gesamtstromabsatzes aus erneuerbaren Energien zu beziehen.33 Der Nachweis über die Erfüllung der Quote war durch die 27 Schneider, in: Hendler/Marburger/Reinhardt u. a. (Hrsg.), Energierecht zwischen Umweltschutz und Wettbewerb, S. 71 (81). 28 Edge, in: Mallon (Hrsg.), Renewable Energy Policy and Politics, S. 163 (173). 29 Pomana, Förderung erneuerbarer Energien, S. 234; Roßegger, Stromerzeugung in Deutschland und im Vereinigten Königreich, S. 60; Schneider, in: Hendler/Marburger/Reinhardt u. a. (Hrsg.), Energierecht zwischen Umweltschutz und Wettbewerb, S. 71 (81). 30 Vgl. hierzu Edge, in: Mallon (Hrsg.), Renewable Energy Policy and Politics, S. 163 (174). 31 Schneider, in: Hendler/Marburger/Reinhardt u. a. (Hrsg.), Energierecht zwischen Umweltschutz und Wettbewerb, S. 71 (90). 32 Zur Förderung durch ROO vgl. Pomana, Förderung erneuerbarer Energien, S. 241 ff.; Roßegger, Stromerzeugung in Deutschland und im Vereinigten Königreich, S. 61 ff. und 111 ff.; Schneider, in: Hendler/Marburger/Reinhardt u. a. (Hrsg.), Energierecht zwischen Umweltschutz und Wettbewerb, S. 71 (90 ff.); Edge, in: Mallon (Hrsg.), Renewable Energy Policy and Politics, S. 163; Connor, Renewable and Sustainable Energy Reviews 7 (2003), 65 (70 ff.). 33 Edge, in: Mallon (Hrsg.), Renewable Energy Policy and Politics, S. 163; Pomana, Förderung erneuerbarer Energien, S. 244 f.; Schneider, in: Hendler/Marburger/Reinhardt u. a. (Hrsg.), Energierecht zwischen Umweltschutz und Wettbewerb, S. 71 (91).
B. Renewable Obligation Orders – ROO
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Vorlage von Zertifikaten, sog. Renewable Obligation Certificates (ROCs), gegenüber der eigens geschaffenen Regulierungsbehörde (Office of Gas and Electricity Markets – OFGEM) zu erbringen. Diese ROCs wurden den Betreibern akkreditierter Anlagen zur Erzeugung von EE-Strom entsprechend deren Output von OFGEM ausgestellt.34 Die Zuteilung erfolgte zunächst technologieneutral, ein Zertifikat entsprach einer MW/h produzierten förderfähigen Stroms.35 Neben der Möglichkeit, selbst förderfähigen Strom zu erzeugen und sich ROCs ausstellen zu lassen, konnten die Quotenverpflichteten die erforderlichen Zertifikate entweder im Rahmen des Einkaufs von EE-Strom oder aber auch losgelöst von dem Strom, für dessen Erzeugung sie ausgestellt wurden, durch bilaterale Verträge oder auf einem eigens eingerichteten Handelsmarkt erwerben.36 Dabei wurde den Verpflichteten die Möglichkeit eingeräumt, ihre aktuelle Nachweispflicht in begrenztem Umfang durch überschüssige Zertifikate aus der jeweils vorherigen Periode zu erfüllen, sog. Banking.37 Außer durch Vorlage der Zertifikate konnte die Verpflichtung aus den ROOs im Übrigen durch Leistung einer buy-out-Zahlung erfüllt werden.38 Der buy-out-price betrug ursprünglich 30 £ je MWh, für die kein Zertifikat vorgehalten wurde. Die in dem sog. buy-out fund gesammelten Gelder wurden seitens OFGEM sodann wiederum an diejenigen Stromlieferanten ausgeschüttet, die Zertifikate vorgelegt haben, sog. buy-out-Recycling.39 Die Höhe der Zahlungen orientierte sich an dem relativen Gegenwert der vorgehaltenen Zertifikate, sodass die verpflichteten Unternehmen bei einem höheren Grad der Zielerreichung mehr von den Zahlungen aus dem Fonds profitieren konnten. Ein weiterer Anreiz zum Zertifikatserwerb bestand entsprechend darin, dass jeweils die eigenen Strafzahlungen in diesem System den unmittelbaren Konkurrenten auf dem Stromabsatzmarkt zugute kamen.40
34
Schneider, in: Hendler/Marburger/Reinhardt u. a. (Hrsg.), Energierecht zwischen Umweltschutz und Wettbewerb, S. 71 (92). 35 Edge, in: Mallon (Hrsg.), Renewable Energy Policy and Politics, S. 163 (176); Roßegger, Stromerzeugung in Deutschland und im Vereinigten Königreich, S. 65. 36 Schneider, in: Hendler/Marburger/Reinhardt u. a. (Hrsg.), Energierecht zwischen Umweltschutz und Wettbewerb, S. 71 (92). 37 Nicht möglich war hingegen ein sog. Borrowing, mittels dem ein Defizit in der aktuellen Förderperiode durch Zertifikate aus der nächsten Förderperiode ausgeglichen werden könnte, vgl. Schneider, in: Hendler/Marburger/Reinhardt u. a. (Hrsg.), Energierecht zwischen Umweltschutz und Wettbewerb, S. 71 (91 f.). 38 Im Übrigen war auch eine Kombination zwischen der Vorlage von Zertifikaten und buyout möglich, vgl. auch hierzu ausführlich Pomana, Förderung erneuerbarer Energien, S. 247 ff. 39 Schneider, in: Hendler/Marburger/Reinhardt u. a. (Hrsg.), Energierecht zwischen Umweltschutz und Wettbewerb, S. 71 (92 f.). 40 Edge, in: Mallon (Hrsg.), Renewable Energy Policy and Politics, S. 163 (176); Schneider, in: Hendler/Marburger/Reinhardt u. a. (Hrsg.), Energierecht zwischen Umweltschutz und Wettbewerb, S. 71 (92).
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§ 3 Seitenblick: Erneuerbare Energien im Vereinigten Königreich
II. Probleme Auch die Förderung mittels der Renewable Obligation Orders zeitigte nicht die gewünschten Erfolge, die Quote wurde zumeist deutlich unterschritten.41 Als Hauptgrund hierfür wird der im Vergleich zum Zertifikatspreis regelmäßig zu niedrige buy-out-price angeführt.42 So war es für Quotenverpflichtete – auch unter Berücksichtigung der Zahlungen aus dem buy-out-Fonds – oft günstiger, die Strafzahlung zu leisten, als ROCs vorzuhalten.43 Es waren also Situationen zu beobachten, in denen sich die Einhaltung der Quotenverpflichtung aus betriebswirtschaftlicher Sicht als irrational darstellte. Dass der Zertifikatspreis teilweise höher war als die Strafzahlung, hatte seine Ursache wiederum im durch die ROO-Förderung vermittelten Anreizsystem: Da die Einnahmen aus dem Verkauf der Zertifikate die Förderung darstellen, haben Anlagenbetreiber ein wirtschaftliches Interesse daran, dass der Preis für die Zertifikate hoch bleibt. Dies ist dann der Fall, wenn auf dem Markt für Zertifikate eine Knappheitssituation herrscht, namentlich, wenn nicht ausreichend EE-Strom produziert wird, um die Quote zu erfüllen. Nähert sich die Produktion der Quotenvorgabe, fallen die Zertifikatspreise respektive die Förderzahlungen. So bestehen aus Sicht der Betreiber von Anlagen zur Erzeugung förderfähigen Stroms vielmehr Anreize zur Begrenzung als zum Ausbau ihrer Produktion.44 Größere Ausbauraten wurden des Weiteren dadurch verhindert, dass das System nicht ausreichend Investitionssicherheit zugunsten potentieller Anlagenbetreibern gewährleisten konnte.45 Dies fand seine Ursache zuvörderst in der unzureichenden Prognostizierbarkeit der künftig erzielbaren Förderung in Gestalt des Zertifikatspreises.46 Ungewissheiten über die Entwicklung der Förderhöhe bedeuteten Erschwernisse bei der Projektkalkulation. In der Folge entstanden vielfach Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Projektfinanzierung. Im Ergebnis profitierten vor allem Produzenten mit dem erforderlichen Eigenkapital von der Förderung, was unmittelbar zur Dominanz weniger großer Unternehmen und in der Folge zu Marktmachtproblemen führte.47 Als wenig zielführend erwies sich im Übrigen die technologieneutrale Ausgestaltung der Förderung: Der Umstand, dass für den Erwerb eines Zertifikats stets, d. h. unabhängig von der Erzeugungstechnologie, dieselbe Erzeugungsmenge er41 Haas/Panzer/Resch u. a., Renewable and Sustainable Energy Reviews 15 (2011), 1003 (1021). 42 Haucap/Klein/Kühling, Die Marktintegration der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, S. 67 m. w. N.; Diekmann/Kemfert/Neuhoff u. a., DIW Wochenbericht 45/2012, 15 (18). 43 Bertram, et 2013, 14 (16); Roßegger, Stromerzeugung in Deutschland und im Vereinigten Königreich, S. 122 f. 44 Pomana, Förderung erneuerbarer Energien, S. 252 ff. 45 Pomana, Förderung erneuerbarer Energien, S. 268 f. 46 Pomana, Förderung erneuerbarer Energien, S. 268. 47 Vgl. Pomana, Förderung erneuerbarer Energien, S. 268 ff.
B. Renewable Obligation Orders – ROO
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forderlich war, bedeutete für Produzenten einen Anreiz, in die im relevanten Zeitraum billigste Erzeugungstechnologie zu investieren, um möglichst günstig in den Genuss der Förderung in Gestalt eines Zertifikats zu gelangen. Anreize, die langfristigen Entwicklungspotentiale teurerer Technologien bei der Investitionsentscheidung in den Blick zu nehmen, bestanden hingegen nicht.48 Entsprechend konzentrierte sich der Ausbau im Wesentlichen auf etablierte Technologien, während etwa die hervorragenden geographischen Potentiale zur Nutzung der Windenergie kaum abgerufen wurden. Die für das Erreichen langfristiger Ausbauziele notwendige Diversifizierung hinsichtlich der Erzeugungstechnologien wurde auf dieser Grundlage also nicht gewährleistet.49 In der Folge wurde anhand verschiedener Korrekturmaßnahmen versucht, den bezeichneten Fehlentwicklungen zu begegnen: So wurde im Jahr 2008 die gesetzliche Grundlage für die Einführung von technology bands geschaffen.50 In Umsetzung dieser Ermächtigung wurde das Quotenmodell mit der ROO 2009 technologiespezifisch ausgerichtet, fortan bedurfte es für den Erwerb eines Zertifikats je nach Erzeugungstechnologie der Produktion unterschiedlicher Mengen elektrischer Arbeit.51 Mit Inkrafttreten der sog. Feed in Tariffs Order zum 1. April 2010 wurde das Quotensystem außerdem durch ein Einspeisevergütungssystem ergänzt.52 Seither erfolgte die Förderung von Photovoltaik- sowie Wind- und Wasserkraftanlagen mit einer Kapazität von bis zu 50 kW mittels Zahlung fester Einspeisevergütungssätze (Feed in Tariffs – FIT), von der ROO-Förderung waren diese Anlagen zwingend ausgenommen. Auf diese Weise sollten deren Betreiber vom Kostendruck des Quotensystems befreit werden.53 Im Ergebnis erwies sich das Fördersystem nicht als ausreichend wirksam, um die angestrebten Ausbauziele zu erreichen.54 Zwar konnte der Ausbau von EE-Kapazitäten unter dem Regime der ROO vorangetrieben werden. Das deklarierte Ziel, bis 2010 mindestens 10 % des Strombedarfs mit EE-Strom zu decken, wurde aber deutlich verfehlt.55 Die bezeichneten Eingriffe haben zwar eine Erhöhung des Zielerreichungsgrads bewirkt. Gleichwohl konnte die Quotenvorgabe in keinem 48
Edge, in: Mallon (Hrsg.), Renewable Energy Policy and Politics, S. 163 (179). Diekmann/Kemfert/Neuhoff u. a., DIW Wochenbericht 45/2012, 15 (18); Roßegger, Stromerzeugung in Deutschland und im Vereinigten Königreich, S. 112. 50 Die erforderliche Ermächtigung wurde mittels des Energy Act 2008 geschaffen, welches die maßgeblichen Vorschriften des Electricity Act 1989 entsprechend änderte, vgl. Pomana, Förderung erneuerbarer Energien, S. 237. 51 Pomana, Förderung erneuerbarer Energien, S. 246 f. und 262. 52 Vgl. hierzu Hazrat, Die Förderung Erneuerbarer Energien in Deutschland, dem Vereinigten Königreich und Frankreich, S. 269 ff. 53 Clausen/Hörnicke/Schäfer-Stradowsky, ZNER 2013, 565 (568). 54 Pomana, Förderung erneuerbarer Energien, S. 265 f.; Roßegger, Stromerzeugung in Deutschland und im Vereinigten Königreich, S. 111. 55 Haas/Panzer/Resch u. a., Renewable and Sustainable Energy Reviews 15 (2011), 1003 (1021). 49
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§ 3 Seitenblick: Erneuerbare Energien im Vereinigten Königreich
Zeitraum eingehalten werden.56 Im Zusammenwirken mit den fortbestehenden57 Schwierigkeiten im Zusammenhang mit den Verfahren zur Projektplanung und -genehmigung sowie beim Netzausbau waren vorbezeichnete Probleme ursächlich für die kontinuierliche Verfehlung der Ausbauziele, was letztlich zum Scheitern der ROO-Förderung führte.
C. Neuordnung durch die Electricity Market Reform Wenige Monate, nachdem die ROO-Förderung mit Wirkung zum 1. April 2010 zunächst noch bis 2037 verlängert worden war58, stellte die aus den britischen Unterhauswahlen im Mai desselben Jahres hervorgegangene konservativ-liberale Regierungskoalition unter Premierminister David Cameron die Weichen für einen neuerlichen Systemwechsel: Bereits im Dezember 2010 veröffentlichte die neue Regierung ein Konsultationspapier mit Plänen für die Gestaltung der sog. „Electricity Market Reform (EMR)“. Der politische Impuls für die Reformbemühungen folgte aus der Überzeugung, dass der Strommarkt in der seinerzeitigen Gestaltung nicht für die mit Blick auf Versorgungssicherheit, Preisstabilität und Dekarbonisierung der Stromerzeugung notwendigen Investitionen sorgen werde. Zentrales Reformmotiv war es also, einen verlässlichen Investitionsrahmen zu schaffen, um die insoweit wesentlichen Herausforderungen wie die bevorstehende Schließung veralteter Kapazitäten bei gleichzeitig steigender Nachfrage und die Erfüllung der unionsrechtlich verbindlichen Ausbauziele59 betreffend die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien bewältigen zu können.60 Neben der Implementierung eines Kapazitätsmarkts zur Gewährleistung ausreichender Versorgungssicherheit war die Einführung von Differenzverträgen (sog. Contracts for Difference – CfD) als neues Instrument zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien Schlüsselelement der Reform.61 Mit dem einhergehenden endgültigen Abschied von der Förderung im System der Renewable Obligations62 bedeutete die Electricity Market Reform somit abermals einen Para56
Roßegger, Stromerzeugung in Deutschland und im Vereinigten Königreich, S. 119. Vgl. insoweit schon die Ausführungen zur NFFO-Förderung, oben A. II. 58 Roßegger, Stromerzeugung in Deutschland und im Vereinigten Königreich, S. 68. 59 Vgl. hierzu unten § 5 A. I. 2. a). 60 Department of Energy and Climate Change (Hrsg.), Electricity Market Reform: Consultation Document, S. 4 f. 61 Für einen Überblick vgl. Department of Energy and Climate Change (Hrsg.), Electricity Market Reform: policy overview; Riewe, EWeRK 2014, 358 (358). 62 Rosenthal, et 2014, 120 (120); vgl. auch Diekmann/Kemfert/Neuhoff u. a., DIW Wochenbericht 45/2012, 15 (18), die mit Blick auf die vorherige Einführung der technologiespezifischen Förderung, der Etablierung von Einspeisevergütungen für Kleinanlagen bei gleichzeitiger Ausnahme von der ROO-Förderung von einem „Rückzug aus dem reinen Quotenmodell in drei Schritten“ sprechen. 57
C. Neuordnung durch die Electricity Market Reform
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digmenwechsel in der Förderpolitik im Vereinigten Königreich. Die gesetzliche Grundlage für die neuerliche Umstrukturierung des Fördersystems wurde mit Erlass des Energy Act 2013 vom 18.12.2013 geschaffen.63 Das Gesetz ermächtigt den Secretary of State zur Umsetzung der notwendigen Schritte mittels Verordnungen (Regulations).64 Sowohl im Hinblick auf die Einführung der Förderung der EEStrom-Erzeugung mittels der Zahlung von Einspeisevergütungen als auch in Bezug auf die Etablierung von Kapazitätsmärkten65 wurden sodann im Jahr 2014 – unter Berücksichtigung der Ergebnisse eines zuvor durchgeführten Konsultationsprozesses66 – mehrere Regulations erlassen.67 Im Folgenden soll zunächst die Funktionsweise der Förderung durch Differenzverträge erläutert werden (I.), bevor das zur Allokation der Fördermittel angewandte Ausschreibungsverfahren skizziert wird (II.). Auf dieser Grundlage soll ein gedrängter Blick auf die bislang durchgeführten Vergabephasen gerichtet werden (III.), bevor die Ergebnisse in einem Zwischenfazit zusammengefasst werden (IV.).
I. Förderung durch Differenzverträge Zentrale Neuerung im Zuge der EMR ist die Einführung eines Instruments zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, das hinsichtlich seiner Funktionsweise Ähnlichkeit mit der Direktvermarktung in die Marktprämie nach dem EEG aufweist68 : Anlagenbetreiber nehmen regulär am Strommarkt teil und erhalten jeweils den Marktpreis für den veräußerten Strom. Die eigentliche Förderung erfolgt auf Grundlage privatrechtlicher Differenzverträge (sog. „Contracts for Difference – CfDs“) zwischen Anlagenbetreibern und der „Low Carbon Contracts Company (LCCC)“, einer privatrechtlichen Gesellschaft, deren Anteilseigner die britische Regierung ist (sog. „CfD-Counterparty“).69 Ein CfD vermittelt einen An63
Abrufbar unter http://www.legislation.gov.uk/ukpga/2013/32/pdfs/ukpga_20130032_en. pdf (zuletzt abgerufen am 08.08.2019). 64 Vgl. Part 2 Chapter 2 Section 6 Energy Act 2013, wo der Secretary of State zum Erlass von „Regulations“ zur Implementierung der CfDs ermächtigt wird. 65 Die auf Grundlage von Section 27 – 29 EA 2013 erlassenen „Electricity Capacity Regulations 2014“ und „Capacity Market Rules“ sehen vor, dass ein jährlich zu ermittelnder Bedarf an Zusatzkapazitäten einem Ausschreibungsverfahren zugeführt wird. 66 Vgl. https://www.gov.uk/government/consultations/proposals-for-implementation-of-elec tricity-market-reform (zuletzt abgerufen am 08.08.2019). 67 Für einen Überblick über den Regelungsrahmen vgl. Department of Energy and Climate Change (Hrsg.), Implementing Electricity Market Reform (EMR), S. 16 ff. 68 Riewe, EWeRK 2014, 358 (359); für einen ausführlichen Überblick über die Contracts for Difference vgl. Department of Energy and Climate Change (Hrsg.), Implementing Electricity Market Reform (EMR), S. 30 ff. 69 Nach Section 7 (1) und (2) EA 2013 wird der Secretary of State ermächtigt, die CFD Counterparty zu benennen, die Vertragspartei der Differenzverträge mit den Betreibern geförderter Anlagen wird. Die LCCC wurde eigens zu diesem Zweck gegründet, vgl. insoweit und
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§ 3 Seitenblick: Erneuerbare Energien im Vereinigten Königreich
spruch des Anlagenbetreibers gegen die LCCC auf Förderung in Gestalt einer variablen Prämie, für deren Berechnung die Differenz zwischen dem durchschnittlichen Großhandelspreis (reference price) und dem sog. „Strike Price“ maßgeblich ist, einem Basispreis, der administrativ so festzusetzen ist, dass Anreize für die Investition in geförderte Anlagen sichergestellt werden. Liegt der Referenzpreis unterhalb des jeweils maßgeblichen Basispreises, erhalten geförderte Anlagenbetreiber auf Grundlage des CfD die Differenz von der LCCC ausgezahlt. Durch die Implementierung eines Fördersystems, das seine Grundlage im Abschluss langfristiger Verträge mit fester Zahlungszusage findet, wird die Vorhersehbarkeit der Rückflüsse aus dem Anlagenbetrieb erhöht und auf diese Weise in Übereinstimmung mit den eingangs erläuterten Reformmotiven eine im Vergleich zur ROO-Förderung deutlich höhere Investitionssicherheit geschaffen. Gleichzeitig sollen mit Blick auf die Kosteneffizienz Überkompensationen vermieden werden: Soweit der Referenzpreis den maßgeblichen Basispreis überschreitet, sind Anlagenbetreiber zur Rückzahlung der entsprechenden Beträge an die LCCC verpflichtet. Insoweit unterscheidet sich die CfD-Förderung vom Direktvermarktungssystem nach dem EEG, wo eine Zahlungsverpflichtung der Anlagenbetreiber nicht vorgesehen ist. Die Finanzierung der förderbedingten Mehrkosten erfolgt über die „CfD Supplier Obligation“, einer Abgabe, die von Versorgungsunternehmen entsprechend ihrer Marktanteile an die LCCC zu zahlen ist.70 Die Höhe der Abgabe wird quartalsweise berechnet, das Gesamtaufkommen soll im Ergebnis der Gesamtverpflichtung der LCCC gegenüber geförderten Anlagenbetreibern aus den CfDs entsprechen. Die EVU leisten für jedes Quartal Vorauszahlungen, am Ende eines Quartals erfolgt sodann eine Korrektur (levy reconciliation) anhand der tatsächlich aufgewandten Fördermittel. Wie im EEG sind Befreiungen von der Abgabenverpflichtung zugunsten von Unternehmen energieintensiver Industrien vorgesehen. Im Übrigen wird im Wege der „Green Import Exemption“ Strom nicht belastet, der aus anderen EUMitgliedstaaten importiert wurde. Die aus der Abgabenverpflichtung entstandenen Kosten geben die EVU regelmäßig an die Verbraucher weiter, eine Verpflichtung hierzu besteht indes nicht.71
für weitere Informationen zur LCCC https://lowcarboncontracts.uk/who-we-are (zuletzt abgerufen am 08.08.2019). 70 Die Finanzierung der Förderkosten ist Regelungsgegenstand der Contracts for Difference (Electricity Supplier Obligations) Regulations 2014, abrufbar unter http://www.legislation.gov. uk/uksi/2014/2014/contents/made (zuletzt abgerufen am 08.08.2019). Dass die mit der CfDFörderung einhergehenden Kosten den EVU aufzuerlegen sind, findet seine Grundlage in Section 9 (1) EA 2013. 71 Hazrat, Die Förderung Erneuerbarer Energien in Deutschland, dem Vereinigten Königreich und Frankreich, S. 331; die fehlende Verpflichtung zur Weitergabe an die Verbraucher im EEG 2012 war von entscheidender Bedeutung für die beihilferechtliche Beurteilung des EEG 2012 durch den EuGH, vgl. dazu ausführlich unten § 5 B. II. 1. c) dd).
C. Neuordnung durch die Electricity Market Reform
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II. Vergabe der Förderberechtigungen durch Ausschreibungen Der Prozess zur Allokation der Fördermittel wird maßgeblich durch die sog. „Contracts for Difference (Allocation) Regulation 2014“72 vorkonstruiert, zu deren Erlass der Secretary of State durch die Vorschriften des EA 2013 ermächtigt wird.73 Die Allocation Regulations 2014 haben insoweit rahmengebende Funktion, als sie Maßgaben enthalten, nach welchen der Allokationsprozess für jede durchzuführende Vergabephase (sog. Allocation Round) zu implementieren ist. Ins Werk gesetzt werden die einzelnen Allocation Rounds auf dieser Grundlage insbesondere durch sog. Allocation Frameworks74, die grundsätzlich für jede Vergabephase neu zu veröffentlichen sind.75 Verantwortlich für die Durchführung des Allokationsprozesses ist der britische Netzbetreiber National Grid (sog. „Delivery Body“)76, der bei Wahrnehmung der übertragenen Aufgaben durch die Regulierungsbehörde Ofgem kontrolliert wird. Den Beginn einer Vergabephase markiert die Veröffentlichung einer „Allocation Round Notice“ durch den Secretary of State, in welcher die umfassten Inbetriebnahme-Jahre, Start- und Endtermin der Vergabephase und das Datum, bis zu welchem Anträge auf Förderung eingereicht werden können, bekannt zu geben sind.77 Mittels einer sog. „Budget Notice“ gibt der Secretary of State das für die jeweilige Allocation Round maßgebliche Gesamtbudget sowie die administrativen Basispreise bekannt. Darüber hinaus können in der Budget Notice eine Einteilung des Gesamtbudgets in verschiedene „Pots“ vorgenommen und sog. „Minima“ bzw. „Maxima“ festgelegt werden.78 So wird der Secretary of State in die Lage versetzt, Teile des Budgets bestimmten Technologien oder Technologiegruppen vorzubehalten und die Vergabe der Förderung durch bestimmte Mindest- oder Höchstmengen zu steuern. Nur qualifizierte Anträge können im Verfahren zur Vergabe der CfDs berücksichtigt werden.79 Die insoweit durchzuführende Prüfung wird durch die Maßgaben der Allocation Regulations 2014 vorkonstruiert: Danach darf mit Blick auf den 72 Abrufbar unter http://www.legislation.gov.uk/ukdsi/2014/9780111116777/contents (zuletzt abgerufen am 08.08.2019) – nachfolgend „Allocation Regulations 2014“. 73 Vgl. insbesondere Section 13 (2), (3) EA 2013. 74 Dass die Allocation Regulations die Regelung der Vergabe der CfDs mittels Allocation Frameworks dem Secretary of State überlassen können, folgt aus Section 13 (2) EA 2013. 75 Vgl. Section 6 (1) (a) Allocation Regulations 2014. 76 Vgl. hierzu https://www.emrdeliverybody.com/SitePages/Home.aspx (zuletzt abgerufen am 08.08.2019). 77 Vgl. Section 4 Allocation Regulations 2014. 78 Die Veröffentlichung der Budget Notice darf nicht später als 10 Werktage vor Beginn einer Allocation Round erfolgen, hierzu sowie zu weiteren Vorgaben betreffend die Budget Notice vgl. Section 11 Allocation Regulations 2014. 79 Zur Regelung der Qualifikationsanforderungen vgl. Münchmeyer/Kahles, Würzburger Berichte zum Umweltenergierecht Nr. 15, S. 6 ff.
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§ 3 Seitenblick: Erneuerbare Energien im Vereinigten Königreich
Antrag kein Ausschlussgrund vorliegen, zudem muss der Antrag allgemeine und etwaige besondere Präqualifikationsanforderungen erfüllen.80 Insbesondere muss der Antragssteller durch Vorlage von Kopien die Erteilung der zu Anlagenerrichtung und -betrieb erforderlichen Genehmigungen, etwa die der deutschen Baugenehmigung vergleichbare „planning permission“81, nachweisen.82 Die finale Gestaltung des jeweils maßgeblichen Kriterienkatalogs bleibt den Allocation Frameworks vorbehalten.83 Durch diese können die allgemeinen Qualifikationsanforderungen aus den Allocation Regulations 2014 modifiziert84 und durch zusätzliche Anforderungen („Supplemental Requirements“) ergänzt werden.85 Die Gestaltung des Prozesses zur Allokation der Fördermittel unter den nach vorbezeichneter Prüfung zugelassenen Anträgen ist zentraler Regelungsgegenstand der jeweils anwendbaren Allocation Frameworks, wobei zunächst der Budget Notice insoweit eine wesentliche Weichenstellung vorbehalten bleibt: Je nachdem, inwieweit der Secretary of State von den Instrumentarien zur Einteilung des Budgets in Technologieklassen Gebrauch macht, muss der Allokationsprozess nämlich entweder zentral mit Blick auf das Gesamtbudget oder aber innerhalb etwaig gebildeter Pots durchgeführt werden.86 Die für die bislang durchgeführten Vergaberunden jeweils veröffentlichten Allocation Frameworks haben ein im Wesentlichen gleichlaufendes Verfahren statuiert87: Danach muss die National Grid als Delivery Body zunächst den Wert88 aller qualifizierten Förderanträge addieren. Liegt der Gesamtwert unterhalb des maßgeblichen Budgets, erhalten alle Antragssteller die Berechtigung zum Abschluss 80
Vgl. Section 17 (3) Allocation Regulations 2014. Münchmeyer/Kahles, Würzburger Berichte zum Umweltenergierecht Nr. 15, S. 6 f. 82 Vgl. Section 23 (2) i. V. m. 24. Allocation Regulations 2014; zu den allgemeinen Qualifikationsanforderungen gehört im Übrigen das Erfordernis, das Vorliegen einer Netzanschlussvereinbarung („connection agreement“) bzw. deren Entbehrlichkeit nachzuweisen, vgl. Section 25 Allocation Regulation 2014. 83 Für Ausschlussgründe vgl. Section 14 (4), für allgemeine Präqualifikationsanforderungen vgl. Section 23 (7) und 25 (5), für besondere Präqualifikationsforderungen vgl. Section 28 (1) Allocation Regulations 2014. 84 Vgl. Section 23 (7) und 25 (5) Allocation Regulation 2014. 85 Vgl. Section 28 Allocation Regulations 2014. 86 Weitere Modifizierung erfährt das Verfahren durch die Vorgabe von Mindestzielen oder Höchstmengen, indem dann gegebenenfalls gesonderte Auktionen durchzuführen sind, vgl. hierzu die Übersicht bei Aures (Hrsg.), Auctions for Renewable Energy Support in the United Kingdom: Instruments and lessons learnt, S. 13. 87 Zur Vereinfachung wird nachfolgend auf das für die erste Vergabephase maßgebliche Allocation Framework abgestellt, vgl. Department of Energy and Climate Change (Hrsg.), Contract for Difference: Final Allocation Framework for the October 2014 Allocation Round – nachfolgend „Allocation Framework 2014“. 88 Die Methode zur Bewertung der Anträge erfolgt nach Maßgabe von Section 7 in Verbindung mit Schedule 2 Allocation Framework 2014. Maßgeblich ist die Auswirkung auf das ausgewiesene Budget („Budget Impact“). 81
C. Neuordnung durch die Electricity Market Reform
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eines CfDs, für die Förderhöhe sind dann die administrativ festgesetzten Basispreise maßgeblich. Übersteigt der Gesamtwert der eingegangenen Anträge aber den Wert des Budgets, teilt die National Grid dem Secretary of State die Notwendigkeit der Durchführung einer bzw. mehrerer Ausschreibungen mit, woraufhin dieser die Möglichkeit erhält, innerhalb von 5 Werktagen mittels Veröffentlichung einer „Budget Revision Notice“ eine Anpassung des Gesamtbudgets, der Pots, Maxima oder Minima vorzunehmen. Wird keine Anpassung vorgenommen oder bleibt eine Ausschreibung trotz der angepassten Budgets notwendig, leitet die National Grid ein statisches Auktionsverfahren zur Ermittlung der Förderberechtigungen ein. Ausgangspunkt ist die Veröffentlichung einer „Notice of Auction“, mittels derer Antragssteller zur Gebotsabgabe aufgefordert werden.89Antragssteller haben nun die Möglichkeit, innerhalb der in der Notice of Auction bekannt gegebenen Frist Sealed Bids unter Angabe des Strike Price abzugeben.90 Die National Grid sortiert die Gebote nach dem jeweiligen Strike Price in aufsteigender Reihenfolge und bezuschlagt diese Anträge bis zu demjenigen Gebot, dass zum Überschreiten des Budgets führen würde. Dabei gelten die in der Budget Notice bekannt gegebenen administrativ festgelegten Basispreise als Höchstpreise, es sind nur Gebote zulässig, die einen niedrigeren Strike Price ausweisen.91
III. Überblick über die Vergabephasen Nachfolgend soll ein kurzer Überblick über die beiden bislang durchgeführten Vergabephasen gegeben werden. Die dritte Vergabephase dauert derzeit noch an.92 1. Erste Vergabephase Am 29. August 2014 wurde der Beginn der ersten Vergabephase zum 16. Oktober 201493 angekündigt.94 Mit Veröffentlichung einer Budget Notice vom 2. Oktober gab der Secretary of State der systemverantwortlichen National Grid das Gesamtbudget
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Vgl. Rule 10. Allocation Framework 2014. Zu den Anforderungen an die Gebotsabgabe vgl. Section 11 Allocation Regulation 2014. 91 Vgl. Section 11.1 (iii) (a) Allocation Regulation 2014. 92 Vgl. https://www.cfdallocationround.uk/ (zuletzt abgerufen am 08.08.2019). 93 Ursprünglich wurde mit Veröffentlichung einer Allocation Round Notice am 29. August 2014 der 14. Oktober als Starttermin bekannt gegeben. Die Bekanntgabe des verzögerten Starttermins erfolgte mittels einer „Round Variation Notice“. Rechtsgrundlage ist insoweit Section 5 Allocation Regulation 2014. 94 Zur ersten Allocation Round vgl. Münchmeyer/Kahles, Würzburger Berichte zum Umweltenergierecht Nr. 15, S. 9 ff. 90
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für die Lieferjahre 2015/2016 bis 2020/2021 bekannt.95 Das Gesamtbudget wurde in Pots für „etablierte“ und „weniger etablierte“ Technologien96 eingeteilt, wobei der deutlich überwiegende Teil des Budgets den weniger etablierten Technologien vorbehalten blieb.97 Infolge der Aufteilung des Gesamtbudgets hatte die Allokation der Fördermittel gesondert innerhalb der gebildeten Technologiegruppen zu erfolgen.98 Aufgrund der Befürchtung, dass Anlagen zur Erzeugung von Strom durch Nutzung von Wellen (Wave) und Gezeiten (Tidal Stream) im Wettbewerb unter den weniger etablierten Technologien nicht zum Zuge kommen könnten, wurde für diese Technologien ein Minimum von 10 MW in der Budget Notice ausgewiesen. Der ersten Allocation Round wurde für beide Technologieklassen ein kostenwirksamer Wettbewerb bescheinigt, nur 27 % der Antragssteller konnten einen CfD erhalten.99 Gewinner der Vergabephase war jeweils die Windenergie, auf die insgesamt 89 % der zugebauten Kapazität entfiel.100 2. Zweite Vergabephase Die zweite Allocation Round wurde im Zeitraum zwischen dem 3. April und dem 11. September 2017 durchgeführt.101 Die Vergabephase betraf die InbetriebnahmeJahre 2021/22 und 2022/23 und beschränkte sich auf die weniger etablierten Technologien im Sinne der für die erste Vergabephase etablierten Einteilung. Das 95
Das für die erste Allocation Round bereit gestellte Gesamtbudget wird auf die umfassten Lieferjahre (Delivery Years) verteilt. Das Lieferjahr beginnt jeweils am 1. April und endet am 31. März des Folgejahres, vgl. Section 2 Allocation Regulation 2014. 96 Zur Gruppe der etablierten Technologien zählen insbesondere Onshore-Wind- und Photovoltaikanlagen, zu den weniger etablierten insbesondere Offshore-Windanlagen. Ein dritter Pot wurde für Anlagen zur Umwandlung von Biomasse vorgesehen, insoweit wurde aber zunächst kein Budget zugewiesen. 97 Das Budget wurde mittels einer auf Grundlage von Section 12 Allocation Regulations 2014 am 27. Januar 2015 veröffentlichten für die auf das Delivery Year 2016/2017 folgenden Jahre um jeweils 25 Mio. £ erhöht, wobei die Erhöhung komplett auf die weniger etablierten Technologien entfallen. Danach entfallen ab dem delivery year 2017/2018 80 % des Gesamtbudgets auf die Förderung der weniger etablierten Technologien. 98 Rule 9.2 Allocation Framework 2014. Wären keine Pots gebildet worden, wäre ein einheitlicher Allokationsprozess bezogen auf das Gesamtbudget durchzuführen gewesen, vgl. Rule 9.3 Allocation Framework 2014. 99 Auf Offshore-Windenergieanlagen entfielen 1162 MW (54 %), auf Onshore-Windenergieanlagen 749 MW (35 %) neuer Kapazität, vgl. Frontier Economics et. al. (Hrsg.), What next for UK auctions of renewable Contracts for Difference?, S. 1. 100 Die Ergebnisse der ersten Allocation Round sind abrufbar unter https://www.gov.uk/ government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/407059/Contracts_for_Difference_-_ Auction_Results_-_Official_Statistics.pdf (zuletzt abgerufen am 08.08.2019). 101 Die Bekanntgabe durch den Secretary of State erfolgte mit Allocation Round Notice vom 13. März 2017, abrufbar unter https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/at tachment_data/file/598823/ALLOCATION_ROUND_NOTICE.pdf (zuletzt abgerufen am 08.08.2019).
C. Neuordnung durch die Electricity Market Reform
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Budget für die zweite Allocation Round wurde am 13. März 2017 mitgeteilt.102 Unter anderem für Biomasseanlagen wurde der Zubau neuer Kapazitäten mittels Implementierung eines Maxima von 150 MW gedeckelt. Die für die zweite Allocation Round maßgebliche Allocation Framework wurde im März 2017 veröffentlicht und statuierte ein im Vergleich zur ersten Allocation Round im Wesentlichen gleichlaufendes Allokationsverfahren.103 3. Dritte Vergabephase Am 01.05.2019 erfolgte die Mitteilung des Budgets für die die Lieferjahre 2023 – 2025 betreffende dritte Vergabephase. Die Vergabe erfolgt wiederum – wie schon in der zweiten Vergabephase– nur an weniger innovative Technologien aus Pot 2. Auffällig sind die im Vergleich zur zweiten Vergabephase nahezu ausnahmslos gesunkenen Höchstpreise. Allein für Biomasseanlagen wurde ein geringfügig höherer Basispreis ausgewiesen, während etwa der Preis für Offshore-Windanlagen nur noch etwas mehr als halb so hoch ist wie im Rahmen der zweiten Vergabephase.104
IV. Zwischenfazit Mit Blick auf die umfassten Eingriffe bedeutet die EMR abermals einen Paradigmenwechsel in der Fördersystematik des Vereinigten Königreichs. Erklärtes Anliegen war es, eine Ausbaudynamik zu schaffen, mittels der die verbindlichen Zubauziele erreicht werden können, ohne die Versorgungssicherheit zu gefährden. Vehikel ist die Implementierung eines im Vergleich zur ROO-Förderung deutlich komfortableren Investitionsrahmens. Die Gestaltung des Verfahrens zur Allokation der Fördermittel bleibt dabei weitgehend der Verantwortung der Exekutive überlassen. In Wahrnehmung der eingeräumten Gestaltungsfreiheit hat der Secretary of State einen Regelungsrahmen geschaffen, der ein hohes Maß an Flexibilität ermöglicht. So beschränkt sich das für alle Vergabephasen maßgebliche Regelungswerk in Gestalt der Allocation Regulations 2014 im Wesentlichen auf Vorgaben, wie die einzelnen Allocation Rounds jeweils ins Werk zu setzen sind. Indem die Regulations somit zuvörderst rahmengebende Funktion haben, das Allokationsverfahren im Übrigen aber zu wesentlichen Teilen durch Allocation Frameworks und Notices gestaltet wird, kann in jeder neuen 102 Budget Notice for the Second CfD Allocation Round vom 13. März 2017, abrufbar unter https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/598824/Budget_ Notice.pdf (zuletzt abgerufen am 08.08.2019). 103 Department of Energy and Climate Change (Hrsg.), Contracts for Difference: Allocation Framework for the second Allocation Round – nachfolgend Allocation Framework 2017. 104 Vgl. Contracts for Difference (CfD): Budget Notice for the third Allocation Round, abrufbar unter https://assets.publishing.service.gov.uk/government/uploads/system/uploads/at tachment_data/file/798885/Final_Budget_Notice_AR3.pdf (zuletzt abgerufen am 08.08.2019).
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Vergabephase auf unerwünschte Entwicklungen reagiert oder veränderten Prioritäten Rechnung getragen werden.
D. Fazit Im Vergleich zur Entwicklung in Deutschland ist die Förderhistorie im Vereinigten Königreich von deutlich weniger Kontinuität geprägt. Angesichts dessen ist es nicht überraschend, dass die im Vorfeld der EEG-Reform 2014 geführte ordnungspolitische Diskussion um eine alternative Förderpolitik maßgeblich von dem Verweis auf die Erfahrungen im Vereinigten Königreich gezeichnet war. Dabei wurde das Scheitern der NFFO-Förderung ebenso wie die Erfolglosigkeit des durch die ROO implementierten Quotenmodells vielfach als Beleg für die generelle Ungeeignetheit der jeweiligen Instrumente als Alternative zum tradierten EEG-Einspeisevergütungsmodell herangezogen. In diesem Teil der Bearbeitung konnte aber gezeigt werden, dass beide Instrumente mit erheblichen Gestaltungsfehlern behaftet waren, sodass die gezeitigten Ergebnisse nur bedingt tauglich sind, systemische Bedenken gegen Ausschreibungsund Quotenmodell zu begründen. Diese Erkenntnis ist auch Grundlage der im Zuge der Electricity Market Reform verwirklichten Rückkehr zum Ausschreibungsverfahren. Die Gestaltung des neuen Förderinstrumentariums belegt bereits deutliche Lesson-learnt-Effekte im Vergleich zur NFFO-Förderung. War das Fehlen hinreichender Regelungselemente zur Sicherstellung der Projektrealisierung eine der Hauptursachen für das Scheitern des NFFO-Förderregimes, bedarf es nun des Nachweises weit fortgeschrittener Planungsreife. Mit Blick auf die ersten beiden Vergabephasen ist außerdem das Bemühen erkennbar, innovative Technologien in die Förderung einzubeziehen und so eine Marktverengung zu vermeiden, wie sie auf Grundlage der zunächst technologieneutralen ROO-Förderung zu beobachten war. Entfielen im Rahmen der ersten Allocation Round bereits der überwiegende Teil der Fördermittel auf weniger etablierte Technologien, blieben diesen in der zweiten und dritten Vergaberunde jeweils das gesamte Budget vorbehalten.
§ 4 Das Ausschreibungsverfahren in der ordnungspolitischen Diskussion Der mit Inkrafttreten des EEG 2014 fixierten Entscheidung zur Einführung von Ausschreibungen ging eine intensiv geführte ordnungspolitische Diskussion um die Notwendigkeit einer Neuausrichtung der Förderpolitik und deren Gestaltung voraus. Insbesondere unter dem Eindruck des kontinuierlichen Anstiegs der EEG-Umlage als dem prominentesten Indikator für die mit dem Ausbau der EE-Kapazitäten verbundenen Verbraucherbelastungen wurden Forderungen laut, das implementierte Einspeisevergütungsmodell durch ein wettbewerblich orientiertes Förderinstrument zu ersetzen. War also der Anstieg der Verbraucherbelastungen Triebfeder der Kritik am Einspeisevergütungsmodell, drehte sich die Debatte im Kern um die Frage, auf welche Weise versucht werden soll, der bezeichneten Kostenentwicklung zu begegnen. Prominent beworben und kontrovers diskutiert wurde dabei insbesondere der Ansatz, ein Quotenmodell nach schwedischem Vorbild zu implementieren. Das von der Europäischen Kommission präferierte1 und mit Inkrafttreten des EEG 2017 letztlich implementierte Ausschreibungsverfahren spielte im Rahmen dieser Diskussion zunächst eine eher untergeordnete Rolle. Dieser Teil der Bearbeitung gilt dem Versuch, einen systematischen Überblick über die bezeichnete Diskussion zu geben. Nährboden der Kontroverse war die Beobachtung verschiedener Ineffizienzen im Zusammenhang mit der Förderung auf Grundlage des überkommenen EEG. Diese Fehlentwicklungen dürfen aber nicht losgelöst vom Gesamtkontext der EE-Förderung gesehen werden. Vielmehr ist zu beachten, dass die Förderpolitik je nach politischer Priorisierung auch anderen ordnungspolitisch relevanten Parametern Rechnung zu tragen und Zielkonflikte in Ausgleich zu bringen hat. Nachfolgend sollen zunächst die bestehenden Spannungsfelder skizziert werden (A.). Auf dieser Grundlage können die im Anschluss herauszuarbeitenden Ineffizienzen im Zusammenhang mit der Förderung nach dem EEG als Ergebnis einer Förderpolitik eingeordnet werden, die den Fokus im Sinne eines Markteinführungsinstruments auf die Wirksamkeit des implementierten Fördermodells gelegt hat (B.). Im nächsten Schritt ist sodann zu skizzieren, welche Eigenschaften der „alternativen“ Fördermodelle betont werden, um den zuvor identifizierten Defiziten Rechnung zu tragen (C.). Im Rahmen eines Fazits werden die Ergebnisse der Darstellung zusammengefasst (D.).
1
Ausführlich hierzu unten § 5 B. III. 2. b) bb) (2) (b).
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§ 4 Das Ausschreibungsverfahren in der ordnungspolitischen Diskussion
A. Bewertungsparameter und Zielkonflikte Eine zielgerichtete Evaluation der Fördermodelle setzt zunächst voraus, dass die von dem Förderansatz zu erfüllenden Anforderungen definiert sind. Entscheidend sind insoweit die politischen Zielsetzungen, wie sie sich aus den maßgeblichen Rechtssätzen ergeben. Der deutsche Gesetzgeber muss sich mit seiner Entscheidung für Ausschreibungslösungen also an den eigens formulierten Zielen messen lassen: Nach § 1 II 1 Nr. 3 EEG 2017 soll der Anteil des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms am Bruttostromverbrauch auf mindestens 80 % im Jahr 2050 erhöht werden. Dieser Ausbau soll stetig, kosteneffizient und netzverträglich erfolgen, § 1 II 2 EEG 2017. Das Instrument der Wahl muss also einen kosteneffizienten Ausbau entlang der formulierten Ausbauziele ermöglichen. Die zentralen Kriterien für die Bewertung der diskutierten Fördermodelle sind demnach Effektivität und – ausdrücklich genannt – Kosteneffizienz. Die Effektivität adressiert die Frage, inwieweit ein politisch festgelegtes (Ausbau-)Ziel mit Hilfe eines Instruments erreicht werden kann.2 Dabei kann zwischen Wirkungsgeschwindigkeit und ökologischer Treffsicherheit unterschieden werden. Gibt erstere Auskunft darüber, wie schnell ein Ausbauziel erreicht wird, ist letztere Maßstab für die Präzision bei der Zielerreichung. Entscheidend ist also, inwieweit anhand eines Förderinstruments die Ausbauziele innerhalb des maßgeblichen Zeitfensters sicher und zielgenau erfüllt werden.3 Für die Beurteilung der Effizienz eines Instruments ist der für die Zielerreichung erforderliche Ressourcenaufwand maßgeblich. Zu unterscheiden ist zwischen statischer und dynamischer Effizienz.4 Das Einspeisevergütungsmodell nach dem EEG wurde insbesondere mit Blick auf seine unzureichende statische Effizienz kritisiert. Statische Effizienz bedeutet, dass das festgelegte Ziel unter den aktuellen Rahmenbedingungen mit dem geringstmöglichen Kostenaufwand erreicht werden soll.5 Grundlage für die Beurteilung der statischen Effizienz ist also der jeweils vorzufindende Wissensstand.6 Anhand des Kriteriums der dynamischen Effizienz wird demgegenüber versucht, den Beitrag eines Instruments zu wissenschaftlichem 2 Überblicksartig zum Folgenden Bruttel/Purkus/Gawel, Auktionen als Förderinstrument für erneuerbare Energien, S. 43 ff.; Agora Energiewende (Hrsg.), Ausschreibungen für Erneuerbare Energien. Welche Fragen sind zu prüfen?, S. 9 ff. 3 Zur damit umrissenen „ökologischen Effektivität“ vgl. Michaelis, Ökonomische Instrumente in der Umweltpolitik, S. 35 f.; instruktiv auch Häder, et 2005, 610 (611). 4 Ausführlich zu den Effizienzkonzepten in der Volkswirtschaftslehre s. Ludwigs, Unternehmensbezogene Effizienzanforderungen im Öffentlichen Recht, S. 39 ff.; aus der umweltökonomischen Literatur vgl. Michaelis, Ökonomische Instrumente in der Umweltpolitik, S. 36; instruktiv auch Bruttel/Purkus/Gawel, Auktionen als Förderinstrument für erneuerbare Energien, S. 61 ff. 5 Bruttel/Purkus/Gawel, Auktionen als Förderinstrument für erneuerbare Energien, S. 47; ausführlich Ludwigs, Unternehmensbezogene Effizienzanforderungen im Öffentlichen Recht, S. 40 ff. 6 Ludwigs, Unternehmensbezogene Effizienzanforderungen im Öffentlichen Recht, S. 64.
A. Bewertungsparameter und Zielkonflikte
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Fortschritt und der Entwicklung neuer Produktionsmethoden zu beurteilen.7 Auf dem Prüfstand steht hier also die Innovationswirkung eines Instruments. Mit Blick auf die Ökostrom-Förderung ist zu bemessen, inwieweit ein Förderinstrument Anreize für die Investition in Forschung und Entwicklung alternativer – unter statischen Gesichtspunkten derzeit noch nicht effizienter – Erzeugungstechnologien schafft. Diese (umwelt-)ökonomischen Kriterien stehen teilweise in Konflikt miteinander. Dies betrifft zum einen das Verhältnis zwischen Effektivität und Effizienz: Es ist unmittelbar einleuchtend, dass die Bereitschaft, eine EE-Anlage zu errichten und zu betreiben, in direktem Zusammenhang mit dem damit einhergehenden Investitionsrisiko steht. Instrumente, die Anlagenbetreiber geringen Investitionsrisiken aussetzen, weisen mit Blick auf das Ziel, den Zubau neuer Kapazitäten anzustoßen, entsprechend eine hohe Effektivität auf. Vor diesem Hintergrund ist es wenig überraschend, dass ein Einspeisevergütungsmodell nach dem Vorbild der früheren Fassungen des EEG als besonders wirksames Förderinstrument gilt: Durch den langfristig gewährten Anspruch auf Abnahme des gesamten produzierten Stroms bei Zahlung einer nach Erzeugungstechnologien differenzierenden, marktpreisunabhängig garantierten Vergütung je Kilowattstunde eingespeisten Stroms wurden Anlagenbetreiber in eine besonders starke Position versetzt.8 Kehrseite des durch die Markt- und Wettbewerbsferne vermittelten Investitionsrahmens waren die nachfolgend zu skizzierenden Kosten-Ineffizienzen samt der mit diesen einhergehenden Verbraucherbelastungen. Entsprechend stand die Gestaltung der Marktintegration als Vehikel zu einer verbesserten Kosteneffizienz im Zentrum der ordnungspolitischen Reformdiskussion. Je entschlossener Anlagenbetreiber aber entlang der mit dem Begriff der Marktintegration im Einzelnen verbundenen Forderungen marktlichen Risiken ausgesetzt werden, desto mehr drängt sich angesichts des oben bezeichneten Zusammenhangs zwischen Investitionsrahmen und Wirksamkeit des Instruments ein Zielkonflikt zwischen Effizienz und Effektivität auf.9 Ein Spannungsfeld besteht im Übrigen zwischen statischer und dynamischer Effizienz.10 Mit Blick auf die statische Effizienz müsste die Förderung auf die zum Entscheidungszeitpunkt günstigste Erzeugungstechnologie beschränkt werden. Als Folge wäre zu erwarten, dass innovative, aber aktuell noch teurere Technologien vernachlässigt werden würden. Etwaige langfristige Kostensenkungspotentiale blieben in diesem Falle ungenutzt. Der Hinweis auf diesen Zielkonflikt ist – wie im 7 Vgl. hierzu Ludwigs, Unternehmensbezogene Effizienzanforderungen im Öffentlichen Recht, S. 64 ff. m. w. N., der auch auf bestehende begrifflich-konzeptionelle Unklarheiten im Zusammenhang mit dem Kriterium der dynamischen Effizienz hinweist. 8 Müller/Kahl/Sailer, ER 2014, 139 (141 f.); vgl. auch Menanteau/Finon/Lamy, Energy Policy 31 (2003), 799 (806). 9 Zum Spannungsfeld zwischen statischer Effizienz und dem Erreichen der Ausbauziele vgl. Bruttel/Purkus/Gawel, Auktionen als Förderinstrument für erneuerbare Energien, S. 69 f. 10 Agora Energiewende (Hrsg.), Ausschreibungen für Erneuerbare Energien. Welche Fragen sind zu prüfen?, S. 9; Bruttel/Purkus/Gawel, Auktionen als Förderinstrument für erneuerbare Energien, S. 67 f.
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§ 4 Das Ausschreibungsverfahren in der ordnungspolitischen Diskussion
Folgenden noch zu zeigen sein wird – wesentlicher argumentativer Bestandteil der Diskussionen, ob eine technologieneutrale Förderung einer wie im EEG nach wie vor verwirklichten technologiespezifischen Gestalt vorzuziehen ist.
B. Ordnungspolitische Kritik am EEG-Einspeisevergütungsmodell Der Förderansatz des EEG war aus ordnungspolitischer Perspektive noch nie unumstritten.11 Die eingangs erläuterte Entwicklung der durch die Förderung verursachten Verbraucherbelastungen verlieh der Kritik am Einspeisevergütungsmodell aber eine neue Qualität. Die Kostenvervielfachung wurde dabei im Wesentlichen der unzureichenden Markt- und Wettbewerbsorientierung der Förderung zugeschrieben.12 Im Rahmen einer Systematisierung sind insbesondere drei Problemkomplexe hervorzuheben: Zum einen bewirke das Instrument Überförderungen und ermögliche keine verlässliche Prognostizierbarkeit bezüglich des Zubaus neuer Erzeugungskapazitäten (I.). Hiermit eng verbunden sind Bedenken gegen die fehlende Technologieneutralität der Förderung. Die Kontroverse um die Zweckmäßigkeit der Technologiedifferenzierung nimmt insoweit eine Sonderstellung ein, als sie eine grundlegende Gestaltungsfrage adressiert, die für jedes Fördermodell beantwortet werden muss (II.).13 Wesentliche Kritik betrifft im Übrigen die fehlende Marktintegration: Die garantierte Zahlung einer marktpreisunabhängigen Vergütung je eingespeister Kilowattstunde Strom aus erneuerbaren Energiequellen vermittelt keine Anreize, auf Marktsignale zu reagieren und die Einspeisung an der Nachfragesituation auszurichten (III.).
I. Überförderung und ungenaue Steuerung des Zubaus Wesentliche Kritik am EEG früherer Fassungen setzte an dem für Einspeisevergütungsmodelle charakteristischen Verzicht auf wettbewerbliche Preisbildung an. Hingewiesen wurde insbesondere auf mit der hoheitlichen Festlegung der Fördersätze einhergehende Gefahr von Überförderungen (1.). Im Zusammenhang hiermit ist der Vorwurf unzureichender Kontrolle über den Zubau neuer Kapazitäten zu sehen (2.).
11 Vgl. schon zum StromEinspG Klinger, in: Baur/Müller-Graff/Zuleeg (Hrsg.), FS Börner, S. 541 ff. 12 Bataille/Hösel, ZNER 2014, 40 (40); siehe auch Haucap/Kühling, et 2013, 41 (41), die von einem „planwirtschaftlichen Ansatz“ sprechen. 13 Bode, ZfU 2014, 134 (150 f.); Frontier Economics (Hrsg.), Die Zukunft des EEG – Handlungsoptionen und Reformansätze, S. 13.
B. Ordnungspolitische Kritik am EEG-Einspeisevergütungsmodell
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1. Hoheitliche Preissetzung birgt die Gefahr von Überförderungen Die Festsetzung der Einspeisevergütungssätze im EEG erfolgte mit der Maßgabe, dass über die gesamte Förderdauer ein jeweils kostendeckender Anlagenbetrieb samt einer wirtschaftlich angemessenen Rendite ermöglicht wird.14 Mittels dieses ertragsspezifischen Förderansatzes sollten Produzentenrenten15 reduziert und im Ergebnis eine hohe statische Effizienz erreicht werden.16 Der Entscheidung für eine nach Erzeugungstechnologien differenzierende Förderung lag die Erwägung zu Grunde, dass im Zusammenwirken mit der degressiven Ausgestaltung der Vergütungssätze auf diese Weise eine hohe dynamische Effizienz gewährleistet werden kann.17 Um dem verfolgten ertragsspezifischen Ansatz Rechnung zu tragen, musste angesichts der je nach Erzeugungstechnologie oder Standort der Anlage unterschiedlichen Gestehungskosten ein System von entsprechend differenzierenden Vergütungssätzen etabliert werden.18 Dabei erfordert die hoheitliche Festlegung der Einspeisetarife verlässliche Kenntnisse der betriebswirtschaftlich relevanten Faktoren, insbesondere der jeweiligen Erzeugungskosten. Schon angesichts des hieraus erwachsenden immensen Informationsbedarfs scheint eine punktgenaue Förderung in dem Sinne, dass Renditen nur in einer Höhe gewährt werden, die erforderlich ist, um mit Blick auf die jeweiligen Mengenziele ausreichende Anreize zur Anlagenerrichtung zu setzen, nahezu unmöglich. Unterschiedliche Margen und teilweise überhöhte Renten für Betreiber bestimmter Anlagen sind fast zwangsläufige Folge. Weitere Probleme entstehen, wenn sich betriebswirtschaftlich relevante Faktoren ändern, womit vor allem Kostensenkungen im Zusammenhang mit der Anlagenerrichtung angesprochen sind. Denn in einem System der Höhe nach fixierter Einspeisevergütungen wirken sich solche Schwankungen unmittelbar auf die Rentabilität des Anlagenbetriebs aus.19 Der vom EEG-Einspeisevergütungssystem verfolgte Ansatz, solchen Kostensenkungen durch die Regelung eines Degressionspfades Rechnung zu tragen, setzt eine staatliche Prognoseentscheidung voraus, die den oben bezeichneten Informationsbedarf und entsprechend die Gefahr von Fehleinschätzungen und hieraus resultierenden Ineffizienzen in Gestalt weiterer Überförderungen 14 Kahles/Lutz/Schütter, in: Müller (Hrsg.), 20 Jahre Recht der Erneuerbaren Energien, S. 507 (510). 15 Die Produzentenrente entspricht dem an den Verkäufer gezahlten Preis abzüglich seiner Produktionskosten und bemisst so den Nutzen des Verkäufers aus der Teilnahme am Marktgeschehen, vgl. Mankiw/Taylor, Grundzüge der Volkswirtschaftslehre, S. 242. 16 Vgl. Ragwitz/Held, in: Müller (Hrsg.), 20 Jahre Recht der Erneuerbaren Energien, S. 321 (323). 17 Ragwitz/Held, in: Müller (Hrsg.), 20 Jahre Recht der Erneuerbaren Energien, S. 321 (323). 18 Haucap/Kühling, et 2013, 41 (42); Haucap/Klein/Kühling, Die Marktintegration der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, S. 53 f. 19 Vgl. hierzu Monopolkommission, Sondergutachten 65, Tz. 239.
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§ 4 Das Ausschreibungsverfahren in der ordnungspolitischen Diskussion
vervielfacht.20 Im Übrigen ist durch die Degression der Vergütungssätze noch keine Vorsorge für außerordentliche, also nicht antizipierte Kostensenkungen getroffen. Sind aber Kostenreduktionen zu beobachten, die nicht in dem Sinne vorhersehbar waren, dass sie bereits durch die Degression der Vergütungssätze reflektiert werden, bedeutet dies zunächst zusätzliche Überförderungen. Hier setzt nun weitere Kritik an der Förderung auf Grundlage hoheitlicher Preisfestsetzung an. Denn die zur Korrektur bzw. Anpassung der Vergütungssätze entsprechend erforderlichen politischen Entscheidungsprozesse nehmen unter Umständen zu viel Zeit in Anspruch, um flexibel auf bezeichnete Entwicklungen reagieren und auf diese Weise die hieraus resultierenden zusätzlichen Kosten begrenzen zu können.21 Soweit Kostenreduktionen nicht ausreichend schnell und adäquat durch Anpassung der Vergütungssätze reflektiert werden22, erfährt das im oben beschriebenen Sinne ohnehin systemimmanente23 Problem der Überförderung einzelner Technologien also weitere Vertiefung. 2. Unzureichende Kontrolle über den Zubau neuer Kapazitäten Aufgrund des unmittelbaren Zusammenhangs zwischen Renditeerwartung und Investitionsbereitschaft potentieller Anlagenbetreiber steht das bezeichnete Problem der Überförderung in direkter Verbindung mit einem weiteren Vorwurf zu Lasten des EEG-Einspeisevergütungssystems. Angesprochen ist damit die unzureichende Kontrollierbarkeit des Zubaus neuer EE-Kapazitäten in preisgesteuerten Fördersystemen.24 Gelangt man zu dem Zwischenergebnis, dass eine punktgenaue Förderung in Fördersystemen mit hoheitlicher Preisfestsetzung aus den bezeichneten Gründen kaum zu gewährleisten ist, führt dies unmittelbar zu der Erkenntnis, dass auch im Hinblick auf den Ausbau neuer Kapazitäten eine präzise Zielverfolgung nicht möglich ist.
20 Mit Verweis auf mehrfache Änderungen der Degressionssätze s. schon Häder, et 2005, 610 (614). 21 Agora Energiewende (Hrsg.), Ausschreibungen für Erneuerbare Energien. Welche Fragen sind zu prüfen?, S. 10; Schmitz-Grethlein, in: Graf von Kielmannsegg (Hrsg.), Die EEGReform – Bilanz, Konzeptionen, Perspektiven, S. 47 (50); dieses Problem anerkennt im Übrigen auch die Bundesregierung, vgl. nur die Begründung zur FFAV, S. 1. 22 acatech (Hrsg.), Die Energiewende finanzierbar gestalten. Effiziente Ordnungspolitik für das Energiesystem der Zukunft S. 26; Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (Hrsg.), Gegen eine rückwärtsgewandte Wirtschaftspolitik, Tz. 803; Haucap/Klein/Kühling, Die Marktintegration der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, S. 54. 23 Mohr, EnWZ 2015, 99 (100). 24 Bruttel/Purkus/Gawel, Auktionen als Förderinstrument für erneuerbare Energien, S. 27; Monopolkommission, Sondergutachten 65, Tz. 238 ff.
B. Ordnungspolitische Kritik am EEG-Einspeisevergütungsmodell
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Als Beleg für die bezeichneten Zusammenhänge werden insbesondere die Erfahrungen aus der Photovoltaik-Förderung in Deutschland herangezogen.25 Ab dem Jahr 2005 haben die technologische Entwicklung und erhöhte Stückzahlen zu einer deutlichen Senkung der Anlagenkosten geführt. Da die Einspeisetarife nicht entsprechend angepasst wurden, kam es in der Folge zu einer erheblichen Ausweitung der Rentabilitätsspannen. Diese Überförderung führte zu einem immensen Zubau an Photovoltaik-Kapazitäten in Deutschland.26 Dieses Beispiel veranschaulicht, wie die Wechselwirkung zwischen Rentabilität des Anlagenbetriebs und Höhe der Zubaurate dazu führt, dass sich fehlende Kontrolle über die Entwicklung der Produzentenrenten als Defizit im Hinblick auf die Zielgenauigkeit des Zubaus neuer EE-Kapazitäten fortsetzen muss. Selbst bei Kenntnis der ökonomisch relevanten Faktoren lässt sich der Zubau nur schwer prognostizieren. Ergeben sich Veränderungen mit Auswirkung auf die Rentabilität, wird ein zielgenauer Ausbau zusätzlich erschwert. Mit Blick auf die Verbraucherbelastung resultiert hieraus ein erhebliches Risiko27: Denn die unzureichende Steuerbarkeit des Zubaus neuer Kapazitäten bedeutet – tatsächliche Einspeisung vorausgesetzt – im gleichen Umfang fehlende Kontrolle hinsichtlich des Gesamtumfangs der Förderung. Denn aus der Höhe der Einspeisevergütung ergibt sich zwar die Förderhöhe für eine Kilowattstunde EE-Strom. Die kumulierte Förderhöhe hängt aber vom – im beschriebenen Sinne nur schwer prognostizierbaren – tatsächlichen Zubau, d. h. von der Inanspruchnahme der Förderung ab. Der mit einer Ausweitung der Rentabilitätsspannen verbundene erhöhte Zubau neuer Kapazitäten bedeutet also gleichsam eine Zunahme der zu vergütenden Einspeisemengen und somit im Ergebnis eine Erhöhung der regelmäßig von den Verbrauchern zu tragenden Gesamtkosten. Damit zeitigte das Fördersystem eine paradox anmutende Folgewirkung: Kostensenkungen im Zusammenhang mit der Anschaffung der Erzeugungsanlagen führten unter den bezeichneten Umständen somit zu höheren Endkundenpreisen.28 Insbesondere mit Blick auf diese Kostenrisiken wurde die fehlende Zielgenauigkeit als zentraler Makel des EEG-Einspeisevergütungssystems adressiert. Dabei ist der Verzicht auf eine Steuerung der Zubaumenge mit weiteren Folgeproblemen verbunden: Zum einen wird die Netzplanung erheblich erschwert. Die sachgerechte Organisation von Netzausbau und Netzverstärkung setzt möglichst genaue Kennt-
25 Kohls/Wustlich, NVwZ 2015, 313 (313 f.); Monopolkommission, Sondergutachten 65, Tz. 240. 26 Zwischenzeitlich befanden sich über 35 % der weltweit installierten Kapazitäten an Photovoltaikanlagen in Deutschland, vgl. Haucap/Klein/Kühling, Die Marktintegration der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, S. 63 mit Verweis auf Renewable Energy Policy Network for the 21st Century (Hrsg.), Renewables 2012 Global Status Report, S. 48. Im Jahr 2014 waren es hingegen nur noch etwas mehr als 20 %, vgl. Renewable Energy Policy Network for the 21st Century (Hrsg.), Renewables 2015 Global Status Report, S. 59. 27 Vgl. Monopolkommission, Sondergutachten 65, Tz. 239. 28 Monopolkommission, Sondergutachten 65, Tz. 239.
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§ 4 Das Ausschreibungsverfahren in der ordnungspolitischen Diskussion
nisse hinzukommender Kapazitäten voraus.29 Zum anderen erfordert auch die Planung des gesamten Kraftwerksparks insoweit verlässliche Prognosen. Um Versorgungssicherheit gewährleisten zu können, muss die Entwicklung des Kraftwerksparks mit Blick auf die schwankende Stromproduktion dargebotsabhängiger Erzeugungsformen erfolgen.30
II. Fehlende Technologieneutralität als Streitthema Soweit die vorstehende Systemkritik ihre Grundlage im Vorwurf staatlicher Wissensanmaßung31 findet, sind Bedenken gegen die Technologiedifferenzierung des Einspeisevergütungsmodells schon deshalb konsequent, weil der staatliche Informationsbedarf vervielfacht wird, wenn der ertragsspezifische Förderansatz auf mehrere Technologien erstreckt wird. Im Kontext der Diskussionen um die Ablösung des Einspeisevergütungsmodells durch ein Quotenmodell wurde die Zweckmäßigkeit einer Technologiedifferenzierung aber auch grundsätzlich, d. h. jenseits dieses spezifisch das Einspeisevergütungsmodell betreffenden Aspekts hinterfragt. Die Kritik an technologiespezifischer Förderung setzt im Wesentlichen an dem mit einem solchen Ansatz einhergehenden Verzicht auf Wettbewerb unter den verschiedenen Erzeugungstechnologien an.32 In einem System nach Erzeugungstechnologien divergierender Vergütungssätze investieren betriebswirtschaftlich rational handelnde Akteure nicht in die kostengünstigste Technologie, sondern in diejenige, die die größten Gewinnspannen erwarten lässt. Zur Veranschaulichung der aus diesem Anreizsystem resultierenden Ineffizienzen wird wiederum das Beispiel der Photovoltaik-Förderung in Deutschland bemüht. Neben der unzureichenden Kontrollierbarkeit bezüglich der Entstehung von Überförderungen und des Zubaus neuer Kapazitäten belege dieses außerdem, dass ein Einspeisevergütungssystem nach dem Vorbild des EEG in seiner Gestaltung bis zur Reform 2014 keine Lenkungswirkung im Hinblick auf die Effizienz des Technologiemixes und der Standortwahl habe.33 Denn der massive Zubau an Photovoltaik-Kapazitäten erfolgte vollkommen ungeachtet des Umstands, dass es sich bei Photovoltaik um eine vergleichsweise teure Erzeugungstechnologie handelte. Entsprechend habe der Zubau nicht nur – wie oben geschildert – zum Anstieg 29
Zu den Auswirkungen des Ausbaus der EE-Kapzitäten auf die Stromnetze vgl. Steffens, in: Säcker (Hrsg.), BerlKommEnR – Bd. 2, Einl. C. Rn. 29 ff. 30 Zur Notwendigkeit der Systemflexibilisierung s. Steffens, in: Säcker (Hrsg.), BerlKommEnR – Bd. 2, Einl. C. Rn. 41 ff. 31 S. Monopolkommission, Sondergutachten 65, Tz. 246; instruktiv zum Problem staatlicher Wissensanmaßung etwa Fritsch, Marktversagen und Wirtschaftspolitik, S. 76 ff. 32 Vgl. nur Frontier Economics (Hrsg.), Die Zukunft des EEG – Handlungsoptionen und Reformansätze, S. 17 und 108; Monopolkommission, Sondergutachten 65, Tz. 243 ff.; vgl. auch Mohr, in: Säcker (Hrsg.), BerlKommEnR – Bd. 6, § 2 EEG 2017 Rn. 55 f. 33 Monopolkommission, Sondergutachten 65, Tz. 245.
B. Ordnungspolitische Kritik am EEG-Einspeisevergütungsmodell
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der absoluten Fördersumme, sondern auch zur Erhöhung der Förderung je erzeugter kWh EE-Strom, geführt.34 Verhält es sich so, dass mit vergleichsweise teureren Erzeugungstechnologien höhere Renditen erzielt werden können, bleiben Investitionen in andere Energieträger aus und mögliche kostengünstigere EE-Potentiale in der Folge ungenutzt. Auf diese Weise kann die technologiespezifische Förderung – wie in Deutschland im Rahmen der Photovoltaik-Förderung geschehen – zur Entstehung eines ineffizienten Technologieportfolios führen.35 Vor diesem Hintergrund sahen diejenigen, die für die Abkehr vom EEG-Einspeisevergütungssystem und die Hinwendung zum marktnäheren Quotenmodell plädierten, in der Einführung technologieneutraler Förderung als Minus zu einem vollständigen Systemwechsel eine dringend gebotene Fortentwicklungsmöglichkeit der etablierten Preissteuerung.36
III. Fehlende Marktintegration Ein weiterer zentraler Vorwurf zu Lasten des EEG-Einspeisevergütungssystems adressierte den Umstand, dass das Instrument für Anlagenbetreiber keine Anreize schaffe, die eigene Stromproduktion nach den Signalen des Strommarkts auszurichten.37 Ausgangspunkt der gegen das EEG-Einspeisevergütungsmodell diesbezüglich vorgebrachten Bedenken war der Umstand, dass es auf Grundlage eines Versprechens vorrangiger Abnahme bei garantierter Zahlung einer fixen Vergütung für Anlagenbetreiber – ungeachtet eines niedrigen Marktpreises und des hierdurch indizierten Angebotsüberhangs – aus betriebswirtschaftlicher Sicht sinnvoll ist, möglichst viel Strom zu produzieren und einzuspeisen.38 Die durch entsprechende Wetterlagen begünstigte erhöhte Einspeisung von EE-Strom führt aber dazu, dass dessen Börsenpreis sinkt. Da die Differenz zwischen Börsenpreis und garantierter Vergütung aber durch die EEG-Umlage ausgeglichen wird, führt die erhöhte Einspeisung von EE-Strom aufgrund des Einspeisevorrangs gegenüber konventionell 34 Haucap/Klein/Kühling, Die Marktintegration der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, S. 55 ff.; Haucap/Kühling, et 2013, 41 (42). 35 Frontier Economics (Hrsg.), Die Zukunft des EEG – Handlungsoptionen und Reformansätze, S. 108; Monopolkommission, Sondergutachten 65, Tz. 245. 36 Vgl. Frontier Economics (Hrsg.), Die Zukunft des EEG – Handlungsoptionen und Reformansätze, S. 39; Monopolkommission, Sondergutachten 65, Rn. 295 ff.; Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung (Hrsg.), Marktwirtschaftliche Energiewende: Ein Wettbewerbsrahmen für die Stromversorgung mit alternativen Technologien, S. 32 f.; Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (Hrsg.), Gegen eine rückwärtsgewandte Wirtschaftspolitik, Tz. 813; zu den Bedenken gegen technologieneutrale Förderung vgl. unten C. I. 2. b). 37 acatech (Hrsg.), Die Energiewende finanzierbar gestalten. Effiziente Ordnungspolitik für das Energiesystem der Zukunft, S. 26; Monopolkommission, Sondergutachten 65, Tz. 247 ff.; Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung (Hrsg.), Marktwirtschaftliche Energiewende: Ein Wettbewerbsrahmen für die Stromversorgung mit alternativen Technologien, S. 35. 38 Mohr, EnWZ 2015, 99 (100) m. w. N.
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§ 4 Das Ausschreibungsverfahren in der ordnungspolitischen Diskussion
erzeugtem Strom zu einem Anstieg der Verbraucherpreise.39 Eine besondere Zuspitzung dieses Zusammenspiels von Vorrangprinzip und fixer Vergütung stellte sich in Phasen negativer Börsenpreise ein.40 Hier entstanden zusätzliche Kosten in der Weise, dass neben der Einspeisevergütung auch die Vergütung für die Abnahme des Stroms aus der EEG-Umlage finanziert werden musste. Die ökonomische Erklärung für die Entstehung negativer Preise ist im Zusammentreffen einer preisunelastischen Nachfrage auf ein börsenpreisunelastisches Angebot zu sehen.41 Die fehlende Preiselastizität ging dabei auf den Einspeisevorrang zurück, da Anlagenbetreiber – wie bezeichnet – nach dem Prinzip „produce and forget“ ungeachtet der Nachfragesituation Strom einspeisen konnten bzw. Photovoltaik- und Windenergieanlagen schon gar nicht abgeregelt werden können.42 Dem Instrument der Direktvermarktung in die Marktprämie nach dem EEG 2012 wurde keine ausreichende Steuerungsfunktion beigemessen, da das Strompreisrisiko durch die Prämie aufgefangen wurde.43
IV. Zwischenfazit Als zentraler systemischer Mangel des Einspeisevergütungsmodells wurde die unzureichende Kontrolle über die zu fördernden Strommengen herausgearbeitet. Kaum vermeidbare anfängliche oder nachträglich entstandene Ungenauigkeiten bei der Preissetzung haben in der Vergangenheit zu Überförderungen und in der Folge zur Übererfüllung der Zubauziele geführt. Das hieraus resultierende Mengenrisiko in Gestalt der verursachten Mehrkosten musste von den Verbrauchern getragen werden.44 Anlagenbetreiber hingegen wurden durch die garantierte Abnahme bei marktpreisunabhängiger Vergütung von Investitionsrisiken im Wesentlichen freigehalten. Mit Blick auf das Ziel, einem breiten Technologieportfolio den Markteintritt zu ermöglichen, muss das Einspeisevergütungsmodell nach dem EEG gleichwohl als Erfolg gewertet werden. Infolge der einseitigen Risikoverteilung zu Lasten von Verbrauchern und Erzeugern konventionellen Stroms konnte ein enormer Zubau neuer Ökostrom-Kapazitäten bewirkt werden. So eignete sich die EEG-Einspeisevergütung in besonderem Maße als Markteinführungsinstrument für Ökostrom, die bewirkten Ineffizienzen konnten zunächst mit der Vordringlichkeit des Ziels, die Startchancen für EE-Strom zu erhöhen, gerechtfertigt werden. Die durch den 39 Frenz/Wimmers, WiVerw 2014, 30; Schmitz-Grethlein, in: Graf von Kielmannsegg (Hrsg.), Die EEG-Reform – Bilanz, Konzeptionen, Perspektiven, S. 47 (48). 40 Monopolkommission, Sondergutachten 65, Tz. 247 ff. 41 Monopolkommission, Sondergutachten 65, Tz. 248. 42 Phasen negativer Preise waren in der Vergangenheit insbesondere an windreichen Tagen zu beobachten, vgl. Monopolkommission, Sondergutachten 65, Tz. 250. 43 Bataille/Hösel, ZNER 2014, 40 (41). 44 Monopolkommission, Sondergutachten 65, Tz. 272.
C. Behebung der Ineffizienzen
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komfortablen Investitionsrahmen bewirkte Entwicklung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien von einer Rand- zur Leittechnologie45 war aber zugleich stärkstes Argument für die Notwendigkeit einer Neuausrichtung der Förderpolitik: Je höher der Marktanteil des geförderten Stroms ist, desto weniger vermag dessen Markteinführung als zulässige Begründung für die durch Ineffizienzen bewirkte erhebliche Kostenbelastung auf Seiten der Verbraucher zu überzeugen.46 Auf diese Weise führten der steigende Marktanteil und die einhergehende zunehmende Kostenbelastung unmittelbar an die Schwelle von der Markteinführung zur Marktintegration der Ökostrom-Erzeugung und somit zu einem Paradigmenwechsel in der deutschen Förderpolitik.
C. Behebung der Ineffizienzen durch Implementierung eines alternativen Förderansatzes Wurden die zentralen ordnungspolitischen Bedenken gegen das Einspeisevergütungssystem nach dem EEG skizziert, soll nunmehr die Diskussion um die Implementierung alternativer Förderinstrumente nachgezeichnet werden. Zwar wurde auch dafür geworben, den Fehlentwicklungen durch eine marktkonforme Weiterentwicklung des bestehenden Systems zu begegnen.47 Die Ineffizienzen bildeten aber auch die Grundlage für die Forderung nach einem vollständigen Systemwechsel. Dabei wurde der effizienzorientierten Fortentwicklung des etablierten Einspeisevergütungsmodells zunächst insbesondere eine Neuausrichtung mittels Implementierung eines Quotenmodells nach schwedischem Vorbild gegenübergestellt. Die Gegenüberstellung dieser beiden Ansätze, insbesondere die Auseinandersetzung mit dem prominent beworbenen Systemwechsel, prägte maßgeblich die ordnungspolitische Diskussion um die Zukunft der deutschen Förderpolitik. Das mit dem EEG 2017 nunmehr implementierte Ausschreibungsverfahren spielte in dieser Diskussion eine eher untergeordnete Rolle. Nachfolgend soll zunächst die lebhaft geführte Diskussion um das Für und Wider des vorgeschlagenen Quotenmodells systematisiert werden (I.). Auf dieser Grundlage werden im Anschluss die mit Blick auf die eingangs vorgestellten ordnungspolitisch relevanten Parameter maßgeblichen Charakteristika von Ausschreibungslösungen skizziert. Stellt sich das Quotenmodell insbesondere hinsichtlich der Zu45
So treffend Burgi, JZ 2013, 745 (748). acatech (Hrsg.), Die Energiewende finanzierbar gestalten. Effiziente Ordnungspolitik für das Energiesystem der Zukunft, S. 26; Mohr, EnWZ 2015, 99 (100). 47 Bertram, et 2013, 14; Diekmann/Kemfert/Neuhoff u. a., DIW Wochenbericht 45/2012, 15; Kemfert, DIW Wochenbericht 2013, 12; IASS Potsdam (Hrsg.), Stellungnahme der Plattform Energiewende zur Diskussion „Erneuerbare Energien wie fördern? Quotenmodell vs. EEG“, S. 5 f.; Ansätze waren u. a. eine technologieneutrale Ausgestaltung des Einspeisevergütungssystems oder die – nunmehr realisierte – Einführung einer Direktvermarktungsverpflichtung. 46
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§ 4 Das Ausschreibungsverfahren in der ordnungspolitischen Diskussion
ordnung der mit der Ökostrom-Förderung einhergehenden Kostenrisiken als systematischer Gegenentwurf zum tradierten EEG-Einspeisevergütungsmodell dar, bieten Ausschreibungen einen Mittelweg, indem sie eine wettbewerbliche Preisermittlung ermöglichen, ohne potentielle Anlagenbetreiber den mit dem Quotenmodell verbundenen Investitionsrisiken auszusetzen (II.).
I. Das Quotenmodell nach schwedischem Vorbild als systematischer Gegenentwurf zum Einspeisevergütungsmodell Die ordnungspolitische Diskussion über die Zukunft der deutschen Förderpolitik war zunächst maßgeblich vom Austausch der Hoffnungen und Bedenken im Zusammenhang mit dem Vorschlag, das etablierte Einspeisevergütungsmodell durch ein Quotenmodell nach schwedischem Vorbild48 zu ersetzen, geprägt. Prominente Stimmen49 warben für die grundsätzliche Geeignetheit eines solchen Ansatzes, die identifizierten Schwächen des Einspeisevergütungsmodells auf Grundlage des EEG systematisch zu beheben. Konkret wurden insbesondere die Möglichkeit exakter Zielverfolgung sowie Effizienzvorteile infolge der Integration der EE-Stromerzeugung in den Strommarkt und des sich einstellenden Betreiberwettbewerbs als wesentliche Vorteile des schwedischen Quotenmodells beworben (1.). Gegen das Instrument wurden aber auch erhebliche Bedenken vorgetragen, die sowohl dessen Effizienz als auch dessen Wirksamkeit betreffen (2.). 1. Beworbene Vorteile Blickt man auf die von den Befürwortern des Quotenmodells ins Feld geführten Vorteile50, ist zunächst auf die im Vergleich zum Einspeisevergütungsmodell verbesserte Marktintegration hinzuweisen. So bewirkt ein Quotenmodell die vielstimmig geforderte Abkehr vom „produce and forget“-Ansatz des Einspeisevergü48
Zur klassischen Gestaltung des schwedischen Quotenmodells vgl. schon oben § 1 B. I. 2. a). 49 Monopolkommission, Sondergutachten 65, Tz. 257 ff.; Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (Hrsg.), Gegen eine rückwärtsgewandte Wirtschaftspolitik, Tz. 803 ff.; Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung (Hrsg.), Marktwirtschaftliche Energiewende: Ein Wettbewerbsrahmen für die Stromversorgung mit alternativen Technologien, S. 35 ff.; acatech (Hrsg.), Die Energiewende finanzierbar gestalten. Effiziente Ordnungspolitik für das Energiesystem der Zukunft, S. 27 ff.; Haucap/ Kühling, et 2013, 41 (44 ff.). 50 Für eine Übersicht der erhofften Vorteile der Förderung mittels eines Quotensystems nach schwedischem Vorbild vgl. acatech (Hrsg.), Die Energiewende finanzierbar gestalten. Effiziente Ordnungspolitik für das Energiesystem der Zukunft, S. 28; Monopolkommission, Sondergutachten 65, Tz. 267; Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung (Hrsg.), Marktwirtschaftliche Energiewende: Ein Wettbewerbsrahmen für die Stromversorgung mit alternativen Technologien, S. 35; Bataille/Hösel, ZNER 2014, 40 (41).
C. Behebung der Ineffizienzen
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tungsmodells, indem es Anreize schafft, die Nachfragesituation in den Blick zu nehmen und das Einspeiseverhalten an den Signalen des Strommarktes auszurichten. Auf diese Weise werde es für Erzeuger flexibel abrufbarer Energie attraktiv, die Stromproduktion in Hochpreisphasen zu verlegen.51 Als Nebeneffekt entstünden außerdem Anreize, in Speichertechnologien zu investieren.52 Als zentraler Vorzug des Quotenmodells wird außerdem die ökologische Treffsicherheit im Hinblick auf den Zubau neuer EE-Strom-Kapazitäten ins Feld geführt.53 Die direkte Mengensteuerung durch Festlegung der Quotenverpflichtung schaffe die im EEG-Einspeisevergütungsmodell unzureichende Kontrollierbarkeit hinsichtlich der Zubaumenge. Indem politische Ausbauziele in verbindliche Quotenvorgaben übersetzt werden, könne eine zielgenaue Förderung erfolgen. Zum Beleg wurden die hohen Zielerreichungsgrade in Schweden angeführt, wo die ausgegebenen Zertifikate nahezu vollständig verwendet worden seien.54 Mit Blick auf die Kosteneffizienz wird die technologie- und standortneutrale Ausgestaltung des vorgeschlagenen Quotenmodells beworben. Die Einführung eines Systems mit einheitlicher Förderung würde Anreize schaffen, in möglichst günstige Anlagen zu investieren, um auf diese Weise eine höhere Rendite erwirtschaften zu können. Der so entfachte Betreiberwettbewerb hätte zur Folge, dass sich fortan die effizientesten Technologien an den effizientesten Standorten durchsetzten.55 Hingegen würden weniger effiziente Anlagen – anders als auf Grundlage des EEGEinspeisevergütungsmodells – nicht zum Zug kommen, womit die Erwartung deutlich niedrigerer Gesamtkosten verbunden wurde. 2. Bedenken Als systematischer Gegenentwurf zum Einspeisevergütungsmodell war der erläuterte Ansatz, das schwedische Quotenmodell auf die Förderung in Deutschland zu übertragen, in der wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion teils erheblichen Bedenken ausgesetzt. Von den Kritikern wurden die mit der Implementierung ver51
Monopolkommission, Sondergutachten 65, Tz. 267. acatech (Hrsg.), Die Energiewende finanzierbar gestalten. Effiziente Ordnungspolitik für das Energiesystem der Zukunft, S. 28; Monopolkommission, Sondergutachten 65, Rn. 267. 53 Monopolkommission, Sondergutachten 65, Tz. 267; Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung (Hrsg.), Marktwirtschaftliche Energiewende: Ein Wettbewerbsrahmen für die Stromversorgung mit alternativen Technologien, S. 35. 54 Monopolkommission, Sondergutachten 65, Tz. 267. 55 acatech (Hrsg.), Die Energiewende finanzierbar gestalten. Effiziente Ordnungspolitik für das Energiesystem der Zukunft, S. 28; Frontier Economics (Hrsg.), Die Zukunft des EEG – Handlungsoptionen und Reformansätze, S. 108; Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung (Hrsg.), Marktwirtschaftliche Energiewende: Ein Wettbewerbsrahmen für die Stromversorgung mit alternativen Technologien, S. 35; Monopolkommission, Sondergutachten 65, Tz. 267 und 296; Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (Hrsg.), Gegen eine rückwärtsgewandte Wirtschaftspolitik, Tz. 803. 52
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§ 4 Das Ausschreibungsverfahren in der ordnungspolitischen Diskussion
bundenen Hoffnungen im Hinblick auf Effektivität und Effizienz der Förderung nicht geteilt: Zum einen gehe die Förderung mittels eines Quotenmodells in der vorgeschlagenen Ausgestaltung aufgrund des einheitlichen Zertifikatepreises mit hohen Produzentenrenten für Anlagenbetreiber mit unterdurchschnittlichen Kosten einher (a)). Mit diesem Vorwurf untrennbar verbunden sind außerdem Bedenken gegen die Technologieneutralität des Instruments (b)). Wesentlicher Bestandteil der Kritik am Quotenmodell ist zudem der Hinweis auf deutlich höhere Investitionsrisiken für Anlagenbetreiber. Durch die in der Folge zu erwartenden Risikoaufschläge drohten zum einen weitere Beeinträchtigungen der Kosteneffizienz. Zudem könne das Versprechen einer exakten Mengensteuerung nicht gehalten werden, vielmehr wohne der Förderung mittels eines Quotenmodells die Gefahr erheblicher Zielverfehlungen inne (c)). a) Das Quotenmodell als „rent generating machine“? Die Skepsis gegenüber dem Versprechen verbesserter Kosteneffizienz findet ihre Grundlage zunächst in dem Verweis auf in einem Quotenmodell nach schwedischem Vorbild bewirkte Mitnahmeeffekte. Ermöglicht werden diese durch den einheitlichen Zertifikatspreis, der sich bei einer einheitlichen Quote für alle Technologien oder Standorte einstellt.56 Anders als bei vollkommenem Wettbewerb stelle ein einheitlicher Preis im Zusammenhang mit der Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien nicht die kostengünstigste, sondern vielmehr eine besonders teure Lösung dar.57 Ausgangspunkt dieser These ist die Feststellung, dass die Investitionsentscheidung zur Errichtung einer Ökostrom-Anlage im Kontext einer besonderen Marktform, dem sogenannten Monopson, zu treffen ist. Hiermit ist eine Situation bezeichnet, in der ein einziger Nachfrager einer Vielzahl atomistisch kleiner Anbieter gegenübersteht.58 Da der Strommarkt keine Deckung der mit der Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen verbundenen Vollkosten ermöglicht, eine Refinanzierung der Anlagen alleine über den Markt mithin nicht möglich ist, trete der Staat infolge der politischen Entscheidung, einen bestimmten Anteil des Bruttostromverbrauchs mit erneuerbaren Energien zu decken, als einziger Nachfrager von Ökostrom auf.59 Hierdurch werde der Staat in die Lage versetzt, sämtliche Punkte auf der Angebotskurve zu realisieren. Bei Anwendung eines Verfahrens, das 56
Vgl. Bergek/Jacobsson, Energy Policy 38 (2010), 1255 (1260 ff.); Bofinger, Förderung fluktuierender erneuerbarer Energien: Gibt es einen dritten Weg?, S. 12 ff., insbesondere S. 17. 57 Zum Folgenden vgl. Bofinger, Förderung fluktuierender erneuerbarer Energien: Gibt es einen dritten Weg?, S. 12 ff. sowie Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (Hrsg.), Gegen eine rückwärtsgewandte Wirtschaftspolitik, Tz. 816 ff. 58 Vgl. hierzu Mankiw/Taylor, Grundzüge der Volkswirtschaftslehre, S. 507 f.; s. auch Kerber/Schwalbe, in: Bornkamm/Montag/Säcker (Hrsg.), MüKoEuWettbR, Bd. 1, Einl. Rn. 203. 59 Bofinger, Förderung fluktuierender erneuerbarer Energien: Gibt es einen dritten Weg?, S. 11.
C. Behebung der Ineffizienzen
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eine Preisdiskriminierung ermöglicht, könne der Staat nun aus dieser Position heraus die Produzentenrenten, die ein Verfahren mit einem einheitlichen Preis zugunsten von Betreibern mit unterdurchschnittlichen Kosten ermöglicht, nahezu sämtlich abschöpfen. Anders als bei Anwendung von Einspeisevergütungssystemen oder Ausschreibungsverfahren sei eine solche Preisdifferenzierung im Rahmen eines Quotenmodells aber nur schwer zu realisieren. Denn hierzu müssten verschiedene Mengenziele für einzelne Technologien oder Standorte in jeweils unterschiedliche Quoten übersetzt werden. Die auf diese Weise entstehenden Teilmärkte würden eine geringere Liquidität aufweisen, wodurch mit Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit des Quotenmodells gerechnet werden müsse.60 b) Bedenken gegen technologieneutrale Förderung Die Logik der Preisdifferenzierung beeinflusst auch maßgeblich die Diskussion um die Frage der Technologieneutralität der Förderung. Denn eine technologieneutrale Förderung kann danach nur dann sinnvoll sein, wenn die angestrebten Ausbauziele mit der kostengünstigsten Technologie erreicht werden können. Werden hingegen zusätzlich Kapazitäten teurerer Erzeugungstechnologien benötigt, bedeutet ein einheitlicher Zertifikatepreis unverdiente Produzentenrenten (sog. „windfall profits“) zugunsten der Betreiber von Anlagen der kostengünstigeren Erzeugungstechnologien.61 Eine technologiespezifische Förderung ermöglicht hingegen eine Preisdiskriminierung zwischen den verschiedenen zum Erreichen der Ausbauziele erforderlichen Technologien.62 Vor diesem Hintergrund hängt eine Positionierung in der Frage um die Technologieneutralität der Förderung von der Vorfrage ab, ob die kostengünstigste Technologie ausreicht, um die jeweiligen Ausbauziele zu erreichen.63 Ist dies nicht der Fall, müsste auf Grundlage vorbezeichneter Annahmen eine technologiespezifische Förderung erfolgen. Im Quotenmodell würde dann für jede der in die Förderung einbezogenen Erzeugungstechnologien ein einheitlicher Preis gelten. Die Mitnahmeeffekte wären damit zumindest auf die jeweilige Technologieklasse begrenzt. Weitere Bedenken gegen technologieneutrale Förderung finden ihre Grundlage in dem Hinweis auf den möglichen Zielkonflikt zwischen statischer und dynamischer 60 Bofinger, Förderung fluktuierender erneuerbarer Energien: Gibt es einen dritten Weg?, S. 17; im Übrigen wird gerade die Preisneutralität als zentraler Vorzug des Quotenmodells beworben, s. o. 1. 61 Bergek/Jacobsson, Energy Policy 38 (2010), 1255 (1260 ff.); Bode, ZfU 2014, 134 (152 f.); Bofinger, Förderung fluktuierender erneuerbarer Energien: Gibt es einen dritten Weg?, S. 19; Diekmann/Kemfert/Neuhoff u. a., DIW Wochenbericht 45/2012, 15 (16 f.); Drillisch, ZfE 1999, 251 (261); s. auch Mohr, in: Säcker (Hrsg.), BerlKommEnR – Bd. 6, § 2 EEG 2017 Rn. 55 62 Bofinger, Förderung fluktuierender erneuerbarer Energien: Gibt es einen dritten Weg?, S. 19. 63 Bofinger, Förderung fluktuierender erneuerbarer Energien: Gibt es einen dritten Weg?, S. 22; Diekmann/Kemfert/Neuhoff u. a., DIW Wochenbericht 45/2012, 15 (16).
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§ 4 Das Ausschreibungsverfahren in der ordnungspolitischen Diskussion
Effizienz. Denn wie oben erläutert, vermittelt eine technologieoffene Gestaltung Anreize, möglichst kostengünstig Strom zu produzieren. Von einem solchen Anreizsystem profitieren entsprechend vor allem technisch ausgereifte und daher aktuell günstige Technologien. Infolge der befürchteten Marktverengung blieben mittel- und langfristige Innovations- und Kostensenkungspotentiale anderer Technologien ungenutzt, was sich insbesondere dann nachteilhaft auswirken kann, wenn zunächst vernachlässigte Technologien zur Erreichung der Ausbauziele benötigt werden.64 Die Kritiker des Quotenmodells sehen sich hinsichtlich vorbezeichneter Zusammenhänge durch die internationalen Erfahrungen mit Quotenmodellen bestätigt. Gerade das schwedische Quotenmodell ermögliche hohe Produzentenrenten für Anlagenbetreiber mit unterdurchschnittlichen Kosten.65 Hinsichtlich der Gefahr eines technologischen lock-in wird auf die Förderhistorie Großbritanniens rekurriert, wo die zunächst technologieneutral ausgestaltete ROO-Förderung zu einer Konzentration auf kostengünstige Technologien mit eingeschränktem Entwicklungspotential geführt hat, was zum Verfehlen der Ausbauziele beigetragen habe.66 Die Einführung von Technologiebändern und der schrittweise Abschied vom Quotenmodell im Zuge der Electricity Market Reform werden als Reaktion auf bezeichnete Missstände eingeordnet.67 c) Die Unsicherheit über die aggregierte Angebotsfunktion als volkswirtschaftliches Risiko Des Weiteren setzt die Kritik am Quotenmodell wesentlich an der mit dem Instrument verbundenen Vervielfachung der Investitionsrisiken für Anlagenbetreiber an.68 Schaffte das EEG durch die langfristig garantierte Abnahme zu festen Vergütungssätzen eine hohe Vorhersehbarkeit, sind Anlagenbetreiber in einem Quotenmodell sowohl dem Strompreis- als auch dem Zertifikatspreisrisiko ausgesetzt.69 Im Rahmen einer mikroökonomischen Analyse wird insbesondere die Unkenntnis über die Angebotssituation als zentrale Ursache für das Investitionsrisiko identifi64 Agora Energiewende (Hrsg.), Ausschreibungen für Erneuerbare Energien. Welche Fragen sind zu prüfen?, S. 9; Bode, ZfU 2014, 134 (152); Bruttel/Purkus/Gawel, Auktionen als Förderinstrument für erneuerbare Energien, S. 67 f.; Diekmann/Kemfert/Neuhoff u. a., DIW Wochenbericht 45/2012, 15 (16 f.). 65 Vgl. Bergek/Jacobsson, Energy Policy 38 (2010), 1255 (1263); „(…) the TGC system has turned into a ,rent-generating machine‘. The Swedish TGC scheme performs, therefore, badly not only in terms of consumer costs but also with respect to equity.“ (Hervorhebung i. O.); Diekmann/Kemfert/Neuhoff u. a., DIW Wochenbericht 45/2012, 15 (18). 66 Siehe hierzu oben § 3 B. II. 67 Diekmann/Kemfert/Neuhoff u. a., DIW Wochenbericht 45/2012, 15 (18). 68 Bofinger, Förderung fluktuierender erneuerbarer Energien: Gibt es einen dritten Weg?, S. 31 ff.; Diekmann/Kemfert/Neuhoff u. a., DIW Wochenbericht 45/2012, 15 (18). 69 Bode, ZfU 2014, 134 (143 f.); Diekmann/Kemfert/Neuhoff u. a., DIW Wochenbericht 45/ 2012, 15 (18).
C. Behebung der Ineffizienzen
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ziert.70 Ausgangspunkt der Überlegung ist insoweit der Umstand, dass sich in einem Quotenmodell bei Festlegung einer bestimmten Mengenvorgabe in Gestalt einer einheitlichen Quote zwingend ein einheitlicher Preis einstellt. Soweit nun ein potentieller Investor im Rahmen seiner Investitionsentscheidung das Hinzutreten eines besonders effizienten Anbieters nicht antizipieren kann und er deshalb nicht von der Investition absieht (positiver Angebotsschock), werde mehr Leistung installiert als zur Erfüllung der Quote erforderlich ist. Ab Erreichen der Zielmenge falle der Zertifikatspreis auf null, womit die Investoren auf einen etwaigen staatlich festgelegten Mindestpreis zurückfallen würden. Gemeinsam mit den Unsicherheiten über die Entwicklung des Strompreises bewirke dieses Zertifikatspreisrisiko eine ungleich geringere Planbarkeit hinsichtlich der künftigen Rückflüsse aus dem Anlagenbetrieb.71 Infolge dieser Ungewissheiten in Bezug auf die Rentabilität der Investition sei außerdem mit deutlich höheren Finanzierungskosten im Zusammenhang mit der Anlagenerrichtung zu rechnen. Da diese aufgrund des hohen Fixkostenanteils einen großen Anteil der Gesamtkosten darstellten, seien auch hierdurch Beeinträchtigungen der Kosteneffizienz zu befürchten.72 Als mittelbare Folge seien des Weiteren negative Auswirkungen auf die Struktur des Erzeugermarktes zu erwarten. Gewarnt wurde namentlich vor der Dominanz großer Stromproduzenten, da diese mit Blick auf ihre Möglichkeit, bezeichnete Risiken intern zu diversifizieren, einen Wettbewerbsvorteil gegenüber kleineren Akteuren erhalten würden.73 Aus der Unkenntnis über die aggregierte Angebotsfunktion werden im Übrigen auch Zweifel an der Effektivität der Förderung mittels eines Quotenmodells hergeleitet.74 Denn ebenso wenig wie das Hinzutreten könne der Wegfall eines besonders 70 Vgl. hierzu ausführlich Bofinger, Förderung fluktuierender erneuerbarer Energien: Gibt es einen dritten Weg?, S. 24 ff. 71 Bei der Bewertung der Risiken auf Seiten der Anlagenbetreiber ist zudem zu beachten, dass sich Investoren nicht nur während der Investitionsphase, sondern über die gesamte Laufzeit der Konkurrenz hinzutretender Anlagenbetreiber ausgesetzt sehen, vgl. Bofinger, Förderung fluktuierender erneuerbarer Energien: Gibt es einen dritten Weg?, S. 31; Die Befürworter des Quotenmodells weisen auf die Möglichkeit für Anlagenbetreiber hin, die Investitionsrisiken durch den Abschluss langfristiger Lieferverträge deutlich abzumildern, vgl. Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (Hrsg.), Gegen eine rückwärtsgewandte Wirtschaftspolitik, Tz. 804; Diesem Einwand wird wiederum entgegengehalten, dass dies die Liquidität und folglich die Funktionsfähigkeit des Zertifikatemarkts beeinträchtigen könnte, vgl. Bode, ZfU 2014, 134 (148). 72 Bofinger, Förderung fluktuierender erneuerbarer Energien: Gibt es einen dritten Weg?, S. 32 m. w. N.; Diekmann/Kemfert/Neuhoff u. a., DIW Wochenbericht 45/2012, 15 (18). 73 Bofinger, Förderung fluktuierender erneuerbarer Energien: Gibt es einen dritten Weg?, S. 34; Diekmann/Kemfert/Neuhoff u. a., DIW Wochenbericht 45/2012, 15 (19); für das Quotenmodell auf Grundlage der ROO im Vereinigten Königreich vgl. insoweit Mitchell/Bauknecht/Connor, Energy Policy 34 (2006), 297 (304): „Independent generators may obtain finance but usually on the back of the assets of other power plants. Smaller generator communities or individuals, without assets, are unlikely to find finance. In this sense, the RO is a large company mechanism.“ (Hervorhebung durch Bearbeiter). 74 Bofinger, Förderung fluktuierender erneuerbarer Energien: Gibt es einen dritten Weg?, S. 27 ff.
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§ 4 Das Ausschreibungsverfahren in der ordnungspolitischen Diskussion
effizienten Anbieters (negativer Schock) antizipiert werden. Soweit aber potentielle Anlagenbetreiber in Erwartung eines einheitlichen Preises, der ihnen keinen rentablen Anlagenbetrieb ermöglicht, von der Investition abgesehen haben, würde dies das Verfehlen der Ausbauziele zur Folge haben. Der Preis der Zertifikate würde dann von einer hoheitlich festgelegten Strafzahlung bestimmt werden. Auf Grundlage dieser Analyse wird dem Versprechen entgegengetreten, die Förderung mittels eines Quotenmodells nach schwedischem Vorbild bewirke exakte Zielerreichungsgrade. Vielmehr gehe mit dessen Implementierung die Gefahr erheblicher Zielverfehlungen einher. 3. Zwischenfazit Mit Blick auf die Erreichung der Ausbauziele und angesichts befürchteter Beeinträchtigungen der Kosteneffizienz durch höhere Finanzierungskosten wurde das mit der Implementierung eines Quotenmodells einhergehende Investitionsrisiko als zentrale Schwäche eines solchen Ansatzes betont. Es wurde eingangs aber auch auf die mangelnde Zielgenauigkeit der Preissteuerung auf Grundlage des EEG hingewiesen. Die nur mittelbare Steuerung des Zubaus im Wege hoheitlicher Preisfestsetzung birgt die Gefahr von Zielverfehlungen, die durch einen überplanmäßigen Ausbau infolge zu hoher Vergütungssätze verursachten Mehrkosten sind von den Verbrauchern im Wege der EEG-Umlage zu tragen. Mit Blick auf dieses Mengenrisiko bedeutet die Einführung eines Quotenmodells weniger eine Erhöhung als eine Verlagerung der mit der Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien verbundenen Risiken von den Verbrauchern zu den Investoren.75 Stellt sich also eine Wahl zwischen Einspeisevergütungs- und Quotenmodell gerade auch als Entscheidung in der Frage dar, wem die mit der Ökostrom-Förderung einhergehenden Risiken auferlegt werden sollen, kommt für die Diskriminierung zwischen beiden Modellen der Frage besondere Bedeutung zu, in welchem Modell diese Risiken besser diversifiziert werden können. Vor diesem Hintergrund sei ein entscheidender Vorteil des Einspeisevergütungssystems gegenüber dem Quotenmodell darin zu sehen, dass die bezeichneten Risiken hier nahezu perfekt diversifiziert werden könnten, da die Förderkosten in Gestalt der EEG-Umlage nur einen vergleichsweise geringen Anteil der Ausgaben von privaten Haushalten und Unternehmen ausmachen würden.76 Im Quotenmodell werden die Risiken hingegen in vollem Umfang von den Anlagenbetreibern getragen.
75 Bofinger, Förderung fluktuierender erneuerbarer Energien: Gibt es einen dritten Weg?, S. 28 f.; Frontier Economics (Hrsg.), Die Zukunft des EEG – Handlungsoptionen und Reformansätze, S. 66; Monopolkommission, Sondergutachten 65, Tz. 270 ff.; Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (Hrsg.), Gegen eine rückwärtsgewandte Wirtschaftspolitik, Tz. 805. 76 Bofinger, Förderung fluktuierender erneuerbarer Energien: Gibt es einen dritten Weg?, S. 29 f.
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Neben den hieraus resultierenden Risikoaufschlägen werden weitere Beeinträchtigungen der Kosteneffizienz durch mit dem Verzicht auf eine Preisdiskriminierung einhergehende Mitnahmeeffekte zugunsten von Betreibern mit unterdurchschnittlichen Kosten befürchtet. Die durch einen einheitlichen Preis gewährten intramarginalen Renten fallen umso höher aus, je mehr Technologien benötigt werden, um die jeweiligen Ausbauziele zu erreichen. Soweit die Kosteneffizienz betroffen ist, stellt sich die Diskussion um das Quotenmodell somit auch ganz zentral als Positionierung in der grundsätzlichen Gestaltungsfrage dar, ob eine technologieund standortneutrale Förderung einem differenzierenden Ansatz vorzuziehen ist. Dass ein einheitlicher Preis Mitnahmeeffekte bewirkt, ist keine neue Erkenntnis und wird auch von Befürwortern des Quotenmodells nicht bestritten.77 Die gleichwohl beworbene Überzeugung, dass eine einheitliche Förderung unter dem Aspekt der Kosteneffizienz vorzugswürdig sei, ist das Ergebnis einer Aufrechnung dieser Mitnahmeeffekte mit den Einsparungen aus dem Verzicht auf die Förderung anderer als der günstigsten Erzeugungstechnologien.78 Die Kontroverse um das Quotenmodell wurde zu einem nicht unerheblichen Teil unter vergleichenden Aspekten geführt, der Verweis auf enttäuschende internationale Erfahrungen ist wesentlicher Bestandteil kritischer Beurteilung des Förderansatzes. Insbesondere die beständigen Zielverfehlungen unter dem Regime der ROOFörderung im Vereinigten Königreich79 werden als Beleg für die fehlende Geeignetheit des Instruments zur zuverlässigen Erfüllung politischer Ausbauziele bemüht.80 Hingegen seien hohe Zielerreichungsgrade in Schweden nicht geeignet, vorstehende Bedenken zu zerstreuen. Denn aufgrund der erheblichen Unterschiede zwischen dem deutschen und dem schwedischen Energiemarkt fehle es insoweit bereits an der nötigen Vergleichbarkeit.81 Diese Argumentation veranschaulicht ein 77
Frontier Economics (Hrsg.), Die Zukunft des EEG – Handlungsoptionen und Reformansätze, S. 108; Monopolkommission, Sondergutachten 65, Tz. 295. 78 Frontier Economics (Hrsg.), Die Zukunft des EEG – Handlungsoptionen und Reformansätze, S. 94 ff. 79 Zur ROO-Förderung siehe oben § 3 B. 80 Ausführlich Mitchell/Bauknecht/Connor, Energy Policy 34 (2006), 297 ff.; Bofinger, Förderung fluktuierender erneuerbarer Energien: Gibt es einen dritten Weg?, S. 28; Bertram, et 2013, 14 (16); Diekmann/Kemfert/Neuhoff u. a., DIW Wochenbericht 45/2012, 15 (18); IASS Potsdam (Hrsg.), Stellungnahme der Plattform Energiewende zur Diskussion „Erneuerbare Energien wie fördern? Quotenmodell vs. EEG“, S. 3; siehe auch Lauber/Toke, ZNER 2005, 132. 81 Die fehlende Vergleichbarkeit wird zuvörderst mit dem hohen Anteil dargebotsunabhängiger EE-Kapazitäten begründet. Die damit insbesondere angesprochenen Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Biomasse und Wasserkraft seien mit einem erheblich geringeren Fixkostenanteil als dargebotsabhängige Erzeugungskapazitäten verbunden. Angesichts der entsprechend niedrigeren Investitionsrisiken sei eine Übertragbarkeit der Ergebnisse in Schweden nicht gegeben. Vgl. hierzu Bofinger, Förderung fluktuierender erneuerbarer Energien: Gibt es einen dritten Weg?, S. 29; siehe auch Diekmann/Kemfert/Neuhoff u. a., DIW Wochenbericht 45/2012, 15 (18); teilweise werden schon die Zielerreichungsgrade nicht als vorbildlich empfunden, vgl. Bertram, et 2013, 14 (16).
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§ 4 Das Ausschreibungsverfahren in der ordnungspolitischen Diskussion
Phänomen der empirischen Dimension der ordnungspolitischen Instrumentendiskussion: für diese scheint es gewissermaßen kennzeichnend, dass positive Erfahrungen mit dem jeweils präferierten Modell als repräsentativ, negative Beispiele hingegen als Folge von Unzulänglichkeiten in der konkreten Ausgestaltung des jeweiligen Instruments interpretiert werden. Im Hinblick auf das abgelehnte Förderinstrument gilt dies vice versa. Doch auch wenn man vor diesem Hintergrund Zweifel an der Aussagekraft der ländervergleichenden Dimension der Debatte haben sollte, gilt es gleichwohl zu erkennen, dass der Vorschlag, ein Quotenmodell nach schwedischem Vorbild zu implementieren, sowohl bezüglich der Effektivität als auch der Effizienz der Förderung wesentlichen Bedenken begegnet.
II. Ausschreibungsverfahren als alternative Lösung Die mit dem EEG 2014 fixierte Einführung von Ausschreibungen ist – wie an späterer Stelle ausführlich zu zeigen sein wird – jedenfalls faktisch durch unionsrechtliche Vorgaben determiniert. Im Rahmen der ordnungspolitischen Instrumentendiskussion spielten Ausschreibungen als mögliche Lösung für die Zielkonflikte in der deutschen Förderpolitik zunächst aber eine untergeordnete Rolle. Nachfolgend sollen die Charakteristika des Ausschreibungsverfahrens zu den ordnungspolitisch relevanten Parametern ins Verhältnis gesetzt werden. 1. Hoffnungen Es wurde gezeigt, dass Einspeisevergütungs- und Quotenmodell in der wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion jeweils erheblichen Bedenken begegnen. Als zentrale Schwäche des Einspeisevergütungsmodells wurde die unzureichende Steuerung des Zubaus neuer Kapazitäten samt der erläuterten Folgen für die Kostenentwicklung im Zusammenhang mit der Förderung adressiert. Indem im Rahmen von Ausschreibungen die zu beschaffende Menge genau festgelegt und auktioniert werden kann, bietet das Instrument die (theoretische) Möglichkeit, das bezeichnete Mengenrisiko der Preissteuerung durch eine direkte Mengensteuerung zu beseitigen. Gleichzeitig müssen Anlagenbetreiber nicht den Risiken eines Quotenmodells ausgesetzt werden. Vielmehr kann Planungssicherheit geschaffen werden, indem erfolgreichen Bietern ein langfristiger Anspruch auf Zahlung der im Rahmen der Ausschreibung ermittelten Förderung eingeräumt wird. Somit sind Ausschreibungslösungen vom Ansatz her geeignet, die Vorteile einer Mengensteuerung mit einer langfristigen festen Vergütung zugunsten von Anlagenbetreibern zu verbinden und auf diese Weise den identifizierten Konflikt zwischen dem von den Verbrauchern im Einspeisevergütungssystem zu tragenden Mengenrisiko einerseits und den Quotenmodellen innewohnenden Investitionsrisiken andererseits aufzulösen. Ein weiterer zentraler Aspekt betrifft die Kosteneffizienz. Es wurde gezeigt, dass mittels des Instruments der Preisdiskriminierung unverdiente Renten zugunsten von
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Anbietern mit unterdurchschnittlichen Kosten vermieden werden können. Anders als Quotenmodelle82 sind Ausschreibungslösungen grundsätzlich geeignet, eine Preisdiskriminierung nach Technologien, Standorten und Anlagengrößen vorzunehmen.83 Voraussetzung ist insoweit, dass ein Ausschreibungsdesign gewählt wird, nach welchem jeder Bieter in Höhe seines eigenen Gebotes bezahlt wird („pay as bid“).84 Sollte hingegen ein Verfahren gewählt werden, nach welchem jeder Bieter eine Vergütung erhält, die dem Preis des Grenzanbieters entspricht („uniform pricing“), entstehen zwingend bezeichnete Windfall-Profits. Durch Bildung von Technologieklassen können diese aber insoweit begrenzt werden, als jeweils der Grenzanbieter innerhalb einer Technologie den Preis für die anderen Anbieter derselben Technologie bestimmt, nicht hingegen ein Grenzanbieter für alle zur Erreichung des Mengenziels erforderlichen Technologien.85 Die Logik der Preisdifferenzierung hat zwar auch Eingang in die Gestaltung des Einspeisevergütungsmodells nach dem EEG gefunden. Dabei verzichtete das Instrument auf wettbewerbliche Preisermittlung mit den erläuterten Problemen der Überförderung und der fehlenden Kontrolle des Zubaus. Auch insoweit wird das Ausschreibungsverfahren als vorzugswürdig beworben, da es die Möglichkeit, eine Preisdifferenzierung vorzunehmen, mit den Effizienzvorteilen eines Bieterwettbewerbs verbindet.86 2. Bedenken Nach vorstehenden Ausführungen kann das Ausschreibungsmodell insbesondere mit Blick auf die bewirkten Investitionsrisiken gewissermaßen als Mittelweg zwischen Einspeisevergütungs- und Quotenmodell eingeordnet werden. Es ist daher wenig überraschend, dass den Förderansatz betreffende Bedenken von zwei Seiten zu vernehmen sind. So kritisieren Anhänger des Quotenmodells, dass im Rahmen von Ausschreibungen der Einfluss des Marktes zurückgedrängt werde. Aus der schon unter dem Gesichtspunkt der Preisdiskriminierung erforderlichen Differenzierung nach Technologien und Standorten erwachse ein immenser staatlicher Informationsbedarf. Vorzugswürdig sei es aber, diese Detailentscheidungen den potentiellen Investoren zu überlassen.87 Im Übrigen würden in einem Ausschreibungsmodell zahlreiche Angebotsparameter vorher festgelegt und somit dem Einfluss von
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Vgl. dazu oben I. 2. a). Bofinger, Förderung fluktuierender erneuerbarer Energien: Gibt es einen dritten Weg?, S. 37; Menanteau/Finon/Lamy, Energy Policy 31 (2003), 799 (803). 84 Zu den Preisbildungsmechanismen s. schon oben § 1 B. II. 2. b). 85 Bode, ZfU 2014, 134 (153). 86 Bofinger, Förderung fluktuierender erneuerbarer Energien: Gibt es einen dritten Weg?, S. 42 f.; Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (Hrsg.), Gegen eine rückwärtsgewandte Wirtschaftspolitik, Tz. 806. 87 Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (Hrsg.), Gegen eine rückwärtsgewandte Wirtschaftspolitik, Tz. 807. 83
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§ 4 Das Ausschreibungsverfahren in der ordnungspolitischen Diskussion
Wettbewerbskräften entzogen werden. Hierdurch werde ein effizienzfördernder Vertragswettbewerb verhindert.88 Die von den Befürwortern des Einspeisevergütungsmodells geäußerten Bedenken haben dieselbe Zielrichtung wie die Kritik am Quotenmodell:89 Moniert werden also vor allem im Vergleich zum Einspeisevergütungsmodell erhöhte Investitionsrisiken. Tragend ist dabei der Hinweis auf das zu Lasten potentieller Anlagenbetreiber bestehende Risiko verlorener Kosten für den Fall, dass sie im Rahmen der Ausschreibungen keinen Zuschlag erhalten. Mit Blick auf entsprechend höhere Risikokosten und die durch den mit der Durchführung von Ausschreibungen verbundenen bürokratischen Mehraufwand verursachten Transaktionskosten wurde zudem mit Beeinträchtigungen der Kosteneffizienz gerechnet. 3. Zwischenfazit Insgesamt muten die Bedenken gegen den mit Ausschreibungslösungen verfolgten Förderansatz im Vergleich zur bezeichneten Kritik an Einspeisevergütungsund Quotenmodell weniger grundsätzlich an. Vielmehr scheinen Ausschreibungen in der Theorie sämtlichen ökonomisch relevanten Parametern Rechnung tragen zu können. Sieht man vor diesem Hintergrund den Förderansatz von Ausschreibungslösungen als besonders geeignet an, um den im Hinblick auf Effektivität und Effizienz der Förderung angestrebten Zielen Rechnung zu tragen, gilt es gleichwohl zu erkennen, dass der tatsächliche Erfolg eines Ausschreibungsmodells maßgeblich von der Gestaltung des Ausschreibungsdesigns abhängt.90 So mag man mit der Möglichkeit, bestimmte Erzeugungskapazitäten einer Ausschreibung zuführen zu können, die Hoffnung auf eine exakte Mengensteuerung verbinden. Die tatsächliche Zielerreichung steht aber unter dem Vorbehalt der Projektrealisierung. Fehlen hinreichende Maßnahmen zur Sicherstellung hoher Realisierungsraten, werden die angestrebten Ausbauziele verfehlt. Einen deutlichen Beleg hierfür bietet der Rückblick auf die NFFO-Ausschreibungen im Vereinigten Königreich. Deren zentraler Makel, die kontinuierliche Verfehlung der Ausbauziele, lässt sich als logisches Resultat eines Ausschreibungsdesigns einordnen, bei dessen Gestaltung keine hinreichenden Maßnahmen zur Sicherstellung der Projektrealisierung in Gestalt von Präqualifikationsanforderungen oder Strafzahlungen etabliert wurden.91
88 Haucap/Kühling, et 2013, 41 (46); Bataille/Hösel, ZNER 2014, 40 (43); vgl. auch Bode, ZfU 2014, 134 (146), der darauf hinweist, dass es gerade keinen Kontrahierungszwang gebe, sondern die vertraglichen Regelungen auch in einem Ausschreibungsmodell ausgehandelt werden können. 89 Vgl. den Überblick bei Bruttel/Purkus/Gawel, Auktionen als Förderinstrument für erneuerbare Energien, S. 30. 90 Gawel/Purkus/Bruttel, EnWZ 2016, 153 (153 f.). 91 Ausführlich hierzu oben § 3 A. II.
D. Fazit
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D. Fazit Es wurde eingangs darauf hingewiesen, dass die mit der Politik zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien verfolgten Ziele teilweise in Konflikt miteinander stehen. Es gilt also stets dasjenige Instrument zu wählen, dass der jeweils vorzufindenden politischen Priorisierung am besten Rechnung trägt. Solange es zuvörderst darum ging, einem möglichst breiten Technologieportfolio den Markteintritt zu ermöglichen, erwies sich das Einspeisevergütungsmodell als ein sehr geeignetes Förderinstrument. Die durch den Förderansatz langfristig vermittelte Sicherheit im Hinblick auf die zu erwartende Rendite bot einen wirksamen Anreiz zur Investition in Kapazitäten zur Erzeugung von EE-Strom. Das Inkrafttreten des EEG 2014 bedeutete nun insoweit eine Zäsur, als angesichts der erreichten Marktanteile und der damit einhergehenden Kostenentwicklung der Übergang von der Phase der Markteinführung zur Marktintegration eingeleitet wurde. Freilich sollen dabei die auch weiterhin ambitionierten Ausbauziele nicht gefährdet werden. Gegenstand der nachgezeichneten Diskussion im Vorfeld der Reform war nun die Frage, mittels welches Ansatzes dieser veränderten Schwerpunktsetzung Rechnung getragen werden kann. Die zielführende Suche nach einem geeigneten Förderinstrument setzt voraus, dass zwischen systemischen, also bereits den Förderansatz betreffenden, Bedenken und Fragen der jeweiligen Gestaltung im Einzelfall unterschieden wird. Insbesondere die internationale Dimension der Debatte ist mitunter dadurch gekennzeichnet, dass diese Differenzierung nicht immer konsequent durchgehalten wird. Im Sinne eines konstruktiven Diskurses ist es aber unzulässig, die Ablehnung eines Förderinstruments mit dem pauschalen Verweis auf die negativen Erfahrungen in einem anderen Mitgliedstaat zu begründen. Dass im Vereinigten Königreich im Rahmen der Electricity Market Reform eine Rückkehr zum Ausschreibungsverfahren vollzogen wurde, darf ohne Vorwegnahme europarechtlicher Implikationen auch als Bestätigung der Einsicht gewertet werden, dass der Misserfolg der NFFO-Ausschreibungen als Resultat eines ungeeigneten Ausschreibungsdesigns zu werten ist, Ausschreibungslösungen aber grundsätzlich einen vielversprechenden Ansatz bieten, um gesteckte Ausbauziele kosteneffizient zu erreichen. Die Systematisierung der in der ordnungspolitischen Diskussion ausgetauschten Erwägungen hat gezeigt, dass Ausschreibungslösungen den gegen Einspeisevergütungs- und Quotenmodell vorgetragenen systemischen Bedenken theoretisch Rechnung tragen können: Indem ein konkreter Bedarf einem Ausschreibungswettbewerb zugeführt wird, können Angebot und Nachfrage koordiniert werden. Die wettbewerbliche Preisermittlung verspricht Kostenvorteile im Vergleich zur hoheitlichen Preisgestaltung im Rahmen der EEG-Einspeisevergütung. Die Verbindung zum Strommarkt kann hergestellt werden, indem die Vergütung in Gestalt einer Marktprämie erfolgt. Da die finale Investitionsentscheidung erst nach Ermittlung der Vergütungshöhe getroffen werden muss, diese Vergütung zudem für einen langen
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§ 4 Das Ausschreibungsverfahren in der ordnungspolitischen Diskussion
Zeithorizont zugesagt werden kann, müssen Investoren dabei nicht den als Nachteil des Quotenmodells monierten Risiken ausgesetzt werden.
§ 5 Der unionsrechtliche Rahmen für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien Die rechtliche Tragfähigkeit der von den Mitgliedstaaten implementierten Fördermaßnahmen wird wesentlich durch das Unionsrecht geprägt.1 Steuerungsvorgaben ergeben sich sowohl aus dem Sekundär- als auch aus dem Primärrecht. Aus sekundärrechtlicher Perspektive steht derzeit noch die im Jahr 2009 in Kraft getretene und noch bis ins Jahr 2021 maßgebliche Erneuerbare-Energien-Richtlinie 2009/28/EG im Zentrum. Im Rahmen eines Ausblicks soll aber auch ein Schlaglicht auf die im Dezember 2018 in Kraft getretene Neufassung der Richtlinie geworfen werden, die zur Umsetzung der EU-Klimapolitik bis ins Jahr 2030 beiträgt (A.). Auf Ebene des Primärrechts ist die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien zunächst am Maßstab des Beihilferechts zu messen (B.). Traditioneller Anknüpfungspunkt für Bedenken gegen die Vereinbarkeit mitgliedstaatlicher Förderregelungen ist außerdem deren regelmäßig diskriminierend ausgestaltete Grundausrichtung: Soweit der Anwendungsbereich der maßgeblichen Vorschriften auf im Inland erzeugten Strom beschränkt ist, stellt sich die Frage nach der Vereinbarkeit mit den Direktiven aus Art. 34 AEUV auf der einen und aus den Art. 30 und 110 AEUV auf der anderen Seite (C.).
A. Steuerungsvorgaben aus dem Sekundärrecht Die Suche nach Direktiven aus dem Sekundärrecht hat den Blick aktuell noch auf die sog. Erneuerbare-Energien-Richtlinie vom 23. April 20092 als dem maßgeblichen sekundärrechtlichen Regelungswerk für die mitgliedstaatlichen Maßnahmen 1 Zu den verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen vgl. etwa Klein, Rechtliche Rahmenbedingungen für den Ausbau von Wettbewerbselementen bei der Förderung Erneuerbarer Energien, S. 201 ff. 2 Richtlinie 2009/28/EG des EP und des Rates vom 23.4.2009 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Änderung und anschließenden Aufhebung der RL 2001/77/EG und 2003/30/EG, ABl. 2009 Nr. L 140/16 (nachfolgend „EE-Richtlinie 2009“); ausführlich zur EE-Richtlinie 2009 vgl. Lehnert/Vollprecht, ZUR 2009, 307; Ludwigs, ZG 2010, 222; Müller, in: Cremer/Pielow (Hrsg.), Probleme und Perspektiven im Energieumweltrecht, S. 142 ff.; Ringel/Bitsch, NVwZ 2009, 807; monografisch Kahles, Kooperative Mechanismen im Elektrizitätsbinnenmarkt, S. 79 ff.; s. auch Klein, Rechtliche Rahmenbedingungen für den Ausbau von Wettbewerbselementen bei der Förderung Erneuerbarer Energien, S. 181 ff.; für eine Analyse der zugrunde liegenden politischen Entscheidungsprozesse s. Lauber/Schenner, ZNER 2009, 325.
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§ 5 Der unionsrechtliche Rahmen
zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien zu richten. Die Richtlinie ist zentral darauf ausgerichtet, bis ins Jahr 2020 mindestens 20 % des Bruttoendenergieverbrauchs der EU durch Energie aus erneuerbaren Quellen zu decken. Mit Blick auf das absehbare Erreichen der zeitlichen Zielmarke ist aber der Prozess zur Neuordnung des energierechtlichen Rahmens für die Zeit bis 2030 in vollem Gange. Bereits im Dezember 2018 ist die Neufassung der EE-Richtlinie 2009 in Kraft getreten, deren Maßgaben bis 2021 von den Mitgliedstaaten umzusetzen sind. Bis zu diesem Zeitpunkt erfolgt die Steuerung der mitgliedstaatlichen Förderpolitik aus sekundärrechtlicher Perspektive durch die EE-Richtlinie 2009, deren – auch für die primärrechtlichen Beurteilung bedeutsamen – Maßgaben nachfolgend in einem ersten Schritt erarbeitet werden (I.). Im Anschluss wird der Blick auf die nunmehr beschlossene Neufassung der Richtlinie gerichtet (II.). Eine Zusammenfassung der gefundenen Ergebnisse rundet den Blick auf die sekundärrechtlichen Vorgaben ab (III.).
I. Gegenstandsbereich: EE-Richtlinie 2009/28/EG Die EE-Richtlinie 2009 hat mit ihrem Inkrafttreten am 25. Juni 2009 erstmals sämtliche Energiesektoren, namentlich Strom, Verkehr sowie Wärme und Kälte einer einheitlichen sekundärrechtlichen Regelung zugeführt. Im Stromsektor hat sie damit die zuvor maßgebliche Ökostromrichtlinie 2001/77/EG3 ersetzt. Nach einleitenden Ausführungen zur Entstehung des Regelungswerks (1.) werden nachfolgend die zentralen inhaltlichen Vorgaben für die Mitgliedstaaten skizziert (2.). Im Rahmen eines Zwischenfazits werden die Ergebnisse zusammengefasst (3.). 1. Hintergrund Die mit dem Erlass der Richtlinie verbundene Neuordnung geht wesentlich auf eine politische Initiative der Europäischen Kommission zurück. Hervorzuheben ist hier insbesondere der im Frühjahr 2007 veröffentlichte sog. „Fahrplan für erneuerbare Energien“.4 In diesem wies die Kommission darauf hin, dass das 1997 aus3 Richtlinie 2001/77/EG des EP und des Rates vom 27. September 2001 zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätsbinnenmarkt, ABl. 2001 Nr. 283/33 (nachfolgend „Ökostromrichtlinie 2001“); daneben existierte auf europäischer Ebene lediglich noch die Biokraftstoffrichtlinie 2002/30/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8.5.2003 zur Förderung der Verwendung von Biokraftstoffen oder anderen erneuerbaren Kraftstoffen im Verkehrssektor, ABl. 2003 Nr. L 123/42. Für den Sektor Wärme und Kälte bestanden keine europarechtlichen Vorgaben, vgl. hierzu Lehnert/Vollprecht, ZUR 2009, 307 (308). 4 Vgl. insbesondere Europäische Kommission, Mitteilung v. 10.1.2007, KOM(2006) 848 endg.
A. Steuerungsvorgaben aus dem Sekundärrecht
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gerufene5 politische Ziel, bis zum Jahr 2010 einen Anteil von 12 % erneuerbarer Energien am Bruttoinlandsverbrauch zu erreichen, aller Voraussicht nach verfehlt werde. Den ernüchternden Befund führte die Kommission auf einen defizitären Rechtsrahmen auf Unionsebene zurück.6 Dessen Heterogenität spiegele sich in der tatsächlichen Entwicklung in den einzelnen Sektoren wieder: So seien im Bereich der Wärme- und Kälteerzeugung sowie im Verkehrssektor, für die keine bzw. nur vage unionsrechtliche Regelungen bestanden, deutlich weniger Fortschritte zu verzeichnen als im Stromsektor, der seinerzeit durch die Ökostromrichtlinie 2001 geregelt wurde.7 Folgerichtig formulierte die Kommission die Notwendigkeit, den geltenden EURechtsrahmen zu stärken und auszubauen.8 Wesentlich war dabei zum einen die Abkehr von dem sektorenspezifischen Ansatz zugunsten der Schaffung einer einheitlichen Regelung für alle Bereiche erneuerbarer Energien. Im Zentrum der politischen Initiativen stand im Übrigen von Anfang an das Ziel, verbindliche Vorgaben für den Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieverbrauch der EU bis zum Jahr 2020 zu implementieren und diese in verpflichtende Ziele für die Mitgliedstaaten zu übersetzen.9 Wie im Fahrplan für erneuerbare Energien angekündigt10, ersuchte die Kommission daher in einer weiteren Mitteilung11 den Europäischen Rat und das Europäische Parlament, „das verbindliche Ziel zu verabschieden, bis 2020 einen Anteil erneuerbarer Energieträger von 20 % am Gesamtenergieverbrauch der EU und ein Mindestziel von 10 % für Biokraftstoffe festzulegen und die Kommission aufzufordern, zur Erreichung dieser Ziele 2007 eine neue Richtlinie vorzulegen, in der die jeweiligen nationalen Ziele sowie das Verfahren zur Ausarbeitung der nationalen Aktionspläne zu deren Umsetzung verbindlich festgelegt werden.“12 Bezeichnete Initiativen bildeten die Grundlage für die Schaffung eines energiepolitischen Aktionsplans durch den Europäischen Rat im Frühjahr 2007. Der Europäische Rat billigte die von der Kommission geforderten Zielvorgaben und forderte diese auf, einen Vorschlag für eine „neue, umfassende Richtlinie über die
5
Vgl. Europäische Kommission, Mitteilung v. 26.11.1997, KOM(1997) 599 endg. Besonders deutlich KOM(2006) 848 endg., S. 4: „In der Vergangenheit führte der Rechtsrahmen eher dazu, dass in großem Umfang in herkömmliche Energiequellen, wie Kohle und Kernenergie, investiert wurde.“ 7 KOM(2006) 848 endg., S. 5. 8 KOM(2006) 848 endg., S. 10 und 20. 9 Die Ökostromrichtlinie 2001 sah lediglich Referenzwerte vor, auf deren Grundlage die Mitgliedstaaten nationale Richtziele für den künftigen Verbrauch von EE-Strom als Prozentsatz des Stromverbrauchs für die nächsten zehn Jahre festlegen und diese alle fünf Jahre in einem Bericht veröffentlichen mussten, vgl. Art. 3 Abs. 2 i. V. m. Anhang Richtlinie 2001/77/EG. 10 Vgl. KOM(2006) 848 endg., S. 20. 11 Europäische Kommission, Mitteilung v. 10.1.2007, KOM(2007) 1 endg. 12 Europäische Kommission, Mitteilung v. 10.1.2007, KOM(2007) 1 endg., S. 27. 6
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§ 5 Der unionsrechtliche Rahmen
Verwendung aller erneuerbarer Energieressourcen“ vorzulegen.13 Dieser Aufforderung kam die Kommission nach, indem sie am 23.01.2008 im Zuge eines als „Klimapaket“ bezeichneten Maßnahmenpakets einen Vorschlag für eine Richtlinie zur Förderung erneuerbarer Energien veröffentlichte.14 Nach kontroversen Diskussionen wurde der Entwurf mit teils erheblichen Änderungen15 am 17.12.2008 vom Europäischen Parlament beschlossen, die Zustimmung des Rates erfolgte am 06.04.2009. Nach der Veröffentlichung des Richtlinientexts im Amtsblatt der Europäischen Union am 05.06.2009 trat die EE-Richtlinie am 25.06.2009 in Kraft.16 2. Inhaltliche Vorgaben Im Folgenden sind die inhaltlichen Vorgaben der EE-Richtlinie 2009 zu entfalten. Dabei ist der Blick zunächst auf deren zentrales Steuerungsinstrument, die Vorgabe verbindlicher nationaler Mindestziele im Hinblick auf den Anteil erneuerbarer Energien am Bruttoendenergieverbrauch, zu richten (a)). Im Anschluss daran ist – für den Untersuchungsgegenstand besonders bedeutsam – herauszuarbeiten, inwieweit die Richtlinie die Freiheit der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Gestaltung ihres Förderinstrumentariums als Mittel zur Erreichung der Zielvorgaben begrenzt (b)). Unabhängig von der Entscheidung für ein bestimmtes Fördermodell stellt sich die Frage nach dessen Offenheit für Strom aus anderen Mitgliedstaaten. Die der EERichtlinie 2009 insoweit zu entnehmenden Maßgaben sollen in einem dritten Schritt skizziert werden (c)). a) Verbindliche nationale Ausbauziele Hervorzuheben ist zunächst, dass der Richtlinienentwurf hinsichtlich des für die Kommission zentralen Anliegens unverändert geblieben ist: In Art. 3 Abs. 1 formuliert der Richtliniengeber das Ziel, bis zum Jahr 2020 mindestens 20 % des Bruttoendenergieverbrauchs17 der Gemeinschaft durch Energie aus erneuerbaren Quellen zu decken. Dieses unionsweite Ziel wird in verbindliche nationale Ge13 Europäischer Rat (Brüssel) vom 8./9. März 2007 – Schlussfolgerungen des Vorsitzes Rat der Europäischen Union, Ratsdokument 7224/07, S. 21. 14 Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen, KOM(2008) 19 endg. Vgl. hierzu Cremer, in: Schulze-Fielitz/Müller (Hrsg.), Europäisches Klimaschutzrecht, S. 121 (121 ff.). 15 Vgl. hierzu Lehnert/Vollprecht, ZUR 2009, 307 (307). 16 Vgl. Art. 28 EE-Richtlinie 2009. 17 Ausweislich der Begriffsbestimmung in Art. 2 Abs. 2 lit. f) EE-Richtlinie sind hiervon „Energieprodukte, die der Industrie, dem Verkehrssektor, Haushalten, dem Dienstleistungssektor einschließlich des Sektors der öffentlichen Dienstleistungen sowie der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft zu energetischen Zwecken geliefert werden, einschließlich des durch die Energiewirtschaft für die Elektrizitäts- und Wärmeerzeugung entstehenden Elektrizitäts- und Wärmeverbrauchs und einschließlich der bei der Verteilung und Übertragung auftretenden Elektrizitäts- und Wärmeverluste“ umfasst.
A. Steuerungsvorgaben aus dem Sekundärrecht
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samtziele für den Anteil von Energie aus erneuerbaren Quellen übersetzt. Bei Berechnung der individuellen Zielvorgaben wurde den unterschiedlichen Ausgangssituationen und Potentialen im Bereich der erneuerbaren Energien in den einzelnen Mitgliedstaaten Rechnung getragen.18 Durch die Vorgabe langfristiger verbindlicher Ziele soll Investitionssicherheit geschaffen und die kontinuierliche Entwicklung von Technologien für die Energieerzeugung aus allen Arten erneuerbarer Quellen gefördert werden.19 Es handelt sich grundsätzlich um sektorenübergreifende Ziele. Die Richtlinie überlässt es also grundsätzlich den Mitgliedstaaten, wie ambitioniert sie einzelne Sektoren fördern, um ihr jeweiliges Gesamtziel zu erreichen. Lediglich für den Verkehrsbereich wird ein verbindliches Mindestziel formuliert20, im Übrigen können die Mitgliedstaaten über die Beiträge der verschiedenen Sektoren selbst entscheiden. Die Berechnung der für die Feststellung der Zielerreichung maßgeblichen Anteile am Bruttoendenergieverbrauch bestimmt sich nach Art. 5 EE-Richtlinie 2009. Für den Stromsektor wird dabei – ebenso wie für den Bereich Wärme und Kälte – im Wege einer Fiktion auf die Erzeugung im jeweiligen Mitgliedstaat abgestellt, Art. 5 Abs. 3 und 4 EE-Richtlinie 2009.21 Aufgrund der Maßgeblichkeit der Erzeugung im Inland beeinflusst ein etwaiger Import in diesen Sektoren grundsätzlich nicht die Erfüllung der nationalen Mindestziele. Soll sich die Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen in einem anderen Mitgliedstaat auswirken, muss auf die von der Richtlinie in den Art. 6 ff. EE-Richtlinie 2009 abschließend geregelten sog. „kooperativen Mechanismen“ zurückgegriffen werden. Neben der Möglichkeit statistischer Transfers zwischen Mitgliedstaaten22 und der Zusammenarbeit im Rahmen gemeinsamer Projekte zur Erzeugung von Strom oder Wärme und Kälte23 können außerdem nationale Förderregelungen zusammengelegt oder teilweise koordiniert werden, Art. 11 EE-Richtlinie 2009. Den bezeichneten flexiblen Mechanismen ist gemeinsam, dass sie sämtlich eine Vereinbarung der beteiligten Mitgliedstaaten voraussetzen.24
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Die Spannweite der Zielvorgaben reicht von einem Anteil von 10 % für Malta und 49 % für Schweden. Die Bundesrepublik Deutschland trifft die Verpflichtung, den Anteil Erneuerbarer Energien am Bruttoendenergieverbrauch bis 2020 auf 18 % auszubauen, Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Anhang I Teil A. EE-Richtlinie. Vgl. hierzu Erwägungsgrund 15 EE-Richtlinie sowie Cremer, in: Schulze-Fielitz/Müller (Hrsg.), Europäisches Klimaschutzrecht, S. 121 (124 f.). 19 Erwägungsgrund 14 EE-Richtlinie 2009. 20 Nach Art. 3 Abs. 4 EE-Richtlinie 2009 muss jeder Mitgliedstaat gewährleisten, dass sein Anteil von Energie aus erneuerbaren Quellen bei allen Verkehrsträgern im Jahr 2020 mindestens 10 % seines Endenergieverbrauchs im Verkehrssektor entspricht. 21 Vgl. hierzu Müller, in: Cremer/Pielow (Hrsg.), Probleme und Perspektiven im Energieumweltrecht, S. 142 (157). 22 Art. 6 EE-Richtlinie 2009. 23 Art. 7 EE-Richtlinie 2009. 24 Ausführlich zu den kooperativen Mechanismen der EE-Richtlinie 2009 Kahles, Kooperative Mechanismen im Elektrizitätsbinnenmarkt, S. 179 ff.
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§ 5 Der unionsrechtliche Rahmen
Der Absicherung der Zielerreichung dienen die allgemeinen Rechtsschutzmöglichkeiten. Aufgrund des verbindlichen Charakters der Mindestziele stellt deren Nichterfüllung einen Verstoß gegen europäisches Recht dar, womit für die Kommission die Möglichkeit eröffnet ist, gegebenenfalls ein Vertragsverletzungsverfahren nach Art. 258 AEUV gegen den betreffenden Mitgliedstaat einzuleiten.25 Die Richtlinie hält also kein eigenes Sanktionssystem bereit26, etabliert aber prozedurale Verpflichtungen der Mitgliedstaaten, die die Erfüllung der nationalen Gesamtziele gewährleisten sollen.27 Unterstützende Funktion kommt zudem der Implementierung eines indikativen Zielpfads zu, welcher den Weg zur Erfüllung der nationalen Gesamtziele vorzeichnet.28 b) Förderregelungen als Maßnahmen zur Erfüllung der nationalen Mindestziele Für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand ist insbesondere die Feststellung bedeutsam, dass die Richtlinie den Mitgliedstaaten keine Vorgaben hinsichtlich der zur Erreichung der Ausbauziele anzuwendenden Instrumente macht: In Art. 3 Abs. 3 schlägt die Richtlinie neben Maßnahmen zur Kooperation zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern die Anwendung von „Förderregelungen“ zur Erfüllung der jeweiligen Ziele vor. Ausweislich Art. 2 Abs. 2 lit. k) EE-Richtlinie 2009 handelt es sich dabei um „ein Instrument, eine Regelung oder einen Mechanismus, das bzw. die, bzw. der von einem Mitgliedstaat angewendet wird und die Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen dadurch fördert, dass die Kosten dieser Energie gesenkt werden, ihr Verkaufspreis erhöht wird oder ihre Absatzmenge durch eine Verpflichtung zur Nutzung erneuerbarer Energie oder auf andere Weise gesteigert wird.“ Ergänzt wird diese Begriffsbestimmung durch eine beispielhafte Aufzählung: Umfasst sind danach „unter anderem (…) Förderregelungen, die zur Nutzung er25 Kahles, Kooperative Mechanismen im Elektrizitätsbinnenmarkt, S. 82 f.; Ringel/Bitsch, NVwZ 2009, 807 (807). 26 Vgl. hierzu Lehnert/Vollprecht, ZUR 2009, 307 (310), die aufgrund der fehlenden Verpflichtung der Kommission zur Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens Bedenken hinsichtlich der effektiven Durchsetzung der Regelungen der Richtlinie äußern. 27 So war nach Art. 4 EE-Richtlinie jeder Mitgliedstaat etwa verpflichtet, einen nationalen Aktionsplan zu verabschieden, in welchem unter anderem sektorenspezifische Ziele und Maßnahmen zur Zielerreichung darzulegen waren und diesen der Kommission bis zum 30. Juni 2010 mitzuteilen, vgl. hierzu sowie zu weiteren prozeduralen Vorgaben der Richtlinie Müller, in: Cremer/Pielow (Hrsg.), Probleme und Perspektiven im Energieumweltrecht, S. 142 (159 ff.). 28 Art. 3 Abs. 2 i. V. m. Anhang I Teil B. und Erwägungsgrund 19 EE-Richtlinie. Konnte man auf Grundlage des Wortlauts des Richtlinienvorschlags der Kommission insoweit noch Zweifel haben, ergibt sich nunmehr insbesondere aus Erwägungsgrund 19 der Richtlinie, dass der Einhaltung des Richtkurses nicht die Qualität einer Verpflichtung der Mitgliedstaaten zukommt. Bei Verfehlung der Meilensteine des Zielpfads droht also nicht die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens, vielmehr muss ein neuer Aktionsplan vorgelegt werden, der geeignete Maßnahmen festlegt, um den Zielpfad künftig einhalten zu können, vgl. Art. 4 Abs. 4 EE-Richtlinie sowie Müller, in: Cremer/Pielow (Hrsg.), Probleme und Perspektiven im Energieumweltrecht, S. 142 (161).
A. Steuerungsvorgaben aus dem Sekundärrecht
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neuerbarer Energiequellen verpflichten, einschließlich solcher, bei denen grüne Zertifikate verwendet werden, sowie direkte Preisstützungssysteme einschließlich Einspeisetarife und Prämienzahlungen.“ Die offene Formulierung der Begriffsbestimmung zeigt, dass die Entscheidungsfreiheit der Mitgliedstaaten bezüglich der Wahl eines Förderinstruments möglichst nicht beeinträchtigt werden sollte. Insbesondere die nicht abschließende Aufzählung, die nochmals ausdrücklich die Anwendung von Einspeisevergütungsund Quotenmodell29 als den zur Zeit des Richtlinienerlasses in der Union ausschließlich verwendeten Förderinstrumenten zulässt, gibt Aufschluss darüber, dass der Richtliniengeber darauf bedacht war, den Mitgliedstaaten die weitere Nutzung dieser Instrumente zu gestatten. Von der weitreichenden Begriffsbestimmung ist aber auch die Implementierung von Ausschreibungslösungen ohne Weiteres umfasst. Denn die Durchführung von Ausschreibungen dient lediglich der Ermittlung von Förderberechtigung und Förderhöhe, betrifft mithin nur den Zugang der Anlagenbetreiber zu einem Preisstützungssystem im Sinne der Begriffsbestimmung.30 Obwohl in der Ökostromrichtlinie 2001 die Schaffung eines einheitlichen Fördersystems angelegt war31, verzichtet die EE-Richtlinie also auf eine dahingehende Harmonisierung und billigt somit das fortbestehende Nebeneinander unterschiedlicher Förderinstrumente in der EU.32 Die am weitesten reichende Gestaltungsvorgabe betrifft die Regelung von Netzzugang und Einspeisung. Nach Art. 16 Abs. 2 lit. b) EE-Richtlinie 2009 sind die Mitgliedstaaten anders als auf Grundlage der Ökostromrichtlinie 200133 verpflichtet, einen vorrangigen oder garantierten Netzzugang für Strom aus erneuerbaren Energiequellen zu implementieren.34 Für den deutschen Gesetzgeber wurde jedoch auch insoweit kein Änderungsbedarf ausgelöst, da die Netzbetreiber bereits auf Grundlage des zum 1. Januar 2009 reformierten EEG zu vorrangigem Anschluss sowie zu vorrangiger Abnahme, Übertragung und Verteilung verpflichtet waren.35 Dieser 29
Für das schwedische Quotenmodell ausdrücklich EuGH, Urt. v. 1.7.2014, Ålands Vindkraft, Rs. C-573/12, EU:C:2014:2037, Rn. 39 ff. 30 Vgl. insoweit schon oben § 1 B. I. 2. b). 31 Art. 4 Abs. 2 Ökostromrichtlinie 2001 verpflichtete die Kommission, einen „ausführlich dokumentierten Bericht über die Erfahrungen mit der Anwendung und dem parallelen Bestehen“ der verschiedenen in den Mitgliedstaaten genutzten Förderregelungen vorzulegen. Auf Grundlage der in dem Bericht zu leistenden Bewertung der Fördermodelle sollte gegebenenfalls ein Vorschlag zur Schaffung eines gemeinschaftlichen Rahmens für Förderregelungen vorgelegt werden. 32 Klein, Rechtliche Rahmenbedingungen für den Ausbau von Wettbewerbselementen bei der Förderung Erneuerbarer Energien, S. 181 f.; Ringel/Bitsch, NVwZ 2009, 807 (809). 33 Die Ökostromrichtlinie 2001 enthielt lediglich die Möglichkeit, einen vorrangigen Netzzugang für EE-Strom zu implementieren, vgl. Art. 7 Abs. 1 Richtlinie 2001/77/EG, eine dahingehende Verpflichtung der Mitgliedstaaten bestand nicht. 34 Die Richtlinie gibt keine eindeutige Auskunft über den Unterschied zwischen vorrangigem und garantiertem Netzzugang. 35 Vgl. oben § 2 A. III. 1.
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§ 5 Der unionsrechtliche Rahmen
Pflichtenkatalog hat über die weiteren Reformen des EEG keine substantiellen Änderungen erfahren und findet sich damit auch auf Grundlage des EEG 2017 verwirklicht.36 c) Legalisierung diskriminierender Fördermodelle Unabhängig von der Wahl des Fördermodells stellt sich die Frage nach der Notwendigkeit einer Öffnung der nationalen Regelungen für Strom aus anderen Mitgliedstaaten. Wie auch der Richtliniengeber anerkennt, sind die von den Mitgliedstaaten verwendeten Förderinstrumente regelmäßig diskriminierend ausgestaltet, Vorteile werden also jedenfalls grundsätzlich nur für im Hoheitsgebiet des jeweiligen Mitgliedstaats erzeugten Strom gewährt.37 Angesichts dieser nationalen Grundausrichtung begegnet die mitgliedstaatliche EE-Förderung traditionell Bedenken im Hinblick auf die Gewährleistungen der Warenverkehrsfreiheit nach Art. 34 AEUV. Zwar hat der EuGH in seiner PreussenElektra-Entscheidung die diskriminierende Gestaltung des Stromeinspeisungsgesetzes gebilligt.38 Allerdings hat der Gerichtshof seine Entscheidung insoweit unter einen Vorbehalt gestellt, als er auf den gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts auf dem Gebiet des Elektrizitätsmarkts abgestellt hat. Mit Inkrafttreten der zweiten Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie39 im Jahr 2003 wurde die Fortgeltung der PreussenElektra-Rechtsprechung erneut in Zweifel gezogen.40 Diese Bedenken hat der Unionsgesetzgeber bei Erlass der EE-Richtlinie nicht aufgegriffen, sondern die Möglichkeit territorial beschränkter Förderregelungen vielmehr unberührt gelassen. Der Richtliniengeber sieht im ungestörten Funktionieren der nationalen Förderregelungen ein entscheidendes Vehikel zur Erfüllung der verbindlichen nationalen Mindestziele. Hierfür sei es von wesentlicher Bedeutung, dass die Mitgliedstaaten Wirkung und Kosten kontrollieren können. Vor diesem Hintergrund hält es der Richtliniengeber für „unbedingt notwendig, dass die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, darüber zu entscheiden, ob und in welchem Umfang ihre nationalen Förderregelungen für in anderen Mitgliedstaaten erzeugte Energie aus erneuerbaren Quellen gelten (…).“41 In Umsetzung dieser Erwägungen bestimmt Art. 3 Abs. 3 UAbs. 2 EE-Richtlinie 2009, dass die Mitgliedstaaten unbeschadet der Vorschriften des Beihilfenrechts das Recht haben, gemäß den Maßnahmen zur Kooperation zwischen den Mitgliedstaaten 36
Vgl. §§ 8 und 11 EEG 2017. Erwägungsgrund 25 EE-Richtlinie 2009. 38 Vgl. hierzu ausführlich unten § 5 C. I. 39 Richtlinie 2003/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2003 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 96/92/EG, ABl. 2003 Nr. L 176/37. Die Richtlinie war Bestandteil des sog. zweiten Binnenmarktpakets aus den Jahren 2003/2005, vgl. hierzu Ludwigs, in: Ruffert (Hrsg.), Ruffert (Hg.) 2013 – Enzyklopädie des Europarechts, § 5 Rn. 8 ff. 40 Karpenstein/Schneller, RdE 2005, 6 (13); dagegen Klinski, ZNER 2005, 207 (208 ff.). 41 Erwägungsgrund 25 EE-Richtlinie 2009. 37
A. Steuerungsvorgaben aus dem Sekundärrecht
127
nach den Art. 5 – 11 EE-Richtlinie 2009 zu entscheiden, in welchem Umfang sie die in einem anderen Mitgliedstaat erzeugte Energie fördern wollen. Dies ist systematisch im Zusammenhang mit den Regelungen zu Kooperationsmaßnahmen zwischen den Mitgliedstaaten zu sehen. Es wurde gezeigt, dass die zielwirksame Übertragung von Erzeugungsmengen nur im Rahmen der abschließend genannten Mechanismen erfolgen kann. Da diese aber schon ihrer Natur nach eine entsprechende Vereinbarung zwischen den beteiligten Mitgliedstaaten voraussetzen, ist im Grundsatz die selbstständige Zielerfüllung angelegt. Soweit die Mitgliedstaaten ihre Mindestziele entsprechend dem Regelfall der Richtlinie somit aus eigener Kraft bewirken müssen, werden sie also gewissermaßen zu einer diskriminierenden Gestaltung ihrer Förderregelungen gedrängt. Damit ist die sekundärrechtliche Gestattung diskriminierender mitgliedstaatlicher Förderregelungen mit Blick auf die Gesamtsystematik der Richtlinie zwar konsequent. Gleichwohl drängt sich insoweit die Frage nach dem Verhältnis der EE-Richtlinie zur Warenverkehrsfreiheit auf. Als notwendiger Bestandteil der Suche nach den Restriktionen, die sich für die Förderpolitik der Mitgliedstaaten aus Art. 34 AEUVergeben, war die Klärung dieses Aspekts im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens im Jahr 2014 dem EuGH aufgegeben. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen zu den Direktiven aus Art. 34 AEUV verwiesen.42 3. Zwischenfazit Ziel der eingangs bezeichneten politischen Initiativen war es, den vor Inkrafttreten der EE-Richtlinie bestehenden Rechtsrahmen zu stärken. Als Ergebnis steht – bei erstmaliger Regelung des Bereichs Wärme und Kälte – eine einheitliche Regelung für sämtliche Bereiche erneuerbarer Energien. Der augenscheinlichste materielle Fortschritt ist dabei zweifelsohne die Festlegung verbindlicher Mindestziele für die Mitgliedstaaten. Indem sie die faktische Notwendigkeit zur Förderung erneuerbarer Energien vermitteln, stellen sich die nationalen Zielvorgaben als das zentrale Steuerungselement der EE-Richtlinie dar.43 Darüber hinaus ergeben sich für die mitgliedstaatliche Förderpolitik keine rigiden Vorgaben. Zwar setzt die Richtlinie hinsichtlich der Zielerreichung in erster Linie auf nationale Fördermaßnahmen. Die von der Ökostromrichtlinie 2001 bekannte Systemoffenheit wird aber nicht aufgegeben.44 So bewirkt die EE-Richtlinie weder eine Harmonisierung nationaler Förderinstrumente noch verpflichtet sie zur Öffnung der Förderregelungen für in anderen Mitgliedstaaten erzeugte Energie. Im Ergebnis wird die mitgliedstaatliche Gestaltungsfreiheit betreffend Wahl und Gestaltung der Förderinstrumente durch die
42
Siehe unten § 5 C. I. Lehnert/Vollprecht, ZUR 2009, 307 (310); Ludwigs, ZG 2010, 222 (234); Müller, in: Cremer/Pielow (Hrsg.), Probleme und Perspektiven im Energieumweltrecht, S. 142 (154). 44 Ringel/Bitsch, NVwZ 2009, 807 (809). 43
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§ 5 Der unionsrechtliche Rahmen
Richtlinie somit nicht substantiell eingeschränkt.45 In Deutschland fiel der durch die Richtlinie ausgelöste Änderungsbedarf gering aus.46 Die gleichwohl erforderlichen Detailanpassungen wurden durch Änderung des EEG 2009 vorgenommen.47
II. Die EE-Richtlinie 2018 Anknüpfend an die Darstellung des aktuell maßgeblichen sekundärrechtlichen Regelungsrahmens soll nun der Blick in die Zukunft, namentlich auf die im Dezember 2018 beschlossene Neufassung der EE-Richtlinie48 gerichtet werden. Parallel zum soeben gewählten Vorgehen wird wiederum zunächst der politische Kontext skizziert (1.), bevor die inhaltlichen Maßgaben der Richtlinie dargestellt werden (2.). Auch dieser Teil schließt mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse im Rahmen eines Zwischenfazits ab (3.). 1. Hintergrund Nachdem die Europäische Kommission bereits im März 2013 ihre Überlegungen zu einem neuen Rahmen für die Klima- und Energiepolitik bis 2030 zur Konsultation gestellt hatte49, ersuchte die Behörde im Januar 2014 den Rat und das Europäische Parlament, ihre in einer Mitteilung hierzu veröffentlichten Kernpunkte anzunehmen.50 Im Rahmen der Tagung des Europäischen Rats haben sich die Mitgliedstaaten im Oktober 2014 auf einen neuen Klima- und Energierahmen bis 2030 geeinigt.51 Auf Grundlage der gefassten Beschlüsse veröffentlichte die Kommission sodann am 31.11.2016 ihr Maßnahmenpaket „Saubere Energien für alle Europäer“, das Legislativvorschläge für die Gestaltung des Strommarktes sowie für die Bereiche Energieeffizienz, erneuerbare Energien und Versorgungssicherheit umfasste. Be45
Haucap/Klein/Kühling, Die Marktintegration der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, S. 29; Lehnert/Vollprecht, ZUR 2009, 307 (308); Müller, in: Cremer/Pielow (Hrsg.), Probleme und Perspektiven im Energieumweltrecht, S. 142 (156 und 161 ff.). 46 Zum veranlassten Umsetzungsbedarf vgl. Ringel/Bitsch, NVwZ 2009, 807 (810 f.). 47 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2009/28/EG zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Europarechtsanpassungsgesetz Erneuerbare Energien – EAG EE) vom 12. April 2011, BGBl. I S. 619. 48 Richtlinie (EU) 2018/2001 des EP und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Neufassung), ABl. 2018 Nr. L 328/82 (nachfolgend „EE-Richtlinie 2018“). 49 Europäische Kommission, Grünbuch – Ein Rahmen für die Klima- und Energiepolitik bis 2030, COM(2013) 169 final. 50 Europäische Kommission, Mitteilung v. 22.1.2014, COM(2014) 15 final. 51 Vgl. den Vermerk zur Tagung des Europäischen Rates vom 23./24. Oktober – Schlussfolgerungen zum Rahmen für die Klima- und Energiepolitik, SN 79/14. Für einen Überblick vgl. außerdem http://www.consilium.europa.eu/de/policies/climate-change/2030-climate-andenergy-framework/ (zuletzt abgerufen am 08.08.2019).
A. Steuerungsvorgaben aus dem Sekundärrecht
129
standteil dieses auch als „Winterpaket“ firmierenden Maßnahmenbündels52 war außerdem der Entwurf einer Verordnung zur Einrichtung eines Governance-Mechanismus für die auf fünf Dimensionen – Sicherheit der Energieversorgung, Energiebinnenmarkt, Energieeffizienz, Dekarbonisierung sowie außerdem Forschung, Innovation und Wettbewerbsfähigkeit – bezogenen Energieunion. Die Bemühungen zur Neuordnung standen im Zeichen der drei Hauptziele, einen Vorrang für Energieeffizienz zu gewährleisten, eine globale Führungsrolle bei erneuerbaren Energien einzunehmen und ein faires Angebot für Verbraucher sicherzustellen.53 Für den Bereich der erneuerbaren Energien steht die Neufassung der Erneuerbare-Energien-Richtline im Zentrum der Neuordnung. Auf Grundlage des von der Kommission als Bestandteil des Winterpakets vorgelegten Entwurfs54 erzielten das Europäische Parlament, der Rat und die Europäische Kommission im Rahmen der Trilogverhandlungen im Juni 2018 eine Einigung, die vom Europäischen Parlament am 13.11.2018 in erster Lesung bestätigt wurde, bevor im Dezember 2018 die Zustimmung durch den Rat der EU erfolgte. Nach Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union am 21.12.2018 konnte die Richtlinie noch im Jahr 2018 in Kraft treten.55 Die Mitgliedstaaten haben nunmehr bis zum 30.06.2021 Zeit, um die zur Umsetzung der EE-Richtlinie 2018 erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft zu setzen56, die EE-Richtlinie 2009 wird mit Wirkung vom 01.07.2021 aufgehoben.57 2. Inhaltliche Vorgaben Nachfolgend sollen die für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien besonders bedeutsamen Regelungen der neugefassten Richtlinie dargestellt werden. Ein Schlaglicht ist dabei auf die Aufgabe des Konzepts verbindlicher nationaler Mindestziele für den Anteil erneuerbarer Energien des Bruttoendenergieverbrauchs zu richten (a)). Anschließend werden die für die mitgliedstaatlichen Förderregelungen maßgeblichen Direktiven untersucht (b)), bevor zuletzt die ak-
52 Europäische Kommission, Mitteilung v. 30.11.2016, COM(2016) 860 final; die umfassten Verordnungs- und Richtlinien-Entwürfe sind samt Begleitdokumenten abrufbar unter https://ec.europa.eu/energy/en/news/commission-proposes-new-rules-consumer-centred-cleanenergy-transition (zuletzt abgerufen am 08.08.2019); zum Winterpaket vgl. Scholtka/Martin, ER 2017, 183. 53 Europäische Kommission, Mitteilung v. 30.11.2016, COM(2016) 860 final, S. 4. 54 Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Neufassung), KOM(2016) 767 final; ausführlich zum Entwurf Kreuter-Kirchhof, EuZW 2017, 829; Schulz/Losch, EnWZ 2017, 107. 55 Vgl. Art. 38 EE-Richtlinie 2018. 56 Art. 36 EE-Richtlinie 2018. 57 Art. 37 EE-Richtlinie 2018.
130
§ 5 Der unionsrechtliche Rahmen
tualisierten Vorgaben für die Öffnung der Förderinstrumente für Strom aus anderen Mitgliedstaaten vorgestellt werden (c)).58 a) Abkehr vom Konzept nationaler Mindestziele Es wurde gezeigt, dass es sich bei der Vorgabe verbindlicher nationaler Mindestziele für den Anteil erneuerbarer Energien am Bruttoendenergieverbrauch um das zentrale Steuerungsinstrument der EE-Richtlinie 2009 handelt. Diese verpflichtenden Zielvorgaben behalten zwar trotz des Inkrafttretens der neugefassten Richtlinie ihre Gültigkeit, werden aber auf Grundlage des neuen Regelungswerks nicht fortgeschrieben. Die EE-Richtlinie 2018 bewirkt insoweit einen Konzeptwechsel: So sieht die Neufassung für den Anteil erneuerbarer Energien am Bruttoendenergieverbrauch ein gemeinsames Unionsziel von 32 % vor, vgl. Art. 3 Abs. 1 EE-Richtlinie 201859. Anders als auf Grundlage der EE-Richtlinie 2009 wird dieses unionsweite Ausbauziel aber nicht mehr in sekundärrechtlich verpflichtende Zielvorgaben für die Mitgliedstaaten übersetzt.60 Hinter dem Konzeptwechsel steht die Erwägung, dass nationale Mindestziele zwar Anreize für ein entschlossenes Vorgehen liefern, hieraus aber gleichsam Hemmnisse für die Marktintegration, Kosteneffizienz und unverfälschten Wettbewerb resultieren.61 Der Beitrag der einzelnen Mitgliedstaaten zur Erreichung des Gesamtziels soll sich nach dem nun verfolgten Ansatz aus integrierten nationalen Energie- und Klimaplänen ergeben, zu deren Vorlage an die Kommission die Mitgliedstaaten nach Maßgabe der am 24.12.2018 in Kraft getretenen Governance-Verordnung62 verpflichtet sind.63 In den jeweils auf einen Zehnjahreszeitraum vorzulegenden integrierten Energie- und Klimaplänen müssen die Mitgliedstaaten die nationalen Ziele, Vorgaben und Beiträge für die „fünf Dimensionen der Energieunion“– namentlich Sicherheit der Energieversorgung, Energiemarkt, Energieeffizienz, Verringerung der 58 Vgl. hierzu sowie zu weiteren Änderungen betreffend etwa den Eigenverbrauch oder die Regelungen zu Herkunftsnachweisen Pause/Kahles, ER 2019, 9; zum Kommissionsentwurf vgl. Schulz/Losch, EnWZ 2017, 107 (111 ff.); vgl. auch Scholtka/Martin, ER 2017, 183 (186 f.). 59 Der im Winterpaket enthaltene Entwurf sah noch ein Ziel von 27 % vor, vgl. Art. 3 Abs. 1 EERL-E. 60 Vgl. aber Art. 3 Abs. 4 EE-Richtlinie 2018, wonach der Anteil der Mitgliedstaaten am Bruttoendenergieverbrauch ab dem 1. Januar 2021 nicht mehr unter den Wert sinken darf, der der jeweiligen Ausbauverpflichtung der Mitgliedstaaten nach der EE-Richtlinie 2009 entspricht. 61 Vgl. Europäische Kommission, Mitteilung v. 22.1.2014, COM(2014) 15 final, S. 5. 62 Verordnung (EU) 2018/1999 des EP und des Rates vom 11. Dezember 2018 über das Governance-System für die Energieunion und für den Klimaschutz, zur Änderung der VO (EG) Nr. 663/2009 und (EG) Nr. 715/2009 des EP und des Rates, der RL 94/22/EG, 98/70/EG, 2009/ 31/EG, 2009/73/EG, 2010/31/EU, 2012/27/EU und 2013/30/EU des EP und des Rates, der RL 2009/119/EG und (EU) 2015/652 des Rates und zur Aufhebung der VO (EU) Nr. 525/2013 des EP und des Rates, ABl. EU 2018, Nr. L 328/1 (nachfolgend „Governance-VO“). 63 Vgl. Art. 3 Abs. 2 EE-Richtlinie 2018.
A. Steuerungsvorgaben aus dem Sekundärrecht
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CO2-Emissionen und Forschung, Innovation und Wettbewerbsfähigkeit64– erläutern. Für den die Dimension der Dekarbonisierung betreffenden Ausbau erneuerbarer Energien sieht Art. 4 lit. a) Nr. 2 Governance-VO vor, dass die Mitgliedstaaten ihren Beitrag zu dem 32 %-Ziel samt eines im Jahr 2021 ansetzenden indikativen Zielpfads zur Erreichung dieses Beitrags angeben. Für die Festlegung dieses Zielpfads schreibt die Verordnung verschiedene Meilensteine vor, die grundsätzlich an die jeweiligen nationalen Mindestziele aus der EE-Richtlinie 2009 anknüpfen. Der Verordnung sind außerdem prozedurale Vorgaben für die Festlegung der Beiträge, etwa hinsichtlich der insoweit zu berücksichtigenden Aspekte zu entnehmen.65 Die Kommission geht grundsätzlich davon aus, dass sich die Mitgliedstaaten mit Blick auf ihren Beitrag zum Erreichen des unionsweiten Ausbauziels jeweils ausreichend ehrgeizige Ziele setzen.66 Sofern die Behörde bei Bewertung der von den Mitgliedstaaten vorzulegenden Entwürfe zu dem Schluss kommt, dass die nationalen Beiträge zu niedrig sind, kann sie nach Maßgabe von Art. 9 und 31 EE-Richtlinie 2018 länderspezifische Empfehlungen an die Mitgliedstaaten aussprechen.67 b) Gestaltungsvorgaben für mitgliedstaatliche Förderregelungen Bringt die EE-Richtlinie 2018 mit der Aufgabe des Konzepts verpflichtender nationaler Mindestziele also zentrale Änderungen mit sich, bleibt es hinsichtlich der Vorgaben zur Wahl eines bestimmten Fördermodells im Wesentlichen bei der bekannten Zurückhaltung. Nach Art. 4 Abs. 1 EE-Richtlinie 2018 können die Mitgliedstaaten Förderregelungen anwenden, um das in Art. 3 EE-Richtlinie 2018 definierte Unionsziel und die auf nationaler Ebene festgelegten Ziele zu erreichen.68 Eine Festlegung für einen konkreten Förderansatz erfolgt nicht. Art. 4 Abs. 2 EE-Richtlinie 2018 enthält die allgemeine Vorgabe, nach welcher die Förderregelungen Anreize für eine marktorientierte Integration in den Elektrizitätsmarkt enthalten, wobei unnötige Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden und etwaige Systemintegrationskosten und die Netzstabilität zu berücksichtigen sind. Die Verpflichtung zur Marktintegration wird in Art. 4 Abs. 3 EE-Richtlinie 2018 weiter konkretisiert. Danach sind die Förderregelungen so auszugestalten, dass die Marktintegration maximiert wird und gewährleistet ist, dass die Produzenten von EEStrom auf Preissignale reagieren und ihre Einnahmen maximieren. In Umsetzung dieser Vorgabe muss die Förderung bei der Anwendung von direkten Preisstützungssystemen in Gestalt einer gleitenden oder festen Marktpräme erfolgen, vgl. 64
Vgl. Art. 1 Abs. 2 Governance-VO. S. Art. 5 Governance-VO. 66 Vgl Europäische Kommission, Mitteilung v. 30.11.2016, COM(2016) 860 final, S. 8. 67 Vgl. hierzu sowie zu den Handlungsmöglichkeiten der Kommission im Falle des Vorliegens eines Erfüllungsdefizits Pause/Kahles, ER 2019, 9 (12 f.). 68 Die in Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 EE-Richtlinie 2018 enthaltene Begiffsbestimmung entspricht im Wesentlichen der in Art. 2 Abs. lit. k) EE-Richtlinie 2009 enthaltenen Definition des Begriffs „Förderregelung“. 65
132
§ 5 Der unionsrechtliche Rahmen
Art. 4 Abs. 3 UAbs. 2 EE-Richtlinie 2018.69 Die Zahlung einer marktpreisunabhängigen Vergütung scheidet somit als Förderinstrument aus. Hieraus folgt, dass die Förderung mittels eines Einspeisevergütungssystems, wie es durch das EEG bis zu dessen Reform im Jahr 2014 bewirkt wurde, auf Grundlage der EE-Richtlinie 2018 vorbehaltlich der Ausnahmeregelungen für Kleinanlagen und Demonstrationsvorhaben nicht mehr möglich ist. Nach Art. 4 Abs. 4 UAbs. 1 EE-Richtlinie 2018 muss die Förderung auf offene, transparente, wettbewerbsfördernde, nichtdiskriminierende und kosteneffiziente Art und Weise erfolgen.70 Soweit die Förderung – was wie bezeichnet nicht verpflichtend vorgegeben wird – durch Ausschreibungsverfahren erfolgt, dürfen die Mitgliedstaaten Ausnahmen für Kleinanlagen und Demonstrationsvorhaben vorsehen. Auch die in den folgenden beiden Absätzen enthaltenen Vorgaben sind nur maßgeblich, wenn die Förderung durch Ausschreibungen gewährt wird: Art. 4 Abs. 5 EERichtlinie 2018 betrifft zunächst die Frage nach der Technologieneutralität des Verfahrens. So können die Mitgliedstaaten die Ausschreibungen auf bestimmte Technologien beschränken, wenn eine technologieoffene Förderung wegen des langfristigen Potentials einer bestimmten Technologie, der Notwendigkeit einer Diversifizierung, Netzintegrationskosten, Netzeinschränkungen und Netzstabilität oder – im Fall von Biomasse – der Notwendigkeit, Wettbewerbsverzerrungen auf den Rohstoffmärkten zu vermeiden, zu suboptimalen Ergebnissen führen würde.71 Zum Zwecke der Sicherstellung einer hohen Realisierungsrate sind die Mitgliedstaaten bei der Anwendung von Ausschreibungen nach Art. 4 Abs. 6 EE-Richtlinie 2018 zum einen verpflichtet, nichtdiskriminierende und transparente Kriterien für die Teilnahme an Ausschreibungsverfahren festzulegen und zu veröffentlichen sowie genaue Fristen und Regeln für die Projektdurchführung festzulegen. Zum anderen müssen die Mitgliedstaaten Ergebnisse früherer Ausschreibungen einschließlich der Realisierungsraten veröffentlichen. Art. 4 Abs. 8 EE-Richtlinie 2018 enthält im Übrigen eine Pflicht der Kommission, nach welcher die Behörde dem Europäischen Parlament und dem Rat bis zum 31.12.2021 und danach alle drei Jahre über den anhand verschiedener Parameter, etwa Kostensenkungen und Realisierungsraten, zu bemessenden Erfolg von Ausschreibungen zu berichten hat. Änderungen bringt die neue Richtlinie im Übrigen für die Regelung des Einspeisevorrangs mit sich.72 Die den Strom aus erneuerbaren Energien hinsichtlich 69 Nach Art. 4 Abs. 3 UAbs. 3 EE-Richtlinie 2018 können die Mitgliedstaaten für Kleinanlagen und Demonstrationsvorhaben Ausnahmen von den Vorgaben aus Art. 4 Abs. 3 UAbs. 1 und 2 EE-Richtlinie 2018 vorsehen. 70 Sofern die Förderung im Wege eines Ausschreibungsverfahrens ermittelt wird, können die Mitgliedstaaten wiederum Ausnahmen für Kleinanlagen und Demonstrationsvorhaben regeln, Art. 4 Abs. 4 UAbs. 4 EE-Richtlinie 2018. 71 Art. 4 Abs. 5 EE-Richtlinie 2018 entspricht im Wesentlichen den Vorgaben aus den von der Europäischen Kommission zur Konkretisierung ihres Ermessens nach Art. 107 Abs. 3 lit. c) AEUV veröffentlichten Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien, vgl. unten § 5 B. III. 2. b). 72 Vgl. hierzu bereits zum Entwurf der Richtlinie Mai, RdE 2017, 335.
A. Steuerungsvorgaben aus dem Sekundärrecht
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Netzzugang und Einspeisung privilegierenden Regelungen nach Art. 16 Abs. 2 lit. b) und c) EE-Richtlinie 2009 wurden gestrichen. Insoweit sind künftig allein die Regelungen der Elektrizitätsbinnenmarkt-Verordnung73 maßgeblich. Diese sieht in Art. 12 Abs. 1 vor, dass der Dispatch für alle Anlagen diskriminierungsfrei, transparent und grundsätzlich – d. h. vorbehaltlich der in den folgenden Absätzen geregelten Ausnahmen – marktorientiert erfolgen muss. Einen vorrangigen Dispatch haben die Mitgliedstaaten weiterhin für Demonstrationsvorhaben sowie für Gesamteinrichtungen sicherzustellen, die eine installierte Stromerzeugungskapazität von weniger als 400 kW haben, Art. 12 Abs. 2 Binnenmarkt-VO.74 c) Vorgaben zur Öffnung der Förderregelungen für Strom aus anderen Mitgliedstaaten Neben den soeben dargestellten Gestaltungsvorgaben enthält die neugefasste Richtlinie in Art. 5 auch Maßgaben für die Öffnung der Förderregelungen für EEStrom aus anderen Mitgliedstaaten. Ausweislich des im Rahmen des Winterpakets vorgelegten Kommissionsentwurfs deutete sich hier noch eine Begrenzung der aus der EE-Richtlinie 2009 bekannten Entscheidungsfreiheit an. So enthielt der Entwurf eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten, ihre Förderregelungen für Strom aus anderen Mitgliedstaaten zu öffnen. Hinsichtlich des Umfangs der Verpflichtung sah der Entwurf vor, dass in den Jahren 2021 bis 2025 jeweils mindestens 10 %, in den Jahren 2026 bis 2030 jeweils mindestens 15 % der Förderung für Strom aus anderen Mitgliedstaaten zugänglich ist. Im Vergleich mit dem Kommissionsentwurf stellen sich die Regelungen der neugefassten Richtlinie als deutlich weniger entschlossen dar. Nach Art. 5 Abs. 1 EE-Richtlinie 2018 bleibt den Mitgliedstaaten nunnmehr auch weiterhin das Recht überlassen, frei darüber zu entscheiden, in welchem Umfang sie in anderen Mitgliedstaaten erzeugten EE-Strom in ihr Fördersystem einbeziehen wollen. Für Mitgliedstaaten, die von der Möglichkeit einer Öffnung Gebrauch machen wollen, hält die Richtlinie verschiedene Gestaltungsoptionen bereit. Nach Art. 5 Abs. 5 EERichtlinie 2018 muss die Kommission bis 2023 eine Bewertung der Frage durchführen, ob die Mitgliedstaaten verpflichtet werden müssen, ihre Förderregelungen teilweise für Strom aus anderen Mitgliedstaaten zu öffnen. Als Ziel einer etwaigen Verpflichtung sieht Art. 5 Abs. 5 EE-Richtlinie 2018 eine Öffnung im Umfang von 5 % bis 2025 und 10 % bis 2030 vor.
73
Verordnung (EU) 2019/943 des EP und des Rates vom 5. Juni 2019 über den Elektrizitätsbinnenmarkt, ABl. EU 2019, Nr. L 158/54 (nachfolgend „Binnenmarkt-VO“). 74 Ab dem 1. Januar 2026 liegt der maßgebliche Schwellenwert bei nur noch 200 kW, vgl. Art. 12 Abs. 5 Binnenmarkt-VO.
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3. Zwischenfazit Im Vergleich mit der EE-Richtlinie 2009 ist die bedeutendste Neuerung in der Aufgabe des Konzepts verbindlicher Ausbauziele für die Mitgliedstaaten zu sehen, sind diese doch aktuell noch der zentrale Hebel zur Erreichung des 20 %-Ziels auf Unionsebene bis zum Jahr 2020. Mit Blick auf die Regelungen zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien wird die bislang gewährte Wahlfreiheit der Mitgliedstaaten zuvörderst durch das Gebot marktpreisabhängiger Vergütungszahlen eingeschränkt, ist doch die Implementierung eines Einspeisevergütungssystems mit der Zusage marktpreisunabhängiger Zahlungen nicht mehr zulässig. Soweit die Marktbindung aber sichergestellt ist, bleiben die Mitgliedstaaten hinsichtlich der Wahl des Fördermodells aus sekundärrechtlicher Perspektive auch fortan ungebunden. Auch hinsichtlich der Vorgaben zur Öffnung der Förderregelungen für Strom aus anderen Mitgliedstaaten bleibt es bei der bekannten Zurückhaltung. Anders als im Kommissionsentwurf avisiert, ist mit der Neufassung der Richtlinie keine Verpflichtung zur Berücksichtigung von Strom aus anderen Mitgliedstaaten verbunden.
III. Zwischenergebnis Aus sekundärrechtlicher Perspektive wird die Gestaltungsfreiheit der Mitgliedstaaten nur geringfügig beeinträchtigt. Ist der aktuell maßgeblichen EE-Richtlinie 2009 keine substantielle Beeinträchtigung der Gestaltungsfreiheit der Mitgliedstaaten zu entnehmen, folgen aus der Neufassung Vorgaben zur Marktintegration, die der Anwendung eines Einspeisevergütungssystems vorbehaltlich zugelassener Ausnahmeregelungen für Kleinanlagen und Demonstrationsvorhaben grundsätzlich im Weg stehen. Hiervon abgesehen enthält auch die neugefasste Richtlinie keine Beeinträchtigung der Wahlfreiheit der Mitgliedstaaten. Auch mit Blick auf die Integration in den Binnenmarkt bleibt es bei der gewohnten Zurückhaltung. Weiterhin besteht für die Mitgliedstaaten keine sekundärrechtliche Verpflichtung zur Öffnung ihrer Förderregelung für EU-ausländischen Ökostrom. Im Ergebnis bleibt auch die neugefasste Richtlinie hinsichtlich ihrer Gestaltungstiefe und der Rigidität der enthaltenen Vorgaben – wie bereits im Zusammenhang mit der Darstellung von EEG 2014 und 2017 angedeutet wurde und an späterer Stelle mit einer detaillierten Analyse belegt werden soll – deutlich hinter den von der Kommission erlassenen Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien zurück. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass der Vorbehalt zugunsten des Beihilferechts in der EE-Richtlinie 2018 anders als auf Grundlage der EE-Richtlinie 2009 nicht mehr auf die Entscheidungsfreiheit bezüglich der Öffnung des Anwen-
B. Beihilferecht als Determinante für die Einführung von Ausschreibungen?
135
dungsbereichs beschränkt ist, sondern nunmehr auf die Maßgaben zur Gestaltung der Förderregelungen Bezug nimmt.75
B. Das Beihilferecht als Determinante für die Einführung von Ausschreibungen? Nachdem der sekundärrechtliche Regelungsrahmen untersucht wurde, ist nun der Fokus auf die Maßgaben des Primärrechts zu richten. Mit Blick auf seinen Einfluss auf die mitgliedstaatlichen Maßnahmen zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien hat in den letzten Jahren insbesondere das EU-Beihilferecht einen erheblichen Bedeutungszuwachs erfahren. So wurde bereits vorweggenommen, dass EEG 2014 und 2017 in ihrer Gestaltung erheblich durch die im Jahr 2014 in Kraft getretenen Leitlinien für Umwelt- und Energiebeihilfen der Kommission beeinflusst sind. Maßgeblichkeit erhalten diese aber erst, wenn es sich bei der dem Gestaltungsanspruch der Kommission unterliegenden Maßnahme tatsächlich um eine Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV handelt. Denn nur dann bedarf die Maßnahme einer Genehmigung durch die Europäische Kommission nach Art. 107 Abs. 3 lit. c) AEUV, dessen Konkretisierung die Leitlinien dienen. Die für die paradigmatische Umgestaltung des EEG grundlegende Einleitung eines Beihilfeverfahrens gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen der Regelungen des EEG 2012 im Jahr 2013 hat seinerzeit einen außerordentlich vielstimmig geführten rechtswissenschaftlichen Diskurs ausgelöst. Die vielfach erhobenen Vorwürfe betreffen dabei zunächst vor allem die für die Einleitung des Verfahrens grundlegende Annahme der Kommission, dass es sich bei den von den Stromverbrauchern über die EEG-Umlage finanzierten Förderzahlungen sowie den diesbezüglich vorgesehenen Entlastungen für stromintensive Unternehmen in Gestalt der BesAR um aus staatlichen Mitteln finanzierte Beihilfen handele. Mit Blick auf den an späterer Stelle im Einzelnen zu entfaltenden Detaillierungsgrad der Leitlinien für Umwelt- und Energiebeihilfen wird der Kommission außerdem vorgeworfen, dass sie den gewonnenen Zugriff auf die nationalen Fördermaßnahmen missbrauche, um entgegen dem Kompetenzgefüge der Verträge Energiepolitik zu betreiben. Letzteres adressiert namentlich Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Leitlinien. Zwar wird der Blick auf deren inhaltliche Ausgestaltung in Zusammenschau mit den bereits vorgestellten Regelungen des EEG 2017 veranschaulichen, dass sich insoweit bereits die Macht des Faktischen durchgesetzt hat. Dieser Befund kann jedoch nicht die rechtliche Prüfung der Überzeugungskraft vorbezeichneter Bedenken entbehrlich machen.
75
2018.
Vgl. Art. 4 Abs. 9 EE-Richtlinie 2018; s. hierzu auch Erwägungsgrund 18 EE-Richtlinie
136
§ 5 Der unionsrechtliche Rahmen
In diesem Teil der Bearbeitung soll die rechtliche Wirkung der Beihilfevorschriften als Determinante für die Gestaltung der mitgliedstaatlichen Fördermaßnahmen untersucht werden. Einleitend werden zunächst Funktion und Regelungsstruktur des Beihilferegimes skizziert (I.). Im nächsten Schritt ist der Blick sodann auf den Tatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV zu richten (II.). Nachdem die Bedeutung des Beihilfetatbestands für die mitgliedstaatlichen EE-Fördermaßnahmen entfaltet wurde, sind im Anschluss die für den Untersuchungsgegenstand relevanten Genehmigungstatbestände zu untersuchen, wobei der Schwerpunkt hier auf die zur Konkretisierung des Ausnahmetatbestands nach Art. 107 Abs. 3 lit. c) AEUV erlassenen Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien der Kommission zu legen ist (III.). In einem vierten Schritt wird der faktische Einfluss der Leitlinien auf das EEG 2017 in gedrängter Darstellung zusammengefasst (IV.).
I. Funktion und Regelungsstruktur der Beihilfevorschriften Nach Art. 107 Abs. 1 AEUV sind – soweit in den Verträgen nicht etwas anderes bestimmt ist – „staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen“. Ungeachtet des insoweit nicht eindeutigen Wortlauts76 handelt es sich bei Art. 107 Abs. 1 AEUV um einen Verbotstatbestand.77 Die Legitimation für das grundsätzliche Verbot staatlicher Beihilfen folgt aus deren wettbewerbsverfälschender Wirkung: Die selektive Begünstigung bestimmter Unternehmen stört die Chancengleichheit als wesentliche Grundlage funktionierenden Wettbewerbs.78 Hierdurch drohen Verzerrungen der zwischenstaatlichen Handelsströme und damit eine Behinderung der praktischen Wirksamkeit der auf den Abbau von Handelshemmnissen gerichteten Grundfreiheiten.79
76 Vgl. demgegenüber den Wortlaut des Kartellverbots in Art. 101 AEUV: „unvereinbar und verboten“. 77 Grundlegend EuGH, Urt. v. 22.3.1977, Steinike und Weinlig, Rs. 78/76, ECLI:EU:C:1977:52, Rn. 6 und 8; vgl. hierzu Bungenberg, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich (Hrsg.), Europäisches Beihilfenrecht, Kap. 1, 1. Teil – Art. 107 Abs. 1 AEUV Rn. 5; Cremer, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, Art. 107 AEUV Rn. 8, jeweils m. w. N. 78 Kühling, in: Streinz (Hrsg.), EUV/AEUV, Art. 107 AEUV Rn. 1; vgl. auch Koenig/ Hellstern, in: Müller-Graf (Hrsg.), EnzEuR Bd. 4, § 14 Rn. 1. 79 Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht, Bd. 3, Teil A zu Art. 107 ff. Rn. 1; in diesem Sinne auch Bungenberg, in: Birnstiel/Bungenberg/ Heinrich (Hrsg.), Europäisches Beihilfenrecht, Kap. 1, 1. Teil – Art. 107 Abs. 1 AEUV Rn. 5, der im Übrigen darauf hinweist, dass das Beihilfeverbot auch dem Schutz der Anreizfunktion des Wettbewerbs dient, da Beihilfen den Anreiz zur Leistungsbereitschaft bremsen können.
B. Beihilferecht als Determinante für die Einführung von Ausschreibungen?
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Als integraler Bestandteil des unionalen Wettbewerbsrechts80 tragen die Beihilfevorschriften zu einem System bei, das dem Schutz eines freien, redlichen, unverfälschten und wirksamen Wettbewerbs dient.81 Ohne supranationale Kontrolle der Beihilfenvergabe bestünde die Gefahr von Subventionswettläufen zwischen den Mitgliedstaaten, da diese versucht sein könnten, die auf ihrem Gebiet ansässigen Unternehmen zu unterstützen, damit diese ihren Marktanteil auf Kosten von Wettbewerbern in anderen Mitgliedstaaten vergrößern können.82 Verhindert werden soll die unkontrollierte Vergabe mitgliedstaatlicher Beihilfen, ohne den Blick für den Zielkatalog aus Art. 3 EUV, insbesondere die harmonische, ausgewogene und nachhaltige Entwicklung des Wirtschaftslebens zu verlieren.83 Das Beihilfeverbot aus Art. 107 Abs. 1 AEUV gilt mithin nicht absolut, sondern nur, „soweit in diesen Verträgen nichts anderes bestimmt ist“.84 In diesem Sinne relativiert wird es zunächst durch die in Art. 107 Abs. 2 normierten Legalausnahmen. Diese ermöglichen den Mitgliedstaaten die Gewährung bestimmter sozialer, schadensbeseitigender oder nachteilsausgleichender Beihilfen. Soweit einer der umfassten Ausnahmetatbestände erfüllt ist, ist die in Rede stehende Beihilfe per se zulässig. Von weitaus größerer praktischer Bedeutung sind die Ermessensausnahmen nach Art. 107 Abs. 3 AEUV.85 Anders als im Rahmen von Art. 107 Abs. 2 AEUV hat die Kommission hier bei Vorliegen der Voraussetzungen eines Vereinbarkeitstatbestands ein Ausnahmeermessen. Eine spezielle Genehmigungsgrundlage folgt außerdem aus Art. 106 Abs. 2 AEUV für Unternehmen, die den Charakter eines Finanzmonopols haben oder für solche Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind. Das bezeichnete Regel-Ausnahme-Verhältnis gibt eine zweistufige Prüfung vor: Auf das Vorliegen der Voraussetzungen 80
Zur systematischen Stellung der Beihilfevorschriften im System des AEUV vgl. statt vieler Bartosch, EU-Beihilfenrecht, Einl. Rn. 1 ff.; Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/ Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht, Bd. 3, Art. 107 Abs. 1 AEUV Rn. 8 ff. 81 Dass der Binnenmarkt ein System umfasst, das den Wettbewerb vor Verfälschungen schützt, ist seit der Streichung von Art. 3 Abs. 1 lit. g) EGV im Zuge des Vertrages von Lissabon nunmehr Bestandteil des Protokolls über den Binnenmarkt und den Wettbewerb, vgl. ABl. 2007/C 306/156; vgl. hierzu Bungenberg, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich (Hrsg.), Europäisches Beihilfenrecht, Kap. 1, 1. Teil – Art. 107 Abs. 1 AEUV, Rn. 2 f. 82 Zu dieser sog. „Beggar-Thy-Neighbour“-Politik vgl. Schwalbe, in: Säcker/Montag (Hrsg.), EU State Aid Law, Part I B. Rn. 21 f., der darauf hinweist, dass sich die mitgliedstaatlichen Entscheidungsträger mit Blick auf die im Binnenmarkt insgesamt bewirkten Ineffizienzen in einem sog. „Gefangenen-Dilemma“, also in einer Situation befinden, in der rationales – also auf individuelle Nutzenmaximierung ausgerichtetes – Verhalten des Einzelnen zu schlechteren Ergebnissen für die gesamte Gruppe führt. Zum Gefangenendilemma als Modell der auf die Analyse menschlichen Verhaltens in strategischen Situationen gerichteten Spieltheorie vgl. Mankiw/Taylor, Grundzüge der Volkswirtschaftslehre, S. 474 ff.; Pyndick/ Rubinfeld, Mikroökonomie, S. 544 ff. 83 Cremer, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, Art. 107 AEUV Rn. 5. 84 Zur Regelungsstruktur vgl. Bungenberg, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich (Hrsg.), Europäisches Beihilfenrecht, Kap. 1, 1. Teil – Art. 107 Abs. 1 AEUV Rn. 5 ff. 85 Kreuschitz, in: Säcker/Montag (Hrsg.), EU State Aid Law, Part II D. Rn. 697.
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§ 5 Der unionsrechtliche Rahmen
einer Ausnahmebestimmung kommt es danach nur an, wenn die Maßnahme den Beihilfetatbestand nach Art. 107 Abs. 1 AEUV erfüllt. Die Aufsicht über das „repressive Verbot mit Befreiungsvorbehalt“86 obliegt der Kommission. Das Grundgerüst für das Verfahren ergibt sich aus Art. 108 AEUV, die Einzelheiten werden in einer auf Art. 109 AEUV gestützten Verfahrensverordnung geregelt.87 Mit Blick auf die beabsichtigte Einführung oder Umgestaltung88 von Beihilfen sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Kommission zuvor über die Maßnahme so zu unterrichten, dass sie sich dazu äußern kann. Gemäß dem Durchführungsverbot nach Art. 108 Abs. 3 S. 3 AEUV darf der Mitgliedstaat die Einführung oder Umgestaltung nicht vor Erlass eines abschließenden Beschlusses durch die Kommission umsetzen. Verbleiben nach einer vorläufigen Prüfung Bedenken hinsichtlich der Beihilferechtskonformität der Maßnahme, beschließt die Kommission, das Verfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV zu eröffnen.89 Gelangt die Wettbewerbsbehörde im Rahmen dieses förmlichen Prüfverfahrens zu dem Ergebnis, dass die Beihilfe nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar ist, beschließt sie, dass die Beihilfe nicht eingeführt werden darf.90 Soweit ein Mitgliedstaat seiner Notifizierungspflicht nicht nachkommt, es sich mithin um eine rechtswidrige Beihilfe handelt, verbindet die Kommission einen etwaigen Negativ- grundsätzlich mit einem Rückforderungsbeschluss, nach welchem die Mitgliedstaaten alle notwendigen Maßnahmen ergreifen müssen, um die Beihilfe vom Empfänger zurückzufordern.91
II. Die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien als Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV Sind damit Funktion und Regelungsstruktur der Beihilfevorschriften skizziert, soll der Blick nunmehr auf den Verbotstatbestand nach Art. 107 Abs. 1 AEUV gerichtet werden. Grundlegend ist festzuhalten, dass der Begriff der Beihilfe unionsrechtlich nicht abschließend definiert wird, sondern durch die in Art. 107 Abs. 1 AEUV genannten Tatbestandsvoraussetzungen lediglich eine gewisse Um-
86
Bungenberg, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich (Hrsg.), Europäisches Beihilfenrecht, Kap. 1, 1. Teil – Art. 107 Abs. 1 AEUV Rn. 5. 87 Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, ABl. 2015 L 248/9. Zur Entstehung der Verfahrensordnung vgl. Bartosch, EU-Beihilfenrecht, Art. 108 AEUV Rn. 1; instruktiv zur Beihilfenaufsicht auch Wienbracke, WRP 2016, 294. 88 Nach Art. 108 Abs. 1 AEUV überprüft die Kommission in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten fortlaufend die in diesen bestehenden Beihilferegelungen. 89 Art. 4 Abs. 4 VO 2015/1589. 90 Art. 9 Abs. 5 VO 2015/1589. 91 Art. 16 Abs. 1 VO 2015/1589.
B. Beihilferecht als Determinante für die Einführung von Ausschreibungen?
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schreibung erfährt.92 Diese müssen kumulativ vorliegen, damit eine Maßnahme als Beihilfe eingeordnet werden kann.93 Mit Blick auf den Wortlaut von Art. 107 Abs.1 AEUV („Beihilfen gleich welcher Art“) und das Ziel wirksamen Wettbewerbsschutzes ist der Begriff nach herrschender Auffassung weit auszulegen.94 Nach ständiger Rechtsprechung sind Maßnahmen gleich welcher Art umfasst, die „als ein wirtschaftlicher Vorteil anzusehen sind, den das begünstigte Unternehmen unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätte.“95 Der aus der Rechtsprechung des EuGH abzuleitenden Reichweite des Beihilfebegriffs kommt fundamentale Bedeutung zu, die sich anhand der einleitend skizzierten Gestaltung der Beihilfeaufsicht erklärt. Maßnahmen, die den Tatbestand des Art. 107 Abs. 1 AEUV erfüllen, bedürfen der Genehmigung durch die Kommission. Insbesondere über den Hebel des Ausnahmeermessens nach Maßgabe von Art. 107 Abs. 3 AEUV versetzt ein weit verstandener Beihilfebegriff die Kommission in die Lage, die mitgliedstaatliche Wirtschaftspolitik in Bereichen zu beeinflussen, auf die die Organe der Union kraft der in den europäischen Verträgen manifestierten Kompetenzordnung keinen Zugriff haben. In diesem Sinne steht die Diskussion um die Reichweite des Beihilfebegriffs im Spannungsfeld zwischen wirksamem Wettbewerbsschutz auf der einen und der Achtung der wirtschaftspolitischen Souveränität der Mitgliedstaaten auf der anderen Seite.96 Im Zusammenhang mit der beihilferechtlichen Beurteilung von Maßnahmen zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien tritt dieser keineswegs neue Grundkonflikt besonders deutlich zutage. Auf Tatbestandsebene steht traditionell die anhand des sog. „Staatlichkeits-Kriteriums“ zu beantwortende Frage nach der Zurechenbarkeit der regelmäßig aus privaten Mitteln finanzierten Begünstigungen zum veranlassenden Mitgliedstaat im Zentrum der Diskussion. Interessante Fragen stellen sich im Übrigen im Zusammenhang mit dem Erfordernis einer Begünstigung. Ansatzpunkte für eine nähere Betrachtung bieten sich hier mit Blick auf die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Altmark Trans, mittels welcher der Gerichtshof die Reichweite des Tatbestandsmerkmals für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse eingeschränkt hat.
92
Mederer, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje (Hrsg.), Europäisches Unionsrecht, Vorbem. zu Art. 107 bis 109 AEUV Rn. 4; vgl. auch Pache/Pieper, in: Birnstiel/Bungenberg/ Heinrich (Hrsg.), Europäisches Beihilfenrecht, Kap. 1, 1. Teil – Art. 107 Abs. 1 AEUV Rn. 48. 93 Ständige Rspr., vgl. nur EuGH, Urt. v. 21.3.1990, Tubemeuse, Rs. C-142/87, ECLI:EU:C:1990:125, Rn. 25; EuGH, Urt. v. 24.7.2003, Altmark Trans, Rs. C-280/00, ECLI:EU:C:2003:415, Rn. 74 m. w. N. 94 Bungenberg, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich (Hrsg.), Europäisches Beihilfenrecht, Kap. 1, 1. Teil – Art. 107 Abs. 1 AEUV Rn. 9; Arhold, in: Säcker/Montag (Hrsg.), EU State Aid Law, Part II B. Rn. 104. 95 Vgl. etwa EuGH, Urt. v. 24.7.2003, Altmark Trans, Rs. C-280/00, ECLI:EU:C:2003:415, Rn. 88. 96 Vgl. hierzu Arhold, in: Säcker/Montag (Hrsg.), EU State Aid Law, Part II B. Rn. 105 ff.
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§ 5 Der unionsrechtliche Rahmen
Nachfolgend sollen die Maßgaben von Art. 107 Abs. 1 AEUVauf ihre Bedeutung für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien untersucht werden. Dabei sollen jeweils die Implikationen für die Regelungen des EEG 2017 herausgearbeitet werden. Insbesondere im Zusammenhang mit dem StaatlichkeitsKriterium kommt die Darstellung nicht ohne einen ausführlichen Blick auf das nunmehr rechtskräftig abgeschlossene Verfahren zum EEG 2012 aus. 1. Das Tatbestandsmerkmal der Staatlichkeit als neuralgischer Punkt der beihilferechtlichen Bewertung mitgliedstaatlicher Förderinstrumente Art. 107 Abs. 1 AEUV umfasst „staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte“ Beihilfen. Für die beihilferechtliche Beurteilung von Maßnahmen zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien stellt sich das damit umrissene Staatlichkeits-Kriterium regelmäßig als neuralgischer Punkt dar. Denn die Bedeutung des Tatbestandsmerkmals besteht darin, sicherzustellen, dass rein privatwirtschaftlich vollzogene Begünstigungen vom Beihilfenbegriff nicht erfasst werden und konstituiert so die Stellung der Mitgliedstaaten als Adressaten des Verbotstatbestands.97 Es muss also innerhalb dieser Prüfung die Zurechnung der vermeintlichen Beihilfe zum Mitgliedstaat belegt werden. Für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien ist dieser Nachweis besonders schwierig. Denn vom klassischen Fall einer staatlichen Beihilfe – der Gewährung einer aus Haushaltsmitteln finanzierten Einzelbeihilfe durch staatliche Stellen – weichen die EE-Fördermaßnahmen erheblich ab. So werden die Förderzahlungen zum einen regelmäßig nicht aus Haushaltsmitteln, sondern von den Stromverbrauchern bezahlt. Hinzu kommt zum anderen, dass oftmals – so wie im Falle des Finanzierungsmechanismus nach dem EEG – keine staatlichen Stellen in die Verwaltung der Mittel eingebunden sind. Im Folgenden soll die Bedeutung des Staatlichkeits-Kriteriums für die beihilferechtliche Bewertung mitgliedstaatlicher Regelungen zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien entfaltet werden, wobei die Bearbeitung auf die Untersuchung des Fördersystems nach dem EEG ausgerichtet wird. Hierzu ist einleitend die Systematik des Staatlichkeits-Kriteriums zu skizzieren. Wie anhand dieser Darstellung zu zeigen sein wird, setzt sich das Kriterium nach der Rechtsprechung der Unionsgerichte aus zwei Komponenten zusammen, von welchen regelmäßig allein die Staatlichkeit der zur Finanzierung der Fördermaßnahmen zum Einsatz kommenden Mittel problematisch ist (a)). Im zweiten Schritt wird das Verständnis dieses Zentralkriteriums durch die Unionsgerichte anhand einer Analyse der insoweit besonders bedeutsamen Entscheidungen herausgearbeitet (b)). Auf dieser Grundlage wird in einem dritten Schritt das Verfahren zum EEG 2012 beleuchtet (c)), bevor anschließend die Frage nach der Bedeutung der gewonnenen
97 Pache/Pieper, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich (Hrsg.), Europäisches Beihilfenrecht, Kap. 1, 1. Teil – Art. 107 Abs. 1 AEUV Rn. 49.
B. Beihilferecht als Determinante für die Einführung von Ausschreibungen?
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Erkenntnisse für die Beurteilung des EEG 2017 zu untersuchen ist (d)). Im Rahmen eines Zwischenfazits werden die gefundenen Ergebnisse zusammengefasst (e)). a) Systematik des Tatbestandsmerkmals Die beihilferechtliche Beurteilung umlagefinanzierter Fördersysteme setzt die Kenntnis der Systematik des im Zentrum der Kontroverse stehenden StaatlichkeitsKriteriums voraus. Im Folgenden soll die von Kommission und Unionsgerichten zur Anwendung gebrachte Systematik zunächst allgemein (aa)) und sodann im Zusammenhang mit dem vorliegend relevanten Fall gesetzlich eingerichteter Fördersysteme (bb)) erläutert werden. aa) Zweigliedrige Prüfung Die in Art. 107 Abs. 1 AEUV enthaltene Formulierung zweier Alternativen („staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte“ Beihilfen) wirft die Frage nach deren Verhältnis zueinander auf.98 So erlaubt der Wortlaut etwa ein Verständnis, nach welchem „aus staatlichen Mitteln gewährte“ Beihilfen nur solche sind, die einen negativen Vermögenseffekt beim Staat bewirken, die erste Alternative hingegen sämtliche staatlichen Maßnahmen mit begünstigender Wirkung unabhängig von einer finanziellen Belastung staatlicher Mittel umfasst. Mit Blick auf andernfalls entstehende Schutzlücken und Umgehungsmöglichkeiten wurde eine Erstreckung des Beihilfebegriffs auf solche rein regulativen Maßnahmen ohne Belastung staatlicher Mittel in der Vergangenheit von der Kommission und Teilen der Literatur befürwortet.99 Diesem weiten Verständnis hat der EuGH in einer Reihe von Entscheidungen – etwa zur Beihilfeeigenschaft einer staatlichen Festsetzung von Mindestpreisen100 oder der in Deutschland implementierten Befreiung von nationalen Kündigungsschutzvorschriften zugunsten von Kleinbetrieben nach § 23 I 2 KSchG101 – eine Absage erteilt.102 Der Gerichtshof betont in ständiger Rechtsprechung, dass nur solche Vorteile als Beihilfen anzusehen sind, die unmittelbar oder 98 S. hierzu Pache/Pieper, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich (Hrsg.), Europäisches Beihilfenrecht, Kap. 1, 1. Teil – Art. 107 Abs. 1 AEUV Rn. 52 ff.; für einen Überblick über die Systematisierungsansätze in der Literatur vgl. außerdem Steffens, Erneuerbare Energien im europäischen Binnenmarkt, S. 248 ff.; Ouertani, Umlagesysteme im Energierecht, S. 90 ff. 99 S. hierzu Pache/Pieper, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich (Hrsg.), Europäisches Beihilfenrecht, Kap. 1, 1. Teil – Art. 107 Abs. 1 AEUV Rn. 51 ff.; s. auch die Nachweise bei Nettesheim, NJW 2014, 1847 (1848 f.). 100 EuGH, Urt. v. 24.1.1978, Van Tiggele, Rs. 82/77, ECLI:EU:C:1978:10, Rn. 23/25. 101 EuGH, Urt. v. 30.11.1993, Kirsammer-Hack, Rs. C-189/91, ECLI:EU:C:1993:907, Rn. 16 f. 102 Vgl. hierzu Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht, Bd. 3, Art. 107 Abs. 1 AEUV Rn. 262 ff.; Pache/Pieper, in: Birnstiel/Bungenberg/ Heinrich (Hrsg.), Europäisches Beihilfenrecht, Kap. 1, 1. Teil – Art. 107 Abs. 1 AEUV Rn. 56 ff.
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§ 5 Der unionsrechtliche Rahmen
mittelbar aus staatlichen Mitteln gewährt werden.103 Die erweiternde Formulierung „aus staatlichen Mitteln“ soll im Verständnis des EuGH lediglich Konstruktionen zur Umgehung des Beihilfeverbots verhindern104 : So diene die Unterscheidung zwischen „staatlichen“ und „aus staatlichen Mitteln gewährten“ Beihilfen namentlich dazu, neben den unmittelbar vom Staat gewährten Vorteilen auch diejenigen miteinzubeziehen, die über eine vom Staat benannte oder errichtete Einrichtung öffentlicher oder privater Natur gewährt werden.105 Aus der Formulierung folge hingegen nicht, dass sämtliche vom Staat gewährten Vorteile dem Beihilfebegriff unterfallen, auch wenn sie nicht aus staatlichen Mitteln finanziert werden.106 Damit hält der EuGH also ausdrücklich am Erfordernis der Übertragung staatlicher bzw. dem Staat zurechenbarer Mittel fest.107 Ohne zwischen den beiden Alternativen des Vertragstexts zu unterscheiden, beurteilen die Unionsgerichte das Vorliegen der Staatlichkeit nunmehr anhand zweier Komponenten: Danach müssen Vergünstigungen, um als Beihilfen eingeordnet werden zu können, „zum einen unmittelbar oder mittelbar aus staatlichen Mitteln gewährt werden und zum anderen dem Staat zuzurechnen sein.“108 Es ist also im Rahmen einer zweigliedrigen Prüfung zwischen der Staatlichkeit der Maßnahme und der Staatlichkeit der zur Finanzierung eingesetzten Mittel zu differenzieren.109 Hinsichtlich der Maßnahmezurechnung ist entscheidend, ob davon auszugehen ist, dass öffentliche Stellen in irgendeiner Weise am Erlass der Maßnahme beteiligt
103 EuGH, Urt. v. 17.3.1993, Sloman Neptun, Verbundene Rs. C-72/91 und C-73/91, ECLI:EU:C:1993:97, Rn. 19; EuGH, Urt. v. 13.3.2001, PreussenElektra, Rs. C-379/98, ECLI:EU:C:2001:160, Rn. 58. 104 Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht, Bd. 3, Art. 107 Abs. 1 AEUV Rn. 262; Nettesheim, NJW 2014, 1847 (1848). 105 EuGH, Urt. v. 17.3.1993, Sloman Neptun, Verbundene Rs. C-72/91 und C-73/91, ECLI:EU:C:1993:97, Rn. 19; EuGH, Urt. v. 7.5.1998, Viscido u. a., Verbundene Rs. C-52/97, C-53/97 und C-54/97, ECLI:EU:C:1998:209, Rn. 13; EuGH, Urt. v. 13.3.2001, PreussenElektra, Rs. C-379/98, ECLI:EU:C:2001:160, Rn. 58. 106 EuGH, Urt. v. 13.3.2001, PreussenElektra, Rs. C-379/98, ECLI:EU:C:2001:160, Rn. 58. 107 Die Begründung hierfür kann nicht aus der wettbewerbsschützenden Funktion des Beihilfenverbots hergeleitet werden, da die Wirkung einer begünstigenden Maßnahme auf den Wettbewerb nicht von der staatlichen Mittelherkunft abhängt. Vielmehr soll auf diese Weise der Anwendungsbereich des Beihilfenrechts von demjenigen der Grundfreiheiten abgegrenzt werden, vgl. hierzu Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht, Bd. 3, Art. 107 Abs. 1 AEUV Rn. 268. 108 EuGH, Urt. v. 16.5.2002, Stardust Marine, Rs. C-482/99, ECLI:EU:C:2002:294, Rn. 24; EuGH, Urt. v. 19.12.2013, Vent De Colère, Rs. C-262/12, ECLI:EU:C:2013:851, Rn. 16. 109 Zu dieser Systematik vgl. etwa Jaeger, EStAL 11 (2012), 535 (535 f.); Säcker/Schmitz, NZKart 2014, 202 (202); Soltész, ZWeR 2010, 198 (199 ff.); aus der Kommentarliteratur Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht, Bd. 3, Art. 107 Abs. 1 AEUV Rn. 247 f.; Soltész, in: Säcker/Montag (Hrsg.), EU State Aid Law, Part II B. Rn. 263 ff.; vgl. auch Ouertani, Umlagesysteme im Energierecht, S. 90 ff.
B. Beihilferecht als Determinante für die Einführung von Ausschreibungen?
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waren.110 Probleme wirft dieser Nachweis naturgemäß insbesondere dann auf, wenn Vergünstigungen nicht unmittelbar von staatlichen Stellen vergeben werden. Von erheblicher Bedeutung für die Konturierung des Kriteriums ist die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Stardust Marine. Hier hatte der Gerichtshof über die Staatlichkeit von finanziellen Unterstützungsleistungen zu befinden, die von Konzerngesellschaften der vom französischen Staat kontrollierten Crédit Lyonnais zugunsten des Unternehmens Stardust Marine gewährt wurden. Der EuGH ließ die für die Qualifizierung als öffentliches Unternehmen konstitutive Möglichkeit, beherrschenden Einfluss auf die Tätigkeit des Unternehmens auszuüben, für die Zurechenbarkeit der Maßnahme nicht ausreichen. Vielmehr forderte der Gerichtshof, dass die Möglichkeit einer staatlichen Beteiligung am Erlass der Maßnahme zumindest anhand eines Indizienbündels dargelegt wird.111 Berücksichtigungswürdig sei etwa, ob die Einrichtung hinsichtlich der Entscheidung den Anforderungen öffentlicher Stellen – etwa in Gestalt bestimmter Richtlinien – Stellung nehmen muss, ob die Einrichtung in die Strukturen der öffentlichen Verwaltung eingegliedert ist, ob das Unternehmen dem öffentlichem Recht oder allgemeinem Gesellschaftsrecht unterliegt sowie die Intensität behördlicher Aufsicht über die Unternehmensführung. Die Aufzählung des EuGH ist nicht abschließend, berücksichtigungswürdig sei vielmehr jedes Indiz, das im konkreten Fall auf eine Beteiligung der Behörden hinweist.112 Die gesondert untersuchte Zurechenbarkeit der Mittel113 sah der EuGH hingegen unproblematisch als gegeben an. Hier ließ der Gerichtshof – wie sogleich näher auszuführen sein wird – die abstrakte Kontrollmöglichkeit ausreichen, die darin zu
110
EuGH, Urt. v. 16.5.2002, Stardust Marine, Rs. C-482/99, ECLI:EU:C:2002:294, Rn. 52. Grundlegend EuGH, Urt. v. 16.5.2002, Stardust Marine, Rs. C-482/99, ECLI:EU: C:2002:294, Rn. 55 ff.; ausführlich hierzu zuletzt Steffens, Erneuerbare Energien im europäischen Binnenmarkt, S. 268 ff. 112 EuGH, Urt. v. 16.5.2002, Stardust Marine, Rs. C-482/99, ECLI:EU:C:2002:294, Rn. 56. 113 Vgl. EuGH, Urt. v. 16.5.2002, Stardust Marine, Rs. C-482/99, ECLI:EU:C:2002:294, Rn. 25 ff.; vgl. aber Steffens, Erneuerbare Energien im europäischen Binnenmarkt, S. 270, die annimmt, dass der EuGH sich nicht ausführlich zur Mittelzurechnung geäußert habe, weil die Staatlichkeit der Mittel nicht bestritten worden sei. Grundlage dieser Annahme ist m. E. ein Missverständnis: Nachdem Stardust Marine bereits von einer Tochtergesellschaft der Crédit Lyonnais finanzielle Unterstützungsleistungen erhalten hatte, geriet die Crédit Lyonnais später in finanzielle Schwierigkeiten, woraufhin die französischen Behörden die Risiken und Kosten der Crédit Lyonnais zunächst übernahmen, bevor diese auf ein im Wege einer Auslagerung gegründetes und im 100 %igen Eigentum der Crédit Lyonnais stehendes Verwertungskonsortium (CDR) übertragen wurden. Das Unternehmen Stardust Marine, das zu diesem Zeitpunkt infolge mehrerer Kapitalerhöhungen unter der Kontrolle von Crédit Lyonnais stand, wurde gemäß dem Auslagerungsplan auf CDR übertragen und profitierte in der Folgezeit von drei Kapitalerhöhungen durch CDR. Ausweislich der von Steffens in Bezug genommenen Passage war allein die Staatlichkeit solcher Mittel unbestritten, die nach Integration von Stardust Marine auf das CDR im Wege der Kapitalerhöhungen gewährt wurden. Bestritten und Gegenstand einer gesonderten Prüfung war aber die Staatlichkeit der Mittel, die vor Einbringung in das Verwertungskonsortium bewilligt wurden, vgl. EuGH, Urt. v. 16.5.2002, Stardust Marine, Rs. C482/99, ECLI:EU:C:2002:294, Rn. 32. 111
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§ 5 Der unionsrechtliche Rahmen
sehen war, dass der Staat durch Ausübung seines beherrschenden Einflusses auf das Unternehmen die Mittelverwendung steuern kann.114 bb) Bedeutung der Systematik für EE-Fördersysteme Ist damit die grundsätzliche Systematik des Staatlichkeits-Kriteriums dargestellt worden, soll zum besseren Verständnis bereits an dieser Stelle aufgezeigt werden, wie die Unionsgerichte die skizzierte Prüfung auf gesetzlich eingerichtete Umlagesysteme anwenden. Hinzuweisen ist vorab auf die im Vergleich etwa zum Stardust Marine-Sachverhalt erkennbar anders gelagerte Situation: Handelte es sich bei den finanziellen Unterstützungsleistungen zugunsten von Stardust Marine um mehrere Einzelbeihilfen, werden die im Zentrum der vorliegenden Untersuchung stehenden Förderzahlungen gesetzlich angewiesen. Auf die Prüfung der Unionsgerichte wirkt sich dieser Unterschied in der Weise aus, dass jeweils eine andere Komponente der zweigliedrigen Prüfung problematisch ist. So ist – anders als im Stardust Marine-Sachverhalt – die Feststellung der Maßnahmezurechnung bei der Beurteilung von gesetzlich eingerichteten Fördersystemen mit keinerlei Schwierigkeiten verbunden. Denn hier richten die Unionsgerichte den Blick auf den Gesetzgeber und lassen für den geforderten Nachweis der irgendwie gearteten Beteiligung öffentlicher Stellen den Hinweis auf die normative Einrichtung des Fördersystems ausreichen.115 Kann die Zurechnung der Maßnahme zum Staat bei Beihilferegelungen also zwanglos bejaht werden, muss im Sinne der bezeichneten Systematik kumulativ hinzutreten, dass die gewährten Vorteile aus staatlichen oder dem Staat zurechenbaren Mitteln finanziert werden. Wie anhand der nachfolgenden Rechtsprechungsanalyse belegt werden wird, betreffen die vielgestaltigen Abgrenzungsfragen zur Staatlichkeit der durch gesetzlich implementierte Umlagesysteme finanzierten Vorteile allein die Mittelzurechnung. Der in der Stardust Marine-Entscheidung im Rahmen der Maßnahmenzurechnung anhand einer Indizienprüfung vorgenommene Blick auf die mittelverteilende Stelle wird dabei in die Prüfung der Mittelzurechnung verlagert. Damit ist die Staatlichkeit der zur Finanzierung herangezogenen Mittel das eigentliche Zentralkriterium116 bei der Prüfung der Beihilfeeigenschaft von Maß-
114 EuGH, Urt. v. 16.5.2002, Stardust Marine, Rs. C-482/99, ECLI:EU:C:2002:294, Rn. 38; a. A. wohl Steffens, Erneuerbare Energien im europäischen Binnenmarkt, S. 268: „Aus der öffentlichen Eigentümerschaft an einem Unternehmen allein konnte nicht per se die staatliche Kontrolle der Beihilfengewährungsentscheidung (und der Zuordnung der Mittel) gefolgert werden“ (Hervorh. d. Verf.). 115 EuGH, Urt. v. 19.12.2013, Vent De Colère, Rs. C-262/12, ECLI:EU:C:2013:851, Rn. 18; vgl. auch Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht, Bd. 3, Art. 107 Abs. 1 AEUV Rn. 248. 116 Treffend Ludwigs, REE 2014, 65 (70).
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nahmen zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien.117 Will man die maßgebliche Rechtsprechung der Unionsgerichte systematisch erfassen, ist das Verständnis dieses Perspektivwechsels von zentraler Bedeutung. Auch wenn der folgende Aufbau dem Umstand Rechnung tragen soll, dass in der hier relevanten Konstellation allein die Mittelzurechnung problematisch ist, soll – um diesen Befund zu belegen – bei Betrachtung der maßgeblichen Leitentscheidungen immer wieder auch auf die Feststellungen zur Maßnahmezurechnung hingewiesen werden. b) Der Einsatz staatlicher Mittel als Zentralkriterium – Spannungsfeld in der Rechtsprechung Kann also – wie soeben dargelegt wurde – die Zurechenbarkeit der Maßnahme mit Verweis auf die gesetzliche Regelung des Umlagesystems bejaht werden, liegt der Schwerpunkt der Prüfung bei der Frage nach der Staatlichkeit der Mittel. Unproblematisch ist die Einordnung staatlicher Begünstigungen, die unmittelbar aus Mitteln des öffentlichen Sektors finanziert werden. Solche aus staatlichen Haushaltsmitteln finanzierten Begünstigungen stehen traditionell im Mittelpunkt der unionalen Beihilfekontrolle.118 Jedoch bedarf es nicht zwingend der unmittelbaren oder mittelbaren Übertragung von Haushaltsmitteln.119 Erweiterung erfährt das Kriterium außerdem durch den Aspekt der staatlichen Kontrolle über die zur Finanzierung herangezogenen Mittel. In den Worten des EuGH erfasst der Beihilfetatbestand auch alle Geldmittel, „auf die die Behörden tatsächlich zur Unterstützung 117 Diese Systematik prägt inzwischen – wie im Folgenden immer wieder belegt werden soll – deutlich die beurteilungsrelevante Rechtsprechung der Unionsgerichte zur Beihilfeeigenschaft von gesetzlich eingerichteten Umlagesystemen zur Finanzierung von EE-Fördermaßnahmen. Da die maßgeblichen Entscheidungen meines Erachtens nur auf Grundlage dieses Verständnisses nachvollzogen werden können, soll auf eine Auseinandersetzung mit anderen möglichen Systematisierungsansätzen bewusst verzichtet werden. 118 Unerheblich ist dabei, ob die jeweils in Rede stehende Begünstigung aus Bundes- oder Ländermitteln, aus Mitteln von Gebietskörperschaften oder sonstigen öffentlichen Einrichtungen gewährt wird, vgl. hierzu die Nachweise bei Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/ Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht, Bd. 3, Art. 107 Abs. 1 AEUV Rn. 269. 119 Vgl. hierzu EuGH, Urt. v. 16.5.2002, Stardust Marine, Rs. C-482/99, ECLI:EU:C:2002:294, Rn. 36 m. w. N.: „Erstens muss nach ständiger Rechtsprechung nicht in jedem Fall festgestellt werden, dass eine Übertragung staatlicher Mittel stattgefunden hat, damit der einem oder mehreren Unternehmen gewährte Vorteil als eine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 EG abgesehen werden kann.“ Die vom Gerichtshof insoweit in Bezug genommene „ständige Rechtsprechung“ betraf jeweils die Frage, ob vom Beihilfebegriff außer positiven Leistungen wie Subventionen auch die Minderung von Belastungen in Gestalt von Abgaben umfasst ist. Dazu stellte der EuGH fest, dass „eine Maßnahme, mit der die staatlichen Stellen bestimmten Unternehmen eine Abgabenbefreiung gewähren, die zwar nicht mit der Übertragung staatlicher Mittel verbunden ist, aber die Begünstigten finanziell besser stellt als die übrigen Abgabepflichtigen, eine staatliche Beihilfe (…)“ ist, vgl. EuGH, Urt. v. 15.3.1994, Banco Exterior des Espana/Ayuntamiento de Valencia, Rs. C-387/92, ECLI:EU:C:1994:100, Rn. 14; EuGH, Urt. v. 19.5.1999, Italien/Kommission, Rs. C-6/97, ECLI:EU:C:1999:251, Rn. 16.
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von Unternehmen zurückgreifen können, ohne dass es dafür eine Rolle spielt, ob diese Mittel auf Dauer zum Vermögen des Staates gehören.“ Es reicht danach aus, dass die zur Finanzierung herangezogenen Beträge „ständig unter staatlicher Kontrolle und somit den zuständigen nationalen Behörden zur Verfügung stehen, damit sie als staatliche Mittel qualifiziert werden können.“120 Anhand dieses „KontrollKriteriums“ hat der Gerichtshof auch in der bereits vorgestellten Stardust MarineEntscheidung die Zurechnung der Mittel, mit denen die Unterstützungsleistungen finanziert wurden, zum französischen Staat vorgenommen.121 Es können also auch außerhalb staatlicher Haushalte laufende Mittel dem Staat im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV zugerechnet werden, wenn die Intensität staatlicher Kontrolle einen Zugriff auf die Gelder effektiv möglich macht. Ausweislich der Stardust-Entscheidung ist dies für die Mittel öffentlicher, d. h. solcher Unternehmen, auf die der Staat unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben122 und somit die Verwendung dieser Mittel steuern kann, zu bejahen.123 Sind also aus öffentlichen Haushalten stammende bzw. zumindest auf solche zurückführbare Mittel ebenso wie die Mittel öffentlicher Unternehmen unproblematisch staatlich im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV, ist für die beihilferechtliche Bewertung von Maßnahmen zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und gerade auch mit Blick auf das EEG danach zu fragen, wie umlagefinanzierte Maßnahmen einzuordnen sind, bei denen sich der Mittelfluss ausschließlich zwischen Privaten vollzieht. In Deutschland wurden diesbezüglich bereits auf Grundlage des StromEinspG bestehende Zweifel durch die PreussenElektra-Entscheidung des EuGH aus dem Jahr 2001 vorläufig beseitigt. Wie nachfolgend zu zeigen sein wird, kann dem Judikat aber angesichts der seither zu beobachtenden Entwicklung in der Rechtsprechung der Unionsgerichte keine Immunisierungswirkung in dem Sinne entnommen werden, dass dem Staat (im Sinne 120
EuGH, Urt. v. 16.5.2002, Stardust Marine, Rs. C-482/99, ECLI:EU:C:2002:294, Rn. 36 f.; EuGH, Urt. v. 16.5.2000, Ladbroke Racing, Rs. C-83/98 P, ECLI:EU:C:2000:248, Rn. 50; vgl. hierzu Säcker/Schmitz, NZKart 2014, 202; Mestmäcker, in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht, Bd. 3, Art. 107 AEUV Rn. 270 ff. 121 EuGH, Urt. v. 16.5.2002, Stardust Marine, Rs. C-482/99, ECLI:EU:C:2002:294, Rn. 38. 122 Vgl. die Definition in Art. 2 lit. b) der sog. Transparenzrichtlinie, Richtlinie 2006/111/ EG der Kommission vom 16.11.2006 über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen sowie über die finanzielle Transparenz innerhalb bestimmter Unternehmen, ABl. 2006 L 318/17. 123 Dass die Mittel eines öffentlichen Unternehmens nach dieser Formel als staatliche Mittel im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV anzusehen sind, genügt nach der eingangs erläuterten Dogmatik noch nicht, um das Kriterium der Staatlichkeit insgesamt als erfüllt anzusehen. Hinzutreten muss danach außerdem, dass die begünstigende Maßnahme dem Staat zugerechnet werden kann. Dies war in der Rechtssache Stardust Marine – wie bereits einleitend gezeigt wurde – zu verneinen: „die bloße Tatsache, daß ein öffentliches Unternehmen unter staatlicher Kontrolle steht, genügt daher nicht, um Maßnahmen dieses Unternehmens (…) dem Staat zuzurechnen“, vgl. EuGH, Urt. v. 16.5.2002, Stardust Marine, Rs. C-482/99, ECLI:EU:C:2002:294, Rn. 52 ff.; vgl. hierzu Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht, Bd. 3, Art. 107 Abs. 1 AEUV Rn. 255.
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der Maßnahmezurechnung) zurechenbare Begünstigungen, die unter Zugriff auf private Mittel finanziert werden, dem Beihilferegime pauschal entzogen wären. Vielmehr muss die beihilferechtliche Beurteilung mitgliedstaatlicher Fördermaßnahmen in einem Spannungsfeld erfolgen, dass nachfolgend in der Weise konturiert werden soll, dass zunächst die maßgeblichen Leitentscheidungen skizziert werden (aa)), bevor im Anschluss eine Systematisierung der wesentlichen Aussagen vorgenommen wird (bb)). Die gefundenen Ergebnisse werden in einem Zwischenfazit zusammengefasst (cc)). aa) Leitentscheidungen Im Folgenden sind nun die Entscheidungen vorzustellen, die die vielstimmig geführte Diskussion um das Beihilfeverfahren zum EEG 2012 maßgeblich geprägt haben. Wenig überraschend kommt der zu den Abnahme- und Vergütungspflichten auf Grundlage des StromEinspG 1998 ergangenen PreussenElektra-Entscheidung in diesem Kontext besondere Bedeutung zu (1). Die Auffassung von Kommission und EuG zum EEG 2012 ist insbesondere von dem Rekurs auf die Entscheidungen des EuGH in den Rechtssachen Essent (2) und Vent De Colère (3) sowie auf das Urteil des Gerichts zum Österreichischen Ökostromgesetz (4) gekennzeichnet.124 (1) Rechtssache PreussenElektra Einen zentralen Bezugspunkt für die Kritik an der im Verfahren zum EEG 2012 zum Ausdruck gekommenen Rechtsauffassung der Kommission bildet das Urteil des EuGH in der Rechtssache PreussenElektra aus dem Jahr 2001.125 Anlass der Entscheidung war ein Vorabersuchen durch das Landgericht Kiel zur Auslegung von Art. 30 und Art. 92 EGV (heute Art. 34 und Art. 107 AEUV). Die PreussenElektra AG machte als Klägerin vor dem Landgericht Kiel die Rückerstattung von Beträgen geltend, die sie auf Grundlage der Härteklausel aus § 4 StromEinspG 1998126 an die Beklagte Schleswag AG, ein regionales EVU127, geleistet hatte. Die Klageforderung fand ihre Grundlage in der Rechtsauffassung, dass die den Zahlungen an die Beklagte zugrunde liegende Härtefallklausel gegen die Beihilfevorschriften des 124 Vgl. hierzu auch Bungenberg/Motzkus, in: Graf von Kielmannsegg (Hrsg.), Die EEGReform – Bilanz, Konzeptionen, Perspektiven, S. 81 (102 ff.); Klein, Rechtliche Rahmenbedingungen für den Ausbau von Wettbewerbselementen bei der Förderung Erneuerbarer Energien, S. 28 ff.; Pérez Rodríguez, EStAL 15 (2016), 207 (207 ff.); Ludwigs, REE 2014, 65 (70 ff.); s. auch Stumpf, EurUP 2016, 221 (227 f.); ausführlich jüngst Ouertani, Umlagesysteme im Energierecht, S. 94 ff.; Steffens, Erneuerbare Energien im europäischen Binnenmarkt, S. 280 ff. 125 EuGH, Urt. v. 13.3.2001, PreussenElektra, Rs. C-379/98, ECLI:EU:C:2001:160. 126 Zur Härteklausel s. schon oben § 2 A. II. 127 Die PreussenElektra AG hielt seinerzeit 65,3 % der Anteile an der Beklagten. Unter anderem auch die Bundesregierung äußerte vor diesem Hintergrund Zweifel an der Zulässigkeit der Vorlage zum EuGH, da das Ausgangsverfahren ein konstruierter Rechtsstreit sei, vgl. EuGH, Urt. v. 13.3.2001, PreussenElektra, Rs. C-379/98, ECLI:EU:C:2001:160, Rn. 31 f.
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EGV verstoße. Aufgrund der demzufolge gegebenen Unionsrechtswidrigkeit sei die Vorschrift nicht anwendbar, weshalb die an die Beklagte gezahlten Erstattungsbeträge ohne Rechtsgrund gezahlt worden seien. Die vom LG Kiel gestellten Vorlagefragen zur Auslegung des Beihilfetatbestands fasste der Gerichtshof zur Frage zusammen, ob eine mitgliedstaatliche Regelung, durch die private EVU verpflichtet werden, den in ihrem Versorgungsgebiet erzeugten EE-Strom zu über dem tatsächlichen wirtschaftlichen Wert liegenden Mindestpreisen abzunehmen, und durch die die hieraus entstehenden finanziellen Belastungen zwischen den EVU und den privaten Betreibern der vorgelagerten Stromnetze aufgeteilt werden, eine staatliche Beihilfe darstellt.128 Der EuGH verneinte dies mit dem Hinweis, dass „die Verpflichtung privater Elektrizitätsversorgungsunternehmen zur Abnahme von Strom aus erneuerbaren Energiequellen zu festgelegten Mindestpreisen nicht zu einer unmittelbaren oder mittelbaren Übertragung staatlicher Mittel“ führe. Dass die mit der Abnahmepflicht verbundenen Vorteile auf einem Gesetz beruhen, könne der Regelung vor diesem Hintergrund nicht den Charakter einer Beihilfe verleihen.129 Dieser Befund des Gerichtshofs hat ein vorläufiges Ende der im Vorfeld der Entscheidung geführten Diskussion130 um die Beihilferechtskonformität des deutschen Einspeisevergütungsmodells bewirkt. Vielfach wurde die Entscheidung als pauschale Absage an die Auffassung gedeutet, dass auch staatlich gelenkte Mittelflüsse zwischen Privaten das Kriterium der Staatlichkeit erfüllen können.131 Unter Rekurs auf die Entscheidung hat die Kommission auch für das EEG 2000 als Nachfolgegesetz zum StromEinspG das Vorliegen einer Beihilfe verneint.132 (2) Rechtssache Essent Netwerk Noord Erhebliche Implikationen für die beihilferechtliche Bewertung hoheitlich implementierter Umlagesysteme ergeben sich aus dem Urteil des EuGH in der Rechtssache Essent Netwerk Noord NV133. In dem zugrunde liegenden Vorabent-
128 EuGH, Urt. v. 13.3.2001, PreussenElektra, Rs. C-379/98, ECLI:EU:C:2001:160, Rn. 56. 129 EuGH, Urt. v. 13.3.2001, PreussenElektra, Rs. C-379/98, ECLI:EU:C:2001:160, Rn. 59 ff.; mit dieser Klarstellung bestätigt der EuGH m. E. implizit auch die Zweigliedrigkeit des Tatbestandsmerkmals der Staatlichkeit. 130 Vgl. hierzu die Nachweise bei Koenig/Kühling, NVwZ 2001, 768 (768). 131 Vgl. etwa Koenig/Kühling, NVwZ 2001, 768 (769 f.). 132 Europäische Kommission, Staatliche Beihilfe NN 27/2000, C (2202) 1887 fin., S. 3; vgl. hierzu Kröger, Die Förderung erneuerbarer Energien im Europäischen Elektrizitätsbinnenmarkt, S. 205. 133 EuGH, Urt. v. 17.7.2008, (Essent), Rs. C-206/06, ECLI:EU:C:2008:413; zur EssentEntscheidung vgl. ausführlich zuletzt Steffens, Erneuerbare Energien im europäischen Binnenmarkt, S. 284 ff.; s. auch Klein, Rechtliche Rahmenbedingungen für den Ausbau von Wettbewerbselementen bei der Förderung Erneuerbarer Energien, S. 30 f.; Kröger, Die För-
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scheidungsverfahren hatte der EuGH unter anderem über die Beihilfeeigenschaft einer niederländischen gesetzlichen Regelung zu befinden, durch welche die inländischen Stromkunden zur Zahlung eines verbrauchsabhängigen Tarifaufschlags an ihren jeweiligen Netzbetreiber verpflichtet wurden. Nach den maßgeblichen Vorschriften mussten die Netzbetreiber den Betrag an die Samenwerkende ElektriciteitsProduktiebedrijven (SEP), eine private Tochtergesellschaft der vor der Liberalisierung des Stromsektors bestehenden Erzeugungsunternehmen, weiterleiten. Bis zum gesetzlich fixierten Betrag in Höhe von 400 Millionen Euro diente das Aufkommen aus dem Tarifaufschlag der Finanzierung verlorener Kosten aus Investitionen, die die SEP noch vor der Liberalisierung des niederländischen Energiemarktes zum Zwecke der Versorgungssicherheit und der nachhaltigen Entwicklung von Energiequellen teilweise auf staatliche Initiative getätigt hatte. Die über den gesetzlich festgelegten Betrag hinausgehenden Einnahmen aus der Abgabe musste die SEP an den zuständigen Minister abführen.134 In seiner Entscheidung vom 17.07.2008 bejahte der EuGH die Beihilfeeigenschaft der an SEP abgeführten Beträge. Dabei knüpfte der Gerichtshof zu Beginn seiner Ausführungen an den im Rahmen der die Art. 30 und 110 AEUV betreffenden ersten Vorlagefrage135 getroffenen Befund an, nach welchem es sich bei dem den Kunden vom Staat auferlegten Tarifaufschlag um eine Abgabe im Sinne dieser Vorschriften handelt. Tragend für die Einordnung war, dass der Tarifaufschlag auf die übertragene Elektrizität erhoben wurde und die Verbraucher gesetzlich zur Zahlung verpflichtet waren.136 Aus der Abgabeneigenschaft folgerte der EuGH nunmehr, dass die auf dem Aufkommen des Tarifaufschlags beruhenden Zahlungen an die SEP auf staatliche Mittel zurückgehen.137 Waren die von den Verbrauchern entrichteten Beträge über deren Qualifizierung als Abgabe damit als staatliche Mittel identifiziert, richtete der Gerichtshof den Blick sodann auf die staatliche Ingerenz bei der Mittelverwendung. Hier war zunächst festzustellen, dass die Netzbetreiber per Gesetz zur Weitergabe der aus dem Tarifaufschlag eingenommenen Beträge an die SEP verpflichtet waren. Bei der anschließenden Betrachtung der Rolle der SEP betonte der EuGH, dass diese mit einer Dienstleistung von allgemeinem Interesse betraut worden sei und nach den maßgeblichen Regelungen nicht befugt war, die an sie abgeführten Beträge zu einem anderen als dem gesetzlich vorgesehenen Zweck zu verwenden. Hinsichtlich der Erfüllung ihrer Aufgaben habe die Gesellschaft außerdem strenger Kontrolle un-
derung erneuerbarer Energien im Europäischen Elektrizitätsbinnenmarkt, S. 210 f.; Ludwigs, REE 2014, 65 (71); Stumpf, EurUP 2016, 221 (228). 134 Zum rechtlichen Rahmen s. EuGH, Urt. v. 17.7.2008, Essent, Rs. C-206/06, ECLI:EU:C:2008:413, Rn. 4 ff. 135 Zu den Maßgaben aus Art. 30 und 110 AEUV vgl. unten C. II. 136 EuGH, Urt. v. 17.7.2008, Essent, Rs. C-206/06, ECLI:EU:C:2008:413, Rn. 43 ff. 137 EuGH, Urt. v. 17.7.2008, Essent, Rs. C-206/06, ECLI:EU:C:2008:413, Rn. 66.
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terlegen, soweit sie verpflichtet war, die Abrechnung der eingenommenen und abgeführten Beträge von einem Wirtschaftsprüfer bestätigen zu lassen.138 Auf Grundlage dieser Feststellungen gelangte der EuGH zu dem Befund, dass die zur Beurteilung stehenden Mittel unter staatlicher Kontrolle standen, und bejahte unter Rekurs auf das Urteil in der Rechtssache Stardust Marine das Vorliegen einer Maßnahme unter Inanspruchnahme staatlicher Mittel.139 Vor diesem Hintergrund grenzte der Gerichtshof den zur Entscheidung gestellten Sachverhalt insbesondere von demjenigen ab, der der PreussenElektra-Entscheidung zugrunde lag. Anders als im zu entscheidenden Fall seien die Unternehmen durch das StromEinspG nicht vom Staat mit der Verwaltung staatlicher Mittel beauftragt, sondern zur Abnahme unter Einsatz ihrer eigenen finanziellen Mittel verpflichtet worden.140 (3) Rechtssache Vent De Colère Weitere Hinweise für die Beurteilung staatlicher EE-Fördermaßnahmen ergeben sich aus der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Vent De Colère141. In dem zugrunde liegenden Verfahren hatte der Gerichtshof anlässlich eines Vorlageersuchens des französischen Conseil d‘État die Staatlichkeit eines gesetzlich fixierten und mittels einer verbrauchsabhängigen Abgabe durch die Strom-Endverbraucher finanzierten Mechanismus zum Ausgleich von Mehrkosten zu beurteilen, die auf Seiten der EVU durch die ihnen auferlegte Verpflichtung zur Abnahme von Strom aus Windkraftanlagen entstanden.142 Im Ausgangspunkt bestätigte der EuGH ausdrücklich die zweigliedrige Prüfung des Tatbestandsmerkmals der Staatlichkeit und bejahte die Maßnahmezurechnung mit dem Hinweis auf die gesetzliche Regelung des auf dem Prüfstand stehenden Ausgleichssystems.143 Die Prüfung zur Mittelzurechnung leitete der Gerichtshof mit dem Hinweis auf die Rechtsprechung ein, nach welcher das Vorliegen einer Beihilfe auch dann zu bejahen sein kann, wenn keine staatlichen Mittel übertragen werden.144 Unter Rekurs auf das Urteil in der Rechtssache Steinike und Weinlig145 wies der 138
EuGH, Urt. v. 17.7.2008, Essent, Rs. C-206/06, ECLI:EU:C:2008:413, Rn. 69. EuGH, Urt. v. 17.7.2008, Essent, Rs. C-206/06, ECLI:EU:C:2008:413, Rn. 70. 140 EuGH, Urt. v. 17.7.2008, Essent, Rs. C-206/06, ECLI:EU:C:2008:413, Rn. 74. 141 EuGH, Urt. v. 19.12.2013, Vent De Colère, Rs. C-262/12, ECLI:EU:C:2013:851; vgl. hierzu Hörnicke/Nysten, ZNER 2014, 44; Nysten, EnWZ 2014, 75; Säcker/Schmitz, NZKart 2014, 202; Schlacke/Kröger, ZUR 2015, 27; vgl. auch Klein, Rechtliche Rahmenbedingungen für den Ausbau von Wettbewerbselementen bei der Förderung Erneuerbarer Energien, S. 31 ff.; Kröger, Die Förderung erneuerbarer Energien im Europäischen Elektrizitätsbinnenmarkt, S. 214 ff.; Ludwigs, REE 2014, 65 (71 f.); Ouertani, Umlagesysteme im Energierecht, S. 102 ff. 142 Ausführlich zum Fördermechanismus vgl. Schlacke/Kröger, ZUR 2015, 27 (27 ff.). 143 EuGH, Urt. v. 19.12.2013, Vent De Colère, Rs. C-262/12, ECLI:EU:C:2013:851, Rn. 17 f. 144 EuGH, Urt. v. 19.12.2013, Vent De Colère, Rs. C-262/12, ECLI:EU:C:2013:851, Rn. 19 ff. 145 EuGH, Urt. v. 22.3.1977, Steinike und Weinlig, Rs. 78/76, ECLI:EU:C:1977:52, Rn. 21. 139
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EuGH darauf hin, dass in den Beihilfebegriff nämlich neben unmittelbar vom Staat gewährten Vorteilen auch solche einzubeziehen seien, die durch vom Staat „zur Durchführung der Beihilferegelung errichtete oder damit beauftragte öffentliche oder private Einrichtungen gewährt werden.“146 Als Beurteilungsmaßstab induzierte der EuGH an dieser Stelle wie schon in der Essent-Entscheidung das KontrollKriterium aus dem Urteil in der Rechtssache Stardust Marine. Auf dieser dogmatischen Grundlage gelangte der EuGH zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem durch die französischen Regelungen bewirkten Fördermechanismus um eine Maßnahme unter Inanspruchnahme staatlicher Mittel handelt. Der Befund stellte sich als Ergebnis einer Gesamtschau verschiedener Aspekte dar, die den staatlichen Einfluss bei der Mittelerhebung und -verwendung betreffen147: Mit Blick auf die Finanzierungsseite betonte der Gerichtshof zunächst, dass die für den Mehrkostenausgleich herangezogenen Mittel von allen in Frankreich wohnenden Stromverbrauchern erhoben und der Caisse des dépôts et consignation, einer durch Gesetz errichteten juristischen Person des öffentlichen Rechts, anvertraut wurden. Tragend war auch der Umstand, dass die Höhe der Belastungen vom französischen Minister für Energie auf Vorschlag der Commission de régulation de l’énergie, einer für das Funktionieren des Strom- und Gasmarkts zuständigen unabhängigen Verwaltungsbehörde, festgesetzt wurde. Berücksichtigung fand im Übrigen die gesetzliche Regelung einer verwaltungsrechtlichen Sanktion für den Fall, dass die Zahlung der Abgabe unterbleiben sollte. Bedeutung hat der Gerichtshof außerdem dem Grundsatz der vollständigen Deckung der Abnahmepflicht beigemessen, nach welchem der französische Staat die bei den verpflichteten Unternehmen verbliebenen Mehrkosten decken muss, soweit das Aufkommen aus den Verbraucherabgaben hierzu nicht ausreicht. Im Anschluss an die Darlegung der die Mittelbeschaffung betreffenden Aspekte belegte der EuGH die fortgesetzte staatliche Kontrolle, indem er den hoheitlichen Einfluss auf die Rolle der mit der Mittelverwaltung betrauten Caisse des dépôts et consignation ausführte.148 Bedeutsam waren in diesem Zusammenhang zum einen deren Eigenschaft als juristische Person des öffentlichen Rechts und der staatliche Einfluss auf die Besetzung zentraler Positionen. Betreffend die Tätigkeit der Caisse des dépôts et consignation hob der Gerichtshof die Verpflichtung hervor, die eingenommenen Beträge auf einem Sonderkonto zusammenzufassen und sodann an die zunächst belasteten EVU weiterzuleiten. In Ausübung ihrer Tätigkeit erbrachte sie Verwaltungs, Rechnungsführungs- und Buchhaltungsaufgaben für Rechnung der Commission de régulation de l’energie. Zuletzt erwirtschaftete die Caisse des dépôts et consignation keinerlei Gewinn aus der Tätigkeit, es wurden lediglich die Ver146 EuGH, Urt. v. 19.12.2013, Vent De Colère, Rs. C-262/12, ECLI:EU:C:2013:851, Rn. 20. 147 EuGH, Urt. v. 19.12.2013, Vent De Colère, Rs. C-262/12, ECLI:EU:C:2013:851, Rn. 22 ff. 148 EuGH, Urt. v. 19.12.2013, Vent De Colère, Rs. C-262/12, ECLI:EU:C:2013:851, Rn. 29 ff.
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waltungskosten gedeckt. Aus diesen Erwägungen folgerte der EuGH den Charakter der Caisse des dépôts et consignation als staatlich beauftragte bzw. zwischengeschaltete Stelle und gelangte so zu dem Befund, dass die verwalteten Beträge auch nach der staatlich kontrollierten Erhebung unter staatlicher Kontrolle „bleiben“.149 Wie schon in seinem Urteil in der Rechtssache Essent nahm der EuGH abschließend eine Abgrenzung zum PreussenElektra-Sachverhalt vor. Da die Unternehmen auf Grundlage des StromEinspG nicht mit der Verwaltung staatlicher Mittel beauftragt worden seien, hätten die zum Einsatz kommenden Mittel zu keinem Zeitpunkt unter staatlicher Kontrolle gestanden. Von der Bundesrepublik sei mit Erlass des StromEinspG kein Mechanismus zum Ausgleich der bei den Unternehmen entstehenden Mehrkosten geschaffen worden.150 (4) Österreichisches Ökostromgesetz Zu skizzieren ist zuletzt das Urteil des Gerichts in der Rechtssache Österreichisches Ökostromgesetz.151 Gegenstand der Entscheidung war die durch das Ökostromgesetz (ÖSG) in der Fassung der ÖSG-Novelle 2008 verwirklichte System zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. Nach den maßgeblichen Regelungen wurde den Produzenten von Ökostrom die Abnahme des gesamten Stroms zu über dem Marktpreis liegenden Festpreisen garantiert. Der Einkauf des Stroms erfolgte durch die Abwicklungsstelle für Ökostrom AG (ÖMAG). Diese veräußerte den Strom wiederum an die Stromhändler, die jeweils in einem Umfang zur Abnahme verpflichtet waren, dass im Ergebnis sämtliche Stromhändler den gleichen Ökostrom-Anteil in ihrer Gesamtstrommenge haben. Die aus der Abnahmeverpflichtung entstandenen Kosten konnten die Stromhändler in Form höherer Stromkosten an die Verbraucher umlegen, wobei insoweit Ausnahmen zugunsten stromintensiver Unternehmen bestanden.152 Das Gericht hat die gegen den Beschluss gerichtete Nichtigkeitsklage insgesamt abgewiesen. Seine den ersten Klagegrund betreffenden Ausführungen zum Staatlichkeitskriterium unterteilte das EuG dabei entsprechend der bekannten Systematik nach Mittel- und Maßnahmezurechnung.153 Für die Bejahung der Maßnahmezurechnung genügte der mit dem Rekurs auf die Entscheidung in der Rechtssache Vent De Colère verbundene Hinweis, dass die Mechanismen zur Förderung von Ökostrom 149 EuGH, Urt. v. 19.12.2013, Vent De Colère, Rs. C-262/12, ECLI:EU:C:2013:851, Rn. 33. 150 EuGH, Urt. v. 19.12.2013, Vent De Colère, Rs. C-262/12, ECLI:EU:C:2013:851, Rn. 34 ff. 151 EuG, Urt. v. 11.12.2014, Österreichisches Ökostromgesetz, Rs. T-251/11, ECLI:EU:T:2014:1060, vgl. hierzu Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht, Bd. 3, Art. 107 Abs. 1 AEUV Rn. 281. 152 Zum Rechtsrahmen vgl. EuG, Urt. v. 11.12.2014, Österreichisches Ökostromgesetz, Rs. T-251/11, ECLI:EU:T:2014:1060, Rn. 1 ff. 153 EuG, Urt. v. 11.12.2014, Österreichisches Ökostromgesetz, Rs. T-251/11, ECLI:EU:T:2014:1060, Rn. 41 ff.
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und der Befreiungen zugunsten energieintensiver Unternehmen durch Gesetz begründet worden waren, mithin öffentliche Stellen am Erlass der Maßnahmen beteiligt waren.154 Die Ausführungen zur Mittelzurechnung waren zentral vom Rekurs auf die Essent-Entscheidung des EuGH geprägt.155 Zum einen sei die ÖMAG vergleichbar der SEP in der Rechtssache Essent mit der Verwaltung des Systems zur Förderung der Ökostromerzeugung beauftragt worden. Das gesetzlich implementierte System sei mit der Situation einer staatlichen Konzession vergleichbar, da die in Rede stehenden Mittel nur für die gesetzlich vorgegebenen und im öffentlichen Interesse liegenden Zwecke verwendet werden könnten.156 Des Weiteren verwies das EuG auf den Abgabencharakter des Tarifaufschlags. Tragend war dabei der Hinweis auf die hoheitliche Initiative der Beitragserhebung, der im öffentlichen Interesse liegende Zweck und die staatliche Vorgabe der abzunehmenden Strommengen sowie des jeweils zu entrichtenden Preises.157 Mit Blick auf die einleitend festgestellte hoheitliche Beauftragung und die zur Überprüfung der Einhaltung des vorgegebenen Rahmens auf mehreren Stufen des Systems vorgesehenen staatlichen Kontrollmöglichkeiten sah es das EuG zuletzt als unerheblich an, dass es sich bei der ÖMAG um eine Aktiengesellschaft des Privatrechts handelte, die nicht mehrheitlich unter öffentlicher Kontrolle stand.158 bb) Einordnung Die skizzierten Entscheidungen markieren das Spannungsfeld, in welchem über die Staatlichkeit der zur Finanzierung von EE-Fördermaßnahmen herangezogenen Mittel zu befinden ist. Nachfolgend sollen die übergeordneten Aussagen herausgefiltert und so die maßgebliche Beurteilungsgrundlage herausgearbeitet werden. (1) Staatliche Mittelkontrolle als zentraler Gradmesser Im Ausgangspunkt ist klarstellend festzuhalten, dass die Unionsgerichte zwar am Erfordernis der Inanspruchnahme staatlicher Mittel festhalten.159 Damit sollen auch 154 EuG, Urt. v. 11.12.2014, Österreichisches Ökostromgesetz, Rs. T-251/11, ECLI:EU:T:2014:1060, Rn. 85 ff. 155 EuG, Urt. v. 11.12.2014, Österreichisches Ökostromgesetz, Rs. T-251/11, ECLI:EU:T:2014:1060, Rn. 60 ff. 156 EuG, Urt. v. 11.12.2014, Österreichisches Ökostromgesetz, Rs. T-251/11, ECLI:EU:T:2014:1060, Rn. 67. 157 EuG, Urt. v. 11.12.2014, Österreichisches Ökostromgesetz, Rs. T-251/11, ECLI:EU:T:2014:1060, Rn. 68. 158 EuG, Urt. v. 11.12.2014, Österreichisches Ökostromgesetz, Rs. T-251/11, ECLI:EU:T:2014:1060, Rn. 69 ff. 159 Vgl. die entsprechende Klarstellung in EuGH, Urt. v. 19.12.2013, Vent De Colère, Rs. C262/12, ECLI:EU:C:2013:851, Rn. 16; deutlich auch EuG, Urt. v. 11.12.2014, Österreichisches Ökostromgesetz, Rs. T-251/11, ECLI:EU:T:2014:1060, Rn. 54.
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§ 5 Der unionsrechtliche Rahmen
weiterhin lediglich regulative Maßnahmen mit begünstigender Wirkung vom Beihilfebegriff ausgeklammert bleiben. Indes wird mit Blick auf die zitierten Entscheidungen deutlich, dass sich die Unionsgerichte von dem zwingenden Erfordernis der Belastung öffentlicher Haushalte gelöst haben.160 Hierzu bemühen die Unionsgerichte die bereits vorgestellte und mit Blick auf ihren Ursprung gewissermaßen zweckentfremdete Formulierung: „Sodann ist hervorzuheben, dass nicht in jedem Fall eine Übertragung staatlicher Mittel festgestellt werden muss, damit der einem oder mehreren Unternehmen gewährte Vorteil als staatliche Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV angesehen werden kann.“161
Die Unionsgerichte etablieren also gewissermaßen zwei Staatlichkeitsbegriffe: Staatlichkeit im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV setzt nicht zwingend Staatlichkeit im Sinne einer Haushaltswirksamkeit der Mittelgewährung voraus.162 Vielmehr kann die hoheitliche Kontrolle über die Finanzmittel deren Staatlichkeit im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV begründen. Als dogmatischer Anknüpfungspunkt fungiert dabei jeweils der Rekurs auf die Entscheidung in der Rechtssache Stardust Marine.163 Die Annahme hoheitlicher Mittel-Kontrolle in diesem Sinne setzt aber ausweislich der skizzierten Entscheidungen keine institutionalisierte Kontrolle staatlicher Stellen voraus, wie sie im Stardust Marine-Sachverhalt angesichts des Charakters der mittelgewährenden Crédit Lyonnais als öffentliches Unternehmen gegeben war.164 Vielmehr verdeutlichen die skizzierten Entscheidungen, insbesondere in den Rechtssachen Essent und Österreichisches Ökostromgesetz165, dass auch die privatrechtliche Verfasstheit der mittelgewährenden Stelle einer Einordnung der Finanzmittel als staatlich im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV nicht im Weg steht. Insoweit ziehen die Unionsgerichte die zur Vermeidung von Schutzlücken entwickelte Rechtsprechung heran, nach welcher in den Beihilfebegriff „nicht nur unmittelbar vom Staat gewährte Vorteile, sondern auch Vorteile einbezogen werden, die durch von ihm zur Durchführung der Beihilferegelung errichtete oder damit beauftragte öffentliche oder private Einrichtungen gewährt werden.“166
160 Bloch, RdE 2014, 14; Ludwigs, REE 2014, 65; Nettesheim, NJW 2014, 1847 (1849); Stumpf, EurUP 2016, 221; Graf von Kielmansegg, WiVerw 2014, 103 (109). 161 Zur ursprünglichen Bedeutung dieser Formulierung vgl. schon oben Fn. 598. 162 Mit Blick auf die hieraus folgende Beeinträchtigung der Rechtsklarheit mit zustimmungswürdiger Kritik Nettesheim, NJW 2014, 1847 (1851). 163 EuGH, Urt. v. 17.7.2008, Essent, Rs. C-206/06, ECLI:EU:C:2008:413, Rn. 70; EuGH, Urt. v. 19.12.2013, Vent De Colère, Rs. C-262/12, ECLI:EU:C:2013:851, Rn. 21; EuG, Urt. v. 11.12.2014, Österreichisches Ökostromgesetz, Rs. T-251/11, ECLI:EU:T:2014:1060, Rn. 56. 164 In diesem Sinne Säcker/Schmitz, NZKart 2014, 202 (204). 165 Beachte aber auch den Hinweis in EuGH, Urt. v. 19.12.2013, Vent De Colère, Rs. C-262/ 12, ECLI:EU:C:2013:851, Rn. 25; zur Bedeutung dieses obiter dictum s. Säcker/Schmitz, NZKart 2014, 202 (206). 166 Vgl. hierzu Nettesheim, NJW 2014, 1847 (1850); zur hiermit verbundenen Ausweitung des Beihilfebegriffs s. auch Stumpf, EurUP 2016, 221 (232).
B. Beihilferecht als Determinante für die Einführung von Ausschreibungen?
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Damit werden die für aus privaten Mitteln finanzierte Umlagesysteme kennzeichnenden Abweichungen vom Normalfall der Vergabe staatlicher Begünstigungen durch die hoheitliche Kontrolle über die Mittel überwunden. Die staatliche Kontrolle ist dabei entlang der gesamten Umlagekette zu untersuchen. Hinsichtlich ihrer Zielrichtung lassen sich die als maßgeblich berücksichtigten Erwägungen den Aspekten der Mittelgewinnung und –verwendung zuordnen. Während über die Abgabenqualifikation zunächst die Staatlichkeit der bei den Verbrauchern erhobenen privaten Mittel begründet wird, betrifft der Blick auf die Mittelverwendung die Frage, ob die erhobenen Gelder nach deren Erhebung unter staatlicher Kontrolle – so die Formulierung des EuGH in Vent De Colère – „bleiben“167. In systematischer Hinsicht soll nochmals klarstellend darauf hingewiesen werden, dass diese gesamte Prüfung des Vorliegens horizontaler Kontrolle entlang der Umlagekette jeweils eingebettet in die Frage nach der Staatlichkeit der Mittel erfolgt. War die Essent-Entscheidung insoweit noch undeutlich, folgt dies zwanglos aus den Urteilen in den Rechtssachen Vent De Colère, Österreichisches Ökostromgesetz und – wie zu zeigen sein wird – dem Urteil des EuG zum EEG 20.12. In diesen Entscheidungen wurde die einleitend anhand der Stardust Marine-Entscheidung vorgestellte Zweigliedrigkeit jeweils eindeutig nachvollzogen. Dabei wurde die Maßnahmenzurechnung jeweils allein mit dem Hinweis auf die gesetzliche Regelung bejaht, eines am Indizienkatalog aus dem Stardust Marine-Urteil ausgerichteten Blicks auf die mittelverwaltende Stelle bedarf es also nicht.168 Relevant wird der Blick auf die mit der Mittelverwaltung betraute Stelle erst im Rahmen der Prüfung der Mittelzurechnung. Dies ist auch überzeugend. Soll die Staatlichkeit der Mittel über den Aspekt hoheitlicher Kontrolle belegt werden, bedarf dies einer dezidierten Untersuchung der staatlichen Gebundenheit der in das Umlageverfahren eingeschalteten Stellen, um zu prüfen, ob die Mittel nach deren Qualifikation als Abgabe auch im weiteren Verlauf im Sinne einer „horizontalen Kontrolle“ staatlich bleiben oder etwa infolge fehlender Gebundenheit einer eingeschalteten Stelle „entstaatlicht“ werden können. Indem hinsichtlich der Maßnahmezurechnung auf den Gesetzgeber abgestellt wird, kann die klar nachvollziehbare zweigliedrige Systematik des Staatlichkeitskriteriums auch für Beihilferegelungen aufrechterhalten werden. Es gilt also folgendes: Auch für die beihilferechtliche Erfassung von umlagefinanzierten Fördersystemen nehmen die Unionsgerichte die einleitend vorgestellte Zweiteilung vor, nach welcher zwischen Staatlichkeit der Mittel und der Zurechenbarkeit der Maßnahme zum Staat zu unterscheiden ist. Kann die Übertragungszurechnung allein und mit wenigen Worten unter Verweis auf die gesetzliche Regelung des Umlagesystems bejaht werden, bedarf die Prüfung der Mittelzurech167 EuGH, Urt. v. 19.12.2013, Vent De Colère, Rs. C-262/12, ECLI:EU:C:2013:851, Rn. 33. 168 EuGH, Urt. v. 19.12.2013, Vent De Colère, Rs. C-262/12, ECLI:EU:C:2013:851, Rn. 17; ausdrücklich EuG, Urt. v. 11.12.2014, Österreichisches Ökostromgesetz, Rs. T-251/11, ECLI:EU:T:2014:1060, Rn. 86.
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§ 5 Der unionsrechtliche Rahmen
nung eines Belegs kontinuierlicher staatlicher Kontrolle von der Finanzierung bis zur Auskehrung der Mittel. (2) Konturierung der Kontrollprüfung Im Rahmen der Subsumtion prüfen die Unionsgerichte das Vorliegen staatlicher Kontrolle anhand einer wertenden Gesamtbetrachtung der Umstände des Einzelfalls.169 Untersuchungsziel ist die Klärung der Frage, ob sich der Staat ursprünglich private Mittel faktisch zu Eigen macht, sodass diese zu staatlichen Mitteln avancieren. Dabei legen die Unionsgerichte erkennbar keinen formellen Maßstab an, sondern prüfen anhand einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise unter Berücksichtigung einer Vielzahl verschiedener Indizien die Intensität der Beteiligung staatlicher Stellen bei Festlegung der begünstigenden Maßnahmen und die hoheitliche Einbindung in den Finanzierungsmechanismus.170 Der beihilferechtliche Erstzugriff auf die privaten Mittel erfolgte über die Abgabenqualifikation. Grundlage hierfür war der erstmals in der Essent-Entscheidung vollzogene Rekurs auf die Rechtsprechung des EuGH zu sog. parafiskalischen Abgaben.171 Diese betrifft Fälle, in denen Begünstigungen aus einem auf gesetzliche Anordnung abgabengespeisten Nebenhaushalt, etwa einem Fonds, finanziert werden. Um Umgehungskonstuktionen zu vermeiden, hat der EuGH bereits früh klargestellt, dass das Beihilfeverbot auch auf so finanzierte Begünstigungen Anwendung finden muss.172 Die in dem Rekurs auf diese Rechtsprechungslinie zu erblickende grundlegende Weichenstellung verleiht der Essent-Entscheidung ihre kaum zu überschätzende Bedeutung, bewirkte doch erst die Anknüpfung an die Abgabenrechtsprechung den nach der PreussenElektra-Entscheidung nicht für denkbar gehaltenen Wandel zur Beihilfequalität mitgliedstaatlicher Systeme zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien.173 Verdeutlicht wird dies bereits durch die Entscheidungen in den Rechtssachen Vent De Colère und Österreichisches Ökostromgesetz, in welchen jeweils der Befund, dass die gewährten Begünstigungen abgabenfinanziert sind, Anknüpfungspunkt für die Qualifizierung der erzielten Einnahmen als staatliche Mittel war. Einordnungsrelevant für die Abgabenqualifikation war neben dem jeweils festgestellten Warenbezug die indizienbasierte Prüfung staatlicher Kontrolle, wobei der 169 In diesem Sinne EuG, Urt. v. 11.12.2014, Österreichisches Ökostromgesetz, Rs. T-251/ 11, ECLI:EU:T:2014:1060, Rn. 58. 170 Zum Prüfungsmaßstab vgl. Ludwigs, REE 2014, 65 (72), der treffend von einem „gleitenden Ansatz“ spricht; ähnlich ders., EurUP 2016, 238 (241): „Je-desto-Formel“; vgl. auch Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht, Bd. 3, Art. 107 Abs. 1 AEUV Rn. 272; s. auch Nettesheim, NJW 2014, 1847 (1850 f.); Stumpf, EurUP 2016, 221 (227). 171 Steffens, Erneuerbare Energien im europäischen Binnenmarkt, S. 285 ff. und 410 ff. 172 Ausführlich zur Entwicklung Steffens, Erneuerbare Energien im europäischen Binnenmarkt, S. 271 ff. 173 Steffens, Erneuerbare Energien im europäischen Binnenmarkt, S. 410 ff.
B. Beihilferecht als Determinante für die Einführung von Ausschreibungen?
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Ursprung der Initiative, die hoheitliche Anordnung und der verfolgte Zweck von hervorzuhebender Bedeutung sind. Wurde anhand des Abgabencharakters die staatliche Kontrolle bei der Mittelgewinnung festgestellt, dient die weitere Prüfung der Feststellung, ob auch die Mittelverwendung unter staatlicher Kontrolle verbleibt. Um eine solche „Kontrollkontinuität“ zu belegen, wird der Blick auf die Rolle der mittelverwaltenden Stelle gerichtet und untersucht, ob es sich bei dieser um eine zur Durchführung der Beihilferegelung errichtete oder damit beauftragte öffentliche oder private Einrichtung handelt.174 Eine beihilfebegründende staatliche Beauftragung ist dann anzunehmen, wenn die Mittelverwendung staatlich vorgegeben ist, die mittelverwaltende Stelle insoweit also kein Ermessen hat und hinsichtlich ihrer Aufgabenwahrnehmung staatlicher Aufsicht unterworfen ist. Werden die Mittel also von einer privatrechtlich organisierten Einheit verwaltet, kommt es entscheidend auf den Grad der Bindung hinsichtlich der Verwendung der Mittel und die diesbezüglich bestehenden staatlichen Überwachungsbefugnisse an.175 Die Bedeutung der Fragen nach dem Ursprung der Initiative, dem verfolgten Zweck und der Bestimmungshoheit über die Mittelverwendung bzw. die diesbezüglich bestehenden Bindungen werden kontrastierend zunächst durch den Blick auf die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Pearle176 veranschaulicht. Zu beurteilen hatte der Gerichtshof hier die Beihilfeeigenschaft der Finanzierung von Werbekampagnen durch einen öffentlich-rechtlichen Berufsverband zugunsten der ihm angehörenden Unternehmen. Die zur Finanzierung eingesetzten Mittel stammten aus einer Zwangsabgabe, die die Mitglieder des Berufsverbands an diesen zu entrichten hatten. In seiner Entscheidung hat der Gerichtshof die Staatlichkeit der Mittel verneint.177 Zur Begründung wies der EuGH darauf hin, dass die Mittel dem Berufsverband nicht zur Verfügung standen, sondern für die Finanzierung der Werbekampagne zweckgebunden waren. Entscheidungserheblich war außerdem der Umstand, dass Organisation und Durchführung der Werbekampagne auf der privaten Initiative einer Vereinigung von dem Berufsverband angehörenden Unternehmen beruhte. Zur weiteren Konturierung des Kriteriums staatlicher Kontrolle hat außerdem die Entscheidung in der Rechtssache Doux Élevage178 beigetragen. Hier verneinte der EuGH die Beihilfequalität einer staatlichen Entscheidung, durch die eine von einer privatrechtlichen Branchenorganisation geschlossene Vereinbarung zur Einführung eines branchennützigen Pflichtbeitrags auf alle Unternehmen der Branche ausgedehnt wird. Nach Feststellung der fehlenden Haushaltswirksamkeit 174 Vgl. nur EuGH, Urt. v. 19.12.2013, Vent De Colère, Rs. C-262/12, ECLI:EU:C:2013:851, Rn. 20. 175 Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht, Bd. 3, Art. 107 Abs. 1 AEUV Rn. 272; deutlich EuGH, Urt. v. 17.7.2008, Essent, Rs. C-206/06, ECLI:EU:C:2008:413, Rn. 69. 176 EuGH, Urt. v. 15.7.2004, Pearle u. a., Rs. C-345/02, ECLI:EU:C:2004:448. 177 EuGH, Urt. v. 15.7.2004, Pearle u. a., Rs. C-345/02, ECLI:EU:C:2004:448, Rn. 35 ff. 178 EuGH, Urt. v. 30.5.2013, Doux Élevage, Rs. C-677/11, ECLI:EU:C:2013:348; vgl. hierzu zuletzt Ouertani, Umlagesysteme im Energierecht, S. 100 ff.
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prüfte der Gerichtshof die Staatlichkeit unter dem Gesichtspunkt staatlicher Kontrolle. Auch insoweit gelangte der EuGH zu einem Negativbefund und verwies zur Begründung auf den Umstand, dass allein die Branchenorganisation über die Verwendung der Mittel entscheide und das Aufkommen aus den Beiträgen allein den von ihr bestimmten Zielen gewidmet sei. Der Staat hingegen nehme keinerlei Einfluss auf die Zuweisung der Gelder. Da der Erhebung der Umlage keine staatliche Initiative zugrunde liege, handelten die eingebundenen staatlichen Stellen lediglich als Instrument der mittelkontrollierenden Branchenorganisation.179 Die skizzierten Entscheidungen veranschaulichen, dass die Grenze der staatlichen Zurechenbarkeit bei abgabenfinanzierten Umlagemechanismen maßgeblich entlang den Fragen nach dem Ursprung der Initiative zur Einrichtung des Finanzierungssystems, dem Grad der hoheitlichen Bindung bei der Mittelerhebung und -verwendung und den diesbezüglich gegebenen staatlichen Aufsichtsbefugnissen verläuft. Ist anhand dieser Kriterien das Vorliegen hoheitlicher Kontrolle zu bejahen, führt dies zur staatlichen Einfärbung ursprünglich privater Mittel. Die Rechtsnatur der mittelverwaltenden Stelle ist in diesem Fall unerheblich. Weisen diese Kriterien hingegen auf eine private Mittelkontrolle hin, belegen die Urteile in den Rechtssachen Pearle und Doux Élevage, dass umgekehrt die öffentlich-rechtliche Verfasstheit der mittelverwaltenden Stelle allein noch nicht die Staatlichkeit der Mittel begründet.180 (3) Schlussfolgerungen für die Einordnung der PreussenElektra-Entscheidung Insbesondere mit Blick auf die sogleich zu leistende Beurteilung der Regelungen des EEG bleibt angesichts der skizzierten Maßgaben die Frage nach der Bedeutung der PreussenElektra-Entscheidung zu beantworten. Es wurde gezeigt, dass die Abgrenzung zum Sachverhalt nach Maßgabe des StromEinspG jeweils Bestandteil der in den Blick genommenen Entscheidungsbegründungen war. Daraus folgt zweierlei: Zwar wurde das Urteil ersichtlich nicht revidiert. Allerdings belegt die erläuterte Entscheidungspraxis, dass der Anwendungsbereich des Judikats entgegen früherer Deutungen nur sehr eingeschränkt ist. Das Urteil kann nunmehr lediglich in dem Sinne zu verstehen sein, dass durch die bloße Implementierung einer gesetzlichen Verpflichtung privater Unternehmen zur Abnahme von Strom aus erneuerbaren Energiequellen zu festgelegten Mindestpreisen noch keine staatliche Kontrolle über die Finanzmittel im Sinne der Stardust-Entscheidung begründet wird, sodass die hierbei aufgewendeten Gelder nicht zu staatlichen Mitteln im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV avancieren.181 Eine darüberhinausgehende Aussage – etwa in dem 179
EuGH, Urt. v. 30.5.2013, Doux Élevage, Rs. C-677/11, ECLI:EU:C:2013:348, Rn. 40. Vgl. Nettesheim, NJW 2014, 1847 (1850); vgl. auch Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht, Bd. 3, Art. 107 Abs. 1 AEUV Rn. 272, die den öffentlich-rechtlichen Charakter der mittelverwaltenden Stelle zutreffend lediglich als berücksichtigungsfähiges Indiz behandeln. 181 Bloch, RdE 2014, 14 (17); Graf von Kielmansegg, WiVerw 2014, 103 (107); Säcker/ Schmitz, NZKart 2014, 202 (203); ähnlich Lippert/Kindler, EnWZ 2017, 256 (257). 180
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Sinne, dass staatlich gelenkte Mittelflüsse zwischen Privaten dem Beihilferegime grundsätzlich entzogen wären182 – wollen die Unionsgerichte dem Judikat hingegen erkennbar nicht entnehmen.183 cc) Zwischenfazit Im Rahmen eines Zwischenfazits kann hinsichtlich des Prüfungsmaßstabs konstatiert werden, dass mit Blick auf die jeweils anhand einer wertenden Gesamtbetrachtung des Einzelfalls zu beurteilende staatliche Kontrolle sowohl die fehlende Haushaltswirksamkeit der Maßnahmen als auch die private Trägerschaft der mittelverwaltenden Stelle überwunden werden kann. Auf Finanzierungsseite kulminiert die Feststellung staatlicher Kontrolle in der Abgabenqualifikation. Anhand des weiteren Prüfungsverlaufs ist sodann zu belegen, dass die so gewonnenen Mittel auch hinsichtlich der Mittelverwendung unter staatlicher Kontrolle verbleiben. Der Nachweis einer solchen horizontalen Kontrolle schließt notwendigerweise den Blick auf die zwischengeschalteten Stellen ein. Soweit diese durch die die Maßnahmezurechnung begründenden gesetzlichen Vorgaben in der Weise umfassend gebunden werden, dass sie bei Verwaltung der Mittel faktisch als Instrument zur Verwirklichung einer staatlich induzierten Politik angesehen werden können, führt dies zur Annahme einer staatlichen Beauftragung. Im Ergebnis ist von der Staatlichkeit ursprünglich privater Mittel somit jedenfalls dann auszugehen, wenn diese als Abgabe zu einem im öffentlichen Interesse liegenden Zweck erhoben und über eine zwischengeschaltete öffentliche oder private Einrichtung nach hoheitlicher Vorgabe und unter staatlicher Überwachung verwaltet und verteilt werden.184 c) Das Beihilfeverfahren zum EEG 2012 Die skizzierten Entscheidungen markieren das Spannungsfeld, in dem über die Staatlichkeit der Finanzierung mitgliedstaatlicher Maßnahmen zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien zu befinden ist. Damit bilden sie auch 182 So etwa Koenig/Kühling, NVwZ 2001, 768 (769 f.); tatsächlich war diese Lesart nicht zwingend, da der EuGH seinen Befund, dass die Verpflichtung privater Elektrizitätsversorgungsunternehmen zur Abnahme und Vergütung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen zu festgelegten Mindestpreisen nicht zu einer Übertragung staatlicher Mittel führt, auf den „vorliegenden Fall“ beschränkt hat, vgl. EuGH, Urt. v. 13.3.2001, PreussenElektra, Rs. C-379/ 98, ECLI:EU:C:2001:160, Rn. 59. 183 Säcker/Schmitz, NZKart 2014, 202 (203); vgl. auch Pérez Rodríguez, EStAL 15 (2016), 207 (207), der vor diesem Hintergrund auf den Ausnahmecharakter der PreussenElektraEntscheidung hinweist: „Time has shown, that in assessing whether a measure aimed at promoting certain electricity generation does constitute state aid or not, PreussenElektra was rather the exception because of the specifities oft the German support scheme at the time, rather than the general rule.“; in diesem Sinne auch Graf von Kielmansegg, WiVerw 2014, 103 (105). 184 Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht, Bd. 3, Art. 107 Abs. 1 AEUV Rn. 282.
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die maßgebliche Subsumtionsgrundlage für die beihilferechtliche Beurteilung der Fördermaßnahmen auf Grundlage des EEG. Im Folgenden soll nun ein dezidierter Blick auf das bereits mehrfach angesprochene Verfahren zum Fördermechanismus nach Maßgabe des EEG 2012 gerichtet werden. Das Erkenntnisinteresse für die Bearbeitung liegt auf der Hand: Zum einen trägt die Einordnung der Regelungen des EEG 2012 aufgrund der Sachverhaltsunterschiede zu den Referenzentscheidungen zur weiteren Konturierung des Staatlichkeitskriteriums als dem zentralen Gradmesser für die beihilferechtliche Beurteilung umlagefinanzierter Fördermaßnahmen bei. Des Weiteren ergeben sich aus dem Verfahren zum EEG 2012 – wie zu zeigen sein wird – erhebliche Implikationen für die Einordnung der Regelungen des EEG 2017. Seinen Anfang nahm das Verfahren mit Schreiben der Europäischen Kommission vom 18.12.2013, mit welchem die Behörde die Bundesrepublik Deutschland von ihrem Entschluss in Kenntnis gesetzt hatte, ein förmliches Prüfverfahren wegen der Maßnahmen zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und der durch die Besondere Ausgleichsregelung vermittelten Entlastungen energieintensiver Unternehmen nach Maßgabe des EEG 2012 zu eröffnen.185 Im Zentrum der hierdurch ausgelösten Kontroverse stand von Anfang an die Rechtsauffassung der Kommission, dass es sich bei den Einnahmen aus der EEG-Umlage um staatliche Mittel handelt. Aus dieser Einordnung schlussfolgerte die Wettbewerbsbehörde, dass es sich sowohl bei den Fördermaßnahmen in Gestalt von Einspeisevergütung und Marktprämie als auch – unter dem Gesichtspunkt des Verzichts auf staatliche Mittel – bei den durch die BesAR vermittelten Entlastungen zugunsten energieintensiver Unternehmen um aus staatlichen Mitteln finanzierte Beihilfen handelt.186 Anders als für die erzeugungsbezogenen Vorteile verneinte die Kommission für die BesAR die Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt nach Maßgabe von Art. 107 Abs. 3 lit. c) AEUV.187 Gegen den diese Auffassung zur Beihilfeeigenschaft bestätigenden verfahrensabschließenden Beschluss vom 25.11.2014188 legte die Bundesrepublik Deutschland Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV ein189, die vom Gericht mit 185
Europäische Kommission, SA.33995 (2013/C) (ex 2013/NN), ABl. EU 2014, Nr. C 37/ 73 (nachfolgend „Einleitungsbeschluss EEG 2012“); vorausgegangen war eine im Dezember 2011 vom deutschen Bund der Energieverbraucher erhobene Beschwerde, mit welcher geltend gemacht wurde, dass es sich insbesondere bei der Begrenzung der EEG-Umlage für energieintensive Unternehmen um eine rechtswidrige und mit dem Binnenmarkt nicht vereinbare staatliche Beihilfe handele. 186 Europäische Kommission, Einleitungsbeschluss EEG 2012, Rn. 143. 187 Europäische Kommission, Einleitungsbeschluss EEG 2012, Rn. 151 ff.; Grundlage der Beurteilung waren die seinerzeit geltenden Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Umweltschutzbeihilfen, (2008/C 82/01), ABl. EU 2008, Nr. C 82/1. 188 Europäische Kommission, Beschluss (EU) 2015/1585, ABl.EU 2015, Nr. L 250/122. 189 Ursprünglich hatte die Bundesrepublik Deutschland mit Klageschrift, die am 28. Februar bei der Kanzlei des EuG eingegangen war, Nichtigkeitsklage gegen den Eröffnungsbeschluss der Kommission erhoben. Dieses Verfahren wurde durch den Beschluss der Kommission vom 25. November 2014 überholt, weshalb die Bundesrepublik Deutschland die Klage
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Urteil vom 10.05.2016 vollumfänglich abgewiesen wurde.190 Das gegen die Entscheidung des EuG eingelegte Rechtsmittel war erfolgreich: Mit aufsehenerregendem Urteil vom 28.03.2019 hat der EuGH die Entscheidung des Gerichts aufgehoben und den verfahrensabschließenden Beschluss der Kommission für nichtig erklärt. Grundlegend für das damit nunmehr rechtskräftig abgeschlossene Verfahren191 ist die Konnexität zwischen der Frage der Staatlichkeit der EEG-Umlage und der – im Zentrum der vorliegenden Bearbeitung stehenden – Beihilfeeigenschaft der hiermit finanzierten förderbezogenen Vorteile. Die ebenfalls in Abhängigkeit von der Staatlichkeit der EEG-Umlage – unter dem Gesichtspunkt der Befreiung von einer Belastung – zu beurteilende Frage nach der Beihilfequalität der durch die BesAR nach dem EEG 2012 gewährten Privilegierungen zugunsten stromintensiver Unternehmen ist auch im Folgenden nicht Gegenstand der Untersuchung. Das Verfahren soll nachfolgend in der Weise aufgearbeitet werden, dass zunächst ein Blick auf die Rechtsauffassung der Kommission gerichtet wird (aa)), bevor anschließend zunächst das – die Beurteilung der Brüsseler Wettbewerbsbehörde umfassend bestätigende – Urteil des Gerichts vom 10.05.2016 vorgestellt wird (bb)). Auf dieser Grundlage erfolgt unter Berücksichtigung des oben herausgearbeiteten Beurteilungsmaßstabs eine Würdigung der Entscheidung hinsichtlich der im Zentrum stehenden Frage um die Staatlichkeit der zur Finanzierung eingesetzten EEGUmlage (cc)). Eine Analyse des verfahrensabschließenden Urteils des EuGH vom 28.03.2019 (dd)) und eine zusammenfassende Einordnung (ee)) runden diesen Teil der Bearbeitung ab. aa) Die Auffassung der Kommission Blickt man auf die tragenden Erwägungen der Kommission, fällt zunächst auf, dass die Wettbewerbsbehörde in konsequenter und zustimmungswürdiger Umsetzung der dargelegten Systematik allein die Frage nach dem Einsatz staatlicher Mittel problematisiert.192 Hinsichtlich der Subsumtionsgrundlage führte die Kommission zunächst unter Rekurs auf die Stardust-Marine-Entscheidung grundlegend aus, dass es nicht der Übertragung unmittelbar staatlicher Mittel bedürfe, die Staatlichkeit im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV vielmehr auch durch die staatliche Kontrolle über die Finanzmittel begründet werden könne. Auf dieser Grundlage nahm die Wettbewerbsbehörde einen Brückenschlag zur Essent-Entscheidung vor und verwies auf gegen den Eröffnungsbeschluss mit Schreiben vom 28. April 2015 zurücknahm. Mit Beschluss vom 8. Juni 2015 erfolgte daraufhin die Streichung der Rechtssache. 190 Die Zuständigkeit des Gerichts erster Instanz folgt aus Art. 256 Abs. 1 S. 1 AEUV. 191 Mit der Zurückweisung eines Rechtsmittels durch den EuGH wird die angefochtene Entscheidung rechtskräftig, vgl. Pechstein, EU-Prozessrecht, S. 130 m. w. N. 192 Im Einklang mit der eingangs erläuterten Dogmatik des EuGH hatte die Kommission die Maßnahmenzurechnung allein mit dem Hinweis auf die normative Fundierung der auf dem Prüfstand stehenden Maßnahmen bejaht, vgl. Europäische Kommission, Einleitungsbeschluss EEG 2012, Rn. 80.
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die Feststellungen des EuGH zur Abgabeneigenschaft des im betreffenden Sachverhalt erhobenen Tarifaufschlags und die gesetzlichen Bindungen der SEP als der mit der Mittelverwaltung beauftragten Stelle.193 In Anwendung dieser Vorgaben auf die Regelungen des EEG 2012 gelangte die Kommission zu dem Ergebnis, dass bei der Finanzierung von Einspeisevergütung und Marktprämie sowie bei der Begrenzung der EEG-Umlage durch die BesAR staatliche Mittel zum Einsatz kommen.194 Tragend für diesen Befund war der Hinweis auf die im Vergleich zum von der Kommission noch genehmigten EEG 2000195 veränderte Gestaltung des Finanzierungssystems.196 Konkretisierend verwies die Wettbewerbsbehörde zum einen auf den Umstand, dass im Zuge der Umgestaltung des Belastungsausgleichs mit der EEG-Umlage eine spezielle Umlage eingeführt wurde, die einem gesetzlich definierten Zweck, namentlich der Finanzierung der förderbedingten Mehrkosten, diene.197 Im Anschluss richtete die Kommission den Blick auf die Rolle der ÜNB. Mit dem Hinweis auf die diesen durch das EEG bzw. die entsprechenden Durchführungsverordnungen zugewiesenen zentralen Verantwortlichkeiten im Zusammenhang mit dem Finanzierungsmechanismus198 nahm die Kommission das Vorliegen einer staatlichen Beauftragung an.199 Tragend war zuletzt der Hinweis, dass die ÜNB hinsichtlich der Aufgabenwahrnehmung von der staatlichen BNetzA überwacht werden.200 In Zusammenschau dieser Aspekte – der Einführung einer nach gesetzlichen Vorgaben zu berechnenden und erhebenden Umlage, der strikten Einbindung der ÜNB als beauftragte Stelle und der Überwachung der Aufgabenerfüllung durch die BNetzA – gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass der gesamte Fördermechanismus staatlich dirigiert werde, weshalb im Ergebnis kein Raum für die von der Bundesrepublik Deutschland vertretene Auffassung bleibe, dass mangels staatlicher Kontrolle über die zum Einsatz kommenden Gelder von einer privaten Finanzierung der Förderung auszugehen sei. Diese Auffassung hat die Kommission in ihrem verfahrensabschließenden Beschluss vom 25.11.2014 bestätigt. Auch unter Berücksichtigung der eingegangenen Stellungnahmen hielt die Wettbewerbsbehörde an 193
Europäische Kommission, Einleitungsbeschluss EEG 2012, Rn. 87 ff. Europäische Kommission, Einleitungsbeschluss EEG 2012, Rn. 94 ff., Rn. 147. 195 Europäische Kommission, Staatliche Beihilfe NN 27/2000, C (2002)1887 fin., ABl. C 164 v. 10.7.2002. 196 Da die Bundesrepublik Deutschland das EEG 2012 unter Verstoß gegen Art. 108 Abs. 3 AEUV nicht notifiziert hatte, ging die Kommission hinsichtlich der als wesentliche eingestuften Änderungen konsequenterweise vom Vorliegen einer „rechtswidrigen neue Beihilfen“ im Sinne der auf Art. 109 AEUV gestützten Verfahrensverordnung VO (EU) 2015/1589 aus, vgl. Europäische Kommission, Beschluss (EU) 2015/1585, ABl.EU 2015, Nr. L 250 S. 122. 197 Europäische Kommission, Einleitungsbeschluss EEG 2012, Rn. 96 ff. 198 Zur Gestaltung des Belastungsausgleichs und den Aufgaben der ÜNB auf Grundlage des EEG 2012 vgl. oben § 2 A. III. 2. 199 Europäische Kommission, Einleitungsbeschluss EEG 2012, Rn. 103 ff. 200 Europäische Kommission, Einleitungsbeschluss EEG 2012, Rn. 109 ff. 194
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dem Befund fest, dass das EEG 2012 sowohl für die Erzeuger von EE-Strom als auch für die von der BesAR begünstigten Unternehmen eine staatliche Beihilfe beinhaltet.201 bb) Das Urteil des EuG vom 10. 5. 2016 Mit Urteil vom 10.05.2016 hat das Gericht die gegen den verfahrensabschließenden Beschluss der Kommission gerichtete202 Nichtigkeitsklage der Bundesrepublik Deutschland abgewiesen.203 Die Klägerin hatte unter anderem geltend gemacht, dass im Rahmen des EEG-Fördersystems keine staatlichen Mittel zum Einsatz kämen.204 Tragend war neben dem Rekurs auf die PreussenElektra-Entscheidung zum einen der Hinweis, dass der Finanzierungsmechanismus in keiner Verbindung zum Staatshaushalt oder zum Haushalt einer öffentlichen Einrichtung stehe. Zum anderen sei keine staatliche Überwachung der Verwendung der Mittel aus der EEG-Umlage vorgesehen. Maßgeblich für diese Einschätzung sei der Befund, dass die in den Umlagemechanismus eingebundenen staatlichen Stellen – angesprochen ist damit wohl insbesondere die BNetzA – kraft der ihnen zugewiesenen Kompetenzen weder Einfluss auf Zahlungen oder Mittelflüsse noch Verfügungsgewalt über die innerhalb des Systems eingesetzten Mittel hätten.205 In seiner Entscheidung gelangte das Gericht zu der Feststellung, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss zutreffend davon ausgegangen sei, dass im Rahmen des EEG 2012 staatliche Mittel zum Einsatz kommen.206 Im Rahmen seiner Würdigung wählte das EuG eine ähnliche Vorgehensweise wie in der Entscheidung
201 Europäische Kommission, Beschluss (EU) 2015/1585, ABl.EU 2015, Nr. L 250/122 Rn. 140. 202 Ursprünglich hatte die Bundesrepublik Deutschland mit Klageschrift, die am 28. Februar bei der Kanzlei des EuG eingegangen war, Nichtigkeitsklage gegen den Eröffnungsbeschluss der Kommission erhoben. Dieses Verfahren wurde durch den Beschluss der Kommission vom 25. November 2014 überholt, weshalb die Bundesrepublik Deutschland die Klage gegen den Eröffnungsbeschluss mit Schreiben vom 28. April 2015 zurücknahm. Daraufhin ordnete der Präsident der Dritten Kammer des Gerichts erster Instanz mit Beschluss vom 8. Juni 2015 die Streichung der Rechtssache an, vgl. EuG, Urt. v. 10.5.2016, Deutschland/Kommission, Rs. T-47/15, ECLI:EU:T:2016:281, Rn. 14 f. 203 EuG, Urt. v. 10.5.2016, Deutschland/Kommission, Rs. T-47/15, ECLI:EU:T:2016:281. 204 Daneben machte die Bundesrepublik Deutschland als weitere Klagegründe das Vorliegen eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers bei der Bewertung des Sachverhalts sowie das Fehlen eines Vorteils durch die Besondere Ausgleichsregelung geltend, vgl. EuG, Urt. v. 10.5.2016, Deutschland/Kommission, Rs. T-47/15, ECLI:EU:T:2016:281, Rn. 23 ff. und Rn. 43 ff. 205 EuG, Urt. v. 10.5.2016, Deutschland/Kommission, Rs. T-47/15, ECLI:EU:T:2016:281, Rn. 71 ff. 206 EuG, Urt. v. 10.5.2016, Deutschland/Kommission, Rs. T-47/15, ECLI:EU:T:2016:281, Rn. 127.
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zum Österreichischen Ökostromgesetz207 und begründete seinen Befund im Wesentlichen mit dem Hinweis auf drei Argumentationslinien. Nach der einleitenden Feststellung, dass die EEG-Umlage das Ergebnis der Umsetzung einer staatlichen Politik zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien sei208, führte das EuG erstens209 aus, dass die ÜNB durch das EEG 2012 mit der Verwaltung des Systems zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien betraut werden. Mit Blick auf die die ÜNB bindenden Vorschriften seien diese einer mit einer staatlichen Konzession ausgestatteten Einrichtung vergleichbar, sodass davon auszugehen sei, dass die mit der EEG-Umlage erwirtschafteten und von den ÜNB verwalteten Gelder unter dem beherrschenden Einfluss der öffentlichen Hand bleiben. Unter Rekurs auf die Entscheidung in der Rechtssache Essent begründete das EuG die Staatlichkeit der Finanzmittel zum Zweiten mit der Einschätzung, dass es sich bei der EEG-Umlage um eine Belastung handele, die hinsichtlich ihrer Wirkungen einer Abgabe gleichzustellen sei. Zurückzuführen sei dieser Befund auf die hoheitliche Initiative des Finanzierungssystems, die faktische Belastung der Letztverbraucher und den im öffentlichen Interesse liegenden Finanzierungszweck.210 Drittens sei es schließlich mit Blick auf die festgestellte hoheitliche Beauftragung und die zur Überprüfung der Einhaltung des vorgegebenen Rahmens auf mehreren Stufen des Systems vorgesehenen Überwachungsbefugnisse der BNetzA unerheblich, dass es sich bei den ÜNB um Aktiengesellschaften des Privatrechts handelt. Denn die Tätigkeit der ÜNB im Rahmen der sich aus dem EEG ergebenden Ausgaben entspreche nicht derjenigen einer wirtschaftlichen Einheit, die zum Zwecke der Gewinnerzielung frei auf dem Markt tätig ist.211 cc) Würdigung – Überdehnung des Beihilfebegriffs durch Kommission und EuG? Die somit vom Gericht umfassend bestätigte Auffassung der Kommission, dass im Rahmen der Förderung auf Grundlage des EEG 2012 und entsprechend bei den Befreiungen durch die BesAR staatliche Mittel zum Einsatz kommen, hatte in der Literatur eine außergewöhnlich vielstimmig geführte Diskussion ausgelöst.212 So ist 207 EuG, Urt. v. 11.12.2014, Österreichisches Ökostromgesetz, Rs. T-251/11, ECLI:EU:T:2014:1060, Rn. 67 ff. 208 EuG, Urt. v. 10.5.2016, Deutschland/Kommission, Rs. T-47/15, ECLI:EU:T:2016:281, Rn. 92. 209 EuG, Urt. v. 10.5.2016, Deutschland/Kommission, Rs. T-47/15, ECLI:EU:T:2016:281, Rn. 93 f. 210 EuG, Urt. v. 10.5.2016, Deutschland/Kommission, Rs. T-47/15, ECLI:EU:T:2016:281, Rn. 95 ff. 211 EuG, Urt. v. 10.5.2016, Deutschland/Kommission, Rs. T-47/15, ECLI:EU:T:2016:281, Rn. 105 ff. 212 Behlau, in: Müller (Hrsg.), 20 Jahre Recht der Erneuerbaren Energien, S. 336 (341 ff.); Burgi/Wolff, EuZW 2014, 647; Germelmann, EWS 2013, 161 (165 f.); Münchmeyer/Kahles/ Pause, Würzburger Berichte zum Umweltenergierecht Nr. 5; Müller, ZNER 2014, 21; Reuter,
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es wenig überraschend, dass auch das Meinungsbild zur Entscheidung des EuG kontrovers ausfiel.213 Nachfolgend soll der die Auffassung der Kommission bestätigende Befund des EuG, dass die Fördermaßnahmen214 auf Grundlage des EEG 2012 aus staatlichen Mitteln finanziert werden, einer eigenen Beurteilung unterzogen werden. Die Erarbeitung dient dabei als Grundlage für die Bewertung des verfahrensabschließenden Urteils des EuGH vom 28.03.2019. (1) Kein zwingendes Präjudiz durch die skizzierten Referenzentscheidungen Im Ausgangspunkt ist festzuhalten, dass angesichts der jeweils gegebenen Sachverhaltsunterschiede keine der skizzierten Leitentscheidungen in der Weise übertragbar ist, dass sich die Beihilferelevanz der Fördermaßnahmen auf Grundlage des EEG 2012 alleine mit einem vergleichenden Verweis begründen oder ablehnen ließe. Die von den Unionsgerichten in den Blick genommenen Mechanismen enthalten jeweils unterschiedliche Elemente, die den Eindruck staatlicher Ingerenz graduell verstärken oder abschwächen.215 Offensichtlich sind die Unterschiede zum PreussenElektra-Sachverhalt, gab es doch auf Grundlage des StrEG gerade noch kein dem heutigen EEG vergleichbares Umlagesystem. Erst die mit der Einführung der EEG-Umlage verbundene Neugestaltung des Finanzierungsmechanismus einschließlich der Abschaffung der physikalischen Wälzung hat das EEG wieder in den Blick der Kommission geraten lassen. Seither ist Regelungsgegenstand des EEG nicht länger lediglich eine Verpflichtung privater Elektrizitätsversorgungsunternehmen zur Abnahme von Strom aus erneuerbaren Energiequellen zu festgelegten Mindestpreisen – die von den Unionsgerichten in den Entscheidungen Essent, Vent de Colère und Österreichisches
RdE 2015, 160; zustimmend dagegen Bloch, RdE 2014, 14 (16 ff.); Graf von Kielmansegg, WiVerw 2014, 103; Ismer/Karch, ZUR 2013, 526, die allerdings das Vorliegen einer Beihilfe mit Blick auf die an späterer Stelle zu erläuternden sog. „Altmark-Kriterien“ verneinen; Ludwigs, REE 2014, 65; Bungenberg/Motzkus, in: Graf von Kielmannsegg (Hrsg.), Die EEGReform – Bilanz, Konzeptionen, Perspektiven, S. 81 (107 ff.); Säcker/Schmitz, NZKart 2014, 202 (206); monografisch Klein, Rechtliche Rahmenbedingungen für den Ausbau von Wettbewerbselementen bei der Förderung Erneuerbarer Energien, S. 70 ff. 213 Zustimmend Ludwigs, EurUP 2016, 238; Michl, EurUP 2016, 259; Stumpf, EurUP 2016, 221; kritisch dagegen Kröger, ZUR 2016, 417; Overkamp, EurUP 2016, 263; Schmidt-Preuß, EurUP 2016, 251; Stöbener de Mora, EuZW 2016, 539. 214 Die Einordnung der EEG-Umlage ist eine entscheidende Determinante für die beihilferechtliche Bewertung sowohl der aus dem Umlage-Aufkommen finanzierten förderbezogenen Vorteile als auch – unter dem Gesichtspunkt der Befreiung von einer Belastung – der durch die BesAR bewirkten Privilegierungen energieintensiver Unternehmen. Mit Blick auf den die Förderung der EE-Erzeugung betreffenden Untersuchungsgegenstand erfolgt keine gesonderte Untersuchung der BesAR. 215 Vgl. hierzu Ludwigs, REE 2014, 65 (72 ff.).
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Ökostromgesetz jeweils vorgenommene Abgrenzung muss damit auch für das EEG 2012 Geltung beanspruchen.216 Aber auch die den Entscheidungen, die von Kommission und EuG für die Begründung der Beihilfeeigenschaft in Bezug genommen wurden, zugrunde liegenden Sachverhalte unterscheiden sich hinsichtlich einzelner Gestaltungselemente vom Finanzierungssystem nach dem EEG. Ein markanter Unterschied zum EssentSachverhalt besteht darin, dass die Verbraucher hier nicht lediglich faktisch belastet werden, sondern die Zahlungsverpflichtung der Verbraucher hier vielmehr gesetzlich angeordnet wurde. Ein tatsächlicher Unterschied ist außerdem darin zu sehen, dass die Einrichtung der mittelverwaltende SEP gesetzlich geregelt wurde.217 Der Vent de Colère-Sachverhalt zeichnet sich trotz der grundsätzlichen Vergleichbarkeit der Ausgleichssysteme durch eine punktuell erhöhte staatliche Ingerenz aus. Hervorzuheben ist zum einen, dass es sich bei der mit der Mittelverwaltung beauftragten Caisse des dépôts et consignation um eine juristische Person des öffentlichen Rechts handelte. Im Übrigen sieht das EEG anders als das französische Finanzierungssystem keine Einstandspflicht des französichen Staates vor.218 Weisen die Fördersysteme also unstreitig unterschiedliche Gestaltungselemente auf, ist indes anzumerken, dass es schon nicht zielführend ist, sich bei der Beurteilung einer Förderregelung allein an den Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen den verschiedenen Sachverhalten abzuarbeiten. Vielmehr sind der Rechtsprechung der Unionsgerichte die die Subsumtionsgrundlage prägenden übergeordneten Aussagen zu entnehmen.219 In diesem Sinne ist nochmals auf den herausgearbeiteten Beurteilungsmaßstab hinzuweisen: Deutlich wurde im Rahmen der Rechtsprechungsanalyse, dass weder die fehlende Haushaltswirksamkeit der Finanzierungsmittel noch die privatrechtliche Trägerschaft der ÜNB als mittelverwaltende Stelle der Annahme staatlicher Mittel im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV im Weg steht. Maßgeblich ist vielmehr die Beurteilung der Frage, ob im Rahmen einer wertenden Gesamtbetrachtung die Annahme gerechtfertigt ist, dass die EEG-Umlage unter staatlicher Kontrolle steht. (2) Staatliche Kontrolle über die Finanzmittel im Rahmen des EEG? Lässt der Vergleich mit den Sachverhalten der Referenzentscheidungen insoweit also keine zwingende Einordung zu, soll nunmehr eine am herausgearbeiteten Prüfungsmaßstab ausgerichtete Auseinandersetzung mit der Frage erfolgen, in216 Ludwigs, REE 2014, 65 (72) m. w. N.; s. auch Ouertani, Umlagesysteme im Energierecht, S. 178 f.; a. A. Kröger, Die Förderung erneuerbarer Energien im Europäischen Elektrizitätsbinnenmarkt, S. 221. 217 Vgl. hierzu Schmidt-Preuß, EurUP 2016, 251 (252 f.), der hierin einen ergebniswirksamen Unterschied zum EEG sieht. 218 Eine die Einstandspflicht des französischen Staates begründende Unterdeckung ist im EEG bereits durch die Maßgaben zur Berechnung ausgeschlossen. 219 So auch der treffende Hinweis von Stumpf, EurUP 2016, 221 (230).
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wieweit die Annahme einer staatlichen Zurechenbarkeit der EEG-Umlage gerechtfertigt erscheint. (a) Staatlich kontrollierte Mittelerhebung Im Ausgangspunkt ist zu konstatieren, dass der Einrichtung des Umlagesystems zur Finanzierung der durch die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien bedingten Mehrkosten erkennbar keine private Initiative der EVU oder der faktisch belasteten Stromverbraucher zugrunde liegt. Vielmehr werden auf staatliche Initiative zur Verfolgung eines im öffentlichen Interesse liegenden Ziels – dem Ausbau der Kapazitäten zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien – Mittel von den Stromverbrauchern auf die begünstigten Anlagenbetreiber umverteilt. Wie schon in der Entscheidung zum Österreichischen Ökostromgesetz220 kanalisiert das EuG diese – die Zurechenbarkeit der Mittelerhebung zum Staat betreffende – Prüfung im Rahmen der Untersuchung der Abgabeneigenschaft. Unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Belastung mit der EEG-Umlage an das objektive Kriterium der gelieferten Strommenge anknüpft, überzeugt der Befund des EuG, dass die mit der EEG-Umlage erwirtschafteten Beträge als Gelder unter Einsatz staatlicher Mittel zu qualifizieren sind, die einer Abgabe gleichgestellt werden können. Nicht überzeugend ist es hingegen, den Abgabencharakter der EEG-Umlage unter dem Hinweis auf den Umstand abzulehnen, dass diese der Höhe nach nicht gesetzlich vorgegeben, sondern von den ÜNB in Abhängigkeit vom Umfang der Förderzahlungen berechnet wird.221 Zwar besteht insoweit ein Unterschied zum EssentSachverhalt. Es ist aber nicht ersichtlich, warum dieser ergebniswirksam sein sollte. Unter dem Gesichtspunkt staatlicher Kontrolle ist insoweit entscheidend darauf hinzuweisen, dass die ÜNB bei der Berechnung der EEG-Umlage an die Maßgaben des EEG und der Ausführungsverordnungen gebunden sind und diesbezüglich über keinerlei Ermessen verfügen.222 Unter Vorgriff auf die sogleich zu leistende Würdigung der verfahrensabschließenden Entscheidung des EuGH ist bereits an dieser Stelle anzumerken, dass es im Übrigen mit einem wirkungsbezogenen Verständnis nicht vereinbar ist, der Abgabenähnlichkeit der EEG-Umlage mit dem Argument entgegenzutreten, dass das EEG 2012 den EVU keine Pflicht zur Weitergabe der Belastungen an die Endverbraucher auferlegt. Insoweit hat das EuG zutreffend darauf hingewiesen, dass die Umlage der Belastungen aus der Verpflichtung zur Zahlung der EEG-Umlage der faktische Regelfall ist.223 Die Verbraucherbelastung wird auch vom Gesetzgeber 220 EuG, Urt. v. 11.12.2014, Österreichisches Ökostromgesetz, Rs. T-251/11, ECLI:EU:T:2014:1060, Rn. 68. 221 Kröger, Die Förderung erneuerbarer Energien im Europäischen Elektrizitätsbinnenmarkt, S. 219 ff. 222 Ludwigs, REE 2014, 65 (73). 223 EuG, Urt. v. 10.5.2016, Deutschland/Kommission, Rs. T-47/15, ECLI:EU:T:2016:281, Rn. 95.
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vorausgesetzt, wie zuvörderst die differenzierten gesetzlichen Maßgaben zur Entlastung stromintensiver Unternehmen in Gestalt der BesAR belegen.224 Soweit es sich damit bei der Weitergabe der Belastungen um den tatsächlichen Regelfall handelt, vermag der Hinweis auf die insoweit fehlende Verpflichtung der EVU bei normativer Betrachtung nicht in dem Sinne durchzugreifen, dass die Annahme einer staatlich kontrollierten Abgabenerhebung unter diesem Gesichtspunkt zu verneinen wäre.225 Indem das EuG diesem Einwand richtigerweise keine tragende Bedeutung beigemessen hat, bestätigte das Gericht im Übrigen seine Entscheidung zum Österreichischen Ökostromgesetz, bestand doch nach dem auf dem Prüfstand stehenden Sachverhalt ebenfalls keine Verpflichtung zur Weitergabe der Belastungen an die Endverbraucher.226 (b) Die ÜNB als Instrument staatlicher Politik? Da es sich bei den mittelverwaltenden und -verteilenden ÜNB um private Einrichtungen handelt, kommt es nach den erläuterten Maßgaben – erinnert sei an die Entscheidungen des EuGH in den Rechtssachen Pearle und Doux Élevage – insbesondere auf den durch die staatlichen Vorgaben vermittelten Grad der Gebundenheit hinsichtlich der Mittelverwendung an.227 Damit ist der Blick zentral auf die Rolle der ÜNB zu richten und zu prüfen, ob diese trotz ihrer privatrechtlichen Trägerschaft unter dem Gesichtspunkt hoheitlicher Kontrolle als Instrument einer staatlichen Politik zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien anzusehen sind. Die ÜNB tragen – dies dürfte unstreitig sein – zentrale Verantwortung für das Funktionieren des Gesamtsystems zur Finanzierung und Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. Die von der Kommission zutreffend zusammengetragenen und vom EuG aufgegriffenen Zuständigkeiten betreffen dabei den gesamten Fördermechanismus. Die Aufgabenwahrnehmung durch die ÜNB wird dabei durch die Vorschriften des EEG und die Durchführungsverordnungen detailliert vorstrukturiert. Dies betrifft die Pflicht zur Abnahme und Vergütung zu Einspeisetarifen228 bzw. zur Zahlung der Marktprämie229, den horizontalen Ausgleich unter den ÜNB230 und die Vermarktung des mittels Einspeisetarifen vergüteten
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Ludwigs, REE 2014, 65 (73); vgl. im Übrigen die Vorgaben zur Ausweisung der EEGUmlage in § 53 EEG 2012. 225 Überzeugend Ludwigs, REE 2014, 65 (73); Nettesheim, NJW 2014, 1847 (1851). 226 EuG, Urt. v. 11.12.2014, Österreichisches Ökostromgesetz, Rs. T-251/11, ECLI:EU:T:2014:1060, Rn. 35. 227 Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht, Bd. 3, Art. 107 Abs. 1 AEUV Rn. 272. 228 § 34 und § 35 I EEG 2012. 229 § 35 Ia EEG 2012. 230 § 36 EEG 2012.
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Stroms231. Auf Finanzierungsseite folgt aus den maßgeblichen Regelungen die Verpflichtung der ÜNB zur Ermittlung der EEG-Umlage, wobei der Berechnungsweg im Detail vorgegeben wird. Der Blick auf die ausschließlich hoheitlich vorgegebenen berücksichtigungsfähigen Positionen macht dabei deutlich, dass die EEG-Umlage dem Ausgleich der Mehrkosten dient, die durch die Finanzierung der Fördermaßnahmen ausgelöst werden.232 Hinsichtlich dieses gesamten Aufgabenspektrums unterliegen die ÜNB der Überwachung durch die staatliche BNetzA.233 Bedenkt man, dass in der Rechtssache Essent bereits die Verpflichtung der mittelverwaltenden Stelle, die Abrechnung der eingenommenen und abgeführten Beträge durch einen Wirtschaftsprüfer bestätigen zu lassen, ausgereicht hat, um eine das Vorliegen staatlicher Kontrolle mitbegründende strenge Überwachung anzunehmen234, ist es überzeugend, die weitreichenden Aufsichtsbefugnisse der BNetzA als Indiz für die fehlende Autonomie der ÜNB zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang folgt richtigerweise auch keine andere Bewertung aus dem Umstand, dass die BNetzA gegenüber den Übertragungsnetzbetreibern nur eine Rechtsaufsicht, nicht hingegen eine Fachaufsicht ausübt.235 Zwar hat der EuGH in der Rechtssache Doux Élevage im Rahmen der zur Prüfung der Staatlichkeit vorgenommenen Gesamtbetrachtung auch in die Waagschale geworfen, dass die mittelverwaltende Branchenorganisation nicht „einer anderen Kontrolle als derjenigen der Recht- und Gesetzmäßigkeit“ unterworfen war.236 Dies ist aber keineswegs so zu verstehen, dass die Implementierung einer staatlichen Zweckmäßigkeitskontrolle zwingende Voraussetzung für die Zurechnung der Mittel zum Staat wäre. Die entsprechenden Ausführungen sind vielmehr im Kontext der im Vergleich zur Situation nach dem EEG 2012 erkennbar anders gelagerten Konstellation zu lesen. In der Rechtssache Doux Élevage hatte der EuGH nämlich zunächst festgestellt, dass grundsätzlich gerade kein staatliches Bestimmungsrecht hinsichtlich der Mittelverwendung erkennbar ist.237 Auf Grundlage dieses Befunds prüfte der Gerichtshof konsequenterweise weiter, ob sich eine staatliche Kontrolle über die Finanzmittel womöglich unter dem Gesichtspunkt einer Befugnis staatlicher Einrichtungen zur Durchführung einer Zweckmäßigkeitskontrolle ergeben könnte. Für die Beurteilung der Regelungen des EEG 2012 kommt diesem Aspekt aber auch keine indizielle Wirkung zu. Denn insoweit ist zu berücksichtigen, dass die ÜNB hinsichtlich der ihnen übertragenen Aufgaben schon gar kein Ermessen eingeräumt wird. Soweit aber die mittelverwaltende Stelle – wie es vorliegend der Fall ist – im 231 § 37 I EEG 2012 i. V. m. § 11 I Nr. 1 AusglMechV i. V. m. mit den Bestimmungen der AusglMechAV. 232 § 37 II EEG 2012 i. V. m. § 3 AusglMechV. 233 Vgl. § 61 I Nr. 2 EEG 2012. 234 EuGH, Urt. v. 17.7.2008, Essent, Rs. C-206/06, ECLI:EU:C:2008:413, Rn. 69. 235 In diesem Sinne aber Frenz, ZNER 2014, 25 (29 f.); Overkamp, EurUP 2016, 263 (265); ähnlich Burgi/Wolff, EuZW 2014, 647 (653). 236 EuGH, Urt. v. 30.5.2013, Doux Élevage, Rs. C-677/11, ECLI:EU:C:2013:348, Rn. 38. 237 EuGH, Urt. v. 30.5.2013, Doux Élevage, Rs. C-677/11, ECLI:EU:C:2013:348, Rn. 36.
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Rahmen der Ausübung der ihr zugewiesenen Aufgaben über keinerlei Entscheidungsspielräume verfügt, besteht kein qualitativer Unterschied zwischen Recht- und Zweckmäßigkeitskontrolle, der bei wirtschaftlicher Betrachtung zu einer abweichenden Beurteilung der staatlichen Ingerenz führen könnte.238 Mit Blick auf die zentrale Systemverantwortlichkeit überzeugt der Befund der Kommission, dass die ÜNB als „Dreh- und Angelpunkt“ des Systems zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien zu qualifizieren sind.239 In dieser Funktion handeln die ÜNB erkennbar nicht autonom, vielmehr unterliegen sie umfassend staatlichen Bindungen. Zu konstatieren bleibt damit, dass die ÜNB bei Wahrnehmung der durch das EEG 2012 zugewiesenen Aufgaben keinen Raum für eigene unternehmerische Entscheidungen haben, wie dies für eine privatwirtschaftliche Tätigkeit kennzeichnend ist. Damit handelt es sich insoweit um eine von der sonstigen, freiwirtschaftlichen Tätigkeit der ÜNB zu trennende Sphäre, innerhalb der sie nach rigiden Vorgaben im öffentlichen Auftrag tätig werden.240 (3) Schlussfolgerung: Die ÜNB als „beauftragte private Einrichtung“? Von der Übertragung dieser – in den Worten des EuG mit der Wahrnehmung einer Konzession vergleichbaren – Tätigkeit ist mit Blick auf die private Trägerschaft der ÜNB abzuleiten, dass es sich bei diesen um eine „beauftragte private Einrichtung“ im Sinne der Rechtsprechung zur Mittelvergabe durch zwischengeschaltete Stellen handelt. Das Gericht fordert damit also keine „institutionell-administrative Inkorporierung“241 in den staatlichen Bereich, sondern lässt die – von der Kommission hinreichend belegte – umfassende Gebundenheit der ÜNB ausreichen, um eine staatliche Beauftragung anzunehmen. Dies ist im Sinne eines funktionalen Beihilfeverständnisses überzeugend.242 Ist die Inanspruchnahme eines privaten Unternehmens materiell mit der Tätigkeit im Rahmen einer Konzession vergleichbar, muss mit Blick auf die Vermeidung von Umgehungskonstruktionen auch das Fehlen einer formalen Inkorporierung – zumal, wenn hinsichtlich der insoweit maßgeblichen Anforderungen keine Klarheit herrscht – überwunden werden können. Namentlich geht es dabei darum, eine Flucht ins Privatrecht durch die Mitgliedstaaten zu verhindern.243 Erforderlich, aber ausreichend ist, dass die Tätigkeit als zwischengeschaltete Stelle von einer etwaigen 238 Überzeugend Ludwigs, REE 2014, 65 (74); Stumpf, EurUP 2016, 221 (231); vgl. in diesem Sinne auch EuG, Urt. v. 11.12.2014, Österreichisches Ökostromgesetz, Rs. T-251/11, ECLI:EU:T:2014:1060, Rn. 75. 239 Europäische Kommission, Einleitungsbeschluss EEG 2012, Rn. 103. 240 Vgl. auch Säcker/Schmitz, NZKart 2014, 202 (206), die die ÜNB mit Blick auf diesen Befund treffend als „Verwaltungshelfer des Bundes“ bezeichnen. 241 Diese fordert Schmidt-Preuß, EurUP 2016, 251 (252 ff.). 242 Vgl. hierzu Graf von Kielmansegg, WiVerw 2014, 103 (108 f.); kritisch Schmidt-Preuß, EurUP 2016, 251. 243 Michl, EurUP 2016, 259 (261).
B. Beihilferecht als Determinante für die Einführung von Ausschreibungen?
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privatwirtschaftlichen Tätigkeit hinreichend separiert ist. Dies ist im Falle des EEG angesichts der rigide ausgestalteten Verpflichtungen zur gesonderten Buchführung und Rechnungslegung sowie zur Einrichtung gesonderter Bankkonten aber gerade sichergestellt. (4) Weitere Einwände gegen die Annahme staatlicher Mittel nicht durchschlagend Weisen also der Ursprung der Initiative sowie der verfolgte Zweck, die gruppenübergreifende Umverteilungswirkung und das im Wege gesetzlicher Vorstrukturierung ausgeübte Bestimmungsrecht über die Mittelverwendung samt der diesbezüglich gegebenen Überwachungsbefugnisse der staatlichen BNetzA auf das Vorliegen hoheitlicher Kontrolle im Sinne der skizzierten Rechtsprechungslinie hin, ist nachfolgend zu prüfen, ob im Übrigen durchschlagende Einwände gegen die Annahme bestehen, dass bei der Finanzierung der Fördermaßnahmen auf Grundlage des EEG staatliche Mittel zum Einsatz kommen. Geht man mit dem zuvor Gesagten davon aus, dass die ÜNB angesichts ihrer tragenden Verantwortlichkeit im Zusammenhang mit dem Umlagesystem und den diesbezüglich nachgewiesenen Bindungen trotz ihrer privatrechtlichen Verfasstheit und des Fehlens eines formalen Inkorporationsakts als beauftragte Einrichtung angesehen werden können, ist es zunächst nicht überzeugend, die Staatlichkeit der Mittel unter Hinweis auf den Umstand zu verneinen, dass die Mittelverwaltung nicht einer einzigen Entität, sondern den vier ÜNB auferlegt wird.244 Grundlage dieses Einwands ist – soweit ersichtlich – allein der Befund, dass hierin ein Sachverhaltsunterschied zu den Referenzentscheidungen liegt, in denen die Mittelverwaltung jeweils einer einzigen Stelle oblag. Ein Hinweis darauf, dass diesem Umstand auch nur indizielle Bedeutung zukommt, lässt sich den Entscheidungen dabei nicht entnehmen. Bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise ist im Übrigen auch nicht erkennbar, warum es der Annahme staatlicher Kontrolle im Weg stehen soll, dass die Systemverantwortung mehreren und nicht lediglich einer einzigen Stelle übertragen wird.245 Gegen die Erheblichkeit dieses Einwands spricht bereits, dass die Funktionsfähigkeit des Finanzierungssystems erst durch die gesetzlich determinierte funktionelle Verknüpfung der ÜNB hergestellt wird.246 Besonders deutlich zeigt sich dies anhand der auf der dritten Stufe des Belastungsausgleichs stehenden Verpflichtung der ÜNB, die aufgelaufenen Belastungen untereinander auszugleichen. Erst durch die Durchführung dieses horizontalen Belastungsausgleichs wird die am Ende des Umlagesystems stehende gleichmäßige Belastung aller Letztverbraucher über die EEG-Umlage ermöglicht. 244 Zu diesem Einwand vgl. schon Europäische Kommission, Einleitungsbeschluss EEG 2012, Rn. 115. 245 Vgl. hierzu schon deutlich Europäische Kommission, Einleitungsbeschluss EEG 2012, Rn. 115. 246 Überzeugend Graf von Kielmansegg, WiVerw 2014, 103 (107 ff.); s. auch Ludwigs, REE 2014, 65 (73).
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Des Weiteren ist nicht ersichtlich, warum eine andere Bewertung aus dem Umstand folgen sollte, dass überschüssige Beträge – anders als in der Rs. Essent – nicht in den Staatshaushalt fließen, sondern für die Berechnung der EEG-Umlage im Folgejahr zu berücksichtigen sind.247 Mit Blick auf den Beurteilungsmaßstab ist in diesem Zusammenhang richtigerweise allein maßgeblich, dass auch etwaige Überkompensationen nicht in die freie wirtschaftliche Verfügung der ÜNB gelangen, sondern weiterhin im Sinne des hoheitlich vorgegebenen Ziels zweckgebunden bleiben und es demgemäß bei dem Befund verbleibt, dass die ÜNB im Rahmen ihres Tätigwerdens auf Grundlage des EEG 2012 keine wirtschaftlichen Eigeninteressen verfolgen.248 (5) Zwischenfazit Nach hier vertretener Auffassung haben Kommission und Gericht bei der Einordnung des EEG 2012 die Maßgaben aus den Referenzentscheidungen in zustimmungswürdiger Weise umgesetzt. Fügt man die übergeordneten Aussagen der Unionsgerichte zusammen, ergibt sich eine Subsumtionsgrundlage, die die Einordnung der bei der Finanzierung der Fördermaßnahmen nach den Regelungen des EEG 2012 zum Einsatz kommenden Mittel als staatlich im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV nahe legt. So wurde gezeigt, dass weder die Haushaltswirksamkeit der Maßnahme noch der öffentlich-rechtliche Charakter der mittelverwaltenden Stelle zwingende Voraussetzung sind, um die Zurechnung der Finanzmittel an den Staat zu bejahen. Angesichts der von den Unionsgerichten zugrunde gelegten Auslegung des Kontrollkriteriums war die Einordnung durch Kommission und Gericht mit Blick auf die Rigidität des Rechtsrahmens im Ergebnis wenig überraschend. Die wesentlichsten Parameter dieser Beurteilung – Ursprung der Initiative, Bestimmungsrecht hinsichtlich der Mittelverwendung, Gemeinnützigkeit des verfolgten Zwecks – weisen auf die Staatlichkeit der EEG-Umlage und damit auf die Beihilfeeigenschaft der durch diese finanzierten Förderleistungen in Gestalt von Einspeisevergütung und Marktprämie hin. Die trotz der aufgezeigten staatlichen Ingerenz vorgebrachten Einwände sind bei einem wirkungsorientierten Verständnis des Beihilfebegriffs nach hier vertretener Auffassung im Ergebnis nicht durchschlagend. dd) Paukenschlag: Das Urteil des EuGH vom 28.03.2019 Mit aufsehenerregender Entscheidung vom 28.03.2019249 hat der EuGH das Urteil des Gerichts vom 10.05.2016 aufgehoben und den verfahrensabschließenden Be247 So der Einwand Deutschlands, vgl. schon Europäische Kommission, Einleitungsbeschluss EEG 2012, Rn. 115; in diese Richtung auch Kröger, ZUR 2016, 417 (419). 248 Überzeugend Ludwigs, REE 2014, 65 (73); in diese Richtung auch EuGH, Urt. v. 19.12.2013, Vent De Colère, Rs. C-262/12, ECLI:EU:C:2013:851, Rn. 32. 249 EuGH, Urt. v. 28.3.2019, (EEG 2012), Rs. C-405/16 P, ECLI:EU:C:2019:268; vgl. hierzu Kahle, jurisPR-UmwR 5/2019 Anm. 2; Kahles/Nysten, EnWZ 2019, 147; Ludwigs, NVwZ 2019, 909; Scholtka, EuZW 2019, 425; Stöbener de Mora, NVwZ 2019, 626.
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schluss der Kommission für nichtig erklärt. Grundlage des Verfahrens waren drei Rechtsmittelgründe. Mit dem im Zentrum stehenden ersten Rechtsmittelgrund hatte die Bundesrepublik geltend gemacht, dass das Urteil des EuG bei der Auslegung des Begriffes „staatliche Mittel“ und „Kontrolle“ des Staates über die Finanzmittel privater Unternehmen die Grenzen des Beihilfetatbestands verkannt habe. Zu Unrecht habe das Gericht befunden, dass „Behörden“ der Bundesrepublik Deutschland nach den Vorschriften des EEG Kontrolle und damit eine Verwaltungsbefugnis über die Geldmittel der in das System zur Förderung erneuerbarer Energien eingebundenen ÜNB und EVU ausübten. Richtigerweise hätte das EuG vielmehr erkennen müssen, dass das EEG lediglich zivilrechtliche Vertragsbeziehungen zwischen einzelnen Unternehmen des Energiemarktes ausgestaltet, jedoch keine staatliche Kontrolle über die Geldmittel dieser Unternehmen begründet.250 Die Bundesrepublik konnte bereits mit diesem ersten Rechtsmittelgrund durchdringen, sodass die weiteren Rechtsmittelgründe keiner Prüfung mehr unterzogen wurden. Das Urteil des EuGH ist als Paukenschlag zu werten.251 Im Folgenden sollen die zentralen Erwägungen des EuGH zunächst zusammengefasst werden ((1)), bevor die Entscheidung in einem zweiten Schritt einer kritischen Würdigung zu unterziehen ist ((2)). (1) Die wesentlichen Aussagen des EuGH Mit dem ersten Teil des ersten Rechtsmittelgrunds hatte die Bundesrepublik Deutschland geltend gemacht, dass das Gericht rechtsfehlerhaft zu dem Ergebnis gelangt sei, dass ein Zusammenhang zwischen dem Finanzierungsmechanismus des EEG 2012 und dem staatlichen Haushalt bestehe, die den staatlichen Stellen übertragenen Überwachungs- und Kontrollaufgaben zu einer staatlichen Kontrolle über die EEG-Umlage führen würden und die EEG-Umlage eine Abgabe darstelle. Der EuGH sieht hierin im Wesentlichen die Beanstandung der Feststellung des EuG, nach welcher das System der EEG-Umlage die Gewährung eines Vorteils aus staatlichen oder zumindest dem Staat zurechenbaren Mitteln beinhalte.252 Im Zentrum der Würdigung dieses Rechtsmittelgrunds durch den EuGH steht der Blick auf den argumentativen Dreiklang, mit welchem das EuG festgestellt hatte, dass - die mit der EEG-Umlage erwirtschafteten und von den ÜNB gemeinsam verwalteten Gelder unter dem beherrschenden Einfluss der öffentlichen Hand blieben, - die mit der EEG-Umlage erwirtschafteten fraglichen Beträge Gelder unter Einsatz staatlicher Mittel seien, die einer Abgabe gleichgestellt werden könnten und 250 Mit dem zweiten Rechtsmittelgrund rügte die Bundesrepublik Deutschland die Einschätzung des EuG, nach welcher es sich bei den Entlastungen stromintensiver Unternehmen um einen beihilferechtlich relevanten Vorteil handeln würde. Gegenstand des dritten Rechtsmittelgrundes war die Auffassung, dass das Urteil des EuG hinsichtlich der Stellung des ÜNB und EVU unzureichend begründet sei, vgl. hierzu schon ABl. EU v. 5.9.2016 C 326/18. 251 Treffend Stöbener de Mora, NVwZ 2019, 626. 252 EuGH, Urt. v. 28.3.2019, EEG 2012, Rs. C-405/16 P, ECLI:EU:C:2019:268, Rn. 21.
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- die Befugnisse und Aufgaben der ÜNB den Schluss zuließen, dass sie nicht für eigene Rechnung und frei handelten, sondern als Verwalter einer aus staatlichen Mitteln gewährten Beihilfe, die einer eine staatliche Konzession in Anspruch nehmenden Einrichtung gleichgestellt seien.253 Im Rahmen seiner Würdigung gelangt der Gerichtshof zu der Einschätzung, dass die EEG-Umlage nicht als Abgabe eingestuft werden kann. Zur Begründung dieses Befunds verweist der EuGH auf den von der Bundesrepublik Deutschland vorgebrachten Einwand, dass das EEG die Abwälzung der EEG-Umlage auf die Endverbraucher nicht verpflichtend vorschreibt.254 Vor diesem Hintergrund habe das EuG zur Begründung der Abgabeneigenschaft zu Unrecht auf die Essent-Entscheidung rekurriert. Da die Abgabeneigenschaft im Essent-Sachverhalt auf die Tatsache gestützt wurde, dass der Tarifaufschlag den Verbrauchern per Gesetz auferlegt wurde, sei die vom Gericht angenommene Entsprechung zwischen diesem Tarifauschlag und der EEG-Umlage nicht gegeben. Mangels einer rechtlich verpflichtenden Belastung der Verbraucher weise die EEG-Umlage nicht die gleichen Merkmale auf wie der Tarifaufschlag aus Essent.255 Auf Grundlage dieses Befunds prüft der Gerichtshof, ob sich die Staatlichkeit der Mittel aus den anderen beiden der vom EuG herausgearbeiteten und oben genannten Gesichtspunkte ergibt.256 Insoweit habe das Gericht zunächst nicht dargelegt, dass der Staat Verfügungsgewalt über die mit der EEG-Umlage erwirtschafteten Gelder hatte oder über die ÜNB Kontrolle über das Mittelaufkommen ausübte. Der vom Gericht zur Begründung der staatlichen Kontrolle angeführte Umstand, dass die EEG-Umlage zu keinem anderen als dem gesetzlich vorgesehenen Zweck verwendet werden kann, spreche gerade dafür, dass der Staat eben nicht über diese Mittel verfügen könne. Des Weiteren habe das Gericht auch nicht dargelegt, dass die ÜNB unter staatlicher Kontrolle standen. Die vom EuG dargelegte Gebundenheit der ÜNB lasse nicht den Schluss zu, dass die mit der EEG-Umlage erwirtschafteten Gelder unter staatlicher Kontrolle stehen würden.257 Auch die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Vent De Colère gebiete angesichts der gegebenen Sachverhaltsunterschiede keinen anderen Befund. Insoweit verweist der Gerichtshof zum einen auf die Einstandspflicht des französischen Staats, falls das Aufkommen aus den von den Verbrauchern erhobenen Abgaben nicht zur Deckung der förderbedingten Mehrkosten ausreichen sollte, und leitet hieraus eine potentielle Verbindung zum Staatshaushalt ab. Zum anderen stellt der EuGH auf den öffentlich-rechtlichen
253
EuGH, Urt. v. 28.3.2019, EEG 2012, Rs. C-405/16 P, ECLI:EU:C:2019:268, Rn. 62 ff.; s. auch EuG, Urt. v. 10.5.2016, Deutschland/Kommission, Rs. T-47/15, ECLI:EU:T:2016:281, Rn. 93 ff. 254 EuGH, Urt. v. 28.3.2019, EEG 2012, Rs. C-405/16 P, ECLI:EU:C:2019:268, Rn. 65 ff. 255 EuGH, Urt. v. 28.3.2019, EEG 2012, Rs. C-405/16 P, ECLI:EU:C:2019:268, Rn. 71. 256 EuGH, Urt. v. 28.3.2019, EEG 2012, Rs. C-405/16 P, ECLI:EU:C:2019:268, Rn. 72 ff. 257 EuGH, Urt. v. 28.3.2019, EEG 2012, Rs. C-405/16 P, ECLI:EU:C:2019:268, Rn. 74 ff.
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Charakter der mit der Mittelverwaltung betrauten Caisse des dépôts et consignations ab.258 (2) Kritische Würdigung Die Entscheidung des EuGH ist mit deutlicher Kritik zu belegen. Dies betrifft zunächst das gefundene Ergebnis, nach welchem es sich bei dem Aufkommen aus der EEG-Umlage nicht um staatliche Mittel handeln soll. Nach hier vertretener Auffassung hätte ein am Telos des Beihilfeverbots ausgerichtetes Verständnis des Staatlichkeitskriteriums die Einordnung der Einnahmen aus der EEG-Umlage als staatliche Mittel geboten. Das ausweislich der Rechtsprechungsanalyse im Zentrum stehende Kriterium staatlicher Kontrolle ist im Fall des EEG 2012 angesichts der detailliert geregelten und umfassend kontrollierten Mittelerhebung und -verwendung zu bejahen, weisen doch die wesentlichsten Parameter der Beurteilung – Ursprung der Initiative, Bestimmungsrecht hinsichtlich der Mittelverwendung, Gemeinnützigkeit des verfolgten Zwecks – auf die Staatlichkeit der EEG-Umlage und damit auf die Beihilfeeigenschaft der durch diese finanzierten Förderleistungen in Gestalt von Einspeisevergütung und Marktprämie hin. Wenn der EuGH demgegenüber trotz der vom Gesetzgeber antizipierten Faktizität der Verbraucherbelastung zu dem Befund gelangt, dass es sich bei der EEG-Umlage nicht um eine Abgabe handelt, vermag dies unter keinem Gesichtspunkt zu überzeugen. Denn hinsichtlich der Wirkung macht es keinen Unterschied, ob der faktischen Belastung formal eine rechtliche Verpflichtung zugrunde liegt.259 Letzteres zu fordern, mutet – gerade, wenn die Umlage auf die Verbraucher offensichtlich in der Gesetzessystematik angelegt ist – als bloße Förmelei an und bedeutet eine Absage an die aus wettbewerbsrechtlicher Sicht begrüßenswerte materielle Betrachtung von Kommission und EuG. Erklärungsansätze für den formalistischen Blick auf den zur Beurteilung stehenden Sachverhalt sucht man indes vergebens, sodass auch der Weg zu dem kritikwürdigen Ergebnis auf erhebliche Bedenken stoßen muss. Es wurde ausführlich dargelegt, dass das EuG – in Übereinstimmung mit den Referenzentscheidungen – anhand einer wertenden Betrachtung das Vorliegen staatlicher Kontrolle über die eingesetzten Mittel bejaht hat. Grundlage dieser Einordnung war ein detaillierter Blick auf die staatlichen Ingerenzen bei Berechnung, Erhebung und Verwendung der EEG-Umlage. Als Ergebnis dieser sorgfältigen Analyse stand der Befund, dass die EEG-Umlage hinsichtlich ihrer Wirkungen einer Abgabe gleichgestellt werden kann und die so begründete Staatlichkeit der Mittel angesichts der umfassenden Bindungen bei deren Verwendung einschließlich der insoweit bestehenden Überwachungsmechanismen fortbesteht, die Mittel also nach deren Erhebung als Abgabe staatlich bleiben. Eine Auseinandersetzung mit diesem Prüfungsansatz wird vom EuGH in bedenklicher Weise vermieden. Es wird in keiner Weise erläutert, warum die fehlende 258 259
EuGH, Urt. v. 28.3.2019, EEG 2012, Rs. C-405/16 P, ECLI:EU:C:2019:268, Rn. 82 ff. Ludwigs, NVwZ 2019, 909 (911); Scholtka/Trottmann, ER 2019, 91 (93).
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Verpflichtung zur Weitergabe der Belastungen trotz ihrer faktischen Zwangsläufigkeit der Qualifikation als Abgabe im Weg stehen sollen. Vielmehr nimmt der EuGH diesen – freilich auch vom EuG erkannten – Umstand und beschränkt sich auf die Feststellung, dass hierin ein Unterschied zum Essent-Sachverhalt zu sehen ist, weshalb die vom EuG für die Begründung der Abgabeneigenschaft angenommene Entsprechung nicht gegeben sei. Die hierin erkennbare völlige Verweigerung einer Auseinandersetzung mit der Argumentationsstruktur von Kommission und EuG wird der Bedeutung der Entscheidung nicht gerecht. Mitnichten hat das Gericht – wie der EuGH nunmehr unterstellt – eine Identität der Sachverhalte angenommen. Vielmehr hat das EuG angesichts der vom Gesetzgeber antiziperten faktischen Verbraucherbelastung festgestellt, dass die EEG-Umlage „hinsichtlich ihrer Wirkungen einer Abgabe auf den Stromverbrauch in Deutschland gleichgestellt werden kann“.260 Diesem Befund von Kommission und EuG wird man nur schwerlich widersprechen können. Grundlage des Rekurses auf die Essent-Entscheidung war also erkennbar die abgabengleiche Wirkung der EEG-Umlage, keinesfalls die Behauptung einer Identität der jeweils zugrunde liegenden Sachverhalte. Wenn der EuGH gleichwohl ausführt, dass die Feststellung der abgabengleichen Wirkung durch das Gericht „keine ausreichende Grundlage für die Schlussfolgerung, dass die EEG-Umlage die gleichen Merkmale aufwies“ wie der Aufschlag auf den Stromtarif im EssentSachverhalt und auf dieser Grundlage die Abgabeneigenschaft ablehnt, hat dies mit einer der Bedeutung der Entscheidung angemessenen Argumentationsführung nichts zu tun. Zu konstatieren bleibt damit, dass die Entscheidung weder in der Sache noch hinsichtlich des Begründungswegs überzeugen kann. ee) Einordnung Mit dem kritikwürdigen Urteil des EuGH ist das Verfahren zum EEG 2012 nunmehr rechtskräftig abgeschlossen. Die Entscheidung zeitigt auf verschiedenen Ebenen erhebliche Konsequenzen. Hinsichtlich der unmittelbaren Urteilsfolgen steht die Frage nach dem Schicksal der infolge der Kommissionsentscheidung vom BAFA erlassenen Teilrücknahmebescheide betreffend die auf Grundage der BesAR ausgesprochenen Befreiungen von der EEG-Umlage im Zentrum. Da durch die Entscheidung des EuGH die Rechtsgrundlage für diese entfallen ist, besteht in den laufenden Rechtsbehelfsverfahren insoweit nunmehr ein Aufhebungs- und Rückerstattungsanspruch zugunsten der adressierten Unternehmen.261 Außerhalb dieser verwaltungsrechtlichen Dimension folgen aus der Entscheidung mutmaßlich erhebliche Implikationen für die beihilferechtliche (Neu-)Bewertung anderer umlagefinanzierter Fördersysteme. So könnten unter anderem die in ihrer 260 EuG, Urt. v. 10.5.2016, Deutschland/Kommission, Rs. T-47/15, ECLI:EU:T:2016:281, Rn. 95; vgl. dazu oben bb). 261 Vgl. hierzu sowie zu der Frage, ob auch hinsichtlich bereits bestandskräftiger Rückforderungsbescheide ein Aufhebungs- und Rückerstattungsanspruch besteht, ausführlich Ludwigs, NVwZ 2019, 909 (911 f.).
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Gestaltung erheblich von den Vorgaben der Kommission beeinflussten262 Regelungen zur Netz- und Kapazitätsreserve sowie der Fördermechanismus nach dem KWKG einer beihilferechtlichen Neubewertung zu unterziehen sein.263 Im Fokus der Analyse zur Strahlkraft der Entscheidung muss aber die sogleich zu bearbeitende Frage nach der Übertragbarkeit auf die Regelungen des EEG 2017 stehen. Übergeordnet ist zudem zu fragen, welchen Beitrag die Entscheidung des EuGH zur weiteren Konturierung des Staatlichkeitskriteriums leistet. Gerade insoweit fällt der Befund ernüchternd aus. Wie die kritische Analyse der Urteilsgründe gezeigt hat, ließ der Gerichtshof eine Auseinandersetzung mit dem Prüfungsmaßstab vermissen, indem er sich eindimensional an der fehlenden Sachverhaltsidentität zu Essent und Vent de Colère abgearbeitet hat, ohne dass Kommission oder Gericht eine solche je behauptet hätten. Der übergeordnete Erkenntniswert dürfte sich somit allenfalls auf den punktuellen – und mit einem wirkungsorientierten Verständnis des Staatlichkeitskriteriums unvereinbaren – Befund beschränken, dass die Faktizität einer Verbraucherbelastung nicht ausreicht, um diese als Abgabe zu qualifizieren, sondern es insoweit einer hoheitlichen Verpflichtung bedarf. d) Schlussfolgerungen für das EEG 2017 Ist infolge des EuGH-Urteils vom 28.03.2019 nunmehr rechtskräftig entschieden, dass es sich bei der EEG-Umlage nach dem EEG 2012 nicht um staatliche Mittel handelte, ist die Frage nach den Implikationen der Entscheidung für die Einordnung der Regelungen des EEG 2017 zu prüfen. Zwar wurde das EEG 2017 von der Kommission bereits mit Beschluss vom 20.12.2016 beihilferechtlich genehmigt.264 Die zugrunde liegende Einigung ersetzt jedoch nicht die rechtliche Untersuchung der Regelungen des EEG 2017. Wie nachfolgend in einem ersten Schritt zu zeigen sein wird, bleiben die im Vergleich zum EEG 2012 vorgenommenen paradigmatischen Änderungen des Fördersystems in Gestalt der bereits mit Inkrafttreten des EEG 2014 vollzogenen Einführung der verpflichtenden Direktvermarktung und der mit dem EEG 2017 bewirkten Umstellung auf die wettbewerbliche Ermittlung der Förderhöhe durch Ausschreibungen ohne Einfluss auf die Einordnung der EEG-Umlage (aa)). Damit ist
262
Zur beihilferechtlichen Steuerung des KWK-Fördermechanismus sowie der Gestaltung von Kapazitäts- und Netzreserve vgl. ausführlich Ludwigs, REE 2018, 1. 263 Diskutiert wird außerdem die Frage nach den Konsequenzen des EuGH-Urteils für den Beschluss der Kommission 2019/56 v. 28.5.2018, ABl. 2019 L 14/1 (SA.34045), mit welchem die Behörde die in den Jahren 2012 und 2013 gewährten Netzentgeltbefreiungen zugunsten bestimmter energieintensiver Unternehmen nach § 19 II StromNEV a. F. als beihilferechtswidrig eingestuft hat, vgl. hierzu Ludwigs, NVwZ 2019, 909 (912 f.); s. auch Scholtka/Trottmann, ER 2019, 91 (94). 264 Europäische Kommission, Beschl. v. 20.12.2016, SA.45461 (2016/N), C(2016) 8789 final.
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im zweiten Schritt der Fokus auf die Frage zu richten, ob die Gestaltung des Finanzierungssystems ergebniswirksame Änderungen erfahren hat (bb)). aa) Keine andere Bewertung durch die Neuordnung der Fördersystematik Will man die Übertragbarkeit der EuGH-Entscheidung zum EEG 2012 auf den aktuellen Rechtsrahmen untersuchen, drängt sich zunächst die Frage nach der Notwendigkeit einer Neubewertung infolge der Änderungen der Fördersystematik auf. Der Blick auf die entscheidungsrelevanten Erwägungen von Kommission, Gericht und EuGH zeigen indes, dass die Umgestaltungen des Förderregimes für die beihilferechtliche Beurteilung unerheblich sind. Offensichtlich nicht ergebniswirksam ist die bereits mit dem EEG 2014 vollzogene Einführung der Direktvermarktung in die Marktprämie als gesetzlichem Regelfall. Richtigerweise haben Kommission und Unionsgerichte im Rahmen ihrer Einschätzung zum EEG 2012 keine Unterscheidung zwischen Einspeisevergütung und Marktprämie vorgenommen, erfolgt doch die Finanzierung gleichermaßen durch die nach gesetzlichen Vorgaben zu berechnende und zu erhebende EEG-Umlage. Ansätze für die Ansicht, dass die nunmehr vorgenommene Änderung des RegelAusnahmeverhältnisses etwas an der Einordnung ändern könnte, sind nicht erkennbar. Auch die im Zentrum der mit dem EEG 2017 bewirkten Neuordnung stehende Einführung von Ausschreibungen zeitigt keine ergebniswirksame Änderung. Im Ausgangspunkt gilt, dass die Wahl des Fördermodells zwar die Förderhöhe und damit den Finanzierungsaufwand beeinflusst. Die für die beihilferechliche Beurteilung maßgebliche Gestaltung der Refinanzierung ist hiervon aber unabhängig. Durch den Berechnungsmodus wird sichergestellt, dass in die Kalkulation nur der tatsächlich angefallene Förderaufwand einfließt. Dass zur Verringerung dieses Finanzierungsaufwands nunmehr ein wettbewerbliches Verfahren implemeniert wurde, ist somit unerheblich.265 Ungeachtet des damit nach wie vor gegebenen Finanzierungszusammenhangs ist anzumerken, dass die Ermittlung der Förderhöhe auch soweit sie entsprechend dem gesetzlichen Regelfall durch Ausschreibungen zu ermitteln ist, im Vergleich zur gesetzlichen Festlegung der Förderhöhe keinen Verlust staatlicher Kontrolle zeitigt. Denn es wurde gezeigt, dass die Gestaltung des Ausschreibungsverfahrens, insbesondere auch die Maßgaben zur Preisbildung, durch die Regelungen des EEG 2017 detailliert gesetzlich vorstrukturiert werden.266 Auch die Einhaltung dieser Vorgaben bleibt unter staatlicher Kontrolle, obliegen Organisation und Durchführung der Ausschreibungen doch der staatlichen BNetzA.
265 Zutreffend Ludwigs, EurUP 2016, 238 (242); Steffens, Erneuerbare Energien im europäischen Binnenmarkt, S. 413. 266 Ludwigs, EurUP 2016, 238 (242).
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bb) (Ergebniswirksame) Änderung des Finanzierungssystems? Bietet die Neuordnung der Fördersystematik damit keinen Anlass für eine andere Bewertung der Frage nach der Staatlichkeit der EEG-Umlage, ist nunmehr der Blick auf die Gestaltung des Finanzierungssystems nach Maßgabe des EEG 2017 zu richten. Bereits im Zuge der EEG-Refom 2014 waren Anpassungen der Regelungen des EEG 2012 notwendig, um der Einführung der verpflichtenden Direktvermarktung Rechnung zu tragen.267 Im Einzelnen kann die Gestaltung des Belastungsausgleichs auf Grundlage des EEG 2017 wie folgt skizziert werden268 : Auf der ersten Stufe stehen die Verpflichtungen der Netzbetreiber zur vorrangigen physikalischen269 Abnahme des Stroms sowie die Abrechnung mit den Anlagenbetreibern über den Zahlungsanspruch nach Maßgabe von § 19 EEG 2017. Im Rahmen der nachfolgenden zweiten Stufe erfolgt die Weitergabe der Belastungen an die vorgelagerten ÜNB. Der insoweit zunächst maßgebliche § 56 Nr. 1 EEG 2017 regelt demgemäß die Verpflichtung der VNB, den nach § 19 I Nr. 2 EEG 2017 mittels Einspeisevergütung vergüteten Strom an die ÜNB weiterzugeben. Dem steht die in § 57 EEG 2017 geregelte Pflicht der ÜNB gegenüber, den auf der ersten Stufe aufnahmepflichtigen (Verteiler-)Netzbetreibern die durch die Pflicht zur Förderzahlung entstandenen Kosten zu erstatten. Die dritte Stufe wird zunächst von dem horizontalen Ausgleich der Strommengen sowie der finanziellen Belastungen zwischen den ÜNB nach Maßgabe von § 58 EEG 2017 geprägt. Wie auch auf Grundlage des EEG 2012 dient dieser Schritt des Umlagesystems der Vorbereitung des bundesweiten Ausgleichs der bei den ÜNB auf den vorhergehenden Stufen entstandenen Belastungen. Nach welchem Maßstab der Ausgleich zu vollziehen ist, folgt aus § 58 III EEG 2017: Danach haben die unterdurchschnittlich belasteten den überdurchschnittlich belasteten ÜNB so lange Ausgleich zu leisten, bis alle ÜNB im Verhältnis zu der von den EVU in ihrem jeweiligen Netzbereich an Letztverbraucher gelieferten Gesamtstrommenge anteilig gleich belastet sind. Der dritten Stufe ist auch die in § 59 EEG 2017 geregelte Verpflichtung der ÜNB zuzuordnen, den mittels Einspeisevergütung vergüteten Strom nach Maßgabe der Erneuerbare-Energien-Verordnung (EEV) und der Er-
267 Die grundsätzliche Funktionsweise des Finanzierungssystems betreffende Änderungen wurden mit dem EEG 2017 im Vergleich zum EEG 2014 nicht vorgenommen, vgl. hierzu Elspas/Berg/Günther, KSzW 2016, 211 (218 f.). 268 Vgl. hierzu Ludwigs, REE 2018, 1 (1 f.); aus der Kommentarliteratur s. etwa Salje, EEG 2017, § 58 Rn. 3 ff. 269 Um der Einführung der Direktvermarktung Rechnung zu tragen, wurde mit dem EEG 2014 eine Differenzierung zwischen physikalischer und kaufmännischer Abnahme eingeführt. Eine kaufmännische Abnahme des Stroms in dem Sinne, dass die Netzbetreiber die Verfügungsbefugnis über den aufgenommenen Strom erhalten, erfolgt nur noch, wenn der Strom nicht direkt vermarktet wird, vgl. § 11 I 2 EEG 2017. Vor diesem Hintergrund bedarf es der in § 11 I 1 EEG 2017 geregelten Beschränkung auf die physikalische Abnahme; kritisch zum Abnahmebegriff Salje, EEG 2017, § 11 Rn. 10.
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neuerbare-Energien-Ausführungsverordnung (EEAV) als den maßgeblichen Durchführungsverordnungen270 zu vermarkten.271 Im Zentrum der beihilferechtlichen Bewertung steht – wie gezeigt wurde – vor allem die auf der vierten Stufe ansetzende Gestaltung der (Re-)Finanzierung des Fördersystems. Nach dem in § 60 I 1 EEG 2017 geregelten Standardfall sind die ÜNB berechtigt und nunmehr auch „verpflichtet“, von den EVU die Kosten für die erforderlichen Ausgaben nach Abzug der erzielten Einnahmen in Gestalt der EEGUmlage nach Maßgabe der EEV zu verlangen. Wie auch auf Grundlage des EEG 2012 wird der Berechnungsweg dabei im Detail gesetzlich vorgegeben. Sowohl auf Einnahmen- als auch auf Ausgabenseite werden die berücksichtigungsfähigen Positionen abschließend geregelt.272 Hinsichtlich des weitgehend unveränderten Aufgabenspektrums unterliegen die ÜNB weiterhin umfassend der Aufsicht durch die BNetzA, deren – im Vergleich zum EEG 2012 wiederum ausgeweitete – Überwachungsbefugnisse nunmehr in § 85 EEG 2017 zusammengefasst sind.273 Unverändert wird die Weitergabe der so bei den EVU entstandenen Belastungen an die Letztverbraucher als abschließende fünfte Stufe vorausgesetzt. Einen Beleg liefert weiterhin die nunmehr in § 78 EEG 2017 zugunsten der EVU geregelte Möglichkeit zur Kennzeichung des EE-Anteils gegenüber den von ihnen belieferten Letztverbrauchern. Ausweislich der nach hier vertretener Auffassung kritikwürdigen Ansicht des EuGH zum EEG 2012 genügte die Faktizität der Weitergabe der Belastungen samt deren Antizipation durch den Gesetzgeber nicht, um die EEG-Umlage hinsichtlich ihrer Wirkungen einer die Staatlichkeit der Mittel im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV begründenden Abgabe gleichzustellen. Dieser Ansatz des EuGH lässt eine zunächst unscheinbar anmutende Neuerung im Zusammenhang mit der Belastung der stromkostenintensiven Unternehmen in den Fokus rücken: So sind nach § 60a S. 1 EEG 2017 nunmehr die ÜNB berechtigt und „verpflichtet“, die EEGUmlage vom Letztverbraucher zu verlangen, wenn es sich bei diesem um ein stromkostenintensives Unternehmen274 handelt. Hintergrund der Regelung war das Anliegen des Gesetzgebers, zu betonen, dass den Netzbetreibern angesichts des 270 Die entsprechenden Änderungen der AusglMechV und der AusglMechAV waren Teil des Mantelgesetzes, dessen Bestandteil auch das EEG 2017 war, vgl. Art. 17 und Art. 18 Gesetz zur Einführung von Ausschreibungen für Strom aus erneuerbaren Energien und zu weiteren Änderungen des Rechts der erneuerbaren Energien vom 13. Oktober 2016, BGBl. I S. 2258. 271 § 2 EEV verpflichtet die ÜNB bei der Vermarktung zur Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmanns und verweist im Übrigen auf die EEAV. 272 Vgl. § 3 EEV. 273 Zu den Kontrollbefugnissen der BNetzA im EEG 2017 vgl. Frenz, ER 2017, 150. 274 Eine Verpflichtung der Netzbetreiber, die EEG-Umlage zu verlangen, besteht auch gegenüber Letztverbrauchern für Eigenversorgung und sonstigen Verbrauch von Strom, der nicht von einem EVU geliefert wird, vgl. §§ 61 und 61j EEG 2017. Die im Folgenden auf die stromkostenintensiven Unternehmen konzentrierte Darstellung gilt somit auch für diese Letztverbraucher.
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allgemeinen Diskriminierungsverbots kein Ermessen bei der Erhebung der EEGUmlage zusteht.275 Nimmt man die Entscheidung des EuGH zum EEG 2012 ernst, ist diese Änderung als ergebniswirksam zu bewerten. Denn die Argumentation des Gerichtshofs, nach welcher es sich aufgrund der fehlenden Verpflichtung zur Belastung der Letztverbraucher nicht um eine Abgabe handeln soll, ist im Verhältnis zu den stromkostenintensiven Unternehmen angesichts der bezeichneten Änderungen ersichtlich nicht anwendbar. Aus Sicht der stromkostenintensiven Unternehmen ist die EEGUmlage auf Grundlage des EEG 2017 somit als Abgabe zu qualifizieren. Die Analyse der Entscheidungsgründe des EuGH-Urteils zwingt des Weiteren zu dem Befund, dass die Annahme der Abgabeneigenschaft zur Bejahung der Staatlichkeit geführt hätte. Hierfür spricht zum einen der systematische Aufbau der – im oben beschriebenen Sinne kritikwürdigen – EuGH-Argumentation: So führte der Gerichtshof nach Ablehnung der Abgabeneigenschaft aus, dass „Daher“ zu prüfen sei, ob die Staatlichkeit aus den anderen vom EuG angeführten Gesichtspunkten hergeleitet werden kann.276 Diese Wortwahl weist darauf hin, dass die weitere Prüfung nur deshalb erfolgen muss, weil die Staatlichkeit der EEG-Umlage nach Auffassung des EuGH nicht bereits aus der Abgabeneigenschaft hergeleitet werden kann.277 Wäre der Gerichtshof davon ausgegangen, dass die Staatlichkeit auch unabhängig von der Annahme der Abgabeneigenschaft zu verneinen gewesen wäre, hätte es näher gelegen, dies als zweiten und dritten Boden in die eigene Argumentation zur Ablehnung der Staatlichkeit einzuziehen. Für die Monokausalität zwischen Verneinung der Abgabeneigenschaft und Ablehnung der Staatlichkeit spricht weiter, dass hinsichtlich der vom Gerichtshof im Zusammenhang mit der Frage einer staatlichen Verfügungsgewalt und der staatlichen Kontrolle geprüften Aspekte keine ergebniswirksamen Unterschiede zwischen dem Essent-Sachverhalt und dem EEG 2012 ersichtlich sind. Insbesondere war die Mittelverwaltung im EssentSachverhalt auch einer privatrechtlich verfassten Entität übertragen. In Anerkennung des herausgearbeiteten – und wohl unstreitigen – Umstands, dass die Verwaltung der Mittel im EEG in vollem Umfang gesetzlich vorgegeben ist, wäre die Essent-Entscheidung insoweit als Präjudiz für die Bewertung des EEG-Sachverhalts einzuordnen. Anders gewendet: Hätte der EuGH die EEG-Umlage als Abgabe qualifiziert, wäre die Bejahung der Staatlichkeit in Übereinstimmung mit dem Urteil in der Rechtssache Essent somit zwingend gewesen.278 275
Vgl. hierzu die Gesetzesbegründung BT-Drs. 18/10209, S. 110. Vgl. EuGH, Urt. v. 28.3.2019, EEG 2012, Rs. C-405/16 P, ECLI:EU:C:2019:268, Rn. 72. 277 Auch unter Hinweis auch auf die anderen Sprachfassungen überzeugend Ludwigs, NVwZ 2019, 909 (912); anders wohl Scholtka/Trottmann, ER 2019, 91 (94). 278 Um dies anders zu sehen, müsste man annehmen, dass die ÜNB – anders als die SEP im Essent-Sachverhalt – nicht als „beauftragte private Einrichtung“ einzuordnen sind, was mit Blick auf die umfassende gesetzliche Gebundenheit der ÜNB nach hier vertretener Auffassung indes nicht zu überzeugen vermag, vgl. oben c) cc) (3). 276
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Ist also davon auszugehen, dass allein der fragwürdige Befund, nach welchem es sich bei der EEG-Umlage nach dem EEG 2012 nicht um eine Abgabe handeln soll, deren Einordnung als staatliche Mittel durch den EuGH im Weg stand, folgt hieraus zwingend, dass es sich bei der nach Maßgabe des EEG 2017 von den stromkostenintensiven Unternehmen zu erhebenden EEG-Umlage angesichts der insoweit bestehenden Verpflichtung um staatliche Mittel handelt. Dies bedeutet zum einen, dass die Entlastungen durch die BesAR unter dem Gesichtspunkt des staatlichen Verzichts auf diese Mittel auch weiterhin im Mittelpunkt beihilferechtlicher Diskussionen stehen dürfte, das EuGH-Urteil zum EEG 2012 insoweit also keine Schutzwirkung entfaltet. Was zum anderen die im Zentrum der hiesigen Untersuchung stehende Frage nach der Beihilfeeigenschaft der zugunsten von Anlagenbetreibern gewährten Förderleistungen angeht, ist zwar zunächst zu konstatieren, dass die Verpflichtung zur Erhebung der Umlage nicht gegenüber sämtlichen Letztverbrauchern besteht, sodass im Lichte der EuGH-Entscheidung nur teilweise, nämlich soweit eine Verpflichtung zur Belastung besteht, von der Abgabeneigenschaft und demzufolge von der Staatlichkeit der so gewonnenen Mittel auszugehen ist. Gleichwohl dürfte richtigerweise anzunehmen sein, dass die Förderzahlungen an Anlagenbetreiber damit insgesamt als aus staatlichen Mitteln finanziert anzusehen sind. Für eine solche einheitliche Betrachtung spricht vor allem, dass die gewährten Vorteile ohne Unterscheidung aus dem Aufkommen der EEG-Umlage finanziert werden. Anders als auf Erhebungsseite ist bei Auskehrung der Mittel keine separierte Betrachtung mehr möglich. Soweit das Finanzierungsaufkommen staatliche Mittel enthält, ist im hier vorliegenden Fall fehlender Unterscheidungsmöglichkeit schon unter dem Gesichtspunkt effektiven Wettbewerbsschutzes von der Staatlichkeit des gesamten Aufkommens auszugehen. Im Ergebnis ist auf Grundlage der Annahme, dass der EuGH die Staatlichkeit der EEG-Umlage im EEG 2012 allein wegen der fehlenden Abgabeneigenschaft abgelehnt hat, für das EEG 2017 angesichts der nunmehr partiell bestehenden Umlageverpflichtung nach hier vertretener Auffassung die Staatlichkeit des Aufkommens aus der EEG-Umlage zu bejahen, sodass die Förderzahlungen mit Blick auf die gebotene einheitliche Betrachtung auf Verwendungsseite insgesamt als aus staatlichen Mitteln finanziert anzusehen sind. cc) Zwischenfazit Die Entscheidung des EuGH zum EEG 2012 ist auf die Regelungen des EEG 2017 nur eingeschränkt übertragbar. Grund hierfür sind nicht die paradigmatischen Eingriffe in die Fördersystematik. Ursächlich für die abweichende Bewertung ist vielmehr der Blick auf die im Zentrum der Beurteilung stehende Gestaltung des Finanzierungssystems. Soweit nämlich der aktuelle Rechtsrahmen eine verpflichtende Belastung bestimmter Letztverbraucher vorsieht, ist bei konsequenter Anwendung der Maßgaben aus der EuGH-Entscheidung zum EEG 2012 von der Abgabeneigenschaft der EEG-Umlage auszugehen. Da mit Blick auf die Argu-
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mentation des Gerichtshofs nach hier vertretener Auffassung davon auszugehen ist, dass die Abgabeneigenschaft der EEG-Umlage deren Staatlichkeit bedingt, dürften sowohl die durch die BesAR gewährten Entlastungen als auch die Förderzahlungen zugunsten der Anlagenbetreiber Gegenstand beihilferechtlicher Kontrolle bleiben. e) Zwischenergebnis Entgegen früherer – maßgeblich durch die PreussenElektra-Enstcheidung geprägter – Annahmen sind Mittelflüsse zwischen Privaten nicht pauschal dem beihilferechtlichen Kontrollstrahl der Kommission entzogen. Vielmehr belegt der Blick auf die Rechtsprechung der Unionsgerichte, dass solche Mittel dem Staat zugerechnet werden, wenn die Mittelflüsse im Detail gesetzlich vorstrukturiert werden und dies die Annahme staatlicher Kontrolle rechtfertigt. Zentrales Vehikel für die staatliche Einfärbung der zunächst privaten Mittel ist dabei die Abgabenqualifikation. Nachdem die diesen Beurteilungsansatz konstituierenden Entscheidungen in den Rechtssachen Essent, Vent De Colere und Österreichisches Ökostromgesetz in Richtung einer umfassend wirkungsbezogenen Prüfung wiesen, hat der EuGH mit seiner Entscheidung zum EEG 2012 nunmehr eine Grenze gezogen, über deren Verlauf wohl erst künftige Entscheidungen Aufschluss geben werden. Die Entscheidung ist wegen ihrer streng formalistischen Argumentation zu kritisieren. Im Sinne eines wirksamen Wettbewerbsschutzes ist es geboten, Fälle staatlich induzierter und detailliert organisierter Mittelumverteilung unter Inanspruchnahme erkennbar nicht autonom handelnder privater Akteure der Vereinbarkeitsprüfung durch die Kommission zu unterstellen. Um den mannigfaltigen Gestaltungs- (und Umgehungs-)möglichkeiten gerecht zu werden, bedarf es eines flexiblen Prüfungsansatzes, der eine normative Betrachtung des auf dem Prüfstand stehenden Systems erlaubt. Eine streng formale Betrachtungsweise begünstigt demgegenüber zufällige Ergebnisse. Bester Beleg hierfür ist die Entscheidung des EuGH zum EEG 2012, wurde doch gezeigt, dass die Argumentation des Gerichtshofs bereits auf die Regelungen des EEG 2017 nicht mehr uneingeschränkt übertragbar ist. Als Orientierungspunkt für die Grenze teleologischer Auslegung dient der Blick auf die sachliche Rechtfertigung für das Erfordernis der Übertragung staatlicher Mittel. Diese folgt nicht aus dem Funktionszusammenhang zwischen Beihilfeverbot und Wettbewerbsschutz, können doch auch rein regulative Begünstigungen wettbewerbsverzerrende Wirkung entfalten.279 Vielmehr geht es bei dem Kriterium des Einsatzes staatlicher Mittel darum, den Anwendungsbereich des Beihilferechts von demjenigen der Grundfreiheiten abzugrenzen. Das als zentrales Vehikel für die wertende Betrachtung herausgearbeitete Kontrollkriterium hat durch die Recht279 Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht, Bd. 3, Art. 107 Abs. 1 AEUV Rn. 268; Soltész, in: Säcker/Montag (Hrsg.), EU State Aid Law, Part II B. Rn. 303; s. dazu schon oben a) aa).
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sprechung der Unionsgerichte eine Konturierung erfahren, die eine rechtssichere Einordnung der auf dem Prüfstand stehenden Maßnahmen erlaubt hätte, ohne die Grenze zu den Grundfreiheiten zu verwischen. In diesem Sinne wird zu hoffen sein, dass die Entscheidung auf ihre punktuelle Bedeutung für das EEG 2012 beschränkt bleibt und die nach hier vertretener Auffassung begrüßenswerte Entwicklung hin zu einem normativen Blick auf umlagefinanzierte Fördersysteme nicht nachhaltig unterbricht. 2. Vorliegen einer selektiven Begünstigung – Die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien als Ausgleichsleistung für das Erbringen einer Dienstleistung von allgemeinem Interesse? Sind die Maßgaben des Staatlichkeits-Kriteriums und deren Bedeutung für das EEG somit konturiert, soll der Blick nun auf das Tatbestandsmerkmal der Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige gerichtet werden. In diesem Zusammenhang sind zwei Elemente zu prüfen. Zum einen ist erforderlich, dass einem oder mehreren Unternehmen ein wirtschaftlicher Vorteil ohne Gegenleistung gewährt wird. Des Weiteren muss die Maßnahme selektiven Charakter haben, d. h. es muss durch sie eine Besserstellung gegenüber anderen Unternehmen oder Produktionszweigen bewirkt werden. Der Beihilfetatbestand erfasst damit nur Sonderunterstützungen, allgemeine wirtschaftspolitische Maßnahmen, die zugunsten aller Wirtschaftsteilnehmer eines Mitgliedstaats gleichermaßen wirken, bleiben ausgeklammert.280 Eine besondere Kategorie staatlichen Nachteilsausgleichs hat der EuGH mit seinem Grundsatz-Urteil in der Rechtssache Altmark Trans etabliert. Danach kann für Ausgleichsleistungen für die Erfüllung von Aufgaben von öffentlichem Interesse das Vorliegen eines beihilferechtlich relevanten Vorteils zu verneinen sein.281 Wie nachfolgend in einem ersten Schritt zu zeigen sein wird, ist für Maßnahmen zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien das Vorliegen einer 280 Kliemann, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje (Hrsg.), Europäisches Unionsrecht, Art. 107 AEUV Rn. 44; die durch das Tatbestandsmerkmal der Selektivität bewirkte Einschränkung des Beihilfebegriffs ist nicht durch dessen funktionalen Zusammenhang mit dem Tatbestandsmerkmal der Wettbewerbsverfälschung zu erklären, da auch für alle Unternehmen innerhalb eines Mitgliedstaats geltende Begünstigungen den Wettbewerb im EU-Binnenmarkt verfälschen können. Die Beschränkung auf Maßnahmen mit selektivem Charakter dient viemehr der Abgrenzung zwischen der Kompetenz der Mitgliedstaaten für allgemeine wirtschaftspolitische Maßnahmen auf der einen und der Zuständigkeit der Union zum Schutz des Wettbewerbs vor punktuellen staatlichen Interventionen auf der anderen Seite, vgl. hierzu Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht, Bd. 3, Art. 107 Abs. 1 AEUV Rn. 169. 281 Unter Rekurs auf diese Rechtsprechung hatte auch die deutsche Bundesregierung im Rahmen des Verfahrens um die Beihilfeeigenschaft der Regelungen des EEG 2012 erfolglos angeführt, dass das Vorliegen einer Begünstigung zu verneinen sei, vgl. hierzu unten b) cc) (1) (b).
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Begünstigung nach allgemeinen Maßstäben regelmäßig zu bejahen (a)). Einer tiefergehenden Analyse bedarf im Anschluss die Frage, ob angesichts der vom EuGH entwickelten Grundsätze zur Beurteilung von Maßnahmen zum Ausgleich der aus der Erfüllung von Gemeinwohlaufgaben resultierenden Belastungen eine andere Bewertung möglich ist (b)). Anhand dieser Maßgaben sind sodann die Förderregelungen des EEG 2017 einer Prüfung zu unterziehen (c)). Klarstellend ist darauf hinzuweisen, dass die Prüfung auch weiterhin auf die Beihilfeeigenschaft der förderbedingten Vorteile beschränkt bleibt. Die Entlastungen nach Maßgabe der BesAR sind somit nicht Bestandteil der Untersuchung.282 a) Begünstigung bestimmter Unternehmen Die Begünstigung bestimmter Unternehmen ist wesensprägendes Merkmal einer Beihilfe. Erforderlich ist im Ausgangspunkt, dass die betreffende Maßnahme Zuwendungscharakter hat. Dies ist zum einen für den Fall zu bejahen, dass einem oder mehreren Unternehmen ein wirtschaftlicher Vorteil gewährt wird, den diese unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätten.283 Über den Fall einer klassischen Subvention hinaus sind aber auch Maßnahmen umfasst, durch die die Belastungen gemindert werden, die ein Unternehmen normalerweise zu tragen hat.284 Entscheidend ist nach ständiger Rechtsprechung der Unionsgerichte dabei allein die begünstigende Wirkung, die mit der Maßnahme verfolgten Ziele bleiben für die Beurteilung des Vorliegens einer Begünstigung außer Betracht.285 Die Beweggründe der Mitgliedstaaten sind erst im Rahmen der Ausnahmetatbestände nach den Art. 107 Abs. 2 und 3 sowie Art. 106 Abs. 2 AEUV zu berücksichtigen.286 Bezugspunkt für die Beurteilung des Zuwendungscharakters sind also die normalen Marktbedingungen. Damit ist zu fragen, welche Marktkonditionen die adressierten Unternehmen ohne die staatliche Maßnahme vorgefunden haben wür-
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Richtigerweise ist hinsichtlich der finanziellen Entlastungen zugunsten der stromkostenintensiven Unternehmen vom Vorliegen einer Begünstigung auszugehen. Für die Aktivierung der Altmark-Ausnahme fehlt es ersichtlich bereits an der hierfür zu fordernden Betrauung mit der Erfüllung einer gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung, sollen die Entlastungsregelungen doch allein dem Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der privilegierten Unternehmen dienen, vgl. zum EEG 2012 Ludwigs, REE 2014, 65 (69) m. w. N.; s. jüngst auch Ouertani, Umlagesysteme im Energierecht, S. 232 ff. 283 EuGH, Urt. v. 11.7.1996, SFEI, Rs. C-39/94, ECLI:EU:C:1996:285, Rn. 60. 284 St. Rspr. seit EuGH, Urt. v. 23.2.1961, De Gezamenlijke Steenkolenmijnen/Hohe Behörde, Rs. 30/59, ECLI:EU:C:1961:2, 3, Rn. 43; EuGH, Urt. v. 15.3.1994, Banco Exterior des Espana/Ayuntamiento de Valencia, Rs. C-387/92, ECLI:EU:C:1994:100, Rn. 13. 285 St. Rspr., vgl. grundlegend EuGH, Urt. v. 2.7.1974, Italien/Kommission, Rs. C-173/73, ECLI:EU:C:1974:71, Rn. 26/28. 286 Bartosch, EU-Beihilfenrecht, Art. 107 AEUV Rn. 1; Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht, Bd. 3, Art. 107 Abs. 1 AEUV Rn. 47.
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den, bzw. in welcher finanziellen Lage sie sich in diesem Fall befänden.287 Zu den normalen Marktbedingungen in diesem Sinne gehört es, dass Unternehmen ihre Produktions- und Investitionskosten ebenso selbst tragen müssen wie die mit der Umstellung auf neue Technologien verbundenen Kosten.288 Nach diesen Maßgaben ergeben sich für die Feststellung eines wirtschaftlichen Vorteils durch die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien keine Probleme. Charakteristisch für die Förderung ist, dass Betreiber von EE-Anlagen für den erzeugten Strom eine über dem Marktpreis liegende Vergütung erhalten.289 Hierdurch soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass der Marktpreis für Strom nicht ausreicht, um die Kosten der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien zu decken. Dies bedeutet eine Abweichung von den normalen Marktbedingungen im oben erläuterten Sinne. Mit Blick auf das Erfordernis der Selektivität ist maßgeblich, ob die fragliche Maßnahme zwischen Unternehmen differenziert, die sich in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden.290 Das Tatbestandsmerkmal ist auch für breiter angelegte Regelungen zu bejahen, die bestimmte, aber nicht alle in einer vergleichbaren Situation befindlichen Unternehmen begünstigt.291 Die für die Beurteilung der Selektivität maßgebliche Referenzgruppe292 sind hier sämtliche Unternehmen, die Strom auf dem Markt anbieten. Betreiber nicht in die Förderung einbezogener Erzeugungsanlagen erfahren eine Schlechterstellung insoweit, als sie für den produzierten Strom lediglich den Marktpreis erhalten, während Betreibern von EE-Anlagen durch die Fördermaßnahmen höhere Rückflüsse aus dem Anlagenbetrieb gewährt wird.293 Vor diesem Hintergrund kann auch die selektive Wirkung der EE-Förderung zwanglos bejaht werden.294
287 Vgl. auch Europäische Kommission, Bekanntmachung zum Begriff der staatlichen Beihilfe, ABl. 2016 C 262/1 Rn. 67. 288 Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht, Bd. 3, Art. 107 Abs. 1 AEUV Rn. 42. 289 So auch die Einordnung der Kommission für Einspeisevergütung und Marktprämie nach dem EEG 2012, vgl. Europäische Kommission, Beschl. v. 18.12.2013, Staatliche Beihilfe SA.33995 (2013/C), ABl. 2014 C 37/73 Rn. 75. 290 EuGH, Urt. v. 8.11.2001, Adria-Wien Pipeline, C-143/99, ECLI:EU:C:2001:598, Rn. 41. 291 Für Abweichungen von den allgemeinen belgischen Steuerregelungen zugunsten anerkannter Koordinationszentren vgl. EuGH, Urt. v. 22.6.2006, Königreich Belgien und Forum/ Kommission, verb. Rs. C-182/03 und C-217/03, ECLI:EU:C:2006:416, Rn. 120 f. 292 Zur Methodik des EuGH bei Prüfung der Selektivität vgl. Bartosch, EU-Beihilfenrecht, Art. 107 Abs. 1 AEUV Rn. 1 ff. 293 Für die Förderung nach dem EEG 2012 vgl. Europäische Kommission, Beschluss v. 18.12.2013, Staatliche Beihilfe SA.33995 (2013/C), ABl. 2014 C 37/73 Rn. 75; vgl. auch Steffens, in: Säcker (Hrsg.), BerlKommEnR – Bd. 2, Einl. C. Rn. 113. 294 Klein, Rechtliche Rahmenbedingungen für den Ausbau von Wettbewerbselementen bei der Förderung Erneuerbarer Energien, S. 84 m. w. N.; s. auch Ouertani, Umlagesysteme im Energierecht, S. 214 f.
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b) Die EE-Förderung als Ausgleichsleistung für die Erfüllung einer Dienstleistung von allgemeinem Interesse? Ist also das Vorliegen einer Begünstigung für Maßnahmen zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien nach allgemeinen Grundsätzen regelmäßig zu bejahen, bleibt im Folgenden zu untersuchen, ob sich mit Blick auf die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur beihilferechtlichen Bewertung von Ausgleichsleistungen für die Erfüllung von Gemeinwohlaufgaben ein anderes Bild zeigt. Konkret ist zu fragen, ob die EE-Förderung in den Anwendungsbereich der EuGH-Rechtsprechung fällt, nach welcher schon nicht von einem wirtschaftlichen Vorteil gesprochen werden kann, wenn von staatlicher Seite lediglich die Belastungen kompensiert werden, die aus der Wahrnehmung von Aufgaben resultieren, die in Deutschland traditionell unter dem Begriff der Daseinsvorsorge295 zusammengefasst werden. Den Ausgangspunkt für die Beantwortung dieser Frage markiert das Urteil des EuGH in der Rechtssache Altmark Trans, mittels welchem der Gerichtshof den Beurteilungsmaßstab für die zuvor uneinheitlich beantwortete Frage nach der beihilferechtlichen Behandlung von staatlichen Ausgleichsleistungen etabliert hat.296 Im Folgenden soll zunächst die Streitfrage skizziert werden, deren Klärung die Altmark-Entscheidung ihre grundlegende Bedeutung verdankt. Bestandteil der Darstellung ist auch ein Blick auf die frühere Entscheidungspraxis der europäischen Gerichte und der Kommission (aa)). Auf dieser Grundlage ist der Blick sodann auf das Urteil selbst zu richten (bb)), bevor in einem dritten Schritt die Bedeutung der Altmark-Rechtsprechung für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien erarbeitet wird (cc)). aa) Problematik und Rechtsprechung vor Altmark Trans Das von der Altmark-Rechtsprechung adressierte Problem betrifft das Spannungsfeld zwischen mitgliedstaatlicher Daseinsvorsorge und effektiver Durchsetzung des EU-Wettbewerbsrechts. Der dem Altmark-Urteil vorhergehenden Praxis von Unionsgerichten und Kommission kann insoweit zunächst keine einheitliche Linie entnommen werden. (1) Problemstellung Die Frage nach der beihilferechtlichen Behandlung von staatlichen Leistungen zum Ausgleich für die Erfüllung von Gemeinwohlaufgaben erlangte zunehmend Bedeutung im Zuge der verstärkt seit Beginn der 1990er-Jahre einsetzenden und 295 Der Begriff der Daseinsvorsorge geht zurück auf Forsthoff, Die Verwaltung als Leistungsträger, insbes. S. 4 ff.; zur Entwicklung des Konzepts der Daseinsvorsorge vgl. Püttner, in: Hrbek/Nettesheim (Hrsg.), Europäische Union und mitgliedstaatliche Daseinsvorsorge, S. 32. 296 Instruktiv Wernsmann/Loscher, NVwZ 2014, 976; aus der Kommentarliteratur vgl. statt vieler Bartosch, EU-Beihilfenrecht, Art. 107 Abs. 1 AEUV Rn. 62 ff.
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europarechtlich induzierten297 Liberalisierung ehemaliger wettbewerblicher Ausnahmebereiche. Infolge dieser Entwicklung verlor das traditionelle Modell der mitgliedstaatlichen Daseinsvorsorge durch mit Betriebspflichten verbundenen Monopolstellungen an Bedeutung.298 Die Erfüllung von gemeinwirtschaftlichen Aufgaben erfolgt seither vorwiegend durch die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen an nunmehr im Wettbewerb stehende Unternehmen.299 Mit dem Wandel vom Leistungs- bzw. Vorsorge- zum Gewährleistungsstaat300 stellte sich auch die übergeordnete Frage nach dem Verhältnis zwischen mitgliedstaatlicher Daseinsvorsorge und einer wirksamen Durchsetzung des EU-Wettbewerbsrechts301 in einem neuen Licht. Stand zuvor noch das Problem der Vereinbarkeit der Monopole mit den Vorgaben des europäischen Wettbewerbsrechts302 und den Grundfreiheiten303 im Zentrum der Diskussionen304, wurde durch die Liberalisierung der Daseinsvorsorge nun auch ein Konflikt mit dem Beihilferecht möglich: Die staatliche Abgeltung der Erfüllung von Gemeinwohlverpflichtungen durch Private birgt die Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen, wenn das beauftragte Unternehmen jenseits dieses sog. „gemeinwirtschaftlichen Sonderbereichs“ in Konkurrenz zu anderen Wirtschaftsteilnehmern steht. In diesem Fall besteht die Gefahr, dass die verpflichteten Unternehmen die Einnahmen aus der Erfüllung der Gemeinwohlverpflichtung in den Wettbewerbsbereich umleiten.305 Zwar herrschte stets Einigkeit darüber, dass es den Mitgliedstaaten unter beihilferechtlichen Gesichtspunkten grundsätzlich möglich sein muss, Mehrbelastun297 Zum Einfluss des Europarechts auf den bezeichneten Liberalisierungs- und Deregulierungsprozess vgl. Paulweber/Weinand, EuZW 2001, 232 m. w. N. 298 Vgl. Gundel, RIW 2002, 222 (222); Nettesheim, EWS 2002, 253 (253). 299 Zur Entwicklung vgl. etwa Schwarze, EuZW 2001, 334 (334 ff.). 300 Die Unterscheidung zwischen Leistungs- und Gewährleistungsstaat betrifft im Wesentlichen die Modalitäten staatlicher Aufgabenerfüllung. Nach dem Konzept des Leistungsstaates erbringt der Staat die Leistungen der Daseinsvorsorge im Wesentlichen selbst. Das Konzept des Gewährleistungsstaates findet seine Grundlage hingegen in der Annahme, dass die unmittelbare staatliche Leistungserbringung keine Notwendigkeit ist. Vielmehr kann sich der Staat durch die Beauftragung Privater jeweils auf die Übernahme der Ergebnisverantwortung beschränken. Instruktiv hierzu Knauff, VR 2003, 269. 301 Zum Spannungsfeld zwischen staatlicher Aufgabenwahrnehmung im Bereich der Daseinsvorsorge und den Vorgaben des europäischen Wettbewerbsrechts vgl. Schwarze, EuZW 2001, 334. 302 In der Rechtssache Almelo stellte der EuGH fest, dass der durch ausschließliche Bezugsbindungen lokaler Energieversorgungsunternehmen bewirkte Verstoß gegen Art. 101 und 102 AEUV grundsätzlich durch Art. 106 Abs. 2 gerechtfertigt sein kann, vgl. EuGH, Urt. v. 27.4.1994, Almelo, Rs. C-393/92, ECLI:EU:C:1994:171, Rn. 51; vgl. hierzu Emmerich, JuS 1994, 882. 303 Vgl. EuGH, Urt. v. 23.10.1997, Kommission/Frankreich, Rs. C-159/94, ECLI:EU:C:1997:501, Rn. 27 ff. 304 Vgl. im Übrigen die Nachweise bei Nettesheim, EWS 2002, 253 (253), insbes. Fn. 2. 305 Vgl. hierzu Britz, DVBl 2000, 1641 (1641 f.); s. auch Wolf, in: Säcker/Montag (Hrsg.), EU State Aid Law, Part III Rn. 1 f.
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gen zu kompensieren, die betrauten Unternehmen bei der Erfüllung von Gemeinschaftsaufgaben erwachsen.306 Streitig war aber der Weg zu diesem Ergebnis, wobei sich insoweit im Wesentlichen zwei Ansätze gegenüberstanden: Nach der sog. „Tatbestandslösung“ soll für solche Ausgleichsmaßnahmen bereits das Vorliegen einer Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV zu verneinen sein. Ihre Grundlage findet diese Auffassung in der Erwägung, dass tatsächlich keine wettbewerbsverzerrende Begünstigung gegeben sei, wenn die gewährten Vorteile die aus der Wahrnehmung einer übertragenen öffentlichen Aufgabe resultierenden Belastungen nicht übersteigen. Der sog. „Rechtfertigungslösung“ zufolge ist der bezeichnete Kompensationscharakter hingegen erst im Rahmen von Art. 106 Abs. 2 AEUV, der zur Sicherstellung der Erfüllung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse insbesondere eine Abweichung von den Wettbewerbsvorschriften des AEUV gestattet307, zu berücksichtigen.308 Die damit angesprochene Frage um das Verhältnis zwischen Art. 106 Abs. 2 AEUV und den Beihilfevorschriften ist nicht lediglich dogmatischer Natur. Ihre praktische Relevanz erklärt sich mit Blick auf den Kontrollmechanismus des Art. 108 Abs. 3 AEUV309: Die Notifizierungspflicht der Mitgliedstaaten greift ebenso wie das Durchführungsverbot nur, wenn es sich bei der in Rede stehenden Maßnahme um eine Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV handelt.310 Unterschiede ergeben sich außerdem mit Blick auf die Verteilung der Beweislast. Da es sich bei Art. 106 Abs. 2 AEUV um eine Ausnahmebestimmung handelt, obliegt der Nachweis über das Vorliegen seiner Tatbestandsvoraussetzungen den Mitgliedstaaten.311
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Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht, Bd. 3, Art. 107 Abs. 1 AEUV Rn. 124; Nettesheim, EWS 2002, 253 (257). 307 Vor der Liberalisierung der Daseinsvorsorge lag die Bedeutung von Art. 106 Abs. 2 AEUV vor allem darin, Einschränkungen der Grundfreiheiten und Abweichungen von den Wettbewerbsvorschiften zu rechtfertigen, vgl. die Nachweise bei Gundel, RIW 2002, 222 (222); Nettesheim, EWS 2002, 253 (253). 308 Vgl. auch von Wallenberg/Schütte, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 107 AEUV Rn. 57 sowie Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/ Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht, Bd. 3, Art. 107 Abs. 1 AEUV Rn. 124, die in diesem Zusammenhang von „Ausgleich- und Beihilfenansatz“ sprechen. 309 Vgl. hierzu Erhardt, Beihilfen für öffentliche Dienstleistungen, S. 175 f. 310 Der erweiterte Radius des Kontrollstrahls der Kommission wird als zentrales Argument für die Rechtfertigungslösung angeführt, vgl. Nettesheim, EWS 2002, 253 (261), der im Ergebnis aber die Tatbestandslösung bevorzugt. 311 EuGH, Urt. v. 23.10.1997, Kommission/Frankreich, Rs. C-159/94, ECLI:EU:C:1997:501, Rn. 94.
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(2) Uneinheitliche Rechtsprechung Der Entscheidungspraxis von Kommission und Unionsgerichten war in dieser Frage zunächst keine einheitliche Linie zu entnehmen312 : In der sog. „AltölRechtsprechung“ schloss sich der EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens der Auffassung der Kommission an, dass es sich bei Zuschüssen zugunsten von Unternehmen, die zum Zwecke des Umweltschutzes Altöle sammeln und beseitigen, nicht um Beihilfen, „sondern um die Gegenleistung für die von den Abhol- oder Beseitigungsunternehmen erbrachten Leistungen handele.“313 Entsprechend diesem überwiegend so verstandenen Plädoyer für die Tatbestandslösung314 legte auch die Kommission ihrer weiteren Praxis die Auffassung zugrunde, dass die Bereitstellung staatlicher Mittel für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Aufgaben nicht den Beihilfetatbestand erfülle.315 Im Einklang mit der Tatbestandslösung entschied die Kommission dann auch im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens, in dem es um die Zulässigkeit von Steuervergünstigungen ging, die der französischen Post als Gegenleistung für die Wahrnehmung gemeinwirtschaftlicher Pflichten gewährt wurden.316 Das im Rahmen der Nichtigkeitsklage gegen die Entscheidung der Kommission erstmals mit der Frage befasste Gericht wandte sich in seinem Urteil sodann aber der Rechtfertigungslösung zu, indem es die Steuererleichterungen als Beihilfen im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV einordnete.317 Diesen Ansatz bestätigte das Gericht in einer Ent312
Zur Rechtsprechungshistorie s. Gundel, RIW 2002, 222 (226 f.); Klasse, in: Heidenhain (Hrsg.), European State Aid Law, § 28 Rn. 35 ff.; Kube, EuR 2004, 230 (232 ff.); Mestmäcker/ Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht, Bd. 3, Art. 107 Abs. 1 AEUV Rn. 125; Nettesheim, EWS 2002, 253 (258 f.); von Wallenberg/Schütte, in: Grabitz/Hilf/ Nettesheim (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 107 AEUV Rn. 57 ff.; jüngst auch Ouertani, Umlagesysteme im Energierecht, S. 70 ff. 313 EuGH, Urt. v. 7.2.1985, Procureur de la République/ADBHU, Rs. 240/83, ECLI:EU:C:1985:59, Rn. 18; in dem Vorabbentscheidungsverfahren ging es um die Auslegung und Gültigkeit der Richtlinie 75/439 des Rates vom 16.6.1975 über die Altölbeseitigung, ABl. L 194/31. Die Richtlinie verpflichtete die Mitgliedstaaten, die erforderlichen Maßnahmen zur schadlosen Sammlung und Beseitigung von Altölen zu treffen. Art. 13 Richtlinie 75/439 sah ausdrücklich die Möglichkeit vor, dass die verpflichteten Unternehmen einen Zuschuss zur Deckung der durch die Verpflichtung ausgelösten und jährlich festgestellten Kosten erhalten. 314 Vgl. aber die Vorbehalte bei Gundel, RIW 2002, 222 (224). 315 Ausdruck fand dies etwa in den Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen im Seeverkehr, ABl. 1997 C 205, S. 5; vgl. hierzu GA Antonio Tizzano, Schlussanträge v. 8.5.2001, Ferring, Rs. C-53/00 ECLI:EU:C:2001:253, Rn. 56; siehe außerdem die Nachweise bei Nettesheim, EWS 2002, 253 (258). 316 ABl. 1995 C 262, S. 11. 317 EuG, Urt. v. 27.2.1997, FFSA u. a./Kommission, Rs. T-106/95, ECLI:EU:T:1997:23, Rn. 178 und 199; ohne Problematisierung bestätigt durch EuGH, Urt. v. 25.3.1998, FFSA u. a./ Kommission, Rs. C-174/97 P, ECLI:EU:C:1998:130; die streitgegenständlichen französischen Regelungen sahen unter anderem vor, dass die für die Berechnung lokaler Steuern maßgebliche Bemessungsgrundlage für La Poste um 85 % zu senken ist, da La Poste die Verpflichtung auferlegt wurde, das gesamte Inland zu bedienen und einen Beitrag zur Raumordnung zu leisten. Mit Blick auf diese steuerlichen Begünstigungen legte die Féderation française des
B. Beihilferecht als Determinante für die Einführung von Ausschreibungen?
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scheidung über finanzielle Zuwendungen zugunsten des öffentlichen Rundfunks in Portugal.318 Zur Begründung führt das EuG aus, dass der Beihilfetatbestand nicht nach den Zielen der staatlichen Maßnahme unterscheide. Der Beihilfebegriff sei objektiv auszulegen, weshalb es allein darauf ankomme, ob einem Unternehmen ein Vorteil verschafft wird. Ob die Gewährung eines Vorteils erfolgt, um die im Rahmen der Übernahme einer gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung entstandenen Kosten auszugleichen, sei für die Qualifizierung der Maßnahme als Beihilfe unerheblich.319 Unter dem Eindruck der Rechtsprechung des Gerichts wandte sich in der Folge auch die Kommission der Rechtfertigungslösung zu. Hatte es zuvor noch dem Verständnis der Wettbewerbsbehörde entsprochen, dass die Bereitstellung staatlicher Mittel zur Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Aufgaben beihilferechtlich nicht zu hinterfragen sei, dehnte sie den Radius ihrer Überwachungstätigkeit fortan auch auf solche Maßnahmen aus.320 Angesichts dieser Entwicklung überraschend kam die vom EuGH mit dem Urteil in der Rechtssache Ferring321 vollzogene „Rückkehr“322 zur Tatbestandslösung.323 In dem Vorabentscheidungsverfahren hatte der Gerichtshof unter anderem über die Beihilfeeigenschaft einer umsatzorientierten „Direktverkaufsabgabe“ auf den Großhandelsvertrieb von bestimmten Arzneimitteln zu befinden. Nach den maßgeblichen französischen Regelungen wurde nur der Handel durch die Pharmahersteller, nicht aber der konkurrierende Vertrieb durch Großhändler belastet. Mit der einseitigen Belastung sollte ein Ausgleich dafür geschaffen werden, dass Großsociétés d’assurances (FFSA) gemeinsam mit weiteren Versicherungsverbänden Beschwerde bei der Kommission ein und machte einen Verstoß gegen die Beihilfevorschriften geltend. Die Beschwerdeführer befürchteten insbesondere, dass die ersparten Belastungen eine Quersubventionierung der Tätigkeiten von La Poste im Wettbewerbsbereich ermöglichen würden. Im Ergebnis blieb die Nichtigkeitsklage gegen die ablehnende Entscheidung der Kommission beim Gericht ebenso wie im Rechtsmittelverfahren beim EuGH erfolglos. 318 EuG, Urt. v. 10.5.2000, SIC/Kommission, Rs. T-46/97, ECLI:EU:T:2000:123, Rn. 84: „Wie aus der Rechtsprechung hervorgeht, ergibt sich daraus insbesondere, dass der Umstand, dass die staatlichen Stellen einem Unternehmen einen finanziellen Vorteil gewähren, um die Kosten aufgrund der von diesem Unternehmen angeblich übernommenen gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen auszugleichen, keine Auswirkungen auf die Qualifizierung dieser Maßnahme als Beihilfe im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 des Vertrags hat, (…).“ 319 EuG, Urt. v. 10.5.2000, SIC/Kommission, Rs. T-46/97, ECLI:EU:T:2000:123, Rn. 83 f. 320 Vgl. etwa die Mitteilung der Kommission über Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa vom 20.09.2000, KOM(2000) 580 endg., Rn. 26; siehe im Übrigen die weiteren Nachweise bei Bartosch, NVwZ 2002, 174 (174); Nettesheim, EWS 2002, 253 (259); Reich/ Helios, PharmaR 2002, 174 (177). 321 EuGH, Urt. v. 22.11.2001, Ferring, Rs. C-53/00, ECLI:EU:C:2001:627; vgl. hierzu Bartosch, NVwZ 2002, 174; Gundel, RIW 2002, 222; Reich/Helios, PharmaR 2002, 174; Ruge, EuZW 2002, 50; von Wallenberg/Schütte, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 107 AEUV Rn. 58. 322 Tatsächlich hatte der EuGH die Rechtfertigungslösung nie ausdrücklich bestätigt. Das Rechtsmittel gegen das Urteil des EuG in der Rechtssache FFSA u. a./Kommission (Fn. 796) hatte der Gerichtshof zurückgewiesen, ohne zu der Frage Stellung zu nehmen. 323 Vgl. hierzu Nettesheim, EWS 2002, 253 (259); Sinnaeve, EStAL 3 (2003), 351 (353).
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händlern anders als Pharmaherstellern bestimmte gemeinschaftliche Pflichten auferlegt wurden.324 Im Ausgangsverfahren verlangte nun der französische Pharmahersteller Ferring SA Erstattung der mit Blick auf die Abgabeverpflichtung geleisteten Zahlungen. Grundlage der Klage war die Auffassung, die Nichtbelastung des konkurrierenden Vertriebs durch Großhändler stelle eine Beihilfe dar, die unter Verstoß gegen die Pflicht zur Notifizierung der Maßnahme gewährt werde. Angesichts des Umstands, dass die französischen Behörden zugunsten der Großhändler auf Einnahmen verzichteten, bejahte der EuGH zunächst grundsätzlich das Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils aus staatlichen Mitteln, um in einem weiteren Schritt die Beihilfeeigenschaft der Direktverkaufsabgabe mit Blick auf die den Großhändlern auferlegten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen zu hinterfragen.325 Soweit die bei den Pharmaherstellern erhobene Direktverkaufsabgabe den bei den Großhändlern im Rahmen der Erfüllung der ihnen auferlegten gemeinwirtschaftlichen Pflichten tatsächlich entstandenen Kosten entsprach, ordnete der Gerichtshof die Abgabenbefreiung unter Rekurs auf die eingangs bezeichnete AltölRechtsprechung aber als Gegenleistung für die erbrachten Leistungen ein und lehnte unter diesem Gesichtspunkt deren Beihilfeeigenschaft ab. Insoweit bedeute die Befreiung nämlich keinen Vorteil zugunsten der Großhändler, vielmehr würden durch die Regelung lediglich vergleichbare Wettbewerbsbedingungen zwischen den beiden Vertriebswegen hergestellt.326 Für Verwunderung sorgte insbesondere, dass der EuGH der Rechtfertigungslösung eine Absage erteilte, eine argumentative Auseinandersetzung mit der bezeichneten Rechtsprechung des Gerichts dabei aber gänzlich vermissen ließ.327 Der Gerichtshof begnügte sich zur Begründung seiner Entscheidung vielmehr mit dem Rekurs auf die Altöl-Rechtsprechung und betonte dabei die Maßgeblichkeit eines summenmäßigen Vergleichs zwischen den durch die Erfüllung der Gemeinschaftsaufgabe ausgelösten Kosten und den zu deren Kompensation gewährten Mitteln.
324
Nach den – auf die Richtlinie 92/27/EWG des Rates vom 31. März 1992 über den Großhandelsvertrieb von Humanarzneimitteln (ABl. L 113, S. 1) zurückgehenden – maßgeblichen französischen Regelungen waren Großhändler etwa verpflichtet, einen bestimmten Vorrat der gelisteten Medikamente vorzuhalten, um jederzeit den üblichen Bedarf ihrer Kunden decken zu können, vgl. EuGH, Urt. v. 22.11.2001, Ferring, Rs. C-53/00, ECLI:EU:C:2001:627, Rn. 3 ff. 325 EuGH, Urt. v. 22.11.2001, Ferring, Rs. C-53/00, ECLI:EU:C:2001:627, Rn. 18 ff.; indem der Gerichtshof die Beihilfeeigenschaft zunächst grundsätzlich, d. h. ohne Berücksichtigung der gemeinwirtschaftlichen Aufgaben prüft, greift er das in den Schlussanträgen des Generalsanwalts vorgeschlagene systematische Vorgehen auf, vgl. GA Tizzano, Schlussanträge v. 08.05.2001, in EuGH, Urt. v. 22.11.2001, Ferring, Rs. C-53/00, ECLI:EU:C:2001:627, Rn. 30 ff. 326 EuGH, Urt. v. 22.11.2001, Ferring, Rs. C-53/00, ECLI:EU:C:2001:627, Rn. 26 f. 327 Nettesheim, EWS 2002, 253 (259); Sinnaeve, EStAL 3 (2003), 351 (353).
B. Beihilferecht als Determinante für die Einführung von Ausschreibungen?
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bb) Die Grundsatz-Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Altmark Trans Die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Altmark Trans wurde nicht zuletzt wegen einer durch das Ferring-Urteil innerhalb des Gerichtshofs ausgelösten Kontroverse mit Spannung erwartet: In seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Altmark Trans vom 19.03.2002 plädierte Generalanwalt Legér dafür, die FerringEntscheidung unberücksichtigt zu lassen, da die dem Urteil zu Grunde liegende Begründung geeignet sei, „Struktur und Systematik der Vertragsbestimmungen über staatliche Beihilfen tiefgreifend zu ändern.“328 Ausgehend von der Annahme, dass weder Tatbestands- noch Rechtfertigungslösung für alle zu entscheidenden Fälle eine ideale Lösung bieten könne, präsentierte Generalanwalt Jacobs nur wenige Wochen später in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache GEMO einen differenzierenden Ansatz.329 Mit seiner Grundsatz-Entscheidung in der Rechtssache Altmark Trans330 hat der EuGH die nach der Ferring-Entscheidung neu aufgeflammte Kontroverse um die
328 Zur Begründung verweist GA Legér auf die Ausführungen des EuG, das die Tatbestandslösung mit Blick auf die Wirkungsbezogenheit des Beihilfebegriffs abgelehnt hatte. Im Übrigen weist Léger darauf hin, dass Art. 106 Abs. 2 AEUV einen großen Teil seiner Bedeutung verliere. Bedenklich sei außerdem, dass die Maßnahmen zur Finanzierung von öffentlichen Dienstleistungen der Kontrolle der Kommission entzogen würden, vgl. GA Legér, Schlussanträge v. 19.3.2002, Altmark Trans, Rs. C-280/00, ECLI:EU:C:2002:188, Rn. 73 ff.; für eine kritische Auseinandersetzung mit den Ausführungen von Generalanwalt Legér vgl. Koenig/Kühling, DVBl 2003, 289 (294); Nettesheim, EWS 2002, 253 (260 f.). Da das FerringUrteil ergangen ist, nachdem die Beteiligten in der Rechtssache Altmark Trans ihre mündlichen Stellungnahmen abgegeben hatten, wiedereröffnete der Gerichtshof angesichts der möglichen Auswirkungen auf die zu treffende Entscheidung die mündliche Verhandlung mit Beschluss vom 18. Juni 2002. In seinen neuerlichen Schlussanträgen vom 14. Januar 2003 bekräftigte Generalanwalt Legér seine im Rahmen der ersten Schlussanträge geäußerte Auffassung, vgl. GA Legér, Schlussanträge v. 14.1.2003, Altmark Trans, Rs. C-280/00, ECLI:EU:C:2002:188. 329 Vgl. GA Jacobs, Schlussanträge v. 30.4.2002, GEMO, Rs. C-126/01, ECLI:EU:C:2002:273, Rn. 117 ff.; Mit diesem sog. „Gegenleistungs“- oder „quid pro quoAnsatz“ lieferte GA Jacobs zugleich einen Erklärungsansatz für die scheinbar widersprüchliche Entscheidungspraxis der europäischen Gerichte. Jacobs bot eine Kategorisierung an, nach der nur dann von der Tatbestandslösung auszugehen sei, wenn ein unmittelbarer und offensichtlicher Zusammenhang zwischen der gewährten Finanzierung und der auferlegten klar definierten Gemeinwohlverpflichtung besteht. Zu den Schlussanträgen vgl. auch Koenig/Kühling, ZHR 2002, 656 (659 ff.); Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht, Bd. 3, Art. 107 Abs. 1 AEUV Rn. 126. Zustimmend auch GA Stick-Haxl, Schlussanträge v. 7.11.2002, Enirisorse, verb. Rs. C-34/01 bis C-38/01, ECLI:EU:C:2003:640, Rn. 153 ff.; kritisch zum Ansatz von GA Jacobs Koenig/Kühling, DVBl 2003, 289 (295). Veranschaulichender Beleg für die infolge des Ferring-Urteils bestehenden Rechtsunsicherheit ist auch die Uneinheitlichkeit der Entscheidungspraxis der Kommission, vgl. hierzu die Nachweise bei Sinnaeve, EStAL 3 (2003), 351 (353). 330 EuGH, Urt. v. 24.7.2003, Altmark Trans, Rs. C-280/00, ECLI:EU:C:2003:415; vgl. dazu Franzius, NJW 2003, 3029; Jennert, NVwZ 2004, 425; Koenig, BB 2003, 2185; Sinnaeve, EStAL 3 (2003), 351; Werner/Köster, EuZW 2003, 503; aus der Kommentar-Literatur vgl. Bartosch, EU-Beihilfenrecht, Art. 107 Abs. 1 AEUV Rn. 62 ff.; Cremer, in: Calliess/Ruffert
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Vorzugswürdigkeit von Tatbestands- oder Rechtfertigungslösung beendet. In dem Vorabentscheidungsverfahren hatte der Gerichtshof auf Vorlage des Bundesverwaltungsgerichts über die Beihilfeeigenschaft von Zuschüssen zum Defizitausgleich im öffentlichen Personennahverkehr zu entscheiden.331 Gegen den Widerspruch von Generalanwalt Legér bestätigte der EuGH die Berücksichtigungsfähigkeit des Kompensationscharakters einer Leistung auf der Ebene des Tatbestands. Den Ausgangspunkt bildete dabei der Rekurs auf Altöl-Rechtsprechung und Ferring-Urteil: Danach umfasse das Beihilfeverbot nicht staatliche Maßnahmen, soweit sie im Sinne eines Ausgleichs die Gegenleistung für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen bilden. In diesem Fall erhalte das empfangende Unternehmen tatsächlich keinen wirtschaftlichen Vorteil, sodass die Maßnahme gegenüber Konkurrenten keine günstigere Wettbewerbsstellung bewirke.332 Von der Beihilfefreiheit einer solchen Ausgleichsleistung könne aber nur ausgegangen werden, wenn die folgenden Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind333 : - Das betreffende Unternehmen muss tatsächlich mit der Erfüllung klar definierter gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut sein; - Die für die Berechnung des Ausgleichs maßgeblichen Parameter sind zuvor objektiv und transparent aufgestellt worden; - Der Ausgleich übersteigt nicht den Betrag, der erforderlich ist, um die aus der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Aufgabe erwachsenen Kosten unter Berücksichtigung von Einnahmen und eines angemessenen Gewinns zu decken; - Für den Fall, dass die Wahl des zu betrauenden Unternehmens nicht im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe öffentlicher Aufträge erfolgt, ist die Höhe des Ausgleichs anhand der Kosten eines durchschnittlichen, gut geführten Unternehmens zu bestimmen.
(Hrsg.), EUV/AEUV, Art. 107 AEUV Rn. 14 ff.; Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/ Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht, Bd. 3, Art. 107 Abs. 1 AEUV Rn. 127 ff. 331 Dem Ausgangsverfahren lag im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde: Der Altmark Trans GmbH war vom zuständigen Regierungspräsidium Magdeburg für mehrere Jahre die nach dem Personenbeförderungsgesetz erforderliche Genehmigung für den Betrieb von Liniendiensten mit Omnibussen im Landkreis Stendal erteilt worden. Die Nahverkehrsgesellschaft Altmark GmbH, deren Antrag auf Erteilung der Genehmigung gleichzeitig abgelehnt worden war, legte gegen den Bescheid erfolglos Widerspruch ein mit der Begründung, dass die zur Genehmigung erforderliche Leistungsfähigkeit nicht gegeben sei, da die Altmark Trans GmbH auf öffentliche Zuschüsse angewiesen sei. Die daraufhin erhobene Anfechtungsklage blieb in erster Instanz ohne Erfolg, im Rahmen des Berufungsverfahrens beim Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt wurde der Klage jedoch stattgegeben. Das Oberverwaltungsgericht war der Auffassung, dass die Zuschüsse nicht mit dem europäischen Beihilferecht vereinbar seien. Zum Ausgangsverfahren vgl. EuGH, Urt. v. 24.7.2003, Altmark Trans, Rs. C-280/00, ECLI:EU:C:2003:415, Rn. 31. 332 EuGH, Urt. v. 24.7.2003, Altmark Trans, Rs. C-280/00, ECLI:EU:C:2003:415, Rn. 85 ff. 333 EuGH, Urt. v. 24.7.2003, Altmark Trans, Rs. C-280/00, ECLI:EU:C:2003:415, Rn. 94.
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Sofern eine dieser Voraussetzungen nicht erfüllt ist, ist die Maßnahme bei Vorliegen der weiteren Tatbestandsmerkmale als Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV einzuordnen.334 In diesem Fall ist dann die Frage einer Rechtfertigung nach Art. 106 Abs. 2 AEUV zu prüfen. Der EuGH bejaht also grundsätzlich die Berücksichtigungsfähigkeit des Kompensationscharakters auf der Ebene des Tatbestandes und bestätigt insoweit entgegen dem deutlichen Widerspruch von Generalanwalt Léger die Entscheidung in der Rechtssache Ferring.335 Indem der Gerichtshof einen Kriterien-Katalog etabliert, anhand dessen über die Beihilfeeigenschaft zu entscheiden ist, erfährt der Ausgleichsansatz aber eine mit Blick auf andernfalls bestehende Missbrauchsrisiken befürwortete Qualifikation.336 Die Maßgeblichkeit dieser „modifizierten Tatbestandslösung“337 hat der EuGH noch im selben Jahr unmittelbar bestätigt.338 Infolge seiner allgemeinen Bedeutung ist dem Altmark-Urteil der Maßstab für die beihilferechtliche Bewertung staatlicher Leistungen zu entnehmen, die dem Ausgleich von Belastungen aus der Erfüllung von Gemeinwohlaufgaben dienen.339 cc) Die Bedeutung der Altmark-Kriterien für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien Infolge der allgemeinen Bedeutung des Altmark-Urteils bildet der vom EuGH entwickelte Kriterien-Katalog den Beurteilungsmaßstab für die Beantwortung der Frage nach der Beihilfeeigenschaft staatlicher Leistungen zum Ausgleich für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Aufgaben. Im Folgenden sollen daher die Altmark-Kriterien hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien entfaltet werden. Die Untersuchung hat die Auslegung der Kriterien durch die Unionsgerichte und die Kommission zu berücksichtigen. Während die Rechtsprechung des EuGH insoweit nur wenig aufschlussreich ist340, ergeben sich wichtige Implikationen aus der Rechtsprechung des Gerichts. Insbe-
334
EuGH, Urt. v. 24.7.2003, Altmark Trans, Rs. C-280/00, ECLI:EU:C:2003:415, Rn. 94. Koenig, BB 2003, 2185 (2185). 336 Koenig, BB 2003, 2185 (2185); Nettesheim, EWS 2002, 253 (261). Der EuGH greift damit den „Gegenleistungsansatz“ von GA Jacobs auf, vgl. dazu oben Fn. 808. 337 So treffend Jennert, NVwZ 2004, 425 (426); in diesem Sinne auch Sinnaeve, EStAL 3 (2003), 351 (356), die von einem „conditional compensation approach“ spricht. 338 Vgl. EuGH, Urt. v. 27.11.2003, Enirisorse, verb. Rs. C-34/01 bis C-38/01, ECLI:EU:C:2003:640, Rn. 31 ff.; vgl. hierzu Bartosch, EuZW 2004, 295 (296 ff.). 339 Koenig, BB 2003, 2185 (2185); unmittelbar bestätigt wurde das Urteil noch im selben Jahr durch die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Enirisorse, vgl. EuGH, Urt. v. 27.11.2003, Enirisorse, verb. Rs. C-34/01 bis C-38/01, ECLI:EU:C:2003:640, Rn. 31 ff.; EuGH, Urt. v. 17.7.2008, Essent, Rs. C-206/06, ECLI:EU:C:2008:413, Rn. 79 ff.; vgl. im Übrigen die Nachweise bei Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht, Bd. 3, Art. 107 Abs. 1 AEUV Rn. 127 Fn. 405. 340 Vgl. hierzu Klasse, in: Heidenhain (Hrsg.), European State Aid Law, § 28 Rn. 45 ff. 335
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sondere dem sog. „BUPA“-Urteil des EuG341 können wichtige Hinweise für die Auslegung der Altmark-Grundsätze entnommen werden. Von zentraler Bedeutung ist im Übrigen die sog. „DAWI-Mitteilung“342 der Kommission, in welcher die Wettbewerbsbehörde die „Schlüsselkonzepte“ zur Anwendung der Beihilfevorschriften auf Ausgleichsleistungen für die Erbringung gemeinwirtschaftlicher Aufgaben ausführt. (1) Erstes Altmark-Kriterium: Betrauung mit einer klar definierten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung Nach dem ersten Altmark-Kriterium muss das begünstigte Unternehmen tatsächlich mit der Erfüllung einer klar definierten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung betraut sein.343 Zu fragen ist damit zunächst, ob die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien als gemeinwirtschaftliche Aufgabe in diesem Sinne anerkennungsfähig ist ((a)). Kann die Altmark-Rechtsprechung danach grundsätzlich für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien aktiviert werden, ist zu untersuchen, welche Implikationen sich im Übrigen aus dem ersten AltmarkKriterium ergeben ((b)). (a) Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien als gemeinwirtschaftliche Aufgabe Soll die Altmark-Rechtsprechung für eine beihilfefreie Ausgestaltung der EEFörderung nutzbar gemacht werden, ist es zunächst grundlegende Voraussetzung, 341 EuG, Urt. v. 12.8.2008, (BUPA), Rs. T-289/03, ECLI:EU:T:2008:29; vgl. hierzu Biondi, EStAL 7 (2008), 401; Klasse, in: Heidenhain (Hrsg.), European State Aid Law, § 28 Rn. 55 ff. 342 Europäische Kommission, Mitteilung über die Anwendung der Beihilfevorschriften der Europäischen Union auf Ausgleichsleistungen für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse, ABl. 2012 Nr. C 8/4 (nachfolgend „DAWI-Mitteilung“). Die Mitteilung ist Bestandteil des sog. „DAWI-Pakets“, das außerdem die folgenden Rechtsakte umfasst: Beschluss der Kommission v. 20.12.2011 über die Anwendung von Artikel 106 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen zugunsten bestimmter Unternehmen, die mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind („DAWI-Beschluss“), ABl. 2012 L 7/3; Europäische Kommission, Mitteilung v. 11.1.2012 – Rahmen der Europäischen Union für staatliche Beihilfen in Form von Ausgleichsleistungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen („DAWI-Rahmen“), ABl. 2012 C 8/15; Verordnung (EU) Nr. 360/2012 der Kommission v. 25.4.2012 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen an Unternehmen, die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse erbringen, ABl. 2012 L 114/8. Das auch als „Almunia-Paket“ firmierende Maßnahmenpaket hat das sog. „Monti-Kroes-Paket“ aus dem Jahr 2005 abgelöst. Ausführlich zum DAWI-Paket Knauff, ZG 2013, 139 (142 ff.); Sonder/Bühner, BayVBl. 2013, 296; aus der Kommentar-Literatur vgl. Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht, Bd. 3, Art. 107 Abs. 1 AEUV Rn. 132 ff. 343 EuGH, Urt. v. 24.7.2003, Altmark Trans, Rs. C-280/00, ECLI:EU:C:2003:415, Rn. 89; vgl. hierzu Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht, Bd. 3, Art. 107 Abs. 1 AEUV Rn. 138 ff.
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dass die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien als gemeinwirtschaftliche Aufgabe eingeordnet werden kann. Schon weil die Begrifflichkeit aus dem Streit um die Zuordnung bestimmter Maßnahmen auf Ebene des Tatbestands oder im Rahmen von Art. 106 Abs. 2 AEUV hervorging, ist davon auszugehen, dass der vom EuGH in der Ferring-Entscheidung eingeführte Begriff der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung mit dem der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse nach Art. 106 Abs. 2 AEUV gleichbedeutend ist. Das Gericht hat im Rahmen seiner Rechtsprechung bereits bestätigt, dass die Begriffe inhaltlich identisch sind.344 Insoweit kann also grundsätzlich auf die für den Anwendungsbereich von Art. 106 Abs. 2 AEUV entwickelten Maßgaben zurückgegriffen werden.345 Im Ausgangspunkt ist festzustellen, dass im Unionsrecht keine präzise und vollständige Definition für den Begriff der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse existiert.346 Anerkannt ist jedenfalls, dass es sich um einen autonomen Begriff des Unionsrechts handelt.347 Die Unionsgerichte gehen in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass den Mitgliedstaaten hinsichtlich der Bestimmung dessen, was sie als Dienstleistung von allgemeinem Interesse ansehen, ein weiter Ermessensspielraum zukommt. Entsprechend ist die Kontrolle durch die Unionsorgane diesbezüglich auf die Rüge offensichtlicher Beurteilungsfehler beschränkt.348 Die Befugnis zur Definition von gemeinwirtschaftlichen Aufgaben ist aber freilich nicht unbegrenzt und darf nicht willkürlich mit dem Ziel eingesetzt werden, bestimmte Bereiche der Anwendung der Wettbewerbsregeln zu entziehen.349 Damit eine Aufgabe als gemeinwirtschaftlich angesehen werden kann, muss an ihr ein allgemeines wirtschaftliches Interesse bestehen, das sich von dem Interesse an anderen Tätigkeiten des Wirtschaftslebens durch spezifische Merkmale unterscheidet.350 Nach Auffassung der Kommission setzt die Qualifizierung als Dienst344
EuG, Urt. v. 12.8.2008, BUPA, Rs. T-289/03, ECLI:EU:T:2008:29, Rn. 162. Vgl. auch Europäische Kommission, DAWI-Mitteilung, Rn. 47. 346 So ausdrücklich EuG, Urt. v. 12.8.2008, BUPA, Rs. T-289/03, ECLI:EU:T:2008:29, Rn. 167; EuG, Urt. v. 16.7.2014, Zweckverband Tierkörperbeseitigung, Rs. T-309/12, ECLI:EU:T:2014:676, Rn. 105. 347 Folglich darf bei der Auslegung des Begriffs nicht auf mitgliedstaatliche Konzepte wie etwa das deutsche Konzept der Daseinsvorsorge zurückgegriffen werden, vgl. Mestmäcker/ Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht Bd. 1, Art. 106 Abs. 2 AEUV Rn. 77. 348 EuG, Urt. v. 15.6.2005, Olsen/Kommission, Rs. T-17/02, ECLI:EU:T:2005:218, Rn. 216; EuG, Urt. v. 12.8.2008, BUPA, Rs. T-289/03, ECLI:EU:T:2008:29, Rn. 166 und 169; EuG, Urt. v. 16.7.2014, Zweckverband Tierkörperbeseitigung, Rs. T-309/12, ECLI:EU:T:2014:676, Rn. 104. 349 EuG, Urt. v. 12.8.2008, BUPA, Rs. T-289/03, ECLI:EU:T:2008:29, Rn. 168; EuG, Urt. v. 16.7.2014, Zweckverband Tierkörperbeseitigung, Rs. T-309/12, ECLI:EU:T:2014:676, Rn. 106. 350 EuG, Urt. v. 16.7.2014, Zweckverband Tierkörperbeseitigung, Rs. T-309/12, ECLI:EU:T:2014:676, Rn. 106; vgl. auch EuGH, Urt. v. 10.12.1991, Merci Convenzionali Porto di Genova, Rs. C-179/90, ECLI:EU:C:1991:464, Rn. 27. Für einen Überblick der von den Unionsgerichten und der Kommission als Dienstleistung von allgemeinem Interesse bzw. als 345
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leistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse voraus, dass die jeweilige Tätigkeit zum Wohle der Bürger oder im Interesse der Gesellschaft als Ganzes erbracht wird.351 Wesentlich für die Eingrenzung des Begriffs der Dienstleistung von allgemeinem Interesse bzw. der gemeinwirtschaftlichen Aufgabe ist demnach die Unterscheidung zwischen Allgemein- und nicht privilegierungsfähigen Partikularinteressen. Die Erbringung der Dienstleistung muss einem allgemeinen oder öffentlichen Interesse dienen.352 Primäres Ziel der mitgliedstaatlichen Maßnahmen zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien ist der Schutz von Klima und Umwelt durch die Reduktion von Treibhausgasen bei der Stromerzeugung aus konventionellen Energieträgern.353 Der Schutz von Klima und Umwelt liegt zweifellos im allgemeinen Interesse, sodass die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien angesichts der erläuterten Maßgaben grundsätzlich als gemeinwirtschaftliche Aufgabe im Sinne des ersten Altmark-Kriteriums anzuerkennen ist. Bestätigt wird der universale Charakter von Aufgaben mit dieser Zielrichtung im Übrigen auch durch die Rechtsprechung des EuGH. In der Altmark-Entscheidung begründete der Gerichtshof die Berücksichtigungsfähigkeit des Kompensationscharakters der streitgegenständlichen Zahlungen schon auf Ebene des Tatbestands im Ausgangspunkt mit dem Rekurs auf seine Altöl-Entscheidung.354 Die in dem zugrunde liegenden Verfahren mit Blick auf ihre Beihilferechtskonformität auf dem Prüfstand stehenden Zahlungen dienten dem Ausgleich des Aufwands, der durch die Verpflichtungen der empfangenden Unternehmen zur Sammlung und/oder Beseitigung von Altölen ausgelöst wurde. Das wesentliche Ziel der maßgeblichen Richtlinien-Regelungen lag darin, die schadlose Beseitigung von Altölen zu gewährleisten und so die Umwelt gegen die nachteiligen Auswirkungen des Ableitens, des Lagerns oder der Behandlung dieser Öle zu schützen. Dass der EuGH sein Altmark-Urteil in eine Rechtsprechungslinie mit der Altöl-Entscheidung stellt, spricht mit Blick auf das dabei ebenfalls verfolgte Ziel des Schutzes der Umwelt und des Klimas für die Anerkennungsfähigkeit der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien als Dienstleistungen von allgemeinem Interesse bzw. als gemeinwirtschaftliche Aufgabe im Sinne der Altmark-Judikatur. Im Rahmen ihrer beim Gerichtshof eingereichten Erklärung hat im Übrigen auch die Kommission festgestellt, dass der Schutz
gemeinwirtschaftliche Aufgabe anerkannten Leistungen vgl. Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht, Bd. 3, Art. 107 Abs. 1 AEUV Rn. 142. 351 Europäische Kommission, DAWI-Mitteilung, Rn. 50. 352 EuG, Urt. v. 12.8.2008, BUPA, Rs. T-289/03, ECLI:EU:T:2008:29, Rn. 178. 353 Vgl. nur § 1 Abs. 1 EEG 2017: „Zweck dieses Gesetzes ist es, insbesondere im Interesse des Klima- und Umweltschutzes eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu ermöglichen, (…)“ (Hervorhebung durch Verf.). 354 EuGH, Urt. v. 24.7.2003, Altmark Trans, Rs. C-280/00, ECLI:EU:C:2003:415, Rn. 85 und 87; vgl. hierzu schon oben bb).
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der Umwelt gegen die Verunreinigungsgefahren im allgemeinen Interesse liege.355 Es ist nicht ersichtlich, warum für den Schutz der Umwelt und des Klimas vor den negativen Auswirkungen konventioneller Stromerzeugung etwas anderes gelten soll. Kann also festgehalten werden, dass die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien einem allgemeinen Interesse dient, ist noch zu prüfen, ob die Anerkennungsfähigkeit als gemeinwirtschaftliche Aufgabe mit Blick auf die im Rahmen der DAWI-Mitteilung erkennbare strengere Kommissions-Linie zu hinterfragen ist. Danach soll eine gemeinwirtschaftliche Verpflichtung nicht an eine Dienstleistung geknüpft werden, „die von im Einklang mit den Marktregeln handelnden Unternehmen zu normalen Marktbedingungen, die sich z. B. im Hinblick auf den Preis, objektive Qualitätsmerkmale, Kontinuität und den Zugang zu der Dienstleistung mit dem vom Staat definierten öffentlichen Interesse decken, zufriedenstellend erbracht wird oder erbracht werden kann.“356 Die von der Kommission damit avisierte Prüfung des Vorliegens eines Marktversagens im Rahmen der Altmark-Ausnahme wird mit Blick auf die einhergehende Beschränkung des Ermessens der Mitgliedstaaten bei Bestimmung gemeinwirtschaftlicher Aufgaben in der Literatur teilweise kritisch hinterfragt.357 Für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien dürfte sich aber auch nach Maßgabe dieser einschränkenden Auslegung kein Problem ergeben. Denn in ihren an späterer Stelle noch genauer in den Blick zu nehmenden Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen bestätigt die Kommission selbst ausdrücklich das Vorliegen eines Marktversagens, dessen Ursache darin zu sehen sei, dass das Emissionshandelssystem (EU-ETS)358 die Kosten von Treibhausgasemissionen bislang nur unzureichend internalisiere, die mit den Erfordernissen des Umweltschutzes zusammenhängenden Kosten also nicht vollständig entsprechend dem Verursacherprinzip in die Produktionskosten der Unternehmen einfließen würden, die den CO2-Ausstoß verursachen. Die Kommission stellt ausdrücklich klar, dass dieses verbleibende Marktversagen durch Beihilfen zur Förderung erneuerbarer Energien behoben werden könne.359 Zwar dienen die Leitlinien der Konkretisierung 355
Vgl. EuGH, Urt. v. 7.2.1985, Procureur de la République/ADBHU, Rs. 240/83, ECLI:EU:C:1985:59, S. 541 f. 356 Europäische Kommission, DAWI-Mitteilung, Rn. 48. Vgl. auch Mitteilung der Kommission – Leitlinien der EU für die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen im Zusammenhang mit dem schnellen Breitbandausbau, ABl. 2013 C 25/1 Rn. 459. 357 Klasse, in: Szyszczak/van de Gronden (Hrsg.), Financing Services of General Economic Interest, S. 35 (40); vgl. auch Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht Bd. 1, Art. 106 Abs. 2 AEUV Rn. 82, die der Übertragung des Konzepts des Marktversagens auf den Anwendungsbereich der Altmark-Ausnahme und im Rahmen von Art. 106 Abs. 2 AEUV jedenfalls dann widersprechen, wenn eine enge Auslegung des Begriffs des Marktversagens in dem Sinne zugrunde gelegt wird, dass nur Fälle allokativen Marktversagens umfasst sein sollen. 358 Zum EU-Emissionshandelssystem vgl. schon oben § 1 A. II. 359 Europäische Kommission, Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2020 – 2014, ABl. 2014 C 200/01, Rn. 115.
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des Genehmigungsermessens der Kommission im Rahmen von Art. 107 Abs. 3 lit. c) AEUV. Die Aussage, dass ein Marktversagen vorliegt, muss aber freilich auch im Kontext des ersten Altmark-Kriteriums Gültigkeit beanspruchen. (b) Betrauung und obligatorischer Charakter Kann also nach dem Vorstehenden davon ausgegangen werden, dass die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien grundsätzlich als gemeinwirtschaftliche Aufgabe anerkennungsfähig ist, sind nun die weiteren Maßgaben des ersten AltmarkKriteriums zu entfalten. Im Rahmen des ersten Altmark-Kriteriums ist es nicht ausreichend, dass ein Unternehmen in einem Gemeinwohlinteresse tätig wird. Vielmehr ist erforderlich, dass eine konkrete Betrauung mit einer gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung gegeben ist. Von wesentlicher Bedeutung ist zunächst der obligatorische Charakter der in Rede stehenden Dienstleistung. Nach der Rechtsprechung des Gerichts erster Instanz muss es so liegen, dass die betrauten Unternehmen im Sinne eines Kontrahierungszwangs grundsätzlich verpflichtet sind, die Dienstleistung gegenüber jedem zu erbringen, der diese nachfragt.360 Eine solche Verpflichtung zur Leistungserbringung ist schon deshalb zu fordern, weil andernfalls nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Staat seiner in Anspruch genommenen Gewährleistungsverantwortung gerecht werden kann. Die Erfüllung einer gemeinwirtschaftlichen Aufgabe kann nur durch die Implementierung einer entsprechenden Verpflichtung des beauftragten Unternehmens sichergestellt werden.361 Im Einklang mit der Rechtsprechung des EuG geht auch die Kommission in ihrer Entscheidungspraxis von der Notwendigkeit einer rechtlichen Verpflichtung zur Leistungserbringung aus. Von besonderer Aussagekraft ist insoweit die Entscheidung der Kommission im Beihilfeverfahren zu den vom Vereinigten Königreich vorgesehenen Fördermaßnahmen für das Kernkraftwerk „Hinkley Point C“.362 Teil der Unterstützungsleistungen zugunsten der Betreibergesellschaft NNB Generation Company Limited („NNBG“) sind neben der Gewährung einer Kredit-Garantie und der Zusage von Kompensationszahlungen für den Fall politisch determinierter Abschaltung insbesondere erzeugungsbezogene Zahlungen auf Grundlage eines Contract for Difference.363 Das Vereinigte König360 EuG, Urt. v. 12.8.2008, BUPA, Rs. T-289/03, ECLI:EU:T:2008:29, Rn. 188 f.; vgl. auch Cremer, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, Art. 107 AEUV Rn. 18; Mestmäcker/ Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht, Bd. 3, Art. 107 Abs. 1 AEUV Rn. 145. 361 Klein, Rechtliche Rahmenbedingungen für den Ausbau von Wettbewerbselementen bei der Förderung Erneuerbarer Energien, S. 81. 362 Europäische Kommission, Beschluss 2015/658 v. 8.10.2014, C(2014) 7142, ABl. L 109/ 44; s. hierzu Robins/Chakma, EStAL 15 (2016), 247; vgl. auch Kahles/Grabmayr, ZUR 2016, 138 (139 ff.). 363 Für eine Beschreibung der Fördermaßnahmen vgl. Europäische Kommission, Beschluss 2015/658 v. 8.10.2014, C(2014) 7142, ABl. L 109/44, Rn. 6 ff.; s. auch die Übersicht bei Robins/Chakma, EStAL 15 (2016), 247 (250); zur CfD-Förderung im Vereinigten Königreich vgl. oben § 3 C. I.
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reich berief sich auf die Altmark-Rechtsprechung und machte mit Blick auf das erste Kriterium geltend, dass zum einen durch die Vertragsbedingungen, insbesondere durch die Vereinbarung andernfalls bestehender Kündigungsmöglichkeiten, zum anderen aber auch durch das wirtschaftliche Risiko hoher versunkener Kosten ein Zwang zur Errichtung des Kraftwerks und zur Stromproduktion vermittelt werde. In ihrer Entscheidung anerkennt die Kommission zwar den bezeichneten betriebswirtschaftlichen Anreiz auf Seiten von NNBG, lässt diesen aber für die Erfüllung des ersten Altmark-Kriteriums nicht genügen. Die Wettbewerbsbehörde stellt insoweit fest, dass NNBG weder eine rechtliche Verpflichtung zur Errichtung des Kraftwerks noch zur Stromproduktion auferlegt werde.364 Als Grundlage für die Verpflichtung zur Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Aufgabe fordert der EuGH einen staatlichen Betrauungsakt. Der Betrauungsakt belegt die mitgliedstaatliche Entscheidung, die Gewährleistungsverantwortung für die Vorhaltung bestimmter Dienstleistungen zu übernehmen.365 Auf diese Weise wird sichergestellt, dass nur die staatlich begründete Aufgabenwahrnehmung Vorrang vor dem EU-Wettbewerbsrecht genießt, Unternehmen also nicht selbst über den Umfang ihrer Gebundenheit entscheiden können.366 Hinsichtlich der Anforderungen an den Betrauungsakt gelten wiederum dieselben Maßgaben wie im Freistellungskontext auf Ebene von Art. 106 Abs. 2 AEUV.367 Erforderlich ist nach ständiger Rechtsprechung der Unionsgerichte ein „Hoheitsakt der öffentlichen Gewalt“.368 Dabei herrscht Formfreiheit, die Betrauung kann also mittels eines Legislativakts ebenso erfolgen wie durch Verwaltungsakt oder den Abschluss eines Vertrags.369 Die Kommission bestätigt die bezeichnete Formfreiheit, formuliert aber Mindestanforderungen betreffend den Inhalt des Betrauungsakts. Festzulegen sind danach Gegenstand und Dauer der Verpflichtungen, die betreffenden Unternehmen und die Art der diesen gegebenenfalls gewährten ausschließlichen oder besonderen Rechte sowie die Parameter zur Berechnung des Ausgleichs und die Maßnahmen zur Vermeidung von Überkompensationen.370 Angesichts dieser Maßgaben hat die Kommission im Beihilfeverfahren zum EEG 2012 bereits das Vorliegen des ersten Altmark-Kriteriums mit Recht abgelehnt. Denn durch die Regelungen wurden Anlagenbetreiber nicht mit einer gemeinwirt364
Europäische Kommission, Beschluss 2015/658 v. 8.10.2014, C(2014) 7142, ABl. L 109/ 44, Rn. 312 f. 365 Vgl. hierzu zuletzt Burgi, EuZW 2017, 90. 366 Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht Bd. 1, Art. 106 Abs. 2 AEUV Rn. 53. 367 Burgi, EuZW 2017, 90 (92); Mestmäcker/Schweitzer, in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht, Bd. 3, Art. 107 Abs. 1 AEUV Rn. 148; Wolf, in: Säcker/Montag (Hrsg.), EU State Aid Law, Part III Rn. 31; vgl. auch EuG, Urt. v. 12.8.2008, BUPA, Rs. T-289/03, ECLI:EU:T:2008:29, Rn. 181. 368 Vgl. EuGH, Urt. v. 27.3.1974, BRT II, Rs. 127 – 73, ECLI:EU:C:1974:25, Rn. 19/21. 369 Cremer, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, Art. 107 AEUV Rn. 18. 370 Europäische Kommission, DAWI-Mitteilung, Rn. 52.
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schaftlichen Verpflichtung betraut. Die Inanspruchnahme von Einspeisevergütung oder Marktprämie setzte nicht die Eingehung einer Primärverpflichtung zur Stromerzeugung voraus. Vielmehr handelte es sich um eine bloße Anspruchsberechtigung in dem Sinne, dass Stromproduzenten jederzeit von der Erzeugung absehen und damit auf die Zahlungen verzichten konnten.371 Die Anlagenbetreiber reagierten also – wie die Kommission zutreffend festgestellt hat – lediglich auf den durch die Regelungen des EEG 2012 vermittelten Anreiz, möglichst viel Strom zu erzeugen und einzuspeisen, um möglichst viel Fördermittel in Anspruch nehmen zu können.372 Dass ein solcher wirtschaftlicher Anreiz nach der mit Blick auf die Rechtsprechung des EuG zustimmungswürdigen Auffassung der Kommission aber nicht ausreicht, belegt der bezeichnete Beschluss zur Förderung des Kernkraftwerks Hinkley Point C. Nicht überzeugend ist es, den Andienungszwang, d. h. die Verpflichtung der Anlagenbetreiber, nach Geltendmachung des Vergütungsanspruchs den gesamten in der Anlage erzeugten Strom in das Netz einzuspeisen und dem Netzbetreiber zur Verfügung zu stellen373, ausreichen zu lassen.374 Denn hierbei handelt es sich lediglich um eine Anspruchsvoraussetzung, durch welche sichergestellt wird, dass Fördermittel nicht ohne Gegenleistung ausgekehrt werden. Diese Regelung der Konnexität von Vergütungsanspruch und tatsächlicher Einspeisung vermittelt keine Verpflichtung zur Stromerzeugung und vermag nicht gleichermaßen die Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Aufgabe sicherzustellen.375 Mit Blick auf die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien ist somit unabhängig von der Wahl des Fördermodells erforderlich, dass Anlagenbetreibern eine Verpflichtung zur Erzeugung und Einspeisung auferlegt wird. Für Betreiber dargebotsabhängiger EE-Anlagen müsste diese Verpflichtung wohl so ausgestaltet werden, dass diese zur Erzeugung einer bestimmten Menge elektrischer Arbeit innerhalb eines bestimmten Referenzzeitraums verpflichtet werden. Eine bloße Verpflichtung zur Errichtung der Anlage kann bei erzeugungsbezogener Förderung hingegen nicht ausreichen, da der gemeinwirtschaftlichen Zielstellung, dem Schutz von Klima und Umwelt, erst durch tatsächliche Erzeugung gedient wird.376
371 Klein, Rechtliche Rahmenbedingungen für den Ausbau von Wettbewerbselementen bei der Förderung Erneuerbarer Energien, S. 81 f. 372 Europäische Kommission, Beschluss 2015/1585 v. 25.11.2014, C(2014) 8786, ABl. L 250/122, Rn. 85. 373 Für den Anspruch auf Zahlung der Einspeisevergütung vgl. § 16 Abs. 3 EEG 2012. 374 In diese Richtung aber Ismer/Karch, ZUR 2013, 526 (531). 375 Überzeugend Klein, Rechtliche Rahmenbedingungen für den Ausbau von Wettbewerbselementen bei der Förderung Erneuerbarer Energien, S. 81 f. 376 Kahles/Grabmayr, ZUR 2016, 138 (140).
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(2) Zweites Altmark-Kriterium: Objektive und transparente Parameter zur Berechnung des Ausgleichs Nach dem zweiten Altmark-Kriterium müssen die Parameter zur Berechnung des Ausgleichs zuvor objektiv und transparent aufgestellt worden sein. Hierdurch soll verhindert werden, dass der Ausgleich einen wirtschaftlichen Vorteil mitbringt, der das empfangende Unternehmen gegenüber seinen Konkurrenten begünstigt.377 Insoweit ist im Ausgangspunkt zu beachten, dass die Mitgliedstaaten nach der Rechtsprechung des EuG auch bei der Bestimmung des Ausgleichs der Kosten über einen weiten Beurteilungsspielraum verfügen.378 Gerade angesichts dieses Beurteilungsspielraums sollen die Unionsorgane das Vorliegen objektiver und transparenter Parameter überprüfen können, anhand derer ausgeschlossen werden kann, dass die Mitgliedstaaten in missbräuchlicher Weise auf den Begriff der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse zurückgreifen.379 Insbesondere auch mit Blick auf das Verbot der Überkompensation nach dem dritten AltmarkKriterium muss den Unionsorganen jedenfalls eine oberflächliche Kontrolle möglich sein.380 Die Kommission lässt es ausweislich ihrer DAWI-Mitteilung insoweit ausreichen, wenn ex ante feststeht, wie der Ausgleich zu berechnen ist.381 Mit Blick auf den Ersatz der Kosten ist entsprechend vorab festzulegen, wie diese bestimmt und kalkuliert werden. Auch soweit ein angemessener Gewinn gewährt werden soll, sind die Parameter zu dessen Berechnung im Betrauungsakt zu bezeichnen.382 Besondere Implikationen für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien ergeben sich aus der DAWI-Mitteilung im Hinblick auf das die Auswahl der zu betrauenden Unternehmen betreffende vierte Altmark-Kriterium. Sofern nämlich die Übertragung der Dienstleistung mittels einer öffentlichen Ausschreibung erfolgt, muss die Methode zur Berechnung der Ausgleichsleistung aus den allgemein verfügbaren Ausschreibungsbedingungen ersichtlich sein.383 (3) Drittes Altmark-Kriterium: Erforderlichkeit des Ausgleichs Gemäß dem dritten Altmark-Kriterium darf der Ausgleich der Höhe nach nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um die Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung bei Berücksichtigung der dabei erzielten Einnahmen und eines angemessenen Gewinns zu decken. Durch dieses Verbot der Überkompensation soll gewährleistet werden, dass dem betreffenden Unternehmen kein Vorteil gewährt wird, durch den die Wettbewerbsstellung des Unternehmens 377 378 379 380 381 382 383
EuGH, Urt. v. 24.7.2003, Altmark Trans, Rs. C-280/00, ECLI:EU:C:2003:415, Rn. 90 f. EuG, Urt. v. 12.8.2008, BUPA, Rs. T-289/03, ECLI:EU:T:2008:29, Rn. 214. EuG, Urt. v. 12.8.2008, BUPA, Rs. T-289/03, ECLI:EU:T:2008:29, Rn. 214. EuG, Urt. v. 12.8.2008, BUPA, Rs. T-289/03, ECLI:EU:T:2008:29, Rn. 210. Europäische Kommission, DAWI-Mitteilung, Rn. 55. Europäische Kommission, DAWI-Mitteilung, Rn. 56 f. Europäische Kommission, DAWI-Mitteilung, Rn. 59.
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gestärkt und so der Wettbewerb verfälscht wird oder eine solche Verfälschung droht.384 Das dritte Altmark-Kriterium entspricht dem schon in der Ferring-Entscheidung betonten Nettomehrkostenprinzip.385 Es sind danach nur die Kosten berücksichtigungsfähig, die durch die Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung entstehen. Sofern Einnahmen erzielt werden, sind diese in Abzug zu bringen. Durch das Verbot der Überkompensation soll insbesondere vermieden werden, dass Quersubventionspotentiale zugunsten von im Wettbewerb stehenden Unternehmen dem Kontrollstrahl der Kommission entzogen werden. Berücksichtigungsfähig ist ein angemessener Gewinn. Referenzgröße ist dabei die Kapitalrendite, die ein typisches Unternehmen zugrunde legt, um unter Berücksichtigung des jeweiligen Risikos zu entscheiden, ob es die Verpflichtung erfüllt.386 Zu beachten ist, dass den Mitgliedstaaten auch hinsichtlich der Beurteilung der erstattungsfähigen Mehrkosten ein Ermessensspielraum zukommt. Die Kontrollbefugnis der Kommission ist daher wiederum auf das Vorliegen offenkundiger Fehler beschränkt.387 Mit Blick auf die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien ergibt sich aus dem dritten Altmark-Kriterium somit das Erfordernis, Gestaltungselemente zu implementieren, die dazu beitragen, eine Überkompensation der Anlagenbetreiber zu vermeiden. Hier weisen Instrumente mit wettbewerblicher Ermittlung der Förderhöhe naturgemäß Vorteile auf. Anhaltspunkte für die Auffassung der Kommission können wiederum den Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien entnommen werden. In diesen betont die Kommission insbesondere die Eignung von Ausschreibungslösungen als Instrument zur Vermeidung von Überkompensationen. Zu beachten ist dabei, dass vor allem technologieneutral ausgestalteten Ausschreibungen die Fähigkeit zugeschrieben wird, die Angemessenheit der Beihilfe sicherzustellen.388 Dies erscheint jedenfalls insofern bemerkenswert, als gerade technologieneutral ausgestalteten Förderinstrumenten der Vorwurf anhaftet, hohe Renditen für Betreiber von Anlagen mit unterdurchschnittlichen Kosten zu ermöglichen.389 (4) Viertes Altmark-Kriterium: Vergabeverfahren oder Effizienztest Sofern die Wahl des mit der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Aufgabe betrauten Unternehmens nicht in einem Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge erfolgt, das die Auswahl des Unternehmens ermöglicht, das die Dienste zu den geringsten Kosten für die Allgemeinheit erbringen kann, muss nach dem vierten 384
EuGH, Urt. v. 24.7.2003, Altmark Trans, Rs. C-280/00, ECLI:EU:C:2003:415, Rn. 92. Koenig, BB 2003, 2185 (2186 f.). 386 Europäische Kommission, DAWI-Mitteilung, Rn. 61. 387 EuG, Urt. v. 12.8.2008, BUPA, Rs. T-289/03, ECLI:EU:T:2008:29, Rn. 220. 388 Europäische Kommission, Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2020 – 2014, ABl. 2014 C 200/01, Rn. 87 und 109. 389 Vgl. dazu oben § 4 C. I. 2. b). 385
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Altmark-Kriterium die Höhe des Ausgleichs auf Grundlage einer Analyse der Kosten bestimmt werden, die ein durchschnittliches, gut geführtes und angemessen ausgestattetes Unternehmen hätte.390 Anhand des vierten Altmark-Kriteriums soll sichergestellt werden, dass nur die effiziente Leistungserbringung kompensiert werden kann, ohne dass eine Begünstigung im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV vorliegt. Auch wenn der Rechtsprechung des EuGH keine Rangordnung entnommen werden kann, präferiert die Kommission im Rahmen der Effizienzprüfung ausweislich ihrer DAWI-Mitteilung grundsätzlich die Durchführung von Ausschreibungen. Die Anforderungen an das Verfahren leiten sich von der Vorgabe des Gerichtshofs ab, dasjenige Unternehmen zu ermitteln, welches die gemeinwirtschaftliche Verpflichtung zu den geringsten Kosten für die Allgemeinheit erfüllt. Die Kommission sieht in der Durchführung einer offenen, transparenten und diskriminierungsfreien öffentlichen Ausschreibung nach Maßgabe der bei Veröffentlichung der DAWI-Mitteilung geltenden Vergaberichtlinien391 die einfachste Möglichkeit zur Einhaltung des vierten Altmark-Kriteriums. Auch unabhängig von einer dahingehenden Verpflichtung sei eine an den Maximen der Offenheit, Transparenz und Diskriminierungsfreiheit ausgerichtete öffentliche Ausschreibung eine angemessene Methode, um verschiedene potenzielle Angebote vergleichen und den Ausgleich so festlegen zu können, dass das Vorliegen einer Beihilfe ausgeschlossen werden kann.392 Demgemäß ergeben sich keine Probleme, wenn das Verfahren so gestaltet ist, dass alle interessierten Wirtschaftsteilnehmer ein Angebot abgeben können, es sich mithin um ein offenes Verfahren im Sinne der Vergaberichtlinien393 handelt. Jedenfalls darf interessierten Unternehmen nicht ohne stichhaltige Begründung die Möglichkeit der Gebotsabgabe verwehrt werden.394 Mit Blick auf das Vergabe- bzw. Zuschlagskriterium ist dem vierten Altmark-Kriterium jedenfalls dann Genüge getan, wenn insoweit allein der niedrigste Preis maßgeblich ist.395 Von zentraler 390
EuGH, Urt. v. 24.7.2003, Altmark Trans, Rs. C-280/00, ECLI:EU:C:2003:415, Rn. 93. Richtlinie 2004/17/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste, ABl. L 134/1 und Richtlinie 2004/18/ EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge, ABl. L 134/114. 392 Europäische Kommission, DAWI-Mitteilung, Rn. 63 f. 393 Vgl. die Begriffsbestimmung in Art. 1 Abs. 11 lit. a) Richtlinie 2004/18 EG. 394 Unter dieser Maßgabe kann das vierte Altmark-Kriterium auch bei Durchführung eines nichtoffenen Verfahrens im Sinne von Art. 1 Abs. 11 lit. b) Richtlinie 2004/18/EG erfüllt sein, vgl. Europäische Kommission, DAWI-Mitteilung, Rn. 66. 395 Nach Auffassung der Kommission soll es aber mit den Maßgaben des vierten AltmarkKriteriums auch vereinbar sein, wenn der Zuschlag nach den maßgeblichen Regelungen auf das „wirtschaftlichste Angebot“ im Sinne von Art. 53 Abs. 1 lit. b) Richtlinie 2004/18/EG bzw. Art. 55 Abs. 1 lit. b) Richtlinie 2004/17/EG fallen soll. Für diesen Fall setzt die Kommission aber voraus, dass die im Rahmen dieses Sammelkriteriums berücksichtigten Einzelaspekte „eng mit dem Gegenstand der erbrachten Dienstleistung im Zusammenhang steht und das wirt391
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Bedeutung ist, dass durch die Implementierung des Verfahrens die Entstehung echten, freien Wettbewerbs gewährleistet wird.396 Gerade angesichts der Maßgaben aus der DAWI-Mitteilung ist davon auszugehen, dass die Einführung von Ausschreibungen eine beihilfefreie Ausgestaltung der EEFörderung begünstigt. Erfolgt die Förderung hingegen nicht im Wege eines Ausschreibungsverfahrens, muss die Ausgleichsleistung anhand einer ökonomischen Vergleichsanalyse mit einem durchschnittlichen, gut geführten Unternehmen bestimmt werden. Sofern eine allgemein akzeptierte marktübliche Vergütung besteht, stellt diese nach Auffassung der Kommission den besten Anhaltspunkt für die Bestimmung der Ausgleichsleistung dar.397 Diesem Erfordernis dürfte jedenfalls dann Genüge getan sein, wenn die Förderhöhe selbst – wie im Quotenmodell – im Wettbewerb ermittelt wird. (5) Zwischenfazit Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien ist mit Blick auf ihre umweltund klimaschützende Zielstellung grundsätzlich als gemeinwirtschaftliche Aufgabe im Sinne des ersten Altmark-Kriteriums anerkennungsfähig. In diesem Zusammenhang zwingt auch der Blick auf die strengere Kommissionslinie zu keinem anderen Ergebnis, da die Brüsseler Wettbewerbsbehörde das Vorliegen eines Marktversagens im Bereich der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien in ihren Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien selbst bestätigt. Im Rahmen der ersten beiden Altmark-Kriterien ergeben sich keine besonderen Implikationen für die Wahl eines bestimmten Fördermodells. Als neuralgischer Punkt dürfte sich hier regelmäßig die im Rahmen des ersten Kriteriums zu fordernde Betrauung mit einer gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung erweisen. Zwingend erforderlich ist die Implementierung einer rechtlichen Verpflichtung zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. Mit dem Hinweis auf deren Fehlen hat die Kommission die Konformität der Förderregelungen des EEG 2012 mit den AltmarkKriterien verneint. Hinsichtlich des Verbots der Überkompensation und des Effizienztests im Rahmen des dritten und vierten Altmark-Kriteriums ist davon auszugehen, dass Ausschreibungsverfahren jedenfalls den Anforderungen der Kommission am besten entsprechen. Dies ergibt sich zum einen bereits aus der DAWIMitteilung selbst. Bestätigt wird dieser Eindruck im Übrigen durch einen Blick in die Leitlinien für Umwelt- und Energiebeihilfen.
schaftlich günstigste Angebot dem Marktwert entspricht.“, vgl. Europäische Kommission, DAWI-Mitteilung, Rn. 67. 396 Europäische Kommission, DAWI-Mitteilung, Rn. 68. 397 Europäische Kommission, DAWI-Mitteilung, Rn. 69.
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c) Schlussfolgerungen für die Regelungen des EEG 2017 Auf Grundlage der vorstehend herausgearbeiteten Maßgaben sollen nachfolgend die Regelungen des EEG 2017 in den Blick genommen werden. Die paradigmatischen Neuerungen der Fördersystematik geben Anlass zur Untersuchung der Frage, ob sich hinsichtlich der Erfüllung der Altmark-Kriterien Änderungen im Vergleich zum EEG 2012 ergeben. aa) Betrauung mit einer gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung auf Grundlage des EEG 2017? Es wurde dargelegt, dass die Kommission zu Recht davon ausgegangen ist, dass Anlagenbetreiber im Rahmen des EEG 2012 nicht im Sinne des ersten AltmarkKriteriums mit einer gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung betraut wurden. Zu fragen ist nun, ob sich für Anlagenbetreiber, die nach Maßgabe des EEG 2017 ihre Förderung auf Grundlage der erfolgreichen Teilnahme an einer Ausschreibung erhalten, ein anderes Bild zeigt. Angesichts der tiefgreifenden Änderungen der Fördersystematik kann zunächst die Frage nach dem obligatorischen Charakter neu gestellt werden. Die insoweit bestehenden Anforderungen waren auf Grundlage des EEG 2012 eindeutig nicht erfüllt, da Anlagenbetreiber jederzeit von der Stromerzeugung Abstand nehmen konnten, ohne dass dies mit einer anderen Folge als des Ausbleibens der Gegenleistung in Gestalt der Zahlung von Einspeisevergütung bzw. Marktprämie verbunden gewesen wäre. Diese „reine Anreizlogik“398 hat durch die Umstellung auf Ausschreibungen nun erhebliche Umgestaltungen erfahren. Durch die bereits skizzierte Gestaltung des Ausschreibungsverfahrens nach Maßgabe des EEG 2017 wurden verschiedene Elemente implementiert, die die tatsächliche Errichtung und Inbetriebnahme der Anlagen gewährleisten sollen. Im Zentrum steht dabei § 55 EEG 2017, nach welchem Bieter mittels der Androhung von Strafzahlungsverpflichtungen zur Umsetzung der bezuschlagten Anlagen angehalten werden sollen: Danach wird eine Pflicht zur Zahlung von Pönalen ausgelöst, sofern im Einzelnen geregelte technologiespezifische Fristen zur Realisierung der Anlage und deren Inbetriebnahme nicht gewahrt werden. Exemplarisch soll dies am Beispiel der für Windenergieanlagen an Land erläutert werden: Nach § 55 I Nr. 1 EEG 2017 müssen Bieter an den regelverantwortlichen ÜNB eine Pönale leisten, soweit mehr als 5 % der Gebotsmenge eines bezuschlagten Gebots für eine Windenergieanlage an Land entwertet werden. Eine solche Entwertung nimmt die BNetzA nach § 35a I Nr. 1 EEG 2017 unter anderem399 vor, soweit der Zuschlag nach Ablauf 398
So treffend Kahles/Grabmayr, ZUR 2016, 138 (141). Daneben entwertet die BNetzA einen Zuschlag, wenn der Bieter von einem Recht zur Rückgabe des Zuschlags Gebrauch macht, im Fall der Rücknahme oder des Widerrufs des Zuschlags durch die BNetzA oder wenn der Zuschlag durch Zeitablauf seine Wirksamkeit verliert, vgl. § 35a I Nr. 2 – 4 EEG 2017. 399
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der technologiespezifischen Realisierungsfrist – im Falle der Windenergie an Land 30 Monate nach der öffentlichen Bekanntgabe des Zuschlags400 – erlischt. Zusätzlich wird eine Verpflichtung zur Strafzahlung bereits ausgelöst, wenn bestimmte wiederum jeweils technologiespezifisch geregelte Fristen zur Inbetriebnahme nicht eingehalten werden. Im Falle der Windenergie an Land setzt eine solche Sanktion ein, wenn die Anlage mehr als 24 Monate nach der öffentlichen Bekanntgabe des Zuschlags in Betrieb genommen worden ist, § 55 I Nr. 2 EEG 2017. Nicht unerheblicher Druck zur tatsächlichen Inbetriebnahme dürfte des Weiteren aus dem im Zeitpunkt des Zuschlags bereits realisierten Kostenaufwand zur Erfüllung der Präqualifikationsanforderungen resultieren.401 Die Regelungen verdeutlichen, dass sich die Situation für Anlagenbetreiber durch die Umstellung auf Ausschreibungen zwar erheblich verändert hat. Mit Blick auf die oben herausgearbeiteten Maßgaben vermag die paradigmatische Neugestaltung gleichwohl nicht die Erfüllung des ersten Altmark-Kriteriums zu bewirken. Denn nach wie vor fehlt es an der Implementierung einer einklagbaren Primärverpflichtung der Anlagenbetreiber zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. Die implementierten Gestaltungselemente lösen zwar einen erheblichen betriebswirtschaftlichen Anreiz zur Errichtung und tatsächlichen Inbetriebnahme der bezuschlagten Kapazitäten aus. Eine solche indirekte Lenkungswirkung reicht aber nach den obigen Feststellungen gerade nicht aus. Insoweit wurde gezeigt, dass ein System drohender Kostennachteile mit Blick auf die Erfordernisse des ersten AltmarkKriteriums eine primäre Leistungspflicht gerade nicht ersetzen kann. Nur durch die Implementierung einer solchen Verpflichtung kann der Staat aber seiner im Bereich der Daseinsvorsorge zentralen Gewährleistungsverantwortung gerecht werden. Auch auf Grundlage des EEG 2017 fehlt es damit im Ergebnis an der Betrauung mit einer gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung, weshalb die Aktivierung der AltmarkJudikatur auch weiterhin ausgeschlossen bleibt.402 bb) Vereinbarkeit mit den weiteren Altmark-Kriterien Auch wenn damit bereits infolge des Fehlens des obligatorischen Charakters weiterhin aus dem Rekurs auf die Altmark-Ausnahme nicht die Beihilfefreiheit der Fördermaßnahmen hergeleitet werden kann, sollen die Regelungen des EEG 2017 im Folgenden gleichwohl noch an den Anforderungen der übrigen Altmark-Kriterien gemessen werden.
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§ 36e I EEG 2017. So können für Windenergieanlagen an Land bis zur immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bereits 19 % der Gesamtkosten angefallen sein, vgl. BMWi (Hrsg.), EEG-Novelle 2016. Fortgeschriebenes Eckpunktepapier zum Vorschlag des BMWi für das neue EEG, S. 11. 402 So für das EEG 2014 Kahles/Grabmayr, ZUR 2016, 138 (139 ff.); im Ergebnis auch Ouertani, Umlagesysteme im Energierecht, S. 229 f. 401
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Mit Blick auf das der Transparenz dienende zweite Altmark-Kriterium ist im Falle von Ausschreibungen zu fordern, dass die Methode zur Berechnung der Ausgleichsleistung aus den Ausschreibungsunterlagen hervorgeht. Diesen Anforderungen wird durch die Gestaltung des EEG 2017 grundsätzlich Genüge getan. Denn die Preisbildung wird im EEG 2017 detailliert geregelt: Im Ausgangspunkt richtet sich die Höhe des Zahlungsanspruchs nach dem anzulegenden Wert, § 23 I EEG 2017. Wie anhand des anzulegenden Wertes die Höhe der Marktprämie zu berechnen ist, ergibt sich im Einzelnen aus § 23a i. V. m. Anlage 1 EEG 2017.403 Soweit der anzulegende Wert als Berechnungsgrundlage für die Marktprämie nach § 22 EEG 2017 durch Ausschreibungen zu ermitteln ist, wird die maßgebliche Methodik jeweils im Einzelnen geregelt. Im Zentrum steht dabei zunächst das Zuschlagsverfahren, das für alle Technologien allgemein in § 32 EEG 2017 geregelt ist: Danach werden die Gebote ausgehend vom niedrigsten Gebotswert in aufsteigender Reihenfolge berücksichtigt, bis die Zuschlagsgrenze erreicht ist, § 32 I 4 EEG 2017. Der so ermittelte Zuschlagswert entspricht dabei grundsätzlich jeweils dem individuellen Gebotswert.404 Wie aus dem Zuschlagswert der anzulegende Wert berechnet wird, ist jeweils im Detail technologiespezifisch geregelt. Während etwa der anzulegende Wert für Solaranlagen mit dem Zuschlagswert identisch ist405, ist er für Windenergieanlagen an Land im Wege einer komplizierten – und in § 36h i. V. m. Anlage 2 EEG 2017 detailliert vorgegebenen – Berechnung im Rahmen des einstufigen Referenzertragsmodells406 zu ermitteln.407 Damit zeigt sich, dass die Parameter zur Berechnung des Ausgleichs jeweils im Einzelnen gesetzlich vorgegeben sind. Angesichts des so skizzierten Detaillierungsgrades der Regelungen zur Berechnung der Förderhöhe ist im Ergebnis von der Konformität mit den Maßgaben des zweiten Altmark-Kriteriums auszugehen.408 Mit Blick auf das zur Vermeidung von Überkompensationen gerichtete dritte Altmark-Kriterium ist auf die oben angedeutete Verzahnung zwischen Tatbestandsund Rechtfertigungsebene zurückzukommen: Soweit die Kommission in den Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien von der Angemessenheit der Förderzahlung ausgeht, wenn deren Höhe durch Ausschreibungen ermittelt wurde, weist die Implementierung eines Ausschreibungsverfahrens grundsätzlich auch in Richtung der 403 Danach entspricht die Marktprämie der Differenz des anzulegenden Wertes in Cent pro Kilowattstunde und des jeweils maßgeblichen Monatsmarktwertes in Cent pro Kilowattstunde, vgl. Nr. 1.1 Anlage 1 (zu § 23a) EEG 2017. 404 Vgl. die Begriffsbestimmung in § 3 Nr. 51 EEG 2017, wonach „Zuschlagswert“ den anzulegenden Wert bezeichnet, „zu dem ein Zuschlag in einer Ausschreibung erteilt wird; er entspricht dem Gebotswert, soweit sich aus den nachfolgenden Bestimmungen nichts anderes ergibt.“ 405 § 38b I EEG 2017. 406 Zum Referenzertragsmodell nach Maßgabe des EEG 2017 s. schon oben § 2 C. II. 3. b). 407 Für Windenergieanlagen auf See entspricht der anzulegende Wert dem Gebotswert des bezuschlagten Gebots, vgl. § 23 II WindSeeG. 408 So für die Regelungen der FFAV Kahles/Grabmayr, ZUR 2016, 138 (141 f.); für das EEG 2012 vgl. Ismer/Karch, ZUR 2013, 526 (532).
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Vereinbarkeit mit dem dritten Altmark-Kriterium. Dabei ist davon auszugehen, dass die Kommission insbesondere solchen Gestaltungen das Potential zur Vermeidung von Überkompensationen zuspricht, die den Vorgaben der Leitlinien entsprechen. Eine augenfällige Abweichung des EEG 2017 von den Maßgaben der Leitlinien besteht nun darin, dass die Ausschreibungen im Rahmen des EEG grundsätzlich technologiespezifisch erfolgen. Allerdings ist nicht ersichtlich, dass dies der Erfüllung des dritten Altmark-Kriteriums entgegenstehen würde. Es wurde bei der Darstellung der ordnungspolitischen Instrumenten-Diskussion gezeigt, dass eine technologiespezifische Förderung gerade der Vermeidung von Überrenditen entgegenwirkt, die bei technologieübergreifender Förderung im Falle eines einheitlichen Preises zugunsten der günstigeren Erzeugungstechnologien entstehen würden.409 Mit dem EEG 2017 wird im Übrigen durch das gewählte Gebotspreisverfahren ohnehin eine Preisdiskriminierung vorgenommen, womit zumindest theoretisch Überkompensationen vermieden werden können, die im Einheitspreisverfahren systematisch angelegt sind. Auch darüber hinaus enthält das EEG 2017 Gestaltungselemente, die der Entstehung von Mitnahmeeffekten entgegenwirken sollen. Angesprochen sind damit etwa die technologiespezifischen Höchstwerte, die von der BNetzA als Bestandteil der Bekanntmachung der Ausschreibung nach § 29 I Nr. 3 EEG 2017 angegeben werden. Überschreitet ein Gebot den jeweils bekannt gegebenen Höchstwert, führt dies zum Ausschluss nach § 33 I Nr. 4 EEG 2017. Damit ist zu erkennen, dass die Gestaltung des EEG 2017 erkennbar darauf abzielt, Überförderungen zu vermeiden, weshalb von der Vereinbarkeit mit dem dritten Altmark-Kriterium auszugehen ist. Auch mit dem auf die Auswahl eines effizienten Leistungserbringers abzielenden vierten Altmark-Kriterium sind konkrete Vorgaben an die Gestaltung des Ausschreibungsverfahrens verbunden. Die Kommission fordert in diesem Zusammenhang eine (wettbewerbs-)offene, transparente und diskriminierungsfreie Gestaltung der Ausschreibung und verweist zur Konkretisierung auf die bei Veröffentlichung der DAWI-Mitteilung geltenden – aber mittlerweile reformierten – Vergaberichtlinien.410 Schlussfolgerungen für die Verfahrensgestaltung entnimmt die Kommission dann insoweit, als jedenfalls die Anwendung eines offenen Verfahrens im Sinne der Vergaberichtlinien ausreichend ist. Das offene Verfahren unterscheidet sich vom sog. nichtoffenen Verfahren dadurch, dass alle interessierten Wirtschaftsteilnehmer ein Angebot abgeben können, während beim nichtoffenen Verfahren die Angebotsabgabe nur Wirtschaftsteilnehmern offensteht, die sich zuvor erfolgreich um die Teilnahme beworben haben. Der deutsche Gesetzgeber hat sich die von der Kommission geforderten Steuerungsprinzipien ausdrücklich auf die Fahnen geschrieben: Nach der maßgeblichen Begriffsbestimmung meint „Ausschreibung“ im Sinne des EEG 2017 „ein trans409
Vgl. hierzu oben § 4 C. I. 2. b). Zur Konvergenz von Beihilfen- und Vergaberecht vgl. schon Koenig/Kühling, NVwZ 2003, 779. 410
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parentes, diskriminierungsfreies und wettbewerbliches Verfahren zur Bestimmung des Anspruchsberechtigten und des anzulegenden Wertes.“411 Grundsätzlich spricht die Gestaltung des Verfahrens für die Vereinbarkeit mit dem vierten Altmark-Kriterium: So sind grundsätzlich alle interessierten Bieter berechtigt, Gebote abzugeben, eine Vorauswahl in dem Sinne, dass dem Zuschlagsverfahren ein gesondertes Bewerbungsverfahren vorgeschaltet wäre, ist im EEG 2017 nicht vorgesehen. Dass den Bietern technologiespezifische Präqualifikationsanforderungen auferlegt werden, steht der Erfüllung des vierten Altmark-Kriteriums richtigerweise nicht entgegen. Gerade im Bereich der Daseinsvorsorge muss es den Mitgliedstaaten mit Blick auf die insoweit in Anspruch genommene Gewährleistungsverantwortung möglich sein, Gestaltungselemente zu implementieren, die die Leistungserbringung fördern sollen. So ist es auch nach Auffassung der Kommission den Mitgliedstaaten zu überlassen, von den Bietern zu berücksichtigende Qualitätsstandards zu formulieren.412 Für die Vereinbarkeit mit dem vierten Altmark-Kriterium spricht weitergehend, dass für die Zuschlagsentscheidung alleine das Kriterium des niedrigsten Preises maßgeblich ist, andere Aspekte – etwa im Sinne des nach der DAWI-Mitteilung ebenfalls nicht ausgeschlossenen Kriterium des „wirtschaftlichsten Angebots“ – insoweit also keine Rolle spielen. Im Übrigen kann der Erfüllung des vierten Altmark-Kriteriums nicht entgegenstehen, dass die Förderung im Rahmen des EEG 2017 grundsätzlich technologiespezifisch erfolgt. Hieran ließe sich mit Blick auf den Befund denken, dass die Ausbauziele bei technologieneutraler Förderung dann mit den geringsten gesamtwirtschaftlichen Kosten erreicht werden, wenn die Kapazitäten der günstigsten Erzeugungstechnologie zur Zielerreichung ausreichen.413 Die gezielte Förderung teurerer Technologien müsste in diesem Fall am Erfordernis effizienter Beschaffung der Leistung Strom aus erneuerbaren Energien scheitern. Indes muss es den Mitgliedstaaten überlassen werden, über die Notwendigkeit der Förderung anderer, möglicherweise innovativer Technologien mit perspektivischen Kostensenkungspotentialen zu entscheiden. cc) Zwischenfazit Auch auf Grundlage des EEG 2017 bewirkt die Altmark-Rechtsprechung nicht die Beihilfefreiheit der durch die Fördermaßnahmen gewährten Vorteile. Zwar geht mit der durch das EEG 2017 bewirkten Einführung von Ausschreibungen jedenfalls eine Annäherung an die für die Inanspruchnahme der Tatbestandsausnahme geltenden Vorgaben des EuGH einher. Denn durch die Verfahrensgestaltung wird ein Preiswettbewerb induziert, der dazu dient, die Kosten auf das erforderliche Maß zu reduzieren und so den Geboten des dritten und vierten Altmark-Kriteriums Genüge 411 412 413
§ 3 Nr. 4 EEG 2017. Vgl. Europäische Kommission, DAWI-Mitteilung, Rn. 68. Vgl. hierzu oben § 4 C. I. 2. b).
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zu tun. Einer Aktivierung der Ausnahme steht aber weiterhin bereits das Fehlen der Betrauung mit einer gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung entgegen. Zwar werden die geförderten Anlagenbetreiber nunmehr durch den Zuschlag individualisiert. Es wird aber nach wie vor keine Verpflichtung zur tatsächlichen Stromerzeugung vermittelt, sodass es am notwendigen obligatorischen Charakter fehlt. 3. Weitere Tatbestandsvoraussetzungen von Art. 107 Abs. 1 AEUV Nachdem auch die Bedeutung des Tatbestandsmerkmals der Begünstigung dargelegt wurde, soll nunmehr noch der Blick auf die übrigen Voraussetzungen von Art. 107 Abs. 1 AEUV gerichtet werden. Zunächst handelt es sich bei Anlagenbetreibern unproblematisch um Unternehmen und damit um taugliche Beihilfeempfänger im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV. Ebenso wie im Rahmen von Art. 101 f. AEUV gilt ein funktionaler Unternehmensbegriff: Umfasst ist nach ständiger Rechtsprechung jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit.414 Der Unternehmensbegriff umfasst natürliche und juristische Personen des öffentlichen Rechts sowie des Privatrechts. Konstituierendes Merkmal ist das Ausüben einer wirtschaftlichen Tätigkeit. Hierunter fällt jedes Anbieten von Gütern oder Dienstleistungen auf einem Markt.415 Aufgrund dieses Begriffsverständnisses können Betreiber von Anlagen zur Erzeugung von EE-Strom zwanglos als Unternehmen im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV eingeordnet werden. Sofern der erzeugte Strom nur vermarktet wird, sind Privatpersonen ebenso taugliche Beihilfeempfänger wie Bürgergenossenschaften oder EVU. Art. 107 Abs. 1 AEUV verbietet Beihilfen, die den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen und den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Ausweislich der von den Unionsgerichten insoweit etablierten Maßgaben entfalten beide Tatbestandsmerkmale kaum begrenzende Wirkung.416 Danach ist die Kommission nicht verpflichtet, eine tatsächliche Auswirkung der Beihilfe auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten oder das tatsächliche Vorliegen einer Wettbewerbsverfälschung nachzuweisen. Ausreichend ist vielmehr, dass die Beihilfe geeignet ist, den Handel zu beeinträchtigen und den Wettbewerb zu verfälschen.417 Soweit es sich – wie bei den Förderzahlungen für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien – um Betriebsbeihilfen handelt, geht der Gerichtshof grundsätzlich 414
EuGH, Urt. v. 18.6.1998, Kommission/Italien, C-35/96, ECLI:EU:C:1998:303, Rn. 36. EuGH, Urt. v. 18.6.1998, Kommission/Italien, C-35/96, ECLI:EU:C:1998:303, Rn. 36. 416 Soltész, in: Säcker/Montag (Hrsg.), EU State Aid Law, Part II B. Rn. 481 ff. 417 EuGH, Urt. v. 29.4.2004, Italien/Kommission, Rs. C-372/97, ECLI:EU:C:2004:234, Rn. 44; EuGH, Urt. v. 15.12.2005, Unicredito Italiano, Rs. C-148/04, ECLI:EU:C:2005:774, Rn. 54; auch wenn Art. 107 Abs. 1 AEUV dem Wortlaut nach grundsätzlich eine tatsächliche Auswirkung auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten voraussetzt, lassen die Unionsgerichte seit jeher auch insoweit die Geeignetheit der Beihilfe ausreichen, vgl. Soltész, in: Säcker/ Montag (Hrsg.), EU State Aid Law, Part II B. Rn. 491. 415
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vom Vorliegen einer Wettbewerbsverfälschung aus.418 Das Vorliegen einer Handelsbeeinträchtigung in diesem Sinne sieht der EuGH bereits als gegeben an, wenn die Beihilfe die Stellung eines Unternehmens gegenüber anderen Wettbewerbern in diesem Handel stärkt.419 Im Übrigen entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass die Liberalisierung eines Wirtschaftssektors auf Unionsebene dazu führen kann, dass Beihilfen den Wettbewerb tatsächlich oder potenziell beeinflussen und sich auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten auswirken. In seinem Urteil in der Rechtssache Essent hat der EuGH das Vorliegen einer Handelsbeeinträchtigung allein mit dem Hinweis auf die Liberalisierung des Elektrizitätsmarkts und den sich daraus ergebenden Wettbewerb begründet.420 4. Zwischenfazit Wie die Erarbeitung zum Tatbestand von Art. 107 Abs. 1 AEUV gezeigt hat, handelt es sich bei dem Staatlichkeits-Kriterium nach wie vor um den neuralgischen Punkt der beihilferechtlichen Beurteilung von aus staatlichen Mitteln finanzierten Umlagemechanismen. Schien im Vorfeld der EuGH-Entscheidung zum EEG 2012 alles auf eine Bestätigung der Entwicklung zu einem umfassend wirkungsorientierten Verständis hinzudeuten, hat der Gerichtshof diese Erwartung nicht erfüllt, sondern mittels wenig überzeugender Erwägungen die Staatlichkeit der EEG-Umlage verneint. Die geringe übergeordnete Bedeutung der Entscheidung zeigt sich darin, dass schon die Übertragbarkeit des Judikats auf die Regelungen des EEG 2017 jedenfalls fraglich und nach hier vertretener Auffassung abzulehnen ist. Blickt man des Weiteren auf das Tatbestandsmerkmal der Begünstigung, dürfte von der AltmarkTrans-Judikatur aus Sicht der Mitgliedstaaten nur in den seltensten Fällen Schützenhilfe zu erwarten sein. Der Aktivierung der Ausnahmerechtsprechung wird regelmäßig – und so auch im Falle des EEG – bereits das Fehlen einer Primärverpflichtung zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien entgegenstehen.
III. Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt Der kritikwürdige Befund des EuGH, nach welchem es sich bei der EEG-Umlage auf Grundlage des EEG 2012 nicht um eine Abgabe handeln soll, entbindet schon angesichts des übergeordnetenen Ansatzes der Bearbeitung nicht vom Blick auf die für die Prüfung der Vereinbarkeit maßgeblichen Rahmensetzungen. Aber auch für die Rechtslage in Deutschland besteht das Erkenntnisinteresse fort: Denn wie gezeigt wurde, stand der Abgabenqualifikation nach kritikwürdiger Ansicht des EuGH allein 418 EuGH, Urt. v. 19.9.2000, Deutschland/Kommission, Rs. C-156/98, ECLI:EU:C:2000:467, Rn. 30. 419 EuGH, Urt. v. 17.9.1980, Philip Morris, Rs. 730/79, ECLI:EU:C:1980:209, Rn. 11. 420 EuGH, Urt. v. 17.7.2008, Essent, Rs. C-206/06, ECLI:EU:C:2008:413, Rn. 77.
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entgegen, dass auf Grundlage des EEG 2012 keine Verpflichtung seitens der EVU zur Weitergabe der Belastung an die Verbraucher bestand. Ebenso wurde dargelegt, dass dies einer uneingeschränkten Übertragbarkeit der Entscheidung auf das EEG 2017 im Weg steht, da angesichts der nunmehr implementierten Verpflichtung der ÜNB zur Belastung der stromkostenintensiven Unternehmen bei konsequenter Anwendung der Argumentationslogik des Gerichtshofs eine Einordnung der EEGUmlage als Abgabe zwingend erscheint. Mit Blick auf die im Rahmen der Analyse des Urteils herausgearbeitete Monokausalität der Abgabeneigenschaft für die Qualifizierung als Beihilfe stellt sich für das EEG 2017 ebenso wie für künftige Versionen des Gesetzes – die Beibehaltung des Finanzierungssystems vorausgesetzt – die Frage nach der Konformität mit den die Vereinbarkeitsprüfung leitenden Maßgaben. Denkbar erscheint auf Ebene der Vereinbarkeitsprüfung zunächst die Aktivierung von Art. 107 Abs. 3 lit. b) AEUV (1.). Von hervorzuhebender Bedeutung ist aber Art. 107 Abs. 3 lit. c) AEUV, zu dessen Konkretisierung von der Kommission die hinsichtlich ihrer faktischen Bedeutung bereits mehrfach angesprochenen Umweltund Energiebeihilfeleitlinien veröffentlicht wurden (2.). Ein gesonderter Blick auf die bereichsübergreifende Ausnahmebestimmung nach Art. 106 Abs. 2 AEUV ist schon wegen des partiellen Gleichlaufs mit den Maßgaben der Altmark-TransRechtsprechung nicht geboten. Insoweit fehlt es an der in diesem Kontext ebenfalls zu fordernden Betrauung mit einer gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung. Ohne Bedeutung für den Untersuchungsgegenstand sind im Übrigen die Legalausnahmen nach Art. 107 Abs. 2 AEUV. 1. Vereinbarkeit nach Art. 107 Abs. 3 lit. b) AEUV? Nach Art. 107 Abs. 3 lit. b) AEUV können Beihilfen zur Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse oder zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden. Prima facie erscheint es denkbar, die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien unter dem Gesichtspunkt des Klima- und Umweltschutzes unter die erste Alternative des Ausnahmetatbestands zu subsumieren. Der Aktivierung steht indes die Auslegung der Kommission entgegen, nach welcher sich das gemeinsame europäische Interesse in einer mitgliedstaatsübergreifenden Kooperation manifestieren muss. Danach ist zu fordern, dass das Vorhaben „Teil eines von den Regierungen verschiedener Mitgliedstaaten unterstützten zwischenstaatlichen europäischen Programms ist oder zu einer zwischen den Mitgliedstaaten abgestimmten Unternehmung gehört, durch die eine gemeinsame Gefahr wie die Umweltverschmutzung bekämpft werden soll.“421 Die Rechtmäßigkeit dieses restriktiven Verständnisses hat der EuGH ausdrücklich bestätigt. Nach 421 EuGH, Urt. v. 8.3.1988, Exécutif régional wallon, verb. Rs. 62 und 72/87, ECLI:EU:C:1988:132, Rn. 22.
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Auffassung des Gerichtshofs liegt in der Festlegung der bezeichneten Handlungsrichtlinie kein offenkundiger Ermessensfehler.422 Damit muss die Nutzbarmachung des Ausnahmetatbestands für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien ausscheiden. Denn die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien ist gerade nicht Gegenstand eines zwischenstaatlichen europäischen Programms, wie es etwa dem EU-Emissionshandelssystem für CO2 (EU-ETS)423 zugrunde liegt. 2. Vereinbarkeit nach Art. 107 Abs. 3 lit. c) AUEV – Die Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien der Kommission Scheidet also eine Vereinbarkeitserklärung auf Grundlage von Art. 107 Abs. 3 lit. b) AEUV aus, ist nun der Blick auf den Genehmigungstatbestand des Art. 107 Abs. 3 lit. c) AEUV zu richten, zu dessen Konkretisierung die Kommission die für den Untersuchungsgegenstand zentral bedeutsamen Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien veröffentlicht hat. Im Folgenden soll zunächst der Ausnahmetatbestand vorgestellt werden (a)), bevor der Fokus auf die Leitlinien gerichtet wird (b)). a) Der Ausnahmetatbestand des Art. 107 Abs. 3 lit. c) AEUV Nach Art. 107 Abs. 3 lit. c) AEUV können Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft. Aufgrund seines weiten Anwendungsbereichs handelt es sich bei Art. 107 Abs. 3 lit. c) AEUV um das wichtigste Anwendungsfeld für das Ausnahmeermessen der Kommission.424 Nach ständiger Rechtsprechung der Unionsgerichte handelt es sich im Rahmen von Art. 107 Abs. 3 AEUV um ein weites Ermessen, das die Kommission nach Maßgabe wirtschaftlicher und sozialer Wertungen ausübt, die auf die Union als Ganzes zu beziehen sind.425 Mit der „weitgehenden Entscheidungsfreiheit“ der Kommission geht eine eingeschränkte richterliche Kontrolle der im Rahmen von Art. 107 Abs. 3
422 EuGH, Urt. v. 8.3.1988, Exécutif régional wallon, verb. Rs. 62 und 72/87, ECLI:EU:C:1988:132, Rn. 23; für Zweifel an der Fortgeltung dieser Rechtsprechung vgl. Knauff, in: Korte/Ludwigs/Thiele u. a. (Hrsg.), Energiewende und Finanzkrise als aktuelle Herausforderung des Europarechts, S. 33 (41 f.). 423 Zum EU-ETS vgl. schon oben § 1 A. II. 424 Zur praktischen Bedeutung von Art. 107 Abs. 3 lit. c) AEUV vgl. die Nachweise bei Heithecker, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich (Hrsg.), Europäisches Beihilfenrecht, Kap. 1, 1. Teil – Art. 107 Abs. 1 AEUV Rn. 1462. 425 EuGH, Urt. v. 29.4.2004, Italien/Kommission, Rs. C-372/97, ECLI:EU:C:2004:234, Rn. 83 m. w. N.
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§ 5 Der unionsrechtliche Rahmen
lit. c) AEUV getroffenen Entscheidungen einher.426 Die Unionsgerichte prüfen lediglich die Beachtung der Verfahrens- und Begründungsvorschriften, die inhaltliche Richtigkeit der festgestellten Tatsachen, das Fehlen von Rechtsfehlern oder offensichtlichen Fehlern bei der Bewertung von Tatsachen sowie das Nichtvorliegen eines Ermessensmissbrauchs durch die Kommission.427 Im Rahmen von Art. 107 Abs. 3 lit. c) AEUV ist Gegenstand der Ermessensentscheidung eine im Wortlaut angelegte Abwägung zwischen den positiven Wirkungen der Beihilfe auf der einen und den negativen Auswirkungen auf die Handelsbedingungen und die Aufrechterhaltung eines unverfälschten Wettbewerbs auf der anderen Seite.428 Diese Abwägungsprüfung war für die Kommission der zentrale Anknüpfungspunkt für die Übertragung des als „more economic approach“ oder „refined economic approach“ firmierenden Prozesses zur Ökonomisierung des Wettbewerbsrechts auf die unionale Beihilfekontrolle.429 Mit Veröffentlichung des sog. „State Aid Action Plan“ im Jahr 2005430 legte die Kommission den Grundstein für eine Entwicklung, die insbesondere auf eine „verfeinerte wirtschaftliche Betrachtungsweise“ bei Beurteilung der Binnenmarktkonformität staatlicher Beihilfen ausgerichtet war.431 Im Jahr 2012 mündete der Prozess zur Reformierung des Beihilferechts in der Veröffentlichung der Mitteilung über die Modernisierung des EUBeihilfenrechts.432 Mit Blick auf das unter anderem verfolgte Ziel der Förderung eines nachhaltigen, intelligenten und integrativen Wachstums in einem wettbewerbsfähigen Binnenmarkt433 stand die Erarbeitung „allgemeiner Grundsätze“, die die Kommission bei der Vereinbarkeitsprüfung anlegt, im Zentrum der Bemühungen. Der bezeichnete Prozess hat eine erhebliche Veränderung der Ermessensausübung 426
EuGH, Urt. v. 14.1.1997, Spanien/Kommission, Rs. 169/95, ECLI:EU:C:1997:10, Rn. 34; EuGH, Urt. v. 5.10.2000, Deutschland/Kommission, Rs. C-288/96, ECLI:EU:C:2000:537, Rn. 26. 427 EuGH, Urt. v. 29.4.2004, Italien/Kommission, Rs. C-372/97, ECLI:EU:C:2004:234, Rn. 83. 428 Heithecker, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich (Hrsg.), Europäisches Beihilfenrecht, Kap. 1, 3. Teil – Art. 107 Abs. 3 AEUV Rn. 1464. 429 Heithecker, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich (Hrsg.), Europäisches Beihilfenrecht, Kap. 1, 1. Teil – Art. 107 Abs. 1 AEUV Rn. 1465. 430 Europäische Kommission, Aktionsplan staatliche Beihilfen – Weniger und besser ausgerichtete Beihilfen – Roadmap zur Reform des Beihilferechts 2005 – 2009, KOM(2005) 107 endgültig. 431 Zur Entwicklung vgl. Schwalbe, in: Säcker/Montag (Hrsg.), EU State Aid Law, Part I B. Rn. 73 ff. 432 Mitteilung der Kommission – Modernisierung des EU-Beihilfenrechts, COM(2012) 209 final. 433 Daneben wird mit der Modernisierung des Beihilferechts eine Konzentration der Exante-Prüfung der Kommission auf Fälle mit besonders großen Auswirkungen auf den Binnenmarkt und eine Stärkung der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bei der Durchsetzung der EU-Beihilfevorschriften sowie die Straffung der Regeln und ein schneller Erlass von Beschlüssen avisiert, vgl. COM(2012) 209 final, S. 3.
B. Beihilferecht als Determinante für die Einführung von Ausschreibungen?
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der Kommission bewirkt434, wobei inhaltlich die Analyse eines Marktversagens als zentrale Voraussetzung für die Legitimationsfähigkeit der Beihilfengewährung von besonderer Bedeutung ist.435 Zur Umsetzung der neuen Grundsätze kündigte die Kommission in ihrem Modernisierungsplan die Überarbeitung und Straffung der bestehenden Beihilfeleitlinien an.436 b) Die Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien der Kommission Auch die am 1. Juli 2014 in Kraft getretenen „Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014 – 2020“437 (nachfolgend auch „UEBLL“) sind im Zusammenhang mit dem Prozess zur Modernisierung des EU-Beihilferechts zu sehen.438 Die UEBLL ersetzen die zuvor maßgeblichen „Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Umweltschutzbeihilfen“439 und gehen hinsichtlich ihres Anwendungsbereichs insoweit über diese hinaus, als sie auch den Energiesektor zum Gegenstand haben. Seit ihrem Inkrafttreten sind die UEBLL der faktische Gradmesser für die Beantwortung der Frage nach der Beihilferechtskonformität mitgliedstaatlicher Maßnahmen zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. So haben die Leitlinien auch die Gestaltung des EEG 2017 erheblich geprägt, ohne dass dies – wie die Entscheidung des EuGH zum EEG 2012 nunmehr belegt – rechtlich begründet gewesen wäre. Im Januar 2019 hat die Kommission ihre Absicht angekündigt, die ursprünglich bis ins Jahr 2020 angelegte Laufzeit der UEBLL um zwei Jahre zu verlängern440, sodass die Leitlinien auch perspektivisch die Ermessensausübung der Kommission prägen werden. Mit Blick auf die Gestaltungstiefe der enthaltenen Vorgaben sind die Leitlinien Gegenstand vielstimmiger Kritik. Nachfolgend soll zunächst die rechtliche Bedeutung der Leitlinien erläutert werden (aa)), bevor der Blick auf die enthaltenen Gestaltungsvorgaben zu richten ist (bb)). Auf dieser Grundlage sollen die teilweise 434 Für eine Gegenüberstellung von traditioneller und modernisierter Entscheidungspraxis vgl. Heithecker, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich (Hrsg.), Europäisches Beihilfenrecht, Kap. 1, 3. Teil – Art. 107 Abs. 3 AEUV Rn. 1465 ff. 435 Vgl. nur COM(2012) 209 final, S. 4; besonders betont wurde das Marktversagenskonzept bereits im Rahmen des State Aid Action Plan, vgl. KOM(2005) 107 endgültig, S. 7 f. 436 COM(2012) 209 final, S. 7. 437 Mitteilung der Kommission „Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014 – 2020“, ABl. EU, Nr. C 200, 1; vgl. hierzu Bigot/Kirst, ZUR 2015, 73; Frenz, ZNER 2014, 345; Fuchs/Peters, RdE 2014, 409; Pause, in: Müller/Kahl (Hrsg.), Erneuerbare Energien in Europa, S. 219 ff.; aus der Kommentarliteratur s. Bartosch, EU-Beihilfenrecht, Art. 107 Abs. 3 AEUV Rn. 202 ff. 438 Bigot/Kirst, ZUR 2015, 73 (73). 439 ABl. 2008 C 82/01; vgl. hierzu Schröder, in: Birnstiel/Bungenberg/Heinrich (Hrsg.), Europäisches Beihilfenrecht, Kap. 1, 3. Teil – Art. 107 Abs. 3 AEUV Rn. 1772 ff. 440 Vgl. http://ec.europa.eu/competition/state_aid/modernisation/fitness_check_en.html (zuletzt abgerufen am 08.08.2019).
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§ 5 Der unionsrechtliche Rahmen
angemeldeten Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der UEBLL diskutiert werden (cc)). aa) Die UEBLL als ermessenskonkretisierende Verwaltungsvorschriften Die Kommission legt in den UEBLL die Voraussetzungen dar, die Energie- und Umweltbeihilfen erfüllen müssen, damit sie nach Art. 107 Abs. 3 lit. c) AEUV als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden können.441 Die UEBLL dienen damit der Konkretisierung des Ausnahmeermessens der Kommission. Ziel ist es, mehr Rechtssicherheit für die Gesetzesadressaten zu schaffen: Durch die Veröffentlichung der leitenden Abwägungsparameter sollen künftige Vereinbarkeitsentscheidungen vorstrukturiert und so im Ergebnis die Transparenz und Vorhersehbarkeit der Entscheidungen der Kommission erhöht werden.442 Hinsichtlich ihrer Rechtsnatur lässt sich im Ausgangspunkt festhalten, dass es sich bei Leitlinien nicht um verbindliche Rechtsakte im Sinne von Art. 288 Abs. 1 bis 4 AEUV handelt. Indem Leitlinien das Ermessen der Kommission konkretisieren, sie mithin die Rechtswirklichkeit erheblich beeinflussen, entfalten sie eine rechtliche Gestaltungskraft, die auch ihrer systematischen Einordnung als Empfehlungen oder Stellungnahmen im Sinne von Art. 288 Abs. 5 AEUV im Wege steht. Damit handelt es sich bei Leitlinien um Rechtsakte sui generis443, die aufgrund ihrer abgestuften Geltungskraft dem EU-Soft Law444 zuzuordnen sind. Auch wenn Leitlinien somit nicht zu den mit unmittelbarer rechtlicher Verbindlichkeit ausgestatteten Rechtsakten zu zählen sind, vermögen sie nach ständiger Rechtsprechung der Unionsgerichte insoweit rechtliche Bedeutung zu erlangen, als 441
Europäische Kommission, Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2020 – 2014, ABl. 2014 C 200/01 Rn. 10. 442 Jestaedt/Häsemeyer, EuZW 1995, 787 (790); Nowak, in: Pechstein/Nowak/Häde (Hrsg.), Frankfurter Kommentar EUV/GRC/AEUV, Art. 107 AEUV Rn. 57; speziell für die UEBLL vgl. Fuchs/Peters, RdE 2014, 409 (412); In der Anfangszeit der Beihilfenkontrolle hat die Kommission jeweils im Einzelfall geprüft, ob ein Ausnahmetatbestand nach Art. 107 Abs. 3 AEUV einschlägig war. Erst später hat die Behörde begonnen, allgemeine Kriterien zu entwickeln und diese in Leitlinien bzw. Mitteilungen oder sog. EU-Rahmen niederzulegen, vgl. hierzu Mederer, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje (Hrsg.), Europäisches Unionsrecht, Art. 107 AEUV Rn. 218. 443 Pampel, Rechtsnatur und Rechtswirkungen horizontaler und vertikaler Leitlinien, S. 88 f.; Pampel, EuZW 2005, 11 (12); zustimmend Thomas, EuR 2009, 423 (423). 444 Der dem Völkerrecht entstammende Begriff „Soft Law“ umfasst im Wesentlichen Regeln, die zwar keine unmittelbare rechtliche Verbindlichkeit haben, denen aber jedenfalls indirekt normative oder faktische Bedeutung zukommen kann, instruktiv etwa Thürer, in: Wolfrum (Hrsg.), The Max Planck Encyclopedia of Public International Law – Vol. IX, S. 269. Auf EU-Ebene umfasst das Soft Law neben Leitlinien auch Mitteilungen und Empfehlungen sowie etwa Grün- und Weißbücher, vgl. hierzu Schwarze, EuR 2011, 3; instruktiv zur Bedeutung von Soft Law im Unionsrecht auch Brohm, Mitteilungen der Kommission, S. 75 ff.; zum völkerrechtlichen Ursprung des Konzepts vgl. Wellens/Borchardt, ELRev 14 (1989), 267 (267 ff.).
B. Beihilferecht als Determinante für die Einführung von Ausschreibungen?
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sie eine Selbstbindung der Kommission bewirken können: Indem die Kommission nämlich darlegt, wie sie in einem bestimmten Bereich ihr Ermessen künftig ausüben wird, erlegt sie sich eine ermessensbeschränkende Verhaltensnorm auf, von der sie nicht abweichen kann, „ohne dass dies gegebenenfalls wegen eines Verstoßes gegen allgemeine Rechtsgrundsätze wie die der Gleichbehandlung oder des Vertrauensschutzes geahndet würde.“445 Soweit die Kommission in diesem Sinne durch die Veröffentlichung von Hinweisen zu ihrer künftigen Verwaltungspraxis einen Vertrauenstatbestand schafft, haben Leitlinien somit eine Garantiefunktion: Erfüllt eine Beihilfe die niedergelegten Anforderungen, ist die Kommission zur Erteilung der Genehmigung verpflichtet, andernfalls muss sie das förmliche Prüfverfahren einleiten.446 Das Abweichen von der verlautbarten Auslegungspraxis erfordert hingegen das Vorliegen besonderer Umstände.447 Aus dieser Selbstbindungswirkung resultiert eine faktische Verbindlichkeit der Leitlinien für die Mitgliedstaaten. Wollen sie eine Beanstandung ihrer Beihilfemaßnahmen vermeiden, müssen sie bei deren Gestaltung die Vorgaben der Leitlinien beachten.448 Diese tatsächliche Bindungswirkung nimmt die Kommission auch für die UEBLL in Anspruch, indem sie davon ausgeht, dass die Leitlinien die Voraussetzungen enthalten, „die Umwelt- und Energiebeihilfen erfüllen müssen, damit sie nach Art. 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV als mit dem Binnenmarkt vereinbar erachtet werden können.“449 Entsprechend dieser Maßgabe wird die Kommission Fördermaßnahmen, die sich nicht innerhalb der Vorgaben der UEBLL halten, für unvereinbar mit dem Binnenmarkt erklären.450
445 EuGH, Urt. v. 28.6.2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, verb. Rs. C-189/02 P, C202/02 P, C-205/02 P bis C-208/02 P und C-213/02 P, ECLI:EU:C:2005:408, Rn. 211; EuGH, Urt. v. 11.9.2008, Deutschland/Kronofrance, verb. Rs. C-75/05 P und C-80/05 P, ECLI:EU:C:2008:482, Rn. 60 f.; vgl. auch EuG, Urt. v. 8.10.2008, Le Carbone-Lorraine/ Kommission, Rs. T-73/04, ECLI:EU:T:2008:416, Rn. 70 f.; zur Selbstbindung der Kommission im Bereich des Unionsrechtsvollzugs vgl. Brohm, Mitteilungen der Kommission, S. 95 f.; vgl. auch Jestaedt/Häsemeyer, EuZW 1995, 787 (789 f.) sowie die Nachweise bei Thomas, EuR 2009, 423 (426) Fn. 24; aus der Kommentarliteratur vgl. Rusche, in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht, Bd. 3, Art. 107 Abs. 3 AEUV Rn. 9 ff. 446 Jestaedt/Häsemeyer, EuZW 1995, 787 (790); Rusche, in: Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht, Bd. 3, Art. 107 Abs. 3 AEUV Rn. 13. 447 Mederer, in: von der Groeben/Schwarze/Hatje (Hrsg.), Europäisches Unionsrecht, Art. 107 AEUV Rn. 219. 448 Jestaedt/Häsemeyer, EuZW 1995, 787 (791); zur „normative(n) Kraft des Faktischen“ der UEBLL vgl. Kachel, ZUR 2016, 641 (642). 449 Europäische Kommission, Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014 – 2020, ABl. 2014 C 200/01, Rn. 10. 450 Fuchs/Peters, RdE 2014, 409 (415); Macht/Nebel, NVwZ 2014, 765 (767).
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§ 5 Der unionsrechtliche Rahmen
bb) Vorgaben für die Gestaltung nationaler EE-Fördermaßnahmen Nachdem die Bedeutung der UEBLL als Beurteilungsmaßstab der Kommission für die Entscheidung zur Vereinbarkeit mitgliedstaatlicher EE-Fördermaßnahmen herausgearbeitet wurde, soll nun der Blick auf die wesentlichen Inhalte der Leitlinien gerichtet werden. Im Rahmen der Vereinbarkeitsprüfung untersucht die Kommission, ob gewährleistet ist, dass die positiven Auswirkungen der Beihilfe mit Blick auf ein Ziel von gemeinsamem Interesse die möglichen negativen Auswirkungen auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten und den Wettbewerb überwiegen.451 Für diese Abwägungsentscheidung enthalten die UEBLL allgemeine Vereinbarkeitskriterien, die für die Prüfung von Betriebsbeihilfen zur Förderung spezifischer Umwelt- und Energiemaßnahmen – so auch für die Förderung erneuerbarer Energien – präzisiert bzw. modifiziert werden.452 (1) Allgemeine Vereinbarkeitsvoraussetzungen Das für die Frage der Vereinbarkeit maßgebliche Prüfprogramm entspricht den allgemeinen Grundsätzen, die die Kommission im Zuge des Prozesses zur Modernisierung des EU-Beihilferechts herausgearbeitet hat.453 Damit die Kommission die Beihilfe als mit dem Binnenmarkt vereinbar ansieht, müssen sieben Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein.454 Zunächst muss die Beihilfe einen Beitrag zu einem genau definierten Ziel von gemeinsamem Interesse im Sinne von Art. 107 Abs. 3 AEUV darstellen.455 Im Rahmen der Erforderlichkeit hebt die Kommission zentral auf ihr Marktversagenskonzept ab. Entscheidend ist, dass ein Marktversagen identifiziert wird, das nicht bereits durch andere Maßnahmen vollständig behoben wird.456 Des Weiteren muss es sich bei der Beihilfe um ein geeignetes Mittel für die Verwirklichung des Ziels von gemeinsamem Interesse handeln. Vor diesem Hintergrund wird eine Beihilfe als nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen, wenn derselbe Beitrag zu dem verfolgten Ziel durch weniger wettbewerbsverfälschende Maßnahmen erreicht werden kann.457 Mit Blick auf das Vorliegen eines Anreizeffekts prüft die 451
Europäische Kommission, Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014 – 2020, ABl. 2014 C 200/01, Rn. 26. 452 Vgl. Europäische Kommission, Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014 – 2020, ABl. 2014 C 200/01, Rn. 25; für einen Überblick über die Vorgaben für die anderen Sektoren vgl. Bigot/Kirst, ZUR 2015, 73 (75 ff.). 453 Europäische Kommission, Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014 – 2020, ABl. 2014 C 200/01, Rn. 12. 454 Europäische Kommission, Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014 – 2020, ABl. 2014 C 200/01, Rn. 27. 455 Europäische Kommission, Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014 – 2020, ABl. 2014 C 200/01, Rn. 30 ff. 456 Europäische Kommission, Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014 – 2020, ABl. 2014 C 200/01, Rn. 34 ff. 457 Europäische Kommission, Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014 – 2020, ABl. 2014 C 200/01, Rn. 40 ff.
B. Beihilferecht als Determinante für die Einführung von Ausschreibungen?
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Kommission, ob die Beihilfe zu einer Verhaltensänderung bei den betreffenden Unternehmen in dem Sinne führt, dass diese zusätzliche Tätigkeiten aufnehmen, die sie ohne die Beihilfe nicht, nur in geringem Umfang oder auf andere Weise ausüben würden.458 Damit die Angemessenheit bejaht werden kann, muss der Beihilfebetrag je Beihilfeempfänger auf das zur Verwirklichung des angestrebten Umwelt- oder Energieziels erforderliche Minimum beschränkt sein. Maßgeblich ist hier der Blick auf die Nettomehrkosten, die in der kontrafaktischen Situation ohne Beihilfe zusätzlich anfallen, um das Ziel zu verwirklichen.459 Weiters müssen übermäßige negative Auswirkungen auf den Wettbewerb und den Handel zwischen den Mitgliedstaaten vermieden werden. In diesem Zusammenhang ist entscheidend, dass die negativen Auswirkungen der Beihilfe begrenzt sind und die positiven Auswirkungen überwiegen.460 Um dem Erfordernis der Transparenz Genüge zu tun, ist im Übrigen der einfache Zugang zu den für die Beihilfe relevanten Informationen einschließlich der maßgeblichen Vorschriften sicherzustellen.461 (2) Spezifische Vorgaben für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien In Abschnitt 3.3. der UEBLL werden die allgemeinen Vereinbarkeitskriterien für Betriebsbeihilferegelungen462 betreffend die Förderung erneuerbarer Energien präzisiert. Es wird im Wesentlichen unterschieden zwischen Maßgaben für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien463 und der Förderung erneuerbarer Energien im Übrigen464. Daneben enthalten die UEBLL besondere Vorgaben betreffend Beihilfen für bestehende Biomasseanlagen465 nach deren Abschreibung und Beihilfen in Form von Umweltzertifikaten.466
458 Europäische Kommission, Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014 – 2020, ABl. 2014 C 200/01, Rn. 49 ff. 459 Europäische Kommission, Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014 – 2020, ABl. 2014 C 200/01, Rn. 69 ff. 460 Europäische Kommission, Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014 – 2020, ABl. 2014 C 200/01, Rn. 88 ff. 461 Europäische Kommission, Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014 – 2020, ABl. 2014 C 200/01, Rn. 104 ff. 462 Investitionsbeihilfen sind allein an den allgemeinen Vereinbarkeitsvoraussetzungen zu messen, für einzeln angemeldete Betriebsbeihilfen gelten die allgemeinen Vereinbarkeitsvoraussetzungen unter Berücksichtigung der spezifischen Voraussetzungen in Abschnitt 3.3. vgl. Europäische Kommission, Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014 – 2020, ABl. 2014 C 200/01, Rn. 119 f. 463 Europäische Kommission, Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014 – 2020, ABl. 2014 C 200/01, Rn. 124 ff. 464 Europäische Kommission, Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014 – 2020, ABl. 2014 C 200/01, Rn. 131. 465 Europäische Kommission, Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014 – 2020, ABl. 2014 C 200/01, Rn. 132 ff.
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§ 5 Der unionsrechtliche Rahmen
Die Kommission geht grundsätzlich von der Erforderlichkeit von Beihilfen zur Förderung erneuerbarer Energien aus. Hintergrund ist der Befund, dass die Kosten von Treibhausgasemissionen durch das EU ETS und die nationalen CO2-Abgaben nicht vollständig internalisiert werden, mithin ein Marktversagen verbleibt.467 Im Angesicht der Europa 2020-Ziele wird außerdem vermutet, dass Beihilfen zur Förderung erneuerbarer Energien geeignet und die durch sie bewirkten Wettbewerbsverzerrungen begrenzt sind, wenn alle jeweils anwendbaren spezifischen Voraussetzungen erfüllt sind.468 Mit Blick auf die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien stehen hier die grundsätzlich verpflichtende Einführung der Direktvermarktung mit Marktprämie und insbesondere die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Einführung des Ausschreibungsverfahrens im Zentrum. (a) Verpflichtende Direktvermarktung mit Marktprämie Um Anreize für die Integration von EE-Strom in den Markt zu schaffen, müssen die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass Anlagenbetreiber den erzeugten Strom direkt auf dem Markt verkaufen und Marktverpflichtungen unterliegen.469 Seit dem 01.01.2016 darf die Förderung daher grundsätzlich nur noch in Gestalt einer Prämie zusätzlich zum im Rahmen der Direktvermarktung erzielten Marktpreis gewährt werden. Darüber hinausgehende Gestaltungsvorgaben sind den UEBLL diesbezüglich nicht zu entnehmen, sodass die Förderung grundsätzlich sowohl mittels einer gleitenden als auch einer fixen Prämie erfolgen kann.470 Außerdem ist sicherzustellen, dass Anlagenbetreiber einer Standardbilanzausgleichsverantwortung unterliegen. Im Übrigen muss gewährleistet ein, dass in Zeiten negativer Preise keine Anreize zur Stromerzeugung bestehen. Von diesen Anforderungen sind Anlagen mit einer installierten Erzeugungskapazität von weniger als 500 kW und Demonstrationsvorhaben ausgenommen. Für Windkraftanlagen gilt ein besonderer Grenzwert von 3 MW oder 3 Erzeugungseinheiten.471 (b) Verpflichtung zur Einführung technologieneutraler Ausschreibungen Die Kommission geht von der Angemessenheit einer Beihilfe aus, wenn diese im Rahmen technologieneutral ausgestalteter Ausschreibungen ermittelt wird. In die-
466
Europäische Kommission, Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014 – 2020, ABl. 2014 C 200/01, Rn. 135 ff. 467 Europäische Kommission, Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014 – 2020, ABl. 2014 C 200/01, Rn. 115. 468 Europäische Kommission, Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014 – 2020, ABl. 2014 C 200/01, Rn. 116. 469 Europäische Kommission, Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014 – 2020, ABl. 2014 C 200/01, Rn. 124. 470 Pause/Kahles, ER 2017, 55 (56). 471 Europäische Kommission, Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014 – 2020, ABl. 2014 C 200/01, Rn. 125.
B. Beihilferecht als Determinante für die Einführung von Ausschreibungen?
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sem Fall wird außerdem vermutet, dass die Beihilfe den Wettbewerb nicht in einem dem Binnenmarkt zuwiderlaufenden Maß verfälscht.472 (aa) Ausschreibungen Entsprechend haben die UEBLL die schrittweise Einführung von Ausschreibungen als Fördermodell induziert. Nach einer Übergangsphase in den Jahren 2015 und 2016 sind Beihilfen seit dem 1. Januar 2017 grundsätzlich im Rahmen „einer Ausschreibung anhand eindeutiger, transparenter und diskriminierungsfreier Kriterien“ zu gewähren.473 Unter einer Ausschreibung versteht die Kommission ein „diskriminierungsfreies Bieterverfahren, das die Beteiligung einer ausreichend großen Zahl von Unternehmen gewährleistet und bei dem die Beihilfe entweder auf der Grundlage des ursprünglichen Angebots des Bieters oder eines Clearingpreises gewährt wird.“ Voraussetzung ist außerdem, dass die Mittelausstattung oder das Volumen in Verbindung mit der Ausschreibung ein verbindlicher Höchstwert ist, sodass nicht allen Beteiligten eine Beihilfe gewährt werden kann.474 Mit Blick auf die Methodik der Preisbildung ist den Mitgliedstaaten nach dieser Begriffsbestimmung die Wahl zwischen dem Pay as Bid- und dem Uniform Pricing-Verfahren überlassen, eine dahingehende Präferenz der Kommission ist den UEBLL nicht zu entnehmen. Die Ausschreibungspflicht gilt nicht uneingeschränkt. Grundsätzlich ausgenommen sind Demonstrationsvorhaben sowie Anlagen mit einer installierten Kapazität von weniger als 1 MW. Für Windkraftanlagen gilt ein besonderer Grenzwert von 6 MW oder 6 Erzeugungseinheiten.475 Für diese Anlagen ist die Einführung von Ausschreibungen fakultativ.476 Daneben enthalten die UEBLL einen abschließenden Katalog möglicher Gründe, aus denen die grundsätzliche Ausschreibungspflicht entfällt. Danach dürfen die Mitgliedstaaten von der Durchführung von Ausschreibungen absehen, wenn nur ein Vorhaben oder Standort oder nur eine sehr begrenzte Zahl von Vorhaben oder Standorten beihilfefähig wäre. Keine Ausschreibungspflicht besteht des Weiteren, wenn Ausschreibungen zu einem höheren Förderniveau führen würden. Beispielhaft für diese Fallgruppe wird der Verzicht auf Ausschreibungen zur Vermeidung strategischen Bieterverhaltens angeführt. Wie etwa die Genehmigungsentscheidung der Kommission zum EEG 2017477 belegt, sind hiervon auch die Fälle umfasst, in denen kein kostenwirksamer Wettbewerb zu erwarten ist. Zuletzt 472
Europäische Kommission, Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014 – 2020, ABl. 2014 C 200/01, Rn. 126. 473 Europäische Kommission, Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014 – 2020, ABl. 2014 C 200/01, Rn. 126. 474 Vgl. die Begriffsbestimmung in Europäische Kommission, Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2020 – 2014, ABl. 2014 C 200/01, Rn. 19 Nr. 43. 475 Europäische Kommission, Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014 – 2020, ABl. 2014 C 200/01, Rn. 127. 476 Europäische Kommission, Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014 – 2020, ABl. 2014 C 200/01, Rn. 111. 477 Vgl. hierzu unten IV.
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§ 5 Der unionsrechtliche Rahmen
besteht eine Ausnahme für den Fall, dass Ausschreibungen dazu führen würden, dass nur wenige Vorhaben verwirklicht werden. Auf dieser Grundlage kann „zur Vermeidung der Unterbietung“ auf die Durchführung von Ausschreibungen verzichtet werden. Die Mitgliedstaaten müssen das Vorliegen der Voraussetzungen der Ausnahmemöglichkeiten nachweisen. Sofern dies gelingt, mithin keine Verpflichtung zur Durchführung von Ausschreibungen besteht, gelten gleichwohl die Marktverpflichtungen, d. h. insbesondere die Pflicht zur Direktvermarktung. Mit Blick auf die zulässige Höhe der Förderung gelten in diesem Fall die Maßgaben für die Förderung erneuerbarer Energien, ausgenommen Strom aus erneuerbaren Energiequellen.478 Danach muss der Referenzwert für die Berechnung der Prämie je zu vergütender Erzeugungseinheit den Gesamtgestehungskosten der mit der jeweiligen Technologie erzeugten Energie („levelized costs of producing energy – LCOE“) entsprechen.479 (bb) Technologieneutralität Soweit nach den vorstehenden Maßgaben eine Pflicht zur Durchführung von Ausschreibungen besteht, müssen diese grundsätzlich technologieneutral ausgestaltet sein, d. h. alle Erzeuger, die Strom aus erneuerbaren Energiequellen erzeugen, müssen grundsätzlich zu diskriminierungsfreien Bedingungen an den Ausschreibungen teilnehmen können.480 Doch auch das Gebot der Technologieneutralität gilt nicht uneingeschränkt. Vielmehr können die Ausschreibungen auf bestimmte Technologien begrenzt werden, wenn eine technologieneutrale Ausschreibung „zu einem suboptimalen Ergebnis führen würde, das durch die Ausgestaltung des Verfahrens (…) nicht verhindert werden könnte.“ Konkretisierend nennt die Kommission als mögliche Gründe für eine technologiespezifische Förderung das längerfristige Potential einer bestimmten neuen, innovativen Technologie, die Notwendigkeit einer Diversifizierung, Netzeinschränkungen und Netzstabilität, Systemintegrationskosten sowie die Notwendigkeit, durch die Förderung der Biomasse verursachte Wettbewerbsverfälschungen auf den Rohstoffmärkten zu vermeiden.481 Dem Wortlaut („vor allem aus folgenden Gründen“) ist zu entnehmen, dass es sich nicht um einen abschließenden Katalog handelt. Eine Abweichung von der Regel technologieneutraler Förderung scheint demzufolge auch in anderen Fällen möglich, in denen technologieoffene Ausschreibungen zu einem suboptimalen Ergebnis führen würden. 478 Europäische Kommission, Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014 – 2020, ABl. 2014 C 200/01, Rn. 128. 479 Europäische Kommission, Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014 – 2020, ABl. 2014 C 200/01, Rn. 131. 480 Europäische Kommission, Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014 – 2020, ABl. 2014 C 200/01, Rn. 126. 481 Europäische Kommission, Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014 – 2020, ABl. 2014 C 200/01, Rn. 110.
B. Beihilferecht als Determinante für die Einführung von Ausschreibungen?
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(c) Verbleibende Möglichkeit zur Förderung durch Quotenmodell mit Zertifikaten Zu beachten ist außerdem, dass nach den UEBLL auch eine Förderung mittels eines Quotenmodells mit Zertifikaten weiterhin möglich bleibt.482 Voraussetzung für die Vereinbarkeit ist der Nachweis, dass die Unterstützung unverzichtbar ist, um die Rentabilität der betreffenden erneuerbaren Energiequellen sicherzustellen. Außerdem darf die Förderung nicht zu einer Überkompensation führen. Im Übrigen dürfen Anlagenbetreiber nicht davon abgehalten werden, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Für die Möglichkeit einer Technologiedifferenzierung gelten dieselben Maßgaben wie bei der Förderung durch Ausschreibungen. cc) Rechtswidrigkeit der UEBLL? Nachdem die für die mitgliedstaatlichen Förderregelungen bedeutsamen inhaltlichen Maßgaben der UEBLL skizziert wurden, soll auf dieser Grundlage nachfolgend deren Rechtmäßigkeit untersucht werden. Diesbezüglich zu vernehmende Bedenken483 adressieren im Wesentlichen drei Aspekte484 : Zum einen ist zu untersuchen, ob ein Verstoß gegen den sog. „Souveränitätsvorbehalt“ nach Art. 194 Abs. 2 UAbs. 2 AEUV gegeben ist. Zu diskutieren ist außerdem die Frage eines Konflikts mit den Maßgaben der EE-Richtlinie. Im Übrigen könnte der Kommission wegen der grundsätzlichen Festlegung auf technologieneutrale Ausschreibungen ein Ermessensmissbrauch vorzuwerfen sein. (1) Verstoß gegen Art. 194 Abs. 2 UAbs. 2 AEUV? Die Rechtmäßigkeit der UEBLL könnte zunächst mit Blick auf Art. 194 Abs. 2 UAbs. 2 AEUV hinterfragt werden. Dieser sog. Souveränitätsvorbehalt schränkt die Kompetenz der EU für den Bereich der Energiepolitik aus Art. 194 AEUV ein. Zum Verständnis ist die Struktur des mit dem Vertrag von Lissabon geschaffenen EnergieKompetenztitels nach Art. 194 AEUV zu skizzieren485 : Gem. Art. 194 Abs. 1 AEUV verfolgt die Union im Rahmen ihrer Energiepolitik unter Berücksichtigung der drei 482
Vgl. Europäische Kommission, Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014 – 2020, ABl. 2014 C 200/01, Rn. 135 ff.; vgl. hierzu Frenz, ZNER 2014, 345 (352). 483 Eine Klage der European Renewable Energies Federation (EREF) gegen die UEBLL hat das EuG mit Beschluss vom 23.11.2015 als unzulässig abgewiesen, vgl. EuG, Beschl. v. 23.11.2015, (EREF), T-694/14, ECLI:EU:T:2015:915; vgl. hierzu Gundel, RdE 2016, 234; ausführlich zum prozessualen Status von Beihilfeleitlinien der Kommission ders., EuZW 2016, 606. 484 Vgl. hierzu Münchmeyer/Kahles/Pause, Würzburger Berichte zum Umweltenergierecht Nr. 5, S. 7 ff.; Stumpf, EurUP 2016, 221 (233 ff.); vgl. auch Bonn/Heitmann/Reichert u. a., Entwurf der Leitlinien der Europäischen Kommission für staatliche Umwelt- und Energiebeihilfen 2014 – 2020, S. 22 ff. 485 Ludwigs, in: Ruffert (Hrsg.), EnzEuR Bd. 5, § 5 Rn. 56 ff.; instruktiv auch Kahl, EuR 2009, 601; Nettesheim, JZ 2014, 19.
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§ 5 Der unionsrechtliche Rahmen
Leitprinzipien der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten, der Verwirklichung des Binnenmarkts und der Erhaltung und Verbesserung der Umwelt vier kompetenzbegründende Ziele, namentlich die Sicherstellung des Funktionierens des Energiemarkts, Gewährleistung der Energieversorgungssicherheit, Förderung der Energieeffizienz und von Energieeinsparungen sowie Entwicklung neuer und erneuerbarer Energiequellen und die Förderung der Interkonnektion der Energienetze. Die Handlungsermächtigung zur Verwirklichung dieser Ziele folgt aus Art. 194 Abs. 2 UAbs. 1 AEUV, nach welchem das Europäische Parlament und der Rat im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren die insoweit erforderlichen Maßnahmen erlassen. Die damit umrissene Handlungsbefugnis der Union erfährt durch Art. 194 Abs. 2 UAbs. 2 AEUV eine weitreichende Einschränkung. Danach berühren die auf Art. 194 AEUV gestützten Maßnahmen, unbeschadet des Art. 192 Abs. 2 lit. c) AEUV nicht das Recht der Mitgliedstaaten, die Bedingungen für die Nutzung ihrer Energieressourcen, die Wahl zwischen verschiedenen Energiequellen und die allgemeine Struktur ihrer Energieversorgung zu bestimmen. Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der UEBLL knüpfen an die von Art. 194 Abs. 2 UAbs. 2 AEUV umfasste486 Gewährleistung der mitgliedstaatlichen Entscheidungsfreiheit über den nationalen Energiemix an. Diese Wahlfreiheit ist betroffen, wenn bestimmte Energieträger in spürbar geringerem Umfang als bisher genutzt werden können, dem Mitgliedstaat also ein Energiemix aufgedrängt wird.487 Ein Eingriff in diesem Sinne könnte in der Vorgabe technologieneutraler Förderung zu sehen sein.488 Soweit die Mitgliedstaaten grundsätzlich zu einer technologieoffenen Gestaltung ihres Förderinstrumentariums gedrängt werden, wird ihnen die von Art. 194 Abs. 2 UAbs. 2 AEUV umfasste Entscheidungshoheit hinsichtlich ihres Energiemixes faktisch jedenfalls partiell entzogen. Denn bei einheitlicher Förderung wird sich regelmäßig die jeweils kostengünstigste Technologie durchsetzen, da mit dieser die höchste Rendite erzielt werden kann.489 Soweit damit die Allokation der Fördermittel dem Markt zu überlassen ist, verlieren die Mitgliedstaaten die Wahlfreiheit hinsichtlich der zum Zuge kommenden Energiequellen.490 Zwar ist durch die Vorgabe technologieneutraler Förderung im beschriebenen Sinne von einer tatsächlichen Beeinträchtigung der Wahlfreiheit der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Zusammensetzung ihres Energiemixes auszugehen. Dies vermag aber nicht die Rechtswidrigkeit der UEBLL zu begründen. Denn Art. 194 Abs. 2 UAbs. 2 AEUV schafft keinesfalls eine umfassende Ausschlusswirkung in dem Sinne, dass der Union sämtliche Maßnahmen verwehrt wären, die die genannten 486 Zu den umfassten Gewährleistungen vgl. Schulenberg, Die Energiepolitik der Europäischen Union, S. 401 ff. 487 Schulenberg, Die Energiepolitik der Europäischen Union, S. 402. 488 Münchmeyer/Kahles/Pause, Würzburger Berichte zum Umweltenergierecht Nr. 5, S. 7 f.; Pause, in: Müller/Kahl (Hrsg.), Erneuerbare Energien in Europa, S. 219 (244 ff.); Stumpf, EurUP 2016, 221 (234 f.). 489 Vgl. hierzu oben § 4 C. I. 2. B. 490 Stumpf, EurUP 2016, 221 (234 f.).
B. Beihilferecht als Determinante für die Einführung von Ausschreibungen?
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Bereiche betreffen.491 Unabhängig von den im Übrigen bestehenden Kontroversen um die Bedeutung des Vorbehalts492 gilt dieser nämlich jedenfalls nur im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens nach Art. 194 AEUV.493 Dies folgt schon aus Wortlaut („Der Erlass dieser Maßnahmen“) und systematischer Stellung des Vorbehalts im unmittelbaren Zusammenhang mit der Handlungsermächtigung der Union aus Art. 194 Abs. 2 UAbs. 1 AEUV. Ebenso wenig wie Art. 194 Abs. 2 UAbs. 2 AEUV dem Erlass von Maßnahmen auf Grundlage anderer Kompetenznormen entgegenstehen kann494, vermag er das Ermessen der Kommission zur Entscheidung über die Vereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Binnenmarkt auf Grundlage im Rahmen von Art. 107 Abs. 3 AEUV zu begrenzen. Auch die Rechtsprechung des EuG, nach welcher die Kommission im Rahmen ihrer Entscheidung auf Grundlage von Art. 107 Abs. 3 AEUV die allgemeinen Ziele des EUV sowie ihre verschiedenen Politiken berücksichtigen muss495, führt zu keinem anderen Befund.496 Denn die UEBLL bewirken keinen Widerspruch zu den besonderen Bestimmungen des Vertrags in dem Sinne, dass sie mit einem der Ziele aus Art. 194 Abs. 1 AEUV konfligieren würden.497 Wenig überzeugend ist im Übrigen der Ansatz, einen Verstoß aus einer entsprechenden Anwendung von Art. 194 Abs. 2 UAbs. 2 AEUV herzuleiten.498 Denn ungeachtet der Zweifel hinsichtlich des Vorliegens der insoweit erforderlichen Voraussetzungen darf eine solche Rechtsfortbildung jedenfalls nicht zu einer Verschiebung des Kompetenzgefüges der Verträge führen. Im Ergebnis greifen die Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der UEBLL wegen eines Verstoßes gegen die Kompetenzgrenze aus Art. 194 Abs. 2 UAbs. 2 AEUV somit nicht durch.499
491 Gundel, in: Pechstein/Nowak/Häde (Hrsg.), Frankfurter Kommentar EUV/GRC/AEUV, Art. 194 AEUV Rn. 28. 492 Vgl. hierzu Gundel, in: Pechstein/Nowak/Häde (Hrsg.), Frankfurter Kommentar EUV/ GRC/AEUV, Art. 194 AEUV Rn. 27 ff.; Ludwigs, in: Ruffert (Hrsg.), EnzEuR Bd. 5, § 5 Rn. 71. 493 Gundel, in: Pechstein/Nowak/Häde (Hrsg.), Frankfurter Kommentar EUV/GRC/AEUV, Art. 194 AEUV Rn. 33; vgl. auch Ludwigs, in: Ruffert (Hrsg.), EnzEuR Bd. 5, § 5 Rn. 71. 494 EuG, Urt. v. 7.3.2013, Polen/Kommission, Rs. T-370/11, ECLI:EU:T:2013:113, Rn. 11 ff. 495 EuG, Urt. v. 20.9.2007, Fachvereinigung Mineralfaserindustrie e. V./Kommission, Rs. T375/03, ECLI:EU:T:2007:293, Rn. 142. 496 Diese Frage aufwerfend Gundel, RdE 2016, 234 (235). 497 Vgl. EuG, Urt. v. 20.9.2007, Fachvereinigung Mineralfaserindustrie e. V./Kommission, Rs. T-375/03, ECLI:EU:T:2007:293, 142; in der auf das Umweltkapitel des seinerzeit geltenden EGV bezogenen Entscheidung stellte das EuG ebenfalls darauf ab, dass die Entscheidung der Kommission nicht gegen die Ziele des damaligen Art. 174 Abs. 1 EGV verstoßen darf. 498 In diesem Sinne Pause, in: Müller/Kahl (Hrsg.), Erneuerbare Energien in Europa, S. 219 (244 f.). 499 Überzeugend Ludwigs, in: Müller/Kahl (Hrsg.), Erneuerbare Energien in Europa, S. 111 (135 f.).
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§ 5 Der unionsrechtliche Rahmen
(2) Verstoß gegen die Erneuerbare-Energien-Richtlinie 2009? Zu diskutieren ist außerdem, ob sich die Rechtswidrigkeit der Leitlinien möglicherweise aus einem Konflikt mit den Maßgaben der EE-Richtlinie 2009 ergeben kann.500 Ansatzpunkt für dahingehende Bedenken ist der Umstand, dass die Richtlinie die Gestaltungsfreiheit der Mitgliedstaaten im Wesentlichen unangetastet lässt501: Nach Art. 3 Abs. 3 EE-Richtlinie können die Mitgliedstaaten „Förderregelungen“ anwenden, die insoweit maßgebliche Begriffsbestimmung umfasst auch Einspeisevergütungssysteme und Quotenmodelle, anders als Ausschreibungen werden diese sogar ausdrücklich genannt. Diese Gestaltungsfreiheit wird durch die grundsätzliche Vorgabe der UEBLL, technologieneutrale Ausschreibungsverfahren als Förderinstrument zu implementieren, zwar faktisch unterlaufen. Auch dieser Konflikt mit der EE-Richtlinie 2009 kann aber nicht die Rechtswidrigkeit der UEBLL begründen. Zu diesem Befund zwingt der Blick auf den Stufenbau des Unionsrechts502: Denn das Ausnahmeermessen, dessen Konkretisierung die Leitlinien dienen, findet seine Grundlage in Art. 107 Abs. 3 lit. c) AEUV und ist damit primärrechtlich fundiert. Das von den Mitgliedstaaten mittels Übertragung von Hoheitsrechten geschaffene Primärrecht hat als Rechtsquelle aber einen höheren Rang als das von den Organen der Union geschaffene und von den Verträgen abgeleitete Sekundärrecht.503 Ebenso wenig wie eine auf Art. 107 Abs. 3 lit. c) gestützte Einzelfallentscheidung kann deren abstrakt generelle Vorstrukturierung mittels Leitlinien durch im Rang unter dem Primärrecht stehendes Sekundärrecht determiniert werden.504 Die Einordnung als Tertiärrecht vermag vor diesem Hintergrund nicht zu überzeugen. Solange der EuGH in seiner Rechtsprechung die weitgehende Entscheidungsfreiheit der Kommission im Rahmen von Art. 107 Abs. 3 AEUV nicht dergestalt verengt, dass er die Berücksichti-
500 Münchmeyer/Kahles/Pause, Würzburger Berichte zum Umweltenergierecht Nr. 5, S. 8 f.; Pause, in: Müller/Kahl (Hrsg.), Erneuerbare Energien in Europa, S. 219 (246 f.); vgl. auch Stumpf, EurUP 2016, 221 (235). 501 Vgl. dazu oben A. I. 2. b). 502 Vgl. hierzu Ludwigs, in: Müller/Kahl (Hrsg.), Erneuerbare Energien in Europa, S. 111 (136). 503 Die Höherrangigkeit des Primärrechts folgt insbesondere aus dessen Verfassungsähnlichkeit, vgl. Neuner, in: Riesenhuber (Hrsg.), Europäische Methodenlehre, § 12 Rn. 36; ausführlich hierzu, insbesondere auch zum Charakter des AEUV als „materielle“ Verfassung, Müller/Christensen, Juristische Methodik Bd. 2, Rn. 541 f. sowie Schroeder, Das Gemeinschaftsrechtssystem, S. 363 ff., jeweils m. w. N.; Nachweise für die Suprematie des Primärrechts finden sich auch in der Rechtsprechung der Unionsgerichte, vgl. etwa EuGH, Urt. v. 5.10.1978, Viola, Rs. 26/78, ECLI:EU:C:1978:172, Rn. 9/14; EuGH, Urt. v. 23.2.2006, Keller Holding, Rs. C-471/04, ECLI:EU:C:2006:143, Rn. 45. 504 So überzeugend Ludwigs, in: Müller/Kahl (Hrsg.), Erneuerbare Energien in Europa, S. 111 (136); in diesem Sinne vgl. auch Nowak, in: Pechstein/Nowak/Häde (Hrsg.), Frankfurter Kommentar EUV/GRC/AEUV, Art. 107 AEUV Rn. 58, der als Voraussetzung für die ermessenssteuernde Wirkung von Leitlinien zutreffend auf deren Primärrechtskonformität abstellt.
B. Beihilferecht als Determinante für die Einführung von Ausschreibungen?
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gung bestehender Maßgaben aus dem Sekundärrecht einfordert, muss eine dahingehende Bindung aufgrund normhierarchischer Erwägungen ausscheiden.505 Im Übrigen ist zu beachten, dass die UEBLL nicht in direkten Widerspruch zu bestimmten Maßgaben der EE-Richtlinie 2009 treten, sondern vielmehr lediglich deren Systemoffenheit einschränken. Die Möglichkeit einer solchen Verengung ihrer offenen Konzeption wird aber durch die Richtlinie selbst antizipiert506: So hat der Richtliniengeber die Entscheidungsfreiheit der Mitgliedstaaten darüber, in welchem Umfang sie in anderen Mitgliedstaaten erzeugten Strom in ihr Förderregime einbeziehen wollen, ausdrücklich unter den Vorbehalt der Vereinbarkeit mit den Vorschriften des Beihilferechts gestellt.507 Bestätigt wird der Befund zum Verhältnis zwischen den UEBLL und der jeweils maßgeblichen Richtlinie nunmehr auch durch die EE-Richtlinie 2018. In Erwägungsgrund 18 der Richtlinie wird nunmehr ausdrücklich klargestellt, dass die Bewertung der Vereinbarkeit mitgliedstaatlicher Beihilferegelungen gemäß Art. 108 AEUV allein der Kommission obliegt und diese ausschließliche Befugnis von den Bestimmungen der Richtlinie unberührt bleibt. (3) Ermessensmissbrauch durch die Kommission? Im Übrigen ist der Vorwurf zu diskutieren, die grundsätzliche Vorgabe technologieneutraler Ausschreibungen zeitige einen Ermessensfehler der Kommission.508 Die Begründung diesbezüglicher Bedenken müsste aber auch die deutlich abgeschwächte Rigidität der in den UEBLL enthaltenen Maßgaben berücksichtigen. Es liegt nämlich keinesfalls so, dass für die Kommission sämtliche Fördermechanismen jenseits technologieoffener Ausschreibungsverfahren verbotene staatliche Beihilfen darstellen.509 Sowohl mit Blick auf die Einführung von Ausschreibungen als auch hinsichtlich deren technologieneutraler Gestaltung halten die UEBLL weitreichende Ausnahmetatbestände bereit, mittels derer den gegen beide Grundsätze vorgebrachten wesentlichen Bedenken Rechnung getragen wird. So besteht keine Pflicht zur Durchführung von Ausschreibungen, wenn diese zu einem höheren Förderniveau führen würden. Als mögliche Ursache wird lediglich beispielhaft strategisches Bieterverhalten genannt.510 Mit Blick auf die Realisierung der Ausbauziele kann von Ausschreibungen abgesehen werden, wenn diese dazu 505
Ludwigs, EuZW 2017, 41 (42). Ludwigs, in: Müller/Kahl (Hrsg.), Erneuerbare Energien in Europa, S. 111 (136). 507 Vgl. Art. 3 Abs. 3 UAbs. 2 EE-Richtlinie 2009. 508 Pause, in: Müller/Kahl (Hrsg.), Erneuerbare Energien in Europa, S. 219 (247 ff.); Stumpf, EurUP 2016, 221 (235 ff.). 509 So aber Stumpf, EurUP 2016, 221 (235). 510 Nicht überzeugend ist vor diesem Hintergrund die Kritik von Stumpf, EurUP 2016, 221 (237), der der Kommission vorwirft, diese sei von einem „idealtheoretischen Umfeld“ ausgegangen, weil es „in der Realität wohl auch zu Marktversagen in Gestalt von strategischen Geboten (…)“ kommen werde. Der Gefahr strategischen Bieterverhaltens trägt die Kommission mittels der bezeichneten Ausnahmeregelung aber gerade ausdrücklich Rechnung. 506
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§ 5 Der unionsrechtliche Rahmen
führen würden, dass nur wenige Vorhaben realisiert werden. Insoweit ist wohl davon auszugehen, dass dieser Ausnahmetatbestand nicht nur im Falle der Unterbietung, sondern auch in anderen Fällen, in denen eine niedrige Realisierungsrate droht, nutzbar gemacht werden kann. Ungeachtet des Vorliegens eines solchen Ausnahmetatbestands bleibt auch die Förderung mittels eines Quotenmodells unter den geschilderten Voraussetzungen möglich. Nicht durchschlagend ist zudem der Vorwurf, die Kommission lasse die Nachteile technologieneutraler Förderung außer Acht.511 Denn gerade mit Blick auf diesen Grundsatz stellen die UEBLL besonders weitreichende Ausnahmetatbestände zur Verfügung. Zu nennen ist hier insbesondere die Möglichkeit, die Ausschreibungen wegen der „Notwendigkeit einer Diversifizierung“ auf bestimmte Technologien beschränken zu können. Zudem erlaubt der Nachweis des längerfristigen Potenzials einer bestimmten neuen, innovativen Technologie eine technologiespezifische Förderung. Hierdurch wird auch der Gefahr eines technologischen lock-ins als bedeutsamem Anknüpfungspunkt für Bedenken gegen technologieneutrale Förderung512 Rechnung getragen. Dass es sich nicht um rigide Vorgaben handelt, belegt auch der Blick auf die zu beobachtende Genehmigungspraxis durch die Kommission.513 Naheliegend ist etwa der Hinweis auf die technologiespezifische Förderung auf Grundlage des EEG 2017. Auch die im Vereinigten Königreich in den ersten beiden Ausschreibungsrunden durchgeführte „Hybridlösung“514 wurde von der Kommission genehmigt. Beide Beispiele belegen, dass die Kommission die vorgesehenen Ausnahmeregelungen auch zur Anwendung bringt. Soweit ein justitiabler Ermessensmissbrauch aus dem Vorwurf hergeleitet wird, die Kommission habe hinsichtlich der Festlegungen der UEBLL gegen ihre Begründungspflicht verstoßen515, wäre dem meines Erachtens auch mit dem Hinweis auf die weit gefassten Ausnahmetatbestände zu begegnen. Denn die implementierten Flexibilisierungsmechanismen belegen, dass die Kommission die Risiken ihrer grundsätzlichen Maßgaben gesehen hat. Somit zeigt schon die Gestaltung des mit den Leitlinien implementierten Regel-Ausnahmeverhältnisses, dass die Kommission die bei der Einführung von technologieneutralen Ausschreibungen grundsätzlich anzustellenden Ermessenserwägungen berücksichtigt hat. Mit Blick auf den Begründungsaufwand zur grundsätzlichen Einführung von Ausschreibungen ist im Übrigen zu beachten, dass diese – wie etwa die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Altmark Trans516 zeigt – ein in der Rechtsprechung der Unionsgerichte anerkanntes Instrument zur Herstellung von Beihilferechtskonformität darstellt. 511
Stumpf, EurUP 2016, 221 (236). Vgl. hierzu oben § 4 C. I. 2. b). 513 Vgl. hierzu Münchmeyer, ER 2015, 140. 514 S. hierzu oben § 3 C. III. 515 Pause, in: Müller/Kahl (Hrsg.), Erneuerbare Energien in Europa, S. 219 (247 ff.); Stumpf, EurUP 2016, 221 (236 f.). 516 Ausführlich zur Altmark Trans-Entscheidung oben II. 2. b) bb). 512
B. Beihilferecht als Determinante für die Einführung von Ausschreibungen?
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dd) Zwischenfazit Es wurde gezeigt, dass die UEBLL detaillierte Vorgaben für die Gestaltung der mitgliedstaatlichen Energiegesetzgebung enthalten. Die hieran anknüpfendenen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der UEBLL sind nach hier vertretener Auffassung gleichwohl nicht durchgreifend. Soweit ein Verstoß gegen den Souveränitätsvorbehalt nach Art. 194 Abs. 2 UAbs. 2 AEUV behauptet wird, ist einzuwenden, dass dessen Sperrwirkung nur für Maßnahmen gilt, die auf Grundlage des Energietitels erlassen werden sollen. Eine darüberhinausgehende Anwendung muss insbesondere aus systematischen Gründen ausscheiden. Auch lässt sich die Rechtswidrigkeit der Leitlinien nicht aus dem Umstand herleiten, dass durch die enthaltenen Maßgaben die den Mitgliedstaaten durch die EE-Richtlinie 2009 belassene Entscheidungsfreiheit hinsichtlich der Gestaltung ihres Förderinstrumentariums verengt wird. Durch eine Bindung in diesem Sinne könnte die primärrechtlich garantierte Entscheidungskompetenz der Kommission weitgehend unterlaufen werden. Auch das Vorliegen eines Ermessensfehlers ist zu verneinen. Denn die Kommission stellt weitreichende Ausnahmetatbestände zur Verfügung, auf deren Grundlage den üblicherweise gegen Ausschreibungen bzw. technologieneutrale Förderung vorgebrachten Bedenken Rechnung getragen wird. Von der Frage der Rechtmäßigkeit der UEBLL sind rechtspolitische Bedenken gegen die demokratieferne Gestaltung der unionalen Beihilfekontrolle zu trennen.517 Es handelt sich insoweit nicht um einen neuen Vorwurf, sondern um die Beschreibung eines Problems, das seinen Ursprung in der weitgehenden Entscheidungsfreiheit hat, die die Unionsgerichte der Kommission im Rahmen von Art. 107 Abs. 3 AEUV zugestehen. Konsequenz des Hinweises auf den Vorrang des Primärrechts ist nun auch, dass der EU-Gesetzgeber dieses Defizit nicht ohne entsprechende Weichenstellung des EuGH beheben kann. Erforderlich wäre insoweit, dass die Entscheidungsfreiheit der Kommission in der Weise eingeschränkt wird, dass der Kommission eine gerichtlich nachprüfbare Verpflichtung auferlegt wird, im Rahmen der Ermessensausübung die Maßgaben einschlägigen Sekundärrechts miteinzubeziehen und Abweichungen nachvollziehbar zu begründen.518
IV. Zwischenergebnis: Der faktische Einfluss der Kommission auf die Gestaltung des EEG Nachdem die Steuerungsvorgaben aus dem Beihilferecht ausführlich erarbeitet wurden, soll deren faktische Bedeutung für die mitgliedstaatlichen Fördermaßnahmen mit einem zusammenfassenden Blick auf den Einfluss der UEBLL auf die Gestaltung des EEG veranschaulicht werden.519 Die Gestaltung der Förderregelun517 518 519
Vgl. hierzu Ludwigs, EuZW 2017, 41. Überzeugend Ludwigs, EuZW 2017, 41 (42). Vgl. hierzu Pause/Kahles, ER 2017, 55 (59 ff.).
232
§ 5 Der unionsrechtliche Rahmen
gen ist das Ergebnis des Beihilfeverfahrens, das mit dem Beschluss der Kommission vom 20.12.2016520 seinen Abschluss fand. Der nachfolgend zu leistende Überblick über die beihilferechtlich bewirkten Neuerungen veranschaulicht den in diesem Abschnitt erläuterten Bedeutungszuwachs des EU-Beihilferechts im Bereich der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. Das EEG steht dabei exemplarisch für den Einfluss der Kommission auf die gesamte (deutsche) Energiegesetzgebung. Angesprochen sind damit die in ihrer Gestaltung ebenfalls erheblich durch die UEBLL beeinflussten Förderregelungen nach dem KWKG sowie die Regelungen des Strommarktgesetzes zu Kapazitäts- und Netzreserve.521 Was die Gestaltung der Förderung angeht, ist zunächst festzuhalten, dass die von den UEBLL geforderte Implementierung einer Direktvermarktungsverpflichtung bereits mit dem EEG 2014 umgesetzt und ins EEG 2017 überführt wurde. Nach dem nunmehr maßgeblichen § 21 I Nr. 1 EEG 2017 besteht der Anspruch auf Zahlung der Einspeisevergütung nur noch für Anlagen mit einer installierten Leistung von bis zu 100 KW. Der Schwellenwert liegt damit deutlich unterhalb der Vorgabe der UEBLL, wonach die Direktvermarktungsverpflichtungen erst ab einer installierten Kapazität von 500 KW ansetzen. Im Zentrum der durch das EEG 2017 bewirkten Neuerungen steht die Hinwendung zum Ausschreibungsverfahren für Windenergieanlagen an Land, Solaranlagen, Biomasseanlagen und Windenergieanlagen auf See. Diese erfolgte unter Einhaltung des von den UEBLL vorgegebenen Zeitplans im Anschluss an die durch das EEG 2014 und die FFAV implementierte Testphase mit dem Inkrafttreten des EEG 2017 zum 01.01.2017. Soweit Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Wasserkraft, Deponie-, Klär- und Grubengas sowie Geothermie vom Ausschreibungserfordernis ausgenommen sind, konnte jeweils erfolgreich von den in den UEBLL niedergelegten Ausnahmeregelungen Gebrauch gemacht werden.522 Für Deponieund Klärgas konnte nachgewiesen werden, dass angesichts der geringen Potentiale nur eine begrenzte Zahl von Vorhaben beihilfefähig wäre. Für Klärgasanlagen sei zudem eine gemeinsame Ausschreibung mit anderen Technologien nicht sinnvoll, da angesichts der vergleichsweise niedrigen Kosten und der geringen Potentiale kein wirksamer Wettbewerbsdruck auf andere Technologien zu erwarten sei. Die Ausnahme von Geothermieanlagen konnte mit dem Verweis auf die hohen Produktionskosten begründet werden. In der Folge sei zu erwarten, dass sich solche Anlagen im Wettbewerb mit anderen Technologien nicht durchsetzen würden, weshalb das langfristige Potential für Geothermieanlagen gefährdet werden würde. Dass auch keine technologiespezifischen – also auf Geothermieanlagen beschränkten – Ausschreibungen durchgeführt werden müssen, konnte mit der Erwartung begründet 520
final. 521
Europäische Kommission, Beschl. v. 20.12.2016, SA.45461 (2016/N), C(2016) 8789
Ausführlich zum Ganzen Ludwigs, REE 2018, 1. Vgl. Europäische Kommission, Beschl. v. 20.12.2016, SA.45461 (2016/N), C(2016) 8789 final, Rn. 204 ff. 522
B. Beihilferecht als Determinante für die Einführung von Ausschreibungen?
233
werden, dass nur wenige Projekte teilnehmen würden und somit kein kostenintensiver Wettbewerb entstehen würde, die Durchführung von Ausschreibungen also ein höheres Förderniveau zur Folge hätte. Auch für Wasserkraftanlagen konnte nachgewiesen werden, dass deren Einbeziehung in einen Ausschreibungswettbewerb mit anderen Technologien zu suboptimalen Ergebnissen führen würde.523 Im Wettbewerb mit Windenergieanlagen an Land und Solaranlagen würden sich die Wasserkaftanlagen angesichts der höheren Produktionskosten nicht durchsetzen. Die vor allem im Süden belegenen Potentiale seien aber bedeutsam für die notwendige Diversifizierung und die Gewährleistung der Netzstabilität. Infolge der im Vergleich zu Biomasseanlagen wiederum niedrigeren Kosten konnte die Erwartung belegt werden, dass die ebenfalls für Diversifizierung und Netzstabilität bedeutsamen Biomasseanlagen nicht zum Zug kommen würden. Für gesonderte Ausschreibungen für Wasserkraftanlagen sei wiederum nicht mit ausreichendem Wettbewerb zu rechnen, sodass sich auch insoweit auf die Gefahr höherer Kosten als Ausnahmegrund berufen werden konnte. Eine augenscheinliche Abweichung von den Grundsätzen der UEBLL besteht darin, dass die Ausschreibungen für die einbezogenen Technologien und Anlagen grundsätzlich gesondert und nach Maßgabe technologiespezifischer Regelungen durchgeführt werden. Auch insoweit konnten die Ausnahmetatbestände der UEBLL aktiviert werden. Für die Begründung gesonderter Ausschreibungen für Windenergieanlagen auf See konnten gleich drei der in den UEBLL vorgesehenen Ausnahmegründe aktiviert werden.524 Wesentlich war insoweit zunächst die Feststellung, dass Windenergieanlagen auf See infolge der im Vergleich zu Strom aus Windenergieanlagen an Land und Solaranlagen höheren Kosten in einem gemeinsamen Ausschreibungswettbewerb nicht zum Zuge kommen würden. In der Folge sei zu erwarten, dass die erheblichen langfristigen Potentiale dieser Technologie nicht zur Geltung kommen würden. Insoweit konnte zudem auf die Bedeutung der Technologie für die notwendige Diversifizierung rekurriert werden. Im Übrigen wurde die Notwendigkeit gesonderter Auschreibungen mit dem Hinweis auf die andernfalls zu hohen Systemintegrationskosten begründet. Für Biomasseanlagen konnte nachgewiesen werden, dass sich diese im Wettbewerb mit Windenergie- und Solaranlagen nicht durchsetzen würden.525 Auch für Solar und Windenergieanlagen an Land konnt die Kommission von der Notwendigkeit gesonderter Ausschreibungsdesigns überzeugt werden.526 Tragend war hier der Hinweis auf Aspekte betreffend Netzeinschränkungen und Netzstabilität: Die durch die hohen Windenergie-Kapazitäten im 523 Europäische final, Rn. 210 ff. 524 Europäische final, Rn. 223 ff. 525 Europäische final, Rn. 246 ff. 526 Europäische final, Rn. 258 ff.
Kommission, Beschl. v. 20.12.2016, SA.45461 (2016/N), C(2016) 8789 Kommission, Beschl. v. 20.12.2016, SA.45461 (2016/N), C(2016) 8789 Kommission, Beschl. v. 20.12.2016, SA.45461 (2016/N), C(2016) 8789 Kommission, Beschl. v. 20.12.2016, SA.45461 (2016/N), C(2016) 8789
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§ 5 Der unionsrechtliche Rahmen
Norden und den höheren Verbrauch im Süden verursachten Netzengpässe erfordern eine regionale Steuerung des Zubaus, in dem Sinne, dass gezielt Kapazitäten im Süden aufgebaut werden müssen. Da Solarstrom im Süden aber günstiger erzeugt werden kann, würden Windenergieanlagen an Land nur eingeschränkt zum Zug kommen, was dem Ziel entgegen laufe, die bezeichneten Netzengpässe aufzulösen. Um die Wettbewerbsintensität zu erhöhen, wurde die Bagatellgrenze, unterhalb derer die Mitgliedstaaten auf die Durchführung von Ausschreibungen verzichten können, mit 750 KW für Windenergieanlagen an Land und Solaranlagen sowie 150 KW für Biomasse deutlich unterhalb der Vorgabe der UEBLL festgesetzt, wonach Ausschreibungen erst für Anlagen mit einer installierten Kapazität von mindestens 1 MW grundsätzlich zwingend sind.
C. Pflicht zur Öffnung der Förderung für Strom aus anderen Mitgliedstaaten? Nachdem die Bedeutung des Beihilferechts als Determinante für die Gestaltung mitgliedstaatlicher Fördermaßnahmen entfaltet wurde, soll nachfolgend noch der Blick auf die Frage gerichtet werden, inwieweit das EU-Primärrecht527 zur Öffnung nationaler Förderregelungen für in anderen Mitgliedstaaten erzeugten Strom verpflichtet. Die Mitgliedstaaten sind traditionell bemüht, die Anwendbarkeit ihrer Förderregelungen – und damit gerade die Zuteilung der Fördermittel – auf im Inland erzeugten Strom zu begrenzen. In Deutschland wurde dieser diskriminierende Ansatz bereits mit dem StromEinspG verfolgt und mit dem EEG als dessen Nachfolgegesetz zunächst uneingeschränkt fortgeschrieben. Partiell aufgebrochen wurde der Ausschluss EU-ausländischer Stromerzeugung erstmals mit Inkrafttreten des EEG 2014. Im EEG 2017 findet sich die im Wesentlichen unverändert übernommene Regelung des Anwendungsbereichs nunmehr in § 5 EEG 2017. Danach gilt zunächst der Grundsatz fort, dass die anlagenbezogenen Vorschriften des Gesetzes nur Anwendung finden, wenn die Stromerzeugung innerhalb des Bundesgebiets erfolgt. In Ausnahme hiervon sieht § 5 II EEG 2017 zwar vor, dass Ausschreibungen528 im Umfang von 5 % der jährlich zu installierenden Leistung für Gebote für Anlagen aus anderen Mitgliedstaaten geöffnet werden sollen. Im Übrigen bleibt es aber bei der allein nationalen Grundausrichtung der Förderregelungen. Der (partielle) Ausschluss EU-ausländischer EE-Stromerzeugung ist eine traditionelle rechtliche Problemzone mitgliedstaatlicher Förderregelungen. Der zentrale Ansatzpunkt für Zweifel an der Unionsrechtskonformität war dabei stets das Verbot 527
Zu den sekundärrechtlichen Vorgaben s. oben A. Die Ausnahme gilt nur für den Förderweg über Ausschreibungen, die Zahlung von Einspeisevergütungen für Strom aus anderen Mitgliedstaaten ist nicht vorgesehen. 528
C. Pflicht zur Öffnung der Förderung für Strom aus anderen Mitgliedstaaten?
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mengenmäßiger Einfuhrbeschränkungen sowie Maßnahmen gleicher Wirkung nach Maßgabe von Art. 34 AEUV. Nachdem der EuGH für das StromEinspG neben den beihilferechtlichen auch diese Bedenken in der PreussenElektra-Entscheidung zerstreut hatte, bestätigte der Gerichtshof in seiner jüngeren Rechtsprechung die Vereinbarkeit der allein national ausgerichteten Förderung im schwedischen Quotenmodell mit den Maßgaben von Art. 34 AEUV. Angesichts dieser neuerlichen und – wie zu zeigen sein wird – übertragbaren „Entwarnung“ ist die partielle Öffnung der Regelungen des EEG für EE-Strom aus anderen Mitgliedstaaten nicht anhand der Vorgaben aus Art. 34 AEUV zu erklären (I.). Zurückzuführen ist die Neuordnung des Anwendungsbereichs vielmehr auf im Rahmen des Beihilfeverfahrens zum EEG 2014 geäußerte Bedenken der Kommission an der Vereinbarkeit der EEGUmlage mit den Maßgaben von Art. 30 und 110 AEUV. Deren rechtliche Steuerungswirkung für das EEG 2017 soll in einem zweiten Schritt erörtert werden (II.). Die Ergebnisse der Untersuchung werden in einem Zwischenfazit zusammengefasst (III.)
I. Pflicht zur Öffnung der Förderregelungen aus Art. 34 AEUV? Wie einleitend dargelegt, wurde die Unionsrechtskonformität rein nationaler Förderregelungen traditionell mit Blick auf Art. 34 AEUV hinterfragt. Bei dem hier normierten Verbot von mengenmäßigen Einfuhrbeschränkungen und Maßnahmen gleicher Wirkung handelt es sich um eine zentrale Gewährleistung der Warenverkehrsfreiheit als einem – insbesondere angesichts seiner Bedeutung für die Verwirklichung des Binnenmarkts nach Art. 26 Abs. 2 AEUV – tragenden Grundsatz der Union.529 Die bestehenden Bedenken gegen auf innerstaatliche Erzeugung begrenzte Förderung hatte der EuGH in der PreussenElektra-Entscheidung zunächst beseitigt, indem er die durch die Regelungen des StromEinspG 1998530 bewirkte Beeinträchtigung des Schutzbereichs der Warenverkehrsfreiheit als gerechtfertigt ansah. Dabei stellte der EuGH aber ausdrücklich auf den damals „gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts auf dem Gebiet des Elektrizitätsmarkts“ ab531 und rekurrierte insoweit auf die seinerzeit geltende Binnenmarktrichtlinie Strom.532 Indem der EuGH seinen Befund also in der Weise mit einem Ablaufdatum versehen hatte, dass er die Frage nach der Vereinbarkeit nationaler Fördermaßnahmen mit den Maßgaben der Warenverkehrsfreiheit in Abhängigkeit von dem Bestand rechtlicher Regelungen 529 Vgl. hierzu etwa EuGH, Urt. v. 9.12.1997, Kommission/Frankreich, Rs. C-265/95, ECLI:EU:C:1997:595, Rn. 24 u. 30. 530 Vgl. § 1 StromEinspG 1998. 531 EuGH, Urt. v. 13.3.2001, PreussenElektra, Rs. C-379/98, ECLI:EU:C:2001:160, Rn. 81. 532 Richtlinie 96/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt vom 19. Dezember 1996, ABl. 1997, L 27, S. 20.
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§ 5 Der unionsrechtliche Rahmen
zum europäischen Elektrizitäts-Binnenmarkt stellte, waren fortlaufende Diskussionen um die weitere Aktualität der Rechtsprechung angelegt. Angesichts des auf den weiteren Abbau von Handelshemmnissen gerichteten Erlasses des zweiten und dritten Binnenmarktpakets in den Jahren 2003/2005 bzw. 2009533 drängte sich die Frage nach der Fortgeltung der durch die PreussenElektra-Entscheidung bewirkten Immunisierung diskriminierender Förderinstrumente gegen Zweifel an der Vereinbarkeit mit den Maßgaben der Warenverkehrsfreiheit auf. Mit Spannung erwartet wurde vor diesem Hintergrund die Entscheidung in der Rechtssache Ålands Vindkraft534, in welcher der Gerichtshof über die Vereinbarkeit des schwedischen Quotenmodells mit Art. 34 AEUV zu befinden hatte. Insbesondere mit Blick auf eine mögliche Harmonisierung durch die Maßgaben der EE-Richtlinie 2009 war zunächst zweifelhaft, ob Art. 34 AEUV überhaupt anwendbar ist (1.). Da eine Beschränkung des Schutzbereichs der Warenverkehrsfreiheit bei diskriminierender Förderung zwanglos bejaht werden kann (2.), entscheidet sich die Frage nach der Vereinbarkeit mit den Maßgaben der Warenverkehrsfreiheit insbesondere auf Ebene der Rechtfertigung (3.). Entlang dieser Prüfungsebenen535 sollen die insbesondere im Vorfeld der Ålands VindkraftEntscheidung intensiv diskutierten Streitfragen skizziert und deren Lösung durch den EuGH einer kritischen Würdigung unterzogen werden. 1. Anwendbarkeit von Art. 34 AEUV? Entsprechend der dargelegten Prüfungsfolge ist zunächst nach der Anwendbarkeit von Art. 34 AEUV zu fragen. Dessen Maßgeblichkeit setzt voraus, dass keine spezielleren Regelungen bestehen.536 Denkbar ist zum einen ein Anwendungsvorrang einschlägigen Sekundärrechts (a)). Erläuterungsbedürftig ist außerdem das Verhältnis zu den Beihilfevorschriften (b)). a) Anwendungsvorrang der EE-Richtlinie? Der wesentliche Beitrag der Grundfreiheiten zur Verwirklichung des Binnenmarkts besteht darin, für Bündnissysteme typische Gefährdungslagen zu kompensieren, indem sie Martkhemmnisse beseitigen, die aus mitgliedstaatlichem Protektionismus bzw. schlicht aus der Unterschiedlichkeit der Rechtsordnungen resultieren. Als transnationale Integrationsnormen statuieren die Grundfreiheiten materielle 533
Zur Entwicklung vgl. Ludwigs, in: Ruffert (Hrsg.), EnzEuR Bd. 5, § 5 Rn. 4 ff. EuGH, Urt. v. 1.7.2014, Ålands Vindkraft, Rs. C-573/12, EU:C:2014:2037. 535 Zur Struktur der Grundfreiheiten vgl. etwa Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, Rn. 845 ff.; jüngst Sauer, JuS 2017, 310; speziell zu Art. 34 AEUV vgl. statt vieler Kingreen, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, Art. 34 – 36 AEUV Rn. 120 ff. 536 Für einen Überblick zum Verhältnis von Art. 34 AEUV zu anderen Vertragsbestimmungen vgl. Schroeder, in: Streinz (Hrsg.), EUV/AEUV, Art. 34 AEUV Rn. 4 ff. 534
C. Pflicht zur Öffnung der Förderung für Strom aus anderen Mitgliedstaaten?
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Grenzen für die mitgliedstaatlichen Kompetenzen zur Rechtssetzung und -anwendung.537 Die Verwirklichung des Binnenmarkts kann aber nicht allein durch die Grundfreiheiten erreicht werden, da durch die punktuelle Anwendbarkeit von Verbotsnormen grundsätzlich noch kein positiv-gestaltender Beitrag zur Rechtsangleichung gewonnen wird. Hierzu bedarf es ergänzender Rechtsetzung: Die Herstellung einheitlicher Wettbewerbsbedingungen ist neben der Beseitigung von Handelshemmnissen übergeordnetes Ziel binnenmarktbezogenen Sekundärrechts. Soweit binnenmarktschädliche Gefährdungslagen in bestimmten Bereichen aber bereits durch Rechtsvereinheitlichung abgebaut wurden, bedarf es nicht länger einer Kontrolle mitgliedstaatlicher Maßnahmen am Maßstab der Grundfreiheiten. Aus der damit skizzierten Unterscheidung zwischen negativer und positiver Integration538 ergeben sich Ableitungen für das Verhältnis zwischen den Grundfreiheiten und einschlägigem Sekundärrecht: Soweit ein Sekundärrechtsakt eine abschließende Harmonisierung bewirkt, ist eine mitgliedstaatliche Maßnahme anhand der Bestimmungen der Harmonisierungsmaßnahme zu beurteilen, eine Prüfung am Maßstab des Primärrechts scheidet insoweit aus.539 Die Relevanz der Grundfreiheiten als Prüfungsmaßstab für binnenmarktrelevantes Handeln der Mitgliedstaaten hängt somit vom Bestand sekundärrechtlicher Regelungen ab. Mit Blick auf den Untersuchungsgegenstand ist vor diesem Hintergrund das Verhältnis zwischen Art. 34 AEUV und den Maßgaben der EE-Richtlinie 2009 erläuterungsbedürftig. Nach dem Gesagten kommt eine Kontrolle nationaler Förderregelungen am Maßstab von Art. 34 AEUV nur in Betracht, soweit der Richtlinie keine Sperrwirkung für eine solche Prüfung entnommen werden kann. Einen Ansatz für eine solche Diskussion bietet Art. 3 Abs. 3 UAbs. 2 in Verbindung mit Erwägungsgrund 25 EE-Richtlinie 2009, wonach den Mitgliedstaaten die Entscheidung darüber belassen wird, in welchem Umfang sie Strom aus anderen Mitgliedstaaten in ihre Förderregelungen einbeziehen wollen.540 Angesichts des unverkennbaren Be537 Vgl. hierzu Kingreen, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, Art. 34 – 36 AEUV Rn. 2 ff., insbes. Rn. 6; s. auch ders., Die Struktur der Grundfreiheiten des Europäischen Gemeinschaftsrechts, S. 26 ff. 538 Das Begriffspaar „Positive und negative Integration“ bezeichnet also zwei zu unterscheidende Möglichkeiten zur Beseitigung von Handelshemmnissen im EU-Binnenmarkt, namentlich durch Anwendung der Grundfreiheiten auf der einen und durch auf Art. 114 AEUV gestützte Rechtsetzungsmaßnahmen auf der anderen Seite, vgl. hierzu sowie zu den diesbezüglich bestehenden Spannungsfeldern Kingreen, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, Art. 34 – 36 AEUV Rn. 3. 539 St. Rspr., vgl. grundlegend EuGH, Urt. v. 12.10.1993, Vanacker und Lesage, C-37/92, ECLI:EU:C:1993:836, Rn. 9; s. auch EuGH, Urt. v. 14.12.2004, Radlberger Getränkegesellschaft und S. Spitz, Rs. C-309/02, ECLI:C:2004:799, Rn. 53 m. w. N.; der Umfang der Harmonisierung ist durch Auslegung des jeweiligen Sekundärrechtsakts zu bestimmen, vgl. Kingreen, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, Art. 34 – 36 AEUV Rn. 18; Haratsch/Koenig/ Pechstein, Europarecht, Rn. 842. 540 Vgl. hierzu schon oben A. I. 2. c); bereits auf Grundlage der insoweit noch zurückhaltenderen Vorgänger-Richtlinie 2001/77 EG wurde eine Anwendungssperre von Art. 34 AEUV teilweise befürwortet, vgl. Klinski, ZNER 2005, 207 (210 ff.); s. außerdem die Nachweise bei
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§ 5 Der unionsrechtliche Rahmen
strebens des Richtliniengebers, Beeinträchtigungen des grenzüberschreitenden Handels mit Strom zugunsten der Verwirklichung der Klima- und Umweltziele hinzunehmen, wurde von Teilen der Literatur die Annahme einer Sperrwirkung der EE-Richtlinie für eine Prüfung mitgliedstaatlicher Förderregelungen am Maßstab von Art. 34 AEUV befürwortet.541 In unmittelbarem Zusammenhang mit der Diskussion um die Legalisierungswirkung war zudem die Frage zu diskutieren, inwieweit die Richtlinie ihrerseits mit Art. 34 AEUV vereinbar ist. Ansatzpunkt für die diesbezüglich geäußerten Bedenken war die Rechtsprechung des EuGH, nach welcher auch der EU-Gesetzgeber an die Grundfreiheiten gebunden ist.542 Entscheidungserheblich wurde die Frage nach dem Verhältnis zwischen den Bestimmungen der EE-Richtlinie 2009 und Art. 34 AEUV erstmals543 in der Rechtssache Ålands Vindkraft.544 Bereits im Vorfeld der Entscheidung hatten die Schlussanträge von Generalanwalt Yves Bot für besondere Brisanz gesorgt.545 Dieser ging zunächst von der Anwendbarkeit von Art. 34 AEUV aus und lehnte mangels Rechtfertigungsfähigkeit des durch die schwedischen Förderregelungen bewirkten Ausschlusses ausländischer Stromerzeugung dessen Vereinbarkeit mit Art. 34 AEUV ab. Von dem Befund, dass die EE-Richtlinie 2009 die primärrechtswidrige territoriale Beschränkung erlaubt, schloss der Generalanwalt sodann auf die Ungültigkeit der entsprechenden Regelung in der Richtlinie.546 Der EuGH hat in seinem Urteil vom 01.07.2014 eine abschließende Harmonisierung durch die EE-Richtlinie 2009 verneint und in der Folge eine Prüfung der schwedischen Förderregelungen unmittelbar am Maßstab von Art. 34 AEUV vorgenommen. Zur Begründung rekurrierte der Gerichtshof auf den Umstand, dass die Richtlinie den Mitgliedstaaten keine Vorgaben für die Gestaltung der FörderregeGundel, EnWZ 2014, 99 (102); Kröger, Die Förderung erneuerbarer Energien im Europäischen Elektrizitätsbinnenmarkt, S. 262. 541 Vgl. hierzu die Nachweise bei Kahles, in: Müller/Kahl (Hrsg.), Erneuerbare Energien in Europa, S. 143 (147). 542 Explizit für die Warenverkehrsfreiheit etwa EuGH, Urt. v. 25.6.1997, Kieffer und Thill, Rs. C-114/96, ECLI:EU:C:1997:316, Rn. 27 m. w. N.; vgl. hierzu Gundel, EnWZ 2014, 99 (102 f.); Ludwigs, EnWZ 2013, 483 (484), jeweils m. w. N. 543 Für das erst später ergangene Urteil des EuGH in der Rechtssache Essent Belgium war noch die Vorgängerrichtlinie zur EE-Richtlinie maßgeblich, vgl. EuGH, Urt. v. 11.9.2014, Essent Belgium, verb. Rs. C-204/12 bis C-208/12, ECLI:EU:C:2014:2192. 544 Im Ausgangsrechtsstreit klagte die Ålands Vindkraft AB als Betreiber einer im Archipel der finnischen Ålands-Inseln belegenen und ausschließlich an das schwedische Stromnetz angeschlossenen Windenergieanlage gegen den ablehnenden Bescheid zum Antrag der Klägerin auf Zulasssung zum schwedischen Zertifikatesystem, vgl. EuGH, Urt. v. 1.7.2014, Ålands Vindkraft, Rs. C-573/12, EU:C:2014:2037, Rn. 23 ff. 545 GA Bot, Schlussanträge v. 28.1.2014, Ålands Vindkraft, Rs. C-573/12, ECLI:EU:C:2014:37. 546 GA Bot, Schlussanträge v. 28.1.2014, Ålands Vindkraft, Rs. C-573/12, ECLI:EU:C:2014:37, Rn. 110 f.; kritisch hierzu Grabmayr/Kahles/Pause, Würzburger Berichte zum Umweltenergierecht Nr. 4, S. 8 ff.; s. auch Ludwigs, RW 2014, 254 (272).
C. Pflicht zur Öffnung der Förderung für Strom aus anderen Mitgliedstaaten?
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lungen mache.547 Angesichts der Freiräume der Mitgliedstaaten bei Auswahl und Gestaltung ihrer Förderregelungen kann dem Befund, dass die EE-Richtlinie 2009 keine abschließende Harmonisierung des gesamten Regelungsbereichs bewirkt, zwar zwanglos zugestimmt werden.548 Zu bedenken ist indes, dass es im Zusammenhang mit der Prüfung am Maßstab der Warenverkehrsfreiheit vornehmlich um die Frage nach der Reichweite des Anwendungsbereichs der nationalen Fördermaßnahmen geht. Insoweit kann der Richtlinie zweifelsfrei die Wertung des Unionsgesetzgebers entnommen werden, dass es den Mitgliedstaaten erlaubt sein soll, Strom aus anderen Mitgliedstaaten nicht in die eigene Förderung einzubeziehen. Indem der EuGH die Prüfung der schwedischen Regelung – unter Verzicht auf eine Kontrolle der Primärrechtskonformität der Richtlinienregelung – unmittelbar an Art. 34 AEUV ausrichtet, lässt der Gerichtshof die Wertung des Gesetzgebers auf Ebene der Frage nach der Anwendbarkeit von Art. 34 AEUV unbeachtet.549 Dies vermag nicht zu überzeugen. Soweit der EuGH der Richtlinie eine Gestattungswirkung entnimmt, wäre es naheliegend gewesen, eine Prüfung der entsprechenden sekundärrechtlichen Regelung am Maßstab von Art. 34 AEUV vorzunehmen. Denn soweit ein Sekundärrechtsakt eine Beeinträchtigung der Grundfreiheiten gestattet, muss er sich seinerseits an den Grundfreiheiten messen lassen.550 Bedauerlich ist dabei auch, dass mit dem Verzicht auf die Prüfung der Unionsrechtskonformität der Richtlinienregelung auch die in das Verfahren gesetzten Hoffnungen auf eine Klärung der Frage um die Rigidität der Bindungen des Unionsgesetzgebers an die Grundfreiheiten enttäuscht wurden.551 Richtet man den Blick in die Zukunft, namentlich auf die nunmehr beschlossene und bis ins Jahr 2021 umzusetzende Neufassung der EE-Richtlinie, ist keine andere Bewertung in dieser Frage zu erwarten. Denn wie im Rahmen der Bearbeitung zu den sekundärrechtlichen Maßgaben gezeigt wurde, bleibt es auch perspektivisch im Wesentlichen bei der bekannten Entscheidungsfreiheit der Mitgliedstaaten.552 Damit bewirkt die Richtlinie auch in ihrer neugefassten Gestaltung keine – vom EuGH für die Annahme einer Sperrwirung geforderte – abschließende Harmonisierung der Regelungen zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. Im Ergebnis ist also davon auszugehen, dass sich die Beurteilung nationaler Förderre-
547
EuGH, Urt. v. 1.7.2014, Ålands Vindkraft, Rs. C-573/12, EU:C:2014:2037, Rn. 59 ff. Kröger, Die Förderung erneuerbarer Energien im Europäischen Elektrizitätsbinnenmarkt, S. 262 f. 549 Mit überzeugender Kritik Kahles, in: Müller/Kahl (Hrsg.), Erneuerbare Energien in Europa, S. 143 (153 f.); Ludwigs, EuZW 2014, 627 (627); zur Vorgänger-Richtlinie 2001/77/ EG bereits Klinski, ZNER 2005, 207 (211 f.); die Wertung des Unionsgesetzgebers kommt auf Ebene der Rechtfertigungsprüfung zu tragen, vgl. dazu sogleich. 550 Vgl. Ehlers, in: ders. (Hrsg.), EuGR, § 7 Rn. 108; s. auch Gundel, EnWZ 2014, 99 (102 f.). 551 Vgl. hierzu Ludwigs, EuZW 2014, 627 (627). 552 Vgl. hierzu oben A. II. 548
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§ 5 Der unionsrechtliche Rahmen
gelungen auch künftig unmittelbar am Maßstab von Art. 34 AEUV vollziehen wird, soweit dessen Anwendbarkeit nicht aus anderen Gründen ausgeschlossen ist. b) Verhältnis von Art. 34 AEUV zu den Beihilfevorschriften Zu erläutern ist im Übrigen das Verhältnis von Art. 34 AEUV zu den Beihilfevorschriften. Problem der grundsätzlich möglichen parallelen Anwendung sind denkbare Verfahrens- und Kompetenzkonflikte, da die Vereinbarkeitsprüfung für Beihilfen im Verfahren nach Art. 108 AEUV der Kommission übertragen ist, während die Überprüfung der Konformität einer mitgliedstaatlichen Maßnahme mit dem unmittelbar anwendbaren Art. 34 AEUV den mitgliedstaatlichen Gerichten obliegt.553 Angesichts der sogleich zu skizzierenden Reichweite der für die Eingriffsqualifizierung zentral bedeutsamen Dassonville-Formel könnte in jeder Beihilfe ein Eingriff in den Schutzbereich der Warenverkehrsfreiheit zu sehen sein. Folge wäre eine erhebliche Einschränkung der wirtschaftspolitischen Handlungsfreiheit der Mitgliedstaaten sowie der vertraglich garantierten Prüfungskompetenz der Kommission. Maßgaben zur Lösung des Konflikts hat der EuGH insbesondere in seiner Entscheidung in der Rechtssache Iannelli554 entwickelt. Danach ist eine Beihilfe nicht einer Maßnahme gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung gleichzustellen, wenn deren Eignung, die Einfuhr konkurrierender Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten zumindest mittelbar zu beeinträchtigen, allein aus der Begünstigung einheimischer Unternehmen oder Produkte folgt.555 Für eine parallele Anwendbarkeit von Art. 34 AEUV ist danach zu fordern, dass die Beihilferegelung Bestandteile enthält, die „zwar zu dieser Regelung gehören, zur Verwirklichung ihres Zwecks oder zu ihrem Funktionieren aber nicht unerlässlich sind.“556 Nach diesen Maßgaben abtrennbare Modalitäten können also an Art. 34 AEUV gemessen werden. 2. Beeinträchtigung des Schutzbereichs Wurden die Maßgaben zur Anwendbarkeit des Verbots mengenmäßiger Einfuhrbeschränkungen und Maßnahmen gleicher Wirkung erörtert, ist entsprechend der einleitend dargelegten Prüfungsfolge zu betrachten, inwieweit die (partielle) Beschränkung der Anwendbarkeit mitgliedstaatlicher Förderregelungen auf im Inland erzeugten Strom eine Beeinträchtigung des Schutzbereichs von Art. 34 AEUV darstellt. 553 Vgl. zum Ganzen Ludwigs, in: Säcker (Hrsg.), MüKoEuWettbR, Bd. 5, Art. 107 AEUV Rn. 44 ff. 554 EuGH, Urt. v. 11.7.1977, Iannelli, Rs. 74/76, ECLI:EU:C:1977:51. 555 EuGH, Urt. v. 11.7.1977, Iannelli, Rs. 74/76, ECLI:EU:C:1977:51, Rn. 9/10. 556 EuGH, Urt. v. 11.7.1977, Iannelli, Rs. 74/76, ECLI:EU:C:1977:51, Rn. 14.
C. Pflicht zur Öffnung der Förderung für Strom aus anderen Mitgliedstaaten?
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Schutzobjekt von Art. 34 AEUV sind Unionswaren im Sinne von Art. 28 Abs. 2 AEUV. Hiervon umfasst sind alle Erzeugnisse, die einen Geldwert haben und damit Gegenstand von Handelsgeschäften sein können.557 Trotz der fehlenden Körperlichkeit558 hat der EuGH den Warencharakter von Elektrizität ausdrücklich anerkannt.559 Mit Blick auf das Vorliegen eines Eingriffs in den damit eröffneten Schutzbereich erfasst Art. 34 AEUV neben mengenmäßigen Einfuhrbeschränkungen560 alle Maßnahmen gleicher Wirkung. Nach der grundlegenden DassonvilleEntscheidung ist hiervon jede Handelsregelung der Mitgliedstaaten umfasst, „die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern.“561 Diese sog. „Dassonville-Formel“ setzt keine Ungleichbehandlung inländischer und ausländischer Waren voraus, umfasst sind vielmehr auch lediglich den Warenverkehr beschränkende Maßnahmen, ohne dass mit diesen eine Diskriminierung ausländischer Waren einhergeht.562 Hinsichtlich der Typologie der von dieser denkbar weiten Eingriffs-Definition erfassten Beeinträchtigungsformen kann also zwischen offenen und versteckten Diskriminierungen sowie unterschiedslos geltenden Beschränkungen unterschieden werden. Während sich offen diskriminierende Maßnahmen dadurch auszeichnen, dass ihre belastenden Wirkungen unmittelbar an die Herkunft der Ware anknüpfen, ist für versteckte Diskriminierungen kennzeichnend, dass die Maßnahmen an ein neutrales Kriterium anknüpfen, jedoch faktisch typischerweise eingeführte Waren benachteiligen.563 Bedeutsam ist die Eingriffskategorisierung insbesondere insoweit, 557 Grundlegend EuGH, Urt. v. 10.12.1968, Italien/Kommission, Rs. 7/68, ECLI:EU:C:1968:51, 642; vgl. auch EuGH, Urt. v. 26.10.2006, Kommission/Griechenland, Rs. C-65/05, ECLI:EU:C:2006:673, Rn. 23. 558 In Richtung eines solchen Erfordernisses noch EuGH, Urt. v. 14.7.1977, Bosch/ Hauptzollamt Hildesheim, Rs. 1/77, ECLI:EU:C:1977:130, Rn. 4. 559 Vgl. schon EuGH, Urt. v. 27.4.1994, Almelo, Rs. C-393/92, ECLI:EU:C:1994:171, Rn. 28. 560 Umfasst sind von dieser – praktisch eher wenig bedeutsamen – Beeinträchtigungskategorie bestimmte Kontingente oder gar Einfuhrverbote, vgl. Kingreen, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, Art. 34 – 36 AEUV Rn. 126. 561 EuGH, Urt. v. 11.7.1974, Dassonville, Rs. 8 – 74, ECLI:EU:C:1974:82, Rn. 5. 562 Die sog. Dassonville-Formel war von grundlegender Bedeutung für die in der Folgerechtsprechung vollzogene Ausweitung des Anwendungsbereichs der Grundfreiheiten auf alle handelsbeschränkenden Maßnahmen, unabhängig vom Vorliegen einer Diskriminierung. Für eine Analyse der so bewirkten Entwicklung der Grundfreiheiten von Diskriminierungs- zu allgemeinen Beschränkungsverboten in der Rechtsprechung des EuGH vgl. Kingreen, Die Struktur der Grundfreiheiten des Europäischen Gemeinschaftsrechts, S. 38 ff. Die mit der Dassonville-Entscheidung bewirkte erhebliche Ausweitung des Schutzbereichs der Warenverkehsfreiheit von einem Diskriminierungs- zu einem allgemeinen Beschränkungsverbot – mit der spiegelbildlich eine Beschränkung der Handlungsbefugnisse der Mitgliedstaaten einhergeht – wurde durch spätere grundlegende Urteile wieder eingeschränkt, wobei für den Untersuchungsgegenstand insoweit die die Rechtfertigungsebene betreffende sog. CassisRechtsprechung von hervorzuhebender Bedeutung ist, s. unten 3. a). 563 S. nur Epiney, in: Ehlers (Hrsg.), EuGR, § 8 Rn. 32 ff.
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als in Abhängigkeit von der Qualifizierung der jeweils in Rede stehenden Maßnahme unterschiedliche Maßgaben für die Rechtfertigung in Betracht kommen können.564 Da hinsichtlich der Anwendbarkeit der mitgliedstaatlichen Regelungen regelmäßig auf die Herkunft des Stroms abgestellt wird, steht für den Untersuchungsgegenstand die Eingriffsform der offenen Diskriminierung im Zentrum. Hierunter sind die Fälle zu fassen, in denen sich die Schlechterstellung ausländischer Waren explizit aus der maßgeblichen Regelung ergibt.565 Dies ist für die mitgliedstaatlichen Förderregelungen typischerweise der Fall, da diese hinsichtlich ihrer Anwendbarkeit an die Herkunft der Ware Strom abstellen. Dabei ist es für die Qualifizierung als warenverkehrsrechtlich relevanter Eingriff unerheblich, dass sich die Diskriminierung mittels einer Bevorzugung der inländischen Erzeugung und nicht durch eine Benachteiligung von Strom aus anderen Mitgliedstaaten vollzieht.566 Mit den diskriminierenden Gestaltungen gehen in der Regel auch potentielle Absatzbehinderungen für Strom aus anderen Mitgliedstaaten einher. Für das schwedische Quotenmodell verwies der EuGH insoweit überzeugend auf den Umstand, dass die verpflichteten EVU und Verbraucher die Quote nur durch Vorhaltung von Zertifikaten erfüllen können, die nach Maßgabe der schwedischen Regelungen, also für die inländische Erzeugung erteilt wurden. Infolge der Möglichkeit der Anlagenbetreiber, die Zertifikate gemeinsam mit dem erzeugten Strom zu veräußern, sei es im Übrigen naheliegend, dass langfristige Verträge über die Lieferung von EEStrom abgeschlossen werden. Auch die so bewirkte Bindung der nationalen Nachfrage bedeute eine potentielle Behinderung von Stromeinfuhren aus anderen Mitgliedstaaten.567 Im PreussenElektra-Sachverhalt konnte die Absatzbehinderung aus dem Umstand hergeleitet werden, dass die EltVU nach Maßgabe von § 2 StromEinspG 1998 zur Abnahme des förderfähigen – also allein des im Bundesgebiet erzeugten – Stroms verpflichtet waren. Hieraus folgte eine potentielle Absatzbehinderung in dem Sinne, dass ein gewisser Prozentsatz der Nachfrage erst gar nicht für Strom aus anderen Mitgliedstaaten zur Verfügung stand.568 Nach Abschaffung der physikalischen Wälzung durch das Inkrafttreten der Ausgleichsmechanismusverordnung im Jahr 2010 konnte eine Schutzbereichsbe564
Dazu sogleich 3. a) bb) (2). Synonym kann auch von unmittelbarer oder formaler bzw. rechtlicher Diskriminierung gesprochen werden, vgl. etwa Ehlers, in: ders. (Hrsg.), EuGR, § 7 Rn. 28. 566 Vgl. etwa EuGH, Urt. v. 5.6.1986, Kommission/Italien, Rs. 103/84, ECLI:EU:C:1986:229; s. hierzu GA Bot, Schlussanträge v. 28.1.2014, Ålands Vindkraft, Rs. C-573/12, ECLI:EU:C:2014:37, Rn. 75. 567 EuGH, Urt. v. 1.7.2014, Ålands Vindkraft, Rs. C-573/12, EU:C:2014:2037, Rn. 67 ff. 568 EuGH, Urt. v. 13.3.2001, PreussenElektra, Rs. C-379/98, ECLI:EU:C:2001:160, Rn. 70 f.; so hatte die an dem zugrunde liegenden Ausgangsverfahren als Beklagte beteiligte Schleswag AG vorgetragen, dass sie ein günstiges Angebot für Strom aus Schweden wegen der Abnahmeverpflichtung für den in ihrem Versorgungsgebiet erzeugten Windstrom nicht annehmen konnte, vgl. hierzu Generalanwalt Jacobs, Schlussanträge v. 26.10.2000, Rs. C-379/98, PreussenElektra, Slg. 2001, I-2103 Nr. 99. 565
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schränkung durch die Regelungen des EEG ersichtlich nicht mehr mit einer solchen Bezugsverpflichtung begründet werden. Denn infolge der hiermit verbundenen Neugestaltung wurde die eingriffsbegründende Abnahmeverpflichtung der Versorgungsunternehmen aufgelöst und durch das seither bestehende Umlagesystem ersetzt.569 In der Folge wurde das Vorliegen einer Beeinträchtigung des Schutzbereichs der Warenverkehrsfreiheit verschiedentlich in Frage gestellt.570 Mit Blick auf das einleitend skizzierte Konkurrenzverhältnis dürfte es jedenfalls ausgeschlossen sein, die Absatzbehinderung allein aus der die Beihilferelevanz begründenden Subventionen und den so bewirkten verbesserten Vermarktungschancen herzuleiten. Denn wie gezeigt wurde, setzt die parallele Anwendbarkeit von Art. 34 AEUV voraus, dass der Eingriff in den Schutzbereich durch eine von der Vergütungszahlung abtrennbare Modalität erfolgt. Ein Ansatzpunkt für eine auch nach der Abschaffung der physikalischen Abnahmeverpflichtung der EVU fortbestehende und von der reinen Vergütungspflicht abtrennbare Absatzbehinderung dürfte jedoch in der nach wie vor bestehenden Verpflichtung der Netzbetreiber zur vorrangigen Abnahme zu sehen sein. Denn mit Blick auf die begrenzte Netzkapazität geht mit dem Abnahmeversprechen zu Gunsten der inländischen EE-Stromerzeugung auch eine potentielle Behinderung des innergemeinschaftlichen Handels im Sinne der Dassonville-Formel einher.571 Für die insoweit erforderliche Abtrennbarkeit im Sinne der einleitend skizzierten Rechtsprechung des EuGH streitet, dass die den Einspeisevorrang ermöglichende Privilegierung, wie sie in der EE-Richtlinie 2009 noch enthalten ist, mit der EE-Richtlinie 2018 teilweise abgeschafft wird. Hieraus folgt gleichsam, dass die Frage einer Beeinträchtigung mit Ablauf der Umsetzungsfrist für die Maßgaben der EE-Richtlinie 2018 neu zu erörtern ist. Auch auf Grundlage des EEG 2017 ist eine warenverkehrsrechtlich relevante Beeinträchtigung des Schutzbereichs zu bejahen. Für Anlagen, die schon nicht in das Ausschreibungserfordernis einbezogen sind, ergibt sich das aus dem soeben Gesagten. Doch auch soweit die Förderberechtigung und deren Höhe nunmehr durch Ausschreibungen zu ermitteln ist, liegt eine Handelsbeschränkung im Sinne von Art. 34 AEUV vor. Denn der Umstand, dass der Zubau neuer Kapazitäten durch Ausschreibungen gesteuert wird, ändert nichts daran, dass die schlussendlich als förderwürdig ermittelten – und grundsätzlich in Deutschland belegenen – Anlagen an den eine Absatzbehinderung verursachenden erzeugungsbezogenen Privilegien, namentlich einer festen Vergütungszusage und dem Versprechen vorrangiger Abnahme, teilnehmen. Zwar ist die Vertiefung des Eingriffs durch die implementierte Mengensteuerung besser kontrollierbar als auf Grundlage des Einspeisevergütungsmodells, in welchem die Steuerung des Zubaus lediglich mittelbar über die Höhe der festgelegten Förderung erfolgte. Am Vorliegen einer Beeinträchtigung ändert dieser Befund indes nichts. Soweit also Anlagen nicht an Ausschreibungen 569 Steffens, in: Säcker (Hrsg.), BerlKommEnR – Bd. 2, Einl. C. Rn. 161; zur Umgestaltung des Ausgleichsmechanismus vgl. oben § 2 A. III. 2. b). 570 Vgl. etwa Rostankowski/Oschmann, RdE 2009, 361 (365). 571 Überzeugend Gundel, EnWZ 2014, 99 (100) m. w. N.
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teilnehmen dürfen, haben diese keine Möglichkeit, Zugang zu den – die Handelsbeschränkung auslösenden – erzeugungsbezogenen Privilegien zu erhalten, wodurch sich der Eingriff in den Schutzbereich der Warenverkehrsfreiheit auch auf Grundlage des EEG 2017 grundsätzlich fortsetzt. 3. Rechtfertigung Soweit ein Eingriff in den Schutzbereich von Art. 34 AEUV festgestellt wurde, stellt sich auf der nächsten Ebene die Frage nach der Rechtfertigung der identifizierten Beeinträchtigung. Die Prüfung erfolgt hier in zwei Schritten.572 Auf einer ersten Stufe ist danach zu fragen, ob die Maßnahme einem zur Rechtfertigung von Beschränkungen der Warenverkehrsfreiheit tauglichen Schutzgut dient bzw. eine Schrankenregelung zur Anwendung gelangt (a)). Sofern das Vorliegen einer Eingriffsermächtigung bejaht werden kann, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob die maßgeblichen Schranken-Schranken beachtet wurden, wobei insoweit insbesondere der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz von Bedeutung ist (b)). Auf beiden Stufen der Prüfung stellen sich für den Untersuchungsgegenstand relevante Fragen, die – wie nachfolgend zu zeigen sein wird – vom EuGH in der maßgeblichen Rechtsprechung zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien nur unzureichend beantwortet wurden. a) Eingriffsermächtigung Im Sinne der soeben bezeichneten Prüfungsfolge ist zunächst nach einer Eingriffsermächtigung zu fragen. Zu unterscheiden ist insoweit zwischen der grundfreiheitsspezifischen Ausnahmebestimmung in Art. 36 AEUV und sog. „zwingenden Erfordernissen“ als einer vom EuGH entwickelten Kategorie ungeschriebener Rechtfertigungsgründe (aa)).573 In den für den Beurteilungsgegenstand relevanten Entscheidungen hat der Gerichtshof auf beide Rechtfertigungsansätze zurückgegriffen (bb)). aa) Geschriebene und ungeschriebene Schranken Nach der ausdrücklichen Schrankenregelung in Art. 36 AEUV können Eingriffe in den Schutzbereich von Art. 34 AEUV zugunsten bestimmter Schutzgüter gerechtfertigt sein. Umfasst sind neben der öffentlichen Sicherheit und Ordnung weitere Rechtfertigungsgüter, darunter etwa auch die Gesundheit und das Leben von 572
Zur Dogmatik der Rechtfertigungsprüfung vgl. statt vieler Kingreen, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, Art. 34 – 36 AEUV Rn. 74 ff. sowie speziell für die Warenverkehrsfreiheit Rn. 191 ff. 573 Schranken können sich außerdem aus den Grundrechten ergeben, s. etwa EuGH, Urt. v. 12.3.2003, Schmidberger, Rs. C-112/00, ECLI:EU:C:2003:333, Rn. 74; vgl. hierzu Ehlers, in: ders. (Hrsg.), EuGR, § 7 Rn. 115.
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Menschen, Tieren oder Pflanzen. Nach der Rechtsprechung des EuGH statuiert Art. 36 AEUV eine Ausnahme von der Grundregel, dass alle Hindernisse für den freien Warenverkehr zwischen den Mitgliedstaaten zu beseitigen sind.574 Der damit betonte Ausnahmecharakter der Vorschrift prägt maßgeblich deren Anwendung durch den EuGH. So hat der Gerichtshof einer Erweiterung der Legitimationskraft auf andere als die in Art. 34 und 35 AEUV genannten Maßnahmen ebenso eine Absage erteilt575 wie einer Ausdehnung des Anwendungsbereichs auf weitere, vom Katalog der Vorschrift nicht umfasste, Schutzgüter.576 Zudem betont der Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass auch hinsichtlich der Auslegung der abschließend aufgezählten Schutzgüter ein enges Begriffsverständnis geboten ist.577 Im Widerspruch zu diesem restriktiven Verständis578 steht die vom EuGH erstmals in seiner grundlegenden Entscheidung in der Rechtssache Cassis de Dijon anerkannte Möglichkeit, Eingriffe in den Schutzbereich von Art. 34 AEUV anhand von ungeschriebenen, im allgemeinen Interesse liegenden, „zwingenden Erfordernissen“579 zu rechtfertigen.580 Nannte der Gerichtshof in seinem Grundsatzurteil zunächst „insbesondere“ Erfordernisse „einer wirksamen steuerlichen Kontrolle, des Schutzes der öffentlichen Gesundheit, der Lauterkeit des Handelsverkehrs und des Verbraucherschutzes“581, hat dieser bereits nach dem Wortlaut der Entscheidung nicht abschließende Katalog in der Folgerechtsprechung zahlreiche Erweiterungen erfahren.582 Mit einer Entscheidung zur Unionsrechtskonformität eines obligatorischen Rücknahmesystems für Getränkeverpackungen durch das Königreich Däne-
574
EuGH, Urt. v. 25.1.1977, Bauhuis, Rs. 46/76, ECLI:EU:C:1977:6, Rn. 12/15. EuGH, Urt. v. 25.1.1977, Bauhuis, Rs. 46/76, ECLI:EU:C:1977:6, Rn. 12/15; im entschiedenen Fall ging es um die Frage, ob ein Verstoß gegen das nunmehr in Art. 30 AEUV geregelte Verbot der Erhebung von Ein- und Ausfuhrzöllen oder Maßnahmen gleicher Wirkung anhand von Art. 36 AEUV gerechtfertigt werden kann; vgl. dazu auch unten II. 2. c). 576 EuGH, Urt. v. 17.6.1981, Kommission/Irland, Rs. 113/80, ECLI:EU:C:1981:139, Rn. 7. 577 Vgl. etwa EuGH, Urt. v. 19.3.1991, Kommission/Griechenland, Rs. C-205/89, ECLI:EU:C:1991:123, Rn. 9. 578 So Schroeder, in: Streinz (Hrsg.), EUV/AEUV, Art. 36 AEUV Rn. 3; vgl. auch die Kritik von Kingreen, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, Art. 34 – 36 AEUV Rn. 84; anders dagegen Ehlers, in: ders. (Hrsg.), EuGR, § 7 Rn. 118 ff. 579 EuGH, Urt. v. 20.2.1979, Cassis de Dijon, Rs. 120/78, ECLI:EU:C:1979:42, Rn. 8. 580 Die systematische Einordnung als Rechtfertigungstatbestände ist nicht unumstritten. Vertreten wird auch, dass es sich bei den zwingenden Erfordernissen um negative Tatbestandsmerkmale handelt. Bedeutsam ist die Frage vor allem für die Verteilung der Beweislast, vgl. zum Ganzen Schorkopf, EuR 2009, 645; der EuGH behandelt die zwingenden Erfordernisse nach neuerer Rechtsprechung als Rechtfertigungsgründe, wie auch die hier zentral bedeutsamen Entscheidungen in den Rechtssachen PreussenElektra und Ålands Vindkraft belegen. 581 EuGH, Urt. v. 20.2.1979, Cassis de Dijon, Rs. 120/78, ECLI:EU:C:1979:42, Rn. 8. 582 Für einen Überblick vgl. Kingreen, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, Art. 34 – 36 AEUV Rn. 80. 575
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mark hat der Gerichtshof auch den Umweltschutz als zwingendes Erfordernis im Sinne der Cassis-Rechtsprechung ausdrücklich anerkannt.583 bb) Vorgehen des EuGH in den Rechtssachen PreussenElektra und Ålands Vindkraft Für die Legitimierung von Beschränkungen der Warenverkehrsfreiheit durch diskriminierend ausgestaltete mitgliedstaatliche Regelungen zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien haben sich in der Rechtsprechung des EuGH beide – ungeschriebene und geschriebene – Rechtfertigungsansätze als praktisch bedeutsam erwiesen. In der PreussenElektra-Entscheidung zog der Gerichtshof seinen Ausführungen zur Rechtfertigung in dem Sinne einen doppelten Boden ein, als er hinsichtlich des Ziels der Diskriminierungsregel nach dem StromEinspG zum einen auf den Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen sowie zum anderen – ohne ausdrücklichen Rekurs auf die Cassis-Rechtsprechung – auf den Umweltschutz als in die Rechtfertigungsprüfung einzustellendes Schutzgut abstellte.584 Dieses Vorgehen wiederholte der EuGH nun in seinem Urteil in der Rechtssache Ålands Vindkraft, in welchem der Gerichtshof wiederum beide Rechtfertigungsansätze heranzog.585 Während – wie nachfolgend gezeigt werden wird – der Rekurs auf Art. 36 AEUV schon in der Sache nicht überzeugt, sind die Entscheidungen im Hinblick auf die Aktivierung der Cassis-Rechtsprechung vor allem in dogmatischer Hinsicht kritikwürdig. (1) Rechtfertigung anhand von Art. 36 AEUV? Zunächst vermag es nicht zu überzeugen, wenn der EuGH – zumal ohne erläuternde Ausführungen586 – zur Rechtfertigung der bewirkten Eingriffe in den Schutzbereich von Art. 34 AEUVauf den Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen im Sinne von Art. 36 AEUV abstellt. Denn wie einleitend erläutert, legt der Gerichtshof bei der Anwendung von Art. 36 AEUV mit Blick auf den Ausnahmecharakter der Vorschrift grundsätzlich ein restriktives Verständnis zugrunde. Mit dieser engen Auslegung ist es schwerlich vereinbar, für 583
EuGH, Urt. v. 20.9.1988, Kommission/Dänemark, Rs. 302/86, ECLI:EU:C:1988:421, Rn. 8 f.; zur Herleitung dieses Befunds rekurrierte der Gerichtshof auf die sog. Altöl-Rechtsprechung, nach welcher der Schutz der Umwelt als „wesentliche(s) Ziel der Gemeinschaft“ zu qualifizieren ist, vgl. EuGH, Urt. v. 7.2.1985, Procureur de la République/ADBHU, Rs. 240/83, ECLI:EU:C:1985:59, Rn. 13; zur Altöl-Rechtsprechung und deren Bedeutung für die Anerkennung des Umweltschutzes als gemeinwirtschaftliche Zielstellung im Sinne der Altmark-Rechtsprechung vgl. schon oben B. II. 2. b) cc) (1) (a). 584 EuGH, Urt. v. 13.3.2001, PreussenElektra, Rs. C-379/98, ECLI:EU:C:2001:160, Rn. 72 ff. 585 EuGH, Urt. v. 1.7.2014, Ålands Vindkraft, Rs. C-573/12, EU:C:2014:2037, Rn. 77 ff. 586 Der Gerichtshof beschränkt sich jeweils auf die Behauptung, dass die verfolgte Politik den Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren und Pflanzen bezweckt, vgl. EuGH, Urt. v. 13.3.2001, PreussenElektra, Rs. C-379/98, ECLI:EU:C:2001:160, Rn. 75; EuGH, Urt. v. 1.7.2014, Ålands Vindkraft, Rs. C-573/12, EU:C:2014:2037, Rn. 80.
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die Rechtfertigung der mit einer national ausgerichteten Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien bewirkten Eingriffe auf die jedenfalls nur nachgelagert betroffenen Schutzgüter aus Art. 36 AEUV zu rekurrieren. Zu mittelbar ist der Zusammenhang zwischen dem CO2-Ausstoß und den Auswirkungen auf die in Bezug genommenen Schutzgüter.587 (2) Legitimationskraft des Umweltschutzziels für offene Diskriminierungen Ist es also mit der auf die Begrenzung des Anwendungsbereichs von Art. 36 AEUV bedachten Rechtsprechung des EuGH nicht vereinbar, zur Rechtfertigung des Ausschlusses ausländischer Stromerzeugung auf Art. 36 AEUV abzustellen, ist nun die durch den EuGH jeweils vorgenommene Aktivierung der Cassis-Rechtsprechung einer Bewertung zu unterziehen. Insoweit fällt eine Beurteilung nicht schwer: Das Vorgehen des EuGH, insbesondere die erörterungslose Heranziehung der Cassis-Rechtsprechung, ist kritikwürdig. Denn der Rekurs auf den Umweltschutz als zwingendes Erfordernis hätte eine Auseinandersetzung mit der nunmehr seit Jahren kontrovers diskutierten Streitfrage um die Reichweite der Legitimationskraft ungeschriebener Rechtfertigungsgründe notwendig gemacht.588 Im Kern geht es dabei um die Frage, ob die ungeschriebenen Rechtfertigungsgründe auf alle Beeinträchtigungsformen und damit auch auf offene Diskriminierungen anwendbar sind oder ob zumindest letztere589 nur anhand der geschriebenen Ausnahmeregelung in Art. 36 AEUV gerechtfertigt werden können. Einen wesentlichen Beitrag zu den bestehenden Unsicherheiten leistet die wenig konsistente Rechtsprechung des EuGH. So hatte der Gerichtshof den Anwendungsbereich der Cassis-Formel in einem späteren Urteil auf unterschiedslos geltende, d. h. gerade nicht nach der Herkunft der Ware differenzierende, Regelungen beschränkt.590 In weiteren Entscheidungen aktivierte der EuGH die Cassis-Rechtsprechung mehrfach auch für die Rechtfertigung von Maßnahmen, die er zuvor als
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So die überzeugende Kritik von Heselhaus, EuZW 2001, 645 (647). Instruktiv zum Streitstand statt vieler Kingreen, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/ AEUV, Art. 34 – 36 AEUV Rn. 83; s. auch Gundel, JURA 2001, 79 (Rn. 80 ff.); Heselhaus, EuZW 2001, 645 (646 f.). 589 Möglich wäre auch, für sämtliche diskriminierenden Eingriffe nur eine Rechtfertigung anhand der geschriebenen Rechtfertigungsgründe zuzulassen. Gegen einen solchen Ansatz spricht indes, dass die Abgrenzung zwischen faktischen Diskriminierungen und diskriminierungsfreien Beschränkungen oftmals schwierig ist, was die Gefahr zufälliger Ergebnisse birgt und die Mitgliedstaaten zu Umgehungsgestaltungen motivieren könnte, vgl. hierzu etwa Gundel, JURA 2001, 79 (82 f.). 590 Vgl. EuGH, Urt. v. 17.6.1981, Kommission/Irland, Rs. 113/80, ECLI:EU:C:1981:139, Rn. 10 f.; deutlich auch EuGH, Urt. v. 10.11.1982, Rau/de Smedt, Rs. 261/81, ECLI:EU:C:1982:382, Rn. 12; die Beschneidung des Anwendungsbereichs erfolgte dabei gewissermaßen durch die Hintertür: der EuGH rekurrierte kommentarlos auf die Cassis-Rechtsprechung, in der die beschränkende Formulierung jedoch gar nicht enthalten war. 588
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versteckte Diskriminierung identifiziert hatte.591 Hieraus könnte man den Schluss ziehen, dass jedenfalls eine Rechtfertigung offen diskriminierender – also gerade ausdrücklich nach der Herkunft der Ware differenzierender – Regelungen außer Betracht bleiben muss.592 Mit einem solchen Verständnis ist aber das bezeichnete Vorgehen in der PreussenElektra-Entscheidung nicht vereinbar, nahm der EuGH hier doch gerade eine Rechtfertigungsprüfung einer als unmittelbar diskriminierend zu qualifizierenden Regelung anhand des Umweltschutzziels vor. Angesichts der uneinheitlichen Rechtsprechung ist es wenig überraschend, dass die Frage nach dem Anwendungsbereich der Cassis-Rechtfertigung im Schrifttum seit Jahren kontrovers diskutiert wird. Anknüpfungspunkt für Bedenken gegen eine einheitliche Lösung in dem Sinne, dass für alle Eingriffsformen eine einheitliche Rechtfertigungsprüfung erfolgt, ist zuvörderst der Hinweis auf die mit einer Ausweitung der Rechtfertigungsmöglichkeiten verbundene erhöhte Gefahr protektionistischer mitgliedstaatlicher Maßnahmen zu Lasten des Binnenmarktziels.593 Soweit nunmehr im Vorfeld der Ålands Vindkraft-Entscheidung Hoffnungen auf eine Klärung dieser Frage aufgekeimt waren, wurden diese enttäuscht.594 Wie schon im PreussenElektra-Urteil hat der Gerichtshof dieses Problem erneut ignoriert und im Rahmen der Prüfung der Rechtfertigung der diskriminierenden schwedischen Förderregelung ohne Erläuterung auf den Umweltschutz als zwingendes Erfordernis im Sinne der Cassis-Rechtsprechung abgestellt. Argumentative Ansätze für ein Bekenntnis zur sog. Einheitslösung ließen sich indes finden. Es ist schon terminologisch nicht nachvollziehbar, dass als „zwingende“ Erfordernisse anerkannte Schutzgüter nicht für eine Rechtfertigung bestimmter Eingriffskategorien zur Verfügung stehen sollen.595 Vor allem aber verhindert ein solcher Ansatz das materiell richtige Ergebnis, dass der Umweltschutz als Schutzgut für sämtliche Eingriffsformen zur Verfügung steht. Schon mit Blick auf die anhand der Verträge belegbare Hochrangigkeit des Umweltschutzziels wäre es nicht nachvollziehbar – so die plastische Kontrollüberlegung – , wenn dieses – anders etwa als der von Art. 36 AEUV umfasste Schutz nationalen Kulturgutes – nicht für die Rechtfertigung offener Diskriminierungen aktiviert werden könnte.596 Nicht zustimmungswürdig ist indes die Ansicht, dass eine Erweiterung der ungeschriebenen Rechtfertigungsgründe sachlich nicht geboten sei.597 Vielmehr belegen sowohl 591 Vgl. hierzu schon die Nachweise bei Gundel, JURA 2001, 79 (79 ff.); s. auch Epiney, in: Ehlers (Hrsg.), EuGR, § 8 Rn. 70 Fn. 105. 592 Kingreen, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, Art. 34 – 36 AEUV Rn. 82. 593 Vgl. etwa Gundel, JURA 2001, 79 (82). 594 Kritisch Kahles, in: Müller/Kahl (Hrsg.), Erneuerbare Energien in Europa, S. 143 (154 f.); Ludwigs, EuZW 2014, 627 (627 f.). 595 Vgl. auch die englische Sprachfassung, wo von „mandatory requirements“ die Rede ist. 596 Überzeugend Kingreen, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, Art. 34 – 36 AEUV Rn. 84. 597 So aber Gundel, JURA 2001, 79 (82); anders dagegen Epiney, in: Ehlers (Hrsg.), EuGR, § 8 Rn. 71; jüngst Steffens, Erneuerbare Energien im europäischen Binnenmarkt, S. 207.
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der PreussenElektra- als auch der Ålands Vindkraft-Sachverhalt das praktische Bedürfnis für die Anerkennung des Umweltschutzziels als Rechtfertigungsgrund auch für offene Diskriminierungen.598 Das somit in der Sache gebotene – und vom EuGH letztlich auch gefundene – Ergebnis, den Umweltschutz als Schutzgut für alle Beeinträchtigungsformen zuzulassen, wäre mit einem Bekenntnis zu einer Konvergenz im Sinne der Einheitslösung übrigens auch für den EuGH leichter erreichbar, zwingt das Gebot, offene Diskriminierungen nur anhand der geschriebenen Rechtfertigungsgründe legitimieren zu können, den Gerichtshof doch jeweils zur Inkaufnahme dogmatischer Widrigkeiten, wenn die Maßnahme das Schutzgut Umwelt betrifft. Zu beobachten ist dies bereits auf Ebene der Eingriffsprüfung: Hatte der EuGH in seiner Entscheidung zur Vereinbarkeit eines in der belgischen Region Wallonien erlassenen Einfuhrverbots für Abfälle aus anderen Mitgliedstaaten das offensichtliche Vorliegen einer offenen Diskriminierung noch mit höchst fragwürdigen Erwägungen verneint599, verzichtete der Gerichtshof sowohl im PreussenElektra- als auch im Ålands Vindkraft-Urteil gleich gänzlich auf eine Qualifizerung des Eingriffs.600 Auf Rechtfertigungsebene vermag bei der angeordneten engen Auslegung von Art. 36 AEUV sodann der Rekurs auf den Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen nicht zu überzeugen.601 Die völlig erläuterungsfreie Heranziehung des Umweltschutzes als zwingendes Erfordernis ist dann – deshalb aber nicht minder kritikwürdig – letztlich nur noch die konsequente Umsetzung der auf Eingriffsebene geleisteten Vorarbeit.602 Indem der EuGH jedenfalls für den Umweltschutz die konzeptuelle Unterscheidung zwischen geschriebenen und ungeschriebenen Rechtfertigungsgründen immer wieder aufbricht, verbleibt der Eindruck, dass der Gerichtshof dem Umweltschutzziel einen gewissen Sonderstatus einräumen will. Dieser wäre zwar mit Blick auf die tatsächliche und rechtliche Bedeutung des Schutzguts belegbar, jedoch ist ein solcher Ansatz dogmatisch nicht überzeugend. Stimmiger wäre es, die formale Differenzierung nach der Art des Eingriffs aufzugeben. Dabei ist selbstverständlich den Bedenken gegen eine Ausuferung Rechnung zu tragen, ist mit der Ausweitung 598
In diese Richtung auch Frenz, DVBl 2014, 1125 (1126). EuGH, Urt. v. 9.7.1992, Kommission/Belgien, Rs. C-2/90, ECLI:EU:C:1992:310, Rn. 34 ff.; der EuGH hat das Vorliegen einer offenen Diskriminierung mit dem Hinweis auf „die Besonderheit der Abfälle“ verneint und rekurrierte dabei auf den im seinerzeit maßgeblichen Art. 130r Abs. 2 EWG-Vertrag enthaltenen Grundsatz, Umweltbeeinträchtigungen nach Möglichkeit an ihrem Ursprung zu bekämpfen. Aufgrund des hieraus abzuleitenden Umstands, dass Abfälle möglichst nahe am Ort ihrer Erzeugung zu beseitigen seien, ergebe sich, dass die belgische Regelung nicht als diskriminierend angesehen werden könne. Kritisch hierzu Epiney, in: Ehlers (Hrsg.), EuGR, § 8 Rn. 71. 600 Mit Recht kritisch Ludwigs, EuZW 2014, 627 (628); s. im Übrigen bereits Heselhaus, EuZW 2001, 645 (646). 601 So auch Heselhaus, EuZW 2001, 645 (647). 602 Vgl. auch die ausführliche Kritik am Vorgehen des EuGH bei Steffens, Erneuerbare Energien im europäischen Binnenmarkt, S. 209 ff. 599
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§ 5 Der unionsrechtliche Rahmen
der Rechtfertigungsmöglichkeiten doch immer ein größerer Handlungsspielraum der Mitgliedstaaten und spiegelbildlich eine Gefahr für den Schutz des Binnenmarkts verbunden.603 Als Korrektiv steht hier der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zur Verfügung. Dessen Prüffolge ermöglicht besser als der starre Blick auf die Beeinträchtigungsform flexible und an den konkreten Umständen des zu entscheidenden Sachverhalts orientierte Lösungen. Auf Ebene der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne, auf der nach der Angemessenheit der schutzbereichsrelevanten Maßnahme gefragt wird, könnte die Bedeutung des Schutzgutes Berücksichtigung finden.604 Im Ergebnis ist eine formale Differenzierung nach der Beeinträchtigungsform nach hier vertretener Auffassung nicht überzeugend. Voraussetzung für einen solchen Ansatz müsste jedenfalls sein, dass eine gefestigte und nachvollziehbare Dogmatik zur Typologie der Beeinträchtigungsformen besteht und vom EuGH jeweils nachvollzogen wird. Dies ist aber – und dafür sind nicht zuletzt die Entscheidungen in den Rechtssachen PreussenElektra und Ålands Vindkraft jeweils selbst ein veranschaulichender Beleg – gerade nicht der Fall.605 b) Verhältnismäßigkeit Sowohl die Inanspruchnahme der geschriebenen Schrankenbestimmung des Art. 36 AEUV als auch der Rekurs auf die Cassis-Rechtsprechung setzt voraus, dass die auf dem Prüfstand stehende Maßnahme verhältnismäßig ist.606 Nach diesem allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts607 ist zu prüfen, ob die streitige Maßnahme geeignet ist, die Erreichung des verfolgten Ziels zu gewährleisten, ohne über das hinauszugehen, was hierzu erforderlich ist.608 603 Die Anerkennung ungeschriebener Rechtfertigungsgründe ist im Zusammenhang mit der Entwicklung der Reichweite des Beschränkungsbegriffs zu sehen: Unter anderem durch die Ausweitung der Rechtfertigungsmöglichkeiten sollte ein Ungleichgewicht vermieden werden, das durch den weiten Eingriffsbegriff nach Maßgabe der Dassonville-Formel zu Lasten des Gestaltungsspielraums der Mitgliedstaaten zu befürchten gewesen wäre, vgl. schon Fn. 562. 604 Überzeugend Heselhaus, EuZW 2001, 645 (648 f.); vgl. im Übrigen die überzeugende Erwägung von Kingreen, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/AEUV, Art. 34 – 36 AEUV Rn. 84, der darauf hinweist, dass mit der Herausnahme offener Diskriminierungen mittelbare Diskriminierungen prämiert werden würden. 605 Ein anderer Vorschlag für eine Vereinheitlichung der Rechtfertigungsprüfung besteht darin, die zwingenden Erfordernisse in die geschriebenen Schranken, insbesondere in den Tatbestand der öffentlichen Ordnung, zu integrieren, vgl. hierfür Kingreen, Die Struktur der Grundfreiheiten des Europäischen Gemeinschaftsrechts, S. 154 ff.; mit zustimmungswürdiger Kritik an diesem Ansatz dagegen Heselhaus, EuZW 2001, 645 (647 f.). 606 Vgl. etwa EuGH, Urt. v. 15.3.2007, Kommission/Finnland, Rs. C-54/05, ECLI:EU:C:2007:168, Rn. 38 m. w. N. 607 Instruktiv zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dessen Verständnis durch den EuGH jüngst Brigola, EuZW 2017, 406. 608 EuGH, Urt. v. 11.12.2008, Kommission/Österreich, Rs. C-524/07, ECLI:EU:C:2008:717, Rn. 54 m. w. N.
C. Pflicht zur Öffnung der Förderung für Strom aus anderen Mitgliedstaaten?
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Wie einleitend dargestellt, hatte der EuGH seinen Befund zur Verhältnismäßigkeit der durch das StromEinspG 1998 bewirkten Beschränkung des Schutzbereichs von Art. 34 AEUV in der PreussenElektra-Entscheidung mit einem Ablaufdatum versehen. Angesichts der seither zu beobachtenden Rechtsentwicklung wurde die Ålands Vindkraft-Entscheidung auch insoweit mit Spannung erwartet. In seinem Urteil hat der Gerichtshof seinen Befund zur Verhältnismäßigkeit aktualisiert und die Konformität der schwedischen Quotenregelung mit den Maßgaben der Warenverkehrsfreiheit bestätigt. Nachfolgend sollen die im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung angestellten Erwägungen des EuGH in der Rechtssache Ålands Vindkraft dargestellt (aa)) und im Anschluss einer kritischen Würdigung unterzogen werden (bb)). Im Übrigen stellt sich die Frage, inwieweit die Ausführungen des Gerichtshofs auf andere Förderansätze übertragbar sind (cc)). aa) Kernaussagen der Ålands Vindkraft-Entscheidung In Übereinstimmung mit dem soeben bezeichneten Vorgehen sollen zunächst die Kernaussagen der Entscheidung vorgestellt werden. Im Rahmen seiner Ausführungen nahm der Gerichtshof mittels einleitender Erwägungen zunächst die PreussenElektra-Entscheidung in den Blick und aktualisierte seine damals getroffenen Beobachtungen609 zu den Besonderheiten des Strommarkts.610 Was dessen rechtliche Verfasstheit angeht, stellte der EuGH angesichts der in der Zwischenzeit zu beobachtenden Rechtsentwicklung – angesprochen sind insbesondere der Erlass des zweiten und dritten Binnenmarktpakets in den Jahren 2003/2005 bzw. 2009 – fest, dass sich der Elektrizitätsbinnenmarkt in rechtlicher Hinsicht nunmehr nicht mehr lediglich in einem Zwischenstadium auf dem Weg der Liberalisierung befinde, wie dies ausweislich der Richtlinie 96/92 noch der Fall gewesen sei.611 Fortwährende Geltung beanspruche hingegen der ebenfalls bereits in der PreussenElektra-Entscheidung angeführte Befund, dass Herkunft und Energiequelle des Stroms nach der Einspeisung kaum mehr nachvollzogen werden könnten. Hieran änderten auch die von der EE-Richtlinie 2009 vorgesehenen Herkunftsnachweise nichts, da diese nicht belegen könnten, dass es sich bei einer bestimmten Menge gelieferten Stroms um diejenige Menge handelt, für die die Herkunftsnachweise ausgestellt wurden.612 Im Anschluss an die einleitenden Erwägungen schickte der EuGH seinen Befund voraus, dass die im schwedischen Quotenmodell verwirklichte territoriale Beschränkung der Förderung „beim derzeitigen Stand des Unionsrechts“ als erforderlich angesehen werden könne, um den Anteil erneuerbarer Energiequellen an der
609 EuGH, Rn. 78 f. 610 EuGH, 611 EuGH, 612 EuGH,
Urt. v. 13.3.2001, PreussenElektra, Rs. C-379/98, ECLI:EU:C:2001:160, Urt. v. 1.7.2014, Ålands Vindkraft, Rs. C-573/12, EU:C:2014:2037, Rn. 83 ff. Urt. v. 1.7.2014, Ålands Vindkraft, Rs. C-573/12, EU:C:2014:2037, Rn. 85. Urt. v. 1.7.2014, Ålands Vindkraft, Rs. C-573/12, EU:C:2014:2037, Rn. 87 ff.
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§ 5 Der unionsrechtliche Rahmen
Gesamtstromerzeugung zu erhöhen.613 Dem stünde nicht der von der Ålands Vindkraft AB als Klägerin des Ausgangsverfahrens erhobene Einwand entgegen, wonach es für das verfolgte Ziel – die Verringerung von Treibhausgasemissionen – unerheblich sei, wo die Anlagen belegen sind. Zur Begründung verwies der EuGH insoweit auf die fehlende Harmonisierung der mitgliedstaatlichen Regelung zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. Konkretisierend stellte der Gerichtshof zunächst auf die einleitende Erwägung ab, dass die Förderung im Zeitpunkt des Verbrauchs infolge der fehlenden Unterscheidbarkeit nach Einspeisung kaum durchführbar sei, sodass die mit der Förderung verfolgten Umweltschutzziele vor allem im Stadium der Erzeugung wirksam verfolgt werden könnten. In diesem Zusammenhang führte der Gerichtshof auch die verbindlichen mitgliedstaatsspezifischen Zielvorgaben aus der EE-Richtlinie 2009 an, welche an den Anteil erneuerbarer Energien an der Gesamtstromerzeugung anknüpfen.614 Auch für die weitere Argumentation blieb die EE-Richtlinie 2009 zentraler Anknüpfungspunkt. Namentlich rekurrierte der Gerichtshof zunächst auf den im 15. Erwägungsgrund der Richtlinie enthaltenen Hinweis auf die unterschiedlichen Ausgangslagen und Potentiale im Bereich der erneuerbaren Energien.615 Außerdem betonte der EuGH die in Erwägungsgrund 25 der Richtlinie enthaltene Erwägung, wonach es für das Funktionieren der nationalen Förderregelungen von wesentlicher Bedeutung ist, dass die Mitgliedstaaten Wirkung und Kosten der Förderung kontrollieren können und das Vertrauen der Investoren erhalten bleibt.616 Zuletzt verwies der Gerichtshof auf die von der Richtlinie bereitgestellten Möglichkeiten zur Zusammenarbeit in Gestalt der koopeerativen Mechanismen und dabei insbesondere auf die mit Art. 11 EE-Richtlinie 2009 geschaffene Möglichkeit, gemeinsame Förderregelungen zu erlassen.617 bb) Kritische Würdigung Wie soeben gezeigt wurde, hat der EuGH die seit dem PreussenElektra-Urteil neu aufgekommenen Bedenken gegen die Vereinbarkeit diskriminierender Förderregelungen mit der Ålands Vindkraft-Entscheidung ein weiteres Mal zerstreut. Auch wenn man den Ausführungen zur Erforderlichkeit der praktizierten territorialen Beschränkung folgt, gibt das Urteil auf Ebene der Verhältnismäßigkeitsprüfung Anlass zu Bedenken. Als kritikwürdig erweist sich insbesondere, dass der Gerichtshof keine Grenzen für die Legitimierungsfähigkeit diskriminierender Förderregelungen andeutet. Dass es diese geben muss, die Verhältnismäßigkeit also nicht losgelöst vom bereits erreichten Ökostrom-Anteil bewertet werden kann, folgt indes 613 614 615 616 617
EuGH, Urt. v. 1.7.2014, Ålands Vindkraft, Rs. C-573/12, EU:C:2014:2037, Rn. 91 ff. EuGH, Urt. v. 1.7.2014, Ålands Vindkraft, Rs. C-573/12, EU:C:2014:2037, Rn. 97. EuGH, Urt. v. 1.7.2014, Ålands Vindkraft, Rs. C-573/12, EU:C:2014:2037, Rn. 98. EuGH, Urt. v. 1.7.2014, Ålands Vindkraft, Rs. C-573/12, EU:C:2014:2037, Rn. 99. EuGH, Urt. v. 1.7.2014, Ålands Vindkraft, Rs. C-573/12, EU:C:2014:2037, Rn. 100 f.
C. Pflicht zur Öffnung der Förderung für Strom aus anderen Mitgliedstaaten?
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aus der rechtlichen Gleichrangigkeit von Binnenmarkt- und Umweltziel.618 Aus dem Gebot, einen Widerstreit zwischen Binnenmarkt und Umweltschutz schonend aufzulösen, folgt unmittelbar die Einsicht, dass die Legitimationskraft des Umweltschutzaspekts bei steigenden Marktanteilen erneuerbarer Energien abnehmen muss. Das Vehikel für dahingehende Erwägungen wäre eine im Sinne der oben formulierten Forderung verstandene Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gewesen, bei der im Rahmen einer Angemessenheitsprüfung ein Ausgleich der im Widerstreit stehenden Ziele geleistet wird. In der Sache wäre ein naheliegender Ansatz etwa darin zu sehen gewesen, diskriminierende Förderregelungen zuzulassen, bis die nationalen Mindestziele aus der EE-Richtlinie erreicht sind.619 Ein solcher Weg war bereits in der Argumentationslogik angelegt, hatte der Gerichtshof zur Begründung der Erforderlichkeit doch gerade auf die nationalen Mindestziele rekurriert.620 Es ist bedauerlich, dass der Gerichtshof die Gelegenheit versäumt hat, den einem solchen Ausblick innewohnenden Harmonisierungsauftrag an den Unionsgesetzgeber zu formulieren.621 cc) Übertragbarkeit der Ålands Vindkraft-Entscheidung auf die Förderung durch Ausschreibungsverfahren? Ungeachtet der bezeichneten Bedenken gegen die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Ålands Vindkraft stellt sich die Frage, welche Bedeutung das Urteil für die Förderpolitik anderer Mitgliedstaaten hat. Maßgeblich für diese Beurteilung ist der Blick auf die einzelnen Erwägungen, die der Gerichtshof als Grundlage seiner Entscheidung zur Verhältnismäßigkeit des durch die Gestaltung des schwedischen Quotenmodells bewirkten Eingriffs herangezogen hat. Soweit der EuGH auf die Investitionssicherheit als tragendes Argument für die Rechtfertigung abstellt, erscheint eine Übertragbarkeit auf andere Förderinstrumente fraglich. Dieser Begründungsansatz gilt für Quotenmodelle in besonderem Maße: Da infolge einer Öffnung des Systems mutmaßlich mehr Zertifikate zur Deckung der unveränderten Nachfrage zur Verfügung stünden, wäre mit einem Verfall der Zertifikatspreise zu rechnen.622 Die Förderung mittels Einspeisevergütung oder Marktprämie hingegen wäre durch eine Öffnung für Strom aus anderen Mitgliedstaaten zunächst nicht bedroht. Denn der Zugang EU-ausländischer Anlagenbetreiber hat per se keinen Einfluss auf bestehende Zahlungszusagen. Allerdings steht 618
Vgl. hierzu Ludwigs, in: Ruffert (Hrsg.), EnzEuR Bd. 5, § 5 Rn. 49. S. aber auch Germelmann, EurUP 2014, 329 (332), der vorschlägt, die von der EERichtlinie bereitgestellten Kooperationsmöglichkeiten zu „Kooperationspflichten zu verdichten“ (Hervorhebung i. O.). 620 So auch Kröger, ZUR 2014, 559 (562). 621 Die fehlende Impulswirkung des Urteils kritisiert etwa auch Germelmann, EurUP 2014, 329 (333). 622 Vgl. Ludwigs, EuZW 2014, 627 (627); zu den Auswirkungen von Veränderungen der Angebotskurve im Quotenmodell vgl. oben § 4 C. I. 2. c). 619
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§ 5 Der unionsrechtliche Rahmen
insoweit – mehr als im entschiedenen Fall des schwedischen Quotenmodells – der vom EuGH ebenfalls betonte Aspekt der Kostenkontrolle in Rede. Eine unionsrechtliche Pflicht zur Öffnung von Einspeisevergütunsmodellen würde das Potential bergen, die finanzielle Tragfähigkeit der jeweiligen Instrumente zu gefährden.623 Beide Argumentationsansätze – Investitionssicherheit und Kostenkontrolle – lassen sich indes nicht ohne Weiteres auf die Förderung durch Ausschreibungsverfahren übertragen: Denn über die erfolgreiche Teilnahme an einer Ausschreibung erhalten Anlagenbetreiber Zugang zu einer langfristigen Förderzusage in Gestalt der Marktprämie, sodass hinsichtlich des Aspekts der Investitionssicherheit das zum Einspeisevergütungsmodell Gesagte Geltung beansprucht. Durch die konsequente Mengensteuerung bleibt im Übrigen aber auch die Kostenkontrolle gewährleistet, wird doch das Volumen förderfähigen Zubaus explizit im Voraus festgelegt. Uneingeschränkt übertragbar sind hingegen die Erwägungen des EuGH zu den Implikationen aus der EE-Richtlinie 2009. Insbesondere der Hinweis auf die nationalen Mindestziele beansprucht seine Geltung unabhängig von der Wahl des Förderinstruments. Doch perspektivisch fällt auch dieses Argument weg: Zu erinnern ist diesbezüglich an die nunmehr beschlossene Abkehr vom Instrument nationaler Mindestziele durch die Neufassung der EE-Richtlinie. Nach dem ab dem Jahr 2021 maßgeblichen sekundärrechtlichen Regelungsrahmen wird der Ansatz verbindlicher Ausbauziele für die Mitgliedstaaten nicht fortgeschrieben. Maßgeblich ist dann allein das unionsweite Ziel, den Anteil erneuerbarer Energien am Bruttoendenergieverbrauch bis ins Jahr 2030 auf 32 % auszubauen.624 4. Zwischenfazit und Ausblick Ausweislich der Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache Ålands Vindkraft entfaltet Art. 34 AEUV mit Blick auf eine Pflicht der Mitgliedstaaten zur Öffnung ihrer Förderinstrumente auch weiterhin keine Steuerungskraft. Dabei ist das Judikat unter mehreren Gesichtspunkten kritikwürdig. Im Zusammenhang mit der Frage nach der Anwendbarkeit von Art. 34 AEUV musste sich dem Gerichtshof angesichts der von ihm selbst angenommenen Gestattungswirkung der EE-Richtlinie die Prüfung der Vereinbarkeit der Regelung mit Art. 34 AEUV aufdrängen. Auf Ebene der Rechtfertigungsprüfung ist zunächst zu bemängeln, dass der EuGH abermals auf eine Aussage zur Legitimationskraft ungeschriebenener Rechtfertigungsgründe für diskriminierende Eingriffe in den Schutzbereich von Art. 34 AEUV verzichtet. Anstelle eines überfälligen Bekenntnisses in diese Richtung wiederholt der Gerichtshof das Vorgehen aus der PreussenElektra-Entscheidung, indem er auf eine Qualifikation des Eingriffs verzichtet und im Anschluss ohne Problematisierung auf den Umweltschutz als zwingendes Erfordernis im Sinne der Cassis-Rechtsprechung abstellt. Was 623 624
A. II.
Vgl. Ludwigs, EuZW 2014, 627 (627). Hierauf weist auch Kröger, ZUR 2014, 559 (562), hin. Zur EE-Richtlinie 2018 vgl. oben
C. Pflicht zur Öffnung der Förderung für Strom aus anderen Mitgliedstaaten?
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schließlich die Prüfung der Verhältnismäßigkeit anbetrifft, kann dem Urteil keine über die im Entscheidungszeitpunkt zu bejahende Legalität diskriminierender Förderinstrumente hinausreichende Aussage entnommen werden, sodass die weitere Entwicklung offen bleibt. So bleibt die drängende Frage nach einer Grenze für die Rechtfertigungsfähigkeit der bewirkten Marktabschottungen unbeantwortet. Man mag geneigt sein, das Urteil in seiner Unbestimmtheit als weitere Schonfrist für die Politik aufzufassen, die durch die parzellierte EE-Förderung bewirkten Marktabschottungen zu reduzieren. Gleichwohl wäre es mit Blick auf den sich zuspitzenden Konflikt zwischen Binnenmarkt und Umweltschutz wünschenswert gewesen, dass der EuGH einen deutlicheren Harmonisierungsauftrag an die Mitgliedstaaten formuliert. Die potentielle Wirkkraft der Grundfreiheiten als Vehikel zu positiver Integration bleibt so ungenutzt. Angesichts der nur schwachen Impulswirkung der Entscheidung ist es wenig überraschend, dass die EE-Richtlinie 2018 hinsichtlich der Maßgaben zur Öffnung nationaler Förderregelungen wiederum nur wenig rigide Vorgaben enthält.625
II. Pflicht zur Öffnung des Fördersystems aus Art. 30, 110 AEUV? Entfaltet das Verbot nichttarifärer Handelshemmnisse in Gestalt von mengenmäßigen Einfuhrbeschränkungen und Maßnahmen gleicher Wirkung nach der Rechtsprechung des EuGH damit auch weiterhin keine Steuerungskraft für die Gestaltung des Anwendungsbereichs der nationalen Förderregelungen, ist nachfolgend zu untersuchen, ob sich mit Blick auf Art. 30 und 110 AEUV ein anderes Bild zeigt. Art. 30 AEUV statuiert ein allgemeines Verbot von Zöllen und Abgaben gleicher Wirkung zwischen den Mitgliedstaaten. Neben der Einführung eines gemeinsamen Zolltarifs gegenüber Drittländern ist das Verbot von Zöllen und Abgaben gleicher Wirkung Bestandteil der Zollunion als zentrale Säule der Warenverkehrsfreiheit.626 Ergänzt wird Art. 30 AEUV durch das Verbot diskrimierender inländischer Abgaben nach Maßgabe von Art. 110 AEUV. Als spezielle Ausgestaltung des in Art. 18 AEUV normierten allgemeinen Diskriminierungsverbots verbietet Art. 110 AEUV jede diskriminierende Besteuerung von Waren aus anderen Mitgliedstaaten.627 Art. 30 und 110 AEUV verfolgen in einander ergänzenden Funktionen das Ziel, jede innerstaatliche Abgabenerhebung zu verhindern, die geeignet wäre, Erzeugnisse aus anderen oder für andere Mitgliedstaaten zu diskriminieren und auf diese Weise den
625
Vgl. hierzu oben A. II. 2. c). Kellerhals, in: Müller-Graf (Hrsg.), EnzEuR Bd. 4, § 6 Rn. 4. 627 Bahns/Brinkmann/Gläser u. a., in: von der Groeben/Schwarze/Hatje (Hrsg.), Europäisches Unionsrecht, Art. 110 AEUV Rn. 1. 626
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§ 5 Der unionsrechtliche Rahmen
freien Verkehr dieser Erzeugnisse innerhalb der EU unter normalen Wettbewerbsbedingungen zu verhindern.628 Der faktische Einfluss der Vorschriften auf die Gestaltung des EEG 2017 wurde bereits einleitend skizziert: Die partielle Öffnung der deutschen Förderregelungen nach Maßgabe von § 5 II EEG 2017 ist auf im Aushandlungsprozess zur beihilferechtlichen Genehmigungsfähigkeit des EEG 2014 geäußerte Zweifel der Kommission an der Vereinbarkeit der EEG-Umlage mit Art. 30 bzw. 110 AEUV zurückzuführen. Als Hebel fungierte die Rechtsprechung des EuGH, nach welcher die beihilferechtliche Vereinbarkeitsprüfung durch die Kommission nicht zu einem Ergebnis führen darf, das zu einem Konflikt mit den besonderen Vorschriften des Vertrags führt.629 Ansatzpunkt für die Bedenken ist der Umstand, dass die EEGUmlage auf importierten wie auf einheimischen Strom gleichermaßen erhoben wird, während nur die in Deutschland produzierten Strommengen an der aus dem Aufkommen finanzierten Förderung partizipieren. Im folgenden Teil der Bearbeitung ist in einem ersten Schritt zu zeigen, dass die EEG-Umlage mit Blick auf die Maßgaben zur Abgrenzung der Vorschriften an Art. 110 AEUV, nicht hingegen an Art. 30 AEUV zu messen ist (1.). Auf Grundlage dieser Einordnung konzentriert sich die Darstellung im zweiten Schritt auf die Restriktionen aus Art. 110 AEUV und deren Bedeutung für die EEG-Umlage (2.). 1. Abgrenzung und Einordnung der EEG-Umlage Im Folgenden sollen zunächst die Anwendungsbereiche von Art. 30 und 110 AEUV voneinander abgegrenzt werden (a)), bevor hieran anknüpfend eine Einordnung der EEG-Umlage erfolgt (b)). a) Abgrenzung des Anwendungsbereichs Die Vorschriften über Abgaben zollgleicher Wirkung und über diskriminierende inländische Abgaben stehen in einem Exklusivitätsverhältnis. Nach ständiger Rechtsprechung sind Art. 30 und 110 AEUV nicht kumulativ anwendbar, sodass dieselbe Abgabe nicht zugleich unter beide Vorschriften subsumiert werden kann.630 Richtet man den Blick auf das in Art. 30 AEUV normierte Verbot von Zöllen und Abgaben gleicher Wirkung zwischen den Mitgliedstaaten, ist im Ausgangspunkt zu 628 EuGH, Urt. v. 17.7.2008, Essent, Rs. C-206/06, ECLI:EU:C:2008:413, Rn. 40 m. w. N.; zum systematischen Zusammenwirken von Art. 30 und 110 AEUV vgl. Würdemann/Glöckle, ZEuS 2016, 85 (89 ff.). 629 Vgl. etwa EuGH, Urt. v. 19.9.2000, Deutschland/Kommission, Rs. C-156/98, ECLI:EU:C:2000:467, Rn. 78 sowie die dort angeführte weitere Rechtsprechung. 630 St. Rspr. vgl. EuGH, Urt. v. 2.8.1993, CELBI, C-266/91, ECLI:EU:C:1993:334, Rn. 9; EuGH, Urt. v. 17.7.1997, Haahr Petroleum, Rs. C-90/94, ECLI:EU:C:1997:368, Rn. 19; für weitere Nachweise vgl. Kamann, in: Streinz (Hrsg.), EUV/AEUV, Art. 110 AEUV Fn. 113.
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konstatieren, dass der AEUV keine Definition des Begriffs der Abgabe gleicher Wirkung bereithält. Maßgeblich ist insoweit die Rechtsprechung des EuGH, nach welcher hierunter jede den Waren wegen des Überschreitens der Grenze einseitig auferlegte finanzielle Belastung zu fassen ist, bei der es sich nicht um einen Zoll handelt, wobei die Bezeichnung ebenso unerheblich ist wie die Art der Erhebung.631 Von Art. 110 AEUV sind nach ständiger Rechtsprechung hingegen solche finanziellen Belastungen umfasst, die zu einem allgemeinen inländischen Abgabensystem gehören, das Erzeugnisgruppen systematisch nach objektiven Kriterien unabhängig vom Ursprung oder der Bestimmung der Erzeugnisse umfasst.632 Was die Abgrenzung der Verbotsnormen angeht, ist der zentrale Unterschied zwischen einer Abgabe gleicher Wirkung und einer inländischen Abgabe im Sinne von Art. 110 AEUV somit grundsätzlich darin zu sehen, dass erstere ausschließlich auf die eingeführte Ware als solche erhoben wird, während mit letzteren sowohl importierte als auch inländische Erzeugnisse nach gleichen, objektiven Kriterien unabhängig von der Herkunft belastet werden.633 Verhält es sich so, dass die auf dem Prüfstand stehende Belastung – wie dies gerade auch für die EEG-Umlage der Fall ist634 – auf einheimische und importierte Waren gleichermaßen erhoben wird, es mithin an dem für die Maßgeblichkeit von Art. 30 AEUV grundsätzlich erforderlichen grenzüberschreitenden Bezug fehlt, wäre damit prima facie von der Maßgeblichkeit von Art. 110 AEUV auszugehen. Etwas anderes kann sich allerdings mit Blick auf den Bestimmungszweck der Abgabe ergeben.635 Angesprochen ist damit die Rechtsprechung des EuGH, nach welcher auch eine Abgabe, die Teil eines allgemeinen Abgabensystems ist, das sowohl inländische als auch eingeführte Erzeugnisse erfasst, als Abgabe zollgleicher Wirkung im Sinne von Art. 30 AEUV einzuordnen sein kann, wenn das Aufkommen aus der Belastung ausschließlich dazu bestimmt ist, Tätigkeiten zu fördern, die spezifisch den inländischen Erzeugnissen zugute kommen und die auf ihnen ruhende Belastung
631
EuGH, Urt. v. 15.6.2006, Air Liquide Industries Belgium, verb. Rs. C-393/04 und C-41/ 05, ECLI:EU:C:2006:403, Rn. 51; EuGH, Urt. v. 8.11.2007, Stadtgemeinde Frohnleiten und Gemeindebetriebe Frohnleiten, Rs. C-221/06, ECLI:EU:C:2007:657, Rn. 27; EuGH, Urt. v. 2.8.1993, CELBI, C-266/91, ECLI:EU:C:1993:334, Rn. 41. 632 EuGH, Urt. v. 15.6.2006, Air Liquide Industries Belgium, verb. Rs. C-393/04 und C-41/ 05, ECLI:EU:C:2006:403, Rn. 56; EuGH, Urt. v. 17.7.2008, Essent, Rs. C-206/06, ECLI:EU:C:2008:413, Rn. 41; vgl. auch Kamann, in: Streinz (Hrsg.), EUV/AEUV, Art. 110 AEUV Rn. 31 f. 633 Vgl. Bahns/Brinkmann/Gläser u. a., in: von der Groeben/Schwarze/Hatje (Hrsg.), Europäisches Unionsrecht, Art. 110 AEUV Rn. 7; s. auch Kamann, in: Streinz (Hrsg.), EUV/ AEUV, Art. 110 AEUV Rn. 31 m. w. N. 634 Vgl. § 60 I 1 EEG 2017, nach welchem die ÜNB unabhängig von der Herkunft des Stroms verpflichtet sind, die EEG-Umlage von den EVU zu verlangen. 635 Vgl. hierzu schon EuGH, Urt. v. 19.6.1973, Capolongo, Rs. 77/72, ECLI:EU:C:1973:65, Rn. 13.
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vollständig ausgleichen.636 Diese Rechtsprechung beruht auf der unmittelbar einleuchtenden Erwägung, dass eine solche Abgabe allein für die eingeführten Waren endgültig eine finanzielle Nettobelastung darstellt.637 Erfolgt hingegen kein vollständiger, sondern gegebenenfalls nur ein teilweiser Ausgleich der Belastungen der inländischen Erzeugnisse, ist die Abgabe als diskriminierende Abgabe im Sinne von Art. 110 AEUV einzuordnen.638 Entscheidend ist dabei, ob in einem bestimmten Referenzzeitraum die finanzielle Gleichwertigkeit zwischen den insgesamt auf die inländischen Erzeugnisse an Abgaben erhobenen Beträgen und den Vorteilen festgestellt wird, die diesen Erzeugnissen ausschließlich zugute kommen. Maßgeblich ist also die Herstellung einer mathematischen Beziehung zwischen den gewährten Vorteilen und den erhobenen Beiträgen, allgemeinere Parameter wie Art, Umfang und Bedeutung der finanzierten Dienste spielen bei der Beurteilung keine Rolle.639 b) Einordnung der EEG-Umlage Angesichts dieser Maßgaben ist für die EEG-Umlage zunächst festzustellen, dass inländischer und importierter Strom zwar gleichermaßen belastet werden, die Umlage aber jedenfalls grundsätzlich dazu bestimmt ist, speziell inländischen Erzeugnissen, namentlich den in Deutschland erzeugten Strommengen aus erneuerbaren Energien, zugute zu kommen. Mit Blick auf die somit abgrenzungsrelevante Frage, ob durch die Umlage die Belastung der inländischen Erzeugnisse vollständig ausgeglichen werden, ist im Ausgangspunkt daran zu erinnern, dass das System zur Berechnung der EEG-Umlage gerade darauf ausgerichtet ist, die Vorteile zugunsten der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien zu finanzieren: Nach § 60 I EEG 2017 verlangen die ÜNB die Kosten für die erforderlichen Ausgaben abzüglich der erzielten Einnahmen in Gestalt der EEG-Umlage nach Maßgabe der Erneuerbare-Energien-Verordnung. Zu den bei der Berechnung zu berücksichtigen Ausgaben zählen zuvörderst die Förderzahlungen in Gestalt der Marktprämie sowie der Einspeisevergütung, vgl. § 3 IV Nr. 1 EEV. Durch die Berechnungsweise ist damit sichergestellt, dass die anfallenden Fördergelder durch das Umlageaufkommen gegenfinanziert werden. Mit Blick auf die so gewährleistete Kostendeckung wird im Lichte der bezeichneten Rechtsprechung teilweise vertreten, dass es sich bei der EEG-Umlage um eine Abgabe zollgleicher 636
Vgl. EuGH, Urt. v. 25.5.1977, Gebr. Cucchi/Avez S.p.A., Rs. 77/76, ECLI:EU:C:1977:91, Rn. 19. 637 EuGH, Urt. v. 2.8.1993, CELBI, C-266/91, ECLI:EU:C:1993:334, Rn. 13 und 16 ff.; s. auch EuGH, Urt. v. 17.7.2008, Essent, Rs. C-206/06, ECLI:EU:C:2008:413, Rn. 42; vgl. auch Bahns/Brinkmann/Gläser u. a., in: von der Groeben/Schwarze/Hatje (Hrsg.), Europäisches Unionsrecht, Art. 110 AEUV Rn. 21. 638 St. Rspr., vgl. EuGH, Urt. v. 11.3.1992, Compagnie commerciale de l’Ouest, verb. Rs. C78/90 bis C-83/90, ECLI:EU:C:1992:118, Rn. 27; EuGH, Urt. v. 2.8.1993, CELBI, C-266/91, ECLI:EU:C:1993:334, Rn. 13 ff.; EuGH, Urt. v. 17.7.2008, Essent, Rs. C-206/06, ECLI:EU:C:2008:413, Rn. 42. 639 EuGH, Urt. v. 2.8.1993, CELBI, C-266/91, ECLI:EU:C:1993:334, Rn. 16 ff.
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Wirkung im Sinne des Art. 30 AEUV handelt.640 Zu beachten ist indes, dass nicht nur Importstrom, sondern auch der in Deutschland konventionell erzeugte Strom kompensationslos mit der EEG-Umlage belastet wird. Hieraus folgt, dass die aus der EEG-Umlage finanzierten Vorteile zugunsten der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien die Belastung des inländischen Stroms nicht vollständig ausgleichen. Auf Grundlage dieses Befunds ist die EEG-Umlage nach Maßgabe der EuGH-Rechtsprechung nicht als Abgabe zollgleicher Wirkung, sondern gegebenenfalls als diskriminierende Abgabe im Sinne von Art. 110 AEUV einzuordnen.641 2. Vereinbarkeit der EEG-Umlage mit Art. 110 AEUV? Ist für die EEG-Umlage damit nach hier vertretener Auffassung von der Maßgeblichkeit von Art. 110 Abs. 1 AEUV auszugehen, ist nunmehr zu prüfen, ob die Umlage den Tatbestand der Verbotsvorschrift erfüllt. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist eine mitgliedstaatliche Steuerregelung nur dann mit Art. 110 Abs. 1 AEUV vereinbar, wenn ihre Ausgestaltung es unter allen Umständen ausschließt, dass die eingeführten Waren höher besteuert werden als die inländischen Erzeugnisse, und sie damit in keinem Fall diskriminierende Wirkung haben kann.642 Dem Wortlaut nach fordert die Vorschrift die Gleichartigkeit der inländischen und der eingeführten Waren sowie eine fiskalische Ungleichbehandlung in dem Sinne, dass auf die Waren aus anderen Mitgliedstaaten unmittelbar oder mittelbar höhere Abgaben erhoben werden. Zunächst gilt es zu fragen, ob es sich bei der EEG-Umlage um eine warenbezogene Abgabe im Sinne von Art. 110 AEUV handelt (a)). Im nächsten Schritt ist der Blick auf die Bedeutung des Diskriminierungsverbots zu richten, wobei auch insoweit der Fokus auf der Bewertung der EEG-Umlage liegt (b)). Zuletzt stellt sich die Frage, ob für einen Verstoß gegen den Tatbestand von Art. 110 AEUV die Möglichkeit einer Rechtfertigung besteht (c)). a) Die EEG-Umlage als warenbezogene Abgabe? Steuerungskraft entwickelt Art. 110 AEUV für warenbezogene Abgaben. Was den Abgabenbegriff angeht, erfasst Art. 110 AEUV „Abgaben gleich welcher Art“. Maßgeblich ist ein unionsrechtlicher Abgabenbegriff, wobei mit Blick auf Wortlaut, Aufbau und Ziele der Vorschrift eine weite Auslegung geboten ist.643 Der Abgabenbegriff ist das Vehikel für die Zurechnung der auf dem Prüfstand stehenden Maßnahme an die Mitgliedstaaten als Adressaten der Verbotsnorm. Es gelten daher 640
So für das EEG 2012 Bloch, RdE 2013, 113 (116 f.). So auch Steffens, in: Säcker (Hrsg.), BerlKommEnR – Bd. 6, Einl. EEG Rn. 97; vgl. auch Mai, ZNER 2018, 209 (211 f.). 642 EuGH, Urt. v. 3.6.2010, Kalinchev, Rs. C-2/09, ECLI:EU:C:2010:312, Rn. 38. 643 EuGH, Urt. v. 16.2.1977, Schöttle, Rs. 20/76, ECLI:EU:C:1977:26, Rn. 13; vgl. Kamann, in: Streinz (Hrsg.), EUV/AEUV, Art. 110 AEUV Rn. 11. 641
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dieselben Maßgaben wie für die Frage nach der Staatlichkeit der Beihilfe im Rahmen der Prüfung von Art. 107 Abs. 1 AEUV. Insoweit wurde dargelegt, dass der EuGH in seiner das Beihilfeverfahren zum EEG 2012 abschließenden Entscheidung vom 28.03.2019 die Abgabeneigenschaft der EEG-Umlage abgelehnt hat. Grundlage dieses Befunds war die fehlende Verpflichtung der EVU zur Umlage der Belastungen. Dieser unter teleologischen Erwägungen nicht nachvollziehbare Befund ist – auch dies wurde dargelegt – indes nach hier vertretener Auffassung nicht uneingeschränkt auf das EEG 2017 übertragbar, besteht doch nunmehr im Verhältnis zu den stromkostenintensiven Unternehmen eine die ÜNB treffende Verpflichtung zur Umlage der Belastung.644 Konsequenterweise muss die Abgabeneigenschaft damit jedenfalls aus Sicht der stromkostenintensiven Unternehmen bejaht werden. Art. 110 AEUV setzt voraus, dass die Abgabe auf Waren erhoben wird. Der insoweit maßgebliche Warenbegriff entspricht demjenigen des Verbots mengenmäßiger Einfuhrbeschränkungen und Maßnahmen gleicher Wirkung nach Art. 34 AEUV645, sodass auch Abgaben auf Strom vom Anwendungsbereich der Vorschrift umfasst sind.646 Für die geforderte Produktbezogenheit ist es nach der Rechtsprechung des EuGH nicht erforderlich, dass die Abgabe auf die Ware als solche erhoben wird. Ausreichend ist vielmehr, wenn der Abgabentatbestand an eine im Zusammenhang mit der Ware erforderliche Tätigkeit anknüpft.647 Dies ist mit Blick auf Zielsetzung und Wortlaut („weder unmittelbar noch mittelbar“) auch zustimmungswürdig. Unter Rekurs auf diese Rechtsprechung hat der EuGH in der Rechtssache Essent entschieden, dass der von den Verbrauchern zu zahlende Tarifaufschlag warenbezogen im Sinne von Art. 110 AEUV ist, da dieser nach der Zahl der übertragenen Kilowattstunden Strom berechnet wird.648 Unter diesen Maßgaben ist der notwendige Warenbezug auch für die EEG-Umlage unproblematisch anzunehmen. Denn gemäß § 60 I 1 EEG 2017 i. V. m. § 3 I 2 EEV knüpft auch die EEGUmlage an die gelieferte Strommenge an und wird in Cent pro Kilowattstunde ermittelt. b) Diskriminierende Ungleichbehandlung gleichartiger Waren Art. 110 Abs. 1 AEUV untersagt den Mitgliedstaaten steuerliche Ungleichbehandlungen von aus anderen Mitgliedstaaten eingeführten und gleichartigen inländischen Waren. Zu prüfen ist damit zunächst, ob es sich bei inländischem und eingeführtem Strom um gleichartige Waren handelt (aa)). Ist diese für die Vergleichsbetrachtung notwendige Voraussetzung erfüllt, ist im zweiten Schritt zu 644
Vgl. hierzu oben B. II. 1. d) bb). Kamann, in: Streinz (Hrsg.), EUV/AEUV, Art. 30 AEUV Rn. 4. 646 EuGH, Urt. v. 27.4.1994, Almelo, Rs. C-393/92, ECLI:EU:C:1994:171, Rn. 28. 647 EuGH, Urt. v. 8.11.2007, Stadtgemeinde Frohnleiten und Gemeindebetriebe Frohnleiten, Rs. C-221/06, ECLI:EU:C:2007:657, Rn. 43. 648 EuGH, Urt. v. 17.7.2008, Essent, Rs. C-206/06, ECLI:EU:C:2008:413, Rn. 43 f. 645
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untersuchen, unter welchen Voraussetzungen eine nach Art. 110 AEUV unzulässige Ungleichbehandlung vorliegt (bb)), bevor hierauf aufbauend eine Einordnung der EEG-Umlage vorgenommen wird (cc)). aa) Gleichartigkeit der Waren Anwendungsvoraussetzung für Art. 110 AEUV ist die Gleichartigkeit der inländischen und der eingeführten Waren. Ist die Gleichartigkeit zu verneinen, kann allenfalls ein Verstoß gegen Art. 110 Abs. 2 AEUV vorliegen. Voraussetzung ist dann, dass die Abgabe geeignet ist, inländische Produktionen in der Weise zu schützen, dass eingeführte Waren höher belastet werden als mit ihnen im Wettbewerb stehende, aber eben nicht im Sinne von Art. 110 Abs. 1 AEUV gleichartige, inländische Waren.649 Wie sich unmittelbar aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt („Gleichartigkeit“), ist für die Zulässigkeit der Vergleichsbetrachtung keine strenge Identität der Waren erforderlich.650 Entscheidend ist vielmehr die Vergleichbarkeit der Verwendung: Waren sind als gleichartig anzusehen, wenn sie in den Augen der Verbraucher gleiche Eigenschaften haben und denselben Bedürfnissen dienen.651 Ein weites Verständnis ist mit Blick auf die Wirksamkeit des Verbots auch geboten. Da erst die Feststellung der Gleichartigkeit die Prüfungsmöglichkeit eröffnet, würde ein zu enges Verständnis den Anwendungsbereich von Art. 110 AEUV erheblich einschränken. Im Rahmen seiner Rechtsprechung652 hat der EuGH die Gleichartigkeit von vergälltem Synthesealkohol und durch Gärung gewonnenem Alkohol ebenso bejaht653 wie von hellen und dunklen Zigaretten654 oder Wein aus Weintrauben und Obstwein655. Angesichts dieses weiten Verständnisses handelt es sich bei Strom angesichts seiner Fungibilität unabhängig von der verwendeten Primärenergiequelle oder des Her-
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EuGH, Urt. v. 4.4.1968, Fink-Frucht GmbH, Rs. 27/67, ECLI:EU:C:1968:22, S. 347; vgl. hierzu Bahns/Brinkmann/Gläser u. a., in: von der Groeben/Schwarze/Hatje (Hrsg.), Europäisches Unionsrecht, Art. 110 AEUV Rn. 38 ff. m. w. N. 650 EuGH, Urt. v. 10.10.1978, Hansen, Rs. 148/77, ECLI:EU:C:1978:173, Rn. 19. 651 EuGH, Urt. v. 4.3.1986, Kommission/Dänemark, Rs. 106/84, ECLI:EU:C:1986:99, Rn. 12; EuGH, Urt. v. 27.2.2002, Kommission/Frankreich, Rs. C-302/00, ECLI:EU:C:2002:123, Rn. 23. 652 Für einen Überblick vgl. Kamann, in: Streinz (Hrsg.), EUV/AEUV, Art. 110 AEUV Rn. 21. 653 Ohne explizite Prüfung EuGH, Urt. v. 14.1.1981, Vinal/Orbat, Rs. 46/80, ECLI:EU:C:1981:4. 654 EuGH, Urt. v. 27.2.2002, Kommission/Frankreich, Rs. C-302/00, ECLI:EU:C:2002:123, Rn. 22 ff. 655 EuGH, Urt. v. 4.3.1986, Kommission/Dänemark, Rs. 106/84, ECLI:EU:C:1986:99, Rn. 12 ff.
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stellungsverfahrens um gleichartige Waren, sodass ein Belastungsvergleich nach Art. 110 Abs. 1 AEUV insoweit ohne Weiteres zulässig ist.656 bb) Ungleichbehandlung Sofern nach diesen Maßgaben die Gleichartigkeit der Waren bejaht werden kann, ist im nächsten Schritt zu prüfen, ob eine verbotene Ungleichbehandlung vorliegt. Die Reichweite des Verbots wird durch die ständige Rechtsprechung des EuGH konturiert. Danach beschränkt die Vorschrift nicht die Freiheit der Mitgliedstaaten, „für bestimmte Erzeugnisse nach Maßgabe objektiver Kriterien, beispielsweise der verwendeten Ausgangsstoffe oder der angewandten Herstellungsverfahren, eine differenzierende Besteuerung einzuführen. Solche Differenzierungen sind mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar, wenn sie wirtschaftspolitische Ziele verfolgen, die ihrerseits mit den Erfordernissen des Vertrages und des abgeleiteten Rechts vereinbar sind und wenn kraft ihrer Ausgestaltung sichergestellt ist, dass jede unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung von Einfuhren aus anderen Mitgliedstaaten (…) ausgeschlossen ist.“657 Es ist den Mitgliedstaaten hiernach also nicht verwehrt, hinsichtlich der Besteuerung von im Sinne der Anwendungsvoraussetzung von Art. 110 AEUV gleichartigen658 Waren zum Zwecke unionsrechtlich anerkannter „wirtschaftspolitischer Ziele“ anhand objektiver Kriterien zu differenzieren, auch wenn hiermit die Einfuhr bestimmter Erzeugnissen behindert wird.659 Voraussetzung ist aber, dass die Unterscheidung keine Diskriminierung eingeführter Waren bewirkt. Umfasst sind nicht nur offene Diskriminierungen, bei denen die steuerliche Ungleichbehandlung in der Weise an die Herkunft der Ware anknüpft, dass die Steuer auf das eingeführte Erzeugnis und die Steuer auf das gleichartige inländische Erzeugnis in unterschiedlicher Weise berechnet werden, sodass das eingeführte Erzeugnis zumindest in bestimmten Fällen höher belastet wird. Umfasst sind vielmehr auch mittelbare Diskriminierungen. Insoweit wird die Prüfung durch die Anerkennungsfähigkeit der verfolgten Ziele vorgeprägt. So kann zum einen bereits die Zielsetzung an sich den diskriminierenden Charakter der steuerlichen Gestaltung indizieren. Sofern mit der Differenzierung ein an sich anerkennenswertes Ziel verfolgt wird, kann der diskriminierende Charakter im Übrigen daraus zu folgern sein, dass die steuerliche Un656 Ohne Problematisierung EuGH, Urt. v 2.4.1998, Outokumpu, Rs. C-213/96, ECLI:EU:C:1998:155. 657 EuGH, Urt. v. 14.1.1981, Vinal/Orbat, Rs. 46/80, ECLI:EU:C:1981:4, Rn. 13; die Aussage findet sich bereits – allerdings in auf den konkreten Fall zugeschnittener Form – in EuGH, Urt. v. 10.10.1978, Hansen, Rs. 148/77, ECLI:EU:C:1978:173, Rn. 16 f., vgl. hierzu Balke, Steuerliche Gestaltungsfreiheit der Mitgliedstaaten, S. 120, die entsprechend von der „Hansen & Balle-Formel“ spricht. 658 Vgl. EuGH, Urt. v. 4.3.1986, Kommission/Dänemark, Rs. 106/84, ECLI:EU:C:1986:99, Rn. 20; EuGH, Urt. v 2.4.1998, Outokumpu, Rs. C-213/96, ECLI:EU:C:1998:155, Rn. 30. 659 Deutlich EuGH, Urt. v. 14.1.1981, Vinal/Orbat, Rs. 46/80, ECLI:EU:C:1981:4, Rn. 15.
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gleichbehandlung nicht zu einer kohärenten Zielverfolgung beiträgt, wie dies etwa bei Sprüngen oder Pauschalierungen zu Lasten eingeführter Erzeugnisse der Fall ist.660 In der Rechtssache Outokumpu661 hatte der Gerichtshof über die Unionsrechtskonformität einer finnischen Verbrauchssteuer auf Strom zu befinden, die sich bei eingeführter Elektrizität nach einer anderen Grundlage berechnete als bei Elektrizität inländischen Ursprungs: Während nämlich die Höhe der Steuer für im Inland erzeugten Strom von der Art der Erzeugung abhing, kam für eingeführten Strom unabhängig von der Art der Erzeugung ein gleichbleibender Steuersatz zur Anwendung, der höher als der niedrigste, aber niedriger als der höchste für inländischen Strom geltende Steuersatz war. Unter Rekurs auf die oben zitierte Rechtsprechung führte der Gerichtshof aus, dass den Mitgliedstaaten grundsätzlich die Möglichkeit offensteht, hinsichtlich der Abgabenbelastung von Strom nach der Art ihrer Erzeugung und den verwendeten Primärenergiequellen zu differenzieren, wenn für die Differenzierung ökologische Gesichtspunkte maßgebend sind. Erläuternd verwies der Gerichtshof dabei auf die Bedeutung des Umweltschutzes als „wesentliches Ziel der Gemeinschaft“.662 Allerdings stellt auch eine solche Differenzierung einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot nach Art. 110 AEUV dar, wenn die Abgaben auf das eingeführte Erzeugnis und das gleichartige inländische Erzeugnis in unterschiedlicher Weise berechnet werden und das eingeführte Erzeugnis im Ergebnis höher belastet wird. cc) Schlussfolgerungen für die EEG-Umlage Richtet man den Blick angesichts der soeben erläuterten Maßgaben auf die EEGUmlage, führt dies – die Abgabeneigenschaft vorausgesetzt – zwanglos zu dem Befund, dass eine Ungleichbehandlung von inländischen und gleichartigen eingeführten Erzeugnissen im Sinne von Art. 110 AEUV zu bejahen ist. Im Ausgangspunkt ist nochmals darauf hinzuweisen, dass die EEG-Umlage für jede Kilowattstunde Strom – unabhängig von Herkunft oder Art der Erzeugung – in derselben Höhe anfällt. Die Differenzierung bei der Belastung erfolgt erst mittelbar über die dem Umweltschutz dienenden Förderzahlungen zugunsten der aus erneuerbaren Energien hergestellten Strommengen. Zwar wurde aufgezeigt, dass es ausweislich der ständigen Rechtsprechung möglich ist, hinsichtlich der Belastung von Waren nach der Art der Erzeugung oder der verwendeten Ausgangsstoffe zu unterscheiden. Allerdings – und dafür kann veranschaulichend auf die Outokumpu-Entscheidung verwiesen werden – darf auch eine solche differenzierende Abgabenerhebung keinen diskriminierenden Charakter haben. Dieser ist der EEG-Umlage aber unzweifelhaft 660 Vgl. hierzu die Nachweise bei Steffens, Erneuerbare Energien im europäischen Binnenmarkt, 234 f. 661 EuGH, Urt. v 2.4.1998, Outokumpu, Rs. C-213/96, ECLI:EU:C:1998:155. 662 EuGH, Urt. v 2.4.1998, Outokumpu, Rs. C-213/96, ECLI:EU:C:1998:155, Rn. 31 f.
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zu attestieren, soweit die im Wege der Förderzahlungen vollzogene Differenzierung auf eingeführten Strom keine Anwendung findet, dieser also pauschal in voller Höhe belastet bleibt.663 Soweit es sich also bei der EEG-Umlage nach dem EEG 2017 um eine Abgabe handelt, bewirkt diese eine diskriminierende Ungleichbehandlung gleichartiger Waren, da die an sich zulässigen Differenzierungen nicht unterschiedslos auf Strom aus anderen Mitgliedstaaten angewandt werden. Dass auch inländischer konventionell erzeugter Strom nicht an den Vergünstigungen teilnimmt, vermag am diskriminierenden Charakter der Regelung nichts zu ändern. c) Rechtfertigung diskriminierender Steuerregelungen? Nachdem der Tatbestand von Art. 110 AEUV skizziert und das grundsätzliche Vorliegen einer diskriminierenden Ungleichbehandlung durch die EEG-Umlage angenommen wurde, ist nachfolgend der Blick auf die Frage zu richten, ob für einen Verstoß gegen Art. 110 AEUV die Möglichkeit einer Rechtfertigung besteht. Im Ausgangspunkt gilt, dass das Unionsrecht für Verstöße gegen Art. 30 und 110 AEUV gleichermaßen keine geschriebenen Rechtfertigungsmöglichkeiten vorsieht. Dass Art. 36 AEUV keine Anwendung findet, ergibt sich unmittelbar aus dessen Wortlaut, nach welchem nur unter Art. 34 und 35 AEUV fallende Maßnahmen umfasst sind. Eine etwaige Rechtfertigung müsste sich somit außerhalb des Vertrags vollziehen.664 Insoweit ließe sich zunächst an die Möglichkeit einer über den Wortlaut hinausgehenden Ausweitung des Anwendungsbereichs von Art. 36 AEUV denken. Solchen Überlegungen hat der EuGH indes eine Absage erteilt: In dem Vorabentscheidungsverfahren in der Rechtssache Bauhuis665 hatte der EuGH über die Frage nach der Vereinbarkeit von finanziellen Belastungen für die gesundheitsbehördliche Kontrolle von zum Versand in andere Mitgliedstaaten bestimmten Vieh mit Art. 30 AEUV zu befinden. Unter Hinweis auf die angesichts des Ausnahmecharakters der Vorschrift gebotene enge Auslegung führte der Gerichtshof aus, dass Art. 36 AEUV nicht dahin verstanden werden könne, dass er andere als die ausdrücklich genannten Maßnahmen legitimieren kann.666 Diese Aussage ist schon nach 663
Vgl. Steffens, in: Säcker (Hrsg.), BerlKommEnR – Bd. 6, Einl. EEG Rn. 98, die von einer versteckten Diskriminierung ausgeht. M. E. ist es treffender, von einer mittelbaren, aber offenen Diskriminierung zu sprechen, da die – die Diskriminerung letztlich bewirkenden – Förderzahlungen ausweislich § 5 I EEG 2017 ausdrücklich nur im Bundesgebiet belegenen Anlagen zufließen. 664 Vgl. zum Ganzen jüngst Steffens, Erneuerbare Energien im europäischen Binnenmarkt, S. 226 ff. 665 EuGH, Urt. v. 25.1.1977, Bauhuis, Rs. 46/76, ECLI:EU:C:1977:6. 666 EuGH, Urt. v. 25.1.1977, Bauhuis, Rs. 46/76, ECLI:EU:C:1977:6, Rn. 12/15; soweit der Gerichtshof weiter ausführte, dass die untersuchten Gebühren für die Ausübung der in Art. 36 AEUV vorgesehenen Befugnisse „nicht wesensnotwendig“ gewesen seien, kann m. E. nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass Abgaben zollgleicher Wirkung zulässig sein sollen, wenn sie wesensnotwendig für die Sicherung eines von Art. 36 AEUV umfassten Schutzguts sind. In dem konkreten Kontext düfte die Formulierung eher dahin zu verstehen sein,
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ihrem Wortlaut, aber auch hinsichtlich der systematischen Argumentation zwanglos auf Art. 110 AEUV übertragbar.667 Entsprechend hat der Gerichtshof in einer späteren Entscheidung auch für Verstöße gegen Art. 110 AEUV die Möglichkeit einer analogen Anwendung von Art. 36 AEUV ausdrücklich abgelehnt668, sodass für dahingehende Überlegungen kein Raum besteht. Des Weiteren besteht kein Raum für die Annahme, dass aus der Rechtsprechung des EuGH, nach welcher von legitimen Zielen getragene und an objektive Kriterien anknüpfende Differenzierungen mit Art. 110 AEUV vereinbar sein können, eine an die im Rahmen von Art. 34 AEUV entwickelte Cassis-Rechtsprechung angelehnte Rechtfertigungsmöglichkeit gefolgert werden kann.669 Nach hier vertretener Ansicht handelt es sich bei der Zielprüfung lediglich um ein Hilfsmittel bei der Feststellung des diskriminierenden Charakters einer Steuerregelung. Die behauptete Zielstellung kann die Beurteilung des Vorliegens einer Diskriminierung in dem Sinne vorprägen, als bereits die Zielsetzung an sich oder aber die fehlende Kohärenz der zu beurteilenden abgabenrechtlichen Gestaltung bei der Verfolgung eines an sich zulässigen Ziels die diskriminierende Absicht eines Mitgliedstaats offenlegen kann.670 Wurde aber das Vorliegen einer diskriminierenden Regelung bejaht, kommt eine Rechtfertigung nicht in Betracht.671 Etwas anderes folgt auch nicht aus der Entscheidung in der Rechtssache Outokumpu. Hier hatte die finnische Regierung vorgebracht, dass die steuerliche Differenzierung nicht auf eingeführte Elektriziät übertragen werden könne, da Ursprung und Erzeugungsart nach Einspeisung ins Netz nicht mehr nachvollzogen werden könne. Nach Feststellung des diskriminierenden Charakters befasste sich der EuGH mit diesem Einwand und führte insoweit aus, „dass praktische Schwierigkeiten nicht geeignet sein können, die Erhebung inländischer Abgaben zu rechtfertigen, durch die aus anderen Mitgliedstaaten stammende Waren diskriminiert werden“.672 Diese Ausführungen können schwerlich dahingehend verstanden werden, dass die identifizierte steuerliche Diskriminierung einer am verfolgten Umweltschutzziel ausgerichteten Verhältnismäßigkeitsprüfung unterzogen worden wäre. Keineswegs dass die Gebühren an der mit Blick auf Art. 36 AEUV gegebenen Legitimationsfähigkeit der als Maßnahmen gleicher Wirkung wie mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen einzustufenden gesundheitsbehördlichen Kontrollen teilnehmen würden. Für die anderslautende Auffassung von Bloch, RdE 2013, 113 (118), fehlen jedenfalls weitere Hinweise in der Rechtsprechung der Unionsgerichte. 667 So auch Steffens, Erneuerbare Energien im europäischen Binnenmarkt, S. 241 f. 668 EuGH, Urt. v. 27.2.2002, Kommission/Frankreich, Rs. C-302/00, ECLI:EU:C:2002:123, Rn. 33. 669 So aber Würdemann/Glöckle, ZEuS 2016, 85 (103 f.). 670 EuGH, Urt. v. 7.4.2011, Tatu, Rs. C-402/09, ECLI:EU:C:2011:219, Rn. 60; überzeugend Steffens, Erneuerbare Energien im europäischen Binnenmarkt, S. 240 f. 671 Deutlich EuGH, Urt. v. 17.6.1998, Grundig Italiana, Rs. C-68/96, ECLI:EU:C:1998:299, Rn. 24. 672 EuGH, Urt. v 2.4.1998, Outokumpu, Rs. C-213/96, ECLI:EU:C:1998:155, Rn. 37 f.
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stellt der EuGH hier fest, dass die Regelung im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht geeignet sei, dass Umweltziel zu fördern, was tatsächlich in Richtung einer grundsätzlichen Rechtfertigungsmöglichkeit aufgefasst werden könnte.673 Vielmehr unterstreicht der Gerichtshof, dass der praktische Einwand nicht geeignet sei, die Diskriminierung zu rechtfertigen. Die Annahme, der EuGH habe eine grundsätzliche Rechtfertigungsmöglichkeit für an legitimen Zielen ausgerichtete steuerliche Diskriminierungen geschaffen, geht damit fehl. Bestätigt wird der Befund, dass Verstöße gegen Art. 110 AEUV einer Rechtfertigung nicht zugänglich sein sollen, im Übrigen durch den gedanklichen Rekurs auf die Urteile in den Rechtssachen PreussenElektra und Ålands Vindkraft. In beiden Entscheidungen hatte der Gerichtshof die von der finnischen Regierung vorgetragene Erwägung im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung der jeweils identifzierten Eingriffe in den Schutzbereich von Art. 34 AEUV zugelassen.674 Nach alledem müsste für die Behauptung der Existenz einer vom EuGH anerkannten ungeschriebenen Rechtfertigungsmöglichkeit eine Entscheidung angeführt werden, in welcher der Gerichtshof eine identifizierte Diskriminierung nicht als einen Verstoß gegen Art. 110 AEUV bewertet hat. Soweit ersichtlich war dies aber bislang nicht der Fall.675 Gegen eine im Wortlaut nicht angelegte Rechtfertigungsmöglichkeit bestehen im Übrigen auch erhebliche systematische Bedenken. Zwar ließe sich prima facie anführen, dass die Anerkennung ungeschriebener Rechtfertigungsgründe insoweit einen Gleichlauf mit der Legitimierungsfähigkeit von Maßnahmen gleicher Wirkung wie mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen im Sinne von Art. 34 AEUV bewirken würde. Indes bestehen insoweit zentrale systematische Unterschiede. Anders als Art. 34 AEUV gilt das Verbot diskriminierender inländischer Abgaben qua der Verträge absolut. Im Übrigen fehlt es an dem Bedürfnis für die Anerkennung ungeschriebener Rechtfertigungsmöglichkeiten: Denn mit der durch die CassisRechtsprechung vollzogenen Anerkennung zwingender Gründe als außergesetzliche Legitimationsmöglichkeit sollte die mit der Dassonville-Entscheidung vollzogene Hinwendung zu einem Verständnis von Art. 34 AEUV als umfassendes Beschränkungsverbot ausgeglichen werden. Eine solche Ausweitung des Anwendungsbereichs ist aber für Art. 110 AEUV gerade nicht erfolgt. Da es sich bei der Vorschrift also unverändert um ein reines Diskriminierungsverbot handelt, fehlt es an der
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In diese Richtung aber wohl Würdemann/Glöckle, ZEuS 2016, 85 (99). EuGH, Urt. v. 13.3.2001, PreussenElektra, Rs. C-379/98, ECLI:EU:C:2001:160, Rn. 79; EuGH, Urt. v. 1.7.2014, Ålands Vindkraft, Rs. C-573/12, EU:C:2014:2037, Rn. 95 f. 675 Nicht zustimmungwürdig ist m. E. daher die Ansicht von Würdemann/Glöckle, ZEuS 2016, 85 (97 f.), wonach die wirtschaftspolitischen Ziele in dem Sinne entscheidend für die Unionsrechtsvereinbarkeit sein sollen, dass es bei Verfolgung eines aus unionsrechtlicher Sicht anerkennenswerten Ziel „im Ergebnis tatbestandlich nicht zu einer (…) Diskriminierung kommt“. Dieser Befund wird m. E. gerade durch die Outokumpu-Entscheidung widerlegt, in welcher der EuGH die Anerkennungsfähigkeit des Umweltschutzziels betont, mit Blick auf den diskriminierenden Charakter der finnischen Abgabenregelung aber gleichwohl einen Verstoß gegen Art. 110 AEUV feststellt. 674
C. Pflicht zur Öffnung der Förderung für Strom aus anderen Mitgliedstaaten?
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sachlichen Rechtfertigung für die Anerkennung eines der Cassis-Rechtsprechung entlehnten Korrektivs.676 d) Rechtsfolgen Bedeutet die Belastung eingeführten Stroms grundsätzlich einen Verstoß gegen Art. 110 AEUV, ist der Blick nunmehr auf die Frage zu richten, welche Rechtsfolgen mit diesem Befund einhergehen. Im Ausgangspunkt ist festzuhalten, dass die Verbote in Art 110 AEUV unmittelbar anwendbar sind. Damit begründet Art. 110 AEUV individuelle Rechte für den Einzelnen, die von den nationalen Gerichten zu beachten sind und entgegenstehendem nationalen Recht vorgehen.677 Zunächst fordert Art. 110 AEUV grundsätzlich, dass die Diskriminierung abgeschafft wird. Außerdem löst die rechtswidrige Abgabenerhebung einen gegen den Mitgliedstaat gerichteten unionsrechtlichen Erstattungsanspruch aus. Die Kommission neigt ausweislich ihrer Genehmigungspraxis zu pragmatischen Lösungen.678 Einen deutlichen Beleg hierfür liefert auch der Blick auf die Vereinbarungen betreffend die angenommene diskriminierende Gestaltung der EEGUmlage. Was die Abschaffung der diskriminierenden Abgabenbelastung angeht, wäre dies grundsätzlich auf zwei Wegen erreichbar: Zum einen könnte der importierte Strom von der Belastung mit der EEG-Umlage ausgenommen werden. Eine andere Möglichkeit, die identifizierte diskriminierende Ungleichbehandlung aufzulösen, bestünde darin, die Anwendbarkeit der Förderregelungen auch auf in anderen Mitgliedstaaten belegene Anlagen auszuweiten.679 Mit Blick auf das EEG wurde dies durch die bereits angesprochene partielle Öffnung der Ausschreibungen nach Maßgabe von § 5 II EEG 2017 gelöst. Die Höhe der zuzulassenden Kapazität wurde anhand einer Berechnung bestimmt, in welcher die – die Importmöglichkeit determinierende – Kapazität vorhandener Interkonnektoren und der Gesamtstromverbrauch in Deutschland berücksichtigt wurden.680 Eine systemverändernde Abhilfe hat die Kommission somit nicht gefordert681, sodass nach hier vertretener Auffassung weiterhin von einem Verstoß auszugehen ist. Auch hinsichtlich des auf Grundlage des EEG 2012 angenommenen Verstoßes im Zeitraum von 2012 bis zum Inkrafttreten des nach obigen Maßgaben genehmigten EEG 2014 wurde eine politische Lösung gefunden. Statt die grundsätzlich zu for676
Überzeugend Steffens, Erneuerbare Energien im europäischen Binnenmarkt, S. 242. Zu den Verbotswirkungen vgl. Kamann, in: Streinz (Hrsg.), EUV/AEUV, Art. 110 AEUV Rn. 36 ff. m. w. N. 678 Vgl. hierzu Steffens, Erneuerbare Energien im europäischen Binnenmarkt, S. 425 ff. 679 Ausführlich Steffens, Erneuerbare Energien im europäischen Binnenmarkt, S. 425. 680 Europäische Kommission, Beschl. v. 23.07.2014, SA.38632 (2014/N), C(2014) 5081 final, Rn. 335. 681 Vgl. hierzu auch Steffens, in: Säcker (Hrsg.), BerlKommEnR – Bd. 6, Einl. EEG Rn. 106. 677
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§ 5 Der unionsrechtliche Rahmen
dernde Rückzahlung zu leisten, verpflichtete sich die Bundesrepubik Deutschland zur Zahlung eines Investitionsbetrags in Höhe von 50 Millionen Euro – dem geschätzten Umfang der auf die Diskriminierung entfallenden Belastungen – zugunsten von Verbindungsleitungen und anderen europäischen Energieprojekten.682
III. Zwischenfazit Auch wenn man mit der hier vertretenen Auffassung davon ausgeht, dass Art. 34 AEUV unabhängig von der Frage nach der Abgabeneigenschaft der EEGUmlage – nämlich unter dem Gesichtspunkt der durch die Abnahmegewährleistungen bewirkten Marktabschottungen – Anwendung finden kann, entfaltet das Verbot mengenmäßiger Einfuhrbeschränkungen und Maßnahmen gleicher Wirkung nach der Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache Ålands Vindkraft keine Steuerungskraft. Raum für eine Neubewertung dürfte wohl frühestens mit Ablauf der Frist zur Umsetzung der Maßgaben aus der EE-Richtlinie 2018 bestehen, da erst dann der vom Gerichtshof im Rahmen der Rechtfertigungsprüfung zentral in Bezug genommene Ansatz nationaler Mindestziele durch ein unionsweites Ausbauziel ersetzt wird. Wie gezeigt wurde, stellt sich die vorsichtige Ausweitung des Anwendungsbereichs nach Maßgabe von § 5 II EEG 2017 als Folge von berechtigten Bedenken der Kommission betreffend die Vereinbarkeit der EEG-Umlage mit den Maßgaben aus Art. 30/110 AEUV dar. Soweit eingeführter (EE-)Strom mit einer Abgabe belastet wird, ohne dass dieser von den mit der Belastung finanzierten Förderzahlungen profitiert, handelt es sich mangels Rechtfertigungsmöglichkeit um einen Verstoß gegen das Verbot nach Art. 110 AEUV. Mit Blick auf die EEG-Umlage wurde der angenommene Konflikt durch einen politischen Kompromiss aufgelöst, der seinen Niederschlag in § 5 II EEG 2017 gefunden hat.
D. Fazit Der Blick auf die unionsrechtlichen Rahmensetzungen hat gezeigt, dass das europäische Beihilferecht als faktische Determinante für die Gestaltung der mitgliedstaatlichen Förderregelungen – und dabei insbesondere auch des EEG – einzuordnen ist. Der Bedeutungszuwachs der Beihilfevorschriften erklärt sich angesichts einer Entwicklung in der Rechtsprechung, die über den Rückgriff auf das Kriterium staatlicher Kontrolle einen Zugriff auf privat finanzierte Umlagesysteme 682 Vgl. den verfahrensabschließenden Beschluss der Kommission zum EEG 2012, Europäische Kommission, Beschluss (EU) 2015/1585, ABl.EU 2015, Nr. L 250/122 Rn. 235 f.; zur Frage einer Kompetenzüberschreitung durch die Kommission vgl. Steffens, Erneuerbare Energien im europäischen Binnenmarkt, S. 427 ff.
D. Fazit
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ermöglichte, der insbesondere im Nachgang der PreussenElektra-Entscheidung lange Zeit nicht denkbar erschien. Den so gewonnenen Einfluss auf die mitgliedstaatlichen Fördersysteme nutzte die Europäische Kommission, um durch die Ausübung ihres nunmehr regelmäßig aktivierten Genehmigungsermessens nach Maßgabe der – nach hier vertretener Auffassung rechtmäßigen – UEBLL konkrete Gestaltungsvorgaben für die mitgliedstaatlichen Förderregelungen zu diktieren. Ausweislich der Entscheidung des EuGH vom 28.03.2019 soll es sich bei der EEG-Umlage auf Grundlage des EEG 2012 nicht um eine Abgabe und im Ergebnis nicht um staatliche Mittel handeln. Die Entscheidung ist indes nicht vollständig auf das EEG 2017 übertragbar. Denn die maßgebliche Erwägung des Gerichtshofs, nach welchem der Qualifizierung der EEG-Umlage als Abgabe die fehlende Verpflichtung zur Belastung der Verbraucher entgegenstehe, kann für das EEG 2017 keine uneingeschränkte Geltung beanspruchen. Vorbehaltlich einer Gesetzesänderung ist somit auch weiterhin von der beihilferechtlichen Steuerung des EEG auszugehen. Mit Blick auf die Frage nach einer Pflicht der Mitgliedstaaten, ihre Fördersysteme für EE-Strom aus anderen Mitgliedstaaten zu öffnen, entfaltet die Warenverkehrsfreiheit nach Art. 34 AEUV nach der Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache Ålands Vindkraft auch weiterhin keine Steuerungskraft. Angesichts der am Inhalt der EE-Richtlinie 2009 orientierten Argumentation des EuGH dürften neue Impulse erst auf Grundlage der bis 2021 umzusetzenden Neufassung der Richtlinie zu erwarten sein. Konkreter Ansatzpunkt für eine Neubewertung ist die Aufgabe des Konzepts der sekundärrechtlichen Vorgabe nationaler Mindestziele. Die erstmals mit dem Inkrafttreten des EEG 2014 eingeführten und ins EEG 2017 überführten Regelungen zur partiellen Öffnung des Förderregimes für Strom aus anderen Mitgliedstaaten sind auf nach hier vertretener Ansicht berechtigte Bedenken gegen die Vereinbarkeit des Finanzierungssystems mit dem Verbot nach Art. 110 AEUV zurückzuführen. Die Belastung ausländischen EE-Stroms mit der EEG-Umlage ohne Beteiligung an den hieraus finanzierten Fördermaßnahmen stellt eine diskriminierende Abgabenerhebung im Sinne von Art. 110 AEUV dar, für die eine Rechtfertigungsmöglichkeit vertraglich nicht vorgesehen und damit im Ergebnis nicht anzuerkennen ist.
§ 6 Zusammenfassung und Ausblick Seit der Einführung gesetzlicher Regelungen zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien in Deutschland in Gestalt des Stromeinspeisungsgesetzes hat sich die deutsche Förderpolitik hinsichtlich ihres grundsätzlichen Ansatzes lange Zeit durch ein hohes Maß an Kontinuität ausgezeichnet. Begünstigt wurde dies durch die vom EuGH in der PreussenElektra-Entscheidung vorläufig ausgestellte unionsrechtliche Unbedenklichkeitsbescheinigung. War danach die Abkehr vom tradierten Einspeisevergütungsmodell unionsrechtlich zunächst nicht geboten, wurde ein solcher Paradigmenwechsel angesichts des kontinuierlichen Anstiegs der EEGUmlage aus ökonomischer Sicht teils vehement gefordert. Dabei sprachen sich prominente Stimme für die Implementierung eines Quotenmodells nach schwedischem Vorbild aus, während Gegenstimmen vor allem auf mit einem solchen Ansatz verbundene Investitionsrisiken auf Seiten der Anlagenbetreiber hinwiesen. Die wirtschaftswissenschaftliche Debatte um die Gestaltung der Förderpolitik war erheblich von vergleichenden Verweisen auf die Erfahrungen anderer Mitgliedstaaten geprägt. In diesem Zusammenhang hat der ausführliche Blick auf die Förderhistorie im Vereinigten Königreich gezeigt, dass die ins Feld geführten Probleme im Zusammenhang mit dem Quotenmodell ebenso wie das Scheitern des bereits zuvor implementierten Ausschreibungsverfahren vor allem auf gravierende Gestaltungsfehler zurückzuführen waren. Anlass und Maßstab für die Umgestaltung des deutschen Förderinstrumentariums war schließlich das EU-Beihilferecht. Aufgekündigt wurde der „PreussenElektraFrieden“ durch die Europäische Kommission, die unter Hinweis auf die seither vollzogene Umstrukturierung des Finanzierungssystems zu dem Befund gelangte, dass es sich bei der EEG-Umlage nach dem EEG 2012 um staatliche Mittel handelte. Der faktische Einfluss dieser erstinstanzlich zunächst bestätigten Auffassung wird deutlich, wenn man die paradigmatischen Änderungen des Fördersystems in den Blick nimmt, wie sie durch EEG 2014 und 2017 bewirkt wurden. Entlang der detaillierten – und entgegen der diesbezüglich angemeldeten Zweifel rechtmäßigen – Vorgaben der Kommission in Gestalt der Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen wurde das Fördersystem schrittweise auf Ausschreibungen umgestellt. Auf Grundlage der den beihilferechtlichen Zugriff erst ermöglichenden Annahme, dass es sich bei der EEG-Umlage nach dem EEG 2012 um eine beihilfefinanzierende Abgabe handelt, geriet auch die andere rechtliche Problemzone des EEG, namentlich die diskriminierende Grundausrichtung der Förderregelungen, in den Fokus der Kommission. Materiellrechtlich ist die nunmehr exklusiv für Ausschreibungen vorgesehene partielle Öffnung nach § 5 II EEG 2017 auf die Steue-
§ 6 Zusammenfassung und Ausblick
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rungsvorgaben aus Art. 110 AEUV zurückzuführen, handelt es sich bei der EEGUmlage doch um eine diskriminierende Abgabe im Sinne der Vorschrift. Gerade angesichts der umfassenden beihilferechtlichen Steuerung der deutschen Regelungen ist der verfahrensabschließende Befund des EuGH, nach welchem es sich bei der EEG-Umlage mangels Abgabeneigenschaft nicht um staatliche Mittel handeln soll, als Paukenschlag zu werten. Auf den ersten Blick birgt die Entscheidung das Potential, eine tektonische Verschiebung des maßgeblichen Rechtsrahmens zu bewirken: Denn soweit die fehlende Abgabeneigenschaft maßgeblich für die Ablehnung der Beihilfeeigenschaft ist, erscheint auch die Steuerungskraft von Art. 30 und 110 AEUV diskutabel. Damit wäre der Weg zwar theoretisch frei für die Anwendbarkeit von Art. 34 AEUV. Dieser entfaltet aber nach aktualisierter Rechtsprechung des EuGH nach wie vor keine Steuerungskraft. Maßgeblichkeit hätte damit allein das einschlägige Sekundärrecht, das aktuell, aber auch perspektivisch keine den UEBLL vergleichbare Steuerungswirkung entfaltet. Die inhaltlich, dogmatisch und rechtspolitisch kritikwürdige Entscheidung ist im Lichte der zur Begründung angestellten Erwägungen allerdings nicht uneingeschränkt auf das EEG 2017 übertragbar. Denn insoweit wurde gezeigt, dass für den EuGH hinsichtlich der Ablehnung der Abgabeneigenschaft allein die fehlende Verpflichtung zur Belastung der Verbraucher leitend war. Eine solche Verpflichtung wurde im EEG 2017 aber nunmehr den ÜNB auferlegt, die die EEG-Umlage bei den stromkostenintensiven Unternehmen erheben müssen. Bei konsequenter Anwendung der Maßgaben des EuGH kann die Abgabenqualifizierung der EEG-Umlage und damit auch die Beihilfeeigenschaft der aus deren Aufkommen finanzierten Begünstigungen sowie der gewährten Befreiungen für das EEG 2017 schwerlich verneint werden. Dieser Befund würde wiederum zur im Vorfeld der EuGH-Entscheidung vorherrschenden Annahme zurückführen, dass die Gestaltung des EEG vornehmlich von den Maßgaben des Primärrechts geprägt wird. Es ist nicht auszuschließen, dass die nur schwer von der Hand zu weisende Berechtigung der Zweifel an der Übertragbarkeit des EuGH-Judikats auf das EEG 2017 Impulswirkung für den deutschen Gesetzgeber entfaltet, der sich durch Auflösung der nunmehr implementierten Verpflichtung zur Umlage und der damit verbundenen Rückkehr zur Lösung nach dem EEG 2012 des potentiellen beihilferechtlichen Zugriffs entziehen könnte. Dieser Umstand belegt für sich genommen bereits die fehlende Überzeugungskraft der verfahrensabschließenden EuGH-Entscheidung. Gerade um solche kleinteiligen Wechselwirkungen zu vermeiden, wäre es vorzugswürdig gewesen, die Beihilfeeigenschaft anhand einer wertenden Betrachtung zu bestimmen. Die dahingehende Entwicklung hat der Gerichtshof für das EEG 2012 nicht bestätigt. Als Ergebnis der Bearbeitung muss auch der Befund stehen, dass die Rechtsprechung des EuGH erheblich zu den bestehenden Unsicherheiten beiträgt. Gerade als sich über die Rechtsprechungslinie Essent – Vent De Colère – Österreichisches Ökostromgesetz und die sorgfältig begründete erstinstanzliche Entscheidung des
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§ 6 Zusammenfassung und Ausblick
EuG zum EEG 2012 ein nachvollziehbarer Prüfungsansatz herauszubilden schien, hat der Gerichtshof die aufkeimende Hoffnung auf die Möglichkeit einer rechtssicheren Einordnung mitgliedstaatlicher Fördermaßnahmen mit seinem weder inhaltlich noch dogmatisch überzeugenden Urteil vom 28.03.2019 enttäuscht. Auch hinsichtlich der die Warenverkehrsfreiheit betreffenden Entscheidungen konnte dem EuGH kein besseres Zeugnis ausgestellt werden. Die hier relevanten Urteile sind durch eine ähnliche Begründungsarmut gekennzeichnet wie die verfahrensabschließende Entscheidung des Gerichtshofs zum EEG 2012. Die fehlende Überzeugungskraft der EuGH-Rechtsprechung lässt darauf schließen, dass der Gerichtshof offensichtlich noch keinen Weg zur Auflösung des Konflikts zwischen Umweltschutz und Binnenmarktziel gefunden hat und vor allem ergebnisorientiert vorgeht. Angesichts der so gegebenen Unvorhersehbarkeit der EuGH-Rechtsprechung bleibt die weitere Entwicklung mit Spannung abzuwarten. Mit neuen Impulsen dürfte zum einen spätestens mit Ablauf der Umsetzungsfrist für die Maßgaben der neugefassten EE-Richtlinie im Jahr 2021 zu rechnen sein. Im Übrigen hat die Kommission im Januar 2019 ihre Pläne veröffentlicht, die Laufzeit der UEBLL über das Jahr 2020 hinaus um zwei Jahre zu verlängern. Die Frist zur in diesem Zusammenhang durchgeführten und der Evaluation der UEBLL dienenden öffentlichen Konsultation endete am 19.07.2019. Spätestens mit Ende der gegebenenfalls verlängerten Laufzeit werden sich zahlreiche neue Rechtsfragen stellen. Angesichts dieser fortwährenden Dynamik ist auch perspektivisch damit zu rechnen, dass die Bestimmung der rechtlichen Rahmensetzungen für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien ein „moving target“ bleibt.
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Sachwortverzeichnis Altmark-Kriterien 193 ff. Angebotskurve 108 f. Angebotsschock 111 f. Banking 83 Benchmarks 27 Besondere Ausgleichsregelung Best-Scenario Bidding 69
Innovationsausschreibungen
Low Carbon Contracts Company
55 ff., 160
Cap and trade-System 28 CfD Supplier Obligation 88 Contracts for Difference 87 ff. „Descending-Clock“-Auktion 39 Direktvermarktung 57 f., 62 f., 87 f., 104, 177, 178 f., 222, 232 Dynamische Effizienz 96 ff., 99 EEG-Umlage 54 ff., 95, 103, f., 135, 160 ff., 256 ff., 263 f., 270 f. EEG-Quote 52 f. Effektivität 96 f. (Kosten-)Effizienz 26 ff., 40, 96 ff. Einheitspreisverfahrens („Uniform-Pricing“ oder „Pay-as-clear“) 40 f., 66 f., 223 Electricity Market Reform 86 ff. Emissionshandelssystem 27 ff. Externe Effekte 23 ff. Feed in Tariffs 85 Fluch des Gewinners 39, 41 Fossil Fuel Levy 79 Gebotspreisverfahrens („pay as bid“-Auktion) 40 f., 66, 80, 115, 223 Gemeinsame Ausschreibungen 74 Gesamtgestehungskosten 224 Grandfathering 27 Höchstpreis
39, 41, 91, 93
74 87
Marktprämie 57 ff., 62 f., 66, 70 f., 87, 104, 117, 160, 168, 175, 178, 202, 207 ff., 222, 254, 258 Marktversagen 22 ff. 199, 222 Mindestpreis 41, 111, 141, 148, 158, 165 Monopson 108 Non-Fossil Fuel Obligation 77 ff., 94, 117 Non Fossil Purchasing Agency 79 Ökologische Treffsicherheit
26, 107
Pareto-Kriterium 23 Physikalische Wälzung 53 Pönale 33, 37, 41 f., 72, 81, 207 Präqualifikationsanforderungen 36 f., 41 f., 81, 90, 116, 208, 211 Produzentenrente 99, 101, 108 ff. PV-Pilot 63 ff. Quotenmodell 31 ff., 82 ff., 106 ff., 125, 206, 225, 228, 229 f., 242, 251, 253 f. Referenzertragsmodell 73, 209 Renewable Obligation Certificates 83 Renewables Obligation Orders 82 ff. Sealed-bid-Verfahren 38 Strategisches Bieterverhalten 36, 223 Strike Price 88, 91 Stromintensive Unternehmen 55 f., 135, 168 f. Technologieneutrale/technologiespezifische Förderung 58, 64, 71 ff., 79, 83, 85, 102 f., 109 f., 132, 204, 207 ff., 222 ff., 230 ff.
290 Veredelung 53 Vorrangprinzip 50 f., 104
Sachwortverzeichnis will-secure-Test 79 windfall profits 109