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German Pages 486 [493] Year 2009
Das Transzendentale bei Ibn SÊn§
Islamic Philosophy, Theology and Science Texts and Studies
Edited by
Hans Daiber Anna Akasoy
VOLUME LXXIX
Das Transzendentale bei Ibn SÊn§ Zur Metaphysik als Wissenschaft erster Begriffs- und Urteilsprinzipien
Von
Tiana Koutzarova
LEIDEN • BOSTON 2009
Umschlagabbildung: Turba philosophorum, Buchillustration von Girolamo da Cremona, in: Aristotelis opera, zusammen mit dem Kommentar des Averroes, Druck auf Pergament von Andreas de Asula Torresanus, Venedig 1483; im Besitz der Pierpont Morgan Library and Museum, New York, Signatur PML 21195, f.1r. Mit freundlicher Genehmigung der Pierpont Morgan Library and Museum, New York, Photo: David A. Loggie. This book is printed on acid-free paper. Library of Congress Cataloging-in-Publication Data Koutzarova, Tiana. Das Transzendentale bei Ibn SÊn§ : zur Metaphysik als Wissenschaft erster Begriffs- und Urteilsprinzipien / von Tiana Koutzarova. p. cm. — (Islamic philosophy, theology and science ; v. 79) Includes bibliographical references. ISBN 978-90-04-17123-7 (hardback : alk. paper) 1. Avicenna, 980-1037. 2. Metaphysics. 3. Philosophy, Islamic. I. Title. II. Series. B751.Z7K68 2009 181’.5—dc22 2009003668
ISSN 0169-8729 ISBN 978 90 04 17123 7 Copyright 2009 by Koninklijke Brill NV, Leiden, The Netherlands. Koninklijke Brill NV incorporates the imprints Brill, Hotei Publishing, IDC Publishers, Martinus Nijhoff Publishers and VSP. All rights reserved. No part of this publication may be reproduced, translated, stored in a retrieval system, or transmitted in any form or by any means, electronic, mechanical, photocopying, recording or otherwise, without prior written permission from the publisher. Authorization to photocopy items for internal or personal use is granted by Koninklijke Brill NV provided that the appropriate fees are paid directly to The Copyright Clearance Center, 222 Rosewood Drive, Suite 910, Danvers, MA 01923, USA. Fees are subject to change. printed in the netherlands
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Für Jens
In memoriam Димитър Марков Денев Марга Стоянова Денева Lotte Heimann
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INHALT Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
ERSTER TEIL
DIE GEGENSTANDSBESTIMMUNG DER METAPHYSIK I.
Die Problemanzeige in der Autobiographie Ibn SÊn§s . . .
13
II. al-F§r§bÊs Gegenstandsbestimmung der Metaphysik . . . . . 1. Der Text des Traktats „Maq§lah fÊ "aÇr§· m§ ba#d aã-ãabÊ#ah“ (Über die Ziele der Metaphysik) . . . . . . . . . 2. Textanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) „Das erste Subjekt dieser Wissenschaft ist das ‘Seiende als Seiendes’ (al-mawÆåd al-muãlaq) und das, was ihm in der Ordnung der Gemeinsamkeit gleichkommt, nämlich das ‘Eine’ (al-w§Èid)“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Metaphysik und islamische Theologie . . . . . . . . . .
17 17 23
23 30
ZWEITER TEIL
DAS „SEIENDE ALS SEIENDES“ ALS ERSTES SUBJEKT DER METAPHYSIK Die systematische Einheit des Kit§b aà-àif§" . . . . . . . . . . . .
41
II. Die Problemstellung in al-"Il§hÊy§t (Metaphysik) des Kit§b aà-àif§" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Struktur der Wissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) taßawwur und taßdÊq . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i. Die Bedeutung des sprachlichen Zeichens als intensionale Größe . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
50 59 59
I.
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viii
inhalt α) al-F§r§bÊs Kommentar zu Peri hermeneias (16a9-19) des Aristoteles . . . . . . . . . . . . . . . 65 β) al-#Ib§rah (Peri hermeneias) I 1 des Kit§b aà-àif§": "umår (reale Dinge), taßawwur§t (Begriffe) und "alf§í (sprachliche Ausdrücke) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 ii. Das Verhältnis zwischen der vorprädikativen Ebene des taßawwur und der Prädikationsstruktur des taßdÊq . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 b) Definitorisches Wissen und Beweis . . . . . . . . . . . . 87 c) Wissenschaftstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114
III. Die Problemlösung in al-"Il§hÊy§t (Metaphysik) des Kit§b aà-àif§" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das erste ausgezeichnete Seiende (Gott) gehört zu dem Gesuchten (maãlåb) in der Metaphysik . . . . . . . . . 2. Die letzten Ursachen sind „Gesuchtes“ (maãlåb) der Metaphysik und als Gewußtes ihre Vollkommenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Das „Seiende als Seiendes“ in seiner doppelten Erstheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das „Seiende“ als erstes Subjekt der washeitlichen, den Subjekten aller partikularen Wissenschaften zugrundeliegenden Bestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das „Seiende“ als erstes Subjekt der transkategorialen, den Subjekten der partikularen Wissenschaften gemeinsamen Bestimmungen . . . .
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IV. Die Einheit der Ersten Philosophie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 1. „Prinzip-Sein“ als eigentümliche Eigenschaft des „Seienden“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 2. Die Teile der Metaphysik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 DRITTER TEIL
DER BEGRIFF DES SEIENDEN (AL-MAW@—D) I.
al-F§r§bÊ über „al-mawÆåd“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189
inhalt
ix
1. Die Angleichung der allgemeinsprachlichen Bedeutung von „mawÆåd“ an die des griechischen „estin“ bzw. des persischen „hast“ . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 2. Die verschiedenen Bedeutungen von „mawÆåd “ . . . . . . 198 3. Das Verhältnis von „àay" “ und „mawÆåd“ . . . . . . . . . . . 204 II. Die Begriffseinheit des „Seienden“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Univozität, Äquivozität, taàkÊk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) al-Maqål§t (Kategorien) I 2 des Kit§b aà-àif§" . . . . . . b) taàkÊk als Prädikationsmodus des „Seienden“ . . . . . 2. Die transzendental-semantische Verteidigung der Begriffseinheit des Seienden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) al-Maqål§t (Kategorien) II 1 des Kit§b aà-àif§": das Verhältnis des Begriffes des Seienden zu den zehn Kategorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Allgemeinheit des „Seienden“ ist keine generische . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Auseinandersetzung mit dem aristotelischen Argument dafür, daß das „Seiende“ keine Gattung sein kann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Jedwedes so-und-so Bestimmtes ist (mawÆåd) oder ist nicht: die Einheit des „Seienden“ ist die eines notwendigen Attributs (l§zim) der Washeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
211 211 213 220 230 230 247 252
255
III. Die Washeit der Dinge als Seinsmöglichkeit . . . . . . . . . . . 259 1. al-Maqål§t (Kategorienschrift) III 1 des Kit§b aà-àif§": Kontingenz und Bedürftigkeit als die Weise, in der das Wesen auf die Existenz bezogen ist . . . . . . . . . . . . 259 2. Der ontologische Status der Wesenheiten: Ibn SÊn§s Kommentar zu der pseudo-aristotelischen Theologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 IV. Die transzendentale Gemeinsamkeit des „Seienden“ . . . . 289 VIERTER TEIL
„AL-MAW@—D“, „A’-’AY" “, „A4-4AR—R^Y“: ERSTE PRINZIPIEN DES TA‘AWWUR UND IHRE TRANSZENDENTALE RECHTFERTIGUNG I.
Text der Metaphysik (al-"Il§hÊy§t) I 5 des Kit§b aà-àif§" . . . 309
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II. Analyse von Metaphysik (al-"Il§hÊy§t) I 5 des Kit§b aà-àif§" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das „Aufmerksam-Machen“ (at-tanbÊh) als Explikationsmodus von Möglichkeitsbedingungen des taßawwur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erste Begriffe und erste Urteile als Apriori geistiger Erkenntnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die transzendental-semantische Verteidigung der Distinktheit von „àay"“ und „mawÆåd“ . . . . . . . . . . . . . . a) „mawÆåd“ und „àay"“ als zwei aufeinander nicht zurückführbare, einander jedoch notwendig folgende (mutal§zim§n) Hinsichten auf das transzendentale „Seiende“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Transzendentalien der Einheit und der Abgegrenztheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Modalbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Die modale Explikation des „Seienden“ . . . . . . . . . . .
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326 330 339
346 350 361 362 373
SCHLUSSWORT I.
Metaphysik als Wissenschaft vom transzendental Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385
II.
Die Bedeutung des „Transzendentalen“ bei Ibn SÊn§ . . . 413
III. Ausblick: problemgeschichtliche Einordnung des ibn-sinischen Konzeptes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419 Epilog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433 Verzeichnis der zitierten Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435 Namenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 453 Verzeichnis der zitierten Stellen aus den Werken Ibn SÊn§s 457 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467
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„Denn das ‘Seiende’ wird durch sich selbst erfaßt und ist der einfachste ("absaãu) und erste aller Begriffe, es ist durch sich selbst bekannt. Sollte es [d. h. das ‘Seiende’] [aktual] zum Gegenstand des taßawwur gemacht werden, so geschieht dies nur in der Weise des Aufmerksam-Machens (#al§ sabÊli t-tanbÊhi), so daß es entweder durch ein Synonym wie ‘Existierendes’ (t§bit) und ‘Vorhandenes’ (ȧßil) oder durch seine [d. h. des ‘Seienden’ ‘Als-ob’-] Teile wie Substanz, Akzidens und Ähnliches, bekannt gemacht wird. In Wirklichkeit jedoch ist das ‘Seiende’ ein Durch-sich-selbst-Erfaßtes, nämlich das ‘Ob-es-ist’ und nicht das ‘Was-es-ist’.“ Ibn SÊn§, Ris§lat "aÆwibah #an #aàr mas§"il, (Antworten auf zehn Fragen), S. 82, Z. 11-15.
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VORWORT Diese Arbeit wurde im Wintersemester 2007/08 als InauguralDissertation zur Erlangung der Doktorwürde von der Philosophischen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn angenommen. Für vielfältige Unterstützung und konstruktive Förderung sowie für die Übernahme des Gutachtens gilt Herrn Prof. Dr. Stephan Conermann (Bonn) mein herzlicher Dank. Die wesentlichen Anregungen zur Beschäftigung mit dem Metaphysikverständnis Avicennas verdanke ich Herrn Prof. Dr. Ludger Honnefelder (Berlin und Bonn), dem ich auch für seine zahlreichen, für die Konzeption meiner Dissertation maßgeblichen Vorschläge sowie für die Übernahme des Gutachtens sehr verbunden bin. Dem Erlangener Graduiertenkolleg „Kulturtransfer im europäischen Mittelalter“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft danke ich für die Aufnahme in das dreijährige Stipendiumprogramm. Hierbei bin ich insbesondere Herrn Prof. Dr. Maximilian Forschner für vielfältige Anregungen verbunden. Für die Aufnahme in die Reihe Islamic Philosophy, Theology and Science, Texts and Studies und die Korrekturvorschläge gilt dem Herausgeber, Herrn Prof. Dr. Hans Daiber (Frankfurt am Main), mein herzlicher Dank. Für die Gewährung eines Druckkostenzuschusses bin ich dem Graduiertenkolleg „Kulturtransfer im europäischen Mittelalter“, insbesondere Herrn Prof. Dr. Hartmut Kugler (Erlangen) sehr verbunden. Schließlich möchte ich herzlich jenen danken, die mir bei der Abfassung der Arbeit zur Seite standen, allen voran meinem Mann Jens Bakker für die zahlreichen anregenden Diskussionen und die gründlichen Korrekturarbeiten. Ihm widme ich dieses Buch. Tiana Koutzarova
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EINLEITUNG Die Entwicklung der Transzendentalienlehre in der lateinischen Scholastik des 13. und 14. Jh. stellt einen bedeutenden Schritt in der abendländischen Philosophiegeschichte dar. Die zunehmende Beschäftigung mit den großen Konzepten dieser Epoche führte nicht nur zu einer Differenzierung der einzelnen Entwürfe der lateinischen Autoren, sondern eröffnete auch den Blick für die historischen, unter anderem auch arabisch-islamischen Voraussetzungen.1 Die Bedeutung eines dieser in den lateinischen Westen transferierten arabisch-islamischen Ansätze, nämlich die der Metaphysik Ibn SÊn§s (Avicenna), wurde in der Forschung bereits von älteren Autoren erkannt, in der Regel jedoch in einer zu allgemeinen und vom Blickwinkel eines bestimmten späteren Ansatzes geprägten Form betrachtet. Besonders hervorzuheben sind hier die Arbeiten von Amélie-Marie Goichon 2, die als ein erster Versuch sowohl der Erschließung der arabischphilosophischen Terminologie Avicennas als auch der Gesamtdarstellung seiner Metaphysik charakterisiert werden können. Die Bedeutung des ibn-sinischen Metaphysikkonzepts für die scholastische Transzendentalienlehre im Zusammenhang mit der im 12. Jh. einsetzenden Wiederaufnahme der aristotelischen Metaphysik, sowie dessen Einfluß auf maßgebliche Autoren wie Thomas von Aquin und Duns Scotus werden erst in neueren Untersuchungen differenzierter und deutlicher sichtbar, auch wenn das Ibn SÊn§ leitende Verständnis von Metaphysik dabei nur in Teilen, und auch hierbei lediglich in dem Maße angesprochen wird, in dem sich die scholastischen Autoren jeweils damit auseinandersetzen, ihn übernehmen und transformieren. Hier sind vor allem die Arbeiten L. Honnefelders 3,
1 Vgl. dazu etwa den Überblick bei P. Schulthess/R. Imbach: Die Philosophie im lateinischen Mittelalter, S. 134ff., 160ff. 2 Vgl. A.-M. Goichon: La philosophie d’Avicenne et son influence en Europe médiévale; The Philosopher of Being; Introduction à Avicenne, son épitre des définitions. Traduction avec notes; Lexique de la langue philosophique d’Ibn SÊn§ (Avicenne); sowie ihr Hauptwerk: La distinction de l’essence et de l’existence d’après Ibn SÊn§ (Avicenne). 3 Vgl. L. Honnefelder: Ens inquantum ens; Scientia transcendens; Der zweite Anfang der Metaphysik.
2
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J. Aertsens4 und W. Kühns5 zu nennen. Die philosophiehistorische Erforschung der „arabischen“ Vorlagen, die als Ausgangsbedingungen die Formierung der mittelalterlichen scholastischen Metaphysik mitbestimmen, wird damit in dem Maße als Desiderat erkannt, in dem diese in ihren verschiedenen Entwürfen erschlossen wird. Insbesondere aus der Perspektive der scotischen Metaphysik, die von Honnefelder sowohl systematisch als auch problemgeschichtlich bis zur Moderne untersucht wird, läßt sich, wie im Schlußwort gezeigt wird,6 auf Grundlage der in der vorliegenden Untersuchung zu erbringenden Rekonstruktion des Metaphysikkonzepts des islamischen Philosophen sein wirkungsgeschichtlicher Einfluß überzeugend andeuten. Umgekehrt jedoch kann und darf das Metaphysikkonzept Ibn SÊn§s erst dann in seiner Bedeutung für den im lateinischen Westen an der Aristoteles-Rezeption ansetzenden „zweiten Anfang“7 der Metaphysik ermessen werden, wenn es selbst von seiner eigenen Problemstellung her und in seiner Stellung im Prozeß der Ausbildung der arabisch-islamischen philosophischen Tradition erfaßt wird. Ibn SÊn§ steht nicht am Anfang dieser Entwicklung. Im Zuge eines gewaltigen, mehrschrittigen und durch die Syrer vermittelten Transfers des griechischen Gedankengutes8 entsteht nicht nur eine arabische Wissenschaftssprache,9 sondern auch eine intensive Aneignung der griechischen Wissenschaften, der dann recht früh und in zunehmendem Maße eine kritische Auseinandersetzung sowohl mit konkurrierenden Interpretationen bestimmter philosophischer Konzepte, als auch mit Positionen der islamischen spekulativen Theologie (kal§m) folgt. In diesem Zusammenhang sind drei bedeu4 Vgl. J. A. Aertsen: Being and One; Medieval Philosophy and the Transcendentals. The Case of Thomas Aquinas; What is First and Most Fundamental? The Beginnings of Transcendental Philosophy. 5 Vgl. W. Kühn: Das Prinzipienproblem in der Philosophie des Thomas von Aquin. 6 Vgl. das Schlußwort, Kapitel III. 7 Vgl. L. Honnefelder: Der zweite Anfang der Metaphysik. 8 Vgl. dazu R. Walzer: Greek into Arabic; #Abd ar-RaÈm§n BadawÊ: La Transmission de la Philosophie Grecque au Monde Arabe; F. E. Peters: Aristotle and the Arabs, S. 58; G. Endress: The Circle of al-KindÊ; R. Wisnovsky: Avicenna’s Metaphysics in Context, S. 99ff., A. Bertolacci: The Reception of Aristotle’s Metaphysics in Avicenna’s Kit§b al-’if§", S. 5ff. 9 Vgl. dazu A.-M. Goichon: The Philosophy of Avicenna, S. 47ff., G. Endress: The Circle of al-KindÊ, sowie die bereits erschienenen Teile des pionierhaften Projekts eines griechisch-arabischen Wörterbuchs: G. Endress/D. Gutas (Eds.): A Greek and Arabic Lexicon. Materials for a Dictionary of the Mediaeval Translations from Greek into Arabic.
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tende Beiträge aus der neueren Forschung zu nennen: Dimitri Gutas „Avicenna and the Aristotelian Tradition“, Robert Wisnovskys „Avicenna’s Metaphysics in Context“ sowie Amos Bertolaccis „The Reception of Aristotle’s Metaphysics in Avicenna’s Kit§b al-’if§"“. Alle Autoren verbinden altphilologische und arabistische Arbeit mit philosophiehistorischen Untersuchungen und erschließen so Teile des außerordentlich umfangreichen und bislang gänzlich unerforschten Quellenmaterials, wodurch der Blick auf neue Fragestellungen ermöglicht wird. Die ibn-sinische Konzeption des Transzendentalen ist allerdings in den verschiedenen Texten und Zusammenhängen seiner zahlreichen Werke angelegt und kann nicht angemessen herausgearbeitet werden, wenn nur diejenigen Schriften berücksichtigt werden, die als Teile seiner mehrbändigen Enzyklopädie Kit§b aà-àif§" (Buch der Genesung)10 ins Lateinische übersetzt wurden, auch wenn die daraus übertragenen Bücher, nämlich „Die Metaphysik“ (al-"Il§hÊy§t), „Die Isagoge“ (al-MadÉal) und „Die Seele“ (an-Nafs), zu seinen ausführlichsten und bedeutendsten Darstellungen der jeweiligen Disziplinen gehören. Ferner setzt die Metaphysik des Kit§b aà-àif§" der Sache nach und gemäß dem wissenschaftssystematischen Charakter des Werkes sowohl die Kategorienschrift (al-Maqål§t), als auch die Hermeneutik (al-#Ib§rah) und insbesondere die Zweite Analytik (al-Burh§n) voraus. Diese für das ibn-sinische Verständnis des Transzendentalen äußerst wichtigen Bücher wurden jedoch mit Ausnahme einiger weniger Kapitel nicht ins Lateinische übersetzt.11 Die lateinische Übersetzung der Metaphysik12 weist eine beachtlich hohe Qualität auf, weicht jedoch an einigen Stellen gewichtig von dem nunmehr kritisch und editorisch gesicherten Originaltext ab. Die erst 1983 unter der Leitung von Ibr§hÊm Madkår abgeschlossene kritische Edition des achtzehnbändigen Werkes Kit§b aà-àif§" (Buch der Genesung) ermöglicht nun die systematische Erschließung des arabischen Textes. 10
Vgl. dazu ausführlich Zweiter Teil, Kapitel I. Vgl. dazu S. van Riet: „Avicenna: 12. The Impact of Avicenna’s Philosophical Works in the West“, S. 104-106. 12 In ihren mittelalterlichen lateinischen Versionen wurde die Metaphysik durch S. van Riet (vgl. Avicenna Latinus. Liber de philosophia prima sive scientia divina I-IV (1977); Liber de philosophia prima sive scientia divina V-X (1980)) editorisch gesichert und als Quelle erschlossen und ersetzt damit die lateinischen Editionen Venedig 1495 und Venedig 1508. Vgl. dazu S. van Riet: Traduction latine et principes d’édition, in: Avicenna Latinus. Liber de philosophia prima sive scientia divina I-IV, S. 123*ff. 11
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All dies macht deutlich, daß Fragen, die der Transfer-Begriff im Hinblick auf die Wirkungsgeschichte der Metaphysik Ibn SÊn§s im lateinischen Westen wesentlich impliziert, nämlich welche Funktion und welche Bedeutung hat das Transzendentale im ibn-sinischen Metaphysiksystem, was ist seine Problemstellung, was sind die möglichen Verschiebungen und Transformationen der Konzeption und der Funktion der transzendentalen Bestimmungen in den Entwürfen der lateinischen Autoren, erst dann beantwortet werden können, wenn die Position Ibn SÊn§s als solche herausgearbeitet ist. Umgekehrt läßt die philosophiehistorische Forschung die Eigenleistung der scholastischen Denker im Hinblick auf Einordnung und Bewertung der gegenüber Aristoteles neuen Metaphysik Ibn SÊn§s in aller Deutlichkeit sichtbar werden.13 Wie ungenügend der im 12. Jh. erfolgte materielle und ideelle Transfer dieser Metaphysik in den lateinischen Raum in den Kategorien fremdes „Kulturgebiet“, „Dialog zwischen den Kulturen“, „Bedürfnis“ oder „Mangel“ faßbar ist, zeigt sich im Überblick Verbekes14. Geht man, wie der Autor dies implizit tut, von einer prinzipiellen Verschiedenheit und Unüberschneidbarkeit zweier Rationalitätstraditionen aus, dann kann man der Frage nach dem Grund dieses Transfers auch nicht mehr damit begegnen, „daß man diese Schriften wirklich brauchte, man konnte dieses Gedankengut nicht mehr entbehren. Das Bedürfnis war so groß, daß die übersetzten Texte sich sofort verbreiteten und einen bedeutenden Einfluß auf den Unterricht an den mittelalterlichen Universitäten ausübten“15. Wie prekär diese undifferenzierte Sichtweise ist, wird auch an der Verwunderung Verbekes deutlich: „Die großartige metaphysische Synthese, die Johannes Scotus Eriugena im 9. Jh. verfaßte, ist niemals durch die Philosophie und Theologie der lateinischen Denker aufgenommen worden, während die Metaphysik des Avicenna, das Werk eines Islamiten, der sich
13 Vgl. dazu z. B. A. De Libera: D’Avicenne à Averroès, et retour. Sur les sources arabes de la théorie scolastique de l’un transcendental, S. 141-179, ders.: Les sources gréco-arabes de la théorie médiévale de l’analogie de l’être, S. 319-345; É. Gilson: Avicenne en occident au moyen âge, S. 89-121; ders.: Avicenne et le point de départ de Duns Scot, S. 89-149; S. F. Brown: Avicenna and the Unity of the Concept of Being. The Interpretations of Henry of Ghent, Duns Scotus, Gerard of Bologna and Peter Aureoli, S. 117-150. 14 Vgl. G. Verbeke: Avicenna, Grundleger einer neuen Metaphysik, S. 6-7. 15 ebd. S. 7.
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durch die griechische und arabische Philosophie inspirieren läßt, ungehindert in den christlichen Westen durchdringt.“16 Soll man der Möglichkeit des Transfers, insbesondere dessen Aspekt der bewußten Auseinandersetzung und Transformation, gerecht werden, so kann dies nur auf dem Boden dessen geschehen, was dem Problemfeld der mittelalterlichen islamischen und christlichen Metaphysik gemeinsam ist. Als solche können die folgenden Bestimmungsmomente ausgewiesen werden: 1. Die dem Orient und Okzident gemeinsame Basis der aristotelischen Philosophie; 2. Das sowohl im Orient als auch im Okzident nicht ignorierbare Faktum der Offenbarung (Islam und Christentum); 3. Die daraus sich ergebende Notwendigkeit, das Verhältnis einer auf der Vernunft gegründeten Metaphysik und einer aus Offenbarungssätzen erkennenden Theologie zu bestimmen. Auf Grund dieser Gemeinsamkeit konnte man im lateinischen Westen im Zuge der Übertragung eines die aristotelische Metaphysik bereits so systematisierenden Konzeptes wie das Ibn SÊn§s an eine ähnlich strukturierte, jedoch frühere Entwicklung anknüpfen. Der Transfer verweist damit der Sache nach auf die gemeinsame innere Systematik der Fragestellung. Die systematische Analyse der Konzeption des Transzendentalen bei Ibn SÊn§ ist in diesem Sinne unmittelbar auf den Transfer bezogen. Das Potential des Transzendentalen wurde bei der Frage nach der Möglichkeit der Ersten Philosophie erkannt und fruchtbar gemacht. Die mittelalterlichen islamischen und christlichen Philosophen sahen sich im Unterschied zu Aristoteles einer beiden gemeinsamen, veränderten Ausgangsbedingung gegenüber – an die Stelle der Ewigkeit der Welt tritt die Schöpfung aus dem Nichts. Die Möglichkeit einer Ersten, von keiner anderen Wissenschaft abhängigen, rein auf der Vernunft begründeten Philosophie mußte nicht nur an dem Anspruch der Metaphysik und Wissenschaftstheorie des Stagiriten, sondern auch an dem Anspruch der Offenbarung gemessen werden. Soll es also eine universale, alles Wirkliche betrachtende Wissenschaft geben, so mußte sie erstens deutlicher als bei Aristoteles von der Physik abgegrenzt werden. Denn das, was der physikalische Beweis des unbewegten Bewegers allenfalls vermag – unabhängig davon, daß, wenn die Metaphysik seine Gültigkeit anerkennen würde, sie dann ihren Anspruch auf Erstheit selbst aufheben würde – ist, ausgehend vom prozessualen Ereignis einen ersten Beweger zu beweisen, nicht 16
ebd. S. 7, Anm. 9.
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aber ein erstes Seiendes. Ferner darf die Subjektgattung dieser Wissenschaft den Schöpfer nicht ausschließen, muß jedoch zugleich auch dessen Transzendenz wahren. Die Transzendenz Gottes aber verbietet jegliche kategoriale Einschränkung. Soll also der Weg zu einer rationalen Erkenntnis Gottes gangbar sein, so kann er allein auf der Ebene der transzendentalen Begriffe beschritten werden. Eben dieser Weg ist von Ibn SÊn§ (gest. 428/1037) eingeschlagen und in seiner bereits etwa hundert Jahre nach seinem Tod in Toledo von Dominicus Gundissalinus ins Lateinische übertragenen Metaphysik des Kit§b aà-àif§"17 beschrieben worden. Die Wirkungsgeschichte dieses Metaphysikentwurfes im christlichen Westen erwies sich als außerordentlich. Die Antwort Ibn SÊn§s auf die oben erwähnte, den islamischen und christlichen Philosophen gemeinsame neue Problemstellung kann wie folgt formuliert werden: Die Metaphysik ist eine „allgemeine Wissenschaft“, die den ersten, weil auf nichts Früheres zurückführbaren Begriff des Seienden als Seienden (al-mawÆådu min Èaytu huwa mawÆådun) zum Gegenstand hat. Sie ist als solche Wissenschaft von den transkategorialen Möglichkeitsbedingungen jedweder Begriffs- und Urteilserkenntnis. Insofern sie jedoch dann auf Grund der modalen Explikation des „Seienden“ neben der Erkenntnis eines an sich nur Möglichseienden auch die eines Notwendigseienden ermöglicht, ist sie nur dann abgeschlossen, wenn sie zugleich auch Wissenschaft von jenem besonderen ersten Seienden (Gott) ist. Die lateinischen Autoren sahen sich also einer in dieser Weise verwissenschaftlichten Metaphysik gegenüber, die anknüpfend an die reiche Tradition der AristotelesRezeption in der islamischen Welt, die Frage nach der Möglichkeit einer Metaphysik im Spannungsfeld der oben erwähnten gemeinsamen inneren Problematik stellt und zu beantworten sucht. Drei für die späteren Transzendentalienlehren maßgebliche Momente wurden in dem Metaphysikkonzept Ibn SÊn§s vorgefunden: 1) die Notwendigkeit einer systematischen Analyse dessen, wovon die Metaphysik handelt; 2) die ersten Verstandesbegriffe; und 3) die modale Explikation des „Seienden“. Die Auseinandersetzung der Scholastiker mit diesem Entwurf ist jedoch keineswegs als eine einheitliche zu betrachten. Sie muß vielmehr als ein Prozeß begriffen werden, in dem das Problembewußtsein des jeweiligen Autors als 17
Vgl. dazu S. van Riet: Traduction latine et principes d’édition, in: Avicenna Latinus. Liber de philosophia prima sive scientia divina I-IV, S. 123*ff.
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Indikator für den Grad der Aneignung der oben genannten Möglichkeitsbedingungen der Metaphysik fungiert. So lassen z. B. vor allem frühere lateinische Denker wie Albertus Magnus und Thomas von Aquin die für die ontologische Metaphysikauslegung Ibn SÊn§s so maßgeblichen Disjunktionen ganz und gar außer Acht. Daß jedoch der Ansatz des islamischen Philosophen nicht nur „richtig“ verstanden, sondern auch noch konsequenter weitergeführt werden konnte, zeigt, wie bereits angedeutet, vor allem das Metaphysikverständnis von Duns Scotus. Nun soll nicht behauptet werden, daß Ibn SÊn§ bereits ein System transzendentaler Begriffe, Prinzipien oder Methoden als solcher benannt, oder seine Ausführungen gar mit dem Anspruch scholastischer Transzendentalienlehren vorgetragen hätte. Vergeblich würde man ferner nach dem Begriff des Transkategorialen oder gar nach einem diesen Begriff thematisierenden Traktat suchen. Eine Zusammenschau und Rekonstruktion transzendentaler Untersuchungen in seiner Philosophie ist – wie sich noch zeigen wird – dennoch nicht bloß berechtigt, sondern sogar unumgänglich. Denn der Sache nach weist der islamische Philosoph nicht nur die Transkategorialität bestimmter Begriffe aus, sondern konzipiert eine Metaphysik, die Wissenschaft von den aller Erfahrung voraufgehenden und in diesem Sinne apriorischen Prinzipien des taßawwur (Begriff) und taßdÊq (Urteil) ist, deren Verteidigung daher immer nur a posteriori in Form einer transzendental-semantischen Aufmerksammachung (tanbÊh) möglich ist. Diese ersten Begriffe (Bereich des taßawwur) und Urteile (Bereich des taßdÊq) erfassen aber nicht nur Gedachtes, sondern auch Wirklichkeit an sich. Eine weiterführende inhaltlich-sachhaltige taßawwur- und taßdÊq-Erkenntnis ist für Ibn SÊn§ damit nur dann möglich, wenn das, als was alles Erkennbare zu erfassen wäre, nämlich „Seiendes“, „Eines“ und „Abgegrenztes“, „Nichtwidersprüchliches“ und „ausgeschlossenes Widerspruchsmittleres“, vorweg zu aller Aktualisierung des Erkenntnisvermögens gegeben ist. Diese Konzeption ermöglicht schließlich die Durchführung einer Ersten Philosophie, die gemessen an ihrem Subjekt und seinen eigentümlichen Eigenschaften als transzendental bezeichnet werden kann. Möglich wird ferner, wie bereits gesagt, auch der Erweis jenes besonderen Seienden, das die Einheit und die Seiendheit in einer nicht mehr steigerbaren Form verwirklicht. Aufgabe der vorliegenden Untersuchung ist es, durch eingehende Analyse die ibn-sinische Konzeption des Transzendentalen systema-
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tisch zu rekonstruieren. Das erste und grundlegende Anliegen gilt aber gemäß dem eben Ausgeführten dem Aufweis der Transzendentalität seiner Ersten Philosophie. Die systematische Beschäftigung mit dem Transzendentalen setzt erst zwei Jahrhunderte nach Ibn SÊn§ (gest. 428/1037) im lateinischen Westen ein, etwa bei Philipp dem Kanzler (gest. 1236) in seiner Summa de bono. Die zu verfolgende Vorgehensweise dieser Arbeit kann daher als ein Annähern von Späterem her bezeichnet werden, ohne jedoch auf die Konzeption Ibn SÊn§s einen bestimmten Ansatz zu applizieren. Als Bereitstellung der Grundlage für den Vergleich des ursprünglichen Ansatzes und seiner späteren Umformungen leistet die vorliegende Untersuchung einen Beitrag zu einem der für die Metaphysikgeschichte wichtigsten Transfers im europäischen Mittelalter. Gliederung Zentraler Text für die als Ergebnis der Untersuchung zu erbringende Rekonstruktion des Transzendentalen ist al-"Il§hÊy§t (Metaphysik) I 5 des Kit§b aà-àif§", der im vierten Teil fast vollständig übersetzt (Kapitel I) und einer eingehenden Analyse (Kapitel II) unterworfen wird. Die voraufgehenden Teile widmen sich denjenigen Voraussetzungen, die die innere Ordnung von al-"Il§hÊy§t I 5 bestimmen. Im ersten Teil wird der unmittelbare historische Kontext für das ibn-sinische Problem der Gegenstandsbestimmung der aristotelischen Metaphysik behandelt. Ausgehend von einer autobiographischen Notiz (Kapitel I) wird dabei diejenige Vorlage untersucht, die Ibn SÊn§ selbst als maßgeblich für seine Lösung dieses Problems ansieht. Der Übersetzung (Kapitel II, 1) und der Analyse (Kapitel II, 2) der al-farabischen Schrift „Maq§lah fÊ "aÇr§· m§ ba#d aã-ãabÊ#ah“ (Über die Ziele der Metaphysik), folgt dann im zweiten Teil die Darlegung der Problemstellung Ibn SÊn§s in der Metaphysik des Kit§b aà-àif§" (Kapitel II). Daran anschließend und der eigentlichen Problemlösung (Kapitel III) vorangestellt wird dann all das erörtert, was die ibn-sinische Lösung der Frage nach dem Subjekt der Metaphysik voraussetzt. Dazu gehört die von Aristoteles übernommene Theorie dessen, was Wissen bzw. Wissenschaft (#ilm) ist (Kapitel II, 1, b und c), ferner die erkenntnistheoretische Unterscheidung zwischen taßawwur (Begriff) und taßdÊq (Urteil) (Kapitel II, 1, a), sowie auch die semantischen Grundbegriffe des sprachlichen Zeichens und des durch es Bedeuteten
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(Kapitel II, 1, a, i). Abschließend wird die Frage nach der Einheit der Ersten Philosophie im Lichte der gewonnenen Ergebnisse betrachtet (Kapitel IV). Im dritten Teil folgt die Darstellung des Begriffes des Seienden (al-mawÆåd): Im Anschluß an die al-farabische Darstellung der Entstehung von mawÆåd als philosophischer Terminus und seiner verschiedenen Bedeutungen (Kapitel I) wird die Lehre Ibn SÊn§s vom taàkÊk als Prädikationsmodus des „Seienden“ erörtert (Kapitel II, 1). Daran schließt sich die Untersuchung des für das ibn-sinische Metaphysikverständnis zentralen Theorems der strikten Begriffseinheit von „al-mawÆåd“ an, die vom islamischen Philosophen nur noch transzendental-semantisch verteidigt wird (Kapitel II, 2). Nach einer eingehenden Analyse des Verhältnisses der Washeit zur Existenz (Kapitel III) auf Grundlage von al-Maqål§t (Kategorienschrift) III 1 des Kit§b aà-àif§" (Kapitel III, 1) und von Ibn SÊn§s Kommentar zu der pseudo-aristotelischen Theologie (Kapitel III, 2) folgt schließlich die Prüfung dessen, ob sich die transzendentale Gemeinsamkeit des „Seienden“ nach Ibn SÊn§ lediglich auf Substanz und Akzidenz erstreckt, oder ob sie auch gegenüber dem Möglich- und dem Notwendigseienden besteht (Kapitel IV). Der vierte Teil behandelt, wie bereits gesagt, den für die vorliegende Arbeit maßgeblichen Text von Metaphysik (al-"Il§hÊy§t) I 5 des Kit§b aà-àif§". Im zweiten Kapitel wird auf Grundlage der in den ersten drei Teilen erarbeiteten Ergebnisse die Analyse dieser berühmten, zugleich jedoch außerordentlich schwierigen Textstelle vorgenommen. Hierbei gilt es vorrangig, die Argumentationsebene zu bestimmen, denn nur so lassen sich einzelne Thesen des dort dargelegten Gedankengangs in ihrer Tragweite erfassen. Im letzten Teil (Schlußwort) wird schließlich die Synthese der wichtigsten Ergebnisse versucht. Dort findet sich zudem sowohl ein zusammenfassender Überblick über die verschiedenen Bedeutungen dessen, was in der Metaphysik Ibn SÊn§s der Sache nach „transzendental“ zu nennen wäre, als auch eine ausblickende Betrachtung der Tragweite und der problemgeschichtlichen Einordnung des ibnsinischen Konzepts.
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die problemanzeige in der autobiographie ibn sÊn§s
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ERSTER TEIL
DIE GEGENSTANDSBESTIMMUNG DER METAPHYSIK
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die gegenstandsbestimmung der metaphysik
die problemanzeige in der autobiographie ibn sÊn§s
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I. DIE PROBLEMANZEIGE IN DER AUTOBIOGRAPHIE IBN S^N$S Ganz im Gegensatz zu der außergewöhnlichen Leichtigkeit, mit der dem jungen Ibn SÊn§ das Studium der Medizin, der Logik, der Mathematik und der Physik gelingt, erweist sich für ihn die Gegenstandsbestimmung der aristotelischen Metaphysik zunächst als unlösbares Problem. So heißt es in seiner Autobiographie1: „Ich las die ‘Metaphysik’ (Kit§b m§ ba#d aã-ãabÊ#ah) des Aristoteles, verstand jedoch das, was darin (m§ fÊhÊ) stand, nicht. Das Ziel des Verfassers war mir nicht klar (iltabasa #alayya Çara·u w§·i#ihÊ), so daß ich die Lektüre [des Buches] vierzig mal wiederholte und es am Ende auswendig konnte. Dennoch verstand ich weder das Buch noch das in ihm Intendierte (al-maqßåd). Ich verzweifelte an mir und sagte zu mir: ‘Es gibt keinen Weg, dieses Buch zu verstehen’. Eines Abends war ich bei den Buchhändlern und ein Ausrufer kam hervor und bot ein Buch, das er bei sich hatte, zum Verkauf an. Er bot es [auch] mir an. Ich lehnte es im Glauben, daß diese Disziplin keinen Nutzen hat, verärgert ab. Daraufhin sagte er mir: ‘Kaufe es, der Besitzer braucht das Geld, und es ist billig. Ich überlasse es dir für drei Dirham’. Also kaufte ich das Buch, und es stellte sich heraus, daß es das Buch von "Abå Naßr al-F§r§bÊ mit dem Titel: ‘Über die Ziele der Metaphysik’ (FÊ "aÇr§· kit§b m§ ba#d aã-ãabÊ#ah) war. Ich kehrte nach Hause zurück, las es eilig, und plötzlich erhellten sich mir die Zwecke ("aÇr§·) jenes Buches, denn ich hatte es ja auswendig gelernt. Ich freute mich darüber und
1 Bei dem Text handelt es sich nur teilweise um eine Autobiographie, da die Erzählung ab der Begegnung mit "Abå #Ubayd #Abdu l-W§Èid @åzƧnÊ, der sein Schüler wird, von diesem fortgeführt wird. Die Autobiographie/Biographie Ibn SÊn§s muß ferner, wie G. Endress trefflich anmerkt (vgl. Endress: „Der erste Lehrer“, S. 168), als ein „Modell des philosophus autodidactus“ verstanden werden. Sie wurde bereits mehrfach gedruckt, die einzige kritische Edition jedoch ist die von W. E. Gohlman: The Life of Ibn SÊn§. Die früheste und sehr sorgfältig ausgeführte Übersetzung stammt von P. Kraus: Eine arabische Biographie Avicennas. Auch G. Strohmaiers Übersetzung (vgl. ders: Avicenna, S. 18ff.) ist sehr gelungen. Zum Forschungsstand der Autobiographie/Biographie von Ibn SÊn§ vgl. insbesondere D. Gutas: Avicenna and the Aristotelian Tradition, S. 22-30; ders.: „Avicenna: 2. Biography“, S. 67-70; sowie auch D. C. Reisman: Stealing Avicenna’s Books.
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am nächsten Tag spendete ich aus Dankbarkeit gegenüber Gott dem Erhabenen reichlich für die Armen.“2
Kaum einer der Autoren der neueren Forschung unterläßt es, diese Episode aus der Autobiographie Ibn SÊn§s zu erwähnen, ohne jedoch, wie Gutas kritisch anmerkt3, dabei die Frage nach ihrer Bedeutung zu stellen. Die biographische Notiz gewährt ja nicht nur Einblick in das Studium des jungen Ibn SÊn§, sondern erläutert auch die genannten Verständnisschwierigkeiten mit der aristotelischen Metaphysik explizit als solche, die sich auf das Ziel4 dieser Wissenschaft beziehen. Das kann aber, legt man die Wissenschaftstheorie der zweiten Analytiken des Ersten Lehrers5 zugrunde – und eben so wird Ibn SÊn§ später zur Subjektsbestimmung der Metaphysik verfahren – nur bedeuten, daß der junge islamische Philosoph die entscheidende 2
W. E. Gohlman (Ed.): The Life of Ibn SÊn§, S. 32, Z. 1 – S. 34, Z. 4:
ﺣﺘﻰ ﺃﻋﺪﺕ ﻗﺮﺍﺀﺗﻪ ﺃﺭﺑﻌﻴﻦ ﻣﺮﺓ ﻭﺻﺎﺭ ﻭﻗﺮﺃﺕ ﻛﺘﺎﺏ ﻣﺎ ﺑﻌﺪ ﺍﻟﻄﺒﻴﻌﺔ ﻓﻠﻢ ﺃﻓﻬﻢ ﻣﺎ ﻓﻴﻪ ﻭﺍﻟﺘﺒﺲ ﻋﻠﻰ ﻏﺮﺽ ﻭﺍﺿﻌﻪ ﹼ ﹼ ﹼ ﻭﺃﻧﺎ ﻣﻊ ﺫﻟﻚ ﻻ ﺃﻓﻬﻤﻪ ﻭﻻ ﺍﻟﻤﻘﺼﻮﺩ ﺑﻪ ﻭﺃﻳﺴﺖ ﻣﻦ ﻧﻔﺴﻰ ﻭ ﻗﻠﺖ »ﻫﺬﺍ ﻛﺘﺎﺏ ﻻ ﺳﺒﻴﻞ ﺇﻟﻰ. ﻟﻰ ﻣﺤﻔﻮﻇﺎ ﻓﻌﺮﺿﻪ ﻋﻠﻰ ﻓﺮﺩﺩﺗﻪ. ﻓﺘﻘﺪﻡ ﺩﻻﻝ ﺑﻴﺪﻩ ﻣﺠﻠﹼﺪ ﻳﻨﺎﺩﻯ ﻋﻠﻴﻪ « ﻓﺤﻀﺮﺕ ﻳﻮﻣﺎ ﻭﻗﺖ ﺍﻟﻌﺼﺮ ﻓﻰ ﺍ.ﻓﻬﻤﻪ ﻟﻮﺭﺍﻗﻴﻦ ﹼ ﹼ ﹼ ﻓﻘﺎﻝ ﻟﻰ »ﺍﺷﺘﺮﻩ ﻓﺼﺎﺣﺒﻪ ﻣﺤﺘﺎﺝ ﺇﻟﻰ ﺛﻤﻨﻪ ﻭﻫﻮ ﺭﺧﻴﺺ ﻭ ﺃﺑﻴﻌﻜﻪ. ﺭﺩ ﻣﺘﺒﺮﻡ ﻣﻌﺘﻘﺪ ﹼﺃﻥ ﻻ ﻓﺎﺋﺪﺓ ﻓﻲ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﹼ ﹼ ﻭﺭﺟﻌﺖ ﺇﻟﻰ. « ﻓﺎﺷﺘﺮﻳﺘﻪ ﻓﺈﺫﺍ ﻫﻮ ﻛﺘﺎﺏ ﺃﺑﻰ ﻧﺼﺮ ﺍﻟﻔﺮﺍﺑﻰ ﻓﻲ ﺃﻏﺮﺍﺽ ﻛﺘﺎﺏ ﻣﺎ ﺑﻌﺪ ﺍﻟﻄﺒﻴﻌﺔ. ﺑﺜﻼﺛﺔ ﺩﺭﺍﻫﻢ ﹼ ﺩﺍﺭﻯ ﻭﺃﺳﺮﻋﺖ ﻗﺮﺍﺀﺗﻪ ﻓﺎﻧﻔﺘﺢ ﻋﻠﻰ ﻓﻰ ﺍﻟﻮﻗﺖ ﺃﻏﺮﺍﺽ ﺫﻟﻚ ﺍﻟﻜﺘﺎﺏ ﻷﻧﹼﻪ ﻛﺎﻥ ﻗﺪ ﺻﺎﺭ ﻟﻰ ﻣﺤﻔﻮﻇﺎ ﻋﻠﻰ ﻇﻬﺮ ﹼ . ﻭﺗﺼﺪﻗﺖ ﻓﻰ ﺍﻟﻴﻮﻡ ﺍﻟﺜﺎﻧﻰ ﺑﺸﺊ ﻛﺜﻴﺮ ﻋﻠﻰ ﺍﻟﻔﻘﺮﺍﺀ ﺷﻜﺮﺍﹰ ﹼﷲ ﺗﻌﺎﻟﻰ ﻭﻓﺮﺣﺖ ﺑﺬﻟﻚ. ﺍﻟﻘﻠﺐ ﹼ
(=al-K§àÊ, YaÈy§ b. "AÈmad: Nukat fÊ "aÈw§l aà-àayÉ ar-ra"Ês Ibn SÊn§, S. 13, Z. 11-14, Z. 9). 3 Vgl. D. Gutas: Avicenna and the Aristotelian Tradition, S. 238ff. 4 In diesem Kontext wird der Begriff Çara· (=ǧyah, Ziel, Zweck) synonym zum wissenschaftstheoretischen maãlåb (wörtlich: das „Gesuchte“, gemeint sind die wissenschaftliche Erkenntnisziele, wie „Was ist es?“, „Ob es überhaupt ist?“, „Ob es sound-so ist?“, „Warum ist es?“) und zum erkenntnistheoretischen maqßåd (das Intendierte) verwendet und meint das, wonach in einer Wissenschaft „gesucht“ und was als Ergebnis gewußt wird, nämlich, daß dem jeweiligen Subjekt bestimmte wesentliche Eigenschaften zukommen. 5 Seit Ibn SÊn§ wird Aristoteles in der islamisch-arabischen Philosophietradition al-mu#allim al-"awwal genannt. Zu Stellen bei Ibn SÊn§ vgl. etwa: Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: I. al-MadÉal (Isagoge) I 10, S. 59, Z. 2; al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) I 2, S. 54, Z. 7; IV 10, S. 332, Z. 5, al-"Il§hÊy§t, VIII 2, S. 332, Z. 6. Vgl. dazu auch Gutas: Avicenna and the Aristotelian Tradition, S. 286ff.; al-F§r§bÊ wird im Anschluß daran als „der zweite Lehrer“ bezeichnet, Platon aber gilt als „der göttliche Philosoph“ (al-faylasåf al-"il§hÊ). Vgl. dazu etwa den Titel des Traktats al-F§r§bÊs Kit§b al-Æam# bayna ra"yay al-hakÊmain "Afl§ãån al-"ill§hÊ wa-"Arisãåã§lÊs, bzw. al-[az§lÊ, "Abå \§mid: Tah§fut al-fal§sifah, S. 76.
die problemanzeige in der autobiographie ibn sÊn§s
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Frage nach dem besonderen Gegenstand der Ersten Philosophie aufgrund des aristotelischen Metaphysikbegriffes nicht, oder zumindest nicht eindeutig, beantworten konnte. Da nun in der Autobiographie diesbezüglich keine weiteren Erläuterungen enthalten sind, kann an dieser Stelle lediglich das Folgende festgehalten werden: Die Metaphysik des Ersten Lehrers, die Ibn SÊn§ in einer der arabischen Übersetzungen6 vorlag, bildete den Abschluß seiner umfangreichen, den gesamten aristotelischen Corpus umfassenden philosophischen Studien. Die Lektüre der Metaphysik des Aristoteles scheint weder durch einen Lehrer noch durch Kommentare begleitet gewesen zu sein. Schwierigkeiten hinsichtlich der Gegenstandsbestimmung dürften sowohl die in der Metaphysik des Aristoteles selbst vorhandenen Divergenzen7 als auch, wie der genannte Traktat des al-F§r§bÊ es nahe legt, die Frage nach dem Verhältnis zwischen Metaphysik und islamischer Theologie bereitet haben. Die in der Autobiographie Ibn SÊn§s erwähnte Schrift al-F§r§bÊs ist nicht die einzige, in der die Frage nach der Subjektgattung der Metaphysik8 zumindest ansatzweise erörtert wird, wohl aber diejenige, die sich, wie schon ihr programmatischer Titel verrät, angesichts der scheinbar in Frage gestellten Einheit der Metaphysik explizit um die Bestimmung des eigentlichen Gegenstandes der Ersten Philosophie bemüht. Ferner ist ihre Authentizität, im Unterschied zu der zahlreicher anderer ihm zugeschriebener Schriften 9, gesichert. Was al-F§r§bÊs „Maq§lah f Ê "aÇr§· m§ ba#d aã-ãabÊ#ah“ für die Philosophiegeschichte von großem Interesse erscheinen läßt, sind – wie noch gezeigt wird – nicht nur die von ihm selbst als pionierhaft gedeutete Systematisierung des aristotelischen Metaphysikkonzepts und die Bestimmung des Verhältnisses zwischen Metaphysik und spekulativer Theologie, sondern auch die Tatsache, 6 Vgl. dazu Ibn an-NadÊm: Kit§b al-fihrist, S. 312. Zu Ibn SÊn§s Studien der aristotelischen Metaphysik vgl. den Versuch A. Bertolaccis (ders.: The Reception of Aristotle’s Metaphysics, S. 37ff.), die ibn-sinische Aneignung der Metaphysik auf Grundlage seiner Autobiographie differenziert als eine vielschichtige Entwicklung darzustellen. 7 Vgl. dazu etwa J. Owens: The Doctrine of Being in the Aristotelian ‘Metaphysics’, S. 16-27, 43-68, 239-241, 286ff., 299. 8 Vgl. dazu etwa al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Kit§b taÈßÊl as-sa#§dah, ed. Hyderabad (Dekkan), S. 12ff.; Kit§b "iÈߧ" al-#ulåm, Teil 4: fÊ l-#ilm aã-ãabÊ#Ê wa-l-#ilm al-"il§hÊ, hrsg. von #Utm§n "AmÊn, S. 91-101. 9 Zu den umstrittenen Schriften vgl. die kurze Zusammenfassung von D. L. Black: al-F§r§bÊ, S. 193, Anm. 4.
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die gegenstandsbestimmung der metaphysik
daß er in dieser Schrift zur Charakterisierung der schlechthin gemeinsamen Bestimmungen der Sache nach bereits jenes Separationsurteil10 verwendet, von dem später in der Scholastik Thomas von Aquin als erster Gebrauch machen wird.11
10 Vgl. al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Maq§lah fÊ "aÇr§· m§ ba#d aã-ãabÊ#ah, ed. Dieterici 1890, S. 36, Z. 2-9. Vgl. dazu die Ausführungen im folgenden Kapitel dieser Arbeit. 11 Zu Thomas von Aquin vgl. De Trinitate V 4, ed. Friedrich-von-HardenbergInstitut, S. 229-230. Vgl. dazu L. Honnefelder: Der zweite Anfang der Metaphysik, S. 173ff.
al-f§r§bÊs gegenstandsbestimmung der metaphysik
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II. AL-F$R$B^S GEGENSTANDSBESTIMMUNG DER METAPHYSIK 1. Der Text des Traktats „Maq§lah fÊ "aÇr§· m§ ba#d aã-ãabÊ#ah“ (Über die Ziele der Metaphysik) Die folgende Übersetzung des arabischen Texts richtet sich nach der Edition Dietericis, die Abweichungen der Hyderabader Edition werden vermerkt.12 „Unser Ziel in diesem Traktat ist es, auf den Zweck (Çara·), der in dem als Metaphysik bekannten aristotelischen Buch enthalten ist, und auf seine [d. h. des Buches] ersten Teile hinzuweisen. Denn im Vorverständnis (sabaqa "il§ wahmihim) vieler Leute, besteht der Inhalt dieses Buches in der Rede über den Schöpfer, gelobt sei Er, über den Intellekt, die Seele, und all das, was dazu gehört, und sind Metaphysik (#ilm m§ ba#d aã-ãabÊ#ah) und die theologische Disziplin #ilm al-tawÈÊd13 ein und dieselbe Wissenschaft. Deshalb sind die meisten, die sich mit diesem Buch befassen, verwirrt und gehen in die Irre. Denn der größte Teil des Werkes handelt nicht davon, und es findet sich darüber hinaus außer in dem elften, mit dem Buchstaben ‘L§m’ (L) bezeichneten Buch, keine spezielle Abhandlung darüber.14 12 Vgl. al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Maq§lah fÊ "aÇr§· m§ ba#d aã-ãabÊ#ah, ed. Hyderabad (Dekkan) 1349 A. H., und entsprechend die Edition von F. H. Dieterici: Maq§lah fÊ "aÇr§· al-ÈakÊm fÊ kull maq§lah min al-kit§b al-mawsåm bi-l-Èuråf wahuwa taÈqÊq Çara· "Arisãåã§lis fÊ kit§b m§ ba#d aã-ãabÊ#ah, Leiden 1890, S. 34-38. Im folgenden werde ich einheitlich unter Angabe der jeweiligen Edition nur den Titel „Maq§lah fÊ "aÇr§· m§ ba#d aã-ãabÊ#ah“ verwenden. Vgl. dazu die Übersetzung von F. H. Dieterici: Alf§r§bÊ’s philosophische Abhandlungen, Leiden 1892, S. 54-60, und die partielle Übersetzung, die D. Gutas in seinem Buch: Avicenna and the Aristotelian Tradition (S. 240-242) gibt. 13 #ilm at-tawÈÊd bezeichnet neben anderen Termini wie #ilm al-kal§m, oder #ilm al-#aq§"id die islamische spekulative Theologie. Vgl. dazu z. B. M. Abdel Haleem: Early Kal§m, S. 74-75. 14 al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Maq§lah fÊ "aÇr§· m§ ba#d aã-ãabÊ#ah, ed. Dieterici 1890, S. 34, Z. 6-13:
ﻧﺪﻝ ﻋﻠﻰ ﻏﺮﺽ ﺍﻟﺬﻯ ﻳﺸﺘﻤﻞ ﻋﻠﻴﻪ ﻛﺘﺎﺏ ﺍﺭﺳﻄﻮﻃﺎﻟﻴﺲ ﺍﻟﻤﻌﺮﻭﻑ ﺑﻤﺎ ﺑﻌﺪ ﺍﻟﻄﺒﻴﻌﺔ ﻗﺼﺪﻧﺎ ﻓﻲ ﻫﺬﻩ ﺍﻟﻤﻘﺎﻟﺔ ﻫﻮ ﺍﻥ ﹼ ﻭﻋﻠﻰ ﺍﻷﻗﺴﺎﻡ ﺍﻻﻭﻝ ﺍﻟﺘﻰ ﻫﻰ ﻟﻪ ﺍﺫ ﻛﺜﻴﺮ ﻣﻦ ﺍﻟﻨﺎﺱ ﺳﺒﻖ ﺍﻟﻰ ﻭﻫﻤﻬﻢ ﺍﻥ ﻓﺤﻮﻯ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻜﺘﺎﺏ ﻭﻣﻀﻤﻮﻧﻪ ﻫﻮ ﺍﻟﻘﻮﻝ ﻓﻰ ﺍﻟﺒﺎﺭﻯ ﺳﺒﺤﺎﻧﻪ ﻭﺗﻌﺎﻟﻰ ﻭﺍﻟﻌﻘﻞ ﻭﺍﻟﻨﻔﺲ ﻭﺳﺎﺋﺮ ﻣﺎ ﻳﻨﺎﺳﺒﻬﺎ ﻭﺍﻥ ﻋﻠﻢ ﻣﺎ ﺑﻌﺪ ﺍﻟﻄﺒﻴﻌﺔ ﻭﻋﻠﻢ ﺍﻟﺘﻮﺣﻴﺪ ﻭﺍﺣﺪ ﻳﻀﻞ ﺍﺫ ﻧﺠﺪ ﺍﻛﺜﺮ ﺍﻟﻜﻼﻡ ﻓﻴﻪ ﺧﺎﻟﻴﺎ ﻋﻦ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻐﺮﺽ ﺑﻞ ﻻ ﻧﺠﺪ ﻓﻴﻪ ﺑﻌﻴﻨﻪ ﻓﻠﺬﻟﻚ ﻧﺠﺪ ﺍﻛﺜﺮ ﺍﻟﻨﺎﻇﺮﻳﻦ ﻓﻴﻪ ﻳﺘﺤﻴﺮ ﻭ ﹼ ﹼ . ﺧﺎﺻﺎ ﺑﻬﺬﺍ ﺍﻟﻐﺮﺽ ﺍﻻ ﺍﻟﺬﻱ ﻓﻰ ﺍﻟﻤﻘﺎﻟﺔ ﺍﻟﺤﺎﺩﻳﺔ ﻋﺸﺮ ﻣﻨﻪ ﺍﻟﺘﻰ ﻋﻠﻴﻬﺎ ﻋﻼﻣﺔ ﺍﻟﻼﻡ ﻛﻼﻣﺎ ﹼ
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die gegenstandsbestimmung der metaphysik Ferner liegen von den Alten zu diesem Werk [d. h. zu der Metaphysik des Aristoteles] keine solchen Kommentare wie zu allen übrigen Büchern [des Aristoteles] vor. Es gibt lediglich zu dem Buch ‘L§m’ den unvollständigen Kommentar von Alexander und den vollständigen von Themistius. Was jedoch die anderen Bücher [der aristotelischen Metaphysik] betrifft, so sind sie entweder nicht kommentiert worden, oder nichts davon ist auf unsere Zeit gekommen. Man könnte jedoch auf Grund der Lektüre der späteren Peripatetiker zu der Auffassung gelangen, daß Alexander dieses Buch vollständig kommentiert hat. 15 Wir wollen nun auf den Zweck des Werkes und eines jeden seiner Bücher hinweisen. Wir sagen: unter den Wissenschaften gibt es solche, die partikular (Æuz"Ê) und solche, die universal (kullÊ) sind. Partikulare Wissenschaften sind diejenigen, deren Subjekt (maw·å#) ein Teil von den seienden (ba#· al-mawÆåd§t) oder ein Teil von den im Denken Bestand habenden Dingen (ba#· al-mawhåm§t)16 ist, und welche sich
15 al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Maq§lah fÊ "aÇr§· m§ ba#d aã-ãabÊ#ah, ed. Dieterici 1890, S. 34, Z. 14-18:
ﺛﻢ ﻻ ﻳﻮﺟﺪ ﻟﻠﻘﺪﻣﺎﺀ ﻛﻼﻡ ﻓﻰ ﺷﺮﺡ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻜﺘﺎﺏ ﻋﻠﻰ ﻭﺟﻬﻪ ﻛﻤﺎ ﻫﻮ ﻟﺴﺎﺋﺮ ﺍﻟﻜﺘﺐ ﺑﻞ ﺍﻥ ﻭﺟﺪ ﻓﻠﻤﻘﺎﻟﺔ ﺍﻟﻼﻡ ﻟﻼﺳﻜﻨﺪﺭ ﻏﻴﺮ ﺗﺎﻡ ﻭﻟﺜﺎﻣﺴﻄﻴﻮﺱ ﺗﺎﻣﺎ ﻭﺍﻣﺎ ﺍﻟﻤﻘﺎﻻﺕ ﺍﻻﺧﺮ ﻓﺎﻣﺎ ﺍﻥ ﻟﻢ ﺗﺸﺮﺡ ﻭﺍﻣﺎ ﺍﻥ ﻟﻢ ﺗﺒﻖ ﺍﻟﻰ ﺯﻣﺎﻧﻨﺎ ﻋﻠﻰ ﹼ ﹼ . ﻟﻤﺘﺎﺧﺮﻳﻦ ﻣﻦ ﺍﻟﻤﺸﺎﺋﻴﻴﻦ ﺍﻥ ﺍﻻﺳﻜﻨﺪﺭ ﻛﺎﻥ ﻗﺪ ﻓﺴﺮ ﺍﻟﻜﺘﺎﺏ ﻋﻠﻰ ﺍﻟﺘﻤﺎﻡ ﻳﻈﻦ ﺍﺫﺍ ﻧﻈﺮ ﻓﻰ ﻛﺘﺐ ﺍ ﹼ ﺍﻧﻪ ﻗﺪ ﹼ ﹼ ﹼ 16
Was al-F§r§bÊ mit dem Begriff wahm, bzw. dem Passivpartizip mawhåm oder dessen Plural mawhåm§t meint, ist nicht leicht zu sagen. Zum einen wird der Begriff weder in diesem Traktat noch in anderen Schriften erläutert, zum anderen bekam wahm seit Ibn SÊn§ eine bestimmte, stark rezipierte, meist bis heute tradierte Bedeutung, die ich als „praktisches Urteil“ (vgl. dazu Vierter Teil, Anm. 47) wiedergeben werde. Da er vor allem in der Seelenlehre zur Geltung kommt, und das in dem enzyklopädischen Werk „Buch der Genesung“ (Kit§b aà-àif§") als sechster Teil der Physik enthaltene Buch „Die Seele“ (an-Nafs) ins Lateinische vollständig übertragen wurde – vgl. dazu S. Van Riet: „Avicenna: 12. The Impact of Avicenna’s Philosophical Works in the West“, S. 104 – verfügen wir auch über die lateinische Übersetzung von wahm, nämlich „aestimatio“. Zum ibn-sinischen Begriff vgl. die Ausführungen von D. Hasse: Avicenna’s „De anima“, S. 127ff. sowie die Kritik D. Wirmers dazu: Der Begriff der Intention und seine erkenntnistheoretische Funktion in den De-anima-Kommentaren des Averroes, S. 44ff. Es wurde bereits oft behauptet, daß es sich bei der Lehre vom wahm als eine der fünf verschiedenen „inneren Wahrnehmungsvermögen“ (al-idr§k al-b§ãin) um eine genuin avicennische handelt. So z. B. schreibt F. Rahman: [wahm] „appears to be an innovation of Avicenna’s because it is not found in any ohter earlier philosopher, either Greek, Christian, or Muslim“, ders.: „Avicenna: 6. Psychology“, S. 83. Der Traktat al-F§r§bÊs Kit§b al-fußåß (ed. Hyderabad (Dekkan)) bzw. Ris§lat fußåß al-Èikam (ed. Dieterici), weist zwar eine detaillierte und dem Verständnis Ibn SÊn§s sehr nahe kommende Darstellung von wahm auf, seine Zuschreibung an al-F§r§bÊ wurde jedoch bereits mehrmals in Frage gestellt. Vgl. dazu insbesondere Khalil Georr: F§r§bÊ est-il l’auteur de Fuçuç al-hikam?; ebenso S. Pines: Ibn Sina et l’auteur de la Risalat al-fusus fÊ"l hikma: quelques donnés du problème. In dem vorliegenden Traktat scheint wahm in seiner dem Philosophen zu dieser Zeit gut vertrauten Bedeutung von „Denken“ gebraucht worden zu sein, und entspricht sehr
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auf die Untersuchung der eigentümlichen Eigenschaften ihrer jeweiligen Subjekte beschränken (yaÉtaßßu naíaruh§ bi-"a#r§·ih§ l-ɧßßati), wie z. B. die Physik, denn diese untersucht einen Teil der seienden Dinge, nämlich den Körper, sofern sich dieser bewegt, verändert oder ruht. Sie fragt nach den Prinzipien, die er dafür hat und nach dem, was ihm [als bewegtem, sich veränderndem oder ruhendem] zukommt (law§Èiquhå) … Keine dieser [partikularen Wissenschaften] untersucht das, was allem Seienden gemeinsam ist (fÊm§ ya#ummu ÆamÊ#a l-mawÆåd§ti).17 Was die universale Wissenschaft angeht, so betrachtet sie das allem Seienden Gemeinsame (aà-àay"u l-#§mm), wie das ‘Sein’ (al-wuÆåd) und die ‘Einheit’ (al-waÈdah), seine18 Arten und das ihm Zukommende. Ferner die Dinge, welche keinem einzigen der Subjekte der partikularen Wissenschaften speziell zukommen, wie die Priorität und die Posteriorität, die Aktualität und die Potentialität, das Vollkommene und das Unvollkommene und das, was sich ebenso verhält, [sie untersucht auch] das allem Seienden gemeinsame Prinzip, und dieses ist das, was mit dem Namen Gottes des Erhabenen benannt werden muß.19 Die universale Wissenschaft kann ferner nur eine Wissenschaft sein, denn gäbe es zwei universale Wissenschaften, so hätte eine jede von ihnen ihr spezifisches Subjekt (maw·å# ɧßß). Eine Wissenschaft jedoch, wahrscheinlich dem in der Ammonius-Schule üblichen ἐπίνοια. Eben in dieser Bedeutung begegnet wahm etwas später in dem von "Abå al-FaraÆ Ibn aã-•ayyib (um 370/980 – 435/1043) einem Zeitgenossen Ibn SÊn§s stammenden „Kommentar zur Isagoge des Porphyrius“. Vgl. Ibn aã-•ayyib: TafsÊr kit§b "Ês§ÇåÆÊ li-Furfåriyås, Abschnitt 131, S. 52-53. al-F§r§bÊ selbst verwendet an anderen Stellen dihn offensichtlich synonym zu wahm. Vgl. dazu etwa Kit§b "iÈߧ" al-#ulåm, S. 75, Z. 9-10. 17 al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Maq§lah fÊ "aÇr§· m§ ba#d aã-ãabÊ#ah, ed. Dieterici 1890, S. 34, Z. 19 – S. 35, Z. 7:
ﻓﻨﻘﻮﻝ ﺍﻥ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ ﻣﻨﻬﺎ ﺟﺰﺋﻴﺔ ﻭﻣﻨﻬﺎ ﻛﻠﹼﻴﺔ ﻭﺍﻟﻌﻠﻮﻡ، ﻭﻧﺤﻦ ﻧﺮﻳﺪ ﺍﻥ ﻧﺸﻴﺮ ﺍﻟﻰ ﺍﻟﻐﺮﺽ ﺍﻟﺬﻯ ﻳﺸﺘﻤﻞ ﻋﻠﻴﻪ ﻛﻞ ﻣﻘﺎﻟﺔ ﻣﻨﻪ ﻟﺨﺎﺻﺔ ﻟﻬﺎ ﻳﺨﺘﺺ ﻧﻈﺮﻫﺎ ﺑﺎﻋﺮﺍﺿﻬﺎ ﺍ ﹼ ﺍﻟﺠﺰﺋﻴﺔ ﻫﻰ ﺍﻟﺘﻰ ﻣﻮﺿﻮﻋﺎﺗﻬﺎ ﺑﻌﺾ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩﺍﺕ ﺍﻭ ﺑﻌﺾ ﺍﻟﻤﻮﻫﻮﻣﺎﺕ ﻭ ﹼ ﻳﺘﺤﺮﻙ ﻭﻳﺘﻐﻴﺮ ﻭﻳﺴﻜﻦ ﻋﻦ ﺍﻟﺤﺮﻛﺔ ﻣﺜﻞ ﻋﻠﻢ ﺍﻟﻄﺒﻴﻌﺔ ﻓﺎﻧﻪ ﻳﻨﻈﺮ ﻓﻰ ﺑﻌﺾ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩﺍﺕ ﻭﻫﻮ ﺍﻟﺠﺴﻢ ﻣﻦ ﺟﻬﺔ ﻣﺎ ﹼ ﹼ ﻭﻏﻴﺮ ﺫﻟﻚ ﻣﻦ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ ﺍﻟﺠﺰﺋﻴﺔ ﻭﻟﻴﺲ ﻟﺸﻰﺀ ﻣﻨﻬﺎ ﺍﻟﻨﻈﺮ ﻓﻴﻤﺎ ﻳﻌﻢ ﺟﻤﻴﻊ... ﻭﻣﻦ ﺟﻬﺔ ﻣﺎ ﻟﻪ ﻣﺒﺎﺩﻯ ﺫﻟﻚ ﻭﻟﻮﺍﺣﻘﻪ ﹼ . ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩﺍﺕ 18 Sowohl „seine“, als auch das folgende „ihm“ beziehen sich auf „das allem Seienden Gemeinsame“. 19 al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Maq§lah fÊ "aÇr§· m§ ba#d aã-ãabÊ#ah, ed. Dieterici 1890, S. 35, Z. 8-12:
ﻭﺍﻣﺎ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺍﻟﻜﻠﹼﻰ ﻓﻬﻮ ﺍﻟﺬﻯ ﻳﻨﻈﺮ ﻓﻰ ﺍﻟﺸﻰﺀ ﺍﻟﻌﺎﻡ ﻟﺠﻤﻴﻊ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩﺍﺕ ﻣﺜﻞ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﻭﺍﻟﻮﺣﺪﺓ ﻭﻓﻰ ﺍﻧﻮﺍﻋﻪ ﻭﻟﻮﺍﺣﻘﻪ ﹼ ﻟﺘﺎﺧﺮ ﻭﺍﻟﻘﻮﺓ ﻭﻓﻰ ﺍﻻﺷﻴﺎﺀ ﺍﻟﺘﻰ ﻻ ﺗﻌﺮﺽ ﺑﺎﻟﺘﺨﺼﻴﺺ ﻟﺸﻰﺀ ﺷﻰﺀ ﻣﻦ ﻣﻮﺿﻮﻋﺎﺕ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ ﺍﻟﺠﺰﺋﻴﺔ ﻣﺜﻞ ﺍﻟﺘﻘﺪﻡ ﻭﺍ ﹼ ﻭﺍﻟﻔﻌﻞ ﻭﺍﻟﺘﺎﻡ ﻭﺍﻟﻨﺎﻗﺺ ﻭﻣﺎ ﻳﺠﺮﻯ ﻣﺠﺮﻯ ﻫﺬﻩ ﻭﻓﻰ ﺍﻟﻤﺒﺪﺍ ﺍﻟﻤﺸﺘﺮﻙ ﻟﺠﻤﻴﻊ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩﺍﺕ ﻭﻫﻮ ﺍﻟﺸﻰﺀ ﺍﻟﺬﻯ ﹼ .ﺟﻞ ﺟﻼﻟﻪ ﻳﻨﺒﻐﻰ ﺍﻥ ﻳﺴﻤﻰ ﺑﺎﺳﻢ ﺍﷲ ﹼ ﹼ
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die gegenstandsbestimmung der metaphysik die das Subjekt einer anderen Wissenschaft in ihrem spezifischen Subjekt nicht mitumfaßt, ist eine partikulare Wissenschaft. Somit wären beide Wissenschaften partikular, was jedoch ein Widerspruch wäre. Also ist die universale Wissenschaft eine. Ferner muß die ‘Wissenschaft vom Göttlichen’ (al-#ilmu l-"il§hÊ) Teil dieser Wissenschaft sein, denn Gott ist Prinzip des Seienden schlechthin (li-l-mawÆåd al-muãlaq), d. h. von jeglichem Seienden ohne Ausnahme. Eben derjenige Teil [dieser Wissenschaft], der den Erweis des Prinzips des Seienden umfaßt, soll ‘Wissenschaft vom Göttlichen’ sein, denn diese Bestimmungen (ma#§nÊ) sind keine Proprien (ɧßßah) des Physischen (aã-ãabÊ#Êy§t), sondern stehen höher als das Physische in der Ordnung der Gemeinsamkeit (#umåman). Diese Wissenschaft ist also höher als die Physik und nach der Physik, und soll daher Wissenschaft von ‘dem, was hinter der Physik ist’20, genannt werden.21 Auch wenn die Mathematik (al-#ilmu t-ta#§lÊmÊ)22 höher ist als die Physik, da ihre Subjekte von der Materie abstrahiert sind, darf sie nicht Wissenschaft von ‘dem, was hinter der Physik ist’ genannt werden. Denn die Abstraktion (at-taÆrÊd) ihrer Gegenstände von der Materie
20 m§ ba#d aã-ãabÊ#ah (das, was hinter der Physik ist,) ist die wörtliche Übersetzung des griechischen „τὰ µετὰ τὰ φυσικά“ und bezeichnet neben al-#ilmu l-"il§hÊ oder al-"il§hÊy§t (die göttliche Wissenschaft oder die philosophische Theologik) die Disziplin der Metaphysik. Auf die verschiedenen Termini, ihr Verhältnis zueinander, ebenso wie auf ihre Abgrenzung von den eine bestimmte Disziplin der islamischen Theologie bezeichnenden Termini #ilm al-kal§m, #ilm at-tawÈÊd bzw. #ilm "ußål ad-dÊn werde ich im Folgenden eingehen. In der vorliegenden Übersetzung werde ich jedoch stets, sofern es um die Erläuterung des Terminus „Metaphysik“ geht, das Wörtliche „das, was hinter der Physik ist“ angeben. 21 al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Maq§lah fÊ "aÇr§· m§ ba#d aã-ãabÊ#ah, ed. Dieterici 1890, S. 35, Z. 13-21:
ﺧﺎﺹ ﻭﻳﻨﺒﻐﻰ ﺍﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺍﻟﻜﻠﹼﻰ ﻋﻠﻤﺎ ﻭﺍﺣﺪﺍ ﻓﺎﻧﻪ ﻟﻮ ﻛﺎﻥ ﻋﻠﻤﺎﻥ ﻛﻠﹼﻴﺎﻥ ﻟﻜﺎﻥ ﻟﻜﻞ ﻭﺍﺣﺪ ﻣﻨﻬﻤﺎ ﻣﻮﺿﻮﻉ ﹼ ﺧﺎﺹ ﻭﻟﻴﺲ ﻳﺸﺘﻤﻞ ﻋﻠﻰ ﻣﻮﺿﻮﻉ ﻋﻠﻢ ﺍﺧﺮ ﻫﻮ ﻋﻠﻢ ﺟﺰﺋﻰ ﻓﻜﻼ ﺍﻟﻌﻠﻤﻴﻦ ﺟﺰﺋﻴﺎﻥ ﻭﻫﺬﺍ ﻭﺍﻟﻌﻠﻢ ﺍﻟﺬﻯ ﻟﻪ ﻣﻮﺿﻮﻉ ﹼ ﺧﻠﻒ ﻓﺎﺫﻥ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺍﻟﻜﻠﹼﻰ ﻭﺍﺣﺪ ﻓﻴﻨﺒﻐﻰ ﺍﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺍﻻﻟﻬﻰ ﺩﺍﺧﻼ ﻓﻰ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﻻﻥ ﺍﷲ ﻣﺒﺪﺃ ﻟﻠﻤﻮﺟﻮﺩ ﺍﻟﻤﻄﻠﻖ ﻻ ﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﺩﻭﻥ ﻣﻮﺟﻮﺩ ﻓﺎﻟﻘﺴﻢ ﺍﻟﺬﻯ ﻳﺸﺘﻤﻞ ﻣﻨﻪ ﻋﻠﻰ ﺍﻋﻄﺎﺀ ﻣﺒﺪﺍ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﻳﻨﺒﻐﻰ ﺍﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﻫﻮ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺍﻻﻟﻬﻰ ﺧﺎﺻﺔ ﺑﺎﻟﻄﺒﻴﻌﻴﺎﺕ ﺑﻞ ﻫﻰ ﺍﻋﻠﻰ ﻣﻦ ﺍﻟﻄﺒﻴﻌﻴﺎﺕ ﻋﻤﻮﻣﺎ ﻓﻬﺬﺍ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺍﻋﻠﻰ ﻣﻦ ﻋﻠﻢ ﺍﻟﻄﺒﻴﻌﺔ ﻻﻥ ﻫﺬﻩ ﺍﻟﻤﻌﺎﻧﻰ ﻟﻴﺴﺖ ﹼ . ﻭﺑﻌﺪ ﻋﻠﻢ ﺍﻟﻄﺒﻴﻌﺔ ﻓﻠﻬﺬﺍ ﻭﺍﺟﺐ ﺍﻥ ﻳﺴﻤﻰ ﻋﻠﻢ ﻣﺎ ﺑﻌﺪ ﺍﻟﻄﺒﻴﻌﺔ ﹼ 22
Es handelt sich hier, wie schon bei Aristoteles, um mehrere mathematischen Disziplinen. Neben dem Begriff ta#§lÊm (Lehre, Unterweisung), der vermutlich die wörtliche Übersetzung des griechischen „µαθηµατικἠ“ ist, wird auch riy§·Êy§t als Oberbegriff verwendet. al-F§r§bÊ zählt in seiner Schrift „Kit§b "iÈߧ" al-#ulåm“, die in der ersten Hälfte des 12. Jh. von Dominicus Gundissalinus und in einer zweiten Version von Gerhard von Cremona mit dem Titel „De scientiis“ ins Lateinische übersetzt wurde, sieben Disziplinen auf: Arithmetik (#ilm al-#adad), Geometrie (#ilm al-handasah), Optik (#ilm al-man§íir), Astronomie (#ilm an-nuÆåm), Musik (#ilm almusÊqÊ), Mechanik (#ilm al-"atq§l) und angewandte Rechen- und Konstruktionskunde (#ilm al-Èiyal). Vgl. al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Kit§b "iÈߧ" al-#ulåm, S. 43.
al-f§r§bÊs gegenstandsbestimmung der metaphysik
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ist [lediglich] eine solche im Denken (wahmÊ), nicht jedoch in ihrem wirklichen [d. h. verstandesunabhängigen] Sein (wuÆådÊ). In Wirklichkeit (fÊ l-wuÆåd) jedoch haben diese lediglich in den physischen Dingen Sein.23 Von den Gegenständen dieser Wissenschaft [d. h. der Metaphysik] jedoch, haben einige in den physischen Dingen überhaupt kein Sein, weder im Modus des bloß Gedachten noch im Modus der [extramentalen] Wirklichkeit (m§ laysa lahå wuÆådun al-battata fÊ-ã-ãabÊ#Êy§t l§ wahmÊyun wa-l§ ÈaqÊqÊyun). Nicht erst dadurch, daß der Verstand (al-wahm) sie von dem Physischen trennt, sind sie davon getrennt, sondern ihrer Wirklichkeit und Natur nach.24 Anderen [Gegenständen der Metaphysik] kommt zwar in den physischen Dingen Sein zu, auch wenn sie als von diesen Getrennte gedacht werden können, nicht jedoch wesentlich (bi-d§tih§), so daß ihr Sein [d. h. das Sein dieser Gegenstände der Metaphysik] von diesen [d. h. den physischen Dingen] nicht unabhängig wäre und sie durch das Physische konstituiert wären (qiw§muh§ bi-ã-ãabÊ#Êy§t), sondern sie [d. h. diese Gegenstände der Metaphysik] kommen sowohl dem Physischen als auch dem Nichtphysischen zu, sofern dieses [physische oder nicht-physische Ding] entweder wirklich (bi-l-ÈaqÊqah) oder im Denken getrennt (muf§riq) ist. Darum ist die Wissenschaft, die es verdient, mit diesem Namen [der Metaphysik] genannt zu werden, [eben] diese Wissenschaft. Allein diese also, keine der übrigen Wissenschaften, ist die Wissenschaft von ‘dem, was hinter der Physik ist’.25
23 al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Maq§lah fÊ "aÇr§· m§ ba#d aã-ãabÊ#ah, ed. Dieterici 1890, S. 35, Z. 21 – S. 36, Z. 2:
ﻟﻤﻮﺍﺩ ﻓﻠﻴﺲ ﻳﻨﺒﻐﻰ ﺍﻥ ﻳﺴﻤﻰ ﻣﺘﺠﺮﺩﺓ ﻋﻦ ﺍ ﹼ ﻭﺍﻟﻌﻠﻢ ﺍﻟﺘﻌﺎﻟﻴﻤﻰ ﻭﺍﻥ ﻛﺎﻥ ﺍﻋﻠﻰ ﻣﻦ ﻋﻠﻢ ﺍﻟﻄﺒﻴﻌﺔ ﺍﺫ ﻛﺎﻧﺖ ﻣﻮﺿﻮﻋﺎﺗﻪ ﹼ ﹼ ﻭﺟﻮﺩ ﺍﻻ ﻟﻤﻮﺍﺩ ﻭﻫﻤﻰ ﻻ ﻭﺟﻮﺩﻯ ﻭﺍﻣﺎ ﻓﻰ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﻓﻠﻴﺲ ﻟﻬﺎ ﻋﻠﻢ ﻣﺎ ﺑﻌﺪ ﺍﻟﻄﺒﻴﻌﺔ ﻻﻥ ﺗﺠﺮﺩ ﻣﻮﺿﻮﻋﺎﺗﻪ ﻋﻦ ﺍ ﹼ ﹲ ﱡ . ﻓﻰ ﺍﻻﻣﻮﺭ ﺍﻟﻄﺒﻴﻌﻴﺔ ﹼ 24 Gutas gibt hier die folgende Übersetzung: „and not only has the imagination abstracted them from natural things, but their being and nature are totally abstracted“, vgl. ders.: Avicenna and the Aristotelian Tradition, S. 241. 25 al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Maq§lah fÊ "aÇr§· m§ ba#d aã-ãabÊ#ah, ed. Dieterici 1890, S. 36, Z. 2-9:
ﻭﺍﻣﺎ ﻣﻮﺿﻮﻋﺎﺕ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﻓﻤﻨﻬﺎ ﻣﺎ ﻟﻴﺲ ﻟﻪ ﻭﺟﻮﺩ ﺍ ﹼﻟﺒﺘﺔ ﻓﻰ ﺍﻟﻄﺒﻴﻌﻴﺎﺕ ﻻ ﻭﻫﻤﻰ ﻭﻻ ﺣﻘﻴﻘﻰ ﻭﻟﻴﺲ ﺍﻧﻤﺎ ﺟﺮﺩﻫﺎ ﹼ ﻳﺘﻮﻫﻢ ﺍﻟﻮﻫﻢ ﻋﻦ ﺍﻟﻄﺒﻴﻌﻴﺎﺕ ﻓﻘﻂ ﺑﻞ ﻭﺟﻮﺩﻫﺎ ﻭﻃﺒﻴﻌﺘﻬﺎ ﺍﻧﻤﺎ ﻭﻣﻨﻬﺎ ﻣﺎ ﻳﻮﺟﺪ ﻓﻰ ﺍﻟﻄﺒﻴﻌﻴﺎﺕ ﻭﺍﻥ ﻛﺎﻥ ﹼ، ﻣﺠﺮﺩﺓ ﹼ ﻣﺠﺮﺩﺍ ﻋﻨﻬﺎ ﻭﻟﻜﻦ ﻟﻴﺲ ﻳﻮﺟﺪ ﻓﻴﻬﺎ ﺑﺬﺍﺗﻬﺎ ﺑﺤﻴﺚ ﻻ ﻳﺘﻌﺮﻱ ﻋﻨﻬﺎ ﻭﺟﻮﺩﻫﺎ ﻭﻳﻜﻮﻥ ﺍﻣﻮﺭﺍ ﻗﻮﺍﻣﻬﺎ ﺑﺎﻟﻄﺒﻴﻌﻴﺎﺕ ﺑﻞ ﹼ ﹼ ﻟﻤﺴﺘﺤﻖ ﺑﺎﻥ ﺍ ﻟﻌﻠﻢ ﺍ ﻓﺎﺫﻥ ﻟﻮﻫﻢ ﺎ ﺑ ﻟﻤﻔﺎﺭﻗﺔ ﺍ ﺍﻭ ﻟﺤﻘﻴﻘﺔ ﺎ ﺑ ﻟﻤﻔﺎﺭﻗﺔ ﺍ ﺍﻻﻣﻮﺭ ﻣﻦ ﻟﻄﺒﻴﻌﻴﺎﺕ ﺍ ﻟﻐﻴﺮ ﻭ ﻟﻠﻄﺒﻴﻌﻴﺎﺕ ﻳﻮﺟﺪ ﹼ . ﻳﺴﻤﻰ ﺑﻬﺬﺍ ﺍﻻﺳﻢ ﻫﻮ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﻓﻬﻮ ﺍﺫﻥ ﻭﺣﺪﻩ ﺩﻭﻥ ﺳﺎﺋﺮ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ ﻋﻠﻢ ﻣﺎ ﺑﻌﺪ ﺍﻟﻄﺒﻴﻌﺔ ﹼ
die gegenstandsbestimmung der metaphysik
22
Das erste Subjekt dieser Wissenschaft ist das ‘Seiende als Seiendes’26 (al-mawÆåd al-muãlaq27) und das, was ihm in der Ordnung der Gemeinsamkeit gleichkommt, nämlich das ‘Eine’ (al-w§Èid). Da jedoch das Wissen (al-#ilm) vom Entgegengesetzten28 (al-mutaq§bil§t) eines ist, so sollte in dieser Wissenschaft auch die Untersuchung über das ‘Nichtsein’ (al-#adam) und das ‘Viele’ (al-katÊr) durchgeführt werden.29 Nach der Untersuchung dieser Gegenstände werden dann die Dinge betrachtet, die sich ‘wie’ Arten gegenüber jenen verhalten, wie die zehn Kategorien gegenüber dem ‘Seienden’ und die Arten des ‘Einen’, wie das numerisch Eine (al-w§Èid bi-à-àaÉß), das Eine der Art nach (al-w§Èid bi-n-naw#), das Eine der Gattung nach (al-w§Èid bi-l-Æins) und das Eine der Analogie nach (al-w§Èid bi-l-mun§sabah)30 und die Teile eines jeden von diesen. Ebenso werden die Teile des ‘Nichtseienden’ und des ‘Vielen’ betrachtet. Dann folgt die Untersuchung über die dem ‘Seienden’ eigentümlichen Eigenschaften (law§Èiq al-mawÆåd) wie ‘Aktualität’ und ‘Potentialität’, ‘Vollkommenheit’ und ‘Mangelhaftigkeit’, ‘Ursache’ und ‘Verursachtes’ und die der ‘Einheit’ eigentümlichen Eigenschaften wie ‘Identität’ (al-huwÊyah), ‘Ähnlichkeit’ (at-taà§buh), ‘Gleichheit’ (at-tas§wÊ), ‘Zufälligkeit’ (al-muw§faqah), ‘Parallelität’ (al-muw§z§h), ‘Analogie’ (al-mun§sabah) usw., und [es werden ferner] die dem ‘Nichtsein’ und dem ‘Vielen’ eigentümlichen Eigenschaften und dann die Prinzipien eines jeden von diesen [betrachtet]. Dieses verzweigt und unterteilt sich solange, bis die Gegenstände der partikularen Wissenschaften erreicht sind. Mit der Explikation der Prinzipien der gesamten partikularen Wissenschaften und der Definitionen ihrer Gegenstände endet diese Wissenschaft. Dies sind alle Dinge, die wir in dieser Wissenschaft untersuchen.“31 26 Die Hyderabader Edition verzeichnet an diese Stelle „das Seiende“ (almawÆåd) statt „das Sein“ (al-wuÆåd), das Dieterici in seiner Edition angibt. Die erste Variante ist zweifellos aus Gründen, die noch in dieser Arbeit explizit gemacht werden, die richtige. Gutas entscheidet sich für Dietericis Variante. Vgl. ders.: Avicenna and the Aristotelian Tradition, S. 241, Anm. „k“. 27 Die Grundbedeutung des Begriffes muãlaq (absolut, schlechthin) in der arabischen philosophischen Sprache ist die der schlechthinnigen Uneingeschränktheit. muãlaq wird daher synonym zu min Èaytu huwa (als solches/insofern es dieses ist), oder auch zu bi-l§ àarãin verwendet, das im Unterschied zu bi-àarãi l§ oder bi-àarãi àay" die Nichteingeschränktheit eines Inhaltes durch zusätzliche Gehalte zum Ausdruck bringt. 28 mutaq§bil scheint dem griechischen „ἀντικείµενοσ“ zu entsprechen. 29 al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Maq§lah fÊ "aÇr§· m§ ba#d aã-ãabÊ#ah, ed. Dieterici 1890, S. 36, Z. 9-11:
ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ [ ﺍﻟﻤﻄﻠﻖ ﻭﻣﺎ ﻳﺴﺎﻭﻳﻪ ﻓﻰ ﺍﻟﻌﻤﻮﻡ ﻭﻫﻮ ﺍﻟﻮﺍﺣﺪ: ﻭﺍﻟﻤﻮﺿﻮﻉ ﺍﻻﻭﻝ ﻟﻬﺬﺍ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﻫﻮ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ] ﻓﻲ ﺍﻟﻤﺘﻦ ﹼ . ﻭﻟﻜﻨﻪ ﻟﻤﺎ ﻛﺎﻥ ﻋﻠﻢ ﺍﻟﻤﺘﻘﺎﺑﻼﺕ ﻭﺍﺣﺪﺍ ﻓﻔﻰ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺍﻳﻀﺎ ﺍﻟﻨﻈﺮ ﻓﻰ ﺍﻟﻌﺪﻡ ﻭ ﺍﻟﻜﺜﺮﺓ 30
Vgl. dazu Aristoteles: Metaphysik V 6, 1016b31-1017a3. al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Maq§lah fÊ "aÇr§· m§ ba#d aã-ãabÊ#ah, ed. Dieterici 1890, S. 36, Z. 11-20: 31
al-f§r§bÊs gegenstandsbestimmung der metaphysik
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2. Textanalyse a) „Das erste Subjekt dieser Wissenschaft ist das ‘Seiende als Seiendes’ (al-mawÆåd al-muãlaq) und das, was ihm in der Ordnung der Gemeinsamkeit gleichkommt, nämlich das ‘Eine’ (al-w§Èid)“ 32 Gleich am Anfang des Traktats33 macht al-F§r§bÊ deutlich, daß sein Bemühen, die Konzeption der aristotelischen Metaphysik zu verdeutlichen, im Wesentlichen durch zwei Gründe bedingt ist: 1) Die Auffassung, Ziel und Gegenstand dieser Disziplin seien die abgetrennten Substanzen, wie Gott, die Seele usw., und die offenbar
ﺛﻢ ﺑﻌﺪ ﻫﺬﻩ ﺍﻟﻤﻮﺿﻮﻋﺎﺕ ﻭﺗﺤﻘﻴﻘﻬﺎ ﻳﻨﻈﺮ ﻓﻰ ﺍﻻﺷﻴﺎﺀ ﺍﻟﺘﻰ ﺗﻘﻮﻡ ﻣﻨﻬﺎ ﻣﻘﺎﻡ ﺍﻻﻧﻮﺍﻉ ﻛﺎﻟﻤﻘﻮﻻﺕ ﺍﻟﻌﺸﺮ ﻟﻠﻤﻮﺟﻮﺩ ﻭﺍﻧﻮﺍﻉ ﺍﻟﻮﺍﺣﺪ ﻛﺎﻟﻮﺍﺣﺪ ﺑﺎﻟﺸﺨﺺ ﻭﺍﻟﻮﺍﺣﺪ ﺑﺎﻟﻨﻮﻉ ﻭﺍﻟﻮﺍﺣﺪ ﺑﺎﻟﺠﻨﺲ ﻭﺍﻟﻮﺍﺣﺪ ﺑﺎﻟﻤﻨﺎﺳﺒﺔ ﻭﺍﻗﺴﺎﻡ ﻛﻞ ﻭﺍﺣﺪ ﻣﻦ ﻫﺬﻩ ﻭﻛﺬﻟﻚ ﻓﻰ ﺍﻧﻮﺍﻉ ﺍﻟﻌﺪﻡ ﻭﺍﻟﻜﺜﻴﺮ ﺛﻢ ﻓﻰ ﻟﻮﺍﺣﻖ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﻛﺎﻟﻘﻮﺓ ﻭﺍﻟﻔﻌﻞ ﻭﺍﻟﺘﻤﺎﻡ ﻭﺍﻟﻨﻘﺼﺎﻥ ﻭﺍﻟﻌﻠﹼﺔ ﻭﺍﻟﻤﻌﻠﻮﻝ ﻭﻟﻮﺍﺣﻖ ﺍﻟﻮﺣﺪﺓ ﻛﺎﻟﻬﻮﻳﺔ ﻭﺍﻟﺘﺸﺎﺑﻪ ﻭﺍﻟﺘﺴﺎﻭﻯ ﻭﺍﻟﻤﻮﺍﻓﻘﺔ ﻭﺍﻟﻤﻮﺍﺯﺍﺓ ﻭﺍﻟﻤﻨﺎﺳﺒﺔ ﻭﻏﻴﺮ ﺫﻟﻚ ﻭﻟﻮﺍﺣﻖ ﺍﻟﻌﺪﻡ ﻭﺍﻟﻜﺜﻴﺮ ﺛﻢ ﻓﻰ ﻣﺒﺎﺩﻯ ﻛﻞ ﻭﺍﺣﺪ ﻣﻦ ﻫﺬﻩ ﻭﻳﺘﺸﻌﺐ ﺫﻟﻚ ﻭﻳﻨﻘﺴﻢ ﺍﻟﻰ ﺍﻥ ﻳﺒﻠﻎ ﻣﻮﺿﻮﻋﺎﺕ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ ﺍﻟﺠﺰﺋﻴﺔ ﻭﻳﻨﺘﻬﻰ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﹼ ﻓﻬﺬﻩ ﺟﻤﻴﻊ ﺍﻻﺷﻴﺎﺀ ﺍﻟﺘﻰ ﻧﺒﺤﺚ ﻋﻨﻬﺎ ﻓﻰ ﻫﺬﺍ، ﻭﺗﺘﺒﻴﻦ ﻓﻴﻪ ﻣﺒﺎﺩﻯ ﺟﻤﻴﻊ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ ﺍﻟﺠﺰﺋﻴﺔ ﻭ ﺣﺪﻭﺩ ﻣﻮﺿﻮﻋﺎﺗﻬﺎ ﹼ .ﺍﻟﻌﻠﻢ
Im zweiten Teil dieses Traktates formuliert al-F§r§bÊ die Aufgabe der 12 einzelnen Bücher der Metaphysik. Daß der „zweite Lehrer“ hier von 12 statt von 14 Büchern spricht, sieht I. Madkår als Hinweis darauf, daß entgegen der Behauptung Ibn an-NadÊms die Bücher 13 (M) und 14 (N) die Syrer und die Muslime nicht erreicht haben, so daß damit lediglich 12 der metaphysischen Bücher im Orient rezipiert wurden. Dieser Frage kann hier nicht nachgegangen werden. Es soll lediglich darauf hingewiesen werden, daß al-F§r§bÊ, ebenso wie später Ibn an-NadÊm das aristotelische Buch Lambda nicht als zwölftes, sondern als elftes numeriert. Vgl. I. Madkår: al-muqaddimah, in: Ibn SÊn§: Kit§b aà-àif§", al-"Il§hÊy§t, S. (5)ff., und Ibn an-NadÊm: Kit§b al-fihrist, S. 312. Zu der komplexen Frage der syrisch-arabischen Übersetzung der aristotelischen Metaphysik und der Kommentare von Alexander von Aphrodisias und Themistius zu Buch Lambda, vgl. #Abd ar-RaÈm§n BadawÊ: Arisãå #inda l-#arab: dir§sah wa-nußåß Çayr manàårah, S. (12)ff.; zu den arabischen Übersetzungen der Metaphysik des Aristoteles vgl. R. Walzer: New Light on the Arabic Translations of Aristotle; A. Bertolacci: The Reception of Aristotle’s Metaphysics, S. 5ff.; zur frühesten Übersetzung der aristotelischen Metaphysik ins Arabische, der von Usã§t, vgl. G. Endress: The Circle of al-KindÊ, S. 52-53; zur Rezeption des Aristoteles im Orient im allgemeinen vgl. F. E. Peters: Aristotle and the Arabs, S. 57ff.; ders.: The Greek and Syriac background, S. 47ff., sowie den Artikel von G. Endress: „Der erste Lehrer“. 32 al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Maq§lah fÊ "aÇr§· m§ ba#d aã-ãabÊ#ah, ed. Dieterici 1890, S. 36, Z. 9-10. 33 Eine kurze Interpretation dieser Schrift findet sich bei G. Endress: „Der erste Lehrer“, S. 161-162.
die gegenstandsbestimmung der metaphysik
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daraus resultierende Gleichstellung von Metaphysik und der theologischen Disziplin #ilm at-tawÈÊd34. 2) Die in dem Werk des Ersten Lehrers selbst hinsichtlich des Gegenstandes dieser Wissenschaft enthaltenen Divergenzen. Ferner die Tatsache, daß mit Ausnahme des Buches „Lambda“ Kommentare weder zu den übrigen 11 Büchern noch zur Metaphysik als ganzes vorliegen. Bei all dem wird die Einheit der aristotelischen Metaphysik von al-F§r§bÊ nicht nur nicht in Frage gestellt, sondern offensichtlich vorausgesetzt. Den Zweck dieser Disziplin als ganzer anzugeben, bedeutet, ihre Gegenstände, oder präziser, den ersten Gegenstand und seine ersten Teile zu bestimmen. Die Beantwortung der Frage nach dem Verhältnis der Metaphysik zur islamischen Theologie ebenso wie der Frage nach dem Verhältnis des Gegenstandes des Buches Lambda zu den Gegenständen der übrigen Bücher der Metaphysik hängt also wesentlich von der Antwort auf die Frage ab, was Metaphysik sei. Sind ihr besonderer Gegenstand Gott und die getrennten Substanzen oder die allem gemeinsamen Bestimmungen? Da nun al-F§r§bÊ bei dieser selbstgestellten Aufgabe weder an Ansätze der griechischen Kommentatoren35, noch an solche der islamischen Philosophen und Theologen anknüpfen konnte, muß sein Versuch als eigenständig und pionierhaft angesehen werden. Dies entspricht, wie der die Problemstellung beschließende Satz deutlich macht, offenbar auch dem Selbstverständnis des Autors. In einem ersten Schritt, dessen Grundlage das Buch IV (G) des Aristoteles ist, bestimmt al-F§r§bÊ den Gegenstand der universalen Wissenschaft als das allem Seienden Gemeinsame, wie die Begriffe „Sein“ und „Einheit“. Untersucht werden sodann dessen Teile36, und das ihm Zukommende, ferner das, was die Bestimmtheit der Teilbereiche des „Seienden“ übersteigt, da es keinem der Gegenstände der partikularen Wissenschaften als solchem zukommt, und schließlich das allem Seienden gemeinsame Prinzip, von dem gesagt wird, daß es „Gott“ genannt werden muß. 34
Vgl. dazu später in diesem Kapitel. Zur Metaphysikauslegung der spätantiken Kommentatoren vgl. K. Kremer: Der Metaphysikbegriff in den Aristoteles-Kommentaren der Ammonius-Schule. 36 Der Ausdruck "anw§#uhå (wörtlich: seine Arten) meint in diesem Kontext eben bloß die Teile des gemeinsamen Gegenstandes, die keineswegs bereits als dessen Arten im logischen Sinne bestimmt sind, so daß eine Gattungseinheit aller Teilbereiche des Seienden vorausgesetzt wäre. 35
al-f§r§bÊs gegenstandsbestimmung der metaphysik
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Im Anschluß daran wird in einer mehrschrittigen Argumentation die Einheit der universalen Wissenschaft wie folgt verteidigt: Soll es neben den partikularen Wissenschaften, die stets nur einen Teilbereich des Seienden zum Gegenstand haben, eine allgemeine Wissenschaft geben, deren Subjekt37 allem Seienden gemeinsam ist, so kann diese der Zahl nach nur eine sein. Andernfalls droht die Aufhebung ihrer Universalität, da es dann etwas gäbe, welches ihr Subjekt nicht umfassen würde. Es ist also das Moment der schlechthinnigen Gemeinsamkeit, das die Subjektgattung der universalen Wissenschaft gegenüber den Subjektgattungen der Einzelwissenschaften auszeichnet. Da nun Gott als Prinzip alles Seiende als solches und nicht bloß das mathematische oder das physische Seiende umfaßt, muß die Theologik (al-#ilmu l-"il§hÊ)38 zu dieser universalen Wissenschaft gehören. Als „Wissenschaft vom Göttlichen“ (al-#ilmu l-"il§hÊ) ist aber gerade jener Teil dieser Wissenschaft zu verstehen, in dem das Prinzip alles Seienden erwiesen wird. Worauf al-F§r§bÊ hiermit implizit Bezug nimmt, ist offensichtlich das wissenschaftstheoretische Adäquationsverhältnis zwischen dem Subjekt einer Wissenschaft und den Ursachen, die es als ein je so-und-so Bestimmtes prinzipiieren. Soll ein universales Prinzip erkennbar sein, so darf dem entsprechenden Subjekt keine Partikularität zukommen. Die Universalität des Subjektes ist also Möglichkeitsbedingung für die Erkenntnis eines Prinzips, dessen Gültigkeit nicht auf einen partikularen Seinsbereich eingeschränkt werden darf. Eben diese Universalität, so nun al-F§r§bÊ weiter, weisen bestimmte Begriffe (ma#§nÊ) auf, denn sie übersteigen den Bereich des Physischen, d. h. die Materie und die Prozessualität, in der Ordnung der Gemeinsamkeit, da sie keineswegs ausschließlich dem Naturding zukommen. Daß mit diesen Begriffen das „Seiende“ (al-mawÆåd) und das „Eine“ (al-w§Èid) gemeint sind, wird einigen Zeilen später ersichtlich. Dort werden sie als „erstes Subjekt der Metaphysik“ bezeichnet. Die Gemeinsamkeit in dem Prädikat 37 Der Begriff „Subjekt“ (Zugrundeliegendes ar. maw·å#, gr. ὑποκείµενον) fällt an dieser Stelle zum ersten Mal. Dieser Begriff wird im Rahmen der Wissenschaftstheorie noch ausführlich thematisiert. Vgl. dazu Zweiter Teil, Kapitel II, 1, c). 38 Der Begriff al-#ilmu l-"il§hÊ (wörtlich: Wissenschaft vom Göttlichen) meint die philosophische Theologik, die von der durch die Termini #ilmu al-kal§mi, #ilmu attawÈÊdi, #ilmu "ußåli d-dÊni und al-fiqhu l-"akbar bezeichneten spekulativen Theologie zu unterscheiden ist.
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„Seiendes“ setzt jedoch voraus, daß es ein anderes, von dem mit der Materie gemischten Seienden verschiedenes Seiendes geben muß. Oder anders gesagt: gibt es auch außerhalb des Bereichs der Naturdinge Wirklichkeit, so darf diese aus dem Bereich der gesuchten Wissenschaft nicht ausgeschlossen werden, auch wenn sie für uns nicht erfahrbar ist. Daß es eine solche die physischen Gegenstände transzendierende Wirklichkeit geben kann, wird hier freilich lediglich vorausgesetzt, erwiesen wird ihre Existenz erst in der Metaphysik. al-F§r§bÊ macht an dieser Stelle nicht deutlich, ob und inwiefern die Offenbarung oder die anderen theoretischen Wissenschaften für das in der Metaphysik vorausgesetzte Vorverständnis eines immateriellen Seins konstitutiv sind. Die Abgrenzung der Metaphysik von der Physik wird, wie die darauf folgende Argumentation zeigt, durch die Transmaterialität ihrer Subjektgattung ausgewiesen. Da die Subjekte der mathematischen Wissenschaften zumindest im Denken die Bedingung der Transmaterialität erfüllen, muß nun gefragt werden, ob es nicht eben die Mathematik ist, die als die Wissenschaft von „dem, was hinter der Physik ist“ betrachtet werden muß. Die Antwort wird in der Gegenüberstellung der Subjekte der beiden Wissenschaften gegeben, in der sowohl die prinzipielle Zweiteilung des von der Materie Getrennten – nämlich dem Sein nach (extramentale Wirklichkeit) und eben dem Denken nach (als begriffliche Struktur) – als auch die Verschiedenheit der Gegenstände der Metaphysik sichtbar werden. Im Unterschied zu den Gegenständen der Mathematik, denen in Wirklichkeit, d. h. dem Sein nach oder verstandesunabhängig, kein materiefreies Sein zukommt, teilen sich die Gegenstände der Metaphysik entweder in solche, die das Materielle ihrer Natur nach gänzlich transzendieren, oder in solche – hierbei kann es sich allein um begriffliche Bestimmungen handeln – die dem Physischen zwar zukommen, nicht jedoch „an sich“/ „wesentlich“ (bi-d-d§ti). Die Bedeutung dieser Einschränkung läßt al-F§r§bÊ mit Hilfe des kontradiktorischen Gegensatzes in ihrer ganzen Tragweite sichtbar werden: Stünden jene Begriffe in einem „An-sich“-Verhältnis zum Physischen als Physischen, dann wäre ihr Bezug zu dem so bestimmten Subjekt unaufhebbar. Ihr Sein müßte dann ausschließlich am Physischen sein. Was al-F§r§bÊ hier39 anwen39
Vgl. al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Maq§lah fÊ "aÇr§· m§ ba#d aã-ãabÊ#ah, ed. Dieterici 1890, S. 36, Z. 2-9.
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det ist nichts anderes als das bereits angesprochene, später in der Scholastik auf Thomas von Aquin zurückgehende Separationsurteil40: Obwohl die begriffliche Bestimmungen einerseits dem schlechthin Immateriellen zukommen und andererseits als solche durch Materie und Bewegung nicht konstituiert sind, widerspricht es ihnen nicht, auch im Physischen zu sein. Sie schließen weder das schlechthin Immaterielle noch das ontisch zwar stets mit der Materie Gemischte, im Denken jedoch als von der Materie getrennt Betrachtbare aus. Die Einheit der durch die Transmaterialität ausgewiesenen Gegenstände (al-"umår al-muf§riqah) der Metaphysik kann also allein von diesen Bestimmungen gestiftet werden. Sie allein vermögen daher allen zu der Subjektgattung der Metaphysik gehörigen Gegenständen gemeinsam zu sein. Daß es sich bei den Gegenständen dieser Wissenschaft, welche die Forderung nach Gemeinsamkeit erfüllen, anders als bei den übrigen metaphysischen Gegenständen, um, wie von al-F§r§bÊ bereits angedeutet wurde, begriffliche Bestimmungen (ma#§nÊ) handelt, zeigt sich nun besonders klar. Der Begriff des Seienden als solchen (al-mawÆåd al-muãlaq) wird als das „erste Subjekt“ der Metaphysik bestimmt. Das bedeutet, daß es als solches, wie oben erläutert, nicht nur nicht materiell, und damit transzendental ist – solcherart sind nach al-F§r§bÊ eindeutig nämlich auch die entgegengesetzten, in der lateinischen Tradition später als disjunktiv bezeichneten Bestimmungen, wie z. B. Aktualität und Potentialität – sondern als erstes gemeinsames Prädikat sowohl das schlechthin Transzendente, als auch das mit der Materie Verbundene umfaßt, sofern dieses im Denken von der Materie trennbar ist. Zugleich wird die Konvertibilität des „Einen“ (al-w§Èid) mit dem „Seienden“ eingeräumt, da das „Eine“ die gleiche Gemeinsamkeit und das bedeutet die gleiche maximale Extension wie das „Seiende“ aufweist. Die Frage nach dem Verhältnis der beiden Bestimmungen zueinander wird in diesem Traktat jedoch nicht angesprochen. Daß nun die transkategoriale Einheit des „Seienden“ nicht als eine Gattungseinheit verstanden werden darf, macht al-F§r§bÊ an dem Verhältnis des „Seienden“ zu den zehn Kategorien deutlich. Es wird gesagt, daß sich diese zu ihm „wie“ Arten verhalten (taqåmu maq§ma l-"anw§#i li-l-mawÆådi). Offen bleibt auch hier, ob al-F§r§bÊ sich wie 40
Vgl. Thomas von Aquin: De Trinitate V 4, ed. Friedrich-von-HardenbergInstitut, S. 229-230.
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Aristoteles für die Paronymie entscheidet, und ob dann die geforderte gemeinsame Prädizierbarkeit des „Seienden“ noch zu wahren ist.41 Es geht jedoch aus dem vorliegenden Traktat klar hervor, daß das „Seiende“ als erstes gemeinsames Subjekt dieser Wissenschaft den entgegengesetzten Bestimmungen, wozu unter anderem auch „Ursache“ und „Verursachtes“ gehören, voraufgeht. Diese sind, so al-F§r§bÊ, als „spezifische Eigenschaften“ des „Seienden“ (law§Èiqu l-mawÆådi) zu verstehen. Im Zuge der weiteren Determinierung des gemeinsamen Prädikats werden schließlich die Teilbereiche des Seienden, die ja die Gegenstände der partikularen Wissenschaften darstellen, und ihre jeweiligen Prinzipien erreicht. Die gänzlich immateriellen Subjekte der Metaphysik und im besonderen Maße Gott als Prinzip alles Seienden müssen demnach als besondere Ziel-Subjekte dieser Wissenschaft verstanden werden. Wird ihre Existenz erwiesen, was allein, wie al-F§r§bÊ bereits gezeigt hat, Aufgabe der Metaphysik sein kann, werden sie als jener Teilbereich des Seienden erfaßt, dem in der durch die Transmaterialität konstituierten Rangordnung die höchste, weil selbständige Wirklichkeit zukommt. Gott als Inbegriff des Seienden und der Substanz kommt freilich in der „Seinsordnung der Seienden“ die schlechthinnige Erstheit zu. Dies verdeutlicht al-F§r§bÊ in der im Anschluß an die Analyse der Gesamtkonzeption der Metaphysik anknüpfenden Darstellung der Aufgaben ihrer einzelnen Teile: „Das elfte Kapitel42 handelt von dem Prinzip der Substanz und des gesamten Seins (mabda"u l-Æawhari wa-l-wuÆådi kullihÊ) und von dem Erweis seiner [d. h. des Prinzips] Existenz ("itb§tu huwÊyatihÊ) und davon, daß es die Realität [seines] Wesens durch [sein] Wesen erkennt ("annahå #§limun bi-d-d§ti Èaqqa d-d§ti) und über die getrennten Seienden, die nach ihm (ba#dahå) sind, sowie über die Weise der Seinsordnung der Seienden von ihm her (fÊ kayfÊyati tartÊbi wuÆådi l-mawÆåd§ti #anhu).“43 41 Wie noch gezeigt wird, vertritt al-F§r§bÊ in Kit§b al-Èuråf (vgl. § 88, S. 115, Z. 17 – S. 116, Z. 3) weder die Univozität, noch eine bloße Gemeinsamkeit des Namens (Äquivozität) „mawÆåd“ (Seiendes), sondern behauptet einen Prädikationsmodus, in dem „mawÆåd“ von den zehn obersten Gattungen als etwas Eines, wenn auch allgemein und das bedeutet als ihren Washeiten gegenüber ganz und gar unexpliziertes, ausgesagt wird. Vgl. dazu Dritter Teil, Kapitel I, 3. 42 Mit „Kapitel“ nimmt al-F§r§bÊ hier Bezug auf die einzelnen Bücher der aristotelischen Metaphysik. 43 al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Maq§lah fÊ "aÇr§· m§ ba#d aã-ãabÊ#ah, ed. Hyderabad (Dekkan), S. 8; ed. Dieterici 1890, S. 38, Z. 2-4:
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Ferner ist al-F§r§bÊ bemüht, trotz der kaum zu überbietenden Knappheit des Traktats erneut und mit allem Nachdruck darauf hinzuweisen, warum die „Wissenschaft vom Göttlichen“ nur in der Metaphysik möglich ist, und mehr noch, warum die Metaphysik als Wissenschaft vom „Seienden als Seienden“ schließlich nichts anderes als Theologik sein kann. In diesem Sinne nennt al-F§r§bÊ hier zum ersten Mal die gesamte Wissenschaft „Wissenschaft vom Göttlichen“ (al-#ilmu l-"il§hÊ). Zu beachten ist also, daß er im Traktat bis dahin konsequent die Bezeichnung „Wissenschaft von dem, was hinter der Physik ist“ (#ilmu m§ ba#da ã-ãabÊ#ah) verwendet: „Das fünfte Kapitel (maq§lah) [der Metaphysik] umfaßt den Erweis (al-"ib§nah) der wesentlichen Differenzen der drei theoretischen Wissenschaften, welche die physikalische, die mathematische und die göttliche sind, und [den Erweis] dessen, daß es nur diese drei gibt, [ferner] die Erläuterung dessen, daß die Wissenschaft vom Göttlichen zu dieser Wissenschaft [d. h. der Metaphysik] gehört, und daß sie mehr noch (bal) in irgendeiner Weise (bi-waÆhin m§) diese Wissenschaft [die Metaphysik] selbst ist, denn diese [d. h. die Wissenschaft vom Göttlichen] betrachtet das ‘an sich’ aussagbare Sein (al-huwÊyatu llatÊ tuq§lu bi-dd§ti), nicht das akzidentell aussagbare Sein (al-huwÊyatu llatÊ tuq§lu bi-l-#ara·i).“44
Die Gleichsetzung der Wissenschaft vom „Seienden als solchen“ (Ontologie/metaphysica generalis) mit der „Wissenschaft vom Göttlichen“ (Theologie/metaphysica specialis) gründet also nach al-F§r§bÊ darin, daß er das göttliche Seiende ebenso wie bereits Aristoteles45 explizit als rein aktuales Seiendes deutet (al-huwÊyatu llatÊ tuq§lu bi-d-d§ti). Gegenüber dem potentiell Existierenden kommt der absolut aktualen Substantialität somit ontologisches Primat zu, denn im Gegensatz zu allem übrigen Seienden, dessen
ﺣﻖ ﺍﻟﺬﺍﺕ ﻭﻓﻰ ﺍﻟﻤﻘﺎﻟﺔ ﺍﻟﺤﺎﺩﻳﺔ ﻋﺸﺮ ﻓﻰ ﻣﺒﺪﺃ ﺍﻟﺠﻮﻫﺮ ﻭﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﻛﻠﻪ ﻭﺍﺛﺒﺎﺕ ﻫﻮﻳﺘﻪ ﻭﺍﻧﻪ ﻋﺎﻟﻢ ﺑﺎﻟﺬﺍﺕ ﹼ . ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩﺍﺕ ﺍﻟﻤﻔﺎﺭﻗﺔ ﺍﻟﺘﻰ ﺑﻌﺪﻩ ﻭﻓﻰ ﻛﻴﻔﻴﺔ ﺗﺮﺗﻴﺐ ﻭﺟﻮﺩ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩﺍﺕ ﻋﻨﻪ 44 al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Maq§lah fÊ "aÇr§· m§ ba#d aã-ãabÊ#ah, ed. Hyderabad (Dekkan), S. 7; ed. Dieterici 1890, S. 37, Z. 9-12:
ﺍﻟﻤﻘﺎﻟﺔ ﺍﻟﺨﺎﻣﺴﺔ ﺗﺸﺘﻤﻞ ﻋﻠﻰ ﺍﺑﺎﻧﺔ ﺍﻟﻔﺼﻮﻝ ﺍﻟﺬﺍﺗﻴﺔ ﺑﻴﻦ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ ﺍﻟﻨﻈﺮﻳﺔ ﺍﻟﺜﻼﺛﺔ ﺍﻟﺘﻰ ﻫﻰ ﺍﻟﻄﺒﻴﻌﻴﺔ ﻭﺍﻟﺮﻳﺎﺿﻴﺔ ﻭﺍﻻﻟﻬﻴﺔ ﻭﺍﻧﻬﺎ ﺛﻼﺛﺔ ﻓﻘﻂ ﻭﺗﻌﺮﻳﻒ ﺍﻣﺮ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺍﻻﻟﻬﻰ ﺍﻧﻪ ﺩﺍﺧﻞ ﻓﻰ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺑﻞ ﻫﻮ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺑﻮﺟﻪ ﻣﺎ ﻓﺎﻥ ﻟﻪ ﺍﻟﻨﻈﺮ . ﻓﻰ ﺍﻟﻬﻮﻳﺔ ﺍﻟﺘﻲ ﺗﻘﺎﻝ ﺑﺎﻟﺬﺍﺕ ﻻ ﻓﻲ ﺍﻟﻬﻮﻳﺔ ﺍﻟﺘﻲ ﺗﻘﺎﻝ ﺑﺎﻟﻌﺮﺽ 45
Vgl. Metaphysik XII 7, 1072a25.
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Bezug zur Aktualität notwendig kontingent ist, bedarf dieses An-sichSeiende bzw. Durch-sich-selbst-Wirkliche keiner außerhalb seiner liegenden Ursache um Aktualität zu erlangen. Die Wissenschaft vom ausgezeichneten ersten Seienden (Gott) gehört also insofern in die Wissenschaft vom allgemeinen Seienden, als das An-sich-Seiende als Teil dessen begriffen wird, was der allgemeine Begriff des Seienden umfaßt. Ohne diesen ausgezeichneten Teil wäre also die Wissenschaft vom Seienden als solchen nicht vollständig. b) Metaphysik und islamische Theologie Vergleicht man diese Darstellung mit den Ausführungen über die Konzeption der Metaphysik in Kit§b "iÈߧ" al-#ulåm46, die einen eher aufzählenden Charakter haben, wird besonders deutlich, daß uns hinsichtlich der Bestimmung des Subjekts der Metaphysik in dem vorgestellten Traktat „Maq§lah fÊ "aÇr§· m§ ba#d aã-ãabÊ#ah“ (Über die Ziele der Metaphysik) ein ganz neues Problembewußtsein des Autors begegnet. Ein Problembewußtsein, das einerseits aus der für die Metaphysik maßgeblichen onto-theologischen Konzeption des griechischen Lehrers selbst resultiert, und das andererseits wohl nicht zuletzt durch die zur Zeit al-F§r§bÊs bereits auf eine Tradition zurückblickende junge islamische Theologie47 ausgelöst worden sein dürfte. Diese sich im Besitz der letzten Offenbarung wissende Theologie war, wie van Ess formuliert, „aus dem Geiste des Dialoges geboren, besser noch: des Streitgespräches, der disputatio (cadal, muc§dala) in- und außerhalb der eigenen Religion“48, und war recht früh auf eine gewisse Objektivierung des geoffenbarten Wissens durch die Vernunft hingeordnet.49
46
Vgl. al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Kit§b "iÈߧ" al-#ulåm, ed. #Utm§n "AmÊn 1949, S. 99-101. 47 Auf die komplexe, sich in vielen Ansätzen vollziehende, und noch keineswegs vollständig erforschte Geschichte der frühen islamischen Theologie kann hier nicht eingegangen werden. Vgl. dazu insbesondere die herausragende Arbeit von Josef van Ess: Theologie und Gesellschaft im 2. und 3. Jahrhundert Hidschra: eine Geschichte des religiösen Denkens im frühen Islam, sowie auch ders.: Early islamic Theologians on the Existence of God; immer noch unüberholt ist die Arbeit von M.-M. Anawati und Louis Gardet: Introduction à la théologie musulmane. Essai de théologie comparée. 48 van Ess, Josef: Die Erkenntnislehre des #A·udaddÊn al-^cÊ, S. 20. 49 Vgl. ebd., S. 15ff. Einen Überblick über das Wechselverhältnis zwischen Religion und Philosophie bei al-F§r§bÊ bietet Daiber: Al-F§r§bÊs Aristoteles.
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al-F§r§bÊ gibt in diesem Traktat, wie bereits gesehen, keine genauere Auskunft, weder über die Vertreter der Meinung, Metaphysik sei #ilmu t-tawÈÊdi, noch über die Konzeption dieser Wissenschaft. Es wäre daher müßig, insbesondere im Hinblick auf die Heterogenität der verschiedenen Positionen etwa hinsichtlich der Möglichkeit der spekulativen Theologie und ihrer Verbindlichkeit für die Gläubigen, hier eine bestimmte Gruppe zu vermuten. Mehr noch, die Textstelle läßt offen, ob es sich bei den Vertretern dieser Meinung überhaupt um Theologen im engeren Sinne handelt. Es wurde bereits auf die allgemeine Synonymität von #ilmu t-tawÈÊdi und #ilmu l-kal§mi als Bezeichnungen für jene theologische Disziplin hingewiesen, die die in Qur"§n und \adÊt geoffenbarten Wahrheiten entweder gegenüber Vertretern abweichender Lehren und Andersgläubigen – einschließlich derjenigen, die Gott ganz und gar leugneten – oder aber schlechthin, zu erweisen suchte. Die letzte Position resultiert aus dem dieser Disziplin beigemessenen Status der religiösen Pflicht für jeden Muslim.50 Zentraler Gegenstand von #ilmu t-tawÈÊdi bzw. #ilmu l-kal§mi ist Gott. Das Ziel dieser Disziplin ist der Erweis seiner Einzigkeit und Einheit51, ferner der übrigen der geoffenbarten Eigenschaften Gottes. Es verwundert also nicht, daß sich die islamische Gottesvorstellung mit dem philosophischen Begriff des Göttlichen darin einig sehen konnte, daß Gott der ewige, allwissende und allmächtige Grund alles Seienden, das vollkommen Erkennende und vollkommen Seiende ist. Es ist daher kein Zufall, daß man dem aristotelischen Buch Lambda besonderes Interesse schenkte52, und dieses auf Grund seines Gegenstandes zu #ilmu t-tawÈÊdi zuordnen oder gar mit diesem gleichsetzen wollte. Dies ist die Position der mu#tazila, Vgl. dazu ebd., insbesondere S. 26-27. Der Begriff tawÈÊd meint offensichtlich eben dies: den Erweis der Einzigkeit und der Einheit Gottes, und bezieht sich auf Grund des fundamentalen Charakters dieses islamischen Glaubenssatzes – Gott ist einer (w§Èid) und einziger (al-waÈÊd) – auf die übrigen Offenbarungswahrheiten. Die Wissenschaft vom Einheitsbekenntnis (#ilm at-tawÈÊd) kann umgekehrt als ein besonderer Teil der allgemeinen Dogmatik (#ilm al-kal§m) verstanden werden. Daß man sich jedoch mit dem Terminus „spekulative Theologie“ (#ilm al-kal§m; #ilm at-tawÈÊd) keineswegs ausschließlich auf die islamische Offenbarung bezogen hat, sondern diese im allgemeinen als theologische Disziplin einer jeden Offenbarungsreligion verstanden hat, zeigt sowohl die Definition dieser Wissenschaft nach al-F§r§bÊ (vgl. Kit§b "iÈߧ" al-#ulåm, S. 107ff.), als auch die Ausführungen seines Zeitgenossen al-M§turÊdÊ (gest. 333/944), vgl. al-M§turÊdÊ al-SamarqandÊ, "Abå Manßår MuÈammad b. MuÈammad b. MaÈmåd: Kit§b altawÈÊd, S. 118ff. 52 Das Buch Lambda (maq§lat al-l§m) wurde, wie Ibn an-NadÊm mitteilt, von "Abå Biàr Matt§ zusammen mit dem Kommentar des Alexander von Aphrodisias ins 50 51
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Was bedeutet dies nun hinsichtlich der am Anfang von „Maq§lah fÊ "aÇr§· m§ ba#d aã-ãabÊ#ah“ (Über die Ziele der Metaphysik) erwähnten These: Metaphysik und die theologische Disziplin #ilmu t-tawÈÊdi seien ein und dieselbe Wissenschaft? Eine explizite Antwort darauf gibt al-F§r§bÊ nicht. Dies erscheint um so erstaunlicher, als seine Untersuchung nicht zuletzt angestoßen durch diese These ihren Lauf nimmt. Es ist daher notwendig, sich die Struktur dieses Traktats noch einmal zu vergegenwärtigen: Der These von der Identität der Metaphysik und der spekulativen Theologie begegnet der Autor nicht mit der Untersuchung des Verhältnisses der beiden Wissenschaften zueinander, sondern mit dem Versuch, ausgehend von der „inneren“ Diskrepanz der aristotelischen Metaphysik hinsichtlich ihrer Konzeption, zu bestimmen, was das erste Subjekt der Metaphysik sein kann. Setzt man nun die Spekulative Theologie (#ilmu t-tawÈÊdi) und die philosophische Theologik (al-#ilmu l-"il§hÊ) ausschließlich auf Grund des gemeinsamen Gegenstandes gleich, so würde nach der von al-F§r§bÊ vorgetragenen Lösung für die spekulativen Theologie dasselbe wie für die philosophische Theologik gelten: Nicht Gott, das erste Seiende, ist das erste Subjekt der Metaphysik, sondern der allgemeine, allem gemeinsame Begriff des Seienden. Gott kann in dieser Wissenschaft nur insofern Gegenstand sein, als Er als das an sich subsistierende, notwendige Seiende, das Prinzip alles Übrigen ist, erfaßt wird. Erwiesen und betrachtet werden kann jedoch ein solches Prinzip, wie al-F§r§bÊ mit Nachdruck betont, nur in der höchsten der drei theoretischen Wissenschaften. Der Gottesbeweis fällt dabei, wie die entworfene Systematik nahelegt, mit der Explikation der entgegenArabische übersetzt, von \unain Ibn "Isȧq ins Syrische, und erneut von "Abå Biàr Matt§ samt des Kommentars des Themistius ins Arabische. Ferner wurde es möglicherweise auch von einem gewissen ’amlÊ übertragen. Vgl. dazu Ibn an-NadÊm: Kit§b al-fihrist, S. 312. Über die Rezeption dieses Buches und insbesondere des Kommentars des Themistius und dessen Bedeutung vgl. #Abd ar-RaÈm§n BadawÊ: Arisãå #inda l-#arab: dir§sah wa-nußåß Çayr manàårah, S. (19)ff. Zu den arabischen Übersetzungen und Kommentaren des Buches Lambda vgl. den Überblick von Ch. Genequand in: Ibn Rushd’s Metaphysics. A Translation with Introduction of Ibn Rushd’s Commentary on Aristotle’s Metaphysics, Book L§m, S. 5-11; R. Walzer: On the Arabic Versions of Books Α, α, and Λ of Aristotle’s „Metaphysics“, sowie auch A. Bertolacci: The Reception of Aristotle’s Metaphysics in Avicenna’s Kit§b al-’if§", S. 5-35, insbesondere S. 32ff. Auch Ibn SÊn§ hat zum Buch Lambda einen Kommentar verfaßt. BadawÊ hat sowohl die Auszüge aus dem Kommentar des Themistius als auch den Kommentar Ibn SÊn§s ediert, vgl. Arisãå #inda l-#arab: dir§sah wa-nußåß Çayr manàårah, S. 12-21 und 22-33.
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gesetzten eigentümlichen Eigenschaften des „Seienden als solchen“ zusammen. Denn nur sofern die „Aktualität“ neben der „Potentialität“, die „Vollkommenheit“ neben der „Mangelhaftigkeit“, die „Ursache“ neben dem „Verursachten“ erfaßt werden, wird das „Seiende als solches“ in seiner Gesamtheit begriffen. Die Theologik (metaphysica specialis) erweist sich als innerer Bestandteil der Ontologie (metaphysica generalis).53 Sollte nun die spekulative Theologie, und dies wäre, wie mir scheint, die einzig mögliche Antwort auf die anfangs vorgestellte These54, den Gottesbeweis erstreben, so kann sie nur wie die philosophische Theologik betrieben werden, oder besser noch, sie kann nur diese sein. Dies würde dann zweifellos bedeuten, daß die spekulative Theologie, oder jener Teil dieser Wissenschaft, der auf den Gottesbeweis ausgerichtet ist, mit der philosophischen Theologik zusammenfällt und in der oben beschriebenen Weise einen von der Metaphysik nicht trennbaren Bestandteil darstellt. Würde also die spekulative Theologie den Anspruch erheben, den Gottesbeweis zu führen, dann kann die Antwort al-F§r§bÊs darauf nur die „Verwissenschaftlichung“ dieser theologischen Disziplin sein. Dies wird nun durch die von al-F§r§bÊ an einer anderen Stelle in seiner Schrift Kit§b "iÈߧ" al-#ulåm vorgeführte Systematik der Wissenschaften bestätigt, in der nach den theoretischen Wissenschaften und neben der Politik (al-#ilmu l-madanÊ) und dem fiqh auch die spekulative Theologie (#ilmu l-kal§mi) berücksichtigt wird. Die spekulative Theologie (#ilmu l-kal§mi) setzt hier den Gottesbeweis der Metaphysik (al-"il§hÊy§t), oder nach der oben vorgetragenen Interpretation den 53 K. Kremer, der dieses Metaphysikverständnis explizit Alfarabi und Avicenna zuschreibt, hat es bereits trefflich erfaßt, wenn er im Rahmen der Darstellung seiner Wirkungsgeschichte (ders.: Der Metaphysikbegriff in den Aristoteles-Kommentaren der Ammonius-Schule, S. 203) schreibt: „Fast alle mittelalterlichen Denker sehen in der Theologik die krönende Kuppel der Ontologie. Diese Anschauung kommt einmal von den arabisch-jüdischen Philosophen her, die mit Aristoteles wie seinen Kommentatoren vertraut sind, zum anderen ist sie die Frucht des direkten Aristotelesstudiums. Das Objekt der Metaphysik ist für die arabischen Philosophen das ens qua ens. Man kann aber nach ihrer Auffassung die Problematik des Seins nicht zu Ende denken, ohne das Sein im vorzüglichsten Sinne, Gott, in die Erörterung miteinzubeziehen.“ 54 van Ess sieht dies anders: „Schon F§r§bÊ zieht deutlich die Grenze zwischen Metaphysik und #ilm at-tauÈÊd, der zeitgenössischen mu#tazilitischen Theologie; er spottet über diejenigen, die an die Metaphysik mit der Erwartung herangehen, dort ihre theologischen Themen wiederzufinden.“ Ders.: Die Erkenntnislehre des #A·udaddÊn al ^cÊ, S. 42.
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tawÈÊd als das begründete Wissen von der Existenz Gottes, dessen Einheit und Einzigkeit voraus, und wird neben der Disziplin des fiqh und in Abgrenzung von dieser als praktische Wissenschaft konzipiert: „Die Disziplin des kal§m ist ein Habitus (malakah), welcher den Menschen befähigt, die Glaubenslehren (al-"§r§") und Handlungsnormen (al-"af #§l), die von dem Offenbarer der Religion (w§·i#u l-millah) in eindeutiger Form offenbart wurden, argumentativ zu verteidigen und alles, was diesen widerspricht, als unwahr zu erweisen.“55
Daß man al-F§r§bÊ hinsichtlich des Verhältnisses zwischen Metaphysik und spekulativer Theologie (#ilmu l-kal§mi) wie vorgetragen interpretieren kann, zeigt die Konzeption der Theologie bei solch maßgeblichen Autoren wie etwa al-[az§lÊ56 (gest. 505/1111), FaÉr ad-DÊn ar-R§zÊ 57 (gest. 606/1209), oder NaßÊr ad-DÊn aã-•åsÊ 58 (gest. 671/1272). Eine eingehende Untersuchung kann den erwähnten Entwürfen im Rahmen dieser Arbeit nicht gewidmet werden. Eine Analyse des Verhältnisses zwischen Metaphysik und #ilmu l-kal§mi ist immer noch ein Desiderat. Im Hinblick auf die Bedeutung dieses Themas und das reichhaltige „rein“ theologische Material ist dies eine vielversprechende Aufgabe. Als Beispiel möchte ich jedoch an dieser Stelle kurz den sehr originellen Weg, den al-[az§lÊ in seinen Kit§b al-mustaßf§ min #ilm al-"ußål einschlägt, skizzieren. Es handelt sich bei diesem mehrbändigen Werk um eine ausführliche Darlegung der theologischen Disziplin "ußål al-fiqh (Prinzipienlehre für fiqh). In einem Kapitel, das der Klärung der Frage nach dem Rang dieser Disziplin gewidmet ist, entfaltet al-[az§lÊ in impliziter Anlehnung an die Wissenschaftstheorie, die die Möglichkeit von begründetem Wissen und die daraus resultierende Hierarchie der philosophischen Wissenschaften fundiert, das folgende System theologischer Wissenschaften: 55
al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Kit§b "iÈߧ" al-#ulåm, S. 107-108. Vgl. zu dieser Stelle M.-M. Anawati und Louis Gardet: Introduction à la théologie musulmane, S. 102ff., ferner F. W. Zimmermann: Al-Farabi’s Commentary and Short Treatise on Aristotle’s ‘De Interpretatione’, S. CXIVff. 56 Vgl. den gleich am Anschluß zitierten Text aus Kit§b al-mustaßf§ min #ilm al"ußål. 57 Vgl. dessen MuÈaßßal "afk§r al-mutaqaddimÊn wa-l-muta"aÉÉarÊn min al-#ulam§" wa-lÈukam§" wa-l-mutakallimÊn, und den Kommentar zu diesem Werk von NaßÊr ad-DÊn aã-•åsÊ, Kit§b talÉÊß al-muÈaßßal, beides hrsg. von •§h§ #Abd ar-Ra"åf Sa#d, insbesondere S. 44ff. 58 Vgl. die voraufgehende Anm.
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Die Wissenschaften (al-#ulåm) teilen sich in Vernunft- (#aqlÊyah) und theologische Wissenschaften (dÊnÊyah). In beiden Ordnungen gibt es eine weitere Unterteilung in universale und partikulare Wissenschaften. Das System der Vernunft-Wissenschaften wird nun jedoch gänzlich aus der Betrachtung herausgenommen, da es nicht das Ziel (Çara·) des Werkes ist. Folgerichtig begnügt sich al-[az§lÊ lediglich damit, einige Beispiele für Vernunft-Wissenschaften zu nennen, nämlich Medizin, Arithmetik und Geometrie, und läßt dabei offen, was die universale Wissenschaft in der Ordnung der VernunftDisziplinen ist, und in welchem Verhältnis sie ferner zu der universalen Wissenschaft in der Ordnung der theologischen Wissenschaften steht, oder präziser: wie das Verhältnis zwischen den Prinzipien der Vernunft und den Offenbarungssätzen, woraus ja die Theologie erkennt, zu bestimmen ist. Auf der Seite der theologischen Disziplinen wird hingegen ein detaillierteres Bild entworfen. Die einzelnen Wissenschaften werden im Hinblick auf ihren jeweiligen Subjektbereich untersucht und demgemäß mit Ausnahme einer einzigen als partikulare ausgewiesen. So betrachtet z. B. der Korankommentator (al-mufassir) ausschließlich die Bedeutung des offenbarten Textes, der \adÊt-Wissenschaftler wiederum lediglich die Authentizität der Überlieferungen des Propheten.59 Allein der spekulativen Theologie (#ilmu l-kal§mi) kommt Universalität zu: „Es ist der spekulative Theologe (mutakallim), der das Allgemeinste ("a#ammu l-"aày§"i) betrachtet, welches nämlich das ‘Seiende’ (almawÆåd) ist. Er teilt das ‘Seiende’ als erstes in ewiges (qadÊm) und entstandenes (ȧdit) ein, und dann das Hervorgebrachte (muÈdat) in Substanz (Æawhar) und Akzidens (#ara·); sodann teilt er das Akzidens ein in das, wofür [der Begriff] ‘Leben’ eine notwendige Bedingung ist, wie das Wissen (al-#ilm), das Wollen (al-"ir§dah), das Vermögen (alqudrah), die Rede (al-kal§m), der Gehörsinn und der Gesichtssinn und in das, vorauf verzichtet werden kann, wie die Farbe, der Geruch, der 59
Vgl. al-[az§lÊ: Kit§b al-mustaßf§ min #ilm al-"ußål, Bd.1, S. 5:
»ﺑﻴﺎﻥ ﻣﺮﺗﺒﺔ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﻭﻧﺴﺒﺘﻪ ﺇﻟﻰ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ« ﺍﻋﻠﻢ ﺃﻥ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ ﺗﻨﻘﺴﻢ ﺇﻟﻰ ﺍﻟﻌﻘﻠﻴﺔ ﻛﺎﻟﻄﺐ ﻭﺍﻟﺤﺼﺎﺏ ﻭﺍﻟﻬﻨﺪﺳﺔ ﻭﻟﻴﺲ ﺫﻟﻚ ﻣﻦ ﻏﺮﺿﻨﺎ ﻭﺍﻟﻰ ﺩﻳﻨﻴﺔ ﻛﺎﻟﻜﻼﻡ ﻭﺍﻟﻔﻘﻪ ﻭﺃﺻﻮﻟﻪ ﻭﻋﻠﻢ ﺍﻟﺤﺪﻳﺚ ﻭﻋﻠﻢ ﺍﻟﺘﻔﺴﻴﺮ ﻭﻋﻠﻢ ﺑﺎﻃﻦ ﺃﻋﻨﻲ ﻋﻠﻢ ﺍﻟﻘﻠﺐ ﻭﺗﻄﻬﻴﺮﻩ ﻋﻦ ﺍﻷﺧﻼﻕ ﺍﻟﺬﻣﻴﻤﺔ ﻭﻛﻞ ﻭﺍﺣﺪ ﻣﻦ ﺍﻟﻌﻘﻠﻴﺔ ﻭﺍﻟﺪﻳﻨﻴﺔ ﻳﻨﻘﺴﻢ ﺇﻟﻰ ﻛﻠﻴﺔ ﻭﺟﺰﺋﻴﺔ ﻓﺎﻟﻌﻠﻢ ﺍﻟﻜﻠﻲ ﻣﻦ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ ﺍﻟﺪﻳﻨﻴﺔ ﻫﻮ ﺍﻟﻜﻼﻡ ﻭﺳﺎﺋﺮ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ ﻣﻦ ﺍﻟﻔﻘﻪ ﻭﺃﺻﻮﻟﻪ ﻭﺍﻟﺤﺪﻳﺚ ﻭﺍﻟﺘﻔﺴﻴﺮ ﻋﻠﻮﻡ ﺟﺰﺋﻴﺔ ﻷﻥ ﺍﻟﻤﻔﺴﺮ ﻻ ﻳﻨﻈﺮ ﺇﻻ ﻓﻲ ﻣﻌﻨﻰ ﺍﻟﻜﺘﺎﺏ ﺧﺎﺻﺔ ﻭﺍﻟﻤﺤﺪﺙ ﻻ ﻳﻨﻈﺮ ﺇﻻ ﻓﻲ ﻃﺮﻳﻖ ﺛﺒﻮﺕ ﺍﻟﺤﺪﻳﺚ ﺧﺎﺻﺔ ﻭﺍﻟﻔﻘﻴﻪ ﻻ ﻳﻨﻈﺮ ﺇﻻ ﻓﻲ . ﺃﺣﻜﺎﻡ ﺃﻓﻌﺎﻝ ﺍﻟﻤﻜﻠﻔﻴﻦ ﺧﺎﺻﺔ ﻭﺍﻷﺻﻮﻟﻲ ﻻ ﻳﻨﻈﺮ ﺇﻻ ﻓﻲ ﺃﺩﻟﺔ ﺍﻷﺣﻜﺎﻡ ﺍﻟﺸﺮﻋﻴﺔ ﺧﺎﺻﺔ
die gegenstandsbestimmung der metaphysik
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Geschmack60. Und er teilt die Substanz in Tiere, Pflanzen und Anorganisches ein und zeigt, daß sie sich in ihren Arten oder Eigenschaften unterscheiden. Dann betrachtet er das Ewige und erweist es als das, was weder plurifizierbar noch wie das Entstandene einteilbar ist, sondern notwendigerweise eines ist, und durch die ihm notwendig zukommenden Eigenschaften und durch Bestimmungen ("umår), die ihm unmöglich zukommen und [durch] solche, welche ihm möglich, nicht notwendig und nicht unmöglich zukommen, von den entstandenen [Seienden] unterschieden ist. Und er [d. h. der spekulative Theologe] unterscheidet zwischen dem ihm [d. h. dem Ewigen] Möglichen, Notwendigen und Unmöglichen. Sodann zeigt er, daß das Tätig-Sein ("aßlu l-fi#li) ihm möglich ist [d. h. ein von der Wirklichkeit des Ewigen mögliches Prädikat ist], und daß die Welt seine [d. h. des Ewigen] mögliche Tat ist, und daß sie [d. h. die Welt] auf Grund ihrer Möglichkeit eines Hervorbringenden (muÈdit) bedarf; und daß das Schicken der Propheten eine der ihm [d. h. dem Ewigen] möglichen Taten ist, und daß es [d. h. das Ewige] vermögend ist, ihre [d. h. der Propheten] Wahrhaftigkeit durch Wunder zu erweisen, und daß dieses Mögliche faktisch stattgefunden hat (w§qi#un). Ab hier bricht die Rede des spekulativen Theologen ab und endet der der Vernunft autonome Gebrauch (taßarrufu l-#aqli). Die Vernunft weist vielmehr (bal) auf die Wahrhaftigkeit des Gesandten [gemeint ist hier ausschließlich MuÈammad] hin, dann enthebt sie sich selbst ihres Amtes und erkennt an, daß sie vom Gesandten im Einverständnis / freiwillig (bi-l-qabål) das empfängt, was er über Gott und das jüngste Gericht berichtet [und daß] dies etwas ist, was die Vernunft eigenständig nicht erkennen kann … Dies ist also das, was die spekulative Theologie (#ilmu l-kal§mi) beinhaltet. Hieraus hast du [nun] erfahren, daß ihre Betrachtung zunächst bei dem Allgemeinsten den Anfang nimmt, welches das ‘Seiende’ ist, und dann stufenweise zu der Unterteilung (tafßÊl) hinabsteigt, die wir erwähnt haben. Und somit werden in ihr die Prinzipien der übrigen Wissenschaften, d. h. das Buch [d. h. der Koran, das geoffenbarte Wort Gottes], die Sunnah [die Gesamtheit der Worte und Taten des Propheten MuÈammad] und die Wahrhaftigkeit des Propheten, erwiesen …“61 60
„Geruch“ und „Geschmack“ können nur als Objekte der jeweiligen Sinne gemeint sein. Bei der dritten Bestimmung „Farbe“ ist dies auf den ersten Blick ersichtlich. Aber auch sprachlich lassen sich die Bedeutungen von Objekt und von Vermögen zweifelsfrei unterscheiden: so ist rÊÈ (Geruch) das, was àamm (der Geruchsinn) aufnehmen kann, ãa#m (Geschmack) das, wodurch dawq (der Geschmackssinn) affiziert werden kann. Auf die Bestimmungen in der Bedeutung von Objekt der jeweiligen Sinne kann deshalb „verzichtet“ werden, weil sie den Begriff „Leben“ nicht voraussetzen. Sie sind keine Eigentümlichkeiten des Lebendigen, da sie ja auch dem Nicht-lebendigen zukommen können. 61 "Abå \§mid al-[az§lÊ: Kit§b al-mustaßf§ min #ilm al-"ußål, Bd.1, S. 5 – 6:
ﻭﺍﻟﻤﺘﻜﻠﻢ ﻫﻮ ﺍﻟﺬﻱ ﻳﻨﻈﺮ ﻓﻲ ﺃﻋﻢ ﺍﻷﺷﻴﺎﺀ ﻭﻫﻮ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﻓﻴﻘﺴﻢ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﺃﻭﻻ ﺇﻟﻰ ﻗﺪﻳﻢ ﻭﺣﺎﺩﺙ ﺛﻢ ﻳﻘﺴﻢ ﹼ ﺍﻟﻤﺤﺪﺙ ﺇﻟﻰ ﺟﻮﻫﺮ ﻭﻋﺮﺽ ﺛﻢ ﻳﻘﺴﻢ ﺍﻟﻌﺮﺽ ﺇﻟﻰ ﻣﺎ ﺗﺸﺘﺮﻁ ﻓﻴﻪ ﺍﻟﺤﻴﺎﺓ ﻣﻦ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﻭﺍﻹﺭﺍﺩﺓ ﻭﺍﻟﻘﺪﺭﺓ ﻭﺍﻟﻜﻼﻡ
al-f§r§bÊs gegenstandsbestimmung der metaphysik
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Daß dieser Text den Charakter eines groben Umrisses trägt, entspricht durchaus der Intention des al-[az§lÊ, denn die Darlegung soll demjenigen, der sich mit den Prinzipien zum fiqh befaßt, lediglich ein allgemeines Bild über die Rangordnung der theologischen Disziplinen und den Inhalt ihrer höchsten Wissenschaft vermitteln. Über Fragen, wie z. B. über die, wie die Erkenntnis des „Seienden“ möglich ist, oder darüber, was die Erstheit der aufteilenden Bestimmungen „ewig“ und „entstanden“ fundiert, gibt der Text keine Auskunft. Ungeachtet dessen ist die Konzeption des theologischen Corpus als wissenschaftliches System und die offenbarungsunabhängige Funktion der Vernunft – die schließlich als einzige Instanz eine universale, alles theologische Wissen ermöglichende Wissenschaft zu begründen vermag – in aller Deutlichkeit sichtbar geworden. Die spekulative Theologie setzt den Begriff von Gott nicht voraus. Sie setzt vielmehr bei dem Begriff des allgemeinen Seienden an und erreicht auf dem Wege der modalen Explikation des „Seienden“ den Begriff des Ewigen. Freilich ist das Erkenntnisvermögen aus „reinen“ Vernunftprinzipien nicht uneingeschränkt. Das geoffenbarte Wissen ist der Vernunft, sofern sie auf sich selbst gestellt ist, nicht zugänglich. al-[az§lÊ läßt nun keinen Zweifel daran, daß die Vernunft ihre eigene Begrenztheit mit ihren eigenen Mitteln erfassen kann. Weil sie ihre prinzipielle Grenze erkennt, erklärt sie sich einverstanden, die ihr unzugänglichen Offenbarungsinhalte von einer anderen Quelle zu empfangen, deren Wahrhaftigkeit freilich die Vernunft zu erkennen vermag.
ﻭﺍﻟﺴﻤﻊ ﻭﺍﻟﺒﺼﺮ ﻭﺇﻟﻰ ﻣﺎ ﻳﺴﺘﻐﻨﻰ ﻋﻨﻬﺎ ﻛﺎﻟﻠﻮﻥ ﻭﺍﻟﺮﻳﺢ ﻭﺍﻟﻄﻌﻢ ﻭﻳﻘﺴﻢ ﺍﻟﺠﻮﻫﺮ ﺇﻟﻰ ﺍﻟﺤﻴﻮﺍﻥ ﻭﺍﻟﻨﺒﺎﺕ ﻭﺍﻟﺠﻤﺎﺩ ﻭﻳﺒﻴﻦ ﺃﻥ ﺍﺧﺘﻼﻓﻬﺎ ﺑﺎﻻﻧﻮﺍﻉ ﺃﻭ ﺑﺎﻷﻋﺮﺍﺽ ﺛﻢ ﻳﻨﻈﺮ ﻓﻲ ﺍﻟﻘﺪﻳﻢ ﻓﻴﺒﻴﻦ ﺃﻧﻪ ﻻ ﻳﺘﻜﺜﺮ ﻭﻻ ﻳﻨﻘﺴﻢ ﺍﻧﻘﺴﺎﻡ ﺍﻟﺤﻮﺍﺩﺙ ﺑﻞ ﻻ ﺑﺪ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﻭﺍﺣﺪﺍ ﻭﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﻣﺘﻤﻴﺰﺍ ﻋﻦ ﺍﻟﺤﻮﺍﺩﺙ ﺑﺄﻭﺻﺎﻑ ﺗﺠﺐ ﻟﻪ ﻭﺑﺄﻣﻮﺭ ﺗﺴﺘﺤﻴﻞ ﻋﻠﻴﻪ ﻭﺃﺣﻜﺎﻡ ﺗﺠﻮﺯ ﻓﻲ ﺣﻘﻪ ﻭﻻ ﺗﺠﺐ ﻭﻻ ﺗﺴﺘﺤﻴﻞ ﻭﻳﻔﺮﻕ ﺑﻴﻦ ﺍﻟﺠﺎﺋﺰ ﻭﺍﻟﻮﺍﺟﺐ ﻭﺍﻟﻤﺤﺎﻝ ﻓﻲ ﺣﻘﻪ ﺛﻢ ﻳﺒﻴﻦ ﺃﻥ ﺃﺻﻞ ﺍﻟﻔﻌﻞ ﺟﺎﺋﺰ ﻋﻠﻴﻪ ﻭﺃﻥ ﺍﻟﻌﺎﻟﻢ ﻓﻌﻠﻪ ﺍﻟﺠﺎﺋﺰ ﻭﺃﻧﻪ ﻟﺠﻮﺍﺯﻩ ﺍﻓﺘﻘﺮ ﺇﻟﻰ ﻣﺤﺪﺙ ﻭﺃﻥ ﺑﻌﺜﺔ ﺍﻟﺮﺳﻞ ﻣﻦ ﺃﻓﻌﺎﻟﻪ ﺍﻟﺠﺎﺋﺰﺓ ﻭﺃﻧﻪ ﻗﺎﺩﺭ ﻋﻠﻴﻬﺎ ﻭﻋﻠﻰ ﺗﻌﺮﻳﻒ ﺻﺪﻗﻬﻢ ﺑﺎﻟﻤﻌﺠﺰﺍﺕ ﻭﺃﻥ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﺠﺎﺋﺰ ﻭﺍﻗﻊ ﻋﻨﺪ ﻫﺬﺍ ﻳﻨﻘﻄﻊ ﻛﻼﻡ ﺍﻟﻤﺘﻜﻠﻢ ﻭﻳﻨﺘﻬﻰ ﺗﺼﺮﻑ ﺍﻟﻌﻘﻞ ﺑﻞ ﺍﻟﻌﻘﻞ ﻳﺪﻝ ﻋﻠﻰ ﺻﺪﻕ ﺍﻟﻨﺒﻰ ﺛﻢ ﻳﻌﺰﻝ ﻧﻔﺴﻪ ﻭﻳﻌﺘﺮﻑ ﺑﺄﻧﻪ ﻳﺘﻠﻘﻰ ﻣﻦ ﺍﻟﻨﺒﻰ ﺑﺎﻟﻘﺒﻮﻝ ﻣﺎ ﻳﻘﻮﻟﻪ ﻓﻲ ﹼ ﺍﷲ ﻭﺍﻟﻴﻮﻡ ﺍﻵﺧﺮ ﻭﻫﺬﺍ ﻣﺎ ﻳﺤﻮﻳﻪ ﻋﻠﻢ ﺍﻟﻜﻼﻡ ﻓﻘﺪ ﻋﺮﻓﺖ ﻣﻦ ﻫﺬﺍ ﺃﻧﻪ ﻳﺒﺘﺪﺉ ﻧﻈﺮﻩ ﻓﻲ ﺃﻋﻢ ﺍﻷﺷﻴﺎﺀ ﺃﻭﻻ... ﻣﻤﺎ ﻻ ﻳﺴﺘﻘﻞ ﺑﺪﺭﺍﻛﻪ ﹼ ﻭﻫﻮ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﺛﻢ ﻳﻨﺰﻝ ﺑﺎﻟﺘﺪﺭﻳﺞ ﺇﻟﻰ ﺍﻟﺘﻔﺼﻴﻞ ﺍﻟﺬﻱ ﺫﻛﺮﻧﺎﻩ ﻓﻴﺜﺒﺖ ﻓﻴﻪ ﻣﺒﺎﺩﻯ ﺳﺎﺋﺮ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ ﺍﻟﺪﻳﻨﻴﺔ ﻣﻦ ﺍﻟﻜﺘﺎﺏ ... ﻭﺍﻟﺴﻨﺔ ﻭﺻﺪﻕ ﺍﻟﺮﺳﻮﻝ
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die gegenstandsbestimmung der metaphysik
Die oben gestellte Frage nach dem Verhältnis zwischen den höchsten, die darunterstehenden Disziplinen beider Ordnungen fundierenden Wissenschaften kann nun dahingehend beantwortet werden, daß sie als solche, d. h. hinsichtlich ihrer Subjekte und ihrer ersten, den Beweis ermöglichenden Prinzipien, notwendigerweise in einer Wissenschaft zusammenfallen. Ein Unterschied zwischen der Ersten Philosophie und der spekulativen Theologie könnte hingegen auf Grund einer anderen Betrachtungsweise festgestellt werden. In ihrer Funktion als jeweils Erste Wissenschaften begründen sie zwei je verschiedenen Subjektbereiche. Der eine ist dem Menschen vermittels der Sinneswahrnehmung, Erfahrung und Reflexion prinzipiell gegeben, der andere ist durch seine Bezogenheit auf die der Vernunft auf dem natürlichen Wege unzugängliche Offenbarung gekennzeichnet. Diese unterscheidende Betrachtungsweise ist jedoch dem allgemeinen Aspekt der höchsten Wissenschaft als Wissenschaft vom „Seienden“ nachgeordnet. Sollte von Gott in einem theologischen oder philosophischen Kontext sinnvoll gesprochen werden, so muß die Möglichkeit eines solchen Bezuges durch die Vernunft erwiesen werden. Dem Gottesbeweis geht die Erste Philosophie vorauf, in deren Begrifflichkeit und Systematik er schließlich durchgeführt wird. Die mutakallimån (Theologen) der Epochen nach al-F§r§bÊ, wozu auch al-[az§lÊ gehört, haben zwar im starken Maße bereits Ibn SÊn§ rezipieren können, es findet sich jedoch bei Ibn SÊn§, sofern ich das übersehen kann, keine explizite Fragestellung nach dem Verhältnis zwischen Metaphysik und spekulativer Theologie.62 Was die Zeit vor Ibn SÊn§ angeht, so scheint al-F§r§bÊ der erste zu sein, der in seinem „Traktat über die Ziele der Metaphysik“ eine perspektivische Antwort auf diese Frage im Sinne der oben vorgeführten Interpretation vorlegt. Welche Wirkung der skizzierte Ansatz al-F§r§bÊs hinsichtlich der Gegenstandsbestimmung der Metaphysik auf Ibn SÊn§ ausübte, wird deutlich, sobald nun die von Ibn SÊn§ unternommene Lösung herausgearbeitet wird. 62 Zur Kritik Ibn SÊn§s an bestimmten Positionen der mutakallimån vgl. den kurzen Überblick bei M. Marmura: Avicenna and the Kalam. Zur Bedeutung von Diskussionen des frühen kal§m für bestimmte Lehren Ibn SÊn§s vgl. J. Jolivet: Aux origines de l’ontologie d’Ibn SÊn§, und R. Wisnovsky: Avicenna’s Metaphysics in Context, S. 145ff., 227ff.
ZWEITER TEIL
DAS „SEIENDE ALS SEIENDES“ ALS ERSTES SUBJEKT DER METAPHYSIK
die systematische einheit des kit§b aà-àif§"
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I. DIE SYSTEMATISCHE EINHEIT DES KIT$B A’-’IF$" Das größte und ehrgeizigste aller ibn-sinischen Unternehmen, das Kit§b aà-àif§"1 (Buch der Genesung [der Seele durch Wissenschaft]2), 1 Kit§b aà-àif§" wurde unter der Leitung von I. Madkår ediert und erschien zwischen 1952 und 1983 in Kairo in mehreren Bänden. Das Werk wurde innerhalb von etwa acht Jahren, zwischen ca. 411/1020 bis 418/1027 verfaßt. Dazu, sowie zu der genaueren Chronologie der einzelnen Teile des Kit§b aà-àif§", wie auch zur Chronologie der übrigen Schriften Ibn SÊn§s vgl. Gutas: Avicenna and the Aristotelian Tradition, S. 103-106, 145. 2 Vgl. dazu explizit Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) III 4, S. 214, Z. 14-17, S. 215, Z. 1-6: „Eine Form der Unwissenheit ist die zusammengesetzte. Diese ist keine reine Privation, sondern bei ihr kommt zu dem Nichtvorhandensein des Wissens das Vorhandensein einer ihm [d. h. dem Wissen] entgegengesetzten Auffassung hinzu. Sie ist also eine habituelle Unwissenheit und somit eine seelische Krankheit. Denn die Gesundheit eines jeden Dinges ist entweder lediglich als seiner wesentlichen Verfaßtheit und seinem ursprünglichen Zustand entsprechend vorhanden, oder es [d. h. das jeweilige Ding] hat zusätzlich dazu eine zweite Vollkommenheit erworben. Wie jemand, der neben seiner gesunden Konstitution noch schön oder stark ist … Desgleichen hat die Gesundheit der Seele zwei Formen: Die erste Gesundheit besteht darin, daß sie [d. h. die Seele] so ist, wie es ihrer ersten Verfaßtheit und ihrem ursprünglichen Zustand entspricht. Im Begriff der Gesundheit [in diesem Sinne] ist nichts außerhalb der [ursprünglichen] Geeignetheit [der Seele] enthalten. Die zweite Gesundheit besteht aber darin, daß sich in ihr [d. h. der Seele] zusätzliche Vollkommenheiten – für die sie [d. h. die Seele] auf Grund jener [d. h. der ersten] Gesundheit bereit ist – einstellen, nämlich die wirklichen Erkenntnisse (al-#ulåmu l-haqÊqÊyah). So, wie der Körper erkrankt, wenn in ihm etwas ihm Nichtzugehöriges und durch seine ursprüngliche Verfaßtheit nicht Bedingtes widerfährt, so daß es seine [d. h. des Körpers] natürlichen Erfordernisse und sein wesentliches Wirken hindert, so wird auch die Seele krank, wenn sie Auffassungen für wahr hält, die falsch sind und dem zuwiderlaufen, was notwendig auf ihrer ursprünglichen Verfaßtheit begründet ist.“
ﻭﻫﻮ ﺟﻬﻞ، ﺑﻞ ﻓﻴﻪ ﻣﻊ ﻋﺪﻡ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﻭﺟﻮﺩ ﺭﺃﻯ ﻣﻀﺎﺩ ﻟﻪ، ﻭﻣﻦ ﺍﻟﺠﻬﻞ ﻣﺎ ﻫﻮ ﻣﺮﻛﺐ – ﻭﻟﻴﺲ ﻫﻮ ﻋﺪﻣﺎ ﻓﻘﻂ ﻭﺫﻟﻚ ﻷﻥ ﺻﺤﺔ ﻛﻞ ﺷﻲﺀ ﺇﻣﺎ ﺃﻥ ﺗﻜﻮﻥ ﻣﻮﺟﻮﺩﺓ ﻋﻠﻰ. ﻭﻫﻮ ﻣﺮ ﹲﺽ ﻧﻔﺴﺎﻧﻲ، ﻋﻠﻰ ﺳﺒﻴﻞ ﺍ ﹸﻟﻘ ﹾﻨﻴﺔ ﻭﺍﻟﻤﻠﻜﺔ ﹶﹶ ﹶ ﻛﻤﻦ ﻳﻜﻮﻥ ﻣﻊ ﻭﺟﻮﺩﻩ ﻋﻠﻰ، ﺃﻭ ﻳﻜﻮﻥ ﻗﺪ ﺍﻛﺘﺴﺐ ﻣﻊ ﺫﻟﻚ ﻛﻤﺎﻻ ﺛﺎﻧﻴﺎ، ﻣﺰﺍﺟﻪ ﺍﻟﺬﺍﺗﻲ ﻭﻓﻄﺮﺗﻪ ﺍﻷﺻﻠﻴﺔ ﻓﻘﻂ ﺻﺤﺔ ﺃﻭﻟﻰ – ﻭﻫﻲ ﺃﻥ ﺗﻜﻮﻥ ﻋﻠﻰ: ﻛﺬﻟﻚ ﺻﺤﺔ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﻋﻠﻰ ﻭﺟﻬﻴﻦ... ﻣﺰﺍﺟﻪ ﺍﻟﺼﺤﻲ ﺟﻤﻴﻼ ﺃﻭ ﻗﻮﻳﺎ ﻭﻟﻴﺲ ﻓﻴﻬﺎ ﻣﻌﻨﻰ ﺧﺎﺭﺝ ﻋﻦ، [ ﻭﻣﺰﺍﺟﻬﺎ ﻣﺜﻼ ﺍﻷﺻﻠﻲ: ﻓﻄﺮﺗﻬﺎ ﺍﻷﻭﻟﻰ ﻭﻣﺰﺍﺟﻬﺎ ﺍﻷﺻﻠﻲ ] ﻓﻲ ﺍﻟﻤﺘﻦ ﻭﻫﻲ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ، ﻭﺻﺤﺔ ﺛﺎﻧﻴﺔ – ﻭﻫﻲ ﺃﻥ ﺗﺤﺼﻞ ﻟﻬﺎ ﺍﻟﺰﻭﺍﺋﺪ ﺍﻟﻜﻤﺎﻟﻴﺔ ﺍﻟﺘﻲ ﺗﺴﺘﻌﺪ ﻟﻬﺎ ﺑﺘﻠﻚ ﺍﻟﺼﺤﺔ. ﺍﻟﻤﻼﺀﻣﺔ ﻓﻤﻨﻊ ﻣﻘﺘﻀﻰ ﻓﻄﺮﺗﻪ ﻭﺍﻷﻓﻌﺎﻝ ﺍﻟﺘﻲ ﻟﻪ، ﻭﻛﻤﺎ ﺃﻥ ﺍﻟﺒﺪﻥ ﺇﺫﺍ ﺣﺪﺙ ﻓﻴﻪ ﺃﻣﺮ ﻏﺮﻳﺐ ﻻ ﺗﻘﺘﻀﻴﻪ ﻓﻄﺮﺗﻪ. ﺍﻟﺤﻘﻴﻘﻴﺔ
das „seiende als seiendes“
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ist eine umfassende und differenziert entfaltete Enzyklopädie des gesamten überlieferten Curriculums der theoretischen Wissenschaften und der Logik, die sich wie folgt gliedert: @umlah (Teil/Summa)
Kit§b (Buch)
al-Manãiq (Logik)
I. II. III. IV. V. VI. VII. VIII. IX. I. II. III.
aã-•abÊ#Êy§t (Physik)
IV. V.
Seitenzahl nach der Edition von Madkår al-MadÉal (Isagoge) al-Maqål§t (Kategorien) al-#Ib§rah (Peri hermeneias) al-Qiy§s (Erste Analytik) al-Burh§n (Zweite Analytik) al-@adal (Topik) as-Safsaãah (Sophistes) al-]aã§bah (Rhetorik) aà-’i#r (Poetik) as-Sam§#u ã-ãabÊ#Ê (Physikvorlesung) as-Sam§"u wa-l-#§lam (De Caelo) al-Kawnu wa-l-fas§d (De Generatione et Corruptione) al-"Af#§lu wa-l-infi#§l§t (Wirkungen und Reaktionen)3 al-Ma#§dinu wa-l-§t§ru l-#ulwÊya (Mineralogie und Meteorologie)
112 270 131 577 284 329 115 247 52 330 76 123 65 76
ﻛﺬﻟﻚ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﺇﺫﺍ ﺍﻋﺘﻘﺪﺕ ﺍﻵﺭﺍﺀ ﺍﻟﺒﺎﻃﻠﺔ ﺍﻟﻤﺨﺎﻟﻔﺔ ﻟﻤﺎ ﻳﺠﺐ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﻣﺒﻨﻴﺎ ﻋﻠﻰ، ﻛﺎﻥ ﺍﻟﺒﺪﻥ ﻣﺮﻳﻀﺎ، ﺑﺬﺍﺗﻪ Þ . ﻛﺎﻧﺖ ﻣﺮﻳﻀﺔ، ﻓﻄﺮﺗﻬﺎ ﺍﻷﺻﻠﻴﺔ
Wie aus diesem Text deutlich hervorgeht, versteht Ibn SÊn§ unter „Gesundheit der Seele“ in der zweiten, der bloßen „Geeignetheit“ (Gesundheit der Seele im ersten Sinne) entgegengesetzten Bedeutung eine erworbene und gefestigte Qualität des erkennenden Seelenvermögens. Dieser Habitus wird somit als die Verwirklichung der dem erkennenden Seelenvermögen eigenen Hingeordnetheit auf Wissensinhalte expliziert. Es ist ohne jeden Zweifel dieses Verständnis der „Gesundheit der Seele“ als Habitus „Wissenschaft“, das Ibn SÊna bei der Wahl des Titels seines alle Disziplinen der theoretischen Philosophie und die Logik umfassenden Hauptwerkes Kit§b aà-àif§" geleitet hat. Im Lichte der vorgelegten Auffassung von der Gesundheit der Seele ist wohl jene „Verwirrung des Geistes“ zu verstehen, die Ibn SÊn§ als Folge einer systematisch zu frühen Beschäftigung mit den „Kategorien“ konstatiert. Vgl. dazu Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: II. al-Maqål§t (Kategorien), I 1, S. 8, Z. 10-15, die Stelle wird etwas später in diesem Kapitel übersetzt und erläutert. Die oben zitierte Stelle ist meines Wissens bislang in der Forschung gänzlich übersehen worden. Die des öfteren vertretene Auffassung, der Titel leite sich direkt oder indirekt von der Metaphysik des Aristoteles (IV 5, 1009a19-21) ab (vgl. dazu A. Bertolacci: The Reception of Aristotle’s Metaphysics in Avicenna’s Kit§b al-’if§", S. 375-376), ist offensichtlich eine nicht begründbare Vermutung. 3 Als Gegenstand dieser Wissenschaft bestimmt Ibn SÊn§ „die allgemeinen, den Qualitäten der Elemente unter Mitwirkung des Einflusses der Himmelskörper
die systematische einheit des kit§b aà-àif§" @umlah (Teil/Summa)
Kit§b (Buch)
ar-Riy§·Êy§t (Mathematik)
VI. VII. VIII. I. II. III. IV.
al-"Il§hÊy§t (Metaphysik)
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Seitenzahl nach der Edition von Madkår an-Nafs (Die Seele) an-Nab§t (Botanik) al-\ayaw§n (Zoologie) "Ußålu l-handasati (Elemente der Geometrie) al-\is§b (Arithmetik) @aw§mi# #ilmi l-musÊqÊ (Musik) #Ilmu l-hay"ati (Astronomie) Ein Buch: al-"Il§hÊy§t (Metaphysik)
237 35 433 427 52 149 643 451
Das gewaltige Werk deckt das ganze Spektrum des aristotelischen Corpus ab, ist jedoch weder der Form, noch der Sache nach ein Kommentar zu diesem4 – wie es auch kein Kommentar etwa zu den „Elementen“ des Euklid5 oder zum „Almagest“ des Ptolemäus6 ist entstammenden Wirkungen und Reaktionen“ (Kit§b aà-àif§": aã-•abÊ#Êy§t: al-"Af#§l wa-l-infi#§l§t, S. 201, Z. 6-7). Zu ihrer Zuordnung zu den aristotelischen Physikschriften vgl. die Einleitung von I. Madkår in Kit§b aà-àif§": aã-•abÊ#Êy§t: II. asSam§" wa-l-#§lam; III. al-Kawn wa-l-fas§d; IV. al-"Af#§l wa-l-infi#§l§t, S. (F)- (‘). 4 Das wurde bereits mehrfach konstatiert. Vgl. dazu etwa Gutas: Avicenna and the Aristotelian Tradition, S. 106ff., sowie Bertolacci: The Reception of Aristotle’s Metaphysics in Avicenna’s Kit§b al-’if§", S. 607. 5 Die „Geometrie“ Ibn SÊn§s wird zwar von ihm selbst als "iÉtiߧr (Kurzfassung) der euklidischen „Elemente“ (vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: I. al-MadÉal (Isagoge) I 1, S. 11, Z. 4-5; bzw. ar-Riy§·Êy§t: I. "Ußål al-handasah, Kap. XV, S. 448, Z. 3) bezeichnet. Der Herausgeber von "Ußål al-handasah des Kit§b aà-àif§", #Abd al-\amÊd ‘abrah, hat jedoch in der Einführung dazu überzeugend gezeigt, daß die Bezeichnung taÈrÊr (freie Wiedergabe des Stoffes, die sowohl seine Neuordnung, wie auch die Hinzufügung von möglichen Verbesserungen und alternativen Beweisen für bestimmte Theoremen zuläßt) die ibn-sinische „Geometrie“ trefflicher charakterisiert. Vgl. Kit§b aà-àif§": ar-Riy§·Êy§t: I. "Ußål al-handasah, S. 4ff. Vgl. dazu auch die folgende Anm. 6 Vgl. dazu die Einleitung von I. Madkår in Ibn SÊn§: Kit§b aà-àif§": ar-Riy§·Êy§t: IV. #Ilm al-hay"ah, S. 11; sowie auch die Ausführungen Ibn SÊn§s in seinem Prolog zu dem gesamten Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: I. al-MadÉal (Isagoge) I 1, S. 11, Z. 4-8: „Im Anschluß daran [d. h. an die Physik] fuhr ich fort mit der Geometrie. Zu den ‘Elemente’ des Euklid verfaßte ich eine dichte Kurzfassung (iÉtiߧr), in der ich mich auf die Lösung zweifelhafter Stellen beschränkte. Dem ließ ich eine ähnliche Kurzfassung des Almagest [des Ptolemäus] über Astronomie folgen, in der jedoch, auch wenn sie eine Kurzfassung ist, Explikationen und Erläuterungen enthalten sind. Im Anschluß daran fügte ich solche Zusätze hinzu, die der Student der Mathematik wissen muß, um diese Disziplin beenden und um Daten astronomischer Beobachtungen mit Naturgesetzen in Bezug setzen zu können“. Eine Übersetzung des gesamten Prologs zu Kit§b aà-àif§" findet sich bei Gutas: Avicenna and the Aristotelian Tradition, S. 50-54.
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das „seiende als seiendes“
– sondern stellt unmißverständlich von Anfang an Ibn SÊn§s eigenes Verständnis des Organon und aller theoretischen Disziplinen7 als Teile einer systematischen Gesamtheit dar: „Alles Schätzenswerte, das sich in den Büchern der Alten findet, haben wir in diesem Buch angeführt. Wenn etwas nicht an seinem üblichen Ort aufzufinden ist, so befindet es sich an einer anderen Stelle, die ich für angemessener halte. Dem habe ich hinzugefügt was ich selbst erkannt und durch eigene Untersuchung gewonnen habe, insbesondere in der Physik, der Metaphysik und der Logik.“8
Die innere Einheit des Kit§b aà-àif§" gehört somit wesentlich zu dem Konzept des islamischen Philosophen, so daß es nicht überrascht, wenn der von der Tradition vorgegebene Ort bestimmter Fragestellungen von Ibn SÊn§ nicht übernommen, sondern einer systematischen Neubestimmung unterzogen wird. Thesen (al-mas§"il), deren Subjekt oder Prädikat der Bestimmtheit des Gegenstandes einer Wissenschaft nicht angemessen sind, werden, wie sich in dieser Arbeit noch oft zeigen wird, mit Verweis darauf einer anderen Wissenschaft zugeordnet. Die Hinordnung auf die Erste Philosophie als der Abschluß dieses Prozesses ist bereits an seinem Anfang impliziert: „Einiges, das üblicherweise die Anfangsgründe der Logik über die Gebühr aufbläst, [selbst] jedoch nicht logischer Natur ist, sondern zur ‘Disziplin der Weisheit’ (aß-ßin§#ah al-ÈikmÊyah), damit meine ich die 7 Dies wird auch durch den Bericht des Schülers Ibn SÊn§s, @åzƧnÊ, über den Anlaß und die Konzeption des Kit§b aà-àif§" sowohl in der Einleitung zu Kit§b aà-àif§" (al-Manãiq: I. al-MadÉal (Isagoge): kal§m al-@åzƧnÊ, S. 2, Z. 10-13), als auch in der Biographie Ibn SÊn§s (Gohlman (Ed.): The Life of Ibn SÊn§, S. 54, Z. 1-5) bestätigt. Die Bitte @åzƧnÊs, so heißt es in der Biographie (S. 54, Z.1), einen Kommentar zu den Werken des Aristoteles zu verfassen, lehnt Ibn SÊn§ ab, und schlägt statt dessen vor: „Sollte jedoch das, was für mich [im Unterschied zum zeit- und arbeitsaufwendigen Kommentieren] leichter wäre, nämlich die Darstellung meiner eigenen Gedanken, eure Zufriedenheit finden, dann werde ich für euch ein umfassendes Werk, und zwar in einer für mich angemessenen Ordnung, verfassen.“ (al-Manãiq: I. al-MadÉal (Isagoge): kal§m al-@åzƧnÊ, S. 2, Z. 12-13). Zur Analyse und Gegenüberstellung der zwei genannten Stellen vgl. Gutas: Avicenna and the Aristotelian Tradition, S. 101ff. 8 Ibn SÊn§: Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: I. al-MadÉal (Isagoge), I 1, S. 9, Z. 17 – S. 10, Z. 4:
ﻓﺈﻥ ﻟﻢ ﻳﻮﺟﺪ ﻓﻲ ﺍﻟﻤﻮﺿﻊ ﺍﻟﺠﺎﺭﻱ ﻭﻻ ﻳﻮﺟﺪ ﻓﻲ ﻛﺘﺐ ﺍﻟﻘﺪﻣﺎﺀ ﺷﻰﺀ ﻳﻌﺘﺪ ﺑﻪ ﺇﻻ ﻭﻗﺪ ﺿﻤﻤﻨﺎﻩ ﻛﺘﺎﺑﻨﺎ ﻫﺬﺍ ؛ ﹾ ﹼ ﻭﺣﺼﻠ ﹸﺘﻪ، ﺃﺿﻔﺖ ﺇﻟﻰ ﺫﻟﻚ ﻣﻤﺎ ﺃﺩﺭﻛ ﹸﺘﻪ ﺑﻔﻜﺮﻱ ﺑﺈﺛﺒﺎﺗﻪ ﻓﻴﻪ ﺍﻟﻌﺎﺩﺓ ﹸﻭ ﹺﺟ ﹶﺪ ﻓﻲ ﻣﻮﺿﻊ ﺁﺧﺮ ﺭﺃ ﹸﻳﺖ ﺃﻧﻪ ﺃﻟﻴﻖ ﺑﻪ ؛ ﻭﻗﺪ ﹸ . ﻭﻓﻲ ﻋﻠﻢ ﺍﻟﻤﻨﻄﻖ، ﻭﺧﺼﻮﺻﺎ ﻓﻲ ﻋﻠﻢ ﺍﻟﻄﺒﻴﻌﺔ ﻭﻣﺎ ﺑﻌﺪﻫﺎ، ﺑﻨﻈﺮﻱ
die systematische einheit des kit§b aà-àif§"
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‘Erste Philosophie’ (al-falsafah al-"ål§) gehört, habe ich, um keine Zeit zu verschwenden, [hier] nicht dargeboten, sondern es später an seinem Ort behandelt.“9
Angesicht dessen, daß die vorgefundene Ordnung der einzelnen Disziplinen im Kit§b aà-àif§" beibehalten wird, mag nun die ibn-sinische Kritik an dem durch die Tradition vorgegebenen Ort bestimmter Wissenschaften auf den ersten Blick weniger radikal erscheinen. Beim näheren Betrachten jedoch, erweist sich dieser Eindruck als unberechtigt. Denn es wird klar, daß eine solche Kritik für Ibn SÊn§ nur noch in der Wissenschaftslehre der Zweiten Analytiken gründen kann, und darum notwendigerweise in dem einer jeden Wissenschaft vorangestellten, der jeweiligen Subjektsbestimmung gewidmeten Kapitel, d. h. an ihrem „inneren“ Ort vorgetragen wird, so daß sie auch dann nicht relativiert oder gar revidiert werden kann, wenn man sich wie Ibn SÊn§ aus Gründen der Konvention dazu entscheidet, die entsprechende Wissenschaft nicht zu „verlegen“. Die wichtigste Konsequenz, die jedoch dann gezogen werden muß, ist Ibn SÊn§, wie der Fall der „Kategorien“ zeigt, nicht entgangen: „Du mußt [also] erkennen, daß das Ziel (Çara·) dieses Buches [der ‘Kategorien’] darin besteht, als gegeben hinzunehmen ("an ta#taqida … #tiq§dan maw·å#an musallaman), daß es zehn Bestimmungen gibt, die als oberste Gattungen ("aÆn§s #§liyah)10 die Seienden umfassen und die durch einfache sprachliche Ausdrücke bezeichnet werden, und daß du ferner weißt, daß eine davon die Substanz, die übrigen neun die Akzidenzien sind, allerdings ohne daß dir bewiesen wird, daß diese neun Akzidenzien sind, sondern du muß es [hier] einfach akzeptieren.“11
Daß sich der Student der Logik hinsichtlich der Kategorien mit dem bloßen „Daß-Es-So-Ist“ begnügen muß und der angesprochenen Frage nach dem „Warum“, die an dieser Stelle mit der Frage nach 9
Ibn SÊn§: Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: I. al-MadÉal (Isagoge), I 1, S. 10, Z. 5-7:
ﺃﻋﻨﻲ، ﻭﺇﻧﻤﺎ ﻫﻲ ﻟﻠﺼﻨﺎﻋﺔ ﺍ ﹺﻟﺤﻜﹾ ﹺﻤﻴﺔ، ﻭﻗﺪ ﺟﺮﺕ ﺍﻟﻌﺎﺩﺓ ﺑﺄﻥ ﺗﻄﻮﻝ ﻣﺒﺎﺩﺉ ﺍﻟﻤﻨﻄﻖ ﺑﺄﺷﻴﺎﺀ ﻟﻴﺴﺖ ﻣﻨﻄﻘﻴﺔ ﹼ ﻓﺘﺠﻨﺒﺖ ﺇﻳﺮﺍﺩ ﹴ، ﺍﻟﻔﻠﺴﻔﺔ ﺍﻷﻭﻟﻰ .ﻭﺃﺧ ﹸﺮﺗ ﹸﻪ ﺇﻟﻰ ﻣﻮﺿﻌﻪ ، ﺷﻲﺀ ﻣﻦ ﺫﻟﻚ ﹶ ﱠ، ﻭﺇﺿﺎﻋﺔ ﺍﻟﺰﻣﺎﻥ ﺑﻪ ﹶ 10
Vgl. dazu z. B. at-Ta#lÊq§t, S. 94, Z. 7-8: „Die Kategorien sind wie oberste Gattungen, weil sie von ihren Arten ausgesagt werden, ohne daß von ihnen [selbst] eine weitere Gattung prädiziert wird.“
. ﺍﻟﻤﻘﻮﻻﺕ ﻫﻲ ﻛﺎﻷﺟﻨﺎﺱ ﺍﻟﻌﺎﻟﻴﺔ ﻷﻧﻬﺎ ﺗﻜﻮﻥ ﻣﺤﻤﻮﻟﺔ ﻋﻠﻰ ﺃﻧﻮﺍﻋﻬﺎ ﻭﻻ ﻳﺤﻤﻞ ﻋﻠﻴﻬﺎ ﺟﻨﺲ ﺁﺧﺮ
11
Ibn SÊn§: Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: II. al-Maqål§t (Kategorien), I 1, S. 6, Z. 17-20:
das „seiende als seiendes“
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dem „Was“ von Substanz und Akzidens zusammenfällt, nicht nachgehen darf, liegt aber darin, daß die genannten Fragen der Logik schlechthin nicht zugänglich sein können: „Du solltest also wissen, daß alle Versuche zu zeigen, daß diese [d. h. die Kategorien] zehn an der Zahl sind, daß es keine [je eigene] Wissenschaft von den Kategorien gibt, daß es keine Überschneidungen zwischen diesen gibt, daß ferner eine jede spezifisch so-und-so bestimmt ist, daß neun von ihnen sich darin von der ersten unterscheiden, daß diese Substanz ist, jene aber Akzidenzien sind, und Ähnliches [an Aussagen], Erweise sind, die aus anderen Wissenschaften entnommen und äußerst verkürzt dargestellt sind. Denn die Erkenntnis dessen kann nur durch umfassende Untersuchung (istiqߧ") gewonnen werden. Eine solche umfassende Untersuchung ist aber erst dann möglich, wenn die Ebene der Wissenschaft, die Erste Philosophie genannt wird, erreicht ist.“12
ﻓﻴﺠﺐ ﺃﻥ ﺗﺘﺤﻘﻖ ﱠﺃﻥ ﺍﻟﻐﺮﺽ ﻓﻲ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻜﺘﺎﺏ ﻫﻮ ﺃﻥ ﺗﻌﺘﻘﺪ ﺃﻥ ﺃﻣﻮﺭﺍﹰ ﻋﺸﺮﺓ ﻫﻰ ﺃﺟﻨﺎﺱ ﻋﺎﻟﻴﺔ ﺗﺤﻮﻯ ﻭﺃﻥ ﺗﻌﻠﻢ ﺃﻥ ﻭﺍﺣﺪﺍ ﻣﻨﻬﺎ ﺟﻮﻫﺮ ﻭﺃﻥ، ﻭﻋﻠﻴﻬﺎ ﺗﻘﻊ ﺍﻷﻟﻔﺎﻅ ﺍﻟﻤﻔﺮﺩﺓ ﺍﻋﺘﻘﺎﺩﺍ ﻣﻮﺿﻮﻋﺎ ﻣﺴﻠﹼﻤﺎ، ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩﺍﺕ . ﺑﻞ ﻳﺠﺐ ﺃﻥ ﺗﻘﺒﻠﻪ ﻗﺒﻮﻻ، ﻣﻦ ﻏﻴﺮ ﺃﻥ ﻳﺒﺮﻫﻦ ﻟﻚ ﺃﻥ ﺍﻟﺘﺴﻌﺔ ﺃﻋﺮﺍﺽ، ﺍﻟﺘﺴﻌﺔ ﺍﻟﺒﺎﻗﻴﺔ ﺃﻋﺮﺍﺽ
Darin weiß sich Ibn SÊn§ ausdrücklich mit Aristoteles einig, wie die folgende Aussage (Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: II. al-Maqål§t (Kategorien), I 1, S. 6, Z. 9-10) zeigt: „Zudem solltest du wissen, daß der Verfasser dieses Buches es nicht so konzipiert hat, daß man den Inhalt nachvollziehen kann, sondern daß man ihn im guten Glauben als gesetzt akzeptiert.“
ﺑﻞ ﻋﻠﻰ ﺳﺒﻴﻞ، ﻭﻫﻮ ﺃﻥ ﻭﺍﺿﻊ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻜﺘﺎﺏ ﻟﻢ ﻳﻀﻌﻪ ﻋﻠﻰ ﺳﺒﻴﻞ ﺍﻟﺘﻌﻠﻴﻢ، ﺃﻥ ﺗﻌﻠﻢ ﺷﻴﺌﺎ ﺁﺧﺮ... ﻓﻴﺠﺐ . ﺍﻟﻮﺿﻊ ﻭﺍﻟﺘﻘﻠﻴﺪ
Der erste Lehrer sei sich ferner der von Ibn SÊn§ in al-Maqål§t (Kategorien) I 1 angesprochenen Probleme bewußt gewesen, vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: II. al-Maqål§t (Kategorien), I 1, S. 7, Z. 8-9: „Daß ich die Wahrheit sage, zeigt sich daran, daß diese Themen bereits in der Vorlage [des Aristoteles] ausgelassen worden sind.“
12
. ﻭﺍﻟﺪﻟﻴﻞ ﻋﻠﻰ ﺃﻥ ﺍﻟﺤﻖ ﻣﺎ ﺃﻗﻮﻟﻪ ﻟﻚ ﻫﻮ ﺃﻥ ﻫﺬﻩ ﺍﻟﻤﺒﺎﺣﺚ ﻗﺪ ﹸﺗ ﹺﺮﻛﺖ ﻓﻲ ﺍﻟﻜﺘﺎﺏ ﺍﻟﺬﻱ ﻫﻮ ﺍﻷﺻﻞ
Ibn SÊn§: Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: II. al-Maqål§t (Kategorien), I 1, S. 6, Z. 13-16:
ﻭﺃﻥ، ﻭﺃﻧﻪ ﻻ ﺗﺪﺍﺧﻞ ﻓﻴﻬﺎ، ﻭﺃﻧﻪ ﻻ ﻋﻠﻢ ﻟﻬﺎ، ﻭﻳﺠﺐ ﺃﻥ ﺗﻌﻠﻢ ﹼﺃﻥ ﻛﻞ ﻣﺎ ﻳﺤﺎﻭﻟﻮﻥ ﺑﻪ ﺇﺛﺒﺎﺕ ﺍﻟﻌﺪﺩ ﻟﻬﺬﻩ ﺍﻟﻌﺸﺮﺓ ﻭﻣﺎ ﺃﺷﺒﻪ، ﻭﺃﻥ ﺗﺴﻌﺔ ﻣﻨﻬﺎ ﻣﺨﺎﻟﻔﺔ ﻟﻠﻮﺍﺣﺪ ﺍﻷﻭﻝ ﻓﻲ ﺃﻧﻪ ﺟﻮﻫﺮ ﻭﻫﻲ ﺃﻋﺮﺍﺽ، ﻟﻜﻞ ﻭﺍﺣﺪ ﻣﻨﻬﺎ ﺧﺎﺻﻴﺔ ﻛﺬﺍ ﺇﺫ ﻻ ﺳﺒﻴﻞ ﺇﻟﻰ ﻣﻌﺮﻓﺔ ﺫﻟﻚ ﺇﻻ. ﺫﻟﻚ ﻓﺈﻧﻬﺎ ﺑﻴﺎﻧﺎﺕ ﻣﺠﺘﻠﺒﺔ ﻣﻦ ﺻﻨﺎﻋﺎﺕ ﺃﺧﺮﻯ ﻭﻣﻘﺼﺮ ﻓﻴﻬﺎ ﻛﻞ ﺍﻟﺘﻘﺼﻴﺮ . ﺑﺎﻻﺳﺘﻘﺼﺎﺀ ؛ ﻭﻻ ﺳﺒﻴﻞ ﺇﻟﻰ ﺍﻻﺳﺘﻘﺼﺎﺀ ﺇﻻ ﺑﻌﺪ ﺍﻟﻮﺻﻮﻝ ﺇﻟﻰ ﺩﺭﺟﺔ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺍﻟﺬﻱ ﻳﺴﻤﻰ ﻓﻠﺴﻔﺔ ﺃﻭﻟﻰ
die systematische einheit des kit§b aà-àif§"
47
Die „Kategorien“ aus dem Curriculum der Logik auszunehmen, bringe ferner, so Ibn SÊn§ weiter, keine negativen Auswirkungen mit sich, denn die Themenkomplexe der Logik – von den einfachen sprachlichen Ausdrücken, dem Satz und dem Urteil, dem Syllogismus bis zu Definition13 und Beweis sowie anderen Schlußarten – ließen sich vollständig absolvieren, „auch wenn der Student der Logik nicht im geringsten ahnen würde, daß es so etwas wie die zehn Kategorien überhaupt gibt.“14 Darüber hinaus, sei auf diese Weise die Verwirrung zu vermeiden, die die „Kategorien“ in den Köpfen der Studenten stiften, wenn sie in einer ihrem Gegenstande nicht adäquaten Summa (Æumlah) wie der Logik15 durchgenommen werden. Dennoch entscheidet sich Ibn SÊn§ dazu, der Konvention zu folgen, nicht aber ohne zugleich auf das genannte Problem aufmerksam zu machen: „Nun haben wir unsere Kritik vorgetragen, folgen aber dennoch nolens volens der üblichen Vorgehensweise. [Zugleich] sagen wir aber: dieses Buch [aus der Metaphysik in die Logik] vorzuverlegen, bringt nicht nur keinen großen Nutzen, sondern kann am Anfang geradezu schaden. Denn ich habe sehr viele Leute gesehen, deren Geist auf Grund der Lektüre der ‘Kategorien’ verwirrt wurde, so daß sie sich Dinge vorstellten, deren wirklicher Erweis im Rahmen dieses Buches nicht möglich ist. Was zur Folge hatte, daß sich bei ihnen falsche Vorstellungen festsetzten, auf denen dann Auffassungen begründet wurden, die ihren Verstand verdunkelt haben, nämlich indem sich auf der Tafel ihres Verstandes einschrieb, was durch das Beschreiben mit anderem
Diese und die folgenden Textpassagen zur Subjektsbestimmung der Kategorien wurden auch von Gutas übersetzt und kommentiert. Vgl. dazu Gutas: Avicenna and the Aristotelian Tradition, S. 265-267. 13 Vgl. dazu ausdrücklich Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: II. al-Maqål§t (Kategorien), I 1, S. 6, Z. 6-7:
. ﻓﺈﻧﻪ ﻳﻤﻜﻦ ﺃﻥ ﺗﻌﻠﻢ ﺻﻨﺎﻋﺔ ﺍﻟﺘﺤﺪﻳﺪ ﺑﻜﻤﺎﻟﻬﺎ ﻣﻦ ﻏﻴﺮ ﺃﻥ ﻳﺤﺘﺎﺝ ﺇﻟﻰ ﺇﻓﺮﺍﺩ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻔﻦ
14
Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: II. al-Maqål§t (Kategorien), I 1, S. 5, Z. 1-4:
، ﻭﻋﺮﻑ ﺍﻻﺳﻢ ﻭﺍﻟﻜﻠﻤﺔ، ﺇﺫﺍ ﺍﻧﺘﻘﻞ ﺑﻌﺪ ﻣﻌﺮﻓﺘﻪ ﺑﻤﺎ ﻋﺮﻓﻨﺎ ﻣﻦ ﺃﺣﻮﺍﻝ ﺍﻷﻟﻔﺎﻅ ﺍﻟﻤﻔﺮﺩﺓ، ﻓﺈﻥ ﺍﻟﻤﺘﻌﻠﻢ ﻟﻠﻤﻨﻄﻖ ﹼ ﻭﻣﻮﺍﺩ ﺍﻟﻘﻴﺎﺳﺎﺕ ﻭﺍﻟﺤﺪﻭﺩ، ﻭﺍﻟﻘﻴﺎﺳﺎﺕ ﻭﺍﻟﺘﺤﺪﻳﺪﺍﺕ ﻭ ﺃﺻﻨﺎﻓﻬﺎ، ﺃﻣﻜﻦ ﺃﻥ ﻳﻨﺘﻘﻞ ﺇﻟﻰ ﺗﻌﻠﻢ ﺍﻟﻘﻀﺎﻳﺎ ﻭﺃﻗﺴﺎﻣﻬﺎ . ﻭﺇﻥ ﻟﻢ ﻳﺨﻄﺮ ﺑﺒﺎﻟﻪ ﺃﻥ ﻫﻬﻨﺎ ﻣﻘﻮﻻﺕ ﻋﺸﺮﺍ، ﺍﻟﺒﺮﻫﺎﻧﻴﺔ ﻭﻏﻴﺮ ﺍﻟﺒﺮﻫﺎﻧﻴﺔ ﻭﺃﺟﻨﺎﺳﻬﺎ ﻭﺃﻧﻮﺍﻋﻬﺎ 15 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: II. al-Maqål§t (Kategorien), I 1, S. 6, Z. 10-11: „Es gibt keinen der Logik angemessenen Weg dir diejenige Erkenntnis zu vermitteln, die nur durch die umfassende Untersuchung [also erst in der Ersten Philosophie] erworben wird.“
. ﻓﺈﻧﻪ ﻻ ﺳﺒﻴﻞ ﺑﺎﻟﺒﻴﺎﻥ ﺍﻟﻤﻨﺎﺳﺐ ﻟﻠﻤﻨﻄﻖ ﺇﻟﻰ ﺃﻥ ﺗﻌﻠﻢ ﻣﺎ ﻳﻌﻠﻢ ﻓﻴﻪ ﺑﺎﻟﺘﺤﻘﻴﻖ
das „seiende als seiendes“
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nicht wieder ausgelöscht wurde, sondern dieses in dem es sich mit ihm vermischte, verfälschte.“16
Ibn SÊn§s Auffassung nach sind die Kategorien, so ließe es sich nun in aller Klarheit festhalten, jene voneinander abgegrenzten und aufeinander nicht zurückführbaren „obersten Gattungen“, die als erste Bestimmungen das Seiende in einer je bestimmten Hinsicht explizieren, ohne jedoch als Subjekte eine je eigene Wissenschaft zu begründen, sondern fallen unter den Gegenstandsbereich der Metaphysik. Das in der Logik zu zeigen hieße, bereits dort Erste Philosophie zu treiben. Alle oben angeführten Texte finden sich im I. Kapitel der Maqål§t des Kit§b aà-àif§", das den Titel „Über das Ziel der Kategorien“ trägt. Dies ist kein Zufall, sondern Programm, dessen Grundlage, wie bereits angedeutet, die Wissenschaftstheorie der Zweiten Analytiken17 ist. Dieses Programm ist nun keineswegs auf einzelne Disziplinen – etwa auf solche, deren Subjektsbestimmungen als umstritten galten – eingeschränkt, sondern bestimmt den systematischen Zusammenhang des gesamten Kit§b aà-àif§".18 Umgekehrt ist dieses Programm jenes Regelwerk, das die von Ibn SÊn§ intendierte Einheit dieses gewaltigen Werkes, sollte sie keine beiläufige sein, zwingend erfordert. Die Ordnung der einzelnen Wissenschaften des Kit§b aà-àif§" ist, wie noch im Rahmen der Wissenschaftslehre gezeigt wird, im Verhältnis der 16
Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: II. al-Maqål§t (Kategorien), I 1, S. 8, Z. 10-15:
، ﺇﻥ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻜﺘﺎﺏ ﻭﺗﻘﺪﻳﻤﻪ: ﻭﻧﻘﻮﻝ، ﺷﺌﻨﺎ ﺃﻭ ﺃﺑﻴﻨﺎ، ﻭ ﺃﻣﺎ ﻧﺤﻦ ﻓﻨﻘﻮﻝ ﻣﺎ ﻗﻠﻨﺎﻩ ﺛﻢ ﻧﺘﺒﻊ ﻣﻨﻬﺎﺝ ﺍﻟﻘﻮﻡ ﻭﻋﺎﺩﺗﻬﻢ ﻓﺈﻧﻪ ﺭﺑﻤﺎ ﺿﺮ ﻓﻲ ﺑﺎﺩﺉ ﺍﻷﻣﺮ ؛ ﻓﻤﺎ ﺃﻛﺜﺮ ﻣﻦ ﺷﺎﻫﺪﺗﻪ ﻗﺪ ﺗﺸﻮﺷﺖ ﻧﻔﺴﻪ ﺑﺴﺒﺐ، ﻣﻊ ﺃﻧﻪ ﻟﻴﺲ ﺑﻜﺜﻴﺮ ﺍﻟﻨﻔﻊ ﻓﺎﻧﻌﻘﺪﺕ ﻟﻪ، ﺣﺘﻰ ﺗﺨﻴﻞ ﻣﻨﻪ ﺃﻣﻮﺭﺍ ﻻ ﺳﺒﻴﻞ ﺇﻟﻰ ﺗﺤﻘﻘﻬﺎ ﻋﻠﻰ ﻛﻨﻬﻬﺎ ﻓﻲ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻜﺘﺎﺏ، ﻗﺮﺍﺀﺗﻪ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻜﺘﺎﺏ ﻭﺍﻧﺴﻄﺮ ﻓﻲ ﻟﻮﺡ ﻋﻘﻠﻪ، ﻭﺍﻧﺒﻨﺖ ﻟﻪ ﻋﻠﻴﻬﺎ ﻣﺬﺍﻫﺐ ﻭﺁﺭﺍﺀ ﺩﻧﺴﺖ ﺑﺬﻟﻚ ﻧﻔﺴﻪ، ﺧﻴﺎﻻﺕ ﻣﺼﺮﻭﻓﺔ ﻋﻦ ﺍﻟﺤﻘﻴﻘﺔ . ﻓﺈﺫﺍ ﺧﺎﻟﻄﻪ ﺷﻮﺷﻪ، ﻣﺎ ﻻ ﻳﻨﻤﺤﻰ ﺑﺎﻧﺴﻄﺎﺭ ﻏﻴﺮﻩ 17
Zur Bedeutung der Zweiten Analytiken des Aristoteles in der arabisch-islamischen Philosophie des Mittelalters vgl. Maróth: Die Araber & die antike Wissenschaftstheorie, S. 73ff. und den Umriß von Marmura: The Fortuna of the Posterior Analytics. 18 Die Radikalität dieses Ansatzes wurde in der Forschung bislang nicht erkannt. Die Wissenschaftstheorie der Zweiten Analytiken wird meist ausschließlich als Instrument für die Lösung des Sonderproblems der Subjektsbestimmung der Ersten Philosophie betrachtet. Konsultiert man überhaupt die Beweisschrift (al-Burh§n) des Kit§b aà-àif§", so nur – wie etwa bei R. E. Houser (vgl. dessen: Let Them Suffer into the Truth, S. 112ff.) – um die arabischen Entsprechungen für die aristotelischen Termini anzugeben.
die systematische einheit des kit§b aà-àif§"
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einzelnen Subjekte fundiert, so daß eine jede Subjektsbestimmung stets die Perspektive eines Teils zum Ganzen impliziert. Will man das ibn-sinische Verständnis z. B. des Verhältnisses der Logik zur Philosophie, oder seine Konzeption einzelner Wissenschaften wie etwa der Topik, der Physik oder der Metaphysik herausfinden, so muß man nicht lange suchen. Der Ort ist systematisch vorgegeben und von Ibn SÊn§ mit Titeln versehen, in denen die entsprechenden wissenschaftstheoretischen Formeln enthalten sind: „Aufmerksammachen auf die Wissenschaften und die Logik“ (al-MadÉal I 2), „Der Nutzen der Logik“ (al-MadÉal I 3), „Das Subjekt der Logik“ (alMadÉal I 4), „Darüber, daß die Logik ein für die philosophischen Wissenschaften unentbehrliches Instrument ist“ (al-Qiy§s I 2), „Über das Ziel der Kategorien“ (al-Maqål§t I 1), „Über die Bestimmung des dialektischen Schlusses und seinen Nutzen“ (al-@adal I 1), „Über die Bestimmung der Methode, durch die Wissen über die Naturdinge von ihren Prinzipien her erlangt wird“ (as-Sam§# aã-ãabÊ#Ê I 1), „Über den Ausgangspunkt der Frage nach dem Subjekt der Ersten Philosophie mit dem Ziel, daß seine Proprietät ("innÊyah)19 in Abgrenzung zu den [Subjekten der anderen] Wissenschaften deutlich werde“ (al-"Il§hÊy§t I 1), „Über die Subjektsbestimmung dieser Wissenschaft“ (al-"Il§hÊy§t I 2) etc. Auf diesem Hintergrund betrachtet erscheint Ibn SÊn§s kritische Systematisierung einzelner Wissenschaften – insbesondere der Metaphysik – als notwendige Folge seines als Einheit konzipierten opus magnum.
Als Beleg für die oben angeführte Bedeutung von "innÊyah wäre auf Kit§b aààif§": al-Manãiq: I. al-MadÉal (Isagoge) I 7, insbesondere S. 39, Z. 7ff. zu verweisen. 19
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das „seiende als seiendes“
II. DIE PROBLEMSTELLUNG IN AL-"IL$H^Y$T (METAPHYSIK) DES KIT$B A’-’IF$" Die zwischen 412/1022 und 414/1024 in zwanzig Tagen vollständig verfaßte Metaphysik des Kit§b aà-àif§"20 ist unter allen anderen Metaphysikentwürfen Ibn SÊn§s21 die systematischste und ausführlichste. Sie weist eine Tiefenstruktur auf, die in den zahlreichen, meist später entstandenen Kurzfassungen einiger theoretischen Wissenschaften und der Logik wie al-"Ià§r§t wa-t-tanbÊh§t (Hinweise und Anmerkungen; entstanden zwischen 421/1030 und 425/103422), an-NaƧh (Die Rettung; 417/1026 oder 418/102723), Manãiq al-maàriqÊyÊn (Der Logos der Ostler; 418/1027-420/102924), D§neàn§me-ye #Al§"Ê (Philosophie für #Al§" ad-Dawla; 418/102725) oder auch #Uyån al-Èikmah (Perlen der Philosophie) vorausgesetzt wird. Die Metaphysik des Kit§b aà-àif§" wird gemäß der oben beschriebenen einheitlichen Konzeption dieses Werkes als dessen letzter, aber keineswegs exklusiver Teil entfaltet. An die höchste der betrachtenden Wissenschaften (al-#ulåm an-naíarÊyah) werden die allgemeinen Forderungen der im beweistheoretischen Teil dieses Werkes (al-Manãiq: V. al-Burh§n) dargelegten aristotelischen Wissenschaftslehre gestellt. Wie noch zu sehen sein wird, erfolgt die Bestimmung des Subjekts (maw·å#)26 der „Ersten Philosophie“, ihrer Stellung 20 Vgl. Gutas: Avicenna and the Aristotelian Tradition, S. 104-105. Zur Chronologie der Hauptwerke Ibn SÊn§s vgl. ebd., S. 145. 21 Einen Überblick über die Hauptwerke Ibn SÊn§s zur Metaphysik bietet A. Bertolacci: The Reception of Aristotle’s Metaphysics in Avicenna’s Kit§b al-’if§", S. 381ff. 22 Vgl. Gutas: Avicenna and the Aristotelian Tradition, S. 140. 23 Vgl. ebd., S. 112. 24 Vgl. ebd., S. 123ff. 25 Vgl. ebd., S. 114. Zur Übersetzung ins Englische und Analyse des metaphysischen Teils dieses persischsprachigen Werkes Ibn SÊn§s vgl. P. Morewedge: The Metaphysica of Avicenna (Ibn SÊn§). 26 Der, wie bereits gesehen, schon von al-F§r§bÊ verwendete Begriff „Subjekt“ (maw·å#, lat. subiectum) meint entsprechend dem aristotelischen Wissenschaftsverständnis der Analytika posteriora (I 7, 75a43ff.; I 10, 76b3-22; I 28, 87a38ff.) das, wovon als Zugrundeliegendem (ὑποκείµενον) begründetes Wissen in einer Wissenschaft erstrebt wird. Daß z. B. dem Körper, insofern dieser der Bewegung und der Ruhe unterworfen ist, und nur insofern, bestimmte wesentliche Eigenschaften und Teile zukommen, ist das durch die Physik Gewußte. Der bewegte Körper, um bei
die problemstellung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
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(martabah) unter den anderen theoretischen Wissenschaften und ihres Nutzens (manfa#ah) erst durch die Anwendung der wissenschaftstheoretischen Kriterien. Dem Ansatz al-F§r§bÊs folgend macht Ibn SÊn§ am Anfang seiner Metaphysik, die er „Wissenschaft vom Göttlichen“ (al-"Il§hÊy§t) nennt, mit allem Nachdruck deutlich, daß eine solche Wissenschaft nur dann möglich ist, wenn die Frage nach ihrem ersten Subjekt hinreichend beantwortet werden kann. Die Lösung dieser Frage wird in einem ersten Schritt als Ergebnis der systematischen Untersuchung der ersten vier Kapiteln des ersten Buches präsentiert. Es sind jedoch die folgenden vier Kapiteln des ersten Buches, die die Möglichkeit der bereits entworfenen Lösung begründen. Die Gewichtung der Frage nach der Gegenstandsbestimmung der Metaphysik wird besonders deutlich, wenn man bedenkt, daß das gesamte erste Buch als eines der insgesamt zehn Bücher der Metaphysik des Kit§b aà-àif§" dieser Frage gewidmet ist. Die Bedeutung dieses Komplexes für das Verständnis der Konzeption vom Transzendentalen bei Ibn SÊn§ ist zweifach zu begründen: Erst im Lichte der dieser Frage zugrundeliegenden, durch die Tradition vorgegebenen Vielheit und Verschiedenheit dessen, was die Metaphysik im einzelnen leisten soll, wird die Transkategorialität solcher Bestimmungen wie „Seiendes“ und „Eines“ in ihrem Lösungspotential erkannt. Auch wenn Ibn SÊn§ in anderen Kontexten – so etwa bereits in der Logik, insbesondere im MadÉal (Isagoge) – auf den transzendentalen Charakter bestimmter Begriffe aufmerksam macht, werden Bedeutung und Funktion des Transzendentalen erst in der Durchführung der Ersten Philosophie erfaßt. Gestellt und systematisch entfaltet wird die Frage nach dem Subjekt der Metaphysik in der Metaphysik selbst, auch wenn die Lösung, wie der Autor selbst anmerkt27, bereits im Burh§n (Zweite Analytik) angedeutet wurde. Andeutungen zu dem Subjekt der Metaphysik sind dort allerdings an mehreren Stellen zu finden. So dem Beispiel der Physik zu bleiben, fungiert dabei als logisch-grammatikalisches Subjekt, von dem seine wesentlichen Eigenschaften ausgesagt werden und wird daher in Anlehnung daran „Subjekt“ genannt. Zu der ibn-sinischen Rezeption der in al-Burh§n (Zweite Analytik) des Kit§b aà-àif§" dargestellten aristotelischen Wissenschaftslehre vgl. Zweiter Teil, Kapitel II, 1, c). 27 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 1, S. 5, Z. 1-3, (=Liber de philosophia prima I 1, S. 3, Z. 35-37; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 2, Z. 34-37).
das „seiende als seiendes“
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bemerkt Ibn SÊn§ etwa bei der Darlegung der Notwendigkeit, daß die partikularen Wissenschaften nur ein jeweils bestimmtes und dadurch sowohl von den Subjekten der anderen partikularen Wissenschaften als auch vom Subjekt der universalen Wissenschaft unterschiedenes Subjekt haben dürfen, folgendes: „Oder, sollte der Arithmetiker die Zahl, sofern sie Seiendes ist, untersuchen, so müßte er Untersuchungen über das anstellen, was dem Seienden als Seienden zukommt, und damit wäre die Arithmetik von der Ersten Philosophie nicht unterschieden.“28
In Metaphysik I 129 bezieht sich Ibn SÊn§ wohl jedoch auf eine andere Stelle im Burh§n (Zweite Analytik), an der er im Rahmen der Frage nach den Gemeinsamkeiten und Differenzen der Wissenschaften nicht nur darauf verweist, daß die Begriffe des Seienden und des Einen den Gegenständen der anderen Wissenschaften „gemeinsam“ sind, sondern auch explizit darauf, daß sie „Subjekt“ der höchsten Wissenschaft sind. Dort werden also das „Seiende“ und das „Eine“ selbst als „Subjekt“, und zwar als das „gemeinsamste“ bezeichnet. Das Prinzip des gesamten verursachten Seienden (Gott) weist hingegen diese Gemeinsamkeit nicht auf, und vermag daher nicht Subjekt der Metaphysik zu sein. Da es aber andererseits Prinzip des verursachten Seienden schlechthin ist, kann keine der partikularen Wissenschaften nach diesem fragen. Der Grund dafür liegt, wie noch zu sehen sein wird, in der Wissenschaftstheorie. Da das Subjekt einer partikularen Wissenschaft ein je spezifisch weiter bestimmtes verursachtes Seiendes ist, kann in dieser Wissenschaft nur danach gefragt werden, was dem so bestimmten Subjekt, auf Grund seiner Bestimmtheit wesentlich zukommt. Es bleibt daher nur die Möglichkeit, dieses Prinzip in einem Teil der höchsten Wissenschaft zu untersuchen. 30
28
Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) II 2, S. 133, Z. 2-4:
ﻛﺎﻥ ﻟﻪ ﺃﻥ ﻳﻨﻈﺮ ﻓﻴﻤﺎ ﻳﻌﺮﺽ ﻟﻠﻤﻮﺟﻮﺩ ﻣﻦ ﺣﻴﺚ، ﺃﻭ ﻛﺎﻥ ﺻﺎﺣﺐ ﺍﻟﻌﺪﺩ ﻳﻨﻈﺮ ﻓﻲ ﺍﻟﻌﺪﺩ ﻣﻦ ﺟﻬﺔ ﻣﺎ ﻫﻮ ﻣﻮﺟﻮﺩ . ﻓﻜﺎﻥ ﺍﻟﺤﺴﺎﺏ ﻻ ﻳﻔﺎﺭﻕ ﺍﻟﻔﻠﺴﻔﺔ ﺍﻷﻭﻟﻰ، ﻫﻮ ﻣﻮﺟﻮﺩ 29 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 1, S. 5, Z. 1-3, (=Liber de philosophia prima I 1, S. 3, Z. 35-37; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 2, Z. 34-37). 30 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) II 7, S. 165, Z. 3-10. Diese außerordentlich wichtige Stelle wird noch im Unterkapitel über die Wissenschaftstheorie (Zweiter Teil, Kapitel II, 1, c) übersetzt und ausführlich kommentiert.
die problemstellung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
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Ibn SÊn§ versucht nun die Problemstellung der Gegenstandsbestimmung der Metaphysik von zwei Seiten her deutlich werden zu lassen: 1. Der einheitlichen Systematik des Kit§b aà-àif§" folgend, faßt er zum einen wissenschaftssystematisch das aus den voraufgegangenen Wissenschaften gewonnene Vorverständnis von Metaphysik zusammen: An die in al-MadÉal (Isagoge) dargelegte Einteilung der Wissenschaften in praktische und theoretische anknüpfend,31 wendet er sich nun den letzteren zu. In den theoretischen Wissenschaften wird „die Vervollkommnung (istikm§l) des Denkvermögens der Seele (alqåwatu n-naíarÊyatu mina n-nafsi) durch die Verwirklichung des Verstandes in actu“ erstrebt, „und dies [die Vervollkommnung] geschieht durch den Erwerb von Begriffs- und Urteilswissen“ (bi-Èußåli l-#ilmi t-taßawwurÊyi wa-t-taßdÊqÊ) von den Dingen, die im Unterschied zu denen, auf die die praktischen Wissenschaften hingeordnet sind, „nicht dadurch das sind, was sie sind, daß sie unsere Handlungen und Zustände sind“ (bi-"umårin laysat hiya hiya bi"annah§ "a#m§lun§ wa-"aÈw§lun§).32 Wenngleich sich bereits zeigte, was die jeweiligen Gegenstände der Physik und der Mathematik sind, 31 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: I. al-MadÉal (Isagoge), I 2, S. 12, Z. 3-9: „Wir sagen: Das Ziel in der Philosophie ist das Wesen aller Dinge in dem Maße, in dem es dem Menschen möglich ist, zu erkennen. Die seienden Dinge sind nun entweder solche, deren Sein unabhängig von unserem Wollen und Tun ist, oder eben solche, die durch unser Wollen und Tun sind. Die Erkenntnis der zum ersten Teil gehörigen Dinge wird theoretische Philosophie genannt, die Erkenntnis der zum zweiten Teil gehörigen Dinge heißt praktische Philosophie. Das Ziel der theoretischen Philosophie besteht in der Vervollkommnung der Seele nur durch Wissen, das der praktischen Philosophie hingegen ist die Vervollkommnung der Seele nicht nur durch bloßes Wissen, sondern dadurch, daß sie das erkennt, gemäß dem man handeln muß und [eben dementsprechend] handelt.“
ﹺ ﻟﻐﺮﺽ ﻓﻲ ﺍﻟﻔﻠﺴﻔﺔ ﺃ ﹾﹶﻥ ﹸﻳﻮ ﹶﻗ ﹶﻒ ﻋﻠﻰ ﺣﻘﺎ ﹺﺋﻖ ﺍﻷﺷﻴﺎﺀ ﻛﻠﹺﹼﻬﺎ ﻋﻠﻰ ﻗﺪﺭ ﻣﺎ ﻳﻤﻜﻦ ﺍﻹﻧﺴﺎﻥ ﺃﻥ ﻳﻘﻒ ﱠﺇﻥ ﺍ ﹶ: ﻓﻨﻘﻮﻝ ﻭﺍﻷﺷﻴﺎﺀ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩﺓ ﺇﻣﺎ ﺃﺷﻴﺎﺀ ﻣﻮﺟﻮﺩﺓ ﻟﻴﺲ ﻭﺟﻮﺩﻫﺎ ﺑﺎﺧﺘﻴﺎﺭﻧﺎ ﹺ. ﻋﻠﻴﻪ ﻭﺟﻮﺩﻫﺎ ﻭﺇﻣﺎ ﺃﺷﻴﺎﺀ، ﻭﻓﻌﻠﹺﻨﺎ ﹸ ﹲ ﹸ ﹸ ﹾ ﻭﻣﻌﺮﻓﺔ ﺍﻷﻣﻮﺭ ﺍﻟﺘﻲ ﻣﻦ ﺍﻟﻘﺴﻢ، ﻭﻣﻌﺮﻓﺔ ﺍﻷﻣﻮﺭ ﺍﻟﺘﻲ ﻣﻦ ﺍﻟﻘﺴﻢ ﺍﻷﻭﻝ ﺗﺴﻤﻰ ﻓﻠﺴﻔ ﹰﺔ ﻧﻈﺮﻳﺔ. ﺑﺎﺧﺘﻴﺎﺭﻧﺎ ﻭﻓﻌﻠﻨﺎ ﻭﺍﻟﻔﻠﺴﻔﺔ ﺍﻟﻌﻤﻠﻴﺔ، ﻭﺍﻟﻔﻠﺴﻔﺔ ﺍﻟﻨﻈﺮﻳﺔ ﺇﻧﻤﺎ ﺍﻟﻐﺎﻳﺔ ﻓﻴﻬﺎ ﺗﻜﻤﻴﻞ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﺑﺄﻥ ﺗﻌﻠﻢ ﻓﻘﻂ. ﺍﻟﺜﺎﻧﻰ ﺗﺴﻤﻰ ﻓﻠﺴﻔ ﹰﺔ ﻋﻤﻠﻴﺔ . ﺑﻞ ﺑﺄﻥ ﺗﻌﻠﻢ ﻣﺎ ﹸﻳﻌﻤﻞ ﺑﻪ ﹶﻓﺘﻌﻤﻞ، ﻻ ﺑﺄﻥ ﺗﻌﻠﻢ ﻓﻘﻂ، ﺇﻧﻤﺎ ﺍﻟﻐﺎﻳﺔ ﻓﻴﻬﺎ ﺗﻜﻤﻴﻞ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﹾﹶ ﹾﹶ Vgl. dazu auch die Übersetzung und den Kommentar von M. Marmura: Avicenna on the Division of the Sciences in the Isagogè of his Shif§". 32 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 1, S. 3, Z. 12 – S. 4, Z. 1, (=Liber de philosophia prima I 1, S. 1, Z. 9-13; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 2, Z. 3-8):
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das „seiende als seiendes“
deren wesentliche Eigenschaften dann in diesen Wissenschaften betrachtet werden, so ging dies jedoch hinsichtlich der dritten der betrachtenden Wissenschaften, der Metaphysik, aus den voraufgegangenen Disziplinen nicht hervor. Über sie läßt sich auf Grund des bisher Gewußten „maximal“33 folgendes sagen: „[Und es wurde erwähnt], daß die ‘göttlichen’ [Wissenschaften] (al-"il§hÊyah) das von der Materie dem Sein (bi-l-qiw§mi) und der Definition nach (bi-l-Èaddi) Abgetrennte (al-"umåru l-muf§riqah) untersucht. Ferner hast du auch gehört, daß es die ‘göttliche’ [Wissenschaft] (al-"il§hÊ) ist, die die Frage nach den ersten Ursachen (al-"asb§bu l-"ål§) des physischen und des mathematischen Seins, und nach dem, was diese beiden betrifft, stellt, wie auch nach ‘der Ursache der Ursachen’ (musabbibu l-"asb§bi) und dem ‘Prinzip der Prinzipien’, und das ist Gott der Erhabene.“34
Dies, so stellt Ibn SÊn§ abschließend fest, beantwortet aber noch keineswegs die Frage, was „tatsächlich“ (bi-l-ÈaqÊqah) das Subjekt der göttlichen Wissenschaft ist. Dadurch unterscheidet sich die Metaphysik, und zwar als erste, von allen anderen Wissenschaften. Denn hinsichtlich dessen, wovon etwas in einer Wissenschaft gewußt
ﻭﺫﻟﻚ ﺑﺤﺼﻮﻝ، ﻭﺫﻛﺮ ﺃﻥ ﺍﻟﻨﻈﺮﻳﺔ ﻫﻲ ﺍﻟﺘﻰ ﻧﻄﻠﺐ ﻓﻴﻬﺎ ﺍﺳﺘﻜﻤﺎﻝ ﺍﻟﻘﻮﺓ ﺍﻟﻨﻈﺮﻳﺔ ﻣﻦ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﺑﺤﺼﻮﻝ ﺍﻟﻌﻘﻞ ﺑﺎﻟﻔﻌﻞ ﹸ .ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺍﻟﺘﺼﻮﺭﻯ ﻭﺍﻟﺘﺼﺪﻳﻘﻰ ﺑﺄﻣﻮﺭ ﻟﻴﺴﺖ ﻫﻲ ﻫﻲ ﺑﺄﻧﻬﺎ ﺃﻋﻤﺎﻟﻨﺎ ﻭﺃﺣﻮﺍﻟﻨﺎ
Et diximus quod speculativae sunt illae in quibus quaerit perfici virtus animae speculativa per acquisitionem intelligentiae in effectu, scilicet per adeptionem scientiae imaginativae et creditivae de rebus quae non sunt nostra opera nec nostrae dispositiones. 33 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 1, S. 5, Z. 1, (=Liber de philosophia prima I 1, S. 3, Z. 34; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 2, Z. 34-35):
.ﻓﻬﺬﺍ ﻫﻮ ﻗﺪﺭ ﻣﺎ ﻭﻗﻔﺖ ﻋﻠﻴﻪ ﻓﻴﻤﺎ ﺳﻠﻒ ﻟﻚ ﻣﻦ ﺍﻟﻜﺘﺐ
Et hoc est quod potuisti attingere ex libris transactis. 34 Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 1, S. 4, Z. 14-17, (=Liber de philosophia prima I 1, S. 2, Z. 28 – S. 3, Z. 34; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 2, Z. 28-33):
ﻭﻗﺪ ﺳﻤﻌﺖ ﺃﻳﻀﺎ ﺃﻥ ﺍﻹﻟﻬﻰ ﻫﻮ ﺍﻟﺬﻯ ﻳﺒﺤﺚ. ﻭﺃﻥ ﺍﻹﻟﻬﻴﺔ ﺗﺒﺤﺚ ﻋﻦ ﺍﻷﻣﻮﺭ ﺍﻟﻤﻔﺎﺭﻗﺔ ﻟﻠﻤﺎﺩﺓ ﺑﺎﻟﻘﻮﺍﻡ ﻭﺍﻟﺤﺪ ﻭﻋﻦ ﻣﺴﺒﺐ ﺍﻷﺳﺒﺎﺏ ﻭﻣﺒﺪﺃ ﺍﻟﻤﺒﺎﺩﺉ، ﻓﻴﻪ ﻋﻦ ﺍﻷﺳﺒﺎﺏ ﺍﻷﻭﻟﻰ ﻟﻠﻮﺟﻮﺩ ﺍﻟﻄﺒﻴﻌﻰ ﻭﺍﻟﺘﻌﻠﻴﻤﻰ ﻭﻣﺎ ﻳﺘﻌﻠﻖ ﺑﻬﻤﺎ . ﻭﻫﻮ ﺍﻹﻟﻪ ﺗﻌﺎﻟﻰ ﺟﺪﻩ
… et quod divinae scientiae non inquirunt nisi res separatas a materia secundum existentiam et definitionem. Iam etiam audisti quod scientia divina est in qua quaerunt de primis causis naturalis esse et doctrinalis esse et de eo quod pendet ex his, et de causa causarum et de principio principiorum, quod est Deus excelsus.
die problemstellung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
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wird, nämlich ihr Subjekt, als auch hinsichtlich dessen, was in dieser Wissenschaft „gesucht“ und als Ergebnis gewußt wird, nämlich daß dem jeweiligen Subjekt bestimmte wesentliche Eigenschaften zukommen, wie auch schließlich hinsichtlich der jeweiligen für das Beweisen konstitutiven Prinzipien,35 bestand in keiner der übrigen Wissenschaften eine vergleichbare Unklarheit. Das Subjekt der Metaphysik versteht sich also als erstes nicht von selbst, es kann unmittelbar, d. h. auf Grund des von Ibn SÊn§ skizzierten Vorverständnisses, „wirklich“ (Èaqqa t-taÈqÊqi) nicht bestimmt werden. Daran anknüpfend wird noch hinzugefügt, daß dasselbe auch hinsichtlich dessen gilt, ob das Subjekt „das Wesen der ersten Ursache“ (d§tå l-#illati l-"ål§) oder etwas anderes sei.36 Diese Hinzufügung erscheint zunächst problematisch, sagt sie doch nicht mehr aus, als das Voraufgegangene. Erfolgt die Antwort auf der Frage nach dem „Was“ des Subjekts nicht, so kann ebensowenig entschieden werden, ob es dieses Bestimmte, nämlich die „erste Ursache“ ist oder nicht. Ibn SÊn§ bezieht sich hier offensichtlich auf die Methode der zu erstrebenden „wirklichen Untersuchung“. In einem Ausschlußverfahren soll das Subjekt-Sein eines der möglichen Kandidaten ausgewiesen werden, so daß dann nach dessen wesentlichen Eigenschaften gefragt werden kann37. Es wäre dabei gemäß der Beweistheorie zu erwarten, daß dasjenige, dem einerseits das Subjekt-Sein der Metaphysik nicht zugesprochen werden kann, das andererseits aber notwendigerweise 35
Diese werden in einer jeden Wissenschaft als ihre unbeweisbaren Prämissen vorausgesetzt. Vgl. dazu ausführlich Zweiter Teil, Kapitel II, 1, c). 36 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 1, S. 5, Z. 1-6, (=Liber de philosophia prima I 1, S. 3, Z. 35-43; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 2, Z. 35 – S. 3, Z. 6):
ﻭﻟﻢ ﻳﺘﺒﺒﻦ ﻟﻚ ﻣﻦ ﺫﻟﻚ ﺃﻥ ﺍﻟﻤﻮﺿﻮﻉ ﻟﻠﻌﻠﻢ ﺍﻹﻟﻬﻰ ﻣﺎ ﻫﻮ ﺑﺎﻟﺤﻘﻴﻘﺔ ﺇﻻ ﺇﺷﺎﺭﺓ ﺟﺮﺕ ﻓﻲ ﻛﺘﺎﺏ ﺍﻟﺒﺮﻫﺎﻥ ﻣﻦ ﺍﻟﻤﻨﻄﻖ ﻭﻣﺒﺎﺩﺉ، ﻭﺃﺷﻴﺎﺀ ﻫﻲ ﺍﻟﻤﻄﻠﻮﺑﺔ، ﻭﺫﻟﻚ ﺃﻥ ﻓﻲ ﺳﺎﺋﺮ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ ﻗﺪ ﻛﺎﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﻟﻚ ﺷﻰﺀ ﻫﻮ ﻣﻮﺿﻮﻉ.ﺇﻥ ﺗﺬﻛﺮﺗﻬﺎ ﻭﻫﻞ ﻫﻮ ﺫﺍﺕ ﺍﻟﻌﻠﺔ، ﻓﻠﺴﺖ ﺗﺤﻘﻖ ﺣﻖ ﺍﻟﺘﺤﻘﻴﻖ ﻣﺎ ﺍﻟﻤﻮﺿﻮﻉ ﻟﻬﺬﺍ ﺍﻟﻌﻠﻢ، ﻭﺍﻵﻥ.ﻣﺴﻠﻤﺔ ﻣﻨﻬﺎ ﺗﺆﻟﻒ ﺍﻟﺒﺮﺍﻫﻴﻦ .ﺍﻷﻭﻟﻰ ﺣﺘﻰ ﻳﻜﻮﻥ ﺍﻟﻤﺮﺍﺩ ﻣﻌﺮﻓﺔ ﺻﻔﺎﺗﻪ ﻭﺃﻓﻌﺎﻟﻪ ﺃﻭ ﻣﻌﻨﻰ ﺁﺧﺮ
Ex quibus tamen non plene patuit tibi quid certissime sit subiectum divinae scientiae, nisi aliquantula innuitione quam transcurri in libro logicae De Analyticis Posterioribus, si meministi: et quod in ceteris scientiis est aliquid quod est subiectum, et quod aliqua sunt quae inquiruntur in eis, et quod principia aliqua conceduntur in eis ex quibus componitur demonstratio. Sed tamen per hoc non vere certificatus es quid sit subiectum huius scientiae, scilicet an sit essentia primi principii, ad hoc ut id quod quaerimus in ea sit cognitio proprietatum et actionum eius, vel an sit alia intentio. 37 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t, ebd.
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das „seiende als seiendes“
in den Untersuchungsbereich der Metaphysik gehört, nun in irgendeiner Weise unter die eigentümlichen Eigenschaften oder Teile des Subjekts fällt. 2. Auf das Problem der Gegenstandsbestimmung der höchsten der theoretischen Wissenschaften, der „Wissenschaft vom Göttlichen“, versucht Ibn SÊn§ nun von einer anderen Seite her aufmerksam zu machen. Er weist sowohl auf den verschiedenen, dem Leser des Kit§b aà-àif§" bereits begegneten Bezeichnungen wie „wahre Philosophie“ (falsafatun bi-l-ÈaqÊqati), „erste Philosophie“ (falsafatun "ål§) und die „wahre Weisheit“ (al-Èikmatu bi-l-ÈaqÊqati)38 hin, als auch auf die dreifache Beschreibung von „Weisheit“ (al-Èikmah) als „das beste Wissen von dem vornehmsten Wißbaren“ ("af·alu #ilmin bi-"af·ali ma#låmin), „die wahrste und bestbegründetste Erkenntnis“ (alma#rifatu allatÊ hiya "aßaÈÈu ma#rifatin wa-"atqanuh§) und als „Wissen von den ersten Ursachen von allem“ (al-#ilmu bi-l-"asb§bi l-"ål§ li-lkulli). Die Definition39 der „ersten Philosophie“ und die der „Weisheit“ können jedoch auch hieraus nicht gewonnen werden, es bleibt ferner unklar, ob es sich bei den verschiedenen Bezeichnungen und Beschreibungen um Bezeichnungen und Beschreibungen ein und derselben oder je verschiedener Disziplinen handelt.40 38 Eine ausführliche Liste der im ibn-sinischen Corpus verwendeten Bezeichnungen für die „Metaphysik“ des Aristoteles sowie für die Metaphysik als Wissenschaft findet sich bei A. Bertolacci: The Reception of Aristotle’s Metaphysics in Avicenna’s Kit§b al-’if§", S. 593ff. 39 Vgl. dazu den arabischen Text in der folgenden Anm.: „Dabei hast du nicht erfaßt, was diese ‘Erste Philosophie’ und was diese ‘Weisheit’ ist“. Hier ist freilich nicht die bloße Namensbeschreibung (rasm), sondern die wirkliche Definition gemeint. Umgekehrt sollten die am Anschluß daran erwähnten „Definitionen“ (Èudåd) als Namensexplikationen verstanden werden. 40 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 1, S. 5, Z. 7-12, (=Liber de philosophia prima I 1, S. 3, Z. 44 – S. 4, Z. 53; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 3, Z. 7-15):
، ﻭﺃﻧﻬﺎ ﺗﻔﻴﺪ ﺗﺼﺤﻴﺢ ﻣﺒﺎﺩﺉ ﺳﺎﺋﺮ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ، ﻭﻓﻠﺴﻔﺔ ﺃﻭﻟﻰ، ﻭﺃﻳﻀﺎ ﻗﺪ ﻛﻨﺖ ﺗﺴﻤﻊ ﺃﻥ ﻫﻬﻨﺎ ﻓﻠﺴﻔﺔ ﺑﺎﻟﺤﻘﻴﻘﺔ ﻭﺃﺧﺮﻯ ﺃﻥ، ﻭﻗﺪ ﻛﻨﺖ ﺗﺴﻤﻊ ﺗﺎﺭﺓ ﺃﻥ ﺍﻟﺤﻜﻤﺔ ﻫﻲ ﺃﻓﻀﻞ ﻋﻠﻢ ﺑﺄﻓﻀﻞ ﻣﻌﻠﻮﻡ. ﻭﺃﻧﻬﺎ ﻫﻲ ﺍﻟﺤﻜﻤﺔ ﺑﺎﻟﺤﻘﻴﻘﺔ ﻭﻛﻨﺖ ﻻ ﺗﻌﺮﻑ. ﻭﺃﺧﺮﻯ ﺃﻧﻬﺎ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺑﺎﻷﺳﺒﺎﺏ ﺍﻷﻭﻟﻰ ﻟﻠﻜﻞ، ﺍﻟﺤﻜﻤﺔ ﻫﻲ ﺍﻟﻤﻌﺮﻓﺔ ﺍﻟﺘﻰ ﻫﻲ ﺃﺻﺢ ﻣﻌﺮﻓﺔ ﻭﺃﺗﻘﻨﻬﺎ ﺃﻭ ﻟﺼﻨﺎﻋﺎﺕ، ﻭﻫﻞ ﺍﻟﺤﺪﻭﺩ ﻭﺍﻟﺼﻔﺎﺕ ﺍﻟﺜﻼﺙ ﻟﺼﻨﺎﻋﺔ ﻭﺍﺣﺪﺓ، ﻭﻣﺎ ﻫﺬﻩ ﺍﻟﺤﻜﻤﺔ، ﻣﺎ ﻫﺬﻩ ﺍﻟﻔﻠﺴﻔﺔ ﺍﻷﻭﻟﻰ . ﻣﺨﺘﻠﻔﺔ ﻛﻞ ﻭﺍﺣﺪﺓ ﻣﻨﻬﺎ ﺗﺴﻤﻰ ﺣﻜﻤﺔ
Et etiam iam audisti quod haec est philosophia certissima et philosophia prima, et quod ipsa facit acquirere verificationem principiorum ceterarum scientiarum, et quod ipsa est sapientia certissime. Iam etiam audisti saepe quod sapientia est excel-
die problemstellung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
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Die Lösung der zuletzt genannten Schwierigkeit vorwegnehmend bemerkt Ibn SÊn§, daß die „erste Philosophie“ und die „absolute Weisheit“ (al-Èikmah al-muãlaqah) nicht nur ein und dieselbe Disziplin seien, sondern daß diese Disziplin eben die Metaphysik sei.41 Mit dem oben erwähnten Verweis auf die Unmöglichkeit der Definitionsangabe von „erster Philosophie“ und „Weisheit“, was nichts anderes bedeutet, als die Angabe der jeweiligen Subjekte dieser Wissenschaften, würde auch die Möglichkeit scheitern, das nun „gemeinsame“ Subjekt auf diese Weise zu bestimmen. Das Problem scheint also nicht in der Vielheit der für unser Vorverständnis noch bloßen Namensexplikationen und Beschreibungen der gesuchten Wissenschaft zu gründen, sondern in der Heterogenität dessen, was die „göttliche Wissenschaft“ als ein und dieselbe Disziplin untersuchen soll. Gelingt es nicht, die Einheit vom „Abgetrennten“, den „ersten Ursachen“ des mathematischen und physischen Seins und von Gott in einem Gemeinsamen zu fundieren, würde sich eine so konzipierte Metaphysik als unmöglich erweisen. Die Problemstellung beschließend macht Ibn SÊn§ erneut deutlich, daß die Metaphysik, ungeachtet dessen, daß sich ihr Subjekt als einziges nicht von selbst versteht, ebenso wie jede andere Wissenschaft den wissenschaftstheoretischen Anforderungen, die hier in der Metaphysik des Kit§b aà-àif§" vom Burh§n (Zweite Analytik) desselben Werkes her als bekannt vorausgesetzt werden,42 genügen muß.43 lentior scientia ad sciendum id quod est excellentius scitum, et iterum quod sapientia est cognitio quae est certior et convenientior, et iterum quod ipsa est scientia primarum causarum totius. Et tamen non intellexisti quid esset haec philosophia vel haec sapientia, nec si haec tres definitiones vel proprietates sint unius artis vel diversarum quarum unaquaeque dicatur sapientia. 41 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 1, S. 5, Z. 13-15, (=Liber de philosophia prima I 1, S. 4, Z. 53-56; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 3, Z. 16-19):
ﻭﺃﻥ ﺍﻟﺼﻔﺎﺕ، ﻭﺃﻧﻪ ﺍﻟﺤﻜﻤﺔ ﺍﻟﻤﻄﻠﻘﺔ، ﻭﻧﺤﻦ ﻧﺒﻴﻦ ﻟﻚ ﺍﻵﻥ ﺃﻥ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺍﻟﺬﻯ ﻧﺤﻦ ﺑﺴﺒﻴﻠﻪ ﻫﻮ ﺍﻟﻔﻠﺴﻔﺔ ﺍﻷﻭﻟﻰ . ﻭﻫﻰ ﻫﺬﻩ ﺍﻟﺼﻨﺎﻋﺔ، ﺍﻟﺜﻼ ﺙ ﺍﻟﺘﻰ ﹸﺭﺳﻢ ﺑﻬﺎ ﺍﻟﺤﻜﻤﺔ ﻫﻲ ﺻﻔﺎﺕ ﺻﻨﺎﻋﺔ ﻭﺍﺣﺪﺓ
Nunc autem nos manifestabimus quod haec scientia in cuius via sumus est philosophia prima et quod ipsa est sapientia absolute, et quod tres proprietates per quas describitur sapientia, sunt proprietates unius magisterii, et quod ipsa est ipsum magisterium. 42 Vgl. dazu Kapitel I. des zweiten Teils der vorliegenden Arbeit. 43 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 1, S. 5, Z. 15-16, (=Liber de philosophia prima I 1, S. 4, Z. 57-58; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 3, Z. 19-21):
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das „seiende als seiendes“
Bevor die von Ibn SÊn§ im Anschluß an diese Problemstellung erarbeitete Lösung im einzelnen untersucht wird, ist es also sinnvoll, die im Burh§n dargestellte Wissenschaftstheorie zu skizzieren. Diese geht zweifellos auf Aristoteles zurück. Für das fünfte Buch der Logik gilt jedoch dasselbe, was, wie bereits erläutert, für das gesamte Kit§b aà-àif§" gilt: es stellt keinen Kommentar zu den Zweiten Analytiken des Aristoteles dar, sondern hat den Charakter einer zwar auf der Grundlage der aristotelischen Vorlage beruhenden, jedoch eigenständig durchgeführten Arbeit.44 Ich werde daher im folgenden auch die der Sache nach entsprechenden Stellen bei Aristoteles angeben.45 Hierbei wird auch die arabische Übersetzung der „Analytika posteriora“ von "Abå Biàr Matt§ Ibn Yånis al-Qunn§"Ê46 berücksichtigt. Diese sich auf die syrische Übertragung des "Isȧq Ibn \unayn stützende Übersetzung weist einen hohen Grad an Genauigkeit auf und ist hinsichtlich sowohl der Herausbildung der arabischen Wissenschaftssprache, als auch der Klärung von Termini von großer Bedeutung. Der eigentlichen Darstellung der Wissenschaftstheorie wird jedoch aus systematischen Gründen die nun folgende Untersuchung über die beiden allem Wissen zugrundeliegenden Erkenntnisformen taßawwur und taßdÊq vorangestellt. Denn dieser Themenkomplex wird bereits im MadÉal (Isagoge) des Kit§b aà-àif§" eingehend behandelt und gehört somit zu den Voraussetzungen des Burh§n (Zweite Analytik).
ﻣﺎ ﻫﻮ ؟، ﻓﻠﻨﺒﺤﺚ ﺍﻵﻥ ﻋﻦ ﺍﻟﻤﻮﺿﻮﻉ ﻟﻬﺬﺍ ﺍﻟﻌﻠﻢ، ﻳﺨﺼﻪ ﻭﻗﺪ ﹸﻋﻠﻢ ﺃﻥ ﻟﻜﻞ ﻋﻠ ﹴﻢ ﻣﻮﺿﻮﻋﺎ ﹼ
Constat autem quod omnis scientia habet subiectum suum proprium. Inquiramus ergo quid sit subiectum huius scientiae. 44 Über die formale Zuordnung der Themen des Burh§n zu den der Zweiten Analytiken des Aristoteles vgl. "Abå al-#Al§ #AfÊfÊ: muqaddimat an-n§àir, in: Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik), besonders S. 10ff. Inhaltlich dürfte Ibn SÊn§, wie der Überblick von Maróth deutlich macht, an einigen Punkten stark von Aristoteles abgewichen sein. Vgl. dazu M. Maróth: Die Araber & die antike Wissenschaftstheorie, S. 103ff. und 144ff. Ob Ibn SÊn§ dabei lediglich den neuplatonischen Kommentatoren folgt oder bestimmte Ansätze eigenständig weiterführt, muß noch eingehend untersucht werden. 45 Zur aristotelischen Wissenschaftslehre vgl. C. Prantl: Geschichte der Logik im Abendlande, Bd. 1, S. 120ff.; einen zusammenfassenden Überblick darüber bietet A. Zimmermann: Ontologie oder Metaphysik?, S. 127-136. 46 Vgl. "Arisãåã§lis (Aristoteles): Kit§b "anålåãÊq§ al-"aw§Éir wa-huwa l-ma#råf bi-kit§b al-burh§n li-"Arisãåã§lis.
die problemstellung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
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1. Die Struktur der Wissenschaft a) taßawwur und taßdÊq Da erwerbbares Wissen (al-#ilmu l-muktasabu bi-l-fikrati), soll es wissenschaftliches sein, begründet sein muß, ist die Struktur der Wissenschaft die des Beweisens. Auf die bereits erwähnte und im folgenden noch zu erläuternde grundlegende Zweiheit von Begriffs- und Urteilswissen angewandt, bedeutet das, daß das durch Syllogismus gewonnene Urteil ein „gewisses“ (taßdÊqun yaqÊnÊ), und der durch Definition erschlossene Begriff ein „wirklicher“ (taßawwurun ÈaqÊqÊ) sein sollen. Ein Urteil ist aber dann „gewiß“, wenn der Sachverhalt „nicht anders sein kann“.47 „Wirklich“ ist ein Begriff dann zu nennen, wenn die Definition die Washeit (al-m§hÊyah) bezeichnet, wobei Washeit den „vollständigen Wesensgehalt einer Sache“ (kam§lu ÈaqÊqati à-àay"i) meint, wodurch sie das ist, was sie ist.48 Möglichkeitsbedingung dieser Bestimmung von Wissen und Wissenschaft sind die folgenden zwei Momente: 1) Beweis (burh§n) und Definition (Èadd) erreichen nur in einem im folgenden noch näher zu bestimmenden Aufeinanderbezogensein das gewisse Urteil und den wirklichen Begriff und können daher nur gemeinsam zu dem erstrebten Erkenntnisziel führen. Dieser Zusammenhang ist für das Verständnis der ibn-sinischen Konzeption von Wissen und Wissenschaft von zentraler Bedeutung. 47 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) I 1, S. 51, Z. 8-10:
ﻭﻛﺎﻥ ﻛﻤﺎ ﺃﻥ ﺍﻟﺘﺼﺪﻳﻖ ﻋﻠﻰ ﻣﺮﺍﺗﺐ ؛ ﻓﻤﻨﻪ ﻳﻘﻴﻨﻰ ﻳﻌﺘﻘﺪ ﻣﻌﻪ ﺍﻋﺘﻘﺎﺩ ﺛﺎﻥ – ﺇﻣﺎ ﺑﺎﻟﻔﻌﻞ ﻭﺇﻣﺎ ﺑﺎﻟﻘﻮﺓ ﺍﻟﻘﺮﻳﺒﺔ ﻣﻦ .ﻟﻤﺼﺪﻕ ﺑﻪ ﻻ ﻳﻤﻜﻦ ﺃﻥ ﻻ ﻳﻜﻮﻥ ﻋﻠﻰ ﻣﺎ ﻫﻮ ﻋﻠﻴﻪ ﺇﺫﺍ ﻛﺎﻥ ﻻ ﻳﻤﻜﻦ ﺯﻭﺍﻝ ﻫﺬﺍ ﺍﻻﻋﺘﻘﺎﺩ ﻓﻴﻪ ﺍﻟﻔﻌﻞ – ﺃﻥ ﺍ ﱠ
Vgl. dazu ebenfalls Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) III 9, S. 256, Z. 8-9:
ﻭﻳﻌﺘﻘﺪ ﺃﻧﻪ، ﻭﺍﻟﻴﻘﻴﻦ ﻣﻨﻪ ﻫﻮ ﺃﻥ ﻳﻌﺘﻘﺪ ﻓﻲ ﺍﻟﺸﻲﺀ ﺃﻧﻪ ﻛﺬﺍ. ﻭﺍﻟﻌﻠﻢ ﺍﻟﺘﺼﺪﻳﻘﻲ ﻫﻮ ﺃﻥ ﻳﻌﺘﻘﺪ ﻓﻲ ﺍﻟﺸﻲﺀ ﺃﻧﻪ ﻛﺬﺍ . ﻻ ﻳﻤﻜﻦ ﺃﻻ ﻳﻜﻮﻥ ﻛﺬﺍ ﺍﻋﺘﻘﺎﺩﺍ ﻭﻗﻮﻋﻪ ﻣﻦ ﺣﻴﺚ ﻻ ﻳﻤﻜﻦ ﺯﻭﺍﻟﻪ 48
Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) I 1, S. 52, Z. 8-10:
. ﺇﻥ ﺍﻟﺤﺪ ﻗﻮﻝ ﺩﺍﻝ ﻋﻠﻰ ﻣﺎﻫﻴﺔ: «ﻣﺎ ﻗﺎﻟﻪ ﺍﻟﻤﻌﻠﻢ ﺍﻷﻭﻝ ﻓﻲ »ﻛﺘﺎﺏ ﺍﻟﺠﺪﻝ... []ﻫﻮ...ﺭﺳﻢ ﺍﻟﺤﺪ... .ﻳﻌﻨﻰ ﺑﺎﻟﻤﺎﻫﻴﺔ ﻛﻤﺎﻝ ﺣﻘﻴﻘﺔ ﺍﻟﺸﻰﺀ ﺍﻟﺘﻰ ﺑﻬﺎ ﻫﻮ ﻣﺎ ﻫﻮ ؛ ﻭﺑﻬﺎ ﻳﺘﻢ ﺣﺼﻮﻝ ﺫﺍﺗﻪ Vgl. Aristoteles: Topik VII 5, 154a 31; ebd. I 5, 101b 38.
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das „seiende als seiendes“
2) Allem erwerbbaren Wissen, d. h. allen aus der Realität im Zuge eines Abstraktionsprozesses (taÆrÊd) erkannten inhaltlich-sachhaltigen Bestimmungen, wie etwa „Mensch“ oder „Pferd“ einerseits, und allen inhaltlich-sachhaltigen Urteilen, wie z. B. das geometrische „alle Maße, die einem Maß gleich sind, sind untereinander gleich“ andererseits, gehen, wie in dieser Arbeit noch expliziert wird, apriorische Denkprinzipien (badÊhÊy§t) vorauf. Diese Denkprinzipien, die ersten Grundbegriffe auf der Seite des taßawwur und die ersten Urteile auf der Seite des taßdÊq, bedingen die Möglichkeit einer jeden inhaltlich-sachhaltigen Erkenntnis. Der Erkenntnisprozeß basiert nach Ibn SÊn§ auf zwei voneinander abgegrenzten Formen des Denkens: taßawwur (begriffliches Erfassen, Begriffsbildung) und taßdÊq (Urteilen). Ein adäquates Verständnis der Wissenschaftstheorie setzt daher die Einsicht in die Konzeption dieser zwei Grundstrukturen des Erkenntnisvermögens voraus. Im MadÉal (Isagoge) des Kit§b aà-àif§" reflektiert Ibn SÊn§ darüber, was unter taßawwur und taßdÊq zu verstehen ist. Diese Stelle weicht inhaltlich nicht von den Stellen in den anderen enzyklopädischen Werken49 des Autors ab, ist jedoch die ausführlichste. Sie darf also einerseits mit dem Ziel, das Verständnis zu erleichtern durch diese ergänzt werden, und andererseits als repräsentative Darstellung für die Bedeutungen der beiden Begriffe in den gesamten logischen Schriften Ibn SÊn§s gelten. Im Burh§n (Zweite Analytik) des Kit§b aààif§" werden dann, wie später noch gezeigt wird, das definitorische Wissen und das Wissen durch Beweis entsprechend jeweils dem Bereich von taßawwur (Erfassen der abstraktiven Formen der realen Dinge und Sachverhalte) bzw. dem von taßdÊq (Urteilen) zugewiesen. Die Begriffe taßawwur und taßdÊq in der arabischsprachigen philosophischen Literatur wurden in der Forschung bereits mehrfach und zum Teil kontrovers diskutiert.50 Die Dringlichkeit der Frage nach 49 Zu den entsprechenden Stellen in den anderen Werken Ibn SÊn§s vgl. al-"Ià§r§t wa-t-tanbÊh§t, an-nahÆ al-"awwal, Reprint (Frankfurt 1999) der Edition von Jacques Forget (Leiden 1892), S. 3, Z. 15ff.; in der Edition von Sulaym§n Duny§, (3. Auflage, Kairo 1983), Bd. 1: al-Manãiq (Logik), S. 133, Z. 1ff.; an-NaƧh fÊ l-manãiq wa-l-"il§hÊy§t, Teil I (Logik), faßlun fÊ t-taßawwuri wa-t-taßdÊqi wa-ãarÊqi kullin minhum§, S. 9-10; Manãiq al-maàriqÊyÊn, S. 261-262. 50 Einen allgemeinen Überblick sowie die Vermutung des stoischen Ursprungs der beiden Begriffe bietet H. A. Wolfson: The Terms taßawwur and taßdÊq in Arabic Philosophy and their Greek, Latin and Hebrew Equivalents, S. 478-492. Zum ibnsinischen Gebrauch vgl. A.-M. Goichon: Lexique de la langue philosophique d’Ibn
die problemstellung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
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der Begriffsgeschichte und dem Ursprung dieser Termini wurde in der Forschung darin begründet gesehen, daß der expliziten Distinktion der beiden Termini in den arabischsprachigen logischen Schriften lediglich der Ansatz zu einer solchen Distinktion im aristotelischen Corpus entsprechen würde, nämlich „νόησισ“ für taßawwur und „ἀποφαντικὸσ λόγοσ“ für taßdÊq, so daß eine andere antike griechische Quelle als unmittelbare Vorlage für diese Dinstinktion zu erwarten wäre. Wie bereits P. Kraus, stellt auch Wolfson die Hypothese auf, daß als eine solche Quelle die Stoiker anzusehen wären. Im Gegensatz zu Kraus bestimmt er jedoch nicht mehr „φαντασία“ und „συγκατάθεσισ“, sondern „φαντασία λογική“ und „ἀξίωµα“ als die jeweiligen Entsprechungen für taßawwur und taßdÊq. Als Möglichkeitsbedingungen für eine angemessene Antwort auf die Frage nach dem Ursprung dieser Begriffe dürften jedoch neben den umfangreichen und editorisch bei weitem nicht erschlossenen syrisch-arabischen Übersetzungen des rezipierten heterogenen griechischen Corpus, auch die Erschließung der Bedeutungen dieser sehr frühen Begriffe bei den christ lich-orientalischen und islamischen Logikern angesehen werden. Im folgenden soll zunächst die sprachliche Bestimmung der beiden Termini, sodann die Erschließung ihrer Bedeutungen im philosophischen Kontext bei Ibn SÊn§ versucht werden. Der Infinitiv im Arabischen drückt ohne Unterschied in der Form sowohl die aktive als auch die passive Bedeutung des zugehörigen Verbs aus. Zudem umfaßt die Bedeutung eines jeden arabischen Verbs sowohl die Handlung als auch deren Ergebnis, was dementsprechend auch vom Infinitiv zum Ausdruck gebracht wird. – taßawwur (Pl. taßawwur§t) ist der Infinitiv des V. Stammes „taßawwara/yataßawwaru“ (sich etwas vorstellen) und bedeutet also zunächst
SÊn§ (Avicenne), taßawwur (§ 374), S. 191-193; taßdÊq (§ 361), S. 179-180; ferner J. van Ess: Die Erkenntnislehre des #A·udaddÊn al-^cÊ, S. 95ff. Die Übersetzung einiger zentraler Stellen zu taßdÊq und taßawwur, sowie einen wagen Überblick über ihre Bedeutungen und einen Vergleich zu Kant bietet M. Muthreich: Theoretische Grundlagen im Gottesbegriff bei Avicenna, S. 19-24; zum Gebrauch der Termini bei al-F§r§bÊ vgl. J. Lameer: Al-F§r§bÊ and Aristotelian Syllogistics, insbesondere S. 265-268. A. I. Sabra’s kurzer Umriß (vgl. ders: Avicenna on the Subject Matter of Logic, S. 746-764) aus der älteren Forschung und D. L. Blacks Überblick über die Bedeutung von taßawwur und taßdÊq in der jüngeren Literatur (vgl. dies.: Logic and Aristotle’s Rhetoric and Poetics, S. 71-78) können als die bislang fundiertesten gelten.
das „seiende als seiendes“
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ganz allgemein das „Sich-etwas-Vorstellen“ sowie dann auch „die Vorstellung“. – taßdÊq (Pl. taßdÊq§t) ist der Infinitiv des II. Stammes „ßaddaqa/ yußaddiqu“ (etwas für wahr halten, etwas für wahr erklären, bzw. dessen Wahrheitsanspruch bekräftigen). Der Infinitiv meint also das „Für-wahr-Halten“, das „Verifizieren“, die „Bekräftigung des Wahrheitsanspruches einer Aussage“, wie auch, als Abstraktivum, das „Für-wahr-Gehaltene“, die „Verifikation“. Die ausführlichste Auskunft darüber, was nach Ibn SÊn§ unter „taßawwur“ und „taßdÊq“ zu verstehen ist, findet sich im „Kapitel über den Nutzen der Logik“ (I 3) des MadÉal (Isagoge): „Ebenso wie etwas (aà-àay") von zwei Seiten her erkannt wird (yu#lam): Die eine [Weise besteht darin], daß es lediglich begrifflich erfaßt wird (yutaßawwaru faqaã), so daß, sollte es dafür [d. h. für das Erfaßte] einen Namen geben und dieser dann ausgesprochen wird, sich seine Bedeutung (ma#n§) im Bewußtsein (dihn) einstellt, selbst wenn Wahrheit (ßidq) oder Falschheit (kidb) dabei nicht vorliegen. So, wie wenn gesagt wird: ‘Mensch’ oder ‘Tue dies!’. Denn sobald du die Bedeutung dessen verstanden hast, was an dich gerichtet ist, hast du es begrifflich erfaßt. Die zweite [Weise besteht darin], daß mit dem begrifflichen Erfassen auch Urteilen (taßdÊq) [stattfindet], so daß wenn dir z. B. gesagt wird: ‘Alles Weiß-Sein ist ein Akzidens’, du nicht nur den propositionalen Gehalt dieser Aussage (ma#n§ h§d§ l-qawli) erfaßt, sondern auch urteilst, daß dies der Fall ist. Denn auch wenn du im Zweifel darüber bist, ob es nun so oder nicht so ist, so hast du bereits das Gesagte erfaßt, denn du zweifelst ja nicht an etwas, was du nicht erfaßt hast oder nicht verstehst, allerdings hast du [in einem solchen Zweifelsfall] noch kein Urteil gefällt. Jedes gedankliche Urteilen (taßdÊq) findet somit [immer] zusammen mit begrifflichem Erfassen statt, nicht jedoch umgekehrt. Das begriffliche Erfassen eines solchen [propositionalen] Gehalts (ma#n§) bewirkt, daß sich im Bewußtsein die Form (ßårah) dieser Zusammensetzung (ta"lÊf) und desjenigen, woraus sie zusammengesetzt wird, wie die ‘Weiße’ und das ‘Akzidens’, einstellt. 51 Das ‘Alswahr-Beurteilen’ (taßdÊq) besteht nun darin, daß im Bewußtsein der 51
Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: I. al-MadÉal (Isagoge), I 3, S. 17, Z. 7-16:
ﺗﻤﺜﻞ ﻣﻌﻨﺎﻩ ﻓﻲ، ﺃﺣﺪﻫﻤﺎ ﺃﻥ ﹸﻳ ﹶﺘﺼﻮﺭ ﻓﻘﻂ ﺣﺘﻰ ﺇﺫﺍ ﻛﺎﻥ ﻟﻪ ﺍﺳﻢ ﹸﻓﻨ ﹺﻄﻖ ﺑﻪ: ﻭﻛﻤﺎ ﺃﻥ ﺍﻟﺸﻲﺀ ﹸﻳﻌ ﹶﻠﻢ ﻣﻦ ﻭﺟﻬﻴﻦ ﹾ ﺍﻓﻌﻞ ﻛﺬﺍ ؛ ﻓﺈﻧﻚ ﺃﺫﺍ ﹶﻭﻗ ﹾﻔ ﹶﺖ ﻋﻠﻰ: ﺃﻭﻗﻴﻞ، ﻛﻤﺎ ﺇﺫﺍ ﻗﻴﻞ ﺇﻧﺴﺎﻥ، ﻭﺇﻥ ﻣﺎ ﻛﺎﻥ ﻫﻨﺎﻙ ﺻﺪﻕ ﻭﻛﺬﺏ، ﺍﻟﺬﻫﻦ ﻓﻴﻜﻮﻥ ﺇﺫﺍ ﻗﻴﻞ ﻟﻚ، ﻭﺍﻟﺜﺎﻧﻲ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﻣﻊ ﺍﻟﺘﺼﻮﺭ ﺗﺼﺪﻳﻖ. ﻛﻨﺖ ﺗﺼﻮﺭﺗﻪ، ﻣﻌﻨﻰ ﻣﺎ ﺗﺨﺎﻃﺐ ﺑﻪ ﻣﻦ ﺫﻟﻚ ﻛﻞ ﹴ . ﺻﺪ ﹾﻗ ﹶﺖ ﺃﻧﻪ ﻛﺬﻟﻚ ﺑﻴﺎﺽ ﹲ ﺇﻥ ﱠ: ﻣﺜﻼ ﺑﻞ ﱠ، ﻟﻢ ﻳﺤﺼﻞ ﻟﻚ ﻣﻦ ﻫﺬﺍ ﺗﺼﻮﺭ ﻣﻌﻨﻰ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻘﻮﻝ ﻓﻘﻂ، ﻋﺮﺽ ﻓﻘﺪ ﺗﺼﻮﺭﺕ ﻣﺎ ﻳﻘﺎﻝ ؛ ﻓﺈﻧﻚ ﻻ ﺗﺸﻚ ﻓﻴﻤﺎ ﻻ ﺗﺘﺼﻮﺭﻩ ﻭﻻ، ﻓﺄﻣﺎ ﺇﺫﺍ ﺷﻜﻜﺖ ﺃﻧﻪ ﻛﺬﻟﻚ ﺃﻭ ﻟﻴﺲ ﻛﺬﻟﻚ
die problemstellung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
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Bezug (nisbah) dieser Form [des verbindenden bzw. trennenden propositionalen Gehalts] zu den Dingen selbst als Übereinstimmung (muã§baqah) hergestellt wird. Das ‘Als-falsch-Beurteilen’ (takdÊb) [ist entsprechend dann gegeben] wenn dies [der Bezug der Form zu dem wirklichen Sachverhalt] nicht übereinstimmend ist [d. h. daß bei den realen Dingen das jeweils dem verbindenden oder dem trennenden propositionalen Gehalt kontradiktorisch Entgegengesetzte der Fall ist, und daher keine Übereinstimmung (muã§baqah) erzielt wird]. Ebenso [hier wird zu dem ersten Satz dieses Textes Bezug genommen, also: ebenso wie etwas von zwei Seiten her erkannt wird] kann etwas (aààay") von zwei Seiten her unbekannt sein: die erste [Weise] wäre von Seiten des begrifflichen Erfassens, die zweite von Seiten des Urteils (taßdÊq), so daß ein jedes von den beiden [von dem jeweils entweder seitens des Begriffes oder seitens des Urteils Unbekannten] nur durch Erwerb (bi-l-kasb) Gewußtes (ma#låm) wird. Das Erwerben eines jeden von den beiden geschieht durch ein [dem Unbekanntem gegenüber] Früheren und voraufgehend Gewußten, und durch eine [bestimmte] Form und eine [bestimmte] Eigenschaft jenes Gewußten, um deren Willen das Bewußtsein von dem Wissen um diese zu dem Wissen um das Unbekannte (maÆhål) fortschreitet. Es gibt nun etwas, dessen Eigentümlichkeit es ist, daß es das Wissen (#ilm) um ein seitens des Begriffes Unbekanntes (bi-l-maÆhåli taßawwuruhå) hervorbringt, und es gibt etwas [anderes], dessen Eigentümlichkeit darin besteht, daß es das Wissen um ein seitens des Urteilens Unbekanntes (bi-l-maÆhåli taßdÊquhå) bewirkt. Es ist nun nicht üblich oder aber wir haben darüber keine Kenntnis, daß es [als Zeichen] für den [mehreres und verschiedenes] umfassenden Inhalt, sofern seine Kenntnis [d. h. die Kenntnis des umfassenden Inhaltes] das begriffliche Erfassen einer Sache ermöglicht, ein umfassender Name gesetzt wird. Denn dazu zählen: Definition (Èadd), Umschreibung (rasm), Beispiel, Zeichen (#al§mah) und Name, wie dir noch klar gemacht wird, und es gibt für das, worin sie übereinstimmen keinen gemeinsamen und umfassenden Namen. Dasjenige aber, dessen Kenntnis voraufgeht, so daß dann durch es das Urteilswissen eines anderen möglich wird, das wird – ungeachtet seiner jeweiligen Eigentümlichkeit – ‘Argument’ (ÈuÆÆah) genannt; dazu zählen: Syllogismus, Induktion, Analogieschluß (tamtÊl) und anderes.“52
ﻭﺍﻟﺘﺼﻮﺭ ﻓﻲ ﻣﺜﻞ ﻫﺬﺍ. ﻭﻻ ﻳﻨﻌﻜﺲ، ﻭﻟﻜﻨﻚ ﻟﻢ ﺗﺼﺪﻕ ﺑﻪ ﺑﻌﺪ ؛ ﻭﻛﻞ ﺗﺼﺪﻳﻖ ﻓﻴﻜﻮﻥ ﻣﻊ ﺗﺼﻮﺭ، ﺗﻔﻬﻤﻪ ﹶﹾ . ﻭﻣﺎ ﻳﺆﻟﻒ ﻣﻨﻪ ﻛﺎﻟﺒﻴﺎﺽ ﻭﺍﻟﻌﺮﺽ، ﺍﻟﻤﻌﻨﻰ ﻳﻔﻴﺪﻙ ﺃﻥ ﻳﺤﺪﺙ ﻓﻲ ﺍﻟﺬﻫﻦ ﺻﻮﺭﺓ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﺘﺄﻟﻴﻒ 52
Z. 9:
Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: I. al-MadÉal (Isagoge), I 3, S. 17, Z. 16 – S. 18,
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das „seiende als seiendes“
i. Die Bedeutung des sprachlichen Zeichens als intensionale Größe Ungeachtet der Frage nach dem Ursprung der expliziten Distinktion zwischen taßawwur und taßdÊq ist es nun offenkundig, daß die zitierte Stelle aus dem MadÉal (Isagoge) I 3 des ibn-sinischen Kit§b aà-àif§" in einem sachlichen Zusammenhang mit Peri hermeneias 1 des Aristoteles53 und dementsprechend auch mit al-#Ib§rah (Peri hermeneias) I 1 des Ibn SÊn§ steht. Aristoteles schreibt dort (16a9-19): „Wie sich aber in unserer Seele bald ein Gedanke [νόηµα] befindet, ohne daß es ihm zukäme, wahr oder falsch zu sein, bald aber auch einer, dem notwendigerweise eines von beidem zukommt, so äußern wir auch mit der Stimme (teils sprachliche Ausdrücke der einen und teils solche der anderen Art). Denn Falschheit und Wahrheit sind an Verbindung und Trennung geknüpft. Es gleichen nun die Nennwörter und die Aussagewörter für sich allein einem Gedanken ohne Verbindung und Trennung, wie z. B. das Wort ‘Mensch’ oder das Wort ‘weiß’, wenn nicht noch etwas hinzugefügt wird. Denn (für sich allein) ist (ein solches Wort) noch nicht falsch oder wahr, aber es ist (dennoch) ein Zeichen mit einer ganz bestimmten Bedeutung. Auch das Wort ‘Bockhirsch’ (beispielsweise) bedeutet ja etwas, ist aber (deshalb) noch lange nicht wahr oder falsch, wenn man nicht hinzufügt – sei es schlechthin, sei es in einer temporal abgewandelten Form –, daß (die mit ihm gemeinte Sache) ist oder nicht ist (d. h. existiert oder nicht existiert).“54
ﻭﺍﻟﺘﻜﺬﻳﺐ ﻳﺨﺎﻟﻒ. ﻣﻄﺎﺑﻘﺔ ﻟﻬﺎ ﻧﺴﺒﺔ ﻫﺬﻩ ﺍﻟﺼﻮﺭﺓ ﺇﻟﻰ ﺍﻷﺷﻴﺎﺀ ﺃﻧﻔﺴﻬﺎ ﺃﻧﻬﺎ ﻭﺍﻟﺘﺼﺪﻳﻖ ﻫﻮ ﺃﻥ ﻳﺤﺼﻞ ﻓﻲ ﺍﻟﺬﻫﻦ ﹸ ﹲ ﻭﺍﻟﺜﺎﻧﻲ ﻣﻦ ﺟﻬﺔ ﺍﻟﺘﺼﺪﻳﻖ ؛ ﻓﻴﻜﻮﻥ ﻛﻞ، ﺃﺣﺪﻫﻤﺎ ﻣﻦ ﺟﻬﺔ ﺍﻟﺘﺼﻮﺭ: ﻛﺬﻟﻚ ﺍﻟﺸﻲﺀ ﹸﻳﺠ ﹶﻬﻞ ﻣﻦ ﻭﺟﻬﻴﻦ. ﺫﻟﻚ ﹾ ﻭ ﹴ، ﻛﻞ ﻭﺍﺣﺪ ﻣﻨﻬﻤﺎ ﺑﻤﻌﻠﻮﻡ ﺳﺎﺑﻖ ﻣﺘﻘﺪﻡ ﻭﻳﻜﻮﻥ ﻛﺴﺐ ﹼﹺ، ﻭﺍﺣﺪ ﻣﻨﻬﻤﺎ ﻻ ﻳﺤﺼﻞ ﻣﻌﻠﻮﻣﺎ ﺇﻻ ﺑﺎﻟﻜﺴﺐ ﻟﻬﻴﺌﺔ ﹸ ﹴ ﻓﻬﺎﻫﻨﺎ ﺷﻲﺀ ﻣﻦ ﺷﺄﻧﻪ ﺃﻥ. ﻷﺟﻠﻬﺎ ﻳﻨﺘﻘﻞ ﺍﻟﺬﻫﻦ ﻣﻦ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺑﻬﺎ ﺇﻟﻰ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺑﺎﻟﻤﺠﻬﻮﻝ، ﻭﺻﻔﺔ ﺗﻜﻮﻥ ﻟﺬﻟﻚ ﺍﻟﻤﻌﻠﻮﻡ ﻭﻟﻢ ﺗﺠﺮ ﺍﻟﻌﺎﺩﺓ ﺑﺄﻥ ﹸﻳ ﹾﻔﺮﺽ. ﻭﺷﻲﺀ ﻣﻦ ﺷﺄﻧﻪ ﺃﻥ ﻳﻔﻴﺪ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺑﺎﻟﻤﺠﻬﻮﻝ ﺗﺼﺪ ﹸﻳﻘﻪ، ﻳﻔﻴﺪ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺑﺎﻟﻤﺠﻬﻮﻝ ﺗﺼﻮ ﹸﺭﻩ ﱡ ﹶ ﹶ ﹲ ﻭﻣﻨﻪ، ﺣﺪﺍ ﻣﻨﻪ ﻷﻥ ؛ ﻳﺒﻠﻐﻨﺎ ﻟﻢ ﺃﻭ ، ﺟﺎﻣﻊ ﺍﺳﻢ ﺷﻲﺀ ﺗﺼﻮﺭ ﻋﻠﻢ ﻳﻔﻴﺪ ﻋﻠﻤﻪ ﺣﻴﺚ ﻣﻦ ﻟﺠﺎﻣﻊ ﻟﻠﻤﻌﻨﻰ ﺍ ﱠ ﹼ ﹲ ﻭﻟﻴﺲ ﻟﻤﺎ ﻳﺸﺘﺮﻙ ﻓﻴﻪ ﺍﺳﻢ ﻋﺎﻡ، ﻋﻠﻰ ﻣﺎ ﺳﻴﺘﻀﺢ ﻟﻚ، ﻭﻣﻨﻪ ﺍﺳﻤﺎ، ﻭﻣﻨﻪ ﻋﻼﻣﺔ، ﻭﻣﻨﻪ ﻣﺜﺎﻻ، ﺭﺳﻤﺎ ﻓﺈﻥ ﺫﻟﻚ ﺍﻟﺸﻲﺀ ﱠ، ﺛﻢ ﹸﻳ ﹾﻌﻠﻢ ﺑﻪ ﻏﻴﺮﻩ ﻋﻠﻰ ﺳﺒﻴﻞ ﺗﺼﺪﻳﻖ، ﻭﺃﻣﺎ ﺍﻟﺸﻲﺀ ﺍﻟﺬﻱ ﻳﺘﺮﺗﺐ ﺃﻭﻻ ﻣﻌﻠﻮﻣﺎ. ﺟﺎﻣﻊ . ﻭﻣﻨﻪ ﺃﺷﻴﺎﺀ ﺃﺧﺮﻯ، ﻭﻣﻨﻪ ﺗﻤﺜﻴﻞ، ﻭﻣﻨﻪ ﺍﺳﺘﻘﺮﺍﺀ، ﺣﺠﺔ ؛ ﻓﻤﻨﻪ ﻗﻴﺎﺱ- ﻛﻴﻒ ﻛﺎﻥ- ﻳﺴﻤﻰ Vgl. dazu die partielle Übersetzung dieser Stelle von A. I. Sabra: Avicenna on the Subject Matter of Logic, S. 759-760; und die von Muthreich: Theoretische Grundlagen im Gottesbegriff bei Avicenna, S. 20, 23-24. 53 Darauf hat bereits A. I. Sabra aufmerksam gemacht, vgl. Avicenna on the Subject Matter of Logic, S. 758ff. 54 In der Übersetzung von H. Weidemann: Aristoteles. Peri Hermeneias, S. 3-4; die eckigen Klammern wurden von mir hinzugefügt.
die problemstellung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
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An der entsprechenden Stelle der von "Isȧq Ibn \unayn ins Arabische übertragenen aristotelischen Schrift Peri hermeneias (arab. Titel: ‘B§rÊ "armÊnÊy§s’ oder ‘FÊ l-#ib§rah’) sind die Termini taßawwur und taßdÊq nicht verzeichnet. Für den Inhalt des Denkens (νόηµα) steht dort das arabische Partizip Passiv: „ma#qål“ (Denkinhalt, Gedachtes, ein im Denken Erfaßtes)55. Im Gegensatz zu Ibn SÊn§, dessen al-#Ib§rah, die dritte der logischen Schriften des enzyklopädischen Werkes Kit§b aà-àif§" kein Kommentar zu Peri hermeneias des Aristoteles ist, hat al-F§r§bÊ – dem man in der Reihe der herausragenden Logiker mit Recht den „legitimen Platz“ zwischen Boethius und Peter Abaelard zugewiesen hat56 – einen solchen verfaßt. Bevor nun das ibn-sinische Verständnis im Lichte der im MadÉal (Isagoge) I 3 vorgelegten Darstellung näher untersucht wird, ist es also sinnvoll, al-F§r§bÊs Erläuterungen zu Peri hermeneias 16a9-15, insbesondere im Hinblick auf den Ansatz zur Distinktion zwischen taßawwur und taßdÊq, zu konsultieren. α) al-F§r§bÊs Kommentar zu Peri hermeneias (16a9-19) des Aristoteles Zusammengefaßt versteht al-F§r§bÊ die zitierte Stelle von Peri hermeneias wie folgt: Auf Grund dessen, daß dem sprachlichen Ausdruck (16a3-8) „an erster Stelle“ ("awwalan) Zeichen-Sein57 für die „Denkinhalte/gedachten Inhalte“ (Pl. ma#qål§t) und „vermittels derer“ (bi-tawassuãi l-ma#qål§ti), „an zweiter Stelle“ (t§niyan) für die „sinnlich wahrnehmbaren Einzeldinge“ (maÈsås§t) zukommt58, die gedachten Inhalte jedoch zwei Arten bilden: einzelne oder in 55 Vgl. "Arisãå (Aristoteles): Kit§b al-#ib§rah (Peri hermeneias), übers. ins Arabische von "Isȧq Ibn \unayn, S. 59 (16a9-11):
ﻭﺭﺑﻤﺎ ﻛﺎﻥ ﺍﻟﺸﻲﺀ ﻣﻌﻘﻮﻻ ﻗﺪ ﻟﹶ ﹺﺰﻡ،… ﻭﻛﻤﺎ ﺃﻥ ﻓﻲ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﺭﺑﻤﺎ ﻛﺎﻥ ﺍﻟﺸﻲﺀ ﻣﻌﻘﻮﻻ ﻣﻦ ﻏﻴﺮ ﺻﺪﻕ ﻭﻻﻛﺬﺏ . ﺃﺣﺪ ﻫﺬﻳﻦ ﺍﻷﻣﺮﻳﻦ ﺿﺮﻭﺭﺓﹰ ﹸ
56 So F. W. Zimmermann, der al-F§r§bÊs Kommentar und Kurzfassung zu Peri hermeneias des Aristoteles ins Englische übertragen hat. Vgl. Al-Farabi’s Commentary and Short Treatise on Aristotle’s ‘De Interpretatione’, S. X. 57 Für „Zeichen-Sein“, bzw. „bezeichnen“ verwenden al-F§r§bÊ und Ibn SÊn§ neben dem allgemeineren Nomen „#al§mah“, meist die Wurzel: dalla/yadullu #al§; Part. aktiv: d§llun #al§, Infin.: dil§lah #al§. 58 Bereits zu 16a3-4 bemerkt al-F§r§bÊ, daß bei der Lektüre dieses Textes im Denken hinzuzufügen sei, daß das Geschriebene „an erster Stelle“ Zeichen für das Gesprochene, und daß das Gesprochene „an zweiter Stelle“ Zeichen für die Dinge ist, so daß das Geschriebene analog zum Gesprochenen „an zweiter Stelle“ Zeichen für die „seelischen Widerfahrnisse“ sei. Vgl. al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Alfarabi’s Commentary on Aristotle’s ΠΕΡΙ ΕΡΜΗΝΕΙΑΣ, S. 24, Z. 21-23:
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das „seiende als seiendes“
bestimmter Art zusammengesetzte, so weisen die die gedachten Inhalte bezeichnenden sprachlichen Ausdrücke ebenfalls diese zwei Weisen auf, nämlich: Nomen, Verb und Partikel einerseits und der sprachliche Aussagesatz in Form von Assertion oder Negation andererseits. Die gedachten Inhalte sind nun entweder solcherart, daß sie als wahr (tußaddaqu) oder falsch (tukaddabu) oder aber weder als wahr, noch als falsch beurteilt werden.59 Im ersten Falle also gehören sie notwendigerweise der Art des Zusammengesetzten an und stellen somit etwas Beurteilbares dar, im zweiten hingegen sind sie je Einzelnes und Unbeurteilbares. Demnach kann als Objekt des gedanklichen Urteils ausschließlich ein beurteilbares zusammengesetztes Gedachtes fungieren. Dessen Zusammensetzung ist: 1) Entweder eine „Verbindung“ (tarkÊb): ein Gedachtes wird auf ein anderes affirmativ bezogen. Der in der Seele gebildeten Verbindung „entspricht“ (naíÊruhå) auf der Ebene der sprachlichen Verlautbarungen der bejahende Aussagesatz (Affirmation: "ÊƧb). Das Verhältnis zwischen dem sprachlichen Aussagesatz und der gedanklichen Verbindung ist auch hier das des Bezeichnenden oder eben des Zeichens zum Bezeichneten.
ﻭﻳﻨﺒﻐﻰ ﺍﻳﻀﺎ ﺍﻥ ﺗﺰﻳﺪ ﻓﻲ ﻗﺮﺍﺀﺗﻚ ﻗﻮﻟﻚ ﺩﺍﻝ ﺍﻭﻻ ﻋﻠﻰ ﻣﺎ ﻳﺨﺮﺝ ﺑﺎﻟﺼﻮﺕ ﺛﻢ ﺗﺰﻳﺪ ﻣﻦ ﻋﻨﺪ ﻧﻔﺴﻚ ﺍﻥ ﻣﺎ ﻳﺨﺮﺝ ﺑﺎﻟﺼﻮﺕ ﺩﺍﻝ ﻋﻠﻰ ﻣﺤﺴﻮﺱ ﺍﻟﻤﻌﻘﻮﻻﺕ ﺛﺎﻧﻴﺎ ﻳﻌﻨﻰ ﺑﻪ ﺑﺘﻮﺳﻂ ﺍﻟﻤﻌﻘﻮﻻﺕ ﻭﻣﺎ ﻳﻜﺘﺐ ﺩﺍﻝ ﺛﺎﻧﻴﺎ ﻋﻠﻰ ﺍﻵﺛﺎﺭ ﺍﻟﺘﻰ . ﻓﻲ ﺍﻟﻨﻔﺲ
Vgl. dazu auch die Übersetzung von F. W. Zimmermann: Al-Farabi’s Commentary and Short Treatise on Aristotle’s ‘De Interpretatione’, S. 11. Über das Verhältnis zwischen den sprachlichen Ausdrücken und den Dingen gibt Aristoteles (Peri hermeneias 16a3-8) keine explizite Auskunft. H. Weidemann macht darauf aufmerksam, daß bereits Ammonius dieses Verhältnis so verstanden wissen will, daß die Sprachzeichen primär die Denkinhalte und erst vermittels dieser die Dinge bezeichnen. Vgl. H. Weidemann: Ansätze zu einer semantischen Theorie bei Aristoteles, S. 242. 59 Vgl. al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Alfarabi’s Commentary on Aristotle’s ΠΕΡΙ ΕΡΜΗΝΕΙΑΣ, S. 26, Z. 15-18:
ﻭﻛﻤﺎ. ﻳﻘﺼﺪ ﺑﺬﻟﻚ ﺫﻛﺮ ﻣﺸﺎﺑﻬﺔ ﺍﻻﻟﻔﺎﻅ ﻟﻠﻤﻌﻘﻮﻻﺕ ﻓﻲ ﺍﻟﺼﺪﻕ ﻭﺍﻟﻜﺬﺏ ﻓﺎﺧﺒﺮ ﺍﻥ ﺍﻻﻟﻔﺎﻅ ﺗﺸﺒﻪ ﺍﻟﻤﻌﻘﻮﻻﺕ ﺍﻥ ﺍﻟﻤﻌﻘﻮﻻﺕ ﻓﻲ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﻋﻠﻰ ﺿﺮﺑﻴﻦ ﻣﻌﻘﻮﻻﺕ ﺗﺼﺪﻕ ﻭﺗﻜﺬﺏ ﻭﻣﻌﻘﻮﻻﺕ ﻻ ﺗﺼﺪﻕ ﻭﻻ ﺗﻜﺬﺏ ﻛﺬﻟﻚ ﻓﻲ . ﺍﻻﻟﻔﺎﻅ ﺍﻟﻔﺎﻅ ﺗﺼﺪﻕ ﻭﺗﻜﺬﺏ ﻭﺍﻟﻔﺎﻁ ﻻ ﺗﺼﺪﻕ ﻭﻻ ﺗﻜﺬﺏ
Zu der Übersetzung von F. W. Zimmermann vgl. Al-Farabi’s Commentary and Short Treatise on Aristotle’s ‘De Interpretatione’, S. 14.
die problemstellung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
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2) Oder eine „Trennung“ (tafßÊl): ein Gedachtes wird auf anderes negierend bezogen. Hier lautet die Entsprechung auf der sprachlichen Ebene: der verneinende Aussagesatz (Negation: salb), als dessen Bedeutung er den trennenden Gehalt des gedanklichen Urteils ausdrückt.60 Nichtzusammengesetzte Denkinhalte, welche als solche weder Teil einer Trennung, noch Teil einer Verbindung sind, wie z. B. „Mensch“ oder „Weiße“ stellen hingegen nichts Beurteilbares dar. Wird jedoch zu solch einzelnen Denkinhalten wie „Mensch“ oder „Weiße“ etwas hinzugesetzt, so daß sie dann als dessen Subjekt- bzw. Prädikatsbegriff fungieren können, dann fallen sie als Teil eines entweder in der Weise einer Trennung oder in der Weise einer Verbindung Zusammengesetzten unter das, was als wahr oder falsch beurteilbar ist.61 Bei den aristotelischen Beispielen „Mensch“ und „Weiße“ denkt al-F§r§bÊ offensichtlich an die Zusammensetzbarkeit dieser Inhalte, oder anders formuliert an ihre Möglichkeit Teile eines Ganzen, d. h. Subjekt bzw. Prädikat eines Behauptungssatzes zu sein, wie etwa: „Dieser Mensch ist weiß“.
60
Vgl. al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Alfarabi’s Commentary on Aristotele’s ΠΕΡΙ
ΕΡΜΗΝΕΙΑΣ, S. 26, Z. 19-25:
. ﻓﻘﺎﻝ ﺍﻟﻤﻌﻘﻮﻻﺕ ﺍﻟﺘﻲ ﺗﺼﺪﻕ ﺍﻭ ﺗﻜﺬﺏ ﻫﻲ ﺍﻟﺘﻲ ﺗﻮﻟﻒ ﺑﻌﻀﻬﺎ ﺍﻟﻰ ﺑﻌﺾ ﻭﻫﻲ ﺍﻟﻤﻌﻘﻮﻻﺕ ﺍﻟﻤﺮﻛﺒﺔ ﻭﺍﻟﻤﻔﺼﻠﺔ ﻭﺍﻻﻟﻔﺎﻅ ﺍﻟﺘﻲ. ﻓﺎﻟﻤﺮﻛﺒﺔ ﻫﻲ ﺍﻟﺘﻲ ﺍﺛﺒﺖ ﻓﻴﻬﺎ ﻣﻌﻘﻮﻝ ﻟﻤﻌﻘﻮﻝ ﻭﺍﻟﻤﻔﺼﻠﺔ ﻫﻲ ﺍﻟﺘﻲ ﹸﺳﻠﺐ ﻓﻴﻬﺎ ﻣﻌﻘﻮﻝ ﻋﻦ ﻣﻌﻘﻮﻝ ﺗﺼﺪﻕ ﻭﺗﻜﺬﺏ ﻓﻬﻲ ﺍﻻﻟﻔﺎﻅ ﺍﻟﻤﻮﻟﻔﺔ ﺍﻟﺘﻲ ﺑﻌﻀﻬﺎ ﻣﻮﺟﺒﺎﺕ ﺗﺪﻝ ﻋﻠﻰ ﺍﻟﻤﻌﻘﻮﻻﺕ ﺍﻟﻤﺮﻛﺒﺔ ﻭﺑﻌﻀﻬﺎ ﺳﻮﺍﻟﺐ ﺗﺪﻝ ﹶ ﻓﺎﻥ ﺍﻟﺘﺮﻛﻴﺐ ﻫﻮ ﻓﻲ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﻧﻈﻴﺮ ﺍﻻﻳﺠﺎﺏ ﻓﻲ ﺍﻟﻠﻔﻆ ﻭﺍﻟﺘﻔﺼﻴﻞ ﻓﻲ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﻧﻈﻴﺮ. ﻋﻠﻰ ﺍﻟﻤﻌﻘﻮﻻﺕ ﺍﻟﻤﻔﺼﻠﺔ . ﺍﻟﺴﻠﺐ ﻓﻲ ﺍﻟﻠﻔﻆ
Zu der Übersetzung von F. W. Zimmermann vgl. Al-Farabi’s Commentary and Short Treatise on Aristotle’s ‘De Interpretatione’, S. 14-15. 61 Vgl. al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Alfarabi’s Commentary on Aristotle’s ΠΕΡΙ ΕΡΜΗΝΕΙΑΣ, S. 26, Z. 26 – S. 27, Z. 4:
ﻭﺍﻻﻟﻔﺎﻅ ﺍﻟﻤﻔﺮﺩﺓ ﻫﻰ. ﻭﺍﻻﻟﻔﺎﻅ ﺍﻟﺘﻲ ﻻ ﺗﺼﺪﻕ ﻭﻻ ﺗﻜﺬﺏ ﻓﻬﻰ ﺍﻻﻟﻔﺎﻅ ﺍﻟﻤﻔﺮﺩﺓ ﺍﻟﺪﺍﻟﺔ ﻋﻠﻰ ﺍﻟﻤﻌﻘﻮﻻﺕ ﺍﻟﻤﻔﺮﺩﺓ ﺛﻠﺜﺔ ﺍﺟﻨﺎﺱ ﺍﺳﻤﺎﺀ ﻭﻛﻠﻢ ﻭﺍﺩﻭﺍﺕ ﻭﻫﺬﻩ ﻓﻜﻞ ﻭﺍﺣﺪ ﻣﻨﻬﺎ ﻋﻠﻰ ﺣﻴﺎﻟﻪ ﻳﺸﺒﻪ ﺍﻟﻤﻌﻘﻮﻝ ﻣﻦ ﻏﻴﺮ ﺗﺮﻛﻴﺐ ﻭﻻ ﻣﺜﺎﻝ ﺫﻟﻚ ﻗﻮﻟﻨﺎ ﺍﻧﺴﺎﻥ ﺍﻭ ﺑﻴﺎﺽ ﻓﺎﻥ ﻫﺬﻳﻦ ﺍﺳﻤﺎﻥ ﺍﺣﺪﻫﻤﺎ ﺍﺳﻢ ﺟﻮﻫﺮ ﻭﺍﻻﺧﺮ ﺍﺳﻢ ﻋﺮﺽ ﻣﺘﻰ ﻟﻢ. ﺗﻔﺼﻴﻞ . ﻳﺸﺘﺮﻁ ﻣﻌﻪ ﺷﻲﺀ ﻳﺤﻤﻞ ﻋﻠﻴﻪ ﺍﻭ ﺷﻲﺀ ﻳﻮﺿﻊ ﻟﻪ ﻟﻢ ﻳﻜﻦ ﺑﻌﺪ ﺣﻘﺎ ﻭﻻ ﺑﺎﻃﻼ
Zu der Übersetzung von F. W. Zimmermann vgl. Al-Farabi’s Commentary and Short Treatise on Aristotle’s ‘De Interpretatione’, S. 15.
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das „seiende als seiendes“
Träger von Wahrheit und Falschheit, so ließe sich auf Grund des Gesagten schließen, ist an erster Stelle das gedankliche Urteil und erst vermittels dessen der sprachliche Aussagesatz. Die Zusammensetzung einzelner sprachlicher Ausdrücke, also der sprachliche bejahende oder verneinende Aussagesatz verhält sich zu der Zusammensetzung einzelner Denkinhalte, also zu der im Denken gebildeten Verbindung bzw. zur Trennung der Denkinhalte so, wie der einzelne sprachliche Ausdruck zu dem von ihm bedeuteten einzelnen Denkinhalt. Dort, wo im Denken Beurteilbarkeit vorliegt, wird diese auch an dem vorliegen, das als Zeichen für solch ein Gedachtes fungiert. Um nun die bereits am Anfang angesprochene Vermittlungsfunktion der Denkinhalte dafür, daß die sprachlichen Ausdrücke „an zweiter Stelle“ als Zeichen für die sinnlich wahrnehmbaren Einzeldinge fungieren, verdeutlichen zu können, wende ich mich dem Kommentar al-F§r§bÊs zu Peri hermeneias 16a3-8 des Aristoteles62 zu. Unter dem, was Aristoteles „seelische Widerfahrnisse“ (παθήµατα τῆσ ψυχῆσ; in der arab. Übersetzung: al-"§t§ru fÊ n-nafsi) nennt, will al-F§r§bÊ freilich nicht nur die gedachten Inhalte, sondern auch Vorstellungen (Éay§l§t) wie auch das, was die Seele durch Kombinieren verschiedener Vorstellungen „erfindet“, wie etwa das aristotelische Beispiel „Bockhirsch“ (ar. #anza"ayyil), verstanden wissen. Denn Aristoteles habe wohl – so läßt sich der Begründung al-F§r§bÊs aus verschiedenen Stellen seines Kommentars entnehmen – mit den „seelischen Widerfahrnissen“ all das intendiert, was in der Seele vorhanden ist und sich im Ansatz an das Vorhandene einstellt, nachdem ein sinnlich wahrnehmbares Ding der Sinneswahrnehmung entschwindet. Und darunter fallen nicht nur die allgemeinen, auf mehrere Gegenstände beziehbaren „Denkinhalte“, sondern auch konkrete Vorstellungen von einzelnen Gegenständen, wie z. B. die Vorstellung von einem konkreten Individuum wie Zayd, oder aber
62 In der Übersetzung von H. Weidemann (S. 3) lautet die Stelle wie folgt: „Nun sind die (sprachlichen) Äußerungen unserer Stimme ein Symbol für das, was (beim Sprechen) unserer Seele widerfährt, und das, was wir schriftlich äußern, ist (wiederum ein Symbol) für die (sprachlichen) Äußerungen unserer Stimme. Und wie nicht alle (Menschen) mit denselben Buchstaben schreiben, so sprechen sie auch nicht alle dieselbe Sprache. Die seelischen Widerfahrnisse aber, für welche dieses (Gesprochene und Geschriebene) an erster Stelle ein Zeichen ist, sind bei allen Menschen dieselben; und überdies sind auch schon die Dinge, von denen diese (seelische Widerfahrnisse) Abbildungen sind, (für alle) dieselben.“
die problemstellung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
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ein solches, das auf keinen einzigen Gegenstand zutrifft, wie z. B. das mit dem Wort „Bockhirsch“ Gemeinte.63 Daß und in welcher Weise al-F§r§bÊ den Begriff „seelische Widerfahrnisse“ weiter als den Begriff „Denkinhalte“ verstanden wissen will, läßt sich nun anhand des Kriteriums des Verhältnisses des jeweiligen seelischen Widerfahrnisses zu den Dingen präzisieren: 1) Aristoteles selbst, so al-F§r§bÊ, habe an dieser Stelle (16a6-8) die Relation der Denkinhalte zu den Dingen außerhalb der Seele nicht bestimmt.64 Die Kommentatoren sprächen hierbei von einem Verhältnis zwischen Bezeichnendem (d§llatun #al§) und Bezeichnetem (madlål #alayh§).65 Dieses Verhältnis darf jedoch mit demjenigen zwischen sprachlichem Ausdruck und Denkinhalt nicht gleichgesetzt werden. Denn die Bedeutung des jeweiligen Zeichen-Seins ist eine je andere: die Denkinhalte bezeichnen die Dinge in der Weise, daß sie ein bestimmtes sinnlich wahrnehmbares Ding (al-maÈsås) hinsichtlich dessen „Was“ – gemeint ist entweder der idealtypische Fall der Wesensdefinition, oder auf eine andere Art der Bekanntmachung, z. B. die der Umschreibung (rasm) – erfassen lassen. Die sprachlichen 63
Vgl. al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Alfarabi’s Commentary on Aristotle’s ΠΕΡΙ
ΕΡΜΗΝΕΙΑΣ, S. 24, Z. 16-20:
ﻭﻗﺎﻝ ﺍﻵﺛﺎﺭ ﺍﻟﺘﻲ ﻓﻲ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﻭﻟﻢ ﻳﻘﻞ ﺍﻟﻤﻌﻘﻮﻻﺕ ﻻﻧﻪ ﺍﺭﺍﺩ ﺍﻥ ﻳﺠﻤﻊ ﻛﻞ ﻣﺎ ﻳﺤﺼﻞ ﻓﻲ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﺑﻌﺪ ﻏﻴﺒﺔ ﺍﻟﻤﺤﺴﻮﺳﺎﺕ ﻓﺎﻥ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﺗﺤﺼﻞ ﻓﻴﻬﺎ ﻣﻌﻘﻮﻻﺕ ﻭﺧﻴﺎﻻﺕ ﺍﻟﻤﺤﺴﻮﺳﺎﺕ ﻛﻤﺎ ﺃﺣﺴﺖ ﻣﺜﻞ ﺧﻴﺎﻝ ﺯﻳﺪ ﻓﻲ ﺍﻟﺤﺲ. ﻋﻦ ﺍﻟﺤﺲ ﻓﺎﺭﺍﺩ ﺍﻥ ﻳﺠﻤﻊ ﻫﺬﻩ. ﻭﺍﺷﻴﺎﺀ ﺍﺧﺮ ﺗﺨﺘﺮﻋﻬﺎ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﺑﺘﺮﻛﻴﺐ ﺍﻟﺨﻴﺎﻻﺕ ﺑﻌﻀﻬﺎ ﺍﻟﻰ ﺑﻌﺾ ﻣﺜﻞ ﻋﻨﺰﺍﻳﻞ ﻭﺍﺷﺒﺎﻫﻪ . ﻛﻠﻬﺎ ﻓﺴﻤﺎﻫﺎ ﺍﻵﺛﺎﺭ ﺍﻟﺘﻲ ﻓﻲ ﺍﻟﻨﻔﺲ Vgl. dazu die Übersetzung von F. W. Zimmermann: Al-Farabi’s Commentary and Short Treatise on Aristotle’s ‘De Interpretatione’, S. 10. 64 Vgl. al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Alfarabi’s Commentary on Aristotle’s ΠΕΡΙ ΕΡΜΗΝΕΙΑΣ, S. 25, Z. 4-5:
. ﻭﺍﺭﺳﻄﻮﻃﺎﻟﻴﺲ ﻟﻢ ﻳﺬﻛﺮ ﻫﻬﻨﺎ ﻧﺴﺒﺔ ﺍﻟﻤﻌﻘﻮﻻﺕ ﺍﻟﻰ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩﺍﺕ ﻣﻦ ﺧﺎﺭﺝ ﺍﻟﻨﻔﺲ
Zu der Übersetzung von F. W. Zimmermann vgl. Al-Farabi’s Commentary and Short Treatise on Aristotle’s ‘De Interpretatione’, S. 11. 65 Vgl. al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Alfarabi’s Commentary on Aristotle’s ΠΕΡΙ ΕΡΜΗΝΕΙΑΣ, S. 25, Z. 1-3:
ﻭﺍﻟﻤﻔﺴﺮﻭﻥ ﻳﺰﻋﻤﻮﻥ ﺍﻥ ﺍﻟﻤﻌﻘﻮﻻﺕ ﺍﻟﺘﻲ ﻓﻲ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﺩﺍﻟﺔ ﻋﻠﻰ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩﺍﺕ ﺍﻟﺘﻲ ﺧﺎﺭﺝ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﺛﻢ ﻳﻘﻮﻟﻮﻥ ﺍﻥ . ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩﺍﺕ ﺧﺎﺭﺝ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﻫﻰ ﻣﺪﻟﻮﻝ ﻋﻠﻴﻬﺎ ﻏﻴﺮ ﺩﺍﻟﺔ
Vgl. die Übersetzung von F. W. Zimmermann: Al-Farabi’s Commentary and Short Treatise on Aristotle’s ‘De Interpretatione’, S. 11.
das „seiende als seiendes“
70
Ausdrücke hingegen bezeichnen die Denkinhalte in dem Sinne, „daß sie gemeinsame Symbole (#al§m§t) sind: wenn sie gehört werden, kommt dem Menschen dasjenige Ding (aà-àay") in den Sinn, für das der sprachliche Ausdruck als Symbol gesetzt wurde“.66 Unter „Ding“ muß hier also die mit dem jeweiligen Wort bedeutete begriffliche Struktur, der Denkinhalt selbst verstanden werden, und nicht schon der reale Gegenstand. Das Verhältnis zwischen den Denkinhalten und den Dingen, auf die sie sich im oben erörterten Sinne beziehen, ist im Unterschied zum Verhältnis zwischen den sprachlichen Ausdrücken und den durch sie bezeichneten Denkinhalten naturgegeben. Würden Inder und Araber, so das Beispiel al-F§r§bÊs, denselben sinnlich wahrnehmbaren Einzelpersonen begegnen, so wäre das, was sowohl die Inder als auch die Araber von diesen Personen „begriffen“ ("adraka) – gemeint ist trotz der verschiedenen Sprachen, mit deren jeweiligen Ausdrücken das Begriffene bezeichnet wird – dasselbe sein.67 Im Geiste eines jeden Denkenden, ungeachtet dessen, daß er Träger einer bestimmten Sprache ist, werden von dem sinnlich Wahrnehmbaren stets dieselben Abstraktionen vorgenommen. Das, als was ein konkretes Seiendes erkannt wird, ist identisch, mag dieses in den verschiedenen Sprachen und vermittels derer auch in den verschiedenen Schriftsystemen mit einem je Verschiedenen bezeichnet wer66
Vgl. al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Alfarabi’s Commentary on Aristotle’s ΠΕΡΙ
ΕΡΜΗΝΕΙΑΣ, S. 25, Z. 5-9:
ﻭﺍﻟﻤﻌﻘﻮﻻﺕ ﺍﻟﺘﻲ ﻗﺎﻟﻮﺍ ﺍﻧﻬﺎ ﺩﺍﻟﺔ ﻓﺒﻴﻦ ﺍﻥ ﺩﻻﻟﺘﻬﺎ ﻋﻠﻰ ﺍﻟﻤﺤﺴﻮﺳﺎﺕ ﻟﻴﺴﺖ ﻋﻠﻰ ﻣﺜﺎﻝ ﺩﻻﻟﺔ ﺍﻻﻟﻔﺎﻅ ﻋﻠﻰ ﹼ ﻭﺍﻣﺎ ﺍﻻﻟﻔﺎﻅ. ﺍﻟﻤﻌﻘﻮﻻﺕ ﺑﻞ ﺍﻥ ﻛﺎﻧﺖ ﺩﺍﻟﺔ ﻓﺎﻧﻤﺎ ﻫﻲ ﹸﻣﻌﺮﻓﺔ ﻣﺎ ﻫﻮ ﺍﻟﻤﺤﺴﻮﺱ ﺍﻭ ﻏﻴﺮ ﺫﻟﻚ ﻣﻦ ﺍﻧﺤﺎﺀ ﺍﻟﺘﻌﺮﻳﻒ ﹼ ﻓﺎﻧﻬﺎ ﺩﺍﻟﺔ ﻋﻠﻰ ﺍﻧﻬﺎ ﻋﻼﻣﺎﺕ ﻣﺸﺘﺮﻛﺔ ﺍﺫﺍ ﺳﻤﻌﺖ ﺧﻄﺮ ﺑﺒﺎﻝ ﺍﻻﻧﺴﺎﻥ ﺑﺎﻟﻔﻌﻞ ﺍﻟﺸﻲﺀ ﺍﻟﺬﻱ ﺟﻌﻞ ﺍﻟﻠﻔﻆ ﻋﻼﻣﺔ ﻟﻪ . ﻭﻟﻴﺲ ﻟﻬﺎ ﻣﻦ ﺍﻟﺪﻻﻟﺔ ﺍﻛﺜﺮ ﻣﻦ ﺫﻟﻚ
Vgl. die Übersetzung von F. W. Zimmermann: Al-Farabi’s Commentary and Short Treatise on Aristotle’s ‘De Interpretatione’, S. 11. 67 Vgl. al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Alfarabi’s Commentary on Aristotle’s ΠΕΡΙ ΕΡΜΗΝΕΙΑΣ, S. 27, Z. 25 – S. 28, Z. 2:
ﻭﻣﺤﺴﻮﺳﺎﺕ ﺗﻠﻚ. ﻳﻌﻨﻰ ﺍﻥ ﺍﻟﻤﻌﻘﻮﻻﺕ ﺍﻟﺘﻲ ﻳﻔﻬﻤﻬﺎ ﺍﻟﺠﻤﻴﻊ ﻋﻦ ﻟﻐﺎﺗﻬﻢ ﺍﻟﻤﺨﺘﻠﻔﺔ ﻣﻌﻘﻮﻻﺕ ﻟﻬﻢ ﻭﺍﺣﺪﺓ ﺑﺎﻋﻴﺎﻧﻬﺎ ﺍﻟﻤﻌﻘﻮﻻﺕ ﻫﻲ ﺍﻳﻀﺎ ﻣﺸﺘﺮﻛﺔ ﻟﻠﺠﻤﻴﻊ ﻭﺫﻟﻚ ﺍﻥ ﻣﺎ ﻳﺤﺴﻪ ﺍﻫﻞ ﺍﻟﻬﻨﺪ ﻣﻦ ﺍﺷﺨﺎﺹ ﺍﻟﻨﺎﺱ ﻓﻬﻢ ﺑﺎﻋﻴﺎﻧﻬﻢ ﺍﺫﺍ . ﺷﺎﻫﺪﻫﻢ ﺍﻟﻌﺮﺏ ﺍﺩﺭﻛﻮﺍ ﻣﻨﻬﻢ ﻣﺎ ﻳﺪﺭﻛﻪ ﺍﻫﻞ ﺍﻟﻬﻨﺪ ﻣﻨﻬﻢ
Vgl. die Übersetzung von F. W. Zimmermann: Al-Farabi’s Commentary and Short Treatise on Aristotle’s ‘De Interpretatione’, S. 12-13.
die problemstellung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
71
den. Sprachliche Ausdrücke aber, ebenso wie Schriftzeichen, bezeichnen nicht schon an sich das, als dessen Zeichen sie in der jeweiligen Sprache bzw. Schrift fungieren. 2) Daß nun der aristotelische Begriff „seelische Widerfahrnisse“ Verschiedenes umfaßt, macht al-F§r§bÊ auf Grundlage der Stelle 16a6-8 deutlich, deren arabische Übersetzung, auf die sich ja al-F§r§bÊ, ebenso wie später Ibn SÊn§, stützt, ich zunächst angebe: „Die Dinge (al-"aày§") aber, für welche das durch die Stimme Verlautbare an erster Stelle ein Zeichen ist – und dies sind die Zustände der Seele – sind bei allen dieselben, und die Dinge (al-"aày§"), von denen die seelischen Widerfahrnisse Abbilder ("amtilah) sind – und dies sind die Bedeuteten/Gemeinten (al-ma#§nÊ) – sind ebenfalls für alle dieselben.“68
Es ist bemerkenswert, daß "Isȧq Ibn \unayn die aristotelischen „πράγµατα“ (16a7) mit dem erläuternden Zusatz: „und dies sind die Bedeuteten (al-ma#§nÊ)“69 versieht und die Dinge somit als das, worauf sich die Denkseele intentional bezieht, expliziert. al-F§r§bÊ, ebenso wie später Ibn SÊn§, setzen, wie noch zu sehen sein wird, die „Dinge“ ebenfalls als Explikat des Begriffes „ma#n§“. Mit den „seelischen Widerfahrnissen“, die von den sprachlichen Ausdrücken „erstlich“ im Sinne von „unmittelbar“ bezeichnet werden – so nun al-F§r§bÊ – meint Aristoteles die „Denkinhalte“ (al-ma#qål§t). Die seelischen Widerfahrnisse hingegen, von denen Aristoteles sagt, sie seien „Abbilder“ der Dinge und nicht etwa Zeichen für diese, könnten ohne Bedeutungsverschiebung „Formen“ (ßuwar) oder „Vor-
68 "Arisãå (Aristoteles): Kit§b al-#ib§rah (Peri hermeneias), übers. ins Arabische von "Isȧq Ibn \unayn, S. 59 (16a6-8):
ﻭﺍﺣﺪﺓ ﺑﻌﻴﻨﻬﺎ ﻟﻠﺠﻤﻴﻊ ؛ ﻭﺍﻷﺷﻴﺎﺀ – ﺩﺍﻝ ﻋﻠﻴﻬﺎ ﺃﻭ ﹰﻻ – ﻭﻫﻰ ﺁﺛﺎﺭ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﺇﻻ ﺃﻥ ﺍﻷﺷﻴﺎﺀ ﺍﻟﺘﻲ ﻣﺎ ﻳﹶﺨﺮﺝ ﺑﺎﻟﺼﻮﺕ ﱞ ﹲ ﹼ . ﺗﻮﺟﺪ ﺃﻳﻀﺎ ﻭﺍﺣﺪﺓﹰ ﻟﻠﺠﻤﻴﻊ، ﻭﻫﻰ ﺍﻟﻤﻌﺎﻧﻰ، ﺍﻟﺘﻲ ﺁﺛﺎﺭ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﺃﻣﺜﻠﺔ ﻟﻬﺎ
Zur Interpretation des aristotelischen Textes vgl. B. Hafemann: Aristoteles Transzendentaler Realismus, S. 51ff.; H. Weidemann: Ansätze zu einer semantischen Theorie bei Aristoteles, S. 241-257; sowie ders.: Aristoteles. Peri Hermeneias, S. 146ff. 69 Zum Überblick über die Begriffsgeschichte von ma#n§ vgl. G. Endress: Grammatik und Logik, S. 207ff. Eine ausgezeichnete Übersicht über die verschiedenen Verwendungen von ma#n§ bei Ibn Ruàd, Ibn B§ÆÆa aber auch bei Ibn SÊn§ findet sich bei D. Wirmer: Der Begriff der Intention und seine erkenntnistheoretische Funktion in den De-anima-Kommentaren des Averroes, S. 38ff.
das „seiende als seiendes“
72
stellungen“ (Éay§l§t) genannt werden.70 Was al-F§r§bÊ also hiermit intendiert, ist die Verschiedenheit der jeweiligen „seelischen Widerfahrnisse“ im Hinblick auf ihr Verhältnis zu den Dingen. Dieser Unterschied ließe sich so verdeutlichen: Die sinnlich wahr nehmbaren : Denkinhalte (al-ma#qål§t) Dinge (al-maÈsås§t) Bezeichnetes /Bedeutetes Bezeichnendes/Bedeutendes (madlål #alayhi=ma#n§, Pl. ma#§nÊ) (dalla/yadullu/Part. Aktiv: d§llun #al§) Die sinnlich wahr nehmbaren Dinge (al-maÈsås§t) Abgebildetes (lah§ l-"amtilah)
: Vorstellungen (al-Éay§l§t) Abbilder ("amtilah/mit§l§t)
Die Relation des Denkinhaltes zu einem sinnlich wahrnehmbaren Ding ist die des Bezeichnenden zu dem Bezeichneten. Das offensichtlich mitgedachte Moment der Allgemeinheit eines solchen „mentalen“ Zeichens kann nun von den Vorstellungen (al-Éay§l§t), die gemäß dem oben zitierten Beispiel al-F§r§bÊs (die konkrete Vorstellung von einem Individuum wie etwa von Zayd) stets konkret sind, nicht erfüllt werden. Die Notwendigkeit zwischen „Zeichen für“, bzw. „etwas bezeichnen“ und „Abbilder/Angleichungen“ (mit§l§t) zu unterscheiden, resultiert formal daraus, daß al-F§r§bÊ die seelischen Widerfahrnisse nicht ausschließlich mit Denkinhalten identifiziert. Angesichts dessen, daß die Denkinhalte stets allgemein, die sinnlich wahrnehmbaren Einzeldinge jedoch stets konkret sind, erscheinen die Vorstellungen als Vermittlungsglied dafür, daß das Allgemeine auf die bestimmten Gegenstände bezogen wird. Auch wenn die Denkinhalte also unter dem allgemeinen Begriff „seelische Widerfahrnisse“ subsumiert werden, so sind sie keine Abbilder, denn sie bedeuten etwas, was allgemeiner ist als das jeweils einzelne Abge70
Vgl. al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Alfarabi’s Commentary on Aristotle’s ΠΕΡΙ
ΕΡΜΗΝΕΙΑΣ, S. 28, Z. 3-6:
ﺩﺍﻝ ﻋﻠﻴﻬﺎ ﺍﻭﻻ ﻭﻫﻲ ﺍﺛﺎﺭ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﺍﺭﺍﺩ ﺑﻪ ﺍﻟﻤﻌﻘﻮﻻﺕ ﺍﻟﺘﻲ ﺗﺪﻝ ﻋﻠﻴﻬﺎ ﺍﻻﻟﻔﺎﻅ ﻭﻗﻮﻟﻪ ﺍﻻﺷﻴﺎﺀ ﺍﻟﺘﻲ ﻣﺎ ﻳﺨﺮﺝ ﺑﺎﻟﺼﻮﺕ ﹲ ﻭﻗﻮﻟﻪ ﺍﻻﺷﻴﺎﺀ ﺍﻟﺘﻲ ﺁﺛﺎﺭ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﺍﻣﺜﻠﺔ ﻟﻬﺎ ﻭﻟﻢ ﻳﻘﻞ ﺍﻻﺷﻴﺎﺀ ﺍﻟﺘﻲ ﺁﺛﺎﺭ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﺩﺍﻟﺔ ﻋﻠﻴﻬﺎ ﺑﻞ. ﺍﻭ ﹰﻻ ﺍﻱ ﺑﻼ ﻭﺍﺳﻄﺔ . ﺳﻤﺎﻫﺎ ﻣﺜﺎﻻﺕ ﻭﻻ ﻓﺮﻕ ﺑﻴﻦ ﺍﻟﻤﺜﺎﻝ ﻭﺑﻴﻦ ﺍﻥ ﻳﻘﺎﻝ ﺍﻧﻬﺎ ﺻﻮﺭ ﻟﻬﺎ ﻭﺧﻴﺎﻻﺕ ﻟﻬﺎ Vgl. dazu die Übersetzung von F. W. Zimmermann: Al-Farabi’s Commentary and Short Treatise on Aristotle’s ‘De Interpretatione’, S. 13.
die problemstellung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
73
bildete. Eben diesen Zusammenhang zwischen Denkinhalt (Begriff), Vorstellung und Gegenstand hat al-F§r§bÊ im Sinn, wenn er sagt: „Die Widerfahrnisse (al-"§t§r) in der Seele sind Abbilder (mit§l§t) des außerhalb der Seele [mit den Denkinhalten] Bedeuteten (Pl.: ma#§nÊ).“71
Dasjenige, was Denkinhalte und Vorstellungen ungeachtet der eben skizzierten Verschiedenheit gemeinsam haben, ist der Umstand, daß sie als Widerfahrnisse der Seele von dieser erfaßt werden, und zwar noch ehe die Seele mit ihnen auf etwas Extramentales prädikativ Bezug nimmt. Dies gilt auch für dasjenige, dem als erfundene Kombination von Vorstellungen nichts Extramentales entspricht. Bevor also von „Zayd“, „Mensch“, „Weiße“ oder „Bockhirsch“ Gebrauch gemacht werden kann – und nur bei ihrem prädikativen Gebrauch liegt Wahrheit und Falschheit, also Beurteilbarkeit vor – werden die mit dem jeweiligen Wort bedeuteten Strukturen erfaßt. Das, was durch die Stimme verlautbart wird, bildet keine Aussage, sondern ein einfaches „Sagen“ (qawl), welches in seinem rein bezeichnenden Modus einen Hörer dazu veranlaßt, sich die damit bezeichnete begriffliche Struktur zu vergegenwärtigen: „Unser Sagen ‘Bockhirsch’ (#anza"ayyil) bezeichnet ein Bedeutetes (ma#n§), das im Bewußtsein (a·-·amÊr) erfaßt (mutaßawwar) wird, nämlich ‘ein Tier, dessen eine Hälfte der Körper eines Hirsches und dessen andere Hälfte der Körper einer Ziege ist’.“72
Es ist also zu beachten, daß Gegenstand des Denkens, wie das Beispiel zeigt, nicht etwa die sensuelle Vorstellung, sondern die sich zwar darauf stützende jedoch in sich stets abstrakte begriffliche Struktur ist. Beachtenswert ist ferner, daß al-F§r§bÊ hier zum ersten Mal den Begriff „mutaßawwar“ (Partizip Passiv) verwendet. 71 al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Alfarabi’s Commentary on Aristotle’s ΠΕΡΙ ΕΡΜΗΝΕΙΑΣ, S. 24, Z. 24 – S. 25, Z. 1:
. ﻭﺍﻵﺛﺎﺭ ﺍﻟﺘﻲ ﻓﻲ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﻣﺜﺎﻻﺕ ﻟﻠﻤﻌﺎﻧﻰ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩﺓ ﺧﺎﺭﺝ ﺍﻟﻨﻔﺲ
Vgl. die Übersetzung von F. W. Zimmermann: Al-Farabi’s Commentary and Short Treatise on Aristotle’s ‘De Interpretatione’, S. 11. 72 al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Alfarabi’s Commentary on Aristotle’s ΠΕΡΙ ΕΡΜΗΝΕΙΑΣ, S. 28, Z. 21-22:
. ﻓﺎﻥ ﻗﻮﻟﻨﺎ ﻋﻨﺰﺍﻳﻞ ﻗﺪ ﻳﺪﻝ ﻋﻠﻰ ﻣﻌﻨﻰ ﻣﺘﺼﻮﺭ ﻓﻲ ﺍﻟﻀﻤﻴﺮ ﻭﻫﻮ ﺣﻴﻮﺍﻥ ﻧﺼﻔﻪ ﺑﺪﻥ ﺍﻳﻞ ﻭﻧﺼﻔﻪ ﺑﺪﻥ ﻋﻨﺰ
Vgl. dazu auch die Übersetzung von F. W. Zimmermann: Al-Farabi’s Commentary and Short Treatise on Aristotle’s ‘De Interpretatione’, S. 15.
das „seiende als seiendes“
74
Es wird aus dem Gesagten deutlich, daß Gegenstand des taßawwur alle im Denken erfaßten Inhalte sind, unabhängig von ihrem möglichen Gebrauch, d. h. von ihrer Prädizierbarkeit und ihrem jeweiligen Abstraktions- oder Allgemeinheitsgrad. Darunter fallen freilich auch die in Form von Verbindung oder Trennung zusammengesetzten Denkinhalte. Die jeweiligen propositionalen und noch nicht beurteilten Inhalte sind jedoch, sofern sie Gegenstand nur noch des taßawwur sind, keineswegs auf die realen Sachverhalte bezogen. Mit dem Erfassen der Begriffsinhalte, bzw. der propositionalen noch nicht beurteilten Inhalte als reine Intensionen (Bereich des taßawwur) wird keine Referenz auf die realen Gegenstände oder Sachverhalte hergestellt. Gegenstand des taßawwur ist allein die begriffliche Struktur als solche, für die die sprachlichen Ausdrücke als konventionelle Zeichen fungieren. Der taßawwur ist damit strikt von dem Urteil (taßdÊq) unterschieden. β) al-#Ib§rah (Peri hermeneias) I 1 des Kit§b aà-àif§": "umår (Dinge), taßawwur§t (Begriffe) und "alf§í (sprachliche Ausdrücke) Darüber, wie Ibn SÊn§ nun die eben besprochenen Verhältnisse zwischen Denkinhalten, Einzeldingen und Sprachzeichen versteht, gibt al-#Ib§rah (Peri hermeneias) I 1 Auskunft. Bereits im Titel zu diesem den semantischen und gnoseologischen Verhältnissen gewidmeten Kapitel verwendet Ibn SÊn§ den Plural „taßawwur§t“ im Sinne von „begriffliche Strukturen“/„Begriffe“: „Über die Kenntnis der gegenseitigen Entsprechung (tan§sub) zwischen den Dingen ("umår), den Begriffen (taßawwur§t), den sprachlichen und schriftlichen Ausdrücken.“73 Im folgenden versuche ich die Position Ibn SÊn§s anhand ausgewählter Stellen aus diesem Kapitel zu bestimmen, um dann unter Bezugnahme auf den eingangs vorgestellten Text aus dem MadÉal (Isagoge) I 3 seine Konzeption von taßawwur und taßdÊq zu verdeutlichen: „Der Mensch ist mit einem Vermögen zur Sinneswahrnehmung ausgestattet, in das die Formen (ßuwar) der Außendinge (al-"umåru l-ɧriÆÊyah) eingeprägt, von dort in die Seele [d. h. die Denkseele] übermittelt und dann in sie ein zweites Mal in beständiger Form eingeprägt werden, so daß auch nachdem die Dinge der Sinneswahrnehmung bereits entschwunden sind, sie in die Seele gemäß dem, was die Sinneswahrnehmung übermittelt hat, eingeprägt werden können. Ent73
Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: III. al-#Ib§rah (Peri hermeneias) I 1, S. 1, Z. 6:
. ﻓﻲ ﻣﻌﺮﻓﺔ ﺍﻟﺘﻨﺎﺳﺐ ﺑﻴﻦ ﺍﻷﻣﻮﺭ ﻭﺍﻟﺘﺼﻮﺭﺍﺕ ﻭﺍﻷﺍﻓﺎﻅ ﻭﺍﻟﻜﺘﺎﺑﺎﺕ
die problemstellung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
75
weder sind nun diese [d. h. die eingeprägten Formen] die Einprägungen in der Sinneswahrnehmung, jedoch erst nachdem ihre sensuellen Formen zu Abstraktionen (at-taÆrÊd) geworden sind, oder sie haben sich in einer anderen, in der Logik aber nicht zu erläuternden Form eingeprägt. Somit haben die Dinge (al-"umår) sowohl im Konkreten als auch in der Seele als Widerfahrnisse ("§t§r) in ihr Sein.“74
Die in die Denkseele eingeprägten Formen bilden für Ibn SÊn§ offensichtlich ihrer Erkenntnisart nach zwei Gruppen. Auf Grund der an dieser Stelle lediglich angedeuteten Abgrenzung ließe sich zumindest festhalten, daß es eingeprägte Formen gibt, deren Erkenntnis nicht auf Vermittlung der Sinneswahrnehmung und auf die dann daran ansetzende Abstraktion angewiesen ist. Die eingeprägten Strukturen hingegen, die auf diesem Wege erkannt werden, werden zwar allein durch die Abstraktion (taÆrÊd) erreicht, diese setzt jedoch als ihre Möglichkeitsbedingung die zu irgendeinem Zeitpunkt übermittelten sinnlichen Wahrnehmungen voraus. Ibn SÊn§ macht nun unmißverständlich klar, daß es sich bei dem, was „fest“ in die Denkseele eingeprägt wird, um im Vergleich zu den sensuellen durch die Sinneswahrnehmung übermittelten Formen abstraktere Formen handelt. Gemeint sind also die begrifflichen Strukturen, die aus den sensuellen Angleichungen an die realen Sachgehalte durch die Abstraktion gewonnen werden. Dieser erkenntnistheoretischen, an der hier zitierten Stelle lediglich angedeuteten Perspektive folgt nun eine ontologische. Wie der letzte Satz zeigt, muß das, wofür das Wort „Dinge“ (al-"umår) dort steht, weiter verstanden werden als einerseits die realen konkreten Außendinge und als andererseits die abstrakten, im Denken bestehenden Formen, deren ontologischer Status als Einwirkungen/Widerfahrnisse, also Affektionszustände der Denkseele, bestimmt wurde. „Dinge“ meint, wie noch in dieser Arbeit im Rahmen der Erörterung der im lateinischen Westen später als 74
Z. 3:
Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: III. al-#Ib§rah (Peri hermeneias) I 1, S. 1, Z. 8- S. 2,
ﻭﺗﺘﺄﺩﻯ ﻋﻨﻬﺎ ﺇﻟﻰ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﻓﺘﺮﺗﺴﻢ ﻓﻴﻬﺎ، ﺇﻥ ﺍﻹﻧﺴﺎﻥ ﻗﺪ ﺃﻭﺗﻰ ﻗﻮﺓ ﺣﺴﻴﺔ ﺗﺮﺗﺴﻢ ﻓﻴﻬﺎ ﺻﻮﺭ ﺍﻷﻣﻮﺭ ﺍﻟﺨﺎﺭﺟﻴﺔ ﺛﻢ ﺭﺑﻤﺎ ﺍﺭﺗﺴﻢ ﺑﻌﺪ ﺫﻟﻚ ﻓﻲ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﺃﻣﻮﺭ ﻋﻠﻰ ﻣﺎ ﺃﺩﺍﻩ ﺍﻟﺤﺲ ؛. ﻭﺇﻥ ﻏﺎﺏ ﻋﻦ ﺍﻟﺤﺲ، ﺍﺭﺗﺴﺎﻣ ﹰﺎ ﺛﺎﻧﻴ ﹰﺎ ﺛﺎﺑﺘ ﹰﺎ ﺃﻭ ﺗﻜﻮﻥ، ﻭﻟﻜﻨﻬﺎ ﺍﻧﺘﻘﻠﺖ ﻋﻦ ﻫﻴﺌﺎﺗﻬﺎ ﺍﻟﻤﺤﺴﻮﺳﺔ ﺇﻟﻰ ﺍﻟﺘﺠﺮﻳﺪ، ﻓﺈﻣﺎ ﺃﻥ ﺗﻜﻮﻥ ﻫﻲ ﺍﻟﻤﺮﺗﺴﻤﺎﺕ ﻓﻲ ﺍﻟﺤﺲ ﻗﺪ ﺍﺭﺗﺴﻤﺖ ﻣﻦ ﹴ ﻓﻠﻸﻣﻮﺭ ﻭﺟﻮﺩ ﻓﻲ ﺍﻷﻋﻴﺎﻥ ﻭﻭﺟﻮﺩ ﻓﻲ ﺍﻟﻨﻔﺲ. ﺟﻨﺒﺔ ﺃﺧﺮﻯ ﻻ ﺣﺎﺟﺔ ﻓﻲ ﺍﻟﻤﻨﻄﻖ ﺇﻟﻰ ﺑﻴﺎﻧﻬﺎ . ﻳﻜﻮﻥ ﺁﺛﺎﺭﺍﹰ ﻓﻲ ﺍﻟﻨﻔﺲ
76
das „seiende als seiendes“
„natura communis“ bezeichneten ibn-sinischen Lehre75 von der an sich betrachteten Natur deutlich gemacht wird, die formale Struktur als solche, die gegenüber ihrer Verwirklichung im Konkreten und ihrem Gedachtsein in der Seele, mitunter auch ihrem Gebrauch durch das Denken (als Prädikat) indifferent ist: Formale Struktur als solche (z. B. Pferdheit, die reine Washeitlichkeit (m§hiyah))
Konkrete Verwirklichung (ein reales, konkretes aus materie Materie und und Form Form zusammengesetztes Pferd)
Abstrakte Verwirklichung einer begrifflichen Struktur („Pferd-sein“ als potentielles algemeines Prädikat: „Pferd-zu-sein“)
Das Verhältnis von Gesprochenem bzw. Geschriebenem zu den Denkinhalten bestimmt Ibn SÊn§ im Anschluß an Aristoteles als das eines bedeutungstragenden Zeichens zum Bezeichneten: „Da nun die menschliche Natur, insofern sie zur Teilhabe und zum Zusammenleben gezwungen ist, der Kommunikation bedarf, machte sie sich daran, etwas zu erfinden, womit sie dies [d. h. die Kommunikation] erreichen könne. Nun gab es nichts leichteres als eine Tätigkeit, und [davon wiederum] nichts leichteres als das Hervorbringen von Lauten, eben deshalb, weil der Laut nicht bestehen bleibt, nicht anhält und sich nicht anhäuft. Mit seiner Eigenschaft, leicht hervorbringbar zu sein, erfüllt er den Zweck, Mitteilungen zu übermitteln und dabei wieder vollständig zu verschwinden. [Dies ist deshalb nützlich], da man seiner nicht mehr bedarf, sobald er den Zweck der Mitteilung erfüllt hat, oder weil auch nach ihm [d. h. nach seinem Verschwinden] auf Grund seiner bezeichnenden Funktion etwas vorgestellt werden kann (yutaßawwar). Deshalb neigte die menschliche Natur der Verwendung der Laute zu und wurde vom Schöpfer mit Organen ausgestattet, bestimmte Laute [Phoneme, wörtlich: Èuråf ‘Konsonanten’] hervorzubringen und zusammenzufügen, um damit das, was sich in der Seele an Einwirkungen/Widerfahrnissen befindet, zu bezeichnen. Dann ent-
75 Zur Zusammenfassung dieser Lehre vgl. L. Honnefelder: „Natura communis“, Sp. 494ff., M. E. Marmura: „Avicenna: 4. Metaphysics“, S. 75ff., ders.: Quiddity and Universality in Avicenna. Zu ihrem Einfluß auf Thomas von Aquin und Duns Scotus vgl. J. Owens: Common Nature, S. 1ff.
die problemstellung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
77
stand ein weiterer Bedarf, nämlich den abwesenden Zeitgenossen oder den zukünftigen Menschen durch Aufzeichnung das mitzuteilen, worüber man Wissen hat. Sei es, um dem Aufgezeichneten das, was man in der Zukunft erkennen wird, hinzuzufügen, so daß der Nutzen und die menschliche Weisheit sich durch das gemeinsame Mitwirken vervollkommnen, da ja die meisten [wissenschaftlichen] Disziplinen durch das sich aneinander Fügen der Gedanken und das Erschließen [neuer Erkenntnisse] aus ihren Sätzen, sowie dadurch, daß der Spätere in die Fußstapfen des Früheren tritt und es ihm gleichtut, vervollständigt werden. Oder sei es, daß die danach Kommenden Nutzen daraus [d. h. aus dem Aufgezeichneten] ziehen, auch wenn dieses keiner weiteren Ergänzung bedarf, um vollständig zu sein. Deshalb benötigte man neben der Sprache eine weitere Form der Mitteilung. Also wurden die [verschiedenen] Schriftsysteme ("aàk§lu l-kit§bati) erfunden, all dies durch göttliche Rechtleitung und Inspiration.“76
In prägnanter Form skizziert Ibn SÊn§ die Grundbedingungen für die bedeutungstragende Funktion der sprachlichen Ausdrücke und Schriftzeichen. Die Notwendigkeit zur menschlichen Kommunikation wird dabei nicht auf den Alltag und das hier und jetzt Vorhandene beschränkt, sondern auf Zukunft und Vergangenheit, wie auch auf die Kontinuität von Wissenschaft und Künsten ausgedehnt. Die Idee der fortlaufenden Mitwirkung von Wissenschaftlern und Künstlern läßt die dahinterstehende Überzeugung von der prinzipiellen Offenheit oder gar Unabschließbarkeit bestimmter Fragen und damit von der Möglichkeit problemgeschichtlichen Fortschritts erkennen. Die Reflexion über die Vorzüge der Mittel der Sprache im Hinblick 76
Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: III. al-#Ib§rah (Peri hermeneias) I 1, S. 2, Z. 3-15:
ﺍﻧﺒﻌﺜﺖ ﺇﻟﻰ، ﻭﻟﻤﺎ ﻛﺎﻧﺖ ﺍﻟﻄﺒﻴﻌﺔ ﺍﻹﻧﺴﺎﻧﻴﺔ ﻣﺤﺘﺎﺟ ﹰﺔ ﺇﻟﻰ ﺍﻟﻤﺤﺎﻭﺭﺓ ﻻﺿﻄﺮﺍﺭﻫﺎ ﺇﻟﻰ ﺍﻟﻤﺸﺎﺭﻛﺔ ﻭﺍﻟﻤﺠﺎﻭﺭﺓ ﺃﺧﻒ ﻣﻦ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﻭﻟﻢ ﻳﻜﻦ ﱠ، ﺃﺧﻒ ﻣﻦ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﻓﻌﻼ ﻭﻟﻢ ﻳﻜﻦ ﱠ، ﻳﺘﻮﺻﻞ ﺑﻪ ﺇﻟﻰ ﺫﻟﻚ ﺍﺧﺘﺮﺍﻉ ﺷﻲﺀ ﱠ ﻓﺘﻜﻮﻥ ﻓﻴﻪ ﻣﻊ ﺧﻔﺘﻪ ﻓﺎﺋﺪﺓ ﻭﺟﻮﺩ ﺍﻹﻋﻼﻡ، ﻭﺧﺼﻮﺻ ﹰﺎ ﻭﺍﻟﺼﻮﺕ ﻻ ﻳﺜﺒﺖ ﻭﻻ ﻳﺴﺘﻘﺮ ﻭﻻ ﻳﺰﺩﺣﻢ، ﺑﺎﻟﺘﺼﻮﻳﺖ ، ﺃﻭ ﻛﺎﻥ ﻳﺘﺼﻮﺭ ﺑﺪﻻﻟﺘﻪ ﺑﻌﺪﻩ، ﺇﺫ ﻛﺎﻥ ﻣﺴﺘﻐﻨﻴ ﹰﺎ ﻋﻦ ﺍﻟﺪﻻﻟﺔ ﺑﻪ ﺑﻌﺪ ﺯﻭﺍﻝ ﺍﻟﺤﺎﺟﺔ ﻋﻨﻪ، ﺑﻪ ﻣﻊ ﻓﺎﺋﺪﺓ ﺍﻣﺤﺎﺋﻪ ﱠ ﹺ ﻘﺖ ﻣﻦ ﻋﻨﺪ ﺍﻟﺨﺎﻟﻖ ﺑﺂﻻﺕ ﺗﻘﻄﻴﻊ ﺍﻟﺤﺮﻭﻑ ﻭﺗﺮﻛﻴﺒﻬﺎ ﻣﻌ ﹰﺎ ﻟﻴ ﹶﺪ ﱠﻝ ﺑﻬﺎ ﹶﻭ ﹸﻭ ﹼﻓ ﹾ، ﻓﻤﺎﻟﺖ ﺍﻟﻄﺒﻴﻌﺔ ﺇﻟﻰ ﺍﺳﺘﻌﻤﺎﻝ ﺍﻟﺼﻮﺕ ﹸ ﺛﻢ ﻭﻗﻊ ﺍﺿﻄﺮﺍﺭ ﺛﺎﻥ ﺇﻟﻰ ﺇﻋﻼﻡ ﺍﻟﻐﺎﺋﺒﻴﻦ ﻣﻦ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩﻳﻦ ﻓﻲ ﺍﻟﺰﻣﺎﻥ ﺃﻭ ﻣﻦ ﺍﻟﻤﺴﺘﻘﺒﻠﻴﻦ. ﻋﻠﻰ ﻣﺎ ﻓﻲ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﻣﻦ ﺃﺛﺮ ﺇﻣﺎ ﻟﻴﻨﻀﺎﻑ ﺇﻟﻴﻪ ﻣﺎ ﻳﻌﻠﻢ ﻓﻲ ﺍﻟﻤﺴﺘﻘﺒﻞ ﻓﺘﻜﻤﻞ ﺍﻟﻤﺼﻠﺤﺔ ﺃﻭ ﺍﻟﺤﻜﻤﺔ ﺍﻹﻧﺴﺎﻧﻴﺔ ﺑﺎﻟﺘﺸﺎﺭﻙ، ﺇﻋﻼﻣ ﹰﺎ ﺑﺘﺪﻭﻳﻦ ﻣﺎ ﹸﻋﻠﻢ ﻓﺈﻥ ﺃﻛﺜﺮ ﺍﻟﺼﻨﺎﺋﻊ ﺇﻧﻤﺎ ﺗﻤﺖ ﺑﺘﻼﺣﻖ ﺍﻷﻓﻜﺎﺭ ﻓﻴﻬﺎ ﻭﺍﻻﺳﺘﻨﺒﺎﻃﺎﺕ ﻣﻦ ﻗﻮﺍﻧﻴﻨﻬﺎ ﻭﺍﻗﺘﻔﺎﺀ ﺍﻟﻤﺘﺄﺧﺮ ﺑﺎﻟﻤﺘﻘﺪﻡ ﻭﺍﻗﺘﺪﺍﺋﻪ ﱠ ﻓﺎﺣﺘﻴﺞ ﺇﻟﻰ ﺿﺮﺏ ﺁﺧﺮ ﻣﻦ، ﻭﺇﻥ ﻟﻢ ﻳﺤﺘﺞ ﺇﻟﻰ ﻣﺎ ﻳﻀﺎﻑ ﺇﻟﻴﻪ ﻓﻴﻜﻤﻞ ﺑﻪ. ﺃﻭ ﻟﻴﻨﺘﻔﻊ ﺑﻪ ﺍﻵﺗﻮﻥ ﻣﻦ ﺑﻌﺪ، ﺑﻪ . ﻭﻛﻠﻪ ﺑﻬﺪﺍﻳﺔ ﺇﻟﻬﻴﺔ ﻭﺇﻟﻬﺎﻡ ﺇﻟﻬﻲ، ﻓﺎﺧﺘﺮﻋﺖ ﺃﺷﻜﺎﻝ ﺍﻟﻜﺘﺎﺑﺔ، ﺍﻹﻋﻼﻡ ﻏﻴﺮ ﺍﻟﻨﻄﻖ
78
das „seiende als seiendes“
auf das gesuchte Zeichen-Sein für die gedachten Formen der Dinge verdeutlicht das pragmatische Verhältnis zwischen diesem Medium und dem Kommunizierenden, denn das Anhäufen einer unendlichen Menge von formalisierten materiellen Gegenständen (wie etwa Verkehrsschilder), denen man durch Übereinkunft die Funktion von Zeichen verleiht, würde die Kommunikation, wenn nicht unmöglich machen, so doch zumindest außerordentlich erschweren, weil dann die Kommunikationspartner auf das Vorhandensein übergroßer Mengen solcher materiellen Mittel angewiesen wären, ganz zu schweigen von der Frage, wie die Festlegung der Regeln für die Zusammensetzung dieser Zeichen ohne die Vermittlungsfunktion von sprachlichen Strukturen möglich sein könnte. Die dem Menschen durch den Schöpfer verliehene Fähigkeit, distinkte Phoneme zu artikulieren, macht die Möglichkeit des Menschen als sprachliches Lebewesen aus, da so bedeutungstragende Lautgebilde ermöglicht werden. Soll nun Verständigung über die Dinge erreicht werden, vermag der Mensch in der Weise tätig zu werden, daß er im Vollzug eines Sprach- oder Schreibaktes das Denken seines Adressaten auf die dem jeweiligen Zeichen zuzuordnende begriffliche Struktur aufmerksam macht, und ihm ferner vermittels dieser auch etwas über konkrete Gegenstände mitteilen kann, sofern die mit dem Zeichen bedeutete begriffliche Struktur auf konkrete Gegenstände prädikativ bezogen wird. Daß es Ibn SÊn§ hier in der #Ib§rah ausschließlich um die semantische Ebene der Wortbedeutungen geht, die notwendige Bedingung für die Verständigung über die realen Dinge ist, wird daran sichtbar, daß er psychologische Fragen, wie etwa danach, was das Vermögen des taßawwur aktualisiert, oder danach, wie die Seele die Formen der Dinge erfaßt (kayfa tataßawwaru n-nafsu ßuwara l-"umuri) oder nach Ähnlichem einer anderen Wissenschaft zuweist.77 Diese semantische Perspektive bietet für Ibn SÊn§, wie noch zu sehen sein wird, denjenigen Zugang zur Ersten Philosophie, der es möglich 77 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: III. al-#Ib§rah (Peri hermeneias) I 1, S. 5, Z. 10-13:
ﻭﻣﺎ ﺍﻟﺬﻱ ﻳﻌﺮﺽ ﻟﻠﺼﻮﺭ ﻭﻫﻲ ﻓﻲ، ﻭﻛﻴﻒ ﻳﺤﺼﻞ ﻓﻴﻬﺎ ﺫﻟﻚ، ﻓﺄﻣﺎ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﻛﻴﻒ ﺗﺘﺼﻮﺭ ﺻﻮﺭ ﺍﻷﻣﻮﺭ ، ﻭﻣﺎ ﺍﻟﻔﺎﻋﻞ ﺍﻟﺬﻱ ﻫﻮ ﺳﺒﺐ ﺇﺧﺮﺍﺝ ﻗﻮﺓ ﺍﻟﺘﺼﻮﺭ ﺇﻟﻰ ﺍﻟﻔﻌﻞ، ﻭﻣﺎ ﺍﻟﺬﻱ ﻳﻌﺮﺽ ﻟﻬﺎ ﻭﻫﻲ ﻣﻦ ﺧﺎﺭﺝ، ﺍﻟﻨﻔﺲ . ﺑﻞ ﻣﻦ ﻋﻠﻢ ﺁﺧﺮ، ﻓﻠﻴﺲ ﻣﻦ ﻫﺬﻩ ﺍﻟﺼﻨﺎﻋﺔ
Zur Interpretation des aristotelischen Ansatzes in Peri hermeneias 1 vgl. H. Weidemann: Ansätze zu einer semantischen Theorie bei Aristoteles, sowie ders.: Aristoteles. Peri Hermeneias, S. 133ff.
die problemstellung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
79
macht, die Erstheit und die Distinktheit der Grundbegriffe und Axiome dieser Wissenschaft zu rechtfertigen. Die Verhältnisse sprachliches Zeichen – Denkformen – reale Dinge werden nun wie folgt näher bestimmt: „Das, was durch die Stimme verlautbart wird, bezeichnet (yadullu #al§) das, was in der Seele ist. Und diese [d. h. die in der Seele bestehenden Formen] sind das, was Einwirkungen/Widerfahrnisse ("§t§r) genannt wird. Das, was in der Seele ist, bezeichnet die Dinge (al-"umår). Diese Dinge nennt man nun das Bedeutete (ma#§nÊ, Pl. von ma#n§), d. h. die Intentionen (maq§ßid) der Seele. Wie ja auch die Einwirkungen/ Widerfahrnisse ("§t§r) in Bezug auf den sprachlichen Ausdruck das Bedeutete (wörtlich: Pl. ma#§nÊ) sind. Das Geschriebene (al-kit§bah) bezeichnet den sprachlichen Ausdruck, da es ja [in seiner Konstruktion] dem Lautgebilde (tarkÊb al-lafí) entspricht [wörtlich: ‘parallel ist’, yuȧd§ bih§ tarkÊbu l-lafíi]. Man entschied sich dafür [d. h. für diese alphabetische Form der Aufzeichnung der Sprache], da dies rationell ist, auch wenn die Möglichkeit besteht, die Schrift ohne diesen Bezug zum Lautgebilde und seinen Teilen zu konzipieren.78 Dies ist jedoch umständlicher und aufwendiger.“79
Damit ergibt sich das folgende semantische Schema: Bedeutete Struktur Bedeutete intentionale intentionale Struktur (seelische Widerfahrnisse/Einwirkungen (seelische Widerfahrnisse/Einwirkungen realer realer Dinge in Seele) Dinge inder der Seele)
Sprachlicher Ausdruck Sprachlicher Ausdruck Schriftzeichen
Schriftzeichen
reale Entsprechungen der
reale Entsprechungen bedeuteten intentionalender bedeuteten Struktur intentionalen Struktur
78 Die Möglichkeit für jedes Widerfahrnis der Seele ein bestimmtes Schriftzeichen zu setzen, so daß dieses nicht auf die Vermittlung der sprachlichen Ausdrücke angewiesen wäre, wird von Ibn SÊn§ an einer späteren Stelle verdeutlicht. Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: III. al-#Ib§rah (Peri hermeneias) I 1, S. 4, Z. 11ff. 79 Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: III. al-#Ib§rah (Peri hermeneias) I 1, S. 2, Z. 15 – S. 3, Z. 5:
ﻭﺍﻟﺘﻲ ﻓﻲ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﺗﺪﻝ ﻋﻠﻰ ﺍﻷﻣﻮﺭ ﻭﻫﻲ. ﻭﻫﻲ ﺍﻟﺘﻲ ﹸﺗﺴﻤﻰ ﺁﺛﺎﺭﺍﹰ، ﻓﻤﺎ ﻳﺨﺮﺝ ﺑﺎﻟﺼﻮﺕ ﻳﺪﻝ ﻋﻠﻰ ﻣﺎ ﻓﻲ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﱠ ﻭﺍﻟﻜﺘﺎﺑﺔ ﺗﺪﻝ ﻋﻠﻰ. ﻛﻤﺎ ﺃﻥ ﺍﻵﺛﺎﺭ ﺁﻳﻀ ﹰﺎ ﺑﺎﻟﻘﻴﺎﺱ ﺇﻟﻰ ﺍﻷﻟﻔﺎﻅ ﻣﻌﺎﻥ. ﺃﻯ ﻣﻘﺎﺻﺪ ﻟﻠﻨﻔﺲ، ﺍﻟﺘﻲ ﺗﺴﻤﻰ ﻣﻌﺎﻧﻰ ﺤﺎﺫﻯ ﺑﻬﺎ ﺍﻟﻠﻔﻆ ﻭﺇﻥ ﻛﺎﻥ ﺇﻟﻰ ﺇﻧﺸﺎﺋﻬﺎ ﺑﺤﻴﺚ ﻻ ﹸﻳ ﹶ، ﺗﺮﻛﻴﺐ ﺍﻟﻠﻔﻆ ؛ ﻭﺍﺧﺘﻴﺮ ﺫﻟﻚ ﻟﻠﺴﻬﻮﻟﺔ ﺍﻟﻠﻔﻆ ﺇﺫ ﹸﻳ ﹶ ﺤﺎﺫﻯ ﺑﻬﺎ ﹸ . ﻟﻜﻦ ﺫﻟﻚ ﻣﻤﺎ ﻳﺼﻌﺐ ﻭﻳﻄﻮﻝ، ﻭﺃﺟﺰﺍﺅﻩ ﺳﺒﻴﻞ
80
das „seiende als seiendes“
Wenn Ibn SÊn§ von diesen Relationen als von „Bezeichnungen“ spricht, so macht er deutlich, daß dies nicht in einem univoken Sinn zu verstehen ist. Im Anschluß an Aristoteles und al-F§r§bÊ bestimmt er allein das Verhältnis zwischen realem Gegenstand und seelischem Widerfahrnis als „naturgegeben“ (ãabÊ#Ê) und „unwandelbar“ (l§ yaÉtalif). Bei allen anderen Relationen ist Variabilität gegeben. Diese betrifft entweder ein Relationsglied – dies trifft auf die sprachlichen Zeichen in ihrer durch Konvention festgelegten Zuordnung zu Denkinhalten zu – oder eben beide Glieder, wie das bei der Zuordnung von sprachlichen Ausdrücken und Schriftzeichen der Fall ist. 80 Der Bezeichnungsmodus des sprachlichen Ausdruckes besteht nun darin, daß sich im Denken eines Hörers seine Bedeutung „einprägt“, sobald der ausgesprochene Ausdruck vernommen wird, so daß die Seele das Gehörte einem bestimmten begrifflichen Inhalt zuzuordnen weiß und sich immer dann diesem zuwendet, wenn der Gehörsinn ihr den entsprechenden Ausdruck übermittelt.81 Gegenstand des taßawwur ist also primär der formale Inhalt, und nicht schon dessen Verwirklichung im Konkreten oder im Denken als allgemeines von mehreren geltendes Prädikat. Diesen rein intensionalen Charakter der durch ein Nomen oder Verbum bezeichneten Bedeutungen verdeutlicht Ibn SÊn§ in einer impliziten Bezugnahme auf die erwähnte aristotelische Stelle (Peri herm. 16a9-19). Ehe ein Denkinhalt – primär im Denken und vermittels dessen in einem Aussagesatz – affirmativ oder negierend auf ein anderes bezogen wird, stellt er nichts Beurteilbares dar. Die geistige Haltung, etwas für wahr bzw. für falsch zu halten82, setzt ausschließlich dort an, wo 80 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: III. al-#Ib§rah (Peri hermeneias) I 1, S. 5, Z. 6-9:
ﻛﻤﺎ ﻓﻲ ﺍﻟﺪﻻﻟﺔ ﺍﻟﺘﻲ، ﻻ ﺍﻟﺪﺍﻝ ﻭﻻ ﺍﻟﻤﺪﻟﻮﻝ ﻋﻠﻴﻪ، ﻭﺃﻣﺎ ﺩﻻﻟﺔ ﻣﺎ ﻓﻲ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﻋﻠﻰ ﺍﻷﻣﻮﺭ ﻓﺪﻻﻟﺔ ﻃﺒﻴﻌﻴﺔ ﻻ ﺗﺨﺘﻠﻒ ﻓﺈﻥ ﺍﻟﺪﺍﻝ ﻣﺨﺘﻠﻒ ؛ ﻭﻻ ﻛﻤﺎ ﻓﻲ، ﻭﺇﻥ ﻛﺎﻥ ﻏﻴﺮ ﻣﺨﺘﻠﻒ، ﺑﻴﻦ ﺍﻟﻠﻔﻆ ﻭﺍﻷﺛﺮ ﺍﻟﻨﻔﺴﺎﻧﻲ ؛ ﻓﺈﻥ ﺍﻟﻤﺪﻟﻮﻝ ﻋﻠﻴﻪ . ﻓﺈﻥ ﺍﻟﺪﺍﻝ ﻭﺍﻟﻤﺪﻟﻮﻝ ﻋﻠﻴﻪ ﺟﻤﻴﻌ ﹰﺎ ﻗﺪ ﻳﺨﺘﻠﻔﺎﻥ، ﺍﻟﺪﻻﻟﺔ ﺍﻟﺘﻲ ﺑﻴﻦ ﺍﻟﻠﻔﻆ ﻭﺍﻟﻜﺘﺎﺑﺔ
81 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: III. al-#Ib§rah (Peri hermeneias) I 1, S. 4, Z. 8-10:
ﻓﺘﻌﺮﻑ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﺃﻥ. ﻭﻣﻌﻨﻰ ﺩﻻﻟﺔ ﺍﻟﻠﻔﻆ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﺇﺫﺍ ﺍﺭﺗﺴﻢ ﻓﻲ ﺍﻟﺨﻴﺎﻝ ﻣﺴﻤﻮﻉ ﺍﺳﻢ ﺍﺭﺗﺴﻢ ﻓﻲ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﻣﻌﻨﻰ . ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻤﺴﻤﻮﻉ ﻟﻬﺬﺍ ﺍﻟﻤﻔﻬﻮﻡ ؛ ﻓﻜﻠﻤﺎ ﺃﻭﺭﺩﻩ ﺍﻟﺤﺲ ﻋﻠﻰ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﺍﻟﺘﻔﺘﺖ ﺇﻟﻰ ﻣﻌﻨﺎﻩ
82 Hier (al-#Ib§rah (Peri hermeneias) I 1, S. 6, Z. 1-8) verwendet Ibn SÊn§ den Terminus „i#tiq§d“, der in diesem Kontext als „Behauptung“ wiedergegeben werden muß.
die problemstellung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
81
Inhalte in Form von Prädikation (Èaml) miteinander verknüpft (iqtir§n) und behauptet werden. Das Für-wahr- bzw. Für-falschHalten eines Sachverhaltes ist ein mit Geltungsanspruch gedachtes Urteil, das sich keineswegs in dem Erfassen der einzelnen darin verknüpften Denkinhalte – so z. B. von „Mensch“ als potentiellem Subjektsbegriff und „weiß“ als Prädikat – erschöpft. Von Wahrheit und Falschheit kann nur dann die Rede sein, wenn komplexe behauptbare Verknüpfungen hergestellt und behauptet werden.83 Um diese Möglichkeitsbedingung deutlich abzugrenzen, bedient sich Ibn SÊn§ des aristotelischen Beispiels von „Bockhirsch“. Bei dem bloßen Erfassen der begrifflichen Struktur (taßawwur), oder entsprechend bei dem bloßen Aussprechen des Wortes, das diese bezeichnet (at-talaffuíu bi-lafíihi), wird selbst dann kein Bezug zu Wahrheit und Falschheit genommen, wenn es sich dabei um etwas handelt, das „an sich Nichtseiendes ist“ (ma#dåmun fÊ nafsihÊ), in dem Sinne, daß „es ihm widerspricht zu sein“ (muȧlun fÊ wuÆådihÊ). Dies ändert sich erst und nur dann, wenn dem „Bockhirsch“ wie einem Subjekt ein Begriff zeitlich unbestimmt oder gemäß den Zeitformen zu- oder abgesprochen wird.84 ii. Das Verhältnis zwischen der vorprädikativen Ebene des taßawwur und der Prädikationsstruktur des taßdÊq Nun zurück zur eingangs präsentierten Darstellung aus dem MadÉal (Isagoge) I 3. Im Lichte des semantischen Ansatzes von Peri hermeneias, dem Ibn SÊn§ im Anschluß an al-F§r§bÊ folgt, und an den er bei der Distinktion von taßawwur und taßdÊq sachlich anknüpft, ließen sich nun zusammenfassend die folgenden Momente festhalten: 83 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: III. al-#Ib§rah (Peri hermeneias) I 1, S. 6, Z. 1-8:
ﹴ ﻣﺘﺤﺎﺫ ﻣﻄﺎﺑﻖ ؛ ﻭﺍﻷﻣﺮ ﻓﻴﻬﻤﺎ. ﻭﺍﻋﻠﻢ ﺃﻥ ﻓﻲ ﺍﻷﻟﻔﺎﻅ ﻭﺍﻵﺛﺎﺭ ﺍﻟﺘﻲ ﻓﻲ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﻣﺎ ﻫﻮ ﻣﻔﺮﺩ ﻭﻓﻴﻬﺎ ﻣﺎ ﻫﻮ ﻣﺮﻛﺐ ﻭﻛﻤﺎ ﺃﻥ ﺍﻟﻤﻌﻘﻮﻝ. ﻛﺬﻟﻚ ﺍﻟﻠﻔﻆ ﺍﻟﻤﻔﺮﺩ ﻟﻴﺲ ﺑﺼﺪﻕ ﻭﻻ ﻛﺬﺏ، ﻓﺈﻧﻪ ﻛﻤﺎ ﺃﻥ ﺍﻟﻤﻌﻘﻮﻝ ﺍﻟﻤﻔﺮﺩ ﻟﻴﺲ ﺑﺤﻖ ﻭﻻ ﺑﺎﻃﻞ ﻛﺎﻥ ﺍﻻﻋﺘﻘﺎﺩ ﺣﻘﺎ ﺃﻭ، ﻓﺎﻋﺘﻘﺪ ﺃﻧﻪ ﺫﺍﻙ ﺃﻭ ﻟﻴﺲ، ﻭﺣﻤﻞ ﻋﻠﻴﻪ ﺇﺫﺍ ﺍﻗﺘﺮﻥ ﺑﻪ ﻓﻲ ﺍﻟﺬﻫﻦ ﻣﻌﻘﻮﻝ ﺁﺧﺮ ﹸ، ﺍﻟﻤﻔﺮﺩ ﻛﺎﻥ ﺻﺪﻗﺎ، ﻓﻘﻴﻞ ﺇﻧﻪ ﻛﺬﺍ ﺃﻭ ﻟﻴﺲ ﻛﺬﺍ، ﺇﺫﺍ ﺍﻗﺘﺮﻥ ﺑﻪ ﻟﻔﻆ ﺁﺧﺮ ﻭﺣﻤﻞ ﻋﻠﻴﻪ، ﻓﻜﺬﻟﻚ ﺍﻟﻠﻔﻆ ﺍﻟﻤﻔﺮﺩ، ﺑﺎﻃﻼ ﻓﻼ ﺻﺪﻕ، ﻓﺎﻷﺳﻤﺎﺀ ﻭﺍﻟﻜﻠﻢ ﻓﻲ ﺍﻷﻟﻔﺎﻅ ﻧﻈﻴﺮ ﺍﻟﻤﻌﻘﻮﻻﺕ ﺍﻟﻤﻔﺮﺩﺓ ﺍﻟﺘﻲ ﻻ ﺗﻔﺼﻴﻞ ﻓﻴﻬﺎ ﻭﻻ ﺗﺮﻛﻴﺐ... ﺃﻭ ﻛﺬﺑﺎ . ﻓﻲ ﺃﻓﺮﺍﺩﻫﺎ ﻭﻻ ﻛﺬﺏ 84
Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: III. al-#Ib§rah (Peri hermeneias) I 1, S. 6, Z. 9ff.
82
das „seiende als seiendes“
– Mit „Form“ ist in dem zitierten Text (madÉal I 3) die mit der Verwendung des Wortes angesprochene begriffliche Struktur als solche gemeint. Dabei ist es seitens des taßawwur gleichgültig, ob es sich bei der „Form“ um ein Einzelnes oder Komplexes, und ob es sich ferner bei Letzterem um ein Behauptendes handelt. Denn sofern diese „Form“ – als einzelne begriffliche Struktur oder als ein lediglich potentiell beurteilbarer und behauptbarer propositionaler Gehalt – ausschließlich Gegenstand des Erfassens ist, wird noch keine Referenz auf die konkreten Gegenstände hergestellt. Das Wort „Pferd“ bedeutet die formale begriffliche Struktur „Pferd“, der sich das Denken zuwendet, sobald darauf mit dem sprachlichen Zeichen hingewiesen wird. Ob es sich dabei um ein gültiges Prädikat handelt, das von mindestens einem Gegenstand aussagbar ist, oder um ein solches wie „Bockhirsch“, das auf keinen einzigen Gegenstand zutrifft, ist dem taßawwur als solchen nachgeordnet, denn auch das Letztere hat eine Bedeutung, auch wenn dieser Bedeutung nichts Reales entspricht. Analog dazu ließe sich sagen, daß der propositionale Gehalt des Satzes „Alles Weiß-Sein ist ein Akzidens“ auch dann Bedeutung hat, wenn noch nicht entschieden werden kann, ob dieser propositionale Gehalt zutrifft oder nicht. In solch einem Zweifelsfalle kann von dem entsprechenden Bewußtsein kein Urteil getroffen werden, so daß entsprechend dem dieser Stelle zugrundeliegenden Gedanken des Erkenntnisfortschrittes, die Konfrontation mit diesem von einer anderen Person vorgetragenen Behauptungssatz als Bewußtmachung zum Fassen desselben Gehaltes als Frage gedeutet werden könnte. – Wie das Beispiel: „Tue dies!“ zeigt, weist die Bitte, ungeachtet ihrer im Vergleich zu einem einzelnen sprachlichen Ausdruck komplexeren Struktur, nicht das Moment der Behauptung auf.85 Die Bitte steht hier offensichtlich stellvertretend für alle Arten von Sätzen, bei denen keine Wahrheit und Falschheit vorliegt. Was eine Bitte und einzelne Worte jedoch mit einem Aussagesatz gemeinsam haben, ist der Umstand, daß sie Bedeutung tragen. Daher erstreckt sich der 85 Frege faßt die Abgrenzung des Behauptungssatzes in einer ähnlichen Weise auf: „Um das, was ich Gedanken nennen will, schärfer herauszuarbeiten, unterscheide ich Arten von Sätzen. Einem Befehlssatze wird man einen Sinn nicht absprechen wollen; aber dieser Sinn ist nicht derart, daß Wahrheit bei ihm in Frage kommen könnte. Darum werde ich den Sinn eines Befehlssatzes nicht Gedanken nennen. Ebenso sind Wunsch- und Bittsätze auszuschließen. In Betracht kommen können Sätze, in denen wir etwas mitteilen oder behaupten.“ G. Frege: Der Gedanke, S. 34.
die problemstellung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
83
taßawwur auf alles, was mit sprachlichen Ausdrücken bezeichnet wird. Das Urteil hingegen setzt das Erfassen des mit den sprachlichen Ausdrücken Bedeuteten (taßawwur) voraus, verläßt jedoch die vorprädikative Ebene der einzelnen Wortbedeutungen, da nun die ganze und ausschließlich in der Weise der Verbindung oder Trennung zusammengesetzte Form (der propositionale Gehalt) behauptet und auf Grund des entsprechenden realen Sachverhalts für wahr (taßdÊq), bzw. für falsch (takdÊb) gehalten wird. Wahrheit und Falschheit eines Aussagesatzes sind keine Bestandteile seiner Bedeutung, sondern kommen ihm auf Grund der Weise des Bezuges (Übereinstimmung oder Widerspruch) zu einem realen Sachverhalt zu. – Es wurde bereits mehrmals deutlich, daß Ibn SÊn§ das Verhältnis zwischen dem begrifflichen Erfassen (taßawwur) und dem Urteilen (taßdÊq) nicht als ein solches der gegenseitigen Ausschließung denkt, denn auch wenn der taßawwur als solcher auch ohne taßdÊq möglich ist, so ist das umgekehrt nicht der Fall. In seiner späteren Schrift al-"Ià§r§t wa-t-tanbÊh§t trifft Ibn SÊn§ daher die Unterscheidung zwischen dem „bloßen Begreifen“ (taßawwur s§diÆ) und dem „Begreifen in Verknüpfung mit Urteil“ (taßawwur ma#ahå taßdÊq). Diese Stelle läßt sich so zusammenfassen: Dem Unbekannten (al-maÆhål) ist das Erkannte (ma#låm) entgegengesetzt. Da nun aber etwas mal durch „bloßes Begreifen“, mal durch „Begreifen in Verknüpfung mit Urteil“ gewußt wird, kann es dementsprechend von beiden Seiten her Unbekanntes sein. Als Beispiel für das „bloße Begreifen“ nennt Ibn SÊn§ das Wissen um die Bedeutung des Wortes „Dreieck“, das Wissen hingegen darum, daß die Winkelsumme jedes Dreiecks der Summe zweier rechter Winkel gleich ist, wird dem „Begreifen mit Urteil“ zugeordnet.86 – Entsprechend dieser Differenzierung der Erkenntnisbereiche Wortbedeutungen/Begriffsinhalte einerseits und wahre Urteile andererseits unterscheidet Ibn SÊn§ schließlich auch die Mittel, durch welche distinkte Erkenntnis von der Sache her in beiden Bereichen 86 Vgl. Ibn SÊn§: al-"Ià§r§t wa-t-tanbÊh§t, an-nahÆ al-"awwal, Reprint (Frankfurt 1999) der Edition von Jacques Forget (Leiden 1892), S. 3, Z. 15 – S. 4, Z. 2; in der Edition von Sulaym§n Duny§, (3. Auflage, Kairo 1983): Bd. 1. al-Manãiq (Logik), S. 133-134:
ﻭﻗﺪ، ﻣﺜﻞ ﻋﻠﻤﻨﺎ ﺑﻤﻌﻨﻰ ﺍﺳﻢ ﺍﻟﻤﺜﻠﺚ،ﻭﻷﻥ ﺍﻟﻤﺠﻬﻮﻝ ﺑﺈﺯﺍﺀ ﺍﻟﻤﻌﻠﻮﻡ ﻓﻜﻤﺎ ﺃﻥ ﺍﻟﺸﻲﺀ ﻗﺪ ﻳﻌﻠﻢ ﺗﺼﻮﺭﺍﹰ ﺳﺎﺫﺟﺎﹰ ﻛﺬﻟﻚ ﺍﻟﺸﻲﺀ ﻗﺪ ﻳﺠﻬﻞ ﻣﻦ. ﻣﺜﻞ ﻋﻠﻤﻨﺎ ﺃﻥ ﻛﻞ ﻣﺜﻠﺚ ﻓﺈﻥ ﺯﻭﺍﻳﺎﻩ ﻣﺴﺎﻭﻳﺔ ﻟﻘﺎﺋﻤﺎﺗﻴﻦ.ﻳﻌﻠﻢ ﺗﺼﻮﺭﺍﹰ ﻣﻌﻪ ﺗﺼﺪﻳﻖ . ﻭﻗﺪ ﻳﺠﻬﻞ ﻣﻦ ﺟﻬﺔ ﺍﻟﺘﺼﺪﻳﻖ...ﻃﺮﻳﻖ ﺍﻟﺘﺼﻮﺭ
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das „seiende als seiendes“
erworben werden kann. Der taßawwur bzw. der taßdÊq des jeweils Gesuchten sind damit das Ziel dieses Prozesses. Zu beachten ist also, daß die jeweils gesuchten bzw. bereits erkannten Momente zwar in Bezug auf ein und dasselbe Ding stehen können, jedoch nicht aufeinander zurückführbar sind. Anhand des erwähnten Beispiels wäre somit zu sagen: zu wissen was „Dreieck“ ist, ist nicht dasselbe wie zu wissen, daß seine Winkelsumme der zweier rechter Winkel gleich ist.87 Bevor nun die vorangegangenen Erörterungen zusammengefaßt werden, soll auch die entsprechende Stelle in an-NaƧh (Die Rettung) betrachtet werden. Denn dort wird das Verhältnis zwischen den beiden Formen der Erkenntnis: taßawwur (begriffliches Erfassen, Begriffsbildung) und taßdÊq (Urteilen), sowie ihre jeweilige Relation zu den Mitteln, wodurch das distinkte Erfassen einer begrifflichen Struktur, bzw. das wahre Urteil gewonnen werden, am deutlichsten dargestellt: „Jede Erkenntnis (ma#rifah) und jedes Wissen (#ilm) ist entweder begriffliches Erfassen (taßawwur) oder Urteil (taßdÊq). Das begriffliche Erfassen ist aber das erste Wissen (al-#ilmu l-"awwal) und wird durch Definition (Èadd) oder Ähnliches erworben, wie etwa unser Erfassen der Washeit ‘Mensch’ (m§hÊyatu l-"ins§ni). Das Urteil wird hingegen durch Syllogismus oder Ähnliches gewonnen, wie etwa unser Urteil, daß es für alles einen Anfangsgrund/ein Prinzip (mabda") gibt. Definition und Schluß sind demnach die beiden Instrumente, wodurch ein zuerst Unbekanntes als Erkanntes erworben wird, womit es Erkanntes durch Überlegung (diskursives Denken; rawÊyah) wird … Jedes der beiden: Definition und Schluß ist konstruiert (ma#mål) und in einer bestimmten Weise aus Denkinhalten (ma#qål§t) zusammengesetzt. So daß jedes der beiden eine Materie hat, wovon es zusammengesetzt wird, und eine Form, durch welche die Zusammensetzung vollendet wird.“88
87 Zu bemerken wäre hier noch, daß Ibn SÊn§ im Unterschied zu der Stelle im MadÉal I 3 in der bereits erwähnten späteren Schrift al-"Ià§r§t wa-t-tanbÊh§t eine gemeinsame Bezeichnung für all das zu nennen weiß, was zum Erfassen der Begriffsinhalte (taßawwur) führt, nämlich die „erklärende Rede“ (qawl à§riÈ), vgl. ebd., an-nahÆ al-"awwal, S. 4, Z. 5-7. 88 an-NaƧh fÊ l-manãiq wa-l-"il§hÊy§t, Teil I (Logik), Kap. 1, S. 9, Z. 2-6, 9-11:
، ﻭﻣﺎ ﻳﺠﺮﻱ ﻣﺠﺮﺍﻩ، ﻭﻳﻜﺘﺴﺐ ﺑﺎﻟﺤﺪ، ﻭﺍﻟﺘﺼﻮﺭ ﻫﻮ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺍﻷﻭﻝ. ﻛﻞ ﻣﻌﺮﻓﺔ ﻭﻋﻠﻢ ﻓﺈﻣﺎ ﺗﺼﻮﺭ ﻭﺇﻣﺎ ﺗﺼﺪﻳﻖ ﻭﺍﻟﺘﺼﺪﻳﻖ ﺇﻧﻤﺎ ﻳﻜﺘﺴﺐ ﺑﺎﻟﻘﻴﺎﺱ ﺃﻭ ﻣﺎ ﻳﺠﺮﻱ ﻣﺠﺮﺍﻩ ﻣﺜﻞ ﺗﺼﺪﻳﻘﻨﺎ ﺑﺄﻥ ﻟﻠﻜﻞ. ﻣﺜﻞ ﺗﺼﻮﺭﻧﺎ ﻣﺎﻫﻴﺔ ﺍﻹﻧﺴﺎﻥ ﻓﺘﺼﻴﺮ ﻣﻌﻠﻮﻣﺔ ﺑﺎﻟﺮﻭﻳﺔ … ﻭﻛﻞ، ﻓﺎﻟﺤﺪ ﻭﺍﻟﻘﻴﺎﺱ ﺍﻟﻠﺬﺍﻥ ﺑﻬﻤﺎ ﺗﻜﺘﺴﺐ ﺍﻟﻤﻌﻠﻮﻣﺎﺕ ﺍﻟﺘﻲ ﺗﻜﻮﻥ ﻣﺠﻬﻮﻟﺔ. ﻣﺒﺪﺃ
die problemstellung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
85
Wenn nun also der Erkenntnisprozeß in beiden Bereichen (taßawwur und taßdÊq) auf Vorwissen angewiesen ist, wie im MadÉal (Isagoge) I 3 betont wurde, so wird aus dem zuletzt zitierten Text klar, daß auch das Vorwissen jeweils einem der Bereiche zugeordnet werden muß. Im MadÉal (Isagoge) I 3 hieß es: „Das Erwerben eines jeden von den beiden geschieht durch ein [dem Unbekannten gegenüber] früheres und voraufgehend Gewußtes, und durch eine [bestimmte] Form und eine [bestimmte] Eigenschaft jenes Gewußten, um deren Willen das Bewußtsein von dem Wissen um diese zu dem Wissen um das Unbekannte (maÆhål) fortschreitet.“89
Es scheint nun so zu sein, daß Ibn SÊn§ bei dem Erkenntniserwerb an den beiden zuletzt zitierten Stellen nicht den analytischen Weg vom für uns Bekannten zum Bekannten der Natur nach im Sinne hat, sondern die entgegengesetzte, von der Sache und der Ursache her entfaltbare Richtung. Dafür spricht vor allem, daß er hier nicht die begriffliche Analyse, sondern bereits die schon fertige Definition im Auge hat, womit der taßawwur des jeweiligen Erkenntnisinhaltes als Ziel erreicht wäre. Sollte dies der Intention der beiden Stellen entsprechen, dann bedeutet dies, daß die Definition des früheren, die Erkenntnis eines weiteren vermittelnden Begriffes und die Prämissen jenes Schlußsatzes, welcher es möglich macht, ein auf seiner Gültigkeit basierendes und insofern späteres Urteil zu gewinnen, bekannt sein müssen. Es muß an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, daß es Ibn SÊn§ im MadÉal (Isagoge) I 3 lediglich um die Ziele des Erkenntnisprozesses geht, und nicht um die Reflexion über dessen Möglichkeitsbedingungen. Auch wenn also das gut bekannte, schon von Aristoteles erhobene Postulat: erwerbbares Wissen sei nur unter der Bedingung eines Vorwissens möglich 90, im MadÉal (Isagoge) I 3 angesprochen wird, so geht es dabei weder um seine Begründung, noch um die Bestimmung des gnoseologischen Status eines letzten Vorwissens. Oder anders formuliert, es ist von der Perspektive des Gedankenganges dieser Stelle gleichgültig, ob
ﻓﻴﻜﻮﻥ ﻟﻜﻞ ﻭﺍﺣﺪ ﻣﻨﻬﻤﺎ، ﻭﻣﺆﻟﻒ ﻣﻦ ﻣﻌﺎﻥ ﻣﻌﻘﻮﻟﺔ ﺑﺘﺄﻟﻴﻒ ﻣﺤﺪﻭﺩ، ﻭﺍﺣﺪ ﻣﻦ ﺍﻟﻘﻴﺎﺱ ﻭﺍﻟﺤﺪ ﻓﺈﻧﻪ ﻣﻌﻤﻮﻝ . ﻭﺻﻮﺭﺓ ﺑﻬﺎ ﻳﺘﻢ ﺍﻟﺘﺄﻟﻴﻒ، ﻣﺎﺩﺓ ﻣﻨﻬﺎ ﺃﻟﻒ 89
Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: I. al-MadÉal (Isagoge), I 3, S. 17, Z. 19 – S. 18,
Z. 2. 90
Vgl. Aristoteles: Metaphysik IV 3, 1005b5ff.
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das „seiende als seiendes“
das für die Erkenntnis eines Späteren vorausgesetzte Vorabgewußte nun selbst Erworbenes oder aber schlechthin Bekanntes ist. In einer kurzen Zusammenfassung wären nun die folgenden Ergebnisse festzuhalten: 1) Die Untersuchung von taßawwur und taßdÊq wurde im Kontext von Peri hermeneias durchgeführt. Die ursprüngliche Annahme eines sachlichen Zusammenhangs wurde im Laufe der einzelnen Betrachtungsschritte bestätigt. Denn es ließ sich zeigen, daß Ibn SÊn§ dem semantischen Ansatz von Peri hermeneias des Aristoteles folgt, und von dort aus die erkenntnistheoretisch fundamentale Unterscheidung zwischen taßawwur und taßdÊq sachlich trifft. 2) taßdÊq im Sinne von „wahres Urteil“ wurde im MadÉal (Isagoge) I 3 takdÊb (falsches Urteil) entgegengesetzt. Diese Differenzierung wird jedoch von Ibn SÊn§, soweit ich es übersehen kann, an anderen Stellen nicht beibehalten. taßdÊq wird daher in seiner allgemeinen, gegenüber dem begrifflichen Erfassen zu unterscheidenden Bedeutung von „Urteil“, bzw. „Urteilen“ zu übersetzen sein. taßawwur wird, da er ebenfalls sprachlich zwischen Handlung und Ergebnis, in diesem Falle also zwischen Denkakt und Denkinhalt nicht unterscheidet, je nach Kontext als Begriffsbildung, Erfassen der begrifflichen Struktur, bzw. geistige Vorstellung, oder als das begrifflich Erfaßte, die begriffliche Form selbst wiederzugeben sein. 3) Die Untersuchungen haben erbracht, daß der taßawwur auf die „Formen“ zielt, worunter die mit der Verwendung der Worte angesprochenen begrifflichen Strukturen als solche verstanden werden müssen. Ob es sich bei der „Form“ um ein Einzelnes oder Komplexes, und ob es sich beim Letzteren um ein zu Behauptendes handelt, ist dem taßawwur als solchem nachgeordnet. Dessen Gegenstand ist primär die Form, die Bestimmtheit wie etwa „Mensch“ oder „Pferd“, und nicht die Bestimmtheit im Individuum. Andernfalls wären Inhalte wie „Bockhirsch“ dem taßawwur nicht zugänglich, denn es gibt hierfür kein einziges Individuum, das an ihm teilhat. Es hat sich ferner gezeigt, daß andererseits auch der Bezug einer Form auf teilhabende Individuen sowie der Grad ihrer Allgemeinheit gegenüber der Bestimmtheit als solcher sekundär sind. Um es nochmals zu betonen, das begriffliche Erfassen (taßawwur) richtet sich auf die begriffliche Struktur als solche, und nicht auf ihre Verwirklichung als individuelle Einzelform oder als allgemeines potentielles Prädikat. 4) Deutlich wurde auch, daß mit der Form, sofern sie ausschließlich als einzelne begriffliche Struktur oder als ein lediglich potentiell
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beurteilbarer und behauptbarer propositionaler Gehalt Gegenstand des Erfassens ist, noch keine Referenz auf die konkreten Gegenstände hergestellt wird. 5) Der Unterschied zwischen taßawwur und taßdÊq könnte durch das Merkmal der Prädikation über reale Gegenstände gekennzeichnet werden. Das begriffliche Erfassen vollzieht sich auf einer vorprädikativen Ebene und wird von der Prädikationsstruktur des Urteils immer vorausgesetzt. 6) Beide voneinander auf diese Weise unterschiedenen Erkenntnisformen haben sich als nicht aufeinander zurückführbare Ziele des erwerbbaren Wissens erwiesen. Wie nun im folgenden gezeigt wird, sind es allein die Definition und der beweisende Syllogismus (burh§n), die zu den entsprechenden Zielen führen können. b) Definitorisches Wissen und Beweis Bereits im ersten Kapitel seiner beweistheoretischen Schrift macht Ibn SÊn§ mit allem Nachdruck deutlich, daß al-Burh§n (Zweite Analytik) „in Wirklichkeit ein Buch des Beweises und der Definition zugleich ist“91. Das bedeutet freilich nicht, daß Definition und Beweis identisch sind. Wissen bzw. Wissenschaft sind das Ergebnis eines strukturierten Prozesses, in dem die Erkenntnis des Unbekannten ausgehend vom uns Bekannten gesucht wird, wobei diese Suche stets auf die drei „wesentlichen“ Erkenntnisziele (maãlab, Pl. maã§lib; entspricht den aristotelischen ζητούµενα92): das „Ob-es-ist“ (hal; entspricht dem aristotelischen εἰ ἔστιν), das „Was-es-ist“ (m§; entspricht dem aristotelischen τί ἐστιν) und das „Warum“ (lima; entspricht dem aristotelischen διότι) gerichtet ist93. Die Ziele stellen jedoch zwei verschiedene Gegenstandsklassen dar: einerseits Washeit (m§hÊyah), Definition (Èadd), und sollte das 91 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) I 1, S. 53, Z. 8-10. 92 Vgl. Aristoteles: Analytica Posteriora II 1, 89b 23. 93 Eben diese sind vorrangig „die wesentlichen wissenschaftlichen Fragen“ (almaãalib al-#ilmÊyah ad-d§tÊyah). Denn die übrigen Fragen, etwa die nach dem „Was für ein“ (al-"ayy), „Wieviel“, „Wie“, „Wann“ etc., lassen sich „in irgendeiner Weise“ auf das zusammengesetzte „Ob“ zurückführen. Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) I 5, S. 68, Z. 13-15:
ﻓﺈﻥ. ﻓﻬﻲ ﺭﺍﺟﻌﺔ ﺑﻮﺟﻪ ﻣﺎ ﺇﻟﻰ ﺍﻟﻬﻞ ﺍﻟﻤﺮﻛﺐ، ﺍﻷﻱ ﻭﺍﻟﻜﻴﻒ ﻭﺍﻟﻜﻢ ﻭﺍﻷﻳﻦ ﻭﺍﻟﻤﺘﻰ ﻭﻏﻴﺮ ﺫﻟﻚ ﻭﺃﻣﺎ ﻣﻄﻠﺐ ﹼ . ﺇﻻ ﺃﻥ ﺍﻟﻤﻄﺎﻟﺐ ﺍﻟﻌﻠﻤﻴﺔ ﺍﻟﺬﺍﺗﻴﺔ ﻫﻲ ﺗﻠﻚ، ﺃﺭﺍﺩ ﺃﺣﺪ ﺃﻥ ﻳﻜﺜﺮ ﺍﻟﻤﻄﺎﻟﺐ ﺑﺘﻌﺪﻳﺪﻩ ﻫﺬﻩ ﻓﻠﻴﻔﻌﻞ
das „seiende als seiendes“
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„Was für eines?“ ("ayy) als selbständige Fragestellung gelten, dann auch explizit die Proprietät ("innÊyah)94, und andererseits Existenz im Sinne von „Ob es etwas Bestimmtes überhaupt gibt?“ (al-wuÆådu l-basÊã, al-"innÊyatu l-basÊãah, al-hallÊyatu l-basÊãah), Kausalität (limmÊyah) und Faktizität (al-wuÆådu l-murakkab, kawnu/wuÆådu/ "innÊyatu à-àay"i kad§ wa-kad§). Darum kann, wie Ibn SÊn§ im MadÉal (Isagoge) erläutert, ein und dasselbe Ding von beiden Fragestellungen her gewußt bzw. unbekannt, das bedeutet unter dem jeweiligen Aspekt Gesuchtes (maãlåb) sein.95 Die Bereiche der beiden Fragestellungen nennt er taßawwur und taßdÊq.96 Im Hinblick auf den oben erwähnten Unterschied der beiden Gegenstandsbereiche wird nun auch deutlich, daß ein und dieselbe Frage nicht zugleich Aufgabe des Begriffs und des Urteils sein kann, sondern vielmehr in einer strengen Disjunktion einem der beiden zugeordnet werden muß. Das „Was“ und das „Was für eines“ gehören dem Bereich des taßawwur (Begriffs) an, das „Warum“ und das „Ob“ dem des Urteils (taßdÊq).97 Überall dort, wo das „Daß“ und das „Warum“ wissenschaftlich vermittelbar sind, ist der Mittelbegriff des beweisenden Syllogismus das eigentlich Gesuchte. Das „Was“ dagegen wird durch die Definition ausgesprochen. All diese wesentlichen Fragen lassen sich nun in je zwei Arten einteilen: 1) Das „Was“ meint entweder das „Was des Namens“, und zielt dann auf die Erklärung der Bedeutung eines Wortes, oder aber das Wesenswas (ÈaqÊqatu d-d§ti) einer Sache und ist auf die Wesensdefinition als Ziel bezogen.98 Vgl. dazu Aristoteles: Analytica Posteriora II 1-2. Ein Überblick über die wissenschaftlichen Fragen bei den arabisch-islamischen Autoren findet sich bei M. Maróth: Die Araber & die antike Wissenschaftstheorie, S. 56ff. 94 Als Beleg für die oben angeführte Bedeutung von "innÊyah wäre auf Kit§b aààif§": al-Manãiq: I. al-MadÉal I 7, insbesondere S. 39, Z. 7ff. zu verweisen. 95 Vgl. die oben zitierte Stelle Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: I. al-MadÉal (Isagoge), I 3, S. 17, Z. 7-8;10-12; 17-18. 96 Der ibn-sinische Gebrauch dieser Termini wurde in dem voraufgegangenen Kapitel eingehend analysiert. Ihre Wiedergabe als „Begriff“, „durch das Wort bedeutete begriffliche Struktur“, bzw. „Begriffsbildung“, „begriffliches Erfassen“ (taßawwur) und „Urteil“ (taßdÊq) wird hier also nicht weiter begründet. 97 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) I 5, S. 68, Z.18 – S. 69, Z. 1:
. ﻭﻣﻄﻠﺒﺎ »ﻣﺎ« ﻭ»ﺃﻱ« ﻳﻄﻠﺒﺎﻥ ﺍﻟﺘﺼﻮﺭ، ﻓﺤﻴﻨﺌﺬ ﻳﻜﻮﻥ ﻣﻄﻠﺒﺎ »ﻫﻞ« ﻭ»ﻟﻢ« ﻳﻄﻠﺒﺎﻥ ﺍﻟﺘﺼﺪﻳﻖ
98
Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) I 5, S. 68, Z. 5-7:
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2) Das „Ob“ kann ein „Einfaches“ (basÊã) oder „Zusammengesetztes“ (murakkab) sein. Gesucht wird im ersten Falle nach der Existenz einer Sache schlechthin: „Ob es etwas Bestimmtes überhaupt gibt (mawÆåd)?“ (hali à-àay"u mawÆådun #al§ l-"iãl§qi). Im zweiten hingegen danach, ob diesem bestimmten Etwas, das nun durch die positive Antwort auf die erste Frage als Subjekt einer Aussage fungieren kann, ein bestimmtes Prädikat zukommt oder nicht („Ist der Mensch ein Lebewesen oder nicht?“ hali l-"ins§nu mawÆådun Èayaw§nan "aw laysa mawÆådan Èayaw§nan?).99 Die Funktion von „ist“ (mawÆåd) ist bei dem zusammengesetzten „Ob“ – wie das zuletzt genannte Beispiel zeigt – im Unterschied zu dem einfachen eine kopulative. 100 Bedenkt man jedoch, daß im Falle einer wesentlichen Eigenschaftsprädikation – wie noch gezeigt wird – das Zukommen bzw. das Nichtzukommen eines Prädikatsbegriffes auf Grund dieses wesentlichen Verhältnisses zugleich als die Behauptung der Existenzmöglichkeit bzw. Existenzunmöglichkeit realer Eigenschaften eines Gegenstandes aufgefaßt werden muß, impliziert die Kopula des zusammengesetzten „Ob“ mehr als die bloß logische Verbindungsfunktion zweier Termini.101 3) Das „Warum“ kann ebenfalls auf Verschiedenes bezogen sein102: a) Es kann sich auf den Grund einer verifizierten Behauptung beziehen, vorausgesetzt, daß es hierfür einen Grund gibt, oder anders formuliert: vorausgesetzt, daß es sich bei dem Behaupteten um eine
ﺃﺣﺪﻫﻤﺎ ﹸﻳ ﹾﻄ ﹶﻠﺐ ﺑﻪ ﻣﻌﻨﻰ ﺍﻻﺳﻢ ﻛﻘﻮﻟﻨﺎ ﻣﺎ ﺍﻟﺨﻼﺀ ﻭﻣﺎ ﺍﻟﻌﻨﻘﺎﺀ ؟ ﻭﺍﻟﺜﺎﻧﻲ ﺍﻟﺬﻱ: ﻭﻣﻄﻠﺐ »ﻣﺎ« ﻋﻠﻰ ﻗﺴﻤﻴﻦ ﺗﻄﻠﺐ ﺑﻪ ﺣﻘﻴﻘﺔ ﺍﻟﺬﺍﺕ ﻛﻘﻮﻟﻨﺎ ﻣﺎ ﺍﻟﺤﺮﻛﺔ ﻭﻣﺎ ﺍﻟﻤﻜﺎﻥ ؟
Vgl. dazu den Überblick bei M. Maróth: Die Araber & die antike Wissenschaftstheorie, S. 57-58. 99 Vgl. dazu Aristoteles: Analytica Posteriora II 1, 89b 32-33. 100 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) I 5, S. 68, Z. 7-10:
ﻭﺍﻵﺧﺮ، ﺃﺣﺪﻫﻤﺎ ﺑﺴﻴﻂ ﻭﻫﻮ ﻣﻄﻠﺐ ﻫﻞ ﺍﻟﺸﻲﺀ ﻣﻮﺟﻮﺩ ﻋﻠﻲ ﺍﻹﻃﻼﻕ: ﻭﻣﻄﻠﺐ »ﻫﻞ« ﻋﻠﻲ ﻗﺴﻤﻴﻦ ﻓﻴﻜﻮﻥ »ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ« ﺭﺍﺑﻄﺔ ﻻ، ﺍﻟﻤﺮﻛﺐ ﻭﻫﻮ ﻣﻄﻠﺐ ﻫﻞ ﺍﻟﺸﻲﺀ ﻣﻮﺟﻮﺩ ﻛﺬﺍ ﺃﻭ ﻟﻴﺲ ﻣﻮﺟﻮﺩﺍ ﻛﺬﺍ . ﻣﺜﻞ ﻗﻮﻟﻚ ﻫﻞ ﺍﻹﻧﺴﺎﻥ ﻣﻮﺟﻮﺩ ﺣﻴﻮﺍﻧﺎ ﺃﻭ ﻟﻴﺲ ﻣﻮﺟﻮﺩﺍ ﺣﻴﻮﺍﻧﺎ، ﻣﺤﻤﻮﻻ
101 Vgl. dazu Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) IV 1, S. 262, Z. 2-12. 102 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) I 5, S. 68, Z. 10-13:
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das „seiende als seiendes“
durch Syllogismus erworbene Erkenntnis handelt. Wenn dies der Fall ist, dann wird nach dem Mittelbegriff des Syllogismus gesucht, so etwa in der Frage: „Warum hast Du gesagt, daß der Mond sich verfinstert?“ Dies ist die Suche nach dem Grund der Erkenntnis, und dieser ist ein wie auch immer gearteter Mittelbegriff eines Syllogismus, durch den das „Daß“ erkannt wird und dann auch behauptet werden kann. Das „Warum“ in dieser Bedeutung bezeichnet Ibn SÊn§ daher als das Warum „gemäß der Aussage“ (bi-Èasbi l-qawli). Dieses „Warum“ könnte man als das für uns Bekanntere verstehen, da es vom empirisch Beobachtbaren überhaupt eine Aussage ermöglicht, bei der die Erkenntnis des der Natur nach Bekannteren, also des Warum der Sachverhalte selbst, ansetzen kann. b) Das „Warum“ kann aber auch auf die Ursache für bestimmte Sachverhalte selbst zielen. So etwa in der Frage: „Warum verfinstert sich der Mond?“ Das hiermit Gesuchte kann dann nur der Mittelbegriff des Beweises sein, denn allein dieser vermag – wie bei seiner rein qualitativen Abgrenzung von der bloßen, d. h. qualitativ unbestimmten Form des Syllogismus noch deutlich wird – die Ursache dafür zu sein, daß die Dinge selbst das sind, was sie sind, im allgemeinen oder in einem bestimmten Zustande. Dies ist das
ﹺ ﻭﻫﻮ ﻋﻠﺔ ﻻﻋﺘﻘﺎﺩ، ﻟﺤﺪ ﺍﻷﻭﺳﻂ ﻓﺈﻧﻪ ﺇﻣﺎ ﺑﺤﺴﺐ ﺍﻟﻘﻮﻝ ﻭﻫﻮ ﺍﻟﺬﻱ ﻳﹶ ﹾﻄ ﹸﻠﺐ ﺍ ﱠ: ﻭﻣﻄﻠﺐ »ﻟ ﹶﻢ« ﻋﻠﻰ ﻗﺴﻤﻴﻦ ﻭﺇﻣﺎ ﺑﺤﺴﺐ ﺍﻷﻣﺮ ﻓﻲ ﻧﻔﺴﻪ ﻭﻫﻮ ﻳﻄﻠﺐ ﻋﻠﺔ ﻭﺟﻮﺩ ﺍﻟﺸﻲﺀ، ﺍﻟﻘﻮﻝ ﻭﺍﻟﺘﺼﺪﻳﻖ ﺑﻪ ﻓﻲ ﻗﻴﺎﺱ ﻳﻨﺘﺞ ﻣﻄﻠﻮﺑﺎ ﻣﺎ . ﻓﻲ ﻧﻔﺴﻪ ﻋﻠﻰ ﻣﺎ ﻫﻮ ﻋﻠﻴﻪ ﻣﻦ ﻭﺟﻮﺩﻩ ﻣﻄﻠﻘﺎ ﺃﻭ ﻭﺟﻮﺩﻩ ﺑﺎﻟﺤﺎﻝ Vgl. dazu auch ebd., IV, 1, S. 263, Z. 1-11:
. ﺃﺣﺪﻫﻤﺎ ﺑﺎﻟﻘﻮﺓ ﻭﺍﻵﺧﺮ ﺑﺎﻟﻔﻌﻞ: ﻭﻳﺘﺒﻊ ﻓﻴﻪ ﻃﻠﺐ ﺍﻟﻤﺎ ﺑﻌﺪ ﺍﻟﻬﻞ ﻋﻠﻰ ﻭﺟﻬﻴﻦ، ﻭﺃﻣﺎ ﺍﻟﺤﺪ ﺍﻷﻭﺳﻂ ﻓﻬﻮ ﺍﻟﻌﻠﺔ ﻓﻴﻘﺘﻀﻰ ﻃﻠﺐ ﺍﻟﻬﻞ ﺃﻧﻪ ﻳﻄﻠﺐ ﺑﺎﻟﻘﻮﺓ. ﺃﻣﺎ ﺑﺎﻟﻘﻮﺓ ﻓﻸﻥ ﻃﺎﻟﺐ ﺍﻟﻬﻞ ﻓﻲ ﻣﺜﻞ ﻫﺬﺍ ﺇﻧﻤﺎ ﻳﻄﻠﺐ ﻋﻤﺎ ﻫﻮ ﻣﺸﻜﻮﻙ ﻓﻴﻪ ﻣﺜﻞ ﻣﻦ ﺳﺄﻝ ﻫﻞ ﺍﻟﻘﻤﺮ ﻳﻨﻜﺴﻒ؟ ﻓﺈﻧﻤﺎ ﻳﻄﻠﺐ ﻫﻞ ﺷﻲﺀ ﻳﻮﺟﺐ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺑﺄﻥ ﺍﻟﻘﻤﺮ: ﻫﻞ ﻫﻨﺎﻙ ﺣﺪ ﺃﻭﺳﻂ ﻓﺈﻧﻪ، ﻭﻟﻢ ﻗﻠﺖ ﺇﻥ ﺍﻟﻘﻤﺮ ﻳﻨﻜﺴﻒ، ﻳﻨﻜﺴﻒ؟ ﻓﺈﺫﺍ ﺃﻋﻄﻰ ﺍﻟﻬﻞ ﻭﻗﻴﻞ ﻧﻌﻢ ﻭﻃﻠﺐ ﺛﺎﻧﻴﺎ ﻟﻢ ﻛﺎﻥ ﺍﻟﻘﻤﺮ ﻳﻨﻜﺴﻒ ﻭﻫﻮ، ﻭﻫﻮ ﺍﻟﺤﺪ ﺍﻷﻭﺳﻂ ﻛﻴﻒ ﻛﺎﻥ ؛ ﺃﻭ ﻣﺎ ﻋﻠﺔ ﺍﻟﻘﻴﺎﺱ ﻓﻲ ﺃﻧﻪ ﺑﺮﻫﺎﻥ، ﻳﻄﻠﺐ ﻣﺎ ﻋﻠﺔ ﺍﻟﻘﻴﺎﺱ ﻓﻲ ﺃﻧﻪ ﻗﻴﺎﺱ ﻓﻤﻌﻨﻰ ﺍﻟﻄﻠﺒﻴﻦ ﺟﻤﻴﻌﺎ ﺃﻥ ﺍﻟﺤﺪ ﺍﻷﻭﺳﻂ ﺍﻟﺬﻱ ﺃﻋﻄﻴﺘﻪ ﺑﺎﻟﻘﻮﺓ ﺃﻭﻻ. ﻋﻠﺔ ﺍﻷﻭﺳﻂ ﺍﻟﺬﻱ ﻫﻮ ﻋﻠﺔ ﺍﻷﻣﺮ ﻓﻲ ﻧﻔﺴﻪ ﻓﻴﻜﻮﻥ ﺍﻟﺒﺤﺚ. ﻳﺠﺐ ﺃﻥ ﺗﻌﻄﻴﻪ ﺍﻹﻥ ﺑﺎﻟﻔﻌﻞ ﻭﺗﻘﻮﻝ ﻣﺎ ﻫﻮ ﺍﻹﻥ، ﺃﻧﻪ ﻣﻮﺟﻮﺩ ﺣﻴﻦ ﺿﻤﻨﺖ ﺃﻥ ﺍﻷﻣﺮ ﺍﻟﺤﻖ ﻛﺬﺍ ، ﻓﻴﻜﻮﻥ ﻃﻠﺐ ﻟﻢ ﻫﺎﻫﻨﺎ ﺇﻧﻤﺎ ﻫﻮ ﻃﻠﺐ ﻟﻢ ﺑﺎﻟﻘﻴﺎﺱ ﺇﻟﻰ ﺍﻟﻨﺘﻴﺠﺔ، ﻋﻦ ﻟﻢ ﺑﺤﺜﺎ ﻋﻤﺎ ﻫﻮ ﺍﻟﺤﺪ ﺍﻷﻭﺳﻂ ﺑﺎﻟﻘﻮﺓ . ﻭﻃﻠﺐ »ﻣﺎ« ﺑﺎﻟﻘﻴﺎﺱ ﺇﻟﻰ ﺍﻟﺤﺪ ﺍﻷﻭﺳﻂ ﻭ ﻳﻜﻮﻥ ﺑﺎﻟﻘﻮﺓ، ﻭﻳﻜﻮﻥ ﺑﺎﻟﻔﻌﻞ Vgl. dazu M. Maróth: Die Araber & die antike Wissenschaftstheorie, S. 58ff.
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Warum „gemäß der Sache selbst“ (bi-Èasbi l-"amri fÊ nafsihÊ). Die Untersuchung des Warum impliziert zwei Momente: der Potenz nach die Frage nach dem Was bezüglich des Mittelbegriffes und der Wirklichkeit nach die Frage nach dem Warum in Bezug auf die Konklusio. Das „Namenswas“, d. h. die Erklärung der Wortbedeutung, geht allen übrigen wissenschaftlichen Fragen vorauf, gleichgültig ob diese dem Beweis oder der Definition zuzuordnen sind. Sollte es nun bei der Angabe des Was um das Was des Wesens und nicht bloß um das Was des Namens gehen, dann handelt es sich um die wirkliche Definition, die jedoch als solche etwas voraussetzt, was sie selbst nicht erbringen kann, nämlich die Erkenntnis des „einfachen Daß-Seins“ dessen, was definiert werden soll. Möglichkeitsbedingung für die Frage nach der Definition von „S“ ist also die als wahr beurteilte Behauptung „S existiert“. Sollte dieses „Daß“ als Antwort auf die Frage nach dem einfachen „Ob es ein Bestimmtes überhaupt gibt?“ nicht bekannt sein, dann ist es Sache des Beweises, es zu erweisen. Erst wenn jenes Daß-Sein demonstriert wird, kann das Wesenswas definiert werden. Oder anders formuliert: Auch wenn die Explikation der mit einem Wort bezeichneten intensionalen Struktur wie z. B. „Pferd“ formal mit der definitorisch vollständig abgegrenzten Washeit der potentiellen Wesensangabe identisch ist, bleibt sie dennoch, solange der durch das Wort bedeutete Inhalt nicht auf die realen Dinge beziehbar, d. h. als gültiges Prädikat möglich ist, eine bloße Explikation der Wortbedeutung. An anderer Stelle bedient sich Ibn SÊn§ des Begriffes der Einheit als Maß für die Distinktion zwischen der bloßen Explikation der Bedeutung eines Wortes und der wirklichen Definition: Ist die Einheit eines aus definitorischen Teilen Zusammengesetzten im Denken realisiert, so daß sie als eine im Denken existierende Vorstellung (Éay§l) oder ein Begriff (ma#n§) etwas Eines in der extramentalen Realität bezeichnet103, dann ist 103 Im Anschluß an Aristoteles (Anal. Poster. II 10, 93b 29ff.) führt Ibn SÊn§ (Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) IV 4, S. 288-289) den Begriff der „Einheit“ (waÈdah) ein, um eine Abgrenzung zwischen „Definition“ als Explikation der Bedeutung eines Namens (àarÈu l-ismi) und der Wesensdefinition (Èaddu d-d§ti) zu versuchen. Der Übergang von bloßer Namenserklärung zu wirklicher Definition bedeutet in Bezug auf den zu definierenden Inhalt nicht zugleich Übergang von einem Bereich zu einem anderen. Die Erklärung dessen, was mit einem Namen „an sich“ (bi-d-d§ti) und nicht bloß beiläufig (l§ bi-l-#ara·i) gemeint ist, ist nicht nur dann sinnvoll, wenn das Sein dessen, was das Wort meint, unbekannt oder bezweifelbar ist. Denn sobald dies nicht mehr der Fall ist und somit eine
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das „seiende als seiendes“
jenes „Daß“, das gefordert wurde, und das als Möglichkeitsbedingung für die wirkliche Definition fungiert, gegeben. Exakt so verfährt manche Wissenschaft. So wird z. B. die in der Geometrie zunächst als bloße Namensbeschreibung aufgestellte Definition des Dreiecks erst dann zu einer wirklichen Definition, wenn bewiesen wird, daß es so etwas wie Dreieck überhaupt geben kann.104 Beweis bedeutet hier, daß mit Hilfe von gegenüber „Dreieck“ früheren geometrischen Formen wie Linie und Kreis, deren Existenzstatus entweder Wesensdefinition möglich wird, ist diese nur unter der Bedingung möglich, daß sie zugleich Namensexplikation ist. Ferner kommt auch eine Erklärung dessen, was z. B. mit dem Wort „Dreieck“ gemeint ist, nicht umhin, solches anzugeben – auch wenn nur akzidentell – das wie „drei Seiten“ im Falle der Existenz des durch das Wort „Dreieck“ Bedeuteten, seine washeitlich konstitutiven Ursachen bilden würde. Wie bereits im Kontext von al-#Ib§rah (Peri hermeneias) gesehen wurde, ist das Zeichen-Sein eines Wortes für die reale oder ideale Verwirklichung des Bedeuteten akzidentell und hängt gänzlich davon ab, ob der bezeichnete Inhalt auf konkrete Gegenstände zutrifft. Wird also die Existenz des Bedeuteten erwiesen, so „verwandelt sich“ die Explikation des Wortsinnes in Bezug auf diejenige Person, die Einsicht in die Existenz erlangt hat, zur Definition und Angabe der Ursachen der Wesenheit. Der Übergang von der Explikation der Wortbedeutung zur Wesensdefinition impliziert also die Abgegrenztheit der Wortbedeutung. Die Einheit derjenigen Zusammensetzung, von der nicht bekannt ist, ob etwas Reales an ihr überhaupt teilhat, bleibt, „solange sie mit einem Seienden nicht übereinstimmt“ (m§ d§ma lays§ muã§biqan li-mawÆådin w§Èidin), eine solche der bloß „zusammensetzenden Verknüpfung“ (ittiȧdun bi-l-"arbiãati l-Ƨmi#ati). Ganz entgegengesetzter Art ist dagegen die Einheit desjenigen, „dessen Teile ein Etwas (àay" w§Èid) in der Seele bilden, welches ein Etwas im Sein bezeichnet“. Die Einheit eines realen Seienden, dessen Begriffs, sowie der Vorstellung eines konkreten Seienden ist daher eine „wirkliche“ (muttaÈidu l-"aÆz§"i bi-l-ÈaqÊqati). Vgl. hierzu Aristoteles: Metaphysik VII 4, 1030b 7-13. 104 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) I 5, S. 69, Z. 1-10:
ﻭﻣﻄﻠﺐ »ﻣﺎ« ﺍﻟﺬﻱ ﺑﺤﺴﺐ ﺍﻻﺳﻢ ﻣﺘﻘﺪﻡ ﻋﻠﻰ ﻛﻞ ﻣﻄﻠﺐ ؛ ﻭﺃﻣﺎ ﻣﻄﻠﺐ »ﻣﺎ« ﺍﻟﺬﻱ ﺑﺤﺴﺐ ﺗﺤﻘﻖ ﺍﻷﻣﺮ ﻓﺈﻥ ﺍﻟﺬﻱ ﻳﻄﻠﺐ ﻣﺎ ﺫﺍﺕ ﺍﻟﺤﺮﻛﺔ ﻭﻣﺎ ﺍﻟﺰﻣﺎﻥ ﻓﺈﻧﻤﺎ ﻳﻄﻠﺐ ﻣﺎﺋﻴﺔ. ﻓﻲ ﻧﻔﺴﻪ ﻓﻤﺘﺄﺧﺮ ﻋﻦ ﻣﻄﻠﺐ »ﻫﻞ« ﺍﻟﺒﺴﻴﻂ ﻓﻴﺠﺐ ﺃﻥ، ﻭﺃﻣﺎ ﺇﻥ ﻃﻠﺐ ﺃﺣﺪ ﻫﻞ ﺣﺮﻛﺔ ﺃﻭ ﻫﻞ ﺍﻟﺰﻣﺎﻥ ﺃﻭ ﻫﻞ ﺧﻼﺀ ﺃﻭ ﻫﻞ ﺇﻟﻪ ﻣﻮﺟﻮﺩ. ﺃﻣﺮ ﻣﻮﺟﻮﺩ ﻋﻨﺪﻩ ﻓﺄﻧﻪ ﻳﻤﻜﻦ ﺃﻥ ﻳﻌﻠﻢ ﻣﺎ ﻳﺪﻝ ﻋﻠﻴﻪ ﺍﻻﺳﻢ ﻭﻻ ﻳﻌﻠﻢ ﻫﻞ ﺫﻟﻚ ﺍﻟﻤﺪﻟﻮﻝ: ﻳﻜﻮﻥ ﹶﻓ ﹺﻬﻢ ﺃﻭﻻ ﻣﺎ ﺗﺪﻝ ﻋﻠﻴﻪ ﻫﺬﻩ ﺍﻷﺳﺎﻣﻰ ﹶ ﻭﻟﻜﻦ ﻻ ﻳﻮﻗﻒ ﻓﻲ ﺃﻭﻝ ﺍﻷﻣﺮ ﺃﻥ، ﻭﺇﻥ ﻛﺎﻥ ﺍﻟﺤﺪ ﺇﻧﻤﺎ ﻫﻮ ﺑﺎﻟﺤﻘﻴﻘﺔ ﻟﻠﻤﻮﺟﻮﺩ. ﻋﻠﻴﻪ ﻣﻮﺟﻮﺩ ﺃﻭ ﻏﻴﺮ ﻣﻮﺟﻮﺩ ﻭﻟﺬﻟﻚ ﻳﻮﺿﻊ ﻓﻲ ﺍﻟﺘﻌﺎﻟﻴﻢ. ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻘﻮﻝ ﺣﺪ ﺑﺤﺴﺐ ﺍﻻﺳﻢ ﺃﻭ ﺑﺤﺴﺐ ﺍﻟﺬﺍﺕ ﺇﻻ ﺑﻌﺪ ﺃﻥ ﻳﻌﺮﻑ ﺃﻥ ﺍﻟﺬﺍﺕ ﻣﻮﺟﻮﺩﺓ ﺣﺪﻭﺩ ﺍﻷﺷﻴﺎﺀ ﻳﺒﺮﻫﻦ ﻋﻠﻰ ﻭﺟﻮﺩﻫﺎ ﻣﻦ ﺑﻌﺪ ﻛﺎﻟﻤﺜﻠﺚ ﻭﺍﻟﻤﺮﺑﻊ ﻭﺃﺷﻜﺎﻝ ﺃﺧﺮﻯ ﹸﺣ ﱠﺪﺕ ﻓﻲ ﺃﻭﻝ ﻛﺘﺎﺏ ﻓﺼﺎﺭ ﺍﻟﺤﺪ ﻟﻴﺲ، ﺛﻢ ﺃﺛﺒﺖ ﻭﺟﻮﺩﻫﺎ ﻣﻦ ﺑﻌﺪ، ﻓﻜﺎﻥ ﹶﺣ ﹼﺪﺍﹰ ﺑﺤﺴﺐ ﺷﺮﺡ ﺍﻻﺳﻢ.«»ﺃﺳﻄﻘﺴﺎﺕ ﺍﻟﻬﻨﺪﺳﺔ . ﺑﻞ ﺻﺎﺭ ﺣﺪﺍ ﺑﺎﻟﺤﻘﻴﻘﺔ: ﺑﺤﺴﺐ ﺍﻻﺳﻢ ﻓﻘﻂ ﺑﻞ ﺑﺤﺴﺐ ﺍﻟﺬﺍﺕ
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axiomatisch gesetzt oder bereits bewiesen ist, ein Dreieck konstruiert wird.105 Die oben skizzierte Verschiedenheit der beiden Gegenstandsklassen und Fragestellungen verbietet jedoch keineswegs das gegenseitige aufeinander Bezogensein der wissenschaftlichen Fragen. Dieses Bezogensein ist, wie im folgenden gezeigt wird, darin fundiert, daß Existenz und Washeit – worauf schließlich alle anderen Fragestellungen zurückführbar sind106 – zwar logisch Verschiedenes sind, sofern die Differenz zwischen den Fragen nach dem „Was etwas ist?“ und „Ob es dieses Etwas überhaupt gibt?“ aufrechterhalten werden soll107, jedoch als dieses Verschiedene notwendigerweise untrennbare formale Momente ein und desselben Objektes der Erkenntnis, bzw. Subjekts einer Wissenschaft darstellen. Denn die positive Existenzbehauptung eines bestimmten Etwas ist die Möglichkeitsbedingung dafür, daß von diesem als Zugrundeliegendem überhaupt etwas aussagbar ist. Ein in jeder Hinsicht unbekanntes Objekt kann ja überhaupt nicht, noch nicht einmal als Unbekanntes, erfaßt werden, Fragen nach dessen „Was es ist?“108, „Ob es so-und-so ist?“ und „Warum es so-und-so ist?“ sind folglich unmöglich. Sollte es jedoch dem Bewußtsein als Unbekanntes gegeben sein – etwa, wie gleich gezeigt wird, durch die bloße Explikation des Namens – dann kann es nicht von allen Fragestellungen her unmittelbar untersucht werden. Die Fragestellungen bilden eine hierarchische Struktur, in der eine bestimmte Frage auf eine frühere implizit verweist und erst dann gestellt werden kann, wenn die Anwort auf die frühere Frage gegeben 105 Vgl. dazu Ibn SÊn§: Kit§b aà-àif§": "Ußål al-handasah, I, S. 16-21. Die „Elemente der Geometrie“ ("ußål al-handasa) des Ibn SÊn§ basieren auf den „Elementen“ (ar. al-"ußål) des Euklid und sind die erste Disziplin der in dem enzyklopädischen Werk Kit§b aà-àif§" enthaltenen mathematischen Wissenschaften. Zur Geschichte des euklidischen Werkes im arabischen Raum und zur Übersetzungen der „Elemente“ vgl. das Vorwort von #Abd al-\amÊd ‘abrah, ebd. S. 4ff. 106 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) IV 1, S. 262, Z. 19:
. ﻓﻘﺪ ﺑﺎﻥ ﻣﻦ ﻫﺬﺍ ﺃﻥ ﺍﻟﻤﻄﺎﻟﺐ ﺑﺎﻟﻘﻮﺓ ﺗﺮﺟﻊ ﺇﻟﻰ ﻫﻞ ﺍﻟﺸﻲﺀ ﻭﺇﻟﻰ ﻣﺎ ﺍﻟﺸﻲﺀ
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Aristoteles selbst unterscheidet deutlich zwischen der Wesensbestimmung und dem Sein des durch diese Bestimmten, vgl. Analytica Posteriora II 7, 92b 4-11. Zugleich unterstreicht er, daß die Verschiedenheit der Fragestellungen und folglich auch der entsprechenden Ziele des Erkenntnisprozesses die untrennbare Bezogenheit der Fragestellungen keineswegs aufhebt, vgl. Aristoteles: Analytica Posteriora II 8, 93a 16-23. 108 Gemeint ist hier natürlich ausschließlich die Wesensdefinition.
das „seiende als seiendes“
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wurde. Oder anders formuliert: die auf bestimmte Fragen gegebene Antwort ist die Vorabbedingung für andere Fragen. Es ergibt sich demnach das folgende Ordnungsschema: Das „einfache Ob-es-ist“ (al-h§lu l-basÊã) Das „Was-es-ist“ (al-m§) Das zusammengesetzte „Ob-es-sound-so-ist“ (al-h§lu l-murakkab) Das „Warum“ (al-lima)
– Existenz (wuÆåd): S ist. – Definition (Èadd): die Washeit von S. – Faktizität (kawnu à-àay"i kad§ wa-kad§): S ist P. – Kausalität (limmÊyah): Warum ist „S ist P“ wahr?
Ibn SÊn§ macht nun deutlich, daß es die Frage nach der Bedeutung des einfachen Wortes ist, die bei einem hinsichtlich aller anderen Fragen Unbekannten als Ausgangspunkt dienen muß.109 Dies sollte jedoch nicht so verstanden werden, daß die sprachlichen Ausdrücke als solche den Grund für das Ansetzen des Erkenntnisprozesses bilden. In ihrer Funktion, Denkinhalte zu bezeichnen (dalla) ermöglichen sie, wie sich bereits im Kontext von al-#Ib§rah (Peri hermeneias) gezeigt hatte, die Verständigung des erkennenden Bewußtseins mit sich selbst und die Kommunikation mit anderen, also auch das Lehren und Lernen. Das impliziert jedoch lediglich die Notwendigkeit, daß Wörter nicht alles, und folglich nicht nichts bedeuten, sondern abgrenzbare Bedeutungen haben, auch wenn die sprachlichen Ausdrücke auf ihre Bedeutung hin noch nicht reflektiert worden sind. Der Grund aber dafür, daß die Frage nach der Explikation der Wortbedeutung in dem oben beschriebenen Fall allen anderen Fragen vorangestellt wird, kann darin gesehen werden, daß die Erkenntnis – wie sich bereits am doppelten Aspekt der Warum-Frage zeigte – von dem uns Bekannten ausgeht und sich zu dem der Sache nach Bekannten bewegt. Bevor also die Erkenntnis dessen, ob es ein Bestimmtes überhaupt gibt, ferner die distinkte Erkenntnis des Wesenswas und die Erkenntnis dessen, ob und warum ihm bestimmte Eigenschaften zukommen, möglich sein sollen, muß der Erkenntnisprozeß an etwas ansetzen können, das von uns irgendwie erkannt und durch das Wort als seine Bedeutung ausgedrückt wird.
109
Vgl. dazu Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) I 5, S. 69, Z. 1-10.
die problemstellung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
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Wie eng der Zusammenhang der verschiedenen Fragestellungen untereinander ist, versucht Ibn SÊn§ an einer anderen Stelle nochmals zu verdeutlichen. Die Frage nach dem „Wesenswas“, heißt es dort, folgt: 1) der Frage nach dem einfachen „Ob“. „Denn [erst] wenn gewußt wird, daß etwas Bestimmtes (àay") ist (mawÆåd), wird danach gefragt, was jenes bestimmte Seiende (aà-àay"u l-mawÆåd) ist“. Sollte das einfache „Daß“ nicht gegeben sein, dann geht ihm, wie bereits gesehen, das Was gemäß des Namens vorauf.110 Die Frage danach, was z. B. das Wort „mythischer Vogel“ (#anq§")111 bedeutet, ist nicht identisch mit der Frage danach, was jene mit dem Wort „mythischer Vogel“ bezeichnete begriffliche Struktur ist, an welcher individuelle reale Dinge als an ihrer Form partizipieren. In der erklärenden Rede stünde im ersten Falle das Wort „mythischer Vogel“ für den Inhalt des Denkens (ma#n§), den es gemäß einer Übereinkunft in einer Sprache bezeichnet, ohne jedoch im mindesten darauf Bezug zu nehmen, ob diesem Inhalt überhaupt etwas Reales entspricht. Im zweiten Falle aber stünde es, vorausgesetzt, daß es so etwas wie mythischer Vogel überhaupt gibt, für das reale Seiende, dessen in der Seele erfaßte Form jener durch das Wort bezeichnete Inhalt ist.112 Ein Wort kann nur dann auch für ein real Seiendes stehen, wenn unter den von ihm bedeuteten Inhalt ein solches Seiendes fällt. Dementsprechend muß auch zwischen der Explikation einer Wortbedeutung und der Wesensdefinition unterschieden werden 113.
110 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) IV 1, S. 261, Z. 14 – S. 262, Z. 2:
ﻃﻠﺐ، ﻓﺈﻧﻪ ﺇﺫﺍ ﻋﻠﻢ ﺃﻥ ﺍﻟﺸﻲﺀ ﻣﻮﺟﻮﺩ.ﻭﺃﻣﺎ ﻣﻄﻠﺐ ﻣﺎ ﻓﺈﻧﻪ ﻳﺘﺒﻊ ﺍﻟﻤﻄﻠﺐ ﺍﻟﺒﺴﻴﻂ ﻣﻦ ﻣﻄﻠﺒﻲ ﺍﻟﻬﻞ ﺗﺒﻌﺎ ﻇﺎﻫﺮﺍ ﻟﻜﻨﻪ ﻗﺪ، ﻓﻘﺪ ﻋﻠﻢ ﺃﻥ ﻣﻄﻠﺐ ﻣﺎ ﺍﻟﺬﻱ ﺑﺤﺴﺐ ﺍﻟﺬﺍﺕ ﻓﻬﻮ ﺑﻌﺪ ﻃﻠﺐ ﻫﻞ ﻭﺗﺎﺑﻊ ﻟﻪ. ﻣﺎ ﺫﻟﻚ ﺍﻟﺸﻲﺀ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﺇﺗﻀﺢ ﻓﻲ ﺍﻟﺤﺎﻝ ﻣﻘﺘﻀﻰ، ﺛﻢ ﺃﻋﻄﻰ ﻣﻄﻠﺐ ﻫﻞ، ﻓﺈﺫﺍ ﺃﻋﻄﻰ. ﻳﺴﺒﻖ ﻣﻦ ﺣﻴﺚ ﻫﻮ ﻣﻄﻠﺐ ﻣﺎ ﺑﻤﻌﻨﻰ ﺍﻻﺳﻢ . ﻃﻠﺐ ﻣﺎ ﺑﺤﺴﺐ ﺍﻟﺬﺍﺕ
Vgl. hierzu auch Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) IV 3, S. 281, Z. 15-16. 111 Vgl. das oben zitierte Beispiel aus Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) I 5, S. 68, Z. 5-7. 112 Vgl. dazu die bereits besprochene Stelle Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: III. al-#Ib§rah (Peri hermeneias) I 1, S. 2, Z. 15 – S. 3, Z. 2. 113 Vgl. dazu insbesondere Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) IV 3, S. 283, Z. 6-9.
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das „seiende als seiendes“
Beides ließe sich nun auf Grund der bereits erörterten Stelle aus der #Ib§rah114 graphisch wie folgt verdeutlichen: begriffliche Struktur (ihr gilt die Wesensdefinition)
Word –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– Reale Gegenstände (Explikation seiner Bedeutung)
Nun ist die Definition nach Ibn SÊn§ ebenso wie nach Aristoteles grundsätzlich keine Prädikation.115 Sowohl die kunstgerechte Angabe des „vollständigen Wesensgehaltes eines Dinges“, d. h. die Angabe der nächsten Gattung und der spezifischen (artbildenden) Differenz der realen Washeit, als auch die Explikation der Wortbedeutung gehören dem Bereich des Begriffs (taßawwur) an. Sollte jedoch die Erkenntnis dessen, daß es ein bestimmtes Etwas überhaupt gibt, ferner die Erkenntnis der Faktizität, also daß einem Gegenstand bestimmte, in seiner Washeit nicht enthaltene Eigenschaften „an sich“ zukommen, sowie die Erkenntnis der Kausalität, mithin des Grundes dafür, daß der Sachverhalt wesentlich und notwendig ist, möglich sein, dann kann sich die Suche danach keineswegs in der Explikation der Wortbedeutungen als solcher bzw. in der bloßen, zwar das Daß-Sein der jeweiligen Wesenheiten voraussetzenden, jedoch als solcher über ihr Sein oder Nichtsein nichts sagenden wirklichen Definition erschöpfen. 114 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: III. al-#Ib§rah (Peri hermeneias) I 1, S. 5, Z. 10-13. 115 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) IV 1, S. 269, Z. 10:
. ﺑﻞ ﺑﺘﺄﻟﻴﻒ ﺗﻘﻴﻴﺪ ﻭﺍﺷﺘﺮﺍﻁ، ﻭﺍﻟﺤﺪ ﻻ ﻳﻌﻄﻰ ﺍﻟﻤﺤﺪﻭﺩ ﺃﺟﺰﺍﺀ ﺣﺪﻩ ﺑﺘﺄﻟﻴﻒ ﺣﻤﻞ
Vgl. dazu auch at-Ta#lÊq§t, S. 141, Z. 22-25:
ﺗﺤﺪ ﺍﻟﻨﻘﻄﺔ ﺑﺄﻧﻬﺎ ﺷﻲﺀ ﻓﻼ ﻳﺘﻌﻠﻖ ﺑﻪ ﺍﻟﺼﺪﻕ ﻭﺍﻟﻜﺬﺏ ﻛﻤﺎ ﹼ، ﺗﺮﻛﻴﺐ ﺍﻟﺤﺪ ﺗﺮﻛﻴﺐ ﺗﻘﻴﻴﺪ ﻻ ﺗﺮﻛﻴﺐ ﻗﻮﻝ ﺟﺎﺯﻡ ﻓﺈﻥ ﻣﻌﻨﺎﻩ، ﺗﺤﺪ ﺍﻹﻧﺴﺎﻥ ﺑﺄﻧﻪ ﺣﻲ ﻧﺎﻃﻖ ﻭﻛﻤﺎ ﹼ. ﺗﺤﺪﻫﺎ ﻻ ﺟﺰﺀ ﻟﻪ ﻓﺈﻧﻚ ﻟﺴﺖ ﺗﺨﺒﺮ ﺑﺄﻧﻬﺎ ﺷﻲﺀ ﻻ ﺟﺰﺀ ﻟﻪ ﺑﻞ ﹼ ﻓﻠﻴﺲ ﻫﻬﻨﺎ ﺣﻤ ﹲﻞ ﻭﻭﺿﻊ ﻛﻤﺎ ﻓﻲ ﺗﺮﻛﻴﺐ ﺍﻟﻘﻮﻝ ﺍﻟﺨﺎﺯﻡ ﺇﺫ ﻫﻬﻨﺎ، ﺫﻟﻚ ﺍﻟﺤﻴﻮﺍﻥ ﺍﻟﺬﻱ ﻫﻮ ﻧﺎﻃﻖ، ﺃﻧﻪ ﺣﻴﻮﺍﻥ ﹾ . ﺣﻤﻞ ﻭﻭﺿﻊ ﹲ ﹾ Zu Aristoteles vgl. Analytica Posteriora I 10, 76b 35-37; I 2, 72a 18-21.
die problemstellung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
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Den Zugang hierfür kann allein die dem Urteil (taßdÊq) zugrundeliegende Prädikation (Èaml) bieten, in der von einem realen artbestimmten Seienden (z. B. ein konkretes Pferd) ein Prädikat (z. B. weiß) ausgesagt wird. Insofern das reale Seiende prädikativ expliziert wird, fungiert es als grammatisch-logisches Subjekt. Die Prädikation ermöglicht nun die Explikation eines artbestimmten Gegenstandes durch ein solches, das außerhalb der Washeit des Subjektsbegriffs liegt und diese somit keineswegs konstituieren kann. All das, was einem Seienden, wie noch erläutert wird, wesentlich zukommt, in dem Subjektsbegriff jedoch nicht enthalten ist, wird durch den Beweis (burh§n) gewonnen. Der Beweis gehört dem Bereich des Urteils (taßdÊq) an. Formal ist er ein aus zwei Urteilen gewonnenes Schlußurteil (Syllogismus – qiy§s). Die Definition hingegen gibt nur konstitutive Prinzipien der Washeit einer Sache (#ilalu l-m§hÊyati) an, also die jeweilige nächste Gattung und spezifische Differenz. Die ausführlichste Auskunft darüber, wie das angesprochene Folgeverhältnis der Frage nach dem „Wesenswas“ zu der Frage nach dem einfachen „Ob“ verstanden werden muß, findet sich in al-Burh§n IV 3. Da dieser Stelle im Hinblick auf den für diese Arbeit zentralen Text, al-"Il§hÊy§t I 5, eine wichtige Bedeutung zukommt, wird sie hier näher betrachtet: „Ferner ist mit dem Was-es-ist eines Dinges die wirkliche Definition gemeint, und diese darf es nur in Bezug auf ein [so-und-so] bestimmtes Seiendes (mawÆådu d-d§ti116) geben. Was dasjenige angeht, das als ein [so-und-so] Bestimmtes nichtseiend (ma#dåmu d-d§ti) ist, so mag es hierfür eine auf die Bedeutung des Namens hinweisende Rede geben, eine Definition jedoch keineswegs, es sei denn in einem äquivoken Sinne (bi-àtir§ki l-ismi)“.117 116 Den Begriff d§t/Pl. daw§t gebraucht Ibn SÊn§ in der Bedeutung von washeitlicher Bestimmtheit einer Sache. d§t meint das Wesen, also das, wodurch etwas das ist, was es ist. Diese Bestimmtheit kann ferner auch von den Termini m§hÊyah (Washeit), àay" (etwas, Ding), ÈaqÊqah (Wahrheit/Wirklichkeit) oder ãabÊ#ah (Natur) zum Ausdruck gebracht werden. Vgl. hierzu insbesondere Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: I. al-MadÉal (Isagoge): I 5, S. 28, Z. 13: „Nun sagen wir: jedes Ding (àay") hat eine Washeit (m§hÊyah), auf Grund derer es das ist, was es ist, und diese ist nämlich seine Wirklichkeit (ÈaqÊqah), ja sein Wesen (d§t).“:
. ﺑﻞ ﻫﻲ ﺫﺍﺗﻪ، ﻭﻫﻲ ﺣﻘﻴﻘﺘﻪ، ﹼﺇﻥ ﻟﻜﻞ ﺷﻲﺀ ﻣﺎﻫﻴ ﹰﺔ ﻫﻮ ﺑﻬﺎ ﻣﺎ ﻫﻮ: ﻓﻨﻘﻮﻝ
Vgl. dazu A.-M. Goichon: Lexique de la langue philosophique d’Ibn SÊn§ (Avicenne), d§t (§ 265), S. 134-135, sowie dies.: La distinction de l’essence et de l’existence d’après Ibn- SÊn§ (Avicenne), S.29ff. 117 Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) IV 3, S. 281, Z. 15-16:
das „seiende als seiendes“
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Die in Form einer uneigentlichen Genitivverbindung gebildeten Konstruktionen mawÆådu d-d§ti und ma#dåmu d-d§ti lassen sich nur schwer adäquat wiedergeben. Die Hinzufügung von ad-d§t (Wesen) in dieser Konstruktion ermöglicht jedoch zugleich die Annäherung an die an dieser Stelle mit „mawÆåd“ (seiend) bzw. „ma#dåm“ (nichtseiend) gemeinte Bedeutung. Um mögliche Mißverständnisse bezüglich der oben vorgeschlagenen Übersetzungen vorweg auszuräumen, gebe ich mawÆådu d-d§ti und ma#dåmu d-d§ti wie folgt wieder: etwas, was als dieses bestimmte Etwas extramentale Existenz haben kann (mawÆådu d-d§ti), bzw. etwas, was als dieses Etwas keine extramentale Existenz haben kann (ma#dåmu d-d§ti). „Seiend“ bzw. „nichtseiend“ beziehen sich damit auf die Möglichkeit bzw. die Unmöglichkeit einer Washeit, real überhaupt verwirklicht zu werden, und damit auch auf ihre Möglichkeit bzw. Unmöglichkeit zur Supposition in einem Satz. Von dieser Bedeutung ist nun „Sein“ im Sinne von tatsächlicher, d. h. aktualer Existenzausübung (al-wuÆådu bi-l-fi#li), wie später noch gezeigt wird118, zu unterscheiden. Dementsprechend muß dann auch die Bedeutung von „real“ differenziert gedacht werden: zum einen sind darunter die Dinge zu verstehen, die aktual extramentale Existenz ausüben, zum anderen aber auch solches, dem im Unterschied zum ontologisch schlechthin Unvermögenden wie etwa „Bockhirsch“ die extramentale Wirklichkeit nicht widerspricht. Verstünde man nun mawÆådu d-d§ti als Reales im ersten Sinne, dann wäre nur ein solches definierbar, was auch aktual existiert, womit das aktual zwar nicht Existierende, seiner Washeit nach jedoch Nichtwiderspüchliche von dem, was seiner Washeit nach schlechthin zu keiner Zeit Wirklichkeit haben kann – und das ist das, was Ibn SÊn§ mit ma#dåmu d-d§ti im zitierten Text wohl intendiert – überhaupt nicht mehr unterscheidbar wäre. „Seiend“ im Sinne der Möglichkeit einer Sache real und als Gedachtes verwirklicht zu werden, kommt einem Etwas, wie noch dargelegt wird, nicht durch ein anderes zu. Eine solche Seinsintelligibilität kann der hypothetisch gesetzten Washeit „Bockhirsch“ im Unterschied zu den beispielsweise ebenfalls nur noch hypothetisch gesetzten Washeiten
ﻭﺍﻟﻤﻌﺪﻭﻡ ﺍﻟﺬﺍﺕ ﻗﺪ، ﺛﻢ ﻣﻌﻨﻰ ﻣﺎ ﻫﻮ ﺍﻟﺸﻲﺀ – ﻭﻫﻮ ﺍﻟﺤﺪ ﺍﻟﺤﻘﻴﻘﻲ – ﻻ ﻳﺠﻮﺯ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﺇﻻ ﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﺍﻟﺬﺍﺕ . ﺇﻻ ﺑﺎﺷﺘﺮﺍﻙ ﺍﻻﺳﻢ، ﻭﺃﻣﺎ ﺣﺪ ﻓﻼ. ﻳﻜﻮﻥ ﻟﻪ ﻗﻮﻝ ﺩﺍﻝ ﻋﻠﻰ ﻣﻌﻨﻰ ﺍﻻﺳﻢ 118
Vgl. dazu insbesondere Dritter Teil, Kapitel III, 1.
die problemstellung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
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„Dreieck“ oder „Dinosaurier“119 nicht folgen. Wird etwas als „Seiendes“ in diesem Sinne erkannt (S ist), so kann sein Seiend-Sein, auch wenn es aktual nicht existiert, weiter entlang der zehn Kategorien – freilich nicht so, wie eine Gattung durch ihre Differenzen – hinsichtlich dessen spezifiziert werden, was es denn für ein Seiendes wäre (S ist P), wenn es denn exramentale Wirklichkeit hätte. Wenn z. B. verstanden wird, was „Dinosaurier“ – auch wenn diese Begriffsstruktur zur Zeit auf nichts aktual Existierendes zutrifft – meint, dann kann „Dinosaurier-Sein“ als ein nicht in einem Zugrundeliegenden Seiendes weiter erkannt werden, so daß dann gewußt werden kann, daß wenn es so etwas wie Dinosaurier tatsächlich gäbe, so nur in der Weise einer Substanz, also als ein Seiendes, das nicht in einem Zugrundeliegenden ist. Das bedeutet aber keineswegs, daß man dann auch schon weiß, ob konkrete Dinosaurier aktual existieren. Bedingung für die Definition eines Dinges ist also das „Daß-Sein“ nicht im Sinne von aktualer Existenz, sondern in dem Sinne, daß das Ding (konkret oder allgemein) überhaupt verwirklichbar ist. Dadurch ließe sich das ontologisch schlechthin Unmögliche wie z. B. das Phantasiegebilde „Bockhirsch“ von beispielsweise „Mensch“, „Pferd“ oder auch „Dinosaurier“ scheiden. Von den letzten ist eine Wesensdefinition möglich, vom ersten aber lediglich eine Erklärung des Namens. Weiteren Aufschluß darüber, wie der oben zitierte Text verstanden werden muß, dürfte die daran anschließende Ausführung bieten.120 Im Rahmen der Auseinandersetzung mit der These, die Definition sei syllogistisch zu erweisen (yubayyanu bi-l-qiy§si), führt Ibn SÊn§ die folgende Argumentation vor: Wenn mit Definition die „wirkliche Definition als solche“ gemeint ist, so erfordert dies den Bezug (wörtlich: das Verb "aà§ra, yuàÊru) auf ein bestimmtes Seiendes (mawÆåd), womit hier offensichtlich die positive Behauptung, daß es ein Bestimmtes überhaupt gibt, gemeint ist. Dies impliziert dann die folgenden zwei Möglichkeiten: a) Entweder bezieht sich die Definition in keiner Weise auf das Daß-Sein einer Sache und das Daß-Sein wird anders erkannt;
119 Dieses Beispiel ist selbstverständlich nicht ibn-sinisch. Auch wenn es im Gesamtsystem Ibn SÊn§s zu unaufhebbaren Widersprüchen führen kann, eignet es sich dennoch gut zur Verdeutlichung des von ihm in al-Burh§n (Zweite Analytik) IV 3 (S. 281, Z. 15-16) vorgeführten Gedankens, auf den ich hier Bezug nehme. 120 Vgl. die folgenden Anm.
100
das „seiende als seiendes“
b) Oder die Definition selbst nimmt Bezug darauf, daß es das Definiendum gibt. Was nun (a) betrifft, so ist es klar, daß das Daß-Sein einer Sache (S ist) „zuerst“ ("awwalan), d. h. vor der Kenntnis der Wesensdefinition erkannt werden muß. Dies jedoch ist nur dann möglich, wenn der Erkenntnis des Daß-Seins die Kenntnis der Definition, freilich nicht im Sinne von Wesensbestimmung, sondern als Explikation der Wortbedeutung (àarÈu l-ismi) voraufgeht. Andernfalls würde, so Ibn SÊn§ weiter, die petitio principii drohen: „Denn wenn man die Bedeutung des Namens [einer Sache] nicht versteht, wie soll dann ihr Daß-Sein verstanden werden!“121 An dieser Stelle wird unmißverständlich klar, daß das Daß-Sein, das Gesetzt-Sein oder eben die Existenz (wuÆåd) eines bestimmten Etwas (S ist) nicht ohne das Moment der Bestimmtheit zu denken ist. Wenn also ein bestimmtes Etwas nur noch in der Form der Explikation der Wortbedeutung eingeführt werden kann, so bedeutet dies, daß sein Gesetzt-Sein (S ist) noch lediglich als hypothetisch angenommen wurde, mit dem Ziel, dieses dann, wenn denn möglich, zu behaupten und zu verifizieren (taßdÊq). Im Lichte von al-#Ib§rah (Peri hermeneias) läßt sich dies nun wie folgt verdeutlichen: Die Kenntnis dessen, was unter einem Namen verstanden wird, ist die Vorabbedingung für die Erkenntnis dessen, ob es den Wasgehalt, den das Wort als seine Bedeutung ausdrückt, extramental geben kann. Das bedeutet also, zu wissen, daß es sich bei dem durch das Wort bedeuteten Inhalt um eine Form handelt, an der Gegenstände partizipieren können. Ist nun das Daß-Sein einer Sache durch sich bekannt, so fährt Ibn SÊn§ fort, dann ist die Verwandlung der Explikation des Namens in ihre Definition ebenfalls durch sich selbst einsehbar. Ist jedoch das 121 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) IV 3, S. 281, Z. 17 – S. 282, Z. 7:
ﺃﻭ ﻳﻌﻨﻰ ﺍﻟﺤﺪ، ﻭﻣﻦ ﻇﻦ ﺃﻥ ﺍﻟﺤﺪ ﻳﺒﻴﻦ ﺑﺎﻟﻘﻴﺎﺱ ﻓﺈﻣﺎ ﺃﻥ ﻳﻌﻨﻰ ﺑﻪ ﺍﻟﻘﻮﻝ ﺍﻟﺬﻱ ﺑﺤﺴﺐ ﺍﻻﺳﻢ ﻣﻦ ﺣﻴﺚ ﻫﻮ ﻛﺬﻟﻚ ﻓﺬﻟﻚ ﻳﻘﺘﻀﻰ ﺃﻥ ﻳﺸﺎﺭ ﻓﻴﻪ ﺇﻟﻰ، ﻓﺈﻥ ﻋﻨﻰ ﺑﻪ ﺍﻟﺤﺪ ﺍﻟﺤﻘﻴﻘﻲ ﻣﻦ ﺣﻴﺚ ﻫﻮ ﺣﺪ ﺣﻘﻴﻘﻲ... ﺍﻟﺤﻘﻴﻘﻲ ﻭﺃﻧﻤﺎ ﻳﻌﻠﻢ ﻭﺟﻮﺩﻩ ﻣﻦ، ﻓﻼ ﻳﺨﻠﻮ ﺇﻣﺎ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﺍﻟﺤﺪ ﻻ ﻳﺸﻴﺮ ﺃﻟﺒﺘﺔ ﺇﻟﻰ ﻭﺟﻮﺩ ﺫﻟﻚ ﺍﻟﺸﻲﺀ. ﻣﻮﺟﻮﺩ ﻓﻘﺪ ﻋﻠﻢ ﻭﺟﻮﺩﻩ، ﻓﺈﻥ ﻛﺎﻥ ﺍﻟﺤﺪ ﻻ ﻳﺸﻴﺮ ﺇﻟﻰ ﻭﺟﻮﺩﻩ. ﺃﻭ ﻳﻜﻮﻥ ﺍﻟﺤﺪ ﻧﻔﺴﻪ ﻳﺸﻴﺮ ﺇﻟﻰ ﻭﺟﻮﺩﻩ، ﻭﺟﻪ ﺁﺧﺮ ﺑﻞ ﻣﻦ ﺣﻴﺚ ﻫﻮ ﺷﺮﺡ ﺍﻻﺳﻢ، ﻓﻴﻠﺰﻡ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﻫﺬﺍ ﻋﺮﻑ ﺍﻟﺤﺪ ﻟﻪ ﺃﻭﻻ – ﻻ ﻣﻦ ﺣﻴﺚ ﻫﻮ ﺣﺪ ﺣﻘﻴﻘﻲ، ﺃﻭﻻ ﻓﻤﺎ ﻻ ﻳﻔﻬﻢ ﻣﻌﻨﻰ ﺍﺳﻤﻪ. ﻭﻣﺎ ﻳﻌﻨﻰ ﺑﺎﺳﻢ ﺍﻟﺸﻲﺀ ﺍﻟﺬﻱ ﻫﻮ ﻣﻮﺟﻮﺩ، ﺣﻴﻦ ﻋﺮﻑ ﻣﺎ ﺍﻟﺸﻲﺀ ﺍﻟﺬﻱ ﻫﻮ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ! ﻛﻴﻒ ﻳﻔﻬﻢ ﻭﺟﻮﺩﻩ
die problemstellung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
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Daß-Sein nicht durch sich selbst bekannt, so kann es nur durch einen Beweis vermittelt werden, so daß im Falle, daß die Behauptung „S ist“ möglich und wahr ist, die Explikation der Wortbedeutung – wie etwa bei dem bereits erwähnten Beispiel mit dem Dreieck – zur Definition wird. Dabei betont Ibn SÊn§, daß jener Beweis wesentlich (bi-d-d§ti) keineswegs der Definition einer Sache, sondern wesentlich (bi-d-d§ti) allein ihrem Daß-Sein, ihrer Definition hingegen nur akzidentell (bi-l-#ara·i) gilt.122 Sofern also die Washeit einer Sache als reine Bestimmtheit prinzipiell einer syllogistischen Behauptung nicht zugänglich ist, zugleich jedoch, um Washeit eines Seienden sein zu können, des in ihr als reiner Washeit nicht enthaltenen Moments des mit Wahrheitsanspruch behaupteten Daß-Seins (S ist) bedarf, so nimmt die Existenzbehauptung keinen wesentlichen Bezug zur Washeit als solcher. Auf Grund des oben erwähnten gegenseitigen Bedingungsverhältnisses zwischen Existenz (das Daß-Sein einer Sache) und Bestimmtheit (das Was-Sein einer Sache) jedoch steht der das Daß-Sein behauptende Beweis zu der die jeweilige Bestimmtheit angebenden Definition in einem nicht aufhebbaren attributiven Verhältnis. Ohne jene Existenzbehauptung (S ist) kann es eine Wesensdefinition nicht geben. Was nun (b) angeht, die Definition würde selbst Bezug darauf nehmen, daß es das Definiendum gibt, so ist dies gänzlich unmöglich. Denn dann wäre mit der Definitionsangabe ("i#ã§"u l-Èaddi) einer Sache, von der es nicht bekannt ist, ob es sie überhaupt gibt, so die Argumentation Ibn SÊn§s, zugleich, sofern mit Definition die Wesensdefinition gemeint ist – und diese gilt ja bekanntlich einem solchen, von dem es bekannt ist, daß es ist – ihr Daß-Sein erwiesen. Das würde dann bedeuten, daß mit der Definitionsangabe einer Sache bereits als Definitionsangabe zugleich (ma#an) der Erweis dessen, daß es das Definiendum überhaupt gibt, gewährleistet wäre. Dies ist jedoch unmöglich:123 122 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) IV 3, S. 282, Z. 7-11:
ﻓﺈﻥ ﻛﺎﻥ ﻭﺟﻮﺩﻩ ﺑﻴﻨﺎ ﺑﻨﻔﺴﻪ ﺗﻜﻮﻥ ﺻﻴﺮﻭﺭﺓ ﺷﺮﺡ ﺍﻻﺳﻢ ﺣﺪﺍ ﻟﻪ ﺑﻴﻨﺎ ﺑﻨﻔﺴﻪ ﻭﺇﻥ ﻛﺎﻥ ﻏﻴﺮ ﺑﻴﻦ ﻓﻴﻜﻮﻥ ﺍﻟﺒﺮﻫﺎﻥ ﻓﻴﻜﻮﻥ ﺍﻟﺬﻱ ﻛﺎﻥ ﻣﻦ ﻗﺒﻞ ﺷﺮﺡ ﺍﺳﻢ ﻗﺪ ﺻﺎﺭ، ﻛﻤﺎ ﻳﺒﻴﻦ ﻭﺟﻮﺩﻩ ﺑﺠﻌﻞ ﺷﺮﺡ ﺍﺳﻤﻪ ﺣﺪﺍ ﻟﻪ، ﺍﻟﺬﻱ ﻳﺒﻴﻦ ﻭﺟﻮﺩﻩ ﺑﻞ ﻫﻮ ﺑﺮﻫﺎﻥ ﻋﻠﻰ، ﻟﻤﺎ ﺻﺢ ﺃﻥ ﺍﻟﺸﻲﺀ ﻣﻮﺟﻮﺩ ﻻ ﻣﻦ ﺟﻬﺔ ﺃﻥ ﺫﻟﻚ ﺑﺮﻫﺎﻥ ﻋﻠﻰ ﺣﺪﻩ ﺑﺎﻟﺬﺍﺕ، ﺍﻵﻥ ﺣﺪﺍ ﻭﻋﻠﻰ ﺣﺪﻩ ﺑﺎﻟﻌﺮﺽ، ﻭﺟﻮﺩﻩ ﺑﺎﻟﺬﺍﺕ 123
Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) IV 3, S. 282, Z. 12-14:
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das „seiende als seiendes“ „Denn die Definition beruht auf den in der Washeit des Definiendums enthaltenen Bestimmungen ("umår), das ‘Seiende’ (al-mawÆåd) gehört jedoch, wie du bereits weißt, nicht dazu. Denn das ‘Sein’ ist weder Gattung, noch Differenz, sondern ein notwendiges attributives Prädikat (maÈmål l§zim), welches die Definition nicht angeben [kann], weil sie ausschließlich die Gattungen und die Differenzen angibt. Der Beweis jedoch gibt es [d. h. das Sein im Sinne des Daß-Seins eines bestimmten Etwas] an, weil es der Beweis ist, der die notwendigen, in der Definition nicht enthaltenen Bestimmungen angibt. Der das Daß-Sein erweisende Beweis behauptet entweder das Daß-Sein eines solchen, dessen Daß-Sein schlechthin unbekannt ist (al-maÆhålu l-wuÆådi muãlaqan), oder eines solchen, von dem es unbekannt ist, ob es einer Sache zukommt (maÆhålu l-wuÆådi li-à-àay"i). All dies sind aber notwendige, in der Washeit nicht enthaltene Bestimmungen (law§zim). Weder ist es der Beweis, der danach sucht, was in der Definition enthalten ist, weil ja jenes durch sich selbst bekannt ist, noch gibt die Definition dasjenige an, das Gesuchtes des Beweises ist, denn jenes ist außerhalb des Wesens der Sache (Æawharu à-àay"i).“124
Entsprechend der oben bereits erwähnten strengen Unterscheidung der Gegenstandsklassen bzw. Erkenntnisziele: „Was etwas ist?“ und „Ob es dieses als dieses Etwas überhaupt gibt?“, trennt Ibn SÊn§ an dieser Stelle also zwischen dem definitorischen und dem beweisenden Verfahren. Der Begriff des Seienden (al-mawÆåd) muß auch hier eindeutig in der Bedeutung „etwas, dessen Daß-Sein mit Wahrheitsanspruch behauptbar ist“ (S ist), verstanden werden. Dieses „Behaupt-
ﻭﺃﻣﺎ ﺇﻥ ﻛﺎﻥ ﺇﻋﻄﺎﺀ ﺍﻟﺤﺪ ﻧﻔﺴﻪ ﻫﻮ ﺍﻟﻤﺸﻴﺮ ﺇﻟﻰ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﺣﺘﻰ ﻳﻜﻮﻥ ﺇﻋﻄﺎﺀ ﺍﻟﺤﺪ ﻟﻤﺎ ﻟﻴﺲ ﺑﻴﻦ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﻣﻦ ﻓﻘﺪ ﻗﺎﺱ ﻋﻠﻰ ﻭﺟﻮﺩﻩ، ﻓﻴﻜﻮﻥ ﻣﻦ ﺣﺪ ﺍﻟﺸﻲﺀ، ﺣﻴﺚ ﻫﻮ ﺣﺪ ﺣﻘﻴﻘﻲ ﺑﻴﻦ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﺑﻴﺎﻥ ﺃﻥ ﺍﻷﻣﺮ ﻣﻮﺟﻮﺩ ﹶ . ﻫﺬﺍ ﻣﺤﺎﻝ، ﻣﻌﺎ ﻣﻦ ﺣﻴﺚ ﺍﻟﺤﺪ
Die von A. Bäck vertretene Auffassung, die Definition nach Ibn SÊn§ würde die Existenz des Definiendums behaupten, ist damit nicht zutreffend. Vgl. dazu ders.: Avicenna on Existence, S. 363. 124 Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) IV 3, S. 282, Z. 14 – S. 283, Z. 1:
ﻓﻠﻴﺲ. ﻭﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ – ﻛﻤﺎ ﻋﻠﻤﺖ – ﻟﻴﺲ ﻣﻨﻬﺎ، ﻓﺈﻥ ﺍﻟﺤﺪ ﺇﻧﻤﺎ ﻳﺒﻨﻰ ﻋﻠﻰ ﺃﻣﻮﺭ ﺩﺍﺧﻠﺔ ﻓﻲ ﻣﺎﻫﻴﺔ ﺍﻟﻤﺤﺪﻭﺩ ﺑﻞ ﺍﻟﺒﺮﻫﺎﻥ. ﻭﺍﻟﺤﺪ ﻻ ﻳﻌﻄﻴﻪ ﻷﻧﻪ ﻳﻌﻄﻰ ﺍﻷﺟﻨﺎﺱ ﻭﺍﻟﻔﺼﻮﻝ ﻓﻘﻂ، ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﺟﻨﺴﺎ ﻭﻻﻓﺼﻼ ﺑﻞ ﻫﻮ ﻣﺤﻤﻮﻝ ﻻﺯﻡ ﻓﺈﻥ ﺍﻟﺒﺮﻫﺎﻥ ﺍﻟﻤﻌﻄﻰ ﻟﻠﻮﺟﻮﺩ ﻳﻌﻄﻰ. ﻷﻥ ﺍﻟﺒﺮﻫﺎﻥ ﻫﻮ ﻣﻌﻄﻰ ﺍﻟﻼﺯﻣﺎﺕ ﺍﻟﺘﻲ ﻟﻴﺴﺖ ﺩﺍﺧﻠﺔ ﻓﻲ ﺍﻟﺤﺪ: ﻳﻌﻄﻴﻪ ﻓﻼ. ﻭﻫﺬﻩ ﻛﻠﻬﺎ ﻟﻮﺍﺯﻡ ﺧﺎﺭﺟﺔ ﻋﻦ ﺍﻟﻤﺎﻫﻴﺔ. ﺃﻭ ﻣﺠﻬﻮﻝ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﻟﻠﺸﻲﺀ، ﻭﺟﻮﺩ ﺍﻟﻤﺠﻬﻮﻝ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﻣﻄﻠﻘﺎ ﻭﻻ ﺍﻟﺤﺪ ﻳﻌﻄﻰ ﻣﺎ ﻫﻮ ﻣﻄﻠﻮﺏ ﺍﻟﺒﺮﻫﺎﻥ ﻷﻥ ﺫﻟﻚ، ﺍﻟﺒﺮﻫﺎﻥ ﻳﻄﻠﺐ ﻣﺎ ﻫﻮ ﺩﺍﺧﻞ ﻓﻲ ﺍﻟﺤﺪ ﻷﻥ ﺫﻟﻚ ﺑﻴﻦ ﺑﻨﻔﺴﻪ . ﺧﺎﺭﺝ ﻋﻦ ﺟﻮﻫﺮ ﺍﻟﺸﻲﺀ
die problemstellung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
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bare“ denkt Ibn SÊn§ als ein außerhalb der reinen Bestimmtheit als solcher liegendes Moment, welches folglich gegenüber der Bestimmtheit nichts Konstituierendes darstellen und damit also weder Gattung noch Differenz sein kann. Das im verifizierten Urteil „S ist“ behauptete „ist“ (mawÆåd) kann also selbst nicht zu den kategorialen, die explizite Weise des Seiend-Seins erfassenden Bestimmungen (P-sein in dem Urteil „S ist P“) gehören, sondern geht jeglicher Explikation dessen, was denn ein Bestimmtes in einer je bestimmten Hinsicht entlang der Kategorien „ist“, vorauf. Wie später noch erörtert wird, zeigt sich „mawÆåd“ in dieser Bedeutung als ein unexplizites, d. h. gegenüber den zehn expliziten Wesen (Kategorien) des Seiend-Seins indifferentes Früheres. Auch wenn die Wesensdefinition das einfache „mawÆåd“ (S ist) notwendigerweise voraussetzt, fällt es nicht in ihren Bereich. Ist das mawÆåd-Sein (S ist) einer Sache nicht durch sich selbst bekannt, so kann es allein vom Beweis erbracht werden. Im Lichte der bereits angesprochenen Unterscheidung zwischen den beiden Bedeutungen von „Seiend“ (mawÆåd), die Ibn SÊn§ an der zitierten Stelle zwar voraussetzt, jedoch nicht erläutert, ließe sich zumindest sagen, daß mit „Seiend“ im Sinne der Möglichkeit zur extramentalen Existenz ein bestimmtes Etwas nur als das durch sich selbst Nichtwidersprüchliche, und nicht schon in seiner so-und-so Bestimmtheit (S ist P) angesprochen werden kann. Mit dem GesetztSein einer Washeit im erläuterten Sinne (S ist) ist noch keine weitere Explikation nach den Kategorien vorgenommen (S ist P). Oder anders formuliert: „Seiend“ (mawÆåd) in dieser Bedeutung ist, wie Ibn SÊn§ es nennt, ein notwendiges, alle weitere Explikation erst ermöglichendes und daher selbst nicht kategoriales Prädikat (maÈmålun l§zim). „Seiend-Sein“ in diesem Sinne gehört ja nicht zu dem Begriff des Wesenswas. Und das ist, wie noch ausführlich dargelegt wird, die Bedingung dafür, daß eine Washeit unter Absehung nicht nur ihrer aktualen Existenz, sondern sogar ihrer Existenzmöglichkeit im Sinne der Nichtwidersprüchlichkeit erfaßt werden kann. Nun aber zurück zur Darstellung des Folgeverhältnisses, in das die Frage nach der Wesensdefinition eingebunden ist: 2) Ferner folgt die Frage nach dem „Wesenswas“ der Frage nach dem zusammengesetzten „Ob“, und dies nicht bloß der Potenz nach, etwa so formuliert: „Was ist der Ober- oder was ist der Mittelbegriff?“ Denn da bei der Frage nach dem zusammengesetzten „Ob“ – nicht
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das „seiende als seiendes“
schlechthin, jedoch wissenschaftlich, d. h. beweistheoretisch – allein solche Prädikate zugelassen sind, die wesentliche Eigenschaften des Subjekts sind, ist die Antwort darauf, ob sie dem Subjekt zukommen oder nicht, zugleich, so Ibn SÊn§, der Erweis dessen, daß sie selbst Seiendes (tabata "annah§ fÊ l-mawÆåd§ti) oder ontologisch Unmögliches (ߧrat fÊ Æumlati l-mumtani#§ti) sind. Das Zusammenfallen des einfachen „Ob“ der durch den Prädikatsbegriff beschriebenen Eigenschaft selbst mit ihrem Zukommen bzw. Nichtzukommen besteht also darin, daß sie als wesentliche Eigenschaft des Subjekts kein anderes Sein als das Sein an diesem Subjekt oder dessen Gattung haben kann. Ist aber auf diese Weise das einfache „Daß“ des Zukommenden erwiesen, dann wird es möglich, nach dessen „Wesenswas“ zu fragen. Die Frage nach dem zusammengesetzten „Ob“ setzt also, wie hieraus klar wurde, einerseits das Daß-Sein des Zugrundeliegenden (S ist) als Möglichkeitsbedingung für dessen Wesensdefinition voraus, denn andernfalls wäre eine Aussage schlechthin unmöglich, und es ließe sich lediglich vom Verhältnis bloßer Wortbedeutungen wie z. B: „Pferd“ und „weiß“ zueinander reden. Andererseits ist die Wesensdefinition Ermöglichungsgrund dafür, daß vom Gegenstand als etwas in sich Bestehendem und gegenüber dem Prädikatsbegriff Unabhängigem, weil nicht erst durch diesen Konstituiertem, der Prädikatsbegriff überhaupt aussagbar ist. Ferner kann die Gültigkeit der Wesentlichkeit des Verhältnisses zwischen einem Subjekt und seinen notwendigen Eigenschaften allein durch die Wesensdefinition des Gegenstandes fundiert werden. Dies gilt freilich für jede Wissenschaft und damit für Wissen und Wissenschaft überhaupt, denn diese zielt allein auf ein solches, das seinem definitorisch abgegrenzten Subjekt als einem solchen notwendig und wesentlich zukommt.125 125 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) IV 1, S. 262, Z. 2-13:
ﺣﺘﻰ ﻳﻜﻮﻥ ﻛﺄﻧﻪ ﻳﻄﻠﺐ ﻣﺎ ﺍﻟﺤﺪ ﺍﻷﻛﺒﺮ ﺃﻭ، ﻭﻳﺘﺒﻊ ﺍﻟﻤﻄﻠﺐ ﺍﻟﻤﺮﻛﺐ ﻣﻦ ﻣﻄﻠﺒﻲ ﺍﻟﻬﻞ ﺃﻳﻀﺎ ﻋﻠﻰ ﻭﺟﻪ ﻣﻦ ﺍﻟﻮﺟﻮﻩ ﻭﺫﻟﻚ ﻷﻥ ﺍﻟﻤﻮﺿﻮﻉ ﻓﻲ ﺍﻟﻤﻄﻠﻮﺏ ﺑﺎﻟﻬﻞ ﺍﻟﻤﺮﻛﺐ ﻳﺠﺐ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﻣﻌﻄﻰ ﺍﻟﻬﻠﻴﺔ ﻭﺍﻟﻤﺎﻫﻴﺔ ﺃﻭﻻ. ﻣﺎ ﺍﻟﺤﺪ ﺍﻷﻭﺳﻂ ﻓﺈﺫﺍ ﻃﻠﺐ ﻭﺟﻮﺩ ﺍﻟﻌﺎﺭﺽ ﻟﻪ ﺃﻭ ﻻ ﻭﺟﻮﺩﻩ ﺑﺎﻟﻬﻞ. ﻓﻲ ﻛﻞ ﻋﻠﻢ ؛ ﺛﻢ ﺗﻄﻠﺐ ﻋﻮﺍﺭﺿﻪ ﺍﻟﺬﺍﺗﻴﺔ ﻟﻪ ﺑﺎﻟﻬﻠﻴﺔ ﺑﺎﻟﻘﻴﺎﺱ ﺇﻟﻰ ﺫﻟﻚ ﺍﻟﻤﻮﺿﻮﻉ ؛ ﻓﺒﺎﻟﺤﺮﻯ ﺃﻥ ﺫﻟﻚ ﻳﻘﺘﻀﻰ ﺇﺛﺒﺎﺕ ﺍﻟﻤﺤﻤﻮﻝ ﺍﻟﻌﺎﺭﺽ ﺑﺎﻟﻬﻞ ﺍﻟﺒﺴﻴﻂ، ﺍﻟﻤﺮﻛﺐ ﻭﺗﻠﻚ ﺍﻷﻋﺮﺍﺽ ﻻ، ﻭﺫﻟﻚ ﻷﻥ ﺍﻟﺒﺮﺍﻫﻴﻦ ﺇﻧﻤﺎ ﺗﺒﺤﺚ ﻋﻦ ﺍﻷﻋﺮﺍﺽ ﺍﻟﺬﺍﺗﻴﺔ ﻟﻠﻤﻮﺿﻮﻋﺎﺕ. ﺑﺎﻟﻘﻴﺎﺱ ﺇﻟﻰ ﻧﻔﺴﻪ ﺻﺎﺭﺕ ﻓﻲ ﺟﻤﻠﺔ، ﻓﺈﻥ ﻣﻨﻊ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﻟﻬﺎ ﻭﺟﻮﺩ ﻓﻲ ﺗﻠﻚ ﺍﻟﺠﻤﻠﺔ. ﺗﻮﺟﺪ ﺇﻻ ﻓﻲ ﺗﻠﻚ ﺍﻟﻤﻮﺿﻮﻋﺎﺕ ﻭﺃﺟﻨﺎﺳﻬﺎ
die problemstellung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
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Auch wenn, wie oben gesehen, die Fragestellung „Warum“ potentiell das „Was“ in Bezug auf den Mittelbegriff impliziert, so ist dies keineswegs umkehrbar. Denn – hier wendet sich Ibn SÊn§ gegen anonyme Vertreter dieser Umkehrung, die auf Grund der genannten Annahme der Auffassung waren, daß alle Mittelbegriffe ausschließlich Definitionen seien – weder ist alle Suche nach dem „Was“ eine solche nach dem „Was“ des Mittelbegriffes, noch ist die Suche nach dem Mittelbegriff zugleich die Suche nach der Washeit eines der zu verbindenden Begriffe in der Konklusio, so daß hieraus eine Definition entstünde.126 Der gewichtigste Grund liegt jedoch darin, daß die Ziel- und Wirkursachen – Ibn SÊn§ subsumiert sie hier unter dem Begriff Ursachen für das So-und-so-Sein der Dinge (#ilalu l-wuÆådi) – nicht notwendigerweise Prinzipien der Washeit (#ilalu l-m§hÊyati) der Dinge bzw. Prinzipien der Washeit des ihnen Zukommenden sein müssen. So z. B. ist die Mittelposition der Erde als Grund für die Verfinsterung des Mondes einerseits weder Definition noch Gattung noch Differenz von „Mond“, sie steht jedoch andererseits auch nicht in einem begrifflich analytischen Verhältnis zu ihrer Folge, nämlich dem Verlöschen des Mondlichtes. Die Definition umfaßt aber ausschließlich solches, das das Wesenswas als Wesenswas prinzipiiert, also nur dessen Gattung und die spezifische Differenz. „Umschreibungen“ von Begriffen (rasm, Pl: rusåm) können hingegen auch solches enthalten, das für die jeweilige Washeit als Washeit nicht konstitutiv ist. Sie sind jedoch, auch wenn sie zuweilen als Definitionen fungieren, nur in einem äquivoken Sinn Definition zu nennen, da ja das Wesenswas hierbei nicht in seiner Wesentlichkeit, sondern hinsichtlich eines ihm gegenüber Extrinsischen expliziert wird. Wären die Ziel- und Wirkursachen definitorisch erreichbar, dann wären „das Entstehen jedes Entstandenen und der Hervorbringer jenes Entstandenen“ allein aus der Definition von „Entstandenem“ wißbar.127
ﻓﻴﻜﻮﻥ ﺍﻟﺒﺤﺚ ﻋﻦ ﻫﻠﻴﺘﻬﺎ. ﺛﺒﺖ ﺃﻧﻬﺎ ﻓﻲ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩﺍﺕ، ﻭﺇﺫﺍ ﺃﻋﻄﻴﺖ ﻭﺟﻮﺩﺍ ﻓﻲ ﺷﻲﺀ ﻣﻨﻬﺎ. ﺍﻟﻤﻤﺘﻨﻌﺎﺕ ﻭﺇﺫﺍ ﺻﺢ ﻟﻠﺸﻲﺀ ﻫﻠﻴﺘﻪ ﺍﺳﺘﺤﻖ ﺃﻥ ﻳﻄﻠﺐ ﻟﻪ ﺍﻟﻤﺎﺋﻴﺔ... ﻟﻠﻤﻮﺿﻮﻉ ﺑﺤﺜﺎ ﺑﻮﺟﻪ ﻣﻦ ﺍﻟﻮﺟﻮﻩ ﻋﻦ ﻫﻠﻴﺘﻬﺎ ﻣﻄﻠﻘﺎ . ﻭﺃﻥ ﻳﻌﻄﺎﻫﺎ ﺑﺤﺴﺐ ﺍﻟﺬﺍﺕ 126
Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) IV 1, S. 264,
Z. 1ff. 127
Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) IV 1, S. 265, Z. 2-6:
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das „seiende als seiendes“
Die Nähe und die scheinbare Überschneidung der „Definitions-“ und der „Beweisfrage“ wird also besonders dort sichtbar, wo die Suche nach dem „Was“, z. B. nach dem „Was“ der Mondfinsternis, durch die Suche nach dem „Warum“, in diesem Falle also nach dem Grund für die Mondfinsternis bedingt ist. Hier ist der für den Beweis gesuchte Mittelbegriff nichts anderes als die Washeit der Mondfinsternis, nämlich „die Mittelposition der Erde zwischen dem Mond und der Sonne“. Zusammen mit ihrer Folge, dem „Verlöschen des Mondlichtes“, das als Prädikatsbegriff im Schlußsatz fungiert, wird die vollständige Definition der Finsternis erreicht, nämlich „das Verlöschen des Mondlichtes auf Grund der Mittelposition der Erde zwischen dem Mond und der Sonne“.128 Die Begriffsbestimmung von „Mondfinsternis“ wird daher allein mit Hilfe des Beweises ermöglicht. Der Mittelbegriff steht in keinem analytischen Verhältnis zu Subjekt- und Prädikatsbegriff in dem zu beweisenden Schlußsatz. Er kann darum nicht auf dem Weg der begrifflichen Analyse von „Mond“ und „Verlöschen des Mondlichtes“ gewonnen werden. Ausgehend von der eben skizzierten Möglichkeit der synthetischen Gewinnung der vollständigen Definition, die, wie die bereits von Aristoteles verwendeten Beispiele der Mondfinsternis und des Donners129 zeigen, sich keineswegs auf alle Gegenstandsbereiche erstreckt, bemüht sich Ibn SÊn§ nun ebenso wie Aristoteles um eine deutliche Abgrenzung von Beweis und Definition:
ﻭﺃﺟﺰﺍﺀ ﺍﻟﺤﺪ – ﺃﺟﻨﺎﺳﺎ ﻛﺎﻧﺖ ﺃﻭ ﻓﺼﻮﻻ. ﻓﺈﻥ ﺍﻟﻌﻠﻞ ﺍﻟﻔﺎﻋﻠﺔ ﻫﻲ ﻋﻠﻞ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﻭﻟﻴﺴﺖ ﻋﻠﻼ ﻟﻠﻤﺎﻫﻴﺔ ﻭﺃﻣﺎ ﻋﻠﻞ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﻓﻠﻴﺲ ﻳﺠﺐ ﺃﻥ ﺗﻜﻮﻥ ﻋﻠﻼ. ﺃﻭ ﺃﺟﺰﺍﺀ ﺍﻟﻔﺼﻮﻝ – ﻫﻲ ﺍﻟﺘﻰ ﺗﻜﻮﻥ ﻋﻠﻼ ﻟﻠﻤﺎﻫﻴﺔ، ﺣﻘﻴﻘﻴﺔ ﺑﻞ ﺗﺪﺧﻞ ﻓﻲ ﺍﻟﺮﺳﻮﻡ، ﻭﻟﺬﻟﻚ ﻻ ﺗﺪﺧﻞ ﻋﻠﻞ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ – ﻭﻫﻰ ﺍﻟﻔﻮﺍﻋﻞ ﻭﺍﻟﻐﺎﻳﺎﺕ – ﻓﻲ ﺍﻟﺤﺪﻭﺩ. ﻟﻠﻤﺎﻫﻴﺔ ﺤﺪﺙ ﻭﻟﻮ ﻛﺎﻧﺖ ﺟﻤﻴﻊ ﺍﻟﻌﻠﻞ ﺍﻟﻤﻮﺟﺒﺔ ﻟﻠﻮﺟﻮﺩ ﺗﺪﺧﻞ ﻓﻲ ﺍﻟﺤﺪﻭﺩ ﻟﻜﻨﺎ ﻧﻌﻠﻢ ﺣﺪﻭﺙ ﻛﻞ ﹸﻣ ﹶ. ﺍﻟﻘﺎﺋﻤﺔ ﻣﻘﺎﻡ ﺍﻟﺤﺪﻭﺩ ﻛﻞ ﻣ ﹴ ﹺ ﹺ ﹺ . ﺣﺪﻩ ﻭﻣﺤﺪ ﹶﺙ ﹼ ﹸ ﹶ ﺤﺪﺙ ﻣﻦ ﹼ 128
Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) IV 1, S. 267, Z. 8-11:
ﻟﻢ ﻛﺎﻥ: ﻣﺜﺎﻟﻪ ﺃﻥ ﻳﻘﺎﻝ. ﺣﺪﺩﻧﺎ ﻭﺇﺫﺍ ﺃﻭﺭﺩﻧﺎ ﺍﻟﺤﺪ ﺍﻷﻭﺳﻂ ﺍﻟﺬﻱ ﻫﻮ ﺍﻟﻌﻠﺔ ﺍﻟﺬﺍﺗﻴﺔ ﺇﻳﺮﺍﺩﺍ ﻓﻲ ﻗﻮﻝ ﺍﻟﺸﻲﺀ ﻓﻘﺪ ﹼ ﻭﻛﻠﻤﺎ ﻛﺎﻥ ﻛﺬﻟﻚ ﻓﺈﻥ ﺍﻟﻘﻤﺮ. ﻛﺴﻮﻑ ﺍﻟﻘﻤﺮ ؟ ﻓﻴﻘﺎﻝ ﻷﻥ ﺍﻷﺭﺽ ﺗﻮﺳﻄﺖ ﺑﻴﻨﻪ ﻭﺑﻴﻦ ﺍﻟﺸﻤﺲ ﻓﺎﺣﺘﺠﺐ ﺍﻟﻀﻮﺀ ﻷﻥ ﻣﺎﻫﻴﺔ ﻛﺴﻮﻑ ﺍﻟﻘﻤﺮ ﻫﻮ ﺍﻧﻤﺤﺎﺀ ﺿﻮﺀ ﺍﻟﻘﻤﺮ ﻟﺘﻮﺳﻂ: ﻭﺍﻟﺤﺪ ﺍﻷﻭﺳﻂ ﻫﻮ ﻣﺎﻫﻴﺔ ﺍﻟﻜﺴﻮﻑ. ﻳﻨﻜﺴﻒ . ﺍﻷﺭﺽ ﺑﻴﻨﻪ ﻭﺑﻴﻦ ﻣﻔﻴﺪ ﺍﻟﻀﻮﺀ – ﺃﻋﻨﻰ ﺍﻟﺸﻤﺲ Vgl. dazu Aristoteles: Analytica Posteriora II 8, 93a 30-33. 129 Vgl. Aristoteles: Analytica Posteriora II 8, sowie II 10, 93b 38 – 94a 7.
die problemstellung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
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– Die für die Washeit nicht konstitutiven Wirk- und Zielursachen werden, wie bereits gesehen, aus dem Bereich der Definition explizit ausgenommen. Die Definition gibt die konstitutiven Wesensmerkmale einer Sache an, der Beweis hingegen die ihr wesentlichen, aber in ihrer Washeit nicht eingeschlossenen Eigenschaften.130 Wie z. B. die Eigenschaft „eine Winkelsumme gleich zwei Rechten zu haben“. Diese ist kein definitorischer Bestandteil von „Dreieck“, oder anders formuliert: „eine Winkelsumme gleich zwei Rechten zu haben“ ist nicht Ursache dafür, daß das „Dreieck“ das ist, was es ist. Ibn SÊn§ faßt es so zusammen: „Die Definition gilt der Washeit einer Sache, der Beweis dem, daß ein Ding einem anderen zukommt.“131 – Der Beweis ist die bejahende oder verneinende Aussage eines Prädikatsbegriffes von einem Subjektsbegriff. Die Begriffsbestimmung der beiden Termini – Wesensdefinition für den Subjektsbegriff, Namenserklärung für das Prädikat, da ja solange sein Zukommen nicht bewiesen ist, die der Wesensdefinition notwendigerweise voraufgehende Kenntnis davon, ob es dieses bestimmte Etwas überhaupt gibt, nicht möglich ist – wird jedoch nicht durch Beweis ermittelt. Sie ist vielmehr Ermöglichungsgrund für diesen. Denn das, was durch den Beweis erreicht wird, besteht ausschließlich darin, daß Bestimmungen einem Subjekt zukommen. Das Wesentlich- bzw. Akzidentell-Sein dieser Bestimmungen, „geschweige denn ihre Definitionen“ sind damit – d. h. durch den Beweis, daß sie ihm zukommen – keineswegs schon ermittelt.132 – „Sollte es für alles einen Beweis geben, dann gäbe es überhaupt keinen Beweis“, denn die ersten Urteile eines Verfahrens, das durch 130
Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) IV 1, S. 268, Z. 6-8:
ﻭﺃﻳﻀﺎ ﻓﺈﻥ ﺍﻟﺒﺮﻫﺎﻥ ﻳﻌﻄﻰ ﻟﻠﺸﻰﺀ ﻋﺮﺿﺎ ﺫﺍﺗﻴﺎ – ﻋﻠﻰ ﻣﺎ ﺃﻭﺿﺤﻨﺎﻩ ﻣﺮﺍﺭﺍ – ﻭﺍﻟﺤﺪ ﻳﻌﻄﻰ ﻣﻦ ﺍﻟﺬﺍﺗﻴﺎﺕ ﻭﻟﻴﺲ ﺇﺫﻥ ﻣﺎ ﻳﻌﻄﻴﻪ ﺍﻟﺒﺮﻫﺎﻥ ﻫﻮ ﺑﻌﻴﻨﻪ ﻣﺎ ﻳﻌﻄﻴﻪ. ﻭﺍﻟﻌﺮﺽ ﺍﻟﺬﺍﺗﻰ ﻏﻴﺮ ﺩﺍﺧﻞ ﻓﻲ ﺣﺪ ﺍﻟﺸﻰﺀ. ﺍﻟﻤﻘﻮﻣﺔ . ﺍﻟﺤﺪ
Vgl. Aristoteles: Analytica Posteriora II 3, 91a 1. 131 Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) IV 2, S. 278, Z. 18-19:
ﻭﺇﻧﻴﺔ ﺍﻟﺸﻲﺀ ﻏﺮﻳﺐ ﻋﻦ ﻣﺎﺋﻴﺘﻪ، ﻭﺑﺎﻟﺠﻤﻠﺔ ﻓﺈﻥ ﺍﻟﺤﺪ ﻋﻠﻰ ﻣﺎﺋﻴﺔ ﺍﻟﺸﻲﺀ ﻭﺍﻟﺒﺮﻫﺎﻥ ﻋﻠﻰ ﺇﻧﻴﺔ ﺍﻟﺸﻲﺀ ﻟﻠﺸﻲﺀ .ﺧﺎﺭﺝ ﻋﻨﻬﺎ 132
Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) IV 1, S. 268, Z. 9-12:
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das „seiende als seiendes“
Früheres, Einfacheres und der Sache nach Bekannteres beweist, können selbst kein Gegenstand des Beweisens sein. Diese sind nun solche „Prämissen, welche notwendig zu akzeptieren sind“ (al-muqaddim§tu l-w§Æibu qabåluh§). Ebenfalls schlechthin unbeweisbar (l§ burh§na #alayh§), weil nicht zusammengesetzt (wörtlich: substantivierter Pl. von „einfach“ – al-bas§"iã), sind die Teile solcher Prämissen. Das Einfache ist lediglich begrifflich erfaßbar (wörtlich: yuÈaddu: definierbar)133. „Die propositionale Zusammenfügung von diesen [nichtzusammengesetzten, einfachen Bestimmungen] ist ohne Beweis bekannt. Denn auch dann, wenn es [hierfür] einen Beweis gäbe, würde die Begriffsbestimmung nicht der Mühe entheben, einen Beweis zu geben.“134 Daß solche Prämissen außerhalb des Bereiches des Beweises liegen und in diesem Sinne unbeweisbar sein müssen, sollte überhaupt etwas durch Beweis erkannt werden, wurde bereits gesagt. Der zuletzt zitierte Satz scheint aber auf etwas Bestimmteres zu verweisen. Wenn als Möglichkeitsbedingung von Wissen durch
ﻭﺇﺫﺍ. ﺑﻞ ﻳﻮﺟﺐ ﺍﻟﻤﺤﻤﻮﻝ ﻭﻳﺴﻠﺒﻪ ﻋﻦ ﺷﻲﺀ، ﺣﺪ ﺍﻟﻤﻮﺿﻮﻉ ﻭﻻ ﺃﻳﻀﺎ ﺣﺪ ﺍﻟﻤﺤﻤﻮﻝ ﻭﻻ ﻳﻌﻄﻰ ﺍﻟﺒﺮﻫﺎﻥ ﺃﻟﺒﺘﺔ ﹼ ﺍﺳﺘﻘﺮﻳﺖ ﻟﻢ ﺗﺠﺪ ﺍﻟﺒﺮﻫﺎﻥ ﺇﺫﺍ ﺃﻋﻄﺎﻙ ﻣﺤﻤﻮﻻ ﺫﺍﺗﻴﺎ ﺃﻭ ﻋﺮﺿﻴﺎ ﻓﻜﺎﻥ ﻧﻔﺲ ﻣﺎ ﻳﻌﻄﻴﻚ ﻣﻦ ﻭﺟﻮﺩﻩ ﻟﻠﻤﻮﺿﻮﻉ . ﻓﻀﻼ ﻋﻦ ﻛﻮﻧﻪ ﺣﺪﺍ، ﺃﻋﻄﺎﻙ ﻛﻮﻧﻪ ﺫﺍﺗﻴﺎ ﺃﻭ ﻋﺮﺿﻴﺎ 133 Definition ist ein mehrdeutiger Begriff. Wie bereits mehrmals gesehen, kann er nicht nur Namens- sondern auch Wesensdefinition meinen. In einer äquivoken Weise kann die Umschreibung (rasm), die das zu Umschreibende mit Hilfe von ihm gegenüber Akzidentellem expliziert, „Definition“ (Èadd) genannt werden. Wie jedoch die Gegenüberstellung zur sachlich entsprechenden Stelle in al-Burh§n V 10 (insbesondere S. 331, Z. 6 ff.) zeigt – dort legt Ibn SÊn§ auf Grundlage des berühmten aristotelischen Kapitels II 19 der Analytica Posteriora seine Theorie der Induktion erster Prinzipien dar – ist an der oben zitierten Stelle unter „Definition“ (Èadd) oder „definieren“ (Èadda, yaÈuddu) nicht schon das logische Verfahren der Angabe der nächsten Gattung und der spezifischen Differenz gemeint, sondern ganz allgemein das Verstehen, Erfassen (taßawwur) einfacher Begriffsinhalte. Insofern kann die Rede von „Definition“ beim schlechthin Einfachen an der oben zitierten Stelle nicht als Widerspruch zu der Undefinierbarkeit transzendentaler Begriffe verstanden werden. Zu den von Aristoteles unterschiedenen Definitionsarten vgl. Analytica Posteriora II 10. Vgl. dazu auch Pietsch: Prinzipienfindung bei Aristoteles, S. 108ff. 134 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) IV 1, S. 268, Z. 16-20:
– ﻭﺃﺟﺰﺍﺀ ﺗﻠﻚ ﺍﻟﻤﻘﺪﻣﺎﺕ ﻛﻠﻬﺎ – ﺃﻋﻨﻰ ﺍﻟﺤﺪﻭﺩ ﺍﻟﻤﺤﺪﻭﺩﺓ، ﻓﺈﻥ ﺍﻟﻤﻘﺪﻣﺎﺕ ﺍﻟﻮﺍﺟﺐ ﻗﺒﻮﻟﻬﺎ ﻻ ﺑﺮﻫﺎﻥ ﻋﻠﻴﻬﺎ ﻓﺈﻧﻬﺎ ﻻ ﺑﺮﻫﺎﻥ ﻋﻠﻴﻬﺎ ﻷﻧﻬﺎ ﺑﺴﺎﺋﻂ ﻭﺍﻟﺒﺴﺎﺋﻂ ﺗﺤﺪ ﻭﻻﻳﺒﺮﻫﻦ، ﺗﻌﻄﻰ ﺣﺪﻭﺩﻫﺎ ﻭﻻ ﺗﻌﻄﻰ ﺑﺪﻟﻚ ﺑﺮﻫﺎﻧﺎ ﻋﻠﻴﻬﺎ . ﻭﻟﻮ ﻛﺎﻥ ﺃﻳﻀﺎ ﺑﺮﻫﺎﻥ ﻟﻢ ﻳﻜﻒ ﺇﻋﻄﺎﺀ ﺍﻟﺤﺪ ﻣﺌﻮﻧﺔ ﺇﻋﻄﺎﺀ ﺍﻟﺒﺮﻫﺎﻥ. ﻭﺍﻟﺘﺄﻟﻴﻒ ﻣﻨﻬﺎ ﹺﺑﻴﻦ ﺑﻐﻴﺮ ﺑﺮﻫﺎﻥ. ﻋﻠﻴﻬﺎ ﹼ . ﻭﻟﻮ ﻛﺎﻥ ﻋﻠﻰ ﻛﻞ ﺷﻲﺀ ﺑﺮﻫﺎﻥ ﻟﻤﺎ ﻛﺎﻥ ﻋﻠﻰ ﺷﻲﺀ ﺑﺮﻫﺎﻥ
die problemstellung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
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Beweis neben der Begriffsbestimmung dessen, was durch Beweis wesentlich und notwendig verbunden wird, auch – sollten logische Zirkularität und Regreß ins Unendliche vermieden werden – letzte Prämissen angenommen werden müssen, dann stellt sich die Frage nach dem Zugang der Erkenntnis zu diesen. Möge es solche Prämissen geben, deren beide Termini unmittelbar verbunden sind, so daß ihre Verbindung kein durch einen Mittelbegriff (Ursache: #illah) Verursachtes (ma#lål)135, und damit keine durch Beweis gewonnene Konklusio (natÊÆah) und d. h. kein wissenschaftlich erworbenes Wissen (#ilm) ist, so können ihre Eigenschaften „notwendig akzeptiert zu sein“ oder „durch sich selbst bekannt zu sein“ nur a posteriori verifiziert werden, d. h. erst dann, wenn die Reflexion über solche ersten und unmittelbaren Prinzipien in einer hier nicht weiter erörterten Weise erfolgt ist. An dieser Stelle macht Ibn SÊn§ lediglich deutlich, daß die propositionale Erkenntnis erster Prämissen, wie auch immer ihre Erhebung konzipiert werden mag, durch die Einfachheit ihrer Teile, d. h. des Subjekt- und Prädikatsbegriffes fundiert ist. Die bereits mehrmals angesprochene Abhängigkeit allen Urteil-Erkennens, insbesondere des Subjektsbegriffes, wird also insofern spezifiziert, als es sich hierbei um formale Begriffe handelt: dies sind die einfachen Denkformen (bas§"iã), die insofern alles Inhaltsbestimmte (inhaltlich-sachhaltige Begriffe) erkennen lassen, als sie es unabhängig von dessen Verschiedenheit gattungsübergreifend erfassen. Eine solche Verknüpfung von Einfachem, gegenüber der inhaltlichen Verschiedenheit der konkreten Dinge maximal Indifferentem kann selbst ebenfalls nur formal sein. Formale Denkprinzipien würden dann analog zu den einfachen Denkformen die sachhaltigen Prinzipien der je verschiedenen partikularen Seinsbereiche differenzübersteigend umfassen. Die Einsicht in diese Prinzipien ist deswegen unmittelbar, das bedeutet ohne die Vermittlung eines Weiteren möglich, weil sie, wie noch gezeigt wird, faktisch,
135 Den Mittelbegriff (al-Èaddu l-"awsaã) bezeichnet Ibn SÊn§ als „Prinzip des Beweises“ (mabda"u l-burh§n), denn dieser ist die Ursache (#illah) dafür, daß im Schlußsatz das Prädikat dem Subjekt zukommt. Die Konklusio ist das durch diese Ursache Verursachte. Beide zusammen: die Ursache und das Verursachte ergeben die vollständige Definition. Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) IV 4, S. 289, Z. 16 ff. Über die verschiedenen Bedeutungen von „Definition“ (Èadd/Pl. Èudåd) vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) IV 4, S. 288ff. Zum aristotelischen ὁρισµόσ vgl. Analytica Posteriora II 10. Vgl. dazu Pietsch: Prinzipienfindung bei Aristoteles, S. 108ff.
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das „seiende als seiendes“
wenn auch unbewußt, immer schon bei der Prinzipienerkenntnis der je so-und-so bestimmten Dinge impliziert sind.136 – Da sich nun Beweis und Definition, wie bereits mehrfach deutlich wurde, nicht überschneiden, ist das, was sie im Erkenntnisvermögen jeweils „an sich“ (bi-d-d§ti) bewirken je Verschiedenes. Würde es sich bei dem jeweils dadurch Verursachten – also bei den distinkt erkannten Begriffsinhalten einerseits und den gewissen Urteilen andererseits – um ein Identisches handeln, wären Definition und Beweis, sollte ihre Abgrenzung dann überhaupt noch möglich sein, jeweils überflüssig, weil ihre Funktion jeweils durch das Andere gegeben wäre. „Wie [soll dies jedoch möglich sein, wenn es doch so ist, daß] dieses [d. h. die Definition] an sich (bi-d-d§ti) ausschließlich (faqaã) ein einfaches begriffliches Erfassen (taßawwurun s§diÆ), und jenes [d. h. der Beweis] an sich ausschließlich ein einfaches Urteilen (taßdÊqun s§diÆ) verursachen (yåÆib)?“ Daß es dabei „Urteilen nicht ohne begriffliches Erfassen geben kann“, ist, wie sich bereits mehrmals gezeigt hatte, eine notwendige Bedingung, bedeutet jedoch nicht, daß das begriffliche Erfassen durch den Beweis verursacht wird.137 Wenn nun also die beiden voneinander unterschiedenen Verfahren138, Definition und Beweis, den Erkenntnisprozeß in seiner wissenschaftlichen Form ermöglichen, so liegt das Fundament für ihre Distinktion darin, daß die Verschiedenheit der jeweiligen
136
Vgl. dazu Vierter Teil, Kapitel II, 2. Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) IV 1, S. 269, Z. 1-6: 137
ﻓﻠﻴﺲ ﺍﻟﺬﻱ ﻳﻌﻄﻴﻪ ﺍﻟﺒﺮﻫﺎﻥ ﺇﻻ ﻣﺎ ﻳﻘﺘﻀﻴﻪ ﻣﺎ ﻫﻮ ﻏﻴﺮ ﺍﻟﺤﺪ – ﺑﻤﺎ ﻫﻮ ﻏﻴﺮ، ﻭﺇﺫﺍ ﻛﺎﻥ ﺍﻟﺤﺪ ﺷﻴﺌﺎ ﻏﻴﺮ ﺍﻟﺒﺮﻫﺎﻥ ﻛﺬﻟﻚ ﻣﺎ ﻳﻔﻴﺪﻩ ﺍﻟﺒﺮﻫﺎﻥ – ﺑﻤﺎ ﻫﻮ ﺑﺮﻫﺎﻥ ﺑﺎﻟﺬﺍﺕ – ﺷﻲﺀ ﻏﻴﺮ ﺍﻟﺬﻱ، ﺍﻟﺤﺪ – ﺇﺫ ﻛﻤﺎ ﺃﻥ ﺍﻟﺒﺮﻫﺎﻥ ﻏﻴﺮ ﺍﻟﺤﺪ ﺑﻞ، ﻭﺍﻟﺤﺪ ﻻ ﻳﺤﺘﺎﺝ ﺇﻟﻴﻪ: ﺑﻞ ﻳﺤﺪ، ﻭﺇﻻ ﻟﻜﺎﻥ ﺍﻟﺒﺮﻫﺎﻥ ﻻ ﻳﺤﺘﺎﺝ ﺇﻟﻴﻪ. ﻳﻔﻴﺪﻩ ﺍﻟﺤﺪ – ﺑﻤﺎ ﻫﻮ ﺣﺪ ﺑﺎﻟﺬﺍﺕ ﻭﺫﻟﻚ ﻳﻮﺟﺐ ﺑﺎﻟﺬﺍﺕ ﺗﺼﺪﻳﻘﺎ ﺳﺎﺫﺟﺎ ﻓﻘﻂ ؟، ﻭﻛﻴﻒ ﻭﻫﺬﺍ ﻳﻮﺟﺐ ﺑﺎﻟﺬﺍﺕ ﺗﺼﻮﺭﺍ ﺳﺎﺫﺟﺎ ﻓﻘﻂ. ﻳﺒﺮﻫﻦ ﺑﻞ ﺍﻟﺘﺼﺪﻳﻖ ﻫﻮ، ﺃﻣﺎ ﺃﻥ ﺍﻟﺘﺼﺪﻳﻖ ﻻ ﻳﻜﻮﻥ ﺇﻻ ﺑﺎﻟﺘﺼﻮﺭ ﻓﻤﺴﻠﻢ – ﻻ ﻋﻠﻰ ﺃﻥ ﺫﻟﻚ ﺍﻟﺘﺼﻮﺭ ﻣﻦ ﺟﻬﺔ ﺍﻟﺒﺮﻫﺎﻥ . ﺍﻟﺬﻱ ﻣﻦ ﺟﻬﺔ ﺍﻟﺒﺮﻫﺎﻥ 138
Der Verweis auf die scharfe Trennung, die seitens der Vertreter aller Wissenschaften ("ahlu l-#ulåmi kullih§) zwischen Definition und Beweis gezogen wird, findet sich in Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) IV 3, 283, Z. 1-3:
ﻭﻳﻘﺘﻀﺒﻮﻥ ﺍﻟﺤﺪﻭﺩ، ﻭﻟﺬﻟﻚ ﻛﺎﻥ ﺃﻫﻞ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ ﻛﻠﻬﺎ ﻳﻀﺮﺑﻮﻥ ﺳﻮﺭﺍ ﺑﻴﻦ ﺍﻷﻣﺮﻳﻦ ﻭﻳﻤﻴﺰﻭﻥ ﻣﺂﺧﺬ ﺇﻋﻄﺎﺀ ﺍﻟﺤﺪ ﺑﺎﺑﺎ . ﻭﻳﺆﻟﻔﻮﻥ ﺍﻟﺒﺮﺍﻫﻦ ﺗﺄﻟﻴﻔﺎ، ﻭﻳﻤﻴﺰﻭﻥ ﻣﺂﺧﺬ ﺍﻟﺒﺮﺍﻫﻴﻦ ﺑﺎﺑﺎ ﺁﺧﺮ، ﺍﻗﺘﻀﺎﺑﺎ
die problemstellung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
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Erkenntnisziele nicht aufhebbar ist.139 Diese Verschiedenheit läßt sich, wie bereits mehrmals deutlich wurde, an der Verhältnisart zur Washeit als solcher messen. Es hat sich zum einen gezeigt, daß das einfache Daß-Sein einer Sache in keinem begriffsanalytischen Verhältnis zu ihrer Washeit steht. Zum anderen hat sich ergeben, daß es Ursachen (Mittelbegriffe eines Beweises) geben kann, die von ihren Wirkungen (Prädikatsbegriffe im Schlußsatz) her begriffsanalytisch nicht erreichbar sind. Zusammenfassend läßt sich sagen, daß, wenn es allein der Beweis ist, der das einfache „Daß“ einer Sache sowie das „Daß“ und das „Warum“ eines Sachverhaltes behaupten kann und dadurch ein Fortschreiten vom uns Bekannten zum der Sache nach Bekannten ermöglicht, es die dem Bereich der Begriffs (taßawwur) angehörige Explikation der Wortbedeutung und die wirkliche Definition des Wesenswas sind, die die dem Beweis notwendig voraufgehende Kenntnis vom „Was“ der beiden im Urteil zu verbindenden Termini liefern. Ferner sind die „notwendig zu akzeptierenden“ Prämissen, ohne die ein beweisendes Verfahren schlechthin unhaltbar wäre, kein Gegenstand des Beweises. Das bedeutet, wie an späterer Stelle noch verdeutlicht wird, daß sie auf der Seite des taßdÊq schlechthin voraussetzungslos sind, so daß ihr „Für-wahr-Halten“ (taßdÊq) aufgrund ihrer selbst geschieht, woraus jedoch keineswegs abgeleitet werden darf, daß ihre Voraussetzungslosigkeit auch auf der Seite des taßawwur gilt. Sollten nun die Dinge aus ihren unmittelbaren Prinzipien erkannt werden, so ist der durch die „wirkliche Definition“ erfaßte vollständige Wesensgehalt eines Dinges (kam§lu ÈaqÊqati à-àay"i) der Ansatz zur Forschung nach den Ursachen für die Seinsweise eines Wesenswas im allgemeinen oder in einem eigenschaftlich so-und-so bestimmten Zustand. Die Definition vermag ja nur die Ursachen der Washeit anzugeben, die sich dann dazu eignen, Mittelbegriff eines 139 Am deutlichsten ist dieser Gedanke in der folgenden Formulierung zum Ausdruck gebracht: „Es hat sich also gezeigt: Weder erweist der Syllogismus eine Definition noch ist die Definition ein Syllogismus noch ist das, worauf sich die beiden [d. h. Definition und Syllogismus] beziehen, ein und dasselbe Ding, denn für das, was das ‘Was-es-ist’ betrifft, gibt es keinen Syllogismus.“ Siehe Kit§b aà-àif§": alManãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) IV 3, 283, Z. 16-17:
ﻓﺈﻧﻪ ﻻ. ﻭﻻ ﺩﻻﻟﺘﻬﻤﺎ ﻋﻠﻰ ﺷﻲﺀ ﻭﺍﺣﺪ ﺑﻌﻴﻨﻪ، ﻭﺍﻟﺤﺪ ﻻ ﻳﻜﻮﻥ ﻗﻴﺎﺳﺎ، ﻓﺒﻴﻦ ﺇﺫﻥ ﺃﻥ ﺍﻟﻘﻴﺎﺱ ﻻ ﻳﺜﺒﺖ ﺣﺪﺍ . ﻗﻴﺎﺱ ﻋﻠﻰ ﻣﺎ ﻳﺪﺧﻞ ﻓﻴﻤﺎ ﻫﻮ Vgl. dazu Aristoteles: Analytica Posteriora II 7, 92b 35-38.
das „seiende als seiendes“
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Beweises zu werden. Die in der Washeit nicht enthaltenen Ursachen kann allein der Beweis offenbaren („S ist P“, wobei es sich hierbei nur um eine per se secundo modo-Prädikation handeln kann). Daher stellt das Urteil (S ist P), so Ibn SÊn§ an einer anderen Stelle, die „Vervollständigung des Begriffes“ dar.140 Begriffsbildung (taßawwur) und Urteilen (taßdÊq) sind nicht aufeinander zurückführbar, denn überall dort, wo Wirk- oder Zweckursachen nicht mit den Prinzipien der Washeit zusammenfallen, sind taßawwur und taßdÊq auf Verschiedenes hingerichtet. Die Zweiheit von Begriff und Urteil ist darum nicht aufhebbar und bildet als solche das Fundament unserer Erkenntnis: „Wenn wir des Zieles dieses Buches, nämlich der Bestimmung der Wege [d. h. der Methoden], die zum gewissen Urteil (at-taßdÊqu l-yaqÊnÊ) und zur wirklichen Begriffsbildung (at-taßawwuru l-ÈaqÊqÊ) führen, eingedenk sind, dann ist der Nutzen dieses Buches offensichtlich, nämlich die Erlangung des gewissen Wissens (al-#ilmu l-yaqÊnÊ) und der wirklichen Begriffe, die für uns nützlich, ja notwendig sind, wenn wir daran gehen, das Werkzeug der Logik anzuwenden und sowohl die theoretischen als auch die praktischen Wissenschaften an ihrem [d. h. der Logik] Maßstab zu messen.“141
„Gewiß“ ist Wissen dann, wenn gezeigt werden kann, daß das Prädikat dem Subjekt des Satzes zukommt und die Verbindung der beiden Termini notwendig ist.142 Dies ist dann der Fall, wenn die 140 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) I 1, S. 53, Z. 11-13:
ﻓﻴﺸﺒﻪ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﺍﻟﺘﺼﺪﻳﻖ ﺑﻮﺟﻪ ﻣﺎ ﻛﺎﻟﺘﻤﺎﻡ ﻟﻠﺘﺼﻮﺭ ؛ ﻭﺗﻜﻮﻥ ﺳﺎﺋﺮ ﺃﺻﻨﺎﻑ ﺍﻟﺘﺼﻮﺭﺍﺕ ﺍﻟﺘﻰ ﻻ ﺗﻨﻔﻊ ﻓﻲ ﺍﻟﺘﺼﺪﻳﻖ . ﻭﺇﻧﻤﺎ ﹸﻳﻄﻠﺐ ﻣﻨﻬﺎ ﻓﻲ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ ﻣﺎ ﻳﻌﻴﻦ ﻓﻲ ﺍﻟﺘﺼﺪﻳﻖ. ﻣﻄﺮﺣﺔ ﻓﻲ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ ﱠﹶ 141 Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) I 1, S. 53, Z. 15-18:
ﻓﻤﻨﻔﻌﺔ ﺍﻟﻜﺘﺎﺏ، ﻭﺇﺫﺍ ﺫﻛﺮﻧﺎ ﻏﺮﺽ ﺍﻟﻜﺘﺎﺏ ﻭﻫﻮ ﺇﻓﺎﺩﺓ ﺍﻟﻄﺮﻕ ﺍﻟﻤﻮﻗﻌﺔ ﻟﻠﺘﺼﺪﻳﻖ ﺍﻟﻴﻘﻴﻨﻰ ﻭﺍﻟﺘﺼﻮﺭ ﺍﻟﺤﻘﻴﻘﻰ ﻇﺎﻫﺮﺓ ؛ ﻭﻫﻮ ﺍﻟﺘﻮﺻﻞ ﺇﻟﻰ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ ﺍﻟﻴﻘﻴﻨﻴﺔ ﻭﺍﻟﺘﺼﻮﺭﺍﺕ ﺍﻟﺤﻘﻴﻘﻴﺔ ﺍﻟﻨﺎﻓﻌﺔ ﻟﻨﺎ ؛ ﺑﻞ ﺍﻟﻀﺮﻭﺭﻳﺔ ﻟﻨﺎ ﺇﺫﺍ ﺷﺮﻋﻨﺎ ﻓﻲ . ﺍﺳﺘﻌﻤﺎﻝ ﻫﺬﻩ ﺍﻵﻟﺔ ﺍﻟﺘﻰ ﻫﻲ ﺍﻟﻤﻨﻄﻖ ؛ ﻭﺃﺧﺬﻧﺎ ﻧﺰﻥ ﺑﻤﻴﺰﺍﻧﻬﺎ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ ﺍﻟﻨﻈﺮ ﹶﻳﺔ ﻭﺍﻟﻌﻤﻠﻴﺔ ﻣﻌﺎ ﹶ 142
Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) I 7, S. 78, Z. 11-12:
ﻓﺎﻟﻌﻠﻢ ﺍﻟﺬﻯ ﻫﻮ ﺑﺎﻟﺤﻘﻴﻘﺔ ﻳﻘﻴﻦ ﻫﻮ ﺍﻟﺬﻯ ﻳﻌﺘﻘﺪ ﻓﻴﻪ ﺃﻥ ﻛﺬﺍ ﻛﺬﺍ ؛ ﻭﻳﻌﺘﻘﺪ ﺃﻧﻪ ﻻ ﻳﻤﻜﻦ ﺃﻻ ﻳﻜﻮﻥ ﻛﺬﺍ ﺍﻋﺘﻘﺎﺩﺍ ﻻ . ﻳﻤﻜﻦ ﺃﻥ ﻳﺰﻭﻝ Vgl. dazu Aristoteles: Analytica Posteriora I 2, 71b 9-16.
die problemstellung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
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Verbindung der beiden Termini „wesentlich“ (d§tÊ) ist. „Wesentlich“ ist aber eine Verbindung nicht nur dann, wenn das Prädikat ein Wesensmerkmal des Subjekts und als solches in dessen Washeit enthalten ist (per se primo modo), sondern auch dann, wenn das Prädikat außerhalb der Washeit des Subjekts liegt, aber das Subjekt oder eines der konstitutiven Merkmale des Subjekts nun selbst in seine Definition aufnimmt (per se secundo modo). Während der erste Fall durch sich selbst evident ist, bedarf es im zweiten eines Beweises. Sollte das Prädikat mit Notwendigkeit dem Subjekt zukommen, so muß der Mittelbegriff als Ermöglichungsgrund dieser Verknüpfung ebenfalls in einem ganz bestimmten Verhältnis zum Subjekt- und Prädikatsbegriff stehen: Die Prämissen müssen notwendig (·arårÊ) im Sinne von unveränderlich (Çayru mumkini t-taÇayyuri), allgemein (kullÊ) und erstlich ("awwalÊ), d. h. „ohne Mittleres“ (Çayru d§ti wasaãin) sein. Ferner müssen die Prämissen des beweisenden Syllogismus, sollte daraus der Inhalt des Schlußsatzes gewußt werden, nicht nur wahr (ߧdiq), sondern für den menschlichen Verstand sowohl „zeitlich“ (fÊ z-zam§ni) als auch der „Konstitution der Erkenntnis nach“ (fÊ l-ma#rifati) „früher“ ("aqdam) und „bekannter“ ("a#raf) sein als der Schlußsatz.143 Wollte man dieses „Frühere“ deduktiv beweisen, so müßte man auf weitere noch „frühere“ Prämissen zurückgreifen. Sollte die Möglichkeit eines Regresses oder eines logischen Zirkels ausgeschlossen werden, so müßten erste, auf keinen weiteren Prämissen basierende, maximal einsichtige Prinzipien angenommen werden. Alle übrigen Prinzipien, die diesen axiomatischen Status nicht haben, sind hypothetisch, ihre Gültigkeit beruht schließlich, sollten sie überhaupt beweisbar sein, auf der Gültigkeit der schlechthin ersten „durch sich selbst bekannten“ Prinzipien.144 Der beweisende Syllogismus und die wirkliche Definition sind, wie schon gezeigt wurde, die höchsten Ziele des wissenschaftlichen 143 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) I 11, S. 106, Z. 3-5:
ﻭﻛﺬﻟﻚ. ﻓﻤﻘﺪﻣﺎﺕ ﺍﻟﺒﺮﻫﺎﻥ ﺃﻗﺪﻡ ﺑﺎﻟﺬﺍﺕ، ﻭﺍﻟﻌﻠﻞ ﺃﻗﺪﻡ ﺑﺎﻟﺬﺍﺕ، ﻭﻟﻤﺎ ﻛﺎﻧﺖ ﻣﻘﺪﻣﺎﺕ ﺍﻟﺒﺮﻫﺎﻥ ﻋﻠﻼ ﻟﻠﻨﺘﻴﺠﺔ ﻭﻳﺠﺐ. ﻫﻲ ﺃﻗﺪﻡ ﻣﻦ ﺍﻟﻨﺘﻴﺠﺔ ﻋﻨﺪﻧﺎ ﻓﻲ ﺍﻟﺰﻣﺎﻥ ﻭﺃﻗﺪﻡ ﻋﻨﺪﻧﺎ ﻓﻲ ﺍﻟﻤﻌﺮﻓﺔ ﻣﻦ ﺟﻬﺔ ﺃﻥ ﺍﻟﻨﺘﻴﺠﺔ ﻻ ﺗﻌﺮﻑ ﺇﻻ ﺑﻬﺎ . ﺃﻥ ﺗﻜﻮﻥ ﺻﺎﺩﻗﺔ ﺣﺘﻰ ﻳﻨﺘﺞ ﺍﻟﺼﺪﻕ
Vgl. dazu Aristoteles: Analytica Posteriora I 2, 72 b 25 ff. 144 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) II 1, S. 118, Z. 19-22:
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das „seiende als seiendes“
Erkennens, welche, wenn sie denn erreicht werden, die vollkommensten Formen der beiden entsprechenden Erkenntnisbereiche Urteil (taßdÊq) und Begriffsbildung (taßawwur) ausmachen. Wissenschaftlich erworbenes Wissen (#ilm) ist demnach das Verfügen über gewisse Urteile und wirkliche Begriffe. Bloße Explikationen der Wortbedeutungen (àarÈu l-ismi), Umschreibungen (rasm, Pl. rusåm), bloße Beweismittel (ÈuÆÆah), die nicht der Apodeiktik (burh§n) genügen, mögen zwar für die Erreichung dieser Ziele nützlich und für den begrenzten menschlichen Verstand sogar notwendig sein, führen jedoch allein nicht zum Wissen. c) Wissenschaftstheorie Der beweisende Syllogismus und damit eine jede auf Erkenntnis des Seienden ausgerichtete theoretische Wissenschaft, weist die folgenden drei Momente auf: Prinzipien (mab§di"), Subjekt (maw·å#) und Thesen (mas§"il).145 Unter „Prinzipien“ sind die unbeweisbaren Prämissen einer jeden Wissenschaft zu verstehen, von denen der Beweis ausgeht. „Subjekt“ meint das, dessen wesentliche Eigenschaften (al-#aw§ri·u d-d§tÊyah) und Modi (al-"aÈw§lu l-mansåbah "ilayhi) in der jeweiligen Wissenschaft untersucht werden.146 „Die Thesen [einer Wissenschaft] sind die Propositionen (qa·Êyah/Pl. qa·§y§), deren Prädikate entweder wesentliche Eigenschaften des Subjektes [der jeweiligen Wissenschaft],
ﹺ ، ﻓﻴﻜﻮﻥ ﻋﻨﺪ ﺍﻟﻨﻬﺎﻳﺔ ﻓﻲ ﺍﻟﺘﺤﻠﻴﻞ، ﻭﺃﻧﻪ ﺑﻌﺪ ﻣﺎ ﹸﻳﻌ ﹶﻠﻢ ﹸﻳﻌ ﹶﻠﻢ ﺑﺬﺍﺗﻪ ﺑﻼ ﻭﺳﻂ. ﻓﺒﻴﻦ ﺇﺫﻥ ﺃﻧﻪ ﻟﻴﺲ ﻛﻞ ﻋﻠﻢ ﺑﺒﺮﻫﺎﻥ ﹾ ﹾ ﹼ ﻓﻼ ﻳﻜﻮﻥ ﺃﻳﻀﺎ ﻣﺎ ﹸﻇ ﱠﻦ ﻣﻦ ﺃﻥ ﻣﻘﺪﻣﺎﺕ. ﻭﻳﻜﻮﻥ ﻫﻮ ﻭﻣﺎ ﻳﺠﺮﻯ ﻣﺠﺮﺍﻩ ﺍﻟﻤﺒﺪﺃ ﺍﻟﺬﻱ ﺗﻨﺘﻬﻰ ﺇﻟﻴﻪ ﻣﻘﺪﻣﺎﺕ ﺍﻟﺒﺮﻫﺎﻥ ﺑﻞ ﺍﻟﺤﻖ ﺃﻥ ﺫﻟﻚ. ﺃﻭ ﺗﻮﻗﻒ ﻓﻲ ﻛﻞ ﺑﺮﻫﺎﻥ ﻋﻨﺪ ﺃﺻﻞ ﻣﻮﺿﻮﻉ ﺑﻼ ﺑﻴﺎﻥ ﺣﻘﺎ، ﺍﻟﺒﺮﻫﺎﻥ ﺇﻣﺎ ﺃﻥ ﺗﻜﻮﻥ ﺑﻼ ﻧﻬﺎﻳﺔ . ﻳﻨﺘﻬﻰ ﺇﻟﻰ ﹺﺑﻴﻦ ﺑﻨﻔﺴﻪ ﺑﻼ ﻭﺍﺳﻄﺔ ﹼ 145
Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) II 6, S. 155, Z. 1-2:
ﻭﺍﻟﻤﺒﺎﺩﺉ ﻫﻲ. ﻧﻘﻮﻝ ﺇﻥ ﻟﻜﻞ ﻭﺍﺣﺪ ﻣﻦ ﺍﻟﺼﻨﺎﻋﺎﺕ – ﻭﺧﺼﻮﺻﺎ ﺍﻟﻨﻈﺮﻳﺔ – ﻣﺒﺎﺩﺉ ﻭﻣﻮﺿﻮﻋﺎﺕ ﻭﻣﺴﺎﺋﻞ .ﺒﺮﻫ ﹸﻦ ﻫﻲ ﻓﻲ ﺗﻠﻚ ﺍﻟﺼﻨﺎﻋﺔ ﺒﺮﻫ ﹸﻦ ﺗﻠﻚ ﺍﻟﺼﻨﺎﻋﺔ ﻭﻻ ﹸﺗ ﹶ ﺍﻟﻤﻘﺪﻣﺎﺕ ﺍﻟﺘﻰ ﻣﻨﻬﺎ ﹸﺗ ﹶ
Vgl. Aristoteles: Analytica Posteriora I 7, 75 a 39 – 75 b 2; ebenso I 10, 76 b 11-16. 146 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) II 6, S. 155, Z. 5-6:
. ﻭﺍﻟﻌﻮﺍﺭﺽ ﺍﻟﺬﺍﺗﻴﺔ ﻟﻬﺎ، ﻭﺍﻟﻤﻮﺿﻮﻋﺎﺕ ﻫﻲ ﺍﻷﺷﻴﺎﺀ ﺍﻟﺘﻰ ﺇﻧﻤﺎ ﺗﺒﺤﺚ ﺍﻟﺼﻨﺎﻋﺔ ﻋﻦ ﺍﻷﺣﻮﺍﻝ ﺍﻟﻤﻨﺴﻮﺑﺔ ﺇﻟﻴﻬﺎ
die problemstellung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
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oder wesentliche Eigenschaften seiner Arten oder des ihm [d. h. dem Subjekt] Zukommenden sind. Sie [d. h. die Thesen] sind zweifelhaft (maàkåkun fÊh§) und werden in der betreffenden Wissenschaft von ihrer Zweifelhaftigkeit befreit.“147 Im Unterschied zum dialektischen Syllogismus (al-qiy§su l-ÆadalÊ), bei dem die drei Elemente, Subjekt, Prinzipien und Thesen, sich durch sachliche Unbestimmtheit auszeichnen, müssen diese im Falle des demonstrativen Syllogismus „bestimmt“ (maÈdåd) sein148: Die Prinzipien unterteilen sich in solche, die nur einer bestimmten Wissenschaft eigentümlich (ɧßß) sind, oder solche, die sich gegenüber entweder einigen Wissenschaften oder „schlechthin“ (#al§ l-"iãl§qi) allen Wissenschaften als gemeinsam (#§mm) erweisen. Beispiel für ein gemeinsames Prinzip ist der Nichtwiderspruchssatz. 149 „Daß es Bewegung gibt“, ist dagegen ein der Physik eigentümliches Prinzip.150 147
Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) II 6, S. 155, Z. 6-7:
ﻭﻫﻰ ﻣﺸﻜﻮﻙ، ﻭﺍﻟﻤﺴﺎﺋﻞ ﻫﻲ ﺍﻟﻘﻀﺎﻳﺎ ﺍﻟﺘﻰ ﻣﺤﻤﻮﻻﺗﻬﺎ ﻋﻮﺍﺭﺽ ﺫﺍﺗﻴﺔ ﻟﻬﺬﺍ ﺍﻟﻤﻮﺿﻮﻉ ﺃﻭ ﻷﻧﻮﺍﻋﻪ ﺃﻭ ﻋﻮﺍﺭﺿﻪ . ﻓﻴﻬﺎ ﻓﻴﺴﺘﺒﺮﺃ ﺣﺎﻟﻬﺎ ﻓﻲ ﺫﻟﻚ ﺍﻟﻌﻠﻢ 148 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) III 1 S. 192, Z. 12-13:
ﻣﺤﺪﻭﺩ ﺍﻟﻤﺴﺄﻟﺔ ﺍﻟﺘﻰ ﻳﺒﻴﻨﻬﺎ ﻭﻳﻨﺼﺮﻫﺎ ﻣﺤﺪﻭﺩ ﺍﻟﻤﺒﺎﺩﻯﺀ ﺍﻟﺘﻰ، ﻭﺃﻣﺎ ﺍﻟﺒﺮﻫﺎﻥ ﻓﺈﻧﻪ ﻣﺤﺪﻭﺩ ﺍﻟﻤﻮﺿﻮﻉ . ﻣﻨﻬﺎ ﺗﺒﻴﻦ
149 Explizit genannt ist der Nichtwiderspruchssatz etwa in Kit§b aà-àif§": alManãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) II 6, S. 156, Z. 16-17 und III 8, S. 252, Z. 16-19. An der zuletzt genannten Stelle reflektiert Ibn SÊn§ über die beiden Bedeutungen von „Prinzip“: Prämissen, wovon eine jede Wissenschaft ausgeht einerseits, und die Subjektgattungen der Einzelwissenschaften, also ihre Definitionen andererseits. Der Nichtwiderspruchssatz ist Prinzip in der ersten Bedeutung. Zum Nichtwiderspruchssatz bei Aristoteles (Metaphysik IV 4, 1005b 19-22) vgl. F. Inciarte: Die Einheit der Aristotelischen Metaphysik, ders.: Aristotles Defence of the Principle of Non-Contradiction, sowie B. Hafemann: Aristoteles Transzendentaler Realismus, S. 97ff. 150 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) II 6, S. 155, Z. 13-17:
... ﺑﻌﻠﻢ ﹺﻋ ﹾﻠﻢ ﻣﺜﻞ ﺍﻋﺘﻘﺎﺩ ﻭﺟﻮﺩ ﺍﻟﺤﺮﻛﺔ ﻟﻠﻌﻠﻢ ﺍﻟﻄﺒﻴﻌﻰ ﺇﻣﺎ ﻣﺒﺎﺩﺉ ﺧﺎﺻﺔ ﹾ: ﺇﻥ ﺍﻟﻤﺒﺎﺩﺉ ﻋﻠﻰ ﻭﺟﻬﻴﻦ: ﻭﻧﻘﻮﻝ ﺇﻣﺎ ﻋﺎﻣﺔ ﻋﻠﻰ ﺍﻹﻃﻼﻕ ﻟﻜﻞ ﻋﻠﻢ ﻛﻘﻮﻟﻨﺎ »ﻛﻞ ﺷﻰﺀ ﺇﻣﺎ ﺃﻥ ﻳﺼﺪﻕ ﻋﻠﻴﻪ: ﻭﺇﻣﺎ ﻣﺒﺎﺩﺉ ﻋﺎﻣﺔ ﻭﻫﻰ ﻋﻠﻰ ﻗﺴﻤﻴﻦ ﻓﻬﺬﺍ: « ﻭﺇﻣﺎ ﻋﺎﻣﺔ ﻟﻌﺪﺓ ﻋﻠﻮﻡ ﻣﺜﻞ ﻗﻮﻟﻨﺎ »ﺍﻷﺷﻴﺎﺀ ﺍﻟﻤﺴﺎﻭﻳﺔ ﻟﺸﻰﺀ ﻭﺍﺣﺪ ﻣﺘﺴﺎﻭﻳﺔ، «ﺍﻹﻳﺠﺎﺏ ﺃﻭ ﺍﻟﺴﻠﺐ . ﻣﺒﺪﺃ ﻳﺸﺘﺮﻙ ﻓﻴﻪ ﻋﻠﻢ ﺍﻟﻬﻨﺪﺳﺔ ﻭﻋﻠﻢ ﺍﻟﺤﺴﺎﺏ ﻭﻋﻠﻢ ﺍﻟﻬﻴﺌﺔ ﻭﻋﻠﻢ ﺍﻟﻠﺤﻮﻥ ﻭﻏﻴﺮ ﺫﻟﻚ Vgl. dazu Aristoteles: Analytica Posteriora I 10, 76 a 37-40.
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das „seiende als seiendes“
Spezifisch ist also dasjenige Prinzip, dessen Subjekt entweder das Subjekt der jeweiligen Disziplin, oder Teil oder wesentliche Eigenschaft dieses Subjekts ist. Das Prädikat des spezifischen Prinzips ist entweder dem Subjekt einer Wissenschaft, oder dessen Gattung eigentümlich.151 Was aber die gemeinsamen Prinzipien angeht, so werden sie in den Wissenschaften entweder der Potenz nach und das bedeutet nur implizit verwendet, wie in der folgenden semantischen Formulierung des Satzes des ausgeschlossenen Mittleren: „Wenn sound-so nicht wahr ist, so ist dessen [kontradiktorisches] Gegenteil – nämlich so-und-so – wahr“, oder sie werden explizit angewandt, und in diesem Falle notwendigerweise „spezifiziert“ (Éußßißat), d. h. sachhaltig weiter bestimmt. Diese weitere Bestimmung kann nun nur das Subjekt des gemeinsamen Prinzips betreffen, sie kann aber auch sowohl für das Prädikat als auch für das Subjekt eines solchen Prinzips gelten. Das letztere ist der Fall, wenn etwa das gemeinsame Prinzip „Alles, was einer Sache gleich ist, ist untereinander gleich“ auf die Geometrie übertragen und damit entsprechend spezifiziert wird: „Alle Maße, die einem Maß gleich sind, sind untereinander gleich.“152 Das Subjekt einer Wissenschaft kann ein Einzelnes sein, wie z. B. die Zahl in der Arithmetik. Es kann jedoch auch vieles sein, dem etwas gemeinsam ist. Dieses Gemeinsame konstituiert dann die 151 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) II 6, S. 156, Z. 3-5:
ﻭﺍﻟﻤﺒﺎﺩﺉ ﺍﻟﺨﺎﺻﺔ ﺍﻟﺘﻰ ﻣﻮﺿﻮﻋﺎﺗﻬﺎ ﻣﻮﺿﻮﻉ ﺍﻟﺼﻨﺎﻋﺔ ﺃﻭ ﺃﻧﻮﺍﻉ ﻣﻮﺿﻮﻋﺎﺗﻬﺎ ﺃﻭ ﺃﺟﺰﺍﺀ ﻣﻮﺿﻮﻋﺎﺗﻬﺎ ﺃﻭ ﻋﻮﺍﺭﺿﻬﺎ ﺍﻟﺨﺎﺻﺔ ﻓﻬﻰ ﺍﻟﻤﺒﺎﺩﺉ ﺍﻟﺨﺎﺻﺔ ﺑﺎﻟﺼﻨﺎﻋﺔ ﻛﺎﻧﺖ ﻣﺤﻤﻮﻻﺗﻬﺎ ﺧﺎﺻﺔ ﺑﺎﻟﻤﻮﺿﻮﻉ ﺃﻭ ﻏﻴﺮ ﺧﺎﺻﺔ ﺑﻪ . ﺑﻞ ﺑﺠﻨﺴﻪ
152 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) II 6, S. 156, Z. 14 – S. 157, Z. 1:
ﻭﺇﺫﺍ ﺍﺳﺘﻌﻤﻠﺖ ﺑﺎﻟﻘﻮﺓ ﻟﻢ ﺗﺴﺘﻌﻤﻞ. ﺇﻣﺎ ﺑﺎﻟﻘﻮﺓ ﻭﺇﻣﺎ ﺑﺎﻟﻔﻌﻞ: ﻭﺍﻟﻤﺒﺎﺩﺉ ﺍﻟﻌﺎﻣﺔ ﺗﺴﺘﻌﻤﻞ ﻓﻲ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ ﻋﻠﻰ ﻭﺟﻬﻴﻦ – ﻋﻠﻰ ﺃﻧﻬﺎ ﻣﻘﺪﻣﺔ ﻭﺟﺰﺀ ﻗﻴﺎﺱ ؛ ﺑﻞ ﺍﺳﺘﻌﻤﻠﺖ ﻗﻮﺗﻬﺎ ﻓﻘﻂ ﻓﻘﻴﻞ ﺇﻥ ﻟﻢ ﻳﻜﻦ ﻛﺬﺍ ﺣﻘﺎ ﻓﻤﻘﺎﺑﻠﻪ – ﻭﻫﻮ ﻛﺬﺍ ﻷﻥ ﻫﺬﺍ ﻣﺸﻬﻮﺭ ﻣﺴﺘﻐﻨﻰ ﻋﻨﻪ ﺇﻻ ﻋﻨﺪ: ﺣﻖ ؛ ﻭﻻ ﻳﻘﺎﻝ ﻷﻥ ﻛﻞ ﺷﻲﺀ ﺇﻣﺎ ﺃﻥ ﻳﺼﺪﻕ ﻋﻠﻴﻪ ﺍﻟﺴﻠﺐ ﺃﻭ ﺍﻹﻳﺠﺎﺏ ﻭﺇﺫﺍ ﺍﺳﺘﻌﻤﻠﺖ ﺑﺎﻟﻔﻌﻞ ﺧﺼﺼﺖ ﺇﻣﺎ ﻓﻲ ﺟﺰﺋﻴﻬﺎ ﻣﻌﺎ ﻛﻘﻮﻟﻨﺎ ﻓﻲ ﺗﺨﺼﻴﺺ ﻫﺬﺍ.ﺗﻨﻜﻴﺐ ﺍﻟﻤﻐﺎﻟﻄﻴﻦ ﻭﺍﻟﻤﻨﺎﻛﺮﻳﻦ ، ﻓﻘﺪ ﺧﺼﺼﻨﺎ ﺍﻟﺸﻲﺀ ﺑﺎﻟﻤﻘﺪﺍﺭ. «ﺍﻟﻤﺒﺪﺃ ﺍﻟﻤﺬﻛﻮﺭ ﻓﻲ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺍﻟﻬﻨﺪﺳﻲ »ﻛﻞ ﻣﻘﺪﺍﺭ ﺇﻣﺎ ﻣﺸﺎﺭﻙ ﺃﻭ ﻣﺒﺎﻳﻦ ﻭﻫﻲ ﻗﻮﻟﻬﺎ: ﻭﺃﻣﺎ ﻓﻲ ﺍﻟﻤﻮﺿﻮﻉ ﻓﻜﻨﻘﻠﻨﺎ ﺍﻟﻤﻘﺪﻣﺔ ﺍﻟﻌﺎﻣﺔ. ﻭﺧﺼﺼﻨﺎ ﺍﻹﻳﺠﺎﺏ ﻭﺍﻟﺴﻠﺐ ﺑﺎﻟﻤﺸﺎﺭﻙ ﻭﺍﻟﻤﺒﺎﻳﻦ . «»ﻛﻞ ﺍﻷﺷﻴﺎﺀ ﺍﻟﻤﺴﺎﻭﻳﺔ ﻟﺸﻲﺀ ﻭﺍﺣﺪ ﻣﺘﺴﺎﻭﻳﺔ« ﺇﻟﻰ ﺃﻥ »ﻛﻞ ﺍﻟﻤﻘﺎﺩﻳﺮ ﺍﻟﻤﺴﺎﻭﻳﺔ ﻟﻤﻘﺪﺍﺭ ﻭﺍﺣﺪ ﻣﺘﺴﺎﻭﻳﺔ
die problemstellung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
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Einheit der vielen verschiedenen Subjekte. Das einheitsstiftende Gemeinsame kann eine Gattung sein, so z. B. das Maß (al-miqd§r) in Bezug auf die Linie, die Fläche und den Körper. Die einzelnen Subjekte können aber auch im Hinblick auf ein gemeinsames Ziel (ǧyah), ein Prinzip (mabda") oder eine Proportion (mun§sabah) übereinkommen. So haben die verschiedenen Gegenstände der Heilkunde ihr Bezogen-Sein auf die Gesundheit gemeinsam.153 Das Subjekt einer Wissenschaft kann ferner auf zwei Weisen betrachtet werden: – schlechthin (#al§ l-"iãl§qi) und das bedeutet allein gemäß seiner „Natur“ (ãabÊ#ah) und ohne die Hinzufügung von weiteren Bestimmungen. Gefragt wird dann nach dessen wesentlichen, ihm schlechthin zukommenden Eigenschaften. So verfährt die arithmetische Wissenschaft, deren Subjekt ja die Zahl als solche ist.154 – nicht schlechthin (l§ #al§ l-"iãl§qi), sondern unter dem Aspekt einer hinzugefügten Bestimmung, so daß dann die ihm unter diesem Aspekt zukommenden Eigenschaften in dieser Wissenschaft untersucht werden.155 Das Subjekt einer jeden Wissenschaft muß sowohl hinsichtlich dessen „daß es ist“ als auch dessen „was es ist“ als bekannt voraus153 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) II 6, S. 157, Z. 5-14:
ﻭﻗﺪ ﻳﻜﻮﻥ ﻏﻴﺮ ﻣﻔﺮﺩ ؛ ﺑﻞ ﺗﻜﻮﻥ ﻓﻲ ﺍﻟﺤﻘﻴﻘﺔ. ﻭﻧﻘﻮﻝ ﺇﻧﻪ ﻗﺪ ﻳﻜﻮﻥ ﻟﻠﻌﻠﻢ ﻣﻮﺿﻮﻉ ﻣﻔﺮﺩ ﻣﺜﻞ ﺍﻟﻌﺪﺩ ﻟﻌﻠﻢ ﺍﻟﺤﺴﺎﺏ ﻓﺈﻧﻬﺎ ﺇﻣﺎ ﺃﻥ ﺗﺸﺘﺮﻙ ﻓﻲ ﺟﻨﺲ ﻫﻮ ﺍﻟﺸﻰﺀ: ﻭﺫﻟﻚ ﻋﻠﻰ ﻭﺟﻮﻩ، ﺗﺘﺄﺣﺪ ﺑﻪ ﻣﻮﺿﻮﻋﺎﺕ ﻛﺜﻴﺮﺓ ﺗﺸﺘﺮﻙ ﻓﻲ ﺷﻰﺀ ﱠ ﺃﻭ ﺗﺸﺘﺮﻙ ﻓﻲ ﻣﻨﺎﺳﺒﺔ ﻣﺘﺼﻠﺔ. ﺍﺷﺘﺮﺍﻙ ﺍﻟﺨﻂ ﻭﺍﻟﺴﻄﺢ ﻭﺍﻟﺠﺴﻢ ﻓﻲ ﺟﻨﺲ ﺗﺘﺤﺪ ﺑﻪ ﻭﻫﻮ ﺍﻟﻤﻘﺪﺍﺭ، ﺍﻟﻤﺘﺤﺪ ﺑﻪ ﺍﺷﺘﺮﺍﻙ ﺍﻟﻨﻘﻄﺔ ﻭﺍﻟﺨﻂ ﻭﺍﻟﺴﻄﺢ ﻭﺍﻟﺠﺴﻢ ؛ ﻓﺈﻥ ﻧﺴﺒﺔ ﺍﻷﻭﻝ ﻣﻨﻬﺎ ﺇﻟﻰ ﺍﻟﺜﺎﻧﻰ ﻛﻨﺴﺒﺔ ﺍﻟﺜﺎﻧﻰ ﺇﻟﻰ ﺍﻟﺜﺎﻟﺚ ﺑﻴﻨﻬﺎ ﹶ ﻭﺇﻣﺎ ﺃﻥ ﺗﺸﺘﺮﻙ ﻓﻲ ﻏﺎﻳﺔ ﻭﺍﺣﺪﺓ ﻛﺎﺷﺘﺮﺍﻙ ﻣﻮﺿﻮﻋﺎﺕ ﻋﻠﻢ ﺍﻟﻄﺐ – ﺃﻋﻨﻲ ﺍﻷﺭﻛﺎﻥ. ﻭﺍﻟﺜﺎﻟﺚ ﺇﻟﻰ ﺍﻟﺮﺍﺑﻊ ﻭﺍﻟﻤﺰﺍﺟﺎﺕ ﻭﺍﻷﺧﻼﻁ ﻭﺍﻷﻋﻀﺎﺀ ﻭﺍﻟﻘﻮﻯ ﻭﺍﻷﻓﻌﺎﻝ – ﺇﻥ ﺃﺧﺬﺕ ﻫﺬﻩ ﻣﻮﺿﻮﻋﺎﺕ ﺍﻟﻄﺐ ﻻ ﺃﺟﺰﺍﺀ ﻣﻮﺿﻮﻉ ﻭﺇﻣﺎ ﺃﻥ. ﻓﺈﻧﻬﺎ ﺗﺸﺘﺮﻙ ﻓﻲ ﻧﺴﺒﺘﻬﺎ ﺇﻟﻰ ﺍﻟﺼﺤﺔ ؛ ﻭﻣﻮﺿﻮﻋﺎﺕ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺍﻟﺨﻠﻘﻰ ﻓﻲ ﻧﺴﺒﺘﻬﺎ ﺇﻟﻰ ﺍﻟﻌﺎﺩﺓ، ﻭﺍﺣﺪ . ﺗﺸﺘﺮﻙ ﻓﻲ ﻣﺒﺪﺃ ﻭﺍﺣﺪ ﻣﺜﻞ ﺍﺷﺘﺮﺍﻙ ﻣﻮﺿﻮﻋﺎﺕ ﻋﻠﻢ ﺍﻟﻜﻼﻡ
154 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) II 6, S. 157, Z. 15-16:
ﻭﺃﻳﻀﺎ ﻓﺈﻥ ﻣﻮﺿﻮﻉ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺇﻣﺎ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﻗﺪ ﺃﺧﺬ ﻋﻠﻰ ﺍﻷﻃﻼﻕ ﻣﻦ ﺟﻬﺔ ﻫﻮﻳﺘﻪ ﻭﻃﺒﻴﻌﺘﻪ ﻏﻴﺮ ﻣﺸﺘﺮﻁ ﻓﻴﻬﺎ ﺯﻳﺎﺩﺓ . ﺛﻢ ﻃﻠﺒﺖ ﻋﻮﺍﺭﺿﻬﺎ ﺍﻟﺬﺍﺗﻴﺔ ﺍﻟﻤﻄﻠﻘﺔ ﻣﺜﻞ ﺍﻟﻌﺪﺩ ﻟﻠﺤﺴﺎﺏ، ﻣﻌﻨﻰ 155
Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) II 6, S. 157, Z. 16-18:
118
das „seiende als seiendes“
gesetzt werden.156 Von den Prinzipien muß ebenfalls das „Daß“ (alhallÊyah) vorausgesetzt werden.157 Sollten sie hypothetisch sein, d. h. auf früheren „durch sich selbst bekannten“ Prinzipien basieren, so werden sie in einer höheren Wissenschaft erwiesen. Die geforderte Voraussetzung des „Daß“ der Prinzipien verbietet die Möglichkeit, diese in der Wissenschaft, deren erste Prinzipien sie sind, zu beweisen. Dies gilt schlechthin, d. h. sowohl für die axiomatischen, die ja ohnehin „durch sich selbst bekannt“ und als solche gänzlich unbeweisbar sind, als auch für die hypothetischen Prinzipien. Sollte also Wissenschaft überhaupt in ihrer Struktur als hierarchisch gegliederte Pluralität der einzelnen Wissenschaften möglich sein, so muß sie abschließbar sein. Dieser Möglichkeitsbedingung Rechnung tragend, müssen die meisten Prinzipien der höchsten Wissenschaft als „durch sich selbst bekannte“ (bayyinah bi-nafsih§) angenommen werden.158 An einer anderen Stelle macht Ibn SÊn§ deutlich, daß es das Subjekt einer jeden Wissenschaft ist, das ihre Einheit und Abgegrenztheit konstituiert. Die Verschiedenheit einer Wissenschaft von einer anderen basiert in der Verschiedenheit der jeweiligen Subjekte.159 Ibn SÊn§ nennt hierzu drei Arten:
ﻭﻟﻜﻦ ﻣﻦ ﺟﻬﺔ ﺍﺷﺘﺮﺍﻁ ﺯﻳﺎﺩﺓ ﻣﻌﻨﻰ ﻋﻠﻰ ﻃﺒﻴﻌﺘﻪ ﻣﻦ ﻏﻴﺮ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ،ﻭﺇﻣﺎ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﻗﺪ ﺃﺧﺬ ﻻ ﻋﻠﻰ ﺍﻷﻃﻼﻕ . ﺛﻢ ﻃﻠﺒﺖ ﻋﻮﺍﺭﺿﻪ ﺍﻟﺬﺍﺗﻴﺔ ﺍﻟﺘﻲ ﺗﻠﺤﻘﻪ ﻣﻦ ﺗﻠﻚ ﺍﻟﺠﻬﺔ،ﻓﺼﻼ ﻳﻨﻮﹺﹼﻋﻪ 156
Z. 7:
Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) II 10, S. 184,
. ﻭﺃﻣﺎ ﻣﻮﺿﻮﻉ ﺍﻟﺼﻨﺎﻋﺔ ﻓﻘﺪ ﻳﺠﺐ ﺃﻥ ﻳﺼﺪﻕ ﺑﻪ ﻭﺃﻥ ﻳﺘﺼﻮﺭ ﺟﻤﻴﻌﺎ
157
Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) II 10, S. 185, Z. 7-8:
ﺣﺘﻰ ﻳﻤﻜﻦ ﺃﻥ ﻳﻌﻠﻢ ﺑﻬﺎ ﻫﻠﻴﺔ ﺷﻰﺀ، ﻭﺃﻣﺎ ﺍﻟﻤﺒﺎﺩﺉ ﻓﻴﺠﺐ ﺃﻥ ﺗﻜﻮﻥ ﻗﺪ ﻋﻠﻤﺖ ﻣﻦ ﻃﺮﻳﻖ ﺍﻟﻬﻠﻴﺔ ﻭﻫﻮ ﺍﻟﺘﺼﺪﻳﻖ . ﺃﻭ ﺗﺼﺪﻳﻘﺎ ﻭﺿﻌﻴﺎ، ﺇﻣﺎ ﺗﺼﺪﻳﻘﺎ ﺣﻘﻴﻘﻴﺎ، ﺁﺧﺮ
158 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) II 10, S. 184, Z. 3-7:
ﻭﻛﻼﻫﻤﺎ ﻣﻦ ﺍﻟﻤﺴﺘﺤﻴﻞ ﺃﻥ ﻳﺒﻴﻨﺎ ﻓﻲ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ. ﻭﺑﻌﻀﻬﺎ ﻣﺤﺘﺎﺟﺔ ﺇﻟﻰ ﺑﻴﺎﻥ، ﻓﺒﻌﺾ ﻣﺒﺎﺩﺉ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ ﺑﻴﻨﺔ ﺑﺄﻧﻔﺴﻬﺎ ﱠ ﻭﺃﻣﺎ ﻣﺎ ﻟﻴﺲ. ﻓﻼ ﻳﻤﻜﻦ ﺑﻴﺎﻧﻬﺎ ﻓﻲ ﺫﻟﻚ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﻭﻻ ﻓﻲ ﻋﻠﻢ ﺁﺧﺮ، ﺃﻣﺎ ﺍﻟﺒﻴﻨﺎﺕ ﺑﺄﻧﻔﺴﻬﺎ. ﺍﻟﺘﻰ ﻫﻲ ﻟﻬﺎ ﻣﺒﺎﺩﺉ ﺃﻭﻝ ﻭﻣﺒﺎﺩﺉ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺍﻷﻋﻢ ﺍﻟﺬﻯ ﺳﺎﺋﺮ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ. ﻭﺧﺼﻮﺻﺎ ﻓﻲ ﻋﻠﻢ ﺃﻋﻠﻰ، ﺑﻴﻨﺎ ﺑﻨﻔﺴﻪ ﻓﺈﻧﻤﺎ ﻳﻤﻜﻦ ﺑﻴﺎﻧﻪ ﻓﻲ ﻋﻠﻢ ﺁﺧﺮ . ﺗﺤﺘﻪ ﺟﻠﻬﺎ ﺑﻴﻨﺔ ﺑﻨﻔﺴﻬﺎ 159
Z. 3:
Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) II 7, S. 162,
die problemstellung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
119
I. Die Subjekte sind entweder „schlechthin“ verschieden, zwischen ihnen gibt es keine Überschneidung (mud§Éalah), solcherart ist der Unterschied zwischen den Subjekten der Arithmetik und der Geometrie: „Nichts von dem Subjekt dieser [Wissenschaft] ist in dem Subjekt jener [enthalten].“160 II. Oder es liegt eine „Überschneidung“ (mud§Éalah) vor: 1) Das eine Subjekt ist „gemeinsamer“ ("a#amm), das andere „spezifischer“ ("aÉaßß). Sie verhalten sich zueinander wie Gattung (Æins) und Art (naw#) bzw. artspezifische Eigentümlichkeiten (al-"a#r§·u l-ɧßßatu bi-n-naw#i).161 Unterschieden werden muß jedoch die Art dieser Gemeinsamkeit (#umåm): a) Der je gemeinsamere Begriff hat gegenüber dem spezifischen die Gemeinsamkeit der Gattung gegenüber der Art; solcherart ist z. B. das Verhältnis zwischen den „dreidimensionalen geometrischen Körpern“ (muÆassam§t) und den „Konussen“ (maÉråã§t).162 b) Die Gemeinsamkeit des gemeinsameren Begriffes gegenüber dem spezifischen ist die Gemeinsamkeit der „untrennbar folgenden Bestimmungen“ (al-law§zim)163. Dies
. ﻧﻘﻮﻝ ﺇﻥ ﺍﺧﺘﻼﻑ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ ﺍﻟﺤﻘﻴﻘﻴﺔ ﻫﻮ ﺑﺴﺒﺐ ﻣﻮﺿﻮﻋﺎﺗﻬﺎ 160
Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) II 7, S. 162, Z. 5-6:
ﺇﻥ ﺍﺧﺘﻼﻑ ﻣﻮﺿﻮﻋﺎﺕ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ ﺇﻣﺎ ﻋﻠﻰ ﺍﻹﻃﻼﻕ ﻣﻦ ﻏﻴﺮ ﻣﺪﺍﺧﻠﺔ – ﻣﺜﻞ ﺍﺧﺘﻼﻑ ﻣﻮﺿﻮﻋﻰ ﺍﻟﺤﺴﺎﺏ . ﻓﻠﻴﺲ ﺷﻰﺀ ﻣﻦ ﻣﻮﺿﻮﻉ ﻫﺬﺍ ﻓﻲ ﻣﻮﺿﻮﻉ ﺫﻟﻚ، ﻭﺍﻟﻬﻨﺪﺳﺔ 161
Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) II 7, S. 162, Z. 6-8:
ﻣﺜﻞ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ. ( – ﻭﺇﻣﺎ ﻣﻊ ﻣﺪﺍﺧﻠﺔ... ) ﺇﻥ ﺍﺧﺘﻼﻑ ﻣﻮﺿﻮﻋﺎﺕ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ ﺇﻣﺎ ﻋﻠﻰ ﺍﻹﻃﻼﻕ ﻣﻦ ﻏﻴﺮ ﻣﺪﺍﺧﻠﺔ ، ﺇﻣﺎ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﺃﺣﺪ ﺍﻟﻤﻮﺿﻮﻋﻴﻦ ﺃﻋﻢ ﻛﺎﻟﺠﻨﺲ: ﻭﻫﺬﺍ ﻋﻠﻰ ﻭﺟﻬﻴﻦ. ﺃﺣﺪﻫﻤﺎ ﻳﺸﺎﺭﻙ ﺍﻵﺧﺮ ﻓﻲ ﺷﻰﺀ . ﻭﺍﻵﺧﺮ ﺃﺧﺺ ﻛﺎﻟﻨﻮﻉ ﺃﻭ ﺍﻷﻋﺮﺍﺽ ﺍﻟﺨﺎﺻﺔ ﺑﺎﻟﻨﻮﻉ
162 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) II 7, S. 162, Z. 13-14:
) ﻭﺃﻣﺎ ﺍﻟﻘﺴﻢ ﺍﻷﻭﻝ ﻣﻦ ﻫﺬﻳﻦ ﺍﻟﻘﺴﻤﻴﻦ ﻓﺈﻣﺎ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﺍﻟﻌﺎﻡ ﻓﻴﻪ ﻋﻤﻮﻣﻪ ﻟﻠﺨﺎﺹ ﻋﻤﻮﻡ ﺍﻟﺠﻨﺲ ( ﻭﺃﻣﺎ ﺍﻟﺬﻯ ...ﻋﻤﻮﻣﻪ ﻓﻴﻪ ﻋﻤﻮﻡ ﺍﻟﺠﻨﺲ ﻟﻠﻨﻮﻉ ﻓﻬﻮ ﻛﺎﻟﻨﻈﺮ ﻓﻲ ﺍﻟﻤﺨﺮﻭﻃﺎﺕ ﻋﻠﻰ ﺃﻧﻬﺎ ﻣﻦ ﺍﻟﻤﺠﺴﻤﺎﺕ
Zum Begriff l§zim (Pl. law§zim) bzw. al-"a#r§· al-l§zimah vgl. Dritter Teil, Kapitel II, 2. und Kapitel III. 163
120
das „seiende als seiendes“
ist die Gemeinsamkeit des „Einen“ (al-w§Èid) und des „Seienden“ (al-mawÆåd).164 2) Die zwei verschiedenen Subjekte enthalten ein gemeinsames (àay"un muàtarak) und ein differentes Moment (àay"un mutab§yin). Solcherart ist das Verhältnis zwischen der Heilkunde und der Ethik. Sie betrachten je verschiedene, voneinander abgegrenzte Gegenstandsbereiche: die vernunftbegabte Seele und ihre praktischen Vermögen einerseits und den menschlichen Körper und seine Teile andererseits, überschneiden sich jedoch in einem gemeinsamen Moment, nämlich in dem Vermögen der menschlichen Seele insofern der Mensch Lebewesen ist.165 III. Das Subjekt zweier verschiedener Wissenschaften ist zwar als solches eines und dasselbe, die Betrachtungsweise (Æihah) der beiden Wissenschaften ist jedoch je verschieden bestimmt. So kann z. B. der Mensch „schlechthin“ (#al§ l-"iãl§qi) nur von einem Teil der naturkundlichen Wissenschaft betrachtet werden, nicht jedoch von der der Physik untergeordneten Heilkunde. Diese hat den Menschen zum Gegenstand, nur insofern dieser gesund und krank sein kann.166 164 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) II 7, S. 162, Z. 12-13:
ﻭﺃﻣﺎ ﺍﻟﻘﺴﻢ ﺍﻷﻭﻝ ﻣﻦ ﻫﺬﻳﻦ ﺍﻟﻘﺴﻤﻴﻦ ﻓﺈﻣﺎ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﺍﻟﻌﺎﻡ ﻓﻴﻪ ﻋﻤﻮﻣﻪ ﻟﻠﺨﺎﺹ ﻋﻤﻮﻡ ﺍﻟﺠﻨﺲ ﺃﻭ ﻋﻤﻮﻡ ﺍﻟﻠﻮﺍﺯﻡ ﻣﺜﻞ . ﺍﻟﻮﺍﺣﺪ ﻭﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ
165 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) II 7, S. 162, Z. 8-11:
ﻓﺈﻧﻬﻤﺎ ﻳﺸﺘﺮﻛﺎﻥ: ﻭﺇﻣﺎ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﻓﻲ ﺍﻟﻤﻮﺿﻮﻋﻴﻦ ﺷﻲﺀ ﻣﺸﺘﺮﻙ ﻭﺷﻲﺀ ﻣﺘﺎﺑﻴﻦ ﻣﺜﻞ ﻋﻠﻢ ﺍﻟﻄﺐ ﻭﻋﻠﻢ ﺍﻷﺧﻼﻕ ، ﺛﻢ ﻳﺨﺘﺺ ﺍﻟﻄﺐ ﺑﺎﻟﻨﻈﺮ ﻓﻲ ﺟﺴﺪ ﺍﻹﻧﺴﺎﻥ ﻭﺃﻋﻀﺎﺋﻪ، ﻓﻲ ﻗﻮﻯ ﻧﻔﺲ ﺍﻷﻧﺴﺎﻥ ﻣﻦ ﺟﻬﺔ ﻣﺎ ﺍﻹﻧﺴﺎﻥ ﺣﻴﻮﺍﻥ . ﻭﻳﺨﺘﺺ ﻋﻠﻢ ﺍﻷﺧﻼﻕ ﺑﺎﻟﻨﻈﺮ ﻓﻲ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﺍﻟﻨﺎﻃﻘﺔ ﻭﻗﻮﺍﻫﺎ ﺍﻟﻌﻤﻠﻴﺔ
166 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) II 7, S. 166, Z. 16-20:
ﻓﺈﻧﻪ ﺇﻣﺎ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﺃﺣﺪ ﺍﻟﻌﻠﻤﻴﻦ ﻳﻨﻈﺮ: ﻭﺍﻋﻠﻢ ﺃﻥ ﺍﺧﺘﻼﻑ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ ﺍﻟﻤﺘﻔﻘﺔ ﻓﻲ ﻣﻮﺿﻮﻉ ﻭﺍﺣﺪ ﻳﻜﻮﻥ ﻋﻠﻰ ﻭﺟﻬﻴﻦ »ﺍﻹﻧﺴﺎﻥ« ﻗﺪ ﻳﻨﻈﺮ ﻓﻴﻪ ﺟﺰﺀ ﻣﻦ: ﻓﻲ ﺍﻟﻤﻮﺿﻮﻉ ﻋﻠﻰ ﺍﻹﻃﻼﻕ ﻭﺍﻵﺧﺮ ﻓﻲ ﺍﻟﻤﻮﺿﻮﻉ ﻣﻦ ﺟﻬﺔ ﻣﺎ ﻣﺜﻞ ﻣﺎ ﺃﻥ ، ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺍﻟﻄﺒﻴﻌﻰ ﻋﻠﻰ ﺍﻹﻃﻼﻕ ﻭﻗﺪ ﻳﻨﻈﺮ ﻓﻴﻪ ﺍﻟﻄﺐ – ﻭﻫﻮ ﻋﻠﻢ ﺗﺤﺖ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺍﻟﻄﺒﻴﻌﻰ ﻭﻟﻜﻦ ﻻ ﻋﻠﻰ ﺍﻹﻃﻼﻕ ﻭﺇﻣﺎ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﻛﻞ ﻭﺍﺣﺪ ﻣﻦ ﺍﻟﻌﻠﻤﻴﻦ ﻳﻨﻈﺮ ﻓﻴﻪ ﻣﻦ ﺟﻬﺔ ﺩﻭﻥ ﺍﻟﺠﻬﺔ. ﺑﻞ ﺇﻧﻤﺎ ﻳﻨﻈﺮ ﻓﻴﻪ ﻣﻦ ﺟﻬﺔ ﺃﻧﻪ ﻳﺼﺢ ﻭﻳﻤﺮﺽ . ﺍﻟﺘﻰ ﻳﻨﻈﺮ ﺍﻵﺧﺮ ﻓﻴﻬﺎ
die problemstellung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
121
Hinsichtlich der Gemeinsamkeit zwischen den Wissenschaften zeigt sich in aller Deutlichkeit erneut die „erstliche“ und „grundsätzliche“ Bedeutung des Subjekts. Denn eine in der Gemeinsamkeit der Prinzipien oder der Thesen gründende Gemeinsamkeit zweier Wissenschaften basiert schließlich notwendigerweise auf der Gemeinsamkeit der jeweiligen Subjekte.167 Der unter II, 1, (a) aufgelisteten Art der Gemeinsamkeit des je gemeinsameren Begriffes widmet Ibn SÊn§ nun eine gesonderte Erörterung. Dies ist die Stelle, auf die Ibn SÊn§, wie bereits erwähnt, in der Metaphysik168 Bezug nimmt: „Was dasjenige betrifft, dessen Gemeinsamkeit die Gemeinsamkeit des ‘Einen’ und des ‘Seienden’ ist, so darf die Wissenschaft von denjenigen Dingen, die unter diesem [d. h. unter dem Gemeinsamen, nämlich dem ‘Einen’ und dem ‘Seienden’] sind, nicht Teil der Wissenschaft von diesem [d. h. vom Gemeinsamen] sein. Da sie ihm in keinem der beiden Modi des Wesenseigenen (ad-d§tÊ, gr. καθ᾽ αὑτό bzw. lat. per se primo modo und per se secundo modo) wesenseigen sind. Denn weder wird das Gemeinsame in die Definition des Spezifischen aufgenommen, noch umgekehrt.169 Darum dürfen die partikularen Wissenschaften nicht Teile von ihr [d. h. von der Wissenschaft vom Gemeinsamen] sein. Weil das ‘Seiende’ und das ‘Eine’ allen Subjekten gemeinsam sind, müssen alle anderen Wissenschaften unter der diese beiden [nämlich das ‘Seiende’ und das ‘Eine’] betrachtenden Wissenschaft sein. Und weil [ferner] kein Subjekt gemeinsamer als diese beiden ist, darf die diese beiden betrachtende Wissenschaft nicht einer anderen Wissenschaft untergeordnet sein. Dasjenige, welches nicht nur Prinzip für das Sein einiger Seiender, sondern Prinzip des gesamten verursachten Seienden ist, darf [aus eben diesem Grunde, nämlich da 167
Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) II 7, S. 167, Z. 11 – S. 168, Z. 18. 168 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 1, S. 5, Z. 1-3, (=Liber de philosophia prima I 1, S. 3, Z. 35-37; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 2, Z. 34-37). Vgl. dazu den Anfang des vorliegenden Kapitels. 169 Dieser Satz scheint auf den ersten Blick unklar. Er lautet wörtlich:
. ﻓﻼ ﺍﻟﻌﺎﻡ ﻳﺆﺧﺬ ﺣﺪﺍ ﻟﻠﺨﺎﺹ ﻭﻻ ﺑﺎﻟﻌﻜﺲ
„Weder nimmt man das Gemeinsame als Definition des Spezifischen, noch umgekehrt“. Was bedeutet aber hier „Definition“? Zieht man in Betracht, daß zwischen dem Definiendum und der Definition ein Äquivalenzverhältnis bestehen soll, so kann hier mit Definition nur ein Teil derselben gemeint sein. Der eindeutige Kontext spricht ebenfalls dafür. Es geht um das „an-sich“ Ausgesagte (ad-d§tÊ; καθ᾽ αὑτό, per se), welches entweder definitorischer Wesensbestandteil des Subjektsbegriffes ist oder das Subjekt in seine eigene Definition aufnimmt.
das „seiende als seiendes“
122
es Prinzip des gesamten verursachten Seienden ist] in keiner der partikularen Wissenschaften betrachtet werden. Und es darf ferner selbst nicht Subjekt einer partikularen Wissenschaft sein, denn es [d. h. das Prinzip des gesamten verursachten Seienden] ist notwendig auf jegliches Seiende bezogen. Noch ist es [d. h. das Prinzip des gesamten verursachen Seienden] das Subjekt der gemeinsamen und allgemeinen Wissenschaft, denn es ist kein Allgemeines und kein Gemeinsames. Deshalb muß die Wissenschaft von ihm [d. h. von diesem Prinzip] Teil dieser [gemeinsamen und allgemeinen] Wissenschaft sein.“170
Die Begriffe, die diesen Gemeinsamkeitsmodus aufweisen, so wird an dieser Stelle deutlich, stehen zu den Subjekten der partikularen Wissenschaften nicht in einem wesentlichen (ar. d§tÊ, gr. καθ᾽ αὑτό, lat. per se) Verhältnis. Das bedeutet aber, gemäß der bereits vorgestellten allgemeinen Struktur der Wissenschaft, daß die Subjekte aller anderen Wissenschaften als solche, d. h. gemäß ihres inhaltlich je bestimmten So-Seins, der Wissenschaft von diesem Gemeinsamen wesensfremd sind. Die Washeit der Subjekte der partikularen Wissenschaften wird nicht durch das „Eines-“ oder „Seiend-Sein“ konstituiert, denn diese sind jenes Gemeinsame, das kein definitorischer Bestandteil des Spezifischen ist. Das ist der Unterschied zu einem Gattungsgemeinsamen. Der zweite Fall eines „An-sich“-Verhältnisses (per se secundo modo) zweier Termini trifft auf das so geartete Gemeinsame ebenfalls nicht zu. Wie aber ist dies zu verstehen? Ein solcher Fall ist ja gegeben, wenn die einem Subjekt wesentlich und erstlich zukommenden Eigenschaften dieses Subjekt in ihre Definitionen notwendig aufnehmen. Solcherart ist das Verhältnis z. B. zwischen den 170
Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) II 7, S. 165, Z. 3-10:
: ﻭﺃﻣﺎ ﺍﻟﺬﻯ ﻋﻤﻮﻣﻪ ﻋﻤﻮﻡ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﻭﺍﻟﻮﺍﺣﺪ ﻓﻼ ﻳﺠﻮﺯ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺑﺎﻷﺷﻴﺎﺀ ﺍﻟﺘﻰ ﺗﺤﺘﻪ ﺣﺰﺀﺍ ﻣﻦ ﻋﻠﻤﻪ ﻓﻼ ﺍﻟﻌﺎﻡ ﻳﺆﺧﺬ ﺣﺪﺍ ﻟﻠﺨﺎﺹ ﻭﻻ ﺑﺎﻟﻌﻜﺲ ؛ ﺑﻞ ﻳﺠﺐ ﺃﻥ ﺗﻜﻮﻥ. ﻷﻧﻬﺎ ﻟﻴﺴﺖ ﺫﺍﺗﻴﺔ ﻟﻪ ﻋﻠﻰ ﺃﺣﺪ ﻭﺟﻬﻰ ﺍﻟﺬﺍﺗﻰ ﻓﻴﺠﺐ ﺃﻥ ﺗﻜﻮﻥ، ﻭﻷﻥ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﻭﺍﻟﻮﺍﺣﺪ ﻋﺎﻣﺎﻥ ﻟﺠﻤﻴﻊ ﺍﻟﻤﻮﺿﻮﻋﺎﺕ. ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ ﺍﻟﺠﺰﺋﻴﺔ ﻟﻴﺴﺖ ﺃﺟﺰﺍﺀ ﻣﻨﻪ ﻭﻷﻧﻪ ﻻ ﻣﻮﺿﻮﻉ ﺃﻋﻢ ﻣﻨﻬﻤﺎ ﻓﻼ ﻳﺠﻮﺯ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺍﻟﻨﺎﻇﺮ ﻓﻴﻬﻤﺎ ﺗﺤﺖ.ﺳﺎﺋﺮ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ ﺗﺤﺖ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺍﻟﻨﺎﻇﺮ ﻓﻴﻬﻤﺎ ، ﺑﻞ ﻫﻮ ﻣﺒﺪﺃ ﻟﺠﻤﻴﻊ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﺍﻟﻤﻌﻠﻮﻝ، ﻭﻷﻥ ﻣﺎ ﻟﻴﺲ ﻣﺒﺪﺃ ﻟﻮﺟﻮﺩ ﺑﻌﺾ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩﺍﺕ ﺩﻭﻥ ﺑﻌﺾ. ﻋﻠﻢ ﺁﺧﺮ ، ﻭﻻ ﻳﺠﻮﺯ ﺃ ﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﺑﻨﻔﺴﻪ ﻣﻮﺿﻮﻋﺎ ﻟﻌﻠﻢ ﺟﺰﺋﻰ، ﻓﻼ ﻳﺠﻮﺯ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﺍﻟﻨﻈﺮ ﻓﻴﻪ ﻓﻲ ﻋﻠﻢ ﻣﻦ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ ﺍﻟﺠﺰﺋﻴﺔ ﻓﻴﺠﺐ ﺃﻥ. ﻷﻧﻪ ﻟﻴﺲ ﺃﻣﺮﺍ ﻛﻠﻴﺎ ﻋﺎﻣﺎ، ﻻ ﻫﻮ ﻣﻮﺿﻮﻉ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺍﻟﻜﻠﻰ ﺍﻟﻌﺎﻡ. ﻷﻧﻪ ﻳﻘﺘﻀﻰ ﻧﺴﺒﺔ ﺇﻟﻰ ﻛﻞ ﻣﻮﺟﻮﺩ . ﻳﻜﻮﻥ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺑﻪ ﺟﺰﺀﺍ ﻣﻦ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻌﻠﻢ
die problemstellung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
123
Eigenschaften der „Geradheit“ sowie der „Gekrümmtheit“ und dem Subjekt, dem sie unmittelbar zukommen, nämlich der „Linie“. Diese Eigenschaften können zwar einen größeren Umfang als der Subjektsbegriff haben, kommen ihm jedoch erstlich und „an sich“ (d§tÊ) zu, d. h. sie kommen ihm nicht erst dadurch zu, daß sie einem anderen zukommen. Ein Gemeinsames wie das „Eine“ und das „Seiende“ steht nun, wie Ibn SÊn§ betont, in keinem solchen Verhältnis zu den Subjekten der anderen Wissenschaften. Sollten das „Seiende“ und das „Eine“ definierbar sein, so würden also weder die „Zahl“, noch das „Maß“, noch der „sich bewegende Körper“ usw. in ihren Definitionen enthalten sein. „Seiend-“ oder „Einessein“ kommt also keinem dieser Subjekte „an sich“ und erstlich zu. Auch wenn keine der beiden Arten eines „An-sich“-Verhältnisses auf diese Bestimmungen zutrifft, so dürfen sie, und dies wäre die drohende Konsequenz, weder als Akzidenzien im kategorialen Sinne, noch als von ihrem Subjekt Abtrennbares, selbständig Bestehendes begriffen werden. Für die Begriffsinhalte „Seiend“ und „Eines“ verwendet Ibn SÊn§ im allgemeinen, d. h. bei der Bestimmung ihres Verhältnisses zu den Washeiten als solchen, und so auch an dieser Stelle, den Ausdruck „law§zim“ (Pl. von l§zim)171, der als „Attribute“ oder „untrennbar folgende Bestimmungen“ wiedergegeben werden kann. Die für das Thema dieser Arbeit somit zentrale Frage danach, was es bedeutet, daß z. B. der Zahl als solcher oder dem sich bewegenden Körper als solchem die Bestimmungen Eines und Seiendes „untrennbar folgen“, ist komplex und vielschichtig, sie muß daher an dieser Stelle noch unbeantwortet bleiben. Die zweite wichtige Feststellung, die der zitierten Stelle zu entnehmen ist, ist die folgende: Die Gemeinsamkeit des „Einen“ und des „Seienden“ erstreckt sich auf alle Subjekte der übrigen Wissenschaften. Diese beiden Bestimmungen sind ferner die gemeinsamsten schlechthin, weil es keine weiteren noch früheren und noch gemeinsameren über diesen gibt. Die Wissenschaft von dem gemeinsamsten Subjekt kann aber dann keine andere Wissenschaft über sich haben. Sie ist somit die höchste aller Wissenschaften. Ferner geht aus der oben angeführten Stelle hervor, daß alles verursachte Seiende, eben in diesem einen Prinzip übereinkommt. Das Prinzip übersteigt daher die Bestimmtheit der Subjekte aller 171
Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) II 7, S. 162, Z. 12-13.
124
das „seiende als seiendes“
partikularen Wissenschaften, und kann also selbst nicht Subjekt einer solchen Wissenschaft sein. Dieses Prinzip ist andererseits weder etwas Allgemeines (kullÊ), d. h. von vielen Aussagbares – es ist also seine numerische Einheit, die Ibn SÊn§ hierbei im Sinn hat – noch ist es all dem, dessen Sein es prinzipiiert, gemeinsam (#§mm). Das Letztere ist offensichtlich schlechthin gemeint. Gott wird also nicht bloß eine bestimmte Art von Gemeinsamkeit gegenüber allen anderen Seienden abgesprochen. Der Versuch, dieses Prinzip als Subjekt der höchsten Wissenschaft zu bestimmen, muß daher ebenfalls scheitern. Ibn SÊn§ entscheidet sich an dieser Stelle eindeutig dafür, die Wissenschaft von Gott als „Teil“ der höchsten und allgemeinen Wissenschaft zu fassen.
die problemlösung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
125
III. DIE PROBLEMLÖSUNG IN AL-"IL$H^Y$T (METAPHYSIK) DES KIT$B A’-’IF$" An die oben vorgestellte Problemstellung anknüpfend, widerlegt Ibn SÊn§ zunächst die Ansichten: 1) Daß das Subjekt-Sein der Metaphysik Gott zugesprochen werden muß; 2) Daß als Subjekt der höchsten Wissenschaft die „letzten Ursachen“ zu setzen sind. Im Anschluß daran wird die Lösung mit Hilfe der Kriterien der Wissenschaftstheorie in einem mehrschrittigen Ausschlußverfahren gewonnen. 1. Das erste ausgezeichnete Seiende (Gott) gehört zu dem Gesuchten (maãlåb) in der Metaphysik Gott172 vermag das Subjekt dieser Wissenschaft nicht zu sein, so Ibn SÊn§ in al-"Il§hÊy§t (Metaphysik) I 1, da dessen Existenz (S ist) nicht 172 Der Text verzeichnet an dieser Stelle den Ausdruck "innÊyatu ll§hi, dessen Bedeutung (das Sein Gottes) synonym auch mit dem drei Zeilen später verwendeten wuÆådu ll§hi bezeichnet werden kann. Vgl. dazu die in Anm. 174 (Zweiter Teil) zitierte Stelle: Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 1, S. 5, Z. 16-19 – S. 6, Z. 1, (=Liber de philosophia prima I 1, S. 4, Z. 58-64; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 3, Z. 20-27). Ibn SÊn§ gebraucht den Terminus „"innÊyah“ sowohl in der Bedeutung von „Daß-Sein“ einer Sache – vgl. z. B. al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) IV 5, S. 301, Z. 1-3:
ﻭﻳﺘﻢ ﻣﻦ. ﺑﻞ ﻻﺯﻡ ﺃﻥ ﻧﻘﻮﻝ ﺍﻟﺤﻖ ﻭﻧﻌﻠﻢ ﺃﻥ ﺣﺪ ﺍﻟﺸﻲﺀ ﻣﻦ ﺟﻬﺔ ﻣﺎﻫﻴﺘﻪ ﻳﺘﻢ ﺑﺄﺟﺰﺍﺀ ﻗﻮﺍﻣﻪ ﻭﻣﺎ ﻟﻴﺲ ﺧﺎﺭﺟﺎ ﻣﻨﻪ . ﺟﻬﺔ ﺇﻧﻴﺘﻪ ﺑﺴﺎﺋﺮ ﺍﻟﻌﻠﻞ ﺣﺘﻰ ﹸﻳ ﹶﺘ ﹶﺼﻮﺭ ﻣﺎﻫﻴﺘﻪ ﻛﻤﺎ ﻫﻮ ﻣﻮﺟﻮﺩ ﱠ
– als auch in der Bedeutung der Proprietät einer Sache, wodurch sie von all dem, mit dem sie wesentliche gemeinsame Momente teilt, unterschieden wird (vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: I. al-MadÉal (Isagoge) I 7, insbesondere S. 39, Z. 7ff.). „Gottes Sein“ kann aber nur Eines meinen, da dieses besondere Seiende nach Ibn SÊn§ als ein einfaches, d. h. nichtzusammengesetztes gedacht werden muß, so daß das „WasSein“ Gottes (m§hÊyatu ll§hi) nichts anderes als dessen „Daß-Sein“ sein kann. Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t VIII 4, S. 347, Z. 10-16, (=Liber de philosophia prima VIII 4, S. 402, Z. 48-60; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 276, Z. 31 – S. 277, Z. 8). Vgl. dazu Dritter Teil, Kapitel IV. Zum mehrdeutigen Begriff "innÊyah – neben dieser, von den Herausgebern von al-"Il§hÊy§t verwendeten Lesart ist auch "annÊyah gebräuchlich – und seinen Entsprechungen in der aristoteli-
126
das „seiende als seiendes“
als bekannt vorausgesetzt werden kann. Dies wird aber, wie bereits gesehen173, vom Subjekt einer jeden Wissenschaft gefordert.174 Dazu trägt Ibn SÊn§ die folgende Argumentation vor: „Die Existenz Gottes des Erhabenen darf in dieser Wissenschaft [d. h. in der Metaphysik] nicht als bekannt vorausgesetzt werden, so wie [es für] das Subjekt [erforderlich wäre], sie ist vielmehr ‘Gesuchtes’ (maãlåb) in ihr [d. h. in der Metaphysik]. Denn andernfalls [1] müßte die Existenz Gottes in dieser Wissenschaft [d. h. in der Metaphysik] als bekannt vorausgesetzt werden und in einer anderen Wissenschaft ‘Gesuchtes’ sein oder [2] in dieser Wissenschaft [d. h. in der Metaphysik] als bekannt vorausgesetzt werden und in keiner anderen Wissenschaft ‘Gesuchtes’ sein. Beide Positionen sind falsch. [1´] Denn sie [d. h. die Existenz Gottes] darf nicht ‘Gesuchtes’ in einer anderen Wissenschaft sein, da die anderen Wissenschaften entweder ethische, politische, physikalische, mathematische oder logische sind – außerhalb dieser Einteilung gibt es ja keine weiteren philosophischen Wissenschaften – und keine davon erweist die Existenz Gottes des Erhabenen, was auch nicht zulässig wäre. Dies erkennst du schon durch einen kurzen Blick auf bereits des öfteren besprochene Grundsätze [der Wissenschaftstheorie]. [2´] Sie [d. h. die Existenz Gottes] kann aber auch unmöglich in keiner anderen Wissenschaft ‘Gesuchtes’ sein, denn dann schen Terminologie vgl. G. Endress/D. Gutas (Eds.): A Greek and Arabic Lexicon, Fascicle 4: il§ – inna, S. 428-436; G. Endress: Proclus Arabus, S. 80ff. Zu dem Begriff bei Ibn SÊn§ vgl. A.-M. Goichon: Lexique de la langue philosophique d’Ibn SÊn§ (Avicenne), "annÊya (§ 27), S. 9-12. Der bei weitem ausführlichste Umriß darüber findet sich jedoch bei d’Alverny, Marie-Thérèse: „Anniya-Anitas“, S. 59-91. 173 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) II 10, S. 184, Z. 7:
. ﻭﺃﻣﺎ ﻣﻮﺿﻮﻉ ﺍﻟﺼﻨﺎﻋﺔ ﻓﻘﺪ ﻳﺠﺐ ﺃﻥ ﻳﺼﺪﻕ ﺑﻪ ﻭﺃﻥ ﻳﺘﺼﻮﺭ ﺟﻤﻴﻌﺎ
174 Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 1, S. 5, Z. 16-19 – S. 6, Z. 1, (=Liber de philosophia prima I 1, S. 4, Z. 58-64; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 3, Z. 20-27):
ﻭﻟﻨﻨﻈﺮ ﻫﻞ ﺍﻟﻤﻮﺿﻮﻉ ﻟﻬﺬﺍ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﻫﻮ ﺇﻧﻴﺔ ﹼ ﺑﻞ ﻫﻮ ﺷﻰﺀ ﻣﻦ ﻣﻄﺎﻟﺐ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻌﻠﻢ؟، ﺃﻭ ﻟﻴﺲ ﺫﻟﻚ، ﺍﷲ ﺗﻌﺎﻟﻰ ﺟﺪﻩ ﻭﺫﻟﻚ ﻷﻥ ﻣﻮﺿﻮﻉ ﻛﻞ ﻋﻠﻢ ﻫﻮ ﺃﻣﺮ ﹸﻣﺴﻠﱠﻢ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﻓﻲ ﺫﻟﻚ، ﺇﻧﻪ ﻻ ﻳﺠﻮﺯ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﺫﻟﻚ ﻫﻮ ﺍﻟﻤﻮﺿﻮﻉ: ﻓﻨﻘﻮﻝ . ﻭﻗﺪ ﹸﻋﻠﻢ ﻫﺬﺍ ﻓﻲ ﻣﻮﺍﺿﻊ ﺃﺧﺮﻯ. ﻭﺇﻧﻤﺎ ﻳﺒﺤﺚ ﻋﻦ ﺃﺣﻮﺍﻟﻪ، ﺍﻟﻌﻠﻢ
… et consideremus an subiectum huius scientiae sit ipse Deus excelsus; sed non est, immo est ipse unum de his quae quaeruntur in hac scientia. Dico igitur impossibile esse ut ipse Deus sit subiectum huius scientiae, quoniam subiectum omnis scientiae est res quae conceditur esse, et ipsa scientia non inquirit nisi dispositiones illius subiecti, et hoc notum est ex allis locis. Zum Überblick über die Argumentationsstruktur von al-"Il§hÊy§t I 1-2 vgl. A. Bertolacci: The Reception of Aristotle’s Metaphysics in Avicenna’s Kit§b al-’if§", S. 111ff.
die problemlösung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
127
wäre sie schlechthin in keiner Wissenschaft ‘Gesuchtes’, womit sie dann entweder [2´a] ein ‘Durch-sich-selbst-Bekanntes’ (bayyinun bi-nafsihÊ) oder [2´b] ein für den Verstand gänzlich Unerfaßbares (ma"yåsun #an bay§nihÊ bi-n-naíari) wäre. Die Existenz Gottes ist aber weder durch sich bekannt, noch ist sie etwas, was sich hoffnungslos dem Erfassen durch den Verstand entziehen würde, denn es gibt dafür einen DaßBeweis (dalÊl). Wie soll ferner die Existenz eines für den Verstand gänzlich Unerfaßbaren als bekannt vorausgesetzt werden? Damit bleibt also nur noch möglich, daß ihr Erweis Sache dieser Wissenschaft [d. h. der Metaphysik] ist.“175
Sollte also Gott Subjekt der Metaphysik sein, müßte seine Existenz in der Metaphysik als bekannt vorausgesetzt werden und entweder (1) in einer anderen Wissenschaft oder in (2) keiner anderen Wissen175
Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 1, S. 6, Z. 1-13, (=Liber de philosophia prima I 1, S. 4, Z. 64 – S. 5, Z. 81; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 3, Z. 27 – S. 4, Z. 16):
ﻭﺫﻟﻚ ﻷﻧﻪ. ﺑﻞ ﻫﻮ ﻣﻄﻠﻮﺏ ﻓﻴﻪ، ﻭﻭﺟﻮﺩ ﺍﻹﻟﻪ ﺗﻌﺎﻟﻰ ﺟﺪﻩ ﻻ ﻳﺠﻮﺯ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﻣﺴﻠﹼﻤﺎ ﻓﻲ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﻛﺎﻟﻤﻮﺿﻮﻉ ﻭﺇﻣﺎ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﻣﺴﻠﹼﻤ ﹰﺎ ﻓﻲ، ﺇﻥ ﻟﻢ ﻳﻜﻦ ﻛﺬﻟﻚ ﻟﻢ ﻳﺨﻞ ﺇﻣﺎ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﻣﺴﻠﹼﻤ ﹰﺎ ﻓﻲ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﻭﻣﻄﻠﻮﺑ ﹰﺎ ﻓﻲ ﻋﻠﻢ ﺁﺧﺮ ﻭﺫﻟﻚ ﻷﻧﻪ ﻻ ﻳﺠﻮﺯ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﻣﻄﻠﻮﺑ ﹰﺎ ﻓﻲ ﻋﻠﻢ. ﻭﻛﻼ ﺍﻟﻮﺟﻬﻴﻦ ﺑﺎﻃﻼﻥ. ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﻭﻏﻴﺮ ﻣﻄﻠﻮﺏ ﻓﻲ ﻋﻠﻢ ﺁﺧﺮ ﻭﻟﻴﺲ ﻓﻲ. ﻭﺇﻣﺎ ﻣﻨﻄﻘﻴﺔ، ﻭﺇﻣﺎ ﺭﻳﺎﺿﻴﺔ، ﻭﺇﻣﺎ ﻃﺒﻴﻌﻴﺔ، ﻷﻥ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ ﺍﻷﺧﺮﻯ ﺇﻣﺎ ﺧﻠﻘﻴﺔ ﺃﻭ ﺳﻴﺎﺳﻴﺔ، ﺁﺧﺮ ، ﻭﻟﻴﺲ ﻭﻻ ﻓﻲ ﺷﻰﺀ ﻣﻨﻬﺎ ﹸﻳﺒﺤﺚ ﻋﻦ ﺇﺛﺒﺎﺕ ﺍﻹﻟﻪ ﺗﻌﺎﻟﻰ ﺟﺪﻩ، ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ ﺍﻟﺤﻜﻤﻴﺔ ﻋﻠﻢ ﺧﺎﺭﺝ ﻋﻦ ﻫﺬﻩ ﺍﻟﻘﺴﻤﺔ ﻭﻻ ﻳﺠﻮﺯ ﺃﻳﻀﺎ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﻏﻴﺮ. ﻭﺃﻧﺖ ﺗﻌﺮﻑ ﻫﺬﺍ ﺑﺄﺩﻧﻰ ﺗﺄﻣﻞ ﻷﺻﻮﻝ ﻛﺮﺭﺕ ﻋﻠﻴﻚ. ﻭﻻ ﻳﺠﻮﺯ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﺫﻟﻚ ﻭﺇﻣﺎ ﻣﺄﻳﻮﺳ ﹰﺎ ﻋﻦ، ﻓﻴﻜﻮﻥ ﺇﻣﺎ ﹺﺑﻴﻨ ﹰﺎ ﺑﻨﻔﺴﻪ. ﻣﻄﻠﻮﺏ ﻓﻲ ﻋﻠﻢ ﺁﺧﺮ ﻷﻧﻪ ﻳﻜﻮﻥ ﺣﻴﻨﺌﺬ ﻏﻴﺮ ﻣﻄﻠﻮﺏ ﻓﻲ ﻋﻠﻢ ﺃﻟﺒﺘﺔ ﹼ ﺛﻢ ﺍﻟﻤﺄﻳﻮﺱ ﻋﻦ ﺑﻴﺎﻧﻪ ﻛﻴﻒ ﻳﺼﺢ ﺗﺴﻠﻴﻢ. ﻓﺈﻥ ﻋﻠﻴﻪ ﺩﻟﻴﻼ، ﻭﻟﻴﺲ ﹺﺑﻴﻨ ﹰﺎ ﺑﻨﻔﺴﻪ ﻭﻻ ﻣﺄﻳﻮﺳ ﹰﺎ ﻋﻦ ﺑﻴﺎﻧﻪ، ﺑﻴﺎﻧﻪ ﺑﺎﻟﻨﻈﺮ ﹼ . ﻭﺟﻮﺩﻩ ؟ ﻓﺒﻘﻰ ﺃﻥ ﺍﻟﺒﺤﺚ ﻋﻨﻪ ﺇﻧﻤﺎ ﻫﻮ ﻓﻲ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻌﻠﻢ
Sed non potest concedi quod Deus sit in hac scientia ut subiectum, immo est quaesitum in ea, scilicet quoniam, si ita non est, tunc non potest esse quin sit vel concessum in hac scientia et quaesitum in alia, vel concessum in ista et non quaesitum in alia. Sed utrumque falsum est, quoniam impossibile est ut sit quaesitum in alia, eo quod aliae scientiae vel sunt morales vel civiles vel naturales vel doctrinales vel logicae, et nulla scientia sapientiae est extra hanc divisionem. In nulla autem earum quaeritur an sit Deus, quia non potest hoc esse ut in eis quaeratur, et tu scies hoc parva inspectione ex his quae multotiens inculcamus. Nec etiam potest esse ut non sit quaesitum in alia ab eis scientia: tunc enim esset non quaesitum in scientia ullo modo. Igitur aut est manifestum pes se, aut desperatum per se quod non possit manifestari ulla speculatione. Non est autem manifestum per se, nec est desperatum posse manifestari, quia signa habemus de eo. Amplius: omne id cuius manifestatio desperatur, quomodo potest concedi esse eius? Restat ergo ut ipsum inquirere non sit nisi huius scientiae. Eine kurze Zusammenfassung der hier vorgetragenen Argumentation findet sich bei G. Verbeke: La statut de la Métaphysik, S. 13*ff.
128
das „seiende als seiendes“
schaft erwiesen werden. Dieses Argument basiert auf dem beweistheoretischen Grundsatz, daß die Existenz des Gegenstandes einer jeden Wissenschaft nicht erst in ihr erwiesen werden darf.176 Da es keine über der Metaphysik stehende Wissenschaft gibt, so daß die Existenz ihres Subjekts in dieser dann erweisbar wäre, müßte die Existenz Gottes, sollte sie in der Metaphysik als bekannt vorausgesetzt werden, entweder in einer der Metaphysik untergeordneten Wissenschaften bewiesen werden, oder ganz und gar unbeweisbar sein, und das bedeutet, daß die Existenz des Gegenstandes der Metaphysik dann (2´a) entweder „ein durch sich selbst Bekanntes“ (bayyinun bi-nafsihÊ) oder (2´b) für den Verstand gänzlich Unerfaßbares ist. Ibn SÊn§ weist nun beide Konsequenzen (1, 2) zurück, die aus der Annahme resultieren, Gottes Existenz sei in der Metaphysik als bekannt vorauszusetzen. Mit dem impliziten Verweis auf die im Burh§n vorgetragene Begründung der Unmöglichkeit, das Prinzip alles Seienden als Gegenstand der Metaphysik zu bestimmen, widerlegt er die These, daß Gottes Existenz außerhalb der Metaphysik, d. h. in einer anderen Wissenschaft, beweisbar sei (1). Denn unabhängig davon, daß faktisch keine der übrigen Wissenschaften die Frage nach der Existenz Gottes stellt, ist dies auch nicht zulässig, sollten die Prinzipien der Wissenschaftsstruktur gewahrt werden. Im Anschluß an die weiter oben bereits erwähnte Stelle im Burh§n177 ließe sich hier nun sagen, daß eine Wissenschaft, die nur einen Teil des Wirklichen zum Gegenstand hat, wesentlich nicht nach dem Grund alles Wirklichen fragen kann, denn solch ein Grund würde die für diese Wissenschaft konstitutive Bestimmtheit ihres Subjekts schlechthin aufheben. Subjekt und Prädikat einer in einer Wissenschaft zu beweisenden These stehen immer in einem bestimmten Verhältnis zum Subjekt dieser Wissenschaft. Sie sind, wie sich oben im Rahmen der Erörterung der Wissenschaftstheorie zeigte, entweder dessen Teile oder aber in dem Subjektsbegriff zwar nicht enthaltene, ihm 176 Darauf weist Ibn SÊn§ einige Zeilen später explizit hin, vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 1, S. 6, Z. 16, (=Liber de philosophia prima I 1, S. 5, Z. 85; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 4, Z. 21-22):
. ﻓﺈﻧﻪ ﻟﻴﺲ ﻋﻠﻰ ﻋﻠﻢ ﻣﻦ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ ﺇﺛﺒﺎﺕ ﻣﻮﺿﻮﻋﻪ
Nulla enim scientiarum debet stabilire esse suum subiectum. 177 Vgl. die oben im Rahmen der Wissenschaftstheorie (Zweiter Teil, Kapitel II, 1, c) übersetzte und kommentierte Stelle: Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) II 7, S. 165, Z. 3-10.
die problemlösung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
129
jedoch „an sich“ zukommende Eigenschaften. Eine partikulare Wissenschaft kann also per definitionem nicht das Ganze aufweisen, worauf solch ein Grund notwendig Bezug nehmen soll. Die zweite These, nämlich daß die Existenz Gottes in der Metaphysik als bekannt vorauszusetzen und zugleich unbeweisbar sei (2), ist nach Ibn SÊn§ ebenso zu verwerfen. Diese These kann, sollte sie widerspruchslos gedacht werden, zwar nur implizieren, daß die Existenz Gottes ein „durch sich selbst Bekanntes“ ist (2´a). Ibn SÊn§ nimmt jedoch explizit auch Bezug auf die zweite, wie er selbst anmerkt, in sich selbst widersprüchliche Konsequenz: die Existenz Gottes sei in der Metaphysik als bekannt vorauszusetzen und zugleich etwas, „was sich hoffnungslos dem Erfassen durch den Verstand entzieht“ (2´b). Beidem begegnet Ibn SÊn§ an dieser Stelle lediglich mit dem Hinweis darauf, daß es für die Existenz Gottes einen DaßBeweis (dalÊl)178 gibt. Da nun die Existenz Gottes weder „durch sich selbst bekannt“, noch in einer partikularen Wissenschaft erweisbar ist, kann Gott nicht Subjekt der Metaphysik sein. Sollte es aber überhaupt möglich sein, nach Ihm zu fragen, und das ist das, was die Bezugnahme auf die widerspruchsvolle Konsequenz der zweiten These (2´b) intendiert, so kann dies nur in der Metaphysik erfolgen. Die Möglichkeit das Daß-Sein Gottes zu erweisen, wird hier, am Anfang der höchsten Wissenschaft freilich nur gesetzt, denn ihr Subjekt steht noch nicht fest. Der Nachweis dieser Möglichkeit kann, so darf auf Grund der Wissenschaftstheorie erwartet werden, nur in einer Metaphysik geliefert werden, deren Subjekt das Prinzip alles Seienden nicht nur nicht ausschließt, sondern darauf wesentlich bezogen ist. Das erste Moment würde die Frage nach diesem Prinzip formal ermöglichen. Das zweite aber würde diese Frage notwendig machen. „Gott wird nun [in der Metaphysik] unter zwei Aspekten betrachtet: im Hinblick auf sein Sein (min Æihati wuÆådihÊ) und hinsichtlich seiner Eigenschaften (min Æihati ßif§tihÊ).“179 Mit dieser Formulierung 178 dalÊl fällt unter den vom Warum-Beweis (burh§nu lima) unterschiedenen DaßBeweis (burh§nu l-"inna), vgl. dazu Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) I 7, insbesondere S. 79-80; al-"Ià§r§t wa-t-tanbÊh§t, an-nahÆ at-t§si#, Reprint (Frankfurt 1999) der Edition von Jacques Forget (Leiden 1892), S. 84, Z. 12ff.; in der Edition von Sulaym§n Duny§, (3. Auflage, Kairo 1983), Bd. 1: alManãiq (Logik), S. 386, Z. 1ff. 179 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 1, S. 6, Z. 14-15, (=Liber de philosophia prima I 1, S. 5, Z. 82-83; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 4, Z. 17-19):
130
das „seiende als seiendes“
läßt Ibn SÊn§ bereits erahnen, daß die durch die Existenzbehauptung ermöglichte Frage nach dem Wesenswas im Falle von Gott nicht gestellt wird. Nach Ibn SÊn§ fällt bekanntlich das Was-Sein und das Daß-Sein Gottes in eins.180 Damit ist die Unmöglichkeit, Gott als Subjekt der Metaphysik zu setzen, ebenso wie die Notwendigkeit, dessen Existenz in dieser Wissenschaft zu beweisen, sollte nach ihm überhaupt gefragt werden, hinreichend erwiesen worden. Daran anknüpfend versucht Ibn SÊn§ jedoch, um möglichen Einwänden zuvorzukommen, die Grenze zwischen der Physik und der Metaphysik deutlicher und konsequenter als Aristoteles zu ziehen. Was im Hinblick auf Gott in der Physik angedeutet worden ist, ist „der Physik fremd“ und dient dort lediglich didaktischen Zielen. Das in der Physik auf diese Weise Vorweggenommene ist nach den Kriterien der Wissenschaftstheorie dem Subjekt dieser Wissenschaft akzidentell, genügt aber, um zusammen mit dem Vorverständnis von der Metaphysik als Wissenschaft, die das von der Materie „gänzlich“ Abgetrennte untersucht, dem Philosophiestudenten einsichtig werden zu lassen, daß die Frage nach Gott wesentlich nur eine metaphysische sein kann.181
. ﻭﺍﻵﺧﺮ ﻣﻦ ﺟﻬﺔ ﺻﻔﺎﺗﻪ، ﺃﺣﺪﻫﻤﺎ ﺍﻟﺒﺤﺚ ﻋﻨﻪ ﻣﻦ ﺟﻬﺔ ﻭﺟﻮﺩﻩ: ﻭﻳﻜﻮﻥ ﺍﻟﺒﺤﺚ ﻋﻨﻪ ﻋﻠﻰ ﻭﺟﻬﻴﻦ
De eo autem inquisitio fit duobus modis. Unus est quo inquiritur an sit, alius est quo inquiritur eius proprietates. 180 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t VIII 4, S. 347, Z. 10-16, (=Liber de philosophia prima VIII 4, S. 402, Z. 48- 60; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 276, Z. 31 – S. 277, Z. 8). Vgl. dazu Dritter Teil, Kapitel IV. 181 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 1, S. 6, Z. 18 – S. 7, Z. 6, (=Liber de philosophia prima I 1, S. 5, Z. 87 – S. 6, Z. 96; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 4, Z. 23-34):
ﻭﻗﺪ ﻻﺡ ﻟﻚ ﻓﻲ ﺍﻟﻄﺒﻴﻌﻴﺎﺕ ﺃﻥ ﺍﻹﻟﻪ. ﺇﺫ ﻗﺪ ﺗﺒﻴﻦ ﻟﻚ ﻣﻦ ﺣﺎﻝ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺃﻧﻪ ﺑﺤﺚ ﻋﻦ ﺍﻟﻤﻔﺎﺭﻗﺎﺕ ﻟﻠﻤﺎﺩﺓ ﺃﺻ ﹰﻼ ﹼ ﻓﻴﺠﺐ ﺃﻥ. ﻭﻋﻦ ﻣﺨﺎﻟﻄﺔ ﺍﻟﺤﺮﻛﺔ ﻣﻦ ﻛﻞ ﺟﻬﺔ، ﺑﻞ ﻫﻮ ﻭﺍﺣﺪ ﺑﺮﻯﺀ ﻋﻦ ﺍﻟﻤﺎﺩﺓ، ﻭﻻ ﻗﻮﺓ ﺟﺴﻢ، ﻏﻴﺮ ﺟﺴﻢ ﻭﻣﺴﺘﻌﻤ ﹰﻼ، ﻭﺍﻟﺬﻯ ﻻﺡ ﻟﻚ ﻣﻦ ﺫﻟﻚ ﻓﻲ ﺍﻟﻄﺒﻴﻌﻴﺎﺕ ﻛﺎﻥ ﻏﺮﻳﺒ ﹰﺎ ﻋﻦ ﺍﻟﻄﺒﻴﻌﻴﺎﺕ. ﻳﻜﻮﻥ ﺍﻟﺒﺤﺚ ﻋﻨﻪ ﻟﻬﺬﺍ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺇﻻ ﺃﻧﻪ ﺃﺭﻳﺪ ﺑﺬﻟﻚ ﺃﻥ ﹸﻳﻌ ﱠﺠﻞ ﻟﻺﻧﺴﺎﻥ ﻭﻗﻮﻑ ﻋﻠﻰ ﺇﻧﻴﺔ ﺍﻟﻤﺒﺪﺃ ﺍﻷﻭﻝ ﻓﺘﺘﻤﻜﻦ ﻣﻨﻪ ﺍﻟﺮﻏﺒﺔ، ﻣﻨﻪ ﻣﺎ ﻟﻴﺲ ﻣﻨﻬﺎ، ﻓﻴﻬﺎ ﹶ . ﻭﺍﻻﻧﺴﻴﺎﻕ ﺇﻟﻰ ﺍﻟﻤﻘﺎﻡ ﺍﻟﺬﻯ ﻫﻨﺎﻙ ﻟﻴﺘﻮﺻﻞ ﺇﻟﻰ ﻣﻌﺮﻓﺘﻪ ﺑﺎﻟﺤﻘﻴﻘﺔ، ﻓﻲ ﺍﻗﺘﺒﺎﺱ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ
Manifestum est enim ex dispositione huius scientiae quod ipsa inquirit res separatas omnino a materia. Iam etiam significavi tibi in naturalibus quod Deus est non corpus nec virtus corporis, sed est unum separatum a materia et ab omni commixtione omnis motus. Igitur inquisitio de eo debet fieri in hac scientia, et quod de hoc apprehendisti in naturalibus erat extraneum a naturalibus quia quod de hoc tracta-
die problemlösung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
131
2. Die letzten Ursachen sind „Gesuchtes“ (maãlåb) der Metaphysik und als Gewusstes ihre Vollkommenheit Da nun als Subjekt der Metaphysik nicht nur Gott, sondern auch die „letzten Ursachen“ (al-"asb§bu l-qußw§) alles Seienden angenommen werden können, muß auch diese Ansicht geprüft werden. Mit den „letzten Ursachen“ aller seienden Dinge sind die bereits von Ibn SÊn§ erwähnten „ersten Ursachen“ gemeint, in welchen schließlich alle anderen Ursachen gründen. Da es sich jedoch dabei um vier182 verschiedene Ursachen handelt, ist es zunächst notwendig, das für das Subjekt einer Wissenschaft geforderte einheitsstiftende Moment zu bestimmen. Sollten mehrere solche Momente angenommen werden können, muß das Subjekt-Sein der Ursachen im Hinblick auf jede einzelne Hinsicht überprüft werden. Ibn SÊn§ nennt nun die folgenden vier Möglichkeiten, um alle „letzten Ursachen“ als Subjekt betrachten zu können: a) insofern sie Seiendes sind, d. h. insofern „Seiend-Sein“ ein diesen allen gemeinsames Prädikat ist; batur in eis non erat de eis, sed voluimus per hoc accelerare hominem ad tenendum esse primum principium, ut per hoc augeretur desiderium addiscendi scientias et perveniendi ad locum in quo certius possit cognosci. 182 Ibn SÊn§ leitet zwar die Untersuchung mit der anonymen Ansicht ein, Subjekt der Metaphysik seien möglicherweise nicht alle vier, sondern nur drei der Ursachen, bezieht sich jedoch in der Auseinandersetzung explizit auf alle vier. Die mit Gott, wie noch zu sehen sein wird, gleichzusetzende Wirkursache, aus der Zahl der „letzten Ursachen“ auszunehmen, wäre damit als Versuch zu deuten, der bereits gezeigten Unmöglichkeit, Gott als Subjekt der Metaphysik zu setzen, Rechnung zu tragen. Das verdeutlicht Ibn SÊn§ in at-Ta#lÊq§t (S. 27, 10-11). In diesem von seinem Schüler Bahmany§r (gestorben 430/1038, vgl. dazu H. Daiber: „Bahmany§r, Kʧ (Ra’Ês Abå al-\asan Ibn Marzub§n A‘jamÊ $dharbayj§nÊ)“, S. 501b-503a.) niedergeschriebenen Werk, heißt es explizit zu der Stelle in der Metaphysik des Kit§b aà-àif§":
»ﺃﺭﺑﻌﺘﻬﺎ« ﺇﻻ ﻭﺍﺣﺪﺍﹰ ﻣﻨﻬﺎ ﺍﻟﺬﻯ ﻻ ﻳﻤﻜﻦ ﺍﻟﻘﻮﻝ ﺑﻪ ﻓﺈﻧﻪ ﺍﻟﻤﺒﺪﺃ ﺍﻟﻔﺎﻋﻞ ﻭﻫﻮ ﺍﻟﺒﺎﺭﻯ ﻻ ﻳﺠﻮﺯ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ: ﻗﻮﻟﻪ . ﻣﻮﺿﻮﻋ ﹰﺎ ﻟﻬﺬﺍ ﺍﻟﻌﻠﻢ
Zu der Formulierung der erwähnten Ansicht vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 1, S. 7, Z. 7-9, (=Liber de philosophia prima I 1, S. 6, Z. 99-1; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 5, Z. 3-6):
. ﻫﻞ ﻣﻮﺿﻮﻋﻪ ﺍﻷﺳﺒﺎﺏ ﺍﻟﻘﺼﻮﻯ ﻟﻠﻤﻮﺟﻮﺩﺍﺕ ﻛﻠﻬﺎ ﺃﺭﺑﻌﺘﻬﺎ ﺇﻻ ﻭﺍﺣﺪﺍ ﻣﻨﻬﺎ ﺍﻟﺬﻯ ﻟﻢ ﻳﻜﻦ ﺍﻟﻘﻮﻝ ﺑﻪ: ﻓﻠﻨﻨﻈﺮ . ﻓﺈﻥ ﻫﺬﺍ ﺃﻳﻀ ﹰﺎ ﻗﺪ ﻳﻈﻨﻪ ﻗﻮﻡ
tunc quaeramus an subiectum eius sint ultimae causae eorum quae sunt, an omnes quattuor simul, non una tantum; sed hoc non debet dici, quamvis iam hoc quidam putaverunt.
132
das „seiende als seiendes“
b) insofern sie Ursachen sind (bi-m§ hiya "asb§bun muãlaqah); c) gemäß der Eigentümlichkeit jeder dieser Ursachen; d) als zusammengesetzte Gesamtheit.183 Die „letzten Ursachen“ insofern sie Ursachen sind (b), als Subjekt der Metaphysik zu setzen, würde nach der Beweistheorie bedeuten, daß diese Wissenschaft dasjenige betrachtet, das den „letzten Ursachen“ eben aus dem Grund, daß sie schlechthin Ursachen sind, und nur aus diesem Grund, zukommt. Um die Unmöglichkeit dieser Subjektsetzung zu erweisen, führt Ibn SÊn§ die drei folgenden Argumente: 1) Zu dem Untersuchungsbereich dieser Wissenschaft gehören Bestimmungen (ma#§nÊ) wie das Allgemeine (al-kullÊ) und das Partikulare (al-Æuz"Ê), Möglichkeit ("imk§n) und Notwendigkeit (wuÆåb), Akt (fi#l) sowie Potenz (qåwah) usw., welche jedoch keine eigentümlichen Eigenschaften der Ursachen als solcher sind. 184 183 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 1, S. 7, Z. 10-13, (=Liber de philosophia prima I 1, S. 6, Z. 1-7; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 5, Z. 7-12):
ﺃﻭ، ﻟﻜﻦ ﺍﻟﻨﻈﺮ ﻓﻲ ﺍﻷﺳﺒﺎﺏ ﻛﻠﻬﺎ ﺃﻳﻀ ﹰﺎ ﻻ ﻳﺨﻠﻮ ﺇﻣﺎ ﺃﻥ ﻳﻨﻈﺮ ﻓﻴﻬﺎ ﺑﻤﺎ ﻫﻲ ﻣﻮﺟﻮﺩﺍﺕ ﺃﻭ ﺑﻤﺎ ﻫﻲ ﺃﺳﺒﺎﺏ ﻣﻄﻠﻘﺔ ، ﺃﻋﻨﻲ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﺍﻟﻨﻈﺮ ﻓﻴﻬﺎ ﻣﻦ ﺟﻬﺔ ﺃﻥ ﻫﺬﺍ ﻓﺎﻋﻞ. ﺑﻤﺎ ﻫﻲ ﻛﻞ ﻭﺍﺣﺪ ﻣﻦ ﺍﻷﺭﺑﻌﺔ ﻋﻠﻲ ﺍﻟﻨﺤﻮ ﺍﻟﺬﻯ ﻳﺨﺼﻪ . ﻭﺫﻟﻚ ﺷﻰﺀ ﺁﺧﺮ ؛ ﺃﻭ ﻣﻦ ﺟﻬﺔ ﻣﺎ ﻫﻲ ﺍﻟﺠﻤﻠﺔ ﺍﻟﺘﻰ ﺗﺠﺘﻤﻊ ﻣﻨﻬﺎ، ﻭﺫﻟﻚ ﻗﺎﺑﻞ
Nam consideratio de omnibus quattuor causis non potest esse quin sit de illis inquantum habent esse, vel inquantum sunt causae absolutae, vel inquantum unaquaeque earum quattuor est illius modi qui proprius est sibi, scilicet ut consideratio de illis sit secundum quod una est agens et alia patiens et illa alia est aliud, vel secundum quod fit ex coniunctione illarum. 184 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 1, S. 7, Z. 14-19, (=Liber de philosophia prima I 1, S. 6, Z. 8-15; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 5, Z. 13-19):
ﺣﺘﻰ ﻳﻜﻮﻥ ﺍﻟﻐﺮﺽ ﻓﻲ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﻫﻮ ﺍﻟﻨﻈﺮ ﻓﻲ، ﻻ ﻳﺠﻮﺯ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﺍﻟﻨﻈﺮ ﻓﻴﻬﺎ ﺑﻤﺎ ﻫﻲ ﺃﺳﺒﺎﺏ ﻣﻄﻠﻘﺔ: ﻓﻨﻘﻮﻝ ﻣﻦ ﺟﻬﺔ ﺃﻥ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻌﻠﻢ، ﺃﺣﺪﻫﺎ: ﻭﻳﻈﻬﺮ ﻫﺬﺍ ﻣﻦ ﻭﺟﻮﻩ. ﺍﻷﻣﻮﺭ ﺍﻟﺘﻰ ﺗﻌﺮﺽ ﻟﻸﺳﺒﺎﺏ ﺑﻤﺎ ﻫﻲ ﺃﺳﺒﺎﺏ ﻣﻄﻠﻘﺔ ﻭﺍﻟﻘﻮﺓ، ﻣﺜﻞ ﺍﻟﻜﻠﻲ ﻭﺍﻟﺠﺰﺋﻲ، ﻳﺒﺤﺚ ﻋﻦ ﻣﻌﺎﻥ ﻟﻴﺴﺖ ﻫﻲ ﻣﻦ ﺍﻷﻋﺮﺍﺽ ﺍﻟﺨﺎﺻﺔ ﺑﺎﻷﺳﺒﺎﺏ ﺑﻤﺎ ﻫﻲ ﺃﺳﺒﺎﺏ . ﻭﺍﻹﻣﻜﺎﻥ ﻭﺍﻟﻮﺟﻮﺏ ﻭﻏﻴﺮﺫﻟﻚ، ﻭﺍﻟﻔﻌﻞ
Dico autem quod, si bene consideretur, non possunt esse subiectum huius scientiae inquantum sunt causae absolutae, ita ut intentio huius scientiae sit considerare ea quae accidunt causis inquantum sunt causae absolutae. Et hoc patet multis modis, quorum unus est scilicet quod haec scientia inquirit intentiones quae non sunt ex accidentibus propriis ipsarum causarum inquantum sunt causae. Inquirit enim universale et particulare, potentiam et effectum, possibile et necesse, et cetera.
die problemlösung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
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2) Es ist dabei „offensichtlich“ (mina l-bayyini l-w§diÈi), daß die Bestimmungen Allgemeinheit und Partikularität, Möglichkeit und Notwendigkeit etc. selbst (fÊ "anfusih§) dasjenige sind, was betrachtet werden muß. Da sie jedoch zu keiner der eigentümlichen Eigenschaften der Subjekte der anderen Wissenschaften gehören, kann ihre Untersuchung allein von der Metaphysik durchgeführt werden.185 Da also einerseits diese Bestimmungen die jeweilige Bestimmtheit der Subjekte aller partikularen Wissenschaften übersteigen und somit von keiner dieser Wissenschaften betrachtet werden können, die Notwendigkeit nach diesen zu fragen aber „offensichtlich“ ist, bleibt nur die Möglichkeit, daß sie von der Metaphysik untersucht werden. Damit wird das erste Argument untermauert, denn nach dem zuletzt Ausgeführten gehören die genannten Bestimmungen nicht bloß zufällig, sondern notwendig zum Untersuchungsbereich der Metaphysik und müssen daher ein wesentliches Verhältnis zum Subjekt dieser Wissenschaft aufweisen. Derart ist jedoch ihr Verhältnis zu den Ursachen als Ursachen nicht. 3) Ferner ist es dem Verstand „nicht erstlich bekannt“ (laysa bayyinan "awwalÊyan), daß es überhaupt so etwas wie Ursachen gibt. Denn das Wissen um ihre Existenz ist nur dann möglich, wenn bewiesen werden kann, daß das Sein eines Verursachten „von etwas anderem abhängig ist, welches ihm dem Sein nach voraufgeht“. Durch die Sinne (al-Èiss) kann lediglich das „Zusammentreffen“ (al-muw§f§h) erfaßt werden. „Und es ist nicht der Fall, daß, wenn zwei Dinge zusammentreffen, das eine Ursache des anderen sein muß“. Die Sinne und die Erfahrung (at-taÆribah) allein führen hierbei nicht zu „Gewißheit“ (al-"iqn§#u l-muta"akkid), denn diese Gewißheit ist nur auf Grundlage der Erkenntnis möglich, daß die 185 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 1, S. 8, Z. 1-4, (=Liber de philosophia prima I 1, S. 6, Z. 15 – S. 7, Z. 20; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 5, Z. 19-25):
ﺛﻢ ﻟﻴﺴﺖ ﻣﻦ ﺍﻷﻋﺮﺍﺽ ﺍﻟﺨﺎﺻﺔ، ﺛﻢ ﻣﻦ ﺍﻟﺒﻴﻦ ﺍﻟﻮﺍﺿﺢ ﺃﻥ ﻫﺬﻩ ﺍﻷﻣﻮﺭ ﻓﻲ ﺃﻧﻔﺴﻬﺎ ﺑﺤﻴﺚ ﻳﺠﺐ ﺃﻥ ﻳﺒﺤﺚ ﻋﻨﻬﺎ ﹼ ﻓﻴﺒﻘﻰ ﺃﻥ. ﻭﻻ ﻫﻲ ﺃﻳﻀ ﹰﺎ ﻭﺍﻗﻌﺔ ﻓﻲ ﺍﻷﻋﺮﺍﺽ ﺍﻟﺨﺎﺻﺔ ﺑﺎﻟﻌﻠﻮﻡ ﺍﻟﻌﻤﻠﻴﺔ. ﺑﺎﻷﻣﻮﺭ ﺍﻟﻄﺒﻴﻌﻴﺔ ﻭﺍﻷﻣﻮﺭ ﺍﻟﺘﻌﻠﻴﻤﻴﺔ . ﻳﻜﻮﻥ ﺍﻟﺒﺤﺚ ﻋﻨﻬﺎ ﻟﻠﻌﻠﻢ ﺍﻟﺒﺎﻗﻲ ﻣﻦ ﺍﻷﻗﺴﺎﻡ ﻭﻫﻮ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻌﻠﻢ
Manifestissimum est autem quod haec talia sunt in se quod inquisitio debet fieri de illis, nec sunt ex accidentibus quae sunt propria rebus naturalibus nec doctrinalibus, nec cadunt inter accidentia quae sunt propria scientiarum practicarum. Restat igitur ut perquisitio sit de illis in scientia quae est extra praedictam divisionem, et illa est haec scientia.
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das „seiende als seiendes“
wirklichen Dinge allermeist (fÊ l-"aktar), und nicht bloß zufällig im Sinne von regellos, Naturdinge (ãabÊ#Êyah) oder intendierte Dinge (iÉtiy§rÊyah) sind. Diese Erkenntnis ist aber „in Wirklichkeit“ (fÊ l-ÈaqÊqah) auf dem Beweis der Ursachen begründet. Daß es also so etwas wie Ursachen gibt, ist auf Grund der erwähnten Regelmäßigkeit der durch die Sinne vermittelten Dinge lediglich ein „empirisch Beobachtetes“ (maàhåd), nicht jedoch ein dem Verstande „erstlich Bekanntes“. Ein solches zeichnet sich ja dadurch aus, daß es „durch sich selbst“, ohne die Vermittlung eines Früheren erkannt wird. Die Existenz der Ursachen muß darum, auch wenn sie „dem Verstande naheliegend“ ist, bewiesen werden, und dies kann erst in der Metaphysik geschehen. Somit gehören die „letzten Ursachen“ ebenso wie Gott zu dem „Gesuchten“.186 186 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 1, S. 8, Z. 5-18, (=Liber de philosophia prima I 1, S. 7, Z. 21 – S. 8, Z. 39; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 5, Z. 26 – S. 6, Z. 17):
ﻓﺈﻧﺎ ﻣﺎ ﻟﻢ ﻧﺜﺒﺖ. ﻭﺃﻳﻀ ﹰﺎ ﻓﺈﻥ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺑﺎﻷﺳﺒﺎﺏ ﺍﻟﻤﻄﻠﻘﺔ ﺣﺎﺻﻞ ﺑﻌﺪ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺑﺈﺛﺒﺎﺕ ﺍﻷﺳﺒﺎﺏ ﻟﻸﻣﻮﺭ ﺫﻭﺍﺕ ﺍﻷﺳﺒﺎﺏ ﻟﻢ ﻳﻠﺰﻡ ﻋﻨﺪ ﺍﻟﻌﻘﻞ، ﻭﺟﻮﺩ ﺍﻻﺳﺒﺎﺏ ﻟﻠﻤﺴﺒﺒﺎﺕ ﻣﻦ ﺍﻷﻣﻮﺭ ﺑﺈﺛﺒﺎﺕ ﺃﻥ ﻟﻮﺟﻮﺩﻫﺎ ﺗﻌﻠﻘ ﹰﺎ ﻣﺎ ﻳﺘﻘﺪﻣﻬﺎ ﻓﻲ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﱠ ﻭﻟﻴﺲ ﺇﺫﺍ ﺗﻮﺍﻓﻰ. ﻭﺃﻣﺎ ﺍﻟﺤﺲ ﻓﻼ ﻳﺆﺩﻯ ﺇﻻ ﺇﻟﻰ ﺍﻟﻤﻮﺍﻓﺎﺓ. ﻭﺃﻥ ﻫﻬﻨﺎ ﺳﺒﺒ ﹰﺎ ﻣﺎ، ﻭﺟﻮﺩ ﺍﻟﺴﺒﺐ ﺍﻟﻤﻄﻠﻖ ﻭﺍﻹﻗﻨﺎﻉ ﺍﻟﺬﻯ ﻳﻘﻊ ﻟﻠﻨﻔﺲ ﻟﻜﺜﺮﺓ ﻣﺎ ﻳﻮﺭﺩﻩ ﺍﻟﺤﺲ ﻭﺍﻟﺘﺠﺮﺑﺔ. ﻭﺟﺐ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﺃﺣﺪﻫﻤﺎ ﺳﺒﺒ ﹰﺎ ﻟﻶﺧﺮ، ﺷﻴﺌﺎﻥ . ﺇﻻ ﺑﻤﻌﺮﻓﺔ ﺃﻥ ﺍﻷﻣﻮﺭ ﺍﻟﺘﻰ ﻫﻲ ﻣﻮﺟﻮﺩﺓ ﻓﻲ ﺍﻷﻛﺜﺮ ﻫﻲ ﻃﺒﻴﻌﻴﺔ ﻭﺍﺧﺘﻴﺎﺭﻳﺔ، ﻋﻠﻰ ﻣﺎ ﻋﻠﻤﺖ، ﻓﻐﻴﺮ ﻣﺘﺄﻛﺪ ﻭﻫﺬﺍ ﻟﻴﺲ ﹺﺑﻴﻨ ﹰﺎ ﺃﻭﻟﻴ ﹰﺎ ﺑﻞ ﻫﻮ. ﻭﺍﻹﻗﺮﺍﺭ ﺑﻮﺟﻮﺩ ﺍﻟﻌﻠﻞ ﻭﺍﻷﺳﺒﺎﺏ، ﻭﻫﺬﺍ ﻓﻲ ﺍﻟﺤﻘﻴﻘﺔ ﻣﺴﺘﻨﺪ ﺇﻟﻰ ﺇﺛﺒﺎﺕ ﺍﻟﻌﻠﻞ ﹼ ﱠ ﻣﻦ ﺍﻟﺒﻴﻦ ﺑﻨﻔﺴﻪ ﺃﻥ ﻟﻠﺤﺎﺩﺛﺎﺕ ﻣﺒﺪﺃ ﻣﺎ، ﻭﻟﻴﺲ ﺇﺫﺍ ﻛﺎﻥ ﻗﺮﻳﺒ ﹰﺎ ﻋﻨﺪ ﺍﻟﻌﻘﻞ. ﻭﻗﺪ ﻋﻠﻤﺖ ﺍﻟﻔﺮﻕ ﺑﻴﻨﻬﻤﺎ، ﻣﺸﻬﻮﺩ ﺛﻢ ﺍﻟﺒﻴﺎﻥ ﺍﻟﺒﺮﻫﺎﻧﻲ. ﻳﺠﺐ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﹺﺑﻴﻨ ﹰﺎ ﺑﻨﻔﺴﻪ ﻣﺜﻞ ﻛﺜﻴﺮ ﻣﻦ ﺍﻷﻣﻮﺭ ﺍﻟﻬﻨﺪﺳﻴﺔ ﺍﻟﻤﺒﺮﻫﻦ ﻋﻠﻴﻬﺎ ﻓﻲ ﻛﺘﺎﺏ ﺃﻭﻗﻠﻴﺪﻳﺲ ﹼ ﻓﻜﻴﻒ ﻳﻤﻜﻦ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﺍﻟﻤﻮﺿﻮﻉ ﻟﻠﻌﻠﻢ. ﻓﺈﺫﻥ ﻳﺠﺐ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﻓﻲ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻌﻠﻢ، ﻟﺬﻟﻚ ﻟﻴﺲ ﻓﻲ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ ﺍﻷﺧﺮﻯ ﺍﻟﻤﺒﺤﻮﺙ ﻋﻦ ﺃﺣﻮﺍﻟﻪ ﻓﻲ ﺍﻟﻤﻄﺎﻟﺐ ﻣﻄﻠﻮﺏ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﻓﻴﻪ ؟
Et etiam quia scientia de causis absolute acquiritur post scientiam qua stabiliuntur causae rerum causas habentium: dum enim nos non stabilierimus esse causarum causatarum a rebus aliis, sic ut esse earum pendeat ex eo quod praecedit in esse, non sequetur apud intellectum esse causae absolutae, sed hic est causa una; quamvis sensus inducat ut duae causae concurrant, sed licet concurrant, non minus tamen debet esse una causa alterius: persuasio enim quae advenit animae ex assiduitate sensus et experientiae non est cogens, sicut scisti, nisi per cognitionem quod in pluribus ex rebus quae sunt naturales et electionis contingit hoc. Et hoc certe est appositum ad stabiliendum causas: concedere enim esse causas et occasiones non est manifestum primum, sed probabile; iam autem scisti differentiam inter haec duo. Nam non si paene fuerit manifestum per se apud intelligentiam quod quicquid coepit habet principium aliquod, ideo debet esse manifestum per se, sicut multa ex rebus geometricis per quae probantur cetera in libro Euclidis, deinde manifestatio demon-
die problemlösung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
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Die Unmöglichkeit, die Ursachen in ihrer gemeinsamen Washeit, nämlich „Ursache-Sein“ (b) als Subjekt zu setzen, bedeutet zugleich, daß auch die zwei übrigen Hinsichtsbestimmungen bei der Subjektsetzung der Ursachen, nämlich „gemäß der Eigentümlichkeit einer jeden der Ursachen“ (c) und „als zusammengesetzte Gesamtheit“ (d), scheitern müssen. Denn das so-und-so bestimmte Ursache-Sein jeder dieser Ursachen begründet ihre begriffliche Einheit und ihre Verschiedenheit von den anderen, setzt jedoch notwendig das ihnen gemeinsame „Ursache-Sein“ voraus. Der Frage „welcher Art etwas ist“ geht die Frage „was es ist“ vorauf. Die Ursache als Ursache ist dem Verstande jedoch, wie bereits gesehen, kein „durch sich selbst Bekanntes“. Daß „Gesamtheit-“ oder „Ganzes-Sein“ nicht dasselbe wie „Allgemeines-“ (kullÊ) oder „Umfassendes-Sein“ (ÆumlÊ) meint, wird an der Auseinandersetzung mit der Möglichkeit deutlich, als Subjekt der Metaphysik die Ursachen, insofern sie „irgendeine Gesamtheit“ (Æumlatun m§) oder „Ganzes“ (kull) sind, zu setzen (d). Denn da das Wissen um die Teile eines Ganzen dem Wissen um dieses Ganze notwendig voraufgeht, müßte nicht die Gesamtheit, sondern ihre Teile als Subjekt dieser Wissenschaft bestimmt werden. Insofern also „Gesamtheit“ oder „Ganzes“ die Zusammensetzung aller ihrer Teile meinen, ist der Begriff „Teil“ definitorisch der frühere. Anders verhält es sich bei dem „Allgemeinen“ und dem „Partikularen“, z. B. „Ursache-Sein“ und „Wirkursache-“ oder „Formursache-Sein“. Der allgemeine Begriff „Ursache“ ist allen verschiedenen Ursachenarten gemeinsam. Als definitorischer Teil aller so-und-so bestimmten Ursachen ist er der einfachere und frühere Begriff. Die zusammengesetzte Gesamtheit, die als solche das gemeinsame Allgemeine ausschließt, als Subjekt zu fassen, kann darum als ein Versuch gedeutet werden, den letzten Ursachen, wenn auch nicht als Ursachen (b), dennoch das Subjekt-Sein zuzusprechen. Dieser Versuch führt jedoch schließlich dazu, die Teile, nämlich die vier Ursachen, als das Subjekt zu bestimmen und fällt insofern mit dem Bestimmugsmodus (c) zusammen, als beide, im Unterschied zu (b) auf die Verschiedenheit der einzelnen Ursachen bezogen sind. Während jedoch die Bestimmung „gemäß der Eigentümlichkeit jeder dieser Ursachen“ strativa non est ita in ceteris scientiis: unde debet esse in hac scientia. Quomodo igitur potest esse ut illud sit subiectum scientiae inter cuius inquisitiones quaerantur dispositiones eius cuius esse est quaesitum in ea?
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das „seiende als seiendes“
(c) die gemeinsame Washeit „Ursache-Sein“ nicht nur nicht ausschließt, sondern notwendig voraussetzt, so daß sich diese Washeit zu ihren Partikularia als Allgemeines verhält, vermag „die zusammengesetzte Gesamtheit“ (d) als solche die Heterogenität der einzelnen Teile nicht zu überbrücken. Ein solches aus Teilen konstituiertes, das Allgemeine ausschließendes Ganzes kann also die geforderte Einheit des Subjekts einer Wissenschaft nicht erfüllen. Nun wendet sich Ibn SÊn§ der Betrachtung der letzten der vier eingangs aufgestellten Möglichkeiten zu, nämlich die Ursachen, insofern sie Seiendes sind (a), als Subjekt dieser Wissenschaft zu bestimmen. Gesucht würde in der Metaphysik in diesem Falle nach dem, was den Ursachen auf Grund ihres Seiend-Seins und nur aus diesem Grund zukommt. Ibn SÊn§ zieht sogleich die Konsequenz aus einer solchen Bestimmung: „das erste Subjekt“ (al-maw·å#u l-"awwal) müßte dann „das Seiende als Seiendes“ (al-mawÆådu bi-m§ huwa mawÆådun) sein. Wie ist diese Schlußfolgerung zu verstehen? Bedeutet dies, daß die Subjektsetzung der letzten Ursachen mit der Hinsichtenbestimmung „insofern sie Seiendes sind“, auch wenn ihr Seiend-Sein hier lediglich hypothetisch gesetzt werden kann, richtig ist? Was meint „erstes Subjekt“? Heißt dies, daß das „Seiende als Seiendes“ jenes Allgemeine ist, zu dessen Partikularia dann die Ursachen zählen? Waren nun die drei zuvor genannten Hinsichtsbestimmungen (b, c, d) für das Subjekt dieser Wissenschaft schließlich in irgendeiner Weise stets auf die Washeit „Ursache-Sein“ bezogen, so wird dieser Bezug hier (a) gänzlich aufgehoben. „Seiend-sein“ ist für die Washeit „Ursache“ weder als Differenz konstitutiv, so daß es den Unterschied zu all dem, was nicht Ursache ist, fundiert, noch ist es eine Eigentümlichkeit der Ursachen als solcher. „Seiend-Sein“ steht in keinem „An-sich“-Verhältnis zur „Ursache“ als solcher. Würde es ein solches Verhältnis zu einem so-und-so bestimmten Etwas aufweisen, so müßte eben dieses Etwas, sofern es in der für die Metaphysik erforderlichen Weise bekannt ist, hier als Subjekt gesetzt werden. Wie jedoch Ibn SÊn§ an der bereits erwähnten Stelle in al-Burh§n (Zweite Analytik)187 mit allem Nachdruck betont, entbehren die gemeinsamsten Bestimmungen „Seiendes“ und „Eines“ in Bezug auf die Washeit der Subjekte aller partikularen Wissenschaften solch 187
Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) II 7, S. 165, Z. 3-10. Vgl. dazu Zweiter Teil, Kapitel II, 1, c).
die problemlösung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
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eines Verhältnisses. Da aber andererseits „Seiend-Sein“ diesen Washeiten weder als kategoriales Akzidens, noch als ein akzidentell Ausgesagtes zukommt, das von diesen abtrennbar wäre, sondern zu einer jeden Washeit in einem nicht aufhebbaren attributiven Verhältnis (luzåm) steht, so ließe sich hier nur noch auf Grund derselben Stelle und daher mit aller Vorsicht annehmen, daß es jenes allgemeine Gemeinsame zu sein vermag, das von all diesen washeitlich so-und-so bestimmten Seienden aussagbar ist, so daß sich dann diese bestimmten Seienden (z. B. die Zahl oder der Körper) zu ihm wie Partikularia verhalten würden. Das „Seiende als Seiendes“ schließt zwar auf Grund seiner nichtwasheitlichen Gemeinsamkeit keine dieser Washeiten, also auch nicht die der „Ursache“ aus, ist jedoch eben aus diesem Grunde nicht auf ein washeitlich je so-und-so bestimmtes Seiendes bezogen. Angewandt auf die vorgeschlagene Betrachtungsweise bedeutet dies, daß das Subjekt einer solchen Wissenschaft dann weder die Ursachen, noch ein so-und-so bestimmtes Seiendes sein können, und daß als solches nur ein zwar durch sich selbst bestimmtes Etwas, jedoch insofern und nur insofern es Seiendes ist, gefaßt werden muß. Damit erweist sich das Subjekt-Sein der letzten Ursachen mit der Hinsichtsbestimmung „insofern sie Seiendes sind“ (a), ganz unabhängig davon, daß ihr Seiend-Sein hier nur noch hypothetisch gesetzt werden konnte, als unmöglich. Da mit diesem letzten Betrachtungsaspekt (a) die Prüfung der letzten Ursachen im Hinblick auf ihr Subjekt-Sein für die Metaphysik abgeschlossen ist, gilt diese Unmöglichkeit nun schlechthin. Es ist an dieser Stelle noch hinzuzufügen, daß der Betrachtungsmodus „als Seiendes“ hier noch keineswegs ausgezeichnet worden ist. Deutlich wurde hingegen, daß „Seiend-sein“, im Unterschied zu den anderen Bestimmungen, die Washeit des Subjekts keineswegs bestimmen kann und daß es ferner, sollte seine Setzung für die Metaphysik begründet sein, nur ein Subjekt haben kann, nämlich das „Seiende“. Dieses wäre dann, als Subjekt der höchsten Wissenschaft, das erste in der Ordnung der Subjekte aller Wissenschaften. Es hat sich ferner gezeigt, daß das Subjekt der Metaphysik die Voraussetzung auf der Seite des taßawwur strikt erfüllen muß. Ein solches Subjekt darf dem Verstande also, anders als die „Ursache“, nicht bloß naheliegen, sondern muß ihm unmittelbar „durch sich selbst“ gegeben sein.
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das „seiende als seiendes“
3. Das „Seiende als Seiendes“ in seiner doppelten Erstheit a) Das „Seiende“ als erstes Subjekt der washeitlichen, den Subjekten aller partikularen Wissenschaften zugrundeliegenden Bestimmungen Am Anschluß an die skizzierte Widerlegung der beiden Auffassungen, Gott bzw. die letzten Ursachen seien Gegenstand der Metaphysik, wendet sich Ibn SÊn§ nun der eigentlichen Problemlösung zu. Diese wird, wie der programmatische Titel „Über die Bestimmung des Subjekts dieser Wissenschaft“ verrät, in al-"Il§hÊy§t (Metaphysik) I 2 dargelegt. Der Argumentationsstruktur liegen die folgenden Momente zugrunde: a) Die Subjekte der partikularen Wissenschaften sind Partikularia, die über ihre Grundstruktur als Seiende und expliziter dann als Substanz oder Qualität oder Quantität etc. hinaus, unter einer bestimmenden Hinsicht – z. B. Bewegung und Ruhe beim Körper als Gegenstand der Physik – betrachtet werden. Diese bestimmende Hinsicht ist einerseits zwar erst durch die Grundstruktur ermöglicht, denn eine Bestimmung wie die Bewegung kann nur dann Bestimmung sein, wenn sie begrifflich abgegrenzt ist, und wenn ferner das von ihr Explizierte, also ihr Subjekt, an sich ein eigenständiges und separates Seiendes ist. Angewandt auf die Physik bedeutet dies, daß der Körper nur dann Subjekt von Bewegung und Ruhe und damit Subjekt dieser Wissenschaft sein kann, wenn seine Seinsmöglichkeit und seine Substantialität, wie auch der Erweis, daß es so etwas wie Bewegung gibt, vorausgesetzt sind. Andererseits konstituiert ausschließlich und allein diese bestimmende Hinsicht – z. B. im Falle der Physik lautet sie „insofern der Körper sich bewegt und ruht“ – die Subjektgattung der jeweiligen Wissenschaft. Wonach in einer solchen Wissenschaft dann gefragt und was schließlich gewußt werden kann, ist ausschließlich das, was im Lichte dieser bestimmenden Hinsicht erkannt wird. Die zugrundeliegende Struktur des Körpers als Seiendes und Substanz kann von der Physik folglich nicht erfaßt werden. Die der Physik untergeordneten Wissenschaften sind jedoch in dieser Hinsicht noch „weiter davon entfernt“, denn sie haben gegenüber der Physik ein noch Bestimmteres zum Subjekt.188 Analog
188 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 2, S. 10, Z. 6-9, (=Liber de philosophia prima I 2, S. 9, Z. 59-63; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 7, Z. 6-11):
die problemlösung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
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dazu verhält es sich sowohl mit der Ethik189 als auch mit der Mathematik und den ihr untergeordneten Wissenschaften.190 Insofern die Logik, wie unten unter Punkt (c) gezeigt wird, ihr Subjekt ebenfalls nicht hinsichtlich dessen Möglichkeitsbedingungen, nämlich dessen „Was-“ und einfachen „Daß-Seins“, sondern unter einer bestimmten Qualität betrachtet, gilt dies auch für sie. b) Grundlegend ist ferner die bereits erörterte Forderung der Wissenschaftstheorie, daß keine Wissenschaft das „Was-es-ist“ und das einfache „Daß-es-ist“ ihres Subjekts ermitteln darf.191 Sollte das „Was“ und das „Daß“ ihres Subjektes in keiner der höheren Wissenschaften definiert bzw. bewiesen werden können, so verlöre die entsprechende Disziplin ihren Wissenschaftscharakter, denn das, wovon sie beweisend ausgeht, wäre dann nicht mehr ein bloß hypothetisch Angenommenes, sondern ein schlechthin nicht Begründbares. Für das Was-es-ist eines Subjekts, dessen Daß-Sein noch ein bloß hypothetisch Gesetztes ist, würde es bedeuten, daß man hierbei nicht von „wirklicher Definition“, d. h. von solchen begrifflichen Strukturen, an denen konkrete Einzeldinge als an ihren Wesensformen teilhaben, sondern lediglich von Erklärung der Wortbedeutungen (rasm) sprechen kann. Angesichts der bereits aus (a) resultierenden Notwendigkeit der Frage nach der erwähnten Grundstruktur muß also nach der Möglichkeit ihrer Untersuchung in einer der theoretischen Wissenschaften gefragt werden. c) Ibn SÊn§s Bezug zur Logik in diesem Zusammenhang bedarf einer gesonderten Erörterung. Das Subjekt der Logik sind die zwei-
، ﻭﻻ ﻣﻦ ﺟﻬﺔ ﻣﺎ ﻫﻮ ﺟﻮﻫﺮ، ﻭﻟﻢ ﻳﻜﻦ ﻣﻦ ﺟﻬﺔ ﻣﺎ ﻫﻮ ﻣﻮﺟﻮﺩ، ﺇﻥ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺍﻟﻄﺒﻴﻌﻲ ﻗﺪ ﻛﺎﻥ ﻣﻮﺿﻮﻋﻪ ﺍﻟﺠﺴﻢ ﻭﻟﻜﻦ ﻣﻦ ﺟﻬﺔ ﻣﺎ ﻫﻮ ﻣﻮﺿﻮﻉ ﻟﻠﺤﺮﻛﺔ، ﺃﻋﻨﻲ ﺍﻟﻬﻴﻮﻟﻰ ﻭﺍﻟﺼﻮﺭﺓ، ﻭﻻ ﻣﻦ ﺟﻬﺔ ﻣﺎ ﻫﻮ ﻣﺆﻟﻒ ﻣﻦ ﻣﺒﺪﺋﻴﻪ . ﻭﻛﺬﻟﻚ ﺍﻟﺨﻠﻘﻴﺎﺕ. ﻭ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ ﺍﻟﺘﻰ ﺗﺤﺖ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺍﻟﻄﺒﻴﻌﻲ ﺃﺑﻌﺪ ﻣﻦ ﺫﻟﻚ. ﻭﺍﻟﺴﻜﻮﻥ
Dico autem quod suum subiectum scientiae naturalis est corpus, non inquantum est ens, nec inquantum est substantia, nec inquantum est compositum ex suis duobus principiis, quae sunt hyle et forma, sed inquantum est subiectum motui et quieti. Scientiae vero quae sunt sub scientia naturali remotiores sunt ab hoc, similiter et morales. 189 Vgl. ebd. 190 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 2, S. 10, Z. 10-14, (=Liber de philosophia prima I 2, S. 9, Z. 64 – S. 10, Z. 72; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 7, Z. 12-18). 191 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) II 10, S. 184, Z. 7:
.ﻭﺃﻣﺎ ﻣﻮﺿﻮﻉ ﺍﻟﺼﻨﺎﻋﺔ ﻓﻘﺪ ﻳﺠﺐ ﺃﻥ ﻳﺼﺪﻕ ﺑﻪ ﻭﺃﻥ ﻳﺘﺼﻮﺭ ﺟﻤﻴﻌﺎ
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das „seiende als seiendes“
ten Intentionen (al-ma#§nÊ l-ma#qålatu t-t§niyah)192, nicht jedoch schlechthin, sondern lediglich hinsichtlich ihrer Qualität, die „das Fortschreiten vom Bekannten zum Unbekannten“ ermöglicht. Der in dieser Hinsicht enthaltenen Bestimmtheit geht jedoch, ebenso wie auch bei allen anderen partikularen Wissenschaften, notwendig eine andere vorauf, nämlich die, daß die zweiten Intentionen als Gedachtes, d. h. als ideal verwirklichte begriffliche Strukturen, etwas Eines und Separates sind und zudem eben als Gedachtes Sein im Verstande haben.193 Sie beziehen sich auf die Begriffe der ersten 192
Diese wirkungsgeschichtlich bedeutsame Subjektsbestimmung der Logik findet sich in Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 2, S. 10, Z. 17 – S. 11, Z. 2, (=Liber de philosophia prima I 2, S. 10, Z. 72-77; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 7, Z. 22-27). Vgl. dazu die folgende Anm. Zu den arabischen Termini #al§ l-qaßdi l-"awwal bzw. #al§ l-qaßdi t-t§nÊ vgl. K. Gyekye: The Terms „prima intentio“ and „secunda intentio“ in Arabic Logic, S. 32-38. Einen kurzen Überblick über die Position Ibn SÊn§s bietet anhand einiger ausgewählter Textstellen A. I. Sabra: Avicenna on the Subject Matter of Logic, S. 746-764. 193 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 2, S. 10, Z. 17 – S. 11, Z. 2, (=Liber de philosophia prima I 2, S. 10, Z. 72-77; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 7, Z. 22-27):
ﻓﻘﺪ ﻛﺎﻥ ﻣﻮﺿﻮﻋﻪ ﺍﻟﻤﻌﺎﻧﻰ ﺍﻟﻤﻌﻘﻮﻟﺔ ﺍﻟﺜﺎﻧﻴﺔ ﺍﻟﺘﻰ ﺗﺴﺘﻨﺪ ﺇﻟﻰ ﺍﻟﻤﻌﺎﻧﻰ ﺍﻟﻤﻌﻘﻮﻟﺔ، ﻛﻤﺎ ﻋﻠﻤﺖ، ﻭﺍﻟﻌﻠﻢ ﺍﻟﻤﻤﻨﻄﻘﻲ . ﻻ ﻣﻦ ﺟﻬﺔ ﻣﺎ ﻫﻲ ﻣﻌﻘﻮﻟﺔ ﻭ ﻟﻬﺎ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﺍﻟﻌﻘﻠﻰ، ﺍﻷﻭﻟﻰ ﻣﻦ ﺟﻬﺔ ﻛﻴﻔﻴﺔ ﻣﺎ ﻳﺘﻮﺻﻞ ﺑﻬﺎ ﻣﻦ ﻣﻌﻠﻮﻡ ﺇﻟﻰ ﻣﺠﻬﻮﻝ
Subiectum vero logicae, sicut scisti, sunt intentiones intellectae secundo, quae apponuntur intentionibus intellectis primo, secundum hoc quod per eas pervenitur de cognito ad incognitum, non inquantum ipsae sunt intellectae et habent esse intelligibile, quod esse nullo modo pendet ex materia, vel pendet ex materia, sed non corporea. Vgl. dazu auch at-Ta#lÊq§t, S. 167, Z. 14-22: „Das Subjekt der Logik sind die sich auf die ersten Intentionen stützenden zweiten Intentionen, insofern durch sie vom Bekannten zum Unbekannten fortgeschritten wird. Dies läßt sich wie folgt entfalten: in Bezug auf ein [reales] Ding gibt es erste Intentionen, wie ‘Körper’, ‘Lebewesen’ u. ä., wie es auch zweite Intentionen gibt, die sich auf die ersten stützen, nämlich ihr [der ersten Intentionen] Allgemeines-, Partikulares- und Konkretes-Sein. Die Betrachtung des Erweises der zweiten Intentionen betrifft die Metaphysik. Subjekt der Logik sind sie darum nicht hinsichtlich ihrer Seinsweise schlechthin – denn der Erweis ihrer Seinsweise wird dort [in der Metaphysik] vorgenommen, indem bestimmt wird, ob sie Sein im Konkreten oder in der Seele haben – sondern unter einer anderen Hinsicht, nämlich das auf Grundlage der zweiten Intentionen ermöglichte Fortschreiten vom Bekannten zum Unbekannten. Auch der Erweis dieser Hinsicht betrifft die Metaphysik und besteht darin, zu wissen, daß das Allgemeine Gattung, artbildende Differenz, Art, Proprium oder allgemeines Akzidens sein kann.“
ﻣﻦ ﺣﻴﺚ ﻳﺘﻮﺻﻞ ﺑﻬﺎ ﻣﻦ ﻣﻌﻠﻮﻡ ﺇﻟﻰ، ﻣﻮﺿﻮﻉ ﺍﻟﻤﻨﻄﻖ ﻫﻮ ﺍﻟﻤﻌﻘﻮﻻﺕ ﺍﻟﺜﺎﻧﻴﺔ ﺍﻟﻤﺴﺘﻨﺪﺓ ﺇﻟﻰ ﺍﻟﻤﻌﻘﻮﻻﺕ ﺍﻷﻭﻝ ﻭﻣﻌﻘﻮﻻﺕ ﺛﺎﻧﻴﺔ ﺗﺴﺘﻨﺪ، ﻛﺎﻟﺠﺴﻢ ﻭﺍﻟﺤﻴﻮﺍﻥ ﻭﻣﺎ ﺃﺷﺒﻬﻬﻤﺎ، ﻭﺷﺮﺡ ﺫﻟﻚ ﺃﻥ ﻟﻠﺸﻲﺀ ﻣﻌﻘﻮﻻﺕ ﺃﻭﻝ. ﻣﺠﻬﻮﻝ ﻭﺍﻟﻨﻈﺮ ﻓﻲ ﺇﺛﺒﺎﺕ ﻫﺬﻩ ﺍﻟﻤﻌﻘﻮﻻﺕ ﺍﻟﺜﺎﻧﻴﺔ ﻳﺘﻌﻠﻖ. ﻭﻫﻲ ﻛﻮﻥ ﻫﺬﻩ ﺍﻷﺷﻴﺎﺀ ﻛﻠﻴﺔ ﻭﺟﺰﺋﻴﺔ ﻭﺷﺨﺼﻴﺔ، ﺇﻟﻰ ﻫﺬﻩ
die problemlösung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
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Intention (al-ma#§nÊ l-ma#qålatu l-"ål§)194, die ihrerseits von den realen Dingen her gewonnen und stets auf diese bezogen sind. Das im letzten Falle Bedeutete (ma#n§) ist das reale Ding selbst, im ersten Falle aber der vom realen Ding her gewonnene Begriff, wobei diesem nun, als von den zweiten Intentionen Bedeutetem keine Realität in der Wirklichkeit mehr entspricht. Hinsichtlich der Gegenstandsbestimmung der Logik formuliert Ibn SÊn§ im Rahmen der Kritik an den Versuchen seiner Vorgänger Folgendes: „Das Wissen um die einzelnen [Dinge] (mufrad§t) ist auf zwei Weisen. Denn es ist entweder Wissen um diese, insofern sie die Disposition (min Èaytu hiya musta#iddah) zur erwähnten Zusammensetzung (ta"lÊf) haben, oder insofern sie Naturen und Dinge sind, denen jene Bestimmung, [nämlich die betreffende Zusammensetzung bilden zu können,] zukommt. Beispiel hierfür ist es, daß der Erbauer eines Hauses, das aus Holz und anderem zusammengesetzt wird, das Wissen um das Einfache [d. h. Nichtzusammengesetzte; wörtlich: Pl. basa"iã] des Hauses wie Holz, Ziegel und Lehm benötigt. Das Holz, die Ziegel und der Lehm haben jedoch Beschaffenheiten ("aÈw§l), auf Grund derer sie für das Haus und die Zusammensetzung geeignet sind, und andere Dispositionen, die hierfür unerheblich sind. Was also das angeht, daß das Holz von einer Substanz stammt, in der eine Pflanzenseele weilt, und daß seine Natur heiß oder kalt ist, oder daß seine Stellenordnung innerhalb der seienden Dinge (mawÆåd§t) so-und-so ist, dies braucht der Erbauer des Hauses nicht zu wissen. Daß aber das Holz hart oder weich, unversehrt oder wurmstichig und so weiter [sein kann], dies muß der Erbauer des Hauses wissen. Analog dazu verhält es sich mit der Disziplin der Logik, denn sie betrachtet die einzelnen Bestimmungen nicht insofern ihnen eine der Seinsweisen, nämlich in den konkreten Dingen oder im Denken zu sein, zukommt. Ferner betrachtet sie die Washeiten der Dinge nicht insofern sie Washeiten sind, sondern insofern sie Prädikate und Subjekte, Universales und Partikulares und anderes von dem sind, was diesen Begriffen in der bereits erwähnten Hinsicht zukommt …“195
ﻓﺈﻥ ﻧﺤﻮ ﻭﺟﻮﺩﻫﺎ ﻣﻄﻠﻘﺎ، ﻭﻫﻲ ﻣﻮﺿﻮﻋﺔ ﻟﻌﻠﻢ ﺍﻟﻤﻨﻄﻖ ﻻ ﻋﻠﻰ ﻧﺤﻮ ﻭﺟﻮﺩﻫﺎ ﻣﻄﻠﻘﺎ. ﺑﻌﻠﻢ ﻣﺎ ﺑﻌﺪ ﺍﻟﻄﺒﻴﻌﺔ ﻭﻫﻮ ﺃﻥ ﻳﺘﻮﺻﻞ ﻣﻨﻬﺎ ﻣﻦ، ﻭﻫﻮ ﺃﻧﻬﺎ ﻫﻞ ﻟﻬﺎ ﻭﺟﻮﺩ ﻓﻲ ﺍﻷﻋﻴﺎﻥ ﺃﻭ ﻓﻲ ﺍﻟﻨﻔﺲ – ﺑﻞ ﺑﺸﺮﻁ ﺁﺧﺮ، ﻳﺜﺒﺖ ﻫﻨﺎﻙ ﻭﻫﻮ ﺃﻥ ﺗﻌﻠﻢ ﺃﻥ ﺍﻟﻜﻠﻲ ﻗﺪ ﻳﻜﻮﻥ، ﻭﺇﺛﺒﺎﺕ ﻫﺬﻩ ﺍﻟﺸﺮﻃﻴﺔ ﻳﺘﻌﻠﻖ ﺑﻌﻠﻢ ﻣﺎ ﺑﻌﺪ ﺍﻟﻄﺒﻴﻌﺔ. ﻣﻌﻠﻮﻡ ﺇﻟﻰ ﻣﺠﻬﻮﻝ . ﻭﻗﺪ ﻳﻜﻮﻥ ﻋﺮﺿﺎ ﻋﺎﻣﺎ، ﻭﻗﺪ ﻳﻜﻮﻥ ﺧﺎﺻﺔ، ﻭﻗﺪ ﻳﻜﻮﻥ ﻧﻮﻋﺎ، ﻭﻗﺪ ﻳﻜﻮﻥ ﻓﺼﻼ، ﺟﻨﺴﺎ
194 Ibn Ruàd wird später von al-ma#qål§t al-"uwal und al-ma#qål§t at-taw§nÊ sprechen, Vgl. dessen TafsÊr m§ ba#d aã-ãabÊ#ah, ed. by M. Bouyges, Bd. 1, S. 306, Z. 16-17. 195 Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: I. al-MadÉal (Isagoge) I 4, S. 21, Z. 17 – S. 22, Z. 12:
das „seiende als seiendes“
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„Darüber sind einige in Verwirrung geraten, und haben sich in Unsinn verstrickt, aus dem Grund, daß sie das Subjekt der Logik und den Teilbereich (ßinf) der seienden Dinge, der ihr eigen ist, nicht wirklich (bi-l-Èaqiqati) erfaßt haben. Denn sie fanden zwei Weisen des Seienden vor: das Sein der Dinge von außerhalb (min ɧriÆin) und ihr Sein im Denken (fÊ d-dihni). So ließen sie die Betrachtung des Seins, welches von außerhalb ist, Sache einer oder mehrerer philosophischer Disziplinen sein, die Betrachtung des Seins [aber], welches im Denken ist und [die Betrachtung der Frage] wie es [d. h. das Sein] darin [d. h. im Denken] zu bestimmen ist (wa-kayfa yutaßawwaru fÊhi), Sache einer Disziplin oder eines Teils einer Disziplin. Sie haben dabei jedoch nicht unterschieden, so daß sie [dann, als Folge dessen] hätten wissen können (fa-ya#lamå), daß die Dinge im Denken entweder solche sind, die im Denken begrifflich vorgestellt (tußuwwirat) und von außen erworben werden, oder solche, die ihnen [d. h. den begrifflichen Vorstellungen] zukommen, insofern sie im Denken sind, so daß sie keine Entsprechung in den Dingen außerhalb haben. Das Wissen um die beiden Dinge (ma#rifatu h§dayni l-"amrayni) gehört somit einer Disziplin an, und [erst] dann wird eines von den beiden zum Subjekt der Disziplin der Logik, insofern ihm [d. h. dem Subjekt] etwas [Bestimmtes] zukommt. Was [die Frage] angeht, welches der beiden nun jenes ist, so handelt es sich dabei um den zweiten Teil. Hinsichtlich der Bestimmung, die [dem Subjekt] zukommt, muß gesagt werden, daß sie ein solches ist, das [das Subjekt der Logik] dahin zu führen vermag, daß in der Seele eine zuvor noch nicht vorhandene Denkform (ßårah #aqlÊyah) Bestand bekommt [d. h. erkannt wird], oder daß es [d. h. das Subjekt der Logik] dadurch diesen Prozeß unterstützt, oder dabei hilft, Hindernisse zu beseitigen.“196
ﻣﻦ ﺣﻴﺚ ﻫﻰ ﻣﺴﺘﻌﺪﺓ ﻷﻥ ﻳﺆﻟﻒ ﻣﻨﻬﺎ، ﻷﻧﻪ ﺇﻣﺎ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﻋﻠﻤﺎ ﺑﻬﺎ: ﻭﺍﻟﻌﻠﻢ ﺑﺎﻟﻤﻔﺮﺩﺍﺕ ﻳﻜﻮﻥ ﻋﻠﻰ ﻭﺟﻬﻴﻦ ﻭﻣﺜﺎﻝ ﻫﺬﺍ. ﻣﻦ ﺣﻴﺚ ﻫﻰ ﻃﺒﺎﺋﻊ ﻭﺃﻣﻮﺭ ﻳﻌﺮﺽ ﻟﻬﺎ ﺫﻟﻚ ﺍﻟﻤﻌﻨﻰ، ﻭﺇﻣﺎ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﻋﻠﻤﺎ ﺑﻬﺎ، ﺍﻟﺘﺄﻟﻴﻒ ﺍﻟﻤﺬﻛﻮﺭ ﱠﺃﻥ ﺍﻟﺒﻴﺖ ﺍﻟﺬﻱ ﻳﺆﻟﻒ ﻣﻦ ﺧﺸﺐ ﻭﻏﻴﺮﻩ ﻳﺤﺘﺎﺝ ﻣﺆﻟﻔﻪ ﺇﻟﻰ ﺃﻥ ﻳﻌﺮﻑ ﺑﺴﺎﺋﻂ ﺍﻟﺒﻴﺖ ﻣﻦ ﺍﻟﺨﺸﺐ ﻭﺃﺣﻮﺍﻻ ﺃﺧﺮﻯ ﺧﺎﺭﺟﺔ، ﻟﻜﻦ ﻟﻠﺨﺸﺐ ﻭﺍﻟﻠﺒﻦ ﻭﺍﻟﻄﻴﻦ ﺃﺣﻮﺍﻻ ﺑﺴﺒﺒﻬﺎ ﺗﺼﻠﺢ ﻟﻠﺒﻴﺖ ﻭﺍﻟﺘﺄﻟﻴﻒ ﻭﺍﻟﻠﺒﻦ ﻭﺍﻟﻄﻴﻦ ؛ ﱠ ﹴ ﺃﻭ ﺃﻥ ﻗﻴﺎﺳﻪ ﻣﻦ، ﺣﺎﺭﺓ ﺃﻭ ﺑﺎﺭﺩﺓ ﻭﺃﻥ ﻃﺒﻴﻌﺘﻪ ﹲ، ﻓﺄﻣﺎ ﱠﺃﻥ ﺍﻟﺨﺸﺐ ﻫﻮ ﻣﻦ ﺟﻮﻫﺮ ﻓﻴﻪ ﻧﻔﺲ ﻧﺒﺎﺗﻴﺔ. ﻣﻦ ﺫﻟﻚ ﹶ ﻭﺻﺤﻴﺢ، ﻓﻬﺬﺍ ﻻ ﻳﺤﺘﺎﺝ ﺇﻟﻴﻪ ﺑﺎﻧﻰ ﺍﻟﺒﻴﺖ ﹾﺃﻥ ﻳﻌﻠﻤﻪ ؛ ﻭﺃﻣﺎ ﱠﺃﻥ ﺍﻟﺨﺸﺐ ﺻﻠﺐ ﻭﺭﺧﻮ، ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩﺍﺕ ﻗﻴﺎﺱ ﻛﺬﺍ ﹶ ﹲ ﻭﻛﺬﻟﻚ ﺻﻨﺎﻋﺔ ﺍﻟﻤﻨﻄﻖ ﻓﺈﻧﻬﺎ ﻟﻴﺴﺖ ﺗﻨﻈﺮ. ﻓﺈﻧﻪ ﻣﻤﺎ ﻳﺤﺘﺎﺝ ﺑﺎﻧﻰ ﺍﻟﺒﻴﺖ ﺃﻥ ﻳﻌﻠﻤﻪ، ﻭﻏﻴﺮ ﺫﻟﻚ، ﻭﻣﺘﺴﻮﺱ ﻭﻻ، ﻣﻦ ﺣﻴﺚ ﻫﻰ ﻋﻠﻰ ﺃﺣﺪ ﻧﺤﻮﻯ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﺍﻟﺬﻱ ﻓﻲ ﺍﻷﻋﻴﺎﻥ ﻭﺍﻟﺬﻱ ﻓﻲ ﺍﻷﺫﻫﺎﻥ، ﻓﻲ ﻣﻔﺮﺩﺍﺕ ﻫﺬﻩ ﺍﻷﻣﻮﺭ ﺑﻞ ﻣﻦ ﺣﻴﺚ ﻫﻰ ﻣﺤﻤﻮﻻﺕ ﻭﻣﻮﺿﻮﻋﺎﺕ ﻭﻛﻠﻴﺎﺕ، ﻣﻦ ﺣﻴﺚ ﻫﻲ ﻣﺎﻫﻴﺎﺕ، ﺃﻳﻀﺎ ﻓﻲ ﻣﺎﻫﻴﺎﺕ ﺍﻷﺷﻴﺎﺀ . ﻭﻏﻴﺮ ﺫﻟﻚ ﻣﻤﺎ ﺇﻧﻤﺎ ﻳﻌﺮﺽ ﻟﻬﺬﻩ ﺍﻟﻤﻌﺎﻧﻰ ﻣﻦ ﺟﻬﺔ ﻣﺎ ﻗﻠﻨﺎﻩ ﻓﻴﻤﺎ ﺳﻠﻒ، ﻭﺟﺰﺋﻴﺎﺕ 196
Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: I. al-MadÉal (Isagoge) I 4, S. 23, Z. 8 – S. 24, Z. 2:
ﹺ ، ﻳﺤﺼﻠﻮﺍ ﺑﺎﻟﺤﻘﻴﻘﺔ ﻣﻮﺿﻮﻉ ﺍﻟﻤﻨﻄﻖ ، ﻭﺇﻧﻤﺎ ﺗﺒﻠﺪ ﻓﻲ ﻫﺬﺍ ﻣ ﹾﻦ ﺗﺒﻠﺪ ﺑﺴﺒﺐ ﺃﻧﻬﻢ ﻟﻢ ﹼ، ﻭﺗﺸﻮﺵ ﹶﻣ ﹾﻦ ﺗﺸﻮﺵ ﹶ ﱠ
die problemlösung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
143
Ibn SÊn§ verwendet hier, im MadÉal (Isagoge), wie auch, soweit ich es übersehen kann, in den gesamten logischen Schriften des Kit§b aà-àif§" zwar noch nicht die Ausdrücke „erste“ und „zweite Intentionen“, er erläutert jedoch nicht nur den Unterschied zwischen den beiden Bedeutungen, sondern auch, was als Subjekt der Logik fungieren kann. Es ist nämlich nicht Sache der Logik, das reale Ding oder den auf dieses bezogenen Begriff zu untersuchen, denn sie betrachtet den formalen Was-Gehalt der Dinge nicht als solchen, sondern lediglich insofern diesem in der Prädikation Subjekt- oder Prädikat-Sein, Universalität oder Partikularität, Wesentlichkeit oder Akzidentialität, Möglichkeit oder Notwendigkeit usw. zukommen. 197 Ferner unterstreicht Ibn SÊn§ an einer anderen Stelle, daß diese Bestimmungen keineswegs auf den von den realen Dingen gewonnenen Begriff als solchen applikabel sind. Dies geschieht erst dann, wenn dieser zum Gegenstand der logischen Analyse wird.198 Die ers-
، ﻭﺟﻮﺩ ﺍﻷﺷﻴﺎﺀ ﻣﻦ ﺧﺎﺭﺝ: ﹾﺇﺫ ﻭﺟﺪﻭﺍ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﻋﻠﻲ ﻧﺤﻮﻳﻦ، ﻭﺍﻟﺼﻨﻒ ﻣﻦ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩﺍﺕ ﺍﻟﺬﻯ ﻳﺨﺘﺺ ﺑﻪ ﻭﺍﻟﻨﻈﺮ ﻓﻲ، ﻭﻭﺟﻮﺩﻫﺎ ﻓﻲ ﺍﻟﺬﻫﻦ ؛ ﻓﺠﻌﻠﻮﺍ ﺍﻟﻨﻈﺮ ﻓﻲ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﺍﻟﺬﻯ ﻣﻦ ﺧﺎﺭﺝ ﻟﺼﻨﺎﻋﺔ ﺃﻭ ﺻﻨﺎﻋﺎﺕ ﻓﻠﺴﻔﻴﺔ ﹶ ﹶ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﺍﻟﺬﻯ ﻓﻲ ﺍﻟﺬﻫﻦ ﻭﺃﻧﻪ ﻛﻴﻒ ﻳﺘﺼﻮﺭ ﻓﻴﻪ ﻟﺼﻨﺎﻋﺔ ﺃﻭ ﺟﺰﺀ ﺻﻨﺎﻋﺔ ؛ ﻭﻟﻢ ﻳﻔﺼﻠﻮﺍ ﻓﻴﻌﻠﻤﻮﺍ ﱠﺃﻥ ﺍﻷﻣﻮﺭ ﺍﻟﺘﻰ ﻣﻦ ﺣﻴﺚ ﻫﻲ ﻓﻲ ﺍﻟﺬﻫﻦ، ﻭﺇﻣﺎ ﺃﻣﻮﺭ ﹶﺗﻌ ﹺﺮ ﹸﺽ ﻟﻬﺎ، ﻓﻲ ﺍﻟﺬﻫﻦ ﺇﻣﺎ ﺃﻣﻮﺭ ﹸﺗ ﹸﺼ ﹺﻮﺭﺕ ﻓﻲ ﺍﻟﺬﻫﻦ ﻣﺴﺘﻔﺎﺩﺓ ﻣﻦ ﺧﺎﺭﺝ ﱠ ﹲ ﹾ ﱠ ﹲ ﹼ ﹴ ﺛﻢ ﻳﺼﻴﺮ ﺃﺣﺪ ﻫﺬﻳﻦ ﺍﻷﻣﺮﻳﻦ ﻣﻮﺿﻮﻋﺎ، ﻟﺼﻨﺎﻋﺔ ﻓﺘﻜﻮﻥ ﻣﻌﺮﻓﺔ ﻫﺬﻳﻦ ﺍﻷﻣﺮﻳﻦ. ﻻ ﹸﻳﺤﺎﺫﻯ ﺑﻬﺎ ﺃﻣﺮ ﻣﻦ ﺧﺎﺭﺝ ﻓﻬﻮ ﺍﻟﻘﺴﻢ ﺍﻟﺜﺎﻧﻲ ؛ ﻭﺃﻣﺎ ﺃﻱ ﻋﺎﺭﺽ، ﻭﺃﻣﺎ ﺃﻱ ﻫﺬﻳﻦ ﺍﻷﻣﺮﻳﻦ ﺫﻟﻚ. ﻟﺼﻨﺎﻋﺔ ﺍﻟﻤﻨﻄﻖ ﻣﻦ ﺟﻬﺔ ﻋﺮﺽ ﻳﻌﺮﺽ ﻟﻪ ﹼ ﹼ ﺃﻭ ﻧﺎﻓﻌﺎ ﻓﻲ ﺫﻟﻚ، ﻓﻬﻮ ﺃﻧﻪ ﻳﺼﻴﺮ ﻣﻮﺻﻼ ﺇﻟﻰ ﺃﻥ ﺗﺤﺼﻞ ﻓﻲ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﺻﻮﺭﺓ ﺃﺧﺮﻯ ﻋﻘﻠﻴﺔ ﻟﻢ ﺗﻜﻦ، ﻳﻌﺮﺽ . ﺃﻭ ﻣﺎ ﻳﻌﺎﻭﻕ ﺫﻟﻚ ﺍﻟﻮﺻﻮﻝ، ﺍﻟﻮﺻﻮﻝ Diese Stelle wurde auch von M. Muthreich übersetzt, vgl. ders.: Theoretische Grundlagen im Gottesbegriff bei Avicenna, S. 18-19. 197 Vgl. auch Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: I. al-MadÉal (Isagoge) I 4, S. 22, Z. 7-12:
ﻣﻦ ﺣﻴﺚ ﻫﻲ ﻋﻠﻲ ﺃﺣﺪ ﻧﺤﻮﻱ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ، ﻭﻛﺬﻟﻚ ﺻﻨﺎﻋﺔ ﺍﻟﻤﻨﻄﻖ ﻓﺈﻧﻬﺎ ﻟﻴﺴﺖ ﺗﻨﻈﺮ ﻓﻲ ﻣﻔﺮﺩﺍﺕ ﻫﺬﻩ ﺍﻷﻣﻮﺭ ﺑﻞ ﻣﻦ ﺣﻴﺚ، ﻣﻦ ﺣﻴﺚ ﻫﻲ ﻣﺎﻫﻴﺎﺕ، ﻭﻻ ﺃﻳﻀﺎ ﻓﻲ ﻣﺎﻫﻴﺎﺕ ﺍﻷﺷﻴﺎﺀ، ﺍﻟﺬﻯ ﻓﻲ ﺍﻷﻋﻴﺎﻥ ﻭﺍﻟﺬﻯ ﻓﻲ ﺍﻷﺫﻫﺎﻥ ﻫﻲ ﻣﺤﻤﻮﻻﺕ ﻭﻣﻮﺿﻮﻋﺎﺕ ﻭﻛﻠﻴﺎﺕ ﻭﺟﺰﺋﻴﺎﺕ ﻭﻏﻴﺮ ﺫﻟﻚ ﻣﻤﺎ ﺇﻧﻤﺎ ﻳﻌﺮﺽ ﻟﻬﺬﻩ ﺍﻟﻤﻌﺎﻧﻰ ﻣﻦ ﺟﻬﺔ ﻣﺎ ﻗﻠﻨﺎﻩ ﻓﻴﻤﺎ . ﺳﻠﻒ
198 Vgl. auch Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: I. al-MadÉal (Isagoge) I 2, S. 15, Z. 9-12: „Wollen wir über die [realen] Dinge nachdenken und sie erkennen, so können wir nicht umhin, ihnen [d. h. den Dingen] Eingang in den taßawwur [d. h. in das Denken als begrifflich erfaßte Washeiten] zu gewähren, wodurch ihnen dann notwendig Merkmale zukommen werden, die [dem Sein] im Denken (taßawwur) [eigentümlich] sind. Auf die Betrachtung der Merkmale, die ihnen im Denken zukommen, sind wir
144
das „seiende als seiendes“
ten und die zweiten Intentionen kommen also nach dem oben Zitierten darin überein, Gedachtes zu sein, auch wenn dies nicht in der Weise der Univozität sein kann, da ja das jeweils Bedeutete je etwas anderes ist. Die zweiten Intentionen sind jedoch in ihrer Bezogenheit auf die ersten als Gedachtes stets diesen nachgeordnet. Wurde ihr Was in der Logik in Form der Umschreibung (rasm) bestimmt, so konnte die Frage nach ihrem Daß-Sein dort, in Absehung von dem wissenschaftstheoretischen Grundsatz, daß keine Wissenschaft ihr Subjekt erweist, schon deshalb nicht behandelt werden, da diesem das Daß-Sein der ersten Intentionen voraufgeht. Ibn SÊn§ zieht also die Konsequenz und erklärt, daß das Wissen um beide Arten des Gedachten, also auch um die zweiten Intentionen, Sache einer anderen, von der Logik verschiedenen Disziplin sein muß. Aus dem Gesagten wird deutlich, daß alle von den Dingen erworbenen und auf diese beziehbaren Begriffe erster Intention auch Gegenstand der Logik werden können, so daß der Umfang der Logik im Unterschied zu den partikularen Wissenschaften keineswegs eingeschränkt ist. Wenn aber die Logik im wesentlichen auf den Erkenntnisprozeß des menschlichen Verstandes ausgerichtet ist, dann erscheint ihre Zuordnung zu den theoretischen Wissenschaften fraglich, denn der Anspruch der letzteren ist ja, die Dinge als solche, d. h. unabhängig von menschlichem Tun, Wollen und Denken, zu betrachten.199 Da nun Ibn SÊn§s Bezug zur Logik im Zusammenhang von al-"Il§hÊy§t (Metaphysik) I 2 die Frage nach dem Status der Logik als Teil oder lediglich als Instrument der Philosophie nicht voraussetzt, werde ich hier auf diesen umfangreichen Themenkomplex200 nicht eingehen. aber notwendig insbesondere dann angewiesen, wenn wir das Ziel verfolgen, ausgehend vom Bekannten Unbekanntes durch Überlegen zu erfassen.“
ﻓﺘﻌﺮﺽ ﻟﻬﺎ ﺿﺮﻭﺭﺓﹰ ﺍﻷﺣﻮﺍﻝ، ﻓﻨﺤﺘﺎﺝ ﺿﺮﻭﺭﺓﹰ ﺃﻥ ﹸﻧ ﹾﺪ ﹺﺧﻠﻬﺎ ﻓﻲ ﺍﻟﺘﺼﻮﺭ، ﻭﺇﺫﺍ ﺃﺭﺩﻧﺎ ﺃﻥ ﻧﻔﻜﺮ ﻓﻲ ﺍﻷﺷﻴﺎﺀ ﻭﻧﻌﻠﻤﻬﺎ ﻭﺧﺼﻮﺻﺎ ﻭﻧﺤﻦ ﻧﺮﻭﻡ، ﻓﻨﺤﺘﺎﺝ ﺿﺮﻭﺭﺓﹰ ﺇﻟﻰ ﺃﻥ ﻧﻌﺘﺒﺮ ﺍﻷﺣﻮﺍﻝ ﺍﻟﺘﻰ ﻟﻬﺎ ﻓﻲ ﺍﻟﺘﺼﻮﺭ، ﺍﻟﺘﻰ ﺗﻜﻮﻥ ﻓﻲ ﺍﻟﺘﺼﻮﺭ . ﻭﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﺫﻟﻚ ﻣﻦ ﺍﻟﻤﻌﻠﻮﻣﺎﺕ، ﺑﺎﻟﻔﻜﺮﺓ ﺃﻥ ﻧﺴﺘﺪﺭﻙ ﺍﻟﻤﺠﻬﻮﻻﺕ Vgl. dazu auch die Übersetzung von M. Marmura: Avicenna on the Division of the Sciences in the Isagogè of his Shif§", in: Ders.: Probing in Islamic Philosophy, S. 12. 199 Vgl. dazu die in Anm. 31 (Zweiter Teil) bereits zitierte Stelle Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: I. al-MadÉal (Isagoge), I 2, S. 12, Z. 3-9. 200 Vgl. dazu Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: I. al-MadÉal (Isagoge) I 2: „Aufmerksammachen auf die Wissenschaften und die Logik“; I 3: „Der Nutzen der Logik“; I 4: „Das Subjekt der Logik“, sowie auch al-Manãiq: IV. al-Qiy§s (Erste Analytik) I 2.
die problemlösung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
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Ibn SÊn§ schließt nun auf Grund der oben unter (a) und (b) erwähnten Punkte auf die Notwendigkeit, der Substanz, insofern sie Substanz und Seiendes ist, dem Körper als Substanz, der Zahl und dem Maß, insofern sie Seiendes sind, und schließlich den von der Materie getrennten Formen ("umår ßårÊyah), oder solchen, deren Substrat kein körperliches ist – wie etwa der Denkseele in Bezug auf die in ihr bestehenden begrifflichen Strukturen – „eine eigene Untersuchung zu widmen“, die dann auch nach der Seinsweise all dieser fragt.201 Die erste Prämisse lautet also, daß das Betrachten dieser Gegenstände unter dem Gesichtspunkt ihres Seiend- und ihres jeweiligen Was-Seins notwendig ist. Die folgende zweite Prämisse für den endgültigen Schluß wird von Ibn SÊn§ zunächst postuliert und dann erwiesen. Sie besagt, daß die geforderte Untersuchung weder in der Wissenschaft, welche das Sinneswahrnehmbare (al-maÈsås§t) betrachtet, noch in derjenigen, die das untersucht, was dem realen Sein nach zwar im Sinneswahrnehmbaren ist, von diesem jedoch in seiner Definition abstrahiert wird, möglich sein kann.202 Die Unmöglichkeit, diese Betrachtung in der Physik oder in den mathematischen Wissenschaften durchzuführen, so nun die 201 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 2, S. 11, Z. 3-6, (=Liber de philosophia prima I 2, S. 10, Z. 79-84; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 8, Z. 1-7):
ﻭﻋﻦ ﺍﻟﻤﻘﺪﺍﺭ ﻭﺍﻟﻌﺪﺩ ﺑﻤﺎ، ﻭﻋﻦ ﺍﻟﺠﺴﻢ ﺑﻤﺎ ﻫﻮ ﺟﻮﻫﺮ، ﺛﻢ ﺍﻟﺒﺤﺚ ﻋﻦ ﺣﺎﻝ ﺍﻟﺠﻮﻫﺮ ﺑﻤﺎ ﻫﻮ ﻣﻮﺟﻮﺩ ﻭﺟﻮﻫﺮ ﻭﻋﻦ ﺍﻷﻣﻮﺭ ﺍﻟﺼﻮﺭﻳﺔ ﺍﻟﺘﻰ ﻟﻴﺴﺖ ﻓﻲ ﻣﺎﺩﺓ ﺃﻭ ﻫﻲ ﻓﻲ ﻣﺎﺩﺓ ﻏﻴﺮ ﻣﺎﺩﺓ، ﻭﻛﻴﻒ ﻭﺟﻮﺩﻫﻤﺎ، ﻫﻤﺎ ﻣﻮﺟﻮﺩﺍﻥ . ﻓﻤﻤﺎ ﻳﺠﺐ ﺃﻥ ﻳﺠﺮﺩ ﻟﻪ ﺑﺤﺚ، ﻭﺃﻧﻬﺎ ﻛﻴﻒ ﺗﻜﻮﻥ ﻭﺃﻱ ﻧﺤﻮ ﻣﻦ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﻳﺨﺼﻬﺎ، ﺍﻷﺟﺴﺎﻡ
Deinde consideratio de substantia inquantum est ens vel est substantia, vel de corpore inquantum est substantia, et de mensura et numero inquantum habent esse et quomodo habent esse, et de rebus formalibus quae non sunt in materia, vel, si sint in materia, non tamen corporea, et quomodo sunt illae, et quis modus est magis proprius illis, separatim per se debet haberi. 202 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 2, S. 11, Z. 7-8, (=Liber de philosophia prima I 2, S. 10, Z. 84-87; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 8, Z. 8-11):
، ﻭﻻ ﻣﻦ ﺟﻤﻠﺔ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺑﻤﺎ ﻭﺟﻮﺩﻩ ﻓﻲ ﺍﻟﻤﺤﺴﻮﺳﺎﺕ، ﻭﻟﻴﺲ ﻳﺠﻮﺯ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﻣﻦ ﺟﻤﻠﺔ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺑﺎﻟﻤﺤﺴﻮﺳﺎﺕ . ﻟﻜﻦ ﺍﻟﺘﻮﻫﻢ ﻭﺍﻟﺘﺤﺪﻳﺪ ﻳﺠﺮﺩﻩ ﻋﻦ ﺍﻟﻤﺤﺴﻮﺳﺎﺕ
Non enim potest esse subiectum alicuius scientiarum de sensibilibus nec alicuius scientiarum de eo quod habet esse in sensibilibus. Nam aestimatio est exspoliatio a sensibilibus.
146
das „seiende als seiendes“
Begründung, resultiert daraus, daß die zu untersuchenden Gegenstände entweder an sich keinen Bezug zur Materie aufweisen (Çayru muta#alliqin bi-l-m§ddati) – dies gilt für die Zahl als Zahl, schlechthin aber für die Substanz –, oder aber, wie z. B. die Ausdehnung (al-miqd§r), von der Materie zwar untrennbar, zugleich jedoch Prinzip für das Sein der natürlichen Körper sind, dem Sinneswahrnehmbaren daher wesentlich voraufgehen (mutaqaddimun bi-d-dati #al§ al-maÈsås§ti) und folglich nicht erst durch dieses konstituiert sein können.203 Die Schlußfolgerung lautet dann, daß die notwendig geforderte Untersuchung dieser Gegenstände allein in einer Wissenschaft unternommen werden kann, die das betrachtet, „was durch das Sinneswahrnehmbare nicht konstituiert ist“.204 203 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 2, S. 11, Z. 10 – S. 12, Z. 2, (=Liber de philosophia prima I 2, S. 10, Z. 88 – S. 12, Z. 1; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 8, Z. 13-29):
ﺃﻣﺎ ﺍﻟﺠﻮﻫﺮ ﹺ ﻭﺃﻣﺎ. ﻓﺒﻴﻦ ﺃﻥ ﻭﺟﻮﺩﻩ ﺑﻤﺎ ﻫﻮ ﺟﻮﻫﺮ ﻓﻘﻂ ﻏﻴﺮ ﻣﺘﻌﻠﻖ ﺑﺎﻟﻤﺎﺩﺓ ﻭﺇﻻ ﻟﻤﺎ ﻛﺎﻥ ﺟﻮﻫﺮ ﺇﻻ ﻣﺤﺴﻮﺳﺎ ﹲ ﹼ ﻭﺃﻣﺎ. ﻓﻬﻮ ﺑﻤﺎ ﻫﻮ ﻋﺪﺩ ﻏﻴﺮ ﻣﺘﻌﻠﻖ ﺑﺎﻟﻤﺤﺴﻮﺳﺎﺕ، ﺍﻟﻌﺪﺩ ﻓﻘﺪ ﻳﻘﻊ ﻋﻠﻰ ﺍﻟﻤﺤﺴﻮﺳﺎﺕ ﻭﻏﻴﺮ ﺍﻟﻤﺤﺴﻮﺳﺎﺕ ﻭﻣﻨﻪ ﻣﺎ ﻳﻘﺎﻝ، ﻭﻳﻌﻨﻰ ﺑﻪ ﺍﻟﺒﻌﺪ ﺍﻟﻤﻘﻮﻡ ﻟﻠﺠﺴﻢ ﺍﻟﻄﺒﻴﻌﻲ، ﻓﻴﻪ ﻣﺎ ﻗﺪ ﻳﻘﺎﻝ ﻟﻪ ﻣﻘﺪﺍﺭ، ﺍﻟﻤﻘﺪﺍﺭ ﻓﻠﻔﻈﻪ ﺍﺳﻢ ﻣﺸﺘﺮﻙ . ﻭﻗﺪ ﻋﺮﻓﺖ ﺍﻟﻔﺮﻕ ﺑﻴﻨﻬﻤﺎ. ﻭﻳﻌﻨﻰ ﺑﻪ ﻛﻤﻴﺔ ﻣﺘﺼﻠﺔ ﺗﻘﺎﻝ ﻋﻠﻰ ﺍﻟﺨﻂ ﻭﺍﻟﺴﻄﺢ ﻭﺍﻟﺠﺴﻢ ﺍﻟﻤﺤﺪﻭﺩ،ﻣﻘﺪﺍﺭ ﻭﻟﻜﻦ ﺍﻟﻤﻘﺪﺍﺭ ﺑﺎﻟﻤﻌﻨﻰ ﺍﻷﻭﻝ ﻭﺇﻥ ﻛﺎﻥ ﻻ ﻳﻔﺎﺭﻕ ﺍﻟﻤﺎﺩﺓ ﻓﺈﻧﻪ ﺃﻳﻀﺎ ﻣﺒﺪﺃ، ﻭﻟﻴﺲ ﻭﻻ ﻭﺍﺣﺪ ﻣﻨﻬﻤﺎ ﻣﻔﺎﺭﻗﺎ ﻟﻠﻤﺎﺩﺓ ﺑﻤﻌﻨﻰ ﺃﻧﻪ ﻳﺴﺘﻔﻴﺪ، ﻓﺈﺫﺍ ﻛﺎﻥ ﻣﺒﺪﺃ ﻟﻮﺟﻮﺩﻫﺎ ﻟﻢ ﻳﺠﺰ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﻣﺘﻌﻠﻖ ﺍﻟﻘﻮﺍﻡ ﺑﻬﺎ. ﻟﻮﺟﻮﺩ ﺍﻷﺟﺴﺎﻡ ﺍﻟﻄﺒﻴﻌﻴﺔ ﻓﻬﻮ ﺇﺫﺍ ﺃﻳﻀﺎ ﻣﺘﻘﺪﻡ ﺑﺎﻟﺬﺍﺕ ﻋﻠﻰ. ﺑﻞ ﺍﻟﻤﺤﺴﻮﺳﺎﺕ ﺗﺴﺘﻔﻴﺪ ﻣﻨﻪ ﺍﻟﻘﻮﺍﻡ، ﺍﻟﻘﻮﺍﻡ ﻣﻦ ﺍﻟﻤﺤﺴﻮﺳﺎﺕ . ﺍﻟﻤﺤﺴﻮﺳﺎﺕ
Manifestum est enim quod esse substantiae, inquantum est substantia tantum, non pendet ex materia; alioquin non esset substantia nisi sensibilis. Numero etiam accidit esse in sensibilibus et in non sensibilibus; unde numerus, inquantum numerus est, non pendet ex sensibilibus nec ex insensibilibus [Für die Worte „nec ex insensibilibus“ gibt es keine Entsprechung im arabischen Text]. Mensura etiam commune nomen est, quia mensura, vel intelligitur dimensio quae constituit corpus naturale, vel intelligitur quantitas continua quae dicitur de linea et superficie et corpore terminato. Tu autem iam scisti differentiam inter haec duo. Nulla autem earum est separata a materia. Mensura vero secundum primam acceptionem, quamvis non sit separata a materia, est tamen principium essendi corpora naturalia, nec tamen ob hoc potest esse ut constitutio eorum pendeat ex ea, quasi ipsa det eis constitutionem ipsam; tunc praecederet enim in esse ipsa sensibilia. 204 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 2, S. 12, Z. 11, (=Liber de philosophia prima I 2, S. 12, Z. 11-13; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 9, Z. 9-11.):
. ﻓﺒﻴﻦ ﺃﻥ ﻫﺬﻩ ﻛﻠﻬﺎ ﺗﻘﻊ ﻓﻲ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺍﻟﺬﻯ ﻳﺘﻌﺎﻃﻲ ﻣﺎ ﻻ ﻳﺘﻌﻠﻖ ﻗﻮﺍﻣﻪ ﺑﺎﻟﻤﺤﺴﻮﺳﺎﺕ
die problemlösung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
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Damit ist jedoch die Frage nach dem Subjekt dieser Wissenschaft noch nicht beantwortet. Angesichts der Vielheit der verschiedenen Gegenstände, die durch das Merkmal „dem Sinneswahrnehmbaren voraufgehend“ dem Gegenstandsbereich einer Wissenschaft zugewiesen wurden, müßte nun nach dem gefragt werden, welches dieser Vielheit gegenüber einheitsstiftend zu sein vermag. Denn das Subjekt einer Wissenschaft kann durchaus nicht nur ein singuläres – wie z. B. die Zahl in der Arithmetik –, sondern auch eine Mehrzahl an Subjekten sein, die jedoch in etwas Gemeinsamem übereinkommen, wie oben im Rahmen der Wissenschaftstheorie bereits erörtert wurde.205 Dieses die Einheit der vielen verschiedenen Subjekte begründende Gemeinsame wäre dann als das Subjekt der entsprechenden Wissenschaft aufzufassen. Es kann, wie Ibn SÊn§ an derselben Stelle erklärt206, dem gegenüber, dem es Gemeinsames ist, verschiedene Verhältnisarten aufweisen, etwa die einer Gattung gegenüber ihren Arten, oder die eines Prinzips gegenüber dem von ihm Prinzipiierten usw. Die Lösung fällt nun denkbar knapp aus: „Es ist nicht möglich, ein diesen [Gegenständen] gemeinsames Subjekt zugrundezulegen, so daß sie alle dessen Weisen (ȧl§tuhå) und das ihm Zukommende (#aw§ri·uhå) wären, außer das ‘Seiende’ (al-mawÆåd). Denn einige von diesen [Gegenständen] sind Substanzen, andere Quantitäten, andere wiederum andere Kategorien, und es vermag kein wirklicher Begriff (ma#nan muÈaqqaq) diese207 zu umfassen, außer der erkenntnisunabhängige Realität erfassende Begriff des Seienden (ÈaqÊqatu ma#n§ l-mawÆåd208).“209 Manifestum est igitur quod haec omnia cadunt in scientiam quae profitetur id cuius constitutio non pendet ex sensibilibus. 205 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) II 6, S. 157, Z. 5-14. 206 Vgl. ebd. 207 Das pronominale Objekt des Verbs steht im Dual. Zu erwarten wäre aber der Plural. Dieser Umstand beeinträchtigt jedoch keineswegs die kontextuelle Eindeutigkeit. Es wäre möglich, daß mit dem Dual die Zweiteilung in Substanz und Akzidens bezeichnet werden soll. 208 Die Editoren der Metaphysik des Kit§b aà-àif§", G. C. Anawati und S. Z§yid, haben hier der Variante „wuÆåd“ den Vorzug gegeben. Dieser Entscheidung schließt sich offensichtlich auch Marmura an (vlg. Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 9, Z. 15). Ich entscheide mich hingegen für die Variante „mawÆåd“, die die Handschriften „B“ und „M“ verzeichnen. Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 2, S. 12, Z. 11, Anm. 14 des kritischen Apparates. Zur Liste der verwendeten Handschriften vgl. S. (31). 209 Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 2, S. 12, Z. 12-14, (=Liber de philosophia prima I 2, S. 12, Z. 14-18; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 9, Z. 11-15):
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das „seiende als seiendes“
Bevor die von Ibn SÊn§ an dieser Stelle vorgetragene Lösung erörtert wird, sollen zunächst die von mir vorgeschlagenen Übersetzungen „der erkenntnisunabhängige Realität erfassende Begriff des Seienden“ (ÈaqÊqatu ma#n§ l-mawÆåd) und „wirklicher Begriff“ (ma#nan muÈaqqaq) gerechtfertigt werden, was die Klärung der Bedeutungen von „muÈaqqaq“ und „ÈaqÊqah“ erforderlich macht: „ÈaqÊqah“ meint, wie noch insbesondere im Zuge der Analyse von Metaphysik I 5 sichtbar werden wird, im allgemeinen die Wirklichkeit (Wahrheit) einer Sache und ist als solche nicht auf den Bereich der extramentalen bzw. verstandesunabhängigen Realität reduziert. Der Begriff „ÈaqÊqah“ wird zwar auch synonym zu „Washeit“ (m§hÊyah), also zu dem washeitlich so-und-so bestimmten Sein einer Sache verwendet, müßte jedoch insofern von „Washeit“ unterschieden werden, als diese, wie sich bereits mehrfach zeigte, auch die Bedeutung von bloßer Explikation eines Namens haben kann. Sofern also ein von einem Wort bezeichneter Inhalt auf nichts Wirkliches zutreffen kann, wie dies etwa beim berühmten Beispiel „Bockhirsch“ der Fall ist, kann dieser Inhalt nicht als „ÈaqÊqah“ bezeichnet werden, weil ihm keinerlei Verwirklichung möglich ist. Ganz entgegengesetzter Art ist das Verhältnis des Begriffes „ÈaqÊqah“ zum Begriff „Washeit“, sofern mit letzterem das Was-Sein eines Seienden gemeint ist. Denn ebenso wie der bloße, gegenüber seiner Verwirklichung im Konkreten und als Gedachtes einfachere und frühere Inhalt – wie etwa „Pferdheit“ gegenüber dem konkreten realen Pferd, bzw. dem allgemeinen, von mehrerem aussagbaren Begriff „Pferd-zu-sein“ – „Washeit“ (m§hÊyah), „Bestimmtheit“ (àay"), oder „Washeitlichkeit“ (àay"Êyah) genannt wird, kann er auch als „ÈaqÊqah“ bezeichnet werden, womit jedoch dann nicht mehr die bloße Washeit, sondern die Möglichkeit ihrer Bezugssetzung zur Wirklichkeit, also ihre ontologische Vermögendheit zum Ausdruck gebracht wird. In dieser Bedeutung meint „ÈaqÊqah“ ein beiden Wirklichkeitsmodi Gemeinsames und
ﻓﺈﻥ ﺑﻌﻀﻬﺎ. ﻭﻻ ﻳﺠﻮﺯ ﺃﻥ ﻳﻮﺿﻊ ﻟﻬﺎ ﻣﻮﺿﻮﻉ ﻣﺸﺘﺮﻙ ﺗﻜﻮﻥ ﻫﻲ ﻛﻠﻬﺎ ﺣﺎﻻﺗﻪ ﻭﻋﻮﺍﺭﺿﻪ ﺇﻻ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﻭﺑﻌﻀﻬﺎ ﻣﻘﻮﻻﺕ ﺃﺧﺮﻯ ؛ ﻭﻟﻴﺲ ﻳﻤﻜﻦ ﺃﻥ ﻳﻌﻤﻬﻤﺎ ﻣﻌﻨﻰ ﻣﺤﻘﻖ ﺇﻻ ﺣﻘﻴﻘﺔ ﻣﻌﻨﻰ، ﻭﺑﻌﻀﻬﺎ ﻛﻤﻴﺎﺕ، ﺟﻮﺍﻫﺮ . [ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ: ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ] ﻓﻲ ﺍﻟﻤﺘﻦ
Sed non potest poni eis subiectum commune, ut illorum omnium sint dispositiones et accidentalia communia, nisi esse. Quaedam enim eorum sunt substantiae, et quaedam quantitates, et quaedam alia praedicamenta; quae non possunt habere communem intentionem qua certificentur nisi intentionem essendi.
die problemlösung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
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ihnen gegenüber Unbestimmtes. Der Individualität in der extramentalen Wirklichkeit, bzw. der Allgemeinheit des begrifflich Gedachten, insofern dieses auf reale Dinge bezogen werden kann, geht also ein Einfacheres und der Bestimmtheit dieser beiden Wirklichkeitsmodi gegenüber Indifferentes vorauf, was als Möglichkeit zur Verwirklichung (taÈßÊl, tubåt)210 der jeweiligen Washeit verstanden werden muß. Die beiden Verwirklichungsmodi, das verstandesunabhängige WirklichSein bzw. das Bestand-Haben im Denken sind jedoch allein der Ermöglichungsgrund dafür, daß die jeweilige ÈaqÊqah dann Träger weiterer Bestimmungen wird, oder anders gesagt, daß ihr dann bestimmte der jeweiligen Seinsart spezifische Eigenschaften zukommen können. Bevor nun die von mir oben vertretene Übersetzung von „ma#nan muÈaqqaq“ als „wirklicher Begriff“ begründet wird, wäre zunächst die Bedeutung von muÈaqqaq als philosophischer Terminus zu klären. Dies ist Partizip Passiv von Èaqqaqa-yuÈaqqiqu-taÈqÊqan, und meint im allgemeinen etwas, das vollständig abgegrenzt und determiniert ist. Der Begriff taÈqÊq, d. h. eine der Bestimmung einer Sache dienende Untersuchung, ist im Kontext einer Wissenschaft nicht auf eine bestimmte Fragestellung und demgemäß auch nicht auf ein bestimmtes Erkenntnisziel eingeschränkt. taÈqÊq kann darum sowohl der Explikation einer Wortbedeutung (àarÈu l-ismi), der Definition einer Sache (taÈdÊd) oder dem bloßen Bewußtmachen eines Begriffsinhaltes (tanbÊh) – das ja, wie noch gezeigt wird, als einziges Verfahren hinsichtlich eines „durch sich selbst Bekannten“ möglich ist – gelten, als auch dem Daß-Sein einer Sache (wuÆåd/hallÊyah), d. h. der Frage nach dem absoluten „Ob-es-etwas-Bestimmtes-überhaupt-gibt“, oder der Frage, ob etwas einem Bestimmten zukommt. Oder anders formuliert: taÈqÊq als wissenschaftliche Untersuchung schließt weder den Bereich des taßawwur noch den des taßdÊq aus. Wenn nun Ibn SÊn§ an der oben zitierten Stelle von einem solchen durch ein Wort Bedeuteten spricht, das muÈaqqaq sein soll, so kann muÈaqqaq hier nur 210 Darauf, daß die beiden Sprachausdrücke „mutbat“ und „muÈaßßal“ nicht nur synonym sind, sondern auch dieselbe Begriffsstruktur bezeichnen, die auch „mawÆåd“ bedeutet, verweist Ibn SÊn§ in al-"Il§hÊy§t I 5, S. 31, Z. 3, (=Liber de philosophia prima I 5, S. 34, Z. 51-52; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 24, Z. 12-13; vgl. dazu die Anm. 52 im kritischen Apparat der lateinischen Edition):
. ﻭﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﻭﺍﻟﻤﺜﺒﺖ ﻭﺍﻟﻤﺤﺼﻞ ﺃﺳﻤﺎﺀ ﻣﺘﺮﺍﺩﻓﺔ ﻋﻠﻰ ﻣﻌﻨﻰ ﻭﺍﺣﺪ
Ens vero et aliquid sunt nomina multivoca unius intentionis.
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das „seiende als seiendes“
als primär auf das Daß-Sein Bezogenes verstanden werden. Denn ohne dieses kann, wie sich schon oft gezeigt hat, nicht nach dem Wesenswas gefragt werden. Wenn also eine durch das Wort bedeutete begriffliche Struktur hinsichtlich ihres Daß-Seins „muÈaqqaq“ genannt wird, so meint dies, daß ihr Daß-Sein bekannt ist, gleichermaßen ob es sich dabei um ein „durch sich selbst Bekanntes“ oder durch Beweis Erworbenes handelt, so daß dann nicht nur die Wesensdefinition, sondern auch der prädikative Bezug auf reale Gegenstände ermöglicht wird. Die Bedeutung dessen, was ich als Übersetzung von ma#nan muÈaqqaq vorgeschlagen habe, nämlich „wirklicher Begriff“, muß also zweifach abgegrenzt werden: einerseits gegenüber solchem wie „Bockhirsch“, das auf keinen einzigen realen Gegenstand zutrifft, und andererseits gegenüber den „zweiten Intentionen“, denen ja im Konkreten nichts Reales entspricht. Unter „wirklichem Begriff“ kann damit nur eine begriffliche Struktur erster Intention verstanden werden, oder eben das, was Ibn SÊn§ im Burh§n (Zweite Analytik) I 1 „taßawwur§tun ÈaqÊqÊyah“ (Pl.) nennt.211 Ein wenig später in demselben Kapitel gibt Ibn SÊn§ selbst Aufschluß darüber, was „muÈaqqaq“ an dieser Stelle meint. Denn dort verweist er darauf, daß der Begriff „Seiendes“ den formalen, auf das Subjekt der höchsten Wissenschaft angewandten Bedingungen der Wissenschaftstheorie genügt, da das Wissen um sein Was- und sein Daß-Sein nicht erworben werden muß.212 Er ist also nicht als Ergebnis einer Untersuchung „vollständig bestimmt“ worden, was im allgemeinen erst als Ergebnis der Definitionsfindung der Fall ist, sondern fällt unter eine besondere Kategorie des „Bestimmten“, nämlich unter die eines solchen, das vorab zu jeder erworbenen Erkenntnis schon als bestimmt erkannt ist. Nun zurück zur oben von Ibn SÊn§ vorgetragenen Lösung. Angesichts der kategorialen Verschiedenheit der Subjekte der parti211 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) I 1, S. 53, Z. 15-18; vgl. dazu auch Zweiter Teil, Kapitel II, 1, b). 212 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 2, S. 13, Z. 8-10, (=Liber de philosophia prima I 2, S. 12, Z. 30-32; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 9, Z. 31-35):
ﻭﺃﻧﻪ ﻳﺠﺐ ﺃﻥ ﻳﺠﻌﻞ ﺍﻟﻤﻮﺿﻮﻉ ﻟﻬﺬﻩ ﺍﻟﺼﻨﺎﻋﺔ، ﻓﻈﺎﻫﺮ ﻟﻚ ﻣﻦ ﻫﺬﻩ ﺍﻟﺠﻤﻠﺔ ﺃﻥ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﺃﻣﺮ ﻣﺸﺘﺮﻙ ﻟﺠﻤﻴﻊ ﻫﺬﻩ ... ﻭﻷﻧﻪ ﻏﻨﻲ ﻋﻦ ﺗﻌﻠﻢ ﻣﺎﻫﻴﺘﻪ ﻭﻋﻦ ﺇﺛﺒﺎﺗﻪ. ﻟﻤﺎ ﻗﻠﻨﺎ
Igitur ostensum est tibi ex his omnibus quod ens, inquantum est ens, est commune omnibus his et quod ipsum debet poni subiectum huius magisterii, et quia non eget inquiri an sit et quid sit …
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kularen Wissenschaften bzw. ihrer Teile – denn Substanz, Körper und seine Prinzipien sind der Substanzkategorie zuzuordnen, Zahl und Maß in seinen beiden verschiedenen Bedeutungen213 sind Quantitäten, die zweiten Intentionen fallen offensichtlich unter die Qualitätskategorie214 – können diese nur dann von einem gemeinsamen Subjekt umfaßt werden, so daß dieses dann wie folgt einteilbar wäre: „einige S sind Substanzen“, „einige S sind Qualitäten“, „einige S sind Quantitäten“ etc., wenn dieses die prinzipielle Verschiedenheit der Washeit der zehn obersten Gattungen wahrt. Diese ist aber dadurch gekennzeichnet, daß es über den zehn letzten Gattungen eben keine gemeinsame Gattung mehr gibt. Wäre „Seiendes“ ein den zehn Kategorien gemeinsamer Gattungsbegriff, so müßte es in jeder der zehn obersten Washeiten als ein gemeinsamer, washeitlich konstituierender Teil enthalten sein. In diesem Falle würde die schon von Aristoteles vertretene Gattungsaporie215 drohen. Im MadÉal (Isagoge) I 11 des Kit§b aà-àif§" führt Ibn SÊn§ im Kontext der Prädikabilienlehre216 die folgende Analogie zwischen den zwei Klassen allgemeiner substantieller Termini Art (naw#) und Gattung (Æins) durch: Die beiden Extreme der substantiellen,217 im 213 Neben der bereits erwähnten Bedeutung von „Maß“ (miqd§r) als Ausdehnung des natürlichen Körpers, gibt Ibn SÊn§ noch eine zweite an: als indiskrete Quantität der Linie, der Fläche und des mathematischen Körpers. Es liegt also ein Fall von Homonymie vor. Vgl. dazu Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 2, S. 11, Z. 14ff., (=Liber de philosophia prima I 2, S. 10, Z. 92ff.; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 8, Z. 18ff.). 214 Daß also auch die zweiten Intentionen, unter dem Gesichtspunkt ihres „Was-“ und ihres „Daß-Seins“ im Denken betrachtet, unter den oben durch das Merkmal „dem Sinneswahrnehmbaren voraufgehend“ ausgewiesenen Gegenstandsbereich dieser Wissenschaft fallen, ist nun offensichtlich, insofern eben dieses Merkmal von ihnen behauptet werden kann. Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 2, S. 12, Z. 10-11, (=Liber de philosophia prima I 2, S. 11, Z. 10 – S. 12, Z. 13; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 9, Z. 7-11):
ﻓﺒﻴﻦ ﺃﻥ ﻫﺬﻩ ﻛﻠﻬﺎ ﺗﻘﻊ ﻓﻲ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺍﻟﺬﻯ. ﻓﺄﻣﺎ ﻣﻮﺿﻮﻉ ﺍﻟﻤﻨﻄﻖ ﻣﻦ ﺟﻬﺔ ﺫﺍﺗﻪ ﻓﻈﺎﻫﺮ ﺃﻧﻪ ﺧﺎﺭﺝ ﻋﻦ ﺍﻟﻤﺤﺴﻮﺳﺎﺕ . ﻳﺘﻌﺎﻃﻲ ﻣﺎ ﻻ ﻳﺘﻌﻠﻖ ﻗﻮﺍﻣﻪ ﺑﺎﻟﻤﺤﺴﻮﺳﺎﺕ
Subiectum etiam logicae secundum se manifestum est esse praeter sensibilia. Manifestum est igitur quod haec omnia cadunt in scientiam quae profitetur id cuius constitutio non pendet ex sensibilibus. 215 Vgl. Aristoteles: Metaphysik III 3, 998b 17-28. 216 Vgl. dazu Porphyrius: Isagoge 2a12ff. 217 Zur der aristotelischen vierteiligen Klassifikation der Prädikate in der Aussage vgl. Topik I 8, 103bff., zur Einteilung in substantielle ( τί ἐστι) und akzidentielle (ποῖόν τί ἐστι) Prädikation bei Porphyrius, vgl. Isagoge 1b19ff.
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das „seiende als seiendes“
Sinne des „Was-es-ist“ im folgenden auch als „washeitlich“ bezeichneten Prädikate haben im Unterschied zu den substantiellen Prädikaten zwischen den Extremen einen letzten und daher nicht mehr relationalen Charakter. So ist z. B. in der Kategorie der Substanz die Substanz die gemeinsamste und oberste Gattung. Da es über ihr keine Gattung mehr gibt, kann sie auch nicht als Art fungieren. Analog dazu ist „Mensch“, um bei demselben Beispiel zu bleiben, also in der Kategorie der Substanz, eine letzte oder speziellste Art, weil es unter ihr keine weitere Art gibt. Da es also unter „Mensch“ keine Arten, sondern nur Individuen wie Zayd und #Amr gibt, kann „Mensch“ gegenüber diesen Individuen keine Gattung sein.218 Nun aber, führt Ibn SÊn§ fort, gibt es unter der untersten Art auch allgemeine Bestimmungen, wie z. B. bei dem Artbegriff „Mensch“ „des Schreibens Kundiger“ (k§tib), „Seemann“ oder „Türke“, auch wenn diese keine Arten sind. „Es ist daher durchaus möglich (l§ yab#udu), daß es analog dazu über den obersten Gattungen Prädikate gibt, die selbst keine Gattungen sind, sondern untrennbare attributive Bestimmungen (ma#§nin l§zimah), welche jeweils einigen
218
Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: I. al-MadÉal (Isagoge) I 11, S. 62, Z. 6 – S. 63,
Z. 2:
ﻭﻻ ﻳﺼﻠﺢ ﺃﻥ ﻳﻨﻘﻠﺐ ﺑﺎﻋﺘﺒﺎ ﹴﺭ ﺁﺧﺮ ﻧﻮﻋﺎ ؛ ﺇﺫ ﻻ ﻳﻜﻮﻥ ﻓﻮﻗﻪ ﺟﻨﺲ، ﺍﻟﺠﻨﺲ ﻣﻨﻪ ﻣﺎ ﻳﻜﻮﻥ ﺟﻨﺴﺎ: ﻓﻨﻘﻮﻝ ﺍﻵﻥ ﹶ ﻭﻛﺬﻟﻚ ﺍﻟﻨﻮﻉ ﻣﻨﻪ ﻣﺎ. ﺃﻋﻢ ﻣﻨﻪ ؛ ﻭﻣﻨﻪ ﻣﺎ ﻳﺼﻠﺢ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﻧﻮﻋﺎ ﺑﺎﻋﻨﺒﺎﺭ ﺁﺧﺮ ﺇﺫ ﻳﻜﻮﻥ ﻓﻮﻗﻪ ﺟﻨﺲ ﺃﻋﻢ ﻣﻨﻪ ﻳﻜﻮﻥ ﻧﻮﻋﺎ ﻭ ﻻ ﻳﺼﻠﺢ ﺃﻥ ﻳﻨﻘﻠﺐ ﺟﻨﺴﺎ ؛ ﺇﺫ ﻻ ﻳﻜﻮﻥ ﺗﺤﺘﻪ ﻧﻮﻉ ﺃﺧﺺ ﻣﻨﻪ ؛ ﻭﻣﻨﻪ ﻣﺎ ﻳﺼﻠﺢ ﺃﻥ ﻳﻨﻘﻠﺐ ﺟﻨﺴﺎ ، ﺟﻨﺲ ﻋﺎﻝ ﻟﻴﺲ ﺑﻨﻮﻉ ﺃﻟﺒﺘﺔ: ﻓﻨﺮﺗﺐ ﻟﻠﺠﻨﺲ ﻣﺮﺍﺗﺐ ﺛﻼﺛﺎ. ﺑﺎﻋﻨﺒﺎﺭ ﺁﺧﺮ ؛ ﺇﺫ ﻻ * ﻳﻜﻮﻥ ﺗﺤﺘﻪ ﻧﻮﻉ ﺃﺧﺺ ﻣﻨﻪ ﻭﻛﺬﻟﻚ. ﻭﺟﻨﺲ ﺳﺎﻓﻞ ﻫﻮ ﻧﻮﻉ ﻭﺟﻨﺲ ﻟﻴﺲ ﺗﺤﺘﻪ ﺟﻨﺲ، ﻭﺟﻨﺲ ﻣﺘﻮﺳﻂ ﻫﻮ ﻧﻮﻉ ﻭﺟﻨﺲ ﺗﺤﺘﻪ ﺃﺟﻨﺎﺱ ﻭﻧﻮﻉ ﻋﺎﻝ ﺗﺤﺖ ﺟﻨﺲ ﺍﻷﺟﻨﺎﺱ، ﻓﻠﻴﺲ ﺑﺠﻨﺲ ﺃﻟﺒﺘﺔ، ﻧﻮﻉ ﺳﺎﻓﻞ ﻟﻴﺲ ﺗﺤﺘﻪ ﻧﻮﻉ ﺃﻟﺒﺘﺔ: ﻳﻜﻮﻥ ﻓﻲ ﺑﺎﺏ ﺍﻟﻨﻮﻉ ﻭﻧﻮﻉ ﻣﺘﻮﺳﻂ ﻫﻮ ﻧﻮﻉ ﻭﺟﻨﺲ ﻭﺟﻨﺴﻪ ﻧﻮﻉ ؛ ﻭﺍﻟﻤﺜﺎﻝ ﺍﻟﻤﺸﻬﻮﺭ ﻟﻬﺬﺍ ﻫﻮ ﻣﻦ ﻣﻘﻮﻟﺔ، ﺍﻟﺬﻯ ﻟﻴﺲ ﺑﻨﻮﻉ ﺃﻟﺒﺘﺔ ﻭﺗﺤﺖ ﺍﻟﺠﺴﻢ ﺍﻟﺠﺴﻢ ﺫﻭ ﺍﻟﻨﻔﺲ ؛ ﻭﺗﺤﺖ، ﻭﺗﺤﺘﻪ ﺍﻟﺠﺴﻢ، ﻓﺈﻥ ﺍﻟﺠﻮﻫﺮ ﺟﻨﺲ ﻻ ﺟﻨﺲ ﻓﻮﻗﻪ ﺍﻟﺠﻮﻫﺮ ؛ ﱠ ﹸ ﻭﺗﺤﺖ، ﻭﺗﺤﺖ ﺍﻟﺤﻴﻮﺍﻥ ﺍﻟﻨﺎﻃﻖ ﺍﻹﻧﺴﺎﻥ، ﻟﺤﻴﻮﺍﻥ ﺍﻟﻨﺎﻃﻖ ﻭﺗﺤﺖ ﺍﻟﺤﻴﻮﺍﻥ ﺍ، ﺍﻟﺠﺴﻢ ﺫﻯ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﺍﻟﺤﻴﻮﺍﻥ ﹸ ﺇﺫ ﻟﻴﺲ، ﻭﺍﻟﺠﻮﻫﺮ ﻫﻮ ﺟﻨﺲ ﺍﻷﺟﻨﺎﺱ. ﻓﺰﻳﺪ ﻭﻋﻤﺮﻭ ﻭﺃﺷﻜﺎﻟﻬﻤﺎ ﻫﻲ ﺍﻷﺷﺨﺎﺹ، ﺍﻹﻧﺴﺎﻥ ﺯﻳﺪ ﻭﻋﻤﺮﻭ . ﺇﺫ ﻟﻴﺲ ﺗﺤﺘﻪ ﻧﻮﻉ، ﻓﻮﻗﻪ ﺟﻨﺲ ؛ ﻭﺍﻹﻧﺴﺎﻥ ﻫﻮ ﻧﻮﻉ ﺍﻷﻧﻮﺍﻉ
* Die Negationspartikel „l§“ in dem oben angegebenen Text muß m. E. abweichend von der Entscheidung des Herausgebers und in Übereinstimmung mit zwei im Apparat genannten Handschriften getilgt werden. Vgl. ebend., Kritischer Apparat: 10.
die problemlösung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
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der obersten Gattungen gemeinsam sein können, wie das ‘Sein’ (alwuÆåd), die ‘Akzidentialität’ (#ara·Êyah) .“220 Zwar haben die beiden zuletzt genannten Gruppen von Prädikaten, so ließe sich hier nun sagen, mit der Gattung und der Art gemeinsam, daß sie allgemein, d. h. von mehrerem aussagbar sind, weisen aber einen entscheidenden Unterschied zu jenen auf. „Des Schreibens Kundiger“, „Seemann“ oder „Türke“ sind mögliche Prädikate, die der Art „Mensch“, und nur dieser, wenn auch nicht der ganzen und nicht „immer“, zukommen, im Gegensatz z. B. zum Proprium „des Lachens fähig sein“. Sie sind aber weder washeitliche (substantielle) Prädikate, noch sind sie derart, daß sie als spezifische Differenz gegenüber „Mensch“ fungieren, ihn also wie eine Gattung teilen könnten. Sie sind vielmehr Bezeichnungen für die das Wesen eines Dinges nicht konstituierenden Eigenschaften, die, sofern auf nur eine Art beziehbar, eine mit dieser Art ähnliche Allgemeinheit aufweisen. Die Prädikate über den obersten Gattungen sind ebenfalls keine washeitlichen (substantiellen) Bezeichnungen, und können daher kein washeitlicher Bestandteil der zehn Kategorien sein. Sie weisen aber zugleich einen gegenüber diesen größeren Allgemeinheitsgrad auf, denn sie gelten nicht nur für eine Gattung. Ihre Geltungsart ist jedoch nicht die der Gattung gegenüber ihren Arten, sondern die der von ihrem Subjekt untrennbaren akzidentellen Bestimmungen. Gemäß der vorgeführten Analogie wäre nun zusammenfassend zu sagen, daß eine Art auch dann Art bleibt, wenn es unter ihr weitere allgemeine Bestimmungen gibt, allerdings nur unter der Bedingung, daß diese akzidentelle Prädikate sind, andernfalls würde die Art ihre Letztheit verlieren und zur Gattung werden. Ebenfalls gilt es für die Gattung, daß sie auch dann Gattung bleibt, wenn es über ihr ein allgemeineres Prädikat gibt, allerdings dann und nur dann, wenn dieses Prädikat ihr gegenüber kein substantielles (d§tÊ) ist. Substantiell ist aber sowohl das Prädikat, das das Was der Gattung oder der Art zum Ausdruck bringt, als auch jenes, das die spezifische Differenz 219 Die „Einheit“ (al-waÈdah) ist zwar in den edierten Text nicht aufgenommen worden, wird aber von einer der Handschriften verzeichnet. Vgl. Kit§b aà-àif§": alManãiq: I. al-MadÉal (Isagoge) I 11, S. 64, Kritischer Apparat: 8. 220 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: I. al-MadÉal (Isagoge) I 11, S. 64, Z. 4-8:
ﻭﻛﻤﺎ ﱠﺃﻥ ﺗﺤﺖ ﻧﻮﻉ ﺍﻷﻧﻮﺍﻉ ﻣﻮﺿﻮﻋﺎﺕ ﻛﻠﻴﺔ – ﻭﺇﻥ ﻛﺎﻧﺖ ﻟﻴﺴﺖ ﺑﺄﻧﻮﺍﻉ – ﻣﺜﻞ ﺍﻟﻜﺎﺗﺐ ﻭﺍﻟﻤﻼﺡ ﻭﺍﻟﺘﺮﻛﻲ ﺗﺤﺖ ﺑﻞ ﻣﻌﺎﻥ ﻻﺯﻣﺔ ﻗﺪ، ﻓﻜﺬﻟﻚ ﻻ ﻳﺒﻌﺪ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﻓﻮﻕ ﺟﻨﺲ ﺍﻷﺟﻨﺎﺱ ﻣﺤﻤﻮﻻﺕ ﻟﻴﺴﺖ ﺑﺄﺟﻨﺎﺱ، ﺍﻹﻧﺴﺎﻥ . ﻭﺍﻟﻮﺣﺪﺓ، ﺗﺸﺘﺮﻙ ﻓﻴﻬﺎ ﺃﺟﻨﺎﺱ ﻣﻦ ﺃﺟﻨﺎﺱ ﺍﻷﺟﻨﺎﺱ
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das „seiende als seiendes“
bezeichnet. Der letzteren kommt ja in Bezug auf die Art eine konstituierende Funktion zu. Gleichwohl ist das Verhältnis zwischen Differenz und Gattung nicht identisch mit dem zwischen Art und Gattung. Denn anders als der Artbegriff, enthält die Differenz nicht den jeweiligen Gattungsbegriff. So meint z. B. „vernunftbegabt“ nicht „ein Lebewesen, das vernunftbegabt ist“ (Èayaw§nun då nuãqin) – dies ist die Bedeutung des Artbegriffs „Mensch“ – sondern „etwas (àay"), das vernunftbegabt ist“ (àay"un du nuãqin), auch wenn dieses „etwas“ nur Lebewesen sein kann.221 Daher handelt es sich bei der Aussage „das Vernunftbegabte ist ein Lebewesen“ um keine substantielle Prädikation. Das Verhältnis der Gattung zur Differenz, so Ibn SÊn§ an dieser Stelle, entspricht dem Verhältnis des allgemeinen Akzidens zu dem, wovon es als Prädikat zwar untrennbar ist, in dessen Washeit es jedoch nicht enthalten ist. 222 Das allgemeine Akzidens kann wiederum gegenüber der Gattung als Proprium, gegenüber der Art als allgemeines Akzidens fungieren. So ist z. B. die „Weiße“ Proprium in Bezug auf den „zusammengesetzten Körper“ und allgemeines Akzidens im Verhältnis zu „Mensch“. Das allgemeine Akzidens kann ferner entsprechend seines Gemeinsamkeitsgrades sowohl Proprium als auch kein Proprium einer obersten Gattung sein. Der letzte Fall gründet darin, daß das Akzidens eine transkategoriale Gemeinsamkeit aufweist. Als Beispiel für solch ein Kategorienübersteigendes nennt Ibn SÊn§ hier „die Unmöglichkeit, [Intensitätsgrade] wie ‘stärker’ und ‘schwächer’ aufzunehmen“. Dies gehört zu den „untrennbaren akzidentellen Bestimmungen“ (law§zim), die sowohl für die Substanz als auch für andere Kategorien gemeinsam gelten.223 In seiner Intension scheint also ein solches Gemeinsames 221
Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: I. al-MadÉal (Isagoge) III 4, S. 110, Z. 5-8:
ﺑﻞ ﺍﻟﻔﺼﻞ ﻣﻌﻨﻰ، ﻭﺇﻻ ﻻﺣﺘﺎﺝ ﺇﻟﻰ ﻓﺼﻞ ﺁﺧﺮ، ﻭﻻ ﺍﻟﻔﺼﻞ ﻧﻮﻋﺎ ﻟﻠﺠﻨﺲ، ﻭﺍﻟﺠﻨﺲ ﻟﻴﺲ ﺟﻨﺴﺎ ﻟﻠﻔﺼﻞ ﺃﻟﺒﺘﺔ ﻭﺇﻥ ﻛﺎﻥ ﻳﻠﺰﻡ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ، ﺑﻞ ﺷﻲﺀ ﺫﻭ ﻧﻄﻖ، ﻓﺈﻥ ﺍﻟﻨﺎﻃﻖ ﻟﻴﺲ ﻫﻮ ﺣﻴﻮﺍﻧﺎ ﺫﺍ ﻧﻄﻖ ﺧﺎﺭﺝ ﻋﻦ ﻃﺒﻴﻌﺔ ﺍﻟﺠﻨﺲ ؛ ﹼ . ﻭﺃﻣﺎ ﺍﻟﺤﻴﻮﺍﻥ ﺫﻭ ﺍﻟﻨﻄﻖ ﻓﻬﻮ ﺍﻹﻧﺴﺎﻥ، ﺫﻟﻚ ﺍﻟﺸﻲﺀ ﺣﻴﻮﺍﻧﺎ 222
Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: I. al-MadÉal (Isagoge) III 4, S. 110, Z. 10-11,
18:
. ﻭﺇﺫﺍ ﻗﻴﻞ ﺍﻟﺠﻨﺲ ﻋﻠﻰ ﺍﻟﻔﺼﻞ ﻓﻬﻮ ﻛﻤﺎ ﻳﻘﺎﻝ ﺍﻟﻌﺮﺽ ﺍﻟﻼﺯﻡ ﻋﻠﻰ ﺍﻟﺸﻲﺀ ﺍﻟﺬﻯ ﻳﻘﺎﻝ ﻋﻠﻴﻪ ﻭﻻ ﻳﺪﺧﻞ ﻓﻲ ﻣﺎﻫﻴﺘﻪ . ﻭﺍﻟﺠﻨﺲ ﺗﻜﻮﻥ ﻧﺴﺒﺘﻪ ﺇﻟﻰ ﺍﻟﻔﺼﻞ ﻛﻨﺴﺒﺔ ﻋﺎﺭﺽ ﻋﺎﻡ 223
Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: I. al-MadÉal (Isagoge) III 4, S. 110, Z. 18 – S. 111, Z. 6:
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das Substanz-Akzidens-Schema zu sprengen, weil es als solches primär weder auf Substanz noch auf Akzidenzien bezogen ist, sondern auf etwas, das logisches Subjekt für die jeweilige Bestimmung, wie z. B. für die erwähnte „Unmöglichkeit Intensitätsgrade aufzunehmen“, sein kann. An einer anderen Stelle macht Ibn SÊn§ darauf aufmerksam, daß aus dem Begriff des allgemeinen Akzidens als solchen keineswegs schon hervorgeht, daß dieser eine geringere Extension als der Gattungsbegriff aufweisen muß. Als Beispiel fungiert auch hier dieselbe Bestimmung, also „die Unmöglichkeit, Intensitätsgrade aufzunehmen“, die aber an dieser Stelle noch zusätzlich als „definitorische Festigkeit“224 beschrieben wird.225 Mit der „definitorischen Festigkeit“ ist offensichtlich primär nicht das Merkmal der Abgegrenztheit eines Begriffes gegen andere gemeint – dieses ist durch die Pluralität verschiedener Begriffen bedingt und fundiert die Relation der Identität und der Andersheit zwischen den Begriffen – sondern das der Abgegrenztheit eines Begriffsinhaltes gegen einen graduellen Übergang in sich selbst. „Mensch“ bedeutet notwendig nur eines, die in seiner Definition eingegrenzte Inhaltlichkeit läßt in sich keine graduelle Steigerung bzw. Verminderung
ﻣﺜﻞ ﺍﻻﻧﺘﻘﺎﻝ، ﻭﺑﺎﻟﻘﻴﺎﺱ ﺇﻟﻰ ﺍﻟﻨﻮﻉ ﻋﺮﺿﺎ ﻋﺎﻣﺎ، ﻭﺃﻣﺎ ﺍﻟﻌﺮﺽ ﺍﻟﻌﺎﻡ ﻓﺈﻧﻪ ﻗﺪ ﻳﻜﻮﻥ ﺑﺎﻟﻘﻴﺎﺱ ﺇﻟﻰ ﺍﻟﺠﻨﺲ ﺧﺎﺻﺔ ﻣﺜﻞ، ﻭﻋﺎﺭﺽ ﻋﺎﻡ ﻟﻺﻧﺴﺎﻥ ؛ ﻭﺭﺑﻤﺎ ﻛﺎﻥ ﺧﺎﺻ ﹰﺔ ﻟﺠﻨﺲ ﺃﻋﻠﻰ، ﺑﺎﻹﺭﺍﺩﺓ ﻓﺈﻧﻪ ﺧﺎﺻﺔ ﻣﻦ ﺧﻮﺍﺹ ﺍﻟﺤﻴﻮﺍﻥ ﻭﺭﺑﻤﺎ ﻛﺎﻥ ﻣﻦ ﺧﻮﺍﺹ ﺃﻋﻠﻰ ﺍﻷﺟﻨﺎﺱ، ﻭﻋﺎﺭﺽ ﻋﺎﻡ ﻟﻺﻧﺴﺎﻥ، ﺍﻟﺒﻴﺎﺽ ﻓﺈﻧﻪ ﻣﻦ ﺧﻮﺍﺹ ﺍﻟﺠﺴﻢ ﺍﻟﻤﺮﻛﺐ ﻣﺜﻞ ﺍﻣﺘﻨﺎﻉ، ﺇﺫ ﻛﺎﻥ ﻗﺪ ﻳﻌﺮﺽ ﻟﻐﻴﺮ ﺗﻠﻚ ﺍﻟﻤﻘﻮﻟﺔ، ﻛﻠﻬﺎ ؛ ﻭﺭﺑﻤﺎ ﻟﻢ ﻳﻜﻦ ﺍﻟﻌﺎﺭﺽ ﺍﻟﻌﺎﻡ ﺧﺎﺻ ﹰﺔ ﻟﺸﻲﺀ ﻣﻦ ﺍﻷﺷﻴﺎﺀ ﻭﻟﻴﺲ ﺧﺎﺻ ﹰﺔ ﻟﺠﻨﺲ ﻣﻦ، ﻓﺈﻧﻪ ﻣﻦ ﻟﻮﺍﺯﻡ ﺍﻟﺠﻮﻫﺮ ﻋﻠﻰ ﺳﺒﻴﻞ ﺍﻟﻌﻤﻮﻡ ﻟﻪ ﻭﻟﻐﻴﺮﻩ، ﻗﺒﻮﻝ ﺍﻷﺷﺪ ﻭﺍﻷﺿﻌﻒ . ﹾﺇﺫ ﺳﺘﻌﻠﻢ ﱠﺃﻥ ﺫﻟﻚ ﻗﺪ ﻳﻘﻊ ﻓﻲ ﻏﻴﺮ ﺃﻋﻠﻰ ﺍﻷﺟﻨﺎﺱ، ﺍﻷﺟﻨﺎﺱ
Vgl. hierzu Aristoteles: Kategorien 5, 3b 24 – 4a 9. 224 Dies ist eine sinngemäße Umschreibung. Wörtlich lautet der Satz: „ … sie [die allgemeinen Akzidenzien] sind ihrer Extension nach nicht geringer als die Gattung, sondern unter diesen gibt es solche, die allgemeiner und [extensional] größer sind [als die Gattung], wie [z. B.] ‘daß die Substanz festen Bestand in einer Definition hat’ (t§bitun #al§ Èaddin w§Èidin), so daß sie kein ‘Stärker’ und ‘Schwächer’ aufnimmt, dies ist allgemeiner als die Substanz.“ Siehe Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: I. al-MadÉal (Isagoge) II 1, S. 93, Z. 7-9. Vgl. den arabischen Text in der Anm. unten. 225 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: I. al-MadÉal (Isagoge) II 1, S. 93, Z. 5-9:
ﻭ ﺫﻟﻚ ﺃﻥ ﺧﻮﺍﺹ ﺍﻟﻤﻘﻮﻻﺕ ﺍﻟﻌﺸﺮ، ﻭﺃﻣﺎ ﺍﻟﻌﺮﺽ ﺍﻟﻌﺎﻡ ﻓﻠﻴﺲ ﹺﺑﻴﻨﺎ ﺑﻨﻔﺴﻪ ﺃﻧﻪ ﻳﺠﺐ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﺃﻗﻞ ﻣﻦ ﺍﻟﺠﻨﺲ ﹼ ﺑﻞ ﻣﻨﻬﺎ ﻣﺎ ﻫﻮ ﺃﻋﻢ، ﻭﻟﻴﺴﺖ ﺃﻗﻞ ﻣﻦ ﺍﻟﺠﻨﺲ ﻓﻲ ﻋﻤﻮﻣﻬﺎ، ﻫﻲ ﺃﻋﺮﺍﺽ ﻋﺎﻣﺔ ﻷﻧﻮﺍﻋﻬﺎ، ﺍﻟﺘﻰ ﻧﺬﻛﺮﻫﺎ ﺑﻌﺪ ﻛﻤﺎ ﺃﻥ ﻛﻮﻥ ﺍﻟﺠﻮﻫﺮ ﺛﺎﺑﺘﺎ ﻋﻠﻰ ﹴ، ﻭﺃﻛﺜﺮ . ﺣﺪ ﻭﺍﺣﺪ ﻓﻼ ﻳﻘﺒﻞ ﺍﻷﺷﺪ ﻭﺍﻷﺿﻌﻒ ﻫﻮ ﺃﻋﻢ ﻣﻦ ﺍﻟﺠﻮﻫﺮ ﱠ ﹼ
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das „seiende als seiendes“
zu, also etwa mehr bzw. weniger „Vernunftbegabtes-LebewesenSein“. Dieses Merkmal bedingt, wie später noch gezeigt wird, die Möglichkeit der Univozität (taw§ãu"). Ibn SÊn§ erhebt nun selbst bezüglich des Status dieser Bestimmung den Einwand, es handele sich hierbei um eine Negation, also um eine rein begriffslogische Bestimmung, der nichts Reales entspricht. Eine Antwort darauf gibt er jedoch nicht, er verweist auch nicht, wie sonst üblich, auf die wissenschaftstheoretische Unangemessenheit, diese Frage schon im MadÉal (Isagoge) zu behandeln. Dafür begegnet er dem Einwand mit der folgenden Bemerkung: „Sollte nun gesagt werden, daß dies eine Negation sei, die keinen [wirklichen] Begriff zum Ausdruck bringe, so können wir untrennbare Bestimmungen (law§zim) und Akzidenzien finden, welche allgemeiner sind als jede einzelne Kategorie, wie z. B. das ‘Eine’ und das ‘Seiende’“ 226 Das, was Ibn SÊn§ damit intendiert, kann offensichtlich nur als ein Hinweis darauf gedeutet werden, daß es unter den kategorienübersteigenden Bestimmungen auch solche geben kann, die über ihren formal-logischen Charakter hinaus, den sie mit der genannten „Unmöglichkeit, Intensitätsgrade aufzunehmen“ teilen, auch auf erkenntnisunabhängige Realität beziehbar sind. „Seiendes“ und „Eines“ sind eben keine bloße Merkmale von Begriffen. „Sein“, „Einheit“ und die übrigen namentlich nicht genannten akzidentellen Bestimmungen liegen also gänzlich außerhalb der Washeiten der obersten Gattungen. Sie sind in diesen nicht als washeitlich konstituierender Teil enthalten. Insofern sie dem erörterten Sinn von „substantiell“ oder „wesentlich“ entgegengesetzt sind, werden sie von Ibn SÊn§, wie bereits öfter gesehen, „Attribute“ bzw. „untrennbare akzidentelle Bestimmungen“ (l§zim, Pl. law§zim / #ara· l§zim, Pl. "a#r§· l§zimah) genannt. Was das bedeutet, soll später eingehend untersucht werden. An dieser Stelle sei jedoch darauf hingewiesen, daß das arabische „#ara·“ mehrdeutig ist. In den Ausdrücken „#ara· l§zim“ (untrennbares Akzidens) oder „#ara· #§mm“ (allgemeines Akzidens; accidens logicum) bedeutet es das akzidentelle Prädikat, welches auch „#ara·Ê“ genannt wird. Der Begriff #ara· kann aber in einem entsprechenden Kontext auch das der Substanz entgegenge226
Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: I. al-MadÉal (Isagoge) II 1, S. 93, Z. 9-10:
ﻓﻘﺪ ﻳﻤﻜﻨﻨﺎ ﺃﻥ ﻧﺠﺪ ﻟﻮﺍﺯﻡ ﻭﻋﻮﺍﺭﺽ ﺃﻋﻢ ﻣﻦ ﻣﻘﻮ ﹴﻟﺔ، ﻭﻟﻴﺲ ﺗﺤﺘﻪ ﻣﻌﻨﻰ، ﱠﺇﻥ ﻫﺬﺍ ﺳﻠﺐ: ﻭﺇﻥ ﻗﺎﻝ ﻗﺎﺋﻞ ﹲ . ﻛﺎﻟﻮﺍﺣﺪ ﻭﻛﺎﻟﻤﻮﺟﻮﺩ، ﻣﻘﻮ ﹴﻟﺔ
die problemlösung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
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setzte Akzidens meinen.227 Es ist daher notwendig, die allgemeinsten, transkategorialen Prädikate wie „Sein“ und „Einheit“ stets strikt von den kategorialen Akzidenzien zu unterscheiden. Nun zurück zu dem oben zitierten Text aus al-"Il§hÊy§t (Metaphysik) I 2.228 Die obersten Gattungen können, trotzt der schon im MadÉal (Isagoge) angedeuteten Pluralität solch transkategorialer Bestimmungen, allein vom Begriff des Seienden (mawÆåd) umfaßt werden. Daß die gemeinsamsten Bestimmungen „Seiendes“ und „Eines“ keine substantielle Prädikation gegenüber der Washeit der Subjekte aller anderen Wissenschaften aufweisen, wird nun im Lichte der unterschiedenen Prädikationsweisen auch aus dem bereits im Rahmen der Wissenschaftstheorie erörterten Text des Burh§n II 7229 unmißverständlich deutlich. Dort hieß es ja: „Weder nimmt man das Gemeinsame als Definition des Spezifischen, noch umgekehrt“. Besonders der letzte Fall ist hier von Bedeutung. Im Begriffsgehalt „Seiendes“ ist keine der jeweiligen Washeiten der zehn Kategorien enthalten. „Seiend“ bezeichnet also als solches keineswegs schon eine bestimmte reale oder im Denken Bestand habende Substanz, Qualität oder Quantität etc., sondern ein gegenüber Substanz und Akzidens noch gänzlich indifferentes „Etwas“ (àay"), das Sein hat (S ist), wobei „Sein“ hier im absoluten, nicht eingeschränkten Sinne, also als ein gegenüber der Weise der extramentalen Realität und der Weise des Gedachten noch Unbestimmtes verstanden werden muß. Gemäß dem im Rahmen der Prädikabilienlehre von Ibn SÊn§ gezogenen Vergleich, wäre das Verhältnis zwischen dem „Seienden“ und den Kategorien analog zu dem zwischen Gattung und Differenz zu verstehen. „Seiend-sein“ verhält sich demnach zu „Substanz-“ bzw. „Qualität-“ oder „Quantität-sein“ wie etwa „Lebewesen“ zu „vernunftbegabt“.230 Es wird durch die Bestimmungen der obersten Gattungen gewissermaßen „eingeteilt“ so, wie „Lebewesen“ durch „vernunftbegabt“ eingeteilt wird. Demnach gilt es zu sagen: einiges 227 Zur expliziten Abgrenzung von „#ara·“ und „#ara·Ê“ vgl. Ibn SÊn§: Kit§b aààif§": al-Manãiq: II. al-Maqål§t (Kategorien) I 6, S. 49, Z. 13 – S. 50, Z. 11, sowie Kit§b al-Èudåd, ed. Goichon, S. 25, § 44 (=Ris§lah fÊ l-Èudåd, ed. Kairo, S. 88). 228 S. 12, Z. 12-14, (=Liber de philosophia prima I 2, S. 12, Z. 14-18). 229 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) II 7, S. 165, Z. 3-10. Vgl. dazu Zweiter Teil, Kapitel II, 1, c). 230 Zur Bestimmung des Verhältnisses zwischen dem „Seienden“ und den zehn Kategorien vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 2, S. 13, Z. 14-16, (=Liber de philosophia prima I 2, S. 13, Z. 38-41; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 10, Z. 7-11). Siehe dazu Zweiter Teil, Kapitel III, 3, b).
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das „seiende als seiendes“
Seiende ist Substanz, einiges Qualität, einiges Qualität etc., analog zu der Aussage: einige Lebewesen sind vernunftbegabt, andere sind wiehernd etc. Es wird also hieraus deutlich, daß das einfache, noch nicht „eingeteilte“ „Seiende“, als dessen zehn Hinsichtenbestimmungen die ihm gegenüber expliziteren Begriffe Substanz, Qualität, Quantität etc. erscheinen, eine gegenüber diesen eigenständige und differente Bedeutung haben muß. Die Struktur dieses ersten Schrittes in der Subjektsbestimmung der Metaphysik läßt sich wie folgt zusammenfassen: 1) Mit Blick auf die jeweilige Subjektsbestimmung der partikularen theoretischen Wissenschaften wird festgestellt, daß die Untersuchung der Möglichkeitsbedingungen für das Subjekt-Sein der jeweiligen Subjekte faktisch in keiner dieser Wissenschaften unternommen wird. 2) Auf die Notwendigkeit dieser Untersuchung wird aus dem implizierten wissenschaftstheoretischen Grundsatz geschlossen, daß keine Wissenschaft ihr Subjekt, sowie ihre obersten Prämissen, von denen der Beweis ausgeht, bestimmen bzw. beweisen darf. 3) Die Unmöglichkeit, diese Untersuchung in einer der partikularen theoretischen Wissenschaften durchzuführen, wird durch das Kriterium des gegenüber der Sinneswahrnehmbarkeit Früheren, d. h. von ihr Unabhängigen, erwiesen. Sowohl die Physik als auch die Mathematik betrachten ein solches, dessen Realität in den einzelnen sinneswahrnehmbaren, aus Materie und Form zusammengesetzten Dingen besteht, auch wenn vom jeweiligen zugrundeliegenden Zusammengesetzten, wie das in der Mathematik der Fall ist, abstrahiert wird. Diese Abstraktion ist für die Subjektsbestimmung der Mathematik konstituierend, denn nur so läßt sich die Zahl als Zahl begrifflich bestimmen, so daß dann nach ihren wesentlichen Eigenschaften gefragt werden kann. Denn die Definition dessen, an dem die Zahl unter vielen anderen Bestimmungen als Quantität Bestand hat, ist ja nicht mit der Wesensbestimmung der Zahl identisch. Die Gegenstände der geforderten Untersuchung gehören dagegen einer ganz anderen Ordnung an, sie gehen als solche dem Sinneswahrnehmbaren vorauf. 4) Das Subjekt der das Sinneswahrnehmbare übersteigenden Bestimmungen muß: a) gemäß der implizierten allgemeinen Forderung der Wissenschaftstheorie ein all diesen Gemeinsames sein;
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b) ebenfalls nach der Wissenschaftstheorie, allerdings hier implizit auf den besonderen Fall der Ersten Philosophie angewandt, muß es ein „wirklicher Begriff“ sein, d. h. ein solcher, von dessen „Wases-ist“ und absolutem „Ob-es-ist“ gilt, daß sie bekannt sind. Oder anders formuliert: es muß sich dabei um eine solche begriffliche Struktur handeln, die, anders als „Bockhirsch“, nicht leer ist, sondern auf reale Gegenstände zutrifft. Als Ergebnis dieses ersten Schrittes läßt sich somit im Lichte der Prädikabilienlehre festhalten, daß den letzten, gegenüber allem Sinneswahrnehmbaren schlechthin voraufgehenden washeitlichen Grundbestimmungen der Subjekte der partikularen Wissenschaften kein noch früheres „Was“ gemeinsam sein kann. Substanz und Akzidens vermögen allein von einem ihren Inhalten extrinsischen Prädikat umfaßt zu werden, einem solchen also, das ihre jeweiligen Washeiten nicht konstituieren und zu diesen also in keinem substantiellen Verhältnis stehen kann. Dieses Gemeinsame kann aber, soll es Substanz und Akzidens umfassen, weder Proprium der Substanz, noch ein solches der einzelnen Akzidenzien sein. Folglich können diese nicht in seine Definition aufgenommen werden. „Seiend-Sein“ wäre somit ein Prädikat höchster Gemeinsamkeit. „Seiend-Sein“ ist ferner eine von den Washeiten der obersten Gattungen untrennbare Bestimmung (l§zim), denn sie kommt, wie noch ausführlich dargelegt wird, einer jeden dieser Washeiten notwendig zu, denn andernfalls wären sie ein ontologisch schlechthin Unmögliches (mumtani#). Und schließlich wäre hier noch zu bemerken, daß die von Ibn SÊn§ erhobene Forderung danach, daß das gesuchte Gemeinsame ein „wirklicher Begriff“ sein muß, dessen Was- und Daß-Sein an sich bekannt sind, offensichtlich als dasjenige Kriterium fungiert, das unter den möglichen kategorienübersteigenden Bestimmungen nur der Begriff des Seienden zu erfüllen vermag. Denn „Seiendes“ ist, wie noch gezeigt wird, ein solcher wirklicher Begriff, der sich durch absolute Voraussetzungslosigkeit auszeichnet. Die Frage aber, warum allein dem „Seienden“ und nicht etwa auch dem „Einen“, wie die zitierte Stelle aus dem Burh§n nahelegt, das Subjekt-Sein der Metaphysik eingeräumt wird, läßt Ibn SÊn§ hier unbeantwortet. Eine Begründung dafür läßt sich jedoch bereits aus dem nun folgenden zweiten Teil der Subjektsbestimmung gewinnen.
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das „seiende als seiendes“
b) Das „Seiende“ als erstes Subjekt der transkategorialen, den Subjekten der partikularen Wissenschaften gemeinsamen Bestimmungen Analog zu Substanz, Maß, Zahl etc., deren Betrachtung als solche und insofern sie Seiendes sind, als notwendig erwiesen wurde, verweist Ibn SÊn§ nun darauf, daß es noch andere, von diesen verschiedene Bestimmungen gibt, deren Untersuchung auch dem Bereich der Metaphysik zugewiesen werden muß: „Es gibt ferner auch Bestimmungen ("umår), welche begrifflich abgegrenzt (taÈaddada*231) und in der Seele realisiert (taÈaqqaqa*) werden müssen. Diese sind den [verschiedenen] Wissenschaften gemeinsam, werden jedoch von keiner dieser Wissenschaften thematisiert, wie das ‘Eine, sofern es Eines ist’ (al-w§Èidu bi-m§ huwa w§Èidun), das ‘Viele, sofern es Vieles ist’ (al-katÊru bi-m§ huwa katÊrun), das ‘Übereinstimmende’ (al-muw§fiq) und das ‘Differente’ (al-muɧlif), das ‘Gegenteilige’ (a·-·idd) und andere. Denn einige [dieser Wissenschaften] machen davon lediglich Gebrauch [indem sie das Was- und das Daß-Sein dieser Bestimmungen schlechthin voraussetzen], andere wiederum versuchen sie begrifflich abzugrenzen, thematisieren die Frage nach ihrer Seinsweise jedoch nicht“.232
Daß die erwähnten Bestimmungen weder ein washeitlicher Bestandteil des Begriffsinhaltes des Seienden, noch ein solcher der Subjektsbegriffe der partikularen Wissenschaften sein können, und damit außerhalb des Fokus der oben von Ibn SÊn§ bereits gerechtfertigten Betrachtung von Substanz, Zahl, Maß etc. in der Metaphysik bleiben müssen, wird hieraus unmißverständlich klar. Wären z. B. das „Eine“ oder das „Viele“ konstitutive Teile der Washeit des Körpers oder der der 231 Die in der Transkription mit „*“ gekennzeichneten Verben werden der Einfachheit halber in der üblichen Zitierform 3. Person sg. masc. perf. angegeben. 232 Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 2, S. 12, Z. 15 – S. 13, Z. 3, (=Liber de philosophia prima I 2, S. 12, Z. 18-24; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 9, Z. 16-22):
ﻭﻟﻴﺲ ﻭﻻ ﻭﺍﺣﺪ. ﻭﻫﻲ ﻣﺸﺘﺮﻛﺔ ﻓﻲ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ، ﻭﻛﺬﻟﻚ ﻗﺪ ﻳﻮﺟﺪ ﺃﻳﻀﺎ ﺃﻣﻮﺭ ﻳﺠﺐ ﺃﻥ ﺗﺘﺤﺪ ﻭﺗﺘﺤﻘﻖ ﻓﻲ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﻭﺍﻟﻀﺪ، ﻭﺍﻟﻤﻮﺍﻓﻖ ﻭﺍﻟﻤﺨﺎﻟﻒ، ﻭﺍﻟﻜﺜﻴﺮ ﺑﻤﺎ ﻫﻮ ﻛﺜﻴﺮ، ﻣﻦ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ ﻳﺘﻮﺍﻟﻰ ﺍﻟﻜﻼﻡ ﻓﻴﻬﺎ ﻣﺜﻞ ﺍﻟﻮﺍﺣﺪ ﺑﻤﺎ ﻫﻮ ﻭﺍﺣﺪ ﻭﻻ ﻳﺘﻜﻠﻢ ﻓﻲ ﻧﺤﻮ، ﻭﺑﻌﻀﻬﺎ ﺇﻧﻤﺎ ﻳﺄﺧﺬ ﺣﺪﻭﺩﻫﺎ، ﻓﺒﻌﻀﻬﺎ ﻳﺴﺘﻌﻤﻠﻬﺎ ﺍﺳﺘﻌﻤﺎﻻ ﻓﻘﻂ، ﻭﻏﻴﺮ ﺫﻟﻚ . ﻭﺟﻮﺩﻫﺎ
Similiter etiam sunt res quae debent definiri et verificari in anima, quae sunt communes in scientiis; nulla tamen earum tractat de eis, sicut est unum inquantum est unum, et multum inquantum est multum, conveniens et inconveniens, contrarium et cetera. De his enim mentionem tantum faciunt et inducunt definitiones eorum, nec tamen loquuntur de modo essendi eorum.
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Zahl, wäre es nicht zu begründen, warum die geforderte Betrachtung, sollte sie Vollständigkeit beanspruchen, vor diesen Bestimmungen haltmachen soll. Wäre der Begriff des Seienden wiederum als solcher weiter in z. B. „Eines“ und „Vieles“ oder „Übereinstimmendes“ und „Differentes“ zerlegbar, oder anders ausgedrückt: wären diese gegenüber dem „Seienden“ noch frühere, sein „Was“ bestimmende Inhalte, dann verlöre das „Seiende“ den bereits beanspruchten Status eines hinsichtlich dessen „Was-Seins“ Bekannten. 233 Denn würde der Begriff „Seiend“ in seinem Was-Gehalt z. B. „Eines“ oder „Gegenteiliges“ einschließen, könnte dieser nur dann als Bestimmtes erkannt werden, wenn die distinkte Erkenntnis seiner konstituierenden Teilen gegeben ist. Da die genannten Bestimmungen, so lautet nun das Argument Ibn SÊn§s, den Wissenschaften gemeinsam sind, also keinem ihrer Subjekte ausschließlich zukommen, als solche und hinsichtlich ihrer Seinsweise jedoch in keiner der vorangegangenen Wissenschaften betrachtet werden, erweist sich ihre Untersuchung in der zweifach bestimmten Weise als notwendig. Daß dies lediglich Sache der höchsten Wissenschaft sein kann, geht aus dem unmittelbar davor Vorgetragenen implizit hervor. Die begriffliche Abgrenzung dieser Bestimmungen und damit ihre distinkte Erkenntnis kann also allein von der Metaphysik geleistet werden.234 Der folgenden, äußerst dicht gehaltenen und nicht leicht verständlichen Ausführung über den Status solcher Bestimmungen wie „Eines“ und „Vieles“ kommt in Bezug auf die Konzeption der Transzendentalien bei Ibn SÊn§ eine außerordentliche Bedeutung zu: „[1] Sie [d. h. diese Bestimmungen] sind weder Eigentümlichkeiten (#aw§ri·u ɧßßah) der Subjekte der partikularen Wissenschaften, [2] noch gehören sie zu denjenigen Bestimmungen (al-"umår), deren Sein ausschließlich das Sein der Eigenschaften (aß-ßif§t) an den Wesen (ad-daw§t) ist, [3] noch sind sie Eigenschaften, welche jedem Ding [àay"] zukommen, so daß ein jedes von diesen [d. h. von diesen Bestimmungen] allem gemeinsam wäre. [4] Sie dürfen ferner nicht auf eine 233 Vgl. dazu Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 2, S. 13, Z. 8-10, (=Liber de philosophia prima I 2, S. 12, Z. 30-32; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 9, Z. 31-35). 234 Die begriffliche Bestimmung (taßawwur) gehört nach Ibn SÊn§ wesentlich zu den Aufgaben der Metaphysik. Vgl. hierzu insbesondere Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 8, S. 53, Z. 18 – S. 54, Z. 8, (=Liber de philosophia prima I 8, S. 63, Z. 94-4; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 43, Z. 14-27).
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das „seiende als seiendes“ Kategorie (maqålah) beschränkt sein und können [also] nur Eigenschaften des ‘Seienden als solchen’, sein.“235
Als Ergebnis einer mehrfachen Abgrenzung, die in einem explizit nicht weiter fundierten Ausschlußverfahren durchgeführt wird, wird der Status dieser Bestimmungen als Eigenschaften des „Seienden“ ausgewiesen: 1) Sie übersteigen die Bestimmtheit der Subjekte aller partikularen Wissenschaften, sind keinem von diesen eigentümlich und können daher in keiner dieser Wissenschaften wesentlich Gesuchtes sein. Dies scheint hinreichend klar zu sein. 2) Weniger deutlich erscheint hingegen die zweite negativ formulierte Abgrenzung. Das Verständnis dieses Satzes hängt von der Bedeutung der Partikel "ill§ ab. Diese muß auf Grund der Satzstruktur losgelöst von „laysat“ betrachtet werden und kann sich dann nur noch auf die Seinsweise derjenigen Eigenschaften beziehen, von denen die genannten Bestimmungen abzugrenzen sind. Die Funktion von „"ill§“ bestünde damit in der Einschränkung in einem positiven Satz, und könnte auch von dem geläufigeren „faqaã“ (nur) ausgeübt werden,
wie wenn man sagen würde: ﻭﻫﻲ ﻣﻦ ﺍﻷﻣﻮﺭ ﺍﻟﺘﻲ ﻳﻜﻮﻥ ﻭﺟﻮﺩﻫﺎ ﻭﺟﻮﺩ ﺍﻟﺼﻔﺎﺕ ﻟﻠﺬﻭﺍﺕ
235 Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 2, S. 13, Z. 3-7, (=Liber de philosophia prima I 2, S. 12, Z. 24-29; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 9, Z. 22-30):
ﻭﻟﻴﺴﺖ ﻣﻦ ﺍﻷﻣﻮﺭ ﺍﻟﺘﻰ ﻳﻜﻮﻥ ﻭﺟﻮﺩﻫﺎ، ﻭﻟﻴﺴﺖ ﻋﻮﺍﺭﺽ ﺧﺎﺻﺔ ﻟﺸﻲﺀ ﻣﻦ ﻣﻮﺿﻮﻋﺎﺕ ﻫﺬﻩ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ ﺍﻟﺠﺰﺋﻴﺔ ﻓﻴﻜﻮﻥ ﻛﻞ ﻭﺍﺣﺪ ﻣﻨﻬﺎ ﻣﺸﺘﺮﻛﺎ. ﺇﻻ ﻭﺟﻮﺩ ﺍﻟﺼﻔﺎﺕ ﻟﻠﺬﻭﺍﺕ ﻭﻻ ﺃﻳﻀﺎ ﻫﻲ ﻣﻦ ﺍﻟﺼﻔﺎﺕ ﺍﻟﺘﻰ ﺗﻜﻮﻥ ﻟﻜﻞ ﺷﻲﺀ ﻳﺨﺘﺺ [ ﺃﻳﻀﺎ ﺑﻤﻘﻮﻟﺔ ﻭﻻ ﻳﻤﻜﻦ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﻣﻦ ﻋﻮﺍﺭﺽ ﺷﻲﺀ ﺇﻻ: ﻟﻜﻞ ﺷﻲﺀ ﻭﻻ ﻳﺠﻮﺯ ﺃﻥ ﺗﺨﺘﺺ ] ﻓﻲ ﺍﻟﻤﺘﻦ .ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﺑﻤﺎ ﻫﻮ ﻣﻮﺟﻮﺩ
quia haec nec sunt accidentia propria alicui subiectorum harum scientiarum partikularium, nec sunt de rebus quae habent esse nisi proprietates esse essentialiter, nec sunt etiam de proprietatibus quae sunt communes omni rei sic ut unumquodque eorum sit commune omni rei, nec possunt esse propria alicuius praedicamenti, nec possunt esse accidentalia alicui nisi ei quod est esse, inquantum est esse. Die in der arabischen Edition an dieser Stelle angewandte Interpunktion erschwert beträchtlich das Verständnis. Darauf hinzuweisen ist hier deshalb von Bedeutung, weil die durch sie vorgenommene syntaktische Gliederung des Textes die Sinneinheit von „ “ﻭﻻ ﺃﻳﻀﺎ ﻫﻲbis „ “ ﻓﻴﻜﻮﻥ ﻛﻞ ﻭﺍﺣﺪ ﻣﻨﻬﺎ ﻣﺸﱰﻛﺎ ﻟﻜﻞ ﺷﻲﺀzerstört.
Den in meiner Übersetzung oben unter [4] angeführten Argumentationsschritt mißversteht Marmura (ebd., Z. 27-30) gänzlich: „Moreover, [the subject matter of metaphysics] cannot be specifically confined to any one category, not can it be the attributes of any one thing except the existent inasmuch as it is an existent.“
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( ﻓﻘﻂSie gehören zu denjenigen Bestimmungen, deren Sein ausschließlich das Sein der Eigenschaften an den Wesen ist) oder: ﻭﺟﻮﺩ ( ﺑﻌﺾ ﺍﻷﻣﻮﺭ ﻫﻮ ﻭﺟﻮﺩ ﺍﻟﺼﻔﺎﺕ ﻟﻠﺬﻭﺍﺕ ﻓﻘﻂdas Sein einiger Bestimmungen ist nur
das Sein der Eigenschaften an den Wesen).236 Das Sein der Eigenschaften, gleichgültig ob wesentliche oder akzidentelle, setzt das Sein der Substanz, der sie zukommen, voraus. Sie bestehen nicht an sich. Sollte es die „Weiße“, die „Geradheit“, die „Stupsigkeit“ oder die „Fähigkeit zum Lachen“ in der Realität geben, so werden sie notwendigerweise an einem von diesen verschiedenen und für sich bestehenden Zugrundeliegenden sein. Die beiden Formeln „in einem Subjekt sein“ und „nicht in einem Subjekt sein“ werden von Ibn SÊn§ stets als Umschreibung (rasm) für jeweils Akzidens und Substanz angegeben. Sie sind für alles Kategorieneinteilbare kontradiktorisch entgegengesetzt. Damit muß ein jedes Kategorienbegrenzte der Nichtwidersprüchlichkeit und dem Ausgeschlossenen Mittleren genügen. Worin besteht dann aber der Sinn der von Ibn SÊn§ eingeführten Negation? Wird nun den Bestimmungen wie Eines, Vieles etc. abgesprochen, Eigenschaften an den Substanzen zu sein, oder ausschließlich solche Eigenschaften zu sein? Wohl eher das zweite. Denn wenn sie keine Eigenschaften wären, dann müßten sie als ursprüngliche, an sich bestehende Wesenheiten (Substanzen) aufgefaßt werden, womit sie notwendig von der angekündigten Betrachtung der Substanz umfaßt wären. Sollen sie aber, gemäß der verbleibenden Möglichkeit, nicht ausschließlich Eigenschaften an Substanzen sein, so verbietet dies nicht, daß sie auch Substanzen zukommen können. Dies impliziert freilich, daß sie auch einem anderen, von der Substanz Verschiedenen zukommen, und daß sie ferner von der Substanz nicht in dem Sinne „an sich“ und „erstlich“ ausgesagt werden können, womit sie dann als ihre Proprien aufzufassen wären. Die Unmöglichkeit, in einem „An-sich“-Verhältnis zu diesen Bestimmungen zu stehen, gilt dann aber auch für das andere, nämlich für das Akzidens. Sollte also diese 236 an-Nar§qÊ bezieht hierzu keine eindeutige Position. Ferner scheinen auch die von ihm referierten Interpretationsversuche anonymer Autoren nicht fundiert zu sein. Er verweist jedoch auf eine von mehreren Handschriften verzeichnete Variante, dernach vor „yakån“ die Negationspartikel „l§“ steht. Damit wäre die erwartete normgerechte Konstruktion „l§ … "ill§“ gegeben. Dies würde die oben vorgeschlagene Übersetzung von jeder Zweifelhaftigkeit befreien. Die Variante ist jedoch von den Editoren der Metaphysik des Kit§b aà-àif§" nicht erwähnt. Vgl. an-Nar§qÊ: ’arÈ al-"il§hÊy§t min kit§b aà-àif§", S. 66-67.
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das „seiende als seiendes“
Interpretation zutreffen, dann schließen Bestimmungen wie „Eines“, „Vieles“ etc. weder Substanz noch Akzidens aus, sie sind ebenso wie „Seiendes“ beidem gemeinsam, wobei diese Gemeinsamkeit unmöglich einen Gattungscharakter haben kann. Unmöglich deshalb, weil sie, ebenso wie „Seiendes“, keinen Bestandteil der jeweiligen Washeit darstellen. 3) Ihre Extension ist nicht so groß, daß eine jede dieser Bestimmungen schlechthin allem gemeinsam wäre. Hiermit werden sie vom Begriff des Seienden unterschieden. Diese Unterscheidung basiert jedoch allein in dem Umfang, nicht in der Intension der jeweiligen Bestimmungen. Denn in ihrer Intension übersteigen sie alle das Substanz-Akzidens-Schema. 4) Sie sind weder der Substanz, noch der Qualität, noch irgendeiner der übrigen Kategorien eigentümliche Eigenschaften. Ihre übergroße Gemeinsamkeit verbietet daher die Möglichkeit, sie auf eine einzelne der obersten Gattungen zu beschränken, so daß diese Gattung dann als ihr erstes Subjekt bestimmbar wäre. 5) Aus all dem zieht Ibn SÊn§ die Konsequenz, daß das einzige Subjekt, dem sie erstlich zukommen können das „Seiende als Seiendes“ ist. Insbesondere mit Blick auf Punkt 2), 3) und 4) läßt sich nun sagen, daß der transgenerische Charakter dieser Bestimmungen sie auf eine Ebene mit dem Begriff des Seienden stellt. Der Grund aber dafür, daß sie ihm dennoch das Subjekt-Sein der höchsten Wissenschaft nicht streitig machen können, liegt offensichtlich in ihrer geringeren Extension. Transzendentalien wie das „Eine“ und das „Viele“, oder wie die einige Zeilen später genannten „Akt“ und „Potenz“, „Möglichkeit“ und „Notwendigkeit“ etc. stehen in einer bestimmten Beziehung zueinander: sie schließen sich gegenseitig aus. Das, worauf eine solche Bestimmung beziehbar ist, wird von der jeweils anderen unmöglich mitumfaßt. Im scholastischen Westen wird Johannes Duns Scotus237 sie später „disjunktiv“ nennen. Davon zu unterscheiden sind die mit dem „Seienden“ gleichextensionalen und mit ihm aus diesem Grunde vertauschbaren (konvertiblen) Transzendentalien. Als ein solches versteht Ibn SÊn§ explizit, wie noch gezeigt wird, das „Eine“.
237 Bei Duns Scotus (Ord. I, d. 8, p. 1, q. 3, n. 114) bekommen sie, als erste Aufteilungen des maximal indifferenten Begriffes des Seienden eine maßgebliche Bedeutung. Vgl. dazu das Schlußwort, Kapitel III, sowie ausführlich L. Honnefelder: Scientia transcendens, insbes. S. 62ff. und 71ff.
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Nun aber zurück zu den an dieser Stelle gemeinten disjunktiven Bestimmungen. Sie übersteigen die zehn Kategorien, sind jedoch miteinander nicht konvertierbar: das, was Akt ist, ist notwendig nicht Potenz, das was Eines ist, notwendig nicht Vieles. Sollte eine der in dieser Art einander entgegengesetzten Bestimmungen als Subjekt einer Wissenschaft gesetzt werden, so müßte der Bereich der jeweils entgegengesetzten Bestimmung gänzlich außer Acht gelassen werden. Denn sie überschneiden sich nicht und haben als solche nichts Gemeinsames. All diese Bestimmungen übersteigen somit zwar das Substanz-Akzidens-Schema, vermögen aber die Kluft zwischen den beiden je verschiedenen Bereichen nicht zu überbrücken. Ferner gibt Ibn SÊn§ zu verstehen, daß es eine Vielfalt solcher Begriffspaare gibt, ohne sie jedoch aufzuzählen.238 Selbst wenn es möglich wäre, diese Vielfalt auf ein erstes Begriffspaar zurückzuführen, wäre die Einheit der sich gegenseitig ausschließenden Bereiche dadurch nicht zu fundieren. Sollte es aber ein den aufeinander nicht zurückführbaren Bestimmungen Gemeinsames geben, so müßte dieses – so läßt sich auf Grund derselben Stelle ausführen – erstens selbst transkategorial, und zweitens so allgemein sein, daß es allein, d. h. ohne seine mögliche Entgegensetzung, alles umfassen kann. Wie unter Punkt 3) deutlich wurde, unterstreicht Ibn SÊn§ eben dies als eine Bedingung, die solche disjunktiven Bestimmungen als je einzelne nicht erfüllen können. Diese Gemeinsamkeit vermag – so lautet nun die Lösung – allein das „Seiende als Seiendes“ aufzuweisen. Inwieweit läßt sich aber diese Lösung aus dem bislang Erörterten begründen? Präzisiert man die Frage durch die beiden eben benannten Bedingungen: die Transkategorialität des „Seienden“ (a) und seine Gemeinsamkeit gegenüber den übrigen transzendentalen Bestimmungen (b), so wird deutlich, daß die zweite Bedingung aus dem ersten Teil der Subjektsbestimmung nicht ableitbar ist. Nicht ableitbar deswegen, weil die Einteilung des „Seienden“ in Substanz, Qualität, Quantität etc. der Vermittlung anderer transzendentaler Bestimmungen nicht bedarf. Substanz und Akzidens werden als „Seiendes“ erkannt, ohne daß dieses zuvor wie eine Gattung durch 238 Vgl. die bereits zitierte Stelle aus Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 2, S. 13, Z. 3-7, (=Liber de philosophia prima I 2, S. 12, Z. 24-29; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 9, Z. 22-30), sowie den noch zu besprechenden Textabschnitt: Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 2, S. 13, Z. 16ff., (=Liber de philosophia prima I 2, S. 13, Z. 42ff.; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 10, Z. 11ff.).
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das „seiende als seiendes“
Differenzen wie etwa „möglich“ und „notwendig“, oder „Akt“ und „Potenz“ geteilt werden muß. Die zweifache Gemeinsamkeit des „Seienden“ zeichnet sich durch ein gemeinsames Moment aus: sowohl die Kategorien als auch die transkategorialen Disjunktiva kommen dem „Seienden als solchen“ zu, und dies bedeutet – wie Ibn SÊn§ an vielen Stellen und so auch hier mit allem Nachdruck betont – daß das „Seiende“ schlechthin ohne die Hinzufügung von anderen Gehalten Subjekt beider Klassen von Bestimmungen ist. Der Betrachtungsmodus „ohne jegliche Einschränkung“ (min Çayri àarãin/bi-l§ àarãin) ist stets und streng unterschieden von den Modi „mit der Einschränkung etwas zu sein“ (bi-àarãi àay"in) und „mit der Einschränkung etwas nicht zu sein“ (bi-àarãi l§). Weil nun das „Seiende“ ein solcher Begriff ist, von dessen „Was-es-ist“ und „Daß-es-ist“ gilt, daß sie bekannt sind, erfüllt es die auf den besonderen Fall der Ersten Philosophie angewandten Bedingungen der Wissenschaftstheorie um als Subjekt dieser Wissenschaft gesetzt zu werden. Das, was ihm als solchen, d. h. als bloß Seiendem zukommt, nimmt dann gemäß derselben Theorie den Platz der ihm wesentlichen, nicht aber in dessen Begriff enthaltenen Bestimmungen ein. Daß aber der Charakter dieses „Wesentlichen“ – gemeint ist hier die zweite Bedeutung von „wesentlich“, die sich trefflich durch die scholastische Differenzierung „per se secundo modo“ wiedergeben läßt – zumindest von den kategorialen je sound-so bestimmten Washeiten gegenüber von „Seiend“ nicht eingehalten werden kann, wurde bereits mehrfach deutlich. „Seiendes“ ist kein Bestandteil ihrer Definition. Das, was dem „Seienden als solchen“ zukommt, fungiert also so, „als ob“ es ihm ein Wesentliches wäre, und bildet schließlich das, wonach in dieser Wissenschaft gefragt und das sodann als Ergebnis gewußt wird. Dieses „Als-ob“ ließe sich jedoch durch die „Erstheit“ als einer der wichtigsten Teilaspekte eines wesentlichen Verhältnisses rechtfertigen. Denn Substanz und Akzidens einerseits sowie „notwendig“ und „möglich“ etc. andererseits müssen nicht einem anderen, dem „Seiendem“ gegenüber früheren Subjekt zukommen, um dem „Seienden“ zukommen zu können. Eben diese „Erstheit“ meint Ibn SÊn§, wenn er vom „Seienden“ als „erstem Subjekt“ spricht. 239 All das, was dem 239 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 2, S. 13, Z. 8-13, (=Liber de philosophia prima I 2, S. 12, Z. 30 – S. 13, Z. 38; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 9, Z. 31 – S. 10, Z. 6):
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„Seienden“ als Seienden zukommt, kommt ihm erstlich zu, denn es gibt schlechthin kein Früheres als es selbst. Die Eigenart des „Seienden“ als Subjekt der Metaphysik bestünde demnach darin, daß es auch gegenüber demjenigen erstes Subjekt zu sein vermag, in dessen Definition es – wie das bei den jeweiligen Kategorien der Fall ist – nicht enthalten ist. Ferner ist es die Eigenart des „Seienden“, daß es als solches – so dürfte nun der folgende Text verstanden werden – gleichermaßen unmittelbar in Substanz, wie auch in Akzidens einteilbar ist. Das Letztere impliziert, daß die Einteilung des „Seienden“ als solchen weder der Vermittlung der Substanz bedarf, noch eine Teilung durch Differenzen, wie etwa „durch sich selbst“ und „durch ein anderes“, oder „im Subjekt“ und „nicht im Subjekt“ voraussetzt: „Einige von diesen Bestimmungen verhalten sich ihm [d. h. dem Begriff des Seienden] gegenüber so, als ob sie Arten wären, wie die Substanz, die Quantität und die Qualität. Denn um in diese eingeteilt zu werden, bedarf das ‘Seiende’ keiner voraufgehenden Einteilung, wie die Substanz Einteilungen benötigt, ehe sie in ‘Mensch’ und ‘Nicht-Mensch’ geteilt werden kann.“240
ﻭﺃﻧﻪ ﻳﺠﺐ ﺃﻥ ﻳﺠﻌﻞ ﺍﻟﻤﻮﺿﻮﻉ، ﻓﻈﺎﻫﺮ ﻟﻚ ﻣﻦ ﻫﺬﻩ ﺍﻟﺠﻤﻠﺔ ﺃﻥ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﺑﻤﺎ ﻫﻮ ﻣﻮﺟﻮﺩ ﺃﻣﺮ ﻣﺸﺘﺮﻙ ﻟﺠﻤﻴﻊ ﻫﺬﻩ ﺣﺘﻰ ﻳﺤﺘﺎﺝ ﺇﻟﻰ ﺃﻥ ﻳﺘﻜﻔﻞ ﻋﻠﻢ ﻏﻴﺮ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻌﻠﻢ، ﻭﻷﻧﻪ ﻏﻨﻲ ﻋﻦ ﺗﻌﻠﻢ ﻣﺎﻫﻴﺘﻪ ﻭﻋﻦ ﺇﺛﺒﺎﺗﻪ. ﻟﻬﺬﻩ ﺍﻟﺼﻨﺎﻋﺔ ﻟﻤﺎ ﻗﻠﻨﺎ ﺑﺈﻳﻀﺎﺡ ﺍﻟﺤﺎﻝ ﻓﻴﻪ ﻻﺳﺘﺤﺎﻟﺔ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﺇﺛﺒﺎﺕ ﺍﻟﻤﻮﺿﻮﻉ ﻭﺗﺤﻘﻴﻖ ﻣﺎﻫﻴﺘﻪ ﻓﻲ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺍﻟﺬﻯ ﻫﻮ ﻣﻮﺿﻮﻋﻪ ﺑﻞ ﺗﺴﻠﻴﻢ ﻓﺎﻟﻤﻮﺿﻮﻉ ﺍﻷﻭﻝ ﻟﻬﺬﺍ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﻫﻮ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﺑﻤﺎ ﻫﻮ ﻣﻮﺟﻮﺩ ؛ ﻭﻣ ﹶﻄﺎﻟﺒﻪ ﺍﻷﻣﻮﺭ ﺍﻟﺘﻰ ﺗﻠﺤﻘﻪ. ﺇﻧﻴﺘﻪ ﻭﻣﺎﻫﻴﺘﻪ ﻓﻘﻂ ﹶ ﹸ .ﺑﻤﺎ ﻫﻮ ﻣﻮﺟﻮﺩ ﻣﻦ ﻏﻴﺮ ﺷﺮﻁ
Igitur ostensum est tibi ex his omnibus quod ens, inquantum est ens, est commune omnibus his et quod ipsum debet poni subiectum huius magisterii, et quia non eget inquiri an sit et quid sit, quasi alia scientia praeter hanc debeat assignare dispositionem eius, ob hoc quod inconveniens est ut stabiliat suum subiectum an sit et certificet quid sit scientia cuius ipsum est subiectum, sed potius debet concedere tantum quia est et quid est. Ideo primum subiectum huius scientiae est ens, inquantum est ens; et ea quae inquirit sunt consequentia ens, inquantum est ens, sine conditione. 240 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 2, S. 13, Z. 14-16, (=Liber de philosophia prima I 2, S. 13, Z. 38-41; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 10, Z. 7-11):
ﻛﺎﻟﺠﻮﻫﺮ ﻭﺍﻟﻜﻢ ﻭﺍﻟﻜﻴﻒ ؛ ﻓﺈﻧﻪ ﻟﻴﺲ ﻳﺤﺘﺎﺝ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﻓﻲ ﺃﻥ ﻳﻨﻘﺴﻢ: ﻭﺑﻌﺾ ﻫﺬﻩ ﺍﻷﻣﻮﺭ ﻫﻲ ﻟﻪ ﻛﺎﻷﻧﻮﺍﻉ . ﺣﺘﻰ ﻳﻠﺰﻣﻪ ﺍﻻﻧﻘﺴﺎﻡ ﺇﻟﻰ ﺍﻹﻧﺴﺎﻥ ﻭﻏﻴﺮ ﺍﻹﻧﺴﺎﻥ، ﺣﺎﺟﺔ ﺍﻟﺠﻮﻫﺮ ﺇﻟﻰ ﺍﻧﻘﺴﻤﺎﺕ، ﺇﻟﻰ ﺍﻧﻘﺴﺎﻡ ﻗﺒﻠﻬﺎ، ﺇﻟﻴﻬﺎ
168
das „seiende als seiendes“
Das in „Mensch“ bzw. „Nicht-Mensch“ unmittelbar Einteilbare ist nicht die allgemeinste, und in der arbor Porphyreana oberste Substanz, sondern eine solche, die durch die Hinzufügung von Unterschieden bereits mehrfach eingeschränkt worden ist. Allein als „Lebewesen“ spezifiziert, vermag die Substanz der Teilung durch die Differenz „vernunftbegabt“ in Mensch und Nicht-Mensch fähig zu sein. Ganz entgegengesetzter Art ist das Verhältnis zwischen dem allgemeinen „Seienden“ und den zehn Kategorien. Die Möglichkeit des allgemeinen „Seienden“, in die zehn Kategorien eingeteilt zu werden, ist nicht durch seine Spezifizierung zu einem bestimmten partikularen Seienden bedingt. Dieses Verhältnis zeichnet sich somit durch eine schlechthinnige Unmittelbarkeit aus, weil es der Vermittlung von Unterschieden ganz und gar entbehrt. Der „Als-ob“-Charakter eines Gattung-Art-Verhältnisses ließe sich nun auf Grund der oben herangezogenen Stellen aus dem MadÉal (Isagoge) von zwei Seiten her verdeutlichen: 1) Formal auf der Ebene des taßawwur betrachtet liegt „Seiend“ gänzlich außerhalb jeglicher Washeit. Folgt man der Linie des „Was“ vom Individuellen her, erreicht man als letztes nicht den Begriff des Seienden, sondern die zehn obersten und generellsten Washeiten. Über diesen steht kein generelleres „Was“ mehr, sondern ein generelleres Prädikat, das all die letzten Washeiten umfaßt, jedoch eben nicht-washeitlich. Alle zehn Kategorien kommen somit in einer ihren Washeiten gegenüber extrinsischen und daher akzidentellen Bestimmung überein. Die Möglichkeit, das „Seiende“ gegenüber den Kategorien als Gattung aufzufassen, wird dadurch schlechthin ausgeschlossen.241 2) Ontisch aber liegt „Seiendes“ – wie noch explizit gezeigt wird 242 – keineswegs außerhalb der Wirklichkeit der vielen verschiedenen, washeitlich je so-und-so bestimmten Seienden. Es ist, wie sich ja bereits ergeben hat, eben diese washeitlich schlechthin unexplizierte Wirklichkeit, worauf sich das „Seiende“ bezieht. Als eine begriffliche Struktur, die die Seienden in ihrer washeitlich unbestimmten, jedoch notwendig bestimmbaren Wirklichkeit erfaßt, verhält es sich zu denjenigen Begriffen, die wie Substanz, Qualität, Quantität etc. die Quorum quaedam sunt ei quasi species, ut substantia, quantitas et qualitas, quoniam esse non eget dividi in alia priusquam in ista, sicut substantia eget dividi in alia antequam perveniat ad dividendum in hominem et non hominem. 241 Vgl. dazu ausführlich Dritter Teil, Kapitel II, 2, a), b) und c). 242 Vgl. Dritter Teil, Kapitel III, 2.
die problemlösung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
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Seienden explizierter erfassen, wie eine Gattung zu ihren Arten. Oder anders formuliert: das Verhältnis des allgemeinen „Seienden“ (S ist) zu seinen zehn obersten Explikationen („Seiend in der Weise von Substanz“, „Seiend in der Weise von Relation“ etc. (S ist P)) wäre hiernach als ein „Als-ob“-Verhältnis zwischen Gattung und Art aufzufassen. „Als-ob“ deswegen, weil die Begriffe „Gattung“ und „Art“ ausschließlich für washeitliche (substantielle) Prädikation reserviert sind. „Wirklich-“ (Èaqq) bzw. „Seiend-Sein“ (mawÆåd) können daher nicht unter „Gattung“ bzw. „Art“ fallen. Im Lichte der beiden erkenntniskonstituierenden Bereiche des Begriffs (taßawwur) und des Urteils (taßdÊq) betrachtet, wäre hier noch hinzuzufügen, daß Ibn SÊn§ – wie sich bereits im Burh§n243 zeigte – die Angabe des „Was“ dem taßawwur, die Angabe des „Daß-es-ist“ dem taßdÊq zuordnet. Das „Was-es-ist“ und das mit Wahrheitsanspruch behauptete „Daß-esist“ eines realen Seienden konstituieren seine jeweilige Wirklichkeit (Wahrheit), sind jedoch formal, d. h. auf der Ebene des taßawwur, zwei verschiedene, aufeinander nicht zurückführbare Momente. Die Definition ist kein Beweis, der Beweis keine Definition. Ein anderes ist das Verhältnis zwischen dem „Seienden“ und den transkategorialen Disjunktiva, auch wenn es ebenfalls durch das Moment der Unmittelbarkeit gekennzeichnet ist. Ibn SÊn§ beschreibt es wie folgt: „Einige davon sind [d. h. verhalten sich zum ‘Seienden’] ‘wie eigentümliche Eigenschaften’ (ka-l-#aw§ri·i l-ɧßßati), wie das ‘Eine’ und das ‘Viele’, ‘Akt’ und ‘Potenz’, das ‘Universale’ und das ‘Partikulare’, das ‘Mögliche’ und das ‘Notwendige’. Denn um diese Eigenschaften aufzunehmen und um für sie aufnahmefähig zu sein, bedarf das ‘Seiende’ weder als physisches, noch als mathematisches, noch als ethisches, noch als etwas anderes spezifiziert zu werden.“244 243 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) I 5, S. 68, Z.18 – S. 69, Z. 1:
. ﻭﻣﻄﻠﺒﺎ »ﻣﺎ« ﻭ»ﺃﻱ« ﻳﻄﻠﺒﺎﻥ ﺍﻟﺘﺼﻮﺭ، ﻓﺤﻴﻨﺌﺬ ﻳﻜﻮﻥ ﻣﻄﻠﺒﺎ »ﻫﻞ« ﻭ»ﻟﻢ« ﻳﻄﻠﺒﺎﻥ ﺍﻟﺘﺼﺪﻳﻖ
Vgl. dazu Zweiter Teil, Kapitel II, 1, b). 244 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 2, S. 13, Z. 16-19, (=Liber de philosophia prima I 2, S. 13, Z. 42-46; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 10, Z. 11-16):
ﻭﺍﻟﻤﻤﻜﻦ، ﻭﺍﻟﻜﻠﻲ ﻭﺍﻟﺠﺰﺋﻲ، ﻭﺍﻟﻘﻮﺓ ﻭﺍﻟﻔﻌﻞ، ﻣﺜﻞ ﺍﻟﻮﺍﺣﺪ ﻭﺍﻟﻜﺜﻴﺮ، ﻭﺑﻌﺾ ﻫﺬﻩ ﻛﺎﻟﻌﻮﺍﺭﺽ ﺍﻟﺨﺎﺻﺔ ﻳﺘﺨﺼﺺ ﻃﺒﻴﻌﻴ ﹰﺎ ﺃﻭ ﻓﺈﻧﻪ ﻟﻴﺲ ﻳﺤﺘﺎﺝ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﻓﻲ ﻗﺒﻮﻝ ﻫﺬﻩ ﺍﻷﻋﺮﺍﺽ ﻭﺍﻻﺳﺘﻌﺪﺍﺩ ﻟﻬﺎ ﺇﻟﻰ ﺃﻥ ﹼ، ﻭﺍﻟﻮﺍﺟﺐ .ﺗﻌﻠﻴﻤﻴ ﹰﺎ ﺃﻭ ﺧﻠﻘﻴ ﹰﺎ ﺃﻭ ﻏﻴﺮ ﺫﻟﻚ
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das „seiende als seiendes“
Wäre das Zukommen solcher Bestimmungen bedingt durch die dem „Seienden“ als solchen „hinzugefügten“ washeitlichen Gehalte, dann wären sie in der Tat von den kategorial einteilbaren Proprien eines Etwas nicht unterschieden. Weil aber eigentümliche Eigenschaften stets einem bestimmten Etwas eigentümlich sind, und es ferner kein generelleres, allen Washeiten gemeinsames Was gibt, so wäre es dann notwendig, den oben als transkategorial ausgewiesenen Bestimmungen die Transzendentalität abzusprechen. Sie würden dann die Grenze eines je bestimmten partikularen Seienden nicht überschreiten dürfen und fielen somit je nach Zuordnung unter das „Gesuchte“ der Physik oder einer der mathematischen oder einer der praktischen Wissenschaften. Daß solche Bestimmungen einen transpartikularen Charakter aufweisen, betrachtet Ibn SÊn§ – wie die Argumentationsstruktur zu Beginn von al-"Il§hÊy§t (Metaphysik) I 2 belegt – als etwas, das im Zuge des Erkenntnisfortschrittes von dem uns Bekannteren zu dem der Natur nach Bekannteren bereits festgestellt werden konnte, auch wenn das so erreichte Vorverständnis von der Transpartikularität dieser Bestimmungen dort noch nicht auf einer ihnen wesentlich gewidmeten Untersuchung gründen kann. Denn diese Bestimmungen werden auf dem Weg von den für uns ersten partikularen Wissenschaften hin zu der der Sache nach ersten Wissenschaft zwar als solche nicht thematisiert, so daß hieraus als Ergebnis eine distinkte Erkenntnis ihrer begrifflichen Struktur erreicht wäre, daß sie jedoch keinem partikularen Seinsbereich zuzuordnen sind, konnte hingegen sehr wohl als Vorverständnis aus der Beschäftigung mit den partikularen Wissenschaften gewonnen werden. Die strikte Subjektsbestimmung einer jeden Wissenschaft verbietet, wie bereits mehrfach deutlich wurde, den Übergang von einem Bereich in einen anderen und damit die Auflösung ihrer Abgegrenztheit. Dies gilt auch vom Verhältnis zwischen den partikularen Wissenschaften und der Ersten Philosophie. Es können und dürfen daher weder die die partikularen Subjekte prinzipiierenden Momente, noch Eigenschaften, die die Bestimmtheit dieser Subjekte übersteigen, in einer partikularen Wissenschaft betrachtet werden. Eine distinkte Erkenntnis solcher Bestimmungen, sollte sie überhaupt erwerbbar sein, kann also, wie an späterer Stelle noch gezeigt wird, Et ex his quaedam sunt ei quasi accidentalia propria, sicut unum et multum, potentia et effectus, universale et particulare, possibile et necesse. Per hoc autem quod ens recipit haec accidentia et coaptatur illis, non est necesse illud proprie fieri vel naturale vel disciplinale vel morale vel aliquid aliorum.
die problemlösung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
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in einer partikularen Wissenschaft überhaupt nicht gewonnen werden. Was also Eigentümlichkeiten wie das „Mögliche“ und das „Notwendige“ von den kategorial eingrenzbaren Proprien, wie etwa die „Geradheit“ und die „Gekrümmtheit“ in Bezug auf die Linie, unterscheidet, ist die prinzipielle Verschiedenheit der Subjekte, denen sie jeweils eigentümlich zukommen. Diese Verschiedenheit ist durch die beiden entgegengesetzten Extreme „washeitlich bestimmt“ und „washeitlich unbestimmt (obschon notwendig bestimmbar)“ fundiert. Transkategoriale Eigenschaften sind einem inhaltlich ganz und gar unexplizierten „Etwas, das Wirklichkeit haben kann“ (Seiendes, (S ist)) eigentümlich. Sie haben zwar ein von ihrem Subjekt verschiedenes „Was“, oder anders ausgedrückt, sie sind vom „Seienden als solchen“ begrifflich abgegrenzt, dürften jedoch – so wäre hier jedenfalls auf Grund ihrer Bestimmung als Eigenschaften zu vermuten – keine selbständige, von der durch „Seiend“ bezeichneten Wirklichkeit abtrennbare Realität darstellen. Die Frage nach ihrer begrifflichen Abgrenzung und ihrem ontologischen Status wird an dieser Stelle jedoch noch nicht gestellt, sondern lediglich als eine metaphysische ausgewiesen. Zusammenfassend läßt sich nun festhalten: 1) Bestimmungen wie „Eines“ und „Vieles“, „möglich“ und „notwendig“ etc. sind zwar washeitlich nicht inhaltslos – im Gegenteil, ihr Was-Gehalt begründet ihre gegenseitige Ausschließbarkeit bzw. ihre Verschiedenheit gegenüber solchem, zu dem sie in keinem disjunktiven Verhältnis stehen -, fallen aber nicht wie die Substanz und die übrigen Kategorien unter die „Als-ob“-Arten des „Seienden als solchen“. Sie übersteigen vielmehr ebenso wie der Begriff des Seienden das Substanz-Akzidens-Schema, auch wenn sie einen geringeren Umfang als jener aufweisen. Das Subjekt, dem solche disjunktive Transzendentalien erstlich zukommen, kann allein das „Seiende als solches“ sein. An dieser Stelle offenbart sich die ibn-sinische Konzeption des Transkategorialen in aller Deutlichkeit: Das Moment einer schlechthinnigen Gemeinsamkeit ist für ein Kategorienübersteigendes nicht konstitutiv, oder anders formuliert: es ist nicht die Extension, die seine Transzendentalität ausmacht. Weder das „Notwendige“ noch das „Mögliche“, weder das „Vollkommene“ noch das „Bedürftige“, weder „Akt“ noch „Potenz“ usw. decken als je einzelnes genommen den gesamten Bereich des Seienden ab, sind aber dennoch katego-
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das „seiende als seiendes“
rienübersteigend. Demnach ist das „Seiende“ ein besonderer Fall des Transzendentalen, der durch das Merkmal der maximal möglichen Ausdehnung in der Prädikation auswiesen ist. Dasselbe gilt dann auch für alle Bestimmungen, die mit dem „Seienden“ umfangsgleich sind. Dazu wurde bislang explizit das „Eine“ gezählt. Da nun an dieser Stelle das Verhältnis zwischen dem „Einen“, das die gleiche Extension wie das „Seiende“ aufweist, und dem disjunktiven „Einen“, das dem „Vielen“ entgegengesetzt ist, unbestimmt bleibt, läßt sich die Frage, warum – wie bereits bei Aristoteles245 – allein dem „Seienden“ und nicht etwa auch dem „Einen“ das Subjekt-Sein der Ersten Philosophie eingeräumt wird, zwar noch nicht beantworten, es können aber als Ansatz zu einer Antwort auf der Grundlage des Erörterten folgende Aspekte angegeben werden: a) Das Moment der schlechthinnigen Gemeinsamkeit gegenüber allem Wirklichen ist für das Subjekt der Ersten Philosophie grundlegend. Dem kann das disjunktive „Eine“ nicht gerecht werden. Anspruch könnte also nur das „Eine“ erheben, das die gleiche, und das bedeutet maximale Extension wie das „Seiende“ erreicht. b) Der Grund dafür, daß als Subjekt der Ersten Philosophie allein das „Seiende“ bestimmt wird, ist somit ausschließlich durch das Merkmal der maximalen Extension nicht ausweisbar. Möglich wäre es jedoch, daß ein zweites, von Ibn SÊn§ ebenfalls angewandtes Kriterium den Unterschied zwischen den beiden umfangsgleichen Transzendentalien fundieren kann, nämlich das gnoseologische Kriterium der exakten Bestimmtheit eines Begriffes hinsichtlich dessen „Was-“ und „Daß-Seins“. Denn dieses wird, wie bereits gesehen246, allein vom Begriff des Seienden erfüllt. 2) Das „Seiende als Seiendes“ vermag also als einziges eine zweifache Verschiedenheit als Einheit zu begründen: die kategoriale Verschiedenheit von Substanz und Akzidens und die transkategoriale 245 Vgl. Aristoteles: Metaphysik IV 1, 1003a 21. Zur Gleichursprünglichkeit der beiden Begriffe für die aristotelische Metaphysik und der „verhängnisvollen Verengung“ derselben, sofern sie mit Ontologie gleichgesetzt wird, vgl. K. Gloy: Aristoteles Theorie des Einen, S. 74. 246 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 2, S. 12, Z. 13-14, (=Liber de philosophia prima I 2, S. 12, Z. 15-18; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 9, Z. 13-15), sowie Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 2, S. 13, Z. 8-10, (=Liber de philosophia prima I 2, S. 12, Z. 30-32; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 9, Z. 31-35).
die problemlösung in al-"il§hÊy§t (metaphysik)
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des disjunktiv Entgegengesetzten. Beide Arten von Bestimmungen kommen dem „Seienden als solchen“ zu. In ihrer unmittelbaren Beziehbarkeit fungieren sie ihm gegenüber so, „als ob“ sie ihm wesentlich zukommen würden. Damit fallen gemäß der Wissenschaftstheorie beide Arten unter das in der Ersten Philosophie „Gesuchten“ (maãlåb). Ihr Verhältnis läßt sich graphisch wie folgt darstellen:
das Seiende als Seiendes ▼
wie Arten
ﺍﻟﻜﻤﻴﺔ ﺍﻟﻜﻴﻔﻴﺔ ﺍﻟﺠﻮﻫﺮ
ﻛﺎﻟﻌﻮﺍﺭﺽ ﺍﻟﺨﺎﺻﺔ wie eigentümliche Eigenschaften
Akt – Potenz
▼
ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﺑﻤﺎ ﻫﻮ ﻣﻮﺟﻮﺩ
ﺇﻣﻜﺎﻥ – ﺿﺮﻭﺭﺓ
Notwendigkeit – Möglichkeit
ﻛﺎﻷﻧﻮﺍﻉ
ﻗﻮﺓ – ﻓﻌﻞ
ﻛﺜﺮﺓ – ﻭﺣﺪﺓ
Einheit – Vielheit
ﺃﻥ ﻳﻨﻔﻌﻞ ﺃﻥ ﻳﻔﻌﻞ ﺍﻟﻤﻠﻚ ﺍﻟﻮﺿﻊ ﻣﺘﻰ ﺃﻳﻦ ﺍﻹﺿﺎﻓﺔ
Substanz Qualität Quantität Relation Wo Wann Lage Haben Wirken Leiden
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das „seiende als seiendes“
IV. DIE EINHEIT DER ERSTEN PHILOSOPHIE Im Anschluß an die Subjektsbestimmung der Metaphysik, die, wie sich bereits zeigte, in der zweifachen Erstheit des Begriffes „Seiend“ entfaltet wird – als erstes Subjekt der obersten zehn Gattungen und der transzendentalen Disjunktiva – knüpft Ibn SÊn§ an das anfangs formulierte Vorverständnis dieser Wissenschaft an und versucht im Lichte des gewonnenen Ergebnisses zunächst, die Vielheit und die Heterogenität dessen anzudeuten, was vom „Seienden als Seiendem“ umfaßt wird, um dann die Einheit dieser Wissenschaft implizit zu erweisen. Sodann gilt es, die anfangs als bloße Namensdefinitionen eingeführten Bestimmungen dieser Wissenschaft zu prüfen und ihre Vielheit, sollte sie dann noch haltbar sein, zu rechtfertigen. Als erstes bedient sich Ibn SÊn§ eines Einwandes, um den Begriff der Kausalität, von dem er an früherer Stelle247 zeigte, daß dieser dem Verstande kein „erstlich Bekanntes“ ist, seinen eigentlichen Ort vorwegnehmend248 schon jetzt einzuführen. Dies ist freilich keineswegs als Inkonsequenz zu deuten. Vorab zu jedweder Explikation des „Seienden“ gilt es hier, in einem ersten Umriß den gesamten Bereich der Metaphysik anzudeuten und so die Möglichkeit ihres Subjekts formal zu prüfen. Mit Hilfe des Begriffes „Ursache“, so wird in seinen Ausführungen deutlich, läßt sich eine differenzierende Entfaltung eines gegenüber jeglicher Unterscheidung Indifferenten erzielen. Soll die von einem einzigen, einfachen und gemeinsamen „Seienden als solchen“ umfaßte Heterogenität sichtbar gemacht und an dieser Stelle freilich nur noch perspektivisch angezeigt werden, so kann dies mit dem ihr gegenüber schlechthin indifferenten „Seienden“ nicht erreicht werden. Die Vorwegnahme ist also wissenschaftssystematisch vorprogrammiert. Soll man einerseits dem von Ibn SÊn§ ebenso wie schon von Aristoteles vertretenen Anspruch der Metaphysik, eine gesamtheit247 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 1, S. 8, Z. 5ff., (=Liber de philosophia prima I 1, S. 7, Z. 21ff.; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 5, Z. 26ff.); vgl. dazu Zweiter Teil, Kapitel III, 2. 248 Wie sich noch zeigen wird, ist der Begriff des Seienden nach Ibn SÊn§ nicht als Einheit eines kausalen Verhältnisses der besonderen Seienden, sondern als das allem Erkennbaren gemeinsame Prädikat zu denken.
die einheit der ersten philosophie
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liche Weltdeutung zu sein, gerecht werden, andererseits aber ihren Status als Wissenschaft wahren, so kann ihre Möglichkeit nur dann kritisch hinterfragt werden, wenn die Vielheit und Verschiedenheit dessen, was unter ihre Subjektgattung fällt, vorab zu der faktischen Durchführung dieser Wissenschaft angedeutet wird. Dies bedeutet dann aber, daß die Verschiedenheit der Seienden hier, in der dieser Wissenschaft vorangestellten kritischen Überprüfung ihrer Möglichkeit, nur unbegründet gesetzt werden kann, denn andernfalls wäre die Metaphysik, zu deren Ergebnissen die Entfaltung des einen und allgemeinen Begriffs des Seienden gehört, überflüssig. Es ist, wie sich bereits mehrmals ergab, das wissenschaftstheoretische Problembewußtsein Ibn SÊn§s, das ihn nicht nur dazu veranlaßt, im Anschluß an den Versuch al-F§r§bÊs die Frage nach dem Subjekt der Ersten Philosophie explizit zu stellen, sondern auch die entworfene Lösung nochmals der Prüfung durch die Beweistheorie zu unterziehen. 1. „Prinzip-Sein“ als eigentümliche Eigenschaft des „Seienden“ Wird aber das „Seiende“ als Subjekt der Metaphysik gesetzt – so formuliert Ibn SÊn§ nun den folgenden Einwand – dann wäre die Möglichkeit, die Prinzipien „der seienden Dinge“ (al-mawÆåd§t) in dieser Wissenschaft zu erweisen, durch die Beweistheorie aufgehoben. „Denn die Untersuchung in jeder Wissenschaft gilt dem, was ihrem Subjekt zukommt, und nicht seinen Prinzipien.“249 Hätte das Seiende als solches Prinzipien – so nun die erste implizite Folge – dann wäre die Erstheit der Metaphysik nicht zu wahren, denn es wäre Aufgabe einer höheren Wissenshaft, diese Prinzipien zu 249 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 2, S. 14, Z. 1-3, (=Liber de philosophia prima I 2, S. 13, Z. 47-50; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 10, Z. 17-20):
ﺇﻧﻪ ﺇﺫﺍ ﺟﻌﻞ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﻫﻮ ﺍﻟﻤﻮﺿﻮﻉ ﻟﻬﺬﺍ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﻟﻢ ﻳﺠﺰ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﺇﺛﺒﺎﺕ ﻣﺒﺎﺩﺉ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩﺍﺕ، ﻭﻟﻘﺎﺋﻞ ﺃﻥ ﻳﻘﻮﻝ . ﻷﻥ ﺍﻟﺒﺤﺚ ﻓﻲ ﻛﻞ ﻋﻠﻢ ﻫﻮ ﻋﻦ ﻟﻮﺍﺣﻖ ﻣﻮﺿﻮﻋﻪ ﻻ ﻋﻦ ﻣﺒﺎﺩﺋﻪ، ﻓﻴﻪ
Potest autem quis dicere quod, postquam ens ponitur subiectum huius scientiae, tunc non potest esse ut ipsa stabiliat esse principia essendi. Inquisitio enim omnis scientiae non est de principiis, sed de consequentibus principiorum. Zu beachten ist hier die gewichtige Abweichung der lateinischen Übersetzung: „de consequentibus principiorum“ statt „de consequentibus subiecti sui“. Das letztere ist eine Rückübersetzung ins Lateinische, die Van Riet auf Grund des Vergleiches mit dem edierten arabischen Text vorgelegt hat. Vgl. ebd., Anm. 49 des kritischen Apparates.
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das „seiende als seiendes“
erweisen. Darf die Metaphysik aber andererseits diejenigen Prinzipien der mathematischen und physischen Dinge, deren Status noch hypothetisch ist, nicht beweisen, so vermöchte sie ihren Anspruch, höchste Wissenschaft zu sein, nicht zu erfüllen. Die Möglichkeit von begründetem Wissen und abschließbarer Wissenschaft wäre damit nicht mehr gegeben. Ibn SÊn§s Antwort auf den von ihm selbst erhobenen Einwand ist beeindruckend einfach: die Untersuchung der Prinzipien ist nichts anderes als die Untersuchung der Eigenschaften (#aw§ri·) des Subjekts dieser Wissenschaft. Dies resultiert aus der schlechthinnigen Einfachheit, höchsten Allgemeinheit und Indifferenz des Begriffes des Seienden, so daß die Prinzipien als ihm eigentümliche (ɧßßah) Eigenschaften weiter bestimmt werden können. Denn weder ist der Begriffsinhalt „Seiend“ durch den des „Prinzips“ konstituiert, noch „widerspricht es ihm“ (l§ mumtani#un fÊhi), Prinzip zu sein. Der Begriffsinhalt „Seiendes“ ist, wie bereits mehrmals deutlich wurde, etwas schlechthin Einfaches und läßt sich schlechthin auf nichts, und damit auch nicht auf „Prinzip“, zurückführen. „Prinzip-Sein“ ist jedoch zugleich ein dem „Seienden“ mögliches Prädikat. Möglichkeit in diesem allgemeinen, logischen Sinne meint die von Ibn SÊn§ an dieser Stelle explizit zum Ausdruck gebrachte „Nichtwidersprüchlichkeit“. Von sich aus schließt „das Seiende als solches“ das Prädikat „Prinzip-Sein“ nicht aus. Oder anders gesagt: Die Annahme eines Seienden, das Prinzip ist, führt nicht zum Widerspruch. „PrinzipSein“ kommt dem „Seienden“ vielmehr „gemäß seiner Natur“ (bi-lqiy§si "il§ ãabÊ#ati l-mawÆådi) zu, und ist als „eigentümliche Eigenschaft“ (mina l-#aw§ri·i l-ɧßßati bihÊ) des Seienden als solchen aufzufassen.250 250 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 2, S. 14, Z. 3-6, (=Liber de philosophia prima I 2, S. 13, Z. 50 – S. 14, Z. 56; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 10, Z. 21-28):
ﻷﻥ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﻛﻮﻧﻪ ﻣﺒﺪﺃ، ﻓﺎﻟﺠﻮﺍﺏ ﻋﻦ ﻫﺬﺍ ﺃﻥ ﺍﻟﻨﻈﺮ ﻓﻲ ﺍﻟﻤﺒﺎﺩﺉ ﺃﻳﻀﺎ ﻫﻮ ﺑﺤﺚ ﻋﻦ ﻋﻮﺍﺭﺽ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻤﻮﺿﻮﻉ ﻏﻴﺮ ﹺ . ﻭﻣﻦ ﺍﻟﻌﻮﺍﺭﺽ ﺍﻟﺨﺎﺻﺔ ﺑﻪ، ﻣﻘﻮﻡ ﻟﻪ ﻭﻻ ﻣﻤﺘﻨﻊ ﻓﻴﻪ ؛ ﺑﻞ ﻫﻮ ﺑﺎﻟﻘﻴﺎﺱ ﺇﻟﻰ ﻃﺒﻴﻌﺔ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﺃﻣﺮ ﻋﺎﺭﺽ ﻟﻪ ﹼ . ﻓﻴﻠﺤﻖ ﻏﻴﺮﻩ ﻟﺤﻮﻗ ﹰﺎ ﺃﻭﻟﻴ ﹰﺎ، ﻷﻧﻪ ﻟﻴﺲ ﺷﻲﺀ ﺃﻋﻢ ﻣﻦ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ
Ad quod respondemus quod speculatio de principiis non est nisi inquisitio de consequentibus huius subiecti, quia ens hoc vel illud, inquantum est principium, non constituitur ab eo nec prohibetur, sed, comparatione naturae entis absolute, est quiddam accidentale ei et est de consequentibus quae sunt ei propria; principium enim non est communius quam ens, quasi consequatur cetera consecutione prima.
die einheit der ersten philosophie
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Galt es also zunächst zu zeigen, daß „Prinzip-Sein“ ein dem „Seienden“ mögliches Prädikat ist, so geht es Ibn SÊn§ jetzt darum, das Verhältnis zwischen den beiden genauer zu bestimmen. Denn nur so ließe sich das angewandte Kriterium der Beweistheorie, gemäß dem ja lediglich die Frage nach den wesentlichen Eigenschaften des Subjekts einer Wissenschaft in dieser zulässig ist, erfüllen. Die Begründung für den proprienhaften Charakter dieses Verhältnisses lautet wie folgt: „Denn es [d. h. das ‘Prinzip-Sein’] ist nicht etwas Allgemeineres als das ‘Seiende’, so daß es [dann] einem anderen [d. h. einem anderen als dem ‘Seienden’] erstlich zukäme.“251
Wäre dies der Fall, dann käme „Prinzip-Sein“ dem „Seienden“ ausschließlich durch die Vermittlung eines Inhaltes zu, der das „Seiende“ an Allgemeinheit übertrifft. Es ist also die schlechthinnige Allgemeinheit des „Seienden“, die die Erstheit und die Unmittelbarkeit seines Verhältnisses zu Eigenschaften wie „Prinzip-Sein“ fundiert. Wie sich bereits bei der Relation des „Seienden“ zu den zehn obersten Gattungen252 und zu den transzendentalen Disjunktiva253 zeigte, ist die Unmittelbarkeit auch dort ein bestimmendes Moment. Die Möglichkeit eines erstlichen Verhältnisses beider Begriffe wird nun auch von einer anderen Seite her bekräftigt: Die gegenüber dem „Seienden“ geringere Allgemeinheit von „Prinzip“ schließt nicht aus, daß dieses dem „Seienden“ vermittels eines Spezifischeren als „Seiend“ zukommt. Darum betont Ibn SÊn§, daß das „Seiende“ keiner Hinzufügung bedarf um als Subjekt von „Prinzip-Sein“ fungieren zu können. Dies vermag das „Seiende“ bereits als solches, und nicht
251 Der Satz ist sehr dicht gefaßt und läßt mehrere Interpretationen zu. Ich werde ihn daher mit der von mir für die Übersetzung zugrundegelegten Vokalisation angeben. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 2, S. 14, Z. 6, (=Liber de philosophia prima I 2, S. 14, Z. 56; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 10, Z. 26-28):
ﹺ . ﹶﻓﻴ ﹾﻠ ﹶﺤ ﹶﻖ ﹶﻏﻴﺮ ﹸﻩ ﹸﻟﺤ ﹸﻮﻗ ﹰﺎ ﺃﹶﻭﻟﻴﺎ، ﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﻲﺀ ﺃﻋﻢ ﻣﻦ ﺍ ﻷﻧﻪ ﻟﻴﺲ ﺷ ﱠﹸ ﹶﹾ ﹶ ﹶ ﹰ ﱠ ﹾﹶ ﹶ Þﹼ
Vgl. hierzu auch die anderslautende Lesart an-Nar§qÊs und dessen Kommentar dazu: ’arÈ al-"il§hÊy§t min kit§b aà-àif§", S. 90, Z. 8 ff. 252 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 2, S. 13, Z. 14-16, (=Liber de philosophia prima I 2, S. 13, Z. 38-41; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 10, Z. 7-11). Vgl. dazu Zweiter Teil, Kapitel III, 3, b). 253 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 2, S. 13, Z. 16-19, (=Liber de philosophia prima I 2, S. 13, Z. 42-46; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 10, Z. 11-16). Vgl. dazu Zweiter Teil, Kapitel III, 3, b).
das „seiende als seiendes“
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erst dadurch, daß es weiter als z. B. mathematisches oder physisches bestimmt wird.254 In einem zweiten Schritt setzt sich Ibn SÊn§ mit dem disjunktiven Paar „Prinzip-Sein“ und „Prinzip-Haben“ auseinander. In diesem Zusammenhang tritt ein bestimmtes Prinzip in den Vordergrund, nämlich die Seinsursache, sowie auch das, dessen Sein verursacht ist. Im Hinblick auf das bisher Erörterte muß also bemerkt werden, daß es sich hierbei um zwei möglichen Prädikate von „Seiend“ handelt, die sich gegenseitig ausschließen. Auf Grund der kontextuellen Eindeutigkeit ist zwingend anzunehmen, daß die unbestimmteren Disjunktiva „Prinzip-Sein“ und „Prinzip-Haben“ wie auch die spezielleren „erstes Prinzip“/„erste Ursache“ (mabda"un "awwal/ sababun "awwal) und „Verursachtes“ (ma#lål) ebenfalls als Eigentümlichkeiten (#aw§ri·u ɧßßah) des „Seienden als solchen“ aufzufassen sind, auch wenn dies hier explizit nicht gesagt wird. Dieses erste Prinzip ist, so lautet nun die Argumentation, keineswegs Prinzip alles Seienden, denn andernfalls wäre es, da es selbst Seiendes ist, notwendig auch Prinzip seiner selbst. Somit hat also nicht jedes Seiende ein Prinzip, sondern nur jedes verursachte Seiende. Die Metaphysik untersucht demnach ein solches, das Prinzip eines Teiles des Seienden ist, und nicht ein solches, das als Prinzip schlechthin alles Seiende, sich selbst inbegriffen, umfaßt.255 254
Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 2, S. 14, Z. 6-8, (=Liber de philosophia prima I 2, S. 14, Z. 56-57; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 10, Z. 28-30):
. ﻭﻻ ﺃﻳﻀﺎ ﻳﺤﺘﺎﺝ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﺇﻟﻰ ﺃﻥ ﻳﺼﻴﺮ ﻃﺒﻴﻌﻴﺎ ﺃﻭ ﺗﻌﻠﻴﻤﻴﺎ ﺃﻭ ﺷﻴﺌﺎ ﺁﺧﺮ ﺣﺘﻰ ﻳﻌﺮﺽ ﻟﻪ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﻣﺒﺪﺃ
Nec etiam necesse est ut sit naturale vel disciplinale vel alliquid aliud, ad hoc ut accidat ei esse principium. 255 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 2, S. 14, Z. 8-11, (=Liber de philosophia prima I 2, S. 14, Z. 58-64; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 10, Z. 30 – S. 11, Z. 2):
ﻭﻟﻮ ﻛﺎﻥ ﻣﺒﺪﺃ ﻟﻠﻤﻮﺟﻮﺩ ﻛﻠﻪ ﻟﻜﺎﻥ ﻣﺒﺪﺃ ﻟﻨﻔﺴﻪ ؛ ﺑﻞ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﻛﻠﻪ ﻻ ﻣﺒﺪﺃ، ﺛﻢ ﺍﻟﻤﺒﺪﺃ ﻟﻴﺲ ﻣﺒﺪﺃ ﻟﻠﻤﻮﺟﻮﺩ ﻛﻠﻪ ﻓﻼ ﻳﻜﻮﻥ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﻳﺒﺤﺚ ﻋﻦ. ﻓﺎﻟﻤﺒﺪﺃ ﻫﻮ ﻣﺒﺪﺃ ﻟﺒﻌﺾ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ. ﺇﻧﻤﺎ ﺍﻟﻤﺒﺪﺃ ﻣﺒﺪﺃ ﻟﻠﻤﻮﺟﻮﺩ ﺍﻟﻤﻌﻠﻮﻝ، ﻟﻪ . ﺑﻞ ﺇﻧﻤﺎ ﻳﺒﺤﺚ ﻋﻦ ﻣﺒﺎﺩﺉ ﺑﻌﺾ ﻣﺎ ﻓﻴﻪ ﻛﺴﺎﺋﺮ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ ﺍﻟﺠﺰ ﺋﻴﺔ، ﻣﺒﺎﺩﺉ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﻣﻄﻠﻘ ﹰﺎ
Deinde principium non est principium omnium entium. Si enim omnium entium esset principium, tunc esset principium sui ipsius; ens autem in se absolute non habet principium; sed habet principium unumquodque esse quod scitur. Principium igitur est principium aliquibus entibus. Quapropter haec scientia non erit inquirens principia entis absolute, sed principia alicuius entium, sicut principia ceterarum scientiarum particularium.
die einheit der ersten philosophie
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Dazu heißt es in at-Ta#lÊq§t: „Das Seiend-Sein des Seienden ist etwas anderes als dessen PrinzipSein. Denn Prinzip-Sein ist eine der Eigenschaften des Seienden. So z. B. erweisen wir in der Physik das Prinzip der Bewegung, und die Bewegung ist eine der Eigenschaften des Subjekts der Physik. Dann stellen wir eine Untersuchung über jenes Prinzip und darüber, ob es Substanz oder Akzidens ist, an. Somit kommen diese zwei Begriffe einer der Eigenschaften [des Subjekts] der Physik zu256. Analog dazu wird in der Metaphysik das Prinzip des Seienden erwiesen, dann wird untersucht, was jenes Prinzip ist, und ob es Substanz oder Akzidens ist. Tatsächlich aber wird das Prinzip des Seienden in dieser Wissenschaft für dasjenige erwiesen, welches [als Seiendes] Prinzip hat, und dieses ist das verursachte Seiende (al-mawÆådu l-ma#lål). Wenn dem aber so ist, dann wird das Prinzip eines Teiles des Seienden (li-ba#·i l-mawÆådi), nicht jedoch alles Seienden erwiesen. Und dieses [d. h. das verursachte Seiende] ist ein Teil dessen, wovon diese Wissenschaft handelt, ganz so, wie auch in den übrigen Wissenschaften verfahren wird.“257
256 Gemeint ist hier natürlich nicht, daß etwas zugleich als Substanz und Akzidens bestimmt wird, sondern daß dieses etwas, nachdem es als Seiendes (S ist) erkannt wird, weiter seinem Wesenswas nach entweder als Substanz oder als Akzidens expliziert werden kann. 257 Ibn SÊn§: at-at-Ta#lÊq§t, S. 173, Z. 3-9:
ﻭﻧﺤﻦ ﻧﺜﺒﺖ ﻓﻲ، ﻓﺈﻥ ﻛﻮﻧﻪ ﻣﺒﺪﺃ ﻋﺎﺭﺽ ﻣﻦ ﻋﻮﺍﺭﺽ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ: ﻛﻮﻥ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﻣﻮﺟﻮﺩﺍﹰ ﻏﻴﺮ ﻛﻮﻧﻪ ﻣﺒﺪﺃ ﺛﻢ ﻧﺒﺤﺚ ﻋﻦ ﺫﻟﻚ ﺍﻟﻤﺒﺪﺃ ﻭﺃﻧﻪ ﻫﻞ، ﻭﺍﻟﺤﺮﻛﺔ ﻣﻦ ﻋﻮﺍﺭﺽ ﻣﻮﺿﻮﻉ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺍﻟﻄﺒﻴﻌﻲ، ﺍﻟﻄﺒﻴﻌﻴﺎﺕ ﻣﺒﺪﺃ ﺍﻟﺤﺮﻛﺔ ﻛﺬﻟﻚ ﻳﺜﺒﺖ ﻓﻲ. ﻓﻴﻜﻮﻥ ﻫﺬﺍﻥ ﺍﻟﻤﻌﻨﻴﺎﻥ ﻋﺎﺭﺿﻴﻦ ﻟﻌﺎﺭﺽ ﻣﻦ ﻋﻮﺍﺭﺽ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺍﻟﻄﺒﻴﻌﻲ، ﻫﻮ ﺟﻮﻫﺮ ﺃﻡ ﻋﺮﺽ ﻭﻫﻞ ﻫﻮ ﺟﻮﻫﺮ ﺃﻡ ﻟﻴﺲ، ﻣﺎ ﺫﻟﻚ ﺍﻟﻤﺒﺪﺃ: ﺛﻢ ﹸﻳﺒﺤﺚ ﻋﻨﻪ، [ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ: ﺍﻹﻟﻬﻴﺎﺕ ﻣﺒﺪﺃ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ] ﻓﻲ ﺍﻟﻤﺘﻦ ﻭﺇﺫﺍ ﻛﺎﻥ ﻛﺬﻟﻚ. ﻭﻫﻮ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﺍﻟﻤﻌﻠﻮﻝ، ﻭﺇﻧﻤﺎ ﻳﺜﺒﺖ ﻣﺒﺪﺃ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﻓﻲ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﻟﻤﺎ ﻟﻪ ﻣﺒﺪﺃ. ﺑﺠﻮﻫﺮ ﻭﻫﻮ ﻣﻦ ﺑﻌﺾ ﻣﺎ ﻓﻲ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﻛﻤﺎ، ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ [ ﻻ ﻟﻜﻠﻪ: >ﻛﺎﻥ< ﺇﺛﺒﺎﺕ ﺍﻟﻤﺒﺪﺃ ﻟﺒﻌﺾ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ] ﻓﻲ ﺍﻟﻤﺘﻦ . ﻓﻲ ﺳﺎﺋﺮ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ
Die Hinzufügung in den eckigen Klammern im arabischen Text stammt von mir. Ferner habe ich in der Übersetzung die in at-Ta#lÊq§t verzeichnete Form „Sein“ mit „Seiendes“ ersetzt. An der zitierten Stelle aus at-Ta#lÊq§t – Edition von #Abd ar-RaÈm§n BadawÊ wird zwischen „Sein“ (wuÆåd) und „Seiendes“ (mawÆåd) nicht unterschieden. Auf Grund der minimalen optischen Verschiedenheit der beiden Formen im arabischen Schriftbild, können sie bei der Erstellung von handschriftlichen Kopien miteinander leicht verwechselt werden. Für die Form „Seiendes“ spricht zum einen die eindeutige Subjektsbestimmung der Metaphysik und zum anderen der Gebrauch an der entsprechenden, oben diskutierten Stelle in der Metaphysik des Kit§b aà-àif§". Auch an-Nar§qÊ liest hier „mawÆåd“, vgl. dessen ’arÈ al-"il§hÊy§t min kit§b aà-àif§", S. 91. Der Text weicht nur geringfügig von dem entsprechenden Abschnitt
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das „seiende als seiendes“
Damit versucht Ibn SÊn§ den eingangs erwähnten Einwand, nämlich daß, wenn man das „Seiende“ als Subjekt der Metaphysik setzt, die Prinzipien der Seienden nicht mehr in ihr betrachtet werden dürfen,258 endgültig zu entkräften. Denn hätte jedes Seiende als solches ein Prinzip, dann dürfte das Prinzip, sollte es Prinzip sein, nicht unter das „Seiende“ gerechnet werden, da das „Seiende“ dann gleichbedeutend mit dem „Verursachten“ wäre. In diesem Falle wäre das Subjekt der Metaphysik nicht mehr das allgemeine und absolut einfache „Seiende“, sondern ein bestimmteres, nämlich das „verursachte Seiende“, das als solches durch eine Ursache konstituiert ist, die gänzlich außerhalb des Bereiches dieser Wissenschaft läge und gemäß der Wissenschaftstheorie erst in einer höheren Wissenschaft erweisbar wäre. Da nach Ibn SÊn§ die Ursache, die allem verursachten Seienden Wirklichkeit verleiht, mit Gott gleichgesetzt werden muß, kommt der knappen Stelle in der Metaphysik des Kit§b aà-àif§" eine hinsichtlich des Verhältnisses zwischen dem „Seienden als solchen“ und dem ersten unverursachten Seienden große Bedeutung zu. Wie gewichtig der Status dieses Verhältnisses ist, zeigt sich daran, daß die Subjektsbestimmung der Metaphysik und damit die gesamte Konzeption der Ersten Philosophie letztlich ganz und gar von der Bestimmung dieses Verhältnisses abhängig sind.259 Würde das Subjekt der Metaphysik nicht die von Ibn SÊn§ eindeutig vertretene Indifferenz gegenüber Disjunktiva wie „PrinzipSein“ und „Prinzip-Haben“ aufweisen, müßte es dann notwendig durch eine dieser sich gegenseitig ausschließenden Eigenschaften bestimmt sein. Die Metaphysik würde jedoch dann entweder von Gott als dem ersten, unverursachten Seienden oder von allem Übrigen handeln. Unabhängig davon, daß die Ursache in beiden Fällen ein konstituierender Bestandteil des Subjekts wäre, dem Verstande aber kein „erstlich Bekanntes“ ist, müßte der jeweils andere Teil des Seienden gänzlich unberücksichtigt bleiben, da er dem jeweiligen Subjekt dieser Wissenschaft ganz entgegengesetzt und somit nicht unter dessen Gattung subsumierbar wäre. Setzt man in den Ta#lÊq§t al-F§r§bÊs ab, vgl. dazu al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Kit§b at-ta#lÊq§t, hrsg. von @a#far "$l Y§sÊn, S. 67, (= at-Ta#lÊq§t, Hyderabader Ed. (Dekkan), S. 25). 258 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 2, S. 14, Z. 1-3, (=Liber de philosophia prima I 2, S. 13, Z. 47-50; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 10, Z. 17-20). 259 Vgl. dazu ausführlich das Schlußwort, Kapitel II.
die einheit der ersten philosophie
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ferner die Ursächlichkeit als dem Verstande erstlich Bekanntes voraus, wäre die Bezogenheit auf das je Entgegengesetzte aber nicht aufhebbar, da das Paar „Ursache“ und „Verursachtes“ eine Korrelation darstellt. Das Potential des Lösungsansatzes Ibn SÊn§s zeigt sich an dieser Stelle in aller Klarheit. Das Subjekt der Metaphysik ist das „Seiende als Seiendes“. Dieses ist allgemeiner als das „verursachte“ bzw. „unverursachte Seiende“ und vermag als solches sowohl Gott als auch alles Übrige zu umfassen. „Prinzip-Sein“ und „Prinzip-Haben“ gehören zu seinen eigentümlichen Eigenschaften. Die Transzendentalität des Begriffes „Seiend“ beschränkt sich somit nicht nur auf das Kategorieneinteilbare, sondern erstreckt sich – wie sich bereits an früherer Stelle deutlich ergab260 – auch auf transkategoriale, sich gegenseitig ausschließende Bestimmungen. Allein das zuletzt genannte Transzendentalitätsmoment kann die Einheit einer solchen Wissenschaft wie der Metaphysik begründen, die den Anspruch hat, prinzipiell Verschiedenes abschließbar zu untersuchen.261 2. Die Teile der Metaphysik Die Indifferenz des „Seienden“ sowohl gegenüber kategorial eingrenzbaren Washeiten, die sich „wie“ seine Arten verhalten, als auch gegenüber disjunktiven Bestimmungen, die es quasi so „teilen“ wie artbildende Unterschiede ihre Gattung, fundiert also die Einheit des so Geteilten. Der sich daraus ergebenden Heterogenität muß daher in dieser Wissenschaft Rechnung getragen werden. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Bestimmung durch die Disjunktiva: was von einem Teil des Seienden, nicht als bloß Seiendem, sondern als einem so-und-so Bestimmten gilt, kann von dem anderen nicht gelten. Die Metaphysik läßt sich darum nur in Teilen vollziehen. Da „PrinzipSein“ bzw. „Prinzip-Haben“ ebenso wie alle anderen sich gegenseitig ausschließenden Transzendentalien kein washeitlich konstitutives Moment von Wesenheiten sind, kann ihr Erweis nicht in einer formalen Analyse des Wesenswas der Dinge, sondern nur in einer solchen des „Seienden“ gewonnen werden. Wie die Erhebung solcher 260 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 2, S. 12, Z. 15 – S. 13, Z. 3, (=Liber de philosophia prima I 2, S. 12, Z. 18-24; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 9, Z. 16-22); vgl. dazu Zweiter Teil, Kapitel III, 3, b). 261 Vgl. dazu das Schlußwort, Kapitel I.
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das „seiende als seiendes“
transkategorialen Disjunktiva bei Ibn SÊn§ konzipiert ist, und ob sie der Erkenntnis in einer Ordnung von „Früher“ und „Später“ zugänglich sind, so daß einige Bestimmungen sowohl auf der stärkeren wie auch auf der schwächeren Seite der disjunktiven Paare nur vermittels von jeweils früheren gewonnen werden können, bleibt noch abzuwarten. Die Untersuchung solcher Teile des „Seienden“ ist andererseits deswegen Aufgabe der höchsten Wissenschaft, da sie noch nicht hinreichend bestimmt sind, um als Subjekte der partikularen Wissenschaften fungieren zu können. All das, was der Definition des Subjekts einer partikularen Wissenschaft voraufgeht, einschließlich derjenigen Prinzipien, die es gemeinsam mit den Subjekten anderer partikularer Wissenschaften als verursachtes Seiendes teilt, kann kein Untersuchungsgegenstand der betreffenden partikularen Wissenschaft sein. Dasjenige dagegen, was in einer solchen Wissenschaft als Prinzip erwiesen wird, ist stets Prinzip eines spezifischen Teiles ihres Subjekts.262 Die Metaphysik stimmt also mit den partikularen Wissenschaften darin überein, daß sie Prinzipien untersucht, die ausschließlich von Teilen ihres Subjekts gelten. Darin jedoch, daß nicht jedes einzelne dessen, was von ihrem Subjekt umfaßt wird, Prinzipien hinsichtlich dessen „Seiend-Seins“ hat, unterscheidet sie sich von allen anderen Wissenschaften. Es gibt also mindestens ein Seiendes, welchem die Bestimmung „Prinzip-Haben“ widerspricht. Auch wenn die Analyse dessen, was nach Ibn SÊn§ unter „mawÆåd“ („Seiend“) verstanden werden soll, erst im Dritten Teil der vorliegenden Arbeit unternommen wird, tritt der Gehalt der vorgestellten Lösung Ibn SÊn§s bereits zu diesem Zeitpunkt klar hervor: das „Seiende als Seiendes“ geht
262 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 2, S. 14, Z. 10-13, (=Liber de philosophia prima I 2, S. 14, Z. 62-67; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 10, Z. 35 – S. 11, Z. 6):
ﺑﻞ ﺇﻧﻤﺎ ﻳﺒﺤﺚ ﻋﻦ ﻣﺒﺎﺩﺉ ﺑﻌﺾ ﻣﺎ ﻓﻴﻪ ﻛﺴﺎﺋﺮ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ، ﻓﻼ ﻳﻜﻮﻥ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﻳﺒﺤﺚ ﻋﻦ ﻣﺒﺎﺩﺉ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﻣﻄﻠﻘ ﹰﺎ ﺇﺫ ﻟﻬﺎ ﻣﺒﺎﺩﺉ ﻳﺸﺘﺮﻙ ﻓﻴﻬﺎ ﺟﻤﻴﻊ ﻣﺎ ﻳﻨﺤﻮﻩ، ﺍﻟﺠﺰ ﺋﻴﺔ ؛ ﻓﺈﻧﻬﺎ ﻭﺇﻥ ﻛﺎﻧﺖ ﻻ ﺗﺒﺮﻫﻦ ﻋﻠﻰ ﻭﺟﻮﺩ ﻣﺒﺎﺩﺋﻬﺎ ﺍﻟﻤﺸﺘﺮﻛﺔ . ﻓﺈﻧﻬﺎ ﺗﺒﺮﻫﻦ ﻋﻠﻰ ﻭﺟﻮﺩ ﻣﺎ ﻫﻮ ﻣﺒﺪﺃ ﻟﻤﺎ ﺑﻌﺪﻫﺎ ﻣﻦ ﺍﻷﻣﻮﺭ ﺍﻟﺘﻲ ﻓﻴﻬﺎ، ﻛﻞ ﻭﺍﺣﺪ ﻣﻨﻬﺎ
Quapropter haec scientia non erit inquirens principia entis absolute, sed principia alicuius entium, sicut principia ceterarum scientiarum particularium. Quamvis enim ceterae scientiae non probent esse principiorum suorum communium (habent enim principia in quibus communicant omnes de quibus unaquaeque earum tractat), ipsae tamen probant esse principiorum earum rerum quae sunt in eis.
die einheit der ersten philosophie
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der Einteilung in „Prinzip-“ und „Verursachtes-Sein“ vorauf und hat als solches keine Ursache. Es ließe sich nun festhalten, daß die Metaphysik nach Ibn SÊn§ wie folgt eingeteilt wird. Sie untersucht263: 1) Die Eigenschaften des „Seienden“ (al-#aw§ri·u li-l-mawÆådi). Darunter fallen sowohl die disjunktiven Transzendentalien wie „Einheit“ und „Vielheit“, „Akt“ und „Potenz“, „Vollkommenheit“ und „Mangelhaftigkeit“, „Möglichkeit“ und „Notwendigkeit“, „Ewigkeit“/„Unentstandenheit“ und „Entstandenheit“, „Ursache“ und „Verursachtes“ etc., wie auch die mit dem „Seienden“ gleichextensionalen Bestimmungen des „Einen“ (al-w§Èid) und des „Wahren“ (al-Èaqq), wie eben auch das „Nichtwidersprüchliche“ und das „Nichtwiderspruchsmittlere“, die ebenfalls als „eigentümliche Eigenschaften“ (#aw§ri·u ɧßßah) des „Seienden als solchen“ genannt werden.264
263
Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 2, S. 14, Z. 14-18, (=Liber de philosophia prima I 2, S. 14, Z. 68 – S. 15, Z. 74; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 11, Z. 7-15):
ﻓﺈﻧﻬﺎ ﺍﻷﺳﺒﺎﺏ ﻟﻜﻞ، ﻣﺎ ﺑﻴﺤﺚ ﻋﻦ ﺍﻷﺳﺒﺎﺏ ﺍﻟﻘﺼﻮﻯ: ﻭﻳﻠﺰﻡ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺃﻥ ﻳﻨﻘﺴﻢ ﺿﺮﻭﺭﺓﹰ ﺇﻟﻰ ﺃﺟﺰﺍﺀ ﻣﻨﻬﺎ ﻭﻳﺒﺤﺚ ﻋﻦ ﺍﻟﺴﺒﺐ ﺍﻷﻭﻝ ﺍﻟﺬﻱ ﻳﻔﻴﺾ ﻋﻨﻪ ﻛﻞ ﻣﻮﺟﻮﺩ ﻣﻌﻠﻮﻝ ﺑﻤﺎ ﻫﻮ ﻣﻮﺟﻮﺩ، ﻣﻮﺟﻮﺩ ﻣﻌﻠﻮﻝ ﻣﻦ ﺟﻬﺔ ﻭﺟﻮﺩﻩ ﻣﺘﺤﺮﻙ ﻓﻘﻂ ﺃﻭ ﹺ ﻣﻌﻠﻮﻝ ﻻ ﺑﻤﺎ ﻫﻮ ﻣﻮﺟﻮﺩ ﹺ ﻭﻣﻨﻬﺎ ﻣﺎ. ﻭﻣﻨﻬﺎ ﻣﺎ ﻳﺒﺤﺚ ﻋﻦ ﺍﻟﻌﻮﺍﺭﺽ ﻟﻠﻤﻮﺟﻮﺩ. ﻣﺘﻜﻤﻢ ﻓﻘﻂ ﹼ ﹼ . ﻳﺒﺤﺚ ﻋﻦ ﻣﺒﺎﺩﺉ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ ﺍﻟﺠﺰﺋﻴﺔ
Sequitur ergo necessario ut haec scientia dividatur in partes, quarum quaedam inquirunt causas ultimas, inquantum sunt causae omnis esse causati inquantum est esse; et aliae inquirunt causam primam ex qua fluit omne esse causatum inquantum est esse causatum, non inquantum est esse mobile vel quantitativum; et quaedam aliae inquirunt dispositiones quae accidunt esse; et quaedam inquirunt principia scientiarum particularium. 264 Als „eigentümliche Eigenschaft“ des „Seienden als solchen“ bezeichnet Ibn SÊn§ explizit zwar nur das ausgeschlossene Widerspruchsmittlere, vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 8, S. 48, Z. 14-18, (=Liber de philosophia prima I 8, S. 56, Z. 70-76; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 39, Z. 6-13), die Nichtwidersprüchlichkeit hingegen nennt er lediglich „erstes Beweis-Prinzip“ ("awwalu mab§di"i l-bar§hÊni), vgl. ebd., S. 53, Z. 16-17, (=Liber de philosophia prima I 8, S. 63, Z. 90-92; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 43, Z. 10-12). Vgl. dazu auch Aristoteles: Metaphysik IV 4, 1005b 35-1006a 11. Wie jedoch die transzendental-semantische Rechtfertigung des Nichtwiderspruchssatzes zeigt (vgl. ebd., S. 51, Z. 16 – S. 53, Z. 17, =Liber de philosophia prima I 8, S. 59, Z. 36 – S. 63, Z. 92; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 41, Z. 22 – S. 43, Z. 12), setzt die Nichtwidersprüchlichkeit als ihr Subjekt allein das Seiende voraus.
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das „seiende als seiendes“
2) Die letzten Ursachen (al-"asb§bu l-qußw§), denn diese sind Ursachen eines bestimmten Teils des Seienden und zwar als ganzen, nämlich des verursachten Seienden. Da nun „Ursache-Sein“ kein konstituierender Bestandteil für die Washeit eines Seienden ist, kann es nichts anderes als die Bezogenheit des betreffenden Seienden auf ein ihm gegenüber in der Seinsordnung Späteres bezeichnen. Form, Wirk- und Zielursache gehen der Wirklichkeit eines Verursachen dem Sein nach vorauf. Dies trifft auch auf die erste Materie zu, freilich nur gegenüber solchem, dessen extramentale Wirklichkeit nicht immateriell ist. 3) Die erste Ursache (as-sababu l-"awwal). Denn „daraus ergießt sich“ (yafÊ·u #anhu) alles verursachte Seiende als solches, und nicht bloß insofern es Quantitatives oder ein sich Bewegendes ist. An dieser Stelle zeigt sich erneut265 mit aller Deutlichkeit, daß die Gleichsetzung von Gott mit der ersten Ursache, seinen Beweis in einer jeden partikularen Wissenschaft verbieten würde. Denn die „Ursächlichkeit“ des ersten Prinzips ist als solche auf das Sein eines jeden Seienden außer auf sich selbst bezogen, gleichgültig welchem partikularen Bereich das Verursachte zuzuordnen ist. Die erste Ursache sprengt also die Partikularität der Bezüglichkeit des unbewegten Bewegers. Auf das Letztere ist ja ausschließlich das durch die Bewegung bestimmte Seiende bezogen. 4) Die Prinzipien der partikularen Wissenschaften. Darunter müssen die ersten Prämissen einer partikularen Wissenschaft und die Definitionen des jeweiligen Subjekts verstanden werden. Beides konstituiert denjenigen Seinsbereich, dem eine partikulare Wissenschaft gewidmet ist. Das Prinzip-Sein dessen, was in diesem Teil der Metaphysik untersucht wird, kann – so dürfte hier anzunehmen sein – nicht den Betrachtungsaspekt der Untersuchung bestimmen. Andernfalls müßte das jeweilige partikulare Subjekt auch in der Metaphysik mitbetrachtet werden. Das Prinzip-Sein dessen, auf das ein partikulares Späteres bezogen ist, könnte ihm also nur a posteriori zugesprochen werden. Demnach wird ein solches, dem in Bezug auf Späteres Prinzip-Sein zukommt in der Ersten Philosophie nur noch an sich betrachtet, und dies impliziert sowohl die Frage nach seiner Washeit, als auch die nach seiner Seinsweise.
265
Vgl. die bereits zitierte Stelle aus der Beweistheorie: Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) II 7, S. 165, Z. 3-10.
die einheit der ersten philosophie
185
Im Lichte der Beweistheorie ließen sich nun die Teile dieser Wissenschaft formal als ihre Thesen näher bestimmen. Da das „Seiende als Seiendes“, wie sich bereits zeigte, kein Verursachtes ist, ist seine Setzung als Subjekt der letzten Wissenschaft möglich. Neben den für jede Wissenschaft unbeweisbaren Prinzipien, wovon sie beweisend ausgeht, verbleiben nach der Wissenschaftstheorie noch die Thesen (mas§"il), die in der entsprechenden Wissenschaft bewiesen werden müssen. Wie bereits deutlich wurde, kommen sowohl kategoriale Bestimmungen wie Substanz und Akzidens als auch disjunktive Transzendentalien wie etwa „Möglichkeit“ und „Notwendigkeit“ oder „Ursache/Prinzip“ und „Verursachtes“ dem „Seienden“ erstlich, d. h. unvermittelt zu. Als dessen „Als-ob“-Arten bzw. „Alsob“-Eigentümlichkeiten fallen sie unter seine „Als-ob“-Teile bzw. „Als-ob“-wesentlichen Eigenschaften. Eben diese sind gemäß der Beweistheorie dasjenige, wonach in den Thesen einer jeden Wissenschaft gesucht und was als Ergebnis schließlich gewußt wird. Die oben aufgelisteten Teile der Metaphysik werden also in den entsprechenden Thesen vollzogen.266 Dabei wäre zu erwarten, daß Subjekte solcher Thesen, die dem „Seienden“ gegenüber spezifizierter sind, nur dann als solche zuläßig sind, wenn das „Seiende“ vorab zu ihrer Subjektsetzung entsprechend eingeteilt wird. Sollte also z. B. das „Möglichseiende“ oder die „Substanz“ Subjekt einer der Thesen der Metaphysik sein, so müßte davor gezeigt werden, daß es so etwas wie Möglichseiendes oder eben Substanz gibt. Ziel dieser Wissenschaft ist es also, zu beweisen, daß einige Seiende z. B. möglich, andere notwendig, einige Ursache, andere Verursachtes, einige Substanz, andere Quantität, Qualität etc. sind. Ausgehend von dem so minimal bestimmten Begriffsinhalt „Seiend“, dem keine dieser Bestimmungen widerspricht, werden in einem immer weiter einteilenden, und das bedeutet spezifizierenden Prozeß die Vielheit und Verschiedenheit dessen 266 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 2, S. 15, Z. 7-8, (=Liber de philosophia prima I 2, S. 15, Z. 86-88; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 11, Z. 28-31):
ﻭﺑﻌﻀﻬﺎ ﻓﻲ ﻋﻮﺍﺭﺽ، ﻓﺘﻜﻮﻥ ﺇﺫﻥ ﻣﺴﺎﺋﻞ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﻓﻲ ﺃﺳﺒﺎﺏ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﺍﻟﻤﻌﻠﻮﻝ ﺑﻤﺎ ﻫﻮ ﻣﻮﺟﻮﺩ ﻣﻌﻠﻮﻝ . ﻭﺑﻌﻀﻬﺎ ﻓﻲ ﻣﺒﺎﺩﺉ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ ﺍﻟﺠﺰﺋﻴﺔ، ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ
Igitur quaestiones huius scientiae quaedam sunt causae esse, inquantum est esse causatum, et quaedam sunt accidentalia esse, et quaedam sunt principia scientiarum singularum.
186
das „seiende als seiendes“
entfaltet, was differenzübersteigend als „Seiendes“ erkannt wird. Zugleich werden auch solche Bestimmungsgrade des „Seienden“ erreicht, so daß die Erste Philosophie das jeweils als Körper, Quantität oder zweite Intentionen spezifizierte Seiende an die partikularen Wissenschaften weiterleiten kann.
DRITTER TEIL
DER BEGRIFF DES SEIENDEN (AL-MAW@—D)
al-f§r§bÊ über „al-mawÅåd“
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I. AL-F$R$B^ ÜBER „AL-MAW>—D“ 1. Die Angleichung der allgemeinsprachlichen Bedeutung von „mawÆåd“ an die des griechischen „estin“ bzw. des persischen „hast“ Zu den Grundlagen der noch sehr jungen Erforschung der arabischislamischen Philosophie gehört die Klärung ihrer Termini. Die dringende Notwendigkeit einer solchen Aufgabe wird in dem Maße erkannt, in dem die arabisch-islamische Philosophie in ihrer Eigenständigkeit begriffen wird. Erstrebenswert wäre hier ein groß angelegtes Projekt, das eine umfassende Archäologie der zentralen Wortbedeutungen ermöglicht. Die Bemühungen eines solchen Projektes sollten, neben der Explikation der lexikalischen Bedeutung eines Wortes und der möglichen Relationen zum semantischen Feld von Qur"§n und \adÊt, primär dem gesamten Transferkomplex der griechischen Wissenschaften gelten. Denn erst auf der Grundlage einer hinreichenden Kenntnis von Inhalt, Umfang und Vermittlungswege dessen, was aus der antiken philosophischen Tradition rezipiert wurde, kann unter Berücksichtigung der relevanten Diskurse und Fragestellungen der arabischen Grammatiker und der islamischen Theologen eine genauere Bestimmung der Grundbedeutung eines arabischen philosophischen Terminus erreicht werden. Von dieser Grundbedeutung aus könnte dann ein erster differenzierender Überblick über mögliche Bedeutungsverschiebungen oder Bedeutungs akzentuierungen bei den einzelnen Autoren geschaffen werden. Die Geschichte eines für Logik, Metaphysik und spekulative Theologie (kal§m) so zentralen Begriffes wie die von „mawÆåd“ muß noch geschrieben werden. Daß darin dem ibn-sinischen al-mawÆådu min Èaytu huwa mawÆådun (das Seiende als Seiendes) eine hervorragende Stellung beigemessen werden muß, zeigt nicht nur dessen außerordentliche Wirkungsgeschichte, sondern auch die in dieser Geschichte insbesondere im islamischen Osten im Zuge der Beschäftigung mit dem Metaphysikkonzept Ibn SÊn§s immer wieder gestellten Fragen, so etwa nach dem Verhältnis von „mawÆåd“ (lat. „ens“) zu „àay"“ (lat. „res“), also danach, was die frühere und
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allgemeinere Bestimmung ist. Eine sich damit berührende, jedoch von einem anderen Problem herrührende Frage betrifft das Verhältnis des allgemeinen „Seienden“ als Gegenstand der Ersten Philosophie zu dem lediglich im Denken Seienden, dem keine extramentale Realität entspricht.1 Darunter sind unter anderem die zweiten Intentionen zu verstehen, die ja, wie bereits gezeigt, unter einer bestimmten Hinsicht Gegenstand der Logik sind,2 so daß das Problem sich wie folgt formulieren ließe: Erstreckt sich der Begriff des allgemeinen Seienden so weit, daß er zugleich sowohl Denkunabhängiges als auch lediglich Intramentales umfaßt, wie kann dann seine Einheit gedacht werden? Und ferner: Ist „Seiendes“ in diesem Sinne ein gegenüber dem „Seienden“ als Gegenstand der Metaphysik noch allgemeinerer, weil das bloß im Denken Seiende nicht ausschließender Begriff, wie kann dann die auf nichts Früheres zurückführbare Einfachheit des „Seienden“ als Subjekt der Ersten Philosophie noch aufrechterhalten werden? Weitere wesentliche Fragen zielen auf das Verhältnis des allgemeinen „Seienden“ zu dem ersten Seienden (Gott), etwa hinsichtlich der Prädikationsweise des „Seienden“ von prinzipiell Verschiedenem wie Gott und Geschaffenem, etc. Alle diese Probleme wurden in der Zeit nach Ibn SÊn§ Gegenstand einer intensiven, von Philosophen wie auch von Theologen gleichermaßen geführten Auseinandersetzung.3 Der Grund, warum der ibn-sinische Begriff des Seienden (mawÆåd) nicht ignoriert werden konnte, lag kurz gefaßt darin, daß damit eine Lösung für ontologische Fragen unter der Bedingung eines transzendenten Schöpfers und einer Schöpfung „aus dem Nichts“ ermöglicht wurde, wie z. B. für die Frage nach dem Status der geschaffenen Welt „vor“ ihrer Schöpfung, 1 Zum Überblick über die Positionen des Thomas von Aquin, des Duns Scotus und der Scotisten zu diesem Verhältnis vgl. Th. Kobusch: Das Seiende als transzendentaler oder supertranszendentaler Begriff. 2 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 2, S. 10, Z. 17 – S. 11, Z. 1, (=Liber de philosophia prima I 2, S. 10, Z. 72-76; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 7, Z. 22-25). Vgl. dazu Zweiter Teil, Kapitel III, 3, a). 3 Vgl. dazu insbesondere das erste Buch des umfangreichen metaphysischen Teils des wohl umfassendsten und bedeutendsten Werks des Theologen und Philosophen des 12. Jh. FaÉr ad-DÊn ar-R§zÊ (gest. 606/1209) al-Mab§Èit al-maàriqÊyah fÊ #ilm al-"il§hÊy§t wa-ã-ãabÊ#Êy§t, Bd. 1, S. 95-232; sowie auch z. B. #A·ud ad-DÊn al-"^ÆÊ (geb. um 700/1300 – gest. 756/1355): al-Maw§qif fÊ #ilm al-kal§m, al-mawqifu t-t§nÊ fÊ l-"umåri l-#§mmati, S. 41-95; Sa#d ad-DÊn at-Taft§z§nÊ (gest. 793/1390): ’arÈ al-maq§ßid, Bd. I: al-maqßadu t-t§nÊ fÊ l-"umåri l-#§mmati, S. 289-497; NaßÊr ad-DÊn aã-•åsÊ (geb. 597/1201-gest. 672/1273): TaÆrÊd al-i#tiq§d, al-maqßadu l-"awwalu fÊ l-"umåri l-#§mmati, S. 29-212.
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oder die nach dem Status der Epitheta Gottes. Eine noch zu schreibende Geschichte des Begriffes „mawÆåd“ muß die Lösung Ibn SÊn§s als einen zentralen Ansatz der mittelalterlichen islamischen Philosophie berücksichtigen. Dem, was Ibn SÊn§ unter „mawÆåd“ versteht, kann man sich nun angemessen nicht in der Weise nähern, daß man einzelne Textstellen – meistens al-"Il§hÊy§t I 5 – losgelöst von ihrem systematischen Ort heranzieht4 und ihre Lektüre dann vorweg zu jeder kritischen Auseinandersetzung von Kriterien anderer, meist späterer Autoren wie etwa Ibn Ruàd oder Thomas von Aquin bestimmen läßt.5
4 Marmura z. B. ignoriert in seiner Übersetzung von al-"Il§hÊy§t I 5, wie auch in seinem Kommentar dazu (vgl. ders.: Avicenna on Primary Concepts in the Metaphysics of his al-Shif§", S. 219-239), ganz und gar den systematischen Zusammenhang der in diesem Kapitel der Metaphysik des Kit§b aà-àif§" angesprochenen Fragestellungen, so daß es dann auch nicht verwunderlich ist, wenn der Autor behauptet: „In these [psychological] writings he simply identifies the primary intelligibles with the self-evident logical truths. There is no mention of such primary concepts as those of ‘the existent’, ‘the thing’, and ‘the necessary’. Hence the opening declaration of Metaphysics I.5, that there are these primary concepts and that they are needed for the apprehension of the acquired, less general, concepts is quite unexpected. In a work like the al-Shif§", which is singularly prosaic, this announcement carries with it a touch of the dramatic.“ (S. 220) Dies trifft ebenso auf Marmuras Schlußbemerkungen zu: „In this chapter, however, Avicenna does not discuss the implications of his theory of primary concepts to his rationalist world view taken as a whole, his main concern being with establishing that there are these concepts and with the analysing the terms that express them. His analysis of these terms serves another purpose. This is to criticize views held by the Mu#tazilite school of Islamic speculative theology (kal§m).“ (S. 220, vgl. dazu auch S. 237). Auch Jolivet (vgl. dessen: Aux origines de l’ontologie d’Ibn SÊn§) hält es offenkundig für ganz und gar überflüssig, die Frage nach dem systematischen Ort von al-"Il§hÊy§t I 5 zu stellen. Ausgehend von der Feststellung, zentrale Begriffe bzw. Vorstellungen dieses Kapitels könnten nicht auf Aristoteles zurückzuführen sein, geht er ausschließlich der Frage nach möglichen anderen Quellen hierfür nach. 5 Als zu wenig differenziert sind etwa die Untersuchungen von Craemer-Ruegenberg („Ens est quod primum cadit in intellectu“ – Avicenna und Thomas von Aquin, S. 133-142), und von M. Muthreich (Theoretische Grundlagen im Gottesbegriff bei Avicenna) zu qualifizieren. Craemer-Ruegenberg z. B attestiert Thomas Fehlverständnis der von Ibn SÊn§ in Metaphysik I 5 vorgenommenen Unterscheidung zwischen „Ding“ und „mawÆåd“. So entspräche das thomistische transkategoriale „ens“ „weit mehr dem, was Avicenna àai nennt, als dem avicennischen mauÆåd“ (S. 135-138). Dabei übersieht die Autorin gänzlich, daß das „Was-es-ist“ und das „Daß-es-ist“ nach Ibn SÊn§ zwei Hinsichten auf ein und denselben transzendentalen Begriff des Seienden sind. Die ibn-sinische Distinktion zwischen „aà-àay"“ und „almawÆåd“ darf darum nicht als eine reale Unterscheidung von zwei verschiedenen Prinzipien im Seienden gelesen werden, wie Craemer-Ruegenberg dies tut (vgl. ebd., S. 136).
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Daß dem Erschließen der ibn-sinischen Konzeption „des Seienden“ (al-mawÆåd) in einer Arbeit, die sich wie die vorliegende um das Transzendentale bemüht, eine maßgebliche Bedeutung zukommen muß, versteht sich von selbst. Auf Grund dessen, daß Kit§b aà-àif§" von seinem Autor als ein – wie bereits erwähnt – einheitliches Werk konzipiert wurde,6 ist es möglich, entlang der inneren Systematik des Werkes eine Analyse der entscheidenden Stellen vorzunehmen. Dieser soll jedoch zunächst eine Untersuchung dessen vorangestellt werden, was man im Arabischen gemeinhin mit „mawÆåd“ meint, und welche Bedeutung „mawÆåd“ als philosophischem Terminus zukommt. Eine diese Frage betreffende Reflexion wird man meiner Kenntnis nach bei Ibn SÊn§ vergeblich suchen. Es ist erneut al-F§r§bÊ, der Auskunft – und zwar eine sehr ausführliche – darüber gibt. Die Stelle befindet sich in seinem Kit§b al-Èuråf (Buch der Buchstaben).7 In diesem Werk beweist al-F§r§bÊ ein hohes Problembewußtsein hinsichtlich sprachlich-terminologischer Aspekte arabischer Begriffe. Zudem erweist er sich gegenüber dem sich kaum explizit auf die Tradition beziehenden Autodidakten Ibn SÊn§ auch hier als der zuverlässigere Überlieferer.8 1) Die lexikalische Bedeutung von mawÆåd: der Form nach ist mawÆåd, so al-F§r§bÊ in Kit§b al-Èuråf, ein von den Verbalsubstantiven wuÆåd und wiÆd§n abgeleitetes Nomen (ismun muàtaqq). Gebraucht wird es auf zwei Weisen: a) „allgemein“ (muãlaqan), wie z. B. in den Sätzen: „Ich fand (waÆadtu) das Verlorengegangene“ oder „Ich suchte etwas Bestimmtes bis ich es fand (waÆadtuhå)“; b) und „eingeschränkt“ (muqayyadan), wie in dem Satz „Ich habe Zayd als großzügig erfahren (waÆadtu)“.
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Vgl. dazu Zweiter Teil, Kapitel I. Vgl. al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Kit§b al-Èuråf, Kap. 15: § 80-103, S. 110-128. Vgl. dazu insbesondere Sh. B. Abed: Aristotelian Logic and the Arabic Language in Alf§r§bÊ, S. 137ff.; F. A. Shehadi: Arabic and the Concept of Being, S. 147-157; ders.: Metaphysics in Islamic Philosophy, S. 46-51. Ein Überblick über die Struktur des Kit§b al-Èuråf insbesondere im Hinblick auf die genannte Fragestellung findet sich bei S. Menn: Al-F§r§bÊ’s Kit§b al-\uråf and his Analysis of the Senses of Being. 8 Anders als Ibn SÊn§ spricht al-F§r§bÊ die Geschichte der Philosophie in zahlreichen seiner Schriften an oder verfaßt gar kurze Einführungen in diese. Von besonderem Interesse in dieser Hinsicht ist z. B. sein Traktat Ris§lah fÊ m§ yanbaÇÊ "an yuqaddam qabl ta#allum falsafat "Arisãå. 7
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Die bei der eingeschränkten Gebrauchsweise intendierte Bedeutung kann im Arabischen auch mit dem Wort #arafa (kennen, wissen) bezeichnet werden, so etwa in dem Satz: „Ich kenne (#araftu) Zayd als großzügigen [Menschen]“. Wird wuÆåd/wiÆd§n hingegen allgemein gebraucht, so kann mit mawÆåd ein solches gemeint sein, das hinsichtlich seines Aufenthaltsortes bekannt geworden ist und nun jeder Zeit für den gewünschten Zweck zur Verfügung steht, oder aber ein solches, das allgemein, ohne weitere Einschränkungen bekannt geworden ist. In derselben Bedeutung werden im Arabischen ߧdafa und laqiya, bzw. die entsprechenden Partizipien gebraucht.9 Für diese Bedeutungen finden sich, wie al-F§r§bÊ bemerkt, in allen Sprachen die entsprechenden Äquivalente.10 2) Die Entstehung der arabischen philosophischen Termini mawÆåd und wuÆåd: Das Griechische, das Persische und das Sogdische, so nun al-F§r§bÊ weiter, verfügen über jeweils ein bestimmtes Wort (gr. estin; pers. hast; sogd. asti), das als Zeichen allgemein für die Dinge wie auch für die Kopula gebraucht wird, sofern es sich im letzten Fall entweder um einen nominalen Satz oder um einen solchen handelt, bei dem die Verbindung zwischen Subjekt und Prädikat durch keine Zeitangabe eingeschränkt, also „absolut“ sein soll. Die sprachlichen Ausdrücke in all diesen Sprachen sind „primäre Formen“ (mit§l§tun "uwal), wovon weitere abgeleitet werden.11 Das Arabische hingegen, so fährt al-F§r§bÊ fort, hat von sich aus keinen Terminus, der den Platz des griechischen „estin“ oder des persischen „hast“ einnehmen könnte. Die Möglichkeit, philosophische Inhalte in arabischer Sprache zum Ausdruck zu bringen, hängt dann angesichts der Unentbehrlichkeit eines solchen Terminus für die Logik und die theoretischen Wissenschaften davon ab, ob die Neuschöpfung eines arabischen „estin“ gelingt. al-F§r§bÊ nennt nun zwei der ihm bekannten Vorschläge: zum einen das Personalpronomen der dritten Person Singular Masculinum huwa sowie das daraus abgeleitete Substantiv huwÊyah, zum anderen das Verbalsubstantiv wuÆåd sowie das daraus wie schon erwähnt abgeleitete Partizip Passiv mawÆåd.12 Da nun der Gebrauch der beiden arabischen Termini auf Grund ihrer ursprünglichen Bedeutung oder ihrer grammatikalischen Eigenarten jeweils
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Vgl. al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Kit§b al-Èuråf, (§ 80), S. 110. Vgl. al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Kit§b al-Èuråf, (§ 81), S. 110-111. 11 Vgl. al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Kit§b al-Èuråf, (§ 82), S. 111. 12 Vgl. al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Kit§b al-Èuråf, (§ 82-83), S. 111-113. 10
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mit Komplikationen verbunden war13, gaben einige der arabischsprachigen Philosophen und Übersetzer huwa, andere mawÆåd den Vorzug. al-F§r§bÊ hingegen hält sowohl den Gebrauch von huwa als auch von mawÆåd für zulässig, allerdings nur unter der Bedingung, daß von der ursprünglichen Bedeutung bzw. den jeweiligen grammatikalischen Eigentümlichkeiten abstrahiert wird.14 Im Falle von mawÆåd müssen beide genannten Aspekte berücksichtigt werden: 1) Da „mawÆåd“ im Arabischen von Anfang an als eine abgeleitete Form – nämlich als Partizip Passiv – gegolten hat, unterliegt es im Gebrauch der Eigenart des abgeleiteten Terminus. Der Bezeichnungsmodus eines Abgeleiteten aber impliziert in dem durch es Bezeichneten ein unbestimmtes Subjekt und hält in diesem, als in einem Träger die Bedeutung dessen fest, wovon es denn abgeleitet wurde. Demnach bezeichnet der Terminus „mawÆåd“ ein unbestimmtes Subjekt, in dem „wuÆåd“ ist, so daß dies, so al-F§r§bÊ weiter, dahingehend verstanden werden könnte, daß „wuÆåd“ ein Akzidens in einem Zugrundeliegenden ist.15 2) Andererseits impliziert die ursprüngliche Bedeutung von mawÆåd (gefunden) stets den Menschen als das logische Subjekt des Findens, womit „mawÆåd“ notwendig in Abhängigkeit von menschlichem Tun gerät.16 Sollte der arabische Terminus mawÆåd in den theoretischen Wissenschaften Anwendung finden, so darf seine Bedeutung durch die 13 Zu dem Problem von huwa vgl. al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Kit§b al-Èuråf, § 86, S. 114-115. 14 Vgl. al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Kit§b al-Èuråf, (§ 86), S. 114-115. 15 Vgl. al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Kit§b al-Èuråf, (§ 84), S. 112, Z. 9-14:
ﻳﺪﻝ ﻋﻠﻴﻪ ﻭﻛﻞ ﻣﺸﺘﻖ ﻓﺈﻧﻪ ﻭﻷﻥ ﻟﻔﻈﺔ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﻭﻫﻲ ﺃﻭﻝ ﻣﺎ ﹸﻭﺿﻌﺖ ﻓﻲ ﺍ ﻳﺨﻴﻞ ﺑﺒﻨﻴﺘﺔ ﻓﻲ ﻣﺎ ﹼ ﹼ، ﻟﻌﺮﺑﻴﺔ ﻣﺸﺘ ﹼﻘﺔ ﹼ ﹼ ﹼ ﹼ ﹼ ﹼ ﻓﻠﺬﻟﻚ ﺻﺎﺭﺕ ﻟﻔﻈﺔ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ، ﻣﻮﺿﻮﻋﺎ ﻟﻢ ﻳﺼﺮﺡ ﺑﻪ ﻭﻣﻌﻨﻰ ﺍﻟﻤﺼﺪﺭ ﺍﻟﺬﻱ ﻣﻨﻪ ﺍﺷ ﹸﺘ ﹼﻖ ﻓﻲ ﺫﻟﻚ ﺍﻟﻤﻮﺿﻮﻉ ﱠ ﺣﺘﻰ ﻛﻞ ﺷﻲﺀ ﻣﻌﻨﻰ ﻓﻲ ﻣﻮﺿﻮﻉ ﻟﻢ ﻳﺼﺮﺡ ﺑﻪ – ﻭﺫﻟﻚ ﺍﻟﻤﻌﻨﻰ ﻫﻮ ﺍﻟﻤﺪﻟﻮﻝ ﻋﻠﻴﻪ ﺑﻠﻔﻆ>ﺓ< ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ – ﹼ ﺗﺨﻴﻞ ﻓﻲ ﹼ ﹼ . >ﻭ< ﹸﻓﻬﻢ ﹼﺃﻥ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﻛﺎﻟﻌﺮﺽ ﻓﻲ ﻣﻮﺿﻮﻉ، ﺗﺨﻴﻞ ﻭﺟﻮﺩﺍ ﻓﻲ ﻣﻮﺿﻮﻉ ﻟﻢ ﻳﺼﺮﺡ ﺑﻪ ﱠ ﹼ 16 Vgl. al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Kit§b al-Èuråf, (§ 84), S. 112, Z. 14-19:
ﺇﺫ ﻛﺎﻧﺖ ﻫﺬﻩ ﺍﻟﻠﻔﻈﺔ ﻣﻨﻘﻮﻟﺔ ﻣﻦ ﺍﻟﻤﻌﺎﻧﻰ ﺍﻟﺘﻲ ﻳﻮﻗﻊ ﻋﻠﻴﻬﺎ ﺍﻟﺠﻤﻬﻮﺭ ﻫﺬﻩ،ﺃﻭ ﺗﺨﻴﻞ ﺃﻳﻀﺎ ﻓﻴﻪ ﺃ ﹼﻧﻪ ﻛﺎﺋﻦ ﻋﻦ ﺇﻧﺴﺎﻥ ﹼ ﺍﻟﻠﻔﻄﺔ – ﻭﻫﻲ ﺍﻟﺘﻲ ﻟﻠﺪﻻﻟﺔ ﻋﻠﻴﻬﺎ ﻭﹸﺿﻌﺖ ﻣﻦ ﺃﻭﹼﻝ ﻣﺎ ﻭﹸﺿﻌﺖ – ﻭﻛﺎﻧﺖ ﻣﻌﺎﻧﻰ ﻛﺎﺋﻨﺔ ﻋﻦ ﺍﻹﻧﺴﺎﻥ ﺇﻟﻰ ﺷﻲﺀ ﻭﺟﺪﺗﻪ « ﻭ» ﻭﺟﺪﺕﹸ » < ﻛﻘﻮﻟﻨﺎ» ﻭﺟﺪﺕﹸ ﺍﻟﻀﺎ ﹼﻟﺔ « ﻭ » ﻃﻠﺒﺖﹸ ﻛﺬﺍ « > ﺃﻭ، ﺇﻣﺎ ﺇﻧﺴﺎﻥ ﺃﻭ ﻏﻴﺮﻩ،ﺁﺧﺮ ﹸ ﹼ . ﻓﺈﻥﹼ ﻫﺬﻩ ﻛﻠﹼﻬﺎ ﺗﺪﻝﹼ ﻋﻠﻰ ﻣﻌﺎﻧﻰ ﻛﺎﺋﻨﺔ ﻋﻦ ﺇﻧﺴﺎﻥ ﺇﻟﻰ ﺁﺧﺮ،« ﺯﻳﺪﺍ ﻛﺮﻳﻤﺎ « ﺃﻭ » ﻟﺌﻴﻤﺎ
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oben genannten Implikationen nicht eingeschränkt werden. Auch wenn mawÆåd „der Form nach“, d. h. als sprachlicher Terminus ein Abgeleitetes bleibt, muß seine Bedeutung als eine „primäre“ (mit§lun "awwal), d. h. unabgeleitete verstanden werden. Das bedeutet, daß sie als solche nicht schon ein Subjekt mitimplizieren darf, so daß unter anderem die oben beschriebene Implikation, das Subjekt als ein solches zu bezeichnen, das Träger von „wuÆåd“ ist, vermieden werden kann. Ferner muß „mawÆåd“ frei von der Relation zum Menschen gedacht werden.17 Darunter soll dann eben nicht mehr „Gefundenes“, sondern eher „das, was da ist“, „Existierendes“ oder eben „Daseiendes“ verstanden werden. Was al-F§r§bÊ meint, wenn er für den wissenschaftlichen Gebrauch eine neue, gegenüber den genannten Implikationen unbestimmtere Bedeutung von „mawÆåd“ fordert, kann nur dann erfaßt werden, wenn das Bedrohungspotential von „mawÆåd“ als eines nicht nur der Form nach Abgeleiteten ermessen wird. Wie bei der ersten Implikation bereits geahnt werden konnte, scheint al-F§r§bÊ die Unterscheidung zwischen dem primären (mit§lun "awwal) und dem abgeleiteten Terminus (mit§lun muàtaqq) gewissermaßen als sprachlich-grammatikalische Entsprechung der ontologischen Unterscheidung von „Nicht-in-einem-Subjekt-Sein“ (Substanz) und „In-einem-SubjektSein“ (Akzidens) konzipieren zu wollen. Als sachliche Grundlage für diesen durch den Begriff vermittelten Parallelismus von Sprache und Sein muß zweifellos die aristotelische Kategorienschrift18 angesehen werden. Dort zeigt Aristoteles im Zusammenhang mit der von ihm bei allem Seienden vorgenommenen Distinktion zwischen Substanz und Akzidens die Notwendigkeit paronymer Bildung.19 Diese betrifft primär den Begriff, dann aber auch das jeweilige sprachliche Zeichen.20 Die Auswirkung der Paronymie auf die sprachliche Ebene kann ausbleiben, wenn ein Wort dergestalt mehrdeutig ist, daß es sowohl die primäre als auch die davon abgeleitete begriffliche Struktur bezeichnet. Dafür finden sich sowohl bei Aristoteles wie auch bei al-F§r§bÊ Beispiele.21 Wenn nun von einem Subjekt 17
Vgl. al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Kit§b al-Èuråf, (§ 85), S. 113, Z. 20 – S. 114, Z. 8. Zur Paronymie vgl. Kategorien I, 1a 12-15, zur Notwendigkeit paronymer Bildung vgl. ebd. II, 23ff. und V, 2a 27ff. 19 Vgl. Aristoteles: Kategorien II, 1a 20ff. insbes. 23-29; al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Kit§b al-Èuråf, (§ 36), S. 81, Z. 7ff. 20 Vgl. Aristoteles: Kategorien V, 2a 26ff.; al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Kit§b al-Èuråf, (§ 36), S. 81, Z. 14ff. 21 Etwa wenn das Wort „weiß“, so Aristoteles, homonym sowohl das Adjektiv „weiß sein“ wie auch die „Weiße“ als Art der Gattung „Farbe“ bedeutet, vgl. dazu 18
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(Substanz) Bestimmungen ausgesagt werden sollen, die zu diesem in keinem substantiellen Verhältnis stehen, also den übrigen neun Kategorien angehören, so müssen sie abgeleitet (paronym) gesetzt werden. Von einem bestimmten Menschen z. B. werden nicht „Gerechtigkeit“, „Schriftkundigkeit“ oder „Weiße“, sondern eben „gerecht“, „schriftkundig“ und „weiß“ ausgesagt. Andernfalls müßte der Prädikationsmodus nicht mehr als ein solcher der Qualität, bzw. der Relation, Quantität etc., sondern als substantieller gelten, so daß das Was der prädikativ explizierten Substanz selbst zu der Kategorie von „Wie“ oder „Wieviel“ oder „Wann“ oder „Wo“ etc. gerechnet werden muß. Wäre die Bedeutung des Wortes mawÆåd von der des Verbalsubstantives wuÆåd abgeleitet, wäre sie nichts anderes als eine kategoriale Akzidensbestimmung. Dies gilt offenkundig auch dann, wenn das Verbalsubstantiv wuÆåd nicht mehr durch die Relation zum Menschen eingeschränkt ist und somit nicht mehr „Finden“, sondern „Dasein“ oder „Existenz“ bedeutet. Nach al-F§r§bÊ besteht nämlich hier offensichtlich die Gefahr, wuÆåd allein schon auf Grund der grammatikalischen Form von mawÆåd als kategoriales Akzidens aufzufassen. Denn unabhängig davon, daß mawÆåd dann lediglich auf die aktual existierenden Dinge anwendbar wäre, womit es den Bereich anderer kategorialer Bestimmungen nicht überschreiten würde, würde es als Abgeleitetes, insofern es prädiziert wird, die Tätigkeit des Existierens als ein Akzidens in seinen Subjekten (Substanzen) festhalten.22 Ein so verstandenes „mawÆåd“ kann dann Kategorien V, 2a 27-34. al-F§r§bÊ gibt das folgende Beispiel: Wenn gesagt wird: „arraÆulu karam“ (wörtlich: „der Mann ist Großzügigkeit“), so ist mit „karam“, obwohl es der Form nach ein Primäres (mit§lun "awwal) ist, nicht „Großzügigkeit“ – denn andernfalls wäre die metabasis eis allo genos nicht zu vermeiden -, sondern die abgeleitete Bedeutung „großzügig“ (karÊm) gemeint. Vgl. Kit§b al-Èuråf, (§ 20), S. 71, Z. 14-15; (§ 36), S. 81, Z. 22. 22 Dies trifft bei Ibn SÊn§ auf alle grammatischen Formen des Arabischen zu, die die Bedeutung der zugehörigen Verbalsubstantiva festhalten. Dazu gehören nach Ibn SÊn§ neben den von den Verbalsubstantiven abgeleiteten Nomina ("asm§"un muàtaqqah), auch die Verbalsubstantive (maߧdir) selbst sowie die Verben (kalim§t). Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: III. al-#Ib§rah (Peri hermeneias) I 4, S. 26, insbesondere Z. 8-12:
ﻓﺎﻟﻤﻌﺎﻧﻰ ﺍﻟﺘﻲ ﺗﺪﻝ ﻋﻠﻴﻬﺎ ﺍﻟﻜﻠﻤﺔ ﻭﺃﻧﻬﺎ ﻟﻐﻴﺮﻫﺎ ﻓﻲ ﻇﺎﻫﺮ ﻟﻐﺔ ﺍﻟﻌﺮﺏ ﻣﻌﺎﻧﻰ ﺍﻟﻤﺼﺎﺩﺭ ﻭﻛﺬﻟﻚ ﺍﻟﻤﻌﻨﻰ ﺍﻟﺬﻱ ﻳﺪﻝ ﻭﻣﻌﺎﻧﻰ ﺍﻟﻤﺼﺎﺩﺭ ﻛﻠﻬﺎ ﻓﻲ ﻟﻐﺘﻬﻢ ﺃﻋﺮﺍﺽ ﻷﻧﻬﺎ ﻧﺴﺐ ﻋﺎﺭﺿﺔ ﻓﻲ، ﻋﻠﻴﻪ ﺍﻻﺳﻢ ﺍﻟﻤﺸﺘﻖ ﻫﻮ ﻣﻌﻨﻰ ﺍﻟﻤﺼﺪﺭ . ﺑﻞ ﻳﻮﺟﺪ ﻓﻲ ﺍﻟﺠﻮﺍﻫﺮ، ﻓﻠﻴﺲ ﺷﻲﺀ ﻣﻦ ﺍﻟﻤﺼﺎﺩﺭ ﻳﻘﺎﻝ ﻋﻠﻰ ﺍﻟﺠﻮﺍﻫﺮ، ﺍﻟﺠﻮﺍﻫﺮ ﺇﻟﻰ ﺃﻣﻮﺭ ﺗﺤﺪﺙ ﻟﻬﺎ
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aber die Funktion des griechischen estin oder des persischen hast, welche ja nicht nur das in einem Zugrundeliegenden Seiende, sondern allgemein die Dinge erfassen sollen, nicht übernehmen. Daher betont al-F§r§bÊ mit allem Nachdruck, daß die Bedeutung von mawÆåd, wie bereits gesehen, nicht mehr als eine vom wuÆåd abgeleitete, sondern als eine „primäre“ verstanden werden muß. Die Explikation des neuen Begriffes kann sich jedoch nicht in dem Hinweis auf die Äquivalenz zu den Bedeutungen des griechischen estin oder des persischen hast erschöpfen. Was die „primäre Form“ im Falle von mawÆåd meinen müßte, verdeutlicht al-F§r§bÊ daher am Beispiel dessen, was im Arabischen mit dem Wort àay" (Ding, etwas) bezeichnet wird. Der Begriffsinhalt „àay"“ ist, sofern er denn als „primäre Form“ (mit§lun "awwal)23 verstanden wird, weder schon durch die Implikation von „Subjekt-Sein“ bzw. von „In-einem-SubjektSein“, noch durch eine Bezogenheit bzw. Nichtbezogenheit auf den Menschen als Wirkursache eingeschränkt, sondern in eben dieser Indifferenz ist er ein jeweils beidem Gemeinsames und umfaßt somit in einer unexpliziten Weise sowohl das, was in einem bestimmteren Sinne ein Primäres ist, nämlich den Substanzbegriff, wie auch das, was der Bedeutung nach ein Abgeleitetes ist, nämlich die Prädikatsbestimmungen der übrigen Kategorien. Eben in diesem Allgemeinheitsgrad, so al-F§r§bÊ, muß auch der Begriff mawÆåd gedacht werden.24 Soll das im Arabischen ursprünglich durch das 23 Vgl. dazu die von Shukri Abed auf Grundlage des al-farabischen Kit§b al-Èuråf vorgenommene Untersuchung dieses Begriffes, ders.: Aristotelian Logic and the Arabic Language in Alf§r§bÊ, S. 146-165. Der „primären Form“ (mit§lun "awwal) des al-F§r§bÊ dürfte nun bei Ibn SÊn§ das entsprechen, was dieser „absolutes Nomen“ (ismun muãlaq) nennt und damit vom „Verbalsubstantiv“ (ismun maßdar) abgrenzt. Das Verbalsubstantiv, das nicht nur der Form nach ein solches ist, sondern auch die Bedeutung der „verbalen Substantivität“ (maßdarÊyah) ausdrückt, unterscheidet sich dadurch von dem „absoluten Nomen“, daß seine jeweilige Bedeutung in irgendeiner Weise auf ein Subjekt bezogen ist, etwa als das, was vom Subjekt her ausgeht (z. B. das In-Bewegung-Setzten) oder in ihm geschieht (z. B. Erbleichen/Weiß-Werden). Dasselbe gilt dann entsprechend auch von einem abgeleiteten Nomen. Im Bezeichnungsmodus eines „absoluten Nomens“ ist ein Subjekt hingegen überhaupt nicht enthalten. Vgl. dazu Ibn SÊn§: Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: III. al-#Ib§rah (Peri hermeneias) I 4, S. 25ff. 24 Vgl. al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Kit§b al-Èuråf, (§ 85), S. 113, Z. 20 -S. 114, Z. 8:
ﻭﻳﻨﺒﻐﻲ ﺃﻥ ﺗﻌﻠﻢ ﹼﺃﻥ ﻫﺬﻩ ﺍﻟﻠﻔﻈﺔ ﺇﺫﺍ ﺍﺳﺘﻌﻤﻠﺖ ﻓﻲ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ ﺍﻟﻨﻈﺮﻳﺔ ﺍﻟﺘﻲ ﺑﺎﻟﻌﺮﺑﻴﺔ ﻣﻜﺎﻥ »ﻫﺴﺖ« ﺑﺎﻟﻔﺎﺭﺳﻴﺔ ﻓﻴﻨﺒﻐﻲ ﹼ ﹼ ﹼ ﻣﺸﺘﻖ ﺑﻞ ﺗﺴﺘﻌﻤﻞ ﻋﻠﻰ ﺃﻧﹼﻬﺎ ﻟﻔﻈﺔ ﺷﻜﻠﻬﺎ ﺷﻜﻞ، ﺃﻥ ﻻ ﻳﺨﻴﻞ ﻣﻌﻨﻰ ﺍﻻﺷﺘﻘﺎﻕ ﻭﻻ ﺃﻧﹼﻪ ﻛﺎﺋﻦ ﻋﻦ ﺇﻧﺴﺎﻥ ﺇﻟﻰ ﺁﺧﺮ ﹼ ﱠ ﺩﺍﻝ ﻋﻠﻰ ﻣﻮﺿﻮﻉ ﺃﺻﻼ ﻭﻻ ﺍ ﻋﻠﻴﻪ < ﻳﺪﻝ ﻣﺎ >ﻋﻠﻰ ﺗﺪﻝ ﺃﻥ ﻣﻦ ﻏﻴﺮ ﺑﻞ ﹼﺃﻥ ﻣﻌﻨﺎﻩ ﻣﻌﻨﻰ ﻣﺜﺎﻝ ﹼﺃﻭﻝ ﻏﻴﺮ ﹼ، ﻟﻤﺸﺘﻖ ﹼ ﹼ ﹼ
198
der begriff des seienden (al-mawÆåd)
Wort mawÆåd Bedeutete Gebrauch in den theoretischen Wissenschaften finden, so nur unter der Bedingung, daß von den überlieferten Implikationen in der genannten Weise zweifach „abstrahiert“ wird.25 Als Ergebnis wäre nun festzuhalten, daß der Inhalt des Begriffes mawÆåd nach al-F§r§bÊ vorab zu jedem Gebrauch in den Wissenschaften als ein solcher verstanden werden muß, dem es von sich aus nicht widerspricht von Substanz und Akzidens ausgesagt zu werden. Diese kritische Auseinandersetzung dient also primär weder der Klärung möglicher Mehrdeutigkeiten der überlieferten Wortbedeutung „mawÆåd“, noch dem Aufdecken bestimmter Fehlinterpretationen dieses Begriffes im Kontext der Wissenschaften, was ja den sachlichen Zusammenhang bereits voraussetzten würde. Ihr Ziel besteht vielmehr darin, die in der natürlichen Sprache vorgefundene Wortbedeutung „mawÆåd“ dem griechischen „estin“ oder dem persischen „hast“ durch die genannten Veränderungen adäquat zu machen, und damit ihre Überführung in die Wissenschaftssprache zu ermöglichen. 2. Die verschiedenen Bedeutungen von „mawÆåd“ Im Anschluß daran nennt al-F§r§bÊ die Funktionen, die nun das neu verstandene „mawÆåd“ in den theoretischen Wissenschaften übernehmen kann. Außerhalb der gesondert zu betrachtenden kopulativen
ﺗﺪﻝ ﻋﻠﻴﻪ »ﻫﺴﺖ« ﻓﻲ ﺍﻟﻔﺎﺭﺳﻴﺔ ﺑﻞ ﻳﺴﺘﻌﻤﻞ ﻓﻲ ﺍ، ﺗﻌﺪﻯ ﺇﻟﻴﻪ ﻓﻌﻞ ﻓﺎﻋﻞ ﻟﻌﺮﺑﻴﺔ ﺩﺍ ﹼﻻ ﻋﻠﻰ ﻣﺎ ﹼ ﻋﻠﻰ ﻣﻔﻌﻮﻝ ﹼ ﹼ ﹼ ﻓﺈﻥ ﻟﻔﻈﺔ ﺍﻟﺸﻲﺀ ﺇﺫﺍ ﻛﺎﻧﺖ ﻣﺜﺎﻻ ﹼ. « ﻭﺗﺴﺘﻌﻤﻞ ﻋﻠﻲ ﻣﺜﺎﻝ ﻣﺎ ﻧﺴﺘﻌﻤﻞ ﻗﻮﻟﻨﺎ »ﺷﻲﺀ. ﻭ»ﺍﺳﺘﻴﻦ« ﻓﻲ ﺍﻟﻴﻮﻧﺎ ﹼﻧﻴﺔ / ﻟﻤﺸﺘﻖ ﻳﺪﻝ ﻋﻠﻴﻪ ﺍ ﺑﻞ ﺇﻧﹼﻤﺎ ﻳﻔﻬﻢ ﻣﻨﻪ ﻣﺎ، ﺃﻭﻻ ﻟﻢ ﻳﻔﻬﻢ ﻣﻨﻪ ﻣﻮﺿﻮﻉ ﻭﻻ ﻓﻬﻢ ﺃﻧﹼﻪ ﻛﺎﺋﻦ ﻋﻦ ﺇﻧﺴﺎﻥ ﺇﻟﻰ ﺁﺧﺮ ﻳﻌﻢ ﻣﺎ ﹼ ﹼ ﹼ ﹼ . ﻭﻣﺎ ﻫﻮ ﻛﺎﺋﻦ ﻋﻦ ﺇﻧﺴﺎﻥ ﺇﻟﻰ ﺁﺧﺮ ﺃﻭ ﻏﻴﺮ ﻛﺎﺋﻦ، ﻭﺍﻟﻤﺜﺎﻝ ﺍ>ﻷﻭﻋﻠﻰ ﻣﺜﺎﻝ ﻣﺎ ﻧﺴﺘﻌﻤﻞ< ﻗﻮﻟﻨﺎ »ﺷﻲﺀ 25
Vgl. al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Kit§b al-Èuråf, (§ 86), S. 115, Z. 6-12.
al-f§r§bÊ über „al-mawÅåd“
199
Funktion26 unterscheidet er zunächst die folgenden drei Bedeutungen: 1) Es wird von allen Kategorien und „allem, worauf gezeigt werden kann“ (kullu muà§rin "ilayhi), also den konkreten Einzelseienden, ausgesagt, gleichgültig ob es sich dabei um Seiendes handelt, das in einem Zugrundeliegenden ist, oder um solches, das nicht in einem Zugrundeliegenden ist.27 Es soll beachtet werden, daß die hier angesprochene Gleichgültigkeit sich nicht etwa schon auf die Prädikationsweise des „mawÆåd“, sondern auf seine hinsichtlich Substanz und Akzidens uneingeschränkte Aussagbarkeit bezieht. Was den Prädikationsmodus „des Seienden“ angeht, so wird er als „der Gemeinsamkeit nach“ (bi-l-iàtir§ki) bestimmt, womit, wie die folgenden Sätze zeigen, die Univozität mit Sicherheit nicht gemeint sein kann: „Am besten soll es [d. h. al-mawÆåd] als Name für jede der obersten Gattungen aufgefaßt werden, welcher jedoch das Wesen (d§t) [d. h. die jeweilige Washeit der zehn Kategorien] nicht bezeichnet. Sodann wird es von dem, was unter einer jeden von diesen [obersten Gattungen] ist, als Name für seine oberste Gattung ausgesagt. Von allen seinen Arten wird es dann univok prädiziert, analog zu #ayn [welches die Bedeutung „Auge“, „Quelle“, „Besitzgegenstand“ etc. hat]. Denn dieses bezeichnet viele Arten und wird von ihnen der ‘Gemeinsamkeit nach’ (bi-l-iàtir§ki) ausgesagt. Dann wird es von dem, was unter einer jeden dieser Arten steht, als erste Bezeichnung für seine Art univok ausgesagt. Ebenfalls univok wird es von dem unter dieser Art Stehenden prädiziert. Es wäre aber auch möglich, es [d. h. al-mawÆåd] als einen solchen Namen aufzufassen, der von allen obersten Gattungen in der Weise der Allgemeinheit der ‘Gemeinsamkeit nach’ ausgesagt wird, sodann ist es Name für jedes Einzelne dessen, was unter ihr [d. h. der jeweiligen der obersten Gattungen] ist, und wird davon der ‘Eigentümlichkeit nach’ (bi-l-Éußåßi) prädiziert. Daraus ergibt sich wohl Unsinn, weshalb wir das Erste [d. h. die erste Bestimmung der Prädikationsweise] vorziehen, es sei denn, daß es [d. h. die zweite Bestimmung] als eine Art Ergänzung (bi-naw#in mina l-"i·§fati) [zur ersten] verstanden wird.“28
26 27
Vgl. al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Kit§b al-Èuråf, (§ 101), S. 125, Z. 12ff. Vgl. al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Kit§b al-Èuråf, (§ 88), S. 115, Z. 15-17:
ﻛﻞ ﻣﺸﺎﺭ ﻭﻳﻘﺎﻝ ﻋﻠﻰ ﹼ، – ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﻟﻔﻆ ﻣﺸﺘﺮﻙ ﻳﻘﺎﻝ ﻋﻠﻰ ﺟﻤﻴﻊ ﺍﻟﻤﻘﻮﻻﺕ – ﻭﻫﻰ ﺍﻟﺘﻲ ﺗﻘﺎﻝ ﻋﻠﻰ ﻣﺸﺎﺭ ﺇﻟﻴﻪ . ﻛﺎﻥ ﻓﻲ ﻣﻮﺿﻮﻉ ﺃﻭ ﻻ ﻓﻲ ﻣﻮﺿﻮﻉ، ﺇﻟﻴﻪ 28
Vgl. al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Kit§b al-Èuråf, (§ 88), S. 115, Z. 17 – S. 116, Z. 3:
200
der begriff des seienden (al-mawÆåd)
Eine bloße Gemeinsamkeit des Namens (Äquivozität) „mawÆåd“ (Seiend) kann hier, trotz der sie scheinbar stützenden Analogie mit dem äquivoken Sprachzeichen „#ayn“ – das eben in homonymer Weise Begriffsstrukturen wie z. B. „Auge“, „Quelle“ und „Besitzgegenstand“ bezeichnet – keineswegs gemeint sein. Denn die vorangegangene Erläuterung sowie die am Schluß vorgebrachte Ergänzung behaupten einen Prädikationsmodus, in dem „mawÆåd“ (Seiend) von den zehn obersten Gattungen als etwas Eines, wenn auch allgemein und das bedeutet als ihren Washeiten gegenüber ganz und gar unexpliziertes, ausgesagt wird. „Der Eigentümlichkeit nach“ kann „Seiend“ erst dann prädiziert werden, wenn es expliziert wird, d. h. wenn es in die zehn differenten obersten Gattungsbestimmungen plurifiziert wird. 2) Ferner kann „mawÆåd“ gleichbedeutend mit „aß-ߧdiq“ (dem „Wahren“) gebraucht werden.29 Was „aß-ߧdiq“ meint, wird sich gleich zeigen. 3) Schließlich bedeutet, von etwas zu sagen, „daß es mawÆåd ist“, daß „es außerhalb der Seele mit einer Washeit (m§hÊyah) versehen ist“, gleichermaßen, ob diese Washeit in der Seele begrifflich erfaßt wird oder nicht. „mawÆåd“ meint hier „das, was extramental eine Washeit hat“.30
ﺛﻢ، ﻭﺍﻷﻓﻀﻞ ﺃﻥ >ﻳﻘﺎﻝ< ﺇﻧﹼﻪ ﺍﺳﻢ ﻟﺠﻨﺲ >ﺟﻨﺲ< ﻣﻦ ﺍﻷﺟﻨﺎﺱ ﺍﻟﻌﺎﻟﻴﺔ ﻋﻠﻰ ﺃﻧﹼﻪ ﻟﻴﺴﺖ ﻟﻪ ﺩﻻﻟﺔ ﻋﻠﻰ ﺫﺍﺗﻪ ﹼ >ﻭﻭﺍﺣﺪ< ﻣﻤﺎ، ﺇﻧﹼﻪ ﺍﺳﻢ ﻳﻘﺎﻝ ﺑﺎﺷﺘﺮﺍﻙ ﻋﻠﻰ ﺍﻟﻌﻤﻮﻡ ﻋﻠﻰ ﺟﻤﻴﻊ ﺟﻨﺲ ﺟﻨﺲ ﻣﻦ ﺍﻷﺟﻨﺎﺱ ﹼ ﺇ ﹼﻻ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﺑﻨﻮﻉ ﻣﻦ، ﻓﻠﺬﻟﻚ ﺁﺛﺮﻧﺎ ﺫﻟﻚ ﺍﻷﻭﻝ، ﻭﻗﺪ ﺗﻠﺰﻡ ﻫﻨﺎ ﺷﻨﻌﺔ ﻣﺎ. ﺗﺤﺘﻪ ﻳﻘﺎﻝ ﻋﻠﻴﻪ ﺑﺎﻟﺨﺼﻮﺹ ﹼ . ﺍﻹﺿﺎﻓﺔ 29
Vgl. al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Kit§b al-Èuråf, (§ 88), S. 116, Z. 3-6:
ﻛﻞ ﻣﻌﻘﻮﻝ ﻛﺎﻥ ﺧﺎﺭﺝ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﻭﻫﻮ ﺑﻌﻴﻨﻪ ﻛﻤﺎ ﻫﻮ ﻓﻲ ﻛﻞ ﻣﺘﺼﻮﺭ ﻭﻣﺘﺨﻴﻞ ﻓﻲ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﻭﻋﻠﻰ ﹼ ﻭﻗﺪ ﻳﻘﺎﻝ ﻋﻠﻰ ﹼ ﱠ ﱠ . ﻓﺈﻥ ﺍﻟﺼﺎﺩﻕ ﻭﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﻣﺘﺮﺍﺩﻓﺎﻥ ﹼ، ﻭﻫﺬﺍ ﻣﻌﻨﻰ ﺃﻧﹼﻪ ﺻﺎﺩﻕ. ﺍﻟﻨﻔﺲ 30
al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Kit§b al-Èuråf, (§ 88), S. 116, Z. 6-7:
ﻭﻗﺪ ﻳﻘﺎﻝ ﻋﻠﻰ ﺍﻟﺸﻲﺀ »ﺇﻧﹼﻪ ﻣﻮﺟﻮﺩ« ﻭﻳﻌﻨﻰ ﺑﻪ ﺃﻧﹼﻪ ﻣﻨﺤﺎﺯ ﺑﻤﺎﻫﻴﺔ ﻣﺎ ﺧﺎﺭﺝ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﺳﻮﺍﺀ ﹺ ﺗﺼﻮﺭ ﻓﻲ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﺃﻭ ﹼ ﹼ . ﻟﻢ ﻳﺘﺼﻮﺭ ﱠ
al-f§r§bÊ über „al-mawÅåd“
201
Was unter „aß-ߧdiq“ zu verstehen ist, verdeutlicht al-F§r§bÊ anhand einer Gegenüberstellung zu der dritten Bedeutung von „mawÆåd“: „Es ist also klar, daß alles Wahre eine Washeit außerhalb der Seele hat. ‘Das, was eine Washeit außerhalb der Seele hat’, ist aber allgemeiner als das ‘Wahre’. Denn das, was eine Washeit außerhalb der Seele hat, wird Wahres, wenn es in der Seele begrifflich erfaßt wird. Es hat ja, bevor es erfaßt wird, schon eine Washeit außerhalb der Seele und wird noch nicht für Wahres gehalten. Denn das ‘Wahre’ meint ja nichts anderes, als daß das begrifflich Erfaßte genauso, wie es erfaßt wurde, außerhalb der Seele ist. Das Wahr-Sein kommt dem begrifflich Erfaßten also nur dadurch zu, daß es zu dem, was außerhalb der Seele ist, in Bezug gesetzt wird, desgleichen das Falsch-Sein. Das ‘Wahre als Wahres’ besteht also in der Bezogenheit auf das, was eine Washeit außerhalb der Seele hat. ‘Das, was überhaupt, ohne weitere Einschränkung, eine Washeit hat’, ist allgemeiner als ‘das, was eine Washeit außerhalb der Seele hat’. Denn etwas (aà-àay") mag ja eine Washeit haben, die bloß im Denken erfaßt wird und als solche außerhalb der Seele kein Sein hat … , wie wenn wir sagen ‘Vakuum’ (Éal§")31, welches ja irgendeine Washeit hat. Denn wir können ja danach fragen, was das Vakuum sei, worauf mit etwas geantwortet wird, das sich als Antwort auf die Frage, was das Vakuum sei, eignet. Dies wird eine erklärende Rede für den Namen ‘Vakuum’ sein, und das, was diesen Namen erklärt, ist eine Washeit, die außerhalb der Seele kein Sein hat.“ 32
Da al-F§r§bÊ die Ausdrücke: „munȧzun bi-m§hÊyatin m§“ und „lahå m§hÊyatun m§“ eindeutig gleichbedeutend verwendet (zu dem Gebrauch der zweiten Variante vgl. z. B. § 92, Z. 14, § 93, Z.1), wird in der Übersetzung beides als „das, was eine Washeit hat“ wiedergegeben. 31 Nach Auffassung des Aristoteles und der Aristoteliker kann ein Vakuum nicht existieren. Zu den Argumenten des Aristoteles vgl. Physik IV 8. 32 al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Kit§b al-Èuråf, (§ 91), S. 117, Z. 20 – S. 118, Z. 2:
ﻭﺍﻟﻤﻨﺤﺎﺯ ﺑﻤﺎﻫﻴﺔ ﻣﺎ ﺧﺎﺭﺝ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﻫﻮ ﺃﻋﻢ ﻣﻦ. ﻛﻞ ﺻﺎﺩﻕ ﻓﻬﻮ ﻣﻨﺤﺎﺯ ﺑﻤﺎﻫﻴﺔ ﻣﺎ ﺧﺎﺭﺝ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﻭﻇﺎﻫﺮ ﹼﺃﻥ ﹼ ﹼ ﹼ ﹼ ، ﻷﻥ >ﻣﺎ ﻫﻮ< ﻣﻨﺤﺎﺯ ﺑﻤﺎﻫﻴﺔ ﻣﺎ ﺧﺎﺭﺝ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﺇﻧﹼﻤﺎ ﻳﺼﻴﺮ ﺻﺎﺩﻗﺎ ﺇﺫﺍ ﺣﺼﻞ ﻣﺘﺼﻮﺭﺍ ﻓﻲ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﹼ. ﺍﻟﺼﺎﺩﻕ ﱠ ﹼ ﻭﻫﻮ ﻣﻦ ﻗﺒﻞ ﺃﻥ ﹸﻳﺘﺼﻮﺭ ﻣﻨﺤﺎﺯ ﺑﻤﺎﻫﻴﺔ ﻣﺎ ﺧﺎﺭﺝ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﻭﻟﻴﺲ ﹸﻳﻌ ﹼﺪ ﺻﺎﺩﻗﺎ – ﻭﺇﻧﹼﻤﺎ ﻣﻌﻨﻰ ﺍﻟﺼﺎﺩﻕ ﻫﻮ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﹶ ﱠ ﹼ ﺍﻟﻤﺘﺼﻮﺭ ﻫﻮ ﺑﻌﻴﻨﻪ ﺧﺎﺭﺝ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﻛﻤﺎ ﹸﺗ ﹸﺼ ﹺﻮﺭ – ﻭﺇﻧﹼﻤﺎ ﻳﺤﺼﻞ ﺍﻟﺼﺪﻕ ﻓﻲ ﺍﻟﻤﺘﺼﻮﺭ ﺑﺈﺿﺎﻓﺘﻪ ﺇﻟﻰ ﹼ ﱠ ﱠ ﻓﺎﻟﺼﺎﺩﻕ ﺑﻤﺎ ﻫﻮ ﺻﺎﺩﻕ ﻫﻮ ﺑﺎﻹﺿﺎﻓﺔ ﺇﻟﻰ ﻣﺎ ﻫﻮ ﻣﻨﺤﺎﺯ ﺑﻤﺎﻫﻴﺔ ﻣﺎ ﺧﺎﺭﺝ. ﻭﻛﺬﻟﻚ ﺍﻟﻜﺬﺏ ﻓﻴﻪ، ﺧﺎﺭﺝ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﹼ ﻣﺎ. ﺍﻟﻨﻔﺲ ﹼ ﹼ ﹼ ﻓﺈﻥ ﺍﻟﺸﻲﺀ ﻗﺪ ﻳﻨﺤﺎﺯ ﺑﻤﺎﻫﻴﺔ ﻣﺘﺼﻮﺭﺓ ﻓﻘﻂ ﻭﻻ ﺗﻜﻮﻥ ﻫﻲ ﺑﻌﻴﻨﻬﺎ ﺧﺎﺭﺝ ﺍﻟﻨﻔﺲ … ﻛﻘﻮﻟﻨﺎ ﹼ. ﺧﺎﺭﺝ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﱠ ﹼ ﻭﺫﻟﻚ ﺃﻧﹼﺎ ﻗﺪ ﻧﺴﺄﻝ ﻋﻦ ﺍﻟﺨﻼﺀ »ﻣﺎ ﻫﻮ« ﻭﻳﺠﺎﺏ ﻓﻴﻪ ﺑﻤﺎ ﻳﻠﻴﻖ ﺃﻥ ﻳﺠﺎﺏ، ﻓﺈﻥ ﺍﻟﺨﻼﺀ ﻟﻪ ﻣﺎﻫﻴﺔ ﻣﺎ ﹼ، «»ﺍﻟﺨﻼﺀ ﹼ
202
der begriff des seienden (al-mawÆåd)
Aus diesem Text geht hinreichend deutlich hervor, daß „aß-ߧdiq“ (das „Wahre“) eine solche begriffliche Struktur meint, die auf reale Gegenstände zutrifft. Es würde damit dem entsprechen, was Ibn SÊn§, wie schon an früherer Stelle gesehen werden konnte, als „taßawwur§tun ÈaqÊqÊyah“ (wirkliche Begriffe) bezeichnet 33. Im Unterschied zu „Bockhirsch“ oder dem oben genannten Beispiel „Vakuum“, denen nichts Reales entspricht, und von denen daher nur eine Explikation des Namens gegeben werden kann, ist bei dem „Wahren“ al-F§r§bÊs bzw. dem ibn-sinischen „wirklichen Begriff“ eine Wesensdefinition möglich, denn der im Begriff erfaßten Washeit korrespondiert ein extramentales Sein. Zu beachten ist aber, daß das von den Einzeldingen gewonnene Intelligible nach al-F§r§bÊ nicht schon als solches ein „Wahres“ ist. „Wahres“ ist es erst dann, wenn es auf die Einzeldinge bezogen wird: „Das Sein dessen, was Wahres ist, ist eine Relation der Intelligibilien zu dem, was außerhalb der Seele ist“.34 „Das, was extramental eine Washeit hat“, muß demnach ganz klar als die bejahende Antwort auf die Frage nach dem absoluten „Ob etwas Bestimmtes überhaupt Bestand haben kann?“ gedeutet werden. Nur ein solches ist Seiendes und nicht vielmehr nichts, „das eine Washeit außerhalb der Seele hat“.35 al-F§r§bÊ zeigt nun einerseits, daß „das Wahre“ und „das, was extramental eine Washeit hat“, gegenseitig nicht austauschbar sind. Denn es trifft zwar auf alles Wahre zu, „daß es extramental eine Washeit hat“, nicht jedoch umgekehrt, zumindest nicht schlechthin, da ja „das, was extramental eine Washeit hat“ nicht schon als solches, sondern erst unter eine bestimmte Bedingung „Wahres“ wird.
ﻭﻟﻴﺴﺖ ﹼ .ﺧﺎﺭﺝ ﺍﻟﻨﻔﺲ 33 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) I 1, S. 53, Z. 15-18; vgl. dazu auch Zweiter Teil, Kapitel II, 1, b). 34 al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Kit§b al-Èuråf, (§ 89), S. 117, Z. 4-5:
. ﻭﻭﺟﻮﺩ ﻣﺎ ﻫﻮ ﺻﺎﺩﻕ ﻓﻬﻮ ﺇﺿﺎﻓﺔ ﻣﺎ ﻟﻠﻤﻌﻘﻮﻻﺕ ﺇﻟﻰ ﻣﺎ ﻫﻮ ﺧﺎﺭﺝ ﺍﻟﻨﻔﺲ
35
Nichts anderes werden später etwa D. Scotus und F. Suárez meinen, wenn sie die Bedeutung von „ens“ als „quod habet vel habere potest aliquam entitatem non ex consideratione intellectus“ (Scotus), oder als „quod non est omnino nihil“ und „quod est habens essentiam realem, id est non fictam nec chymericam, sed veram et aptam ad realiter existendum“ (Suárez) explizieren. Sowohl Scotus, als auch Suárez zitiere ich nach Honnefelder (Scientia transcendens, S. 6, S. 293). Vgl. dazu auch das Schlußwort, Kapitel III.
al-f§r§bÊ über „al-mawÅåd“
203
Auf der anderen Seite wird deutlich, daß nicht jede in der Seele befindlichen Washeit extramentales Sein hat. Diese gegenüber „dem, was eine Washeit außerhalb der Seele hat“, allgemeinere Bestimmung, nämlich „das, was eine Washeit [überhaupt] hat“, ist nach al-F§r§bÊ laut einer anderen Stelle36 der Sinn dessen, was unter „aà-àay"“ (Ding, etwas) verstanden wird. Bevor jedoch auf das dort dargestellte Verhältnis von „al-mawÆåd“ und „aà-àay"“ eingegangen wird, soll das Ergebnis, mit dem al-F§r§bÊ die Reflexion über die drei genannten Bedeutungen von „al-mawÆåd“ beschließt, zusammengefaßt werden: – Die allgemeinste, weil gegenüber den beiden anderen frühere Bedeutung von „al-mawÆåd“ lautet „das, was eine Washeit außerhalb der Seele hat“ (m§ lahå m§hÊyatun ɧriÆa n-nafsi). Denn dies geht nicht nur dem „Wahren“ voraus, das ja, wie sich oben zeigte, erst in der Relation zu ihm besteht, sondern auch der Erkenntnis, ob die jeweilige Washeit einfach (basÊãah) und daher unteilbar (Çayru munqasimatin)37 ist, wie bei den obersten zehn Gattungen, oder ob sie – wie z. B. im Falle der Definition – in ihre konstituierenden Teile der Gattung und der artbildenden Differenz38 teilbar (munqasimah) ist39. „Seiendes“ (mawÆåd) meint also nicht bloß „das, was eine Washeit hat“, sondern „das, was extramental eine Washeit hat“, das „später“ eben als „Wahres“ und als „Sich-aus-Teilen-Konstituierendes“ bzw. „Nicht-weiter-Teilbares“ im Denken erfaßt werden kann. – Es ist das „Seiende“ (al-mawÆåd) in der allgemeinsten Bedeutung von „das, was extramental eine Washeit hat“ (m§ lahå m§hÊyatun ɧriÆa n-nafsi), das in „Seiendes der Möglichkeit nach“ (mawÆådun bi-l-qåwati) und „Seiendes der Wirklichkeit nach“ (mawÆådun bi-lfi#li) eingeteilt wird.40 – Dem „Seienden“ in der allgemeinsten Bedeutung ist „das, was extramental keine Washeit hat“ kontradiktorisch entgegengesetzt. 36
Vgl. al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Kit§b al-Èuråf, (§ 104), S. 128, Z. 5-16. Zur „unteilbaren Washeit“ vgl. Kit§b al-Èuråf, (§ 88), S. 117, Z. 20-21, (§ 89), S. 117, Z. 8-13. 38 Vgl. al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Kit§b al-Èuråf, (§ 90), S. 117, Z. 14-15: 37
ﻛﻞ ﻭﺍﺣﺪ ﻣﻦ ﺍﻟﻤﻘﻮﻻﺕ ﺍﻟﺘﻲ ﺗﻘﺎﻝ ﻋﻠﻰ ﻣﺸﺎﺭ ﺇﻟﻴﻪ ﻫﻲ ﻣﻨﺤﺎﺯﺓ ﺑﻤﺎﻫﻴﺔ ﻣﺎ ﺧﺎﺭﺝ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﻣﻦ ﻗﺒﻞ ﺃﻥ ﻭﻇﺎﻫﺮ ﹼﺃﻥ ﹼ ﹼ . ﺗﻌﻘﻞ ﻣﻨﻘﺴﺔ ﺃﻭ ﻏﻴﺮ ﻣﻨﻘﺴﻤﺔ 39 40
Dazu vgl. Kit§b al-Èuråf, (§ 88), S. 116, Z. 8ff. und (§ 89), S. 117, Z. 1-8. Vgl. al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Kit§b al-Èuråf, (§ 93), S. 119, Z. 9-10:
. ﻣﻨﻪ ﻣﻮﺟﻮﺩ ﺑﺎﻟﻘﻮﺓ ﻭ ﻣﻨﻪ ﻣﻮﺟﻮﺩ ﺑﺎﻟﻔﻌﻞ، ﻭﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﺍﻟﺬﻱ ﻳﻌﻨﻰ ﺑﻪ ﻣﺎ ﻟﻪ ﻣﺎﻫﻴﻪ ﻣﺎ ﺧﺎﺭﺝ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﹼ
204
der begriff des seienden (al-mawÆåd)
Dieses wird als das „Nichtseiende“ (Çayru l-mawÆådi) oder „das, was kein Seiendes ist“ (m§ laysa bi-mawÆådin) bezeichnet und umfaßt ein Zweifaches: 1) das, was der Begriff des Falschen (al-k§dib) meint, nämlich „das, was zwar eine in der Seele in welcher Weise auch immer erfaßte (mutaßawwarah) Washeit hat, nicht jedoch außerhalb ihrer“, wie z. B. „Vakuum“, sowie 2) „das, was überhaupt keine Washeit hat, weder extramental, noch in der Seele“.41 Beidem ist es gemeinsam „Unwahres“ (laysa bi-ߧdiqin) zu sein. Denn beidem ist die das „Wahre“ ausmachende Bezugssetzung zum Extramentalen schlechthin unmöglich. Der Washeitsintelligibilität kann hierbei keine Seinsintelligibilität folgen. „Das, was überhaupt keine Washeit hat, weder extramental, noch in der Seele“ kann wiederum nach al-F§r§bÊ deswegen nicht einmal als „Falsches“ gelten, weil dort von einer wie auch immer in der Seele erfaßten Washeit, und folglich auch von einem sie bezeichnenden Namen nicht mehr die Rede sein kann. Die Frage „Was es ist?“ läßt sich hierbei überhaupt nicht stellen.42 Ein solches ist also nicht mal ein leerer Begriff, sondern schlechthin Nichts. 3. Das Verhältnis von „àay"“ und „mawÆåd“ Darüber, wie nun der Begriff „aà-àay"“ (Ding, etwas) von dem des „Seienden“ (mawÆåd) nach al-F§r§bÊ abgegrenzt werden soll, gibt Kit§b al-Èuråf die folgende Auskunft: „Als ‘Ding’ wird all das bezeichnet, ‘was eine Washeit in welcher Weise auch immer hat’, sei es, daß sie [d. h. die Washeit] außerhalb der Seele oder [in der Seele] als wie auch immer Erfaßtes ist, teilbar oder unteil41
Vgl. al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Kit§b al-Èuråf, (§ 95), S. 121, Z. 7-10:
ﻭﻫﻮ ﻣﺎ ﻟﻴﺴﺖ ﻣﺎﻫﻴﺘﻪ، ﻭ»ﻏﻴﺮ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ« >ﻭﻋﻠﻰ< ﻧﻘﻴﺾ ﻣﺎ ﻫﻮ ﻣﻮﺟﻮﺩ ﹼ ﻭﺫﻟﻚ ﻳﺴﺘﻌﻤﻞ ﻋﻠﻰ ﻣﺎ ﻻ ﻣﺎﻫﻴﻪ ﻟﻪ ﻭﻻ ﺑﻮﺟﻪ ﻣﻦ ﺍﻟﻮﺟﻮﻩ ﺃﺻﻼ ﻻ ﺧﺎﺭﺝ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﻭﻻ ﻓﻲ. ﺧﺎﺭﺝ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﹼ . ﻭﻫﻮ ﺍﻟﻜﺎﺫﺏ، ﻟﻜﻨﻬﺎ ﻟﻴﺴﺖ ﺧﺎﺭﺝ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﺍﻟﻨﻔﺲ ؛ ﻭﻋﻠﻰ ﻣﺎ ﻟﻪ ﻣﺎﻫﻴﺔ ﻣﺘﺼﻮﺭﺓ ﻓﻲ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﹼ ﱠ ﹼ 42 Vgl. al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Kit§b al-Èuråf, (§ 95), S. 121, Z. 16-20:
ﻭﺫﻟﻚ ﹼﺃﻥ ﺍﻟﺬﻱ ﻻ ﻣﺎﻫﻴﺔ ﻟﻪ ﺃﺻﻼ ﻟﻴﺲ ﺑﺼﺎﺩﻕ ﻭﻻ ﻛﺎﺫﺏ – ﻷﻧﹼﻪ ﻻ. ﻭﻣﺎ ﻟﻴﺲ ﺑﺼﺎﺩﻕ ﻓﻬﻮ ﺃﻋﻢ ﻣﻦ ﺍﻟﻜﺎﺫﺏ ﹼ ﹼ . ﻳﺪﻝ ﻋﻠﻴﻪ ﺃﺻﻼ – ﻭﻻ ﺑﺠﻨﺲ ﻭﻻ ﺑﻔﺼﻞ ﻭﻻ ﻳﺘﺼﻮﺭ ﻭﻻ ﻳﺘﺨﻴﻞ ﻭﻻ ﺗﻜﻮﻥ ﻋﻨﻪ ﻣﺴﺄﻟﺔ ﺃﺻﻼ ﺍﺳﻢ ﻟﻪ ﻭﻻ ﻗﻮﻝ ﹼ ﱠ ﱠ ﻓﺈﻥ ﻟﻠﻜﺎﺫﺏ ﻣﺎﻫﻴﺔ ﻣﺎ ﻭﻟﻪ ﺍﺳﻢ ﻭﺃﻣﺎ ﻣﺎ ﻛﺎﻥ ﻟﻴﺲ ﺑﺼﺎﺩﻕ ﻭﻫﻮ ﻛﺎﺫﺏ ﻓﺈﻧﻪ ﻳﻌﻘﻞ ﺃﻭ ﻳﺘﺼﻮﺭ ﺃﻭ ﻳﺘﺨﻴﻞ ﻭﻟﻪ ﹼ. ﻣﺎﻫﻴﺔ ﱠ ﹼ ﹼ ﹼ . ﻣﺜﻞ ﺍﻟﺨﻼﺀ. «ﻭﻗﺪ ﻳﺴﺄﻝ ﻋﻨﻪ »ﻣﺎ ﻫﻮ
al-f§r§bÊ über „al-mawÅåd“
205
bar. Wenn wir sagen: ‘Das ist ein Ding’, dann meinen wir damit ‘das, was eine Washeit hat’. ‘Seiendes’ (mawÆåd) hingegen bezeichnet nur ‘das, was eine Washeit außerhalb der Seele hat’, nicht jedoch eine Washeit, die ausschließlich [in der Seele] erfaßt ist. Damit ist also der Begriff Ding allgemeiner als der des Seienden. Auch eine wahre Aussage wird als ‘Seiendes’ bezeichnet, nicht aber als ‘Ding’. Denn wir sagen ja nicht ‘Diese Aussage ist ein Ding/etwas (àay")’ und meinen damit, daß sie wahr ist, sondern wir meinen damit, daß sie eine Washeit hat. Wir sagen ferner ‘Zayd ist gerecht’ (Zayd mawÆådun #§dilan), nicht aber ‘Zayd etwas gerecht’ (Zayd àay"un #§dilan). Das ‘Unmögliche’ (al-muȧl) läßt sich dadurch bezeichnen, ‘daß es ein Ding ist’, nicht aber dadurch, ‘daß es ein Seiendes ist’. ‘Ding’ wird also von vielem, wovon ‘Seiend’ prädiziert wird, wie auch von dem, wovon es [d. h. ‘Seiend’] nicht prädiziert wird, ausgesagt. Ebenso wird ‘Seiend’ von vielem, wovon ‘Ding’ prädiziert wird, wie auch von dem, wovon es [d. h. ‘Ding’] nicht prädiziert wird, ausgesagt.“43 „Mit ‘Kein-Ding-Sein’ (laysa bi-àay"in) ist ‘das, was schlechthin keine Washeit hat, weder außerhalb der Seele, noch in der Seele’, gemeint. Eben diese Bedeutung hat Parmenides unter dem ‘Nichtseienden’ (Çayru l-mawÆådi) verstanden, denn er sagt: ‘Alles, was Nichtseiendes ist, ist kein Ding’. Er hat dabei das ‘Seiende’ als ein univok Aussagbares, das ‘Nichtseiende’ als Bezeichnung für ‘das, was schlechthin keine Washeit hat, weder so, noch so’, aufgefaßt. Darum hat er geurteilt, daß es [d. h. das ‘Nichtseiende’] ‘kein Ding’ sei. Daraus folgt, daß alles mit Ausnahme des Seienden weder Ding ist, noch in irgendeiner Weise eine Washeit hat, wodurch die Vielheit der Seienden aufgehoben und das Seiende zu Einem [d. h. zu einem Einzigen] gemacht wird. Er [d. h. Parmenides] aber hat von Anfang an gefolgert ‘Das Seiende ist also Eines’. Das sind die Bedeutungen von ‘Ding’“.44
43
al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Kit§b al-Èuråf, (§ 104), S. 128, Z. 6-16:
، ﺃﻱ ﺟﻬﺔ ﻛﺎﻥ >ﻛﺎﻥ< ﺧﺎﺭﺝ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﺃﻭ، ﻛﻞ ﻣﺎ ﻟﻪ ﻣﺎﻫﻴﺔ ﻣﺎ ﻛﻴﻒ ﻛﺎﻥ ﻭﺍﻟﺸﻲﺀ ﻗﺪ ﻳﻘﺎﻝ ﻋﻠﻰ ﹼ ﻣﺘﺼﻮﺭﺍ ﻋﻠﻰ ﹼ ﱠ ﹼ ﻓﺈﻥ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﺇﻧﹼﻤﺎ ﻳﻘﺎﻝ ﻓﺈﻧﹼﺎ ﺇﺫﺍ ﻗﻠﻨﺎ »ﻫﺬﺍ ﺷﻲﺀ« ﻓﺈﻧﹼﺎ ﻧﻌﻨﻰ ﺑﻪ ﻣﺎ ﻟﻪ. ﻣﻨﻘﺴﻤﺔ ﺃﻭ ﻏﻴﺮ ﻣﻨﻘﺴﻤﺔ ﹼ. ﻣﺎﻫﻴﺔ ﻣﺎ ﹼ . ﻓﺒﻬﺬﺍ ﻳﻜﻮﻥ ﺍﻟﺸﻲﺀ ﺃﻋﻢ ﻣﻦ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ، ﻋﻠﻰ ﻣﺎ ﻟﻪ ﻣﺎﻫﻴﺔ ﺧﺎﺭﺝ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﻭﻻ ﻳﻘﺎﻝ ﻋﻠﻰ ﻣﺎﻫﻴﺔ ﻣﺘﺼﻮﺭﺓ ﻓﻘﻂ ﱠ ﹼ ﹼ ﹼ ﻓﺈﻧﹼﺎ ﻻ ﻧﻘﻮﻝ »ﻫﺬﻩ ﺍﻟﻘﻀﻴﺔ ﺷﻲﺀ« ﻭ ﻧﺤﻦ. ﻭﺍﻟﺸﻲﺀ ﻻ ﻳﻘﺎﻝ ﻋﻠﻴﻬﺎ، ﻭﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﻳﻘﺎﻝ ﻋﻠﻰ ﺍﻟﻘﻀﻴﺔ ﺍﻟﺼﺎﺩﻗﺔ ﹼ ﹼ ﻭﻧﻘﻮﻝ »ﺯﻳﺪ ﻣﻮﺟﻮﺩ ﻋﺎﺩﻻ« ﻭﻻ ﻧﻘﻮﻝ »ﺯﻳﺪ ﺷﻲﺀ. ﺑﻞ ﺇﻧﹼﻤﺎ ﻧﻌﻨﻰ ﹼﺃﻥ ﻟﻬﺎ ﻣﺎﻫﻴﺔ ﻣﺎ، ﻧﻌﻨﻰ ﺑﻪ ﺃﻧﹼﻬﺎ ﺻﺎﺩﻗﺔ ﹼ ﻓﺎﻟﺸﻲﺀ ﺇﺫﻥ ﻳﻘﺎﻝ ﻋﻠﻰ ﻛﺜﻴﺮ >ﻡﻡﻭﺟﻮﺩ ﺗﻠﻚ ﺍﻟﻤﺎﻫﻴﺔ< ﺃﻋﻢ ﻣﻦ ﻭﺟﻮﺩ ﺍﻹﻣﻜﺎﻥ ﻭﻭﺟﻮﺩ. ﻟﻮﺟﻮﺩ ﺍ ﹶ ﻭﺃﻣﺎ. ﻓﻤﻦ ﺣﻴﺚ ﺗﻠﺘﻔﺖ ﺇﻟﻴﻪ ﻣﻦ ﺃﻧﻪ ﻭﺟﻮﺩ ﻟﻴﺲ ﻟﻚ ﺃﻥ ﺗﺤﻜﻢ ﻋﻠﻴﻪ ﺑﺘﺨﺼﻴﺺ ﺇﻣﻜﺎﻥ ﺃﻭ ﻭﺟﻮﺏ، ﺍﻟﻮﺟﻮﺏ ﻫﻮ ﺫﻟﻚ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﻣﻦ ﺣﻴﺚ ﻫﻮ ﺫﻟﻚ، ﻛﻮﻧﻪ ﻟﻠﻤﺎﻫﻴﺔ ﻓﻤﻤﻜﻦ ﺑﺈﻣﻜﺎﻥ ﻟﻠﻤﺎﻫﻴﺔ ﻭﻭﺍﺟﺐ ﻣﻦ ﺍﻷﻭﻝ ﺫﻟﻚ ﺍﻟﻮﺟﻮﺏ ﹼ ﻻﺯﻣﺔ ﻟﺘﻠﻚ ﺍﻟﻤﺎﻫﻴﺔ ﻣﻦ ﺑﻞ ﻫﻮ ﹲ، ﻭﻫﺬﺍ ﺍﻹﻣﻜﺎﻥ ﻟﻴﺲ ﺟﺰﺀﺍﹰ ﻣﻦ ﺫﻟﻚ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﺣﺘﻰ ﻳﻨﻘﺴﻢ ﺑﻪ. ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﺣﺎﻝ ﹲ ﺑﺤﻴﺚ ﻫﻮ ﻣﻌﺘﺒﺮ، ﻭﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﻧﻔﺴﻪ. ﻣﻘﻴﺴﺔ ﺇﻟﻰ ﺍﻷﻭﻝ ﻭﺫﻟﻚ ﺍﻟﻮﺟﻮﺏ ﻫﻮ ﺣﺎﻝ ﻟﺘﻠﻚ ﺍﻟﻤﺎﻫﻴﺔ. ﻧﻔﺴﻬﺎ ﹰ . ﺑﻞ ﺭﺑﻤﺎ ﻗﺎﺭﻧﻬﺎ ﻣﻦ ﻏﻴﺮ ﺃﻥ ﻳﻨﻘﺴﻢ ﺑﻬﺎ ﻓﻲ ﻧﻔﺴﻪ، ﻭﺟﻮﺩ ﻓﻘﻂ ﻻ ﺷﻲﺀ ﻣﻦ ﺍﻷﺷﻴﺎﺀ ﺍﻷﺧﺮ، ﺑﻨﻔﺴﻪ 138 Das Möglichsein als Möglichsein ist genauso wie das Notwendigsein als solches notwendig. Vgl. dazu z. B. at-Ta#lÊq§t, S. 150, Z. 22-23: „Die Notwendigkeit hebt sich nicht auf, so daß sie zur Möglichkeit wird. Die Möglichkeit kann sich ebenfalls als solche nicht aufheben und zur Notwendigkeit werden, sondern bleibt in sich immer Möglichkeit.“
analyse von metaphysik (al-"il§hÊy§t) i
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aus anderen Kontexten zeigte, wird die Wesenheit eben darum als „bedürftig“ erkannt, weil sie in ihrer Wirklichkeit notwendig auf einen außerhalb ihrer selbst liegenden Grund, nämlich das durch sich selbst notwendig Seiende (Gott), verweist. Was das Sein (aktuale Existenz) einer Wesenheit betrifft, so ist es, wie Ibn SÊn§ in diesem Text mit allem Nachdruck betont, als bloßes Sein betrachtet, gegenüber Möglichkeit und Notwendigkeit einerseits und der Bestimmung der Wesenheit andererseits noch ganz und gar indifferent. Eben darum ist es bestimmbar, freilich nicht an sich, sondern erst, wenn es als Wirklichkeit (aktuale Existenz) einer realen Washeit gefaßt wird. Seine Verbindung zur Wesenheit kann damit, wie in diesem Text mit Entschiedenheit behauptet wird, nur durch denjenigen Modus erfolgen, der der Wesenheit „durch sich selbst“ (Selbstbezüglichkeit), und, sollte sie an sich nur möglich sein, dann auch notwendigerweise „durch ein anderes“ (Bezüglichkeit zu einem anderen), zueigen ist. Möglichkeit (durch sich selbst) und Notwendigkeit (durch ein anderes) sind dabei vom Sein der Wesenheit eines Existierenden nicht trennbar, da sie, so nun die entscheidende Begründung, kein Seiendes möglicher Selbständigkeit sind, denn sie fügen der aktualen Existenz eines Seienden keineswegs eine weitere Wirklichkeit hinzu. Wie schon die Analyse des zuletzt zitierten Textes an früherer Stelle139 ergab, handelt es sich bei dem, was Ibn SÊn§ auf der Seite des Seins der Wesenheit analog zu dem Verfahren bei der Wesenheit eines Existierenden durchführt, um eine zweifache Betrachtung des Verstandes: das Sein (aktuale Wirklichkeit) der Wesenheit wird zum einem an sich, zum anderen aber als die aktuale Existenz eines Geschaffenen zum Gegenstand gemacht. Möglichkeitsbedingung dieser zweifachen Betrachtung ist, daß das Sein von sich aus gänzlich unbestimmt und in dem Begriffsgehalt der Wesenheit nicht enthalten ist. Ohne der Notwendigkeit und der Möglichkeit eine reale Trennbarkeit vom Sein (extramentale Wirklichkeit) eines Geschaffenen einräumen zu müssen, vermag der Verstand gerade auf Grund der Möglichkeit der formalen Unterscheidung im taßawwur, das Verhältnis des Seins als solchen und des Seins der geschaffenen Wesenheit als das eines indifferenten
ﻭﺍﻹﻣﻜﺎﻥ ﻻ ﻳﺒﻄﻞ ﺑﺬﺍﺗﻪ ﻓﻴﺼﻴﺮ ﻭﺟﻮﺑﺎ ﺑﻞ ﻳﻜﻮﻥ ﺃﺑﺪﺍ ﺇﻣﻜﺎﻧﺎ ﻓﻲ، ﺍﻟﻮﺟﻮﺏ ﻻ ﻳﺒﻄﻞ ﻓﻴﺼﻴﺮ ﺇﻣﻜﺎﻧ ﹰﺎ . ﺫﺍﺗﻪ 139
Vgl. Dritter Teil, Kapitel III, 2.
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„al-mawÆåd“, „aà-àay" “, „a·-·arårÊy “
Allgemeinen zum durch die Modi der Notwendigkeit und der Möglichkeit Spezifizierten zu erfassen. Oder anders formuliert: das durch Möglichkeit (durch sich selbst) und Notwendigkeit (durch ein anderes) modifizierte Seiende ist jener explizitere Begriff, der im Unterschied zu dem jeglicher Modifizierung voraufgehenden allgemeinen „Seienden“ (das, was extramental Bestand haben kann) den Wirklichkeitsmodus desjenigen Seienden erfaßt, das zwar vollendet ist (aktual existiert), durch sich selbst jedoch keine Vollendetheit (Wirklichkeit), sondern nur Möglichkeit hat. Damit wird klar, daß die gesuchte Bedingung für die modale Aufteilung des „Seienden“ nur in der formalen Unterscheidung jener zwei Hinsichten auf das transzendentale, gegenüber jeglicher Bestimmung noch gänzlich indifferente „Seiende“ (das, was extramental Existenz haben kann), nämlich „das Was-“ und „Daß-Sein“ bestehen kann. Denn erst hierbei kann von einer für den Verstand unterscheidbaren „Zweiheit“ gesprochen werden, deren Beziehung dann anhand des Kriteriums der „An-sich“-Inhärenz als „notwendig“ bzw. „beiläufig“ (#ara·Ê, akzidentell, kontingent) disjunktiv bestimmbar wäre. Das, was im Unterschied zum Ersten Seienden (Gott) wesensnotwendig als das, was es von sich selbst her ist, keine Wirklichkeit hat, wird als ein – wie bereits erwähnt – „Bedürftiges“ und auf die außerhalb seiner selbst liegende Ursache notwendig Angewiesenes begriffen, freilich nicht insofern es ausschließlich in seiner Wesensbestimmung betrachtet wird, sondern insofern es aktual ist. Sein Wirklichkeitsmodus kann daher, im Unterschied zu dem des Ersten Seienden (Gott), vom Verstand als eine Zusammensetzung von Wesenheit und Sein nach dem Schema von Kontingenz durch sich selbst und Notwendigkeit durch ein anderes erfaßt werden, ohne damit, wie die Untersuchungen bereits ergaben, eine reale Verschiedenheit von Wesenheit und Sein im aktualen Seienden zu behaupten. Die in der genannten Weise zu deutende Zusammensetzbarkeit von Washeit und Sein erfordert nun, wie schon an früherer Stelle gezeigt, zum einen die Unterscheidung der jeweils bedeuteten begrifflichen Strukturen àay" und mawÆåd, zum anderen aber setzt sie, ebenso wie das Urteil „Die Wesenheit so-und-so ist Seiendes“, die Ebene der Aktualität (Wirklichkeit) voraus, denn andernfalls ließe es sich nicht mehr sagen, daß der an sich möglichen Washeit, insofern sie denn wirklich ist, das Sein „hinzugefügt“ wird (mu·§fun "ilayh§) als
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etwas, das ihr „von außen zukommt“ (ka-àay"in ã§ri"in #alayh§). Kann aber die Möglichkeit eines Seienden nicht der Grund für seine Vollendetheit sein, dann ist der Bezug zu einer außerhalb seiner selbst liegenden Ursache, durch die es notwendig, d. h. der Wirklichkeit nach, das ist, was es ist, erforderlich. Erst mit der Ordnung der Vollendetheit (Aktualität, Wirklichkeit) ist also ein solches gegeben, das zu der Wesensbestimmung eines Möglichen nicht gehört und darum als ein der zur Aktualität überführten Möglichkeit „Hinzugefügtes“ begriffen wird. Die Beziehung zwischen „Wesenheit“ und „Sein“ (extramentale Existenz) in ihren beiden Modi „Möglichkeit“ und „Notwendigkeit“ ist also der Erkenntnis nur dann zugänglich, wenn über die Ebene der Explikation der Wortbedeutungen hinaus die Ordnung der Wirklichkeit in Betracht gezogen wird. Zusammenfassend kann also festgehalten werden, daß die Bedingung für die modale Aufteilung des „Seienden“ die beiden für den taßawwur a priori immer schon distinkt erkannten Prinzipien àay" und mawÆåd sind, deren Verbindung zwar anhand des Kriteriums der „An-sich“-Inhärenz modifizierbar wird, allerdings – wie es sich bereits bei dem synthetischen Urteil „Die Wesenheit so-und-so ist Seiendes“ mit aller Deutlichkeit zeigte – nur dann, wenn die Möglichkeitsbedingung für diese Verbindung und letztlich auch für ihre Modifizierung, nämlich die Ordnung der Aktualität, gegeben ist. Die bloße Ebene der begrifflichen Explikation kann hierfür keine Regeln geben. Denn erst von der Ebene der Wirklichkeit her wird das der Vollendetheit nach Existierende als ein gegenüber seiner Vollendetheit (Aktualität) wesensnotwendig „Bedürftiges“, weil durch sich selbst bloß Mögliches, begriffen. Die aktuale Existenz eines an sich bloß Bedürftigen erfordert somit notwendig einen zureichenden Grund für „den Übergang“ von Möglichkeit in Vollendetheit, womit bereits nichts anders als der Beweis für die Existenz eines wesensnotwendig Wirklichen (Vollendeten) angesprochen ist. Wie schon an früherer Stelle erwähnt, sind Wirklichkeit und Unwirklichkeit die primären ontologischen Modi,140 auf die Möglichkeit und Notwendigkeit schließlich bezogen werden. Das oben vorgestellte Einteilungsschema ließe sich nun um die Ebene der Vollendetheit wie folgt erweitern:
140 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 8, S. 48, Z. 5, 7-9, (=Liber de philosophia prima I 8, S. 55, Z. 58-59; 61-64; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 38, Z. 25-26, 29-32).
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„al-mawÆåd“, „aà-àay" “, „a·-·arårÊy “
Mögliches
r u u u u w u u u u q Notwendiges Wirkliches durch sich selbst
Mögliches (Kontingentes)
Unmögliches
Wirkliches Unwirkliches durch ein anderes; durch sich selbst Durch sich selbst kontingent Wirkliches und kontingent Unwirkliches
r u u w u u q
r u u w u u q
Wirkliches
Unwirkliches
Der im Titel von Metaphysik I 5 implizierte Hinweis darauf, daß es die Modi „notwendig“ und „möglich“ (kontingent) sind, die sowohl àay" wie auch mawÆåd erstlich disjunktiv spezifizieren, muß nun im Lichte des bereits Erörterten so verstanden werden, daß von einer näheren (modalen) Bestimmung auf beiden Seiten erst dann die Rede sein kann, wenn àay" und mawÆåd in ihrem Zusammenhang als Hinsichten auf ein und dasselbe begriffen werden. Denn die logischen, auf der Ebene des taßawwur explizierten Modalitäten „Notwendigkeit“ und „Möglichkeit“ (Kontingenz) vermögen weder das „Was-es-ist“ als „Was-es-ist“ noch das „Daß-es-ist“ als „Daß-esist“ zu beschreiben. Was sie explizieren, kann vielmehr nur ein solches sein, bei dem beide für den Verstand nicht bloß unterscheidbaren, sondern a priori unterschiedenen Erkenntnisziele in ein Verhältnis zueinander treten, und das ist erst bei dem transzendentalen „Seienden“ gegeben („das, was Wirklichkeit haben kann“; „S ist“). Die allem Wirklichen gemeinsame Aktualität ist als solche einer modalen Explikation ganz und gar unzugänglich. Aus der bloßen Wirklichkeit eines Seienden kann der jeweilige Grad an Wirklichkeit: „notwendig durch sich selbst“ bzw. „notwendig durch ein anderes“, nicht abgeleitet werden. Gehören die Modalitäten aber andererseits nicht zu den Wesensbestimmungen der Dinge, dann können „Notwendigkeit“ und „Möglichkeit“ (Kontingenz) auch nicht aus der bloßen Wesenserkenntnis gewonnen werden. Erst wenn „das eigentümliche Sein“ (al-wuÆådu l-ɧßß, das Was-es-ist) und „das allgemeine Sein“ (al-wuÆådu l-"itb§tÊ, das Daß-es-ist) als Hinsichten ein und
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desselben, nämlich dessen, „was Wirklichkeit haben kann“, erfaßt werden, kann das, wodurch „das allgemeine Sein“ bestimmt wird, nämlich der mit „dem eigentümlichen Sein“ – ausgenommen den Fall des Durch-sich-selbst-Notwendigen – zwar in keinem definitorischen Verhältnis stehende, ihm jedoch wie ein Proprium notwendig zukommende Modus sichtbar werden. Die modale Explikation erweist sich damit als Bestimmung des Zusammenhangs der beiden Erkenntnisziele. Zusammenfassend kann nun festgehalten werden, daß eine Washeit, der die Existenz nicht widerspricht, notwendig in die Menge dessen tritt, das logisch möglich (nichtwidersprüchlich) ist, andernfalls wäre sie unmöglich. Damit teilen sich die begrifflichen Strukturen des taßawwur in solches, dessen Verwirklichung extramental sowie dann auch im Denken als reale Gegenstände Repräsentierendes zu keinem Widerspruch führt und solches, bei dem das Gegenteil notwendig ist. Ein Seiendes, dem diese logische Möglichkeit (Nichtwidersprüchlichkeit) zukommt, ist ontologisch Vermögendes. Es gehört somit keineswegs schon zu dem, was Aktualität (Wirklichkeit, Vollendetheit) hat, sondern – wie das Beispiel mit dem zukünftigen Ereignis der Auferstehung zeigt141 – zu dem, was Wirklichkeit haben kann. „Seiendes“ in diesem Sinne ist also von dem, was schlechthin, und keineswegs von dem, was aktual nicht existiert, abgegrenzt. Die Einteilung des ontologisch Vermögenden ergibt sich aus seiner näheren modalen Bestimmung: Steht die aktuale Existenz in einer definitorischen Verbindung zu dem Begriff des eigentümlichen Seins, dann ist dieses eigentümliche Sein an sich der zureichende Grund für seine Wirklichkeit. Besteht aber keine definitorische Verbindung, so kann die Wesenheit eines Seienden durch sich selbst keine Aktualität erlangen. Einem solchen ontologisch Vermögenden kann die Wirklichkeit mit Notwendigkeit weder zu- noch abgesprochen werden. Der Modus, mit dem sie ihm auf Grund seiner selbst zukommt, kann damit nur der der Kontingenz sein. Ein ontologisch Vermögendes als Kontingentes zu erkennen, bedeutet aber nach Ibn SÊn§, wie schon gezeigt, es notwendig als ein gegenüber seiner Vollendetheit auf ein anderes als auf seinen Grund Angewiesenes, und
141 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 5; S. 34, Z. 3ff., (=Liber de philosophia prima I 5, S. 39, Z. 28ff.; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 27, Z. 1ff.).
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„al-mawÆåd“, „aà-àay" “, „a·-·arårÊy “
damit „Bedürftiges“ und „Verursachtes“ zu erfassen. Diese Erkenntnisschritte in Bezug auf das Möglichseiende sind jedoch kein Bestandteil von Metaphysik I 5, sondern gehören zu dem, was Ibn SÊn§ auf Grundlage dieses Textes in den folgenden Kapiteln seiner al-"Il§hÊy§t (Metaphysik) entfaltet.142 Dasselbe gilt auch für die mehrschrittigen Beweise hinsichtlich des Notwendigseienden: Die distinkte Erkenntnis des Subjektes der Ersten Philosophie, des „Seienden als solchen“ sowie der ihm als solchen zukommenden transzendentalen disjunktiven Modi, „notwendig“ und „möglich“, ermöglicht, die aus dem Begriff des Seienden a priori deduzierbare Erkenntnis alles Seienden entsprechend dem ihm eigentümlichen Modus, also auch die Erkenntnis eines ersten und notwendigen Seienden (Gottesbeweis).143 142
Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 6-7; IV 2, (=Liber de philosophia prima I 6-7;
IV 2). 143
Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 6, S. 37, Z. 6-10, (=Liber de philosophia prima I 6, S. 43, Z. 7-13; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 29, Z. 32 – S. 30, Z. 6). Die Textstelle wird im Schlußwort, Kapitel I übersetzt und kommentiert. Dieser apriorisch-deduktive Gottesbeweis wurde von H. A. Davidson gänzlich übersehen: „The concept of necessary existence is used by Avicenna to prove the existence of God in two works, at length in the Naj§t, briefly and somewhat obscurely in the Ish§r§t. The concept is also discussed fully in two other works, the Shif§" and Danesh Nameh, but there Avicenna employs it only to define the nature of God, not, as far as I can see, to establish His existence.“ (Ders.: Avicenna’s Proof of the Existence of God as a Necessarily Existent Being, S. 169-170; vgl. dazu auch ders.: Avicenna’s Proof of the Existence of a Being Necessarily Existent by Virtue of Itself, S. 289, 298). Auch Marmura, der al-"Il§hÊy§t VIII 1 als die Vollendung des Gottesbeweises ansieht, hat die Bedeutung von al-"Il§hÊy§t I 6 nicht erfaßt: „There is also ambiguity in some of Avicenna’s statements. Thus, for example, in chapter 6 of book 1, in the discussion of the properties of ‘that which is in itself necessary’, i.e., God, the existence of God seems to be asserted before the proof for this existence is completet.“ (Ders.: Avicenna’s Proof from Contingency for God’s Existence, S. 338). In dem Metaphysikteil von an-NaƧh (vgl. an-NaƧh fÊ l-manãiq wa-l-"il§hÊy§t, Teil III (Metaphysik), S. 89-94) vertritt Ibn SÊn§, auch wenn er dort zusätzlich und explizit drei verschiedene, zum Teil einander ergänzende Gottesbeweise durchführt, keine vom Metaphysikkonzept des Kit§b aà-àif§" abweichende Position hinsichtlich der Erkenntnisweise des ersten Seienden. Denn allen drei besonderen Beweisen – deren Struktur an Beweise der islamischen spekulativen Theologen (mutakallimån) anknüpft (zum Gottesbeweis und dem Begriff des Notwendigen in der Tradition des kal§m auch vor Ibn SÊn§ vgl. den Überblick von R. Wisnovsky: Avicenna’s Metaphysics in Context, S. 227-243) – ist der grundlegende und nach Ibn SÊn§ dem Menschen mögliche, apriorisch-deduktive Beweis dessen, daß alles bestimmte Seiende ein Notwendig- oder ein Möglichseiendes ist, vorangestellt. Zum Vorrang dieses metaphysischen Gottesbeweises sowohl gegenüber dem der Physik wie auch dem der mutakallimån vgl. insbesondere Kapitel 29 des Metaphysikteils von al-"Ià§r§t wa-t-tanbÊh§t Ibn SÊn§s sowie den Kommentar NaßÊr ad-DÊn aã-•åsÊs (hrsg. von Sulaym§n Duny§, Bd. 3: al-"Il§hÊy§t (Metaphysik); S. 54-55). Wie im Schlußwort, Kapitel I, noch eingehend gezeigt wird, vermag die
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Darauf folgt der Erweis seiner schlechthinnigen Einheit144 und absoluten Einfachheit.145 Die transzendentalen disjunktiven Attribute des „Seienden als solchen“, Möglichkeit und Notwendigkeit, gehören nach al-"Il§hÊy§t (Metaphysik) I 5 nicht nur zu den erstlich, d. h. notwendig distinkt erkannten Begriffen, wodurch, wie im Schlußwort noch ausgeführt wird,146 der apriorisch-deduktive Weg vom transzendentalen Seienden zu der entfalteten Erkenntnis der besonderen Seienden, also auch zu der Erkenntnis des ersten Seienden, möglich wird, sondern „Möglichkeit“ und „Notwendigkeit“ sind nach Ibn SÊn§ die ersten in der Reihe aller ihnen jeweils folgenden Attribute der entsprechend durch „Möglichkeit“ oder „Notwendigkeit“ bestimmten besonderen Seienden.147 Auf dem Hintergrund der skizzierten Entwicklung wird deutlich, daß der im Titel von Metaphysik I 5148 vorgetragene Anspruch, das Ziel der Ersten Philosophie in diesem Kapitel in einer impliziten Weise sichtbar werden zu lassen, von Ibn SÊn§ eingelöst wird. Denn gegenüber dem in der Metaphysik noch zu erreichenden Ziel, nämlich das Wissen um die Teile des Seienden und hierbei in ausgezeichneter Weise um die höchste Realität des Notwendigseienden, stellt al-"Il§hÊy§t (Metaphysik) I 5 nichts Geringeres dar, als die programmatische Grundstruktur, deren Entfaltung im Wesentlichen das gesamte spätere Geschäft der Ersten Philosophie verpflichtet ist, so daß das Verhältnis von al-"Il§hÊy§t (Metaphysik) I 5 zu diesem Ziel als das eines unexpliziten Ganzen zu seiner Vollendung charakterisiert werden kann. Daß das Programm der Ersten Philosophie ein Metaphysik so, wie sie dem Menschen möglich ist, von der distinkten Erkenntnis ihres transzendentalen Subjekts und seiner modalen Attribute zur Erkenntnis aller bestimmten Seienden, auch der eines Notwendigseienden, zu gelangen. 144 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 7, (=Liber de philosophia prima I 7). 145 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t VIII 4, (=Liber de philosophia prima VIII 4). 146 Vgl. das Schlußwort, Kapitel I. 147 Zur Erstheit der „Notwendigkeit“ in der Reihe der Attribute, an deren Leitfaden die Erste Philosophie Gott zu erkennen vermag, vgl. Ibn SÊn§: at-Ta#lÊq§t, S. 185, Z. 26 – S. 186, Z. 1; sowie ebd. S. 34, Z. 9-11. Beide Stellen werden im Schlußwort, Kapitel I zitiert und übersetzt. 148 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 5, S. 29, Z. 2-4, (=Liber de philosophia prima I 5, S. 31, Z. 99-1; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 22, Z. 17-18): „Kapitel über den Hinweis auf das ‘Seiende’ (al-mawÆåd) und das ‘Ding’ (aà-àay") und ihre [Dual, d. h. der Begriffe des Seienden und des Dinges] ersten Teile, im Hinblick auf das, was in diesem [Kapitel] auf das Ziel hindeutet.“
. ﺑﻤﺎ ﻳﻜﻮﻥ ﻓﻴﻪ ﺗﻨﺒﻴﻪ ﻋﻠﻰ ﺍﻟﻐﺮﺽ، ﻓﺼﻞ ﻓﻰ ﺍﻟﺪﻻﻟﺔ ﻋﻠﻰ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﻭﺍﻟﺸﻰﺀ ﻭﺃﻗﺴﺎﻣﻬﻤﺎ ﺍ ﹸﻷﻭﻝ ﹶ
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transzendentales ist, ergab die voraufgegangene Analyse in aller Klarheit. Die Frage aber danach, was bei Ibn SÊn§ und in welchem Sinne „transzendental“ genannt werden muß, soll im Lichte der gesamten Untersuchungen dieser Arbeit unter anderem zum Gegenstand der nun folgenden Schlußbemerkungen gemacht werden.
SCHLUSSWORT
met. als wissenschaft vom transzendental allgemeinen 385
I. METAPHYSIK ALS WISSENSCHAFT VOM TRANSZENDENTAL ALLGEMEINEN Die einzelnen Schritte einer Arbeit, die sich wie die vorliegende um die Rekonstruktion eines Gesamtsystems bemüht, bedürfen einer abschließenden, ihren Zusammenhang verdeutlichenden Betrachtung. Dabei muß die Absicht zweifach bestimmt werden: sie soll zum einen darin bestehen, die gewonnenen Ergebnisse nun in Absehung vom jeweils verschiedenen Kontext auf ihren Gesamtsinn hin zu untersuchen, sodann soll sie aber auch darauf abzielen, das in seinen Hauptlinien sichtbar gewordene Programm Ibn SÊn§s problemgeschichtlich einzuordnen. Doch zunächst sollen diejenigen Ausgangsbedingungen nochmals genannt werden, die die Frage nach dem Transzendentalen bei Ibn SÊn§ in entscheidender Weise zu einer drängenden werden ließen: Die von Ibn SÊn§ in seiner bereits in der zweiten Hälfte des 12. Jh. ins Lateinische übertragenen Metaphysik (I 5) des Kit§b aà-àif§" vorgetragene Konzeption des „Ersterkannten“ hatte einen maßgeblichen Einfluß auf die scholastischen Transzendentalienlehren.1 In dem gesamten Werk des islamischen Philosophen selbst findet sich 1
Vgl. dazu J. A. Aertsen: Medieval Philosophy and the Transcendentals. The Case of Thomas Aquinas, insbes. S. 49, 421ff., 427. In der Zusammenfassung seiner Arbeit vermerkt Aertsen (S. 421ff.): „The idea that the spirit of medieval philosophy is marked by the encounter of Christianity and Greek philosophy ist an oversimplification, because it ignores the mediating role, to use Thomas’s term, of the Arabes. Not only the corpus aristotelicum, but also Arabic philosophy, and in particular Avicenna’s metaphysics, play a decisive role in the development of a systematic theory of the transcendentals. Avicenna’s influence is manifest with respect to three themes: the discussion of the subject of metaphysics, the doctrine of the primary notiones, and the relationship between being and one.“ Vgl. dazu ferner É. Gilson: Avicenne en occident au moyen âge, S. 107ff.; L. Honnefelder: Der zweite Anfang der Metaphysik, S. 169ff.; ders: Metaphysik zwischen Onto-Theologik, Transzendentalwissenschaft und universaler formaler Semantik, S. 51ff.; S. F. Brown: Avicenna and the Unity of the Concept of Being. The Interpretations of Henry of Ghent, Duns Scotus, Gerard of Bologna and Peter Aureoli; T. O’Shaughnessy: St. Thomas and Avicenna on the Nature of the One; J. A. Aertsen: „Transzendental II: die Anfänge bis Scotus“ sowie auch L. Honnefelder/H. Möhle: „Transzendental: III. Duns Scotus und der Scotismus“. Zum Einfluß Avicennas auf Scotus vgl. É. Gilson: Avicenne et le point de départ de Duns Scot, sowie L. Honnefelder: Scientia transcendens, insbes. S. XIV, XVII-XVIII, S. 403.
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schlusswort
aber keine systematisch angelegte Darstellung transkategorialer Bestimmungen, die etwa mit der Summa de bono eines Philipp des Kanzlers oder mit De veritate eines Thomas von Aquin vergleichbar wäre. Die Erforschung der arabisch-islamischen philosophischen Tradition steht zwar, wie bereits an früherer Stelle angemerkt, noch an ihrem Beginn, es läßt sich jedoch nach einer ersten Durchsicht der einschlägigen Quellen bereits zu diesem Zeitpunkt mit großer Wahrscheinlichkeit feststellen, daß das „Genre“ der Transzendentalienlehre im mittelalterlichen Orient nicht bekannt war. Ferner läßt sich eine dem Terminus „Transzendentales“ entsprechende arabische Bezeichnung weder bei Ibn SÊn§, noch, sofern ich das übersehen kann, bei den späteren islamischen Autoren nachweisen. Der am häufigsten hierfür gebrauchte arabische Terminus lautet al-ma#§nÊ l-#§mmah (die gemeinsamen Bestimmungen)2 und ist somit offenkundig ebenso wie die lateinische, bis zum Skotismus übliche Bezeichnung 2 Bzw. al-"umåru l-#§mmah / al-"aày§"u l-#§mmah, oder einfach Bestimmungen, die durch das Merkmal der Gemeinsamkeit (#umåm) charakterisiert werden. Vgl. dazu bei Ibn SÊn§ z. B. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 5, S. 30, Z. 3, (=Liber de philosophia prima I 5, S. 33, Z. 25; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 23, Z. 15-16); Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: IV. al-Qiy§s (Erste Analytik) III 4, S. 168, Z. 16; Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: V. al-Burh§n (Zweite Analytik) II 7, S. 165, Z. 5; at-Ta#lÊq§t, S. 169, Z. 9-10. Zu al-F§r§bÊ vgl. etwa: Maq§lah fÊ "aÇr§· m§ ba#d aã-ãabÊ#ah, in: F. H. Dieterici (Hrsg.): Alf§r§bÊ’s philosophische Abhandlungen, S. 36, Z. 9-11:
. ﻭﺍﻟﻤﻮﺿﻮﻉ ﺍﻻﻭﻝ ﻟﻬﺬﺍ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﻫﻮ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﺍﻟﻤﻄﻠﻖ ﻭﻣﺎ ﻳﺴﺎﻭﻳﻪ ﻓﻰ ﺍﻟﻌﻤﻮﻡ ﻭﻫﻮ ﺍﻟﻮﺍﺣﺪ ﹼ
Werke späterer Autoren, Philosophen sowie Vertretern des kal§m, verzeichnen Kapitel oder gar ganze Bücher mit dem Titel: „Über die gemeinsamen Bestimmungen“ (fÊ l-"umåri l-#§mmah), in denen Transzendentalien wie „Seiendes“ und „Eines“, „Mögliches“ und „Notwendiges“ oder auch Attribute des Notwendigseienden hinsichtlich ihrer Erkennbarkeit, ihrer Prädikationsweise und ihrer jeweiligen Abgrenzbarkeit thematisiert werden. Vgl. z. B. #A·ud ad-DÊn al-"^ÆÊ (geb. um 700/ 1300 – gest. 756/1355): al-Maw§qif fÊ #ilm al-kal§m, al-mawqifu t-t§nÊ fÊ l-"umåri l-#§mmah, S. 41-95. (Zu diesem Theologen des 14. Jh. vgl. J. van Ess: Die Erkenntnislehre des #A·udaddÊn al-^cÊ); Sa#d ad-DÊn at-Taft§z§nÊ (gest. 793/1390): ’arÈ al-maq§ßid, al-maqßadu t-t§nÊ fÊ l-"umåri l-#§mmah, S. 289ff.; NaßÊr ad-DÊn aã-•åsÊ (geb. 597/1201-gest. 672/1273): TaÆrÊd al-i#tiq§d, al-maqßadu l-"awwal u fÊ l-"umåri l-#§mmah, S. 27ff. Das gesamte erste Buch des metaphysischen Teils des wohl umfassendsten und bedeutendsten Werks des Theologen und Philosophen des 12. Jh. FaÉr ad-DÊn ar-R§zÊ (gest. 606/1209) al-Mab§Èit al-maàriqÊyah fÊ #ilm al-"il§hÊy§t wa-ã-ãabÊ#Êy§t („Orientalische Untersuchungen der Metaphysik und der Physik“), Bd. 1, S. 95-232, ist den „allgemeinsten Bestimmungen“ als solchen gewidmet, worunter ar-R§zÊ explizit das „Sein“ (al-wuÆåd), die „Washeit“ (al-m§hÊyah), die „Einheit“ (alwaÈdah), die „Vielheit“ (al-katrah), die „Notwendigkeit“ (al-wuÆåb), die „Möglichkeit“ (al-"imk§n), die „Ewigkeit“ (al-qidam) und die „Geschaffenheit“ (al-Èudåt) verstanden wissen will (S. 95):
met. als wissenschaft vom transzendental allgemeinen 387 „communissima“ in Hinsicht auf das Merkmal der großen Extension transkategorialer Begriffe gebildet worden. Dieser Sachverhalt darf nun keineswegs dahingehend mißverstanden werden, daß die Frage nach dem Transzendentalen bei Ibn SÊn§ damit gegenstandslos wäre. Vielmehr stellt sich deshalb die Aufgabe, den Ort des Transzendentalen im ibn-sinischen Corpus herauszufinden. Dies ist im Übrigen bereits von den Autoren des lateinischen Mittelalters selbst in dem Maße vorgenommen worden, in dem sie im Zuge der Rezeption der übersetzten Werke Ibn SÊn§s die Stellen bestimmten, an die anknüpfend sie Kernfragen der Transzendentalienlehre und damit der Metaphysikkonzeption stellten. Dies gilt selbstverständlich auch für die Stellen innerhalb des Corpus Aristotelicum, die für den Themenkomplex Transzendentalienlehre und Subjektsbestimmung der Metaphysik grundlegend sind. Was die Untersuchung der aristotelischen Texte im Blick auf die spätere Entwicklung angeht, so ist hier besonders die Arbeit K. Bärthleins3 zu nennen, die als eine systematische Rekonstruktion dessen, was in den verschiedenen Kontexten und Disziplinen bei Aristoteles vorgedacht wurde, charakterisiert werden kann. Da nun im Gegensatz zur Aristoteles-Forschung eine Ibn-SÊn§-Forschung noch zu begründen ist, gibt es auf die Frage danach, ob die Rezeption des ibn-sinischen Metaphysikkonzepts im lateinischen Mittelalter seinem ursprünglichen Sinn gerecht wird, noch keine Antwort. Daß aber einer genuinen Ibn-SÊn§-Forschung nun nichts mehr im Wege steht, liegt nicht zuletzt daran, daß die wichtigsten arabischen Werke Ibn SÊn§s, insbesondere die umfassendste und in sich geschlossenste Enzyklopädie aller theoretischen Wissenschaften, Kit§b aà-àif§", editorisch bereits gesichert worden sind. Angesichts der ebenfalls vollendeten Edition der lateinischen Übersetzungen sowie der fortschreitenden Differenzierung in der Erforschung der Positionen einzelner Autoren
ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﻭﺍﻟﻤﺎﻫﻴﺔ ﻭﺍﻟﻮﺣﺪﺓ ﻭﺍﻟﻜﺜﺮﺓ: ﺍﻟﻜﺘﺎﺏ ﺍﻷﻭﻝ ﻓﻲ ﺍﻷﻣﻮﺭ ﺍﻟﻌﺎﻣﺔ ﻭﻣﺎ ﻳﺠﺮﻱ ﻣﺠﺮﺍﻫﺎ ﻭﻣﺠﺮﻯ ﺃﻧﻮﺍﻋﻬﺎ ﻭﻫﻲ .ﻭﺍﻟﻮﺟﻮﺏ ﻭﺍﻹﻣﻜﺎﻥ ﻭﺍﻟﻘﺪﻡ ﻭﺍﻟﺤﺪﻭﺙ
Für die Metaphysikforschung ist das Werk von FaÉr ad-DÊn ar-R§zÊ von großer Relevanz, weil dort auf Grundlage des ibn-sinischen Konzepts zahlreiche zeitgenössische Kritikansätze vorgestellt und ausführlich diskutiert werden. 3 Vgl. K. Bärthlein: Die Transzendentalienlehre der alten Ontologie, 1. Teil: Die Transzendentalienlehre im Corpus Aristotelicum. Vgl. dazu auch ders.: Zur platonischen Vorgeschichte der alten Transzendentalphilosophie, in: Kant-Studien 57 (1966), S. 72-89, sowie ders.: Von der „Transzendentalphilosophie der Alten“ zu der Kants, in: Archiv für Geschichte der Philosophie 58 (1976), S. 353-392.
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schlusswort
der Scholastik, wird bezüglich der eben genannten Frage klar, daß die Antwort darauf noch einer dritten Ausgangsbedingung bedarf, nämlich der systematischen Untersuchung des ibn-sinischen Metaphysikkonzepts. Die vorliegende Arbeit versteht sich in diesem Sinne als Beitrag dazu. Ihr grundlegendes Anliegen besteht darin, die ibnsinische Konzeption und Rechtfertigung transzendentaler Prinzipien systematisch herauszuarbeiten. In den ersten zwei Teilen der Arbeit wurde das übergreifende Thema der Gegenstandsbestimmung der Metaphysik behandelt, denn es ist eben die Frage nach dem Subjekt und damit nach Grenzen und Ziel der Ersten Philosophie, die den Zugang zum Transzendentalen eröffnet. Dabei hatte sich in aller Deutlichkeit gezeigt, daß das in der Autobiographie Ibn SÊn§s angezeigte Problem des Metaphysikverständnisses bereits von al-F§r§bÊ erkannt und in seinem Traktat „Maq§lah fÊ "aÇr§· m§ ba#d aã-ãabÊ#ah“ (Über die Ziele der Metaphysik) einem ersten programmatischen Lösungsversuch unterworfen wurde. Dem Ansatz seines Vorgängers folgend eröffnet Ibn SÊn§ die Metaphysik des Kit§b aà-àif§" in aller Schärfe in dem Bewußtsein der Notwendigkeit, der Durchführung der Ersten Philosophie eine kritische Überprüfung ihrer Grundlegung voranzustellen. Das erste und entscheidenste Geschäft der Metaphysik besteht somit nach Ibn SÊn§ in der Bestimmung dessen, wovon sie denn handeln kann. Im Überblick über die verschiedenen früheren Metaphysikkonzepte der arabisch-islamischen Autoren vor Ibn SÊn§ – hier wäre neben dem erwähnten Traktat al-F§r§bÊs die Schrift al-KindÊs Kit§b al-KindÊ "il§ l-Mu#taßim bi-ll§h fÊ-l-falsafah al-"ål§ (Über die Erste Philosophie)4 zu nennen – erweist sich der Versuch Ibn SÊn§s, die 4 Vgl. Al-KindÊ, "Abå Yåsuf Ya#qåb Ibn Ish§q: Kit§b al-KindÊ "il§ l-Mu#taßim bi-ll§h fÊ-l-falsafah al-"ål§, in: M. #A. "Abå RÊda (Ed.): Ras§"il al-KindÊ al-falsafÊyah, Reprint of the Edition Cairo 1369/1950-1372/1953, S. 97-162. In der vorliegenden Arbeit wurde der Text von al-KindÊ deswegen nicht berücksichtigt, weil er die Frage nach der Subjektsbestimmung der Metaphysik, also danach, ob die Erste Philosophie ihrem Subjekt nach Philosophie vom „ersten Wahren“ oder eine solche vom „allgemeinen Seienden“ ist, nicht stellt. Das oben angesprochene Potential des Transzendentalen kommt aber eben im Lichte dieser Frage zum Tragen. Es sollen an dieser Stelle dennoch einige in diesem Zusammenhang wichtige Strukturlinien des Textes genannt werden: 1) Worauf es al-KindÊs in diesem Traktat ankommt, besteht nicht in der Bestimmung des Verhältnisses zwischen der metaphysica generalis und der metaphysica specialis, sondern, wie ich meine, vielmehr darin, die nicht weiter problematisierte Einheit der höchsten Wissenschaft von ihrem höchsten und hauptsächlichen Ziel, nämlich vom „ersten Wahren“ (Gott) her, zu skizzieren (S. 98, Z. 1 – S.101, Z. 2):
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ﺃﻋﻨﻰ ﻋﻠﻢ ﺍﻟﺤﻖ ﺍﻷﻭﻝ ﺍﻟﺬﻱ ﻫﻮ ﻋﻠﹼﺔ ﻛﻞ ﺣﻖ ؛ ﻭﻟﺬﻟﻚ ﻳﺠﺐ، ﻟﻔﻠﺴﻔﺔ ﺍﻷﻭﻟﻰ ﻭﺃﺷﺮﻑ ﺍﻟﻔﻠﺴﻔﺔ ﻭﺃﻋﻼﻫﺎ ﻣﺮﺗﺒ ﹰﺔ ﺍ ﹸ ﹸ ﺃﺷﺮﻑ ﻣﻦ ﻋﻠﻢ ﻷﻥ ﻋﻠﻢ ﺍﻟﻌﻠﺔ، ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﺍﻟﻔﻴﻠﺴﻮﻑ ﺍﻟﺘﺎﻡ ﺍﻷﺷﺮﻑ ﻫﻮ ﺍﻟﻤﺮﺀ ﺍﻟﻤﺤﻴﻂ ﺑﻬﺬﺍ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺍﻷﺷﺮﻑ ﹸ ﹶ . ﺇﺫﺍ ﻧﺤﻦ ﺃﺣﻄﻨﺎ ﺑﻌﻠﻢ ﻋﻠﺘﺔ، ﺍﻟﻤﻌﻠﻮﻝ ؛ ﻷﻧﺎ ﺇﻧﻤﺎ ﻧﻌﻠﻢ ﻛﻞ ﻭﺍﺣﺪ ﻣﻦ ﺍﻟﻤﻌﻠﻮﻣﺎﺕ ﻋﻠﻤ ﹰﺎ ﺗﺎﻣ ﹰﺎ ﹼ
„Die vorzüglichste und dem Rang nach höchste Philosophie ist die Erste Philosophie, ich meine damit die Wissenschaft vom ersten Wirklichen (al-Èaqqu l-"awwal), das die Ursache alles Wirklichen ist. Darum muß der Philosoph im vollgültigen Sinne des Wortes über dieses vorzüglichste Wissen verfügen, da ja das Wissen um die Ursache vorzüglicher als das Wissen um das Verursachte ist. Denn wir verfügen bei jedem, was wir wissen, nur dann über ein vollkommenes Wissen, wenn wir das Wissen um seine Ursache erlangen.“ (Vgl. hierzu Ibn SÊn§: Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 3, S. 23, Z. 2-6, Liber de philosophia prima I 3, S. 26, Z. 78-86; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 18, Z. 6-9). Ferner kann al-KindÊ den folgenden Satz (S. 101, Z. 15-16) nur dann widerspruchsfrei behaupten, wenn er die Wissenschaft von einem „ersten Seienden“ als Teil der Ersten Philosophie versteht:
ﹴ . ﹾﺇﺫ ﺟﻤﻴﻊ ﺑﺎﻗﻰ ﺍﻟﻔﻠﺴﻔﺔ ﹸﻣﻨﻄ ﹴﻮ ﻓﻲ ﻋﻠﻤﻬﺎ، «ﻟﻔﻠﺴﻔﺔ ﺍﻷﻭﻟﻰ »ﺍ: ﻓﺒﺤﻖ ﻣﺎ ﺳﻤﻰ ﻋﻠﻢ ﺍﻟﻌﻠﺔ ﺍﻷﻭﻟﻰ ﹶ ﹸ
„Es ist durchaus berechtigt, die Wissenschaft von der ersten Ursache ‘Erste Philosophie’ zu nennen, da der gesamte Rest der Philosophie in dieser Wissenschaft eingefaltet ist.“ 2) Der äußerst kryptische und schwierige Satz, der gleich zu Anfang des Textes der Definition der Philosophie unmittelbar folgt, scheint mir bereits den Beweis der Existenz des An-sich-Wirklichen (Gott) zu implizieren: sofern die Dinge Existenz haben, existiert notwendigerweise die Ursache für ihre Existenz (S. 97, Z. 12-14). Somit setzt al-KindÊ die Erkenntnis der „Bedürftigkeit“, also des Verursacht-Seins eines gegenüber seiner Wirklichkeit bloß Möglichen voraus. Oder anders formuliert: Sollte al-KindÊ vom allgemeinen, gegenüber jeder weiteren Bestimmung noch ganz und gar indifferenten „Seienden“ als Subjekt der Metaphysik ausgehen, so ist das, was er gleich am Anfang seiner Schrift „Über die Erste Philosophie“ anführt, das in seinen Teilen „Ursache“ und „Verursachtes“ bereits explizit erkannte Seiende. Nach Ibn SÊn§ wäre dieser Schritt, wie schon vielfach deutlich wurde, nur als Ergebnis der modalen Explikation des Seienden möglich. Daß alles Seiende entweder Ursache oder Verursachtes ist, ist nach Ibn SÊn§ kein so voraussetzungslos „Ersterkanntes“ wie die dem Begriff des Seienden als solchen „inneren“ Modi „Notwendigkeit“ und „Möglichkeit“. Wie im Schlußwort, Kapitel I, gezeigt wird, ist zwar die Erkenntnismöglichkeit der disjunktiven Attribute des Seienden – wozu auch „Ursache“ und „Verursachtes“ gerechnet werden müssen – für die Erkenntnisweise der besonderen Seienden, und d. h. auch des ersten Seienden (Gott), im Rahmen einer dem Menschen möglichen Metaphysik von zentraler Bedeutung, die Rangordnung der disjunktiven Attribute der jeweils dadurch bestimmten besonderen Seienden wird dabei aber nicht von „Ursache“ und „Verursachtes“, sondern von „Notwendigkeit“ und „Möglichkeit“ angeführt. Erst vermittels dieser werden die besonderen Seienden als Ursache bzw. Verursachtes erkannt. Zu al-KindÊs Metaphysik vgl. A. L. Ivry: AlKindi’s Metaphysics. A translation of Yaq#åb ibn Isȧq Al-KindÊ’s Treatise „On first philosophy“; ders.: Al-Kindi’s ‘On First Philosophy’ and Aristotle’s ‘Metaphysics’, S. 15-24; C. D’Ancona: Al-KindÊ on the Subject-matter of the First Philosophy. Direct and Indirect Sources of Falsafa al-ål§: Chapter one, S. 841-855, sowie den kurzen Überblick in G. Endress: The Circle of al-KindÊ, S. 66ff.
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Erste Philosophie als Wissenschaft vom „Seienden als solchen“ zu bestimmen, als der systematisch konsequenteste und vollendetste Entwurf. In seinem Kommentar zum Buch Lambda des Aristoteles formuliert Ibn SÊn§ als erster ein Problem, das nach ihm paradigmatisch für die Fragestellung der mittelalterlichen islamischen Philosophie steht: Wie kann eine Erste, von keiner anderen Wissenschaft abhängige, auf der Vernunft basierende Philosophie getrieben werden, so daß der Anspruch der Offenbarung gewahrt bleibt: „Er [Ibn SÊn§] tadelt Aristoteles und die Kommentatoren mit folgenden Worten5: ‘Es ist schändlich, zum ersten Wirklichen (al-Èaqqu l-"awwalu, [Gott]) auf dem Weg der Bewegung und dadurch, daß Er Prinzip der Bewegung ist, zu gelangen, und es ist vergebliche Mühe, davon ausgehend es [d. h. das Prinzip der Bewegung] zum Prinzip der Substanzen zu machen. Denn diese Leute haben nichts mehr erbracht, als den Erweis, daß Er Beweger ist, nicht aber, daß Er Prinzip des Seienden ist. Wie denn auch! Wie kann die Bewegung der Weg sein, um den Einen und Wahren, der Prinzip allen Seins ist, zu erweisen!’“ 6
Ein solcher kosmologischer Ansatz, so die deutliche Kritik Ibn SÊn§s, kann einer philosophischen Überprüfung nicht standhalten, denn was er allenfalls vermag, ist ausgehend vom prozessualen Ereignis, einen ersten Beweger zu beweisen, nicht aber ein erstes Seiendes. Entbehrt aber der kosmologische, durch die Physik vermittelte Beweis des „ersten Wirklichen“ gänzlich seines Gültigkeitsfundamentes, und soll zugleich das Wissen vom „ersten Seienden“ in der Metaphysik 5 Der Autor des Auszuges aus diesem ansonsten nicht überlieferten Werk Ibn SÊn§s ist scheinbar nicht bekannt. Zu ’arÈ kit§b Èarf al-l§m Ibn SÊn§s und dessen Zugehörigkeit zu Kit§b al-"inߧf, einer wohl umfangreicheren, zum größten Teil aber verlorengegangenen ibn-sinischen Schrift, vgl. das Vorwort des Editors #Abd ar-RaÈm§n BadawÊ: "Arisãå #ind al-#arab: dir§sah wa-nußåß Çayr manàårah, S. (22)-(31), sowie A. Bertolacci: The Reception of Aristotle’s Metaphysics in Avicenna’s Kit§b al-’if§", S. 48-49. 6 Ibn SÊn§: ’arÈ kit§b Èarf al-l§m, in: #Abd ar-RaÈm§n BadawÊ (Hrsg.): "Arisãå #ind al-#arab: dir§sah wa-nußåß Çayr manàårah, S. 23, Z. 21-24:
ﻗﺒﻴﺢ ﺃﻥ ﹸﻳﺼﺎﺭ ﺇﻟﻰ ﺍﻟﺤﻖ ﺍﻷﻭﻝ ﻣﻦ ﻃﺮﻳﻖ ﺍﻟﺤﺮﻛﺔ ﻭﻣﻦ: ﻓﻘﺎﻝ، ﺃﻧﻜﺮ ﻋﻠﻰ ﺃﺭﺳﻄﺎﻃﺎﻟﻴﺲ ﻭﺍﻟﻤﻔﺴﺮﻳﻦ ﹼ ﻓﺈﻥ ﺍﻟﻘﻮﻡ ﻟﻢ ﻳﻮﺭﺩﻭﺍ ﺃﻛﺜﺮ ﻣﻦ ﺇﺛﺒﺎﺕ ﺃﻧﻪ ﹺ: ﻭﺗﻜﻠﻒ ﻣﻦ ﻫﺬﺍ ﺃﻥ ﻳﺠﻌﻞ ﻣﺒﺪﺃﹰ ﻟﻠﺬﻭﺍﺕ، ﻃﺮﻳﻖ ﺃﻧﻪ ﻣﺒﺪﺃ ﺍﻟﺤﺮﻛﺔ ﻣﺤﺮﻙ ﹼ ﻭﺍﻋﺠﺰﺍﻩ! ﺃﻥ ﺗﻜﻮﻥ ﺍﻟﺤﺮﻛﺔ ﻫﻲ ﺍﻟﺴﺒﻴﻞ ﺇﻟﻰ ﺇﺛﺒﺎﺕ ﺍﻷﺣﺪ ﺍﻟﺤﻖ ﺍﻟﺬﻱ ﻫﻮ ﻣﺒﺪﺃ ﻛﻞ. ﻟﻴﺲ ﺃﻧﻪ ﻣﺒﺪ ﹲﺃ ﻟﻠﻤﻮﺟﻮﺩ ! ﻭﺟﻮﺩ Vgl. dazu auch die Übersetzung von D. Gutas: Avicenna and the Aristotelian Tradition, S. 264.
met. als wissenschaft vom transzendental allgemeinen 391 – zu der es ja nach Ibn SÊn§, wie bereits gesehen, gehören muß7 – nicht zu einem Problem werden, dann ist es unumgänglich, nach den Möglichkeitsbedingungen für dieses Wissen zu fragen. Der in al-"Il§hÊy§t (Metaphysik) I 3 des Kit§b aà-àif§" vorgeschlagene, nach Ibn SÊn§ einzig mögliche Weg zur Grundlegung des Wissens vom transzendenten Seienden ist nun, wie der folgende Text nachdrücklich belegt, nur dann gangbar, wenn zuvor die Möglichkeit der Grundlegung eines anderen Wissens, nämlich des Wissens vom transzendentalen Seienden gesichert ist: „Du solltest wissen, daß es in Wirklichkeit einen Weg gibt, um als Ziel (al-Çara·) dieser Wissenschaft den Erweis [der Existenz] eines Prinzips zu setzen, allerdings nur, nachdem [zuvor] ein anderes gewußt wird. 8 Denn es wird dir im Folgenden ein Hinweis darauf deutlich werden, daß es uns möglich ist, auf die Existenz des ersten Prinzips [Gott] nicht von den sinneswahrnehmbaren Dinge, sondern von den ersten allgemeinen Verstandesprämissen zu schließen, die [einerseits] dazu zwingen, daß das Seiende9 ein notwendigseiendes Prinzip hat, und die [andererseits] ausschließen, daß dieses ein in irgendeiner Weise Veränderliches oder sich Vervielfältigendes ist, und die ferner erzwingen, daß dieses [Prinzip] Prinzip von allem sein soll, und daß alles durch es [d. h. durch dieses Prinzip] in der Ordnung des Ganzen notwendig wird. Auf Grund der Schwäche unserer Seelen [d. h. der Begrenztheit des menschlichen Verstandes] vermögen wir jedoch den Weg des Beweises, der ja von den Prinzipien zu den durch diese Prinzipiierten und von der Ursache zum Verursachten führt, nicht zu beschreiten. Wir können [auf diesem Wege] lediglich einige Grundzüge [der kausal, durch das Verhältnis von Ursache und Wirkung bestimmten] Ordnung
7
Vgl. dazu Zweiter Teil, Kapitel III, 1. Der Ausdruck „"ill§ ba#da #ilmin §Éara“, dem keine Negation voraufgeht, ist mehrdeutig und läßt sich auch anders lesen, d. h. „ohne daß hierfür eine andere Wissenschaft vorauszusetzen wäre“. So verstehen diese Stelle nämlich sowohl die lateinische Übersetzung (Liber de philosophia prima I 3, S. 23, Z. 29 – S. 24, Z. 41) als auch Marmura (Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 16, Z. 18-19: „without [requiring first] another science“). Diese Interpretation wird auch durch die von Bertolacci vorgenommenen Korrekturvorschläge im arabischen Text nicht berührt. Vgl. dessen „The Reception of Aristotle’s Metaphysics in Avicenna’s Kit§b al-’if§"“, S. 129, Anm. 46: „‘the goal’ (al-Çara·) of metaphysics is described as ‘a determination [of reality] that does not begin after another science’ (reading taÈßÊlun mubtadi"un l§ ba#da #ilmin §Éara, instead of taÈßÊlu mabda"in ill§ ba#da #ilmin §Éara)“. 9 Die Editoren haben hier der Lesart „das Sein“ (al-wuÆåd) den Vorzug gegeben. Die Variante „das Seiende“ (al-mawÆåd) ist in der Handschrift „ß“ gesichert. Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 3, S. 21, Anm. 4. 8
392
schlusswort der Seienden (mar§tibu l-mawÆåd§ti),10 nicht jedoch die Einzelheiten [dieser Ordnung] erkennen.“11
Die Metaphysik, so wie sie für den Menschen möglich ist, erfüllt das Ideal einer das „Warum“ demonstrierenden Wissenschaft nicht, denn sie kann nicht bei dem ersten Seienden (Gott) ansetzen, um von da aus alles andere Seiende als das vom Ersten Verursachte zu 10 Der Gebrauch von „min“ im partitiven Sinne in dem Ausdruck „von diesen“ (min-h§) macht unmißverständlich klar, daß mit den „Rangordnungen der Seienden“ (mar§tibu l-mawÆåd§ti) nichts anderes als die kurz davor genannten „Prinzip“ und „Prinzipiiertes“, „Ursache“ und „Verursachtes“ gemeint sind, also Begriffe, in denen die Seienden entsprechend ihres Ortes in der Gesamtordnung des Seins erfaßt werden. Vgl. dazu auch den Kommentar an-Nar§qÊs: ’arÈ al-"il§hÊy§t min kit§b aà-àif§", S. 159. 11 Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 3, S. 21, Z. 1-8, (=Liber de philosophia prima I 3, S. 23, Z. 29 – S. 24, Z. 41; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 16, Z. 17-31):
. ﻭﻳﺠﺐ ﺃﻥ ﺗﻌﻠﻢ ﺃﻥ ﻓﻲ ﻧﻔﺲ ﺍﻷﻣﺮ ﻃﺮﻳﻘ ﹰﺎ ﺇﻟﻰ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﺍﻟﻐﺮﺽ ﻣﻦ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺗﺤﺼﻴﻞ ﻣﺒﺪﺃ ﺇﻻ ﺑﻌﺪ ﻋﻠﻢ ﺁﺧﺮ ﻓﺈﻧﻪ ﺳﻴﺘﻀﺢ ﻟﻚ ﻓﻴﻤﺎ ﺑﻌﺪ ﺇﺷﺎﺭﺓ ﺇﻟﻰ ﺃﻥ ﻟﻨﺎ ﺳﺒﻴﻼ ﺇﻟﻰ ﺇﺛﺒﺎﺕ ﺍﻟﻤﺒﺪﺃ ﺍﻷﻭﻝ ﻻ ﻣﻦ ﻃﺮﻳﻖ ﺍﻻﺳﺘﺪﻻﻝ ﻣﻦ ﺍﻷﻣﻮﺭ ﻟﻠﻮﺟﻮﺩ[ ﻣﺒﺪﺃ ﻭﺍﺟﺐ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ: ﺑﻞ ﻣﻦ ﻃﺮﻳﻖ ﻣﻘﺪﻣﺎﺕ ﻛﻠﻴﺔ ﻋﻘﻠﻴﺔ ﺗﻮﺟﺐ ﻟﻠﻤﻮﺟﻮﺩ ]ﻓﻲ ﺍﻟﻤﺘﻦ، ﺍﻟﻤﺤﺴﻮﺳﺔ ﻭﺗﻤﻨﻊ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﹺ ﻭﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﺍﻟﻜﻞ ﻳﺠﺐ ﻋﻨﻪ، ﻭﺗﻮﺟﺐ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﻫﻮ ﻣﺒﺪﺃ ﻟﻠﻜﻞ، ﻣﺘﻐﻴﺮﺍ ﺃﻭ ﻣﺘﻜﺜﺮﺍ ﻓﻲ ﺟﻬﺔ ﹼ ﻟﻜﻨﺎ ﻟﻌﺠﺰ ﺃﻧﻔﺴﻨﺎ ﻻ ﻧﻘﻮﻯ ﻋﻠﻰ ﺳﻠﻮﻙ ﺫﻟﻚ ﺍﻟﻄﺮﻳﻖ ﺍﻟﺒﺮﻫﺎﻧﻲ ﺍﻟﺬﻱ ﻫﻮ ﺳﻠﻮﻙ ﻋﻦ ﺍﻟﻤﺒﺎﺩﺉ. ﻋﻠﻲ ﺗﺮﺗﻴﺐ ﺍﻟﻜﻞ . ﺇﻻ ﻓﻲ ﺑﻌﺾ ﺟﻤﻞ ﻣﺮﺍﺗﺐ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩﺍﺕ ﻣﻨﻬﺎ ﺩﻭﻥ ﺍﻟﺘﻔﺼﻴﻞ، ﻭﻋﻦ ﺍﻟﻌﻠﺔ ﺇﻟﻰ ﺍﻟﻤﻌﻠﻮﻝ، ﺇﻟﻰ ﺍﻟﺜﻮﺍﻧﻰ
Debes etiam scire quod in ipsis rebus est via qua ostenditur quod intentio huius scientiae non est ponere aliquid esse principium nisi postquam probatum fuerit in alia scientia. Postea vero manifestabitur tibi innuendo quod nos habemus viam ad stabiliendum primum principium, non ex via testificationis sensibilium, sed ex via propositionum universalium intelligibilium per se notarum, quae facit necessarium quod ens habet principium quod est necesse esse, et prohibet illud esse variabile et multiplex ullo modo, et facit debere illud esse principium totius, et quod totum debet esse per illud secundum ordinem totius. Sed nos propter infirmitatem nostarum animarum non possumus incedere per ipsam viam demonstrativam, quae est progressus ex principiis ad sequentia et ex causa ad causatum, nisi in aliquibus ordinibus universitatis eorum quae sunt, sine discretione. Zu der Begrenztheit des menschlichen Verstandes, der „Schwäche unserer Seelen“ vgl. die Ausführungen von Daiber (The Limitations of Knowledge According to Ibn SÊn§, insbesondere S. 29ff.), der diese auf die Begrenztheit jenes nur noch die Erkenntnis der Existenz zulassenden Syllogismus tekmeriodes zurückführt, den die griechischen Kommentatoren an die Stelle des aristotelischen Syllogismus analytikos (vgl. dazu Maróth: Die Araber & die antike Wissenschaftstheorie, S. 102ff.) gesetzt haben. Auf diesen Themenkomplex kann ich hier nicht eingehen. Zum Einfluß der von den Spätkommentatoren vorgenommenen Veränderungen auf die Beweistheorie der arabisch-islamischen Philosophen vgl. die eben erwähnte Untersuchung von Maróth.
met. als wissenschaft vom transzendental allgemeinen 393 erschließen. Ganz abgesehen davon, daß die Existenz des ersten Seienden (Gott) weder als ein für uns Durch-sich-selbst-Bekanntes, noch ein von der Physik Bewiesenes angesehen werden kann, müßte eine Metaphysik, die Gott zum Subjekt hat, auch sein „eigentümliches Sein“, sein Wesenswas, distinkt erfaßt haben. Was aber die dem Menschen zugängliche Metaphysik vermag, ist Gott höchstens unter dem Begriff des „Notwendigseienden“ zu erkennen, und dieser ist kein Wesensbegriff, sondern lediglich ein – wenn auch das erste – Attribut der Wesenheit Gottes: „Der menschliche Verstand vermag das Wesen des Ersten [d. h. Gottes] nicht zu erkennen, wir verfügen über keines seine Wesenheit bezeichnendes Nomen. Die ‘Notwendigkeit des Seins’ (wuÆåbu l-wuÆådi) ist nun entweder eine Explikation des Wortes oder eines der Attribute dieses Wesens, nämlich das eigentümlichste und das erste seiner Attribute ("aÉaßßu law§zimih§ wa-"awwaluh§). Denn [die ‘Notwendigkeit des Seins’] kommt ihm [d. h. dem Wesen des Ersten] ohne die Vermittlung eines anderen Attributes zu. Was die übrigen [Attribute] angeht, so kommen sie ihm zu, indem einige von diesen andere vermitteln.“12 „Da nun der Mensch die Wesenheiten der Dinge, insbesondere die einfachen [d. h. die nicht zusammengesetzten, al-bas§"iã] von diesen, nicht zu erkennen vermag, wohl aber eines der Attribute oder der Proprien [der Wesen], und das Erste [Seiende, d. h. Gott] das einfachste ("absaãu) aller Dinge ist, besteht hierbei das Maximum (al-ǧyah) des für den Menschen Erkennbaren in dem Attribut ‘Notwendigkeit des Seins’ (wuÆåbu l-wuÆådi), denn dies ist das eigentümlichste seiner Attribute ("aɧßßu law§zimihÊ).“13
Die oben angesprochene ideale Metaphysik, deren erstes Subjekt das erste Seiende (Gott) ist, kann nach Ibn SÊn§ nur Gott zugänglich sein, denn nur Er verfügt über die Erkenntnis seines „eigentümli-
12
Ibn SÊn§: at-Ta#lÊq§t, S. 185, Z. 26 – S. 186, Z. 1:
ﻭﻭﺟﻮﺏ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﺇﻣﺎ ﺷﺮﺡ ﺍﺳﻢ. ﻭﻟﻪ ﺣﻘﻴﻘﺔ ﻻ ﺍﺳﻢ ﻟﻬﺎ ﻋﻨﺪﻧﺎ، ﺍﻷﻭﻝ ﻻ ﻳﺪﺭﻙ ﻛﻨﻬﻪ ﻭﺣﻘﻴﻘﺘﻪ ﺍﻟﻌﻘﻮﻝ ﺍﻟﺒﺸﺮﻳﺔ ﹺ ﻭﺳﺎﺋﺮ ﺍﻟﻠﻮﺍﺯﻡ. ﻭﺍﺳﻄﺔ ﻻﺯ ﹴﻡ ﺁﺧﺮ ﺇﺫ ﻫﻮ ﻟﻬﺎ ﺑﻼ، ﻭﻫﻮ ﺃﺧﺺ ﻟﻮﺍﺯﻣﻬﺎ ﻭ ﺃﻭﻟﻬﺎ، ﺗﻠﻚ ﺍﻟﺤﻘﻴﻘﺔ ﺃﻭ ﻻﺯﻡ ﻣﻦ ﻟﻮﺍﺯﻣﻬﺎ . ﻓﺈﻥ ﺑﻌﻀﻬﺎ ﻳﻜﻮﻥ ﺑﻮﺍﺳﻄﺔ ﺍﻟﺒﻌﺾ 13
Ibn SÊn§: at-Ta#lÊq§t, S. 34, Z. 9-11:
ﻟﻤﺎ ﻛﺎﻥ ﺍﻹﻧﺴﺎﻥ ﻻ ﻳﻤﻜﻨﻪ ﺃﻥ ﻳﺪﺭﻙ ﺣﻘﻴﻘﺔ ﺍﻷﺷﻴﺎﺀ ﻻﺳﻴﻤﺎ ﺍﻟﺒﺴﺎﺋﻂ ﻣﻨﻬﺎ ﺑﻞ ﺇﻧﻤﺎ ﻳﺪﺭﻙ ﻻﺯﻣﺎ ﻣﻦ ﻟﻮﺍﺯﻣﻪ ﺃﻭ ﻫﻮ، ﻛﺎﻥ ﻏﺎﻳﺔ ﻣﺎ ﻳﻤﻜﻨﻪ ﺃﻥ ﻳﺪﺭﻙ ﻣﻦ ﺣﻘﻴﻘﺔ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻼﺯﻡ، ﻭﻛﺎﻥ ﺍﻷﻭﻝ ﺃﺑﺴﻂ ﺍﻷﺷﻴﺎﺀ، ﺧﺎﺻﺔ ﻣﻦ ﺧﻮﺍﺻﻪ . ﻭﺍﺟﺐ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﺇﺫ ﻫﻮ ﺃﺧﺺ ﻟﻮﺍﺯﻣﻪ
394
schlusswort
chen Seins“, seines Wesenswas, in dem alles andere, von ihm prinzipiierte Seiende enthalten ist: „Die Weisheit (al-Èikmah) ist die Erkenntnis des Notwendigseienden, nämlich des Ersten [Seienden, d. h. Gott]. Da nun kein Verstand es [d. h. das Notwendigseiende] so erkennt wie dieses sich selbst, ist es nur das Erste, das wirklich weise ist. [Denn] unter ‘Weisheit’ (Èikmah) verstehen ja die Philosophen das vollkommene Wissen. Das vollkommene Wissen auf der Seite des taßawwur ist das Erfassen [einer Sache] in [ihrer] Wesensdefinition. Auf der Seite des taßdÊq wiederum besteht das vollkommene Wissen darin, etwas von seinen Gründe her zu wissen, sofern es denn Gründe hat. Was das angeht, was keinen Grund hat, so wird es durch sich selbst erfaßt und durch sich selbst erkannt, wie das ‘Notwendigseiende’, denn es [d. h. das Notwendigseiende] hat keine Definition und wird durch sich selbst erfaßt, in seinem ErfaßtWerden ist es schlechthin voraussetzungslos [wörtlich: bedarf es keiner Sache], denn es ist ein Ersterfaßbares ("awwalÊyu t-taßawwuri), und es wird durch sich selbst erkannt, da es ja keine Ursache hat … Das Notwendigseiende kennt jegliches Ding von seinen Gründen her, denn es weiß ein jegliches nicht vermittels außerhalb seiner liegender Dinge, sondern durch sein Selbst, da es ja der Grund für alles ist. In diesem Sinne ist es weise und seine Weisheit ist sein Wissen durch sich selbst.“14
Die schlechthinnige Einfachheit (bas§ãah) Gottes wird zwar in der Metaphysik, so wie sie dem Menschen möglich ist, vermittels der eigentümlichsten aller Attribute Gottes, nämlich der „Notwendigkeit“ (wuÆåb) erkannt.15 Die Ersterkennbarkeit der schlechthin einfachen Wesenheit Gottes, von der Ibn SÊn§ im Zitat aus at-Ta#lÊq§t spricht, ist jedoch eine solche „an sich“ und nicht eine solche „für uns“. Auch 14
Ibn SÊn§: at-Ta#lÊq§t, S. 20, Z. 23 – S. 21, Z. 2, 20-23:
ﻓﺎﻟﺤﻜﻴﻢ ﺑﺎﻟﺤﻘﻴﻘﺔ ﻫﻮ. ﻭﻻ ﻳﻌﺮﻓﻪ ﻋﻘﻞ ﻛﻤﺎ ﻳﻌﺮﻑ ﻫﻮ ﺫﺍﺗﻪ، ﻣﻌﺮﻓﺔ ﺍﻟﻮﺍﺟﺐ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﻭﻫﻮ ﺍﻷﻭﻝ: ﺍﻟﺤﻜﻤﺔ ﻭﺍﻟﻌﻠﻢ ﺍﻟﺘﺎﻡ ﻓﻲ ﺑﺎﺏ ﺍﻟﺘﺼﻮﺭﺍﺕ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﺍﻟﺘﺼﻮﺭ. ﻭﺍﻟﺤﻜﻤﺔ ﻋﻨﺪ ﺍﻟﺤﻜﻤﺎﺀ ﺗﻘﻊ ﻋﻠﻰ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺍﻟﺘﺎﻡ. ﺍﻷﻭﻝ ﻓﺄﻣﺎ ﻣﺎ ﻻ ﺳﺒﺐ ﻟﻪ ﻓﺈﻧﻪ ﻳﺘﺼﻮﺭ ﺑﺬﺍﺗﻪ. ﻭﻓﻲ ﺑﺎﺏ ﺍﻟﺘﺼﺪﻳﻖ ﺃﻥ ﻳﻌﻠﻢ ﺍﻟﺸﻲﺀ ﺑﺄﺳﺒﺎﺑﻪ ﺇﻥ ﻛﺎﻥ ﻟﻪ ﺳﺒﺐ، ﺑﺎﻟﺤﺪ ﺇﺫ ﻫﻮ، ﻻ ﻳﺤﺘﺎﺝ ﻓﻲ ﺗﺼﻮﺭﻩ ﺇﻟﻰ ﺷﻲﺀ، ﻭ ﹸﻳﺘﺼﻮﺭ ﺑﺬﺍﺗﻪ، ﺣﺪ ﻟﻪ ﻓﺈﻧﻪ ﻻ ﹼ: ﻛﺎﻟﻮﺍﺟﺐ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ، ﻭﻳﻌﺮﻑ ﺑﺬﺍﺗﻪ ﱠ ﺇﺫ ﻳﻌﻠﻢ ﻛﻞ، ﻭﻳﻌﺮﻑ ﺑﺬﺍﺗﻪ ﺇﺫ ﻻ ﺳﺒﺐ ﻟﻪ … ﻓﻮﺍﺟﺐ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﻳﻌﻠﻢ ﻛﻞ ﺷﻲﺀ ﻛﻤﺎ ﻫﻮ ﺑﺄﺳﺒﺎﺑﻪ، ﺃﻭﻟﻰ ﺍﻟﺘﺼﻮﺭ ﻓﻬﻮ ﺑﻬﺬﺍ ﺍﻟﻤﻌﻨﻰ ﺣﻜﻴﻢ ﻭﺣﻜﻤﺘﻪ. ﺷﻲﺀ ﻣﻦ ﺫﺍﺗﻪ ﺍﻟﺘﻲ ﻫﻲ ﺳﺒﺐ ﻛﻞ ﺷﻲﺀ ﻻ ﻣﻦ ﺍﻷﺷﻴﺎﺀ ﺍﻟﺘﻲ ﻫﻲ ﻣﻦ ﺧﺎﺭﺝ . ﻋﻠﻤﻪ ﺑﺬﺍﺗﻪ 15 Vgl. dazu Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t VIII 4, (=Liber de philosophia prima VIII 4), sowie auch die folgende Stelle aus at-Ta#lÊq§t, S. 35, Z. 15-19, (Zur Übersetzung vgl. etwas später in diesem Kapitel):
met. als wissenschaft vom transzendental allgemeinen 395 wenn der Begriff des Notwendigseienden, mit dem Gott in der Metaphysik maximal erfaßt wird, nicht als ein zusammengesetzter gedacht werden darf – denn andernfalls, so der explizite Verweis Ibn SÊn§s, wäre er der Einfachheit der für uns nicht erkennbaren Wesenheit Gottes nicht adäquat16 –, so ist er für uns, wie bereits in al-"Il§hÊy§t (Metaphysik) I 5 gesehen, dennoch nicht ersterkannt. Wäre das erste Seiende (Gott) für uns ersterkannt, würde dies notwendig nicht nur bedeuten, daß uns seine distinkte Wesenserkenntnis möglich wäre, sondern auch, daß unsere Metaphysik gewissermaßen die Perspektive Gottes annehmen und von diesem ersten Seienden als von ihrem Subjekt her alles übrige, in ihm enthaltene und von ihm als von seinem Prinzip abhängige Seiende entfalten könnte.
. ﻓﺄﻣﺎ ﻫﻮ ﻓﻲ ﺫﺍﺗﻪ ﻓﻼ ﺟﺰﺀ ﻟﻪ: ﻭﻫﻮ ﺷﻲﺀ ﻳﻔﺮﺿﻪ ﺍﻟﻌﻘﻞ، ﺃﺟﺰﺍﺀ ﺣﺪ ﺍﻟﺒﺴﻴﻂ ﺗﻜﻮﻥ ﺃﺟﺰﺍﺀ ﻟﺤﺪﻩ ﻻ ﻟﻘﻮﺍﻣﻪ ﻭﻧﺤﻦ ﻧﻌﺮﻑ ﻓﻲ ﺍﻷﻭﻝ ﺃﻧﻪ ﻭﺍﺟﺐ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﺑﺬﺍﺗﻪ ﻣﻌﺮﻓﺔ ﺃﻭﻟﻴﺔ ﻣﻦ ﻏﻴﺮ ﺍﻛﺘﺴﺎﺏ ﻓﺈﻧﺎ ﻧﻘﺴﻢ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﺇﻟﻰ ﺍﻟﻮﺍﺟﺐ ﺛﻢ ﻧﻌﺮﻑ ﺃﻥ ﻭﺍﺟﺐ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﺑﺬﺍﺗﻪ ﻳﺠﺐ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﻭﺍﺣﺪﺍﹰ ﺣﺘﻰ ﻳﻜﻮﻥ ﻧﻮﻉ ﻭﺟﻮﺩﻩ ﻣﺨﺎﻟﻔ ﹰﺎ ﻟﻨﻮﻉ ﺁﺧﺮ، ﻭﺍﻟﻤﻤﻜﻦ . ﻭﻧﻌﺮﻑ ﻭﺣﺪﺍﻧﻴﺘﻪ ﺑﻮﺍﺳﻄﺔ ﻻﺯﻡ ﻳﻠﺰﻣﻪ ﺃﻭﻻ ﻭﻫﻮ ﺃﻧﻪ ﻭﺍﺟﺐ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ
Vgl. dazu ebenfalls at-Ta#lÊq§t, S. 181, Z. 5 – S. 182, Z. 2: Abschnitt: bay§nu "anna w§Æiba l-wuÆådi bi-d§tihÊ l§ katrata fÊhi (Erweis dessen, daß das durch sich selbst Notwendigseiende in sich keine Vielheit enthalten kann). 16 Vgl. Ibn SÊn§: at-Ta#lÊq§t, S. 183, Z. 14-16: „[Der Begriff] der ‘Seinsnotwendigkeit durch sich selbst’ (wuÆåbu l-wuÆådi bi-d§tihÊ) ist, auch wenn seine Form eine zusammengesetzte ist, nicht zusammengesetzt. Er ist vielmehr Explikation einer Bedeutung, für die wir über keine Bezeichnung verfügen, nämlich ‘daß sein Sein notwendig ist’, denn die Wesenheit des [durch sich selbst] Notwendigseienden ist die ‘Seinsnotwendigkeit durch sich selbst’, und nicht ‘etwas, dem die Seinsnotwendigkeit zukommt’.“
ﺑﻞ ﻫﻮ ﺷﺮﺡ ﻣﻌﻨﻰ ﻻ ﺍﺳﻢ ﻟﻪ، ﻓﻠﻴﺲ ﻫﻮ ﻣﺮﻛﺒ ﹰﺎ، ﻭﺇﻥ ﻛﺎﻧﺖ ﺻﻴﻐﺘﻪ ﺻﻴﻐﺔ ﺍﻟﻤﺮﻛﺐ، ﻭﺟﻮﺏ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﺑﺬﺍﺗﻪ ﻻ ﺷﻲﺀ ﻋﺮﺽ ﻟﻪ، ﻷﻥ ﻣﺎ ﻳﺠﺐ ﻭﺟﻮﺩﻩ ﻓﺤﻘﻴﻘﺘﻪ ﺃﻧﻪ ﻳﺠﺐ ﻭﺟﻮﺩﻩ ﺑﺬﺍﺗﻪ، ﻭﻫﻮ ﺃﻧﻪ ﻳﺠﺐ ﻭﺟﻮﺩﻩ، ﻋﻨﺪﻧﺎ . ﻭﺟﻮﺏ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ
Vgl. dazu ebenfalls at-Ta#lÊq§t, S. 175, Z. 26-28: „Der Begriff des Notwendigseienden ist somit ein einfacher (basÊã). Das ‘Notwendigseiende’ kann weder begrifflich, noch dem Subjekt nach geteilt werden, es kann ferner unmöglich in einer Hinsicht Notwendigseiendes, in einer anderen aber nicht Notwendigseiendes sein, so daß in ihm ‘Möglichkeit’ und ‘Wirklichkeit’ zugleich enthalten wären. Denn dort ist weder Definition, noch Aufteilung möglich.“
ﻭﻻ ﻳﺼﺢ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ، ﻻ ﻳﺼﺢ ﻋﻠﻴﻪ ﺍﻻﻧﻘﺴﺎﻡ ﻓﻲ ﻣﻌﻨﺎﻩ ﻭﻻ ﻓﻲ ﻣﻮﺿﻮﻋﻪ، ﻓﻮﺍﺟﺐ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﻣﻌﻨﻰ ﺑﺴﻴﻂ ﻣﻦ ﹴ ﺇﺫ ﻻ ﺣﺪ ﻫﻨﺎﻙ ﻭﻻ، ﻭﻣﻦ ﻭﺟﻪ ﻏﻴﺮ ﻭﺍﺟﺐ ﺃﻱ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﻓﻴﻪ ﻓﻌﻞ ﻭﻗﻮﺓ ﻣﻌ ﹰﺎ، ﻭﺟﻪ ﻭﺍﺟﺐ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﹶ . ﺍﻧﻘﺴﺎﻡ
396
schlusswort
Diese ideale Weisheit ist, so kann als Ergebnis dieses Überblicks festgehalten werden, für den Menschen auf Grund der Schwäche seines Verstandes nicht möglich. Die Frage nach den Bedingungen für unsere Erkenntnis des ersten Seienden ist jedoch damit noch keineswegs beantwortet worden. Vergleicht man nun das in der zitierten Textstelle aus al-"Il§hÊy§t (Metaphysik) I 317 angekündigte Programm eines für uns beschreitbaren Weges mit dessen faktischer Durchführung in al-"Il§hÊy§t (Metaphysik) I 6 des Kit§b aà-àif§", so läßt sich eindeutig feststellen, daß das hauptsächliche Ziel der Metaphysik, die Erkenntnis des ersten Seienden, nach Ibn SÊn§ nicht als ein aposteriorischer Schluß aus der Wirklichkeit des Möglichseienden,18 sondern durch den Begriff des Seienden als solchen und seiner transzendentalen Modi „Möglichkeit“ und „Notwendigkeit“ apriorisch-deduktiv erreicht wird: „Nun kehren wir zum ursprünglichen Thema zurück und sagen: Sowohl das Notwendig- als auch das Möglichseiende haben Eigentümlichkeiten. Sodann sagen wir, daß die Dinge, die ins Sein [d. h. in die Wirklichkeit bzw. aktuale Existenz] treten, im Verstand in zwei Teile geteilt werden: ein [Teil] davon ist das, dessen aktuale Existenz, wenn es an sich betrachtet wird, nicht notwendig ist, wobei es [zugleich] offenkundig ist, daß seine aktuale Existenz auch nicht unmöglich ist, andernfalls hätte es das Sein [Wirklichkeit, aktuale Existenz] nicht betreten. Dies ist also ein Mögliches. Der andere [Teil] aber ist das, dessen aktuale Existenz, betrachtet man es an sich, notwendig ist.“ 19
17
Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 3, S. 21, Z. 1-8, (=Liber de philosophia prima I 3, S. 23, Z. 1 – S. 24, Z. 40; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 16, Z. 17-31). Vgl. dazu auch Marmura.: Avicenna’s Proof from Contingency for God’s Existence, S. 344. 18 Unmißverständlich kommt dies auch in at-Ta#lÊq§t (S. 86, Z. 5-7) zum Ausdruck: „[Die Ordnung von] Früher und Später ist [die von] Bedürftigkeit und Reichtum und die Natur der Notwendigkeit geht der der Möglichkeit voran. Die Wirklichkeit des Notwendigseienden haben wir vor der Erkenntnis des Möglichseienden erkannt.“
ﻭﻧﺤﻦ ﻋﺮﻓﻨﺎ ﺣﻘﻴﻘﺔ ﻭﺍﺟﺐ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ. ﻓﺎﻟﺘﻘﺪﻡ ﻭﺍﻟﺘﺄﺧﺮ ﻫﻮ ﺍﻟﺤﺎﺟﺔ ﻭﺍﻻﺳﺘﻐﻨﺎﺀ ﻭﻃﺒﻴﻌﺔ ﺍﻟﻮﺟﻮﺏ ﻗﺒﻞ ﺍﻹﻣﻜﺎﻥ . ﻗﺒﻞ ﻣﻌﺮﻓﺘﻨﺎ ﺑﺈﻣﻜﺎﻥ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ 19
Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 6, S. 37, Z. 6-10, (=Liber de philosophia prima I 6, S. 43, Z. 7-13; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 29, Z. 32 – S. 30, Z. 6):
: ﻓﻨﻘﻮﻝ. ﺧﻮﺍﺹ، ﻭﺍﻟﻤﻤﻜﻦ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ، ﺇﻥ ﻟﻜﻞ ﻭﺍﺣﺪ ﻣﻦ ﺍﻟﻮﺍﺟﺐ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ: ﻭﻧﻌﻮﺩ ﺇﻟﻰ ﻣﺎ ﻛﻨﺎ ﻓﻴﻪ ﻓﻨﻘﻮﻝ ﻓﻴﻜﻮﻥ ﻣﻨﻬﺎ ﻣﺎ ﺇﺫﺍ ﺍﻋﺘﺒﺮ ﺑﺬﺍﺗﻪ ﻟﻢ، ﺇﻥ ﺍﻷﻣﻮﺭ ﺍﻟﺘﻲ ﺗﺪﺧﻞ ﻓﻲ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﺗﺤﺘﻤﻞ ﻓﻲ ﺍﻟﻌﻘﻞ ﺍﻻﻧﻘﺴﺎﻡ ﺇﻟﻰ ﻗﺴﻤﻴﻦ
met. als wissenschaft vom transzendental allgemeinen 397 Von dieser Erkenntnisweise des ersten Seienden weicht, sofern ich es übersehen kann, keine der einschlägigen Stellen im gesamten ibnsinischen Corpus ab. So führt Ibn SÊn§ z. B. in al-"Ià§r§t wa-t-tanbÊh§t aus: „Alles Seiende, insofern es an sich, d. h. ohne die Berücksichtigung eines anderen, betrachtet wird, ist entweder so, daß ihm das Sein an sich notwendig ist, oder es ist nicht so. Wenn es [d. h. das Sein] [ihm] notwendig ist, so ist dieses [Seiende] das an sich Wirkliche (al-Èaqqu bi-d§tihÊ), das durch sich selbst Notwendigseiende (al-w§Æibu l-wuÆådi min d§tihÊ), das durch sich selbst Bestehende (al-qayyåm). Wenn es [d. h. das Sein] [ihm] aber nicht notwendig ist, darf von ihm dennoch nicht gesagt werden, daß es ein durch sich selbst Unmögliches ist, nachdem es bereits als Seiendes angenommen wurde. Erst wenn seine Betrachtung ‘an sich’ mit einer Bedingung verknüpft wird, wie etwa mit der Bedingung des Nichtseins seiner Ursache, oder mit der des Seins seiner Ursache, wird es [im ersten Falle] zu einem Unmöglichen, [im zweiten] zu einem Notwendigen. Wird damit [d. h. mit der Betrachtung eines Seienden gemäß seiner Wesenheit] aber überhaupt keine Bedingung verknüpft, weder die des Seins der Ursache, noch die ihres Nichtseins, dann verbleibt ihm [d. h. dem Seienden, auf das dies zutrifft] in sich selbst eine dritte Bestimmung ("amrun t§litun), nämlich die ‘Möglichkeit’ (al-"imk§n), so daß es an sich betrachtet dasjenige ist, welches weder notwendig, noch unmöglich ist. Alles Seiende ist also entweder ein durch sich selbst Notwendigseiendes oder ein durch sich selbst Möglichseiendes.“20
ﻭﻫﺬﺍ ﺍﻟﺸﻲﺀ ﻫﻮ ﻓﻲ ﺣﻴﺰ، ﻭﺇﻻ ﻟﻢ ﻳﺪﺧﻞ ﻓﻲ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ، ﻭﻇﺎﻫﺮ ﺃﻧﻪ ﻻ ﻳﻤﺘﻨﻊ ﺃﻳﻀﺎ ﻭﺟﻮﺩﻩ، ﻳﺠﺐ ﻭﺟﻮﺩﻩ . ﻭﻳﻜﻮﻥ ﻣﻨﻬﺎ ﻣﺎ ﺇﺫﺍ ﺍﻋﺘﺒﺮ ﺑﺬﺍﺗﻪ ﻭﺟﺐ ﻭﺟﻮﺩﻩ، ﺍﻹﻣﻜﺎﻥ
Redeamus ad id in quo eramus et dicamus quod necesse esse et possibile esse unumquodque habet proprietates. Dicemus igitur quod ea quae cadunt sub esse possunt in intellectu dividi in duo. Quorum unum est quod, cum consideratum fuerit per se, eius esse non est necessarium; et palam est etiam quod eius esse non est impossibile, alioquin non cadet sub esse, et hoc est in termino possibilitatis. Alterum est quod, cum consideratum fuerit per se, eius esse erit necesse. Vgl. dazu auch die Übersetzung von G. F. Hourani: Ibn SÊn§ on Necessary and Possible Existence, S. 82, sowie die von R. Wisnovsky: Avicenna’s Metaphysics in Context, S. 256. 20 Ibn SÊn§: al-"Ià§r§t wa-t-tanbÊh§t, an-namaã ar-r§bi#, Reprint (Frankfurt 1999) der Edition von Jacques Forget (Leiden 1892), S. 140, Z. 12 – S. 141, Z. 2; in der Edition von Sulaym§n Duny§, (3. Auflage, Kairo 1985), Bd. 3: al-"Il§hÊy§t (Metaphysik), S. 19, Z. 3-15:
ﻓﺈﻣﺎ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﺑﺤﻴﺚ ﻳﺠﺐ ﻟﻪ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ: ﻟﺘﻔﺖ ﺇﻟﻴﻪ ﻣﻦ ﺣﻴﺚ ﺫﺍﺗﻪ ﻣﻦ ﻏﻴﺮ ﺍﻟﺘﻔﺎﺕ ﺇﻟﻰ ﻏﻴﺮﻩ ﹼ ﻛﻞ ﻣﻮﺟﻮﺩ ﺇﺫﺍ ﺍ ﱠ ﹼ ، ﻭﺇﻥ ﻟﻢ ﻳﺠﺐ. ﻭﻫﻮ ﺍﻟﻘﻴﻮﻡ، ﺍﻟﻮﺍﺟﺐ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﻣﻦ ﺫﺍﺗﻪ، ﻟﺤﻖ ﺑﺬﺍﺗﻪ ﻓﺈﻥ ﻭﺟﺐ ﻓﻬﻮ ﺍ ﱡ.ﻓﻲ ﻧﻔﺴﻪ ﺃﻭ ﻻ ﻳﻜﻮﻥ ﹼ
398
schlusswort
In an-NaƧh rechtfertigt Ibn SÊn§ in drei aufeinander bezogenen Schritten die Notwendigkeit der Existenz eines Notwendigseienden. Doch auch hier geht allen drei Schritten die apriorisch aus dem Begriff des Seienden und seinen disjunktiven Modi deduzierte Erkenntnis aller besonderen Seienden, also auch die eines notwendigen Seienden, voran, so daß die genannten drei Schritte als eine aposteriorische Rechtfertigung des apriorisch-deduktiv erkannten Notwendigseienden gedeutet werden müssen. Die voraufgehende Erkenntnis des Notwendigseienden formuliert Ibn SÊn§ an dieser Stelle wie folgt: „Kapitel über den Erweis des Notwendigseienden: Es gibt keinen Zweifel daran, daß es Seiendes21 gibt. Ferner ist alles Seiende entweder ein notwendiges oder ein mögliches. Wenn es ein notwendiges ist, so ist damit die Existenz des Notwendigen bereits erwiesen, und das war [ja] das Gesuchte. Wenn es aber ein Mögliches ist, so werden wir zeigen, daß das Sein des Möglichen schließlich auf ein Notwendigseiendes zurückgeht.“22
Die deutlichste Textstelle zur apriorisch-deduktiven Erkenntnis des Notwendigseienden findet sich wohl in at-Ta#lÊq§t:
ﻣﺜﻞ ﺷﺮﻁ ﻋﺪﻡ ﹸ، ﺇﻧﻪ ﻣﻤﺘﻨﻊ ﺑﺬﺍﺗﻪ ﺑﻌﺪ ﻣﺎ ﻓﺮﺽ ﻣﻮﺟﻮﺩﺍﹰ ؛ ﺑﻞ ﺇﻥ ﻗﺮﻥ ﺑﺎﻋﺘﺒﺎﺭ ﺫﺍﺗﻪ ﺷﺮﻁ: ﻟﻢ ﻳﺠﺰ ﺃﻥ ﻳﻘﺎﻝ ﹺ ﻻ ﺣﺼﻮﻝ ﻋﻠﺘﻪ، ﻭﺇﻥ ﻟﻢ ﻳﻘﺮﻥ ﺑﻬﺎ ﺷﺮﻁ. ﺻﺎﺭ ﻭﺍﺟﺒ ﹰﺎ، ﻭﺟﻮﺩ ﻋﻠﺘﻪ ﻣﺜﻞ ﺷﺮﻁ ﺃﻭ ﹸ، ﺻﺎﺭ ﻣﻤﺘﻨﻌ ﹰﺎ، ﻋﻠﺘﻪ ﻭﻫﻮ ﺍﻹﻣﻜﺎﻥ ؛ ﻓﻴﻜﻮﻥ ﺑﺎﻋﺘﺒﺎﺭ ﺫﺍﺗﻪ ﺍﻟﺸﻲﺀ ﺍﻟﺬﻱ ﻻ ﻳﺠﺐ، ﺑﻘﻰ ﻟﻪ ﻓﻲ ﺫﺍﺗﻪ ﺍ ﹶﻷﻣﺮ ﺍﻟﺜﺎﻟﺚ، ﻭﻻ ﻋﺪﻣﻬﺎ . ﺃﻭ ﻣﻤﻜﻦ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﺑﺬﺍﺗﻪ. ﺇﻣﺎ ﻭﺍﺟﺐ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﺑﺬﺍﺗﻪ: ﻓﻜﻞ ﻣﻮﺟﻮﺩ. ﻭﻻﻳﻤﺘﻨﻊ 21 Die Edition von #Abd ar-RaÈm§n #Umayrah verzeichnet in der zitierten Passage durchgehend wuÆåd statt mawÆåd. Dies gilt offenkundig auch für die von G. F. Hourani verwendete Edition von KurdÊ (Kairo 1938). G. F. Hourani (vgl. Ibn SÊn§ on Necessary and Possible Existence, S. 81) schlägt in seiner englischen Übersetzung darum ebenfalls mawÆåd statt wuÆåd vor. 22 Ibn SÊn§: an-NaƧh fÊ l-manãiq wa-l-"il§hÊy§t, Teil III (Metaphysik), S. 89, Z. 1-4:
ﻓﺼﻞ ﻓﻲ ﺇﺛﺒﺎﺕ ﻭﺍﺟﺐ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ
ﻭﺇﻣﺎ، ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ[ ﻓﺈﻣﺎ ﻭﺍﺟﺐ: ﻭﻛﻞ ﻣﻮﺟﻮﺩ ]ﻓﻲ ﺍﻟﻤﺘﻦ. [ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ: ﻻ ﺷﻚ ﺃﻥ ﻫﻨﺎ ﻣﻮﺟﻮﺩ ]ﻓﻲ ﺍﻟﻤﺘﻦ ﻭﺇﻥ ﻛﺎﻥ ﻣﻤﻜﻨ ﹰﺎ ﻓﺎﻧﺎ ﻧﻮﺿﺢ ﺃﻥ ﺍﻟﻤﻤﻜﻦ. ﻭﻫﻮ ﺍﻟﻤﻄﻠﻮﺏ، ﻓﺈﻥ ﻛﺎﻥ ﻭﺍﺟﺒ ﹰﺎ ﻓﻘﺪ ﺻﺢ ﻭﺟﻮﺩ ﺍﻟﻮﺍﺟﺐ. ﻣﻤﻜﻦ . ﻳﻨﺘﻬﻲ ﻭﺟﻮﺩﻩ ﺇﻟﻰ ﻭﺍﺟﺐ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ G. F. Hourani hat dieses Kapitel vollständig und präzise übersetzt. Vgl. dessen „Ibn SÊn§ on Necessary and Possible Existence“, S. 81-82.
met. als wissenschaft vom transzendental allgemeinen 399 „Daß das erste [Seiende, d. h. Gott] Notwendigseiendes ist, erkennen wir erstlich (ma#rifatan "awwalÊyatan), d. h. ohne Erwerb [von gegenüber dem Begriff des Seienden als solchen späteren Erkenntnissen], denn wir teilen das ‘Seiende’ in ‘notwendig’ und ‘möglich’, dann erkennen wir, daß das durch sich selbst Notwendigseiende ein einziges (w§Èid) sein muß, sollte seine Seinsweise von einer anderen unterschieden sein. Wir erkennen also seine Einzigkeit (waÈd§nÊyatuhå) vermittels eines solchen Attributs, das ihm erstlich zukommt, nämlich ‘daß es Notwendigseiendes ist’.“23
Verdeutlicht wird der Unterschied zwischen den verschiedenen Erkenntniswegen zu einem ersten und notwendigen Seienden schließlich dort, wo Ibn SÊn§ auch andere, an die Tradition der mutakallimån (der islamischen spekulativen Theologen) anknüpfende Gottesbeweise24 durchführt. Das apriorisch-deduktive Verfahren wird diesen gegenüber unmißverständlich als derjenige Weg verstanden, dem in der Ordnung der Gewißheit wie auch in der der Vorzüglichkeit Vorrang zukommt: „Siehe, in welcher Weise unser Erweis der Existenz des Ersten und seiner Einzigkeit wie auch seines Frei-Seins von Eigenschaften, 25 nur der Betrachtung des ‘Seienden’26 selbst bedarf, ohne es [d. h. das Seiende] hierbei als Seine Schöpfung und Sein Wirken betrachten zu müssen, auch wenn dies [ebenfalls] darauf [d. h. auf die Existenz des Ersten] hinweist. Dieser Weg ist jedoch gewisser ("awtaq) und vorzüglicher ("aàraf), nämlich wenn wir das ‘Seiende’ [als Seiendes] betrachten, legt doch das ‘Seiende, insofern es Seiendes ist’ Zeugnis für Ihn [d. h. 23
Ibn SÊn§: at-Ta#lÊq§t, S. 35, Z. 16-19:
ﻭﻧﺤﻦ ﻧﻌﺮﻑ ﻓﻲ ﺍﻷﻭﻝ ﺃﻧﻪ ﻭﺍﺟﺐ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﺑﺬﺍﺗﻪ ﻣﻌﺮﻓﺔ ﺃﻭﻟﻴﺔ ﻣﻦ ﻏﻴﺮ ﺍﻛﺘﺴﺎﺏ ﻓﺈﻧﺎ ﻧﻘﺴﻢ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﺇﻟﻰ ﺍﻟﻮﺍﺟﺐ ﺛﻢ ﻧﻌﺮﻑ ﺃﻥ ﻭﺍﺟﺐ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﺑﺬﺍﺗﻪ ﻳﺠﺐ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﻭﺍﺣﺪﺍﹰ ﺣﺘﻰ ﻳﻜﻮﻥ ﻧﻮﻉ ﻭﺟﻮﺩﻩ ﻣﺨﺎﻟﻔ ﹰﺎ ﻟﻨﻮﻉ ﺁﺧﺮ، ﻭﺍﻟﻤﻤﻜﻦ . ﻭﻧﻌﺮﻑ ﻭﺣﺪﺍﻧﻴﺘﻪ ﺑﻮﺍﺳﻄﺔ ﻻﺯﻡ ﻳﻠﺰﻣﻪ ﺃﻭﻻ ﻭﻫﻮ ﺃﻧﻪ ﻭﺍﺟﺐ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ
Vgl. dazu die fast gleichlautende Stelle bei al-F§r§bÊ: Kit§b at-ta#lÊq§t, hrsg. von @a#far "$l Y§sÊn, S. 376, (= at-Ta#lÊq§t, Hyderabader Ed. (Dekkan), S. 5). 24 Zum Gottesbeweis der mutakallimån vgl. den Kommentar NaßÊr ad-DÊn aã-•åsÊs zu Ibn SÊn§s al-"Ià§r§t wa-t-tanbÊh§t (Vgl. die Edition von Sulaym§n Duny§, Bd. 3: al-"Il§hÊy§t (Metaphysik); S. 54-55); zum Gottesbeweis und dem Begriff des Notwendigen in der Tradition des kal§m auch vor Ibn SÊn§ vgl. den Überblick von R. Wisnovsky: Avicenna’s Metaphysics in Context, S. 227-243. 25 Gemeint ist, daß Ihm Eigenschaften nicht so wie dem Geschaffenen oder eben dem Verursachten (ma#lål) zukommen können. Vgl. dazu Ibn SÊn§: at-Ta#lÊq§t, S. 33, Z. 27 – S. 34, Z. 5. 26 Sowohl die Edition von Jacques Forget, wie auch die von Sulaym§n Duny§ verzeichnen im zitierten Text durchgehend wuÆåd, mawÆåd wäre jedoch die richtige „Lesart“.
400
schlusswort für die Existenz des Ersten] ab, und Er [d. h. der Erste] ist der Garant für alles, was in der Ordnung des Seins nach Ihm ist.“27
Auch wenn nach Ibn SÊn§ unserer Erkenntnisweg zum ersten Seienden keiner gegenüber dem Begriff „des Seienden als solchen“ „späteren“ Erkenntnisse – wie z. B. der eines Seienden, das geschaffen oder Wirkung eines anderen ist – bedarf, bedeutet das nicht die Identität unserer Metaphysik mit der Gottes. Ganz im Gegenteil, al-"Il§hÊy§t (Metaphysik) I 3 des Kit§b aà-àif§" läßt eine zweifache Abgrenzung zwischen den beiden erkennen: Die Erste Wissenschaft, so wie sie Gott einerseits und dem Menschen andererseits möglich ist, kann nicht nur nicht das gleiche Subjekt haben, sondern sie vermag auch nicht über die gleiche Erkenntnisweise zu verfügen. Andernfalls müßte die uns mögliche Metaphysik alle in ihrem Subjekt, dem „Seienden als Seienden“, enthaltenen Eigentümlichkeiten als eben solche erfassen. Doch das läßt Ibn SÊn§ auf der Seite der disjunktiven Transzendentalien – und eben diese sind für die Explikation des „Seienden“ maßgeblich, da sie ja, anders als z. B. das „Eine“, nicht die gleiche Extension wie der Begriff des „Seienden“ haben und ihn daher erstlich „aufteilen“, also extensional einschränken können – explizit lediglich für die „Notwendigkeit“ und „Möglichkeit“ gelten. Alle übrigen disjunktiven Attribute, wozu unter anderem „Ursache“ und „Verursachtheit“ sowie „Einheit“ und „Vielheit“ gezählt werden, werden „später“, d. h. nicht unmittelbar aus dem ersterkannten Subjektsbegriff, sondern vermittels weiterer, aus der modalen Explikation des „Seienden“ gewonnener Erkenntnisse, erfaßt.28 27 Ibn SÊn§: al-"Ià§r§t wa-t-tanbÊh§t, an-namaã ar-r§bi#, Reprint (Frankfurt 1999) der Edition von Jacques Forget (Leiden 1892), S. 146, Z. 13-17; in der Edition von Sulaym§n Duny§, (3. Auflage, Kairo 1985), Bd. 3: al-"Il§hÊy§t (Metaphysik), S. 54, Z. 3-8:
ﹶ ﹶ ﺇﻟﻰ ﺗ ﹶﺄﻣﻞ ﻟﻐﻴﺮ ﻧﻔﺲ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ]ﻓﻲ، ﻭﺑﺮﺍﺀﺗﻪ ﻋﻦ ﺍﻟﺼﻔﺎﺕ ﹶ، ﺗﺄﻣﻞ ﻛﻴﻒ ﻟﻢ ﻳﺤﺘﺞ ﺑﻴﺎﻧﻨﺎ ﻟﺜﺒﻮﺕ ﺍﻷﻭﻝ ﻭﻭﺣﺪﺍﻧﻴﺘﻪ ﻟﻜﻦ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﺒﺎﺏ ﺃﹶﻭﺛﻖ. ﻭﺇﻥ ﻛﺎﻥ ﺫﻟﻚ ﺩﻟﻴﻼ ﻋﻠﻴﻪ، ﻭﻟﻢ ﻳﺤﺘﺞ ﺇﻟﻰ ﺍﻋﺘﺒﺎﺭ ﺧﻠﻘﻪ ﻭﻓﻌﻠﻪ، [ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ: ﺍﻟﻤﺘﻦ ﻳﺸﻬﺪ ﺑﻪ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﻣﻦ ﺣﻴﺚ ﻫﻮ ﻣﻮﺟﻮﺩ، [ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ: ﺃﹶﻱ ﺇﺫﺍ ﺍﻋﺘﺒﺮﻧﺎ ﺣﺎﻝ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ]ﻓﻲ ﺍﻟﻤﺘﻦ، ﻭﺃﹶﺷﺮﻑ . ﻭﻫﻮ ﻳﺸﻬﺪ ﺑﻌﺪ ﺫﻟﻚ ﻋﻠﻰ ﺳﺎﺋﺮ ﻣﺎ ﺑﻌﺪﻩ ﻓﻲ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ، [ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﻣﻦ ﺣﻴﺚ ﻫﻮ ﻭﺟﻮﺩ: ]ﻓﻲ ﺍﻟﻤﺘﻦ
Vgl. dazu die Übersetzung und Kommentar Marmuras: Avicenna’s Proof from Contingency for God’s Existence, S. 340. 28 Vgl. at-Ta#lÊq§t, S. 35, Z. 5-8: „Und desgleichen erkennen wir das Wesen des Ersten nicht. Was wir aber in Bezug auf es [d. h. das erste Seiende] zu erkennen
met. als wissenschaft vom transzendental allgemeinen 401 Zusammenfassend kann nun festgehalten werden, daß unser Wissen vom transzendenten Seienden (Gott) nur Wissen einer solchen Metaphysik sein kann, deren Subjekt das allem gemeinsame transzendentale „Seiende“ ist, denn selbst wenn die Metaphysik den durch die Physik vermittelten kosmologischen Beweis als ihre Voraussetzung gelten lassen würde, könnte sie Gott nicht zu ihrem Subjekt bestimmen, sondern müßte, wie die ibn-sinische Kritik in aller Schärfe zeigt, notwendigerweise zu dem die „Bewegung“ übersteigenden Begriff des Seienden „hinaufsteigen“, um dann erst zu versuchen, das Prinzip der Bewegung in ein solches des Seienden zu überführen. Somit wäre es aber auch für diese, an die Physik in der genannten Weise „anknüpfende“ Metaphysik insofern unumgänglich, das allgemeine „Seiende als Seiendes“ und nicht etwa das schlechthin unverursachte Seiende als ihr Subjekt zu setzen, als wir nach Ibn SÊn§ den Begriff des Seienden nicht als Einheit eines kausalen Verhältnisses der besonderen Seienden, sondern als das allem Erkennbaren gemeinsame Prädikat erfassen. Nur diese transzendentale Gemeinsamkeit des Prinzips unserer Erkenntnis überhaupt läßt nämlich die Erkenntnis eines besonderen, kategorial schlechthin uneinschränkbaren, ganz und gar transzendenten Seienden widerspruchsfrei zu. Das Wissen vom transzendenten Seienden ist nun für den Menschen, wie schon mehrmals deutlich wurde, nur eingeschränkt möglich, der Zugang zu diesem Wissen ist uns ferner, so nun das eindeutige Ergebnis der letzten Untersuchung, allein in dem transzendentalen Begriff des Seienden als solchen gegeben. Oder anders formuliert: Sollte die Erste Philosophie, so wie sie dem Menschen möglich ist, ihr höchstes und hauptsächliches Ziel (Gott) erreichen, dann kann sie nur Wissenschaft von jener transkategorivermögen, ist, ‘daß ihm das Sein notwendig ist’, oder eben, ‘daß es das ist, dem das Sein notwendig ist’. Und dies [‘daß ihm das Sein notwendig ist’] ist freilich nicht sein Wesen, sondern eines seiner Attribute. Vermittels dieses Attributes erkennen wir dann andere Attribute, wie die Einzigkeit und die übrigen Eigenschaften.“
ﻭﻫﺬﺍ ﻫﻮ ﻻﺯﻡ ﻣﻦ. ﺇﻧﻤﺎ ﻧﻌﺮﻑ ﻣﻨﻪ ﺃﻧﻪ ﻳﺠﺐ ﻟﻪ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﺃﻭ ﻣﺎ ﻳﺠﺐ ﻟﻪ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ، ﻭﻛﺬﻟﻚ ﻻ ﻧﻌﺮﻑ ﺣﻘﻴﻘﺔ ﺍﻷﻭﻝ . ﻭﻧﻌﺮﻑ ﺑﻮﺍﺳﻄﺔ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻼﺯﻡ ﻟﻮﺍﺯﻡ ﺃﺧﺮﻯ ﻛﺎﻟﻮﺣﺪﺍﻧﻴﺔ ﻭﺳﺎﺋﺮ ﺍﻟﺼﻔﺎﺕ. ﻟﻮﺍﺯﻣﻪ ﻻ ﺣﻘﻴﻘﺘﻪ
Auffallend ist die vollständige Übereinstimmung dieser Stelle mit der entsprechenden aus den Ta#lÊq§t al-F§r§bÊs, vgl. dazu al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Kit§b at-ta#lÊq§t, hrsg. von @a#far "$l Y§sÊn, S. 376, (= at-Ta#lÊq§t, Hyderabader Ed. (Dekkan), S. 5). Zum Verhältnis des Kit§b at-ta#lÊq§t al-F§r§bÊs zu at-Ta#lÊq§t Ibn SÊn§s vgl. @a#far "$l Y§sÊns Vorwort zum Kit§b at-ta#lÊq§t al-F§r§bÊs, S. 71ff. Vermutlich handelt es sich um ein und denselben Text, dessen Autor Ibn SÊn§ ist.
402
schlusswort
alen Denkform sein, die uns alles differenzübergreifend als Seiendes erkennen läßt. Hinreichende Möglichkeitsbedingung für unsere Erkenntnis der heterogenen Pluralität der Seienden ist, wie es sich mit Ibn SÊn§ nun nachdrücklich festhalten läßt, die Einheit des allem gemeinsamen Gehaltes „Seiendes“ (mawÆåd; S ist). Darum ist es nicht erst die Einheit der Prädikationsweise (Univozität) dieser begrifflichen Struktur, sondern die bloße Begriffseinheit, die bereits als solche die Einheit der vom „Seienden“ als von ihrem Subjekt handelnden Metaphysik zu fundieren vermag.29 Dieses „Seiend-Sein“ schlechthin meint, wie die transzendental-semantische Rechtfertigung seiner begrifflichen Einheit in al-Maqål§t (Kategorien) II 1 und die Ausführungen in al-"Il§hÊy§t (Metaphysik) I 5 zeigten, nichts anderes als das „Bestandhaben-Können“ überhaupt, dessen kontradiktorische Entgegensetzung die Unmöglichkeit des Gesetztseins bzw. die Notwendigkeit des Aufgehobenseins überhaupt ist. Ohne diese Möglichkeit des Gesetztseins (S ist) überhaupt, die ja, wie sich in der vorliegenden Arbeit mehrfach ergab, sowohl der Möglichkeit der aktualen extramentalen Existenz als auch der Möglichkeit des Gedachtseins einer auf Gegenstände zutreffenden begrifflichen Struktur voraufgeht, gäbe es überhaupt kein „Ding“ (àay"), folglich auch keine Bejahung und Verneinung. Auch wenn Ibn SÊn§ die Bedeutung des „Seienden“ ausdrücklich als Antwort auf das „Ob-esist“ und nicht als eine solche auf das „Was-es-ist“ verstanden wissen will,30 ist die Washeit für die Aufklärung des mit dem Wort „mawÆåd“ Bedeuteten deswegen unumgänglich, weil, wie die Analyse von al-"Il§hÊy§t (Metaphysik) I 5 des Kit§b aà-àif§" ja ergab, der Zusammenhang zwischen den beiden Hinsichten auf das transzendentale
29 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 5, S. 34, Z. 15 – S. 35. 2, (=Liber de philosophia prima I 5, S. 40, Z. 46-53; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 27, Z. 24-31). 30 Vgl. die bereits zitierte Textstelle aus Ris§lat "aÆwibah #an #aàr mas§"il (Antworten auf zehn Fragen), in: Les opuscules d’Ibn Sina (Ibn Sina Risâleleri) II, éd. par H. Z. Ülken, S. 82, Z. 11-15: „Denn das ‘Seiende’ wird durch sich selbst erfaßt und ist der einfachste ("absaãu) und erste aller Begriffe, es ist durch sich selbst bekannt. Sollte es [d. h. das ‘Seiende’] [aktual] zum Gegenstand des taßawwur gemacht werden, so geschieht dies nur in der Ordnung des Aufmerksam-Machens (#al§ sabÊli t-tanbÊhi), in der es entweder durch ein Synonym wie ‘Existierendes’ (t§bit) und ‘Vorhandenes’ (ȧßil), oder durch seine [d. h. des ‘Seienden’] [‘Als-ob’-]Teile wie Substanz, Akzidens und Ähnliches bekannt gemacht wird. In Wirklichkeit jedoch ist das ‘Seiende’ ein Durch-sich-selbst-Erfaßtes, nämlich das ‘Ob-es-ist’ und nicht das ‘Was-es-ist’.“ Zum arabischen Text vgl. Anm. 38 (Vierter Teil).
met. als wissenschaft vom transzendental allgemeinen 403 „Seiende“ als ein Verhältnis „gegenseitiger Folgen“ (mutal§zim§n)31 erkannt wird: „Das, wodurch etwas das ist, was es ist“ (huwa bi-h§ m§ huwa) und „Daß es ist“ ("innahå mawÆådun) sind zwei aufeinander nicht zurückführbare, einander jedoch notwendig folgende (mutal§zim§n) Hinsichten auf ein und dasselbe Subjekt, nämlich auf den allen so-und-so bestimmten Seienden transzendental gemeinsamen Begriff des Seienden. Alles, was sich hinsichtlich dessen, was es denn von sich selbst her ist, als ein durch sich selbst bestimmtes Etwas/Ding (àay") zeigt, zeigt sich auch notwendigerweise von einem anderen Gesichtspunkt her, nämlich von dem des einfachen „Ob-esist“ als mawÆåd (das, was extramental Bestand haben kann). Und umgekehrt: Alles, was in die dem ontologisch Unmöglichen entgegengesetzte Menge des „Seienden“ (S ist) fällt, hat auch notwendigerweise von sich selbst her ein je „spezifisches Sein“ (al-wuÆådu l-ɧßß). Die beiden transzendentalen Bestimmungen mawÆåd und àay" sind also jene ersten Möglichkeitsbedingungen aller weiterführenden Erkenntnis, welche alle „Teile“ der mannigfaltigen Realität – die im weiteren Sinne alles Nichtwidersprüchliche umfaßt – in ihrer Gemeinsamkeit (dem Gesetzt-Sein: S ist) und ihrer jeweiligen Differenz („dem spezifischen Sein“) erkennen lassen. Es hat sich ferner gezeigt, daß es die formale und dem Verstand a priori gegebene Unterscheidung des „Was-“ und des „Daß-Seins“ ist, die nach Ibn SÊn§ die modale Aufteilung des transzendentalen „Seienden“ erst ermöglicht. Denn erst hierbei kann von einer für den Verstand unterscheidbaren „Zweiheit“ gesprochen werden, deren Beziehung dann anhand des Kriteriums der „An-sich“-Inhärenz als „notwendig“ bzw. „beiläufig“ (#ara·Ê, akzidentell, kontingent) disjunktiv bestimmbar wäre. Das, was wesensnotwendig Aktualität hat, wird als das durch sich selbst Notwendigseiende erfaßt. Sein Wirklichkeitsmodus erzwingt sowohl dessen schlechthinnige Einfachheit (bas§ãah),32 als auch dessen numerische Einheit oder eben Einzigkeit (waÈd§nÊyah). Das, was im Gegensatz zum notwendigen Seienden (Gott) wesensnotwendig als das, was es von sich selbst her ist, keine Wirklichkeit hat, wird hingegen als durch sich selbst bloß Mögliches, sodann als 31 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 5, S. 34, Z. 9-10, (=Liber de philosophia prima I 5, S. 39, Z. 37-39; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 27, Z. 13-16). 32 Vgl. dazu an-NaƧh fÊ l-manãiq wa-l-"il§hÊy§t, Teil III (Metaphysik), „Abschnitt über die Einfachheit des Notwendigen“ (faßlun fÊ bas§ãati l-w§Æibi), S. 80, Z. 15 – S. 81, Z. 11.
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schlusswort
„Bedürftiges“ und auf die außerhalb seiner selbst liegende Ursache notwendig Angewiesenes begriffen. Sein Wirklichkeitsmodus kann daher im Unterschied zu dem des ersten Seienden (Gott) vom Verstand als eine Zusammensetzung von Wesenheit und Sein nach dem Schema von Kontingenz durch sich selbst und Notwendigkeit durch ein anderes erfaßt werden, ohne damit, wie die Untersuchungen eindeutig ergaben, eine reale Verschiedenheit von Wesenheit und Sein im aktualen Seienden zu behaupten. Alles Seiende wird damit notwendig in Mögliches und Notwendiges eingeteilt. Daß diese Einteilung a priori aus dem Begriff des Seienden erfolgt, basiert aber, wie schon erörtert, darauf, daß nach Ibn SÊn§ die transzendentalen Modi „Notwendigkeit“ und „Möglichkeit“ ohne weitere Voraussetzungen als dem Begriff des Seienden als solchen zukommende Bestimmungen erkannt werden können. Hinsichtlich des Wissens von jenem besonderen Seienden, das zum hauptsächlichen Ziel der Ersten Philosophie bestimmt wurde, zeigt sich nun erneut in aller Klarheit, daß sein Fundament, der Erweis der Existenz dieses besonderen Seienden (Gottesbeweis), keiner gegenüber dem Subjekt der Metaphysik „späteren“ Erkenntnisse bedarf, sondern a priori aus dem Begriff des Seienden gewonnen werden kann. Das Wissen vom ersten Seienden wird damit in nichts Geringerem als in jenem ersten Prinzip, dem Begriff vom Seienden als solchen, fundiert, das uns ein jedes Seiendes als Seiendes erkennen läßt. Oder anders gewendet: Das Wissen vom ersten und notwendigen Seienden ist für den Menschen nur dann möglich, wenn er zunächst die Frage nach den transzendentalen Prinzipien der Erkenntnis von Seiendem überhaupt stellt. Sollte also Gott Gegenstand menschlicher Erkenntnis sein, so kann unser Wissen von Ihm, ungeachtet der eingeräumten Eingeschränktheit des menschlichen Verstandes, nur durch jene Prinzipien konstituiert sein, die Möglichkeitsbedingungen unserer Erkenntnis vom Seienden überhaupt sind. Denn allein solches vermag als seiner jeweiligen Differenz, dem „spezifischen Sein“ (al-wuÆådu l-ɧßß) nach Eines und von anderen Abgegrenztes erfaßt zu werden, das die allem gemeinsame Möglichkeitsbedingung des Gesetzt-Seins (S ist; al-wuÆådu l-"itb§tÊ) erfüllt. Die Konsequenzen der ibn-sinischen Kritik hinsichtlich der Subjektsbestimmung der Ersten Philosophie sind beträchtlich: Insofern die Metaphysik zum Subjekt nicht ein bestimmtes Seiendes, sondern
met. als wissenschaft vom transzendental allgemeinen 405 nur einen ersterkannten, allem Seienden differenzübergreifend gemeinsamen Begriff haben kann, ist sie dem Konzept des islamischen Philosophen zufolge eine der Sache nach transzendentale Wissenschaft, die sich um die transzendentalen Eigenschaften des „Seienden als solchen“ bemüht. In #Uyån al-Èikmah (Quellen der Weisheit), einer der zahlreichen von Ibn SÊn§ verfaßten kleineren Enzyklopädien der theoretischen Wissenschaften, heißt es daher knapp: „Das Subjekt der Ersten Philosophie ist das ‘Seiende insofern es Seiendes ist‘. Ihr Ziel aber sind die Eigenschaften des ‘Seienden, insofern es Seiendes ist’, wie die ‘Einheit’ (al-waÈdah) und die ‘Vielheit’ (al-katrah), die ‘Kausalität’ (al-#illÊyah) etc.“33
Neben den hier erwähnten Begriffen der Einheit und Vielheit, der Ursache und des Verursachten, wären nach Ibn SÊn§, wie bereits gesehen, auch Bestimmungen wie „Möglichkeit“ ("imk§n) und „Notwendigkeit“ (wuÆåb/·arårah), „Akt“ (al-fi#l) und „Potenz“ (al-qåwah) als der Sache nach disjunktive Transzendentalien aufzufassen. Zur Aufgabe der Ersten Philosophie als Wissenschaft von den transzendentalen Bestimmungen gehört also nicht nur die Explikation des „Seienden“ und der Eigenschaften, die die gleiche Extension wie das Subjekt der Metaphysik aufweisen und mit ihm daher vertauschbar (konvertibel) sind – dazu zu rechnen wären dem islamischen Philosophen zufolge explizit das „Eine“34 und das „Gute“
33 Ibn SÊn§: #Uyån al-Èikmah, Reprint (Frankfurt 1999) der Edition von H. Z. Ülken (Ankara 1953) in: Les opuscules d’Ibn Sina (Ibn Sina Risâleleri) I, S. 41, Z. 62-64; in der Edition von #Abd ar-RaÈm§n BadawÊ (Kairo 1954), S. 47, Z. 14-15:
ﻭﺍﻟﻔﻠﺴﻔﺔ ﺍﻻﻭﻟﻰ ﻣﻮﺿﻮﻋﻬﺎ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﺑﻤﺎ ﻫﻮ ﻣﻮﺟﻮﺩ ﻭﻣﻄﻠﻮﺑﻬﺎ ﺍﻻﻋﺮﺍﺽ ﻟﻠﻤﻮﺟﻮﺩ ﺑﻤﺎ ﻫﻮ ﻣﻮﺟﻮﺩ ﻣﺜﻞ ﺍﻟﻮﺣﺪﺓ . ﻭﺍﻟﻜﺜﺮﺓ ﻭﺍﻟﻌﻠﻴﺔ ﻭﻏﻴﺮ ﺫﻟﻚ
34 Vgl. die im Vierten Teil, Kapitel II, 3. bereits zitierte Stelle: Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t VII 1, S. 303, Z. 6-8, (=Liber de philosophia prima VII 1, S. 349, Z. 9-13; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 236, Z. 9-14):
ﺍﻟﻮﺍﺣﺪ ﻭﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﻗﺪ ﻳﺘﺴﺎﻭﻳﺎﻥ ﻓﻲ ﺍﻟﺤﻤﻞ ﻋﻠﻰ ﺍﻷﺷﻴﺎﺀ ﺣﺘﻰ ﺃﻥ ﻛﻞ ﻣﺎ ﻳﻘﺎﻝ ﺇﻧﻪ ﻣﻮﺟﻮﺩ ﺑﺎﻋﺘﺒﺎﺭ ﻳﺼﺢ ﺃﻥ ﻳﻘﺎﻝ . ﻭﻛﻞ ﺷﻲﺀ ﻓﻠﻪ ﻭﺟﻮﺩ ﻭﺍﺣﺪ ﻭﻟﺬﻟﻚ ﺭﺑﻤﺎ ﻇﻦ ﺃﻥ ﺍﻟﻤﻔﻬﻮﻡ ﻣﻨﻬﻤﺎ ﻭﺍﺣﺪ ﻭﻟﻴﺲ ﻛﺬﻟﻚ، ﻟﻪ ﺇﻧﻪ ﻭﺍﺣﺪ ﺑﺎﻋﺘﺒﺎﺭ
Scias autem quod unum et ens iam parificantur in praedicatione sui de rebus, ita quod, de quocumque dixeris quod est ens uno respectu, illud potest esse unum alio respectu. Nam quicquid est, unum est, et ideo fortasse putatur quia id quod intelligitur de utroque sit unum et idem, sed non est ita.
406
schlusswort
(al-Éayr)35 – sondern auch die Explikation der disjunktiven Bestimmungen. Ihr Potential für eine abschließbare „Entfaltung“ des formalen, allem gemeinsamen Begriffes des Seienden wurde von Ibn SÊn§ offenkundig in aller Klarheit erkannt. Denn, wie bereits dargelegt, sind es eben diese einander entgegengesetzten und daher einzeln jeweils eine geringere Extension als das „Seiende“ aufweisenden Transzendentalien, die seine erste und abschließbare „Aufteilung“ und also Bestimmung ermöglichen. Das transzendente Seiende wird dabei als jenes „in jeder Hinsicht Notwendigseiende“ (w§Æibu l-wuÆådi min ÆamÊ#i Æih§tihÊ)36 erkannt, dem es als solchem und im Vgl. auch an-NaƧh fÊ l-manãiq wa-l-"il§hÊy§t, Teil III (Metaphysik), faßlun fÊ mus§waqati l-w§Èidi wa-l-mawÆådi … (Kapitel über das gegenseitige Folgeverhältnisses des „Einen“ und des „Seienden“…), S. 47, Z. 12:
… ﻓﻴﺼﺢ ﺃﻥ ﻳﻘﺎﻝ ﻟﻪ ﻭﺍﺣﺪ، ﻭﻟﻤﺎ ﻛﺎﻥ ﻛﻞ ﻣﺎ ﻳﺼﺢ ﻋﻠﻴﻪ ﻗﻮﻟﻨﺎ ﺃﻧﻪ ﻣﻮﺟﻮﺩ
35
Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t VIII 6, S. 355, Z. 11 – S. 356, Z. 1, (=Liber de philosophia prima VIII 6, S. 412, Z. 62 – S. 413, Z. 1; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 283, Z. 26 – S. 284, Z. 5):
ﺃﻭ ﻛﻤﺎﻝ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﻣﻦ ﺑﺎﺏ، … ﻭﺍﻟﺨﻴﺮ ﺑﺎﻟﺠﻤﻠﺔ ﻫﻮ ﻣﺎ ﻳﺘﺸﻮﻗﻪ ﻛﻞ ﺷﻲﺀ ﻭﻣﺎ ﻳﺘﺸﻮﻗﻪ ﻛﻞ ﺷﻲﺀ ﻫﻮ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﻓﻴﻜﻮﻥ، ﺑﻞ ﻣﻦ ﺣﻴﺚ ﻳﺘﺒﻌﻪ ﻭﺟﻮﺩ ﺃﻭ ﻛﻤﺎﻝ ﻟﻠﻮﺟﻮﺩ، ﻭﺍﻟﻌﺪﻡ ﻣﻦ ﺣﻴﺚ ﻫﻮ ﻋﺪﻡ ﻻ ﻳﺘﺸﻮﻕ ﺇﻟﻴﻪ.ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﻓﺎﻟﺨﻴﺮ ﺑﺎﻟﺠﻤﻠﺔ ﻫﻮ ﻣﺎ ﻳﺘﺸﻮﻗﻪ ﻛﻞ ﺷﻲﺀ. ﻓﺎﻟﻮﺟﻮﺩ ﺧﻴﺮ ﻣﺤﺾ ﻭﻛﻤﺎﻝ ﻣﺤﺾ، ﺍﻟﻤﺘﺸﻮﻕ ﺑﺎﻟﺤﻘﻴﻘﺔ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﻓﺎﻟﻮﺟﻮﺩ. ﺃﻭ ﻋﺪﻡ ﺻﻼﺡ ﻟﺤﺎﻝ ﺍﻟﺠﻮﻫﺮ، ﺑﻞ ﻫﻮ ﺇﻣﺎ ﻋﺪﻡ ﺍﻟﺠﻮﻫﺮ، ﻭﺍﻟﺸﺮ ﻻ ﺫﺍﺕ ﻟﻪ، ﺣﺪﻩ ﻭﻳﺘﻢ ﺑﻪ ﻭﺟﻮﺩﻩ ﻓﻲ ﹼ . ﻭﻛﻤﺎﻝ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﺧﻴﺮﻳﺔ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ، ﺧﻴﺮﻳﺔ
… et bonitas est id quod [im Text: et bonitatem, vgl. dazu den lateinisch-arabischen Apparat (62)] desiderat omnino quicquid est; id autem quod desiderat omnis res est esse et perfectio esse, inquantum est esse; privatio vero, inquantum est privatio, non desideratur nisi inquantum eam sequitur esse et perfectio. Id igitur quod vere desideratur est esse, et ideo esse est bonitas pura et perfectio pura. Et omnino bonitas est id quod desiderat omnis res iuxta modulum suum, quoniam per eam perficitur eius esse; malitia vero non habet essentiam, sed est vel privatio substantiae vel privatio utilitatis dispositionis substantiae. Igitur esse est bonitas et perfectio essendi est bonitas essendi. Vgl. dazu auch an-NaƧh fÊ l-manãiq wa-l-"il§hÊy§t, Teil III (Metaphysik), „Abschnitt darüber, daß das an sich Notwendigseiende absolut gut ist“ (faßlun fÊ "anna w§Æiba l-wuÆådi bi-d§tihÊ Éayrun maÈ·un), S. 82, Z. 1-12; wie auch at-Ta#lÊq§t, S. 77, Z. 17-19. 36 Vgl. dazu Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 6, S. 37, Z. 12, (=Liber de philosophia prima I 6, S. 43, Z. 15-16; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 30, Z. 8-10):
. ﻭﺇﻥ ﻭﺍﺟﺐ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﺑﺬﺍﺗﻪ ﻭﺍﺟﺐ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﻣﻦ ﺟﻤﻴﻊ ﺟﻬﺎﺗﻪ
Et quod necesse esse per se est necesse omnibus suis modis. Vgl. ferner an-NaƧh fÊ l-manãiq wa-l-"il§hÊy§t, Teil III (Metaphysik), faßlun fÊ "anna l-w§Æiba t§mmun wa-laysa lahå ȧlatun muntaíaratun (Kapitel darüber, daß
met. als wissenschaft vom transzendental allgemeinen 407 Unterschied zu allen anderen Seienden widerspricht, vervielfältigt zu sein. Alle diesem göttlichen Einzelseienden zukommenden Attribute, auch die durch die Offenbarung im Qur"§n gesicherten, müssen der genannten „Notwendigkeit in jeder Hinsicht“ genügen, 37 und können daher nur transkategorial als „Vollkommenheiten“ (kam§l§t)38 verstanden werden, auch wenn ihnen zugleich jegliche
das Notwendig[seiende] vollkommen ist, und daß ihm schlechthin nichts zukommt, was der Potenz nach wäre), S. 81, Z. 13, sowie auch at-Ta#lÊq§t, S. 175, Z. 26-28. 37 Vgl. an-NaƧh fÊ l-manãiq wa-l-"il§hÊy§t, Teil III (Metaphysik), faßlun fÊ "anna l-w§Æiba t§mmun wa-laysa lahå ȧlatun muntaíaratun (Kapitel darüber, daß das Notwendig[seiende] vollkommen ist, und daß ihm schlechthin nichts zukommt, was der Potenz nach wäre), S. 81, Z. 12-13, 18-21: „Wir sagen: das durch sich selbst Notwendigseiende ist in jeder Hinsicht Notwendigseiendes … Daraus zeigt sich, daß dem Sein des Notwendigseienden kein späteres Sein (wuÆådun muntaíar) folgen (yata"aÉÉaru) kann, ihm [d. h. dem Notwendigseienden] ist vielmehr alles, was ihm möglich ist, notwendig. Bei ihm kann es also weder einen ihm später folgenden [weil noch nicht aktualen] Willen, noch eine ihm später folgende Natur, noch ein ihm später folgendes Wissen geben, noch kann irgendeines der ihm wesentlich zukommenden Attribute ein ihm später Folgendes sein.“
. ﻓﺼﻞ ﻓﻲ ﺃﻥ ﺍﻟﻮﺍﺟﺐ ﺗﺎﻡ ﻭﻟﻴﺲ ﻟﻪ ﺣﺎﻟﺔ ﻣﻨﺘﻈﺮﺓ
ﺇﻥ ﻭﺍﺟﺐ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﺑﺬﺍﺗﻪ ﻭﺍﺟﺐ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﺑﺠﻤﻴﻊ ﺟﻬﺎﺗﻪ … ﻓﺒﻴﻦ ﻣﻦ ﻫﺬﺍ ﺃﻥ ﻭﺍﺟﺐ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﻻ ﻳﺘﺄﺧﺮ: ﻭﻧﻘﻮﻝ ، ﻭﻻ ﻃﺒﻴﻌﺔ ﻣﻨﺘﻈﺮﺓ، ﻓﻼ ﻟﻪ ﺇﺭﺍﺩﺓ ﻣﻨﺘﻈﺮﺓ. ﺑﻞ ﻛﻞ ﻣﺎ ﻫﻮ ﻣﻤﻜﻦ ﻟﻪ ﻓﻬﻮ ﻭﺍﺟﺐ ﻟﻪ، ﻋﻦ ﻭﺟﻮﺩﻩ ﻭﺟﻮﺩ ﻣﻨﺘﻈﺮ . ﻭﻻ ﺻﻔﺔ ﻣﻦ ﺍﻟﺼﻔﺎﺕ ﺍﻟﺘﻲ ﺗﻜﻮﻥ ﻟﺬﺍﺗﻪ ﻣﻨﺘﻈﺮﺓ، ﻭﻻ ﻋﻠﻢ ﻣﻨﺘﻈﺮ
Vgl. dazu ferner at-Ta#lÊq§t, S. 52, Z. 17 – S. 53, Z. 14. Dort formuliert Ibn SÊn§ im Anschluß an die Kritik an den Mu#taziliten – sie würden Gott Eigenschaften wie z. B. „Gerechtigkeit“, „Wissen“, „Weisheit“ oder „Macht“ zusprechen, die jedoch ursprünglich Tugenden (fa·§"il) und Bestzustände (kam§l§t) des Menschen bezeichnen und deren Bedeutungen daher stets Mangelhaftigkeit (nuqߧn) implizieren und also keine absolute Aktualität aufweisen können – den folgenden Satz (S. 53, Z. 10): „Es ist also notwendig, daß alles in Ihm [dem Ersten] notwendig und aktual sein muß.“
. ﻓﻴﺠﺐ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﻛﻞ ﺷﻲﺀ ﻓﻴﻪ ]ﻓﻲ ﺍﻷﻭﻝ[ ﻭﺍﺟﺒ ﹰﺎ ﻭﺑﺎﻟﻔﻌﻞ
In at-Ta#lÊq§t (S. 184, Z. 20-22) heißt es auch: „Das durch sich selbst Notwendigseiende impliziert an sich, daß es eines ist, so daß es überhaupt keine Vielheit aufnehmen kann, denn es hat weder für sein Sein, noch für seine Eigenschaften, noch für das, was ihm folgt, eine Ursache. Es ist somit ein in all seinen Aspekten Notwendiges.“
ﺇﺫ ﻻ ﺳﺒﺐ ﻟﻪ ﻓﻲ ﻭﺟﻮﺩﻩ، ﻓﻼ ﻳﻜﻮﻥ ﻗﺎﺑﻼ ﻟﻜﺜﺮﺓ ﺃﺻﻼ، ﻭﺍﺟﺐ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﺑﺬﺍﺗﻪ ﻳﻘﺘﻀﻰ ﺑﺬﺍﺗﻪ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﻭﺍﺣﺪﺍ . ﻓﻬﻮ ﻭﺍﺟﺐ ﻣﻦ ﺟﻤﻴﻊ ﺟﻬﺎﺗﻪ، ﻭﻻ ﻓﻲ ﺻﻔﺎﺗﻪ ﻭﻻ ﻓﻲ ﻟﻮﺍﺯﻣﻪ
38 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t VIII 6, S. 355, Z. 6, (=Liber de philosophia prima VIII 6, S. 412, Z. 56; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 283, Z. 17). Eine Zusammenfassung der Darstellung der zentralen Attribute
408
schlusswort
Gemeinsamkeit in der Prädikation abgesprochen werden muß.39 Daß sich Ibn SÊn§ der Transzendentalität der göttlichen Attribute bewußt ist, zeigt sich in aller Klarheit darin, daß er die Abgrenzung der Bedeutungen dieser Bestimmungen von dem, was zwar durch das jeweils gleiche Sprachzeichen bezeichnet wird, jedoch auf kategorial eingeschränkte Dinge (Menschen) bezogen ist, für zwingend erforderlich hält. So heißt es z. B. in at-Ta#lÊq§t: „Der Begriff des durch sich selbst Notwendigseienden meint ‘daß es die Notwendigkeit selbst (nafsu l-w§ÆibÊyati) ist’, und ‘daß sein Sein ein ihm an sich Zukommendes ist’ (wuÆåduhå bi-d-d§ti), und ‘daß alle seiner Attribute aktual sind und weder Potenz (qåwah), noch Möglichkeit ("imk§n), noch Bereitschaft (isti#d§d) in sich enthalten’. Wenn wir also sagen: ‘Er hat freien Willen [wörtlich: Er ist in seinem Wirken frei-wählend] (muÉt§r)’ und ‘Er ist [all]mächtig (q§dir)’, meinen wir, ‘daß Er aktual so ist, immer war und immer sein wird’ (lam yazal wa-l§ yaz§lu), und meinen damit nicht das, was die Leute unter diesen Begriffen zu verstehen gewohnt sind. Denn ‘das, was freien Willen hat’ (muÉt§r) meint der allgemeinen Übereinkunft nach ‘das, was dem Vermögen nach so ist und eines Anlasses (muraÆÆiÈ) bedarf, nämlich eines ihn dazu veranlassenden inneren oder äußeren Beweggrundes, der seinen freien Willen aktualisiert’. Der ‘Freien-Willen-Habende’ (al-muÉt§r) in Bezug auf uns ist also ein solcher, der darin gleichsam gezwungen ist, in Bezug auf den Ersten aber gibt es keinen Beweggrund, der Ihn zu seinem freien Willen veranlassen würde, außer sein Selbst und seine Güte, Er kann also nicht ein dem Vermögen nach Freien-Willen-Habender gewesen und dann ein solcher der Wirklichkeit nach geworden sein, sondern Er ist immer schon ein einen freien Willen Habender gewesen. Das heißt, daß Er das, was er tut, aus freiem Willen tut, und daß sein Tun ausschließlich um seiner Selbst und der Güte seiner Selbst willen geschieht … Ebenfalls meinen wir, wenn wir sagen: ‘Er ist [all]mächtig/vermögend (q§dir)’, ‘daß Er dies der Wirklichkeit nach ist, immer war und immer sein wird’ (lam yazal wa-l§ yaz§lu), und nicht das, was die Menschen im allgemeinen unter diesem auf uns [Menschen] bezogenen Begriff verstehen …“40 Gottes auf Grundlage des ibn-sinischen Traktates ar-Ris§lah al-#aràÊyah fÊ tawÈÊdihÊ ta#§la wa-ßif§tihÊ findet sich in E. Meyer: Philosophischer Gottesglaube, S. 245ff. 39 Neben der bereits erwähnten Stelle aus at-Ta#lÊq§t (S. 52, Z. 17 – S. 53, Z. 14) wäre hierzu auch Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t VIII 6 und VIII 7, (=Liber de philosophia prima VIII 6 und VIII 7) zu nennen. 40 at-Ta#lÊq§t, S. 50, Z. 23 – S. 51, Z. 3:
ﻭﺃﻥ ﻛﻞ ﺻﻔﺔ ﻣﻦ ﺻﻔﺎﺗﻪ ﺑﺎﻟﻔﻌﻞ ﻟﻴﺲ ﻓﻴﻬﺎ، ﻭﺃﻥ ﻭﺟﻮﺩﻩ ﺑﺬﺍﺗﻪ، ﻣﻌﻨﻰ ﻭﺍﺟﺐ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﺑﺬﺍﺗﻪ ﺃﻧﻪ ﻧﻔﺲ ﺍﻟﻮﺍﺟﺒﻴﺔ ، ﺇﻧﻪ ﻣﺨﺘﺎﺭ ﻭﺇﻧﻪ ﻗﺎﺩﺭ ﻓﺈﻧﻪ ﻧﻌﻨﻰ ﺑﻪ ﺃﻧﻪ ﺑﺎﻟﻔﻌﻞ ﻛﺬﻟﻚ ﻟﻢ ﻳﺰﻝ ﻭﻻ ﻳﺰﺍﻝ: ﻓﺈﺫﺍ ﻗﻠﻨﺎ. ﻗﻮﺓ ﻭﻻ ﺇﻣﻜﺎﻥ ﻭﻻ ﺍﺳﺘﻌﺪﺍﺩ ﻳﺨﺮﺝ، ﻓﺈﻥ ﺍﻟﻤﺨﺘﺎﺭ ﻓﻲ ﺍﻟﻌﺮﻑ ﻫﻮ ﻣﺎ ﻳﻜﻮﻥ ﺑﺎﻟﻘﻮﺓ ﻭﻳﺤﺘﺎﺝ ﺇﻟﻰ ﹸﻣﺮ ﹼﺟﺢ: ﻭﻻﻧﻌﻨﻰ ﺑﻪ ﻣﺎ ﻳﺘﻌﺎﺭﻓﻪ ﺍﻟﻨﺎﺱ ﻣﻨﻬﻤﺎ ﹶ
met. als wissenschaft vom transzendental allgemeinen 409 Seine Ausführungen in al-"Il§hÊy§t (Metaphysik) VIII 741 darüber, daß das Notwendigseiende als Inbegriff (Maximum: fÊ Ç§yatin) der Vollkommenheit (kam§l) und der Schönheit (Æam§l; bah§"), als das im höchsten Maße Liebende und Geliebte ("a#íamu #§àiqin wama#àåqin) sowie als das, was höchstes Objekt des Genusses und selbst im Zustand des Genießens ist ("af·alu l§ddin wa-multaddin), gedacht werden muß, und daß diese „Maxima“ allein dem Notwendigseienden zukommen können, womit eine Gemeinsamkeit mit anderen Seienden diesbezüglich schlechthin ausgeschlossen wird (wa-yakånu d§lika "amran l§ yuq§su "ilayhi àay"un)42, beendet Ibn SÊn§ mit dem Hinweis darauf, daß wir über keine besonderen Sprachzeichen für die gemeinten Vollkommenheiten verfügen: „Für diese begrifflichen Strukturen haben wir keine außer diesen Namen, sollte jemand daran Anstoß nehmen, möge er andere verwenden.“43
Damit weist Ibn SÊn§ explizit auf den notwendig nichtunivoken Gebrauch der entsprechenden Sprachzeichen hin, deren jeweils andere Bedeutungen ja ausschließlich auf den Bereich des unvoll-
ﻓﻴﻜﻮﻥ ﺍﻟﻤﺨﺘﺎﺭ ﻣﻨﺎ ﻣﺨﺘﺎﺭﺍ ﻓﻲ ﺣﻜﻢ. ﺍﺧﺘﻴﺎﺭﻩ ﺇﻟﻰ ﺍﻟﻔﻌﻞ ﺇﻣﺎ ﺩﺍ ﹴﻉ ﻳﺪﻋﻮﻩ ﺇﻟﻰ ﺫﻟﻚ ﻣﻦ ﺫﺍﺗﻪ ﺃﻭ ﻣﻦ ﺧﺎﺭﺝ ﻭﻟﻢ ﻳﻜﻦ ﻣﺨﺘﺎﺭﺍ ﺑﺎﻟﻘﻮﺓ ﺛﻢ ﺻﺎﺭ ﻣﺨﺘﺎﺭﺍ، ﻭﺍﻷﻭﻝ ﻓﻲ ﺍﺧﺘﻴﺎﺭﻩ ﻟﻢ ﻳﺪﻋﻪ ﺩﺍ ﹴﻉ ﺇﻟﻰ ﺫﻟﻚ ﻏﻴﺮ ﺫﺍﺗﻪ ﻭﺧﻴﺮﻳﺘﻪ، ﻣﻀﻄﺮ : ﻭﻣﻌﻨﺎﻩ ﺃﻧﻪ ﻟﻢ ﻳﺨﺘﺮ ﻏﻴﺮ ﻣﺎ ﻓﻌﻠﻪ ﻭﺇﻧﻤﺎ ﻓﻌﻠﻪ ﻟﺬﺍﺗﻪ ﻭﺧﻴﺮﻳﺔ ]ﻓﻲ ﺍﻟﻤﺘﻦ. ﺑﻞ ﻟﻢ ﻳﺰﻝ ﻛﺎﻥ ﻣﺨﺘﺎﺭﺍ ﺑﺎﻟﻔﻌﻞ، ﺑﺎﻟﻔﻌﻞ ﺧﻴﺮﻳﺘﻪ[ ﺫﺍﺗﻪ ﻻ ﻟﺪﺍﻉ ﺁﺧﺮ … ﻭﻛﺬﻟﻚ ﻣﻌﻨﻰ ﻗﻮﻟﻨﺎ ﺇﻧﻪ ﻗﺎﺩﺭ ﺃﻧﻪ ﺑﺎﻟﻔﻌﻞ ﻛﺬﻟﻚ ﻟﻢ ﻳﺰﻝ ﻭﻻ ﻳﺰﺍﻝ ﻭﻻ ﻳﻌﻨﻰ ﺑﻪ ﻣﺎ . ﻳﺘﻌﺎﺭﻓﻪ ﺍﻟﺠﻤﻬﻮﺭ ﻓﻲ ﺍﻟﻘﺎﺩﺭﻣﻨﺎ 41 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t VIII 7, S. 369, Z. 4-10, (=Liber de philosophia prima VIII 7, S. 431, Z. 62 – S. 432, Z. 75; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 297, Z. 17-32). 42 Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t VIII 7, S. 369, Z. 8-9, (=Liber de philosophia prima VIII 7, S. 432, Z. 73: et hoc est in quo nihil comparatur ei). 43 Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t VIII 7, S. 369, Z. 9-10, (=Liber de philosophia prima VIII 7, S. 432, Z. 73-75:
. ﻓﻤﻦ ﺍﺳﺘﺒﺸﻌﻬﺎ ﺍﺳﺘﻌﻤﻞ ﻏﻴﺮﻫﺎ، ﻭﻟﻴﺲ ﻋﻨﺪﻧﺎ ﻟﻬﺬﻩ ﺍﻟﻤﻌﺎﻧﻰ ﺃﺳﺎﻡ ﻏﻴﺮ ﻫﺬﻩ ﺍﻷﺳﺎﻣﻰ
Hae autem intentiones non habent alia nomina nisi haec, sed quisquis respuerit haec, inducat alia, si potest. Vgl. dazu auch at-Ta#lÊq§t, S. 157, Z. 27 – S. 158, Z. 8, sowie die parallele Textstelle aus an-NaƧh fÊ l-manãiq wa-l-"il§hÊy§t, Teil III (Metaphysik), faßlun fÊ "annahå bi-d§tihÊ ma#àåqun wa-#§àiqun wa-ladÊdun wa-multaddun, (Kapitel darüber, daß Er an sich Geliebter und Liebender, Objekt des Genusses und selbst im Zustand des Genießens ist), S. 101, Z. 17-18.
410
schlusswort
kommenen und an sich nur möglichen Seienden bezogen sind.44 Entbehren aber die Attribute des göttlichen Einzelseienden jeglicher Gemeinsamkeit in der Prädikation, so hebt dies – wie bereits gesagt – ihre Transkategorialität keineswegs auf. Denn sie sind – und daran zeigt sich in aller Deutlichkeit der Primat der Intension solcher Transzendentalien gegenüber ihrer Extension – nicht deswegen transzendental, weil eine bestimmte Menge an Seienden, oder gar alle Seienden sie gattungsübergreifend verwirklichen. Ihre Transzendentalität gründet vielmehr in ihrem bloßen Gehalt als solchem und wird auch dann nicht bedroht, wenn sie, wie im vorliegenden Fall, nur einem einzigen zukommen können. In seinem späteren Werk Manãiq al-maàriqÊyÊn führt Ibn SÊn§ auf Grundlage des Verhältnisses des jeweiligen Wissenschaftssubjekts zu Materie und Bewegung eine, wie er selbst vermerkt, ungewöhnliche Vierteilung der theoretischen Wissenschaften durch,45 und nennt neben der Physik und der Mathematik zwei weitere, durch ihre Subjektgattung voneinander jeweils abgegrenzten Wissenschaften, die „göttliche“ (#ilmun "il§hÊ) und die „allgemeine“ (#ilmun kullÊ).46 Diese Textstelle enthält zwar keine weiteren Ausführungen, ist aber dennoch bemerkenswert. Denn die dem Subjekt der allgemeinen Wissenschaft folgenden Bestimmungen werden dort mit dem in der Scholastik zum ersten Mal von Thomas von Aquin verwendeten Separationsurteil,47 von dem jedoch – wie schon gezeigt wurde48 – viel früher bereits al-F§r§bÊ49 Gebrauch macht, charakterisiert:
44
Eine solch explizite Äußerung findet sich auch bereits bei al-F§r§bÊ. Vgl. dazu z. B. Kit§b al-Æam# bayna ra"yay al-hakÊmayn, Ed. Dieterici, S. 28, Z. 14ff. 45 Vgl. Ibn SÊn§: Manãiq al-maàriqÊyÊn, (Edition: Kairo 1328/1910), S. 6, Z. 11 – S. 7, Z. 7. 46 Vgl. ebd., S. 7, Z. 4-7:
ﻭﻗﺪ ﺟﺮﺕ ﺍﻟﻌﺎﺩﺓ ﺑﺄﻥ ﻳﺴﻤﻰ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺑﺎﻟﻘﺴﻢ ﺍﻷﻭﻝ ) ﻋﻠﻤ ﹰﺎ. ﻛﺬﻟﻚ ﺃﻗﺴﺎﻡ ﺍﻟﻌﻠﻮﻡ ﺍﻟﻨﻈﺮﻳﺔ ﺃﺭﺑﻌﺔ ﻟﻜﻞ ﻗﺒﻴﻞ ﻋﻠﻢ ﻭﺇﻥ ﻟﻢ ﻳﻜﻦ، ( ﻭﺑﺎﻟﻘﺴﻢ ﺍﻟﺮﺍﺑﻊ )ﻛﻠﻴ ﹰﺎ، ( ﻭﺑﺎﻟﻘﺴﻢ ﺍﻟﺜﺎﻟﺚ ) ﺍﻟﻬﻴ ﹰﺎ، ( ﻭﺑﺎﻟﻘﺴﻢ ﺍﻟﺜﺎﻧﻲ ) ﺭﻳﺎﺿﻴ ﹰﺎ، ( ﻃﺒﻴﻌﻴ ﹰﺎ . ﻓﻬﺬﺍ ﻫﻮ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﺍﻟﻨﻈﺮﻱ. ﻫﺬﺍ ﺍﻟﺘﻔﺼﻴﻞ ﻣﺘﻌﺎﺭﻓ ﹰﺎ
47 Vgl. Thomas von Aquin: De Trinitate V 4, (ed. Friedrich-von-HardenbergInstitut, S. 229-230): „Alio modo sic quod non sit de ratione eius quod sit in materia et motu, sed possit esse sine materia et motu, quamvis quandoque inveniatur in materia et motu, et sic ens et substantia et potentia et actus sunt separata a materia et motu.“ Vgl. dazu L. Honnefelder: Der zweite Anfang der Metaphysik, S. 173ff. 48 Vgl. dazu Erster Teil, Kapitel II, 2, a). 49 Vgl. al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Maq§lah fÊ "aÇr§· m§ ba#d aã-ãabÊ#ah, ed. Dieterici 1890, S. 36, Z. 2-9.
met. als wissenschaft vom transzendental allgemeinen 411 „Was die Bestimmungen angeht, welche sowohl mit der Materie als auch ohne sie sein können, so gehören sie sowohl in die Menge dessen, was mit der Materie ist, wie auch in die Menge dessen, was ohne sie ist, wie die ‘Einheit’, die ‘Vielheit’, die ‘Allgemeinheit’ und die ‘Partikularität’, die ‘Ursache’ und das ‘Verursachte’.“50
Das „Seiende“ und seine Eigentümlichkeiten weisen ihren Begriffsgehalten nach eine dritte, nämlich indifferente Verhältnisart zu Materie und Bewegung51 auf und vermögen daher als begriffliche Bestimmungen die Grenze zwischen den beiden anhand dieses Kriteriums voneinander strikt unterschiedenen Bereichen der Seienden zu überbrücken. Die besonderen, von der Materie ganz und gar abgetrennten Seienden, wie Gott und die Engel52 können zwar, so viel ließe sich zumindest der knappen Stelle doch entnehmen, als Gegenstand einer Wissenschaft bestimmt werden, allerdings nicht der „allgemeinen“, vom „Seienden als Seienden“ handelnden. Denn insofern die „göttliche Wissenschaft“ so, wie sie dem Menschen möglich ist, zum Subjekt ein solches besonderes Seiendes hat, dessen Existenz sich für uns erst durch die „allgemeine Wissenschaft“ 50
Ibn SÊn§: Manãiq al-maàriqÊyÊn, (Edition: Kairo 1328/1910), S. 7, Z. 2-3:
، ﻓﺘﻜﻮﻥ ﻓﻲ ﺟﻤﻠﺔ ﻣﺎ ﻳﺨﺎﻟﻂ ﻭﻓﻲ ﺟﻤﻠﺔ ﻣﺎ ﻻ ﻳﺨﺎﻟﻂ، ﻭﺃﻣﺎ ﺃﻣﻮﺭ ﻭﻣﻌﺎﻥ ﻗﺪ ﺗﺨﺎﻟﻂ ﺍﻟﻤﺎﺩﺓ ﻭﻗﺪ ﻻ ﺗﺨﺎﻟﻄﻬﺎ . ﻣﺜﻞ ﺍﻟﻮﺣﺪﺓ ﻭﺍﻟﻜﺜﺮﺓ ﻭﺍﻟﻜﻠﻲ ﻭﺍﻟﺨﺰﺋﻲ ﻭﺍﻟﻌﻠﺔ ﻭﺍﻟﻤﻌﻠﻮﻝ
Die wohl ausführlichste Stelle hierzu findet sich im MadÉal (Einführung) I 2 des Kit§b aà-àif§", S. 12-14. Metaphysik wird hier als diejenige theoretische Wissenschaft bestimmt, die sich mit dem von der Bewegung Getrennten beschäftigt, wobei die abstraktiv erlangbare „Getrenntheit“, durch „Notwendigkeit“ und „Nichtwidersptrüchlichkeit“ modifiziert wird. In den Gegenstandsbereich der Metaphysik fällt somit nicht nur das von der Bewegung notwendig Getrennte (wie Gott und der Intellekt), sondern auch das, dem die Getrenntheit „nicht widerspricht“, wozu Ibn SÊn§ die Bestimmungen „Seiendes“ (huwÊyah), „Einheit“ (waÈdah), „Vielheit“ (katrah) und „Ursächlichkeit“ (#illÊyah) rechnet. Vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: I. al-MadÉal I 2, S. 13, Z. 4-8: 51
، ﻭﺍﻟﻜﺜﺮﺓ، ﻭﺍﻟﻮﺣﺪﺓ، ﻓﻬﻲ ﻣﺜﻞ ﺍﻟﻬﻮﻳﺔ، ﻭﻟﻬﺎ ﻭﺟﻮﺩ ﺩﻭﻥ ﺫﻟﻚ، ﻭﺃﻣﺎ ﺍﻷﻣﻮﺭ ﺍﻟﺘﻲ ﻳﺼﺢ ﺃﻥ ﺗﺨﺎﻟﻂ ﺍﻟﺤﺮﻛﺔ ﻭﺇﻣﺎ،ﺻﺤﺔ ﺍﻟﻮﺟﻮﺏ ﺇﻣﺎ ﺃﻥ ﺗﻜﻮﻥ ﺻﺤ ﹸﺘﻬﺎ، ﻓﺘﻜﻮﻥ ﺍﻷﻣﻮﺭ ﺍﻟﺘﻲ ﻳﺼﺢ ﻋﻠﻴﻬﺎ ﺃﻥ ﺗﺠﺮﺩ ﻋﻦ ﺍﻟﺤﺮﻛﺔ. ﻭﺍ ﹺﻟﻌﻠﹺﹼﻴﺔ ﹶ ﱠ ، ﻭﺍﻟﻬﻮﻳﺔ، ﻣﺜﻞ ﺣﺎﻝ ﺍﻟﻮﺣﺪﺓ، ﺑﻞ ﺗﻜﻮﻥ ﺑﺤﻴﺚ ﻻ ﻳﻤﺘﻨﻊ ﻟﻬﺎ ﺫﻟﻚ، ﺻﺤﺔ ﺍﻟﻮﺟﻮﺏ ﺃﻻ ﺗﻜﻮﻥ ﺻﺤ ﹸﺘﻬﺎ ﹶ . ﻭﺍﻟﻌﺪﺩ ﺍﻟﺬﻱ ﻫﻮ ﺍﻟﻜﺜﺮﺓ، ﻭﺍﻟﻌﻠﻴﺔ 52
Z. 1:
Vgl. dazu Manãiq al-maàriqÊyÊn, (Edition: Kairo 1328/1910), S. 6, Z. 23 – S. 7,
ﻣﺜﻞ، ﻭﻻ ﻓﻲ ﺍﻟﺘﺼﻮﺭ ﺍﻟﻌﻘﻠﻲ ﺍﻟﺤﻖ، ﻓﻼ ﺗﺼﻠﺢ ﻷﻥ ﺗﺨﻠﻂ ﺑﺎﻟﻤﺎﺩﺓ، ﻭﺃﻣﺎ ﺃﻣﻮﺭ ﻣﺒﺎﻳﻨﺔ ﻟﻠﻤﺎﺩﺓ ﻭ ﺍﻟﺤﺮﻛﺔ ﺃﺻﻼ . ﻭﻫﺬﺍ ﻗﺒﻴﻞ ﺛﺎﻟﺚ ﻣﻦ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩﺍﺕ. ﺍﻟﺨﺎﻟﻖ ﺍﻷﻭﻝ ﺗﻌﺎﻟﻰ ﻭﻣﺜﻞ ﺿﺮﻭﺏ ﻣﻦ ﺍﻟﻤﻼﺋﻜﺔ
412
schlusswort
erschließen läßt, so kann sie nur „nach“ der „allgemeinen Wissenschaft“ betrieben werden. In den Metaphysikdarstellungen im gesamten ibn-sinischen Corpus ist die Wissenschaft von Gott ausnahmslos als jener Teil der Wissenschaft vom transzendental Allgemeinen gehalten, der dem hauptsächlichen Ziel, dem Notwendigseienden, gewidmet ist. Diesem Verständnis zufolge wäre die „göttliche Wissenschaft“ also als eine zwar erst „nach“ der „allgemeinen Wissenschaft“ mögliche, ihrem Gegenstand nach jedoch als ganz und gar besondere aufzufassen. Zwischen ihrem besonderen transzendenten Gegenstand und den besonderen Gegenständen der partikularen Wissenschaften können, so wird nun in aller Klarheit sichtbar, ausschließlich jene begrifflichen Bestimmungen vermitteln, die die Differenzen der jeweiligen Seinsbereiche maximal übersteigen. Die Wissenschaft von den transkategorialen Möglichkeitsbedingungen jedweder taßawwur- und taßdÊq-Erkenntnis ermöglicht jedoch nicht nur die Erkenntnis eines Notwendigseienden und damit das Wissen vom transzendenten Seienden, die „göttliche Wissenschaft“, sondern liefert zugleich auch die notwendigen Voraussetzungen für das kategoriale Prädizieren. Das Konzept einer Wissenschaft vom transzendental Allgemeinen löst also nicht nur das zum Problem gewordene Wissen vom transzendenten Seienden, sondern sichert und liefert den partikularen Wissenschaften der Physik und der Mathematik diejenigen transkategorialen und vorprädikativen Prinzipien, ohne die ein Beziehen auf kategorial eingeschränktes Seiendes schlechthin unmöglich ist, und erfüllt damit die Forderungen an eine Erste, die Prinzipien der partikularen Wissenschaften abschließbar fundierende Philosophie.
II. DIE BEDEUTUNG DES „TRANSZENDENTALEN“ BEI IBN S^N$ In der vorliegenden Arbeit wurde der Begriff „transzendental“ verschieden gebraucht: 1) In der Bedeutung von „transkategorial“ qualifiziert er Bestimmungen, die kategorial uneingeschränkt sind. Ein transzendentaler Begriff wie z. B. „Seiendes“ (mawÆåd) übersteigt schlechthin die inhaltlichen Differenzen der Dinge, vermag jedoch zugleich differenzübergreifend und daher formal die allen bestimmten Seienden gemeinsame Struktur zu erfassen. 2) Insofern aber transkategoriale Bestimmungen wie „Seiendes“ und „Ding“ in Metaphysik I 5 des Kit§b aà-àif§" als Möglichkeitsbedingungen von Erkennen überhaupt (taßawwur und taßdÊq) aufgefaßt werden, ließen sie sich als transzendental im Sinne des transzendentalen Prinzips bei Kant53 begreifen. Der Unterschied zwischen dem vorkantischen, dem aristotelischen Philosophieverständnis verpflichteten und dem kantischen Transzendentalbegriff besteht aber in der Frage nach seiner Extension: der aristotelischen, sowie ibn-sinischen realistischen Auffassung zufolge erstreckt er sich nicht nur auf Seiendes im Denken (al-mawÆådu fÊ l-#aqli), sondern auch auf das von seinem Gedacht- und Erkanntwerden unabhängige reale Seiende an sich. Die Frage nach der Extension transzendentaler Begriffe ist jedoch, wie Hafemann in seiner Arbeit zur aristotelischen Metaphysik überzeugend dargelegt hat, keine Implikation einer Transzendentalphilosophie.54 Denn die Transzendentalphilosophie besagt lediglich die transzendentale, nicht-empirische Erhebung von apriorischen Begriffen und Urteilen. Hinsichtlich der genannten Frage ist sie also als solche gänzlich indifferent und könnte gemäß des jeweiligen Philosophieverständnisses sowohl realistisch als auch nichtrealistisch gedeutet werden. Wie im Rahmen der Analyse von Metaphysik I 5 gezeigt wurde, möchte Ibn SÊn§ die von ihm konzipierte Erste Philosophie so verstanden wissen, daß sie Wissenschaft von jenen aller Erfahrung vor53 54
Vgl. Kant: Kritik der reinen Vernunft, B 118. Vgl. B. Hafemann: Aristoteles Transzendentaler Realismus, S. 42.
414
schlusswort
aufgehenden und in diesem Sinne apriorischen Prinzipien des taßawwur und taßdÊq ist, deren Verteidigung immer nur a posteriori in Form eines transzendental-semantischen Aufmerksammachens (tanbÊh) möglich ist. Diese ersten Begriffe (Bereich des taßawwur) und Urteile (Bereich des taßdÊq) erfassen aber nicht nur Gedachtes, sondern auch Wirklichkeit an sich. Ihre Apriorität hindert sie also nicht nur nicht daran, auf Wirklichkeit an sich bezogen zu sein, sondern ist, wie al-Burh§n (Zweite Analytik) I 6 mit allem Nachdruck verdeutlicht, notwendige Bedingung für geistige Erkenntnis überhaupt. Eine weiterführende inhaltlich-sachhaltige taßawwur- und taßdÊq-Erkenntnis ist, wie an dieser Stelle hervorgehoben wird, nur dann möglich, wenn das, als was alles Erkennbare zu erfassen wäre (Seiendes, Eines und Abgegrenztes, Nichtwidersprüchliches und ausgeschlossenes Widerspruchsmittleres), vorweg zu jeder Aktualisierung des Erkenntnisvermögens gegeben ist, was nach Ibn SÊn§, wie bereits gesehen, keineswegs bedeutet, daß man sich dieser apriorischen Möglichkeitsbedingungen der Erkenntnis bewußt sein muß.55 Wie nun im Zusammenhang mit den disjunktiven Transzendentalien bereits festgestellt wurde, hat die Intension eines Transzendentalbegriffs in seiner Transzendentalität Primat gegenüber seiner Extension. Mögen auch einzelne Bestimmungen, wie das jeweils stärkere Glied eines Disjunktivpaares oder die Gottesattribute, auf nur einen einzigen Gegenstand zutreffen und sich damit ihrem Umfang nach von Begriffen wie „Seiendes“ und „Eines“ maximal unterscheiden, so hebt dies weder ihre Transkategorialität auf, noch sind sie darum „weniger“ transzendental als andere. Denn allen solchen Bestimmungen, auch denjenigen mit der geringstmöglichen Extension, ist die Transkategorialität deswegen ein gemeinsames Merkmal, weil sie es bei aller inhaltlichen Differenz ihren bloßen Begriffsinhalten nach bereits aufweisen. Oder anders formuliert: Nicht erst dadurch, daß feststeht, welche Gegenstände z. B. „seiend“, „notwendig“, „bedürftig“, „vollkommen“ oder „mangelhaft“ sind, kommt den jeweiligen Inhalten das Merkmal zu, kategorienübersteigend zu sein, sondern schon dadurch, daß diese Begriffsinhalte als solche den zehn obersten Gattungen bereits voraufgehen, also kategorial nur noch ganz und gar uneingeschränkt sein können. 55
Vgl. die zwei im Vierten Teil, Kapitel II, 2 diskutierten Stellen aus at-Ta#lÊq§t, S. 79, Z. 27 – S. 80, Z. 4; sowie S. 161, Z. 14.
die bedeutung des „transzendentalen“ bei ibn sÊn§
415
Schließlich läßt sich mit Blick auf die spätere Entwicklung in der lateinischen Scholastik eine Typisierung der verschiedenen Transzendentalienarten bei Ibn SÊn§ vornehmen, als deren Kriterien unter anderem die Voraussetzungslosigkeit und diesmal auch die Extension der begrifflichen Strukturen fungieren können: 1) Wie im Zweiten Teil (Kapitel III, 3) gezeigt wurde, kommt dem Begriff des Seienden als solchen nach Ibn SÊn§ eine doppelte Erstheit zu: als erstes Subjekt der obersten zehn Gattungen und als ein solches der transzendentalen Disjunktiva. Insofern stellt das sich in den beiden aufeinander zwar nicht zurückführbaren, miteinander jedoch notwendig verklammerten Hinsichten des „Was-“ (bzw. des „eigentümlichen Seins“, al-wuÆådu l-ɧßß) und des „behauptbaren DaßSeins“ (al-wuÆådu l-"itb§tÊ) manifestierende „Seiende“ (al-mawÆåd) für Ibn SÊn§ die erste aller transzendentalen Bestimmungen dar. Das entscheidende Kriterium für diese Herausstellung des „Seienden“ kann nur seine Voraussetzungslosigkeit sein. Denn auch wenn das Konzept einer allgemeinen Wissenschaft den größtmöglichen Umfang ihres Subjekts bereits impliziert, so ließe sich anhand dieses Kriteriums, da mehrere Bestimmungen den gleichen maximalen Umfang aufweisen, lediglich zwischen Bestimmungen größerer und geringerer Extension unterscheiden. Die Antwort auf die Frage nach der ausgezeichneten Stellung eines bestimmten Transzendentalbegriffs hängt damit ausschließlich von der Voraussetzungslosigkeit der jeweiligen Bestimmung dem taßawwur nach ab. Das gilt, wie schon mehrmals und in den verschiedenen Kontexten deutlich wurde, schlechthin und also auch für solche transzendentalen Eigenschaften, die, wie z. B. die „Nichtwidersprüchlichkeit“, Aussagen bilden und darum dem taßdÊq zuzuordnen sind, denn jedem Urteil, auch einem „ersten“, geht der taßawwur, der Begriff, vorauf. Die herausragende Stellung des „Seienden“ in der Reihe aller Transzendentalbegriffe läßt sich mit anderen Worten nicht anders fundieren als darin, daß es Prinzip des taßawwur ist. Alle anderen Bestimmungen sind entweder eigentümliche Eigenschaften (#aw§ri·u ɧßßah) des „Seienden als solchen“, oder, wie unter Punkt 4 dargelegt wird, Eigenschaften eines ausgezeichneten besonderen Seienden (Gott). 2) Als gleichextensional und mit dem „Seienden“ insofern vertauschbar (konvertibel) sind nach Ibn SÊn§ die folgenden Eigentümlichkeiten des „Seienden“ (al-#aw§ri·u li-l-mawÆådi) zu nennen: a) einzelne Bestimmungen wie die Einheit und die Abgegrenzt-
416
schlusswort
heit56, das Gute (al-Éayr)57 und das Wahre/Wirkliche (al-Èaqq)58; b) die „Nichtwidersprüchlichkeit“ 59 und das „ausgeschlossene Widerspruchsmittlere“60 hingegen bilden Urteile, nämlich den Nichtwiderspruchssatz und den Satz vom Ausgeschlossenen Mittleren. 3) Zu den in Paaren auftretenden und sich gegenseitig ausschliessenden disjunktiven Eigentümlichkeiten des „Seienden“ wären bei Ibn SÊn§ „Notwendigkeit“ und „Möglichkeit“, 61 „Einheit“ und „Vielheit“, 62 „Vollkommenheit“ und „Mangelhaftig-
56 Zu den Transzendentalien der Einheit und Abgegrenztheit vgl. Vierter Teil, Kapitel II, 3, b). Zur Konvertibilität des „Einen“ und des „Seienden“ vgl. Kit§b aààif§": al-"Il§hÊy§t VII 1, S. 303, Z. 6-8, (=Liber de philosophia prima VII 1, S. 349, Z. 9-13; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 236, Z. 9-14), sowie an-NaƧh fÊ l-manãiq wa-l-"il§hÊy§t, Teil III (Metaphysik), faßlun fÊ mus§waqati l-w§Èidi wa-l-mawÆådi (Kapitel über das gegenseitige Folgeverhältnisses des „Einen“ und des „Seienden“), S. 47, Z. 12; wie auch Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: VI. al-@adal (Topik), III 4, S. 198, Z. 15-16: „Das Eine wird von jedem Seienden ausgesagt, denn ein jedes der Seienden ist in seinem Wesen ein Eines.“
. ﻓﺈﻥ ﻛﻞ ﻣﻮﺟﻮﺩ ﻣﻦ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩﺍﺕ ﻫﻮ ﻓﻲ ﺣﻘﻴﻘﺘﻪ ﻭﺍﺣﺪ، ﻓﺈﻥ ﺍﻟﻮﺍﺣﺪ ﻳﻘﺎﻝ ﻋﻠﻰ ﻛﻞ ﻣﻮﺟﻮﺩ
57
Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t VIII 6, S. 355, Z. 11 – S. 356, Z. 1, (=Liber de philosophia prima VIII 6, S. 412, Z. 62 – S. 413, Z. 1; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 283, Z. 26 – S. 284, Z. 5); an-NaƧh fÊ l-manãiq wa-l"il§hÊy§t, Teil III (Metaphysik), „Abschnitt darüber, daß das an sich Notwendigseiende absolut gut ist“ (faßlun fÊ "anna w§Æiba l-wuÆådi bi-d§tihÊ Éayrun maÈ·un), S. 82, Z. 1-12; wie auch at-Ta#lÊq§t, S. 77, Z. 17-19. 58 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 8, S. 48, Z. 5, 7-9, (=Liber de philosophia prima I 8, S. 55, Z. 58-59, 61-64; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 38, Z. 25-26, 29-32). Zur Konvertibilität von „Èaqq“ und „mawÆåd“ vgl. at-Ta#lÊq§t, S. 186, Z. 3:
. ﻭﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﻭﺍﻟﺤﻘﻴﺔ ﻫﻤﺎ ﻣﺘﺴﺎﻭﻗﺎﻥ
59
Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 8, S. 51, Z. 16 – S. 53, Z. 17, (=Liber de philosophia prima I 8, S. 59, Z. 36 – S. 63, Z. 92; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 41, Z. 22 – S. 43, Z. 12). 60 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 8, S. 48, Z. 14-18, (=Liber de philosophia prima I 8, S. 56, Z. 70-76; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 39, Z. 6-13). 61 Vgl. dazu ausführlich Vierter Teil, Kapitel II, 5. 62 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 2, S. 13, Z. 12-13, 16-19, (=Liber de philosophia prima I 2, S. 13, Z. 36-38, 42-46; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 10, Z. 3-6, 12-16):
ﻓﺎﻟﻤﻮﺿﻮﻉ ﺍﻷﻭﻝ ﻟﻬﺬﺍ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﻫﻮ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﺑﻤﺎ ﻫﻮ ﻣﻮﺟﻮﺩ ؛ ﻭﻣ ﹶﻄﺎﻟﺒﻪ ﺍﻷﻣﻮﺭ ﺍﻟﺘﻰ ﺗﻠﺤﻘﻪ ﺑﻤﺎ ﻫﻮ ﻣﻮﺟﻮﺩ ﻣﻦ ﻏﻴﺮ ﹶ ﹸ ، ﻭﺍﻟﻜﻠﻲ ﻭﺍﻟﺠﺰﺋﻲ، ﻭﺍﻟﻘﻮﺓ ﻭﺍﻟﻔﻌﻞ، ﻣﺜﻞ ﺍﻟﻮﺍﺣﺪ ﻭﺍﻟﻜﺜﻴﺮ، ﺷﺮﻁ … ﻭﺑﻌﺾ ﻫﺬﻩ ﻛﺎﻟﻌﻮﺍﺭﺽ ﺍﻟﺨﺎﺻﺔ
die bedeutung des „transzendentalen“ bei ibn sÊn§
417
keit“,63 „Reichtum“ und „Bedürftigkeit“,64 „Akt“ (al-fi#l) und „Potenz“
ﻳﺘﺨﺼﺺ ﻓﺈﻧﻪ ﻟﻴﺲ ﻳﺤﺘﺎﺝ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﻓﻲ ﻗﺒﻮﻝ ﻫﺬﻩ ﺍﻷﻋﺮﺍﺽ ﻭﺍﻻﺳﺘﻌﺪﺍﺩ ﻟﻬﺎ ﺇﻟﻰ ﺃﻥ ﹼ، ﻭﺍﻟﻤﻤﻜﻦ ﻭﺍﻟﻮﺍﺟﺐ .ﻃﺒﻴﻌﻴ ﹰﺎ ﺃﻭ ﺗﻌﻠﻴﻤﻴ ﹰﺎ ﺃﻭ ﺧﻠﻘﻴ ﹰﺎ ﺃﻭ ﻏﻴﺮ ﺫﻟﻚ
Ideo primum subiectum huius scientiae est ens, inquantum est ens; et ea quae inquirit sunt consequentia ens, inquantum est ens, sine conditione … Et ex his quaedam sunt ei quasi accidentalia propria, sicut unum et multum, potentia et effectus, universale et particulare, possibile et necesse. Per hoc autem quod ens recipit haec accidentia et coaptatur illis, non est necesse illud proprie fieri vel naturale vel disciplinale vel morale vel aliquid aliorum. Vgl. dazu Ris§lah fÊ "aqs§m al-#ulåm al-#aqlÊyah, S. 106, Reprint (Frankfurt 1999) S. 116, sowie auch #Uyån al-Èikmah, Reprint (Frankfurt 1999) der Edition von H. Z. Ülken (Ankara 1953) in: Les opuscules d’Ibn Sina (Ibn Sina Risâleleri) I, S. 41, Z. 62-64, bzw. in der Edition von #Abd ar-RaÈm§n BadawÊ (Kairo 1954), S. 47, Z. 14-15. 63 Vgl. an-NaƧh fÊ l-manãiq wa-l-"il§hÊy§t, Teil I (Logik), „Abschnitt über die Subjekte [der Wissenschaften]“ (faßlun fÊ l-maw·å#§ti), S. 89, Z. 5; sowie auch an-NaƧh fÊ l-manãiq wa-l-"il§hÊy§t, Teil III (Metaphysik), „Abschnitt über das Vollkommene und das Mangelhafte“ (faßlun fÊ t-t§mmi wa-n-n§qißi), S. 73, Z. 1-3. 64 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t VI 3, S. 276, Z. 13-17, (=Liber de philosophia prima VI 3; S. 317, Z. 69 – S. 318, Z. 77; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 213, Z. 28-36):
ﻭﻻ ﻳﻘﺒﻞ ﺍﻷﻗﻞ ﻭﺍﻷﻧﻘﺺ ﻭﺇﻧﻤﺎ ﻳﺨﺘﻠﻒ ﻓﻲ ﻋﺪﺓ، ﺛﻢ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﺑﻤﺎ ﻫﻮ ﻭﺟﻮﺩ ﻻ ﻳﺨﺘﻠﻒ ﻓﻲ ﺍﻟﺸﺪﺓ ﻭﺍﻟﻀﻌﻒ ﻓﺈﻥ، ﺃﻣﺎ ﻓﻲ ﺍﻟﺘﻘﺪﻡ ﻭﺍﻟﺘﺄﺧﺮ. ﻭﺍﻟﻮﺟﻮﺏ ﻭﺍﻹﻣﻜﺎﻥ، ﻭﺍﻻﺳﺘﻐﻨﺎﺀ ﻭﺍﻟﺤﺎﺟﺔ، ﺍﻟﺘﻘﺪﻡ ﻭﺍﻟﺘﺄﺧﺮ: ﺃﺣﻜﺎﻡ ﻭﻫﻲ ﻓﻘﺪ ﻋﻠﻤﺖ ﺃﻥ ﺍﻟﻌﻠﺔ ﻻ ﺗﻔﺘﻘﺮ، ﻭﺃﻣﺎ ﺍﻻﺳﺘﻐﻨﺎﺀ ﻭﺍﻟﺤﺎﺟﺔ. ﻭﻟﻠﻤﻌﻠﻮﻝ ﺛﺎﻧﻴﺎ، ﻟﻠﻌﻠﺔ ﺃﻭﻻ، ﻛﻤﺎ ﻋﻠﻤﺖ، ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﻭﻫﺬﺍ ﺍﻟﻤﻌﻨﻰ ﻗﺮﻳﺐ ﻣﻦ ﺍﻷﻭﻝ ﻭﺇﻥ ﺧﺎﻟﻔﻪ، ﺑﻞ ﻳﻜﻮﻥ ﻣﻮﺟﻮﺩﺍ ﺑﺬﺍﺗﻪ ﺃﻭ ﺑﻌﻠﺔ ﺃﺧﺮﻯ، ﻓﻲ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﺇﻟﻰ ﺍﻟﻤﻌﻠﻮﻝ . ﻓﻲ ﺍﻻﻋﺘﺒﺎﺭ
Deinde esse, inquantum est esse, non variatur in fortitudine et debilitate nec recipit magis et minus, quia non variatur nisi tribus modis, scilicet secundum prioritatem et posterioritatem, et secundum quod est indigens et non indigens, et secundum quod est necesse et possibile. Si autem consideraveris prioritatem et posterioritatem, profecto, sicut tu nosti, esse prius erit causae, et deinde causato. De indigenti autem et non indigenti, iam nosti quod causa ad esse non indiget causato, quia habet esse per se vel per aliam causam. Sed haec intentio paene est quasi prima, quamvis differat ab ea aliquo respectu. In at-Ta#lÊq§t (S. 179, Z. 1-4) heißt es: „Das Seiende ist entweder eines anderen bedürftig, so daß seine Bedürftigkeit eines anderen für es konstitutiv ist, oder es bedarf keines anderen, und dann ist dieses für es konstitutiv. Es kann also kein bedürftiges Seiendes geben, das nicht bedürftig wäre, ebenso wie es kein autarkes Seiendes geben kann, das bedürftig wäre. Denn andernfalls hätte sich ihre jeweilige Wirklichkeit (ÈaqÊqah) verändert und wäre [mit dem jeweils anderen] vertauscht.“
ﻭﺇﻣﺎ، ﻓﺘﻜﻮﻥ ﺣﺎﺟﺘﻪ ﺇﻟﻰ ﺍﻟﻐﻴﺮ ﻣﻘﻮﻣﺔ ﻟﻪ، ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ[ ﺇﻣﺎ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﻣﺤﺘﺎﺟﺎ ﺇﻟﻰ ﺍﻟﻐﻴﺮ: ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ]ﻓﻲ ﺍﻟﻤﺘﻦ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ[ ﺍﻟﻤﺤﺘﺎﺝ: ﻭﻻ ﻳﺼﺢ ﺃﻥ ﻳﻮﺟﺪ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ]ﻓﻲ ﺍﻟﻤﺘﻦ. ﻓﻴﻜﻮﻥ ﺫﻟﻚ ﻣﻘﻮﻣﺎ ﻟﻪ، ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﻣﺴﺘﻐﻨﻴﺎ ﻋﻨﻪ
418
schlusswort
(al-qåwah),65 „Ursache“ und „Verursachtheit“66 etc. zu rechnen. 4) Gottesattribute als „Vollkommenheiten“ (kam§l§t67).68
ﻭﺇﻻ ﻗﺪ ﺗﻐﻴﺮ، ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ[ ﺍﻟﻤﺴﺘﻐﻨﻰ ﻣﺤﺘﺎﺟﺎ: ﻛﻤﺎ ﺃﻧﻪ ﻻ ﻳﺼﺢ ﺃﻥ ﻳﻮﺟﺪ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ]ﻓﻲ ﺍﻟﻤﺘﻦ، ﻏﻴﺮ ﻣﺤﺘﺎﺝ . ﻭﺗﺒﺪﻝ ﺣﻘﻴﻘﺘﻬﻤﺎ
Vgl. dazu ebenfalls at-Ta#lÊq§t, S. 163, Z. 14-15, sowie Dritter Teil, Kapitel IV. 65 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t IV 2, S. 170ff., insbes. S. 182, Z. 16ff., (=Liber de philosophia prima IV 2, S. 193ff., insbes. S. 210, Z. 89ff.; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 130ff., insbes. S. 140, Z. 21ff.); an-NaƧh fÊ l-manãiq wa-l-"il§hÊy§t, Teil I (Logik), „Abschnitt über die Subjekte [der Wissenschaften]“ (faßlun fÊ l-maw·å#§ti), S. 89, Z. 5. 66 Vgl. dazu Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t VI 1, (=Liber de philosophia prima I 8); sowie auch #Uyån al-Èikmah, Reprint (Frankfurt 1999) der Edition von H. Z. Ülken (Ankara 1953) in: Les opuscules d’Ibn Sina (Ibn Sina Risâleleri) I, S. 41, Z. 62-64; in der Edition von #Abd ar-RaÈm§n BadawÊ (Kairo 1954), S. 47, Z. 14-15. 67 Zu „kam§l§t“ vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t VIII 6, S. 355, Z. 6, (=Liber de philosophia prima VIII 6, S. 412, Z. 56; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 283, Z. 17). 68 Vgl. Ibn SÊn§: Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t VIII 6 und VIII 7, (=Liber de philosophia prima VIII 6 und VIII 7); at-Ta#lÊq§t, S. 50, Z. 23 – S. 51, Z. 3 und S. 52, Z. 17 – S. 53, Z. 14; sowie an-NaƧh fÊ l-manãiq wa-l-"il§hÊy§t, Teil III (Metaphysik), faßlun fÊ taÈqÊqi waÈd§nÊyati l-"awwali … (Kapitel über den Beweis der Einheit des Ersten …), S. 106ff.; wie auch ebd. faßlun fÊ "annahå bi-d§tihÊ ma#àåqun wa-#§àiqun wa-ladÊdun wa-multaddun, (Kapitel darüber, daß Er an sich Geliebter und Liebender, Objekt des Genusses und selbst im Zustand des Genießens ist), S. 101, Z. 17-18. Vgl. dazu das Schlußwort, Kapitel I.
III. AUSBLICK: PROBLEMGESCHICHTLICHE EINORDNUNG DES IBN-SINISCHEN KONZEPTES Trifft die Analyse dieser Arbeit zu, dann ist dem damit hervortretenden Gehalt des Konzepts des islamischen Philosophen eine im Blick sowohl auf seine Wirkungsgeschichte in der islamischen spekulativen Theologie (kal§m) als auch auf seinen Einfluß auf die scholastische Metaphysiktradition, an die dann schließlich auch die neuzeitliche Metaphysik anknüpft,69 weit größere Bedeutung zuzumessen als man auf Grundlage der bisherigen Forschungsergebnisse aus den beiden Bereichen wohl annehmen könnte. Daß differenzierte Untersuchungen zu beiden genannten wirkungsgeschichtlichen Linien bislang nicht vorliegen, ist nun kein beiläufiger Umstand, sondern unmittelbare Folge dessen, daß der Metaphysikansatz Ibn SÊn§s als solcher in der Forschung noch nicht behandelt worden ist. Die Antwort, die Ibn SÊn§ auf die von ihm in aller Schärfe gestellte Frage nach der Möglichkeit der Grundlegung der Ersten Philosophie gibt, muß aber, angesichts des Totalitätsanspruchs dieser Frage die Gestalt eines konsistenten Konzepts annehmen. Sie kann sich also nicht in einzelnen Thesen erschöpfen und versucht dies, wie die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung hinreichend klar gezeigt haben, auch nicht. Bedeutung und Tragweite einzelner Thesen, so etwa der These von der Existenz erster und durch sich selbst bekannter Begriffsgehalte (Prinzipien des taßawwur) und Urteile (Prinzipien des taßdÊq), oder der Lehre von den disjunktiven Modi des „Seienden“, sind also nicht zu erfassen, ohne ihren inneren Ort im Gesamtkonzept in Rechnung zu stellen. Von welch maßgeblicher Bedeutung die Wirkungsgeschichte des ibn-sinischen Metaphysikkonzepts für die islamische Theologie ist, zeigt sich nun unmittelbar, wenn man sich jene an früherer Stelle70 69 Vgl. dazu in erster Linie L. Honnefelders Arbeit „Scientia transcendens“, die ausgehend vom Metaphysikkonzept des Duns Scotus dem problemgeschichtlichen Zusammenhang zwischen mittelalterlicher und neuzeitlicher Metaphysik beleuchtet. Auf einige ihrer wichtigsten Ergebnisse wird in diesem Kapitel noch Bezug genommen werden. 70 Vgl. Erster Teil, Kapitel II, 2, b).
420
schlusswort
bereits zitierten kritischen Erörterungen al-[az§lÊs71 vor Augen hält, die er, herausgefordert durch den neuen Metaphysikansatz Ibn SÊn§s, der Wissenschaft des kal§m vorausschicken mußte: nur wenn der Grund des Ganzen, der Ewige (al-qadÊm), von der transkategorialen formalen Bestimmung „mawÆåd“ her verstanden wird, ist er der Vernunft durch „ihren autonomen Gebrauch“ (taßarrufu l-#aqli) erreichbar, wodurch offenkundig jene Bedingung erfüllt ist, die eine Erkenntnis aus Offenbarung notwendig voraussetzt. Denn eine Theologie, die Möglichkeit und Wirklichkeit der Offenbarung nicht bloß setzen, sondern erweisen will – und das ist wohl unmißverständlich die Weise, wie al-[az§lÊ die Theologie verstanden wissen will72 – ist auf die natürlich erkannten Inhalte angewiesen. Soll also Erkenntnis aus Offenbarung Wahrheitsanspruch erheben können, dann muß sie auf bestimmte natürlich erkannte Begriffsinhalte (taßawwur) und Urteile (taßdÊq) zurückgreifen, die es ihr ermöglichen, ihr Subjekt (das ewige Seiende) überhaupt als Prädikationssubjekt setzen und es dann mit geoffenbarten Inhalten prädikativ explizieren zu können. Worauf al-[az§lÊ mit den natürlich erkennbaren Möglichkeitsbedingungen verweist, ist also der Sache nach nichts anderes als jene Vernunftkritik, die dem ibn-sinischen Konzept der Ersten Philosophie zugrundeliegt: das natürlich erreichbare Wissen vom transzendenten Seienden kann nicht als ein durch die Physik vorgegebenes betrachtet werden, sondern ist nur als Wissen der Ersten Philosophie möglich, da es sich erst von den transzendentalen Prinzipien unserer Erkenntnis vom „Seienden überhaupt“ her gewinnen läßt. Ist man nun mit al-[az§lÊ der Auffassung, daß der mutakallim bei der „allgemeinsten“ Bestimmung des „Seienden“ als solchen ansetzen soll, dann gehören die modale Explikation des „Seienden“, mithin also auch der Gottesbeweis sowie der Erweis der Einheit des ewigen Seienden, zu seinen Aufgaben. Der mutakallim wäre also, zumindest insofern er mit natürlich Erkennbarem zu tun hat, der Sache nach Metaphysiker. Bedenkt man nun, daß #ilmu l-kal§mi (spekulative Theologie) auch in der Zeit nach al-[az§lÊ als diejenige Disziplin verstanden wird, in der die Metaphysik faktisch ihren Ort 71 Vgl. "Abå \§mid al-[az§lÊ: Kit§b al-mustaßf§ min #ilm al-"ußål, Bd.1, S. 5 – 6. 72 Vgl. ebd.
ausblick: problemgeschichtliche einordnung
421
innerhalb des theologischen Corpus erhält, sind die Werke der mutakallimån für die Erforschung der arabisch-islamischen Metaphysiktradition ohne jeden Zweifel als von größter Bedeutung anzusehen. Diese mit dem Verweis darauf, daß ihre Autoren doch keine „fal§sifah“ (Philosophen) seien, zu ignorieren, wäre also der Sache nach ganz und gar verfehlt, zumal uns der Sachverhalt, Abhandlungen metaphysischer Fragestellungen eingebetet in einem theologischen Kontext durchzuführen, aus der Scholastik bereits sehr wohl bekannt ist. Das Interesse al-[az§lÊs gilt, anders als das der „Philosophen“ (al-fal§sifah) al-F§r§bÊ und Ibn SÊn§, primär der Theologie. Insofern jedoch die Theologie nach al-[az§lÊ in der genannten Weise bestimmte, natürlich erkennbare Inhalte voraussetzt, deren Ort nur der der Metaphysik sein kann, nimmt sie notwendigerweise die Metaphysik in Dienst. Das von al-[az§lÊ an dieser Stelle skizzierte Konzept der spekulativen Theologie (#ilmu l-kal§mi) zeigt in aller Deutlichkeit, daß es sich hierbei um den gleichen formalen Grundansatz handelt, den er in der ibn-sinischen, auf Grundlage der aristotelischen Wissenschaftstheorie systematisierten Metaphysik bereits vorfindet und als Konzept des #ilmu l-kal§mi in die Theologie integriert. Daraus jedoch den Schluß zu ziehen, daß die von al-[az§lÊ in seinem Tah§fut al-fal§sifah dargelegte Kritik an bestimmte Konsequenzen einiger Positionen der Philosophen73 – zu allermeist solcher al-F§r§bÊs und Ibn SÊn§s74 – mehr oder weniger gegenstandslos ist, wäre gänzlich verfehlt. Die Bedeutung des oben Gesagten bezieht sich ausschließlich auf das Grundkonzept der Metaphysik als Wissenschaft, die das Seiende unter dem allgemeinsten Begriff begreift, und läßt sich nur auf dem Hintergrund der Gründe erschließen, die Ibn SÊn§ im Anschluß an al-F§r§bÊ einerseits und al-[az§lÊ im Anschluß an Ibn SÊn§ andererseits jeweils zu einer Kritik des Vernunftvermögens bewogen haben. Daß nun die die Offenbarung vermittelnde Theologie die Philosophen im entscheidenden Maße 73
Zentraler Kritikpunkt ist die Ewigkeit der Welt (qidamu l-#§lami). Geht man wie die Philosophen von der Ewigkeit einer an sich möglichen und damit von Gott unabhängigen Welt aus, dann ließe sich, so al-[az§lÊ, wohl kaum von der Schöpfung eines allmächtigen und freien Schöpfers sprechen. Vgl. al-[az§lÊ: Tah§fut al-fal§sifah, S. 88ff. 74 Vgl. al-[az§lÊ, "Abå \§mid: Tah§fut al-fal§sifah, [erstes] Vorwort, S. 77-78.
schlusswort
422
dazu herausgefordert hatte, der Metaphysik jene Vernunftkritik vorauszustellen, die ihre Möglichkeit und auch Notwendigkeit erweist, wurde in der vorliegenden Arbeit sowohl für al-F§r§bÊ75 als auch für Ibn SÊn§ in aller Klarheit belegt. Soll die Vernunft, wie umgekehrt der Theologe al-[az§lÊ fordert, die Wahrheit der Offenbarung anerkennen, so kann das, worauf sie hierfür zurückgreifen muß, nicht schon die Offenbarung selbst, sondern nur dasjenige sein, was die Vernunft durch „ihren eigenen Gebrauch“ zu erkennen vermag. Die Vernunftkritik al-[az§lÊs entspringt also dem der Theologie eigenen Anspruch, das zu vermitteln, „was die Vernunft eigenständig nicht erkennen kann“. Daß die Theologie somit nicht anders kann, als auf Philosophie, und speziell auf Metaphysik, zurückzugreifen, zwingt al-[az§lÊ nicht nur zu bloßer Kenntnisnahme der arabisch-islamischen Metaphysiktradition, sondern auch zur entschiedenen Kritik all jener metaphysischen Aussagen, die der Offenbarung widersprechen. In der herausragenden Gestalt al-[az§lÊs begegnet man somit jenem gut bekannten Typus theologisch motivierter Metaphysiker, der für die lateinische Scholastik so prägend war. Was jedoch die mittelalterlichen islamischen Theologen von den christlichen unterschied, ist der Umstand, daß sie sich, anders als die Scholastiker, nicht nur auf „heidnische“, sondern auch auf solche Philosophen beziehen konnten, die bereits unter der veränderten Bedingung der islamischen Offenbarung Philosophie und insbesondere Metaphysik getrieben hatten. Auf diesem Hintergrund überrascht es nicht, daß der Theologe al-[az§lÊ jenes kritische, mit der Mitteln der Metaphysik selbst hinterfragte Grundkonzept dieser Wissenschaft aufnimmt, das der Philosoph Ibn SÊn§ knapp ein Jahrhundert zuvor entworfen hatte. Der Grund hierfür dürfte nicht zuletzt in der Radikalität des ibn-sinischen Ansatzes liegen, demzufolge Gegenstand der Metaphysik nur noch jener Begriff des Seienden sein kann, der Möglichkeitsbedingung jedweder Erkenntnis überhaupt, also auch einer solchen aus Offenbarung ist. Kein anderer Autor des lateinischen Mittelalters läßt nun den wirkungsgeschichtlichen Einfluß des Metaphysikkonzepts Ibn SÊn§s so deutlich hervortreten wie Johannes Duns Scotus. Denn es ist eben Scotus, der – um vorerst nur einen, wenn auch äußerst gewichtigen Punkt zu nennen – als erster die bis dahin unerkannt gebliebene 75
Vgl. Erster Teil, Kapitel II.
ausblick: problemgeschichtliche einordnung
423
Bedeutung der für das Verständnis des ibn-sinischen Ansatzes maßgeblichen disjunktiven Eigenschaften des „Seienden“ erfaßt und diese systematisch als Kern seiner „scientia transcendens“ weiterführt.76 Der nun folgende kurze Umriß gilt jenen Strukturen, die das ibn-sinische Konzept mit dem scotischen und über die Vermittlung des Scotus mit dem etwa des Suárez77 gemeinsam aufweist: 1) Die Metaphysik setzt bei den formalen Prinzipien der Erkenntnis an. Insofern die Urteilserkenntnis (taßdÊq) – wie die Analyse des Verhältnisses von taßawwur und taßdÊq ergeben hat – die begriffliche Erkenntnis (taßawwur) als ihre vorprädikative Möglichkeitsbedingung voraussetzt, können als Ausgangspunkt der Ersten Philosophie für Ibn SÊn§ erst die den ersten Urteilen voraufgehenden Prinzipien des taßawwur, die ersten Begriffe bestimmt werden. Den gleichen Ansatz verfolgt auch Scotus mit der Analyse der begrifflichen Erkenntnis (resolutio).78 Das „Seiende“ (al-mawÆåd, ens) erweist sich dabei für beide Autoren als jene schlechthin einfache und auf nichts Früheres zurückführbare und allem gemeinsame Begriffsstruktur, die eben als solche aller inhaltlich-sachhaltigen Erkenntnis nur noch voraufgehen und sie zugleich erst ermöglichen kann. Gegenstand der Metaphysik ist darum sowohl nach Ibn SÊn§ als auch nach Scotus nicht ein bestimmtes Seiendes, wie etwa Gott, die Substanz oder bestimmte Substanzen,79 sondern eben diese apriorische (im Sinne von „auf 76 Für die Position des Scotus werde ich mich im folgenden auf L. Honnefelders „Ens inquantum ens“ und „Scientia transcendens“ beziehen. 77 Hierfür greife ich auf die Ergebnisse der philosophiegeschichtlichen Studie L. Honnefelders „Scientia transcendens“ zurück, die die Wirkungsgeschichte der Metaphysikdeutung des Duns Scotus bis in die Moderne (Charles S. Pierce 18391914) verfolgt. 78 Vgl. dazu Honnefelder: Ens inquantum ens, S. 151ff., Scientia transcendens, S. XVIff. 79 Vgl. dazu bei Ibn SÊn§ Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 8, S. 54, Z. 9-15, (=Liber de philosophia prima I 8, S. 63, Z. 4 – S. 64, Z. 14; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 43, Z. 57 – S. 44, Z. 4): „Wendet man sich ferner keiner anderen Wissenschaft zu, und wird das Subjekt dieser Wissenschaft [d. h. der Metaphysik] selbst in Substanz und in ihre eigentümlichen Eigenschaften eingeteilt, so wird jene Substanz, die Subjekt irgendeiner [partikularen] Wissenschaft oder Substanz schlechthin ist, nicht Subjekt dieser Wissenschaft sein, sondern Teil ihres Subjektes, und wird damit der Natur ihres Subjektes, welches nämlich das ‘Seiende’ ist, in irgendeiner Weise zukommen, da ja die Natur des ‘Seienden’ ohne die Vermittlung eines anderen vermag, sich mit jener Substanz zu verbinden bzw. sie zu sein. Das ‘Seiende’ ist nämlich eine Natur, die von allem ausgesagt werden kann (yaßiÈÈu Èamluh§), ob dies nun Substanz oder etwas anderes ist. Denn wie dir im Vorangegangenen bereits klar geworden ist, ist etwas nicht auf Grund seines Seiend-Seins Substanz, eine bestimmte Substanz oder ein bestimmtes Subjekt.“
424
schlusswort
nichts Früheres zurückführbare“),80 alle inhaltlich-sachhaltigen Differenzen maximal übersteigende Form, durch die wir alles als Seiendes überhaupt erst erkennen können. Die Metaphysik hat somit nicht mit bestimmten Gegenständen, sondern mit der Formalstruktur aller Gegenstände, der Gegenständlichkeit überhaupt zu tun. Ihr primäres Interesse gilt nicht der Extension des Begriffs des „Seienden“, sondern seiner Intension. 2) Angesichts der transzendentalen Allgemeinheit und Voraussetzungslosigkeit des „Seienden“ ist die Einheit dieses Begriffes für Ibn SÊn§ wie auch für Scotus schlechthin unaufhebbar.81 Allerdings besagt die Einheit eines Begriffs für Ibn SÊn§, anders als für Scotus, nicht schon die Univozität seiner Prädikationsweise, da sie als solche gegenüber möglichen Differenzen seiner Verwirklichung in den Dingen noch unexpliziert und daher indifferent ist. Wird der Modus mitbetrachtet, in dem die begriffliche Struktur des „Seienden“ im Notwendig- und Möglichseienden einerseits, und im Bereich des Letzteren in Substanz und Akzidens andererseits, verwirklicht ist, so zeigt sich, daß von einer „vollkommenen Univokation“, so wie sie Ibn SÊn§ 82 aber auch in der gleichen Weise später F. Suárez 83
، ﻭﺃﻳﻀﺎ ﺇﺫﺍ ﻟﻢ ﻳﻠﺘﻔﺖ ﺇﻟﻰ ﻋﻠﻢ ﺁﺧﺮ ﻭﻗﺴﻢ ﻣﻮﺿﻮﻉ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻌﻠﻢ ﻧﻔﺴﻪ ﺇﻟﻰ ﺟﻮﻫﺮ ﻭﻋﻮﺍﺭﺽ ﺗﻜﻮﻥ ﺧﺎﺻﺔ ﻟﻪ ﺑﻞ ﻗﺴﻤﺎ ﻣﻦ، ﻟﻴﺲ ﻣﻮﺿﻮﻉ ﻫﺬﺍ ﺍﻟﻌﻠﻢ، ﻓﻴﻜﻮﻥ ﺫﻟﻚ ﺍﻟﺠﻮﻫﺮ ﺍﻟﺬﻱ ﻫﻮ ﻣﻮﺿﻮﻉ ﻟﻌﻠﻢ ﻣﺎ ﺃﻭ ﺍﻟﺠﻮﻫﺮ ﻣﻄﻠﻘﺎ ﺇﻥ ﺻﺎﺭ ﺫﻟﻚ ﺍﻟﺠﻮﻫﺮ، ﺍﻟﺬﻱ ﻫﻮ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ، ﻓﻴﻜﻮﻥ ﺫﻟﻚ ﺑﻨﺤﻮ ﻣﺎ ﻋﺎﺭﺿ ﹰﺎ ﻟﻄﺒﻴﻌﺔ ﻣﻮﺿﻮﻋﻪ، ﻣﻮﺿﻮﻋﻪ ، ﻓﺈﻥ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﻃﺒﻴﻌﺔ ﻳﺼﺢ ﺣﻤﻠﻬﺎ ﻋﻠﻰ ﻛﻞ ﺷﻲﺀ. ﺩﻭﻥ ﺷﻲﺀ ﺁﺧﺮ ﻟﻄﺒﻴﻌﺔ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﺃﻥ ﺗﻘﺎﺭﻧﻪ ﺃﻭ ﻳﻜﻮﻥ ﻫﻮ ﻋﻠﻰ ﻣﺎ، ﻭﻣﻮﺿﻮﻉ ﻣﺎ، ﺃﻭ ﺟﻮﻫﺮ ﻣﺎ، ﻓﺈﻧﻪ ﻟﻴﺲ ﻷﻧﻪ ﻣﻮﺟﻮﺩ ﻫﻮ ﺟﻮﻫﺮ. ﻛﺎﻥ ﺫﻟﻚ ﺍﻟﺠﻮﻫﺮ ﺃﻭ ﻏﻴﺮﻩ . ﻓﻴﻤﺎ ﺳﻠﻒ، ﻗﺒﻞ ﻫﺬﺍ، ﻓﻬﻤﺖ
Zu Duns Scotus vgl. Honnefelder: Ens inquantum ens, S. 101ff., 116, 130ff.; Scientia transcendens, S. XIII-XIV, 158ff. 80 Hinsichtlich der „Apriorität“ bestimmter Begriffe in dem genannten Sinne wären sich Ibn SÊn§ und Duns Scotus einig. Sollte jedoch unter Apriorität darüber hinaus die transzendentale, nicht-empirische Erhebung dieser Begriffe verstanden werden, so bestünde zwischen den Positionen der beiden Autoren keine Gemeinsamkeit mehr. Vgl. dazu die Ausführungen weiter unten in diesem Kapitel. 81 Zu Scotus vgl. Honnefelder: Ens inquantum ens, S. 343, 424ff., sowie Scientia transcendens, S. 473ff. 82 Vgl. dazu die im Dritten Teil, Kapitel II, 2, a) übersetzte und diskutierte Stelle aus Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: II. al-Maqål§t (Kategorien) I 2, S. 9, Z. 4 – S. 10, Z. 3. 83 Ebenso wie Ibn SÊn§ vertritt F. Suárez die Auffassung, daß für die Univozität neben der Einheit eines Begriffs auch ein anderes Kriterium erforderlich ist, nämlich die Ununterschiedenheit der Verwirklichung dieses Begriffs in den Dingen.
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verstanden wissen wollen, im Fall des „Seienden“ nicht gesprochen werden kann. Das ibn-sinische taàkÊk-Konzept und das Analogieverständnis von Suárez stimmen jedoch der Sache nach insoweit mit der Univokationlösung von Duns Scotus überein, als sie das für die scotische Univokation ausreichende Kriterium, demnach der Begriff des Seienden dem Widerspruchsprinzip genügen muß, 84 ebenfalls vertreten und rechtfertigen, ohne damit den Prädikationsmodus des „Seienden“ einen univoken nennen zu müssen. Bemerkenswert an dieser Stelle ist der Umstand, daß die Kategorienschrift des Kit§b aà-àif§" nicht ins Lateinische übersetzt worden ist, so daß die von Ibn SÊn§ darin vorgetragene transzendental-semantische Verteidigung der Einheit des Begriffes „mawÆåd“ den Scholastikern und damit auch den Metaphysikern der Neuzeit wie Francisco Suárez und Christian Wolff85 gänzlich unbekannt geblieben ist. Auf diesem Hintergrund betrachtet wird deutlich, in welch hohem Maße die strukturelle Gleichheit der jeweiligen Lösungen der inneren Logik des gemeinsamen, auf Ibn SÊn§ zurückgehenden Ansatzes entspringt, der die Apriorität und die schlechthinnige Gemeinsamkeit des „Seienden“ behauptet. Transzendentale Gemeinsamkeit vermag aber für Ibn SÊn§, ebenso wie für al-F§r§bÊ86 vor ihm und für Scotus87 und Suárez88 Zum Analogieverständnis von F. Suárez vgl. Honnefelder: Scientia transcendens, S. 282ff. 84 Vgl. dazu Honnefelder: Ens inquantum ens, S. 278-286. 85 Besonders interessant ist hier die strukturelle Gemeinsamkeit, die die Konzepte Ibn SÊn§s und Christian Wolffs hinsichtlich der Funktion des Nichtwiderspruchsprinzips und des Prinzips des ausgeschlossenen Mittleren bei der Explikation des „Seienden“ aufweisen. Vgl. dazu Anm. 109 (Schlußwort). 86 Denn nach al-F§r§bÊ ist es eben erst das „Seiende“ in der allgemeinsten Bedeutung von „das, was extramental bzw. erkenntnisunabhängig eine Washeit hat“ (m§ lahå m§hÊyatun ɧriÆa n-nafsi), das in „Seiendes der Möglichkeit nach“ (mawÆådun bi-l-qåwati) und „Seiendes der Wirklichkeit nach“ (mawÆådun bi-l-fi#li) eingeteilt wird. Vgl. al-F§r§bÊ, "Abå Naßr: Kit§b al-Èuråf, (§ 93), S. 119, Z. 9-10:
. ﻣﻨﻪ ﻣﻮﺟﻮﺩ ﺑﺎﻟﻘﻮﺓ ﻭ ﻣﻨﻪ ﻣﻮﺟﻮﺩ ﺑﺎﻟﻔﻌﻞ، ﻭﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﺍﻟﺬﻱ ﻳﻌﻨﻰ ﺑﻪ ﻣﺎ ﻟﻪ ﻣﺎﻫﻴﺔ ﻣﺎ ﺧﺎﺭﺝ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﹼ
Zum Begriff des Seienden nach al-F§r§bÊ vgl. Dritter Teil, Kapitel I, 2. 87 Scotus wird diese Begriffseinheit als „quod habet vel habere potest aliquam entitatem non ex consideratione intellectus“ (vgl. Honnefelder: Scientia transcendens, S. 6ff.) bzw. als „cui non repugnat esse“ (vgl. Honnefelder: Scientia transcendens, S. 68ff.) explizieren. Vgl. dazu insbesondere Honnefelder: Scientia transcendens, S. 105-108. 88 „Seiend“ im weitesten Sinne möchte Suárez als „quod aptum natum est existere“ verstanden wissen. Vgl. dazu Honnefelder: Scientia transcendens, S. 293294.
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schlusswort
nach ihm, allein jene Begriffseinheit des „Seienden“ aufzuweisen, die allen Modifizierungen voraufgeht, dem ontologisch Unmöglichen entgegengesetzt ist und darum nur noch „das, was extramental Bestand haben kann“ oder „das, was nicht unmöglich ist“89 (Ibn SÊn§), „cui non repugnat in effectu esse“90 (Scotus) bzw. „quod non est omnino nihil“, „quod est habens essentiam realem, id est non fictam nec chymericam, sed veram et aptam ad realiter existendum“91 (Suárez) meinen kann. 3) Die mit dem Wort „mawÆåd“ bzw. „ens“ bedeutete begriffliche Struktur wird modal expliziert. Was in der genannten Bedeutungserklärung des „Seienden“ zum Ausdruck gebracht wird, ist nicht schon das stets in den Modi der Notwendigkeit oder der Kontingenz auftretende Wirklichsein, das Ibn SÊn§ entsprechend Èaqqun bi-d§tihÊ (Wirklich durch sich selbst) und Èaqqun bi-ÇayrihÊ (Wirklich durch ein anderes)92 nennt, sondern die Möglichkeitsbedingung für jedwedes Wirklichsein überhaupt (S ist).93 Diese gegenüber jedem bestimmten m§ laysa bi-mumtani#in; vgl. Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: III. al-#Ib§rah (Peri hermeneias) II 4, S. 120, Z. 14-16: 89
ﻓﻴﻜﻮﻥ ﻛﻠﻴ ﹰﺎ ﺑﺎﻟﻘﻴﺎﺱ ﺇﻟﻰ ﺍﻟﻮﺍﺟﺐ، ﻭﻳﺸﻴﺮ ﺑﻬﺬﺍ ﺇﻟﻰ ﺃﻥ ﻟﻠﻤﻤﻜﻦ ﻣﻌﻨﻰ ﻳﻔﻬﻢ ﻋﻨﻪ ﺃﻛﺜﺮ ﻭﺃﻋﻢ ﻣﻦ ﻣﻌﻨﻰ ﺍﻟﻮﺍﺟﺐ ﹼ . ﻭﺫﻟﻚ ﺍﻟﻤﻌﻨﻰ ﻫﻮ ﺃﻧﻪ ﻟﻴﺲ ﺑﻤﻤﺘﻨﻊ ﻭﺍﻟﻮﺍﺟﺐ ﺑﻌﺾ ﻣﺎ ﻟﻴﺲ ﺑﻤﻤﺘﻨﻊ. ﻭﺍﻟﻮﺍﺟﺐ ﺟﺰﺋﻰ ﺗﺤﺘﻪ 90
Zitiert nach Honnefelder: Ens inquantum ens, S. 143, vgl. dazu auch Honnefelder: Scientia transcendens, S. 105-108. 91 Beides zitiert nach Honnefelder: Scientia transcendens, S. 293. 92 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 8, S. 48, Z. 5, 7-9, (=Liber de philosophia prima I 8, S. 55, Z. 58-59, 61-64; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 38, Z. 25-26, 29-32). 93 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 5, S. 32, Z. 6-11, (=Liber de philosophia prima I 5, S. 36, Z. 84-92; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 25, Z. 15-25):
ﺇﻥ ﺍﻟﺸﻰﺀ ﻗﺪ ﻳﻜﻮﻥ ﻣﻌﺪﻭﻣﺎ، ﻣﻊ ﻫﺬﺍ، ﺣﻖ ؛ ﺛﻢ ﺍﻟﺬﻯ ﻳﻘﺎﻝ، ﺇﻥ ﺍﻟﺸﻰﺀ ﻫﻮ ﺍﻟﺬﻯ ﻳﺨﺒﺮ ﻋﻨﻪ: ﻭﺃﻥ ﻣﺎ ﻳﻘﺎﻝ ، ﺟﺎﺯ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﻛﺬﻟﻚ، ﻓﺈﻥ ﻋﻨﻰ ﺑﺎﻟﻤﻌﺪﻭﻡ ﺍﻟﻤﻌﺪﻭﻡ ﻓﻰ ﺍﻷﻋﻴﺎﻥ. ﺃﻣﺮ ﻳﺠﺐ ﺃﻥ ﻳﻨﻈﺮ ﻓﻴﻪ، ﻋﻠﻰ ﺍﻹﻃﻼﻕ ﻭﻟﻢ، ﻭﺇﻥ ﻋﻨﻰ ﻏﻴﺮ ﺫﻟﻚ ﻛﺎﻥ ﺑﺎﻃﻼ. ﻓﻴﺠﻮﺯ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﺍﻟﺸﻰﺀ ﺛﺎﺑﺘﺎ ﻓﻰ ﺍﻟﺬﻫﻦ ﻣﻌﺪﻭﻣﺎ ﻓﻰ ﺍﻷﺷﻴﺎﺀ ﺍﻟﺨﺎﺭﺟﺔ ﹺ ﻣﺘﺼﻮﺭﺍﹰ ﻓﻰ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﻓﺄﻣﺎ ﺃﻥ ﻳﻜﻮﻥ. ﻭﻻ ﻛﺎﻥ ﻣﻌﻠﻮﻣ ﹰﺎ ﺇﻻ ﻋﻠﻰ ﺃﻧﻪ ﻣﺘﺼﻮﺭ ﻓﻰ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﻓﻘﻂ، ﻳﻜﻦ ﺧﺒﺮ ﻋﻨﻪ ﺃﻟﺒﺘﺔ ﹼ . ﺻﻮﺭﺓ ﺗﺸﻴﺮ ﺇﻟﻰ ﺷﻲﺀ ﺧﺎﺭﺝ ﻓﻜﻼ
Quia non dicitur res nisi de quo aliquid dicitur vere, deinde quod dicitur cum hoc quod res potest esse id quod non est absolute, debemus loqui de hoc. Si enim intelligitur non esse id quod non est in singularibus, hoc potest concedi quod sit ita; potest enim res habere esse in intellectu, et non esse in exterioribus; si autem aliud intelligi-
ausblick: problemgeschichtliche einordnung
427
Modus voraufgehende Möglichkeit läßt sich logisch als die Nichtwidersprüchlichkeit zu sein (m§ laysa bi-mumtani#in,94 non repugnantia ad esse95) erfassen. Wenn nun die heterogene Vielheit alles Seienden allein von jener Begriffseinheit transzendental umfaßt werden kann, die dem Begriff des ontologisch Unvermögenden (al-mumtani#u/al-ma#dåmu #al§ l-"iãl§qi,96 simpliciter nihil97) kontradiktorisch entgegengesetzt ist, diese Begriffseinheit des „Seienden“ (mawÆåd, ens) aber zugleich eine schlechthin einfache und schlechthin apriorische ist,98 so hängt die Möglichkeit ihrer weiteren Explikation ganz und gar davon ab, ob unserer Erkenntnis Bestimmungen zugänglich sind, die dem „Seienden als solchen“ zukommen, ohne jedoch die gleiche maximale Extension wie dieses aufzuweisen. tur praeter hoc, erit falsum, nec erit enuntiatio ullo modo, nec erit scita nisi quia est imaginata in anima tantum; sed, ut imaginetur in anima tali forma quae designat aliquam rerum exteriorum, non. 94 Vgl. Ibn SÊn§: Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: III. al-#Ib§rah (Peri hermeneias) II 4, S. 120, Z. 14-16. 95 Zu Scotus vgl. Honnefelder: Ens inquantum ens, S. 143, 341-343; sowie: Scientia transcendens, S. 105-108. 96 Vgl. Ibn SÊn§: Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 5, S. 32, Z. 6-11, (=Liber de philosophia prima I 5, S. 36, Z. 84-92; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 25, Z. 15-25). 97 Zur Abgegrenztheit vom Nichtseienden nach Scotus vgl. Honnefelder: Ens inquantum ens, S. 294, 339ff., 424, 433. 98 Zu Ibn Sin§ vgl. neben Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 5, (=Liber de philosophia prima I 5) etwa auch Ris§lat "aÆwibah #an #aàr mas§"il (Antworten auf zehn Fragen), S. 82, insbesondere Z. 11-15: „Denn das ‘Seiende’ wird durch sich selbst erfaßt und ist der einfachste ("absaãu) und erste aller Begriffe, es ist durch sich selbst bekannt. Sollte es [d. h. das ‘Seiende’] [aktual] zum Gegenstand des taßawwur gemacht werden, so geschieht dies nur in der Ordnung des Aufmerksam-Machens (#al§ sabÊli t-tanbÊhi), in der es entweder durch ein Synonym wie ‘Existierendes’ (t§bit) und ‘Vorhandenes’ (ȧßil), oder durch seine [d. h. des ‘Seienden’] [‘Als-ob’-]Teile wie Substanz, Akzidens und Ähnliches bekannt gemacht wird. In Wirklichkeit jedoch ist das ‘Seiende’ ein Durch-sich-selbst-Erfaßtes, nämlich das ‘Ob-es-ist’ und nicht das ‘Was-es-ist’.“ Zum arabischen Text vgl. Anm. 38 (Vierter Teil). Vgl. dazu ferner an-NaƧh fÊ l-manãiq wa-l-"il§hÊy§t, Teil III (Metaphysik), Kap. 1, faßlun fÊ bay§ni "aqs§mi l-mawÆådi wa-"aqs§mi l-w§hidi (Abschnitt über die Darlegung der Teile des Seienden und der Teile des Einen), S. 48, Z. 25 – 49, Z. 1: „Der Begriff des Seienden kann durch kein anderes Nomen expliziert werden, weil er erstes Prinzip alles Explizierens ist, es gibt somit für ihn keine Explikation, sondern seine Form stellt sich in der Seele ein, ohne daß ein anderes vermitteln würde.“
ﺑﻞ ﺻﻮﺭﺗﻪ ﺗﻘﻮﻡ، ﻓﻼ ﺷﺮﺡ ﻟﻪ، ﻷﻧﻪ ﻣﺒﺪﺃ ﺃﻭﻝ ﻟﻜﻞ ﺷﺮﺡ، ﺇﻥ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﻻ ﻳﻤﻜﻦ ﺃﻥ ﻳﺸﺮﺡ ﺑﻐﻴﺮ ﺍﻻﺳﻢ: ﻓﻨﻘﻮﻝ . ﻓﻲ ﺍﻟﻨﻔﺲ ﺑﻼ ﺗﻮﺳﻂ ﺷﻲﺀ
Zu Scotus vgl. Honnefelder: Ens inquantum ens, S. 153ff., 158ff., Scientia transcendens, S. XVIff.
428
schlusswort
Solche Bestimmungen vermögen ihrem gemeinsamen Subjekt, dem „Seienden“, gegenüber deswegen formal bestimmend zu sein, weil erst mit ihnen die hierfür erforderlichen ersten Differenzen des transzendental Allgemeinen gegeben wären. Oder anders gewendet: die Begriffsstruktur des „Seienden“ läßt nur dann einen Zugang zu ihrer weiteren Explikation zu, wenn die sie erstlich kontrahierenden disjunktiven Modi eben als solche erkannt werden. Wie bereits gesehen, ist dies nach Ibn SÊn§ für die Attribute „notwendig“ (w§Æib, ·arårÊ) und „kontingent“ („möglich im engeren Sinne“; mumkinun ɧßß) a priori möglich. Diese gehören nach al-"Il§hÊy§t (Metaphysik) I 5 zu den erstlich, d. h. notwendig distinkt erkannten Begriffen, wodurch der apriorisch-deduktive Weg von der Erkenntnis des transzendentalen Seienden und seiner disjunktiven Attribute zu der entfalteten Erkenntnis der besonderen Seienden möglich wird. Dieser Erkenntnisweg ist nach Duns Scotus der Metaphysik zwar zugänglich, allerdings nicht der uns gegenwärtig möglichen (metaphysica in nobis), sondern nur der „Metaphysik in sich“ (metaphysica in se), die ihren Gegenstand vollständig so, wie er in sich ist, zu erfassen vermag. Die „Metaphysik in uns“ ist hingegen, da ihr die adäquate Einsicht in die disjunktiven Eigenschaften ihres Subjektes verwehrt bleibt, auf gegenüber diesem Subjekt „spätere“ Erkenntnisse angewiesen, vermittels derer sie erst – und damit a posteriori – erkennen kann, daß diese Bestimmungen in ihrem Subjekt enthalten sind. Deshalb lehnt Scotus das apriorisch-deduktive Verfahren für die uns mögliche Metaphysik entschieden ab.99 Doch ändert diese Differenz gegenüber Ibn SÊn§ nichts an ihrer wesentlichen Übereinstimmung hinsichtlich der Bedeutung der disjunktiven Modi für die Explikation des „Seienden“. Denn die von allem Seienden univok (Scotus) oder eben in der Weise des taàkÊk (Ibn SÊn§) verwirklichte Struktur, die der Formalbegriff des „Seienden“ angibt, wird primär durch nichts anderes als durch den Zusammenhang der beiden Hinsichten des „Was-“ und des „Daß-Seins“ erläutert, dessen Bestimmung dann nur noch durch modale Explikation erfolgen kann.100 Auf Grundlage der für den Verstand (auf der Ebene des taßawwur) unterscheidbaren „Zweiheit“ von Washeit und Sein,101 wird das Seiende nicht von seiner 99
Vgl. dazu Honnefelder: Ens inquantum ens, S. 125-130. Zu Ibn SÊn§ vgl. dazu Vierter Teil, Kapitel II, 5. Zu Scotus vgl. Honnefelder: Scientia transcendens, 1. Teil. 101 Zu Ibn SÊn§ vgl. Dritter Teil, Kapitel III, 2. Zu Scotus vgl. Honnefelder: Ens inquantum ens, S. 261ff., Scientia transcendens, S. 142ff. 100
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Aktualität (Wirklichkeit), sondern von seiner Nichtwidersprüchlichkeit zur Aktualität, also von seiner Möglichkeit her, erfaßt und dann anhand des Kriteriums der „An-sich“-Inhärenz als „notwendig“ bzw. „beiläufig“ (#ara·Ê, kontingent), „reich“ und „bedürftig“, „vollkommen“ und „mangelhaft“, „unendlich“ und „endlich“ etc. disjunktiv weiterbestimmt.102 Damit ist aber nichts weniger gewährleistet als die Entfaltung des transzendental allgemeinen Subjekts der Metaphysik, zu dessen transzendentalen Eigenschaften sowohl nach Ibn SÊn§ als nach Scotus nicht nur die mit dem „Seienden“ gleichextensionalen und mit ihm daher konvertiblen, sondern auch die disjunktiven gehören. Schließlich soll auf einen auf dem Hintergrund der Ergebnisse der vorliegenden Arbeit als besonders gewichtig erscheinenden Unterschied zwischen Ibn SÊn§ und Scotus hingewiesen werden. Im Gegensatz zu Duns Scotus, der den Begriff des Seienden als Resultat eines Abstraktionsvorganges versteht,103 begreift Ibn SÊn§ die Prinzipien in der Metaphysik im Unterschied zu den inhaltlich-sachhaltigen Bestimmungen, wie bereits gesehen, nur noch als formale Möglichkeitsbedingungen von Erkenntnis überhaupt. Eine solche transzendentale Lesart des ibn-sinischen Begriffes des Seienden lehnt Scotus entschieden ab. Neben einem theologisch motivierten Vorbehalt,104 scheint sein Hauptbedenken gegen eine transzendentale Deutung der Prinzipien der Metaphysik darin zu gründen, daß erkenntnisunabhängige Realität nur von solchen Begriffen erfaßt werden kann, die Ergebnisse eines an dem Sinneswahrnehmbaren ansetzenden Abstraktionsprozesses sind.105 Daß nun das Apriori des „Seienden“ nach Ibn SÊn§ vor dem Bereich des denkunabhängigen Realen nicht nur nicht stehen bleibt, sondern auch nicht stehen bleiben kann, zeigte sich jedoch deutlich sowohl in al-"Il§hÊy§t (Metaphysik) I 2 als auch in al-Maqål§t (Kategorien) II 1. In der Metaphysik wird 102 Zur modalen Explikation des „Seienden“ bei Scotus vgl. Honnefelder: Scientia transcendens, Erster Teil. 103 Vgl. dazu Honnefelder: Ens inquantum ens, S. 212ff. 104 Demnach das als eine virtuell angeborene transzendentale Bestimmung verstandene „Seiende“ zwingend zur Folge hätte, daß eine natürliche Erkenntnis der einzelnen Seienden im besonderen – auch die Gottes – dem Verstande „seiner Hinneigung nach“ möglich wäre. Vgl. dazu Honnefelder: Ens inquantum ens, S. 82-89; sowie 210-212. Dieses Bedenken wäre jedoch, wie die im Schlußwort, Kapitel I, zitierten Textstellen aus den Ta#lÊq§t (S. 185, Z. 26 – S. 186, Z. 1; sowie ebd., S. 34, Z. 9-11) in aller Deutlichkeit belegen, von seiten Ibn SÊn§s als gegenstandslos zu betrachten. 105 Vgl. dazu Honnefelder: Ens inquantum ens, S. 210-212.
430
schlusswort
der Begriff des Seienden (al-mawÆåd) nicht nur als nicht leer (ma#nan muÈaqqaq)106 bezeichnet, sondern auch als ein a priori auf Realität an sich beziehbarer verstanden. Denn wenn es dort heißt, daß das Wissen um sein „Daß-Sein“ – neben dem um sein „Was-Sein“ – nicht erworben werden muß,107 so betrifft das keineswegs die bloße Existenz des Begriffes „mawÆåd“, sondern seine tatsächliche Exemplifizierbarkeit an den Dingen. Noch eindrucksvoller ist das, was Ibn SÊn§ diesbezüglich im Rahmen seiner transzendental-semantischen Rechtfertigung der Einheit des „Seienden“ in al-Maqål§t (Kategorien) II 1 behauptet: „Die Wahrheit ist aber, daß die Dinge hinsichtlich des ‘BestandHabens’ (tubåt) und des ‘Seins’ in einem von dem Verstande erfaßten (muÈaßßal) Begriff (mafhåm) übereinkommen (taàtarik). Dies ist ein durch sich selbst Bekanntes und kann nicht [durch ein anderes] begründet werden. Derjenige, der das leugnet, bezichtigt sich selbst eines Irrtums, indem er das Ziel seines Denkens zugunsten einer anderen Sache aufgibt. Denn wenn dem nicht so wäre, dann würde es [schlechthin] nicht gelten, daß das Ding ein Nichtwidersprüchliches und ein Nichtwiderspruchsmittleres sein muß [wörtlich: daß das Ding notwendigerweise die Extreme des Widerspruches nicht verläßt]. Denn dann wäre jedes der zwei Extreme des Widerspruches vieles, und damit nicht
106 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 2, S. 12, Z. 12-14, (=Liber de philosophia prima I 2, S. 12, Z. 14-18; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 9, Z. 11-15):
ﻓﺈﻥ ﺑﻌﻀﻬﺎ. ﻭﻻ ﻳﺠﻮﺯ ﺃﻥ ﻳﻮﺿﻊ ﻟﻬﺎ ﻣﻮﺿﻮﻉ ﻣﺸﺘﺮﻙ ﺗﻜﻮﻥ ﻫﻲ ﻛﻠﻬﺎ ﺣﺎﻻﺗﻪ ﻭﻋﻮﺍﺭﺿﻪ ﺇﻻ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﻭﺑﻌﻀﻬﺎ ﻣﻘﻮﻻﺕ ﺃﺧﺮﻯ ؛ ﻭﻟﻴﺲ ﻳﻤﻜﻦ ﺃﻥ ﻳﻌﻤﻬﻤﺎ ﻣﻌﻨﻰ ﻣﺤﻘﻖ ﺇﻻ ﺣﻘﻴﻘﺔ ﻣﻌﻨﻰ، ﻭﺑﻌﻀﻬﺎ ﻛﻤﻴﺎﺕ، ﺟﻮﺍﻫﺮ . [ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ: ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ]ﻓﻲ ﺍﻟﻤﺘﻦ
Sed non potest poni eis subiectum commune, ut illorum omnium sint dispositiones et accidentalia communia, nisi esse. Quaedam enim eorum sunt substantiae, et quaedam quantitates, et quaedam alia praedicamenta; quae non possunt habere communem intentionem qua certificentur nisi intentionem essendi. 107 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 2, S. 13, Z. 8-10, (=Liber de philosophia prima I 2, S. 12, Z. 30-32; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 9, Z. 31-35):
ﻭﺃﻧﻪ ﻳﺠﺐ ﺃﻥ ﻳﺠﻌﻞ ﺍﻟﻤﻮﺿﻮﻉ ﻟﻬﺬﻩ ﺍﻟﺼﻨﺎﻋﺔ، ﻓﻈﺎﻫﺮ ﻟﻚ ﻣﻦ ﻫﺬﻩ ﺍﻟﺠﻤﻠﺔ ﺃﻥ ﺍﻟﻤﻮﺟﻮﺩ ﺃﻣﺮ ﻣﺸﺘﺮﻙ ﻟﺠﻤﻴﻊ ﻫﺬﻩ ... ﻭﻷﻧﻪ ﻏﻨﻲ ﻋﻦ ﺗﻌﻠﻢ ﻣﺎﻫﻴﺘﻪ ﻭﻋﻦ ﺇﺛﺒﺎﺗﻪ. ﻟﻤﺎ ﻗﻠﻨﺎ
Igitur ostensum est tibi ex his omnibus quod ens, inquantum est ens, est commune omnibus his et quod ipsum debet poni subiectum huius magisterii, et quia non eget inquiri an sit et quid sit …
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ein Extrem. Das ‘Seiende’ hat aber vielmehr in allem begrifflich eine Bedeutung.“108
Daß also der transzendentale Begriff des Seienden in endgültiger Weise auf Realität an sich bezogen wird, ist nach Ibn SÊn§ ebenso wie die Einheit und die Abgegrenztheit der Wortbedeutung „Seiendes“ nichts anders als notwendiger Bestandteil seiner Aprioritätslehre. Denn wäre „al-mawÆåd“ kein eindeutiger formaler Begriff der realen Seienden, dann wären die Nichtwidersprüchlichkeit und das ausgeschlossene Mittlere als Prinzipien erkenntnisunabhängiger Realität schlechthin aufgehoben. Ein Gegenstand (àay") müßte dann zum einen zugleich und in derselben Hinsicht als Seiendes wie auch als Nichtseiendes, zum anderen aber auch weder als Seiendes, noch als Nichtseiendes expliziert werden können.109 Das, wodurch die beiden Prinzipien in ihrer Gültigkeit erst ermöglicht werden, ist die dem „Nichtseienden“ kontradiktorisch entgegengesetzte Begriffsstruktur des „Seienden“, die eben als solche dann auch Vorabbedingung jedweder realen Bestimmtheit ist. Ist also die eindeutige positive Existenzbehauptung (S ist) von keinem Gegenstand überhaupt möglich, dann entfällt damit auch die Möglichkeitsbedingung wahrer Eigenschaftsprädikation (S ist P). „Das, was extramental zu keiner Zeit Wirklichkeit zu haben vermag“ (al-ma#dåmu l-muãlaq) kann darum, wie Ibn SÊn§ in Metaphysik I 5110 explizit zum Ausdruck bringt, als Subjekt wahrer Eigenschaftsprädikation nicht fungieren. „al-mawÆåd“ ist deshalb als formaler Begriff dessen aufzufassen, was Realität an sich ist und insofern Subjekt prädikativer Explikation sein 108
Kit§b aà-àif§": al-Manãiq: II. al-Maqål§t (Kategorien) II 1, S. 60, Z. 7-12:
ﺑﻴﻦ ﺑﻨﻔﺴﻪ ﻻ ﻳﻤﻜﻦ ﻭﻫﺬﺍ ﹲ. ﻣﺤﺼﻞ ﻋﻨﺪ ﺍﻟﺬﻫﻦ ﺑﻞ ﺍﻟﺤﻖ ﻫﻮ ﺃﻥ ﺍﻷﺷﻴﺎﺀ ﺗﺸﺘﺮﻙ ﻓﻲ ﺍﻟﺜﺒﻮﺕ ﻭﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﺑﻤﻔﻬﻮﻡ ﱠ ﺃﻥ ﻳﺒﻴﻦ ؛ ﻭﻣﻦ ﻳﻨﻜﺮﻩ ﻓﻬﻮ ﻳﻐﻠﹺﹼﻂ ﻧﻔﺴﻪ ﺑﺈﺯﺍﻟﺔ ﹺﻓﻜ ﹺﺮﻩ ﻋﻦ ﺍﻟﻐﺮﺽ ﺇﻟﻰ ﻏﻴﺮﻩ ؛ ﻭﻟﻮ ﻻ ﻫﺬﺍ ﻟﻤﺎ ﺻﺢ ﺃﻥ ﺍﻟﺸﻲﺀ ﻻ ﻳﺨﺮﺝ ﱠ ﻭﻟﻢ ﻳﻜﻦ ﺑﺎﻟﺤﻘﻴﻘﺔ ﻃﺮﻓﺎ، ﻋﻦ ﻃﺮﻓﻲ ﺍﻟﻨﻘﻴﺾ ؛ ﻓﺈﻥ ﻛﻞ ﻭﺍﺣﺪ ﻣﻦ ﻃﺮﻓﻲ ﺍﻟﻨﻘﻴﺾ ﻛﺎﻥ ﻳﻜﻮﻥ ﺃﺷﻴﺎﺀ ﻛﺜﻴﺮﺓ . ﻭﺍﺣﺪﺍ ؛ ﺑﻞ ﺍﻟﻮﺟﻮﺩ ﻓﻲ ﺟﻤﻴﻌﻬﺎ ﻣﻌﻨﻰ ﻭﺍﺣﺪ ﻓﻲ ﺍﻟﻤﻔﻬﻮﻡ 109 Mit der zentralen Bedeutung, die Ibn SÊn§ dem Nichtwiderspruchsprinzip und dem Prinzip des ausgeschlossenen Mittleren und damit den ersten Urteilen (al-"awwalÊy§t; Prinzipien des taßdÊq) bei der transzendentalen Rechtfertigung der Begriffseinheit des „Seienden“ beimißt, nimmt er der Sache nach das von Christian Wolff vorgelegte deduktive Verfahren vorweg. Zu Wolff vgl. Honnefelder: Scientia transcendens, S. 326ff., 426ff. 110 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 5, S. 32, Z. 6 – S. 33, Z. 11, (=Liber de philosophia prima I 5, S. 36, Z. 84 – S. 38, Z. 14; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 25, Z. 15 – S. 26, Z. 17).
432
schlusswort
kann. Die Formel, die diese Bedeutung von „al-mawÆåd“ in al-"Il§hÊy§t (Metaphysik) I 5 ausdrückt, lautet: „das, wovon [mit Geltungsanspruch] ausgesagt werden kann“ (alladÊ yuÉbaru #anhu111/alladÊ yaßiÈÈu #anhu l-Éabaru112).
111 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 5, S. 32, Z. 6, (=Liber de philosophia prima I 5, S. 36, Z. 84; Marmura: Avicenna: The Metaphysics of The Healing, S. 25, Z. 15-16). 112 Vgl. Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t I 5, S. 30, Z. 12, (=Liber de philosophia prima I 5, S. 33, Z. 37).
EPILOG Der Vorlage al-F§r§bÊ’s folgend, unternimmt Ibn SÊn§ als erster den Versuch einer systematischen Untersuchung der Subjektsbestimmung der Metaphysik. Als Teil der Metaphysikschrift ist diese Untersuchung eingebettet in eine alle logischen Disziplinen und theoretischen Wissenschaften umfassende Enzyklopädie (Kit§b aà-àif§"), die als Ganzes wissenschaftssystematisch konzipiert ist und so auch konsequent durchgeführt wird. Die Abgrenzung der Subjekte der einzelnen Wissenschaften voneinander sowie die wissenschaftstheoretische Angemessenheit einzelner Fragestellungen in bestimmten Wissenschaften werden somit in hohem Maße allein schon durch die so konzipierte Struktur des Werkes gefordert. Im Lichte dieser auf die Verwissenschaftlichung der gesamten Philosophie hingerichteten Konzeption Ibn SÊn§s erscheint es nicht verwunderlich, daß der besondere Fall der Subjektsbestimmung der Metaphysik bereits in al-Burh§n (Zweite Analytik) Berücksichtigung findet, und daß ferner für die Anwendung der wissenschaftstheoretischen Kriterien in der Metaphysik selbst keine weitere Rechtfertigung erbracht wird. Die von Ibn SÊn§ hinsichtlich der Konzeption der Metaphysik auf der Basis der Wissenschaftstheorie gewonnene Lösung lautet: Subjekt dieser Wissenschaft ist das Seiende als Seiendes, denn allein dieses vermag sowohl Substanz und Akzidens als auch disjunkte transkategoriale Bestimmungen wie notwendig und möglich, Verursachtes und Ursache zu umfassen. Der auf Grund seiner maximalen Extension ausgewiesene Begriff mawÆåd (Seiendes) muß jedoch aus wissenschaftstheoretischen Gründen sowohl hinsichtlich seiner Einheit als auch hinsichtlich seiner Apriorität verteidigt werden. Beide nur noch transzendental-semantisch durchführbaren Rechtfertigungen ermöglichen schließlich die Konzeption einer Ersten Philosophie, die gemessen einerseits an ihrem Subjekt und seinen eigentümlichen Eigenschaften, worunter auch die Nichtwidersprüchlichkeit und das ausgeschlossene Widerspruchsmittlere gezählt werden, sowie andererseits an der Weise der Erhebung und Verteidigung ihrer Prinzipien als transzendental bezeichnet werden kann. Möglich wird ferner auch ein Weg zum ersten Seienden, welcher anders als der physikalische Beweis Gottes nicht zu den von Ibn SÊn§ sowohl aus
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epilog
theologischer als auch aus wissenschaftstheoretischer Sicht kritisierten Konsequenzen führt. Mit der Metaphysik als Wissenschaft von den ersten Begriffs- und Urteilsprinzipien, also nicht von einem besonderen Seienden, sondern von Möglichkeitsbedingungen der Erkenntnis von Seiendem überhaupt, legt Ibn SÊn§ ein Konzept vor, dessen außerordentliche Wirkungsgeschichte in zwei Linien verläuft: es bestimmt zum einen maßgeblich die Grundlegung der islamischen spekulativen Theologie (kal§m) und erweist sich bei einer problemgeschichtlichen Betrachtung der Frage nach der Möglichkeit von Metaphysik zugleich als der gegenüber Aristoteles neue Metaphysikansatz, der in der „scientia transcendens“ des Duns Scotus und vermittels dieser in den neuzeitlichen Konzepten, hier insbesondere in der kantischen Kritik, weitergeführt wird. Die Bedeutung der Metaphysikkritik des islamischen Philosophen geht somit über das mediävistische bzw. „rein“ philosophische Interesse hinaus.
VERZEICHNIS DER ZITIERTEN LITERATUR I. Ibn SÊn§, "Abå #AlÊy al-\usayn Ibn #Abd All§h (Avicenna), verwendete Textausgaben und Kommentare Ibn SÊn§: D§neàn§me-ye #Al§"Ê, hrsg. von M. Mu#Ên, Teheran: D§neàg§h-e Tehr§n 1951 Ibn SÊn§: al-"Ià§r§t wa-t-tanbÊh§t, Reprint der Edition von Jacques Forget, Leiden 1892, (Publications of the Institute for the History of Arabic-Islamic Science: Islamic Philosophy; 36), Frankfurt am Main: Institute for the History of ArabicIslamic Science at the Johann Wolfgang Goethe University 1999 Ibn SÊn§: al-"Ià§r§t wa-t-tanbÊh§t, ma#a àarÈ NaßÊr ad-DÊn aã-•åsÊ, hrsg. von Sulaym§n Duny§, (daɧ"ir al-#arab; 22), 3. Aufl., Kairo: D§r al-ma#§rif; Bd. 1: al-Manãiq (Logik) 1983; Bd. 2: aã-•abÊ#ah (Physik) 1992; Bd. 3: al-"Il§hÊy§t (Metaphysik) 1985; Bd. 4: at-Taßawwuf (Mystik) 1994 Ibn SÊn§: Avicenna’s De Anima (Arabic Text): Being the Psychological Part of Kit§b al-Shif§". Ed. by Fazlur Rahman, (University of Durham Publications), London: Oxford University Press 1959 Ibn SÊn§: Kit§b fÊ n-nafs #al§ sunnat al-iÉtiߧr, siehe: S. Landauer (Hrsg. und Übers.): Die Psychologie des Ibn SÊn§, in: Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft 29 (1875), S. 339-372. Ibn SÊn§: Kit§b al-Èudåd / Avicenne: Livre des Definitions, édité, traduit et annoté par Amélie-Marie Goichon, Kairo: Publications de l’Institut Francais d’Archélogie Orientale du Caire 1963; unter dem Titel Ris§lah fÊ l-Èudåd ist es anonym ediert in: Tis# ras§"il fÊ al-Èikmah wa-aã-ãabÊ#Êy§t, Kairo: Maãba#at hindÊyah bi-l-måskÊ bi-mißr 1326/1908, S. 72-102, unveränderter Nachdruck in: Ibn SÊn§, "Abå #AlÊ al-\usain Ibn #Abdall§h: Philosophical Treatises, select. and repr. by Fuat Sezgin, S. 81-112. Ibn SÊn§: Kit§b al-mub§Èat§t, in: #Abd ar-RaÈm§n BadawÊ (Hrsg.): "Arisãå #ind al-#arab: dir§sah wa-nußåß Çayr manàårah, 2. Aufl., (dir§s§t "isl§mÊyah; 5), alKuwayt: Wak§lat al-maãbå#§t 1978, S. 122-239. Ibn SÊn§: Kit§b aà-àif§": al-Manãiq [Logik]: I. al-MadÉal [Isagoge], hrsg. von G. Anawati, MaÈmåd al-]u·ayrÊ, "AÈmad Fu"§d al-"Ahw§nÊ, mit Einl. von Ibr§hÊm Madkår, Kairo: al-Maãba#ah al-"amÊrÊyah 1952 Ibn SÊn§: Kit§b aà-àif§": al-Manãiq [Logik]: II. al-Maqål§t [Kategorien], hrsg. von G. Anawati, MaÈmåd MuÈammad al-]u·ayrÊ, "AÈmad Fu"§d al-"Ahw§nÊ, Sa#Êd Z§yid, mit Einl. von Ibr§hÊm Madkår, Kairo: al-Hay"ah al-#§mmah li-àu"ån al-maã§bi# al-"amÊrÊyah 1959 Ibn SÊn§: Kit§b aà-àif§": al-Manãiq [Logik]: III. al-#Ib§rah [Peri hermeneias], hrsg. von MaÈmåd al-]u·ayrÊ, mit Einl. von Ibr§hÊm Madkår, Kairo: al-Hay"ah al-#§mmah li-t-ta"lÊf wa-n-naàr 1970 Ibn SÊn§: Kit§b aà-àif§": al-Manãiq [Logik]: IV. al-Qiy§s [Erste Analytik], hrsg. von Sa#Êd Z§yid, mit Einl. von Ibr§hÊm Madkår, Kairo: al-Hay"ah al-#§mmah li-àu"ån al-maã§bi# al-"amÊrÊyah 1964 Ibn SÊn§: Kit§b aà-àif§": al-Manãiq [Logik]: V. al-Burh§n [Zweite Analytik], hrsg. von "Abå l-#Al§" #AfÊfÊ, mit Einl. von Ibr§hÊm Madkår, Kairo: al-Maãba#ah al-"amÊrÊyah 1956
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Ibn SÊn§: Kit§b aà-àif§": al-Manãiq [Logik]: VI. al-@adal [Topik], hrsg. von "AÈmad Fu"§d al-"Ahw§nÊ, mit Einl. von Ibr§hÊm Madkår, Kairo: al-Hay"ah al-#§mmah li-àu"ån al-maã§bi# al-"amÊrÊyah 1965 Ibn SÊn§: Kit§b aà-àif§": al-Manãiq [Logik]: VII. as-Safsaãah [Sophistes], hrsg. von "AÈmad Fu"§d al-"Ahw§nÊ, mit Einl. von Ibr§hÊm Madkår, Kairo: al-Hay"ah al-#§mmah li-àu"ån al-maã§bi# al-"amÊrÊyah 1958 Ibn SÊn§: Kit§b aà-àif§": al-Manãiq [Logik]: VIII. al-]aã§bah [Retorik], hrsg. von MuÈammad SalÊm S§lim, mit Einl. von Ibr§hÊm Madkår, Kairo: al-Maãba#ah al-"amÊrÊyah 1954 Ibn SÊn§: Kit§b aà-àif§": al-Manãiq [Logik]: IX. aà-’i#r [Poetik], hrsg. von #Abd ar-RaÈm§n BadawÊ, 2. Aufl., Kairo: al-Hay"ah al-#§mmah li-àu"ån al-maã§bi# al-"amÊrÊyah 1966 Ibn SÊn§: Kit§b aà-àif§": ar-Riy§·Êy§t [Mathematik]: I. "Ußål al-handasah [Elemente der Geometrie], hrsg. von #Abd al-\amÊd ‘abrah, #Abd al-\amÊd LuãfÊ Maíhar, mit Einl. von Ibr§hÊm Madkår, Kairo: al-Hay"ah al-mißrÊyah al-#§mmah li-l-kit§b 1976 Ibn SÊn§: Kit§b aà-àif§": ar-Riy§·Êy§t [Mathematik]: II. al-\is§b [Arithmetik], hrsg. von #Abd al-\amÊd LuãfÊ Maíhar, mit Einl. von Ibr§hÊm Madkår, Kairo: alHay"ah al-mißrÊyah al-#§mmah li-l-kit§b 1975 Ibn SÊn§: Kit§b aà-àif§": ar-Riy§·Êy§t [Mathematik]: III. @aw§mi# #ilm al-musÊqÊ [Musik], hrsg. von Zakariy§ Yåsuf, Kairo: al-Hay"ah al-mißrÊyah al-#§mmah li-lkit§b 1956 Ibn SÊn§: Kit§b aà-àif§": ar-Riy§·Êy§t [Mathematik]: IV. #Ilm al-hay"ah [Astronomie], hrsg. von MuÈammad Ri·§ Madwar, Im§m Ibr§hÊm AÈmad, mit Einl. von Ibr§hÊm Madkår, Kairo: al-Hay"ah al-mißrÊyah al-#§mmah li-l-kit§b 1980 Ibn SÊn§: Kit§b aà-àif§": aã-•abÊ#Êy§t [Physik]: I. as-Sam§# aã-ãabÊ#Ê [Physikvorlesung], hrsg. von Sa#Êd Z§yid, mit Einl. von Ibr§hÊm Madkår, Kairo: al-Hay"ah almißrÊyah al-#§mmah li-l-kit§b 1983 Ibn SÊn§: Kit§b aà-àif§": aã-•abÊ#Êy§t [Physik]: II. as-Sam§" wa-l-#§lam [De Caelo], aã-•abÊ#Êy§t [Physik]: III. al-Kawn wa-l-fas§d [De Generatione et Corruptione], aã-•abÊ#Êy§t [Physik]: IV. al-"Af#§l wa-l-infi#§l§t [Wirkungen und Reaktionen], hrsg. von MaÈmåd Q§sim, mit Einl. von Ibr§hÊm Madkår, Kairo: al-Hay"ah al-#§mmah li-t-ta"lÊf wa-n-naàr 1969 Ibn SÊn§: Kit§b aà-àif§": aã-•abÊ#Êy§t [Physik]: V. al-Ma#§din wa-l-"§t§r al-#ulwÊya [Mineralogie und Meteorologie], hrsg. von #Abd al-\alÊm Muntaßir, Sa#Êd Z§yid, #Abdallah Ism§#Êl, mit Einl. von Ibr§hÊm Madkår, Kairo: al-Hay"ah al-#§mmah li-àu"ån al-maã§bi# al-"amÊrÊyah 1965 Ibn SÊn§: Kit§b aà-àif§": aã-•abÊ#Êy§t [Physik]: VI. an-Nafs [Die Seele], hrsg. von G. AnawatÊ und Sa#Êd Z§yid, mit Einl. von Ibr§hÊm Madkår, Kairo: al-Hay"ah al-#§mmah 1975 Ibn SÊn§: Kit§b aà-àif§": aã-•abÊ#Êy§t [Physik]: VII. an-Nab§t [Botanik], hrsg. von #Abd al-\alÊm Muntaßir, Sa#Êd Z§yid, #Abdallah Ism§#Êl, mit Einl. von Ibr§hÊm Madkår, Kairo: al-Mu"assasah al-mißrÊyah al-#§mmah li-t-ta"lÊf wa-l-"anb§" wa-nnaàr 1965 Ibn SÊn§: Kit§b aà-àif§": aã-•abÊ#Êy§t [Physik]: VIII. al-\ayaw§n [Zoologie], hrsg. von #Abd al-\alÊm Muntaßir, Sa#Êd Z§yid, #Abdallah Ism§#Êl, Kairo: al-Hay"ah al-#§mmah li-t-ta"lÊf wa-n-naàr 1970 Ibn SÊn§: Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t [Metaphysik], Bd. 1, hrsg. von G. Anawati, Sa#Êd Z§yid, mit Einl. von Ibr§hÊm Madkår, Kairo: al-Hay"ah al-#§mmah li-àu"ån al-maã§bi# al-"amÊrÊyah 1960 Ibn SÊn§: Kit§b aà-àif§": al-"Il§hÊy§t [Metaphysik], Bd. 2, hrsg. von MuÈammad Yåsuf Mås§, Sulaym§n Duny§, Sa#Êd Z§yid, Kairo: al-Hay"ah al-#§mmah li-àu"ån al-maã§bi# al-"amÊrÊyah 1960
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Ibn SÊn§: Les opuscules d’Ibn Sina (Ibn Sina Risâleleri), édité et annoté par Hilmi Ziya Ülken, (Istanbul Universitesi Edebiyat fakültesi Yayınlarından; 552), Bd. 1: Ankara: Türk Tarih Kurumu Basımevi 1953, Bd. 2: Istanbul: Ibrahim Horoz Basımevi 1953; unveränderter Nachdruck: Les opuscules d’Ibn Sina I-II, (Publications of the Institute for the History of Arabic-Islamic Science: Islamic Philosophy; 43), Frankfurt am Main: Institute for the History of Arabic-Islamic Science at the Johann Wolfgang Goethe University 1999 Ibn SÊn§: The Life of Ibn SÊn§. A Critical Edition and Annotated Translation, (Studies in Islamic Philosophy and Science), 1. ed. by William E. Gohlman, Albany, New York: State University of New York Press 1974 Ibn SÊn§: Manãiq al-maàriqÊyÊn, hrsg. von MuÈibb ad-DÊn al-]aãÊb und #Abd al-Fatt§È al-Qatl§n, Kairo: al-Maktabah as-salafÊyah 1328/1910, unveränderter Nachdruck: Ibn SÊn§, Abå #AlÊ al-\usain Ibn #Abdall§h: Philosophical Treatises. Selected and Reprinted by Fuat Sezgin, (Publications of the Institute for the History of Arabic-Islamic Science: Islamic Philosophy; 42), Frankfurt am Main: Institute for the History of Arabic-Islamic Science at the Johann Wolfgang Goethe University 1999, S. 253-335. Ibn SÊn§: an-NaƧh fÊ l-manãiq wa-l-"il§hÊy§t, hrsg. von #Abd ar-RaÈm§n #Umayrah, Beirut: D§r al-gÊl 1412/1992 Ibn SÊn§: Ris§lat "aÆwibah #an #aàr mas§"il, in: Les opuscules d’Ibn Sina (Ibn Sina Risâleleri) II, édité et annoté par Hilmi Ziya Ülken, (Publications of the Institute for the History of Arabic-Islamic Science: Islamic Philosophy; 43), Reprint of the Edition Ankara 1953, Frankfurt am Main: Institute for the History of ArabicIslamic Science at the Johann Wolfgang Goethe University 1999, S. 76-82. Ibn SÊn§: Ris§lah fÊ "aqs§m al-#ulåm al-#aqlÊyah, in: Tis# ras§"il fÊ al-Èikmah wa-ããabÊ#Êy§t, Kairo: Maãba#at HindÊyah bi-l-MåskÊ bi-Mißr 1326/1908, S. 104-118, unveränderter Nachdruck in: Ibn SÊn§, Abå #AlÊ al-\usain Ibn #Abdall§h: Philosophical Treatises, select. and repr. by Fuat Sezgin, S. 114-128. Ibn SÊn§: at-Ta#lÊq§t, hrsg. und eingel. von #Abd ar-RaÈm§n BadawÊ, (al-Maktabah al-#ArabÊyah; 130), Kairo: al-Hay"ah al-mißrÊyah al-#§mmah li-l-kit§b 1392/ 1973 Ibn SÊn§: Tis# ras§"il fÊ al-Èikmah wa-ã-ãabÊ#Êy§t, Kairo: Maãba#at hindÊyah bi-l-måskÊ bi-mißr 1326/1908, unveränderter Nachdruck in: Ibn SÊn§, Abå #AlÊ al-\usain Ibn #Abdall§h: Philosophical Treatises, select. and repr. by Fuat Sezgin, (Publications of the Institute for the History of Arabic-Islamic Science: Islamic Philosophy; 42), Frankfurt am Main: Institute for the History of Arabic-Islamic Science at the Johann Wolfgang Goethe University 1999, S. 1-166. Ibn SÊn§: ’arÈ kit§b Èarf al-l§m, in: #Abd ar-RaÈm§n BadawÊ (Hrsg.): "Arisãå #ind al-#arab: dir§sah wa-nußåß Çayr manàårah, 2. Aufl., (dir§s§t "isl§mÊyah; 5), alKuwayt: Wak§lat al-maãbå#§t 1978, S. 22-33. Ibn SÊn§: ’arÈ «kit§b "utålåÆÊy§» al-mansåb "il§ "Arisãå, in: #Abd ar-RaÈm§n BadawÊ (Hrsg.): "Arisãå #ind al-#arab, dir§sah wa-nußåß Çayr manàårah, 2. Aufl., (dir§s§t "isl§mÊyah; 5), al-Kuwayt: Wak§lat al-maãbå#§t 1978, S. 35-74. Ibn SÊn§: #Uyån al-Èikmah, in: Les opuscules d’Ibn Sina (Ibn Sina Risâleleri) I-II, édité et annoté par Hilmi Ziya Ülken, (Publications of the Institute for the History of Arabic-Islamic Science: Islamic Philosophy; 43), Reprint of the Edition Ankara 1953, Frankfurt am Main: Institute for the History of Arabic-Islamic Science at the Johann Wolfgang Goethe University 1999, S. 2-55. Ibn SÊn§: #Uyån al-Èikmah, (Avicennae Fontes Sapientiae), hrsg. und mit Einleitung versehen von #Abd ar-RaÈm§n BadawÊ, edidit et prolegomenis instruxit #AbdurraÈm§n Badawi, (Memorial Avicenne – V), Kairo: Institut Français d’Archéologie Orientale du Caire 1954
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Avicenna Latinus: Liber de philosophia prima sive scientia divina I-IV. Édition critique de la traduction latine médiévale par Simone Van Riet, introduction doctrinale par G. Verbeke, Louvain: Peeters – Leiden: Brill 1977 Avicenna Latinus: Liber de philosophia prima sive scientia divina V-X. Édition critique de la traduction latine médiévale par Simone Van Riet, introduction doctrinale par G. Verbeke, Louvain: Peeters – Leiden: Brill 1980 Avicenna Latinus: Liber de philosophia prima sive scientia divina I-X: Lexique par Simone Van Riet, Louvain: Peeters – Leiden: Brill 1983 an-Nar§qÊ, MahdÊ "Abå Darr: ’arÈ al-"il§hÊy§t min kit§b aà-àif§", hrsg. von MehdÊ MoÈaqqeq, (Wisdom of Persia; XXXIV), Teheran: Tehran University Press 1986
II. Weitere Quellen AflåãÊn (Plotin): "UtålåÆÊy§, hrsg. von #Abd ar-RaÈm§n BadawÊ, 3. Aufl., Teheran: Enteà§r§t-e bÊd§r 1413/1992 Aristoteles: Metaphysik, griechisch-deutsch. Neubearbeitung der Übersetzung von Hermann Bonitz, mit Einl. und Kommentar hrsg. von Horst Seidel. Griech. Text in der Ed. von Willhelm Christ, 3., verb. Aufl., (Philosophische Bibliothek; 307-308), Hamburg: Meiner, Bd. 1: Bücher I (A) – VI (E) 1989; Bd. 2: Bücher VII (Z) – XIV (N) 1991 Aristotelis opera. Edidit Academia Regia Borussica ex recognitione I. Bekkeri, Berlin 1831ff., Nachdruck Berlin 1960-1963. (= ed. Bekker) "Arisãåã§lis (auch "Arisãå und "Arisãåã§lÊs; Aristoteles): Kit§b "anålåãÊq§ al-"aw§Éir wa-huwa l-ma#råf bi-kit§b al-burh§n li-"Arisãåã§lis [Analytika posteriora], übers. ins Arabische von "Abå Biàr Matt§ Ibn Yånis al-Qunn§"Ê, in: Manãiq "Arisãå (Organon Aristotelis in versione Arabica antiqua), hrsg. und mit einem Vorwort versehen von #Abd ar-RaÈm§n BadawÊ, (dir§s§t "isl§mÊyah; 7), Kairo: D§r al-kutub al-mißrÊyah; Bd. 2: 1949, S. 309-465. "Arisãåã§lis (Aristoteles): Kit§b at-taÈlÊl§t al-"ål§ [Analytika priora], übers. ins Arabische von Tad§rÊ, in: Manãiq "Arisãå (Organon Aristotelis in versione Arabica antiqua), hrsg. und mit einem Vorwort versehen von #Abd ar-RaÈm§n BadawÊ, (dir§s§t "isl§mÊyah; 7), Kairo: D§r al-kutub al-mißrÊyah; Bd. 2: 1949, S. 101-306. "Arisãåã§lis (Aristoteles): Kit§b aã-ãåbÊq§ [Topik], Buch I. bis VII. übers. ins Arabische von "Abå #Utm§n Sa#Êd Ibn Ya#qåb ad-DimaàqÊ, Buch VIII von "Ibr§hÊm Ibn #Abdull§h, in: Manãiq "Arisãå (Organon Aristotelis in versione Arabica antiqua), hrsg. und mit einem Vorwort versehen von #Abd ar-RaÈm§n BadawÊ, (dir§s§t "isl§mÊyah; 7), Kairo: D§r al-kutub al-mißrÊyah; Bd. 2: 1949, S. 469-672 und Bd. 3: 1952, S. 675-733. "Arisãåã§lis (Aristoteles): aã-•abÊ#ah [Physik], übers. ins Arabische von "Isȧq Ibn \unayn, mit Kommentaren von Ibn SamÈ, Ibn #AdÊy, Matt§ Ibn Yånis und "Abå al-FaraÆ Ibn aã-•ayyib, hrsg. und eingel. von #Abd ar-RaÈm§n BadawÊ, Kairo: al-Hay"ah al-mißrÊyah al-#§mmah li-l-kit§b 1984 (Bd. 1); 1965 (Bd. 2). "Arisãåã§lÊs (Aristoteles): M§ ba#d aã-ãabÊ#ah [Metaphysik], in: Ibn Ruàd: TafsÊr m§ ba#d aã-ãabÊ#ah, éd. par Maurice Bouyges, (Bibliotheca Arabica Scholasticorum: Série arabe; 5-7), 3 Bände, Beirut: Imprimerie Catholique 1938-1952 "Arisãå (Aristoteles): Kit§b al-#ib§rah [Peri hermeneias], übers. ins Arabische von "Isȧq Ibn \unayn, in: Manãiq "Arisãå (Organon Aristotelis in versione Arabica antiqua), hrsg. und mit einem Vorwort versehen von #Abd ar-RaÈm§n BadawÊ, (dir§s§t "isl§mÊyah; 7), Kairo: D§r al-kutub al-mißrÊyah; Bd. 1: 1948, S. 57-99.
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453
NAMENVERZEICHNIS Abaelard, P. 65 Abdel Haleem, M. 17n Abed, Sh. B. 192n, 197n "Abå Biàr s. Matt§ Ibn Yånis Aertsen, J. A. 2, 2n, 212n, 356n, 385n #AfÊfÊ, "Abå l-#Al§" 58n "Afl§ãån s. Platon "AflåãÊn s. Plotin Alexander von Aphrodisias 18, 23n, 31n d’Alverny, M.-Th. 126n "$l Y§sÊn, @a#far 180n, 336n, 399n, 401n "AmÊn, #Utm§n 15n, 30n Ammonius 66n Ammonius-Schule 19n, 24n, 33n Anawati, G. C. 30n, 34n, 147n, 309, 338n Anawati, M.-M. s. Anawati, G. C. Aristoteles 1, 2, 2n, 3-6, 8, 9, 13, 13n, 14, 14n, 15, 15n, 17, 17n, 18, 20n, 21n, 22n, 23, 23n, 24, 24n, 28, 28n, 29, 30, 30n, 31, 32, 32n, 33n, 34n, 41n, 42n, 43, 43n, 44n, 46n, 47n, 48n, 50, 50n, 51n, 56n, 58, 58n, 59n, 61, 61n, 64, 64n, 65, 65n, 66n, 67, 67n, 68, 69, 69n, 70n, 71, 71n, 72n, 73n, 76, 78n, 80, 81, 85, 85n, 86, 87, 87n, 88n, 89n, 91n, 92n, 93n, 96, 96n, 106, 106n, 107n, 108n, 109n, 111n-115n, 125n, 126n, 130, 151, 151n, 155n, 172, 172n, 174, 183n, 191n, 192n, 195, 195n, 197n, 201n, 206, 206n, 210n, 211, 211n, 212-214, 216n, 218, 219n, 227, 227n, 235, 235n, 236, 236n, 238n, 245n, 252, 252n, 253, 253n, 254, 258, 258n, 268n, 275, 277, 277n, 278n, 281, 282n, 287, 290n, 293, 293n, 294, 294n, 297n, 304n, 329n, 330, 330n, 332n, 335n, 340n, 351n, 356n, 358n, 359n, 360n, 361, 361n, 372n, 373, 373n, 374n, 385n, 387, 387n, 390, 390n, 391n, 392n, 413, 413n, 421, 434
"Arisãå s. Aristoteles "Arisãåã§lis s. Aristoteles "Arisãåã§lÊs s. Aristoteles Averroes s. Ibn Ruàd Avicenna s. Ibn SÊn§ Bäck, A. T. 102n, 210n BadawÊ, #Abd ar-RaÈm§n 2n, 23n, 32n, 179n, 211n, 235n, 258n, 297n, 390n, 405n, 417n, 418n Bahmany§r, Kʧ 131n, 297, 297n Barnes, J. 252n, 254n Bärthlein, K. 387, 387n Becker, O. 369, 369n Bertolacci, A. 2n, 3, 15n, 23n, 32n, 42n, 43n, 50n, 56n, 126n, 390n, 391n Black, D. L. 15n, 61n Boethius 65 Bonitz, H. 351n, 361n Brown, S. F. 4n, 385n Bouyges, M. 141n Craemer-Ruegenberg, I.
191n
Daiber, H. 30n, 131n, 297n, 392n D’Ancona, C. 389n Davidson, H. A. 380n De Libera, A. 4n, 212n Dieterici, F. H. 16, 17, 17n-23n, 26n, 28n, 29n, 207n, 210n, 386n, 410n ad-DimaàqÊ, "Abå #Utm§n 235n Duny§, S. 60n, 83n, 129n, 286n, 336n, 364n, 380n, 397n, 399n, 400n Eleate s. Parmenides Endress, G. 2n, 13n, 23n, 71n, 126n, 360n, 389n Erster Lehrer s. Aristoteles Euklid 43, 43n, 93n, 247, 281 Fakhry, M. 356n al-F§r§bÊ, "Abå Naßr 8, 9, 13, 14n, 15, 15n, 16n, 17, 17n, 18n, 19n, 20n, 21n, 22n, 23, 23n, 24-26, 26n, 27,
454
namenverzeichnis
28, 28n, 29, 29n, 30, 30n, 30, 31, 31n, 32, 33, 33n, 34, 34n, 38, 50n, 51, 61n, 65, 65n, 66n, 67, 67n, 68, 69, 69n, 70, 70n, 71, 72, 72n, 73, 73n, 80, 81, 175, 180n, 189, 192, 192n, 193, 193n, 194, 194n, 195, 195n, 196, 196n, 197, 197n, 198, 198n, 199n, 200n, 201, 201n, 202, 202n, 203, 203n, 204, 204n, 205n, 206, 207n, 208, 209, 209n, 210, 210n, 335n, 336n, 386n, 388, 399n, 401n, 410, 410n, 421, 422, 425, 425n, 433 Frege, G. 82n Forget, J. 60n, 83n, 129n, 286n, 336n, 364n, 397n, 399n, 400n Furfåriyås s. Porphyrius Gardet, L. 30n, 34n al-[az§lÊ, "Abå \§mid 14n, 34, 34n, 35, 35n, 36n, 37, 38, 420, 420n, 421, 421n, 422 Genequand, Ch. 32n Georr, Kh. 18n Gilson, É. 4n, 371n Gloy, K. 172n Gohlman, W. E. 13n, 14n, 44n Goichon, A.-M. 1, 1n, 2n, 60n, 97n, 126n, 157n, 221n, 285n, 321n Gutas, D. 2n, 3, 13n, 14, 14n, 17n, 21n, 22n, 41n, 43n, 44n, 47n, 50n, 126n, 335n, 390n @åzƧnÊ, #Abå #Ubayd #Abdu l-W§Èid 13n, 44n Gyekye, K. 140n Hafemann, B. 71n, 115n, 330n, 413, 413n Hartmann, N. 369 Hasse, D. N. 18n Heidegger, M. 361n Heinrich von Gent 4n, 290, 291, 385n Honnefelder, L. 1, 1n, 2, 2n, 16n, 76n, 164n, 202n, 226n, 227n, 257n, 276n, 290n, 293n, 343n, 385n, 410n, 419n, 423n, 424n, 425n, 426n, 427n, 428n, 429n, 431n Horten, M. 309, 309n Hourani, G. F. 397n, 398n Houser, R. E. 48n \unayn s. Ibn "Isȧq
Ibn B§ÆÆa 71n Ibn \unayn, "Isȧq 58, 65, 65n, 71, 71n, 211, 211n, 290n, 293n Ibn "Isȧq, \unayn 32n Ibn an-NadÊm 15n, 23n, 31n, 32n Ibn Ruàd 4n, 18n, 32n, 71n, 141n, 191, 212n, 235n, 356n Ibn Rushd s. Ibn Ruàd Ibn SÊn§ passim Ibn aã-•ayyib, "Abå al-FaraÆ 19n al-^cÊ, #A·udaddÊn s. al-"^ÆÊ, #A·åd adDÊn al-"^ÆÊ, #A·åd ad-DÊn 30n, 33n, 61n, 190n, 386n Imbach, R. 1n Inciarte, F. 115n "Isȧq s. Ibn \unayn Ivry, A. L. 389n Jacobi, K. 372n Johannes Duns Scotus 1, 4, 4n, 7, 76n, 164, 164n, 190n, 202n, 227, 227n, 257n, 343n, 385n, 419n, 422, 423, 423n, 424, 424n, 425, 425n, 426, 427n, 428, 428n, 429, 429n, 434 Johannes Scotus Eriugena 4 Jolivet, J. 38n, 191n Kant, I. 61n, 208, 208n, 209n, 387n, 413, 413n, 434 al-K§àÊ, YaÈya Ibn AÈmad 14n al-KindÊ, "Abå Yåsuf 2n, 23n, 388, 388n, 389n Kluxen, W. 212n Kobusch, Th. 190n, 343n Kraus, P. 13n, 61 Kremer, K. 24n, 33n Kühn, W. 2, 2n, 344n Lameer, J. 61n Landauer, S. 335n, 336n Liske, M.-Th. 330n Madkår, I. 3, 23n, 41n, 42, 43, 43n Marmura, M. E. 38n, 48n, 51n-57n, 76n, 121n, 125n-134n, 138n-140n, 144n-147n, 149n-151n, 157n, 160n-162n, 165n-167n, 169n, 172n, 174n-178n, 180n-183n, 185n, 190n, 191n, 224n, 228n, 238n, 241n, 242n, 244n, 248n-250n, 258n, 263n-265n,
namenverzeichnis 268n-270n, 272n, 273n, 275n, 276n,279n-281n, 286n, 287n, 289n, 290n, 292n, 295n, 301n, 309, 310n-325n, 329n, 330n, 338n, 340n, 342n-346n, 348n-357n, 360n, 371n, 372n, 377n, 379n-381n, 386n, 389n, 391n, 392n, 396n, 400n, 402n, 403n, 405n-407n, 409n, 416n-418n, 423n, 426n, 427n, 430n-432n Matt§ Ibn Yånis al-Qunn§"Ê, "Abå Biàr 31n, 32n, 58 al-M§turÊdÊ, "Abå Manßår 31n Maróth, M. 48n, 58n, 88n, 89n, 90n, 392n Mayer, T. 211n Menn, S. 192n Meyer, E. 408n Möhle, H. 385n Morewedge, P. 50n, 286n Mull§ ‘adr§ 211n mutakallim, Pl. mutakallimån 34n, 35, 38, 38n, 380n, 399, 399n, 420, 421 mu#tazila 31n, 33n, 191n, 321n, 407n Muthreich, M. 61n, 64n, 143n, 191n an-Nar§qÊ, MahdÊ "Abå Darr 163n, 177n, 179n, 320n, 321n, 392n Nasr, S. H. 286n O’Shaughnessy, Th. 385n Owens, J. 15n, 76n, 235n Parmenides 205, 206, 206n Peters, F. E. 2n, 23n Philipp der Kanzler 8, 386 Pietsch, Ch. 108n, 109n Pines, Sh. 18n Platon 14n, 264, 264n, 353n, 387n Plotin 258n Porphyrius 19n, 151n, 168, 252n, 254n Prantl, C. 58n Proclus 126n, 360n Ptolemäus 43, 43n Rahman, F. 18n, 286n ar-R§zÊ, FaÉr ad-DÊn 34, 190n, 211n, 386n, 387n
455
Reisman, D. C. 13n Rescher, N. 207n Rizvi, S. 211n Sabra, A. I. 61n, 64n, 140n ‘abrah, #Abd al-\amÊd 43n, 93n Sa#d, •§h§ #Abd ar-Ra"åf 34n ’amlÊ 32n Schulthess, P. 1n Shehadi, F. A. 192n, 207n Smith, G. 276n Strohmaier, G. 13n Suárez, F. 202n, 226n, 423, 424, 424n, 425, 425n, 426 at-Taft§z§nÊ, Sa#d ad-DÊn 190n, 386n at-Tah§nawÊ, MuÈammad #AlÊ 220n Themistius 18, 23n, 32n Thomas von Aquin 1, 2n, 7, 16, 16n, 27, 27n, 76n, 190n, 191, 191n, 276n, 344n, 385n, 386, 410, 410n aã-•åsÊ, NaßÊr ad-DÊn 34, 34n, 190n, 380n, 386n, 399n Ülken, H. Z. 327n, 402n, 405n, 417n, 418n #Umayrah, #Abd ar-RaÈm§n 398n van Ess, J. 30, 30n, 33n, 61n, 386n van Riet, S. 3n, 6n, 18n, 175n Verbeke, G. 4, 4n, 127n Walzer, R. 2n, 23n, 32n Weidemann, H. 64n, 66n, 68n, 71n, 78n Wieland, W. 329n Wirmer, D. 18n, 71n Wisnovsky, R. 2n, 3, 38n, 321n, 360n, 380n, 397n, 399n Wolff, Chr. 425, 425n, 431n Wolfson, H. A. 60n, 61 Z§yid, S. 147n, 338n Zimmermann, A. 58n Zimmermann, F. W. 34n, 65n-67n, 69n, 70n, 72n, 73n Zweiter Lehrer s. al-F§r§bÊ
zitierte stellen aus den werken ibn sÊn§s
457
VERZEICHNIS DER ZITIERTEN STELLEN AUS DEN WERKEN IBN S^N$S Autobiographie/Biographie (ed. W. E. Gohlman) (32,1-34,4) 13f., 14n (54,1-5) 44n Avicenna Latinus Liber de philosophia prima sive scientia divina I1 (1,9-13) 53n (2,28-3,34) 54n (3,34) 54n (3,35-37) 51n, 52n, 121n (3,35-43) 55n (3,44-4,53) 56n (4,53-56) 57n (4,57-58) 57n (4,58-64) 125n, 126n (4,64-5,81) 127n (5,82-83) 129n (5,85) 128n (5,87-6,96) 130n (6,99-1) 131n (6,1-7) 132n (6,8-15) 132n (6,15-7,20) 133n (7,21ff.) 174n (7,21-8,39) 134n I2 (9,59-63) 138n (9,64-10,72) 139n (10,72-76) 190n (10,72-77) 140n (10,79-84) 145n (10,84-87) 145n (10,88-12,1) 146n (10,92ff.) 151n (11,10-12,13) 151n (12,11-13) 146n (12,13-14) 172n (12,14-18) 147n, 157n, 430n (12,18-24) 160n, 181n (12,24-29) 162n, 165n, 372n
(12,30-32) (12,30-13,38) (13,36-38) (13,38-41) (13,42ff.) (13,42-46)
I3
(13,47-50) (13,50-14,56) (14,56) (14,56-57) (14,58-64) (14,62-67) (14,68-15,74) (15,86-88) (23,1-24,40) (23,29-24,41) (26,78-86)
I5 (31,99-1) (31,2-32,19) (32,8-11) (32,19-33,24) (33,22-24) (33,25) (33,25-34,49) (33,25-35,61) (33,29-36) (33,36-34,49) (33,36-34,50) (33,37) (34,49-54) (34,50-35,61) (34,51-52) (34,54-55) (34,54-35,61) (34,55-56) (35,62ff.) (35,62-36,83) (35,66-67) (35,66-69)
150n, 161n, 172n, 430n 166n 224n, 416n 157n, 167n, 177n, 224n 165n 169n, 177n, 224n, 372n 175n, 180n 176n 177n 178n 178n 182n 183n 185n 396n 391n, 392n 389n 309, 427n 310n, 371n, 381n 311n, 326 330n, 338n 312n 329 386n 313n 339 329n 295n, 329n 348n 432n 314n 341 149n, 342 342 315n 360n 341, 361 316n 343n 349n
458
zitierte stellen aus den werken ibn sÊn§s (35,73-36,79) (36,84) (36,84ff.) (36,84-92) (36,84-38,14) (36,85) (36,88-92) (36,90-92) (36,92-37,1) (37,2-4) (37,4-38,14) (38,14-19) (38,20-23) (38,23-39,39) (39,28ff.) (39,37-39)
I6
(39,39-40,45) (40,46-53) (40,54-41,73) (40,54-41,82) (41,73-79) (41,79-82) (41,80-82) (43,7-13) (43,15-16)
I 6-7 I7 I8 (55,58-59) (55,61-64) (55,62-64) (56,70-76) (59,36-63,92)
III 2
(60,45-49) (60,50-61,59) (62,75-81) (63,90-92) (63,94-4) (63,4-64,14) (107,77-80) (108,91-93) (114,17-18) (114,17-19) (114,19-20) (115,39-116,51)
351n 432n 343n 269n, 317n, 426n, 427n 344n, 346n, 431n 320n 346n 346n 318n 319n 319n 320n 321n 321n 379n 270n, 350n, 403n 322n 323n, 402n 324n 362 325n 325n 346n 380n, 396n 406n 380n 381n 418n 290n, 377n, 416n, 426n 290n, 377n, 416n, 426n 280n, 287n 183n, 244n, 258n, 345n, 416n 183n, 244n, 345n, 416n 242n, 342n 241n 241n 183n 161n 423n 356n 356n 354n 340n 355n 357n
III 3
(121,51-52) (121,62-63)
IV 1 IV 2 (193ff.) (202,42-45) (208,50ff.) (208,51-58) (210,89ff.) V1
VI 2 VI 3
(228,32-229,38) (230,68ff.) (230,68-231,81) (233,36-39) (233,39-234,44) (233,40) (234,42) (234,42-44) (235,82-85) (235,82-235,91) (236,92-1) (236,92-237,8) (236,2-4) (236,4-5) (236,5-237,8) (237,18-19) (237,22-28) (303,63ff.) (304,68-74) (304,72-74) (317,69-318,77)
(317,69-318,88) (318,82-88) VII 1 (349,9-13) (349,9-18) VIII 3 (395,17-396,26) (395,17-397,52) VIII 4 (398,62-65) (399,00-400,7) (402,48-60) (402,48ff.) (403,74-404,90) (404,90-97) VIII 6 (412,56) (412,62-413,1) (413,83-94) VIII 7 (431,62-432,75)
356n 355n, 356n 228n 380n 418n 272n 275n 276n 418n 249n 348n 348n 352n 250n, 264n 249n 248n 248n 268n 264n 250n 263n 353n 264n 264n 263n 249n, 263n 265n 275n 279n 281n 273n, 280n, 417n 301n 276n 405n, 416n 340n 280n 275n 381n, 394n 292n 286n 125n, 130n, 292n 286n 272n 273n 408n, 418n 407n, 418n 406n, 416n 289n 408n, 418n 409n
zitierte stellen aus den werken ibn sÊn§s (432,73) (432,73-75)
409n 409n
al-"Ià§r§t wa-t-tanbÊh§t (ed. J. Forget) an-nahÆ al-"awwal (3,15ff.) 60n (3,15-4,2) 83 (4, 5-7) 84 an-nahÆ ar-r§bi# (32,16-17) 364n (32-33) 364n an-nahÆ as-s§dis (56,5-8) 336 an-nahÆ at-t§si# (84,12ff.) 129n an-namaã ar-r§bi# (140,12-141,2) 397 (144,3-6) 286n (146,13-17) 399f., 400n al-"Ià§r§t wa-t-tanbÊh§t, ma#a àarÈ NaßÊr ad-DÊn aã-•åsÊ (ed. S. Duny§) Bd. 3 al-"Il§hÊy§t (Metaphysik) (54-55) 380n, 399n Kit§b fÊ n-nafs #al§ sunnat al-iÉtiߧr (341,7-8) 335, 336n (361,7-13) 336, 336n Kit§b al-Èudåd (ed. A.-M. Goichon) §44 (25) 157n Kit§b al-mub§Èat§t §189 (160) §417
(218-219)
§417
(218,23-219,2)
287n, 297, 299n 230n, 297, 297n, 298, 298n 255n
Kit§b aà-àif§" al-Manãiq (Logik) I. al-MadÉal (Isagoge) kal§m al-@åzƧnÊ (2,10-13) 44n (2,12-13) 44n I1 (9,17-10,4) 44 (10,5-7) 45 (11,4-5) 43n (11,4-8) 43n I2 49, 144n (12,3-9) 53n, 144n (12-14) 411n
(13,4-8) (15,9-12) I3 (17,7-8) (17,7-16) (17,10-12) (17,16-18,9) (17,17-18) (17,19-18,2) I4
I5 I7 I 10 I 11 I 12 II 1 III 4
(21,17-22,12) (22,7-12) (23,8-24,2) (28,13) (39,7ff.) (59,2) (62,6-63,2) (64,4-8) (65,11-19) (69,7-12) (93,5-9) (93,7-9) (93,9-10) (110,5-8) (110,10-11) (110,18) (110,18-111,6)
459 411n 143n 49, 62, 64f., 74, 81f., 85f., 144n 88n 62, 84n 88n 62f., 63n, 81, 84n 88n 85 49, 144n 141, 142n 143n 142 97n, 260n 49n, 88n, 125n 14n 151 152 152f., 153n 249, 265 256, 265 155, 222 155n 156 154 154 154 154
al-Manãiq (Logik) II. al-Maqål§t (Kategorien) I1 46n, 48f., 238n (5,1-4) 47 (5,1-5) 238n (6,6-7) 47n (6,9-10) 46n (6,10-11) 47n (6,12-16) 238n (6,13-16) 46 (6,17-20) 45,45n (7,8-9) 46n (8,10-15) 42n, 47f., 48n, 238n I2 211-214, 220, 226-228, 246, 246n
460
zitierte stellen aus den werken ibn sÊn§s (9,2-3) (9,4-10,3) (9,11-12) (10,4-7) (10,8-12) (10,13-16) (10,17-18) (10,17-11,1) (10,18) (11,3-4)
I3 I6
(11,5-7) (11,8ff.) (12,7-11) (12,11-12) (15,4-6) (15,10-15) (16,12ff.) (26,2-3) (47,8-11) (49,13-50,11) (50,12ff.)
II 1
(58,17-59,5) (59,6-16) (59,6-60,16) (59,16-60,3) (60,1-3) (60,4-7) (60,4-8) (60,7-8) (60,7-9) (60,7-12) (60,9) (60,9-12) (60,13) (60,13-16) (60,17-61,4) (61,4-16) (61,17-62,4) (62,5-6) (62,6-11) (62,10-11)
214 214f., 215n, 303n, 424n 219n 216 216 216f., 217n 222n 217 226n 217, 220n, 223n, 228n 218 219n 219n 219n 229 225, 247n 214 220n 254n 157n 356n 225, 230, 235, 247, 250, 255, 267, 297, 402, 429, 430 234n 230f., 231n 345n 231f., 232n 237 238 232 238, 239n, 243 236n 430f., 431n 239n 232f., 233n 246n 233 233 247f., 248n, 288n 252 252 253 254
III 1 (92,4-12) (92,4-93,9) (92,12-93,3) (93,4-9)
9, 258, 259, 266, 270, 274, 289 260 266n 260f., 261n 261, 289n
al-Manãiq (Logik) III. al-#Ib§rah (Peri hermeneias) I1 64, 74 (1,6) 74 (1,8-2,3) 74f., 75n (2,3-15) 76f., 77n (2,15-3,2) 95n (2,15-3,5) 79, 240n (4,8-10) 80n (4,11ff.) 79n (5,6-9) 80n (5,10-13) 78, 96n, 213n (6,1-8) 80n, 81n (6,9ff.) 81n I4 (25ff.) 197n (26,8-12) 196n I5 (32,6) 245n II 1 (79,12-14) 318n (80,10-12) 314n II 4 293, 367 (112,6-10) 367 (112,10ff.) 368n (112,10-11) 367f., 368n (118,8ff.) 294n (119,4-7) 271n (119,10-14) 270n (119,16-18) 293 (120,5-9) 294 (120,12-16) 294 (120,14-16) 426, 427 al-Manãiq (Logik) IV. al-Qiy§s (Erste Analytik) I2 49, 144n III 4 325n, 363, 367, 368, 370, 371, 372 (168,12-17) 363 (168,16) 386n (169,6-12) 301n, 363-365, 365n
zitierte stellen aus den werken ibn sÊn§s (169,11ff.) (169,12-170,2) (170,2-6) (170,7-13)
229n 365 365f., 366n 366
al-Manãiq (Logik) V. al-Burh§n (Zweite Analytik) I1 150 (51,8-10) 59 (52,8-10) 59 (53,8-10) 87 (53,11-13) 112 (53,15-18) 112, 150, 202, 347 I2 (54,7) 14n I3 (57,1) 337 (57,11-12) 334n (57,12ff.) 334n (57,18-21) 337n I4 337 (63,16-64,4) 337 I5 (68,5-7) 88, 95n (68,7-10) 89 (68,10-13) 89 (68,13-15) 87n (68,18-69,1) 88, 169 (69,1-10) 92, 94 I6 334, 336, 338, 414 (72,3ff.) 344, 346n, 359n (72,7) 358n (72,7-11) 344n (72,10-11) 358 (72,12) 358n (72,12-13) 359 (72,12-17) 344n (77,1-5) 334 I7 129n (78,11-12) 112 (79-80) 129 I 11 (106,3-5) 113 II 1 (118,19-22) 113, 333 II 2 (133,2-4) 52 II 3 (139,21-140,2) 356 II 5 330n II 6 (155,1-2) 114 (155,5-6) 114 (155,6-7) 115 (155,13-17) 115 (156,3-5) 116 (156,14-157,1) 116
(156,16-17) (157,5-14) (157,15-16) (157,16-18) II 7 (162,3) (162,5-6) (162,6-8) (162,8-11) (162,12-13) (162,13-14) (165,3-10)
II 10
III 1 III 4 III III III IV
5 8 9 1
IV 2 IV 3
(165,5) (166,16-20) (167,11-168,18) (184,3-7) (184,7) (185,7-8) (192,12-13) (214,14-17) (215,1-6) (222,4-224,11) (252,16-19) (256,8-9) (261,14-262,2) (262,2-13) (262,19) (263,1-11) (264,1ff.) (265,2-6) (267,8-11) (268,6-8) (268,9-12) (268,16-20) (269,1-6) (269,10) (278,18-19) (281,15-16) (281,17-282,7) (282,7-11) (282,12-14) (282,14-283,1) (283,1-3) (283,6-9) (283,16-17)
461 115n 117, 147n 117 117 157 118 119 119 120 120, 123 119 52, 121f., 122n, 128n, 136n, 157n, 184n 386n 120 121 118 118, 126n, 139n 114 115 41n 41n 331 115n 59n 95 89, 104 93 90n 105n 105 106 107 107 108 110 96 107 97, 99n 95n, 97, 99n 100 101 101 102 110n 91 111n
462 IV 4
IV 5
zitierte stellen aus den werken ibn sÊn§s (288ff.) (288-289) (289,1-8) (289,3-8) (289,4-5) (289,14-15) (289,16ff.) (300,15-16) (301,1-3)
IV 10 (330,3-5) (330,11-12) (330,12-331,4) (330-333) (331,5-15) (331,6ff.) (331,11-12) (331,12-13) (332,5) (332,5ff.) (332,16-17) (332,23-333,1) (333,3) (333,16-334,2)
109n, 358n 91n 359n 359n 359 359n 109n 356n 125n 108n, 330n, 333, 337n 330 330 331 330 330, 331 108n 333 333 14n 330n 330 332 332 332
al-Manãiq (Logik) VI. al-@adal (Topik) I1 49 III 4 (198,15-16) 354n, 355n, 416n (198,16-199,4) 355n (199,8) 355n Kit§b aà-àif§" aã-•abÊ#Êy§t (Physik) I. as-Sam§# aã-ãabÊ#Ê (Physikvorlesung) I1 49 I4 (37) 285n aã-•abÊ#Êy§t (Physik) IV. al-"Af #§l wa-linfi#§l§t (Wirkungen und Reaktionen) (201,6-7) 43n aã-•abÊ#Êy§t (Physik) VI. an-Nafs (Die Seele) I5 (39,17-40,2) 332 V7 (225,7-10) 338 (225,21-226,4) 338
Kit§b aà-àif§" ar-Riy§·Êy§t (Mathematik) I. "Ußål al-handasah (Elemente der Geometrie) I (16-21) 93n XV (448,3) 43n Kit§b aà-àif§" al-"Il§hÊy§t (Metaphysik) I1 (3,12-4,1) (4,14-17) (5,1) (5,1-3) (5,1-6) (5,7-12) (5,13-15) (5,15-16) (5,16-19) (5,19-6,1) (6,1-13) (6,14-15) (6,16) (6,18-7,6) (7,7-9) (7,10-13) (7,14-19) (8,1-4) (8,5ff.) (8,5-18) I 1-2 I2
(10,6-9) (10,10-14) (10,17-11,1) (10,17-11,2) (11,3-6) (11,7-8) (11,10-12,2) (11,14ff.) (12,10-11) (12,11) (12,12-14) (12,13-14) (12,15-13,3) (13,3-7) (13,8-10)
49, 52, 125 53 54 54 51, 52, 121 55 56 57 57 125, 126 125, 126 126f., 127n 129 128n 130 131n 132 132 133 174 134 126n 49, 138, 144, 157, 170, 372, 429 138 139 190 140 145 145 146 151n 151n 146, 147n 147, 157, 430 172 160, 181 162, 165, 372 150, 161, 172, 430
zitierte stellen aus den werken ibn sÊn§s (13,8-13) (13,12-13) (13,14-16) (13,16ff.) (13,16-19) (14,1-3) (14,3-6) (14,6) (14,6-8) (14,8-11) (14,10-13) (14,14-18) (15,7-8) I3 (21,1-8) (23,2-6) I5
(29,2-4) (29,5-16) (29,9-11) (29,17-30,2) (30,1-2) (30,3) (30,3-19) (30,3-31,9) (30,5-11) (30,11-19) (30,11-31,2)
166 224, 416 157n, 167, 177, 224 165n 169, 177, 224, 372, 416 175, 180 176 177 178 178 182 183 185 391, 396, 400 391f., 392n, 396 389n 8, 9, 97, 148, 191, 191n, 258, 266, 267, 269, 274n, 295, 304, 305, 309, 310, 323, 330, 338, 339, 341, 360, 363, 367, 370, 371, 373, 378, 380, 381, 395, 402, 413, 427n, 428, 431, 432 310, 371, 381 310f., 311n, 326 330, 338 311f., 312n 329 386n 312f., 313n 339 329 295, 329 348
(30,12) (31,1-4) (31,2-9) (31,3) (31,5) (31,5-6) (31,5-9) (31,10ff.) (31,10-32,5) (31,11-13) (31,12-13) (31,17-32,2) (32,6) (32,6ff.) (32,6-11) (32,6-33,11) (32,7) (32,9-11) (32,11) (32,12-33,1) (33,1-2) (33,3-11) (33,12-15) (33,16-18) (34,1-10) (34,3ff.) (34,9-10) (34,11-14) (34,15-35,2) (35,3-16) (35,3-36,6) (35,17-36,3) (36,4-6) (36,5-6) I6 (37,6-10) (37,12) I 6-7 I7 I8
(48,5) (48,7-9) (48,8-9) (48,14-18) (51,16-53,17)
463 432 314 341 149n, 238n, 342 342 360n 315 341, 361 315f., 316n 349 343n 351 432 343 269, 317, 426, 427 344, 346n, 431 320n 346 346 318 319 319 320 321 321 379 270, 350, 403 322 323, 402 323f., 324n 362 324f., 325n 325 346 380n, 396 380, 396 406 380 381 290, 377, 416, 426 290, 377, 416, 426 280, 287 183n, 244n, 258n, 345, 416 183n, 244n, 345n, 416
464
III 2
zitierte stellen aus den werken ibn sÊn§s (52,3-5) (52,5-12) (53,6-10) (53,16-17) (53,18-54,8) (54,9-15) (97,4-5) (97,13-15) (102,13-103,6) (103,7-8) (103,8-9)
III 3 (105,1-6) (108,16) (109,5-9) (109,10) (109,16-17) IV 1 IV 2 (170ff.) (177,5-7) (181,7ff.) (181,7-12) (182,16ff.) V1 (196,10-13) (198,7ff.) (198,7-16) (201,8-10) (201,10) (201,10-13) (201,11) (201,11-13) (203,10-11) (203,10-14) (203,15-204,3) (203,15-204,8) (204,4-6) (204,6) (204,6-8) (204,14-15) (204,16-205,4) VI 1 VI 2 VI 3
(266,9ff.) (266,12-15) (266,14-15) (276,13-17)
(276,13-277,6) (277,4-6) VII 1 (303,6-8) (303,6-12)
242, 342 240f., 241n 241 183n 161 423n 356 356 357n 340n, 354n 355 354, 357 357 354 354 356n 355, 356n 228n 380 432 272n 275 276 418 240 348 348n 352 250, 264 248 249 248 268 264 250 263 353 264 264 263 249, 263n 265 403n 275n 279 281n 273, 280, 417 300f, 301n 276n 405n, 416n 340
VIII 1 VIII 2 (332,6) VIII 3 (342,6-11) (342,6-343,6) VIII 4 (343,13-15) (345,6-11) (347,10ff.) (347,10-16) (348,6-16) (348,17-349,3) VIII 6 (355,6) (355,11-356,1) (356,10-15) VIII 7 (369,4-10) (369,8-9) (369,9-10)
368n 14n 280 275n 281, 369, 380 291n 286 286n 125n, 130n, 292 272n 273 394n, 403n 407, 418n 406n, 416 289n 394n, 395, 403n 409 409 409
Manãiq al-maàriqÊyÊn (ed. al-]aãÊb/ al-Qatl§n 1328/1910, repr. Frankfurt 1999) (6,11-7,7) 410 (6,23-7,1) 411 (7,2-3) 411 (7,4-7) 410 (261-262) 60n (281,1-2) 310n an-NaƧh fÊ l-manãiq wa-l-"il§hÊy§t Teil I (Logik) faßlun fÊ t-taßawwuri wa-t-taßdÊqi wa-ãarÊqi kullin minhum§ (9-10) 60n (9,2-6) 84 (9,9-11) 84 faßlun fÊ l-Æih§ti (26,17-27,4) 368n faßlun fÊ l-w§Æibi wa-l-mumtani#i wa-bi-lÆumlati ·-·arårÊyi (30,7-8) 364n (30-32) 364n faßlun fÊ l-maw·å#§ti (89,5) 417n, 418n Teil II (Über die Seele) faßlun fÊ l-Èaw§ssi l-b§ãÊnati (9,22-10,1) 331n
zitierte stellen aus den werken ibn sÊn§s faßlun fÊ l-farqi bayna "idr§ki l-Èissi wa-"idr§ki t-taÉayyuli wa-"idr§ki l-wahmi wa-"idr§ki l-#aqli (16-19) 331n (18,3-12) 331n Teil III (Metaphysik) faßlun fÊ mus§waqati l-w§Èidi wa-l-mawÆådi (47,12) 406n, 416n faßlun fÊ bay§ni "aqs§mi l-mawÆådi wa-"aqs§mi l-w§hidi (48,25-49,1) 327, 427n faßlun fÊ "anna l-waÈdata min law§zimi l-m§hÊy§ti l§ min muqawwim§tih§ (59,13ff.) 355n faßlun fÊ t-t§mmi wa-n-n§qißi (73,1-3) 417n faßlun fÊ bay§ni l-ÈudåtÊ d-d§tÊyi (75) 275n faßlun fÊ bas§ãati l-w§Æibi (80,15-81,11) 286n, 403 faßlun fÊ "anna l-w§Æiba t§mmun wa-laysa lahå ȧlatun muntaíaratun (81,12-13) 407 (81,13) 406n, 407n (81,18-21) 407 faßlun fÊ "anna w§Æiba l-wuÆådi bi-d§tihÊ Éayrun maÈ·un (82,1-12) 406n, 416n faßlun fÊ "itb§ti w§Æibi l-wuÆådi (89-94) 380n (89,1-4) 398 faßlun fÊ "annahå bi-d§tihÊ ma#àåqun wa-#§àiqun wa-ladÊdun wa-multaddun (101,17-18) 409n, 418n faßlun fÊ taÈqÊqi waÈd§nÊyati l-"awwali (106ff.) 418n Ris§lat "aÆwibah #an #aàr mas§"il (82,4-15) 327f., 328n (82,11-15) xi, 402, 427n Ris§lah fÊ "aqs§m al-#ulåm al-#aqlÊyah (ed. Kairo 1326/1908) (106) 417n ’arÈ kit§b Èarf al-l§m (23,21-24)
390
’arÈ «kit§b "utålåÆÊy§» al-mansåb "il§ "Arisãå (60-61) 258n, 268n (60,18-19) 277, 373f., 374n
(61,4-7) (61,4-22) (61,7-11) (61,11ff.) (61,11-22) (61,16ff.) (61,16-20) (61,16-22) at-Ta#lÊq§t (20,23-21,2) (21,20-23) (23,14-16) (27,10-11) (27,17-18) (33,27-34,5) (34,9-11) (35,5-8) (35,15-19) (35,16-19) (35,20-21) (50,23-51,3) (52,17-53,14) (64, 27) (65,7-8) (70,8) (77,17-19) (79,27-80,4) (86,5-7) (94,7-8) (110,1) (114,27-115,2) (140,22) (141,22-25) (150,22-23) (157,27-158,8) (161,14) (163,14-15) (167,14-22) (169,9-10) (173,3-9) (175,10-12) (175,26-28) (176,3-5) (179,1-4) (181,5-182,2) (183,14-16)
465 277 282n 277 284 278, 373 284 304n 373f., 374n 394 394 335 131n 334 399n 381n, 393, 429n 400 394n 399 226 408, 418n 407n, 408n, 418n 357n 355n 280n 406n, 416n 338f., 339n, 414n 396n 45n 284n 346n 335 96n 374n 409n 311n, 339, 414n 302, 418n 140n 386n 179 347n 395n, 407n 275n 417n 395n 395
466
zitierte stellen aus den werken ibn sÊn§s (184,20-22) (185,26-186,1) (186,3)
407n 381n, 393, 429n 416n
#Uyån al-Èikmah (ed. H. Z. Ülken, Ankara 1953, repr. Frankfurt 1999) (41,62-64) 405, 417n, 418n
sachverzeichnis
467
SACHVERZEICHNIS Abbilder ("amtilah/mit§l§t, Pl. von mit§l )/ Abgebildetes (lah§ "amtilah) 71f. Abstraktion (taÆrÊd) 20, 60, 70, 74n, 158, 222, 264, 291, 330, 331n, 333, 337n, 429 - ohne jegliche Einschränkung (min Çayri àarãin/bi-l§ àarãin), mit der Einschränkung etwas zu sein (biàarãi àay"in), mit der Einschränkung etwas nicht zu sein (bi-àarãi l§) 22n, 166, 208, 224, 263f., 267f., 353, 354 - mit einer Bedingung 271n, 364 - mit einer temporalen Einschränkung (bi-àarãi waqtin) 270n "aÆn§sun #§liyah (oberste Gattungen) s. Kategorien Akt (al-fi#l) und Potenz (al-qåwah) s. Seiendes als Seiendes, eigentümliche Eigenschaften; Transzendentalien, disjunktive Aktualität s. Existenz Akzidens (#ara·) - allgemeines (#ara·un #§mm) s. Prädikabilien - und Substanz (Æawhar) als „Alsob“-Arten des Seienden xi, 27, 166, 168f., 171, 173, 181, 185, 224f. 244, 328, 402n, 427n - und aktuale Existenz 262, 274 - Mehrdeutigkeit von #ara·: im Sinne eines akzidentellen Prädikats auch #ara·Ê genannt, so etwa in den Ausdrücken #ara·un l§zim (untrennbares Akzidens) oder #ara·un #§mm (allgemeines Akzidens) s. auch Prädikabilien; und im Sinne des der Substanz entgegengesetzten Akzidens 156f. #al§mah, Pl. #al§m§t s. Symbol/Zeichen Allgemeinheit/Gemeinsamkeit (#umåm) s. gemeinsame Bestimmungen "amtilah/lah§ "amtilah s. Abbilder Analogie s. taàkÊk - analogia attributionis 212f.
Anderes (Çayruhå) s. Transzendentalien, konvertible Transzendentalien, das Eine/das Abgegrenzte; s. auch Einheit, und Abgegrenztheit #anza"ayyil (Bockhirsch) s. Nichtseiendes, ontologisch schlechthin Unvermögendes #ara· s. Akzidens Art (naw#) s. Prädikabilien artbildende/spezifische Differenz (faßl) s. Prädikabilien, Gattung Apriori geistiger Erkenntnis 330-339 s. auch Erkenntnis, Möglichkeitsbedingung von Erkenntnis überhaupt apriorische Denkprinzipien (badÊhÊy§t) 60 s. auch Begriff, erste Begriffe bzw. Urteil, erste Urteile Äquivozität (al-"alf§íu l-muttafiqah, Homonymie im aristotelischen Sinne) 211-216, 218f., 235, 242 s. auch Univozität bzw. taàkÊk al-"asb§bu l-qußw§ s. Ursachen, letze al-"aày§"u l-#§mmah s. gemeinsame Bestimmungen al-"§t§ru fÊ n-nafsi (Widerfahrnisse der Seele) s. Seele Aufmerksam-Machen (tanbÊh) - als Rechtfertigungsmodus der begrifflichen Einheit des transkategorialen „Seienden“ 245f. - als Methode, die „Einheit“ durch die „Vielheit“ zu explizieren 357 - als Explikationsmodus von Möglichkeitsbedingungen für taßawwur und taßdÊq xi, 7, 311, 326-329, 338, 357, 402n, 414, 427n ausgeschlossenes Widerspruchsmittleres 183, 233, 239f., 242, 244-246, 256, 337, 345, 347, 414, 416, 430 s. auch Prinzip des ausgeschlossenen Mittleren Aussage (Éabar) s. Urteil (taßdÊq); Prädikation (Èaml) #aw§ri·u ɧßßah s. eigentümliche Eigenschaften Axiom s. Prinzip
468
sachverzeichnis
badÊhÊy§t s. apriorische Denkprinzipien bas§"iã s. einfache Denkformen b§ãilun bi-d§tihÊ (unwirklich durch sich selbst) s. Seiendes als Seiendes, Modi Bedeutung (ma#n§) - eines Wortes s. Begriff - eines Wortes muß bereits vorprädikativ dem Satz vom ausgeschlossenen Mittleren und dem Nichtwiderspruchssatz genügen 240-242 - eines Satzes, propositionaler Gehalt (ma#n§ l-qawli) 62f., 74, 82f., 87, 336 Begriff (taßawwur) s. auch Bedeutung (ma#n§); taßawwur - abstraktiv gewonnener 75 - und Sprachzeichen (lafí) - al-F§r§bÊ 65 - Ibn SÊn§ 74-80 - Definition (Èadd) und Explikation des Namens (àarÈu l-ismi) s. Definition - Definition (Èadd) und Umschreibung (rasm) s. Definition - erklärende Rede (qawlun à§riÈ) - al-F§r§bÊ 201 - Ibn SÊn§ 84n, 366 - synthetische Gewinnung der Definition 105f. - definitorische Festigkeit (t§bitun #al§ Èaddin w§Èidin) 155, 155n, 222 - durch sich selbst bekannter xi, 328, 337, 402n, 419, 427n - formaler/inhaltlich-sachhaltiger 60, 109f., 336f., 337n, 414, 423, 429 - erste Begriffe 7, 60, 79, 310-362, 370, 414, 419, 423 s. auch Transzendentalien - Begriffe erster Intention (al-ma#§nÊ l-ma#qålatu l-"ål§) 139-144, 150 - Begriffe zweiter Intention (alma#§nÊ l-ma#qålatu t-t§niyah) 139-144, 150f., 151n, 186, 190, 347 - der einfachste und erste aller Begriffe s. Seiendes als Seiendes, schlechthin erster Begriff
- schlechthin einfacher 104f., 104n, 108n, 176, 246, 395n - schlechthin gemeinsamer s. auch gemeinsame Bestimmungen - al-F§r§bÊ 16, 19f., 22, 25, 27 - Ibn SÊn§ 119f., 123, 166f., 172, 176n, 177, 239, 423 - und Urteil (taßdÊq) 60-63, 80-87, 110-114 - Vervollständigung des Begriffs 112 - und das Merkmal der Unmöglichkeit, Intensitätsgrade aufzunehmen (imtin§#u qabåli l-"aàaddi wa-l"a·#afi) 154-156, 218f., 222 Bekanntmachung (ta#rÊf) 310f., 310n, 313 Bestand-Haben (tubåt) 232, 238, 243, 430; synonym zu Sein (wuÆåd) 238n Beweis (burh§n) - Daß-Beweis (dalÊl) 127, 129, 129n - und Definition (Èadd) 87f., 97, 99-114 - und dialektischer Syllogismus (al-qiy§su l-ÆadalÊ) 115 - Mittelbegriff (al-Èaddu l-"awsaã)/ Prinzip des Beweises (mabda"u l-burh§ni) 109n - Möglichkeitsbedingung von Beweis 108-110 - als höchstes Ziel der taßdÊq-Erkenntnis 113f. - Prämissen (muqaddim§t) - notwendige (·arårÊ), allgemeine (kullÊ), erstliche ("awwalÊ), zeitlich (fÊ z-zam§ni) und der Konstitution der Erkenntnis nach (fÊ l-ma#rifati) frühere ("aqdam) und bekanntere ("a#raf) als der Schlußsatz 113 - notwendig zu akzeptierende (al-muqaddim§tu l-w§Æibu qabåluh§)/schlechthin unbeweisbare (l§ burh§na #alayh§) 111f., 327f. s. auch Prinzipien, erste Bockhirsch (#anza"ayyil) s. Nichtseiendes, ontologisch schlechthin Unvermögendes Chimäre s. Nichtseiendes, ontologisch schlechthin Unvermögendes
sachverzeichnis communissima 387 s. gemeinsame Bestimmungen ·§Èik (des Lachens Fähiger) 153, 163, 260 s. Prädikabilien dalÊl (Daß-Beweis) s. Beweis, Daß-Beweis dalla/yadullu/dil§latan #al§ s. Symbol/ Zeichen a·-·arårah s. Notwendigkeit Definition (Èadd) s. auch Begriff (taßawwur) - Angabe der Definition (taÈdÊd) 149, 310n; ("i#ã§"u l-Èaddi) 101 - vollständiger Wesensgehalt eines Dinges (kam§lu ÈaqÊqati à-àay"i) 59, 96, 111 - wirkliche (Èaddun ÈaqÊqÊ) 56n, 88, 91f., 97, 111, 139 - und Explikation des Namens (àarÈu l-ismi) 88, 91f., 93-96, 114, 202 - und Umschreibung (rasm) 56n, 63, 105, 108n, 114, 139, 215, 372 - Mehrdeutigkeit 108n - als höchstes Ziel der taßawwur-Erkenntnis 113f. - und Beweis (burh§n) 87f., 97, 99-114 Denken (dihn) - diskursives Denken (rawÊyah) 84 - und Realität s. Seiendes, Ibn SÊn§, im Denken/im Konkreten Denkinhalt (ma#qål, Pl. ma#qul§t), entspricht dem aristotelischen νόηµα 65-76 Ding (àay") s. auch Washeit; Wesen/ Wesenswirklichkeit - al-F§r§bÊ - indifferent gegenüber Substanz und Akzidens 197 - „das, was eine Washeit [überhaupt] hat“ (munȧzun bi-m§hÊyatin m§/lahå m§hÊyatun m§) 203-205 - und Seiendes (mawÆåd) 197, 204210 - Ibn SÊn§ - als „das eigentümliche Sein“ (al-wuÆådu l-ɧßß) 266-268, 289, 297, 315, 342, 360, 378f. - als „das, was von sich selbst her das ist, was es ist“/„das, wodurch
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etwas das ist, was es ist“ (huwa bih§ m§ huwa) 97n, 270, 289, 315, 360, 403 - als Prinzip des taßawwur 310-314, 326-329 - als undefinierbarer, durch sich selbst bekannter Begriff 312-314, 330-339 s. auch Begriff, erste Begriffe - und Seiendes (mawÆåd) als Hinsichten auf das transzendentale Seiende 268f., 303f., 315, 346350, 360f., 371, 376, 378f., 402f., 415, 428f. - steht in einem gegenseitigen Folge verhältnis (mutal§zim§n) zum „Seienden“ (al-mawÆåd) 270, 316-322, 346-350, 361, 403 - als „das, wovon ausgesagt werden kann“ (alladi yaßiÈÈu #anhu l-Éabaru) 295f., 313f., 317-322, 329, 348f. - und mawÆåd (das, was extramental Bestand haben kann) als erste Möglichkeitsbedingungen aller weiterführenden Erkenntnis 360f., 403f. 414 s. auch Apriori geistiger Erkenntnis - allem gemeinsamer Begriff 312 s. Transzendentalien - ist vom Begriff des Seienden (almawÆåd) notwendig unterschieden 314-316, 339-346, 361f. - Einschränkung seiner Bedeutung im Kontext der Metaphysik 296, 317-322, 347f. Distinktion von Ding (àay")/Wesen (ÈaqÊqah, d§t) und Seiend-Sein (mawÆåd) s. Unterscheidung eigentümliche Eigenschaften (#aw§ri·u ɧßßah) - des Subjekts (maw·å#) einer Wissenschaft s. Wissenschaft, eigentümliche/wesentliche Eigenschaften - des Seienden (#aw§ri·u ɧßßatun li-lmawÆåd) s. Seiendes als Seiendes, eigentümliche Eigenschaften Eines (w§Èid) - als transzendentale, die gleiche maximale Gemeinsamkeit wie das Seien de aufweisende und mit ihm darum konvertible Bestimmung
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sachverzeichnis
- al-F§r§bÊ 19, 22, 24, 25-27 - Ibn SÊn§ 52, 91, 92n, 121-123, 153, 156f., 164, 172, 340, 354, 254n, 355n, 415 s. auch Einheit, und Abgegrenztheit (Çayruhå) als transzendentale Bestimmungen - steht in keinem wesentlichen Verhältnis (per se primo modo) zu den Washeiten 156, 354f., 355n, 356n; ist daher ein notwendiges Attribut (l§zim) der Washeiten 156f., 355n, 356, 356n, 357n; bzw. akzidentelle Bestimmung (ma#n§ #ara·Ê) 355 - ihm kommt ebensowenig wie dem Seienden Gattungscharakter zu 355n, 356n - wird in der Weise des taàkÊk ausgesagt 356, 357n, 363 - als Eigentümlichkeit (#ara·un ɧßß) des Seienden als solchen 183, 415f. s. auch Seiendes als Seiendes, eigentümliche Eigenschaften - als apriorischer, „durch sich selbst erfaßbarer“, zu den Prinzipien des taßawwur zugehöriger Begriff 357 - und Vieles (al-katÊr) s. den gesonderten Eintrag Eines/Vieles Eines (al-w§Èid)/Vieles (al-katÊr) - Problem der Zirkularität bei ihrer Explikation 357 - als transzendentale Disjunktiva 160-165, 171f., 173, 183, 386n, 400, 405, 411, 411n, 416 - als „eigentümliche Eigenschaften“ des „Seienden als solchen“ 162, 164f., 169, 171, 173, 405, 416 einfache Denkformen (bas§"iã) 109f., schlechthin einfache und daher keineswegs beweisbare sondern lediglich begrifflich erfaßbare Teile von Prämissen 108 s. auch Prämissen, notwendig zu akzeptierende Einheit (waÈdah) - meint das transkategoriale „Unteilbar-Sein“ (al-wuÆådu l-Çayru l-munqasimi) 92n, 354, 359 - begriffliche 219, 221, 225f., 227n, 229f., 232, 236-246, 255-258, 267, 269, 274, 291, 297, 300, 302f., 305, 345, 350, 359, 359n, 402, 420, 424-427, 430, 431n, 433 - numerische 22, 124, 249, 267, 269,
279, 348n, 350, 352f., 359, 359n, 403 - und Abgegrenztheit (Çayruhå) als transzendentale Bestimmungen 7, 172, 183, 264, 266-269, 337, 340-342, 346, 348, 348n, 350-361, 400, 404f., 414-416, 416n, 427n, 431 s. auch Eines, als transzendentale, die gleiche maximale Gemeinsamkeit wie das Seiende aufweisende und mit ihm darum konvertible Bestimmung Emanation (fay·) 291 Erfahrung (taÆribah) 133f., 331 Erkenntnis (ma#rifah, #ilm) s. auch Wissenschaft, wissenschaftliche Erkenntnisziele - erworbene 75, 83-86, 142, 144 - von dem uns Bekannten hin zu dem der Natur nach Bekannten 85, 87, 89-91, 94, 111, 170 - erster Begriffe 326, 330-346, 360-362 s. auch Begriff, erste Begriffe - erster Prämissen 109f., 330-339 s. auch Urteil, erste Urteile - Konstitutionsordnung der Erkenntnis 113 - begriffliche 6f., 60, 83-87, 96, 110-114, 326, 423 s. auch Begriff - durch Urteil 6f., 60, 83-87, 96f., 110-114, 150, 423 s. auch Urteil - reine Verstandeserkenntnis 335 s. auch Urteil, erste Urteile - Möglichkeitsbedingung von Er kenntnis überhaupt 330-339, 360-362, 403f., 412, 414, 422, 423, 429, 434 - wirkliche Erkenntnisse (al-#ulåmu l-ÈaqÊqÊyah) 41n - Bedingung für die Erkenntnis der Modi Möglichkeit und Notwendigkeit 374-381 - Gottes s. Gottesbeweis - Erkenntnisziele (maãlab, Pl. maã§lib) s. wissenschaftliche Erkenntnisziele erste Intentionen (al-ma#§nÊ l-ma#qålatu l-"ål§) s. Begriff, Begriffe erster Intention Erstes - im Bereich des taßawwur s. Begriff, erste Begriffe
sachverzeichnis - im Bereich des taßdÊq s. Urteil, erste Urteile - in der Seinsordnung s. Gott Etwas s. Ding (àay") Existenz/extramentaleWirklichkeit/ aktuales Sein (al-wuÆådu bi-l-fi#li) 21, 26, 29f., 91, 98f., 103, 148f., 157, 184, 190, 196, 202-204, 208, 244, 251, 258-262, 269-275, 280-285, 287f., 295f., 303, 321, 343, 349f., 353, 359, 361, 372, 374-379, 396, 402f., 429 falsafah s. Philosophie al-falsafatu l-"ål§ (Erste Philosophie) s. Metaphysik Falschheit (kidb) s. Urteil, Wahrheit/ Falschheit al-fiqhu l-"akbar s. spekulative Theologie Form (ßårah, Pl. ßuwar) - im Sinne des erfaßten Begriffsinhalts bzw. propositionalen Gehaltes eines Urteils 62f., 71f., 78-81, 82f., 86f., 95, 100, 138, 260, 327, 427n s. auch Bedeutung - primäre (mit§lun "awwal) s. Seiendes, al-F§r§bÊ formale Struktur als solche/eine auschließlich als solche betrachtete Washeit, etwa „Pferdheit“ (farasÊyah) 76, 148, 208, 248-250, 262-269, 283, 348, 348n, 351f. s. auch natura communis Çara· (Ziel/Zweck) s. Wissenschaft, Ziel; wissenschaftliche Erkenntnisziele Gattung (Æins) s. auch Prädikabilien - und artbildende/spezifische Differenz (faßl) 154 - oberste Gattung (Æinsu l-"aÆn§si) und letzte Art (naw#un s§fil) 151f. - oberste Gattungen (al-"aÆn§su l-#§liyah) s. Kategorien (al-maqål§t) - in Bezug auf das Seiende s. Gattungsaporie Gattungsaporie des Seienden 151, 252255 gemeinsame Bestimmungen (al-ma#§nÊ l-#§mmah/al-"umåru l-#§mmah/ al-"aày§"u l-#§mmah) 24, 291, 312, 386 s. auch Transzendentalien, konvertible Transzendentalien
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Æawhar - Mehrdeutigkeit 356n - in der Bedeutung von Substanz 28, 35 s. Substanz - in der Bedeutung von Wesen 102, 214f., 254, 323, 356n, 360n Geschaffenes (mubda#) 275n, 277f., 279-281 Gesuchtes (maãlåb) s. Wissenschaft, Gesuchtes Æins s. Gattung Gott - al-F§r§bÊ - das allem Seienden gemeinsame Prinzip 19, 20, 24, 28 - Ziel-Subjekt der Metaphysik 28 - Inbegriff des Seienden und der Substantialität 28 - Ibn SÊn§ - erste Ursache (as-sababu l-"awwal) 121f., 184; Prinzip des gesamten verursachten Seienden (mabda"un li-ÆamÊ#i l-mawÆådi l-ma#låli) 52, 121f., 123f., 178-180, 390f. - das Erste (al-"awwal) 277f., 291f., 297f., 304n, 373, 393f., 399, 400n - das erste Wirkliche/Wahre (alÈaqqu l-"awwal) 277, 373, 390; das durch sich selbst Wahre (al-Èaqqu bi-d§tihÊ) 289f., 397; das durch sich selbst Bestehende (al-qayyåm) 397 - das Eine, das durch sich selbst Eines ist/das Seiende, das durch sich selbst Seiendes ist 279 - hat keine Washeit (l§ m§hÊyata lahå) 286n, 291f.; formale Identität von Washeit und Existenz 286 - als das abstraktiv mit der Einschränkung der Negation aller Hin zu fü gungen gefaßte Sein 291f. - „Notwendigkeit des Seins“ (wuÆåbu l-wuÆådi) als das erste und eigentümlichste seiner Attribute 393-395, 399, 401n - Notwendigseiendes durch sich selbst (al-w§Æibu l-wuÆådi bid§tihÊ) 375, 379, 395n, 397, 399, 403, 407n, 408
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- Notwendigseiendes in jeder Hinsicht (w§Æibu l-wuÆådi min ÆamÊ#i Æih§tihÊ) 300, 395n, 406f. 407n, 408; Wesensnotwendigkeit seiner Wirklichkeit (w§ÆibÊyah) 286 - „Gesuchtes“ der Metaphysik, nicht ihr Subjekt 125-130 - Inbegriff (fÊ Ç§yatin) der Vollkom menheit (kam§l) und der Schönheit (Æam§l, bah§") 409 - schlechthinnige Einfachheit/absolute Nichtzusammengesetztheit (bas§ãah) 286, 291, 381, 393-395, 395n, 403 - Einzigkeit (waÈd§nÊyah) 279, 381, 399, 401n, 403, 418n - im höchsten Maße Liebender und Geliebter 409, 418n - höchstes Objekt des Genusses und selbst im Zustand des Genießens 409, 418n - Ursache der Ursachen (musabbibu l-"asb§bi)/Prinzip der Prinzipien (mabda"u l-mab§di") 54 - Erkenntnis Gottes s. Gottesbeweis - allmächtig (q§dir) 408 - Freien-Willen-Habender (muÉt§r) 408 - Existenz 125-130, 391, 393, 399f. s. auch Gottesbeweis - seine Wesenserkenntnis ist dem menschlichen Verstand nicht zugänglich 393, 400n - Gottesattribute als transkategoriale „Vollkommenheiten“ (kam§l§t) 407-410, 418; als reine Aktualität 407n, 408 - Metaphysik Gottes 391-396, 400 - seine Weisheit ist sein Wissen durch sich selbst 394 Gottesbeweis - al-[az§lÊ 36, 38, 420 - al-F§r§bÊ 20, 28, 32-34 - Ibn SÊn§ 380f., 396-404 - der mutakallimån 380n, 399 Gutes (al-Éayr) s. Transzendentalien, konvertible Transzendentalien Éabar (Aussage) s. Urteil (taßdÊq); Prädikation (Èaml)
Èadd, Pl. Èudåd s. Definition al-Èaddu l-"awsaã (Mittelbegriff) s. Beweis, Prinzip des Beweises ȧgah (Bedürftigkeit) s. Seiendes als Seiendes, Modi Èaml s. Prädikation ÈaqÊqah s. Wesen/Wesenswirklichkeit Èaqqun bi-d§tihÊ (wirklich durch sich selbst) s. Seiendes als Seiendes, Modi Èaqqun bi-ÇayrihÊ (wirklich durch ein anderes) s. Seiendes als Seiendes, Modi ȧßil s. t§bit ɧßßah (Proprium) s. Prädikabilien al-Éayr (das Gute) s. Transzendentalien, konvertible Transzendentalien huwa als Äquivalent zum griechischen estin 193f. huwa bih§ m§ huwa (Das, wodurch etwas das ist, was es ist) s. Ding, Ibn SÊn§, als „das, was von sich selbst her das ist, was es ist“ huwÊyah - im Sinne der Identität 22 - in der Bedeutung von Sein 28f. - als Äquivalent zum griechischen estin 193f. - in der Bedeutung „Seiendes“ 411n - huwÊyatun mawÆådah (seiendes Wesen) 277, 373 "ibd§# s. Schöpfung aus dem Nichts "ÊƧb (Affirmation) s. Prädikation, Affirmation al-"Il§hÊy§t s. Metaphysik #ilm s. Wissen; Wissenschaft #ilmu l-kal§mi s. spekulative Theologie #ilmu t-tawÈÊdi s. spekulative Theologie #ilmu "ußåli d-dÊnÊ s. spekulative Theologie al-#ilmu l-yaqÊnÊ (gewisses Wissen) s. Wissen "innÊyah - im Sinne des Daß-Seins einer Sache 88, 125n - in der Bedeutung der Proprietät einer Sache 49, 88, 125n s. auch wissenschaftliche Erkenntnisziele Intension s. Begriff ismun muàakkik (ein hinsichtlich des Verwirklichungsgrades des Bedeuteten unbestimmter Name) 217, 220-224, 226f. s. auch taàkÊk
sachverzeichnis - absoluter/gemäß einer Relation 217f., 227f. s. auch taàkÊk, absolute/durch eine Relation spezifizierte taàkÊk-Prädikation istiÇn§" (Reichtum) s. Seiendes als Seiendes, Modi kal§m s. spekulative Theologie kam§l (Vollkommenheit) s. Gott, Ibn SÊn§, Inbegriff der Vollkommenheit kam§lu ÈaqÊqati à-àay"i (vollständiger Wesensgehalt eines Dinges) s. Definition Kategorien (al-maqål§t) - als oberste Gattungen (al-"aÆn§su l-#§liyah) 45n, 48 - gehören zur Metaphysik, nicht zur Logik 45-48, 238n - im Verhältnis zum Begriff des Seienden - al-F§r§bÊ 22, 27f., 197f., 199f., 209 - Ibn SÊn§ 99, 103, 147, 151-153, 156-158, 159, 166-168, 174, 177, 223-225, 230-247, 252f., 255-258, 300, 355n, 363, 414 - im Verhältnis zu den transzendentalen Disjunktiva 161f., 164f., 363, 372, 414 kidb (Falschheit) s. Urteil, Wahrheit/ Falschheit Kontingenz ("imk§n, Æaw§z) s. auch Mögliches, das spezifische Mögliche - Begriffsbestimmung 362-373 - als Modus des Seienden (al-mawÆåd) 289-305, 373-380 - und aktuale Existenz 259-288, 373-380 - doppelte Möglichkeit 271f., 370 - Möglichkeitsbedingung für das Erfassen der Kontingenz 273f., 285, 373-380, 403f. - und Notwendigkeit 373-380, 416 - Kontingenz durch sich selbst/ Notwendigkeit durch ein anderes 272, 274f., 275n, 277-285, 287, 300-302, 373-379, 398, 403f., 426 - Notwendigkeit der Kontingenz 374n - in der Ordnung der begrifflichen Erkennbarkeit (taßawwur) 363-371
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Lachen s. ·§Èik lafí, Pl. "alf§í (Sprachausdruck) s. Begriff, und Sprachzeichen l§zim, Pl. law§zim (notwendiges Attribut) s. Seiendes, Ibn SÊn§, notwendiges Attribut der Washeiten Logik (manãiq) - und Metaphysik (al-"Il§hÊy§t) 4448, 142, 144 - Teil oder Instrument der Philosophie 49, 140n - Subjekt 139f., 140n s. auch Be griff, Begriffe zweiter Intentionen (al-ma#§nÊ l-ma#qålatu t-t§niyah); Kritik an der Gegenstandsbestimmung der Vorgänger 141f. al-ma#§nÊ l-#§mmah s. gemeinsame Bestimmungen al-ma#§nÊ l-ma#qålatu l-"ål§ (erste Intentionen) s. Begriff, Begriffe erster Intention al-ma#§nÊ l-ma#qålatu t-t§niyah (zweite Intentionen) s. Begriff, Begriffe zweiter Intentionen ma#dåm s. Nichtseiendes ma#dåmu d-d§ti (etwas, was als dieses Etwas keine extramentale Existenz haben kann) s. Nichtseindes m§hÊyah s. Washeit maÈmål (Prädikat) s. Prädikation ma#n§ s. Begriff ma#n§ muÈaqqaq (wirklicher Begriff) s. Seiendes als Seiendes, wirklicher Begriff manãiq s. Logik ma#qål, Pl. ma#qul§t s. Denkinhalt al-maqål§t s. Kategorien maàhåd (empirisch Beobachtetes) s. Ursache, ihre Existenz ist dem Verstand nicht erstlich bekannt maãlab, Pl. maã§lib s. Erkenntnisziele maãlåb s. Wissenschaft, Gesuchtes maw·å# s. Subjekt mawÆåd s. Seiendes mawÆådun bi-d§tihÊ (Seiendes durch sich selbst) 216f., 231-233 s. auch Substanz mawÆådun bi-ÇayrihÊ (Seiendes durch ein Anderes) 216f., 231-233 s. auch Akzidens
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al-mawÆådu bi-Èaytu huwa mawÆådun/ al-mawÆådu bi-m§ huwa mawÆådun s. Seiendes als Seiendes mawÆådu d-d§ti (etwas, was als dieses bestimmte Etwas extramentale Existenz haben kann) 97f. s. Seiendes, Ibn SÊn§ Metaphysik (al-"Il§hÊy§t) - al-F§r§bÊ - Subjektsbestimmung 17-30 - als universale Wissenschaft (al-#ilmu l-kullÊ) 18-21; ihr „erstes Subjekt“ ist „das Seiende als Seiendes und das, was ihm in der Ordnung der Gemeinsamkeit gleichkommt“ 22, 27; die transzendentale Allgemeinheit ihres Subjektes 27f. - und #ilmu l-kal§mi (spekulative Theologie) 17, 23f., 30-34 - und Physik 20, 26 - und Mathematik 20f., 26f. - die „Wissenschaft vom Göttlichen“ (al-#ilmu l-"il§hÊ) ist ein Teil von der Metaphysik 20, 25f., 28-30; Gott als Ziel-Subjekt dieser Wissenschaft 28 - al-KindÊ 388n-389n - Ibn SÊn§ - die Notwendigkeit einer kritischen Subjektsbestimmung 50-57 - Verständnisschwierigkeiten mit der aristotelischen Metaphysik 13-15 - Wissenschaft vom transzendental allgemeinen Seienden, das als einziges sowohl Subjekt der washeitlichen, den Subjekten aller partikularen Wissenschaften zugrundeliegenden Bestimmungen 138-159; als auch der transkate gorialen, den Subjekten der par ti kularen Wissenschaften gemeinsamen Bestimmungen ist 160-173 - als innerer Ort der Frage nach den zehn obersten Gattungen s. Kategorien, gehören zur Metaphysik, nicht zur Logik - und Physik 130f. - Möglichkeit und Grenze 390-412
- Einheit 174-181 - Kritik an dem kosmologischen Got tesbeweis des Aristoteles 390f. - als modale Explikation des Seien den (al-mawÆåd) 259-288, 373-382 - als transzendentale Wissenschaft 388-412 - von Gottes Perspektive/für uns 390-412 - transzendentale Rechtfertigung der Apriorität ihres Subjekts und der Möglichkeit seiner modalen Explikation 310-382 - Teile der Metaphysik 181-186 - und al-[az§lÊs Konzeption von #ilmu l-kal§mi 419-422 - und der Metaphysikentwurf des Duns Scotus 422-432 modale Explikation des Seienden s. Metaphysik, Ibn SÊn§ Modalitäten 323-325, 362-373 Modus (Æihah) 367f. s. auch Modalitäten; Metaphysik, Ibn SÊn§, modale Explikation des Seienden Mögliches (mumkin) - das allgemeine Mögliche (almumkinu l-#§mm) meint „das, was nicht unmöglich ist“ (m§ lays§ bimumtani#in) 229, 293-299, 365f., 368f. - das spezifische Mögliche (al-mumkinu l-ɧßß) meint „das, was nicht notwendig ist“ (Çayru ·-·arårÊ) 229, 297-299; als dasjenige, für das „weder das Nichtsein noch das Sein notwendig sind“ 365f., 368-373 s. Kontingenz Möglichkeit ("imk§n) - und Wirklichkeit (wuÆådun bi-lfi#li) s. Kontingenz, und aktuale Existenz - und Notwendigkeit (wuÆåb/ ·arårah) als eigentümliche Eigenschaften des Seienden 373-382 - Gegensatz zur Notwendigkeit s. Kontingenz; Mögliches, das spezifische Mögliche - Gegensatz zur Unmöglichkeit s. Mögliches, das allgemeine Mögliche
sachverzeichnis Möglichseiendes (al-mumkinu l-wuÆådi) 259-288, 373-382 mubda# s. Geschaffenes muȧl s. Unmögliches; Nichtseiendes, ontologisch schlechthin Unvermögendes muÈaßßal s. mutbat mumtani# s. Unmögliches; Nichtseiendes, ontologisch schlechthin Unvermögendes al-muqaddim§tu l-w§Æibu qabåluh§ (notwendig zu akzeptierende Prämissen) s. Beweis, Prämissen muàtaqq s. paronym mutal§zim§n s. Ding, und Seiendes als Hinsichten auf das transzendentale Seiende; Ding, steht in einem gegenseitigen Folgeverhältnis zum „Seienden“ mutbat und muÈaßßal als Synonyme für mawÆåd 144n, 314, 321n, 342 naqÊ· s. Widerspruch natura communis 76, 76n, 249, 293 s. auch formale Struktur als solche Nichtseiendes (al-ma#dåm) - in den konkreten Dingen (alma#dåmu fÊ-l-"a#y§ni) 317 s. dazu auch 270n - ontologisch schlechthin Unvermögendes (al-ma#dåmu l-muãlaq/alma#dåmu #al§ l-"iãl§qi/al-ma#dåmu d-d§ti/al-ma#dåmu fÊ nafsihÊ/ al-muȧlu l-wuÆådi, al-mumtani#) 274, 317-320 s. auch Unmögliches (al-mumtani#/al-muÈal); etwas, was als dieses Etwas keine extramentale Existenz haben kann (al-ma#dåmu d-d§ti) 97-99; kann nicht als Subjekt wahrer Eigenschaftsprädikation fungieren 343-348, 432; „hat keine Wesenheit“ (l§ d§ta lahå) 258; „Ding-Sein“ (àay") kann ihm nicht zugesprochen werden 347f.; ist keine auf die extramentalen Dinge hinweisende Form (ßårah) 317, 346f.; kann nicht als etwas „wirklich“ Eines gedacht werden 358; als im Denken Existierendes 317-320, 358f.; Erkenntnisweise 274n, 344n, 346
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Nichtwidersprüchliches 183, 229, 233, 295, 337, 414, 430 Nichtwidersprüchlichkeit 103, 163, 183n, 229, 239f., 244n, 245f., 256, 267, 269, 271, 276, 281, 283, 291, 295, 303, 345, 347, 379, 415f., 427, 431 Nichtwiderspruchsprinzip s. auch Nichtwidersprüchliches - „Daß ein Begriff und dessen kontradiktorischer Gegensatz ein und demselben Ding zugleich nicht zukommen [können]“ 336; „Daß Affirmation und Negation nicht zugleich zutreffen und wahr sein können“ 241 - als Eigentümlichkeit des Seienden (al-mawÆåd) 183, 183n, 239-246, 255f, 345f., 415f. - „erstes Beweis-Prinzip“ ("awwalu mab§di"i l-bar§hÊni) 183n - und das Prinzip des ausgeschlossenen Mittleren als erste Prinzipien des taßdÊq 7, 233, 337, 345f., 414, 430, 431n notwendiges Attribut (l§zim) s. Seiendes, Ibn SÊn§, notwendiges Attribut der Washeiten Notwendigkeit (al-wuÆåb, a·-·arårah) - des Seins (·aråratu l-wuÆådi) 323-234, 363-371; weist auf die „Gewißheit des Seins“ (wat§qatu l-wuÆådi) hin 364; bezeichnet die Faktizität der Immerwährendheit des Seins (istiÈq§qu daw§mi l-wuÆådi) 367; und Möglichkeit als eigentümliche Eigenschaften des Seienden 373-382; Gegensatz zum Kontingenten s. Mögliches, das spezifische Mögliche; erste unter den Modalitäten in der Ordnung der begrifflichen Erkennbarkeit (taßawwur) 364-371 - des Nichtseins (·aråratu l-#adami) s. Nichtseiendes, ontologisch schlechthin Unvermögendes; Unmögliches - der Möglichkeit im Sinne der Kontingenz 374n Notwendigseiendes (al-w§Æibu l-wuÆådi) s. Gott, Notwendigseiendes durch sich selbst
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oberste Gattungen (al-"aÆn§su l-#§liyah) s. Kategorien Offenbarung 5, 26, 30, 31n, 35, 37f., 390, 407, 420-422 ontologisch schlechthin Unvermögendes (al-ma#dåmu l-muãlaq) s. Nichtseiendes paronym (muàtaqq) 192, 195f., 211, 214, 206 s. auch Univozität (taw§ãu"); Äquivozität (al-"alf§íu l-muttafiqah) bzw. taàkÊk Philosophie (falsafah) passim - Gegenstandsbestimmung 53n - praktische (#amalÊyah)/theoretische (naíarÊyah) 53, 53n Physik (aã-•abÊ#Êy§t) - und Metaphysik - al-F§r§bÊ 20, 26 - Ibn SÊn§ 130f. πολλαχῶσ s. Prädikation, in vielfältiger Weise Prädikabilien 151-154, 157, 226 Prädikation (Èaml) 97 s. auch Urteil (taßdÊq) - Affirmation ("ÊƧb)/Negation (salb) 66f. - per se primo modo (d§tÊ, καθ᾽ αὑτό) 113, 121, 351, 355 - per se secundo modo (d§tÊ, καθ᾽ αὑτό) 112f., 121-123, 166 - substantielle/washeitliche/„von sich selbst her“/„an sich“ (d§tÊ/ bi-d§tihÊ/καθ᾽ αὑτό) und akzidentelle/„von einem anderen her“ (#ara·Ê/bi-naw#i l-#ara·i/ κατὰ συµβεβηκόσ/κατ᾽ ἄλλο) 151-156, 235-237 - in vielfältiger Weise (yatakattaru takatturan, πολλαχῶσ) 230f., 235f. - Möglichkeitsbedingung 361f. - Modi der Prädikation s. taàkÊk; Äquivozität; Univozität Prinzip des ausgeschlossenen Mittleren s. auch ausgeschlossenes Widerspruchsmittleres - „daß die beiden [d. h. Affirmation und Negation] nicht zugleich nicht zutreffen, d. h. nicht zugleich falsch sein können“ 241; (l§ w§siãata bayna l-"ÊƧbi wa-s-salbi) 345n
- eigentümliche Eigenschaft des Seienden als solchen 183, 183n, 239-246, 345f., 416 s. auch Seiendes als Seiendes, als Möglichkeitsbedingung für die Nichtwidersprüchlichkeit und das ausgeschlossene Widerspruchsmittlere; Transzendentalien, das ausgeschlossene Widerspruchsmittlere Prinzip-Sein (kawnuhå mabda"an) - als eigentümliche Eigenschaft des Seienden (al-mawÆåd) 175-181 Prinzipien (mab§di") - im Sinne unbeweisbarer Prämissen, von denen eine Wissenschaft ausgeht 38, 55, 114, 114n, 184 - in der Bedeutung von Sub jektgattungen der Einzelwissenschaften 149n; Prinzipien des Subjektes einer Wissenschaft 175, 182, 184f. - in Bezug auf das Subjekt der Metaphysik 175f., 180f., 182f., 185 - des taßawwur s. Begriff, erste Begriffe - des taßdÊq s. Urteil, erste Urteile - formale/inhaltlich-sachhaltige 7, 60, 109f., 330-337, 413f., 429 - der Washeit einer Sache (#ilalu l-m§hÊyati) 97, 105, 111f. - Prinzipien für das So-und-so-Sein der Dinge (#ilalu l-wuÆådi) 105, 107 - der Wissenschaft (#ilm) 114-116, 118, 175f. - gemeinsame (#§mmah)/spezifische (ɧßßah) 115f., 121 - hypothetische 113, 118, 176, 245 - erste (al-"awwalÊy§t)/axiomatische/durch sich selbst bekannte (bayyinatun bi-nafsih§)/a priori notwendig zu akzeptierende (al"awwalÊyatu l-w§Æibu qabåluh§) 109f., 113, 118, 310f., 327f., 330-339, 345f., 388, 404, 412f., 419f., 423, 429, 431, 433f. s. auch Nichtwiderspruchsprinzip; Prinzip des ausgeschlossenen Mittleren; sowie auch Urteil, erste Urteile - Nichtwiderspruchsprinzip s. den gesonderten Eintrag
sachverzeichnis - Prinzip des ausgeschlossenen Mittleren s. den gesonderten Eintrag Proprium (ɧßßah) s. Prädikabilien πρὸσ ἕν s. „von Einem her“/„auf Eines hin“ qawlun à§riÈ (erklärende Rede) s. Begriff qiy§sun ÆadalÊ (dialektischer Syllogismus) s. Beweis, und dialektischer Syllogismus al-qåwah (Potenz) s. Seiendes als Seiendes, Modi; Transzendentalien, disjunktive rasm, Pl. rusåm (Umschreibung) s. Begriff, Definition und Umschreibung salb (Negation) s. Prädikation, Affirmation/Negation àay" s. Ding àay"Êyah (Washeitlichkeit) s. Wesen/Wesenswirklichkeit, und Washeitlichkeit Schöpfung aus dem Nichts ("ibd§#) 5f.,190f., 275n, 279-281 - und göttliches Erkennen und Wollen 408 Seele (nafs) - Gesundheit (ßiÈÈah) 41n, 42n - Selbsterkenntnis der Seele 338f. - Widerfahrnisse der Seele (al-"§t§ru fÊ n-nafsi) - Aristoteles (παθήµατα τῆσ ψυχῆσ) 68f., 71f., 80 - al-F§r§bÊ 65n, 68-73, 80 - Ibn SÊn§ 75f., 79f. - Vervollkommnung (istikm§l) 53, 53n - als Gegenstand der Ethik und der Heilkunde 120 - Vermögen zur inneren (al-Èissu l-b§ãin) und äußeren Sinneswahrnehmung (al-Èissu í-í§hir) 330 - Fähigkeit des praktischen Urteils (al-wahm) 331 - Vermögen der Erinnerung (qåwatu d-dikri) 331 - Vermögen der Phantasie (at-taÉayyul) 331 - Vermögen der Erfahrung (at-taÆribah) 331
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- das uns anerschaffene Vermögen des betrachtenden Verstandes (qåwatu l-#aqli n-naíarÊyi l-maÆbåli fÊn§)/Disposition der unbeeinträchtigten natürlichen Verstandesverfassung (al-isti#d§du l-fiãrÊyu ß-ßaÈÊÈ) s. Verstand - materieller (al-#aqlu l-hayål§nÊ)/ potentieller (al-#aqlu bi-l-qåwah) s. Verstand - habitueller (al-#aqlu bi-l-malakati) s. Verstand - Schwäche der Seele (#aÆzu n-nafsi) s. Verstand, Schwäche Seiendes (al-mawÆåd) s. auch Seiendes als Seiendes - al-F§r§bÊ - „das, was eine Washeit außerhalb der Seele hat“ (m§ lahå m§hÊyatun ɧriÆa n-nafsi) 200205, 209, 425; als die allgemeinste Bedeutung 203, 209, 425; dieses wird in „Seiendes der Möglichkeit nach“ (mawÆådun bi-l-qåwati) und „Seiendes der Wirklichkeit nach“ (mawÆådun bi-l-fi#li) eingeteilt 203, 209, 425 - die Angleichung des mawÆåd an die Bedeutung des griechischen estin 192-198 - als primäre Form (mit§lun "awwal) 193-197; hat eine nominale Bedeutung 209 - verschiedene Bedeutungen von mawÆåd 198-204 - seine Prädikationsweise von den zehn Kategorien 199f., 209 - kein Gattungsbegriff 27, 199 - insofern es Seiendes ist (al-mawÆådu l-muãlaq) als erstes Subjekt der Metaphysik 22, 25, 27; seine spezifischen Eigenschaften (law§Èiqu l-mawÆådi) 19, 28; als allem gemeinsamer Begriff 19f., 22-25, 27f., 32 - und das Wahre (aß-ߧdiq) 200-203 - und Ding (àay") 204-210 - Ibn SÊn§ - seine Bedeutung ist eine nominale 244, 274 - Synonym zu t§bit (Existierendes) und ȧßil (Vorhandenes) xi, 149n, 238n, 314n, 321, 328, 402n,
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427n; zu mutbat und muÈaßßal 144n, 314, 321n, 342 in der Bedeutung des aktual Existierenden (al-mawÆådu bi-l-fi#li) 98f. 259-262, 269f., 275, 282, 343 349, 361, 379, 428f. als „das behauptbare Daß-Sein“ (al-wugådu l-"itb§tÊ) 266f., 303, 315, 342, 378, 404, 415 in seiner transzendentalen Bedeutung als „das, was überhaupt Bestand haben kann“/„das, was widerspruchsfrei verwirklicht werden kann“ 98f., 157, 202, 221, 232, 238, 242-244, 251, 256f., 259-262, 266-271, 274f., 282, 287, 289f., 296f., 302-304, 343f., 349f., 360f., 376, 379, 402f., 426, 428-430; als „etwas, was als dieses bestimmte Etwas extramentale Existenz haben kann“ (mawÆådu d-d§ti) 97f. s. auch Seiendes als Seiendes im Denken (al-mawÆådu fÊ ddihni/fÊ l-#aqli/fÊ n-nafsi)/ im Konkreten (al-mawÆådu fÊ l-"a#y§ni/min ɧriÆin) 75f., 80, 99, 140n, 141f., 143n, 148-150, 157, 190, 247, 249f., 252, 260264, 266-268, 281, 315-317, 318n, 321, 343, 346f., 349, 379, 413 Seiendes schlechthin (muãlaqan) 316, 343f. mathematisches (ta#lÊmÊ) 169 physisches (ãabÊ#Ê) 169 ethisches (ÉuluqÊ) 169 Seiendes nicht in einem Zugrundeliegenden (al-mawÆådu l§ fÊ l-maw·å#i)/Seiendes in einem Zugrundeliegenden (al-mawÆådu fÊ l-maw·å#i) 99, 163, 195, 197, 221, 223, 254, 260f., 266, 270, 272, 272n, 274 s. auch Substanz; Akzidens und die Kategorien 99, 103, 147, 151-153, 156-158, 159, 166-168, 174, 177, 223-225, 230-247, 252f., 255-258, 300, 355n, 363, 414 als notwendiges Attribut (l§zim) der Washeiten 123, 137, 156,
233, 244, 247, 255, 257, 269, 297, 316, 321, 356 - und Ding (aà-àay") als Hinsichten auf das transzendentale Seiende 268f., 303f., 315, 346-350, 360f., 371, 376, 378f., 402f., 415, 428f. - zusammengesetztes (murakkab) 265, 277, 279, 281f., 285-288, 293, 376, 404 Seiendes als Seiendes (al-mawÆådu bi-m§ huwa mawÆådun/al-mawÆådu biÈaytu/min Èaytu huwa mawÆådun) - als erstes Subjekt der washeitlichen, den Subjekten aller partikularen Wissenschaften zugrundeliegenden Bestimmungen 138-159 - als erstes Subjekt der transkategorialen, den Subjekten der partikularen Wissenschaften gemeinsamen Bestimmungen 160-173 - wirklicher Begriff (ma#nan muÈaqqaq) 147-150, 159 - und seine „Als-ob“-Arten xi, 166, 168f., 171, 173, 181, 185, 224f. 244, 328, 402n, 427n, 419 - ein durch-sich-selbst-bekannter (bayyinun bi-nafsihÊ)/apriorischer Begriff xi, 159, 239, 246, 310-314, 326-339, 402n, 423f., 427n, 430; „begrifflich Ersterfaßbares“ 369; erstes Prinzip alles Explizierens 327f. - schlechthin einfacher Begriff ("absaãu min kulli taßawwurin) xi, 108n, 158, 176, 190, 224, 246, 328, 402n, 427; schlechthin erster Begriff ("awwalu kulli taßawwurin) 328; undefinierbar 327f. - allem gemeinsamer Begriffsinhalt 52, 57, 121, 123, 136f., 147, 151, 153, 157f., 159, 164-166, 172, 174, 223, 228, 230, 239, 243-246, 255-257, 259, 289-305, 312, 354n, 361, 386n, 401-403, 405f., 413, 423, 425 - keine Gattung 99, 102f., 122, 151-153, 156f., 159, 164f., 168f., 181, 221, 224f., 233, 247-251, 256f., 272n, 297, 299f., 323, 355n s. auch Gattungsaporie
sachverzeichnis - aussagbar in der Weise des taàkÊk 9, 213, 220-230, 247, 256, 259, 297, 300, 302, 305, 356, 425, 428 s. auch taàkÊk - indifferent bzw. unbestimmt/ bestimmbar 103, 149, 157, 168, 171, 174, 208, 221, 223, 228, 244, 248, 256f., 284f., 290, 297, 302, 304, 343, 373, 375f., 389n, 403, 411, 424 - transzendental 9, 51, 164f., 172, 181, 190n, 191n, 262, 271, 289305, 346-350, 353, 360, 376, 378, 381, 385-413, 415, 420, 424, 427429, 431 - als Möglichkeitsbedingung für die Nichtwidersprüchlichkeit und das ausgeschlossene Wider spruchsmittlere 98, 239-246, 255f., 431 - Einheit des Begriffs 9, 211, 227n, 230-246, 255-258, 274, 291, 297, 300, 302f., 305, 341, 345, 402, 424-427, 430f., 433 - Modi des Seienden als solchen - Möglichkeit("imk§n)/Notwendigkeit (wuÆåb/·arårah) 171, 173, 183, 185, 259, 271, 273f., 283287, 289-305, 369-382, 386n, 389n, 396-400, 403-405, 416, 426, 429, 433 - Reichtum (istiÇn§")/Bedürftigkeit (ȧÆah) 171, 259, 273, 280f., 283, 285, 287, 300, 302f., 375-377, 380, 389n, 396n, 404, 414f., 417, 429 - Akt (al-fi#l) und Potenz (al-qåwah) 164f., 169, 171, 173, 183, 403, 405, 416f. - Ursache (#illah)/Verursachtes (ma#lål) 121-123, 133, 178-181, 183, 185, 279, 283, 300, 302, 375f., 380, 389n, 391f., 400, 404f., 411, 418, 433 - wirklich durch sich selbst (Èaqqun bi-d§tihÊ)/unwirklich durch sich selbst (b§ãilun bi-d§tihÊ) 280, 282, 285-287, 289f., 375-379, 403 - wirklich durch sich selbst (Èaqqun bi-d§tihÊ)/wirklich durch ein anderes (Èaqqun bi-ÇayrihÊ) 275n, 281-283, 285, 289, 302, 374-378, 404, 426
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- eigentümliche Eigenschaften (#aw§ri·u ɧßßatun li-l-mawÆådi) 7, 162, 164, 169-173, 176-181, 183, 185, 224, 244-246, 329, 345, 372, 400, 405, 411, 415f., 423, 428f., 433 - Seiendes schlechthin (muãlaqan) s. Seiendes, Ibn SÊn§ - und seine beiden Hinsichten 268f., 303f., 315, 346-350, 360f., 371, 376, 378f., 402f., 415, 428f. - als das „Ob-es-ist“ und nicht als das „Was-es-ist“ xi, 328, 402, 427n - erstes ausgezeichnetes s. Gott - als Möglichkeitsbedingung jedweder Bestimmtheit 256; jedweder Erkenntnis 422; wahrer Eigenschaftsprädikation 346, 431 - erstes (al-"awwal)/geschaffenes (almubda#) 190, 220n, 277-304, 373, 375, 399n, 400 Sein (wuÆåd) passim - „das eigentümliche Sein“ (alwuÆådu l-ɧßß) s. Ding, Ibn SÊn§ - „das behauptbare Daß-Sein“ (alwugådu l-"itb§tÊ) s. Seiendes, Ibn SÊn§ - metaphysisches Sein (al-wuÆådu l-"il§hÊ) 265 - im Sinne der extramentalen Wirklichkeit (al-wuÆådu bi-l-fi#li) s. Existenz Separationsurteil - al-F§r§bÊ 27, 410 - Ibn SÊn§ 411 - Thomas von Aquin 27, 410n ßidq (Wahrheit) s. Urteil, Wahrheit/ Falschheit ßin§ #ah (Disziplin) s. Wissenschaft spekulative Theologie (#ilmu l-kal§mi) - auch #ilmu t-tawÈÊdi genannt 2, 15, 17n, 20n, 24, 25n, 30-38, 189, 419-422, 434; gleichbedeutend mit den Termini #ilmu "ußåli d-dÊni, al-fiqhu l-"akbar 22n - und al-#ilmu l-"il§hÊ 25n - und Metaphysik 17, 23f., 30-38 - Subjektsbestimmung - al-[az§lÊ 34-38 - al-F§r§bÊ 30-34, 38 - al-[az§lÊs Konzeption von #ilmu l-kal§mi und der Metaphysikansatz Ibn SÊn§s 419-422
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Subjekt (maw·å#) - Begriff des Subjekts (maw·å#, ὑποκείµενον) 25n, 50n, 51n, 97, 114 - einer Wissenschaft s. Wissenschaft, Subjekt - der Ersten Philosophie s. Metaphysik - der Logik s. Logik, Subjekt Substanz (Æawhar) - und Akzidens (#ara·) als „Als-ob“Arten des Seienden xi, 27, 166, 168f., 171, 173, 181, 185, 224f. 244, 328, 402n, 427n - und aktuale Existenz 262, 270274 - in Bezug auf Gott 272f., 272n Symbol/Zeichen - #al§mah, Pl. #al§m§t 63, 65n, 70, 311 - dalla/yadullu/dil§latan #al§ 65n, 72 t§bit (Existierendes) und ȧßil (Vorhandenes) als Synonyme für mawÆåd xi, 149n, 238n, 314n, 321, 328, 402n, 427n tafßÊl (Trennung = ein Gedachtes wird auf anderes negierend bezogen) 64, 67f., 74, 83 taÆribah s. Erfahrung taÆrÊd s. Abstraktion taÈdÊd (Angabe der Definition) s. Definition taÈqÊq (der Bestimmung einer Sache dienende Untersuchung) 149 taÈßÊl (Möglichkeit zur Verwirklichung) 149 takdÊb (Als-falsch-Beurteilen) 63, 83; (falsches Urteil) 86 s. auch Urteil ta"lÊf (Zusammensetzung) 62, 141, 281 s. auch tarkÊb tanbÊh s. Aufmerksam-Machen ta#rÊf s. Bekanntmachung tarkÊb - Verbindung = ein Gedachtes wird auf ein anderes affirmativ bezogen 66 - Zusammensetzung 281 s. auch ta"lÊf taßawwur (Erfassen der abstraktiven Formen der realen Dinge und Sachverhalte) 60-63 s. auch Begriff; Bedeutung, eines Satzes
- Gegenstand des taßawwur - al-F§r§bÊ 73f. - Ibn SÊn§ 62, 80-82, 86f., 248f., 328, 402n, 427n - taßawwurun s§diÆ (einfaches begriffliches Erfassen) 83, 110 - taßawwurun ma#ahå taßdÊq (Begreifen in Verknüpfung mit Urteil) 83 - at-taßawwuru l-ÈaqÊqÊ (wirkliche Begriffsbildung) 59, 112 - taßawwur§tun ÈaqÊqÊyah (wirkliche Begriffe) 150, 202, 347 - als Voraussetzung von taßdÊq (Urteil) 62, 83, 107, 108f., 110f. - und taßdÊq (Urteilen) 8, 59-65, 74, 81-88, 110-112, 114, 169, 240, 251, 305, 310f., 330, 333f., 336, 338, 345, 412-415, 419, 423 taßdÊq s. Urteil/Urteilen taàkÊk (gradueller bzw. ordnungsbezogener Prädikationsmodus) 214, 216f., 219-222 - absolute/durch eine Relation spezifizierte taàkÊk-Prädikation 217f., 227f. - in der Ordnung von Früher und Später (bi-t-taqaddumi wa-t-ta"aÉÉuri) 214-218, 228, 220n, 222, 226f., 233, 246, 300 - in der Ordnung von Vorrang und Angemessenheit (bi-l-"awl§ wa-l"aÈr§) 214, 222, 226f., 228, 233, 246 - in der Ordnung der Intensität (bià-àiddati wa-·-·u#fi) 214, 217, 226, 228, 246 - als Prädikationsmodus des Seienden 9, 211, 216f., 221-230, 256, 259, 297 300-302, 305, 356, 425, 428 - und analogia attributionis 212f. taw§ãu" s. Univozität transzendental passim - in der Bedeutung von transkategorial 7, 171f., 410, 413f. - im Sinne des transzendentalen Prinzips bei Kant 7, 413f. Transzendentalien - Primat der Intension vor der Extension 164f., 171f., 340f., 410, 414, 424
sachverzeichnis - das „Seiende“ (al-mawÆåd) 415 passim s. Seiendes; Seiendes als Seiendes - konvertible Transzendentalien 164, 172, 183, 405, 415f., 429 - das Eine (al-w§Èid)/das Abgegrenzte (Çayruhå) 7, 172, 183, 264, 266-269, 337, 340-342, 346, 348, 348n, 350-361, 400, 404f., 414-416, 416n, 427n, 431 - das Gute (al-Éayr) 405, 416 - das Wahre/Wirkliche (al-Èaqq) 183, 416 - das Nichtwidersprüchliche 183, 229, 233, 337, 414, 416, 430 s. auch Nichtwidersprüchlichkeit - das ausgeschlossene Widerspruchsmittlere 183, 233, 239f., 244, 246, 337, 345, 347, 414, 416, 430 - disjunktive Transzendentalien 27, 164-166, 169, 171, 173f., 177, 180-183, 185, 305, 380f., 389n, 398, 400, 403, 405f., 414f., 416, 423, 428f., 433 - Akt (al-fi#l) und Potenz (al-qåwah) 164f., 169, 171, 173, 183, 403, 405, 416f. - Möglichkeit ("imk§n)/Notwendigkeit (wuÆåb/·arårah) 171, 173, 183, 185, 259, 271, 273f., 283-287, 289-305, 369-382, 386n, 389n, 396-400, 403-405, 416, 426, 429, 433 - Einheit (al-waÈdah)/Vielheit (al-katrah) 160-165, 169, 171f., 173, 183, 386n, 400, 405, 411, 416 - Vollkommenheit (tam§m)/Mangelhaftigkeit (nuqߧn) 22, 33, 183, 414, 416f., 429 - Reichtum (istiÇn§")/Bedürftigkeit (ȧÆah) 171, 259, 273, 280f., 283, 285, 287, 300, 302f., 375-377, 380, 389n, 396n, 404, 414f., 417, 429 - Ursache (#illah)/Verursachtes (ma#lål) 121-123, 133, 178-181, 183, 185, 279, 283, 300, 302, 375f., 380, 389n, 391f., 400, 404f., 411, 418, 433 - Gottesattribute 407-410, 414, 418
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transzendental-semantische Recht fertigung - der Begriffseinheit des Seienden 9, 232f., 236-246, 255, 402, 425, 430, 433 - von Möglichkeitsbedingungen des taßawwur 326-350, 414, 433 - der Distinktheit von àay" und mawÆåd 328f., 339-350, 361f. tubåt s. Bestand-Haben al-"umåru l-#§mmah s. gemeinsame Bestimmungen Univozität (taw§ãu", Synonymie im aristotelischen Sinne) 214f., 218, 225-227, 246f., 252, 254, 297, 402, 424, 424n s. auch Äquivozität (al-"alf§íu l-muttafiqah) bzw. taàkÊk - Definition 214f., 226, 303 - vollkommen univok (bi-t-taw§ãu"i l-muãlaqi) 217, 226, 247; gemäß der reinen Univozität (bi-t-taw§ãå"i l-maÈ·i) 233 Unmögliches (mumtani#/muȧl) 36, 99, 104, 159, 205, 206n, 269-271, 275, 281, 287, 295, 297, 301n, 302f., 323-325, 347n, 358, 360, 362, 364-370, 378, 397, 403, 426 - „das, für das notwendig ist, daß es nicht ist“ (al-mumtani#u "innam§ huwa min Èaytu huwa w§Æibun "an l§ yåÆada) 365, 368-370 s. auch Modalitäten; Nichtseiendes, ontologisch schlechthin Unvermögendes Unterscheidung zwischen „Ding“ (àay")/ „Washeit“ (m§hÊyah)/Wesen (ÈaqÊqah, d§t) und aktuales „Seiend-Sein“ (mawÆåd) ist eine formale, keine reale - al-F§r§bÊ 206-210 - Ibn SÊn§ 191n, 208n, 281-288, 375f., 404 Ursache (#illah, sabab) - erste Ursache (as-sababu l-"awwal) s. Gott - ihre Existenz ist dem Verstand nicht erstlich bekannt (laysa bayyinan "awwalÊyan) sondern ein empirisch Beobachtetes (maàhåd) 133f. - Ursachen der Washeit einer Sache (#ilalu l-m§hÊyati) s. Prinzipien
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sachverzeichnis
- Ursachen für das So-und-so-Sein der Dinge (#ilalu l-wuÆådi) s. Prinzipien - letzte Ursachen (al-"asb§bu l-qußw§) - „Gesuchtes“ der Metaphysik 131138 - Untersuchungsgegenstand eines Teils der Metaphysik 184 Urteil/Urteilen (taßdÊq) - als „Etwas von Etwas“-Struktur 245 - und Erfassen der abstraktiven Formen der realen Dinge und Sachverhalte (taßawwur) 60-63, 80-87, 110-114 - als Vervollständigung des Begriffs 112 - erste Urteile (al-"awwalÊy§t) 310f., 330-339 s. auch Prinzipen, erste - Wahrheit (ßidq)/Falschheit (kidb) eines Urteils 62f., 68, 82f. - gewisses (taßdÊqun yaqÊnÊ) 59, 110, 112, 114 - einfaches Urteilen (taßdÊqun s§diÆ) 110 Vernunftkritik - al-[az§lÊ 36-38, 420-422 - Ibn SÊn§ 175, 388, 390f., 401, 404f., 420-422 Verstand (#aql) - Schwäche des menschlichen Verstandes 114, 391-396 - das uns anerschaffene Vermögen des betrachtenden Verstandes (qåwatu l-#aqli n-naíarÊyi l-maÆbåli fÊn§)/Disposition der unbeeinträchtigten natürlichen Verstandesverfassung (al-isti#d§du l-fiãrÊyu ß-ßaÈÊÈ) 332, 335f. - materieller (al-#aqlu l-hayål§nÊ) 332, 335; auch potentieller (al#aqlu bi-l-qåwah) 335 - habitueller (al-#aqlu bi-l-malakati) 332 - reiner (muÆarradu l-#aqli) 337; bloßer (al-#aqlu ß-ßarÊÈ) 336 Vollkommenheit (kam§l) s. Gott, Ibn SÊn§, Inbegriff der Vollkommenheit „von Einem her“/„auf Eines hin“ (πρὸσ ἕν) 227 s. auch taàkÊk, absolute/durch eine Relation spezifizierte taàkÊk-Prädikation
waÈd§nÊyah (Einzigkeit) s. Gott, Ibn SÊn§, Einzigkeit al-wahm 17, 18n, 19n, 21, 316, 331, 348 Wahres (aß-ߧdiq) - al-F§r§bÊ 200-204 - Ibn SÊn§ 113 Wahres/Wirkliches (al-Èaqq) 169, 183, 289, 373, 416, 416n, 426 Wahrheit (ßidq)/Falschheit (kidb) s. Urteil Washeit (m§hÊyah) s. auch Wesen/ Wesenswirklichkeit - als der „vollständige Wesensgehalt einer Sache“ (kam§lu ÈaqÊqati à-àay"i), wodurch sie das ist, was sie ist 59 - und d§t (Wesen) 97n, 360n - und àay" (Ding, etwas) 97n; 148, 266, 315 - und ÈaqÊqah (Wesenheit) 97n, 148f., 266, 297f., 315, 360n - Prinzipien der Washeit (#ilalu l-m§hÊyati) 97, 105, 111f. - ontologischer Status 277-288 - Zusammensetzung von Washeit und Sein (wuÆåd) s. Kontingenz, Kontingenz durch sich selbst/ Notwendigkeit durch ein anderes - Distinktion von Washeit und Seiend-Sein (mawÆåd) s. Unterscheidung - formale Identität von Washeit und Existenz beim ersten Seienden s. Gott, Ibn SÊn§, hat keine Washeit Washeitlichkeit (àay"Êyah) s. Wesen/ Wesenswirklichkeit, und Washeitlichkeit Wesen/Wesenswirklichkeit (ÈaqÊqah) - als das, kraft dessen etwas das ist, was es ist 315, 342 - als das „eigentümliche Sein“ (alwuÆådu l-ɧßß) einer Sache 297, 303, 315, 360 s. auch Ding, Ibn SÊn§ - und Washeit (m§hÊyah) 97n, 148f., 266, 297f., 315, 360n - und àay" (Ding/Etwas/Bestimmtheit) 97n, 148f., 266, 303, 315, 362 - und Washeitlichkeit (àay"Êyah) 148f. - und d§t 97n, 360, 360n; bzw. Æawhar 360n
sachverzeichnis - und das aristotelische τὸ τί εἶναι 360n Widerfahrnisse der Seele (al-"§t§ru fÊ n-nafsi) s. Seele Widerspruch (naqÊ·) 239 Wirklichkeit (wuÆådun bi-l-fi#li) - und Möglichkeit ("imk§n) s. Kontingenz, und aktuale Existenz - und Unwirklichkeit als primäre ontologische Modi 289f., 377 Wissen (#ilm) passim s. Erkenntnis; Wissenschaft - gewisses (al-#ilmu l-yaqÊnÊ) 112f. - erwerbbares und Vorwissen 7, 59, 63, 84f., 87, 114, 334, 336f., 403, 414 - vollkommenes 394 Wissenschaft (#ilm, ßin§#ah) s. auch Wissen - Gesuchtes (maãlåb) 14n, 55, 84, 87f., 125-127, 131, 134, 136, 162, 170, 173, 185 s. auch wissenschaftliche Erkenntnisziele - Prinzipien (mab§di") 114-116, 118, 175f. - Subjekt (mawdå#) 25, 50n, 114-124 - eigentümliche/wesentliche Eigenschaften (#aw§ri·u ɧßßah) des Subjekts 7, 14n, 19, 22, 50n 55f., 114f., 116, 128f., 132f., 161f., 169-171, 173, 175f., 181, 183, 185, 224, 244f., 323, 329, 345, 372, 400, 411, 415f., 423n, 433 - Thesen (mas§"il) 44, 114f., 121, 128, 185 - Ziel (Çara·/ǧyah) 13f., 14n, 17, 23, 30f., 35, 38, 45, 48f., 53n, 59,
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104, 112, 144n, 149, 185, 238n, 310, 310n, 371n, 381, 381n, 388, 388n, 391, 396, 401, 404f., 412 wissenschaftliche Erkenntnisziele (almaã§libu l-#ilmÊyah) 14n, 87-114 - das „einfache Ob-es-ist“ (al-halu l-basÊã) 87, 89 - das „Was-es-ist“ (al-m§) 87f., 91-93 - das zusammengesetzte „Ob-es-sound-so-ist“ (al-halu l-murakkab) 89 - das Warum (al-lima) 87, 89-91 - Proprietät ("innÊyah) 88 - Hierarchie der Erkenntnisziele 93f. - das Verhältnis der Erkenntnisziele zueinander 94-112 Wissenschaftstheorie 5, 14f., 25, 34, 48f., 51f., 57f., 60, 114-126, 128-130, 139, 144, 147, 150, 156-159, 166, 173, 175, 180, 185, 238, 245, 305, 309, 421, 433f. wuÆåd s. Sein al-wuÆådu l-ɧßß (eigentümliches Sein) s. Ding, Ibn SÊn§ al-wuÆådu l-"il§hÊ (metaphysisches Sein) s. Sein al-wugådu l-"itb§tÊ (behauptbares DaßSein) s. Seiendes, Ibn SÊn§ Ziel einer Wissenschaft s. Wissenschaft, Ziel zweite Intentionen (al-ma#§nÊ l-ma#qålatu t-t§niyah) s. Begriff, Begriffe zweiter Intention
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