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German Pages 247 [248] Year 2003
DIMITRIOS LIAPPIS
Das System der Haftung der Banken bei Aktienemissionen über die Börse
Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 164
Das System der Haftung der Banken bei Aktienemissionen über die Börse Von den börsenrechtlichen Grundlagen zur Haftung aus ungeregelten Informationsdienstleistungen (!PO-Studie, Untemehmenspräsentation)
Von
Dr. Dimitrios Liappis
Duncker & Humblot · Berlin
Gedruckt mit Unterstützung des Deutschen Akademischen Austauschdienstes.
Der Fachbereich Rechtswissenschaften der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main hat diese Arbeit im Jahre 2002 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
D30 Alle Rechte vorbehalten
© 2003 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-026X ISBN 3-428-10932-5 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 §
Meiner Mutter
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Frühjahr 2002 vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Johann Wolfgang Goethe-Universität zu Frankfurt am Main als Dissertation angenommen. Literatur und Rechtsprechung konnten im wesentlichen bis Ende 2001 berücksichtigt werden. Das vierte Finanzmarktförderungsgesetz konnte zunächst als Entwurf in die Arbeit mit einfließen. Kurz vor ihrer Veröffentlichung wurde dieses Gesetz verabschiedet. Dies konnte doch noch in der endgültigen Fassung der vorliegenden Arbeit berücksichtigt werden. Damit entspricht sie grundsätzlich der Rechtslage, wie sie nach dem 4. FFG aussieht. Die Arbeit hat ebenfalls berücksichtigen können, daß mittlerweile die BAFin als Allfinanzaufsicht die Aufgaben des BAWe übernommen hat. Die Arbeit versucht zur sachgerechten Lösung des Interessenkonflikts zwischen Anlegerschutz und Bankenhaftung bei Aktienemissionen über die Börse beizutragen. Aus haftungsrechtlicher Sicht werden die wichtigsten Informationsmittel für eine Anlageentscheidung erörtert. Im Hinblick auf den gesetzlich vorgeschriebenen Prospekt wird aus den zersplitterten Regelungen in den verschiedenen Börsensegmenten ein normatives Informationssystem hergeleitet. Aus diesem System werden Grundprinzipien erarbeitet, die der sachgerechten Lösung einzelner Auslegungsfragen dienen. Besonders wird auf Informationsdienstleistungen eingegangen, die gesetzlich ungeregelt sind. Die Initial Public Offering-Studie und die Unternehmenspräsentation können eine risikobewußte Anlageentscheidung erheblich gefährden. Deshalb wird für sie mit Hilfe teleologischer Analogieüberlegungen ein ausdifferenziertes Haftungsprogramm erarbeitet. Die Bankenhaftung erweist sich insgesamt als das wichtigste Instrument zur Sicherung hoher Informationsqualität im Emissionsmarkt im Interesse der Anleger. Dies darf jedoch auf keinen Fall zu einem "Banken-bashing" verleiten. Sorgfältige Interessenahwägungen sind daher unerläßlich geboten. Für das Zustandekommen der Arbeit schulde ich vielfältigen Dank. Ganz besonders herzlich möchte ich mich bei meinem verehrten Doktorvater Herrn Prof. Dr. Manfred Wolf für all die fruchtbaren Gespräche und seine ständige Hilfsbereitschaft bedanken. Für die Übernahme und zügige Erstellung des zweiten Votums möchte ich meinem Zweitgutachter Herrn Prof. Dr. Helmut Kohl besonders danken. Verpflichtet bin ich auch noch meinem Athener Lehrer Herrn Prof. Dr. Pana-. giotis Papanikolaou, der meine Auseinandersetzung mit der Prospekthaftung ursprünglich angeregt hatte. Für seine tatkräftige Unterstützung bin ich desweiteren auch meinem Athener Lehrer Herrn Prof. Dr. Nikolaos Klamaris verbunden. Besonders hilfreich war der Zuspruch meiner Familie gewesen, der ich sehr herzlich
Vorwort
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auch hierfür danke. Meinen Dank möchte ich in besonderer Weise auch dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) aussprechen. Durch ein großzügiges Stipendium hat er meinen Aufenthalt in Frankfurt am Main entscheidend erleichert. Hinzu hat der DAAD einen Teil der Kosten dieser Veröffentlichung übernommen. Mein Dank gilt überdies auch der "Alexander S. Onassis" Public Benefit Foundation. Ihre finanzielle Unterstützung hat noch einen wichtigen Beitrag zur Verwirklichung dieser Arbeit dargestellt. Nicht zuletzt möchte ich mich für ihren freundlichen Beistand bei Dr. Konstantin und Maria Alexiou bedanken. Für die Aufnahme der Arbeit in die "Schriften zum Wirtschaftsrecht" danke ich schließlich dem Verlag Duncker & Humblot. Frankfurt am Main, im Juni 2002
Dimitrios Liappis
Inhaltsverzeichnis
1. Kapitel Einleitung: Die Haftung der Emissionsbanken als notwendiger Ausfluß ihrer Emissionstätigkeiten
21
§ 1 Die Aufgaben der Banken im Geschäftsfeld Aktienemissionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
21
I. Der Emissionsvorgang als Auslöser von Verkehrsbedürfnissen und die Stellung der Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
21
1. Der primäre Aktienmarkt als selbständig haftungsrelevanter Informationsmarkt mit eigenen Akteuren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
21
2. Das Bedürfnis nach neutraler Vorstellung des Emittenten . . . . . . . . . . . . . . . .
25
a) Die objektive Offenlegung der untemehmerischen Vergangenheit des Emittenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25
b) Die zuverlässige Vorhersage der Geschäftsentwicklung des Emittenten................ . ................... .. .. . ................... .. .. . .
26
3. Die Informationsquellen und der Zugang hierzu . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27
Il. Die Dienstleistungen der Banken bei Aktienemissionen als haftungsrelevante Sachverhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
28
1. Die Emissionsbank und die Börsengangvorbereitung des Emittenten . . . .
29
a) Die Vorbereitung auf die Börseneinführung aufgrund intensiver Zusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29
b) Die Beteiligung derBankam Grundkapital bzw. an den Organen des Emittenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
30
c) Die Übernahme des Plazierungsrisikos als praktizierte Emissionsmethode .. . .. . ... . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . .. . . . ... . .. . . .. . . . . . . . . .. ..
32
2. Die Emissionsbank und die Vorstellung des Emittenten auf dem Markt . .
34
a) Die Mitwirkung an der obligatorischen Emissionspublizität . . . . . . . . .
34
b) Der Einsatz freiwilliger Informationsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
36
(1) Die Emissionsstudie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
37
10
Inhaltsverzeichnis (2) Die sog. Internet-Emissionen .. .. . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. ..
38
(3) Die Unternehmenspräsentation .. . . . . . . . .. . . . . .. . .. . .. . . . .. .. .. .
39
(4) Die Informationsrisiken für die Anleger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
40
3. Die Emissionsbank und die Aktienplazierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
40
a) Der Vollzug der Emission stricto sensu . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
40
(I) Der Einsatz des Beratungs- und Verkaufsapparats der Bank . . . .
41
(2) Die Preistindung für die emittierten Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
42
(3) Die technische Abwicklung der Aktienplazierung . . . . . . . . . . . . . .
45
b) Die Übernahme für den Sekundärmarkt bestimmter Aufgaben . . . . . . .
47
2. Kapitel
Die Bezungspunkte der Untersuchung
50
§ 2 Thematische Absteckung und Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
50
I. Betrachtung der Bankentätigkeit aus haftungsrechtlicher Sicht . . . . . . . . . . . . . . .
50
1. Haftungsnormen und Verhaltensregeln .. .. .. .. .. . .. .. .. .. .. . .. . .. .. .. .. .
51
2. lnpflichtnahme der Emissionsbank zum Schutz des Anlegers . . . . . . . . . . . .
51
3. Aufbau eines über die §§ 44 ff. BörsG hinausgehenden Haftungssystems
53
li. Aktieneinführungen über alle Börsensegmente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
54
L. Die Aktie als Schwerpunkt der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
54
2. Der Standpunkt der Arbeit innerhalb der Marktlandschaft . . . . . . . . . . . . . . .
56
§3 Die Emissionsbank als Inbegriff mehrerer Akteure
60
I. Tatigkeit mehrerer Unternehmensarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
60
1. Das Spektrum der emissionstätigen Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
60
2. Die maßgeblichen Kriterien des Emissionverantwortlichen . . . . . . . . . . . . . .
61
a) Die Blickrichtung gesetzlicher Anhaltspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
61
b) Entscheidungshilfe für und Berührung mit dem Anleger . . . . . . . . . . . . .
63
II. Tatigkeit verschiedener Intensität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
64
I. Das Emissionskonsortium als etablierte Organisationsform der Banken . .
64
Inhaltsverzeichnis
II
2. Die Konsortiumstruktur als Basis differenzierender Rollenwahrnehmungen . . . ......... ... . . . . . . ... . . . . . ... .. . .. . .. . . . . . .. . .. .. ... . . . . . . .. . . . . . .
65
a) Die federführenden Konsorten und die globalen Koordinatoren . . . . . .
65
b) Die einfachen Konsortiumsmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
66
3. Die Haftungsrelevanz der Rechtsform des Konsortiums . . . . . . . . . . . . . . . . .
67
4. Emissionsbanken ohne direkte Konsortiumsbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
70
3. Kapitel
Die Bankenhaftung als Koordinate im normativen Konzept des Emissionsrechts §4 Das befolgte Informationsmodell als Basis der Regelungsarchitektur
72
73
I. Die Informationsträger . . . . . . . . . .. . . . .. . .. . . . . . . . .. . .. . .. . . . . .. .. . . . .. .. . . . . .
74
I. Der Grundsatz der Prospektpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
74
2. Abweichungen vom Grundgebilde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
76
a) Befreiung von der Prospektpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
76
b) Auflockerungen des Prospekterfordernisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
78
(1) Die Einsatzfähigkeit alter Prospekte . . . . . . .. . . .. .. .. . . .. .. . .. . . .
78
(2) Die Aufgabe von Inhaltsanforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
80
(3) Äquivalente Prospektsurrogate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
81
3. Teleologische Abrundung und Auswertung des Prospekterfordernisses . .
82
II. Die Ermöglichung eines zutreffenden Urteils als Maßstab der Prospektpflicht
84
I. Die Maßstabsetzung . . . .. . . . .. .. . . . . .. . . . . . . . .. . . . . .. . . . . .. .. . . . . . .. .. . . .
84
2. Das Verhältnis zwischen Generalklausel und Angabenkatalogen . . . . . . . . .
87
3. Die Aussagekraft des Prospekts in den verschiedenen Marktsegmenten . .
89
III. Die innere Qualität des Prospektinhalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
93
I. Systematische Betrachtung zur Gewinnung von Grundsätzen . . . . . . . . . . . .
93
2. Einzelne Prinzipien als Qualitätsmaßstäbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
97
a) Vergleichende Darstellung progressiver Angaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
97
b) Die Erkennbarkeil der Bezugspunkte errechneter Angaben . . . . . . . . . .
98
c) Offenlegung in Zahlenangaben verborgener Vorgänge . . . . . . . . . . . . . . . 100 d) Das Aktualitätsgebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
12
Inhaltsverzeichnis IV. Die Sicherungsmechanismen des gesetzlichen Infonnationsmodells
108
I. Öffentlichrechtliche Kontrollinstanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 2. Ahndungsinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II 0 3. Eigene Anlegerrechte, insb. die Prospekthaftungsansprüche . . . . . . . . . . . . . 111
§ 5 Das nonnative Rollenbild der Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114
I. Die Emissionsbank als Garant des Infonnationsmodells der Aktienemissionen. . ....................... . ............. . ........... .......... . .... . ....... 114 1. Das Bedürfnis nach Inpflichtnahme mehrerer Akteure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 2. Zuweisung partikulärer Aufgaben an andere Dienstleister . . . . . . . . . . . . . . . 116 a) Die Wirtschaftspresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 b) Die Wirtschaftsprüfer . . . .. .. .. .. . .. . . . .. . .. . .. . . . . .. . .. . .. . .. . . . .. . . 117 3. Die zentrale Position der Emissionsbank als mitgestaltende Prüfungsinstanz .. . . . .. . . . . . . .. . .. . . . . .. . .. . . . . .. . . . . . . .. . . . . . . . .. . .. .. . . . . .. . . . . . 119 a) Gesamtverantwortung wegen Prospektunterzeichnung....... . ...... . 119 (I) Das Grundgebilde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 (2) Gesamtverantwortung ohne Unterzeichnungspflicht . . . . . . . . . . . . 120 b) Die Stellung der Banken in den haftungsrechtlichen Strukturen . . . . . . 123 (I) Die spezialgesetzliche Prospekthaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123
(2) Die Haftung wegen Prospektmängel nach allgemeinen Rechtsinstituten .. . . . .. . . . . . . . .. . . . . . . .. . . .. . . . .. . . .. . . . . . . .. . . . .. . .. . . 124
ll. Das Leitbild des Anlegers als Geschützter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 1. Privat- und institutionelle Anleger............. . ................. . ...... . 127 2. Der höchstrichterliche Ansatz zum Anleger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 3. Anhaltspunkte zur Sachlage des Anlegers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 a) Beweisnot im Hinblick auf Kausalzusammenhänge . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 b) Das Bedürfnis nach umfangreicher Unterstützung zum Sachverhaltsverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134
§ 6 Anlegerschutz vs. Bankeninteresse - Zur haftungsrechtlichen Entscheidung eines Interessenkonflikts . . .. . . . .. . .. . . . . .. . .. . . . . .. . .. . . . .. . . .. . . . .. . . . . .. . . . . . .. .. . . . . 136
I. Wirtschaftliche Überlegungen als Bedingung sachgerechter Lösungsansätze . 136 1. Die Methodik zur Berücksichtigung ökonomischer Prioritäten . . . . . . . . . . . 136
Inhaltsverzeichnis
13
2. Ökonomische Rechtsanalyse und das wirtschaftliche Konzept des Emissionsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 3. Die Sachlage der Banken als Argument bei der Risikenzuweisung . . . . . . . 142 II. Anlegerschutz und Haftungsbegrenzung als Gegenpole der Prospekthaftung . 145 1. Der Anlegerschutz inmitten der gesetzlichen Programmatik . . . . . . . . . . . . . 145 2. Regelungsmittel zur Begrenzung des Haftungsrisikos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 3. Auslegungsrelevante Schlüsse zur Entscheidung des Interessenkonflikts . 151
4. Kapitel Die Bankenhaftung aus freiwilligen Informationsaktivitäten
154
§ 7 Die Bedeutung der §§ 44 ff. BörsG für nicht geregelte Dienstleistungen - Die Analogieproblematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 I. Die Frage der Analogietauglichkeit der Prospekthaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154
II. Einzelanalogie statt Gesamtanalogie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 III. Leitlinien analoger Anwendung der börsengesetzlichen Haftungsnormen . . . . 158 I. Informationsträger oder -Übermittlung als innere Anknüpfungspunkte . . . 158 2. Die Intensität der Systemzugehörigkeit am Beispiel des Publizitätsmittels................... . .. . ........................................ . ...... 159
§ 8 Die Haftung der Emissionsbanken aus der !PO-Studie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161
I. Die !PO-Studie als allgemein-zivilrechtlicher Prospekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161
I. Die !PO-Studie und die börsengesetzliche Prospekthaftung . . . . . . . . . . . . . . I 61 2. Die Bedeutung allgemeiner Haftungsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 a) Vertragliche Haftung . . . . . .. . . . . .. . . . . . . . . . . . .. . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . .. 162 b) Deliktsrechtliche Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 c) Die Verhaltensregeln für Wertpapieranalysten nach § 34b WpHG . . . 164 d) Culpa in contrahendo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 3. Die allgemein-zivilrechtliche Prospekthaftung als relevantes Haftungsinstitut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . .. . . . .. . . . 168 a) Typisiertes Vertrauen als entscheidender Anknüpfungspunkt . . . . . . . . 168
14
Inhaltsverzeichnis b) Die IPO-Studie im Anwendungsbereich der allg. Prospekthaftung . . . 169 (1) Die allg. Prospekthaftung im organisierten Aktienmarkt . . . . . . . . 170 (2) Die !PO-Studie und die parallele Prospektpflicht . . . . . . . . . . . . . . . 171 c) Die Anwendung der allg. Prospekthaftung auf die !PO-Studie . . . . . . . 174 ( 1) Anpassungsbedürftigkeit der allg. Prospekthaftungsregeln . . . . . . 174 (2) Ungerechtfertigte Bedenken gegen die Analogie börsengesetzlicher Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 (3) Das Argumentationsschema der folgenden Analyse . . . . . . . . . . . . 178 II. Die Einzelaspekte der allg. Prospekthaftung aus der !PO-Studie . . . . . . . . . . . . . 179 I. Die Richtigkeit der Studie als Haftungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 a) Die Richtigkeilsmaßstäbe der allg. Prospekthaftungsregeln . . . . . . . . . . 180 b) Die spezialgesetzlichen Grundsätze inhaltlicher Prospektgestaltung . 181 c) Modifiziertes Vollständigkeilserfordernis. . .. . ... .. ... . . . . . .. .. . . . .. . 182 d) Fehleridentität in Prospekt und !PO-Studie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 2. Die Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 a) Der verantwortliche Herausgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 (1) Die Research-Abteilung der Emissionsbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 (2) Die Research-Tochter der Emissionsbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 b) Der Anspruchsberechtigte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 (l) Die professionellen Anleger.... . ... . .. . ......... . ...... . . .. . ... 187
(2) DerErwerber bereits umlaufender Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 (3) Der frühere Aktieninhaber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189
(4) Der nachträgliche Aktienerwerber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 3. Die Kenntnis der Unrichtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . 191 a) Das Verschulden des Studienherausgebers. . . .... . ........... . . .. . .. . 191 b) Das Mitverschulden des Anlegers . . . . . . . . . . . . . . . .. . .. . . . .. . . . . . . . .. . 193 4. Der kausale Zusammenhang .. . .. . .. .. . .. . .. . .. . .. . . . . . .. .. . . . .. . .. .. . . . 196 a) Haftungsbegründende Kausalität . . . . . . . . . . .. . .. . .. .. . .. .. . .. . .. .. . . . 196 b) Haftungsausfüllende Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 5. Der Schadensumfang . . . .. . .. . . . .. . .. . . . .. . .. . .. . . .. .. . . . . .. . .. . . . . .. . . . . 198 a) Der Ausgabepreis als Höchstgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 b) Der über die Wertminderung hinausgehende Schaden . . . . . . . . . . . . . . . 201
Inhaltsverzeichnis
15
6. Die haftungsrechtlich abgesicherte Informationswirkung der Studie
203
a) Die börsengesetzliche sechsmonatige Frist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 b) Fehlerberichtigung und Informationswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 7. Haftungsbefreiungtrotz zurechenbarer Unrichtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 a) Die Verjährung des Ersatzanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 b) Die Haftungsfreizeichnung in der !PO-Studie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 III. Ein Gesamtgefüge für die Bankenhaftung aus der !PO-Studie . . . . . . . . . . . . . . . . 208
§ 9 Die Haftung der Emissionsbanken aus der Unternehmenspräsentation . . . . . . . . . . . . 209
I. Die culpa in contrahendo als relevantes Haftungsinstitut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209
1. Die Präsentation als Grundlage eines individuellen Vertrauensverhältnisses . .................. . .. . .. . ................ . ... . .............. . . . . .. . .. 209 2. Das Argumentationsschema der folgenden Analyse......... . ... . . .. ..... 210 II. Die einzelnen Aspekte der Bankenhaftung aus der Unternehmenspräsentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 I. Die Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210
a) Die Emissionsbank als Sachwalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 b) Der anspruchsberechtigte Anleger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 11 2. Die Richtigkeit der Aussagen bei der Unternehmenspräsentation . . . . . . . . 212 a) Die Abweichung von den börsengesetzlichen Maßstäben . . . . . . . . . . . . 212 b) Inhaltliche Überschneidung von Präsentation und schriftlichen Publikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 3. Die Kenntnis der Unrichtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 a) Das Verschulden der Emissionsbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 b) Das Mitverschulden des Anspruchstellers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 4. Die Kausalitätsproblematik ............... .. . . . ................. . .. . .. .. 215 5. Der ersatzfähige Schaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 a) Ausgabepreis und Erwerbspreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 b) Der über die Wertminderung hinausgehende Schaden . . . . . . . . . . . . . . . 217
16
Inhaltsverzeichnis 6. Die haftungsrechtlich abgesicherte Informationswirkung der Präsentation ................ . ... . ................... . .................... . .. . .. . . 218 a) Die Dauer der Informationswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 b) Die Unterbrechung der Infonnationswirkung durch Berichtigung . . .. 218 7. Haftungsbefreiungtrotz zurechenbarer Unrichtigkeit ............. . ... . . . 219 a) Die Verjährung..... . .................... . .. . . ............. . . . . . . . . .. 219 b) Die Unzulässigkeil einer pauschalen Freizeichnung . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 III. Ein Gesamtgefüge für die Bankenhaftung aus der Unternehmenspräsentation
220
Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229
Sachwortverzeichnis ............. . ............................................... . .. . . 241
Abkürzungsverzeichnis a.A.
anderer Ansicht
Abs.
Absatz
Absch.
a.F.
Abschnitt alte Fassung
AG AGBG
Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift); auch Aktiengesellschaft Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
AktG allg.
Aktiengesetz allgemein
AllgT.
Allgemeiner Teil
a.M.
anderer Meinung
Art.
Artikel
Auf!.
Auflage
AusllnvestmG
Gesetz über den Vertrieb ausländischer Investmentanteile (Auslandinvestment-Gesetz)
BAFin
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
Bank.R
Bankrecht
BAWe BB
Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel Betriebs-Berater (Zeitschrift für Recht und Wirtschaft)
Bd.
Band
Begr.
Begründung
BesT.
Besonderer Teil
BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
BGH BGHZ
Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen
BörsG
Börsengesetz
BörsO
Börsenordnung
BörsZulV
Verordnung über die Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Notierung an einer Wertpapierbörse (Börsenzulassungs-Verordnung) Börsenzulassungsprospekt-Richtlinie (80 I 390 I EWG)
BP-RL
BSK
Börsensachverständigenkommission
bspw. BT-Drucks.
beispielsweise Bundestagsdrucksache
BürgR.
Bürgerliches Recht
bzw. c.i.c.
beziehungsweise culpa in contrahendo
DAI
Deutsches Aktieninstitut
2 Liappis
18
Abkürzungsverzeichnis
OB
Der Betrieb (Zeitschrift)
DBAG
Deutsche Börse AG
ders.
derselbe
dgl.
dergleichen
dies.
dieselbe(n)
Diss.
Dissertation
DM
Deutsche Mark
DPO
Direkt Public Offering
DVFA
Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management
DZWir
Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
E
Regierungsentwurf 14. ll. 2001
ebd.
ebenda
EBIT
Ergebnis vor Zinsen und Steuern
EBITDA
Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen
EG
Europäische Gemeinschaft
Einl.
Einleitung
Erg.
Ergänzung
ErgB.
Ergänzungsband
EU
Europäische Union
EuGH
Europäischer Gerichtshof
EuZW e.V.
eingetragener Verein
EWG
Europäische Wirtschaftsgemeinschaft
EWiR
Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht
zum
vierten
Finanzmarktförderungsgesetz
Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
EWR
Europäischer Wirtschaftsraum
f.
folgende
ff. FFG
fortfolgende Finanzmarktförderungsgesetz
Fn.
Fußnote
fortgef.
fortgeführt
FS
Festschrift
FWB
Frankfurter Wertpapierbörse
GbR
Gesellschaft bürgerlichen Rechts
GmbH
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Hervorh.
Hervorhebung
HGB
Handelsgesetzbuch
h.M.
herrschende Meinung
Hrsg.
Herausgeber
hrsg.
herausgegeben
i.d.R.
in der Regel
IdW
Institut der Wirtschaftsprüfer
vom
Abkürzungsverzeichnis i.e.S.
im engeren Sinne
insb.
insbesondere
IPO
Initial Public Offering
i.S.
im Sinne
i. S. d.
i.S.v.
im Sinne des im Sinne von
i.V.m.
in Verbindung mit
i.w.S.
im weiteren Sinne
JuS
Juristische Schulung (Zeitschrift)
KAGG
Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften
KG
Kommanditgesellschaft
KGaA
Kommanditgesellschaft auf Aktien
19
KGV
Kurs-Gewinn-Verhältnis
kodBZI-RL
kodifizierte Börsenzulassungs- und -informations-Richtlinie (2001 I 34 I EG)
KWG
Gesetz über das Kreditwesen
Lehrb.
Lehrbuch
LG
Landgericht
lit.
Iitera
MünchKomm
Münchener Kommentar
m.w.N.
mit weiteren Nachweisen
n.F. NJW
neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift
Nr.
Nummer
NZG
Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht
o.g.
oben genannt
ökon.
ökonomisch
OLG
Oberlandesgericht
PublKG
Publikumskommanditgesellschaft
RabelsZ
Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht
Red.
Redaktion
RegE.
Regierungsentwurf
Rn.
Randnummer
RNM
Regelwerk Neuer Markt Seite(n)
s. s.
siehe
SchuldR
Schuldrecht
sog.
sogenannt
Sonderbei I.
Sonderbeilage
StOB
Strafgesetzbuch
Teilb.
Teilband
u. a.
Unter anderem; und andere
2*
Abkürzungsverzeichnis
20 u.U. usw.
Unter Umständen und so weiter
u.v.a.
Unter vielen anderen
UWG
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb
v.a. VerkProspG
vor allem Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz (Verkaufsprospektgesetz)
VerkProspVO
Verordnung über Wertpapier-Verkaufsprospekte (Verkaufsprospekt-Verordnung)
vgl.
vergleiche
vs.
versus, gegen
WFA wiss.
wohnungswirtschaftlicher Fachausschuß des IdW wissenschaftlich
WiWo
Wirtschaftswoche
WM
Wertpapier-Mitteilungen (Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht)
WpD-RL
Wertpapierdienstleistungs-Richtlinie (93 I 22 I EWG)
WpHG
Gesetz über den Wertpapierhandel (Wertpapierhandelsgesetz)
WuB WVP-RL
Entscheidungssammlung zum Wirtschafts- und Bankrecht Wertpapierverkaufsprospekt-Richtlinie (89 I 298 I EWG)
www z.B.
World Wide Web zum Beispiel
ZBB
Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft
ZGR ZHR Ziff. ZIP
Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Ziffer Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
zit.
Zitiert
I. Kapitel
Einleitung: Die Haftung der Emissionsbanken als notwendiger Ausfluß ihrer Emissionstätigkeiten § 1 Die Aufgaben der Banken im Geschäftsfeld Aktienemissionen I. Der Emissionsvorgang als Auslöser von Verkehrsbedürfnissen und die Stellung der Beteiligten I. Der primäre Aktienmarkt als selbständig haftungsrelevanter Informationsmarkt mit eigenen Akteuren
Im primären Aktienmarkt ist es die allerwichtigste regelungspolitische Aufgabe, durch ausgewogene Normen den enormen Informationsbedarf zu bewältigen. Auf diesem Marktplatz lassen sich Beteiligungen an Unternehmen anschaffen, die vorher nicht an der Börse gehandelt worden sind. Der Emittent begibt neue Aktien und spricht die Anlegerkreise dementsprechend an. Sein Unternehmen ist den angesprochenen Anlegern in investitionsrelevanter Hinsicht nicht bekannt, falls keine Aktien von ihm vorher zum Börsenhandel zugelassen waren. Selbst wenn Aktien dieses Unternehmens im Markt bereits gehandelt werden, mag es in den Aktienmarkt erneut eintreten und dort neue Aktien unterbringen 1• Dadurch kann es weiteres Eigenkapital gewinnen. Nicht zuletzt nutzen dem primären Aktienmarkt auch Altaktionäre2 . Sie wollen dann ihre Beteiligung am Unternehmen in vollem Umfang oder nur teilweise an diesem strukturierten Markt mit ausgeprägten Nachfragepotentialen liquidieren. Erwägt der Anleger, Aktien in sein Depot zu nehmen, dann hat er die Möglichkeit, sich für neuemittierte oder für im Umlauf befindliche Aktien zu entscheiden. In beiden Varianten ist er aber auf anJagerelevante Auskünfte unausweichlich angewiesen3 . Das Bedürfnis nach fundierten Informationen I Etwa im Rahmen einer Kapitalerhöhung. Vgl. Lutter I Dryga/a, FS Raisch, S. 243 f.; C/aussen, Bank- und Börsenrecht, S. 637 Rn. 335. Für einen Überblick der Fallgestaltungen einer Aktienplazierung s. Hein, WM 1996, I, 2. 2 Vgl. Lutter / Dryga/a, FS Raisch, S. 242; Koch I Wegmann, Börseneinführung, S. 18. 3 Diese Situation wird im allgemeinen als Informationsrisiko des Anlegers bezeichnet. Dazu Hopt, Der Kapitalanlegerschutz, S. 88 ff.; Gerber, Prospekthaftung, S. 31.
22
I. Kap.: Einleitung
ist sowohl im Primär- als auch im Sekundärmarkt4 immens groß. Nur diese können den Anleger in die Lage versetzen, die Risiken und Chancen einer Aktie einzuschätzen5. Allein hierauf kann sich eine rationale Anlageentscheidung stützen6 . Ohne diese Wissenstransfers kann der Aktienmarkt nicht mehr effektiv funktionieren. Trotz des enormen Informationsbedarfs weisen jedoch beide Marktstationen in ihrer sachlichen Funktion erhebliche Unterschiede auf. Infolgedessen hat man diese Marktbereiche bei rechtlichen Regelungen und Risikozuweisungen deutlich auseinanderzuhalten. Hauptsächlich zweierlei Aspekte erfordern eine besondere Betrachtung. Im Primärmarkt ist einerseits der Informationsbedarf doch noch höher als im Sekundärmarkt7 . Andererseits nimmt die Erstangebotsseite unmittelbar an dem angestrebten Aktiengeschäft eben nur im Emissionsmarkt teil. Im üblichen IPO kennt das Anlagepublikum den Börsenkandidaten als Anlagemöglichkeit überhaupt nicht8 . Anders verhält es sich aus dieser Sicht nur bei Kapitalerhöhungen und Verschmelzungen bereits börsennotierter Unternehmen 9• Um den Emittenten kennenlernen zu können, bedarf es im Normalfall seiner Darstellung als Gegenstand der dargebotenen Investition in allerlei wichtiger Hinsicht. Dies ist nicht nur den faktisch gestaltenden Marktmechanismen überlassen. Auch die Rechtsordnung hat den normativen Handlungsbedarf erkannt. Sie hat die umfangreiche Vorstellung des Börsenneulings am Markt durch Informationspflichten der Erstangebotsseite weitestgehend abgesichert. Auch nach der Aktienemission muß der Kapitalmarkt auf dem neuesten Stand der Geschäftsentwicklungen gehalten werden. Nunmehr weist aber die Stellung der Angebotsseite eine andere Qualität auf10 . Die Anlagegesellschaft berichtet zwar in Geschäfts-, Zwischen-, Quartalsberichten 11 über sich selbst wie bei der 4 Zur Unterscheidung beider Märkte u. a. Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 8.61 ff.; Schönenberge1; Ökonomische Analyse, S. ll Fn. 8. Gleichbedeutend ist das Begriffspaar Emissions- und Zirkulationsmarkt Dazu s. Schwarz, Die Börseneinführungspublizität, S. 31 ; Plückelmann, Der Neue Markt, S. 4 ff. s Vgl. Koch I Wegmann, Börseneinführung, S. 17. 6 s. Horst, Kapitalanlegerschutz, S. 214. Deswegen gehört das Informationsrisiko zu den sog. Entscheidungsrisiken. s. Ekkenga, Anlegerschutz, S. 27. 7 Vgl. Federspieler, Zwischenberichtspublizität, S. 94, bei der Zwischenberichterstattung seien die Anleger nicht vor schwer einschätzbaren Risiken eines neu an der Börse gehandelten Unternehmens zu schützen. s Vgl. Assmann, Prospekthaftung, S. 248 "an den Prospekt müssen sich Anleger und Analysten zumal bei erstmalig an den Markt tretenden Anbieter mangels eigener Informationsmöglichkeiten halten können".
9 Bei diesen Unternehmen gewichtet Claussen, Bank- und Börsenrecht, S. 642 f. Rn. 342, das Gebot der richtigen Prospektinformation nicht so stark wie bei einer Neuemission. 10 C/aussen, Bank- und Börsenrecht, S. 440 Rn. 8, spricht von einer indirekten Rolle des Emittenten im Sekundärmarkt II Zu einem kurzen Überblick dieser Publizitätspflichten vgl. Koch I Wegmann, Börseneinführung, S. 112 ff.; Grundmann in Bankrechts-Handbuch § 112 Rn. 45.
§ I Die Aufgaben der Banken im Geschäftsfeld Aktienemissionen
23
Emissionspublizität Sie beteiligt sich jedoch im Normalfall am Marktgeschehen als KapitalanbieteT und Geschäftspartner selber nicht mehr 12 . Ihre Publizitätspflichten wirken als ein normatives Echo der einst vorgenommenen Emission und Kapitalaufnahme. Im Sekundärmarkt sind zur Information Akteure verpflichtet, die hieraus keine direkten Vorteile 13 gewinnen können. Im Emissionsmarkt besteht hingegen ein solcher Zwiespalt nicht. Die Angebotsseite unterliegt den Informationspflichten und profitiert zugleich unmittelbar von der Aktienplazierung. Insofern lassen sich ihre Informationspflichten im Zeitpunkt des Aktienangebots durch privatrechtliche Haftungssanktionen bewehren 14 . Am Sekundännarkt zieht der informationspflichtige Emittent keinen finanziellen Nutzen mehr. Trotzdem gibt man sich mit öffentlichrechtlichen Instrumentarien zur Qualitätskontrolle seiner Veröffentlichungen nicht zufrieden. Man versucht ihn auch noch hierfür einer zivilrechtliehen Haftung zu unterwerfen 15 • Dies ist umso mehr für die Emissionen geboten. Am Primärmarkt trifft der Anleger gerade die auskunftgebende Angebotsseite. Er verkehrt unmittelbar mit dem Emittenten und der Konsortialbank. Hier eröffnet sich die Möglichkeit, entstehende Informationsdefizite angemessen durch Haftungsansprüche zu sanktionieren. Dadurch werden ausgleichende Vermögensverschiebungen zwischen dem begünstigten Schädiger und dem schlechtinformierten Anleger gewährleistet. Insoweit werden auch die Konsequenzen der fehlerhaften Informationspolitik aufgehoben bzw. an die richtige Stelle verlagert 16 . Die Unterschiede zwischen dem Primär- und dem Sekundärmarkt sollten auch auf den Blickwinkel dieser Untersuchung Einfluß nehmen. Angestellte Erwägungen und vorgeschlagene Lösungsansätze lassen sich nicht ohne weiteres auf den Sekundännarkt übertragen. Daher kann auch der Informationsverkehr in diesem Bereich hier unberücksichtigt bleiben. Im Primärmarkt tritt auf der Angebotsseite gegenüber dem Anleger nicht nur der Emittent auf. Man begegnet vielmehr einem sehr aktiven, ja mitgestaltenden Engagement von Banken an der Seite der anbietenden Aktiengesellschaft 17 • Die 12 Im Sekundärmarkt stehen sich auf beiden Seiten Anleger oder Anleger und Intermediäre gegenüber. S. Heinze, Europäisches Kapitalmarktrecht, S. 5. 13 Sicherlich kann die ständige Kommunikation mit den Anlegern indirekt angesichts einer künftigen Kapitalerhöhung für den Emittenten von Nutzen sein. Vgl. Koch I Wegmann, Börseneinführung, S. 114 f. 14 Haftungsbewehrte Informationspflichten können übrigens als exogene institutionelle Maßnahmen das Marktversagen verhindern, das marktendogene Informationsasymmetrien verursachen können. S. hierzu Assmann, Prospekthaftung, S. 284 und 288 f. 15 In der Literatur plädiert man verbreitet für eine Haftung nach den Grundsätzen der allg. Prospekthaftung. S. für die Zwischenberichte Hamann in Schäfer BörsG § 45, 46 a.F. Rn. 29; Schwark, BörsG § 44 Rn. 13. Für Zwischenberichte und Ad-hoc-Mitteilungen Hopt , BörsG § 48 Rn. 4. Dagegen Ellenberge1; Prospekthaftung, S. III f. 16 So versteht z. B. Assmann, Prospekthaftung, S. 33, die Prospekthaftung als eine Verschiebung von Informationsverantwortlichkeiten. 17 Vgl. C/aussen, Bank- und Börsenrecht, S. 615 Rn. 296, das Emissionsgeschäft sei ein bankrechtlicher Vorgang.
24
I. Kap.: Einleitung
emissionstätigen FinanzdienstleisteT übertreffen sogar in ihrem Leistungsangebot und ihrer Rollenwahrnehmung den Emittenten selber. Teils stellen sie Dienste zur Verfügung, welcher der Emittent zum Erfolg seiner Aktienemission bedarf, ohne selbst sie leisten zu können 18 . Vor allem sprechen sie aber die Anleger als Vermittler von Informationen an 19. Erst diese Position vermag sachdienliche Aufschlüsse und Vertrauensbildung 20 bei den letzteren zu ermöglichen. Die Emissionsbanken nehmen also eine gewichtige Marktposition ein. Daraus müssen sie auch, häufig in Erfüllung gesetzlicher Pflichten21 , wichtige Informationsaufgaben wahrnehmen. Gerade deswegen erscheint ihre haftungsbewehrte Inpflichtnahme im Interesse des Anlegerschutzes unerläßlich geboten. Die hierzu erforderlichen Instrumente muß man nicht nur in einem Rechtsinstitut suchen. Denn die angebotene Leistungspalette22 reicht im Gleichklang zu den Verkehrsbedürfnissen besonders weit. Ihre haftungsrechtliche Erfassung fordert daher mehrere zivilrechtliche Rechtsinstitute heraus. Dies entspringt einerseits aus den für die herkömmlichen zivilrechtliehen Denkkategorien atypischen 23 Verkehrsgestalten des Emissionsverkehrs24 . Aber auch die Vielfalt der Erscheinungsformen der Emissionstätigkeiten einer Bank hat dies mit zu verantworten. Sie fordert eben, sich bei der Erarbeitung eines Anlegerschutzkonzepts mit dem Zusammenspiel verschiedener Anspruchsgrundlagen auseinanderzusetzen. Dadurch soll im Interesse der Anleger die höchstmögliche Qualitätssicherung der übermittelten Informationen erreicht werden.
IB Der Emittent benötigt die Plazierungskraft, den Emissionskredit und die Erfahrung der Kreditinstitute. So Hopt, Der Kapitalanlegerschutz, S. 114 und 376. Auch Kümpe/, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 8.66 ff. 19 Zur Mittlerstellung der Kreditinstitute Hopt, Der Kapitalanlegerschutz, S. 376 f. und 468; Mülle1; Going Public, S. 33. 2o Vgl. Müller, Going Public, S. 281. 21 Hopt, Der Kapitalanlegerschutz, S. 381 hält die Prospektpublizität für ein anschauliches Beispiel der Verrechtlichung der Mittlerfunktion der Banken. 22 s. Mülle1; Going Public, S. 281 f.
23 Vgl. Schwark, BörsG §§ 45, 46 Rn. I, die allgemeinen Bestimmungen des Schadensersatzrechts paßten nicht auf den zu regelnden Sachverhalt. Nach Assmann, WM 1983, 138, 139, ließen sich die Grundlagen der Prospekthaftung kaum in den Begriffen des klassischen Vertragsrechts finden. 24 Daher rührt letztendlich auch der Streit um die dogmatische Einordnung der Prospekthaftung. Die Meinungsvielfalt reicht von der Vertragshaftung (etwa Köndgen , Theorie der Prospekthaftung, S. 18 ff.: Prospekt als rechtsgeschäftliche Erklärung) über die kapitalmarktrechtliche Deliktshaftung (Assmann in Assmann I Schütze§ 7 Rn. 37 f.; Hopt, Bankrechtstag 1992, S. 13) bis hin zur der Vertrauenshaftungkraft Gesetzes (Claussen, Bank- und Börsenrecht, S. 488 Rn. 80; Schwark, FS Raisch, S. 288; Rümke1; Bankrechtstag 1992, S. 48; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2277). Vgl. auch den Überblick in Ellenberger, Prospekthaftung, S. 8 ff.; Schwark, BörsG §§ 45, 46 Rn. 2 ff.; Groß, Kapitalmarktrecht, § 45, 46 BörsG Rn. 4; Pleyerl Hege/, ZIP 1986, 681 , 682 ff.
§ I Die Aufgaben der Banken im Geschäftsfeld Aktienemissionen
25
2. Das Bediilfnis nach neutraler Vorstellung des Emittenten
a) Die objektive Offenlegung der unternehmefischen Vergangenheit des Emittenten Die emissionsdienlichen Informationen zielen darauf ab, den Emittenten aus anlagerelevanter Sicht vorzustellen 25 . Er muß die bisherige Entwicklung seines Unternehmens dartun26 . Jeder Anlageentscheidung liegt gewiß vor allem eine unternehmensbezogene Einschätzung der künftigen Entwicklung zugrunde27 • Diese kann aber rational nur aufgrund fundierter Rückblicke getroffen werden28 . Die bislang errungenen Ziele ermöglichen am zuverlässigsten, die verheißenen Unternehmenszielsetzungen an ihrer Plausibilität zu überprüfen. Die frühere Geschäftsentwicklung bezeugt ferner die Fähigkeiten des Managementsapparats. Auch die Effektivität und Krisenhaltigkeit der Unternehmensstrukturen lassen sich so zutreffend beurteilen. Auf den ersten Blick scheint der Emittent die einzige angemessene Adresse einer Pflicht zu sein, seine Geschäftsentwicklung darzustellen. Denn er kann am besten über das eigentliche eigene Bild die Marktöffentlichkeit informieren. Diese Vorstellung entspricht auch der Wirklichkeit. Sie reicht jedoch nur bedingt aus, um die Emissionspublizität sachgerecht zu reglementieren. Der Emittent ist durchaus daran interessiert, nach Möglichkeit seine Schwachstellen zu verschleiern. Es ist gar nicht auszuschließen, daß er Zahlenwerke und Geschäftsvorgänge schönfarben möchte. Denn ihm liegt es daran, seine Aktien bestmöglich beim Publikum ankommen zu lassen 29. Überdies kann er nicht ohne weiteres seine Erfahrung über die eigenen Strukturen und Geschäftsabläufe in die Fachsprache des Kapitalmarkts übersetzen30 . Ohne spezielles Know-how ist er nicht imstande, anJagerelevante Zusammenhänge zum Ausdruck zu bringen. Seine Neigung zur sachübertriebenen Selbstanpreisung bedroht die Anlegerinteressen. Seine lückenhafte Kenntnis von der Marktkommunikation 3 1 gefährdet wiederum die angestrebte Kapitalaufnahme selbst. Daher entsteht das Bedürfnis nach objektiven und marktverständlichen UnVgl. Koch I Wegmann, Börseneinführung, S. 17 und 122. Vgl. Koch I Wegmann, Börseneinführung, S. 143, die UnternehmensbewerteT stützten sich eher auf die nachvollziehbaren Entwicklungen der Vergangenheit. 27 Vgl. Koch I Wegmann, Börseneinführung, S. 115, die Börse antizipiere vor allem zu erwartende Ereignisse und Entwicklungen. 28 Vgl. Müller, Going Public, S. 112 und 124. 29 Zur Problematik der Absatz- und Geheimhaltungsinteressen vgl. Assmann, Prospekthaftung, S. 324. 30 So sind häufig die Haus-Wirtschaftsprüfer trotz ihrer Erfahrung weniger den Anforderungen einer Börseneinführung gewachsen. Vgl. Koch I Wegmann, Börseneinführung, S. 183. Nach Lubos in Wieselhuber Börseneinführung, S. 171, sei im methodischen Bereich des Controlling ein Quantensprung erforderlich, um die Börsenreife zu erreichen. 3 1 Vgl. Koch I Wegmann, Börseneinführung, S. 114, das offene Kommunizieren mit dem Markt sei für ein Familienunternehmen oft noch ungewohnt. 25
26
26
I. Kap.: Einleitung
ternehrnensinfonnationen. Dies läßt eine überragende Rolle vorwiegend den Banken zukommen 32 .
b) Die zuverlässige Vorhersage der Geschäftsentwicklung des Emittenten Die Wachstumsaussichten und die Kursentwicklung des Emittenten lassen sich aber nicht nur zurückblickend vorhersehen 33 • Die Dynamik seines Unternehmens mißt man vor allem an der strategischen Planung34 , welche er zu befolgen vorhat. Insofern erscheint es erforderlich, auch die Unternehmensplanung dem Anlagepublikum offenzulegen. Wäre hierzu nur der Emittent selber aufgefordert, dann könnte der schon angesprochene Argwohn wiederauftauchen. Der Emittent kann tatsächlich ein beachtliches Interesse daran haben, seine Werthaltigkeit und Wachstumsperspektiven möglichst zu beschönigen35 . So könnte der Attraktivität seiner Aktien ein sachlich ungerechtfertigter Auftrieb verliehen werden 36 . Bei einer späteren Enthüllung der wahren Sachlage könnte dies jedoch zu Kursrückschlägen und Verlusten der Anleger führen. Insofern empfiehlt es sich nochmal, einen dritten Sachkenner einzuschalten. Ihm sind gerade die Überprüfung der Plausibilität und der Realisierbarkeil der Unternehmensplanung und deren anJagerelevante Beurteilung anzuvertrauen. Auch dabei stellen sich die Banken als Anbieter unentbehrlicher Dienstleistungen dar. Ihre Aktienanalysten gehen die Planung des Unternehmens im Hinblick auf ihre praktische Umsetzbarkeil durch. Aufgrund der daraus gewonnenen Befunde gelangen sie zu einem Bild über die Wachstumsdynamik des Emittenten. So lassen sich dann auch die Kursaussichten seiner Aktien prognostizieren37 . Diese Einschätzungen der Bankanalysten legt man dann in Schriftstücken nieder. Sie werden anschließend an hierfür interessierte Anleger weitergeleitet. Insofern bringen letztendlich die Banken dem Publikum die sich abzeichnende Geschäftsentwicklung des Emittenten bei.
Vgl. Hopt, Der Kapitalanlegerschutz, S. 384. Vgl. Müller, Going Public, S. 98. 34 Vgl. Müller, Going Public, S. 117. 35 Vgl. Koch ! Wegmann, Börseneinführung, S. 197, häufig neigten Unternehmen dazu, ihre Position überzogen positiv darzustellen. 36 Vgl. Hüffer, Wertpapier-VerkProspG, S. 127, der Emittent suche ein verkaufsförderndes Bild zu erwecken, für das in dieser Form keine Veranlassung bestehe. 37 Meistens hängt die Qualität der Unternehmensbewertung von der Prognose der künftigen Entwicklung. s. Koch I Wegmann, Börseneinführung, S. 135. 32 33
§ I Die Aufgaben der Banken im Geschäftsfeld Aktienemissionen
27
3. Die Informationsquellen und der Zugang hierzu
Der immense Bedarf nach emissionsbezogenen Auskünften hat den Anstoß dazu gegeben, ein breitgefächertes Informationsangebot bereitzustellen. Marktmechanismen und Regelungsumfeld sorgen dafür, daß eine große Anzahl an Informationsmitteln dem Anleger zur Verfügung steht. Hierzu gehören vorwiegend Prospekte, Emissionsstudien, Analysen, Berichte, Empfehlungen38 . Dennoch dürften die vorhandenen Informationsmittel nicht als ungeordnet gleichbedeutsam angesehen werden 39 . Sie weisen vielmehr nicht übersehbare Unterschiede auf. Diese beziehen sich auf ihre Aussagekraft, ihre Unternehmensnähe und nicht zuletzt ihre Funktionswechselwirkung zueinander. Insofern sind die Informationsmittel und die dafür Verantwortlichen in haftungsrechtlicher Hinsicht nicht gleich zu behandeln40. Die kritischen Auskünfte können den Anleger durch verschiedene Wege und in unterschiedlicher Form erreichen. Dabei fällt allerdings schon seine Marktposition ins Gewicht. Der Privatanleger kann auf pflichtige Informationsträger wie die jeweiligen Prospekte oder andere Analysen und Geschäftsberichte des Emittenten und der Konsortialbanken zurückgreifen. Ihm kommen überdies auch die Beratungsdienste seines Anlageberaters, die Berichterstattung und die Empfehlungen der Fachpresse oder unterschiedliche Diskussionsforen zustatten 41 . Die institutionellen Investoren beziehen ihre Anlageentscheidungen vornehmlich ebenfalls aus den Prospekten. Ihnen stehen allerdings auch Unternehmensanalysen und Aktienpräsentationen zur Verfügung42. Der Zugang hierzu bleibt den Privatanlegern im Regelfall verwehrt. Bei der Bewertung der Bedeutung dieser Quellen ist nicht zu übersehen, daß manche Informanten nur sekundäre Informationen liefem 43 . Dies ist der Fall bei der Fachpresse und den Analysten der verschiedenen nicht am Emissionskonsortium beteiligten Wertpapierhäuser44 . Ihre allerwichtigste Eigenleistung setzt sich 3& Zu einer Übersicht der Instrumente der gesetzlichen und freiwilligen Emissionspublizität s. Koch I Wegmann, Börseneinführung, S. 111 ff. und 113 ff. Zu den Informationsströmen im Kapitalmarkt generell s. v.Rosen I Gerke, Codex für Kapitalmarktkommunikation, S. 9 ff. 39 So aber im Ergebnis Hüffer, Wertpapier-VerkProspG, S. 189, bei seinem Versuch, die Rolle des Prospekts bei der Bildung der Anlagestimmung zu relativieren. 40 Vgl. Assmann, Prospekthaftung, S. 294: Verantwortlichkeilen nach Sachnähe und Rollenanforderungen zuzuweisen. Vgl. speziell zur Prospekthaftung auch Ellenberger, Prospekthaftung, S. 43 f. 41 Vgl. Mülle1; Going Public, S. 174. 42 Möglich ist auch eine direkte Kommunikation mit dem Management des Emittenten. s. Benner-Heinacher in Wieselhuber Börseneinführung, S. 306. 43 Sie können sich u.U. auch für diese Informationen haftbar machen. So wenn sich ein Anlageberater bspw. einen fremden Prospekt zu eigen macht. s. Assmann, Prospekthaftung, s. 358. 44 Nach Assmann, Prospekthaftung, S. 307, nehmen anlageberatende Kreditinstitute . .. und Wirtschaftspublizistik wichtige Übersetzungsleistungen von Prospekten vor, ihre Lei-
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I. Kap.: Einleitung
aus zweierlei zusammen. Sie verbreiten in erster Linie schon anderswo produzierte Informationen 45 • Dann nehmen sie anhand derartiger Auskünfte in der Regel auch eine fachlich begründete Stellung zum Aktienangebot vor. Diese Informanten stützen sich aber jedenfalls auf fremden Informanten. Auf die Qualität der Informationen können sie folglich kaum Einfluß nehmen46 . Wie eine neue Aktie bei den Anlegern ankommt, hängt insoweit von den primären, dem Emittenten am nächsten liegenden Informationen und Beurteilungen ab47 . Ihr Umfang, ihre Aussagekraft und Zuverlässigkeit spielen dabei die entscheidende Rolle. Genau diese Informationen erbringen wohl die Emissionshäuser. Denn sie bringen den Emittenten gerade auf den Markt. Auf ihrer Rolle baut das gesamte emissionsrechtliche Regelungskonzept auf. Wie es sich noch zeigen wird, handelt es sich dabei um einen durchaus sachdienlichen normativen Ansatz. Denn er berücksichtigt das besondere Gewicht der Bankenarbeit auf dem Emissionsmarkt. Die Qualität und die Sachgerechtigkeit dieser Arbeit sind daher von elementarer Bedeutung48 • Sie geben größtenteils den Ausschlag dafür, ob der Zeichner einen Anlagebeschluß trifft, der auf den wirklichen Verhältnissen gegründet ist. Fehlerhafte Verrichtung solcher Dienstleistungen verleitet nahezu unausweichlich zu Fehlschätzungen. Diese haben wiederum verfehlte Entscheidungen und finanzielle Schäden zur Folge. Der sekundäre Informationsmarkt ist ebenfalls von diesen Fehlern abhängig und betroffen. Er vermag jedoch die Konsequenzen solcher sachfremd fundierter Beurteilungen und Handlungen nicht mehr zu verhindern. Ausgleichsmittel müssen gerade an der Stelle eingesetzt werden, wo der Ursprung dieser Fehlentwicklung angesiedelt ist.
II. Die Dienstleistungen der Banken bei Aktienemissionen als haftungsrelevante Sachverhalte
Auf dem primären Aktienmarkt lösen genau genommen Informationsdefizite die Bankenhaftung aus. Dies erkennt man bereits an der allerwichtigsten Haftungsgrundlage. Der Kernpunkt der Prospekthaftung (§§ 44 ff. BörsG) liegt darin, daß stungen seien nur schwer als Komplementärinstitute zur Prospektpflicht und -haftung zu deuten. 45 Dieses Spannungsverhältnis kommt deutlich bei Koch I Wegmann, Börseneinführung, S. 119, heraus, die Leser erwarteten von den Journalisten umfassende Informationen, diese seien daher auf die Informationen des Emittenten angewiesen. 46 Vgl. Assmann, Prospekthaftung, S. 248 f.: auf den Prospekt seien auch Professionals angewiesen, die Information und Beratung als Gut verkaufen, ohne rechtlich oder faktisch jeden Prospekt überprüfen zu können. 47 Vgl. Gerber. Prospekthaftung. S. 30, Drittinformationen seien nicht gleichermaßen zur Beseitigung von Informationsdefiziten geeignet wie ein Prospekt. 48 Vgl. Hopt, Die Verantwortlichkeit, Rn. 68, die Emissionsbank sei . .. besonders befähigt, die aus solchen Emissionen resultierenden Gefahren zu ermessen und durch die Verweigerung ihrer Mitwirkung zu verhindern.
§ I Die Aufgaben der Banken im Geschäftsfeld Aktienemissionen
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der Prospektverantwortliche maßgebliche Informationen gar nicht oder unrichtig geliefert hat. Dies entscheidet daher auch über die Vorgänge, denen man sein Augenmerk widmen muß. Es kommt im wesentlichen auf die Abläufe an, die eine Bank in die Lage versetzen, sich emittentenbezogene Informationen zu verschaffen und weiterzuleiten. Dabei stellen sich dreierlei Konstellationen heraus, in denen diese Informationsermittlung und -Übermittlung stattfinden. Zuerst geht es um die Beziehung der Bank zum Emittenten im Vorfeld und hinsichtlich der Aktienemission. Davon kann man eine zweite Gruppe von Dienstleistungen unterscheiden. Hierbei verläßt die Emissionsbank das Innenverhältnis zum Emittenten. Nun tritt sie als sein Begleiter in der Öffentlichkeit aur9 • Dabei leistet die Bank, was grundsätzlich auch dem Emittenten selber zuzumuten wäre oder zugemutet wird. Letztlich greift die Emissionsbank in einer dritten Vorgehensweise auf ihre Position als Marktteilnehmer und -kenner zurück. In diesen Fällen rückt der Emittent nunmehr in den Hintergrund. Die Emissionsbank erscheint und handelt alleine. Trotzdem geht sie immer noch zugunsten der Aktienplazierung vor. Ihre Tätigkeit lehnt sich aber auch an die bisherige Zusammenarbeit mit dem Emittenten weiter an. Jede dieser Auftrittsweisen kann die Bankenhaftung aus einer anderen Perspektive beleuchten. Insgesamt lassen aber alle diese Dienstleistungen schon ein zuverlässiges Gesamtbild der Einfluß- und Informationsmöglichkeiten der Emissionsbanken erschließen. Dieses Bild dient dann als ein aufschlußreicher Leitfaden bei der Behandlung der Problematik der Bankenhaftung. Denn es läßt wohl die Sachlage der Emissionsbanken im Gesamtgefüge der Emissionsverhältnisse ermitteln. Dieser Überblick kann dann zu plausiblen Zurechnungserwägungen und Risikowertungen verhelfen50 . 1. Die Emissionsbank und die Börsengangvorbereitung des Emittenten
a) Die Vorbereitung auf die Börseneinführung aufgrund intensiver Zusammenarbeit Die emisssionstätigen Banken gewinnen ihre emissionsrelevanten Kenntnisse über den Emittenten überwiegend im Vorfeld der Aktienplazierung. Es handelt sich dabei in aller Regel um einen längeren Zeitraum 5 1• Er umfaßt die erste Kontaktaufnahme zwischen der Bank und dem Emittenten bis hin zur gezielten Ansprache der Anlegeröffentlichkeit In dieser Zeit klärt die Bank zunächst einmal, ob und inwieweit das angesprochene Unternehmen die sog. Börsereife innehat52 . Dabei muß sie 49 Hüffer, Wertpapier-VerkProspG, S. 78, merkt im allgemeinen, daß Emittenten und Bank aus Sicht des Anlegers als Einheit auftreten. 50 Nicht selten wird etwa der höhere Informationsstand als Grundlage erweiterter Prüfungsaufgaben herangezogen. Vgl. Schwarz, Die Börseneinführungspublizität, S. 44. 5 1 Bis zu einigen Jahren, s. Müller, Going Public, S. 33. Vgl. auch Pabst, Prospektzwang, s. 50. 52 s. Müller, Going Public, S. 86 ff.; Paskert, Informations- und Prüfungspflichten, S. 14.
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auf jeden Fall überlegen, welche Maßnahmen zu diesem Zweck noch zu ergreifen sind. Um zu einer Antwort auf diese folgenschweren Fragen zu gelangen, bedarf der Emissionsbegleiter der tiefgehenden Zusammenarbeit mit dem Börsenkandidaten53. Die Bank muß detaillierte Gespräche mit den verschiedensten Unternehmensabteilungen führen. Unentbehrlich sind auch fundierte Kontrollen 54 aller anlagerelevanten Strukturen, Ausstattungen, Abläufe, Sachlagen, Geschäftsabwicklungen und -entwicklungen und nicht zuletzt Aussichten55 . Insofern muß sich die Bank in Kenntnis von allerlei Daten und Tatsachen setzen, die einer rationalen Anlageentscheidung zugrunde zu legen sind. Es geht um die Fakten, welche die Wertbestimmung und -entwicklung der Aktie des Unternehmens bei ihrer Börsennotierung beeinflussen können. In diesem Vorgang dringt die Emissionsbank tief in die Strukturen des Unternehmens ein. Sie vollzieht schwerpunktmäßig seinen geschäftlichen Alltag und seine strategische Konzeption nach 56 . Sie erkennt, an welchen Stellen Handlungsbedarf besteht. Dann weist sie auch an, was und wie etwas zu unternehmen und zu verändern ist57 . Ihr Ziel ist noch, dem Markt ein überzeugendes und aussichtsträchtiges Emissionskonzept vorlegen zu können. Hierfür läßt sich gewiß keine Haftung des Emissionsbegleiters den Anlegern gegenüber begründen. Die Bank nimmt jedoch in der Vorbereitungsphase einen beachtlichen Einfluß selbst auf die Vorgehensweise des künftigen Emittenten. All dies versetzt sie in eine überaus fundierte Kenntnislage58. Durchaus haftungsrelevant ist aber gerade, welche Sachverhalte den Emissionsbanken bekannt gewesen sind oder sein könnten und müßten. Bei der Beurteilung von Haftungsansprüchen und der Zurechnung von Informationsdefiziten erweist sich diese Kenntnislage als entscheidend59 .
b) Die Beteiligung derBankam Grundkapital bzw. an den Organen des Emittenten In der Praxis findet man allerdings nicht nur die o.g. allgemein praktizierte Zusammenarbeit zwischen Börsenkandidat und Banken vor. Weit darüber hinaus sind 53 Hiermit wird sogar auch die Furcht vor einer Verstärkung der Machtposition der Bank gegenüber dem Unternehmen verbunden. s. Müller, Going Public, S. 42 f. und 67. 54 Sie finden im Rahmen der due diligence statt. Zur organisatorischen Durchführung dieser Prüfung s. Koch I Wegmann, Börseneinführung, S. 226 ff. Vgl. auch Zacharias, Börseneinführung, S. 254. 55 Hierzu muß der Emittent alle relevanten Daten vorlegen. s. Paskert, Informations- und Prüfungspflichten, S. 15; Kümpe/, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 9.195. 56 Geprüft werden Daten von 3-5 Jahren aus der Vergangenheit und Plandaten über die nächsten 2-5 Jahre. s. Mülle1; Going Public, S. 149. 57 Zur Beratungsfunktion der Emissionsbanken s. Müller, Going Public, S. 34 f. 58 Nach Müller, Going Public, S. 30 erlaube die Betreuung einer Börsenunternehmung ein intensives Kennenlemen. s. auch ebd., S. 113. 59 Vgl. im Hinblick auf§§ 44 ff. BörsG Frohne, Prospektpflicht, S. 61 f.
' § 1 Die Aufgaben der Banken im Geschäftsfeld Aktienemissionen
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auch engere Kooperationstonnen anzutreffen. Sie verhelfen der Emissionsbank zu weitgehen~en Kontoll- und Einflußmöglichkeiten. Sie können aber nicht zuletzt als erstrangige Infonnationsquelle über alle denkbaren anlagerelevanten Sachverhalte dienyn. Hierbei handelt es sich vor allem um die Beteiligung einer Bank am Grundkapital des Unternehmens60 im Vorfeld und zum Zweck des Börsengangs. Hier ist die Rede nicht von der kurzen plazierungsdienlichen Kapitalbeteiligung durch die Unterzeichnung der daraufhin weiterzuveräußernden Aktien. Hier geht es um ein6 mittel- bis längerfristige Teilnahme am Kapital des Unternehmens. Der FinanzdienstleisteT unterstützt dabei in erster Linie nicht den Absatz neuemittierter Aktien bei Dritten. Seine Hilfeleistung besteht darin, zum Wachstum des Unternehmens beizutragen. Sein Ziel ist es, den Wert erst zu schaffen bzw. zu erhöhen, um dann später von seinem Verkauf zu profitieren61 • Ihm geht es im Vordergrund nicht darum, von dem baldigen Absatz eines bestehenden Wertes Vennittlungsgewinne zu ~rzielen. Auch diese durch Beteiligung erfolgte Zusammenarbeit eröffnet der Bank recht beachtliche Einfluß- und Kenntnismöglichkeiten 62. Sie verdrängt zwar die figentliche Unternehmensführung nicht. Sie steuert jedoch durch ihre reichliche·Einflußnahme die Geschäftsentwicklung des Unternehmens und spricht bei wichtigen Fragen mit. Insofern zeichnet sich für den Kapitalbeteiligten bzw. möglicherreise künftigen Emissionsbegleiter eine besondere Möglichkeit ab. Er kann den voraussichtlichen Emittenten tiefstgehend kennenlernen und seine Geschäftsentwicklung weitgehend mitgestalten. Eine Erhissionsbank mag aber auch unter anderen Umständen auf den Börsenkandidaten einwirken. Hierbei handelt es sich um die Bestellung von Bankvertrauten in den• Führungsgremien des Unternehmens 63 . Dies braucht nicht unbedingt in Verbindun1g mit einer Kapitalbeteiligung am späteren Emittenten unternommen zu werden. E:ine Vertretung einer Bank in der Unternehmensführung kann auch dann vorkommen, wenn sie dem Unternehmen Kredite vergeben hat. Denn sie will die RückzahlJng des Kredits sicherstellen. Dazu beobachten ihre Vertreter im Aufsichtsrat oder im Vorstand nicht nur die Entwicklung des finanzierten Projekts. Auch die! Geschäftsabläufe sowie die Planung des Unternehmens verfolgen sie mit64 . Aus diesem Verhältnis entwickelt sich manchmal noch ein Börseneinführungskonzept Wenn es diese Hausbank verwirklichen sollte, dann kann auch die vorhandene Beziehung zur Informationsgewinnung dienen65 . Aus den gerade be' sehnebenen Positionen heraus kann daher eine Bank als integrierte innere Instanz 60
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Hopt, jDer Kapitalanlegerschutz, S. 115. Vgl. Plückelmann, Der Neue Markt, S. 14.
Direkt oder über Tochtergesellschaften. Vgl. Müllet; Going Public, S. 60 f. Dazu 1/opt, Der Kapitalanlegerschutz, S. 109 ff. und 473. Vgl. auch Müllet; Going Public, S. 170. · 64 Vgl. Hopt, Der Kapitalanlegerschutz, S. 202; Pabst, Prospektzwang, S. 50 f.; Brondics I Mark, AG ~989, 339, 340. 65 Vgl. Köndgen , Theorie der Prospekthaftung, S. 42; Paskert, Informations- und Prüfungspflichten, S. 142; Müllet; Going Public, S. 162. 62
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I. Kap.: Einleitung
des Unternehmens agieren. Sie kann sich darüber erkundigen, was sie für wissenswert hält66. Dem ist besonders Rechnung zu tragen 67 , wenn Haftungsansprüche gegenüber einer solchen Bank unter Berufung auf Informationsdefizite geltend gemacht werden68 .
c) Die Übernahme des Plazierungsrisikos als praktizierte Emissionsmethode Im Mittelpunkt der Betrachtung steht in dieser Untersuchung die Bankenhaftung als Instrument des Anlegerschutzes. Dennoch bleibt auch in diesem Rahmen die Rücksicht auf das Innenverhältnis zwischen der Emissionsbank und dem Emittenten unentbehrlich. Denn diese Beziehung erleuchtet in mancherlei Hinsicht die Stelle der Bank auch dem Anleger gegenüber. Dieses Verhältnis zeichnet sich im wesentlichen dadurch aus, bei welchem der Beteiligten das Plazierungsrisiko liegt. Darunter versteht man die Gefahr, daß etliche oder alle neuemittierten Aktien nicht an das Publikum veräußert werden können69 . Muß trotzdem das Emissionshaus für sie den vereinbarten Stückpreis an den Emittenten entrichten, dann trägt es das angesprochene Risiko 70. Dieses liegt hingegen beim Emittenten, wenn er für die nicht veräußerten Aktien keine Geldmittel bekommt. Zur Verteilung des Plazierungsrisikos haben sich verschiedene Schemata entwickelt. Sie sind im wesentlichen mit den Bezeichnungen Festübemahme, kommissionsweise Emission und Übernahme durch ein Einheitskonsortium bekannt71 . Die Auswahl unter den verfügbaren Emissionsmethoden steht jeweils den Marktbeteiligten ganz und gar frei 72 . Auf dem Aktienmarkt trifft man aber fast nur eine Emissionsform an. In der Praxis hat sich die Übernahme durch ein Einheitskonsortium durchgesetzt. Ihre
Vgl. Hopt, Der Kapitalanlegerschutz, S. 125 f. Anders, wenn man die Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder in den Vordergrund stellt. Dann wird ihr Insiderwissen nicht der Bank zugerechnet. So Groß, Kapitalmarktrecht, § 45, 46 BörsG Rn. 48; Hüffet; Wertpapier-VerkProspG, S. 118; Schwark, ZGR 1983, 162, 176. Mit Ausnahmen auch Hopt, Die Verantwortlichkeit, Rn. 205. Für eine Zurechnung Ellenberget; Prospekthaftung, S. 54 f. 68 s. Hamann in Schäfer BörsG § 45, 46 a.F. Rn. 109 f.; Schwark, BörsG §§ 45, 46 Rn. 23. Vgl. auch Kohl/ Kühler/ Walz I Wüstrich, ZHR 1974, I, 29. Nach Hopt, Die Verantwortlichkeit, Rn. I 08, ist die Hausbankposition erst beim Verschulden zu berücksichtigen. 69 Ausdifferenzierter aus bankwirtschaftlicher Sicht Müller, Going Public, S. 36. 70 So bei der Festübemahme. S. Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 9.23; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2239. 7! s. Hopt, Die Verantwortlichkeit, Rn. 24; Hopt, FS Kellermann, S. 184; De Meo , Bankenkonsortien, S. II f .; Kümpe/, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 9.20 ff.; C/aussen, Bankund Börsenrecht, S. 615 f. Rn. 298. Vgl. auch Nuissl, Bankgeschäftsrecht, Rn. 354, S. 139. Von einer einheitlichen Terminologie kann jedoch bei weitem nicht die Rede sein. n s. jedoch Grundmann in Bankrechts-Handbuch § 112 Rn. 7, im deutschen Recht gebe § 186 V AktG praktisch zwingend eine Festübernahme vor (s. auch Rn. 73). 66 67
§ I Die Aufgaben der Banken im Geschäftsfeld Aktienemissionen
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nahezu absolute Dominanz legt nahe, nur sie als wirklich praktizierte Emissionsform in den Ausführungen dieses Beitrags zugrunde zu legen. Bei der Übernahme durch ein Einheitskonsortium erwerben und verkaufen die Banken im eigenen Namen und für eigene Rechnung die Aktien der Emission73 . Sie tragen demnach auch das Plazierungsrisiko, wenn sie die Wertpapiere nicht bzw. nicht zum vorberechneten Preis verkaufen können. Dies wirkt sich bereits auf die rechtliche Stellung der Konsortialbank gegenüber dem Anleger aus. Das Emissionshaus tritt in solch einer Fallgestaltung als Verkäufer der gerade emittierten Aktien auf74 . Es agiert weder als Verkaufskommissionär noch als Vermittler oder Makler des Emittenten75 . Aus dieser Sicht zieht aber die Festübernahme auch ein anders aussehendes Risikobild nach sich. Dies soll zu besonderen Wertungen und Schutzerwägungen führen. Die Emissionsbank handelt nach außen nicht nur im eigenen Namen. Vor allem geht sie auf eigene Rechnung und dementsprechend eigenes Risiko vor. Somit verläßt sie die Stellung des einfachen Vermittlers. Sie tritt nunmehr als Vertreter der eigenen Interessen in Erscheinung. Infolgedessen führt diese Position zu Interessenkonflikten. Sie können dadurch entstehen, daß die Emissionsbank einerseits ihr eigenes Interesse wahrnehmen wilf 6 . Andererseits muß sie aber zugleich dem Anleger Informationen über den Emittenten zuverlässig und unbefangen liefern77 . Diese Feststellung ist von besonderer Bedeutung. Sie widerspricht der Ansicht, daß die Emissionsbegleiter von weitreichenden Kontrollen zu verschonen sind. Hiernach sollten die Banken nicht dazu verpflichtet werden, wenn sie Vermittler sind78 . Dann sind sie nicht die eigentliche Angebotsseite, sondern der Emittent selber. Dies trifft bei der Festübernahme der Aktien nicht zu. Hierdurch nimmt die Bank die Stellung des Geschäftsgegners des Anlegers sowohl im rechtlichen als auch im ökonomischen Sinne ein79 • Ihr ist nunmehr zuzumuten, tiefgehende Kontrollen zu tätigen 80. Deren Ergebnis soll sie dem Anlagepublikum mitteilen, wenn sie ihm durch die eingesetzten Publizitätsmittel den Emittenten vorstellt. 73 Dies ist auch bei der Festübernahme der Fall. Nur sorgt hierbei das Einheitskonsortium für den Absatz der Wertpapiere durch Begebung an die einzelnen Konsorten. Dazu s. Hopt, FS Kellermann, S. 184. Generell s. auch De Meo, Bankenkonsortien, S. II f. Nach C/aussen, Bank- und Börsenrecht, S. 616 Rn. 298, nenne man bei der Festübernahme das Übernahmekonsortium auch Einheitskonsortium. 74 Vgl. Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 9.264; Grundmann in BankrechtsHandbuch § 112 Rn. 123. 75 Anders jedoch bei reinen Begebungskonsortien. S. De Meo, Bankenkonsortien, S. 11. 76 Wenn die Bank ein Eigeninteresse an der Emission hat, fordert Hüjfer, Wertpapier-VerkProspG, S. 128, einen Hinweis hierauf im Prospekt (z. B. das aus der Verkäuferstellung resultierende Eigeninteresse). 77 Zu diesem Konflikt vgl. auch Hüjfe1; Wertpapier-VerkProspG, S. 120. 78 Vgl. im Hinblick auf die allgemein-zivilrechtliche Prospekthaftung Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2296. 79 Grundmann in Bankrechts-Handbuch § 112 Rn. 123, leitet sogar diesbezüglich aus§ 31 I WpHG eine lnteressenwahrungspflicht der Emissionsbank ab.
3 Liappis
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I. Kap.: Einleitung
2. Die Emissionsbank und die Vorstellung des Emittenten auf dem Markt
a) Die Mitwirkung an der obligatorischen Emissionspublizität Die angesammelten Informationen entfalten ihren Stellenwert hauptsächlich dann, wenn sie der Anlegerschaft in Form eines Prospekts zur Verfügung gestellt werden. Dieser Prospekt verkörpert das Hauptinstrument, dessen sich die Rechtsordnung zur Aufklärung des Anlegers bei einer Emission bedient81 . Verschiedene Rechtsnormen statuieren je nach Marktsegment die Pflicht zur Veröffentlichung eines Prospekts im Vorfeld jeder Börseneinführung von Aktien(§§ 30 Ill Nr. 2 und 51 I Nr. 2 BörsG, Absch. 2 Ziff. 4 RNM, § 1 VerkProspG). Der Prospekt kann aber nur dann als Entscheidungshilfe zweckdienlich gebraucht werden, wenn er eine gewisse Qualität aufweist. Dafür müssen letztendlich diejenigen zu sorgen und einzustehen haben, welche die Prospektinformationen den Anlegern mitteilen. Diese Auskünfte kann ansatzweise der Emittent selber dem Publikum zu offenbaren haben. Denn er weiß um sich selbst besser als jeder andere. Die kapitalmarktrechtliehen Vorschriften gehen ebenfalls von diesem Bild aus. Sie verpflichten den Emittenten bzw. den Anbieter82 der Aktien, den zu veröffentlichenden Prospekt zu unterschreiben (§§ 13 I 5 BörsZulV i.V.m. 30 II BörsG, 51 I Nr. 2 BörsG, I VerkProspG und Absch. 2 Ziff. 4 RNM i.V.m. 83 § 51 I Nr. 2 BörsG). Dennoch hat auch die begleitende Bank bei der Erfüllung dieser Publizitätspflicht eine beachtliche Rolle zu spielen84 . Diese Rolle überträgt ihr weitgehend das Regelungsgefüge selbst. Aber auch dann, wenn die Banken nicht zur Erstellung des Prospekts verpflichtet werden, übernehmen sie die hierzu dienenden Aufgaben freiwillig.
80 Es wird sogar vertreten, daß das Aufsichtsratsgeheimnis nicht durchgreift, wenn die Bank bei einer Eigenübernahme ein eigenes Interesse am Absatz hat. s. Hopt, Die Verantwortlichkeit, Rn. 205. 81 Vgl. C/aussen, Bank- und Börsenrecht, S. 477 Rn. 62, der Prospekt sei die wichtigste Informationsquelle. 82 § I VerkProspG stellt nicht auf den Emittenten, sondern auf den Anbieter ab. Dazu ausführlich Hüffer, Wertpapier-VerkProspG, S. 76 ff. S. auch Ebenroth I Boujong I Joostl Groß BankR IX 487. 83 Absch. 2 RNM stellt explizit keine Pflicht des Emittenten auf, den Emissionsprospekt zu veröffentlichen oder zu unterschreiben. Selbst seine Ziff. 4, auf die hier berufen wird, regelt nicht, wer den Prospekt bereitzuhalten bzw. zu veröffentlichen hat. Es wird freilich auf § 73 I Nr. 2 (= § 51 I Nr. 2 n.F.) BörsG verwiesen, der ausdrücklich erfordert, daß der Emittent den Unternehmensbericht unterschreibt. Absch. 2 Ziff. 4 RNM soll aber im wesentlichen klarstellen, daß der Emissionsprospekt im Rahmen des Zulassungsverfahrens zum Geregelten Markt das Erfordernis nach dem Unternehmensbericht erfüllt. Wer jedoch den Emissionsprospekt zu erstellen hat, bleibt in dieser Ziff. 4 sowie im gesamten RNM ungeregelt. Zur einer dahingehenden Pflicht des Emittenten kann nur die analoge Anwendung des § 51 I Nr. 2 BörsG führen. 84 Vgl. Kümpe/, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 9.267.
§ I Die Aufgaben der Banken im Geschäftsfeld Aktienemissionen
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Zwingend ist die Mitwirkung der Emissionsbank an der Erfüllung der Pflicht zur Prospektpublizität im Amtlichen Markt. Dabei hat sie den Börsenzulassungsprospekt mit zu unterschreiben(§ 13 I 5 BörsZuiV)85 . Durch diese Unterschrift erhebt sich die unterzeichnende Bank zum Miturheber des Prospekts. Es liegt nahe, daß sie sich um die inhaltliche Gestaltung eines Dokuments kümmert, das mit ihrer Unterschrift auf den Markt kommt. Als Prospekturheber liefert sie insofern dem Publikum die prospektpflichtigen emissionsrelevanten Informationen. Im Geregelten Markt hat man dem Emissionsbegleiter nicht unmittelbar die Mitwirkung an der Prospekterstellung auferlegt. Es ist hingegen von einer Mischbzw. Mittelkonstruktion Gebrauch gemacht worden. Hierbei braucht die Bank den sog. Unternehmensbericht nicht zu unterschreiben 86. Dennoch muß sie bzw. eine von mehreren Emissionsbanken den Zulassungsantrag mit stellen, dem der Unternehmensbericht beigefügt sein muß (§§ 49 II 1 und 51 I Nr. 2 BörsG). Daß die Emissionsbank im Hintergrund bleibt und den Unternehmensbericht nicht unterzeichnet, kommt genaugenommen kaum vor87 . Aber selbst in einer solchen Fallkonstellation wirkt die emissionsbegleitende Bank an der Prospekterstellung immer noch mit88 . Der Erlaß des Unternehmesberichts geht in Wirklichkeit von ihr aus. Auch in diesem Marktsegment setzt sie folglich die Anleger in Kenntnis von den anlagerelevanten Informationen. Gleicherweise verhält es sich auch im Neuen Markt. Nach Absch. 2 Ziff. 2.2 I 1 RNM ist der Antrag auf Zulassung von einem Kreditinstitut mit zu unterschreiben. Es ergibt sich allerdings nicht ausdrücklich aus den Bedingungen des Regelwerks, daß die Emissionsbank den Emissionsprospekt mit zu unterschreiben hätte. Sie unterzeichnet ihn jedoch durchweg freiwillig. Selbst wenn dies nicht geschieht, kümmert sich um die Prospekterstellung wieder einmal die Bank. Die Gestaltung des Prospekts stellt auch im Neuen Markt eine der wichtigsten Dienstleistungen dar, welche die Emissionsbanken anbieten. Anders ist es auch nicht im Freiverkehr. Auch hier trifft man an, daß die Emissionsbegleiter den Verkaufsprospekt herstellen. Dies geschieht, obwohl eine derartige Aufgabe gesetzlich gar nicht vorgeschrieben ist. In diesem Bereich ist die Mitwirkung einer Emissionsbank in keiner Weise im Regelungsgefüge vorgegeben. Sie hat sich jedoch aus wohl praktischen Gründen durchgesetzt. Diese gehen nicht zuletzt auf die Marktposition und das tatsächliche Gewicht der Banken im Emissionswesen zurück. Deswegen wirken sie entscheidend an der Gestaltung auch des Verkaufsprospekts mit.
Vgl. OLG Bremen, AG 1997, 420 f. Vgl. OLG Bremen, AG 1997,420 f.; Groß, Kapitalmarktrecht, § 71 BörsG Rn. 9. 87 § 59 I 2 BörsO FWB erlaubt sogar ausdrücklich, daß die Emissionsbank den Unternehmensbericht freiwillig doch noch unterschreibt. Vgl. aus der Sicht der Bremer BörsO auch OLG Bremen, AG 1997, 420, 421. Von der Möglichkeit einer freiwilligen Unterzeichnung geht auch Gebauer, Börsenprospekthaftung, S. 55, aus. 88 Paskert, Informations- und Prüfungspflichten, S. 32, führt die Erstellung des Prospekts segmentübergreifend auf die Prospektspezialisten der Emissionsbanken zurück. 85 86
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I. Kap.: Einleitung
Eine Gesamtmarktbetrachtung läßt daher erkennen, daß sich die Emissionshäuser selber um die gesetzliche Emissionspublizität kümmern. Sie kümmern sich selber vor allem um die inhaltliche Gestaltung des Prospekts89 . Dabei ist im Interesse des informationsbedürftigen Anlegers auf die Aussagekraft der Prospektangaben besonders zu achten90. Zuerst sind aus dem Gemenge aller gesammelten Informationen in den Prospekt alle diejenigen mit einzubeziehen, die sich als anlagerelevant erweisen. Höchste Qualitätsarbeit erfordert aber nicht nur das Aussuchen der Auskünfte, die zu veröffentlichen sind. Es muß ferner darauf geachtet werden, daß Fehler oder Mängel vermieden werden, die zu einer verfehlten Anlageentscheidung zu verleiten vermöchten91 • Den Belangen der Anleger droht auch ein Prospekt, der unbegründete Euphorie durch vage Äußerungen und Verhüllung nachteiliger Sachverhalte hervorruft92 . Unbedingt erforderlich ist daher nicht zuletzt, daß er präzise Aussagen in verständlicher Form und Formulierung enthält. Sind die Prospektangaben nicht hinreichend vollständig, richtig und verständlich, gefährdet dies eine vernünftige Anlageentscheidung. Dann fehlt dem zeichnungswilligen Anleger die solide Kenntnisgrundlage, derer er zu einer gründlich erwogenen Anlage bedarf3 . Seinem Anlageentschluß liegt ein Bild des Emittenten zugrunde, welches den tatsächlichen Verhältnissen nicht entspricht. Angesichts dieser Gefahren stellen sich den Emissionshäusern wichtige Anforderungen bei der Prospekterstellung94. Wenn sie denen im Einzelfall nicht gerecht werden, dann stellt sich die Frage, ob und inwieweit sie für die daraus entstandenen Schäden der Anleger einstehen müssen. Die Antworten hierauf sind weitestgehend im Rechtsinstitut der Prospekthaftung zu finden(§§ 44 ff. BörsG, 55 BörsG, 13 VerkProspG und Absch. 2 Ziff. 4 RNM).
b) Der Einsatz freiwilliger Informationsmittel Bei aller Ausführlichkeit der gesetzlichen Regelung wird jedoch die Zielgerechtigkeit der Prospektpublizität nicht ungerechtfertigt bemängelt95 . Die Gründe hierVgl. Hamann in Schäfer BörsG § 45,46 a.F. Rn. 108. So können sie nicht unter Berufung auf Bankgeheimnis und Insidertipverbot ihr Insiderwissen bei der Prospektausgabe "ignorieren". s. dazu Hopt. Bankrechtstag 1992, S. 20. 91 Dazu müssen die Banken die Angaben des Emittenten selber oder durch Sachverständigen überprüfen. Dazu Hopt, Die Verantwortlichkeit, Rn. 191 f. 92 Deswegen dürfen etwa im Prospekt objektiv unberechtigte Erfolgserwartungen nicht erweckt werden. s. Hopt, BörsG § 45 Rn. 7. Vgl. auch OLG Frankfurt a.M., DB 1994, 416, 417f. 93 Denn für die Anleger stellt der Prospekt die wichtigste Informationsquelle über die Qualität des Emittenten dar. So Ziegenhain I Helms, WM 1998, 1417, 1423. 94 Vgl. Mü/le1; Going Public, S. 41; Pabst, Prospektzwang, S. 44 f. 95 s. etwa aus der Sicht der europarechtlichen Grundlagen der Prospektpublizität Assmann, AG 1993, 549, 555 ff. s. auch Hüffer, Wertpapier-VerkProspG, S. 88; Assmann, NJW 1991, 528, 530 f. 89 90
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für können an dieser Stelle als Politikum dahingestellt bleiben. Die Auseinandersetzung mit der Prospekthaftung wird ohnehin auch viele Unzulänglichkeiten der Regelung zur Emissionspublizität zutage fördern. Überdies ist dieses Reglement nicht dafür gedacht, allerlei Informationsbedürfnissen im Emissionsmarkt gerecht zu werden. Es sorgt letztendlich nur für eine überindividuelle, schriftliche und einseitige Auskunftsübermittlung. Neben dem Prospekt haben sich allerdings auch andere informative Instrumente auf dem Markt entwickelt bzw. ihren Einsatzbereich erweitert. Die Emissionsbanken setzen sie ein, um Defizite der Prospektregelung auszuräumen und weitergehenden Bedürfnissen abzuhelfen. Somit runden sie ohne gesetzliche Vorgaben das Informationsangebot an die Anleger ab96. (I) Die Emissionsstudie
Besondere Bedeutung kommt aus dieser Sicht der sog. Neuemissionsstudie zu. Sie ist bekannt auch als Initial Public Offering- bzw. !PO-Studie, Researchbericht97, Aktienanalyse oder Aktienresearch. Im Gegensatz zum Prospekt ist dieser Informationsträger stark zukunftsorientiert. Er ermittelt aufgrund vor allem fundamental- und technischanalytischer Ansätze den gegenwärtigen Wert der Aktie und deren Entwicklungsaussichten. Ihm liegen Informationen verschiedener Herkunft zugrunde. Sie stammen teilweise aus mittelbaren Quellen wie Presseberichten, Verbandsmitteilungen sowie Jahresabschlüssen. Nicht zuletzt gehen sie aber auch auf unmittelbare Unternehmenskontakte zurück. Der Inhalt dieser Studie ist im einzelnen von Fall zu Fall unterschiedlich98 . Hierin werden Chancen und Risiken für das Unternehmen und seine Aktien geschildert. Es werden ferner das Profil des Unternehmens und seine Position im Marktumfeld dargestellt. Der Emittent wird aus anlagerelevanter Sicht auch mit anderen börsennotierten Unternehmen seiner Branche verglichen. Seine wichtigsten Produkte und ihre Aussichten werden ebenfalls unter die Lupe genommen. Die Informationen der Emissionsstudie sind größtenteils kommentiert. Sie fließen dann in die Bewertung der Aktie des Emittenten hinein. Diese Wertermittlung und die Zukunftsprognose über die Aktienentwicklung beruhen meistens auf mehreren Methoden. Die Aktienanalyse spielt eine sehr große Rolle bei der Festlegung des Ausgabepreises der neuemittierten Aktien. Hierzu wird sie auch im sog. Book-building-Verfahren den Beteiligten zur Verfügung gestellt99 . Ihre kommentierten Informationen können von großer Bedeutung
96 Die emissionsunterstützenden Werbeaktionen werden hier nicht zu den haftungsrelevanten Dienstleistungen der Banken an die Anleger gezählt. Wenn auch meistens in Übereinstimmung mit seinen begleitenden Banken, führt der Emittent selbst diese Werbeaktionen durch. Der Werbung bedient sich eine Emissionsbank erst nach einer erfolgreichen Plazierung, um den Markt auf ihre Kompetenz aufmerksam zu machen. Vgl. Müller, Going Public, S. 55. Ein so eingesetztes Werbemittel birgt jedoch keine Gefahren für den Anleger, der nicht seiner Zielgruppe angehört. 97 s. Siehel I Ge baue~; WM 200 I, 173, 184. 98 Für Beispiele aus der Praxis s. unter § 8 II 1.
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I. Kap.: Einleitung
für die Anlageentscheidung ihrer Empfänger sein 100 . Unrichtige Aussagen der herausgebenden Banken können zu Fehlentscheidungen und finanziellen Schäden führen. Dieses Schädigungspotential ist von besonderem haftungsrechtlichem Interesse 10 1.
(2) Die sog.lnternet-Emissionen Eine relativ neue Erscheinung im Emissionswesen stellt die Benutzung des Internet dar. Man bedient sich nämlich auch dieses Kommunikationswegs zur Unterstützung der Aktienplazierung. Via Internet können die Aktien aus der Emission gezeichnet werden. Hierbei handelt es sich jedoch nicht nur um eine zusätzliche Zeichnungsmöglichkeit Vielmehr geht es um ein hinzukommendes Informationsmittel, aus dem Auskünfte, Schätzungen und Meinungen zu der Emission abzufragen sind. Im Prinzip kann der Emittent selber die Plazierung seiner Aktien über dieses Kommunikationsnetz betreiben 102 . Dies nimmt er tatsächlich in gewissem Maße auch vor. Jedoch bleibt auch in diesem Bereich die aktive Betätigung der Konsortialbanken unentbehrlich 103 . Auch sie bieten Zeichnungsmöglichkeit und emissionsdienliche Informationen via Internet an. Bei den Internet-Ernissionen befindet sich einiges in der Entwicklung 104 . Dennoch läßt sich schon feststellen, daß grundsätzlich über das Internet nicht Informationen anderer Art als über die herkömmlichen Printmedien geliefert werden 105 . Im Grunde genommen, ändert man dabei den Träger der Auskünfte. Die Informationen, ihre Substanz, ihre Aussagekraft und ihre möglichen Mängel bleiben dennoch unverändert. Insofern braucht nicht an der Entwicklung neuer Denkkate99 In der Vor-Marketing- und in der Marketing-Phase bei den sog. Road Shows. s. Koch I Wegmann, Börseneinführung, S. 165; Rohleder in Wieselhuber Börseneinführung, S. 398. 100 Vgl. Zacharias, Börseneinführung, S. 289, die Research-Reports der Emissionsbanken hätten einen großen Einfluß auf die Beurteilung des Unternehmens seitens der Investoren. 101 Dazu s. ausführlich unter§ 8. 102 Im Rahmen einer sog. Net-DPO (Direct Public Offering). Dazu s. Zacharias, Börseneinführung, S. 298 f. 103 Die sog. Internet-Emissionshäuser treten selten alleine auf. Meistens kooperieren sie mit den traditionellen Banken innerhalb des Emissionskonsortiums. Dazu s. Zacharias, Börseneinführung, S. 296 f. 104 Ein Verkaufsprospekt ist jedenfalls auch bei diesen Emissionen erforderlich. s. Spind/er, WM 2001, 1689, 1692. Nach§ 9 111 2 VerkProspG n.F. ist der Verkaufsprospekt auch noch im elektronischen Informationssystem zu veröffentlichen. Vgl. Möller, WM 2001, 2405, 2410. Er muß auch in einem Börsenpflichtblatt veröffentlicht werden. s. Zacharias, Börseneinführung, S. 299 f.
105 Im Ergebnis behandelt man die Internet-Publikationen nach denselben Maßstäben wie andere Darstellungen auch. So z. 8. Hamann in Schäfer VerkProspG § I Rn. 8, im Hinblick darauf, ob eine solche Publikation als öffentliches Angebot zu qualifizieren ist. Vgl. auch Spind/e1; WM 2001, 1689, 1694 f. Über die grundsätzliche Gleichbehandlung der wirtschaftlichen Sachverhalte im Internet und in der "realen" Welt generell s. Spindle1; ZHR 2001, 324, 326f.
§ I Die Aufgaben der Banken im Geschäftsfeld Aktienemissionen
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gorien und Wertungen gearbeitet zu werden. Statt dessen erscheint es sinnvoller, Informationsdefizite in den Internet-Publikationen im Lichte der für die anderen Informationsmittel gedachten Rechtsinstitute zu behandeln 106. Gerade auf die letzteren soll sich der Gegenstand dieser Untersuchung konzentrieren. Unterschiede zur Unternehmensstudie als eine ungeregelte informative Dienstleistung weist eine Internet-Emission grundsätzlich nicht auf. Man sollte sie daher haftungsrechtlich auch nicht anders behandeln. (3) Die Unternehmenspräsentation
Einen wichtigen Bestandteil der Informationsstrategie bei Aktienemissionen machen ferner die Präsentationsveranstaltungen aus 107 • Hierbei sind die Banken damit betraut, das jeweils angesprochene Publikum zur Präsentation einzuladen und im allgemeinen sie zu organisieren. Im Mittelpunkt dieser Veranstaltungen 108 steht jedoch der Emittent. Denn die Anlegerschaft ist geradezu daran interessiert, ihn durch gezielte Fragen kennenzulernen 109 . Dabei kann auf seine bisherige Entwicklung sowie seine Kompetenzen und Zukunftsvorstellungen 110 gründlich und interaktiv eingegangen werden. Die Gäste solcher Präsentationen haben in der Regel im voraus die Emissionsstudie und den vorläufigen Prospekt erhalten. Daher können sie auch Erläuterungen zu deren Angaben verlangen und sie somit besser nachvollziehen. Die Bank läßt hierbei den Emittenten sich selber den Anlegern vorstellen. Es dürfte allerdings eine durch die Bank erfolgte sachliche und taktische Vorbereitung der Unternehmensführung als selbstverständlich gelten. Die Emissionsbank nimmt grundsätzlich nicht zu den Äußerungen des Emittenten bei der Präsentation Stellung. Dennoch kommt es auch vor, daß auch die Bank einige Fragen beantwortet111. Dieser Veranstaltung folgen aber auch weitere Handlungen der Banken, wie beispielsweise die Herausgabe des vollständigen Prospekts. Es erscheint dann möglich, erst in diesem Informationsmittel doch noch zu Inhalten der Präsentation Stellung zu beziehen. Diese Möglichkeit ist besonders wichtig, wenn sich Erläuterungen oder Korrekturen bei der Präsentation als notwendig erwiesen haben. 106 Auch Roller, Die Prospekthaftung, S. 181, meint, wenn auch nicht speziell auf die Internet-Emissionen bezogen, für die Haftung könne es auf das gewählte Medium nicht ankommen. Ähnlich Eyles in Vortmann § 2 Rn. 59. 101 Vgl. Müller, Going Public, S. 37. 108 Dazu gehören gerade die sog. Road Shows im Rahmen des Bookbuilding-Verfahrens. Dazu Koch I Wegmann, Börseneinführung, S. 165; Zacharias, Börseneinführung, S. 284; Hein, WM 1996, I. 3. 109 Vgl. für die Analystenveranstaltungen Plücke/mann, Der Neue Markt, S. 93. 11o Die sog. equity-story stellt einen Schwerpunkt derartiger Veranstaltungen dar. Vgl. generell zu den Unternehmenspräsentationen auch der Presse gegenüber Koch I Wegmann, Börseneinführung, S. 126 f. 11l Oder vielmehr, daß Vertreter der konsortialführenden Bank das Unternehmen präsentieren. So Koch I Wegmann, Börseneinführung, S. 225.
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I . Kap.: Einleitung
(4) Die Informationsrisiken für die Anleger
Aus der hier relevanten Sicht haben alle diese freiwillig eingesetzten Informationsinstrumente einige beachtliche Gemeinsamkeiten. Zunächst einmal liefern die Banken bei allen drei Dienstleistungen den Anlegern Informationen über die Emission. Sicherlich unterscheiden sich einigermaßen die Modalitäten ihrer Übermittlung. Bei der Emissionsstudie und der Internet-Emission tritt die Bank alleine auf. Sie liefert Auskünfte und Schätzungen im eigenen Namen. Bei der Präsentation begleitet sie den Emittenten. Sie muß nicht unbedingt dazu gebracht werden, irgendwelche Äußerungen zu treffen. Sie kann sich aber die Aussagen des Emittenten stillschweigend zu eigen machen. Dies kann der Fall sein, wenn sie seine Äußerungen weder vor Ort noch nachher kommentiert. Diese Unterschiede ändern dennoch nichts daran, daß die Bank auch bei den freiwilligen Kommunikationsmitteln die Anleger informiert. Die gelieferten Informationen können aber fehlerhaft, falsch, unverständlich oder widersprüchlich zueinander sein. Dies kann dann die Wissensgrundlagen der Anlageentscheidungen des Publikums akut gefährden. Dadurch entsteht für die Anleger die Gefahr, finanzielle Schäden wegen falscher Informationen erleiden zu müssen. Dasselbe Schädigungspotential weisen auch die Prospektangaben auf. Der maßgebliche Unterschied liegt aber darin, daß der Prospekt ein durchgeregeltes Informationsmittel darstellt. Man trifft ausführliche Regelungen, die sämtliche Aspekte der Prospektpublizität decken sollen. Über die freiwilligen Informationsinstrumente im Emissionsmarkt bestehen hingegen keine gesetzlichen Regeln. Weder die Erstellung noch die Gestaltung noch die Verantwortlichkeit hierfür sind im Gesetz geregelt. Die mit diesen Mitteln verbundenen Risiken legen jedoch nahe, die Haftungsproblematik ihres Einsatzes in dieser Studie zu erörtern.
3. Die Emissionsbank und die Aktienplazierung
a) Der Vollzug der Emission stricto sensu Bei der Emissionsvorbereitung gewinnt die Bank die notwendigen Auskünfte über den Emittenten. Sie bewertet dann diese Informationen, um ein erfolgversprechendes Emissionskonzept erarbeiten zu können. Danach stellt sie dieses verarbeitete Informationsmaterial durch die o.g. Publizitätsmittel den Anlegern zur Verfügung. Hat sie alt dies vollbracht, dürfte man das Publikum als grundsätzlich informiert über die Emission und den Emittenten ansehen. Seine Aktien können nunmehr plaziert werden. Gerade darin besteht schließlich der Sinn der Emission. Auch dabei leisten die Emissionshäuser unerläßliche Arbeiten. Diese Hilfeleistungen beschränken sich nicht nur auf die Abwicklung eher technischer Vorgänge. Die Emissionsbank wirkt auch an der Festlegung des Plazierungspreises der Aktien entscheidend mit. Sie trägt nicht zuletzt zur Beschlußfassung vieler einzelner Anleger bei.
§ I Die Aufgaben der Banken im Geschäftsfeld Aktienemissionen
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(I) Der Einsatz des Beratungs- und Verkaufsapparats der Bank
Wie umfangreich auch immer, reicht das allgemeine Informationsmaterial zur Emission dem Privatanleger nur bedingt aus 112 • Im komplexen Zusammenhang der Kapitalanlagen ist er auf eine sachbegründete Orientierungs- und Entscheidungshilfe eines Fachkenners angewiesen. Nach derartigen Hilfeleistungen sucht der Anleger bei den Banken gerade wegen deren Facherfahrung und -kenntnisse. Nach den Ratschlägen seines Anlageberaters richtet er dann meistens auch sein Anlageverhalten. Eine fehlerhafte Beratung verleitet folglich nahezu unausweichlich zu einer schadensträchtigen Disposition des Beratenen. Hieraus ergeben sich unter bestimmten Voraussetzungen Haftungsansprüche des letzteren gegenüber seinem Berater. Zugegebenermaßen stellt die Anlageberatung jedoch keine bloß emissionsgebundene Dienstleistung dar. Derartige Beratung wird auch nach einer Emission beim Handel der börsennotierten Aktien auf dem Sekundärmarkt geleistet. Auch im Hinblick auf andere Anlagepapiere wird nach den Beratungsleistungen der Banken gefragt. Überdies bieten bei Aktienemissionen nicht nur die jeweiligen Konsortialbanken Anlageberatung an 113 . Auch dritte Banken oder Wertpapierdienstleistungsunternehmen im Sinne vom § 2 IV WpHG bieten Beratungsdienste über die neuemittierten Aktien an 114 . Die Emissionsbanken stehen jedoch dem Emittenten besonders nahe. Durch diese Nähe zur Emission wird die Stellung der Konsortialbanken außergewöhnlich 115 • Jeder Anleger dürfte zunächst einmal davon ausgehen, daß sie sich am besten 116 in der jeweiligen Aktie auskennen. Er dürfte daher erwarten, daß sie überdurchschnittlich zuverlässigere Ansprechpartner und Berater im Bezug auf diese Anlage sind. Dieses Erwartungsbild trifft man insbesondere im Bezug auf die Banken an, welche das Emissionskonsortium führen. Diese Sonderstellung der Emissionsbegleiter ändert vorerst nichts an der Rechtsform der Beziehung zum Anleger 117 . Hierbei handelt es sich um ein individuelles vertragliches Verhältnis wie bei jedem anderen Anlageberater auch. Die Sonderposition der Emissionsbanken wirkt sich aber auf die Reichweite der Beratungspflichten aus us. Dadurch erfährt die normale Funktion der vertraglichen Ygl. Assmann, AG 1993,549,559 f. Ygl. Hamann in Schäfer BörsG § 45, 46 a.F. Rn. 59. 114 Wenn sie sich auf einen unrichtigen Prospekt verlassen und sich ihren Kunden gegenüber wegen fehlerhafter Beratung haftbar machen, können sie in Konflikt mit den prospektverantwortlichen Emissionsbanken geraten. Zu eventuellen Regreßansprüchen s. v. Westphalen, BB 1994, 85, 88 f. 115 Nach Hopt, Der Kapitalanlegerschutz, S. 401, aktualisiert generell die zunehmende Nähe zur Effektenanlage die Aufklärungs- und Beratungspflichten der Bank noch ausgeprägter. 116 Denn der Nachforschungsaufwand für die Prospekterstellung ist erheblich höher als der Erkundungsaufwand einer Anlageberatung. Dazu Rümke1; Bankrechtstag 1992, S. 59. 117 Die Anlageberatung unterliegt grundsätzlich denselben Regeln, obwohl sie als Nebenleistung zum Emissionsgeschäft erbracht wird. Vgl. Ekkenga, Anlegerschutz, S. 460. 112 113
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I. Kap.: Einleitung
Beziehung externe Änderungen. Diese gehen auf die Besonderheiten der Position der Emissionsbanken zurück. Die beratende Emissionsbank hat nicht zunächst als Verkäuferin der neuemittierten Aktien ein eigenes Interesse am Erfolg der Plazierung119. Angesichts der geltenden Insider-Regelung stellt sich überdies die Frage, welche Informationen die Emissionsbank an ihre Kunden weiterleiten darf. Um den Insider-Regeln zu genügen, errichten die Banken in ihren Organisationsstrukturen sog. chinese walls 120 . Sie sollen den freien Informationsfluß innerhalb der Bank so erschweren, daß der Insiderhandel kaum möglich wird 121 . Ob sich die Banken auf diese Informationshindernisse auch berufen dürfen, ist jedoch fraglich 122 . Dem scheint der Rechtsgedanke des § 166 BGB im Wege zu stehen 123 • Demnach muß etwa eine Information der Emissionsabteilung auch der Beratungsabteilung zugerechnet werden. Dann aber muß der Berater dem Anleger auch nachteilige Informationen über den Emittenten übermitteln, welche der Emissionsabteilung bekannt sind. In welche Richtung dieser Konflikt zu entscheiden ist, muß jedoch hier dahingestellt bleiben. Denn der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt bei den überindividuellen Emissionsdienstleistungen der Banken. Bei der Anlageberatung werden jedoch jeweils einzelne Personen informiert und aufgeklärt 124 • Sie gehört daher nicht zum Gegenstand dieser Untersuchung. (2) Die Preisfindung für die emittierten Aktien
Als Zentralpunkt jeder Aktienemission gilt der Ausgabepreis der neuen Aktien 125 . Für denselben begrifflichen Inhalt stehen ferner die Bezeichnungen Emissions- und Plazierungspreis oder -kurs. Der damit gemeinte Geldbetrag bringt die Höhe der Vermögensdisposition zum Ausdruck, die zum Erwerb der angebotenen Aktie bei der Emission erforderlich ist. Dieser Preis muß im Prinzip den inneren Wert der Anlagegesellschaft und somit ihrer Aktie möglichst widerspiegeln 126. Ge118 Nach Assmann, Prospekthaftung, S. 358, ergänzen sich in einem solchen Fall beide Pflichtenlagen. 119 Hopt, Der Kapitalanlegerschutz, S. 115 f. 12o Vgl. HüJ!e1; Wertpapier-YerkProspG, S. 122; Gerhe1; Prospekthaftung, S. 148. 121 s. ausführlich Buck, Wissen und juristische Person, S. 500 ff. Vgl. auch Hopt, Bankrechtstag 1992, S. 22. 122 Verneinend Gerhn; Prospekthaftung, S. 148 f.; Ellenberget; Prospekthaftung, S. 53. 123 s. generell zur Wissenszusammenrechnung bei arbeitsteiligen Organisationen aufgrund des § 166 Larenz I Wolf, AllgT. BürgR. § 46 Rn. 110 ff.; Bork, AllgT. BGB Rn. 1665 ff.; Kritisch Medicus, AllgT. BGB Rn. 904c. 124 Insofern sind vor allem individuelle Umstände maßgeblich. s. Hadding, FS Schimansky, S. 81; v. Westphalen, BB 1994, 85,87. 125 Ygl. Schwintowski I Schäfel; BankR, § 15 Rn. 72 f.; Müller, Going Public, S. 39 f. Seine Ermittlung gilt als der schwierigste Teil der Planung eines "going public". s. Koch I Wegmann, Börseneinführung, S. 133. 126 Vgl. Hamann in Schäfer BörsG § 42 Rn. 6. Hinzu sind teilweise auch andere Faktoren mit zu berücksichtigen wie das Börsenumfeld. s. Koch I Wegmann, Börseneinführung, S. 145.
§ I Die Aufgaben der Banken im Geschäftsfeld Aktienemissionen
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rade im Hinblick auf diesen Plazierungspreis weisen auch alle emittentenbezogenen Informationen ihren Stellenwert auf 127 . Denn sie sollen eben den inneren Wert des Unternehmens zu ermitteln ermöglichen. Sie fließen insofern in die Preisbestimmung ein. Hierzu müssen sie allerdings vorher sachgerecht bearbeitet werden. Wegen ihrer überragenden Fachkenntnisse übernimmt die Emissionsbank auch diese Aufgabe. Was sie im Einzelfall hierbei zu erledigen hat, hängt mit dem Verfahren zusammen, das zur Preisfindung eingesetzt wird 128 • Die verfügbaren Methoden unterscheiden sich vor allem darin, wie stark sie die Nachfrageseite in die Preisermittlung mit einbinden. Bei der einfachsten Variante 129 wird nach den Preisvorstellungen des Publikums gar nicht gefragt. Die Angebotsseite legt alleine den Emissionspreis fest 130• Die Anleger können zu diesem Preis die Aktien zeichnen oder eben nicht. Bei dem sog. Book-building-Verfahren wird eine Preisspanne festgelegt 131 . Jeder Anleger gibt dann seine Zeichnungserklärung zu dem vom ihm gewünschten Preis innerhalb dieser Spanne ab. Die neuemittierten Aktien kosten schließlich einheitlich den Betrag, zu dem die meisten Zeichnungserklärungen zu befriedigen sind. Im Auktionsverfahren wird nur ein Mindestpreis oder sogar überhaupt keine Preisuntergrenze genannt 132 . Jede Zeichnungserklärung muß dann mit der Preisvorstellung des Anlagewilligen versehen sein 133 . Der Ausgabepreis ist dann der höchstmögliche, zu dem die meisten Kaufwünsche erfüllt werden können 134 . Gesetzliche Vorgaben, die eines dieser Verfahren vorschreiben oder sonstwie bevorzugen, gibt es nicht. Die Wahl darunter steht der Angebotsseite frei. Ihre Entscheidung wird aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen getroffen 135 . Auf dem deutschen Emissionsmarkt hat sich bisher allerdings das Book-building-Verfahren eindeutig durchgesetzt 136. Bei allen Methoden der Preisfindung hat die Emissionsbank eine beachtliche Rolle zu spielen 137 . Sie gibt nämlich eine Bewertung des Vgl. Plückelmann, Der Neue Markt, S. 24. Zu den verschiedenen Methoden ausdifferenziert aus wirtschaftlicher Sicht Mülle1; Going Public, S. 180 f. 129 Dabei geht es um das Festpreisverfahren. s. Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 9.199 ff., Zacharias, Börseneinführung, S. 280 f. 130 s. Koch I Wegmann, Börseneinführung, S. 163. 131 Dazu ausführlich Hamann in Schäfer BörsG § 42 Rn. 7; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 9.203 ff.; Schwintowski I Schäfer, BankR, § 15 Rn. 74; Claussen, Bank- und Börsenrechl, S. 632 Rn. 328; Rohleder in Wieselhuber Börseneinführung, S. 397 ff. 132 Hopt, Die Verantwortlichkeit, Rn. 30, nennt dies Tendersystem. Zu den verschiedenen Modellen s. Rohleder in Wieselhuber Börseneinführung, S. 403 f. m s. Zacharias, Börseneinführung, S. 297. 134 s. Zacharias, Börseneinführung, S. 288. 135 Zu den Pro und Kontra des jeweiligen Verfahrens s. Zacharias, Börseneinführung, S. 289 ff. 136 s. Benner-Heinacher in Wieselhuber Börseneinführung S. 288; Koch I Wegmann, Börseneinführung, S. 223. 127 128
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I. Kap.: Einleitung
Unternehmens, seiner Aktie und ihrer Entwicklungsaussichten ab 138 . Aufgrund dieser Bewertung legt sie dann den Preis, die Preisspanne oder die Preisuntergrenze je nach Verfahren fest. Nachdem die Anleger ihre Wertvorstellungen mit den Zeichnungserklärungen geäußert haben, bestimmt die Bank den Emissionspreis der Aktien 139 . Der Emittent wirkt auch an der Preisfestlegung mit. Im Übernahmevertrag wird zwischen ihm und den Konsortialbanken vereinbart, daß der Plazierungspreis einvernehmlich zwischen beiden Seiten festgelegt wird 140 . Daß der Emittent dem Vorschlag der Emissionsbank zustimmt, ändert nichts daran, daß der Ausgabepreis weitestgehend als Ergebnis der Bankarbeit anzusehen ist. Dafür spricht nicht nur die Erfahrung, daß der Emittent dem Bankvorschlag faktisch kaum zu widersprechen weiß 141 . Vielmehr verpflichtet sich die Bank im Letter of Engagement, beim Book-building die Preisspanne festzulegen 142 . Somit fällt sie aber eine ausschlaggebende Vorentscheidung für die Höhe des Plazierungspreises. Im übrigen soll das Erfordernis nach einvernehmlicher Preisfestlegung die Interessen des Emittenten wahren. Seine Mitsprache soll verhindern, daß sein Unternehmen bei der Emission unterbewertet wird 143 . Sein Einvernehmen kann aber nicht sicherstellen, daß die Aktie nicht überbewertet auf den Markt kommt. Die Gefahr für die Anleger liegt aber gerade darin, daß der Ausgabepreis höher bestimmt wird, als das tatsächliche Bild des Unternehmens rechtfertigt. Wenn sich beim Handel herausstellt, daß ein solches Mißverhältnis besteht, ist meistens mit einem Kurseinbruch zu rechnen 144 . Eine Überbewertung der Aktie bei der Emission kann den Anlegern, die sich zu diesem Zeitpunkt engagiert haben, erhebliche finanzielle Einbußen zufügen. In einem solchen Fall stellt sich die Frage, ob Ersatzansprüche gegen die für die Preisbestimmung verantwortlichen Banken geltend gemacht werden können. Diese Gefahr scheint sich von den bislang angesprochenen Informationsrisiken zu unterscheiden. Denn es läßt sich kaum vorstellen, daß der in den verschiedensten Informationsmitteln angegebene Preis dem tatsächlich 137 Im Bookbuilding-Verfahren wird sogar die Begleitung der Emission durch Informationsmaterial und professionelle Researchaktivitäten der Banken immer wichtiger. So Rohleder in Wieselhuber Börseneinführung, S. 401. 138 Die Bewertungspraxis der Emissionshäuser wird aber als lückenhaft bemängelt. s. Mül/e1; Going Public, S. 179. 139 s. Rohleder in Wieselhuber Börseneinführung, S. 399. 140 Vgl. Art. II. Abs. 5 des Mustertextes eines Übernahmevertrags in Groß in Bosch I Groß, Das Emissionsgeschäft, Rn. 10/324. Vgl. auch Hein, WM 1996, l. 141 Deshalb kommt es häufig dazu, daß die Emittenten nach der Börseneinführung die niedrigen Ausgabepreise beklagen. Dazu Rohleder in Wieselhuber Börseneinführung, S. 403. 142 Vgl. Art. 1 Abs. a Nr. ii des Mustertextes eines Letter of Engagement in Groß in Bosch I Groß, Das Emissionsgeschäft, Rn. 10 I 323. 143 Zum underpricing-Phänomen bei Aktienemissionen s. Zacharias, Börseneinführung, s. 293. 144 Vgl. Benner-Heinacher in Wieselhuber Börseneinführung, S. 289.
§ I Die Aufgaben der Banken im Geschäftsfeld Aktienemissionen
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festgelegten nicht entspricht. Der Preis als Risikoaspekt scheint eine andere Qualität aufzuweisen. Hierbei handelt es sich vielmehr darum, ob der Ausgabepreis der Aktien dem Unternehmenswert entspricht. Eine Haftung für überhöhte Einführungskurse kommt aber erst in Frage, wenn der Prospekt nach §§ 44 ff. BörsG unrichtig ist 145. (3) Die technische Abwicklung der Aktienplazierung Nachdem die Informationen über Emission und Emittenten verbreitet worden sind, bildet sich im Regelfall bei zahlreichen Anlegern der Wille zum Kauf der Aktie. Das Anlageinteresse des Publikums muß nun die Angebotsseite erreichen. Danach müssen auch die Aktien an die Anleger gelangen. Beides ist für die Abwicklung einer öffentlichen Plazierung unverzichtbar. Wegen ihrer Marktposition und des verfügbaren Netzes erfüllen die Emissionsbanken auch diese Aufgaben. Sie nehmen zunächst einmal die Zeichnungserklärungen des Publikums entgegen146. Dies geschieht einerlei, ob die Bank die neuemittierten Aktien für eigene oder fremde Rechnung verkauft. Selbst wenn sie den Emittenten beim Verkauf der Aktien einfach vertritt, nimmt sie immer noch die Erklärungen der Interessenten entgegen. Als nächstes müssen nun die gezeichneten Aktien unter den gemeldeten Anlegern verteilt werden. Unter dem Begriff Verteilung verstecken sich allerdings zweierlei Vorgänge. Einerseits geht hier die Beschlußfassung vonstatten, welche Anlegergruppen zu welchem Teil als Aktionäre aufzunehmen sind. Sie beruht auf Maßstäben, welche die Emissionsbank und der Emittent setzen 147. Sie hängen mit der strategischen Entscheidung zusammen, wie die Aktionärstruktur der Gesellschaft aussehen sollte (Privatanleger, private Großanleger, Belegschaft, bankeigene oder fremde Fonds usw.) 148. Andererseits handelt es sich um die technische Abwicklung der Verteilung 149 , wenn der Aktionärsbestand beschlossen ist. Nicht nur die letztere Aufgabe erledigen die Emissionsbanken. Auch an der Bestimmung der Aktionärsstruktur der Anlagegesellschaft wirken sie entscheidend mit 150. Gerade diese anscheinend einfache Aufgabe kann sich zum Brennpunkt jeder erfolgreichen Emission entwickeln. Das Kaufinteresse des Publikums ist häufig so groß, daß die Emission mehrfach überzeichnet wird. Dies war vor allem in der Zeit seiner höchsten Blüte im Neuen Markt sehr ausgeprägt zu beobachten. Bei einer Überzeichnung der Emission entsteht unausweichlich eine Konfliktsituation unter 145 Hamann in Schäfer BörsG § 42 Rn. 9. 146 s. für das Bookbuilding-Verfahren Koch I Wegmann, Börseneinführung, S. 165 f. 147 Vgl. Koch I Wegmann, Börseneinführung, S. 77. 148 Hierzu nimmt die Bank in der Auftragsphase eine Unterscheidung der Anleger nach lnvestorentypen. s. Koch I Wegmann, Börseneinführung, S. 166. 149 Das Verfahren legt die Bank fest. s. Müller, Going Public, S. 38. 150 Obwohl grundsätzlich der Emittent über die Zuteilung entscheidet. s. Willamowski, WM 2001, 653, 657.
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I. Kap.: Einleitung
den Zeichnern. Denn die zur Verfügung stehenden Aktien reichen nicht aus, um allen Kaufanträgen nachzukommen. Bei einer überzeichneten Emission läßt sich also nicht vermeiden, daß einige Zeichner nicht die gewünschte Aktienanzahl zugeteilt bekommen 151 . Es kann sogar vorkommen, daß einigen Kaufinteressenten überhaupt keine Aktien zugeteilt werden. Trotzdem sind daraus keine Haftungsansprüche gegen die Angebotsseite abzuleiten. Eine Haftung wegen Nichterteilung gezeichneter Aktien stünde einem Kontrahierungszwang gleich 152 . Ein solcher ist jedoch aus dem geltendem Recht nicht herzuleiten. Ausgangspunkt bleibt auch bei der Bearbeitung der abgegebenen Zeichnungserklärungen die Vertragsfreiheit 153 . Anderweitige Gesichtspunkte, die eine Abweichung hiervon mit sich brächten, scheinen grundsätzlich 154 nicht vorhanden zu sein. Das aktienrechtliche Gleichheitsgebot beansprucht auf diesem Gebiet keine Geltung. Die Zeichner gehören ja längst noch nicht der geschützten Zielgruppe der Aktionäre an 155 . Das börsenrechtliche Gebot der Gleichbehandlung (§ 39 I Nr. I BörsG) vermag ebensowenig einzugreifen 156. Denn die Zeichner sind noch keine Aktieninhaber. Man steht immer noch im Vorfeld der Aktienplazierung. In dieser Phase sieht die Interessenlage anders aus, als wenn die Anlageinteressenten Aktionäre geworden sind. Emittent und Emissionsbanken haben ein berechtigtes Interesse, die öffentlich angebotenen Aktien nach Anlegerkategorien zu verteilen 157 . Die Zusammensetzung des Aktionärbestands ist ein wichtiger Punkt des Emissionskonzepts. Daß ein Zeichner der einen oder anderen Anlegergruppe angehört, kann durchaus ein sachlicher Grund zur differenzierten Behandlung sein 158• 151 Die Emissionsbanken können dem meist nun teilweise dadurch entgegenwirken, daß sie mehr Aktien zuteilen, als sie aus dem ursprünglichen Emissionsvolumen haben. Dazu brauchen sie eine sog. Mehrzuteilungsoption ("greenshoe"). Dazu s. Hein, WM 1996, I, 6; Hoffmann-Becking, FS Lieberknecht, S. 39; Technau, AG 1998,445,457 f.; Koch ! Wegmann, Börseneinführung, S. 223 f.; Zacharias, Börseneinführung, S. 288 f. 152 Vgl. für den Anspruch auf Zuteilung Wil/amowski, WM 2001, 653, 655. Aus dem Anlegerschutzprinzip lasse sich jedoch kein Kontrahierungszwang ableiten. s. Hopt, Der Kapitalanlegerschutz, S. 485. 153 In der Form der Vertragsabschlußfreiheit Vgl. Hein, WM 1996, I, 4; Willamowski, WM 200 I, 653, 656. 154 Nur für den Einzelfall kann von Bedeutung sein, daß sich aus dem Vertragsverhältnis zwischen der Bank und ihrem Anlegerkunden besondere Pflichten zur Berücksichtigung bei der Zuteilung ergeben. Dazu Hopt, Die Verantwortlichkeit, Rn. 214; Hein, WM 1996, I, 5. 155 § 53a AktG dient dem Schutz der Mitgliedschaft der Aktionäre von Eingriffen der Gesellschaftsorgane. s. Hüffer AktG § 53a Rn. 4. Vgl. auch Willamowski, WM 2001, 653, 654m. w. N. 156 Ihm wird im Bereich des Aktienrechts ohnehin keine eigenständige Bedeutung zugemessen. s. Groß, Kapitalmarktrecht, § 44-44d BörsG Rn. 2m. w. N. 157 Vgl. Hein, WM 1996, I, 5; Wil/amowski, WM 2001, 653, 658. Willamowski versucht ferner (ebd., 656 f.) die Zuteilung nach sachlichen Kriterien durch die Beschränkung der vertraglichen Gestaltungsfreiheit aufgrund eines vorvertragliehen Verhältnisses zu gewährleisten. Die Grundsätze der BSK für die Aktienzuteilung dienen einem transparenten Zuteilungsverfahren. Dazu Willamowski, ebd., 662 ff.
§ I Die Aufgaben der Banken im Geschäftsfeld Aktienemissionen
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Insofern kann auch der allgemein-zivilrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz nicht eingreifen 159. Dem Emittenten und der Emissionsbank müssen weitgehende Spielräume freistehen. Daher sollen sie unbefriedigte Zeichnungsanträge nicht zu verantworten haben. Die Verteilungspraxis soll daher ohne Haftungskonsequenzen bleiben.
b) Die Übernahme für den Sekundärmarkt bestimmter Aufgaben Die Banken übernehmen ferner im Vorfeld einer Emission auch anderweitige Aufgaben. Diese sind darauf gerichtet, auf dem Sekundärmarkt einen liquiden und schwankungsfesten Handel mit der Aktie zu gewährleisten. Hierfür eignen sich die Kreditinstitute aus mehreren Gründen. Die Emissionsbank steht in einem besonders engen Verhältnis zum Emittenten. Da sie das Emissionskonzept entwickelt hat, muß sie auch das Kurspotential und mögliche Schwächen der Aktien kennen. Als Bank muß sie desweiteren als Marktteilnehmer an der Börse zugelassen sein. Ihr stehen außerdem normalerweise zahlreiche finanzielle Mittel für Wertpapiertransaktionen zur Verfügung. All dies versetzt insbesondere die federführende Bank in die Lage, Kurspflege der Aktien zu betreiben 160 oder Marktschutzvereinbarungen zu überwachen. Alle Emissionsbeteiligten sind ohnehin an einer stabilen Kursentwicklung der Aktien jenseits marktfremder Einflüsse interessiert 161 . Der Handel an der Börse kann von sich selbst jedoch dies nicht immer gewährleisten. Nachfrage- sowie Angebotsengpässe können beispielsweise sachlich nicht begründete gravierende Kursentwicklungen auslösen. Hierzu bedarf es der Kurspflege oder der Stabilisierung durch die Banken. Sie besteht darin, durch marktausgleichende An- und Verkäufe der stabilen Kursentwicklung zu dienen, um ein Abgleiten oder künstliche Steigerungen der Kurse zu verhindern 162 . Die Kursstützung zeichnet sich hingegen dadurch aus, daß die Banken Aktien kaufen, um ihren Kursrückgang abzuschwächen163. Die Intervention geht hierbei nur in die eine Richtung.
158 Wären die Zeichner hingegen gleich zu behandeln, könnte sich daraus ein Abschlußzwang ergeben. s. dazu generell Soerge/ 1WolfVor § 145 BGB Rn. 50. 159 Nach Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2268, gelte dieser Grundsatz im Verhältnis zwischen der Bank und ihren Kunden grundsätzlich nicht. 160 Dies ist tatsächlich meistens so. s. Hamann in Schäfer BörsG § 42 Rn. 8. 161 Die Anleger, um ihr Engagement jederzeit liquidieren zu können. Vgl. Plückelmann, Der Neue Markt, S. 59 und 97. Die Banken um ihres Emissionskredits willen. Vgl. Bösch, Die Kurspflege, S. 53. Der Emittent um seiner Attraktivität als Anlagemöglichkeitwillen angesichts künftiger Kapitalerhöhungen. Vgl. Plückelmann. ebd., S. 166. 162 s. Schäfer, WM 1999, 1345; Hopt, Der Kapitalanlegerschutz, S. 117 f.; Kümpel, Bankund Kapitalmarktrecht, Rn. 9.36. 163 s. Bösch, Die Kurspflege, S. 36; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 9.37.
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I. Kap.: Einleitung
Diese Stabilisierungsmaßnahmen können im Prinzip der Emittent und die Emissionsbank miteinander frei vereinbaren. Eine allgemeingültige gesetzliche Verpflichtung zur Kurspflege oder vielmehr -Stützung ist nicht vorgesehen. Häufig ist jedoch die Angebotsseite mittelbar dazu verpflichtet, eine dahingehende Vereinbarung zu treffen 164. In Absch. 3 Ziff. 4 I I RNM wird gefordert, daß jede in diesem Marktsegment gehandelte Aktie mindestens zwei Betreuer oder Designated Sponsors165 hat 166. Nach Absch. 3 Ziff. 4 I 2 RNM muß dies sogar vor der Aufnahme des Handels nachgewiesen werden. Ähnliches wird auch für die Aufnahme 167 einer Aktie in das SMAX-Segment der kleineren Emittenten aus den traditionellen Börsensegmenten gefordert 168. Mittlerweile hat sich daher die Kurspflege durch die Banken 169 zu einem Pflichtinstrument des Börsenhandels zahlreicher Aktien entwickelt. Heftige Kursrückschläge werden typischerweise dadurch ausgelöst, daß man eine neue große Tranche von Aktien kurz nach der Emission zum Kauf anbietet. Dies kann in zweierlei Gestalten vorkommen. Zum einen, wenn die Altaktionäre noch nicht veräußerte Aktien auf den Markt bringen. Zum anderen, wenn der Emittent eine Kapitalerhöhung vornimmt. Zur Abhilfe dieser Kursrisiken bedarf es nicht der Kurspflege. Man pflegt hingegen bei einer IPO die Altaktionäre und die Gesellschaft zu verpflichten, derartige Schritte für eine bestimmte Zeit zu unterlassen 170. Diese Verpflichtung gehen sie im Rahmen einer sog. Marktschutzvereinbarung ein 171 • Für ihren Vertragspartner bei dieser Vereinbarung eignet sich am besten die federführende Emissionsbank 172• Wegen ihrer Nähe zum Emittenten,
164 Die Deutsche Börse AG hat sogar einen Mustervertrag hierfür entwickelt. s. P/ückelmann, Der Neue Markt, S. 99 f. Zum Inhalt und zur Rechtsnatur dieses Vertrags s. Plücke/mann, ebd., S. 163 ff. 165 Letztere haben am 12. 10. 1998 das Institut des Betreuers abgelöst. Dazu P/ücke/mann, Der Neue Markt, S. 97 ff. 166 s. PolthoffI Stuh/fauth, WM 1997 SonderbeiL Nr. 3, S. 12. 167 Die Aufnahme in den SMAX ändert nichts an der Zulassung des Unternehmens zum Amtlichen Markt oder zum Geregelten Markt. Vgl. Hauptmann in Vortmann § 3 Rn. 177. Damit hängen gestiegene Publizitätsanforderungen zusammen, die sich auf den Sekundärmarkt beziehen. s. Koch I Wegmann, Börseneinführung, S. 64; Zacharias, Börseneinführung, S. 209 f. Aus der hier kritischen Sicht der Börseneinführung sind die SMAX-Emittenten weiterhin Emittenten der o.g. Marktsegmente. 168 s. C/aussen, Bank- und Börsenrecht, S. 465 Rn. 48. 169 Designated Sponsor wird in der Regel die Emissionsbank. s. Plückelmann , Der Neue Markt, S. 100; Zacharias, Börseneinführung, S. 203; Kersting, AG 1997,222, 226. 170 Nach Absch. 2 Ziff. 7.3.9. RNM ist der Emittent dazu verpflichtet. Vgl. Tee/mau, AG 1998, 445, 457; Kersting, AG 1997, 222, 226 f.; Koch I Wegmann, Börseneinführung, S. 60 f. 171 Auch Marktschonungsvereinbarung genannt. Dazu Luuer l D1yga/a, FS Raisch, S. 246 f .; Claussen, Bank- und Börsenrecht, S. 641 Rn. 339. 172 Aus der Sonderposition der Bank als Gläubiger dieser Vereinbarung wird übrigens gefolgert, daß letztere Schutzwirkung zugunsten der Aktiengesellschaft entfaltet. Dazu Lutter ! Dryga/a, FS Raisch, S. 247 f.
§ I Die Aufgaben der Banken im Geschäftsfeld Aktienemissionen
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ihrer Marktkenntnisse und ihrer Infrastruktur 173 kann sie sich darum kümmern, daß diese Vereinbarung eingehalten wird 174• Die Banken nehmen durch die Kurspflege sowie die Überwachung der Marktschutzvereinbarungen Einfluß auf den Aktienkurs des Emittenten. Auch bei diesen Dienstleistungen ist ein gewisses Schädigungspotential für die Anleger nicht zu übersehen. Wenn die mit diesen Aufgaben betraute Bank nicht fachgerecht vorgeht, kann sie bei den Anlegern Kursverluste verursachen. Ob sie hierfür einzustehen hat, bleibt jedoch in dieser Untersuchung dahingestellt. Denn die gerade angesprochenen Dienstleistungen weisen beachtliche Unterschiede zu den hier angestrebten Forschungszielen auf. Diese Aufgaben der Banken werden zwar im Vorfeld einer Emission übernommen. Aber sie werden erst danach im Sekundärmarkt zu erfüllen sein. Die hiermit verbundenen Haftungsrisiken tauchen nicht bei, sondern nach der Emission auf. Sie gehören daher nicht zu der Problematik, mit der sich die Arbeit befassen will. Ihr Unterschied liegt aber nicht nur in dem Zeitpunkt, in dem sie ihre Haftungsrelevanz erweisen. Ob die o.g. Dienstleistungen der Banken im Primär- oder im Sekundärmarkt erbracht werden, bestimmt auch ihre Funktion und Natur mit. Denn je nach Marktphase sind verschiedene Bedürfnisse zu befriedigen. Im Primärmarkt fragt man nach aufschlußreichen Informationen über den Emittenten. Auf dieses Interesse sind die Dienstleistungen der Banken in dieser Phase gerichtet. Im Sekundärmarkt wird überdies die Sicherung einer stabilen Kursentwicklung benötigt. Kurspflege und Marktschutzvereinbarung 175 zielen gerade hierauf ab. Sie weisen keine informative Natur auf. Dies unterscheidet sie sachlich von den eigentlichen Bankaufgaben einer Aktienemission und rechtfertigt, sie außer acht zu lassen 176 • Ob über sie bei der Emission richtig informiert worden ist, ist sicherlich eine Frage der eingesetzten Informationsmittel und somit auch hier interessant 177 . Aber ob sie richtig erbracht werden, gehört sachlich dem Themenkreis dieser Studie nicht an 178 .
m Die Vereinbarung wird in der Regel durch die Einrichtung eines Sperrdepots bei der Emissionsbank abgesichert. Vgl. Plücke/mann, Der Neue Markt, S. 184 f. 174 So ist eine Kapitalerhöhung des Emittenten nach der Marktschutzvereinbarung von der Zustimmung der Emissionsbanken abhängig. Die Wirksamkeit dieser Klausel ist zweifelhaft. Dazu s. Technau, AG 1998,445,457. 175 Vgl. Plückelmann, Der Neue Markt, S. 177, es solle einer vorschnellen Ausweitung des free float vorgebeugt werden. 176 Obwohl es auch dabei an interessanten rechtlichen Fragen nicht fehlt. Vgl. etwa zum Verhältnis zwischen Designated Sponsor und Anlegern Plückelmann, Der Neue Markt, s. 168 ff. m Nach §§ 32 I Nr. 2 und 51 I Nr. 2 BörsG etwa muß erstmals ausdrücklich der Prospekt Angaben über Marktschutzvereinbarungen enthalten (s. auch§ 16 I Nr. 14 BörsZuiV). s. Möllel; WM 2001,2405,2407. 178 Vgl. etwa für die Marktschutzvereinbarungen Plückelmann, Der Neue Markt, S. 182 f., wenn die Altaktionäre die Vereinbarungen mit dem Emissionskonsortium nicht einhielten, ... seien damit die Angaben im Prospekt weder unrichtig noch unvollständig. 4 Liappis
2. Kapitel
Die Bezungspunkte der Untersuchung § 2 Thematische Absteckung und Zielsetzung I. Betrachtung der Bankentätigkeit aus haftungsrechtlicher Sicht
Im Mittelpunkt der folgenden Ausführungen steht die haftungsrechtliche Beurteilung der Dienstleistungen der Banken bei Aktienemissionen. Wie eben dargelegt, können ihre Fehlleistungen bei der Informationsvermittlung im Vorfeld einer Emission finanzielle Einbußen hervorrufen. Es wird daher zu erforschen sein, ob sie diese Schäden ausgleichen müssen. Durch die Blickrichtung auf die Haftung der Emissionsbegleiter soll hier dreierlei Zielsetzungen gedient werden. Die Studie soll ihre Relevanz zunächst einmal vor Gericht entfalten, wenn Haftungsansprüche geltend gemacht werden. Der hier eingeschlagenen Betrachtungsweise kommt überdies eine weitere Bedeutung zu. Sie hängt nämlich mit der Abschreckungsfunktion des Haftpflichtrechts zusammen. Eine klare Zuweisung von Haftungsrisiken könnte demnach zu einer außergerichtlichen Kompromißbereitschaft der Banken beitragen. Umständliche Gerichtsverfahren und Reputationsschäden 1 blieben damit den Beteiligten erspart. Aber noch wichtiger erscheint die Präventionswirkung eines deutlichen Gefüges von Haftungs- und mithin Verhaltensnormen2 • Erst wenn dies besteht, können sich die Betroffenen hierauf einstellen, um eben Haftungsrisiken entgegenzuwirken3 . Somit lassen sich die Informationsqualität verbessern4 und der Schutz des Individuums und des Marktes5 weitestgehend sicherstellen. Gerade diesen Zielen sieht sich diese Untersuchung verpflichtet. I Paskert, Informations- und Prüfungspflichten, S. ll6 und 131 f. führt das große Eigeninteresse der Banken an der Richtigkeit des Prospekts auf Reputationsgründe zurück. Ygl. auch Kohl I Kühler I Walz I Wüstrich, ZHR 1974, I, 29. 2 Ygl. Ekkenga, Anlegerschutz, S. 45: die Haftungsandrohung sei geeignet, disziplinierend auf den Publizitätspflichtigen einzuwirken. Vgl. auch Gerber, Prospekthaftung, S. 103 f. Generell für Werbeangaben Lehmann, NJW 1981, 1233, 1235. 3 So werden die Aufklärungspflichten ein Instrument zur Einhaltung eines Mindeststandards ordentlicher Berufsausübung. Dazu Hopt, Bankrechtstag 1992, S. 4.
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Die Haftungsregelung beugt der Fehlinformation vor. s. Horst, Kapitalanlegerschutz,
s. 222 f.
s Zur Untrennbarkeil von Individual- und Marktschutz im allgemeinen s. Hopr, Der Kapitalanlegerschutz, S. 51 und 336 f.; Schwarz, Die Börseneinführungspublizität, S. 35 f. ; Gerbel; Prospekthaftung, S. 33. Eher unterscheidend Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 8.173 ff.
§ 2 Thematische Absteckung und Zielsetzung
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1. Haftungsnormen und Verhaltensregeln
Die Haftungsnonnen sollen aber gerade Verhaltensregeln bewehren6 . Zur Verantwortung wird gezogen, weil derartige Regeln nicht geachtet und somit Haftungstatbestände erfüllt wurden 7 . Eine hinreichende Behandlung von Haftungsnormen kann sich also nicht nur auf deren Rechtsfolgen beschränken. Sie soll auch auf die Haftungsvoraussetzungen blicken. Dabei hat sie mithin zu erörtern, welche Verhaltensnormen wie in die Haftungserwägungen mit einzuschließen sind. Dieser Weg soll auch hier eingeschlagen werden. Es wird nämlich auf die Nonnen zurückzugreifen sein, welche den Banken vorgeben, wie sie Informationen bei einer Emission verbreiten müssen. Wenn sie explizit vorhanden sind, dann sollten sie erläutert werden. Sind sie hingegen nicht expressis verbis statuiert, sind sie erst herauszuarbeiten. Durch diese Sichtweise soll sich schließlich herausstellen, für welches Verhalten inwiefern die Emissionsbanken einzustehen haben. Wie bereits dargelegt, nehmen die Emissionsbegleiter großenteils Aufgaben wahr, die auch den Emittenten treffen oder treffen könnten. In der Regel unterscheiden die Vorschriften, die Informationspflichten bei Emissionen auferlegen, zwischen dem Emittenten und der begleitenden Bank gar nicht8 . Die gesamte Angebotsseite scheint aus dieser Sicht einheitlich behandelt zu werden. Die Pflichtenlage der Emissionsbanken ist daher nur dann vollständig zu erfassen, wenn man den Blickpunkt erweitert. Man hat nämlich über die streng bankbezogenen Regelungskomplexe hinauszuschauen. Das Maß für die Infonnationspflichten der gesamten Angebotsseite gibt das Gesamtregelungsgefüge über die Aktienemissionen. Die undifferenziert aufgebürdeten Verhaltenspflichten sind dann ggf. an die Sachlage der Banken anzupassen. Manche Ausführungen dieser Studie mögen wiederum auch auf den Emittenten zu übertragen sein, obwohl dieser Aspekt hier nicht im Mittelpunkt steht. Diese allgemeinen Pflichten beziehen sich auf das Außenverhältnis der Angebotsseite gegenüber den Anlegern. Sie sind gemeinsame Pflichten des Emittenten und der Emissionsbank gegenüber Dritten. Sie betreffen das Innenverhältnis dieser beiden hingegen nicht.
2. lnpflichtnahme der Emissionsbank zum Schutz des Anlegers
An einer Aktienemission beteiligen sich grundsätzlich dreierlei Akteure, nämlich der Emittent, der Anleger und der Emissionsbegleiter9• Der Emittent begibt 6 Sie sind daher sowohl Verhaltens- als auch Entscheidungsnormen. Dazu vgl. Rüthers, Rechtstheorie, Rn. 126 ff. 7 Vgl. etwa Hvpt, Die Verantwortlichkeit, Rn. 155. Er bezeichnet die Nachforschungspflicht der Prospektersteller als echte Verhaltenspflicht Wenn sie nicht eingehalten wird, kann dies eine Haftung wegen unrichtigen Prospekts auslösen. s Vgl. Groß, Kapitalmarktrecht, § 45, 46 BörsG Rn. 33, die Pflicht zur Aktualisierung des Prospekts treffe grundsätzlich alle Prospektverantwortlichen.
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2. Kap.: Die Bezugspunkte der Untersuchung
die neuen Aktien bzw. seine Altaktionäre stoßen ihre Anteile ab. Bei der praktisch dominierenden Emissionsmethode übernimmt die Bank die zu plazierenden Aktien. Somit nimmt sie auch das damit verbundene Plazierungsrisiko auf sich. Sie bietet dann die übernommenen Aktien im eigenen Namen dem Publikum an. Der Anleger erwirbt seinerseits bei der Emissionsbank die gewünschten Aktien. Hierdurch nimmt er am Grundkapital und dem Unternehmen des Emittenten teil. Hier soll allerdings nur auf die Beziehungen zwischen Emissionsbanken und Anlegern eingegangen werden. Diese thematische Eingrenzung läßt sich durch die Besonderheiten dieser Rechtsbeziehungen rechtfertigen. Das Verhältnis zwischen Emittenten und Emissionsbanken beruht auf vertraglicher Grundlage 10 • Die dabei aufkommenden Fragen hängen mit der Wahrung des vertraglichen Gleichgewichts zusammen. Sie sind eher im Rahmen einer KlarstelJung der gegenseitigen Pflichten und Rechte zu lösen ll_ Bei der meistpraktizierten Festübernahme der Aktien von der Emissionsbank wirft die Beziehung zwischen Emittenten und Anlegern kaum sonderliche Probleme auf. Sie kommt im wesentlichen erst durch den Erwerb, d. h. die Zuteilung der Aktien und die Einzahlung des Ausgabepreises zustande. Diese Beziehung entfaltet ihre Wirkung erst mit dem Ausklang der Emission 12 . Bei der Emission kommt der Emittent in Berührung mit dem Anleger, wenn er ihm Informationen übermittelt. Dies erfolgt vorwiegend durch den Prospekt 13 . Hierbei informiert der Emittent das anlagesuchende Publikum über sich selbst. Naheliegenderweise hat er für die Prospektangaben auch einzustehen. Die Gefährdung der Anleger durch falsche Prospektinformationen ist insbesondere als ein Problem ihrer Beziehung zur Emissionsbank zu betrachten 14 • In dieser Beziehung spiegeln sich sämtliche Besonderheiten der Bankenstellung im Emissionswesen wider. Selbst bei einer Festübernahme der Aktien tritt die Emissionsbank genaugenommen als Intermediär 15 auf. Sie verkauft ein selbstbetreutes, den9
Vgl. Hopt , Die Verantwortlichkeit, Rn. 34 ff.
w Detailliert dazu Hopt, Die Verantwortlichkeit, Rn. 37 und 40; ders., FS Kellerrnann,
s. 190 f.
II Vgl. De Meo, Bankenkonsortien, S. 133 Rn. I. Er fokussiert seine Ausführungen zu diesem Verhältnis ,.auf das vertragliche Regelungspotential des Außenvertrags" (meint des Vertrags zwischen Konsortium und Emittenten). 12 Regelmäßig fehlt es dabei an einer vertraglichen Beziehung zwischen Emittenten und Aktienerwerber. Vgl. Schwark, FS Raisch, S. 278. Hier geht es also um die Beziehung zwischen Aktiengesellschaft und Aktionär. Vgl. Grundmann in Bankrechts-Handbuch § 112 Rn. 109; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 9.211 ; Schwintowski I Schäfer, BankR, § 15 Rn. 106.
13 Vgl. Hopt, FS Kellerrnann, S. 191 f., neben den korporationsrechtliehen Beziehungen komme ferner eine Emissionsprospekthaftung des Emittenten in Betracht. Vgl. auch Schwintowski I Schäfer, BankR, § 15 Rn. 109. 14 Hopt, Der Kapitalanlegerschutz, S. 342 kommt nach einer ausführlichen Analyse zum allgemeinen Ergebnis, daß erst die Banken den Anleger in den Stand setzen, eine richtige Anlageentscheidung zu treffen.
§ 2 Thematische Absteckung und Zielsetzung
53
noch nicht selbsthergestelltes, ein fremdes Finanzprodukt Sie übermittelt nach außen Informationen über und für ein drittes Unternehmen. Die erforderliche Nachfrage kommt erst durch ihre Einflußnahme überhaupt zustande. Der Anleger verläßt sich auf die auftretende Bank und ihre Äußerungen zu der Emission und dem Emittenten 16• Gerade diese Bank stellt ihm unerläßliche Informationen zur Verfügung. Um eine erfolgreiche Plazierung sicherzustellen, trifft ausgerechnet die Emissionsbank ein Bündel von Informationsmaßnahmen. Sie kommt somit unter den unterschiedlichsten Umständen mit dem Anleger in Berührung 17 . Die Verhältnisse zwischen Emissionsbanken und Anlegern zeichnen sich deswegen durch eine besondere Vielfalt und Komplexität 18 aus 19 • Gerade dies stellt eine dogmatische Herausforderung, welche die ausschließliche Aufmerksamkeit dieser Untersuchung durchaus verdient. Nur wenn die Beleuchtung der Beziehungen zwischen Banken und Anlegern dies verlangt, wird hingegen auf die anderen zwei Verhältnisse eingegangen. In den Beziehungen des Emittenten zu der Bank oder zu dem Anleger20 mögen heikle Fragestellungen durchaus vorhanden sein. Sie sollen aber den Blickpunkt des vorliegenden Beitrags nicht auf sich ziehen. 3. Aufbau eines über die§§ 44 ff. BörsG hinausgehenden Haftungssystems
Schon der vorausgegangenen Darstellung ist zu entnehmen, daß die Aktienemission den Inbegriff verschiedener Dienstleistungen ausmacht. Dennoch trifft man hierauf abgestimmte Rechts- und vielmehr Haftungsnormen nur in eingeschränktem Umfang an. Auf den primären organisierten Aktienmarkt zugeschnitten ist bloß die Haftungsregelung der §§ 44 ff. BörsG. Sie erfaßt aber nur eine dieser Dienstleistungen, nämlich die Herausgabe des vorgeschriebenen Prospekts2 1• Dieser Beitrag will sich nicht hierauf beschränkt sehen. Er will vielmehr sämtliche emissionsgebundenen Dienstleistungen in haftungsrechtlicher Hinsicht erörtern. Zur Mittlerfunktion der Emissionsbanken vgl. Hopt, Die Verantwortlichkeit, Rn. 61 f. Vgl. Hopt, Die Verantwortlichkeit, Rn. 74 f. l7 Obwohl die Emissionsbank nicht unbedingt Vertragspartner des Anlegers ist. S. Hopt, FS Kellermann, S. 192. 18 Vgl. Hopt, Die Verantwortlichkeit, Rn. I, hierbei seien die Rechtsprobleme komplizierter und die Haftungsrisiken ungleich schwerer zu kalkulieren. 19 Claussen, Bank- und Börsenrecht, S. 488 Rn. 80, merkt bspw., zwischen dem Ersatzberechtigten und dem Ersatzpflichtigen bestehe i.d.R. kein Vertrag, auch kein allgemeiner Bankvertrag, so daß eine Vertragshaftung entfalle. Oder auch kein Vertrauensverhältnis für eine c.i.c. Dazu LG Frankfurt a.M., Z1P 1996,25, 26. 2o Kontrovers wird etwa diskutiert, ob der Anleger Prospekthaftungsansprüche trotz des Verbots der Einlagenrückgewähr gegen den Emittenten geltend machen kann. Die mittlerweile h.M. bejaht grundsätzlich diese Frage. § 57 AktG wird demnach von den §§ 44 ff. BörsG verdrängt. So erschöpfend Cebaue1; Börsenprospekthaftung, vor allem S. 191 ff., 219 ff. Auch Krämer!Baudisch, WM 1998, 1161, 1162 ff.; Hopt, BörsG § 45 Rn. 5; LG Frankfurt a.M., WM 1998, 1181 , 1185 ff. Sehr differenziert Schwark, FS Raisch, S. 277 ff. 21 Vgl. Assmann, FS Kühler, S. 338 f. 15
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2. Kap.: Die Bezugspunkte der Untersuchung
Insofern soll er über die spezialgesetzliche Prospekthaftung hinausschauen. Diese Gesamtbetrachtung erscheint angebracht, zumal all diese Dienstleistungen demselben Geschäftszweck dienen. Sie sollen zur Übermittlung von Informationen über dieselbe Emission und zu deren Erfolg verhelfen. Sie bergen gerade deshalb homogene Gefahren für die Anleger. Sie können einen sachfremden Eindruck über den Emittenten bei ihnen herbeiführen. Dies kann schadensträchtige Investitionen in die neuemittierten Aktien zur Folge haben. Bei diesen Dienstleistungen unterscheiden sich nur manche Umstände und die befolgte Durchführungsstrategie. Die funktionsbedingten weitreichenden faktischen Zusammenhänge wirken sich auch auf die damit verbundenen Rechtsfragen aus. Ein Fehler der Emissionsbank soll bspw. bei der rechtlichen Beurteilung aller dieser Dienstleistungen im Prinzip einheitlich zu behandeln sein. Die einschlägigen Rechtsinstitute sollen dahingehend ausgelegt werden. Die relevanten Tatbestände sind ohnehin zum Teil dekkungsgleich. Denn sie sollen weitestgehend gleiche Sachverhalte erfassen. Sie bleiben jedoch bei allen tatbestandliehen Überschneidungen unterschiedliche Rechtsnormen. Sie weisen daher auch teilweise entscheidend differenzierte Merkmale auf. Dieses Zusammenspiel von Gemeinsamkeiten und Unterschieden fördert hochinteressante Konkurrenzfragen zutage. Es führt überdies auch dazu, Analogieüberlegungen anstellen zu müssen. Daher stellt sich diese Untersuchung der Aufgabe, die kritischen faktischen und rechtlichen Zusammenhänge zu ermitteln. Hieraus soll ein Gesamtbild herausgearbeitet werden. Dies soll den Geschäftsbereich Informationsübermittlung durch die Banken bei börslichen Aktienemissionen möglichst weitgehend abdecken. So kann eine gewisse Systematik des Haftungsgefüges hergestellt werden 22 .
II. Aktieneinführungen über alle Börsensegmente I. Die Aktie als Schwerpunkt der Untersuchung
Zum Gegenstand werden die nachstehenden Ausführungen die Verantwortlichkeit der Banken nur bei Aktienemissionen haben. Die Emissionen festverzinslicher Wertpapiere23 bleiben hingegen außer Betracht. Diese thematische Absteckung läßt sich dadurch rechtfertigen, daß die Börseneinführung von Aktien risikobehafteter erscheint als die von Renten24 . Bei einer Aktienemission kommt es darauf an, den Aktienwert richtig zu schätzen. Dieser Wert stellt aber eine dynamische Größe 22 Zum Systembegriff bzw. zur Zusammenschau von Rechtsnormen s. etwa Rüthers, Rechtstheorie, Rn. 139. 23 Hiermit werden die Schuldverschreibungen bzw. die Rentenwerte gemeint. Zur Terminologie C/aussen, Bank- und Börsenrecht, S. 523 Rn. 133. 24 Vgl. Claussen, Bank- und Börsenrecht, S. 628 Rn. 323, ungleich komplexer als die Emission von Anleihen sei die Emission von Aktien. Eigenkapitaltitel seien rechtlich und wirtschaftlich anspruchsvoller als Anleihen.
§ 2 Thematische Absteckung und Zielsetzung
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dar, die von schwer meß- und nachweisbaren Faktoren mit bestimmt wird. Unerläßlich ist es jedenfalls hierbei, den Wert des Unternehmens zu ermitteln. Hinzu muß man auch eine Zukunftsprognose für seine Entwicklung abgeben. Diese Arbeit ist gerade auf Informationen über den Emittenten zu stützen. All dies fordert die Informationsvermittlung bei einer Aktienemission sehr stark heraus. Diese Lage zieht insofern beträchtliche Schädigungs- und Haftungspotentiale nach sich. Bei Renten sind hingegen die Risikofaktoren nicht so ausgeprägt. Hierbei handelt es sich vornehmlich bloß um die Bonität des Emittenten und die deutliche Gestaltung der Anleihebedingungen25 . Diese wirtschaftlichen Unterschiede erweisen sich nicht selten als der Grund für die teilweise unterschiedliche rechtliche Behandlung26 beider Emissionsarten. Es werden nämlich je nach Anlageart zum Teil verschiedene Informationsanforderungen gestellt27 . Bei genauem Hinsehen bestätigt das Recht der Börseneinführung diese differenzierende Sichtweise28 . So läßt § 51 III BörsG einen älteren Prospekt oder eine schriftliche Darstellung anstau eines neuen Unternehmensberichts genügen29. Voraussetzung hierfür ist aber, daß die Veröffentlichung des älteren Publizitätsmittels nicht sehr weit zurückliegt. Gerade an der zulässigen vergangenen Zeitspanne unterscheidet sich die Regelung für Schuldverschreibungen und Aktien. Sie beläuft sich für die ersteren auf drei Jahre und für die letzteren auf nur sechs Monate. Diese Diskrepanz belegt die Vorsorge dafür, daß bei einer Aktienemission die gelieferten Auskünfte am aktuellsten sind. Ferner fordert § 20 I Nr. 2 BörsZulV, die Umsatzerlöse des Emittenten im Prospekt anzugeben. Bei einer Aktienemission ist diese Angabe für die letzten drei, bei Schuldverschreibungen nur für zwei Geschäftsjahre erforderlich. Auch hieraus ersieht man die Bemühung, bei einer Aktienemission eine breitere Informationsbasis zu gewährleisten. Viel mehr erlangt aber der faktisch unterschiedliche Informationsbedarf beider Anlagearten rechtliche Relevanz angesichts generalklauselartiger Prospektvorgaben. So gebieten die§§ 13 I I BörsZulV und 2 I 1 VerkProspVO, daß der Prospekt über alle Verhältnisse Auskunft gibt, die für die Beurteilung der Wertpapiere wesentlich sind. Für die Beurteilung einer Aktie und einer Schuldverschreibung erweisen sich faktisch jedoch als wesentlich zum Teil jeweils verschiedene Aus25 Ähnlich kommt es auch bei Emissionen von GenuGscheinen auf die sog. Ausschüttungsbedingungen an. s. Kunz, Die Börsenprospekthaftung, S. 106 ff. 26 Hüffer, Wertpapier-VerkProspG, S. 87, merkt sogar an, im Börsenzulassungsprospekt sei die Differenzierung zwischen Aktien und Schuldverschreibungen stärker ausgeprägt als im VerkProspG. 27 Grundmann in Bankrechts-Handbuch § 112 Rn. 10, scheint diesen Unterschieden keine große Bedeutung zuzuschreiben. Er meint, insbesondere die Publizitätsvorschriften seien aneinander weitgehend angeglichen. 28 Auch die europarechtlichen Richtlinien behandeln Aktien anders als andere Wertpapiere, insb. Schuldverschreibungen. S. etwa zu den unterschiedlichen Inhaltsanforderungen an den Prospekt nach der BP-RL (nunmehr kodBZI-RL) Heinze, Europäisches Kapitalmarktrecht, S. 118 ff. 29 Vgl. Groß, Kapitalmarktrecht, § 73 BörsG Rn. 6.
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2. Kap.: Die Bezugspunkte der Untersuchung
künfte. Hierbei fehlt es beträchtlich an tiefgehenden sachlichen Gemeinsamkeiten. Es wäre freilich denkbar, trotzdem die Informationsdefizite beider Anlagearten und ihre Haftungsrelevanz gemeinsam zu erörtern. Dies stünde jedoch dem Versuch gleich, zweierlei Themenkreise unter ein und dasselbe Dach zu bringen. Hierdurch würden jedoch die sachlichen Unterschiede nicht auf einmal weggeräumt. Die inhaltliche Kohärenz des Forschungsfeldes könnte daher auch nicht verschont bleiben. Insofern will sich diese Untersuchung auf die heiklere Problematik der Haftung nur bei den Aktienemissionen konzentrieren. In der Praxis hat es sich durchgesetzt, unter Aktienemission jegliche Einführung von Aktien auf dem Markt zu verstehen. Dem schließt sich auch die vorliegende Darstellung an. Sie stellt auf die Einführung von Aktien an der Börse ab, einerlei, welcher aktienrechtliche Vorgang vorausgegangen ist. Die Wertpapiere können insofern aus einer Kapitalerhöhung oder einfach aus dem Altbesitz der bisherigen Aktionäre stammen. Ebensogut können sie anläßlich einer Verschmelzung, einer Spaltung oder eines Umtausches ausgegeben sein. Gleichgültig ist in diesem Sinne ferner, ob die Anlagegesellschaft schon an der Börse notiert ist oder erst jetzt dort aufgenommen wird. Manchmal scheint jedoch der etablierte Ausdruck Neuemission nicht präzise zu sein30 . Dies ist dann der Fall, wenn es sich dabei um die Einführung schon vorhandener Aktien an der Börse handelt. Diese Aktien werden strenggenommen nicht neuemittiert, sondern bloß an die Börse gebracht 31 . Den gemeinten Sachverhalt gibt präziser die Bezeichnung Börseneinführung wieder. Sie wird nicht nur deswegen in dieser Studie wechselweise neben dem Ausdruck Emission benutzt. Denn es gibt auch weitere Fallkonstellationen, in denen der Begriff Börseneinführung besser erscheint als Emission. Dies liegt daran, daß eine Aktienemission nicht unbedingt mit der Einführung der neuen Aktien an der Börse einhergehen muß32 .
2. Der Standpunkt der Arbeit innerhalb der Marktlandschaft
Im Rechtsverkehr kommt es auch vor, daß Aktien dem Publikum zur Zeichnung bzw. zum Kauf angeboten werden, ohne an der Börse eingeführt zu werden. Diese außerbörslich durchgeführten Aktienemissionen gehören dem Gegenstand dieser 30 Es sei denn, man definiert die Emission mehr im wirtschaftlichen Sinne als die Gesamtheit aller Vorgänge, die bei der ersten Ausgabe einer größeren Anzahl von Wertpapieren erforderlich seien. So Hüffer, Wertpapier-VerkProspG, S. 4 f.; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2237. 31 Unter Emission versteht man aber grundsätzlich auf einmal zweierlei, nämlich die Ausgabe bzw. Begebung und die Plazierung der Aktien. S. u. a. Kümpe/, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 9.2; Hopt, Die Verantwortlichkeit, Rn. 19; Grundmann in Bankrechts-Handbuch § 112 Rn. I; Schwintowski I Schäfer, BankR, § 15 Rn. I; Paskert, Informations- und Prüfungspflichten, S. 5 f. 32 Zur Unterscheidung der Begriffe Zulassung, Emission, Börseneinführung usw. vgl. u. a. Groß, Kapitalmarktrecht, § 36 - 39 BörsG Rn. I.
§ 2 Thematische Absteckung und Zielsetzung
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Untersuchung jedoch nicht an33 . Sie unterliegen zwar nach § VerkProspG der Prospektpublizität, wenn ihre Aktien öffentlich angeboten werden 34 . Dennoch gehen sie auf einem sonst nicht organisierten Markt vonstatten. In diesem Marktbereich fehlen sowohl die großen Emittenten als auch die großen Emissionsbegleiter. Man kann ferner die weitgehend uneinheitliche Vertriebs- und Informationspraxis kaum ins Auge fassen. Insofern will diese Arbeit auf die Berücksichtigung dieses Marktbereichs verzichten. Dies schließt nicht aus, daß hier vertretene Thesen vor allem zur Prospekthaftung auch auf diesem Gebiet zutreffen mögen. Im Gegensatz dazu, wird die Haftungsproblematik bei Aktieneinführungen in allen Börsensegmenten35 erörtert. Amtlicher Markt, Geregelter Markt, der Frankfurter Neue Markt und Freiverkehr sollen trotz aller Unterschiede in Betracht gezogen werden 36 . Denn ihre Gemeinsamkeiten scheinen aus der hier kritischen Sicht entscheidend zu überwiegen. Vorerst unterschieden sich diese Aktienemissionen faktisch kaum voneinander. Die Gewinnung, Übermittlung und Risiken der Informationen über den Emittenten sind eigentlich identisch. Dies gilt gerade im Hinblick auf das Verhältnis zwischen Bank und Anleger. Aber vor allem die rechtlichen Berührungspunkte geben den Ausschlag für die vorgeschlagene gemeinsame Betrachtung. In allen Marktsegmenten muß ein Prospekt das Publikum über den Emittenten und die Emission informieren(§§ 30 III Nr. 2 BörsG für den Amtlichen Markt, 51 I Nr. 2 BörsG für den Geregelten Markt, I VerkProspG für den Freiverkehr37 sowie Absch. 2 Ziff. 4 RNM für den Neuen Markt). Der gesetzlich vorgeschriebene Prospektinhalt richtet sich nach zweierlei Informationsmustern. Sie unterscheiden sich im Umfang des Mindestinhalts des 33 Ebensowenig wird der sog. Graue Kapitalmarkt der nicht geregelten Anlageformen berücksichtigt. Zu diesem Markts. etwa Assmann, FS Kübler, S. 322; Zimme1; DB 1998, 969; Kohl/ Kühler/Walz/ Wüstrich, ZHR 1974, I, 3 ff. 34 Vgl. Ellenherger, FS Schimansky, S. 610 f. 35 Einen kurzen Überblick dazu s. in Grundmann in Bankrechts-Handbuch § 112 Rn. 15. 36 Wegen ihrer geringeren praktischen Bedeutung sollen hingegen kleinere Marktsegmente wie der Berliner !PO-Markt, der "Mittelstandsmarkt Bremen", der Hamburger "Start-UpMarket" und der Münchner "Prädikatsmarkt" ohne direkte Berücksichtigung bleiben. Daß sie eher im Rahmen des Freiverkehrs organisiert sind (s. Ledermann in Schäfer BörsG Vor§ 71 Rn. 4), läßt sich u.U. die Ausführungen dieser Arbeit zum Freiverkehr als relevant erweisen. So muß etwa im Münchner "Prädikatsmarkt" ein Verkaufsprospekt veröffentlicht werden. s. P/ückelmann, Der Neue Markt, S. 82. 37 Dies setzt voraus, daß die Emission im Freiverkehr als öffentliches Angebot gilt. Vgl. Claussen, Bank- und Börsenrecht, S. 470 Rn. 50; Hamann in Schäfer VerkProspG § I Rn. 27; Ellenherge1; FS Schimansky, S. 609; Meyding, DB 1993,419,421 f.; Süßmann, EuZW 1991, 210, 211 ; Zacharias, Börseneinführung, S. 218; Kunz, Die Börsenprospekthaftung, S. 168. Anders jedoch, wenn es um die bloße Einbeziehung schon begebener Aktien in den Freiverkehr ohne Informationsmaßnahmen geht (z. B. Ledermann in Schäf er BörsG 78 Rn. 4; Kulimann I Mül/er-Deku, WM 1996, 1989, 1991 ). Die hier relevanten Neuemissionen, die sich an das Publikum wenden, sind immer als verkaufsprospektpflichtig zu erachten. In diesen Fällen sieht bei allen Differenzierungen auch Schwark, FS Schimansky, S. 747 f. und 758 f., immer ein öffentliches Angebot und eine Verkaufsprospektpflicht.
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2. Kap.: Die Bezugspunkte der Untersuchung
Prospekts. Das weitläufigere Muster wird in den §§ 13 ff. BörsZuiV statuiert und gilt für den Amtlichen Markt. Das Regelwerk zum Neuen Markt hat weitestgehend gerade dieses Muster übernommen 38 . Dies ergibt sich aus der Gegenüberstellung zahlreicher Inhaltsvorgaben beider Regelwerke 39 . Das weniger weitgehende Muster findet sich in den Vorschriften der VerkProspVO. Diese gilt im allgemeinen für den außerbörslichen Handel. Sie findet aber auch im Freiverkehr Anwendung40. Denn die Aktien werden auch in diesem Börsensegment normalerweise öffentlich angeboten(§ 1 VerkProspG). Das Informationsmuster der VerkProspVO ist ferner auch für den Geregelten Markt maßgeblich 41 . Dies läßt sich unzweideutig aus dem § 51 I Nr. 2 Untersatz 2 BörsG ableiten. Diese zwei teilweise unterschiedlichen Prospektmuster bringen mit sich, daß je nach Marktsegment zum Teil uneinheitliche Informationsanforderungen anzutreffen sind. Diese Unterschiede sollen jedoch nicht daran hindern, die Haftungsproblematik in allen vier Börsensegmenten gemeinsam zu erörtern. Denn trotz peripherer Differenzen gehören beide Muster einem und demselben Informationsmodell an42 . Dieses Modell soll erst im weiteren Verlauf der Untersuchung in Details erarbeitet werden. Nach diesem Modell soll für den Regelfall ein Mindestmaß an emissionsrelevanten Informationen in vorgegebener verständlicher Form zum Schutz des Publikums gewährleistet werden. Dieses Konzept steckt bei allen Unterschieden in Randbereichen hinter den beiden Prospektmustern und ihren Inhaltsvorgaben. Dies verleiht der Haftungsproblematik in allen Börsensegmenten eine innere systematische Inhärenz. Gerade sie legt ihre gemeinsame Behandlung nahe. Die bestehenden Unterschiede bleiben für die einzelnen Fragestellungen gewiß nicht unbedingt belanglos. Man muß sich sicherlich fragen, ob sie ggf. für die Emissionsbegleiter verschiedene Verantwortlichkeiten nach sich ziehen sollten. Sie beeinflussen also nicht die Einheit der Gesamtproblematik, sondern möglicherweise die angebrachten Einzellösungen. Aber als der allerwichtigste Berührungspunkt der vier Börsensegmente erweist sich die Haftungsregelung. Die spezialgesetzliche Prospekthaftung gilt im wesent38 Vgl. Potthoff I Stuhlfauth, WM 1997 SonderbeiL Nr. 3, S. 8. Anscheinend a.A. Koch I Wegmann, Börseneinführung, S. 60, der Emissionsprospekt lehne sich direkt an die Vorschriften für den Unternehmensbericht des Geregelten Marktes an. Dieselben merken jedoch, ebd. I 02 f., die Transparenzerfordernisse des Emissionsprospekts lägen noch über den Anforderungen im Amtlichen Handel (nach dem 4. FFG: Markt). 39 Vgl. Plückelmann, Der Neue Markt, S. 89, nur mit geringen Abweichungen sei der Wortlaut der§§ 13 ff. BörsZuiV ins RNM übernommen worden. 40 Vgl. Ellenberge1; Prospekthaftung, S. 91, einer Prospektpflicht unterlägen die in diesem Segment gehandelten Papiere nach dem VerkProspG. Vgl. auch Waldeck I Süßmann, WM 1993,361,362 f . 41 Vgl. C/aussen, Bank- und Börsenrecht, S. 482 f. Rn. 72, Unternehmensbericht nach dem Modell des Verkaufsprospekts nach dem VerkProspG. 42 s. dazu unter § 4. Ohne die hier vorgenommenen Differenzierungen meint generell auch El/enberge1; Prospekthaftung, S. 89, daß die BörsZuiV und die VerkProspVO einem einheitlichen Grundmuster folgen.
§ 2 Thematische Absteckung und Zielsetzung
59
Iichen gleichermaßen für alle vier Marktsegmente43 . Sie ist zunächst einmal in §§ 44 ff. BörsG44 für den Amtlichen Markt statuiert. Sie gilt aber durch Verweis ebenso für den Geregelten Markt(§ 55 BörsG)45 sowie für den Freiverkehr(§ 13 VerkProspG46) 47 . Einen Verweis auf die 55 und 44 ff. BörsG enthält auch Absch. 2 Ziff. 4 RNM für den Neuen Markt. Hierbei ist jedoch auf eine methodologische Besonderheit hinzuweisen. Der Geltungsgrund der Prospekthaftung im Neuen Markt ist danach nicht in Absch. 2 Ziff. 4 RNM zu ersehen. Ihrer Natur nach stellt diese Ziff. 4 keine gesetzliche Vorschrift, sondern eine allgemeine Geschäftsbedingung der Deutsche Börse AG dar48 . Es ist aber äußerst fraglich, ob ein solcher rein privatrechtlicher Akt eine nicht vertragliche Haftungsgrundlage zu schaffen oder ihren Anwendungsbereich zu erweitern vermag. Methodologisch plausibler erscheint dagegen die analoge Anwendung der§§ 55 und 44 ff. BörsG auf den Emissionsprospekt des Neuen Markts. Die Anwendung dieser Normen liegt deshalb nahe, weil die Aktien des Neuen Markts vorerst zum Geregelten Markt zugelassen werden. Diese Anwendung kann aber nicht direkt sein 49 . Diese Vorschriften umfassen ihrem Wortlaut nach die Prospekte anderer Marktsegmente. Für den Emissionsprospekt des Neuen Markts besteht eine Gesetzeslücke. Eine Analogie wird erforderlich, weil der Emissionsprospekt einen eigenständigen Inhalt im Vergleich zum Unternehmensbericht aufweist. Absch. 2 Ziff. 4 RNM ist nur deklaratorische Bedeutung beizumessen50 . Das RNM kann wegen seiner Natur keine außervertragliche Haftungsgrundlage zu Lasten der prospektverantwortlichen Banken schaffen. Abgesehen von eher technischen Fragen (z. B. örtliche Zuständigkeit, Fristenbemessung51), ist also die Prospekthaftung im Kern einheitlich für die gesamte Vgl. Grundmann in Bankrechts-Handbuch § 112 Rn. 50. Darin wird die zentrale Prospekthaftungsnorm für die Wertpapierplazierung auf dem organisierten Kapitalmarkt ersehen. S. Assmann, FS Kübler, S. 341. 45 S. auch OLG Frankfurt a.M., AG 1997, 131; LG Frankfurt a.M., ZIP 1996, 25, 26; Kort, AG 1999,9, 16. 46 Hüf!er, Wertpapier-VerkProspG, S. 7, stützt die Prospekthaftung in § 13 auf Art. 4 WVP-RL, sofern man nicht der Ansicht sei, daß die Haftungsfrage aus der Richtlinie ausgeklammert sei. Art. 4 statuiert jedoch nur eine Pflicht der Mitgliedstaaten zur Sicherstellung der Prospektveröffentlichung. Hieraus läßt sich nicht automatisch eine Pflicht ableiten, dazu auch eine Prospekthaftung vorzusehen. 47 Für die allg. Prospekthaftung plädiert man hingegen, wenn man in den Neuemissionen des Freiverkehrs kein öffentliches Angebot und in den entsprechenden Publikationen keinen Verkaufsprospekt ersieht. So Ledermann in Schäfer BörsG 78 Rn. 5. Hier wird jedoch der richtigen h.M. angeschlossen. Vgl. etwa Kümpe/, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 9.288 bzw. 9.315; Ellenberger, FS Schimansky, S. 593; Assmann, AG 1996, 508, 509. 48 Wie das ganze RNM. S. Wolf, WM 2001, 1785, 1786; Plückelmann. Der Neue Markt, S. 145; Potthofft Stuhlfauth, WM 1997 SonderbeiL Nr. 3, S. 8; Zacharias. Börseneinführung, S. 198. 49 Plückelmann, Der Neue Markt, S. 193 ff., plädiert hingegen für eine unmittelbare Anwendung der§§ 45 (= 44 n.F.) ff. i.V.m. 77 (= 55 n.F.) BörsG. so So nur im Ergebnis auch Hamann in Schäfer BörsG § 45, 46 a.F. Rn. 20. 43
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2. Kap.: Die Bezugspunkte der Untersuchung
Börsenlandschaft geregelt52 . Dies ist ein einschneidender Beleg für die Zusammengehörigkeit der Informationsproblematik in allen Börsensegmenten. Alle o.g. Gemeinsamkeiten fordern daher dazu auf, die Haftung der Emissionsbanken im gesamten Börsenwesen einheitlich zu untersuchen.
§ 3 Die Emissionsbank als Inbegriff mehrerer Akteure I. Tatigkeit mehrerer Unternehmensarten Der Emissionsbegleiter als Sammelbegriff impliziert keine einheitliche Erscheinungsform. Auf dem Emissionsmarkt treten vielmehr mehrere Finanzunternehmen auf, die verschiedene Dienstleistungen anbieten. Selbst bei gleichartigen Arbeitsleistungen nehmen nicht alle daran Beteiligten dieselben Aufgaben wahr. Gerade dieser Arbeitsteilung dienen die Organisationsschemata, zu denen sich die Emissionsbegleiter zusammenzuschließen pflegen. An der Seite des Emittenten werden also mehrere Akteure tätig. Hier sollte man sich insofern fragen, welchen von ihnen die Aufmerksamkeit dieser Arbeit gelten soll. In diesem Zusammenhang soll desweiteren geklärt werden, wie sich die inneren Organisationsstrukturen auf die Haftungsproblematik ihrer Außentätigkeit auswirken.
I. Das Spektrum der emissionstätigen Unternehmen
Die hier kritischen Dienstleistungen werden im Regelfall von je einem oder mehreren Kreditinstituten im Sinne vom § 1 KWG erbracht. Hinzu gehören sowohl Universal- als auch Investmentbanken. Aber auch Finanzdienstleistungsinstitute im Sinne vom§ I Abs. 1a KWG 1 bieten diese Arbeitsleistungen an. Insofern sollen sie ebenfalls als Emissionsbanken erachtet werden. Das rapide Wachstum des Emissionsmarkts in den letzten Jahren hat jedoch mittlerweile eine beachtliche Verbreitung des Angebots bewirkt. So betätigen sich auf dem Markt immer stärker verschiedene Finanzdienstleister, die keine Kreditinstitute sind. Sie wissen sich auf ganz bestimmte emissionsdienliche Leistungen zu spezialisieren, die nicht als Bankgeschäfte im KWG-Sinne (§ 1 I 2) zu erachten sind2. Unter Umständen können sie auch in einer Weise auftreten, die der Anlageentscheidung mit zu dienen hat. Insofern läßt sich fragen, ob ihre Tätigkeit in die Blickrichtung dieser Arbeit mit einzubeziehen ist. 51 Zu den Unterschieden s. Hamann in Schäfer VerkProspG § 13 n.F. Rn. 2; Groß, Kapitalmarktrecht, § 13 VerkProspG Rn. 2 ff. 52 Vgl. LG Frankfurt a.M., ZIP 1993, 184, 185, § 45 (= 44 n.F.) BörsG sei durch§ 13 VerkProspG unangetastet übernommen worden. I Zum Begriffs. Claussen, Bank- und Börsenrecht, S. 64 Rn. lb. 2 Vgl. Müller, Going Public, S. 53 f. und 56 ff.
§ 3 Die Emissionsbank als Inbegriff mehrerer Akteure
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Eine wichtige Position nehmen aus dieser Sicht die sog. Emissionsberater ein 3 . Sie bieten im Vorfeld einer Börseneinführung eine durchaus breite Produktepalette an. Sie verhelfen zur Erreichung einer börsenadäquaten Unternehmensqualität Sie führen die Unternehmensbewertung durch4 . Sie sorgen ferner für die Brückenfinanzierung bis zum Börsengang. Desweiteren bereiten sie Due Diligence-Prüfungen sowie Analystengespräche vor. Vor allem sprechen sie gerade potentielle Emissionsbanken an und betreuen das Börsenzulassungsverfahren. Nicht zuletzt leisten sie Unterstützung bei der Prospekterstellung. Bei so einem Leistungsspektrum stellt sich die Frage, ob in den Haftungsüberlegungen dieser Arbeit auch an die Emissionsberater mit zu denken ist. Sie kommen zwar letztendlich nicht in unmittelbare Berührung mit den Anlegern. Sie stecken jedoch hinter einigen Informationsvorgängen, die für die letzteren von besonderer Bedeutung sind. Auch bei der Erstellung der !PO-Studie (Aktienanalyse, Unternehmensstudie) kann man Unternehmen begegnen, die nicht als Kreditinstitute zu definieren sind. Diese Studie kann sicherlich von Kreditinstituten ausgegeben werden, die bei der Emission als Emissionsbanken auch weitere Dienstleistungen erbringen. Es kommt jedoch immer wieder vor, daß sie statt von einer Abteilung von einer Tochtergesellschaft der Emissionsbank ausgeht. Bei so einer Fallkonstellation wird ein drittes selbständiges, wenngleich nicht unabhängiges Unternehmen eingesetzt. Es liefert wichtige Informationen und Schätzungen bezüglich der bevorstehenden Emission. So kommt es in unmittelbare Berührung mit dem Anleger und stellt ihm Entscheidungshilfe zur Verfügung. Auch seine Tatigkeit kann demnach in diesem Zusammenhang von Interesse sein.
2. Die maßgeblichen Kriterien des Emissionverantwortlichen a) Die Blickrichtung gesetzlicher Anhaltspunkte Bei der Suche nach den emissionsverantwortlichen Unternehmen könnten sich vorerst gesetzliche Vorgaben als hilfreich erweisen. Als Maßstab für die Abstekkung des Kreises der Verantwortlichen könnte zunächst das Emissionsgeschäft dienen. Demnach hätte diese Arbeit ihre Aufmerksamkeit denjenigen Finanzdienstleistern zuzuwenden, die das Emissionsgeschäft betreiben. Was man unter Emissionsgeschäft zu verstehen hat, ist gesetzlich vorgegeben. § I I Nr. I 0 KWG definiert es als die Übernahme von Finanzinstrumenten für eigenes Risiko zur Plazierung oder die Übernahme gleichwertiger Garantien 5 . Betreibt ein Unternehmen 3 Hierzu umfassend Mül/e1; Going Public, S. 58; Hörmann in Wieselhuber Börseneinführung, S. 330 ff. 4 Sie erstellen das Expose, aufgrund dessen sich das Unternehmen den potentiellen Konsortialbanken präsentiert. s. Hörmann in Wieselhuber Börseneinführung, S. 332. 5 Fischer in Bankrechts-Handbuch, § 127 Rn. 21; Grundmann in Bankrechts-Handbuch § 112Rn.3f.
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2. Kap.: Die Bezugspunkte der Untersuchung
dieses Geschäft, ist es hiernach ein Kreditinstitut Gäbe dies den Ausschlag für ein emissionstätiges und -verantwortliches Unternehmen, dann wären die Ausführungen dieser Arbeit nur für Kreditinstitute relevant. Man kann sich jedoch hiermit nicht zufrieden geben. Denn das KWG hat einen anderen Zweck. Das KWG stellt hauptsächlich 6 ein Bündel aufsichtsrechtlicher Regulierungen des Kreditmarkts dar7 . Es stellt folglich grundsätzlich auf das Kreditelement ab8 . Hier wird jedoch eine Aktienemission nicht aus derselben Sicht betrachtet. Im Mittelpunkt dieser Arbeit steht die Emission als ein Vorgang, bei dem Informationen geliefert und Anlageentscheidungen getroffen werden. Infolgedessen sollte man die Emissionsverantwortlichen nicht aufgrund von Kriterien aussuchen, die einer anderen Zweckrichtung zuzuordnen sind. Insofern könnte sich als aussagekräftiger ein Regelwerk herausstellen, das auf die Bedürfnisse einer Emission als informativer Vorgang zugeschnitten ist. Gerade diesem Aspekt einer Wertpapieremission trägt das Börsengesetz Rechnung. In seinen Vorschriften wird eine gewisse Informationsübermittlung bei Emissionen angeordnet und geregelt. Es ist insofern zu erwarten, daß es auch die Unternehmen umreißt, die für diese Informationen zuständig sind. Tatsächlich schreibt § 30 II 1 BörsG für den Amtlichen Markt vor, daß die Zulassung von einem Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut9 im KWG-Sinne mit zu beantragen ist 10. § 13 I 5 BörsZuiV ordnet ferner an, daß die Antragsteller den Prospekt zu unterzeichnen haben. Für den Geregelten Markt stellt § 49 II I BörsG durch Verweis auf § 30 II BörsG eine inhaltsgleiche Anforderung. Demnach muß auch in diesem Segment ein Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut den Zulassungsantrag mit stellen. Es braucht allerdings den Unternehmensbericht nicht zu unterzeichnen. Dies ergibt der Umkehrschluß aus § 51 I Nr. 2 BörsG, wonach dieser Prospekt vom Emittenten zu unterschreiben ist. Auch im Neuen Markt ist der Zulassungsantrag vom Emittenten zusammen mit einem Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitut im KWGSinne zu stellen (Absch. 2 Ziff. 2.2 I 1 RNM). Alle diese Vorschriften könnten dazu führen, den Blick dieser Arbeit auf Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute zu beschränken. Dennoch läßt sich dieser Ansatz nicht befolgen. Denn emissionstätige und daher verantwortliche Unternehmen sind hauptsächlich, jedoch nicht ausschließlich derartige Institute. Die erwähnten Normen unterbinden nicht, daß an einem Emis6 Durch neuere Novellen sind aber Kreditinstitute und Wertpapierfirmen aufsichtsrechtlich grundsätzlich gleichgestellt. s. Kümpel. Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 19.46 ff. 7 Ygl. Kümpel. Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 19.1 ff.; Fischer in Bankrechts-Handbuch, § 125 Rn. 12 ff.
s Das Emissionsgeschäft ist erlaubnispflichtig im Sinne des Einlegerschutzes, weil die Verlustrisiken der Banken die Rückzahlungsansprüche ihrer Kunden aus Einlagen gefährden können. So Kümpe/, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 9.8. 9 Solche Emissionsbegleiter, die keine Banken sind, bleiben aber in der Praxis die Ausnahme. Vgl. P/ückelmann, Der Neue Markt, S. 56. 10 Ygl. Groß. Kapitalmarktrecht, § 36 - 39 BörsG Rn. 7.
§ 3 Die Emissionsbank als Inbegriff mehrerer Akteure
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sionskonsortium Unternehmen teilnehmen, die keine solchen Institute sind u. Hierbei handeil es sich bloß um Mindestanforderungen. Das BörsG reguliert ferner nur die Prospektpublizität Andere Dienstleistungen informativer Natur bleiben hierin ungeregelt. Sie können im Prinzip von beliebigen Unternehmen erbracht werden. Auch diese Regeln vermögen daher nicht ein für allemal zu entscheiden, welche Akteure einer Emissionshaftung unterliegen können. Der Kreis der Emissionsverantwortlichen läßt sich aufgrund im Gesetz vorgefundener Berufsbezeichnungen nicht definieren.
b) Entscheidungshilfe für und Berührung mit dem Anleger In dieser Arbeit ist zwar immer wieder die Rede von Emissions banken. Dies will jedoch nicht implizieren, daß hier nur die Haftung von Banken behandelt wird. Diese Temlinologie geht vielmehr darauf zurück, daß im Regelfall Banken die maßgeblichen Kriterien erfüllen, nach denen gehaftet wird. Entscheidend für diese Studie sind die sachlichen Momente, auf die es ankommt. Hiernach ist nicht an typische Berufsbezeichnungen zu denken, die sich in einem Gesetz wiederfinden lassen. Diese Arbeit grenzt sich nicht aufgrund derartiger Maßstäbe ab. Ihren sachlichen Rahmen bestimmen vielmehr gewisse Informationsrisiken, die in einem bestimmten Marktbereich aufkommen können. Dementsprechend soll auch ihr Forschungsfeld abzugrenzen sein. Es sollen die Unternehmen interessieren, welche diese Risiken derart realisieren können, daß sie sich nach den Haftungsnormen verantwortlich machen. All die Rechtsinstitute, die diese Gefahren haftungsrechtlich erfassen, stellen nicht auf Berufsbezeichnungen ab. Wie in den folgenden Kapiteln im einzelnen dargelegt, geht es den Haftungstatbeständen um die Mitwirkung an der Gefahrverwirklichung. Entscheidend können dabei zweierlei Elemente sein. Herauszufinden gilt es einerseits, ob ein Unternehmen dem Anleger Entscheidungshilfe durch Informationen zur Verfügung gestellt hat 12 . Andererseits handelt es sich darum, ob es dabei in unmittelbare Berührung mit dem Anleger gekommen ist. Die verschiedenen Haftungstatbestände stellen auf ein oder beide dieser Momente ab. Insofern ist diese Arbeit für die Unternehmen relevant, die je nach Haftungsnorm Informationen direkt für den Anleger oder auch nur mittelbar liefern. Haften für falsche Emissionsinformationen können daher auch Unternehmen, die keine Banken sind. Diese Erkenntnis soll jedoch nicht über diese notwendige Blickerweiterung hinausgehen. Sie darf das Augenmerk nicht von dem Grundgebilde wegleiten. Demnach sind aus Anlegersicht emissionstätig und womöglich verantwortlich vorwiegend II Ygl. Groß, Kapitalmarktrecht, § 36-39 BörsG Rn. 8, die Voraussetzungen des§ 36 (= 30 n.F.) II BörsG müßten nicht von allen Mitgliedern des Konsortiums erfüllt werden. 12 So unterliegt nach Schwark, BörsG §§ 77 Rn. I, der Prospekthaftung auch das Unternehmen, das den Emittenten zur Börsenreife geführt habe usw., auch wenn es nicht äußerlich erkennbar wird, weil der Prospekt auch von ihm ausgehe(§ 44 I I Nr. 2 BörsG n.F.).
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2. Kap.: Die Bezugspunkte der Untersuchung
Kreditinstitute. Diese schließen sich zumeist zu einem sog. Emissionskonsortium zusammen 13 •
II. Tatigkeit verschiedener Intensität 1. Das Emissionskonsortium als etablierte Organisationsform der Banken
In der überwiegenden Anzahl der Aktienplazierungen an der Börse tritt an der Seite des Emittenten ein Bankenkonsortium auf14 . Nicht selten nehmen aber doch noch andere Unternehmen als Kreditinstitute (§ I I KWG) am Konsortium teil 15 • Dabei handelt es sich meistens um Finanzdienstleistungsinstitute (§ I Abs. Ia KWG) oder auch um Finanzunternehmen (§ I III KWG) und Wertpapierhandelshäuser. Das Konsortium wird im wesentlichen eingesetzt, um die Verhältnisse der Konsorten untereinander 16 und zum Emittenten 17 zu regeln 18• Die Konsortiumsmitglieder bieten jedoch ihre Informationsleistungen nur teilweise als Mitglieder dieser Organisationsform an. Das Konsortium an sich kommt genaugenommen nicht in Berührung mit den Anlegern 19 • Wichtige Dienstleistungen bieten die Konsortiumsmitglieder in aller Regel alleine für sich selber an. Jedes von ihnen erstellt beispielsweise eine eigene Aktienanalyse. Jedes einzelne Mitglied übermittelt ferner für sich allein seinen Kunden bei Beratungsgesprächen emissionsrelevante Informationen. Selbst wenn die Konsortiumsmitglieder nach außen im Verhältnis zum Anleger auftreten, agiert nicht das Konsortium an sich 20 . Wenn sie alle den Prospekt zusammen unterschreiben, unterzeichnet nicht das Konsortium als handelndes Rechtssubjekt. Es unterschreibt hingegen jedes seiner Mitglieder für sich selbst21 . Hierbei geht es um ein kollekti13 Ygl. Kunz, Die Börsenprospekthaftung, S. 125; Claussen, Bank- und Börsenrecht, S. 618 Rn. 304. 14 Die Emissionskonsortien unterscheiden sich je nach Engagementsumfang in Übernahme-, Begehungs-, Garantie- und Einheitskonsortium. s. De Meo, Bankenkonsortien, S. II f.; Müllet; Going Public, S. 247. Wegen seiner Dominanz in der Praxis (vgl. De Meo, ebd., S. 2 und II f.) wird hier von einem Einheitskonsortium ausgegangen (die Banken übernehmen zu einem festen Preis und plazieren bei den Anlegern). 15 Ygl. Müller, Going Public, S. 61 f. 16 Vgl. C/aussen, Bank- und Börsenrecht, S. 619 Rn. 304. 17 Vgl. De Meo, Bankenkonsortien, S. 91 Rn. 250, das Konsortialverhalten im Außenverhältnis konzentriere sich auf das Rechtsverhältnis zum Konsortialkunden. 18 Die ersteren mit dem Konsortialvertrag, die letzteren mit dem Übemahmevertrag. Ygl. C/aussen, Bank- und Börsenrecht, S. 623 Rn. 313. 19 Ygl. De Meo, Bankenkonsortien, S. 91 Rn. 251. zo Vgl. De Meo, Bankenkonsortien, S. 195 f. Rn. 5 f., zwischen dem Konsortium und den Anlegern seien vertragliche Rechtsbeziehungen grundsätzlich nicht gegeben. 21 Vgl. Hüffer, Wertpapier-YerkProspG, S. 82, es biete das Konsortium nicht als solches an. Vielmehr sei Anbieter der jeweilige Konsorte. Jede Konsortialbank sei damit für die Prospektveröffentlichung verantwortlich.
§ 3 Die Emissionsbank als Inbegriff mehrerer Akteure
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ves Handeln einzelner Akteure. Nicht auszuschließen ist allerdings, daß eine Konsortialbank auch für die anderen Konsortiumsmitglieder aktiv wird. Dies kann bei der Unternehmenspräsentation des Emittenten der Fall sein. Trotz alledem kann die innere Struktur eines Emissionskonsortiums hier nicht dahingestellt bleiben. Vor allem mit der Aufgabenverteilung unter seinen Mitgliedern sollte man sich beschäftigen. Das Aufgabenprofil jeder Konsortialbank spiegelt ihre Rolle bei der Emission wider. Dies entscheidet über die Arbeitsleistungen, die sie erbringen muß. Ihre Verantwortlichkeit ist aber gerade daran zu messen, was sie leistet und leisten muß22 . Dies geht nicht zuletzt auf die Verhältnisse innerhalb des Konsortiums zurück. Übrigens richtet sich die Haftung einer Emissionsbank nicht nur nach Momenten, die sich erst an ihrer Beziehung zum Anleger feststellen lassen. Beim Verschuldenskriterium in § 45 I BörsG kommt es beispielsweise vielmehr auf ihren Umgang mit den Emissionsinformationen an. Dieser Umgang erfolgt jedoch jenseits des Außenverhältnisses zu den Anlegern. An diesem Punkt kann die Position der Banken in den Konsortialverhältnissen von großer Bedeutung sein. Diese Stellung interessiert insofern auch dann, wenn das Augenmerk auf die Interessenwahrung des Anlegers gerichtet ist.
2. Die Konsortiumstruktllr als Basis differenzierender Rollenwahrnehmungen
a) Die federführenden Konsorten und die globalen Koordinatoren Die allerwichtigsten Aufgaben bei einer Emission kommen dem sog. Federführer bzw. den Federführern zu23 . Gängige inhaltsgleiche Bezeichnungen hierfür sind die Führungsbank bzw. -gruppe sowie Iead manager(s) 24 . Damit bezeichnet man diejenigen Emissionsbanken, welche die Emissionsarbeiten leiten, ja vorwiegend selber durchführen. Aus rechtlicher Sicht vertreten sie das Emissionskonsortium 25 . Diese Arbeiten 26 lassen sich je nach ihrem Wirkungsfeld unterscheiden. Sie dienen zum einen der Vorbereitung und Abwicklung der Emission27 . So erteilt z. B. die Konsortialführung alleine, nicht jedes Mitglied die Druckaufträge für Werbeanzeigen. Die Konsortialführung nimmt desweiteren die notwendigen due-diligencePrüfungen vor. Sie beauftragt ferner Anwälte mit emissionsdienlichen Prüfungsaufgaben. Sie bringt das Book-building-Verfahren voran usw. Andere Arbeiten der 22 Nach Hamann in Schäfer BörsG § 45, 46 a.F. Rn. 102 ist das Verschulden der einzelnen Emissionsbank gesondert festzustellen. Vgl. auch Hüjfe1; Wertpapier-VerkProspG, S. 141. 23 Hierfür erhalten sie auch eine zusätzliche sog. Führungsprovision. s. De Meo , Bankenkonsortien, S. 83 Rn. 213. 24 s. u. a. Bosch in Bosch I Groß, Das Emissionsgeschäft, Rn. I 0 I 48. 25 Im Innenverhältnis verfügen sie weitgehend über die Alleingeschäftsführungsbefugnis. Dazu De Meo, Bankenkonsortien, S. 7 I f. Rn. 157 f.; Hopt, Die Verantwortlichkeit, Rn. 51. 26 Umfassend hierzu s. Mülle1; Going Public, S. 46 und 250 f. 27 s. Bvsch in Bvsch I Groß, Das Emissionsgeschäft, Rn. I 0 I 49.
5 Liappis
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2. Kap.: Die Bezugspunkte der Untersuchung
Konsortialführer sollen hingegen dem Verhältnis zum Emittenten bzw. dessen Altaktionären dienen (z. B. Aushandlung der Verträge mit ihnen28 , Aufstellung des Emissionskonzepts und Betreuung des Emittenten 29). Schließlich ist die Konsortialführerin auch mit Aufgaben betraut, die sich direkt auf die Anleger auswirken (Erstellung des Prospekts 30). Es kommt ferner vor, daß nicht nur eine, sondern mehrere Banken die Konsortialführung übernehmen. Innerhalb dieser sog. Führungsgruppe unterscheidet man zwischen dem federführenden Kreditinstitut und den Mitführern 31 . Das erstere erledigt bis zu 95% der Aufgaben. Die Mitführer haben trotzdem eine besondere Verantwortung für die Emission und stehen im engeren Kontakt zum Emittenten32 . In der Emissionspraxis stößt man ferner hin und wieder auch auf die Bezeichnung "Globale Koordinatoren". Hiermit sind ebenfalls federführende Konsortialbanken gemeint. Darunter versteht man nun aber die Federführer bei einer international angelegten Emission 33 . In einer derartigen Fallgestaltung vollzieht sie sich parallel in verschiedenen Ländern. Jeder Globale Koordinator hat dann im Grunde zur Aufgabe, den Plazierungsvorgang in dem ihm zugeteilten nationalen Aktienmarkt zu leiten. b) Die einfachen Konsortiumsmitglieder Ein einfacher Konsorte agiert hingegen nicht auf einem gemeinsamen Gebiet für alle Konsortialbanken. Er verfügt nicht über Führungsaufgaben und -befugnisse. Seine Tätigkeit beschränkt sich vielmehr auf Arbeiten, die er auf eigene Rechnung und Verantwortung betreibt. Insofern bringt eine einfache Mitkonsortin das ihr zustehende Aktienkontingent bei ihren Anlagekunden unter34. Hierzu schließt sie mit ihnen einzelne Kaufverträge im eigenen Namen und auf eigene Rechnung ab35 . Ferner leistet sie auf individuelle Anfrage ihrer Kunden auch Beratungsdienste. Dabei liefert sie ihnen nicht zuletzt unternehmensbezogene Aus28 s. Bosch in Bosch I GJVß, Das Emissionsgeschäft, Rn. 10 I 48; Kunz, Die Börsenprospekthaftung, S. 127. 29 Mülle1; Going Public, S. 250 f.; Schwintowski I Schäfer, BankR, § 15 Rn. 42 ff. 30 s. Bosch in Bosch I Groß, Das Emissionsgeschäft, Rn. 10 I 48; Schwintowski I Schäje1; BankR, § 15 Rn. 50; Paskert, Infonnations- und Prüfungsptlichten, S. 129. 31 Vgl. De Meo, Bankenkonsortien, S. 70 f. Rn. 149. 32 Zur Führungsgruppe s. Mülle1; Going Public, S. 251. 33 Vgl. Willamowski, WM 2001, 653,657. 34 De Meo, Bankenkonsortien, S. 72 Rn. 160, verbindet diese Tatigkeit mit einer .,quotenmäßigen Alleingeschäftsführungsbefugnis" der einzelnen Konsorten, obwohl er einräumt, daß die Unterbringung der Wertpapiere in ihren alleinigen Verantwortungs- und Risikobereich falle. Dann differenziert er (ebd., S. 89 Rn. 238) daß dies keine Vertretung des Konsortiums ist. 35 Sie trägt daher allein das Risiko der Unterbringung ihrer Emissionsquote. s. De Meo, Bankenkonsortien, S. 59 Rn. 106. Vgl. auch Hopt, Die Verantwortlichkeit, Rn. 42.
§ 3 Die Emissionsbank als Inbegriff mehrerer Akteure
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künfte. Sie erstellt in aller Regel ihre eigene Unternehmensstudie für ihre eigenen Erwägungen und Strategien. Diese Studie wird dann der Beratung ihrer Kundschaft zugrunde gelegt. Die !PO-Studie kann sogar den Anlageinteressenten direkt zur Verfügung gestellt werden. Die Konsortialbank läßt desweiteren das Unternehmen ihren eigenen Kunden präsentieren. Somit soll die Bank ihnen ein persönliches Urteil über das Anlageangebot ermöglichen. Trotz alledem geht die einfache Mitkonsortin nicht nur im Alleingang vor. Sie verfügt zwar nach außen nicht über Vertretungsmacht. Dennoch kann ihr Handeln innerhalb des Konsortiums auch für die außenstehenden Anleger von Belang sein. Dies geschieht vor allem bei der Erstellung des Prospekts. Der Prospekt als gesetzlich vorgegebenes Pflichtpublizitätsmittel wird nur einmal herausgegeben. Es legt nicht jedes Konsortiumsmitglied einen eigenen Prospekt vor. Um dessen Vorbereitung kümmert sich jedoch vorwiegend die Federführerin36 . Gleichwohl unterschreiben in aller Regel auch die anderen Konsorten den einzigen Prospekt37 • Sie unterliegen dann bereits den Anlegern gegenüber der Prospekthaftung38 , weil sie mit ihrer Unterschrift die Verantwortung übernehmen (§§ 44 I 1 Nr. 1 BörsG i.V.m. § 14 BörsZuiV, § 13 I VerkProspG i.V.m. § 3 VerkProspVO, § 44 I 1 Nr. 1 BörsG analog i. V.m. Absch. 2 Ziff. 4.1.2. RNM). Die einfachen Konsortiumsmitglieder wirken teilweise auch an der Prospekterstellung mit. Ihre Mitwirkung erfolgt in Erfüllung eigener Sorgfalts- und Kontollpflichten 39 . Wieweit ihre Kontrolle faktisch geht und gesetzlich gehen muß, kann wiederum von großer Bedeutung für den Anleger sein. Denn man hat die Prospekthaftung als einen verschuldensabhängigen Haftungstatbestand mit umgekehrter Beweislast konstruiert(§ 45 I BörsG). Demnach kann die Inanspruchnahme einer Emissionsbank an der internen Aufgabenverteilung innerhalb des Konsortiums scheitern 40 .
3. Die Haftungsrelevanz der Rechtsform des Konsortiums Die o.g. Organisationsstruktur der Banken nimmt nach herrschender Ansicht die rechtliche Gestalt der Gesellschaft bürgerlichen Rechts an41 • Dies kann besonders interessant sein, wenn nur eine Bank bei ihrem Auftreten falsche Informationen 36 Vgl. OLG Frankfurt a.M., OB 1994,416,418, es sei in erster Linie Sache der Konsortialführerin. den Prospekt richtig abzufassen. 37 Vgl. Assmann, Prospekthaftung, S. 391. 38 Jeder einzelne selbständig. Vgl. Kunz, Die Börsenprospekthaftung, S. 127. 39 s. dazu Hopt, Die Verantwortlichkeit, Rn. 119 f. ; Gerber, Prospekthaftung, S. 152; Assmann in Assmann I Schütze § 7 Rn. 222. 40 Vgl. Groß, Kapitalmarktrecht, § 45,46 BörsG Rn. 51 ; ders. , AG 1999, 199, 207; Hopt, Die Verantwortlichkeit, Rn. 120. Dagegen Ellenberger, Prospekthaftung, S. 48 f.; Grundmann in Bankrechts-Handbuch § 112 Rn. 59. Differenzierend Assmann in Assmannt Schütze § 7 Rn. 223. 41 s. Grundmann in Bankrechts-Handbuch § 112 Rn. 84; Schwintowski I Schäje1; BankR, § 15 Rn. 28; Kunz , Die Börsenprospekthaftung, S. 125m. w. N.
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2. Kap.: Die Bezugspunkte der Untersuchung
übermittelt. Dann stellt sich die Frage, ob die anderen Emissionsbanken hierfür aufkommen müssen, weil sie dem Konsortium als GbR angehören42 . Diese Fragestellung gewinnt noch mehr an Bedeutung, zumal die Haftung der GbR-Gesellschafter prinzipiell objektiv ist. Denn nach dem BGB braucht die gesamtschuldnerisch43 mithaftenden Gesellschafter kein Verschulden zu treffen, um sie in die Verantwortung zu ziehen. Zu erwägen ist daher insbesondere, ob über dieses Rechtsinstitut die Haftung für fehlerhafte Prospektangaben zu begründen ist. Dies kann von außerordentlicher Bedeutung sein, wenn die Prospekthaftung ausscheidet. Dies kann der Fall sein, wenn die Federführung ein Versäumnis bei der Due-diligence-Prüfung begangen hat44 . Wenn die einfachen Konsortiumsmitglieder bei ihren Prüfungen dies nicht haben feststellen müssen, unterliegen sie grundsätzlich an sich keiner Prospekthaftung45 . Eine Alternative hierzu wäre dann wahrscheinlich die Haftung aus der GbR-Mitgliedschaft. Nach der neueren BGH-Rechtsprechung haften die GbR-Gesellschafter kraft Gesetzes für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft auch persönlich46. Diese Haftungsgrundlage kann jedoch nur begrenzt weiterhelfen. Die Haftung aus der Konsortiumszugehörigkeit kommt für viele Dienstleistungen zunächst einmal gar nicht in Frage. Dies gilt vor allem für Schädigungen, die eine Bank selber bei der Erbringung eigener Dienstleistungen herbeiführt hat. Diese Schäden muß diese Bank alleine verantworten. Dies kann durchaus bei der Anlageberatung der Fall sein. Eine gemeinsame Einstandspflicht aller Konsortiumsmitglieder läßt sich hierbei nicht begründen. Derartige Tatigkeiten gehen außerhalb des gemeinsamen gesellschaftlichen Handeins vonstatten. Sie werden individuell von einzelnen Banken für sich selbst durchgeführt und demnach auch verantwortet47 . Die GbR-Haftung kann ferner ebensowenig helfen, wenn die getroffenen Maßnahmen einem haftungsrechtlichen Sonderstatus unterliegen. Dies ist z. B. der Fall bei der due-diligence-Prüfung, welche den Prospektangaben zugrunde gelegt wird48 . Wenn die Federführerin sie fehlerhaft durchgeführt hat, fließen ihre Mängel als falsche Informationen in den Prospekt ein. Die Prospektherausgabe unterliegt jedoch der Haftungsregelung der§§ 44 ff. BörsG. Über die Haftung der einDies wird grundsätzlich bejaht. s. Hopt, FS Kellermann, S. 198. s. Hopt, Die Verantwortlichkeit, Rn. 53. « Generell haften alle übrigen Konsortiumsmitglieder für die ordnungsgemäße Prospektkontrolle, wenn ein Konsort damit beauftragt wird. So Assmann, Prospekthaftung, S. 356. 45 Vgl. Hopt, Die Verantwortlichkeit, Rn. 56, ob eine Konsortin prospektverantwortlich sei, hänge davon ab, ob sie selbst die tatbestandliehen Voraussetzungen der Prospekthaftung verwirkliche. 46 s. BGH, ZIP 1999, 1755, 1756. 42
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47 Vgl. De Meo, Bankenkonsortien, S. 339 Rn. 123, ein derart (durch Auftreten einer einzelnen Konsortialbank im eigenen Namen) begründetes rechtsgeschäftliches Drittverhältnis entfalte nur Rechtswirkungen zur jeweils vertretenen Konsortialbank. 48 Vgl. Maute in Wieselhuber Börseneinführung, S. 354, die due diligencesei auch Grundlage für die korrekte Beschreibung des Unternehmens im Börsenzulassungsprospekt
§ 3 Die Emissionsbank als Inbegriff mehrerer Akteure
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zeinen Konsortialbanken muß ausschließlich hiernach 49 entschieden werden50 . Gegen ihre Inanspruchnahme als Gesellschafter der GbR spricht vorerst, daß die §§ 44 ff. BörsG im Verhältnis zum BGB als Iex specialis anzusehen sind51 . Inwieweit die Mitkonsorten die Ergebnisse der Prüfungstätigkeit der Federführung nachprüfen, ist eine Frage der internen Aufgabenverteilung. Deren Haftu-ngsrelevanz muß aber als Iex specialis ausschließlich das BörsG regeln52 . Denn diese Regelung ist am nächsten auf die Besonderheiten der Prospektherausgabe durch mehrere Akteure zugeschnitten. So statuiert § 45 I BörsG eine verschuldensahhängige Haftung mit umgekehrter Beweislast Danach haftet jeder Prospektverantwortliche grundsätzlich für sein eigenes Handeln und Verschulden5 3 . Dieser Ansatz ist durchaus vereinbar mit der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung. Der BGH leitet aus einem allgemeinen Grundsatz eine persönliche Haftung jedes Gesellschafters für die Verbindlichkeiten der GbR her, solange sich aus dem Gesetz nichts anderes ergebe54. Das BörsG als Iex specialis ist also als das Gesetz anzusehen, aus dem sich eine andere Regelung als die persönliche Haftung ergibt. Das Emissionskonsortium wird übrigens als eine GbR sui generis betrachtet55 . Dies liegt daran, daß viele dispositiven Relegungsmerkmale der GbR keine Anwendung auf ein Emissionskonsortium finden 56 . Denn sie lassen sich mit seiner Funktionsausrichtung und dem wirklichen Gestaltungswillen seiner Mitglieder nicht vereinbaren. Die Abweichung von Strukturelementen der GbR geht sogar soweit, daß man von einem klassischen Fall gesellschaftsrechticher Typendehnung spricht57 . Nach h.M. gehört die Haftung der Gesellschafter mit zu den abdingbaren
49 Fehler der Konsortialführerin im Hinblick auf den Prospekt können den einfachen Konsorten auch nicht über§ 278 oder§ 831 BGB zugerechnet werden. s. Hopt, Die Verantwortlichkeit, Rn. 116. so l