Die Sonderziehungsrechte: Eine Erlauternde Darstellung Der Erganzung Des Abkommens Von Bretton Woods Uber Den Internationalen Wahrungsfonds (German Edition) 3428031903, 9783428031900

Originally presented as the author's thesis, Frankfurt am Main.

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German Pages 163 [164] Year 1974

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Die Sonderziehungsrechte: Eine Erlauternde Darstellung Der Erganzung Des Abkommens Von Bretton Woods Uber Den Internationalen Wahrungsfonds (German Edition)
 3428031903, 9783428031900

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FRA N Z· R. WAL T E R /

Die Sonderziehungsrechte

Schriften zu internationalen Wirtschaftsfragen Band I

Die Sonderziehungsrechte Eine erläuternde Darstellung der Ergänzung des Abkommen. von Bretton Woods über den Internationalen Währungsfonds

Von

Dr. Franz-R. Walter

DUNCKER & HUMBLOT I BERLIN

Alle Redlte vorbehalten

C 1974 Dunelter a. Humblot. Berlln 41

Gedrueltt 1974 bei Feese a. SdlUlz. Berlin 41 Printed in Germany ISBN 3 428 03190 3

Meinem leider zu früh verstorbenen Lehrer HeinriCh Kronstein zugedaCht

Vorwort

Gegenstand der vorliegenden Arbeit, der der Titel "Sonderziehungsrechte" voransteht, ist nicht eine wirtschaftswissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Währungsinstrument SZR, das den beteiligten Währungsbehörden seit dem 1. Januar 1970 zur Verfügung steht, sondern die Ergänzung zum Regierungsabkommen zur Gründung des Internationalen Währungsfonds. Diesem Abkommen ist die Bundesrepublik Deutschland durch Gesetz vom 28. Juli 1952 beigetreten, wonach das Abkommen für die Bundesrepublik am 14. August 1952 in Kraft getreten ist. Die Sonderheit dieses internationalen Vertragswerkes liegt darin, daß es die Währungsbeziehungen fast aller Länder mit Ausnahme der sozialistischen Staaten vertragsmäßig normiert. Das Währungsverhalten der Länder spielt sich nicht länger in einem rechtsfreien Raum ab. sondern ist in eine Rechtsordnung eingebettet, die völkerrechtlichen Ursprungs ist. Das Abkommen von Bretton Woods mit seinen mannigfachen völkerrechtlichen Aspekten von Organisations- und Zuständigkeits regeln und der überall dahinter auftauchenden Frage, wie sie sich auch bei anderen internationalen Organisationen stellt, welche Rechtsqualität dieser völkerrechtlich gesetzten Rechtsordnung zukommt, ist auch einer juristischen Wertung zugänglich. Das Währungsverhalten der Staaten ist für alle Lebensbereiche eines Gemeinwesens von eminenter Bedeutung. Dieser Fragenkomplex sollte daher nicht nur den Ökonomert überlassen werden. In den letzten Jahren hat sich denn auch die juristische Literatur mehrfach mit dem Themenkomplex des Abkommens befaßt. über zwei Jahrzehnte hinweg blieb das Regierungsabkommen ohne Änderung, ehe es 1969 in erheblichem Umfang erweitert wurde. Diese Arbeit unternimmt für den deutschen Rechtskreis - soweit ersichtlicherstmals den Versuch, die Ergänzung in juristischer Betrachtungsweise darzustellen und zu erläutern und unterscheidet sich daher in der Methode grundlegend von den vorliegenden wirtschaftswissenschaftlichen und wirtschaftspolitischen Darstellungen der Sonderziehungsrechte. Nicht eine wissenschaftliche Lehrmeinung oder ein politischer

8

Vorwort

Standpunkt ist Ausgangspunkt, sondern allein der Text des Abkommens, der mit dem tradierten hermeneutischen Instrumentarium des Juristen ausgelegt wird. Der Gang der Darstellung lehnt sich daher auch eng an die Redaktion der Artikel des Abkommens an und wird nur dort unterbrochen, wo es das Verständnis des Lesers dringend erfordert. Auch in diesem Punkt unterscheidet sich die vorliegende Arbeit von den anderen publizierten Untersuchungen, die vorwiegend Teilaspekte des Sonderziehungsrechts-Systems behandeln, wobei der organisatorische Rahmen in aller Regel völlig außer acht bleibt. Diese Arbeit unternimmt es, das Abkommen, soweit es die Sonderziehungsrechte betrifft, in allen Punkten darzustellen. Es soll keineswegs verkannt werden, daß Regelungsgegenstand dieser normierten Rechtsordnung vorwiegend wirtschaftlich-monetäre Sachverhalte sind. Der Verfasser glaubt, dem Ziel der Arbeit, das Abkommen auszulegen, am besten dadurch gerecht zu werden, daß er weder Stellung zu kontroversen wirtschaftstheoretischen Fragen nimmt - dies sei der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur zu den Währungsfragen vorbehalten -, noch in Darstellung der in der Literatur geäußerten Ansichten Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, sondern vorwiegend der Ansicht des Internationalen Währungsfonds folgt. Er glaubt dazu um so mehr berechtigt zu sein, als es der Fonds ist, der das Abkommen anwendet und mit Leben erfüllt. Für die Frage, wie die monetären Beziehungen der am SZR~System teilnehmenden Länder tatsächlich ausgestaltet sind, ist die Fondspraxis von entscheidender Bedeutung. Die Beschränkung der Arbeit in diesem Punkt auf die theoretischen Stellungnahmen der Fonds-Administration mit gleichzeitigem Bericht über die praktische Handhabung in der ersten Basisperiode dient somit dem besseren Verständnis. Ein anderes Vorgehen hätte den Rahmen dieser Arbeit nicht nur im Umfang, sondern auch in methodischer Hinsicht gesprengt. Das methodische Vorgehen in der Arbeit hat es im Hinblick auf das Verständnis des Lesers angebracht erscheinen lassen, den Gegenstand der Untersuchung in Kontext zu dem gesamten Vertragswerk zu setzen. Im ersten Kapitel der Arbeit werden daher kurz Organisation, Tätigkeit und Zielsetzungen des Internationalen Währungsfonds skizziert. Diese Aspekte des Vertragswerkes sind v. a. von Hexner in seiner Arbeit über das "Verfassungs- und Rechtssystem des Internationalen Währungsfonds" eingehend gewürdigt worden. Die Einführung der Sonderziehungsrechte markiert den Beginn einer neuen Epoche in den Währungsbeziehungen der Staaten, deren nähere Ausgestaltung zur Zeit noch lebhaft diskutiert wird. Die Ereignisse in den letzten Jahren haben darüberhinaus überaus deutlich Mängel an dem Vertragswerk sichtbar gemacht. Der Verfasser hat es daher für

Vorwort

9

angebracht gehalten, im Zuge der allgemeinen Skizzierung des Vertragswerkes auf bestimmte schwerwiegende Auflösungserscheinungen hinzuweisen, bei denen auch die weiteren Reformbestrebungen ansetzen. Zuletzt unterzieht sich der Verfasser gern der ehrenvollen Aufgabe, an dieser Stelle allen denen seinen herzlichsten Dank auszusprechen, ohne deren Rat und Hilfestellung die Arbeit in ihrer jetzigen Form nicht zustande gekommen wäre. Ganz besonderer Dank gilt Herrn Dr. Horn, der ihm viele sehr wertvolle und fruchtbare Ratschläge gegeben hat. Nicht unerwähnt sollen auch Frau Mössinger und Fräulein Riedei, Mitarbeiterinnen am Institut für ausländisches und internationales Wirtschaftsrecht an der Universität Frankfurt, bleiben, die dem Verfasser bei der Materialbeschaffung große Hilfe geleistet haben. Besonderer Dank gebührt auch Herrn Sturm, der dem Verfasser bei der technischen Durchführung der Arbeit wichtige Hilfe und großzügige Unterstützung gewährte, und der Interessengemeinschaft Frankfurter Kreditinstitute für die gewährte Hilfe. Der letzte Dank gilt meinem verstorbenen Lehrer Kronstein, durch dessen Anregung diese Arbeit zustande gekommen ist. Wiesbaden, im Frühjahr 1973

Franz-RobeTt WalteT

Inhaltsverzeichnis Erster Teil DIE GRUNDZVGE DES VERTRAGSWERKES VON BRETTON WOODS Erstes Kapitel

Der internationale Währungsfonds: Entstehung, Organisation und Zielsetzung

19

I. Die Zeit vor dem Bretton Woods-Abkommen .................... 1. Die Einführung .............................................. 2. Der klassische Goldstandard .................................. 3. Die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

19 19 20 21

11. Die Entstehungsgeschichte des Vertrogswerkes . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

21

1. Keynes- und White-Plan .................................... a) Keynes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) White .................. . .................................. 2. Die Verhandlungsphase ................................. . .... 3. Die Bezugspunkte des Vertragswerks .'. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

22 22 23 23 24

111. Die Grundzüge des Vertragswerkes ..............................

24

1. Die Rechtsnatur des Vertragswerkes .......................... 2. Das Wesen des Fonds........................................ 3. Die Rechtspersönlichkeit des Fonds insbesondere seine Völkerrechtsfähigkeit ............................................... a) Rechtsfähigkeit nach Landes- und Völkerrecht ............ b) Das Verhältnis des IWF zu den UN ........................ 4. Quoten und Stimmen ........................................ 5. Organe des Fonds ............................................ 6. Kursfestsetzung .............................................. 7. Abbau von Zahlungs- und überweisungsbeschränkungen ... . .. 8. Devisenkredite ............................................... a) Struktur des Fondsgeschäfts .............................. b) Das Fondsgeschäft als Vertrag ............................ c) Die das Geschäft beherrschende Rechtsordnung ............ d) Die Vertragsnatur des Fondsgeschäfts ................... . .. 9. Interpretation ...................................... . ...... . ..

24 25 27 27 28 29 29 30 32 33 33 34 34 35 36

IV. Auflösungserscheinungen des Systems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

37

1. Die Maßnahmen der US-Regierung v. 15.8. 1971 .............. 2. Die Maßnahmen der europ. Regierungen vom März 1973 ......

37 38

12

Inhaltsverzeichnis 3. Politische Zielsetzungen ...................................... 4. Systemimmanente Ursachen für die Auflösungserscheinungen .. 5. Offene Probleme ............................................

39 39 41

Zweiter Teil DAS SONDERZIEHUNGSRECHTSSYSTEM Zweites Kapitel

Die Entstehungsgesehicb.te der Sonderziehungsrecb.te

42

I. Die Vorläufer der Reform. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

42

1. Zahlungsbilanzdefizite im System von Bretton Woods. . . . . . . . ..

42 42 44

2. Die Untersuchung von Robert Triffin . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 3. General Arrangements to Borrow ............................

II. Die anfänglichen Bestrebungen des Zehnerclubs, das Bretton Woods-System zu reformieren ..................................

44

1. Einsetzung der Stellvertreter der Gruppe der Zehn. . . . . . . . . . ..

2. Composed Reserve Units . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

44 45

III. Die zweite Verhandlungsphase im Zehnerclub von 1965 - 1966 ....

46

1. Die neuen Standpunkte der Republik Frankreich und der USA 2. Die Tätigkeit der Stellvertreter der Gruppe der Zehn .......... 3. Wesentlicher Inhalt der am 8.7.1966 vorgelegten Studie der Stellverteter ........ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Zugang zum neuen Instrument ............................ b) Eigenschaften, um die Akzeptabilität zu fördern. . . . . . . . . . .. c) Der Entscheidungsprozeß .................................. d) Die 5 Schemata ........ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 4. Währungskonferenz in Den Haag am 25.126. Juli 1966 ........ a) Mitarbeit Frankreichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) Die europ. Solidarität ....................................

46 47 48 48 49 49 49 50 50 51

IV. Die dritte Verhandlungsphase 1966 - 67 Zehnerclub und IMFarbeiten zusammen ..................................................

51

1. Ergebnis der Konferenz von Den Haag ................. . ...... 2. Der europ. Kompromiß ...................................... a) Die offenen Fragen '" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) Wichtige Grundzüge des neuen Instruments. . . . . . . . . . . . . . .. c) Die Einigung in der Rückzahlungsverpflichtung ............ d) Das Entgegenkommen der Amerikaner ............... . .... 3. IMF-Jahrestagung in Rio de Janeiro 1967 ...................... a) Annahme des Planes ...................................... b) Die wesentlichen Grundzüge der Sonderziehungsrechte .... c) Die Veränderungen im ursprünglichen Vertragsabkommen .. d) Inkrafttreten ..............................................

51 51 51 52 52 53 53 53 53 54 54

Inhaltsverzeichnis

13

V. Die Aktivierung des SZR-Schemas ..............................

54

1. Die Entwicklung in den offiziellen Reservebeständen ..........

2. Kritik am Ansatzpunkt ...................................... 3. Die Diskussion um die Höhe der Zuteilung ....................

54 55 56

VI. Würdigung der Entstehungsgeschichte ............................

56

Drittes Kapitel

Der Begriff des SonderziehungsredJ.ts

57

I. Art. XXI Abschn.l ............. . ................... . ............

57

1. Keine Legaldefinition ................. . ................ . .....

57 57 57 58 58 59 60

2. Eine semantische Untersuchung ............ . ................. a) "Sonder-" ................................................. b) ,,-ziehungs-" .............................................. c) ,,-recht" ......................................... . .... . .... 3. Funktion der Sonderziehungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 4. Der Begriff der Währungsreserve ............................

62

II. Art. XXI Abschn.2 Viertes Kapitel

Die Grundzüge des SZR-Systems I. Zuteilung

64 65

1. Das formelle Beschlußverfahren ..............................

Der Gang des Verfahrens.................................. Mehrheitserfordernisse .................................... Basisperioden ............................................. Zuteilungsmenge .......................................... Nachträgliche Teilnahme .................................. f) "opting out" .............................................. g) "opting back" ............................................

65 65 68 69 70 71 71 73

2. Die materiellen Voraussetzungen für die Zuteilung. . . . . . . . . ... a) Internationale Liquiditätsversorgung ...................... aa) Begriffsbestimmung ................................... bb) Reservekomponenten ............. '" ......... . ........ cc) Reservebedarf ............................... . ........ b) "Weltweiter" Bedarf ...................................... aa) Bedarf aller IMF-Mitglieder ...................... . ... bb) Reservebedarf und Entwicklungsländer ................ ce) Reservebedarf der Industrieländer .................... c) Kriterien, ob ein Bedarf besteht .......................... aa) Allgemeine Kriterien .................................. bb) Die der l. Basisperiode zugrundeliegenden Erwägungen d) Kriterien für die Quantität des Bedarfs. . . . . . . . . . . . . . . . . . .. aa) Allgemeine Erwägungen .............................. bb) Die der l. Basisperiode zugrundeliegenden Erwägungen

74 74 74 75 76 76 76 77 80 80 80 83 85 85 86

a) b) c) d) e)

Inhaltsverzeichnis

14

e) Die aa) bb) cc) f) Die

besonderen Erwägungen für die 1. Basisperiode ........ Collective Judgment .................................. Besseres Gleichgewicht der Zahlungsbilanzen. . . . . . . . .. Anpassungsprozeß .................................... 1. Basisperiode im überblick .................... . .....

87 87 87 89 91

H. Einziehung der Sonderziehungsrechte ............................

92

1. Das formelle Beschlußverfahren .............................. 2. Die materiellen Voraussetzungen für die Einziehung. . . . . . . . .. 3. Unzureichender Kontostand ..................................

92 93 93

IH. Art. XXIV Abschn.3 ............................................

94

IV. Operationen und Geschäfte mit Sonderziehungsrechten (Art. XXV)

95

1. Geschäfte zwischen Teilnehmern (Abschn. 2) ..................

a) Grundsatz der Verwendung................................ b) Die schuldtilgende Eigenschaft der SZR .................... c) Die besonderen Verwendungsmöglichkeiten nach Abschn. 2 (b) aa) Abschn.2 (b) (i) ........................................ bb) Abschn.2 (b) (ii) ....................................... d) Berichtspflicht .............................................

96 96 96 98 98 99 100

2. Voraussetzungen für die Transaktionen (Abschn.3) ............ a) überblick ................................................. b) Erwartungen, keine Beschränkungen ...................... c) Erwartungswidriger Gebrauch ............................ aa) Vorstellung ........................................... bb) Designierung .......................................... cc) Ausschluß ............................................ d) Der vom Abkommen gedeckte Gebrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

100 100 101 102 102 102 103 103

3. Die Verpflichtung der Teilnehmer (Abschn.4) ................ a) Die Höhe der Annahmeverpflichtung ...................... b) Bereitstellung faktisch konvertibler Währung ...... . ....... c) Nichterfüllung der Bereitstellungsverpflichtung ............ d) Keine Annahmeverpflichtung für andere Zwecke .......... e) "Escape-Klausel" ..........................................

105 105 106 108 109 110

4. Designierung des Teilnehmers zur Abgabe von Währung (Abschn. 5) ................................................... 110 5. Die Rekonstitutionsverpflichtung (Abschn. 6) .................. a) Regelungsüberblick ........................................ b) Politischer Hintergrund dieser Vorschrift .................. c) Rekonstitution und Rückzahlung .......................... d) Wirtschaftliche Tragweite der Rekonstitution .............. e) Rechtliche Absicherung der Rekonstitutionsverpflichtung . . .. f) Nichterfüllung der Rekonstitutionsverpflichtung ............

112 112 112 113 115 116 117

6. Operationen und Geschäfte mit dem Generalkonto (Abschn. 7) .. 118 a) Abschnitt 7 (a) ............................................. 118 b) Abschnitt 7 (b) - (g) ........................................ 118 7. Wechselkurse (Abschn.8) .................................... 120

Inhaltsverzeichnis 8. überblick über die Operationen und Geschäfte mit Sonderziehungsrechten in der 1. Basisperiode .......................... a) Allgemeine Bemerkung ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) Transaktionen zwischen Teilnehmern ...................... c) Transaktionen zwischen SZ-Konto und Generalkonto ...... d) Die BRD ..................................................

15 121 121 121 122 123

V. Nebenbestimmungen, die SZR-Transaktionen und Operationen

betreffend (Art. XXVI) .......................................... 123

1. Zins- und Gebührenzahlungen (1 - 3) .......................... 123 2. Umlagen (Abschn. 4 u. 5) ...................................... 124 3. Art. XXVIII .................................................. 125 VI. Der organisatorische Rahmen des SZR-Verkehrs (Art. XXII und XXVII) ......................................................... 125

1. Das SZ-Konto .......................................... . ..... a) Begriff .................................................... b) Trennung der Vermögenswerte ............................ c) SZR-Operationen und ihre Verbuchung .................... 2. Die Organe der Verwaltung des Sonderziehungskontos ........ 3. Verwaltungsgrundsätze ....................................... a) überblick .................................... . ............ b) Nicht delegierbare Aufgaben ...................... . ....... c) Stimmberechtigung und -abgabe .......................... d) Zweüel über den betroffenen Geschäftsbereich . . . . . . . . . . . . .. e) Privilegium ............................................... f) Auslegungsfragen ..................... . ...................

125 125 126 127 127 127 127 128 128 129 130 130

VII. Teilnehmer und SZR-Inhaber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 130 1. Teilnehmer

................................... . .............. a) Teilnehmerkreis ........................ . .................. b) Teilnahmeerklärung ...................................... c) Teilnahmeerklärungsabgabe in Notzeiten .................. d) Teilnahmemöglichkeit der Entwicklungsländer . . . . . . . . . . . . .. e) Teilnahmeberechtigung .................................... f) Beendigung der Teilnahme ..... . ...................... . ... 2. Inhaber ......................................................

130 130 131 131 132 132 132 132

VIII. Liquidation des Sonderziehungskantos .......................... 133

Fünftes Kapitel

Der Geld- und Kreditcltarakter der Sonderziehungsrecltte

135

I. Festgestellte Geldcharakteristika der SZR ........................ 135

1. Die relevanten Merkmale der SZR ............................ 135 2. Zum methodischen Vorgehen ................................ 135 11. Die metallistischen Geldtheorien ................................ 136

1. Aussage der Theorien ........................................ 136 2. Kritik ........................................................ 136

16

Inhaltsverzeichnis

111. Die nominalistischen Getdtheorien ........ .. . .. ........ . . . .. . .. . 137

1. Die staatliche Theorie des Geldes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Die Aussage der Theorie . . ..... . .... . ................ . . .. . b) Die grundsätzliche Anwendbarkeit dieser Theorie auf die Fragestellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ergebnis ........ .. ... . ... . .... . .. . ... . ... . ................ d) Würdigung der Theorie ... . . . . . . . .... . . .. .. .. .. . . .... . ..... 2. Die Konventionstheorie ....... . ... . ... . ..... . . . ........... .. . 3. Schmöldersche Gelddefinition . . .. .... . . .. .. .. . . . .. . .. . ...... . a) Begriffsbestimmung des Geldes . . .... . ... . .... .. ........ . .. b) Die SZR . . .. . .. .. ... . . . ... . . .. . . . ... . . .. .. .. .. .. .. . . .. .. . . aa) Erfüllung der Merkmale der Schmölderschen Definition bb) Erfüllung weiterer Merkmale ... . ... . .... . ... .. .. . .. .. . 4. Ergebnis der Untersuchung ... . ... . ..... . .. . ............. . ...

137 137 137 139 139 139 139 139 139 139 140 140

IV. Die wirtschaftliche Deckung der Sonderziehungsrechte .... . .. . .. 141 V. Die Getdschöpfung durch Sonderziehungsrechte ... .. .. .. .. . . . . ... 141 VI. Haben die Sonderziehungsrechte Kreditetemente? .. .. ....... ... . . 143

1. Stand der Meinungen .... . ........ . .... . ........ . .... . ....... 2. Eigene Stellungnahme ... . . .. .. .. . .... . .. . ..... .. . .. . . . ..... . . a) Der Begriff des Kredites ... .• ........ . .. ... .. .. ... . . . . . . . . b) Mögliche Kreditelemente im SZR-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . aal Kreditgewährung . . .... . ... . ..... . ... .. ... . ... . . . ..... . bb) Rückzahlung .. .. .. . . ..... . ... . . ... .. . .. .. . ... .. .. . . ... (1) Rekonstitution .. . . . . .. .. . . . ...... .. . ... . . .. ... ... . . (2) Einziehung ... . ....... . ..... . .... . . . .. . . . .. . . . .. . .. (3) Liquidation . . .. . .. ... ... . . . .. .. .... . ... . ... .. .. . . . . c) Zinspflicht ..... . ...... .. .. .. .... . ... . ..... . ...... .... . . . .. d) Ergebnis . .. .......... . . .. .. . ........ ... . .. ... . .... . . .. . .. .

143 144 144 144 144 144 144 144 145 145 145

VII. Würdigung der Eigenschaften des Sonderziehungsrechts ...... . ... 146

1. Das "Neue" an den Sonderziehungsrechten ....... . ... .. . . . . .. . 146 2. Zur Bezeichnung des Geldes als Sonderziehungsrecht . . .. . .. . .. 146 Sechstes Kapitel

Ausblick

148

I. Was Sonderziehungsrechte zu teisten und nicht zu leisten vermögen 148 11. Weitere Reformbestrebungen, soweit sie die Sonderziehungsrechte betreffen . .. . .. . .. ... .. . . . .. ... ...... .... . .. ... .. .. . . . . . . . . . .. . . . 149

Anhang ... . .. . ........... . ... . ..... . ... . . ... ............ .. . . ....... . . . 153 SZ-Konto-Auszüge der Teilnehmer am 30. April 1972, entnommen aus IMF, AR 1972 . . ................................ . .... . ......... . ...... 153

Literaturverzeidmis .......... . .... . .............. . ... . ... . ..... . .... . . 157

Abkürzungsverzeichnis

a.A.

AR Art.

anderer Ansicht am angegebenen Ort Abschnitt Absatz Archiv für civilistische Praxis American Journal of Comparative Law American Journal of International Law Annual Report des IMF Artikel

BB BBankG BeL Beisp. BGBI BIZ BRD

Betriebsberater Bundesbankgesetz Band Beispiel Bundesgesetzblatt Bank für Internationalen Zahlungsausgleich Bundesrepublik Deutschland

D.C. ders. d.h.

Distriet of Columbia derselbe das heißt

EG

Europäische Gemeinschaften et cetera

EWG

FAZ

Fonds

Europäische Wirtschafts gemeinschaft Frankfurter Allgemeine Zeitung IMF

Ges.

Gesetz

IBRD

IWF

International Bank for Reconstruction and Development (auch World Bank) International Court of Justice International Development Association in der Fassung Internationaler Gerichtshof International Monetary Fund international Internationaler Währungsfonds

JuS JZ

Juristische Schulung J uristenzeitung

Kap.

Kapitel

a.a.O. Abschn. Abs. AcP AJCL AJIL

etc.

ICJ

!DA

i.d.F. IGH

IMF int.

Law & Pol. Int'l Bus Law and Policy on International Business. The International Journal of Georgetown University Law Center 2 Walte.

18

Abkürzungsverzeichnis

N.H. No. Nr. N.Y.

New Hampshire Number Nummer New York Neue Züricher Zeitung

OECD

Org. ÖZÖR

Organization for Economic Co-operation and Development Jahrbuch für die Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft Organisation Österreichische Zeitschrift für Öffentliches Recht

P

pagina

NZZ

ORDO

RC

Recueil des Cours



SDR SZ-Konto SZR

Seite Dollar Special Drawing Right Sonder.tiehungskonto Sonder.tiehungsrecht(e)

UN UNTS USA

United Nations United Nations Treaties Series United States of America

v.

versus vergleiche Volume

S.

vgl.

Vol

ZaöRV z.B. Ziff.

Zeitschrift ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht zum Beispiel Ziffer

Erster Teil

Die Grundzüge des Vertragswerkes von Brelton Woods

Erstes KapiteZ

Der internationale Währun~sfonds: Entstehung, Organisation und Zielsetzung I. Die Zeit vor dem Bretton Woods-Abkommen 1. Einführung

Die Währungsbeziehungen der meisten Staaten der Welt sind heute untereinander vertraglich geregelt. Hauptpfeiler des internationalen Währungssystems sind die "Articles of Agreement of the International Monetary Fund"l. Das Abkommen über den Internationalen Währungsfonds (lMF) regelt die geldrechtlichen Beziehungen zwischen den Staaten und anderen Völkerrechtssubjekten. Der Regelungsgegenstand des Abkommens ist mithin dem internationalen Währungsrecht zuzuordnen! und bedarf daher auch der juristischen Erläuterung und Darstellung. Die Weltwährungsbeziehungen zwischen den Staaten und internationalen Organisationen sind durch die (immer zunehrnendere) vertragliche Ausgestaltung qualitativ verändert worden. Solcher vertraglicher Regelungen hatte es unter der Herrschaft des klassischen Goldstandards von 1870 - 1914 nicht bedurft. 1 BGBl. 1952 II 638 ff., ergänzt und geändert BGBl. 1968 II 1225, US Treaties and International Acts Series No. 1501, Sonderdruck des IMF, Washington 1968. 2 Zur Definition des Begriffs siehe Frederick A. Mann im Wörterbuch des Völkerrechts, Bd.3, S.797.



20

1. Kap.: Der internationale Währungsfonds

2. Der klassische Goldstandard

Das System des klassischen Goldstandards ist nur infolge der Tatsache möglich gewesen, daß die damals gebräuchlichen Handelswährungen ganz oder teilweise in Gold gedeckt waren. Eine Golddeckung ist nach dem zweiten Weltkrieg völlig unüblich geworden. Die erste Golddeckungspflicht findet sich im Peels Act von 1844, der unter dem Einfluß der Currency Lehre von David Ricardo bestimmte, daß die in Großbritannien in Umlauf befindlichen Noten bis auf Ausnahme eines kleinen Vertrauenskontingentes ("Fiduciary Issue Cl ) voll in Gold gedeckt sein müßten'. Ähnliche Bestimmungen erließen auch alle anderen wichtigen Handelsstaaten, so daß jede Wähnmgseinheit einen genau bestimmten Goldgehalt und Goldwert hatte, der sich aus dem jeweiligen Münzfuß ergab. Zwischen den Währungseinheiten der verschiedenen Länder bestanden folglich feste Beziehungen, die Goldparitäten. Der sog. Goldpunkt bildete zugleich den mittleren Wechselkurs für den Handel von Devisen, weshalb man ihn auch als Paritätenkurs bezeichnete. Der Tageskurs auf den Devisenmärkten konnte langfristig von dem Paritätenkurs nur um eine bestimmte Marge abweichen, die sich aus den Kosten für den Goldversand zwischen zwei Ländern ergab. Sank nämlich der Devisenkurs stärker, so war es gewinnbringend, bei der eigenen Zentralbank Gold zu erwerben, die wegen der vorgeschriebenen Golddeckungspflicht auch verpflichtet war, Gold jederzeit an Private abzugeben, und das so erworbene Gold einer ausländischen Zentralbank zum Verkauf gegen die dortige Währung anzubieten. Den erhaltenen Fremdwährungsbetrag tauschte man anschließend in einheimische Währung um. Man erhielt dabei einen höheren Betrag in eigener Währung als man für Goldkauf und Goldtransport aufgewandt hatte. Infolge mehrerer Arbitrageoperationen dieser Art zog der Wechselkurs der eigenen Währung wieder an. Wirtschaftlich liegt dem Geschehen folgender Sachverhalt zugrunde. Durch die Verbringung des Goldes aus dem einen Währungsbereich in den anderen, vermindern sich die Goldbestände bei der einen Zentralbank. Wegen der Deckungspflicht mußte in dem Gold abgebenden Land in einem absehbaren Zeitraum der Notenumlauf reduziert werden, wodurch die nachfragende Geldmenge und damit auch die gesamte inländische Nachfrage sich verringerte. Nicht nur im Modell waren Preis- und Lohnsenkungen die Folge, die sich auf den Export stimulierend auswirkten. Im umgekehrten Fall, also bei einem Goldzufluß, sollte nach den Modellspielregeln die Notenbank das Geldvolumen erhöhen. Die indua Veit, Grundriß, S. 164 ff.

H.

Die Entstehungsgeschichte des Vertragswerks

21

zierten Preissteigerungen sollten die Privaten stimulieren, mehr Güter und Dienstleistungen aus dem Ausland zu importieren. Die Wirtschaftspolitik wurde also unter dem Regime des klassischen Goldstandards4 ausschließlich von den Zahlungsbilanzerfordernissen bestimmt. Dies erscheint uns heute unter dem Gebot der Sozialstaatlichkeit allgemein als unannehmbar. 3. Die Zelt nach dem Ersten Weltkrieg

Mit dem Ersten Weltkrieg brach auch der klassische Goldstandard zusammen, der nach 1918 zu restaurieren versucht wurde. Um Gold zu sparen, wurde jedoch die Goldeinlösungspflicht gegen Private aufgehoben. Die Zentralbanken begannen neben Gold auch konvertible Devisen als Währungsreserven zu halten. Zugleich leiteten die USA und Großbritannien deflatorische Maßnahmen ein. Die internationale Finanzkrise von 1929 erschütterte auch das notdürftig wiederaufgebaute System, das schon nicht mehr automatisch funktionierte, sondern künstlich kontrolliert werden mußte. Die Länder werteten einfach ihre Währungen ab. Um ein Währungschaos zu vermeiden, schlossen die USA, das Vereinigte Königreich und Frankreich am 26. September 1936 das sog. "Tripartite Agreement" ab, das die Vertragspartner zwar nicht verpflichtete, Paritäten zu fixieren, wohl sich aber in der Wechselkurspolitik zu konsultieren, kompetitive Abwertungen zu unterlassen und nationale Stabilitätsfonds einzurichten. Dem Abkommen schlossen sich später die Schweiz, Belgien, die Niederlande und Italien an. Die Weltwirtschaftskrise führte zu laufenden Abwertungen der Währungen. Fast alle Staaten gingen zu einer autonomen Wirtschaftspolitik über. Der Goldstandard und das, was von ihm übrig geblieben war, waren vergangen. Die meisten Staaten führten Devisenbewirtschaftungen einS.

n. Die Entstehungsgeschichte des Vertragswerkse Das Vertragswerk von Bretton Woods gründet sich auf Beratungen amerikanischer und englischer Wirtschafts- und Finanzexperten über 4 VgI. hierzu: Lipfert' S. 223 f., Aschinger, S. 15 f., Horte, S. 6 ff., Issing, Leitwährung, S. 17 ff. S VgI. die Darstellung bei Aschinger, S. 16 H. und Horte, S. 12 ff. e VgI. hierzu: Bachmann, Konvention; ders., Angelsächsische Pläne; Horie, S. 37 - 96; Hawtrey, S. 21 ff.; Hexner, S.14.

1. Kap.:

22

Der internationale Währungsfonds

die nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges zu ergreifenden Maßnahmen. Die Verhandlungen wurden 1942 aufgenommen7 • 1. Keynes- und White-Plan

Anfang 1943 wurden der sog. "Keynes-Plan", benannt nach seinem Verfasser John Maynard Keynes vom englischen Schatzamt, und der im Auftrage der US-Regierung von dem Berater des Schatzamtes Harry White ausgearbeitete Plan, sog "White-Plan", zum Gegenstand der Verhandlungen gemacht. Beide Pläne verfolgten das gleiche Ziel: die nach dem Zusammenbruch des Goldstandards entstandenen Zahlungsverhältnisse, die durch einseitig am nationalen Interesse ausgerichteten Lenkungsmaßnahmen, wie Devisenbewirtschaftung, bilaterale Zahlungsabkommen und Clearingssysteme gekennzeichnet waren, abzulösen durch ein den Welthandel förderndes freies, zwischenstaatliches Zahlungsmittel. Beide Pläne haben es, was besonders im Hinblick auf die spätere Herausbildung internationaler Geldmärkte von Bedeutung ist, nur mit einem sachlich auf den Güter- und Leistungsaustausch ausgerichteten Zahlungsverkehr zu tuns. a)Keynes

Der Plan von Keynes besteht im wesentlichen aus 3 Elementen dem Prinzip der Devisenkredite als ein Mittel fl1r die "Oberbrückung von kurzfristigen Zahlungsbüanzdefiziten; (2) einem System, das die Wiederherstellung der Zahlungsbllanzgleichgewichte ermöglichen soll; (3) dem System fixer Wechselkurse. (1)

Instrument zur Durchführung sollte eine internationale Verrechnungsstelle, die sog. International Clearing Union sein. Die Mitgliedstaaten sollten verpflichtet werden, auf Verlangen spesenfreie Kredite in ihren Währungen zur Verfügung zu stellen und berechtigt sein, Fremdwährungskredite zu beanspruchen. Die Clearing Union sollte die Kosten in einer neutralen, künstlichen Währungseinheit, dem "Bancor", dessen Wert in Gold auszudrücken war, geführt werden. Bancor-Guthaben sollte man zwar gegen Gold erwerben können, sollten jedoch nicht in Gold einlösbar sein. Für die Clearing Union wären die Guthaben und die Schulden immer ausgeglichen gewesen, weil Bancorguthaben nur einen Anspruch auf übertragung auf Konten anderer Mitgliedstaaten beinhaltet hätten. Die 7

8

Bundesbank, S.2. Bachmann, Angelsächsische Pläne, S. 4 f.

II. Die Entstehungsgeschichte des Vertragswerks

23

Quoten der Mitgliedsländer sollten nach dem Handelsvolumen der letzten drei Vorkriegsjahre ausgerichtet werden. Debet- und auch KreditsaIden, die höher als 1/4 der Quote wären, sollten gebührenpflichtig sein, um so auch die Überschußländer einem verstärkten Anpassungszwang auszusetzen.

b)White Der Plan von White berücksichtigt die starke GläubigersteIlung seines Landes und sah einen Stabilisierungsfonds in Höhe von US $ 5 Mrd. gegenüber einer Quotensumme von US $ 35 Mrd. bei Keynes vor. Die Quote sollte zu 25 Ofo aus Gold, zu 25 Ofo aus Devisen und zu 50 Ofo aus Staatspapieren eingezahlt werden. Bei Zahlungsbilanzdefiziten sollten die Mitglieder vom Fonds Fremdwährungbeträge bis zu 200 Ofo ihrer Quote kaufen können. Dem Fonds sollte ein Prüfungsrecht eingeräumt werden. Auch White sah eine künstliche Währungseinheit, die "Unitas" vor, die aber vollkommen in Gold gedeckt sein sollte und daher auch gegen den Fonds· einen Anspruch auf Rückzahlung in Gold einräumte. 2. Die Verhandlunpphase

Im Juni 1943 begannen inoffizielle Verhandlungen zwischen den USA und Großbritannien. Zwar konnten die US-Unterhändler ihre Vorstellungen zu einem Gutteil durchsetzen, doch wurde der White-Plan im Sinne Keynes modifiziert. Im April 1944 waren die Verhandlungen soweit fortgeschritten, daß beide Verhandlungs delegationen sich auf einen gemeinsamen Vorschlag einigen konnten, der als "Joint Statement by Experts on the Establishment of an International Monetary Fund of the United and Associated Nations" veröffentlicht wurde und als Arbeitspapier auf der Finanz- und Währungskonferenz der Vereinten Nationen vom 1. bis 23. Juli 1944 in Bretton Woods, N. H. (USA) unter dem Vorsitz des US Staatssekretärs Henry Morgenthau diente. Der Schlußakt der Konferenz vom 22. Juli 1944' wurde von 44 Staaten unterzeichnet und hatte die Bedeutung, daß das Abkommen, das die Schaffung des International Monetary Fund, IMF (Internationaler Währungsfond), vorsah, den Signatarstaaten zur formellen Annahmeerklärung vorzulegen war. Die USA waren Hinterlegungsstelle des Dokuments und hatten die formellen Beitrittserklärungen gem. Art. XX Abschn.2 entgegenzuneh8 Vgl. United Nations Monetary Financial Conference Bretton Woods, N. H. Final Act and Related Documents, S.7.

1. Kap.: Der internationale Währungsfonds

24

men und zu beurkunden. Nach Abschnitt 1 der gleichen Vorschrift sollte das Abkommen in Kraft treten, sobald es von so vielen Staaten angenommen war, daß 65 % der Quotensumme erreicht wurde. Diese Bedingung wurde am 27. Dezember 1945 erfüllt, das Abkommen trat an diesem Tag in KraftlO • Am 12. September 1946 informierte der Fonds die Mitglieder, daß er am 1. Mai 1947 seine Arbeit aufnehmen werdel l • 3. Die Bezugspunkte des Vertragswerkes

Das Abkommen über den IMF ist Teil einer umfassenden völkerrechtlichen Ordnung, die jedoch nur teilweise verwirklicht wurde. Sollte das hier zu besprechende Abkommen die Zahlungsverhältnisse regeln, so sollte das Abkommen über die Weltbank der Entwicklungshilfe dienen und das Abkommen über die United Nations sollte die politischen Beziehungen der Staaten untereinander ordnen. Daneben war eine International Trade Organisation (!TO) geplant, die nur unvollkommen in Form des General Agreement on Tariffs and Trade (GATT) verwirklicht wurde. Regelungsgegenstand dieses rechtlich nicht existent gewordenen Planes über die ITO war es, die Voraussetzungen für einen freien Handel zu schaffen, der Grundlage für ein funktionierendes, frei von staatlichen Eingriffen arbeitendes Währungssystem ist. Die auftretenden Mängel sind zwar kurzfristig mit monetären Mitteln zu lösen, eine langfristige Lösung muß jedoch auch die Handelsfragen mit einbeziehen1!.

m. Die Grundzüge des Vertragswerks 1. Die Bechtsnatur des Vertragswerkes

Das Abkommen ist nach herkömmlicher Terminologie als Regierungsabkommen und nicht als völkerrechtlicher Vertrag zu qualifizieren. Hierfür spricht einmal der Text selbst ("each government", z. B. in Art. XX Abschn. 1 (b» und zum anderen die Verfahrensweise der USA, die das Abkommen nicht als "treaty" behandelt haben, für dessen Ratifizierung eine 2/3 Mehrheit des Senates erforderlich gewesen wäre. Aufricht, S. 9. AR 1947, S. 70 f. 12 Eindringlich zu diesem Problem Kronstein BB 1972 141 H., auch Denizet in Europa-Archiv 1972, S. 48. 10

11

!II. Die Grundzüge des Vertragswerks

25

Der Präsident wurde vielmehr durch einen mit einfacher Mehrheit gefaßten Beschluß bei der Häuser ermächtigt, im Namen der USA dem IMF beizutreten. Nach einer in der Lehre weit verbreiteten und von den Signatarstaaten geteilten Auffassung haben intergouvermentale und völkerrechtliche Verträge die gleichen Rechtswirkungen13• 2. Das Wesen des Fonds

Mit dem 27.12.1945 wurde eine neue internationale Organisation, der IMF, existent. Mitglieder dieser Organisation können nur selbständige Staaten sein. Heute sind mit Ausnahme der Schweiz alle Länder der westlichen Welt Mitglied. Der Internationale Währungsfonds ist mithin nach der völkerrechtswissenschaftlichen Terminologie14 als eine "public international organization" oder "inter-governmental organization" anzusprechen. Wesensmerkmal einer solchen internationalen Organisation ist es, eine durch einen multilateralen völkerrechtlichen Vertrag geschaffene und auf ihm beruhende Staatenverbindung zu sein. Zur Verfolgung der gemeinsamen Zwecke ist sie mit eigenen speziellen und arbeitsteiligen funktionierenden Organen ausgestattet1S• Der völkerrechtliche Grundungsvertrag enthält zugleich die Satzung der internationalen Organisation,die ihre Verfassung darstellt. Der Kollektivvertrag ist für die Vertragsverpflichteten zugleich verbindliche Norm, also Gesetz18• Das Recht der internationalen Organisationen besteht zunächst aus dem kodifizierten Normenkomplex. Ein "Recht der internationalen Organisationen" im Sinne feststehender abstrakter Rechtsnormen besteht noch nicht. Die Vielzahl der bestehenden internationalen Organisationen und die weiten übereinstimmungen in ihren Satzungsbestimmungen lassen jedoch ein neues Rechtsgebiet entstehen. Einige Satzungsbestimmungen sind bereits so weitgehend üblich geworden, daß sie sich zu festen Rechtssätzen des Gewohnheitsrechts entwickeln17 • Immer häufiger haben die Organe der internationalen Organisationen auch eine materielle Gesetzgebungsgewalt inne, zum Beispiel sind sie befugt, Geschäftsordnungen oder Satzungen zu erlassen, die nicht der Ratifizierung durch die Mitgliedstaaten bedürfen. Mit den internationaWie hier Hexner, S. 14 ff., insbes. S. 16. Vgl. hierzu Zemanek, S. 6 f. 15 Zemanek, S. 17 und Rudolf Bindschedler, Internationale Organisationen (Grundfragen) im Wörterbuch des Völkerrechts, Bd. I, S.70. 16 Zemanek, S.I1. 17 So Lange, S. 37 mit weiteren Nachweisen. 13

14

1. Kap.:

26

Der internationale Währungsfonds

len Organisationen hat sich auch ein völkerrechtlich geschaffenes Beamtenrecht entwickelt. Für diesen Normenkomplex, der im Gegensatz zum traditionellen Völkerrecht, wie schon ein Blick auf die Ausgestaltung der Rechtsverhältnisse zu dem Mitarbeiterstab zeigt, kein reines Koordinationsrecht darstellt, ist in der Literatur der von Alfred Verdross geprägte Begriff18 des "internen Staatengemeinschaftsrechts" ("droit interne cree par un organe international") üblich geworden l9• Sowohl der Umfang des internen Staatengemeinschaftsrechts als auch seine systematische Standortbestimmung ist in der Lehre umstritten. Bezüglich des Umfanges dieses Rechtsgebietes ist allgemein nur anerkannt, daß das interne Staatengemeinschaftsrecht die Rechtsbeziehungen der internationalen Organisationen zu ihren Bediensteten regelt. Andere Autoren!O wollen diesem Rechtskreis auch die Verträge zwischen der Organisation und ihren Mitgliedern bzw. mit anderen Institutionen unterstellen. Das interne Staatengemeinschaftsrecht wird teilweise als ein neben Völkerrecht und Landesrecht drittes Rechtsgebiet, teilweise als (davon zu unterscheidender) Teil des Völkerrechts angesehen". Eine Stellungnahme in dem Meinungsstreit ist an dieser Stelle nicht erforderlich, da Gegenstand dieser einleitenden Ausführungen nur die Charakterisierung des Fonds als eine internationale Organisation ist. Gleichwohl wird im Gang der Darstellung deutlich werden, daß alles dafür spricht, den Regelungsbereich des internen Staatengemeinschaftsrechts weit zu ziehen. Bestimmte Praktiken des Fonds und seine Sanktionsgewalt gegenüber Mitgliedern lassen sich konstruktiv so am besten erklären. Von dieser Frage nach Umfang und Standort des internen Staatengemeinschaftsrechts muß die Frage des supranationalen Rechts unterschieden werden-. Der Internationale Währungsfonds besitzt keine Merkmale, die von der Lehre als für die Supranationalität konstituierend angesehen werden". In Re 30 (1929 V), S.311. VgI. Erler, S. 20 ff., Schlochauer im Archiv des Völkerrechts 1963, S. 4 f., Zemanek, S. 90 ff., Kramer, S. 46 ff. sowie Ulrich Scheuner, Völkerrecht IV, Neueste Entwicklung, im Wörterbuch des Völkerrechts Bd.3, S.756. 20 Kramer, S. 47 f., Menzel, S.92, Schlochauer, S.7, Scheuner, Rechtssetzungsbefugnis, S.230 (Fn.7) und S.235. VgI. auch Kunz. 21 Erler, S. 26 mit weiteren Nachweisen und Zemanek, S. 95 mit weiteren Nachweisen. 22 VgI. hierzu Ipsen, S. 68 ff., Runge, S. 46 f. und Schlochauer. 23 Diese Frage ist strittig. Teilweise wird auf den übergang der Souveränität der Mitgliedsstaaten auf die Gemeinschaftsorgane abgestellt, teilweise auf die Unabhängigkeit von Gemeinschaftsentscheidungen und ihr Durchgriff gegenüber den Staatsangehörigen der Mitgliedsstaaten. 18

19

II!. Die Grundzüge des Vertragswerks

27

3. Die Rechtspersönlichkeit des Fonds, insbes. seine Völkerrechtsfähigkeit a) Rechtsfähigkeit nach Landes- und Völkerrecht

Der Fonds besitzt volle Rechtspersönlichkeit. Art. IX Abschn.2 verleiht ihm nach überwiegender Meinung nur Rechtspersönlichkeit nach Landesrecht24 • Dafür spricht sowohl der Wortlaut ("in the territories of each member") als auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift!S. Die heute unbestrittene'6 Völkerrechtsfähigkeit folgt implicit aus der Gesamtheit der Satzungsvorschriften. Der Fonds ist mit eigenen sachlichen Mitteln und Organen ausgestattet, die ihn in die Lage versetzen, mit souveränen Staaten und anderen internationalen Organisationen auf der Ebene der Gleichheit zu verkehren. Gemäß dem Abkommen zwischen der UN und dem IMF vom 15. November 194727 ist der IMF eine Sonderorganisation der UN im Sinne des Art. 57 der Charta und ist Vertragspartei der Convention on Privileges and Immunities of the Specialized Agencies adopted by the General Assembly of the United Nations am 21. November 194728 • Zum anderen zeigen die Vereinbarungen des IMF mit der Schweiz, einem Nicht-Mitgliedstaat29 , deutlich die objektive Völkerrechtspersönlichkeit. Schließlich führte der Internationale Gerichtshof in einem Gutachten aus dem Jahr 1948 in anderer Sache aus30, daß internationale Organisationen völkerrechtsfähig sein können. Nach den hier aufgestellten Kriterien setzt die Anerkennung der Völkerrechtsfähigkeit voraus, daß die Organisation schon nach dem Willen der Grunderstaaten im Völkerrechtsverkehr Träger von Rechten und Pflichten sein soll. Die völkerrechtliche Anerkennung ergibt sich für die Mitgliedsstaaten der betreffenden Organisation aus der übertragung der völkerrechtlichen Rechte und Pflichten. Die Völkerrechtsfähigkeit des Fonds kann schließlich auch aus seiner Eigenschaft als Spezialorganisation der UN i. S. des Art. 57 der UNCharta gefolgert werden. Der völkerrechtliche Status dieser Organisation ergibt sich aus der Rechtsnatur der UN selbst31 • 24 Kramer, S. 23, Gold in IMF and int. Law, S. 1, Mosler ZaöRV Bd. 22, S. 35, Coing, Internationaler Währungsfonds im Wörterbuch des Völkerrechts, Bd. 1, S. 118 unklar, aber wohl a. A. Menzel, Völkerrecht, S. 126. 2& Siehe Hinweis bei Mosler ZaöRV Bd. 22, S. 35 (Fn. 132). 18 Anders noch Coing im Wörterbuch des Völkerrechts, Bd. 1, S. 118. 27 UNTS 16 (1948), pp 328 - 334. 28 UNTS 33 (1949) p 261, vgl. Art. XXXVII der Convention. 29 Vgl. Decision Nr. 1712 - 164/29, abgedruckt in Selected Decisions, 3rd Issue, pp 69 - 72. 80 Nach Art. 96 der UN-Charta sowie gern. Art. 65 - 68 des IGH-Statuts ist der Gerichtshof zur Erstattung von Rechtsguthaben berechtigt. 31 So Menzel, Spezialorganisationen der Vereinten Nationen, im Wörterbuch des Völkerrechts, Bd. 3, S. 296.

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1. Kap.: Der internationale Währungsfonds

In der westlichen völkerrechtlichen Literatur ist seit langem anerkannt, daß nicht nur Staaten Völkerrechtssubjekte sein können, was noch in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in der Lehre sehr umstritten gewesen ist32• Auch in der modernen sowjetischen Völkerrechtslehre ist eine Strömung deutlich erkennbar, die sich an den westlichen Standpunkt annähert. Zwar geht auch die neuzeitliche sowjetische Völkerrechtslehre davon aus, daß grundsätzlich nur Staaten und um ihre "Selbständigkeit kämpfende" Nationen Völkerrechtssubjekte sein können33 , erkennt aber bestimmten internationalen Organisationen, insbesondere den United Nations und ihren Spezialorganisationen ihrer Besonderheiten wegen Völkerrechtsfähigkeit zu. Sie sollen aber nur zu den "Völkerrechtssubjekten abgeleiteten Charakters" zählen, die dem Hauptsubjekt, dem Staat, nicht gleichgesetzt werden könnena,. Legt man dem Begriff der Rechtsfähigkeit den Inhalt zugrunde, wie er sich im angelsächsischen Recht für die Juristische Person entwickelt hat, so ist der Fonds in seiner Rechtsfähigkeit beschränkt auf die Geschäfte, die er im Interesse und im Rahmen der Zielsetzungen der Satzung vornimmt35 • Solche Geschäfte liegen auch auf der völkerrechtlichen Ebene. Der Fonds besitzt also nach Landes- und nach Völkerrecht Rechtspersönlichkeit36• b) Das Verhältnis des Internationalen Währungsfonds

zu den Vereinten Nationen

Das Verhältnis des IMF zu den Vereinten Nationen ist besonderer Natur37. Nach Art. VIII der Vereinbarung zwischen dem IMF und der UN hat der Fonds das Recht, ein Gutachten vom Internationalen Gerichtshof nach Art. 96 Abschn.2 der Charta einzuholen. Aus der Vereinbarung kann weiter geschlossen werden, daß die Vereinten Nationen keinen sachlichen Einfluß auf das Finanzgebaren, insbesondere auf das administrative Budget, nehmen können. Der Fonds hat in dem Gesamtkonzept der internationalen Vertragswerke über die Vereinten Nationen, die Weltbank und der nicht gegründeten Welthandelsorganisation eine Vgl, zur Entwicklung Mosler ZaöRV, Bd. 22, S. 7 ff. Kaljushnaja in Völkerrecht, S.109 (§ 25). 34 Schibajewa in Völkerrecht, S. 321 (§ 65). 35 So auch Lange, S.97. Im Ergebnis auch, jedoch mit anderer Begründung, Rudolf Binschedler, Internationale Organisationen (Grundfragen) im Wörterbuch des Völkerrechts, Bd. 1, S. 79. 38 Dafür sprechen sich alle die in FN 24 genannten Autoren aus. So auch AR 1949, S. 75 und Kern, S. 15. 37 Hexner, S. 40. 32 33

III. Die Grundzüge des Vertragswerks

29

Monopolstellung zur Regelung währungspolitischer Angelegenheiten inne. 4. Quoten und Stimmen

Jedes Mitglied bekommt eine Quote zugeteilt. Mit dem Beginn der Mitgliedschaft hat das Land eine Subskriptionsverpflichtung, die der Quote entspricht. Das Verfahren ist in Art. III geregelt. 1/4 der Subskription ist in Gold, der Rest in Landeswährung einzuzahlen. Einem Mitglied mit geringen Währungsbeständen kann eine geringere Goldzahlung zugestanden werden. Das Fondsabkommen regelt nur die Frage, wer im Außenverhältnis die finanzielle Leistung zu erbringen hat. In der Bundesrepublik Deutschland wurde bis zur Änderung des Beitrittsgesetzes zum IMF durch Gesetz vom 17. 12. 197038 die finanzielle Leistung des Bundes durch Kredite der Deutschen Bundesbank finanziert. Dieser Kredit wurde in der Bilanz und in den Wochenausweisen der Deutschen Bundesbank auch als solcher ausgewiesen und war daher optisch von dem Ausweis anderer Reserven getrennt. Das Ge..c::etz vom 17.12.1970 sieht nunmehr vor, daß die sich aus der IMF-Mitgliedschaft der BRD ergebenden finanziellen Ansprüche und Verpflichtungen im Innenverhältnis auf die Deutsche Bundesbank übertragen werden. Jedes Mitglied hat 250 Stimmen für jeden Anteil seiner Quote, der US $ 100 000 entspricht. Der Abstimmungsmodus der abgewogenen Stimmberechtigung ("Weighed voting") war damals einzigartig und der AufgabensteIlung des Fonds angemessen, weil die gemeinsamen währungspolitischen Beschlüsse für die Länder unterschiedliche Bedeutung haben und Belastungen bedingen können. Die quotenstarken Länder haben einen institutionell verstärkten Einfluß. 5. Organe des Fonds

Grundsätzlich liegen alle Rechte und Befugnisse beim Gouverneursrat, dem obersten Organ, in das jedes Mitglied einen Gouverneur und einen Stellvertreter entsendet. Die laufende Geschäftsführung liegt beim Exekutivrat, der 1973 aus 20 Exekutivdirektoren besteht. Fünf Exekutivdirektoren werden von den fünf quotenstärksten Ländern ernannt; die übrigen fünfzehn Exekutivdirektoren werden durch die Gouverneure gewählt. Die Exekutivdirektoren haben das Stimmgewicht, das die Mitglieder haben, die sie ernannt und gewählt haben. Ein Exekutivdirektor kann im 38

BGBI II, S. 1325.

1. Kap.: Der internationale Währungsfonds

30

Grundsatz seine Stimmen nicht aufteilen, um unterschiedliche Meinungen der ihn wählenden Länder sichtbar zu machen. Die Exekutivdirektoren wählen einen geschäftsführenden Direktor, der weder Exekutivdirektor noch Gouverneur sein darf. Seit dem 1. September 1963 hat Pierre-Paul Schweitzer das Amt inne39, der zuvor stellvertretender Gouverneur der Banque de France gewesen ist40 • Er übernahm das Amt von Per Jacobson, der am 5. Mai 1963 starb. Der geschäftsführende Direktor ist Dienstherr des international.en Mitarbeiterstabes. Der Gouverneursrat kann dem Exekutivrat weitgehend seine Befugnisse übertragen. 6. Kurstestsetzung

Eckpfeiler des Vertragswerkes ist das System fixer Wechselkurse. Jedes Mitglied ist verpflichtet, mit dem IMF für seine Währung eine Parität in Gold oder US-Dollar mit dem Feingoldgehalt vom 1. Juli 1944, also auch in einer Goldeinheit zu vereinbaren. Aus dem Verhältnis der einzelnen Goldparitäten ergeben sich die Paritäten der Währungen zueinander. Die Mitglieder sind verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, daß die Devisenkassageschäfte zwischen ihrer Währung und den Währungen anderer Mitgliedstaaten in ihrer Jurisdiktion nur in einer Kursspanne abgewickelt werden, die ursprünglich 1 % betrug. Die Verpflichtung wird als erfüllt angesehen, wenn der Kurs durch Marktintervention gegenüber einer konvertiblen Währung in der Bandbreite (entspricht ± 1 % vom festgesetzten Kurs) gehalten wird. Da nach dem Zweiten Weltkrieg bis zur Konvertierbarkeitserklärung der zwölf europäischen Regierungen am 27. Dezember 195841 nur der US-Dollar diese Qualifikation erfüllte, kam ihm außerhalb des Abkommens eine Sonderrolle zu, die der Dollar nicht "gesucht" hat". Der US-Dollar wurde das Reservemedium par excellence und wurde die Marktinterventionswährung43. Die US-Regierung konnte in Abwesenheit konvertibler Währungen ihrer vertraglichen Verpflichtung nur dadurch nachkommen, daß sie sich in einer Verlautbarung des Secretary of the Treasury vom 4. Oktober 1949 bereit erklärte, Gold jederzeit von Währungsbehörden zu kaufen St

AR 1963, S. XI.

Bundesbank, S. 5. 41 Veit, Dollarstandard Manuskript, S.2. 4! Vgl. Ausführungen des Under Secretary of the Treasury Frederick Deming beim Hearing des Subcommittee Exchange and Payments am 22. 11. 1971, S. 43, 48. 48 VgL zur Entwicklung auch Issing, Leitwährung, S. 235 H. 40

IU. Die Grundzüge des Vertragswerks

31

und ihnen zu verkaufen zum Preis von US $ 35 pro Feinunze". Dieses Verfahren des freien Kaufs und Verkaufs von Gold ist im Abkommen ausdrücklich für zulässig erklärt worden. Diese Ausgangsposition führte fast zwangsläufig zu einer Entwicklung weg vom Abkommen und hin zu einem reinen "Dollarstandard". Von diesem konnte man schon sprechen, als die Dollarverbindlichkeiten die Goldbestände der USA überstiegen, legal wurde der Zustand, als der US-Präsident mit Erklärung vom 15. August 1971 die Goldeinlösungspflicht des US-Dollars aufhob". Die Zahlungsbilanzdefizite der USA sind zu einem Großteil auf die Zahlungen zurückzuführen, die die USA in Verfolgung ihrer weltpolitischen Aufgaben als Führungsmacht des Westens geleistet haben48 • Die Paritäten sind nach dem Abkommen nicht unabänderlich. Sie können bei fu~damenta1en Ungleichgewichten der Zahlungsbilanz neu festgesetzt werden47• Im Gegensatz zu dem, wovon die Signatarstaaten in Bretton Woods, N. H., ausgegangen waren, waren die Paritätsänderungen nicht sehr zahlreich48 • Ohne vom Abkommenstext gedeckt zu sein, aber vom Fonds gebilligt", ist die Praxis, für einen bestimmten Zeitraum für eine Währung keine Parität festzusetzen. Man spricht dann von fluktuierenden Wechselkursen und von "floaten". Hexner spricht in diesem Zusammenhang von einer "gewohnheitsrechtlichen Entwicklung"60. Erstmals hatte Mexico im Juli 1948 (bis Mai 1949) seine Währung freigegeben; es folgten Peru 1949 und Kanada 1950. In den siebziger Jahren wurde die Deutsche Bundesbank mehrfach von ihrer Interventionspflicht befreit, da ein Ankauf von US-Dollars unerwünscht war. Trotz der Billigung zeitweiliger fluktuierender Wechselkurse lehnt der Fonds die generelle Freigabe der Wechselkurse61 ausdrücklich abU. An der grundsätzlichen Haltung des Fonds hat sich auch nach der Aufhebung der Goldkonvertibilität des US-Dollars am 15. August 1971 nichts geändert. Der Fonds stellt vielmehr als vordringliches Ziel " Zitiert bei Prochnow, 5. 283. 4S Die Rede des U5-Präsidenten Richard Nixon ist abgedruckt in The Herald Tribune vom 17.8.1971, 5.2, vgl. weiter: FAZ vom 17.8.1971, 5.1, Time-Magazine vom 30. 8. 1971, 5.6. 48 50 auch Hudeczeck, 5. 20. 47 Zum Begriff des "fundamentalen Ungleichgewichts" vgl. Nussbaum, 5. 534 und Pieske, 5. 13. 48 Higgins, International Banker, S. 24 A. 41 Vgl. AR 1951 und 1962, pp 58 - 67. 10 a.a.O., S. 69. 61 Immer wieder vorgeschlagen, vgl. Brittan in Financial Times vom 25. 9. 1969, S. 19, Roeper in FAZ vom 30. 9. 1969, 5. 15, Issing ORDO, Bd. 22, 5.290. . . 51 AR 1962 59, 61.

1. Kap.: Der internationale Währungsfonds

32

heraus, daß möglichst bald alle Länder auf Dauer zu einem festen Paritätensystem zurückkehren ("early return to an orderly exchange system")53. 7. Abbau von Zahlungs- und 'Oberweisungsbeschränkungen

Das zweite große Ziel des Abkommens von Bretton Woods ist der Abbau der Zahlungs- und überweisungsbeschränkungen (Art. I und VIII). Gemäß Art. XIV Abschn. 2 - 4 dürfen während der übergangszeit (Post War Transitional Period), die aber bis heute andauert, Zahlungsbeschränkungen aufrecht erhalten, modifiziert und sogar neue Beschränkungen eingeführt werden. Die Beschränkungen werden in dem "Annual Report on Exchange Restrietions" abgedruckt. Die Länder arbeiten auf diesem Gebiet eng mit dem Fonds zusammen. Hexner glaubt auch hier eine gewohnheitsrechtliche Rechtsentwicklung konstatieren zu können, die stillschweigend in dem Sinne sei, als sie ohne formale Änderung des Abkommenstextes anerkannt worden sei54 • Sobald sich ein Mitglied den Verpflichtungen des Art. VIII voll unterwirft und keine Devisenbewirtschaftung mehr für laufende internationale Transaktionen unter Art. XIV hat, ist seine Währung im Sinne des Abkommens konvertibel. Jedes Mitglied ist mit gewissen Einschränkungen (vgl. Art. VIII Abschn.4 (b» verpflichtet, die von einem anderen Mitglied erworbenen Beträge der eigenen Währung auf Verlangen in Gold oder in die Währung eines anderen Mitgliedes umzutauschen. Die Währung ist auch dann noch formal konvertibel, wenn Devisenbeschränkungen mit Zustimmung des Fonds bestehen. Der Begriff der Konvertierbarkeit im Rahmen des Vertragstextes ist also in zweifacher Hinsicht enger als der Ausdruck gewöhnlich in den Wirtschaftswissenschaften gebraucht wird. Erstens bleiben nach dem Abkommen nach Art. VI Beschränkungen für den Kapitalverkehr außer Betracht und zweitens bedeutet die formale Konvertierbarkeit nur einen Verzicht auf die staatlich autonome Anwendung von Devisenbeschränkungen. Der tatsächliche Inhalt des konvertiblen Systems im Sinne des Abkommens wird also erst durch die Genehmigungspraxis des Fonds bestimmt. Die in Einklang mit der Fondspolitik bestehenden Zahlungsbeschränkungen müssen von allen Mitgliedern beachtet werden, wenn Devisenkontrakte ("exchange contracts") die betreffende Währung berühren. In der Lehre herrscht keine Einigkeit darüber, wie die Reichweite dieses Begriffs zu bestimmen ist. Während Nussbaum darunter nur solche 53 M

AR 1972, S. 38.

a.a.O., S. 73.

III. Die Grundzüge des Vertragswerks

33

Verträge versteht, die Devisen selbst zum Gegenstand haben5S , läßt die überwiegende Meinung unter den Begriff alle Verträge fallen, die Devisenwerte ("exchange resources") berühren, also auch solche, deren eigentlicher Gegenstand gerade nicht Devisen sind58 • In diesem Zusammenhang ist für den Juristen von Bedeutung, daß die Gerichte in privatrechtlichen Streitigkeiten Devisenbeschränkungen nicht länger unter Heranziehung der ordre public-Klausel außer acht lassen, sondern unter Hinweis auf das Abkommen, ohne Prüfung, ob überhaupt die Voraussetzungen des Art. VIII Abschn.2 (b) vorliegen, also auch beim reinen Kapitalverkehr, der vom Abkommen nicht geregelt wird, die Beschränkungen anerkennen57 • Art. VIII Abschn.2 (b) ist mithin nicht eine kollisionsrechtliche Norm, sondern eine Norm eines neuen, "echten" internationalen Privatrechts. Andererseits vermag offensichtlich das Abkommen nach Ansicht des ICJ nicht, vor Bretton Woods geschlossenen Staats- oder völkerrechtliche Verträge, die einen Verzicht auf Devisenbeschränkungen beinhalten, zu überlagern58• 8. Devisenkredite

Der Fonds verfolgt die Zielsetzung des freien Zahlungs- und überweisungsverkehrs dadurch, daß er den Mitgliedern die Mittel zur Verfügung stellt, um kurzfristige Unausgeglichenheiten in ihren Zahlungsbilanzen zu beseitigen. a) Struktur des Fondsgeschäfts

Ein derartiges Fondsgeschäft wird wie folgt getätigt: Der autorisierte Agent des Mitgliedes, in der Regel die Zentralbank59, kauft fremde Währung gegen eigene. Das Mitglied wird dadurch in dem Sinne international liquide, als es sein Defizit gegenüber dem Land ausgleichen kann, dessen Währung es gezogen hat. Ist die gezogene Währung konvertierbar, wird das Mitglied sogar in dem Sinn international 55 a.a.O., S. 542. Ihm folgt das Handelsgericht in Kortrijk in einem unveröffentlichten Urteil vom 9. 5. 1953, das bei Kern, S. 58 f. zitiert wird. 58 Kern, S. 53, Mann JZ 1953 444. 67 Vgl. Gold, The IMF in the Courts. Im Forum erstmals berücksichtigt in Kraus v. Zirnostenska Banka, 64 NY Supp (2 d) 208, 187. 58 France v. USA, Statement vom 27.8.1952 = ICJ Reports 1952, pp 1176 bis 1233, Besprechung bei Gold, The Fund Agreement in the Courts, insbes.

S.49.

59 So auch in der BRD, vgl. Art. 3 des Gesetzes über den Beitritt der BRD zu den Abkommen über den Internationalen Währungsfonds und über die Int. Bank für Wiederaufbau und Entwicklung vom 28.7.1952 i d. F. des Ges. vom 17.12.1970.

3 Weiter

34

1. Kap.: Der internationale Währungsfonds

liquide, als es sein Defizit gegenüber jedem Land ausgleichen kann. Das Mitglied erhält also in jedem Fall eine internationale Liquidität, gegen Geld, das von ihm geschaffen wird. Ein derartiges Fondsgeschäft wird in der Fondspraxis als Ziehung ("drawing") bezeichnet. Das Mitglied kann einen Fremdwährungsbetrag, der 25 % seiner Quote, also der Goldtranche, entspricht, ohne weiteres erwerben. Der Fonds stellt in den höheren Tranchen, jeweils 25 % der Quoten entsprechend, bestimmte Bedingungen auf. Die für die Fremdwährung hingegebenen Beträge eigener Währung sind in gewissem Umfang zurückzuerwerben. b) Das Fondsgeschäft als Vertrag

Wirtschaftlich gesehen stellt sich die Ziehung als Devisenkredit dart°. Das Abkommen spricht jedoch grundsätzlich von "purchase" und "repurehase" . Diese Bezeichnung ist aber nicht bindend für die Qualifikation der Ziehung als Kauf, da die Terminologie nicht korrekt zu sein braucht. Zweifel ergeben sich daraus, daß im Text immer der Fonds als Verkäufer bezeichnet wird81 • Schon der Ansatzpunkt, ob es sich überhaupt um einen Vertrag handelt, ist zweifelhaft, da es sich auch um einen beantragten Verwaltungsakt ähnlich der mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsakte im deutschen Verwaltungsrecht handeln könnte. Demgegenüber muß aber eingewendet werden, daß der Typus des Verwaltungsaktes eine Schöpfung kontinentaleuropäischen Verwaltungsrechts ist, der sich nicht ohne weiteres in den internationalen Bereich übertragen läßt. Der Vertragstext begründet jedenfalls eine Vermutung für einen Vertrag. Eine formelle Vertragsfreiheit, die für den Vertragsbegriff konstituierend ist, ist gegeben. c) Die das Geschäft beherrschende Rechtsordnung

Um ein Geschäft, hier also den Vertrag, qualifizieren zu können, muß er einer bestimmten Rechtsordnung zugeordnet werden. Das Fondsgeschäft könnte sowohl dem Völkerrecht als auch dem internen Staatengemeinschaftsrecht zuzuordnen sein. Das Völkerrecht als auch das Staatengemeinschaftsrecht, sofern man es als einen neben dem Völkerrecht existierenden Rechtskreis ansehen will, enthalten keine normierten Vertragstypen. Die Fondsgründungsstaaten gingen jedoch von einer allgemeinen Vertragstypenlehre aus82 • Es ist nicht Zweck der vorliegenden Arbeit, den Charakter der Fondsrechtsordnung 80

11

82

Kramer, S. 68, Lipfert, S. 233. Kramer, S. 69, weist besonders darauf hin. Kramer, S.72.

III. Die Grundzüge des Vertragswerks

35

im einzelnen zu untersuchen. Die Tatsache jedoch, daß ein Fondsgeschäft nur zwischen dem IMF und einem anderen Subjekt des Fondsrechts abgeschlossen werden kann, und daß das Fondsrecht einerseits die Geschäftsfähigkeit der Kontrahenten auf Mitglieder beschränkt und andererseits auch mit Zentralbanken und ähnlichen Institutionen Geschäfte zuläßt, denen die Völkerrechtsfähigkeit traditionellerweise abgesprochen wird, läßt es als richtig erscheinen, die Geschäftstätigkeit des Fonds nicht dem Völkerrecht im herkömmlichen Sinn zu unterstellen63 • Die Fondsgeschäfte sind interne Rechtsverhältnisse. Sie unterstehen Regelungen, die sich im Fondsrecht gründen. Dem Verfasser erscheint es daher angebracht, zu dem internen Staatengemeinschaftsrecht nicht nur das internationale Beamtenrecht zu rechnen, sondern auch die in der internationalen Organisation mit Mitgliedern und Nichtmitgliedern abgeschlossenen Geschäfte, soweit sie nur von dem Recht der Organisation beherrscht werden. Die Fondsgeschäfte unterstehen damit nach der hier vertretenen Ansicht dem internen Staatengemeinschaftsrecht. Die Einordnung der Fondsgeschäfte in die Rechtsordnung des internen Staatengemeinschaftsrechts ist für Art. 102 der UN-Charta, wonach alle völkerrechtlichen Verträge meldepflichtig sind, von Bedeutung und läßt die Praxis des Fonds, die Ziehungen nicht zu melden, sofort ohne weiteres als rechtmäßig erscheinen. Hexner vertritt dagegen die Ansicht64, die Ziehungen unterlägen formal der Meldepflicht und unterstellt damit die Fondsgeschäfte implizit der traditionellen Völkerrechtsordnung06 , hält aber gleichwohl die Fondspraxis für gerechtfertigt, da auch schon unter Herrschaft des Art. 18 des Völkerbundaktes finanzielle Vereinbarungen nicht registriert wurden.

d) Die Vertragsnatur des Fondsgeschäfts Der Annahme, daß es sich bei den Ziehungen um einen Darlehensvertrag handelt, stehen zwei gewichtige Bedenken gegenüber. Einmal ist die für das Darlehen typische Rückzahlungsverpflichtung nicht an den Empfang der Fremdwährungsbeträge geknüpft, sondern gem. Art. V Abschn. 7 an die Vermehrung der Fondsbestände der Währung des ziehenden Mitgliedes. Zum anderen dienen die Sicherheitsleistungen. die vor Fälligkeit verwertet werden dürfen, nicht dem Interesse des Fonds, sondern dem des ziehenden Mitgliedes. Für den ersten Austauschvorgang ist für die Qualifizierung als Kauf entscheidend, daß die Währung des ziehenden Mitgliedes als Wertmesser 03

G' 86

3'

So aucll Kramer, S. 50. a.a.O., S. 80. Eine Auseinandersetzung mit diesem Problem fehlt bei Hexner.

36

1. Kap.: Der internationale Währungsfonds

und daher als Preis an den Fonds bezahlt wird, während der Fremdwährungsbetrag seiner Höhe nach relativ feststeht und somit als Ware erworben wird". Auch der Gesamtbetrag an zurückzuerwerbender Eigenwährung steht von vornherein relativ fest, und danach berechnet sich die Summe an konvertibler Währung, die als Preis zu zahlen ist. Auch der zweite Austauschvorgang läßt sich also als Kauf auffassen. Die ausgetauschten Währungsbeträge sind wesensmäßig unterscheidbar; sie sind alia nicht eadem87• Kramer zieht daraus den Schluß: "Das Fondsgeschäft ist ein Vertrag, der sich aus einem Kauf von Fremdwährung gegen Zahlung von Eigenwährung und dem Rückerwerb der Eigenwährung durch Kauf gegen Zahlung von Gold oder konvertibler Währung zusammensetzt. Die Rückkaufverpflichtung ist zeitlich aufgeschoben und steht unter der auflösenden Bedingung des Verkaufs der Eigenwährung an dritte MitgliederlS." Die auflösende Bedingung und die den Mitgliedern auferlegten Nebenpflichten lassen es angeraten erscheinen, von einem contractus sui generis zu sprechen, der aber am ehesten mit dem Kauf vergleichbar ist. 9. Interpretation

Bei Uneinigkeit über eine Auslegungsfrage einer Bestimmung des Abkommens ist jedes Mitglied berechtigt, ein formelles Interpretationsverfahren in Gang zu setzen. Zuerst entscheidet der Exekutivrat. Innerhalb von drei Monaten nach dieser Entscheidung kann die Frage dem Gouverneursrat vorgelegt werden. Hier entscheidet ein spezieller Interpretationsausschuß, dessen Entscheidung als Entscheidung des Gouverneursrates gilt; es sei denn, daß der Rat mit 85 0/oiger Mehrheit der gewogenen Stimmen anders entscheidet (Art. XVIII). Die interpretativen Entscheidungen69 sind weder eine iudizielle Rechtssetzung, noch ein formaler legislativer Akt. Hexner spricht sie als "quasi legislative" Akte im materiellen Sinn, als eine auf dem Gebiet des internationalen Rechts neue, eigenständige Rechtsform an70 •

68 87 88 89

Kramer, S. 92. Kramer, S. 99. Kramer, S. 103. Abgedruckt in AR 1946, AR 1949 Anh. XIV, AR 1950 Anh. XI, AR 1956

Anh. I und VII, AR 1960 Anh. VI und AR 1957 Anh. VII. 70 ZaöRV, Bd. 20, S. 80 f.

IV. Auflösungserscheinungen des Systems

37

IV. Auflösungserscheinungen des Systems Das im Vertrag niedergelegte Währungssystem ist durch drei Züge charakterisiert. Es beruht auf der materiellen Grundlage der Golddevisenwährungsbestände, dem Internationalen Währungsfonds mit seinen großen Kapitalmitteln, der zu neuen Rechtsformen überleitet, und schließlich auf einer sehr engen internationalen Kooperation zur überwindung von Zahlungsbilanzungleichgewichten71 • Die tatsächliche Entwicklung in den Währungsbeziehungen der Länder untereinander zeigte in den Jahren nach dem Vertragsschluß Unvollkommenheiten und Mängel. Die Kluft zwischen System und Wirklichkeit wurde immer größer. Schon bei Skizzierung der Grundzüge des Vertragswerks mußte wiederholt auf grundlegende Abweichungen hingewiesen werden. Wichtige Grundsätze des Währungssystems von Bretton Woods sind durch die Entwicklungen anfangs der siebziger Jahre in Frage gestellt worden72 • Es ist daher zulässig, von einer Krise des derzeitigen Systems zu sprechen. 1. nie Maßnahmen der US-Reglerun, vom 15.8. 1971

Das System des Golddevisenstandards, das längst bereits ein GoldDollar-Standard war73 , wurde de jure durch den Beschluß der USRegierung vom 15. August 1971, wonach die USA nicht mehr verpflichtet sind, offiziell gehaltene ausländische Dollarguthaben in Gold zu konvertieren, aufgehoben. Die US-Regierung betreibt mithin keine Kurspflege des Dollars mehr. Die amerikanische Maßnahme veranlaßte die meisten Industrieländer, ihre Zentralbanken anzuweisen, nicht mehr auf den Devisenmärkten zu intervenieren74 • Die meisten wichtigen Währungen hatten damit keine feste Parität mehr zum US-Dollar und folglich auch nicht mehr untereinander. Dieser Zustand entsprach nicht den Interessen der Haupthandelsländer, die unmittelbar nach dem Beschluß im Rahmen des Zehnerclubs in Verhandlungen mit dem Ziel traten, die Wechselkursrelationen Hudeczek, S. 14. Deutsche Bundesbank, Geschäftsbericht 1972, S. 30. 73 Deutsche Bundesbank, Geschäftsbericht 1971, S. 40. 74 So z. B. die BRD und Italien. Frankreich spaltete seinen Devisenmarkt und hielt den Kurs für den kommerziellen Franc, der für alle Außenhandelstransaktionen maßgebend ist, bis Dez. 1971 durch Interventionen auf der alten Dollarbasis fest, Angaben im Geschäftsbericht der Deutschen Bundesbank 1971, S.41. 71

72

38

1. Kap.: Der internationale Währungsfonds

zwischen dem US-Dollar und den wichtigsten anderen Währungen zu ordnen. Dieses Ziel konnte im sog. Smithsonian Agreement vom 18. Dezember 1971 auch erreicht werden75 • Erstmals in der Währungsgesch!chte war damit ein multilaterales "Wechselkurs-Realignment" zustande gebracht worden. Die im Washingtoner Abkommen der Zehnergruppe erzielten neuen Wechselkursrelationen zum Dollar waren zwar letztlich eine politische Entscheidung, jedoch war das Ergebnis in hohem Maße von den Berechnungen der Arbeitsgruppe 3 der OECD über die zu erreichende Mindestzahlungsbilanzverbesserung von 8 - 9 Mrd. US-Dollar beeinflußt gewesen78• Neben den neuen Leitkursen sieht das Abkommen eine Erweiterung der zulässigen Bandbreite auf ± 21/4 % sowie eine Abwertung des USDollars gegenüber dem Gold von 7,89 % vor. 2. Die Maßnahmen der europllisdlen Regierungen vom Mirz 1973

Das Abkommen von Washington erbrachte jedoch nicht die erhoffte Stabilisierung auf den Devisenmärkten, zumal die US-Handelsbilanz und Leistu~gsbilanz sich ungleich stärker verschlechterten, als man ursprünglich prognostiziert hatte. Spekulative Dollarbewegungen im großen Umfang77, nach der erneuten Dollarabwertung vom 12. 2. 1973 um 10 % gegenüber dem Gold, gaben erneut Anlaß dazu, daß sehr viele Handelsländer dazu übergingen, die Wechselkurse ihrer Währungen freizugeben. Vom 2. -18. März 1973 blieben daraufhin die Devisenbörsen der w;chtigsten Industrieländer geschlossen78 • Die Länder der Zehnergruppe und die EG-Mitgliedstaaten Dänemark, Irland und Luxemburg berieten die Lage in Permanenz. Schließlich faßte die EG-Ministerratskonferenz am 11. März 1973 den Beschluß, eine europäische Währungszone zu bilden. Die europäischen Mächte kamen überein, ihre Währungen gegenüber dem US-Dollar im Grundsatz frei schwanken zu lassen, ihre Währungen untereinander aber zu festen Kursrelationen auszutauschen. Für die Deutsche Mark, den Holländischen Gulden, die Dänische Krone, den Belgischen Franken und den Französischen Franken wurden die in Washington festgelegte Bandbreite und der Mittelkurs beibehalten. Italien und Irland sowie Deutsche Bundesbank, Geschäftsbreicht 1971, S. 31. Deutsche Bundesbank, Geschäftsbericht 1971, S. 43. 77 Die Deutsche Bundesbank mußte z. B. am 1. 3. 1973 in Erfüllung der bestehenden Interventionspflicht 2,7 Mrd. US-Dollar im damaligen Gegenwert von 7,5 Mrd. DM aufnehmen. Angaben im Monatsbericht der Deutschen Bundesbank vom März 1973, S. 5. 78 Deutsche Bundesbank, Geschäftsbericht 1972, S. 30. 75

78

IV. Auflösungserscheinungen des Systems

39

Großbritannien sahen sich außerstande, eine Kurspflege gegenüber den anderen europäischen Währungen zu betreiben79• Die beteiligten Notenbanken intervenieren auf ihrem Devisenmarkt bei Erreichen des Grenzkurses durch Kauf bzw. Verkauf der Partnerwährung. Die durch die Interventionen entstehenden Verbindlichkeiten zwischen den beteiligten europäischen Zentralbanken werden am Ende des Monats ausgeglichen, der auf den Monat der Devisenintervention folgt. Der Ausgleich des Debetsaldos soll grundsätzlich gern. der Zusammensetzung der Währungsreserven des Schuldnerlandes vorgenommen werden. Aus der IMF-Parität des Dollars und der europäischen Währungen folgt die sog. "rechnerische Dollarparität". 3. Politische Zielsetzungen

Diese Entwicklung vom Abkommen weg hat jedoch an der grundsätzlichen überzeugung der beteiligten Regierungen, ihre Währungsbeziehungen auf dem Grundgedanken des Abkommens von Bretton Woods einer vertraglichen Regelung zu unterwerfen, nichts geändert. Die Bestrebungen gehen vielmehr allein dahin, das Abkommen im Sinne einer größeren Effektivität zu reformieren. Auch die Erweiterung des Abkommens durch die Einführung des Sonderziehungsrechts-Systems, das Gegenstand vorliegender Untersuchung ist, ist bereits ein Ausdruck dieser Reformbestrebung, hier das internationale Liquiditätsproblem betreffend. Das SZR-System als eine vorläufige Teillösung wird jedoch die vollen Konturen erst im Zusammenhang mit der Gesamtlösung finden. Bleibende Aufgabe wird es sein, die für die Einzelprobleme angebotenen Lösungsvorschläge zu einem harmonischen Ganzen zusammenzufügen. 4. Systemimmanente Ursachen für die Außösungserscheinungen

Stellt man die Frage nach den Ursachen der eingetretenen Entwicklung, so zeigen sich - abgesehen von der nicht vorhersehbaren expansiven Entwicklung des Welthandels und dem veränderten Gewicht der USA im Weltaußenhandel, deren Anteil von ca. 20 010 in den fünfzi~er Jahren auf annähernd 14 Ofo in den siebziger Jahren gesunken ist - in rein systematischer Betrachtung des vertraglichen Systems immanente Mängel. Das Abkommen von Bretton Woods, das zu Beginn der Entwicklung zu einer normierten internationalen Rechtsordnung stand, was bei der 78

Angaben im Geschäftsbericht der Deutschen Bundesbank für 1972, S. 32.

40

1. Kap.: Der internationale Währungsfonds

Würdigung nie außer acht gelassen werden darf, erlaubt den beteiligten Regierungen unter konsequenter Achtung des Grundsatzes der Freiheit nationaler Politik, die Präferenzen in den wirtschaftspolitischen Zielsetzungen von Vollbeschäftigung, Wirtschaftsexpansion und Preisstabilität national zu bestimmen. Im Konfliktsfall zeigte sich, daß die Regierungen nach der inneren Rangordnung zu Lasten des außenwirtschaftlichen Gleichgewichts entschieden. Die nationalen Zentralbanken sind nach dem Rechtssystem weiterhin autonome Entscheidungsträger. Die Entwicklung in den letzten Jahren zeigte, daß das Abkommen mit seinen bloß vertraglich vereinbarten Paritäten ohne binnenwirtschaftliche Absicherung und infolge des "eingebauten und sich noch verstärkenden Nationalismus in den Binnenzielen seinen Mitgliedern schuldig bleiben mußte, was die Goldwährung noch ,spielend' geschafft hatte: die Unterwerfung des internen unter den externen Standard"80. Als äußerst negativ in dieser Hinsicht hat sich erwiesen, daß dem Fonds zwar im Hinblick auf die historische Erfahrung der kompetitiven Abwertungen in der Zeit nach dem klassischen Goldstandard ein Mitspracherecht bei Abwertungen eingeräumt wurde, nicht aber auch ein Initiativrecht, Kursänderungen, v. a. Aufwertungen, anregen zu können. Das Abkommen befaßt sich einseitig mit dem Ändern von Defiziten und enthält keine Anpassungsmechanismen für Überschußländer . Die Anpassungsfrage bei den Kursrelationen steht daher auch bei den Reformbestrebungen im Vordergrund. Ein erster Schritt war das Smithsonian Agreement vom 18. Dezember 1971, mit dem die Bandbreiten erheblich erweitert wurden. Je größer die Bandbreite einer Währung ist, desto eher kann sich ein Land vor zinsinduzierten Kapitalströmen schützen. Auch wird dadurch eine geschmeidigere Wechselkursanpassung gefördert. Größere Bandbreiten kommen aber dem USDollar nur zur Hälfte zugute; denn solange der US-Dollar Leitwährung bleibt, hat er in einem System fixer Wechselkurse, das zur Zeit durch das Floaten der europäischen Währungen des US-Dollar gegenüber suspendiert ist, nur den halben Spielraum. Hierin liegt sicherlich neben den oben schon aufgezeigten Ursachen ein weiterer Grund dafür, daß der US-Dollar in eine Rolle hineinwuchs, die ihm von der Rechtsordnung von Bretton Woods nicht zugedacht war. Schon aus Gründen der Sicherheit gingen nämlich die im internationalen Geschäft tätigen Banken dazu über, den Dollar als die "kursschwankungssicherste Währung" zur Verrechnungseinheit zu machen81 .

80 Hankel, Währungspolitik, Geldwertstabilisierung, Währungsintegration und Sparerschutz, S.145. 81 VgI. Hankel, FN 52 a, S. 153.

IV. Auflösungserscheinungen des Systems

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5. Offene Probleme

Die Auflösungserscheinungen des Systems machen überaus deutlich die zu lösenden Probleme sichtbar. Einmal muß ein Wechselkurssystem geschaffen werden, das genügend elastisch ist, um Ungleichgewichten rechtzeitig entgegenwirken zu können. Es stellt sich hierbei die Frage, ob man dem IMF nicht eine Initiativfunktion einräumen sollte. Zinsinduzierte oder spekulative Kapitalbewegungen müssen in Zukunft besser als bisher kontrolliert werden können. Schließlich muß ein reformiertes Reservesystem sowohl gewährleisten, daß der "Dollarüberhang" bei gleichzeitiger, zumindest teilweiser, Wiederherstellung der Goldkonvertibilität des US-Dollars abgebaut werden kann, als auch daß die Reserveentwicklung mit ihren Wirkungen auf die internationale Liquidität festen Regeln unterworfen wird. Hierher gehört die Frage, welche zukünftige Rolle die Sonderziehungsrechte in dem Währungssystem einnehmen werden.

Zweiter Teil

Das Sonderziehongsrechts-System

Zweites Kapitel

Die Entstehungsgeschichte der Sonderziehungsrechte I. Die Vorläufer der Reform Die Entstehungsgeschichte der Sonderziehungsrechte ist eng mit der Einstellung der Industrieländer zur internationalen Liquiditätsversorgung des Währungssystems verknüpft. 1. Die ZablungsbUanzdefizite im System von Bretton Woods

Die Teilnehmer der Bretton Woods-Konferenz gingen offensichtlich von der Vorstellung aus, daß Zahlungsbilanzungleichgewichte größeren Umfanges und von längerer Dauer Ausnahmen seien. Diese Vorstellung einer Harmonie, daß die Entwicklung aller Volkswirtschaften auf längere Sicht im Gleichschritt laufe1, muß jedoch so lange illusionär bleiben, als die wichtigsten Daten für die Wirtschaftspolitik national gesetzt werden und der von der Zahlungsbilanz geforderte Anpassungsprozeß wegen innenpolitischer Zielsetzungen regelmäßig nur sehr schleppend eingeleitet wird. 2. Die Untersuchung von Robert Triffin

Auf die Reform des Weltwährungssystems hatte eine 1970 publizierte Untersuchung von Robert Triffin einen entscheidenden Einflußt. In 1 !

Kleinhans-Scheuten, a.a.O., S. 25. Gold and the Dollar Crisis.

I. Die Vorläufer der Reform

43

dieser Untersuchung führte Triffin aus, eine expandierende Weltwirtschaft bedürfe auch wachsender Währungsreservebestände, obwohl ein Zusammenhang zwischen bei den Größen wissenschaftlich bisher nicht nachgewiesen werden konnte. Allgemein glaubt man jedoch an einen Zusammenhang der Faktoren Welthandelsvolumen, Kapitalbewegungen und Dauer der Zahlungsbilanzungleichgewichte3 • Die Goldneuproduktion könne, so Triffin, den Bedarf nicht decken. Auch der US-Dollar könne nicht länger das Instrument zur Bedarfsdeckung sein. Die Zahlungsbilanz war seit 1950 fast ununterbrochen defizitär. Das Defizit wird dabei gemäß der Definition des Department of Commerce als die Abnahme der Währungsreserven und die Zunahme aller liquiden Verbindlichkeiten aufgefaßt. Es ist allein diesen Zahlungsbilanzdefiziten zu verdanken, daß die europäischen Mächte ihrerseits Währungsbestände aufbauen konnten. Die Zahlungsbilanzdefizite waren daher sehr erwünscht. Jedoch wandelte sich die Auffassung, als die europäischen Währungen für konvertierbar erklärt wurden. In der Folgezeit wurde in der amerikanischen Wirtschaftslehre wiederholt die Auffassung vertreten, die Definition des Department of Commerce sei der US-Situation unangemessen. Vor allem Salant4 und Kindleberger meinen, man müsse berücksichtigen, daß die USA langfristig ausliehen und kurzfristig borgten6 • Infolge der gewandelten Anschauung über die Wünschenswertigkeit von US-Zahlungsbilanzdefiziten leiteten die USA anfangs der sechziger Jahre Maßnahmen zur Zahlungsbilanzierung ein, die wegen des nachfolgenden Vietnam-Krieges und der anderen überseeischen Verpflichtungen der USA letztlich zum Scheitern verurteilt sein mußten. Triffin stützte seine These jedoch nicht nur auf die prognostizierte Verringerung des Zahlungsbilanz defizites, sondern primär auch darauf, daß laufend hohe Zahlungsbilanz defizite zu einem Vertrauensschwund in die Zahlungsfähigkeit der USA führen müssen, was dann anfangs der siebziger Jahre auch tatsächlich eingetreten ist. Im Republican Balance-of-Payments-Seminar am 5. Februar 1968 führte Triffin in Fortentwicklung dieses Gedankens aus, es könne auf Dauer niemals eine Reservewährung geben. Diese sei nur lebensfähig, indem sie immer größer und größer werdende kurzfristige Verbindlichkeiten akkumuliere, konvertierbar in immer geringer werdende Goldbestände. "Reserve currencies have never lasted and will never last in that form'." S Stellvertreter der Gruppe der Zehn, Bericht vom 1. Aug. 1964, Ziff. 24, S.14.

" a.8.0.

11 11

Vgl. auch die übersicht der Meinungen bei Seits. Extensions of Remarks. S. 2135.

44

2. Kap.: Entstehungsgeschichte der Sonderziehungsreebte

Triffins Prophezeiung erfüllte sich am 15. Aug. 1971, als Präsident Nixon die Goldkonvertibilität des Dollars aufhob 7 • 3. General Arrangements to Borrow

Das Problem einer angemessenen Liquiditätsversorgung wurde auf währungspolitischer Ebene 1961/62 akut, als die zehn wichtigsten Mitglieder des IMF, die als Gruppe der Zehn oder Zehnerclub bezeichnet werdens, die Allgemeinen Kreditvereinbarungen (General ATTangements to BOTTOW = GAB)9 schlossen, die am 24. Oktober 1962 in Kraft traten. Diese Länder, die damals 73 % der gesamten Weltwährungsreserven hielten, davon 84 % des Goldbestandes, 48 % des Devisenbestandes und 83 % der Reservepositionen im IMFI0, räumten dem Fonds für gegenseitige Ziehungen untereinander Kreditlinien in Höhe von US $ 6 Mrd. ein. Damit sollten Zahlungsbilanzdefizite gedeckt werden, wofür die Ausstattung des Fonds mit geeigneten Mitteln sich als unzureichend erwiesen hatte. Die Allgemeinen Kreditvereinbarungen sind darüber hinaus auch eine eminent politische Entscheidung gewesen. Die Länder des Zehnerclubs gaben damit deutlich zu verstehen, daß sie sich die letzten währungspolitischen Entscheidungen vorbehalten wollten11 •

II. Die anfänglichen Bestrebungen des Zehnerclubs, das Bretton Woods-System zu reformieren Der eigentliche Beginn der Entstehungsgeschichte der Sonderziehungsrechte beginnt mit der Tagung des Zehnerclubs in Washington 1963, die am 2. Oktober 1963 endete. 1. Einsetzung der Stellvertreter der Gruppe der Zehn

Auf dieser Tagung hatten die Konferenzteilnehmer die Gruppe der "Stellvertreter der Gruppe der Zehn" eingesetzt, deren Aufgabe es war, die "Aussichten für das Funktionieren des internationalen Währungs7 Zu dem Funktionieren mehrerer Leitwährungen zueinander vgI. Issing, S. 148 ff. S Dies sind: die USA, Großbritannien, BRD, Italien, Niederlande, Frankreich, Schweden, Kanada und Japan, Quelle: Wirtsebaftsdienst 1968, S.426. 9 AR 1962 234 - 245, bei Aufriebt, S. 88 ff. 10 Nehlsen, S.l1. 11 Cohen, S.29.

11. Die anfänglichen Bestrebungen des Zehnerclubs

45

systems und seiner mutmaßlichen Liquiditätsbedürfnisse" zu überprüfen1\!. Die Stellvertretergruppe nahm ihre Arbeit am 5. November 1963 in Paris auf13. An den Arbeitssitzungen nahmen Beobachter des IMF, der Schweiz, der OECD und der BIZ teil14 • In ihrer 1964 vorgelegten Untersuchung kamen sie zu dem Ergebnis, daß weder die Neuproduktion von Gold den mutmaßlichen künftigen Liquiditätsbedarf decken könnte, noch würden die Dollarbestände in Zukunft in dem Maße anwachsen wie zuvor, da das US-Zahlungsbilanzdefizit tendenziell sich verringere 15 • Es sei daher nicht von der Hand zu weisen, daß ein Bedürfnis nach einer "zusätzlichen Art internationaler Reserveguthaben"16 entstehe. Die Stellvertreter empfahlen zunächst u. a. eine allgemeine Quotenerhöhung im Rahmen des IMF, die auf der IMF Jahrestagung in Tokio im September 1964 beschlossen wurdel7, und eine Verstärkung der "Bankennotwehr". Von entscheidender Bedeutung für die Geschichte der Sonderziehungsrechte war jedoch der Entschluß gewesen, eine "Studiengruppe über Methoden der Schaffung von Reserveguthaben" einzusetzen, die das Problem der Schaffung eines neuen Reservemediums bearbeiten sollte18. Von diesem Zeitpunkt an stand die Liquiditätsversorgung der westlichen Währungsgemeinschaft im Vordergrund, und seit 1964 wird diese Frage auch in den Jahresberichten des Fonds behandelt. Die von den Stellvertretern eingesetzte Studiengruppe legte ihre 113 Seiten umfassende Expertise am 31. Mai 1965 den Stellvertretern vor. Die Studie wurde drei Monate später veröffentlicht und unter dem Schlagwort "Ossola-Report" bekannt. 2. Composed Reserve Units

Einen breiten Raum in den Erörterungen nahm dabei der ursprünglich von Bernstein entwickelte Plan der Composed Reserve Unit (CRU) , auch CoZlective Reserve Unit, ein. Dieses Medium sollte durch ein Zusammenfassen der nationalen Währungen der Gruppe der Zehn mit bestimmten Beträgen geschaffen und im Verhältnis zu den ein11 Kommunique vom 2. 10. 1963 über die Sitzung der Gruppe der Zehn, abgedruckt im Bericht der Stellvertreter vom 1. 8. 1964. 13 Cohen, S. 30. 14 Bericht der Stellvertreter der Zehn vom 1. 8. 1964, S. 5. 15 Bericht der Stellvertreter der Zehn vom 1. 8.1964, Ziff.24, S.15. 18 a.a.O., Ziff. 24, S. 15. 17 Cohen, S. 33. 18 Bericht der Stellvertreter der Zehn vom 1. 8. 1964, Ziff. 39 - 41, S. 22.

46

2. Kap.: Entstehungsgeschichte der Sonderziehungsrechte

gezahlten Beträgen jährlich in einer kollektiv von den Partizipanten festzusetzenden Höhe unter ihnen verteilt werden19 • Noch bevor die Studiengruppe ihre Untersuchung vorgelegt hatte, erklärte Frankreichs Finanzminister Valery Giscard d'Estaing auf der IMF Jahrestagung vom 7. -11. September 1964 in Tokio, Frankreich strebe nach der Schaffung der CRU, die allmählich die Reservehaltung von US-Dollar, Pfund Sterling und anderen Währungen erübrigtell°. Demgegenüber vertraten die USA und das Vereinigte Königreich damals noch die Auffassung, nur die Kreditkomponenten des Systems sollten erweitert werden21 • Die Diskussion in dieser ersten Phase ist gleichwohl durch das Ziel gekennzeichnet, die Rolle des US-Dollar als eine internationale Schlüssel- und Transaktionswährung zu bewahren. So ist auch zu erklären, daß die Kennedy-Administration starke Bedenken gegen die CRU hatte, da sie darin eine Gefährdung der Rolle des Dollars sah, den sie als universelle Leitwährung haben wollte.

III. Die zweite Verhandlungsphase im Zehnerclub von 1965 - 1966 Den Beginn der zweiten Phase kann man mit dem Frühjahr 1965 ansetzen, als Frankreich seinen Standpunkt änderte. 1. Die neuen Standpunkte der Republik Frankreich und der USA

Frankreich wandte sich nunmehr gegen die Schaffung eines zusätzlichen Reservemediums (CRU). Von nun an war es erklärtes Ziel der französischen Regierung, daß kein neues eigenes Reservemedium mehr geschaffen werden sollte. Auch später, als Frankreich sich an den Arbeiten beteiligte, fand es sich nur bereit, die verfügbaren Kreditfazilitäten zu erweitern22 • Am 4. Februar 1965 forderte Frankreichs Staatschef Charles de Gaulle während einer Pressekonferenz die Rückkehr zum reinen Goldstandard23 • Er setzte sich damit in Widerspruch zu den USA und seinen europäischen Verbündeten. Gleichzeitig konvertierte Frankreich US $ 884 Mi11. in Gold. Vgl. Cohen, S.73. Europa Archiv 1967 D 395. 11 Vgl. Europa Archiv 1967 D 395, die Summary Proceedings Nineteenth Annual Meeting. Allgemein zur US-Haltung Cohen, S. 46. 12 Cohen, S. 54. IS Wirtschaftsdienst 1968, S. 426. 19

10

II!. Die zweite Verhandlungsphase

41

Im Sommer des gleichen Jahres setzte sich mit dem neu ernannten Secretary of the Treasury, Henry H. Fowler, in den USA ebenfalls eine neue Konzeption durch, die der Frankreichs, wie vorangegangen, entgegengesetzt war. In einer Rede am 11. Juli 1965 vor der Virginia Bar Association gab Fowler erstmals zu verstehen, daß nunmehr die USA die Schaffung eines neuen Reservemediums befürworteten24• Diese politische Kehrtwendung ist nur zum Teil daraus zu verstehen, daß die zweite Vierteljahresbilanz 1965 der USA erstmals einen überschuß seit 1961 aufwies und man glaubte, die von der Johnson-Administration eingeleiteten Maßnahmen gegen den Kapitalabfluß aus den USA würden zu einer weiteren Verbesserung der US-Zahlungsbilanz führen. Zum anderen war die politische Führung der USA zu der überzeugung gelangt, daß die eigentliche Bedrohung der Vorrangstellung des USDollars in einer wachsenden Belastung des Währungssystems liege, die davon herrühre, daß alle anderen Länder von US-Zahlungsbilanzdefiziten als Quelle zusätzlicher Währungsreserven abhängig seien. Ausdruck für eine negative unterschwellige Haltung der Europäer war das offene Bekenntnis Frankreichs für den Goldstandard. Nachdem 1964 die IMF-Quoten erhöht worden waren und durch die Allgemeinen Kreditvereinbarungen zusätzliche Liquidität in großem Umfang, wenngleich nur in Kreditform, zur Verfügung stand, veränderte sich die europäische Einstellung, insbesondere auch die der Bundesrepublik Deutschland, zu dem Problem der Reserveversorgung generell. Vorherrschend war nunmehr die Ansicht, das Bretton WoodsSystem bedürfe keiner strukturellen Veränderungen, die deutlich gewordenen Schwächen lägen nur in seiner Praktizierung. Zahlungsbilanzdefizite seien nur temporär und ein Land, das Vertrauen genösse, könne immer Kredit erhalten. Ein dringender Bedarf nach internationaler Liquidität bestehe mithin nicht. Die Tatsache, daß einige Defizitländer nur geringe Reservebestände hätten, sei keine Rechtfertigung für eine globale Liquiditätserweiterung, da dies "Inflation" bedeute2li• 2. Die Tätigkeit der Stellvertreter der Gruppe der Zehn

Unabhängig von dieser langsam deutlich werdenden Politisierung eines währungstechnischen Problems hatte die Gruppe der Zehn im September 1965 ihren Stellvertretern den Auftrag erteilt, festzustellen, "welche Grundlage sich für eine Einigung über die erforderlichen Verbesserungen im Weltwährungssystem finden läßt, einschließlich Cohen, S. 60. Vgl. die Ausführungen des Präsidenten der Deutschen Bundesbank auf der IMF Jahrestagung 1965 in Washington, Summary Proceedings 1965, !4

15

S.117.

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2. Kap.: Entstehungsgeschichte der Sonderziehungsrechte

von Vorkehrungen für die zukünftige Schaffung von Reserven, soweit solche benötigt werden, um für den Reservebedarf der Weltwirtschaft angemessen vorzusorgen"28. Die Arbeiten im Rahmen der Gruppe der Zehn, in der von den Mitgliedern unterschiedliche Ansichten vertreten wurden, waren nur dadurch ermöglicht worden, indem man einen aktuellen politischen Bezug verneinte und die Studien als eine Vorausplanung für den "Eventual- oder Bedarfsfall" (contingency planning) bezeichnete27 . Trotz der Meinungsunterschiede, die auch im Laufe der Verhandlungen nicht überbrückt werden konnten, stimmte auch Frankreich der Ansicht zu, daß in Zukunft ein Bedarf nach zusätzlicher internationaler Liquidität auftreten könnte2 8 und Kreditfazilitäten nur ein teilweiser und temporärer Ersatz für eigene Reserven, die zur vollen Disposition des Halters stünden, sein könnten29 • 3. Wesentlicher Inhalt der am 8.7.1966 vorgelegten Studie der Stelivertreter

Die Stellvertretergruppe diskutierte in ihrer Studie, die sie am 8. Juli 1966 für die am 25. - 26. Juli 1966 in Den Haag tagenden Ministern vorlegte, mehrere Möglichkeiten einer geplanten, von Zahlungsbilanzdefiziten unabhängigen Reservebeschaffung, die sich nach dem globalen Bedarf ausrichten sollte. Frankreich versagte seine Mitarbeit, soweit es um spezielle technische Aspekte der Reservebeschaffung gingao. In ihrem Bericht legen die Stellvertreter eine eingehende Untersuchung möglicher systemimmanenter Verbesserungen des Systems sowie des Reservebedarfs und seiner Indikatoren vor. a) Ein Gegenstand eingehender Erörterungen bildete die Frage, ob alle Staaten oder nur eine Staatengruppe Zugang zu dem neu zu schaffenden Reservemedium haben sollten. Für eine begrenzte Teilnehmerzahl sprach einmal die mehr technische überlegung, daß das zu schaffende Reservemedium nur dann im internationalen Zahlungsverkehr voll eingesetzt werden könne, wenn es von den Haupthandelsund -währungsländern gedeckt werde, die zugleich allein die Konvertibilität dieses Mediums in andere generell gebräuchliche Reserve28 So die Verlautbarung der Minister und Notenbankgouverneure der Gruppe der Zehn vom 28.9.1965, zitiert bei Emminger, Europa-Archiv 1967, S.805. 27 Bericht der Stellvertretergruppe vom 8.7.1966, Ziff.44, S.9 und Emminger Europa-Archiv 1967 805. 28 Bericht der Stellvertreter vom 8.7.1966, Ziff. 7 a, S.2. 29 Bericht der Stellvertreter vom 8.7.1966, Ziff.7, S.2. 30 a.a.O., ZUf. 8, S. 3.

III. Die zweite Verhandlungsphase

49

media im Falle der Liquidation oder im Falle der Teilnahmebeendigung sicherstellen könnten. Zum anderen sprach für eine begrenzte Teilnehmerzahl die mehr politisch motivierte Haltung, daß vor allem die Industrieländer Liquiditätsprobleme hätten und jeder echte Einfluß der Entwicklungsländer zu übergroßen, nicht zu verantwortenden Liquiditätserweiterungen führen würde 31 • Diejenigen Länder, vor allem die europäischen Mächte, die nur eine begrenzte Teilnehmerzahl haben wollten, hoben jedoch hervor, daß der Teilnehmerkreis nicht mit den Mitgliedern des Zehnerclubs identisch sein müßten. b) Eine zweite Frage war, wie man das neue Reservemedium, wie immer es letztlich auch aussehen mochte, mit solchen Eigenschaften ausstatten könnte, daß die Annahme und die Haltung sichergestellt wäre. Diese Eigenschaften wurden von den Stellvertretern in einer Goldgarantie, einem Zinsertrag und in speziellen Regeln über das Halten und den Gebrauch gesehen33 • c) Als letzten großen allgemeinen Fragenkomplex behandelten die Stellvertreter das Problem des Entscheidungsprozesses. Sie kamen hierbei überein, sicherzustellen, daß einmal das Interesse aller Länder an einem reibungslosen Arbeiten des internationalen Währungssystems gewahrt und zum anderen, daß der besonderen Verantwortung einer Anzahl von Staaten, die im internationalen Währungsgeschehen eine Schlüsselrolle einnehmen, Rechnung getragen werde 34 • Die Stellvertreter legten den Ministern und Notenbankgouverneuren schließlich fünf Vorschläge für das neue Reservemedium vor, d. h. sie selbst hatten sich auf keinen konkreten Vorschlag einigen können. d) Die fünf Vorschläge können wie folgt skizziert werden: (1) Der erste Plan, den vor allem das deutsche Mitglied Otmar Emminger befürwortete35, sah die Schaffung einer Reserveeinheit mit einer absoluten Goldwertgarantie vor. Es sollte nur den Ländern offen sein, die auch die Bedingungen für eine Teilnahme an den Allgemeinen Kreditvereinbarungen erfüllten. Die Einheiten sollten direkt unter den Teilnehmern in den Büchern eines Agenten, des IMF, transferierbar sein. Jeder Reserveeinheitentransfer sollte, zumindestens am Anfang, von einem Goldtransfer begleitet sein. Das die Einheiten erhaltende Land wäre jedoch berechtigt gewesen, auf den Goldtransfer zu verzichten38• (2) Der zweite Plan, ein Vorschlag der US-Regierung37, sah vor, daß einmal eine Reserveeinheit von einer bestimmten Ländergruppe, die später a.a.O., Ziff. 59 - 60, S.12; Cohen, S.97. a.a.O., Ziff. 62, S. 13. ss a.a.O., Ziff. 68 - 82, pp 13 - 16. U a.a.O., Ziff. 83, S. 16. 35 Cohen, S. 110. 38 a.a.O. Scheme A, pp 20 - 21. 37 Cohen, S. 110. 31

S.

4 Walter

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2. Kap.: Entstehungsgeschichte der Sonderziehungsrechte

weiteren Teilnehmer offenstehen sollte, geschaffen und unter ihnen verteilt werden sollte. Daneben sollte der IMF sog. Special Reserve Drawing Rights (SRDR) (Sonderreserveziehungsrechte) schaffen und an alle Mitglieder verteilen. Der Entscheidungsprozeß sollte im organisatorischen Rahmen des IMF sein. Die SRDRs sollten im Verhältnis zu den Fondsquoten geschaffen und von den Mitgliedern zu ähnlichen Bedingungen gebraucht werden können, wie sie zur Inanspruchnahme der Goldtranche bestehen. Nur die Reserveeinheiten der geschlossenen Ländergruppe, die ebenfalls SRDRs erhalten sollten, sollten mit einer Goldgarantie versehen sein. Sie sollten im Verhältnis zu den Fondsquoten und zu den GAB und ähnlichen Verpflichtungen geschaffen38 werden. (3) Der dritte Plan sah ebenfalls die Schaffung einer goldgesicherten Reserveeinheit durch die GAB-Partizip anten und der Schweiz vor. Obere und untere Begrenzungen in der Haltung des Reservemediums waren vorgesehens9 • (4) Der vierte Plan kann als eine Modifikation des zweiten Planes angesprochen werden. Der Unterschied liegt vor allem in der automatischen Verfügbarkeit des Reservemediums 4o • (5) Der fünfte Plan sah die Gründung eines "International Reserve Fund" vor. Die Teilnehmer sollten zum Zahlungsbilanzausgleich nur ihre Forderungen gegen den IRF austauschen. Die Forderungen sollten in IRF-Einheiten, definiert durch ein bestimmtes Goldgewicht, ausgedrückt werden. Den Forderungen gegen den IRF sollten die Forderungen des IRF gegen die Teilnehmer gegenüberstehen41 • Die konstruktive Arbeit der Stellvertretergruppe angesichts der entgegengesetzten politischen Standpunkte ist sicherlich zu einem Teil auch Verdienst des Deutschen Bundesbankvizepräsidenten Emmingers, dessen "technische Fähigkeiten und ruhige Diplomatie" gerühmt werden(2. 4. Währungskonferenz in Den Haag am 25./26. Jull 1966

Die Währungskonferenz von Den Haag 1967 brachte einen wichtigen Durchbruch. a) Einmal konnte Frankreich auf eine weitere Mitarbeit verpflichtet werden und zum anderen wurde sichtbar, daß die zukünftige Liquiditätsvorsorge nicht länger eine Angelegenheit der Gruppe der Zehn sein konnte. Der IMF hatte seinerseits Untersuchungen durchgeführt, und die bisher ausgeschlossenen Länder forderten ihr Mitspracherecht. Die EWG-Staaten hatten ihre eigenen Interessen in Afrika und Asien zu berücksichtigen. Cohen sagt daher m. E. zu Recht, der Zehnerclub a.a.O. Scheme B, pp 21 - 22. a.a.O. Scheme C, pp 22 - 23. 40 a.a.O. Scheme D, p 23. 41 a.a.O. Scheme D, p 23. 42 So Fowler im Hearing vor dem Committee on Foreign Relations am 13. Mai 1968, S. 5. 38 39

IV. Die dritte Verhandlungsphase

51

hätte spätestens bis 1964 die Welt mit einem fait accompli überraschen müssen, um das neue Instrument auf die wichtigen Industrieländer beschränken zu können43 . b) Den Haag war aber auch in anderer Hinsicht bedeutungsvoll. Stand zu Beginn der Entwicklung der Zehnerclub als eine Interessengemeinschaft da, so wurde jetzt immer deutlicher, daß die EWG-Staaten bei der Liquiditätsvorsorge eine kontrollierende Funktion ausüben wollten, wie sie bisher nur die USA innehatten. Die Interessen der Mitglieder der Zehn waren nicht länger kongruent.

IV. Die dritte Verhandlungsphase 1966 - 67 Zehnerclub und IMF arbeiten zusammen 1. Ergebnis der Konferenz von Den Haag

Die Konferenz in Den Haag endete mit einer neuen Beauftragung der Stellvertreter, die jetzt auch, allerdings gegen den Willen Frankreichs 44, mit den Exekutivdirektoren des IMF gemeinsame Sitzungen abhalten sollten. Es fanden vier gemeinsame Arbeitssitzungen statt, die durch zahlreiche getrennte Tagungen der Zehnergruppe vorbereitet wurden. Emminger bezeichnet diese Verhandlungsphase von November 1966 bis Juni 1967 als eine "Währungskonferenz in Permanenz"45. 2. Der europäische Kompromiß

Auf der Arbeitssitzung in Den Haag am 16. und 17. Januar 1967 schwenkte Frankreich im Grundsatz auf die politische Linie seiner Partner teilweise ein. Frankreich erklärte sich bereit, konstruktiv an der neuen Reservefazilität mitzuarbeiten, wenn die IMF-Quoten und das Abstimmungsverfahren derart geändert werden würden, daß die EWG-Staaten eine Sperrminorität - wie die USA - bilden könnten. a) Auf den gemeinsamen Sitzungen der Zehnergruppe mit den Exekutivdirektoren des IMF, die nach den Worten Emmingers nicht nur ihrer Ergebnisse wegen, sondern auch "politisch und psychologisch" von Bedeutung waren46 , traten immer wieder Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Mitglieder der Gruppe der Zehn auf. Nachdem 43 Cohen, S. 103. 44 Aschinger, S. 244. 45 Europa Archiv 1967, S.806. 46 Europa Archiv 1967, S.806. 4'

52

2. Kap.: Entstehungsgeschichte der Sonderziehungsrechte

man die heftige Kontroverse, ob "Reserveeinheiten" oder "Reserveziehungsrechte" , verbal dahingehend beigelegt hatte, daß man sich auf "Sonderziehungsrechte" (Spezial Drawing Rights, SDR) einigte, war nun die Frage der (im Prinzip allgemein anerkannten) Rückzahlungsverpflichtung strittig47. Mit der Frage der Rückzahlungsverpflichtung wurde zugleich die Frage angeschnitten, ob das Sonderziehungsrecht einen kreditären Charakter haben sollte, so Frankreich, oder nicht, so die USA. Auch konnte man sich nicht auf die Mehrheitserfordernisse bei den notwendigen Abstimmungen im Rahmen des Schemas einigen. Die erhoffte Einigung unter den Europäern kam auch nicht auf der EWG-Finanzministerkonferenz in München am 17. April 1967 zustande48 . Die EWG-Finanzminister sprachen sich zwar für die Schaffung einer neuen Reservefazilität aus, ließen aber offen, ob das in Aussicht genommene Ziehungsrecht von den herkömmlichen Fonds-Ressourcen getrennt werden sollte oder nicht. Die Amerikaner meinten sogar, der von den EWG-Ländern eingenommene Standpunkt auf dieser Konferenz sei ein Schritt rückwärts in den Verhandlungen gewesen49 . München machte aber klar, daß die europäischen Länder in keinem Fall gewillt waren, einen Plan zu unterstützen, dem Frankreich nicht zustimmen konnte. b) Auf den gemeinsamen Sitzungen der Zehnergruppe mit den Exekutivdirektoren des IMF im April 1967 in Washington, D. C., und im Juni in Paris wurde ein Papier erarbeitet, das bereits wichtige Elemente des späteren Sonderziehungsrecht-Schemas enthielt. Man einigte sich auf ein einziges Schema eines automatischen Ziehungsrechts im organisatorischen Rahmen des IMF. Aber auch hier blieb die Frage der Rückzahlungsverpflichtung offen. Noch bestand die Möglichkeit, daß das neue Ziehungsrecht nichts anderes als eine bloße Erweiterung bestehender Kreditfazilitäten werden konnte 50 • Auf diese für den Charakter des Mediums entscheidende Frage konnten sich die EWG-Finanzminister auch nicht auf ihrer Konferenz am 4. Juli 1967 in Brüssel einigen. Die US-Administration unter Johnson machte nunmehr, auch in Bonn, ihren politischen Einfluß geltend, um eine möglichst minimale Rückzahlungsverpflichtung durchzusetzen, während Frankreich eine hälftige Rückzahlung haben wollte. c) Eine Einigung wurde dann schließlich auf zwei aufeinanderfolgenden Konferenzen der Zehnergruppe in London im Juli und im August 47 Europa Archiv 1967, S.806. 48 Cohen, S. 128. 49 Cohen, S. 125. 50 Cohen, S. 132.

IV. Die dritte Verhandlungsphase

53

1967 aufgrund eines deutschen Vermittlungsvorschlages gefunden, der aus diplomatischen Gründen jedoch von Kanada eingebracht wurdesI. Dieser Verrnittlungsvorschlag sah ein Verhältnis von 70: 30 vor, d. h. weniger als die Hälfte mußte rekonstituiert werden.

d) Die Europäer erhielten für ihre Zugeständnisse bei der Rekonstitutionsverpflichtung eingeräumt, daß bei besonders wichtigen Entscheidungen eine Mehrheit von 85 % der gewogenen Stimmen erforderlich sein sollte, wodurch die EWG-Staaten, sofern sie einheitlich stimmten, ein Vetorecht erhielten. Dies war besonders in den USA politisch nicht unumstritten62 • Das Schema enthielt auch einige weitere Änderungen des ursprünglichen Vertragstextes. So sollte nun auch das automatische Ziehungsrecht im Rahmen de! Goldtranche, wie es bisherige Praxis des Fonds gewesen ist, legalisiert werden. 3. IMF-Jahrestagung in Rio de Janeiro 1967

a) Am 9. September 1967 stimmten die 20 Exekutivdirektoren dem vom Zehnerclub ausgearbeiteten Plan zu, der auf der Jahrestagung der IMF-Gouverneure in Rio de Janeiro am 29. September 1967 als Resolution 22-8 einstimmig angenommen wurde 53 • b) Die auf der Konferenz von Rio de Janeiro angenommenen Grundzüge des Reserveplanes sahen vor, daß im IMF ein besonderes Konto für "Sonderziehungsrechte" eingerichtet werden sollte, über das alle Transaktionen mit diesem neuen Instrument laufen sollten. Jedem IMF-Mitglied war es freigestellt, ob es am SonderziehungsrechtsVerkehr teilnehmen wollte oder nicht. Sonderziehungsrechte sollten aufgrund eines Beschlusses der Teilnehmer unter ihnen verteilt werden. Mit den zugeteilten Sonderziehungsrechten sollten sie in die Lage versetzt werden, von anderen Teilnehmern konvertible Währung zu erhalten. Die Sonderziehungsrechte sollten goldwertgesichert sein. Die Goldgewichtseinheit des Sonderziehungsrechts, die dem Feingoldgehalt des US-Dollars vom 1. Juli 1944 entsprechen sollte, sollte zugleich Ausdruck für die Stabilität des Goldpreises sein. Auch hierüber ist die Entwicklung hinweggegangen54 • Durch die Neufestsetzung der Paritäten der Währungen der wichtigsten Länder hat sich der Goldpreis für viele Länder erhöht. Die durchschnittliche Erhöhung liegt bei ca. 1,5 %. Cohen, S.140. VgI. Hearing vor dem Subcommittee on Int. Exchange and Payments am 22. 11. 1967, S.114. 53 Summary Proceedings 24th Annual Meeting, pp 326 - 27. 54 VgI. Ausführungen von Fowler in dem Hearing vor dem Committee on lnt. Exchange and Payments am 14.9.1967, S.15. 61

62

54

2. Kap.: Entstehungsgeschichte der Sonderziehungsrechte

Die Sonderziehungsrechte sollten dann zugeteilt werden, wenn ein globaler Reservebedarf besteht. Sowohl der Beschluß über die Aktivierung des Schemas als auch jeder Zuteilungsbeschluß sollte eine 85 Ofoige Mehrheit der gewogenen Stimmen erfordern. Ergebnis der Konferenz von Rio war insoweit also nicht, daß ein neues Währungsinstrument existent wurde. Vielmehr wurden hierfür erst die völkerrechtlichen Voraussetzungen geschaffen. Es war zugleich klar, daß die Aktivierung des Schemas nicht unmittelbar nach der Vertragsänderung erfolgen sollte. Auch in dieser Frage zeichnete sich von Anfang an eine Frontstellung zwischen den stabilitätsbewußten Europäern und den expansionswilligeren USA ab. c) Die von den Gouverneuren in Rio angenomm.enen Grundzüge einer Vertragsänderung sahen nicht nur eine Ergänzung des ursprünglichen Abkommens vor, sondern veränderten auch den ursprünglichen Text in sechs Punkten: (1) Quotenänderungen sollten nunmehr 85 Ofo der gewogenen Stimmen bedürfen (statt 80 Ufo); (2) Der Beschluß der allgemeinen Paritätsänderung, also der Goldpreisänderung, sollte ebenfalls mit 85 Ufo Mehrheit gefaßt werden; (3) Das Interpretationsverfahren sollte geändert werden; (4) Die Fondspraxis bezüglich der Ziehungen in den einzelnen Tranchen sollte legalisiert werden; (5) Die Inanspruchnahme der Goldtranche sollte nunmehr automatisch sein; (6) Schließlich sollten die obligatorischen Rückkaufregeln geändert werden. d) Ehe jedoch die Vertragsergänzung und -änderung am 28. Juli 1969 durch die Hinterlegung der Beitrittsurkunde Belgiens in Kraft treten konnte 55 , mußten noch einige strittig gebliebenen technischen Detailfragen geklärt werden, so vor allem die Frage, in welchem Umfang ein Partizipant am Sonderziehungsrechts-Verkehr sich von den Zuteilungen ausschließen könnte. Ursprünglich war daran gedacht worden, ein Abseitsstehen während der ersten Zuteilungsperiode auszuschließen. Diese letzten Fragen und Probleme wurden auf der Konferenz der Minister und Notenbankgouverneure der Gruppe der Zehn in Stockholm am 29. und 30. März 1968 geklärt. V. Die Aktivierung des SZR-Schemas 1. Die Entwicldung in den offiziellen Reservebeständen

Zu Beginn des Jahres 1969 erlebte Frankreich, nunmehr unter der Führung von Staatschef Pompidou, einen erheblichen Goldabfluß. Die 65

AR 1970 28 und Cohen, S. 132.

V. Die Aktivierung des SZR-Schemas

55

meisten anderen europäischen Länder, mit Ausnahme der BRD, verzeichneten Dollarabflüsse aus den offiziellen Beständen, obwohl sich die Zahlungsbilanz der USA laufend verschlechterte. Die Entwicklung in den offiziellen Reservebeständen veränderte jedoch die Optik und damit die politische Haltung der beteiligten Länder. 2. Kritik am Ansatzpunkt

Daß für die Frage der internationalen Liquiditätsversorgung ausschließlich die offiziellen Bestände an US-Dollar der Zentralbanken als Indikator dienten, ist auf das klassische monetäre Denkmodell zurückzuführen, in dem die Geschäftsbanken die ihnen zufließenden Devisen zum weit überwiegenden Teil sofort an ihre heimische Notenbank weiterverkaufen. Bewegungen in den Zahlungsbilanzen schlugen sich dadurch auch weitgehend in den Währungsreservebeständen der Notenbanken nieder 56 • Die offiziellen Reservebestände können jedoch heute nach Herausbildung des Euro-Geldmarktes diese Indikatorfunktion nur noch teilweise erfüllen. In dem hier zu betrachtenden Zeitraum erlebten die USA gerade eine Hochzinspolitik (1968/69). Obwohl das USZahlungsbilanzdefizit einen bis dahin nicht gekannten Umfang aufwies und man mithin von einem großen Angebot an US-Dollar im Ausland auszugehen hat, war die überaus starke private Nachfrage nach USDollar kaum zu befriedigen, da wegen des hohen Zinsfußes das Halten von Dollarguthaben für die Geschäftsbanken außerordentlich interessant gewesen ist57 • Die Dollarbestände der Zentralbanken, die in den sechziger Jahren nur noch kaum zugenommen hatten, fielen von annähernd US $ 15 Mrd. bis Ende 1967 auf unter US $ 10 Mrd. zurück58 • Infolge der verschobenen Optik wurde jedoch der Gesichtspunkt, daß das private Banksystem mit über US $ 27 Mrd. überaus liquide war, kaum gebührend berücksichtigt. Erst als die private Dollarnachfrage in den siebziger Jahren nachließ und die Dollars den Zentralbanken angeboten wurden, machte sich der Dollarüberhang im Ausland bemerkbar; die Entscheidung zugunsten der Aktivierung des Sonderziehungsrechts-Planes war aber schon gefallen.

56 So Richebächer in Börsenzeitung v. 9. 12. 1970. Manuskript dem Verfasser vorliegend. 57 Richebächer, a.a.O. 58 Richebächer, a.a.O.

56

2. Kap.: Entstehungsgeschichte der Sonderziehungsrechte 3. Die Diskussion um die Höbe der Zuteilung

Die Währungspolitiker sahen den Schwund der offiziellen Reservebestände und waren mit einer IMF-Prognose eines jährlichen Bedarfs von US-Dollar 3,5 - 6 Mrd. konfrontiert. Während sich die EWG-Länder für eine jährliche Zuteilung von 2 Mrd. US-Dollar aussprachen, forderte der Vertreter der USA, Paul A. Volcker, jährliche Zuteilungen von US $ 4 bis 5 Mrd. Auch hier wurde der notwendige Komprorniß im Zehnerclub erreichtll9 , indem man sich auf drei Zuteilungen, einmal von ca. US $ 3,5 Mrd. und zweimal von 3 Mrd. einigte.

VI. Würdigung der Entstehungsgeschichte In dem Bericht der Studiengruppe der Zehn heißt es, daß der internationale Liquiditätsbedarf nicht nur eine ökonomische, sondern auch eine politische Seite hat, denn letztlich gehe es um die Frage, in welchem Umfang die Industrieländer als Inhaber der großen Weltressourcen sich gegenseitig ein automatisches und unbedingtes Zugriffsrecht auf ihre Ressourcen einräumen wollten. Der Sonderziehungsrechts-Plan ist denn auch in seiner vorliegenden Fassung Ausdruck der politischen Machtverhältnisse in der Atlantischen Partnerschaft. Er erlaubt Frankreich und den Europäern als auch den Amerikanern, zu glauben, ihre Ansichten durchgesetzt zu haben. Es soll jedoch nicht verkannt werden, daß die US-Vorschläge der Sache nach stärker berücksichtigt wurden. Durch die Veränderungen der Mehrheitserfordernisse wurde die "balance of power" im IMF der neuen politischen Gewichtung gemäß neu austariert80•

69 80

Cohen, S. 155. Hankel, Währungspolitik, S. 115.

Drittes Kapitel

Der Begriff des Sonderziehungsrechts I. Art. XXI Abschn. 1 1. Keine Legaldefinition

Der Vertragstext enthält keine Bestimmung darüber, was unter einem "Sonderziehungsrecht", SZR, (Special Drawing Right, SDR) zu verstehen ist. Das Fehlen einer Definition in dem Vertragswerk ist darauf zurückzuführen, daß in den Verhandlungen, die zur Vertragsergänzung führten, bis zuletzt keine endgültige Einigung über die Natur, ob Reserveeinheit oder Reserveziehungsrecht, des neu zu schaffenden Instruments erzielt werden konnte. Eine eindeutige Begriffsbestimmung hätte den erzielten politischen Kompromiß in Frage stellen können. "It will show the contribution that language can make, if not to the reconciliation of opposing views, then at least to their accomodation, so that it becomes possible for all to subscribe to the 'concord of this discord'. The effort expended in the search for a suitable terminology was only part of the much larger effort required to re ach agreement, but it was considerable. The choice of terminology enabled the proponents of divergent views to insist that their opinions had prevailed1." 2. Eine semantisdle Untersudlung

a) "Sonder"-

Nicht nur die fehlende Begriffsbestimmung ist auffällig, sondern auch der Ausdruck selbst; denn das Abkommen über den Internationalen Währungsfonds enthält nicht den Ausdruck "Ziehungsrecht". Es erscheint daher zunächst sprachlich wenig sinnvoll, von einem "Sonder1

Gold, SDR Role of Language, p 2, vgl. auch Machlup, S. 78.

58

3. Kap.: Der Begriff des Sonderziehungsrechts

ziehungsrecht" zu sprechen, wenn man die Notwendigkeit außer acht läßt, sprachlich keinen definitiven Hinweis auf den wahren Charakter des Mediums zu geben. Gleichwohl ist die begriffliche Umschreibung des neuen Mediums zutreffend, soweit es den Bestandteil "Sonder-" betrifft, denn in der Fondspraxis werden die Geschäfte, die der Fonds mit seinen Mitgliedern tätigt, nicht der Rechtsnatur gemäß als Kauf, sondern als "Ziehung" bezeichnet2 • Es wäre unzweckmäßig gewesen, für eine neue Sache einen Begriff zu verwenden, der durch jahrelange Praxis ein fest umgrenztes Bedeutungsfeld hat. Der Wortbestandteil "Sonder-" will dieser Tatsache Rechnung tragen. b) ,,-ziehungs-"

Gleichzeitig weckt der Begriff Assoziationen mit den herkömmlichen Ziehungen. Obwohl die Ziehung im Rechtssinn kein Darlehen darstellt 3 , ist es gebräuchlich geworden, die oberhalb der Goldtranche liegenden Tranchen als "Kredittranchen" zu bezeichnen4 • Obwohl der Begriff "ziehung" auch Ziehungen innerhalb der Goldtranche erfaßt, enthält der Begriff "Sonderziehungsrecht", dies soll nicht verkannt werden, eine Anspielung auf die Kredittranchen. Die Bezeichnung ist mithin eine sprachliche Kontribution an diejenigen Länder, die während der Diskussion um die Reform des Bretton Woods-Systems eine unbedingte und nicht rückzahlbare Liquidität ablehnten. Die Vertragsformulierung erlaubt, daß jeder Teilnehmer das Abkommen in der Weise auslegen kann, daß es seiner eigenen Politik entspricht. Der Vizepräsident der Deutschen Bundesbank, Otmar Emminger, hat den Rio-Kompromiß mit einem Zebra verglichen, es sei schwarz und habe weiße Streifen als auch, es sei weiß und habe schwarze StreifenS. c) ,,-recht"

Der letzte Bestandteil des Begriffs ,,-Recht" bedarf ebenfalls näherer Erläuterungen. Wenn auch die Rechtsordnung des Vertragswerkes nicht national ist, so kann der angelsächsische Einfluß nicht verkannt werden. Wesley Newcomb Hohfeld führt aus: "Right" - das Wort ,Recht' - "is used generically and indiscriminately to denote any sort of legal advantage, whether claim, privilege, power or immunity 6." 2 Vgl. zum int. Sprachgebrauch auch den Bericht der Stellvertreter der Gruppe der Zehn vom 1. 8. 1964, S. 10. 3 Vgl. oben Kapitell, III 7 b, Selected Decisions. 4 Gold, SDR Language, S. 5. 5 Cohen, S. 149. 6 a.a.O., S.71 und in Yale Law Journal Vol. XXIII, S. 30 ff.

I. Art. XXI Abschn. 1

59

Die hier gegebene Umschreibung deckt sich mit dem, was alle Rechtsordnungen unter dem Begriff "Recht" verstehen, der insoweit universell ist. Es wird nachfolgende Aufgabe sein, zu zeigen, ob dieser Bestandteil in der Bezeichnung sachgemäß ist, d. h., ob die am Sonderziehungsrechtsverkehr teilnehmenden Länder eine begünstigende Rechtsposition innehaben. Haben mehrere Subjekte Rechte, so bestehen zwischen ihnen Rechtsbeziehungen. Jede Rechtsbeziehung ist mit begrifflicher Notwendigkeit eine Beziehung zwischen mindestens einem Verpflichteten und einem Berechtigten7 • Dem Recht des einen muß mithin die Pflicht des anderen korrespondieren8 • Wenn also der Begriff des Abkommens sachgemäß ist, müssen sich begünstigende und verpflichtende Rechtspositicin gegenüberstehen. Es ist mithin nicht möglich, aus der Bezeichnung "Sonderziehungsrecht" weitere Schlußfolgerungen auf den Charakter des Instruments zu ziehen. Die Natur des Instrumentes muß sich vielmehr aus der Funktionsbestimmung und der näheren organisatorischen Ausgestaltung ergeben. 3. Funktion der Sonderziehungsrechte

Sonderziehungsrechte sollen bestehende Währungsreserven ergänzen ("for a supplement"). Der Vertragstext läßt also offen, ob die Sonderziehungsrechte selbst Währungsreserven sind oder nicht. Die Formulierung im Abkommen läßt vier Deutungen zu 9 • Einmal kann die Formulierung bedeuten, daß die Sonderziehungsrechte nur bestehende Währungsreserven ergänzen sollen und selbst keine Währungsreserven sind. Zum anderen kann der Vertragstext damit auch zum Ausdruck bringen, daß Sonderziehungsrechte alle Kriterien aufweisen, die es ermöglichen, sie als Ergänzung bestehender Reserven einzusetzen. Zum dritten kann der Vertragstext auch dahingehend ausgelegt werden, daß Sonderziehungsrechte bestehende Reserven deswegen zu ergänzen vermögen, weil sie· einen Reservemangel ausgleichen können. Schließlich können die Sonderziehungsrechte selbst ein Reservemedium sein, das von einem Reservesubstitut zu unterscheiden ist. Der Text des Abkommens vermeidet auch an allen anderen einschlägigen Stellen eine begriffliche Klärung. Horn, S. 50. Engisch, S. 20. So auch Hohfeld, der es unternommen hat, dem Begriff des Rechts in allen seinen Bedeutungen die juristischen Korrelative und Gegensätze gegenüberzustellen. Seine Ausführungen finden sich im Yale Law Journal Vol. XXIII, S.30. 9 Vgl. Gold, SDR Role of Language, p 11 f. 7

S

3. Kap.: Der Begrüf des Sonderziehungsrechts

60

So hatte der Vertragsentwurf, wie ihn die Exekutivdirektoren dem Gouverneursrat im April 1968 übermittelten, im Anhang B V 4 (b) (ii) noch folgende Formulierung vorgesehen: "Participants will pay due regard to the desirability of persuing over time a balanced relationship between their holdings of Special Drawing Rights and other reserves10 ." Die hier gebrauchte Formulierung hätte dafür gesprochen, Sonderziehungsrechte ein Reservemedium eigener Art sind. folgerungen können jedoch hieraus nicht gezogen werden, verbindliche Vertragstext nunmehr folgende Formulierung (Schedule G 1 (b»:

daß die Schlußda der vorsieht

"Participants shall also pay due regard to the desirability of persuing over time a balanced relationship between their holdings of Special Drawing Rights and their holdings of gold and foreign exchange and their reserve positions in the Fund." Mit Sorgfalt wurde vermieden, das Wort "Reserven" zu gebrauchen, wenn auch Sonderziehungsrechte sachlich einzubeziehen sind11 • So wurden, wie in dem oben zitierten Anhang, auch in Art. XXV Abschn.3 (a), die Reservemedia einzeln aufgezählt. Das Bestreben der vertragsschließenden Parteien, die Sonderziehungsrechte im Abkommen verbal nicht als Reservebestände zu bezeichnen, wird an vielen Stellen im Vertragswerk deutlich1!. Während der Verhandlungen zur Erweiterung des Abkommens war es gebräuchlich, von "Schaffung" (creation) eines neuen Reservemediums und von seiner Verteilung (distribution) und von Transfers zu sprechen. Der verbindliche Vertragstext gebraucht dafür die Ausdrücke "Zuteilung" (allocation) und "Gebrauch" (use) , während der Begriff der Schaffung überhaupt keine Entsprechung gefunden hat. 4. Der Begriff der Wäbrungsreserve

Aus der Aussage, Sonderziehungsrechte ergänzen bestehende Währungsreserven, können soweit keine weiteren Schlußfolgerungen gezogen werden. Nähere Erkenntnisse sind nur aus den funktionalen Zusammenhängen zu gewinnen, die im folgenden dargestellt werden sollen.

10 11

12

a.a.O., S. 79. Gold, SDR The Role of Language, S. 16. Gold, SDR The Role of Language, S. 17 f.

I. Art. XXI Abschn. 1

61

Für die im folgenden zu behandelnden Fragen ist von Bedeutung, was man unter dem Begriff der Währungsreserve zu verstehen hat. Das internationale Recht kennt keinen allgemein anerkannten Begriff der Währungsreserve. Verschiedene internationale Verträge haben den Begriff in unterschiedlicher Weise definiert13 • Die hier maßgebliche Begriffsbestimmung ist in Art. XIX des Abkommens getroffen worden. Danach sind Währungsreserven die offiziellen Bestände an Gold, an konvertierbarer Währung anderer Mitglieder und an Währungen der von Fonds bezeichneten Nicht-Mitglieder. Diese Reserven werden auch als Reserven im engeren Sinn bezeichnet, worunter eigene Mittel zu verstehen sind, die international verwendbar sind, d. h. von den Währungsausländern als schuldtilgend akzeptiert werden, und die ohne irgendwelche Bedingungen jederzeit verfügbar sind14 • Neben diesen eigenen Mitteln kennt man Kreditfazilitäten. Da ihre Verfügbarkeit von den Bedingungen des Gläubigers abhängt und sie darüber hinaus auch rückzahlbar sind, spricht man hier von Reserven im weiteren Sinn oder von bedingter internationaler Liquidität15 • Die Länder des Zehnerclubs verwenden für die Darstellung ihrer Reserven folgendes Gliederungsschema18 : A. Reserven 1. Gold und Devisen.

(1) Gold (2) Devisen

2. Andere

(1) (2) (3) (4)

IMF-Goldtranche Spezielle US-Papiere Von Dritten in Anspruch genommene Swaps Gemischte Reserven

B. Kreditfazilitäten l. Zugesagte (1) Nicht aktivierte Swaps (2) IMF standbys (3) Andere Kreditlinien 2. Gegenstand von Verhandlungen (1) Andere IMF-Tranchen (2) Mögliche Kreditlinien

13 14

15 18

Gold, Law & Pol. Int'l Bus. Vol. 2, P 328. Vgl. hierzu Aschinger, S.86. ASchinger, S. 86. Zitiert bei Bochud, S. 103.

3. Kap.: Der Begriff des Sonderziehungsrechts

62

11. Art. XXI Absclm. 2 Art. XXI Abschn. 2 legt die Werteinheit des Sonderziehungsrechts.fest. Sie entspricht 0,888ß71 Gramm Feingold und ist damit identisch mit dem Feingoldgehalt des US-Dollars vom 1. Juli 1944. Sowohl die Wechselkursneufestsetzung im Smithsonian Agreement vom 18. Dezember 1971 als auch die 10 Ofoige Abwertung des US-Dollars vom 12. Februar 1973 blieben ohne Einfluß; denn es handelte sich nicht um eine uniforme Goldpreisänderung, sondern primär um eine Abwertung des US-Dollars gegenüber dem Gold. Die Währungen haben sich zum Fixpunkt des Goldes unterschiedlich bewegt. Der Wert des Goldes wurde, gemessen an den offiziellen Paritäten, zwar gegenüber dem Dollar und den damit verbundenen Währungen erhöht, blieb aber gegenüber wichtigen anderen Währungen konstant bzw. wurde gegenüber einigen Währungen, darunter auch die Deutsche Mark, reduziert. Legt man die Anfang Dezember 1971 gehaltenen offiziellen Goldreserven zugrunde, stieg der Goldpreis, gemessen an den neuen Paritäten der Länder der Zehnergruppe ohne Kanada um etwa 1 1/2 0f017. Da sich am Goldgehalt des Sonderziehungsrechts nichts änderte, gilt das gleiche naturgemäß auch für den Wert der Sonderziehungsrechte. Im Smithsonian Agreement wurde also das Ziel, die Stellung des Goldes und der Sonderziehungsrechte im großen Durchschnitt der Währungen weder auf- noch abzuwerten, erreicht18 • Der Begriff des Sonderziehungsrechts ist Recheneinheit und Wertmaßstab, denn das Sonderziehungsrecht ist eine Goldgewichtseinheit. Die hier getroffene Bestimmung ist insofern ein Novum, als es an einer dem Art. IV Abschn. 8 (d) entsprechenden Vorschrift fehlt, nach der bei einer uniformen Erhöhung des Goldpreises der Goldpreis bestimmter finanzieller Ansprüche der IMF-Mitglieder reduziert werden kann. Die Sonderziehungsrechte sind mit einer absoluten Goldwertgarantie ausgestattet, auch eine einheitliche proportionale Änderung des monetären Goldpreises läßt den Goldwert der Sonderziehungsrechte unbeeinflußt19 • Die Goldwertgarantie birgt nicht nur Vorteile in sich. Zwar wird sie von allen Zentralbanken als ein Positivum angesehen, jedoch muß bei einer starken Goldpreiserhöhung "in terms" einer Nationalwährung beachtet werden, daß die für die Rekonstitutionsverpflichtung benötigten Reserven für Länder, die ihre Sonderziehungsrechte in großem Umfang gebraucht haben, schwerer durch Exporte zu verdienen sind. 17 18 19

Geschäftsbericht der Deutschen Bundesbank für 1971, S.44. Deutsche Bundesbank, Geschäftsbericht 1971, S. 44. Aschinger, S. 257 und Gold, SDR 1. Aufl., S. 34 f.

11. Art. XXI Abschn. 2

63

Andererseits bedeutet eine Goldpreissenkung einen Verlust an realer Kaufkraft für diejenigen Teilnehmer, die große Sonderziehungsrechtsbestände halten. Aus der Vereinbarung über die Wertgleichstellung des Sonderziehungsrechts mit dem Gold, aus der sich jedoch keine Goldeinlösepflicht ergibt, haben die Sonderziehungsrechte neben ihrer Funktion als Werteinheit des weiteren eine Wertaufbewahrungsfunktion. Diese Wertaufbewahrungsfunktion, wie sie auch das Geld hat, ist ein weiteres wichtiges Charakteristikum der Sonderziehungsrechte, die insoweit ein monetäres Charakteristikum haben!Q. Die deutsche Bundesregierung hat am 13. Februar 1973 die Parität der Deutschen Mark in Sonderziehungsrechten festgelegt 21 •

20

21

Schlaeger, S. 76. FAZ Nr.38 vom 14.2.1973, S.1.

Viertes Kapitel

Die Grundzüge des SZR-Systems Das Sonderziehungsrechts-System basiert im Grundsatz darauf, daß allen Mitgliedern des Internationalen Währungsfonds die Teilnahme am SZR-Verkehr offensteht. Sie werden dann als "Teilnehmer" bezeichnet. In festgelegten periodischen Zeitabständen erhalten sie auf hierfür vom Fonds eigens eingerichteten Konten SZR-Beträge gutgeschrieben. die die Teilnehmer im Regelfall ihren Zentralbanken unentgeltlich zur Verfügung stellen1• Die Zentralbanken weisen ihrerseits die SZR-Beträge auf der Aktivseite ihrer Bilanz, wie auch ihre Gold- und Devisenbestände, aus. Während nur Teilnehmern Sonderziehungsrechte vom Fonds in sog. "Zuteilungen" gutgeschrieben werden können, können Sonderziehungsrechte auch von anderen Personen und Institutionen, die bestimmte, im Abkommen niedergelegte Normativbedingungen erfüllen müssen, gehalten werden. Sie werden im Gegensatz zu den "Teilnehmern" als "Inhaber" bezeichnet und können auch nur in beschränktem Umfang am SZR-Verkehr teilnehmen. Der SZR-Verkehr besteht darin, daß die Teilnehmer in einem bestimmten Verfahren ihre Sonderziehungsrechte auf das Konto eines anderen Teilnehmers transferieren können und als Gegenleistung konvertible Nationalwährung erhalten, um Zahlungsbilanzerfordernissen zu begegnen. Zuteilungen und Sonderziehungsrechts-Verkehr werden im folgenden dargestellt. Dieser Darstellung schließt sich die Erörterung der Frage an, ob das Sonderziehungsrecht, das in seinem überwiegenden Gebrauch den Zugang zu Nationalwährungen gewährt, schon selbst als ein Zahlungsmittel anzusprechen ist.

1 Für die Rechtslage in Deutschland siehe den durch Gesetz vom 17.12. 1970 geänderten Artikel 3 des Beitrittsgesetzes zum IMF vom 28. Juli 1952, BGBI 1970 II 1325. VgI. auch Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Januar 1971.

I. Zuteilung

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I. Zuteilung Art. XXIV regelt die Zuteilung und Einziehung der Sonderziehungsrechte. Gemäß Abschn.l dieser Vorschrift erfolgt die Zuteilung durch Beschluß. Sonderziehungsrechte werden also durch einen kollektiven Willensakt geschaffen, sie werden nicht vom IMF von Dritten erworben und dann den Teilnehmern zur Verfügung gestellt. Der Zuteilung geht kein realer Güteraustausch voraus. 1. Das formelle BesmIußverfahren

Art. XXIV Abschn. 4 regelt das Beschlußverfahren. a) Der Gang des Verfahrens Das förmliche Beschlußverfahren beginnt mit der Vorlage des Vorschlages des geschäftsführenden Direktors des IMF. Dieser Vorschlag ist nicht das Ergebnis einer eigenen Untersuchung des Fonds, sondern muß bereits den Vorstellungen einer breiten Mehrheit der Teilnehmer entsprechen. Eine diplomatische Vorbereitung derart weittragender ökonomischer Entscheidungen innerhalb einer internationalen Organisation ist selbstverständlich. Daß hier eine Regel des internationalen Wohlverhaltens im Vertragswerk zu einer rechtlichen Verpflichtung verstärkt wurde, zeigt überaus deutlich, daß die eigentlichen Entscheidungen außerhalb des IMF im rein politischen Bereich fallen. Zum anderen ist aus der in Kapitel zwei geschilderten Entstehungsgeschichte zu entnehmen, daß man sich der Gefahren für die neue Rechtsordnung bei Uneinigkeit unter den wichtigen Industrieländern wohl bewußt war und man diese durch die getroffene Regelung ausschalten wollte!. Die Konflikte sollen schon im diplomatischen Vorfeld der Gruppe der Zehn beigelegt werden. Es ist einerseits offensichtlich, daß die im Zehnerclub zusammengeschlossenen Länder durch das Verfahren bevorrechtigt werden, zum anderen muß aber auch gesehen werden, daß durch die Einschaltung des IMF die Gesamtinteressen der Währungsgemeinschaft von Anfang an mitberucksichtigt werden. Dem geschäftsführenden Direktor obliegt die schwierige Aufgabe, nicht nur die divergierenden Interessen und Meinungen im Rahmen des Zehnerclubs, ohne dessen Zustimmung keine Entscheidung möglich ist, auszugleichen und einen Konsens herbeizuführen, sondern auch das Interesse der vom Zehnerclub nicht repräsentierten Länder zu vertreten. Die Einschaltung des geschäftsI

Gold, SDR 1. Aufl., S. 19.

5 Walter

66

4. Kap.: Die Grundzüge des SZR-Systems

führenden Direktors wäre aber zu eng gesehen, begrenzte man sie auf eine "Interessen(aus)gleichschaltstelle". Vielmehr soll der geschäftsführende Direktor auch dafür Sorge tragen, daß die so gewonnene Zielvorstellung in übereinstimmung mit der gesetzten Rechtsordnung steht. Er trägt persönlich dafür Verantwortung, daß der von ihm zu unterbreitende Vorschlag nicht vertragswidrig ist. Er hat nicht die Verpflichtung, einen von der Mehrheit zwar unterstützten, aber vertragswidrigen Vorschlag vorzutragen. Es sind Fälle denkbar, in denen der geschäftsführende Direktor keinen Vorschlag unterbreiten kann. Dies ist dann der Fall, wenn die Interessen und Meinungsgegensätze in den Vorverhandlungen nicht überbrückt werden können. In einem derartigen Fall wird kein, wie auch immer gearteter, Vorschlag eine breite Mehrheit finden. Andererseits muß berücksichtigt werden, daß der Vorschlag des geschäftsführenden Direktors Initiativfunktion hat und zu Beginn des Beschlußverfahrens steht, das in jedem Fall durchgeführt werden muß. Die vertragsschließenden Parteien haben die Konfliktsituation gesehen und in Abschnitt 4 (c) Vorsorge getroffen. Der geschäftsführende Direktor hat in einer derartigen Lage einen den Meinungsstand wiedergebenden Bericht zu erstatten. Es sollte jedoch auch möglich sein, daß dieser Bericht zugleich auch die Vorstellungen des IMF-Verwaltungsstabes enthält, da diese am ehesten den Interessen der gesamten Währungsgemeinschaft Rechnung tragen werden. Die Vorschrift ist erstmals mit Ablauf der ersten Basisperiode relevant geworden. Der geschäftsführende Direktor hätte bis zum 30. Juni 1972 einen Vorschlag für die zweite Basisperiode vorlegen müssen. Dies war ihm nicht möglich gewesen. Am 26. Juni 1972 erstattete der geschäftsführende Direktor daher dem Gouverneursrat Bericht über den Meinungsbildungsprozeß zu der Frage, ob die vorhandenen Reserven ausreichten und ob eine neue Zuteilung erfolgen sollte oder nicht'. Der Vorschlag des geschäftsführenden Direktors ist gem. Abschn.4 (a) den Exekutivdirektoren vorzulegen. Der Vertragstext setzt für das weitere Beschlußverfahren die Zustimmung der Exekutivdirektoren voraus. Da keine weitere vertragliche Vorsorge getroffen worden ist, muß gefolgert werden, daß die Exekutivdirektoren keine rechtliche Möglichkeit haben, den Vorschlag inhaltlich zu verändern4 • Wenn die vertragliche Vorschrift einen Sinn haben soll, der bei einem derartigen Vertragswerk zu unterstellen ist, muß die Einschaltung der Exekutivdirektoren in den Entscheidungsprozeß eine Funktion erfüllen. Sie 3 4

AR 1972, S. 41. Gold, SDR 1. Aufl., S. 20.

I. Zuteilung

61

müssen daher auch das Recht haben, den Vorschlag abzulehnen. Diese Möglichkeit wird jedoch praktisch kaum relevant werden, da der geschäftsführende Direktor sich vorher vergewissert haben muß, daß sein Vorschlag eine breite Mehrheit finden wird5 • Der geschäftsführende Direktor müßte also vertragswidrig gehandelt haben, um sich einen derartigen Konfliktsfall überhaupt vorstellen zu können. Das weitere Beschlußverfahren, nämlich die Vorlage an den Gouverneursrat, setzt allerdings die Zustimmung der Exekutivdirektoren voraus, wovon im folgenden ausgegangen wird. Bei einer unklaren Sachlage, bezüglich Einzelfragen, kann der geschäftsführende Direktor auch Alternativvorschläge unterbreiten, denn Abschn.4 (a) spricht selbst von "Vorschlägen",gebraucht also den Plural. Dieses Recht muß jedoch auf Einzelfragen beschränkt bleiben, da .der geschäftsführende Direktor die Aufgabe hat, schon im Vorstadium einen Interessenausgleich herbeizuführen. Würde er jedoch Alternativvorschläge unterbreiten, unterblieb das Herausarbeiten eines gemeinsamen "Nenners". Es ist jedoch denkbar, daß in technischen Detailfragen eine Klärung im Vorstadium nicht erreicht werden kann und der Gouverneursrat darüber befinden soll. Der Gouverneursrat ist zur Beschlußfassung berufen. Er beschließt gemäß Abschn.4 (a) nur aufgrund des ihm unterbreiteten Vorschlages. Er ist das höchste Organ im Fonds. Ihm allein obliegt die Beschlußfassung, und er trägt damit auch allein die politische und rechtliche Verantwortung. Aus der überragenden Stellung des Organs und aus dem Schweigen des Vertragstextes ist zu folgern, daß der Gouverneursrat die rechtliche Befugnis haben muß, den Vorschlag inhaltlich zu verändern. Diese Befugnis findet in der Vertragsformulierung "auf Grundlage des Vorschlages" eine Stütze; denn dies bedeutet nur, daß der Vorschlag Ausgangspunkt der Erörterung ist6 • In dem Bericht der Exekutivdirektoren an den Gouverneursrat vom April 19687 wird nicht der Fall gesehen, daß der Gouverneursrat derart viele Veränderungen am Vorschlag vornimmt, daß bereits von einem neuen Plan gesprochen werden muß. Dieser Fall ist selbstverständlich praktisch wegen der vielen Sicherungen im Vorverfahren kaum denkbar. Theoretisch stellt sich jedoch die Frage, ob der geschäftsführende Direktor nunmehr aufgrund der während der Sitzung neu gewonnenen Erkenntnisse einen neuen Vorschlag unterbreiten muß, dem dann die Exekutivdirektoren gleichfalls zustimmen müßten. Hierfür scheint mir der Vertragstext zu sprechen. Die Exekutivdirektoren haben in ihrem 5 6 7

S'

Gold, SnR 1. Aufl., S. 20. So auch Gold, allerdings ohne Begründung, in SnR 1. Aufl., S. 21.

a.a.O. Ziff. 9, S. 9 f.

68

4. Kap.: Die Grundzüge des SZR-Systems

oben bereits erwähnten Bericht noch schärfer als der Vertragswortlaut ausgeführt: "These decisions may be made by the Govenors only on the basis of proposals of the Managing Director concurred in by a decision of the Executive Directors8." Dieser Erwägung steht die Erwägung gegenüber, daß es der Gouverneursrat ist, dessen Vorstellungen letztlich verwirklicht werden. Er müßte dann auch die Befugnis haben, gleich ohne weiteres einen neuen Vorschlag zu formulieren. Diese Schlußfolgerung ist jedoch abzulehnen, da sie zwei Gesichtspunkte außer acht läßt. Einmal würde dies ein Hinausgehen über den Vertragswortlaut bedeuten, das im völkerrechtlichen Bereich grundsätzlich erheblichen Bedenken begegnen muß, und zum anderen soll die Einschaltung des geschäftsführenden Direktors eine institutionelle Sicherung sein. Der Gouverneursrat hat daher die Befugnis, seine Vorstellungen geltend zu machen, weichen diese jedoch derart von dem unterbreiteten Vorschlag ab, daß sachlich bereits von einem neuen Vorschlag zu sprechen ist, muß gemäß Art. XXIV Abschn.4 (c) (iv) der geschäftsführende Direktor unter Beachtung der Vorstellungen einen neuen Bericht binnen 6 Monaten erstatten. Dieser Fall ist jedoch, um es noch einmal zu betonen, praktisch kaum denkbar. b) Mehrheitserjordernisse

Gemäß Art. XXIV Abschn.4 (d) ist für den Zuteilungsbeschluß eine Mehrheit von 85 Ofo der Gesamtstimmenzahl erforderlich. Mangels besonderer Vorschriften hat jeder Teilnehmer das gleiche Stimmrecht wie beim Generalkonto, d. h. gem. Art. XII Abschn. 5 (a) 250 Stimmen und eine zusätzliche Stimme für jeden Quotenanteil in Höhe von US $ 100000 mit dem Feingoldgehalt vom 1. Juli 1947. Im Laufe der Diskussion über die Vertragserweiterung war der Prozentsatz heftig umstritten. Teilweise wurde behauptet, daß das ursprüngliche Vertragswerk nur ein qualifiziertes Mehrheitserfordernis von 80 Ofo kennet und ein noch höherer Prozentsatz der EWG einen unangemessenen Vorteil einräume. Die EWG-Länder konnten jedoch nicht nur eine allgemeine Quotenerhöhung erreichen10 , demzufolge sie nunmehr über 16,14 Ofo aller gewogenen Stimmen verfügenll , sondern 8 a.a.O. Ziff. 9, S. 9 f. • So urspr. in Art. III Abschn. 2, Art. XII Abschn. 3 (b), Art. XVI Abschnitt 1 (c) und Art. XVII (a). 10 Cohen, S. 119, 170. 11 Die Quoten: BRD .............. 5,05 0/. Frankreich ........ 4,16 °/,

I. Zuteilung

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auch eine Verschärfung des Mehrheitserfordernisses auf 85 010 auch in den Teilen des ursprünglichen Abkommens, so daß die EWG-Staaten in wichtigen Fragen, wie die USA, ein Vetorecht haben. Ein 85 0/o-Mehrheitserfordernis ist nicht völlig ungewöhnlich. Das ursprüngliche Vertragswerk verlangt sogar in zwei Fällen, nämlich für den Fall des Notstandes und der Streichung wichtiger Rechte eines Mitgliedes (Art. XVI Abschn.1 (a) und XVII 6 (b», Einstimmigkeit. Soweit die Mehrheitserfordernisse im ursprünglichen Vertragstext geändert wurden, wird auch im Bericht der Exekutivdirektoren vom Aprll1968 der Zusammenhang zu den neuen Vorschriften nicht geleugnet1!. Bei den Beschlüssen wird jedoch intern vorwiegend auf die politische und wirtschaftliche Bedeutung der Länder abzustellen sein, die eine Zuteilung von Sonderziehungsrechten befürworten bzw. die Voraussetzungen hierfür verneinen wollen13 • c) Basisperioden

Der Beschluß für die Zuteilung von Sonderziehungsrechten wird gem. Art. XXIV Abschn. 2 (a) im Grundsatz für einen Zeitraum von fünf Jahren gefaßt, sog. "Basisperiode". Nach Abschn.2 (c) (i) der gleichen Vorschrift kann jedoch hiervon abgewichen werden, wie es auch für die am 1. Januar 1970 begonnene Basisperiode geschehen ist14 • Wie die Exekutivdirektoren in ihrem Bericht vom April 1968 hervorhebenu1 , ist das Konzept zeitlich aufeinanderfolgender Basisperioden nur aus technischen überlegungen heraus erarbeitet worden und impliziert in keiner Weise eine bestimmte Entscheidung des Gouverneursrates. Es ist also möglich, daß es Basisperioden gibt, in denen überhaupt keine Sonderziehungsrechte zugeteilt werden, sog. "empty periods", oder auch solche, in denen Sonderziehungsrechte ein-

Zum Vergleich:

Italien ............ Niederlande ....... Belgien ........... Luxemburg .......

2,6'1 '/, 2,24 0/, 1,84 '/, 0,18 %

= 16,14 '/,

EWG

USA .............. 21,36 0/. UK ............... 10,17 0/, Dänemark ........ 0,78 '/, Irland ............ 0,43 0/, Zitiert nach Pieske, S. 18 f. 12 a.a.O., S. 22. 13 VgI. hierzu die Ausführungen über die Aktivierung des Schemas von Willis und Springbom, a.a.O., S. 21, abgedruckt im Hearing vor dem Subcommittee Int. Payments and Exchange vom 14.9.1967, S.71. 14 Summary Proceedings 24th Meeting, p 326 f. 11 a.a.O., ZUf. 8, S. 9.

10

4. Kap.: Die Grundzüge des SZR-Systems

gezogen werden. Der Beschluß der Zuteilung oder entsprechend der Einziehung muß sich allein nach den Erfordernissen des Vertragswerkes richten. Für die Entscheidung, die erste Basisperiode nur über drei Jahre laufen zu lassen, waren die Schwierigkeiten, auf die unten bei der Darstellung der materiellen Voraussetzungen noch näher einzugehen sein wird, bei der Feststellung, ob und in welchem Umfang ein weltweiter Bedarf an zusätzlichen Währungsreserven besteht, maßgebend l6 • Die erste Zuteilung zeigte, daß die Kriterien, den langfristigen globalen Reservebedarf quantitativ zu bestimmen, noch nicht mit Sicherheit herausgearbeitet sind17 • Es diente daher der Sicherheit und dem Ziel, die Erfordernisse des Abkommens zu erfüllen, wenn man angesichts der tatsächlichen Schwierigkeiten die Basisperiode nur kurz ansetzte, um Erfahrungen sammeln zu können. Als weiterer Grund für die dreijährige Basisperiode ist der Umstand zu nennen, daß neben den wissenschaftlich nicht geklärten Kriterien auch die wirtschaftliche Entwicklung nicht mit Sicherheit vorhersehbar gewesen istl8 • In der Tat trafen die Erwartungen des IMF bezüglich des Zahlungsbilanzdefizitabbaus der USA nicht ein. d) Zuteilungsmenge

Gemäß Art. XXIV Abschn. 2 (a) erfolgen die Zuteilungen im Regelfall jährlich und werden nach Abschnitt 2 (b) in Hundertsätzen der Quoten ausgedrückt, wie sie - im Grundsatz - im Zeitpunkt des jeweiligen Zuteilungsbeschlusses gelten. Der Vorteil dieser Regelung wird darin gesehen, daß jeder Teilnehmer zu Beginn einer jeden Basisperiode weiß, welchen Betrag an Sonderziehungsrechten er im Laufe der gesamten Basisperiode erhält1 9 • Im Grundsatz ist der Tag des Zuteilungs beschlusses maßgebend. Der Zuteilungsbeschluß wird für eine Basisperiode getroffen. Quotenänderungen während einer laufenden Basisperiode können mithin nicht berücksichtigt werden,· so daß ein Teilnehmer, dessen Quote erhöht wurde, bei den späteren jährlichen Zuteilungen weniger erhält als es seiner dann geltenden Quote entspräche. Das gleiche gilt natürlich sinngemäß auch im umgekehrten Fall, wenn ein Teilnehmer die Quote herabgesetzt bekommt, und er dann mehr internationale Liquidität erhielte, als ihm gebührt. Proposal of the Managing Director: In: International Reserves, S. 502 f. Aschinger, S. 268. 18 Proposal by the Managing Director, abgedruckt in: International Reserves, S. 502 f. 19 Proposal by the ManagingDirector, abgedruckt in: International Reserves, S. 504. 16

17

I. Zuteilung

71

Diese mögliche Entwicklung kann jedoch unterbunden werden, wenn nach der Vorschrift des Abschnittes 2 (c) (iii) verfahren wird, wonach auch ein anderes Datum als das des Zuteilungsbeschlusses maßgebend sein kann. So war für die erste Basisperiode die Quote maßgebend, die jeder Teilnehmer am Tag vor der jährlichen Zuteilung hatte, also jeweils der 31. Dezemberll°. Zuteilung von Sonderziehungsrechten bedeutet, daß der Gouverneursrat beschließt, Sonderziehungsrechte in einer bestimmten Höhe bereitzustellen. Für das Problem der Charakteristika der Sonderziehungsrechte ist von entscheidender Bedeutung, daß der Zuteilung keine reale Güterbewegung oder Hingabe nationaler Währung vorausgeht. Hier liegt ein ganz wesentlicher Unterschied zu den im ursprünglichen Abkommen vorgesehenen Transaktionen, die ohne verdiente oder geborgte Ressourcen nicht denkbar sind. Da es nach dem Vertrag möglich ist, daß nicht alle IMF-Mitglieder zugleich Teilnehmer am Sonderziehungsrechtsverkehr sind, entsteht möglicherweise ein Differenzbetrag zwischen der Gesamtzuteilung der Sonderziehungsrechte für die Basisperiode und den jährlichen Gutschriften auf den Konten der einzelnen Teilnehmer. Das gleiche gilt, wenn ein Teilnehmer Sonderziehungsrechte nicht annehmen will. Die so entstehenden Differenzbeträge werden nicht anteilmäßig auf die Teilnehmer aufgeteilt, sondern es sind weniger Sonderziehungsrechte transferierbar, als es aufgrund des Zuteilungsbeschlusses möglich wäre. e) Nachträgliche Teilnahme

Art. XXIV Abschnitt 2 (d) trifft Vorsorge für den Fall, daß ein Mitglied erst nach Beginn einer Basisperiode Teilnehmer wird. Nach dem Vertrag nimmt dieser neue Teilnehmer im Grundsatz erst an der Zuteilung der darauffolgenden Basisperiode teil. Davon kann jedoch abgewichen werden. Die Exekutivdirektoren sprechen in ihrem Bericht vom April196821 sogar die Erwartung aus, daß im Regelfall der Gouverneursrat so entscheiden soll, daß der neue Teilnehmer noch die Zuteilungen der laufenden Basisperiode erhält. f) "opting out"

Zum formellen Beschlußverfahren ist auch noch das bedeutungsvolle Institut des "opting out" zu rechnen, wie es in Art. XXIV Abschn.2 (e) umrissen ist. 20 Proposal by the Managing Director, abgedruckt in: International Reserves, S.504, Resolution No. 24 - 12 by the Board of Govenors of the Fund on Oct. 3, 1969, abgedruckt in: International Reserves, S.507. 21 a.a.O. Ziff. 8, S. 9.

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Danach kann ein Teilnehmer, der nicht für die Zuteilung gestimmt hat, schriftlich gegenüber dem Fonds erklären, er wolle während der laufenden Basisperiode keine Sonderziehungsrechte zugeteilt haben; Da nur Teilnehmer "herausoptieren" können, ist also Voraussetzung des Instituts, daß das betreffende Land überhaupt am Sonderziehungsrechtsverkehr teilnimmt, d. h. beim Fonds ein Sonderziehungsrechtskonto unterhält. Die Frage des "opting out" stand auf der Konferenz in Stockholm im März 1968 im Vordergrund2'!. Während die USA eine Lösung dahingehend befürworteten, daß jedes Mitglied, das Teilnehmer werden wollte, die auf ihn entfallenden Sonderziehungsrechte wenigstens bei der ersten Basisperiode annehmen müsse23, vertrat vor allem Frankreich den entgegengesetzten Standpunkt. Die USA waren bei den Verhandlungen nicht der Ansicht, daß dieser Frage eine besondere Bedeutung zukäme. Der im Vertragstext niedergelegte Komprorniß sollte es Frankreich ermöglichen, der Vertragsänderung zuzustimmen und Teilnehmer zu werden24 • Infolge der Tatsache, daß im Grundsatz für die Zuteilung der Prozentsatz der Quoten im Zeitpunkt des Zuteilungsbeschlusses maßgeblich ist, kann bei einem exzessiven Gebrauch der Möglichkeit des Herausoptierens die Lage eintreten, daß letztlich der zur Verfügung stehende Betrag an internationaler Liquidität von dem Betrag abweicht, der bei Zuteilungsbeschluß als angemessen erschien. Diese letzte mögliche Konsequenz war für die Entscheidung, daß im Verlauf der ersten Basisperiode nicht die Quoten des Zuteilungsbeschlusses maßgeblich sein sollten, mit von Bedeutung. Bei der Beschlußfassung ging man zwar nicht davon aus, daß viele Teilnehmer herausoptieren möchten, jedoch davon, daß bis zu Beginn der ersten Basisperiode am 1. Januar 1970 noch nicht alle Mitglieder des IMF Teilnehmer geworden seien. So hätte man, wäre anders verfahren worden, bei der Prozentsatzberechnung, um letztlich den gewünschten Betrag an Sonderziehungsrechten tatsächlich zur Verfügung stellen zu können, auch die Anzahl der Teilnehmer mit dem Zeitpunkt ihrer Teilnehmerschaft mit einbeziehen müssenll5 • Bei der am 1.1. 1970 begonnenen ersten Basisperiode machte lediglich Taiwan von seinem Recht des Herausoptierens Gebrauch26• Taiwan 22 Vgl. die Ausführungen von Deming im Hearing vor dem Subcommittee on Banking and Currency am 12. 4. 1968, S. 21. 23 Vgl. Gold, SDR 2. Aufl., S. 14 f. U Vgl. die Ausführungen von Deming am 12.4. 1968, s. o. FN 22. 25 Vgl. Proposal by the Managing Director, in: International Reserves,

S.504. 28

AR 1970, S. 29, Fußnote 4.

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'13

wollte mit diesem Entschluß weder zum Ausdruck bringen, daß es das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen für die Zuteilung verneinte, noch, daß es nicht gewillt sei, die aus der Teilnahme folgenden Verpflichtungen zu übernehmen, was die üblichen Motivationen für das Herausoptieren sein dürften. Der Entschluß Taiwans ist vielmehr machtpolitisch zu verstehen. Taiwan hält im Rahmen des IMF noch immer die Quote von Gesamtchina. Während in der UN Taiwan seinen Anspruch auf Alleinvertretung der chinesischen Bevölkerung nicht mehr durchsetzen kann, repräsentiert es im IMF noch allein China. Hätte Taiwan die Sonderziehungsrechtzuteilung gemäß seiner Quote angenommenll7 , so hätte es einen Betrag erhalten, der im Vergleich zu Taiwans wirtschaftlicher Bedeutung unangemessen gewesen wäre. China hätte in einem derartigen Fall befürchten müssen, politisch wegen seiner Quote unter Druck gesetzt zu werden. Taiwan geht es aber darum, seinen Anspruch auf Alleinvertretung Chinas zu dokumentieren und will daher das große Stimmgewicht bei einer Quote von 2,36 % behalten. Diese überlegungen ließen es angeraten erscheinen, nicht an den Zuteilungen innerhalb der ersten Basisperiode teilzunehmen, um nicht die Quote zur Debatte zu stellen28 • g) "opting back" Das Herausoptieren bezieht sich jeweils auf eine Basisperiode, denn der Zuteilungsbeschluß, den der den Teilnehmer vertretende Gouverneur abgelehnt hat, gilt nur für eine Basisperiode (Art. XXIV Abschn. 2 (e) (i». Der Teilnehmer kann mithin ohne weiteres an den Zuteilungen der folgenden Basisperioden teilnehmen. Art. XXIV Abschn.2 (e) (ii) eröffnet jedoch auch für die laufende Basisperiode die Möglichkeit des "opting back in", d. h. der Fonds kann auf Ersuchen des Teilnehmers beschließen, daß der Teilnehmer an den weiteren Zuteilungen teilnehmen kann. Der Teilnehmer kann natürlich nur an solchen Zuteilungen teilnehmen, die nach der Teilnahmegestattung durch den Fonds erfolgen. Ein "opting back" dahingehend, daß der Teilnehmer auch noch nachträglich die vor dem Gestattungsbeschluß liegenden Zuteilungen der laufenden Basisperiode anteilig erhalten kann, ist unmöglich. Die Exekutivdirektoren haben in ihrem Bericht die Erwartung ausgesprochen, daß der Fonds dem Verlangen eines Teilnehmers, doch noch an den Zuteilungen der laufenden Basisperiode teilzunehmen, positiv gegenübersteht ("Sympathetic consideration")29. 27 Taiwan hatte am 1. Juni 1970 eine Quote von 2,36 %, im Vergleich: Dänemark: 0,78 Ufo. Quelle: Pieske, 5.18. ll8 50 auch 5chlaeger, 5. 82. ft a.a.O. ZiU. 11, 5. 10.

4. Kap.: Die Grundzüge des SZR-Systems

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2. Die materiellen Voraussetzungen für c1ie ZuteUung

Art. XXIV Abschn. 1 (a) stellt die materiellen Voraussetzungen für die Zuteilung auf. Art. XXI Abschn. 1 ist dagegen, wie schon die systematische Stellung zu Beginn der Ergänzung des Vertragswerkes zeigt, eine programmatische Grundsatzerklärung, die die Begründung und die Zielrichtung für die Art. XXII ff. des Fonds-Abkommens enthält. Abschnitt 1 (b) des hier zu besprechenden Artikels XXIV stellt darüber hinaus für die erste Zuteilung besondere Erfordernisse auf. Im Grundsatz soll eine Zuteilung von Sonderziehungsrechten nur dann erfolgen, wenn "ein langfristiger weltweiter Bedarf" nach Ergänzung der bestehenden Währungs reserven besteht und dieser gedeckt werden soll. Diese Voraussetzung betrifft also das "Ob" der Zuteilung. Die Höhe der Zuteilung - also das "Wie" betreffend - soll in der Weise erfolgen, daß unter Wahrung der Ziele des Fonds i. S. des Art. I sowohl Inflation als auch Deflation vermieden werden. Das Abkommen enthält also keine in die Einzelheiten gehenden Vorschriften. Dem Fonds wird damit eine große Verantwortung übertragen; denn von ihm geht sowohl bezüglich des Ob als auch des Wie die Initiative aus, und ob die Verfahrensvorschriften einen ausreichenden Schutz für die Einhaltung des Abkommens auch nach seinem Sinn gewähren, muß bezweifelt werden. Die materiellen Erfordernisse sind, wie die in den sechziger Jahren geführte Diskussion gezeigt hat, fast unerfüllbar.

a) Internationale Liquiditätsversorgung Der erste hier angesprochene Problemkreis ist der Mangel an internationaler Liquidität. aa) Internationale Liquidität bedeutet, daß internationale Zahlungsmittel verfügbar sind30 • In der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur ist folgende Definition der internationalen Liquidität allgemein anerkannt: "Such resources as are available to its monetary authorities for the purpose of financing deficits in its balance of payments and defending the stability of its rate of exchange31 ." Sachlich entsprechend ist die Definition von earl Hudeczek, der als internationale Liquidität die Quellen bezeichnet, die ausgeschöpft werLipfert, S. 103. Fleming, International Liquidity, Ends and Means, IMF Staff Papers, Vol. VIII No. 3, Dec.1961, S.439. Zitiert bei Bochud, S.102. 30

31

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15

den können, um gegebenenfalls Zahlungsbilanzdefizite zu decken oder unter dem gegenwärtigen Regime die eigene Währung gegenüber anderen Ländern zu sichern32 • Im Gegensatz zur vorherrschenden Lehrmeinung zählt der IMF auch den Devisenbestand einer nicht konvertierbaren Währung zu den internationalen Zahlungsmitteln, wenn die betreffende Währung im internationalen Zahlungsverkehr verwendet wird. Gegen die Gleichsetzung von internationaler Liquidität und den von deli Zentralbanken ausgewiesenen Währungsreserven wendet sich Schmölders. Er versteht unter dem Begriff der internationalen Liquidität die Fähigkeit eines Landes, Zahlungsbilanzdefizite auszugleichen. Diese Fähigkeit beruhe aber nicht nur auf den offiziellen Währungsreserven, sondern auch auf nicht quantifizierbaren potentiellen Reserven in möglicherweise erst einzuräumenden Krediten und auf der Möglichkeit des Landes, durch Appell an die politische Verantwortung seiner Bürger, sie zu bewegen, die privat gehaltenen Devisen der Zentralbank zuzuführen. Die Berechtigung eines derartigen Ansatzpunktes zeigt die Entstehungsgeschichte der Aktivierung des SonderziehungsrechtsSchemas. Zum anderen lehnt Schmölders die Gleichsetzung auch deswegen ab, weil er die Devisenforderungen der Länder untereinander aufrechnen Will33 . Das letzte Argument vermag nicht zu überzeugen, da nach dem allgemein angewandten Brutto-Reserve-Prinzip die Devisenguthaben zwar den Reserven zugerechnet, die Verbindlichkeiten des Reservewährungslandes von seinen Reserven aber nicht abgezogen werden34 • Schmölders ist zwar zuzugeben, daß ein Land seine Anpassungspolitik auch in Hinblick auf die Erwartung, weitere Kredite eingeräumt oder von Inländern Devisenguthaben angeboten zu bekommen, ausrichtet, jedoch ist für eine Augenblicksbestandaufnahme der aktuellen Fähigkeit, Zahlungsbilanzdefizite auszugleichen, der offizielle Reservebestand maßgeblich. Nur die tatsächlich verfügbaren Reserven machen im juristischen Sinn die Leistungsfähigkeit eines Landes aus, Zahlungsbilanzdefizite auszugleichen. In Hinblick darauf, daß auch die Signatarstaaten bei den Beratungen zu dem Abkommen nur die Währungsreserven in ihren Betrachtungen berücksichtigten, soll hier internationale Liquidität in dem Sinne verstanden werden, als ihre Größe gleich den offiziell gehaltenen Währungsreserven ist. bb) Das heutige Währungssystem weist eine Anzahl von Komponenten der internationalen Liquidität auf. Es wird daher auch als multiples Reservesystem bezeichnet35 • 32

33 34

35

Zitiert bei Ute Fensch, S. 8. Schmölders, Int. Liquidität. Aschinger, S. 88 f. Aschinger, S. 86.

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Als Reserven im engeren Sinne werden die eigenen Mittel bezeichnet, die international verwendbar sind, d. h. von den Währungsausländern als schuldtilgend akzeptiert werden, und die ohne irgendwelche Bindung jederzeit verfügbar sinds6 • Neben diesen eigenen Mitteln kennt man die Kreditfazilitäten. Da ihre Verfügbarkeit von Bedingungen des Gläubigers abhängt und sie darüber hinaus auch in der Regel rückzahlbar sind, spricht man in diesem Zusammenhang von bedingter Liquidität37 . Die Funktion der internationalen Zahlungsmittel besteht nicht darin, den grenzüberschreitenden Handel oder grenzüberschreitende Dienstleistungen etc. zu finanzieren, sondern sie besteht einzig und allein darin, die unausbleiblichen Differenzen zwischen der Gesamtheit aller Importe und Exporte eines Landes, die "net trade imbalances", der grenzüberschreitenden Dienstleistungen und der unentgeltlichen Leistungen, worunter z. B. die überweisungen von Privaten (Gastarbeitern) ins Ausland zu verstehen sind, sowie der grenzüberschreitenden Kapitalbewegungen auszugleichen. Die Zahlungsbilanz eines Landes gleicht daher mehr der Gewinn- und Verlustrechnung im Handelsrecht als einer Unternehmensbilanz. cc) Reserven werden also primär in der Höhe gebraucht, um auftretende Ungleichgewichte auszugleichen. Gleichwohl meint der Vertragstext, wenn er von den benötigten Reserven spricht, nicht diese Größe, daß gerade die Ungleichgewichte ,ausgeglichen werden können. Vielmehr ist aus der Entstehungsgeschichte klar erkenntlich, daß der globale Bedarf an Reserven als Bezugsgröße den optimalen Reservebestand ha~8, denn ein Unterschreiten dieser Größe würde bereits die Staaten möglicherweise zur Ergreifung der befürchteten restriktiven Maßnahmen veranlassen. Objektive Kriterien für den optimalen Reservebestand fehlen. Was als wünschenswert anzusehen ist, ist vielmehr Anschauungssache der Zentralbanken. Heute wird teilweise die Ansicht vertreten, ein Land müsse mit seinen Reserven mindestens das Importvolumen eines halben Jahres finanzieren können. b) "Weltweiter" Bedarf

aal Das Adjektiv "weltweit" (global) soll deutlich machen, daß es nicht nur um den Bedarf der Industrieländer oder einer anderen bestimmten Ländergruppe oder sogar um den Reservebedarf eines einzigen Staates Aschinger, S. 86. Aschinger, S. 86. 38 Kemp, World Reserve Supplementation. IMF Seminar vom 1. - 3. Juni 1970 a.a.O., S. 3. 36 87

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11

in einer konkreten Zahlungsbilanzsituation geht, sondern um eine adäquate Währungsreservensituation aller IMF-Länder39. Die Berechtigung des weltweiten Maßstabes liegt nach dem Fonds darin, daß die neu geschaffenen Sonderziehungsrechte sich rasch über eine Vielzahl von Ländern verteilen und die Auswirkungen der verstärkten internationalen Liquidität der Tet1nehmer alle Länder, auch die Nicht-Teilnehmer, treffen40 • Das materielle Erfordernis des weltweiten Bedarfs an Währungsreserven muß in Zusammenhang damit gesehen werden, daß die Zuteilung prozentual an die allgemeinen IMF-Quoten gekoppelt ist. Diese Regelung ist der Ausdruck der umstrittenen überzeugung gewesen, daß eine "Vermengung von rein monetären Problemen mit solchen der Entwicklungshilfe" untunlich sei41 • Währungsreserven haben, wie gezeigt, nicht die Funktion, einen langfristigen Kapitalbedarf zu decken. Jedoch darf davon ausgegangen werden, daß mit einer steigenden Verflechtung der Entwicklungsländer in den Welthandel bei ihnen der Wunsch wächst, daß ihr Reservebestand proportional zum Handelsvolumen wächst. Es besteht bei ihnen ein natürliches Interesse daran, die Reserveaufstockungen nicht verdienen zu müssen42 • bb) Auf die Trennung der Entwicklungshilfe von den Sonderrechtszuteilungen bestanden vor allem die europäischen Mächte. Viele der im Rahmen der Gruppe der Zehn diskutierten Reformpläne bezogen als Teilnehmer die Entwicklungsländer überhaupt nicht einu . Daß nach dem vorliegenden Abkommen überhaupt die weniger entwickelten Länder teilnehmen können, ist als ein politischer Erfolg von ihnen zu bewerten und macht auch verständlich, daß die Staaten der Dritten Welt wegen ihrer nunmehrigen Nichtdiskriminierung überhaupt die vom Zehnerclub mehrheitlich vertretene Ansicht akzeptiert haben: In wirtschaftlicher Hinsicht erwachsen den Entwicklungsländern kaum Vorteile. Die erste Zuteilung hat den Bestand ihrer internationalen Währungsreserven um weniger als 7 % ansteigen lassen. Unter der Annahme, daß die Entwicklungsländer die ihnen zugeteilten Sonderziehungsrechte auch in größtmöglichem Umfang verwenden, hätten sie für rd. US $ 540 Mio. Deputiertenbericht der Gruppe der Zehn vom 8. Juli 1966, Ziff.30, S.7. IMF staU Paper "The Need for Reserves", in: International Reserves, S.373. 41 Geschäftsbericht der Deutschen Bundesbank für das Jahr 1965, S.46, AR 1966 16f. 42 VgI. Machlup, S.67. 43 VgI. Group of Ten, Report of the Study Group on the Creation of Reserve Assets, 31st May 1965, CRU (§§ 28 ff.), Group Schemes associated with IMF (§§ 44 ff.), Conversion of Currency Balances into Reserve Positions in the Fund (§§ 92 ff.), Mutual Currency Account (§§ 96 ff.). 31 40

78

4. Kap.: Die Grundzüge des SZR-Systems

(Feingoldgehalt vom 1. 7.44) mehr Waren importieren können; v. Wangenheim weist darauf hin, daß damit die Entwicklungsländer kaum die Abnahme der Entwicklungshilfe im Jahr 1966 gegenüber 1965 (ca. 5,9 0/0) hätten ausgleichen können, wenn die erste Zuteilung bereits 1966 erfolgt wäre44 • Der Jahresbericht 1971 des IMF zeigt jedoch, daß gerade sehr viele Entwicklungsländer nicht in vollem Umfang ihre Sonderziehungsrechte verwandt haben. So hielten am 30. April 1971 Bolivien Brasilien Marokko Ruanda

63,5 0/0 104,2 0/0 43,8 Ofo 54,10f0

ihrer Zuteilungen. Im Gegensatz zu dem Abkommen, das vom weltweiten Bedarf ausgeht und mithin die spezifischen Wünsche der Entwicklungsländer nicht berücksichtigt, vertreten einflußreiche US-Politiker, an ihrer Spitze Henry S. Reuss45 , den gegenteiligen Standpunkt. Reuss, der die Entwicklungshilfe und die internationale Geldschöpfung als "Vernunftehe" bezeichnet46 , meint, der Fonds solle 25 % der an die Industrieländer zugeteilten Sonderziehungsrechte zurückbehalten, um damit eine erweiterte Entwicklungshilfe der IDA zu finanzieren 47 • Nach dem derzeitigen Abkommen kann die IDA, da sie keine Zentralbankaufgaben erfüllt, keine Sonderziehungsrechte halten. Auch das Komitee, dem Reuss vorsteht, sprach eine gleichlautende Empfehlung aus48, ähnlich die Stellungnahme der UNCTAD. Noch weiter ging auf dem DeutschAmerikanischen Forum im Mai 1972 in Washington, D. C., Nat Weinberg, ein führendes Mitglied in der amerikanischen Gewerkschaftsbewegung. Ihm zufolge sollte der überwiegende Teil oder alle neu zu schaffenden Sonderziehungsrechte der Weltbank oder der UN zur Verteilurtg an die Entwicklungsländer zugeteilt werden 49 • Die USRegierung stellte ihre "link-Wünsche" jedoch später zurück, um nicht den ganzen Sonderziehungsplan zu gefährden50 • Da einerseits das gegenwärtige Währungssystem reformbedürftig ist und andererseits die Entwicklungshilfe weiterhin ein langfristiges a.a.O., S. 376. Chairman of the International Exchange & Payments, Subcommittee of the Joint Economic Committee. 46 So der Titel seines Vortrages am 24.10.1969 im Institut für Weltwirtschaft an der Universität Kiel, veröffentlicht in der Reihe "Kieler Vorträge". 47 Kieler Vorträge Heft NF 62, S.4. 48 Hearing am 28. 5. 1969. 49 Manuskript liegt dem Verfasser vor. 50 Vgl. Gespräch zwischen Reuss und Bernstein. Hearing vor dem Subcommittee on Int. Exchange & Payments am 22. 11. 1967, S. 126 f. 44

45

l. Zuteilung

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Problem bleibt und angesichts der Empfehlung der Pearson Kommission, die Entwicklungshilfe bis 1975 auf 0,7 % des Bruttosozialproduktes und der IDA die Kreditgewährung bis 1975 auf US $1,5 Mrd. jährlich zu erhöhen, ist denkbar, daß die im Abkommen getroffene Entscheidung revidiert wird51 • Eine derartige Entwicklung ist zwar denkbar, würde aber bedeuten, daß das Institut der Sonderziehungsrechte eine völlig neue Funktion erhält. Sonderziehungsrech.te wären dann nicht mehr da, Zahlungsbilanzdefizite auszugleichen, sondern eine internationale Nachfrage zu schaffen. Damit wäre in der Terminologie von Schlaeger der im nationalen Bereich bereits beschrittene Weg zum "Wohlfahrtsstaat" zur "Wohlfahrtswelt" fortgesetzt52• Die Entwicklungsländer stehen währungstechnisch in einer besonderen Situation da, die nicht verkannt werden soll, und die eine besondere Reservepolitik auch aus rein währungstechnischen Gründen rechtfertigen kann. Entwicklungsländer exportieren hauptsächlich Rohstoffe, die großen Preis- und Nachfrageschwankungen ausgesetzt sind. Geht man mit der IMF-These einig, daß ein größeres Handelsvolumen die Gefahr größerer Zahlungsbilanzdefizite bedingt, so gilt dies besonders für Entwicklungsländer. Andererseits können Entwicklungsländer keine von Zahlungsbilanzerfordernissen motivierte scharfe Anpassungspolitik im nationalen Bereich verfolgen; denn eine Importeinschränkung hätte sofort negative Auswirkungen ,auf den gesamten und schon niedrigen Lebensstandard. Neben der Fähigkeit, negative Handelsbilanzen kurzfristig auszugleichen, müssen diese Länder auch Währungsreserven bereithalten, um die ihnen gewährten internationalen Kredite tilgen und die Zinszahlungen leisten zu können6S • Diese überlegungen und nicht die, daß mit der Zuteilung internationaler Zahlungsmittel eine Entwicklungshilfe, d. h. eine Förderung neuer Entwicklungsprojekte, verfolgt werden soll, könnte eine Sonderbehandlung der Entwicklungsländer rechtfertigen. Das Abkommen. in seiner gegenwärtigen Fassung sieht jedoch eine Sonderbehandlung nicht vor. Festzustellen bleibt aber noch, daß die Entwicklungsländer bereits unter der Herrschaft des derzeitigen Abkommens einen größeren Anteil an Sonderziehungsrech.ten erhalten, als ihr Anteil am Welthandel es rechtfertigen könnte. Die Entwicklungsländer halten rd. 20 % der IMF51 Angaben bei Reuss, S.3. Vgl. auch Triffin und Harrod im Hearing vor dem Subcommittee on lnt. Exchange & Payments am 22. 11. 1967, S. 138, 140, 142. 52 a.a.O., S. 138. 63 Vgl. Marquez, Reserves and Developing Countries im lMF Seminar 1, - 3. 6. 1970 lnt. Reserves, S. 104 f.

80

4. Kap.: Die Grundzüge des SZR-Systems

Quoten. Dem steht ein Anteil von 19,7 % am Weltimport und ein Anteil von 19,4 % am Weltexportvolumen sowie ein Anteil von 19,4 Ofo aller Währungsreserven gegenüberM, wenn die Schweiz und die Devisenbestände der USA außer Ansatz bleiben. ce) Obwohl also die Situation aller Länder in Ansatz kommen soll und damit kein Land oder keine Ländergruppe bevorzugt werden soll, so wird die Prüfung der Frage nach dem weltweiten Bedarf nach Ansicht der Exekutivdirektoren in ihrem Bericht vom April 1968 vorwiegend von der Situation der Länder beeinflußt werden, die einen großen Anteil am Welthandel und am internationalen Zahlungsverkehr habenll6 • c) Kriterien, ob ein Bedarf besteht aa) Offen bleibt nun, wonach der weltweite Bedarf bestimmt wird. Die Entstehungsgeschichte gibt einen deutlichen Hinweis. Die Deputiertengruppe der Gruppe der Zehn legte in ihrem Bericht an die Minister und Notenbankgouverneure folgende überlegungen nieder: (i) The secular growth of world trade and payments is likely to be accompanied, on average, by larger swings in payments imbalances (at least in absolute amounts). (ii) Partly for this reason, but also for general reasons, most countries will try to achieve an increase in their reserves over time, whereas no country appears to be willing to accept a secular decline in reservesll6 •

Während die Weltwährungsreserven, ohne die USA, jährlich um 5 Ofo im Zeitraum 1951 - 1967 anwuchsen, stieg im gleichen Zeitraum das Importvolumen um 73/4 0f057. Währungstheoretisch ist nicht beweisbar, daß ein geringer Anteil an Währungsreserven einen hemmenden Einfluß auf den Handel ausübt, wenn sowohl das Importvolumen als auch die Währungsreserven nominal anwachsen. Die Relation Handelsvolumen-Reservebestände läßt auch außer acht, daß der internationale Handel von den Geschäftsbanken finanziert wird und es daher auf deren Liquidität ankommt. Die Erfahrung lehrt, daß zwischen Handelswachstum und dem Wachstum an Beständen internationaler WährungsrE~f{erven kein notwendiger Zusammenhang besteht. Es war sogar zu beobachten gewesen, daß im Zeichen einer Schrumpfung des internationalen Handelsvolumens ein starkes Anwachsen der Währungs54 Ausführungen von Mohammed im IMF Seminar 1, - 3. 6. 1970 über lnt. Reserven, S. 113. 511 a.a.O. Ziff.7, S.9. 56 a.a.O. Ziff.31, S.7. Bericht vom 8.7.1966. 57 So: Wilde im Hearing vor dem Committee on Foreign Relations am 13. 5. 1968, S. 29 und Fowler im Hearing vor dem Subcommittee on lnt. Exchange & Payments am 14.9.1967, S.l1 sowie Willis-Springborn, S.54.

I. Zuteilung

81

reserven zu verzeichnen gewesen ist. Nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich der Welthandel vervielfacht, während die Währungsreserven nicht im gleichen Umfang angestiegen sind58 • Die letzten Jahre zeigten, daß sich der Anteil der Weltwährungsreserven am Welthandel ständig verringerte. Betrug der Anteil 1954 noch 68 %, so betrug er 1966 nur noch 37 % 59• Die Relation von Reservebestand und jährlichem Importvolumen ist auch aus anderen Gesichtspunkten bedenklich. Die Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg hat gezeigt, daß die Anforderungen an die Währungsreserven weit mehr auf grenzüberschreitende Kapitalbewegungen als auf Handelsbilanzdefizite zurückzuführen sind60 • Der von den Stellvertretern eingenommene Standpunkt ist jedoch insoweit berechtigt, als nicht die Möglichkeit geleugnet werden kann, daß bei steigendem Handelsvolumen die Gefahr größerer auszugleichender Handelsbilanzdefizite besteh~l. Der ehemalige US-Finanzminister Henry H. Fowler führte in einem Hearing vor dem Committee on Banking and Currency am 1. Mai 1968 aus, daß eine geringer werdende Wachstumsrate in den Reserven die Länder dazu veranlassen könnte, dem internationalen Handel und den Investitionen Beschränkungen aufzuerlegen. Derartige Beschränkungen könnten sich kumulieren und eskalieren-. Nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich bemerkbar gemacht, daß die Staaten mit steigendem Handelsvolumen allgemein einen höheren Reservebestand anstreben63• Bisher liegen jedoch leider noch keine Untersuchungen vor, die direkte Kausalzusammenhänge zwischen Währungsreserven und dem Anteil der Währungsreserven am Handelsvolumen und eine dadurch motivierte Politik nachzuweisen vermocht hätten64 • Die vorgelegten Studien, die die Reservehaltung mit dem Importvolumen, dem Geldumlauf, den Verbindlichkeiten der Zentralbanken und den Zahlungsbilanzdefiziten etc. vergleichen, können kaum Auskunft geben, welche Ziele verfolgt wurden. Sie können nur wiedergeben, was ein Land in

58 Patrick M. Boannan, The Balance of Payments and International Monetary Reform. Republican Balance-of-Payments Seminar, Extensions of Remarks, S. 2163. 59 Machlup, S. 43 und AR 1969, Kapitel 2. 60 Schmölders im Enzyklopädischen Lexikon, Internationale Liquidität. 81 Machlup, S. 44 und Hudeczek, S. 31. 6! a.a.O., S.144, ähnlich die Stellvertreter der Gruppe der Zehn in ihrem Bericht vom 1. 8.1964, Ziff.24, S.14. 63 Willis-Springborn, S. 13. 6' Stellvertreter der Zehnergruppe im Bericht vom 1. 8. 1964, Ziff. 24, S. 14.

6 WaUer

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4. Kap.: Die Grundzüge des SZR-Systems

einer bestimmten Zeitperiode zu erreichen oder nicht zu erreichen vermocht hat65. Es ist hier kein Raum und nicht Gegenstand der Untersuchung, dem wirtschaftswissenschaftlichen Theorienstreit weiter nachzugehen. Für die Anwendung des Abkommens ist nur von Interesse, welche Maßstäbe der Fonds anlegt. Ihm zufolge soll sich eine zu knappe Ausstattung der weltweit zur Verfügung stehenden Reserven aus folgenden Gesichtspunkten ergeben: (1) Zinsratensteigerungen über das Niveau, das der binnenwirtschaftlichen Konjunkturlage angemessen wäre. Der Fonds sieht in derartigen Zinssätzen das Bestreben der Administration, dem Abfluß liquider Mittel vorzubeugen, um einen Abbau der Reserven zu verhindern66 ; (2) Eine verstärkte Reglementierung des Außenhandels und der Kapitalbewegungen. Hierbei verkennt der Fonds nicht, daß auch andere Ursachen kausal werden können. Im IMF-Jahresbericht 1969 wird ausdrücklich festgestellt, daß die verstärkten Restriktiqnen zumindest im Zeitabschnitt von 1965 - 1968 auch auf eine Reserveknappheit zurückzuführen sind67 ; (3) Eine deutliche Tendenz, die Aufrechterhaltung bzw. das Anwachsen oder die Wiederherstellung des Reservebestandes zu einem hervorragenden Ziel ("overriding objective") der Wirtschaftspolitik zu machen68 ; (4) Die Instabilität der Wechselkurse69 ; (5) Die Zusammensetzung der Reserven. Ein Rückgang oder der Stillstand im Wachstum traditioneller Reserven gegenüber einer vermehrten Inanspruchnahme der Fonds-Kredittranchen, die von einer verstärkten Inanspruchnahme anderer Kreditfazilitäten begleitet wird, soll als Hinweis auf eine Nachfrage nach unbedingter internationaler Liquidität und damit als Ausdruck einer unangemessenen Reserveausstattung verstanden werden70 ; (6) Eine zu knappe Reserveversorgung soll auch darin sichtbar werden, daß auf der einen Seite die Länder zögern, intergouvermentale

65

Marquez, S. 103.

67

AR 1969, S. 26 f. AR 1969, S. 27 f.

70

AR 1969, S. 17 - 20.

66

68 Staff Paper "Reserves and Reserve Creation", in: International Reserves, S.424. 69 Salant, S.285 und IMF Staff Paper "Reserves and Reserve Creation", s. o. Fn.68.

I. Zuteilung

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Kreditlinien zu erweitern, und auf der anderen Seite sie dazu neigen, sich Kredite gewähren zu lassen71 ; (7) Der Fonds vertritt weiter die Ansicht, daß deflatorische Tendenzen, auch bei einer zu knappen Reserveausstattung der Weltwirtschaft, sich kaum, zumindest in den Anfangsstadien, durchsetzen werden. Vielmehr bestünde heute allgemein die Neigung, erst dem Handel und dem grenzüberschreitendem Kapitalverkehr Restriktionen aufzuerlegen72.

In einer anderen Untersuchung hat der Fonds festgestellt73, daß bei der Untersuchung, ob die Reserveversorgung angemessen ist, zwei Momente berücksichtigt werden müssen, nämlich die absolute Höhe der zur Verfügung stehenden Reserven und die Wachstwnsrate. Ist nämlich der Reservebestand im Vergleich zu dem tatsächlich benötigten Bestand übermäßig groß, gehen von einer kleinen oder sogar negativen Wachstumsrate keine negativen Einflüsse aus. Andererseits können die Staaten auch mit einem geringen Reservebestand eine liberale Politik verfolgen, wenn nur die Wachstumsrate der Währungsreservebestände genügend groß ist. Jede Analyse des zukünftigen Reservebedarfs muß folglich beide Gesichtspunkte, die Entwicklung der Reservebestände (stock approach) und die Entwicklung der Reservebewegungen (flow approach) berücksichtigen74 • bb) Die hier, das "Ob" der Zuteilung betreffenden, dargelegten Kriterien nannte der geschäftsführende Direktor auch in seinem Vorschlag für die Zuteilung in der ersten Basisperiode75 • Er führte aus, das Verhältnis von Währungs reserven zum Welthandel habe seit den fünfziger Jahren abgenommen. Für den Zeitraum 1959 - 1969 ergebe sich eine jährliche Steigerungsrate von 2,9 Ofo, beziehe man jedoch die jährliche durchschnittliche Steigerungs rate auf den Zeitraum 1964 -1969, so ergebe sich nur ein Wert von 2,2 Ofo. Im Verhältnis der Währungsreserven zum Welthandel sei eine Verschärfung der rückläufigen Tendenz feststellbar 76• Die Rückläufigkeit der Wachstwnsrate der Reserven war in den OECD-Ländern besonders deutlich sichtbar. Hier stiegen die Reserven 71 IMF Reserves, 72 IMF Reserves,

staff Paper, "Reserves and Reserve Creation", in: International S. 424. Staff Paper, "Reserves and Reserve Creation", in: International S. 425. 73 T~e Need for ~eserves: An Exploratory Paper. IMF Staff Paper, prepared 10 Jan. 1966, 10: International Reserves, S. 369 ff. 74 Vgl. a.a.O., S.373, Fn.236. 75 Abgedruckt in: International Reserves, S.494. 76 IMF AR 1969, Kapitel 2. 6'

4. Kap.: Die Grundzüge des SZR-Systems

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1959 - 1969 jährlich im Durchschnitt um 2,5 °/0, im Zeitraum 1965 - 1969 hingegen nur jährlich um 0,9 °/0. In den gleichen Zeiträumen verzeichneten die Nicht-OECD-Länder eine Steigerung von 4,5 °/0 auf 7,6 °/077 . Trotz dieser Entwicklung konnte der geschäftsführende Direktor in seinem Vorschlag keine weltweite Reserveverknappung feststellen, wenn man die globale Nachfrage als Indikator verwende. Weltproduktion und Weltnachfrage stiegen so stark wie selten zuvor. Die durchgeführten Wechselkursanpassungen könne man kaum als Symptom für eine Reserveverknappung ansehen. Wenn der geschäftsführende Direktor des IMF gleichwohl einen Bedarf feststellte, so geschah dies aus folgender überlegung heraus:

The main indications of reserve inadequacy in these years lie in the increased reliance on restrictions on international transactions and the increased resource to international financial assistance, bilateral and multilateral, for the purpose of meeting payments deficits and sustaining reserves. Liberalization of trade has continued but its momentum has slackered. Temporary balance of payments restrictions have been imposed on trade and tourism in several major countries. Above all, measures to restrict, attract, or occasionally repel capital fiows have been applied or intensified for payments reasons in many countries, large and small. At the same time, there has been a substantially increased use of Fund resources and of other forms of balance of payments assistance, provided notably by the spreading network of swap arrangements and other types of credit arrangements between monetary authorities78 • In dem Vorschlag des geschäftsführenden Direktors werden zwei neue Elemente eingeführt. Einmal wird dem Kriterium der Restriktionen im internationalen Verkehr und der Inanspruchnahme von Devisenkrediten bei der Einschätzung der globalen Reserveversorgung ein größeres Gewicht beigemessen als der Nachfragesituation7', zum anderen werden Richtlinien aufgestellt für den Fall, daß die Indikatoren sich widersprechen. Dies ist dann der Fall, wenn sowohl scharfe Restriktionen und häufige Abwertungen auf der einen Seite als auf der anderen häufige Aufwertungen und ein hoher Grad an Liberalität zu verzeichnen sind. In einer solchen Lage soll danach gefragt werden, welche Folgen ein Ansteigen der Weltwährungsreserven auf die Zielsetzungen des Fonds i. S. des Art. I und des Art. XXIV Abschn. 1 (a) haben werden. Diese Zielsetzungen sind: 77 78 78

Jahresbericht der Deutschen Bundesbank 1970, S.41. a.a.O., S. 495. So ausdrücklich in seinem Vorschlag a.a.O., S.496.

I. Zuteilung

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(1) Expansion des Welthandels und der Wirtschaftstätigkeit, (2) Förderung des multilateralen Zahlungsverkehrs und Abbau von Restriktionen, (3) Sicherung der Wechselkursstabilität und geordnete Wechselkursanpassungen, (4) Korrektur von Zahlungsbilanzstörungen ohne Eingreifen von für das System destruktiven Maßnahmen, (5) Wirtschaftliche Stagnation und Deflation wie auch eine übernachfrage und Inflation zu vermeiden. d) KTiterien fÜT die Quantität des Bedarfs

Dem "Ob" schließt sich die Frage des "Wie", die Frage nach den zur Verfügung zu stellenden Mengen an. aa) Der Fonds stellt den zukünftigen Reservebedarf nach verschiedenen Methoden fest. Kommen bei den verschiedenen Untersuchungen unterschiedliche Ergebnisse zu Tage, so wird ein Mittelwert errechnet. Der Fonds stellt insbesondere folgende Methoden herausllO: (1) Die erste Methode stellt die Wachstumsrate der Reserven in einer Zeitperiode der Vergangenheit fest und führt die Rate in die Zukunft fort; (2) Eine andere Möglichkeit ist, den Reservebestand oder die jährlichen Reserveveränderungen in der Vergangenheit in Beziehung zum Handel oder zu internationalen Transaktionen etc. zu setzen, deren Entwicklung leichter zu projektieren ist als der Reservebedarf selbst. Die Proportionalität der Reserven zum Handel etc. ist selbst nicht konstant und bildet ihrerseits einen Untersuchungsgegenstand. Der Fonds glaubt aus vergangenem Verhalten Schlüsse auf das zukünftige Verhalten ziehen zu können. Die Methode besteht also darin, dle Proportionalität von Reserven zu Importen z. B. festzustellen und diese in die Zukunft wie auch das Importvolumen selbst zu projezieren81 • Dieser Methode liegt die Ausgangsthese zugrunde, daß die Reservepolitik eines Landes nicht darauf gerichtet ist, einen bestimmten Reservebestand in absoluten Zahlen zu erwerben, sondern ein bestimmtes Verhältnis der Reserven zum Handel und zu anderen relevanten wirtschaftlichen Größen zu wahren. 80 IMF Staff Paper "Criteria for Assessment of Reserve Needs" in: International Reserves, S. 466 ff. 81 Staff Paper Criteria for Assessment of Reserve Needs, S.466.

86

4.

Kap.: Die Grundzüge·des SZR-Systems

(3) Schließlich kann der Reservebedarf in Beziehung zum langfristigen Trend von Zahlungsbilanzungleichgewichtsgrößen gesetzt werdenS!. Die hier angesprochene Methode geht also von der Funktion der Reserve aus, nämlich Zahlungsbilanzdefizite auszugleichen. Zukünftig erwartete Zahlungsbilanzungleichgewichte wären der Indikator für den Reservebedarf83 • Diese Methode erscheint v. a. in Hinblick auf die nach dem Zweiten Weltkrieg gemachte Erfahrung, daß internationale Kapitalbewegungen mehr als Handelsbilanzdefizite die Währungsreserven eines Landes beansprucht haben, von allergrößter Bedeutung. (4) Theoretisch denkbar und naheliegend ist es, vom Reservebedarf selbst auszugehen. Der zukünftige Reservebedarf kann jedoch nur extrapoliert werden, wenn geklärt ist, welche Reservezielsetzungen bei den einzelnen Ländern oder Ländergruppen vorliegen und welche Maßnahmen ergriffen werden, wenn der tatsächliche Reservebestand von dem gewollten abweicht. In einem wirtschaftlichen Modell könnte man weitere wirtschaftliche Zielsetzungen, wie das Weltpreisniveau, Weltrealeinkommen etc. einbauen und in Beziehung zu den verfügbaren Reserven setzen. Obwohl diese Methode die einzige ist, die von der Fragestellung selbst ausgeht, muß gesehen werden, daß sie sehr theoretisch ausgerichtet und daher der Gefahr eines reinen Modelldenkens ausgesetzt ist. Für den Fonds war es aber entscheidend, obwohl er diese Methode für die angemessenste hält, daß hierfür sowohl die wirtschaftstheoretischen Vorarbeiten als auch das statistische Material fehlenSl.. Für die praktische Anwendbarkeit der einzelnen Methoden ist es für den Fonds von entscheidender Bedeutung, daß man allgemein davon ausgegangen ist, daß mit einem Anwachsen des grenzüberschreitenden Handels und der Dienstleistungen auch die Gefahr größerer Zahlungsbilanzungleichgewichte gegeben ist. Es ist daher für ihn naheliegend, die dritte Methode mit der zweiten Methode zu verbinden; hierbei wird sowohl der Funktion von Währungsreserven Rechnung getragen als auch ein Maßstab für zukünftige Zahlungsbilanzdefizite gegeben86• bb) Für die Zuteilungen innerhalb der ersten Basisperiode wurden verschiedene Maßstäbe angelegt. Unter der Voraussetzung, daß die Reserven in gleichem Umfang wie die Gesamtimporte anzusteigen haben, ergab sich ein Bedarf von jährlich 7 0/088 • Des weiteren wurde bei Siehe a.a.O., S. 466, Fn. 211. Von dieser Methode gehen auch Willis und Springborn aus, a.a.O., S. 5. SI. So auch IMF Staff Paper, vgl. Fn. 81. 85 So: Quantitative Criteria for Assessment of Reserve Needs, International Reserves, S. 466. 86 Proposal by the Man. Director, S.501. 82 83

I. Zuteilung

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60 Ländern der Durchschnitt des Verhältnisses von Reservezuwachs und Einfuhrvolumen im Zeitraum 1954 - 1968 festgestellt und die gewonnene Proportionalität extrapoliert. Hierbei ergab sich ein jährlicher Reservezuwachsbedarf von 5 0/0 87 ; schließlich extrapolierte der Fonds den Trend im Zuwachs der Zahlungsbilanzgleichgewichte von 1959 -1968. Unter Zugrundelegung dieses Maßstabes war ein jährlicher Zuwachs von 4 010 anzustrebens8• Da der Fonds mit einem jährjährlichen Anwachsen herkömmlicher Reserven von US $ 1 - 1,5 Mrd. rechnete, ergab sich ein Bedarf von annähernd 3 - 3,5 Mrd. SZR-Einheiten jährlich. Für die erste Basisperiode wurden dementsprechend am 1.1. 1970 3,5 Mrd. Sonderziehungsrechte und für die beiden nachfolgenden Zuteilungen je 3 Mrd. Sonderziehungsrechte bereitgestellt, die jedoch infolge des Herausoptierens von Taiwan und infolge der Tatsache, daß bei der ersten Zuteilung weitere zehn IMF-Mitglieder noch nicht Teilnehmer am Sonderziehungsrechtsverkehr waren, nicht voll ausgeschöpft werden konntens9• Die oben genannten Beträge wurden dem Abkommen gemäß nicht nominal, sondern im Vonhundertsatz der IMF-Quoten ausgedrückt, so daß jeder Teilnehmer 16,8 010 bzw. 10,7 °/0 und 10,6 0/0 seiner Quote zugeteilt bekam". e) Die besonderen Erwägungen für die 1. Basisperiode Art. XXIV Abschn.1 (b) stellte für die erste Zuteilung zusätzlich weitere Erfordernisse auf. aa) Zunächst mußte die Annahme eines weltweiten Bedarfs nach Ergänzung bestehender Reserven auf einer gemeinsamen Beurteilung (collective judgment) der Lage beruhen. Das Abkommen verlangte in diesem Punkt eine 85 0/0 Mehrheit der gewogenen Stimmen. bb) Sonderziehungsrechte sollten des weiteren erst zugeteilt werden, wenn die Zahlungsbilanzsituation sich verbessert habe. Das Erfordernis einer verbesserten Zahlungsbilanzsituation bezog sich auf die USA und auf Großbritannien. Dies ergibt sich schon daraus, daß bei den Gesprächen über die Schaffung zusätzlicher internationaler Liquidität die erwartete Liquiditätsknappheit immer damit begründet wurde, daß eines Tages das US-Zahlungsbilanzdefizit zu existieren aufhöre und die anderen Zentralbanken dann keine US-Dollars mehr erwerben könn-

87 88 89

90

Proposal by the Man. Director, S. 502. Proposal by the Man. Director, S. 502. Deutsche Bundesbank, Internationale Organisationen, S. 38 f. Einführung in die Sonderziehungsrechte, S. 6 und AR 1972, S. 40.

88

4. Kap.: Die Grundzüge des SZR-Systems

ten". Andererseits kann bei einem großen Zahlungsbilanzdefizit kaum von einem Mangel an internationaler Liquidität gesprochen werden. Wäre die Zuteilung von Sonderziehungsrechten mit einem großen Zahlungsbilanzdefizit der Leitwährungsländer zusammengetroffen, so befürchteten die europäischen Mächte einen überaus starken Inflationsdruck. Es wurde dagegen auch die Ansicht vertreten, daß trotz eines Fortbestehens der US-Zahlungsbilanzdefizite das Reservewachstum sich verlangsame, indem es statt zu einer Zunahme der Dollarreserven außerhalb der USA zu verstärkten Goldabflüssen aus den USA käme. Darin wurde teilweise ein Signal· gesehen, daß möglicherweise ein deflatorischer Zug in die Entwicklung der Weltliquidität hereinkäme, denn mit der Goldkonversion des Dollars ging kein Reservewachstum einher82• Es war zunächst daran gedacht worden, die Sonderziehungsrechtsfazilität erst zu aktivieren, wenn die USA ihre Zahlungsbilanz ausgeglichen haben. Seit der Konferenz von Stockholm im Frühjahr 1968 wurde jedoch von der überwiegenden Mehrheit der Mitglieder des Zehnerclubs mit Ausnahme Frankreichs eine beträchtliche Verbesseserung der US-Zahlungsbilanz als ausreichend angesehenes. Als die erste Basisperiode begann, hatte sich die US-Zahlungsbilanz in keiner Weise durchgreifend verbessert, so daß ein Verstoß gegen das Abkommen vorzuliegen scheint. Gleichwohl gelangte der IMF zu dem Schluß, die Durchführung der ersten Zuteilung sei mit allen Punkten des Abkommens vereinbar. Dies wurde damit begründet, daß die USA verstärkt der Zahlungsbilanz Beachtung schenkten und nicht länger willens seien, Zahlungsbilanzdefizite hinzunehmen·' und sie durchgreifende Maßnahmen ergreifen wollten95 • Der geschäftsführende Direktor begründete darüber hinaus die Vereinbarkeit auch damit, daß die USA unter starkem politischen Druck von außen stünden, eine Anpassung in die Wege zu leiten, und dieser Druck auch bei Schaffung zusätzlicher Liquidität nicht geringer werden würde". Die internationalen Zahlungsverpflichtungen Großbritanniens würden auch bei diesem Land einen Anpassungsprozeß gewährleisten91. Die von dem Fonds 91.Triffin, Gold. and the Dollar Crisis, S. 8 ff. u. 47 ff., ferner: Group of Ten, Ministerial statement, 1st August 1964, zitiert bei v. Wangenheim, S. 369, Fn.26; IMF Staff Paper The Need for Reserves, S.398. 92 Hankel, Wirtschaftsdienst 1968, S.425, 427. 93 v. Wangenheim, S.367. 94 IMF Staff Paper, The Need for Reserves, S.399. 811 IMF Staff Paper, The Need for Reserves, S.4OO (vgI. Fn. 14) und Bernstein, The New Action Program on the US Balance of Payments. 96 Proposal by the Man. Director, S.497. 97 Proposal by the Man. Director, S.497.

I. Zuteilung

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erwarteten Stabilisierungsbemühungen dieser beiden Länder könnten die überschußländer in Erwartung der daraus folgenden Reserveverknappung veranlassen, Abwehrmaßnahmen zu ergreifen. Einer solchen Gefahr würde die Aktivierung des Sonderziehungsrechtsschemas vorbeugen98• Aus den gleichen Erwägungen heraus kam auch der Arbeitsausschuß III der OECD zu dem Ergebnis, daß die Bestimmung des Art. XXIV Abschn. 1 (b) einer ersten Zuteilung von Sonderziehungsrechten nicht entgegenstünde". Die Entwicklung hat gezeigt, daß die Annahme des Fonds irrig gewesen ist. Auch in einer ex-ante Betrachtung waren m. E. die besonderen Erfordernisse einer verbesserten Zahlungsbilanzsituation der Schlüsselwährungsländer nicht erfüllt. Das Abkommen verlangte vom Wortlaut her, eine tatsächlich eingetretene Besserung und ließ keine Absichtserklärungen genügen. Diese hätten ohne Relevanz für die Entscheidung bleiben müssen. ce) Bei der ersten Zuteilung sollte schließlich noch gewährleistet sein, daß der Anpassungsmechanismus besser arbeitete als zuvor. Bei einem funktionierenden Währungssystem muß nicht nur gewährleistet sein, daß ausreichende internationale Liquidität zur Zahlungsbilanzdefizitfinanzierung zur Verfügung steht, sondern auch, daß auftretende Ungleichgewichte quantitativ in Grenzen gehalten werden. Bei fixen Wechselkursen ergibt sich im wissenschaftlichen Modell die Anpassung automatisch dadurch, daß im Defizitland die Binnenliquidität vermindert wird und entsprechende kontraktive Effekte auftreten, denen eine Liquiditätserhöhung im überschußland mit entsprechenden expansiven Effekten gegenübersteht1oo • In der heutigen wirtschaftlichen Zielsetzung der Staaten ist das außenwirtschaftliche Gleichgewicht nur ein Ziel unter mehreren und steht nicht auf Platz eins in der Prioritätenliste. Zugunsten von Vollbeschäftigung und Wachstum wird häufig ein außenwirtschaftliches Ungleichgewicht für lange Zeit in Kauf genommen. Das außenwirtschaftliche Ungleichgewicht kann jedoch nur so lange in Kauf genommen werden, als das Defizitland über ausreichend eigene oder geborgte internationale Zahlungsmittel verfügt. Hier besteht der Zusammenhang zu den Sonderziehungsrechten. Die Zuteilung von Sonderziehungsrechten beeinflußt den Anpassungsprozeß dadurch, daß durch die vergrößerte internationale Liquidität der wirtschaftspolitische Entscheidungsspielraum der Staaten erweitert wird, und Anpassungsprozesse noch zögernder und zaghafter als bisher in die Aschinger, S.269, v. Wangenheim, S.367. Jahresbericht der Deutschen Bundesbank 1970 42 f. 100 Schneider, Zahlungsbilanz und Wechselkurs. Zitiert bei Schlaeger, 98 99

S.118.

90

4. Kap.: Die Grundzüge des SZR-Systems

Wege geleitet werden101 • Je größer die internationale Liquidität, desto größer ist auch die Inflationsgefahr102• Durch die Möglichkeit der Defizitländer laufend die Ressourcen der überschußländer in Anspruch zu nehmen, steigt in diesen Ländern der inflationäre Druck. Meyer unterstellt sogar, die Sonderziehungsrechte seien nur geschaffen worden, um die übernachfrage und die damit verbundenen Inflationstendenzen weltweit anzuheizen, damit die Reservewährungsländer durch die internationale Mehrnachfrage der expansionswilligen Länder und der sich daran anschließenden sekundären Nachfragewellen, also durch äußere Beiträge, ihre Zahlungsbilanz durch ein Minimum an eigenen Anstrengungen auszugleichen vermögen103• Meyer bezeichnet die Sonderziehungsrechtsfazilität auch als die "perfektionierte Inflationsmaschine" 104. Jede Erhöhung der Währungsreserve wird als Folge eine mehr oder minder expansive Politik verursachen. Damit haben die Sonderziehungsrechte zweifelsohne immanente inflationäre Kräfte. Um diese zu würdigen, muß jedoch berücksichtigt werden, daß die - v. a. von Frankreich propagierte - Goldpreisverdoppelung, wie in der Diskussion in den sechziger Jahren gefordert, je nach den anzunehmenden Nebenbedingungen und dem Verhalten privater Goldbesitzer die Weltwährungsreserven bis zu 86 Ofo erhöht hätten1()l'. Zum anderen ist zu berücksichtigen, daß das Abkommen selbst durch den mit einfacher Mehrheit zu fassenden Beschluß der Einziehung zugeteilter Sonderziehungsrechte und durch die partielle Rekonstitutionsregel selbst Sicherungen eingebaut hat. Für die Beurteilung, welche Konsequenzen die Allokation von Sonderziehungsrechten auf den Anpassungsprozeß hat, ist aber entscheidend, hypothetisch zu fragen, wie die Anpassungsprozesse ohne die Sonderziehungsrechtszuteilung verLaufen wären108 • Die Entwicklung in den sechziger Jahren zeigt, daß die Staaten sich immer neue Kreditfazilitäten gegenseitig einräumten, um nicht einen Anpassungsprozeß durchführen zu müssen, der die Verfolgung der vorrangigen binnenwirtschaftlichen Zielsetzungen unmöglich gemacht hätte. Jedoch waren Anpassungsmaßnahmen eingeleitet worden. Schlaeger kommt zu dem Schluß, daß die Sonderziehungsrechte sich in ein "nachfrageinduziertes Angebot" einreihten und den inflationären Druck So auch Schlaeger, S. 231. Lipfert, S. 105. 103 ORDO Bd. 21, S. 99. 104 FAZ vom 27. 9. 1969, S. 17. Dem folgt Issing in ORDO Bd.22, S.278, kritisch hierzu v. Wangenheim, S. 371 - 373. 105 v. Wangenheim, S.372. 106 Zustimmend Schlaeger, S.127. 101

102

I. Zuteilung

91

nicht stärker vermehrten, als es der Fall durch ad hoc Kreditgewährungen gewesen wäre107• Dem ist zuzustimmen und hinzuzufügen, daß die im Abkommen getroffene Regelung besser als ad hoc Kreditgewährungen ist, da der Zuwachs an internationaler Liquidität teilweise zentral gesteuert wird. Im übrigen bleibt festzustellen, daß die in den Industrieländern aufgetretenen Inflationserscheinungen in den letzten Jahren vorwiegend binnenwirtschaftliche Ursachen hattenlO8 • Mit den gleichen Argumenten, wie der geschäftsführende Direktor das Zahlungsbilanzerfordernis der Leitwährungsländer als erfüllt angesehen hat, stellte er das Vorliegen der Voraussetzungen des letzten Erfordernisses fest. Er führte aus, die Defizitländer befänden sich im Zugzwang zur Anpassung und hätten teilweise auch Anpassungsmaßnahmen eingeleitet und zum anderen habe die Neigung, durch rechtzeitige Wechselkursanpassungen das außenwirtschaftliche Gleichgewicht herbeizuführen, zugenommenlO9 • f) Die 1. Basisperiode im VberbZick

Der Vorschlag des geschäftsführenden Direktors, Sonderziehungsrechte für die 1. Basisperiode, beginnend mit dem 1. Januar 1970 zuzuteilen, wurde vom Gouverneursrat des Fonds am 3. Oktober 1969 als Resolution Nr.24-12 angenommen110 . Die Zuteilungsrate betrug 16,8 0/0 der Quote, 3414 Mio. SZR entsprechend, bei der ersten Zuteilung111 und 10,7 % der Quote bei der zweiten Zuteilung, 2949 Mio. SZR entsprechend112, und bei der dritten und letzten Zuteilung 10,6 % der Quote entsprechend 2952 Mio. SZR113. Die rasche Verwirklichung des Sonderziehungsrechtsplanes, der noch auf der Konferenz von Rio de Janeiro als Notfallplanung behandelt wurde114, sowie angesichts der Tatsache, daß es sehr streitig war11l1, ob die besonderen Voraussetzungen für die erste Zuteilung tatsächlich vorlagen, dürfte zu einem guten Teil darauf zurückzuführen sein, daß

107

a.a.O., S. 128.

112

AR 1971, S. 169.

108 v. Wangenheim, S.371. 109 Proposal by the Managing Director, S. 496 - 500, insbes. S.499. 110 AR 1970, S. 28 und in International Reserves, S. 506. 111 AR 1970 S. 29. 113 AR 1972, S. 40. 114 Vgl. statt aller Rieke, S.154. 1111 Vgl. das Interview mit Bundesbankpräsident Blessing in FAZ vom

25.9.1969.

4. Kap.: Die Grundzüge des SZR-Systems

92

Frankreich aus den im 2. Kapitel dieser Arbeit geschilderten Gründen seine ablehnende Haltung aufgegeben hat lUl •

11. Einziehung der Sonderziehungsrecbte

In Art. XXIV des übereinkommens sind auch die die Einziehung der Sonderziehungsrechte betreffenden Vorschriften niedergelegt, die der Zuteilungsrechte entsprechen. 1. Das formelle Be8dlluBverfabren

Der Beschluß über die Einziehung basiert wie der Beschluß über die Zuteilung auf einem von dem geschäftsführenden Direktor des Fonds unterbreiteten Vorschlag, der zuvor mit den Teilnehmern beraten worden ist, so daß für die Annahme des Vorschlages durch den Gouverneursrat eine breite Mehrheit gesichert ist. Die Exekutivdirektoren können dem Vorschlag zustimmen oder ablehnen, jedoch ihn inhaltlich nicht verändern. Der Gouverneursrat muß auf Grundlage des Vorschlages den Beschluß zur Einziehung mit 85 % Mehrheit der gewogenen Stimmen fassen. Auf die Stimmenzahl der Teilnehmer ist Art. XII Abschn. 5 (a) anzuwenden. Der Einziehungsbeschluß ist für eine Basisperiode zu treffen, wobei vom Regelfall der fünf jährigen Basisperiode abgewichen werden kann. Während die Zuteilungen im Vomhundertsatz der Quote des Teilnehmers ausgedruckt werden, wird die Einziehung im Vomhundertsatz der kumulativen Nettozuteilung von Sonderziehungsrechten ausgedrückt, wie sie zur Zeit der Beschlußfassung bestehen, wobei gern. Abschn.2 (c) auch ein anderer Zeitpunkt als Bezugspunkt gewählt werden kann. Art. XXXII (a) definiert den Begriff der kumulativen Nettozuteilung. Demgemäß ist darunter die Summe der einem Teilnehmer zugeteilten Sonderziehungsrechte abzügl. seines Anteils an den Sonderziehungsrechten zu verstehen, die ihm schon einmal auf Grundlage dieser Vorschrift eingezogen worden sind. Der unterschiedliche Bezugspunkt für den allgemein gleichen Vomhundertsatz ist daraus zu erklären, daß sichergestellt werden soll, daß alle Teilnehmer von der Einziehung gleichermaßen betroffen werden. Die Quote des Teilnehmers als Bezugspunkt würde diesen Anforderungen nicht gerecht werden, da einige Teilnehmer vor dieser Ent116

Vgl. oben 2. Kapitel V., S.54.

11.

Einziehung der Sonderziehungsrechte

93

scheidung von ihrem Recht des Herausoptierens Gebrauch gemacht haben könnten oder andere erst Teilnehmer in einer laufenden Basisperiode geworden sind, so daß diese beiden Gruppen von Teilnehmern weniger Sonderziehungsrechte im Verhältnis zu anderen Teilnehmern erhalten haben117 • Die Einziehung der Sonderziehungsrechte soll wie die Zuteilung jährlich innerhalb einer Basisperiode erfolgen, wovon jedoch abgewichen werden kann. 2. Die materiellen Voraussetzungen für die Einziehung

Die in Art. XXIV Abschn. 1 (a) aufgestellten materiellen Erfordernisse gelten gleichermaßen für die Zuteilung als auch für die Einziehung. Daraus folgt, daß die Einziehung der Verwirklichung der in den Artikeln I und XXIV Abschn. 1 (a) niedergelegten Zielsetzungen dienen muß. Eine Einziehung setzt voraus, daß internationale Zahlungsmittel in überfiuß vorhanden sind, d. h. die weltweit vorhandenen Währungsreserven das allgemein als Optimum angesehene Maß überstiegen haben. Wenn bei der Zuteilung ausgeführt worden ist, daß für die Entscheidung nicht nur der Reservebestand als solcher maßgebend ist, sondern auch dessen Entwicklungstrends, so dürfte in diesem Zusammenhang hier zu fordern sein, daß neben einem exzessiven Reservebestand auch die projezierte Wachstumsrate noch positiv ist. Eine Einziehung der Sonderziehungsrechte, die unter diesen Umständen nicht gebraucht werden, dient dem Ziel, eine weltweite übernachfrage und Inflation zu vermeiden. 3. Unzureichender Kontostand

Art. XXIV Abschn. 2 (f) trifft eine Regelung für den Fall, daß der Teilnehmer weniger Sonderziehungsrechte hält, als der einzuziehende Betrag ausmacht, d. h. der Vomhundertsatz der kumulativen Nettozuteilung übersteigt in absoluten Zahlen den Ist-Bestand der Sonderziehungsrechte des Teilnehmers. Nachträglich erworbene Sonderziehungsrechte werden ohne weiteres eingezogen. Den darüber hinausgehenden Fehlbetrag soll der Teilnehmer so rasch als möglich abbauen. über Umfang und Zeitdauer steht der Teilnehmer mit dem Fonds in Beratung. Die Vorschrift stellt bezüglich des Leistungsvermögens des Teilnehmers, die Rückzahlungsverpfiichtung 117

Gold, Special Drawings Rights, S. 17 f.

94

4. Kap.: Die Grundzüge des SZR-Systems

zu erfüllen, ein Kriterium auf, nämlich die Brutto-Reserveposition des Teilnehmers. Unter dem allgemein üblichen Bruttoreserveprinzip versteht man, daß die von der ausländischen Zentralbank gehaltenen Devisenguthaben den Reserven des Besitzers zugerechnet, die Verbindlichkeiten des Reservewährungslandes nicht abgezogen werden118 • Die Rückzahlungsverpflichtung soll den Teilnehmer nicht in eine Liquiditätsknappheit bringen, da sonst wegen der zu ergreifenden harten Anpassungsmaßnahmen dieses einen Teilnehmers die anderen Ziele des Fonds gefährdet werden würden.

111. Art. XXIV Abschn. 3 Alle vom Gouverneursrat gefaßten Zuteilungs- und Einziehungsbeschlüsse stehen unter dem Vorbehalt der Vorschrift des Art. XXIV Abschn. 3, wonach jederzeit die Sätze oder die Abstände der Zuteilungen bzw. Einziehungen für eine laufende Basisperiode als auch die Dauer der Basisperiode selbst geändert werden können, wenn wichtige Entwicklungen dies erforderlich machen. Da bei den Zuteilungs- und Einziehungsbeschlüssen die zukünftige gesamtwirtschaftliche Entwicklung prognostiziert wird, wird es sich daher um nicht vorhergesehene Entwicklungen handeln. Sind wirtschaftliche Trends nicht mit Eindeutigkeit vorhersehbar, so wird es sich im Regelfall empfehlen, von Anfang an die Basisperiode kürzer als 5 Jahre anzusetzen, wie es der Fonds gerade auch aus diesen Erwägungen heraus bei der ersten Basisperiode gemacht hat. Für die Beschlüsse ist auch hier eine 85 %ige Mehrheit der gewogenen Stimmen erforderlich mit Ausnahme für Beschlüsse über eine Herabsetzung der Zuteilungssätze. Hier ist eine einfache Mehrheit ausreichend. Diese Vorschrift ist als eine immanente Sicherung gegen inflationäre Tendenzen der Sonderziehungsrechte anzusehen. Stellt sich im Verlauf einer Basisperiode heraus, daß infolge guter Liquiditätsversorgung Defizitländer in einem derartigen Umfang die Ressourcen der überschußländer in Anspruch nehmen, also ihr Zahlungsbilanzdefizit noch ausweiten, daß bei ihnen (den überschußländern) der inflationäre Trend einen besorgniserregenden Umfang annimmt, so kann der "Liquiditätshahn" zugedreht werden. Die Gefahr, daß im Verlauf einer laufenden Basisperiode die geplante Liquiditätserweiterung nicht eintreten kann, soll nach den vertragsschließenden Parteien einen vorsichtigen und dem Abkommen gemäßen Gebrauch der Sonderziehungsrechte gewährleisten. 118

Aschinger, S. 88 f.

IV. Operationen und Geschäfte mit Sonderziehungsrechten (Art. XXV) 95 IV. Operationen und Geschäfte mit Sonderziehungsrechten (Art. XXV) Art. XXV des Abkommens über den internationalen Währungsfonds regelt die Verwendbarkeit der Sonderziehungsrechte. Im Gegensatz zu den Kredittranchen der allgemeinen Ziehungsrechte ist der Gebrauch der Sonderziehungsrechte (SZR) unbedingt, entsprechend der Zielsetzung, unbedingte internationale Liquidität zu schaffen119 • Andererseits sollte, um der Fazilität überhaupt zu einem politischen Erfolg zu verhelfen, gewährleistet sein, daß die Sonderziehungsrechte der Ratio des Abkommens gemäß verwendet werden. Hinter Art. XXV steht das Ziel, daß Sonderziehungsrechte von den Teilnehmern nicht dazu verwandt werden sollen, ihre Reservezusammensetzung zu verändern (vgl. Abschn. 3 (a». Die umständliche und teilweise schwer verständliche Formulierung ist darauf zurückzuführen, daß vermieden werden sollte, durch eine sprachliche Gleichstellung der Sonderziehungsrechte mit anderen Währungsreserven explizit die Rechtsnatur der Sonderziehungsrechte zu bestimmenlllo • Art. XXV enthält vier Regelungsbereiche: (1) Der Teilnehmer macht von seinen Sonderziehungsrechten Gebrauch, um Zahlungsbilanzdefizite auszugleichen, indem er von anderen Teilnehmern gegen Abgabe eigener SRZ konvertible Währung erhält; (2) Die Teilnehmer, die Währungsbeträge bereitstellen sollen, bestimmt der Fonds nach den im Abkommen niedergelegten Grundsätzen (Designierung);

(3) Jeder Teilnehmer ist verpflichtet, im Rahmen der beschriebenen Transaktionen Währung bis zum zweifachen Betrag der eigenen Zuteilung an Sonderziehungsrechten zur Verfügung zu stellen und dafür einen entsprechenden Betrag an Sonderziehungsrechten zu übernehmen; (4) Die in Anspruch genommenen Sonderziehungsrechte müssen nach den im Abkommen niedergelegten Richtlinien teilweise in einer bestimmten Zeitperiode zurückerworben (rekonstituiert) werdenll!1. Der derart grob umrissene Mechanismus des SonderziehungsrechtsSystems soll des besseren Verständnisses wegen anhand eines kleinen Beispiels erläutert werdenl22 • Der Teilnehmer A hat 40 Mio. SRZ zugeteilt bekommen. Um sein Zahlungsbilanzdefizit auszugleichen, muß er 20 Mio. SRZ verwenden. Der Fonds hat listenmäßig die Teilnehmer erfaßt, deren Zahlungsbilanz und Reserveposition als ausreichend stark angesehen werden, um konvertible Währungen abgeben zu können. Im gegebenen Fall sind die Teilnehmer Bund C vom Fonds designiert worden, die gleich währungsstark sind. Der Fonds schreibt 119 120

121 122

Gold AJIL Vol. 62, S.382. Vgl. Gold, The Role of Language, S.17 f. Vgl. zum überblick auch Rieke in Außenpolitik 1968, S. 151 f. Entnommen aus IMF, Einführung in die SZR, S. 9 f.

96

4. Kap.: Die Grundzüge des SZR-Systems

daher B und C je 10 Mio. SRZ gut und fordert sie auf, A umgehend einen entsprechenden Betrag in faktisch konvertierbarer Währung zur Verfügung zu stellen. Gleichzeitig wird das Konto von A mit 20 Mio. SRZ belastet. Bei den Reserven von B und C wurden die konvertiblen Währungsbeträge durch SRZ substituiert, so daß Bund C keinen Reserveverlust in ihren offiziellen Ausweisen erleiden. 1. Geschäfte zwischen Teilnehmem (Absehn. 2)

a) Grundsatz der Verwendung Abschnitt 2 (a) legt den Grundsatz des SZR-Mechanismus nieder. Der Inhaber von Sonderziehungsrechten kann sie dazu verwenden, entsprechende Währungsbeträge bei einem anderen, designierten Teilnehmer zu erwerben. Die Sonderziehungsrechte werden zwar von dem Fonds emittiert, geben jedoch dem Inhaber gegenüber dem Fonds kein Forderungsrecht auf Bereitstellung von konvertibler Währung. Dieser Grundsatz wird bei Beendigung der Teilnahme am SZR-Verkehr und bei Liquidation des Sonderziehungsrechtskontos in den Artikeln XXX und XXXI sowie in den Anhängen G und H durchbrochen. Sonderziehungsrechte können nicht ohne weiteres zur Stützung der Währung des ziehenden Teilnehmers auf den Devisenmärkten verwandt werden, da Private sie nicht halten dürfen und können. Selbst in Transfers von SZR zwischen Teilnehmern, um Schulden zu tilgen, ist zuerst ein Umtausch der Sonderziehungsrechte in konvertible Währung erforderlich. Das Zahlungsbilanzdefizit wird letztlich nicht mit der Transferierung von Sonderziehungsrechten, sondern mit einer nationalen konvertiblen Währung beglichen. Den Sonderziehungsrechten könnte daher eine schuldtilgende Wirkung abzusprechen sein. Eine schuldtilgende Wirkung ist jedoch, zumindest in rudimentären Ansätzen, bei einigen Operationen und Geschäften, z. B. bei Gebührenzahlungen oder dem Rückkauf eigener Währung vom Fonds, mit dem Generalkonto gegeben, bei denen nicht erst konvertible Währungsbeträge erworben werden müssen. b) Die schuldtilgende Eigenschaft der SZR

Eine schuldtilgende Wirkung den Sonderziehungsrechten absprechen zu wollen, könnte aus folgender Überlegung heraus verfehlt sein. Die Konstruktion des Abkommens muß in Zusammenhang damit gesehen werden, daß Sonderziehungsrechte nicht von Privaten erworben werden können und das Abkommen mit dieser Vorschrift es ermöglicht,

IV. Operationen und Geschäfte mit Sonderziehungsrechten (Art. XXV) 91

mittels der Sonderziehungsrechte auch eine Interventionswährung zu erwerben. Die Verfügbarkeit über Sonderziehungsrechte ermöglicht somit auch eine Stützung der eigenen Währung auf den Devisenmärkten. Das hier angeschnittene Problem findet im deutschen Rechtskreis auf einer anderen Ebene eine Entsprechung, in der Streitfrage, ob Bankgiroguthaben auf Leistung gesetzlicher Zahlungsmittel gerichtete Forderungen und folglich bargeldlose Zahlungen nur Leistungen an Erfüllungs Statt sind, oder ob sie selbst Geld und folglich die bargeldlose Leistung die geschuldete Leistung ist12S, 124. Die Tendenz geht heute dahin, schon die Fähigkeit des Zahlenkönnens, worauf immer die Fähigkeit auch beruhen mag, schon als Geld anzusprechen125 • Dem entspricht auch die englische Buchungspraxis. Englische Banken schreiben ihren Kunden den Kontokorrentkredit sofort gut und weisen sofort auch die Verbindlichkeit aus, während nach deutscher Bankengepflogenheit erst die tatsächliche Inanspruchnahme des Kredites erscheint. Die Sonderziehungsrechte verschaffen ihren Inhabern die Fähigkeit, jederzeit Zahlungsbilanzdefizite auszugleichen. Dieses Leisten-Können basiert nur auf dem Halten der Sonderziehungsrechte und nicht auf dem Erwerb nationaler Währungen; denn der Erwerb ist schon aus der Verfügung über die Sonderziehungsrechte abgeleitet. Da alle Teilnehmer sich in dem Abkommen verpflichtet haben, Sonderziehungsrechte bis zu einem bestimmten Höchstbetrag anzunehmen, sind Sonderziehungsrechte in einem gewissen Umfang mit einem Annahmezwang in der westlichen Währungsgemeinschaft ausgestattet, wie er sonst nur den gesetzlichen Zahlungsmitteln zukommt126 • Die Sonderziehungsrechte müssen also von den anderen Teilnehmern in einem bestimmten Rahmen angenommen werden, die dafür Währungsbeträge zur Verfügung stellen müssen. Die Sonderziehungsrechte verleihen also die Fähigkeit, Schulden tilgen zu können und haben somit eine schuldtilgende Eigenschaft. Die Richtigkeit dieser Folgerung wird ganz entscheidend von der Vorschrift des Art. XXV Abschn.7 (b) gestützt. Danach kann der Teilnehmer anfallende Gebührenschulden mit Sonderziehungsrechten begleichen. Hierzu bedarf es keines Erwerbes nationaler Währungsbeträge. 123 Die erstgenannte Ansicht vertreten: Isele AcP Bd.129, S. 129 ff.; RGZ 134 76, weitere Nachw. bei v. Caemmerer JZ 1953 446. Zum gleichen Ergebnis müßte auch Mann, vgI. S. 5, kommen. 124 Die letztgenannte Ansicht vertreten: v. Caemmerer; Simitis AcP 159 423; Duden, S.l1; Meyer-Cording, S.127 und Schumpeter, S.210. 125 Duden, S. 11. 126 Zum gesetzlichen Annahmezwang vgI. Schumpeter, S. 211.

1 Walter

4. Kap.: Die Grundzüge des SZR-Systems

98

Die schuldtilgende Eigenschaft ist eine weitere Eigenschaft des Sonderziehungsrechts, die wir auch bei Zahlungsmitteln vorfinden. Die hier angeschnittene Frage, ob die bisher festgestellten Eigenschaften des Sonderziehungsrechts schon ausreichend sind, um das Sonderziehungsrecht als ein internationales Zahlungsmittel anzusprechen, kann an dieser Stelle nicht abschließend beantwortet werden. Dies verbietet das methodische Vorgehen der Arbeit, da zur Beantwortung der hier aufgeworfenen Frage einmal alle Charakteristika zusammengesehen und zum anderen außerhalb des Abkommens liegende Kriterien in die Untersuchung einbezogen werden müßten. Dieser Frage soll daher erst in Kapitel fünf dieser Arbeit nachgegangen werden. c) Die besonderen Verwendungsmöglichkeiten

nach Abschnitt 2 (b)

Neben dieser grundsätzlichen Verwendbarkeit der Sonderziehungsrechte, Währungsbeträge vom designierten Teilnehmer zu erwerben, kann nach Abschn.2 (b) der ziehende Teilnehmer mit Einverständnis des anderen Teilnehmers die Sonderziehungsrechte auch anderweitig verwenden. Der andere Teilnehmer braucht vom Fonds nicht designiert worden zu sein. aa) Der Teilnehmer kann erstens mit seinen Sonderziehungsrechten von einem anderen Teilnehmer eigene Währung erwerben. Diese Vorschrift ist vor allem für die USA von großer Bedeutung1!7. Solange sie sich verpflichtet hatten, die von den ausländischen Zentralbanken gehaltenen US Dollars jederzeit in Gold zu konvertieren, konnten sie, natürlich nur mit Einverständnis des Partners, drohende Konversionen durch Rückkäufe von US Dollars gegen Sonderziehungsrechte abwenden. Da diese Umwandlungsmöglichkeit starke Ähnlichkeit mit der Goldkonversion hat und in wirtschaftlicher Hinsicht die gleiche Wirkung zeigt, kann hier, wie Schlaeger vorschlägt, von einer "Sonderrechtskonversion" gesprochen werden128 • Rieke vertritt den Standpunkt, daß die an den Gebrauch der Sonderziehungsrechte geknüpften Erwartungen so zu erklären seien, daß eine indirekte Goldkonversion ausgeschaltet werden sollte. Ohne das Aufstellen der Erwartungen hätte ein Teilnehmer US Dollars erwerben und sie später in Gold konvertieren können129 • Auch nach Aufhebung der Goldkonversionsmöglichkeit vermögen die USA aufgrund dieser Vorschrift, den Dollarüberhang in der westlichen 127 128 129

Vgl. Gold Law & Pol. Int'l Bus. Vol. 2, p 338. a.a.O., S. 117.

a.a.O., S.152.

IV. Operationen und Geschäfte mit Sonderziehungsrechten (Art. XXV) 99 Welt abzubauen. Dies gilt sinngemäß auch für das UnitedKingdom. Jedoch kann in Anbetracht des Größenvergleichs zwischen den den US1\. und Großbritannien zur Verfügung stehenden Sonderziehungsrechten und den Dollar bzw. Pfund Sterlingguthaben ausländischer Notenbanken nur von einem recht beschränkten Nutzen gesprochen werden130 • Da die Sonderziehungsrechts-Fazilität den USA kaum Vorteile einräumt, wurde im Gesetzgebungsverfahren vor dem US-Congress bei einer Anhörung der Liberty Lobby sogar von ihr die Ablehnung gefordert131 • Es geht jedenfalls in diesem Zusammenhang zu weit, die Sonderziehungsrechte als ein "maßgeschneidertes Instrument" für die USA und Großbritannien zum Zweck der Zahlungsbilanzsanierung anzu-: sehenl31 • Gemäß Art. XII Abschn. 2 (g) kann der Fonds ihm notwendig erscheinende "Rules and Regulations", also auch für die Durchführung der Transaktionen nach Art. XXV Auschn.2 (b) (i), aufstellen133 • bb) Abschnitt 2 (b) (ii) erklärt weitere Geschäfte für statthaft, sofern beide Teilnehmer der Transaktion zustimmen. Sämtlich aufgeführte Geschäfte dienen dazu, daß der Teilnehmer, der Sonderziehungsrechte annimmt und entsprechende Währungsbeträge zur Verfügung stellt, seiner Verpflichtung gemäß Abschn.6 oder der Verpflichtung des Art. XXV Abschn. 2 (f) nachkommt und daß er die Folgen von Geschäften, die nicht den Erwartungen des Art. XXV Abschn. 3 (a) entsprachen, beseitigen kann. Der die Sonderziehungsrechte empfangende Teilnehmer muß vom Fonds nicht designiert worden sein134 • Die Aufzählung ist nicht abschließend. Sollte der Fonds weitere Transaktionen für statthaft erklären, so müßten diese jedoch mit Sinn und Zweck des Art. XXV vereinbar sein. Diese zusätzlichen, für .statthaft erklärten Geschäfte bedürfen einer Mehrheit von 85 % der gewogenen Stimmen135 • Derartige genehmigungsfähige Geschäfte wären z. B. Sonderziehungsrechte als direktes Schuldentilgungsmittel oder als Mittel für einseitige übertragungen zuzulassen1S6 • Das hieße, der eine Teilnehmer transferiert nur Sonderziehungsrechte . auf das Konto eines anderen Teil130 Fowler bezeichnet diese Vorschrift im Hearing vor dem Committee on Foreign Relations am 13.5.1968 als "useful feature", S.12. Wie hier auch v. Wangenheim, S.368. 131 So Hicks vor dem Committee on Foreign Relations am 13. 5.1968, S. 82 ff. 132 So aber Meyer ORDO Bd. 26, S. 96, ihm folgend Issing ORDO 22, S. 275. 133 So auch Bericht der Exekutivdirektoren von 1968 Ziff. 14, S. 13. 134 Vgl. Rule 0 -15 und den Bericht der Exekutivdirektoren vom April 1968, Ziff. 14, S. 13. 135 Bericht der Exekutivdirektoren vom April 1968, Ziff. 14, S.13. 138 So auch Schlaeger, S.74.

l'

100

4. Kap.: Die Grundzüge des SZR-Systems

nehmers, womit der bezweckte Erfolg sofort und ohne weiteres eintritt, also eine Hingabe von konvertierbaren Währungsbeträgen nicht erforderlich ist. Nach Rule 0-16 soll der geschäftsführende Direktor in unregelmäßigen Zeitabständen (from time to time) die Teilnehmer davon unterrichten, welche Teilnehmer zu welchen SZR-Beträgen auf Grundlage dieser Vorschrift in Verbindung mit Abschnitt 3 (c) dieses Artikels Transaktionen vornehmen können. über jedes Geschäft, das unter Abschn. 2 (b) (ii) fällt, müssen die Teilnehmer gern. Rule 0-10 den Fonds unterrichten mit der Maßgabe, daß sie auch den Zweck der Transaktion mitteilen (Rule 0-11). d) Berichtspjl.icht

Für alle SZR-Geschäfte besteht eine Berichtspflicht, die sich aus dem am 18. September 1968 angenommenen Rules 0-10 bis 0-13 ergibt. V. a. soll der Teilnehmer den Fonds sofort davon unterrichten, wann er die für die Hingabe der Sonderziehungsrechte bereitgestellte Währung erhalten hat. Die Buchung der Sonderziehungsrechte soll nach Regel 0-13 zu dem Zeitpunkt erfolgen, an dem der ziehende Teilnehmer die Währung bereitgestellt bekommen hat. 2. Voraussetzungen für die Transaktionen (Absclm. 3)

Der Teilnehmer soll nur dann konvertible Währung vom designierten Teilnehmer gegen Hingabe von Sonderziehungsrechten erwerben können, wenn diese Transaktion erforderlich ist. a) Vb erb liek

Die Erforderlichkeit bestimmt sich primär nach Zahlungsbilanzerfordernissen, aber auch nach den Entwicklungstendenzen in der Zusammensetzung der traditionellen Währungsreserven. Auch der gehaltene Bestand von SZR soll Berücksichtigung finden. Der Bestand an SZR wird also gleich den gehaltenen Beständen der traditionellen Währungsreserven behandelt. Im Umkehrschluß aus dem Text des Abkommens ergibt sich, daß kein vom Abkommen gedeckter Gebrauch vorliegt, wenn mit der Hingabe der Sonderziehungsrechte nur das Ziel verfolgt wird, das Verhältnis der Bestände an Sonderziehungsrechten gegenüber den Beständen an Gold, Devisen und Reservepositionen im Fonds zu verändern. Praktisch wird der Fall dann, wenn ein Teilnehmer seinen SZR entgegen dem Abkommen keine Reservefunktion zulegt und sie daher

IV. Operationen und Geschäfte mit Sonderziehungsrechten (Art. XXV) 101 möglichst rasch abstoßen will, um die Reservemedia zu erhalten, die er bevorzugt. Dies wird dann anzunehmen sein, wenn der Teilnehmer seine Sonderziehungsrechte zu einer Zeit gebraucht, in der auch seine Bestände an Gold und Devisen und die Reserveposition im Fonds anwachsen oder als Ergebnis des in Aussicht genommenen Gebrauchs anwachsen würden. Ein derartiger Gebrauch würde nicht die Voraussetzungen des wirtschaftlichen Bedarfs erfüllen137 • Die im Vertrag niedergelegten Erwartungen an den Gebrauch der Sonderziehungsrechte lassen sich auch daraus erkläl"en, wie oben schon erwähnt, daß eine indirekte Goldkonversion der SZR vermieden werden solltel38 • b) Erwartungen, keine Beschränkungen

Die Vorschrift des Art. XXV Abschn. 3 (a) ist grundsätzlicher Natur. Sie ist aber nicht in Form eines strengen Befehls gekleidet, sondern nur in der Form einer vorsichtig formulierten Erwartung ("will be expected"), was im deutschen Text nicht angemessen zum Ausdruck kommt ("wird von einem Teilnehmer erwartet"). Da es sich nur um eine Erwartung handelt, liegt es im Rahmen des rechtlichen Könnens eines Teilnehmers, wenngleich außerhalb des rechtlichen Dürfens, die Sonderziehungsrechte auch zu anderen Zwecken zu benutzen. Diese schon aus der Formulierung zu ziehende Schlußfolgerung stellt Abschn. 3 (b) ausdrücklich klar. Der Fonds ist auch nicht befugt, dem Gebrauch der Sonderziehungsrechte zu widersprechen, wenn das Geschäft nicht den Erwartungen entspricht. Die im Abkommen gefundene Lösung wird allein der Zielsetzung der Fazilität gerecht, unbedingte internationale Linuidität zu schaffen. Unter der "Unbedingtheit" ist dabei zu verstehen, daß das Land Zugang zur Liquidität hat, ohne daß die von ihm verfolgte Wirtschaftspolitik übernrüft wird oder ihm besondere Vernflichtungen auferlegt werdenI3D • Hätte der Fonds iedoch ein vorhergehendes Prüfungsrecht gehabt, ob die Transaktion in den Rahmen der gebilligten Geschäfte fiele, wäre mit Sicherheit der Charakter der Unbedingtheit in Frage gestellt gewesen. Gerade in der Ausgestaltung dieser Vorschrift zeigt sich überaus deutlich, daß die Sonderziehungsrechte unbedingt verwendungsfähig sind. Andererseits ist die Beschränkung des rechtlichen Dürfens ein Element im Abkommen, das Gold einem System der "Safequards and Limitations" zuordnet140 , womit es zu einem tragenden Baustein des 137 138 139 140

Bericht der Exekutivdirektoren vom April 1968, Ziff.15, S.14. Neben Rieke, S.152 auch Grubei, S.171. Gold AJIL Vol.62, S.382. In "Special Drawing Rights" 1. Aufl., S. 39.

102

4. Kap.: Die Grundzüge des SZR-Systems

Systems wird. Eine Beschränkung im Gebrauch wurde allgemein als wünschenswert in Hinblick darauf angesehen, als die Sonderziehungsrechte ein völlig neues Element im Währungssystem ohne Vorläufer darstellentu. c) Erwartungswidriger Gebrauch

Es ist unerläßlich, dem Fonds Möglichkeiten einzuräumen, auf ein dem Abkommen nicht gemäßes Verhalten eines Teilnehmers zu reagieren. Entspricht ein Teilnehmer bei dem Gebrauch seiner Sonderziehungsrechte nicht den Erwartungen, so sieht das Abkommen drei Möglichkeiten vor, wie der Fonds darauf reagieren kann. aal Schon in Abschn. 3 (b) dieses Artikels wird deI' Fonds aufgefordert, bei dem Teilnehmer Vorstellungen ("representation") zu erheben. Die Entscheidung darüber, ob eine Vorstellung erhoben wird oder nicht, ist eine Maßnahme der laufenden Geschäftsführung und liegt daher im Kompetenzbereich der Exekutivdirektoren14!. Auffällig ist die Formulierung "Vorstellung" zu erheben. Der Teilnehmer soll also nur informell auf sein Fehlverhalten aufmerksam gemacht werden. Art. XXV Abschn. 3 (b) entspricht in seiner Ausgestaltung Art. XIV Abschn. 4. Der Verzicht auf ein förmliches Verfahren ist dem gesamten Vertragswerk in Fällen, in denen das Abkommen verletzt wird, eigentümlich143 • Das Vertragswerk hat einen hochpolitischen Charakter. Eine förmliche Feststellung eines Fehlverhaltens durch eine internationale Organisation wird immer als eine politisch nicht wünschenswerte, in die staatliche Souveränität eingreifende Maßnahme angesehen. Jedoch bewirkt allein die diplomatische "Bloßstellung" meist ein dem Abkommen gemäßes Verhalten in der Zukunft144 • bb) Ferner kann ein Teilnehmer, der die Erwartungen nicht erfüllt hat, nach Abschn. 3 (c) zur Annahme von Sonderziehungsrechten durch den Fonds designiert werden, ohne daß eigentlich die wirtschaftlichen Voraussetzungen hierfür vorlägen. Jedoch ist hier zu fordern, daß sich die Designierung auf den anzunehmenden Betrag an SZR beschränkt, den der Teilnehmer zeitlich zuvor ent~egen den im Abkommen niedergelegten Erwartungen ab~egeben hatH5 . Teilweise wird gefordert, daß die Designierung dieses Teilnehmers mit Vorrang zu erfolgen habe1". 141 Vgl. die Ausführungen des National Advfsory CouncU (USA) im 'Special Report on Special Drawing Rights, S. 25. HZ SO auch, allerdings ohne Begründung, Gold, Special Drawing Rights, 1. Aufl., S. 40. 143 Nur so ist auch das Verfahren des Art. XII Abschn.8 verständlich. 144 "The deterrent effect of what has been called the mobilization of shame is considerable." So Gold, Special Drawing Rights, 1. Aufl., S. 40. 1411 Wie hier Gold, Special Drawing Rights, 1. Aufl., S. 40. 1411 So Gold, Special Drawing Rights, 1. Aufl., S. 40.

IV. Operationen und Geschäfte mit Sonderziehungsrechten (Art. XXV)

103

Die Vorschrift des Abschn. 3 (c) stellt nicht nur die Einhaltung des Abkommens auch in diesem Punkt sicher, sondern hat darüber hinaus auch noch den weiteren Vorteil, daß die durch das Fehlverhalten eingetretenen Folgen beseitigt werden. Es ist überhaupt zweifelhaft, ob es sich bei dieser Vorschrift um eine Sanktion handelt. Betrachtet man Sonderziehnngsrechte als ein neben Gold und Devisen gleichrangi~es drittes Medium. wje es wohl vom Abkommen gefordert wird, so liegt nur eine Quantitative Veränderung der einzelnen gehaltenen Reserven zueinander vor. Von einer Sanktion kann dann schwerlich gesprochen werden. Es handelt sich vielmehr um ein bloßes Korrektiv. Im Grunds